Verwaltungsgericht Neustadt an der Weinstraße Urteil, 16. Nov. 2015 - 4 K 1000/14.NW
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
- 1
Die Klägerin wendet sich gegen den Planfeststellungsbeschluss des Beklagten vom 24. September 2014 für die „Beseitigung des Bahnüberganges 220 im Zuge der Kreisstraße Nr. 27 (K 27) im Bereich der Gemeinde Römerberg, Ortsteil Berghausen, in den Gemarkungen Berghausen und Heiligenstein von Bau-km 0 + 080 bis Bau-km 0 + 781.505“
- 2
Die Gemeinde Römerberg mit ihren drei Ortsteilen Berghausen, Heiligenstein und Mechtersheim ist eine Ortsgemeinde im Rhein-Pfalz-Kreis in Rheinland-Pfalz mit etwa 9.500 Einwohnern. Sie gehört der Verbandsgemeinde Römerberg-Dudenhofen an.
- 3
Die in der Straßenbaulast des Rhein-Pfalz-Kreises stehende K 27 verläuft von der Landesstraße 537 (L 537) in Dudenhofen kommend in süd-östlicher Richtung. Sie überquert nach ca. 1,5 km im Bereich der höhenfreien Anschlussstelle die Bundesstraße 9 (B 9). In der Ortslage Römerberg kreuzt die K 27, die hier den Namen Dudenhofer Straße trägt, höhengleich die Bahnlinie 3400 Schifferstadt – Berg/Wörth am Bahnübergang 220, in dessen Nähe sich der Bahnhof „Berghausen“ befindet. Ca. 50 m hinter dem schienengleichen Bahnübergang mündet die K 27 leicht spitzwinklig in die L 507 innerhalb der Ortsdurchfahrt von Römerberg. Die L 507 führt innerhalb der Ortsdurchfahrt des Ortsteils Berghausen den Namen Germersheimer Straße. Zwischen dem Bahnübergang 220 und der Anbindung an die L 507 sowie von der L 507 in östlicher Richtung zur Kreisstraße 25 trägt die K 27 den Straßennahmen „Eisenbahnstraße“.
- 4
Der geplante Straßenneubauabschnitt von rund 700 m Länge befindet sich vollständig in der Gemarkung Römerberg und betrifft die Ortsteile Berghausen und Heiligenstein. Die Planfeststellung umfasst insbesondere die Beseitigung des bisherigen höhengleichen Bahnüberganges BÜ 220, die für den aufzulassenden Bahnübergang BÜ 220 ersatzweise Herstellung der Umfahrungsstrecke der K 27 mit der höhenfreien Kreuzung der Bahnlinie 3400 von Berg nach Schifferstadt durch ein Unterführungsbauwerk, den Anschluss der Umfahrungsstrecke an die „Dudenhofer Straße“ („alte“ K 27) und an die L 507 sowie die Anbindung des Baugebietes „Holzweg“ – mittels Linksabbiegespur auf der K 27 – und des Schienenhaltepunktes/der Bahnanlage an die geänderte Streckenführung der Kreisstraße, die Anlage von Rad- und/oder Gehwegen entlang der Umfahrungsstrecke der Kreisstraße sowie parallel der Bahnstrecke zwischen der „Dudenhofer Straße“ („alte“ K 27) und der Umfahrungsstrecke der K 27 als ersatzweise Wiederherstellung der rad- und fußläufigen Beziehungen zur Ortslage sowie zur barrierefreien Andienung des westlich der Bahnlinie gelegenen Bahnsteiges und die Anlegung von Stütz- und Lärmschutzwänden/-maßnahmen. Mit der Auflassung des Bahnübergangs durch die Ersatzmaßnahme werden sich an der vorhandenen Strecken- und Verkehrscharakteristik keine Veränderungen ergeben.
- 5
Die Ersatzmaßnahme ist Bestandteil eines neuen Verkehrskonzepts für die Gemeinde Römerberg. Hierfür wurden im Rahmen einer Machbarkeitsstudie bereits 1999/2000 Trassenvorschläge im Auftrag der Gemeinde Römerberg erarbeitet, die zur Verbesserung der innerörtlichen Verkehrssituation beitragen sollten („Studie einer außerörtlichen Entlastungsstraße westlich von Römerberg“, Schönhofen Ingenieure Kaiserslautern, Oktober 2000). Aufbauend darauf wurde im Auftrag des damaligen Landesamtes für Straßen- und Verkehrswesen Rheinland-Pfalz, Koblenz (heute: Landesbetrieb Mobilität) eine Verkehrsuntersuchung durchgeführt mit der Zielsetzung, die verkehrlichen Auswirkungen möglicher Ortsumfahrungen darzustellen und zu bewerten („Verkehrsuntersuchung Römerberg“, erstellt vom Fachbüro für Verkehrsplanung Modus Consult, Ulm, 15. Januar 2002). Priorität der Gemeinde Römerberg besaß jedoch die Beseitigung des Bahnübergangs 220 im Zuge der K 27 zur Entschärfung der unzulänglichen Verkehrsverhältnisse in diesem Zusammenhang.
- 6
Die Klägerin ist Eigentümerin und Bewohnerin des im unbeplanten Innenbereich gelegenen Grundstücks Germersheimer Straße … (Flurstück-Nr. ...) sowie – nach eigenen Angaben in der mündlichen Verhandlung vom 16. November 2015 – des südlich gelegenen unbebauten und von ihr als Garten genutzten Nachbargrundstücks Flurstück-Nr. …. Diese sind im Flächennutzungsplan als Teil eines Mischgebiets ausgewiesen. In dem Bereich der Germersheimer Straße bis zur Einmündung in die Eisenbahnstraße im Norden und zum Schänzelweg im Süden – die Grundstücke der Klägerin liegen etwa in der Mitte zwischen den beiden Einmündungen – befinden sich Wohngebäude, eine Gemeinschaftsarztpraxis, ein Druckereiunternehmen, eine Fahrschule, ein Raumausstatter und ein Hausmeisterservice. Auf dem Grundstück der Klägerin mit der Flurstück-Nr. ... steht im vorderen Bereich ein Wohnhaus und im rückwärtigen Bereich ein grenzständiges Nebengebäude. Parallel zur rückwärtigen Grenze der Grundstücke der Klägerin verläuft in einem Abstand von ca. 28 m die Bahnlinie Schifferstadt – Berg/Wörth. Zur Veranschaulichung der örtlichen Verhältnisse mag die nachfolgende Karte von Römerberg und Umgebung dienen (rot = Wohnanwesen der Klägerin, grün = K 27 alt, gelb = geplante Umfahrungsstrecke, K 27 neu):
- 7
Es folgt die Luftbildaufnahme
- 8
Die Grundstücke der Klägerin sollen aufgrund der Planung weder ganz noch zum Teil dauerhaft oder vorübergehend in Anspruch genommen werden. Die neue Bahnunterführung der K 27 (neu) soll mit ihrem östlichen Straßenast zukünftig in dem Zwischenraum zwischen der bestehenden Bahnlinie und der westlichen Grenze der Grundstücke der Klägerin verlaufen. Der östliche Straßenast der neu herzustellenden Bahnunterführung der K 27 (neu) wird nach der Planung in diesem Bereich auf einer Fläche angelegt, die im Wesentlichen das Grundstück Flurstück-Nr. … (zuvor ...), Gemarkung Berghausen umfasst. Diese ehemals der Bundesrepublik Deutschland/Bundeseisenbahnverwaltung gehörende Parzelle wurde inzwischen von der Verbandsgemeinde Römerberg-Dudenhofen erworben und ist heute deren Eigentum. Dieses Grundstück Flurstück-Nr. ... grenzt unmittelbar an die Grundstücke der Klägerin an. Die Fahrbahn der K 27 (neu) wird nicht ebenerdig auf dem gleichen Höhenniveau wie die Grundstücke der Klägerin liegen. Da die K 27 (neu) als Eisenbahnunterführung unter der Bahnlinie hindurchgeführt werden soll, wird sie mittels Troglage in einer Tiefe von etwa 5 m unter dem bestehenden Höhenniveau der Grundstücke der Klägerin an diesen vorbeiführen.
- 9
Im Auftrag des Beklagten erstellte das Planungsbüro S Ingenieure im März 2007 eine schalltechnische Berechnung in Bezug auf die Lärmbelastung der Umgebungsbebauung für den Fall der Verwirklichung des Projekts. Gemäß den Ausführungen der am 20. April 2007 offen gelegten „Ergebnisse schalltechnischer Berechnungen“ ergab sich, dass die für das Jahr 2015 prognostizierten Verkehrszahlen aus der Verkehrsuntersuchung 2002 für die Ermittlung der Lärmbetroffenheiten mit dem Faktor 1,015 auf das Prognosejahr 2020 hochgerechnet wurden. Eingangsdaten in die lärmtechnische Untersuchung waren 9000 Kfz 24/ h auf der K 27 und auf der L 507 7500 Kfz/24 h nördlich sowie 11900 Kfz/ 24 h südlich der Einmündung der K 27.
- 10
Mit Schreiben vom 5. Juni 2007 beantragte das Land Rheinland-Pfalz, vertreten durch den Landesbetrieb Mobilität Speyer beim Landesbetrieb Mobilität in Koblenz als Planfeststellungsbehörde die Durchführung des Anhörungsverfahrens und die Feststellung des Plans für die Beseitigung des Bahnüberganges 220 im Zuge der K 27 im Bereich der Gemeinde Römerberg, Ortsteil Berghausen von Bau-km 0 + 080 bis Bau-km 0 + 781.505.
- 11
Die öffentliche Bekanntmachung über die Offenlegung der Planunterlagen für die Neugestaltung der K 27 erfolgte im Amtsblatt der Gemeinde Römerberg am 21. Juli 2007. In der Bekanntmachung wurde darauf hingewiesen, dass Einwendungen bis spätestens 12. September 2007 beim Landesbetrieb Mobilität Rheinland-Pfalz in Koblenz oder bei der Gemeindeverwaltung Römerberg erhoben werden könnten. Die Einwendung müsse den geltend gemachten Belang und das Maß der Beeinträchtigung erkennen lassen. Nach Ablauf der Einwendungsfrist seien alle Einwendungen ausgeschlossen, die nicht auf besonderen privatrechtlichen Titeln beruhten. Die Auslegung der Planunterlagen erfolgte bei der Gemeindeverwaltung Römerberg in der Zeit vom 30. Juli 2007 bis 29. August 2007.
- 12
Außerhalb der Beteiligung der Träger öffentlicher Belange und der anerkannten Naturschutzvereinigungen gingen zahlreiche private Einwendungen gegen das Vorhaben ein, darunter auch die der Klägerin.
- 13
Diese machte mit Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 11. September 2007, eingegangen am 12. September 2007, u.a. geltend, mit dem neu geplanten Verkehrsweg werde insgesamt mehr Verkehr an ihrem Grundstück vorbei geleitet. Das Grundstück werde - wie weitere Grundstücke entlang der Germersheimer Straße - als „Verkehrsinsel“ von zwei Straßen eingekreist. Mit der Zunahme des Verkehrs werde eine Zunahme der Verkehrsimmissionen einhergehen. Bei zutreffender Ermittlung der Verkehrsimmissionen und zutreffender Ermittlung des Gebiets nach der Art seiner Nutzung erweise sich, dass bei Realisierung des Vorhabens die maßgeblichen Grenzwerte der 16. Bundesimmissionsschutzverordnung – BImSchV – überschritten würden.
- 14
In formeller Hinsicht rüge sie, dass die ortsübliche Bekanntmachung der Planauslegung nicht ordnungsgemäß erfolgt sei. Bei den in der Gemeinde Römerberg ausliegenden Planunterlagen habe sich kein Nachweis befunden, dass die Planauslegung öffentlich bekannt gemacht worden sei. Aus der auf der Homepage des Landesbetriebs Mobilität vorzufindenden Bekanntmachung könne ein Bürger nicht entnehmen, ob er von dem Vorhaben unmittelbar oder mittelbar betroffen sei. Ob und in welcher Weise die Benachrichtigung nicht ortsansässiger Betroffener stattgefunden habe, sei anhand der Unterlagen nicht erkennbar. Die ordnungsgemäße Benachrichtigung werde fürsorglich gerügt.
- 15
Ort und Umstände der Planauslegung erfüllten nicht die Voraussetzungen von § 73 Abs. 2 und 3 Verwaltungsverfahrensgesetz – VwVfG –. Die Durchführung der Auslegung müsse von der Anhörungsbehörde bzw. von den Gemeinden, die damit beauftragt seien, so organisiert und geregelt werden, dass die Personen, die Einsicht nehmen wollten, dazu in angemessener Weise Gelegenheit erhielten. Die Planauslegung habe einzig bei der Gemeindeverwaltung Römerberg stattgefunden. Dort habe auch nur ein Exemplar des Planfeststellungsentwurfes ausgelegen. Sobald mehrere Interessierte gleichzeitig hätten Akteneinsicht nehmen wollen, hätten lange Wartezeiten in Kauf genommen werden müssen.
- 16
Das Einsichtsrecht nach § 73 VwVfG erfasse die Befugnis, Ablichtungen der Planunterlagen bzw. von Teilen davon zu fertigen. Ihrem Prozessbevollmächtigten sei aber das Anfertigen von Fotokopien untersagt worden. Diese Haltung entspreche nicht den Vorgaben des Verwaltungsverfahrensgesetzes, den Betroffenen umfassende Informationsmöglichkeiten zu eröffnen, damit diese sich gerade bei einem so komplexen und umfangreichen Vorgang wie einem Planfeststellungsverfahren in angemessener Weise informieren könnten. Die Auslegung sei insofern nicht ordnungsgemäß gewesen.
- 17
Der Umfang der auszulegenden Unterlagen entspreche nicht den Vorgaben von § 73 Abs. 3 Satz 1 VwVfG. Das Planfeststellungsverfahren werde nur auf Antrag des Vorhabenträgers eingeleitet. Ein solcher Antrag, der das konkrete Konzept des Genehmigungsgegenstandes zum Inhalt haben müsse, habe den Planunterlagen nicht beigelegen. Es habe bei den Planunterlagen auch die Verkehrsuntersuchung Römerberg gefehlt. Dieses Gutachten sei jedoch zentrale Informationsquelle für die Frage, ob der Plan überhaupt erforderlich sei bzw. in welcher Weise die Betroffenen mit Verkehrsimmissionen rechnen müssten. Ebenso hätten die Stellungnahmen der anderen Behörden gefehlt, aus denen sich ebenfalls Informationen hätten ergeben können, die für die Betroffenen von Relevanz seien.
- 18
Dem Vorhaben fehle es auch an der Planrechtfertigung. Es werde von ihr, der Klägerin, nicht verkannt, dass der Ortsverkehr von Römerberg einer Entlastung bedürfe. Eine solche effektive und echte Entlastung könnte in einer zweiten Anbindung von Römerberg an die B 9 Richtung Speyer erreicht werden. Die nun in Rede stehende verkehrliche Maßnahme werde aber zu keiner Reduzierung der Verkehrszahlen im Ortskern von Römerberg führen. Dies ergebe sich auch aus der Verkehrsbegutachtung. Zwar heiße es im Erläuterungsbericht, es gehe bei dem Vorhaben um die Planung einer „außerörtlichen Entlastungsstraße“. Es werde aber nicht dargelegt - und sei auch nicht ersichtlich - ob bzw. in welchem Umfang die Verkehrszahlen tatsächlich reduziert werden könnten. Eine Verkehrsmaßnahme, die zur Entlastung des innerörtlichen Verkehrs gedacht sei, die dieses Ziel aber ausweislich des Verkehrsgutachtens nicht erreichen werde, entbehre einer Planrechtfertigung.
- 19
Es sei nicht auszuschließen, dass die Anwohner des derzeitigen Bahnübergangs möglicherweise zu einem gewissen Grad verkehrlich entlastet würden. Eine Vielzahl von Bürgern (jedenfalls entlang der Germersheimer Straße) würde bei der neuen Verkehrsführung erheblich mit zusätzlichem Verkehr belastet. Die punktuelle und begrenzte Entlastung von einigen Planbetroffenen durch die erhebliche und starke Belastung anderer Planbetroffener vermöge die Verkehrsplanung nicht zu rechtfertigen.
- 20
Die Planfeststellungsbehörde habe auch eine echte Prüfung von Planungsalternativen nicht vorgenommen. Da von den betroffenen Bürgern bereits in den Bürgergesprächen Alternativen benannt worden seien, hätten zumindest diese überprüft werden müssen. Ohne eine Prüfung von Alternativen liege ein Abwägungsfehler im Sinne eines Abwägungsausfalls vor.
- 21
Ferner habe die Planfeststellungsbehörde die Verkehrsimmissionen fehlerhaft ermittelt. Es liege insofern ein Abwägungsausfall vor, als eine Zunahme des Verkehrs, einschließlich der damit einhergehenden Verkehrsimmissionen, für eine Vielzahl der Planbetroffenen überhaupt nicht in die Abwägung eingestellt worden sei. Die schalltechnische Untersuchung gelange für eine Vielzahl der betroffenen Grundstücke zu dem Ergebnis, dass die Grenzwerte der 16. BImSchV eingehalten würden. Für ihr Grundstück sei zwar berechnet worden, dass die Grenzwerte für ein Mischgebiet (64/54 dB(A) mit Werten von 52,8 und 45,8 db(A) bzw. 58,4 und 51,4 db(A) unterschritten würden. Entgegen der Annahme des schalltechnischen Gutachtens handele es sich in dem Bereich Germersheimer Straße .. jedoch nicht um ein Mischgebiet, so dass im Ergebnis andere, schärfere Grenzwerte hätten Anwendung finden müssen. Wenn überhaupt eine Zuweisung zu einem der Gebietstypen der Baunutzungsverordnung möglich sei, so sei der Bereich als allgemeines Wohngebiet zu qualifizieren.
- 22
Die schalltechnische Untersuchung leide unter dem weiteren Mangel, dass ihr veraltetes Datenmaterial zur Verkehrssituation aus dem Jahre 2001 zugrunde liege. Ein weiterer Mangel der schalltechnischen Untersuchung liege darin, dass lediglich auf den neuen Verkehr der Ortsumgehung abgestellt worden sei. Stattdessen sei im Einzelnen zu prüfen, ob die enteignungsrechtliche Zumutbarkeitsschwelle durch eine Gesamtverkehrsbelastung überschritten werde. Anhaltspunkte, dass dies im vorliegenden Fall möglich sei, lägen vor: Sie sei durch die viel befahrene Germersheimer Straße und die neue Ortsumgehung mit ihrem Grundstück durch Straßen eingerahmt. Hinzuzurechnen sei der Verkehrslärm der in unmittelbarer Nähe verlaufenden Eisenbahnlinie mit S-Bahn und Güterverkehr. Die Verkehrsgeräusche, die durch die B 9 verursacht würden, kämen noch hinzu und seien besonders gut wahrzunehmen, wenn der Lärm der Germersheimer Straße abends etwas abnehme. Zu diesen Gesichtspunkten fehle es in der schalltechnischen Untersuchung an jeder Ausführung. Zusätzlich bestehe jetzt eine Lärmschutzwand am Rand des Neubaugebietes, die den Schall aus dem Schienenverkehr und der neugeplanten Straße mit Unterführung in Richtung des bestehenden Baugebiets reflektiere. Auch insofern sei das Abwägungsgebot nicht eingehalten, als die zukünftigen Bewohner des Neubaugebiets geschützt, die Bewohner des Bereichs Germersheimer Straße aber zusätzlich belastet würden.
- 23
Gänzlich ohne Berücksichtigung im bisherigen Verfahren seien Erschütterungen durch den Straßenneubau geblieben.
- 24
Schließlich verstoße das Vorhaben gegen naturschutzrechtliche Vorgaben. Es befinde sich zumindest in der Nähe des FFH-Gebiets "Rheinniederung Speyer-Germersheim" sowie des europäischen Vogelschutzgebietes "Berghausener und Lingenfelder Altrhein mit Insel Flotzgrün", das zugleich als IBA-Gebiet (Important Bird Area) ausgewiesen sei. Es sei zumindest eine mittelbare Beschädigung der hoch-bedeutsamen Naturschutzflächen zu besorgen.
- 25
Mit weiterem persönlichem Schreiben vom 11. September 2007 und teilweise als Mitunterzeichnerin von Sammeleinwendungsschreiben erhob die Klägerin ergänzende Einwendungen gegen das geplante Vorhaben.
- 26
Am 8. Dezember 2010 wurde der Termin zur Erörterung der Einwendungen in der Rhein-Pfalz-Halle in Römerberg durchgeführt. Die öffentliche Bekanntmachung dieses Termins war zuvor am 15. und 16. November 2010 in den Tageszeitungen „Die Rheinpfalz“ und „Speyerer Morgenpost“ sowie am 15. November 2010 im Staatsanzeiger für Rheinland-Pfalz erfolgt. In dem Erörterungstermin ließ sich die Klägerin, die persönlich anwesend war, von ihrem Prozessbevollmächtigten vertreten. Hinsichtlich des Verlaufs und der Ergebnisse der Erörterung wird auf die Niederschrift der Anhörungsbehörde vom 8. Dezember 2010 verwiesen.
- 27
Mit Schreiben vom 12. Dezember 2012 bat der Landesbetrieb Mobilität Koblenz den Landesbetrieb Mobilität Speyer um ergänzende Erläuterungen zur geplanten Maßnahme, insbesondere zu der Frage der Planrechtfertigung. Hierzu gab der Landesbetrieb Mobilität Speyer am 10. Juni 2013 eine Stellungnahme an den Landesbetrieb Mobilität Koblenz ab, der eine Informations- und Bilddokumentation beigefügt war.
- 28
Im Verlaufe des Planfeststellungsverfahrens beauftragte der Landesbetrieb Mobilität Koblenz das Planungsbüro Modus Consult mit einer Aktualisierung bzw. Fortschreibung der Verkehrsuntersuchung aus dem Jahre 2002. Die Ergebnisse dieser Aktualisierung bzw. Fortschreibung gingen in die „Verkehrsuntersuchung Römerberg – Fortschreibung 2011“ vom Juli 2013 ein. Für den Analyse-Nullfall (2011) aus der aktualisierten Verkehrsuntersuchung (Fortschreibung 2011) wurde für die L 507 unmittelbar südlich der bestehenden Einmündung der K 27 in die Landesstraße innerhalb der Ortsdurchfahrt Römerberg ein Fahrzeugaufkommen von 8400 Kfz/ 24 h ermittelt. Für die K 27 zwischen der B 9 und der Einmündung in die L 507 war im Analyse-Nullfall 2001 der Verkehrsuntersuchung 2002 eine Verkehrsbelastung von (max.) 6400 Kfz/ 24 h festgestellt worden. Nach dem Analyse-Nullfall der Fortschreibung 2011 betrug die Verkehrsbelastung im gleichen Streckenabschnitt der Kreisstraße (max.) 6600 Kfz/ 24 h. Bei der Fortschreibung der Verkehrsuntersuchung 2011 wurde ein eigener Planfall für die Bahnübergangsbeseitigung (Prognose-Nullfall-Plus) erstellt und die Verkehrszahlen für das Jahr 2025 ermittelt. Für die K 27 werden 5700 Kfz, die L 507 Nord 7500 Kfz und die L 507 Süd 9700 Kfz jeweils pro 24 h prognostiziert.
- 29
Am 27. August 2013 nahm der Beklagte unter Berücksichtigung der Vorgaben der 39. BImSchV auf eine etwaige Überschreitung auch des Grenzwertes für Feinstäube PM2,5 eine ergänzende Überprüfung der Luftschadstoffsituation vor. Die Abschätzung der verkehrsbedingten Schadstoffimmissionen wurde auf die neue Berechnungsgrundlage, die Richtlinien zur Ermittlung der Luftqualität an Straßen – RLuS 2012 überprüft und aktualisiert. Die Ergänzende Überprüfung der Schadstoffsituation ergab, dass, gerechnet mit den Verkehrszahlen aus der ursprünglichen Verkehrsuntersuchung 2002, sowohl nach den Verfahren nach MLuS 02 als auch nach der RLuS 2012 sowie auch unter Zugrundelegung der Verkehrszahlen der fortgeschriebenen Verkehrsuntersuchung 2011 nach dem Verfahren RLuS 2012 die Grenzwerte der Schadstoffleitkomponenten der 39. BImSchV deutlich unterschritten werden.
- 30
Am 24. Oktober 2013 übersandte der Beklagte der Klägerin die neuen Unterlagen. Hierzu äußerte sich der Prozessbevollmächtigte der Klägerin mit Schreiben vom 18. November 2013.
- 31
Durch Beschluss des Landesbetriebs Mobilität Koblenz vom 24. September 2014 wurde der Plan für die Beseitigung des Bahnüberganges 220 im Zuge der Kreisstraße Nr. 27 im Bereich der Gemeinde Römerberg, Ortsteil Berghausen, in den Gemarkungen Berghausen und Heiligenstein von Bau-km 0 + 080 bis Bau-km 0 + 781.505 festgestellt. Der Planfeststellungsbeschluss enthält unter C. zahlreiche besondere Bestimmungen und Auflagen. In „C V. Lärm“ wird u.a. Folgendes ausgeführt:
- 32
Der Straßenbaulastträger ist beim (Um-)Bau der K 27 zur Beseitigung des Bahnüberganges 220, Römerberg, im hier festgestellten Abschnitt grundsätzlich verpflichtet, nachteilige Auswirkungen durch von der ausgebauten Straße ausgehenden Lärmbelastungen auf die benachbarte Wohnbebauung zu vermeiden. Dieser Verpflichtung hat er zunächst durch die Wahl der Trasse nachzukommen. Wenn trotz der richtigen Wahl der Trasse nachteilige Lärmauswirkungen auf benachbarte Wohnbebauung zu erwarten sind, hat er diese durch aktive Lärmschutzmaßnahmen auf ein zumutbares Maß zu verringern; erst wenn danach noch immer unzumutbare Lärmauswirkungen auf die benachbarte Wohnbebauung verbleiben, ist den Eigentümern der betroffenen Häuser passiver Lärmschutz an den zum dauernden Aufenthalt bestimmten Wohnräumen zu gewähren.
- 33
Der Straßenbaulastträger hat die von der K 27 und L 507 ausgehenden Lärmauswirkungen auf die der Straße benachbarte Wohnbebauung in einer Schalltechnischen Untersuchung überprüft. Nach dem Ergebnis der Untersuchung sind unzumutbare Lärmauswirkungen auf benachbarte Wohnbebauung zu erwarten. Der Straßenbaulastträger ist daher zur Durchführung von Lärmschutzmaßnahmen verpflichtet. Er wird nach Maßgabe der festgestellten Pläne (siehe Kapitel AVIII10 und AVIII11) aktive Lärmschutzmaßnahmen insbesondere in Form von Lärmschutzwänden durchführen und das Tragbauwerk mit einer hochabsorbierenden Auskleidung ausstatten.
- 34
Verschiedene Wohnhäuser entlang der gesamten Baustrecke können mit der Durchführung aktiver Lärmschutzmaßnahmen nicht vollständig vor unzumutbaren Verkehrsgeräuschen geschützt werden, da der dazu erforderliche aktive Lärmschutz aufgrund der Lage der Gebäude im unmittelbaren Einmündungsbereich K 27/ L 507 dem Straßenbaulastträger nicht aufgegeben werden kann. Diesen Wohnhäusern steht daher ergänzend passiver Lärmschutz zu.
- 35
Es handelt sich im Einzelnen um die Anwesen:
- 36
Wohngebäude, Straße, Hausnummer Himmelsrichtung
Germersheimer Straße ... Südliche und westliche Gebäudeseite
Germersheimer Straße ... Westliche Gebäudeseite
Germersheimer Straße ... Südliche Gebäudeseite
- 37
Der Straßenbaulastträger wird dem Grunde nach verpflichtet, den Eigentümern der vorgenannten Gebäude die notwendigen Aufwendungen in Geld auszugleichen, welche für die erforderlichen Schutzmaßnahmen gegen den die Immissionsgrenzwerte überschreitenden Verkehrslärm aufgewendet werden müssen (sog. „passiver Lärmschutz“).
- 38
In „C VI6. Weitere Bestimmungen und Auflagen“ heißt es weiter:
- 39
„Während der Bauzeit hat der Vorhabenträger dafür zu sorgen, dass schädliche Umwelteinwirkungen durch Lärm-, Geruchs-, Staub- und Erschütterungsimmissionen nach dem Stand der Technik vermieden und unvermeidbare schädliche Umwelteinwirkungen auf ein Mindestmaß beschränkt werden. Der Vorhabenträger hat die Anlieger über den Beginn der Baumaßnahmen und deren geplante Dauer vorab zu informieren und den Anliegern einen Ansprechpartner für etwaige Beanstandungen zu benennen.
- 40
Hinsichtlich des Schutzes der Anlieger vor Erschütterungen während der Bauzeit sind zur Vermeidung bzw. Minderung von baubedingt unzumutbaren Erschütterungen bei der Baudurchführung moderne Verdichtungstechnik zum Einsatz zu bringen und bei entsprechender Gefährdungslage Sicherungsmaßnahmen zu ergreifen. Zum Schutz der Anlieger insbesondere vor bauzeitlichem Lärm, Staub, Schadstoffen und Erschütterungen wird beauflagt, dass während der Bauarbeiten das Landes-Immissionsschutzgesetz (LImSchG), das u.a. vorschreibt, schädliche Umwelteinwirkungen soweit möglich und zumutbar zu vermeiden und die Nachtruhe nicht zu stören sowie die Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Schutz gegen Baulärm (AVV Baulärm) in der jeweils gültigen Fassung zu beachten sind. In der Nacht dürfen Bauarbeiten nur dann ausnahmsweise durchgeführt werden, wenn dies zwingend notwendig ist und wenn die zuständige Behörde die Arbeiten zugelassen hat.
- 41
Was die baubedingten Staubbelastungen angeht, hat der Vorhabenträger den ausführenden Baufirmen im Rahmen der Vergabe Auflagen bezüglich der Vorsorge zur Minimierung der Ausbreitung von Staub (insbesondere bei Arbeiten in der direkten Nähe von Wohngebäuden) und zur Sauberhaltung des angrenzenden öffentlichen Straßennetzes zu erteilen. Darüber hinaus ist auch insoweit das Landesimmissionsschutzgesetz maßgeblich, wonach die Entstehung und Ausbreitung von Stäuben u.a. bei der Errichtung von Anlagen nach Möglichkeit durch geeignete Maßnahmen zu unterbinden oder zu vermindern ist. Durch geeignete Maßnahmen (wie z.B. Wässern der Baustelle) können Vorkehrungen getroffen werden, um die Staubbelastungen und Verschmutzungen im Umfeld der Baumaßnahme möglichst auf ein Mindestmaß zu reduzieren.“
- 42
Unter Abschnitt D „Beteiligte“ wurden sämtliche Träger öffentlicher Belange sowie die privaten Einwender mit Namen und Anschrift aufgeführt. Im Abschnitt E „Begründung“ wies der Beklagte die gegen das Planvorhaben erhobenen Einwendungen zurück. Zu den individuellen Einwendungen der Klägerin nahm der Beklagte unter Abschnitt E XI. „Sonstige Privateinwendungen“ Stellung.
- 43
In der Zeit vom 3. November 2014 bis 17. November 2014 lag der Planfeststellungsbeschluss samt Rechtsbehelfsbelehrung und einer Ausfertigung des festgestellten Plans zu jedermanns Einsicht bei der Verbandsgemeindeverwaltung Römerberg-Dudenhofen aus. Die Bekanntmachung hierzu erfolgte in den Tageszeitungen „Speyerer Morgenpost“ und „Die Rheinpfalz“ vom 16. Oktober 2014 sowie im Staatsanzeiger vom 20. Oktober 2014.
- 44
Die Klägerin hat hiergegen am 17. November 2014 Klage erhoben. Sie führt zur Begründung aus, der streitgegenständliche Planfeststellungsbeschluss hätte bereits nicht durch den Landesbetrieb Mobilität ergehen dürfen, weil für das Planfeststellungsverfahren nach § 18 Allgemeines Eisenbahngesetz – AEG – das Eisenbahn-Bundesamt zuständig sei. Bei der Frage, ob ein Planfeststellungsverfahren nach § 18 AEG oder ein landesstraßenrechtliches Planfeststellungsverfahren durchgeführt werden könne oder müsse, komme es auf den Zweck bzw. Schwerpunkt der Maßnahme an. Dieser liege – wie es schon im Tenor des streitgegenständlichen Planfeststellungsbeschlusses sehr deutlich zum Ausdruck komme – in der „Beseitigung des Bahnüberganges 220“.
- 45
Ihr Grundstück liege an der viel befahrenen Germersheimer Straße. Mit dem planfestgestellten Vorhaben solle der Verkehrsweg zwischen der hinter ihrem Grundstück verlaufenden Bahnlinie und dem Grundstück geführt werden. Der Abstand zwischen rückwärtiger Grundstücksgrenze und dem Straßenrand der neu zu errichtenden Straße betrage ca. 1 m. Mit dem neu geplanten Verkehrsweg werde insgesamt mehr Verkehr an ihrem Grundstück vorbei geführt. Dieses werde somit als „Verkehrsinsel" von zwei Straßen eingekreist. Mit der Zunahme des Verkehrs werde eine Zunahme der Verkehrsimmissionen einhergehen. Die neue Verkehrsführung werde sich auch insoweit auswirken, als ihr Grundstück von Erschütterungen durch den Verkehr betroffen sein werde. Alle diese Gesichtspunkte seien von ihr in ihrem Einwendungsschreiben vom 11. September 2007 dargelegt worden, so dass insofern keine materielle Präklusion eingetreten sei.
- 46
Der angefochtene Planbestellungsbeschluss leide an durchgreifenden formellen und materiellen Fehlern. Er sei schon deshalb rechtswidrig, weil mit ihm persönliche Daten der Einwender und so auch der Klägerin ohne Rechtsgrund und unter Verstoß gegen das Recht auf informationelle Selbstbestimmung aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 Grundgesetz – GG – sowie gegen das Datenschutzgesetz Rheinland-Pfalz preisgegeben worden seien. Der Planfeststellungsbeschluss einschließlich der personenbezogenen Daten der Klägerin sei von dem Beklagten auf seiner Seite in das Internet eingestellt worden. Das Bundesverfassungsgericht habe bereits entschieden, dass die Preisgabe von personenbezogenen Daten durch die Planfeststellungsbehörde in einem Planfeststellungsbeschluss einen unverhältnismäßigen Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung im Sinne von Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG darstelle.
- 47
Ein weiterer Fehler des Planfeststellungsverfahrens, der auf die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Planfeststellungsbeschlusses durchschlage, sei darin zu sehen, dass wesentliche Unterlagen, auf die die Planfeststellung gründe, nicht offengelegt und erst nach dem Erörterungstermin eingeholt worden seien. So hätten insbesondere die von dem Beklagten mit Schreiben vom 24. Oktober 2013 ihr übersandten Unterlagen bei der förmlichen Offenlage nicht ausgelegen. Bei diesen Unterlagen sei es aber um den eigentlichen Zweck des Vorhabens bzw. die Planrechtfertigung gegangen. Dieser Verfahrensfehler sei auch nicht durch die Übersendung der maßgeblichen Unterlagen an sie „geheilt“ worden. Bei der Hinzufügung weiterer Planunterlagen zur Substantiierung des Planungszwecks handele es sich nicht um die Änderung eines ausgelegten Plans im Sinne von § 73 Abs. 8 VwVfG, so dass die dort genannte Möglichkeit zur Beteiligung Betroffener ausscheide.
- 48
Im Übrigen sei – soweit bekannt – nur ihr Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden; alle weiteren Einwender hätten von den ergänzten Unterlagen keine Kenntnis erhalten und ihnen sei keine Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden. Nach ihrer Auffassung hätte die Hinzufügung des zentralen Kriteriums einer Planfeststellung, nämlich der Planrechtfertigung, notwendig eine weitere Offenlage und einen sich daran anschließenden Erörterungstermin zur Folge haben müssen.
- 49
Auch die „Ergänzende Überprüfung der Schadstoffsituation" vom 27. August 2013 habe nicht offen gelegen. Dass gerade die Ermittlung der Schadstoffimmissionen für die Betroffenen zentrale Bedeutung habe und insofern eine Offenlage ohne eine vollständige bzw. aktuelle Begutachtung ihren Informationszweck verfehle, brauche nicht näher dargestellt werden.
- 50
Im Übrigen halte sie an den von ihr im Einwendungsschreiben geltend gemachten Verfahrensfehlern fest. Die dort aufgezeigten Verstöße seien durch den Planfeststellungsbeschluss nicht „geheilt“ worden.
- 51
In materieller Hinsicht fehle es dem Vorhaben an der Planrechtfertigung. Das planfestgestellte Vorhaben ergebe in verkehrlicher Hinsicht allenfalls dann Sinn, wenn es im Kontext einer außerörtlichen Entlastungsstraße realisiert würde. Genau dies sei jedoch nicht der Fall. Für sich betrachtet löse die angefochtene Maßnahme die Verkehrsprobleme in Römerberg nicht, so dass keine ausreichende Planrechtfertigung gegeben sei.
- 52
Die planfestgestellte Maßnahme werde Verkehrsprobleme nicht lösen, sondern neue schaffen. Durch die besondere Streckenführung (6,5 % Gefälle und enge, unübersichtliche Kurve) sei eine erhöhte Unfallgefahr zu erwarten. Von der L 507 kommend folge eine abschüssige Strecke mit 6,5 % Gefälle. Daran schließe sich eine enge Rechtskurve an, bei der durch Nutzer des erhöhten Rad- und Fußwegs die Sicht auf den Gegenverkehr versperrt sei. Müsse ein Autofahrer wegen Gegenverkehr (etwa weil dieser die Kurve schneide) abbremsen, so könne es zu Auffahrunfällen kommen. Dies würde in den beengten Verhältnissen der Unterführung zu einer längeren Blockade des Verkehrs und damit zu Verkehrsstauungen führen. Das gleiche gelte für die Streckenführung aus Richtung Dudenhofen kommend.
- 53
Wenn in der Stellungnahme des Landesbetriebs Mobilität vom 10. Juni 2013 ausgeführt werde, die Schließungen der Bahnschranken würden zu teilweise erheblichen Rückstaus in den vorhandenen Straßenraum bzw. Kreuzungsbereich führen, so treffe die Aussage in der Form nicht zu. Die Stauungen entstünden nicht allein durch die Bahnschranke, sondern durch den Kreuzungsbereich L 507/K 37. Die planfestgestellte Unterführung werde bezüglich der Stausituation keine Verbesserung bringen, denn der Stau werde lediglich in die Unterführung und in den Kreuzungsbereich verlagert werden.
- 54
Zur Erforderlichkeit der Maßnahme werde im Planfeststellungsbeschluss ausgeführt, dass der Bahnübergang keine ausreichenden Breiten für beidseitige Rad- und Gehwegführung hätte. Eine Verbreiterung des Bahnübergangs wäre aus Sicht der Bahn aber durchaus möglich. Es könne deshalb nicht ausgeschlossen werden, dass der bisherige Zustand erhalten bleiben musste, damit er als Argument für die Schließung des Bahnübergangs herhalten konnte. Eine erhöhte Gefährdung der Fußgänger und Radfahrer (Schulkinder) sei aus diesem Grund wohl billigend in Kauf genommen worden. Im Übrigen müssten durch die Bahnunterführung sowohl die Anwohner westlich der Bahnlinie als auch die Nutzer der Bahn erhebliche Umwege in Kauf nehmen. Die so oft propagierte Fußläufigkeit der Anbindung an den Ortskern werde damit abgestellt. Dies führe zu einer Zunahme des Kfz-Verkehrs und zu einer Abnahme der Benutzung der Bahn. Die Umwege seien deshalb nicht zumutbar.
- 55
Im Ergebnis werde die Verlegung des Einmündungsbereiches der K 27 in die L 507 um 125 m nach Süden die räumliche Verkehrssituation nicht verbessern. Letztlich fehle es an der erforderlichen Planrechtfertigung.
- 56
Der Planfeststellungsbeschluss leide auch an durchgreifenden Abwägungsmängeln: Bei der Feststellung des Verkehrsaufkommens an der künftigen Einmündung K 27 in die L 507 nach Verlegung der K 27 mit Bahnunterführung seien unzutreffende verkehrliche Annahmen zugrunde gelegt worden. Bei Zugrundelegung der richtigen Annahmen zeige sich, dass die geplante Maßnahme für sie, die Klägerin, unzumutbar sei.
- 57
Die Verkehrsuntersuchung 2001 und die Fortschreibung dieser Untersuchung aus dem Jahr 2011 gelangten zu dem Ergebnis, dass ein bestimmbarer Teil des Verkehrsaufkommens von Römerberg sein Ziel über die K 27 und die B 9 (einschließlich des Rückverkehrs) erreiche und zu diesem Zweck zwischen L 507 und B 9 die Bahntrasse queren müsse. Laut Verkehrsuntersuchung 2011 seien dies am Bahnübergang 7500 Kfz/24h. Als Folge der Bahnunterführung steige die Verkehrsbelastung auf der L 507 südlich der künftigen Einmündung der K 27 von 8800 Kfz/24h auf 9700 Kfz/24h, also um 10 %. Trotz dieser Steigerung südlich des künftigen Einmündungsbereichs sollten dann angeblich nur noch 5700 Kfz/24h die Bahn unterqueren. Dieser „Schwund" von 1800 Verkehrsteilnehmern, die die B 9 erreichen müssten, sei nicht nachvollziehbar. Statt mit den 5700 Kfz/24h, mit denen im Planfeststellungsbeschluss das Verkehrsaufkommen an der künftigen Einmündung der K 27 in die L 507 beschönigt werde, müsse mit 7500 Kfz/24h, also 32 % mehr, gerechnet werden. Für ihre Wohnsituation bedeute dies, dass sich das nachgewiesenermaßen überdurchschnittliche Verkehrsaufkommen auf der L 507 vor ihrem Wohngrundstück durch die Bahnunterführung zusätzlich um 10 % erhöhe und auf der Zufahrt zur Bahnunterführung auf der Rückseite des Wohngrundstücks mit 7500 Kfz/24h um 32 % höher sein werde, als dies im Planfeststellungsbeschluss ausgewiesen sei. Dies führe dazu, dass die schalltechnischen Berechnungen auf unzutreffenden Annahmen beruhten. Unter Berücksichtigung der zutreffenden Verkehrszahlen würde dies zu einer Überschreitung der maßgeblichen Immissionsrichtwerte am Grundstück der Klägerin führen. Gleiches gelte für die Belastungen durch Feinstaub und Erschütterungen.
- 58
Dabei sei weiter zu berücksichtigen, dass sich die Berechnungen im Planfeststellungsbeschluss auf die Verkehrsuntersuchung aus dem Jahre 2001 bezögen. Dabei seien die in Planung befindlichen Neubaugebiete W 3 und W4 noch nicht berücksichtigt. Unter Berücksichtigung dieser zusätzlich entstehenden Wohngebiete werde die Verkehrsbelastung und damit einhergehend die Immissionsbelastung noch deutlich höher sein.
- 59
Zudem sei ein Abwägungsausfall festzustellen: Ihr, der Klägerin, habe bislang eine Zugangsmöglichkeit und eine Anfahrmöglichkeit zu ihrem rückwärtigen Grundstück zur Verfügung gestanden. Sie habe über eine befestigte Fläche an ihr rückwärtiges Gartengrundstück heranfahren und das Grundstück von dort aus auch betreten können. Im Hinblick auf die Bewirtschaftung dieses Gartengrundstücks sei dies offenkundig ein erheblicher Vorteil. Bei Umsetzung der planfestgestellten Maßnahmen werde ihr dieser Vorteil entzogen. Dieser Gesichtspunkt sei von dem Beklagten überhaupt nicht gesehen worden und deshalb auch nicht in die Abwägung eingestellt worden. Dies begründe einen Abwägungsfehler (Abwägungsausfall).
- 60
Ein Abwägungsausfall liege auch weiterhin darin begründet, dass der Beklagte die Beeinträchtigungen der Klägerin durch Erschütterungen und Feinstäube nicht berücksichtigt und damit nicht gewürdigt habe.
- 61
Zu monieren seien ferner nicht oder fehlerhaft geprüfte Planungsalternativen. Eine Planungsalternative wäre eine westliche Ortsumgehungsstraße. Mit dieser würde sich die Verkehrsbelastung auf der L 507 im geplanten Einmündungsbereich um 30 % und am Bahnübergang um 33 % vermindern. Mit der Bahnunterführung werde sich demgegenüber die Verkehrsbelastung auf der L 507 im geplanten Einmündungsbereich um 10 % erhöhen. Darüber hinaus hätte die Ortsumgehungsstraße für ganz Römerberg positive Auswirkungen auf die Verkehrsbelastungen.
- 62
Die Klägerin beantragt,
- 63
den Planfeststellungsbeschluss des Landesbetriebs Mobilität Rheinland-Pfalz vom 24. September 2014 aufzuheben,
- 64
hilfsweise
- 65
den Planfeststellungsbeschluss des Landesbetriebs Mobilität Rheinland-Pfalz vom 24. September 2014 für rechtswidrig und nicht vollziehbar zu erklären,
- 66
weiter hilfsweise
- 67
den Beklagten zu verpflichten, die Klägerin im Hinblick auf die in der Einwendung vom 11. September 2007 zum Planfeststellungsverfahren erhobenen Forderungen unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu bescheiden.
- 68
Der Beklagte beantragt,
- 69
die Klage abzuweisen.
- 70
Zur Begründung führt er aus, die Klägerin könne sich auf mehrere von ihr geltend gemachte Gesichtspunkte nicht berufen, da sie diesbezüglich mit ihren Einwendungen präkludiert sei. Unbeschadet dessen sei die hier angefochtene Planung in jeder Hinsicht rechtsfehlerfrei ergangen.
- 71
In formeller Hinsicht sei der Landesbetrieb Mobilität zuständig für den Erlass des Planfeststellungsbeschlusses gewesen. Eine Zuständigkeit des Eisenbahn-Bundesamtes für eine eisenbahnrechtliche Planfeststellung nach § 18 habe nicht bestanden. Es sei nicht entscheidend, dass die gesamte Baumaßnahme dazu diene, den vorhandenen höhengleichen Bahnübergang zu beseitigen. Es sei vielmehr darauf abzustellen, dass es um eine Straßenbaumaßnahme, nämlich den Bau bzw. die Änderung von Straßen gehe, für deren Planung die Straßenbauverwaltung zuständig sei.
- 72
Es liege keine Verfahrensverstoß im Hinblick auf den Schutz persönlicher Daten vor. Dieser wäre im Übrigen unbeachtlich. Ferner könne sich die Klägerin nicht auf die Rechte anderer Verfahrensbeteiligter berufen. Soweit die Klägerin die mangelhafte Offenlage von Unterlagen, insbesondere der Stellungnahme des Landesbetriebs Mobilität Speyer vom 10. Juni 2013 und der beigefügten Informations- und Bilddokumentation, rüge, liege ebenfalls kein Verfahrensmangel vor. Richtig sei zwar, dass die dortigen Ausführungen der Straßenbaudienststelle Angaben zum Zweck und zur Notwendigkeit der Baumaßnahme enthalten hätten. Diese Angaben hätten jedoch lediglich ergänzende bzw. vertiefende Darlegungen zu den bereits im Erläuterungsbericht enthaltenen Projektbeschreibungen und zum Zweck des Vorhabens dargestellt. Die Stellungnahme der Straßenbaubehörde vom 10. Juni 2013 habe auch keine Änderung des Planes bewirkt noch habe deren Inhalt eine solche Änderung dargestellt. Im Übrigen wäre ein in der – vermeintlich – fehlerhaft unterbliebenen Offenlage der Stellungnahme des Mobilität Speyer vom 10. Juni 2013 zu erblickender Verfahrensfehler durch die erfolgte ergänzende Anhörung der Klägerin „geheilt" worden. Denn diese habe sich am 18. November 2013 auch tatsächlich hierzu geäußert.
- 73
Ein Verfahrensfehler ergebe sich auch nicht aus der unterbliebenen Offenlage der „Ergänzenden Überprüfung der Schadstoffsituation“ vom 27. August 2013, da hierzu kein fachliches Erfordernis bestanden habe.
- 74
Sonstige Verfahrensfehler lägen nicht vor.
- 75
Soweit die Klägerin das Fehlen der Planrechtfertigung moniere, könne sie dies als nur mittelbar von der Planung Betroffene bereits nicht rügen. Ungeachtet dessen sie die Planrechtfertigung gegeben und die Notwendigkeit der Maßnahme belegt. Die festgestellte Straßenbaumaßnahme sei geeignet und zugleich erforderlich, um das Planungsziel zu realisieren. Mit der festgestellten Beseitigung des Bahnüberganges 220 im Zuge der K 27 werde der Vorhabenträger seiner Verpflichtung aus § 11 Abs. 1 Satz 3 Landesstraßengesetz – LStrG – gerecht, wonach er die ihm zugewiesenen Kreisstraßen in einem dem regelmäßigen Verkehrsbedürfnis genügenden Zustand zu erhalten, zu erweitern oder in sonstiger Weise zu verbessern habe.
- 76
Ziel der Planung sei die Beseitigung des schienengleichen Bahnüberganges BÜ 220, unter Aufrechterhaltung der Kreisstraßenverkehrsverbindung zwischen der L 507 und der B 9/Dudenhofen, einschließlich der darüber hinausgehenden Verbindungsfunktionen. Damit sollten vor allem die mit dem vorhandenen schienengleichen Bahnübergang bestehenden verkehrlichen Hindernisse und Gefährdungen beseitigt bzw. minimiert werden und ein nachhaltiger Beitrag für die Sicherheit und Leichtigkeit des Straßen- und auch des Schienenverkehrs geschaffen werden. Die vorhandene Verkehrssituation im Bereich des Bahnüberganges sei unzureichend. Die häufigen und langen Schließzeiten des Bahnüberganges führten zu Rückstauungen bis in die L 507 und blockierten dort den nachfolgenden Durchgangsverkehr. Zudem weise der Bahnübergang keine ausreichenden Breiten für eine in beide Fahrtrichtungen von der Fahrbahn abgegrenzte Rad- und Gehwegeführung auf. Dadurch werde die Sicherheit der langsameren und schwächeren Verkehrsteilnehmer beim Queren des Bahnüberganges und sich begegnenden Kraftfahrzeugen, insbesondere nach dem Öffnen der Bahnschranken, gefährdet. Unter Berücksichtigung der absehbaren zukünftigen Verkehrsentwicklung werde sich diese Situation ohne die Beseitigung des Bahnüberganges noch weiter verschärfen. Um dieser Gefährdungssituation entgegenzutreten und dauerhaft eine sichere und leistungsfähige Verkehrsverbindung zu schaffen, habe der Vorhabenträger sich dazu entschlossen, den Bahnübergang durch eine höhenfreie Unterführung zu ersetzen. Die örtlichen Zwangspunkte erforderten dabei eine Umfahrung der vorhandenen Bebauung und eine Verschiebung der Einmündung der K 27(neu) in die L 507.
- 77
Die Klägerin verkenne dieses Planungsziel, wenn sie darauf hinweise, dass die Baumaßnahme nicht zu einer Reduzierung der Verkehrsströme und damit nicht zur Lösung der eigentlichen Verkehrsproblematik führen würde. Anders als die Klägerin hier vorgebe, habe die Beseitigung des BÜ 220 in Berghausen keine innerörtliche Verkehrsentlastung zum Ziel. Eine Reduzierung des Verkehrsaufkommens lasse sich mit dieser Maßnahme richtigerweise nicht verwirklichen. Dementsprechend habe der Vorhabenträger der Planung zur Bahnübergangsbeseitigung konsequenter Weise auch niemals eine solche Zielsetzung beigemessen. Stattdessen sei die Baumaßnahme darauf angelegt, die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs im Bereich des o.g. Bahnüberganges zu gewährleisten und zu verbessern.
- 78
Die durch die Planung entstehenden Mehr- bzw. Umwege seien verhältnismäßig und zumutbar. Die Verbindung zur Ortslage werde ohne unverhältnismäßige Umwege wiederhergestellt. Die (fuß- und radläufige) Wegeverbindung zur Ortsmitte werde zwar insbesondere für die Anwohner der „Dudenhofer Straße" länger. Gleichzeitig werde aber der Weg für die nahe der Umfahrungsstrecke wohnenden Anlieger im Baugebiet „Holzweg" je nach Zielort (eventuell) sogar verkürzt. Den verlängerten Fahrwegen für die Umfahrungsstrecke der neuen Trasse der Kreisstraße stünden überdies auch die entfallenden Wartezeiten vor geschlossener Bahnschranke gegenüber.
- 79
Die Planung verstoße auch nicht gegen das Abwägungsgebot. Das Vorhaben werde von einem hinreichenden öffentlichen Interesse getragen. Dieses leite sich maßgeblich aus den bestehenden Verkehrsverhältnissen im Bereich des Bahnüberganges 220 und der nahegelegenen Einmündung L 507/K 27 ab. Die Staubildungen und die Rückstauungen bei geschlossener Bahnschranke beeinträchtigten die Sicherheit und auch die Leichtigkeit des Verkehrs auf den beiden klassifizierten Straßen. Vorzugswürdige Alternativen, bei denen diese Verkehrsverhältnisse vorrangig hätten verbessert werden können als durch die Beseitigung des Bahnüberganges mit der Herstellung einer höhenfreien, Kreuzung und der Umfahrungsstrecke seien nicht erkennbar.
- 80
Die Verkehrslärmuntersuchungen seien fehlerfrei erfolgt. Es liege auch kein Abwägungsmangel in Bezug auf Erschütterungen und die Belastungen durch Feinstaub sowie hinsichtlich der rückwärtigen Zugangssituation des Grundstücks der Klägerin vor. Diese nehme offenbar ein Zugangs- und Anfahrtsrecht zu ihrem rückwärtigen Gartengrundstück für sich in Anspruch, welches weder in tatsächlicher Hinsicht gegeben sei noch rechtlich bestehe.
- 81
Die Planung sei auch im Hinblick auf Prüfung von Planungsalternativen rechtsfehlerfrei ergangen. Zunächst sei die Alternativenprüfung vom Kontrollanspruch der Klägerin nicht erfasst. Ungeachtet dessen liege kein Abwägungsmangel vor. Insbesondere stelle die von der Klägerin thematisierte Ortsumgehungsstraße keine vorzugswürdige Variante dar.
- 82
In der mündlichen Verhandlung des Gerichts vom 16. November 2015 hat der Beklagte im Hinblick auf die zwischen den Beteiligten strittige Frage, ob die nähere Umgebung des Anwesens der Klägerin bauplanungsrechtlich als faktisches Mischgebiet oder faktisches allgemeines Wohngebiet zu qualifizieren sei, die Prozesserklärung abgegeben, der Klägerin – ebenso wie drei anderen Bewohnern bereits im Planfeststellungsbeschluss in der Umgebung – ergänzende passive Lärmschutzmaßnahmen zu gewähren.
- 83
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die von den Beteiligten zu den Gerichtsakten gereichten Schriftsätze, auf die Verwaltungsakten des Beklagten und auf die Planaufstellungsakten verwiesen. Diese Unterlagen lagen der Kammer vor und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Des Weiteren wird auf das Sitzungsprotokoll vom 16. November 2015 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
- 84
Die Klage ist weder mit dem im Wege der objektiven Klagehäufung (§ 44 Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO –) verfolgten Hauptantrag noch mit den beiden Hilfsanträgen begründet. Der angegriffene Planfeststellungsbeschluss leidet nicht an einem rügefähigen Rechtsfehler, der die Klägerin in ihren Rechten verletzt und die – vollständige oder teilweise – Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses, die hilfsweise erstrebte Feststellung seiner Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit oder zumindest die äußerst hilfsweise begehrte Planergänzung rechtfertigt.
- 85
Das erkennende Gericht ist für die Entscheidung des Rechtsstreits sachlich zuständig (I.). Die Klage ist mit ihrem Hauptantrag zwar zulässig (II.), in der Sache aber unbegründet (III.). Der Hilfsantrag zu 1) bleibt ebenso erfolglos (IV.) wie der Hilfsantrag zu 2) (V.).
I.
- 86
Gemäß § 45 VwGO entscheidet das Verwaltungsgericht im ersten Rechtszug über alle Streitigkeiten, für die der Verwaltungsrechtsweg offensteht. Zwar bestimmt § 48 Abs. 1 Nr. 7 VwGO, dass das Oberverwaltungsgericht im ersten Rechtszug u.a. über sämtliche Streitigkeiten, die Planfeststellungsverfahren für den Bau oder die Änderung neuer Strecken von öffentlichen Eisenbahnen betreffen, entscheidet. Die genannte Vorschrift schließt auch Vorhaben für die Aufhebung (Schließung) eines (höhengleichen) Bahnübergangs ein, sei es dass dieser ersatzlos aufgehoben wird oder durch eine Straßenunter- oder Straßenüberführung ersetzt wird (BVerwG, Beschluss vom 16. Juli 2008 – BVerwG 9 A 21.08 –, NVwZ 2009, 189; OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 23. April 2015 – OVG 12 A 1.14 –, juris).
- 87
Im konkreten Fall wird durch den angefochtenen Planfeststellungsbeschluss zwar auch die Beseitigung eines höhengleichen Bahnübergangs zugelassen, der gemäß § 18 AEG grundsätzlich der Planfeststellung bedarf. Der Beklagte hat jedoch das Planfeststellungsverfahren auf der Grundlage des § 5 LStrG durchgeführt. Für die Zuständigkeit ist nicht entscheidend, ob das Planfeststellungsverfahren richtigerweise auf der Grundlage des § 18 AEG hätte durchgeführt werden müssen. Maßgebend ist allein, nach welchen Verfahrensvorschriften das Planfeststellungsverfahren tatsächlich durchgeführt wurde (vgl. OVG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 10. Oktober 2013 – 2 K 98/12 –, juris). Wird der Planfeststellungsbeschluss angefochten, richtet sich das gerichtliche Verfahren nach den Vorschriften, auf deren Grundlage das Vorhaben zugelassen worden ist; das gilt insbesondere auch für die Zuständigkeit nach den §§ 45 ff. VwGO.
II.
- 88
Der Hauptantrag ist zulässig.
- 89
1. Der auf Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses des Beklagten vom 24. September 2014 in der Gestalt der Prozesserklärung vom 16. November 2015 gerichtete Antrag ist als Anfechtungsklage gemäß § 42 Abs. 1 VwGO statthaft, da der genannte Planfeststellungsbeschluss nach § 1 Landesverwaltungsverfahrensgesetz – LVwVfG – i. V. m. § 74 Abs. 1 Satz 1, § 35 Satz 2 VwVfG ein Verwaltungsakt ist. Aufgrund der in den mündlichen Verhandlung vom 16. November 2015 vom Beklagten abgegebenen Prozesserklärungen ist der veränderte Planfeststellungsbeschluss Gegenstand des gerichtlichen Verfahrens geworden (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 7./8. November 2007 – 8 C 11523/06.OVG –, DVBl 2008, 321; BVerwG, Urteil vom 21. Juni 2006 – 9 A 28.05 –, NVwZ 2007, 1407). Der Planfeststellungsbeschluss und die auf ihn bezogene Prozesserklärung bilden eine Einheit, weil sie in ihrer Gesamtheit umreißen, was erlaubt ist und gegebenenfalls von der Umgebung hingenommen werden muss (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 10. Dezember 2004 – 20 D 134/00.AK, u. a. –, juris).
- 90
2. Die Klägerin ist gemäß § 42 Abs. 2 VwGO klagebefugt.
- 91
Da das Grundstück der Klägerin aufgrund der Planung weder ganz noch zum Teil dauerhaft oder vorübergehend in Anspruch genommen werden soll, ist die Klägerin nicht von der enteignungsrechtlichen Vorwirkung des Planfeststellungsbeschlusses unmittelbar betroffen und hat damit keinen sog. Vollüberprüfungsanspruch (vgl. BVerwG, Beschluss vom 5. Februar 2015 – 9 B 1/15 –, juris m.w.N.). Als nur mittelbar – hier insbesondere durch Lärmimmissionen und Luftschadstoffe – von der Planung Betroffene kann die Klägerin lediglich die Verletzung gerade sie schützender Normen des materiellen und Verfahrensrechts sowie eine nicht ordnungsgemäße Abwägung ihrer geschützten Privatbelange rügen. Angesichts der grundsätzlichen Ausrichtung des verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes auf den Schutz subjektiv-rechtlicher Rechtspositionen hat die Klägerin indes keinen Anspruch darauf, dass die Planung insgesamt und in jeder Hinsicht auf einer fehlerfreien Abwägung beruht (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 15. Mai 2015 – 11 D 12/12.AK –, juris). Der Drittschutz beschränkt sich auf planbedingte Beeinträchtigungen, die in einem adäquat-kausalen Zusammenhang mit der Planung stehen und mehr als geringfügig sind (vgl. BVerwG, Beschluss vom 5. Februar 2015 – 9 B 1/15 –, juris; Beschluss vom 5. März 2003 – 4 B 70.02 –, NuR 2004, 520; Bay. VGH, Beschluss vom 25. Juli 2007 – 8 ZB 06.2667 –, juris).
- 92
Hieraus folgt zunächst, dass die Klägerin sich nicht auf die geltend gemachten naturschutzrechtlichen Mängel im Verfahren berufen kann (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 15. Mai 2015 – 11 D 12/12.AK –, juris m.w.N.). Dies gilt ebenso für die gerügten Verfahrensfehler, die Dritten gegenüber möglicherweise begangen wurden. Ebenso wenig kann die Klägerin eine insgesamt fehlerfreie Abwägung und Planung verlangen. Allerdings ist der Klägerin entgegen der Auffassung des Beklagten nicht die Berechtigung abzusprechen, die Frage der Planrechtfertigung aufzuwerfen. Sie ist nicht nur zu prüfen, wenn Dritte für das Vorhaben enteignet werden sollen, sondern immer dann, wenn das Vorhaben mit Eingriffen in ihre Rechte einhergeht (vgl. BVerwG, Beschluss vom 5. Februar 2015 – 9 B 1/15 –, juris; Urteil vom 26. April 2007 – 4 C 12.05 –, NVwZ 2007, 1074). Art. 14 Abs. 1 GG schützt den Eigentümer auch vor mittelbaren Beeinträchtigungen seines Eigentums durch ein planfeststellungsbedürftiges Vorhaben. Auch derartige Eigentumsbeeinträchtigungen müssen dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit genügen. Ein mittelbar eigentumsbetroffener Kläger kann deshalb geltend machen, dass für das beabsichtigte Vorhaben - gemessen an den Zielsetzungen des jeweiligen Fachplanungsgesetzes - kein Bedarf besteht. Nicht verlangen kann er aber weitere Aspekte der Planrechtfertigung wie die Vereinbarkeit des konkreten Zugriffs auf das Eigentum mit Art. 14 Abs. 3 GG (BVerwG, Urteil vom 9. November 2006 – 4 A 2001.06 –, NVwZ 2007, 445; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 8. Februar 2007 – 5 S 2257/05 –, NJOZ 2007, 2588).
- 93
3. Die Klagefrist des § 74 Abs. 1 VwGO ist eingehalten. Der Planfeststellungsbe-schluss vom 24. September 2014 wurde samt ordnungsgemäßer Rechtsbehelfsbelehrung und einer Ausfertigung des festgestellten Plans in der Zeit vom 3. November 2014 bis 17. November 2014 zu jedermanns Einsicht bei der Verbandsgemeindeverwaltung Römerberg-Dudenhofen ausgelegt. Die Bekanntmachung hierzu erfolgte in den Tageszeitungen „Speyerer Morgenpost“ und „Die Rheinpfalz“ vom 16. Oktober 2014 sowie im Staatsanzeiger vom 20. Oktober 2014. Da die Auslegungsfrist am 17. November 2014 endete, galt der Planfeststellungsbeschluss gegenüber der Klägerin mit Ablauf dieses Tages als zugestellt (§ 1 Abs. 1 LVwVfG i.V.m. § 74 Abs. 4 Satz 3 VwVfG, welcher hier bei der Planung einer Landesstraße anzuwenden ist, vgl. §§ 5 und 6 LStrG). Die Klägerin hat damit am 17. November 2014 rechtzeitig Klage erhoben.
- 94
4. Die übrigen Prozessvoraussetzungen sind gegeben, insbesondere bedurfte es nicht der vorherigen Durchführung eines Vorverfahrens (s. § 1 LVwVfG i.V.m. §§ 70, 74 Abs. 1 Satz 2 VwVfG). Eine Beiladung des Vorhabenträgers war nicht erforderlich, da Vorhabenträger das Land Rheinland-Pfalz ist, das zugleich die Stellung des Beklagten innehat (vgl. Bay. VGH, Beschluss vom 29. Januar 2007 – 8 B 06.2314 –, NVwZ-RR 2007, 820).
III.
- 95
Der Hauptantrag ist aber unbegründet. Der in Rede stehende Planfeststellungsbeschluss des Beklagten vom 24. September 2014 i.d.F. der Prozesserklärung vom 16. November 2015, bei dessen Überprüfung auf die Sach- und Rechtslage bei Erlass des Planfeststellungsbeschlusses abzustellen ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 12. August 2009 – 9 A 64/07 –, UPR 2010, 193 ; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 15. Mai 2015 – 11 D 12/12.AK –, juris), erweist sich, soweit er auf die Klage der Klägerin hin rechtlich zu kontrollieren ist, als rechtmäßig und verletzt diese nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
- 96
Rechtsgrundlage für den angegriffenen Planfeststellungsbeschluss ist die Vorschrift des § 5 Abs. 1 Satz 1 LStrG, der die materielle Ermächtigung zur straßen-rechtlichen Fachplanung enthält. Danach dürfen Landes- oder Kreisstraßen nur gebaut oder geändert werden, wenn der Plan vorher festgestellt ist. Mit dieser ge-setzlichen Bestimmung steht der streitgegenständliche Planfeststellungsbeschluss des Beklagten in Einklang.
- 97
Die für die Rechtmäßigkeitskontrolle des Gerichts maßgeblichen rechtlichen Bin-dungen der Planfeststellungsbehörde ergeben sich in formeller Hinsicht aus dem für die Planung vorgeschriebenen Verwaltungsverfahren nach den Vorschriften der § 1 LVwVfG i.V.m. §§ 72 bis 77 VwVfG. In materieller Hinsicht folgen Planungsschranken vor allem aus der behördeninternen Bindung an vorrangige Planungsentscheidungen, aus dem Erfordernis der Planrechtfertigung, aus zwingenden materiellen Rechtssätzen und aus den Anforderungen des Abwägungsgebotes, das sich sowohl auf das Abwägungsergebnis als auch auf den Abwägungsvorgang erstreckt, bei dem die maßgeblichen öffentlichen und privaten Belange ins Verhältnis gesetzt werden und eine Entscheidung darüber getroffen wird, welche Belange bevorzugt werden und welche zurücktreten.
- 98
Der Planfeststellungsbeschluss vom 24. September 2014 i.d.F. der Prozesserklärung vom 16. November 2015 ist weder in formeller (2.1.) noch in materieller Hinsicht (2.2.) rechtlich zu beanstanden.
- 99
2.1. Die Klägerin kann zunächst nicht verlangen, dass der Planfeststellungsbeschluss wegen eines durchgreifenden Verfahrensfehlers aufgehoben wird.
- 100
2.1.1. Der Landesbetrieb Mobilität Rheinland-Pfalz war für die Feststellung der Zulässigkeit des Vorhabens gemäß §§ 5 Abs. 1, 6 Abs. 7 LStrG i.V.m. § 49 Abs. 2 LStrG sachlich zuständig.
- 101
2.1.1.1. Der Beklagte hat im Zusammenhang mit der Planfeststellung für die Herstellung der Umfahrungsstrecke der K 27 mit der höhenfreien Kreuzung der Bahnlinie 3400 von Berg nach Schifferstadt in der Gemeinde Römerberg, Ortsteil Berghausen, durch ein Unterführungsbauwerk auch die Beseitigung des Bahnüberganges 220 planfestgestellt.
- 102
Die Beseitigung des Bahnübergangs betrifft zwar eine „Betriebsanlage einer Eisenbahn“, für die der Beklagte im Grundsatz sachlich nicht zuständig ist. Gemäß § 18 AEG dürfen Betriebsanlagen einer Eisenbahn einschließlich der Bahnfernstromleitungen nur gebaut oder geändert werden, wenn der Plan vorher festgestellt ist. Bei der Planfeststellung sind die von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange einschließlich der Umweltverträglichkeit im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigen. Für das Planfeststellungsverfahren gelten die §§ 72 bis 78 VwVfG nach Maßgabe dieses Gesetzes.
- 103
Zur Bestimmung der Betriebsanlagen einer Eisenbahn ist auf den Anlagenbegriff abzustellen, der durch die in § 4 Abs. 1 Eisenbahn-Bau- und Betriebsordnung – EBO – enthaltene Definition näher bestimmt wird. Danach sind Bahnanlagen alle Grundstücke, Bauwerke und sonstigen Einrichtungen einer Eisenbahn, die unter Berücksichtigung der örtlichen Verhältnisse zur Abwicklung oder Sicherung des Reise- oder Güterverkehrs auf der Schiene erforderlich sind. Dazu gehören die unmittelbar augenfälligen Bahnanlagen wie Gleise, Schranken und Signale. Entscheidendes Kriterium ist unter Berücksichtigung der örtlichen Verhältnisse immer die sog. Eisenbahnbetriebsbezogenheit, d.h. die Verkehrsfunktion und der räumliche Zusammenhang mit dem Eisenbahnbetrieb (s. auch Kramer, Allgemeines Eisenbahngesetz, 1. Auflage 2012, § 2 Rn. 6).
- 104
Die Beseitigung eines höhengleichen Bahnübergangs und dessen Ersetzung durch eine Straßenunter- oder Straßenüberführung betrifft somit eine Betriebsanlage der Eisenbahn (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 23. April 2015 – OVG 12 A 1.14 –, juris). Dieser Vorgang ist gemäß § 18 AEG planfeststellungsbedürftig, soweit damit eine Verbesserung der Bahnstrecke – insbesondere mehr Sicherheit für den Eisenbahnverkehr – erreicht werden soll (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 12. Februar 1988 – BVerwG 4 C 54.84 –, NVwZ 1989, 153). Zuständig für die Wahrnehmung der Aufgaben der Eisenbahnverkehrsverwaltung ist gemäß § 2 Abs. 1 des Bundeseisenbahnverwaltungsgesetzes – BEVVG – das Eisenbahn-Bundesamt. Dieses entscheidet auch über Planfeststellungsbeschlüsse gemäß § 18 AEG (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 BEVVG).
- 105
Dennoch handelt es sich bei dem hier umstrittenen Vorhaben nicht um die Änderung einer Betriebsanlage einer Eisenbahn nach § 18 AEG, für deren Planung allein das Eisenbahn-Bundesamt zuständig (gewesen) wäre. Zwar dient die gesamte Baumaßnahme auch dazu, den Bahnübergang 220 zu beseitigen. Gleichwohl geht es um eine Straßenbaumaßnahme, für deren Planung die Straßenverwaltung des Beklagten zuständig ist.
- 106
Die Zuständigkeit für ein Planfeststellungsverfahren richtet sich nach dem geplanten Vorhaben. Bestimmte Vorhaben vor allem der öffentlichen Infrastruktur werden durch Gesetz einem solchen Verfahren unterworfen, in dem ihre Zulässigkeit im Hinblick auf alle von ihnen berührten öffentlichen Belange festgestellt wird (§ 1 LVwVfG i.V.m. § 75 Abs. 1 Satz 1 VwVfG). Zu diesen Vorhaben gehören sowohl der Bau und die Änderung von Betriebsanlagen der Eisenbahn (§ 18 AEG) als auch – auf landesrechtlicher Grundlage (§ 5 LStrG) – der Bau und die Änderung von Landes- und Kreisstraßen. Über die Planfeststellung von Bahnanlagen entscheidet das Eisenbahn-Bundesamt. Für die Planung von Landesstraßen sind die Straßenbehörden des Landes zuständig.
- 107
Diese Regeln gelten auch für die Beantwortung der Frage nach der Zuständigkeit für die Aufhebung eines höhengleichen Bahnüberganges (BVerwG, Urteil vom 12. Februar 1988 – 4 C 55/84 –, NVwZ-RR 1988, 60). Straße und Eisenbahnanlage bilden bei einer solchen Kreuzung eine untrennbare Einheit. Baumaßnahmen an einer Kreuzung lassen sich stets als Vorhaben des Straßen- oder des Eisenbahnbaues einordnen; es geht bei ihnen jeweils um die Herstellung oder Verbesserung eines der beiden (oder beider) Verkehrswege. Damit lässt sich das für die Zuständigkeit maßgebliche Vorhaben immer einem der beiden Rechtskreise zuordnen. Soll die eine Bahnlinie höhengleich kreuzende Straße geändert werden, richtet sich die Zuständigkeit nach Straßenrecht; geht es um den Bau oder die Änderung der Eisenbahn, so gelten die eisenbahnrechtlichen Zuständigkeitsregeln. Planen beide Vorhabenträger gleichzeitig Baumaßnahmen an ihren Anlagen, dann treffen zwei Vorhaben so zusammen, dass nur eine einheitliche Entscheidung möglich ist. Für diesen Fall ist die Zuständigkeit der Planfeststellungsbehörde – bei Beteiligung eines bundesrechtlich geregelten Vorhabens – nach § 78 VwVfG zu bestimmen (BVerwG, Urteil vom 12. Februar 1988 – 4 C 55/84 –, NVwZ-RR 1988, 60).
- 108
Die Zuständigkeit für die Planungsentscheidung über ein Kreuzungsbauwerk hängt damit davon ab, welcher der beiden Kreuzungsbeteiligten seine Anlage ändern will. Ein „Vorhaben“ ist die in einem konkreten Plan ausgeformte Gestaltungsabsicht des Baulastträgers. Über sie hat die Planfeststellungsbehörde zu entscheiden und nach ihr richtet sich ihre Zuständigkeit. Die Belange des anderen (passiven) Kreuzungsbeteiligten sind im Planfeststellungsverfahren zu berücksichtigen. Die Funktionsfähigkeit der jeweils anderen Anlage ist durch Folgemaßnahmen im Sinne von § 75 Abs. 1 VwVfG sicherzustellen (BVerwG, Urteil vom 12. Februar 1988 – 4 C 55/84 –, NVwZ-RR 1988, 60).
- 109
Vorliegend hat die Straßenbauverwaltung des Beklagten das Vorhaben geplant, die Eisenbahnstraße bahnkreuzungsfrei zu gestalten. Dies reicht nach dem Gesagten aus, die Zuständigkeit der straßenrechtlichen Planfeststellungsbehörde zu begründen, die auch entschieden hat. Das Eisenbahn-Bundesamt hat hingegen nichts unternommen, um ihre Bahnanlagen im Bereich des Überganges 220 zu ändern. Ein Vorhaben, über das die nach dem Bundeseisenbahnverwaltungsgesetz zuständige Planfeststellungsbehörde zu entscheiden gehabt hätte, liegt daher nicht vor.
- 110
2.1.1.2. Unschädlich ist entgegen der Ansicht der Klägerin, dass der Beklagte als Anhörungs- und als Planfeststellungsbehörde tätig geworden ist (BVerwG, Urteil vom 31. Januar 2002 – 4 A 15.01 –, NVwZ 2002, 1103; VG Neustadt, Urteil vom 16. März 2013 – 4 K 177/12.NW –, juris).
- 111
2.1.2. Formelle Bedenken gegen die Ergänzung des Planfeststellungsbeschlusses vom 24. September 2014 in der mündlichen Verhandlung vom 16. November 2015 bestehen nicht. Zum einen war der Beklagte befugt, im gerichtlichen Verfahren bindende Prozesserklärungen abzugeben, die den Inhalt des Planfeststellungsbeschlusses ändern bzw. ergänzen (BVerwG, Beschluss vom 5. März 2003 – 4 B 70.02 –, NuR 2004, 520; s. auch BVerwG, Urteil vom 21. Juni 2006 – 9 A 28.05 –, NVwZ 2006, 1407). Zum anderen bedurfte es keines neuen Planfeststellungsverfahrens für die vorgenommene Ergänzung. Von einem solchen Verfahren kann nach § 1 LVwVfG i.V.m. § 76 Abs. 2 VwVfG bei Planänderungen von unwesentlicher Bedeutung abgesehen werden, wenn Belange anderer nicht berührt werden. Dies war hier der Fall.
- 112
2.1.3. Zwar ist der Planfeststellungsbeschluss insoweit verfahrensfehlerhaft zustande gekommen, als darin die persönlichen Daten der Klägerin auf den Seiten C, 26, 29, 87, 92, 96 und 107 wiedergegeben worden sind. Dies stellt entgegen der Auffassung des Beklagten einen Verstoß gegen das Recht auf informationelle Selbstbestimmung dar (s. ausführlich dazu BVerfG, Beschluss vom 24. Juli 1990 – 1 BvR 1244/87 –, NVwZ 1990, 1162). Das nach Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG geschützte allgemeine Persönlichkeitsrecht umfasst auch die Befugnis des Einzelnen, grundsätzlich nicht nur über die Preisgabe, sondern auch über die weitere Verwendung seiner persönlichen Daten zu bestimmen. Der Beklagte musste daher bei seiner Entscheidung darüber, ob und in welchem Umfang personenbezogene und nichtanonymisierte Daten der Klägerin in den Planfeststellungsbeschluss vom 24. September 2014 aufzunehmen und mit diesem öffentlich zu verbreiten waren, dem Gehalt, der Bedeutung und der Tragweite des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung Rechnung tragen. Insbesondere unter dem Gesichtspunkt des Rechtsschutzinteresses der Betroffenen ist es allein erforderlich und ausreichend, jedem Einwender die ihm zugeordnete Betriebsnummer bekannt zu geben, mit der seine in dem Planfeststellungsbeschluss aufgenommenen Daten verschlüsselt worden sind. Die Zuordnung der individuellen Einwendungen zum jeweiligen Einwender muss lediglich bestimmbar sein. Dies ist durch die Vergabe von Betriebsnummern gewährleistet (BVerfG, Beschluss vom 24. Juli 1990 – 1 BvR 1244/87 –, NVwZ 1990, 1162).
- 113
Der genannte Verfahrensfehler rechtfertigt gegebenenfalls die Erhebung einer Feststellungsklage mit dem Begehren, festzustellen, dass diese Verfahrensweise rechtswidrig war. Unter Umständen kommt auch eine Amtshaftungsklage vor dem Zivilgericht in Betracht. Im vorliegenden Anfechtungsverfahren ist der genannte Verfahrensfehler aber gemäß § 72 Abs. 1 Satz 1 VwVfG i.V.m. § 46 VwVfG unbeachtlich. Denn es ist offensichtlich, dass die Frage der nicht anonymisierten persönlichen Daten der Klägerin die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat (vgl. BVerwG, Beschluss vom 30. Dezember 1996 – 11 VR 25/95 –, NVwZ-RR 1997, 525).
- 114
2.1.4. Das Anhörungsverfahren wurde ordnungsgemäß durchgeführt (§ 1 LVwVfG i.V.m. § 73 VwVfG).
- 115
2.1.4.1. Die öffentliche Bekanntmachung über die Offenlegung der Planunterlagen für die Neugestaltung der K 27 erfolgte im Amtsblatt der Gemeinde Römerberg am 21. Juli 2007 (§ 73 Abs. 5 VwVfG i.V.m. § 27 der Gemeindeordnung – GemO – und § 7 der Landesverordnung zur Durchführung der Gemeindeordnung – GemODVO –). Da gesetzlich nicht vorgeschrieben, bedurfte es entgegen der Auffassung der Klägerin nicht der Auslegung der öffentlichen Bekanntmachung vom 21. Juli 2007.
- 116
Die Frist zur Erhebung von Einwendungen endete am 12. September 2007. In der Bekanntmachung wurde darauf hingewiesen, dass Einwendungen bis zu diesem Termin beim Landesbetrieb Mobilität Rheinland-Pfalz oder bei der Gemeindeverwaltung Römerberg erhoben werden könnten und dass nach Ablauf der Einwendungsfrist alle Einwendungen ausgeschlossen seien, die nicht auf besonderen privatrechtlichen Titeln beruhen (§ 73 Abs. 4 Satz 3 VwVfG).
- 117
2.1.4.2. Die Planunterlagen wurden ordnungsgemäß ausgelegt. Nach § 1 LVwVfG i.V.m. § 73 Abs. 3 Satz 1 VwVfG ist der Plan drei Wochen nach Zugang für einen Monat zur Einsicht auszulegen. Der Plan lag in den Diensträumen der Gemeindeverwaltung Römerberg in der Zeit vom 30. Juli 2007 bis 29. August 2007 zu jedermanns Ansicht aus. Die Frist zur Erhebung von Einwendungen endete am 12. September 2007. In der Bekanntmachung wurde darauf hingewiesen, dass Einwendungen bis zu diesem Termin beim Landesbetrieb Mobilität Rheinland-Pfalz Koblenz oder bei der Gemeindeverwaltung Römerberg erhoben werden können und dass nach Ablauf der Einwendungsfrist alle Einwendungen ausgeschlossen seien, die nicht auf besonderen privatrechtlichen Titeln beruhen (§ 1 LVwVfG i.V.m. § 73 Abs. 5 VwVfG).
- 118
2.1.4.3. Soweit die Klägerin im Zusammenhang mit der Auslegung der Planunterlagen gerügt hat, bei der Einsicht der Planunterlagen hätten lange Wartezeiten in Kauf genommen werden müssen, sobald mehrere Interessierte gleichzeitig Akteneinsicht hätten nehmen wollen, kann sie damit nicht durchdringen. Zum einen hat die Klägerin nicht dargetan, dass gerade sie – auf deren Belange es im vorliegenden Verfahren ausschließlich ankommt – davon persönlich betroffen war. Zum anderen sind bei der Auslegung der auszulegenden Unterlagen durchaus Wartezeiten in Kauf zu nehmen (näher dazu vgl. VG Augsburg, Urteil vom 11. Juli 2012 – Au 6 K 11.1381 –, juris).
- 119
2.1.4.4. Es kann offen bleiben, ob die – vom Beklagten nicht bestätigte – Behauptung der Klägerin zutrifft, ihrem Prozessbevollmächtigten sei erst im Akteneinsichtstermin gestattet worden, von den Planunterlagen Fotografien zu fertigen, während ihm das Anfertigen von Fotokopien weiter untersagt worden sei (näher zu der Frage, ob das Einsichtsrecht auch die Befugnis umfasst, sich Ablichtungen der Planungsunterlagen zu fertigen s. Kopp/Ramsauer, § 73 Rn. 41; Neumann in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Auflage 2014, § 73 Rn. 64; Mecking, NVwZ 1992, 316, 319). Jedenfalls wäre ein diesbezüglicher eventueller Verfahrensfehler mangels konkreter Möglichkeit einer anderen Entscheidung unbeachtlich.
- 120
2.1.4.5. Auch aus dem Vorwurf, dass wesentliche Unterlagen wie z.B. die „Verkehrsuntersuchung Römerberg“ des Fachbüros für Verkehrsplanung Modus Consult aus dem Jahre 2002, die Stellungnahme des Landesbetriebs Mobilität Speyer vom 10. Juni 2013 und die „Ergänzende Überprüfung der Schadstoffsituation vom 27. August 2013“ nicht ausgelegt worden seien, ergibt sich kein zur Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses führender Verfahrensfehler.
- 121
2.1.4.5.1. Welche Planunterlagen ausgelegt werden müssen, bestimmt sich im Rahmen des Informationszwecks nach den jeweiligen Notwendigkeiten des Einzelfalls (s. Kopp/Ramsauer, VwVfG, a.a.O., § 73 Rn. 35a f.). Nach der Rechtsprechung des BVerwG (s. z.B. Urteil vom 15. Dezember 2006 - 7 C 1.06 -, NVwZ 2007, 700), der die Kammer folgt, müssen nicht alle Unterlagen, die möglicherweise zur umfassenden Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Planung erforderlich sind, ausgelegt werden, sondern nur die das Vorhaben betreffenden Planzeichnungen sowie solche, die - aus der Sicht der potentiell Betroffenen - erforderlich sind, um den Betroffenen das Interesse, Einwendungen zu erheben, bewusst zu machen (vgl. Kopp/Ramsauer, a.a.O., § 73 Rn. 44). So können z.B. bereits die Entwürfe des Planfeststellungsbeschlusses und des Erläuterungsberichts ausreichend sein, um die eigene Betroffenheit erkennen zu können. Gutachten und Stellungnahmen Dritter sind nur dann auszulegen, wenn ohne sie die mit der Auslegung bezweckte Anstoßwirkung nicht erreicht werden kann (Kupfer/Wurster, Die Verwaltung 40 (2007), 75, 89 m.w.N.).
- 122
2.1.4.5.2. Hiernach war der Beklagte nicht verpflichtet, die die „Verkehrsuntersuchung Römerberg“ des Fachbüros für Verkehrsplanung Modus Consult aus dem Jahre 2002 auszulegen (vgl. BVerwG, Urteile vom 9. Juni 2010 - 9 A 20.08 -, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 208 und vom 6. Oktober 2010 – 9 A 12.09 –, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 212, S. 187; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 15. Mai 2015 – 11 D 12/12.AK –, juris). Die potentielle Betroffenheit der Klägerin ergab sich bereits aus der Art der geplanten Maßnahme und dem Trassenverlauf. Beides war für die Klägerin ohne Weiteres den ausgelegten Planunterlagen zu entnehmen. Bereits diese Informationen gab ihr ausreichend Anlass, zu prüfen, ob ihre Belange von der Planung berührt werden und ob sie deshalb im anschließenden Anhörungsverfahren Einwendungen erheben will. Um dies zu erkennen, bedurfte es nicht der Kenntnis des konkreten Inhalts der „Verkehrsuntersuchung Römerberg“ aus dem Jahre 2002. Im Übrigen wurde die „Verkehrsuntersuchung Römerberg“ mit den entsprechenden Zahlen an mehreren Stellen des ausgelegten Erläuterungsberichts vom 20. April 2007 erwähnt. Ferner floss diese auch in die ausgelegten Ergebnisse schalltechnischer Berechnungen vom 20. April 2007 ein. Es ist von der Klägerin im Übrigen weder konkret dargelegt worden noch ist es zu erkennen, dass sie durch die gewählte Verfahrensweise gehindert gewesen wären, überhaupt Einwendungen oder solche in der notwendigen inhaltlichen Tiefe zu erheben.
- 123
2.1.4.5.3. Auch die Stellungnahme des Landesbetriebs Mobilität Speyer vom 10. Juni 2013 und die „Ergänzende Überprüfung der Schadstoffsituation vom 27. August 2013“ hatte im Verhältnis zu den bereits ausgelegten Planunterlagen nur ergänzenden Charakter und mussten daher nicht gesondert ausgelegt werden. Im Übrigen hat die Klägerin über ihren Prozessbevollmächtigten hiervon Kenntnis erlangt, so dass ein eventuell gegebener Verfahrensfehler geheilt worden wäre.
- 124
2.1.4.5.4. Ebenso wenig wie eine nachträgliche Auslegung der genannten Schreiben bedurfte es der Durchführung eines neuen Anhörungsverfahrens. Nicht jedes nachträglich eingeholte Gutachten oder jede neue Stellungnahme zwingt die Planfeststellungsbehörde zu einer erneuten Anhörung (vgl. BVerwG, Urteil vom 5. Dezember 1986 – 4 C 13.85 –, BVerwGE 75, 214, 226). Die Durchführung eines erneuten Anhörungsverfahrens steht vielmehr je nach den Umständen des Einzelfalles im pflichtgemäßen Ermessen der Behörde. Fehlerhaft ist lediglich ein Vorgehen, bei dem das Schwergewicht der zu treffenden tatsächlichen Feststellungen in den Verfahrensabschnitt nach Abschluss des Anhörungsverfahrens verlagert wird. Eine solche Fallgestaltung läge etwa dann vor, wenn ein nachträglich eingeholte Gutachten Tatsachen aufzeigt, die den bisher ausgelegten oder sonst bekannt gegebenen Unterlagen nicht entnommen werden konnten und die Schlüsse auf entscheidungserhebliche, bisher unbekannte Gesichtspunkte zulassen (OVG Niedersachsen, Urteil vom 1. September 2005 – 7 KS 220/02 –, NuR 2006, 125). Es ist weder von der Klägerin vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass sich aus den von ihr genannten Unterlagen derartige Tatsachen ergeben.
- 125
2.1.4.5.5. Selbst wenn man aber hier von einem Verfahrensfehler infolge der Nichtauslegung der von der Klägerin genannten Unterlagen ausgehen würde, könnte sie die Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses wegen des Verfahrensfehlers nur beanspruchen, wenn sie dadurch an der rechtzeitigen Geltendmachung ihrer Belange gehindert worden wäre (BVerwG, Urteil vom 9. November 2006 – 4 A 2001.06 –, NVwZ 2007, 445). Bei einem Verfahrensfehler muss deutlich werden, inwieweit sich die mögliche Verletzung einer Verfahrensvorschrift auf materielle Rechte eines Klägers und auf die Entscheidung in der Sache ausgewirkt haben kann. Da die verfahrensrechtlichen Vorschriften über die Beteiligung Dritter am Planfeststellungsverfahren Drittschutz grundsätzlich nicht um dieser Beteiligung selbst willen, sondern nur im Hinblick auf die bestmögliche Verwirklichung der dem Beteiligungsrecht zugrundeliegenden materiell-rechtlichen Rechtspositionen gewähren, kann ein Kläger auch nur dann insoweit durch den Planfeststellungsbeschluss in seinen Rechten verletzt sein. Die hiernach erforderliche Kausalität ist nur dann zu bejahen, wenn zumindest die konkrete Möglichkeit bestanden hat, dass ohne den Verfahrensfehler die Entscheidung anders, und zwar nicht präkludierte materiell-rechtliche Rechtspositionen des Klägers begünstigend ausgefallen wäre. Dies ist dann der Fall, wenn sich aufgrund erkennbarer oder naheliegender Umstände die Möglichkeit abzeichnet, dass durch den Verfahrensfehler die behördliche Abwägung der widerstreitenden öffentlichen und privaten Belange zum Nachteil solcher Positionen des Klägers in Richtung auf eine bestimmte Entscheidung beeinflusst worden ist (OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 13. Februar 2006 – 11 D 94/03.AK – , juris). Dafür ist hier nichts ersichtlich. Die Planauslegung dient dazu, die potenziell Betroffenen über das geplante Vorhaben zu unterrichten. Diesem Zweck ist in aller Regel Genüge getan, wenn ihnen die Auslegung Anlass zur Prüfung geben kann, ob ihre Belange von der Planung berührt werden und sie im anschließenden Anhörungsverfahren zur Wahrung ihrer Rechte oder Belange Einwendungen erheben wollen. Auf die Klägerin hat die Auslegung ihre Anstoßwirkung aber nicht verfehlt.
- 126
2.2. Auch in materiell-rechtlicher Hinsicht ist der streitbefangene Planfeststel-lungsbeschluss nicht zu beanstanden.
- 127
2.2.1. Bei der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle eines Planfeststellungsbeschlusses ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (s. z.B. Urteil vom 14. Februar 1975 – IV C 21.74 –, NJW 1975, 1373) von einer umfassenden planerischen Gestaltungsfreiheit der Planfeststellungsbehörde auszugehen. Diese planerische Gestaltungsfreiheit ergibt sich aus der Erkenntnis, dass Planung ohne Gestaltungsfreiheit ein Widerspruch in sich wäre und dass deshalb die der Planfeststellungsbehörde gewährte Befugnis zur Planung einen ausgedehnten Spielraum an Gestaltungsfreiheit einschließt und einschließen muss. Allerdings ist diese Gestaltungsfreiheit nicht grenzenlos. In materieller Hinsicht folgen Planungsschranken aus dem Erfordernis einer Planrechtfertigung des konkreten Planvorhabens, aus den in gesetzlichen Vorschriften zum Ausdruck kommenden Planungsleitsätzen sowie aus den Anforderungen des sich auf den Abwägungsvorgang und das Abwägungsergebnis erstreckenden Abwägungsgebots (vgl. BVerwG, Urteil vom 14. Februar 1975 – IV C 21.74 –, NJW 1975, 1373).
- 128
2.2.2. Der planfestgestellten Umgehungsstraße ermangelt es zunächst nicht an der erforderlichen Planrechtfertigung.
- 129
2.2.2.1. Die Prüfung der Planrechtfertigung ist der gerichtlichen Abwägungskontrolle vorgelagert und von ihr zu trennen (vgl. BVerwG, Urteil vom 11. Juli 2001 – 11 C 14.00 –, NVwZ 2002, 350, 353; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 17. März 2005 – 1 C 11411/04.OVG –, BRS 69 Nr. 175). Das Erfordernis der Planrechtfertigung bildet eine praktisch nur bei groben und einigermaßen offensichtlichen Missgriffen wirksame Schranke der Planungshoheit. Es beruht auf der Erkenntnis, dass eine planerische Ermessensentscheidung ihre Rechtfertigung nicht schon in sich selbst trägt, sondern im Hinblick auf die von ihr ausgehenden bis zur Zulässigkeit der Enteignung reichenden Einwirkungen auf Rechte Dritter rechtfertigungsbedürftig ist. Nicht erforderlich ist, dass eine geplante Maßnahme erst unausweichlich ist. Maßgeblich ist vielmehr, ob das planfestgestellte Vorhaben bei objektiver Betrachtungsweise zur Verwirklichung des Planungsziels „vernünftigerweise geboten“ ist (vgl. z.B. BVerwG, Beschluss vom 23. Oktober 2014 – 9 B 29/14 –, NVwZ 2015, 79; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 1. Juli 2015 – LKRZ 2015, 389; Bay. VGH, Urteil vom 13. Oktober 2015 – 22 A 14.40037 –, juris) bzw. der Vorhabenträger die Planung aus nachvollziehbaren Gründen für erforderlich halten darf (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 8. Oktober 2012 – 5 S 203/11 –, juris m.w.N.). Die verfolgten Ziele einer straßenrechtlichen Planfeststellung für eine Landes- oder Kreisstraße müssen mit den Zielsetzungen des Landesstraßengesetzes vereinbar und geeignet sein, etwa entgegenstehende Eigentumsinteressen zu überwinden. Nicht planerisch gerechtfertigt wäre ein straßenrechtliches Vorhaben, wenn feststünde, dass sich die Null-Variante, also der Verzicht auf die neue Straße, als ebenso sinnvoll oder noch zweckmäßiger erweisen würde (vgl. BVerwG, Urteil vom 3. Mai 1988 – 4 C 26.84 –, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 74). Dagegen ist eine Straßenplanung auch dann noch vernünftigerweise geboten, wenn mit dem Vorhaben eine Verbesserung der Verkehrsverhältnisse nicht in jeder Hinsicht bzw. nur teilweise gelingt (OVG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 16. Oktober 2014 – 2 K 82/12 –, juris). Keine Frage der Planrechtfertigung, sondern eine Frage der Abwägung ist es, ob die für das Vorhaben sprechenden Gemeinwohlbelange von einem solchen Gewicht sind, dass sie das Bestandsinteresse des Eigentümers am Fortbestand seiner konkreten Eigentumsposition zu überwinden vermögen (BVerwG, Beschluss vom 23. Oktober 2014 – 9 B 29/14 –, NVwZ 2015, 79).
- 130
Die Planrechtfertigung unterliegt der vollständigen gerichtlichen Überprüfung (vgl. BVerwG, Urteil vom 6. Dezember 1985 – 11 C 14.00 –, NVwZ 2002, 350; OVG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 16. Oktober 2014 – 2 K 82/12 –, juris). Das bedeutet u.a., dass das Gericht eine im Planfeststellungsbeschluss angegebene Begründung für die Planrechtfertigung anders als die Planfeststellungsbehörde beurteilen kann; maßgebend ist insoweit nicht, wie die Planfeststellungsbehörde die Frage der Planrechtfertigung selbst bewertet hat, sondern ob sich nach der objektiven Rechtslage für das geplante Vorhaben vernünftige Gründe ergeben (OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 5. August 2004 – 1 A 11787/031.OVG –, ZfW 2006, 241). Bei der Bedarfsprognose, die auf der zweiten Stufe der Planrechtfertigung bedeutsam wird, kommt der zuständigen Behörde sodann ein Beurteilungsspielraum zu (Jarass, NuR 2004, 69, 70 m.w.N.).
- 131
2.2.2.2. Nach diesen Grundsätzen bestehen an der Planrechtfertigung des umstrittenen Planfeststellungsverfahrens entgegen der Auffassung der Kläger weder in tatsächlicher noch prognostischer Hinsicht Zweifel.
- 132
Die Planfeststellungsbehörde hat die gegenwärtigen Straßenverhältnisse im Planbereich zu Recht als unzureichend eingestuft (s. Seite 36 ff. des Planfeststellungsbeschlusses). Mit dem planfestgestellten Vorhaben sollen diese Verkehrsverhältnisse in der Ortsdurchfahrt der Kreisstraße 27 in Römerberg nachhaltig verbessert werden (s. dazu im Einzelnen die Ausführungen im Planfeststellungsbeschluss, Seite 57 ff. und im Erläuterungsbericht, Seite 1 ff.). Entgegen der Auffassung der Klägerin dient das Vorhaben nicht der Entlastung des innerörtlichen Verkehrs, weshalb es auf ihre diesbezüglichen Ausführungen zu einer „außerörtlichen Entlastungsstraße“ nicht ankommt.
- 133
Das geplante Vorhaben steht im Einklang mit § 2 Abs. 1 Eisenbahnkreuzungsgesetz – EBKrG – und § 11 Abs. 1 Satz 3 LStrG. Gemäß § 2 Abs. 1 EBKrG ist im Falle des Neubaus einer Straße die Kreuzung mit der Eisenbahn nicht höhengleich herzustellen. Nach § 11 Abs. 1 Satz 3 LStrG hat der Träger der Straßenbaulast die ihm zugewiesenen Kreisstraßen (s. § 3 Nr. 2 LStrG) einschließlich ihrer Ortsdurchfahrten (s. § 12 Abs. 6 Satz 1 LStrG) nach seiner Leistungsfähigkeit in einem dem regelmäßigen Verkehrsbedürfnis genügenden Zustand zu bauen, zu unterhalten, zu erweitern oder sonstig zu verbessern hat. Unter Beachtung dieser gesetzlichen Vorgaben ist es im konkreten Fall nicht zu beanstanden, wenn die Planfeststellungsbehörde für die Beseitigung des gegenwärtigen höhengleichen Bahnübergangs der K 27 den Bedarf für eine höhenfreie Kreuzung in Form der Unterführung sieht. Die Planfeststellungsbehörde hat die Verkehrsbelastung der K 27 im Gesamtzusammenhang mit dem vorhandenen schienengleichen Bahnübergang 220, der hohen Bahntaktung sowie den Schließzeiten von bis zu 4 Stunden pro Tag und der relativ kurzen Rückstaustrecke bis zum Einmündungsbereich der ebenfalls überdurchschnittlich stark befahrenen L 507 zutreffend als beachtlich und bewältigungsbedürftig angesehen. Nach der „Verkehrsuntersuchung Römerberg“ aus dem Jahre 2002 weist die Verkehrsbelastung der L 507 dem Analyse-Nullfall (2001) im Analysejahr 2001 unmittelbar südlich der bestehenden Einmündung der K 27 mehr als 9000 Kfz/24 h aus. Gemäß der „Verkehrsuntersuchung Römerberg – Fortschreibung 2011“ vom Juli 2013 wurde für den Analyse-Nullfall (2011) aus der aktualisierten Verkehrsuntersuchung für die L 507 unmittelbar südlich der bestehenden Einmündung der K 27 in die Landesstraße innerhalb der Ortsdurchfahrt von Römerberg ein Fahrzeugaufkommen von 8400 Kfz/24 h ermittelt. Für die K 27 zwischen der B 9 und der Einmündung in die L 507 wurde im Analyse-Nullfall 2001 der Verkehrsuntersuchung 2002 eine Verkehrsbelastung von (max.) 6400 Kfz/24 h festgestellt. Nach dem Analyse-Nullfall der Fortschreibung 2011 betrug die Verkehrsbelastung im gleichen Streckenabschnitt der Kreisstraße (max.) 6600 Kfz/ 24 h. Damit ist das Verkehrsaufkommen im Verhältnis zu anderen Kreis- und Landesstraßen überdurchschnittlich hoch.
- 134
Für das Jahr 2015 prognostizierte die „Verkehrsuntersuchung Römerberg“ 2002 auf der K 27 ohne die Bahnübergangsbeseitigung eine Verkehrsbelastung von (max.) 8800 Kfz/24 sowie für die L 507 ein Verkehrsaufkommen von 11600 Kfz/24 h südlich und von 7300 Kfz/24 h nördlich der Kreisstraßeneinmündung (Prognose-Nullfall). Der im Zuge der Fortschreibung 2011 ermittelte Prognose-Nullfall 2025, also der Fall, dass die Bahnübergangsbeseitigung nicht erfolgen würde, weist für das Prognosejahr 2025 auf der L 507 südlich der Einmündung der Kreisstraße eine Verkehrsbelastung von 9100 Kfz/ 24 h und nördlich der K 27 einen Gesamtverkehr von 6400 Kfz/ 24 h auf. Für die K 27 selbst wird im Prognose-Nullfall 2025 eine Verkehrsbelastung von 7500 Kfz/ 24 h prognostiziert.
- 135
Die Kammer hat keine Bedenken an den von der Firma Modus Consult Ulm GmbH anlässlich der Verkehrserhebungen am 8. Mai 2001 und 14. April 2011 ermittelten Zahlen. Ebenso wenig bestehen durchgreifende Zweifel an der Verkehrsprognose der genannten Firma, die sich der Beklagte zu Eigen gemacht hat. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts unterliegen Verkehrsprognosen nur eingeschränkter gerichtlicher Kontrolle. Sie sind lediglich daraufhin zu überprüfen, ob sie methodisch einwandfrei erarbeitet worden sind, nicht auf unrealistischen Annahmen beruhen und ob das Prognoseergebnis einleuchtend begründet worden ist (vgl. z.B. BVerwG, Urteil vom 10. Oktober 2012 – 9 A 19.11 –, juris; s. auch OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 1. Juli 2015 – 8 C 10494/14 –, LKRZ 2015, 389). Diesem Maßstab genügt die im Streitfall angegriffene Verkehrsprognose.
- 136
Im Übrigen hat die Klägerin gegen diese Zahlen keine substantiierten Einwendungen erhoben. Die Planfeststellungsbehörde hat unter Bezugnahme auf die Verkehrsuntersuchungen, die Besonderheiten der örtlichen Lage des Bahnübergangs 220 und dessen Schließzeiten von bis zu vier Stunden täglich beanstandungsfrei ein Bedürfnis für dessen Beseitigung gesehen. In dem Kreuzungsbereich L 507 und K 27 sowie der Einmündung K 27 östlich der Landesstraße erfolgen bei Schließung der Schranken teilweise lange Rückstaus, die in der Vergangenheit zu zahlreichen Unfällen geführt haben. Der Stauraum östlich des Bahnübergangs beträgt bis zu der Kreuzung L 50/ /K 27 lediglich 45 m mit der Folge, dass es in Spitzenzeiten einen Rückstau auf die L 507 gibt. Ohne noch näher auf die Gefährdung von Fußgängern, Radfahrern und Schulkindern, die ebenfalls den Bahnübergang auf der weniger als 10 m breiten Fahrbahn überqueren, einzugehen, leuchtet es ohne Weiteres ein, dass die Beseitigung des höhengleichen Bahnüberganges die Verkehrsverhältnisse im Zuge der K 27 sowie im Bereich der Einmündung K 27/ L 507 verbessert und neben der optimierten Verkehrsabwicklung (Leichtigkeit des Verkehrs) auch zu einer Verbesserung der Sicherheit für alle Verkehrsteilnehmer führt. Dies entspricht der Intention der gesetzlichen Regelungen der §§ § 2 Abs. 1 EBKrG und 11 Abs. 1 Satz 3 LStrG. Der Einwand der Klägerin, das Vorhaben führe nicht zu einer mengenmäßigen verkehrlichen Entlastung, ist daher unbeachtlich.
- 137
Dem planfestgestellten Vorhaben fehlt die Planrechtfertigung schließlich auch nicht im Hinblick auf die konkret planfestgestellte Variante. Alternativen sind angesichts der vorhandenen Bebauung im Umfeld des Vorhabens nicht gegeben. Ob sich bei Berücksichtigung aller gegenläufigen Belange letztlich doch die Nullvariante aufdrängte, ist keine Frage der Planrechtfertigung, sondern Gegenstand der planerischen Abwägung (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 8. Oktober 2012 – 5 S 203/11 –, juris m.w.N.).
- 138
2.2.3. Nicht zu prüfen war, ob das planfestgestellte Vorhaben zwingende materiell-rechtliche Rechtssätze verletzt, da die Klägerin diesbezüglich keine Einwendungen erhoben hat bzw. nicht rügeberechtigt ist.
- 139
2.2.4. Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss genügt auch dem in § 5 Abs. 1 Satz 2 LStrG normierten Gebot, bei der Planfeststellung die von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange einschließlich der Umweltverträglichkeit abzuwägen (fachplanerisches Abwägungsgebot).
- 140
2.2.4.1. Das für jede hoheitliche Planung geltende Abwägungsgebot verlangt, bezogen sowohl auf den Vorgang als auch das Ergebnis des Abwägens, dass eine Abwägung überhaupt stattfindet, dass in die Abwägung alle im konkreten Fall abwägungsbeachtlichen Belange einbezogen werden und dass weder die Bedeutung der betroffenen öffentlichen und privaten Belange verkannt noch der Ausgleich zwischen ihnen in einer Weise vorgenommen wird, die zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht (vgl. z.B. BVerwG, Beschluss vom 14. Juni 1996 - 4 A 3.96 -, NVwZ-RR 1997, 340; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 15. Mai 2015 – 11 D 12/12.AK –, juris). Innerhalb dieses Rahmens wird das Abwägungsgebot nicht verletzt, wenn sich die zur Planung ermächtigte Stelle in der Kollision zwischen verschiedenen Belangen für die Bevorzugung des einen und damit notwendig für die Zurückstellung eines anderen entscheidet. Die darin liegende Gewichtung der von der Planung berührten öffentlichen und privaten Belange ist ein wesentliches Element der planerischen Gestaltungsfreiheit und als solches der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle entzogen. Diese beschränkt sich daher auf die Frage, ob die Planfeststellungsbehörde die abwägungserheblichen Gesichtspunkte rechtlich und tatsächlich zutreffend bestimmt und ob sie - auf der Grundlage des zutreffend ermittelten Abwägungsmaterials - die Grenzen der ihr obliegenden Gewichtung eingehalten hat (ständige Rechtsprechung; vgl. z.B. BVerwG, Urteil vom 15. Januar 2004 – 4 A 11.02 –, NVwZ 2004, 732). In die Feststellung des Plans sind grundsätzlich alle Gesichtspunkte einzubeziehen, die zur möglichst optimalen Verwirklichung der Planungsaufgabe, aber auch zur Bewältigung der von dem Planvorhaben in seiner Umgebung erst aufgeworfenen Probleme von Bedeutung sind. Dieses Gebot der Problem- oder Konfliktbewältigung soll also zu einer abschließenden und ausgewogenen Planungsentscheidung führen (vgl. BVerwG, Urteil vom 23. Januar 1981 – 4 C 68.78 –, NJW 1982, 950).
- 141
Mängel bei der Abwägung der von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange sind gemäß § 75 Abs. 1 a Satz 1 VwVfG aber nur erheblich, wenn sie offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen sind. Ein offensichtlicher Mangel im Abwägungsvorgang liegt nicht schon dann vor, wenn Planbegründung und Aufstellungsvorgänge keinen ausdrücklichen Hinweis darauf enthalten, dass der Plangeber sich mit bestimmten Umständen abwägend befasst hat. Vielmehr kann ein offensichtlicher Mangel nur dann angenommen werden, wenn konkrete Umstände positiv und klar auf einen solchen Mangel hindeuten (s. z.B. BVerwG, Beschluss vom 20. Januar 1995 – 4 NB 43.93 –, NVwZ 1995, 692). Solche erhebliche Abwägungsmängel führen gemäß § 75 Abs. 1 a Satz 2 VwVfG im Übrigen nur dann zur Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses, wenn sie nicht durch Planergänzung oder durch ein ergänzendes Verfahren behoben werden können. Die Aufhebung oder Teilaufhebung eines Planfeststellungsbeschlusses wegen eines Abwägungsmangels setzt insbesondere voraus, dass der Mangel für die Planungsentscheidung insgesamt von so großem Gewicht ist, dass dadurch die Ausgewogenheit der Gesamtplanung oder eines abtrennbaren Planungsteils überhaupt in Frage gestellt wird. Wenn diese Schwelle nicht erreicht wird, bleibt es bei einem Anspruch auf Planergänzung (BVerwG, Beschluss vom 18. März 1998 – 11 A 55.96 –, NVwZ 1998, 1071, 1072).
- 142
Als nur mittelbar von dem Vorhaben Betroffene kann die Klägerin eine gerichtliche Abwägungskontrolle nur hinsichtlich ihrer eigenen Belange und - wegen der insoweit bestehenden Wechselbeziehung - der ihren Belangen gegenübergestellten, für das Vorhaben streitenden Belange verlangen. Ob andere gegen das Vorhaben sprechende Belange ordnungsgemäß berücksichtigt worden sind, kann sie dem gegenüber ebenso wenig geltend machen wie die Frage, ob Rechtsnormen beachtet wurden, die nicht ihrem Schutz zu dienen bestimmt sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 10. Oktober 2012 – 9 A 20.11 –, NVwZ 2013, 645).
- 143
2.2.4.2. Die an den dargelegten Grundsätzen zu messende planerische Abwägungsentscheidung des Beklagten begegnet hinsichtlich der Berücksichtigung privater Belange der Klägerin keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
- 144
2.2.4.2.1. Der Planfeststellungsbeschluss genügt zunächst den Anforderungen an die als wesentlicher Aspekt des Abwägungsgebots anzusehende Prüfung von Alternativen zu dem beantragten Vorhaben. Der Beklagte musste keine die Klägerin weniger belastende Variante ernsthaft in Betracht ziehen.
- 145
2.2.4.2.1.1. Zwar hat die Planfeststellungsbehörde grundsätzlich alle in Betracht kommenden Alternativen – einschließlich der Nullvariante – in den Blick zu nehmen und ihre Eignung für das geplante Projekt - zumindest grob - zu prüfen (vgl. z. B. BVerwG, Urteil vom 3. März 2011 – 9 A 8.10 –, BVerwGE 139, 150; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 1. Juli 2015 – 8 C 10494/14 –, LKRZ 2015, 389; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 8. Oktober 2012 – 5 S 203/11 –, juris). Die Bevorzugung einer bestimmten Lösung darf nicht auf einer Bewertung beruhen, die zur objektiven Gewichtigkeit der von den möglichen Alternativen betroffenen Belange außer Verhältnis steht (vgl. BVerwG, Urteil vom 9. April 2003 – 9 A 37.02 –, NVwZ 2003, 1393). Das Abwägungsgebot verpflichtet die Planungsbehörde allerdings nicht, alle von ihr zu einem bestimmten Zeitpunkt erwogenen Alternativen gleichermaßen detailliert und umfassend zu untersuchen. Vielmehr ist sie befugt, Alternativen, die ihr auf der Grundlage einer „Grobanalyse“ als weniger geeignet erscheinen, schon in einem frühen Verfahrensstadium auszuscheiden. Die Trassenwahl ist nicht schon dann abwägungsfehlerhaft, wenn sich später herausstellt, dass eine zurückgestellte Alternative ebenfalls mit guten Gründen vertretbar gewesen wäre. Es ist nicht Aufgabe des Gerichts, durch eigene Ermittlungen und Wertungen ersatzweise zu planen und sich dabei von den Erwägungen einer „besseren“ Planung leiten zu lassen (vgl. BVerwG, Urteil vom 19. Mai 1998 – 4 A 9.97 –, NVwZ 1998, 961). Ein Abwägungsfehler liegt also nicht schon dann vor, wenn für und gegen die eine wie die andere Trasse einleuchtende Gründe ins Feld geführt werden können. Die Trassenwahl ist erst dann rechtswidrig, wenn sich die verworfene Alternative unter Berücksichtigung aller abwägungserheblichen Belange eindeutig als die bessere, weil öffentliche und private Belange insgesamt schonendere darstellen würde, wenn sich mit anderen Worten diese Lösung der Behörde hätte aufdrängen müssen oder wenn der Planungsbehörde infolge einer fehlerhaften Ermittlung, Bewertung oder Gewichtung einzelner Belange ein rechtserheblicher Fehler unterlaufen ist (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 18. Juni 2007 – 9 VR 13.06 –, NuR 2007, 754; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 1. Juli 2015 – 8 C 10494/14 –, LKRZ 2015, 389).
- 146
2.2.4.2.1.2. Ein danach beachtlicher Rechtsfehler liegt hier nicht vor. Unschädlich ist zunächst der Umstand, dass die Planfeststellungsbehörde die Frage nach Planungsalternativen nur als Unterpunkt der Planrechtfertigung (EV., Seite 36 ff. des Planfeststellungsbeschlusses) abgehandelt hat. In der Sache hat sich die Planfeststellungsbehörde unter EV4. ausführlich mit möglichen Planungsvarianten auseinander gesetzt und ist in nicht zu beanstandender Weise zu dem Ergebnis gelangt, dass weder die Nullvariante noch andere Varianten in Betracht kommen (s. S. 45 – 47 des Planfeststellungsbeschlusses). Soweit die Klägerin geltend gemacht hat, die in den beiden Verkehrsuntersuchungen Römerberg aus den Jahren 2001 und 2011 angesprochene Umgehungsstraße westlich von Römerberg würde zu einer starken Entlastung innerhalb von Römerberg und auch am Bahnübergang 220 führen, kann sie damit nicht durchdringen. Bei diesem Projekt handelt es sich nicht um eine Planungsalternative zu der Beseitigung des Bahnübergangs 220 sondern um eine eigenständige Planung mit anderer Zweckbestimmung und Verkehrsfunktionalität. Mit der Nullvariante könnte die bei der vorliegenden Planung verfolgte Zielsetzung, nämlich die Verbesserung der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs und der Verkehrsverhältnisse im Bereich des Bahnübergangs und der Einmündung L 507/K 27 nicht erfüllt werden. Sonstige die Klägerin weniger belastende Planungsvarianten musste der Beklagte nicht ernsthaft in Betracht ziehen.
- 147
2.2.4.2.2. Die Abwägungsentscheidung begegnet auch hinsichtlich der Bewältigung der Verkehrslärmproblematik und einer daraus resultierenden Verletzung des Rechts der Klägerin auf fehlerfreie Abwägung keinen Bedenken.
- 148
Abwägungsfehler bei den Gesichtspunkten des Lärmschutzes führen im Regelfall nicht zu einer Aufhebung eines Planfeststellungsbeschlusses. Denn nach § 75 Abs. 1 a Satz 1 VwVfG sind Mängel bei der Abwägung der von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange nur dann erheblich, wenn sie offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen sind. Erhebliche Mängel bei der Abwägung oder eine Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften führen nur dann zur Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses, wenn sie nicht durch Planergänzung oder durch ein ergänzendes Verfahren behoben werden können; die §§ 45 und 46 VwVfG bleiben unberührt (§ 75 Abs. 1 a Satz 2 VwVfG.
- 149
Mögliche Mängel im Lärmschutzkonzept können grundsätzlich durch Schutzauflagen behoben werden und rechtfertigen deshalb in der Regel nicht die Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses sondern allein die Planergänzung, die grundsätzlich nur im Wege der Verpflichtungsklage durchsetzbar wäre (vgl. BVerwG, Beschluss vom 19. Mai 2005 – 4 VR 2000.05 –, NVwZ 2005, 940). Eine Planaufhebung kommt nur in Betracht, wenn die von dem Betroffenen beklagten Lärmschutzdefizite ausnahmsweise so gravierend wären, dass sie die Ausgewogenheit der Gesamtplanung oder eines wesentlichen Planungsteils in Frage stellen würden (OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 15. Mai 2015 – 11 D 12/12.AK –, juris m.w.N.).
- 150
Allerdings kann nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts in einem Fall, in dem sich ein Kläger gegen die lärmtechnische Berechnung und die darauf aufbauende Behandlung der Lärmschutzbelange mit der Begründung wendet, sie beruhten auf einer verfehlten Verkehrsprognose, in der die tatsächlich zu erwartende Verkehrsbelastung des Vorhabens weit unterschätzt worden sei, die Möglichkeit nicht von der Hand gewiesen werden, dass davon die konzeptionelle Planungsentscheidung betroffen wird; Abwägungsdefiziten aufgrund einer fehlerhaften Verkehrsprognose kann deshalb nicht durch eine Planergänzung um Schutzauflagen abgeholfen werden (vgl. z.B. BVerwG, Urteil vom 9. Juni 2010 – 9 A 20.08 –, NVwZ 2011, 177).
- 151
Hiervon ausgehend kann die Klägerin mit ihren Einwänden gegen die Verkehrsprognosen sowie die lärmtechnischen Berechnungen der Planfeststellungsbehörde nicht durchdringen.
- 152
Vor dem Hintergrund der nur eingeschränkten gerichtlichen Überprüfungsbefugnis hinsichtlich Verkehrsprognosen (s. z.B. BVerwG, Beschluss vom 15. März 2013 - 9 B 30.12 -, juris; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 1. Juli 2015 – 8 C 10494/14 –, LKRZ 2015, 389), des Umstands, dass es keine gesetzliche Vorgabe gibt, nach welchen Methoden eine Verkehrsprognose im Einzelnen zu erstellen ist (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 23. April 2014 – 9 A 25.12 –, DVBl 2014, 1400), und weil im Übrigen Verkehrsprognosen keiner Richtigkeitsgewähr unterliegen (vgl. z.B. BVerwG, Beschluss vom 28. November 2013 – 9 B 14.13 –, DVBl. 2014, 237) sowie unter Berücksichtigung des eingeschränkten Rügerechts der Klägerin besteht keine Veranlassung, in allen Einzelheiten auf die Kritikpunkte der Klägerin einzugehen. Aus der Sicht der Kammer ist nur Folgendes anzumerken:
- 153
Die Klägerin hat die Zahlen der Verkehrsuntersuchungen in den Jahren 2001 und 2011 im Einzelnen nicht in Zweifel gezogen. Jedoch ist sie der Ansicht, dass statt mit 5700 Kfz/24h, mit denen im Planfeststellungsbeschluss das Verkehrsaufkommen an der künftigen Einmündung der K 27 in die L 507 beschönigt worden sei, mit 7500 Kfz/24h, also 32 % mehr, gerechnet werden müsse. Zudem müssten als Folge der Bahnunterführung und der damit steigenden Verkehrsbelastung auf der L 507 südlich der künftigen Einmündung der K 27 statt 8800 Kfz/24h 9700 Kfz/24h, also 10 % mehr, in Ansatz gebracht werden. Dies führe dazu, dass die schalltechnischen Berechnungen auf unzutreffenden Annahmen beruhten.
- 154
Diese Einwände der Klägerin gehen jedoch ins Leere. Der Beklagte hat im Planfeststellungsbeschluss unter Heranziehung der vom Vorhabenträger erstellten Verkehrsuntersuchungen aus den Jahren 2001 und 2011 auf die „Ergebnisse schalltechnischer Berechnungen“ vom 20. April 2007 Bezug genommen und ausgeführt, dass die für das Jahr 2015 prognostizierten Verkehrszahlen aus der Verkehrsuntersuchung 2001 für die Ermittlung der Lärmbetroffenheiten mit dem Faktor 1,015 auf das Prognosejahr 2020 hochgerechnet wurden. Die verkehrlichen Eingangsdaten in die Lärmtechnische Untersuchung vom 20. April 2007 waren 9000 Kfz 24/ h auf der K 27, 7500 nördlich und 11900 Kfz/24h südlich der Einmündung der K 27 auf der L 507 (s. Seite 57 des Planfeststellungsbeschlusses). Zu dieser Berechnungsweise entschloss sich die Planfeststellungsbehörde, obwohl die in 2011 ermittelten Verkehrszahlen gegenüber den Verkehrszahlen der ursprünglichen Untersuchung aus 2001 etwas niedriger ausgefallen waren (s. Kapitel EV1 = Seite 36 ff. des Planfeststellungsbeschlusses), im Interesse der Lärmbetroffenen. Hinter diesen bei der Lärmberechnung angesetzten, aus der Verkehrsuntersuchung aus dem Jahre 2001 auf den Prognosehorizont 2020 hochgerechneten Verkehrszahlen bleiben die von der Klägerin als maßgeblich erachteten Verkehrsbelastungen von 7.500 Kfz/24h auf der K 27 und von 9.700 Kfz/24h auf der L 507 deutlich zurück. Hierauf in der mündlichen Verhandlung vom 16. November 2015 aufmerksam gemacht, hat die Klägerin auch keine substantiierten Einwendungen mehr erhoben. Dies gilt auch für den ursprünglich geltend gemachten Einwand, bei den lärmtechnischen Berechnungen seien die in der Planung befindlichen Neubaugebiete „W3“ und „W4“ der Gemeinde Römerberg nicht berücksichtigt worden.
- 155
Soweit die Klägerin auch im Zusammenhang mit der Lärmschutzproblematik auf die in den beiden „Verkehrsuntersuchungen Römerberg“ angesprochene westliche Ortsumgehungsstraße verwiesen hat, nach dessen Verwirklichung der Verkehr in der Ortslage von Römerberg abnehme, kann sie damit ebenfalls nicht gehört werden. Zwar müssen bereits vorhersehbare Entwicklungen im Streckennetz, die sich auf die Verkehrsmenge der planfestgestellten Strecke auswirken, von vornherein bei der Verkehrsprognose berücksichtigt und im Planfeststellungsbeschluss bewältigt werden (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 15. Mai 2015 – 11 D 12/12.AK –, juris m.w.N.). Von einer bereits „vorhersehbaren“ Entwicklung kann frühestens aber dann gesprochen werden, wenn ein Planfeststellungsverfahren eingeleitet worden ist. Ein solches konkretes Planungsstadium hatte zum Zeitpunkt des Erlasses des hier streitgegenständlichen Planfeststellungsbeschlusses die von der Klägerin genannte westliche Ortsumgehung aber nicht erreicht.
- 156
Die Kammer konnte daher die in der Lärmtechnischen Untersuchung vom 20. April 2007 eingeflossenen Zahlen und Prognosen ihrer weiteren Würdigung zugrunde legen.
- 157
Der Schutz der (Wohn)Bevölkerung vor Verkehrslärm ist ein Belang, dem eine Straßenplanung gemäß § 41 Abs. 1 Bundesimmissionsschutzgesetz – BImSchG – Rechnung zu tragen hat. Danach ist u.a. bei dem Bau oder der wesentlichen Änderung einer öffentlichen Straße unbeschadet des § 50 BImSchG sicherzustellen, dass durch diese keine schädlichen Umwelteinwirkungen durch Verkehrsgeräusche hervorgerufen werden können, die nach dem Stand der Technik vermeidbar sind. Nach der Definition des § 3 Abs. 1 BImSchG liegen schädlichen Umwelteinwirkungen vor, wenn der Lärm geeignet ist, erhebliche Belästigungen für die Nachbarschaft herbeizuführen. Maßgeblich für den Schallschutz, den die Klägerin beanspruchen kann, sind die Regelungen der §§ 41, 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG i.V.m. § 2 der 16. BImSchV. Hiernach ist beim Bau oder der wesentlichen Änderung öffentlicher Straßen grundsätzlich sicherzustellen, dass der nach § 3 der 16. BImSchV berechnete Beurteilungspegel bestimmte gebietsbezogene Immissionsgrenzwerte nicht überschreitet; dies gilt nicht, soweit die Kosten der Schutzmaßnahme außer Verhältnis zu dem angestrebten Schutzzweck stehen würden.
- 158
Nach § 2 Abs. 2 Satz 1 der 16. BImSchV ergibt sich die für die Festlegung der jeweiligen Immissionsgrenzwerte maßgebliche Gebietseinstufung aus den Festsetzungen in den Bebauungsplänen. Sind solche Festsetzungen – wie hier – nicht vorhanden, gelten gemäß Satz 2 der vorgenannten Bestimmung für bauliche Anlagen im Außenbereich entsprechend ihrer Schutzbedürftigkeit die Werte nach Absatz 1 Nr. 1 für Krankenhäuser, Schulen, Kurheime und Altenheime, nach Nr. 2 für reine und allgemeine Wohngebiete und Kleinsiedlungsgebiete, nach Nr. 3 für Kerngebiete, Dorfgebiete und Mischgebiete oder nach Nr. 4 für Gewerbegebiete. § 2 Abs. 1 Nr. 2 der 16. BImSchV sieht u.a. für allgemeine Wohngebiete einen Immissionsgrenzwert von 59 db(A) tagsüber und 49 dB(A) nachts vor. Für Mischgebiete bestimmt § 2 Abs. 1 Nr. 3 der 16. BImSchV u.a. für Mischgebiete einen zulässigen Immissionsgrenzwert von 64 db(A) tagsüber und 54 dB(A) nachts. Die – im Sinne einer gleichmäßigen Rechtsanwendung verbindlichen (Kämper, UPR 2015, 424, 426) – Immissionsgrenzwerte des § 2 Abs. 1 der 16. BImSchV stellen in Gebieten, die durch eine Wohnnutzung geprägt sind, sicher, dass auch zu Zeiten überdurchschnittlicher Inanspruchnahme der Straße nach dem derzeitigen Kenntnisstand Gesundheitsgefährdungen nicht zu besorgen sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 21. März 1996 – 4 A 10.95 –, NVwZ 1996, 1006).
- 159
Nach den „Ergebnissen schalltechnischer Berechnungen“ vom 20. April 2007 wurde für das Anwesen der Klägerin in der Germersheimer Straße 100 (Berechnungspunkt Nr. 18) ein maximaler Immissionspegel von 58,4 dB(A) am Tag und 51,4 dB(A) nachts ermittelt. Damit läge im Falle der Annahme eines allgemeinen Wohngebiets eine Überschreitung der zulässigen Immissionswerte in der Nacht vor.
- 160
Ob die Planfeststellungsbehörde bei ihrer Abwägungsentscheidung in Bezug auf die Grundstücke der Klägerin die richtigen Immissionsgrenzwerten für Lärm zugrunde gelegt hat, bedarf nach Abgabe der Prozesserklärung des Beklagten in der mündlichen Verhandlung vom 16. November 2015 jedoch keiner Entscheidung mehr. Im Planfeststellungsbeschluss ist der Beklagte für die im unbeplanten Innenbereich von Römerberg gelegene Wohngrundstück der Klägerin davon ausgegangen, dieses liege – in Übereinstimmung mit dem Flächennutzungsplan – in einem faktischen Mischgebiet. In einem Mischgebiet sind gemäß § 6 Abs. 2 Baunutzungsverordnung – BauNVO – Wohngebäude, Geschäfts- und Bürogebäude, Einzelhandelsbetriebe, Schank- und Speisewirtschaften sowie Betriebe des Beherbergungsgewerbes, sonstige Gewerbebetriebe, Anlagen für Verwaltungen sowie für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke, Gartenbaubetriebe, Tankstellen allgemein sowie Vergnügungsstätten im Sinne des § 4a Abs. 3 Nr. 2 BauNVO in den Teilen des Gebiets, die überwiegend durch gewerbliche Nutzungen geprägt sind, ausnahmsweise zulässig. Dagegen sind in einem allgemeinen Wohngebiet nach § 4 Abs. 2 BauNVO Wohngebäude, die der Versorgung des Gebiets dienenden Läden, Schank- und Speisewirtschaften sowie nicht störenden Handwerksbetriebe, Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke allgemein sowie nach § 4 Abs. 3 BauNVO Betriebe des Beherbergungsgewerbes, sonstige nicht störende Gewerbebetriebe, Anlagen für Verwaltungen, Gartenbaubetriebe und Tankstellen ausnahmsweise zulässig.
- 161
Dem in der mündlichen Verhandlung vom 16. November 2015 von der Klägerin gestellten Beweisantrag, die Örtlichkeit in Augenschein zu nehmen, um feststellen zu können, dass die nähere Umgebung als faktisches allgemeines Wohngebiet zu qualifizieren sei, war mangels Entscheidungserheblichkeit nicht nachzugehen. Denn der Vertreter des Beklagten hatte in der mündlichen Verhandlung vom 16. November 2015 kurz zuvor die Prozesserklärung abgegeben, er gewähre der Klägerin – ebenso wie den drei anderen Anwesen Germersheimer Straße ..., … und … – für die von der festgestellten Planung von einer Überschreitung der Grenzwerte für allgemeine Wohngebiete in der Nacht betroffenen Räumlichkeiten passiven Lärmschutz nach Maßgabe der 16. BImSchV. Damit sind für das Wohnhaus der Klägerin aufgrund der Prozesserklärung des Beklagten nunmehr 49 dB(A) maßgebend.
- 162
Da sich die Klägerin als nicht enteignend Betroffene nur auf ihre geschützten Privatbelange berufen kann, und folglich nur die Lärmeinwirkungen auf ihre beiden Grundstücke maßgebend sind, sind ihre weiteren Einwendungen in Bezug auf die Verkehrslärmproblematik, die sich nicht auf ihre beiden Grundstücke bezieht, nicht entscheidungserheblich (OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 15. Mai 2015 – 11 D 12/12.AK –, juris).
- 163
2.2.4.2.3. Auch in Bezug auf die Belastungen durch Feinstaub hat der Beklagte im Rahmen der Abwägungsentscheidung die privaten Interessen der Klägerin hinreichend gewürdigt.
- 164
Ohne näher auf die vom Beklagten aufgeworfene Frage einzugehen, ob die Klägerin mit diesem Einwand ausgeschlossen ist, zeigt ihr Vortrag zu einer fehlerhaften Ermittlung und Bewertung der Luftschadstoffbelastung im Planfeststellungsbeschluss keinen zu ihren Gunsten durchgreifenden Abwägungsfehler auf.
- 165
Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss ist bezüglich der Luftschadstoffproblematik bereits deshalb nicht abwägungsfehlerhaft, weil die Einhaltung der Grenzwerte der 39. BImSchV – darin ist erstmals auch ein neuer Grenzwert für Feinstaubpartikel PM2.5 festgelegt worden, der ab 1. Januar 2015 einzuhalten ist – keine Rechtmäßigkeitsvoraussetzung für die Planfeststellung eines Straßenbauvorhabens ist (OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 15. Mai 2015 – 11 D 12/12.AK –, juris). Grenzwertüberschreitungen sind nach dem System der Luftreinhalteplanung (vgl. § 47 BImSchG und § 27 der 39. BImSchV) unabhängig von den Immissionsquellen zu vermeiden. Allerdings ist das Gebot der Konfliktbewältigung als Ausformung des Abwägungsgebots verletzt, wenn die Planfeststellungsbehörde das Vorhaben zulässt, obgleich absehbar ist, dass seine Verwirklichung die Möglichkeit ausschließt, die Einhaltung der Grenzwerte mit den Mitteln der Luftreinhalteplanung in einer mit der Funktion des Vorhabens zu vereinbarenden Weise zu sichern. Das ist insbesondere der Fall, wenn die von einer planfestgestellten Straße herrührenden Immissionen bereits für sich genommen die maßgeblichen Grenzwerte überschreiten. Von diesem Fall abgesehen geht der Gesetzgeber davon aus, dass sich die Einhaltung der Grenzwerte mit den Mitteln der Luftreinhalteplanung sichern lässt. Für die Annahme, dass dies nicht möglich ist, müssen deshalb besondere Umstände vorliegen (vgl. BVerwG, Urteile vom 10. Oktober 2012 – 9 A 19.11 –, NVwZ 2013, 649). Solche besonderen Umstände können sich vor allem aus ungewöhnlichen örtlichen Gegebenheiten (zentrale Verkehrsknotenpunkte, starke Schadstoffvorbelastung durch eine Vielzahl von Emittenten) ergeben (vgl. BVerwG, Urteil vom 26. Mai 2004 – 9 A 6.03 –, NVwZ 2004, 1237). Derartige besondere Umstände sind für die Gemeinde Römerberg weder geltend gemacht noch ersichtlich.
- 166
Hieran gemessen genügt die Planung dem Gebot der Konfliktbewältigung. Die maßgeblichen Grenzwerte der 39. BlmSchV, die auf unionsrechtlichen Vorgaben durch die Richtlinie 2008/50/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2008 über Luftqualität und saubere Luft in Europa (Abl. Nr. L 152 Seite 1) beruhen, werden nach den von der Klägerin nicht substantiiert angegriffenen Berechnungen des Beklagten für die von der Klägerin angesprochenen Feinstaubpartikel PM10 (s. § 4 Abs. 2 der 39. BImSchV) undPM2.5 (s. § 5 Abs. 2 der 39. BImSchV) deutlich unterschritten (s. im Einzelnen die ergänzende Überprüfung der Schadstoffsituation vom 27. August 2013 und die diesbezüglichen Ausführungen auf Seite 62 – 64 des Planfeststellungsbeschlusses vom 24. September 2014). Nach allen vorgenommenen Berechnungsarten wurden die Grenzwerte von 40 æg/m³ für PM10 und von 25 æg/m³ für PM2.5 am Immissionspunkt 18 (= Grundstück der Klägerin) mit maximal 18 æg/m³ für PM10 bzw. 14 æg/m³ für PM2.5 unterschritten.
- 167
Der streitgegenständliche Planfeststellungsbeschlusses geht daher zu Recht davon aus, dass mit der Realisierung des Vorhabens keine atypische Situation entsteht, die bereits in der Planfeststellung Maßnahmen erfordert, und weitere Maßnahmen einer Luftreinhalteplanung vorbehalten werden können (s. Seite 64 des Planfeststellungsbeschlusses).
- 168
2.2.4.2.4. Aus § 50 BImSchG ergeben sich für die Klägerin keine weitergehenden Ansprüche. § 50 Satz 1 BImSchG kommt in Bezug auf Verkehrslärm und sonstige Immissionen wie Feinstaub die Funktion einer Abwägungsdirektive zu (OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 15. Mai 2015 – 11 D 12/12.AK –, juris m.w.N.). Da sowohl die Immissionsgrenzwerte für Lärm als auch für Luftschadstoffe auf den Grundstücken der Klägerin eingehalten werden, folgt aus § 50 Satz 1 BImSchG kein Anspruch der Klägerin auf weitere Schutzmaßnahmen. Der allgemeine Planungsgrundsatz des § 50 BImSchG wendet sich als objektivrechtliches Gebot an die für die Planungsentscheidung zuständige Stelle; er enthält aber für den Planbetroffenen kein subjektives öffentliches Recht (OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 15. Mai 2015 – 11 D 12/12.AK –, juris).
- 169
2.2.4.2.5. Ein Abwägungsmangel ist auch nicht im Hinblick auf die von der Klägerin angesprochenen Belastungen durch Erschütterungen, Lärm und Staub während der Bauzeit auszumachen.
- 170
Die durch die Straßenbauarbeiten verursachten Lärm- und Schadstoffbe-lastungen müssen wegen ihres unregelmäßigen Entstehens nicht durch eine Lärm- bzw. Schadstoffprognose ermittelt werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 3. März 2011 – 9 A 8/10 –, NVwZ 2011, 1256). Gleiches gilt für die von der Klägerin befürchteten Erschütterungen (OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 15. Mai 2015 – 11 D 12/12.AK –, juris).
- 171
Der Beklagte hat im Planfeststellungsbeschluss im Hinblick auf Erschütterungen und (sonstige) Bauimmissionen und -auswirkungen zum einen unter C VI6. (Seite 21 f. des Planfeststellungsbeschlusses) verschiedene Nebenbestimmungen angeordnet, die zu einer weitgehenden Minimierung der Immissionsbelastung für die Umgebung führen und zum anderen unter EV9 und EX17 sich mit den Einwendungen der Klägerin inhaltlich auseinander gesetzt (Seite 51 und 89 des Planfeststellungsbeschlusses). Dass es dennoch zu Beeinträchtigungen kommen kann, ist unvermeidbar.
- 172
Durch die unter C VI6. der Nebenbestimmungen des Planfeststellungsbeschlusses geregelten Baugrunduntersuchungen und Beweissicherungen wird gewährleistet, dass Schäden an Gebäuden vermieden werden. Sollten dennoch unerwartet Schädigungen an Gebäuden auftreten, würde die Beweissicherung eine entsprechende Schadenregulierung ermöglichen. Hinsichtlich des Schutzes der Anlieger vor Erschütterungen während der Bauzeit hat der Beklagte zudem angeordnet, dass zur Vermeidung bzw. Minderung von baubedingt unzumutbaren Erschütterungen bei der Baudurchführung moderne Verdichtungstechnik zum Einsatz kommt und bei entsprechender Gefährdungslage Sicherungsmaßnahmen ergriffen werden müssen (s. Seite 21 des Planfeststellungsbeschlusses). Zur Beurteilung der Erschütterungswirkungen auf bauliche Anlagen und auf Menschen in Gebäuden hat die Planfeststellungsbehörde die DIN 4150 (Erschütterungen im Bauwesen) herangezogen, die vom Vorhabenträger zu beachten sind. In den Auflagen in Kapitel CVI6 wurde überdies auch die Beachtung der landesimmissionsschutzrechtlichen Vorgaben in Bezug auf Baulärm vorgegeben. In der Nacht dürfen Bauarbeiten nur dann ausnahmsweise durchgeführt werden, wenn dies zwingend notwendig ist und wenn die zuständige Behörde die Arbeiten zugelassen hat (S. 21 des Planfeststellungsbeschlusses). Durch den Verweis auf die zu beachtende Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Schutz gegen Baulärm – AVV Baulärm – steht fest, dass die darin festgelegten Immissionsrichtwerte, die für den Regelfall Bindungswirkung entfalten (BVerwG, Urteil vom 10. Juli 2012 – 7 A 11/11 –, NVwZ 2012, 1393) und drittschützende Wirkung haben (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 5. Februar 2015 – 10 S 2471/14 –, NVwZ-RR 2015, 650; Fricke, ZUR 2015, 597 m.w.N.), für die von den Baumaschinen und Baustellen ausgehenden Geräusche, die insoweit den unbestimmten Rechtsbegriff der „schädlichen Umwelteinwirkungen“ nach § 22 Abs. 1 Nr. 1, § 3 Abs. 1 BImSchG konkretisieren (vgl. BVerwG, Urteil vom 10. Oktober 2012 – 9 A 18/11 –, NVwZ 2013, 642; Hess. VGH, Beschluss vom 31. Mai 2011 – 9 B 1111/11 –, juris), nicht überschritten werden dürfen. Diese Feststellungen und Anordnungen der Planfeststellungsbehörde lassen Abwägungsmängel nicht erkennen.
- 173
2.2.4.2.6. Der weitere Einwand der Klägerin hinsichtlich eines Abwägungsausfalls bezüglich der Unterbindung einer rückwärtigen Zugangs- und Anfahrmöglichkeit zu ihrem Gartengrundstück vermag einen Abwägungsmangel ebenfalls nicht zu begründen.
- 174
Ohne näher darauf einzugehen, dass die Klägerin mit diesem Einwand bereits präkludiert sein dürfte, da sie erstmals in der mündlichen Verhandlung vom 16. November 2015 angegeben hat, Eigentümerin des von ihr „Gartengrundstück“ genannten Grundstücks Flurstück-Nr. … zu sein, hat sie keinen Anspruch darauf, dieses Grundstück – ebenso wie ihr Wohngrundstück Flurstück-Nr. ... – von dem nördlich gelegenen Grundstück Flurstück-Nr. ..., das heute im Eigentum der Verbandsgemeinde Römerberg-Dudenhofen steht, und offenbar bis zum heutigen Tage von den Anwohnern faktisch als Weg genutzt worden ist, anzufahren. Insbesondere vermittelt ihr der Anliegergebrauch keine aus Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG ableitbare Rechtsposition. Wie weit er gewährleistet ist, richtet sich vielmehr nach dem einschlägigen Straßenrecht, dessen Regelungsbereich das Nachbarschaftsverhältnis zwischen Straße und angrenzenden Grundstücken mit umfasst. Auf die Belange der Anlieger ist insofern in spezifischer Weise Rücksicht zu nehmen, als dieser Personenkreis in besonderem Maße auf den Gebrauch der Straße angewiesen ist. Die Zufahrt bzw. der Zugang zur Straße schafft die Grundvoraussetzungen, derer es bedarf, um an der verkehrlichen Kommunikation teilzunehmen. Ein Abwehrrecht steht dem Anlieger nur so weit zu, wie die angemessene Nutzung des Grundeigentums die Verbindung mit der Straße erfordert (vgl. BVerwG, Beschluss vom 11. Mai 1999 – 4 VR 7.99 –, juris). Die Klägerin kann ihr „Gartengrundstück“ aber jederzeit auch von der Germersheimer Straße anfahren, so dass ihr Einwand hinsichtlich der Unterbindung einer rückwärtigen Zugangs- und Anfahrmöglichkeit von vornherein unbeachtlich ist.
- 175
Weist die Entscheidung der Planfeststellungsbehörde zu Gunsten des Straßenneubaus im Rahmen der planerischen Gestaltungsfreiheit unter Einhaltung der Anforderungen des Abwägungsgebotes im Ergebnis daher keinen beachtlichen Abwägungsfehler auf, so war der Hauptantrag abzuweisen.
IV.
- 176
Der Hilfsantrag zu 1) kann ebenfalls keinen Erfolg haben.
- 177
1. Der Hilfsantrag zu 1) ist zulässig, insbesondere ist die Klage auf Feststellung der Rechtswidrigkeit des Planfeststellungsbeschlusses und seiner Nichtvollzieh-barkeit bis zur Behebung des Mangels als Feststellungsklage statthaft (Schmidt-Kötters in: BeckOK VwGO, Stand Oktober 2015, § 42 Rn. 9).
- 178
2. In der Sache ist die Feststellungsklage aber unbegründet.
- 179
Die Feststellung der Rechtswidrigkeit des Planfeststellungsbeschlusses und sei-ner Nichtvollziehbarkeit bis zur Behebung des Mangels kommt nur in Betracht, wenn ein erheblicher Mangel bei der Abwägung vorliegt, der durch Planergän-zung oder ein ergänzendes Verfahren behoben werden kann (s. § 1 LVwVfG i.V.m. § 75 Abs. 1 a Satz 2 VwVfG). Wie oben ausgeführt, liegt ein erheblicher Mangel in diesem Sinne hier aber nicht vor.
V.
- 180
Schließlich bleibt auch der Hilfsantrag zu 2) erfolglos.
- 181
1. Der Hilfsantrag zu 2), den Beklagten zu verpflichten, sie, die Klägerin, im Hinblick auf die in der Einwendung vom 11. September 2007 zum Planfeststellungsverfahren erhobenen Forderungen unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu bescheiden, ist als Bescheidungsklage statthaft und auch ansonsten zulässig.
- 182
2. In der Sache ist die Bescheidungsklage jedoch unbegründet. Die Klägerin hat insbesondere keinen Anspruch auf eine (weitere) Ergänzung des Planfeststellungsbeschlusses um Maßnahmen des aktiven oder passiven Schallschutzes über die Prozesserklärung des Beklagten in der mündlichen Verhandlung vom 16. November 2015 hinaus. Das Lärmschutzkonzept der angefochtenen Planungsentscheidung in der Gestalt der Prozesserklärung des Beklagten vom 16. November 2015 steht mit den Vorgaben der §§ 41, 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG i.V.m. § 2 der 16. BImSchV im Einklang; die Immissionsgrenzwerte sowohl für Lärm als auch für Luftschadstoffe werden auf den Grundstücken der Klägerin eingehalten. Das Vorhaben ist damit nicht zu Lasten der Klägerin abwägungsfehlerhaft und verletzt in seiner festgestellten Form keine Rechte der Klägerin.
- 183
Nach alledem waren die Klagen sowohl mit dem Hauptantrag als auch mit den beiden Hilfsanträgen abzuweisen.
- 184
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
- 185
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO.
- 186
Beschluss
- 187
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 30.000 € festgesetzt (§§ 52, 63 Abs. 2 Gerichtskostengesetz – GKG – i.V.m. Nrn. 34.2.1.1 und 34.2.5 2.2.2. des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit vom Juli 2014: 15.000 € je Grundstück).
- 188
Gegen die Festsetzung des Streitwertes steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen nach Maßgabe des § 68 Abs. 1 GKG dieBeschwerde an das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200,00 € übersteigt oder das Gericht die Beschwerde zugelassen hat.
- 189
Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung zur Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, eingelegt wird; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
- 190
Die Beschwerde ist bei dem Verwaltungsgericht Neustadt an der Weinstraße, Robert-Stolz-Str. 20, 67433 Neustadt, schriftlich, in elektronischer Form oder zu Protokoll der Geschäftsstelle einzulegen.
- 191
Die elektronische Form wird durch eine qualifiziert signierte Datei gewahrt, die nach den Maßgaben der Landesverordnung über den elektronischen Rechtsverkehr in Rheinland-Pfalz (ERVLVO) vom 10. Juli 2015 (GVBl. S. 175) in der jeweils geltenden Fassung zu übermitteln ist.
ra.de-Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Neustadt an der Weinstraße Urteil, 16. Nov. 2015 - 4 K 1000/14.NW
Urteilsbesprechung schreiben0 Urteilsbesprechungen zu Verwaltungsgericht Neustadt an der Weinstraße Urteil, 16. Nov. 2015 - 4 K 1000/14.NW
Referenzen - Gesetze
Referenzen - Urteile
Urteil einreichenVerwaltungsgericht Neustadt an der Weinstraße Urteil, 16. Nov. 2015 - 4 K 1000/14.NW zitiert oder wird zitiert von 12 Urteil(en).
(1) Der Träger des Vorhabens hat den Plan der Anhörungsbehörde zur Durchführung des Anhörungsverfahrens einzureichen. Der Plan besteht aus den Zeichnungen und Erläuterungen, die das Vorhaben, seinen Anlass und die von dem Vorhaben betroffenen Grundstücke und Anlagen erkennen lassen.
(2) Innerhalb eines Monats nach Zugang des vollständigen Plans fordert die Anhörungsbehörde die Behörden, deren Aufgabenbereich durch das Vorhaben berührt wird, zur Stellungnahme auf und veranlasst, dass der Plan in den Gemeinden, in denen sich das Vorhaben voraussichtlich auswirken wird, ausgelegt wird.
(3) Die Gemeinden nach Absatz 2 haben den Plan innerhalb von drei Wochen nach Zugang für die Dauer eines Monats zur Einsicht auszulegen. Auf eine Auslegung kann verzichtet werden, wenn der Kreis der Betroffenen und die Vereinigungen nach Absatz 4 Satz 5 bekannt sind und ihnen innerhalb angemessener Frist Gelegenheit gegeben wird, den Plan einzusehen.
(3a) Die Behörden nach Absatz 2 haben ihre Stellungnahme innerhalb einer von der Anhörungsbehörde zu setzenden Frist abzugeben, die drei Monate nicht überschreiten darf. Stellungnahmen, die nach Ablauf der Frist nach Satz 1 eingehen, sind zu berücksichtigen, wenn der Planfeststellungsbehörde die vorgebrachten Belange bekannt sind oder hätten bekannt sein müssen oder für die Rechtmäßigkeit der Entscheidung von Bedeutung sind; im Übrigen können sie berücksichtigt werden.
(4) Jeder, dessen Belange durch das Vorhaben berührt werden, kann bis zwei Wochen nach Ablauf der Auslegungsfrist schriftlich oder zur Niederschrift bei der Anhörungsbehörde oder bei der Gemeinde Einwendungen gegen den Plan erheben. Im Falle des Absatzes 3 Satz 2 bestimmt die Anhörungsbehörde die Einwendungsfrist. Mit Ablauf der Einwendungsfrist sind alle Einwendungen ausgeschlossen, die nicht auf besonderen privatrechtlichen Titeln beruhen. Hierauf ist in der Bekanntmachung der Auslegung oder bei der Bekanntgabe der Einwendungsfrist hinzuweisen. Vereinigungen, die auf Grund einer Anerkennung nach anderen Rechtsvorschriften befugt sind, Rechtsbehelfe nach der Verwaltungsgerichtsordnung gegen die Entscheidung nach § 74 einzulegen, können innerhalb der Frist nach Satz 1 Stellungnahmen zu dem Plan abgeben. Die Sätze 2 bis 4 gelten entsprechend.
(5) Die Gemeinden, in denen der Plan auszulegen ist, haben die Auslegung vorher ortsüblich bekannt zu machen. In der Bekanntmachung ist darauf hinzuweisen,
- 1.
wo und in welchem Zeitraum der Plan zur Einsicht ausgelegt ist; - 2.
dass etwaige Einwendungen oder Stellungnahmen von Vereinigungen nach Absatz 4 Satz 5 bei den in der Bekanntmachung zu bezeichnenden Stellen innerhalb der Einwendungsfrist vorzubringen sind; - 3.
dass bei Ausbleiben eines Beteiligten in dem Erörterungstermin auch ohne ihn verhandelt werden kann; - 4.
dass - a)
die Personen, die Einwendungen erhoben haben, oder die Vereinigungen, die Stellungnahmen abgegeben haben, von dem Erörterungstermin durch öffentliche Bekanntmachung benachrichtigt werden können, - b)
die Zustellung der Entscheidung über die Einwendungen durch öffentliche Bekanntmachung ersetzt werden kann,
wenn mehr als 50 Benachrichtigungen oder Zustellungen vorzunehmen sind.
(6) Nach Ablauf der Einwendungsfrist hat die Anhörungsbehörde die rechtzeitig gegen den Plan erhobenen Einwendungen, die rechtzeitig abgegebenen Stellungnahmen von Vereinigungen nach Absatz 4 Satz 5 sowie die Stellungnahmen der Behörden zu dem Plan mit dem Träger des Vorhabens, den Behörden, den Betroffenen sowie denjenigen, die Einwendungen erhoben oder Stellungnahmen abgegeben haben, zu erörtern. Der Erörterungstermin ist mindestens eine Woche vorher ortsüblich bekannt zu machen. Die Behörden, der Träger des Vorhabens und diejenigen, die Einwendungen erhoben oder Stellungnahmen abgegeben haben, sind von dem Erörterungstermin zu benachrichtigen. Sind außer der Benachrichtigung der Behörden und des Trägers des Vorhabens mehr als 50 Benachrichtigungen vorzunehmen, so können diese Benachrichtigungen durch öffentliche Bekanntmachung ersetzt werden. Die öffentliche Bekanntmachung wird dadurch bewirkt, dass abweichend von Satz 2 der Erörterungstermin im amtlichen Veröffentlichungsblatt der Anhörungsbehörde und außerdem in örtlichen Tageszeitungen bekannt gemacht wird, die in dem Bereich verbreitet sind, in dem sich das Vorhaben voraussichtlich auswirken wird; maßgebend für die Frist nach Satz 2 ist die Bekanntgabe im amtlichen Veröffentlichungsblatt. Im Übrigen gelten für die Erörterung die Vorschriften über die mündliche Verhandlung im förmlichen Verwaltungsverfahren (§ 67 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 Nr. 1 und 4 und Abs. 3, § 68) entsprechend. Die Anhörungsbehörde schließt die Erörterung innerhalb von drei Monaten nach Ablauf der Einwendungsfrist ab.
(7) Abweichend von den Vorschriften des Absatzes 6 Satz 2 bis 5 kann der Erörterungstermin bereits in der Bekanntmachung nach Absatz 5 Satz 2 bestimmt werden.
(8) Soll ein ausgelegter Plan geändert werden und werden dadurch der Aufgabenbereich einer Behörde oder einer Vereinigung nach Absatz 4 Satz 5 oder Belange Dritter erstmals oder stärker als bisher berührt, so ist diesen die Änderung mitzuteilen und ihnen Gelegenheit zu Stellungnahmen und Einwendungen innerhalb von zwei Wochen zu geben; Absatz 4 Satz 3 bis 6 gilt entsprechend. Wird sich die Änderung voraussichtlich auf das Gebiet einer anderen Gemeinde auswirken, so ist der geänderte Plan in dieser Gemeinde auszulegen; die Absätze 2 bis 6 gelten entsprechend.
(9) Die Anhörungsbehörde gibt zum Ergebnis des Anhörungsverfahrens eine Stellungnahme ab und leitet diese der Planfeststellungsbehörde innerhalb eines Monats nach Abschluss der Erörterung mit dem Plan, den Stellungnahmen der Behörden und der Vereinigungen nach Absatz 4 Satz 5 sowie den nicht erledigten Einwendungen zu.
(1) Betriebsanlagen einer Eisenbahn einschließlich der Bahnfernstromleitungen dürfen nur gebaut oder geändert werden, wenn der Plan vorher festgestellt ist. Bei der Planfeststellung sind die von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange einschließlich der Umweltverträglichkeit im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigen. Für das Planfeststellungsverfahren gelten die §§ 72 bis 78 des Verwaltungsverfahrensgesetzes nach Maßgabe dieses Gesetzes. Wird eine bestehende Betriebsanlage einer Eisenbahn erneuert, liegt nur dann eine Änderung im Sinne von Satz 1 vor, wenn der Grundriss oder der Aufriss der Betriebsanlage oder beides wesentlich geändert wird. Eine wesentliche Änderung des Grundrisses oder Aufrisses einer Betriebsanlage im Sinne von Satz 4 liegt insbesondere nicht vor, wenn sie im Zuge des Wiederaufbaus nach einer Naturkatastrophe erforderlich ist, um diese vor Naturereignissen zu schützen, und in einem räumlich begrenzten Korridor entlang des Trassenverlaufs erfolgt.
(1a) Für folgende Einzelmaßnahmen, die den Bau oder die Änderung von Betriebsanlagen einer Eisenbahn vorsehen, bedarf es keiner vorherigen Planfeststellung oder Plangenehmigung, sofern keine Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung besteht:
- 1.
die Ausstattung einer bestehenden Bahnstrecke mit einer Oberleitung einschließlich dafür notwendiger räumlich begrenzter baulicher Anpassungen, insbesondere von Tunneln mit geringer Länge oder von Kreuzungsbauwerken, - 2.
die im Rahmen der Digitalisierung einer Bahnstrecke erforderlichen Baumaßnahmen, insbesondere die Ausstattung einer Bahnstrecke mit Signal- und Sicherungstechnik des Standards European Rail Traffic Management System (ERTMS), - 3.
der barrierefreie Umbau, die Erhöhung oder die Verlängerung von Bahnsteigen, - 4.
die Errichtung von Lärmschutzwänden zur Lärmsanierung, - 5.
die Herstellung von Überleitstellen für Gleiswechselbetriebe, - 6.
die Herstellung von Gleisanschlüssen bis 2 000 Meter und von Zuführungs- und Industriestammgleisen bis 3 000 Meter.
(2) Ist das Planfeststellungsverfahren eingeleitet, kann die Planfeststellungsbehörde nach Anhörung der betroffenen Gemeinde eine vorläufige Anordnung erlassen, in der vorbereitende Maßnahmen oder Teilmaßnahmen zum Bau oder zur Änderung festgesetzt werden,
- 1.
soweit es sich um reversible Maßnahmen handelt, - 2.
wenn an dem vorzeitigen Beginn ein öffentliches Interesse besteht, - 3.
wenn mit einer Entscheidung zugunsten des Trägers des Vorhabens gerechnet werden kann und - 4.
wenn die nach § 74 Absatz 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes zu berücksichtigenden Interessen gewahrt werden.
(3) Unterhaltungsmaßnahmen bedürfen keiner vorherigen Planfeststellung oder Plangenehmigung.
(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.
(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.
(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.
(1) Der Träger des Vorhabens hat den Plan der Anhörungsbehörde zur Durchführung des Anhörungsverfahrens einzureichen. Der Plan besteht aus den Zeichnungen und Erläuterungen, die das Vorhaben, seinen Anlass und die von dem Vorhaben betroffenen Grundstücke und Anlagen erkennen lassen.
(2) Innerhalb eines Monats nach Zugang des vollständigen Plans fordert die Anhörungsbehörde die Behörden, deren Aufgabenbereich durch das Vorhaben berührt wird, zur Stellungnahme auf und veranlasst, dass der Plan in den Gemeinden, in denen sich das Vorhaben voraussichtlich auswirken wird, ausgelegt wird.
(3) Die Gemeinden nach Absatz 2 haben den Plan innerhalb von drei Wochen nach Zugang für die Dauer eines Monats zur Einsicht auszulegen. Auf eine Auslegung kann verzichtet werden, wenn der Kreis der Betroffenen und die Vereinigungen nach Absatz 4 Satz 5 bekannt sind und ihnen innerhalb angemessener Frist Gelegenheit gegeben wird, den Plan einzusehen.
(3a) Die Behörden nach Absatz 2 haben ihre Stellungnahme innerhalb einer von der Anhörungsbehörde zu setzenden Frist abzugeben, die drei Monate nicht überschreiten darf. Stellungnahmen, die nach Ablauf der Frist nach Satz 1 eingehen, sind zu berücksichtigen, wenn der Planfeststellungsbehörde die vorgebrachten Belange bekannt sind oder hätten bekannt sein müssen oder für die Rechtmäßigkeit der Entscheidung von Bedeutung sind; im Übrigen können sie berücksichtigt werden.
(4) Jeder, dessen Belange durch das Vorhaben berührt werden, kann bis zwei Wochen nach Ablauf der Auslegungsfrist schriftlich oder zur Niederschrift bei der Anhörungsbehörde oder bei der Gemeinde Einwendungen gegen den Plan erheben. Im Falle des Absatzes 3 Satz 2 bestimmt die Anhörungsbehörde die Einwendungsfrist. Mit Ablauf der Einwendungsfrist sind alle Einwendungen ausgeschlossen, die nicht auf besonderen privatrechtlichen Titeln beruhen. Hierauf ist in der Bekanntmachung der Auslegung oder bei der Bekanntgabe der Einwendungsfrist hinzuweisen. Vereinigungen, die auf Grund einer Anerkennung nach anderen Rechtsvorschriften befugt sind, Rechtsbehelfe nach der Verwaltungsgerichtsordnung gegen die Entscheidung nach § 74 einzulegen, können innerhalb der Frist nach Satz 1 Stellungnahmen zu dem Plan abgeben. Die Sätze 2 bis 4 gelten entsprechend.
(5) Die Gemeinden, in denen der Plan auszulegen ist, haben die Auslegung vorher ortsüblich bekannt zu machen. In der Bekanntmachung ist darauf hinzuweisen,
- 1.
wo und in welchem Zeitraum der Plan zur Einsicht ausgelegt ist; - 2.
dass etwaige Einwendungen oder Stellungnahmen von Vereinigungen nach Absatz 4 Satz 5 bei den in der Bekanntmachung zu bezeichnenden Stellen innerhalb der Einwendungsfrist vorzubringen sind; - 3.
dass bei Ausbleiben eines Beteiligten in dem Erörterungstermin auch ohne ihn verhandelt werden kann; - 4.
dass - a)
die Personen, die Einwendungen erhoben haben, oder die Vereinigungen, die Stellungnahmen abgegeben haben, von dem Erörterungstermin durch öffentliche Bekanntmachung benachrichtigt werden können, - b)
die Zustellung der Entscheidung über die Einwendungen durch öffentliche Bekanntmachung ersetzt werden kann,
wenn mehr als 50 Benachrichtigungen oder Zustellungen vorzunehmen sind.
(6) Nach Ablauf der Einwendungsfrist hat die Anhörungsbehörde die rechtzeitig gegen den Plan erhobenen Einwendungen, die rechtzeitig abgegebenen Stellungnahmen von Vereinigungen nach Absatz 4 Satz 5 sowie die Stellungnahmen der Behörden zu dem Plan mit dem Träger des Vorhabens, den Behörden, den Betroffenen sowie denjenigen, die Einwendungen erhoben oder Stellungnahmen abgegeben haben, zu erörtern. Der Erörterungstermin ist mindestens eine Woche vorher ortsüblich bekannt zu machen. Die Behörden, der Träger des Vorhabens und diejenigen, die Einwendungen erhoben oder Stellungnahmen abgegeben haben, sind von dem Erörterungstermin zu benachrichtigen. Sind außer der Benachrichtigung der Behörden und des Trägers des Vorhabens mehr als 50 Benachrichtigungen vorzunehmen, so können diese Benachrichtigungen durch öffentliche Bekanntmachung ersetzt werden. Die öffentliche Bekanntmachung wird dadurch bewirkt, dass abweichend von Satz 2 der Erörterungstermin im amtlichen Veröffentlichungsblatt der Anhörungsbehörde und außerdem in örtlichen Tageszeitungen bekannt gemacht wird, die in dem Bereich verbreitet sind, in dem sich das Vorhaben voraussichtlich auswirken wird; maßgebend für die Frist nach Satz 2 ist die Bekanntgabe im amtlichen Veröffentlichungsblatt. Im Übrigen gelten für die Erörterung die Vorschriften über die mündliche Verhandlung im förmlichen Verwaltungsverfahren (§ 67 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 Nr. 1 und 4 und Abs. 3, § 68) entsprechend. Die Anhörungsbehörde schließt die Erörterung innerhalb von drei Monaten nach Ablauf der Einwendungsfrist ab.
(7) Abweichend von den Vorschriften des Absatzes 6 Satz 2 bis 5 kann der Erörterungstermin bereits in der Bekanntmachung nach Absatz 5 Satz 2 bestimmt werden.
(8) Soll ein ausgelegter Plan geändert werden und werden dadurch der Aufgabenbereich einer Behörde oder einer Vereinigung nach Absatz 4 Satz 5 oder Belange Dritter erstmals oder stärker als bisher berührt, so ist diesen die Änderung mitzuteilen und ihnen Gelegenheit zu Stellungnahmen und Einwendungen innerhalb von zwei Wochen zu geben; Absatz 4 Satz 3 bis 6 gilt entsprechend. Wird sich die Änderung voraussichtlich auf das Gebiet einer anderen Gemeinde auswirken, so ist der geänderte Plan in dieser Gemeinde auszulegen; die Absätze 2 bis 6 gelten entsprechend.
(9) Die Anhörungsbehörde gibt zum Ergebnis des Anhörungsverfahrens eine Stellungnahme ab und leitet diese der Planfeststellungsbehörde innerhalb eines Monats nach Abschluss der Erörterung mit dem Plan, den Stellungnahmen der Behörden und der Vereinigungen nach Absatz 4 Satz 5 sowie den nicht erledigten Einwendungen zu.
Mehrere Klagebegehren können vom Kläger in einer Klage zusammen verfolgt werden, wenn sie sich gegen denselben Beklagten richten, im Zusammenhang stehen und dasselbe Gericht zuständig ist.
Das Verwaltungsgericht entscheidet im ersten Rechtszug über alle Streitigkeiten, für die der Verwaltungsrechtsweg offensteht.
(1) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet im ersten Rechtszug über sämtliche Streitigkeiten, die betreffen
- 1.
die Errichtung, den Betrieb, die sonstige Innehabung, die Veränderung, die Stillegung, den sicheren Einschluß und den Abbau von Anlagen im Sinne der §§ 7 und 9a Abs. 3 des Atomgesetzes, - 1a.
das Bestehen und die Höhe von Ausgleichsansprüchen auf Grund der §§ 7e und 7f des Atomgesetzes, - 2.
die Bearbeitung, Verarbeitung und sonstige Verwendung von Kernbrennstoffen außerhalb von Anlagen der in § 7 des Atomgesetzes bezeichneten Art (§ 9 des Atomgesetzes) und die wesentliche Abweichung oder die wesentliche Veränderung im Sinne des § 9 Abs. 1 Satz 2 des Atomgesetzes sowie die Aufbewahrung von Kernbrennstoffen außerhalb der staatlichen Verwahrung (§ 6 des Atomgesetzes), - 3.
die Errichtung, den Betrieb und die Änderung von Kraftwerken mit Feuerungsanlagen für feste, flüssige und gasförmige Brennstoffe mit einer Feuerungswärmeleistung von mehr als dreihundert Megawatt, - 3a.
die Errichtung, den Betrieb und die Änderung von Anlagen zur Nutzung von Windenergie an Land mit einer Gesamthöhe von mehr als 50 Metern sowie Anlagen von Windenergie auf See im Küstenmeer, - 3b.
die Errichtung, den Betrieb und die Änderung von Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen im Sinne des Kraft-Wärme-Kopplungsgesetzes ab einer Feuerungswärmeleistung von 50 Megawatt, - 4.
Planfeststellungsverfahren gemäß § 43 des Energiewirtschaftsgesetzes, soweit nicht die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts nach § 50 Absatz 1 Nummer 6 begründet ist, - 4a.
Planfeststellungs- oder Plangenehmigungsverfahren für die Errichtung, den Betrieb und die Änderung von Einrichtungen nach § 66 Absatz 1 des Windenergie-auf-See-Gesetzes, soweit nicht die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts nach § 50 Absatz 1 Nummer 6 begründet ist, - 5.
Verfahren für die Errichtung, den Betrieb und die wesentliche Änderung von ortsfesten Anlagen zur Verbrennung oder thermischen Zersetzung von Abfällen mit einer jährlichen Durchsatzleistung (effektive Leistung) von mehr als einhunderttausend Tonnen und von ortsfesten Anlagen, in denen ganz oder teilweise Abfälle im Sinne des § 48 des Kreislaufwirtschaftsgesetzes gelagert oder abgelagert werden, - 6.
das Anlegen, die Erweiterung oder Änderung und den Betrieb von Verkehrsflughäfen und von Verkehrslandeplätzen mit beschränktem Bauschutzbereich, - 7.
Planfeststellungsverfahren für den Bau oder die Änderung der Strecken von Straßenbahnen, Magnetschwebebahnen und von öffentlichen Eisenbahnen sowie für den Bau oder die Änderung von Rangier- und Containerbahnhöfen, - 8.
Planfeststellungsverfahren für den Bau oder die Änderung von Bundesfernstraßen und Landesstraßen, - 9.
Planfeststellungsverfahren für den Neubau oder den Ausbau von Bundeswasserstraßen, - 10.
Planfeststellungsverfahren für Maßnahmen des öffentlichen Küsten- oder Hochwasserschutzes, - 11.
Planfeststellungsverfahren nach § 68 Absatz 1 des Wasserhaushaltsgesetzes oder nach landesrechtlichen Vorschriften für die Errichtung, die Erweiterung oder die Änderung von Häfen, die für Wasserfahrzeuge mit mehr als 1 350 Tonnen Tragfähigkeit zugänglich sind, unbeschadet der Nummer 9, - 12.
Planfeststellungsverfahren nach § 68 Absatz 1 des Wasserhaushaltsgesetzes für die Errichtung, die Erweiterung oder die Änderung von Wasserkraftanlagen mit einer elektrischen Nettoleistung von mehr als 100 Megawatt, - 12a
Gewässerbenutzungen im Zusammenhang mit der aufgrund des Kohleverstromungsbeendigungsgesetzes vorgesehenen Einstellung von Braunkohletagebauen, - 12b
Planfeststellungsverfahren für Gewässerausbauten im Zusammenhang mit der aufgrund des Kohleverstromungsbeendigungsgesetzes vorgesehenen Einstellung von Braunkohletagebauen, - 13.
Planfeststellungsverfahren nach dem Bundesberggesetz, - 14.
Zulassungen von - a)
Rahmenbetriebsplänen, - b)
Hauptbetriebsplänen, - c)
Sonderbetriebsplänen und - d)
Abschlussbetriebsplänen
- 15.
Planfeststellungsverfahren nach § 65 Absatz 1 in Verbindung mit Anlage 1 Nummer 19.7 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung für die Errichtung und den Betrieb oder die Änderung von Dampf- oder Warmwasserpipelines.
(2) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet im ersten Rechtszug ferner über Klagen gegen die von einer obersten Landesbehörde nach § 3 Abs. 2 Nr. 1 des Vereinsgesetzes ausgesprochenen Vereinsverbote und nach § 8 Abs. 2 Satz 1 des Vereinsgesetzes erlassenen Verfügungen.
(3) Abweichend von § 21e Absatz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes soll das Präsidium des Oberverwaltungsgerichts anordnen, dass ein Spruchkörper, der in einem Verfahren nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 bis 15 tätig geworden ist, für dieses nach einer Änderung der Geschäftsverteilung zuständig bleibt.
(1) Betriebsanlagen einer Eisenbahn einschließlich der Bahnfernstromleitungen dürfen nur gebaut oder geändert werden, wenn der Plan vorher festgestellt ist. Bei der Planfeststellung sind die von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange einschließlich der Umweltverträglichkeit im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigen. Für das Planfeststellungsverfahren gelten die §§ 72 bis 78 des Verwaltungsverfahrensgesetzes nach Maßgabe dieses Gesetzes. Wird eine bestehende Betriebsanlage einer Eisenbahn erneuert, liegt nur dann eine Änderung im Sinne von Satz 1 vor, wenn der Grundriss oder der Aufriss der Betriebsanlage oder beides wesentlich geändert wird. Eine wesentliche Änderung des Grundrisses oder Aufrisses einer Betriebsanlage im Sinne von Satz 4 liegt insbesondere nicht vor, wenn sie im Zuge des Wiederaufbaus nach einer Naturkatastrophe erforderlich ist, um diese vor Naturereignissen zu schützen, und in einem räumlich begrenzten Korridor entlang des Trassenverlaufs erfolgt.
(1a) Für folgende Einzelmaßnahmen, die den Bau oder die Änderung von Betriebsanlagen einer Eisenbahn vorsehen, bedarf es keiner vorherigen Planfeststellung oder Plangenehmigung, sofern keine Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung besteht:
- 1.
die Ausstattung einer bestehenden Bahnstrecke mit einer Oberleitung einschließlich dafür notwendiger räumlich begrenzter baulicher Anpassungen, insbesondere von Tunneln mit geringer Länge oder von Kreuzungsbauwerken, - 2.
die im Rahmen der Digitalisierung einer Bahnstrecke erforderlichen Baumaßnahmen, insbesondere die Ausstattung einer Bahnstrecke mit Signal- und Sicherungstechnik des Standards European Rail Traffic Management System (ERTMS), - 3.
der barrierefreie Umbau, die Erhöhung oder die Verlängerung von Bahnsteigen, - 4.
die Errichtung von Lärmschutzwänden zur Lärmsanierung, - 5.
die Herstellung von Überleitstellen für Gleiswechselbetriebe, - 6.
die Herstellung von Gleisanschlüssen bis 2 000 Meter und von Zuführungs- und Industriestammgleisen bis 3 000 Meter.
(2) Ist das Planfeststellungsverfahren eingeleitet, kann die Planfeststellungsbehörde nach Anhörung der betroffenen Gemeinde eine vorläufige Anordnung erlassen, in der vorbereitende Maßnahmen oder Teilmaßnahmen zum Bau oder zur Änderung festgesetzt werden,
- 1.
soweit es sich um reversible Maßnahmen handelt, - 2.
wenn an dem vorzeitigen Beginn ein öffentliches Interesse besteht, - 3.
wenn mit einer Entscheidung zugunsten des Trägers des Vorhabens gerechnet werden kann und - 4.
wenn die nach § 74 Absatz 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes zu berücksichtigenden Interessen gewahrt werden.
(3) Unterhaltungsmaßnahmen bedürfen keiner vorherigen Planfeststellung oder Plangenehmigung.
Tatbestand
- 1
Der Kläger, eine anerkannte Umwelt- und Naturschutzvereinigung, wendet sich gegen den Planfeststellungsbeschluss der Beklagten vom 10.04.2012 für den Ausbau der Eisenbahnunterführung Ernst-Reuter-Allee im Stadtgebiet der Beklagten.
- 2
Die Ernst-Reuter-Allee ist eine in Ost-West-Richtung verlaufende Verkehrsachse in der Innenstadt der Beklagten. Sie erstreckt sich vom Damaschkeplatz im Westen, über den eine Anbindung an den Magdeburger Ring (B 71), den Adelheidring, den Editharing sowie den Busbahnhof erfolgt, bis zur Elbquerung im Osten. Ca. 50 m östlich des Damaschkeplatzes werden die in Nord-Süd-Richtung verlaufenden Bahngleise der Beigeladenen über Brücken mit einer lichten Höhe von ca. 3,40 m über die Ernst-Reuter-Allee geführt. Zwischen den beiden Hauptsträngen der Eisenbahn befindet sich südlich der Ernst-Reuter-Allee der Kölner Platz, auf dem ca. 80 Kfz-Stellplätze angelegt sind und an dem sich ein Nebeneingang des Hauptbahnhofs befindet. Nördlich des Kölner Platz befindet sich das Gelände des – derzeit offenbar ungenutzten – Bahnpostdepots; die dortige Zufahrt auf die Ernst-Reuter-Allee ist mit Pollern abgetrennt. Östlich der Eisenbahnüberführung schließen sich in südlicher Richtung an die Ernst-Reuter-Allee die Gebäude des Hauptbahnhofs, der Willy-Brandt-Platz mit Taxi-Stand und Hauptzugang zum Hauptbahnhof sowie weiter südlich die Bahnhofstraße an, von der in östlicher Richtung die Hasselbachstraße abzweigt. Weiter östlich kreuzt die Ernst-Reuter-Allee die Otto-von-Guericke-Straße, eine in Nord-Süd-Richtung verlaufende weitere Verkehrsachse im Stadtgebiet der Beklagten. Ca. 300 m südlich dieser Kreuzung mündet die Hasselbachstraße in die Otto-von-Guericke-Straße ein.
- 3
Südlich der Ernst-Reuter-Allee zwischen Willy-Brand-Platz/Bahnhofstraße und Otto-von-Guericke-Straße befindet sich das „City Carré“, ein aus mehreren Gebäuden bestehendes Büro- und Einkaufszentrum mit Tiefgarage. Die Tiefgarage besteht aus zwei Teilen. Der nördliche Teil hat eine Ein- und Ausfahrt über den nördlichen Teil des Willy-Brandt-Platzes; der südliche Teil besitzt eine Ein- und Ausfahrt über die Bahnhofstraße.
- 4
Der Damaschkeplatz ist zentrale Umsteigestelle für mehrere Straßenbahn- und Buslinien. In der Straßenmitte der Ernst-Reuter-Allee verlaufen zwei Straßenbahngleise. In Höhe des Willy-Brandt-Platzes zweigen nach Süden Richtung Hauptbahnhof sowohl aus westlicher als auch aus östlicher Richtung jeweils zwei Gleise ab. Auch an der Kreuzung mit der Otto-von-Guericke-Straße besteht ein solcher Abzweig Richtung Süden.
- 5
Für den Kraftfahrzeugverkehr werden nach bestehender Verkehrsführung in West-Ost-Richtung zwischen Damaschkeplatz und Eisenbahnunterführung die beiden Geradeausspuren der Ernst-Reuter-Allee auf eine Fahrspur verflochten. Unterhalb der Eisenbahnüberführung verläuft eine Fahrspur parallel zu den Straßenbahngleisen. Ca. 50 m östlich der Eisenbahnüberführung auf Höhe des Willy-Brandt-Platzes können Taxis nach rechts auf dem Willy-Brandt-Platz abbiegen, um ihre Stände anzufahren. Zudem besteht für den Kfz-Verkehr die Möglichkeit, nach rechts in die Einfahrt des nördlichen Teils der Tiefgarage des City Carré abzubiegen; der Willy-Brandt-Platz darf hingegen nicht von Kraftfahrzeugen befahren werden. Auf Höhe der Einmündung stehen in der Ernst-Reuter-Allee in West-Ost-Richtung (wieder) zwei Fahrspuren zur Verfügung. Am Knotenpunkt mit der Otto-von-Guericke-Straße werden diese auf drei Fahrspuren mit einer Linksabbiegespur, Geradeaus- und Geradeaus-Rechtsabbiegespur aufgeweitet. In Ost-West-Richtung steht in einer Entfernung von ca. 50 m westlich des Knotenpunktes mit der Otto-von-Guericke-Straße bis zur Einmündung des Willy-Brandt-Platzes für den Verkehr eine Fahrspur zur Verfügung. Weiter westlich ist eine Linksabbiegespur in Richtung Willy-Brandt-Platz ausschließlich für Taxis angelegt. Die aus dem nördlichen Teil der Tiefgarage ausfahrenden Fahrzeuge dürfen sowohl nach rechts als auch nach links in die Ernst-Reuter-Allee abbiegen. Die Einmündung ist allerdings nicht durch Wechsellichtzeichenanlagen gesichert. Ab dem Straßenbahngleisdreieck am Willy-Brandt-Platz kann der Verkehr auf einer zweiten Fahrspur unter Mitbenutzung der Straßenbahngleise in Richtung Westen fahren. Am Damaschkeplatz stehen drei Fahrspuren als Linksabbieger-, Geradeaus- und Rechtsabbiegerspur zur Verfügung.
- 6
Für Radfahrer stehen in beiden Fahrtrichtungen zwischen Damaschkeplatz und Otto-von-Guericke-Straße separate Radwege neben der Fahrbahn zu Verfügung, die im Bereich von Einmündungen markiert sind. Neben den Radwegen befinden sich beidseitig ebenfalls separate Gehwege. Am Damaschkeplatz wird der Fußgängerverkehr in Nord-Süd-Richtung über einen Fußgängertunnel planfrei unter den Fahrbahnen sowie alternativ über Querungsinseln östlich der Haltestellen geführt.
- 7
Mit der angefochtenen Planfeststellung soll ein ca. 582 m langer Abschnitt der Ernst-Reuter-Allee durch den Bau eines zweistöckigen Rahmenbauwerkes errichtet werden, mit dem die Verkehre entflochten werden. Der Straßenbahn-, Radfahr- und Fußgängerverkehr soll auf der Ebene 0, der Kfz-Verkehr in der Ebene -1 geführt werden; ferner soll die Eisenbahnbrücken auf der Ebene +1 erneuert werden. Dabei soll eine lichte Weite von 18,50 m sowie eine lichte Höhe von 4,30 m in der Ebene 0 und von 4,50 m in der Ebene -1 entstehen. Die Trassierung der Ernst-Reuter-Allee sowie der Zufahrten Nord und Süd zum Magdeburger Ring soll im Wesentlichen dem Bestand folgen. Die Absenkung für die Unterquerung der neuen Bahnhofsbrücken soll unmittelbar östlich des Knotenpunktes mit der Olvenstedter Straße, Adelheidring, Editharing beginnen und vor dem Knoten Ernst-Reuter-Allee / Otto-von-Guericke-Straße enden. Dies hat zur Folge, dass im Bereich des Damaschkeplatzes eine Neuordnung der Nebenanlagen erfolgen muss. Die Rad- und Gehwegführung soll – entgegen dem Bestand – nun im Bereich zwischen den Stützwänden der Rampenfahrbahnen erfolgen und parallel zu den Straßenbahngleisen verlaufen. Die Planung der Ernst-Reuter-Allee im Querschnitt soll als dreistreifige Straße erfolgen. Die Fahrspurbreiten betragen in der Tunnelröhre Nord jeweils 3,25 m und die einzelne Fahrspur in der Tunnelröhre Süd 3,50 m. Im südlichen Tunnelquerschnitt soll ein Fahrstreifen als Standspur ausgebildet werden. Die Standspur soll auf Höhe der Einmündung der Tiefgarage Nord des City Carrés zu einer Ein- und Ausfahrspur werden. Der nördlich verlaufende Zweirichtungsradweg zwischen Damaschkeplatz und Brandenburger Straße soll östlich der Eisenbahnbrücken eine Querung nach Süden auf den Willy-Brandt-Platz erhalten; ab dort soll der Radweg zwischen Brandenburger Straße und Otto-von-Guericke-Straße in eine Mischverkehrsfläche entsprechend dem bestehenden Nutzungskonzept des Platzes übergehen. Im Bereich des Straßenbahngleisdreieckes Willy-Brandt-Platz sollen die Bordanlagen vollständig abgesenkt werden, um den Platzcharakter zu verdeutlichen. Die vorhandene straßenseitige Erschließung des Kölner Platzes soll mit Beginn der Bauarbeiten ersatzlos entfallen. Der Platz soll weiterhin über die Ebene 0 (unter Benutzung der Fahrbahn der Straßenbahnanlage) für die Rettungsfahrzeuge und Revisionsfahrzeuge der Städtischen Werke erreichbar sein. Von der Ebene 0 soll der Kölner Platz von der Ernst-Reuter-Allee über eine 6,50 m breite Rampe behindertengerecht und für die Befahrung mit Rettungsfahrzeugen angeschlossen werden. Im Übrigen soll der Höhenunterschied zwischen Kölner Platz und Ernst-Reuter-Allee von ca. 1,00 m über eine Treppenanlage mit 8 bis 9 Stufen überbrückt werden. Der Anschluss der Fahrbahnen an den Knotenpunkt Damaschkeplatz (Editharing, Adelheidring, Olvenstedter Straße) soll auf die vorhandenen Fahrbahnbreiten erfolgen. In der nördlichen Zufahrt stehen dann 3 Fahrspuren zur Verfügung. Die südliche Knotenpunktausfahrt des Damaschkeplatzes wird von 3 auf 2 Fahrspuren reduziert. Zur Querung der beiden Fahrbahnen von den nördlichen und südlichen Nebenanlagen in Richtung Haltestelle Damaschkeplatz werden signalisierte Fußgänger- und Radfahrerfurten errichtet. Der Taxistellplatz auf dem Willy-Brandt-Platz soll im Rahmen der Baumaßnahme nach Süden verschoben und neu ausgebildet werden. Der Taxistand wird zukünftig über die Hasselbachstraße angefahren. Die Einfahrt in den Taxistand erfolgt über die Bahnhofstraße mit Zufahrt über den vorhandenen Parkplatz von Süden. Die Einfahrten in den nördlichen Teil der Tiefgarage des City Carrés werden über die Ebene -1 ausschließlich über den südlichen Tunnel erfolgen. Die Ausfahrt aus der Tiefgarage soll nur in Richtung Otto-von-Guericke-Straße möglich sein. Im Rahmen des Ausbaus des Eisenbahnknotens Magdeburg sollen die vorhandenen Überbauten abgebrochen und von Westen nach Osten durch neue Eisenbahnüberführungen ersetzt werden. Auf der Tunneldecke in der Ebene 0 verlaufen etwa mittig die Straßenbahngleise. Planmäßiger Fahrzeugverkehr ist auf der Decke des Tunnels nicht vorhanden. Die Flächen in Ebene 0 sollen beidseits der beiden Straßenbahngleise als Fußgängerzone sowie als Radwege genutzt werden. Weiter ist die Erneuerung der Gleisanlagen zwischen dem Damaschkeplatz und dem Gleisdreieck Ernst-Reuter-Allee / Otto-von-Guericke-Straße geplant.
- 8
Im Anhörungsverfahren erhob der Kläger am 22.01.2011 im Wesentlichen folgende Einwendungen:
- 9
Es bestehe eine unzulässige Identität von Vorhabenträger, Anhörungsbehörde und Planfeststellungsbehörde.
- 10
Die Planung sei verfehlt, weil gegen die Ziele der Luftreinhalte- und Lärmminderungsplanung und gegen die Ziele des Innenstadtverkehrskonzepts verstoßen werde, das eigentliche Verkehrsproblem an der Kreuzung Ernst-Reuter-AlIee / Otto-von-Guericke-Straße nicht gelöst werde, die Verkehrsprobleme durch Anhebung der lichten Höhe unter der Bahnstrecke verschärft würden und – damit verbunden – das LKW-Verkehrsaufkommen erheblich gesteigert werde. Der Fußgänger- und Radverkehr werde unangemessen geführt, die Barrierefreiheit und die Dimensionierung der Entwässerung seien unzureichend.
- 11
Es fehle bereits an einer Planrechtfertigung. Unabhängig davon seien jedenfalls die für das Vorhaben streitenden Belange nach Maßgabe des fachplanerischen Ziels, die Straße in einem dem regelmäßigen Verkehrsbedürfnis entsprechenden Zustand zu bauen, zu erweitern oder sonst zu verbessern (§ 9 Abs.1 Satt 2 StrG LSA), abwägungsfehlerhaft gewichtet worden. Die Verkehrsuntersuchung des Vorhabenträgers gehe selbst von einer nicht ausreichenden Bedienung des motorisierten Individualverkehrs (MIV) und insbesondere einem hohen Rückstau bis weit in den geplanten Tunnel und bis zum Damaschkeplatz aus, was zu einer Verschlechterung der Verkehrssituation führe.
- 12
Die Variantenprüfung sei fehlerbehaftet, weil sie mehrere sich aufdrängende Varianten nicht berücksichtigt habe und bei der Bewertung einzelner Varianten offenkundige Fehlbewertungen vornehme.
- 13
Es fehle eine sachgerechte Verkehrsprognose. In den hierzu im Planfeststellungsverfahren vorhandenen Unterlagen ließen sich lediglich die Ergebnisse, aber keine Angaben zur bearbeitenden Stelle, deren Fachkunde, zur Methodik und zur Umlegung des Verkehrs im Prognosenetz etc. finden. Zudem enthalte die vorliegende Prognose einen deutlich zu geringen LKW-Anteil in den Prognosefällen.
- 14
Die Lärmschutzbelange seien fehlerhaft geprüft und abgewogen worden. Die Beklagte habe das LKW-Aufkommen stark unterschätzt. Ferner sei der Ansatz der Straßenbahnverkehrszahlen fehlerhaft und liege teils unter den heutigen Verkehrszahlen. Es fehlten die ergebnisrelevanten Eingangsdaten für die Straßenbahnlärmberechnung, und die Rechenergebnisse seien unstimmig. Die Schwelle zur Gesundheitsgefährdung werde überschritten. Aktive Lärmschutzmaßnahmen (Verkehrbeschränkungen, Lärm mindernde Fahrbahnbeläge) seien nicht geprüft worden.
- 15
Die Erschütterungs- und Luftschadstoffbelastungen seien fehlerhaft ermittelt und bewertet worden.
- 16
Die Umweltverträglichkeitsprüfung sei defizitär und fehlerbehaftet, da jede Auseinandersetzung mit Immissionsbelastungen unterhalb der Grenzwerte und mit bauzeitlichen Belastungen fehle.
- 17
Mit dem angefochtenen Planfeststellungsbeschluss vom 10.04.2012 stellte die Beklagte – Fachbereich Vermessungsamt und Baurecht – den Plan für den „Ausbau des Eisenbahnknotens Magdeburg – 2. Ausbaustufe, Bauabschnitt Eisenbahnüberführung Ernst-Reuter-Allee“ nach § 37 Abs. 1 StrG LSA sowie § 1 Abs. 1 Satz 1, § 5 VwVfG LSA i.V.m. §§ 72 bis 75, 78 VwVfG, § 18 AEG und § 28 Abs. 1 PBefG fest. Bezüglich Luftschadstoffimmissionen enthielt der Beschluss die Nebenbestimmung (IV 6. a), dass der Vorhabenträger vor Baubeginn der für die Luftreinhalteplanung zuständigen Behörde (Landesamt für Umweltschutz) und der Planfeststellungsbehörde einen Maßnahmenkatalog vorzulegen habe, in Folge dessen die Grenzwerte der 39. BImSchV eingehalten werden. Beispielhaft wurden allgemeine Verkehrsbeschränkungen, verkehrslenkende Maßnahmen, Fahrbahnreinigung, Durchsagen im Tunnel bei Stau zum Abschalten der Motoren, Geschwindigkeitsbegrenzungen und Maßnahmen bei Stau bzw. Umleitungen genannt. Zum Lärmschutz war dem Planfeststellungsbeschluss die Nebenbestimmung (IV 6. b) beigefügt, dass der Vorhabenträger als aktive Lärmschutzmaßnahme eine Schall absorbierende Verkleidung für den Bereich der Trogwände und an den östlichen Tunnelportalen bis zu einer Tiefe von 20 m auf der Ernst-Reuter-Allee / Nähe Büro- und Einkaufsgebäude City Carré vorzusehen habe. Den Eigentümern der Gebäude Ernst-Reuter-Allee 28 - 42 sowie 37 und 41 - 45 wurden zudem dem Grunde nach ein Anspruch auf passive Schallschutzmaßnahmen bzw. auf Erstattung der notwendigen Aufwendungen zugesprochen. Die Einwendungen des Klägers wies die Beklagte im Wesentlichen mit folgender Begründung zurück (vgl. S. 210 ff.):
- 18
Die Identität von Vorhabenträger, Anhörungsbehörde und Planfeststellungsbehörde sei – unabhängig von der Frage, ob es sich um einen Belang handele, den eine anerkannter Umwelt- und Naturschutzvereinigung wie der Kläger überhaupt geltend machen könne – nicht zu beanstanden.
- 19
Die vom Kläger vorgetragenen Bedenken gegen die Planrechtfertigung habe die Planfeststellungsbehörde umfassend geprüft; insoweit werde auf die Ausführungen im entsprechenden Kapitel des Planfeststellungsbeschlusses verwiesen.
- 20
Die Ausführungen des Klägers zur Variantenauswahl seien im Rahmen der Abwägung berücksichtigt worden. Die untersuchten Varianten habe man in den Erörterungsterminen am 28.11.2011 und am 30.11.2011 ausführlich dargestellt. Nicht gefolgt werde der vom Kläger im Erörterungstermin vertretenen Auffassung, dass eine Höhe von 4,50 m für die Eisenbahnüberführung nicht gefordert werden müsse, weil eine solche Durchfahrtshöhe lediglich auf einer Richtlinie beruhe, der Vorhabenträger in diesem Bereich eine erhebliche Verkehrsabsenkung und eine Herabstufung der Straße in ihrer Bedeutung vorsehe und die Beklagte in Ausübung ihres planerischen Gestaltungsspielraums selbst festlegen könne, dass sie diese Brücke nicht für jeglichen Kfz-Verkehr, aber für jeglichen Straßenbahnverkehr freigebe. Die Funktion der Hauptverkehrsstraße mit örtlicher Bedeutung sei im verkehrlichen Leitbild der Landeshauptstadt Magdeburg festgeschrieben, so dass die Hauptverkehrsstraße auch in dieser Form im Bestand gehalten werden müsse. Damit werde es auch notwendig, eine Durchfahrtshöhe von 4,50 m zu gewährleisten. Im Planfeststellungsverfahren seien zahlreiche Rechtsgüter zu beachten, so auch die Interessen von Gewerbetreibenden und Bürgern, den Innenstadtbereich an dieser Stelle erreichen zu können. Ein Planungskonzept, das den Individualverkehr an dieser Stelle herausnehmen würde, käme mit diesen Rechtsgütern in Konflikt.
- 21
Zu Unrecht verweise der Kläger bezüglich der Verkehrsprognose auf einen fehlerhaften Prognosehorizont für das Jahr 2015, der den ursprünglichen Planfeststellungsunterlagen zugrunde gelegen habe. Dieser Prognosehorizont würde in den geplanten Bauzeitraum fallen und stelle damit keine geeignete Grundlage für das Planfeststellungsverfahren dar. Da die Planfeststellungsbehörde diese Auffassung geteilt habe, sei dem Vorhabenträger aufgegeben worden, die auf den Prognosehorizont 2015 abgestellte Verkehrsuntersuchung zu aktualisieren. Mit dem sodann untersuchten Prognosehorizont für das Jahr 2025 sei ein geeigneter und von der Rechtsprechung für Verkehrsuntersuchungen anerkannter Prognosehorizont gewählt worden.
- 22
Die Beurteilung der Zumutbarkeit von Lärmimmissionen sei nach den gesetzlichen Grundlagen (§ 41 BlmSchG i.V.m. der 16. BImSchV) vorgenommen worden. Die Berücksichtigung lärmmindernder Fahrbahnbeläge habe man im Erörterungstermin ausführlich besprochen. Im Ergebnis der Aussagen des Gutachters könnten diese Fahrbahnbeläge nicht berücksichtigt werden, weil sich diese erst bei Geschwindigkeiten über 60 km/h auswirkten, auf der Ernst-Reuter-Allee jedoch Geschwindigkeiten bis maximal 50 km/h zugelassen seien. Für die anderen im Erörterungstermin angesprochenen Beläge gebe es derzeit noch keine Langzeitversuche.
- 23
Den Bedenken des Klägers zur Ermittlung der zu erwartenden Erschütterungen sei nicht zu folgen. Diese sei auf der Grundlage der DIN 4150-1 sowie – für den Straßenbahnverkehr – auf der Grundlage der VDI 3837 erfolgt. Konkrete Messungen im Vorfeld der Maßnahme seien entbehrlich gewesen, weil sich nach Fertigstellung des Vorhabens die Ausbreitungssituation der Wellen aus dem Straßen- und Straßenbahnverkehr vollständig ändere. Durch die in die -1- Ebene herabgesetzte Fahrbahn mit abgegrenzten Bohrpfahlwänden und die Verlegung der Straßenbahntrasse auf die Tunnelebene änderten sich die Voraussetzungen für die zu erwartenden Erschütterungen maßgeblich. Insofern würden Messungen des derzeitigen Zustandes keine hinreichend verlässliche Grundlage für die zukünftig zu erwartenden Erschütterungen bieten. Aus diesem Grunde sei die vorgenommene Verfahrensweise, wonach vorhandene Ausbreitungsmodelle aus Messungen ermittelt und für die konkrete Bauausführung Annahmen getroffen worden seien, nicht zu beanstanden. Darüber hinaus werde darauf hingewiesen, dass erschütterungstechnische Untersuchungen zu Auswirkungen in der Bauphase ohnehin erst abschließend ermittelt und bewertet werden könnten, wenn genaue Informationen über die Art und Weise der baulichen Abläufe vorliegen. Da diese Vorgänge bisher nicht bekannt seien, weil sie erst in der Ausführungsplanung festgelegt würden, habe eine entsprechende Begutachtung nicht erfolgen können. Erhebliche Belästigungen von Menschen in Wohnungen und vergleichbar genutzten Räumen könnten durch die Einhaltung der DIN 41 50-2 vermieden werden, was durch die festgelegte Nebenbestimmung in Teil A, Kapitel IV, Punkt 3 b) sichergestellt werde.
- 24
Eine Bezugnahme auf die AVV Baulärm sei ausreichend, um die betroffenen Belange in der Bauphase zu schützen.
- 25
Die Einhaltung der Luftschadstoffgrenzwerte sei im Rahmen der Zulassung des Vorhabens beachtet, entsprechende Luftschadstoffuntersuchungen erstellt und von der Planfeststellungsbehörde ausgewertet worden. Dabei habe man festgestellt, dass die Einhaltung der Grenzwerte mit Mitteln der Luftreinhalteplanung und der Vorlage eines entsprechenden Maßnahmekataloges durch den Vorhabenträger möglich sei.
- 26
Die Auswirkungen des Vorhabens auf die Umwelt seien umfassend ermittelt worden. Insoweit werde auf die zusammenfassende Darstellung gemäß § 11 UVPG sowie die Bewertung gemäß § 12 UVPG unter Teil C, Kapitel IX, Punkt 5 verwiesen.
- 27
Der Einwand, dass § 78 VwVfG ein einheitliches Planfeststellungsverfahren gebiete und dass das eisenbahnrechtliche und das straßenbahnrechtliche Planfeststellungsverfahren einander dergestalt bedingten, dass eine nicht einheitliche Entscheidung wegen Nichtberücksichtigung der Zusammenhänge abwägungsfehlerhaft und daher rechtswidrig sei, sei nicht Gegenstand der Stellungnahme des Klägers gewesen, sondern erstmals im Rahmen des Erörterungstermins vorgebracht worden. Ungeachtet der Frage einer etwaigen Verfristung greife der Einwand, der sich auf das Planfeststellungsverfahren, welches durch das Eisenbahnbundesamt gemäß § 18 Abs. 1 AEG für den Umbau des Spurplans Mitte nahezu zeitgleich durchgeführt werde und im Januar 2011 durch die Beigeladene beantragt worden sei, nicht. Abgesehen davon, dass sich der Kläger auf eine eventuelle Unzuständigkeit der Planfeststellungsbehörde voraussichtlich nicht berufen könne und fraglich sei, ob die Verletzung des durch § 78 VwVfG für bestimmte Fälle normierten Einheitlichkeitsgebots zur Abwägungsfehlerhaftigkeit der jeweils isolierten Planteststellungsbeschlüsse führen könne, sei die Durchführung eines einheitlichen Verfahrens, das zu einer einheitlichen Planfeststellungsentscheidung führe, vorliegend nicht notwendig im Sinne des § 75 Abs. 1 VwVfG, weil planerisch erhebliche Belange des einen Verfahrens im anderen durch Verfahrensbeteiligung und durch Berücksichtigung – etwa im Rahmen planerischer Abwägung – angemessen erfasst würden.
- 28
Der Planfeststellungsbeschluss wurde im Amtsblatt der Beklagten vom 13.04.2012 öffentlich bekannt gemacht und dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 19.04.2012 zugestellt.
- 29
Am 21.05.2012, einem Montag, hat der Kläger beim Verwaltungsgericht Magdeburg Klage erhoben, das den Rechtsstreit mit Beschluss vom 14.06.2012 wegen instanzieller Unzuständigkeit an das erkennende Gericht verwiesen hat. Zur Begründung ihrer Klage wiederholt der Kläger seine im Planfeststellungsverfahren erhobenen Einwände und trägt ergänzend vor:
- 30
Er sei hinsichtlich aller geltend gemachten verfahrensrechtlichen und materiell-rechtlichen Mängel des Planfeststellungsbeschlusses klagebefugt. Als anerkanntem Umwelt- und Naturschutzverband stünden ihm einerseits Klagerechte auf der Grundlage des Umweltrechtsbehelfsgesetzes, andererseits Klagerechte auf der Grundlage des
- 32
Der Planfeststellungsbeschluss sei bereits deshalb rechtsfehlerhaft, weil die Beklagte für die Planfeststellung nicht zuständig sei. Mit diesem Einwand sei er nicht präkludiert, da es sich um eine Rechtsfrage handele. Unabhängig davon wäre der Einwand nicht präkludiert, weil die ausgelegten Planunterlagen insoweit keinen Anlass zur Stellungnahme geboten und insoweit ihre Anstoßfunktion verfehlt hätten. Nach § 78 Abs. 1 VwVfG finde nur ein Planfeststellungsverfahren statt, wenn mehrere selbständige Vorhaben, für deren Durchführung Planfeststellungsverfahren vorgeschrieben seien, derart zusammenträfen, dass für diese Vorhaben oder für Teile von ihnen nur eine einheitliche Entscheidung möglich sei, und mindestens eines der Planfeststellungsverfahren bundes- rechtlich geregelt sei. Das Verwaltungsgericht Magdeburg sei in seinem Verweisungsbeschluss im Ergebnis zutreffend davon ausgegangen, dass die Erneuerung der Eisenbahnüberführung Anlass der planfestgestellten Planung sei und diese in das planfeststellungsbedürftige Großvorhaben „Eisenbahnknoten Magdeburg“ eingebunden sei. Die Beklagte habe dies etwa in ihrem Schriftsatz vom 21.06.2012 bestätigt und dort u.a. darauf abgestellt, dass der streitgegenständliche Planfeststellungsbeschluss sich auf den Planfeststellungsabschnitt 61.12 beziehe und das Betonbauwerk der Brücke mit einbeziehe, während der Schotterunterbau und die Gleisanlage von dem Planfeststellungsabschnitt 61.11 erfasst werde. Sie treffe dort für die Eisenbahnbrücke über die Ernst-Reuter-Allee die bemerkenswerte Aussage, dass dieses Bauwerk für sich genommen eine eigenständige Funktion besitze und nicht abhängig sei von dem beim Eisenbahn-Bundesamt noch laufenden Planfeststellungsverfahren „Spurplan Mitte“. Welche gegenüber dem Fahrweg der Eisenbahn eigenständige Funktion eine Eisenbahnbrücke haben solle, sei nicht ersichtlich.
- 33
Das planfestgestellte Vorhaben sei wegen verkehrlicher Überlastung nicht funktionsfähig und lasse sich damit nicht rechtfertigen. Es sei abwägungsfehlerhaft und verursache unzumutbare Lärm- und Luftschadstoffbelastungen. Die fehlende Funktionsfähigkeit ergebe sich aus der Verkehrsuntersuchung in Verbindung mit fehlender sachgerechter Prognose und Fehleinschätzungen des zu erwartenden Gesamtverkehrsaufkommens, insbesondere des LKW-Aufkommens, und einer Fehleinschätzung des Verkehrs aus dem Einkaufszentrum City Carré und des am Knotenpunkt Ernst-Reuter-Allee / Otto-von-Guericke-Straße wendenden Verkehrs. Eine methodengerechte Verkehrsprognose, die sich mit allen relevanten Eingangsparametern auseinandersetze und auf dieser Basis nach anerkannter Methodik eine künftige Verkehrsbelastung plausibel und nachvollziehbar prognostiziere, gebe es nicht. Es seien nur noch die verkehrlichen Wirkungen und die Umweltauswirkungen des 2025 gegenüber 2015 reduzierten Verkehrs untersucht worden. Alle Angaben insoweit gingen aber davon aus, dass es 2015 und von 2018 bis 2025 ein höheres Verkehrsaufkommen als 2025 gebe. Diese nach den Annahmen des Vorhabenträgers und seiner Gutachter in der Zukunft gegenüber der Prognosebelastung tatsächlich höhere zu erwartende Belastung hätte aber sowohl auf ihre verkehrlichen Auswirkungen wie auf ihre Umweltauswirkungen untersucht werden müssen. Da schon die niedrigere Belastung im Prognosezeitpunkt 2025 zu verkehrlichen Überlastungen und Immissions-Grenzwertüberschreitungen führe, müsse dies erst recht und noch einmal verstärkt für die zwischenzeitlich höhere Belastung gelten. Die Planfeststellungsbehörde habe mithin den größten Belastungs- und damit auch größten Konfliktfall gar nicht ermittelt und in die Abwägung eingeführt. Für die Fußgänger- und Radverkehre sei weder eine aktuelle Erfassung noch eine Prognose angestellt worden, obwohl bereits heute deutliche Behinderungen beider Verkehrsarten zu beobachten seien und wohl auch eingeräumt würden und obwohl diese Verkehrsströme zu einer „Behinderungssituation“ für den Kfz-Verkehr führten. In den Tabellen zur Verkehrsuntersuchung würden diese Verkehrsströme stets nur als „geschätzt“ geführt. Bei tendenziell steigendem Fußgänger- und Radverkehr verstärkten sich die Behinderungen. Das habe aufgrund fehlender Bestandserfassung und Prognose nicht berücksichtigt werden können. Auch ohne Berücksichtigung der zu erwartenden Entwicklungen würden für Fußgängerverkehrsströme teils schlechte Qualitätsstufen errechnet. In der Verkehrsuntersuchung werde unzweideutig beschrieben, dass das Vorhaben zu schlechten Verkehrszuständen führe, die für einzelne Verkehrsströme mit Qualitätsstufe „F“, für andere mit „E“ und „D“ beschrieben würden. Dabei werde gerade bei den Ausführungen zu den am kritischen Knotenpunkt wendenden Fahrzeugen deutlich, dass die Aussagen dann nicht mehr gehalten werden könnten, also noch schlechtere Verkehrszustände drohten, wenn mehr als 1 bis 2 wendende PKW oder auch nur ein LKW pro Ampelphase auftrete. Das damit aufgezeigte Problem hätte in der Planfeststellung gelöst werden müssen, sei aber einfach sehenden Auges als Unsicherheit hingenommen worden. Diese Unsicherheit könne aber zu schlechteren Verkehrszuständen als derzeit führen. Die Planfeststellung einer Situation, die verkehrlich schlechter sei als der Ist-Zustand, widerspreche dem proklamierten Ziel des Vorhabens und könne auch nicht abwägungsgerecht sein. Das Gebot der Konfliktbewältigung sei hier verletzt. Das werde auch durch einen Blick in die vorherige Fassung der Verkehrsuntersuchung bestätigt. Dort habe der Gutachter wegen der von ihm festgestellten schlechten Verkehrszustände dringend empfohlen, Varianten unter Einbeziehung der Umgestaltung des kritischen Knotenpunktes zu prüfen. Um die Bedeutung der vom Gutachter festgestellten Qualitätsstufen zu verdeutlichen, müsse das sog. HBS 2001 als allgemein anerkannte Grundlage für die Planung von Straßen herangezogen werden. Die darin genannte (schlechteste) Qualitätsstufe F sei nicht funktionstüchtig und dementsprechend auch nicht planfeststellungsfähig. Dies ergebe sich auch aus der von der Beklagten nunmehr vorgelegten Untersuchung der Fa. (...) vom Juni 2013. Erst durch die Inanspruchnahme einer derzeit noch vom Straßenbahnverkehr genutzten Fläche für eine zusätzliche Linksabbiegespur könnte eine akzeptable Verkehrsqualität gewährleistet werden. Dem stehe der angefochtene Planfeststellungsbeschluss aber entgegen.
- 34
Bereits im Anhörungsverfahren habe er darauf hingewiesen, dass in den Planfeststellungsunterlagen eine – hier offenkundig erforderliche – methodengerechte Verkehrsprognose fehle. Zwar werde in den einzelnen Belastungsgutachten jeweils eine bestimmte Verkehrsbelastung angenommen. Die diesen Belastungsannahmen zugrunde liegende Verkehrsprognose sei Gegenstand der Planfeststellungsunterlagen. Da eine Prognose zumindest auf ihre Schlüssigkeit und Methodengerechtigkeit zu überprüfen sei, müsse sie auch Gegenstand von Planfeststellungsunterlagen sein. Die ausgelegten Unterlagen wiesen insoweit erhebliche Defizite auf. Jedenfalls seien die angenommenen Verkehrszahlen bereits deswegen verfehlt, weil der zu erwartende erhebliche Anstieg des LKW-Aufkommens in den Belastungsdaten, die den Immissionsgutachten zugrunde liegen, nicht berücksichtigt worden sei. Die Unterführung der Ernst-Reuter-Allee unter den Eisenbahngleisen weise derzeit eine Höhe auf, die sie für größere LKW nicht nutzbar mache. In der Vergangenheit sei es daher verschiedentlich zu Problemen gekommen. Die Unterführung werde von größeren LKWs in der Regel nicht genutzt. Mit dem Vorhaben solle die lichte Höhe der Unterführung angehoben werden. Sie werde damit in vollem Umfang für alle LKW nutzbar mit der Folge, dass sich das LKW-Aufkommen bereits aus diesem Grunde voraussichtlich erheblich erhöhen werde. Dazu trage auch bei, dass mit Befahren dieser Straße drei Mautstellen umfahren werden könnten. Solange projektspezifische Prognosen des LKW-Anteils fehlten, sei von den LKW-Anteilen nach Tabelle A in Anlage 1 zur 16. BImSchV für die schalltechnische Berechnung auszugehen. Die Straße sei im Sinne der Tabelle A der Anlage 1 zur 16. BImSchV als Gemeindeverbindungsstraße einzustufen. Der LKW-Anteil sei damit mit 20 % tags und 10 % nachts anzunehmen. Die Erforderlichkeit einer methodengerechten Verkehrsprognose, die hier nicht vorliege, ergebe sich hier aus den Besonderheiten des Einzelfalls. Der Neubau der A 14 und andere verkehrliche Entwicklungen in naher Zukunft im näheren Umfeld führten zu wesentlichen Veränderungen der Verkehrsströme. Die neue Strecke der A 14 befinde sich in einem Abschnitt nördlich von Magdeburg bereits im Bau, andere Abschnitte befänden sich in der Planfeststellung. Auf absehbare Zeit werde der Verkehr der A 14 über die B 189 direkt nach Magdeburg hineingeführt, soweit es sich um Nord-Süd-Verkehr handele, da die autobahnähnlich ausgebaute B 189 den Verkehr aufnehmen müsse und die kürzeste Verbindung nach Süden durch Magdeburg führe. Das führe zu deutlichen Veränderungen im Verkehrsaufkommen. Wie sich das auf die Ernst-Reuter-Allee als Zubringer zur Innenstadt auswirke, hätte untersucht werden müssen.
- 35
Die zu erwartenden Verkehre aus der Tiefgarage des Einkaufszentrums und die Verkehre, die von dort nach Westen verliefen und nach der Planfeststellung bis zur Kreuzung Ernst-Reuter-Allee / Otto-von-Guericke-Straße führen und dort wenden müssten, seien aus sachlich nicht nachvollziehbaren Erwägungen und damit willkürlich falsch eingeschätzt worden. Obgleich der Vorhabenträger selbst insoweit über keine nachvollziehbaren, plausiblen und hinreichend substantiierten Untersuchungen verfüge und der Betreiber des Einkaufzentrums im Laufe des Planfeststellungsverfahrens Zahlen vorgelegt habe, die den Annahmen des Vorhabenträgers deutlich widersprächen, habe die Planfeststellungsbehörde allein die Zahlen des Vorhabenträgers als glaubwürdig gewertet. Der Betreiber des Einkaufszentrums habe mit seiner Klagebegründung ein Verkehrsgutachten mit qualifizierten Zählergebnissen vorgelegt, die er sich zu eigen mache. Im Ergebnis führe das zu folgender Schlussfolgerung: In der Spitzenstunde sei bei Annahme konstanter Verkehrszahlen mit 116 bis 168 Ausfahrten aus der Tiefgarage auf die Ernst-Reuter-Allee zu rechnen. Von diesen hätten 65 %‚ d.h. 75 bis 109 Fahrzeuge ein Fahrtziel im Westen und müssten daher an der Kreuzung Ernst-Reuter-Allee / Otto-von-Guericke-Straße wenden. Wenn nicht mehr als 2 PKW pro Ampelschaltung wenden könnten, müsste es etwa einmal pro Minute oder 50 bis 55 mal in der Stunde eine Ampelphase geben, in der diese Fahrzeuge grün hätten. Angesichts der Vielzahl der Verkehrsströme an diesem Knotenpunkt – das Phasenwechselschema der Verkehrsuntersuchung weise 10 Phasen aus – scheine das nicht möglich. Es hätte daher mit einem Szenario „auf der sicheren Seite“, zumindest aber einmal mit einem realistischen Szenario berechnet werden müssen, welche Verkehrsqualitäten sich bei den realistischerweise zu erwartenden deutlich höheren Abbiegerzahlen ergäben. Mit der unrealistisch niedrigen Annahme sei der Konflikt nicht zutreffend erfasst und habe auch gar nicht bewältigt werden können; vielmehr sei von einer noch deutlich größeren Rückstaubildung auszugehen. Der festgestellte Plan stelle daher keinen bedarfsgerechten Ausbau dar und könne nicht nach Landesstraßenrecht gerechtfertigt sein.
- 36
Ein nicht funktionsfähiges Verkehrsvorhaben, das sich anhand der fachplanungsrechtlichen Ziele nicht rechtfertigen lasse, könne zudem in der Abwägung kein solches Gewicht erlangen, dass es entgegenstehende Belange von Gewicht überwinden könnte. Dies seien hier öffentliche und individuelle Interessen am Schutz vor unzumutbaren Immissionen, die erheblichen Beeinträchtigungen von Anliegern und der Allgemeinheit während der gesamten Bauphase und während des späteren Betriebs. Offenkundig seien die Abwägungsfehler bereits deswegen, weil sie Gegenstand von Einwendungen und Stellungnahmen im Verfahren und der Diskussion im Erörterungstermin gewesen seien. Von Auswirkung auf das Ergebnis seien die Abwägungsfehler, weil der Planfeststellungsbeschluss ausdrücklich davon ausgehe, das Vorhaben sei im fachplanungsrechtlichen Sinne gerechtfertigt und die für das Vorhaben streitenden Belange erlangten aufgrund der Funktionsfähigkeit des Vorhabens ein hohes Gewicht und könnten entgegenstehende Belange überwinden.
- 37
Insbesondere der Schutz vor Luftschadstoffen sei fehlerhaft geprüft und abgewogen. Die bereits gerügten Fehler der Verkehrsprognose seien zum Gegenstand der Luftschadstoffuntersuchung gemacht worden mit der Folge, dass die zu erwartende Luftschadstoffbelastung deutlich zu niedrig angesetzt worden sei. Die Tabellen aus der Luftschadstoffuntersuchung verdeutlichten, dass von annähernd gleichbleibenden Verkehrszahlen ausgegangen worden sei. Selbst diese – deutlich zu niedrig angesetzten – Verkehrszahlen führten bereits zu einer Überschreitung der Luftschadstoffgrenzwerte. Dabei sei nicht nur die Zahl der Fahrzeuge insgesamt und besonders der LKW unterschätzt worden; hinzu komme, dass in der Luftschadstoffuntersuchung offenbar nicht die oben aus dem Verkehrsgutachten zitierten Verkehrszustände, insbesondere die für die Luftschadstoffbelastung maßgebliche Staubildung angemessen berücksichtigt worden sei. Die Grenzwertüberschreitungen seien realistischerweise höher anzusetzen als berechnet. Es sei nicht dargetan, dass das Problem überhaupt lösbar sei; denn die Grenzwertüberschreitungen lägen deutlich höher als angenommen. Damit reiche aber auch das vom Vorhabenträger dargelegte Minderungspotenzial nicht aus, um die Grenzwerte einzuhalten. Schließlich sei das vom Vorhabenträger präsentierte und der Luftschadstoffuntersuchung in ihrer letzten Fassung zugrunde gelegte Konzept zur Minderung der Belastung durch Verkehrsbeschränkungen auch nicht plausibel. Es bleibe völlig unklar, wie die vom Luftschadstoffgutachter seinen Berechnungen zugrunde gelegten deutlich niedrigeren Verkehrszahlen zustande kämen. So sei wohl nicht vorgesehen, ein Monitoring-System einzuführen, das die Anzahl der Fahrzeuge und die Luftschadstoffbelastung überwache und die Ampeln so steuere, dass nur die Menge von Fahrzeugen durch die Ernst-Reuter-Allee fahren könne, bei denen die Luftschadstoffgrenzwerte noch eingehalten werden. Die Nebenbestimmung auf S. 39 des Planfeststellungsbeschlusses löse den Konflikt nicht hinreichend. Sie sei nicht hinreichend bestimmt, wenn dort von einem vorzulegenden Maßnahmenkatalog vor Baubeginn die Rede sei und Beispiele für Maßnahmen genannt würden. Denn einige der dort beispielhaft angeführten Maßnahmen könnten im konkreten Fall kaum effektiv sein. So würden etwa Verkehrsbeschränkungen wie das häufig zur Minderung der Luftschadstoffbelastung eingesetzte Tempo 30 bei der berechneten Verkehrssituation zu keiner deutlichen Besserung führen können. Hinweise im Tunnel zum Abschalten der Motoren bei Stau seien bereits beauflagt und könnten kaum zusätzlich effektiv sein. Vor allem aber sei die Nebenbestimmung rechtlich unzulänglich. Werde dem Vorhabenträger die Konfliktlösung aufgegeben, so müsse der Baubeginn davon abhängig gemacht werden. Dazu stehe traditionell die aufschiebende Bedingung zur Verfügung. Da eine solche aber nicht habe formuliert werden sollen, bleibe unklar, welche Folgen der Planfeststellungsbeschluss an die (Nicht-) Erfüllung der Nebenbestimmung knüpfe. Auch müsste die Einhaltung der Nebenbestimmung für Verbände und Betroffene gerichtlich überprüfbar sein, was hier nicht gewährleistet sei.
- 38
Der Kläger beantragt,
- 39
den Planfeststellungsbeschluss der Beklagten vom 10.04.2012 aufzuheben,
- 40
hilfsweise,
- 41
den Planfeststellungsbeschluss der Beklagten vom 10.04.2012 für rechtswidrig und nicht vollziehbar zu erklären,
- 42
hilfsweise,
- 43
die Beklagte zu verpflichten, den Kläger im Hinblick auf die in den Einwendungen/Stellungnahmen im Planfeststellungsverfahren zum Planfeststellungsbeschluss der Beklagten vom 10.04.2012 erhobenen Forderungen unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu bescheiden.
- 44
Die Beklagte beantragt,
- 45
die Klage abzuweisen.
- 46
Sie trägt vor, es gebe kein gesetzliches Verbot der Identität von Anhörungsbehörde und Planfeststellungsbehörde sowie der Doppelzuständigkeit einer Behörde als Vorhabenträger und Planfeststellungsbehörde.
- 47
Der Einwand der fehlenden Zuständigkeit aufgrund der Regelung in § 78 VwVfG sei nicht Gegenstand des Einwendungschreibens vom 22.01.2011 gewesen, so dass der Kläger mit diesem Einwand präkludiert sei. Im Übrigen seien die Voraussetzungen des § 78 Abs. 1 VwVfG für eine einheitliche Planfeststellung bei Zusammentreffen mehrerer Vorhaben in Bezug auf das Vorhaben der Beigeladenen „Spurplan Mitte“ nicht erfüllt. Beide Bauvorhaben seien in ihrer Bauausführung getrennt durchführbar.
- 48
Aus der von der Eigentümerin des City Carrés erst nach der Abwägungsentscheidung durchgeführten Verkehrszählung, die in der Spitzenstunde 125 nach links in die Ernst-Reuter-Allee abbiegende Fahrzeuge ermittelt habe, lasse sich die Unrichtigkeit ihrer Prognose nicht ableiten. Selbst wenn 125 Fahrzeugen in der Spitzenstunde anzunehmen sein sollten, lasse sich durch verkehrsorganisatorische Anpassungen am Knotenpunkt Ernst-Reuter-Allee / Otto-von-Guericke-Straße und Optimierung des Signalzeitenplans eine Verkehrsqualität der Stufe „D“ erreichen. Ferner verdeutliche die gesamte Abwägung im Planfeststellungsbeschluss, dass eine veränderte Zahl der Wender zu keiner anderen Abwägung geführt hätte.
- 49
Die Beigeladene beantragt,
- 50
die Klage abzuweisen.
- 51
Sie schließt sich den Ausführungen der Beklagten an und trägt ergänzend vor:
- 52
Der Kläger könne sich auf die vermeintlich fehlende Planrechtfertigung für das streitgegenständliche Vorhaben nicht berufen. Die Feststellung, dass ein Vorhaben mit den Zielvorgaben des einschlägigen Fachrechts konform sei und sich dafür eigne, einen vorhandenen Verkehrsbedarf zu befriedigen, habe keinen unmittelbaren Bezug zur Wahrung des Umweltschutzes.
- 53
Unabhängig davon, dass der Kläger einen vermeintlichen Verstoß gegen § 78 VwVfG nicht gerichtlich geltend machen könne, hätten die Voraussetzungen des § 78 Abs. 1 VwVfG hinsichtlich des Eisenbahnvorhabens nicht vorgelegen, so dass es zu Recht nicht in die streitgegenständliche Planfeststellung einbezogen worden sei. Gegenstand ihres Vorhabens sei die Erneuerung und Änderung des Überführungsbauwerks der Eisenbahnüberführung. Diese solle abgerissen und auf den bestehenden Widerlagern in geänderter Form errichtet werden. Grund hierfür sei insbesondere die Baufälligkeit des bereits aus dem Jahre 1897 stammenden Bauwerks. Bedingt sei die Erneuerung zudem durch das Vorhaben Spurplan Mitte. Zwar sei die Neugestaltung der Gleisanlage – ebenso wie die Erneuerung der Eisenbahnüberführung – Teil des Gesamtvorhabens „Ausbau Eisenbahnknoten Magdeburg – 2. Ausbaustufe“. Das Gesamtvorhaben sei jedoch, wie bei Großvorhaben üblich, in verschiedene Bau- und Planfeststellungsabschnitte unterteilt. Die Neugestaltung des Überführungsbauwerks sei als Bauabschnitt 61.12 gekennzeichnet. Die Änderung der Gleisanlagen sei dem Abschnitt 61.11 zugeordnet und zusammen mit einem weiteren Vorhaben Teil eines eigenständigen Planfeststellungsverfahrens beim Eisenbahn-Bundesamt, welches unter der Bezeichnung „Knoten Magdeburg, 2. Ausbaustufe – PFA 61.11 Umbau Spurplan Mitte und PFA 61.30 Umbau Verkehrsstation – km 140,3 + 90 - km 143,4 + 00 der Strecke Potsdam-Griebnitzsee – Eilsleben (6110)“ geführt werde. Der Planfeststellungsbeschluss vom 21.01.2013 zu diesem Verfahren liege seit kurzem vor. Hinsichtlich dieses Vorhabens lägen die Voraussetzungen des § 78 Abs. 1 VwVfG schon deshalb nicht vor, weil diesbezüglich eine einheitliche Entscheidung nicht notwendig gewesen sei. Zwar erfordere die Änderung des Spurplans eine Neugestaltung der Eisenbahnüberführung sowohl hinsichtlich der Linienführung als auch in der Gradiente. Es bestünden jedoch, anders als zwischen den planfestgestellten Vorhaben, keine so engen baulichen Verflechtungen mit dem Spurplan Mitte, dass eine einheitliche Planfeststellung auch insofern erforderlich gewesen wäre. Vielmehr sei die Konfliktbewältigung zwischen dem Vorhaben Eisenbahnüberführung und dem Spurplan Mitte ohne Weiteres auch im Wege der gegenseitigen Rücksichtnahme und Abstimmung möglich gewesen. Auch handele es sich bei dem Neubau des Überführungsbauwerks nicht um eine bloße Folgemaßnahme der Spurplanänderung, da die Ausführung des neuen Überführungsbauwerks aufgrund der aufwändigen Ausrichtung an den straßen- und straßenbahnseitigen Planungen der Beklagten über eine bloße Anpassung an den zukünftigen Spurplan weit hinausgehe. Auch sei nicht erkennbar, inwiefern der Kläger gerade durch die Bildung der Abschnitte 61.12 (Eisenbahnüberführung Ernst-Reuter-Allee) und 61.11 (Spurplan Mitte) und deren Planfeststellung im Wege verschiedener Planfeststellungsverfahren eine Verkürzung seiner Rechtsschutzmöglichkeiten erfahren haben sollte. Auch die Forderung nach einer aufschiebenden Bedingung in Hinblick auf das Vorhaben Spurplan Mitte gehe daher schon im Ansatz fehl.
- 54
Soweit der Kläger sich auf Lärm- und Erschütterungsimmissionen des planfestgestellten Vorhabens berufe, könne sein Vortrag die mit dem Hauptantrag begehrte Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses nicht rechtfertigen. Fehlende Maßnahmen des aktiven oder passiven Immissionsschutzes, die grundsätzlich durch Schutzauflagen behoben werden könnten, begründeten nur einen Anspruch auf Planergänzung, der im Wege einer Verpflichtungsklage durchzusetzen sei. Eine Planaufhebung komme nur in Betracht, wenn das Fehlen notwendiger Schutzauflagen ausnahmsweise so großes Gewicht habe, dass davon die Ausgewogenheit der Gesamtplanung oder eines wesentlichen Planungsteils betroffen sei. Daran fehle es hier; es ergebe sich kein Anhaltspunkt für die Annahme, die Planfeststellungsbehörde hätte in Kenntnis der vom Kläger gerügten Defizite eine andere konzeptionelle Planungsentscheidung getroffen. Vielmehr setze sich die Planfeststellungsbehörde mit allen Einwendungen des Klägers detailliert auseinander und erachtet sie entweder in der Sache für nicht gerechtfertigt oder für nicht maßgebend für ihre Abwägungsentscheidung. Im Übrigen seien die Rügen des Klägers mit Blick auf vermeintlich unzulässige Lärm- und Erschütterungsimmissionen des Vorhabens auch in der Sache unbegründet. Mit seinen Rügen bezüglich der Luftqualität verkenne der Kläger, dass die Einhaltung der Grenzwerte der Verordnung über Immissionswerte für Schadstoffe in der Luft keine Rechtmäßigkeitsvoraussetzung für die Planfeststellung des Vorhabens darstelle. Die Planfeststellungsbehörde habe die Auswirkungen des Vorhabens auf die Luftqualität berücksichtigt und dafür Sorge getragen, dass die Einhaltung der Grenzwerte durch die Mittel der Luftreinhalteplanung nicht vereitelt werde. Die Rügen des Klägers, mit denen er sich auf verkehrliche Belange berufe, ließen ebenfalls den erforderlichen natur- oder umweltschutzrechtlichen Bezug vermissen. Sie seien auch in der Sache nicht berechtigt. Soweit er indirekt eine unzureichende Variantenuntersuchung rüge, verkenne er, dass er wegen seines beschränkten Klagerechts die Variantenauswahl nur insoweit angreifen könne, als sie sich auf die Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege oder des Umweltschutzes auswirken könne. In materieller Hinsicht seien die Grenzen der bei der Auswahl zwischen verschiedenen Trassenvarianten bestehenden planerischen Gestaltungsfreiheit erst dann überschritten, wenn sich eine andere als die von der Behörde gewählte Linienführung hätte aufdrängen müssen. Das sei bei keiner der vom Kläger geforderten Varianten der Fall.
- 55
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten und die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
Entscheidungsgründe
- 56
A. Das erkennende Gericht ist für die Entscheidung des Rechtsstreits zuständig.
- 57
I. Die Zuständigkeit des Oberverwaltungsgerichts folgt allerdings entgegen der vom Verwaltungsgericht Magdeburg in seinem Verweisungsbeschluss vom 14.06.2012 vertretenen Auffassung nicht aus § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 VwGO. Danach entscheidet das Oberverwaltungsgericht im ersten Rechtszug über sämtliche Streitigkeiten, die Planfeststellungsverfahren für den Bau oder die Änderung der Strecken von Straßenbahnen, Magnetschwebebahnen und von öffentlichen Eisenbahnen sowie für den Bau oder die Änderung von Rangier- und Containerbahnhöfen betreffen. Im konkreten Fall wird durch den angefochtenen Planfeststellungsbeschluss zwar auch der Bau von Betriebsanlagen für Straßenbahnen zugelassen, der gemäß § 28 Abs. 1 des Personenbeförderungsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 08.08.1999 (BGBl I S. 1690), zuletzt geändert durch Gesetz vom 22.11.2011 (BGBl I S. 2272), – PBefG – der Planfeststellung bedarf. Ferner ist im Planfeststellungsbeschluss u.a. § 28 Abs. 1 PBefG als Rechtsgrundlage genannt. Die Beklagte hat indes das Planfeststellungsverfahren auf der Grundlage des § 37 des Straßengesetzes für das Land Sachsen-Anhalt vom 06.07.1993 (GVBl. S. 492), zuletzt geändert durch Gesetz vom 16.03.2011 (GVBl. S. 492), – StrG LSA – durchgeführt. Sie ist im Rahmen einer Gesamtschau der aufein-andertreffenden Vorhaben (Änderung der Betriebsanlagen einer Eisenbahn, Änderung an den Straßenverkehrsanlagen, Änderung der Betriebsanlagen der Straßenbahn) in Anwendung des § 78 Abs. 2 Satz 1 VwVfG zu der Auffassung gelangt, dass die geplante Errichtung des Tunnels und die daraus resultierenden Änderungen insbesondere auch durch die Innenstadtlage den größeren Kreis öffentlich-rechtlicher Beziehungen als die Änderung der Eisenbahnbetriebsanlagen berühren wird (S. 64). Das straßenbahnrechtliche Vorhaben hat die Beklagte in diesem Zusammenhang zwar nicht erwähnt; sie hat aber deutlich zum Ausdruck gebracht, dass das Planfeststellungsverfahren auf der Grundlage des § 37 StrG LSA durchgeführt werden soll. Für die Zuständigkeit ist entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts Magdeburg nicht entscheidend, ob die Beklagte – wie das Verwaltungsgericht ausführlich zu begründen versucht hat – das Planfeststellungsverfahren richtigerweise auf der Grundlage des § 28 Abs. 1 PBefG hätte durchführen müssen, weil der Schwerpunkt des Vorhabens und damit auch der größere Kreis der öffentlich-rechtlichen Beziehungen nicht im Straßenbau, sondern im Straßenbahnbau liege. Maßgebend ist allein, nach welchen Verfahrensvorschriften das Planfeststellungsverfahren tatsächlich durchgeführt wurde. Treffen mehrere Vorhaben zusammen, für die Planfeststellungsverfahren vorgeschrieben sind, und findet für sie ein einheitliches Planfeststellungsverfahren statt (§ 6 Abs. 1 VwVfG LSA bzw. § 78 Abs. 1 VwVfG), ist zwar auch für die gerichtliche Kompetenz die Konfliktregel des § 6 Abs. 2 Satz 1 VwVfG LSA bzw. § 78 Abs. 2 VwVfG maßgeblich, nach der sich die (behördlichen) Zuständigkeiten und das Verwaltungsverfahren nach den Rechtsvorschriften über das Planfeststellungsverfahren für diejenige Anlage richten, die einen größeren Kreis öffentlich-rechtlicher Beziehungen berührt (Bier/Panzer, in: Schmidt-Aßmann/Pietzner/Ronellenfitsch, VwGO, § 48 RdNr. 9). Vorliegend ist indes schon zweifelhaft, ob es sich bei der Änderung der Straße einerseits und der (Neu-)Verlegung der Straßenbahngleise andererseits überhaupt um (jeweils selbständige) Vorhaben im Sinne von § 6 Abs. 1 VwVfG LSA handelt. Die Selbständigkeit von Vorhaben in diesem Sinne ist nur dann gegeben, wenn diese aufgrund eigenständiger Pläne mit jeweils eigenem Planungskonzept durchgeführt werden sollen und bei denen sich die Gleichzeitigkeit nur mehr oder weniger zufällig ergibt, deren Planung nicht von dritter Seite veranlasst wird und die nicht allein Folgemaßnahmen eines anderen Vorhabens sind; keines der Vorhaben darf von dem anderen jeweils dergestalt abhängig sein, dass bei Wegfall des einen die Notwendigkeit oder Zweckmäßigkeit zur Realisierung des anderen entfällt (vgl. zu § 78 Abs. 1 VwVfG: Bonk/Neumann, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Aufl., § 78 RdNr. 6). Aber selbst wenn die Voraussetzungen des § 6 Abs. 1 VwVfG LSA bzw. § 78 Abs. 1 VwVfG gegeben sind, erfasst die Zuweisung nach § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 VwGO das gesamte einheitliche Verfahren, wenn dieses nach den Vorschriften für das zugewiesene Verfahrenabläuft; ist das zugewiesene Verfahren jedoch nicht bestimmend, verbleibt es auch insoweit bei der erstinstanzlichen Zuständigkeit des Verwaltungsgerichts (Bier/Panzer, a.a.O., Redeker/von Oertzen, VwGO, 15. Aufl., § 48 RdNr. 5). Wird der einheitliche Planfeststellungsbeschluss angefochten, richtet sich das gerichtliche Verfahren einheitlich nach den Vorschriften, auf deren Grundlage das Vorhaben zugelassen worden ist; das gilt insbesondere auch für die Zuständigkeit nach § 48 VwGO (Bonk/Neumann, a.a.O., RdNr. 18).
- 58
II. Der Senat sieht sich jedoch entsprechend § 83 Satz 1 VwGO i.V.m. § 17a Abs. 2 Satz 3 GVG an die Verweisung des Verwaltungsgerichts gebunden.
- 59
§ 83 Satz 1 VwGO, der in Bezug auf die sachliche und örtliche Zuständigkeit der Gerichte der Verwaltungsgerichtsbarkeit u.a. auf § 17a Abs. 2 Satz 3 GVG verweist, ist als Ausdruck eines allgemeinen Rechtsgedankens auf die instanzielle Zuständigkeit entsprechend anwendbar (BVerwG, Beschl. v. 08.01.2004 – 4 B 113.03 –, Buchholz 300 § 17a GVG Nr. 21). Gemäß § 17a Abs. 2 Satz 3 GVG ist der Beschluss, mit dem ein Gericht den Rechtsstreit an das (nach seiner Rechtsauffassung) zuständige Gericht verweist, für das Gericht, an das der Rechtsstreit verwiesen worden ist, bindend. Mit Rücksicht auf den Zweck der Vorschrift, den Kläger nicht zum Opfer eines Zuständigkeitsstreits zwischen den Gerichten zu machen, sondern den Fortgang des Verfahrens zu fördern, tritt die Bindungswirkung in aller Regel auch dann ein, wenn die Verweisung sachlich unrichtig ist (BVerwG, Urt. v. 15.03.1988 – 1 A 23.85 –, BVerwGE 79, 110). Eine Durchbrechung der gesetzlichen Bindungswirkung kommt – ausnahmsweise – nur bei schweren und offensichtlichen Rechtsverstößen in Betracht (vgl. BVerwG, Beschl. v. 01.07.2004 – 7 VR 1.04 –, NVwZ 2004, 1046). Es muss sich um „extreme Verstöße" (BVerwG, Beschl. v. 08.11.1994 – 9 AV 1.94 –, NVwZ 1995, 372) bzw. „grob fehlerhafte Verstöße“ (BVerwG, Beschl. v. 01.12.1992 – 7 A 4.92 –, NVwZ 1993, 770) handeln. Dies ist etwa dann der Fall, wenn für den Beschluss jede gesetzliche Grundlage fehlt, er also auf Willkür beruhen würde (BVerwG, Urt. v. 15.03.1988, a.a.O.), oder wenn die Entscheidung bei verständiger Würdigung der das Grundgesetz beherrschenden Gedanken (gesetzlicher Richter) nicht mehr verständlich erscheint und offensichtlich unhaltbar ist (vgl. BGH, Beschl. v. 08.07.2003 – X ARZ 138/03 –, NJW 2003, 2990, m.w.N.). Ein solcher Sachverhalt liegt hier nicht vor. Der rechtliche Ansatz des Verwaltungsgerichts, es komme bei der Bestimmung der Zuständigkeit nach § 48 Abs. 1 Nr. 7 VwGO – unabhängig davon, welches Verfahren die Behörde gewählt hat – darauf an, wo materiell der Schwerpunkt des einheitlichen Vorhabens liege, ist zwar sachlich unrichtig, jedoch nach der Einschätzung des Senats nicht im oben dargestellten Sinne grob fehlerhaft.
- 60
B. Die Rüge des Klägers in der mündlichen Verhandlung vom 10.10.2013, der Senat sei nicht vorschriftsmäßig besetzt gewesen, weil an dieser mündlichen Verhandlung ein anderer ehrenamtlicher Richter teilgenommen habe als bei der ersten mündlichen Verhandlung vom 25.04.2013, greift nicht durch.
- 61
Gemäß § 112 VwGO kann das Urteil nur von den Richtern und ehrenamtlichen Richtern gefällt werden, die an der dem Urteil zugrunde liegenden Verhandlung teilgenommen haben. Das Tatbestandsmerkmal „dem Urteil zugrunde liegende Verhandlung", das nach § 112 VwGO den gesetzlichen Richter bestimmt, bezieht sich nur auf die letzte mündliche Verhandlung, in der das Urteil ergangen ist, hier also die Verhandlung vom 10.10.2013 (vgl. BVerwG, Beschl. v. 26.08.2013 – 9 B 13.13. Juris, RdNr. 8, m.w.N.). Daraus folgt, dass bei einer Verhandlung an mehreren Sitzungstagen ein Richterwechsel nach Vertagung einer mündlichen Verhandlung unschädlich ist; etwas anderes gilt in der Regel bei einer bloßen Unterbrechung der mündlichen Verhandlung, wenn sich ein und dieselbe mündliche Verhandlung über mehrere Verhandlungstage (Sitzungstage) hinzieht (vgl. BFH, Beschl. v. 03.12.2010 – V B 57.10 –, BFH/NV 2011, 615, RdNr. 5 in Juris, m.w.N.). Im vorliegenden Fall ist die mündliche Verhandlung nicht lediglich unterbrochen, sondern ein neuer Verhandlungstermin anberaumt worden. Unabhängig davon ist es bei einem Richterwechsel grundsätzlich ausreichend, wenn der Berichterstatter den Sachverhalt einschließlich des Prozessverlaufs vorträgt (BVerwG, Beschl. v. 14.03.2011 – 8 B 61.10 –, ZOV 2011, 123, RdNr. 24 in Juris). Dies hat hier in der mündlichen Verhandlung vom 10.10.2013 stattgefunden. Bei diesem neuen Termin ist die vom Präsidium des Oberverwaltungsgerichts gemäß §§ 30, 34 VwGO aufgestellte Liste über die Reihenfolge in der Heranziehung der ehrenamtlichen Richter zu beachten gewesen, was hier zur Folge gehabt hat, dass nur einer der beiden ehrenamtlichen Richter, die bereits am Termin vom 25.04.2013 teilgenommen hatten, am neuen Termin hat teilnehmen dürfen.
- 62
C. Die Klage hat keinen Erfolg.
- 63
I. Die Klage ist allerdings zulässig; insbesondere hat der Kläger die erforderliche Klagebefugnis.
- 64
1. Sie folgt aus § 2 Abs. 1 des Gesetzes über ergänzende Vorschriften zu Rechtsbehelfen in Umweltangelegenheiten nach der EG-Richtlinie 2003/35/EG vom 07.12.2006 (BGBI I S. 2816) – UmwRG. Danach kann eine nach § 3 UmwRG anerkannte inländische oder ausländische Vereinigung, ohne eine Verletzung in eigenen Rechten geltend machen zu müssen, Rechtsbehelfe nach Maßgabe der Verwaltungsgerichtsordnung gegen eine Entscheidung nach § 1 Abs. 1 Satz 1 oder deren Unterlassen einlegen, wenn die Vereinigung (1.) geltend macht, dass eine Entscheidung nach § 1 Abs. 1 Satz 1 oder deren Unterlassen Rechtsvorschriften, die dem Umweltschutz dienen und für die Entscheidung von Bedeutung sein können, widerspricht, (2.) geltend macht, in ihrem satzungsgemäßen Aufgabenbereich der Förderung der Ziele des Umweltschutzes durch die Entscheidung nach § 1 Abs. 1 Satz 1 oder deren Unterlassen berührt zu sein, und (3.) zur Beteiligung in einem Verfahren nach § 1 Absatz 1 Satz 1 berechtigt war und sie sich hierbei in der Sache gemäß den geltenden Rechtsvorschriften geäußert hat oder ihr entgegen den geltenden Rechtsvorschriften keine Gelegenheit zur Äußerung gegeben worden ist. Diese Voraussetzungen erfüllt der Kläger.
- 65
1.1. Bei dem angefochtene Planfeststellungsbeschluss handelt es sich um eine Entscheidung nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwRG. Nach dieser Regelung findet dieses Gesetz Anwendung für Rechtsbehelfe gegen Entscheidungen im Sinne von § 2 Abs. 3 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung über die Zulässigkeit von Vorhaben, für die nach (a) dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung, (b) der Verordnung über die Umweltverträglichkeitsprüfung bergbaulicher Vorhaben oder (c) landesrechtlichen Vorschriften eine Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) bestehen kann.
- 66
Ein Planfeststellungsbeschluss ist als Entscheidung in § 2 Abs. 3 Nr. 1 UVPG genannt. Eine UVP-Pflicht besteht, wenn das Vorhaben zwingend UVP-pflichtig ist oder diese Pflicht auf Grund einer Vorprüfung im Einzelfall zu bejahen ist (vgl. Fellenberg/Schiller, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Bd. I, § 2 UmwRG RdNr. 81). Aus der Formulierung „bestehen kann“ in § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwRG ergibt sich allerdings, dass es für die Anwendbarkeit des UmwRG genügt, wenn die Möglichkeit einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung besteht (vgl. Fellenberg/Schiller, a.a.O., § 1 UmwRG, RdNr. 29, m.w.N.). Nur die Begründetheit des Rechtsbehelfs setzt das objektive Bestehen einer UVP-Pflicht voraus (§ 2 Abs. 5 Satz 2 UmwRG). Die Möglichkeit einer UVP-Pflicht ist hier zu bejahen.
- 67
Entgegen der Auffassung des Klägers ergibt sich allerdings eine zwingende UVP-Pflicht des Vorhabens nicht aus § 1 Abs. 1, § 2 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung im Land Sachsen-Anhalt vom 27.08.2002 (GVBl. S. 372), zuletzt geändert durch Gesetz vom 18.01.2011 (GVBl. S. 5) – UVPG LSA i.V.m. Nr. 3.1 oder Nr. 3.3 der Anlage. Nr. 3.1 der Anlage betrifft den Bau einer dem Kraftfahrzeugverkehr vorbehaltenen, nur über Anschlussstellen oder besonders geregelte Kreuzungen erreichbaren Straße, auf der insbesondere das Halten und Parken verboten ist. Die Ernst-Reuter-Allee wird (im streitigen Abschnitt) nicht dadurch zu einer solchen Straße, dass die Ebene -1 des Tunnels künftig dem Kraftfahrzeugverkehr vorbehalten bleiben soll. Unabhängig davon, ob diese Regelung auch den Umbau einer bestehenden Straße erfasst, ist die künftig im Tunnel verlaufende Straßenstrecke der Ernst-Reuter-Allee auch nach dem Umbau nicht über eine besondere Anschlussstelle oder eine „besondere“ Kreuzung erreichbar. Vielmehr bleibt der Straßenabschnitt auch künftig über die bereits bestehenden Kreuzungen an der Otto-von-Guericke-Straße und am Damasch-keplatz an das übrige Straßennetz angebunden. Nr. 3.3 der Anlage zu § 1 Abs. 1 Satz 1 UVPG LSA betrifft den Bau einer vier- oder mehrstreifigen Straße durch Verlegung oder Ausbau einer bestehenden Straße, wenn dieser geänderte Straßenabschnitt eine durchgehende Länge von 10 km oder mehr aufweist. Unabhängig davon, ob das streitige Vorhaben eine Verlegung oder Änderung in diesem Sinne darstellt, erreicht der geänderte Abschnitt jedenfalls keine Länge von 10 km.
- 68
Nach Nr. 3.6 der Anlage zum UVPG ist beim Bau – nicht beim Umbau – von „sonstigen“ also nicht den Nr. 3.1 bis 3.5 der Anlage unterfallenden Straßen nur eine standortbezogene Vorprüfung des Einzelfalls nach dem UVPG durchzuführen. Gemäß § 3c Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung in der Fassung der Bekanntmachung vom 24.02.2010 (BGBl I S. 94), zuletzt geändert durch Gesetz vom 24.02.2012 (BGBl I S. 212), – UVPG – i.V.m. Nr. 14.11 der Anlage 1 ist zudem lediglich beim Bau einer Bahnstrecke u.a. für Straßenbahnen eine allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls vorgesehen. Die Tatbestände der Nr. 3.6 der Anlage zum UVPG LSA und der Nr. 14.11. der Anlage 1 zum UVPG betreffen nach ihrem Wortlaut nicht die Änderung einer bereits bestehenden Straße oder Bahnstrecke für Straßenbahnen. Diese werden vielmehr von § 3e Abs. 1 UVPG erfasst, mit dem Anhang II Nr. 13, erster Anstrich der UVP-Änderungsrichtlinie (Richtlinie 97/11/EG des Rates vom 03.03.1997) umgesetzt wurde (vgl. BT-Drs. 14/4599, S. 97), der die Änderung oder Erweiterung von bereits genehmigten, durchgeführten oder in der Durchführungsphase befindlichen Projekten des Anhangs I oder II betrifft, die erhebliche nachteilige Auswirkungen auf die Umwelt haben können. Das UVP-Recht unterscheidet ausdrücklich zwischen dem (Neu-)Bau von Vorhaben und der Änderung bzw. Erweiterung vorhandener Vorhaben; die Vorhaben unterliegen jeweils unterschiedlichen Regelungen, die eine differenzierte Beurteilung der Umweltauswirkungen gestatten (vgl. OVG Bremen, Urt. v. 21.11.2006 – 1 D 79/06 –, NordÖR 2007, 119, RdNr. 68 in Juris, m.w.N.). Eine andere Auslegung des Begriffs „Bau“ ist auch nicht deshalb geboten, weil Nr. 3.2 der Anlage zum UVPG LSA im Gegensatz zu den Nr. 3.1. und 3.3. bis 3.6 der Anlage vom Bau einer „neuen“ vier- oder mehrspurigen Straße mit einer durchgehenden Länge von 5 km oder mehr die Rede ist. Die Verwendung des Wortes „neu“ dient der Abgrenzung von der Nr. 3.3 der Anlage, die den Bau einer vier- oder mehrspurigen Straße durch Verlegung oder Ausbau einer bestehenden Straße betrifft, wenn dieser geänderte Straßenabschnitt eine durchgehende Länge von 10 km oder mehr aufweist. Bei einer anderen Auslegung würde jede nur geringfügige bauliche Änderung einer bestehenden Straße bereits zu einer UVP-Pflicht führen. Eine andere Bewertung mag dann geboten sein, wenn der Umbau einer Straße oder einer Straßenbahntrasse nach Umfang und Art einem Neubau gleichkommt. Ein Projekt zur Erneuerung einer Straße, das aufgrund seines Umfangs und seiner Art einem Bau gleichkommt, kann als Projekt betrachtet werden, das sich auf einen Bau im Sinne des Anhangs II Nr. 10 Buchstabe c) und h) der UVP-Richtlinie 85/337 und der an ihre Stelle getretenen Richtlinie 2011/92/EU bezieht (vgl. EuGH, Urt. v. 25.07.2008 – C-142/07 –, Slg. 2008, I-6097, RdNr. 36). Die hier geplante Trennung des motorisierten Individualverkehrs (MIV) vom übrigen Verkehr durch Schaffung zweier getrennter Tunnelebenen bei im Wesentlichen gleich bleibender Kapazität der Flächen für den Straßen- und Straßenbahnverkehr stellt keinen solchen (Ausnahme-)Fall dar.
- 69
Gemäß § 2 UVPG LSA i.V.m. § 3e Abs. 1 UVPG besteht die Verpflichtung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung für die Änderung oder Erweiterung eines Vorhabens, für das als solches bereits eine UVP-Pflicht besteht, wenn (1.) in der Anlage 1 für Vorhaben der Spalte 1 angegebene Größen- oder Leistungswerte durch die Änderung oder Erweiterung selbst erreicht oder überschritten werden oder (2.) eine Vorprüfung des Einzelfalls im Sinne des § 3c Satz 1 und 3 ergibt, dass die Änderung oder Erweiterung erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben kann. Eine mögliche UVP-Pflicht lässt sich entgegen der Auffassung des Klägers nicht auf § 2 UVPG LSA i.V.m. § 3e Abs. 1 Nr. 1 UVPG stützen, da mit der geplanten Änderung der Ernst-Reuter-Allee keine für Vorhaben der Spalte 1 der Anlage zum UVPG LSA angegebenen Größen- oder Leistungswerte selbst erreicht oder überschritten werden. Als relevanter Größenwert, bei dessen Erreichen eine UVP-Pflicht für den Bau bestimmter Arten von Straßen besteht, wird in der Anlage die Länge der Straße (5 km bzw. 10 km) genannt. Mit der geplanten Änderung werden solche Größen nicht erreicht oder überschritten. Es kommt allein eine UVP-Pflicht auf der Grundlage des § 3e Abs. 1 Nr. 2 UVPG in Betracht. Die Vorschrift erfasst auch Änderungen und Erweiterungen von „Altvorhaben", für die nach früherem Recht keine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt werden musste (vgl. BVerwG, Urt. v. 13.12.2007 – 4 C 9/06 –, BVerwGE 130, 83 [89], RdNr. 29, m.w.N.). Für die Frage der UVP-Pflicht des „Grundvorhabens“ kommt es darauf an, ob dieses nach derzeitiger Gesetzeslage die Voraussetzungen erfüllt, die eine Umweltverträglichkeitsprüfung notwendig machen (vgl. Sagenstedt, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, UVPG § 3e RdNr. 10 f.; Dienes, in: Hoppe/Beckmann [Hrsg.], UVPG, 4. Aufl., § 3e RdNr. 8). Umstritten ist allerdings, ob, wenn für das „Grundvorhaben“ lediglich eine allgemeine oder standortbezogene Vorprüfung vorgesehen ist, das Änderungsvorhaben der UVP-Vorprüfungspflicht nach § 3e Abs. 1 UVPG unterfällt. Teilweise wird vertreten, dass nachträglich bezüglich des zu ändernden Vorhabens noch eine Vorprüfung nach § 3c UVPG durchgeführt werden müsse (vgl. zum Ganzen sowie verneinend: Sagenstedt, a.a.O. RdNr. 12). Der Umstand, dass die Anwendung des § 3e Abs. 1 UVPG auf zu ändernde Vorhaben, bei denen nach heutiger Rechtslage lediglich eine Vorprüfung durchzuführen wäre, streitig ist, genügt für die nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwRG vorausgesetzte Möglichkeit, dass eine UVP-Pflicht bestehen kann. Ob tatsächlich eine UVP-Pflicht besteht, ist eine Frage der Begründetheit der Klage (§ 2 Abs. 5 Satz 2 UmwRG).
- 70
Die Möglichkeit einer UVP-Pflicht ergibt sich ferner daraus, dass während der Bauphase Maßnahmen durchgeführt werden, die der UVP-Pflicht unterliegen können. Nach der Rechtsprechung des EuGH (Urt. v. 03.07.2008 – C-215/06 –, NuR 2008, 562 [566], RdNr. 96 ff.) besteht eine Pflicht zur Umweltverträglichkeitsprüfung nach der UVP-Richtlinie 85/8737 auch dann, wenn Anlagen, die Gegenstand eines Projekts sind, zwar weder in Anhang I noch in Anhang II der Richtlinie genannt werden, in Bauphasen aber zahlreiche Arbeiten notwendig sind, die in den Anhängen aufgeführt sind und bei ihnen mit erheblichen Auswirkungen auf die Umwelt zu rechnen ist. So erfolgt nach Abschnitt IX. Nr. 5 des Planfeststellungsbeschlusses eine bauzeitliche Wasserhaltung, die der Nr. 13.3.2 der Anlage 1 zum UVPG zuzuordnen sei. Danach ist für das Entnehmen, Zutagefördern oder Zutageleiten von Grundwasser oder Einleiten von Oberflächenwasser zum Zwecke der Grundwasseranreicherung, jeweils mit einem jährlichen Volumen an Wasser von 100 000 m3 bis weniger als 10 Mio. m3, eine allgemeine Vorprüfung durchzuführen.
- 71
Mit dem Einwand, dass die Belange des Lärmschutzes und des Schutzes vor Luftschadstoffen fehlerhaft abgewogen worden seien, macht der Kläger zulässigerweise geltend, dass der Planfeststellungsbeschluss Rechtsvorschriften, die dem Umweltschutz dienen und für die Entscheidung von Bedeutung sein können, namentlich immissionsschutzrechtlichen Vorschriften (§ 41 BImSchG, § 48a i.V.m der 39. BImSchV) widerspricht. Zu den Rechtsvorschriften, deren Verletzung eine Vereinigung nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 UmwRG geltend machen kann, gehören auch alle – drittschützenden – Vorschriften, die dem Schutz von Menschen vor schädlichen Immissionen zu dienen bestimmt sind. Die Klagebefugnis setzt ferner nicht voraus, dass die Rechtsvorschrift, deren Verletzung behauptet wird, ausschließlich dem Umweltschutz dient. Es genügt, wenn sie zumindest auch dem Umweltschutz zu dienen bestimmt ist. Daher kann eine Vereinigung auch geltend machen, das – drittschützende – planungsrechtliche Abwägungsgebot sei wegen unzureichender Berücksichtigung von Belangen des Umweltschutzes verletzt (BVerwG, Urt. v. 10.10.2012 – 9 A 18.11 –, BVerwGE 144, 243 [245], RdNr. 12, m.w.N.).
- 72
1.2. Der Kläger macht ferner gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 2 UmwRG geltend, in seinem satzungsgemäßen Aufgabenbereich der Förderung der Ziele des Umweltschutzes durch den Planfeststellungsbeschluss berührt zu sein. Nach § 2 Nr. 2, 4 und 10 der Satzung des Klägers in der Fassung vom 09.09.2012 hat er u.a. die Aufgaben, einen wirksamen Schutz des Lebens durchzusetzen, die Umwelt vor schädlichen Einflüssen durch Schadstoffeintragungen in die Luft zu schützen sowie bei Planungen, die für Natur, Landschaft oder Umwelt des Menschen bedeutsam sind, mitzuwirken.
- 73
1.3. Der Kläger war auch zur Beteiligung in einem Verfahren nach § 1 Abs. 1 Satz 1 UmwRG berechtigt.
- 74
Das Recht zur Beteiligung ergibt sich nicht aus dem UmwRG selbst, sondern aus dem Fachrecht (Fellenberg/Schiller, a.a.O., § 2 RdNr. 39). So sehen etwa verschiedene Fachplanungsgesetze vor, dass anerkannte Umwelt- und Naturschutzvereinigungen im Planfeststellungsverfahren zu beteiligen sind (vgl. § 10 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Satz 4 LuftVG, § 18a Nr. 2 AEG, § 17a Nr. 2 FStrG, § 14a Nr. 2 WaStrG, § 43a Nr. 2 EnWG). Ein Beteiligungsrecht in Planfeststellungsverfahren ergibt sich ferner aus § 63 Abs. 1 Nr. 3 und Abs. 2 Nr. 6 des Bundesnaturschutzgesetzes vom 29.07.2009 (BGBl I S. 2542) – BNatSchG. Die Bundesländer können zudem weitergehende Beteiligungsrechte für anerkannte Naturschutzvereinigungen vorsehen (§ 63 Abs. 2 Nr. 8 BNatSchG).
- 75
Zwar sehen weder das StrG LSA, nach dessen Vorschriften das Planfeststellungsverfahren hier durchgeführt wurde, noch das PBefG eine Beteiligung von anerkannten Vereinigungen im Sinne des UmwRG vor.
- 76
Eine Berechtigung des Klägers ergibt sich aber aus § 63 Abs. 2 Nr. 6 BNatSchG. Danach ist einer nach § 3 UmwRG von einem Land anerkannten Naturschutzvereinigung, die nach ihrer Satzung landesweit tätig ist, Gelegenheit zur Stellungnahme und zur Einsicht in die einschlägigen Sachverständigengutachten zu geben in Planfeststellungsverfahren, wenn es sich um Vorhaben im Gebiet des anerkennenden Landes handelt, die mit Eingriffen in Natur und Landschaft verbunden sind. Diese Voraussetzung erfüllt das Vorhaben.
- 77
Gemäß § 14 Abs. 1 BNatSchG sind Eingriffe in Natur und Landschaft im Sinne dieses Gesetzes Veränderungen der Gestalt oder Nutzung von Grundflächen oder Veränderungen des mit der belebten Bodenschicht in Verbindung stehenden Grundwasserspiegels, die die Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturhaushalts oder das Landschaftsbild erheblich beeinträchtigen können. Derartige Veränderungen können auch durch bauliche Anlagen im Innenbereich bewirkt werden (BVerwG, Urt. v. 31.08.2000 – 4 CN 6.99 –, BVerwGE 112, 41 [42], RdNr. 13 in Juris). Mit der Gestalt von Grundflächen ist deren äußeres Erscheinungsbild angesprochen, das durch geomorphologische Erscheinungen wie Berge, Hügel, Täler, fließende oder stehende Gewässer, aber auch durch seinen charakteristischen Pflanzenbewuchs wie Wälder, Schilf- und Röhrichtbestände, Hochstaudenfluren, Heiden und Grünländereien sowie Baumreihen, Büsche, Hecken, Baumgruppen oder typische Einzelbäume geprägt wird; überdies sind künstlich geschaffene Bestandteile der Landschaft und namentlich bauliche Anlagen, vorhandene Steinbrüche oder Schütthalden einzubeziehen, zumal auch sie das Erscheinungsbild der Erdoberfläche prägen (Gellermann, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, BNatSchG § 14 RdNr. 5, m.w.N.). Handlungen, Vorhaben und Maßnahmen, die eine Grundfläche in ihrem äußeren Erscheinungsbild verändern, sind als relevante Veränderungen im Sinne von § 14 Abs. 1 BNatSchG zu erachten; dazu kann auch der Neu- und Ausbau von Straßen und Schienenwegen gehören (Gellermann, a.a.O., RdNr. 6).
- 78
Eine „Veränderung der Grundfläche“ im Sinne von § 14 Abs. 1 BNatSchG ergibt sich hier daraus, dass mit der Baumaßnahme auch der Verlust von landschafts- bzw. stadtbildprägenden Strukturen wie Bäume, Büsche, Grünanlagen verbunden ist (vgl. den landschaftspflegerischen Begleitplan, Beiakte I – Ordner 5/7, LBP, S. 81).
- 79
Auch lässt das streitige Vorhaben eine Veränderung des mit der belebten Bodenschicht in Verbindung stehenden Grundwasserspiegels zu. Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss enthält die vom 01.01.2014 bis 30.06.2017 befristete wasserrechtliche Erlaubnis für die Grundwasserabsenkung im Zuge der bauzeitlichen Wasserhaltung für die Eisenbahnüberführung (S. 27 des PFB).
- 80
2. Eine Klagebefugnis ergibt sich hingegen nicht aus § 64 Abs. 1 BNatSchG. Danach kann eine anerkannte Naturschutzvereinigung, soweit § 1 Absatz 3 des UmwRG nicht entgegensteht, ohne in eigenen Rechten verletzt zu sein, Rechtsbehelfe nach Maßgabe der Verwaltungsgerichtsordnung einlegen gegen Entscheidungen nach § 63 Abs. 1 Nr. 2 bis 4 und Abs. 2 Nr. 5 bis 7, wenn die Vereinigung (1.) geltend macht, dass die Entscheidung Vorschriften dieses Gesetzes, Rechtsvorschriften, die auf Grund dieses Gesetzes erlassen worden sind oder fortgelten, Naturschutzrecht der Länder oder anderen Rechtsvorschriften, die bei der Entscheidung zu beachten und zumindest auch den Belangen des Naturschutzes und der Landschaftspflege zu dienen bestimmt sind, widerspricht, (2.) in ihrem satzungsgemäßen Aufgaben- und Tätigkeitsbereich, soweit sich die Anerkennung darauf bezieht, berührt wird und (3.) zur Mitwirkung nach § 63 Absatz 1 Nummer 2 bis 4 oder Absatz 2 Nummer 5 bis 7 berechtigt war und sie sich hierbei in der Sache geäußert hat oder ihr keine Gelegenheit zur Äußerung gegeben worden ist. Der Kläger macht indes einen Verstoß gegen naturschutzrechtliche Vorschriften, die bei der Entscheidung zu beachten und zumindest auch den Belangen des Naturschutzes und der Landschaftspflege zu dienen bestimmt sind, nicht geltend.
- 81
II. Die Klage ist aber nicht begründet. Der Kläger hat weder Anspruch auf die begehrte Aufhebung des streitigen Planfeststellungsbeschlusses noch darauf, den Planfeststellungsbeschluss für rechtswidrig und nicht vollziehbar zu erklären. Ebenso wenig hat er einen Anspruch auf Neubescheidung in Bezug auf die von ihm erhobenen Forderungen.
- 82
Soweit eine Klage auf das UmwRG gestützt wird, ist diese gemäß § 2 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 UmwRG nur begründet, soweit die Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 oder deren Unterlassen gegen Rechtsvorschriften verstößt, die dem Umweltschutz dienen und für die Entscheidung von Bedeutung sind, und der Verstoß Belange des Umweltschutzes berührt, die zu den Zielen gehören, die die Vereinigung nach ihrer Satzung fördert. § 2 Abs. 5 Satz 2 UmwRG verlangt darüber hinaus bei Entscheidungen nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UmwRG, dass eine Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung bestehen muss.
- 83
1. Der angegriffene Planfeststellungsbeschluss verstößt nicht gegen Rechtsvorschriften, die dem Umweltschutz dienen und für die Entscheidung von Bedeutung sind.
- 84
1.1. Der Kläger kann sich insbesondere nicht darauf berufen, dass die Beklagte für den Planfeststellungsbeschluss nicht zuständig gewesen sei, weil gemäß § 78 VwVfG ein einheitliches, das Vorhaben der Beigeladenen einbeziehendes Planfeststellungsverfahren nach dem Allgemeinen Eisenbahngesetz vom 27.12.1993 (BGBl I S. 2378, ber. BGBl 1994 I, S. 2439), zuletzt geändert durch Gesetz vom 22.12.2011 BGBl I S. 3044), – AEG – hätte durchgeführt werden müssen.
- 85
1.1.1. Mit dieser Rüge ist der Kläger allerdings nicht bereits präkludiert. Eine gesetzliche Einwendungsfrist besteht nicht. Die Präklusionsvorschrift für Betroffene (§ 73 Abs. 4 Satz 1 VwVfG) gilt für anerkannte Naturschutzverbände nicht (vgl. BVerwG, Urt. v. 27.02.2003 – 4 A 59.01 –, BVerwGE 118, 15 [17], RdNr. 16 f. in Juris). Aus § 63 Abs. 1 und BNatSchG folgt zwar nicht, dass für den Verband im Verwaltungsverfahren zeitlich unbegrenzt Gelegenheit zur Stellungnahme besteht. Die Vorschriften lassen Raum für verwaltungsverfahrensrechtliche Regelungen, die es ermöglichen, Vorbringen unberücksichtigt zu lassen, das der Verband im Verwaltungsverfahren nicht geltend gemacht hat, obwohl er hierzu Gelegenheit hatte (vgl. BVerwG, Urt. v. 27.02.2003, a.a.O., RdNr. 18). Hier setzte die Beklagte dem Kläger mit Schreiben vom 01.11.2010 zwar eine Frist zur Stellungnahme bis zum 22.01.2011. Im Schriftsatz vom 22.01.2011 rügt der Kläger eine Verletzung von § 78 VwVfG nicht. Die Rüge fehlender sachlicher Zuständigkeit unterliegt jedoch nicht der Einwendungspräklusion (vgl. BVerwG, Urt. v. 14.07.2011 – 9 A 14.10 –, NVwZ 2012, 180 [181], RdNr. 12).
- 86
1.1.2. Ein Verstoß gegen die verfahrensrechtliche Vorschrift des § 78 VwVfG ist vom Rügerecht des § 2 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 UmwRG indes nicht umfasst. Auf eine Verletzung des § 78 VwVfG könnte sich der Kläger allenfalls dann berufen, wenn er geltend machen könnte, mit der fehlerhaften Wahl des Verfahrens sei ihm die Möglichkeit vorenthalten worden, die Vereinbarkeit des planfestgestellten Vorhabens im Rahmen der Klage nach dem UmwRG zu unterwerfen (vgl. hierzu BVerwG, Urt. v. 18.04.1996 – 11 A 86.95 –, BVerwGE 101, 73 [77], RdNr. 27 in Juris). Dies ist aber nicht der Fall. Wie bereits dargelegt, ist die Klage nach dem UmwRG zulässig.
- 87
1.1.3. Im Übrigen ist der Beklagten und dem Beigeladenen darin zu folgen, dass das Planfeststellungsverfahren für das Vorhaben „Eisenbahnüberführung Ernst-Reuter-Allee“ zu Recht auf der Grundlage der Vorschriften des § 37 StrG LSA und nicht nach den Vorschriften des AEG durchgeführt wurde und die Beklagte deshalb gemäß § 49 Abs. 2 Nr. 2 StrG LSA für die Durchführung einer Planfeststellung für dieses einheitliche, von ihr selbst geplante Vorhaben zuständig war. Das Rechtsstaatsprinzip und der Grundsatz des fairen Verfahrens schließen Identität zwischen Vorhabenträger und Planfeststellungsbehörde nicht aus, auch wenn eine organisatorische Trennung beider Funktionen, wie sie im Fachplanungsrecht üblich ist, wesentlich dazu beitragen könnte, die Gefahr und den äußeren Anschein zu vermeiden, dass der Planfeststellungsbehörde die notwendige Distanz gegenüber dem Vorhabenträger fehlt (BVerwG, Beschl. v. 09.04.1987 – 4 B 73.87 –, NVwZ 1987, 886).
- 88
a) Die Voraussetzungen des § 78 Abs. 1 VwVfG für eine Einbeziehung des eisenbahnrechtlichen Vorhabens waren insoweit erfüllt, als es um das Überführungsbauwerk „Ernst-Reuter-Allee“ geht.
- 89
Gemäß § 78 Abs. 1 VwVfG findet, wenn mehrere selbständige Vorhaben, für deren Durchführung Planfeststellungsverfahren vorgeschrieben sind, derart zusammentreffen, dass für diese Vorhaben oder für Teile von ihnen nur eine einheitliche Entscheidung möglich ist, und mindestens eines der Planfeststellungsverfahren bundesrechtlich geregelt ist, für diese Vorhaben oder für deren Teile nur ein Planfeststellungsverfahren statt.
- 90
aa) Eine solche Selbständigkeit des Überführungsbauwerks im Verhältnis zum übrigen Tunnelprojekt ist hier anzunehmen. Selbständig sind Vorhaben dann, wenn sie sachlich und funktionell nicht aufeinander bezogen sind, wenn insbesondere nicht ein Vorhaben das andere auslöst bzw. nach sich zieht; ist Letzteres der Fall, liegt in der Regel eine Folgemaßnahme vor, die von der Konzentrationswirkung des § 75 Abs. 1 VwVfG erfasst wird (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 13. Aufl., RdNr. 6). Folgemaßnahmen sind zu treffen, um die Probleme zu lösen, die durch das Vorhaben für die Funktionsfähigkeit der anderen Anlagen entstehen; Folgemaßnahmen dürfen über Anschluss und Anpassung nicht wesentlich hinausgehen (BVerwG, Beschl. v. 13.10.2007 – 9 B 103.09 –, NVwZ 2010, 1244 [1245], RdNr. 4 in Juris, m.w.N.). Hiernach handelt es sich beim Bau eines Straßentunnels mit Trennung vom Straßenbahn-, Radfahrer- und Fußgängerverkehr nicht lediglich um eine Folgemaßnahme der notwendigen Erneuerung der Eisenbahnüberführung, weil sie wesentlich über die bloße Anpassung der vorhandenen Straße an die erneuerte Brücke hinausgeht.
- 91
bb) Es besteht auch die Notwendigkeit einer einheitlichen Entscheidung in Bezug auf die beiden Vorhaben.
- 92
a) Abzustellen ist allerdings nur auf das Überführungsbauwerk, nicht auf den gesamten Ausbau der 2. Stufe des Eisenbahnknotens Magdeburg (Spurplan Mitte). Der Ausbau des Eisenbahnknotens Magdeburg ist in mehrere Bauabschnitte aufgeteilt. Die Neugestaltung des Überführungsbauwerks gehört zum Abschnitt 61.12, während die Änderung der Gleisanlagen dem Abschnitt 61.11 (Umbau Spurplan Mitte, Bf Magdeburg Hbf) zugeordnet ist, für den das Eisenbahnbundesamt ein eigenes Planfeststellungsverfahren durchgeführt hat (vgl. den Erläuterungsbericht zur Planfeststellung Eisenbahnknoten Magdeburg – 2. Ausbaustufe, PFA 61.11 Spurplan Mitte, PFA 61.30 Umbau Verkehrsstation, S. 3, Ziff. 1.2).
- 93
Diese Abschnittsbildung ist rechtlich nicht zu beanstanden, insbesondere begegnet es keinen Bedenken, dass im hier maßgeblichen Bereich der Eisenbahnüberführung eine vertikale Abschnittsbildung dergestalt erfolgte, dass zwischen dem Überführungsbauwerk einerseits und den darüber verlaufenden Gleisanlagen andererseits getrennt wurde (vgl. Planunterlage „Nur zur Information“ 2.2 in Ordner 1/7).
- 94
Die Rechtsfigur der Abschnittsbildung bei der Planung von Verkehrswegen stellt eine richterrechtlich anerkannte Ausprägung des fachplanerischen Abwägungsgebots dar. Ihr liegt die Erwägung zugrunde, dass angesichts vielfältiger Schwierigkeiten, die mit einer detaillierten Streckenplanung verbunden sind, die Planungsträger ein planerisches Gesamtkonzept häufig nur in Teilabschnitten verwirklichen können. Dementsprechend ist die Aufspaltung eines Gesamtvorhabens in Teilabschnitte grundsätzlich zulässig. Sie stellt sich als ein Instrument der planerischen Problembewältigung dar (vgl. zum Ganzen: BVerwG, Beschl. v. 23.11.2007 – 9 B 38.07 –, NuR 2008, 176 [178], RdNr. 20. m.w.N.). Da für die Abschnittsbildung die planerische Gestaltungsfreiheit des Vorhabenträgers gilt, sind im Einzelfall sehr unterschiedliche Lösungen statthaft, soweit sie auf sachlich vertretbaren Erwägungen beruhen (vgl. Vallendar, in: Beck’scher Kommentar zum AEG, § 18 RdNr. 146). Im Einzelfall können auch einzelne Bauwerke, wie z.B. ein Tunnel oder eine Brücke, zulässigerweise einen Abschnitt bilden (vgl. BVerwG, Beschl. v. 02.02.1996 – 4 A 42.95 –, NVwZ 1996, 905 [906], RdNr. 14 in Juris; Vallendar, a.a.O., m.w.N.). So lässt sich die Bildung eines eigenen Abschnitts für eine Brücke zulässigerweise damit begründen, dass eine baufällige alte Brücke entlastet und daher die neue Brücke zügig fertig gestellt werden müsse (BVerwG, Beschl. v. 02.02.1996, a.a.O.). Gebilligt hat die Rechtsprechung auch eine Plangenehmigung, die während eines noch nicht abgeschlossenen Planfeststellungsverfahrens für den mehrgleisigen Ausbau einer Eisenbahn-Bestandsstrecke zwecks deren Elektrifizierung erlassen worden war, um im Interesse einer Verkürzung der Fahrzeiten eine Zwischenlösung auf den Weg zu bringen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 27.08.1996 – 11 VR 10.96 –, NVwZ-RR 1997, 208).
- 95
Die Teilplanung darf sich allerdings nicht soweit verselbständigen, dass von der Gesamtplanung ausgelöste Probleme voraussichtlich unbewältigt bleiben. Dass die Folgen für die weitere Planung in den Blick genommen werden müssen, läuft aber nicht darauf hinaus, dass bereits im Rahmen der Planfeststellung für einen Teilabschnitt mit derselben Prüfungsintensität der Frage nach den Auswirkungen auf nachfolgende Planabschnitte oder gar auf das Gesamtvorhaben nachzugehen wäre. Andernfalls würden die Vorteile, die eine Abschnittsbildung im Interesse nicht nur einer praktikablen und effektiv handhabbaren, sondern auch einer leichter überschaubaren Planung rechtfertigen, wieder zunichte gemacht. Erforderlich, aber auch ausreichend ist eine Vorausschau auf nachfolgende Abschnitte nach der Art eines (abwägungsbegrenzenden) „vorläufigen positiven Gesamturteils". Eine Prognose für die nachfolgenden Abschnitte muss ergeben, dass der Verwirklichung des Vorhabens keine von vornherein unüberwindlichen Hindernisse entgegenstehen (vgl. zum Ganzen: BVerwG, Beschl. v. 23.11.2007, a.a.O., m.w.N.). Die Bildung eines Abschnitts für ein Brückenbauwerk kann durch sachliche Erwägungen gerechtfertigt sein (vgl. BVerwG, Beschl. v. 02.02.1996, a.a.O.).
- 96
Hiernach begegnet die Abschnittsbildung keinen rechtlichen Bedenken. Die Beigeladene hat hierzu vorgetragen, dass die Abschnittsbildung gerade aufgrund der Verflechtung des Neubaus der Eisenbahnüberführung mit dem streitigen Vorhaben des Straßen- und Straßenbahnbaus gerechtfertigt sei. Im o.g. Erläuterungsbericht heißt es hierzu u.a.:
- 97
„Die räumliche Ausdehnung des Vorhabens Ausbau Eisenbahnknoten Magdeburg reicht über das Stadtzentrum von Magdeburg sowie die Stadteile Herrenkrug, Neustadt, Stadtfeld Ost, Sudenburg, Buckau, Leipziger Straße, Hopfengarten, Salbke und Westerhüsen sowie bis zu der an das Stadtgebiet Magdeburgs angrenzenden Gemeinde Biederitz und der Stadt Schönebeck (Elbe). Der Umbaubereich hat somit eine maximale Gesamtlänge von etwa 25 km.
- 98
Genauso wie die große räumliche Ausdehnung sind auch komplexe technische und verkehrliche Abhängigkeiten beim Umbau zu berücksichtigen.
- 99
So wird z.B. im Zusammenhang mit den Ersatzneubauten von Eisenbahnüberführungen das Verlangen des Straßenbaulastträgers berücksichtigt, so dass die verkehrlichen Verhältnisse der unterführten Straße verbessert werden kann. Hierfür können alle abgestimmten planerischen Grundlagen sowie die exakte terminliche Einordnung der einzelnen Maßnahmen jedoch nicht zeitgleich vorgelegt werden...
- 100
Aufgrund der vielfältigen Anforderungen und Betroffenheiten in Folge der Umbaumaßnahmen und der unterschiedlichen beteiligten Behörden und Stellen wird das Vorhaben in übersichtliche Planfeststellungsabschnitte gegliedert:
- 101
- PFA 01 BA 1201 Südwestlicher Bahnhofskopf Mittelspannungsring Teil A
- 102
- PFA 21 Erneuerung EÜ Ehle
- 103
- PFA 31 Integration Bf Schönebeck-Salzelmen in das ESTW-A
- 104
- PFA 40 Maßnahmen Bf MD-Neustadt, Maßnahmen Bf Magdeburg Hbf
- 105
- PFA 50 Maßnahmen Bf MD-Buckau und Bft MD-Fermersleben
- 106
- PFA 61.11 Umbau Spurplan Mitte, Bf Magdeburg Hbf
- 107
PFA 61.12 Erneuerung EÜ Ernst-Reuter-Allee (DB AG)
- 108
PFA 61.20 Mittelspannungsring Teil B
- 109
PFA 61.30 Umbau Verkehrsstation, Bf Magdeburg Hbf, Anlagen DB Station
& Service
- 110
- PFA 70 Magdeburg Hbf Umbau Spurplan Nord, Ersatzneubau EÜ Lorenz-
weg, Ersatzneubau EÜ Walter-Rathenau-Straße, Mittelspannungsring Teil
C
- 111
- PFA 80 Magdeburg Hbf Umbau Spurplan Süd, Ersatzneubau EÜ Hallische
Straße
- 112
- PFA 90 Ersatzneubau EÜ Erich-Weinert-Straße
- 113
Für die Erneuerung EÜ Ernst-Reuter-Allee wird eine gesonderte Planrechtsunterlage erstellt, da im Zusammenhang mit dem Abschluss von Kreuzungsmaßnahmen für die Ersatzneubauten der Eisenbahnüberführungen das Verlangen der Landeshauptstadt Magdeburg und der Magdeburger Verkehrsbetriebe zu berücksichtigen sind. Durch eine Trennung der beiden Planrechtsverfahren kann das Risiko einer terminlichen Beeinflussung der beiden Verfahren untereinander minimiert werden. Während das Planrechtsverfahren für den Spurplan Mitte durch das Eisenbahn-Bundesamt durchgeführt wird, führt die Landeshauptstadt Magdeburg das Planrechtsverfahren für die Erneuerung der EÜ Ernst-Reuter-Allee durch. Diese Maßnahmen werden in der vorliegenden Unterlage zur Information mit dargestellt...
- 114
Die in den einzelnen Abschnitten erzielten betrieblichen Verbesserungen werden erst mit dem Endzustand wirksam. Dennoch werden die Abschnittgrenzen so gewählt, dass die errichteten Anlagen in vollem Umfang nutzbar werden.
- 115
In allen Abschnitten wird auf den Endzustand Bezug genommen, so dass der jeweils zu behandelnde Abschnitt und der Zusammenhang zur Gesamtmaßnahme für die Betroffenen erkennbar bleibt.“
- 116
Es ist auch nicht ersichtlich, dass aufgrund der Teilplanung von der Gesamtplanung ausgelöste Probleme voraussichtlich unbewältigt bleiben.
- 117
ß) In Bezug auf die Eisenbahnüberführung und das übrige Tunnelbauwerk kann nur eine einheitliche Entscheidung getroffen werden.
- 118
Die in dieser Vorschrift angeordnete Kompetenzverlagerung auf die für das eine Vorhaben an sich nicht zuständige Planfeststellungsbehörde setzt einen nicht sinnvoll trennbaren Sachzusammenhang zwischen den beiden Vorhaben voraus. Können planerisch erhebliche Belange des einen Verfahrens in dem anderen durch Verfahrensbeteiligung und durch Berücksichtigung im Rahmen planerischer Abwägung angemessen erfasst werden, entfällt dieser Zusammenhang. Eine im Sinne des § 78 Abs. 1 VwVfG notwendig einheitliche Entscheidung ist mit anderen Worten (nur) dann geboten, wenn jeder der Vorhabenträger zur sachgerechten Verwirklichung seines Planungskonzepts darauf angewiesen ist, dass über die Zulassung der zusammentreffenden Vorhaben nur in einem Verfahren entschieden werden kann. Ein nur materielles Interesse an der planerischen Koordination verschiedener Belange rechtfertigt hingegen für sich nicht, die gesetzliche Verfahrenszuständigkeit zu ändern. Danach hängt es stets ganz wesentlich von den Umständen des Einzelfalls ab, ob der in § 78 Abs. 1 VwVfG zum Ausdruck kommende Grundsatz der Problembewältigung eine einheitliche planerische Entscheidung für mehrere räumlich und zeitlich zusammentreffende selbständige Vorhaben fordert, oder ob die gebotene Koordinierung mittels verfahrensmäßiger und inhaltlicher Abstimmung auch ohne förmliche Zusammenführung der Verfahren und damit unter Wahrung der gesetzlichen Zuständigkeitsordnung möglich ist. Ein gemeinsamer Kreuzungspunkt zweier Vorhaben mag hierbei im Einzelfall für die Anwendung des § 78 Abs. 1 VwVfG ausreichen, führt aber nicht notwendig dazu. Ein erhöhter planerischer Koordinierungsbedarf, der eine Kompetenzverlagerung erzwingt, wird in der Praxis eine Ausnahme bleiben (vgl. zum Ganzen: BVerwG, Beschl. v. 04.08.2004 – 9 VR 13.04 –, NVwZ 2004, 1500 [1501], RdNr. 5 in Juris, m.w.N.). Bei Verkehrsbauten ist indes eine räumliche Überschneidung der Trassen ein starkes Indiz für die Anwendbarkeit von § 78 VwVfG (BVerwG, Beschl. v. 28.11.1995 – 11 VR 38.95 –, NVwZ 1996, 389 [390], RdNr. 39 in Juris).
- 119
Hiernach ist eine einheitliche Entscheidung geboten. Im Bereich der Eisenbahnüberführung sind die Vorhaben in einer Weise miteinander verflochten, dass zur Koordinierung eine bloße Verfahrensbeteiligung und die wechselseitige Rücksichtnahme im Rahmen der planerischen Abwägung nicht ausgereicht hätten. Für die Ausgestaltung der Überführung kamen mehrere Varianten in Betracht, die sich vor allem in der Höhenlage der Straße unterschieden, insbesondere auch im Überschneidungsbereich. Von der Variantenwahl sind eine Reihe teils gegenläufiger Belange berührt; die Ausgestaltung erforderte mithin eine die jeweiligen Vor- und Nachteile berücksichtigende Abwägung, die nur durch eine einheitliche Entscheidung geleistet werden konnte.
- 120
b) Sind – wie hier – die Voraussetzungen des § 78 Abs. 1 VwVfG erfüllt, richten sich gemäß § 78 Abs. 2 VwVfG Zuständigkeiten und Verfahren nach den Rechtsvorschriften über das Planfeststellungsverfahren, das für diejenige Anlage vorgeschrieben ist, die einen größeren Kreis öffentlich-rechtlicher Beziehungen berührt. Bestehen Zweifel, welche Rechtsvorschrift anzuwenden ist, so führen, falls nach den in Betracht kommenden Rechtsvorschriften eine Bundesbehörde und eine Landesbehörde zuständig sind und sich die obersten Bundes- und Landesbehörden nicht einigen, die Bundesregierung und die Landesregierung das Einvernehmen darüber herbei, welche Rechtsvorschrift anzuwenden ist. Anhaltspunkte dafür, welches Vorhaben danach maßgeblich ist, sind die quantitativen und qualitativen Auswirkungen des Vorhabens, Bedeutung, Größe, Kapazität usw. des Vorhabens, die Art, Nachhaltigkeit und Gefährlichkeit usw. der Auswirkungen der Anlage, die Zahl der von den Auswirkungen des Vorhabens Betroffenen bzw. am Verfahren beteiligten Personen, die Größe des erfassten bzw. betroffenen Gebietes, die Bedeutung und das Gewicht der betroffenen öffentlichen und privaten Belange, insbesondere auch das öffentliche Interesse an der Durchführung des Vorhabens und der betroffenen öffentlichen Interessen und subjektiven Rechte sowie die Zuordnung dieser Interessen oder Rechte auf Grund des insoweit anzuwendenden Rechts zu einem bestimmten Verwaltungsgebiet (Kopp/Ramsauer, a.a.O., § 78 RdNr. 9). Der größere Kreis öffentlich-rechtlicher Beziehungen wird hiernach durch das Straßen- und Straßenbahnvorhaben berührt, da die Ernst-Reuter-Allee bis zur Otto-von-Guericke-Straße wesentlich umgestaltet werden soll, während die Eisenbahnüberführung bereits vorhanden war und lediglich – auf bestehenden Widerlagern – erneuert werden soll.
- 121
1.2. Der Kläger kann seine Klage nicht mit Erfolg darauf stützen, dass der Planung die erforderliche Rechtfertigung fehle.
- 122
Fraglich ist bereits, ob sich ein anerkannter Umwelt- und Naturschutzverband im Rahmen einer Klage nach dem UmwRG überhaupt auf eine fehlende Planrechtfertigung berufen kann. Gemäß § 2 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 UmwRG können solche Rügen, die keinen Bezug zu umweltrechtlichen Belangen aufweisen, der Klage von Vereinigungen nicht zum Erfolg verhelfen. Es spricht einiges dafür, dass auch Art. 11 Abs. 1 der UVP-RL bei zulässigen Klagen von Vereinigungen gegen Entscheidungen über die Zulassung von Vorhaben, die einer Umweltverträglichkeitsprüfung zu unterziehen sind, keine umfassende gerichtliche Kontrolle der Rechtmäßigkeit gebietet (BVerwG, Urt. v. 10.10.2012 – 9 A 18.11 –, a.a.O. RdNr. 18; vgl. auch zur naturschutzrechtlichen Verbandsklage: BVerwG, Beschl. v. 01.07.2003 – 4 VR 1.03. 4 A 1.03 –, Buchholz 406.400 § 61 BNatSchG 2002 Nr. 3, RdNr. 8 f. in Juris). Dies bedarf jedoch vorliegend keiner abschließenden Klärung, weil die Planrechtfertigung gegeben ist.
- 123
a) Ein Planungsvorhaben ist dann gerechtfertigt, wenn sich das Vorhaben – gemessen an den Zielsetzungen des anzuwendenden Fachplanungsgesetzes – insgesamt als vernünftigerweise geboten erweist (vgl. BVerwG, Beschl. v. 15.07.2005 – 9 VR 39.04 –, Juris, RdNr. 6). Die Frage der Planrechtfertigung unterliegt zwar der vollen gerichtlichen Überprüfung. Gleichwohl ist die Planrechtfertigung eine praktisch nur bei groben und einigermaßen offensichtlichen Missgriffen wirksame Schranke der Planungshoheit (BVerwG, Urt. v. 11.07.2001 – 11 C 14.00 –, BVerwGE 114, 364 [372], RdNr. 32 in Juris). Einen solchen planerischen Missgriff stellt das streitige Vorhaben nicht dar.
- 124
aa) Das hier anzuwendende StrG LSA bestimmt in seinem § 9 Abs. 1 Satz 2, dass die Träger der Straßenbaulast nach ihrer Leistungsfähigkeit die Straßen in einem dem regelmäßigen Verkehrsbedürfnis genügenden Zustand zu bauen, zu unterhalten, zu erweitern oder sonst zu verbessern haben; dabei sind die sonstigen öffentlichen Belange, insbesondere des Fußgänger-, Radfahrer- und Behindertenverkehrs sowie des öffentlichen Personennahverkehrs einschließlich des Umwelt- und Naturschutzes, zu berücksichtigen.
- 125
Die Beklagte hat sich zur Rechtfertigung des Vorhabens im Planfeststellungsbeschluss (S. 83 ff.) unter Bezugnahme auf die o.g. Zielsetzungen des StrG LSA u.a. darauf gestützt, dass die Eisenbahnunterführung an der Ernst-Reuter-Allee einen räumlichen Engpass für alle Verkehrsarten darstelle und mit der Entflechtung und Trennung zwischen motorisiertem Individualverkehr (MIV) und den Verkehrsarten des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) stattfinde, so dass sich die Verkehrssicherheit im Bereich Damaschkeplatz / Brandenburger Straße besonders für den ÖPNV und den Radverkehr verbessere. Durch die Schaffung einer separaten Einbiegespur in die Tiefgarage des City Carrés, einer separaten Ausbiegespur aus der Tiefgarage, einer durchgängigen Fahrspur stadteinwärts sowie von zwei durchgängigen Fahrspuren stadtauswärts sollen sich die Rückstauerscheinungen stadtauswärts minimieren. Derzeit sei die Eisenbahnüberführung Ernst-Reuter-Allee ab der Otto-von-Guericke-Straße in ca. 70 m Länge stadtauswärts zweispurig. Danach verlaufe die Straße bis zum WilIy-Brandt-Platz einspurig und weite sich dann als überbreite Fahrspur unter Nutzung der Straßenbahngleise für eine Fahrspur auf. Nach Ziffer 6.1.1.3 der Richtlinien für die Anlage von Stadtstraßen, Ausgabe 2006 (RASt 06) müssten Fahrbahnbreiten in Hauptverkehrsstraßen entsprechend der Kraftfahrzeugstärke und Nutzung der Kraftfahrzeugart in der Regel 6,50 m betragen. Da die vorhandene Breite mit 4,90 m bis 5,25 m für zwei regelrechte Fahrspurbreiten zu schmal sei, könne diese nicht zweispurig markiert werden. Eine separate Einbiege- und Ausbiegespur für die Tiefgarage des City Carrés bestehe derzeit nicht. Zurzeit würden zudem die Verkehrsräume für den MIV, den ÖPNV sowie für Radfahrer und Fußgänger auf einer Ebene genutzt, was mit der Maßnahme entsprechend geändert werden solle. Ferner führe die Veränderung der Straßenentwässerung auch zu einer Verkehrsverbesserung. Denn bei extremen Starkregenereignissen bestehe häufig das Problem der Überflutung der Ernst-Reuter-Allee im Bereich der Eisenbahnüberführung. Dieses Überflutungsrisiko werde durch die neuen Entwässerungsanlagen vermieden, da der neue Entwässerungskanal außerhalb des herzustellenden Bauwerkes auf der Nordseite errichtet werde.
- 126
Auf Grund der Zusammenballung der Verkehrsräume für Radfahrer, Fußgänger, Straßenverkehr und Straßenbahnverkehr bestehe zudem ein hohes Konfliktpotenzial mit entsprechendem Sicherheitsrisiko für die Verkehrsteilnehmer. Im Bereich der geplanten Baumaßnahme sei es nach der Unfallstatistik der Jahre 2009 bis 2011 zu 57 Unfällen zwischen PKWs und Radfahrern, zu 4 Unfällen mit PKWs und Fußgängern sowie zu 7 Unfällen zwischen LKWs und Radfahrern gekommen. Bei der Unfallkonstellation PKW / Radfahrer seien u. a. folgende Verstöße begangen worden:
- 127
6 % verbotswidrige Benutzung einer (Richtungs-)Fahrbahn bzw. anderer Straßenteile
- 128
60 % Nichtbeachten der die Vorfahrt regelnden Verkehrszeichen
- 129
4 % Missachten der Verkehrsregelung durch Polizeibeamte oder Lichtzeichen
- 130
28 % Fehler beim Abbiegen.
- 131
Hinsichtlich der Unfallschwere bei Unfällen von Radfahrern mit motorisierten Verkehrsteilnehmern seien von 2009 bis 2011 insgesamt 4 schwerverletzte und 48 leichtverletzte Verkehrsteilnehmer registriert worden. Das Vorhaben ermögliche durch eine klare Trennung des Kfz-Verkehrs von den anderen Verkehrsarten, Unfallschwerpunkte und Konfliktpunkte zu vermeiden und die Unfallzahlen zu reduzieren. Für die Ausfahrt aus der Tiefgarage des City Carrés auf die Ernst-Reuter-Allee in Richtung Damaschkeplatz (Linksabbieger) lägen folgende Unfallzahlen vor:
- 132
2008: 2 Unfälle
- 133
2009: 7 Unfälle
- 134
2010: 2 Unfälle, davon 1 x vorfahrtsberechtigte Straßenbahn nach links
- 135
2011: 5 Unfälle.
- 136
Dieser Kollisionspunkt werde mit der geplanten Variante reduziert, da ein Linksabbiegen dann nicht mehr möglich sei. An dieser Stelle könne nur noch ein Rechtsabbiegen erfolgen.
- 137
Die Beklagte hat weiter darauf abgestellt, dass die Erreichbarkeit des Hauptbahnhofs für Fußgänger, Radfahrer sowie mit den Fahrzeugen des ÖPNV erheblich verbessert werde. Die derzeitige Linienführung der Radwege auf der Südseite des Damaschkeplatzes bis zum Knoten Ernst-Reuter-Allee / Otto-von-Guericke-Straße quere drei autobelastete Kreuzungspunkte (Auf- und Abfahrt Magdeburger Ring, Kölner Platz, Willy-Brandt-Platz), die eine hohe Aufmerksamkeit des Radfahrers erforderten und damit zurzeit einen Zeitverlust und ein erhöhtes Unfallrisiko mit sich brächten. Die geplante Radwegeführung unter den Eisenbahnbrücken durch die Entflechtung der Fahrspuren (ÖPNV und MIV) trage wesentlich zur Erhöhung der Verkehrssicherheit bei. Auch am Willy-Brandt-Platz werde die Querung der Straßenbahnlinien gegenüber dem Bestand (Querung des Gleisdreiecks, der Taxi- und Parkhaus-Zufahrten) deutlich vereinfacht und dadurch für den Radfahrer und Fußgänger sicherer.
- 138
Diese Erwägungen halten der auf grobe Missgriffe beschränkten rechtlichen Prüfung stand. Die vom Kläger hiergegen vorgebrachten Argumente führen zu keiner anderen Beurteilung.
- 139
Er kann insbesondere nicht mit dem Einwand durchdringen, dass die geplante Straßenführung den Anforderungen an die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs nicht gerecht werde, weil einzelne Ströme des zukünftigen Tunnels, insbesondere der Fahrverkehr in Richtung Westen, bereits bei Errichtung des Tunnels an der Leistungsgrenze operierten und daher mit der Qualitätsstufe F einzuordnen seien. Einem Rückstau stadtauswärts soll gerade dadurch Abhilfe geschaffen werden, dass mit dem geplanten Vorhaben stadtauswärts nunmehr durchgängig zwei Fahrspuren geschaffen werden. Auch wenn sich die Rückstausituation – wovon auch die Beklagte ausgeht – in Richtung Osten stadteinwärts durch das geplante Vorhaben nach Lage der Dinge nicht verbessern dürfte, weil in dieser Richtung dem Kraftfahrzeugverkehr weiterhin nur eine durchgängige Fahrspur zur Verfügung steht, wird dadurch die Planrechtfertigung nicht in Frage gestellt. Eine Straßenplanung ist auch dann noch vernünftigerweise geboten, wenn mit dem Vorhaben eine Verbesserung der Verkehrsverhältnisse nicht in jeder Hinsicht bzw. nur teilweise gelingt. Daher kommt es für die Frage der Planrechtfertigung nicht darauf an, ob die vom Kläger angegriffene Verkehrsprognose in Bezug auf die aus dem nördlichen Teil der Tiefgarage des City Carrés ausfahrenden und am Knotenpunkt Ernst-Reuter-Allee / Otto-von-Guericke-Straße wendenden Kraftfahrzeuge tragfähig ist. Die Frage, inwieweit eine alternative Straßenplanung besser geeignet wäre, die innerstädtischen Verkehrprobleme zu lösen, ist keine Frage der Planrechtfertigung, sondern der Abwägung der verschiedenen in Betracht kommenden Varianten.
- 140
b) Da das Planungsvorhaben die Änderung bestehender Straßenbahnanlagen beinhaltet, waren auch die Zielsetzungen zu beachten, wie sie in § 8 Abs. 3 PBefG in der im Zeitpunkt der Planungsentscheidung geltenden Fassung vom 27.04.2002 (BGBl I S. 1467) beschrieben sind. Danach hat die Genehmigungsbehörde im Zusammenwirken mit dem Aufgabenträger des öffentlichen Personennahverkehrs (Aufgabenträger) und mit den Verkehrsunternehmen im Interesse einer ausreichenden Bedienung der Bevölkerung mit Verkehrsleistungen im öffentlichen Personennahverkehr sowie einer wirtschaftlichen Verkehrsgestaltung für eine Integration der Nahverkehrsbedienung, insbesondere für Verkehrskooperationen, für die Abstimmung oder den Verbund der Beförderungsentgelte und für die Abstimmung der Fahrpläne, zu sorgen. Sie hat dabei einen vom Aufgabenträger beschlossenen Nahverkehrsplan zu berücksichtigen, der vorhandene Verkehrsstrukturen beachtet, unter Mitwirkung der vorhandenen Unternehmer zustande gekommen ist und nicht zur Ungleichbehandlung von Unternehmern führt. Der Nahverkehrsplan hat die Belange behinderter und anderer Menschen mit Mobilitätsbeeinträchtigung mit dem Ziel zu berücksichtigen, für die Nutzung des öffentlichen Personennahverkehrs eine möglichst weitreichende Barrierefreiheit zu erreichen.
- 141
Hierzu hat die Beklagte angeführt (S. 86 f. des PFB), dass sich die Erforderlichkeit des Vorhabens aus Sicht des ÖPNV nicht ausschließlich daraus ergebe, dass das Vorhaben in dem Nahverkehrsplan vorgesehen sei. Die Erforderlichkeit ergebe sich aber aus der Steigerung der Leistungsfähigkeit und der Attraktivität des Nahverkehrs innerhalb von Magdeburg. Mit der Schaffung eines barrierefreien erreichbaren Umsteigepunktes am Kölner Platz könne das beschlossene Ziel aus dem Verkehrskonzept Innenstadt, mit der Verbesserung der Umsteigebeziehungen zwischen Fern-, Regional-, S-Bahn, ZOB und Straßenbahn sowie Straßenbahnlinien untereinander, mit dieser Maßnahme umgesetzt werden.
- 142
c) Der Umstand, dass die Beklagte im Rahmen der Planrechtfertigung neben diesen Zielstellungen weitere Gesichtspunkte angeführt hat, die für sich gesehen die Straßenplanung nicht rechtfertigen mögen, lässt die nach den Zielsetzungen des StrG LSA und des PBefG gegebene Rechtfertigung der Planung nicht entfallen.
- 143
d) Dem Vorhaben fehlt die erforderliche Rechtfertigung auch nicht deshalb, weil es mangels Finanzierung nicht realisierbar wäre.
- 144
Einem Vorhaben, dessen Realisierung aus finanziellen Gründen ausgeschlossen ist, fehlt zwar die Planrechtfertigung. Dies bedeutet indessen nicht, dass die Art der Finanzierung Regelungsgegenstand des Planfeststellungsbeschlusses ist. Das insoweit zu beachtende Haushaltsrecht bindet die mit der Haushalts- und Wirtschaftsführung sowie deren Kontrolle befassten Stellen des Staates; es entfaltet aber grundsätzlich keine Außenwirksamkeit zwischen Verwaltung und Bürger, die im Rahmen der den Fachplanungsbehörden überantworteten Planungsaufgaben zu beachten wäre. Die Planfeststellungsbehörden haben lediglich vorausschauend zu beurteilen, ob dem Vorhaben unüberwindliche finanzielle Schranken entgegenstehen. Stehen die notwendigen Mittel schon bereit, so ist diesem Erfordernis Genüge getan, ohne dass fachplanungsrechtlich hinterfragt werden müsste, ob die zugrunde liegenden Finanzierungsentscheidungen haushaltsrechtlichen Vorgaben entsprechen (BVerwG, Beschl. v. 15.01.2008 – 9 B 7.07 –, NVwZ 2008, 675 [678], RdNr. 24; Urt. v. 20.05.1999 – 4 A 12.98 –, BauR 1999, 1156 [1157], RdNr. 43 in Juris). Solche unüberwindlichen finanziellen Schranken sind nicht ersichtlich.
- 145
Die Planrechtfertigung hängt auch nicht davon ab, ob das Vorhaben dem Gebot der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit (§ 6 Abs. 1 HGrG, § 7 Abs 1 LHO LSA) entspricht, der finanzielle Aufwand also in einem angemessenen Verhältnis zu der beabsichtigten Verbesserung der Straße und des ÖPNV steht. Unabhängig davon, dass – wie bereits dargelegt – das Haushaltsrecht nur die mit der Haushalts- und Wirtschaftsführung sowie deren Kontrolle befassten Stellen des Staates bindet und grundsätzlich keine Außenwirksamkeit zwischen Verwaltung und Bürger entfaltet, die im Rahmen der den Fachplanungsbehörden überantworteten Planungsaufgaben zu beachten wäre, ist das Gebot der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit von seinem Inhalt her nicht geeignet, der Planung die Rechtfertigung zu entziehen. Es verlangt lediglich, ein bestimmtes Ziel mit dem geringst möglichen Einsatz von Mitteln zu erreichen; das Ziel selbst kann deshalb nicht unter Berufung auf das Gebot mit dem Argument in Frage gestellt werden, die Verkehrsverhältnisse würden auch durch eine kostengünstigere Lösung verbessert (vgl. OVG Bremen, Urt. v. 18.02.2010 – 1 D 599/08 –, Juris, RdNr. 55, m.w.N.).
- 146
1.3. Die angefochtene Planfeststellung lässt auch keinen offensichtlichen erheblichen Abwägungsfehler erkennen, den der Kläger im Rahmen des § 2 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 UmwRG rügen kann.
- 147
Gemäß § 37 Abs. 1 Satz 4 StrG LSA sind bei der Planfeststellung die von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange einschließlich der Umweltverträglichkeit abzuwägen.
- 148
Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Urt. v. 19.08.2004 – 4 A 9.04 – Juris, RdNr. 15) verlangt das Abwägungsgebot, dass – erstens – eine Abwägung überhaupt stattfindet, dass – zweitens – in die Abwägung an Belangen eingestellt wird, was nach Lage der Dinge in sie eingestellt werden muss, und dass – drittens – weder die Bedeutung der betroffenen öffentlichen und privaten Belange verkannt noch der Ausgleich zwischen ihnen in einer Weise vorgenommen wird, die zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht. Innerhalb des so gezogenen Abwägungsrahmens wird das Abwägungsgebot jedoch nicht verletzt, wenn sich die zur Planung ermächtigte Stelle in Kollision zwischen verschiedenen Belangen für die Bevorzugung des einen und damit notwendigerweise für die Zurückstellung eines anderen entscheidet. Die darin liegende Gewichtung der von der Planung berührten öffentlichen und privaten Belange ist vielmehr im Gegenteil ein wesentliches Element der planerischen Gestaltungsfreiheit und als solches der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle entzogen. Diese beschränkt sich im Rahmen des Abwägungsgebots daher auf die Frage, ob die Planfeststellungsbehörde die abwägungserheblichen Gesichtspunkte rechtlich und tatsächlich zutreffend bestimmt hat und ob sie - auf der Grundlage des derart zutreffend ermittelten Abwägungsmaterials - die aufgezeigten Grenzen der ihr obliegenden Gewichtung eingehalten hat. Bei Anwendung dieser Grundsätze ist das streitige Vorhaben nicht zu beanstanden.
- 149
1.3.1. Einen Abwägungsfehler kann der Kläger nicht damit begründen, dass die konzipierte Planung den verkehrlichen Anforderungen nicht gerecht werde, insbesondere weil der aus der nördlichen Tiefgarage des City Carrés ausfahrende Verkehr zur Qualitätsstufe F an der Kreuzung Ernst-Reuter-Allee / Otto-von-Guericke-Straße führe. Dies ist kein Belang, deren Nichtbeachtung ein anerkannter Natur- und Umweltschutzverband im Rahmen des § 2 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 UmwRG rügen kann.
- 150
1.3.2. Die Abwägung der Immissionsschutzbelange begegnet keinen durchgreifenden Bedenken.
- 151
a) Der Kläger kann nicht mit dem Einwand durchdringen, das Vorhaben verursache unzumutbare Luftschadstoffbelastungen, überschreite insbesondere die maßgeblichen Grenzwerte der 39. BImSchV.
- 152
aa) Eine Überschreitung dieser Grenzwerte würde die Abwägungsentscheidung der Beklagten von vornherein dann nicht in Frage stellen, wenn sich durch das streitige Vorhaben keine Verschlechterung der Belastung mit relevanten Luftschadstoffen ergäbe. Eine in der Planfeststellung zu befolgende grundrechtliche Pflicht, Schutzvorkehrungen zu treffen, setzt eine Kausalität zwischen dem Bau bzw. der Änderung des Verkehrswegs und der gesundheitsgefährdenden Verkehrsbelastung voraus; eine Pflicht, gesundheitlich bedenkliche Immissionslagen bei Gelegenheit der Planfeststellung zu sanieren, besteht hingegen nicht (BVerwG, Beschl. v. 15.01.2008, a.a.O., S 676). Führt ein Planvorhaben im Vergleich zu dem Zustand des Verkehrsweges, der ohne die Planung bestünde, zu keiner Verschlechterung der Immissionssituation für die Nachbarschaft, so braucht die Planfeststellungsbehörde die Immissionsproblematik im Rahmen der Abwägung grundsätzlich nicht aufzugreifen, und zwar unabhängig von der Höhe der Immissionsbelastung; selbst grundrechtlich bedenkliche Belastungswerte bilden nicht stets, sondern nur dann die Grundlage einer in der Planfeststellung zu berücksichtigenden Schutzpflicht, wenn sie dem planfestgestellten Vorhaben zuzurechnen sind (vgl. zu Lärmimmissionen: BVerwG, Urt. v. 09.07.2008 – 9 A 5.07 –, NVwZ 2009, 50 [51], RdNr. 17). Trägt das planfestgestellte Vorhaben nur geringfügig zu einer Erhöhung der Luftschadstoffe bei, handelt die Planfeststellungsbehörde ohne Rechtsfehler, wenn sie den Vorhabenträger nicht zu Maßnahmen verpflichtet, die praktisch auf eine Sanierung hinauslaufen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 16.10.2001 – 4 VR 20.01, 4 A 42.4 A 42.01 –, NVwZ 2002, 726 [727], RdNr. 15 in Juris).
- 153
Es ist bereits zweifelhaft, ob das streitige Vorhaben zu einer mehr als nur geringfügigen Verschlechterung bezüglich der Belastung der Nachbarschaft mit Luftschadstoffen führt.
- 154
Abzustellen ist darauf, inwieweit sich die maßgeblichen Emissionen im Fall der Realisierung des Tunnelvorhabens (Prognose-Planfall) im Vergleich zum bisherigen Zustand der Straße (Prognose-Nullfall) unterscheiden. Da die in der 39. BImSchV festgelegten Luftschadstoffgrenzwerte dem Schutz der menschlichen Gesundheit dienen, ist entscheidend, ob sie in der konkreten Schadstoffsituation, der Menschen an bestimmten Stellen ausgesetzt sind, eingehalten werden, und nicht, ob dies im Gesamtgebiet flächendeckend oder im Durchschnitt der Fall ist (BVerwG, Urt. v. 10.10.2012 – 9 A 19.11 –, NVwZ 2013, 649 [654], RdNr. 41; Urt. v. 26.05.2004 – 9 A 6.03 –, BVerwGE 121, 57 [60], RdNr. 22 in Juris).
- 155
Die Beklagte hat sich hinsichtlich der Auswirkungen ihrer Planung durch Luftschadstoffe auf Luftschadstoffuntersuchungen der ISU Plan vom Juni 2010 und vom August 2011 sowie die ergänzende Untersuchung vom Dezember 2011 (Beiakte H, Planunterlage 11.3) gestützt (vgl. S. 147 f. des PFB), in der die Kfz-bedingte Luftschadstoffbelastung von Stickstoffdioxid (NO2) und Feinstaub (PM10 und PM2,5) für die Analyse 2007, den Prognose-Nullfall (ohne Tunnelbau) 2015 und 2025 und den Prognose-Planfall (mit Tunnelbau) 2015 und 2025 erstellt wurden. Die Beklagte hat nach der Abwägungsentscheidung eine weitere ergänzende Untersuchung vom April 2012 (Beiakte Q, Bl. 5 ff.) erstellen lassen, die den Prognose-Planfall 2018 (Jahr der voraussichtlichen Fertigstellung) mit verkehrslenkenden Maßnahmen zum Gegenstand hat. Die Untersuchungen vom Juni 2010 und vom August 2011 gehen davon aus, dass beim Betrieb von Kraftfahrzeugen eine Vielzahl von Schadstoffen emittiert wird, die sowohl in ihrer Menge als auch Bedeutung sehr unterschiedlich sind. Im Vergleich zu den Immissionsgrenzwerten der 39. BImSchV seien die Konzentrationen der Schadstoffe Stickstoffdioxid (NO2) und Feinstaub (PM10 und PM2,5) im Straßenverkehr am höchsten. Die Konzentrationen für Schadstoffe wie Kohlenmonoxid (CO), Schwefeldioxid (SO2), Blei usw. lägen im Vergleich zu den gesetzlichen Grenzwerten wesentlich niedriger. Für Ruß existiere nach der Aufhebung der 23. BImSchV kein Beurteilungswert mehr. Die Untersuchung beschränke sich daher auf die Betrachtung von NO2, PM10 und PM2,5. Daran ist nichts zu erinnern. Ergänzend hat die Beklagte im Planfeststellungsbeschluss darauf verwiesen (vgl. S. 150 des PFB), dass es auch aus Sicht des Landesamtes für Umweltschutz nach dessen Stellungnahme völlig ausreichend sei, sich bei der Ermittlung und Bewertung der lufthygienischen Situation auf NO2 und Feinstaub zu konzentrieren, da nur für diese Komponenten eine Grenzwertrelevanz bestehe. Auf die weiteren Ausführungen (S. 150 f. des PFB), insbesondere auch zur sicheren Einhaltung des für Benzol geltenden Grenzwerts von 5 µg/m³, kann verwiesen werden.
- 156
Nach den Untersuchungen vom Juni 2010 und August 2011 treten in der Analyse 2007 im Untersuchungsraum auf allen Hauptverkehrsstraßen (Magdeburger Ring, Ernst-Reuter-Allee, Otto-von-Guericke-Straße, Adelheidring) NO2-Immissionen von über 40 µg/m³ im Jahresmittel auf. Damit werde der seit 2010 geltende Grenzwert für das NO2-Jahresmittel (§ 3 Abs. 2 der 39. BImSchV a.F.) überschritten. Lediglich auf den Nebenstraßen (Maybachstraße, Bahnhofstraße) sei die NO2-Belastung deutlich geringer. Nach der Untersuchung vom Juni 2010 sollen die NO2-Immissionen unter Berücksichtigung der geringeren verkehrlichen und regionalen Emissionen im Prognose-Nullfall 2015 sowie im Prognose-Planfall 2015 etwas abnehmen, so dass der Grenzwert von 40 µg/m³ im Jahresmittel an der Ernst-Reuter-Allee nicht mehr überschritten werde. Die NO2-Belastung nehme jedoch im Prognose-Planfall 2015 aufgrund der zusätzlichen Emissionen an der Tunnelausfahrt Südost im Bereich des City Carrés deutlich zu und erreiche dort ähnliche Werte wie in der Analyse 2007. Die PM10- und PM2,5-Immissionen lägen im Aufenthaltsbereich von Fußgängern (Gehwegbereich) entlang der Ernst-Reuter-Allee ebenso wie an allen anderen Straßen des Untersuchungsgebiets in allen drei Untersuchungsfällen unter dem Immissionsgrenzwert für das Jahresmittel von 40 µg/m³ für PM10 (§ 4 Abs. 2 der 39. BImSchV a.F.) und 20 µg/m³ für PM2,5 (§ 5 Abs. 2 der 39. BImSchV a.F.). Die PM10- und PM2,5-Konzentration seien lediglich in der Analyse 2007 und im Prognose-Nullfall 2015 unterhalb der Eisenbahnunterführung sowie im Prognose-Planfall 2015 an der Tunnelausfahrt Südost so hoch, dass es dort zu Überschreitungen kommen könnte. Der Äquivalentwert von 30 µg/m³ zur Beurteilung der Überschreitungsfähigkeit des PM10-Tagesmittelwerts werde in der Analyse 2007 und in den beiden Prognosefällen 2015 im Untersuchungsraum eingehalten. Nach der Untersuchung vom August 2011 nehmen im Prognose-Nullfall 2025 sowie im Prognose-Planfall 2025 die NO2-Immissionen unter Berücksichtigung der geringeren verkehrlichen und regionalen Emissionen deutlich ab, so dass der Grenzwert von 40 µg/m³ im Jahresmittel an der Ernst-Reuter-Allee nicht mehr überschritten werde. Auch die erhöhten Emissionen an den Tunnelausfahrten, besonders an der Tunnelausfahrt Südost im Bereich des City Carrés, führten im Prognose-Planfall 2025 nicht zu Grenzwertüberschreitungen. Die PM10- und PM2,5-Immissionen lägen im Aufenthaltsbereich von Fußgängern (Gehwegbereich) entlang der Ernst-Reuter-Allee ebenso wie an allen anderen Straßen des Untersuchungsgebiets in allen drei Untersuchungsfällen unter dem Immissionsgrenzwert für das Jahresmittel von 40 µg/m³ für PM10 und 25 µg/m³ für PM2,5. Der Äquivalentwert von 30 µg/m³ zur Beurteilung der Überschreitungsfähigkeit des PM10-Tagesmittelwerts werde in beiden Prognosefällen 2025 im Aufenthaltsbereich von Fußgängern (Gehwegbereich) eingehalten. Die ergänzende Untersuchung berücksichtigt zusätzlich den Umstand, dass im Bereich der Tunnelzufahrten und -ausfahrten Längsneigungen von +8,1 % bis -10,5 % geplant sind, in den Luftschadstoffuntersuchungen jedoch von Längsneigungen von +/- 6 % ausgegangen wurde (vgl. S. 148 des PFB). Im Ergebnis wurde in der ergänzenden Untersuchung vom Dezember 2011 festgestellt, dass der Jahresmittelwert der NO2-Emissionen im Prognose-Planfall 2025 II am Damaschkeplatz sowie an der Ernst-Reuter-Allee im Bereich des City Carrés nicht überschritten werde. Der Immissionsgrenzwert von 40 µg/m³ für PM10 liege im Bereich des City Carrés zwar höher als am Damaschkeplatz, aber auch dort werde der Grenzwert nicht überschritten. Der Grenzwert von 25 µg/m³ für PM2,5 werde unterschritten. Beim Vergleich der Prognose-Planfälle in den vorigen Untersuchungen sei für NO2 erkennbar, dass der Einfluss der höheren Emissionen durch die extrapolierten Längsneigungen zu einer um 1 bis 4 µg/m³ erhöhten Konzentration führe, auf die PM10- und PM2,5-Konzentration aber keine Auswirkungen habe. Nach der ergänzenden Untersuchung vom April 2012 werden im Prognose-Planfall 2018 mit verkehrslenkenden Maßnahmen (Durchfahrtsverbot für LKW >3,5 t durch den Tunnel, Umleitung von 4.286 Kfz vom südlichen Magdeburger Ring und der Maybachstraße über den Magdeburger Ring, die Walther-Rathenau-Straße, die Erzberger Straße und die Otto-von-Guericke-Straße in die Innenstadt) die Grenzwerte der 39. BImSchV eingehalten. Die Grenzwerte für NO2 werden danach im Prognose-Nullfall und im Prognose-Planfall 2018 im Bereich Damaschkeplatz und Ernst-Reuter-Allee im Bereich des City Carrés überschritten. Mit den verkehrslenkenden Maßnahmen werden die Grenzwerte sicher eingehalten. Die Grenzwerte für PM10 und PM 2,5 werden in allen drei Fällen eingehalten.
- 157
Nach der Tabelle 12 der Luftschadstoffuntersuchung vom Juni 2010 (S. 29) ergibt sich in Bezug auf eine mögliche Veränderung der Belastung mit den hier relevanten Luftschadstoffen durch das streitige Vorhaben im Jahresmittel folgendes Bild:
- 158
Untersuchungsfall
Luftschadstoff
Damaschkeplatz
Ernst-Reuter-Allee
Analyse 2007
Stickstoffdioxid NO2
44 - 46 µg/m³
47 - 49 µg/m³
Feinstaub PM10
27 - 28 µg/m³
29 - 30 µg/m³
Feinstaub PM2,5
17 - 18 µg/m³
19 - 20 µg/m³
Prognose-Nullfall 2015
Stickstoffdioxid NO2
32 - 34 µg/m³
44 - 46 µg/m³
Feinstaub PM10
27 - 28 µg/m³
29 - 30 µg/m³
Feinstaub PM2,5
15 - 16 µg/m³
15 - 16 µg/m³
Prognose-Planfall 2015
Stickstoffdioxid NO2
29 - 31 µg/m³
47 - 49 µg/m³
Feinstaub PM10
27 - 28 µg/m³
29 - 30 µg/m³
Feinstaub PM2,5
15 - 16 µg/m³
15 - 16 µg/m³
- 159
Nach der Tabelle 13 der Luftschadstoffuntersuchung vom August 2011 (S. 30) ergibt sich in Bezug auf eine mögliche Veränderung der Belastung mit den hier relevanten Luftschadstoffen durch das streitige Vorhaben im Jahresmittel folgendes Bild:
- 160
Untersuchungsfall
Luftschadstoff
Damaschkeplatz
Ernst-Reuter-Allee
Analyse 2007
Stickstoffdioxid NO2
44 - 46 µg/m³
47 - 49 µg/m³
Feinstaub PM10
27 - 28 µg/m³
29 - 30 µg/m³
Feinstaub PM2,5
17 - 18 µg/m³
19 - 20 µg/m³
Prognose-Nullfall 2025
Stickstoffdioxid NO2
25 - 26 µg/m³
29 - 33 µg/m³
Feinstaub PM10
24 - 25 µg/m³
27 - 29 µg/m³
Feinstaub PM2,5
14 - 15 µg/m³
15 µg/m³
Prognose-Planfall 2025
Stickstoffdioxid NO2
24 - 25 µg/m³
31 - 33 µg/m³
Feinstaub PM10
24 - 25 µg/m³
27 - 30 µg/m³
Feinstaub PM2,5
14 - 15 µg/m³
15 µg/m³
- 161
In der ergänzenden Luftschadstoffuntersuchung vom Dezember 2011, die die erhöhten Emissionen aufgrund der Längsneigungen der Tunnelausfahrten berücksichtigt, werden die zu erwartenden Luftschadstoffe wie folgt dargestellt (Tabelle 6, S. 15):
- 162
Untersuchungsfall
Luftschadstoff
Damaschkeplatz
Ernst-Reuter-Allee
Prognose-Planfall 2025 II
Stickstoffdioxid NO2
25 - 26 µg/m³
35 - 37 µg/m³
Feinstaub PM10
24 - 25 µg/m³
27 - 30 µg/m³
Feinstaub PM2,5
14 - 15 µg/m³
15 µg/m³
- 163
In der ergänzenden Luftschadstoffuntersuchung vom April 2012 (Beiakte Q), in der die Belastung für das prognostizierte Jahr der Fertigstellung 2018 unter Berücksichtigung der Verkehrszahlen 2015 ermittelt wurden, werden die zu erwartenden Luftschadstoffe wie folgt dargestellt (Tabelle 9, S. 22):
- 164
Untersuchungsfall
Luftschadstoff
Damaschkeplatz
Ernst-Reuter-Allee
Prognose-Nullfall 2018
Stickstoffdioxid NO2
28 - 30 µg/m³
39 - 41 µg/m³
Feinstaub PM10
24 - 25 µg/m³
28 - 30 µg/m³
Feinstaub PM2,5
15 - 16 µg/m³
16 µg/m³
Prognose-Planfall 2018
Stickstoffdioxid NO2
28 - 30 µg/m³
43 - 46 µg/m³
Feinstaub PM10
23 - 24 µg/m³
29 - 30 µg/m³
Feinstaub PM2,5
15 - 16 µg/m³
16 µg/m³
Prognose-Planfall 2018
mit Verkehrslenkenden MaßnahmenStickstoffdioxid NO2
28 - 30 µg/m³
34 - 37 µg/m³
Feinstaub PM10
23 - 24 µg/m³
26 - 27 µg/m³
Feinstaub PM2,5
15 - 16 µg/m³
16 µg/m³
- 165
Daraus wird ersichtlich, dass durch das Vorhaben zwar im Bereich der Messstation an der Ernst-Reuter-Allee eine Erhöhung der Immissionen im Prognose-Planfall 2025 II für Stickstoffdioxid NO2 um 5 bis 6 µg/m³ und für Feinstaub PM10 von maximal 1 µg/m³ und im Prognose-Planfall 2018 ohne verkehrslenkende Maßnahmen für Stickstoffdioxid NO2 um 4 bis 5 µg/m³ und für Feinstaub PM10 von maximal 1 µg/m³ zu erwarten ist, die Immissionsgesamtbelastung sich insgesamt aber nur geringfügig verändert. Dies erlaubt weiter den Schluss, dass unabhängig von den jeweils zugrunde gelegten Verkehrszahlen und möglichen verkehrslenkenden Maßnahmen das Vorhaben die Belastung mit Luftschadstoffen nur unwesentlich verändert.
- 166
bb) Auch wenn die Verschlechterung bei der Belastung mit Luftschadstoffen (NO2) nicht mehr als geringfügig anzusehen sein sollte, würden die dargestellten Grenzwertüberschreitungen nicht zur Fehlerhaftigkeit der Abwägungsentscheidung führen.
- 167
Die Einhaltung der Grenzwerte der 39. BImSchV ist auch bei einer Verschlechterung der Situation keine Rechtmäßigkeitsvoraussetzung für die Planfeststellung des Straßenbauvorhabens, weil Grenzwertüberschreitungen nach dem System der Luftreinhalteplanung (vgl. § 47 BImSchG, § 27 der 39. BImSchV) unabhängig von den Immissionsquellen zu vermeiden sind. Zwar ist das Gebot der Konfliktbewältigung als Ausformung des Abwägungsgebots verletzt, wenn die Planfeststellungsbehörde das Vorhaben zulässt, obgleich absehbar ist, dass seine Verwirklichung die Möglichkeit ausschließt, die Einhaltung der Grenzwerte mit den Mitteln der Luftreinhalteplanung in einer mit der Funktion des Vorhabens zu vereinbarenden Weise zu sichern. Das ist insbesondere der Fall, wenn die von einer planfestgestellten Straße herrührenden Immissionen bereits für sich genommen die maßgeblichen Grenzwerte überschreiten. Von diesem Fall abgesehen geht der Gesetzgeber davon aus, dass sich die Einhaltung der Grenzwerte mit den Mitteln der Luftreinhalteplanung sichern lässt. Für die Annahme, dass dies nicht möglich ist, müssen deshalb besondere Umstände vorliegen (vgl. zum Ganzen: BVerwG, Urt. v. 10.10.2012 – 9 A 19.11 –, a.a.O., RdNr. 38, m.w.N. – Neubau der Bundesautobahn A 100; vgl. auch Urt. v. 23.02.2005 – 4 A 5.04 –, BVerwGE 123, 23 [28 f.], RdNr. 28, Neubau der Bundesautobahn A 72). Derartige Umstände können sich vor allem aus ungewöhnlichen örtlichen Gegebenheiten (zentrale Verkehrsknotenpunkte, starke Schadstoffvorbelastung durch eine Vielzahl von Emittenten) ergeben, die sich der Planfeststellungsbehörde auf der Grundlage des Anhörungsverfahrens, insbesondere der Beteiligung der zuständigen Fachbehörden, erschließen (BVerwG, Urt. v. 23.02.2005, a.a.O.). Gemessen daran genügt die Planung dem Gebot der Konfliktbewältigung.
- 168
Wie oben bereits dargelegt, ist eine Überschreitung der relevanten Grenzwerte der 39. BImSchV nur in Bezug auf Stickstoffdioxid (NO2) festzustellen. Der prognostizierte Wert liegt nach der letzten Luftschadstoffuntersuchung vom April 2012 nur im Prognose-Planfall 2018 und Prognose-Planfall 2015 mit 43 - 46 bzw. 44 - 46 µg/m³ über dem Grenzwert von 40 µg/m³. Der Gutachter hat in den jeweiligen Luftschadstoffuntersuchungen insbesondere darauf hingewiesen, dass sich die PM10- sowie PM2,5-Immissionen zum größten Teil aus der Hintergrundbelastung und bei PM10 zusätzlich aus den Emissionen aus Aufwirbelung und Abrieb, aber nicht aus den motorbedingten Emissionen (PM2,5-Anteil) zusammensetzten. Anders sehe dies bei Stickstoffdioxid (NO2) aus; in der Nähe des City Carrés resultiere die NO2-Konzentration zur Hälfte aus dem Verkehr.
- 169
Aus den Luftschadstoffuntersuchungen folgt, dass die von der Straße herrührenden NO2-Immissionen für sich genommen die maßgeblichen Grenzwerte nicht überschreiten. Die Vorbelastung mit Stickstoffdioxid (NO2) wurde für den Prognose-Planfall 2025 mit 20 µg/m³ und für den Prognose-Planfall 2018 mit 18 µg/m³ angegeben.
- 170
Es darf davon ausgegangen werden, dass sich die Einhaltung der Grenzwerte mit den Mitteln der Luftreinhalteplanung sichern lässt. Die Konfliktbewältigung kann auch darin bestehen, dass die Planfeststellungsbehörde die endgültige Problemlösung einem spezialisierten und verbindlichen, auf gesetzlichen Regelungen beruhenden Verfahren überlässt (BVerwG, Urt. v. 12.08.2009 – 9 A 64.07 –, BVerwGE 134, 308 [330], RdNr. 107). Dies bedeutet nicht, dass bereits im Planfeststellungsbeschluss konkrete Maßnahmen angeordnet werden müssen. Es genügt, wenn im Planfeststellungsbeschluss geeignete Maßnahmen genannt werden (vgl. BVerwG, Urt. v. 10.10.2012 – 9 A 19.11 – a.a.O., RdNr. 39). Die Beklagte hat im angefochtenen Planfeststellungsbeschluss in der Nebenbestimmung IV 6 a (S. 39) angeordnet, dass der Vorhabenträger vor Baubeginn der für die Luftreinhalteplanung zuständigen Behörde und der Planfeststellungsbehörde einen Maßnahmekatalog vorzulegen habe, in Folge dessen die Grenzwerte der 39. BImSchV eingehalten werden. Dieser Maßnahmekatalog könne beispielsweise allgemeine Verkehrsbeschränkungen, verkehrslenkende Maßnahmen, Fahrbahnreinigungen, Durchsagen im Tunnel bei Stau zum Abschalten der Motoren, Geschwindigkeitsbegrenzungen und Maßnahmen bei Stau bzw. Umleitungen beinhalten. Es bestehen keine konkreten Anhaltspunkte dafür, dass solche Maßnahmen mit der Funktion des Vorhabens nicht vereinbar oder untauglich sind. Darüber hinaus hat die Beklagte im angefochtenen Planfeststellungsbeschluss dargelegt, dass das Vorhaben zwar noch nicht in dem am 02.08.2011 aufgestellten Luftreinhalteplan einbezogen worden sei, bei einer erneuten Überprüfung der Situation dieser aber entsprechend ergänzt werden müsse. Im Rahmen des bereits in Umsetzung befindlichen Luftreinhalteplans würden unterschiedliche Szenarien vorgeschlagen, die als konkrete Maßnahmen u.a. die Förderung des nicht motorisierten Verkehrs, den Erhalt eines leistungsfähigen ÖPNV bei einer Steigerung seiner Attraktivität sowie die Einrichtung einer Umweltzone ab dem 01.09.2011 enthielten. Als im Rahmen des vorgeschriebenen Maßnahmekatalogs zu prüfende Minderungsmaßnahmen kämen Geschwindigkeitsbegrenzung, Förderung alternativer Verkehrsmittel, Verbesserung des Verkehrsflusses, Fahrbahnreinigung, Reduzierung des Schwerlastverkehrsanteils, allgemeine Verkehrsbeschränkungen und verkehrslenkende Maßnahmen in Betracht. Der Umstand, dass das streitige Vorhaben noch nicht in den Luftreinhalteplan aufgenommen wurde, begründet nicht die Annahme, dass sich mit diesen Maßnahmen die Grenzwerte der 39. BImSchV nicht einhalten lassen. Die Geeignetheit von Maßnahmen der Luftreinhalteplanung liegt gerade dann nahe, wenn – wie hier – Bestandstrassen oder Straßen in bereits stark mit Luftschadstoffen belasteten Gebieten ausgebaut werden, weil für die Luftreinhalteplanung ein breites Spektrum vorhabenunabhängiger Maßnahmen zur Verfügung steht (z.B. allgemeine Verkehrsbeschränkungen; Auflagen für emittierende Anlagen; Planungsvorgaben), mit deren Hilfe Schadstoffbelastungen nicht nur reduziert, sondern auch kompensiert werden können (vgl. BVerwG, Urt. v. 26.05.2004, a.a.O., S. 63 f., RdNr. 28 in Juris).
- 171
Dem entsprechend hat der Senat auch den Beweisantrag des Klägers abgelehnt, der darauf abzielt, Beweis darüber zu erheben, dass im Prognoseplanfall 2025 mit Luftschadstoffgrenzwertüberschreitungen zu rechnen ist, die nicht durch Verkehrslenkungsmaßnahmen bewältigt werden können, welche nicht wiederum zu unzumutbaren (grenzwertüberschreitenden) Luftschadstoffbelastungen auf anderen Innenstadtstraßen in Magdeburg führen. Denn verkehrslenkende Maßnahmen stellen – wie oben erörtert – lediglich ein Mittel aus dem Spektrum einer Vielzahl von Maßnahmen dar, mit denen Überschreitungen der Grenzwerte der 39. BImSchV reduziert bzw. kompensiert werden können. Es ist insbesondere nicht ersichtlich, dass die Verwirklichung des Tunnelprojekts es von vorn herein ausschließt, dass die Grenzwerte der 39. BImSchV eingehalten werden können. Dabei ist in Rechnung zu stellen, dass auch bei Beibehaltung des bisherigen Ausbauzustands der Ernst-Reuter-Allee, also ohne den streitigen Tunnelbau, Anstrengungen unternommen werden müssen, damit die in der 39. BImSchV vorgegebenen Grenzwerte eingehalten werden.
- 172
cc) Die Luftschadstoffuntersuchungen wären zwar dann keine geeignete Entscheidungsgrundlagen bei der Abwägung gewesen, wenn die Verkehrsprognose des Stadtplanungsamts der Beklagten, deren Ergebnisse in den Tabellen 5 bis 7 der Luftschadstoffuntersuchungen vom Juni 2010 und August 2011 sowie in den Tabellen 2 bis 4 der Untersuchung vom April 2012 dargestellt sind, keine geeignete Grundlage darstellen würden, um anhand der darin aufgeführten Verkehrszahlen den Schadstoffausstoß zu ermitteln. Dies lässt sich aber nicht feststellen.
- 173
Verkehrsprognosen unterliegen nur eingeschränkter gerichtlicher Kontrolle; sie sind lediglich daraufhin zu überprüfen, ob sie methodisch einwandfrei erarbeitet worden sind, nicht auf unrealistischen Annahmen beruhen und ob das Prognoseergebnis einleuchtend begründet worden ist (BVerwG, Urt. v. 10.10.2012 – 9 A 19.11 –, a.a.O., RdNr. 21, m.w.N.). Eine gesetzliche Vorgabe, nach welchen Methoden eine Verkehrsprognose im Einzelnen zu erstellen ist, gibt es nicht; eine aktuelle Zählung ist nicht zwingend erforderlich, vielmehr kann die Verkehrsstärke auch nach den in der Straßenplanung gebräuchlichen Modell- und Trendprognosen bestimmt werden (BVerwG, Beschl. v. 15.03.2013 – 9 B 30.12 –, Juris, RdNr. 10, m.w.N.). Die angegriffene Verkehrsprognose genügt noch diesem Maßstab.
- 174
(1) Die Beklagte hat dem Prozessbevollmächtigten des Klägers bereits mit Datum vom 17.01.2012 Unterlagen zur Verfügung gestellt, in denen die Methodik der Erstellung der Verkehrsprognose 2025 erläutert wurde (vgl. S. 184 ff. der Beiakte O). In der Anlage (S. 186 ff. der Beiakte O) heißt es:
- 175
„Die bisher verwendete Prognose 2015-Matrix für den Individualverkehr besteht aus zwei Verkehrsnachfragematrizen:
- 176
einer PKW-Matrix und
- 177
einer LKW-Matrix,
- 178
welche im Zuge einer Verkehrsumlegung über die Software VISUM auf das Straßennetz entsprechend des Quell- und Zielverkehrsaufkommens je Verkehrszelle umgelegt werden. Mit dieser Umlegung wird der durchschnittliche Tagesverkehr (DTV) je Straßenabschnitt ermittelt. Die PKW-Matrix basiert auf einer Datengrundlage von 1996, welche 2004 durch ein an Hand der Befragung des Systems repräsentativer Verkehrsbefragungen (SrV) 2003 festgestelltes erhöhtes Verkehrsaufkommen im motorisierten Individualverkehr (MIV) kalibriert wurde. Die LKW-Matrix wurde im Zusammenhang mit der Einrichtung einer Umweltzone in Magdeburg 2007 für den Istfall 2007 auf Basis von Verkehrszählungen innerhalb des Stadtgebietes der Landeshauptstadt Magdeburg erstellt und daraus ableitend zum Jahreswechsel 2008/09 über die Verkehrsnachfrage-Methode für die Prognose 2015 ermittelt.
- 179
Eine Weiterqualifizierung dieser Prognose 2015 für den Zeithorizont 2025 wurde aufgrund der Beibehaltung einer gewissen Vergleichbarkeit zwischen den einzelnen Prognosehorizonten in einer entsprechenden Form vorgenommen, da die Prognose 2015 mit der Umlegung nur im DTV nicht mehr den heutigen differenzierten Anforderungen bezüglich immissionsrechtlicher, signaltechnischer und netzmodellmethodischer Belange entsprechen kann.
- 180
Abgeleitet aus diesen Gründen wurde für die Prognose 2025 angenommen, dass sich das Mobilitätsverhalten der Bürger nicht verändern wird und die Arbeits- sowie Einkaufsstandorte im Stadtgebiet im Wesentlichen beibehalten bleiben. Durch die differenzierte demografische Entwicklung in den einzelnen Verkehrszellen werden sich jedoch veränderte Verkehrsbeziehungen ergeben. Daher bildete die Bevölkerungsvorausschau des Amtes für Statistik für den Zeithorizont 2025 die Grundlage für die Prognose 2025, zumal die Vorausschau auf Basis der statistischen Bezirke und somit im Wesentlichen auf Basis der Verkehrszellen erstellt werden konnte. Hieraus erfolgte die Ermittlung der Quell- und Zielverkehrsaufkommen im Personenbinnenverkehr je Verkehrszelle. Das Verkehrsaufkommen des einstrahlenden Quell-Ziel-Verkehrs und des LKW-Verkehrs blieben hierbei unverändert.
- 181
Über VISUM werden die jeweiligen Quell- und Zielverkehrsanteile (Binnen-, Quelle-Ziel- und Außenverkehr) entsprechend auf das jeweilige Straßennetzmodell umgelegt. Es erfolgte zunächst eine Umlegung des Istfalls 2011 auf das derzeit vorhandene Straßennetz. Die Straßen im Netzmodell wurden entsprechend ihrer Verkehrsbedeutung und in Anlehnung an über Verkehrszählungen ermittelten Belegungen mit unterschiedlichen Streckenkennwerten bewertet.
- 182
Für den Prognose-NulIfall 2025 erfolgte eine Umlegung der Prognosematrizen 2025 auf das derzeit vorhandene Straßennetz, um somit die möglichen Entwicklungen des Kfz-Verkehrs (Zu- bzw. Abnahme des Kfz-Verkehrs) verdeutlichen zu können. Dazu sind die Streckenkennwerte nicht verändert worden. Bezogen auf das Bauvorhaben EÜ ERA sind die Verkehrseinschränkungen entlang der Ernst-Reuter-Allee zwischen Damaschkeplatz und Knoten ‚Weinarkade’ unverändert geblieben.“
- 183
Beigefügt waren eine Liste der Eingangsdaten im Personennahverkehr (Einwohner) 2011 und 2025 sowie eine Aufstellung des Quell- und Zielverkehrsaufkommens je Verkehrszelle im Istfall 2011 und im Prognosefall 2025, die vom Stadtplanungsamt der Beklagten unter Datum vom 04.07.2011 erstellt wurde (Unterlage 15.1, Ordner 6/6, sowie Bl. 317, 319 GA). Die Zahlen in den Tabelle 6 und 7 der Luftschadstoffuntersuchungen stimmen mit den Daten in der Aufstellung des Quell- und Zielverkehrsaufkommens (PKW-Verkehrsaufkommen [grün] und LKW-Verkehrsaufkommen [blau]) überein.
- 184
(2) Die Beklagte hat die Ergebnisse der Verkehrsprognose anhand der „Methodik der Verkehrsmodellierung 2025“ vom 14.06.2013 näher erläutert.
- 185
Verwendet worden sei die Verkehrsplanungssoftware PTV-Visum der PTV Group, die den Standard in Deutschland darstelle. Die Software sei im Rahmen des Wartungsvertrages ständig aktualisiert worden. Das Verkehrsmodell, welches für das streitige Planfeststellungsverfahren zugrunde gelegt wurde, habe auf einer Vielzahl von Eingangsdaten basiert, die sich in drei Kategorien wie folgt zusammenfassen ließen:
- 186
1. Kategorie: Strukturdaten
- 187
Einwohner (Ist 2007 und Prognose 2015)
- 188
unterteilt nach verhaltenshomogenen Gruppen, verkehrszellenfein, 1996 und 2003
- 189
Quelle: Amt für Statistik der Landeshauptstadt Magdeburg
- 190
• Arbeitsplätze (Ist 2007 und Prognose 2015)
- 191
ermittelt über Nettoflächen der Betriebe und branchenorientiert sowie verkehrszellenfein 1996 und 2003
- 192
Quelle: Stadtplanungsamt der Landeshauptstadt Magdeburg (Flächennutzungsplan)
- 193
• Ausbildungsplätze (Ist 2007 und Prognose 2015)
- 194
unterteilt nach Kita, Schulen, Hochschule und Universität, 2003
- 195
Quelle: Amt für Statistik und Schulverwaltungsamt der Landeshauptstadt Magdeburg
- 196
• Verkaufsraumflächen (Ist 2007 und Prognose 2015)
- 197
ermittelt über Netto-Verkaufsraumflächen und verkehrszellenfein 1996 und 2007 Quelle: Stadtplanungsamt der Landeshauptstadt Magdeburg (Märktekonzept)
- 198
• Besucher je Freizeiteinrichtungen (Ist 2007 und Prognose 2015)
- 199
ermittelt über durchschnittliche Besucherzahlen und verkehrszellenfein 2003 Quelle: Amt für Statistik der Landeshauptstadt Magdeburg
- 200
• Kordonbefragung Stadt-Umland-Beziehungen 1994 (Ist 2007 und Prognose 2015)
- 201
Quelle: Stadtplanungsamt der Landeshauptstadt Magdeburg
- 202
• LKW-Matrix für den Istfall 2007
- 203
verkehrszellenfein, auf Basis von Verkehrszählungen 2004 - 2006 im Stadtgebiet von Magdeburg
- 204
Quelle: Büro IVV Aachen/Berlin im Auftrage des Landes Sachsen-Anhalt
- 205
• LKW-Matrix für die Prognose 2015
- 206
verkehrszellenfein, auf Basis des Istfalls 2007
- 207
Quelle: Büro Verkehr Bonn/ Graz/ Weimar im Auftrage des Stadtplanungsamtes
- 208
2. Kategorie: Netzdaten
- 209
• Streckenkennwerte entsprechend der verkehrlichen Bedeutung, der Kfz-Kapazität [Kfz/d], der Anzahl der Kfz-Spuren je Richtung und der zulässigen Höchstgeschwindigkeit [km/h]
- 210
• Knotenkennwerte (-typen), unterteilt nach LSA-Knoten und ungeregelten Knoten (Haupt- und Nebenstraßennetz, gleichrangige Knoten)
- 211
• Abbiegekenndaten
- 212
Quelle: PTV Visum und Stadtplanungsamt
- 213
(Verkehrliches Leitbild 1993 bzw. Beiplan des Flächennutzungsplanes 2000)
- 214
• Gliederung des Stadtgebietes nach Statistischen Bezirken
- 215
Quelle: Amt für Statistik der Landeshauptstadt Magdeburg, 1996 und 2003
- 216
3. Kategorie: Verhaltensdaten
- 217
• spezifisches Verkehrsaufkommen je Person und Verkehrsart (Modal Split)
- 218
• Wegeketten je Person und Verkehrsart
- 220
Das Verkehrsmodell habe im Jahr 2007 242 Verkehrszellen umfasst, davon seien 223 städtische Verkehrszellen dargestellt, und 19 hätten sich in den unmittelbaren Nahbereich des Umlandes erstreckt. Die gegebenen Verflechtungen des Gebiets der Beklagten mit dem Umland seien über die Ergebnisse der Kordonbefragung ermittelt worden. An allen Zufahrtstraßen sei nach dem Woher, dem Wohin und dem Zweck gefragt worden. Bezogen auf das Gebiet der Beklagten habe die Ortsangabe möglichst stadtteilfein, auf das nähere Umland gemeindefein und außerhalb des Umlandes kreisfein sein sollen. Der Quelle-Ziel- und der Durchgangsverkehr sei damit bezogen auf Magdeburg erfasst worden; so genannte Außenverkehre seien dagegen nicht erfasst und deshalb auch nicht Bestandteil des Netzmodells der Landeshauptstadt Magdeburg gewesen.
- 221
Im Stadtgebiet hätten die Verkehrszellen im Wesentlichen den statistischen Bezirken des Amtes für Statistik entsprochen. Bei der Gliederung des Stadtgebietes nach statistischen Bezirken habe die überwiegende Nutzungsart (Wohn-, Misch-, Gewerbegebiete, Großeinkaufmärkte oder großräumige Freiflächen) je statistischen Bezirkes im Vordergrund gestanden. Einige dieser statistischen Bezirke seien jedoch aufgrund der verkehrlichen Struktur für eine Verkehrszelle zu groß gewesen und seien daher in weitere Verkehrszellen unterteilt worden, wie z.B. alle statistischen Bezirke der Altstadt, von Neu Olvenstedt und Neustädter Feld. Darüber hinaus seien statistische Bezirke mit ausschließlich gewerblicher Nutzung wie z.B. Gewerbegebiet Nord, Sülzegrund und Beyendorfer Grund aus gleichem Grund in mehrere Verkehrszellen unterteilt worden. Die teilweise nochmalige Unterteilung einiger statistischer Bezirke sei notwendig geworden, um eine realitätsnahe Widerspiegelung der tatsächlich ermittelten Verkehrsbelastungen einiger Hauptnetzstraßen in diesen statistischen Bezirken zu ermöglichen. Neben den Angaben aus Statistiken des Amtes für Statistik seien Daten aus dem Flächennutzungsplan sowie aus dem Märktekonzept der Landeshauptstadt Magdeburg verkehrszellenfein abgeleitet und eingebaut worden. Das modellierte Straßennetz habe alle Hauptverkehrs- und Sammelstraßen sowie ausgewählte Anliegerstraßen erfasst. Sie seien entsprechend ihrer verkehrlichen Bedeutung (anbaufreie Strecken- bzw. planfreie Knoten, überörtliche, regionale und städtische Verbindungsfunktion u.a.) und ihres Ausbauzustandes (straßenbegleitendes Parken, Straßenbahn in Fahrbahnniveau, Häufigkeit einmündender Anliegerstraßen u.a.), ebenso auch die Knotenpunkte nach ihrer Funktion (LSA-geregelte, vorfahrtsgeregelte, gleichrangige Knoten, Bahnübergänge, Kreisverkehre) bewertet worden.
- 222
Dem Verkehrsmodell hätten personenbezogene Verhaltensdaten zugrunde gelegen, die mit den Erkenntnissen und Kennwerten aus repräsentativen empirischen Untersuchungen – System repräsentativer Verkehrsbefragung, TU Dresden (SrV) – entsprechend abgeglichen worden seien. Außerdem hätten diese Erhebungen Anhaltspunkte für die Überprüfung des Modells gebildet (z.B. Fahrtweitenverteilung, unterschiedlicher Modal Split [Verteilung des Transportaufkommens auf verschiedene Verkehrsmittel] in Abhängigkeit von der Länge des zurückgelegten Weges).
- 223
Die Verkehrsnachfragematrix für den Kfz-Verkehr sei 1996 über VISEM ermittelt worden. Im Jahr 2003 sei im Zuge der Erarbeitung des ÖPNV-Konzeptes eine weitere Verkehrsnachfragematrix erstellt worden, wobei in der weiter vertiefenden Kalibrierung der Schwerpunkt im ÖV-Modell gelegen habe. Das ÖV-Modell sei durch die PTV AG Berlin erstellt und anhand der ÖPNV-Erhebung kalibriert worden. Eine unmittelbare Verknüpfung der beiden Verkehrsnetze (IV-Modell und ÖV-Modell) habe aufgrund unterschiedlicher Bezugskennwerte nicht erfolgreich umgesetzt werden können. Jedoch sei ein Abgleich der beiden Nachfragematrizen im Kfz-Verkehr (1996 und 2003) erfolgt. Im Rahmen der Fortschreibung des Nahverkehrsplanes sei 2009 durch den Auftragnehmer ISUP GmbH eine Aktualisierung und Kalibrierung des Istfalls im ÖV-Modell anhand der Daten aus der Verkehrserhebung im Vorfeld der Gründung des marego-Verkehrsverbundes 2005 erfolgt. Die Prognose im ÖV-Modell für den Planungshorizont 2015 sei durch den Auftragnehmer unter Berücksichtigung veränderter Linienführungen von Bus und Straßenbahn gemäß dem vorgesehenen Umsetzungsstand entsprechend erarbeitet worden. Da mittelfristig von einer stabilen Bevölkerungsentwicklung bis 2015 habe ausgegangen werden können, sei die Verkehrsnachfrage des lst-Zustandes des ÖV-Modells in die Prognose 2015 eingegangen.
- 224
Die LKW-Matrix für den Istfall 2007 im IV-Modell sei vom Büro IVV Aachen / Berlin im Auftrag des Landes Sachsen-Anhalt im Zuge von Untersuchungen zur Einrichtung einer Umweltzone in Magdeburg erstellt und der Beklagten zur weiteren Nutzung bereitgestellt worden. Auf Basis dieser Daten sei Ende 2008 / Anfang 2009 eine LKW-Matrix für die Prognose 2015 abgeleitet worden. Grundlage hierfür sei die vom Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS) herausgegebene „Prognose der deutschlandweiten Verkehrsverflechtungen 2025 [ITB/ BVU 2007]“ gewesen.
- 225
In das Verkehrsmodell des Kfz-Verkehrs seien folgende Netzmodelle und Matrizen eingepflegt worden:
- 226
• IV-Netzmodell für den Istfall 2007
- 227
• IV-Netzmodell für die Prognose 2015
- 228
• Nachfragematrix PKW-Verkehr für den Istfall 2007
- 229
• Nachfragematrix PKW-Verkehr für die Prognose 2015
- 230
• Nachfragematrix LKW-Verkehr für den Istfall 2007
- 231
• Nachfragematrix LKW-Verkehr für die Prognose 2015.
- 232
Die Kalibrierung des IV-Netzmodells sei jährlich punktuell anhand von Verkehrszählungen erfolgt. Ebenfalls eingearbeitet worden seien Verkehrsfreigaben von Verkehrsanlagen und verkehrsorganisatorische Veränderungen (veränderte Hauptstraßenführungen, Anpassung von LSA-Programmen, Geschwindigkeiten etc.). Sei das Verkehrsmodell im Istfall in der Lage gewesen, das Verkehrsgeschehen im Ist-Zustand realitätsnah abzubilden (Abgleich mit Fahrtweitenverteilungen, entfernungsabhängigem Modal Split und Daten aus den laufenden Verkehrszählungen), so habe es als kalibriert gegolten und die Grundlage für die Verkehrsprognose 2015 dargestellt.
- 233
Das kalibrierte IV-Netzmodell im Istfall sei um die nach damaligem Kenntnisstand zu erwartenden bzw. gesicherten Maßnahmen laut des verkehrlichen Leitbildes und des Flächennutzungsplans ergänzt worden. Unter Beachtung dieser Ergänzungen stelle sich das für 2015 prognostizierte IV-Netz wie folgt dar:
- 234
• Komplettierung des Knotens Magdeburger Ring / Brenneckestraße
- 236
• Verlängerung / Durchbindung der Grabower Straße, der Burger Straße und der Straße „Am Hansehafen“ im Gewerbegebiet „Rothensee“ einschließlich einer gewerblichen Ansiedlung in diesem Gebiet
- 237
• Neubau der Eisenbahnüberführung Ernst-Reuter-Allee (EÜ ERA)
- 238
• Ausbau der Berliner Chaussee (B 1) als vierstreifige Straße.
- 239
Im Rahmen des streitigen Planfeststellungsverfahrens sei Ende 2010 / Anfang 2011 ersichtlich geworden, dass der Prognosehorizont 2015 in Bezug zum absehbaren Fertigstellungstermin des Bauvorhabens nicht mehr ausgereicht habe. Daher sei vom Vorhabenträger eine Verkehrsprognose 2025 angefordert worden. Die Ergebnisse dieser Verkehrsprognose sollten Bestandteil des streitigen Planfeststellungsverfahrens werden.
- 240
Für die Weiterqualifizierung des bisherigen Netzmodells für den Zeithorizont 2025 seien folgende Eingangsdaten in Anlehnung an die drei Kategorien erfasst und entsprechend eingepflegt worden:
- 241
1. Kategorie: Strukturdaten
- 242
• Einwohner (Ist 2011 und Prognose 2025)
- 243
unterteilt nach verhaltenshomogenen Gruppen, verkehrszellenfein
- 244
Quelle: Amt für Statistik der Landeshauptstadt Magdeburg, 2010
- 245
2. Kategorie: Netzdaten
- 246
• Übernahme der Netzdaten (Ist 2007 und Prognose 2025) und Aktualisierung dieser Daten auf dem Stand 2011 durch Einfügen weiterer Widerstände im Netz (LSA-geregelte Straßenquerungen der Straßenbahn, Fußgänger-LSA und Bahnübergänge)
- 247
• Erhöhung der Anzahl städtischer Verkehrszellen von 223 auf 234 Verkehrszellen (Ist 2007 und Prognose 2025) durch Aggregieren bestimmter vorhandener Verkehrszellen, wie z.B. in den Stadtteilen Neue Neustadt, Neustädter See, Leipziger Straße, Hopfengarten, Buckau und Salbke. Die Anzahl der Verkehrszellen im Umland blieb mit 19 Verkehrszellen unverändert.
- 248
Quelle: Stadtplanungsamt der Landeshauptstadt Magdeburg, 2011
- 249
3. Kategorie: Verhaltensdaten
- 250
• Beibehaltung der Verhaltensdaten je Verkehrszelle (Modal Split, Wegeketten je Person und Verkehrsart)
- 251
Quelle: Stadtplanungsamt der Landeshauptstadt Magdeburg, 2011.
- 252
Weitere aktuelle verkehrszellenfeine Daten zur Arbeitsplatzverteilung, zu Verkaufsraumflächen, zu Freizeiteinrichtungen bzw. zur städtebaulichen Entwicklung sowohl für den Istfall 2011 als auch für die Prognose 2025 seien wie folgt in die Verkehrsprognose 2025 eingeflossen:
- 253
> Keine Ausweisung neuer Wohnbaugebiete im Außenbereich. Vielmehr sieht die Überarbeitung des Flächennutzungsplanes vor, im ostelbischen Bereich vormals im Flächennutzungsplan ausgewiesene Wohngebiete herauszunehmen. Am Stadtrand sollen allenfalls Arrondierungsflächen noch für Wohngebiete zur Verfügung stehen.
- 254
Innerstädtische Wohnbauprojekte werden auch in Bereichen ausgewiesen, auf denen vormals ein Rückbau erfolgt ist. Beispiele hierfür sind u.a. die Bereiche Rennebogen, Düppler Grund und Bruno-Krayl-Ring. Mithin findet hier lediglich ein Austausch von Wohnformen statt. Dies führt zwar zu Veränderungen der Anzahl der dort Wohnenden, gleichwohl nicht zu grundsätzlichen neuen Ausrichtungen.
- 255
> Beibehaltung des gegenwärtigen Status der Flächen von Industrie- und Gewerbegebieten. Der Status des Jahres 2006 hat fortzugelten, wonach keine neuen Industrie- und Gewerbegebiete ausgewiesen werden sollen, sofern diese nicht vollständig besiedelt sind. Das folgt aus Ziff. 4.9 des Regionalen Entwicklungsplans der Region Magdeburg. Wesentliche Zuwächse im Wirtschaftsverkehr ergeben sich vor allem im Norden der Stadt aus der Entwicklung des Hansehafens und des Industrie- und Logistikzentrums. Die übrigen Industrie- und Gewerbestandorte verbleiben mit Ausnahme des Bereichs SKET / Freie Straße
- 256
im vorhandenen Bestand.
- 257
> Beibehaltung des gegenwärtigen Status der räumlichen Verteilung der Einkaufs- und Freizeitstandorte. Die räumliche Entwicklung im Einzelhandel wurde mit der Erweiterung des ECE-Standortes „Allee Center“ im Jahr 2006 abgeschlossen. Auf der Grundlage des bestehenden Märktekonzeptes ist eine Ausweitung des Einzelhandels nur in begrenztem Umfang möglich, da die Landeshauptstadt Magdeburg mit 2,5 m² Verkaufsfläche je Einwohner bereits einen sehr hohen Spitzenwert innehat. Auch die beiden peripheren Sondergebiete „Flora-Park“ und „Börde-Park“ sind in ihrer Entwicklung weitestgehend abgeschlossen, so dass hier insgesamt von einem Bestand auszugehen ist.
- 258
> Berücksichtigung der Entwicklung des spezifischen Verkehrsaufkommens im MIV von 1,65 Fa/P+d (2003) auf 1,45 Fa/P+d (2008).
- 259
In Auswertung dieser Ausgangslage sei festgehalten worden, dass die für die Prognose 2015 getroffenen Annahmen zu den Struktur- und Netzdaten mit Ausnahme der Einwohnerentwicklung auch für die Verkehrsprognose 2025 anzuwenden seien. Für die Einwohnerentwicklung sei die vom Amt für Statistik der Landeshauptstadt Magdeburg erstellte Bevölkerungsvorausschau bis 2025 herangezogen worden. Die Beibehaltung der Verkehrszellen entsprechend der überwiegenden Nutzungsart (Wohn-, Misch-, Gewerbegebiete, Großeinkaufmärkte oder großräumige Freiflächen) und der Netzstruktur (Straßennetz) habe diese Anpassung erleichtert und ermögliche eine Vergleichbarkeit zum Istfall 2007 bzw. zur Prognose 2015.
- 260
Grundlage für die Bevölkerungsvorausschau habe die 5. Regionalisierte Bevölkerungsprognose des Statistischen Landesamtes Sachsen-Anhalt gebildet. Aufbauend auf dieser stadtgenauen Prognose sei erstmals mittels eines Trendszenarios die Bevölkerungsentwicklung verkehrszellenfein innerhalb des Stadtgebietes erstellt worden, dessen Grundlage die Wanderungsbewegungen, die Geburten- und Sterbeentwicklungen je statistischem Bezirk der letzten fünf Jahre gewesen seien. Die in der Prognose der deutschlandweiten Verkehrsverflechtungen herausgearbeiteten Entwicklungen im Personen- und im Straßengüterverkehr seien berücksichtigt worden, wenn diese in einem direkten Zusammenhang zu Magdeburg gestanden hätten. Des Weiteren seien einige statistische Bezirke nochmals unterteilt worden, um somit eine realitätsnähere Widerspiegelung zu den tatsächlich ermittelten Verkehrsbelastungen einiger Haupt- netz- und wichtiger Durchgangsstraßen im Nebennetz in diesen statistischen Bezirken zu ermöglichen. Das bisher modellierte Straßennetz sei im Wesentlichen übernommen und durch Einfügen von Widerständen weiter verfeinert worden. Diese Verfeinerungen seien sowohl jeweils im Istfall als auch im Prognosenetz entsprechend berücksichtigt. Ausgehend vom gegenwärtigen Kenntnisstand zur städtebaulichen und verkehrlichen Entwicklung in der Landeshauptstadt Magdeburg bis 2025 sei das prognostizierte IV-Netz wie folgt erweitert worden:
- 261
• Neubau der Erschließungsstraßen im SKET-Areal „Freie Straße“ einschließlich einer gewerblichen Ansiedlung in diesem Gebiet
- 262
• Neubau der Elbbrücken des verlängerten Strombrückenzuges.
- 263
Ausgehend von den Ergebnissen der SrV 2008 zum Modal Split habe zum damaligen Zeitpunkt keine Reduzierung aller Kfz-Fahrten im Magdeburger Binnenverkehr für den Prognosehorizont 2025 abgeleitet werden können. Der Anteil des Motorisierten Individualverkehrs je Person und Tag (MIV) sei von 1991 bis 2003 stetig angestiegen und habe 2008 einen leichten Rückgang aufgewiesen. Die Summe aller Kfz-Fahrten im Magdeburger Binnenverkehr sei in diesem Zeitraum wegen des Rückganges der Einwohnerzahl dagegen konstant geblieben. Aus dem bisher einmaligen Rückgang des MIV-Anteils habe nach damaligem Kenntnisstand kein Rückschluss auf eine Trendwende im Verkehrsverhalten der Magdeburger Bürger abgeleitet werden können. Daher habe man angenommen, dass das Verkehrsverhalten der Bürger bis 2025 unverändert bleiben würde.
- 264
Da die Einteilung der Verkehrszellen im Stadtgebiet im Laufe der Zeit immer noch als homogen bezeichnet werden könne, seien für die Ermittlung der Quell- und Zielverkehre nur die Verkehrszellen innerhalb der Stadt herangezogen worden, die eine überwiegende Nutzungsart des Wohnens aufwiesen. Die Ermittlung dieser Verkehre im personengebundenen Binnenverkehr sei in Anlehnung an die Entwicklung der Bevölkerungsvorausschau und unter Beachtung der Homogenität in der Nutzungsart der jeweiligen Verkehrszellen erfolgt. Eine Zunahme der Bevölkerung je Verkehrszelle habe auch eine anteilige Zunahme der Quell- und Zielverkehre je Verkehrszelle innerhalb der Stadt bedeutet. Außerhalb der Stadt liegende Verkehrszellen sowie die fahrzeugbezogenen LKW-Matrizen seien unverändert geblieben.
- 265
Zum Zeitpunkt der Erstellung des Verkehrsmodells der Beklagten im Jahr 1996 habe es keine Bundesautobahn A 14 gegeben. Der damalige Quelle-Ziel- und der Durchgangsverkehr hätten sich auf die damals nach Magdeburg radial zufließenden Bundes-, Landes- und Gemeindestraßen orientiert. Über die 1994 durchgeführte Kordonbefragung an allen Radialstraßen (woher, wohin und zu welchem Zweck) habe ein hinreichend genaues Abbild dieser Verkehre ermittelt werden können. Mit der Eröffnung der BAB A 14 im Jahr 2000 habe eine Verkehrsverlagerung aus dem Stadtgebiet auf diese neue Trasse eingesetzt. Sie habe vor allem den regionalen Quelle-Ziel- und überörtlichen Durchgangsverkehr umfasst. Durch diese Verkehrsverlagerung auf die BAB A 14 seien im Zuge des Magdeburger Ringes sehr große Kapazitäten freigesetzt worden, die wiederum durch den Binnenverkehr hätten besetzt werden können. Dies zeigten einerseits die weiterhin hohen Verkehrsbelastungen auf dem Magdeburger Ring, aber auch die flächenhafte Verkehrsentlastung des Straßenhauptnetzes im Stadtgebiet. In der Folgezeit sei bis 2007 zwar ein deutlich geringeres Maß an Verkehrsverlagerungen festzustellen. Vor allem im Zuge der BAB A 14, des Magdeburger Ringes und der B 1 hätten weitere Verkehrszunahmen und im übrigen Stadtgebiet demgegenüber flächenhafte Verkehrsentlastungen realisiert werden können. Im Rahmen der ständigen Aktualisierung der Istfälle hätten diese Entwicklungen hinreichend genau widergespiegelt werden können. Es sei auch ersichtlich geworden, dass sich die Istfälle 1996 bis 2007 bezüglich der Bündelung der Verkehrsströme auf die Hauptverkehrsstraßen und der flächenhaften Verkehrsentlastung des übrigen Netzes immer mehr der Prognose 2015 näherten. Das im Rahmen dieser Aktualisierung kalibrierte Kfz-Verkehrsmodell habe somit eine hinreichend genaue Grundlage für die Verkehrsprognose 2015 gebildet, welche somit ständig dem Baufortschritt der Verkehrsanlagen und der zwischenzeitlich realisierten Ansiedlungen von Wohn- und Gewerbegebieten sowie großflächigen Einkaufsmärkten angepasst worden sei.
- 266
Auch nach 2007 sei das Verkehrsmodell im Istfall und in der Prognose 2015 entsprechend den zuvor genannten Rahmenbedingungen projektbezogen weiterentwickelt worden. Das Kfz-Verkehrsmodell im Istfall habe somit hinreichend genau die erfassten Verkehrsbelastungen im Straßenhauptnetz der Stadt widergespiegelt und habe daher als Grundlage für eine Verkehrsprognose 2025 für die Landeshauptstadt Magdeburg herangezogen werden können.
- 267
Im Rahmen der Erstellung der Verkehrsprognose 2025 sei zunächst voranzustellen gewesen, dass ein unmittelbares Zusammenfügen des städtischen Verkehrsmodells mit dem Verkehrsmodell des Landes Sachsen-Anhalt aufgrund der verschiedenartigen Bezugskennwerte nicht möglich gewesen sei. Die im Landesverkehrswegeplan von Sachsen-Anhalt enthaltenen geplanten Verkehrsbauvorhaben im Umland von Magdeburg, wie z.B. die Nord-Verlängerung der BAB A 14, einschließlich der Neu-Anbindung der B 71n an die BAB A 14; die Südumfahrung von Schönebeck im Zuge der B 246a, seien der Beklagten der Lage nach bekannt. Auswirkungen dieser Baumaßnahmen auf den innerstädtischen Verkehr der Landeshauptstadt Magdeburg hätten nicht unmittelbar abgeleitet werden können. Mit der Nord-Verlängerung der BAB A 14 werde bspw. eine Entflechtung der Verkehre auf der B 189 zwischen Stendal und Magdeburg sowie auf der B 71 zwischen Haldensleben und Magdeburg dahingehend einhergehen, dass zukünftig zwei Trassen zwischen Magdeburg und Stendal bzw. Haldensleben zur Verfügung stehen werden. Weiträumige überörtliche Verkehre würden somit eher die A 14 und der Quelle-Ziel-Verkehr würde im Nahbereich von Magdeburg eher die B 189 bzw. B 71 nutzen.
- 268
Aus verkehrsplanerischer Sicht sei die Annahme getroffen worden, dass die aus der baulichen Umsetzung dieser Maßnahmen resultierenden verkehrlichen Auswirkungen in besonderem Maße die Verkehre entlang der neu angelegten Trassen außerhalb von Magdeburg betreffen. Denn die BAB A 14 führe schon heute längs am Stadtgebiet von Magdeburg im Norden bis nach Dahlenwarsleben vorbei. Die Verkehre würden einerseits über die BAB A 14 – wie schon jetzt – tangential an Magdeburg vorbeifließen und andererseits würde der Quelle-Ziel-Verkehr in Höhe der Stadtgrenze wieder über bereits bestehende Trassen nach und von Magdeburg fließen. Diese Quelle-Ziel-Verkehre seien somit in die Netzmodellierung entsprechend eingeflossen.
- 269
Des Weiteren hätten konkrete, auf die Landeshauptstadt Magdeburg ableitbare Informationen zum zeitlichen Bauablauf der Nord-Verlängerung der BAB A 14 sowie zu Zwischenzuständen bei abschnittsweisen Verkehrsfreigaben der BAB A 14 weder 2007 noch 2011 zur Verfügung gestanden. Zum Zeitpunkt der Modellierung habe man daher davon ausgehen können, dass die vorrangig in der Nord-Süd-Relation ausgerichteten Verkehre der BAB A 14 keinen mess- bzw. modellierbaren Einfluss auf die vorrangig städtisch orientierten Ost-West-Verkehre entlang der Ernst-Reuter-Allee ausüben würden. Ebenso sei ersichtlich geworden, dass aus den im Rahmen der „Prognose der deutschlandweiten Verkehrsverflechtungen 2025“ und der „Verkehrlichen Überprüfung der Straßenbauprojekte im Bedarfsplan für die Bundesfernstraßen 2004“ erstellten Szenarien keine unmittelbare Übernahme der für die Landeshauptstadt Magdeburg relevanten Daten ableitbar gewesen seien.
- 270
In Auswertung der Konzeptionen zur Stadtentwicklung (Flächennutzungsplan, Verkehrliches Leitbild, Märktekonzept, Stadtumbaukonzept, Nahverkehrskonzeption u.a.) könne zusammengefasst werden, dass die bisher verankerten Ziele der Stadtentwicklung auch über das Jahr 2015 im Wesentlichen weiter verfolgt werden.
- 271
Schwerpunkte hierfür lägen somit:
- 272
> in der weiteren Verdichtung innenstadtnaher Wohnbereiche wie z.B. in der Alten und Neuen Neustadt, in Brückfeld, in Cracau, in Buckau, in Sudenburg und in Stadtfeld
- 273
> in der weiteren Ansiedlung von Industrie und Gewerbe in den Gewerbegebieten Nord, Sülzegrund und Beyendorfer Grund sowie in derzeit brachliegenden Industriebrachen, wie z.B. „SKET-Areal“
- 274
> in der Beibehaltung der bisher geschaffenen großflächigen Einkaufsmärkte „Am Pfahlberg“, Florapark“ und Bördepark sowie des Einkaufsbereiches Ernst-Reuter-Allee / Breiter Weg
- 275
> in der Aufrechthaltung der Universitäts- und Hochschulstandorte in der Innenstadt und im Herrenkrug.
- 276
Neben diesen Schwerpunkten der Stadtentwicklung habe die prognostizierte Bevölkerungsentwicklung in der Landeshauptstadt Magdeburg und im näheren Umland der Landeshauptstadt einen erheblichen Einfluss gehabt. Nach Angaben des Statistischen Landesamtes des Landes Sachsen-Anhalt sei eine Bevölkerungsentwicklung von 2011 auf 2025 landesweit von -15,8 %‚ in den Landkreisen Börde von -16,3 %‚ Salzlandkreis von -20,1 % und Jerichower Land von -18,9 % sowie stadtfein für die Landeshauptstadt Magdeburg von -2,3 % zu erwarten. Während landesweit und in den drei Landkreisen ein stetiger Rückgang prognostiziert worden sei, habe die Bevölkerung der Landeshauptstadt bis 2015 leicht auf 232.500 Einwohner (EW) ansteigen sollen, bis 2020 leicht auf 230.700 EW zurückgehen und ab 2020 bis 2025 auf 225.600 EW etwas stärker abnehmen sollen. Auf dieser Basis habe 2011 das Amt für Statistik der Beklagten verkehrszellenfein die Bevölkerungsvorausschau erstellt. Unter Beachtung der im Trendszenario fortgeschriebenen Eckpunkte (Geburtenrate, Sterberate, Wanderungssaldo zwischen den statistischen Bezirken u.a.) könne verkehrszellenfein eine Entwicklung eintreten, bei der im innenstadtnahen Bereich der Stadt die Einwohnerzahl sich erhöhe und in einigen sich in Randlage befindlichen Stadtteilen die Einwohnerzahl sehr deutlich abnehmen werde. Die Bevölkerungsvorausschau sei auf Basis der Bevölkerung mit Hauptwohnsitz erfolgt. Somit sei bei der Ermittlung der Bevölkerungsvorausschau unterstellt worden, dass die Anteile der Personen mit Zweitwohnsitz in den jeweiligen Stadtteilen von derzeit 2,2 % aller wohnberechtigten Einwohner unverändert bleiben werden und damit die Ungenauigkeit in der Ermittlung der Quelle- und Ziel-Verkehre je Verkehrszelle nur marginal beeinflussen. Die Entwicklung entspreche damit im Wesentlichen der städtebaulichen Zielstellung – der weiteren Verdichtung der inneren Stadtteile des sogenannten 1. Rings sowie des Stadtzentrums. Durch diese deutlich differenzierten Strukturänderungen in den einzelnen Verkehrszellen könnten sich ebenso deutlich veränderte Verkehrsbeziehungen ergeben. Die Umlegung der mit diesen Annahmen erstellten IV-Nachfragematrix 2025 auf das vorhandene Straßennetz (Prognose-NuIlfall) und auf das geplante Verkehrsnetz 2025 (Prognose-Planfall) habe deutlich gemacht, dass es infolge der o.g. Entwicklung zu einem leichten Aufwuchs der Verkehrsbelastung auf einigen innenstadtnahen Hauptverkehrsstraßen kommen könne. Mit diesem Aufwuchs würde die Leistungsfähigkeit des Hauptverkehrsstraßennetzes der Stadt nicht beeinträchtigt werden. Es würde damit kein Verdrängen in das Straßennebennetz stattfinden. Die in die Prognose 2025 einbezogenen Verkehrsbaumaßnahmen dienten u.a. der weiteren Bündelung des Kfz-Verkehrs auf das Hauptverkehrsstraßennetz. In Bezug auf die beiden anstehenden Großvorhaben in der Innenstadt – Eisenbahnüberführung Ernst-Reuter-Allee und Neubau der Elbbrücken – seien keine Verlagerungen des MIV modellseitig erkennbar geworden.
- 277
(3.) Der Kläger vermag nicht mit dem Einwand durchzudringen, eine schlüssige Verkehrsprognose sei nicht Gegenstand von Planfeststellungsunterlagen gewesen, vielmehr wiesen die ausgelegten Unterlagen erhebliche Defizite auf. Zwar lässt sich allein anhand der in den vorliegenden Planfeststellungsunterlagen enthaltenen Angaben nicht nachvollziehen, wie das Stadtplanungsamt der Beklagten zu den in der Verkehrsprognose dargestellten Ergebnissen gelangte. Es wird im Wesentlichen nur das Ergebnis der Auswertung mitgeteilt. Jedoch führt allein eine unzureichende Dokumentation der Ermittlung des prognostizierten Verkehrsaufkommens nicht zu einem relevanten Rechtsfehler. Den einschlägigen Normen kann keine Rechtspflicht zur umfassenden Dokumentation der zugrunde liegenden Untersuchungen entnommen werden. Der Behörde ist es daher nicht verwehrt, die Plausibilität der für die Planung maßgeblichen Untersuchungsergebnisse nachträglich aufzuzeigen (vgl. BVerwG, Urt. v. 10.10.2012 – 9 A 19.11 –, a.a.O., RdNr. 29).
- 278
(4.) Auch unter Berücksichtigung der im Verfahren 2 K 99/12 von der dortigen Klägerin vorgelegten Stellungnahme des IVV vom August 2013 sind methodische Fehler oder unrealistische Annahmen bei der Erstellung der Verkehrsprognose nicht erkennbar.
- 279
(4.1.) Insbesondere kann nicht davon ausgegangen werden, dass die angenommenen Verkehrszahlen bereits deswegen verfehlt sind, weil ein erheblicher Anstieg des LKW-Aufkommens zu erwarten wäre, der in den Belastungsdaten, die insbesondere den Immissionsgutachten zugrunde liegen, nicht berücksichtigt wurde.
- 280
Dem Kläger ist zwar darin beizupflichten, dass zur Berechnung von LKW-Anteilen auf die Tabelle A in Anlage 1 zur 16. BImSchV zurückgegriffen werden kann, solange geeignete projektspezifische Prognosen des LKW-Anteils fehlen (vgl. BVerwG, Urt. v. 10.10.2012 – 9 A 19.11 –, a.a.O., RdNr. 28). Allerdings ist entgegen seiner Annahme die Ernst-Reuter-Allee nicht – auch nicht nach Vergrößerung der Durchfahrtshöhe von 3,40 m auf 4,50 m – als Gemeindeverbindungsstraße einzustufen mit der Folge, dass bei Anwendung der Tabelle A der Anlage 1 zur 16. BImSchV der LKW Anteil mit 20 % tags und 10 % nachts anzusetzen wäre. Eine Gemeindeverbindungsstraße ist dadurch gekennzeichnet, dass sie überwiegend dem nachbarlichen Verkehr zwischen Gemeinden oder dem weiteren Anschluss von Gemeinden oder räumlich getrennten Ortsteilen an überörtliche Verkehrswege dienen oder zu dienen bestimmt sind (vgl. § 3 Abs. 1 Nr. 3 StrG LSA). Auch wenn die zulässige Gesamthöhe für Kraftfahrzeuge gemäß § 32 Abs. 2 StVZO 4,00 m beträgt, so dass nach einer Vergrößerung der Durchfahrtshöhe von 3,40 m auf 4,50 m künftig auch mehr größere LKWs die Eisenbahnunterführung nutzen können als zuvor, ist nicht ersichtlich, dass die in der Innenstadt liegende Ernst-Reuter-Allee deshalb überwiegend dem nachbarlichen Verkehr zu anderen Gemeinden dienen soll. Mit der Sanierung der Eisenbahnunterführung will die Beklagte eine Durchfahrtshöhe von 4,50 m deshalb gewährleisten, weil dies der Richtlinie für die Anlage von Stadtstraßen – Ausgabe 2006 (RASt 06) entspricht. Die Richtlinien für die Anlage von Straßen bringen die anerkannten Regeln für die Anlage von Straßen zum Aus
- 281
druck; ausgehend hiervon wird eine Straßenplanung, die sich an den Vorgaben dieser Richtlinien orientiert, nur in besonderen Ausnahmefällen gegen das fachplanerische Abwägungsgebot verstoßen (vgl. zu den Richtlinien für die Anlage von Straßen [RAS] BVerwG, Urt. v. 30.05.2012 – 9 A 35.10 –, NVwZ 2013, 147 [152], RdNr. 43, m.w.N.). Die Tabelle A der Anlage 1 zur 16. BImSchV geht davon aus, dass bei Gemeindestraßen von einem Anteil für LKWs mit über 2,8 t zulässigem Gesamtgewicht von tagsüber 10 % und nachts 3 % zu rechnen ist. Unter Anwendung eines von der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) genannten Umrechnungsfaktors von 1,17 (vgl. hierzu BVerwG, Urt. v. 10.10.2012 – 9 A 19.11 –, a.a.O., RdNr. 30) läge der LKW-Anteil > 3,5 t nachts bei 2,56 % und tags bei ca. 8,55 %, durchschnittlich also bei 5,56 %.
- 282
Die Beklagte hat indes den LKW-Anteil projektbezogen ermittelt, so dass nicht auf die Tabelle A in Anlage 1 zur 16. BImSchV zurückgegriffen werden muss.
- 283
Die Möglichkeit, bestimmte Werte auf der Grundlage geeigneter projektbezogener Untersuchungsergebnisse heranzuziehen, soll – wie die verwerteten Daten, Tabellen und Korrekturwerte der Anlage 1 zu § 3 der 16. BImSchV – Erfahrungswissen nutzbar machen. Daher ist es erforderlich, aber auch ausreichend, entsprechende Erkenntnisse empirisch (auf Erfahrung beruhend) zu ermitteln, auszuwerten und in wissenschaftlich korrekter Weise Schlussfolgerungen für die zu beurteilende Situation zu ziehen. Dagegen muss das erarbeitete Erfahrungswissen nicht zugleich mathematisch zwingende Schlussfolgerungen erlauben (vgl. zum Ganzen: BVerwG, Urt. v. 11.01.2001 – 4 A 13.99 –, NVwZ 2001, 1154 [1157], RdNr. 70 in Juris).
- 284
Die Beklagte hat für die Ermittlung der zu erwartenden LKW-Anteile als wesentliche Grundlage Erfahrungswissen aus der Nutzung der bereits bestehenden und befahrenen Straße herangezogen. Sie hat insoweit auf eine LKW-Matrix für den Istfall 2007 im IV-Modell zurückgegriffen, die vom Büro (…) im Auftrag des Landes Sachsen-Anhalt im Zuge von Untersuchungen zur Einrichtung einer Umweltzone in Magdeburg auf der Basis von Verkehrszählungen innerhalb des Stadtgebietes erstellt worden war. Der LKW-Anteil betrug für die Analyse 2007 im streitigen Abschnitt der Ernst-Reuter-Allee zwischen 0,8 und 1,8 % und durchschnittlich ca. 1,5 % (vgl. Tabelle 5 der Luftschadstoffuntersuchung, S. 16). Nach der „Datenzusammenstellung und Erläuterung zu den Anforderungen der ISU Plan Berlin EÜ Ernst-Reuter-Allee, Bewertung der Umweltauswirkungen gemäß § 12 UVPG“ vom 24.07.2008 beinhaltete der Istfall 2007 sowohl die Verkehrsbelastung im Kfz-Verkehr als auch anteilig den LKW-Verkehr über 24 Stunden (DTV). Die Prognosen beinhalteten dagegen die Verkehrsbelastung nur im Kfz-Verkehr. Eine Unterteilung des Kfz-Verkehrs in LKW- und übrigen Kfz-Verkehr habe nicht vorgenommen werden können, weil eine Unterscheidung zwischen Kfz- und LKW-Verkehr nach dem Netzmodell VISUM nicht vorhanden sei.
- 285
Für den Null- und Planfall der Prognosen wurden deshalb auf der Grundlage der vom Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS) herausgegebenen „Prognose der deutschlandweiten Verkehrsverflechtungen 2025“ der vom 14.11.2007 (http://www.dlr.de/cs/Portaldata/10/Resources/dokumente/daten_berichte/FE_96_857_2005_Verflechtungsprognose_2025_Gesamtbericht_20071114.pdf) die LKW-Anteile ermittelt. Nach dieser – wissenschaftlichen Maßstäben genügenden – Untersuchung (vgl. S. 208) ist für den Prognosezeitraum 2025 mit einer Steigerung des LKW-Nahverkehrs von 3 %, des Güterfernverkehrs von 55 % und des gesamten LKW-Verkehrs von 27 % zu rechnen. Legt man die Steigerungsrate für den gesamten LKW-Verkehr (von 27 %) zugrunde, ergäbe sich für den hier vorhandenen Abschnitt ein LKW-Anteil von maximal ca. 2,3 %. Gleichwohl hat das Ingenieurbüro Dr. Brenner für die Luftschadstoffuntersuchung einen LKW-Anteil von 5 % zugrunde gelegt, um „auf der sicheren Seite“ zu sein, obwohl sich nach dessen Einschätzung der Schwerverkehrsanteil eher zwischen 2 und 4 % bewege (vgl. die Ausführungen im Erörterungstermin vom 09.01.2012 (S. 75 der Niederschrift, Bl. 142 der Beiakte P). Der Anteil von 5 % wurde der Luftschadstoffuntersuchung zugrunde gelegt.
- 286
Angesichts des bislang geringen LKW-Anteils auf der Ernst-Reuter-Allee von durchschnittlich 1,5 % bis 1,6 % und maximal 1,8 %, der für den Ist-Fall 2007 ermittelt wurde, erscheint es deshalb jedenfalls vertretbar, für die Prognosefälle 2018 und 2025 einen Anteil von 5 % des DTV anzusetzen. Auch in Anbetracht der Vergrößerung der Durchfahrtshöhe von 3,40 m auf 4,50 m begegnet die Bemessung des LKW-Anteils mit 5 % keinen durchgreifenden Bedenken. Die Befürchtung, dass das LKW-Aufkommen in der Ernst-Reuter-Allee nach Vergrößerung der Durchfahrtshöhe durch große LKW mit einer Höhe von mehr als 3,40 m in größerem Umfang als angenommen gesteigert werde, hat das Ingenieurbüro Dr. Brenner bereits im Erörterungstermin vom 09.01.2012 (S. 76 der Niederschrift, Bl. 143 der Beiakte P) in nachvollziehbarer Weise entkräftet. Er hat hierzu ausgeführt, dass es wesentlich attraktivere Stellen gebe, die Innenstadt zu durchfahren. Das Stadtzentrum sei dadurch gekennzeichnet, dass dort viele Lichtsignalanlagen vorhanden seien, die für den Durchgangsverkehr behindernd wirkten. Es sei zwar so etwas wie eine kleine Koordinierung mit enthalten, aber diese orientiere sich eher an der Straßenbahn und weniger am Kfz-Verkehr. Das bedeute, dass auch LKW-Fahrer, denen regelmäßig wenig Zeit zur Verfügung stehe, insbesondere im Berufsverkehr die Innenstadt nicht zügig, sondern nur unter Behinderungen durchfahren könnten. Der meiste Verkehr, der in die Innenstadt hineinfahre, sei Zielverkehr. Es gebe eine wesentlich leistungsfähigere Straßenführung im Stadtgebiet über den sogenannten City-Ring, an dem auch die Bundesstraße B 1 maßgeblich beteiligt sei. Ein LKW-Fahrer, der auf dieser Tangente aus Richtung Süden oder Norden ankomme und in Richtung Osten fahren wolle, komme viel besser voran, wenn er an der Albert-Vater-Straße (B 1) abfahre. Weitere Lkws, die sich bereits auf der Bundesstraße B 1 befänden, wären zeitlich wesentlich schlechter gestellt, wenn sie die B 1 irgendwo verließen, um das Zentrum zu kreuzen und dann irgendwo wieder auf die B 1 zu fahren.
- 287
(4.2.) Die Verkehrsprognose ist auch nicht deshalb fehlerhaft, weil sie die teilweise bereits im Bau befindliche und im Übrigen geplante Nordverlängerung der Bundesautobahn A 14 sowie andere verkehrliche Entwicklungen in naher Zukunft im Umfeld der Stadt Magdeburg unberücksichtigt lässt. Für die Annahme des Klägers, auf absehbare Zeit werde der Verkehr der A 14 über die B 189 direkt nach Magdeburg hineingeführt, bestehen keine belastbaren Anhaltspunkte.
- 288
Die Beklagte hat hierzu ausgeführt, Auswirkungen der im Landesverkehrswegeplan von Sachsen-Anhalt enthaltenen geplanten Verkehrsbauvorhaben im Umland von Magdeburg wie z.B. die Nord-Verlängerung der BAB A 14 einschließlich der Neu-Anbindung der B 71n an die BAB A 14 oder die Südumfahrung von Schönebeck im Zuge der B 246a auf den innerstädtischen Verkehr hätten nicht unmittelbar abgeleitet werden können. Mit der Nord-Verlängerung der BAB A 14 werde bspw. eine Entflechtung der Verkehre auf der B 189 zwischen Stendal und Magdeburg sowie auf der B 71 zwischen Haldensleben und Magdeburg dahingehend einhergehen, dass zukünftig zwei Trassen zwischen Magdeburg und Stendal bzw. Haldensleben zur Verfügung stehen werden. Weiträumige überörtliche Verkehre würden somit eher die A 14 und der Quelle-Ziel-Verkehr würde im Nahbereich von Magdeburg eher die B 189 bzw. B 71 nutzen. Aus verkehrsplanerischer Sicht sei die Annahme getroffen worden, dass die aus der baulichen Umsetzung dieser Maßnahmen resultierenden verkehrlichen Auswirkungen in besonderem Maße die Verkehre entlang der neu angelegten Trassen außerhalb von Magdeburg betreffen. Denn die BAB A 14 führe schon heute längs am Stadtgebiet von Magdeburg im Norden bis nach Dahlenwarsleben vorbei. Die Verkehre würden einerseits über die BAB A 14 – wie schon jetzt – tangential an Magdeburg vorbeifließen und andererseits würde der Quelle-Ziel-Verkehr in Höhe der Stadtgrenze wieder über bereits bestehende Trassen nach und von Magdeburg fließen. Diese Quelle-Ziel-Verkehre seien somit in die Netzmodellierung entsprechend eingeflossen. Des Weiteren hätten konkrete, auf die Landeshauptstadt Magdeburg ableitbare Informationen zum zeitlichen Bauablauf der Nord-Verlängerung der BAB A 14 sowie zu Zwischenzuständen bei abschnittsweisen Verkehrsfreigaben der BAB A 14 weder 2007 noch 2011 zur Verfügung gestanden. Zum Zeitpunkt der Modellierung habe man daher davon ausgehen können, dass die vorrangig in der Nord-Süd-Relation ausgerichteten Verkehre der BAB A 14 keinen mess- bzw. modellierbaren Einfluss auf die vorrangig städtisch orientierten Ost-West-Verkehre entlang der Ernst-Reuter-Allee ausüben würden. Ebenso sei ersichtlich geworden, dass aus den im Rahmen der „Prognose der deutschlandweiten Verkehrsverflechtungen 2025“ und der „Verkehrlichen Überprüfung der Straßenbauprojekte im Bedarfsplan für die Bundesfernstraßen 2004“ erstellten Szenarien keine unmittelbare Übernahme der für die Landeshauptstadt Magdeburg relevanten Daten ableitbar gewesen seien. Dies alles erscheint plausibel, so dass nicht zu beanstanden ist, dass ein überörtliches Verkehrsmodell, insbesondere das Verkehrsmodell des Landes Sachsen-Anhalt, keinen Eingang in das Verkehrsmodell der Beklagten gefunden hat. Hinzu kommt, dass nach den von der Beklagten zitierten Angaben des Statistischen Landesamts des Landes Sachsen-Anhalt mit einer Abnahme der Bevölkerungsentwicklung insbesondere im Umland der Beklagten zu rechnen ist. Der Rückgang soll im Landkreis Börde bei -16,3 %, im Salzlandkreis bei -20,1 % und im Landkreis Jerichower Land bei -18,9 % liegen.
- 289
Der Annahme, dass die Veränderungen bei den überörtlichen Straßen keine messbaren Auswirkungen auf den innerstädtischen Verkehr haben, steht auch nicht entgegen, dass nach den Ausführungen der Beklagten mit der Eröffnung der A 14 im Jahr 2000 eine Verkehrsverlagerung aus dem Stadtgebiet auf diese neue Trasse eingesetzt habe, die vor allem den regionalen Quelle-Ziel- und überörtlichen Durchgangsverkehr umfasst habe, wodurch im Zuge des Magdeburger Ringes sehr große Kapazitäten freigesetzt worden seien, die wiederum durch den Binnenverkehr hätten besetzt werden können. Diese Verlagerung beruhte darauf, dass die A 14 in ihrer heutigen Ausdehnung längs am Stadtgebiet von Magdeburg im Norden bis nach Dahlenwarsleben vorbeiführt, so dass die Verkehre heute über die BAB A 14 tangential an Magdeburg vorbeifließen. Mit der Nordverlängerung der A 14 ist eine solche Verlagerung nicht verbunden.
- 290
Auch wenn LKW-Fahrer beabsichtigen sollten, die Autobahn zur Umgehung von Mautstellen zu verlassen, erschiene nicht plausibel, weshalb solche (Fern-)Verkehre als Ausweichstrecke gerade eine Route über die Ernst-Reuter-Allee und nicht über andere, zur Durchfahrt besser geeignete Straßen im Stadtgebiet der Beklagten nutzen sollten. Insoweit kann auf die oben bereits dargestellten schlüssigen Ausführungen des Ingenieurbüros Dr. Brenner im Erörterungstermin vom 09.01.2012 verwiesen werden.
- 291
(4.3.) Die Verkehrsprognose ist auch nicht deshalb zu beanstanden, weil – wie in der Beschlussvorlage der Beklagten vom 10.04.2012 (Drucksache DS0130/12) ausgeführt – das System repräsentativer Verkehrsbefragungen (SrV) in Magdeburg wie auch in anderen Städten bei einer Befragung von nur 1.000 Einwohnern nicht für eine qualifizierte stadtspezifische Auswertung genüge, sodass für die Befragung 2013 mindestens 1.500 Einwohner nach dem Zufallsprinzip befragt werden sollten. Diese Einschätzung bedeutet nicht, dass die Ergebnisse einer solchen Befragung von nur 1.000 Einwohnern für die Verkehrsprognose völlig unbrauchbar waren. Da eine andere – bessere – Grundlage im Zeitpunkt der Erstellung der Prognose nicht zur Verfügung stand, kann die Verwendung der SrV 2008 nicht als methodisch fehlerhaft erachtet werden.
- 292
Ferner ist es vertretbar, dass die Beklagte auf der Grundlage der bisherigen Befragungen eine Reduzierung des spezifischen Verkehrsaufkommens im MIV von 1,65 Fa/P+d (2003) auf 1,45 Fa/P+d (2008)“ – also um ca. 12 % – angenommen hat, auch wenn der Rückgang der Bevölkerung geringer ist. Diese Faktoren ergeben sich aus der „Entwicklung des durchschnittlichen Verkehrsaufkommens in der Landeshauptstadt Magdeburg (ohne auswärtigen Quelle-Ziel-Verkehr – SrV 1982 - 2008)“ (Anlage 7 zur Methodik der Verkehrsmodellierung 2025) jeweils durch Division der Gesamteinwohnerzahl durch das Verkehrsaufkommen (Anzahl der Fahrten). Soweit davon die Rede ist, dass die Summe aller Kfz-Fahrten im Magdeburger Binnenverkehr in diesem Zeitraum wegen des Rückgangs der Einwohnerzahl „dagegen“ konstant geblieben sei, ist darin kein Widerspruch zu sehen. Der MIV ist nur ein Teil der „Summe aller Kfz-Fahrten“.
- 293
(4.4.) Unrealistisch ist auch nicht die Annahme der Beklagten, dass das – bei der SrV 2008 ermittelte – Verkehrsverhalten der Bürger bis 2025 unverändert bleibe. Die gegenteilige Annahme, dass bei konstanter Einwohnerzahl aufgrund sinkender Haushaltsgrößen sowie Veränderungen im Freizeitverhalten und bei der Mobilität von Senioren, eher mit einer Zunahme des Verkehrsaufkommens gerechnet werden müsse, ist nicht zwingend.
- 294
(4.5.) Die Verkehrsprognose wird als Grundlage für die Luftschadstoffuntersuchung auch nicht dadurch in Frage gestellt, dass die Beklagte die zu erwartende Zahl der aus der Tiefgarage des City Carrés mit Ziel Richtung Westen ausfahrenden Fahrzeuge möglicherweise zu gering angesetzt hat. Insoweit mag sich die Frage stellen, ob der Kontenpunkt Ernst-Reuter-Allee / Otto-von-Guericke-Straße auch bei einer höheren Zahl die erforderliche Leistungsfähigkeit besitzt, um diese Fahrzeuge dort wenden zu lassen. Auf die der Luftschadstoffuntersuchung zugrunde gelegten Verkehrsmengen hat dies aber nur einen marginalen Einfluss. Im Verhältnis zu dem gesamten prognostizierten Aufkommen in diesem Abschnitt von zwischen 10.000 und 15.000 Kraftfahrzeugen am Tag fällt nicht maßgeblich ins Gewicht, ob aus der nördlichen Tiefgaragenzufahrt – wie vom Verkehrsgutachter angenommen – in Spitzenstunden 55 oder – wie eine andere Verkehrszählung ergeben hat – 125 Fahrzeuge mit Ziel Richtung Westen ausfahren. Zudem hängt die verkehrliche Belastung des Knotens Ernst-Reuter-Allee / Otto-von-Guericke-Straße auch davon ab, wie sich die Tiefgaragennutzer nach Wegfall der Linksabbiegemöglichkeit an der nördlichen Tiefgaragenausfahrt künftig verhalten werden, insbesondere ob sie an der Kreuzung Ernst-Reuter-Allee / Otto-von-Guericke-Straße wenden oder aufgrund der verkehrlichen Situation andere Abfahrtsmöglichkeiten nutzen werden. Dieses zukünftige Verkehrsverhalten hängt u.a. davon ab, ob die Beklagte künftig überhaupt ein Linksabbiegen an der genannten Kreuzung verkehrsrechtlich zulässt. Zudem besteht die Möglichkeit, die Ausfahrt aus der Tiefgarage durch verkehrliche Maßnahmen wie Lichtzeichenanlagen zu regeln.
- 295
(4.6.) Der Verkehrsprognose kann schließlich nicht entgegengehalten werden, es fehle an einer ausreichenden Kalibrierung, insbesondere weil keine hinreichend differenzierten Daten und keine ausreichende Dokumentation verschiedener Parameter vorlägen, die die Güte des Verkehrsmodells belegten. Entsprechendes gilt für den Vorwurf, das Verkehrsmodell der Beklagten entspreche in mancherlei Hinsicht nicht den gängigen Standards in der Verkehrsplanung. Die von der Beklagten vorgelegte Netzeichnung Verkehrsmodell Magdeburg der PTV Planung Transport Verkehr AG vom 29.06.2005 belegt, dass eine Kalibrierung des Quell-Ziel-Verkehrs Straße, des Binnenverkehrs Straße sowie des Öffentlichen Verkehrs stattfand. Dass es (mittlerweile) möglich sein mag, genauere Verkehrsmodelle zu erstellen, deren Ergebnisse auf mehr Eingangsdaten beruhen, führt nicht dazu, dass die Verkehrsprognose der Beklagten als methodisch fehlerhaft anzusehen wäre. Auch der Umstand, dass die Beklagte nur den Durchgangsverkehr und den Ziel-Quell-Verkehr des nahen Umlandes sowie den Binnenverkehr, nicht aber die sonstigen Außenverkehre für die Beurteilung der Belastung der innerstädtischen Straßen einbezogen hat, stellt keinen methodischen Fehler dar. Aufgrund der geringen Bedeutung darf er vernachlässigt werden. Ebenso wenig ist methodisch zu beanstanden, dass die Beklagte bezüglich des Umlandes nur 19 Verkehrszellen zugrunde gelegt hat. Unterschiedliche methodische Ansätze sind, jedenfalls solange sich kein allgemein anerkannter fachlicher Standard durchgesetzt hat, ebenso hinzunehmen wie Unterschiede bei der Einschätzung von Ausmaß und Entstehungsgrund des induzierten Verkehrs; völlig deckungsgleiche Ansichten sind in der wissenschaftlichen Diskussion von vornherein nicht zu erwarten (vgl. BVerwG, Urt. v. 09.06.2010 – 9 A 20.09 –, NVwZ 2011, 177 [181], RdNr. 66).
- 296
dd) Selbst wenn die Luftschadstoffuntersuchungen, insbesondere aufgrund von Mängeln der ihnen zugrunde liegenden Verkehrsprognose, keine geeignete Abwägungsgrundlage gewesen sein sollten, würde dieser Abwägungsmangel weder zur Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses noch zur Feststellung von dessen Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit führen, weil sie auf das Abwägungsergebnis nicht von Einfluss gewesen sind (§ 37 Abs. 9 Satz 1 StrG LSA).
- 297
Ergebnisrelevanz in diesem Sinne liegt vor, wenn nach den Umständen des Falles die konkrete Möglichkeit besteht, dass ohne den Abwägungsmangel eine andere Entscheidung getroffen worden wäre; eine nur abstrakte Möglichkeit einer anderen Entscheidung genügt nicht (vgl. BVerwG, Urt. v. 24.11.2011 – 9 A 23.10 –, BVerwGE 141, 171 [191], RdNr. 68, m.w.N.).
- 298
Ausgehend davon läge hier kein ergebnisrelevanter Abwägungsmangel vor. Bei realistischer Beurteilung der maßgeblichen Erwägungen der Beklagten ist auszuschließen, dass auch bei einem höheren Verkehrsaufkommen als prognostiziert, insbesondere höherer LKW-Anteile, und einer damit einhergehenden deutlicheren Überschreitung der Grenzwerte der 39. BImSchV, insbesondere bei Stickstoffdioxid (NO2), die Entscheidung anders ausgefallen wäre, insbesondere nicht in dem Sinne, dass die Null-Variante gewählt worden wäre, bei der die bisherige Verkehrsführung beibehalten bliebe. Die Auswahl der Tunnelvariante ließe auch bei Berücksichtigung des nicht unerheblichen Gewichts des Schutzes der Bevölkerung vor Luftschadstoffen keine Fehlgewichtung im Sinne einer Abwägungsdisproportionalität erkennen. Dabei ist in Rechnung zu stellen, dass auch bei einem (deutlich) höheren Verkehrsaufkommen als demjenigen, der in der Verkehrsprognose für den Planfall 2025 und in der Luftschadstoffuntersuchung vom April 2012 für den Planfall 2018 angenommen wurde, sowohl bei der Nullvariante als auch bei der Tunnelvariante mit einer ähnlichen Schadstoffbelastung zu rechnen wäre. Der wesentliche Unterschied zwischen beiden Varianten besteht darin, dass bei der Tunnellösung an den Tunnelportalen, insbesondere am südöstlichen Portal, mit einer höheren Belastung durch NO2 zu rechnen ist als bei der Nullvariante an diesen Stellen, während sich diese Belastung bei der Tunnellösung dort verringert, wo die Straße unterirdisch verläuft.
- 299
b) Fehler bei der Ermittlung und Bewertung der vom Vorhaben zu erwartenden Lärmbelastungen sind ebenfalls nicht ersichtlich.
- 300
Nach der schalltechnischen Untersuchung der Fa. ISU Plan vom August 2011 (Beiakte N – Ordner 4/7, Unterlage 11.1, Abschnitt 4 S. 12 f.) liegen für insgesamt neun Gebäude im Bereich zwischen Bahnhofstraße und Otto-von-Guericke-Straße Überschreitungen der Immissionsgrenzwerte nach § 2 der 16. BImSchV vor. Als aktive Lärmschutzmaßnahme sei in den Berechnungen eine Schall absorbierende Verkleidung für die Bereiche der Trogwände und an den beiden östlichen Tunnelportalen bis zu einer Tiefe von 20 m auf der Ernst-Reuter-Allee (Nähe City Carré) bereits berücksichtigt, um die Lärmbelästigungen in der Nähe des City Carrés zu begrenzen. Dies sei bei der Ausführungsplanung zu beachten. Diese Ergebnisse resultierten aus der Betrachtung der Summenpegel von Straße und Schiene (hier Straßenbahn). Für die betroffenen Gebäude werde ein Schutz durch passive Lärmschutzmaßnahmen an den Gebäuden vorgeschlagen. Aktive Lärmschutzmaßnahmen schieden aus, da der notwendige Raum zur Errichtung von aktiven Lärmschutzmaßnahmen in Form von Lärmschutzwänden bzw. -wällen im Bereich der Ernst-Reuter-Allee nicht gegeben sei.
- 301
Auf dieser Grundlage hat die Beklagte im Planfeststellungsbeschluss in der Nebenbestimmung in Teil A, Kapitel IV Punkt 6 b (S. 49 des PFB) geregelt, dass die Eigentümer näher bezeichneter Gebäude in der Ernst-Reuter-Allee Anspruch auf passiven Schallschutz haben. Dies ist nicht zu beanstanden.
- 302
Die auch der schalltechnischen Untersuchung zugrunde liegende Verkehrsprognose ist aus den oben bereits dargestellten Gründen nicht zu beanstanden. Auch diese Untersuchung geht von dem aus den bereits dargelegten Gründen nicht zu beanstandenden LKW-Anteil von 5 % aus.
- 303
c) Abwägungsfehler liegen schließlich in Bezug auf die durch das Vorhaben zu erwartenden Erschütterungen nicht vor.
- 304
Für die Frage, ob die von einem Vorhaben ausgehenden Erschütterungen zumutbar sind, können die Anhaltswerte der DIN 4150-2 herangezogen werden. Die DIN 4150-2 ist zwar als technisches Regelwerk keine Rechtsnorm und deswegen für die gerichtliche Überprüfung der Zumutbarkeit von Erschütterungen nicht bindend; in ihr kommt aber naturwissenschaftlich-technischer Sachverstand zum Ausdruck (BVerwG, Beschl. v. 25.05.2005 – 9 B 41.04 –, Juris, RdNr. 30, m.w.N).
- 305
Nach dem Gutachten des Sachverständigen- und Ingenieurbüros (...) GbR vom 26.09.2008 (Beiakte H,- Ordner 4/7a, Unterlage 11.2) werden die Anhaltswerte der DIN 4150-2 in den Gebäuden außerhalb des Bereiches der Tunneldecke sicher unterschritten. Es bestehe keine Gefahr einer unzulässigen Belästigung tags und für die bewohnten Gebäude auch nachts. Für die Gebäude Ernst-Reuter-Allee 42 und 40, City Carré Bereich 5, und das Schulungszentrum der Bahn unmittelbar neben dem Tunnel ergäben sich infolge des ungünstigen Berechnungsansatzes für die Ausbreitung der Straßenbahnerschütterungen in der Tunneldecke und die größere Erschütterungswirkung durch die Weichen höhere KB-Werte, als es die DIN 4150-2 zulasse. Für das Gebäude Ernst-Reuter-Allee 40, das als einziges Wohngebäude betroffen sei, gelte diese Aussage auch für die Nacht. Die Wahrscheinlichkeit für diese Überschreitungen sei gering. Deshalb hat der Gutachter nahegelegt, trotzdem zu überlegen, ob insbesondere im Bereich der Weichen, die mit der Tunnelplatte verbunden sind, eine erschütterungsmindernde Maßnahme in Gestalt eines Masse-Feder-Systems eingeplant werden müsse. Der Einsatz eines solchen Masse-Feder-Systems ist indes im kritischen Bereich des Gleisdreiecks an der Einmündung des Willy-Brandt-Platzes vorgesehen (vgl. Beiakte L - Ordner 6/7, Unterlage 15.2.27 sowie S. 160 des PFB).
- 306
Das Gutachten ist nicht deshalb fehlerhaft, weil keine Messungen an benachbarten Gebäuden durchgeführt wurden. Zwar werden bei der Prüfung der Zumutbarkeit von Erschütterungen für Menschen grundsätzlich Messungen durchgeführt, womit die konkreten Parameter berücksichtigt werden können. Dies stellt auch der Gutachter im Abschnitt 4.1 „Vorbemerkungen“ voran (vgl. S. 4 des Gutachtens). Nach seiner Darstellung erfolgten im vorliegenden Fall aber deshalb keine Messungen, weil auf Grund der geometrischen Verhältnisse die Veränderungen hinsichtlich der Erschütterungswirkung nur gering seien. Eine Besonderheit stelle der Tunnel dar, der in seinem Hauptteil aber sehr weit von der Bebauung entfernt sei. Die Prognose müsse daher auf Grund von Analogieschlüssen mit ähnlichen Verhältnissen erfolgen. Der Gutachter erstellte seine Prognose im Folgenden bezüglich des Straßenbahnverkehrs auf der Grundlage von Erschütterungsmessungen, die u.a. im Bereich von Gebäudefundamenten neben einer auf einer festen Fahrbahn verlegten Straßenbahntrasse in Leipzig durchgeführt worden seien. Ergänzt würden diese Unterlagen durch Erfahrungen aus Emissions- und Immissionsmessungen bei Eisenbahnverkehr (vgl. Abschnitt 4.2.2. auf S. 7 f. des Gutachtens). Die gesamte Vorausberechnung beruhe auf Einzelergebnissen bzw. Verallgemeinerungen. Es werde deshalb ein Sicherheitswert sv (1,7) als Faktor zur Berechnung der Maximal-Terzschnelle am Immissionsort berücksichtigt.
- 307
Im angefochtenen Planfeststellungsbeschluss hat die Beklagte die Einwendungen des Klägers in Bezug auf fehlende Erschütterungsmessungen im Vorfeld der Maßnahme mit dem Hinweis darauf zurückgewiesen, dass sich nach Fertigstellung des Vorhabens die Ausbreitungssituation der Wellen aus dem Straßen- und Straßenbahnverkehr vollständig ändere. Durch die in der -1-Ebene herabgesetzten abgegrenzten Betonpfahlwände und die Verlegung der Straßenbahntrasse auf die Tunnelebene änderten sich die Voraussetzungen für die zu erwartenden Erschütterungen maßgeblich; insofern würden Messungen des derzeitigen Zustandes keine hinreichend verlässliche Grundlage für die zukünftig zu erwartenden Erschütterungen bieten. Diese Erwägungen, die der Kläger im Klageverfahren nicht mehr in Zweifel gezogen hat, begegnen keinen durchgreifenden Bedenken.
- 308
2. Selbst wenn der angefochtene Planfeststellungsbeschluss gegen dem Umweltschutz dienende und für die Entscheidung bedeutsame Rechtsvorschriften verstoßen sollte, hätte die auf das UmwRG gestützte Klage keinen Erfolg. Die in § 2 Abs. 5 Satz 2 UmwRG normierte Voraussetzung, dass eine Pflicht zur Umweltverträglichkeitsprüfung bestehen muss, ist hier nicht erfüllt.
- 309
2.1. Wie oben (I.1.) bereits dargelegt, ist nach der hier allein maßgeblichen Nr. 3.6 der Anlage zum UVPG LSA beim Bau – nicht beim Umbau – von „sonstigen“ also nicht den Nr. 3.1 bis 3.5 unterfallenden Straßen nur eine standortbezogene Vorprüfung des Einzelfalls nach dem UVPG durchzuführen. Nach § 3c Abs. 1 Satz 1 UVPG i.V.m. Nr. 14.11 der Anlage 1 ist zudem beim Bau einer Bahnstrecke u.a. für Straßenbahnen eine allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls vorgesehen. Nur wenn – anders als hier – der Umbau der Straße oder Straßenbahntrasse nach Umfang und Art einem Neubau gleichkommt, kann eine andere Beurteilung geboten sein. Bei der Änderung von „Altvorhaben“, für die nach früherem Recht keine UVP durchgeführt wurde, besteht gemäß § 2 UVPG LSA i.V.m. § 3e Abs. 1 Nr. 2 Halbsatz 1 UVPG die Verpflichtung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung, wenn bereits für das Altvorhaben nach den heute geltenden Rechtsvorschriften eine UVP-Pflicht bestand, und eine Vorprüfung des Einzelfalls im Sinne des § 3c Satz 1 und 3 UVPG ergibt, dass die Änderung oder Erweiterung erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben kann.
- 310
Die bei der Klagebefugnis noch offen gebliebene – umstrittene – Frage, ob das Änderungsvorhaben der UVP-Vorprüfungspflicht nach § 3e Abs. 1 Nr. 2 UVPG auch dann unterfällt, wenn für das „Grundvorhaben“ – wie hier – lediglich eine standortbezogene Vorprüfung vorgesehen ist, verneint der Senat. Teilweise wird zwar die Auffassung vertreten, dass nachträglich bezüglich des zu ändernden Vorhabens noch eine Vorprüfung nach § 3c UVPG durchgeführt werden müsse (vgl. zum Ganzen sowie verneinend: Sagenstedt, a.a.O. RdNr. 12). Gegen eine solche nachträgliche Prüfung spricht aber, dass eine retrospektive Vorprüfung des zu ändernden Vorhabens überaus kompliziert wäre und der Wortlaut der Norm ausdrücklich von einer „bereits bestehenden“ UVP-Pflicht spricht.
- 311
Eine UVP-Pflicht ergibt sich auch nicht daraus, dass während der Bauphase nach Abschnitt IX. Nr. 5 des Planfeststellungsbeschlusses eine bauzeitliche Wasserhaltung erfolgt, die die Beklagte der Nr. 13.3.2 der Anlage 1 zum UVPG zugeordnet hat. Die Beklagte ist bei der von ihr insoweit vorgenommenen allgemeinen Vorprüfung nach Anhörung der Umweltbehörden zu dem Ergebnis gelangt, dass erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen nicht zu erwarten sind, so dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung für die bauzeitliche Wasserhaltung entbehrlich ist. Bedenken gegen diese Einschätzung sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
- 312
Ohne Belang ist, dass die Beklagte gemäß § 37 Abs. 1 Satz 4 StrG LSA bei der Planfeststellung materiell im Rahmen der Abwägung (vgl. hierzu BVerwG, Urt. v. 09.07.2003 – 9 VR 1.03 –, Juris, m.w.N.) die Umweltverträglichkeit des Vorhabens insgesamt geprüft hat. § 2 Abs. 5 Satz 2 UmwRG stellt für die Begründetheit einer Klage nach dem UmwRG allein darauf ab, ob nach dem UVPG, der Verordnung über die Umweltverträglichkeitsprüfung bergbaulicher Vorhaben oder landesrechtlichen Vorschriften eine Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung tatsächlich besteht.
- 313
2.2. Dieses Ergebnis verstößt auch nicht gegen europarechtliche Vorgaben, insbesondere nicht gegen Art. 11 der Richtlinie 2011/92/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13.12.2011 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten (UVP-RL) oder Art. 9 Abs. 2 und 3 des Übereinkommens über den Zugang zu Informationen, die Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten (Aarhus-Übereinkommen).
- 314
2.2.1. Nach Art. 11 Abs. 1 der Richtlinie 2011/92/EU stellen die Mitgliedstaaten im Rahmen ihrer innerstaatlichen Rechtsvorschriften sicher, dass Mitglieder der betroffenen Öffentlichkeit, die a) ein ausreichendes Interesse haben oder alternativ b) eine Rechtsverletzung geltend machen, sofern das Verwaltungsverfahrensrecht bzw. Verwaltungsprozessrecht eines Mitgliedstaats dies als Voraussetzung erfordert, Zugang zu einem Überprüfungsverfahren vor einem Gericht oder einer anderen auf gesetzlicher Grundlage geschaffenen unabhängigen und unparteiischen Stelle haben, um die materiellrechtliche und verfahrensrechtliche Rechtmäßigkeit von Entscheidungen, Handlungen oder Unterlassungen anzufechten, für die die Bestimmungen dieser Richtlinie über die Öffentlichkeitsbeteiligung gelten. Das durch Art. 11 der Richtlinie 2011/92/EU vermittelte Klagerecht beschränkt sich auf Zulassungsentscheidungen für UVP-pflichtige Vorhaben. Gegenstand dieser Richtlinie ist nach deren Art. 1 Abs. 1 die Umweltverträglichkeitsprüfung bei öffentlichen und privaten Projekten, die möglicherweise erhebliche Auswirkungen auf die Umwelt haben. Dem entsprechend begegnet es auch keinen Bedenken, wenn der Gesetzgeber für die Begründetheit einer Klage nach dem UmwRG verlangt, dass eine Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung bestehen muss.
- 315
2.2.2. Entsprechendes gilt für Art. 9 Abs. 2 des Aarhus-Übereinkommens. Danach stellt jede Vertragspartei im Rahmen ihrer innerstaatlichen Rechtsvorschriften sicher, dass Mitglieder der betroffenen Öffentlichkeit, die ein ausreichendes Interesse haben oder alternativ eine Rechtsverletzung geltend machen, sofern das Verwaltungsprozessrecht einer Vertragspartei dies als Voraussetzung erfordert, Zugang zu einem Überprüfungsverfahren vor einem Gericht und/oder einer anderen auf gesetzlicher Grundlage geschaffenen unabhängigen und unparteiischen Stelle haben, um die materiell-rechtliche und verfahrensrechtliche Rechtmäßigkeit von Entscheidungen, Handlungen oder Unterlassungen anzufechten, für die Art. 6 und – sofern dies nach dem jeweiligen innerstaatlichen Recht vorgesehen ist und unbeschadet des Absatzes 3 – sonstige einschlägige Bestimmungen dieses Übereinkommens gelten. Art. 6 des Aarhus-Übereinkommens betrifft nach dessen Abs. 1 Buchstabe a) zunächst Entscheidungen über die Zulassung der in Anhang I aufgeführten geplanten Tätigkeiten. Dazu gehört das hier in Rede stehende Vorhaben nicht; es gehört insbesondere nicht zu den in Absatz 8 des Anhangs I genannten Verkehrswegevorhaben. Nach Art. 6 Abs. 1 Buchstabe b) des Aarhus-Übereinkommens wendet jede Vertragspartei diesen Artikel in Übereinstimmung mit innerstaatlichem Recht auch bei Entscheidungen über nicht in Anhang I aufgeführte geplante Tätigkeiten an, die eine erhebliche Auswirkung auf die Umwelt haben können; zu diesem Zweck bestimmen die Vertragsparteien, ob dieser Artikel Anwendung auf eine derartige geplante Tätigkeit findet. Ein Recht, dass die anerkannten Naturschutzverbände auch bei den nicht im Anhang I aufgeführten Verfahren die volle Überprüfung der Rechtmäßigkeit solcher Entscheidungen verlangen können, ergibt sich daraus gerade nicht. Das Aarhus-Übereinkommen eröffnet den Zugang zu einem gerichtlichen Überprüfungsverfahren in Art. 9 Abs. 2 i.V.m. Art. 6 nur für Entscheidungen über die in Anhang I aufgeführten Tätigkeiten (BVerwG, Beschl. v. 07.10.2009 – 7 B 28.09 –, BImSchG-Rspr § 19 Nr. 6, RdNr. 13 in Juris). Die Umsetzung des Aarhus-Übereinkommens erfolgte durch eine Anpassung des europäischen Rechts an diese Konvention, u.a. mittels der Öffentlichkeitsbeteiligungs-Richtlinie (vgl. Art. 1 der Richtlinie), mit der insbesondere die UVP-Richtlinie und die Richtlinie 96/61/EG (IVU-Richtlinie) geändert wurden (vgl. Art. 3 und 4 der Öffentlichkeitsbeteiligungs-Richtlinie); aufgrund dieser Änderungen kann sich gemäß Art. 10 a UVP-RL und Art. 15 a der IVU-Richtlinie ein Mitwirkungsrecht und ein Klagerecht von Naturschutzverbänden nur für solche Vorhaben ergeben, die dem Anwendungsbereich der UVP-Richtlinie oder der IVU-Richtlinie unterfallen (vgl. BayVGH, Urt. v. 03.04.2009 – 22 BV 07.1709 –, NuR 2009, 434 [437], RdNr. 30). Dies ist – wie bereits dargelegt – nicht der Fall.
- 316
Aus Art. 9 Abs. 3 des Aarhus-Übereinkommens folgt kein anderes Ergebnis. Eine unmittelbare Anwendung dieser Norm scheitert schon daran, dass die Vorschrift keine hinreichend bestimmte Regelung enthält (vgl. EuGH, Urt. V. 08.03.2011 – C-240/09 –, NVwZ 2011, 673, RdNr. 45). Zwar ist der nationale Richter gehalten, das nationale Recht im Hinblick auf die Gewährleistung eines effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes so auszulegen, dass es so weit wie möglich im Einklang mit den in Art. 9 Abs. 3 des Übereinkommens von Aarhus festgelegten Zielen steht (EuGH, Urt. v. 08.03.2011, a.a.O.). Unabhängig davon, ob das deutsche Recht überhaupt einer Auslegung zugänglich ist, nach der in den vom EuGH genannten Fällen eine Klage- bzw. Antragsbefugnis unabhängig etwa vom Vorliegen der Voraussetzungen des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes besteht (vgl. hierzu NdsOVG, Beschl. v. 30.07.2013 – 12 MN 300/12 – Juris, RdNr. 18, m.w.N.), folgt daraus nicht, dass die anerkannten Umwelt- und Naturschutzverbände die Prüfung der Vereinbarkeit eines Vorhabens mit sämtlichen nationalen umweltrechtlichen Vorschriften unabhängig von der UVP-Pflicht des Vorhabens verlangen können.
- 317
III. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht der Billigkeit im Sinne von § 162 Abs. 3 VwGO, die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen für erstattungsfähig zu erklären, da sie einen Sachantrag gestellt und sich damit dem Kostenrisiko des § 154 Abs. 3 VwGO ausgesetzt hat.
- 318
IV. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 709 Sätze 1 und 2, 708 Nr. 11 ZPO.
- 319
V. Die Revision wird nicht zugelassen, da die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht gegeben sind.
(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.
(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.
(1) Die Planfeststellungsbehörde stellt den Plan fest (Planfeststellungsbeschluss). Die Vorschriften über die Entscheidung und die Anfechtung der Entscheidung im förmlichen Verwaltungsverfahren (§§ 69 und 70) sind anzuwenden.
(2) Im Planfeststellungsbeschluss entscheidet die Planfeststellungsbehörde über die Einwendungen, über die bei der Erörterung vor der Anhörungsbehörde keine Einigung erzielt worden ist. Sie hat dem Träger des Vorhabens Vorkehrungen oder die Errichtung und Unterhaltung von Anlagen aufzuerlegen, die zum Wohl der Allgemeinheit oder zur Vermeidung nachteiliger Wirkungen auf Rechte anderer erforderlich sind. Sind solche Vorkehrungen oder Anlagen untunlich oder mit dem Vorhaben unvereinbar, so hat der Betroffene Anspruch auf angemessene Entschädigung in Geld.
(3) Soweit eine abschließende Entscheidung noch nicht möglich ist, ist diese im Planfeststellungsbeschluss vorzubehalten; dem Träger des Vorhabens ist dabei aufzugeben, noch fehlende oder von der Planfeststellungsbehörde bestimmte Unterlagen rechtzeitig vorzulegen.
(4) Der Planfeststellungsbeschluss ist dem Träger des Vorhabens, denjenigen, über deren Einwendungen entschieden worden ist, und den Vereinigungen, über deren Stellungnahmen entschieden worden ist, zuzustellen. Eine Ausfertigung des Beschlusses ist mit einer Rechtsbehelfsbelehrung und einer Ausfertigung des festgestellten Plans in den Gemeinden zwei Wochen zur Einsicht auszulegen; der Ort und die Zeit der Auslegung sind ortsüblich bekannt zu machen. Mit dem Ende der Auslegungsfrist gilt der Beschluss gegenüber den übrigen Betroffenen als zugestellt; darauf ist in der Bekanntmachung hinzuweisen.
(5) Sind außer an den Träger des Vorhabens mehr als 50 Zustellungen nach Absatz 4 vorzunehmen, so können diese Zustellungen durch öffentliche Bekanntmachung ersetzt werden. Die öffentliche Bekanntmachung wird dadurch bewirkt, dass der verfügende Teil des Planfeststellungsbeschlusses, die Rechtsbehelfsbelehrung und ein Hinweis auf die Auslegung nach Absatz 4 Satz 2 im amtlichen Veröffentlichungsblatt der zuständigen Behörde und außerdem in örtlichen Tageszeitungen bekannt gemacht werden, die in dem Bereich verbreitet sind, in dem sich das Vorhaben voraussichtlich auswirken wird; auf Auflagen ist hinzuweisen. Mit dem Ende der Auslegungsfrist gilt der Beschluss den Betroffenen und denjenigen gegenüber, die Einwendungen erhoben haben, als zugestellt; hierauf ist in der Bekanntmachung hinzuweisen. Nach der öffentlichen Bekanntmachung kann der Planfeststellungsbeschluss bis zum Ablauf der Rechtsbehelfsfrist von den Betroffenen und von denjenigen, die Einwendungen erhoben haben, schriftlich oder elektronisch angefordert werden; hierauf ist in der Bekanntmachung gleichfalls hinzuweisen.
(6) An Stelle eines Planfeststellungsbeschlusses kann eine Plangenehmigung erteilt werden, wenn
- 1.
Rechte anderer nicht oder nur unwesentlich beeinträchtigt werden oder die Betroffenen sich mit der Inanspruchnahme ihres Eigentums oder eines anderen Rechts schriftlich einverstanden erklärt haben, - 2.
mit den Trägern öffentlicher Belange, deren Aufgabenbereich berührt wird, das Benehmen hergestellt worden ist und - 3.
nicht andere Rechtsvorschriften eine Öffentlichkeitsbeteiligung vorschreiben, die den Anforderungen des § 73 Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 bis 7 entsprechen muss.
(7) Planfeststellung und Plangenehmigung entfallen in Fällen von unwesentlicher Bedeutung. Diese liegen vor, wenn
- 1.
andere öffentliche Belange nicht berührt sind oder die erforderlichen behördlichen Entscheidungen vorliegen und sie dem Plan nicht entgegenstehen, - 2.
Rechte anderer nicht beeinflusst werden oder mit den vom Plan Betroffenen entsprechende Vereinbarungen getroffen worden sind und - 3.
nicht andere Rechtsvorschriften eine Öffentlichkeitsbeteiligung vorschreiben, die den Anforderungen des § 73 Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 bis 7 entsprechen muss.
Verwaltungsakt ist jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalls auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist. Allgemeinverfügung ist ein Verwaltungsakt, der sich an einen nach allgemeinen Merkmalen bestimmten oder bestimmbaren Personenkreis richtet oder die öffentlich-rechtliche Eigenschaft einer Sache oder ihre Benutzung durch die Allgemeinheit betrifft.
(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.
(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.
Gründe
- 1
-
Die auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) gestützte Beschwerde bleibt ohne Erfolg.
- 2
-
1. Die Kläger, die Beeinträchtigungen ihrer Gewerbebetriebe durch ein planfestgestelltes Vorhaben geltend machen - sogenannte mittelbar Betroffene -, möchten rechtsgrundsätzlich geklärt wissen,
-
ob eine Einschränkung des Prüfungsmaßstabes auf eigene Belange des betroffenen Klägers im Rahmen des Abwägungsgebotes erfolgen darf, obwohl der Wortlaut des § 17 Satz 2 FStrG die Berücksichtigung der öffentlichen und privaten Belange verlangt.
- 3
-
Diese Frage rechtfertigt die Zulassung der Revision nicht, weil sie ohne Weiteres anhand des Gesetzes und bereits vorliegender Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts beantwortet werden kann.
- 4
-
Danach hat nur ein von der enteignungsrechtlichen Vorwirkung des Planfeststellungsbeschlusses unmittelbar Betroffener (vgl. § 9 Abs. 2 FStrG) Anspruch auf gerichtliche Überprüfung des Plans auch auf seine objektive Rechtmäßigkeit (sog. Vollüberprüfungsanspruch), soweit der geltend gemachte Fehler für die Eigentumsbetroffenheit kausal ist (stRspr, vgl. nur BVerwG, Urteile vom 10. Oktober 2012 - 9 A 19.11 - Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 228 Rn. 13 und vom 24. November 2011 - 9 A 23.10 - BVerwGE 141, 171 Rn. 13).
- 5
-
Demgegenüber können enteignungsrechtlich nicht Betroffene - wie hier die Kläger, deren Grundstücke von der Planung nicht in Anspruch genommen werden - nur die Verletzung gerade sie schützender Normen des materiellen und Verfahrensrechts sowie eine nicht ordnungsgemäße Abwägung ihrer geschützten Privatbelange rügen, nicht aber eine insgesamt fehlerfreie Abwägung und Planung verlangen (stRspr, vgl. BVerwG, Urteil vom 10. Oktober 2012 - 9 A 19.11 - Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 228 Rn. 14). Die Rügebefugnis umfasst wegen der insoweit bestehenden Wechselbeziehung auch eine Überprüfung der den Privatbelangen gegenüber gestellten, für das Vorhaben streitenden öffentlichen Belange. Dementsprechend hat hier das Oberverwaltungsgericht auch die für das Vorhaben sprechende Planrechtfertigung näher untersucht. Ob allerdings andere gegen das Vorhaben sprechende Belange ordnungsgemäß berücksichtigt worden sind, können mittelbar Betroffene ebenso wenig geltend machen wie die Frage, ob Rechtsnormen beachtet wurden, die nicht ihrem Schutz zu dienen bestimmt sind (BVerwG, Urteile vom 13. Mai 2009 - 9 A 71.07 - juris Rn. 47, vom 24. November 2010 - 9 A 13.09 - BVerwGE 138, 226 Rn. 25 und 54 und vom 10. Oktober 2012 - 9 A 20.11 - Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 229 Rn. 11).
- 6
-
Entgegen der Auffassung der Kläger widerspricht dieser unterschiedliche Prüfungsmaßstab nicht der in § 17 Satz 2 FStrG vorgeschriebenen umfassenden Pflicht zur Berücksichtigung aller von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange (sowie der Umweltverträglichkeit). Denn diese Vorschrift legt (objektiv-rechtlich) fest, welche Belange die Planfeststellungsbehörde bei ihrer Entscheidung zu beachten hat; sie verhält sich aber nicht zu der Frage des gerichtlichen Prüfungsmaßstabs bzw. Prüfungsumfangs. Soweit die Kläger unter Berufung auf ältere Literatur (Hoppe/Schlarmann/Buchner, Rechtsschutz bei der Planung von Straßen und anderen Verkehrsanlagen, 3. Aufl. 2001, Rn. 427) einwenden, wegen der Komplexität des Abwägungsvorgangs sei eine Differenzierung zwischen eigenen Belangen und Fremdbelangen nicht möglich, übersehen sie zum einen, dass die den privaten Belangen gegenüber gestellten öffentlichen Belange durchaus gerichtlich überprüft werden (s.o.), im Übrigen zeigen sie weder weiteren grundsätzlichen Klärungsbedarf auf noch erläutern sie, welche Relevanz der aufgeworfenen Frage im vorliegenden Fall zukommen soll.
- 7
-
2. Auch die Frage,
-
ab welchem Grad der Ungeeignetheit/ Geeignetheit eine Planungsvariante vom Vorhabenträger frühzeitig verworfen werden darf,
-
rechtfertigt die Zulassung der Revision nicht. Auch diese Frage lässt sich ohne Weiteres auf der Grundlage der bisherigen Rechtsprechung beantworten.
- 8
-
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts müssen bei der Zusammenstellung des Abwägungsmaterials alle ernsthaft in Betracht kommenden Alternativlösungen berücksichtigt werden und mit der ihnen zukommenden Bedeutung in die vergleichende Prüfung der von den möglichen Alternativen jeweils berührten öffentlichen und privaten Belange eingehen. Die Planfeststellungsbehörde braucht den Sachverhalt dabei nur so weit zu klären, wie dies für eine sachgerechte Entscheidung und eine zweckmäßige Gestaltung des Verfahrens erforderlich ist; Alternativen, die ihr aufgrund einer Grobanalyse als weniger geeignet erscheinen, darf sie schon in einem frühen Verfahrensstadium ausscheiden. Ergibt sich dagegen nicht bereits bei einer Grobanalyse des Abwägungsmaterials die Vorzugswürdigkeit einer Trasse, so muss die Behörde die dann noch ernsthaft in Betracht kommenden Trassenalternativen im weiteren Planungsverfahren detaillierter untersuchen und vergleichen. Die Grenzen der planerischen Gestaltungsfreiheit bei der Trassenwahl sind erst dann überschritten, wenn eine andere als die gewählte Trassenführung sich unter Berücksichtigung aller abwägungserheblichen Belange eindeutig als die bessere, weil öffentliche und private Belange insgesamt schonendere, hätte aufdrängen müssen oder wenn der Planfeststellungsbehörde infolge einer fehlerhaften Ermittlung, Bewertung oder Gewichtung einzelner Belange ein rechtserheblicher Fehler unterlaufen ist (vgl. nur BVerwG, Urteil vom 6. November 2013 - 9 A 9.12 - Buchholz 11 Art. 28 GG Nr. 165 Rn. 27).
- 9
-
Dass diese allgemeinen Grundsätze weiterer Klärung bedürfen, zeigen die Kläger nicht auf; ob die Voraussetzungen im konkreten Fall eingehalten wurden, ist eine Frage des Einzelfalles.
- 10
-
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, § 173 VwGO i.V.m. § 100 Abs. 1 ZPO, die Streitwertfestsetzung auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens je zur Hälfte.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung jeweils in gleicher Höhe Sicherheit leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Tatbestand:
2Die Kläger wenden sich gegen den Planfeststellungsbeschluss des Beklagten vom 30. September 2011, mit dem der Ausbau der Bundesstraße 51 (B 51) dritter Bauabschnitt von Bau-km 5+100 bis Bau-km 7+700 einschließlich des Verknüpfungsbereiches mit der Landesstraße 793 (L 793) ‑ X. Straße ‑ von Bau-km 0+000 bis Bau-km 0+600 und der Neubau der Bundesstraße 481 (B 481n) von Bau-km 7+700 bis Bau-km 11+340 planfestgestellt worden ist.
3Die in den Jahren 1954 bis 1962 gebaute Umgehungsstraße im Zuge der B 51 führt südlich bzw. östlich um N. herum. Sie war zunächst eine zweistrei-fige und anbaufreie Strecke, die an dem an der X1. Straße endenden Zubringer zum Autobahnkreuz N. -Süd im Südwesten N1. beginnt und bis zur X2. Straße im Osten der Stadt verläuft. Sie ist aufgrund von Planfeststellungsbeschlüssen vom 12. Januar 1989 und 1. März 1995 in zwei Bauabschnitten bis Bau-km 5+100 vierstreifig ausgebaut worden. Der nun planfestgestellte Abschnitt schließt sich nach Nordosten an und sieht den vierstrei-figen Ausbau bis zur X2. Straße frei von Zufahrten und ohne Erschließungsfunktion für die angrenzenden Grundstücke vor, ferner den Neubau des Knotenpunktes B 51/B 481n/X2. Straße und den zweistreifigen Neubau der B 481n bis zum T. Damm im Norden der Stadt N. .
4Das planfestgestellte Vorhaben ist im Bedarfsplan zum Fernstraßenausbaugesetz als vordringlicher Bedarf ausgewiesen.
5Die Klägerin zu 1. ist Eigentümerin des Grundstücks C.-----weg 9 (Gemarkung N. , Flur 135, Flurstück 13) mit einer Gesamtgröße von 1102 qm, das mit einem Wohnhaus bebaut ist. Zum Haus gehört auch ein rund 80 qm großer selbst genutzter gewerblicher Teil. Das Haus wurde 1938 erbaut; die Klägerin erwarb das Grundstück im Jahr 1994. Das Grundstück liegt unmittelbar östlich der vierstreifig auszubauenden Trasse der B 51 zwischen Bau-km 6+927 und 6+950. Auf die ursprünglich vorgesehene Inanspruchnahme von 18 qm (dauerhaft) sowie 45 qm für die Baudurchführung wurde durch Planänderungsbescheid vom 12. August 2014 verzichtet. Nach den geänderten Planunterlagen soll zwischen der Trasse und dem Grundstück der Klägerin eine Lärmschutzwand in Höhe von 5,5 m errichtet werden, die einen Abstand zur Grenze des Grundstücks der Klägerin von ca. 1,7 m einhält.
6Nach der lärmtechnischen Unterlage vom 2. Mai 2007 wurden für das Grundstück C.-----weg 9 folgende Beurteilungspegel berechnet:
7Hausfront/Himmelsrichtung |
Stockwerk |
Prognose in dB(A) mit Lärmschutz Tag Nacht |
W |
EG |
55 47 |
W |
1. OG |
56 48 |
Dabei ging der Vorhabenträger davon aus, dass das Grundstück der Klägerin zu 1. in einem allgemeinen Wohngebiet liegt.
9Der Kläger zu 2. ist Eigentümer des mit einem Wohnhaus bebauten Grundstücks N2.---straße 28 (Gemarkung N. , Flur 132, Flurstück 64). Es liegt etwa 90 m östlich der Trasse der B 51 in Höhe von Bau-km 7+368. Das Wohnhaus wurde Anfang der 1970-er Jahre errichtet. Der Kläger zu 2. erwarb das Grundstück im Jahr 2010. Eine Inanspruchnahme des Grundstücks für die Baumaßnahme ist nicht vorgesehen.
10Nach den Planunterlagen wurden für das Grundstück N2.---straße 28 folgende Beurteilungspegel berechnet:
11Hausfront/Himmelsrichtung |
Stockwerk |
Prognose in dB(A) mit Lärmschutz Tag Nacht |
W |
EG |
60 52 |
W |
1. OG |
60 53 |
Dabei ging der Vorhabenträger davon aus, dass das Grundstück im Außenbereich liegt.
13Das Planfeststellungsverfahren für den vierstreifigen Ausbau der B 51 und den Neubau der B 481n wurde im Dezember 2005 eingeleitet. Die Planunterlagen lagen vom 13. Februar 2006 bis 13. März 2006 in der Stadt N. öffentlich aus.
14Die vorherige öffentliche Bekanntmachung erschien mit einer Ergänzungslieferung im Amtsblatt der Stadt N. Nr. 3 vom 10. Februar 2006. Ob diese Ergänzungslieferung bereits am 10. Februar 2006 oder erst am 14. Februar 2006 veröffentlicht wurde, ist zwischen den Beteiligten streitig. Die Bekanntmachung enthielt u. a. einen Hinweis auf die vierwöchige Einwendungsfrist, die am 10. April 2006 ablaufe, und den Ausschluss verspäteter Einwendungen. Unter Nr. 6 heißt es: „Die Nrn. 1, 2, 3 und 5 gelten für die Anhörung der Öffentlichkeit zu den Umweltauswirkungen des Bauvorhabens nach § 9 Abs. 1 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung entsprechend.“
15Die Klägerin zu 1. erhob gegen die Planung mit Schreiben vom 5. April 2006 im Wesentlichen folgende Einwendungen: Die Bekanntmachung der Planfeststellung sei erst erfolgt, nachdem die Auslegung des Planes am 13. Februar 2006 bereits begonnen habe. Die entsprechende Ausgabe des Amtsblattes Nr. 3 der Stadt N. sei erst am 14. Februar 2006 erschienen. Eine Veröffentlichung in örtlichen Tageszeitungen nach § 72 Abs. 2 VwVfG NRW sei unterblieben. Es bestehe eine Verpflichtung aus § 2 Abs. 3a FStrG, die B 51 im geplanten Abschnitt zur Autobahn aufzustufen. Die prognostizierte Verkehrsbelastung sei nur unzulänglich ermittelt worden. Eine Straße im Autobahnformat ziehe mehr Verkehr an als übliche Bundesstraßen. Daher seien die Tabellenwerte der 16. BImSchV für Autobahnen heranzuziehen. Der Prognosehorizont sei nicht ausreichend lang festgelegt. Die Ergebnisse der Umweltverträglichkeitsstudie von 1993 seien missachtet worden. Diese habe eine Vollabdeckung der Straße oder eine Ausführung als „Züblin“-Tunnel in einer Tieflage von 5 oder 6 m gefordert. Die Strukturdaten, die der Verkehrsbelastung zu Grunde gelegt worden seien, würden im Plan nicht korrekt benannt. Der häufigere Lieferverkehr zu den Betrieben sei nicht erfasst worden. Die Einwohnerzahl für N. für das Jahr 2010 sei mit nur 254.000 angesetzt; das sei eindeutig zu wenig. Die Auswirkungen der neuesten Verkehrszählung aus dem Jahr 2005 seien nicht berücksichtigt worden. Es sei nicht geprüft worden, ob die Baumaßnahme unter Ausschluss des laufenden Verkehrs zügig durchgeführt werden und zusätzlich erhebliche Einsparungen erzielt werden könnten, die in einen Lärmschutzdeckel investiert werden könnten. Die erforderlichen Ausgleichsmaßnahmen würden nicht in vollem Umfang im Nahbereich des Eingriffs realisiert. Die Verpflichtung könne vor Ort in der Form der Mitfinanzierung eines zu begrünenden Lärmschutzdeckels über der B 51 erfolgen. Die Möglichkeit, den aktiven Lärmschutz im Sinne der Vorgabe nach Ziffer 10.2 Abs. 1 VLärmSchR 97 nicht bis zum Äußersten auszureizen, sei nicht genutzt worden. Von den jetzt im Plan erfassten 165 Wohngebäuden seien bereits 79 Gebäude auf genau 49 dB(A) berechnet. Schon bei geringsten Veränderungen bei den Berechnungsmodalitäten würden die Grenzwerte für weitere Gebäude überschritten. In bisherigen Verkehrsgutachten zu Grunde gelegte Rahmenbedingungen, die sich schon in der Vergangenheit nicht bestätigt hätten, seien nicht berichtigt worden. Auch die Verkehrszunahme durch die Entlastungsstraße Nord sei nicht berücksichtigt worden. Der außerordentliche Zugang an Lkw-Verkehr durch „Mautflüchtlinge“ sei nicht erfasst. Alle Parameter der Lärmberechnung seien konkret zu benennen und bürgerfreundlich zu erläutern. Die Troglage entspreche wegen der geringen Tiefe von nur 2 m nicht den Vorgaben der Umweltverträglichkeitsstudie von 1993. Die Lärmschutzwände böten keinen ausreichenden Schutz, ihre Höhe sei in reinen Wohngebieten unzumutbar. Die Planungsvorschrift des § 50 BImSchG sei missachtet worden. Dies könne nur über § 41 Abs. 1 BImSchG durch eine abgedeckte Tieflage als Maßnahme nach dem Stand der Technik ausgeglichen werden. Die Stadt N. habe zugesagt, sich an den Kosten zu beteiligen. Die Gesundheitsgefahren seien im Erläuterungsbericht nicht ausreichend kritisch gewürdigt worden. In N. sei die Feinstaubbelastung bereits erheblich. Im Erläuterungsbericht fehle die konkrete Angabe der Verfahren und Maschinen, die besonders lärm- und erschütterungsarm eingesetzt werden könnten. Im Ergebnis ergebe eine Durchsicht der Planunterlagen, dass Abwägung und Konfliktbewältigung misslungen seien, sich jedoch die Mängel im Deckblattverfahren durch eine weiter vertiefte abgedeckte Gradiente beheben ließen.
16Der frühere Eigentümer des Grundstücks N2.---straße 28 und Rechtsvorgänger des Klägers zu 2., Herr V. S. , erhob gegen die Planung mit Schreiben vom 29. März 2006 im Wesentlichen folgende Einwendungen: Das Gebäude N2.---straße 28 sei auf Grundlage einer rechtskräftigen Baugenehmigung als hochwertige Villa geplant und gebaut worden. Die Planungen sähen weder aktiven noch passiven Lärmschutz vor. Es werde durch Lärm und Abgase zu einer erheblichen Beeinträchtigung des Wohnwertes und damit auch des Grundstückswertes kommen. Die für die Ermittlung der notwenigen Schallschutzmaßnahmen zu Grunde gelegten Verkehrszahlen und die sich daraus ergebenden Lärmbelastungen würden angezweifelt. Das Grundstück sei wegen der überwiegend westlichen Windrichtungen besonders belastet. Es sei ein erheblich höherer Verkehrszuwachs als in den jetzigen Prognosen zu erwarten, insbesondere beim Lkw-Verkehr. Mit der Umsetzung der Planung würden seine Rechte auf körperliche Unversehrtheit und Eigentum verletzt.
17Auf Grund von Einwendungen sowie Stellungnahmen und Vorschlägen der Träger öffentlicher Belange wurde das Deckblatt I ins Verfahren eingebracht. Neben Änderungen bei der Anschlussstelle X. Straße, der wassertechnischen Berechnung, der Erweiterung der Ausgleichsflächen im Landschaftspflegerischen Begleitplan und einer Schadstoffabschätzung hat es eine Aktualisierung der Verkehrsprognose vom 11. September 2006 zum Gegenstand, die nunmehr auf das Prognosejahr 2020 abstellt. Als Folge ergaben sich Änderungen bei den aktiven Lärmschutzmaßnahmen; ferner wurde für den Bereich Bau-km 5+100 bis Bau-km 7+300 eine offenporige Asphaltdeckschicht mit einem Korrekturwert DStrO von - 5 dB(A) vorgesehen.
18Die geänderten Planunterlagen lagen vom 21. Mai 2007 bis 20. Juni 2007 öffentlich aus. Unter Nr. 8 der öffentlichen Bekanntmachung heißt es: „Da das Verfahren UVP-pflichtig ist, wird darauf hingewiesen,
19- dass die für das Verfahren zuständige Behörde die Bezirksregierung N. und die für die Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens zuständige Behörde das Ministerium für Bauen und Verkehr des Landes NRW ist,
20- dass über die Zulässigkeit des Vorhabens durch Planfeststellungsbeschluss entschieden werden wird,
21- dass die ausgelegten Planunterlagen die nach § 6 Abs. 3 UVPG notwendigen Angaben enthalten und
22- dass die Anhörung zu den ausgelegten Planunterlagen auch die Einbeziehung der Öffentlichkeit zu den Umweltauswirkungen des Vorhabens gemäß § 9 Abs. 1 UVPG ist.“
23Die Klägerin zu 1. erhob in diesem Verfahrensabschnitt keine Einwendungen.
24Mit Schreiben vom 13. Juli 2007 erhob der Rechtsvorgänger des Klägers zu 2. nach Auslegung der geänderten Planunterlagen im Deckblatt I‑Verfahren folgende Einwendungen: Die Verletzung seiner Rechte werde durch die neuen vorgesehenen Änderungen nicht behoben. Die Verkehrsprognose von September 2006 setze die Belastung weiterhin zu niedrig an. Der Verkehr werde weiter steigen, insbesondere wenn der Bau weiterer Straßen abgeschlossen sei. Umleitungs- und Schleichverkehre müssten außerdem noch berücksichtigt werden. Die Einwohnerzahl von N. sei mit 254.000 zu niedrig angesetzt. Die verkehrserhöhende Entlastungsstraße Nord sei nicht aufgeführt. Weitere zusätzliche Verkehre seien nicht berücksichtigt. Insbesondere der Lkw-Anteil werde deutlicher zunehmen als angenommen. Die Einstufung der neuen Straße als Autobahn sei noch immer nicht diskutiert worden. Die prognostizierte Verkehrsbelastung sei abermals nur unzulänglich ermittelt worden. Der Prognosehorizont sei noch immer nicht ausreichend lang festgelegt. Der Lärmschutz müsse sich an der Leistungsmöglichkeit der Straße von bis zu 60.000 Kfz/h orientieren. Für den Einsatz offenporigen Asphaltbetons sei eine dauerhafte Lärmminderung noch nicht nachgewiesen. Die Belastbarkeit sei gering und der Wartungs- und Erneuerungsaufwand hoch. Die Dauer der Haltbarkeit des Belages werde nicht garantiert. In der lärmtechnischen Unterlage sei die sogenannte senkrechte Auswirkung des Lärms nicht berücksichtigt worden. Die im Planungsverfahren vorgeschriebene Bürgerbeteiligung im Stadium der Entwurfsplanung habe trotz mündlicher und schriftlicher Erinnerungen nicht stattgefunden. Im Rahmen der Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen könne ein Lärmschutzdeckel finanziert werden. Bei einer Trassenführung östlich des Bahndamms der Bundesbahn hätte dieser hohe Bahndamm als Lärmschutz zur Verfügung gestanden. Hierdurch wäre auch der Forderung entsprochen worden, zwei parallel führbare Lärmerzeuger zu bündeln. Die Unterlagen ließen nicht erkennen, wie es während der Bauzeit um den Verkehrs-, Baustellenlärm sowie die Erschütterungen bestellt sein werde. Ein Bauen ohne Verkehr sei hilfreich. Die Schadstoffabschätzung sei unzulänglich. Sie gehe von einem zu geringen Verkehr aus. Die zulässigen Feinstaubwerte würden überschritten. Für sein Grundstück sei ein aktiver Schallschutz unerlässlich.
25In der Zeit vom 24. bis 27. Februar 2009 führte die Bezirksregierung N. nach vorheriger persönlicher Einladung und öffentlicher Bekanntmachung einen Erörterungstermin durch. Weder die Klägerin zu 1. noch der Rechtsvorgänger des Klägers zu 2. nahmen an diesem Termin teil.
26Als Ergebnis des Erörterungstermins und aus Anlass von Stellungnahmen und Einwendungen führte der Vorhabenträger die Deckblätter II bis X in das Verfahren ein, die nicht öffentlich ausgelegen haben; Betroffene wurden benachrichtigt. Die Kläger erhoben insoweit keine weiteren Einwendungen.
27Mit Beschluss vom 30. September 2011 stellte die Bezirksregierung N. den Plan für den Ausbau der B 51 bzw. den Neubau der B 481n im fraglichen Abschnitt fest. Gleichzeitig setzte sie den in § 17e Abs. 2 Satz 1 FStrG für Vorhaben des vordringlichen Bedarfs vorgesehenen Sofortvollzug vorübergehend aus, da Haushaltsmittel für die Realisierung des Vorhabens noch nicht bereitstanden. Die Einwendungen der Kläger wurden zurückgewiesen. Das Grundstück des Klägers zu 2. liege entsprechend der Auskunft der Stadt N. im unbeplanten Außenbereich. Daher werde seine Forderung nach weiteren aktiven Lärmschutzmaßnahmen zurückgewiesen.
28Der Planfeststellungsbeschluss lag nach vorheriger öffentlicher Bekanntmachung in der Zeit vom 7. bis 20. Dezember 2011 bei den Städten N. und U. öffentlich aus.
29Am 20. Januar 2012 haben die Kläger Klage erhoben.
30Mit Planänderungsbescheid vom 12. August 2014 verzichtete der Beklagte auf die Inanspruchnahme mehrerer Grundstücke, u. a. des Grundstücks der Klägerin zu 1. Am 12. September 2014 haben die Kläger ihre Klage auf diesen Planänderungsbescheid erstreckt.
31Mit Bescheid vom 14. August 2014 hob der Beklagte die Aussetzung der Vollziehung des Planfeststellungsbeschlusses für den Ausbau der B 51 teilweise auf. Den Antrag der Kläger auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage lehnte der Senat mit Beschluss vom 4. November 2014 ab (11 B 1086/14.AK).
32Die Kläger beziehen sich zur Begründung ihrer Klage zunächst vollinhaltlich auf ihre Einwendungen im Verwaltungsverfahren und machen diese zum Gegenstand der Klagebegründung. Darüber hinaus tragen sie insbesondere vor:
33Sie seien mit ihren Einwendungen nicht präkludiert. In der Bekanntmachung zum Deckblatt I-Verfahren gebe es keinen Hinweis darauf, dass die Lärmschutzgrundlagen durch das Deckblatt-Verfahren hätten komplett ersetzt werden sollen. Die erhobenen Einwendungen hätten daher weitergegolten. Der Kläger zu 2. habe als Laie bei der ersten Öffentlichkeitsbeteiligung ausreichende Einwendungen erhoben. Die Öffentlichkeitsbeteiligung sei sowohl bei der ersten Auslegung 2006 als auch für das Deckblatt I im Jahr 2007 nicht rechtmäßig abgelaufen. Die Bekanntmachung der ersten Auslegung vom 13. Februar bis 13. März 2006 sei erst erfolgt, nachdem die Auslegung bereits begonnen habe. Die Bekanntmachung sei in einer „zweiten Auflage“ des Amtsblattes der Stadt N. enthalten gewesen, die mit „Ergänzungslieferung“ überschrieben gewesen sei. Diese sei nicht schon am Freitag, den 10. Februar 2006, sondern erst am 14. Februar 2006 veröffentlicht worden. Eine frühere Bekanntmachung sei auch gar nicht möglich gewesen und widerspreche der Lebenserfahrung. Daher sei die Monatsfrist für die Auslegung der Unterlagen unterschritten. Selbst wenn die Bekanntmachung noch am 10. Februar 2006 erfolgt sei, fehle es an der erforderlichen Anstoßwirkung für die Öffentlichkeit, wenn die öffentliche Auslegung am folgenden Montag beginne. Daher könne ein Einwendungsausschluss von vornherein nicht greifen.
34Die öffentliche Bekanntmachung verstoße zudem gegen Vorgaben des damals direkt geltenden Art. 6 Abs. 2 der UVP-Richtlinie. Die Bekanntmachung nehme nur in einem Satz auf die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) Bezug. Dies werde den europäischen Vorgaben in zeitlicher Hinsicht nicht gerecht. Es werde auch nicht klar gesagt, dass das Vorhaben einer UVP unterstehe, noch gebe es Angaben über die Verfügbarkeit der Informationen, die gemäß Art. 5 der UVP-Richtlinie eingeholt worden seien. Die Auslegung im Jahr 2007 könne diese Fehler nicht heilen, denn sie habe nur die Änderungen des Deckblattes I betroffen. Zwar sei nunmehr ausdrücklich auf die UVP-Pflicht hingewiesen worden, es sei aber in keiner Weise mitgeteilt worden, welche Dokumente auslägen. Beide Auslegungen hätten inhaltlich nicht den Anforderungen der §§ 9 Abs. 1b und 6 Abs. 3 UVPG und der UVP-Richtlinie in der damals geltenden Fassung entsprochen. Bei der ersten Auslegung hätten z. B. entscheidungserhebliche Berichte und Empfehlungen wie die Verkehrsuntersuchung gefehlt. Es werde bestritten, dass die Umweltverträglichkeitsstudie (UVS)1993 ausgelegen habe. Die Auslegung im Jahr 1994 reiche nicht aus. Die UVS 1993 sei nach den damals geltenden Anforderungen unzureichend gewesen. Es fehlten Variantenprüfungen und die Ermittlung und Prüfung der erheblichen, jedoch noch nicht unzumutbaren bzw. grenzüberschreitenden Umweltauswirkungen. Die zweite Auslegung werde den inhaltlichen Anforderungen erst recht nicht gerecht. Die hier ausgelegten Unterlagen einschließlich des Erläuterungsberichtes und des Landschaftspflegerischen Begleitplanes hätten sich nur auf die Änderungen im Deckblattverfahren I bezogen. Es fehle u. a. an einer allgemein verständlichen Zusammenfassung. Der nebulöse Verweis des Beklagten auf angebliche Internetveröffentlichungen führe nicht weiter. Bei beiden Auslegungen fehle eine inhaltlich ausreichende UVS, die beispielsweise die betrachteten Varianten für die B 51 einschließlich Tunnellösung (und nicht nur für die B 481n) darstelle, obwohl der Beklagte derartige Varianten geprüft habe. Selbst wenn man den Ansatz einer angeblich in den übrigen Planfeststellungsunterlagen inbegriffenen UVS für ausreichend halte, was höchst zweifelhaft sei, sei den damaligen Anforderungen der UVP-Richtlinie nicht entsprochen worden, das zeige das Beispiel der untersuchten Varianten besonders deutlich. Die Beteiligung der Öffentlichkeit sei zwingender Bestandteil des UVP-Verfahrens. Sie könne nach Ergehen des Planfeststellungsbeschlusses nicht mehr nachgeholt werden. Die Öffentlichkeit könne auch die verfahrensrechtliche Rechtmäßigkeit von Entscheidungen anfechten, für die die Öffentlichkeitsbeteiligung gelte. Die Bezugnahme im Planfeststellungsbeschluss auf eine UVS aus dem Jahr 1993 erscheine geradezu absurd. Die UVS gehe von 31.000 Kfz/24h aus, der Planfeststellungsbeschluss hingegen von 50.560 Kfz/ 24h. Zudem habe die UVS eine Vollabdeckung mit Überschüttungsmöglichkeit vorgesehen, die nicht planfestgestellt worden sei. Die Stadt N. habe der Planung ausdrücklich vor dem Hintergrund des Ergebnisses einer abgedeckten Troglage zugestimmt. Diese Lösung habe daher nicht im Erläuterungsbericht mit einem Satz ausgeschlossen werden dürfen. Aufgrund neuerer Rechtsprechung könne der Beklagte sich nicht darauf berufen, dass es an einer Kausalität zwischen Fehler und Planfeststellungsbeschluss fehle. Da es um zentrale Bestandteile der europäischen Beteiligungsanforderungen gehe, sei der Planfeststellungsbeschluss allein deshalb zumindest für rechtswidrig und nicht vollziehbar zu erklären.
35Es sei eine neue Linienbestimmung erforderlich gewesen, da mit der B 481n eine neue Bundesfernstraßenverbindung geschaffen werde, die im Hinblick auf die nach § 15 Abs. 1 Satz 3 UVPG in der Umweltverträglichkeitsprüfung zur Linienbestimmung zu prüfenden, ernsthaft in Betracht kommenden Trassenvarianten einer einheitlichen Betrachtung mit der Planung der B 51 bedürfe. Die Variantenprüfung der Linienbestimmung sei in der Planfeststellung wieder aufzugreifen und in dem gebotenen Umfang und im Detail zu konkretisieren. Die Bezugnahme auf eine Linienbestimmung vom 14. Dezember 1967 für die B 481n und das Ergebnis der damaligen UVP sei verfahrensfehlerhaft, weil es damals eine UVP im Sinne des heutigen Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung noch gar nicht gegeben habe. Daher sei im Ergebnis vom Fehlen der UVP in der Linienbestimmung mitsamt der gesetzlich vorgesehenen Trassenvariantenprüfung auszugehen. Eine Linienbestimmung fehle damit insgesamt.
36Der Planfeststellungsbeschluss genüge nicht dem Abwägungsgebot des § 17 Satz 2 FStrG. Er sei erlassen worden, ohne vorher die Abwägungsgrundlagen ausreichend zu ermitteln. Für den Kläger zu 2. sei erst bis Mitte Oktober 2011 ermittelt worden, ob sein Anwesen dem Innen- oder Außenbereich zuzuordnen sei. Da der Planfeststellungsbeschluss bereits getroffen gewesen sei, habe der Beklagte gar nicht mehr zu einem anderen Ergebnis als Außenbereich kommen können und sich vorab gebunden. Die Schadstoffuntersuchung des Büros M. aus September 2011 sei dem Beklagten erst am Datum der Planfeststellung zugegangen. Es habe im Planfeststellungsverfahren im eigentlichen Sinne gar keine Variantenprüfung gegeben, sondern einzig eine Bezugnahme auf eine vom Auftrag eng begrenzte schon damals zwölf Jahre alte UVS, die sich auf die Bestandstrasse beschränke. Das von der Beklagten gewählte gestufte Verfahren mit einer UVP vor rund 20 Jahren und einer Prüfung zusätzlicher oder anderer erheblicher Umweltauswirkungen in der Planfeststellung sei rechtlich nicht zulässig gewesen. Insbesondere seien keine Varianten geprüft worden. Damit sei eine UVP nicht durchgeführt und nicht nachgeholt. Daher fehle es an der erforderlichen Abwägungs- und Ergebnisoffenheit. Es finde sich dementsprechend nicht einmal eine Grobprüfung anderer in Betracht kommender Trassenführungen für die B 51. Die Prüfung habe auch nicht unter dem Gesichtspunkt unterbleiben dürfen, dass es sich um den dritten Bauabschnitt eines Gesamtvorhabens handele. Es dränge sich die Variante östlich der Umgehungsbahn geradezu auf: Am Ende des zweiten Bauabschnitts knicke die Alternativtrasse nach rechts ab, führe etwa einen Kilometer Richtung Osten, werde unter dem Bahndamm hindurchgeführt und dann parallel zum Bahndamm und der Hochspannungsleitung. Nördlich der X2. Straße werde der Bahndamm erneut gequert; sodann werde die planfestgestellte Trasse der B 481n genutzt. Dies entlaste den gesamten Kernbereich von St. N3. , der wieder zusammenwachsen könne und konzentriere Verkehrstrassen. Die Trasse führe vorwiegend über landwirtschaftlich genutzte Flurstücke und könne ebenerdig geführt werden. Der Bahndamm bilde einen Lärmschutzwall. Die Variante sei zwar einen Kilometer länger, es werde aber auch Versiegelung eingespart im Zusammenhang mit dem Knoten mit der X2. Straße, der allein zu einem Verbrauch von 20 ha Fläche führe, die großenteils versiegelt werden müsse. Die Bestandstrasse der B 51 könnte entsiegelt werden. Das Landschaftsschutzgebiet X3. -F. -Niederung werde nur an seinem äußersten Rand tangiert. Die Alternativtrasse käme gänzlich ohne Inanspruchnahme von Wohneigentumsgrundstücken aus, es wären höchstens einige wenige Kleingärten betroffen. Auch Kosten- und Wirtschaftlichkeitserwägungen sprächen für die Alternativtrasse. Es wäre lediglich für einige wenige Häuser im Außenbereich weiter östlich der Trasse für Lärmschutz zu sorgen. Geringere Kosten für Lärmschutz und für den Knoten X2. Straße führten zu Millioneneinsparungen. Die in der Klagebegründung vorgelegte Skizze solle nur die verbale Beschreibung der möglichen Trasse unterstützen und kein rechtwinkliges Abknicken der Trasse einfordern. Darüber hinaus fehlten offenbar jegliche Variantenüberlegungen zur Verlängerung des Troges und des offenporigen Asphalts. Die unter Nutzen-Kosten-Gesichtspunk-ten im Hinblick auf Lärmschutz und Eigentumsinanspruchnahme günstigste Variante sei gar nicht ermittelt worden.
37Die Verkehrsprognose sei unzureichend und komme zum Nachteil der Kläger zu einer zu geringen Verkehrsbelastung. Es gebe keinen sachlichen Grund für eine Beschränkung auf den Prognosehorizont 2020. Der „Kurzbericht ‑ Ausblick Prognose 2025“ sei unzutreffend. Die knappen Ausführungen seien in keiner Weise nachvollziehbar und widersprächen zum Teil dem Gutachten für den Zeitraum bis 2020, in dem der Anstieg des Schwerverkehrs von knapp 5 % nicht berücksichtigt sei. Die Prognose genüge auch im Übrigen methodisch nicht den Anforderungen. Das Prognoseergebnis sei weder nachvollziehbar begründet noch beruhe es auf realistischen Eingangsdaten und Annahmen. Die Ergebnisse ließen sich nicht ableiten. Es fehlten die Berechnungsgrundlagen, genaue Quellenangaben und eine Beschreibung des Rechenvorgangs. Für eine Reihe von Eingangswerten gebe es keine Ableitungen. Der Verkehr für den Abschnitt X. Straße bis X2. Straße sei weiterhin zu niedrig angesetzt. Der Planfeststellungsbeschluss stelle für 2020 auf 50.560 Kfz/24h vom B. Weg bis zur X. Straße und auf 41.730 Kfz/24h von der X. Straße bis zur X2. Straße ab. Die Verkehrszählung 2010 weise für die B 51 „Umgehungsstraße N. “ 55.700 Kfz/24h aus. Die Prognose werde im Hinblick auf die Entwicklung auf den bereits ausgebauten Abschnitten den Erfahrungswerten nicht gerecht. Dort habe der Verkehr von 1990 bis 2005 um 125 % bzw. 203 % zugenommen. Er werde weiter steigen, wenn der Weiterbau der B 51 nach Osten und der B 481n nach Norden abgeschlossen sein werde. Die Ausführungen zur Aktualisierung von September 2006 seien nicht nachvollziehbar und blieben nebulös. Auswirkungen anderer Maßnahmen auf die B 51/B 481n würden nicht im Einzelnen aufgeführt. In einer früheren Unterlage sei die Einwohnerzahl von N. für 2010 mit 254.000 eingestellt, bereits jetzt habe N. 280.000 Einwohner mit steigender Tendenz. Die verkehrserhöhende „Entlastungsstraße Nord“ werde nicht aufgeführt. Auch das neue Wohngebiet in X4. -Nord und die Erschließung des neuen Gewerbegebiets B1.--------straße in X4. würden nicht erwähnt. Bei der Umgehungsstraße X4. reiche der Zufluss von Mautverkehr bis zur A 2 bei C1. . Es müssten auch die Zugänge durch Expansion und Verlagerung von zwei großen Firmen mit Logistikbedarf im Bereich I.-----weg und einer großen Baustoffhandlung an der M1. berücksichtigt werden. Auch der seit 2004 bestehende Masterplan zur Entwicklung des Hafenbereichs sei nicht berücksichtigt. Der Aufstellungsbeschluss des entsprechenden Bebauungsplans vom 7. Juli 2010 habe zum Zeitpunkt der Planfeststellung längst vorgelegen. Die Verkehrsuntersuchung dieser Planung gehe für die B 51 zwischen B. Weg und X. Straße im Jahr 2025 von 51.400 Kfz/24h aus; diese Prognose liege über der des IVV-Gutachtens, das für 2020 nur 50.600 Kfz/24h vorhersage. Daher werde die IVV-Verkehrsprognose durch die Planungen der Stadt N. widerlegt. Die Prognosen übersähen nach wie vor, dass seit Jahrzehnten geplant sei, eine durchgehend leistungsfähige Verbindung zwischen N. und der A 2 im Osten zu schaffen. Dies werde den Verkehr im fraglichen Abschnitt um 15.000 Kfz/24h erhöhen. Der Ansatz eines Lkw-Anteils von 13 % tags und 12 % nachts sei zu niedrig. Viele Lieferfahrzeuge ab 2,8 t würden fehlerhaft als Pkw gezählt. Es gebe offenkundig keine Unterlage, die entsprechend den Vorgaben der 16. BImSchV die Ermittlung einer maßgebenden stündlichen Verkehrsstärke und eines maßgebenden Lkw-Anteils (über 2,8 t) am Gesamtverkehr über die Nachtzeit dokumentiere. Dafür sei auf die Standardwerte der 16. BImSchV zurückzugreifen.
38Die lärmtechnische Untersuchung leide unter einer Reihe von Fehlern, die sich auf das Ergebnis auswirkten. Sie sei in mehrererlei Hinsicht ungenügend. Die Untersuchung sei offenkundig nicht von sachkundigen Personen erstellt worden. Es gebe keinerlei Hinweise auf die Verfasser. Die Methodik der Ermittlung der ausgewiesenen Beurteilungspegel sei nicht ausreichend dargestellt. Es fehlten Angaben, wie die Gebietsarten, die Abstände, Höhen und Geschosse ermittelt worden seien, sowie Angaben zu Kosten von Lärmschutzmaßnahmen und Lärmschutzvarianten sowie Angaben zu den für einen Vollschutz erforderlichen Maßnahmen und Lärmberechnungen für die Außenwohnbereiche. Es sei nicht dargelegt, welche Eingangsdaten und welche Fassung der Software „Sound Plan“ verwendet worden sei. Der Beklagte habe die Fachgutachten nicht auf Plausibilität überprüft. Die Gutachten in ihren verschiedenen Fassungen hätten der Planfeststellung nicht zu Grunde gelegt werden dürfen. Die lärmtechnische Untersuchung basiere auf falschen Prognosedaten. Das gelte insbesondere für den zu geringen Lkw-Anteil; es sei nicht nachvollziehbar, wie die Verteilung auf Tag und Nacht ermittelt worden sei. Der Beklagte habe laut Vermerk vom 1. März 2011 vom Landesbetrieb Straßen NRW eine Neuerstellung des Lärmschutzkonzepts gefordert. Diese Neukonzeption sei offenbar nicht vorgelegt worden und könne nicht in den „vier Seiten plus ein paar Tabellen“ im Verwaltungsvorgang gesehen werden.
39Für die Klägerin zu 1. seien falsche Berechnungspunkte gewählt worden. Das Erdgeschoss beginne beim Haus der Klägerin zu 1. erst in etwa 1,5 bis 1,6 m Höhe. Daher wären bei 0,2 m über Fensteroberkante 4,2 und 7,0 m statt 2,4 und 5,2 m anzusetzen gewesen. Dabei sei noch zu klären, in welchem Verhältnis die Geländeoberkante nach dem Höhenplan zur Geländehöhe an ihrem Haus stehe. Der Abstand vom Immissionsort zur Achse der Straße sei für die Klägerin zu 1. mit 36,4 m angegeben. Dies treffe für den Außenwohnbereich ersichtlich nicht zu. Es seien offenbar flächendeckend alle Außenwohnbereiche nicht berechnet und sämtliche Entschädigungsansprüche in diesem Zusammenhang verkannt worden. Auch für das Grundstück des Klägers zu 2. liege der maßgebliche Immissionsort für den Außenwohnbereich erheblich näher an der Trasse. Die Höhe sei bei ihm noch niedriger angenommen als bei der Klägerin zu 1. Der Fehler fehlender Ermittlung der Betroffenheit der Außenwohnbereiche werde nicht durch die Nebenbestimmung A.5.2.3 geheilt. Es fehlten erforderliche Ermittlungen der Schutzansprüche für die Prüfung der Schallschutzvarianten und das erforderliche Abwägungsmaterial. Ansprüche auf passiven Schallschutz stünden in keinem zwingenden Verhältnis zu Entschädigungsansprüchen für Außenwohnbereiche. Dem Kläger zu 2. werde der ihm zustehende Lärmschutz verwehrt. Er könne sich auf den Schutz für Wohngebiete berufen (59 dB(A) tags, 49 dB(A) nachts); die Grenzwerte würden jeweils überschritten. Die Einstufung seines Grundstücks als Außenbereich sei unzutreffend. Für sein Grundstück bestehe kein Bebauungsplan. Weniger als 10 m östlich beginne ein reines Wohngebiet (Bebauungsplan Nr. 300 der Stadt N. ). Es bestehe ein Bebauungszusammenhang mit dem östlich der Straße bestehenden Wohngebiet. Die N4.----straße habe im vorliegenden Fall keine trennende, sondern eine verbindende Funktion. Beide Straßenseiten stünden in entsprechenden optischen Beziehungen und prägten sich gegenseitig; das folge auch aus eindeutigen historischen Bezügen. Die N5.---straße habe beiderseits Gehwege und Straßenbeleuchtung. Die Bebauung sei ähnlich. Westlich der N5.---straße stünden zwei weitere Häuser. Die Baulücke zum Haus Nr. 24 unterbreche den Bebauungszusammenhang nicht. Zur Baugenehmigung für sein Haus aus dem Jahr 1971 sei die Auskunft erteilt worden, dass sich Art und Maß der baulichen Nutzung nach einem „reinen Wohngebiet“ zu richten habe. Das ergebe sich auch aus der Ortssatzung der Stadt N. vom 27. Juli 1957. Die Umspannstation für das Wohngebiet sei in den klägerischen Baukomplex integriert. Die Ausweisung im Flächennutzungsplan sei nicht parzellenscharf, es verbleibe ein Interpretationsspielraum. Ein Straßenbaubeitragsbescheid der Stadt N. vom 28. März 2014 sehe das Grundstück des Klägers zu 2. in voller Breite als bebaubar an.
40Die zur Umsetzung des in § 41 BImSchG vorgegebenen Lärmschutzkonzepts erforderliche Nutzen-Kosten-Prüfung einschließlich der dafür erforderlichen Grundlagendaten fehle in den Planfeststellungsunterlagen. Es seien die Kosten je Schutzfall zu betrachten, d. h. die Kosten je durch die jeweilige Lärmschutzvariante „bewältigten“ Schutzfalls, also je erreichter Grenzwerteinhaltung. Pauschale Betrachtungen seien zulässig, wenn der Gleichheitssatz beachtet werde. An dem sich daraus ergebenden Prüfungsprogramm fehle es. Die lärmtechnische Untersuchung ermittele keine Beurteilungspegel für Außenwohnbereiche. Damit seien eine Vielzahl von Anspruchsberechtigungen nicht erkannt. Der Nutzen eines Lärmschutzkonzepts könne so nicht ermittelt werden. Es gebe keine Angaben zu den erforderlichen Maßnahmen und den Kosten für einen Vollschutz, welche Lärmschutzvarianten mit welchem Nutzen und welchen Kosten betrachtet worden seien und zu den Kosten einzelner Lärmschutzmaßnahmen. Die von der Stadt N. beschlossene Beteiligung an den Kosten sei nicht berücksichtigt. Im Planfeststellungsbeschluss seien die Kosten je Schutzfall nicht ermittelt worden, die Prüfung sei frei von nachvollziehbaren Maßstäben. Für die Bereiche der Kläger gebe es nur nicht nachvollziehbare allgemeine Annahmen. Rechne man die Kostensteigerung je bewältigtem Schutzfall, ergebe sich eine Steigerung von nur 1,7 %. Das sei verhältnismäßig. Allerdings fehlten hier die Außenwohnbereiche. Die vom Beklagten angeführte „abwägende Mitberücksichtigung“ scheide logisch aus. Die Beurteilungspegel für Außenwohnbereiche seien gesondert zu ermitteln und gesondert in die Abwägung einzuführen und gegebenenfalls zu entschädigen. Das alles sei versäumt worden, so dass eine sachgerechte Nutzen-Kosten-Betrachtung nicht habe angestellt werden können. Die örtlichen Verhältnisse seien unvollständig ermittelt. Es fehle an der Ermittlung und Prüfung erheblicher, jedoch noch nicht unzumutbarer bzw. grenzüberschreitender Lärmbelastungen. Gleiches gelte für Luftschadstoffbelastungen und Erschütterungen. Der Flächennutzungsplan der Stadt N. weise beidseitig der B 51 Wohnbauland aus. Eine angebliche Berücksichtigung einer plangegebenen Vorbelastung der Wohnhäuser nördlich der Straße „Zum Guten Hirten“ sei nicht nachvollziehbar. Der Hinweis Nr. 6 in der vom Beklagten seiner Klageerwiderung als Beispiel beigefügten Baugenehmigung habe keine Regelungswirkung. Nicht berücksichtigt sei die mit der planfestgestellten Schutzvariante (5 m Lärmschutzwand) einhergehende Eigentumsbeeinträchtigung für die Klägerin zu 1.
41Die Luftschadstoffuntersuchungen litten ebenfalls unter fehlerhaften Prognose-annahmen. Die Übernahme der Hintergrundbelastung von einer Messstation, die nicht hinreichend auf die Übertragbarkeit der Umgebungsverhältnisse geprüft worden sei, sei fehlerhaft. Offenbar seien die Werte der Messstation N. -Geist angesetzt worden. Diese erfasse aufgrund ihrer Lage und der regelmäßi-gen Westwinde vorwiegend ländliche Hintergrundbelastung. Dagegen hätten sich Luftmassen bei den Grundstücken der Kläger nach Überquerung der Stadt N. mit Schadstoffen angereichert. Die Messstation an der X1. Straße in N. habe in den letzten Jahren Überschreitungen bei NO2 gemessen. Die Annahmen zur Verkehrssituation in Abbildung 5.1 des Luftschadstoffgutachtens stünden im Widerspruch zu den Angaben in der lärmtechnischen Untersuchung. Die Auswertung sei irreführend; relevant sei die Belastung in allen Wohnberei-chen, hier besonders auch in den Außenwohnbereichen, die deutlich höher belastet seien als die Wohnhäuser. In den Gartenbereichen ergäben sich rechnerisch Grenzwertüberschreitungen. Es fehle ‑ auch in der vom Beklagten vorgelegten ergänzenden E-Mail ‑ eine Berechnung der Kurzzeitgrenzwerte. Die Belastungen durch Baulärm und Erschütterungen während der Bauzeit seien weder ermittelt noch im Planfeststellungsbeschluss Aussagen zum Schutz vor ihnen getroffen worden. Der Planfeststellungsbeschluss führe widersprüchlich aus, die AVV-Baulärm sei zu beachten, aber sie könne nicht eingehalten werden. Das widerspreche der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes. Das Vorhaben entspreche nicht dem Gebot der Eingriffsminimierung in § 15 Abs. 1 BNatSchG. Die Ausgestaltung des Knotens B 51/X2. Straße führe zu vermeidbaren Eingriffen.
42Die Kläger beantragen,
43den Planfeststellungsbeschluss des Beklagten vom 30. September 2011 in der Fassung des Planänderungsbescheides vom 12. August 2014 aufzuheben,
44hilfsweise,
45den Beklagten unter teilweiser Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses vom 30. Septem-ber 2011 in der Fassung des Planänderungsbescheides vom 12. August 2014 zu verpflichten, die Kläger hinsichtlich ihrer durch das Vorhaben betroffenen Rechte/Interessen, insbesondere hinsichtlich des Schutzes vor Immissionen, erneut zu bescheiden.
46Der Beklagte beantragt,
47die Klage abzuweisen.
48Er verweist auf den angefochtenen Planfeststellungsbeschluss und trägt ergänzend im Wesentlichen vor:
49Die Klägerin zu 1. sei mit ihrem Klagevorbringen gegen den Prognosehorizont, das Verkehrsgutachten, die Lärm- und Schadstoffimmissionen präkludiert, weil sie nach der Auslegung der geänderten Planunterlagen als Deckblatt I keine Einwendungen mehr erhoben habe. Die im Bereich des Grundstückes der Klägerin zu 1. geplante Lärmschutzwand solle nicht auf ihrem Grundstück, sondern in einem Abstand von 1,7 m zu ihrem Grundstück errichtet werden. Es werde auf jegliche Inanspruchnahme ihres Grundstückes verzichtet.
50Die konkreten unpräkludierten Einwendungen des Rechtsvorgängers des Klägers zu 2., Herrn V. S. , richteten sich auf die Überprüfung des Verkehrsgutachtens und der hieraus folgenden Lärmschutzmaßnahmen. Sein Grundstück befinde sich in einer Entfernung von rund 92 bis 107 m zum künftigen Fahrbahnrand und liege wie die Grundstücke N2.---straße 22 und 24 im Außenbereich gemäß § 35 BauGB. Sie würden durch die N5.---straße von dem gegenüberliegenden Wohngebiet getrennt und lägen als Einzelbebauungen ohne Ordnungsstruktur in einem zusammenhängenden größeren Waldgebiet. Die lärmtechnische Berücksichtigung als Wohngebiet sei nicht begründbar; dies ergebe sich auch aus einer schriftlichen planungsrechtlichen Auskunft der Stadt N. vom 9. No-vember 2011. Seit Inkrafttreten der 56. Änderung des Flächennutzungsplanes der Stadt N. am 5. Juli 1991 sei das Grundstück nicht mehr als Wohnbaufläche ausgewiesen. In planungsrechtlichen Auskünften der Stadt werde es seit 2002 stets als Außenbereich beurteilt.
51Die Offenlage der Planunterlagen sei ordnungsgemäß bekannt gemacht worden. Dies sei von der Stadt N. mit Schreiben vom 20. Februar 2006 bestätigt worden. Aus der Bezeichnung als „Ergänzungslieferung“ könne nicht auf eine spätere Bekanntmachung geschlossen werden. Auch die Ergänzungslieferung sei laut einem Schreiben der Stadt N. vom 14. Mai 2012 am 10. Februar 2006 erschienen und ausgeliefert worden. In einem Pressetext sei fälschlicherweise als der Tag der Bekanntgabe der 14. Februar 2006 genannt worden. Für den Bekanntmachungszeitraum vor der Planoffenlage seien nach § 73 Abs. 5 VwVfG NRW keine Fristen vorgegeben. Weitere Bekanntmachungen seien nach der Hauptsatzung der Stadt N. nicht vorgesehen gewesen. Im Übrigen sei die von den Klägern unzutreffend behauptete Verspätung der Bekanntmachung aus Rechtsgründen unschädlich. Die erforderliche Anstoßwirkung sei erreicht worden, da die Kläger und 264 weitere Einwender fristgerecht Einwendungen erhoben hätten. Die Hinweise in den Bekanntmachungstexten hätten sowohl im Jahr 2006 als auch im Jahr 2007 den gesetzlichen Vorgaben des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung entsprochen. Aus Anzahl und Inhalt der Einwendungen gehe deutlich hervor, dass alle Verfahrensbeteiligten verstanden hätten, dass die Beteiligung der betroffenen Öffentlichkeit auch das UVPG-Verfah-ren umfasst habe. Soweit die Kläger unzutreffend unterstellten, es handele sich um Verfahrensfehler, seien diese aus Rechtsgründen nach Maßgabe des Kausalitätserfordernisses unschädlich.
52Die UVP sei insgesamt konsequent und verfahrensfehlerfrei durchgeführt worden. Unter Ziffer 4.4. des Planfeststellungsbeschlusses sei die Strukturierung der UVP auf den verschiedenen Planungsstufen mit Schwerpunkt im Planfeststellungsverfahren beschrieben, die zusammenfassende Darstellung der Umweltauswirkungen werde gemäß § 11 UVPG ab Seite 58, die abwägende Bewertung der Umweltauswirkungen gemäß § 12 UVPG ab Seite 69 methodisch getrennt vor der abschließenden Abwägung nach § 17 FStrG dargestellt. Die planfestgestellte Variante stütze sich auf ein in der UVS 1993 noch nicht untersuchtes verbessertes Lärmschutzkonzept.
53Die Überprüfung des Planungskonzeptes habe bereits in der UVP eine Bestätigung des Ausschlusses der Neubautrassenführung östlich der Umgehungsbahn ergeben. Diese Trassenführung widerspreche dem Bundesfernstraßenbedarfsplan und dem Gebietsentwicklungsplan, führe zu einem erheblich größeren Eingriff in die im Planfeststellungsbeschluss aufgeführten Umweltgüter und habe nicht das Vermeidungspotenzial, auf das sich der Ausbau der Bundesstraße im vorbelasteten Bereich mit einer zusätzlichen Lärmsanierung stützen könne. In ihren Einwendungen hätten die Kläger bzw. Rechtsvorgänger die Prüfung der Umgehungsbahnalternative nicht angesprochen. Die Neubauvariante östlich der Umgehungsbahntrasse sei bereits im ersten und zweiten Planfeststellungsabschnitt verworfen worden. Der Planfeststellungsbeschluss habe die Vorgaben zum Linienbestimmungsverfahren und dessen Ergebnis für den Planungsabschnitt der B 481n berücksichtigt. Der Bedarfsplan für die Bundesfernstraßen gebe einen Ausbau der B 51 im vorhandenen Straßenzug vor. Daher habe für diesen Abschnitt auf eine Linienbestimmung verzichtet werden können.
54Das dem Planfeststellungsbeschluss zu Grunde gelegte projektbezogene Verkehrsgutachten vom 11. September 2006 sowie der zuletzt erstellte Ausblick auf das Prognosejahr 2025 seien nicht zu beanstanden. Der Hinweis der Kläger auf einen Presseartikel über die Verkehrszählung 2010 beziehe sich auf den stärker frequentierten Streckenabschnitt zwischen dem Autobahnkreuz N. -Süd und der X1. Straße. Für den vorliegenden dritten Abschnitt der B 51 weise die Verkehrszählung 2010 Verkehrsbelastungen in Höhe von 32.500 Kfz/24h auf dem Teilabschnitt zwischen B. Weg und X. Straße sowie 20.500 Kfz/24h auf dem Teilabschnitt zwischen X. Straße und X2. Straße auf. Die „Entlastungsstraße Nord“ sei in der Aktualisierung vom 11. März 2008 berücksichtigt; sie führe zu etwas geringeren Belastungswerten (minus 1.000 bis minus 2.000 Kfz DTV) für die B 51 und zu einer marginalen Verringerung auf der B 481n. Die bis zum Jahr 2025 zu erwartende Steigerung des Schwerverkehrs um knapp 5 % beziehe sich auf die absoluten Zahlen im Schwerverkehr und sei nicht als Anstieg in Prozentpunkten zu werten. Sie liege in einem Toleranzbereich der allgemeinen methodischen Prognosesicherheit und stelle die Verwertbarkeit der dem Planfeststellungsbeschluss zu Grunde gelegten Prognoseberechnung zum Horizont 2020 nicht in Frage. Methodisch zutreffende Prognoseermittlungen könnten sich nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts auch auf kürzere Prognosehorizonte als 15 Jahre stützen. Die „Ergänzungen zum Kurzbericht Ausblick Prognose 2025 vom 28.07.2011“ vom 14. Juni 2012 bestätigten, dass die Verkehrsmengengerüste auch bis zum Jahr 2025 noch eine Validität besäßen. Eine Fortschreibung des Prognoseergeb-nisses auf das Jahr 2025 ergebe nur eine marginale irrelevante Erhöhung des Prognoseimmissionspegels um bis zu 0,2 dB(A). Für die Außenwohnbereiche des Wohngrundstücks des Klägers zu 2. seien fiktive Lärmberechnungen unter Berücksichtigung der Ergebnisse des Ausblicks Prognosejahr 2025 angestellt worden. Für Balkon, Freisitz und Terrassen ergäben sich Tagwerte von 55,4 bis 58,9 dB(A).
55Die lärmtechnischen Berechnungen seien mit Hilfe des DV-Programms „Sound Plan“ erstellt worden; dieses Programm sei zertifiziert und nicht zu beanstanden. Auf Grund der Komplexität der Berechnung würden nur die Ergebnisse in einer Tabelle zusammengefasst und dem lärmtechnischen Entwurf beigefügt. Dem präkludierten Hinweis auf mögliche Höhendifferenzen bei der Festlegung der Immissionsorte auf dem Grundstück der Klägerin zu 1. sei nachgegangen worden. Eine vermessungstechnische Überprüfung habe am Wohnhaus im ungünstigsten Fall (1. OG) eine Höhendifferenz um fast 1,64 m ergeben. Derartige Differenzen könnten sich z. B. durch versetzte Ebenen innerhalb des Hauses erklären; sie würden typischerweise nur einwendungsbezogen berücksichtigt. Mit den höhergelegenen Immissionsorten und unter Berücksichtigung des um 5 % gestiegenen Schwerverkehr-anteils bis 2025 lägen die berechneten Lärmpegel mit 54,7 dB(A) am Tag und 47,1 dB(A) in der Nacht sowohl im Erdgeschoss als auch mit 56,1 dB(A) am Tag und 48,6 dB(A) in der Nacht im Obergeschoss unterhalb der für Wohngebiete geltenden Immissionsgrenzwerte.
56An den Wohngebäuden der Kläger werde Volllärmschutz erreicht. Bei der Abwägung der Lärmschutzkonzepte zu den einzelnen Lärmschutzbereichen im Planfeststellungsbeschluss sei zur Berücksichtigung von Außenwohnbereichen zutreffend davon ausgegangen worden, dass passive Lärmschutzreste nur in Obergeschosshöhe verblieben und Außenwohnbereiche dort als Balkon jeweils beim Innenwohnbereich einer Wohneinheit abwägend mitberücksichtigt werden könnten. Bei der Abwägung des Lärmschutzkonzeptes zum Bereich C2.-----weg sei zutreffend berücksichtigt, dass sich nur für einen einzigen Balkon ein den Tagesgrenzwert überschreitender Beurteilungspegel im Außenwohnbereich von 59,38 dB(A) ergebe. Entgegen der Behauptung der Kläger gebe es im Abschnitt C2.-----weg /Westseite kein aktiv ungeschütztes bereits festgesetztes Wohngebiet. Die Baugenehmigungen der Wohnhäuser nordwestlich der Straße „Zum Guten I1. “ seien mit der Maßgabe erteilt worden, dass keine Ansprüche rechtlicher oder finanzieller Art gegenüber dem Landesbetrieb Straßen NRW hergeleitet werden könnten, die sich auf Lärmschutzmaßnahmen bezögen, die auf Grund von auftretenden Lärmimmissionen auf der B 51 nötig würden. Der Rat der Stadt N. habe dem Lärmschutzkonzept der Bundesstraßenverwaltung erstmals in seiner Sitzung vom 13. September 2000 und zuletzt im Jahr 2011 in Gestalt des Deckblattes IX zugestimmt. Mehrkosten des Lärmschutzkonzeptes, die für städtebaulich wirksame Maßnahmen gefordert seien, würden von der Stadt N. getragen; dies seien Mehrkosten für eine lärmschutzneutrale Kragarmausbildung und eine transparente Ausbildung von Lärmschutzwänden im oberen Bereich. Zwischen Baulastträger und der Stadt N. sei keine Kostenübernahme zu Maßnahmen mit zusätzlichem Lärmschutzeffekt vereinbart, die im Hinblick auf die Rechtsprechung zur Kostenverhältnismäßigkeit nach § 41 BImschG im Planfeststellungsverfahren grenznutzenrelevant seien.
57Das Gutachten zu den Luftschadstoffbelastungen sei fachlich nicht zu beanstanden. Es zeige auf, dass im Bereich des Grundstückes der Klägerin zu 1. die Luftschadstoffe im Prognosefall unterhalb der maßgeblichen Grenzwerte liegen. Dabei sei mit 50.600 Kfz/24h die höchste Prognoseverkehrsbe-lastung aus dem Teilabschnitt zwischen B. Weg und X. Straße für die Berechnung des gesamten vorliegenden Streckenabschnittes der B 51 zu Grunde gelegt worden, während für den Bereich C2.-----weg ein um 17,5 % geringerer DTV-Wert von 41.730 Kfz/24h zutreffe. Das Gutachten, das von einer gefahrenen Geschwindigkeit von 70 km/h ausgehe, liege daher auch dann auf der sicheren Seite, wenn von der zuständigen Straßenverkehrsbehörde künftig ein Tempolimit von 100 km/h zugestanden würde. Eine Berechnung unter Zugrundelegung von 100 km/h habe ergeben, dass für das Grundstück der Klägerin zu 1. keine Grenzwertüberschreitungen zu erwarten seien.
58Der Planfeststellungsbeschluss enthalte an mehreren Stellen Auflagen und Abwägungen zur Problembewältigung von Bauimmissionen. Dadurch sei der Straßenbaulastträger primär an die Einhaltung der AVV-Baulärm gebunden. Unter Berücksichtigung weiterer Maßnahmen (möglichst geräuscharme Bauverfahren, Bauzaun, Modifizierungen der Baumaßnahmen im Hinblick auf die AVV) könnten die Voraussetzungen des § 906 BGB beim Ausbau der bestehenden Bundesfernstraße ortsüblich eingehalten werden. Vorsorglich sei die Öffnung des Entschädigungsverfahrens zum Schutz der Anwohner im Planfeststellungsbeschluss angeordnet worden.
59Gegenüber dem heute bestehenden Zustand werde eine Lärmsanierung an der B 51 erreicht. Damit gehe die Steigerung der Lebens- und Wohnqualität im Bereich N3. einher; dies gelte auch für Anwohner im Bereich der N5.---straße . Der Planfeststellungsbeschluss habe unvermeidbare Wertminderungen im Wege der Abwägung auch dann berücksichtigt, wenn Lärmvorsorgeansprüche wegen Unterschreitung der Grenzwerte nicht bestünden.
60Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die Gerichtsakte und die Beiakten des vorliegenden Verfahrens sowie auf die zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemachten planfestgestellten Unterlagen und Verwaltungsvorgänge des Beklagten (Beiakten zum Verfahren 11 D 6/12.AK).
61E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
62Die zulässige Klage ist nicht begründet. Sie dringt weder mit ihrem im Hauptantrag formulierten Anfechtungsantrag auf Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses (A.) noch mit dem hilfsweise gestellten Verpflichtungsantrag durch (B.).
63A. Der auf die Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses gerichtete Hauptantrag ist unbegründet. Gegenstand der Klage ist der Planfeststellungsbeschluss des Beklagten vom 30. September 2011 in der Fassung, die er durch den Planänderungsbescheid vom 12. August 2014 erhalten hat. Die Kläger haben diesen Planänderungsbescheid am 12. September 2014 in ihre Klage einbezogen. Der festgestellte Plan und die nachträgliche Änderung verschmelzen zu einem einzigen Plan; es kommt inhaltlich zu einer einheitlichen Planungsentscheidung. Das hat zur Folge, dass sich der Planfeststellungsbeschluss in seiner Ursprungsfassung prozessual erledigt und das Rechtsschutzinteresse für ein gegen ihn gerichtetes Klagebegehren entfällt. Will der Kläger weiterhin Rechtsschutz gegen die Planung erreichen, bleibt ihm also keine andere Wahl, als gegen diese Entscheidung in ihrer geänderten Fassung vorzugehen.
64Vgl. BVerwG, Urteil vom 18. März 2009 ‑ 9 A 31.07 ‑, Buchholz 310 § 74 VwGO Nr. 15, S. 2, m. w. N.
65I. Bei der Überprüfung des angefochtenen Planfeststellungsbeschlusses ist grundsätzlich auf die Sach- und Rechtslage bei seinem Erlass abzustellen.
66Vgl. etwa BVerwG, Urteile vom 12. März 2008 - 9 A 3.06 -, BVerwGE 130, 299 (376), und vom 12. August 2009 - 9 A 64.07 -, BVerwGE 134, 308 (319).
67Hieran ändert der Planänderungsbescheid vom 12. August 2014 nichts, da trotz des Entstehens einer einheitlichen Planungsentscheidung die Grundzüge der Planung nicht betroffen sind.
68Rechtsgrundlage des angegriffenen Planfeststellungsbeschlusses vom 30. Sep-tember 2011 ist § 17 FStrG in der Fassung der Bekanntmachung vom 28. Juni 2007 (BGBl. I S. 1206), im Zeitpunkt der Planfeststellung zuletzt geändert durch Gesetz vom 31. Juli 2009 (BGBl. I S. 2585), in Verbindung mit den §§ 72 ff. VwVfG NRW in der Fassung der Bekanntmachung vom 12. November 1999 (GV. NRW. S. 602), im maßgeblichen Zeitpunkt zuletzt geändert durch Gesetz vom 17. Dezember 2009 (GV. NRW. S. 861).
69Der Senat überprüft den streitigen Planfeststellungsbeschluss unbeschadet der sich aus § 86 Abs. 1 VwGO ergebenden Aufklärungspflicht grundsätzlich nur im Rahmen der vorgetragenen Tatsachen, durch deren Berücksichtigung oder Nichtberücksichtigung im Planfeststellungsverfahren sich ein Kläger beschwert fühlt. Dies folgt aus § 17e Abs. 5 FStrG. Diese Vorschrift setzt dem klagenden Beteiligten kraft Gesetzes eine Frist von sechs Wochen. Innerhalb dieser Frist muss der Kläger die ihn beschwerenden Tatsachen so konkret angeben, dass der Lebenssachverhalt, aus der er den mit der Klage verfolgten Anspruch ableitet, unverwechselbar feststeht. Mit weiteren Einwendungen ist ein Kläger nach Maßgabe des § 87b Abs. 3 VwGO ausgeschlossen. Ein späterer vertiefender Vortrag steht dem nicht entgegen.
70Vgl. zum inhaltsgleichen § 5 Abs. 3 VerkPBG: BVerwG, Urteile vom 31. März 1995 - 4 A 1.93 -, BVerwGE 98, 126 (129), und vom 24. Mai 1996 - 4 A 38.95 -, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 119, S. 142.
71Hiervon ausgehend leidet der Planfeststellungsbeschluss an keinem Rechtsfehler, der die Kläger im Sinne des § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO in ihren Rechten verletzt und die - vollständige oder teilweise - Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses oder zumindest die Feststellung seiner Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit rechtfertigt.
72Die Grundstücke der Kläger werden für das Vorhaben nicht in Anspruch genommen, weshalb dem angegriffenen Planfeststellungsbeschluss für das Eigentum der Kläger keine enteignungsrechtliche Vorwirkung (§ 19 Abs. 2 FStrG) zukommt. Die von der Planung also nur mittelbar - nach ihrem Vortrag insbesondere durch Lärmimmissionen und Luftschadstoffe - betroffenen Kläger können daher im Gegensatz zu einem unmittelbar mit enteignungsrechtlicher Vorwirkung Betroffenen keine umfassende gerichtliche Überprüfung des Planfeststellungsbeschlusses auf seine objektive Rechtmäßigkeit (sog. Vollprüfungsanspruch) beanspruchen. Sie können nur die Verletzung gerade sie schützender Normen des materiellen und des Verfahrensrechts sowie eine nicht ordnungsgemäße Abwägung ihrer geschützten Privatbelange rügen, nicht aber eine insgesamt fehlerfreie Abwägung und Planung verlangen.
73Vgl. BVerwG, Urteile vom 26. April 2007 - 4 C 12.05 -, BVerwGE 128, 358 (363 f.), und vom 9. Juni 2010 - 9 A 20.08 -, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 208, S. 133 f.
74Ob andere gegen das Vorhaben sprechende Belange ordnungsgemäß berücksichtigt worden sind, können sie demgegenüber ebenso wenig geltend machen wie die Frage, ob Rechtsnormen beachtet wurden, die nicht ihrem Schutz zu dienen bestimmt sind.
75Vgl. BVerwG, Urteil vom 10. Dezember 2012 ‑ 9 A 20.11 ‑, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 229, S. 71 f.
76II. Hieraus folgt zunächst, dass die Kläger nicht mit Erfolg geltend machen können, dass bei der Planung naturschutzrechtliche Belange, wie beispielsweise etwa diejenigen des Landschaftsschutzes, des Artenschutzes oder weitere Gesichtspunkte des allgemeinen Naturschutzes nicht angemessen berücksichtigt worden seien. Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege dienen dem Allgemeininteresse. Private Interessen werden hierdurch nicht geschützt.
77Vgl. BVerwG, Urteil vom 28. März 2007 ‑ 9 A 17.06 ‑, Buchholz 442.09 § 18 AEG Nr. 64, S. 18.
78Auf die Einhaltung des sogenannten Minimierungsgebots in § 15 BNatSchG können sich die Kläger daher nicht berufen. Ebenso wenig können sie anführen, dass die Ausgestaltung des Knotens B 51/X2. Straße zu „vermeidbaren Eingriffen“ führe.
79III. Die Einwände der Kläger gegen die formelle Rechtmäßigkeit des Planfeststellungsbeschlusses greifen nicht durch.
801. Die Kläger machen geltend, die Bekanntmachung der ersten Auslegung sei erst erfolgt, nachdem die Auslegung bereits begonnen habe, durch die Bekanntmachung erst wenige Tage vor Beginn der Auslegung fehle es an der erforderlichen Anstoßwirkung für die Öffentlichkeit und der Inhalt der öffentlichen Bekanntmachung verstoße gegen Vorgaben des Art. 6 Abs. 2 der UVP-Richtlinie. Diese Rügen führen nicht zu einem durchgreifenden Verfahrensfehler.
81a) Allerdings können sich die Kläger gemäß § 4 UmwRG grundsätzlich auch auf Verfahrensfehler im Zusammenhang mit der Umweltverträglichkeitsprüfung des nach dem 25. Juli 2005 eingeleiteten Verfahrens (vgl. § 5 Abs. 1 UmwRG) berufen.
82Nach Art. 10a Abs. 1 der im Zeitpunkt der Offenlegung noch geltenden Richtlinie 85/337/EWG des Rates vom 27. Juni 1985 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten (ABl. Nr. L 175 S. 40 ‑ im Folgenden: UVP-Richtlinie ‑), der durch Art. 3 Abs. 7 der Richtlinie 2003/35/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Mai 2003 über die Beteiligung der Öffentlichkeit bei der Ausarbeitung bestimmter umweltbezogener Pläne und Programme und zur Änderung der Richtlinien 85/337/EWG und 96/61/EG des Rates in Bezug auf die Öffentlichkeitsbeteiligung und den Zugang zu Gerichten (ABl. Nr. L 156 S. 17) in die UVP-Richtlinie eingefügt worden ist (im Folgenden: Öffentlichkeitsbeteiligungsrichtlinie), stellen die Mitgliedstaaten im Rahmen ihrer innerstaatlichen Rechtsvorschriften sicher, dass Mitglieder der betroffenen Öffentlichkeit, die
83a) ein ausreichendes Interesse haben oder alternativ
84b) eine Rechtsverletzung geltend machen, sofern das Verwaltungsverfahrensrecht bzw. Verwaltungsprozessrecht eines Mitgliedstaats dies als Voraussetzung erfordert,
85Zugang zu einem Überprüfungsverfahren vor einem Gericht oder einer anderen auf gesetzlicher Grundlage geschaffenen unabhängigen und unparteiischen Stelle haben, um die materiell-rechtliche und verfahrensrechtliche Rechtmäßigkeit von Entscheidungen, Handlungen oder Unterlassungen anzufechten, für die die Bestimmungen dieser Richtlinie über die Öffentlichkeitsbeteiligung gelten. Damit können die Kläger die „verfahrensrechtliche Rechtmäßigkeit“ der Umweltverträglichkeitsprüfung im Rahmen ihrer gegen den Planfeststellungsbeschluss gerichteten Klage anfechten, weil die Umweltverträglichkeitsprüfung nach § 2 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 2 Abs. 3 Nr. 1 UVPG ein unselbstständiger Teil eines Planfeststellungsverfahrens ist.
86Jedoch führt nicht jeder Verfahrensfehler zu einer Rechtsverletzung im Sinne des Art. 10a der UVP-Richtlinie. Nach der Rechtsprechung des EuGH haben die Mitgliedstaaten die Rechte zu bestimmen, bei deren Verletzung ein Rechtsbehelf in Umweltsachen eingelegt werden kann. Dabei darf die Auslegung der durch die UVP-Richtlinie verliehenen Rechte nicht praktisch unmöglich gemacht oder übermäßig erschwert werden. Der Unionsgesetzgeber habe in keiner Weise die Gründe beschränkt, die zur Stützung eines Rechtsbehelfs vorgebracht werden könnten. Jedenfalls habe er die Möglichkeit, einen Verfahrensfehler geltend zu machen, nicht an die Voraussetzung knüpfen wollen, dass dieser Fehler Auswirkungen auf den Inhalt der angegriffenen endgültigen Entscheidung habe. Da die Richtlinie unter anderem zur Festsetzung von Verfahrensgarantien diene, müsse die betroffene Öffentlichkeit grundsätzlich jeden Verfahrensfehler geltend machen können. Jedoch habe nicht jeder Verfahrensfehler zwangsläufig Folgen, die sich auf den Inhalt einer solchen Entscheidung auswirken könnten, so dass ein Fehler, bei dem dies nicht der Fall sei, denjenigen, der ihn geltend macht, nicht in seinen Rechten verletze. In einem solchen Fall erscheine das Ziel der UVP-Richtlinie nicht gefährdet. Die Mitgliedstaaten hätten einen „beträchtlichen Spielraum“ hinsichtlich der Bestimmung dessen, was eine Rechtsverletzung darstelle.
87Daher könne es zulässig sein, dass nach dem nationalen Recht keine Rechtsverletzung im Sinne des Art. 10a Buchstabe b der UVP-Richtlinie vorliege, wenn nach den Umständen des konkreten Falles nachweislich die Möglichkeit bestehe, dass die angegriffene Entscheidung ohne den geltend gemachten Verfahrensfehler nicht anders ausgefallen wäre. In Bezug auf das Kausalitätskriterium dürfe dem Rechtsmittelführer aber nicht die Beweislast aufgebürdet werden; es sei vielmehr auf von der zuständigen Behörde vorgelegte Beweise und die vorliegende Akte abzustellen. Dabei sei die Schwere des geltend gemachten Fehlers zu berücksichtigen und insbesondere zu prüfen, ob dieser Fehler der betroffenen Öffentlichkeit eine der Garantien genommen habe, die geschaffen worden seien, um ihr im Einklang mit den Zielen der UVP-Richtlinie Zugang zu Informationen und die Beteiligung am Entscheidungsprozess zu ermöglichen.
88Vgl. EuGH, Urteil vom 7. November 2013 ‑ C‑72/12 (Altrip) -, NuR 2013, 878 (881 f., Rdnr. 46 bis 54).
89Nach diesen Maßstäben liegt ein durchgreifender Verfahrensfehler nicht vor. Es ist nicht ersichtlich, dass die Entscheidung des Beklagten ohne die von den Klägern gerügten Verfahrensfehler im Hinblick auf die von ihnen geltend gemachten Rechtspositionen anders ausgefallen wäre. Dabei berücksichtigt der Senat, ohne dass den Klägern insoweit eine materielle Beweislast aufgebürdet würde, neben dem Vortrag des Beklagten in Umsetzung der Rechtsprechung des EuGH sowie gemäß § 86 Abs. 1 VwGO auch die vorliegenden Verwaltungsakten.
90b) Die möglicherweise verspätete Bekanntmachung der Auslegung ist unschädlich. Art. 6 Abs. 6 UVP-Richtlinie in der hier maßgebenden Fassung des Art. 3 Abs. 4 der Richtlinie 2003/35/EG regelt keinen genauen Zeitrahmen für die Dauer einer Auslegung, sondern fordert nur „ausreichend Zeit“, um die Öffentlichkeit zu informieren sowie zur effektiven Vorbereitung und Beteiligung der Öffentlichkeit. § 9 Abs. 1 Satz 3 UVPG verweist insoweit auf § 73 VwVfG. Daher wäre die in § 73 Abs. 3 Satz 1 VwVfG NRW vorgesehene Monatsfrist für die Dauer der Auslegung nicht eingehalten, wenn der Vortrag der Kläger zuträfe, dass die Bekanntmachung erst nach Beginn der Auslegung veröffentlicht wurde. Dies kann jedoch auf sich beruhen, weshalb dem in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisantrag nicht nachzugehen war.
91Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass aufgrund einer möglicherweise zu kurzen Auslegung der Inhalt des Planfeststellungsbeschlusses anders ausgefallen wäre. Nach der ersten Auslegung im Februar/März 2006 hat die Klägerin zu 1. fristgerecht umfangreich Einwendungen gegen das Vorhaben erhoben. Auch der Rechtsvorgänger des Klägers zu 2. hat Einwendungen erhoben. Beide Kläger behaupten nicht, dass sie wegen der Nichteinhaltung der Monatsfrist für die Auslegung gehindert gewesen seien, weitere Einwendungen zu erheben.
92Vgl. hierzu auch BVerwG, Urteil vom 24. No-vember 2011 ‑ 9 A 23.10 ‑, BVerwGE 141, 171 (173).
93Die Kläger können sich in diesem Zusammenhang nicht darauf berufen, es habe „an der erforderlichen Anstoßwirkung für die Öffentlichkeit“ gefehlt. Im Hinblick auf insgesamt 266 Einwendungen Privater sowie zahlreiche Stellungnahmen von Trägern öffentlicher Belange ist nicht ansatzweise ersichtlich, dass es an einer Anstoßwirkung für die Öffentlichkeit gefehlt haben könnte. Es ist auch nicht erkennbar, dass ein potenzieller Einwender sich nicht geäußert hat, weil die Auslegung zu spät bekanntgemacht worden sei. Daher ist insbesondere nicht ersichtlich, dass der betroffenen Öffentlichkeit im Sinne der Rechtsprechung des EuGH eine der Garantien genommen worden sein könnte, die geschaffen worden sind, um ihr im Einklang mit den Zielen der UVP-Richtlinie Zugang zu Informationen und die Beteiligung am Entscheidungsprozess zu ermöglichen.
94c) Ein auf das Ergebnis durchgreifender Verfahrensfehler liegt ebenso wenig vor, soweit der Inhalt der öffentlichen Bekanntmachung nicht den rechtlichen Vorgaben entspricht.
95Die Kläger machen geltend, die öffentliche Bekanntmachung verstoße gegen Vorgaben des im Jahr 2006 unmittelbar anwendbaren Art. 6 Abs. 2 der UVP-Richtlinie. Nach Art. 6 Abs. 2 der UVP-Richtlinie in der Fassung des Art. 3 Abs. 4 der Öffentlichkeitsbeteiligungsrichtlinie wird die Öffentlichkeit über Folgendes informiert:
96a) den Genehmigungsantrag;
97b) die Tatsache, dass das Projekt Gegenstand einer Umweltverträglichkeitsprüfung ist, …;
98c) genaue Angaben zu den jeweiligen Behörden, die für die Entscheidung zuständig sind, bei denen relevante Informationen erhältlich sind bzw. bei denen Stellungnahmen oder Fragen eingereicht werden können, sowie zu vorgesehenen Fristen für die Übermittlung von Stellungnahmen oder Fragen;
99d) die Art möglicher Entscheidungen, oder, soweit vorhanden, den Entscheidungsentwurf;
100e) die Angaben über die Verfügbarkeit der Informationen, die gemäß Art. 5 der UVP-Richtlinie eingeholt wurden;
101f) die Angaben, wann, wo und in welcher Weise die relevanten Informationen zugänglich gemacht werden;
102g) Einzelheiten zu den Vorkehrungen für die Beteiligung der Öffentlichkeit nach Art. 6 Abs. 5 der UVP-Richtlinie.
103Die Öffentlichkeitsbeteiligungsrichtlinie war nach deren Art. 6 Abs. 1 Satz 1 von den Mitgliedstaaten bis zum 25. Juni 2005 umzusetzen. Sie ist in der Bundesrepublik Deutschland jedoch erst durch das am 15. Dezember 2006 in Kraft getretene Öffentlichkeitsbeteiligungsgesetz (BGBl. I S. 2819) umgesetzt worden. Da die in Art. 6 Abs. 2 der UVP-Richtlinie getroffenen Regelungen über die Bekanntmachung inhaltlich unbedingt und hinreichend genau sind, waren sie nach dem 25. Juni 2005 unmittelbar anzuwenden,
104vgl. hierzu zusammenfassend Ruffert, in: Calliess, Ruffert (Hrsg.), EUV/AEUV, Das Verfassungsrecht der Europäischen Union mit europäischer Grundrechtecharta, Kommentar, 4. Auflage 2011, Art. 288 AEUV Rdnr. 47 ff. m. w. N.,
105und mithin auch für die vorliegende Bekanntmachung vom 10. Februar 2006 maßgebend. Die Kläger weisen zutreffend darauf hin, dass die Bekanntmachung im Hinblick auf eine Umweltverträglichkeitsprüfung unter Nr. 6 nur den Hinweis enthält: „Die Nrn. 1, 2, 3 und 5 gelten für die Anhörung der Öffentlichkeit zu den Umweltauswirkungen des Bauvorhabens nach § 9 Abs. 1 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung entsprechend.“ Aus dem Hinweis auf § 9 Abs. 1 UVPG ergab sich, dass das Projekt Gegenstand einer Umweltverträglichkeitsprüfung ist (vgl. Art. 6 Abs. 2 Buchst. b) UVP-Richtlinie). Es fehlen aber die nach Art. 6 Abs. 2 Buchst. e) der UVP-Richtlinie erforderlichen „Angaben über die Verfügbarkeit der Informationen, die gemäß Art. 5 eingeholt wurden“. Der Bekannt-machungstext enthält keinerlei Hinweis darauf, welche vom Vorhabenträger gemäß Art. 5 der UVP-Richtlinie vorgelegten Informationen verfügbar waren und von der Öffentlichkeit eingesehen werden konnten.
106Es ist jedoch (wiederum) nicht ersichtlich, dass dieser unzureichende Bekannt-machungstext sich auf den Inhalt des Planfeststellungsbeschlusses ausgewirkt haben könnte. Die Klägerin zu 1. und der Rechtsvorgänger des Klägers zu 2. haben fristgerecht Einwendungen erhoben, die sich insbesondere auf von ihnen befürchtete Lärm- und Luftschadstoffimmissionen auf ihren Grundstücken bezogen und damit gerade auf die sie berührenden Umweltauswirkungen des Vorhabens.
107Die hier gerügten Defizite der Bekanntmachung der Planauslegung stellen keine wesentlichen Verfahrensfehler dar. Sie betreffen bloße Bekanntmachungsdetails, von denen die gebotene Anstoßwirkung der Bekanntmachung, sich am Verfahren zu beteiligen, nicht abhängt. Aus dem Text der Bekanntmachung ergab sich mit der gebotenen Klarheit, dass die Beteiligung der betroffenen Öffentlichkeit die Beteiligung im Rahmen einer Umweltverträglichkeitsprüfung umfasste (Nr. 6 des Bekanntmachungstextes) und dass die ausgelegten Planunterlagen die Grundlage auch dieser Beteiligung bilden sollten. Die gerügten Mängel betrafen nicht den wesentlichen Bekanntmachungsinhalt; Unionsrecht gebietet daher nicht, sie unabhängig von ihrem Einfluss auf die Sachentscheidung als erheblich zu behandeln.
108Vgl. zu einer ähnlichen Fallgestaltung (kein Hinweis auf UVP-Pflichtigkeit und auf die nach § 6 UVPG vorgelegten Unterlagen) BVerwG, Urteil vom 24. November 2011 ‑ 9 A 23.10 ‑, BVerwGE 141, 171 (176).
109Dass die erforderliche Anstoßwirkung trotz des nicht ordnungsgemäßen Bekanntmachungstextes erreicht worden ist, zeigt die große Zahl von Einwendungen Privater und von Trägern öffentlicher Belange. Es ist weder vorgetragen noch aus den Akten ersichtlich, dass der betroffenen Öffentlichkeit Verfahrensgarantien genommen wurden, weil Einwendungen wegen eines unzureichenden Bekanntmachungstextes unterblieben oder für die Umweltverträglichkeitsprüfung relevante Gesichtspunkte deshalb nicht vorgebracht worden sind.
110d) Die öffentliche Bekanntmachung der Auslegung des Deckblattes I im Amtsblatt der Stadt N. vom 18. Mai 2007 entspricht ebenfalls nicht den Anforderungen des Art. 6 Abs. 2 Buchst. e) der UVP-Richtlinie sowie dem am 15. Dezember 2006 in Kraft getretenen § 9 Abs. 1a Nr. 5 UVPG, wonach bei der Bekanntmachung anzugeben ist, welche Unterlagen nach § 6 UVPG vorgelegt wurden. Der Bekanntmachungstext enthält nur den Hinweis, „dass die ausgelegten Planunterlagen die nach § 6 Abs. 3 UVPG notwendigen Angaben enthalten …“. Aus diesem Hinweis ergibt sich nicht, „welche Unterlagen nach § 6 vorgelegt wurden“.
111Es ist jedoch nicht ersichtlich, dass dieser unzureichende Bekanntmachungstext sich auf den Inhalt des Planfeststellungsbeschlusses ausgewirkt haben könnte. Zwar hat die Klägerin zu 1. hier ‑ anders als der Rechtsvorgänger des Klägers zu 2. ‑ keine (weiteren) Einwendungen erhoben. Das beruht jedoch nicht darauf, dass ihr die nach § 6 UVPG vorgelegten Unterlagen nicht bekannt waren; das behauptet sie auch nicht. Ebenso wie bei der ersten Auslegung ist hier nicht vorgetragen oder aus den Akten ersichtlich, dass der betroffenen Öffentlichkeit Verfahrensgarantien genommen wurden, weil Einwendungen wegen eines unzureichenden Bekanntmachungstextes unterblieben oder für die Umweltverträglichkeitsprüfung relevante Gesichtspunkte deshalb nicht vorgebracht worden sind.
1122. Der weitere Einwand der Kläger, die Auslegung der Planunterlagen hätte inhaltlich nicht den Anforderungen der §§ 9 Abs. 1b und 6 Abs. 3 UVPG sowie der UVP-Richtlinie entsprochen, greift nicht durch. Die Betroffenen sollen durch die Auslegung der Planunterlagen nach § 17a FStrG i. V. m. § 73 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 Satz 1 VwVfG NRW in die Lage versetzt werden, Einwendungen zu erheben, die zumindest in groben Zügen erkennen lassen, welche Rechtsgüter als gefährdet angesehen und welche Beeinträchtigungen befürchtet werden. Ausführungen, die wissenschaftlich-technischen Sachverstand erfordern, werden von den Betroffenen im Verwaltungsverfahren nicht verlangt. Dementsprechend muss die Auslegung nicht notwendig alle Unterlagen umfassen, die möglicherweise zur vollständigen Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Planung erforderlich sind, sondern kann sich auf die Unterlagen beschränken, deren der Einzelne bedarf, um „als Laie" den Grad seiner Betroffenheit abschätzen und sich das Interesse, Einwendungen zu erheben, bewusst machen zu können. Dazu gehören Gutachten nur dann, wenn ohne deren Kenntnis der mit der Auslegung bezweckte Anstoß zur Erhebung von Einwendungen verfehlt würde.
113Vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 3. März 2011 - 9 A 8.10 -, BVerwGE 139, 150 (152), m. w. N.
114Die UVP-Richtlinie verlangt vom Vorhabenträger bestimmte inhaltliche Angaben, stellt ihm aber frei, in welcher Form er sie vorlegt. Es reicht aus, wenn die erforderlichen Angaben sich aus verschiedenen Unterlagen ergeben, etwa aus dem Erläuterungsbericht, dem Landschaftspflegerischen Begleitplan, der schalltechnischen Untersuchung oder der Schadstoffuntersuchung. Sie müssen auch nicht zwingend in einem von der Zulassungsentscheidung gesonderten Dokument dargestellt werden.
115Vgl. BVerwG, Urteil vom 12. August 2009 - 9 A 64.07 -, BVerwGE 134, 308 (312 f.).
116Weder § 6 UVPG noch der UVP-Richtlinie ist eine Pflicht zu standardisierten oder schematisierten Darstellungsweisen zu entnehmen. Es bleibt demgemäß dem Vorhabenträger überlassen, ob er von der Möglichkeit der Darstellung in Form einer (eigenständigen und abgeschlossenen) Umweltverträglichkeitsstudie Gebrauch macht.
117Vgl. BVerwG, Urteil vom 19. Mai 1998 ‑ 4 C 11.96 ‑, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 138, S. 254.
118Auch eine konkrete Zeitvorgabe, innerhalb derer eine Umweltverträglichkeitsprüfung zu erstellen ist, ist dem Gesetz nicht zu entnehmen.
119Vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 12. August 2009 - 9 A 64.07 -, BVerwGE 134, 308 (312 f.).
120Diesen Anforderungen entspricht das hier zur Überprüfung stehende Verfahren. Der Vorhabenträger hatte der Anhörungsbehörde gemäß § 6 UVPG diverse Unterlagen vorgelegt, aus denen sich Auswirkungen des Vorhabens ‑ hier des Ausbaus der B 51 ‑ auf die Umwelt (vgl. § 2 Abs. 1 Satz 2 UVPG) ergeben, nämlich die Erläuterungsberichte vom 5. Dezember 2005 (Unterlage 1, Beiakte 2 zu 11 D 6/12.AK) und vom 2. Mai 2007 mit Schadstoffabschätzung (Unterlage 1-I, Beiakte 8 zu 11 D 6/12.AK), die Erläuterungsberichte zum wassertechnischen Entwurf vom 5. Dezember 2005 (Unterlage 11.1, Beiakte 2 zu 11 D 6/12.AK) und vom 2. Mai 2007 (Unterlage 11.1-I, Beiakte 8 zu 11 D 6/12.AK), die lärmtechnischen Unterlagen vom 5. Dezember 2005 und 2. Mai 2007, bestehend aus den detaillierten Erläuterungsberichten zur lärmtechnischen Untersuchung, den Berechnungen der Beurteilungspegel für Lärmvorsorge für die Bebauung (Unterlagen 12.1 und 12.2, Beiakte 3 zu 11 D 6/12.AK, und Unterlagen 12.1-I und 12.2-I, Beiakte 9 zu 11 D 6/12.AK), den Landschaftspflegerischen Begleitplan einschließlich der artenschutzrechtlichen Prüfung (Unterlage 13, Beiakte 4 zu 11 D 6/12.AK bzw. Unterlage 13-I, Beiakte 8 zu 11 D 6/12.AK). Diese Unterlagen haben im Rahmen des Anhörungsverfahrens öffentlich ausgelegen. Inhaltlich enthalten diese Unterlagen umfangreiche Feststellungen zu den Untersuchungen über die Umweltauswirkungen des Vorhabens und insbesondere die erforderlichen Angaben im Sinne des § 6 Abs. 3 und 4 UVPG.
121Entgegen der Auffassung der Kläger bedurfte es nicht einer gesonderten Auflistung, welche Unterlagen zur Umweltverträglichkeitsprüfung gehören. Die Unterrichtung der Öffentlichkeit über ein geplantes Vorhaben erfordert nicht zwingend die Zusammenfassung aller notwendigen Informationen in einer gesonderten Planunterlage. Ihrer Funktion, die Öffentlichkeit über die Auswirkungen zu unterrichten und den Betroffenen einen Anstoß zu geben, sich mit den Auswirkungen auseinanderzusetzen und über die Notwendigkeit diesbezüglicher Einwendungen schlüssig zu werden, kann die öffentliche Auslegung auch dann gerecht werden, wenn die notwendigen Angaben zwar in verschiedenen Planunterlagen enthalten sind, Wechselwirkungen jedoch nicht ausklammern.
122Vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 10. Oktober 2006 - 9 B 27.05 -, Buchholz 406.251 § 11 UVPG Nr. 4, S. 2 f.
123Derartige Wechselwirkungen waren hier aus den ausgelegten Unterlagen ohne Weiteres ersichtlich, weil insbesondere der ausgelegte Erläuterungsbericht (Unterlage 1, Beiakte 2 zu 11 D 6/12.AK) auf S. 13 bis 20 unter den Nrn. 5. und 6. bei der Beschreibung der Auswirkungen des Vorhabens auf die Umwelt und der Darstellung der geplanten Maßnahmen zum Schutz der Umwelt ausdrücklich Querverweise auf die lärmtechnischen Untersuchungen, die Abschätzung von verkehrsbedingten Schadstoffimmissionen und den Landschaftspflegerischen Begleitplan, mithin auf die weiteren Unterlagen enthält, die ebenfalls Gegenstand der Umweltverträglichkeitsprüfung waren. Damit waren im Anhörungsverfahren entgegen der Meinung der Kläger die Unterlagen zur Umweltverträglichkeitsprüfung hinreichend deutlich benannt. Darin liegt auch die nach § 6 Abs. 3 Satz 2 UVPG geforderte allgemein verständliche, nichttechnische Zusammenfassung der Angaben nach § 6 Abs. 3 Satz 1 UVPG.
124Der Umstand, dass im Erläuterungsbericht auf eine Umweltverträglichkeitsstudie aus dem Jahr 1993 hingewiesen worden ist, die 1994 ausgelegen habe (vgl. Unterlage 1, S. 2, Beiakte 2 zu 11 D 6/12.AK), erforderte entgegen der Meinung der Kläger nicht, dass auch diese Studie im Rahmen der Auslegung der Unterlagen zur Umweltverträglichkeitsprüfung hätte ausgelegt werden müssen. Abgesehen davon, dass bis zur Offenlegung der Planunterlagen zwischenzeitlich über zehn Jahre verstrichen und deshalb ohnehin - wie geschehen - neue Untersuchungen zu den umweltrelevanten Auswirkungen des Vorhabens erforderlich waren und durchgeführt wurden, war diese Umweltverträglichkeitsstudie nur ein Entscheidungsparameter, wobei der Beklagte sich für die dort favorisierte Tunnellösung nicht entschieden hat. Die Umweltverträglichkeitsprüfung ist nur für das konkrete Vorhaben mit der für dieses Vorhaben gewählten Trasse vorzunehmen.
125Vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Januar 1996 ‑ 4 C 5.95 ‑, BVerwGE 100, 238 (250); ferner Urteil vom 5. März 1997 ‑ 11 A 25.95 ‑, BVerwGE 104, 123 (128).
126Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts musste auch die Verkehrsprognose nicht ausgelegt werden.
127Vgl. etwa BVerwG, Urteile vom 9. Juni 2010 ‑ 9 A 20.08 ‑, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 208, S. 134 f., und vom 6. Oktober 2010 ‑ 9 A 12.09 ‑, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 212, S. 187.
128Es ist nicht ersichtlich, dass die Kläger ihre Betroffenheiten ohne diese Unterlage nicht oder nicht vollständig geltend machen konnten. Die Verkehrsbelastung der B 51 ließ sich dem Erläuterungsbericht vom 5. Dezember 2005 für das Prognose-jahr 2015 entnehmen sowie den Erläuterungen zum Deckblatt I vom 2. Mai 2007 für den Prognosehorizont 2020.
129Es ist von den Klägern im Übrigen weder konkret dargelegt worden noch ist es zu erkennen, dass sie durch die gewählte Verfahrensweise gehindert gewesen wären, überhaupt Einwendungen oder solche in der notwendigen inhaltlichen Tiefe zu erheben. Die ausgelegten Unterlagen waren im Sinne des § 6 Abs. 3 Satz 3 UVPG ohne Weiteres geeignet, den Klägern die Beurteilung zu ermöglichen, ob und in welchem Umfang sie von den Umweltauswirkungen des Vorhabens betroffen sind. Dementsprechend haben die Klägerin zu 1. und der Rechtsvorgänger des Klägers zu 2. das Anhörungsverfahren dazu genutzt, mit Schreiben vom 5. April 2006 und 29. März 2006 Einwendungen zu erheben, insbesondere zu den von ihnen für ihre Wohnhausgrundstücke befürchteten Lärm- und Luftschadstoffimmissionen.
130IV. Die Einwände der Kläger gegen die materielle Rechtswidrigkeit des Planfeststellungsbeschlusses führen ebenso wenig zum Erfolg der Klage.
1311. Der von der Klägerin zu 1. und dem Rechtsvorgänger des Klägers zu 2. im Einwendungsverfahren erhobene Einwand, die B 51 sei zur Autobahn aufzustufen, trifft nicht zu. Der erkennende (vormals 23.) Senat hat hierzu in seinem Urteil vom 20. September 1999 ‑ 23 D 98/95.AK ‑ betreffend den vierstreifigen Ausbau der B 51 von Bau-km 3+740 bis Bau-km 5+100 auf Seite 12 ausgeführt:
132„Die zur Prüfung dieser Behauptung gebotene Gesamtschau der planfestgestellten Trasse mit dem bereits fertiggestellten ersten Bauabschnitt der Ortsumgehung N. und dem sich im Nordosten anschließenden Streckenabschnitt zeigt, dass die Straße insbesondere nicht als Verlängerung der Bundesautobahn 43 planerisch entwickelt wird. Dies erweist sich an der Verknüpfung der B 51 mit der X1. Straße im Süden von N. . Hier stellt sich die Umgehungsstraße als Fortführung der alten Fahrbahn der B 51 (X1. Straße) dar, mit der sie über eine Kreuzung verknüpft ist. Die Verbindung zu dem als Autobahnzubringer zur A 1 und A 43 fungierenden Teil der B 51 erfolgt dagegen mittels zweier gebogener Verbindungsstreifen, die jeweils 90o-Winkel beschreiben.“
133Diese Bewertung wird durch den nunmehr planfestgestellten dritten Bauabschnitt der B 51 nicht in Frage gestellt, zumal sowohl die B 51 als auch die B 481n nach dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers (vgl. BT-Drucks. 15/3412, S. 42 Nr. 1646 und S. 46 Nr. 1817 zu § 1 Abs. 1 Satz 2 FStrAbG in der Fassung des Fünften Gesetzes zur Änderung des Fernstraßenausbaugesetzes vom 4. Oktober 2004, BGBl. I S. 2574) im Bedarfsplan für die Bundesfernstraßen als Bundesstraßen aufgenommen und eingestuft sind. Hieran ist der Beklagte gemäß Art. 20 Abs. 3 GG gebunden.
1342. Der Vortrag der Kläger, es sei eine neue Linienbestimmung erforderlich gewesen und die Bezugnahme auf die 1967 durchgeführte Linienbestimmung sei unzureichend, greift nicht durch.
135a) Eine Linienbestimmung war im vorliegenden Fall gemäß § 16 Abs. 1 Satz 2 FStrG weder für die B 51 noch für die B 481n erforderlich, da es sich bereits kraft Gesetzes um Ortsumgehungen handelt (so ausdrücklich BT-Drucks. 15/3412, S. 42 Nr. 1646 und S. 46 Nr. 1817 zu § 1 Abs. 1 Satz 2 FStrAbG).
136b) Darüber hinaus ist eine dem eigentlichen Planfeststellungsverfahren vorgelagerte Linienbestimmung keine formelle oder materielle Voraussetzung der Planfeststellung. Sie ist nicht auf unmittelbare Rechtswirkungen nach außen gerichtet, sondern hat innerhalb des Planungsverlaufs den Charakter einer vorbereitenden Grundentscheidung mit allein verwaltungsinterner Bedeutung. Rechtliche Verbindlichkeit gegenüber dem Träger der Straßenbaulast und gegenüber Dritten erlangt sie erst dadurch, dass sie in den Festsetzungen des Planfeststellungsbeschlusses ihren Niederschlag findet. Ein Planfeststellungsbeschluss ist nicht deshalb rechtswidrig, weil ihm kein Linienbestimmungsverfahren vorangegangen ist oder weil er von der festgelegten Linie abweicht. Umgekehrt lässt sich die Planung Dritten gegenüber nicht allein damit rechtfertigen, dass sie den Linienabstimmungs- oder -bestimmungsvorgaben entspricht. Vielmehr muss die Entscheidung der Planfeststellungsbehörde aus sich heraus den rechtlichen Anforderungen genügen.
137Vgl. BVerwG, Urteil vom 12. August 2009 - 9 A 64.07 -, BVerwGE 134, 308 (311 f.), ebenfalls zu einer fernstraßenrechtlichen Linienbestimmung aus den 1960er Jahren, und Urteil vom 6. November 2013 ‑ 9 A 14.12 ‑, BVerwGE 148, 373 (378 f.).
138Daher ist unerheblich, dass es zum Zeitpunkt der 1967 durchgeführten Linienbestimmung eine Umweltverträglichkeitsprüfung noch nicht gab. Vorliegend hat die Planfeststellungsbehörde eine eigenständige Abwägung zur Trassen- und Variantenwahl vorgenommen (vgl. PFB B. 5.3.3.1, S. 90 ff.). Diese Entscheidung muss den rechtlichen Anforderungen genügen.
139Vgl. BVerwG, Urteil vom 12. August 2009 ‑ 9 A 64.07 ‑, BVerwGE 134, 308 (312).
140Diese Voraussetzung ist erfüllt, wie weiter unten zu zeigen sein wird (A.III.4., S. 48 ff.).
141Die Vermutung der Kläger, der Beklagte habe eine „gestufte Prüfung“ vorgenommen, indem er im Planfeststellungsverfahren ausschließlich Umweltauswirkungen geprüft habe, die nicht Gegenstand der Umweltverträglichkeitsstudie von 1993 als „erster Stufe“ waren, trifft nicht zu. Der von den Klägern in diesem Zusammenhang in Bezug genommene § 15 Abs. 4 UVPG, wonach die Prüfung der Umweltverträglichkeit in der Linienbestimmung nachfolgenden Zulassungsverfahren auf zusätzliche oder andere erhebliche Umweltauswirkungen beschränkt werden kann, ist hier nicht zur Anwendung gekommen. Den umfangreichen Ausführungen zur Umweltverträglichkeitsprüfung im Planfeststellungsbeschluss (vgl. PFB, B. 4.4 ff., S. 55 bis 77) ist nicht zu entnehmen, dass nur Umweltauswirkungen geprüft werden sollten, die nicht schon Gegenstand der Umweltverträglichkeitsstudie von 1993 waren. Das folgt schon daraus, dass die in der Studie von 1993 favorisierte Tunnellösung gerade nicht planfestgestellt worden ist. Erst recht fehlt es an einer ausdrücklichen Beschränkung, die nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Folge haben kann, dass ein Fehler, der im abgeschichte-ten Teil der auf die Linienbestimmung bezogenen Umweltverträglichkeitsprüfung aufgetreten ist, sich bis zum Erlass des Planfeststellungsbeschlusses fortsetzt.
142Vgl. BVerwG, Urteil vom 6. November 2013 ‑ 9 A 14.12 ‑, BVerwGE 148, 373 (379).
1433. Die vom Beklagten durchgeführte Umweltverträglichkeitsprüfung ist inhaltlich nicht zu beanstanden. In materiellrechtlicher Hinsicht können die Kläger allerdings nicht nur geltend machen, dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung nicht durchgeführt worden ist, sondern auch, dass sie zwar durchgeführt wurde, aber mit wesentlichen Fehlern behaftet ist.
144Vgl. EuGH, Urteil vom 7. November 2013 ‑ C‑72/12 (Altrip) -, NuR 2013, 878 (881, Rdnr. 36-38); daran anknüpfend OVG NRW, Beschluss vom 23. Juli 2014 ‑ 8 B 356/14 ‑, NWVBl. 2014, 472.
145Das folgt aus Art. 10a der UVP-Richtlinie, der eine weiterreichende Regelung enthält als § 4 Abs. 1 Satz 1 UmwRG. Derartige wesentliche Fehler liegen aber nicht vor.
146a) Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 UVPG ist die Umweltverträglichkeitsprüfung ein unselbstständiger Teil verwaltungsbehördlicher Verfahren, die der Entscheidung über die Zulässigkeit von Vorhaben dienen. Zu diesen „UVP-pflichtigen Vorhaben“ gehört gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 UVPG i. V. m. Nr. 14.6 der Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung auch das vorliegend planfestgestellte Vorhaben, da die hierfür vorgesehene Vorprüfung des Einzelfalles zu dem Ergebnis geführt hat, dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist (vgl. § 3c Abs. 1 Satz 1 UVPG). Die Umweltverträglichkeitsprüfung umfasst nach § 2 Abs. 1 Satz 2 UVPG die Ermittlung, Beschreibung und Bewertung der unmittelbaren und mittelbaren Auswirkungen eines Vorhabens auf
1471. Menschen, einschließlich der menschlichen Gesundheit, Tiere, Pflanzen und biologische Vielfalt,
1482. Boden, Wasser, Luft, Klima und Landschaft,
1493. Kulturgüter und sonstige Sachgüter sowie
1504. die Wechselwirkung zwischen den vorgenannten Schutzgütern.
151Das Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung setzt die UVP-Richtlinie in deutsches Recht um. Das Umweltrecht hat durch die UVP-Richtlinie ‑ und damit auch durch das Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung ‑ keine materielle Anreicherung erfahren. Die gemeinschaftsrechtliche Regelung enthält sich materiellrechtlicher Vorgaben. Sie beschränkt sich auf verfahrensrechtliche Anforderungen im Vorfeld der Sachentscheidung. Daher hat der Projektträger schon bei Antragstellung Angaben darüber zu machen, wie sich sein Vorhaben auf Menschen, Tiere und Pflanzen, Boden, Wasser, Luft, Klima und Landschaft, einschließlich der Wechselbeziehungen, sowie auf Kultur- und sonstige Sachgüter auswirkt. Auf der Grundlage dieser Angaben hat die Planungsbehörde die Öffentlichkeit zu beteiligen sowie ihrerseits die Umweltauswirkungen zusammenfassend darzustellen und zu bewerten. Für die Planungsbehörde ist die Umweltverträglichkeitsprüfung als unselbstständiger Teil des Planfeststellungsverfahrens ein eingeschobener formalisierter Zwischenschritt mit dem Ziel einer zunächst auf Umweltbelange beschränkten Bewertung der Auswirkungen des Vorhabens im Rahmen der Abwägung aller Belange. Sie dient als wirkungsvolle Methode, die Umweltbelange in den Abwägungsprozess einzuführen.
152Vgl. grundlegend BVerwG, Urteil vom 25. Januar 1996 ‑ 4 C 5.95 ‑, BVerwGE 100, 238 (243, 245 ff.).
153Dementsprechend gebieten die UVP-Richtlinie und das Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung nicht, dass Umweltauswirkungen anhand standardisierter Maßstäbe oder in standardisierten oder schematisierten und rechenhaft handhabbaren Verfahren ermittelt und bewertet werden. Die Umweltverträglichkeitsprüfung ist auch kein „Suchverfahren“, in dem alle nur erdenklichen Auswirkungen eines Vorhabens auf Umweltgüter und deren Wertigkeit bis in alle Einzelheiten und feinsten Verästelungen zu untersuchen wären und gar Antworten auf in der Wissenschaft bisher noch ungeklärte Fragen gefunden werden müssten. Die UVP-Richtlinie fordert, dass die Umweltverträglichkeitsprüfung die erforderlichen Grundlagen für ein „Beurteilung der möglichen erheblichen Umweltauswirkungen“ eines Projekts liefert (Vorbemerkung, Erwägungsgrund 6); deshalb muss der Projektträger Angaben vorlegen „zur Feststellung und Beurteilung der Hauptwirkungen, die das Projekt voraussichtlich für die Umwelt haben wird“ (Art. 5 Abs. 2 der UVP-Richtlinie). Das Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung fordert für die vom Vorhabenträger vorzulegenden Unterlagen, dass sie u. a. eine „Beschreibung der zu erwartenden erheblichen Auswirkungen des Vorhabens auf die Umwelt“ enthalten, und schreibt dafür die „Berücksichtigung des allgemeinen Kenntnisstandes und der allgemein anerkannten Prüfungsmethoden“ (§ 6 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 UVPG) vor.
154Vgl. BVerwG, Urteil vom 21. März 1996 - 4 C 19.94 -, BVerwGE 100, 370 (377).
155Die Umweltverträglichkeitsprüfung soll die Umweltbelange so herausarbeiten, dass sie in die Abwägung in gebündelter Form eingehen.
156Vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Juni 2014 ‑ 9 A 1.13 ‑, BVerwGE 150, 92 (97).
157Wie bereits zur Frage der Auslegung der Planunterlagen dargelegt, verlangen die Vorschriften über die Umweltverträglichkeitsprüfung vom Vorhabenträger bestimmte inhaltliche Angaben, stellen ihm aber frei, in welcher Form er sie vorlegt. Es reicht aus, dass dem Planfeststellungsbeschluss mehrere zeitnah erstellte Untersuchungen zu den von dem Vorhaben berührten Umweltbelangen zu Grunde lagen und diese einer ausführlichen Würdigung unterzogen wurden. Die erforderlichen Angaben können sich etwa aus dem Landschaftspflegerischen Begleitplan, dem Erläuterungsbericht, der schalltechnischen Untersuchung oder der Schadstoffuntersuchung ergeben. Sie müssen auch nicht zwingend in einem von der Zulassungsentscheidung gesonderten Dokument dargestellt werden. Auch eine konkrete Zeitvorgabe, innerhalb derer eine Umweltverträglichkeitsprüfung zu erstellen ist, ist dem Gesetz nicht zu entnehmen.
158Vgl. BVerwG, Urteil vom 12. August 2009 ‑ 9 A 64.07 ‑, BVerwGE 134, 308 (312 f.).
159Die von den Klägern unter Hinweis auf § 15 Abs. 4 UVPG und die Linienbestimmung aufgeworfene Frage der Zulässigkeit eines „gestuften Verfahrens“ stellt sich hier nicht. Die vom Beklagten neben zahlreichen weiteren Unterlagen angeführte UVS von 1993 ist nur ein „Mosaikstein“ der Umweltverträglichkeitsprüfung. Es versteht sich von selbst, dass sie durch aktuelle Untersuchungen zu ergänzen war und auch ergänzt worden ist. Wenn die Kläger die Bezugnahme des Beklagten auf die UVS von 1993 als „absurd“ bezeichnen, sei der Hinweis erlaubt, dass sie gerade die Verwirklichung der in dieser UVS favorisierten, jedoch nicht plan-festgestellten Tunnellösung fordern. Die Klägerin zu 1. rügt in ihrem Einwendungsschreiben vom 5. April 2006 ausdrücklich, die Ergebnisse der UVS von 1993 seien missachtet worden.
160b) Die vom Beklagten im Planfeststellungsbeschluss dargelegte Umweltverträglichkeitsprüfung genügt inhaltlich den vorstehend aufgezeigten Maßstäben.
161Wie oben dargelegt (A.III.2., S. 36 f.) hatte der Vorhabenträger dem Beklagten gemäß § 6 UVPG im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens diverse Unterlagen vorgelegt, aus denen sich Auswirkungen des Vorhabens auf die Umwelt ergeben. § 11 Satz 1 UVPG sieht vor, dass die zuständige Behörde sodann auf der Grundlage der Unterlagen nach § 6 UVPG, der behördlichen Stellungnahme nach den §§ 7 und 8 UVPG sowie der Äußerungen der betroffenen Öffentlichkeit nach den §§ 9 und 9a UVPG eine zusammenfassende Darstellung der Umweltauswirkungen des Vorhabens sowie der Maßnahmen erarbeitet, mit denen erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen vermieden, vermindert oder ausgeglichen werden, einschließlich der Ersatzmaßnahmen bei nicht ausgleichbaren, aber vorrangigen Eingriffen in Natur und Landschaft. Nach § 11 Satz 4 UVPG kann die zusammenfassende Darstellung in der Begründung der Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens erfolgen. Das ist hier geschehen. Der Beklagte hat im Planfeststellungsbeschluss auf Seite 58 bis 69 eine derartige zusammenfassende Darstellung gegeben. Sie deckt inhaltlich die Vorgaben des § 11 Satz 1 UVPG ab. Die in § 2 Abs. 1 Satz 2 UVPG aufgezählten Gesichtspunkte sind vollständig abgearbeitet. Es schließt sich auf Seite 69 bis 77 die in § 12 UVPG vorgesehene Bewertung der Umweltauswirkungen des Vorhabens auf der Grundlage der zusammenfassenden Darstellung nach § 11 UVPG an.
162Die von den Klägern in diesem Zusammenhang vermissten „erheblichen, jedoch noch nicht unzumutbaren bzw. grenzwertüberschreitenden Umweltauswirkungen“ mussten im Hinblick auf das umfassende an den Immissionsgrenzwerten der 16. BImSchV orientierte Lärmschutzkonzept des Beklagten und das vom Gutachterbüro M. erstellte Luftschadstoffgutachten von September 2011 nicht gesondert ermittelt und dargestellt werden. Sie spielen eine Rolle bei der Prüfung, ob die Möglichkeit erheblicher nachteiliger Umweltauswirkungen im Sinne des § 3c Satz 1 UVPG besteht, die mehr als geringfügig und damit abwägungserheblich sind,
163vgl. BVerwG, Urteil vom 17. Dezember 2013 ‑ 4 A 1.13 ‑, BVerwGE 148, 353 (362, 364),
164mithin für die Vorprüfung, ob überhaupt eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist. Im vorliegenden Fall ist jedoch eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt worden.
165c) Entgegen der Auffassung der Kläger musste sich die Umweltverträglichkeitsprüfung nicht auf alle betrachteten oder denkbaren Varianten beziehen, sondern durfte sich auf diejenige Variante beschränken, die nach dem aktuellen Planungsstand noch ernstlich in Betracht kam.
166Vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Januar 1996 ‑ 4 C 5.95 ‑, BVerwGE 100, 238 (250).
167Das folgt bereits daraus, dass die UVP-Richtlinie und damit das Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung keine Änderung oder Verschärfung materiell-rechtlicher Zulassungsvoraussetzungen enthalten. In der Rechtsprechung ist geklärt, dass die Planfeststellungsbehörde auf der Grundlage einer Grobanalyse solche Alternativen, die als weniger geeignet erschienen, schon in einem frühen Verfahrensstadium ohne nähere Untersuchung ausscheiden darf.
168Vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 23. März 2011 ‑ 9 A 9.10 ‑, juris, Rdnr. 33.
169Damit darf die Planfeststellungsbehörde Planungsalternativen, die nach einer Art Grobanalyse in einem früheren Planungsstadium nicht in Betracht kommen, für die weitere Detailprüfung und damit auch (im Detail) für die förmliche Umweltverträglichkeitsprüfung ausscheiden.
170Vgl. BVerwG, Beschluss vom 16. August 1995 - 4 B 92.95 -, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 104, S. 48 f.
171In Betracht kommende andere Lösungen müssen daher nicht selbst Gegenstand der Umweltverträglichkeitsprüfung sein. Die UVP-Richtlinie beschränkt sich in Art. 5 Abs. 1 i. V. m. Nr. 2 des Anhangs III ebenso wie § 6 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 UVPG ausdrücklich auf die Forderung, dass der Vorhabenträger gegebenenfalls eine Übersicht über die wichtigsten anderweitigen vom Projektträger geprüften Lösungsmöglichkeiten gibt und Angaben zu den wesentlichen Auswahlgründen in Hinblick auf die Umweltauswirkungen macht.
172Vgl. BVerwG, Urteil vom 27. Oktober 2000 ‑ 4 A 18.99 ‑, BVerwGE 112, 140 (150).
173Die Pflicht zur förmlichen Umweltverträglichkeitsprüfung nach Maßgabe des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung setzt immer erst ein, wenn sich der Vorhabenträger für ein bestimmtes Projekt entschieden hat und dessen Zulassung beantragt.
174Vgl. BVerwG, Beschluss vom 14. Mai 1996 - 7 NB 3.95 -, Buchholz 406.251 § 2 UVPG Nr. 3, S. 9.
175So ist der Beklagte hier vorgegangen. Er hat im Planfeststellungsbeschluss im Rahmen seiner Ausführungen über die Umweltverträglichkeit auf Seite 57 f. ausdrücklich auf die Variantenprüfung in Abschnitt B. 5.3.3 (S. 90 bis 95) verwiesen. Das entspricht den Anforderungen der UVP-Richtlinie sowie des § 6 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 UVPG. Weitergehende inhaltliche Anforderungen an die Umweltverträglichkeitsprüfung ergeben sich weder aus der UVP-Richtlinie noch aus dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung.
1764. Die Planung verstößt nicht gegen das in § 17 Satz 2 FStrG enthaltene Abwägungsgebot.
177a) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts verlangt das Abwägungsgebot, dass ‑ erstens ‑ eine Abwägung überhaupt stattfindet, dass ‑ zweitens ‑ in die Abwägung an Belangen eingestellt wird, was nach Lage der Dinge in sie eingestellt werden muss, und dass ‑ drittens ‑ weder die Bedeutung der betroffenen öffentlichen und privaten Belange verkannt noch der Ausgleich zwischen ihnen in einer Weise vorgenommen wird, die zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht.
178Vgl. grundlegend etwa BVewG, Urteil vom 7. Juli 1978 ‑ 4 C 79.76 u. a. ‑, BVerwGE 56, 110 (122 f.).
179Die Frage, ob einer Planung eine gerechte Interessenabwägung zu Gunde liegt, ist nur einer eingeschränkten gerichtlichen Kontrolle zugänglich. Die Gerichte haben, soweit der Abwägungsvorgang fehlerfrei ist, das Ergebnis der Abwägung grundsätzlich hinzunehmen und es zu respektieren, dass sich der Planungsträger in der Kollision zwischen verschiedenen Belangen für die Bevorzugung des einen und damit notwendig für die Zurückstellung eines anderen entschieden hat.
180Vgl. BVerwG, Urteil vom 15. Januar 2004 ‑ 4 A 11.02 ‑, BVerwGE 120, 1 (13).
181Nach § 17e Abs. 6 Satz 1 FStrG sind Mängel bei der Abwägung der von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange nur erheblich, wenn sie offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen sind. Ergebnisrelevanz in diesem Sinne liegt vor, wenn nach den Umständen des Falles die konkrete Möglichkeit besteht, dass ohne den Abwägungsmangel eine andere Entscheidung getroffen worden wäre; eine nur abstrakte Möglichkeit einer anderen Entscheidung genügt nicht. Insoweit ist der Abwägungsvorgang in allen seinen Phasen in den Blick zu nehmen. Daher kann die Möglichkeit einer anderen Entscheidung nur dann verneint werden, wenn der konkret vorliegende Abwägungsfehler weggedacht werden kann, ohne dass auf einer nachfolgenden Stufe der Abwägung ein weiterer Mangel erwächst, auf dem die angegriffene Entscheidung beruhen kann. Besteht der Abwägungsmangel in der fehlerhaften Berücksichtigung eines abwägungserheblichen Belangs und ergeben sich keine konkreten Anhaltspunkte, dass die Planfeststellungsbehörde ohne diesen Mangel zu einem anderen Abwägungsergebnis gelangt wäre, ist also zusätzlich zu prüfen, ob die auf der nachfolgenden Stufe gebotene Abwägung im engeren Sinne ‑ das Ins-Verhältnis-Setzen der gegenläufigen Belange ‑ das Abwägungsergebnis auch dann rechtfertigen würde, wenn der auf der vorhergehenden Stufe unterlaufene Mangel unterblieben wäre.
182Vgl. BVerwG, Urteil vom 24. November 2011 ‑ 9 A 23.10 ‑, BVerwGE 141, 171 (191).
183Als nur mittelbar von dem Vorhaben Betroffene können die Kläger eine gerichtliche Abwägungskontrolle nur hinsichtlich ihrer eigenen Belange und ‑ wegen der insoweit bestehenden Wechselbeziehung ‑ der ihren Belangen gegenübergestellten, für das Vorhaben streitenden Belange verlangen. Ob andere gegen das Vorhaben sprechende Belange ordnungsgemäß berücksichtigt worden sind, können sie dem gegenüber ebenso wenig geltend machen wie die Frage, ob Rechtsnormen beachtet wurden, die nicht ihrem Schutz zu dienen bestimmt sind.
184Vgl. BVerwG, Urteil vom 10. Oktober 2012 ‑ 9 A 20.11 ‑, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 229, S. 71 f.
185Nach diesen Maßstäben sind die Belange der Kläger rechtsfehlerfrei abgewogen worden.
186b) Die Prüfung der Varianten des Ausbaus der B 51 lässt keinen Abwägungsfehler zu Lasten der Kläger erkennen. Der Beklagte musste keine die Kläger weniger belastende Variante ernsthaft in Betracht ziehen. Kommen Alternativlösungen ernsthaft in Betracht, so hat die Planungsbehörde sie zwar als Teil des Abwägungsmaterials mit der ihnen objektiv zukommenden Bedeutung in die vergleichende Prüfung der von den möglichen Varianten jeweils berührten öffentlichen und privaten Belange unter Einschluss des Gesichtspunkts der Umweltverträglichkeit einzubeziehen. Sie ist indes nicht verpflichtet, die Variantenprüfung bis zuletzt offen zu halten und alle von ihr zu einem bestimmten Zeitpunkt erwogenen Alternativen gleichermaßen detailliert und umfassend zu untersuchen. Auch im Bereich der Planungsalternativen braucht sie den Sachverhalt nur soweit aufzuklären, wie dies für eine sachgerechte Trassenwahl und eine zweckmäßige Gestaltung des Verfahrens erforderlich ist. Sie ist befugt, eine Alternative, die ihr auf der Grundlage einer Grobanalyse als weniger geeignet erscheint, schon in einem frühen Verfahrensstadium ohne nähere Untersuchung auszuscheiden.
187Vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 23. März 2011 ‑ 9 A 9.10 ‑, juris, Rdnr. 33.
188Verfährt sie in dieser Weise, so handelt sie abwägungsfehlerhaft nicht schon, wenn sich herausstellt, dass die von ihr verworfene Lösung ebenfalls mit guten Gründen vertretbar gewesen wäre, sondern erst, wenn diese Lösung sich ihr hätte aufdrängen müssen.
189Vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 25. Januar 1996 - 4 C 5.95 -, BVerwGE 100, 238 (249 f.), m. w. N.
190Gemessen an diesen Grundsätzen ist dem Beklagten kein Abwägungsfehler bei der Variantenprüfung unterlaufen.
191aa) Der Beklagte hat im Planfeststellungsbeschluss ausführlich dargelegt, welche Überlegungen ihn dazu bewogen haben, sich unter den näher untersuchten Varianten - einschließlich der sog. Null-Variante - für die planfestgestellte zu entscheiden (PFB B. 5.3.3.1 f., S. 90 ff.). Die sog. Null-Variante auszuschließen, d. h. von dem Ausbau nicht Abstand zu nehmen, ist nicht abwägungsfehlerhaft. Der Beklagte hat ausgeführt, dass die B 51 in ihrem jetzigen Zustand nicht in der Lage ist, die aufkommenden Verkehrsströme sicher und zügig zu bewältigen und die entsprechenden Verkehrsmengen aufzunehmen. Dagegen ist nichts zu erinnern. Die Kläger selbst gehen vielmehr von noch größeren Verkehrsmengen aus und weisen darauf hin, dass die B 51 als Umgehungsstraße N. die meistbefahrene Bundesstraße im Münsterland sei.
192bb) Zudem ist nach § 1 Abs. 2 Satz 2 FStrAbG die hier vorliegende gesetzliche Feststellung des vordringlichen Bedarfs für die nachfolgende straßenrechtliche Planfeststellung verbindlich. Der Planungsträger ist jedoch nicht gehindert, etwa statt des Ausbaus einer Bestandstrasse eine Neubaustrecke als Trassenalter-native zu erwägen. Allerdings ist es auch nicht zu beanstanden, wenn der Planungsträger sich beim Ausbau eines bereits vorhandenen Straßenzuges - wie hier - aus nachvollziehbaren Gründen gegen eine Neutrassierung ausspricht und auf dieser Grundlage entsprechende Planungsalternativen verwirft.
193Vgl. BVerwG, Beschluss vom 5. November 2002 - 9 VR 14.02 -, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 171, S. 134, m. w. N.
194cc) Es ist abwägungsfehlerfrei, dass sich der Beklagte in der Variantenprüfung in erster Linie aus Kostengründen gegen die von den Klägern geforderte Tunnellösung oder Einhausung entschieden hat. In die Entscheidung der Planfeststellungsbehörde für die eine oder andere Trassen- oder Ausführungsvariante dürfen Kostengesichtspunkte einfließen. Denn das Interesse, den finanziellen Aufwand für den Straßenbau gering zu halten, gehört zu den öffentlichen Belangen, denen in der Abwägung Rechnung zu tragen ist.
195Vgl. etwa BVerwG, Urteile vom 9. November 2000 - 4 A 51.98 -, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 159, S. 67, m. w. N., und vom 3. März 2011 ‑ 9 A 8.10 ‑, BVerwGE 139, 150 (178 f.).
196In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass dem Gebot der sparsamen und wirtschaftlichen Mittelverwendung, das in § 7 Abs. 1 BHO seine gesetzliche Ausprägung gefunden hat, als eigenständigem öffentlichen Belang in der Abwägung Rechnung zu tragen ist. Er kann nach den konkreten Umständen des Falles sogar das private Interesse überwiegen, von einer Grundstücksinanspruchnahme verschont zu bleiben.
197Vgl. BVerwG, Urteil vom 24. November 2011 ‑ 9 A 23.10 ‑, BVerwGE 141, 171 (193).
198Der Beklagte hat unter Berufung auf erhebliche Mehrkosten eine Tunnellösung in Form eines Leichtbautunnels (System „Züblin“) als Planungsvariante (PFB B. 5.3.3.2., S. 93) unter Verweis auf das Lärmschutzkonzept (PFB B. 5.3.5.1.2, S. 103 f., und B. 5.3.5.1.5, S. 112 f.) verworfen. Im Planfeststellungsbeschluss hat der Beklagte die Kosten für einen (Standard-)Tunnel mit 42,12 Mio. Euro beziffert, für einen Leichtbautunnel (System „Züblin“) mit 21,6 Mio. Euro (S. 113). Demgegenüber hat er die Kosten für das in der Planfeststellung gewählte Lärmschutzkonzept für diesen Teilbereich mit 11.173.814 Euro (S. 103) bzw. 10,45 Mio. Euro (S. 113) angegeben. Für einen „Züblin-Tunnel“ fielen damit Mehrkosten von 10,132 Mio. Euro (S. 103) oder 10,15 Mio. Euro (S. 113) an, d. h. die Kosten pro geschützter Wohneinheit würden von 14.389 Euro (S. 103) bzw. 14.418 Euro (S. 113) auf 26.899 Euro (S. 104) ansteigen, das stehe außer Verhältnis zum angestrebten Schutzzweck. Darüber hinaus würden für eine weitere Gradientenab-senkung der Trasse auf etwa 6 m Mehrkosten von rund 10,6 Mio. Euro anfallen (S. 104, 113). Danach würde eine „Tunnellösung“ gegenüber der planfestgestellten Lösung insgesamt mehr als 20 Mio. Euro zusätzliche Kosten verursachen.
199Die von den Klägern hiergegen erhobenen Einwände greifen nicht durch. Zwar haben die Kläger Kostenansätze für einzelne Komponenten des Lärmschutz-konzepts in Frage gestellt, jedoch hiermit insgesamt nicht dargetan, dass die (Vergleichs-)Berechnungen des Beklagten gänzlich neben der Sache liegen. Denn es erschließt sich von selbst, dass Tunnelbauwerke, Teilabdeckungen und Einhausungen nebst Gradientenabsenkung - im vorliegenden Fall auf etwa 6 m - gegenüber dem Straßenbau auf der freien Strecke wesentlich höhere Kosten verursachen.
200Vgl. auch BVerwG, Urteil vom 23. März 2011 ‑ 9 A 9.10 ‑, juris, Rdnr. 34; ferner ergänzend Bundesministerium für Verkehr, Allgemeines Rundschreiben Straßenbau (ARS) 25/1998 vom 28. Juni 1998, VkBl. S. 848, i. V. m. Leitfaden für die Planungsentscheidung „Einschnitt oder Tunnel“, S. 7 ff.
201Bei Baukosten, die jedenfalls deutlich höher liegen als bei einem konventionellen Straßenbau, ist es nicht zu beanstanden, wenn sich der Beklagte gegen die in Rede stehenden Alternativen entschieden hat.
202Vgl. ergänzend BVerwG, Urteil vom 21. Mai 2008 ‑ 9 A 68.07 -, juris, Rn. 18.
203Es kommt hinzu, dass ein Tunnel gegenüber der planfestgestellten Lösung dauerhaft höhere Unterhaltungskosten verursacht. Zudem soll der Ausbau der B 51 wegen der Bedeutung der Verkehrsachse bei laufendem Betrieb durchgeführt werden. Die Kläger weisen in einem anderen Zusammenhang zutreffend darauf hin, dass die B 51 als Umgehungsstraße N. nach den Ergebnissen der Verkehrszählung 2010 die meistbefahrene Bundesstraße im Münsterland ist. Neben den durch Bauarbeiten ohnehin verursachten Behinderungen des Verkehrsflusses müssten zusätzliche Untertunnelungs- oder Einhausungsarbeiten in dem baulich verdichteten Umfeld über einen längeren Zeitraum zu einer vollständigen Sperrung der Strecke führen. Die dadurch im Stadtbereich N. verursachten Verkehrsprobleme wären kaum lösbar, weil eine geeignete Umleitung nicht zur Verfügung steht. Der Beklagte weist unter B. 5.3.12.8, S. 156, des Planfeststellungsbeschlusses darauf hin, dass durch eine Sperrung der B 51 während der Bauzeit das untergeordnete Straßennetz erheblich belastet würde. Dies würde insbesondere die N5.---straße , den N.--------weg sowie den M. - und E.--------weg betreffen, die aufgrund ihrer Ausstattung nicht in der Lage seien, solche Ausweichverkehre aufzunehmen.
204dd) Schließlich liegt es auf der Hand, dass die von den Klägern angeführte Alternativtrasse, die am Ende des zweiten Bauabschnitts der B 51 nach rechts abknicken, dann etwa einen Kilometer nach Osten führen, die Bahntrasse queren und dann nach links abknicken und parallel zum Bahndamm nach Norden geführt werden soll, nicht ernsthaft in Betracht zu ziehen war. Abgesehen von einem im Vergleich zur planfestgestellten Variante weitaus größeren Landschaftsverbrauch wären wegen des Verlassens der bisherigen Trasse unschwer erkennbar erhebliche Mehrkosten entstanden, da in diesem Falle ein Neubau der Straße erforderlich geworden wäre. Auch hätte die Verschwenkung eine kurvenreichere und bewegte Linienführung zur Folge, was dem Charakter einer Bundesfernstraße widerspricht. Im Übrigen ließe sich die Alternativlösung auch nicht annähernd so verwirklichen, wie von den Klägern in der Klagebegründung skizziert: Laut Erläuterungsbericht vom 5. Dezember 2005, Seite 7 (vgl. Teil A: B 51.3 Mappe 1, Unterlage 1, auch Unterlage 7.1, Beiakte 2 zu 11 D 6/12.AK), erhält die B 51 einen Regelquerschnitt von 26,00 m Kronenbreite (RQ 26). Die vom Beklagten noch herangezogenen und bis 2013 für die Entwurfsgestaltung maßgeblichen Richtlinien für die Anlage von Straßen - RAS - Teil Querschnitte (RAS-Q 96), eingeführt durch Allgemeines Rundschreiben Nr. 28/1996 vom 15. August 1996, VkBl. 1996, S. 481, sehen für den Straßenquerschnitt RQ 26 im Anhang unter 1.2.1 (Blatt 13) eine Bemessungsgeschwindigkeit von 100 bis 70 km/h vor. Die dafür erforderlichen Kurvenradien schließen die von den Klägern skizzierte Trassenführung mit einem scharfen Rechtsknick zum Verlassen der Bestandstrasse und einem scharfen Linksknick nach Unterquerung der Güterumgehungsbahn bereits offensichtlich aus.
205Zudem kann wegen der Breite der Straße von einem geringfügigen Eingriff in das Landschaftsschutzgebiet X3. -F. -Niederung „nur an seinem äußersten Rand“ keine Rede sein. Da die Trasse östlich der Güterumgehungsbahn über mehr als 3 km bis zur X2. Straße verlaufen soll, müsste bei einer Breite von 26 m eine Fläche von ca. 8 ha neu versiegelt werden. Hinzu käme, dass die Trasse hinter der Unterquerung des Bahndamms wegen der erforderlichen Kurvenradien nicht sofort scharf nach links abknicken könnte, sondern in einem Bogen wieder an den Bahndamm herangeführt werden müsste. Das Landschafts-schutzgebiet würde also nicht „nur an seinem äußersten Rand tangiert“, sondern in erheblichem Umfang durchschnitten. Die von den Klägern angesprochene Möglichkeit, den Bahndamm nicht rechtwinklig, sondern diagonal zu unterqueren, so dass ein scharfer Linksknick östlich des Bahndamms entfiele, hätte wiederum zur Folge, dass eine Neubautrasse im Bereich des Hauses M1. nicht mehr konfliktfrei geführt werden könnte. Des Weiteren stünde die kreuzungsfreie Verknüpfung mit der X2. Straße vor der zusätzlichen Schwierigkeit, dass die neue Trasse unmittelbar östlich des Bahndamms verliefe, so dass auf der Westseite kein Platz für Verbindungsrampen zur Verfügung stünde.
206Von daher ist es nicht zu beanstanden, wenn sich die Planfeststellungsbehörde beim Ausbau eines bereits vorhandenen Straßenzuges aus sachlich nachvollziehbaren Gründen bereits frühzeitig gegen eine Planungsalternative entscheidet, die einer Neutrassierung gleichkommt, und diese Planungsalternative aus der weiteren Betrachtung ausscheidet. Jedenfalls musste sich die von den Klägern favorisierte Variante dem Plangeber nicht als eindeutig vorzugswürdig aufdrängen.
207In diesem Stadium der Planung bedarf es noch keiner exakten Ermittlung des jeweiligen Abwägungsmaterials. Dieses muss vielmehr „nach Lage der Dinge“ nur so genau und vollständig sein, dass es jene erste vorauswählende Entscheidung zulässt.
208Vgl. BVerwG, Urteile vom 5. März 1997 - 11 A 25.95 -, BVerwGE 104, 123 (128), und vom 25. September 2002 - 9 A 5.02 -, juris, Rn. 41.
209Mit Blick hierauf konnte der Senat die in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisanträge zu dieser Trassenvariante ablehnen.
210ee) Vor dem Hintergrund, dass der Beklagte sich nach einer Grobanalyse abwägungsfehlerfrei für den Ausbau der Bestandstrasse der B 51 entscheiden durfte, hat er ‑ entgegen der Auffassung der Kläger ‑ die Abwägungsgrundlagen für diese Ausbauvariante ausreichend ermittelt. Die Kläger beanstanden insoweit, für den Kläger zu 2. sei erst nach Erlass des Planfeststellungsbeschlusses ermittelt worden, ob sein Anwesen dem Innen- oder Außenbereich zuzuordnen sei. Die Schadstoffuntersuchung sei erst am Datum der Planfeststellung zugegangen. Im Hinblick auf den Kläger zu 2. begründet der Beklagte bereits im Planfeststellungsbeschluss (S. 111 f.), dass dessen Grundstück im Außenbereich liege. Die weiteren Ermittlungen dienten lediglich der Bestätigung dieser der Abwägung zu Grunde gelegten Einschätzung. Auch den Schadstoffbelastungen hat der Beklagte unter Zugrundelegung einer Schadstoffabschätzung des Vorhabenträgers (im Anschluss an die Erläuterungen zum Deckblatt I vom 2. Mai 2007, Mappe 1, Unterlage 1-I in Beiakte 8 zu 11 D 6/12.AK) bereits im Planfeststellungsbeschluss Stellung genommen (S. 116 bis 118). Das Gutachten des Ingenieurbüros M. diente der Bestätigung dieser der Abwägung zu Grunde gelegten Einschätzung; es ist im Übrigen Bestandteil der planfestgestellten Unterlagen, die in das Planfeststellungsverfahren eingebracht wurden (PFB A. 2.4 Nr. 99). Die von den Klägern angeführte E-Mail des Unterzeichners des Planfeststellungsbeschlusses an die Regierungsvizepräsidentin vom 30. September 2011 ist für die Frage der Rechtmäßigkeit des Planfeststellungsbeschlusses ohne Bedeutung. Maßstab für die Rechtmäßigkeitsprüfung ist allein der Planfeststellungsbeschluss mit den zu seinem Gegenstand gemachten Unterlagen.
211c) Die Einwände der Kläger zu einer Rechtswidrigkeit des Planfeststellungsbeschlusses wegen einer abwägungsfehlerhaften Bewältigung der Verkehrslärmproblematik und einer daraus resultierenden Verletzung ihres Rechts auf fehlerfreie Abwägung greifen nicht durch.
212aa) Abwägungsfehler bei den Gesichtspunkten des Lärmschutzes führen im Regelfall nicht zu einer Aufhebung eines Planfeststellungsbeschlusses. Denn nach § 17e Abs. 6 FStrG sind Mängel bei der Abwägung der von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange nur dann erheblich, wenn sie offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen sind (Satz 1). Erhebliche Mängel bei der Abwägung oder eine Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften führen nur dann zur Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses oder der Plangenehmigung, wenn sie nicht durch Planergänzung oder durch ein ergänzendes Verfahren behoben werden können; die §§ 45 und 46 VwVfG bleiben unberührt (Satz 2).
213Mögliche Mängel im Lärmschutzkonzept können grundsätzlich durch Schutzauflagen behoben werden und rechtfertigen deshalb in der Regel nicht die Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses. Eine Planaufhebung kommt nur in Betracht, wenn das Fehlen notwendiger Schutzauflagen ausnahmsweise so großes Gewicht hat, dass davon die Ausgewogenheit der Gesamtplanung oder eines wesentlichen Planungsteils betroffen ist.
214Vgl. BVerwG, Urteile vom 18. April 1996 - 11 A 86.95 -, BVerwGE 101, 73 (85), vom 23. November 2005 - 9 A 28.04 -, juris, Rn. 17 (insoweit nicht in BVerwGE 124, 334, veröffentlicht), und vom 10. Oktober 2012 - 9 A 20.11 -, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 229, S. 72.
215Allerdings kann nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts in einem Fall, in dem sich der Kläger gegen die lärmtechnische Berechnung und die darauf aufbauende Behandlung der Lärmschutzbelange mit der Begründung wendet, sie beruhten auf einer verfehlten Verkehrsprognose, in der die tatsächlich zu erwartende Verkehrsbelastung des Vorhabens weit unterschätzt worden sei, die Möglichkeit nicht von der Hand gewiesen werden, dass davon die konzeptionelle Planungsentscheidung einschließlich der Trassenwahl betroffen wird; Abwägungsdefiziten aufgrund einer fehlerhaften Verkehrsprognose kann deshalb nicht durch eine Planergänzung um Schutzauflagen abgeholfen werden.
216Vgl. BVerwG, Urteile vom 12. August 2009 - 9 A 64.07 -, BVerwGE 134, 308 (328), und vom 9. Juni 2010 - 9 A 20.08 -, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 208, S. 145 f.
217Die Rüge der Kläger, der Verkehrsuntersuchung liege ein zu geringer Lkw-Anteil zu Grunde, weshalb die Lärmprognose zu gering ausgefallen sei, ist nicht geeignet, die Möglichkeit einer solchen konzeptionell anderen Entscheidung aufzuzeigen, insbesondere nicht hinsichtlich einer anderen Trassenführung. Sollte eine größere Immissionsbelastung infolge eines höheren Lkw-Anteils entstehen, bestünden ohne Weiteres die Möglichkeiten entweder der Anordnung weitergehender Maßnahmen des aktiven Schallschutzes oder der Erstreckung des Anspruchs auf Aufwendungsersatz für passive Schallschutzmaßnahmen auch auf andere Gebäude, ohne dass es zu einer grundlegenden Umplanung des streitigen Vorhabens kommen müsste.
218bb) Unbeschadet des vorstehend Ausgeführten lässt sich nicht feststellen, dass die Verkehrsprognose, soweit die Kläger hiergegen substantiierte Einwände im Klageverfahren geltend gemacht haben, fehlerhaft ist.
219aaa) Beide Kläger sind mit ihrem Vorbringen gegen die Verkehrsprognose entgegen der Auffassung des Beklagten nicht präkludiert. Nach § 17a Nr. 7 Satz 1 FStrG sind Einwendungen gegen den Planfeststellungsbeschluss nach Ablauf der im Planfeststellungsverfahren eröffneten Einwendungsfrist ausgeschlossen. Diese Bestimmung normiert eine materielle Verwirkungspräklusion, die verfassungsrechtlich unbedenklich ist. Die Einwendungsfrist besitzt für das gerichtliche Verfahren, das einem straßenrechtlichen Planfeststellungsverfahren folgt, materiell-rechtlichen Charakter. Die straßenrechtliche Präklusion erstreckt sich nach Wortlaut sowie Sinn und Zweck der Vorschrift auch auf das nachfolgende verwaltungsgerichtliche Verfahren.
220Vgl. zur inhaltsgleichen Vorgängernorm des § 17 Abs. 4 Satz 1 FStrG a. F. etwa BVerwG, Urteil vom 24. Mai 1996 ‑ 4 A 38.95 ‑, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 119, S. 136 f.
221Allerdings hat die Klägerin zu 1. im Deckblatt I-Verfahren - anders als der Rechts-vorgänger des Klägers zu 2. - keine Einwendungen erhoben. Sie musste jedoch nach Auslegung des Deckblattes I unter Hinweis auf den Einwendungsauschluss gemäß § 17a Nr. 7 Satz 1 FStrG zur Vermeidung einer Präklusion nicht erneut Einwendungen erheben. Zwar sollte die durch das Deckblatt I vorgenommene Umplanung (auch) ihren Lärmschutzinteressen Rechnung tragen. Die Klägerin zu 1. hatte jedoch in ihrem Einwendungsschreiben vom 5. April 2006 ausdrücklich beanstandet, die prognostizierte Verkehrsbelastung sei nur unzulänglich ermittelt worden. Der Umplanung durch das Deckblatt I lag der Ergebnisbericht der IVV vom 11. September 2006 zu Grunde, der jedoch nicht mit ausgelegt worden war. Daher waren der Klägerin zu 1. in diesem Punkt erneute oder weitere vertiefende Einwendungen nicht möglich. Andererseits konnte der Beklagte nicht davon ausgehen, die Einwendungen gegen die Ermittlung der Verkehrsbelastung seien durch die vorgenommenen Umplanungen erledigt.
222Auch der Kläger zu 2. ist mit seinen Einwendungen zur Verkehrsprognose nicht ausgeschlossen. Er weist zutreffend darauf hin, dass sein Rechtsvorgänger bereits im Rahmen der ersten Auslegung inhaltlich ausreichende Einwendungen erhoben hat. Eine Einwendung muss erkennen lassen, in welcher Hinsicht Bedenken gegen die in Aussicht genommene Planfeststellung ‑ aus der Sicht des Einwendenden ‑ bestehen könnten. Das Vorbringen muss so konkret sein, dass die Planfeststellungsbehörde erkennen kann, in welcher Weise sie bestimmte Belange einer näheren Betrachtung unterziehen soll. Der Betroffene muss zumindest in groben Zügen darlegen, welche Beeinträchtigungen befürchtet werden, ohne dies allerdings begründen zu müssen. Anzuknüpfen ist dabei an die ausgelegten Planunterlagen. Nach ihrer Konkretheit richten sich die Anforderungen an die Einwendungslast, d. h. an Umfang und Detailliertheit der Darlegungen.
223Vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 9. Juli 2008 ‑ 9 A 14.07 ‑, BVerwGE 131, 274 (288 f.), m. w. N.
224Die Darlegungsanforderungen orientieren sich an den Möglichkeiten betroffener Laien; Ausführungen, die fachwissenschaftlichen Sachverstand voraussetzen, können regelmäßig nicht erwartet werden.
225Vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 14. Juli 2011 ‑ 9 A 14.10 ‑, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 218, S. 252, m. w. N.
226Nach diesen Maßstäben waren die knappen Einwendungen des Rechtsvorgängers des Klägers zu 2. mit Schreiben vom 29. März 2006 ausreichend. In dem Schreiben wird ausdrücklich gerügt, es sei weder aktiver noch passiver Lärmschutz für das Gebäude N2.---straße 28 vorgesehen. Die für die Ermittlung der notwendigen Schallschutzmaßnahmen zu Grunde gelegten Verkehrszahlen würden „angezweifelt“. Damit hatte der Rechtsvorgänger des Klägers zu 2. die Verkehrslärmproblematik im Hinblick auf sein Grundstück ausreichend aufgezeigt. Da die Verkehrsprognose nicht ausgelegen hatte, waren weitere vertiefende Einwendungen nicht erforderlich und auch gar nicht möglich.
227bbb) Die Verkehrsprognose ist jedoch inhaltlich nicht zu beanstanden. Verkehrsprognosen unterliegen nur einer eingeschränkten gerichtlichen Kontrolle. Sie sind lediglich daraufhin zu überprüfen, ob sie methodisch einwandfrei erarbeitet worden sind, nicht auf unrealistischen Annahmen beruhen und ob das Prognoseer-gebnis einleuchtend begründet worden ist.
228Vgl. etwa BVerwG, Urteile vom 9. Juni 2010 - 9 A 20.08 -, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 208, S. 146, und vom 10. Oktober 2012 - 9 A 19.11 -, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 228, S. 38, sowie Beschluss vom 15. März 2013 - 9 B 30.12 -, juris, Rn. 10.
229Diesen Anforderungen wird die hier maßgebliche Verkehrsprognose gerecht.
230Der Ergebnisbericht der IVV Verkehrsdatenaktualisierung Aus- und Neubau B 51/B 481n Planfälle PO und P_RE 2020 vom 11. September 2006 (Beiakte 13 zu 11 D 6/12.AK) basiert auf einer Verkehrsuntersuchung von 1993 und einer aktualisierten Verkehrsuntersuchung von November 1999, sowie der Aktualisierung dieses Gutachtens von Februar 2003. Die Erstellung einer solchen Modellprognose war vorliegend aufgrund der planbedingten Umstände nach der Nr. 1.2.2.2 des Anhangs der vom Beklagten noch herangezogenen RAS-Q 96 angezeigt. Eine solche Modellprognose soll auf umfassenden Annahmen über zukünftige allgemeine Entwicklungen basieren und diese Annahmen mit Hilfe eines umfangreichen Modells der Verhaltensweisen der Verkehrsteilnehmer und der Struktur der Verkehrssysteme in eine Vorhersage von Verkehrsströmen umsetzen. Die Verfahrensmaßgaben einer Modellprognose wurden hier gewahrt. Die von der IVV erstellte Verkehrsuntersuchung beruht auf umfassenden Annahmen über zukünftige allgemeine Entwicklungen. Die Gutachter haben umfangreiche Prognosegrundlagen herangezogen. So wurden insbesondere die Daten der zum damaligen Zeitpunkt aktuellen Straßenverkehrszählung 2005 und eine Ergänzung einer bundesweiten Untersuchung zum Thema der mautbedingten Ausweichverkehre von schweren LKW für Nordrhein-Westfalen von November 2005 im Ergebnisbericht ausgewertet. Der voraussichtlichen Entwicklung der Siedlungs- und Wirtschaftsstruktur im Untersuchungsraum wurden die Daten der Landesplanung Nordrhein-Westfalen sowie die Daten der Stadt N. zu Grunde gelegt. Auch für die Kreise X. und H. wurden die entsprechenden Bevölkerungsentwicklungen berücksichtigt. Im Nahbereich des Knotens B 51/X. Straße haben die Gutachter zusätzlich ein neues Wohngebiet mit Lebensmitteldiscounter berücksichtigt. Die Tendenzen der Verkehrsentwicklung, die aufgrund der Verhaltensweisen der Bevölkerung bzw. durch die Verkehrspolitik bestimmt werden, wurden in Anlehnung der Landesplanung Nordrhein-Westfalen sowie der derzeit gültigen Bedarfsplanung zum Bundesverkehrswegeplan entnommen und auf das Gebiet des Untersuchungsraums übertragen. Die Ermittlung der Prognoseverkehrsstärke betrachtet einen Prognose-Null-Fall für das Jahr 2020 unter Berücksichtigung aller Maßnahmen der Bedarfspläne des Bundes und des Landes Nordrhein-Westfalen, die als Überhang und im vordringlichen Bedarf bzw. in Stufe I eingestellt sind, sowie weitere für die Verkehrsentwicklung im Untersuchungsraum relevante Planungen der Städte und Gemeinden, um prognostisch den Planfall P_RE 2020 mit dem Prognosehorizont 2020 zu erarbeiten. Diese Vorgehensweise stimmt ebenfalls mit der Nr. 1.2.2.2 der RAS-Q 96 überein, der die Umsetzung der Annahmen über zukünftige allgemeine Entwicklungen mit Hilfe eines umfangreichen Modells der Verhaltensweisen der Verkehrsteilnehmer und der Struktur der Verkehrssysteme in eine Vorhersage von Verkehrsströmen fordert.
231Vgl. hierzu auch BVerwG, Urteil vom 12. August 2009 - 9 A 64.07 -, juris, Rn. 100 ff. (insoweit nicht in BVerwGE 134, 308, abgedruckt).
232Der Ergebnisbericht vom 11. September 2006 ist ergänzt worden durch eine Ergänzung Planfall mit 3. Nordtangente N. vom 11. März 2008, einen Kurzbericht Ausblick Prognose 2025 vom 28. Juli 2011 und während des Klageverfahrens durch eine Ergänzung dieses Kurzberichts vom 14. Juni 2012. Im Ergebnis kommt die IVV für den Bereich zwischen X. Straße und X2. Straße gegenüber dem Prognose-Null-Fall 2020 (20.500 Kfz DTV) für den Plan-fall P_RE mit holländischen Rampen und 3. Nordtangente N. (Ergänzung vom 11. März 2008) auf 40.700 Kfz DTV, prognostiziert mithin, dass sich das Verkehrsaufkommen auf der B 51 auf dem die Kläger betreffenden Abschnitt nahezu verdoppeln wird.
233ccc) Diese Prognose greifen die Kläger nicht mit Erfolg an. Sie beanstanden zu Unrecht den zeitlichen Horizont der Verkehrsprognose. Die zeitliche Anknüpfung fügt sich in das Konzept ein, das dem Fernstraßenausbaugesetz i. d. F. des 5. Änderungs-gesetzes zum Fernstraßenausbaugesetz vom 4. Oktober 2004 (BGBl. I S. 2574) zu Grunde liegt. Der durch dieses Gesetz verabschiedete Bedarfsplan für die Bundesfernstraßen orientiert sich an der Verkehrsentwicklung, die der Bundesgesetzgeber bis zum Jahr 2015 erwartet. Daher wäre es sogar sachgerecht gewesen, sich für das hier planfestgestellte Vorhaben des vordringlichen Bedarfs bei der Verkehrsuntersuchung auf das Jahr 2015 zu beziehen.
234Vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Mai 2012 ‑ 9 A 35.10 ‑, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 225, S. 17.
235Die Planfeststellungsbehörde hat durch das auf den Prognosehorizont 2020 bezogene Gutachten vom 11. September 2006 und die auf das Jahr 2025 bezogenen Ergänzungen vom 28. Juli 2011 und 14. Juni 2012 sichergestellt, dass die Verkehrsprognose das zu erwartende Verkehrsaufkommen über den Prognosehorizont 2015 hinaus bis ins Jahr 2025 abbildet.
236Vgl. zu einer ähnlichen Fallgestaltung BVerwG, Urteil vom 30. Mai 2012 ‑ 9 A 35.10 ‑, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 225, S. 17.
237Dabei ist es regelmäßig nicht zu beanstanden, dass die Verkehrsprognose für ein fernstraßenrechtliches Straßenbauvorhaben auf der Grundlage der laufend aktualisierten bundesweiten Strukturdaten und Matrizes erstellt wird. Laufende Aktualisierungen der bundesweiten Vorgaben können aus methodischen und praktischen Gründen heraus nicht gefordert werden.
238Vgl. BVerwG, Urteile vom 9. Juni 2010 ‑ 9 A 20.08 ‑, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 208, S. 147 f., und vom 30. Mai 2012 ‑ 9 A 35.10 ‑, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 225, S. 17.
239Soweit die Kläger auf verschiedene nicht berücksichtigte „nachdrücklich verfolgte und in Umsetzung befindliche“ Straßenplanungen verweisen, ist dem nicht weiter nachzugehen. Allerdings müssen bereits vorhersehbare Entwicklungen im Streckennetz, die sich auf die Verkehrsmenge der planfestgestellten Strecke auswirken, von vornherein bei der Verkehrsprognose berücksichtigt und im Planfeststellungsbeschluss bewältigt werden.
240Vgl. BVerwG, Beschluss vom 25. Mai 2005 ‑ 9 B 41.04 ‑, juris, Rdnr. 11.
241Dem trägt die Verkehrsprognose Rechnung, indem sie alle auf Seite 9 des Ergebnisberichts vom 11. September 2006 genannten Straßenbaumaßnahmen einbezieht. Demgegenüber mussten die weiteren von den Klägern genannten Maßnahmen (durchgehend leistungsfähige Verbindung zwischen N. und der A 2 im Raum S. -X1. ) infolge fehlender Konkretisierung der Planung nicht berücksichtigt werden, zumal ein vollständig durchgehender Ausbau der B 64 zwischen S. und N. nicht vorgesehen ist. Zudem dürfte diese Verbindung für Schwerverkehr aus dem Osten in Richtung N. nach Fertigstellung der in Bau befindlichen Maßnahmen A 30 (Ortsumgehung Bad P. ) und A 33 (C. -P1. ) nur von geringem Interesse sein.
242Von einer bereits „vorhersehbaren“ Entwicklung kann frühestens dann gesprochen werden, wenn ein Planfeststellungsverfahren eingeleitet worden ist. Erst dadurch wird konkretisiert, welche Straße der Vorhabenträger zu bauen beabsichtigt, so dass eine Verkehrsmenge prognostiziert werden kann. Ein solches konkretes Planungsstadium hatten zum Zeitpunkt des Erlasses des Planfeststellungsbeschlusses die von den Klägern genannten „Straßenplanungen“ nicht erreicht. Die - noch nicht existierende - „Entlastungsstraße Nord“ ist als „3. Nordtan-gente N. “ in der Ergänzung vom 11. März 2008 enthalten; sie führt nicht zu einer Verkehrserhöhung sondern zu einer leichten Entlastung der B 51 zwischen X. Straße und X2. Straße (40.700 Kfz/24 h statt 41.700 Kfz/24 h nach dem Ergebnisbericht vom 11. September 2006). Die von den Klägern in diesem Zusammenhang behaupteten zusätzlichen 15.000 Kfz/24 h für die Umgehungsstraße sind in keiner Weise belegt oder nachvollziehbar, die Zahl scheint „gegriffen“. Hinzu kommt, dass durch die Änderung des Flächennutzungsplanes der Stadt N. im Jahr 2013 die „3. Nordtangente“ planerisch nicht mehr weiterverfolgt wird.
243ddd) Es war entgegen der Auffassung der Kläger nicht erforderlich, im Ergebnisbericht alle Eingangsdaten und Annahmen einzeln aufzuführen. Wird im Rahmen einer Verkehrsprognose für die Berechnung des zukünftigen Verkehrsaufkommens auf die aus den Strukturdaten ableitbare wirtschaftliche Gesamtentwicklung eines bestimmten Raumes und nicht auf einzelne Unternehmen und Vorhaben abgestellt, ist es methodisch grundsätzlich nicht zu beanstanden, die Eröffnung einer neuen Produktionsstätte als ein bei den Strukturdaten eingerechnetes Ergebnis zu betrachten.
244Vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Mai 2012 ‑ 9 A 35.10 ‑, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 225, S. 17 f.
245Die Prognose auf der Basis von Strukturdaten kann auch nicht dadurch in Frage gestellt werden, dass die Kläger einzelne Tatsachen und Vorgänge (Einwohnerzahl der Stadt N. , neues Wohngebiet und Gewerbegebiet in X4. , Eröffnung neuer Gewerbebetriebe, Masterplan zur Entwicklung des Hafenbereichs) benennen, die vermeintlich nicht berücksichtigt worden sind. Die Kläger führen gegen die Verkehrsprognose zahlreiche Vorgänge und Einzelheiten ins Feld, können jedoch weder nachvollziehbar darlegen, dass diese Vorgänge und Einzelheiten in die der Verkehrsprognose zugrunde liegenden Strukturdaten und sonstigen Eingangsdaten nicht eingeflossen sind noch deren Auswirkungen auf das Ergebnis der Verkehrsprognose auch nur annähernd konkretisieren oder beziffern. Dafür dass dem Gutachterbüro Eingabefehler oder Rechenfehler unterlaufen sind, fehlt jeder schlüssige Anhaltspunkt.
246Vgl. hierzu auch BVerwG, Urteil vom 18. März 2009 - 9 A 39.07 -, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 201, Rdnr. 125.
247Die Verkehrsprognose kann keine Daten in Form von Istzahlen berücksichtigen, wie etwa die von den Klägern genannte Entwicklung des Pendlerverkehrs von 2001 bis 2007, die erst nach dem Zeitpunkt der Erstellung des Ergebnisberichts vom 11. September 2006 ermittelt und ausgewertet worden sind. Die erhebliche Zunahme des Verkehrs auf der B 51 von 1990 bis 2005 bedeutet nicht automatisch, dass entsprechende Zuwachsraten auch für die Zukunft zu erwarten sind. Immerhin prognostiziert auch die IVV bis 2025 eine Verdoppelung des Verkehrs seit 2010 für den Abschnitt zwischen X. Straße und X2. Straße. Der Einwand der Kläger, die „allgemeine Verkehrsentwicklung“ auf Bundesebene sei in der Prognose nicht erkennbar, führt nicht weiter.
248eee) Für einen allgemeinen „Risikozuschlag“ auf die ermittelte Verkehrsmenge, um für die Prognose „auf der sicheren Seite“ zu liegen, gibt es bei Verkehrsprognosen im Straßenverkehr keine Rechtsgrundlage. Auch die Sechzehnte Verordnung zur Durchführung des Bundes‑Immissionsschutzgesetzes (Verkehrslärmschutzverordnung -16. BImSchV) vom 12. Juni 1990, BGBl. I S. 1036, in dem hier maßgeblichen Zeitpunkt zuletzt geändert durch Gesetz vom 19. September 2006, BGBl. I S. 2146, die in Anlage 1 zu § 3 die Berechnung der Beurteilungspegel an Straßen detailliert regelt, kennt derartige „Risikozuschläge“ nicht.
249fff) Der Ergebnisbericht vom 11. September 2006 kommt für den Planfall P_RE 2020 auf einen Lkw-Anteil von 13 % tagsüber und 12 % nachts. Der für 2025 prognostizierte weitere Anstieg des Schwerverkehranteils um knapp 5 % würde zu einem Lkw-Anteil von 13,65 % tagsüber und 12,6 % nachts führen. Die Schlussfolgerung der IVV in den Ergänzungen zum Kurzbericht Ausblick Prognose 2025 vom 14. Juni 2012, dies werde auf die einzelnen Belastungen an den Querschnitten nur marginale Auswirkungen haben, ist nachvollziehbar und plausibel. Beide Werte liegen über dem Ergebnis der Straßenverkehrszählung aus dem Jahr 2010 von 11,4 % für den ganzen Tag. Da die IVV gegenüber dem Prognose-Null-Fall für 2020 fast eine Verdoppelung des Verkehrsaufkommens prognostiziert, bedeutet dies für den Lkw-Verkehr bei einem gegenüber der Zählung 2010 leicht steigenden Anteil in absoluten Zahlen mehr als eine Verdoppelung. Dem setzen die Kläger nichts Substantiiertes entgegen. Die von ihnen angeführten mautbedingten Ausweichverkehre auf der B 64 von N. nach S. -X1. (A 2) hat die IVV unter Zugrundelegung einer bundesweiten Untersuchung und einer darauf basierenden Ergänzung für Nordrhein-Westfalen aus November 2005 berücksichtigt und „wenig Auswirkung“ ermittelt (Ergebnisbericht vom 11. September 2006, S. 6). Dem halten die Kläger nur nicht belegte Vermutungen entgegen. Zutreffend weisen die Kläger darauf hin, dass dem Ergebnisbericht keine Unterlage zu entnehmen ist, die entsprechend den Vorgaben der 16. BImSchV die Ermittlung einer maßgebenden stündlichen Verkehrsstärke und eines maßgebenden Lkw-Anteils (über 2,8 Tonnen) am Gesamtverkehr über die Nachtzeit dokumentiert. Die in der mündlichen Verhandlung anwesende Gutachterin der IVV, Frau T. , hat hierzu allerdings ausgeführt, dass diese Daten aus den amtlichen Verkehrszählungen übernommen worden seien. Dabei sei auch berücksichtigt worden, dass in den amtlichen Zählungen bis zum Jahr 2000 Fahrzeuge mit mehr als 2,8 Tonnen Gewicht als Lkw, seit dem Jahr 2005 hingegen erst Fahrzeuge mit mehr als 3,5 Tonnen Gewicht als Lkw gezählt wurden.
250ggg) Die Prognose vom 11. September 2006, an der die IVV für das Prognose-jahr 2025 festgehalten hat (Kurzbericht vom 28. Juli 2011 mit Ergänzung vom 14. Juni 2012), wird durch die im Jahr 2010 durchgeführte Straßenverkehrszählung bestätigt. Diese ergab für den Abschnitt zwischen X. Straße und X2. Straße einen DTV von 20.518 mit einem Lkw-Anteil von 11,4 %. Die Prognose der IVV vom 11. September 2006 kommt für den entsprechenden Prognose-Null-Fall 2020 auf einen DTV von 20.500. Dass die Verkehrszahlen nicht mehr ansteigen, ist ‑ auch im Hinblick auf die Ausführungen im ergänzten Kurzbericht vom 14. Juni 2012 ‑ plausibel.
251Auch die von den Klägern ins Verfahren eingeführte Verkehrsuntersuchung der Stadt N. für das Jahr 2025 zum Entwurf des Bebauungsplanes „Hafen-Center“ bestätigt die Ergebnisse der IVV: Sie kommt für den „Planfall 4“, der die vorliegende Planung einbezieht, auf 51.400 Kfz/24 h für den Bereich zwischen B. Weg und X. Straße, während die IVV 50.600 Kfz/24 h ausweist. Beide Prognosen unterscheiden sich damit nur um etwa 1,6 %; von einer „Widerlegung“ der Prognose der IVV kann daher keine Rede sein.
252hhh) Der Einwand der Kläger, die Ergebnisse der Verkehrsuntersuchung seien nicht ableitbar, weil Berechnungsgrundlagen und Quellenangaben fehlten und der Rechenvorgang nicht beschrieben sei, greift nicht durch. Ihre Angriffe gegen die Tatsachenermittlung, Methodik und Plausibilität der Ergebnisse der Verkehrsuntersuchungen erweisen sich nicht als stichhaltig. Bei dieser Sachlage besteht kein Anlass, an der Richtigkeit der Berechnungen allein deshalb zu zweifeln, weil einzelne Rechenvorgänge dem Gutachten nicht zu entnehmen sind. Der Vorwurf, die Rechenverfahren seien nicht nachvollziehbar, wäre allenfalls dann berechtigt, wenn den Klägern trotz entsprechender Nachfrage bei der Planfeststellungsbehörde zusätzliche Informationen zu den Ausgangsdaten und gegebenenfalls den Rechenschritten vorenthalten worden wären. Das behaupten die Kläger nicht.
253Vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 9. Juni 2010 ‑ 9 A 20.08 ‑, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 208, S. 154.
254Bedenken an der Fachkompetenz und der Unparteilichkeit der IVV bestehen nicht. Die IVV ist ein seit Jahrzehnten im Bereich des Verkehrswesens tätiges Gutachterbüro, das bundesweit und ‑ wie dem Senat aus eigener Erfahrung bekannt ist ‑ insbesondere in Nordrhein-Westfalen in einer Vielzahl von Fällen Planfeststellungsverfahren für Straßen durch die Erarbeitung von Fachbeiträgen begleitet hat.
255Vgl. OVG NRW, Urteile vom 11. Februar 2009 ‑ 11 D 45/06.AK ‑, juris, Rdnr. 138, und vom 24. März 2014 ‑ 11 D 31/11.AK ‑, juris, Rdnr. 72.
256Auch das Bundesverwaltungsgericht hat hervorgehoben, dass die IVV ein seit vielen Jahren etabliertes Gutachterbüro sei, das über große Erfahrung in der Erstellung von Verkehrsuntersuchungen und -prognosen verfüge.
257Vgl. BVerwG, Urteil vom 9. Juni 2010 ‑ 9 A 20.08 ‑, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 208, S. 156.
258cc) Aufbauend auf der nicht zu beanstandenden Verkehrsprognose hat der Beklagte die Lärmschutzbelange der Kläger mit dem ihnen zustehenden Gewicht in die Abwägung eingestellt.
259Der Schutz der (Wohn)Bevölkerung vor Verkehrslärm ist ein Belang, dem eine Straßenplanung gemäß § 41 Abs. 1 BImSchG Rechnung zu tragen hat. Hiernach ist unter anderem bei dem Bau oder der wesentlichen Änderung öffentlicher Straßen unbeschadet des § 50 BImSchG sicherzustellen, dass durch diese keine schädlichen Umwelteinwirkungen durch Verkehrsgeräusche hervorgerufen werden können, die nach dem Stand der Technik vermeidbar sind.
260aaa) Maßgeblich für den Schallschutz, den die Kläger beanspruchen können, sind die Regelungen der §§ 41, 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG i. V. m. § 2 der 16. BImSchV. Hiernach ist beim Bau oder der wesentlichen Änderung öffentlicher Straßen grundsätzlich sicherzustellen, dass der nach § 3 der 16. BImSchV berechnete Beurteilungspegel bestimmte gebietsbezogene Immissionsgrenzwerte nicht überschreitet; dies gilt nicht, soweit die Kosten der Schutzmaßnahme außer Verhältnis zu dem angestrebten Schutzzweck stehen würden.
261Nach § 2 Abs. 2 Satz 1 der 16. BImSchV ergibt sich die für die Festlegung der jeweiligen Immissionsgrenzwerte maßgebliche Gebietseinstufung aus den Festsetzungen in den Bebauungsplänen. Sind solche Festsetzungen nicht vorhanden, gelten gemäß Satz 2 der vorgenannten Bestimmung für bauliche Anlagen im Außenbereich entsprechend ihrer Schutzbedürftigkeit die Werte nach Absatz 1 Nr. 1 für Krankenhäuser, Schulen, Kurheime und Altenheime, nach Nr. 3 für Kerngebiete, Dorfgebiete und Mischgebiete oder nach Nr. 4 für Gewerbegebiete.
262bbb) Die Planfeststellungsbehörde ist von den richtigen Immissionsgrenzwerten für Lärm ausgegangen. Das Wohnhausgrundstück der Klägerin zu 1. liegt in einem Wohngebiet im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 2 der 16. BImSchV - das ist zwischen den Beteiligten unstreitig -, so dass als Immissionsgrenzwerte tags 59 dB(A) und nachts 49 dB(A) gelten.
263Das Wohnhausgrundstück des Klägers zu 2. liegt zur Überzeugung des Senats im Außenbereich (vgl. § 35 BauGB). Ein Bebauungsplan (vgl. § 30 Abs. 1 BauGB) liegt nicht vor und die Voraussetzungen für die Annahme eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils (vgl. § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB) sind nicht erfüllt.
264Für diese Einschätzung nicht maßgebend ist die Tatsache, dass die Stadt N. als zuständige Bauaufsichtsbehörde das Gebiet westlich der N5.---straße als Außenbereich einstuft. Sie hat unter dem 30. Mai 2012 mitgeteilt, der Bereich sei im Flächennutzungsplan von 1980 noch als Wohnbaufläche ausgewiesen gewesen. Mit der 56. Änderung des Flächennutzungsplanes, die am 5. Juli 1991 wirksam geworden sei, sei die Darstellung in „Fläche für die Forstwirtschaft“ geändert worden. Im aktuellen Flächennut-zungsplan (Bekanntmachung am 8. April 2004) sei die Fläche als Wald dargestellt. Ebenfalls nicht entscheidungserheblich sind die Ortssatzung der Stadt N. vom 27. Juli 1957 und die planungsrechtliche Auskunft vom 22. Dezember 1970 zur Baugenehmigung von 1971. Beide beruhen noch darauf, dass die Stadt N. das Gebiet westlich der N5.---straße bis 1991 im Flächennutzungsplan als Wohnbaufläche ausgewiesen hatte. Für die gegenwärtige Beurteilung sind sie daher unergiebig. Auch aus dem Fluchtlinienplan vom 13. März 1913 lässt sich eine aktuelle bauplanungsrechtliche Einordnung der Grundstücke an der N5.---straße daher nicht mehr ableiten. Der vom Kläger zu 2. in Bezug genommene Straßenbaubeitragsbescheid vom 28. März 2014 bezieht sich auf die tatsächliche ‑ baurechtlich legale und bestandsgeschützte ‑ Wohnnutzung seines Grundstücks und belegt daher keinen Bebauungszusammenhang mit der Ostseite der N5.---straße .
265Die Beurteilung, dass das Haus des Klägers zu 2. N2.---straße 28 baurechtlich im Außenbereich liegt, stützt sich auf eine Gesamtwürdigung der vom Senat im Ortstermin am 13. Mai 2015 in Augenschein genommenen örtlichen Verhältnisse, die auf den bei den Gerichtsakten und planfestgestellten Unterlagen befindlichen Karten (Übersichtslageplan 1:5000 und Lageplan 1:1000 km 7+250 bis 7+700, Teil A: B51.3, Mappe 1, Unterlagen 3 und 5.4, Beiakte 2 zu 11 D 6/12.AK), die im Ortstermin vom Senat gefertigten und die in der Gerichtsakte Bl. 102 bis 104 befindlichen Fotos sowie das Luftbild in Beiakte 1 des vorliegenden Verfahrens, S. 42. Das Gebäude N2.---straße 28 bildet entgegen der Auffassung des Klägers zu 2. mit dem Wohngebiet östlich der N5.---straße keinen im Zusammenhang bebauten Ortsteil im Sinne des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB.
266Für die Frage, welche Anforderungen an das Vorliegen eines Bebauungszusammenhangs im Sinne des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB zu stellen sind, ist ausschlag-gebend, inwieweit eine tatsächlich aufeinanderfolgende Bebauung trotz etwa vorhandener Baulücken nach der Verkehrsauffassung den Eindruck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit vermittelt und die in Rede stehende Fläche noch diesem Zusammenhang angehört. Ein Ortsteil im Sinne von § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB ist jeder Bebauungskomplex im Gebiet einer Gemeinde, der nach der Zahl der vorhandenen Bauten ein gewisses Gewicht besitzt und Ausdruck einer organischen Siedlungsstruktur ist. Maßgeblich ist die tatsächlich vorhandene Bebauung.
267Vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 2. April 2007 ‑ 4 B 7.07 ‑, BRS 71 Nr. 81.
268Für die Annahme einer aufeinanderfolgenden Bebauung ausschlaggebend ist, inwieweit die Bebauung den Eindruck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit vermittelt. Hierfür kommt es auf die Verkehrsauffassung und damit jeweils auf die Lage des Einzelfalls an. Katastermäßige Grundstücksgrenzen bleiben dabei unberücksichtigt.
269Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 19. August 2010 ‑ 7 A 1349/09 ‑, juris, Rdnr. 6, m. w. N.
270Eine Straße kann je nach den Umständen des Einzelfalles einen Bebauungszusammenhang herstellen oder trennende Funktion zwischen Innen- und Außenbereich haben.
271Vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 12. Dezember 1990 - 4 C 40.87 -, NVwZ 1991, 879 (880); ferner Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzber-ger, Baugesetzbuch, Band II, Kommentar, Stand 1. November 2014, § 34 Rdnr. 26, m. w. N.
272Nach diesen Maßstäben ist das Grundstück des Klägers zu 2. dem Außenbereich zuzurechnen. Die örtliche Situation ist dadurch gekennzeichnet, dass östlich der N5.---straße ein durch den Bebauungsplan Nr. 300 der Stadt N. festgesetztes allgemeines Wohngebiet liegt, dessen an die N5.---straße angrenzenden Grundstücke vollständig bebaut sind, während das Wohnhaus des Klägers zu 2. als eines von drei Wohnhäusern westlich der N5.---straße liegt; diese drei Wohngebäude sind auf drei Seiten von Wald umgeben. Zwischen den Häusern N2.---straße 24 und 28 befindet sich eine Baulücke, die vom H1. durchflossen wird. Etwa 120 m südlich des Wohngebäudes des Klägers zu 2. beginnt mit dem Gebäude N2.---straße 60 die Wohnbebauung auch westlich der N5.---straße . Insgesamt stehen auf der Westseite der N5.---straße südlich der Kreuzung mit der X2. Straße auf einer Länge von insgesamt etwa 600 m nur die genannten drei Wohngebäude.
273Die durch Bebauungsplan festgesetzte durchgehende Bebauung östlich der N5.---straße schließt mit der N5.---straße ab, die drei Gebäude westlich der N5.---straße erscheinen nach dem im Ortstermin vom Senat gewonnenen Gesamteindruck auf einer Länge von insgesamt etwa 600 m vereinzelt und sind nicht mehr dem Bebauungszusammenhang östlich der N5.---straße zuzuordnen. Allerdings mag der Blick aus der Straße B. , die gegenüber vom Grundstück des Klägers zu 2. in die N5.---straße einmündet (Foto Bl. 102 der Gerichtsakte und das im Ortstermin gefertigte Bild 8) den Eindruck erwecken, dass das Wohnhaus des Klägers zu 2. mit der Bebauung östlich der N5.---straße eine Einheit bildet. Dieser Eindruck bestätigt sich jedoch nicht, wenn die örtliche Situation von der N5.---straße aus in Augenschein genommen wird. Die N5.---straße vermittelt hier den Eindruck einer Durchgangsstraße, die nicht nur der Erschließung der anliegenden Grundstücke dient, und die das Wohngebiet (östlich) vom Waldgebiet (westlich) trennt. In diesem Waldgebiet liegt das Wohnhaus des Klägers zu 2. Dieser Eindruck wird dadurch verstärkt, dass die östlich der N5.---straße gelegenen Wohngrundstücke südlich der Straße B. nicht von der N5.---straße , sondern vom F.----------weg aus erschlossen werden und von der N5.---straße abgewandt wirken, weil nur ihre ‑ zumal eingefriedeten ‑ Gartenbereiche an die N5.---straße grenzen. Dass die N5.---straße auch auf der Westseite mit einem Gehweg versehen ist, hat für die bauplanungsrechtliche Einschätzung hier keine Bedeutung. Gleiches gilt für die von den Klägern hervorgehobene Tatsache, die Umspannstation für das Wohngebiet liege auf der Westseite. Dies stellt keinen Bebauungszusammenhang im bauplanungsrechtlichen Sinne her.
274Nach § 2 Abs. 2 Satz 2 der 16. BImSchV ist für bauliche Anlagen im Außenbereich nur die entsprechende Anwendung der Werte nach Nr. 3 für Kerngebiete, Dorfgebiete und Mischgebiete von tags 64 dB(A) und nachts 54 dB (A) oder nach Nr. 4 für Gewerbegebiete von tags 69 dB(A) und nachts 59 dB(A) in Betracht zu ziehen. Wohnhäuser im Außenbereich sind weniger schutzbedürftig als Wohngebiete, weil der Außenbereich grundsätzlich nicht für eine Wohnbebauung bestimmt ist.
275Vgl. BVerwG, Urteile vom 1. Oktober 1997 ‑ 11 A 10.96 ‑, Buchholz 442.09 § 18 AEG Nr. 32, S. 164, und vom 26. Februar 2003 ‑ 9 A 1.02 ‑, juris, Rdnr. 18.
276Entsprechend seiner Schutzbedürftigkeit sind für das Wohnhaus des Klägers zu 2. tags 64 dB(A) und nachts 54 dB(A) maßgebend.
277ccc) Die auf der ‑ nicht zu beanstandenden ‑ Verkehrsprognose und der bauplanungsrechtlichen Einstufung der betroffenen Grundstücke aufbauende lärmtechnische Unterlage des Beklagten ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Allerdings berücksichtigt die lärmtechnische Unterlage vom 2. Mai 2007 nicht mehr die danach von der IVV erstellten Aktualisierungen der Verkehrsprognose vom 11. Sep-tember 2006 durch die weiter oben angeführten nachfolgenden Ergänzungen. Im Hinblick auf die geringfügigen Änderungen für den Prognosehorizont 2025 ist dies jedoch unschädlich. Laufende Aktualisierungen können aus methodischen und praktischen Gründen heraus ohnehin nicht gefordert werden.
278Vgl. BVerwG, Urteile vom 9. Juni 2010 ‑ 9 A 20.08 ‑, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 208, S. 147 f., und vom 30. Mai 2012 ‑ 9 A 35.10 ‑, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 225, S. 17.
279Dabei können sich die Kläger ‑ wie bereits dargelegt (vgl. A. I., S. 27) ‑ als nicht enteignend Betroffene nur auf ihre geschützten Privatbelange berufen, nicht aber eine insgesamt fehlerfreie Abwägung und Planung verlangen. Maßgebend sind daher nur die Lärmeinwirkungen auf ihre Grundstücke C.-----weg 9 und N2.---straße 28. Dementsprechend sind alle Einwendungen der Kläger gegen die lärmtechnische Untersuchung, die sich nicht auf diese beiden Grundstücke beziehen, nicht entscheidungserheblich. Das gilt auch im Hinblick darauf, dass die Kläger ‑ wie ebenfalls oben dargelegt (A. III. 3., S. 42) - wesentliche Fehler der Umweltverträglichkeitsprüfung geltend machen können. Zwar gehören Lärmeinwirkungen auf Menschen zu den Auswirkungen im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 UVPG, die in der Umweltverträglichkeitsprüfung zu ermitteln, zu beschreiben und zu bewerten sind. Damit wird den Klägern jedoch nicht das Recht eröffnet, die eventuell fehlerhafte Ermittlung einzelner Grenzwerte an einzelnen Grundstücken zu rügen. In der fehlerhaften Ermittlung eines Grenzwertes für ein einzelnes Grundstück läge kein wesentlicher Fehler der gesamten Umweltverträglichkeitsprüfung, die - wie oben ausgeführt (A. III. 3., S. 44) - nach Art. 5 Abs. 2 der UVP-Richtlinie nur die Hauptwirkungen für die Umwelt feststellen und beurteilen soll.
280Vgl. BVerwG, Urteil vom 21. März 1996 - 4 C 19.94 -, BVerwGE 100, 370 (377).
281Zu Unrecht hat der Rechtsvorgänger des Klägers zu 2. geltend gemacht, die Lärmminderung offenporigen Asphalts sei nicht ausreichend nachgewiesen. Offenporige Asphalte werden seit mehr als 30 Jahren verwendet, erforscht und weiterentwickelt. Ein Korrekturwert Dstro - 5 dB(A), den der Beklagte im Planfeststellungsbeschluss zwischen Bau-km 5+100 und Bau-km 7+300 zu Grunde gelegt hat (A. 5.2.1, S. 25), kann sicher erreicht werden,
282vgl. BVewG, Urteil vom 9. Juni 2010 ‑ 9 A 20.08 ‑, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 208, S. 161; ausführlich OVG NRW, Urteil vom 11. Februar 2009 - 11 D 45/06.AK -, juris, Rdnr. 169 ff., m. w. N.,
283und durfte der lärmtechnischen Unterlage zu Grunde gelegt werden.
284Die Klägerin zu 1. ist mit ihrem Einwand in der Klagebegründung, für ihr Haus seien in der lärmtechnischen Untersuchung falsche Berechnungspunkte gewählt worden, nicht gemäß § 17a Nr. 7 Satz 1 FStrG ausgeschlossen. Zwar konnte der Planfeststellungsbehörde die Gestaltung im Inneren des Wohnhauses der Klägerin zu 1. insbesondere im Hinblick auf die Geschosshöhen nicht im Detail bekannt sein, so dass sie gerade in einem solchen Fall auf konkrete Angaben des Planbetroffenen angewiesen war.
285Vgl. BVerwG, Beschluss vom 9. Oktober 2008 ‑ 9 PKH 2.08 ‑, Buchholz 407.4 § 17a FStrG Nr. 1, S. 2, für den Fall einer Außenwohnnutzung.
286Der Senat teilt aber die Auffassung der Klägerin zu 1., dass sie als Laie der lärmtechnischen Unterlage wegen der dort verwendeten Abkürzungen die für ihr Grundstück angenommenen Berechnungspunkte nicht entnehmen und daher auch nicht erkennen konnte, dass die Berechnungspunkte nicht zutrafen.
287Der Einwand greift jedoch in der Sache nicht durch. Der Beklagte hat bei einer vermessungstechnischen Überprüfung am Wohnhaus der Klägerin zu 1. im ungünstigsten Fall für das erste Obergeschoss eine Höhendifferenz um fast 1,64 m festgestellt. Dieser Wert liegt noch etwas höher als die Angaben der Klägerin zu 1., die von einer Höhendifferenz von bis zu 1,6 m ausgeht. Mit zusätzlicher Berücksichtigung eines um 5% steigenden Schwerverkehrsanteils bis 2025 ergab eine Nachberechnung seitens des Beklagten 54,7 dB(A) tags/47,1 dB(A) nachts für das Erdgeschoss und 56,1 dB(A) tags/48,6 dB(A) nachts für das Obergeschoss. Damit werden die maßgebenden Grenzwerte für Wohngebiete von 59 dB(A) tags/49 dB(A) nachts eingehalten. Die Klägerin zu 1. ist dieser Neuberechnung nicht mehr entgegengetreten, sondern hat nur ihre allgemeinen Einwände gegen die lärmtechnische Unterlage wiederholt.
288Die weiteren Einwände der Kläger gegen die lärmtechnische Unterlage greifen nicht durch. Dem Vorwurf, die Unterlage sei nicht von sachkundigen Personen erstellt worden und es gebe keinerlei Hinweise auf die Verfasser, ist nicht weiter nachzugehen. Hieraus ergibt sich nicht, dass die angestellten Berechnungen fehlerhaft sein könnten. Soweit die Kläger zahlreiche Angaben zur Ermittlung von Gebietsarten, Abständen, Höhen und Geschossen sowie zu Kosten von Lärmschutzmaßnahmen und Lärmschutzvarianten vermissen, weist der Senat nochmals darauf hin, dass sich die Kläger nur auf die Lärmeinwirkungen ihrer Grundstücke berufen können. Daher ist auch die Frage, ob der Beklagte laut Vermerk vom 1. März 2011 eine Neuerstellung des Lärmschutzkonzepts gefordert hat und ob und inwieweit dieses vorgelegt worden ist, nicht entscheidungserheblich. In der maßgebenden lärmtechnischen Unterlage vom 2. Mai 2007 wird auf Seite VI ausgeführt: „Die lärmtechnische Untersuchung wurde nach RLS 90 mit dem Computerprogramm „SoundPLAN 6.4 ‑ Version 28.01.2007 -“ durchgeführt, wobei örtliche Gegebenheiten wie Bebauung, Geländehöhen, Abschirmungen sowie Höhenlagen von Straßen und Bauwerken berücksichtigt wurden. Die durch die vorgesehenen Lärmschutzwände entstehenden zusätzlichen Schallreflexionen werden ebenfalls in den Berechnungsergebnissen berücksichtigt.“ Das Rechenprogramm SoundPLAN gehört zu den gängigen Rechenmodellen für die Berechnung der Schallausbreitung in komplexer Topografie.
289Vgl. OVG NRW, Urteil vom 13. Dezember 2007 ‑ 7 D 122/06.NE -, juris, Rdnr. 74, 76.
290Es entspricht nach der Bestätigung des Lizenzgebers allen Anforderungen für die Durchführung von Rechenoperationen nach der 16. BImSchV i. V. m. des RLS-90 und ist in einem Testverfahren des Bundesverkehrsministeriums und der Straßenbauverwaltung überprüft worden.
291Vgl. OVG Lüneburg, Urteil vom 23. November 2010 - 7 KS 143/08 -, juris, Rdnr. 23.
292Dem sind die Kläger in Bezug auf ihre jeweiligen Grundstücke nicht substantiiert entgegengetreten. Sie äußern nur nicht belegte Vermutungen.
293ddd) Durch das mithin nicht zu beanstandende, dem Planfeststellungsbeschluss zu Grunde liegende Lärmschutzkonzept wird ‑ im Wege einer Lärmsanierung ‑ für die Grundstücke der Kläger „Vollschutz“ erreicht: Für das Grundstück der Klägerin zu 1. ergibt die Nachberechnung unter Zugrundelegung der höher gelegenen Berechnungspunkte im Obergeschoss 56,1 dB(A) am Tag und 48,6 dB(A) in der Nacht. Damit werden die Grenzwerte der 16. BImSchV für Wohngebiete von 59 dB(A) tags und 49 dB(A) nachts eingehalten. Die Immissionsgrenzwerte des § 2 Abs. 1 der 16. BImSchV stellen in Gebieten, die durch eine Wohnnutzung geprägt sind, sicher, dass auch zu Zeiten überdurchschnittlicher Inanspruchnahme der Straße nach dem derzeitigen Kenntnisstand Gesundheitsgefährdungen nicht zu besorgen sind.
294Vgl. BVerwG, Urteil vom 21. März 1996 ‑ 4 A 10.95 ‑, Buchholz 406.25 § 41 BImSchG Nr. 13, S. 39.
295Auf dem Grundstück des Klägers zu 2. werden 60 dB(A) tagsüber und 53 dB(A) nachts erreicht; das liegt unter den Grenzwerten der 16. BImSchV für den Außenbereich von 64 dB(A) tags und 54 dB(A) nachts.
296Anspruch auf (weiteren) Lärmschutz besteht daher bei dem Bau oder der wesentlichen Änderung einer öffentlichen Straße grundsätzlich nur, wenn der von der neuen oder geänderten Straße ausgehende Verkehrslärm den nach § 2 Abs. 1 der 16. BImSchV maßgeblichen Immissionsgrenzwert überschreitet.
297Vgl. BVerwG, Urteil vom 21. März 1996 ‑ 4 C 9.95 ‑, BVerwGE 101, 1.
298Das ist bei den Grundstücken der Kläger ‑ wie dargelegt ‑ nicht der Fall. Allerdings ist Lärmschutzgesichtspunkten bereits unterhalb der Erheblichkeitsschwel-le, die durch § 2 Abs. 1 der 16. BImschV als im Wege der Abwägung nicht überwindbare Grenze bezeichnet wird, im Rahmen des nach § 17 Satz 2 FStrG gebotenen Interessenausgleichs Rechnung zu tragen.
299Vgl. BVerwG, Beschluss vom 5. März 1999 ‑ 4 A 7.98 ‑, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 149, S. 20.
300Es ist jedoch unter Abwägungsgesichtspunkten nicht zu beanstanden, dass der Beklagte Lärmschutz nur insoweit vorgesehen hat, als darauf ein gesetzlicher Anspruch besteht, mithin auf die Grenzwerte der 16. BImSchV abgestellt hat (PFB B. 5.3.5.1, S. 96 ff.). Dabei ist zu berücksichtigen, dass sich die Lärmsituation auf dem Grundstück der Klägerin zu 1. durch den geplanten aktiven Lärmschutz gegenüber der gegenwärtigen Situation grundlegend verbessern wird, weil das Grundstück dem von der bereits vorhandenen Trasse der B 51 herrührenden Lärm bisher ungeschützt ausgesetzt ist.
301Die Kläger haben auch keine weitergehenden Ansprüche im Hinblick auf Lärmschutz für ihre Außenwohnbereiche. Außenwohnbereiche sind neben den bebauten Außenwohnbereichsflächen wie Balkonen, Loggien und Terrassen nur sonstige zum Wohnen im Freien geeignete und bestimmte Flächen des Grundstücks wie Gartenlauben und Grillplätze, nicht jedoch ‑ wie die Kläger offenbar meinen ‑ Gärten oder das gesamte Grundstück.
302Vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Mai 2012 ‑ 9 A 35.10 ‑, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 225, S. 29.
303Vor diesem Hintergrund machen die Kläger eine Überschreitung der maßgeblichen Immissionsgrenzwerte in ihren Außenwohnbereichen schon nicht substantiiert geltend, zumal hierfür nur auf die an beiden Wohnhäusern nach der lärmtechnischen Unterlage mit mindestens 2,9 dB(A) deutlich unterschrittenen Tagesgrenzwerte abzustellen ist.
304eee) Da die Immissionsgrenzwerte der gemäß § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG zur Durchführung des § 41 BImSchG erlassenen 16. BImSchV auf den Grundstücken der Kläger eingehalten werden, sind die Einwände der Kläger gegen die zur Umsetzung des in § 41 BImSchG vorgesehenen Lärmschutzkonzepts erforderliche Nutzen-Kosten-Prüfung nicht entscheidungserheblich. Denn eine Verhältnismäßigkeitsprüfung nach § 41 Abs. 2 BImSchG, die eine derartige Nutzen-Kosten-Prüfung erfordern würde, war für die Grundstücke der Kläger wegen der Einhaltung der Grenzwerte gerade nicht erforderlich.
305d) Der Vortrag der Kläger zu einer fehlerhaften Ermittlung und Bewertung der Luftschadstoffe in den planfestgestellten Ergebnissen des Luftschadstoffgutachtens (Anlage Nr. 99 zum Planfeststellungsbeschluss, Beiakte 10 zu 11 D 6/12.AK) zeigt keinen zu ihren Gunsten durchgreifenden Abwägungsfehler der Planfeststellung auf. In dieser Hinsicht bedarf es keiner weiteren Vertiefung, ob ihre Einwände zutreffend sind.
306aa) Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss ist bezüglich der Luftschadstoffproblematik - trotz des umfangreichen Vortrags der Kläger zu diesem Gesichtspunkt - bereits deshalb nicht abwägungsfehlerhaft, weil die Einhaltung der Grenzwerte der 39. BImSchV keine Rechtmäßigkeitsvoraussetzung für die Planfeststellung eines Straßenbauvorhabens ist. Grenzwertüberschreitungen sind nach dem System der Luftreinhalteplanung (vgl. § 47 BImSchG und § 27 der 39. BImSchV) unabhängig von den Immissionsquellen zu vermeiden. Allerdings ist das Gebot der Konfliktbewältigung als Ausformung des Abwägungsgebots verletzt, wenn die Planfeststellungsbehörde das Vorhaben zulässt, obgleich absehbar ist, dass seine Verwirklichung die Möglichkeit ausschließt, die Einhaltung der Grenzwerte mit den Mitteln der Luftreinhalteplanung in einer mit der Funktion des Vorhabens zu vereinbarenden Weise zu sichern. Das ist insbesondere der Fall, wenn die von einer planfestgestellten Straße herrührenden Immissionen bereits für sich genommen die maßgeblichen Grenzwerte überschreiten. Von diesem Fall abgesehen geht der Gesetzgeber davon aus, dass sich die Einhaltung der Grenzwerte mit den Mitteln der Luftreinhalteplanung sichern lässt. Für die Annahme, dass dies nicht möglich ist, müssen deshalb besondere Umstände vorliegen.
307Vgl. etwa BVerwG, Urteile vom 10. Oktober 2012 - 9 A 19.11 -, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 228, S. 38.
308Solche besonderen Umstände können sich vor allem aus ungewöhnlichen örtlichen Gegebenheiten (zentrale Verkehrsknotenpunkte, starke Schadstoffvorbelastung durch eine Vielzahl von Emittenten) ergeben.
309Vgl. BVerwG, Urteil vom 26. Mai 2004 ‑ 9 A 6.03 ‑, BVerwGE 121, 57 (64).
310Derartige besondere Umstände sind für die Stadt N. weder geltend gemacht noch ersichtlich.
311Vgl. auch BVerwG, Urteil vom 26. Mai 2004 ‑ 9 A 6.03 ‑, BVerwGE 121, 57 (65), zu einer vierspurigen innerstädtischen Ausfallstraße in Dresden mit ähnlich hoher Verkehrsbelastung wie für die B 51 prognostiziert.
312Hieran gemessen genügt die Planung dem Gebot der Konfliktbewältigung. Das zum Gegenstand der Planfeststellung gemachte Luftschadstoffgutachten von September 2011 (Anlage Nr. 99 zum Planfeststellungsbeschluss, Beiakte 10 zu 11 D 6/12.AK) kommt auf der Grundlage der vom Beklagten angegebenen Verkehrsmengen für das Jahr 2020 zu dem Ergebnis, dass die über ein Kalenderjahr gemittelten Immissionsgrenzwerte von jeweils 40 µg/m3 sowohl für Stickstoffdioxid (§ 3 Abs. 2 der 39. BImSchV) als auch für Feinstaub PM10 (§ 4 Abs. 2 der 39. BImschV) und der ab 2015 geltende Immissionsgrenzwert von 25 µg/m3 für Feinstaub PM2,5 (§ 5 Abs. 2 der 39. BImschV) mit den prognostizierten unter 30 µg/m3 für Stickstoffdioxid, unter 24 µg/m3 für PM10 und unter 20 µg/m3 für PM2,5, jeweils für die zur B 51 nächstgelegenen Wohnbebauung am C2.-----weg deutlich bis weit unterschritten werden (vgl. Abbildungen 6.2, 6.4 und 6.6). Die auf S. 28 und 33 des Gutachtens referierten Ergebnisse für die Feinstaubimmissionen werden im Planfeststellungsbeschluss auf S. 117 zutreffend wiedergegeben. In diesem Zusammenhang merkt der Senat an, dass schon die im Gutachten als Hintergrundbelastung zu Grunde gelegten von der Messstation N. Geist im Jahr 2010 gemessenen Jahresmittelwerte für Stickstoffdioxid 25 µg/m3, für PM10 22 mg/m3 und für PM2,5 19 µg/m3 betragen, so dass die von dem planfestgestellten Vorhaben herrührenden zusätzlichen Schadstoffbelastungen bezogen auf das Grundstück der Klägerin zu 1. gering sind.
313Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss geht daher zu Recht davon aus, dass mit der Realisierung des Vorhabens keine atypische Situation entsteht, die bereits in der Planfeststellung Maßnahmen erfordert, und weitere Maßnahmen einer Luftreinhalteplanung vorbehalten werden können (PFB B. 5.3.5.2, S. 116 bis 118). Für den Beklagten bestand daher kein Anlass, die Luftreinhalteplanung der Stadt N. im Planfeststellungsbeschluss zu überprüfen.
314bb) Unabhängig davon werden - wie soeben dargelegt - die Immissionsgrenzwerte der 39. BImSchV eingehalten; das Luftschadstoffgutachten ist nicht zu beanstanden.
315aaa) Die Grenzwerte der 39. BImSchV beruhen auf unionsrechtlichen Vorgaben durch die Richtlinie 2008/50/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2008 über Luftqualität und saubere Luft in Europa (Abl. Nr. L 152 S. 1).
316Vgl. zusammenfassend Bruckmann/Strecker, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Band IV, Kommentar, Stand 15. November 2014, 39. BImSchV Vorb., Rdnr. 3.
317Der Senat ist gemäß Art. 20 Abs. 3 GG an diese rechtlichen Maßstäbe gebunden und daher nicht befugt, eine Entscheidung auf der Basis hiervon möglicherweise abweichender wissenschaftlicher Erkenntnisse zu treffen, wie sie etwa von Prof. Dr. L. in der mündlichen Verhandlung vorgetragen worden sind bzw. sich aus den von ihm vorgelegten umfangreichen Unterlagen ergeben („Die Biologie kennt keine Grenzwerte.“).
318Nach Art. 191 Abs. 3 AEUV (vgl. auch die Querschnittsklausel in Art. 11 AEUV) berücksichtigt die Union bei der Erarbeitung ihrer Umweltpolitik ‑ hierzu gehört die Richtlinie 2008/50/EG ‑ u. a. die verfügbaren wissenschaftlichen und technischen Daten. Die gerichtliche Kontrolle, was die Berücksichtigung wissenschaftlicher und technischer Daten angeht, beschränkt sich darauf, ob die Maßnahme offensichtlich fehlerhaft ist, ob sie einen Ermessensmissbrauch darstellt oder ob die betreffende Behörde die Grenzen ihres Ermessens offensichtlich überschritten hat. Dem Gebot zur Berücksichtigung des Standes von Wissenschaft und Technik ist nach dem EuGH schon dann entsprochen, wenn sich dies aus den Begründungserwägungen ablesen lässt und wenn ein Rechtsakt Überwachungsvorschriften zur Beurteilung der Wirksamkeit der getroffenen Regelungen sowie Revisionsklauseln beinhaltet, welche vorsehen, dass die Kommission unter Berücksichtigung technischen Fortschritts Einfügungen, Streichungen oder Änderungen vornehmen kann.
319Vgl. etwa Kahl, in: Streinz (Hrsg), EUV/AEUV, 2. Auflage 2012, Art. 191 AEUV, Rdnr. 121, m. w. N.
320Die Richtlinie 2008/50/EG sieht in ihrem Art. 32 ausdrücklich vor, dass die Kommission im Jahr 2013 die Vorschriften über PM2,5 sowie gegebenenfalls andere Schadstoffe überprüft, und regelt Einzelheiten des Überprüfungsverfahrens, das auch die Berücksichtigung neuester wissenschaftlicher Informationen vorsieht. Für PM2,5 bestimmt bereits die Richtlinie selbst und ihr folgend § 5 Abs. 2 der 39. BImSchV ab 2015 einen neuen Grenzwert.
321Auch aus Art. 3 i. V. m. Art. 37 der Europäischen Grundrechtecharta ergibt sich kein umfassendes Recht auf gesunde Umwelt.
322Vgl. Borowsky, in: Meyer (Hrsg.) Charta der Grundrechte der Europäischen Union, 4. Auflage 2014, Art. 3 Rdnr. 38.
323Aus der staatlichen Schutzpflicht nach Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG („Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit.“) ergeben sich keine weitergehenden Anforderungen. Ohne verlässliche wissenschaftliche Erkenntnisse über komplexe Gefährdungen ist es nicht Sache der Gerichte, sondern des Verordnungsgebers, den Erkenntnisfortschritt der Wissenschaft mit geeigneten Mitteln zu beobachten und zu bewerten. Diese Pflicht ist erst verletzt, wenn eine ursprünglich rechtmäßige Regelung aufgrund neuer Erkenntnisse oder einer veränderten Situation verfassungsrechtlich evident untragbar geworden ist.
324Vgl. BVerwG, Gerichtsbescheid vom 21. September 2010 ‑ 7 A 7.10 ‑, juris, Rdnr. 17, unter Hinweis auf BVerfG, Beschluss vom 24. Januar 2007 ‑ 1 BvR 382/05 ‑, NVwZ 2007, 805.
325Das ist im Hinblick auf die Fortschreibung der Grenzwerte und der oben dargelegten in der Richtlinie 2008/50/EG ausdrücklich vorgesehenen Überprüfung nicht ersichtlich.
326Die von den Klägern angeführten Regelungen in § 1 Nr. 19 und 37 sowie § 23 und § 26 der 39. BImSchV zu „langfristigen und nationalen Zielen“, zum „Zielwert“ und zur „bestmöglichen Luftqualität“ ergeben keine über die Einhaltung der in den §§ 3 bis 5 der 39. BImSchV rechtsverbindlich festgelegten konkreten Grenzwerte hinausgehenden subjektiven Rechte der Kläger.
327bbb) Entgegen der Auffassung der Kläger legt das Gutachten für die Schadstoffhintergrundbelastung zu Recht die Messwerte der vom LANUV im Rahmen des Luftqualitätsüberwachungssystems betriebenen Station N. Geist zu Grunde. Die Auswahl der berücksichtigten Messstationen muss den örtlichen Verhältnissen Rechnung tragen und gegebenenfalls bestehende deutliche Unterschiede der für die Vorbelastung im Plangebiet maßgeblichen Faktoren berücksichtigen.
328Vgl. BVerwG, Urteil vom 9. Juni 2010 - 9 A 20.08 -, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 208, S. 166.
329Nach § 1 Nr. 22 der 39. BImSchV sind „Messstationen für den städtischen Hintergrund“ Messstationen an Standorten in städtischen Gebieten, an denen die Werte repräsentativ für die Expositon der städtischen Bevölkerung sind. Dies wird in Anlage 3 B.1.c) zur 39. BImSchV dahingehend präzisiert, dass die gemessene Verschmutzung den integrierten Beitrag sämtlicher Quellen im Luv der Hauptwindrichtung der Station erfasst. Für die gemessene Verschmutzung sollte nicht eine einzelne Quelle vorherrschend sein, es sei denn, dies ist für eine größere städtische Fläche typisch. Die Probenahmestellen müssen grundsätzlich für eine Fläche von mehreren Quadratkilometern repräsentativ sein.
330Die Station N. Geist befindet sich etwa 5 km südwestlich des Untersuchungsgebiets im Zentrum von N. zwischen Kleingärten und Wohnhäusern (Gutachten S. 18) an einem Schulgelände. Ein Gewerbegebiet liegt etwa 1,5 km östlich bis südöstlich der Station. Die in diesem Abschnitt vierstreifige B 51 verläuft ca. 200 m südlich, die B 54 ca. 700 m östlich und die B 219 ca. 500 m westlich der Station.
331Vgl. die Beschreibung der näheren Umgebung auf der Internetseite des LANUV http:/www.lanuv.de/luft/messorte/steckbriefe/msge.htm.
332Diese Messstation ist damit die dem planfestgestellten Vorhaben nächstgelegene Station, deren Messwerte eine städtische Schadstoffhintergrundbelastung wiedergeben. Dabei bezieht sich die Anforderung, den integrierten Beitrag sämtlicher Quellen im Luv der Hauptwindrichtung der Station zu erfassen, auf die konkrete Lage der Messstation selbst, bedeutet jedoch nicht, dass die Station so positioniert sein muss, dass sie sämtliche stark emittierenden Schadstoffquellen der Stadt N. erfasst. Dann würde sie gerade nicht mehr die für die städtische Fläche typische Hintergrundbelastung ermitteln und wäre nicht für eine Fläche von mehreren Quadratkilometern repräsentativ.
333Dem gegenüber liegen die anderen drei vom LANUV in N. betriebenen Messstationen unmittelbar an vielbefahrenen Straßen. Die von den Klägern angesprochene Station an der X1. Straße steht auf dem Gehweg einer stark befahrenen und beidseitig von einer geschlossenen mehrgeschossigen Bebauung begrenzten innerstädtischen Ausfallstraße in N. . Sie ist daher nicht geeignet, die großräumig vorhandene Hintergrundbelastung abzubilden, die im Untersuchungsgebiet ohne Verkehr auf den in die Untersuchung einbezogenen Straßen vorliegen würde (vgl. auch Luftschadstoffgutachten S. 13 unten).
334ccc) Nach der Anlage 3 zur 39. BImSchV ist die Luftqualität in solchen Bereichen zu untersuchen, in denen die individuelle Aufenthaltsdauer von Menschen typischerweise einen „signifikanten“ Anteil am Mittelungszeitraum des jeweils zu betrachtenden Immissionsgrenzwerts einnimmt. Danach sind selbst bezogen auf Grenzwerte mit dem geringsten Mittelungszeitraum von einer Stunde (vgl. §§ 2 f. der 39. BImSchV) nur solche Bereiche zu untersuchen, in denen der Einzelne nicht nur für einen kurzen Moment, sondern „über einen längeren Zeitraum“ Schadstoffen ausgesetzt ist.
335Vgl. BVerwG, Urteil vom 10. Oktober 2012 ‑ 9 A 19.11 ‑, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 228, S. 48.
336Selbst wenn man unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe - anders als im Planfeststellungsbeschluss auf S. 117 wiedergegeben - den Garten des Grundstücks der Klägerin zu 1. einbezieht, werden die Grenzwerte ‑ wie oben dargelegt ‑ deutlich bis weit unterschritten. Für das Grundstück des Klägers zu 2. steht eine Grenzwertüberschreitung ohnehin nicht in Rede.
337Angesichts der deutlichen Unterschreitung der Grenzwerte auch auf dem Grundstück der Klägerin zu 1. ist nicht erheblich, dass das Luftschadstoffgutachten (vgl. Abbildung 5.1 auf S. 22) für die B 51 von einer zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 70 km/h ausgeht, während die lärmtechnische Untersuchung eine zulässige Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h zu Grunde legt und der Planfeststellungsbeschluss die zulässige Höchstgeschwindigkeit nicht regelt. Die prognostizierte Schadstoffbelastung liegt auch dann auf der „sicheren Seite“, wenn von der zuständigen Straßenverkehrsbehörde künftig ein Tempolimit von 100 km/h zugestanden würde. Das hat der Gutachter dem Beklagten am 29. März 2012 mitgeteilt. Die Stickstoffdioxidimmissionen würden sich um höchstens 1 µg/m3 erhöhen, die Werte für PM10 um 1 bis 4 %, so dass auch bei einer Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h Grenzwertüberschreitungen nicht zu erwarten seien. Hierbei ist auch zu berücksichtigen, dass das Luftschadstoffgutachten die als „maximale“ Verkehrsbelastung prognostizierte Verkehrsmenge von 50.600 Kfz/24 h zu Grunde legt, während die Verkehrsprognose der IVV vom 11. September 2006 für den hier fraglichen Abschnitt nördlich der X. Straße eine Verkehrsbelastung von nur 41.700 Kfz/24 h prognostiziert.
338ddd) Dafür dass dem Gutachterbüro Eingabefehler oder Rechenfehler unterlaufen sind, fehlt jeder schlüssige Anhaltspunkt. Der Gutachter hat im Termin zur mündlichen Verhandlung erläutert, dass die Auswirkungen der geplanten Lärmschutzwände in das Rechenprogramm eingearbeitet sind. Bedenken an der Fachkompetenz und der Unparteilichkeit des Ingenieurbüros M. bestehen nicht. Dem Senat ist aus eigener Erfahrung bekannt, dass das Ingenieurbüro M. in Nordrhein-Westfalen regelmäßig Planfeststellungsverfahren durch Fachbeiträge begleitet hat.
339Vgl. etwa OVG NRW, Urteil vom 24. März 2014 ‑ 11 D 31/11.K -, juris, Rdnr 105 ff.
340eee) Bei dieser Sachlage bedurfte es nicht einer von den Klägern vermissten Berechnung der Kurzzeitgrenzwerte (200 µg/m3 über eine Stunde gemittelt für Stickstoffdioxid, § 3 Abs. 1 der 39. BImSchV; 50 µg/m3 über einen Tag gemittelt für Feinstaub PM10), die auf den Grundstücken der Kläger offensichtlich nicht erreicht werden (vgl. auch die Erläuterung im Luftschadstoffgutachten S. 8 f.).
341fff) Nach alldem musste der Senat dem in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisantrag zu behaupteten Grenzwertüberschreitungen nicht weiter nachgehen.
342e) Aus § 50 BImSchG ergeben sich für die Kläger keine weitergehenden Ansprüche. § 50 Satz 1 BImSchG kommt in Bezug auf Verkehrslärm und sonstige Immissionen die Funktion einer Abwägungsdirektive zu.
343Vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 23. Februar 2005 ‑ 4 A 1.04 ‑, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 186, S. 188.
344Da sowohl die Immissionsgrenzwerte für Lärm als auch für Luftschadstoffe auf den Grundstücken der Kläger eingehalten werden, folgt aus § 50 Satz 1 BImSchG kein Anspruch der Kläger auf weitere Schutzmaßnahmen etwa durch Verwirklichung einer „Tunnellösung“. Der allgemeine Planungsgrundsatz des § 50 BImSchG wendet sich als objektivrechtliches Gebot an die für die Planungsentscheidung zuständige Stelle; er enthält aber für den Planbetroffenen kein subjektives öffentliches Recht.
345Vgl. BVerwG, Beschluss vom 10. September 1981 ‑ 4 B 114.81 ‑, Buchholz 406.25 § 50 BImSchG Nr. 2.
346f) Die Beeinträchtigung des Grundeigentums der Klägerin zu 1. durch eine 5,5 m hohe Lärmschutzwand hat der Beklagte als abwägungserheblichen Belang gesehen und auf Seite 147 des Planfeststellungsbeschlusses behandelt. Er hat auf die Gestaltung der Wand verwiesen, die in einer Höhe über 3 m transparentes Material vorsieht, ferner auf die Anpflanzung eines Grüngürtels vor der Lärmschutzwand. Schließlich verweist er noch auf eventuelle Entschädigungsansprüche (PFB B. 5.3.12.3, S. 148). Das reicht als Abwägung aus.
347Nach der Umplanung durch den Planänderungsbescheid vom 12. August 2014 wird die Lärmschutzwand in ca. 1,7 m Entfernung von der Westgrenze des Grundstücks der Klägerin zu 1. errichtet, die wiederum mindestens 28 m vom Wohngebäude entfernt liegt. Fragen einer Verschattung oder gar einer erdrückenden Wirkung stellen sich daher nicht. Die Klägerin zu 1. hat, nachdem durch die Umplanung ihr Grundstück nicht mehr in Anspruch genommen werden muss, auch keine konkreten Belange einer Eigentumsbeeinträchtigung geltend gemacht, die in die Abwägung hätten eingestellt werden müssen, sondern nur „drastische Folgen für die Wohnnutzung insbesondere der Außenbereiche“ behauptet. Dabei wird jedenfalls übersehen, dass sich im Vergleich zur gegenwärtigen Situation die Nutzung des Außenbereichs erheblich verbessert, weil die bereits vorhandene B 51 im Zuge des Ausbaus erstmals mit einer Lärmschutzwand versehen wird.
3485. Auch der Vortrag der Kläger, die Belastungen durch Baulärm und Erschütterungen während der Bauzeit seien weder ermittelt worden, noch seien im Planfeststellungsbeschluss Aussagen zum Schutz vor ihnen getroffen worden, greift nicht durch. Die durch die Straßenbauarbeiten verursachten Lärm- und Schadstoffbelastungen müssen wegen ihres unregelmäßigen Entstehens nicht durch eine Lärm- bzw. Schadstoffprognose ermittelt werden.
349Vgl. BVerwG, Urteil vom 3. März 2011 ‑ 9 A 8.10 ‑, BVerwGE 139, 150 (183 f.).
350Gleiches muss für die von den Klägern befürchteten Erschütterungen gelten.
351Der Beklagte hat im Planfeststellungsbeschluss im Hinblick auf Erschütterungen und (sonstige) Bauimmissionen und ‑auswirkungen unter A. 5.3 und 5.4 (S. 27 f.) verschiedene Nebenbestimmungen angeordnet, die zu einer weitgehenden Minimierung der Immissionsbelastung für die Umgebung führen. Dass es dennoch zu Beeinträchtigungen kommen kann, ist unvermeidbar.
352Den von den Klägern aufgezeigten „offenkundigen Widerspruch“, die AVV-Baulärm sei zu beachten, könne aber nicht eingehalten werden, sieht der Senat nicht. Es ist plausibel, dass der Beklagte die AVV-Baulärm grundsätzlich heranzieht, aber gleichzeitig einräumt, es könnten „temporäre Lärmeinwirkungen oberhalb der Richtwerte … nicht gänzlich ausgeschlossen werden.“ (PFB S. 28). Genauere Regelungen kann der Beklagte nicht treffen. Es leuchtet ohne Weiteres ein, dass die Unregelmäßigkeit des durch die Bauarbeiten ausgelösten Lärms eine detaillierte Lärmprognose nicht zulässt.
353Vgl. BVerwG, Urteil vom 3. März 2011 ‑ 9 A 8.10 ‑, BVerwGE 139, 150 (184).
354Schließlich enthalten die Nebenbestimmungen A. 5.3 und 5.4 den Passus, dass in dem Fall, dass trotz optimierter Bauverfahren die Anhaltswerte überschritten (Erschütterungen) bzw. die Eingreifwerte (Bauimmissionen und –auswirkungen) erheblich überschritten und dadurch Schäden verursacht werden, diese „nach den Grundsätzen des § 906 BGB zu entschädigen“ sind. Damit sind die Rechtspositionen der Kläger ausreichend geschützt und berücksichtigt, und zwar gerade auch im Hinblick auf die von den Klägern zitierte Rechtsprechung des BGH,
355Urteil vom 30. Oktober 2009 ‑ V ZR 17/09 ‑, NJW 2010, 1141 (1143, Rdnr. 28 f.).
356B. Der auf eine Verpflichtung des Beklagten gerichtete Hilfsantrag der Kläger, sie unter teilweiser Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses vom 30. September 2011 hinsichtlich ihrer durch das Vorhaben betroffenen Rechte/Interessen, insbesondere hinsichtlich des Schutzes vor Immissionen, erneut zu bescheiden, bleibt nach dem vorstehend Dargelegten ohne Erfolg. Die Kläger haben insbesondere keinen Anspruch auf eine Ergänzung des Planfeststellungsbeschlusses um Maßnahmen des aktiven Schallschutzes oder um die Anordnung der Erstattungsfähigkeit dem Grunde nach für Maßnahmen des passiven Schallschutzes. Das Lärmschutzkonzept der angefochtenen Planungsentscheidung steht mit den Vorgaben der §§ 41, 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG i. V. m. § 2 der 16. BImSchV im Einklang; die Immissionsgrenzwerte sowohl für Lärm als auch für Luftschad-stoffe werden auf den Grundstücken der Kläger sämtlich eingehalten. Das Vorhaben ist damit nicht zu Lasten der Kläger abwägungsfehlerhaft und verletzt in seiner festgestellten Form keine Rechte der Kläger.
357C. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 Abs. 1, 159 Satz 1 VwGO, 100 Abs. 1 ZPO.
358Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus den §§ 167 VwGO, 708 Nr. 10, 711 Satz 1 ZPO.
359Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.
Gründe
- 1
-
Die auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) gestützte Beschwerde bleibt ohne Erfolg.
- 2
-
1. Die Kläger, die Beeinträchtigungen ihrer Gewerbebetriebe durch ein planfestgestelltes Vorhaben geltend machen - sogenannte mittelbar Betroffene -, möchten rechtsgrundsätzlich geklärt wissen,
-
ob eine Einschränkung des Prüfungsmaßstabes auf eigene Belange des betroffenen Klägers im Rahmen des Abwägungsgebotes erfolgen darf, obwohl der Wortlaut des § 17 Satz 2 FStrG die Berücksichtigung der öffentlichen und privaten Belange verlangt.
- 3
-
Diese Frage rechtfertigt die Zulassung der Revision nicht, weil sie ohne Weiteres anhand des Gesetzes und bereits vorliegender Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts beantwortet werden kann.
- 4
-
Danach hat nur ein von der enteignungsrechtlichen Vorwirkung des Planfeststellungsbeschlusses unmittelbar Betroffener (vgl. § 9 Abs. 2 FStrG) Anspruch auf gerichtliche Überprüfung des Plans auch auf seine objektive Rechtmäßigkeit (sog. Vollüberprüfungsanspruch), soweit der geltend gemachte Fehler für die Eigentumsbetroffenheit kausal ist (stRspr, vgl. nur BVerwG, Urteile vom 10. Oktober 2012 - 9 A 19.11 - Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 228 Rn. 13 und vom 24. November 2011 - 9 A 23.10 - BVerwGE 141, 171 Rn. 13).
- 5
-
Demgegenüber können enteignungsrechtlich nicht Betroffene - wie hier die Kläger, deren Grundstücke von der Planung nicht in Anspruch genommen werden - nur die Verletzung gerade sie schützender Normen des materiellen und Verfahrensrechts sowie eine nicht ordnungsgemäße Abwägung ihrer geschützten Privatbelange rügen, nicht aber eine insgesamt fehlerfreie Abwägung und Planung verlangen (stRspr, vgl. BVerwG, Urteil vom 10. Oktober 2012 - 9 A 19.11 - Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 228 Rn. 14). Die Rügebefugnis umfasst wegen der insoweit bestehenden Wechselbeziehung auch eine Überprüfung der den Privatbelangen gegenüber gestellten, für das Vorhaben streitenden öffentlichen Belange. Dementsprechend hat hier das Oberverwaltungsgericht auch die für das Vorhaben sprechende Planrechtfertigung näher untersucht. Ob allerdings andere gegen das Vorhaben sprechende Belange ordnungsgemäß berücksichtigt worden sind, können mittelbar Betroffene ebenso wenig geltend machen wie die Frage, ob Rechtsnormen beachtet wurden, die nicht ihrem Schutz zu dienen bestimmt sind (BVerwG, Urteile vom 13. Mai 2009 - 9 A 71.07 - juris Rn. 47, vom 24. November 2010 - 9 A 13.09 - BVerwGE 138, 226 Rn. 25 und 54 und vom 10. Oktober 2012 - 9 A 20.11 - Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 229 Rn. 11).
- 6
-
Entgegen der Auffassung der Kläger widerspricht dieser unterschiedliche Prüfungsmaßstab nicht der in § 17 Satz 2 FStrG vorgeschriebenen umfassenden Pflicht zur Berücksichtigung aller von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange (sowie der Umweltverträglichkeit). Denn diese Vorschrift legt (objektiv-rechtlich) fest, welche Belange die Planfeststellungsbehörde bei ihrer Entscheidung zu beachten hat; sie verhält sich aber nicht zu der Frage des gerichtlichen Prüfungsmaßstabs bzw. Prüfungsumfangs. Soweit die Kläger unter Berufung auf ältere Literatur (Hoppe/Schlarmann/Buchner, Rechtsschutz bei der Planung von Straßen und anderen Verkehrsanlagen, 3. Aufl. 2001, Rn. 427) einwenden, wegen der Komplexität des Abwägungsvorgangs sei eine Differenzierung zwischen eigenen Belangen und Fremdbelangen nicht möglich, übersehen sie zum einen, dass die den privaten Belangen gegenüber gestellten öffentlichen Belange durchaus gerichtlich überprüft werden (s.o.), im Übrigen zeigen sie weder weiteren grundsätzlichen Klärungsbedarf auf noch erläutern sie, welche Relevanz der aufgeworfenen Frage im vorliegenden Fall zukommen soll.
- 7
-
2. Auch die Frage,
-
ab welchem Grad der Ungeeignetheit/ Geeignetheit eine Planungsvariante vom Vorhabenträger frühzeitig verworfen werden darf,
-
rechtfertigt die Zulassung der Revision nicht. Auch diese Frage lässt sich ohne Weiteres auf der Grundlage der bisherigen Rechtsprechung beantworten.
- 8
-
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts müssen bei der Zusammenstellung des Abwägungsmaterials alle ernsthaft in Betracht kommenden Alternativlösungen berücksichtigt werden und mit der ihnen zukommenden Bedeutung in die vergleichende Prüfung der von den möglichen Alternativen jeweils berührten öffentlichen und privaten Belange eingehen. Die Planfeststellungsbehörde braucht den Sachverhalt dabei nur so weit zu klären, wie dies für eine sachgerechte Entscheidung und eine zweckmäßige Gestaltung des Verfahrens erforderlich ist; Alternativen, die ihr aufgrund einer Grobanalyse als weniger geeignet erscheinen, darf sie schon in einem frühen Verfahrensstadium ausscheiden. Ergibt sich dagegen nicht bereits bei einer Grobanalyse des Abwägungsmaterials die Vorzugswürdigkeit einer Trasse, so muss die Behörde die dann noch ernsthaft in Betracht kommenden Trassenalternativen im weiteren Planungsverfahren detaillierter untersuchen und vergleichen. Die Grenzen der planerischen Gestaltungsfreiheit bei der Trassenwahl sind erst dann überschritten, wenn eine andere als die gewählte Trassenführung sich unter Berücksichtigung aller abwägungserheblichen Belange eindeutig als die bessere, weil öffentliche und private Belange insgesamt schonendere, hätte aufdrängen müssen oder wenn der Planfeststellungsbehörde infolge einer fehlerhaften Ermittlung, Bewertung oder Gewichtung einzelner Belange ein rechtserheblicher Fehler unterlaufen ist (vgl. nur BVerwG, Urteil vom 6. November 2013 - 9 A 9.12 - Buchholz 11 Art. 28 GG Nr. 165 Rn. 27).
- 9
-
Dass diese allgemeinen Grundsätze weiterer Klärung bedürfen, zeigen die Kläger nicht auf; ob die Voraussetzungen im konkreten Fall eingehalten wurden, ist eine Frage des Einzelfalles.
- 10
-
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, § 173 VwGO i.V.m. § 100 Abs. 1 ZPO, die Streitwertfestsetzung auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens je zur Hälfte.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung jeweils in gleicher Höhe Sicherheit leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Tatbestand:
2Die Kläger wenden sich gegen den Planfeststellungsbeschluss des Beklagten vom 30. September 2011, mit dem der Ausbau der Bundesstraße 51 (B 51) dritter Bauabschnitt von Bau-km 5+100 bis Bau-km 7+700 einschließlich des Verknüpfungsbereiches mit der Landesstraße 793 (L 793) ‑ X. Straße ‑ von Bau-km 0+000 bis Bau-km 0+600 und der Neubau der Bundesstraße 481 (B 481n) von Bau-km 7+700 bis Bau-km 11+340 planfestgestellt worden ist.
3Die in den Jahren 1954 bis 1962 gebaute Umgehungsstraße im Zuge der B 51 führt südlich bzw. östlich um N. herum. Sie war zunächst eine zweistrei-fige und anbaufreie Strecke, die an dem an der X1. Straße endenden Zubringer zum Autobahnkreuz N. -Süd im Südwesten N1. beginnt und bis zur X2. Straße im Osten der Stadt verläuft. Sie ist aufgrund von Planfeststellungsbeschlüssen vom 12. Januar 1989 und 1. März 1995 in zwei Bauabschnitten bis Bau-km 5+100 vierstreifig ausgebaut worden. Der nun planfestgestellte Abschnitt schließt sich nach Nordosten an und sieht den vierstrei-figen Ausbau bis zur X2. Straße frei von Zufahrten und ohne Erschließungsfunktion für die angrenzenden Grundstücke vor, ferner den Neubau des Knotenpunktes B 51/B 481n/X2. Straße und den zweistreifigen Neubau der B 481n bis zum T. Damm im Norden der Stadt N. .
4Das planfestgestellte Vorhaben ist im Bedarfsplan zum Fernstraßenausbaugesetz als vordringlicher Bedarf ausgewiesen.
5Die Klägerin zu 1. ist Eigentümerin des Grundstücks C.-----weg 9 (Gemarkung N. , Flur 135, Flurstück 13) mit einer Gesamtgröße von 1102 qm, das mit einem Wohnhaus bebaut ist. Zum Haus gehört auch ein rund 80 qm großer selbst genutzter gewerblicher Teil. Das Haus wurde 1938 erbaut; die Klägerin erwarb das Grundstück im Jahr 1994. Das Grundstück liegt unmittelbar östlich der vierstreifig auszubauenden Trasse der B 51 zwischen Bau-km 6+927 und 6+950. Auf die ursprünglich vorgesehene Inanspruchnahme von 18 qm (dauerhaft) sowie 45 qm für die Baudurchführung wurde durch Planänderungsbescheid vom 12. August 2014 verzichtet. Nach den geänderten Planunterlagen soll zwischen der Trasse und dem Grundstück der Klägerin eine Lärmschutzwand in Höhe von 5,5 m errichtet werden, die einen Abstand zur Grenze des Grundstücks der Klägerin von ca. 1,7 m einhält.
6Nach der lärmtechnischen Unterlage vom 2. Mai 2007 wurden für das Grundstück C.-----weg 9 folgende Beurteilungspegel berechnet:
7Hausfront/Himmelsrichtung |
Stockwerk |
Prognose in dB(A) mit Lärmschutz Tag Nacht |
W |
EG |
55 47 |
W |
1. OG |
56 48 |
Dabei ging der Vorhabenträger davon aus, dass das Grundstück der Klägerin zu 1. in einem allgemeinen Wohngebiet liegt.
9Der Kläger zu 2. ist Eigentümer des mit einem Wohnhaus bebauten Grundstücks N2.---straße 28 (Gemarkung N. , Flur 132, Flurstück 64). Es liegt etwa 90 m östlich der Trasse der B 51 in Höhe von Bau-km 7+368. Das Wohnhaus wurde Anfang der 1970-er Jahre errichtet. Der Kläger zu 2. erwarb das Grundstück im Jahr 2010. Eine Inanspruchnahme des Grundstücks für die Baumaßnahme ist nicht vorgesehen.
10Nach den Planunterlagen wurden für das Grundstück N2.---straße 28 folgende Beurteilungspegel berechnet:
11Hausfront/Himmelsrichtung |
Stockwerk |
Prognose in dB(A) mit Lärmschutz Tag Nacht |
W |
EG |
60 52 |
W |
1. OG |
60 53 |
Dabei ging der Vorhabenträger davon aus, dass das Grundstück im Außenbereich liegt.
13Das Planfeststellungsverfahren für den vierstreifigen Ausbau der B 51 und den Neubau der B 481n wurde im Dezember 2005 eingeleitet. Die Planunterlagen lagen vom 13. Februar 2006 bis 13. März 2006 in der Stadt N. öffentlich aus.
14Die vorherige öffentliche Bekanntmachung erschien mit einer Ergänzungslieferung im Amtsblatt der Stadt N. Nr. 3 vom 10. Februar 2006. Ob diese Ergänzungslieferung bereits am 10. Februar 2006 oder erst am 14. Februar 2006 veröffentlicht wurde, ist zwischen den Beteiligten streitig. Die Bekanntmachung enthielt u. a. einen Hinweis auf die vierwöchige Einwendungsfrist, die am 10. April 2006 ablaufe, und den Ausschluss verspäteter Einwendungen. Unter Nr. 6 heißt es: „Die Nrn. 1, 2, 3 und 5 gelten für die Anhörung der Öffentlichkeit zu den Umweltauswirkungen des Bauvorhabens nach § 9 Abs. 1 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung entsprechend.“
15Die Klägerin zu 1. erhob gegen die Planung mit Schreiben vom 5. April 2006 im Wesentlichen folgende Einwendungen: Die Bekanntmachung der Planfeststellung sei erst erfolgt, nachdem die Auslegung des Planes am 13. Februar 2006 bereits begonnen habe. Die entsprechende Ausgabe des Amtsblattes Nr. 3 der Stadt N. sei erst am 14. Februar 2006 erschienen. Eine Veröffentlichung in örtlichen Tageszeitungen nach § 72 Abs. 2 VwVfG NRW sei unterblieben. Es bestehe eine Verpflichtung aus § 2 Abs. 3a FStrG, die B 51 im geplanten Abschnitt zur Autobahn aufzustufen. Die prognostizierte Verkehrsbelastung sei nur unzulänglich ermittelt worden. Eine Straße im Autobahnformat ziehe mehr Verkehr an als übliche Bundesstraßen. Daher seien die Tabellenwerte der 16. BImSchV für Autobahnen heranzuziehen. Der Prognosehorizont sei nicht ausreichend lang festgelegt. Die Ergebnisse der Umweltverträglichkeitsstudie von 1993 seien missachtet worden. Diese habe eine Vollabdeckung der Straße oder eine Ausführung als „Züblin“-Tunnel in einer Tieflage von 5 oder 6 m gefordert. Die Strukturdaten, die der Verkehrsbelastung zu Grunde gelegt worden seien, würden im Plan nicht korrekt benannt. Der häufigere Lieferverkehr zu den Betrieben sei nicht erfasst worden. Die Einwohnerzahl für N. für das Jahr 2010 sei mit nur 254.000 angesetzt; das sei eindeutig zu wenig. Die Auswirkungen der neuesten Verkehrszählung aus dem Jahr 2005 seien nicht berücksichtigt worden. Es sei nicht geprüft worden, ob die Baumaßnahme unter Ausschluss des laufenden Verkehrs zügig durchgeführt werden und zusätzlich erhebliche Einsparungen erzielt werden könnten, die in einen Lärmschutzdeckel investiert werden könnten. Die erforderlichen Ausgleichsmaßnahmen würden nicht in vollem Umfang im Nahbereich des Eingriffs realisiert. Die Verpflichtung könne vor Ort in der Form der Mitfinanzierung eines zu begrünenden Lärmschutzdeckels über der B 51 erfolgen. Die Möglichkeit, den aktiven Lärmschutz im Sinne der Vorgabe nach Ziffer 10.2 Abs. 1 VLärmSchR 97 nicht bis zum Äußersten auszureizen, sei nicht genutzt worden. Von den jetzt im Plan erfassten 165 Wohngebäuden seien bereits 79 Gebäude auf genau 49 dB(A) berechnet. Schon bei geringsten Veränderungen bei den Berechnungsmodalitäten würden die Grenzwerte für weitere Gebäude überschritten. In bisherigen Verkehrsgutachten zu Grunde gelegte Rahmenbedingungen, die sich schon in der Vergangenheit nicht bestätigt hätten, seien nicht berichtigt worden. Auch die Verkehrszunahme durch die Entlastungsstraße Nord sei nicht berücksichtigt worden. Der außerordentliche Zugang an Lkw-Verkehr durch „Mautflüchtlinge“ sei nicht erfasst. Alle Parameter der Lärmberechnung seien konkret zu benennen und bürgerfreundlich zu erläutern. Die Troglage entspreche wegen der geringen Tiefe von nur 2 m nicht den Vorgaben der Umweltverträglichkeitsstudie von 1993. Die Lärmschutzwände böten keinen ausreichenden Schutz, ihre Höhe sei in reinen Wohngebieten unzumutbar. Die Planungsvorschrift des § 50 BImSchG sei missachtet worden. Dies könne nur über § 41 Abs. 1 BImSchG durch eine abgedeckte Tieflage als Maßnahme nach dem Stand der Technik ausgeglichen werden. Die Stadt N. habe zugesagt, sich an den Kosten zu beteiligen. Die Gesundheitsgefahren seien im Erläuterungsbericht nicht ausreichend kritisch gewürdigt worden. In N. sei die Feinstaubbelastung bereits erheblich. Im Erläuterungsbericht fehle die konkrete Angabe der Verfahren und Maschinen, die besonders lärm- und erschütterungsarm eingesetzt werden könnten. Im Ergebnis ergebe eine Durchsicht der Planunterlagen, dass Abwägung und Konfliktbewältigung misslungen seien, sich jedoch die Mängel im Deckblattverfahren durch eine weiter vertiefte abgedeckte Gradiente beheben ließen.
16Der frühere Eigentümer des Grundstücks N2.---straße 28 und Rechtsvorgänger des Klägers zu 2., Herr V. S. , erhob gegen die Planung mit Schreiben vom 29. März 2006 im Wesentlichen folgende Einwendungen: Das Gebäude N2.---straße 28 sei auf Grundlage einer rechtskräftigen Baugenehmigung als hochwertige Villa geplant und gebaut worden. Die Planungen sähen weder aktiven noch passiven Lärmschutz vor. Es werde durch Lärm und Abgase zu einer erheblichen Beeinträchtigung des Wohnwertes und damit auch des Grundstückswertes kommen. Die für die Ermittlung der notwenigen Schallschutzmaßnahmen zu Grunde gelegten Verkehrszahlen und die sich daraus ergebenden Lärmbelastungen würden angezweifelt. Das Grundstück sei wegen der überwiegend westlichen Windrichtungen besonders belastet. Es sei ein erheblich höherer Verkehrszuwachs als in den jetzigen Prognosen zu erwarten, insbesondere beim Lkw-Verkehr. Mit der Umsetzung der Planung würden seine Rechte auf körperliche Unversehrtheit und Eigentum verletzt.
17Auf Grund von Einwendungen sowie Stellungnahmen und Vorschlägen der Träger öffentlicher Belange wurde das Deckblatt I ins Verfahren eingebracht. Neben Änderungen bei der Anschlussstelle X. Straße, der wassertechnischen Berechnung, der Erweiterung der Ausgleichsflächen im Landschaftspflegerischen Begleitplan und einer Schadstoffabschätzung hat es eine Aktualisierung der Verkehrsprognose vom 11. September 2006 zum Gegenstand, die nunmehr auf das Prognosejahr 2020 abstellt. Als Folge ergaben sich Änderungen bei den aktiven Lärmschutzmaßnahmen; ferner wurde für den Bereich Bau-km 5+100 bis Bau-km 7+300 eine offenporige Asphaltdeckschicht mit einem Korrekturwert DStrO von - 5 dB(A) vorgesehen.
18Die geänderten Planunterlagen lagen vom 21. Mai 2007 bis 20. Juni 2007 öffentlich aus. Unter Nr. 8 der öffentlichen Bekanntmachung heißt es: „Da das Verfahren UVP-pflichtig ist, wird darauf hingewiesen,
19- dass die für das Verfahren zuständige Behörde die Bezirksregierung N. und die für die Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens zuständige Behörde das Ministerium für Bauen und Verkehr des Landes NRW ist,
20- dass über die Zulässigkeit des Vorhabens durch Planfeststellungsbeschluss entschieden werden wird,
21- dass die ausgelegten Planunterlagen die nach § 6 Abs. 3 UVPG notwendigen Angaben enthalten und
22- dass die Anhörung zu den ausgelegten Planunterlagen auch die Einbeziehung der Öffentlichkeit zu den Umweltauswirkungen des Vorhabens gemäß § 9 Abs. 1 UVPG ist.“
23Die Klägerin zu 1. erhob in diesem Verfahrensabschnitt keine Einwendungen.
24Mit Schreiben vom 13. Juli 2007 erhob der Rechtsvorgänger des Klägers zu 2. nach Auslegung der geänderten Planunterlagen im Deckblatt I‑Verfahren folgende Einwendungen: Die Verletzung seiner Rechte werde durch die neuen vorgesehenen Änderungen nicht behoben. Die Verkehrsprognose von September 2006 setze die Belastung weiterhin zu niedrig an. Der Verkehr werde weiter steigen, insbesondere wenn der Bau weiterer Straßen abgeschlossen sei. Umleitungs- und Schleichverkehre müssten außerdem noch berücksichtigt werden. Die Einwohnerzahl von N. sei mit 254.000 zu niedrig angesetzt. Die verkehrserhöhende Entlastungsstraße Nord sei nicht aufgeführt. Weitere zusätzliche Verkehre seien nicht berücksichtigt. Insbesondere der Lkw-Anteil werde deutlicher zunehmen als angenommen. Die Einstufung der neuen Straße als Autobahn sei noch immer nicht diskutiert worden. Die prognostizierte Verkehrsbelastung sei abermals nur unzulänglich ermittelt worden. Der Prognosehorizont sei noch immer nicht ausreichend lang festgelegt. Der Lärmschutz müsse sich an der Leistungsmöglichkeit der Straße von bis zu 60.000 Kfz/h orientieren. Für den Einsatz offenporigen Asphaltbetons sei eine dauerhafte Lärmminderung noch nicht nachgewiesen. Die Belastbarkeit sei gering und der Wartungs- und Erneuerungsaufwand hoch. Die Dauer der Haltbarkeit des Belages werde nicht garantiert. In der lärmtechnischen Unterlage sei die sogenannte senkrechte Auswirkung des Lärms nicht berücksichtigt worden. Die im Planungsverfahren vorgeschriebene Bürgerbeteiligung im Stadium der Entwurfsplanung habe trotz mündlicher und schriftlicher Erinnerungen nicht stattgefunden. Im Rahmen der Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen könne ein Lärmschutzdeckel finanziert werden. Bei einer Trassenführung östlich des Bahndamms der Bundesbahn hätte dieser hohe Bahndamm als Lärmschutz zur Verfügung gestanden. Hierdurch wäre auch der Forderung entsprochen worden, zwei parallel führbare Lärmerzeuger zu bündeln. Die Unterlagen ließen nicht erkennen, wie es während der Bauzeit um den Verkehrs-, Baustellenlärm sowie die Erschütterungen bestellt sein werde. Ein Bauen ohne Verkehr sei hilfreich. Die Schadstoffabschätzung sei unzulänglich. Sie gehe von einem zu geringen Verkehr aus. Die zulässigen Feinstaubwerte würden überschritten. Für sein Grundstück sei ein aktiver Schallschutz unerlässlich.
25In der Zeit vom 24. bis 27. Februar 2009 führte die Bezirksregierung N. nach vorheriger persönlicher Einladung und öffentlicher Bekanntmachung einen Erörterungstermin durch. Weder die Klägerin zu 1. noch der Rechtsvorgänger des Klägers zu 2. nahmen an diesem Termin teil.
26Als Ergebnis des Erörterungstermins und aus Anlass von Stellungnahmen und Einwendungen führte der Vorhabenträger die Deckblätter II bis X in das Verfahren ein, die nicht öffentlich ausgelegen haben; Betroffene wurden benachrichtigt. Die Kläger erhoben insoweit keine weiteren Einwendungen.
27Mit Beschluss vom 30. September 2011 stellte die Bezirksregierung N. den Plan für den Ausbau der B 51 bzw. den Neubau der B 481n im fraglichen Abschnitt fest. Gleichzeitig setzte sie den in § 17e Abs. 2 Satz 1 FStrG für Vorhaben des vordringlichen Bedarfs vorgesehenen Sofortvollzug vorübergehend aus, da Haushaltsmittel für die Realisierung des Vorhabens noch nicht bereitstanden. Die Einwendungen der Kläger wurden zurückgewiesen. Das Grundstück des Klägers zu 2. liege entsprechend der Auskunft der Stadt N. im unbeplanten Außenbereich. Daher werde seine Forderung nach weiteren aktiven Lärmschutzmaßnahmen zurückgewiesen.
28Der Planfeststellungsbeschluss lag nach vorheriger öffentlicher Bekanntmachung in der Zeit vom 7. bis 20. Dezember 2011 bei den Städten N. und U. öffentlich aus.
29Am 20. Januar 2012 haben die Kläger Klage erhoben.
30Mit Planänderungsbescheid vom 12. August 2014 verzichtete der Beklagte auf die Inanspruchnahme mehrerer Grundstücke, u. a. des Grundstücks der Klägerin zu 1. Am 12. September 2014 haben die Kläger ihre Klage auf diesen Planänderungsbescheid erstreckt.
31Mit Bescheid vom 14. August 2014 hob der Beklagte die Aussetzung der Vollziehung des Planfeststellungsbeschlusses für den Ausbau der B 51 teilweise auf. Den Antrag der Kläger auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage lehnte der Senat mit Beschluss vom 4. November 2014 ab (11 B 1086/14.AK).
32Die Kläger beziehen sich zur Begründung ihrer Klage zunächst vollinhaltlich auf ihre Einwendungen im Verwaltungsverfahren und machen diese zum Gegenstand der Klagebegründung. Darüber hinaus tragen sie insbesondere vor:
33Sie seien mit ihren Einwendungen nicht präkludiert. In der Bekanntmachung zum Deckblatt I-Verfahren gebe es keinen Hinweis darauf, dass die Lärmschutzgrundlagen durch das Deckblatt-Verfahren hätten komplett ersetzt werden sollen. Die erhobenen Einwendungen hätten daher weitergegolten. Der Kläger zu 2. habe als Laie bei der ersten Öffentlichkeitsbeteiligung ausreichende Einwendungen erhoben. Die Öffentlichkeitsbeteiligung sei sowohl bei der ersten Auslegung 2006 als auch für das Deckblatt I im Jahr 2007 nicht rechtmäßig abgelaufen. Die Bekanntmachung der ersten Auslegung vom 13. Februar bis 13. März 2006 sei erst erfolgt, nachdem die Auslegung bereits begonnen habe. Die Bekanntmachung sei in einer „zweiten Auflage“ des Amtsblattes der Stadt N. enthalten gewesen, die mit „Ergänzungslieferung“ überschrieben gewesen sei. Diese sei nicht schon am Freitag, den 10. Februar 2006, sondern erst am 14. Februar 2006 veröffentlicht worden. Eine frühere Bekanntmachung sei auch gar nicht möglich gewesen und widerspreche der Lebenserfahrung. Daher sei die Monatsfrist für die Auslegung der Unterlagen unterschritten. Selbst wenn die Bekanntmachung noch am 10. Februar 2006 erfolgt sei, fehle es an der erforderlichen Anstoßwirkung für die Öffentlichkeit, wenn die öffentliche Auslegung am folgenden Montag beginne. Daher könne ein Einwendungsausschluss von vornherein nicht greifen.
34Die öffentliche Bekanntmachung verstoße zudem gegen Vorgaben des damals direkt geltenden Art. 6 Abs. 2 der UVP-Richtlinie. Die Bekanntmachung nehme nur in einem Satz auf die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) Bezug. Dies werde den europäischen Vorgaben in zeitlicher Hinsicht nicht gerecht. Es werde auch nicht klar gesagt, dass das Vorhaben einer UVP unterstehe, noch gebe es Angaben über die Verfügbarkeit der Informationen, die gemäß Art. 5 der UVP-Richtlinie eingeholt worden seien. Die Auslegung im Jahr 2007 könne diese Fehler nicht heilen, denn sie habe nur die Änderungen des Deckblattes I betroffen. Zwar sei nunmehr ausdrücklich auf die UVP-Pflicht hingewiesen worden, es sei aber in keiner Weise mitgeteilt worden, welche Dokumente auslägen. Beide Auslegungen hätten inhaltlich nicht den Anforderungen der §§ 9 Abs. 1b und 6 Abs. 3 UVPG und der UVP-Richtlinie in der damals geltenden Fassung entsprochen. Bei der ersten Auslegung hätten z. B. entscheidungserhebliche Berichte und Empfehlungen wie die Verkehrsuntersuchung gefehlt. Es werde bestritten, dass die Umweltverträglichkeitsstudie (UVS)1993 ausgelegen habe. Die Auslegung im Jahr 1994 reiche nicht aus. Die UVS 1993 sei nach den damals geltenden Anforderungen unzureichend gewesen. Es fehlten Variantenprüfungen und die Ermittlung und Prüfung der erheblichen, jedoch noch nicht unzumutbaren bzw. grenzüberschreitenden Umweltauswirkungen. Die zweite Auslegung werde den inhaltlichen Anforderungen erst recht nicht gerecht. Die hier ausgelegten Unterlagen einschließlich des Erläuterungsberichtes und des Landschaftspflegerischen Begleitplanes hätten sich nur auf die Änderungen im Deckblattverfahren I bezogen. Es fehle u. a. an einer allgemein verständlichen Zusammenfassung. Der nebulöse Verweis des Beklagten auf angebliche Internetveröffentlichungen führe nicht weiter. Bei beiden Auslegungen fehle eine inhaltlich ausreichende UVS, die beispielsweise die betrachteten Varianten für die B 51 einschließlich Tunnellösung (und nicht nur für die B 481n) darstelle, obwohl der Beklagte derartige Varianten geprüft habe. Selbst wenn man den Ansatz einer angeblich in den übrigen Planfeststellungsunterlagen inbegriffenen UVS für ausreichend halte, was höchst zweifelhaft sei, sei den damaligen Anforderungen der UVP-Richtlinie nicht entsprochen worden, das zeige das Beispiel der untersuchten Varianten besonders deutlich. Die Beteiligung der Öffentlichkeit sei zwingender Bestandteil des UVP-Verfahrens. Sie könne nach Ergehen des Planfeststellungsbeschlusses nicht mehr nachgeholt werden. Die Öffentlichkeit könne auch die verfahrensrechtliche Rechtmäßigkeit von Entscheidungen anfechten, für die die Öffentlichkeitsbeteiligung gelte. Die Bezugnahme im Planfeststellungsbeschluss auf eine UVS aus dem Jahr 1993 erscheine geradezu absurd. Die UVS gehe von 31.000 Kfz/24h aus, der Planfeststellungsbeschluss hingegen von 50.560 Kfz/ 24h. Zudem habe die UVS eine Vollabdeckung mit Überschüttungsmöglichkeit vorgesehen, die nicht planfestgestellt worden sei. Die Stadt N. habe der Planung ausdrücklich vor dem Hintergrund des Ergebnisses einer abgedeckten Troglage zugestimmt. Diese Lösung habe daher nicht im Erläuterungsbericht mit einem Satz ausgeschlossen werden dürfen. Aufgrund neuerer Rechtsprechung könne der Beklagte sich nicht darauf berufen, dass es an einer Kausalität zwischen Fehler und Planfeststellungsbeschluss fehle. Da es um zentrale Bestandteile der europäischen Beteiligungsanforderungen gehe, sei der Planfeststellungsbeschluss allein deshalb zumindest für rechtswidrig und nicht vollziehbar zu erklären.
35Es sei eine neue Linienbestimmung erforderlich gewesen, da mit der B 481n eine neue Bundesfernstraßenverbindung geschaffen werde, die im Hinblick auf die nach § 15 Abs. 1 Satz 3 UVPG in der Umweltverträglichkeitsprüfung zur Linienbestimmung zu prüfenden, ernsthaft in Betracht kommenden Trassenvarianten einer einheitlichen Betrachtung mit der Planung der B 51 bedürfe. Die Variantenprüfung der Linienbestimmung sei in der Planfeststellung wieder aufzugreifen und in dem gebotenen Umfang und im Detail zu konkretisieren. Die Bezugnahme auf eine Linienbestimmung vom 14. Dezember 1967 für die B 481n und das Ergebnis der damaligen UVP sei verfahrensfehlerhaft, weil es damals eine UVP im Sinne des heutigen Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung noch gar nicht gegeben habe. Daher sei im Ergebnis vom Fehlen der UVP in der Linienbestimmung mitsamt der gesetzlich vorgesehenen Trassenvariantenprüfung auszugehen. Eine Linienbestimmung fehle damit insgesamt.
36Der Planfeststellungsbeschluss genüge nicht dem Abwägungsgebot des § 17 Satz 2 FStrG. Er sei erlassen worden, ohne vorher die Abwägungsgrundlagen ausreichend zu ermitteln. Für den Kläger zu 2. sei erst bis Mitte Oktober 2011 ermittelt worden, ob sein Anwesen dem Innen- oder Außenbereich zuzuordnen sei. Da der Planfeststellungsbeschluss bereits getroffen gewesen sei, habe der Beklagte gar nicht mehr zu einem anderen Ergebnis als Außenbereich kommen können und sich vorab gebunden. Die Schadstoffuntersuchung des Büros M. aus September 2011 sei dem Beklagten erst am Datum der Planfeststellung zugegangen. Es habe im Planfeststellungsverfahren im eigentlichen Sinne gar keine Variantenprüfung gegeben, sondern einzig eine Bezugnahme auf eine vom Auftrag eng begrenzte schon damals zwölf Jahre alte UVS, die sich auf die Bestandstrasse beschränke. Das von der Beklagten gewählte gestufte Verfahren mit einer UVP vor rund 20 Jahren und einer Prüfung zusätzlicher oder anderer erheblicher Umweltauswirkungen in der Planfeststellung sei rechtlich nicht zulässig gewesen. Insbesondere seien keine Varianten geprüft worden. Damit sei eine UVP nicht durchgeführt und nicht nachgeholt. Daher fehle es an der erforderlichen Abwägungs- und Ergebnisoffenheit. Es finde sich dementsprechend nicht einmal eine Grobprüfung anderer in Betracht kommender Trassenführungen für die B 51. Die Prüfung habe auch nicht unter dem Gesichtspunkt unterbleiben dürfen, dass es sich um den dritten Bauabschnitt eines Gesamtvorhabens handele. Es dränge sich die Variante östlich der Umgehungsbahn geradezu auf: Am Ende des zweiten Bauabschnitts knicke die Alternativtrasse nach rechts ab, führe etwa einen Kilometer Richtung Osten, werde unter dem Bahndamm hindurchgeführt und dann parallel zum Bahndamm und der Hochspannungsleitung. Nördlich der X2. Straße werde der Bahndamm erneut gequert; sodann werde die planfestgestellte Trasse der B 481n genutzt. Dies entlaste den gesamten Kernbereich von St. N3. , der wieder zusammenwachsen könne und konzentriere Verkehrstrassen. Die Trasse führe vorwiegend über landwirtschaftlich genutzte Flurstücke und könne ebenerdig geführt werden. Der Bahndamm bilde einen Lärmschutzwall. Die Variante sei zwar einen Kilometer länger, es werde aber auch Versiegelung eingespart im Zusammenhang mit dem Knoten mit der X2. Straße, der allein zu einem Verbrauch von 20 ha Fläche führe, die großenteils versiegelt werden müsse. Die Bestandstrasse der B 51 könnte entsiegelt werden. Das Landschaftsschutzgebiet X3. -F. -Niederung werde nur an seinem äußersten Rand tangiert. Die Alternativtrasse käme gänzlich ohne Inanspruchnahme von Wohneigentumsgrundstücken aus, es wären höchstens einige wenige Kleingärten betroffen. Auch Kosten- und Wirtschaftlichkeitserwägungen sprächen für die Alternativtrasse. Es wäre lediglich für einige wenige Häuser im Außenbereich weiter östlich der Trasse für Lärmschutz zu sorgen. Geringere Kosten für Lärmschutz und für den Knoten X2. Straße führten zu Millioneneinsparungen. Die in der Klagebegründung vorgelegte Skizze solle nur die verbale Beschreibung der möglichen Trasse unterstützen und kein rechtwinkliges Abknicken der Trasse einfordern. Darüber hinaus fehlten offenbar jegliche Variantenüberlegungen zur Verlängerung des Troges und des offenporigen Asphalts. Die unter Nutzen-Kosten-Gesichtspunk-ten im Hinblick auf Lärmschutz und Eigentumsinanspruchnahme günstigste Variante sei gar nicht ermittelt worden.
37Die Verkehrsprognose sei unzureichend und komme zum Nachteil der Kläger zu einer zu geringen Verkehrsbelastung. Es gebe keinen sachlichen Grund für eine Beschränkung auf den Prognosehorizont 2020. Der „Kurzbericht ‑ Ausblick Prognose 2025“ sei unzutreffend. Die knappen Ausführungen seien in keiner Weise nachvollziehbar und widersprächen zum Teil dem Gutachten für den Zeitraum bis 2020, in dem der Anstieg des Schwerverkehrs von knapp 5 % nicht berücksichtigt sei. Die Prognose genüge auch im Übrigen methodisch nicht den Anforderungen. Das Prognoseergebnis sei weder nachvollziehbar begründet noch beruhe es auf realistischen Eingangsdaten und Annahmen. Die Ergebnisse ließen sich nicht ableiten. Es fehlten die Berechnungsgrundlagen, genaue Quellenangaben und eine Beschreibung des Rechenvorgangs. Für eine Reihe von Eingangswerten gebe es keine Ableitungen. Der Verkehr für den Abschnitt X. Straße bis X2. Straße sei weiterhin zu niedrig angesetzt. Der Planfeststellungsbeschluss stelle für 2020 auf 50.560 Kfz/24h vom B. Weg bis zur X. Straße und auf 41.730 Kfz/24h von der X. Straße bis zur X2. Straße ab. Die Verkehrszählung 2010 weise für die B 51 „Umgehungsstraße N. “ 55.700 Kfz/24h aus. Die Prognose werde im Hinblick auf die Entwicklung auf den bereits ausgebauten Abschnitten den Erfahrungswerten nicht gerecht. Dort habe der Verkehr von 1990 bis 2005 um 125 % bzw. 203 % zugenommen. Er werde weiter steigen, wenn der Weiterbau der B 51 nach Osten und der B 481n nach Norden abgeschlossen sein werde. Die Ausführungen zur Aktualisierung von September 2006 seien nicht nachvollziehbar und blieben nebulös. Auswirkungen anderer Maßnahmen auf die B 51/B 481n würden nicht im Einzelnen aufgeführt. In einer früheren Unterlage sei die Einwohnerzahl von N. für 2010 mit 254.000 eingestellt, bereits jetzt habe N. 280.000 Einwohner mit steigender Tendenz. Die verkehrserhöhende „Entlastungsstraße Nord“ werde nicht aufgeführt. Auch das neue Wohngebiet in X4. -Nord und die Erschließung des neuen Gewerbegebiets B1.--------straße in X4. würden nicht erwähnt. Bei der Umgehungsstraße X4. reiche der Zufluss von Mautverkehr bis zur A 2 bei C1. . Es müssten auch die Zugänge durch Expansion und Verlagerung von zwei großen Firmen mit Logistikbedarf im Bereich I.-----weg und einer großen Baustoffhandlung an der M1. berücksichtigt werden. Auch der seit 2004 bestehende Masterplan zur Entwicklung des Hafenbereichs sei nicht berücksichtigt. Der Aufstellungsbeschluss des entsprechenden Bebauungsplans vom 7. Juli 2010 habe zum Zeitpunkt der Planfeststellung längst vorgelegen. Die Verkehrsuntersuchung dieser Planung gehe für die B 51 zwischen B. Weg und X. Straße im Jahr 2025 von 51.400 Kfz/24h aus; diese Prognose liege über der des IVV-Gutachtens, das für 2020 nur 50.600 Kfz/24h vorhersage. Daher werde die IVV-Verkehrsprognose durch die Planungen der Stadt N. widerlegt. Die Prognosen übersähen nach wie vor, dass seit Jahrzehnten geplant sei, eine durchgehend leistungsfähige Verbindung zwischen N. und der A 2 im Osten zu schaffen. Dies werde den Verkehr im fraglichen Abschnitt um 15.000 Kfz/24h erhöhen. Der Ansatz eines Lkw-Anteils von 13 % tags und 12 % nachts sei zu niedrig. Viele Lieferfahrzeuge ab 2,8 t würden fehlerhaft als Pkw gezählt. Es gebe offenkundig keine Unterlage, die entsprechend den Vorgaben der 16. BImSchV die Ermittlung einer maßgebenden stündlichen Verkehrsstärke und eines maßgebenden Lkw-Anteils (über 2,8 t) am Gesamtverkehr über die Nachtzeit dokumentiere. Dafür sei auf die Standardwerte der 16. BImSchV zurückzugreifen.
38Die lärmtechnische Untersuchung leide unter einer Reihe von Fehlern, die sich auf das Ergebnis auswirkten. Sie sei in mehrererlei Hinsicht ungenügend. Die Untersuchung sei offenkundig nicht von sachkundigen Personen erstellt worden. Es gebe keinerlei Hinweise auf die Verfasser. Die Methodik der Ermittlung der ausgewiesenen Beurteilungspegel sei nicht ausreichend dargestellt. Es fehlten Angaben, wie die Gebietsarten, die Abstände, Höhen und Geschosse ermittelt worden seien, sowie Angaben zu Kosten von Lärmschutzmaßnahmen und Lärmschutzvarianten sowie Angaben zu den für einen Vollschutz erforderlichen Maßnahmen und Lärmberechnungen für die Außenwohnbereiche. Es sei nicht dargelegt, welche Eingangsdaten und welche Fassung der Software „Sound Plan“ verwendet worden sei. Der Beklagte habe die Fachgutachten nicht auf Plausibilität überprüft. Die Gutachten in ihren verschiedenen Fassungen hätten der Planfeststellung nicht zu Grunde gelegt werden dürfen. Die lärmtechnische Untersuchung basiere auf falschen Prognosedaten. Das gelte insbesondere für den zu geringen Lkw-Anteil; es sei nicht nachvollziehbar, wie die Verteilung auf Tag und Nacht ermittelt worden sei. Der Beklagte habe laut Vermerk vom 1. März 2011 vom Landesbetrieb Straßen NRW eine Neuerstellung des Lärmschutzkonzepts gefordert. Diese Neukonzeption sei offenbar nicht vorgelegt worden und könne nicht in den „vier Seiten plus ein paar Tabellen“ im Verwaltungsvorgang gesehen werden.
39Für die Klägerin zu 1. seien falsche Berechnungspunkte gewählt worden. Das Erdgeschoss beginne beim Haus der Klägerin zu 1. erst in etwa 1,5 bis 1,6 m Höhe. Daher wären bei 0,2 m über Fensteroberkante 4,2 und 7,0 m statt 2,4 und 5,2 m anzusetzen gewesen. Dabei sei noch zu klären, in welchem Verhältnis die Geländeoberkante nach dem Höhenplan zur Geländehöhe an ihrem Haus stehe. Der Abstand vom Immissionsort zur Achse der Straße sei für die Klägerin zu 1. mit 36,4 m angegeben. Dies treffe für den Außenwohnbereich ersichtlich nicht zu. Es seien offenbar flächendeckend alle Außenwohnbereiche nicht berechnet und sämtliche Entschädigungsansprüche in diesem Zusammenhang verkannt worden. Auch für das Grundstück des Klägers zu 2. liege der maßgebliche Immissionsort für den Außenwohnbereich erheblich näher an der Trasse. Die Höhe sei bei ihm noch niedriger angenommen als bei der Klägerin zu 1. Der Fehler fehlender Ermittlung der Betroffenheit der Außenwohnbereiche werde nicht durch die Nebenbestimmung A.5.2.3 geheilt. Es fehlten erforderliche Ermittlungen der Schutzansprüche für die Prüfung der Schallschutzvarianten und das erforderliche Abwägungsmaterial. Ansprüche auf passiven Schallschutz stünden in keinem zwingenden Verhältnis zu Entschädigungsansprüchen für Außenwohnbereiche. Dem Kläger zu 2. werde der ihm zustehende Lärmschutz verwehrt. Er könne sich auf den Schutz für Wohngebiete berufen (59 dB(A) tags, 49 dB(A) nachts); die Grenzwerte würden jeweils überschritten. Die Einstufung seines Grundstücks als Außenbereich sei unzutreffend. Für sein Grundstück bestehe kein Bebauungsplan. Weniger als 10 m östlich beginne ein reines Wohngebiet (Bebauungsplan Nr. 300 der Stadt N. ). Es bestehe ein Bebauungszusammenhang mit dem östlich der Straße bestehenden Wohngebiet. Die N4.----straße habe im vorliegenden Fall keine trennende, sondern eine verbindende Funktion. Beide Straßenseiten stünden in entsprechenden optischen Beziehungen und prägten sich gegenseitig; das folge auch aus eindeutigen historischen Bezügen. Die N5.---straße habe beiderseits Gehwege und Straßenbeleuchtung. Die Bebauung sei ähnlich. Westlich der N5.---straße stünden zwei weitere Häuser. Die Baulücke zum Haus Nr. 24 unterbreche den Bebauungszusammenhang nicht. Zur Baugenehmigung für sein Haus aus dem Jahr 1971 sei die Auskunft erteilt worden, dass sich Art und Maß der baulichen Nutzung nach einem „reinen Wohngebiet“ zu richten habe. Das ergebe sich auch aus der Ortssatzung der Stadt N. vom 27. Juli 1957. Die Umspannstation für das Wohngebiet sei in den klägerischen Baukomplex integriert. Die Ausweisung im Flächennutzungsplan sei nicht parzellenscharf, es verbleibe ein Interpretationsspielraum. Ein Straßenbaubeitragsbescheid der Stadt N. vom 28. März 2014 sehe das Grundstück des Klägers zu 2. in voller Breite als bebaubar an.
40Die zur Umsetzung des in § 41 BImSchG vorgegebenen Lärmschutzkonzepts erforderliche Nutzen-Kosten-Prüfung einschließlich der dafür erforderlichen Grundlagendaten fehle in den Planfeststellungsunterlagen. Es seien die Kosten je Schutzfall zu betrachten, d. h. die Kosten je durch die jeweilige Lärmschutzvariante „bewältigten“ Schutzfalls, also je erreichter Grenzwerteinhaltung. Pauschale Betrachtungen seien zulässig, wenn der Gleichheitssatz beachtet werde. An dem sich daraus ergebenden Prüfungsprogramm fehle es. Die lärmtechnische Untersuchung ermittele keine Beurteilungspegel für Außenwohnbereiche. Damit seien eine Vielzahl von Anspruchsberechtigungen nicht erkannt. Der Nutzen eines Lärmschutzkonzepts könne so nicht ermittelt werden. Es gebe keine Angaben zu den erforderlichen Maßnahmen und den Kosten für einen Vollschutz, welche Lärmschutzvarianten mit welchem Nutzen und welchen Kosten betrachtet worden seien und zu den Kosten einzelner Lärmschutzmaßnahmen. Die von der Stadt N. beschlossene Beteiligung an den Kosten sei nicht berücksichtigt. Im Planfeststellungsbeschluss seien die Kosten je Schutzfall nicht ermittelt worden, die Prüfung sei frei von nachvollziehbaren Maßstäben. Für die Bereiche der Kläger gebe es nur nicht nachvollziehbare allgemeine Annahmen. Rechne man die Kostensteigerung je bewältigtem Schutzfall, ergebe sich eine Steigerung von nur 1,7 %. Das sei verhältnismäßig. Allerdings fehlten hier die Außenwohnbereiche. Die vom Beklagten angeführte „abwägende Mitberücksichtigung“ scheide logisch aus. Die Beurteilungspegel für Außenwohnbereiche seien gesondert zu ermitteln und gesondert in die Abwägung einzuführen und gegebenenfalls zu entschädigen. Das alles sei versäumt worden, so dass eine sachgerechte Nutzen-Kosten-Betrachtung nicht habe angestellt werden können. Die örtlichen Verhältnisse seien unvollständig ermittelt. Es fehle an der Ermittlung und Prüfung erheblicher, jedoch noch nicht unzumutbarer bzw. grenzüberschreitender Lärmbelastungen. Gleiches gelte für Luftschadstoffbelastungen und Erschütterungen. Der Flächennutzungsplan der Stadt N. weise beidseitig der B 51 Wohnbauland aus. Eine angebliche Berücksichtigung einer plangegebenen Vorbelastung der Wohnhäuser nördlich der Straße „Zum Guten Hirten“ sei nicht nachvollziehbar. Der Hinweis Nr. 6 in der vom Beklagten seiner Klageerwiderung als Beispiel beigefügten Baugenehmigung habe keine Regelungswirkung. Nicht berücksichtigt sei die mit der planfestgestellten Schutzvariante (5 m Lärmschutzwand) einhergehende Eigentumsbeeinträchtigung für die Klägerin zu 1.
41Die Luftschadstoffuntersuchungen litten ebenfalls unter fehlerhaften Prognose-annahmen. Die Übernahme der Hintergrundbelastung von einer Messstation, die nicht hinreichend auf die Übertragbarkeit der Umgebungsverhältnisse geprüft worden sei, sei fehlerhaft. Offenbar seien die Werte der Messstation N. -Geist angesetzt worden. Diese erfasse aufgrund ihrer Lage und der regelmäßi-gen Westwinde vorwiegend ländliche Hintergrundbelastung. Dagegen hätten sich Luftmassen bei den Grundstücken der Kläger nach Überquerung der Stadt N. mit Schadstoffen angereichert. Die Messstation an der X1. Straße in N. habe in den letzten Jahren Überschreitungen bei NO2 gemessen. Die Annahmen zur Verkehrssituation in Abbildung 5.1 des Luftschadstoffgutachtens stünden im Widerspruch zu den Angaben in der lärmtechnischen Untersuchung. Die Auswertung sei irreführend; relevant sei die Belastung in allen Wohnberei-chen, hier besonders auch in den Außenwohnbereichen, die deutlich höher belastet seien als die Wohnhäuser. In den Gartenbereichen ergäben sich rechnerisch Grenzwertüberschreitungen. Es fehle ‑ auch in der vom Beklagten vorgelegten ergänzenden E-Mail ‑ eine Berechnung der Kurzzeitgrenzwerte. Die Belastungen durch Baulärm und Erschütterungen während der Bauzeit seien weder ermittelt noch im Planfeststellungsbeschluss Aussagen zum Schutz vor ihnen getroffen worden. Der Planfeststellungsbeschluss führe widersprüchlich aus, die AVV-Baulärm sei zu beachten, aber sie könne nicht eingehalten werden. Das widerspreche der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes. Das Vorhaben entspreche nicht dem Gebot der Eingriffsminimierung in § 15 Abs. 1 BNatSchG. Die Ausgestaltung des Knotens B 51/X2. Straße führe zu vermeidbaren Eingriffen.
42Die Kläger beantragen,
43den Planfeststellungsbeschluss des Beklagten vom 30. September 2011 in der Fassung des Planänderungsbescheides vom 12. August 2014 aufzuheben,
44hilfsweise,
45den Beklagten unter teilweiser Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses vom 30. Septem-ber 2011 in der Fassung des Planänderungsbescheides vom 12. August 2014 zu verpflichten, die Kläger hinsichtlich ihrer durch das Vorhaben betroffenen Rechte/Interessen, insbesondere hinsichtlich des Schutzes vor Immissionen, erneut zu bescheiden.
46Der Beklagte beantragt,
47die Klage abzuweisen.
48Er verweist auf den angefochtenen Planfeststellungsbeschluss und trägt ergänzend im Wesentlichen vor:
49Die Klägerin zu 1. sei mit ihrem Klagevorbringen gegen den Prognosehorizont, das Verkehrsgutachten, die Lärm- und Schadstoffimmissionen präkludiert, weil sie nach der Auslegung der geänderten Planunterlagen als Deckblatt I keine Einwendungen mehr erhoben habe. Die im Bereich des Grundstückes der Klägerin zu 1. geplante Lärmschutzwand solle nicht auf ihrem Grundstück, sondern in einem Abstand von 1,7 m zu ihrem Grundstück errichtet werden. Es werde auf jegliche Inanspruchnahme ihres Grundstückes verzichtet.
50Die konkreten unpräkludierten Einwendungen des Rechtsvorgängers des Klägers zu 2., Herrn V. S. , richteten sich auf die Überprüfung des Verkehrsgutachtens und der hieraus folgenden Lärmschutzmaßnahmen. Sein Grundstück befinde sich in einer Entfernung von rund 92 bis 107 m zum künftigen Fahrbahnrand und liege wie die Grundstücke N2.---straße 22 und 24 im Außenbereich gemäß § 35 BauGB. Sie würden durch die N5.---straße von dem gegenüberliegenden Wohngebiet getrennt und lägen als Einzelbebauungen ohne Ordnungsstruktur in einem zusammenhängenden größeren Waldgebiet. Die lärmtechnische Berücksichtigung als Wohngebiet sei nicht begründbar; dies ergebe sich auch aus einer schriftlichen planungsrechtlichen Auskunft der Stadt N. vom 9. No-vember 2011. Seit Inkrafttreten der 56. Änderung des Flächennutzungsplanes der Stadt N. am 5. Juli 1991 sei das Grundstück nicht mehr als Wohnbaufläche ausgewiesen. In planungsrechtlichen Auskünften der Stadt werde es seit 2002 stets als Außenbereich beurteilt.
51Die Offenlage der Planunterlagen sei ordnungsgemäß bekannt gemacht worden. Dies sei von der Stadt N. mit Schreiben vom 20. Februar 2006 bestätigt worden. Aus der Bezeichnung als „Ergänzungslieferung“ könne nicht auf eine spätere Bekanntmachung geschlossen werden. Auch die Ergänzungslieferung sei laut einem Schreiben der Stadt N. vom 14. Mai 2012 am 10. Februar 2006 erschienen und ausgeliefert worden. In einem Pressetext sei fälschlicherweise als der Tag der Bekanntgabe der 14. Februar 2006 genannt worden. Für den Bekanntmachungszeitraum vor der Planoffenlage seien nach § 73 Abs. 5 VwVfG NRW keine Fristen vorgegeben. Weitere Bekanntmachungen seien nach der Hauptsatzung der Stadt N. nicht vorgesehen gewesen. Im Übrigen sei die von den Klägern unzutreffend behauptete Verspätung der Bekanntmachung aus Rechtsgründen unschädlich. Die erforderliche Anstoßwirkung sei erreicht worden, da die Kläger und 264 weitere Einwender fristgerecht Einwendungen erhoben hätten. Die Hinweise in den Bekanntmachungstexten hätten sowohl im Jahr 2006 als auch im Jahr 2007 den gesetzlichen Vorgaben des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung entsprochen. Aus Anzahl und Inhalt der Einwendungen gehe deutlich hervor, dass alle Verfahrensbeteiligten verstanden hätten, dass die Beteiligung der betroffenen Öffentlichkeit auch das UVPG-Verfah-ren umfasst habe. Soweit die Kläger unzutreffend unterstellten, es handele sich um Verfahrensfehler, seien diese aus Rechtsgründen nach Maßgabe des Kausalitätserfordernisses unschädlich.
52Die UVP sei insgesamt konsequent und verfahrensfehlerfrei durchgeführt worden. Unter Ziffer 4.4. des Planfeststellungsbeschlusses sei die Strukturierung der UVP auf den verschiedenen Planungsstufen mit Schwerpunkt im Planfeststellungsverfahren beschrieben, die zusammenfassende Darstellung der Umweltauswirkungen werde gemäß § 11 UVPG ab Seite 58, die abwägende Bewertung der Umweltauswirkungen gemäß § 12 UVPG ab Seite 69 methodisch getrennt vor der abschließenden Abwägung nach § 17 FStrG dargestellt. Die planfestgestellte Variante stütze sich auf ein in der UVS 1993 noch nicht untersuchtes verbessertes Lärmschutzkonzept.
53Die Überprüfung des Planungskonzeptes habe bereits in der UVP eine Bestätigung des Ausschlusses der Neubautrassenführung östlich der Umgehungsbahn ergeben. Diese Trassenführung widerspreche dem Bundesfernstraßenbedarfsplan und dem Gebietsentwicklungsplan, führe zu einem erheblich größeren Eingriff in die im Planfeststellungsbeschluss aufgeführten Umweltgüter und habe nicht das Vermeidungspotenzial, auf das sich der Ausbau der Bundesstraße im vorbelasteten Bereich mit einer zusätzlichen Lärmsanierung stützen könne. In ihren Einwendungen hätten die Kläger bzw. Rechtsvorgänger die Prüfung der Umgehungsbahnalternative nicht angesprochen. Die Neubauvariante östlich der Umgehungsbahntrasse sei bereits im ersten und zweiten Planfeststellungsabschnitt verworfen worden. Der Planfeststellungsbeschluss habe die Vorgaben zum Linienbestimmungsverfahren und dessen Ergebnis für den Planungsabschnitt der B 481n berücksichtigt. Der Bedarfsplan für die Bundesfernstraßen gebe einen Ausbau der B 51 im vorhandenen Straßenzug vor. Daher habe für diesen Abschnitt auf eine Linienbestimmung verzichtet werden können.
54Das dem Planfeststellungsbeschluss zu Grunde gelegte projektbezogene Verkehrsgutachten vom 11. September 2006 sowie der zuletzt erstellte Ausblick auf das Prognosejahr 2025 seien nicht zu beanstanden. Der Hinweis der Kläger auf einen Presseartikel über die Verkehrszählung 2010 beziehe sich auf den stärker frequentierten Streckenabschnitt zwischen dem Autobahnkreuz N. -Süd und der X1. Straße. Für den vorliegenden dritten Abschnitt der B 51 weise die Verkehrszählung 2010 Verkehrsbelastungen in Höhe von 32.500 Kfz/24h auf dem Teilabschnitt zwischen B. Weg und X. Straße sowie 20.500 Kfz/24h auf dem Teilabschnitt zwischen X. Straße und X2. Straße auf. Die „Entlastungsstraße Nord“ sei in der Aktualisierung vom 11. März 2008 berücksichtigt; sie führe zu etwas geringeren Belastungswerten (minus 1.000 bis minus 2.000 Kfz DTV) für die B 51 und zu einer marginalen Verringerung auf der B 481n. Die bis zum Jahr 2025 zu erwartende Steigerung des Schwerverkehrs um knapp 5 % beziehe sich auf die absoluten Zahlen im Schwerverkehr und sei nicht als Anstieg in Prozentpunkten zu werten. Sie liege in einem Toleranzbereich der allgemeinen methodischen Prognosesicherheit und stelle die Verwertbarkeit der dem Planfeststellungsbeschluss zu Grunde gelegten Prognoseberechnung zum Horizont 2020 nicht in Frage. Methodisch zutreffende Prognoseermittlungen könnten sich nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts auch auf kürzere Prognosehorizonte als 15 Jahre stützen. Die „Ergänzungen zum Kurzbericht Ausblick Prognose 2025 vom 28.07.2011“ vom 14. Juni 2012 bestätigten, dass die Verkehrsmengengerüste auch bis zum Jahr 2025 noch eine Validität besäßen. Eine Fortschreibung des Prognoseergeb-nisses auf das Jahr 2025 ergebe nur eine marginale irrelevante Erhöhung des Prognoseimmissionspegels um bis zu 0,2 dB(A). Für die Außenwohnbereiche des Wohngrundstücks des Klägers zu 2. seien fiktive Lärmberechnungen unter Berücksichtigung der Ergebnisse des Ausblicks Prognosejahr 2025 angestellt worden. Für Balkon, Freisitz und Terrassen ergäben sich Tagwerte von 55,4 bis 58,9 dB(A).
55Die lärmtechnischen Berechnungen seien mit Hilfe des DV-Programms „Sound Plan“ erstellt worden; dieses Programm sei zertifiziert und nicht zu beanstanden. Auf Grund der Komplexität der Berechnung würden nur die Ergebnisse in einer Tabelle zusammengefasst und dem lärmtechnischen Entwurf beigefügt. Dem präkludierten Hinweis auf mögliche Höhendifferenzen bei der Festlegung der Immissionsorte auf dem Grundstück der Klägerin zu 1. sei nachgegangen worden. Eine vermessungstechnische Überprüfung habe am Wohnhaus im ungünstigsten Fall (1. OG) eine Höhendifferenz um fast 1,64 m ergeben. Derartige Differenzen könnten sich z. B. durch versetzte Ebenen innerhalb des Hauses erklären; sie würden typischerweise nur einwendungsbezogen berücksichtigt. Mit den höhergelegenen Immissionsorten und unter Berücksichtigung des um 5 % gestiegenen Schwerverkehr-anteils bis 2025 lägen die berechneten Lärmpegel mit 54,7 dB(A) am Tag und 47,1 dB(A) in der Nacht sowohl im Erdgeschoss als auch mit 56,1 dB(A) am Tag und 48,6 dB(A) in der Nacht im Obergeschoss unterhalb der für Wohngebiete geltenden Immissionsgrenzwerte.
56An den Wohngebäuden der Kläger werde Volllärmschutz erreicht. Bei der Abwägung der Lärmschutzkonzepte zu den einzelnen Lärmschutzbereichen im Planfeststellungsbeschluss sei zur Berücksichtigung von Außenwohnbereichen zutreffend davon ausgegangen worden, dass passive Lärmschutzreste nur in Obergeschosshöhe verblieben und Außenwohnbereiche dort als Balkon jeweils beim Innenwohnbereich einer Wohneinheit abwägend mitberücksichtigt werden könnten. Bei der Abwägung des Lärmschutzkonzeptes zum Bereich C2.-----weg sei zutreffend berücksichtigt, dass sich nur für einen einzigen Balkon ein den Tagesgrenzwert überschreitender Beurteilungspegel im Außenwohnbereich von 59,38 dB(A) ergebe. Entgegen der Behauptung der Kläger gebe es im Abschnitt C2.-----weg /Westseite kein aktiv ungeschütztes bereits festgesetztes Wohngebiet. Die Baugenehmigungen der Wohnhäuser nordwestlich der Straße „Zum Guten I1. “ seien mit der Maßgabe erteilt worden, dass keine Ansprüche rechtlicher oder finanzieller Art gegenüber dem Landesbetrieb Straßen NRW hergeleitet werden könnten, die sich auf Lärmschutzmaßnahmen bezögen, die auf Grund von auftretenden Lärmimmissionen auf der B 51 nötig würden. Der Rat der Stadt N. habe dem Lärmschutzkonzept der Bundesstraßenverwaltung erstmals in seiner Sitzung vom 13. September 2000 und zuletzt im Jahr 2011 in Gestalt des Deckblattes IX zugestimmt. Mehrkosten des Lärmschutzkonzeptes, die für städtebaulich wirksame Maßnahmen gefordert seien, würden von der Stadt N. getragen; dies seien Mehrkosten für eine lärmschutzneutrale Kragarmausbildung und eine transparente Ausbildung von Lärmschutzwänden im oberen Bereich. Zwischen Baulastträger und der Stadt N. sei keine Kostenübernahme zu Maßnahmen mit zusätzlichem Lärmschutzeffekt vereinbart, die im Hinblick auf die Rechtsprechung zur Kostenverhältnismäßigkeit nach § 41 BImschG im Planfeststellungsverfahren grenznutzenrelevant seien.
57Das Gutachten zu den Luftschadstoffbelastungen sei fachlich nicht zu beanstanden. Es zeige auf, dass im Bereich des Grundstückes der Klägerin zu 1. die Luftschadstoffe im Prognosefall unterhalb der maßgeblichen Grenzwerte liegen. Dabei sei mit 50.600 Kfz/24h die höchste Prognoseverkehrsbe-lastung aus dem Teilabschnitt zwischen B. Weg und X. Straße für die Berechnung des gesamten vorliegenden Streckenabschnittes der B 51 zu Grunde gelegt worden, während für den Bereich C2.-----weg ein um 17,5 % geringerer DTV-Wert von 41.730 Kfz/24h zutreffe. Das Gutachten, das von einer gefahrenen Geschwindigkeit von 70 km/h ausgehe, liege daher auch dann auf der sicheren Seite, wenn von der zuständigen Straßenverkehrsbehörde künftig ein Tempolimit von 100 km/h zugestanden würde. Eine Berechnung unter Zugrundelegung von 100 km/h habe ergeben, dass für das Grundstück der Klägerin zu 1. keine Grenzwertüberschreitungen zu erwarten seien.
58Der Planfeststellungsbeschluss enthalte an mehreren Stellen Auflagen und Abwägungen zur Problembewältigung von Bauimmissionen. Dadurch sei der Straßenbaulastträger primär an die Einhaltung der AVV-Baulärm gebunden. Unter Berücksichtigung weiterer Maßnahmen (möglichst geräuscharme Bauverfahren, Bauzaun, Modifizierungen der Baumaßnahmen im Hinblick auf die AVV) könnten die Voraussetzungen des § 906 BGB beim Ausbau der bestehenden Bundesfernstraße ortsüblich eingehalten werden. Vorsorglich sei die Öffnung des Entschädigungsverfahrens zum Schutz der Anwohner im Planfeststellungsbeschluss angeordnet worden.
59Gegenüber dem heute bestehenden Zustand werde eine Lärmsanierung an der B 51 erreicht. Damit gehe die Steigerung der Lebens- und Wohnqualität im Bereich N3. einher; dies gelte auch für Anwohner im Bereich der N5.---straße . Der Planfeststellungsbeschluss habe unvermeidbare Wertminderungen im Wege der Abwägung auch dann berücksichtigt, wenn Lärmvorsorgeansprüche wegen Unterschreitung der Grenzwerte nicht bestünden.
60Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die Gerichtsakte und die Beiakten des vorliegenden Verfahrens sowie auf die zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemachten planfestgestellten Unterlagen und Verwaltungsvorgänge des Beklagten (Beiakten zum Verfahren 11 D 6/12.AK).
61E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
62Die zulässige Klage ist nicht begründet. Sie dringt weder mit ihrem im Hauptantrag formulierten Anfechtungsantrag auf Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses (A.) noch mit dem hilfsweise gestellten Verpflichtungsantrag durch (B.).
63A. Der auf die Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses gerichtete Hauptantrag ist unbegründet. Gegenstand der Klage ist der Planfeststellungsbeschluss des Beklagten vom 30. September 2011 in der Fassung, die er durch den Planänderungsbescheid vom 12. August 2014 erhalten hat. Die Kläger haben diesen Planänderungsbescheid am 12. September 2014 in ihre Klage einbezogen. Der festgestellte Plan und die nachträgliche Änderung verschmelzen zu einem einzigen Plan; es kommt inhaltlich zu einer einheitlichen Planungsentscheidung. Das hat zur Folge, dass sich der Planfeststellungsbeschluss in seiner Ursprungsfassung prozessual erledigt und das Rechtsschutzinteresse für ein gegen ihn gerichtetes Klagebegehren entfällt. Will der Kläger weiterhin Rechtsschutz gegen die Planung erreichen, bleibt ihm also keine andere Wahl, als gegen diese Entscheidung in ihrer geänderten Fassung vorzugehen.
64Vgl. BVerwG, Urteil vom 18. März 2009 ‑ 9 A 31.07 ‑, Buchholz 310 § 74 VwGO Nr. 15, S. 2, m. w. N.
65I. Bei der Überprüfung des angefochtenen Planfeststellungsbeschlusses ist grundsätzlich auf die Sach- und Rechtslage bei seinem Erlass abzustellen.
66Vgl. etwa BVerwG, Urteile vom 12. März 2008 - 9 A 3.06 -, BVerwGE 130, 299 (376), und vom 12. August 2009 - 9 A 64.07 -, BVerwGE 134, 308 (319).
67Hieran ändert der Planänderungsbescheid vom 12. August 2014 nichts, da trotz des Entstehens einer einheitlichen Planungsentscheidung die Grundzüge der Planung nicht betroffen sind.
68Rechtsgrundlage des angegriffenen Planfeststellungsbeschlusses vom 30. Sep-tember 2011 ist § 17 FStrG in der Fassung der Bekanntmachung vom 28. Juni 2007 (BGBl. I S. 1206), im Zeitpunkt der Planfeststellung zuletzt geändert durch Gesetz vom 31. Juli 2009 (BGBl. I S. 2585), in Verbindung mit den §§ 72 ff. VwVfG NRW in der Fassung der Bekanntmachung vom 12. November 1999 (GV. NRW. S. 602), im maßgeblichen Zeitpunkt zuletzt geändert durch Gesetz vom 17. Dezember 2009 (GV. NRW. S. 861).
69Der Senat überprüft den streitigen Planfeststellungsbeschluss unbeschadet der sich aus § 86 Abs. 1 VwGO ergebenden Aufklärungspflicht grundsätzlich nur im Rahmen der vorgetragenen Tatsachen, durch deren Berücksichtigung oder Nichtberücksichtigung im Planfeststellungsverfahren sich ein Kläger beschwert fühlt. Dies folgt aus § 17e Abs. 5 FStrG. Diese Vorschrift setzt dem klagenden Beteiligten kraft Gesetzes eine Frist von sechs Wochen. Innerhalb dieser Frist muss der Kläger die ihn beschwerenden Tatsachen so konkret angeben, dass der Lebenssachverhalt, aus der er den mit der Klage verfolgten Anspruch ableitet, unverwechselbar feststeht. Mit weiteren Einwendungen ist ein Kläger nach Maßgabe des § 87b Abs. 3 VwGO ausgeschlossen. Ein späterer vertiefender Vortrag steht dem nicht entgegen.
70Vgl. zum inhaltsgleichen § 5 Abs. 3 VerkPBG: BVerwG, Urteile vom 31. März 1995 - 4 A 1.93 -, BVerwGE 98, 126 (129), und vom 24. Mai 1996 - 4 A 38.95 -, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 119, S. 142.
71Hiervon ausgehend leidet der Planfeststellungsbeschluss an keinem Rechtsfehler, der die Kläger im Sinne des § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO in ihren Rechten verletzt und die - vollständige oder teilweise - Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses oder zumindest die Feststellung seiner Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit rechtfertigt.
72Die Grundstücke der Kläger werden für das Vorhaben nicht in Anspruch genommen, weshalb dem angegriffenen Planfeststellungsbeschluss für das Eigentum der Kläger keine enteignungsrechtliche Vorwirkung (§ 19 Abs. 2 FStrG) zukommt. Die von der Planung also nur mittelbar - nach ihrem Vortrag insbesondere durch Lärmimmissionen und Luftschadstoffe - betroffenen Kläger können daher im Gegensatz zu einem unmittelbar mit enteignungsrechtlicher Vorwirkung Betroffenen keine umfassende gerichtliche Überprüfung des Planfeststellungsbeschlusses auf seine objektive Rechtmäßigkeit (sog. Vollprüfungsanspruch) beanspruchen. Sie können nur die Verletzung gerade sie schützender Normen des materiellen und des Verfahrensrechts sowie eine nicht ordnungsgemäße Abwägung ihrer geschützten Privatbelange rügen, nicht aber eine insgesamt fehlerfreie Abwägung und Planung verlangen.
73Vgl. BVerwG, Urteile vom 26. April 2007 - 4 C 12.05 -, BVerwGE 128, 358 (363 f.), und vom 9. Juni 2010 - 9 A 20.08 -, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 208, S. 133 f.
74Ob andere gegen das Vorhaben sprechende Belange ordnungsgemäß berücksichtigt worden sind, können sie demgegenüber ebenso wenig geltend machen wie die Frage, ob Rechtsnormen beachtet wurden, die nicht ihrem Schutz zu dienen bestimmt sind.
75Vgl. BVerwG, Urteil vom 10. Dezember 2012 ‑ 9 A 20.11 ‑, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 229, S. 71 f.
76II. Hieraus folgt zunächst, dass die Kläger nicht mit Erfolg geltend machen können, dass bei der Planung naturschutzrechtliche Belange, wie beispielsweise etwa diejenigen des Landschaftsschutzes, des Artenschutzes oder weitere Gesichtspunkte des allgemeinen Naturschutzes nicht angemessen berücksichtigt worden seien. Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege dienen dem Allgemeininteresse. Private Interessen werden hierdurch nicht geschützt.
77Vgl. BVerwG, Urteil vom 28. März 2007 ‑ 9 A 17.06 ‑, Buchholz 442.09 § 18 AEG Nr. 64, S. 18.
78Auf die Einhaltung des sogenannten Minimierungsgebots in § 15 BNatSchG können sich die Kläger daher nicht berufen. Ebenso wenig können sie anführen, dass die Ausgestaltung des Knotens B 51/X2. Straße zu „vermeidbaren Eingriffen“ führe.
79III. Die Einwände der Kläger gegen die formelle Rechtmäßigkeit des Planfeststellungsbeschlusses greifen nicht durch.
801. Die Kläger machen geltend, die Bekanntmachung der ersten Auslegung sei erst erfolgt, nachdem die Auslegung bereits begonnen habe, durch die Bekanntmachung erst wenige Tage vor Beginn der Auslegung fehle es an der erforderlichen Anstoßwirkung für die Öffentlichkeit und der Inhalt der öffentlichen Bekanntmachung verstoße gegen Vorgaben des Art. 6 Abs. 2 der UVP-Richtlinie. Diese Rügen führen nicht zu einem durchgreifenden Verfahrensfehler.
81a) Allerdings können sich die Kläger gemäß § 4 UmwRG grundsätzlich auch auf Verfahrensfehler im Zusammenhang mit der Umweltverträglichkeitsprüfung des nach dem 25. Juli 2005 eingeleiteten Verfahrens (vgl. § 5 Abs. 1 UmwRG) berufen.
82Nach Art. 10a Abs. 1 der im Zeitpunkt der Offenlegung noch geltenden Richtlinie 85/337/EWG des Rates vom 27. Juni 1985 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten (ABl. Nr. L 175 S. 40 ‑ im Folgenden: UVP-Richtlinie ‑), der durch Art. 3 Abs. 7 der Richtlinie 2003/35/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Mai 2003 über die Beteiligung der Öffentlichkeit bei der Ausarbeitung bestimmter umweltbezogener Pläne und Programme und zur Änderung der Richtlinien 85/337/EWG und 96/61/EG des Rates in Bezug auf die Öffentlichkeitsbeteiligung und den Zugang zu Gerichten (ABl. Nr. L 156 S. 17) in die UVP-Richtlinie eingefügt worden ist (im Folgenden: Öffentlichkeitsbeteiligungsrichtlinie), stellen die Mitgliedstaaten im Rahmen ihrer innerstaatlichen Rechtsvorschriften sicher, dass Mitglieder der betroffenen Öffentlichkeit, die
83a) ein ausreichendes Interesse haben oder alternativ
84b) eine Rechtsverletzung geltend machen, sofern das Verwaltungsverfahrensrecht bzw. Verwaltungsprozessrecht eines Mitgliedstaats dies als Voraussetzung erfordert,
85Zugang zu einem Überprüfungsverfahren vor einem Gericht oder einer anderen auf gesetzlicher Grundlage geschaffenen unabhängigen und unparteiischen Stelle haben, um die materiell-rechtliche und verfahrensrechtliche Rechtmäßigkeit von Entscheidungen, Handlungen oder Unterlassungen anzufechten, für die die Bestimmungen dieser Richtlinie über die Öffentlichkeitsbeteiligung gelten. Damit können die Kläger die „verfahrensrechtliche Rechtmäßigkeit“ der Umweltverträglichkeitsprüfung im Rahmen ihrer gegen den Planfeststellungsbeschluss gerichteten Klage anfechten, weil die Umweltverträglichkeitsprüfung nach § 2 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 2 Abs. 3 Nr. 1 UVPG ein unselbstständiger Teil eines Planfeststellungsverfahrens ist.
86Jedoch führt nicht jeder Verfahrensfehler zu einer Rechtsverletzung im Sinne des Art. 10a der UVP-Richtlinie. Nach der Rechtsprechung des EuGH haben die Mitgliedstaaten die Rechte zu bestimmen, bei deren Verletzung ein Rechtsbehelf in Umweltsachen eingelegt werden kann. Dabei darf die Auslegung der durch die UVP-Richtlinie verliehenen Rechte nicht praktisch unmöglich gemacht oder übermäßig erschwert werden. Der Unionsgesetzgeber habe in keiner Weise die Gründe beschränkt, die zur Stützung eines Rechtsbehelfs vorgebracht werden könnten. Jedenfalls habe er die Möglichkeit, einen Verfahrensfehler geltend zu machen, nicht an die Voraussetzung knüpfen wollen, dass dieser Fehler Auswirkungen auf den Inhalt der angegriffenen endgültigen Entscheidung habe. Da die Richtlinie unter anderem zur Festsetzung von Verfahrensgarantien diene, müsse die betroffene Öffentlichkeit grundsätzlich jeden Verfahrensfehler geltend machen können. Jedoch habe nicht jeder Verfahrensfehler zwangsläufig Folgen, die sich auf den Inhalt einer solchen Entscheidung auswirken könnten, so dass ein Fehler, bei dem dies nicht der Fall sei, denjenigen, der ihn geltend macht, nicht in seinen Rechten verletze. In einem solchen Fall erscheine das Ziel der UVP-Richtlinie nicht gefährdet. Die Mitgliedstaaten hätten einen „beträchtlichen Spielraum“ hinsichtlich der Bestimmung dessen, was eine Rechtsverletzung darstelle.
87Daher könne es zulässig sein, dass nach dem nationalen Recht keine Rechtsverletzung im Sinne des Art. 10a Buchstabe b der UVP-Richtlinie vorliege, wenn nach den Umständen des konkreten Falles nachweislich die Möglichkeit bestehe, dass die angegriffene Entscheidung ohne den geltend gemachten Verfahrensfehler nicht anders ausgefallen wäre. In Bezug auf das Kausalitätskriterium dürfe dem Rechtsmittelführer aber nicht die Beweislast aufgebürdet werden; es sei vielmehr auf von der zuständigen Behörde vorgelegte Beweise und die vorliegende Akte abzustellen. Dabei sei die Schwere des geltend gemachten Fehlers zu berücksichtigen und insbesondere zu prüfen, ob dieser Fehler der betroffenen Öffentlichkeit eine der Garantien genommen habe, die geschaffen worden seien, um ihr im Einklang mit den Zielen der UVP-Richtlinie Zugang zu Informationen und die Beteiligung am Entscheidungsprozess zu ermöglichen.
88Vgl. EuGH, Urteil vom 7. November 2013 ‑ C‑72/12 (Altrip) -, NuR 2013, 878 (881 f., Rdnr. 46 bis 54).
89Nach diesen Maßstäben liegt ein durchgreifender Verfahrensfehler nicht vor. Es ist nicht ersichtlich, dass die Entscheidung des Beklagten ohne die von den Klägern gerügten Verfahrensfehler im Hinblick auf die von ihnen geltend gemachten Rechtspositionen anders ausgefallen wäre. Dabei berücksichtigt der Senat, ohne dass den Klägern insoweit eine materielle Beweislast aufgebürdet würde, neben dem Vortrag des Beklagten in Umsetzung der Rechtsprechung des EuGH sowie gemäß § 86 Abs. 1 VwGO auch die vorliegenden Verwaltungsakten.
90b) Die möglicherweise verspätete Bekanntmachung der Auslegung ist unschädlich. Art. 6 Abs. 6 UVP-Richtlinie in der hier maßgebenden Fassung des Art. 3 Abs. 4 der Richtlinie 2003/35/EG regelt keinen genauen Zeitrahmen für die Dauer einer Auslegung, sondern fordert nur „ausreichend Zeit“, um die Öffentlichkeit zu informieren sowie zur effektiven Vorbereitung und Beteiligung der Öffentlichkeit. § 9 Abs. 1 Satz 3 UVPG verweist insoweit auf § 73 VwVfG. Daher wäre die in § 73 Abs. 3 Satz 1 VwVfG NRW vorgesehene Monatsfrist für die Dauer der Auslegung nicht eingehalten, wenn der Vortrag der Kläger zuträfe, dass die Bekanntmachung erst nach Beginn der Auslegung veröffentlicht wurde. Dies kann jedoch auf sich beruhen, weshalb dem in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisantrag nicht nachzugehen war.
91Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass aufgrund einer möglicherweise zu kurzen Auslegung der Inhalt des Planfeststellungsbeschlusses anders ausgefallen wäre. Nach der ersten Auslegung im Februar/März 2006 hat die Klägerin zu 1. fristgerecht umfangreich Einwendungen gegen das Vorhaben erhoben. Auch der Rechtsvorgänger des Klägers zu 2. hat Einwendungen erhoben. Beide Kläger behaupten nicht, dass sie wegen der Nichteinhaltung der Monatsfrist für die Auslegung gehindert gewesen seien, weitere Einwendungen zu erheben.
92Vgl. hierzu auch BVerwG, Urteil vom 24. No-vember 2011 ‑ 9 A 23.10 ‑, BVerwGE 141, 171 (173).
93Die Kläger können sich in diesem Zusammenhang nicht darauf berufen, es habe „an der erforderlichen Anstoßwirkung für die Öffentlichkeit“ gefehlt. Im Hinblick auf insgesamt 266 Einwendungen Privater sowie zahlreiche Stellungnahmen von Trägern öffentlicher Belange ist nicht ansatzweise ersichtlich, dass es an einer Anstoßwirkung für die Öffentlichkeit gefehlt haben könnte. Es ist auch nicht erkennbar, dass ein potenzieller Einwender sich nicht geäußert hat, weil die Auslegung zu spät bekanntgemacht worden sei. Daher ist insbesondere nicht ersichtlich, dass der betroffenen Öffentlichkeit im Sinne der Rechtsprechung des EuGH eine der Garantien genommen worden sein könnte, die geschaffen worden sind, um ihr im Einklang mit den Zielen der UVP-Richtlinie Zugang zu Informationen und die Beteiligung am Entscheidungsprozess zu ermöglichen.
94c) Ein auf das Ergebnis durchgreifender Verfahrensfehler liegt ebenso wenig vor, soweit der Inhalt der öffentlichen Bekanntmachung nicht den rechtlichen Vorgaben entspricht.
95Die Kläger machen geltend, die öffentliche Bekanntmachung verstoße gegen Vorgaben des im Jahr 2006 unmittelbar anwendbaren Art. 6 Abs. 2 der UVP-Richtlinie. Nach Art. 6 Abs. 2 der UVP-Richtlinie in der Fassung des Art. 3 Abs. 4 der Öffentlichkeitsbeteiligungsrichtlinie wird die Öffentlichkeit über Folgendes informiert:
96a) den Genehmigungsantrag;
97b) die Tatsache, dass das Projekt Gegenstand einer Umweltverträglichkeitsprüfung ist, …;
98c) genaue Angaben zu den jeweiligen Behörden, die für die Entscheidung zuständig sind, bei denen relevante Informationen erhältlich sind bzw. bei denen Stellungnahmen oder Fragen eingereicht werden können, sowie zu vorgesehenen Fristen für die Übermittlung von Stellungnahmen oder Fragen;
99d) die Art möglicher Entscheidungen, oder, soweit vorhanden, den Entscheidungsentwurf;
100e) die Angaben über die Verfügbarkeit der Informationen, die gemäß Art. 5 der UVP-Richtlinie eingeholt wurden;
101f) die Angaben, wann, wo und in welcher Weise die relevanten Informationen zugänglich gemacht werden;
102g) Einzelheiten zu den Vorkehrungen für die Beteiligung der Öffentlichkeit nach Art. 6 Abs. 5 der UVP-Richtlinie.
103Die Öffentlichkeitsbeteiligungsrichtlinie war nach deren Art. 6 Abs. 1 Satz 1 von den Mitgliedstaaten bis zum 25. Juni 2005 umzusetzen. Sie ist in der Bundesrepublik Deutschland jedoch erst durch das am 15. Dezember 2006 in Kraft getretene Öffentlichkeitsbeteiligungsgesetz (BGBl. I S. 2819) umgesetzt worden. Da die in Art. 6 Abs. 2 der UVP-Richtlinie getroffenen Regelungen über die Bekanntmachung inhaltlich unbedingt und hinreichend genau sind, waren sie nach dem 25. Juni 2005 unmittelbar anzuwenden,
104vgl. hierzu zusammenfassend Ruffert, in: Calliess, Ruffert (Hrsg.), EUV/AEUV, Das Verfassungsrecht der Europäischen Union mit europäischer Grundrechtecharta, Kommentar, 4. Auflage 2011, Art. 288 AEUV Rdnr. 47 ff. m. w. N.,
105und mithin auch für die vorliegende Bekanntmachung vom 10. Februar 2006 maßgebend. Die Kläger weisen zutreffend darauf hin, dass die Bekanntmachung im Hinblick auf eine Umweltverträglichkeitsprüfung unter Nr. 6 nur den Hinweis enthält: „Die Nrn. 1, 2, 3 und 5 gelten für die Anhörung der Öffentlichkeit zu den Umweltauswirkungen des Bauvorhabens nach § 9 Abs. 1 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung entsprechend.“ Aus dem Hinweis auf § 9 Abs. 1 UVPG ergab sich, dass das Projekt Gegenstand einer Umweltverträglichkeitsprüfung ist (vgl. Art. 6 Abs. 2 Buchst. b) UVP-Richtlinie). Es fehlen aber die nach Art. 6 Abs. 2 Buchst. e) der UVP-Richtlinie erforderlichen „Angaben über die Verfügbarkeit der Informationen, die gemäß Art. 5 eingeholt wurden“. Der Bekannt-machungstext enthält keinerlei Hinweis darauf, welche vom Vorhabenträger gemäß Art. 5 der UVP-Richtlinie vorgelegten Informationen verfügbar waren und von der Öffentlichkeit eingesehen werden konnten.
106Es ist jedoch (wiederum) nicht ersichtlich, dass dieser unzureichende Bekannt-machungstext sich auf den Inhalt des Planfeststellungsbeschlusses ausgewirkt haben könnte. Die Klägerin zu 1. und der Rechtsvorgänger des Klägers zu 2. haben fristgerecht Einwendungen erhoben, die sich insbesondere auf von ihnen befürchtete Lärm- und Luftschadstoffimmissionen auf ihren Grundstücken bezogen und damit gerade auf die sie berührenden Umweltauswirkungen des Vorhabens.
107Die hier gerügten Defizite der Bekanntmachung der Planauslegung stellen keine wesentlichen Verfahrensfehler dar. Sie betreffen bloße Bekanntmachungsdetails, von denen die gebotene Anstoßwirkung der Bekanntmachung, sich am Verfahren zu beteiligen, nicht abhängt. Aus dem Text der Bekanntmachung ergab sich mit der gebotenen Klarheit, dass die Beteiligung der betroffenen Öffentlichkeit die Beteiligung im Rahmen einer Umweltverträglichkeitsprüfung umfasste (Nr. 6 des Bekanntmachungstextes) und dass die ausgelegten Planunterlagen die Grundlage auch dieser Beteiligung bilden sollten. Die gerügten Mängel betrafen nicht den wesentlichen Bekanntmachungsinhalt; Unionsrecht gebietet daher nicht, sie unabhängig von ihrem Einfluss auf die Sachentscheidung als erheblich zu behandeln.
108Vgl. zu einer ähnlichen Fallgestaltung (kein Hinweis auf UVP-Pflichtigkeit und auf die nach § 6 UVPG vorgelegten Unterlagen) BVerwG, Urteil vom 24. November 2011 ‑ 9 A 23.10 ‑, BVerwGE 141, 171 (176).
109Dass die erforderliche Anstoßwirkung trotz des nicht ordnungsgemäßen Bekanntmachungstextes erreicht worden ist, zeigt die große Zahl von Einwendungen Privater und von Trägern öffentlicher Belange. Es ist weder vorgetragen noch aus den Akten ersichtlich, dass der betroffenen Öffentlichkeit Verfahrensgarantien genommen wurden, weil Einwendungen wegen eines unzureichenden Bekanntmachungstextes unterblieben oder für die Umweltverträglichkeitsprüfung relevante Gesichtspunkte deshalb nicht vorgebracht worden sind.
110d) Die öffentliche Bekanntmachung der Auslegung des Deckblattes I im Amtsblatt der Stadt N. vom 18. Mai 2007 entspricht ebenfalls nicht den Anforderungen des Art. 6 Abs. 2 Buchst. e) der UVP-Richtlinie sowie dem am 15. Dezember 2006 in Kraft getretenen § 9 Abs. 1a Nr. 5 UVPG, wonach bei der Bekanntmachung anzugeben ist, welche Unterlagen nach § 6 UVPG vorgelegt wurden. Der Bekanntmachungstext enthält nur den Hinweis, „dass die ausgelegten Planunterlagen die nach § 6 Abs. 3 UVPG notwendigen Angaben enthalten …“. Aus diesem Hinweis ergibt sich nicht, „welche Unterlagen nach § 6 vorgelegt wurden“.
111Es ist jedoch nicht ersichtlich, dass dieser unzureichende Bekanntmachungstext sich auf den Inhalt des Planfeststellungsbeschlusses ausgewirkt haben könnte. Zwar hat die Klägerin zu 1. hier ‑ anders als der Rechtsvorgänger des Klägers zu 2. ‑ keine (weiteren) Einwendungen erhoben. Das beruht jedoch nicht darauf, dass ihr die nach § 6 UVPG vorgelegten Unterlagen nicht bekannt waren; das behauptet sie auch nicht. Ebenso wie bei der ersten Auslegung ist hier nicht vorgetragen oder aus den Akten ersichtlich, dass der betroffenen Öffentlichkeit Verfahrensgarantien genommen wurden, weil Einwendungen wegen eines unzureichenden Bekanntmachungstextes unterblieben oder für die Umweltverträglichkeitsprüfung relevante Gesichtspunkte deshalb nicht vorgebracht worden sind.
1122. Der weitere Einwand der Kläger, die Auslegung der Planunterlagen hätte inhaltlich nicht den Anforderungen der §§ 9 Abs. 1b und 6 Abs. 3 UVPG sowie der UVP-Richtlinie entsprochen, greift nicht durch. Die Betroffenen sollen durch die Auslegung der Planunterlagen nach § 17a FStrG i. V. m. § 73 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 Satz 1 VwVfG NRW in die Lage versetzt werden, Einwendungen zu erheben, die zumindest in groben Zügen erkennen lassen, welche Rechtsgüter als gefährdet angesehen und welche Beeinträchtigungen befürchtet werden. Ausführungen, die wissenschaftlich-technischen Sachverstand erfordern, werden von den Betroffenen im Verwaltungsverfahren nicht verlangt. Dementsprechend muss die Auslegung nicht notwendig alle Unterlagen umfassen, die möglicherweise zur vollständigen Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Planung erforderlich sind, sondern kann sich auf die Unterlagen beschränken, deren der Einzelne bedarf, um „als Laie" den Grad seiner Betroffenheit abschätzen und sich das Interesse, Einwendungen zu erheben, bewusst machen zu können. Dazu gehören Gutachten nur dann, wenn ohne deren Kenntnis der mit der Auslegung bezweckte Anstoß zur Erhebung von Einwendungen verfehlt würde.
113Vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 3. März 2011 - 9 A 8.10 -, BVerwGE 139, 150 (152), m. w. N.
114Die UVP-Richtlinie verlangt vom Vorhabenträger bestimmte inhaltliche Angaben, stellt ihm aber frei, in welcher Form er sie vorlegt. Es reicht aus, wenn die erforderlichen Angaben sich aus verschiedenen Unterlagen ergeben, etwa aus dem Erläuterungsbericht, dem Landschaftspflegerischen Begleitplan, der schalltechnischen Untersuchung oder der Schadstoffuntersuchung. Sie müssen auch nicht zwingend in einem von der Zulassungsentscheidung gesonderten Dokument dargestellt werden.
115Vgl. BVerwG, Urteil vom 12. August 2009 - 9 A 64.07 -, BVerwGE 134, 308 (312 f.).
116Weder § 6 UVPG noch der UVP-Richtlinie ist eine Pflicht zu standardisierten oder schematisierten Darstellungsweisen zu entnehmen. Es bleibt demgemäß dem Vorhabenträger überlassen, ob er von der Möglichkeit der Darstellung in Form einer (eigenständigen und abgeschlossenen) Umweltverträglichkeitsstudie Gebrauch macht.
117Vgl. BVerwG, Urteil vom 19. Mai 1998 ‑ 4 C 11.96 ‑, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 138, S. 254.
118Auch eine konkrete Zeitvorgabe, innerhalb derer eine Umweltverträglichkeitsprüfung zu erstellen ist, ist dem Gesetz nicht zu entnehmen.
119Vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 12. August 2009 - 9 A 64.07 -, BVerwGE 134, 308 (312 f.).
120Diesen Anforderungen entspricht das hier zur Überprüfung stehende Verfahren. Der Vorhabenträger hatte der Anhörungsbehörde gemäß § 6 UVPG diverse Unterlagen vorgelegt, aus denen sich Auswirkungen des Vorhabens ‑ hier des Ausbaus der B 51 ‑ auf die Umwelt (vgl. § 2 Abs. 1 Satz 2 UVPG) ergeben, nämlich die Erläuterungsberichte vom 5. Dezember 2005 (Unterlage 1, Beiakte 2 zu 11 D 6/12.AK) und vom 2. Mai 2007 mit Schadstoffabschätzung (Unterlage 1-I, Beiakte 8 zu 11 D 6/12.AK), die Erläuterungsberichte zum wassertechnischen Entwurf vom 5. Dezember 2005 (Unterlage 11.1, Beiakte 2 zu 11 D 6/12.AK) und vom 2. Mai 2007 (Unterlage 11.1-I, Beiakte 8 zu 11 D 6/12.AK), die lärmtechnischen Unterlagen vom 5. Dezember 2005 und 2. Mai 2007, bestehend aus den detaillierten Erläuterungsberichten zur lärmtechnischen Untersuchung, den Berechnungen der Beurteilungspegel für Lärmvorsorge für die Bebauung (Unterlagen 12.1 und 12.2, Beiakte 3 zu 11 D 6/12.AK, und Unterlagen 12.1-I und 12.2-I, Beiakte 9 zu 11 D 6/12.AK), den Landschaftspflegerischen Begleitplan einschließlich der artenschutzrechtlichen Prüfung (Unterlage 13, Beiakte 4 zu 11 D 6/12.AK bzw. Unterlage 13-I, Beiakte 8 zu 11 D 6/12.AK). Diese Unterlagen haben im Rahmen des Anhörungsverfahrens öffentlich ausgelegen. Inhaltlich enthalten diese Unterlagen umfangreiche Feststellungen zu den Untersuchungen über die Umweltauswirkungen des Vorhabens und insbesondere die erforderlichen Angaben im Sinne des § 6 Abs. 3 und 4 UVPG.
121Entgegen der Auffassung der Kläger bedurfte es nicht einer gesonderten Auflistung, welche Unterlagen zur Umweltverträglichkeitsprüfung gehören. Die Unterrichtung der Öffentlichkeit über ein geplantes Vorhaben erfordert nicht zwingend die Zusammenfassung aller notwendigen Informationen in einer gesonderten Planunterlage. Ihrer Funktion, die Öffentlichkeit über die Auswirkungen zu unterrichten und den Betroffenen einen Anstoß zu geben, sich mit den Auswirkungen auseinanderzusetzen und über die Notwendigkeit diesbezüglicher Einwendungen schlüssig zu werden, kann die öffentliche Auslegung auch dann gerecht werden, wenn die notwendigen Angaben zwar in verschiedenen Planunterlagen enthalten sind, Wechselwirkungen jedoch nicht ausklammern.
122Vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 10. Oktober 2006 - 9 B 27.05 -, Buchholz 406.251 § 11 UVPG Nr. 4, S. 2 f.
123Derartige Wechselwirkungen waren hier aus den ausgelegten Unterlagen ohne Weiteres ersichtlich, weil insbesondere der ausgelegte Erläuterungsbericht (Unterlage 1, Beiakte 2 zu 11 D 6/12.AK) auf S. 13 bis 20 unter den Nrn. 5. und 6. bei der Beschreibung der Auswirkungen des Vorhabens auf die Umwelt und der Darstellung der geplanten Maßnahmen zum Schutz der Umwelt ausdrücklich Querverweise auf die lärmtechnischen Untersuchungen, die Abschätzung von verkehrsbedingten Schadstoffimmissionen und den Landschaftspflegerischen Begleitplan, mithin auf die weiteren Unterlagen enthält, die ebenfalls Gegenstand der Umweltverträglichkeitsprüfung waren. Damit waren im Anhörungsverfahren entgegen der Meinung der Kläger die Unterlagen zur Umweltverträglichkeitsprüfung hinreichend deutlich benannt. Darin liegt auch die nach § 6 Abs. 3 Satz 2 UVPG geforderte allgemein verständliche, nichttechnische Zusammenfassung der Angaben nach § 6 Abs. 3 Satz 1 UVPG.
124Der Umstand, dass im Erläuterungsbericht auf eine Umweltverträglichkeitsstudie aus dem Jahr 1993 hingewiesen worden ist, die 1994 ausgelegen habe (vgl. Unterlage 1, S. 2, Beiakte 2 zu 11 D 6/12.AK), erforderte entgegen der Meinung der Kläger nicht, dass auch diese Studie im Rahmen der Auslegung der Unterlagen zur Umweltverträglichkeitsprüfung hätte ausgelegt werden müssen. Abgesehen davon, dass bis zur Offenlegung der Planunterlagen zwischenzeitlich über zehn Jahre verstrichen und deshalb ohnehin - wie geschehen - neue Untersuchungen zu den umweltrelevanten Auswirkungen des Vorhabens erforderlich waren und durchgeführt wurden, war diese Umweltverträglichkeitsstudie nur ein Entscheidungsparameter, wobei der Beklagte sich für die dort favorisierte Tunnellösung nicht entschieden hat. Die Umweltverträglichkeitsprüfung ist nur für das konkrete Vorhaben mit der für dieses Vorhaben gewählten Trasse vorzunehmen.
125Vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Januar 1996 ‑ 4 C 5.95 ‑, BVerwGE 100, 238 (250); ferner Urteil vom 5. März 1997 ‑ 11 A 25.95 ‑, BVerwGE 104, 123 (128).
126Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts musste auch die Verkehrsprognose nicht ausgelegt werden.
127Vgl. etwa BVerwG, Urteile vom 9. Juni 2010 ‑ 9 A 20.08 ‑, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 208, S. 134 f., und vom 6. Oktober 2010 ‑ 9 A 12.09 ‑, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 212, S. 187.
128Es ist nicht ersichtlich, dass die Kläger ihre Betroffenheiten ohne diese Unterlage nicht oder nicht vollständig geltend machen konnten. Die Verkehrsbelastung der B 51 ließ sich dem Erläuterungsbericht vom 5. Dezember 2005 für das Prognose-jahr 2015 entnehmen sowie den Erläuterungen zum Deckblatt I vom 2. Mai 2007 für den Prognosehorizont 2020.
129Es ist von den Klägern im Übrigen weder konkret dargelegt worden noch ist es zu erkennen, dass sie durch die gewählte Verfahrensweise gehindert gewesen wären, überhaupt Einwendungen oder solche in der notwendigen inhaltlichen Tiefe zu erheben. Die ausgelegten Unterlagen waren im Sinne des § 6 Abs. 3 Satz 3 UVPG ohne Weiteres geeignet, den Klägern die Beurteilung zu ermöglichen, ob und in welchem Umfang sie von den Umweltauswirkungen des Vorhabens betroffen sind. Dementsprechend haben die Klägerin zu 1. und der Rechtsvorgänger des Klägers zu 2. das Anhörungsverfahren dazu genutzt, mit Schreiben vom 5. April 2006 und 29. März 2006 Einwendungen zu erheben, insbesondere zu den von ihnen für ihre Wohnhausgrundstücke befürchteten Lärm- und Luftschadstoffimmissionen.
130IV. Die Einwände der Kläger gegen die materielle Rechtswidrigkeit des Planfeststellungsbeschlusses führen ebenso wenig zum Erfolg der Klage.
1311. Der von der Klägerin zu 1. und dem Rechtsvorgänger des Klägers zu 2. im Einwendungsverfahren erhobene Einwand, die B 51 sei zur Autobahn aufzustufen, trifft nicht zu. Der erkennende (vormals 23.) Senat hat hierzu in seinem Urteil vom 20. September 1999 ‑ 23 D 98/95.AK ‑ betreffend den vierstreifigen Ausbau der B 51 von Bau-km 3+740 bis Bau-km 5+100 auf Seite 12 ausgeführt:
132„Die zur Prüfung dieser Behauptung gebotene Gesamtschau der planfestgestellten Trasse mit dem bereits fertiggestellten ersten Bauabschnitt der Ortsumgehung N. und dem sich im Nordosten anschließenden Streckenabschnitt zeigt, dass die Straße insbesondere nicht als Verlängerung der Bundesautobahn 43 planerisch entwickelt wird. Dies erweist sich an der Verknüpfung der B 51 mit der X1. Straße im Süden von N. . Hier stellt sich die Umgehungsstraße als Fortführung der alten Fahrbahn der B 51 (X1. Straße) dar, mit der sie über eine Kreuzung verknüpft ist. Die Verbindung zu dem als Autobahnzubringer zur A 1 und A 43 fungierenden Teil der B 51 erfolgt dagegen mittels zweier gebogener Verbindungsstreifen, die jeweils 90o-Winkel beschreiben.“
133Diese Bewertung wird durch den nunmehr planfestgestellten dritten Bauabschnitt der B 51 nicht in Frage gestellt, zumal sowohl die B 51 als auch die B 481n nach dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers (vgl. BT-Drucks. 15/3412, S. 42 Nr. 1646 und S. 46 Nr. 1817 zu § 1 Abs. 1 Satz 2 FStrAbG in der Fassung des Fünften Gesetzes zur Änderung des Fernstraßenausbaugesetzes vom 4. Oktober 2004, BGBl. I S. 2574) im Bedarfsplan für die Bundesfernstraßen als Bundesstraßen aufgenommen und eingestuft sind. Hieran ist der Beklagte gemäß Art. 20 Abs. 3 GG gebunden.
1342. Der Vortrag der Kläger, es sei eine neue Linienbestimmung erforderlich gewesen und die Bezugnahme auf die 1967 durchgeführte Linienbestimmung sei unzureichend, greift nicht durch.
135a) Eine Linienbestimmung war im vorliegenden Fall gemäß § 16 Abs. 1 Satz 2 FStrG weder für die B 51 noch für die B 481n erforderlich, da es sich bereits kraft Gesetzes um Ortsumgehungen handelt (so ausdrücklich BT-Drucks. 15/3412, S. 42 Nr. 1646 und S. 46 Nr. 1817 zu § 1 Abs. 1 Satz 2 FStrAbG).
136b) Darüber hinaus ist eine dem eigentlichen Planfeststellungsverfahren vorgelagerte Linienbestimmung keine formelle oder materielle Voraussetzung der Planfeststellung. Sie ist nicht auf unmittelbare Rechtswirkungen nach außen gerichtet, sondern hat innerhalb des Planungsverlaufs den Charakter einer vorbereitenden Grundentscheidung mit allein verwaltungsinterner Bedeutung. Rechtliche Verbindlichkeit gegenüber dem Träger der Straßenbaulast und gegenüber Dritten erlangt sie erst dadurch, dass sie in den Festsetzungen des Planfeststellungsbeschlusses ihren Niederschlag findet. Ein Planfeststellungsbeschluss ist nicht deshalb rechtswidrig, weil ihm kein Linienbestimmungsverfahren vorangegangen ist oder weil er von der festgelegten Linie abweicht. Umgekehrt lässt sich die Planung Dritten gegenüber nicht allein damit rechtfertigen, dass sie den Linienabstimmungs- oder -bestimmungsvorgaben entspricht. Vielmehr muss die Entscheidung der Planfeststellungsbehörde aus sich heraus den rechtlichen Anforderungen genügen.
137Vgl. BVerwG, Urteil vom 12. August 2009 - 9 A 64.07 -, BVerwGE 134, 308 (311 f.), ebenfalls zu einer fernstraßenrechtlichen Linienbestimmung aus den 1960er Jahren, und Urteil vom 6. November 2013 ‑ 9 A 14.12 ‑, BVerwGE 148, 373 (378 f.).
138Daher ist unerheblich, dass es zum Zeitpunkt der 1967 durchgeführten Linienbestimmung eine Umweltverträglichkeitsprüfung noch nicht gab. Vorliegend hat die Planfeststellungsbehörde eine eigenständige Abwägung zur Trassen- und Variantenwahl vorgenommen (vgl. PFB B. 5.3.3.1, S. 90 ff.). Diese Entscheidung muss den rechtlichen Anforderungen genügen.
139Vgl. BVerwG, Urteil vom 12. August 2009 ‑ 9 A 64.07 ‑, BVerwGE 134, 308 (312).
140Diese Voraussetzung ist erfüllt, wie weiter unten zu zeigen sein wird (A.III.4., S. 48 ff.).
141Die Vermutung der Kläger, der Beklagte habe eine „gestufte Prüfung“ vorgenommen, indem er im Planfeststellungsverfahren ausschließlich Umweltauswirkungen geprüft habe, die nicht Gegenstand der Umweltverträglichkeitsstudie von 1993 als „erster Stufe“ waren, trifft nicht zu. Der von den Klägern in diesem Zusammenhang in Bezug genommene § 15 Abs. 4 UVPG, wonach die Prüfung der Umweltverträglichkeit in der Linienbestimmung nachfolgenden Zulassungsverfahren auf zusätzliche oder andere erhebliche Umweltauswirkungen beschränkt werden kann, ist hier nicht zur Anwendung gekommen. Den umfangreichen Ausführungen zur Umweltverträglichkeitsprüfung im Planfeststellungsbeschluss (vgl. PFB, B. 4.4 ff., S. 55 bis 77) ist nicht zu entnehmen, dass nur Umweltauswirkungen geprüft werden sollten, die nicht schon Gegenstand der Umweltverträglichkeitsstudie von 1993 waren. Das folgt schon daraus, dass die in der Studie von 1993 favorisierte Tunnellösung gerade nicht planfestgestellt worden ist. Erst recht fehlt es an einer ausdrücklichen Beschränkung, die nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Folge haben kann, dass ein Fehler, der im abgeschichte-ten Teil der auf die Linienbestimmung bezogenen Umweltverträglichkeitsprüfung aufgetreten ist, sich bis zum Erlass des Planfeststellungsbeschlusses fortsetzt.
142Vgl. BVerwG, Urteil vom 6. November 2013 ‑ 9 A 14.12 ‑, BVerwGE 148, 373 (379).
1433. Die vom Beklagten durchgeführte Umweltverträglichkeitsprüfung ist inhaltlich nicht zu beanstanden. In materiellrechtlicher Hinsicht können die Kläger allerdings nicht nur geltend machen, dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung nicht durchgeführt worden ist, sondern auch, dass sie zwar durchgeführt wurde, aber mit wesentlichen Fehlern behaftet ist.
144Vgl. EuGH, Urteil vom 7. November 2013 ‑ C‑72/12 (Altrip) -, NuR 2013, 878 (881, Rdnr. 36-38); daran anknüpfend OVG NRW, Beschluss vom 23. Juli 2014 ‑ 8 B 356/14 ‑, NWVBl. 2014, 472.
145Das folgt aus Art. 10a der UVP-Richtlinie, der eine weiterreichende Regelung enthält als § 4 Abs. 1 Satz 1 UmwRG. Derartige wesentliche Fehler liegen aber nicht vor.
146a) Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 UVPG ist die Umweltverträglichkeitsprüfung ein unselbstständiger Teil verwaltungsbehördlicher Verfahren, die der Entscheidung über die Zulässigkeit von Vorhaben dienen. Zu diesen „UVP-pflichtigen Vorhaben“ gehört gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 UVPG i. V. m. Nr. 14.6 der Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung auch das vorliegend planfestgestellte Vorhaben, da die hierfür vorgesehene Vorprüfung des Einzelfalles zu dem Ergebnis geführt hat, dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist (vgl. § 3c Abs. 1 Satz 1 UVPG). Die Umweltverträglichkeitsprüfung umfasst nach § 2 Abs. 1 Satz 2 UVPG die Ermittlung, Beschreibung und Bewertung der unmittelbaren und mittelbaren Auswirkungen eines Vorhabens auf
1471. Menschen, einschließlich der menschlichen Gesundheit, Tiere, Pflanzen und biologische Vielfalt,
1482. Boden, Wasser, Luft, Klima und Landschaft,
1493. Kulturgüter und sonstige Sachgüter sowie
1504. die Wechselwirkung zwischen den vorgenannten Schutzgütern.
151Das Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung setzt die UVP-Richtlinie in deutsches Recht um. Das Umweltrecht hat durch die UVP-Richtlinie ‑ und damit auch durch das Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung ‑ keine materielle Anreicherung erfahren. Die gemeinschaftsrechtliche Regelung enthält sich materiellrechtlicher Vorgaben. Sie beschränkt sich auf verfahrensrechtliche Anforderungen im Vorfeld der Sachentscheidung. Daher hat der Projektträger schon bei Antragstellung Angaben darüber zu machen, wie sich sein Vorhaben auf Menschen, Tiere und Pflanzen, Boden, Wasser, Luft, Klima und Landschaft, einschließlich der Wechselbeziehungen, sowie auf Kultur- und sonstige Sachgüter auswirkt. Auf der Grundlage dieser Angaben hat die Planungsbehörde die Öffentlichkeit zu beteiligen sowie ihrerseits die Umweltauswirkungen zusammenfassend darzustellen und zu bewerten. Für die Planungsbehörde ist die Umweltverträglichkeitsprüfung als unselbstständiger Teil des Planfeststellungsverfahrens ein eingeschobener formalisierter Zwischenschritt mit dem Ziel einer zunächst auf Umweltbelange beschränkten Bewertung der Auswirkungen des Vorhabens im Rahmen der Abwägung aller Belange. Sie dient als wirkungsvolle Methode, die Umweltbelange in den Abwägungsprozess einzuführen.
152Vgl. grundlegend BVerwG, Urteil vom 25. Januar 1996 ‑ 4 C 5.95 ‑, BVerwGE 100, 238 (243, 245 ff.).
153Dementsprechend gebieten die UVP-Richtlinie und das Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung nicht, dass Umweltauswirkungen anhand standardisierter Maßstäbe oder in standardisierten oder schematisierten und rechenhaft handhabbaren Verfahren ermittelt und bewertet werden. Die Umweltverträglichkeitsprüfung ist auch kein „Suchverfahren“, in dem alle nur erdenklichen Auswirkungen eines Vorhabens auf Umweltgüter und deren Wertigkeit bis in alle Einzelheiten und feinsten Verästelungen zu untersuchen wären und gar Antworten auf in der Wissenschaft bisher noch ungeklärte Fragen gefunden werden müssten. Die UVP-Richtlinie fordert, dass die Umweltverträglichkeitsprüfung die erforderlichen Grundlagen für ein „Beurteilung der möglichen erheblichen Umweltauswirkungen“ eines Projekts liefert (Vorbemerkung, Erwägungsgrund 6); deshalb muss der Projektträger Angaben vorlegen „zur Feststellung und Beurteilung der Hauptwirkungen, die das Projekt voraussichtlich für die Umwelt haben wird“ (Art. 5 Abs. 2 der UVP-Richtlinie). Das Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung fordert für die vom Vorhabenträger vorzulegenden Unterlagen, dass sie u. a. eine „Beschreibung der zu erwartenden erheblichen Auswirkungen des Vorhabens auf die Umwelt“ enthalten, und schreibt dafür die „Berücksichtigung des allgemeinen Kenntnisstandes und der allgemein anerkannten Prüfungsmethoden“ (§ 6 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 UVPG) vor.
154Vgl. BVerwG, Urteil vom 21. März 1996 - 4 C 19.94 -, BVerwGE 100, 370 (377).
155Die Umweltverträglichkeitsprüfung soll die Umweltbelange so herausarbeiten, dass sie in die Abwägung in gebündelter Form eingehen.
156Vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Juni 2014 ‑ 9 A 1.13 ‑, BVerwGE 150, 92 (97).
157Wie bereits zur Frage der Auslegung der Planunterlagen dargelegt, verlangen die Vorschriften über die Umweltverträglichkeitsprüfung vom Vorhabenträger bestimmte inhaltliche Angaben, stellen ihm aber frei, in welcher Form er sie vorlegt. Es reicht aus, dass dem Planfeststellungsbeschluss mehrere zeitnah erstellte Untersuchungen zu den von dem Vorhaben berührten Umweltbelangen zu Grunde lagen und diese einer ausführlichen Würdigung unterzogen wurden. Die erforderlichen Angaben können sich etwa aus dem Landschaftspflegerischen Begleitplan, dem Erläuterungsbericht, der schalltechnischen Untersuchung oder der Schadstoffuntersuchung ergeben. Sie müssen auch nicht zwingend in einem von der Zulassungsentscheidung gesonderten Dokument dargestellt werden. Auch eine konkrete Zeitvorgabe, innerhalb derer eine Umweltverträglichkeitsprüfung zu erstellen ist, ist dem Gesetz nicht zu entnehmen.
158Vgl. BVerwG, Urteil vom 12. August 2009 ‑ 9 A 64.07 ‑, BVerwGE 134, 308 (312 f.).
159Die von den Klägern unter Hinweis auf § 15 Abs. 4 UVPG und die Linienbestimmung aufgeworfene Frage der Zulässigkeit eines „gestuften Verfahrens“ stellt sich hier nicht. Die vom Beklagten neben zahlreichen weiteren Unterlagen angeführte UVS von 1993 ist nur ein „Mosaikstein“ der Umweltverträglichkeitsprüfung. Es versteht sich von selbst, dass sie durch aktuelle Untersuchungen zu ergänzen war und auch ergänzt worden ist. Wenn die Kläger die Bezugnahme des Beklagten auf die UVS von 1993 als „absurd“ bezeichnen, sei der Hinweis erlaubt, dass sie gerade die Verwirklichung der in dieser UVS favorisierten, jedoch nicht plan-festgestellten Tunnellösung fordern. Die Klägerin zu 1. rügt in ihrem Einwendungsschreiben vom 5. April 2006 ausdrücklich, die Ergebnisse der UVS von 1993 seien missachtet worden.
160b) Die vom Beklagten im Planfeststellungsbeschluss dargelegte Umweltverträglichkeitsprüfung genügt inhaltlich den vorstehend aufgezeigten Maßstäben.
161Wie oben dargelegt (A.III.2., S. 36 f.) hatte der Vorhabenträger dem Beklagten gemäß § 6 UVPG im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens diverse Unterlagen vorgelegt, aus denen sich Auswirkungen des Vorhabens auf die Umwelt ergeben. § 11 Satz 1 UVPG sieht vor, dass die zuständige Behörde sodann auf der Grundlage der Unterlagen nach § 6 UVPG, der behördlichen Stellungnahme nach den §§ 7 und 8 UVPG sowie der Äußerungen der betroffenen Öffentlichkeit nach den §§ 9 und 9a UVPG eine zusammenfassende Darstellung der Umweltauswirkungen des Vorhabens sowie der Maßnahmen erarbeitet, mit denen erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen vermieden, vermindert oder ausgeglichen werden, einschließlich der Ersatzmaßnahmen bei nicht ausgleichbaren, aber vorrangigen Eingriffen in Natur und Landschaft. Nach § 11 Satz 4 UVPG kann die zusammenfassende Darstellung in der Begründung der Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens erfolgen. Das ist hier geschehen. Der Beklagte hat im Planfeststellungsbeschluss auf Seite 58 bis 69 eine derartige zusammenfassende Darstellung gegeben. Sie deckt inhaltlich die Vorgaben des § 11 Satz 1 UVPG ab. Die in § 2 Abs. 1 Satz 2 UVPG aufgezählten Gesichtspunkte sind vollständig abgearbeitet. Es schließt sich auf Seite 69 bis 77 die in § 12 UVPG vorgesehene Bewertung der Umweltauswirkungen des Vorhabens auf der Grundlage der zusammenfassenden Darstellung nach § 11 UVPG an.
162Die von den Klägern in diesem Zusammenhang vermissten „erheblichen, jedoch noch nicht unzumutbaren bzw. grenzwertüberschreitenden Umweltauswirkungen“ mussten im Hinblick auf das umfassende an den Immissionsgrenzwerten der 16. BImSchV orientierte Lärmschutzkonzept des Beklagten und das vom Gutachterbüro M. erstellte Luftschadstoffgutachten von September 2011 nicht gesondert ermittelt und dargestellt werden. Sie spielen eine Rolle bei der Prüfung, ob die Möglichkeit erheblicher nachteiliger Umweltauswirkungen im Sinne des § 3c Satz 1 UVPG besteht, die mehr als geringfügig und damit abwägungserheblich sind,
163vgl. BVerwG, Urteil vom 17. Dezember 2013 ‑ 4 A 1.13 ‑, BVerwGE 148, 353 (362, 364),
164mithin für die Vorprüfung, ob überhaupt eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist. Im vorliegenden Fall ist jedoch eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt worden.
165c) Entgegen der Auffassung der Kläger musste sich die Umweltverträglichkeitsprüfung nicht auf alle betrachteten oder denkbaren Varianten beziehen, sondern durfte sich auf diejenige Variante beschränken, die nach dem aktuellen Planungsstand noch ernstlich in Betracht kam.
166Vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Januar 1996 ‑ 4 C 5.95 ‑, BVerwGE 100, 238 (250).
167Das folgt bereits daraus, dass die UVP-Richtlinie und damit das Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung keine Änderung oder Verschärfung materiell-rechtlicher Zulassungsvoraussetzungen enthalten. In der Rechtsprechung ist geklärt, dass die Planfeststellungsbehörde auf der Grundlage einer Grobanalyse solche Alternativen, die als weniger geeignet erschienen, schon in einem frühen Verfahrensstadium ohne nähere Untersuchung ausscheiden darf.
168Vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 23. März 2011 ‑ 9 A 9.10 ‑, juris, Rdnr. 33.
169Damit darf die Planfeststellungsbehörde Planungsalternativen, die nach einer Art Grobanalyse in einem früheren Planungsstadium nicht in Betracht kommen, für die weitere Detailprüfung und damit auch (im Detail) für die förmliche Umweltverträglichkeitsprüfung ausscheiden.
170Vgl. BVerwG, Beschluss vom 16. August 1995 - 4 B 92.95 -, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 104, S. 48 f.
171In Betracht kommende andere Lösungen müssen daher nicht selbst Gegenstand der Umweltverträglichkeitsprüfung sein. Die UVP-Richtlinie beschränkt sich in Art. 5 Abs. 1 i. V. m. Nr. 2 des Anhangs III ebenso wie § 6 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 UVPG ausdrücklich auf die Forderung, dass der Vorhabenträger gegebenenfalls eine Übersicht über die wichtigsten anderweitigen vom Projektträger geprüften Lösungsmöglichkeiten gibt und Angaben zu den wesentlichen Auswahlgründen in Hinblick auf die Umweltauswirkungen macht.
172Vgl. BVerwG, Urteil vom 27. Oktober 2000 ‑ 4 A 18.99 ‑, BVerwGE 112, 140 (150).
173Die Pflicht zur förmlichen Umweltverträglichkeitsprüfung nach Maßgabe des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung setzt immer erst ein, wenn sich der Vorhabenträger für ein bestimmtes Projekt entschieden hat und dessen Zulassung beantragt.
174Vgl. BVerwG, Beschluss vom 14. Mai 1996 - 7 NB 3.95 -, Buchholz 406.251 § 2 UVPG Nr. 3, S. 9.
175So ist der Beklagte hier vorgegangen. Er hat im Planfeststellungsbeschluss im Rahmen seiner Ausführungen über die Umweltverträglichkeit auf Seite 57 f. ausdrücklich auf die Variantenprüfung in Abschnitt B. 5.3.3 (S. 90 bis 95) verwiesen. Das entspricht den Anforderungen der UVP-Richtlinie sowie des § 6 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 UVPG. Weitergehende inhaltliche Anforderungen an die Umweltverträglichkeitsprüfung ergeben sich weder aus der UVP-Richtlinie noch aus dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung.
1764. Die Planung verstößt nicht gegen das in § 17 Satz 2 FStrG enthaltene Abwägungsgebot.
177a) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts verlangt das Abwägungsgebot, dass ‑ erstens ‑ eine Abwägung überhaupt stattfindet, dass ‑ zweitens ‑ in die Abwägung an Belangen eingestellt wird, was nach Lage der Dinge in sie eingestellt werden muss, und dass ‑ drittens ‑ weder die Bedeutung der betroffenen öffentlichen und privaten Belange verkannt noch der Ausgleich zwischen ihnen in einer Weise vorgenommen wird, die zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht.
178Vgl. grundlegend etwa BVewG, Urteil vom 7. Juli 1978 ‑ 4 C 79.76 u. a. ‑, BVerwGE 56, 110 (122 f.).
179Die Frage, ob einer Planung eine gerechte Interessenabwägung zu Gunde liegt, ist nur einer eingeschränkten gerichtlichen Kontrolle zugänglich. Die Gerichte haben, soweit der Abwägungsvorgang fehlerfrei ist, das Ergebnis der Abwägung grundsätzlich hinzunehmen und es zu respektieren, dass sich der Planungsträger in der Kollision zwischen verschiedenen Belangen für die Bevorzugung des einen und damit notwendig für die Zurückstellung eines anderen entschieden hat.
180Vgl. BVerwG, Urteil vom 15. Januar 2004 ‑ 4 A 11.02 ‑, BVerwGE 120, 1 (13).
181Nach § 17e Abs. 6 Satz 1 FStrG sind Mängel bei der Abwägung der von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange nur erheblich, wenn sie offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen sind. Ergebnisrelevanz in diesem Sinne liegt vor, wenn nach den Umständen des Falles die konkrete Möglichkeit besteht, dass ohne den Abwägungsmangel eine andere Entscheidung getroffen worden wäre; eine nur abstrakte Möglichkeit einer anderen Entscheidung genügt nicht. Insoweit ist der Abwägungsvorgang in allen seinen Phasen in den Blick zu nehmen. Daher kann die Möglichkeit einer anderen Entscheidung nur dann verneint werden, wenn der konkret vorliegende Abwägungsfehler weggedacht werden kann, ohne dass auf einer nachfolgenden Stufe der Abwägung ein weiterer Mangel erwächst, auf dem die angegriffene Entscheidung beruhen kann. Besteht der Abwägungsmangel in der fehlerhaften Berücksichtigung eines abwägungserheblichen Belangs und ergeben sich keine konkreten Anhaltspunkte, dass die Planfeststellungsbehörde ohne diesen Mangel zu einem anderen Abwägungsergebnis gelangt wäre, ist also zusätzlich zu prüfen, ob die auf der nachfolgenden Stufe gebotene Abwägung im engeren Sinne ‑ das Ins-Verhältnis-Setzen der gegenläufigen Belange ‑ das Abwägungsergebnis auch dann rechtfertigen würde, wenn der auf der vorhergehenden Stufe unterlaufene Mangel unterblieben wäre.
182Vgl. BVerwG, Urteil vom 24. November 2011 ‑ 9 A 23.10 ‑, BVerwGE 141, 171 (191).
183Als nur mittelbar von dem Vorhaben Betroffene können die Kläger eine gerichtliche Abwägungskontrolle nur hinsichtlich ihrer eigenen Belange und ‑ wegen der insoweit bestehenden Wechselbeziehung ‑ der ihren Belangen gegenübergestellten, für das Vorhaben streitenden Belange verlangen. Ob andere gegen das Vorhaben sprechende Belange ordnungsgemäß berücksichtigt worden sind, können sie dem gegenüber ebenso wenig geltend machen wie die Frage, ob Rechtsnormen beachtet wurden, die nicht ihrem Schutz zu dienen bestimmt sind.
184Vgl. BVerwG, Urteil vom 10. Oktober 2012 ‑ 9 A 20.11 ‑, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 229, S. 71 f.
185Nach diesen Maßstäben sind die Belange der Kläger rechtsfehlerfrei abgewogen worden.
186b) Die Prüfung der Varianten des Ausbaus der B 51 lässt keinen Abwägungsfehler zu Lasten der Kläger erkennen. Der Beklagte musste keine die Kläger weniger belastende Variante ernsthaft in Betracht ziehen. Kommen Alternativlösungen ernsthaft in Betracht, so hat die Planungsbehörde sie zwar als Teil des Abwägungsmaterials mit der ihnen objektiv zukommenden Bedeutung in die vergleichende Prüfung der von den möglichen Varianten jeweils berührten öffentlichen und privaten Belange unter Einschluss des Gesichtspunkts der Umweltverträglichkeit einzubeziehen. Sie ist indes nicht verpflichtet, die Variantenprüfung bis zuletzt offen zu halten und alle von ihr zu einem bestimmten Zeitpunkt erwogenen Alternativen gleichermaßen detailliert und umfassend zu untersuchen. Auch im Bereich der Planungsalternativen braucht sie den Sachverhalt nur soweit aufzuklären, wie dies für eine sachgerechte Trassenwahl und eine zweckmäßige Gestaltung des Verfahrens erforderlich ist. Sie ist befugt, eine Alternative, die ihr auf der Grundlage einer Grobanalyse als weniger geeignet erscheint, schon in einem frühen Verfahrensstadium ohne nähere Untersuchung auszuscheiden.
187Vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 23. März 2011 ‑ 9 A 9.10 ‑, juris, Rdnr. 33.
188Verfährt sie in dieser Weise, so handelt sie abwägungsfehlerhaft nicht schon, wenn sich herausstellt, dass die von ihr verworfene Lösung ebenfalls mit guten Gründen vertretbar gewesen wäre, sondern erst, wenn diese Lösung sich ihr hätte aufdrängen müssen.
189Vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 25. Januar 1996 - 4 C 5.95 -, BVerwGE 100, 238 (249 f.), m. w. N.
190Gemessen an diesen Grundsätzen ist dem Beklagten kein Abwägungsfehler bei der Variantenprüfung unterlaufen.
191aa) Der Beklagte hat im Planfeststellungsbeschluss ausführlich dargelegt, welche Überlegungen ihn dazu bewogen haben, sich unter den näher untersuchten Varianten - einschließlich der sog. Null-Variante - für die planfestgestellte zu entscheiden (PFB B. 5.3.3.1 f., S. 90 ff.). Die sog. Null-Variante auszuschließen, d. h. von dem Ausbau nicht Abstand zu nehmen, ist nicht abwägungsfehlerhaft. Der Beklagte hat ausgeführt, dass die B 51 in ihrem jetzigen Zustand nicht in der Lage ist, die aufkommenden Verkehrsströme sicher und zügig zu bewältigen und die entsprechenden Verkehrsmengen aufzunehmen. Dagegen ist nichts zu erinnern. Die Kläger selbst gehen vielmehr von noch größeren Verkehrsmengen aus und weisen darauf hin, dass die B 51 als Umgehungsstraße N. die meistbefahrene Bundesstraße im Münsterland sei.
192bb) Zudem ist nach § 1 Abs. 2 Satz 2 FStrAbG die hier vorliegende gesetzliche Feststellung des vordringlichen Bedarfs für die nachfolgende straßenrechtliche Planfeststellung verbindlich. Der Planungsträger ist jedoch nicht gehindert, etwa statt des Ausbaus einer Bestandstrasse eine Neubaustrecke als Trassenalter-native zu erwägen. Allerdings ist es auch nicht zu beanstanden, wenn der Planungsträger sich beim Ausbau eines bereits vorhandenen Straßenzuges - wie hier - aus nachvollziehbaren Gründen gegen eine Neutrassierung ausspricht und auf dieser Grundlage entsprechende Planungsalternativen verwirft.
193Vgl. BVerwG, Beschluss vom 5. November 2002 - 9 VR 14.02 -, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 171, S. 134, m. w. N.
194cc) Es ist abwägungsfehlerfrei, dass sich der Beklagte in der Variantenprüfung in erster Linie aus Kostengründen gegen die von den Klägern geforderte Tunnellösung oder Einhausung entschieden hat. In die Entscheidung der Planfeststellungsbehörde für die eine oder andere Trassen- oder Ausführungsvariante dürfen Kostengesichtspunkte einfließen. Denn das Interesse, den finanziellen Aufwand für den Straßenbau gering zu halten, gehört zu den öffentlichen Belangen, denen in der Abwägung Rechnung zu tragen ist.
195Vgl. etwa BVerwG, Urteile vom 9. November 2000 - 4 A 51.98 -, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 159, S. 67, m. w. N., und vom 3. März 2011 ‑ 9 A 8.10 ‑, BVerwGE 139, 150 (178 f.).
196In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass dem Gebot der sparsamen und wirtschaftlichen Mittelverwendung, das in § 7 Abs. 1 BHO seine gesetzliche Ausprägung gefunden hat, als eigenständigem öffentlichen Belang in der Abwägung Rechnung zu tragen ist. Er kann nach den konkreten Umständen des Falles sogar das private Interesse überwiegen, von einer Grundstücksinanspruchnahme verschont zu bleiben.
197Vgl. BVerwG, Urteil vom 24. November 2011 ‑ 9 A 23.10 ‑, BVerwGE 141, 171 (193).
198Der Beklagte hat unter Berufung auf erhebliche Mehrkosten eine Tunnellösung in Form eines Leichtbautunnels (System „Züblin“) als Planungsvariante (PFB B. 5.3.3.2., S. 93) unter Verweis auf das Lärmschutzkonzept (PFB B. 5.3.5.1.2, S. 103 f., und B. 5.3.5.1.5, S. 112 f.) verworfen. Im Planfeststellungsbeschluss hat der Beklagte die Kosten für einen (Standard-)Tunnel mit 42,12 Mio. Euro beziffert, für einen Leichtbautunnel (System „Züblin“) mit 21,6 Mio. Euro (S. 113). Demgegenüber hat er die Kosten für das in der Planfeststellung gewählte Lärmschutzkonzept für diesen Teilbereich mit 11.173.814 Euro (S. 103) bzw. 10,45 Mio. Euro (S. 113) angegeben. Für einen „Züblin-Tunnel“ fielen damit Mehrkosten von 10,132 Mio. Euro (S. 103) oder 10,15 Mio. Euro (S. 113) an, d. h. die Kosten pro geschützter Wohneinheit würden von 14.389 Euro (S. 103) bzw. 14.418 Euro (S. 113) auf 26.899 Euro (S. 104) ansteigen, das stehe außer Verhältnis zum angestrebten Schutzzweck. Darüber hinaus würden für eine weitere Gradientenab-senkung der Trasse auf etwa 6 m Mehrkosten von rund 10,6 Mio. Euro anfallen (S. 104, 113). Danach würde eine „Tunnellösung“ gegenüber der planfestgestellten Lösung insgesamt mehr als 20 Mio. Euro zusätzliche Kosten verursachen.
199Die von den Klägern hiergegen erhobenen Einwände greifen nicht durch. Zwar haben die Kläger Kostenansätze für einzelne Komponenten des Lärmschutz-konzepts in Frage gestellt, jedoch hiermit insgesamt nicht dargetan, dass die (Vergleichs-)Berechnungen des Beklagten gänzlich neben der Sache liegen. Denn es erschließt sich von selbst, dass Tunnelbauwerke, Teilabdeckungen und Einhausungen nebst Gradientenabsenkung - im vorliegenden Fall auf etwa 6 m - gegenüber dem Straßenbau auf der freien Strecke wesentlich höhere Kosten verursachen.
200Vgl. auch BVerwG, Urteil vom 23. März 2011 ‑ 9 A 9.10 ‑, juris, Rdnr. 34; ferner ergänzend Bundesministerium für Verkehr, Allgemeines Rundschreiben Straßenbau (ARS) 25/1998 vom 28. Juni 1998, VkBl. S. 848, i. V. m. Leitfaden für die Planungsentscheidung „Einschnitt oder Tunnel“, S. 7 ff.
201Bei Baukosten, die jedenfalls deutlich höher liegen als bei einem konventionellen Straßenbau, ist es nicht zu beanstanden, wenn sich der Beklagte gegen die in Rede stehenden Alternativen entschieden hat.
202Vgl. ergänzend BVerwG, Urteil vom 21. Mai 2008 ‑ 9 A 68.07 -, juris, Rn. 18.
203Es kommt hinzu, dass ein Tunnel gegenüber der planfestgestellten Lösung dauerhaft höhere Unterhaltungskosten verursacht. Zudem soll der Ausbau der B 51 wegen der Bedeutung der Verkehrsachse bei laufendem Betrieb durchgeführt werden. Die Kläger weisen in einem anderen Zusammenhang zutreffend darauf hin, dass die B 51 als Umgehungsstraße N. nach den Ergebnissen der Verkehrszählung 2010 die meistbefahrene Bundesstraße im Münsterland ist. Neben den durch Bauarbeiten ohnehin verursachten Behinderungen des Verkehrsflusses müssten zusätzliche Untertunnelungs- oder Einhausungsarbeiten in dem baulich verdichteten Umfeld über einen längeren Zeitraum zu einer vollständigen Sperrung der Strecke führen. Die dadurch im Stadtbereich N. verursachten Verkehrsprobleme wären kaum lösbar, weil eine geeignete Umleitung nicht zur Verfügung steht. Der Beklagte weist unter B. 5.3.12.8, S. 156, des Planfeststellungsbeschlusses darauf hin, dass durch eine Sperrung der B 51 während der Bauzeit das untergeordnete Straßennetz erheblich belastet würde. Dies würde insbesondere die N5.---straße , den N.--------weg sowie den M. - und E.--------weg betreffen, die aufgrund ihrer Ausstattung nicht in der Lage seien, solche Ausweichverkehre aufzunehmen.
204dd) Schließlich liegt es auf der Hand, dass die von den Klägern angeführte Alternativtrasse, die am Ende des zweiten Bauabschnitts der B 51 nach rechts abknicken, dann etwa einen Kilometer nach Osten führen, die Bahntrasse queren und dann nach links abknicken und parallel zum Bahndamm nach Norden geführt werden soll, nicht ernsthaft in Betracht zu ziehen war. Abgesehen von einem im Vergleich zur planfestgestellten Variante weitaus größeren Landschaftsverbrauch wären wegen des Verlassens der bisherigen Trasse unschwer erkennbar erhebliche Mehrkosten entstanden, da in diesem Falle ein Neubau der Straße erforderlich geworden wäre. Auch hätte die Verschwenkung eine kurvenreichere und bewegte Linienführung zur Folge, was dem Charakter einer Bundesfernstraße widerspricht. Im Übrigen ließe sich die Alternativlösung auch nicht annähernd so verwirklichen, wie von den Klägern in der Klagebegründung skizziert: Laut Erläuterungsbericht vom 5. Dezember 2005, Seite 7 (vgl. Teil A: B 51.3 Mappe 1, Unterlage 1, auch Unterlage 7.1, Beiakte 2 zu 11 D 6/12.AK), erhält die B 51 einen Regelquerschnitt von 26,00 m Kronenbreite (RQ 26). Die vom Beklagten noch herangezogenen und bis 2013 für die Entwurfsgestaltung maßgeblichen Richtlinien für die Anlage von Straßen - RAS - Teil Querschnitte (RAS-Q 96), eingeführt durch Allgemeines Rundschreiben Nr. 28/1996 vom 15. August 1996, VkBl. 1996, S. 481, sehen für den Straßenquerschnitt RQ 26 im Anhang unter 1.2.1 (Blatt 13) eine Bemessungsgeschwindigkeit von 100 bis 70 km/h vor. Die dafür erforderlichen Kurvenradien schließen die von den Klägern skizzierte Trassenführung mit einem scharfen Rechtsknick zum Verlassen der Bestandstrasse und einem scharfen Linksknick nach Unterquerung der Güterumgehungsbahn bereits offensichtlich aus.
205Zudem kann wegen der Breite der Straße von einem geringfügigen Eingriff in das Landschaftsschutzgebiet X3. -F. -Niederung „nur an seinem äußersten Rand“ keine Rede sein. Da die Trasse östlich der Güterumgehungsbahn über mehr als 3 km bis zur X2. Straße verlaufen soll, müsste bei einer Breite von 26 m eine Fläche von ca. 8 ha neu versiegelt werden. Hinzu käme, dass die Trasse hinter der Unterquerung des Bahndamms wegen der erforderlichen Kurvenradien nicht sofort scharf nach links abknicken könnte, sondern in einem Bogen wieder an den Bahndamm herangeführt werden müsste. Das Landschafts-schutzgebiet würde also nicht „nur an seinem äußersten Rand tangiert“, sondern in erheblichem Umfang durchschnitten. Die von den Klägern angesprochene Möglichkeit, den Bahndamm nicht rechtwinklig, sondern diagonal zu unterqueren, so dass ein scharfer Linksknick östlich des Bahndamms entfiele, hätte wiederum zur Folge, dass eine Neubautrasse im Bereich des Hauses M1. nicht mehr konfliktfrei geführt werden könnte. Des Weiteren stünde die kreuzungsfreie Verknüpfung mit der X2. Straße vor der zusätzlichen Schwierigkeit, dass die neue Trasse unmittelbar östlich des Bahndamms verliefe, so dass auf der Westseite kein Platz für Verbindungsrampen zur Verfügung stünde.
206Von daher ist es nicht zu beanstanden, wenn sich die Planfeststellungsbehörde beim Ausbau eines bereits vorhandenen Straßenzuges aus sachlich nachvollziehbaren Gründen bereits frühzeitig gegen eine Planungsalternative entscheidet, die einer Neutrassierung gleichkommt, und diese Planungsalternative aus der weiteren Betrachtung ausscheidet. Jedenfalls musste sich die von den Klägern favorisierte Variante dem Plangeber nicht als eindeutig vorzugswürdig aufdrängen.
207In diesem Stadium der Planung bedarf es noch keiner exakten Ermittlung des jeweiligen Abwägungsmaterials. Dieses muss vielmehr „nach Lage der Dinge“ nur so genau und vollständig sein, dass es jene erste vorauswählende Entscheidung zulässt.
208Vgl. BVerwG, Urteile vom 5. März 1997 - 11 A 25.95 -, BVerwGE 104, 123 (128), und vom 25. September 2002 - 9 A 5.02 -, juris, Rn. 41.
209Mit Blick hierauf konnte der Senat die in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisanträge zu dieser Trassenvariante ablehnen.
210ee) Vor dem Hintergrund, dass der Beklagte sich nach einer Grobanalyse abwägungsfehlerfrei für den Ausbau der Bestandstrasse der B 51 entscheiden durfte, hat er ‑ entgegen der Auffassung der Kläger ‑ die Abwägungsgrundlagen für diese Ausbauvariante ausreichend ermittelt. Die Kläger beanstanden insoweit, für den Kläger zu 2. sei erst nach Erlass des Planfeststellungsbeschlusses ermittelt worden, ob sein Anwesen dem Innen- oder Außenbereich zuzuordnen sei. Die Schadstoffuntersuchung sei erst am Datum der Planfeststellung zugegangen. Im Hinblick auf den Kläger zu 2. begründet der Beklagte bereits im Planfeststellungsbeschluss (S. 111 f.), dass dessen Grundstück im Außenbereich liege. Die weiteren Ermittlungen dienten lediglich der Bestätigung dieser der Abwägung zu Grunde gelegten Einschätzung. Auch den Schadstoffbelastungen hat der Beklagte unter Zugrundelegung einer Schadstoffabschätzung des Vorhabenträgers (im Anschluss an die Erläuterungen zum Deckblatt I vom 2. Mai 2007, Mappe 1, Unterlage 1-I in Beiakte 8 zu 11 D 6/12.AK) bereits im Planfeststellungsbeschluss Stellung genommen (S. 116 bis 118). Das Gutachten des Ingenieurbüros M. diente der Bestätigung dieser der Abwägung zu Grunde gelegten Einschätzung; es ist im Übrigen Bestandteil der planfestgestellten Unterlagen, die in das Planfeststellungsverfahren eingebracht wurden (PFB A. 2.4 Nr. 99). Die von den Klägern angeführte E-Mail des Unterzeichners des Planfeststellungsbeschlusses an die Regierungsvizepräsidentin vom 30. September 2011 ist für die Frage der Rechtmäßigkeit des Planfeststellungsbeschlusses ohne Bedeutung. Maßstab für die Rechtmäßigkeitsprüfung ist allein der Planfeststellungsbeschluss mit den zu seinem Gegenstand gemachten Unterlagen.
211c) Die Einwände der Kläger zu einer Rechtswidrigkeit des Planfeststellungsbeschlusses wegen einer abwägungsfehlerhaften Bewältigung der Verkehrslärmproblematik und einer daraus resultierenden Verletzung ihres Rechts auf fehlerfreie Abwägung greifen nicht durch.
212aa) Abwägungsfehler bei den Gesichtspunkten des Lärmschutzes führen im Regelfall nicht zu einer Aufhebung eines Planfeststellungsbeschlusses. Denn nach § 17e Abs. 6 FStrG sind Mängel bei der Abwägung der von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange nur dann erheblich, wenn sie offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen sind (Satz 1). Erhebliche Mängel bei der Abwägung oder eine Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften führen nur dann zur Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses oder der Plangenehmigung, wenn sie nicht durch Planergänzung oder durch ein ergänzendes Verfahren behoben werden können; die §§ 45 und 46 VwVfG bleiben unberührt (Satz 2).
213Mögliche Mängel im Lärmschutzkonzept können grundsätzlich durch Schutzauflagen behoben werden und rechtfertigen deshalb in der Regel nicht die Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses. Eine Planaufhebung kommt nur in Betracht, wenn das Fehlen notwendiger Schutzauflagen ausnahmsweise so großes Gewicht hat, dass davon die Ausgewogenheit der Gesamtplanung oder eines wesentlichen Planungsteils betroffen ist.
214Vgl. BVerwG, Urteile vom 18. April 1996 - 11 A 86.95 -, BVerwGE 101, 73 (85), vom 23. November 2005 - 9 A 28.04 -, juris, Rn. 17 (insoweit nicht in BVerwGE 124, 334, veröffentlicht), und vom 10. Oktober 2012 - 9 A 20.11 -, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 229, S. 72.
215Allerdings kann nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts in einem Fall, in dem sich der Kläger gegen die lärmtechnische Berechnung und die darauf aufbauende Behandlung der Lärmschutzbelange mit der Begründung wendet, sie beruhten auf einer verfehlten Verkehrsprognose, in der die tatsächlich zu erwartende Verkehrsbelastung des Vorhabens weit unterschätzt worden sei, die Möglichkeit nicht von der Hand gewiesen werden, dass davon die konzeptionelle Planungsentscheidung einschließlich der Trassenwahl betroffen wird; Abwägungsdefiziten aufgrund einer fehlerhaften Verkehrsprognose kann deshalb nicht durch eine Planergänzung um Schutzauflagen abgeholfen werden.
216Vgl. BVerwG, Urteile vom 12. August 2009 - 9 A 64.07 -, BVerwGE 134, 308 (328), und vom 9. Juni 2010 - 9 A 20.08 -, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 208, S. 145 f.
217Die Rüge der Kläger, der Verkehrsuntersuchung liege ein zu geringer Lkw-Anteil zu Grunde, weshalb die Lärmprognose zu gering ausgefallen sei, ist nicht geeignet, die Möglichkeit einer solchen konzeptionell anderen Entscheidung aufzuzeigen, insbesondere nicht hinsichtlich einer anderen Trassenführung. Sollte eine größere Immissionsbelastung infolge eines höheren Lkw-Anteils entstehen, bestünden ohne Weiteres die Möglichkeiten entweder der Anordnung weitergehender Maßnahmen des aktiven Schallschutzes oder der Erstreckung des Anspruchs auf Aufwendungsersatz für passive Schallschutzmaßnahmen auch auf andere Gebäude, ohne dass es zu einer grundlegenden Umplanung des streitigen Vorhabens kommen müsste.
218bb) Unbeschadet des vorstehend Ausgeführten lässt sich nicht feststellen, dass die Verkehrsprognose, soweit die Kläger hiergegen substantiierte Einwände im Klageverfahren geltend gemacht haben, fehlerhaft ist.
219aaa) Beide Kläger sind mit ihrem Vorbringen gegen die Verkehrsprognose entgegen der Auffassung des Beklagten nicht präkludiert. Nach § 17a Nr. 7 Satz 1 FStrG sind Einwendungen gegen den Planfeststellungsbeschluss nach Ablauf der im Planfeststellungsverfahren eröffneten Einwendungsfrist ausgeschlossen. Diese Bestimmung normiert eine materielle Verwirkungspräklusion, die verfassungsrechtlich unbedenklich ist. Die Einwendungsfrist besitzt für das gerichtliche Verfahren, das einem straßenrechtlichen Planfeststellungsverfahren folgt, materiell-rechtlichen Charakter. Die straßenrechtliche Präklusion erstreckt sich nach Wortlaut sowie Sinn und Zweck der Vorschrift auch auf das nachfolgende verwaltungsgerichtliche Verfahren.
220Vgl. zur inhaltsgleichen Vorgängernorm des § 17 Abs. 4 Satz 1 FStrG a. F. etwa BVerwG, Urteil vom 24. Mai 1996 ‑ 4 A 38.95 ‑, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 119, S. 136 f.
221Allerdings hat die Klägerin zu 1. im Deckblatt I-Verfahren - anders als der Rechts-vorgänger des Klägers zu 2. - keine Einwendungen erhoben. Sie musste jedoch nach Auslegung des Deckblattes I unter Hinweis auf den Einwendungsauschluss gemäß § 17a Nr. 7 Satz 1 FStrG zur Vermeidung einer Präklusion nicht erneut Einwendungen erheben. Zwar sollte die durch das Deckblatt I vorgenommene Umplanung (auch) ihren Lärmschutzinteressen Rechnung tragen. Die Klägerin zu 1. hatte jedoch in ihrem Einwendungsschreiben vom 5. April 2006 ausdrücklich beanstandet, die prognostizierte Verkehrsbelastung sei nur unzulänglich ermittelt worden. Der Umplanung durch das Deckblatt I lag der Ergebnisbericht der IVV vom 11. September 2006 zu Grunde, der jedoch nicht mit ausgelegt worden war. Daher waren der Klägerin zu 1. in diesem Punkt erneute oder weitere vertiefende Einwendungen nicht möglich. Andererseits konnte der Beklagte nicht davon ausgehen, die Einwendungen gegen die Ermittlung der Verkehrsbelastung seien durch die vorgenommenen Umplanungen erledigt.
222Auch der Kläger zu 2. ist mit seinen Einwendungen zur Verkehrsprognose nicht ausgeschlossen. Er weist zutreffend darauf hin, dass sein Rechtsvorgänger bereits im Rahmen der ersten Auslegung inhaltlich ausreichende Einwendungen erhoben hat. Eine Einwendung muss erkennen lassen, in welcher Hinsicht Bedenken gegen die in Aussicht genommene Planfeststellung ‑ aus der Sicht des Einwendenden ‑ bestehen könnten. Das Vorbringen muss so konkret sein, dass die Planfeststellungsbehörde erkennen kann, in welcher Weise sie bestimmte Belange einer näheren Betrachtung unterziehen soll. Der Betroffene muss zumindest in groben Zügen darlegen, welche Beeinträchtigungen befürchtet werden, ohne dies allerdings begründen zu müssen. Anzuknüpfen ist dabei an die ausgelegten Planunterlagen. Nach ihrer Konkretheit richten sich die Anforderungen an die Einwendungslast, d. h. an Umfang und Detailliertheit der Darlegungen.
223Vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 9. Juli 2008 ‑ 9 A 14.07 ‑, BVerwGE 131, 274 (288 f.), m. w. N.
224Die Darlegungsanforderungen orientieren sich an den Möglichkeiten betroffener Laien; Ausführungen, die fachwissenschaftlichen Sachverstand voraussetzen, können regelmäßig nicht erwartet werden.
225Vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 14. Juli 2011 ‑ 9 A 14.10 ‑, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 218, S. 252, m. w. N.
226Nach diesen Maßstäben waren die knappen Einwendungen des Rechtsvorgängers des Klägers zu 2. mit Schreiben vom 29. März 2006 ausreichend. In dem Schreiben wird ausdrücklich gerügt, es sei weder aktiver noch passiver Lärmschutz für das Gebäude N2.---straße 28 vorgesehen. Die für die Ermittlung der notwendigen Schallschutzmaßnahmen zu Grunde gelegten Verkehrszahlen würden „angezweifelt“. Damit hatte der Rechtsvorgänger des Klägers zu 2. die Verkehrslärmproblematik im Hinblick auf sein Grundstück ausreichend aufgezeigt. Da die Verkehrsprognose nicht ausgelegen hatte, waren weitere vertiefende Einwendungen nicht erforderlich und auch gar nicht möglich.
227bbb) Die Verkehrsprognose ist jedoch inhaltlich nicht zu beanstanden. Verkehrsprognosen unterliegen nur einer eingeschränkten gerichtlichen Kontrolle. Sie sind lediglich daraufhin zu überprüfen, ob sie methodisch einwandfrei erarbeitet worden sind, nicht auf unrealistischen Annahmen beruhen und ob das Prognoseer-gebnis einleuchtend begründet worden ist.
228Vgl. etwa BVerwG, Urteile vom 9. Juni 2010 - 9 A 20.08 -, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 208, S. 146, und vom 10. Oktober 2012 - 9 A 19.11 -, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 228, S. 38, sowie Beschluss vom 15. März 2013 - 9 B 30.12 -, juris, Rn. 10.
229Diesen Anforderungen wird die hier maßgebliche Verkehrsprognose gerecht.
230Der Ergebnisbericht der IVV Verkehrsdatenaktualisierung Aus- und Neubau B 51/B 481n Planfälle PO und P_RE 2020 vom 11. September 2006 (Beiakte 13 zu 11 D 6/12.AK) basiert auf einer Verkehrsuntersuchung von 1993 und einer aktualisierten Verkehrsuntersuchung von November 1999, sowie der Aktualisierung dieses Gutachtens von Februar 2003. Die Erstellung einer solchen Modellprognose war vorliegend aufgrund der planbedingten Umstände nach der Nr. 1.2.2.2 des Anhangs der vom Beklagten noch herangezogenen RAS-Q 96 angezeigt. Eine solche Modellprognose soll auf umfassenden Annahmen über zukünftige allgemeine Entwicklungen basieren und diese Annahmen mit Hilfe eines umfangreichen Modells der Verhaltensweisen der Verkehrsteilnehmer und der Struktur der Verkehrssysteme in eine Vorhersage von Verkehrsströmen umsetzen. Die Verfahrensmaßgaben einer Modellprognose wurden hier gewahrt. Die von der IVV erstellte Verkehrsuntersuchung beruht auf umfassenden Annahmen über zukünftige allgemeine Entwicklungen. Die Gutachter haben umfangreiche Prognosegrundlagen herangezogen. So wurden insbesondere die Daten der zum damaligen Zeitpunkt aktuellen Straßenverkehrszählung 2005 und eine Ergänzung einer bundesweiten Untersuchung zum Thema der mautbedingten Ausweichverkehre von schweren LKW für Nordrhein-Westfalen von November 2005 im Ergebnisbericht ausgewertet. Der voraussichtlichen Entwicklung der Siedlungs- und Wirtschaftsstruktur im Untersuchungsraum wurden die Daten der Landesplanung Nordrhein-Westfalen sowie die Daten der Stadt N. zu Grunde gelegt. Auch für die Kreise X. und H. wurden die entsprechenden Bevölkerungsentwicklungen berücksichtigt. Im Nahbereich des Knotens B 51/X. Straße haben die Gutachter zusätzlich ein neues Wohngebiet mit Lebensmitteldiscounter berücksichtigt. Die Tendenzen der Verkehrsentwicklung, die aufgrund der Verhaltensweisen der Bevölkerung bzw. durch die Verkehrspolitik bestimmt werden, wurden in Anlehnung der Landesplanung Nordrhein-Westfalen sowie der derzeit gültigen Bedarfsplanung zum Bundesverkehrswegeplan entnommen und auf das Gebiet des Untersuchungsraums übertragen. Die Ermittlung der Prognoseverkehrsstärke betrachtet einen Prognose-Null-Fall für das Jahr 2020 unter Berücksichtigung aller Maßnahmen der Bedarfspläne des Bundes und des Landes Nordrhein-Westfalen, die als Überhang und im vordringlichen Bedarf bzw. in Stufe I eingestellt sind, sowie weitere für die Verkehrsentwicklung im Untersuchungsraum relevante Planungen der Städte und Gemeinden, um prognostisch den Planfall P_RE 2020 mit dem Prognosehorizont 2020 zu erarbeiten. Diese Vorgehensweise stimmt ebenfalls mit der Nr. 1.2.2.2 der RAS-Q 96 überein, der die Umsetzung der Annahmen über zukünftige allgemeine Entwicklungen mit Hilfe eines umfangreichen Modells der Verhaltensweisen der Verkehrsteilnehmer und der Struktur der Verkehrssysteme in eine Vorhersage von Verkehrsströmen fordert.
231Vgl. hierzu auch BVerwG, Urteil vom 12. August 2009 - 9 A 64.07 -, juris, Rn. 100 ff. (insoweit nicht in BVerwGE 134, 308, abgedruckt).
232Der Ergebnisbericht vom 11. September 2006 ist ergänzt worden durch eine Ergänzung Planfall mit 3. Nordtangente N. vom 11. März 2008, einen Kurzbericht Ausblick Prognose 2025 vom 28. Juli 2011 und während des Klageverfahrens durch eine Ergänzung dieses Kurzberichts vom 14. Juni 2012. Im Ergebnis kommt die IVV für den Bereich zwischen X. Straße und X2. Straße gegenüber dem Prognose-Null-Fall 2020 (20.500 Kfz DTV) für den Plan-fall P_RE mit holländischen Rampen und 3. Nordtangente N. (Ergänzung vom 11. März 2008) auf 40.700 Kfz DTV, prognostiziert mithin, dass sich das Verkehrsaufkommen auf der B 51 auf dem die Kläger betreffenden Abschnitt nahezu verdoppeln wird.
233ccc) Diese Prognose greifen die Kläger nicht mit Erfolg an. Sie beanstanden zu Unrecht den zeitlichen Horizont der Verkehrsprognose. Die zeitliche Anknüpfung fügt sich in das Konzept ein, das dem Fernstraßenausbaugesetz i. d. F. des 5. Änderungs-gesetzes zum Fernstraßenausbaugesetz vom 4. Oktober 2004 (BGBl. I S. 2574) zu Grunde liegt. Der durch dieses Gesetz verabschiedete Bedarfsplan für die Bundesfernstraßen orientiert sich an der Verkehrsentwicklung, die der Bundesgesetzgeber bis zum Jahr 2015 erwartet. Daher wäre es sogar sachgerecht gewesen, sich für das hier planfestgestellte Vorhaben des vordringlichen Bedarfs bei der Verkehrsuntersuchung auf das Jahr 2015 zu beziehen.
234Vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Mai 2012 ‑ 9 A 35.10 ‑, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 225, S. 17.
235Die Planfeststellungsbehörde hat durch das auf den Prognosehorizont 2020 bezogene Gutachten vom 11. September 2006 und die auf das Jahr 2025 bezogenen Ergänzungen vom 28. Juli 2011 und 14. Juni 2012 sichergestellt, dass die Verkehrsprognose das zu erwartende Verkehrsaufkommen über den Prognosehorizont 2015 hinaus bis ins Jahr 2025 abbildet.
236Vgl. zu einer ähnlichen Fallgestaltung BVerwG, Urteil vom 30. Mai 2012 ‑ 9 A 35.10 ‑, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 225, S. 17.
237Dabei ist es regelmäßig nicht zu beanstanden, dass die Verkehrsprognose für ein fernstraßenrechtliches Straßenbauvorhaben auf der Grundlage der laufend aktualisierten bundesweiten Strukturdaten und Matrizes erstellt wird. Laufende Aktualisierungen der bundesweiten Vorgaben können aus methodischen und praktischen Gründen heraus nicht gefordert werden.
238Vgl. BVerwG, Urteile vom 9. Juni 2010 ‑ 9 A 20.08 ‑, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 208, S. 147 f., und vom 30. Mai 2012 ‑ 9 A 35.10 ‑, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 225, S. 17.
239Soweit die Kläger auf verschiedene nicht berücksichtigte „nachdrücklich verfolgte und in Umsetzung befindliche“ Straßenplanungen verweisen, ist dem nicht weiter nachzugehen. Allerdings müssen bereits vorhersehbare Entwicklungen im Streckennetz, die sich auf die Verkehrsmenge der planfestgestellten Strecke auswirken, von vornherein bei der Verkehrsprognose berücksichtigt und im Planfeststellungsbeschluss bewältigt werden.
240Vgl. BVerwG, Beschluss vom 25. Mai 2005 ‑ 9 B 41.04 ‑, juris, Rdnr. 11.
241Dem trägt die Verkehrsprognose Rechnung, indem sie alle auf Seite 9 des Ergebnisberichts vom 11. September 2006 genannten Straßenbaumaßnahmen einbezieht. Demgegenüber mussten die weiteren von den Klägern genannten Maßnahmen (durchgehend leistungsfähige Verbindung zwischen N. und der A 2 im Raum S. -X1. ) infolge fehlender Konkretisierung der Planung nicht berücksichtigt werden, zumal ein vollständig durchgehender Ausbau der B 64 zwischen S. und N. nicht vorgesehen ist. Zudem dürfte diese Verbindung für Schwerverkehr aus dem Osten in Richtung N. nach Fertigstellung der in Bau befindlichen Maßnahmen A 30 (Ortsumgehung Bad P. ) und A 33 (C. -P1. ) nur von geringem Interesse sein.
242Von einer bereits „vorhersehbaren“ Entwicklung kann frühestens dann gesprochen werden, wenn ein Planfeststellungsverfahren eingeleitet worden ist. Erst dadurch wird konkretisiert, welche Straße der Vorhabenträger zu bauen beabsichtigt, so dass eine Verkehrsmenge prognostiziert werden kann. Ein solches konkretes Planungsstadium hatten zum Zeitpunkt des Erlasses des Planfeststellungsbeschlusses die von den Klägern genannten „Straßenplanungen“ nicht erreicht. Die - noch nicht existierende - „Entlastungsstraße Nord“ ist als „3. Nordtan-gente N. “ in der Ergänzung vom 11. März 2008 enthalten; sie führt nicht zu einer Verkehrserhöhung sondern zu einer leichten Entlastung der B 51 zwischen X. Straße und X2. Straße (40.700 Kfz/24 h statt 41.700 Kfz/24 h nach dem Ergebnisbericht vom 11. September 2006). Die von den Klägern in diesem Zusammenhang behaupteten zusätzlichen 15.000 Kfz/24 h für die Umgehungsstraße sind in keiner Weise belegt oder nachvollziehbar, die Zahl scheint „gegriffen“. Hinzu kommt, dass durch die Änderung des Flächennutzungsplanes der Stadt N. im Jahr 2013 die „3. Nordtangente“ planerisch nicht mehr weiterverfolgt wird.
243ddd) Es war entgegen der Auffassung der Kläger nicht erforderlich, im Ergebnisbericht alle Eingangsdaten und Annahmen einzeln aufzuführen. Wird im Rahmen einer Verkehrsprognose für die Berechnung des zukünftigen Verkehrsaufkommens auf die aus den Strukturdaten ableitbare wirtschaftliche Gesamtentwicklung eines bestimmten Raumes und nicht auf einzelne Unternehmen und Vorhaben abgestellt, ist es methodisch grundsätzlich nicht zu beanstanden, die Eröffnung einer neuen Produktionsstätte als ein bei den Strukturdaten eingerechnetes Ergebnis zu betrachten.
244Vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Mai 2012 ‑ 9 A 35.10 ‑, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 225, S. 17 f.
245Die Prognose auf der Basis von Strukturdaten kann auch nicht dadurch in Frage gestellt werden, dass die Kläger einzelne Tatsachen und Vorgänge (Einwohnerzahl der Stadt N. , neues Wohngebiet und Gewerbegebiet in X4. , Eröffnung neuer Gewerbebetriebe, Masterplan zur Entwicklung des Hafenbereichs) benennen, die vermeintlich nicht berücksichtigt worden sind. Die Kläger führen gegen die Verkehrsprognose zahlreiche Vorgänge und Einzelheiten ins Feld, können jedoch weder nachvollziehbar darlegen, dass diese Vorgänge und Einzelheiten in die der Verkehrsprognose zugrunde liegenden Strukturdaten und sonstigen Eingangsdaten nicht eingeflossen sind noch deren Auswirkungen auf das Ergebnis der Verkehrsprognose auch nur annähernd konkretisieren oder beziffern. Dafür dass dem Gutachterbüro Eingabefehler oder Rechenfehler unterlaufen sind, fehlt jeder schlüssige Anhaltspunkt.
246Vgl. hierzu auch BVerwG, Urteil vom 18. März 2009 - 9 A 39.07 -, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 201, Rdnr. 125.
247Die Verkehrsprognose kann keine Daten in Form von Istzahlen berücksichtigen, wie etwa die von den Klägern genannte Entwicklung des Pendlerverkehrs von 2001 bis 2007, die erst nach dem Zeitpunkt der Erstellung des Ergebnisberichts vom 11. September 2006 ermittelt und ausgewertet worden sind. Die erhebliche Zunahme des Verkehrs auf der B 51 von 1990 bis 2005 bedeutet nicht automatisch, dass entsprechende Zuwachsraten auch für die Zukunft zu erwarten sind. Immerhin prognostiziert auch die IVV bis 2025 eine Verdoppelung des Verkehrs seit 2010 für den Abschnitt zwischen X. Straße und X2. Straße. Der Einwand der Kläger, die „allgemeine Verkehrsentwicklung“ auf Bundesebene sei in der Prognose nicht erkennbar, führt nicht weiter.
248eee) Für einen allgemeinen „Risikozuschlag“ auf die ermittelte Verkehrsmenge, um für die Prognose „auf der sicheren Seite“ zu liegen, gibt es bei Verkehrsprognosen im Straßenverkehr keine Rechtsgrundlage. Auch die Sechzehnte Verordnung zur Durchführung des Bundes‑Immissionsschutzgesetzes (Verkehrslärmschutzverordnung -16. BImSchV) vom 12. Juni 1990, BGBl. I S. 1036, in dem hier maßgeblichen Zeitpunkt zuletzt geändert durch Gesetz vom 19. September 2006, BGBl. I S. 2146, die in Anlage 1 zu § 3 die Berechnung der Beurteilungspegel an Straßen detailliert regelt, kennt derartige „Risikozuschläge“ nicht.
249fff) Der Ergebnisbericht vom 11. September 2006 kommt für den Planfall P_RE 2020 auf einen Lkw-Anteil von 13 % tagsüber und 12 % nachts. Der für 2025 prognostizierte weitere Anstieg des Schwerverkehranteils um knapp 5 % würde zu einem Lkw-Anteil von 13,65 % tagsüber und 12,6 % nachts führen. Die Schlussfolgerung der IVV in den Ergänzungen zum Kurzbericht Ausblick Prognose 2025 vom 14. Juni 2012, dies werde auf die einzelnen Belastungen an den Querschnitten nur marginale Auswirkungen haben, ist nachvollziehbar und plausibel. Beide Werte liegen über dem Ergebnis der Straßenverkehrszählung aus dem Jahr 2010 von 11,4 % für den ganzen Tag. Da die IVV gegenüber dem Prognose-Null-Fall für 2020 fast eine Verdoppelung des Verkehrsaufkommens prognostiziert, bedeutet dies für den Lkw-Verkehr bei einem gegenüber der Zählung 2010 leicht steigenden Anteil in absoluten Zahlen mehr als eine Verdoppelung. Dem setzen die Kläger nichts Substantiiertes entgegen. Die von ihnen angeführten mautbedingten Ausweichverkehre auf der B 64 von N. nach S. -X1. (A 2) hat die IVV unter Zugrundelegung einer bundesweiten Untersuchung und einer darauf basierenden Ergänzung für Nordrhein-Westfalen aus November 2005 berücksichtigt und „wenig Auswirkung“ ermittelt (Ergebnisbericht vom 11. September 2006, S. 6). Dem halten die Kläger nur nicht belegte Vermutungen entgegen. Zutreffend weisen die Kläger darauf hin, dass dem Ergebnisbericht keine Unterlage zu entnehmen ist, die entsprechend den Vorgaben der 16. BImSchV die Ermittlung einer maßgebenden stündlichen Verkehrsstärke und eines maßgebenden Lkw-Anteils (über 2,8 Tonnen) am Gesamtverkehr über die Nachtzeit dokumentiert. Die in der mündlichen Verhandlung anwesende Gutachterin der IVV, Frau T. , hat hierzu allerdings ausgeführt, dass diese Daten aus den amtlichen Verkehrszählungen übernommen worden seien. Dabei sei auch berücksichtigt worden, dass in den amtlichen Zählungen bis zum Jahr 2000 Fahrzeuge mit mehr als 2,8 Tonnen Gewicht als Lkw, seit dem Jahr 2005 hingegen erst Fahrzeuge mit mehr als 3,5 Tonnen Gewicht als Lkw gezählt wurden.
250ggg) Die Prognose vom 11. September 2006, an der die IVV für das Prognose-jahr 2025 festgehalten hat (Kurzbericht vom 28. Juli 2011 mit Ergänzung vom 14. Juni 2012), wird durch die im Jahr 2010 durchgeführte Straßenverkehrszählung bestätigt. Diese ergab für den Abschnitt zwischen X. Straße und X2. Straße einen DTV von 20.518 mit einem Lkw-Anteil von 11,4 %. Die Prognose der IVV vom 11. September 2006 kommt für den entsprechenden Prognose-Null-Fall 2020 auf einen DTV von 20.500. Dass die Verkehrszahlen nicht mehr ansteigen, ist ‑ auch im Hinblick auf die Ausführungen im ergänzten Kurzbericht vom 14. Juni 2012 ‑ plausibel.
251Auch die von den Klägern ins Verfahren eingeführte Verkehrsuntersuchung der Stadt N. für das Jahr 2025 zum Entwurf des Bebauungsplanes „Hafen-Center“ bestätigt die Ergebnisse der IVV: Sie kommt für den „Planfall 4“, der die vorliegende Planung einbezieht, auf 51.400 Kfz/24 h für den Bereich zwischen B. Weg und X. Straße, während die IVV 50.600 Kfz/24 h ausweist. Beide Prognosen unterscheiden sich damit nur um etwa 1,6 %; von einer „Widerlegung“ der Prognose der IVV kann daher keine Rede sein.
252hhh) Der Einwand der Kläger, die Ergebnisse der Verkehrsuntersuchung seien nicht ableitbar, weil Berechnungsgrundlagen und Quellenangaben fehlten und der Rechenvorgang nicht beschrieben sei, greift nicht durch. Ihre Angriffe gegen die Tatsachenermittlung, Methodik und Plausibilität der Ergebnisse der Verkehrsuntersuchungen erweisen sich nicht als stichhaltig. Bei dieser Sachlage besteht kein Anlass, an der Richtigkeit der Berechnungen allein deshalb zu zweifeln, weil einzelne Rechenvorgänge dem Gutachten nicht zu entnehmen sind. Der Vorwurf, die Rechenverfahren seien nicht nachvollziehbar, wäre allenfalls dann berechtigt, wenn den Klägern trotz entsprechender Nachfrage bei der Planfeststellungsbehörde zusätzliche Informationen zu den Ausgangsdaten und gegebenenfalls den Rechenschritten vorenthalten worden wären. Das behaupten die Kläger nicht.
253Vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 9. Juni 2010 ‑ 9 A 20.08 ‑, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 208, S. 154.
254Bedenken an der Fachkompetenz und der Unparteilichkeit der IVV bestehen nicht. Die IVV ist ein seit Jahrzehnten im Bereich des Verkehrswesens tätiges Gutachterbüro, das bundesweit und ‑ wie dem Senat aus eigener Erfahrung bekannt ist ‑ insbesondere in Nordrhein-Westfalen in einer Vielzahl von Fällen Planfeststellungsverfahren für Straßen durch die Erarbeitung von Fachbeiträgen begleitet hat.
255Vgl. OVG NRW, Urteile vom 11. Februar 2009 ‑ 11 D 45/06.AK ‑, juris, Rdnr. 138, und vom 24. März 2014 ‑ 11 D 31/11.AK ‑, juris, Rdnr. 72.
256Auch das Bundesverwaltungsgericht hat hervorgehoben, dass die IVV ein seit vielen Jahren etabliertes Gutachterbüro sei, das über große Erfahrung in der Erstellung von Verkehrsuntersuchungen und -prognosen verfüge.
257Vgl. BVerwG, Urteil vom 9. Juni 2010 ‑ 9 A 20.08 ‑, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 208, S. 156.
258cc) Aufbauend auf der nicht zu beanstandenden Verkehrsprognose hat der Beklagte die Lärmschutzbelange der Kläger mit dem ihnen zustehenden Gewicht in die Abwägung eingestellt.
259Der Schutz der (Wohn)Bevölkerung vor Verkehrslärm ist ein Belang, dem eine Straßenplanung gemäß § 41 Abs. 1 BImSchG Rechnung zu tragen hat. Hiernach ist unter anderem bei dem Bau oder der wesentlichen Änderung öffentlicher Straßen unbeschadet des § 50 BImSchG sicherzustellen, dass durch diese keine schädlichen Umwelteinwirkungen durch Verkehrsgeräusche hervorgerufen werden können, die nach dem Stand der Technik vermeidbar sind.
260aaa) Maßgeblich für den Schallschutz, den die Kläger beanspruchen können, sind die Regelungen der §§ 41, 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG i. V. m. § 2 der 16. BImSchV. Hiernach ist beim Bau oder der wesentlichen Änderung öffentlicher Straßen grundsätzlich sicherzustellen, dass der nach § 3 der 16. BImSchV berechnete Beurteilungspegel bestimmte gebietsbezogene Immissionsgrenzwerte nicht überschreitet; dies gilt nicht, soweit die Kosten der Schutzmaßnahme außer Verhältnis zu dem angestrebten Schutzzweck stehen würden.
261Nach § 2 Abs. 2 Satz 1 der 16. BImSchV ergibt sich die für die Festlegung der jeweiligen Immissionsgrenzwerte maßgebliche Gebietseinstufung aus den Festsetzungen in den Bebauungsplänen. Sind solche Festsetzungen nicht vorhanden, gelten gemäß Satz 2 der vorgenannten Bestimmung für bauliche Anlagen im Außenbereich entsprechend ihrer Schutzbedürftigkeit die Werte nach Absatz 1 Nr. 1 für Krankenhäuser, Schulen, Kurheime und Altenheime, nach Nr. 3 für Kerngebiete, Dorfgebiete und Mischgebiete oder nach Nr. 4 für Gewerbegebiete.
262bbb) Die Planfeststellungsbehörde ist von den richtigen Immissionsgrenzwerten für Lärm ausgegangen. Das Wohnhausgrundstück der Klägerin zu 1. liegt in einem Wohngebiet im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 2 der 16. BImSchV - das ist zwischen den Beteiligten unstreitig -, so dass als Immissionsgrenzwerte tags 59 dB(A) und nachts 49 dB(A) gelten.
263Das Wohnhausgrundstück des Klägers zu 2. liegt zur Überzeugung des Senats im Außenbereich (vgl. § 35 BauGB). Ein Bebauungsplan (vgl. § 30 Abs. 1 BauGB) liegt nicht vor und die Voraussetzungen für die Annahme eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils (vgl. § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB) sind nicht erfüllt.
264Für diese Einschätzung nicht maßgebend ist die Tatsache, dass die Stadt N. als zuständige Bauaufsichtsbehörde das Gebiet westlich der N5.---straße als Außenbereich einstuft. Sie hat unter dem 30. Mai 2012 mitgeteilt, der Bereich sei im Flächennutzungsplan von 1980 noch als Wohnbaufläche ausgewiesen gewesen. Mit der 56. Änderung des Flächennutzungsplanes, die am 5. Juli 1991 wirksam geworden sei, sei die Darstellung in „Fläche für die Forstwirtschaft“ geändert worden. Im aktuellen Flächennut-zungsplan (Bekanntmachung am 8. April 2004) sei die Fläche als Wald dargestellt. Ebenfalls nicht entscheidungserheblich sind die Ortssatzung der Stadt N. vom 27. Juli 1957 und die planungsrechtliche Auskunft vom 22. Dezember 1970 zur Baugenehmigung von 1971. Beide beruhen noch darauf, dass die Stadt N. das Gebiet westlich der N5.---straße bis 1991 im Flächennutzungsplan als Wohnbaufläche ausgewiesen hatte. Für die gegenwärtige Beurteilung sind sie daher unergiebig. Auch aus dem Fluchtlinienplan vom 13. März 1913 lässt sich eine aktuelle bauplanungsrechtliche Einordnung der Grundstücke an der N5.---straße daher nicht mehr ableiten. Der vom Kläger zu 2. in Bezug genommene Straßenbaubeitragsbescheid vom 28. März 2014 bezieht sich auf die tatsächliche ‑ baurechtlich legale und bestandsgeschützte ‑ Wohnnutzung seines Grundstücks und belegt daher keinen Bebauungszusammenhang mit der Ostseite der N5.---straße .
265Die Beurteilung, dass das Haus des Klägers zu 2. N2.---straße 28 baurechtlich im Außenbereich liegt, stützt sich auf eine Gesamtwürdigung der vom Senat im Ortstermin am 13. Mai 2015 in Augenschein genommenen örtlichen Verhältnisse, die auf den bei den Gerichtsakten und planfestgestellten Unterlagen befindlichen Karten (Übersichtslageplan 1:5000 und Lageplan 1:1000 km 7+250 bis 7+700, Teil A: B51.3, Mappe 1, Unterlagen 3 und 5.4, Beiakte 2 zu 11 D 6/12.AK), die im Ortstermin vom Senat gefertigten und die in der Gerichtsakte Bl. 102 bis 104 befindlichen Fotos sowie das Luftbild in Beiakte 1 des vorliegenden Verfahrens, S. 42. Das Gebäude N2.---straße 28 bildet entgegen der Auffassung des Klägers zu 2. mit dem Wohngebiet östlich der N5.---straße keinen im Zusammenhang bebauten Ortsteil im Sinne des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB.
266Für die Frage, welche Anforderungen an das Vorliegen eines Bebauungszusammenhangs im Sinne des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB zu stellen sind, ist ausschlag-gebend, inwieweit eine tatsächlich aufeinanderfolgende Bebauung trotz etwa vorhandener Baulücken nach der Verkehrsauffassung den Eindruck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit vermittelt und die in Rede stehende Fläche noch diesem Zusammenhang angehört. Ein Ortsteil im Sinne von § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB ist jeder Bebauungskomplex im Gebiet einer Gemeinde, der nach der Zahl der vorhandenen Bauten ein gewisses Gewicht besitzt und Ausdruck einer organischen Siedlungsstruktur ist. Maßgeblich ist die tatsächlich vorhandene Bebauung.
267Vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 2. April 2007 ‑ 4 B 7.07 ‑, BRS 71 Nr. 81.
268Für die Annahme einer aufeinanderfolgenden Bebauung ausschlaggebend ist, inwieweit die Bebauung den Eindruck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit vermittelt. Hierfür kommt es auf die Verkehrsauffassung und damit jeweils auf die Lage des Einzelfalls an. Katastermäßige Grundstücksgrenzen bleiben dabei unberücksichtigt.
269Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 19. August 2010 ‑ 7 A 1349/09 ‑, juris, Rdnr. 6, m. w. N.
270Eine Straße kann je nach den Umständen des Einzelfalles einen Bebauungszusammenhang herstellen oder trennende Funktion zwischen Innen- und Außenbereich haben.
271Vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 12. Dezember 1990 - 4 C 40.87 -, NVwZ 1991, 879 (880); ferner Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzber-ger, Baugesetzbuch, Band II, Kommentar, Stand 1. November 2014, § 34 Rdnr. 26, m. w. N.
272Nach diesen Maßstäben ist das Grundstück des Klägers zu 2. dem Außenbereich zuzurechnen. Die örtliche Situation ist dadurch gekennzeichnet, dass östlich der N5.---straße ein durch den Bebauungsplan Nr. 300 der Stadt N. festgesetztes allgemeines Wohngebiet liegt, dessen an die N5.---straße angrenzenden Grundstücke vollständig bebaut sind, während das Wohnhaus des Klägers zu 2. als eines von drei Wohnhäusern westlich der N5.---straße liegt; diese drei Wohngebäude sind auf drei Seiten von Wald umgeben. Zwischen den Häusern N2.---straße 24 und 28 befindet sich eine Baulücke, die vom H1. durchflossen wird. Etwa 120 m südlich des Wohngebäudes des Klägers zu 2. beginnt mit dem Gebäude N2.---straße 60 die Wohnbebauung auch westlich der N5.---straße . Insgesamt stehen auf der Westseite der N5.---straße südlich der Kreuzung mit der X2. Straße auf einer Länge von insgesamt etwa 600 m nur die genannten drei Wohngebäude.
273Die durch Bebauungsplan festgesetzte durchgehende Bebauung östlich der N5.---straße schließt mit der N5.---straße ab, die drei Gebäude westlich der N5.---straße erscheinen nach dem im Ortstermin vom Senat gewonnenen Gesamteindruck auf einer Länge von insgesamt etwa 600 m vereinzelt und sind nicht mehr dem Bebauungszusammenhang östlich der N5.---straße zuzuordnen. Allerdings mag der Blick aus der Straße B. , die gegenüber vom Grundstück des Klägers zu 2. in die N5.---straße einmündet (Foto Bl. 102 der Gerichtsakte und das im Ortstermin gefertigte Bild 8) den Eindruck erwecken, dass das Wohnhaus des Klägers zu 2. mit der Bebauung östlich der N5.---straße eine Einheit bildet. Dieser Eindruck bestätigt sich jedoch nicht, wenn die örtliche Situation von der N5.---straße aus in Augenschein genommen wird. Die N5.---straße vermittelt hier den Eindruck einer Durchgangsstraße, die nicht nur der Erschließung der anliegenden Grundstücke dient, und die das Wohngebiet (östlich) vom Waldgebiet (westlich) trennt. In diesem Waldgebiet liegt das Wohnhaus des Klägers zu 2. Dieser Eindruck wird dadurch verstärkt, dass die östlich der N5.---straße gelegenen Wohngrundstücke südlich der Straße B. nicht von der N5.---straße , sondern vom F.----------weg aus erschlossen werden und von der N5.---straße abgewandt wirken, weil nur ihre ‑ zumal eingefriedeten ‑ Gartenbereiche an die N5.---straße grenzen. Dass die N5.---straße auch auf der Westseite mit einem Gehweg versehen ist, hat für die bauplanungsrechtliche Einschätzung hier keine Bedeutung. Gleiches gilt für die von den Klägern hervorgehobene Tatsache, die Umspannstation für das Wohngebiet liege auf der Westseite. Dies stellt keinen Bebauungszusammenhang im bauplanungsrechtlichen Sinne her.
274Nach § 2 Abs. 2 Satz 2 der 16. BImSchV ist für bauliche Anlagen im Außenbereich nur die entsprechende Anwendung der Werte nach Nr. 3 für Kerngebiete, Dorfgebiete und Mischgebiete von tags 64 dB(A) und nachts 54 dB (A) oder nach Nr. 4 für Gewerbegebiete von tags 69 dB(A) und nachts 59 dB(A) in Betracht zu ziehen. Wohnhäuser im Außenbereich sind weniger schutzbedürftig als Wohngebiete, weil der Außenbereich grundsätzlich nicht für eine Wohnbebauung bestimmt ist.
275Vgl. BVerwG, Urteile vom 1. Oktober 1997 ‑ 11 A 10.96 ‑, Buchholz 442.09 § 18 AEG Nr. 32, S. 164, und vom 26. Februar 2003 ‑ 9 A 1.02 ‑, juris, Rdnr. 18.
276Entsprechend seiner Schutzbedürftigkeit sind für das Wohnhaus des Klägers zu 2. tags 64 dB(A) und nachts 54 dB(A) maßgebend.
277ccc) Die auf der ‑ nicht zu beanstandenden ‑ Verkehrsprognose und der bauplanungsrechtlichen Einstufung der betroffenen Grundstücke aufbauende lärmtechnische Unterlage des Beklagten ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Allerdings berücksichtigt die lärmtechnische Unterlage vom 2. Mai 2007 nicht mehr die danach von der IVV erstellten Aktualisierungen der Verkehrsprognose vom 11. Sep-tember 2006 durch die weiter oben angeführten nachfolgenden Ergänzungen. Im Hinblick auf die geringfügigen Änderungen für den Prognosehorizont 2025 ist dies jedoch unschädlich. Laufende Aktualisierungen können aus methodischen und praktischen Gründen heraus ohnehin nicht gefordert werden.
278Vgl. BVerwG, Urteile vom 9. Juni 2010 ‑ 9 A 20.08 ‑, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 208, S. 147 f., und vom 30. Mai 2012 ‑ 9 A 35.10 ‑, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 225, S. 17.
279Dabei können sich die Kläger ‑ wie bereits dargelegt (vgl. A. I., S. 27) ‑ als nicht enteignend Betroffene nur auf ihre geschützten Privatbelange berufen, nicht aber eine insgesamt fehlerfreie Abwägung und Planung verlangen. Maßgebend sind daher nur die Lärmeinwirkungen auf ihre Grundstücke C.-----weg 9 und N2.---straße 28. Dementsprechend sind alle Einwendungen der Kläger gegen die lärmtechnische Untersuchung, die sich nicht auf diese beiden Grundstücke beziehen, nicht entscheidungserheblich. Das gilt auch im Hinblick darauf, dass die Kläger ‑ wie ebenfalls oben dargelegt (A. III. 3., S. 42) - wesentliche Fehler der Umweltverträglichkeitsprüfung geltend machen können. Zwar gehören Lärmeinwirkungen auf Menschen zu den Auswirkungen im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 UVPG, die in der Umweltverträglichkeitsprüfung zu ermitteln, zu beschreiben und zu bewerten sind. Damit wird den Klägern jedoch nicht das Recht eröffnet, die eventuell fehlerhafte Ermittlung einzelner Grenzwerte an einzelnen Grundstücken zu rügen. In der fehlerhaften Ermittlung eines Grenzwertes für ein einzelnes Grundstück läge kein wesentlicher Fehler der gesamten Umweltverträglichkeitsprüfung, die - wie oben ausgeführt (A. III. 3., S. 44) - nach Art. 5 Abs. 2 der UVP-Richtlinie nur die Hauptwirkungen für die Umwelt feststellen und beurteilen soll.
280Vgl. BVerwG, Urteil vom 21. März 1996 - 4 C 19.94 -, BVerwGE 100, 370 (377).
281Zu Unrecht hat der Rechtsvorgänger des Klägers zu 2. geltend gemacht, die Lärmminderung offenporigen Asphalts sei nicht ausreichend nachgewiesen. Offenporige Asphalte werden seit mehr als 30 Jahren verwendet, erforscht und weiterentwickelt. Ein Korrekturwert Dstro - 5 dB(A), den der Beklagte im Planfeststellungsbeschluss zwischen Bau-km 5+100 und Bau-km 7+300 zu Grunde gelegt hat (A. 5.2.1, S. 25), kann sicher erreicht werden,
282vgl. BVewG, Urteil vom 9. Juni 2010 ‑ 9 A 20.08 ‑, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 208, S. 161; ausführlich OVG NRW, Urteil vom 11. Februar 2009 - 11 D 45/06.AK -, juris, Rdnr. 169 ff., m. w. N.,
283und durfte der lärmtechnischen Unterlage zu Grunde gelegt werden.
284Die Klägerin zu 1. ist mit ihrem Einwand in der Klagebegründung, für ihr Haus seien in der lärmtechnischen Untersuchung falsche Berechnungspunkte gewählt worden, nicht gemäß § 17a Nr. 7 Satz 1 FStrG ausgeschlossen. Zwar konnte der Planfeststellungsbehörde die Gestaltung im Inneren des Wohnhauses der Klägerin zu 1. insbesondere im Hinblick auf die Geschosshöhen nicht im Detail bekannt sein, so dass sie gerade in einem solchen Fall auf konkrete Angaben des Planbetroffenen angewiesen war.
285Vgl. BVerwG, Beschluss vom 9. Oktober 2008 ‑ 9 PKH 2.08 ‑, Buchholz 407.4 § 17a FStrG Nr. 1, S. 2, für den Fall einer Außenwohnnutzung.
286Der Senat teilt aber die Auffassung der Klägerin zu 1., dass sie als Laie der lärmtechnischen Unterlage wegen der dort verwendeten Abkürzungen die für ihr Grundstück angenommenen Berechnungspunkte nicht entnehmen und daher auch nicht erkennen konnte, dass die Berechnungspunkte nicht zutrafen.
287Der Einwand greift jedoch in der Sache nicht durch. Der Beklagte hat bei einer vermessungstechnischen Überprüfung am Wohnhaus der Klägerin zu 1. im ungünstigsten Fall für das erste Obergeschoss eine Höhendifferenz um fast 1,64 m festgestellt. Dieser Wert liegt noch etwas höher als die Angaben der Klägerin zu 1., die von einer Höhendifferenz von bis zu 1,6 m ausgeht. Mit zusätzlicher Berücksichtigung eines um 5% steigenden Schwerverkehrsanteils bis 2025 ergab eine Nachberechnung seitens des Beklagten 54,7 dB(A) tags/47,1 dB(A) nachts für das Erdgeschoss und 56,1 dB(A) tags/48,6 dB(A) nachts für das Obergeschoss. Damit werden die maßgebenden Grenzwerte für Wohngebiete von 59 dB(A) tags/49 dB(A) nachts eingehalten. Die Klägerin zu 1. ist dieser Neuberechnung nicht mehr entgegengetreten, sondern hat nur ihre allgemeinen Einwände gegen die lärmtechnische Unterlage wiederholt.
288Die weiteren Einwände der Kläger gegen die lärmtechnische Unterlage greifen nicht durch. Dem Vorwurf, die Unterlage sei nicht von sachkundigen Personen erstellt worden und es gebe keinerlei Hinweise auf die Verfasser, ist nicht weiter nachzugehen. Hieraus ergibt sich nicht, dass die angestellten Berechnungen fehlerhaft sein könnten. Soweit die Kläger zahlreiche Angaben zur Ermittlung von Gebietsarten, Abständen, Höhen und Geschossen sowie zu Kosten von Lärmschutzmaßnahmen und Lärmschutzvarianten vermissen, weist der Senat nochmals darauf hin, dass sich die Kläger nur auf die Lärmeinwirkungen ihrer Grundstücke berufen können. Daher ist auch die Frage, ob der Beklagte laut Vermerk vom 1. März 2011 eine Neuerstellung des Lärmschutzkonzepts gefordert hat und ob und inwieweit dieses vorgelegt worden ist, nicht entscheidungserheblich. In der maßgebenden lärmtechnischen Unterlage vom 2. Mai 2007 wird auf Seite VI ausgeführt: „Die lärmtechnische Untersuchung wurde nach RLS 90 mit dem Computerprogramm „SoundPLAN 6.4 ‑ Version 28.01.2007 -“ durchgeführt, wobei örtliche Gegebenheiten wie Bebauung, Geländehöhen, Abschirmungen sowie Höhenlagen von Straßen und Bauwerken berücksichtigt wurden. Die durch die vorgesehenen Lärmschutzwände entstehenden zusätzlichen Schallreflexionen werden ebenfalls in den Berechnungsergebnissen berücksichtigt.“ Das Rechenprogramm SoundPLAN gehört zu den gängigen Rechenmodellen für die Berechnung der Schallausbreitung in komplexer Topografie.
289Vgl. OVG NRW, Urteil vom 13. Dezember 2007 ‑ 7 D 122/06.NE -, juris, Rdnr. 74, 76.
290Es entspricht nach der Bestätigung des Lizenzgebers allen Anforderungen für die Durchführung von Rechenoperationen nach der 16. BImSchV i. V. m. des RLS-90 und ist in einem Testverfahren des Bundesverkehrsministeriums und der Straßenbauverwaltung überprüft worden.
291Vgl. OVG Lüneburg, Urteil vom 23. November 2010 - 7 KS 143/08 -, juris, Rdnr. 23.
292Dem sind die Kläger in Bezug auf ihre jeweiligen Grundstücke nicht substantiiert entgegengetreten. Sie äußern nur nicht belegte Vermutungen.
293ddd) Durch das mithin nicht zu beanstandende, dem Planfeststellungsbeschluss zu Grunde liegende Lärmschutzkonzept wird ‑ im Wege einer Lärmsanierung ‑ für die Grundstücke der Kläger „Vollschutz“ erreicht: Für das Grundstück der Klägerin zu 1. ergibt die Nachberechnung unter Zugrundelegung der höher gelegenen Berechnungspunkte im Obergeschoss 56,1 dB(A) am Tag und 48,6 dB(A) in der Nacht. Damit werden die Grenzwerte der 16. BImSchV für Wohngebiete von 59 dB(A) tags und 49 dB(A) nachts eingehalten. Die Immissionsgrenzwerte des § 2 Abs. 1 der 16. BImSchV stellen in Gebieten, die durch eine Wohnnutzung geprägt sind, sicher, dass auch zu Zeiten überdurchschnittlicher Inanspruchnahme der Straße nach dem derzeitigen Kenntnisstand Gesundheitsgefährdungen nicht zu besorgen sind.
294Vgl. BVerwG, Urteil vom 21. März 1996 ‑ 4 A 10.95 ‑, Buchholz 406.25 § 41 BImSchG Nr. 13, S. 39.
295Auf dem Grundstück des Klägers zu 2. werden 60 dB(A) tagsüber und 53 dB(A) nachts erreicht; das liegt unter den Grenzwerten der 16. BImSchV für den Außenbereich von 64 dB(A) tags und 54 dB(A) nachts.
296Anspruch auf (weiteren) Lärmschutz besteht daher bei dem Bau oder der wesentlichen Änderung einer öffentlichen Straße grundsätzlich nur, wenn der von der neuen oder geänderten Straße ausgehende Verkehrslärm den nach § 2 Abs. 1 der 16. BImSchV maßgeblichen Immissionsgrenzwert überschreitet.
297Vgl. BVerwG, Urteil vom 21. März 1996 ‑ 4 C 9.95 ‑, BVerwGE 101, 1.
298Das ist bei den Grundstücken der Kläger ‑ wie dargelegt ‑ nicht der Fall. Allerdings ist Lärmschutzgesichtspunkten bereits unterhalb der Erheblichkeitsschwel-le, die durch § 2 Abs. 1 der 16. BImschV als im Wege der Abwägung nicht überwindbare Grenze bezeichnet wird, im Rahmen des nach § 17 Satz 2 FStrG gebotenen Interessenausgleichs Rechnung zu tragen.
299Vgl. BVerwG, Beschluss vom 5. März 1999 ‑ 4 A 7.98 ‑, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 149, S. 20.
300Es ist jedoch unter Abwägungsgesichtspunkten nicht zu beanstanden, dass der Beklagte Lärmschutz nur insoweit vorgesehen hat, als darauf ein gesetzlicher Anspruch besteht, mithin auf die Grenzwerte der 16. BImSchV abgestellt hat (PFB B. 5.3.5.1, S. 96 ff.). Dabei ist zu berücksichtigen, dass sich die Lärmsituation auf dem Grundstück der Klägerin zu 1. durch den geplanten aktiven Lärmschutz gegenüber der gegenwärtigen Situation grundlegend verbessern wird, weil das Grundstück dem von der bereits vorhandenen Trasse der B 51 herrührenden Lärm bisher ungeschützt ausgesetzt ist.
301Die Kläger haben auch keine weitergehenden Ansprüche im Hinblick auf Lärmschutz für ihre Außenwohnbereiche. Außenwohnbereiche sind neben den bebauten Außenwohnbereichsflächen wie Balkonen, Loggien und Terrassen nur sonstige zum Wohnen im Freien geeignete und bestimmte Flächen des Grundstücks wie Gartenlauben und Grillplätze, nicht jedoch ‑ wie die Kläger offenbar meinen ‑ Gärten oder das gesamte Grundstück.
302Vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Mai 2012 ‑ 9 A 35.10 ‑, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 225, S. 29.
303Vor diesem Hintergrund machen die Kläger eine Überschreitung der maßgeblichen Immissionsgrenzwerte in ihren Außenwohnbereichen schon nicht substantiiert geltend, zumal hierfür nur auf die an beiden Wohnhäusern nach der lärmtechnischen Unterlage mit mindestens 2,9 dB(A) deutlich unterschrittenen Tagesgrenzwerte abzustellen ist.
304eee) Da die Immissionsgrenzwerte der gemäß § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG zur Durchführung des § 41 BImSchG erlassenen 16. BImSchV auf den Grundstücken der Kläger eingehalten werden, sind die Einwände der Kläger gegen die zur Umsetzung des in § 41 BImSchG vorgesehenen Lärmschutzkonzepts erforderliche Nutzen-Kosten-Prüfung nicht entscheidungserheblich. Denn eine Verhältnismäßigkeitsprüfung nach § 41 Abs. 2 BImSchG, die eine derartige Nutzen-Kosten-Prüfung erfordern würde, war für die Grundstücke der Kläger wegen der Einhaltung der Grenzwerte gerade nicht erforderlich.
305d) Der Vortrag der Kläger zu einer fehlerhaften Ermittlung und Bewertung der Luftschadstoffe in den planfestgestellten Ergebnissen des Luftschadstoffgutachtens (Anlage Nr. 99 zum Planfeststellungsbeschluss, Beiakte 10 zu 11 D 6/12.AK) zeigt keinen zu ihren Gunsten durchgreifenden Abwägungsfehler der Planfeststellung auf. In dieser Hinsicht bedarf es keiner weiteren Vertiefung, ob ihre Einwände zutreffend sind.
306aa) Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss ist bezüglich der Luftschadstoffproblematik - trotz des umfangreichen Vortrags der Kläger zu diesem Gesichtspunkt - bereits deshalb nicht abwägungsfehlerhaft, weil die Einhaltung der Grenzwerte der 39. BImSchV keine Rechtmäßigkeitsvoraussetzung für die Planfeststellung eines Straßenbauvorhabens ist. Grenzwertüberschreitungen sind nach dem System der Luftreinhalteplanung (vgl. § 47 BImSchG und § 27 der 39. BImSchV) unabhängig von den Immissionsquellen zu vermeiden. Allerdings ist das Gebot der Konfliktbewältigung als Ausformung des Abwägungsgebots verletzt, wenn die Planfeststellungsbehörde das Vorhaben zulässt, obgleich absehbar ist, dass seine Verwirklichung die Möglichkeit ausschließt, die Einhaltung der Grenzwerte mit den Mitteln der Luftreinhalteplanung in einer mit der Funktion des Vorhabens zu vereinbarenden Weise zu sichern. Das ist insbesondere der Fall, wenn die von einer planfestgestellten Straße herrührenden Immissionen bereits für sich genommen die maßgeblichen Grenzwerte überschreiten. Von diesem Fall abgesehen geht der Gesetzgeber davon aus, dass sich die Einhaltung der Grenzwerte mit den Mitteln der Luftreinhalteplanung sichern lässt. Für die Annahme, dass dies nicht möglich ist, müssen deshalb besondere Umstände vorliegen.
307Vgl. etwa BVerwG, Urteile vom 10. Oktober 2012 - 9 A 19.11 -, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 228, S. 38.
308Solche besonderen Umstände können sich vor allem aus ungewöhnlichen örtlichen Gegebenheiten (zentrale Verkehrsknotenpunkte, starke Schadstoffvorbelastung durch eine Vielzahl von Emittenten) ergeben.
309Vgl. BVerwG, Urteil vom 26. Mai 2004 ‑ 9 A 6.03 ‑, BVerwGE 121, 57 (64).
310Derartige besondere Umstände sind für die Stadt N. weder geltend gemacht noch ersichtlich.
311Vgl. auch BVerwG, Urteil vom 26. Mai 2004 ‑ 9 A 6.03 ‑, BVerwGE 121, 57 (65), zu einer vierspurigen innerstädtischen Ausfallstraße in Dresden mit ähnlich hoher Verkehrsbelastung wie für die B 51 prognostiziert.
312Hieran gemessen genügt die Planung dem Gebot der Konfliktbewältigung. Das zum Gegenstand der Planfeststellung gemachte Luftschadstoffgutachten von September 2011 (Anlage Nr. 99 zum Planfeststellungsbeschluss, Beiakte 10 zu 11 D 6/12.AK) kommt auf der Grundlage der vom Beklagten angegebenen Verkehrsmengen für das Jahr 2020 zu dem Ergebnis, dass die über ein Kalenderjahr gemittelten Immissionsgrenzwerte von jeweils 40 µg/m3 sowohl für Stickstoffdioxid (§ 3 Abs. 2 der 39. BImSchV) als auch für Feinstaub PM10 (§ 4 Abs. 2 der 39. BImschV) und der ab 2015 geltende Immissionsgrenzwert von 25 µg/m3 für Feinstaub PM2,5 (§ 5 Abs. 2 der 39. BImschV) mit den prognostizierten unter 30 µg/m3 für Stickstoffdioxid, unter 24 µg/m3 für PM10 und unter 20 µg/m3 für PM2,5, jeweils für die zur B 51 nächstgelegenen Wohnbebauung am C2.-----weg deutlich bis weit unterschritten werden (vgl. Abbildungen 6.2, 6.4 und 6.6). Die auf S. 28 und 33 des Gutachtens referierten Ergebnisse für die Feinstaubimmissionen werden im Planfeststellungsbeschluss auf S. 117 zutreffend wiedergegeben. In diesem Zusammenhang merkt der Senat an, dass schon die im Gutachten als Hintergrundbelastung zu Grunde gelegten von der Messstation N. Geist im Jahr 2010 gemessenen Jahresmittelwerte für Stickstoffdioxid 25 µg/m3, für PM10 22 mg/m3 und für PM2,5 19 µg/m3 betragen, so dass die von dem planfestgestellten Vorhaben herrührenden zusätzlichen Schadstoffbelastungen bezogen auf das Grundstück der Klägerin zu 1. gering sind.
313Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss geht daher zu Recht davon aus, dass mit der Realisierung des Vorhabens keine atypische Situation entsteht, die bereits in der Planfeststellung Maßnahmen erfordert, und weitere Maßnahmen einer Luftreinhalteplanung vorbehalten werden können (PFB B. 5.3.5.2, S. 116 bis 118). Für den Beklagten bestand daher kein Anlass, die Luftreinhalteplanung der Stadt N. im Planfeststellungsbeschluss zu überprüfen.
314bb) Unabhängig davon werden - wie soeben dargelegt - die Immissionsgrenzwerte der 39. BImSchV eingehalten; das Luftschadstoffgutachten ist nicht zu beanstanden.
315aaa) Die Grenzwerte der 39. BImSchV beruhen auf unionsrechtlichen Vorgaben durch die Richtlinie 2008/50/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2008 über Luftqualität und saubere Luft in Europa (Abl. Nr. L 152 S. 1).
316Vgl. zusammenfassend Bruckmann/Strecker, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Band IV, Kommentar, Stand 15. November 2014, 39. BImSchV Vorb., Rdnr. 3.
317Der Senat ist gemäß Art. 20 Abs. 3 GG an diese rechtlichen Maßstäbe gebunden und daher nicht befugt, eine Entscheidung auf der Basis hiervon möglicherweise abweichender wissenschaftlicher Erkenntnisse zu treffen, wie sie etwa von Prof. Dr. L. in der mündlichen Verhandlung vorgetragen worden sind bzw. sich aus den von ihm vorgelegten umfangreichen Unterlagen ergeben („Die Biologie kennt keine Grenzwerte.“).
318Nach Art. 191 Abs. 3 AEUV (vgl. auch die Querschnittsklausel in Art. 11 AEUV) berücksichtigt die Union bei der Erarbeitung ihrer Umweltpolitik ‑ hierzu gehört die Richtlinie 2008/50/EG ‑ u. a. die verfügbaren wissenschaftlichen und technischen Daten. Die gerichtliche Kontrolle, was die Berücksichtigung wissenschaftlicher und technischer Daten angeht, beschränkt sich darauf, ob die Maßnahme offensichtlich fehlerhaft ist, ob sie einen Ermessensmissbrauch darstellt oder ob die betreffende Behörde die Grenzen ihres Ermessens offensichtlich überschritten hat. Dem Gebot zur Berücksichtigung des Standes von Wissenschaft und Technik ist nach dem EuGH schon dann entsprochen, wenn sich dies aus den Begründungserwägungen ablesen lässt und wenn ein Rechtsakt Überwachungsvorschriften zur Beurteilung der Wirksamkeit der getroffenen Regelungen sowie Revisionsklauseln beinhaltet, welche vorsehen, dass die Kommission unter Berücksichtigung technischen Fortschritts Einfügungen, Streichungen oder Änderungen vornehmen kann.
319Vgl. etwa Kahl, in: Streinz (Hrsg), EUV/AEUV, 2. Auflage 2012, Art. 191 AEUV, Rdnr. 121, m. w. N.
320Die Richtlinie 2008/50/EG sieht in ihrem Art. 32 ausdrücklich vor, dass die Kommission im Jahr 2013 die Vorschriften über PM2,5 sowie gegebenenfalls andere Schadstoffe überprüft, und regelt Einzelheiten des Überprüfungsverfahrens, das auch die Berücksichtigung neuester wissenschaftlicher Informationen vorsieht. Für PM2,5 bestimmt bereits die Richtlinie selbst und ihr folgend § 5 Abs. 2 der 39. BImSchV ab 2015 einen neuen Grenzwert.
321Auch aus Art. 3 i. V. m. Art. 37 der Europäischen Grundrechtecharta ergibt sich kein umfassendes Recht auf gesunde Umwelt.
322Vgl. Borowsky, in: Meyer (Hrsg.) Charta der Grundrechte der Europäischen Union, 4. Auflage 2014, Art. 3 Rdnr. 38.
323Aus der staatlichen Schutzpflicht nach Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG („Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit.“) ergeben sich keine weitergehenden Anforderungen. Ohne verlässliche wissenschaftliche Erkenntnisse über komplexe Gefährdungen ist es nicht Sache der Gerichte, sondern des Verordnungsgebers, den Erkenntnisfortschritt der Wissenschaft mit geeigneten Mitteln zu beobachten und zu bewerten. Diese Pflicht ist erst verletzt, wenn eine ursprünglich rechtmäßige Regelung aufgrund neuer Erkenntnisse oder einer veränderten Situation verfassungsrechtlich evident untragbar geworden ist.
324Vgl. BVerwG, Gerichtsbescheid vom 21. September 2010 ‑ 7 A 7.10 ‑, juris, Rdnr. 17, unter Hinweis auf BVerfG, Beschluss vom 24. Januar 2007 ‑ 1 BvR 382/05 ‑, NVwZ 2007, 805.
325Das ist im Hinblick auf die Fortschreibung der Grenzwerte und der oben dargelegten in der Richtlinie 2008/50/EG ausdrücklich vorgesehenen Überprüfung nicht ersichtlich.
326Die von den Klägern angeführten Regelungen in § 1 Nr. 19 und 37 sowie § 23 und § 26 der 39. BImSchV zu „langfristigen und nationalen Zielen“, zum „Zielwert“ und zur „bestmöglichen Luftqualität“ ergeben keine über die Einhaltung der in den §§ 3 bis 5 der 39. BImSchV rechtsverbindlich festgelegten konkreten Grenzwerte hinausgehenden subjektiven Rechte der Kläger.
327bbb) Entgegen der Auffassung der Kläger legt das Gutachten für die Schadstoffhintergrundbelastung zu Recht die Messwerte der vom LANUV im Rahmen des Luftqualitätsüberwachungssystems betriebenen Station N. Geist zu Grunde. Die Auswahl der berücksichtigten Messstationen muss den örtlichen Verhältnissen Rechnung tragen und gegebenenfalls bestehende deutliche Unterschiede der für die Vorbelastung im Plangebiet maßgeblichen Faktoren berücksichtigen.
328Vgl. BVerwG, Urteil vom 9. Juni 2010 - 9 A 20.08 -, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 208, S. 166.
329Nach § 1 Nr. 22 der 39. BImSchV sind „Messstationen für den städtischen Hintergrund“ Messstationen an Standorten in städtischen Gebieten, an denen die Werte repräsentativ für die Expositon der städtischen Bevölkerung sind. Dies wird in Anlage 3 B.1.c) zur 39. BImSchV dahingehend präzisiert, dass die gemessene Verschmutzung den integrierten Beitrag sämtlicher Quellen im Luv der Hauptwindrichtung der Station erfasst. Für die gemessene Verschmutzung sollte nicht eine einzelne Quelle vorherrschend sein, es sei denn, dies ist für eine größere städtische Fläche typisch. Die Probenahmestellen müssen grundsätzlich für eine Fläche von mehreren Quadratkilometern repräsentativ sein.
330Die Station N. Geist befindet sich etwa 5 km südwestlich des Untersuchungsgebiets im Zentrum von N. zwischen Kleingärten und Wohnhäusern (Gutachten S. 18) an einem Schulgelände. Ein Gewerbegebiet liegt etwa 1,5 km östlich bis südöstlich der Station. Die in diesem Abschnitt vierstreifige B 51 verläuft ca. 200 m südlich, die B 54 ca. 700 m östlich und die B 219 ca. 500 m westlich der Station.
331Vgl. die Beschreibung der näheren Umgebung auf der Internetseite des LANUV http:/www.lanuv.de/luft/messorte/steckbriefe/msge.htm.
332Diese Messstation ist damit die dem planfestgestellten Vorhaben nächstgelegene Station, deren Messwerte eine städtische Schadstoffhintergrundbelastung wiedergeben. Dabei bezieht sich die Anforderung, den integrierten Beitrag sämtlicher Quellen im Luv der Hauptwindrichtung der Station zu erfassen, auf die konkrete Lage der Messstation selbst, bedeutet jedoch nicht, dass die Station so positioniert sein muss, dass sie sämtliche stark emittierenden Schadstoffquellen der Stadt N. erfasst. Dann würde sie gerade nicht mehr die für die städtische Fläche typische Hintergrundbelastung ermitteln und wäre nicht für eine Fläche von mehreren Quadratkilometern repräsentativ.
333Dem gegenüber liegen die anderen drei vom LANUV in N. betriebenen Messstationen unmittelbar an vielbefahrenen Straßen. Die von den Klägern angesprochene Station an der X1. Straße steht auf dem Gehweg einer stark befahrenen und beidseitig von einer geschlossenen mehrgeschossigen Bebauung begrenzten innerstädtischen Ausfallstraße in N. . Sie ist daher nicht geeignet, die großräumig vorhandene Hintergrundbelastung abzubilden, die im Untersuchungsgebiet ohne Verkehr auf den in die Untersuchung einbezogenen Straßen vorliegen würde (vgl. auch Luftschadstoffgutachten S. 13 unten).
334ccc) Nach der Anlage 3 zur 39. BImSchV ist die Luftqualität in solchen Bereichen zu untersuchen, in denen die individuelle Aufenthaltsdauer von Menschen typischerweise einen „signifikanten“ Anteil am Mittelungszeitraum des jeweils zu betrachtenden Immissionsgrenzwerts einnimmt. Danach sind selbst bezogen auf Grenzwerte mit dem geringsten Mittelungszeitraum von einer Stunde (vgl. §§ 2 f. der 39. BImSchV) nur solche Bereiche zu untersuchen, in denen der Einzelne nicht nur für einen kurzen Moment, sondern „über einen längeren Zeitraum“ Schadstoffen ausgesetzt ist.
335Vgl. BVerwG, Urteil vom 10. Oktober 2012 ‑ 9 A 19.11 ‑, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 228, S. 48.
336Selbst wenn man unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe - anders als im Planfeststellungsbeschluss auf S. 117 wiedergegeben - den Garten des Grundstücks der Klägerin zu 1. einbezieht, werden die Grenzwerte ‑ wie oben dargelegt ‑ deutlich bis weit unterschritten. Für das Grundstück des Klägers zu 2. steht eine Grenzwertüberschreitung ohnehin nicht in Rede.
337Angesichts der deutlichen Unterschreitung der Grenzwerte auch auf dem Grundstück der Klägerin zu 1. ist nicht erheblich, dass das Luftschadstoffgutachten (vgl. Abbildung 5.1 auf S. 22) für die B 51 von einer zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 70 km/h ausgeht, während die lärmtechnische Untersuchung eine zulässige Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h zu Grunde legt und der Planfeststellungsbeschluss die zulässige Höchstgeschwindigkeit nicht regelt. Die prognostizierte Schadstoffbelastung liegt auch dann auf der „sicheren Seite“, wenn von der zuständigen Straßenverkehrsbehörde künftig ein Tempolimit von 100 km/h zugestanden würde. Das hat der Gutachter dem Beklagten am 29. März 2012 mitgeteilt. Die Stickstoffdioxidimmissionen würden sich um höchstens 1 µg/m3 erhöhen, die Werte für PM10 um 1 bis 4 %, so dass auch bei einer Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h Grenzwertüberschreitungen nicht zu erwarten seien. Hierbei ist auch zu berücksichtigen, dass das Luftschadstoffgutachten die als „maximale“ Verkehrsbelastung prognostizierte Verkehrsmenge von 50.600 Kfz/24 h zu Grunde legt, während die Verkehrsprognose der IVV vom 11. September 2006 für den hier fraglichen Abschnitt nördlich der X. Straße eine Verkehrsbelastung von nur 41.700 Kfz/24 h prognostiziert.
338ddd) Dafür dass dem Gutachterbüro Eingabefehler oder Rechenfehler unterlaufen sind, fehlt jeder schlüssige Anhaltspunkt. Der Gutachter hat im Termin zur mündlichen Verhandlung erläutert, dass die Auswirkungen der geplanten Lärmschutzwände in das Rechenprogramm eingearbeitet sind. Bedenken an der Fachkompetenz und der Unparteilichkeit des Ingenieurbüros M. bestehen nicht. Dem Senat ist aus eigener Erfahrung bekannt, dass das Ingenieurbüro M. in Nordrhein-Westfalen regelmäßig Planfeststellungsverfahren durch Fachbeiträge begleitet hat.
339Vgl. etwa OVG NRW, Urteil vom 24. März 2014 ‑ 11 D 31/11.K -, juris, Rdnr 105 ff.
340eee) Bei dieser Sachlage bedurfte es nicht einer von den Klägern vermissten Berechnung der Kurzzeitgrenzwerte (200 µg/m3 über eine Stunde gemittelt für Stickstoffdioxid, § 3 Abs. 1 der 39. BImSchV; 50 µg/m3 über einen Tag gemittelt für Feinstaub PM10), die auf den Grundstücken der Kläger offensichtlich nicht erreicht werden (vgl. auch die Erläuterung im Luftschadstoffgutachten S. 8 f.).
341fff) Nach alldem musste der Senat dem in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisantrag zu behaupteten Grenzwertüberschreitungen nicht weiter nachgehen.
342e) Aus § 50 BImSchG ergeben sich für die Kläger keine weitergehenden Ansprüche. § 50 Satz 1 BImSchG kommt in Bezug auf Verkehrslärm und sonstige Immissionen die Funktion einer Abwägungsdirektive zu.
343Vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 23. Februar 2005 ‑ 4 A 1.04 ‑, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 186, S. 188.
344Da sowohl die Immissionsgrenzwerte für Lärm als auch für Luftschadstoffe auf den Grundstücken der Kläger eingehalten werden, folgt aus § 50 Satz 1 BImSchG kein Anspruch der Kläger auf weitere Schutzmaßnahmen etwa durch Verwirklichung einer „Tunnellösung“. Der allgemeine Planungsgrundsatz des § 50 BImSchG wendet sich als objektivrechtliches Gebot an die für die Planungsentscheidung zuständige Stelle; er enthält aber für den Planbetroffenen kein subjektives öffentliches Recht.
345Vgl. BVerwG, Beschluss vom 10. September 1981 ‑ 4 B 114.81 ‑, Buchholz 406.25 § 50 BImSchG Nr. 2.
346f) Die Beeinträchtigung des Grundeigentums der Klägerin zu 1. durch eine 5,5 m hohe Lärmschutzwand hat der Beklagte als abwägungserheblichen Belang gesehen und auf Seite 147 des Planfeststellungsbeschlusses behandelt. Er hat auf die Gestaltung der Wand verwiesen, die in einer Höhe über 3 m transparentes Material vorsieht, ferner auf die Anpflanzung eines Grüngürtels vor der Lärmschutzwand. Schließlich verweist er noch auf eventuelle Entschädigungsansprüche (PFB B. 5.3.12.3, S. 148). Das reicht als Abwägung aus.
347Nach der Umplanung durch den Planänderungsbescheid vom 12. August 2014 wird die Lärmschutzwand in ca. 1,7 m Entfernung von der Westgrenze des Grundstücks der Klägerin zu 1. errichtet, die wiederum mindestens 28 m vom Wohngebäude entfernt liegt. Fragen einer Verschattung oder gar einer erdrückenden Wirkung stellen sich daher nicht. Die Klägerin zu 1. hat, nachdem durch die Umplanung ihr Grundstück nicht mehr in Anspruch genommen werden muss, auch keine konkreten Belange einer Eigentumsbeeinträchtigung geltend gemacht, die in die Abwägung hätten eingestellt werden müssen, sondern nur „drastische Folgen für die Wohnnutzung insbesondere der Außenbereiche“ behauptet. Dabei wird jedenfalls übersehen, dass sich im Vergleich zur gegenwärtigen Situation die Nutzung des Außenbereichs erheblich verbessert, weil die bereits vorhandene B 51 im Zuge des Ausbaus erstmals mit einer Lärmschutzwand versehen wird.
3485. Auch der Vortrag der Kläger, die Belastungen durch Baulärm und Erschütterungen während der Bauzeit seien weder ermittelt worden, noch seien im Planfeststellungsbeschluss Aussagen zum Schutz vor ihnen getroffen worden, greift nicht durch. Die durch die Straßenbauarbeiten verursachten Lärm- und Schadstoffbelastungen müssen wegen ihres unregelmäßigen Entstehens nicht durch eine Lärm- bzw. Schadstoffprognose ermittelt werden.
349Vgl. BVerwG, Urteil vom 3. März 2011 ‑ 9 A 8.10 ‑, BVerwGE 139, 150 (183 f.).
350Gleiches muss für die von den Klägern befürchteten Erschütterungen gelten.
351Der Beklagte hat im Planfeststellungsbeschluss im Hinblick auf Erschütterungen und (sonstige) Bauimmissionen und ‑auswirkungen unter A. 5.3 und 5.4 (S. 27 f.) verschiedene Nebenbestimmungen angeordnet, die zu einer weitgehenden Minimierung der Immissionsbelastung für die Umgebung führen. Dass es dennoch zu Beeinträchtigungen kommen kann, ist unvermeidbar.
352Den von den Klägern aufgezeigten „offenkundigen Widerspruch“, die AVV-Baulärm sei zu beachten, könne aber nicht eingehalten werden, sieht der Senat nicht. Es ist plausibel, dass der Beklagte die AVV-Baulärm grundsätzlich heranzieht, aber gleichzeitig einräumt, es könnten „temporäre Lärmeinwirkungen oberhalb der Richtwerte … nicht gänzlich ausgeschlossen werden.“ (PFB S. 28). Genauere Regelungen kann der Beklagte nicht treffen. Es leuchtet ohne Weiteres ein, dass die Unregelmäßigkeit des durch die Bauarbeiten ausgelösten Lärms eine detaillierte Lärmprognose nicht zulässt.
353Vgl. BVerwG, Urteil vom 3. März 2011 ‑ 9 A 8.10 ‑, BVerwGE 139, 150 (184).
354Schließlich enthalten die Nebenbestimmungen A. 5.3 und 5.4 den Passus, dass in dem Fall, dass trotz optimierter Bauverfahren die Anhaltswerte überschritten (Erschütterungen) bzw. die Eingreifwerte (Bauimmissionen und –auswirkungen) erheblich überschritten und dadurch Schäden verursacht werden, diese „nach den Grundsätzen des § 906 BGB zu entschädigen“ sind. Damit sind die Rechtspositionen der Kläger ausreichend geschützt und berücksichtigt, und zwar gerade auch im Hinblick auf die von den Klägern zitierte Rechtsprechung des BGH,
355Urteil vom 30. Oktober 2009 ‑ V ZR 17/09 ‑, NJW 2010, 1141 (1143, Rdnr. 28 f.).
356B. Der auf eine Verpflichtung des Beklagten gerichtete Hilfsantrag der Kläger, sie unter teilweiser Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses vom 30. September 2011 hinsichtlich ihrer durch das Vorhaben betroffenen Rechte/Interessen, insbesondere hinsichtlich des Schutzes vor Immissionen, erneut zu bescheiden, bleibt nach dem vorstehend Dargelegten ohne Erfolg. Die Kläger haben insbesondere keinen Anspruch auf eine Ergänzung des Planfeststellungsbeschlusses um Maßnahmen des aktiven Schallschutzes oder um die Anordnung der Erstattungsfähigkeit dem Grunde nach für Maßnahmen des passiven Schallschutzes. Das Lärmschutzkonzept der angefochtenen Planungsentscheidung steht mit den Vorgaben der §§ 41, 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG i. V. m. § 2 der 16. BImSchV im Einklang; die Immissionsgrenzwerte sowohl für Lärm als auch für Luftschad-stoffe werden auf den Grundstücken der Kläger sämtlich eingehalten. Das Vorhaben ist damit nicht zu Lasten der Kläger abwägungsfehlerhaft und verletzt in seiner festgestellten Form keine Rechte der Kläger.
357C. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 Abs. 1, 159 Satz 1 VwGO, 100 Abs. 1 ZPO.
358Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus den §§ 167 VwGO, 708 Nr. 10, 711 Satz 1 ZPO.
359Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.
Gründe
- 1
-
Die auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) gestützte Beschwerde bleibt ohne Erfolg.
- 2
-
1. Die Kläger, die Beeinträchtigungen ihrer Gewerbebetriebe durch ein planfestgestelltes Vorhaben geltend machen - sogenannte mittelbar Betroffene -, möchten rechtsgrundsätzlich geklärt wissen,
-
ob eine Einschränkung des Prüfungsmaßstabes auf eigene Belange des betroffenen Klägers im Rahmen des Abwägungsgebotes erfolgen darf, obwohl der Wortlaut des § 17 Satz 2 FStrG die Berücksichtigung der öffentlichen und privaten Belange verlangt.
- 3
-
Diese Frage rechtfertigt die Zulassung der Revision nicht, weil sie ohne Weiteres anhand des Gesetzes und bereits vorliegender Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts beantwortet werden kann.
- 4
-
Danach hat nur ein von der enteignungsrechtlichen Vorwirkung des Planfeststellungsbeschlusses unmittelbar Betroffener (vgl. § 9 Abs. 2 FStrG) Anspruch auf gerichtliche Überprüfung des Plans auch auf seine objektive Rechtmäßigkeit (sog. Vollüberprüfungsanspruch), soweit der geltend gemachte Fehler für die Eigentumsbetroffenheit kausal ist (stRspr, vgl. nur BVerwG, Urteile vom 10. Oktober 2012 - 9 A 19.11 - Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 228 Rn. 13 und vom 24. November 2011 - 9 A 23.10 - BVerwGE 141, 171 Rn. 13).
- 5
-
Demgegenüber können enteignungsrechtlich nicht Betroffene - wie hier die Kläger, deren Grundstücke von der Planung nicht in Anspruch genommen werden - nur die Verletzung gerade sie schützender Normen des materiellen und Verfahrensrechts sowie eine nicht ordnungsgemäße Abwägung ihrer geschützten Privatbelange rügen, nicht aber eine insgesamt fehlerfreie Abwägung und Planung verlangen (stRspr, vgl. BVerwG, Urteil vom 10. Oktober 2012 - 9 A 19.11 - Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 228 Rn. 14). Die Rügebefugnis umfasst wegen der insoweit bestehenden Wechselbeziehung auch eine Überprüfung der den Privatbelangen gegenüber gestellten, für das Vorhaben streitenden öffentlichen Belange. Dementsprechend hat hier das Oberverwaltungsgericht auch die für das Vorhaben sprechende Planrechtfertigung näher untersucht. Ob allerdings andere gegen das Vorhaben sprechende Belange ordnungsgemäß berücksichtigt worden sind, können mittelbar Betroffene ebenso wenig geltend machen wie die Frage, ob Rechtsnormen beachtet wurden, die nicht ihrem Schutz zu dienen bestimmt sind (BVerwG, Urteile vom 13. Mai 2009 - 9 A 71.07 - juris Rn. 47, vom 24. November 2010 - 9 A 13.09 - BVerwGE 138, 226 Rn. 25 und 54 und vom 10. Oktober 2012 - 9 A 20.11 - Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 229 Rn. 11).
- 6
-
Entgegen der Auffassung der Kläger widerspricht dieser unterschiedliche Prüfungsmaßstab nicht der in § 17 Satz 2 FStrG vorgeschriebenen umfassenden Pflicht zur Berücksichtigung aller von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange (sowie der Umweltverträglichkeit). Denn diese Vorschrift legt (objektiv-rechtlich) fest, welche Belange die Planfeststellungsbehörde bei ihrer Entscheidung zu beachten hat; sie verhält sich aber nicht zu der Frage des gerichtlichen Prüfungsmaßstabs bzw. Prüfungsumfangs. Soweit die Kläger unter Berufung auf ältere Literatur (Hoppe/Schlarmann/Buchner, Rechtsschutz bei der Planung von Straßen und anderen Verkehrsanlagen, 3. Aufl. 2001, Rn. 427) einwenden, wegen der Komplexität des Abwägungsvorgangs sei eine Differenzierung zwischen eigenen Belangen und Fremdbelangen nicht möglich, übersehen sie zum einen, dass die den privaten Belangen gegenüber gestellten öffentlichen Belange durchaus gerichtlich überprüft werden (s.o.), im Übrigen zeigen sie weder weiteren grundsätzlichen Klärungsbedarf auf noch erläutern sie, welche Relevanz der aufgeworfenen Frage im vorliegenden Fall zukommen soll.
- 7
-
2. Auch die Frage,
-
ab welchem Grad der Ungeeignetheit/ Geeignetheit eine Planungsvariante vom Vorhabenträger frühzeitig verworfen werden darf,
-
rechtfertigt die Zulassung der Revision nicht. Auch diese Frage lässt sich ohne Weiteres auf der Grundlage der bisherigen Rechtsprechung beantworten.
- 8
-
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts müssen bei der Zusammenstellung des Abwägungsmaterials alle ernsthaft in Betracht kommenden Alternativlösungen berücksichtigt werden und mit der ihnen zukommenden Bedeutung in die vergleichende Prüfung der von den möglichen Alternativen jeweils berührten öffentlichen und privaten Belange eingehen. Die Planfeststellungsbehörde braucht den Sachverhalt dabei nur so weit zu klären, wie dies für eine sachgerechte Entscheidung und eine zweckmäßige Gestaltung des Verfahrens erforderlich ist; Alternativen, die ihr aufgrund einer Grobanalyse als weniger geeignet erscheinen, darf sie schon in einem frühen Verfahrensstadium ausscheiden. Ergibt sich dagegen nicht bereits bei einer Grobanalyse des Abwägungsmaterials die Vorzugswürdigkeit einer Trasse, so muss die Behörde die dann noch ernsthaft in Betracht kommenden Trassenalternativen im weiteren Planungsverfahren detaillierter untersuchen und vergleichen. Die Grenzen der planerischen Gestaltungsfreiheit bei der Trassenwahl sind erst dann überschritten, wenn eine andere als die gewählte Trassenführung sich unter Berücksichtigung aller abwägungserheblichen Belange eindeutig als die bessere, weil öffentliche und private Belange insgesamt schonendere, hätte aufdrängen müssen oder wenn der Planfeststellungsbehörde infolge einer fehlerhaften Ermittlung, Bewertung oder Gewichtung einzelner Belange ein rechtserheblicher Fehler unterlaufen ist (vgl. nur BVerwG, Urteil vom 6. November 2013 - 9 A 9.12 - Buchholz 11 Art. 28 GG Nr. 165 Rn. 27).
- 9
-
Dass diese allgemeinen Grundsätze weiterer Klärung bedürfen, zeigen die Kläger nicht auf; ob die Voraussetzungen im konkreten Fall eingehalten wurden, ist eine Frage des Einzelfalles.
- 10
-
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, § 173 VwGO i.V.m. § 100 Abs. 1 ZPO, die Streitwertfestsetzung auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG.
(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.
(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.
(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.
Tenor
Die Klagen werden abgewiesen.
Die Klägerin zu 7 sowie, jeweils als Gesamtschuldner, die Kläger zu 1 und 2 und die Kläger zu 3 bis 6 tragen je ein Drittel der Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
|
Entscheidungsgründe
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
|
Gründe
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
|
(1) Die Anfechtungsklage muß innerhalb eines Monats nach Zustellung des Widerspruchsbescheids erhoben werden. Ist nach § 68 ein Widerspruchsbescheid nicht erforderlich, so muß die Klage innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Verwaltungsakts erhoben werden.
(2) Für die Verpflichtungsklage gilt Absatz 1 entsprechend, wenn der Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts abgelehnt worden ist.
(1) Die Planfeststellungsbehörde stellt den Plan fest (Planfeststellungsbeschluss). Die Vorschriften über die Entscheidung und die Anfechtung der Entscheidung im förmlichen Verwaltungsverfahren (§§ 69 und 70) sind anzuwenden.
(2) Im Planfeststellungsbeschluss entscheidet die Planfeststellungsbehörde über die Einwendungen, über die bei der Erörterung vor der Anhörungsbehörde keine Einigung erzielt worden ist. Sie hat dem Träger des Vorhabens Vorkehrungen oder die Errichtung und Unterhaltung von Anlagen aufzuerlegen, die zum Wohl der Allgemeinheit oder zur Vermeidung nachteiliger Wirkungen auf Rechte anderer erforderlich sind. Sind solche Vorkehrungen oder Anlagen untunlich oder mit dem Vorhaben unvereinbar, so hat der Betroffene Anspruch auf angemessene Entschädigung in Geld.
(3) Soweit eine abschließende Entscheidung noch nicht möglich ist, ist diese im Planfeststellungsbeschluss vorzubehalten; dem Träger des Vorhabens ist dabei aufzugeben, noch fehlende oder von der Planfeststellungsbehörde bestimmte Unterlagen rechtzeitig vorzulegen.
(4) Der Planfeststellungsbeschluss ist dem Träger des Vorhabens, denjenigen, über deren Einwendungen entschieden worden ist, und den Vereinigungen, über deren Stellungnahmen entschieden worden ist, zuzustellen. Eine Ausfertigung des Beschlusses ist mit einer Rechtsbehelfsbelehrung und einer Ausfertigung des festgestellten Plans in den Gemeinden zwei Wochen zur Einsicht auszulegen; der Ort und die Zeit der Auslegung sind ortsüblich bekannt zu machen. Mit dem Ende der Auslegungsfrist gilt der Beschluss gegenüber den übrigen Betroffenen als zugestellt; darauf ist in der Bekanntmachung hinzuweisen.
(5) Sind außer an den Träger des Vorhabens mehr als 50 Zustellungen nach Absatz 4 vorzunehmen, so können diese Zustellungen durch öffentliche Bekanntmachung ersetzt werden. Die öffentliche Bekanntmachung wird dadurch bewirkt, dass der verfügende Teil des Planfeststellungsbeschlusses, die Rechtsbehelfsbelehrung und ein Hinweis auf die Auslegung nach Absatz 4 Satz 2 im amtlichen Veröffentlichungsblatt der zuständigen Behörde und außerdem in örtlichen Tageszeitungen bekannt gemacht werden, die in dem Bereich verbreitet sind, in dem sich das Vorhaben voraussichtlich auswirken wird; auf Auflagen ist hinzuweisen. Mit dem Ende der Auslegungsfrist gilt der Beschluss den Betroffenen und denjenigen gegenüber, die Einwendungen erhoben haben, als zugestellt; hierauf ist in der Bekanntmachung hinzuweisen. Nach der öffentlichen Bekanntmachung kann der Planfeststellungsbeschluss bis zum Ablauf der Rechtsbehelfsfrist von den Betroffenen und von denjenigen, die Einwendungen erhoben haben, schriftlich oder elektronisch angefordert werden; hierauf ist in der Bekanntmachung gleichfalls hinzuweisen.
(6) An Stelle eines Planfeststellungsbeschlusses kann eine Plangenehmigung erteilt werden, wenn
- 1.
Rechte anderer nicht oder nur unwesentlich beeinträchtigt werden oder die Betroffenen sich mit der Inanspruchnahme ihres Eigentums oder eines anderen Rechts schriftlich einverstanden erklärt haben, - 2.
mit den Trägern öffentlicher Belange, deren Aufgabenbereich berührt wird, das Benehmen hergestellt worden ist und - 3.
nicht andere Rechtsvorschriften eine Öffentlichkeitsbeteiligung vorschreiben, die den Anforderungen des § 73 Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 bis 7 entsprechen muss.
(7) Planfeststellung und Plangenehmigung entfallen in Fällen von unwesentlicher Bedeutung. Diese liegen vor, wenn
- 1.
andere öffentliche Belange nicht berührt sind oder die erforderlichen behördlichen Entscheidungen vorliegen und sie dem Plan nicht entgegenstehen, - 2.
Rechte anderer nicht beeinflusst werden oder mit den vom Plan Betroffenen entsprechende Vereinbarungen getroffen worden sind und - 3.
nicht andere Rechtsvorschriften eine Öffentlichkeitsbeteiligung vorschreiben, die den Anforderungen des § 73 Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 bis 7 entsprechen muss.
Vor Erhebung einer verwaltungsgerichtlichen Klage, die einen im förmlichen Verwaltungsverfahren erlassenen Verwaltungsakt zum Gegenstand hat, bedarf es keiner Nachprüfung in einem Vorverfahren.
(1) Die Planfeststellungsbehörde stellt den Plan fest (Planfeststellungsbeschluss). Die Vorschriften über die Entscheidung und die Anfechtung der Entscheidung im förmlichen Verwaltungsverfahren (§§ 69 und 70) sind anzuwenden.
(2) Im Planfeststellungsbeschluss entscheidet die Planfeststellungsbehörde über die Einwendungen, über die bei der Erörterung vor der Anhörungsbehörde keine Einigung erzielt worden ist. Sie hat dem Träger des Vorhabens Vorkehrungen oder die Errichtung und Unterhaltung von Anlagen aufzuerlegen, die zum Wohl der Allgemeinheit oder zur Vermeidung nachteiliger Wirkungen auf Rechte anderer erforderlich sind. Sind solche Vorkehrungen oder Anlagen untunlich oder mit dem Vorhaben unvereinbar, so hat der Betroffene Anspruch auf angemessene Entschädigung in Geld.
(3) Soweit eine abschließende Entscheidung noch nicht möglich ist, ist diese im Planfeststellungsbeschluss vorzubehalten; dem Träger des Vorhabens ist dabei aufzugeben, noch fehlende oder von der Planfeststellungsbehörde bestimmte Unterlagen rechtzeitig vorzulegen.
(4) Der Planfeststellungsbeschluss ist dem Träger des Vorhabens, denjenigen, über deren Einwendungen entschieden worden ist, und den Vereinigungen, über deren Stellungnahmen entschieden worden ist, zuzustellen. Eine Ausfertigung des Beschlusses ist mit einer Rechtsbehelfsbelehrung und einer Ausfertigung des festgestellten Plans in den Gemeinden zwei Wochen zur Einsicht auszulegen; der Ort und die Zeit der Auslegung sind ortsüblich bekannt zu machen. Mit dem Ende der Auslegungsfrist gilt der Beschluss gegenüber den übrigen Betroffenen als zugestellt; darauf ist in der Bekanntmachung hinzuweisen.
(5) Sind außer an den Träger des Vorhabens mehr als 50 Zustellungen nach Absatz 4 vorzunehmen, so können diese Zustellungen durch öffentliche Bekanntmachung ersetzt werden. Die öffentliche Bekanntmachung wird dadurch bewirkt, dass der verfügende Teil des Planfeststellungsbeschlusses, die Rechtsbehelfsbelehrung und ein Hinweis auf die Auslegung nach Absatz 4 Satz 2 im amtlichen Veröffentlichungsblatt der zuständigen Behörde und außerdem in örtlichen Tageszeitungen bekannt gemacht werden, die in dem Bereich verbreitet sind, in dem sich das Vorhaben voraussichtlich auswirken wird; auf Auflagen ist hinzuweisen. Mit dem Ende der Auslegungsfrist gilt der Beschluss den Betroffenen und denjenigen gegenüber, die Einwendungen erhoben haben, als zugestellt; hierauf ist in der Bekanntmachung hinzuweisen. Nach der öffentlichen Bekanntmachung kann der Planfeststellungsbeschluss bis zum Ablauf der Rechtsbehelfsfrist von den Betroffenen und von denjenigen, die Einwendungen erhoben haben, schriftlich oder elektronisch angefordert werden; hierauf ist in der Bekanntmachung gleichfalls hinzuweisen.
(6) An Stelle eines Planfeststellungsbeschlusses kann eine Plangenehmigung erteilt werden, wenn
- 1.
Rechte anderer nicht oder nur unwesentlich beeinträchtigt werden oder die Betroffenen sich mit der Inanspruchnahme ihres Eigentums oder eines anderen Rechts schriftlich einverstanden erklärt haben, - 2.
mit den Trägern öffentlicher Belange, deren Aufgabenbereich berührt wird, das Benehmen hergestellt worden ist und - 3.
nicht andere Rechtsvorschriften eine Öffentlichkeitsbeteiligung vorschreiben, die den Anforderungen des § 73 Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 bis 7 entsprechen muss.
(7) Planfeststellung und Plangenehmigung entfallen in Fällen von unwesentlicher Bedeutung. Diese liegen vor, wenn
- 1.
andere öffentliche Belange nicht berührt sind oder die erforderlichen behördlichen Entscheidungen vorliegen und sie dem Plan nicht entgegenstehen, - 2.
Rechte anderer nicht beeinflusst werden oder mit den vom Plan Betroffenen entsprechende Vereinbarungen getroffen worden sind und - 3.
nicht andere Rechtsvorschriften eine Öffentlichkeitsbeteiligung vorschreiben, die den Anforderungen des § 73 Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 bis 7 entsprechen muss.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens je zur Hälfte.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung jeweils in gleicher Höhe Sicherheit leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Tatbestand:
2Die Kläger wenden sich gegen den Planfeststellungsbeschluss des Beklagten vom 30. September 2011, mit dem der Ausbau der Bundesstraße 51 (B 51) dritter Bauabschnitt von Bau-km 5+100 bis Bau-km 7+700 einschließlich des Verknüpfungsbereiches mit der Landesstraße 793 (L 793) ‑ X. Straße ‑ von Bau-km 0+000 bis Bau-km 0+600 und der Neubau der Bundesstraße 481 (B 481n) von Bau-km 7+700 bis Bau-km 11+340 planfestgestellt worden ist.
3Die in den Jahren 1954 bis 1962 gebaute Umgehungsstraße im Zuge der B 51 führt südlich bzw. östlich um N. herum. Sie war zunächst eine zweistrei-fige und anbaufreie Strecke, die an dem an der X1. Straße endenden Zubringer zum Autobahnkreuz N. -Süd im Südwesten N1. beginnt und bis zur X2. Straße im Osten der Stadt verläuft. Sie ist aufgrund von Planfeststellungsbeschlüssen vom 12. Januar 1989 und 1. März 1995 in zwei Bauabschnitten bis Bau-km 5+100 vierstreifig ausgebaut worden. Der nun planfestgestellte Abschnitt schließt sich nach Nordosten an und sieht den vierstrei-figen Ausbau bis zur X2. Straße frei von Zufahrten und ohne Erschließungsfunktion für die angrenzenden Grundstücke vor, ferner den Neubau des Knotenpunktes B 51/B 481n/X2. Straße und den zweistreifigen Neubau der B 481n bis zum T. Damm im Norden der Stadt N. .
4Das planfestgestellte Vorhaben ist im Bedarfsplan zum Fernstraßenausbaugesetz als vordringlicher Bedarf ausgewiesen.
5Die Klägerin zu 1. ist Eigentümerin des Grundstücks C.-----weg 9 (Gemarkung N. , Flur 135, Flurstück 13) mit einer Gesamtgröße von 1102 qm, das mit einem Wohnhaus bebaut ist. Zum Haus gehört auch ein rund 80 qm großer selbst genutzter gewerblicher Teil. Das Haus wurde 1938 erbaut; die Klägerin erwarb das Grundstück im Jahr 1994. Das Grundstück liegt unmittelbar östlich der vierstreifig auszubauenden Trasse der B 51 zwischen Bau-km 6+927 und 6+950. Auf die ursprünglich vorgesehene Inanspruchnahme von 18 qm (dauerhaft) sowie 45 qm für die Baudurchführung wurde durch Planänderungsbescheid vom 12. August 2014 verzichtet. Nach den geänderten Planunterlagen soll zwischen der Trasse und dem Grundstück der Klägerin eine Lärmschutzwand in Höhe von 5,5 m errichtet werden, die einen Abstand zur Grenze des Grundstücks der Klägerin von ca. 1,7 m einhält.
6Nach der lärmtechnischen Unterlage vom 2. Mai 2007 wurden für das Grundstück C.-----weg 9 folgende Beurteilungspegel berechnet:
7Hausfront/Himmelsrichtung |
Stockwerk |
Prognose in dB(A) mit Lärmschutz Tag Nacht |
W |
EG |
55 47 |
W |
1. OG |
56 48 |
Dabei ging der Vorhabenträger davon aus, dass das Grundstück der Klägerin zu 1. in einem allgemeinen Wohngebiet liegt.
9Der Kläger zu 2. ist Eigentümer des mit einem Wohnhaus bebauten Grundstücks N2.---straße 28 (Gemarkung N. , Flur 132, Flurstück 64). Es liegt etwa 90 m östlich der Trasse der B 51 in Höhe von Bau-km 7+368. Das Wohnhaus wurde Anfang der 1970-er Jahre errichtet. Der Kläger zu 2. erwarb das Grundstück im Jahr 2010. Eine Inanspruchnahme des Grundstücks für die Baumaßnahme ist nicht vorgesehen.
10Nach den Planunterlagen wurden für das Grundstück N2.---straße 28 folgende Beurteilungspegel berechnet:
11Hausfront/Himmelsrichtung |
Stockwerk |
Prognose in dB(A) mit Lärmschutz Tag Nacht |
W |
EG |
60 52 |
W |
1. OG |
60 53 |
Dabei ging der Vorhabenträger davon aus, dass das Grundstück im Außenbereich liegt.
13Das Planfeststellungsverfahren für den vierstreifigen Ausbau der B 51 und den Neubau der B 481n wurde im Dezember 2005 eingeleitet. Die Planunterlagen lagen vom 13. Februar 2006 bis 13. März 2006 in der Stadt N. öffentlich aus.
14Die vorherige öffentliche Bekanntmachung erschien mit einer Ergänzungslieferung im Amtsblatt der Stadt N. Nr. 3 vom 10. Februar 2006. Ob diese Ergänzungslieferung bereits am 10. Februar 2006 oder erst am 14. Februar 2006 veröffentlicht wurde, ist zwischen den Beteiligten streitig. Die Bekanntmachung enthielt u. a. einen Hinweis auf die vierwöchige Einwendungsfrist, die am 10. April 2006 ablaufe, und den Ausschluss verspäteter Einwendungen. Unter Nr. 6 heißt es: „Die Nrn. 1, 2, 3 und 5 gelten für die Anhörung der Öffentlichkeit zu den Umweltauswirkungen des Bauvorhabens nach § 9 Abs. 1 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung entsprechend.“
15Die Klägerin zu 1. erhob gegen die Planung mit Schreiben vom 5. April 2006 im Wesentlichen folgende Einwendungen: Die Bekanntmachung der Planfeststellung sei erst erfolgt, nachdem die Auslegung des Planes am 13. Februar 2006 bereits begonnen habe. Die entsprechende Ausgabe des Amtsblattes Nr. 3 der Stadt N. sei erst am 14. Februar 2006 erschienen. Eine Veröffentlichung in örtlichen Tageszeitungen nach § 72 Abs. 2 VwVfG NRW sei unterblieben. Es bestehe eine Verpflichtung aus § 2 Abs. 3a FStrG, die B 51 im geplanten Abschnitt zur Autobahn aufzustufen. Die prognostizierte Verkehrsbelastung sei nur unzulänglich ermittelt worden. Eine Straße im Autobahnformat ziehe mehr Verkehr an als übliche Bundesstraßen. Daher seien die Tabellenwerte der 16. BImSchV für Autobahnen heranzuziehen. Der Prognosehorizont sei nicht ausreichend lang festgelegt. Die Ergebnisse der Umweltverträglichkeitsstudie von 1993 seien missachtet worden. Diese habe eine Vollabdeckung der Straße oder eine Ausführung als „Züblin“-Tunnel in einer Tieflage von 5 oder 6 m gefordert. Die Strukturdaten, die der Verkehrsbelastung zu Grunde gelegt worden seien, würden im Plan nicht korrekt benannt. Der häufigere Lieferverkehr zu den Betrieben sei nicht erfasst worden. Die Einwohnerzahl für N. für das Jahr 2010 sei mit nur 254.000 angesetzt; das sei eindeutig zu wenig. Die Auswirkungen der neuesten Verkehrszählung aus dem Jahr 2005 seien nicht berücksichtigt worden. Es sei nicht geprüft worden, ob die Baumaßnahme unter Ausschluss des laufenden Verkehrs zügig durchgeführt werden und zusätzlich erhebliche Einsparungen erzielt werden könnten, die in einen Lärmschutzdeckel investiert werden könnten. Die erforderlichen Ausgleichsmaßnahmen würden nicht in vollem Umfang im Nahbereich des Eingriffs realisiert. Die Verpflichtung könne vor Ort in der Form der Mitfinanzierung eines zu begrünenden Lärmschutzdeckels über der B 51 erfolgen. Die Möglichkeit, den aktiven Lärmschutz im Sinne der Vorgabe nach Ziffer 10.2 Abs. 1 VLärmSchR 97 nicht bis zum Äußersten auszureizen, sei nicht genutzt worden. Von den jetzt im Plan erfassten 165 Wohngebäuden seien bereits 79 Gebäude auf genau 49 dB(A) berechnet. Schon bei geringsten Veränderungen bei den Berechnungsmodalitäten würden die Grenzwerte für weitere Gebäude überschritten. In bisherigen Verkehrsgutachten zu Grunde gelegte Rahmenbedingungen, die sich schon in der Vergangenheit nicht bestätigt hätten, seien nicht berichtigt worden. Auch die Verkehrszunahme durch die Entlastungsstraße Nord sei nicht berücksichtigt worden. Der außerordentliche Zugang an Lkw-Verkehr durch „Mautflüchtlinge“ sei nicht erfasst. Alle Parameter der Lärmberechnung seien konkret zu benennen und bürgerfreundlich zu erläutern. Die Troglage entspreche wegen der geringen Tiefe von nur 2 m nicht den Vorgaben der Umweltverträglichkeitsstudie von 1993. Die Lärmschutzwände böten keinen ausreichenden Schutz, ihre Höhe sei in reinen Wohngebieten unzumutbar. Die Planungsvorschrift des § 50 BImSchG sei missachtet worden. Dies könne nur über § 41 Abs. 1 BImSchG durch eine abgedeckte Tieflage als Maßnahme nach dem Stand der Technik ausgeglichen werden. Die Stadt N. habe zugesagt, sich an den Kosten zu beteiligen. Die Gesundheitsgefahren seien im Erläuterungsbericht nicht ausreichend kritisch gewürdigt worden. In N. sei die Feinstaubbelastung bereits erheblich. Im Erläuterungsbericht fehle die konkrete Angabe der Verfahren und Maschinen, die besonders lärm- und erschütterungsarm eingesetzt werden könnten. Im Ergebnis ergebe eine Durchsicht der Planunterlagen, dass Abwägung und Konfliktbewältigung misslungen seien, sich jedoch die Mängel im Deckblattverfahren durch eine weiter vertiefte abgedeckte Gradiente beheben ließen.
16Der frühere Eigentümer des Grundstücks N2.---straße 28 und Rechtsvorgänger des Klägers zu 2., Herr V. S. , erhob gegen die Planung mit Schreiben vom 29. März 2006 im Wesentlichen folgende Einwendungen: Das Gebäude N2.---straße 28 sei auf Grundlage einer rechtskräftigen Baugenehmigung als hochwertige Villa geplant und gebaut worden. Die Planungen sähen weder aktiven noch passiven Lärmschutz vor. Es werde durch Lärm und Abgase zu einer erheblichen Beeinträchtigung des Wohnwertes und damit auch des Grundstückswertes kommen. Die für die Ermittlung der notwenigen Schallschutzmaßnahmen zu Grunde gelegten Verkehrszahlen und die sich daraus ergebenden Lärmbelastungen würden angezweifelt. Das Grundstück sei wegen der überwiegend westlichen Windrichtungen besonders belastet. Es sei ein erheblich höherer Verkehrszuwachs als in den jetzigen Prognosen zu erwarten, insbesondere beim Lkw-Verkehr. Mit der Umsetzung der Planung würden seine Rechte auf körperliche Unversehrtheit und Eigentum verletzt.
17Auf Grund von Einwendungen sowie Stellungnahmen und Vorschlägen der Träger öffentlicher Belange wurde das Deckblatt I ins Verfahren eingebracht. Neben Änderungen bei der Anschlussstelle X. Straße, der wassertechnischen Berechnung, der Erweiterung der Ausgleichsflächen im Landschaftspflegerischen Begleitplan und einer Schadstoffabschätzung hat es eine Aktualisierung der Verkehrsprognose vom 11. September 2006 zum Gegenstand, die nunmehr auf das Prognosejahr 2020 abstellt. Als Folge ergaben sich Änderungen bei den aktiven Lärmschutzmaßnahmen; ferner wurde für den Bereich Bau-km 5+100 bis Bau-km 7+300 eine offenporige Asphaltdeckschicht mit einem Korrekturwert DStrO von - 5 dB(A) vorgesehen.
18Die geänderten Planunterlagen lagen vom 21. Mai 2007 bis 20. Juni 2007 öffentlich aus. Unter Nr. 8 der öffentlichen Bekanntmachung heißt es: „Da das Verfahren UVP-pflichtig ist, wird darauf hingewiesen,
19- dass die für das Verfahren zuständige Behörde die Bezirksregierung N. und die für die Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens zuständige Behörde das Ministerium für Bauen und Verkehr des Landes NRW ist,
20- dass über die Zulässigkeit des Vorhabens durch Planfeststellungsbeschluss entschieden werden wird,
21- dass die ausgelegten Planunterlagen die nach § 6 Abs. 3 UVPG notwendigen Angaben enthalten und
22- dass die Anhörung zu den ausgelegten Planunterlagen auch die Einbeziehung der Öffentlichkeit zu den Umweltauswirkungen des Vorhabens gemäß § 9 Abs. 1 UVPG ist.“
23Die Klägerin zu 1. erhob in diesem Verfahrensabschnitt keine Einwendungen.
24Mit Schreiben vom 13. Juli 2007 erhob der Rechtsvorgänger des Klägers zu 2. nach Auslegung der geänderten Planunterlagen im Deckblatt I‑Verfahren folgende Einwendungen: Die Verletzung seiner Rechte werde durch die neuen vorgesehenen Änderungen nicht behoben. Die Verkehrsprognose von September 2006 setze die Belastung weiterhin zu niedrig an. Der Verkehr werde weiter steigen, insbesondere wenn der Bau weiterer Straßen abgeschlossen sei. Umleitungs- und Schleichverkehre müssten außerdem noch berücksichtigt werden. Die Einwohnerzahl von N. sei mit 254.000 zu niedrig angesetzt. Die verkehrserhöhende Entlastungsstraße Nord sei nicht aufgeführt. Weitere zusätzliche Verkehre seien nicht berücksichtigt. Insbesondere der Lkw-Anteil werde deutlicher zunehmen als angenommen. Die Einstufung der neuen Straße als Autobahn sei noch immer nicht diskutiert worden. Die prognostizierte Verkehrsbelastung sei abermals nur unzulänglich ermittelt worden. Der Prognosehorizont sei noch immer nicht ausreichend lang festgelegt. Der Lärmschutz müsse sich an der Leistungsmöglichkeit der Straße von bis zu 60.000 Kfz/h orientieren. Für den Einsatz offenporigen Asphaltbetons sei eine dauerhafte Lärmminderung noch nicht nachgewiesen. Die Belastbarkeit sei gering und der Wartungs- und Erneuerungsaufwand hoch. Die Dauer der Haltbarkeit des Belages werde nicht garantiert. In der lärmtechnischen Unterlage sei die sogenannte senkrechte Auswirkung des Lärms nicht berücksichtigt worden. Die im Planungsverfahren vorgeschriebene Bürgerbeteiligung im Stadium der Entwurfsplanung habe trotz mündlicher und schriftlicher Erinnerungen nicht stattgefunden. Im Rahmen der Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen könne ein Lärmschutzdeckel finanziert werden. Bei einer Trassenführung östlich des Bahndamms der Bundesbahn hätte dieser hohe Bahndamm als Lärmschutz zur Verfügung gestanden. Hierdurch wäre auch der Forderung entsprochen worden, zwei parallel führbare Lärmerzeuger zu bündeln. Die Unterlagen ließen nicht erkennen, wie es während der Bauzeit um den Verkehrs-, Baustellenlärm sowie die Erschütterungen bestellt sein werde. Ein Bauen ohne Verkehr sei hilfreich. Die Schadstoffabschätzung sei unzulänglich. Sie gehe von einem zu geringen Verkehr aus. Die zulässigen Feinstaubwerte würden überschritten. Für sein Grundstück sei ein aktiver Schallschutz unerlässlich.
25In der Zeit vom 24. bis 27. Februar 2009 führte die Bezirksregierung N. nach vorheriger persönlicher Einladung und öffentlicher Bekanntmachung einen Erörterungstermin durch. Weder die Klägerin zu 1. noch der Rechtsvorgänger des Klägers zu 2. nahmen an diesem Termin teil.
26Als Ergebnis des Erörterungstermins und aus Anlass von Stellungnahmen und Einwendungen führte der Vorhabenträger die Deckblätter II bis X in das Verfahren ein, die nicht öffentlich ausgelegen haben; Betroffene wurden benachrichtigt. Die Kläger erhoben insoweit keine weiteren Einwendungen.
27Mit Beschluss vom 30. September 2011 stellte die Bezirksregierung N. den Plan für den Ausbau der B 51 bzw. den Neubau der B 481n im fraglichen Abschnitt fest. Gleichzeitig setzte sie den in § 17e Abs. 2 Satz 1 FStrG für Vorhaben des vordringlichen Bedarfs vorgesehenen Sofortvollzug vorübergehend aus, da Haushaltsmittel für die Realisierung des Vorhabens noch nicht bereitstanden. Die Einwendungen der Kläger wurden zurückgewiesen. Das Grundstück des Klägers zu 2. liege entsprechend der Auskunft der Stadt N. im unbeplanten Außenbereich. Daher werde seine Forderung nach weiteren aktiven Lärmschutzmaßnahmen zurückgewiesen.
28Der Planfeststellungsbeschluss lag nach vorheriger öffentlicher Bekanntmachung in der Zeit vom 7. bis 20. Dezember 2011 bei den Städten N. und U. öffentlich aus.
29Am 20. Januar 2012 haben die Kläger Klage erhoben.
30Mit Planänderungsbescheid vom 12. August 2014 verzichtete der Beklagte auf die Inanspruchnahme mehrerer Grundstücke, u. a. des Grundstücks der Klägerin zu 1. Am 12. September 2014 haben die Kläger ihre Klage auf diesen Planänderungsbescheid erstreckt.
31Mit Bescheid vom 14. August 2014 hob der Beklagte die Aussetzung der Vollziehung des Planfeststellungsbeschlusses für den Ausbau der B 51 teilweise auf. Den Antrag der Kläger auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage lehnte der Senat mit Beschluss vom 4. November 2014 ab (11 B 1086/14.AK).
32Die Kläger beziehen sich zur Begründung ihrer Klage zunächst vollinhaltlich auf ihre Einwendungen im Verwaltungsverfahren und machen diese zum Gegenstand der Klagebegründung. Darüber hinaus tragen sie insbesondere vor:
33Sie seien mit ihren Einwendungen nicht präkludiert. In der Bekanntmachung zum Deckblatt I-Verfahren gebe es keinen Hinweis darauf, dass die Lärmschutzgrundlagen durch das Deckblatt-Verfahren hätten komplett ersetzt werden sollen. Die erhobenen Einwendungen hätten daher weitergegolten. Der Kläger zu 2. habe als Laie bei der ersten Öffentlichkeitsbeteiligung ausreichende Einwendungen erhoben. Die Öffentlichkeitsbeteiligung sei sowohl bei der ersten Auslegung 2006 als auch für das Deckblatt I im Jahr 2007 nicht rechtmäßig abgelaufen. Die Bekanntmachung der ersten Auslegung vom 13. Februar bis 13. März 2006 sei erst erfolgt, nachdem die Auslegung bereits begonnen habe. Die Bekanntmachung sei in einer „zweiten Auflage“ des Amtsblattes der Stadt N. enthalten gewesen, die mit „Ergänzungslieferung“ überschrieben gewesen sei. Diese sei nicht schon am Freitag, den 10. Februar 2006, sondern erst am 14. Februar 2006 veröffentlicht worden. Eine frühere Bekanntmachung sei auch gar nicht möglich gewesen und widerspreche der Lebenserfahrung. Daher sei die Monatsfrist für die Auslegung der Unterlagen unterschritten. Selbst wenn die Bekanntmachung noch am 10. Februar 2006 erfolgt sei, fehle es an der erforderlichen Anstoßwirkung für die Öffentlichkeit, wenn die öffentliche Auslegung am folgenden Montag beginne. Daher könne ein Einwendungsausschluss von vornherein nicht greifen.
34Die öffentliche Bekanntmachung verstoße zudem gegen Vorgaben des damals direkt geltenden Art. 6 Abs. 2 der UVP-Richtlinie. Die Bekanntmachung nehme nur in einem Satz auf die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) Bezug. Dies werde den europäischen Vorgaben in zeitlicher Hinsicht nicht gerecht. Es werde auch nicht klar gesagt, dass das Vorhaben einer UVP unterstehe, noch gebe es Angaben über die Verfügbarkeit der Informationen, die gemäß Art. 5 der UVP-Richtlinie eingeholt worden seien. Die Auslegung im Jahr 2007 könne diese Fehler nicht heilen, denn sie habe nur die Änderungen des Deckblattes I betroffen. Zwar sei nunmehr ausdrücklich auf die UVP-Pflicht hingewiesen worden, es sei aber in keiner Weise mitgeteilt worden, welche Dokumente auslägen. Beide Auslegungen hätten inhaltlich nicht den Anforderungen der §§ 9 Abs. 1b und 6 Abs. 3 UVPG und der UVP-Richtlinie in der damals geltenden Fassung entsprochen. Bei der ersten Auslegung hätten z. B. entscheidungserhebliche Berichte und Empfehlungen wie die Verkehrsuntersuchung gefehlt. Es werde bestritten, dass die Umweltverträglichkeitsstudie (UVS)1993 ausgelegen habe. Die Auslegung im Jahr 1994 reiche nicht aus. Die UVS 1993 sei nach den damals geltenden Anforderungen unzureichend gewesen. Es fehlten Variantenprüfungen und die Ermittlung und Prüfung der erheblichen, jedoch noch nicht unzumutbaren bzw. grenzüberschreitenden Umweltauswirkungen. Die zweite Auslegung werde den inhaltlichen Anforderungen erst recht nicht gerecht. Die hier ausgelegten Unterlagen einschließlich des Erläuterungsberichtes und des Landschaftspflegerischen Begleitplanes hätten sich nur auf die Änderungen im Deckblattverfahren I bezogen. Es fehle u. a. an einer allgemein verständlichen Zusammenfassung. Der nebulöse Verweis des Beklagten auf angebliche Internetveröffentlichungen führe nicht weiter. Bei beiden Auslegungen fehle eine inhaltlich ausreichende UVS, die beispielsweise die betrachteten Varianten für die B 51 einschließlich Tunnellösung (und nicht nur für die B 481n) darstelle, obwohl der Beklagte derartige Varianten geprüft habe. Selbst wenn man den Ansatz einer angeblich in den übrigen Planfeststellungsunterlagen inbegriffenen UVS für ausreichend halte, was höchst zweifelhaft sei, sei den damaligen Anforderungen der UVP-Richtlinie nicht entsprochen worden, das zeige das Beispiel der untersuchten Varianten besonders deutlich. Die Beteiligung der Öffentlichkeit sei zwingender Bestandteil des UVP-Verfahrens. Sie könne nach Ergehen des Planfeststellungsbeschlusses nicht mehr nachgeholt werden. Die Öffentlichkeit könne auch die verfahrensrechtliche Rechtmäßigkeit von Entscheidungen anfechten, für die die Öffentlichkeitsbeteiligung gelte. Die Bezugnahme im Planfeststellungsbeschluss auf eine UVS aus dem Jahr 1993 erscheine geradezu absurd. Die UVS gehe von 31.000 Kfz/24h aus, der Planfeststellungsbeschluss hingegen von 50.560 Kfz/ 24h. Zudem habe die UVS eine Vollabdeckung mit Überschüttungsmöglichkeit vorgesehen, die nicht planfestgestellt worden sei. Die Stadt N. habe der Planung ausdrücklich vor dem Hintergrund des Ergebnisses einer abgedeckten Troglage zugestimmt. Diese Lösung habe daher nicht im Erläuterungsbericht mit einem Satz ausgeschlossen werden dürfen. Aufgrund neuerer Rechtsprechung könne der Beklagte sich nicht darauf berufen, dass es an einer Kausalität zwischen Fehler und Planfeststellungsbeschluss fehle. Da es um zentrale Bestandteile der europäischen Beteiligungsanforderungen gehe, sei der Planfeststellungsbeschluss allein deshalb zumindest für rechtswidrig und nicht vollziehbar zu erklären.
35Es sei eine neue Linienbestimmung erforderlich gewesen, da mit der B 481n eine neue Bundesfernstraßenverbindung geschaffen werde, die im Hinblick auf die nach § 15 Abs. 1 Satz 3 UVPG in der Umweltverträglichkeitsprüfung zur Linienbestimmung zu prüfenden, ernsthaft in Betracht kommenden Trassenvarianten einer einheitlichen Betrachtung mit der Planung der B 51 bedürfe. Die Variantenprüfung der Linienbestimmung sei in der Planfeststellung wieder aufzugreifen und in dem gebotenen Umfang und im Detail zu konkretisieren. Die Bezugnahme auf eine Linienbestimmung vom 14. Dezember 1967 für die B 481n und das Ergebnis der damaligen UVP sei verfahrensfehlerhaft, weil es damals eine UVP im Sinne des heutigen Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung noch gar nicht gegeben habe. Daher sei im Ergebnis vom Fehlen der UVP in der Linienbestimmung mitsamt der gesetzlich vorgesehenen Trassenvariantenprüfung auszugehen. Eine Linienbestimmung fehle damit insgesamt.
36Der Planfeststellungsbeschluss genüge nicht dem Abwägungsgebot des § 17 Satz 2 FStrG. Er sei erlassen worden, ohne vorher die Abwägungsgrundlagen ausreichend zu ermitteln. Für den Kläger zu 2. sei erst bis Mitte Oktober 2011 ermittelt worden, ob sein Anwesen dem Innen- oder Außenbereich zuzuordnen sei. Da der Planfeststellungsbeschluss bereits getroffen gewesen sei, habe der Beklagte gar nicht mehr zu einem anderen Ergebnis als Außenbereich kommen können und sich vorab gebunden. Die Schadstoffuntersuchung des Büros M. aus September 2011 sei dem Beklagten erst am Datum der Planfeststellung zugegangen. Es habe im Planfeststellungsverfahren im eigentlichen Sinne gar keine Variantenprüfung gegeben, sondern einzig eine Bezugnahme auf eine vom Auftrag eng begrenzte schon damals zwölf Jahre alte UVS, die sich auf die Bestandstrasse beschränke. Das von der Beklagten gewählte gestufte Verfahren mit einer UVP vor rund 20 Jahren und einer Prüfung zusätzlicher oder anderer erheblicher Umweltauswirkungen in der Planfeststellung sei rechtlich nicht zulässig gewesen. Insbesondere seien keine Varianten geprüft worden. Damit sei eine UVP nicht durchgeführt und nicht nachgeholt. Daher fehle es an der erforderlichen Abwägungs- und Ergebnisoffenheit. Es finde sich dementsprechend nicht einmal eine Grobprüfung anderer in Betracht kommender Trassenführungen für die B 51. Die Prüfung habe auch nicht unter dem Gesichtspunkt unterbleiben dürfen, dass es sich um den dritten Bauabschnitt eines Gesamtvorhabens handele. Es dränge sich die Variante östlich der Umgehungsbahn geradezu auf: Am Ende des zweiten Bauabschnitts knicke die Alternativtrasse nach rechts ab, führe etwa einen Kilometer Richtung Osten, werde unter dem Bahndamm hindurchgeführt und dann parallel zum Bahndamm und der Hochspannungsleitung. Nördlich der X2. Straße werde der Bahndamm erneut gequert; sodann werde die planfestgestellte Trasse der B 481n genutzt. Dies entlaste den gesamten Kernbereich von St. N3. , der wieder zusammenwachsen könne und konzentriere Verkehrstrassen. Die Trasse führe vorwiegend über landwirtschaftlich genutzte Flurstücke und könne ebenerdig geführt werden. Der Bahndamm bilde einen Lärmschutzwall. Die Variante sei zwar einen Kilometer länger, es werde aber auch Versiegelung eingespart im Zusammenhang mit dem Knoten mit der X2. Straße, der allein zu einem Verbrauch von 20 ha Fläche führe, die großenteils versiegelt werden müsse. Die Bestandstrasse der B 51 könnte entsiegelt werden. Das Landschaftsschutzgebiet X3. -F. -Niederung werde nur an seinem äußersten Rand tangiert. Die Alternativtrasse käme gänzlich ohne Inanspruchnahme von Wohneigentumsgrundstücken aus, es wären höchstens einige wenige Kleingärten betroffen. Auch Kosten- und Wirtschaftlichkeitserwägungen sprächen für die Alternativtrasse. Es wäre lediglich für einige wenige Häuser im Außenbereich weiter östlich der Trasse für Lärmschutz zu sorgen. Geringere Kosten für Lärmschutz und für den Knoten X2. Straße führten zu Millioneneinsparungen. Die in der Klagebegründung vorgelegte Skizze solle nur die verbale Beschreibung der möglichen Trasse unterstützen und kein rechtwinkliges Abknicken der Trasse einfordern. Darüber hinaus fehlten offenbar jegliche Variantenüberlegungen zur Verlängerung des Troges und des offenporigen Asphalts. Die unter Nutzen-Kosten-Gesichtspunk-ten im Hinblick auf Lärmschutz und Eigentumsinanspruchnahme günstigste Variante sei gar nicht ermittelt worden.
37Die Verkehrsprognose sei unzureichend und komme zum Nachteil der Kläger zu einer zu geringen Verkehrsbelastung. Es gebe keinen sachlichen Grund für eine Beschränkung auf den Prognosehorizont 2020. Der „Kurzbericht ‑ Ausblick Prognose 2025“ sei unzutreffend. Die knappen Ausführungen seien in keiner Weise nachvollziehbar und widersprächen zum Teil dem Gutachten für den Zeitraum bis 2020, in dem der Anstieg des Schwerverkehrs von knapp 5 % nicht berücksichtigt sei. Die Prognose genüge auch im Übrigen methodisch nicht den Anforderungen. Das Prognoseergebnis sei weder nachvollziehbar begründet noch beruhe es auf realistischen Eingangsdaten und Annahmen. Die Ergebnisse ließen sich nicht ableiten. Es fehlten die Berechnungsgrundlagen, genaue Quellenangaben und eine Beschreibung des Rechenvorgangs. Für eine Reihe von Eingangswerten gebe es keine Ableitungen. Der Verkehr für den Abschnitt X. Straße bis X2. Straße sei weiterhin zu niedrig angesetzt. Der Planfeststellungsbeschluss stelle für 2020 auf 50.560 Kfz/24h vom B. Weg bis zur X. Straße und auf 41.730 Kfz/24h von der X. Straße bis zur X2. Straße ab. Die Verkehrszählung 2010 weise für die B 51 „Umgehungsstraße N. “ 55.700 Kfz/24h aus. Die Prognose werde im Hinblick auf die Entwicklung auf den bereits ausgebauten Abschnitten den Erfahrungswerten nicht gerecht. Dort habe der Verkehr von 1990 bis 2005 um 125 % bzw. 203 % zugenommen. Er werde weiter steigen, wenn der Weiterbau der B 51 nach Osten und der B 481n nach Norden abgeschlossen sein werde. Die Ausführungen zur Aktualisierung von September 2006 seien nicht nachvollziehbar und blieben nebulös. Auswirkungen anderer Maßnahmen auf die B 51/B 481n würden nicht im Einzelnen aufgeführt. In einer früheren Unterlage sei die Einwohnerzahl von N. für 2010 mit 254.000 eingestellt, bereits jetzt habe N. 280.000 Einwohner mit steigender Tendenz. Die verkehrserhöhende „Entlastungsstraße Nord“ werde nicht aufgeführt. Auch das neue Wohngebiet in X4. -Nord und die Erschließung des neuen Gewerbegebiets B1.--------straße in X4. würden nicht erwähnt. Bei der Umgehungsstraße X4. reiche der Zufluss von Mautverkehr bis zur A 2 bei C1. . Es müssten auch die Zugänge durch Expansion und Verlagerung von zwei großen Firmen mit Logistikbedarf im Bereich I.-----weg und einer großen Baustoffhandlung an der M1. berücksichtigt werden. Auch der seit 2004 bestehende Masterplan zur Entwicklung des Hafenbereichs sei nicht berücksichtigt. Der Aufstellungsbeschluss des entsprechenden Bebauungsplans vom 7. Juli 2010 habe zum Zeitpunkt der Planfeststellung längst vorgelegen. Die Verkehrsuntersuchung dieser Planung gehe für die B 51 zwischen B. Weg und X. Straße im Jahr 2025 von 51.400 Kfz/24h aus; diese Prognose liege über der des IVV-Gutachtens, das für 2020 nur 50.600 Kfz/24h vorhersage. Daher werde die IVV-Verkehrsprognose durch die Planungen der Stadt N. widerlegt. Die Prognosen übersähen nach wie vor, dass seit Jahrzehnten geplant sei, eine durchgehend leistungsfähige Verbindung zwischen N. und der A 2 im Osten zu schaffen. Dies werde den Verkehr im fraglichen Abschnitt um 15.000 Kfz/24h erhöhen. Der Ansatz eines Lkw-Anteils von 13 % tags und 12 % nachts sei zu niedrig. Viele Lieferfahrzeuge ab 2,8 t würden fehlerhaft als Pkw gezählt. Es gebe offenkundig keine Unterlage, die entsprechend den Vorgaben der 16. BImSchV die Ermittlung einer maßgebenden stündlichen Verkehrsstärke und eines maßgebenden Lkw-Anteils (über 2,8 t) am Gesamtverkehr über die Nachtzeit dokumentiere. Dafür sei auf die Standardwerte der 16. BImSchV zurückzugreifen.
38Die lärmtechnische Untersuchung leide unter einer Reihe von Fehlern, die sich auf das Ergebnis auswirkten. Sie sei in mehrererlei Hinsicht ungenügend. Die Untersuchung sei offenkundig nicht von sachkundigen Personen erstellt worden. Es gebe keinerlei Hinweise auf die Verfasser. Die Methodik der Ermittlung der ausgewiesenen Beurteilungspegel sei nicht ausreichend dargestellt. Es fehlten Angaben, wie die Gebietsarten, die Abstände, Höhen und Geschosse ermittelt worden seien, sowie Angaben zu Kosten von Lärmschutzmaßnahmen und Lärmschutzvarianten sowie Angaben zu den für einen Vollschutz erforderlichen Maßnahmen und Lärmberechnungen für die Außenwohnbereiche. Es sei nicht dargelegt, welche Eingangsdaten und welche Fassung der Software „Sound Plan“ verwendet worden sei. Der Beklagte habe die Fachgutachten nicht auf Plausibilität überprüft. Die Gutachten in ihren verschiedenen Fassungen hätten der Planfeststellung nicht zu Grunde gelegt werden dürfen. Die lärmtechnische Untersuchung basiere auf falschen Prognosedaten. Das gelte insbesondere für den zu geringen Lkw-Anteil; es sei nicht nachvollziehbar, wie die Verteilung auf Tag und Nacht ermittelt worden sei. Der Beklagte habe laut Vermerk vom 1. März 2011 vom Landesbetrieb Straßen NRW eine Neuerstellung des Lärmschutzkonzepts gefordert. Diese Neukonzeption sei offenbar nicht vorgelegt worden und könne nicht in den „vier Seiten plus ein paar Tabellen“ im Verwaltungsvorgang gesehen werden.
39Für die Klägerin zu 1. seien falsche Berechnungspunkte gewählt worden. Das Erdgeschoss beginne beim Haus der Klägerin zu 1. erst in etwa 1,5 bis 1,6 m Höhe. Daher wären bei 0,2 m über Fensteroberkante 4,2 und 7,0 m statt 2,4 und 5,2 m anzusetzen gewesen. Dabei sei noch zu klären, in welchem Verhältnis die Geländeoberkante nach dem Höhenplan zur Geländehöhe an ihrem Haus stehe. Der Abstand vom Immissionsort zur Achse der Straße sei für die Klägerin zu 1. mit 36,4 m angegeben. Dies treffe für den Außenwohnbereich ersichtlich nicht zu. Es seien offenbar flächendeckend alle Außenwohnbereiche nicht berechnet und sämtliche Entschädigungsansprüche in diesem Zusammenhang verkannt worden. Auch für das Grundstück des Klägers zu 2. liege der maßgebliche Immissionsort für den Außenwohnbereich erheblich näher an der Trasse. Die Höhe sei bei ihm noch niedriger angenommen als bei der Klägerin zu 1. Der Fehler fehlender Ermittlung der Betroffenheit der Außenwohnbereiche werde nicht durch die Nebenbestimmung A.5.2.3 geheilt. Es fehlten erforderliche Ermittlungen der Schutzansprüche für die Prüfung der Schallschutzvarianten und das erforderliche Abwägungsmaterial. Ansprüche auf passiven Schallschutz stünden in keinem zwingenden Verhältnis zu Entschädigungsansprüchen für Außenwohnbereiche. Dem Kläger zu 2. werde der ihm zustehende Lärmschutz verwehrt. Er könne sich auf den Schutz für Wohngebiete berufen (59 dB(A) tags, 49 dB(A) nachts); die Grenzwerte würden jeweils überschritten. Die Einstufung seines Grundstücks als Außenbereich sei unzutreffend. Für sein Grundstück bestehe kein Bebauungsplan. Weniger als 10 m östlich beginne ein reines Wohngebiet (Bebauungsplan Nr. 300 der Stadt N. ). Es bestehe ein Bebauungszusammenhang mit dem östlich der Straße bestehenden Wohngebiet. Die N4.----straße habe im vorliegenden Fall keine trennende, sondern eine verbindende Funktion. Beide Straßenseiten stünden in entsprechenden optischen Beziehungen und prägten sich gegenseitig; das folge auch aus eindeutigen historischen Bezügen. Die N5.---straße habe beiderseits Gehwege und Straßenbeleuchtung. Die Bebauung sei ähnlich. Westlich der N5.---straße stünden zwei weitere Häuser. Die Baulücke zum Haus Nr. 24 unterbreche den Bebauungszusammenhang nicht. Zur Baugenehmigung für sein Haus aus dem Jahr 1971 sei die Auskunft erteilt worden, dass sich Art und Maß der baulichen Nutzung nach einem „reinen Wohngebiet“ zu richten habe. Das ergebe sich auch aus der Ortssatzung der Stadt N. vom 27. Juli 1957. Die Umspannstation für das Wohngebiet sei in den klägerischen Baukomplex integriert. Die Ausweisung im Flächennutzungsplan sei nicht parzellenscharf, es verbleibe ein Interpretationsspielraum. Ein Straßenbaubeitragsbescheid der Stadt N. vom 28. März 2014 sehe das Grundstück des Klägers zu 2. in voller Breite als bebaubar an.
40Die zur Umsetzung des in § 41 BImSchG vorgegebenen Lärmschutzkonzepts erforderliche Nutzen-Kosten-Prüfung einschließlich der dafür erforderlichen Grundlagendaten fehle in den Planfeststellungsunterlagen. Es seien die Kosten je Schutzfall zu betrachten, d. h. die Kosten je durch die jeweilige Lärmschutzvariante „bewältigten“ Schutzfalls, also je erreichter Grenzwerteinhaltung. Pauschale Betrachtungen seien zulässig, wenn der Gleichheitssatz beachtet werde. An dem sich daraus ergebenden Prüfungsprogramm fehle es. Die lärmtechnische Untersuchung ermittele keine Beurteilungspegel für Außenwohnbereiche. Damit seien eine Vielzahl von Anspruchsberechtigungen nicht erkannt. Der Nutzen eines Lärmschutzkonzepts könne so nicht ermittelt werden. Es gebe keine Angaben zu den erforderlichen Maßnahmen und den Kosten für einen Vollschutz, welche Lärmschutzvarianten mit welchem Nutzen und welchen Kosten betrachtet worden seien und zu den Kosten einzelner Lärmschutzmaßnahmen. Die von der Stadt N. beschlossene Beteiligung an den Kosten sei nicht berücksichtigt. Im Planfeststellungsbeschluss seien die Kosten je Schutzfall nicht ermittelt worden, die Prüfung sei frei von nachvollziehbaren Maßstäben. Für die Bereiche der Kläger gebe es nur nicht nachvollziehbare allgemeine Annahmen. Rechne man die Kostensteigerung je bewältigtem Schutzfall, ergebe sich eine Steigerung von nur 1,7 %. Das sei verhältnismäßig. Allerdings fehlten hier die Außenwohnbereiche. Die vom Beklagten angeführte „abwägende Mitberücksichtigung“ scheide logisch aus. Die Beurteilungspegel für Außenwohnbereiche seien gesondert zu ermitteln und gesondert in die Abwägung einzuführen und gegebenenfalls zu entschädigen. Das alles sei versäumt worden, so dass eine sachgerechte Nutzen-Kosten-Betrachtung nicht habe angestellt werden können. Die örtlichen Verhältnisse seien unvollständig ermittelt. Es fehle an der Ermittlung und Prüfung erheblicher, jedoch noch nicht unzumutbarer bzw. grenzüberschreitender Lärmbelastungen. Gleiches gelte für Luftschadstoffbelastungen und Erschütterungen. Der Flächennutzungsplan der Stadt N. weise beidseitig der B 51 Wohnbauland aus. Eine angebliche Berücksichtigung einer plangegebenen Vorbelastung der Wohnhäuser nördlich der Straße „Zum Guten Hirten“ sei nicht nachvollziehbar. Der Hinweis Nr. 6 in der vom Beklagten seiner Klageerwiderung als Beispiel beigefügten Baugenehmigung habe keine Regelungswirkung. Nicht berücksichtigt sei die mit der planfestgestellten Schutzvariante (5 m Lärmschutzwand) einhergehende Eigentumsbeeinträchtigung für die Klägerin zu 1.
41Die Luftschadstoffuntersuchungen litten ebenfalls unter fehlerhaften Prognose-annahmen. Die Übernahme der Hintergrundbelastung von einer Messstation, die nicht hinreichend auf die Übertragbarkeit der Umgebungsverhältnisse geprüft worden sei, sei fehlerhaft. Offenbar seien die Werte der Messstation N. -Geist angesetzt worden. Diese erfasse aufgrund ihrer Lage und der regelmäßi-gen Westwinde vorwiegend ländliche Hintergrundbelastung. Dagegen hätten sich Luftmassen bei den Grundstücken der Kläger nach Überquerung der Stadt N. mit Schadstoffen angereichert. Die Messstation an der X1. Straße in N. habe in den letzten Jahren Überschreitungen bei NO2 gemessen. Die Annahmen zur Verkehrssituation in Abbildung 5.1 des Luftschadstoffgutachtens stünden im Widerspruch zu den Angaben in der lärmtechnischen Untersuchung. Die Auswertung sei irreführend; relevant sei die Belastung in allen Wohnberei-chen, hier besonders auch in den Außenwohnbereichen, die deutlich höher belastet seien als die Wohnhäuser. In den Gartenbereichen ergäben sich rechnerisch Grenzwertüberschreitungen. Es fehle ‑ auch in der vom Beklagten vorgelegten ergänzenden E-Mail ‑ eine Berechnung der Kurzzeitgrenzwerte. Die Belastungen durch Baulärm und Erschütterungen während der Bauzeit seien weder ermittelt noch im Planfeststellungsbeschluss Aussagen zum Schutz vor ihnen getroffen worden. Der Planfeststellungsbeschluss führe widersprüchlich aus, die AVV-Baulärm sei zu beachten, aber sie könne nicht eingehalten werden. Das widerspreche der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes. Das Vorhaben entspreche nicht dem Gebot der Eingriffsminimierung in § 15 Abs. 1 BNatSchG. Die Ausgestaltung des Knotens B 51/X2. Straße führe zu vermeidbaren Eingriffen.
42Die Kläger beantragen,
43den Planfeststellungsbeschluss des Beklagten vom 30. September 2011 in der Fassung des Planänderungsbescheides vom 12. August 2014 aufzuheben,
44hilfsweise,
45den Beklagten unter teilweiser Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses vom 30. Septem-ber 2011 in der Fassung des Planänderungsbescheides vom 12. August 2014 zu verpflichten, die Kläger hinsichtlich ihrer durch das Vorhaben betroffenen Rechte/Interessen, insbesondere hinsichtlich des Schutzes vor Immissionen, erneut zu bescheiden.
46Der Beklagte beantragt,
47die Klage abzuweisen.
48Er verweist auf den angefochtenen Planfeststellungsbeschluss und trägt ergänzend im Wesentlichen vor:
49Die Klägerin zu 1. sei mit ihrem Klagevorbringen gegen den Prognosehorizont, das Verkehrsgutachten, die Lärm- und Schadstoffimmissionen präkludiert, weil sie nach der Auslegung der geänderten Planunterlagen als Deckblatt I keine Einwendungen mehr erhoben habe. Die im Bereich des Grundstückes der Klägerin zu 1. geplante Lärmschutzwand solle nicht auf ihrem Grundstück, sondern in einem Abstand von 1,7 m zu ihrem Grundstück errichtet werden. Es werde auf jegliche Inanspruchnahme ihres Grundstückes verzichtet.
50Die konkreten unpräkludierten Einwendungen des Rechtsvorgängers des Klägers zu 2., Herrn V. S. , richteten sich auf die Überprüfung des Verkehrsgutachtens und der hieraus folgenden Lärmschutzmaßnahmen. Sein Grundstück befinde sich in einer Entfernung von rund 92 bis 107 m zum künftigen Fahrbahnrand und liege wie die Grundstücke N2.---straße 22 und 24 im Außenbereich gemäß § 35 BauGB. Sie würden durch die N5.---straße von dem gegenüberliegenden Wohngebiet getrennt und lägen als Einzelbebauungen ohne Ordnungsstruktur in einem zusammenhängenden größeren Waldgebiet. Die lärmtechnische Berücksichtigung als Wohngebiet sei nicht begründbar; dies ergebe sich auch aus einer schriftlichen planungsrechtlichen Auskunft der Stadt N. vom 9. No-vember 2011. Seit Inkrafttreten der 56. Änderung des Flächennutzungsplanes der Stadt N. am 5. Juli 1991 sei das Grundstück nicht mehr als Wohnbaufläche ausgewiesen. In planungsrechtlichen Auskünften der Stadt werde es seit 2002 stets als Außenbereich beurteilt.
51Die Offenlage der Planunterlagen sei ordnungsgemäß bekannt gemacht worden. Dies sei von der Stadt N. mit Schreiben vom 20. Februar 2006 bestätigt worden. Aus der Bezeichnung als „Ergänzungslieferung“ könne nicht auf eine spätere Bekanntmachung geschlossen werden. Auch die Ergänzungslieferung sei laut einem Schreiben der Stadt N. vom 14. Mai 2012 am 10. Februar 2006 erschienen und ausgeliefert worden. In einem Pressetext sei fälschlicherweise als der Tag der Bekanntgabe der 14. Februar 2006 genannt worden. Für den Bekanntmachungszeitraum vor der Planoffenlage seien nach § 73 Abs. 5 VwVfG NRW keine Fristen vorgegeben. Weitere Bekanntmachungen seien nach der Hauptsatzung der Stadt N. nicht vorgesehen gewesen. Im Übrigen sei die von den Klägern unzutreffend behauptete Verspätung der Bekanntmachung aus Rechtsgründen unschädlich. Die erforderliche Anstoßwirkung sei erreicht worden, da die Kläger und 264 weitere Einwender fristgerecht Einwendungen erhoben hätten. Die Hinweise in den Bekanntmachungstexten hätten sowohl im Jahr 2006 als auch im Jahr 2007 den gesetzlichen Vorgaben des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung entsprochen. Aus Anzahl und Inhalt der Einwendungen gehe deutlich hervor, dass alle Verfahrensbeteiligten verstanden hätten, dass die Beteiligung der betroffenen Öffentlichkeit auch das UVPG-Verfah-ren umfasst habe. Soweit die Kläger unzutreffend unterstellten, es handele sich um Verfahrensfehler, seien diese aus Rechtsgründen nach Maßgabe des Kausalitätserfordernisses unschädlich.
52Die UVP sei insgesamt konsequent und verfahrensfehlerfrei durchgeführt worden. Unter Ziffer 4.4. des Planfeststellungsbeschlusses sei die Strukturierung der UVP auf den verschiedenen Planungsstufen mit Schwerpunkt im Planfeststellungsverfahren beschrieben, die zusammenfassende Darstellung der Umweltauswirkungen werde gemäß § 11 UVPG ab Seite 58, die abwägende Bewertung der Umweltauswirkungen gemäß § 12 UVPG ab Seite 69 methodisch getrennt vor der abschließenden Abwägung nach § 17 FStrG dargestellt. Die planfestgestellte Variante stütze sich auf ein in der UVS 1993 noch nicht untersuchtes verbessertes Lärmschutzkonzept.
53Die Überprüfung des Planungskonzeptes habe bereits in der UVP eine Bestätigung des Ausschlusses der Neubautrassenführung östlich der Umgehungsbahn ergeben. Diese Trassenführung widerspreche dem Bundesfernstraßenbedarfsplan und dem Gebietsentwicklungsplan, führe zu einem erheblich größeren Eingriff in die im Planfeststellungsbeschluss aufgeführten Umweltgüter und habe nicht das Vermeidungspotenzial, auf das sich der Ausbau der Bundesstraße im vorbelasteten Bereich mit einer zusätzlichen Lärmsanierung stützen könne. In ihren Einwendungen hätten die Kläger bzw. Rechtsvorgänger die Prüfung der Umgehungsbahnalternative nicht angesprochen. Die Neubauvariante östlich der Umgehungsbahntrasse sei bereits im ersten und zweiten Planfeststellungsabschnitt verworfen worden. Der Planfeststellungsbeschluss habe die Vorgaben zum Linienbestimmungsverfahren und dessen Ergebnis für den Planungsabschnitt der B 481n berücksichtigt. Der Bedarfsplan für die Bundesfernstraßen gebe einen Ausbau der B 51 im vorhandenen Straßenzug vor. Daher habe für diesen Abschnitt auf eine Linienbestimmung verzichtet werden können.
54Das dem Planfeststellungsbeschluss zu Grunde gelegte projektbezogene Verkehrsgutachten vom 11. September 2006 sowie der zuletzt erstellte Ausblick auf das Prognosejahr 2025 seien nicht zu beanstanden. Der Hinweis der Kläger auf einen Presseartikel über die Verkehrszählung 2010 beziehe sich auf den stärker frequentierten Streckenabschnitt zwischen dem Autobahnkreuz N. -Süd und der X1. Straße. Für den vorliegenden dritten Abschnitt der B 51 weise die Verkehrszählung 2010 Verkehrsbelastungen in Höhe von 32.500 Kfz/24h auf dem Teilabschnitt zwischen B. Weg und X. Straße sowie 20.500 Kfz/24h auf dem Teilabschnitt zwischen X. Straße und X2. Straße auf. Die „Entlastungsstraße Nord“ sei in der Aktualisierung vom 11. März 2008 berücksichtigt; sie führe zu etwas geringeren Belastungswerten (minus 1.000 bis minus 2.000 Kfz DTV) für die B 51 und zu einer marginalen Verringerung auf der B 481n. Die bis zum Jahr 2025 zu erwartende Steigerung des Schwerverkehrs um knapp 5 % beziehe sich auf die absoluten Zahlen im Schwerverkehr und sei nicht als Anstieg in Prozentpunkten zu werten. Sie liege in einem Toleranzbereich der allgemeinen methodischen Prognosesicherheit und stelle die Verwertbarkeit der dem Planfeststellungsbeschluss zu Grunde gelegten Prognoseberechnung zum Horizont 2020 nicht in Frage. Methodisch zutreffende Prognoseermittlungen könnten sich nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts auch auf kürzere Prognosehorizonte als 15 Jahre stützen. Die „Ergänzungen zum Kurzbericht Ausblick Prognose 2025 vom 28.07.2011“ vom 14. Juni 2012 bestätigten, dass die Verkehrsmengengerüste auch bis zum Jahr 2025 noch eine Validität besäßen. Eine Fortschreibung des Prognoseergeb-nisses auf das Jahr 2025 ergebe nur eine marginale irrelevante Erhöhung des Prognoseimmissionspegels um bis zu 0,2 dB(A). Für die Außenwohnbereiche des Wohngrundstücks des Klägers zu 2. seien fiktive Lärmberechnungen unter Berücksichtigung der Ergebnisse des Ausblicks Prognosejahr 2025 angestellt worden. Für Balkon, Freisitz und Terrassen ergäben sich Tagwerte von 55,4 bis 58,9 dB(A).
55Die lärmtechnischen Berechnungen seien mit Hilfe des DV-Programms „Sound Plan“ erstellt worden; dieses Programm sei zertifiziert und nicht zu beanstanden. Auf Grund der Komplexität der Berechnung würden nur die Ergebnisse in einer Tabelle zusammengefasst und dem lärmtechnischen Entwurf beigefügt. Dem präkludierten Hinweis auf mögliche Höhendifferenzen bei der Festlegung der Immissionsorte auf dem Grundstück der Klägerin zu 1. sei nachgegangen worden. Eine vermessungstechnische Überprüfung habe am Wohnhaus im ungünstigsten Fall (1. OG) eine Höhendifferenz um fast 1,64 m ergeben. Derartige Differenzen könnten sich z. B. durch versetzte Ebenen innerhalb des Hauses erklären; sie würden typischerweise nur einwendungsbezogen berücksichtigt. Mit den höhergelegenen Immissionsorten und unter Berücksichtigung des um 5 % gestiegenen Schwerverkehr-anteils bis 2025 lägen die berechneten Lärmpegel mit 54,7 dB(A) am Tag und 47,1 dB(A) in der Nacht sowohl im Erdgeschoss als auch mit 56,1 dB(A) am Tag und 48,6 dB(A) in der Nacht im Obergeschoss unterhalb der für Wohngebiete geltenden Immissionsgrenzwerte.
56An den Wohngebäuden der Kläger werde Volllärmschutz erreicht. Bei der Abwägung der Lärmschutzkonzepte zu den einzelnen Lärmschutzbereichen im Planfeststellungsbeschluss sei zur Berücksichtigung von Außenwohnbereichen zutreffend davon ausgegangen worden, dass passive Lärmschutzreste nur in Obergeschosshöhe verblieben und Außenwohnbereiche dort als Balkon jeweils beim Innenwohnbereich einer Wohneinheit abwägend mitberücksichtigt werden könnten. Bei der Abwägung des Lärmschutzkonzeptes zum Bereich C2.-----weg sei zutreffend berücksichtigt, dass sich nur für einen einzigen Balkon ein den Tagesgrenzwert überschreitender Beurteilungspegel im Außenwohnbereich von 59,38 dB(A) ergebe. Entgegen der Behauptung der Kläger gebe es im Abschnitt C2.-----weg /Westseite kein aktiv ungeschütztes bereits festgesetztes Wohngebiet. Die Baugenehmigungen der Wohnhäuser nordwestlich der Straße „Zum Guten I1. “ seien mit der Maßgabe erteilt worden, dass keine Ansprüche rechtlicher oder finanzieller Art gegenüber dem Landesbetrieb Straßen NRW hergeleitet werden könnten, die sich auf Lärmschutzmaßnahmen bezögen, die auf Grund von auftretenden Lärmimmissionen auf der B 51 nötig würden. Der Rat der Stadt N. habe dem Lärmschutzkonzept der Bundesstraßenverwaltung erstmals in seiner Sitzung vom 13. September 2000 und zuletzt im Jahr 2011 in Gestalt des Deckblattes IX zugestimmt. Mehrkosten des Lärmschutzkonzeptes, die für städtebaulich wirksame Maßnahmen gefordert seien, würden von der Stadt N. getragen; dies seien Mehrkosten für eine lärmschutzneutrale Kragarmausbildung und eine transparente Ausbildung von Lärmschutzwänden im oberen Bereich. Zwischen Baulastträger und der Stadt N. sei keine Kostenübernahme zu Maßnahmen mit zusätzlichem Lärmschutzeffekt vereinbart, die im Hinblick auf die Rechtsprechung zur Kostenverhältnismäßigkeit nach § 41 BImschG im Planfeststellungsverfahren grenznutzenrelevant seien.
57Das Gutachten zu den Luftschadstoffbelastungen sei fachlich nicht zu beanstanden. Es zeige auf, dass im Bereich des Grundstückes der Klägerin zu 1. die Luftschadstoffe im Prognosefall unterhalb der maßgeblichen Grenzwerte liegen. Dabei sei mit 50.600 Kfz/24h die höchste Prognoseverkehrsbe-lastung aus dem Teilabschnitt zwischen B. Weg und X. Straße für die Berechnung des gesamten vorliegenden Streckenabschnittes der B 51 zu Grunde gelegt worden, während für den Bereich C2.-----weg ein um 17,5 % geringerer DTV-Wert von 41.730 Kfz/24h zutreffe. Das Gutachten, das von einer gefahrenen Geschwindigkeit von 70 km/h ausgehe, liege daher auch dann auf der sicheren Seite, wenn von der zuständigen Straßenverkehrsbehörde künftig ein Tempolimit von 100 km/h zugestanden würde. Eine Berechnung unter Zugrundelegung von 100 km/h habe ergeben, dass für das Grundstück der Klägerin zu 1. keine Grenzwertüberschreitungen zu erwarten seien.
58Der Planfeststellungsbeschluss enthalte an mehreren Stellen Auflagen und Abwägungen zur Problembewältigung von Bauimmissionen. Dadurch sei der Straßenbaulastträger primär an die Einhaltung der AVV-Baulärm gebunden. Unter Berücksichtigung weiterer Maßnahmen (möglichst geräuscharme Bauverfahren, Bauzaun, Modifizierungen der Baumaßnahmen im Hinblick auf die AVV) könnten die Voraussetzungen des § 906 BGB beim Ausbau der bestehenden Bundesfernstraße ortsüblich eingehalten werden. Vorsorglich sei die Öffnung des Entschädigungsverfahrens zum Schutz der Anwohner im Planfeststellungsbeschluss angeordnet worden.
59Gegenüber dem heute bestehenden Zustand werde eine Lärmsanierung an der B 51 erreicht. Damit gehe die Steigerung der Lebens- und Wohnqualität im Bereich N3. einher; dies gelte auch für Anwohner im Bereich der N5.---straße . Der Planfeststellungsbeschluss habe unvermeidbare Wertminderungen im Wege der Abwägung auch dann berücksichtigt, wenn Lärmvorsorgeansprüche wegen Unterschreitung der Grenzwerte nicht bestünden.
60Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die Gerichtsakte und die Beiakten des vorliegenden Verfahrens sowie auf die zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemachten planfestgestellten Unterlagen und Verwaltungsvorgänge des Beklagten (Beiakten zum Verfahren 11 D 6/12.AK).
61E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
62Die zulässige Klage ist nicht begründet. Sie dringt weder mit ihrem im Hauptantrag formulierten Anfechtungsantrag auf Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses (A.) noch mit dem hilfsweise gestellten Verpflichtungsantrag durch (B.).
63A. Der auf die Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses gerichtete Hauptantrag ist unbegründet. Gegenstand der Klage ist der Planfeststellungsbeschluss des Beklagten vom 30. September 2011 in der Fassung, die er durch den Planänderungsbescheid vom 12. August 2014 erhalten hat. Die Kläger haben diesen Planänderungsbescheid am 12. September 2014 in ihre Klage einbezogen. Der festgestellte Plan und die nachträgliche Änderung verschmelzen zu einem einzigen Plan; es kommt inhaltlich zu einer einheitlichen Planungsentscheidung. Das hat zur Folge, dass sich der Planfeststellungsbeschluss in seiner Ursprungsfassung prozessual erledigt und das Rechtsschutzinteresse für ein gegen ihn gerichtetes Klagebegehren entfällt. Will der Kläger weiterhin Rechtsschutz gegen die Planung erreichen, bleibt ihm also keine andere Wahl, als gegen diese Entscheidung in ihrer geänderten Fassung vorzugehen.
64Vgl. BVerwG, Urteil vom 18. März 2009 ‑ 9 A 31.07 ‑, Buchholz 310 § 74 VwGO Nr. 15, S. 2, m. w. N.
65I. Bei der Überprüfung des angefochtenen Planfeststellungsbeschlusses ist grundsätzlich auf die Sach- und Rechtslage bei seinem Erlass abzustellen.
66Vgl. etwa BVerwG, Urteile vom 12. März 2008 - 9 A 3.06 -, BVerwGE 130, 299 (376), und vom 12. August 2009 - 9 A 64.07 -, BVerwGE 134, 308 (319).
67Hieran ändert der Planänderungsbescheid vom 12. August 2014 nichts, da trotz des Entstehens einer einheitlichen Planungsentscheidung die Grundzüge der Planung nicht betroffen sind.
68Rechtsgrundlage des angegriffenen Planfeststellungsbeschlusses vom 30. Sep-tember 2011 ist § 17 FStrG in der Fassung der Bekanntmachung vom 28. Juni 2007 (BGBl. I S. 1206), im Zeitpunkt der Planfeststellung zuletzt geändert durch Gesetz vom 31. Juli 2009 (BGBl. I S. 2585), in Verbindung mit den §§ 72 ff. VwVfG NRW in der Fassung der Bekanntmachung vom 12. November 1999 (GV. NRW. S. 602), im maßgeblichen Zeitpunkt zuletzt geändert durch Gesetz vom 17. Dezember 2009 (GV. NRW. S. 861).
69Der Senat überprüft den streitigen Planfeststellungsbeschluss unbeschadet der sich aus § 86 Abs. 1 VwGO ergebenden Aufklärungspflicht grundsätzlich nur im Rahmen der vorgetragenen Tatsachen, durch deren Berücksichtigung oder Nichtberücksichtigung im Planfeststellungsverfahren sich ein Kläger beschwert fühlt. Dies folgt aus § 17e Abs. 5 FStrG. Diese Vorschrift setzt dem klagenden Beteiligten kraft Gesetzes eine Frist von sechs Wochen. Innerhalb dieser Frist muss der Kläger die ihn beschwerenden Tatsachen so konkret angeben, dass der Lebenssachverhalt, aus der er den mit der Klage verfolgten Anspruch ableitet, unverwechselbar feststeht. Mit weiteren Einwendungen ist ein Kläger nach Maßgabe des § 87b Abs. 3 VwGO ausgeschlossen. Ein späterer vertiefender Vortrag steht dem nicht entgegen.
70Vgl. zum inhaltsgleichen § 5 Abs. 3 VerkPBG: BVerwG, Urteile vom 31. März 1995 - 4 A 1.93 -, BVerwGE 98, 126 (129), und vom 24. Mai 1996 - 4 A 38.95 -, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 119, S. 142.
71Hiervon ausgehend leidet der Planfeststellungsbeschluss an keinem Rechtsfehler, der die Kläger im Sinne des § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO in ihren Rechten verletzt und die - vollständige oder teilweise - Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses oder zumindest die Feststellung seiner Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit rechtfertigt.
72Die Grundstücke der Kläger werden für das Vorhaben nicht in Anspruch genommen, weshalb dem angegriffenen Planfeststellungsbeschluss für das Eigentum der Kläger keine enteignungsrechtliche Vorwirkung (§ 19 Abs. 2 FStrG) zukommt. Die von der Planung also nur mittelbar - nach ihrem Vortrag insbesondere durch Lärmimmissionen und Luftschadstoffe - betroffenen Kläger können daher im Gegensatz zu einem unmittelbar mit enteignungsrechtlicher Vorwirkung Betroffenen keine umfassende gerichtliche Überprüfung des Planfeststellungsbeschlusses auf seine objektive Rechtmäßigkeit (sog. Vollprüfungsanspruch) beanspruchen. Sie können nur die Verletzung gerade sie schützender Normen des materiellen und des Verfahrensrechts sowie eine nicht ordnungsgemäße Abwägung ihrer geschützten Privatbelange rügen, nicht aber eine insgesamt fehlerfreie Abwägung und Planung verlangen.
73Vgl. BVerwG, Urteile vom 26. April 2007 - 4 C 12.05 -, BVerwGE 128, 358 (363 f.), und vom 9. Juni 2010 - 9 A 20.08 -, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 208, S. 133 f.
74Ob andere gegen das Vorhaben sprechende Belange ordnungsgemäß berücksichtigt worden sind, können sie demgegenüber ebenso wenig geltend machen wie die Frage, ob Rechtsnormen beachtet wurden, die nicht ihrem Schutz zu dienen bestimmt sind.
75Vgl. BVerwG, Urteil vom 10. Dezember 2012 ‑ 9 A 20.11 ‑, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 229, S. 71 f.
76II. Hieraus folgt zunächst, dass die Kläger nicht mit Erfolg geltend machen können, dass bei der Planung naturschutzrechtliche Belange, wie beispielsweise etwa diejenigen des Landschaftsschutzes, des Artenschutzes oder weitere Gesichtspunkte des allgemeinen Naturschutzes nicht angemessen berücksichtigt worden seien. Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege dienen dem Allgemeininteresse. Private Interessen werden hierdurch nicht geschützt.
77Vgl. BVerwG, Urteil vom 28. März 2007 ‑ 9 A 17.06 ‑, Buchholz 442.09 § 18 AEG Nr. 64, S. 18.
78Auf die Einhaltung des sogenannten Minimierungsgebots in § 15 BNatSchG können sich die Kläger daher nicht berufen. Ebenso wenig können sie anführen, dass die Ausgestaltung des Knotens B 51/X2. Straße zu „vermeidbaren Eingriffen“ führe.
79III. Die Einwände der Kläger gegen die formelle Rechtmäßigkeit des Planfeststellungsbeschlusses greifen nicht durch.
801. Die Kläger machen geltend, die Bekanntmachung der ersten Auslegung sei erst erfolgt, nachdem die Auslegung bereits begonnen habe, durch die Bekanntmachung erst wenige Tage vor Beginn der Auslegung fehle es an der erforderlichen Anstoßwirkung für die Öffentlichkeit und der Inhalt der öffentlichen Bekanntmachung verstoße gegen Vorgaben des Art. 6 Abs. 2 der UVP-Richtlinie. Diese Rügen führen nicht zu einem durchgreifenden Verfahrensfehler.
81a) Allerdings können sich die Kläger gemäß § 4 UmwRG grundsätzlich auch auf Verfahrensfehler im Zusammenhang mit der Umweltverträglichkeitsprüfung des nach dem 25. Juli 2005 eingeleiteten Verfahrens (vgl. § 5 Abs. 1 UmwRG) berufen.
82Nach Art. 10a Abs. 1 der im Zeitpunkt der Offenlegung noch geltenden Richtlinie 85/337/EWG des Rates vom 27. Juni 1985 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten (ABl. Nr. L 175 S. 40 ‑ im Folgenden: UVP-Richtlinie ‑), der durch Art. 3 Abs. 7 der Richtlinie 2003/35/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Mai 2003 über die Beteiligung der Öffentlichkeit bei der Ausarbeitung bestimmter umweltbezogener Pläne und Programme und zur Änderung der Richtlinien 85/337/EWG und 96/61/EG des Rates in Bezug auf die Öffentlichkeitsbeteiligung und den Zugang zu Gerichten (ABl. Nr. L 156 S. 17) in die UVP-Richtlinie eingefügt worden ist (im Folgenden: Öffentlichkeitsbeteiligungsrichtlinie), stellen die Mitgliedstaaten im Rahmen ihrer innerstaatlichen Rechtsvorschriften sicher, dass Mitglieder der betroffenen Öffentlichkeit, die
83a) ein ausreichendes Interesse haben oder alternativ
84b) eine Rechtsverletzung geltend machen, sofern das Verwaltungsverfahrensrecht bzw. Verwaltungsprozessrecht eines Mitgliedstaats dies als Voraussetzung erfordert,
85Zugang zu einem Überprüfungsverfahren vor einem Gericht oder einer anderen auf gesetzlicher Grundlage geschaffenen unabhängigen und unparteiischen Stelle haben, um die materiell-rechtliche und verfahrensrechtliche Rechtmäßigkeit von Entscheidungen, Handlungen oder Unterlassungen anzufechten, für die die Bestimmungen dieser Richtlinie über die Öffentlichkeitsbeteiligung gelten. Damit können die Kläger die „verfahrensrechtliche Rechtmäßigkeit“ der Umweltverträglichkeitsprüfung im Rahmen ihrer gegen den Planfeststellungsbeschluss gerichteten Klage anfechten, weil die Umweltverträglichkeitsprüfung nach § 2 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 2 Abs. 3 Nr. 1 UVPG ein unselbstständiger Teil eines Planfeststellungsverfahrens ist.
86Jedoch führt nicht jeder Verfahrensfehler zu einer Rechtsverletzung im Sinne des Art. 10a der UVP-Richtlinie. Nach der Rechtsprechung des EuGH haben die Mitgliedstaaten die Rechte zu bestimmen, bei deren Verletzung ein Rechtsbehelf in Umweltsachen eingelegt werden kann. Dabei darf die Auslegung der durch die UVP-Richtlinie verliehenen Rechte nicht praktisch unmöglich gemacht oder übermäßig erschwert werden. Der Unionsgesetzgeber habe in keiner Weise die Gründe beschränkt, die zur Stützung eines Rechtsbehelfs vorgebracht werden könnten. Jedenfalls habe er die Möglichkeit, einen Verfahrensfehler geltend zu machen, nicht an die Voraussetzung knüpfen wollen, dass dieser Fehler Auswirkungen auf den Inhalt der angegriffenen endgültigen Entscheidung habe. Da die Richtlinie unter anderem zur Festsetzung von Verfahrensgarantien diene, müsse die betroffene Öffentlichkeit grundsätzlich jeden Verfahrensfehler geltend machen können. Jedoch habe nicht jeder Verfahrensfehler zwangsläufig Folgen, die sich auf den Inhalt einer solchen Entscheidung auswirken könnten, so dass ein Fehler, bei dem dies nicht der Fall sei, denjenigen, der ihn geltend macht, nicht in seinen Rechten verletze. In einem solchen Fall erscheine das Ziel der UVP-Richtlinie nicht gefährdet. Die Mitgliedstaaten hätten einen „beträchtlichen Spielraum“ hinsichtlich der Bestimmung dessen, was eine Rechtsverletzung darstelle.
87Daher könne es zulässig sein, dass nach dem nationalen Recht keine Rechtsverletzung im Sinne des Art. 10a Buchstabe b der UVP-Richtlinie vorliege, wenn nach den Umständen des konkreten Falles nachweislich die Möglichkeit bestehe, dass die angegriffene Entscheidung ohne den geltend gemachten Verfahrensfehler nicht anders ausgefallen wäre. In Bezug auf das Kausalitätskriterium dürfe dem Rechtsmittelführer aber nicht die Beweislast aufgebürdet werden; es sei vielmehr auf von der zuständigen Behörde vorgelegte Beweise und die vorliegende Akte abzustellen. Dabei sei die Schwere des geltend gemachten Fehlers zu berücksichtigen und insbesondere zu prüfen, ob dieser Fehler der betroffenen Öffentlichkeit eine der Garantien genommen habe, die geschaffen worden seien, um ihr im Einklang mit den Zielen der UVP-Richtlinie Zugang zu Informationen und die Beteiligung am Entscheidungsprozess zu ermöglichen.
88Vgl. EuGH, Urteil vom 7. November 2013 ‑ C‑72/12 (Altrip) -, NuR 2013, 878 (881 f., Rdnr. 46 bis 54).
89Nach diesen Maßstäben liegt ein durchgreifender Verfahrensfehler nicht vor. Es ist nicht ersichtlich, dass die Entscheidung des Beklagten ohne die von den Klägern gerügten Verfahrensfehler im Hinblick auf die von ihnen geltend gemachten Rechtspositionen anders ausgefallen wäre. Dabei berücksichtigt der Senat, ohne dass den Klägern insoweit eine materielle Beweislast aufgebürdet würde, neben dem Vortrag des Beklagten in Umsetzung der Rechtsprechung des EuGH sowie gemäß § 86 Abs. 1 VwGO auch die vorliegenden Verwaltungsakten.
90b) Die möglicherweise verspätete Bekanntmachung der Auslegung ist unschädlich. Art. 6 Abs. 6 UVP-Richtlinie in der hier maßgebenden Fassung des Art. 3 Abs. 4 der Richtlinie 2003/35/EG regelt keinen genauen Zeitrahmen für die Dauer einer Auslegung, sondern fordert nur „ausreichend Zeit“, um die Öffentlichkeit zu informieren sowie zur effektiven Vorbereitung und Beteiligung der Öffentlichkeit. § 9 Abs. 1 Satz 3 UVPG verweist insoweit auf § 73 VwVfG. Daher wäre die in § 73 Abs. 3 Satz 1 VwVfG NRW vorgesehene Monatsfrist für die Dauer der Auslegung nicht eingehalten, wenn der Vortrag der Kläger zuträfe, dass die Bekanntmachung erst nach Beginn der Auslegung veröffentlicht wurde. Dies kann jedoch auf sich beruhen, weshalb dem in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisantrag nicht nachzugehen war.
91Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass aufgrund einer möglicherweise zu kurzen Auslegung der Inhalt des Planfeststellungsbeschlusses anders ausgefallen wäre. Nach der ersten Auslegung im Februar/März 2006 hat die Klägerin zu 1. fristgerecht umfangreich Einwendungen gegen das Vorhaben erhoben. Auch der Rechtsvorgänger des Klägers zu 2. hat Einwendungen erhoben. Beide Kläger behaupten nicht, dass sie wegen der Nichteinhaltung der Monatsfrist für die Auslegung gehindert gewesen seien, weitere Einwendungen zu erheben.
92Vgl. hierzu auch BVerwG, Urteil vom 24. No-vember 2011 ‑ 9 A 23.10 ‑, BVerwGE 141, 171 (173).
93Die Kläger können sich in diesem Zusammenhang nicht darauf berufen, es habe „an der erforderlichen Anstoßwirkung für die Öffentlichkeit“ gefehlt. Im Hinblick auf insgesamt 266 Einwendungen Privater sowie zahlreiche Stellungnahmen von Trägern öffentlicher Belange ist nicht ansatzweise ersichtlich, dass es an einer Anstoßwirkung für die Öffentlichkeit gefehlt haben könnte. Es ist auch nicht erkennbar, dass ein potenzieller Einwender sich nicht geäußert hat, weil die Auslegung zu spät bekanntgemacht worden sei. Daher ist insbesondere nicht ersichtlich, dass der betroffenen Öffentlichkeit im Sinne der Rechtsprechung des EuGH eine der Garantien genommen worden sein könnte, die geschaffen worden sind, um ihr im Einklang mit den Zielen der UVP-Richtlinie Zugang zu Informationen und die Beteiligung am Entscheidungsprozess zu ermöglichen.
94c) Ein auf das Ergebnis durchgreifender Verfahrensfehler liegt ebenso wenig vor, soweit der Inhalt der öffentlichen Bekanntmachung nicht den rechtlichen Vorgaben entspricht.
95Die Kläger machen geltend, die öffentliche Bekanntmachung verstoße gegen Vorgaben des im Jahr 2006 unmittelbar anwendbaren Art. 6 Abs. 2 der UVP-Richtlinie. Nach Art. 6 Abs. 2 der UVP-Richtlinie in der Fassung des Art. 3 Abs. 4 der Öffentlichkeitsbeteiligungsrichtlinie wird die Öffentlichkeit über Folgendes informiert:
96a) den Genehmigungsantrag;
97b) die Tatsache, dass das Projekt Gegenstand einer Umweltverträglichkeitsprüfung ist, …;
98c) genaue Angaben zu den jeweiligen Behörden, die für die Entscheidung zuständig sind, bei denen relevante Informationen erhältlich sind bzw. bei denen Stellungnahmen oder Fragen eingereicht werden können, sowie zu vorgesehenen Fristen für die Übermittlung von Stellungnahmen oder Fragen;
99d) die Art möglicher Entscheidungen, oder, soweit vorhanden, den Entscheidungsentwurf;
100e) die Angaben über die Verfügbarkeit der Informationen, die gemäß Art. 5 der UVP-Richtlinie eingeholt wurden;
101f) die Angaben, wann, wo und in welcher Weise die relevanten Informationen zugänglich gemacht werden;
102g) Einzelheiten zu den Vorkehrungen für die Beteiligung der Öffentlichkeit nach Art. 6 Abs. 5 der UVP-Richtlinie.
103Die Öffentlichkeitsbeteiligungsrichtlinie war nach deren Art. 6 Abs. 1 Satz 1 von den Mitgliedstaaten bis zum 25. Juni 2005 umzusetzen. Sie ist in der Bundesrepublik Deutschland jedoch erst durch das am 15. Dezember 2006 in Kraft getretene Öffentlichkeitsbeteiligungsgesetz (BGBl. I S. 2819) umgesetzt worden. Da die in Art. 6 Abs. 2 der UVP-Richtlinie getroffenen Regelungen über die Bekanntmachung inhaltlich unbedingt und hinreichend genau sind, waren sie nach dem 25. Juni 2005 unmittelbar anzuwenden,
104vgl. hierzu zusammenfassend Ruffert, in: Calliess, Ruffert (Hrsg.), EUV/AEUV, Das Verfassungsrecht der Europäischen Union mit europäischer Grundrechtecharta, Kommentar, 4. Auflage 2011, Art. 288 AEUV Rdnr. 47 ff. m. w. N.,
105und mithin auch für die vorliegende Bekanntmachung vom 10. Februar 2006 maßgebend. Die Kläger weisen zutreffend darauf hin, dass die Bekanntmachung im Hinblick auf eine Umweltverträglichkeitsprüfung unter Nr. 6 nur den Hinweis enthält: „Die Nrn. 1, 2, 3 und 5 gelten für die Anhörung der Öffentlichkeit zu den Umweltauswirkungen des Bauvorhabens nach § 9 Abs. 1 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung entsprechend.“ Aus dem Hinweis auf § 9 Abs. 1 UVPG ergab sich, dass das Projekt Gegenstand einer Umweltverträglichkeitsprüfung ist (vgl. Art. 6 Abs. 2 Buchst. b) UVP-Richtlinie). Es fehlen aber die nach Art. 6 Abs. 2 Buchst. e) der UVP-Richtlinie erforderlichen „Angaben über die Verfügbarkeit der Informationen, die gemäß Art. 5 eingeholt wurden“. Der Bekannt-machungstext enthält keinerlei Hinweis darauf, welche vom Vorhabenträger gemäß Art. 5 der UVP-Richtlinie vorgelegten Informationen verfügbar waren und von der Öffentlichkeit eingesehen werden konnten.
106Es ist jedoch (wiederum) nicht ersichtlich, dass dieser unzureichende Bekannt-machungstext sich auf den Inhalt des Planfeststellungsbeschlusses ausgewirkt haben könnte. Die Klägerin zu 1. und der Rechtsvorgänger des Klägers zu 2. haben fristgerecht Einwendungen erhoben, die sich insbesondere auf von ihnen befürchtete Lärm- und Luftschadstoffimmissionen auf ihren Grundstücken bezogen und damit gerade auf die sie berührenden Umweltauswirkungen des Vorhabens.
107Die hier gerügten Defizite der Bekanntmachung der Planauslegung stellen keine wesentlichen Verfahrensfehler dar. Sie betreffen bloße Bekanntmachungsdetails, von denen die gebotene Anstoßwirkung der Bekanntmachung, sich am Verfahren zu beteiligen, nicht abhängt. Aus dem Text der Bekanntmachung ergab sich mit der gebotenen Klarheit, dass die Beteiligung der betroffenen Öffentlichkeit die Beteiligung im Rahmen einer Umweltverträglichkeitsprüfung umfasste (Nr. 6 des Bekanntmachungstextes) und dass die ausgelegten Planunterlagen die Grundlage auch dieser Beteiligung bilden sollten. Die gerügten Mängel betrafen nicht den wesentlichen Bekanntmachungsinhalt; Unionsrecht gebietet daher nicht, sie unabhängig von ihrem Einfluss auf die Sachentscheidung als erheblich zu behandeln.
108Vgl. zu einer ähnlichen Fallgestaltung (kein Hinweis auf UVP-Pflichtigkeit und auf die nach § 6 UVPG vorgelegten Unterlagen) BVerwG, Urteil vom 24. November 2011 ‑ 9 A 23.10 ‑, BVerwGE 141, 171 (176).
109Dass die erforderliche Anstoßwirkung trotz des nicht ordnungsgemäßen Bekanntmachungstextes erreicht worden ist, zeigt die große Zahl von Einwendungen Privater und von Trägern öffentlicher Belange. Es ist weder vorgetragen noch aus den Akten ersichtlich, dass der betroffenen Öffentlichkeit Verfahrensgarantien genommen wurden, weil Einwendungen wegen eines unzureichenden Bekanntmachungstextes unterblieben oder für die Umweltverträglichkeitsprüfung relevante Gesichtspunkte deshalb nicht vorgebracht worden sind.
110d) Die öffentliche Bekanntmachung der Auslegung des Deckblattes I im Amtsblatt der Stadt N. vom 18. Mai 2007 entspricht ebenfalls nicht den Anforderungen des Art. 6 Abs. 2 Buchst. e) der UVP-Richtlinie sowie dem am 15. Dezember 2006 in Kraft getretenen § 9 Abs. 1a Nr. 5 UVPG, wonach bei der Bekanntmachung anzugeben ist, welche Unterlagen nach § 6 UVPG vorgelegt wurden. Der Bekanntmachungstext enthält nur den Hinweis, „dass die ausgelegten Planunterlagen die nach § 6 Abs. 3 UVPG notwendigen Angaben enthalten …“. Aus diesem Hinweis ergibt sich nicht, „welche Unterlagen nach § 6 vorgelegt wurden“.
111Es ist jedoch nicht ersichtlich, dass dieser unzureichende Bekanntmachungstext sich auf den Inhalt des Planfeststellungsbeschlusses ausgewirkt haben könnte. Zwar hat die Klägerin zu 1. hier ‑ anders als der Rechtsvorgänger des Klägers zu 2. ‑ keine (weiteren) Einwendungen erhoben. Das beruht jedoch nicht darauf, dass ihr die nach § 6 UVPG vorgelegten Unterlagen nicht bekannt waren; das behauptet sie auch nicht. Ebenso wie bei der ersten Auslegung ist hier nicht vorgetragen oder aus den Akten ersichtlich, dass der betroffenen Öffentlichkeit Verfahrensgarantien genommen wurden, weil Einwendungen wegen eines unzureichenden Bekanntmachungstextes unterblieben oder für die Umweltverträglichkeitsprüfung relevante Gesichtspunkte deshalb nicht vorgebracht worden sind.
1122. Der weitere Einwand der Kläger, die Auslegung der Planunterlagen hätte inhaltlich nicht den Anforderungen der §§ 9 Abs. 1b und 6 Abs. 3 UVPG sowie der UVP-Richtlinie entsprochen, greift nicht durch. Die Betroffenen sollen durch die Auslegung der Planunterlagen nach § 17a FStrG i. V. m. § 73 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 Satz 1 VwVfG NRW in die Lage versetzt werden, Einwendungen zu erheben, die zumindest in groben Zügen erkennen lassen, welche Rechtsgüter als gefährdet angesehen und welche Beeinträchtigungen befürchtet werden. Ausführungen, die wissenschaftlich-technischen Sachverstand erfordern, werden von den Betroffenen im Verwaltungsverfahren nicht verlangt. Dementsprechend muss die Auslegung nicht notwendig alle Unterlagen umfassen, die möglicherweise zur vollständigen Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Planung erforderlich sind, sondern kann sich auf die Unterlagen beschränken, deren der Einzelne bedarf, um „als Laie" den Grad seiner Betroffenheit abschätzen und sich das Interesse, Einwendungen zu erheben, bewusst machen zu können. Dazu gehören Gutachten nur dann, wenn ohne deren Kenntnis der mit der Auslegung bezweckte Anstoß zur Erhebung von Einwendungen verfehlt würde.
113Vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 3. März 2011 - 9 A 8.10 -, BVerwGE 139, 150 (152), m. w. N.
114Die UVP-Richtlinie verlangt vom Vorhabenträger bestimmte inhaltliche Angaben, stellt ihm aber frei, in welcher Form er sie vorlegt. Es reicht aus, wenn die erforderlichen Angaben sich aus verschiedenen Unterlagen ergeben, etwa aus dem Erläuterungsbericht, dem Landschaftspflegerischen Begleitplan, der schalltechnischen Untersuchung oder der Schadstoffuntersuchung. Sie müssen auch nicht zwingend in einem von der Zulassungsentscheidung gesonderten Dokument dargestellt werden.
115Vgl. BVerwG, Urteil vom 12. August 2009 - 9 A 64.07 -, BVerwGE 134, 308 (312 f.).
116Weder § 6 UVPG noch der UVP-Richtlinie ist eine Pflicht zu standardisierten oder schematisierten Darstellungsweisen zu entnehmen. Es bleibt demgemäß dem Vorhabenträger überlassen, ob er von der Möglichkeit der Darstellung in Form einer (eigenständigen und abgeschlossenen) Umweltverträglichkeitsstudie Gebrauch macht.
117Vgl. BVerwG, Urteil vom 19. Mai 1998 ‑ 4 C 11.96 ‑, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 138, S. 254.
118Auch eine konkrete Zeitvorgabe, innerhalb derer eine Umweltverträglichkeitsprüfung zu erstellen ist, ist dem Gesetz nicht zu entnehmen.
119Vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 12. August 2009 - 9 A 64.07 -, BVerwGE 134, 308 (312 f.).
120Diesen Anforderungen entspricht das hier zur Überprüfung stehende Verfahren. Der Vorhabenträger hatte der Anhörungsbehörde gemäß § 6 UVPG diverse Unterlagen vorgelegt, aus denen sich Auswirkungen des Vorhabens ‑ hier des Ausbaus der B 51 ‑ auf die Umwelt (vgl. § 2 Abs. 1 Satz 2 UVPG) ergeben, nämlich die Erläuterungsberichte vom 5. Dezember 2005 (Unterlage 1, Beiakte 2 zu 11 D 6/12.AK) und vom 2. Mai 2007 mit Schadstoffabschätzung (Unterlage 1-I, Beiakte 8 zu 11 D 6/12.AK), die Erläuterungsberichte zum wassertechnischen Entwurf vom 5. Dezember 2005 (Unterlage 11.1, Beiakte 2 zu 11 D 6/12.AK) und vom 2. Mai 2007 (Unterlage 11.1-I, Beiakte 8 zu 11 D 6/12.AK), die lärmtechnischen Unterlagen vom 5. Dezember 2005 und 2. Mai 2007, bestehend aus den detaillierten Erläuterungsberichten zur lärmtechnischen Untersuchung, den Berechnungen der Beurteilungspegel für Lärmvorsorge für die Bebauung (Unterlagen 12.1 und 12.2, Beiakte 3 zu 11 D 6/12.AK, und Unterlagen 12.1-I und 12.2-I, Beiakte 9 zu 11 D 6/12.AK), den Landschaftspflegerischen Begleitplan einschließlich der artenschutzrechtlichen Prüfung (Unterlage 13, Beiakte 4 zu 11 D 6/12.AK bzw. Unterlage 13-I, Beiakte 8 zu 11 D 6/12.AK). Diese Unterlagen haben im Rahmen des Anhörungsverfahrens öffentlich ausgelegen. Inhaltlich enthalten diese Unterlagen umfangreiche Feststellungen zu den Untersuchungen über die Umweltauswirkungen des Vorhabens und insbesondere die erforderlichen Angaben im Sinne des § 6 Abs. 3 und 4 UVPG.
121Entgegen der Auffassung der Kläger bedurfte es nicht einer gesonderten Auflistung, welche Unterlagen zur Umweltverträglichkeitsprüfung gehören. Die Unterrichtung der Öffentlichkeit über ein geplantes Vorhaben erfordert nicht zwingend die Zusammenfassung aller notwendigen Informationen in einer gesonderten Planunterlage. Ihrer Funktion, die Öffentlichkeit über die Auswirkungen zu unterrichten und den Betroffenen einen Anstoß zu geben, sich mit den Auswirkungen auseinanderzusetzen und über die Notwendigkeit diesbezüglicher Einwendungen schlüssig zu werden, kann die öffentliche Auslegung auch dann gerecht werden, wenn die notwendigen Angaben zwar in verschiedenen Planunterlagen enthalten sind, Wechselwirkungen jedoch nicht ausklammern.
122Vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 10. Oktober 2006 - 9 B 27.05 -, Buchholz 406.251 § 11 UVPG Nr. 4, S. 2 f.
123Derartige Wechselwirkungen waren hier aus den ausgelegten Unterlagen ohne Weiteres ersichtlich, weil insbesondere der ausgelegte Erläuterungsbericht (Unterlage 1, Beiakte 2 zu 11 D 6/12.AK) auf S. 13 bis 20 unter den Nrn. 5. und 6. bei der Beschreibung der Auswirkungen des Vorhabens auf die Umwelt und der Darstellung der geplanten Maßnahmen zum Schutz der Umwelt ausdrücklich Querverweise auf die lärmtechnischen Untersuchungen, die Abschätzung von verkehrsbedingten Schadstoffimmissionen und den Landschaftspflegerischen Begleitplan, mithin auf die weiteren Unterlagen enthält, die ebenfalls Gegenstand der Umweltverträglichkeitsprüfung waren. Damit waren im Anhörungsverfahren entgegen der Meinung der Kläger die Unterlagen zur Umweltverträglichkeitsprüfung hinreichend deutlich benannt. Darin liegt auch die nach § 6 Abs. 3 Satz 2 UVPG geforderte allgemein verständliche, nichttechnische Zusammenfassung der Angaben nach § 6 Abs. 3 Satz 1 UVPG.
124Der Umstand, dass im Erläuterungsbericht auf eine Umweltverträglichkeitsstudie aus dem Jahr 1993 hingewiesen worden ist, die 1994 ausgelegen habe (vgl. Unterlage 1, S. 2, Beiakte 2 zu 11 D 6/12.AK), erforderte entgegen der Meinung der Kläger nicht, dass auch diese Studie im Rahmen der Auslegung der Unterlagen zur Umweltverträglichkeitsprüfung hätte ausgelegt werden müssen. Abgesehen davon, dass bis zur Offenlegung der Planunterlagen zwischenzeitlich über zehn Jahre verstrichen und deshalb ohnehin - wie geschehen - neue Untersuchungen zu den umweltrelevanten Auswirkungen des Vorhabens erforderlich waren und durchgeführt wurden, war diese Umweltverträglichkeitsstudie nur ein Entscheidungsparameter, wobei der Beklagte sich für die dort favorisierte Tunnellösung nicht entschieden hat. Die Umweltverträglichkeitsprüfung ist nur für das konkrete Vorhaben mit der für dieses Vorhaben gewählten Trasse vorzunehmen.
125Vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Januar 1996 ‑ 4 C 5.95 ‑, BVerwGE 100, 238 (250); ferner Urteil vom 5. März 1997 ‑ 11 A 25.95 ‑, BVerwGE 104, 123 (128).
126Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts musste auch die Verkehrsprognose nicht ausgelegt werden.
127Vgl. etwa BVerwG, Urteile vom 9. Juni 2010 ‑ 9 A 20.08 ‑, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 208, S. 134 f., und vom 6. Oktober 2010 ‑ 9 A 12.09 ‑, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 212, S. 187.
128Es ist nicht ersichtlich, dass die Kläger ihre Betroffenheiten ohne diese Unterlage nicht oder nicht vollständig geltend machen konnten. Die Verkehrsbelastung der B 51 ließ sich dem Erläuterungsbericht vom 5. Dezember 2005 für das Prognose-jahr 2015 entnehmen sowie den Erläuterungen zum Deckblatt I vom 2. Mai 2007 für den Prognosehorizont 2020.
129Es ist von den Klägern im Übrigen weder konkret dargelegt worden noch ist es zu erkennen, dass sie durch die gewählte Verfahrensweise gehindert gewesen wären, überhaupt Einwendungen oder solche in der notwendigen inhaltlichen Tiefe zu erheben. Die ausgelegten Unterlagen waren im Sinne des § 6 Abs. 3 Satz 3 UVPG ohne Weiteres geeignet, den Klägern die Beurteilung zu ermöglichen, ob und in welchem Umfang sie von den Umweltauswirkungen des Vorhabens betroffen sind. Dementsprechend haben die Klägerin zu 1. und der Rechtsvorgänger des Klägers zu 2. das Anhörungsverfahren dazu genutzt, mit Schreiben vom 5. April 2006 und 29. März 2006 Einwendungen zu erheben, insbesondere zu den von ihnen für ihre Wohnhausgrundstücke befürchteten Lärm- und Luftschadstoffimmissionen.
130IV. Die Einwände der Kläger gegen die materielle Rechtswidrigkeit des Planfeststellungsbeschlusses führen ebenso wenig zum Erfolg der Klage.
1311. Der von der Klägerin zu 1. und dem Rechtsvorgänger des Klägers zu 2. im Einwendungsverfahren erhobene Einwand, die B 51 sei zur Autobahn aufzustufen, trifft nicht zu. Der erkennende (vormals 23.) Senat hat hierzu in seinem Urteil vom 20. September 1999 ‑ 23 D 98/95.AK ‑ betreffend den vierstreifigen Ausbau der B 51 von Bau-km 3+740 bis Bau-km 5+100 auf Seite 12 ausgeführt:
132„Die zur Prüfung dieser Behauptung gebotene Gesamtschau der planfestgestellten Trasse mit dem bereits fertiggestellten ersten Bauabschnitt der Ortsumgehung N. und dem sich im Nordosten anschließenden Streckenabschnitt zeigt, dass die Straße insbesondere nicht als Verlängerung der Bundesautobahn 43 planerisch entwickelt wird. Dies erweist sich an der Verknüpfung der B 51 mit der X1. Straße im Süden von N. . Hier stellt sich die Umgehungsstraße als Fortführung der alten Fahrbahn der B 51 (X1. Straße) dar, mit der sie über eine Kreuzung verknüpft ist. Die Verbindung zu dem als Autobahnzubringer zur A 1 und A 43 fungierenden Teil der B 51 erfolgt dagegen mittels zweier gebogener Verbindungsstreifen, die jeweils 90o-Winkel beschreiben.“
133Diese Bewertung wird durch den nunmehr planfestgestellten dritten Bauabschnitt der B 51 nicht in Frage gestellt, zumal sowohl die B 51 als auch die B 481n nach dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers (vgl. BT-Drucks. 15/3412, S. 42 Nr. 1646 und S. 46 Nr. 1817 zu § 1 Abs. 1 Satz 2 FStrAbG in der Fassung des Fünften Gesetzes zur Änderung des Fernstraßenausbaugesetzes vom 4. Oktober 2004, BGBl. I S. 2574) im Bedarfsplan für die Bundesfernstraßen als Bundesstraßen aufgenommen und eingestuft sind. Hieran ist der Beklagte gemäß Art. 20 Abs. 3 GG gebunden.
1342. Der Vortrag der Kläger, es sei eine neue Linienbestimmung erforderlich gewesen und die Bezugnahme auf die 1967 durchgeführte Linienbestimmung sei unzureichend, greift nicht durch.
135a) Eine Linienbestimmung war im vorliegenden Fall gemäß § 16 Abs. 1 Satz 2 FStrG weder für die B 51 noch für die B 481n erforderlich, da es sich bereits kraft Gesetzes um Ortsumgehungen handelt (so ausdrücklich BT-Drucks. 15/3412, S. 42 Nr. 1646 und S. 46 Nr. 1817 zu § 1 Abs. 1 Satz 2 FStrAbG).
136b) Darüber hinaus ist eine dem eigentlichen Planfeststellungsverfahren vorgelagerte Linienbestimmung keine formelle oder materielle Voraussetzung der Planfeststellung. Sie ist nicht auf unmittelbare Rechtswirkungen nach außen gerichtet, sondern hat innerhalb des Planungsverlaufs den Charakter einer vorbereitenden Grundentscheidung mit allein verwaltungsinterner Bedeutung. Rechtliche Verbindlichkeit gegenüber dem Träger der Straßenbaulast und gegenüber Dritten erlangt sie erst dadurch, dass sie in den Festsetzungen des Planfeststellungsbeschlusses ihren Niederschlag findet. Ein Planfeststellungsbeschluss ist nicht deshalb rechtswidrig, weil ihm kein Linienbestimmungsverfahren vorangegangen ist oder weil er von der festgelegten Linie abweicht. Umgekehrt lässt sich die Planung Dritten gegenüber nicht allein damit rechtfertigen, dass sie den Linienabstimmungs- oder -bestimmungsvorgaben entspricht. Vielmehr muss die Entscheidung der Planfeststellungsbehörde aus sich heraus den rechtlichen Anforderungen genügen.
137Vgl. BVerwG, Urteil vom 12. August 2009 - 9 A 64.07 -, BVerwGE 134, 308 (311 f.), ebenfalls zu einer fernstraßenrechtlichen Linienbestimmung aus den 1960er Jahren, und Urteil vom 6. November 2013 ‑ 9 A 14.12 ‑, BVerwGE 148, 373 (378 f.).
138Daher ist unerheblich, dass es zum Zeitpunkt der 1967 durchgeführten Linienbestimmung eine Umweltverträglichkeitsprüfung noch nicht gab. Vorliegend hat die Planfeststellungsbehörde eine eigenständige Abwägung zur Trassen- und Variantenwahl vorgenommen (vgl. PFB B. 5.3.3.1, S. 90 ff.). Diese Entscheidung muss den rechtlichen Anforderungen genügen.
139Vgl. BVerwG, Urteil vom 12. August 2009 ‑ 9 A 64.07 ‑, BVerwGE 134, 308 (312).
140Diese Voraussetzung ist erfüllt, wie weiter unten zu zeigen sein wird (A.III.4., S. 48 ff.).
141Die Vermutung der Kläger, der Beklagte habe eine „gestufte Prüfung“ vorgenommen, indem er im Planfeststellungsverfahren ausschließlich Umweltauswirkungen geprüft habe, die nicht Gegenstand der Umweltverträglichkeitsstudie von 1993 als „erster Stufe“ waren, trifft nicht zu. Der von den Klägern in diesem Zusammenhang in Bezug genommene § 15 Abs. 4 UVPG, wonach die Prüfung der Umweltverträglichkeit in der Linienbestimmung nachfolgenden Zulassungsverfahren auf zusätzliche oder andere erhebliche Umweltauswirkungen beschränkt werden kann, ist hier nicht zur Anwendung gekommen. Den umfangreichen Ausführungen zur Umweltverträglichkeitsprüfung im Planfeststellungsbeschluss (vgl. PFB, B. 4.4 ff., S. 55 bis 77) ist nicht zu entnehmen, dass nur Umweltauswirkungen geprüft werden sollten, die nicht schon Gegenstand der Umweltverträglichkeitsstudie von 1993 waren. Das folgt schon daraus, dass die in der Studie von 1993 favorisierte Tunnellösung gerade nicht planfestgestellt worden ist. Erst recht fehlt es an einer ausdrücklichen Beschränkung, die nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Folge haben kann, dass ein Fehler, der im abgeschichte-ten Teil der auf die Linienbestimmung bezogenen Umweltverträglichkeitsprüfung aufgetreten ist, sich bis zum Erlass des Planfeststellungsbeschlusses fortsetzt.
142Vgl. BVerwG, Urteil vom 6. November 2013 ‑ 9 A 14.12 ‑, BVerwGE 148, 373 (379).
1433. Die vom Beklagten durchgeführte Umweltverträglichkeitsprüfung ist inhaltlich nicht zu beanstanden. In materiellrechtlicher Hinsicht können die Kläger allerdings nicht nur geltend machen, dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung nicht durchgeführt worden ist, sondern auch, dass sie zwar durchgeführt wurde, aber mit wesentlichen Fehlern behaftet ist.
144Vgl. EuGH, Urteil vom 7. November 2013 ‑ C‑72/12 (Altrip) -, NuR 2013, 878 (881, Rdnr. 36-38); daran anknüpfend OVG NRW, Beschluss vom 23. Juli 2014 ‑ 8 B 356/14 ‑, NWVBl. 2014, 472.
145Das folgt aus Art. 10a der UVP-Richtlinie, der eine weiterreichende Regelung enthält als § 4 Abs. 1 Satz 1 UmwRG. Derartige wesentliche Fehler liegen aber nicht vor.
146a) Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 UVPG ist die Umweltverträglichkeitsprüfung ein unselbstständiger Teil verwaltungsbehördlicher Verfahren, die der Entscheidung über die Zulässigkeit von Vorhaben dienen. Zu diesen „UVP-pflichtigen Vorhaben“ gehört gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 UVPG i. V. m. Nr. 14.6 der Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung auch das vorliegend planfestgestellte Vorhaben, da die hierfür vorgesehene Vorprüfung des Einzelfalles zu dem Ergebnis geführt hat, dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist (vgl. § 3c Abs. 1 Satz 1 UVPG). Die Umweltverträglichkeitsprüfung umfasst nach § 2 Abs. 1 Satz 2 UVPG die Ermittlung, Beschreibung und Bewertung der unmittelbaren und mittelbaren Auswirkungen eines Vorhabens auf
1471. Menschen, einschließlich der menschlichen Gesundheit, Tiere, Pflanzen und biologische Vielfalt,
1482. Boden, Wasser, Luft, Klima und Landschaft,
1493. Kulturgüter und sonstige Sachgüter sowie
1504. die Wechselwirkung zwischen den vorgenannten Schutzgütern.
151Das Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung setzt die UVP-Richtlinie in deutsches Recht um. Das Umweltrecht hat durch die UVP-Richtlinie ‑ und damit auch durch das Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung ‑ keine materielle Anreicherung erfahren. Die gemeinschaftsrechtliche Regelung enthält sich materiellrechtlicher Vorgaben. Sie beschränkt sich auf verfahrensrechtliche Anforderungen im Vorfeld der Sachentscheidung. Daher hat der Projektträger schon bei Antragstellung Angaben darüber zu machen, wie sich sein Vorhaben auf Menschen, Tiere und Pflanzen, Boden, Wasser, Luft, Klima und Landschaft, einschließlich der Wechselbeziehungen, sowie auf Kultur- und sonstige Sachgüter auswirkt. Auf der Grundlage dieser Angaben hat die Planungsbehörde die Öffentlichkeit zu beteiligen sowie ihrerseits die Umweltauswirkungen zusammenfassend darzustellen und zu bewerten. Für die Planungsbehörde ist die Umweltverträglichkeitsprüfung als unselbstständiger Teil des Planfeststellungsverfahrens ein eingeschobener formalisierter Zwischenschritt mit dem Ziel einer zunächst auf Umweltbelange beschränkten Bewertung der Auswirkungen des Vorhabens im Rahmen der Abwägung aller Belange. Sie dient als wirkungsvolle Methode, die Umweltbelange in den Abwägungsprozess einzuführen.
152Vgl. grundlegend BVerwG, Urteil vom 25. Januar 1996 ‑ 4 C 5.95 ‑, BVerwGE 100, 238 (243, 245 ff.).
153Dementsprechend gebieten die UVP-Richtlinie und das Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung nicht, dass Umweltauswirkungen anhand standardisierter Maßstäbe oder in standardisierten oder schematisierten und rechenhaft handhabbaren Verfahren ermittelt und bewertet werden. Die Umweltverträglichkeitsprüfung ist auch kein „Suchverfahren“, in dem alle nur erdenklichen Auswirkungen eines Vorhabens auf Umweltgüter und deren Wertigkeit bis in alle Einzelheiten und feinsten Verästelungen zu untersuchen wären und gar Antworten auf in der Wissenschaft bisher noch ungeklärte Fragen gefunden werden müssten. Die UVP-Richtlinie fordert, dass die Umweltverträglichkeitsprüfung die erforderlichen Grundlagen für ein „Beurteilung der möglichen erheblichen Umweltauswirkungen“ eines Projekts liefert (Vorbemerkung, Erwägungsgrund 6); deshalb muss der Projektträger Angaben vorlegen „zur Feststellung und Beurteilung der Hauptwirkungen, die das Projekt voraussichtlich für die Umwelt haben wird“ (Art. 5 Abs. 2 der UVP-Richtlinie). Das Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung fordert für die vom Vorhabenträger vorzulegenden Unterlagen, dass sie u. a. eine „Beschreibung der zu erwartenden erheblichen Auswirkungen des Vorhabens auf die Umwelt“ enthalten, und schreibt dafür die „Berücksichtigung des allgemeinen Kenntnisstandes und der allgemein anerkannten Prüfungsmethoden“ (§ 6 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 UVPG) vor.
154Vgl. BVerwG, Urteil vom 21. März 1996 - 4 C 19.94 -, BVerwGE 100, 370 (377).
155Die Umweltverträglichkeitsprüfung soll die Umweltbelange so herausarbeiten, dass sie in die Abwägung in gebündelter Form eingehen.
156Vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Juni 2014 ‑ 9 A 1.13 ‑, BVerwGE 150, 92 (97).
157Wie bereits zur Frage der Auslegung der Planunterlagen dargelegt, verlangen die Vorschriften über die Umweltverträglichkeitsprüfung vom Vorhabenträger bestimmte inhaltliche Angaben, stellen ihm aber frei, in welcher Form er sie vorlegt. Es reicht aus, dass dem Planfeststellungsbeschluss mehrere zeitnah erstellte Untersuchungen zu den von dem Vorhaben berührten Umweltbelangen zu Grunde lagen und diese einer ausführlichen Würdigung unterzogen wurden. Die erforderlichen Angaben können sich etwa aus dem Landschaftspflegerischen Begleitplan, dem Erläuterungsbericht, der schalltechnischen Untersuchung oder der Schadstoffuntersuchung ergeben. Sie müssen auch nicht zwingend in einem von der Zulassungsentscheidung gesonderten Dokument dargestellt werden. Auch eine konkrete Zeitvorgabe, innerhalb derer eine Umweltverträglichkeitsprüfung zu erstellen ist, ist dem Gesetz nicht zu entnehmen.
158Vgl. BVerwG, Urteil vom 12. August 2009 ‑ 9 A 64.07 ‑, BVerwGE 134, 308 (312 f.).
159Die von den Klägern unter Hinweis auf § 15 Abs. 4 UVPG und die Linienbestimmung aufgeworfene Frage der Zulässigkeit eines „gestuften Verfahrens“ stellt sich hier nicht. Die vom Beklagten neben zahlreichen weiteren Unterlagen angeführte UVS von 1993 ist nur ein „Mosaikstein“ der Umweltverträglichkeitsprüfung. Es versteht sich von selbst, dass sie durch aktuelle Untersuchungen zu ergänzen war und auch ergänzt worden ist. Wenn die Kläger die Bezugnahme des Beklagten auf die UVS von 1993 als „absurd“ bezeichnen, sei der Hinweis erlaubt, dass sie gerade die Verwirklichung der in dieser UVS favorisierten, jedoch nicht plan-festgestellten Tunnellösung fordern. Die Klägerin zu 1. rügt in ihrem Einwendungsschreiben vom 5. April 2006 ausdrücklich, die Ergebnisse der UVS von 1993 seien missachtet worden.
160b) Die vom Beklagten im Planfeststellungsbeschluss dargelegte Umweltverträglichkeitsprüfung genügt inhaltlich den vorstehend aufgezeigten Maßstäben.
161Wie oben dargelegt (A.III.2., S. 36 f.) hatte der Vorhabenträger dem Beklagten gemäß § 6 UVPG im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens diverse Unterlagen vorgelegt, aus denen sich Auswirkungen des Vorhabens auf die Umwelt ergeben. § 11 Satz 1 UVPG sieht vor, dass die zuständige Behörde sodann auf der Grundlage der Unterlagen nach § 6 UVPG, der behördlichen Stellungnahme nach den §§ 7 und 8 UVPG sowie der Äußerungen der betroffenen Öffentlichkeit nach den §§ 9 und 9a UVPG eine zusammenfassende Darstellung der Umweltauswirkungen des Vorhabens sowie der Maßnahmen erarbeitet, mit denen erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen vermieden, vermindert oder ausgeglichen werden, einschließlich der Ersatzmaßnahmen bei nicht ausgleichbaren, aber vorrangigen Eingriffen in Natur und Landschaft. Nach § 11 Satz 4 UVPG kann die zusammenfassende Darstellung in der Begründung der Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens erfolgen. Das ist hier geschehen. Der Beklagte hat im Planfeststellungsbeschluss auf Seite 58 bis 69 eine derartige zusammenfassende Darstellung gegeben. Sie deckt inhaltlich die Vorgaben des § 11 Satz 1 UVPG ab. Die in § 2 Abs. 1 Satz 2 UVPG aufgezählten Gesichtspunkte sind vollständig abgearbeitet. Es schließt sich auf Seite 69 bis 77 die in § 12 UVPG vorgesehene Bewertung der Umweltauswirkungen des Vorhabens auf der Grundlage der zusammenfassenden Darstellung nach § 11 UVPG an.
162Die von den Klägern in diesem Zusammenhang vermissten „erheblichen, jedoch noch nicht unzumutbaren bzw. grenzwertüberschreitenden Umweltauswirkungen“ mussten im Hinblick auf das umfassende an den Immissionsgrenzwerten der 16. BImSchV orientierte Lärmschutzkonzept des Beklagten und das vom Gutachterbüro M. erstellte Luftschadstoffgutachten von September 2011 nicht gesondert ermittelt und dargestellt werden. Sie spielen eine Rolle bei der Prüfung, ob die Möglichkeit erheblicher nachteiliger Umweltauswirkungen im Sinne des § 3c Satz 1 UVPG besteht, die mehr als geringfügig und damit abwägungserheblich sind,
163vgl. BVerwG, Urteil vom 17. Dezember 2013 ‑ 4 A 1.13 ‑, BVerwGE 148, 353 (362, 364),
164mithin für die Vorprüfung, ob überhaupt eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist. Im vorliegenden Fall ist jedoch eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt worden.
165c) Entgegen der Auffassung der Kläger musste sich die Umweltverträglichkeitsprüfung nicht auf alle betrachteten oder denkbaren Varianten beziehen, sondern durfte sich auf diejenige Variante beschränken, die nach dem aktuellen Planungsstand noch ernstlich in Betracht kam.
166Vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Januar 1996 ‑ 4 C 5.95 ‑, BVerwGE 100, 238 (250).
167Das folgt bereits daraus, dass die UVP-Richtlinie und damit das Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung keine Änderung oder Verschärfung materiell-rechtlicher Zulassungsvoraussetzungen enthalten. In der Rechtsprechung ist geklärt, dass die Planfeststellungsbehörde auf der Grundlage einer Grobanalyse solche Alternativen, die als weniger geeignet erschienen, schon in einem frühen Verfahrensstadium ohne nähere Untersuchung ausscheiden darf.
168Vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 23. März 2011 ‑ 9 A 9.10 ‑, juris, Rdnr. 33.
169Damit darf die Planfeststellungsbehörde Planungsalternativen, die nach einer Art Grobanalyse in einem früheren Planungsstadium nicht in Betracht kommen, für die weitere Detailprüfung und damit auch (im Detail) für die förmliche Umweltverträglichkeitsprüfung ausscheiden.
170Vgl. BVerwG, Beschluss vom 16. August 1995 - 4 B 92.95 -, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 104, S. 48 f.
171In Betracht kommende andere Lösungen müssen daher nicht selbst Gegenstand der Umweltverträglichkeitsprüfung sein. Die UVP-Richtlinie beschränkt sich in Art. 5 Abs. 1 i. V. m. Nr. 2 des Anhangs III ebenso wie § 6 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 UVPG ausdrücklich auf die Forderung, dass der Vorhabenträger gegebenenfalls eine Übersicht über die wichtigsten anderweitigen vom Projektträger geprüften Lösungsmöglichkeiten gibt und Angaben zu den wesentlichen Auswahlgründen in Hinblick auf die Umweltauswirkungen macht.
172Vgl. BVerwG, Urteil vom 27. Oktober 2000 ‑ 4 A 18.99 ‑, BVerwGE 112, 140 (150).
173Die Pflicht zur förmlichen Umweltverträglichkeitsprüfung nach Maßgabe des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung setzt immer erst ein, wenn sich der Vorhabenträger für ein bestimmtes Projekt entschieden hat und dessen Zulassung beantragt.
174Vgl. BVerwG, Beschluss vom 14. Mai 1996 - 7 NB 3.95 -, Buchholz 406.251 § 2 UVPG Nr. 3, S. 9.
175So ist der Beklagte hier vorgegangen. Er hat im Planfeststellungsbeschluss im Rahmen seiner Ausführungen über die Umweltverträglichkeit auf Seite 57 f. ausdrücklich auf die Variantenprüfung in Abschnitt B. 5.3.3 (S. 90 bis 95) verwiesen. Das entspricht den Anforderungen der UVP-Richtlinie sowie des § 6 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 UVPG. Weitergehende inhaltliche Anforderungen an die Umweltverträglichkeitsprüfung ergeben sich weder aus der UVP-Richtlinie noch aus dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung.
1764. Die Planung verstößt nicht gegen das in § 17 Satz 2 FStrG enthaltene Abwägungsgebot.
177a) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts verlangt das Abwägungsgebot, dass ‑ erstens ‑ eine Abwägung überhaupt stattfindet, dass ‑ zweitens ‑ in die Abwägung an Belangen eingestellt wird, was nach Lage der Dinge in sie eingestellt werden muss, und dass ‑ drittens ‑ weder die Bedeutung der betroffenen öffentlichen und privaten Belange verkannt noch der Ausgleich zwischen ihnen in einer Weise vorgenommen wird, die zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht.
178Vgl. grundlegend etwa BVewG, Urteil vom 7. Juli 1978 ‑ 4 C 79.76 u. a. ‑, BVerwGE 56, 110 (122 f.).
179Die Frage, ob einer Planung eine gerechte Interessenabwägung zu Gunde liegt, ist nur einer eingeschränkten gerichtlichen Kontrolle zugänglich. Die Gerichte haben, soweit der Abwägungsvorgang fehlerfrei ist, das Ergebnis der Abwägung grundsätzlich hinzunehmen und es zu respektieren, dass sich der Planungsträger in der Kollision zwischen verschiedenen Belangen für die Bevorzugung des einen und damit notwendig für die Zurückstellung eines anderen entschieden hat.
180Vgl. BVerwG, Urteil vom 15. Januar 2004 ‑ 4 A 11.02 ‑, BVerwGE 120, 1 (13).
181Nach § 17e Abs. 6 Satz 1 FStrG sind Mängel bei der Abwägung der von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange nur erheblich, wenn sie offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen sind. Ergebnisrelevanz in diesem Sinne liegt vor, wenn nach den Umständen des Falles die konkrete Möglichkeit besteht, dass ohne den Abwägungsmangel eine andere Entscheidung getroffen worden wäre; eine nur abstrakte Möglichkeit einer anderen Entscheidung genügt nicht. Insoweit ist der Abwägungsvorgang in allen seinen Phasen in den Blick zu nehmen. Daher kann die Möglichkeit einer anderen Entscheidung nur dann verneint werden, wenn der konkret vorliegende Abwägungsfehler weggedacht werden kann, ohne dass auf einer nachfolgenden Stufe der Abwägung ein weiterer Mangel erwächst, auf dem die angegriffene Entscheidung beruhen kann. Besteht der Abwägungsmangel in der fehlerhaften Berücksichtigung eines abwägungserheblichen Belangs und ergeben sich keine konkreten Anhaltspunkte, dass die Planfeststellungsbehörde ohne diesen Mangel zu einem anderen Abwägungsergebnis gelangt wäre, ist also zusätzlich zu prüfen, ob die auf der nachfolgenden Stufe gebotene Abwägung im engeren Sinne ‑ das Ins-Verhältnis-Setzen der gegenläufigen Belange ‑ das Abwägungsergebnis auch dann rechtfertigen würde, wenn der auf der vorhergehenden Stufe unterlaufene Mangel unterblieben wäre.
182Vgl. BVerwG, Urteil vom 24. November 2011 ‑ 9 A 23.10 ‑, BVerwGE 141, 171 (191).
183Als nur mittelbar von dem Vorhaben Betroffene können die Kläger eine gerichtliche Abwägungskontrolle nur hinsichtlich ihrer eigenen Belange und ‑ wegen der insoweit bestehenden Wechselbeziehung ‑ der ihren Belangen gegenübergestellten, für das Vorhaben streitenden Belange verlangen. Ob andere gegen das Vorhaben sprechende Belange ordnungsgemäß berücksichtigt worden sind, können sie dem gegenüber ebenso wenig geltend machen wie die Frage, ob Rechtsnormen beachtet wurden, die nicht ihrem Schutz zu dienen bestimmt sind.
184Vgl. BVerwG, Urteil vom 10. Oktober 2012 ‑ 9 A 20.11 ‑, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 229, S. 71 f.
185Nach diesen Maßstäben sind die Belange der Kläger rechtsfehlerfrei abgewogen worden.
186b) Die Prüfung der Varianten des Ausbaus der B 51 lässt keinen Abwägungsfehler zu Lasten der Kläger erkennen. Der Beklagte musste keine die Kläger weniger belastende Variante ernsthaft in Betracht ziehen. Kommen Alternativlösungen ernsthaft in Betracht, so hat die Planungsbehörde sie zwar als Teil des Abwägungsmaterials mit der ihnen objektiv zukommenden Bedeutung in die vergleichende Prüfung der von den möglichen Varianten jeweils berührten öffentlichen und privaten Belange unter Einschluss des Gesichtspunkts der Umweltverträglichkeit einzubeziehen. Sie ist indes nicht verpflichtet, die Variantenprüfung bis zuletzt offen zu halten und alle von ihr zu einem bestimmten Zeitpunkt erwogenen Alternativen gleichermaßen detailliert und umfassend zu untersuchen. Auch im Bereich der Planungsalternativen braucht sie den Sachverhalt nur soweit aufzuklären, wie dies für eine sachgerechte Trassenwahl und eine zweckmäßige Gestaltung des Verfahrens erforderlich ist. Sie ist befugt, eine Alternative, die ihr auf der Grundlage einer Grobanalyse als weniger geeignet erscheint, schon in einem frühen Verfahrensstadium ohne nähere Untersuchung auszuscheiden.
187Vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 23. März 2011 ‑ 9 A 9.10 ‑, juris, Rdnr. 33.
188Verfährt sie in dieser Weise, so handelt sie abwägungsfehlerhaft nicht schon, wenn sich herausstellt, dass die von ihr verworfene Lösung ebenfalls mit guten Gründen vertretbar gewesen wäre, sondern erst, wenn diese Lösung sich ihr hätte aufdrängen müssen.
189Vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 25. Januar 1996 - 4 C 5.95 -, BVerwGE 100, 238 (249 f.), m. w. N.
190Gemessen an diesen Grundsätzen ist dem Beklagten kein Abwägungsfehler bei der Variantenprüfung unterlaufen.
191aa) Der Beklagte hat im Planfeststellungsbeschluss ausführlich dargelegt, welche Überlegungen ihn dazu bewogen haben, sich unter den näher untersuchten Varianten - einschließlich der sog. Null-Variante - für die planfestgestellte zu entscheiden (PFB B. 5.3.3.1 f., S. 90 ff.). Die sog. Null-Variante auszuschließen, d. h. von dem Ausbau nicht Abstand zu nehmen, ist nicht abwägungsfehlerhaft. Der Beklagte hat ausgeführt, dass die B 51 in ihrem jetzigen Zustand nicht in der Lage ist, die aufkommenden Verkehrsströme sicher und zügig zu bewältigen und die entsprechenden Verkehrsmengen aufzunehmen. Dagegen ist nichts zu erinnern. Die Kläger selbst gehen vielmehr von noch größeren Verkehrsmengen aus und weisen darauf hin, dass die B 51 als Umgehungsstraße N. die meistbefahrene Bundesstraße im Münsterland sei.
192bb) Zudem ist nach § 1 Abs. 2 Satz 2 FStrAbG die hier vorliegende gesetzliche Feststellung des vordringlichen Bedarfs für die nachfolgende straßenrechtliche Planfeststellung verbindlich. Der Planungsträger ist jedoch nicht gehindert, etwa statt des Ausbaus einer Bestandstrasse eine Neubaustrecke als Trassenalter-native zu erwägen. Allerdings ist es auch nicht zu beanstanden, wenn der Planungsträger sich beim Ausbau eines bereits vorhandenen Straßenzuges - wie hier - aus nachvollziehbaren Gründen gegen eine Neutrassierung ausspricht und auf dieser Grundlage entsprechende Planungsalternativen verwirft.
193Vgl. BVerwG, Beschluss vom 5. November 2002 - 9 VR 14.02 -, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 171, S. 134, m. w. N.
194cc) Es ist abwägungsfehlerfrei, dass sich der Beklagte in der Variantenprüfung in erster Linie aus Kostengründen gegen die von den Klägern geforderte Tunnellösung oder Einhausung entschieden hat. In die Entscheidung der Planfeststellungsbehörde für die eine oder andere Trassen- oder Ausführungsvariante dürfen Kostengesichtspunkte einfließen. Denn das Interesse, den finanziellen Aufwand für den Straßenbau gering zu halten, gehört zu den öffentlichen Belangen, denen in der Abwägung Rechnung zu tragen ist.
195Vgl. etwa BVerwG, Urteile vom 9. November 2000 - 4 A 51.98 -, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 159, S. 67, m. w. N., und vom 3. März 2011 ‑ 9 A 8.10 ‑, BVerwGE 139, 150 (178 f.).
196In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass dem Gebot der sparsamen und wirtschaftlichen Mittelverwendung, das in § 7 Abs. 1 BHO seine gesetzliche Ausprägung gefunden hat, als eigenständigem öffentlichen Belang in der Abwägung Rechnung zu tragen ist. Er kann nach den konkreten Umständen des Falles sogar das private Interesse überwiegen, von einer Grundstücksinanspruchnahme verschont zu bleiben.
197Vgl. BVerwG, Urteil vom 24. November 2011 ‑ 9 A 23.10 ‑, BVerwGE 141, 171 (193).
198Der Beklagte hat unter Berufung auf erhebliche Mehrkosten eine Tunnellösung in Form eines Leichtbautunnels (System „Züblin“) als Planungsvariante (PFB B. 5.3.3.2., S. 93) unter Verweis auf das Lärmschutzkonzept (PFB B. 5.3.5.1.2, S. 103 f., und B. 5.3.5.1.5, S. 112 f.) verworfen. Im Planfeststellungsbeschluss hat der Beklagte die Kosten für einen (Standard-)Tunnel mit 42,12 Mio. Euro beziffert, für einen Leichtbautunnel (System „Züblin“) mit 21,6 Mio. Euro (S. 113). Demgegenüber hat er die Kosten für das in der Planfeststellung gewählte Lärmschutzkonzept für diesen Teilbereich mit 11.173.814 Euro (S. 103) bzw. 10,45 Mio. Euro (S. 113) angegeben. Für einen „Züblin-Tunnel“ fielen damit Mehrkosten von 10,132 Mio. Euro (S. 103) oder 10,15 Mio. Euro (S. 113) an, d. h. die Kosten pro geschützter Wohneinheit würden von 14.389 Euro (S. 103) bzw. 14.418 Euro (S. 113) auf 26.899 Euro (S. 104) ansteigen, das stehe außer Verhältnis zum angestrebten Schutzzweck. Darüber hinaus würden für eine weitere Gradientenab-senkung der Trasse auf etwa 6 m Mehrkosten von rund 10,6 Mio. Euro anfallen (S. 104, 113). Danach würde eine „Tunnellösung“ gegenüber der planfestgestellten Lösung insgesamt mehr als 20 Mio. Euro zusätzliche Kosten verursachen.
199Die von den Klägern hiergegen erhobenen Einwände greifen nicht durch. Zwar haben die Kläger Kostenansätze für einzelne Komponenten des Lärmschutz-konzepts in Frage gestellt, jedoch hiermit insgesamt nicht dargetan, dass die (Vergleichs-)Berechnungen des Beklagten gänzlich neben der Sache liegen. Denn es erschließt sich von selbst, dass Tunnelbauwerke, Teilabdeckungen und Einhausungen nebst Gradientenabsenkung - im vorliegenden Fall auf etwa 6 m - gegenüber dem Straßenbau auf der freien Strecke wesentlich höhere Kosten verursachen.
200Vgl. auch BVerwG, Urteil vom 23. März 2011 ‑ 9 A 9.10 ‑, juris, Rdnr. 34; ferner ergänzend Bundesministerium für Verkehr, Allgemeines Rundschreiben Straßenbau (ARS) 25/1998 vom 28. Juni 1998, VkBl. S. 848, i. V. m. Leitfaden für die Planungsentscheidung „Einschnitt oder Tunnel“, S. 7 ff.
201Bei Baukosten, die jedenfalls deutlich höher liegen als bei einem konventionellen Straßenbau, ist es nicht zu beanstanden, wenn sich der Beklagte gegen die in Rede stehenden Alternativen entschieden hat.
202Vgl. ergänzend BVerwG, Urteil vom 21. Mai 2008 ‑ 9 A 68.07 -, juris, Rn. 18.
203Es kommt hinzu, dass ein Tunnel gegenüber der planfestgestellten Lösung dauerhaft höhere Unterhaltungskosten verursacht. Zudem soll der Ausbau der B 51 wegen der Bedeutung der Verkehrsachse bei laufendem Betrieb durchgeführt werden. Die Kläger weisen in einem anderen Zusammenhang zutreffend darauf hin, dass die B 51 als Umgehungsstraße N. nach den Ergebnissen der Verkehrszählung 2010 die meistbefahrene Bundesstraße im Münsterland ist. Neben den durch Bauarbeiten ohnehin verursachten Behinderungen des Verkehrsflusses müssten zusätzliche Untertunnelungs- oder Einhausungsarbeiten in dem baulich verdichteten Umfeld über einen längeren Zeitraum zu einer vollständigen Sperrung der Strecke führen. Die dadurch im Stadtbereich N. verursachten Verkehrsprobleme wären kaum lösbar, weil eine geeignete Umleitung nicht zur Verfügung steht. Der Beklagte weist unter B. 5.3.12.8, S. 156, des Planfeststellungsbeschlusses darauf hin, dass durch eine Sperrung der B 51 während der Bauzeit das untergeordnete Straßennetz erheblich belastet würde. Dies würde insbesondere die N5.---straße , den N.--------weg sowie den M. - und E.--------weg betreffen, die aufgrund ihrer Ausstattung nicht in der Lage seien, solche Ausweichverkehre aufzunehmen.
204dd) Schließlich liegt es auf der Hand, dass die von den Klägern angeführte Alternativtrasse, die am Ende des zweiten Bauabschnitts der B 51 nach rechts abknicken, dann etwa einen Kilometer nach Osten führen, die Bahntrasse queren und dann nach links abknicken und parallel zum Bahndamm nach Norden geführt werden soll, nicht ernsthaft in Betracht zu ziehen war. Abgesehen von einem im Vergleich zur planfestgestellten Variante weitaus größeren Landschaftsverbrauch wären wegen des Verlassens der bisherigen Trasse unschwer erkennbar erhebliche Mehrkosten entstanden, da in diesem Falle ein Neubau der Straße erforderlich geworden wäre. Auch hätte die Verschwenkung eine kurvenreichere und bewegte Linienführung zur Folge, was dem Charakter einer Bundesfernstraße widerspricht. Im Übrigen ließe sich die Alternativlösung auch nicht annähernd so verwirklichen, wie von den Klägern in der Klagebegründung skizziert: Laut Erläuterungsbericht vom 5. Dezember 2005, Seite 7 (vgl. Teil A: B 51.3 Mappe 1, Unterlage 1, auch Unterlage 7.1, Beiakte 2 zu 11 D 6/12.AK), erhält die B 51 einen Regelquerschnitt von 26,00 m Kronenbreite (RQ 26). Die vom Beklagten noch herangezogenen und bis 2013 für die Entwurfsgestaltung maßgeblichen Richtlinien für die Anlage von Straßen - RAS - Teil Querschnitte (RAS-Q 96), eingeführt durch Allgemeines Rundschreiben Nr. 28/1996 vom 15. August 1996, VkBl. 1996, S. 481, sehen für den Straßenquerschnitt RQ 26 im Anhang unter 1.2.1 (Blatt 13) eine Bemessungsgeschwindigkeit von 100 bis 70 km/h vor. Die dafür erforderlichen Kurvenradien schließen die von den Klägern skizzierte Trassenführung mit einem scharfen Rechtsknick zum Verlassen der Bestandstrasse und einem scharfen Linksknick nach Unterquerung der Güterumgehungsbahn bereits offensichtlich aus.
205Zudem kann wegen der Breite der Straße von einem geringfügigen Eingriff in das Landschaftsschutzgebiet X3. -F. -Niederung „nur an seinem äußersten Rand“ keine Rede sein. Da die Trasse östlich der Güterumgehungsbahn über mehr als 3 km bis zur X2. Straße verlaufen soll, müsste bei einer Breite von 26 m eine Fläche von ca. 8 ha neu versiegelt werden. Hinzu käme, dass die Trasse hinter der Unterquerung des Bahndamms wegen der erforderlichen Kurvenradien nicht sofort scharf nach links abknicken könnte, sondern in einem Bogen wieder an den Bahndamm herangeführt werden müsste. Das Landschafts-schutzgebiet würde also nicht „nur an seinem äußersten Rand tangiert“, sondern in erheblichem Umfang durchschnitten. Die von den Klägern angesprochene Möglichkeit, den Bahndamm nicht rechtwinklig, sondern diagonal zu unterqueren, so dass ein scharfer Linksknick östlich des Bahndamms entfiele, hätte wiederum zur Folge, dass eine Neubautrasse im Bereich des Hauses M1. nicht mehr konfliktfrei geführt werden könnte. Des Weiteren stünde die kreuzungsfreie Verknüpfung mit der X2. Straße vor der zusätzlichen Schwierigkeit, dass die neue Trasse unmittelbar östlich des Bahndamms verliefe, so dass auf der Westseite kein Platz für Verbindungsrampen zur Verfügung stünde.
206Von daher ist es nicht zu beanstanden, wenn sich die Planfeststellungsbehörde beim Ausbau eines bereits vorhandenen Straßenzuges aus sachlich nachvollziehbaren Gründen bereits frühzeitig gegen eine Planungsalternative entscheidet, die einer Neutrassierung gleichkommt, und diese Planungsalternative aus der weiteren Betrachtung ausscheidet. Jedenfalls musste sich die von den Klägern favorisierte Variante dem Plangeber nicht als eindeutig vorzugswürdig aufdrängen.
207In diesem Stadium der Planung bedarf es noch keiner exakten Ermittlung des jeweiligen Abwägungsmaterials. Dieses muss vielmehr „nach Lage der Dinge“ nur so genau und vollständig sein, dass es jene erste vorauswählende Entscheidung zulässt.
208Vgl. BVerwG, Urteile vom 5. März 1997 - 11 A 25.95 -, BVerwGE 104, 123 (128), und vom 25. September 2002 - 9 A 5.02 -, juris, Rn. 41.
209Mit Blick hierauf konnte der Senat die in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisanträge zu dieser Trassenvariante ablehnen.
210ee) Vor dem Hintergrund, dass der Beklagte sich nach einer Grobanalyse abwägungsfehlerfrei für den Ausbau der Bestandstrasse der B 51 entscheiden durfte, hat er ‑ entgegen der Auffassung der Kläger ‑ die Abwägungsgrundlagen für diese Ausbauvariante ausreichend ermittelt. Die Kläger beanstanden insoweit, für den Kläger zu 2. sei erst nach Erlass des Planfeststellungsbeschlusses ermittelt worden, ob sein Anwesen dem Innen- oder Außenbereich zuzuordnen sei. Die Schadstoffuntersuchung sei erst am Datum der Planfeststellung zugegangen. Im Hinblick auf den Kläger zu 2. begründet der Beklagte bereits im Planfeststellungsbeschluss (S. 111 f.), dass dessen Grundstück im Außenbereich liege. Die weiteren Ermittlungen dienten lediglich der Bestätigung dieser der Abwägung zu Grunde gelegten Einschätzung. Auch den Schadstoffbelastungen hat der Beklagte unter Zugrundelegung einer Schadstoffabschätzung des Vorhabenträgers (im Anschluss an die Erläuterungen zum Deckblatt I vom 2. Mai 2007, Mappe 1, Unterlage 1-I in Beiakte 8 zu 11 D 6/12.AK) bereits im Planfeststellungsbeschluss Stellung genommen (S. 116 bis 118). Das Gutachten des Ingenieurbüros M. diente der Bestätigung dieser der Abwägung zu Grunde gelegten Einschätzung; es ist im Übrigen Bestandteil der planfestgestellten Unterlagen, die in das Planfeststellungsverfahren eingebracht wurden (PFB A. 2.4 Nr. 99). Die von den Klägern angeführte E-Mail des Unterzeichners des Planfeststellungsbeschlusses an die Regierungsvizepräsidentin vom 30. September 2011 ist für die Frage der Rechtmäßigkeit des Planfeststellungsbeschlusses ohne Bedeutung. Maßstab für die Rechtmäßigkeitsprüfung ist allein der Planfeststellungsbeschluss mit den zu seinem Gegenstand gemachten Unterlagen.
211c) Die Einwände der Kläger zu einer Rechtswidrigkeit des Planfeststellungsbeschlusses wegen einer abwägungsfehlerhaften Bewältigung der Verkehrslärmproblematik und einer daraus resultierenden Verletzung ihres Rechts auf fehlerfreie Abwägung greifen nicht durch.
212aa) Abwägungsfehler bei den Gesichtspunkten des Lärmschutzes führen im Regelfall nicht zu einer Aufhebung eines Planfeststellungsbeschlusses. Denn nach § 17e Abs. 6 FStrG sind Mängel bei der Abwägung der von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange nur dann erheblich, wenn sie offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen sind (Satz 1). Erhebliche Mängel bei der Abwägung oder eine Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften führen nur dann zur Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses oder der Plangenehmigung, wenn sie nicht durch Planergänzung oder durch ein ergänzendes Verfahren behoben werden können; die §§ 45 und 46 VwVfG bleiben unberührt (Satz 2).
213Mögliche Mängel im Lärmschutzkonzept können grundsätzlich durch Schutzauflagen behoben werden und rechtfertigen deshalb in der Regel nicht die Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses. Eine Planaufhebung kommt nur in Betracht, wenn das Fehlen notwendiger Schutzauflagen ausnahmsweise so großes Gewicht hat, dass davon die Ausgewogenheit der Gesamtplanung oder eines wesentlichen Planungsteils betroffen ist.
214Vgl. BVerwG, Urteile vom 18. April 1996 - 11 A 86.95 -, BVerwGE 101, 73 (85), vom 23. November 2005 - 9 A 28.04 -, juris, Rn. 17 (insoweit nicht in BVerwGE 124, 334, veröffentlicht), und vom 10. Oktober 2012 - 9 A 20.11 -, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 229, S. 72.
215Allerdings kann nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts in einem Fall, in dem sich der Kläger gegen die lärmtechnische Berechnung und die darauf aufbauende Behandlung der Lärmschutzbelange mit der Begründung wendet, sie beruhten auf einer verfehlten Verkehrsprognose, in der die tatsächlich zu erwartende Verkehrsbelastung des Vorhabens weit unterschätzt worden sei, die Möglichkeit nicht von der Hand gewiesen werden, dass davon die konzeptionelle Planungsentscheidung einschließlich der Trassenwahl betroffen wird; Abwägungsdefiziten aufgrund einer fehlerhaften Verkehrsprognose kann deshalb nicht durch eine Planergänzung um Schutzauflagen abgeholfen werden.
216Vgl. BVerwG, Urteile vom 12. August 2009 - 9 A 64.07 -, BVerwGE 134, 308 (328), und vom 9. Juni 2010 - 9 A 20.08 -, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 208, S. 145 f.
217Die Rüge der Kläger, der Verkehrsuntersuchung liege ein zu geringer Lkw-Anteil zu Grunde, weshalb die Lärmprognose zu gering ausgefallen sei, ist nicht geeignet, die Möglichkeit einer solchen konzeptionell anderen Entscheidung aufzuzeigen, insbesondere nicht hinsichtlich einer anderen Trassenführung. Sollte eine größere Immissionsbelastung infolge eines höheren Lkw-Anteils entstehen, bestünden ohne Weiteres die Möglichkeiten entweder der Anordnung weitergehender Maßnahmen des aktiven Schallschutzes oder der Erstreckung des Anspruchs auf Aufwendungsersatz für passive Schallschutzmaßnahmen auch auf andere Gebäude, ohne dass es zu einer grundlegenden Umplanung des streitigen Vorhabens kommen müsste.
218bb) Unbeschadet des vorstehend Ausgeführten lässt sich nicht feststellen, dass die Verkehrsprognose, soweit die Kläger hiergegen substantiierte Einwände im Klageverfahren geltend gemacht haben, fehlerhaft ist.
219aaa) Beide Kläger sind mit ihrem Vorbringen gegen die Verkehrsprognose entgegen der Auffassung des Beklagten nicht präkludiert. Nach § 17a Nr. 7 Satz 1 FStrG sind Einwendungen gegen den Planfeststellungsbeschluss nach Ablauf der im Planfeststellungsverfahren eröffneten Einwendungsfrist ausgeschlossen. Diese Bestimmung normiert eine materielle Verwirkungspräklusion, die verfassungsrechtlich unbedenklich ist. Die Einwendungsfrist besitzt für das gerichtliche Verfahren, das einem straßenrechtlichen Planfeststellungsverfahren folgt, materiell-rechtlichen Charakter. Die straßenrechtliche Präklusion erstreckt sich nach Wortlaut sowie Sinn und Zweck der Vorschrift auch auf das nachfolgende verwaltungsgerichtliche Verfahren.
220Vgl. zur inhaltsgleichen Vorgängernorm des § 17 Abs. 4 Satz 1 FStrG a. F. etwa BVerwG, Urteil vom 24. Mai 1996 ‑ 4 A 38.95 ‑, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 119, S. 136 f.
221Allerdings hat die Klägerin zu 1. im Deckblatt I-Verfahren - anders als der Rechts-vorgänger des Klägers zu 2. - keine Einwendungen erhoben. Sie musste jedoch nach Auslegung des Deckblattes I unter Hinweis auf den Einwendungsauschluss gemäß § 17a Nr. 7 Satz 1 FStrG zur Vermeidung einer Präklusion nicht erneut Einwendungen erheben. Zwar sollte die durch das Deckblatt I vorgenommene Umplanung (auch) ihren Lärmschutzinteressen Rechnung tragen. Die Klägerin zu 1. hatte jedoch in ihrem Einwendungsschreiben vom 5. April 2006 ausdrücklich beanstandet, die prognostizierte Verkehrsbelastung sei nur unzulänglich ermittelt worden. Der Umplanung durch das Deckblatt I lag der Ergebnisbericht der IVV vom 11. September 2006 zu Grunde, der jedoch nicht mit ausgelegt worden war. Daher waren der Klägerin zu 1. in diesem Punkt erneute oder weitere vertiefende Einwendungen nicht möglich. Andererseits konnte der Beklagte nicht davon ausgehen, die Einwendungen gegen die Ermittlung der Verkehrsbelastung seien durch die vorgenommenen Umplanungen erledigt.
222Auch der Kläger zu 2. ist mit seinen Einwendungen zur Verkehrsprognose nicht ausgeschlossen. Er weist zutreffend darauf hin, dass sein Rechtsvorgänger bereits im Rahmen der ersten Auslegung inhaltlich ausreichende Einwendungen erhoben hat. Eine Einwendung muss erkennen lassen, in welcher Hinsicht Bedenken gegen die in Aussicht genommene Planfeststellung ‑ aus der Sicht des Einwendenden ‑ bestehen könnten. Das Vorbringen muss so konkret sein, dass die Planfeststellungsbehörde erkennen kann, in welcher Weise sie bestimmte Belange einer näheren Betrachtung unterziehen soll. Der Betroffene muss zumindest in groben Zügen darlegen, welche Beeinträchtigungen befürchtet werden, ohne dies allerdings begründen zu müssen. Anzuknüpfen ist dabei an die ausgelegten Planunterlagen. Nach ihrer Konkretheit richten sich die Anforderungen an die Einwendungslast, d. h. an Umfang und Detailliertheit der Darlegungen.
223Vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 9. Juli 2008 ‑ 9 A 14.07 ‑, BVerwGE 131, 274 (288 f.), m. w. N.
224Die Darlegungsanforderungen orientieren sich an den Möglichkeiten betroffener Laien; Ausführungen, die fachwissenschaftlichen Sachverstand voraussetzen, können regelmäßig nicht erwartet werden.
225Vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 14. Juli 2011 ‑ 9 A 14.10 ‑, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 218, S. 252, m. w. N.
226Nach diesen Maßstäben waren die knappen Einwendungen des Rechtsvorgängers des Klägers zu 2. mit Schreiben vom 29. März 2006 ausreichend. In dem Schreiben wird ausdrücklich gerügt, es sei weder aktiver noch passiver Lärmschutz für das Gebäude N2.---straße 28 vorgesehen. Die für die Ermittlung der notwendigen Schallschutzmaßnahmen zu Grunde gelegten Verkehrszahlen würden „angezweifelt“. Damit hatte der Rechtsvorgänger des Klägers zu 2. die Verkehrslärmproblematik im Hinblick auf sein Grundstück ausreichend aufgezeigt. Da die Verkehrsprognose nicht ausgelegen hatte, waren weitere vertiefende Einwendungen nicht erforderlich und auch gar nicht möglich.
227bbb) Die Verkehrsprognose ist jedoch inhaltlich nicht zu beanstanden. Verkehrsprognosen unterliegen nur einer eingeschränkten gerichtlichen Kontrolle. Sie sind lediglich daraufhin zu überprüfen, ob sie methodisch einwandfrei erarbeitet worden sind, nicht auf unrealistischen Annahmen beruhen und ob das Prognoseer-gebnis einleuchtend begründet worden ist.
228Vgl. etwa BVerwG, Urteile vom 9. Juni 2010 - 9 A 20.08 -, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 208, S. 146, und vom 10. Oktober 2012 - 9 A 19.11 -, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 228, S. 38, sowie Beschluss vom 15. März 2013 - 9 B 30.12 -, juris, Rn. 10.
229Diesen Anforderungen wird die hier maßgebliche Verkehrsprognose gerecht.
230Der Ergebnisbericht der IVV Verkehrsdatenaktualisierung Aus- und Neubau B 51/B 481n Planfälle PO und P_RE 2020 vom 11. September 2006 (Beiakte 13 zu 11 D 6/12.AK) basiert auf einer Verkehrsuntersuchung von 1993 und einer aktualisierten Verkehrsuntersuchung von November 1999, sowie der Aktualisierung dieses Gutachtens von Februar 2003. Die Erstellung einer solchen Modellprognose war vorliegend aufgrund der planbedingten Umstände nach der Nr. 1.2.2.2 des Anhangs der vom Beklagten noch herangezogenen RAS-Q 96 angezeigt. Eine solche Modellprognose soll auf umfassenden Annahmen über zukünftige allgemeine Entwicklungen basieren und diese Annahmen mit Hilfe eines umfangreichen Modells der Verhaltensweisen der Verkehrsteilnehmer und der Struktur der Verkehrssysteme in eine Vorhersage von Verkehrsströmen umsetzen. Die Verfahrensmaßgaben einer Modellprognose wurden hier gewahrt. Die von der IVV erstellte Verkehrsuntersuchung beruht auf umfassenden Annahmen über zukünftige allgemeine Entwicklungen. Die Gutachter haben umfangreiche Prognosegrundlagen herangezogen. So wurden insbesondere die Daten der zum damaligen Zeitpunkt aktuellen Straßenverkehrszählung 2005 und eine Ergänzung einer bundesweiten Untersuchung zum Thema der mautbedingten Ausweichverkehre von schweren LKW für Nordrhein-Westfalen von November 2005 im Ergebnisbericht ausgewertet. Der voraussichtlichen Entwicklung der Siedlungs- und Wirtschaftsstruktur im Untersuchungsraum wurden die Daten der Landesplanung Nordrhein-Westfalen sowie die Daten der Stadt N. zu Grunde gelegt. Auch für die Kreise X. und H. wurden die entsprechenden Bevölkerungsentwicklungen berücksichtigt. Im Nahbereich des Knotens B 51/X. Straße haben die Gutachter zusätzlich ein neues Wohngebiet mit Lebensmitteldiscounter berücksichtigt. Die Tendenzen der Verkehrsentwicklung, die aufgrund der Verhaltensweisen der Bevölkerung bzw. durch die Verkehrspolitik bestimmt werden, wurden in Anlehnung der Landesplanung Nordrhein-Westfalen sowie der derzeit gültigen Bedarfsplanung zum Bundesverkehrswegeplan entnommen und auf das Gebiet des Untersuchungsraums übertragen. Die Ermittlung der Prognoseverkehrsstärke betrachtet einen Prognose-Null-Fall für das Jahr 2020 unter Berücksichtigung aller Maßnahmen der Bedarfspläne des Bundes und des Landes Nordrhein-Westfalen, die als Überhang und im vordringlichen Bedarf bzw. in Stufe I eingestellt sind, sowie weitere für die Verkehrsentwicklung im Untersuchungsraum relevante Planungen der Städte und Gemeinden, um prognostisch den Planfall P_RE 2020 mit dem Prognosehorizont 2020 zu erarbeiten. Diese Vorgehensweise stimmt ebenfalls mit der Nr. 1.2.2.2 der RAS-Q 96 überein, der die Umsetzung der Annahmen über zukünftige allgemeine Entwicklungen mit Hilfe eines umfangreichen Modells der Verhaltensweisen der Verkehrsteilnehmer und der Struktur der Verkehrssysteme in eine Vorhersage von Verkehrsströmen fordert.
231Vgl. hierzu auch BVerwG, Urteil vom 12. August 2009 - 9 A 64.07 -, juris, Rn. 100 ff. (insoweit nicht in BVerwGE 134, 308, abgedruckt).
232Der Ergebnisbericht vom 11. September 2006 ist ergänzt worden durch eine Ergänzung Planfall mit 3. Nordtangente N. vom 11. März 2008, einen Kurzbericht Ausblick Prognose 2025 vom 28. Juli 2011 und während des Klageverfahrens durch eine Ergänzung dieses Kurzberichts vom 14. Juni 2012. Im Ergebnis kommt die IVV für den Bereich zwischen X. Straße und X2. Straße gegenüber dem Prognose-Null-Fall 2020 (20.500 Kfz DTV) für den Plan-fall P_RE mit holländischen Rampen und 3. Nordtangente N. (Ergänzung vom 11. März 2008) auf 40.700 Kfz DTV, prognostiziert mithin, dass sich das Verkehrsaufkommen auf der B 51 auf dem die Kläger betreffenden Abschnitt nahezu verdoppeln wird.
233ccc) Diese Prognose greifen die Kläger nicht mit Erfolg an. Sie beanstanden zu Unrecht den zeitlichen Horizont der Verkehrsprognose. Die zeitliche Anknüpfung fügt sich in das Konzept ein, das dem Fernstraßenausbaugesetz i. d. F. des 5. Änderungs-gesetzes zum Fernstraßenausbaugesetz vom 4. Oktober 2004 (BGBl. I S. 2574) zu Grunde liegt. Der durch dieses Gesetz verabschiedete Bedarfsplan für die Bundesfernstraßen orientiert sich an der Verkehrsentwicklung, die der Bundesgesetzgeber bis zum Jahr 2015 erwartet. Daher wäre es sogar sachgerecht gewesen, sich für das hier planfestgestellte Vorhaben des vordringlichen Bedarfs bei der Verkehrsuntersuchung auf das Jahr 2015 zu beziehen.
234Vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Mai 2012 ‑ 9 A 35.10 ‑, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 225, S. 17.
235Die Planfeststellungsbehörde hat durch das auf den Prognosehorizont 2020 bezogene Gutachten vom 11. September 2006 und die auf das Jahr 2025 bezogenen Ergänzungen vom 28. Juli 2011 und 14. Juni 2012 sichergestellt, dass die Verkehrsprognose das zu erwartende Verkehrsaufkommen über den Prognosehorizont 2015 hinaus bis ins Jahr 2025 abbildet.
236Vgl. zu einer ähnlichen Fallgestaltung BVerwG, Urteil vom 30. Mai 2012 ‑ 9 A 35.10 ‑, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 225, S. 17.
237Dabei ist es regelmäßig nicht zu beanstanden, dass die Verkehrsprognose für ein fernstraßenrechtliches Straßenbauvorhaben auf der Grundlage der laufend aktualisierten bundesweiten Strukturdaten und Matrizes erstellt wird. Laufende Aktualisierungen der bundesweiten Vorgaben können aus methodischen und praktischen Gründen heraus nicht gefordert werden.
238Vgl. BVerwG, Urteile vom 9. Juni 2010 ‑ 9 A 20.08 ‑, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 208, S. 147 f., und vom 30. Mai 2012 ‑ 9 A 35.10 ‑, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 225, S. 17.
239Soweit die Kläger auf verschiedene nicht berücksichtigte „nachdrücklich verfolgte und in Umsetzung befindliche“ Straßenplanungen verweisen, ist dem nicht weiter nachzugehen. Allerdings müssen bereits vorhersehbare Entwicklungen im Streckennetz, die sich auf die Verkehrsmenge der planfestgestellten Strecke auswirken, von vornherein bei der Verkehrsprognose berücksichtigt und im Planfeststellungsbeschluss bewältigt werden.
240Vgl. BVerwG, Beschluss vom 25. Mai 2005 ‑ 9 B 41.04 ‑, juris, Rdnr. 11.
241Dem trägt die Verkehrsprognose Rechnung, indem sie alle auf Seite 9 des Ergebnisberichts vom 11. September 2006 genannten Straßenbaumaßnahmen einbezieht. Demgegenüber mussten die weiteren von den Klägern genannten Maßnahmen (durchgehend leistungsfähige Verbindung zwischen N. und der A 2 im Raum S. -X1. ) infolge fehlender Konkretisierung der Planung nicht berücksichtigt werden, zumal ein vollständig durchgehender Ausbau der B 64 zwischen S. und N. nicht vorgesehen ist. Zudem dürfte diese Verbindung für Schwerverkehr aus dem Osten in Richtung N. nach Fertigstellung der in Bau befindlichen Maßnahmen A 30 (Ortsumgehung Bad P. ) und A 33 (C. -P1. ) nur von geringem Interesse sein.
242Von einer bereits „vorhersehbaren“ Entwicklung kann frühestens dann gesprochen werden, wenn ein Planfeststellungsverfahren eingeleitet worden ist. Erst dadurch wird konkretisiert, welche Straße der Vorhabenträger zu bauen beabsichtigt, so dass eine Verkehrsmenge prognostiziert werden kann. Ein solches konkretes Planungsstadium hatten zum Zeitpunkt des Erlasses des Planfeststellungsbeschlusses die von den Klägern genannten „Straßenplanungen“ nicht erreicht. Die - noch nicht existierende - „Entlastungsstraße Nord“ ist als „3. Nordtan-gente N. “ in der Ergänzung vom 11. März 2008 enthalten; sie führt nicht zu einer Verkehrserhöhung sondern zu einer leichten Entlastung der B 51 zwischen X. Straße und X2. Straße (40.700 Kfz/24 h statt 41.700 Kfz/24 h nach dem Ergebnisbericht vom 11. September 2006). Die von den Klägern in diesem Zusammenhang behaupteten zusätzlichen 15.000 Kfz/24 h für die Umgehungsstraße sind in keiner Weise belegt oder nachvollziehbar, die Zahl scheint „gegriffen“. Hinzu kommt, dass durch die Änderung des Flächennutzungsplanes der Stadt N. im Jahr 2013 die „3. Nordtangente“ planerisch nicht mehr weiterverfolgt wird.
243ddd) Es war entgegen der Auffassung der Kläger nicht erforderlich, im Ergebnisbericht alle Eingangsdaten und Annahmen einzeln aufzuführen. Wird im Rahmen einer Verkehrsprognose für die Berechnung des zukünftigen Verkehrsaufkommens auf die aus den Strukturdaten ableitbare wirtschaftliche Gesamtentwicklung eines bestimmten Raumes und nicht auf einzelne Unternehmen und Vorhaben abgestellt, ist es methodisch grundsätzlich nicht zu beanstanden, die Eröffnung einer neuen Produktionsstätte als ein bei den Strukturdaten eingerechnetes Ergebnis zu betrachten.
244Vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Mai 2012 ‑ 9 A 35.10 ‑, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 225, S. 17 f.
245Die Prognose auf der Basis von Strukturdaten kann auch nicht dadurch in Frage gestellt werden, dass die Kläger einzelne Tatsachen und Vorgänge (Einwohnerzahl der Stadt N. , neues Wohngebiet und Gewerbegebiet in X4. , Eröffnung neuer Gewerbebetriebe, Masterplan zur Entwicklung des Hafenbereichs) benennen, die vermeintlich nicht berücksichtigt worden sind. Die Kläger führen gegen die Verkehrsprognose zahlreiche Vorgänge und Einzelheiten ins Feld, können jedoch weder nachvollziehbar darlegen, dass diese Vorgänge und Einzelheiten in die der Verkehrsprognose zugrunde liegenden Strukturdaten und sonstigen Eingangsdaten nicht eingeflossen sind noch deren Auswirkungen auf das Ergebnis der Verkehrsprognose auch nur annähernd konkretisieren oder beziffern. Dafür dass dem Gutachterbüro Eingabefehler oder Rechenfehler unterlaufen sind, fehlt jeder schlüssige Anhaltspunkt.
246Vgl. hierzu auch BVerwG, Urteil vom 18. März 2009 - 9 A 39.07 -, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 201, Rdnr. 125.
247Die Verkehrsprognose kann keine Daten in Form von Istzahlen berücksichtigen, wie etwa die von den Klägern genannte Entwicklung des Pendlerverkehrs von 2001 bis 2007, die erst nach dem Zeitpunkt der Erstellung des Ergebnisberichts vom 11. September 2006 ermittelt und ausgewertet worden sind. Die erhebliche Zunahme des Verkehrs auf der B 51 von 1990 bis 2005 bedeutet nicht automatisch, dass entsprechende Zuwachsraten auch für die Zukunft zu erwarten sind. Immerhin prognostiziert auch die IVV bis 2025 eine Verdoppelung des Verkehrs seit 2010 für den Abschnitt zwischen X. Straße und X2. Straße. Der Einwand der Kläger, die „allgemeine Verkehrsentwicklung“ auf Bundesebene sei in der Prognose nicht erkennbar, führt nicht weiter.
248eee) Für einen allgemeinen „Risikozuschlag“ auf die ermittelte Verkehrsmenge, um für die Prognose „auf der sicheren Seite“ zu liegen, gibt es bei Verkehrsprognosen im Straßenverkehr keine Rechtsgrundlage. Auch die Sechzehnte Verordnung zur Durchführung des Bundes‑Immissionsschutzgesetzes (Verkehrslärmschutzverordnung -16. BImSchV) vom 12. Juni 1990, BGBl. I S. 1036, in dem hier maßgeblichen Zeitpunkt zuletzt geändert durch Gesetz vom 19. September 2006, BGBl. I S. 2146, die in Anlage 1 zu § 3 die Berechnung der Beurteilungspegel an Straßen detailliert regelt, kennt derartige „Risikozuschläge“ nicht.
249fff) Der Ergebnisbericht vom 11. September 2006 kommt für den Planfall P_RE 2020 auf einen Lkw-Anteil von 13 % tagsüber und 12 % nachts. Der für 2025 prognostizierte weitere Anstieg des Schwerverkehranteils um knapp 5 % würde zu einem Lkw-Anteil von 13,65 % tagsüber und 12,6 % nachts führen. Die Schlussfolgerung der IVV in den Ergänzungen zum Kurzbericht Ausblick Prognose 2025 vom 14. Juni 2012, dies werde auf die einzelnen Belastungen an den Querschnitten nur marginale Auswirkungen haben, ist nachvollziehbar und plausibel. Beide Werte liegen über dem Ergebnis der Straßenverkehrszählung aus dem Jahr 2010 von 11,4 % für den ganzen Tag. Da die IVV gegenüber dem Prognose-Null-Fall für 2020 fast eine Verdoppelung des Verkehrsaufkommens prognostiziert, bedeutet dies für den Lkw-Verkehr bei einem gegenüber der Zählung 2010 leicht steigenden Anteil in absoluten Zahlen mehr als eine Verdoppelung. Dem setzen die Kläger nichts Substantiiertes entgegen. Die von ihnen angeführten mautbedingten Ausweichverkehre auf der B 64 von N. nach S. -X1. (A 2) hat die IVV unter Zugrundelegung einer bundesweiten Untersuchung und einer darauf basierenden Ergänzung für Nordrhein-Westfalen aus November 2005 berücksichtigt und „wenig Auswirkung“ ermittelt (Ergebnisbericht vom 11. September 2006, S. 6). Dem halten die Kläger nur nicht belegte Vermutungen entgegen. Zutreffend weisen die Kläger darauf hin, dass dem Ergebnisbericht keine Unterlage zu entnehmen ist, die entsprechend den Vorgaben der 16. BImSchV die Ermittlung einer maßgebenden stündlichen Verkehrsstärke und eines maßgebenden Lkw-Anteils (über 2,8 Tonnen) am Gesamtverkehr über die Nachtzeit dokumentiert. Die in der mündlichen Verhandlung anwesende Gutachterin der IVV, Frau T. , hat hierzu allerdings ausgeführt, dass diese Daten aus den amtlichen Verkehrszählungen übernommen worden seien. Dabei sei auch berücksichtigt worden, dass in den amtlichen Zählungen bis zum Jahr 2000 Fahrzeuge mit mehr als 2,8 Tonnen Gewicht als Lkw, seit dem Jahr 2005 hingegen erst Fahrzeuge mit mehr als 3,5 Tonnen Gewicht als Lkw gezählt wurden.
250ggg) Die Prognose vom 11. September 2006, an der die IVV für das Prognose-jahr 2025 festgehalten hat (Kurzbericht vom 28. Juli 2011 mit Ergänzung vom 14. Juni 2012), wird durch die im Jahr 2010 durchgeführte Straßenverkehrszählung bestätigt. Diese ergab für den Abschnitt zwischen X. Straße und X2. Straße einen DTV von 20.518 mit einem Lkw-Anteil von 11,4 %. Die Prognose der IVV vom 11. September 2006 kommt für den entsprechenden Prognose-Null-Fall 2020 auf einen DTV von 20.500. Dass die Verkehrszahlen nicht mehr ansteigen, ist ‑ auch im Hinblick auf die Ausführungen im ergänzten Kurzbericht vom 14. Juni 2012 ‑ plausibel.
251Auch die von den Klägern ins Verfahren eingeführte Verkehrsuntersuchung der Stadt N. für das Jahr 2025 zum Entwurf des Bebauungsplanes „Hafen-Center“ bestätigt die Ergebnisse der IVV: Sie kommt für den „Planfall 4“, der die vorliegende Planung einbezieht, auf 51.400 Kfz/24 h für den Bereich zwischen B. Weg und X. Straße, während die IVV 50.600 Kfz/24 h ausweist. Beide Prognosen unterscheiden sich damit nur um etwa 1,6 %; von einer „Widerlegung“ der Prognose der IVV kann daher keine Rede sein.
252hhh) Der Einwand der Kläger, die Ergebnisse der Verkehrsuntersuchung seien nicht ableitbar, weil Berechnungsgrundlagen und Quellenangaben fehlten und der Rechenvorgang nicht beschrieben sei, greift nicht durch. Ihre Angriffe gegen die Tatsachenermittlung, Methodik und Plausibilität der Ergebnisse der Verkehrsuntersuchungen erweisen sich nicht als stichhaltig. Bei dieser Sachlage besteht kein Anlass, an der Richtigkeit der Berechnungen allein deshalb zu zweifeln, weil einzelne Rechenvorgänge dem Gutachten nicht zu entnehmen sind. Der Vorwurf, die Rechenverfahren seien nicht nachvollziehbar, wäre allenfalls dann berechtigt, wenn den Klägern trotz entsprechender Nachfrage bei der Planfeststellungsbehörde zusätzliche Informationen zu den Ausgangsdaten und gegebenenfalls den Rechenschritten vorenthalten worden wären. Das behaupten die Kläger nicht.
253Vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 9. Juni 2010 ‑ 9 A 20.08 ‑, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 208, S. 154.
254Bedenken an der Fachkompetenz und der Unparteilichkeit der IVV bestehen nicht. Die IVV ist ein seit Jahrzehnten im Bereich des Verkehrswesens tätiges Gutachterbüro, das bundesweit und ‑ wie dem Senat aus eigener Erfahrung bekannt ist ‑ insbesondere in Nordrhein-Westfalen in einer Vielzahl von Fällen Planfeststellungsverfahren für Straßen durch die Erarbeitung von Fachbeiträgen begleitet hat.
255Vgl. OVG NRW, Urteile vom 11. Februar 2009 ‑ 11 D 45/06.AK ‑, juris, Rdnr. 138, und vom 24. März 2014 ‑ 11 D 31/11.AK ‑, juris, Rdnr. 72.
256Auch das Bundesverwaltungsgericht hat hervorgehoben, dass die IVV ein seit vielen Jahren etabliertes Gutachterbüro sei, das über große Erfahrung in der Erstellung von Verkehrsuntersuchungen und -prognosen verfüge.
257Vgl. BVerwG, Urteil vom 9. Juni 2010 ‑ 9 A 20.08 ‑, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 208, S. 156.
258cc) Aufbauend auf der nicht zu beanstandenden Verkehrsprognose hat der Beklagte die Lärmschutzbelange der Kläger mit dem ihnen zustehenden Gewicht in die Abwägung eingestellt.
259Der Schutz der (Wohn)Bevölkerung vor Verkehrslärm ist ein Belang, dem eine Straßenplanung gemäß § 41 Abs. 1 BImSchG Rechnung zu tragen hat. Hiernach ist unter anderem bei dem Bau oder der wesentlichen Änderung öffentlicher Straßen unbeschadet des § 50 BImSchG sicherzustellen, dass durch diese keine schädlichen Umwelteinwirkungen durch Verkehrsgeräusche hervorgerufen werden können, die nach dem Stand der Technik vermeidbar sind.
260aaa) Maßgeblich für den Schallschutz, den die Kläger beanspruchen können, sind die Regelungen der §§ 41, 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG i. V. m. § 2 der 16. BImSchV. Hiernach ist beim Bau oder der wesentlichen Änderung öffentlicher Straßen grundsätzlich sicherzustellen, dass der nach § 3 der 16. BImSchV berechnete Beurteilungspegel bestimmte gebietsbezogene Immissionsgrenzwerte nicht überschreitet; dies gilt nicht, soweit die Kosten der Schutzmaßnahme außer Verhältnis zu dem angestrebten Schutzzweck stehen würden.
261Nach § 2 Abs. 2 Satz 1 der 16. BImSchV ergibt sich die für die Festlegung der jeweiligen Immissionsgrenzwerte maßgebliche Gebietseinstufung aus den Festsetzungen in den Bebauungsplänen. Sind solche Festsetzungen nicht vorhanden, gelten gemäß Satz 2 der vorgenannten Bestimmung für bauliche Anlagen im Außenbereich entsprechend ihrer Schutzbedürftigkeit die Werte nach Absatz 1 Nr. 1 für Krankenhäuser, Schulen, Kurheime und Altenheime, nach Nr. 3 für Kerngebiete, Dorfgebiete und Mischgebiete oder nach Nr. 4 für Gewerbegebiete.
262bbb) Die Planfeststellungsbehörde ist von den richtigen Immissionsgrenzwerten für Lärm ausgegangen. Das Wohnhausgrundstück der Klägerin zu 1. liegt in einem Wohngebiet im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 2 der 16. BImSchV - das ist zwischen den Beteiligten unstreitig -, so dass als Immissionsgrenzwerte tags 59 dB(A) und nachts 49 dB(A) gelten.
263Das Wohnhausgrundstück des Klägers zu 2. liegt zur Überzeugung des Senats im Außenbereich (vgl. § 35 BauGB). Ein Bebauungsplan (vgl. § 30 Abs. 1 BauGB) liegt nicht vor und die Voraussetzungen für die Annahme eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils (vgl. § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB) sind nicht erfüllt.
264Für diese Einschätzung nicht maßgebend ist die Tatsache, dass die Stadt N. als zuständige Bauaufsichtsbehörde das Gebiet westlich der N5.---straße als Außenbereich einstuft. Sie hat unter dem 30. Mai 2012 mitgeteilt, der Bereich sei im Flächennutzungsplan von 1980 noch als Wohnbaufläche ausgewiesen gewesen. Mit der 56. Änderung des Flächennutzungsplanes, die am 5. Juli 1991 wirksam geworden sei, sei die Darstellung in „Fläche für die Forstwirtschaft“ geändert worden. Im aktuellen Flächennut-zungsplan (Bekanntmachung am 8. April 2004) sei die Fläche als Wald dargestellt. Ebenfalls nicht entscheidungserheblich sind die Ortssatzung der Stadt N. vom 27. Juli 1957 und die planungsrechtliche Auskunft vom 22. Dezember 1970 zur Baugenehmigung von 1971. Beide beruhen noch darauf, dass die Stadt N. das Gebiet westlich der N5.---straße bis 1991 im Flächennutzungsplan als Wohnbaufläche ausgewiesen hatte. Für die gegenwärtige Beurteilung sind sie daher unergiebig. Auch aus dem Fluchtlinienplan vom 13. März 1913 lässt sich eine aktuelle bauplanungsrechtliche Einordnung der Grundstücke an der N5.---straße daher nicht mehr ableiten. Der vom Kläger zu 2. in Bezug genommene Straßenbaubeitragsbescheid vom 28. März 2014 bezieht sich auf die tatsächliche ‑ baurechtlich legale und bestandsgeschützte ‑ Wohnnutzung seines Grundstücks und belegt daher keinen Bebauungszusammenhang mit der Ostseite der N5.---straße .
265Die Beurteilung, dass das Haus des Klägers zu 2. N2.---straße 28 baurechtlich im Außenbereich liegt, stützt sich auf eine Gesamtwürdigung der vom Senat im Ortstermin am 13. Mai 2015 in Augenschein genommenen örtlichen Verhältnisse, die auf den bei den Gerichtsakten und planfestgestellten Unterlagen befindlichen Karten (Übersichtslageplan 1:5000 und Lageplan 1:1000 km 7+250 bis 7+700, Teil A: B51.3, Mappe 1, Unterlagen 3 und 5.4, Beiakte 2 zu 11 D 6/12.AK), die im Ortstermin vom Senat gefertigten und die in der Gerichtsakte Bl. 102 bis 104 befindlichen Fotos sowie das Luftbild in Beiakte 1 des vorliegenden Verfahrens, S. 42. Das Gebäude N2.---straße 28 bildet entgegen der Auffassung des Klägers zu 2. mit dem Wohngebiet östlich der N5.---straße keinen im Zusammenhang bebauten Ortsteil im Sinne des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB.
266Für die Frage, welche Anforderungen an das Vorliegen eines Bebauungszusammenhangs im Sinne des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB zu stellen sind, ist ausschlag-gebend, inwieweit eine tatsächlich aufeinanderfolgende Bebauung trotz etwa vorhandener Baulücken nach der Verkehrsauffassung den Eindruck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit vermittelt und die in Rede stehende Fläche noch diesem Zusammenhang angehört. Ein Ortsteil im Sinne von § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB ist jeder Bebauungskomplex im Gebiet einer Gemeinde, der nach der Zahl der vorhandenen Bauten ein gewisses Gewicht besitzt und Ausdruck einer organischen Siedlungsstruktur ist. Maßgeblich ist die tatsächlich vorhandene Bebauung.
267Vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 2. April 2007 ‑ 4 B 7.07 ‑, BRS 71 Nr. 81.
268Für die Annahme einer aufeinanderfolgenden Bebauung ausschlaggebend ist, inwieweit die Bebauung den Eindruck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit vermittelt. Hierfür kommt es auf die Verkehrsauffassung und damit jeweils auf die Lage des Einzelfalls an. Katastermäßige Grundstücksgrenzen bleiben dabei unberücksichtigt.
269Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 19. August 2010 ‑ 7 A 1349/09 ‑, juris, Rdnr. 6, m. w. N.
270Eine Straße kann je nach den Umständen des Einzelfalles einen Bebauungszusammenhang herstellen oder trennende Funktion zwischen Innen- und Außenbereich haben.
271Vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 12. Dezember 1990 - 4 C 40.87 -, NVwZ 1991, 879 (880); ferner Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzber-ger, Baugesetzbuch, Band II, Kommentar, Stand 1. November 2014, § 34 Rdnr. 26, m. w. N.
272Nach diesen Maßstäben ist das Grundstück des Klägers zu 2. dem Außenbereich zuzurechnen. Die örtliche Situation ist dadurch gekennzeichnet, dass östlich der N5.---straße ein durch den Bebauungsplan Nr. 300 der Stadt N. festgesetztes allgemeines Wohngebiet liegt, dessen an die N5.---straße angrenzenden Grundstücke vollständig bebaut sind, während das Wohnhaus des Klägers zu 2. als eines von drei Wohnhäusern westlich der N5.---straße liegt; diese drei Wohngebäude sind auf drei Seiten von Wald umgeben. Zwischen den Häusern N2.---straße 24 und 28 befindet sich eine Baulücke, die vom H1. durchflossen wird. Etwa 120 m südlich des Wohngebäudes des Klägers zu 2. beginnt mit dem Gebäude N2.---straße 60 die Wohnbebauung auch westlich der N5.---straße . Insgesamt stehen auf der Westseite der N5.---straße südlich der Kreuzung mit der X2. Straße auf einer Länge von insgesamt etwa 600 m nur die genannten drei Wohngebäude.
273Die durch Bebauungsplan festgesetzte durchgehende Bebauung östlich der N5.---straße schließt mit der N5.---straße ab, die drei Gebäude westlich der N5.---straße erscheinen nach dem im Ortstermin vom Senat gewonnenen Gesamteindruck auf einer Länge von insgesamt etwa 600 m vereinzelt und sind nicht mehr dem Bebauungszusammenhang östlich der N5.---straße zuzuordnen. Allerdings mag der Blick aus der Straße B. , die gegenüber vom Grundstück des Klägers zu 2. in die N5.---straße einmündet (Foto Bl. 102 der Gerichtsakte und das im Ortstermin gefertigte Bild 8) den Eindruck erwecken, dass das Wohnhaus des Klägers zu 2. mit der Bebauung östlich der N5.---straße eine Einheit bildet. Dieser Eindruck bestätigt sich jedoch nicht, wenn die örtliche Situation von der N5.---straße aus in Augenschein genommen wird. Die N5.---straße vermittelt hier den Eindruck einer Durchgangsstraße, die nicht nur der Erschließung der anliegenden Grundstücke dient, und die das Wohngebiet (östlich) vom Waldgebiet (westlich) trennt. In diesem Waldgebiet liegt das Wohnhaus des Klägers zu 2. Dieser Eindruck wird dadurch verstärkt, dass die östlich der N5.---straße gelegenen Wohngrundstücke südlich der Straße B. nicht von der N5.---straße , sondern vom F.----------weg aus erschlossen werden und von der N5.---straße abgewandt wirken, weil nur ihre ‑ zumal eingefriedeten ‑ Gartenbereiche an die N5.---straße grenzen. Dass die N5.---straße auch auf der Westseite mit einem Gehweg versehen ist, hat für die bauplanungsrechtliche Einschätzung hier keine Bedeutung. Gleiches gilt für die von den Klägern hervorgehobene Tatsache, die Umspannstation für das Wohngebiet liege auf der Westseite. Dies stellt keinen Bebauungszusammenhang im bauplanungsrechtlichen Sinne her.
274Nach § 2 Abs. 2 Satz 2 der 16. BImSchV ist für bauliche Anlagen im Außenbereich nur die entsprechende Anwendung der Werte nach Nr. 3 für Kerngebiete, Dorfgebiete und Mischgebiete von tags 64 dB(A) und nachts 54 dB (A) oder nach Nr. 4 für Gewerbegebiete von tags 69 dB(A) und nachts 59 dB(A) in Betracht zu ziehen. Wohnhäuser im Außenbereich sind weniger schutzbedürftig als Wohngebiete, weil der Außenbereich grundsätzlich nicht für eine Wohnbebauung bestimmt ist.
275Vgl. BVerwG, Urteile vom 1. Oktober 1997 ‑ 11 A 10.96 ‑, Buchholz 442.09 § 18 AEG Nr. 32, S. 164, und vom 26. Februar 2003 ‑ 9 A 1.02 ‑, juris, Rdnr. 18.
276Entsprechend seiner Schutzbedürftigkeit sind für das Wohnhaus des Klägers zu 2. tags 64 dB(A) und nachts 54 dB(A) maßgebend.
277ccc) Die auf der ‑ nicht zu beanstandenden ‑ Verkehrsprognose und der bauplanungsrechtlichen Einstufung der betroffenen Grundstücke aufbauende lärmtechnische Unterlage des Beklagten ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Allerdings berücksichtigt die lärmtechnische Unterlage vom 2. Mai 2007 nicht mehr die danach von der IVV erstellten Aktualisierungen der Verkehrsprognose vom 11. Sep-tember 2006 durch die weiter oben angeführten nachfolgenden Ergänzungen. Im Hinblick auf die geringfügigen Änderungen für den Prognosehorizont 2025 ist dies jedoch unschädlich. Laufende Aktualisierungen können aus methodischen und praktischen Gründen heraus ohnehin nicht gefordert werden.
278Vgl. BVerwG, Urteile vom 9. Juni 2010 ‑ 9 A 20.08 ‑, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 208, S. 147 f., und vom 30. Mai 2012 ‑ 9 A 35.10 ‑, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 225, S. 17.
279Dabei können sich die Kläger ‑ wie bereits dargelegt (vgl. A. I., S. 27) ‑ als nicht enteignend Betroffene nur auf ihre geschützten Privatbelange berufen, nicht aber eine insgesamt fehlerfreie Abwägung und Planung verlangen. Maßgebend sind daher nur die Lärmeinwirkungen auf ihre Grundstücke C.-----weg 9 und N2.---straße 28. Dementsprechend sind alle Einwendungen der Kläger gegen die lärmtechnische Untersuchung, die sich nicht auf diese beiden Grundstücke beziehen, nicht entscheidungserheblich. Das gilt auch im Hinblick darauf, dass die Kläger ‑ wie ebenfalls oben dargelegt (A. III. 3., S. 42) - wesentliche Fehler der Umweltverträglichkeitsprüfung geltend machen können. Zwar gehören Lärmeinwirkungen auf Menschen zu den Auswirkungen im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 UVPG, die in der Umweltverträglichkeitsprüfung zu ermitteln, zu beschreiben und zu bewerten sind. Damit wird den Klägern jedoch nicht das Recht eröffnet, die eventuell fehlerhafte Ermittlung einzelner Grenzwerte an einzelnen Grundstücken zu rügen. In der fehlerhaften Ermittlung eines Grenzwertes für ein einzelnes Grundstück läge kein wesentlicher Fehler der gesamten Umweltverträglichkeitsprüfung, die - wie oben ausgeführt (A. III. 3., S. 44) - nach Art. 5 Abs. 2 der UVP-Richtlinie nur die Hauptwirkungen für die Umwelt feststellen und beurteilen soll.
280Vgl. BVerwG, Urteil vom 21. März 1996 - 4 C 19.94 -, BVerwGE 100, 370 (377).
281Zu Unrecht hat der Rechtsvorgänger des Klägers zu 2. geltend gemacht, die Lärmminderung offenporigen Asphalts sei nicht ausreichend nachgewiesen. Offenporige Asphalte werden seit mehr als 30 Jahren verwendet, erforscht und weiterentwickelt. Ein Korrekturwert Dstro - 5 dB(A), den der Beklagte im Planfeststellungsbeschluss zwischen Bau-km 5+100 und Bau-km 7+300 zu Grunde gelegt hat (A. 5.2.1, S. 25), kann sicher erreicht werden,
282vgl. BVewG, Urteil vom 9. Juni 2010 ‑ 9 A 20.08 ‑, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 208, S. 161; ausführlich OVG NRW, Urteil vom 11. Februar 2009 - 11 D 45/06.AK -, juris, Rdnr. 169 ff., m. w. N.,
283und durfte der lärmtechnischen Unterlage zu Grunde gelegt werden.
284Die Klägerin zu 1. ist mit ihrem Einwand in der Klagebegründung, für ihr Haus seien in der lärmtechnischen Untersuchung falsche Berechnungspunkte gewählt worden, nicht gemäß § 17a Nr. 7 Satz 1 FStrG ausgeschlossen. Zwar konnte der Planfeststellungsbehörde die Gestaltung im Inneren des Wohnhauses der Klägerin zu 1. insbesondere im Hinblick auf die Geschosshöhen nicht im Detail bekannt sein, so dass sie gerade in einem solchen Fall auf konkrete Angaben des Planbetroffenen angewiesen war.
285Vgl. BVerwG, Beschluss vom 9. Oktober 2008 ‑ 9 PKH 2.08 ‑, Buchholz 407.4 § 17a FStrG Nr. 1, S. 2, für den Fall einer Außenwohnnutzung.
286Der Senat teilt aber die Auffassung der Klägerin zu 1., dass sie als Laie der lärmtechnischen Unterlage wegen der dort verwendeten Abkürzungen die für ihr Grundstück angenommenen Berechnungspunkte nicht entnehmen und daher auch nicht erkennen konnte, dass die Berechnungspunkte nicht zutrafen.
287Der Einwand greift jedoch in der Sache nicht durch. Der Beklagte hat bei einer vermessungstechnischen Überprüfung am Wohnhaus der Klägerin zu 1. im ungünstigsten Fall für das erste Obergeschoss eine Höhendifferenz um fast 1,64 m festgestellt. Dieser Wert liegt noch etwas höher als die Angaben der Klägerin zu 1., die von einer Höhendifferenz von bis zu 1,6 m ausgeht. Mit zusätzlicher Berücksichtigung eines um 5% steigenden Schwerverkehrsanteils bis 2025 ergab eine Nachberechnung seitens des Beklagten 54,7 dB(A) tags/47,1 dB(A) nachts für das Erdgeschoss und 56,1 dB(A) tags/48,6 dB(A) nachts für das Obergeschoss. Damit werden die maßgebenden Grenzwerte für Wohngebiete von 59 dB(A) tags/49 dB(A) nachts eingehalten. Die Klägerin zu 1. ist dieser Neuberechnung nicht mehr entgegengetreten, sondern hat nur ihre allgemeinen Einwände gegen die lärmtechnische Unterlage wiederholt.
288Die weiteren Einwände der Kläger gegen die lärmtechnische Unterlage greifen nicht durch. Dem Vorwurf, die Unterlage sei nicht von sachkundigen Personen erstellt worden und es gebe keinerlei Hinweise auf die Verfasser, ist nicht weiter nachzugehen. Hieraus ergibt sich nicht, dass die angestellten Berechnungen fehlerhaft sein könnten. Soweit die Kläger zahlreiche Angaben zur Ermittlung von Gebietsarten, Abständen, Höhen und Geschossen sowie zu Kosten von Lärmschutzmaßnahmen und Lärmschutzvarianten vermissen, weist der Senat nochmals darauf hin, dass sich die Kläger nur auf die Lärmeinwirkungen ihrer Grundstücke berufen können. Daher ist auch die Frage, ob der Beklagte laut Vermerk vom 1. März 2011 eine Neuerstellung des Lärmschutzkonzepts gefordert hat und ob und inwieweit dieses vorgelegt worden ist, nicht entscheidungserheblich. In der maßgebenden lärmtechnischen Unterlage vom 2. Mai 2007 wird auf Seite VI ausgeführt: „Die lärmtechnische Untersuchung wurde nach RLS 90 mit dem Computerprogramm „SoundPLAN 6.4 ‑ Version 28.01.2007 -“ durchgeführt, wobei örtliche Gegebenheiten wie Bebauung, Geländehöhen, Abschirmungen sowie Höhenlagen von Straßen und Bauwerken berücksichtigt wurden. Die durch die vorgesehenen Lärmschutzwände entstehenden zusätzlichen Schallreflexionen werden ebenfalls in den Berechnungsergebnissen berücksichtigt.“ Das Rechenprogramm SoundPLAN gehört zu den gängigen Rechenmodellen für die Berechnung der Schallausbreitung in komplexer Topografie.
289Vgl. OVG NRW, Urteil vom 13. Dezember 2007 ‑ 7 D 122/06.NE -, juris, Rdnr. 74, 76.
290Es entspricht nach der Bestätigung des Lizenzgebers allen Anforderungen für die Durchführung von Rechenoperationen nach der 16. BImSchV i. V. m. des RLS-90 und ist in einem Testverfahren des Bundesverkehrsministeriums und der Straßenbauverwaltung überprüft worden.
291Vgl. OVG Lüneburg, Urteil vom 23. November 2010 - 7 KS 143/08 -, juris, Rdnr. 23.
292Dem sind die Kläger in Bezug auf ihre jeweiligen Grundstücke nicht substantiiert entgegengetreten. Sie äußern nur nicht belegte Vermutungen.
293ddd) Durch das mithin nicht zu beanstandende, dem Planfeststellungsbeschluss zu Grunde liegende Lärmschutzkonzept wird ‑ im Wege einer Lärmsanierung ‑ für die Grundstücke der Kläger „Vollschutz“ erreicht: Für das Grundstück der Klägerin zu 1. ergibt die Nachberechnung unter Zugrundelegung der höher gelegenen Berechnungspunkte im Obergeschoss 56,1 dB(A) am Tag und 48,6 dB(A) in der Nacht. Damit werden die Grenzwerte der 16. BImSchV für Wohngebiete von 59 dB(A) tags und 49 dB(A) nachts eingehalten. Die Immissionsgrenzwerte des § 2 Abs. 1 der 16. BImSchV stellen in Gebieten, die durch eine Wohnnutzung geprägt sind, sicher, dass auch zu Zeiten überdurchschnittlicher Inanspruchnahme der Straße nach dem derzeitigen Kenntnisstand Gesundheitsgefährdungen nicht zu besorgen sind.
294Vgl. BVerwG, Urteil vom 21. März 1996 ‑ 4 A 10.95 ‑, Buchholz 406.25 § 41 BImSchG Nr. 13, S. 39.
295Auf dem Grundstück des Klägers zu 2. werden 60 dB(A) tagsüber und 53 dB(A) nachts erreicht; das liegt unter den Grenzwerten der 16. BImSchV für den Außenbereich von 64 dB(A) tags und 54 dB(A) nachts.
296Anspruch auf (weiteren) Lärmschutz besteht daher bei dem Bau oder der wesentlichen Änderung einer öffentlichen Straße grundsätzlich nur, wenn der von der neuen oder geänderten Straße ausgehende Verkehrslärm den nach § 2 Abs. 1 der 16. BImSchV maßgeblichen Immissionsgrenzwert überschreitet.
297Vgl. BVerwG, Urteil vom 21. März 1996 ‑ 4 C 9.95 ‑, BVerwGE 101, 1.
298Das ist bei den Grundstücken der Kläger ‑ wie dargelegt ‑ nicht der Fall. Allerdings ist Lärmschutzgesichtspunkten bereits unterhalb der Erheblichkeitsschwel-le, die durch § 2 Abs. 1 der 16. BImschV als im Wege der Abwägung nicht überwindbare Grenze bezeichnet wird, im Rahmen des nach § 17 Satz 2 FStrG gebotenen Interessenausgleichs Rechnung zu tragen.
299Vgl. BVerwG, Beschluss vom 5. März 1999 ‑ 4 A 7.98 ‑, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 149, S. 20.
300Es ist jedoch unter Abwägungsgesichtspunkten nicht zu beanstanden, dass der Beklagte Lärmschutz nur insoweit vorgesehen hat, als darauf ein gesetzlicher Anspruch besteht, mithin auf die Grenzwerte der 16. BImSchV abgestellt hat (PFB B. 5.3.5.1, S. 96 ff.). Dabei ist zu berücksichtigen, dass sich die Lärmsituation auf dem Grundstück der Klägerin zu 1. durch den geplanten aktiven Lärmschutz gegenüber der gegenwärtigen Situation grundlegend verbessern wird, weil das Grundstück dem von der bereits vorhandenen Trasse der B 51 herrührenden Lärm bisher ungeschützt ausgesetzt ist.
301Die Kläger haben auch keine weitergehenden Ansprüche im Hinblick auf Lärmschutz für ihre Außenwohnbereiche. Außenwohnbereiche sind neben den bebauten Außenwohnbereichsflächen wie Balkonen, Loggien und Terrassen nur sonstige zum Wohnen im Freien geeignete und bestimmte Flächen des Grundstücks wie Gartenlauben und Grillplätze, nicht jedoch ‑ wie die Kläger offenbar meinen ‑ Gärten oder das gesamte Grundstück.
302Vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Mai 2012 ‑ 9 A 35.10 ‑, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 225, S. 29.
303Vor diesem Hintergrund machen die Kläger eine Überschreitung der maßgeblichen Immissionsgrenzwerte in ihren Außenwohnbereichen schon nicht substantiiert geltend, zumal hierfür nur auf die an beiden Wohnhäusern nach der lärmtechnischen Unterlage mit mindestens 2,9 dB(A) deutlich unterschrittenen Tagesgrenzwerte abzustellen ist.
304eee) Da die Immissionsgrenzwerte der gemäß § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG zur Durchführung des § 41 BImSchG erlassenen 16. BImSchV auf den Grundstücken der Kläger eingehalten werden, sind die Einwände der Kläger gegen die zur Umsetzung des in § 41 BImSchG vorgesehenen Lärmschutzkonzepts erforderliche Nutzen-Kosten-Prüfung nicht entscheidungserheblich. Denn eine Verhältnismäßigkeitsprüfung nach § 41 Abs. 2 BImSchG, die eine derartige Nutzen-Kosten-Prüfung erfordern würde, war für die Grundstücke der Kläger wegen der Einhaltung der Grenzwerte gerade nicht erforderlich.
305d) Der Vortrag der Kläger zu einer fehlerhaften Ermittlung und Bewertung der Luftschadstoffe in den planfestgestellten Ergebnissen des Luftschadstoffgutachtens (Anlage Nr. 99 zum Planfeststellungsbeschluss, Beiakte 10 zu 11 D 6/12.AK) zeigt keinen zu ihren Gunsten durchgreifenden Abwägungsfehler der Planfeststellung auf. In dieser Hinsicht bedarf es keiner weiteren Vertiefung, ob ihre Einwände zutreffend sind.
306aa) Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss ist bezüglich der Luftschadstoffproblematik - trotz des umfangreichen Vortrags der Kläger zu diesem Gesichtspunkt - bereits deshalb nicht abwägungsfehlerhaft, weil die Einhaltung der Grenzwerte der 39. BImSchV keine Rechtmäßigkeitsvoraussetzung für die Planfeststellung eines Straßenbauvorhabens ist. Grenzwertüberschreitungen sind nach dem System der Luftreinhalteplanung (vgl. § 47 BImSchG und § 27 der 39. BImSchV) unabhängig von den Immissionsquellen zu vermeiden. Allerdings ist das Gebot der Konfliktbewältigung als Ausformung des Abwägungsgebots verletzt, wenn die Planfeststellungsbehörde das Vorhaben zulässt, obgleich absehbar ist, dass seine Verwirklichung die Möglichkeit ausschließt, die Einhaltung der Grenzwerte mit den Mitteln der Luftreinhalteplanung in einer mit der Funktion des Vorhabens zu vereinbarenden Weise zu sichern. Das ist insbesondere der Fall, wenn die von einer planfestgestellten Straße herrührenden Immissionen bereits für sich genommen die maßgeblichen Grenzwerte überschreiten. Von diesem Fall abgesehen geht der Gesetzgeber davon aus, dass sich die Einhaltung der Grenzwerte mit den Mitteln der Luftreinhalteplanung sichern lässt. Für die Annahme, dass dies nicht möglich ist, müssen deshalb besondere Umstände vorliegen.
307Vgl. etwa BVerwG, Urteile vom 10. Oktober 2012 - 9 A 19.11 -, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 228, S. 38.
308Solche besonderen Umstände können sich vor allem aus ungewöhnlichen örtlichen Gegebenheiten (zentrale Verkehrsknotenpunkte, starke Schadstoffvorbelastung durch eine Vielzahl von Emittenten) ergeben.
309Vgl. BVerwG, Urteil vom 26. Mai 2004 ‑ 9 A 6.03 ‑, BVerwGE 121, 57 (64).
310Derartige besondere Umstände sind für die Stadt N. weder geltend gemacht noch ersichtlich.
311Vgl. auch BVerwG, Urteil vom 26. Mai 2004 ‑ 9 A 6.03 ‑, BVerwGE 121, 57 (65), zu einer vierspurigen innerstädtischen Ausfallstraße in Dresden mit ähnlich hoher Verkehrsbelastung wie für die B 51 prognostiziert.
312Hieran gemessen genügt die Planung dem Gebot der Konfliktbewältigung. Das zum Gegenstand der Planfeststellung gemachte Luftschadstoffgutachten von September 2011 (Anlage Nr. 99 zum Planfeststellungsbeschluss, Beiakte 10 zu 11 D 6/12.AK) kommt auf der Grundlage der vom Beklagten angegebenen Verkehrsmengen für das Jahr 2020 zu dem Ergebnis, dass die über ein Kalenderjahr gemittelten Immissionsgrenzwerte von jeweils 40 µg/m3 sowohl für Stickstoffdioxid (§ 3 Abs. 2 der 39. BImSchV) als auch für Feinstaub PM10 (§ 4 Abs. 2 der 39. BImschV) und der ab 2015 geltende Immissionsgrenzwert von 25 µg/m3 für Feinstaub PM2,5 (§ 5 Abs. 2 der 39. BImschV) mit den prognostizierten unter 30 µg/m3 für Stickstoffdioxid, unter 24 µg/m3 für PM10 und unter 20 µg/m3 für PM2,5, jeweils für die zur B 51 nächstgelegenen Wohnbebauung am C2.-----weg deutlich bis weit unterschritten werden (vgl. Abbildungen 6.2, 6.4 und 6.6). Die auf S. 28 und 33 des Gutachtens referierten Ergebnisse für die Feinstaubimmissionen werden im Planfeststellungsbeschluss auf S. 117 zutreffend wiedergegeben. In diesem Zusammenhang merkt der Senat an, dass schon die im Gutachten als Hintergrundbelastung zu Grunde gelegten von der Messstation N. Geist im Jahr 2010 gemessenen Jahresmittelwerte für Stickstoffdioxid 25 µg/m3, für PM10 22 mg/m3 und für PM2,5 19 µg/m3 betragen, so dass die von dem planfestgestellten Vorhaben herrührenden zusätzlichen Schadstoffbelastungen bezogen auf das Grundstück der Klägerin zu 1. gering sind.
313Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss geht daher zu Recht davon aus, dass mit der Realisierung des Vorhabens keine atypische Situation entsteht, die bereits in der Planfeststellung Maßnahmen erfordert, und weitere Maßnahmen einer Luftreinhalteplanung vorbehalten werden können (PFB B. 5.3.5.2, S. 116 bis 118). Für den Beklagten bestand daher kein Anlass, die Luftreinhalteplanung der Stadt N. im Planfeststellungsbeschluss zu überprüfen.
314bb) Unabhängig davon werden - wie soeben dargelegt - die Immissionsgrenzwerte der 39. BImSchV eingehalten; das Luftschadstoffgutachten ist nicht zu beanstanden.
315aaa) Die Grenzwerte der 39. BImSchV beruhen auf unionsrechtlichen Vorgaben durch die Richtlinie 2008/50/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2008 über Luftqualität und saubere Luft in Europa (Abl. Nr. L 152 S. 1).
316Vgl. zusammenfassend Bruckmann/Strecker, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Band IV, Kommentar, Stand 15. November 2014, 39. BImSchV Vorb., Rdnr. 3.
317Der Senat ist gemäß Art. 20 Abs. 3 GG an diese rechtlichen Maßstäbe gebunden und daher nicht befugt, eine Entscheidung auf der Basis hiervon möglicherweise abweichender wissenschaftlicher Erkenntnisse zu treffen, wie sie etwa von Prof. Dr. L. in der mündlichen Verhandlung vorgetragen worden sind bzw. sich aus den von ihm vorgelegten umfangreichen Unterlagen ergeben („Die Biologie kennt keine Grenzwerte.“).
318Nach Art. 191 Abs. 3 AEUV (vgl. auch die Querschnittsklausel in Art. 11 AEUV) berücksichtigt die Union bei der Erarbeitung ihrer Umweltpolitik ‑ hierzu gehört die Richtlinie 2008/50/EG ‑ u. a. die verfügbaren wissenschaftlichen und technischen Daten. Die gerichtliche Kontrolle, was die Berücksichtigung wissenschaftlicher und technischer Daten angeht, beschränkt sich darauf, ob die Maßnahme offensichtlich fehlerhaft ist, ob sie einen Ermessensmissbrauch darstellt oder ob die betreffende Behörde die Grenzen ihres Ermessens offensichtlich überschritten hat. Dem Gebot zur Berücksichtigung des Standes von Wissenschaft und Technik ist nach dem EuGH schon dann entsprochen, wenn sich dies aus den Begründungserwägungen ablesen lässt und wenn ein Rechtsakt Überwachungsvorschriften zur Beurteilung der Wirksamkeit der getroffenen Regelungen sowie Revisionsklauseln beinhaltet, welche vorsehen, dass die Kommission unter Berücksichtigung technischen Fortschritts Einfügungen, Streichungen oder Änderungen vornehmen kann.
319Vgl. etwa Kahl, in: Streinz (Hrsg), EUV/AEUV, 2. Auflage 2012, Art. 191 AEUV, Rdnr. 121, m. w. N.
320Die Richtlinie 2008/50/EG sieht in ihrem Art. 32 ausdrücklich vor, dass die Kommission im Jahr 2013 die Vorschriften über PM2,5 sowie gegebenenfalls andere Schadstoffe überprüft, und regelt Einzelheiten des Überprüfungsverfahrens, das auch die Berücksichtigung neuester wissenschaftlicher Informationen vorsieht. Für PM2,5 bestimmt bereits die Richtlinie selbst und ihr folgend § 5 Abs. 2 der 39. BImSchV ab 2015 einen neuen Grenzwert.
321Auch aus Art. 3 i. V. m. Art. 37 der Europäischen Grundrechtecharta ergibt sich kein umfassendes Recht auf gesunde Umwelt.
322Vgl. Borowsky, in: Meyer (Hrsg.) Charta der Grundrechte der Europäischen Union, 4. Auflage 2014, Art. 3 Rdnr. 38.
323Aus der staatlichen Schutzpflicht nach Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG („Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit.“) ergeben sich keine weitergehenden Anforderungen. Ohne verlässliche wissenschaftliche Erkenntnisse über komplexe Gefährdungen ist es nicht Sache der Gerichte, sondern des Verordnungsgebers, den Erkenntnisfortschritt der Wissenschaft mit geeigneten Mitteln zu beobachten und zu bewerten. Diese Pflicht ist erst verletzt, wenn eine ursprünglich rechtmäßige Regelung aufgrund neuer Erkenntnisse oder einer veränderten Situation verfassungsrechtlich evident untragbar geworden ist.
324Vgl. BVerwG, Gerichtsbescheid vom 21. September 2010 ‑ 7 A 7.10 ‑, juris, Rdnr. 17, unter Hinweis auf BVerfG, Beschluss vom 24. Januar 2007 ‑ 1 BvR 382/05 ‑, NVwZ 2007, 805.
325Das ist im Hinblick auf die Fortschreibung der Grenzwerte und der oben dargelegten in der Richtlinie 2008/50/EG ausdrücklich vorgesehenen Überprüfung nicht ersichtlich.
326Die von den Klägern angeführten Regelungen in § 1 Nr. 19 und 37 sowie § 23 und § 26 der 39. BImSchV zu „langfristigen und nationalen Zielen“, zum „Zielwert“ und zur „bestmöglichen Luftqualität“ ergeben keine über die Einhaltung der in den §§ 3 bis 5 der 39. BImSchV rechtsverbindlich festgelegten konkreten Grenzwerte hinausgehenden subjektiven Rechte der Kläger.
327bbb) Entgegen der Auffassung der Kläger legt das Gutachten für die Schadstoffhintergrundbelastung zu Recht die Messwerte der vom LANUV im Rahmen des Luftqualitätsüberwachungssystems betriebenen Station N. Geist zu Grunde. Die Auswahl der berücksichtigten Messstationen muss den örtlichen Verhältnissen Rechnung tragen und gegebenenfalls bestehende deutliche Unterschiede der für die Vorbelastung im Plangebiet maßgeblichen Faktoren berücksichtigen.
328Vgl. BVerwG, Urteil vom 9. Juni 2010 - 9 A 20.08 -, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 208, S. 166.
329Nach § 1 Nr. 22 der 39. BImSchV sind „Messstationen für den städtischen Hintergrund“ Messstationen an Standorten in städtischen Gebieten, an denen die Werte repräsentativ für die Expositon der städtischen Bevölkerung sind. Dies wird in Anlage 3 B.1.c) zur 39. BImSchV dahingehend präzisiert, dass die gemessene Verschmutzung den integrierten Beitrag sämtlicher Quellen im Luv der Hauptwindrichtung der Station erfasst. Für die gemessene Verschmutzung sollte nicht eine einzelne Quelle vorherrschend sein, es sei denn, dies ist für eine größere städtische Fläche typisch. Die Probenahmestellen müssen grundsätzlich für eine Fläche von mehreren Quadratkilometern repräsentativ sein.
330Die Station N. Geist befindet sich etwa 5 km südwestlich des Untersuchungsgebiets im Zentrum von N. zwischen Kleingärten und Wohnhäusern (Gutachten S. 18) an einem Schulgelände. Ein Gewerbegebiet liegt etwa 1,5 km östlich bis südöstlich der Station. Die in diesem Abschnitt vierstreifige B 51 verläuft ca. 200 m südlich, die B 54 ca. 700 m östlich und die B 219 ca. 500 m westlich der Station.
331Vgl. die Beschreibung der näheren Umgebung auf der Internetseite des LANUV http:/www.lanuv.de/luft/messorte/steckbriefe/msge.htm.
332Diese Messstation ist damit die dem planfestgestellten Vorhaben nächstgelegene Station, deren Messwerte eine städtische Schadstoffhintergrundbelastung wiedergeben. Dabei bezieht sich die Anforderung, den integrierten Beitrag sämtlicher Quellen im Luv der Hauptwindrichtung der Station zu erfassen, auf die konkrete Lage der Messstation selbst, bedeutet jedoch nicht, dass die Station so positioniert sein muss, dass sie sämtliche stark emittierenden Schadstoffquellen der Stadt N. erfasst. Dann würde sie gerade nicht mehr die für die städtische Fläche typische Hintergrundbelastung ermitteln und wäre nicht für eine Fläche von mehreren Quadratkilometern repräsentativ.
333Dem gegenüber liegen die anderen drei vom LANUV in N. betriebenen Messstationen unmittelbar an vielbefahrenen Straßen. Die von den Klägern angesprochene Station an der X1. Straße steht auf dem Gehweg einer stark befahrenen und beidseitig von einer geschlossenen mehrgeschossigen Bebauung begrenzten innerstädtischen Ausfallstraße in N. . Sie ist daher nicht geeignet, die großräumig vorhandene Hintergrundbelastung abzubilden, die im Untersuchungsgebiet ohne Verkehr auf den in die Untersuchung einbezogenen Straßen vorliegen würde (vgl. auch Luftschadstoffgutachten S. 13 unten).
334ccc) Nach der Anlage 3 zur 39. BImSchV ist die Luftqualität in solchen Bereichen zu untersuchen, in denen die individuelle Aufenthaltsdauer von Menschen typischerweise einen „signifikanten“ Anteil am Mittelungszeitraum des jeweils zu betrachtenden Immissionsgrenzwerts einnimmt. Danach sind selbst bezogen auf Grenzwerte mit dem geringsten Mittelungszeitraum von einer Stunde (vgl. §§ 2 f. der 39. BImSchV) nur solche Bereiche zu untersuchen, in denen der Einzelne nicht nur für einen kurzen Moment, sondern „über einen längeren Zeitraum“ Schadstoffen ausgesetzt ist.
335Vgl. BVerwG, Urteil vom 10. Oktober 2012 ‑ 9 A 19.11 ‑, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 228, S. 48.
336Selbst wenn man unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe - anders als im Planfeststellungsbeschluss auf S. 117 wiedergegeben - den Garten des Grundstücks der Klägerin zu 1. einbezieht, werden die Grenzwerte ‑ wie oben dargelegt ‑ deutlich bis weit unterschritten. Für das Grundstück des Klägers zu 2. steht eine Grenzwertüberschreitung ohnehin nicht in Rede.
337Angesichts der deutlichen Unterschreitung der Grenzwerte auch auf dem Grundstück der Klägerin zu 1. ist nicht erheblich, dass das Luftschadstoffgutachten (vgl. Abbildung 5.1 auf S. 22) für die B 51 von einer zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 70 km/h ausgeht, während die lärmtechnische Untersuchung eine zulässige Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h zu Grunde legt und der Planfeststellungsbeschluss die zulässige Höchstgeschwindigkeit nicht regelt. Die prognostizierte Schadstoffbelastung liegt auch dann auf der „sicheren Seite“, wenn von der zuständigen Straßenverkehrsbehörde künftig ein Tempolimit von 100 km/h zugestanden würde. Das hat der Gutachter dem Beklagten am 29. März 2012 mitgeteilt. Die Stickstoffdioxidimmissionen würden sich um höchstens 1 µg/m3 erhöhen, die Werte für PM10 um 1 bis 4 %, so dass auch bei einer Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h Grenzwertüberschreitungen nicht zu erwarten seien. Hierbei ist auch zu berücksichtigen, dass das Luftschadstoffgutachten die als „maximale“ Verkehrsbelastung prognostizierte Verkehrsmenge von 50.600 Kfz/24 h zu Grunde legt, während die Verkehrsprognose der IVV vom 11. September 2006 für den hier fraglichen Abschnitt nördlich der X. Straße eine Verkehrsbelastung von nur 41.700 Kfz/24 h prognostiziert.
338ddd) Dafür dass dem Gutachterbüro Eingabefehler oder Rechenfehler unterlaufen sind, fehlt jeder schlüssige Anhaltspunkt. Der Gutachter hat im Termin zur mündlichen Verhandlung erläutert, dass die Auswirkungen der geplanten Lärmschutzwände in das Rechenprogramm eingearbeitet sind. Bedenken an der Fachkompetenz und der Unparteilichkeit des Ingenieurbüros M. bestehen nicht. Dem Senat ist aus eigener Erfahrung bekannt, dass das Ingenieurbüro M. in Nordrhein-Westfalen regelmäßig Planfeststellungsverfahren durch Fachbeiträge begleitet hat.
339Vgl. etwa OVG NRW, Urteil vom 24. März 2014 ‑ 11 D 31/11.K -, juris, Rdnr 105 ff.
340eee) Bei dieser Sachlage bedurfte es nicht einer von den Klägern vermissten Berechnung der Kurzzeitgrenzwerte (200 µg/m3 über eine Stunde gemittelt für Stickstoffdioxid, § 3 Abs. 1 der 39. BImSchV; 50 µg/m3 über einen Tag gemittelt für Feinstaub PM10), die auf den Grundstücken der Kläger offensichtlich nicht erreicht werden (vgl. auch die Erläuterung im Luftschadstoffgutachten S. 8 f.).
341fff) Nach alldem musste der Senat dem in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisantrag zu behaupteten Grenzwertüberschreitungen nicht weiter nachgehen.
342e) Aus § 50 BImSchG ergeben sich für die Kläger keine weitergehenden Ansprüche. § 50 Satz 1 BImSchG kommt in Bezug auf Verkehrslärm und sonstige Immissionen die Funktion einer Abwägungsdirektive zu.
343Vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 23. Februar 2005 ‑ 4 A 1.04 ‑, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 186, S. 188.
344Da sowohl die Immissionsgrenzwerte für Lärm als auch für Luftschadstoffe auf den Grundstücken der Kläger eingehalten werden, folgt aus § 50 Satz 1 BImSchG kein Anspruch der Kläger auf weitere Schutzmaßnahmen etwa durch Verwirklichung einer „Tunnellösung“. Der allgemeine Planungsgrundsatz des § 50 BImSchG wendet sich als objektivrechtliches Gebot an die für die Planungsentscheidung zuständige Stelle; er enthält aber für den Planbetroffenen kein subjektives öffentliches Recht.
345Vgl. BVerwG, Beschluss vom 10. September 1981 ‑ 4 B 114.81 ‑, Buchholz 406.25 § 50 BImSchG Nr. 2.
346f) Die Beeinträchtigung des Grundeigentums der Klägerin zu 1. durch eine 5,5 m hohe Lärmschutzwand hat der Beklagte als abwägungserheblichen Belang gesehen und auf Seite 147 des Planfeststellungsbeschlusses behandelt. Er hat auf die Gestaltung der Wand verwiesen, die in einer Höhe über 3 m transparentes Material vorsieht, ferner auf die Anpflanzung eines Grüngürtels vor der Lärmschutzwand. Schließlich verweist er noch auf eventuelle Entschädigungsansprüche (PFB B. 5.3.12.3, S. 148). Das reicht als Abwägung aus.
347Nach der Umplanung durch den Planänderungsbescheid vom 12. August 2014 wird die Lärmschutzwand in ca. 1,7 m Entfernung von der Westgrenze des Grundstücks der Klägerin zu 1. errichtet, die wiederum mindestens 28 m vom Wohngebäude entfernt liegt. Fragen einer Verschattung oder gar einer erdrückenden Wirkung stellen sich daher nicht. Die Klägerin zu 1. hat, nachdem durch die Umplanung ihr Grundstück nicht mehr in Anspruch genommen werden muss, auch keine konkreten Belange einer Eigentumsbeeinträchtigung geltend gemacht, die in die Abwägung hätten eingestellt werden müssen, sondern nur „drastische Folgen für die Wohnnutzung insbesondere der Außenbereiche“ behauptet. Dabei wird jedenfalls übersehen, dass sich im Vergleich zur gegenwärtigen Situation die Nutzung des Außenbereichs erheblich verbessert, weil die bereits vorhandene B 51 im Zuge des Ausbaus erstmals mit einer Lärmschutzwand versehen wird.
3485. Auch der Vortrag der Kläger, die Belastungen durch Baulärm und Erschütterungen während der Bauzeit seien weder ermittelt worden, noch seien im Planfeststellungsbeschluss Aussagen zum Schutz vor ihnen getroffen worden, greift nicht durch. Die durch die Straßenbauarbeiten verursachten Lärm- und Schadstoffbelastungen müssen wegen ihres unregelmäßigen Entstehens nicht durch eine Lärm- bzw. Schadstoffprognose ermittelt werden.
349Vgl. BVerwG, Urteil vom 3. März 2011 ‑ 9 A 8.10 ‑, BVerwGE 139, 150 (183 f.).
350Gleiches muss für die von den Klägern befürchteten Erschütterungen gelten.
351Der Beklagte hat im Planfeststellungsbeschluss im Hinblick auf Erschütterungen und (sonstige) Bauimmissionen und ‑auswirkungen unter A. 5.3 und 5.4 (S. 27 f.) verschiedene Nebenbestimmungen angeordnet, die zu einer weitgehenden Minimierung der Immissionsbelastung für die Umgebung führen. Dass es dennoch zu Beeinträchtigungen kommen kann, ist unvermeidbar.
352Den von den Klägern aufgezeigten „offenkundigen Widerspruch“, die AVV-Baulärm sei zu beachten, könne aber nicht eingehalten werden, sieht der Senat nicht. Es ist plausibel, dass der Beklagte die AVV-Baulärm grundsätzlich heranzieht, aber gleichzeitig einräumt, es könnten „temporäre Lärmeinwirkungen oberhalb der Richtwerte … nicht gänzlich ausgeschlossen werden.“ (PFB S. 28). Genauere Regelungen kann der Beklagte nicht treffen. Es leuchtet ohne Weiteres ein, dass die Unregelmäßigkeit des durch die Bauarbeiten ausgelösten Lärms eine detaillierte Lärmprognose nicht zulässt.
353Vgl. BVerwG, Urteil vom 3. März 2011 ‑ 9 A 8.10 ‑, BVerwGE 139, 150 (184).
354Schließlich enthalten die Nebenbestimmungen A. 5.3 und 5.4 den Passus, dass in dem Fall, dass trotz optimierter Bauverfahren die Anhaltswerte überschritten (Erschütterungen) bzw. die Eingreifwerte (Bauimmissionen und –auswirkungen) erheblich überschritten und dadurch Schäden verursacht werden, diese „nach den Grundsätzen des § 906 BGB zu entschädigen“ sind. Damit sind die Rechtspositionen der Kläger ausreichend geschützt und berücksichtigt, und zwar gerade auch im Hinblick auf die von den Klägern zitierte Rechtsprechung des BGH,
355Urteil vom 30. Oktober 2009 ‑ V ZR 17/09 ‑, NJW 2010, 1141 (1143, Rdnr. 28 f.).
356B. Der auf eine Verpflichtung des Beklagten gerichtete Hilfsantrag der Kläger, sie unter teilweiser Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses vom 30. September 2011 hinsichtlich ihrer durch das Vorhaben betroffenen Rechte/Interessen, insbesondere hinsichtlich des Schutzes vor Immissionen, erneut zu bescheiden, bleibt nach dem vorstehend Dargelegten ohne Erfolg. Die Kläger haben insbesondere keinen Anspruch auf eine Ergänzung des Planfeststellungsbeschlusses um Maßnahmen des aktiven Schallschutzes oder um die Anordnung der Erstattungsfähigkeit dem Grunde nach für Maßnahmen des passiven Schallschutzes. Das Lärmschutzkonzept der angefochtenen Planungsentscheidung steht mit den Vorgaben der §§ 41, 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG i. V. m. § 2 der 16. BImSchV im Einklang; die Immissionsgrenzwerte sowohl für Lärm als auch für Luftschad-stoffe werden auf den Grundstücken der Kläger sämtlich eingehalten. Das Vorhaben ist damit nicht zu Lasten der Kläger abwägungsfehlerhaft und verletzt in seiner festgestellten Form keine Rechte der Kläger.
357C. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 Abs. 1, 159 Satz 1 VwGO, 100 Abs. 1 ZPO.
358Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus den §§ 167 VwGO, 708 Nr. 10, 711 Satz 1 ZPO.
359Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Betriebsanlagen einer Eisenbahn einschließlich der Bahnfernstromleitungen dürfen nur gebaut oder geändert werden, wenn der Plan vorher festgestellt ist. Bei der Planfeststellung sind die von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange einschließlich der Umweltverträglichkeit im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigen. Für das Planfeststellungsverfahren gelten die §§ 72 bis 78 des Verwaltungsverfahrensgesetzes nach Maßgabe dieses Gesetzes. Wird eine bestehende Betriebsanlage einer Eisenbahn erneuert, liegt nur dann eine Änderung im Sinne von Satz 1 vor, wenn der Grundriss oder der Aufriss der Betriebsanlage oder beides wesentlich geändert wird. Eine wesentliche Änderung des Grundrisses oder Aufrisses einer Betriebsanlage im Sinne von Satz 4 liegt insbesondere nicht vor, wenn sie im Zuge des Wiederaufbaus nach einer Naturkatastrophe erforderlich ist, um diese vor Naturereignissen zu schützen, und in einem räumlich begrenzten Korridor entlang des Trassenverlaufs erfolgt.
(1a) Für folgende Einzelmaßnahmen, die den Bau oder die Änderung von Betriebsanlagen einer Eisenbahn vorsehen, bedarf es keiner vorherigen Planfeststellung oder Plangenehmigung, sofern keine Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung besteht:
- 1.
die Ausstattung einer bestehenden Bahnstrecke mit einer Oberleitung einschließlich dafür notwendiger räumlich begrenzter baulicher Anpassungen, insbesondere von Tunneln mit geringer Länge oder von Kreuzungsbauwerken, - 2.
die im Rahmen der Digitalisierung einer Bahnstrecke erforderlichen Baumaßnahmen, insbesondere die Ausstattung einer Bahnstrecke mit Signal- und Sicherungstechnik des Standards European Rail Traffic Management System (ERTMS), - 3.
der barrierefreie Umbau, die Erhöhung oder die Verlängerung von Bahnsteigen, - 4.
die Errichtung von Lärmschutzwänden zur Lärmsanierung, - 5.
die Herstellung von Überleitstellen für Gleiswechselbetriebe, - 6.
die Herstellung von Gleisanschlüssen bis 2 000 Meter und von Zuführungs- und Industriestammgleisen bis 3 000 Meter.
(2) Ist das Planfeststellungsverfahren eingeleitet, kann die Planfeststellungsbehörde nach Anhörung der betroffenen Gemeinde eine vorläufige Anordnung erlassen, in der vorbereitende Maßnahmen oder Teilmaßnahmen zum Bau oder zur Änderung festgesetzt werden,
- 1.
soweit es sich um reversible Maßnahmen handelt, - 2.
wenn an dem vorzeitigen Beginn ein öffentliches Interesse besteht, - 3.
wenn mit einer Entscheidung zugunsten des Trägers des Vorhabens gerechnet werden kann und - 4.
wenn die nach § 74 Absatz 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes zu berücksichtigenden Interessen gewahrt werden.
(3) Unterhaltungsmaßnahmen bedürfen keiner vorherigen Planfeststellung oder Plangenehmigung.
(1) Bahnanlagen sind alle Grundstücke, Bauwerke und sonstigen Einrichtungen einer Eisenbahn, die unter Berücksichtigung der örtlichen Verhältnisse zur Abwicklung oder Sicherung des Reise- oder Güterverkehrs auf der Schiene erforderlich sind. Dazu gehören auch Nebenbetriebsanlagen sowie sonstige Anlagen einer Eisenbahn, die das Be- und Entladen sowie den Zu- und Abgang ermöglichen oder fördern. Es gibt Bahnanlagen der Bahnhöfe, der freien Strecke und sonstige Bahnanlagen. Fahrzeuge gehören nicht zu den Bahnanlagen.
(2) Bahnhöfe sind Bahnanlagen mit mindestens einer Weiche, wo Züge beginnen, enden, ausweichen oder wenden dürfen. Als Grenze zwischen den Bahnhöfen und der freien Strecke gelten im allgemeinen die Einfahrsignale oder Trapeztafeln, sonst die Einfahrweichen.
(3) Blockstrecken sind Gleisabschnitte, in die ein Zug nur einfahren darf, wenn sie frei von Fahrzeugen sind.
(4) Blockstellen sind Bahnanlagen, die eine Blockstrecke begrenzen. Eine Blockstelle kann zugleich als Bahnhof, Abzweigstelle, Überleitstelle, Anschlußstelle, Haltepunkt, Haltestelle oder Deckungsstelle eingerichtet sein.
(5) Abzweigstellen sind Blockstellen der freien Strecke, wo Züge von einer Strecke auf eine andere Strecke übergehen können.
(6) Überleitstellen sind Blockstellen der freien Strecke, wo Züge auf ein anderes Gleis derselben Strecke übergehen können.
(7) Anschlußstellen sind Bahnanlagen der freien Strecke, wo Züge ein angeschlossenes Gleis als Rangierfahrt befahren können, ohne daß die Blockstrecke für einen anderen Zug freigegeben wird. Ausweichanschlußstellen sind Anschlußstellen, bei denen die Blockstrecke für einen anderen Zug freigegeben werden kann.
(8) Haltepunkte sind Bahnanlagen ohne Weichen, wo Züge planmäßig halten, beginnen oder enden dürfen.
(9) Haltestellen sind Abzweigstellen oder Anschlußstellen, die mit einem Haltepunkt örtlich verbunden sind.
(10) Deckungsstellen sind Bahnanlagen der freien Strecke, die den Bahnbetrieb insbesondere an beweglichen Brücken, Kreuzungen von Bahnen, Gleisverschlingungen und Baustellen sichern.
(11) Hauptgleise sind die von Zügen planmäßig befahrenen Gleise. Durchgehende Hauptgleise sind die Hauptgleise der freien Strecke und ihre Fortsetzung in den Bahnhöfen. Alle übrigen Gleise sind Nebengleise.
(1) Betriebsanlagen einer Eisenbahn einschließlich der Bahnfernstromleitungen dürfen nur gebaut oder geändert werden, wenn der Plan vorher festgestellt ist. Bei der Planfeststellung sind die von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange einschließlich der Umweltverträglichkeit im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigen. Für das Planfeststellungsverfahren gelten die §§ 72 bis 78 des Verwaltungsverfahrensgesetzes nach Maßgabe dieses Gesetzes. Wird eine bestehende Betriebsanlage einer Eisenbahn erneuert, liegt nur dann eine Änderung im Sinne von Satz 1 vor, wenn der Grundriss oder der Aufriss der Betriebsanlage oder beides wesentlich geändert wird. Eine wesentliche Änderung des Grundrisses oder Aufrisses einer Betriebsanlage im Sinne von Satz 4 liegt insbesondere nicht vor, wenn sie im Zuge des Wiederaufbaus nach einer Naturkatastrophe erforderlich ist, um diese vor Naturereignissen zu schützen, und in einem räumlich begrenzten Korridor entlang des Trassenverlaufs erfolgt.
(1a) Für folgende Einzelmaßnahmen, die den Bau oder die Änderung von Betriebsanlagen einer Eisenbahn vorsehen, bedarf es keiner vorherigen Planfeststellung oder Plangenehmigung, sofern keine Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung besteht:
- 1.
die Ausstattung einer bestehenden Bahnstrecke mit einer Oberleitung einschließlich dafür notwendiger räumlich begrenzter baulicher Anpassungen, insbesondere von Tunneln mit geringer Länge oder von Kreuzungsbauwerken, - 2.
die im Rahmen der Digitalisierung einer Bahnstrecke erforderlichen Baumaßnahmen, insbesondere die Ausstattung einer Bahnstrecke mit Signal- und Sicherungstechnik des Standards European Rail Traffic Management System (ERTMS), - 3.
der barrierefreie Umbau, die Erhöhung oder die Verlängerung von Bahnsteigen, - 4.
die Errichtung von Lärmschutzwänden zur Lärmsanierung, - 5.
die Herstellung von Überleitstellen für Gleiswechselbetriebe, - 6.
die Herstellung von Gleisanschlüssen bis 2 000 Meter und von Zuführungs- und Industriestammgleisen bis 3 000 Meter.
(2) Ist das Planfeststellungsverfahren eingeleitet, kann die Planfeststellungsbehörde nach Anhörung der betroffenen Gemeinde eine vorläufige Anordnung erlassen, in der vorbereitende Maßnahmen oder Teilmaßnahmen zum Bau oder zur Änderung festgesetzt werden,
- 1.
soweit es sich um reversible Maßnahmen handelt, - 2.
wenn an dem vorzeitigen Beginn ein öffentliches Interesse besteht, - 3.
wenn mit einer Entscheidung zugunsten des Trägers des Vorhabens gerechnet werden kann und - 4.
wenn die nach § 74 Absatz 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes zu berücksichtigenden Interessen gewahrt werden.
(3) Unterhaltungsmaßnahmen bedürfen keiner vorherigen Planfeststellung oder Plangenehmigung.
(1) Dem Eisenbahn-Bundesamt obliegen folgende Aufgaben, soweit nicht die in § 4 Abs. 1 bezeichnete Behörde zuständig ist:
- 1.
die Planfeststellung für Betriebsanlagen der Eisenbahnen des Bundes, - 2.
die Eisenbahnaufsicht, - 3.
die Bauaufsicht für Betriebsanlagen der Eisenbahnen des Bundes, - 4.
Erteilung und Widerruf einer Betriebsgenehmigung, - 5.
die Ausübung hoheitlicher Befugnisse sowie von Aufsichts- und Mitwirkungsrechten nach Maßgabe anderer Gesetze und Verordnungen, - 6.
die Vorbereitung und Durchführung von Vereinbarungen gemäß § 9 des Bundesschienenwegeausbaugesetzes, - 7.
die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens der Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP-Pflicht) nach § 5 Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung in Verbindung mit § 18 Absatz 1a Satz 5 des Allgemeinen Eisenbahngesetzes, - 8.
die Bewilligung von Bundesmitteln zur Förderung des Schienenverkehrs und zur Förderung der Kombination des Schienenverkehrs mit anderen Verkehrsarten.
(1a) Das Eisenbahn-Bundesamt ist die Sicherheitsbehörde nach § 5 Absatz 1d Satz 2 und Absatz 1e Satz 2 des Allgemeinen Eisenbahngesetzes, die mit den Aufgaben der Eisenbahnsicherheit im Sinne des Rechts der Europäischen Gemeinschaften oder der Europäischen Union betraut ist.
(2) Für die Durchführung von Planfeststellungsverfahren im Bereich der Eisenbahnen des Bundes ist das Eisenbahn-Bundesamt Planfeststellungs- und Anhörungsbehörde.
(3) Das Eisenbahn-Bundesamt nimmt die Landeseisenbahnaufsicht und die Befugnis zur Erteilung von Genehmigungen auf der Grundlage einer Vereinbarung mit einem Land nach dessen Weisung und auf dessen Rechnung wahr.
(4) (weggefallen)
(1) Betriebsanlagen einer Eisenbahn einschließlich der Bahnfernstromleitungen dürfen nur gebaut oder geändert werden, wenn der Plan vorher festgestellt ist. Bei der Planfeststellung sind die von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange einschließlich der Umweltverträglichkeit im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigen. Für das Planfeststellungsverfahren gelten die §§ 72 bis 78 des Verwaltungsverfahrensgesetzes nach Maßgabe dieses Gesetzes. Wird eine bestehende Betriebsanlage einer Eisenbahn erneuert, liegt nur dann eine Änderung im Sinne von Satz 1 vor, wenn der Grundriss oder der Aufriss der Betriebsanlage oder beides wesentlich geändert wird. Eine wesentliche Änderung des Grundrisses oder Aufrisses einer Betriebsanlage im Sinne von Satz 4 liegt insbesondere nicht vor, wenn sie im Zuge des Wiederaufbaus nach einer Naturkatastrophe erforderlich ist, um diese vor Naturereignissen zu schützen, und in einem räumlich begrenzten Korridor entlang des Trassenverlaufs erfolgt.
(1a) Für folgende Einzelmaßnahmen, die den Bau oder die Änderung von Betriebsanlagen einer Eisenbahn vorsehen, bedarf es keiner vorherigen Planfeststellung oder Plangenehmigung, sofern keine Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung besteht:
- 1.
die Ausstattung einer bestehenden Bahnstrecke mit einer Oberleitung einschließlich dafür notwendiger räumlich begrenzter baulicher Anpassungen, insbesondere von Tunneln mit geringer Länge oder von Kreuzungsbauwerken, - 2.
die im Rahmen der Digitalisierung einer Bahnstrecke erforderlichen Baumaßnahmen, insbesondere die Ausstattung einer Bahnstrecke mit Signal- und Sicherungstechnik des Standards European Rail Traffic Management System (ERTMS), - 3.
der barrierefreie Umbau, die Erhöhung oder die Verlängerung von Bahnsteigen, - 4.
die Errichtung von Lärmschutzwänden zur Lärmsanierung, - 5.
die Herstellung von Überleitstellen für Gleiswechselbetriebe, - 6.
die Herstellung von Gleisanschlüssen bis 2 000 Meter und von Zuführungs- und Industriestammgleisen bis 3 000 Meter.
(2) Ist das Planfeststellungsverfahren eingeleitet, kann die Planfeststellungsbehörde nach Anhörung der betroffenen Gemeinde eine vorläufige Anordnung erlassen, in der vorbereitende Maßnahmen oder Teilmaßnahmen zum Bau oder zur Änderung festgesetzt werden,
- 1.
soweit es sich um reversible Maßnahmen handelt, - 2.
wenn an dem vorzeitigen Beginn ein öffentliches Interesse besteht, - 3.
wenn mit einer Entscheidung zugunsten des Trägers des Vorhabens gerechnet werden kann und - 4.
wenn die nach § 74 Absatz 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes zu berücksichtigenden Interessen gewahrt werden.
(3) Unterhaltungsmaßnahmen bedürfen keiner vorherigen Planfeststellung oder Plangenehmigung.
(1) Durch die Planfeststellung wird die Zulässigkeit des Vorhabens einschließlich der notwendigen Folgemaßnahmen an anderen Anlagen im Hinblick auf alle von ihm berührten öffentlichen Belange festgestellt; neben der Planfeststellung sind andere behördliche Entscheidungen, insbesondere öffentlich-rechtliche Genehmigungen, Verleihungen, Erlaubnisse, Bewilligungen, Zustimmungen und Planfeststellungen nicht erforderlich. Durch die Planfeststellung werden alle öffentlich-rechtlichen Beziehungen zwischen dem Träger des Vorhabens und den durch den Plan Betroffenen rechtsgestaltend geregelt.
(1a) Mängel bei der Abwägung der von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange sind nur erheblich, wenn sie offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen sind. Erhebliche Mängel bei der Abwägung oder eine Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften führen nur dann zur Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses oder der Plangenehmigung, wenn sie nicht durch Planergänzung oder durch ein ergänzendes Verfahren behoben werden können; die §§ 45 und 46 bleiben unberührt.
(2) Ist der Planfeststellungsbeschluss unanfechtbar geworden, so sind Ansprüche auf Unterlassung des Vorhabens, auf Beseitigung oder Änderung der Anlagen oder auf Unterlassung ihrer Benutzung ausgeschlossen. Treten nicht voraussehbare Wirkungen des Vorhabens oder der dem festgestellten Plan entsprechenden Anlagen auf das Recht eines anderen erst nach Unanfechtbarkeit des Plans auf, so kann der Betroffene Vorkehrungen oder die Errichtung und Unterhaltung von Anlagen verlangen, welche die nachteiligen Wirkungen ausschließen. Sie sind dem Träger des Vorhabens durch Beschluss der Planfeststellungsbehörde aufzuerlegen. Sind solche Vorkehrungen oder Anlagen untunlich oder mit dem Vorhaben unvereinbar, so richtet sich der Anspruch auf angemessene Entschädigung in Geld. Werden Vorkehrungen oder Anlagen im Sinne des Satzes 2 notwendig, weil nach Abschluss des Planfeststellungsverfahrens auf einem benachbarten Grundstück Veränderungen eingetreten sind, so hat die hierdurch entstehenden Kosten der Eigentümer des benachbarten Grundstücks zu tragen, es sei denn, dass die Veränderungen durch natürliche Ereignisse oder höhere Gewalt verursacht worden sind; Satz 4 ist nicht anzuwenden.
(3) Anträge, mit denen Ansprüche auf Herstellung von Einrichtungen oder auf angemessene Entschädigung nach Absatz 2 Satz 2 und 4 geltend gemacht werden, sind schriftlich an die Planfeststellungsbehörde zu richten. Sie sind nur innerhalb von drei Jahren nach dem Zeitpunkt zulässig, zu dem der Betroffene von den nachteiligen Wirkungen des dem unanfechtbar festgestellten Plan entsprechenden Vorhabens oder der Anlage Kenntnis erhalten hat; sie sind ausgeschlossen, wenn nach Herstellung des dem Plan entsprechenden Zustands 30 Jahre verstrichen sind.
(4) Wird mit der Durchführung des Plans nicht innerhalb von fünf Jahren nach Eintritt der Unanfechtbarkeit begonnen, so tritt er außer Kraft. Als Beginn der Durchführung des Plans gilt jede erstmals nach außen erkennbare Tätigkeit von mehr als nur geringfügiger Bedeutung zur plangemäßen Verwirklichung des Vorhabens; eine spätere Unterbrechung der Verwirklichung des Vorhabens berührt den Beginn der Durchführung nicht.
(1) Betriebsanlagen einer Eisenbahn einschließlich der Bahnfernstromleitungen dürfen nur gebaut oder geändert werden, wenn der Plan vorher festgestellt ist. Bei der Planfeststellung sind die von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange einschließlich der Umweltverträglichkeit im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigen. Für das Planfeststellungsverfahren gelten die §§ 72 bis 78 des Verwaltungsverfahrensgesetzes nach Maßgabe dieses Gesetzes. Wird eine bestehende Betriebsanlage einer Eisenbahn erneuert, liegt nur dann eine Änderung im Sinne von Satz 1 vor, wenn der Grundriss oder der Aufriss der Betriebsanlage oder beides wesentlich geändert wird. Eine wesentliche Änderung des Grundrisses oder Aufrisses einer Betriebsanlage im Sinne von Satz 4 liegt insbesondere nicht vor, wenn sie im Zuge des Wiederaufbaus nach einer Naturkatastrophe erforderlich ist, um diese vor Naturereignissen zu schützen, und in einem räumlich begrenzten Korridor entlang des Trassenverlaufs erfolgt.
(1a) Für folgende Einzelmaßnahmen, die den Bau oder die Änderung von Betriebsanlagen einer Eisenbahn vorsehen, bedarf es keiner vorherigen Planfeststellung oder Plangenehmigung, sofern keine Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung besteht:
- 1.
die Ausstattung einer bestehenden Bahnstrecke mit einer Oberleitung einschließlich dafür notwendiger räumlich begrenzter baulicher Anpassungen, insbesondere von Tunneln mit geringer Länge oder von Kreuzungsbauwerken, - 2.
die im Rahmen der Digitalisierung einer Bahnstrecke erforderlichen Baumaßnahmen, insbesondere die Ausstattung einer Bahnstrecke mit Signal- und Sicherungstechnik des Standards European Rail Traffic Management System (ERTMS), - 3.
der barrierefreie Umbau, die Erhöhung oder die Verlängerung von Bahnsteigen, - 4.
die Errichtung von Lärmschutzwänden zur Lärmsanierung, - 5.
die Herstellung von Überleitstellen für Gleiswechselbetriebe, - 6.
die Herstellung von Gleisanschlüssen bis 2 000 Meter und von Zuführungs- und Industriestammgleisen bis 3 000 Meter.
(2) Ist das Planfeststellungsverfahren eingeleitet, kann die Planfeststellungsbehörde nach Anhörung der betroffenen Gemeinde eine vorläufige Anordnung erlassen, in der vorbereitende Maßnahmen oder Teilmaßnahmen zum Bau oder zur Änderung festgesetzt werden,
- 1.
soweit es sich um reversible Maßnahmen handelt, - 2.
wenn an dem vorzeitigen Beginn ein öffentliches Interesse besteht, - 3.
wenn mit einer Entscheidung zugunsten des Trägers des Vorhabens gerechnet werden kann und - 4.
wenn die nach § 74 Absatz 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes zu berücksichtigenden Interessen gewahrt werden.
(3) Unterhaltungsmaßnahmen bedürfen keiner vorherigen Planfeststellung oder Plangenehmigung.
(1) Treffen mehrere selbständige Vorhaben, für deren Durchführung Planfeststellungsverfahren vorgeschrieben sind, derart zusammen, dass für diese Vorhaben oder für Teile von ihnen nur eine einheitliche Entscheidung möglich ist, und ist mindestens eines der Planfeststellungsverfahren bundesrechtlich geregelt, so findet für diese Vorhaben oder für deren Teile nur ein Planfeststellungsverfahren statt.
(2) Zuständigkeiten und Verfahren richten sich nach den Rechtsvorschriften über das Planfeststellungsverfahren, das für diejenige Anlage vorgeschrieben ist, die einen größeren Kreis öffentlich-rechtlicher Beziehungen berührt. Bestehen Zweifel, welche Rechtsvorschrift anzuwenden ist, so entscheidet, falls nach den in Betracht kommenden Rechtsvorschriften mehrere Bundesbehörden in den Geschäftsbereichen mehrerer oberster Bundesbehörden zuständig sind, die Bundesregierung, sonst die zuständige oberste Bundesbehörde. Bestehen Zweifel, welche Rechtsvorschrift anzuwenden ist, und sind nach den in Betracht kommenden Rechtsvorschriften eine Bundesbehörde und eine Landesbehörde zuständig, so führen, falls sich die obersten Bundes- und Landesbehörden nicht einigen, die Bundesregierung und die Landesregierung das Einvernehmen darüber herbei, welche Rechtsvorschrift anzuwenden ist.
(1) Durch die Planfeststellung wird die Zulässigkeit des Vorhabens einschließlich der notwendigen Folgemaßnahmen an anderen Anlagen im Hinblick auf alle von ihm berührten öffentlichen Belange festgestellt; neben der Planfeststellung sind andere behördliche Entscheidungen, insbesondere öffentlich-rechtliche Genehmigungen, Verleihungen, Erlaubnisse, Bewilligungen, Zustimmungen und Planfeststellungen nicht erforderlich. Durch die Planfeststellung werden alle öffentlich-rechtlichen Beziehungen zwischen dem Träger des Vorhabens und den durch den Plan Betroffenen rechtsgestaltend geregelt.
(1a) Mängel bei der Abwägung der von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange sind nur erheblich, wenn sie offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen sind. Erhebliche Mängel bei der Abwägung oder eine Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften führen nur dann zur Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses oder der Plangenehmigung, wenn sie nicht durch Planergänzung oder durch ein ergänzendes Verfahren behoben werden können; die §§ 45 und 46 bleiben unberührt.
(2) Ist der Planfeststellungsbeschluss unanfechtbar geworden, so sind Ansprüche auf Unterlassung des Vorhabens, auf Beseitigung oder Änderung der Anlagen oder auf Unterlassung ihrer Benutzung ausgeschlossen. Treten nicht voraussehbare Wirkungen des Vorhabens oder der dem festgestellten Plan entsprechenden Anlagen auf das Recht eines anderen erst nach Unanfechtbarkeit des Plans auf, so kann der Betroffene Vorkehrungen oder die Errichtung und Unterhaltung von Anlagen verlangen, welche die nachteiligen Wirkungen ausschließen. Sie sind dem Träger des Vorhabens durch Beschluss der Planfeststellungsbehörde aufzuerlegen. Sind solche Vorkehrungen oder Anlagen untunlich oder mit dem Vorhaben unvereinbar, so richtet sich der Anspruch auf angemessene Entschädigung in Geld. Werden Vorkehrungen oder Anlagen im Sinne des Satzes 2 notwendig, weil nach Abschluss des Planfeststellungsverfahrens auf einem benachbarten Grundstück Veränderungen eingetreten sind, so hat die hierdurch entstehenden Kosten der Eigentümer des benachbarten Grundstücks zu tragen, es sei denn, dass die Veränderungen durch natürliche Ereignisse oder höhere Gewalt verursacht worden sind; Satz 4 ist nicht anzuwenden.
(3) Anträge, mit denen Ansprüche auf Herstellung von Einrichtungen oder auf angemessene Entschädigung nach Absatz 2 Satz 2 und 4 geltend gemacht werden, sind schriftlich an die Planfeststellungsbehörde zu richten. Sie sind nur innerhalb von drei Jahren nach dem Zeitpunkt zulässig, zu dem der Betroffene von den nachteiligen Wirkungen des dem unanfechtbar festgestellten Plan entsprechenden Vorhabens oder der Anlage Kenntnis erhalten hat; sie sind ausgeschlossen, wenn nach Herstellung des dem Plan entsprechenden Zustands 30 Jahre verstrichen sind.
(4) Wird mit der Durchführung des Plans nicht innerhalb von fünf Jahren nach Eintritt der Unanfechtbarkeit begonnen, so tritt er außer Kraft. Als Beginn der Durchführung des Plans gilt jede erstmals nach außen erkennbare Tätigkeit von mehr als nur geringfügiger Bedeutung zur plangemäßen Verwirklichung des Vorhabens; eine spätere Unterbrechung der Verwirklichung des Vorhabens berührt den Beginn der Durchführung nicht.
(1) Soll vor Fertigstellung des Vorhabens der festgestellte Plan geändert werden, bedarf es eines neuen Planfeststellungsverfahrens.
(2) Bei Planänderungen von unwesentlicher Bedeutung kann die Planfeststellungsbehörde von einem neuen Planfeststellungsverfahren absehen, wenn die Belange anderer nicht berührt werden oder wenn die Betroffenen der Änderung zugestimmt haben.
(3) Führt die Planfeststellungsbehörde in den Fällen des Absatzes 2 oder in anderen Fällen einer Planänderung von unwesentlicher Bedeutung ein Planfeststellungsverfahren durch, so bedarf es keines Anhörungsverfahrens und keiner öffentlichen Bekanntgabe des Planfeststellungsbeschlusses.
(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.
(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.
(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.
(1) Ist ein Planfeststellungsverfahren durch Rechtsvorschrift angeordnet, so gelten hierfür die §§ 73 bis 78 und, soweit sich aus ihnen nichts Abweichendes ergibt, die übrigen Vorschriften dieses Gesetzes; die §§ 51 und 71a bis 71e sind nicht anzuwenden, § 29 ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass Akteneinsicht nach pflichtgemäßem Ermessen zu gewähren ist.
(2) Die Mitteilung nach § 17 Abs. 2 Satz 2 und die Aufforderung nach § 17 Abs. 4 Satz 2 sind im Planfeststellungsverfahren öffentlich bekannt zu machen. Die öffentliche Bekanntmachung wird dadurch bewirkt, dass die Behörde die Mitteilung oder die Aufforderung in ihrem amtlichen Veröffentlichungsblatt und außerdem in örtlichen Tageszeitungen, die in dem Bereich verbreitet sind, in dem sich das Vorhaben voraussichtlich auswirken wird, bekannt macht.
Die Aufhebung eines Verwaltungsaktes, der nicht nach § 44 nichtig ist, kann nicht allein deshalb beansprucht werden, weil er unter Verletzung von Vorschriften über das Verfahren, die Form oder die örtliche Zuständigkeit zustande gekommen ist, wenn offensichtlich ist, dass die Verletzung die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat.
(1) Der Träger des Vorhabens hat den Plan der Anhörungsbehörde zur Durchführung des Anhörungsverfahrens einzureichen. Der Plan besteht aus den Zeichnungen und Erläuterungen, die das Vorhaben, seinen Anlass und die von dem Vorhaben betroffenen Grundstücke und Anlagen erkennen lassen.
(2) Innerhalb eines Monats nach Zugang des vollständigen Plans fordert die Anhörungsbehörde die Behörden, deren Aufgabenbereich durch das Vorhaben berührt wird, zur Stellungnahme auf und veranlasst, dass der Plan in den Gemeinden, in denen sich das Vorhaben voraussichtlich auswirken wird, ausgelegt wird.
(3) Die Gemeinden nach Absatz 2 haben den Plan innerhalb von drei Wochen nach Zugang für die Dauer eines Monats zur Einsicht auszulegen. Auf eine Auslegung kann verzichtet werden, wenn der Kreis der Betroffenen und die Vereinigungen nach Absatz 4 Satz 5 bekannt sind und ihnen innerhalb angemessener Frist Gelegenheit gegeben wird, den Plan einzusehen.
(3a) Die Behörden nach Absatz 2 haben ihre Stellungnahme innerhalb einer von der Anhörungsbehörde zu setzenden Frist abzugeben, die drei Monate nicht überschreiten darf. Stellungnahmen, die nach Ablauf der Frist nach Satz 1 eingehen, sind zu berücksichtigen, wenn der Planfeststellungsbehörde die vorgebrachten Belange bekannt sind oder hätten bekannt sein müssen oder für die Rechtmäßigkeit der Entscheidung von Bedeutung sind; im Übrigen können sie berücksichtigt werden.
(4) Jeder, dessen Belange durch das Vorhaben berührt werden, kann bis zwei Wochen nach Ablauf der Auslegungsfrist schriftlich oder zur Niederschrift bei der Anhörungsbehörde oder bei der Gemeinde Einwendungen gegen den Plan erheben. Im Falle des Absatzes 3 Satz 2 bestimmt die Anhörungsbehörde die Einwendungsfrist. Mit Ablauf der Einwendungsfrist sind alle Einwendungen ausgeschlossen, die nicht auf besonderen privatrechtlichen Titeln beruhen. Hierauf ist in der Bekanntmachung der Auslegung oder bei der Bekanntgabe der Einwendungsfrist hinzuweisen. Vereinigungen, die auf Grund einer Anerkennung nach anderen Rechtsvorschriften befugt sind, Rechtsbehelfe nach der Verwaltungsgerichtsordnung gegen die Entscheidung nach § 74 einzulegen, können innerhalb der Frist nach Satz 1 Stellungnahmen zu dem Plan abgeben. Die Sätze 2 bis 4 gelten entsprechend.
(5) Die Gemeinden, in denen der Plan auszulegen ist, haben die Auslegung vorher ortsüblich bekannt zu machen. In der Bekanntmachung ist darauf hinzuweisen,
- 1.
wo und in welchem Zeitraum der Plan zur Einsicht ausgelegt ist; - 2.
dass etwaige Einwendungen oder Stellungnahmen von Vereinigungen nach Absatz 4 Satz 5 bei den in der Bekanntmachung zu bezeichnenden Stellen innerhalb der Einwendungsfrist vorzubringen sind; - 3.
dass bei Ausbleiben eines Beteiligten in dem Erörterungstermin auch ohne ihn verhandelt werden kann; - 4.
dass - a)
die Personen, die Einwendungen erhoben haben, oder die Vereinigungen, die Stellungnahmen abgegeben haben, von dem Erörterungstermin durch öffentliche Bekanntmachung benachrichtigt werden können, - b)
die Zustellung der Entscheidung über die Einwendungen durch öffentliche Bekanntmachung ersetzt werden kann,
wenn mehr als 50 Benachrichtigungen oder Zustellungen vorzunehmen sind.
(6) Nach Ablauf der Einwendungsfrist hat die Anhörungsbehörde die rechtzeitig gegen den Plan erhobenen Einwendungen, die rechtzeitig abgegebenen Stellungnahmen von Vereinigungen nach Absatz 4 Satz 5 sowie die Stellungnahmen der Behörden zu dem Plan mit dem Träger des Vorhabens, den Behörden, den Betroffenen sowie denjenigen, die Einwendungen erhoben oder Stellungnahmen abgegeben haben, zu erörtern. Der Erörterungstermin ist mindestens eine Woche vorher ortsüblich bekannt zu machen. Die Behörden, der Träger des Vorhabens und diejenigen, die Einwendungen erhoben oder Stellungnahmen abgegeben haben, sind von dem Erörterungstermin zu benachrichtigen. Sind außer der Benachrichtigung der Behörden und des Trägers des Vorhabens mehr als 50 Benachrichtigungen vorzunehmen, so können diese Benachrichtigungen durch öffentliche Bekanntmachung ersetzt werden. Die öffentliche Bekanntmachung wird dadurch bewirkt, dass abweichend von Satz 2 der Erörterungstermin im amtlichen Veröffentlichungsblatt der Anhörungsbehörde und außerdem in örtlichen Tageszeitungen bekannt gemacht wird, die in dem Bereich verbreitet sind, in dem sich das Vorhaben voraussichtlich auswirken wird; maßgebend für die Frist nach Satz 2 ist die Bekanntgabe im amtlichen Veröffentlichungsblatt. Im Übrigen gelten für die Erörterung die Vorschriften über die mündliche Verhandlung im förmlichen Verwaltungsverfahren (§ 67 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 Nr. 1 und 4 und Abs. 3, § 68) entsprechend. Die Anhörungsbehörde schließt die Erörterung innerhalb von drei Monaten nach Ablauf der Einwendungsfrist ab.
(7) Abweichend von den Vorschriften des Absatzes 6 Satz 2 bis 5 kann der Erörterungstermin bereits in der Bekanntmachung nach Absatz 5 Satz 2 bestimmt werden.
(8) Soll ein ausgelegter Plan geändert werden und werden dadurch der Aufgabenbereich einer Behörde oder einer Vereinigung nach Absatz 4 Satz 5 oder Belange Dritter erstmals oder stärker als bisher berührt, so ist diesen die Änderung mitzuteilen und ihnen Gelegenheit zu Stellungnahmen und Einwendungen innerhalb von zwei Wochen zu geben; Absatz 4 Satz 3 bis 6 gilt entsprechend. Wird sich die Änderung voraussichtlich auf das Gebiet einer anderen Gemeinde auswirken, so ist der geänderte Plan in dieser Gemeinde auszulegen; die Absätze 2 bis 6 gelten entsprechend.
(9) Die Anhörungsbehörde gibt zum Ergebnis des Anhörungsverfahrens eine Stellungnahme ab und leitet diese der Planfeststellungsbehörde innerhalb eines Monats nach Abschluss der Erörterung mit dem Plan, den Stellungnahmen der Behörden und der Vereinigungen nach Absatz 4 Satz 5 sowie den nicht erledigten Einwendungen zu.
(1) Bundesfernstraßen dürfen nur gebaut oder geändert werden, wenn der Plan vorher festgestellt ist. Eine Änderung liegt vor, wenn eine Bundesfernstraße
- 1.
um einen oder mehrere durchgehende Fahrstreifen für den Kraftfahrzeugverkehr baulich erweitert wird oder - 2.
in sonstiger Weise erheblich baulich umgestaltet wird.
(2) Ist das Planfeststellungsverfahren eingeleitet, kann die Planfeststellungsbehörde nach Anhörung der betroffenen Gemeinde eine vorläufige Anordnung erlassen, in der vorbereitende Maßnahmen oder Teilmaßnahmen zum Bau oder zur Änderung festgesetzt werden,
- 1.
soweit es sich um reversible Maßnahmen handelt, - 2.
wenn an dem vorzeitigen Beginn ein öffentliches Interesse besteht, - 3.
wenn mit einer Entscheidung zugunsten des Trägers des Vorhabens gerechnet werden kann und - 4.
wenn die nach § 74 Absatz 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes zu berücksichtigenden Interessen gewahrt werden.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens je zur Hälfte.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung jeweils in gleicher Höhe Sicherheit leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Tatbestand:
2Die Kläger wenden sich gegen den Planfeststellungsbeschluss des Beklagten vom 30. September 2011, mit dem der Ausbau der Bundesstraße 51 (B 51) dritter Bauabschnitt von Bau-km 5+100 bis Bau-km 7+700 einschließlich des Verknüpfungsbereiches mit der Landesstraße 793 (L 793) ‑ X. Straße ‑ von Bau-km 0+000 bis Bau-km 0+600 und der Neubau der Bundesstraße 481 (B 481n) von Bau-km 7+700 bis Bau-km 11+340 planfestgestellt worden ist.
3Die in den Jahren 1954 bis 1962 gebaute Umgehungsstraße im Zuge der B 51 führt südlich bzw. östlich um N. herum. Sie war zunächst eine zweistrei-fige und anbaufreie Strecke, die an dem an der X1. Straße endenden Zubringer zum Autobahnkreuz N. -Süd im Südwesten N1. beginnt und bis zur X2. Straße im Osten der Stadt verläuft. Sie ist aufgrund von Planfeststellungsbeschlüssen vom 12. Januar 1989 und 1. März 1995 in zwei Bauabschnitten bis Bau-km 5+100 vierstreifig ausgebaut worden. Der nun planfestgestellte Abschnitt schließt sich nach Nordosten an und sieht den vierstrei-figen Ausbau bis zur X2. Straße frei von Zufahrten und ohne Erschließungsfunktion für die angrenzenden Grundstücke vor, ferner den Neubau des Knotenpunktes B 51/B 481n/X2. Straße und den zweistreifigen Neubau der B 481n bis zum T. Damm im Norden der Stadt N. .
4Das planfestgestellte Vorhaben ist im Bedarfsplan zum Fernstraßenausbaugesetz als vordringlicher Bedarf ausgewiesen.
5Die Klägerin zu 1. ist Eigentümerin des Grundstücks C.-----weg 9 (Gemarkung N. , Flur 135, Flurstück 13) mit einer Gesamtgröße von 1102 qm, das mit einem Wohnhaus bebaut ist. Zum Haus gehört auch ein rund 80 qm großer selbst genutzter gewerblicher Teil. Das Haus wurde 1938 erbaut; die Klägerin erwarb das Grundstück im Jahr 1994. Das Grundstück liegt unmittelbar östlich der vierstreifig auszubauenden Trasse der B 51 zwischen Bau-km 6+927 und 6+950. Auf die ursprünglich vorgesehene Inanspruchnahme von 18 qm (dauerhaft) sowie 45 qm für die Baudurchführung wurde durch Planänderungsbescheid vom 12. August 2014 verzichtet. Nach den geänderten Planunterlagen soll zwischen der Trasse und dem Grundstück der Klägerin eine Lärmschutzwand in Höhe von 5,5 m errichtet werden, die einen Abstand zur Grenze des Grundstücks der Klägerin von ca. 1,7 m einhält.
6Nach der lärmtechnischen Unterlage vom 2. Mai 2007 wurden für das Grundstück C.-----weg 9 folgende Beurteilungspegel berechnet:
7Hausfront/Himmelsrichtung |
Stockwerk |
Prognose in dB(A) mit Lärmschutz Tag Nacht |
W |
EG |
55 47 |
W |
1. OG |
56 48 |
Dabei ging der Vorhabenträger davon aus, dass das Grundstück der Klägerin zu 1. in einem allgemeinen Wohngebiet liegt.
9Der Kläger zu 2. ist Eigentümer des mit einem Wohnhaus bebauten Grundstücks N2.---straße 28 (Gemarkung N. , Flur 132, Flurstück 64). Es liegt etwa 90 m östlich der Trasse der B 51 in Höhe von Bau-km 7+368. Das Wohnhaus wurde Anfang der 1970-er Jahre errichtet. Der Kläger zu 2. erwarb das Grundstück im Jahr 2010. Eine Inanspruchnahme des Grundstücks für die Baumaßnahme ist nicht vorgesehen.
10Nach den Planunterlagen wurden für das Grundstück N2.---straße 28 folgende Beurteilungspegel berechnet:
11Hausfront/Himmelsrichtung |
Stockwerk |
Prognose in dB(A) mit Lärmschutz Tag Nacht |
W |
EG |
60 52 |
W |
1. OG |
60 53 |
Dabei ging der Vorhabenträger davon aus, dass das Grundstück im Außenbereich liegt.
13Das Planfeststellungsverfahren für den vierstreifigen Ausbau der B 51 und den Neubau der B 481n wurde im Dezember 2005 eingeleitet. Die Planunterlagen lagen vom 13. Februar 2006 bis 13. März 2006 in der Stadt N. öffentlich aus.
14Die vorherige öffentliche Bekanntmachung erschien mit einer Ergänzungslieferung im Amtsblatt der Stadt N. Nr. 3 vom 10. Februar 2006. Ob diese Ergänzungslieferung bereits am 10. Februar 2006 oder erst am 14. Februar 2006 veröffentlicht wurde, ist zwischen den Beteiligten streitig. Die Bekanntmachung enthielt u. a. einen Hinweis auf die vierwöchige Einwendungsfrist, die am 10. April 2006 ablaufe, und den Ausschluss verspäteter Einwendungen. Unter Nr. 6 heißt es: „Die Nrn. 1, 2, 3 und 5 gelten für die Anhörung der Öffentlichkeit zu den Umweltauswirkungen des Bauvorhabens nach § 9 Abs. 1 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung entsprechend.“
15Die Klägerin zu 1. erhob gegen die Planung mit Schreiben vom 5. April 2006 im Wesentlichen folgende Einwendungen: Die Bekanntmachung der Planfeststellung sei erst erfolgt, nachdem die Auslegung des Planes am 13. Februar 2006 bereits begonnen habe. Die entsprechende Ausgabe des Amtsblattes Nr. 3 der Stadt N. sei erst am 14. Februar 2006 erschienen. Eine Veröffentlichung in örtlichen Tageszeitungen nach § 72 Abs. 2 VwVfG NRW sei unterblieben. Es bestehe eine Verpflichtung aus § 2 Abs. 3a FStrG, die B 51 im geplanten Abschnitt zur Autobahn aufzustufen. Die prognostizierte Verkehrsbelastung sei nur unzulänglich ermittelt worden. Eine Straße im Autobahnformat ziehe mehr Verkehr an als übliche Bundesstraßen. Daher seien die Tabellenwerte der 16. BImSchV für Autobahnen heranzuziehen. Der Prognosehorizont sei nicht ausreichend lang festgelegt. Die Ergebnisse der Umweltverträglichkeitsstudie von 1993 seien missachtet worden. Diese habe eine Vollabdeckung der Straße oder eine Ausführung als „Züblin“-Tunnel in einer Tieflage von 5 oder 6 m gefordert. Die Strukturdaten, die der Verkehrsbelastung zu Grunde gelegt worden seien, würden im Plan nicht korrekt benannt. Der häufigere Lieferverkehr zu den Betrieben sei nicht erfasst worden. Die Einwohnerzahl für N. für das Jahr 2010 sei mit nur 254.000 angesetzt; das sei eindeutig zu wenig. Die Auswirkungen der neuesten Verkehrszählung aus dem Jahr 2005 seien nicht berücksichtigt worden. Es sei nicht geprüft worden, ob die Baumaßnahme unter Ausschluss des laufenden Verkehrs zügig durchgeführt werden und zusätzlich erhebliche Einsparungen erzielt werden könnten, die in einen Lärmschutzdeckel investiert werden könnten. Die erforderlichen Ausgleichsmaßnahmen würden nicht in vollem Umfang im Nahbereich des Eingriffs realisiert. Die Verpflichtung könne vor Ort in der Form der Mitfinanzierung eines zu begrünenden Lärmschutzdeckels über der B 51 erfolgen. Die Möglichkeit, den aktiven Lärmschutz im Sinne der Vorgabe nach Ziffer 10.2 Abs. 1 VLärmSchR 97 nicht bis zum Äußersten auszureizen, sei nicht genutzt worden. Von den jetzt im Plan erfassten 165 Wohngebäuden seien bereits 79 Gebäude auf genau 49 dB(A) berechnet. Schon bei geringsten Veränderungen bei den Berechnungsmodalitäten würden die Grenzwerte für weitere Gebäude überschritten. In bisherigen Verkehrsgutachten zu Grunde gelegte Rahmenbedingungen, die sich schon in der Vergangenheit nicht bestätigt hätten, seien nicht berichtigt worden. Auch die Verkehrszunahme durch die Entlastungsstraße Nord sei nicht berücksichtigt worden. Der außerordentliche Zugang an Lkw-Verkehr durch „Mautflüchtlinge“ sei nicht erfasst. Alle Parameter der Lärmberechnung seien konkret zu benennen und bürgerfreundlich zu erläutern. Die Troglage entspreche wegen der geringen Tiefe von nur 2 m nicht den Vorgaben der Umweltverträglichkeitsstudie von 1993. Die Lärmschutzwände böten keinen ausreichenden Schutz, ihre Höhe sei in reinen Wohngebieten unzumutbar. Die Planungsvorschrift des § 50 BImSchG sei missachtet worden. Dies könne nur über § 41 Abs. 1 BImSchG durch eine abgedeckte Tieflage als Maßnahme nach dem Stand der Technik ausgeglichen werden. Die Stadt N. habe zugesagt, sich an den Kosten zu beteiligen. Die Gesundheitsgefahren seien im Erläuterungsbericht nicht ausreichend kritisch gewürdigt worden. In N. sei die Feinstaubbelastung bereits erheblich. Im Erläuterungsbericht fehle die konkrete Angabe der Verfahren und Maschinen, die besonders lärm- und erschütterungsarm eingesetzt werden könnten. Im Ergebnis ergebe eine Durchsicht der Planunterlagen, dass Abwägung und Konfliktbewältigung misslungen seien, sich jedoch die Mängel im Deckblattverfahren durch eine weiter vertiefte abgedeckte Gradiente beheben ließen.
16Der frühere Eigentümer des Grundstücks N2.---straße 28 und Rechtsvorgänger des Klägers zu 2., Herr V. S. , erhob gegen die Planung mit Schreiben vom 29. März 2006 im Wesentlichen folgende Einwendungen: Das Gebäude N2.---straße 28 sei auf Grundlage einer rechtskräftigen Baugenehmigung als hochwertige Villa geplant und gebaut worden. Die Planungen sähen weder aktiven noch passiven Lärmschutz vor. Es werde durch Lärm und Abgase zu einer erheblichen Beeinträchtigung des Wohnwertes und damit auch des Grundstückswertes kommen. Die für die Ermittlung der notwenigen Schallschutzmaßnahmen zu Grunde gelegten Verkehrszahlen und die sich daraus ergebenden Lärmbelastungen würden angezweifelt. Das Grundstück sei wegen der überwiegend westlichen Windrichtungen besonders belastet. Es sei ein erheblich höherer Verkehrszuwachs als in den jetzigen Prognosen zu erwarten, insbesondere beim Lkw-Verkehr. Mit der Umsetzung der Planung würden seine Rechte auf körperliche Unversehrtheit und Eigentum verletzt.
17Auf Grund von Einwendungen sowie Stellungnahmen und Vorschlägen der Träger öffentlicher Belange wurde das Deckblatt I ins Verfahren eingebracht. Neben Änderungen bei der Anschlussstelle X. Straße, der wassertechnischen Berechnung, der Erweiterung der Ausgleichsflächen im Landschaftspflegerischen Begleitplan und einer Schadstoffabschätzung hat es eine Aktualisierung der Verkehrsprognose vom 11. September 2006 zum Gegenstand, die nunmehr auf das Prognosejahr 2020 abstellt. Als Folge ergaben sich Änderungen bei den aktiven Lärmschutzmaßnahmen; ferner wurde für den Bereich Bau-km 5+100 bis Bau-km 7+300 eine offenporige Asphaltdeckschicht mit einem Korrekturwert DStrO von - 5 dB(A) vorgesehen.
18Die geänderten Planunterlagen lagen vom 21. Mai 2007 bis 20. Juni 2007 öffentlich aus. Unter Nr. 8 der öffentlichen Bekanntmachung heißt es: „Da das Verfahren UVP-pflichtig ist, wird darauf hingewiesen,
19- dass die für das Verfahren zuständige Behörde die Bezirksregierung N. und die für die Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens zuständige Behörde das Ministerium für Bauen und Verkehr des Landes NRW ist,
20- dass über die Zulässigkeit des Vorhabens durch Planfeststellungsbeschluss entschieden werden wird,
21- dass die ausgelegten Planunterlagen die nach § 6 Abs. 3 UVPG notwendigen Angaben enthalten und
22- dass die Anhörung zu den ausgelegten Planunterlagen auch die Einbeziehung der Öffentlichkeit zu den Umweltauswirkungen des Vorhabens gemäß § 9 Abs. 1 UVPG ist.“
23Die Klägerin zu 1. erhob in diesem Verfahrensabschnitt keine Einwendungen.
24Mit Schreiben vom 13. Juli 2007 erhob der Rechtsvorgänger des Klägers zu 2. nach Auslegung der geänderten Planunterlagen im Deckblatt I‑Verfahren folgende Einwendungen: Die Verletzung seiner Rechte werde durch die neuen vorgesehenen Änderungen nicht behoben. Die Verkehrsprognose von September 2006 setze die Belastung weiterhin zu niedrig an. Der Verkehr werde weiter steigen, insbesondere wenn der Bau weiterer Straßen abgeschlossen sei. Umleitungs- und Schleichverkehre müssten außerdem noch berücksichtigt werden. Die Einwohnerzahl von N. sei mit 254.000 zu niedrig angesetzt. Die verkehrserhöhende Entlastungsstraße Nord sei nicht aufgeführt. Weitere zusätzliche Verkehre seien nicht berücksichtigt. Insbesondere der Lkw-Anteil werde deutlicher zunehmen als angenommen. Die Einstufung der neuen Straße als Autobahn sei noch immer nicht diskutiert worden. Die prognostizierte Verkehrsbelastung sei abermals nur unzulänglich ermittelt worden. Der Prognosehorizont sei noch immer nicht ausreichend lang festgelegt. Der Lärmschutz müsse sich an der Leistungsmöglichkeit der Straße von bis zu 60.000 Kfz/h orientieren. Für den Einsatz offenporigen Asphaltbetons sei eine dauerhafte Lärmminderung noch nicht nachgewiesen. Die Belastbarkeit sei gering und der Wartungs- und Erneuerungsaufwand hoch. Die Dauer der Haltbarkeit des Belages werde nicht garantiert. In der lärmtechnischen Unterlage sei die sogenannte senkrechte Auswirkung des Lärms nicht berücksichtigt worden. Die im Planungsverfahren vorgeschriebene Bürgerbeteiligung im Stadium der Entwurfsplanung habe trotz mündlicher und schriftlicher Erinnerungen nicht stattgefunden. Im Rahmen der Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen könne ein Lärmschutzdeckel finanziert werden. Bei einer Trassenführung östlich des Bahndamms der Bundesbahn hätte dieser hohe Bahndamm als Lärmschutz zur Verfügung gestanden. Hierdurch wäre auch der Forderung entsprochen worden, zwei parallel führbare Lärmerzeuger zu bündeln. Die Unterlagen ließen nicht erkennen, wie es während der Bauzeit um den Verkehrs-, Baustellenlärm sowie die Erschütterungen bestellt sein werde. Ein Bauen ohne Verkehr sei hilfreich. Die Schadstoffabschätzung sei unzulänglich. Sie gehe von einem zu geringen Verkehr aus. Die zulässigen Feinstaubwerte würden überschritten. Für sein Grundstück sei ein aktiver Schallschutz unerlässlich.
25In der Zeit vom 24. bis 27. Februar 2009 führte die Bezirksregierung N. nach vorheriger persönlicher Einladung und öffentlicher Bekanntmachung einen Erörterungstermin durch. Weder die Klägerin zu 1. noch der Rechtsvorgänger des Klägers zu 2. nahmen an diesem Termin teil.
26Als Ergebnis des Erörterungstermins und aus Anlass von Stellungnahmen und Einwendungen führte der Vorhabenträger die Deckblätter II bis X in das Verfahren ein, die nicht öffentlich ausgelegen haben; Betroffene wurden benachrichtigt. Die Kläger erhoben insoweit keine weiteren Einwendungen.
27Mit Beschluss vom 30. September 2011 stellte die Bezirksregierung N. den Plan für den Ausbau der B 51 bzw. den Neubau der B 481n im fraglichen Abschnitt fest. Gleichzeitig setzte sie den in § 17e Abs. 2 Satz 1 FStrG für Vorhaben des vordringlichen Bedarfs vorgesehenen Sofortvollzug vorübergehend aus, da Haushaltsmittel für die Realisierung des Vorhabens noch nicht bereitstanden. Die Einwendungen der Kläger wurden zurückgewiesen. Das Grundstück des Klägers zu 2. liege entsprechend der Auskunft der Stadt N. im unbeplanten Außenbereich. Daher werde seine Forderung nach weiteren aktiven Lärmschutzmaßnahmen zurückgewiesen.
28Der Planfeststellungsbeschluss lag nach vorheriger öffentlicher Bekanntmachung in der Zeit vom 7. bis 20. Dezember 2011 bei den Städten N. und U. öffentlich aus.
29Am 20. Januar 2012 haben die Kläger Klage erhoben.
30Mit Planänderungsbescheid vom 12. August 2014 verzichtete der Beklagte auf die Inanspruchnahme mehrerer Grundstücke, u. a. des Grundstücks der Klägerin zu 1. Am 12. September 2014 haben die Kläger ihre Klage auf diesen Planänderungsbescheid erstreckt.
31Mit Bescheid vom 14. August 2014 hob der Beklagte die Aussetzung der Vollziehung des Planfeststellungsbeschlusses für den Ausbau der B 51 teilweise auf. Den Antrag der Kläger auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage lehnte der Senat mit Beschluss vom 4. November 2014 ab (11 B 1086/14.AK).
32Die Kläger beziehen sich zur Begründung ihrer Klage zunächst vollinhaltlich auf ihre Einwendungen im Verwaltungsverfahren und machen diese zum Gegenstand der Klagebegründung. Darüber hinaus tragen sie insbesondere vor:
33Sie seien mit ihren Einwendungen nicht präkludiert. In der Bekanntmachung zum Deckblatt I-Verfahren gebe es keinen Hinweis darauf, dass die Lärmschutzgrundlagen durch das Deckblatt-Verfahren hätten komplett ersetzt werden sollen. Die erhobenen Einwendungen hätten daher weitergegolten. Der Kläger zu 2. habe als Laie bei der ersten Öffentlichkeitsbeteiligung ausreichende Einwendungen erhoben. Die Öffentlichkeitsbeteiligung sei sowohl bei der ersten Auslegung 2006 als auch für das Deckblatt I im Jahr 2007 nicht rechtmäßig abgelaufen. Die Bekanntmachung der ersten Auslegung vom 13. Februar bis 13. März 2006 sei erst erfolgt, nachdem die Auslegung bereits begonnen habe. Die Bekanntmachung sei in einer „zweiten Auflage“ des Amtsblattes der Stadt N. enthalten gewesen, die mit „Ergänzungslieferung“ überschrieben gewesen sei. Diese sei nicht schon am Freitag, den 10. Februar 2006, sondern erst am 14. Februar 2006 veröffentlicht worden. Eine frühere Bekanntmachung sei auch gar nicht möglich gewesen und widerspreche der Lebenserfahrung. Daher sei die Monatsfrist für die Auslegung der Unterlagen unterschritten. Selbst wenn die Bekanntmachung noch am 10. Februar 2006 erfolgt sei, fehle es an der erforderlichen Anstoßwirkung für die Öffentlichkeit, wenn die öffentliche Auslegung am folgenden Montag beginne. Daher könne ein Einwendungsausschluss von vornherein nicht greifen.
34Die öffentliche Bekanntmachung verstoße zudem gegen Vorgaben des damals direkt geltenden Art. 6 Abs. 2 der UVP-Richtlinie. Die Bekanntmachung nehme nur in einem Satz auf die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) Bezug. Dies werde den europäischen Vorgaben in zeitlicher Hinsicht nicht gerecht. Es werde auch nicht klar gesagt, dass das Vorhaben einer UVP unterstehe, noch gebe es Angaben über die Verfügbarkeit der Informationen, die gemäß Art. 5 der UVP-Richtlinie eingeholt worden seien. Die Auslegung im Jahr 2007 könne diese Fehler nicht heilen, denn sie habe nur die Änderungen des Deckblattes I betroffen. Zwar sei nunmehr ausdrücklich auf die UVP-Pflicht hingewiesen worden, es sei aber in keiner Weise mitgeteilt worden, welche Dokumente auslägen. Beide Auslegungen hätten inhaltlich nicht den Anforderungen der §§ 9 Abs. 1b und 6 Abs. 3 UVPG und der UVP-Richtlinie in der damals geltenden Fassung entsprochen. Bei der ersten Auslegung hätten z. B. entscheidungserhebliche Berichte und Empfehlungen wie die Verkehrsuntersuchung gefehlt. Es werde bestritten, dass die Umweltverträglichkeitsstudie (UVS)1993 ausgelegen habe. Die Auslegung im Jahr 1994 reiche nicht aus. Die UVS 1993 sei nach den damals geltenden Anforderungen unzureichend gewesen. Es fehlten Variantenprüfungen und die Ermittlung und Prüfung der erheblichen, jedoch noch nicht unzumutbaren bzw. grenzüberschreitenden Umweltauswirkungen. Die zweite Auslegung werde den inhaltlichen Anforderungen erst recht nicht gerecht. Die hier ausgelegten Unterlagen einschließlich des Erläuterungsberichtes und des Landschaftspflegerischen Begleitplanes hätten sich nur auf die Änderungen im Deckblattverfahren I bezogen. Es fehle u. a. an einer allgemein verständlichen Zusammenfassung. Der nebulöse Verweis des Beklagten auf angebliche Internetveröffentlichungen führe nicht weiter. Bei beiden Auslegungen fehle eine inhaltlich ausreichende UVS, die beispielsweise die betrachteten Varianten für die B 51 einschließlich Tunnellösung (und nicht nur für die B 481n) darstelle, obwohl der Beklagte derartige Varianten geprüft habe. Selbst wenn man den Ansatz einer angeblich in den übrigen Planfeststellungsunterlagen inbegriffenen UVS für ausreichend halte, was höchst zweifelhaft sei, sei den damaligen Anforderungen der UVP-Richtlinie nicht entsprochen worden, das zeige das Beispiel der untersuchten Varianten besonders deutlich. Die Beteiligung der Öffentlichkeit sei zwingender Bestandteil des UVP-Verfahrens. Sie könne nach Ergehen des Planfeststellungsbeschlusses nicht mehr nachgeholt werden. Die Öffentlichkeit könne auch die verfahrensrechtliche Rechtmäßigkeit von Entscheidungen anfechten, für die die Öffentlichkeitsbeteiligung gelte. Die Bezugnahme im Planfeststellungsbeschluss auf eine UVS aus dem Jahr 1993 erscheine geradezu absurd. Die UVS gehe von 31.000 Kfz/24h aus, der Planfeststellungsbeschluss hingegen von 50.560 Kfz/ 24h. Zudem habe die UVS eine Vollabdeckung mit Überschüttungsmöglichkeit vorgesehen, die nicht planfestgestellt worden sei. Die Stadt N. habe der Planung ausdrücklich vor dem Hintergrund des Ergebnisses einer abgedeckten Troglage zugestimmt. Diese Lösung habe daher nicht im Erläuterungsbericht mit einem Satz ausgeschlossen werden dürfen. Aufgrund neuerer Rechtsprechung könne der Beklagte sich nicht darauf berufen, dass es an einer Kausalität zwischen Fehler und Planfeststellungsbeschluss fehle. Da es um zentrale Bestandteile der europäischen Beteiligungsanforderungen gehe, sei der Planfeststellungsbeschluss allein deshalb zumindest für rechtswidrig und nicht vollziehbar zu erklären.
35Es sei eine neue Linienbestimmung erforderlich gewesen, da mit der B 481n eine neue Bundesfernstraßenverbindung geschaffen werde, die im Hinblick auf die nach § 15 Abs. 1 Satz 3 UVPG in der Umweltverträglichkeitsprüfung zur Linienbestimmung zu prüfenden, ernsthaft in Betracht kommenden Trassenvarianten einer einheitlichen Betrachtung mit der Planung der B 51 bedürfe. Die Variantenprüfung der Linienbestimmung sei in der Planfeststellung wieder aufzugreifen und in dem gebotenen Umfang und im Detail zu konkretisieren. Die Bezugnahme auf eine Linienbestimmung vom 14. Dezember 1967 für die B 481n und das Ergebnis der damaligen UVP sei verfahrensfehlerhaft, weil es damals eine UVP im Sinne des heutigen Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung noch gar nicht gegeben habe. Daher sei im Ergebnis vom Fehlen der UVP in der Linienbestimmung mitsamt der gesetzlich vorgesehenen Trassenvariantenprüfung auszugehen. Eine Linienbestimmung fehle damit insgesamt.
36Der Planfeststellungsbeschluss genüge nicht dem Abwägungsgebot des § 17 Satz 2 FStrG. Er sei erlassen worden, ohne vorher die Abwägungsgrundlagen ausreichend zu ermitteln. Für den Kläger zu 2. sei erst bis Mitte Oktober 2011 ermittelt worden, ob sein Anwesen dem Innen- oder Außenbereich zuzuordnen sei. Da der Planfeststellungsbeschluss bereits getroffen gewesen sei, habe der Beklagte gar nicht mehr zu einem anderen Ergebnis als Außenbereich kommen können und sich vorab gebunden. Die Schadstoffuntersuchung des Büros M. aus September 2011 sei dem Beklagten erst am Datum der Planfeststellung zugegangen. Es habe im Planfeststellungsverfahren im eigentlichen Sinne gar keine Variantenprüfung gegeben, sondern einzig eine Bezugnahme auf eine vom Auftrag eng begrenzte schon damals zwölf Jahre alte UVS, die sich auf die Bestandstrasse beschränke. Das von der Beklagten gewählte gestufte Verfahren mit einer UVP vor rund 20 Jahren und einer Prüfung zusätzlicher oder anderer erheblicher Umweltauswirkungen in der Planfeststellung sei rechtlich nicht zulässig gewesen. Insbesondere seien keine Varianten geprüft worden. Damit sei eine UVP nicht durchgeführt und nicht nachgeholt. Daher fehle es an der erforderlichen Abwägungs- und Ergebnisoffenheit. Es finde sich dementsprechend nicht einmal eine Grobprüfung anderer in Betracht kommender Trassenführungen für die B 51. Die Prüfung habe auch nicht unter dem Gesichtspunkt unterbleiben dürfen, dass es sich um den dritten Bauabschnitt eines Gesamtvorhabens handele. Es dränge sich die Variante östlich der Umgehungsbahn geradezu auf: Am Ende des zweiten Bauabschnitts knicke die Alternativtrasse nach rechts ab, führe etwa einen Kilometer Richtung Osten, werde unter dem Bahndamm hindurchgeführt und dann parallel zum Bahndamm und der Hochspannungsleitung. Nördlich der X2. Straße werde der Bahndamm erneut gequert; sodann werde die planfestgestellte Trasse der B 481n genutzt. Dies entlaste den gesamten Kernbereich von St. N3. , der wieder zusammenwachsen könne und konzentriere Verkehrstrassen. Die Trasse führe vorwiegend über landwirtschaftlich genutzte Flurstücke und könne ebenerdig geführt werden. Der Bahndamm bilde einen Lärmschutzwall. Die Variante sei zwar einen Kilometer länger, es werde aber auch Versiegelung eingespart im Zusammenhang mit dem Knoten mit der X2. Straße, der allein zu einem Verbrauch von 20 ha Fläche führe, die großenteils versiegelt werden müsse. Die Bestandstrasse der B 51 könnte entsiegelt werden. Das Landschaftsschutzgebiet X3. -F. -Niederung werde nur an seinem äußersten Rand tangiert. Die Alternativtrasse käme gänzlich ohne Inanspruchnahme von Wohneigentumsgrundstücken aus, es wären höchstens einige wenige Kleingärten betroffen. Auch Kosten- und Wirtschaftlichkeitserwägungen sprächen für die Alternativtrasse. Es wäre lediglich für einige wenige Häuser im Außenbereich weiter östlich der Trasse für Lärmschutz zu sorgen. Geringere Kosten für Lärmschutz und für den Knoten X2. Straße führten zu Millioneneinsparungen. Die in der Klagebegründung vorgelegte Skizze solle nur die verbale Beschreibung der möglichen Trasse unterstützen und kein rechtwinkliges Abknicken der Trasse einfordern. Darüber hinaus fehlten offenbar jegliche Variantenüberlegungen zur Verlängerung des Troges und des offenporigen Asphalts. Die unter Nutzen-Kosten-Gesichtspunk-ten im Hinblick auf Lärmschutz und Eigentumsinanspruchnahme günstigste Variante sei gar nicht ermittelt worden.
37Die Verkehrsprognose sei unzureichend und komme zum Nachteil der Kläger zu einer zu geringen Verkehrsbelastung. Es gebe keinen sachlichen Grund für eine Beschränkung auf den Prognosehorizont 2020. Der „Kurzbericht ‑ Ausblick Prognose 2025“ sei unzutreffend. Die knappen Ausführungen seien in keiner Weise nachvollziehbar und widersprächen zum Teil dem Gutachten für den Zeitraum bis 2020, in dem der Anstieg des Schwerverkehrs von knapp 5 % nicht berücksichtigt sei. Die Prognose genüge auch im Übrigen methodisch nicht den Anforderungen. Das Prognoseergebnis sei weder nachvollziehbar begründet noch beruhe es auf realistischen Eingangsdaten und Annahmen. Die Ergebnisse ließen sich nicht ableiten. Es fehlten die Berechnungsgrundlagen, genaue Quellenangaben und eine Beschreibung des Rechenvorgangs. Für eine Reihe von Eingangswerten gebe es keine Ableitungen. Der Verkehr für den Abschnitt X. Straße bis X2. Straße sei weiterhin zu niedrig angesetzt. Der Planfeststellungsbeschluss stelle für 2020 auf 50.560 Kfz/24h vom B. Weg bis zur X. Straße und auf 41.730 Kfz/24h von der X. Straße bis zur X2. Straße ab. Die Verkehrszählung 2010 weise für die B 51 „Umgehungsstraße N. “ 55.700 Kfz/24h aus. Die Prognose werde im Hinblick auf die Entwicklung auf den bereits ausgebauten Abschnitten den Erfahrungswerten nicht gerecht. Dort habe der Verkehr von 1990 bis 2005 um 125 % bzw. 203 % zugenommen. Er werde weiter steigen, wenn der Weiterbau der B 51 nach Osten und der B 481n nach Norden abgeschlossen sein werde. Die Ausführungen zur Aktualisierung von September 2006 seien nicht nachvollziehbar und blieben nebulös. Auswirkungen anderer Maßnahmen auf die B 51/B 481n würden nicht im Einzelnen aufgeführt. In einer früheren Unterlage sei die Einwohnerzahl von N. für 2010 mit 254.000 eingestellt, bereits jetzt habe N. 280.000 Einwohner mit steigender Tendenz. Die verkehrserhöhende „Entlastungsstraße Nord“ werde nicht aufgeführt. Auch das neue Wohngebiet in X4. -Nord und die Erschließung des neuen Gewerbegebiets B1.--------straße in X4. würden nicht erwähnt. Bei der Umgehungsstraße X4. reiche der Zufluss von Mautverkehr bis zur A 2 bei C1. . Es müssten auch die Zugänge durch Expansion und Verlagerung von zwei großen Firmen mit Logistikbedarf im Bereich I.-----weg und einer großen Baustoffhandlung an der M1. berücksichtigt werden. Auch der seit 2004 bestehende Masterplan zur Entwicklung des Hafenbereichs sei nicht berücksichtigt. Der Aufstellungsbeschluss des entsprechenden Bebauungsplans vom 7. Juli 2010 habe zum Zeitpunkt der Planfeststellung längst vorgelegen. Die Verkehrsuntersuchung dieser Planung gehe für die B 51 zwischen B. Weg und X. Straße im Jahr 2025 von 51.400 Kfz/24h aus; diese Prognose liege über der des IVV-Gutachtens, das für 2020 nur 50.600 Kfz/24h vorhersage. Daher werde die IVV-Verkehrsprognose durch die Planungen der Stadt N. widerlegt. Die Prognosen übersähen nach wie vor, dass seit Jahrzehnten geplant sei, eine durchgehend leistungsfähige Verbindung zwischen N. und der A 2 im Osten zu schaffen. Dies werde den Verkehr im fraglichen Abschnitt um 15.000 Kfz/24h erhöhen. Der Ansatz eines Lkw-Anteils von 13 % tags und 12 % nachts sei zu niedrig. Viele Lieferfahrzeuge ab 2,8 t würden fehlerhaft als Pkw gezählt. Es gebe offenkundig keine Unterlage, die entsprechend den Vorgaben der 16. BImSchV die Ermittlung einer maßgebenden stündlichen Verkehrsstärke und eines maßgebenden Lkw-Anteils (über 2,8 t) am Gesamtverkehr über die Nachtzeit dokumentiere. Dafür sei auf die Standardwerte der 16. BImSchV zurückzugreifen.
38Die lärmtechnische Untersuchung leide unter einer Reihe von Fehlern, die sich auf das Ergebnis auswirkten. Sie sei in mehrererlei Hinsicht ungenügend. Die Untersuchung sei offenkundig nicht von sachkundigen Personen erstellt worden. Es gebe keinerlei Hinweise auf die Verfasser. Die Methodik der Ermittlung der ausgewiesenen Beurteilungspegel sei nicht ausreichend dargestellt. Es fehlten Angaben, wie die Gebietsarten, die Abstände, Höhen und Geschosse ermittelt worden seien, sowie Angaben zu Kosten von Lärmschutzmaßnahmen und Lärmschutzvarianten sowie Angaben zu den für einen Vollschutz erforderlichen Maßnahmen und Lärmberechnungen für die Außenwohnbereiche. Es sei nicht dargelegt, welche Eingangsdaten und welche Fassung der Software „Sound Plan“ verwendet worden sei. Der Beklagte habe die Fachgutachten nicht auf Plausibilität überprüft. Die Gutachten in ihren verschiedenen Fassungen hätten der Planfeststellung nicht zu Grunde gelegt werden dürfen. Die lärmtechnische Untersuchung basiere auf falschen Prognosedaten. Das gelte insbesondere für den zu geringen Lkw-Anteil; es sei nicht nachvollziehbar, wie die Verteilung auf Tag und Nacht ermittelt worden sei. Der Beklagte habe laut Vermerk vom 1. März 2011 vom Landesbetrieb Straßen NRW eine Neuerstellung des Lärmschutzkonzepts gefordert. Diese Neukonzeption sei offenbar nicht vorgelegt worden und könne nicht in den „vier Seiten plus ein paar Tabellen“ im Verwaltungsvorgang gesehen werden.
39Für die Klägerin zu 1. seien falsche Berechnungspunkte gewählt worden. Das Erdgeschoss beginne beim Haus der Klägerin zu 1. erst in etwa 1,5 bis 1,6 m Höhe. Daher wären bei 0,2 m über Fensteroberkante 4,2 und 7,0 m statt 2,4 und 5,2 m anzusetzen gewesen. Dabei sei noch zu klären, in welchem Verhältnis die Geländeoberkante nach dem Höhenplan zur Geländehöhe an ihrem Haus stehe. Der Abstand vom Immissionsort zur Achse der Straße sei für die Klägerin zu 1. mit 36,4 m angegeben. Dies treffe für den Außenwohnbereich ersichtlich nicht zu. Es seien offenbar flächendeckend alle Außenwohnbereiche nicht berechnet und sämtliche Entschädigungsansprüche in diesem Zusammenhang verkannt worden. Auch für das Grundstück des Klägers zu 2. liege der maßgebliche Immissionsort für den Außenwohnbereich erheblich näher an der Trasse. Die Höhe sei bei ihm noch niedriger angenommen als bei der Klägerin zu 1. Der Fehler fehlender Ermittlung der Betroffenheit der Außenwohnbereiche werde nicht durch die Nebenbestimmung A.5.2.3 geheilt. Es fehlten erforderliche Ermittlungen der Schutzansprüche für die Prüfung der Schallschutzvarianten und das erforderliche Abwägungsmaterial. Ansprüche auf passiven Schallschutz stünden in keinem zwingenden Verhältnis zu Entschädigungsansprüchen für Außenwohnbereiche. Dem Kläger zu 2. werde der ihm zustehende Lärmschutz verwehrt. Er könne sich auf den Schutz für Wohngebiete berufen (59 dB(A) tags, 49 dB(A) nachts); die Grenzwerte würden jeweils überschritten. Die Einstufung seines Grundstücks als Außenbereich sei unzutreffend. Für sein Grundstück bestehe kein Bebauungsplan. Weniger als 10 m östlich beginne ein reines Wohngebiet (Bebauungsplan Nr. 300 der Stadt N. ). Es bestehe ein Bebauungszusammenhang mit dem östlich der Straße bestehenden Wohngebiet. Die N4.----straße habe im vorliegenden Fall keine trennende, sondern eine verbindende Funktion. Beide Straßenseiten stünden in entsprechenden optischen Beziehungen und prägten sich gegenseitig; das folge auch aus eindeutigen historischen Bezügen. Die N5.---straße habe beiderseits Gehwege und Straßenbeleuchtung. Die Bebauung sei ähnlich. Westlich der N5.---straße stünden zwei weitere Häuser. Die Baulücke zum Haus Nr. 24 unterbreche den Bebauungszusammenhang nicht. Zur Baugenehmigung für sein Haus aus dem Jahr 1971 sei die Auskunft erteilt worden, dass sich Art und Maß der baulichen Nutzung nach einem „reinen Wohngebiet“ zu richten habe. Das ergebe sich auch aus der Ortssatzung der Stadt N. vom 27. Juli 1957. Die Umspannstation für das Wohngebiet sei in den klägerischen Baukomplex integriert. Die Ausweisung im Flächennutzungsplan sei nicht parzellenscharf, es verbleibe ein Interpretationsspielraum. Ein Straßenbaubeitragsbescheid der Stadt N. vom 28. März 2014 sehe das Grundstück des Klägers zu 2. in voller Breite als bebaubar an.
40Die zur Umsetzung des in § 41 BImSchG vorgegebenen Lärmschutzkonzepts erforderliche Nutzen-Kosten-Prüfung einschließlich der dafür erforderlichen Grundlagendaten fehle in den Planfeststellungsunterlagen. Es seien die Kosten je Schutzfall zu betrachten, d. h. die Kosten je durch die jeweilige Lärmschutzvariante „bewältigten“ Schutzfalls, also je erreichter Grenzwerteinhaltung. Pauschale Betrachtungen seien zulässig, wenn der Gleichheitssatz beachtet werde. An dem sich daraus ergebenden Prüfungsprogramm fehle es. Die lärmtechnische Untersuchung ermittele keine Beurteilungspegel für Außenwohnbereiche. Damit seien eine Vielzahl von Anspruchsberechtigungen nicht erkannt. Der Nutzen eines Lärmschutzkonzepts könne so nicht ermittelt werden. Es gebe keine Angaben zu den erforderlichen Maßnahmen und den Kosten für einen Vollschutz, welche Lärmschutzvarianten mit welchem Nutzen und welchen Kosten betrachtet worden seien und zu den Kosten einzelner Lärmschutzmaßnahmen. Die von der Stadt N. beschlossene Beteiligung an den Kosten sei nicht berücksichtigt. Im Planfeststellungsbeschluss seien die Kosten je Schutzfall nicht ermittelt worden, die Prüfung sei frei von nachvollziehbaren Maßstäben. Für die Bereiche der Kläger gebe es nur nicht nachvollziehbare allgemeine Annahmen. Rechne man die Kostensteigerung je bewältigtem Schutzfall, ergebe sich eine Steigerung von nur 1,7 %. Das sei verhältnismäßig. Allerdings fehlten hier die Außenwohnbereiche. Die vom Beklagten angeführte „abwägende Mitberücksichtigung“ scheide logisch aus. Die Beurteilungspegel für Außenwohnbereiche seien gesondert zu ermitteln und gesondert in die Abwägung einzuführen und gegebenenfalls zu entschädigen. Das alles sei versäumt worden, so dass eine sachgerechte Nutzen-Kosten-Betrachtung nicht habe angestellt werden können. Die örtlichen Verhältnisse seien unvollständig ermittelt. Es fehle an der Ermittlung und Prüfung erheblicher, jedoch noch nicht unzumutbarer bzw. grenzüberschreitender Lärmbelastungen. Gleiches gelte für Luftschadstoffbelastungen und Erschütterungen. Der Flächennutzungsplan der Stadt N. weise beidseitig der B 51 Wohnbauland aus. Eine angebliche Berücksichtigung einer plangegebenen Vorbelastung der Wohnhäuser nördlich der Straße „Zum Guten Hirten“ sei nicht nachvollziehbar. Der Hinweis Nr. 6 in der vom Beklagten seiner Klageerwiderung als Beispiel beigefügten Baugenehmigung habe keine Regelungswirkung. Nicht berücksichtigt sei die mit der planfestgestellten Schutzvariante (5 m Lärmschutzwand) einhergehende Eigentumsbeeinträchtigung für die Klägerin zu 1.
41Die Luftschadstoffuntersuchungen litten ebenfalls unter fehlerhaften Prognose-annahmen. Die Übernahme der Hintergrundbelastung von einer Messstation, die nicht hinreichend auf die Übertragbarkeit der Umgebungsverhältnisse geprüft worden sei, sei fehlerhaft. Offenbar seien die Werte der Messstation N. -Geist angesetzt worden. Diese erfasse aufgrund ihrer Lage und der regelmäßi-gen Westwinde vorwiegend ländliche Hintergrundbelastung. Dagegen hätten sich Luftmassen bei den Grundstücken der Kläger nach Überquerung der Stadt N. mit Schadstoffen angereichert. Die Messstation an der X1. Straße in N. habe in den letzten Jahren Überschreitungen bei NO2 gemessen. Die Annahmen zur Verkehrssituation in Abbildung 5.1 des Luftschadstoffgutachtens stünden im Widerspruch zu den Angaben in der lärmtechnischen Untersuchung. Die Auswertung sei irreführend; relevant sei die Belastung in allen Wohnberei-chen, hier besonders auch in den Außenwohnbereichen, die deutlich höher belastet seien als die Wohnhäuser. In den Gartenbereichen ergäben sich rechnerisch Grenzwertüberschreitungen. Es fehle ‑ auch in der vom Beklagten vorgelegten ergänzenden E-Mail ‑ eine Berechnung der Kurzzeitgrenzwerte. Die Belastungen durch Baulärm und Erschütterungen während der Bauzeit seien weder ermittelt noch im Planfeststellungsbeschluss Aussagen zum Schutz vor ihnen getroffen worden. Der Planfeststellungsbeschluss führe widersprüchlich aus, die AVV-Baulärm sei zu beachten, aber sie könne nicht eingehalten werden. Das widerspreche der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes. Das Vorhaben entspreche nicht dem Gebot der Eingriffsminimierung in § 15 Abs. 1 BNatSchG. Die Ausgestaltung des Knotens B 51/X2. Straße führe zu vermeidbaren Eingriffen.
42Die Kläger beantragen,
43den Planfeststellungsbeschluss des Beklagten vom 30. September 2011 in der Fassung des Planänderungsbescheides vom 12. August 2014 aufzuheben,
44hilfsweise,
45den Beklagten unter teilweiser Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses vom 30. Septem-ber 2011 in der Fassung des Planänderungsbescheides vom 12. August 2014 zu verpflichten, die Kläger hinsichtlich ihrer durch das Vorhaben betroffenen Rechte/Interessen, insbesondere hinsichtlich des Schutzes vor Immissionen, erneut zu bescheiden.
46Der Beklagte beantragt,
47die Klage abzuweisen.
48Er verweist auf den angefochtenen Planfeststellungsbeschluss und trägt ergänzend im Wesentlichen vor:
49Die Klägerin zu 1. sei mit ihrem Klagevorbringen gegen den Prognosehorizont, das Verkehrsgutachten, die Lärm- und Schadstoffimmissionen präkludiert, weil sie nach der Auslegung der geänderten Planunterlagen als Deckblatt I keine Einwendungen mehr erhoben habe. Die im Bereich des Grundstückes der Klägerin zu 1. geplante Lärmschutzwand solle nicht auf ihrem Grundstück, sondern in einem Abstand von 1,7 m zu ihrem Grundstück errichtet werden. Es werde auf jegliche Inanspruchnahme ihres Grundstückes verzichtet.
50Die konkreten unpräkludierten Einwendungen des Rechtsvorgängers des Klägers zu 2., Herrn V. S. , richteten sich auf die Überprüfung des Verkehrsgutachtens und der hieraus folgenden Lärmschutzmaßnahmen. Sein Grundstück befinde sich in einer Entfernung von rund 92 bis 107 m zum künftigen Fahrbahnrand und liege wie die Grundstücke N2.---straße 22 und 24 im Außenbereich gemäß § 35 BauGB. Sie würden durch die N5.---straße von dem gegenüberliegenden Wohngebiet getrennt und lägen als Einzelbebauungen ohne Ordnungsstruktur in einem zusammenhängenden größeren Waldgebiet. Die lärmtechnische Berücksichtigung als Wohngebiet sei nicht begründbar; dies ergebe sich auch aus einer schriftlichen planungsrechtlichen Auskunft der Stadt N. vom 9. No-vember 2011. Seit Inkrafttreten der 56. Änderung des Flächennutzungsplanes der Stadt N. am 5. Juli 1991 sei das Grundstück nicht mehr als Wohnbaufläche ausgewiesen. In planungsrechtlichen Auskünften der Stadt werde es seit 2002 stets als Außenbereich beurteilt.
51Die Offenlage der Planunterlagen sei ordnungsgemäß bekannt gemacht worden. Dies sei von der Stadt N. mit Schreiben vom 20. Februar 2006 bestätigt worden. Aus der Bezeichnung als „Ergänzungslieferung“ könne nicht auf eine spätere Bekanntmachung geschlossen werden. Auch die Ergänzungslieferung sei laut einem Schreiben der Stadt N. vom 14. Mai 2012 am 10. Februar 2006 erschienen und ausgeliefert worden. In einem Pressetext sei fälschlicherweise als der Tag der Bekanntgabe der 14. Februar 2006 genannt worden. Für den Bekanntmachungszeitraum vor der Planoffenlage seien nach § 73 Abs. 5 VwVfG NRW keine Fristen vorgegeben. Weitere Bekanntmachungen seien nach der Hauptsatzung der Stadt N. nicht vorgesehen gewesen. Im Übrigen sei die von den Klägern unzutreffend behauptete Verspätung der Bekanntmachung aus Rechtsgründen unschädlich. Die erforderliche Anstoßwirkung sei erreicht worden, da die Kläger und 264 weitere Einwender fristgerecht Einwendungen erhoben hätten. Die Hinweise in den Bekanntmachungstexten hätten sowohl im Jahr 2006 als auch im Jahr 2007 den gesetzlichen Vorgaben des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung entsprochen. Aus Anzahl und Inhalt der Einwendungen gehe deutlich hervor, dass alle Verfahrensbeteiligten verstanden hätten, dass die Beteiligung der betroffenen Öffentlichkeit auch das UVPG-Verfah-ren umfasst habe. Soweit die Kläger unzutreffend unterstellten, es handele sich um Verfahrensfehler, seien diese aus Rechtsgründen nach Maßgabe des Kausalitätserfordernisses unschädlich.
52Die UVP sei insgesamt konsequent und verfahrensfehlerfrei durchgeführt worden. Unter Ziffer 4.4. des Planfeststellungsbeschlusses sei die Strukturierung der UVP auf den verschiedenen Planungsstufen mit Schwerpunkt im Planfeststellungsverfahren beschrieben, die zusammenfassende Darstellung der Umweltauswirkungen werde gemäß § 11 UVPG ab Seite 58, die abwägende Bewertung der Umweltauswirkungen gemäß § 12 UVPG ab Seite 69 methodisch getrennt vor der abschließenden Abwägung nach § 17 FStrG dargestellt. Die planfestgestellte Variante stütze sich auf ein in der UVS 1993 noch nicht untersuchtes verbessertes Lärmschutzkonzept.
53Die Überprüfung des Planungskonzeptes habe bereits in der UVP eine Bestätigung des Ausschlusses der Neubautrassenführung östlich der Umgehungsbahn ergeben. Diese Trassenführung widerspreche dem Bundesfernstraßenbedarfsplan und dem Gebietsentwicklungsplan, führe zu einem erheblich größeren Eingriff in die im Planfeststellungsbeschluss aufgeführten Umweltgüter und habe nicht das Vermeidungspotenzial, auf das sich der Ausbau der Bundesstraße im vorbelasteten Bereich mit einer zusätzlichen Lärmsanierung stützen könne. In ihren Einwendungen hätten die Kläger bzw. Rechtsvorgänger die Prüfung der Umgehungsbahnalternative nicht angesprochen. Die Neubauvariante östlich der Umgehungsbahntrasse sei bereits im ersten und zweiten Planfeststellungsabschnitt verworfen worden. Der Planfeststellungsbeschluss habe die Vorgaben zum Linienbestimmungsverfahren und dessen Ergebnis für den Planungsabschnitt der B 481n berücksichtigt. Der Bedarfsplan für die Bundesfernstraßen gebe einen Ausbau der B 51 im vorhandenen Straßenzug vor. Daher habe für diesen Abschnitt auf eine Linienbestimmung verzichtet werden können.
54Das dem Planfeststellungsbeschluss zu Grunde gelegte projektbezogene Verkehrsgutachten vom 11. September 2006 sowie der zuletzt erstellte Ausblick auf das Prognosejahr 2025 seien nicht zu beanstanden. Der Hinweis der Kläger auf einen Presseartikel über die Verkehrszählung 2010 beziehe sich auf den stärker frequentierten Streckenabschnitt zwischen dem Autobahnkreuz N. -Süd und der X1. Straße. Für den vorliegenden dritten Abschnitt der B 51 weise die Verkehrszählung 2010 Verkehrsbelastungen in Höhe von 32.500 Kfz/24h auf dem Teilabschnitt zwischen B. Weg und X. Straße sowie 20.500 Kfz/24h auf dem Teilabschnitt zwischen X. Straße und X2. Straße auf. Die „Entlastungsstraße Nord“ sei in der Aktualisierung vom 11. März 2008 berücksichtigt; sie führe zu etwas geringeren Belastungswerten (minus 1.000 bis minus 2.000 Kfz DTV) für die B 51 und zu einer marginalen Verringerung auf der B 481n. Die bis zum Jahr 2025 zu erwartende Steigerung des Schwerverkehrs um knapp 5 % beziehe sich auf die absoluten Zahlen im Schwerverkehr und sei nicht als Anstieg in Prozentpunkten zu werten. Sie liege in einem Toleranzbereich der allgemeinen methodischen Prognosesicherheit und stelle die Verwertbarkeit der dem Planfeststellungsbeschluss zu Grunde gelegten Prognoseberechnung zum Horizont 2020 nicht in Frage. Methodisch zutreffende Prognoseermittlungen könnten sich nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts auch auf kürzere Prognosehorizonte als 15 Jahre stützen. Die „Ergänzungen zum Kurzbericht Ausblick Prognose 2025 vom 28.07.2011“ vom 14. Juni 2012 bestätigten, dass die Verkehrsmengengerüste auch bis zum Jahr 2025 noch eine Validität besäßen. Eine Fortschreibung des Prognoseergeb-nisses auf das Jahr 2025 ergebe nur eine marginale irrelevante Erhöhung des Prognoseimmissionspegels um bis zu 0,2 dB(A). Für die Außenwohnbereiche des Wohngrundstücks des Klägers zu 2. seien fiktive Lärmberechnungen unter Berücksichtigung der Ergebnisse des Ausblicks Prognosejahr 2025 angestellt worden. Für Balkon, Freisitz und Terrassen ergäben sich Tagwerte von 55,4 bis 58,9 dB(A).
55Die lärmtechnischen Berechnungen seien mit Hilfe des DV-Programms „Sound Plan“ erstellt worden; dieses Programm sei zertifiziert und nicht zu beanstanden. Auf Grund der Komplexität der Berechnung würden nur die Ergebnisse in einer Tabelle zusammengefasst und dem lärmtechnischen Entwurf beigefügt. Dem präkludierten Hinweis auf mögliche Höhendifferenzen bei der Festlegung der Immissionsorte auf dem Grundstück der Klägerin zu 1. sei nachgegangen worden. Eine vermessungstechnische Überprüfung habe am Wohnhaus im ungünstigsten Fall (1. OG) eine Höhendifferenz um fast 1,64 m ergeben. Derartige Differenzen könnten sich z. B. durch versetzte Ebenen innerhalb des Hauses erklären; sie würden typischerweise nur einwendungsbezogen berücksichtigt. Mit den höhergelegenen Immissionsorten und unter Berücksichtigung des um 5 % gestiegenen Schwerverkehr-anteils bis 2025 lägen die berechneten Lärmpegel mit 54,7 dB(A) am Tag und 47,1 dB(A) in der Nacht sowohl im Erdgeschoss als auch mit 56,1 dB(A) am Tag und 48,6 dB(A) in der Nacht im Obergeschoss unterhalb der für Wohngebiete geltenden Immissionsgrenzwerte.
56An den Wohngebäuden der Kläger werde Volllärmschutz erreicht. Bei der Abwägung der Lärmschutzkonzepte zu den einzelnen Lärmschutzbereichen im Planfeststellungsbeschluss sei zur Berücksichtigung von Außenwohnbereichen zutreffend davon ausgegangen worden, dass passive Lärmschutzreste nur in Obergeschosshöhe verblieben und Außenwohnbereiche dort als Balkon jeweils beim Innenwohnbereich einer Wohneinheit abwägend mitberücksichtigt werden könnten. Bei der Abwägung des Lärmschutzkonzeptes zum Bereich C2.-----weg sei zutreffend berücksichtigt, dass sich nur für einen einzigen Balkon ein den Tagesgrenzwert überschreitender Beurteilungspegel im Außenwohnbereich von 59,38 dB(A) ergebe. Entgegen der Behauptung der Kläger gebe es im Abschnitt C2.-----weg /Westseite kein aktiv ungeschütztes bereits festgesetztes Wohngebiet. Die Baugenehmigungen der Wohnhäuser nordwestlich der Straße „Zum Guten I1. “ seien mit der Maßgabe erteilt worden, dass keine Ansprüche rechtlicher oder finanzieller Art gegenüber dem Landesbetrieb Straßen NRW hergeleitet werden könnten, die sich auf Lärmschutzmaßnahmen bezögen, die auf Grund von auftretenden Lärmimmissionen auf der B 51 nötig würden. Der Rat der Stadt N. habe dem Lärmschutzkonzept der Bundesstraßenverwaltung erstmals in seiner Sitzung vom 13. September 2000 und zuletzt im Jahr 2011 in Gestalt des Deckblattes IX zugestimmt. Mehrkosten des Lärmschutzkonzeptes, die für städtebaulich wirksame Maßnahmen gefordert seien, würden von der Stadt N. getragen; dies seien Mehrkosten für eine lärmschutzneutrale Kragarmausbildung und eine transparente Ausbildung von Lärmschutzwänden im oberen Bereich. Zwischen Baulastträger und der Stadt N. sei keine Kostenübernahme zu Maßnahmen mit zusätzlichem Lärmschutzeffekt vereinbart, die im Hinblick auf die Rechtsprechung zur Kostenverhältnismäßigkeit nach § 41 BImschG im Planfeststellungsverfahren grenznutzenrelevant seien.
57Das Gutachten zu den Luftschadstoffbelastungen sei fachlich nicht zu beanstanden. Es zeige auf, dass im Bereich des Grundstückes der Klägerin zu 1. die Luftschadstoffe im Prognosefall unterhalb der maßgeblichen Grenzwerte liegen. Dabei sei mit 50.600 Kfz/24h die höchste Prognoseverkehrsbe-lastung aus dem Teilabschnitt zwischen B. Weg und X. Straße für die Berechnung des gesamten vorliegenden Streckenabschnittes der B 51 zu Grunde gelegt worden, während für den Bereich C2.-----weg ein um 17,5 % geringerer DTV-Wert von 41.730 Kfz/24h zutreffe. Das Gutachten, das von einer gefahrenen Geschwindigkeit von 70 km/h ausgehe, liege daher auch dann auf der sicheren Seite, wenn von der zuständigen Straßenverkehrsbehörde künftig ein Tempolimit von 100 km/h zugestanden würde. Eine Berechnung unter Zugrundelegung von 100 km/h habe ergeben, dass für das Grundstück der Klägerin zu 1. keine Grenzwertüberschreitungen zu erwarten seien.
58Der Planfeststellungsbeschluss enthalte an mehreren Stellen Auflagen und Abwägungen zur Problembewältigung von Bauimmissionen. Dadurch sei der Straßenbaulastträger primär an die Einhaltung der AVV-Baulärm gebunden. Unter Berücksichtigung weiterer Maßnahmen (möglichst geräuscharme Bauverfahren, Bauzaun, Modifizierungen der Baumaßnahmen im Hinblick auf die AVV) könnten die Voraussetzungen des § 906 BGB beim Ausbau der bestehenden Bundesfernstraße ortsüblich eingehalten werden. Vorsorglich sei die Öffnung des Entschädigungsverfahrens zum Schutz der Anwohner im Planfeststellungsbeschluss angeordnet worden.
59Gegenüber dem heute bestehenden Zustand werde eine Lärmsanierung an der B 51 erreicht. Damit gehe die Steigerung der Lebens- und Wohnqualität im Bereich N3. einher; dies gelte auch für Anwohner im Bereich der N5.---straße . Der Planfeststellungsbeschluss habe unvermeidbare Wertminderungen im Wege der Abwägung auch dann berücksichtigt, wenn Lärmvorsorgeansprüche wegen Unterschreitung der Grenzwerte nicht bestünden.
60Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die Gerichtsakte und die Beiakten des vorliegenden Verfahrens sowie auf die zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemachten planfestgestellten Unterlagen und Verwaltungsvorgänge des Beklagten (Beiakten zum Verfahren 11 D 6/12.AK).
61E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
62Die zulässige Klage ist nicht begründet. Sie dringt weder mit ihrem im Hauptantrag formulierten Anfechtungsantrag auf Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses (A.) noch mit dem hilfsweise gestellten Verpflichtungsantrag durch (B.).
63A. Der auf die Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses gerichtete Hauptantrag ist unbegründet. Gegenstand der Klage ist der Planfeststellungsbeschluss des Beklagten vom 30. September 2011 in der Fassung, die er durch den Planänderungsbescheid vom 12. August 2014 erhalten hat. Die Kläger haben diesen Planänderungsbescheid am 12. September 2014 in ihre Klage einbezogen. Der festgestellte Plan und die nachträgliche Änderung verschmelzen zu einem einzigen Plan; es kommt inhaltlich zu einer einheitlichen Planungsentscheidung. Das hat zur Folge, dass sich der Planfeststellungsbeschluss in seiner Ursprungsfassung prozessual erledigt und das Rechtsschutzinteresse für ein gegen ihn gerichtetes Klagebegehren entfällt. Will der Kläger weiterhin Rechtsschutz gegen die Planung erreichen, bleibt ihm also keine andere Wahl, als gegen diese Entscheidung in ihrer geänderten Fassung vorzugehen.
64Vgl. BVerwG, Urteil vom 18. März 2009 ‑ 9 A 31.07 ‑, Buchholz 310 § 74 VwGO Nr. 15, S. 2, m. w. N.
65I. Bei der Überprüfung des angefochtenen Planfeststellungsbeschlusses ist grundsätzlich auf die Sach- und Rechtslage bei seinem Erlass abzustellen.
66Vgl. etwa BVerwG, Urteile vom 12. März 2008 - 9 A 3.06 -, BVerwGE 130, 299 (376), und vom 12. August 2009 - 9 A 64.07 -, BVerwGE 134, 308 (319).
67Hieran ändert der Planänderungsbescheid vom 12. August 2014 nichts, da trotz des Entstehens einer einheitlichen Planungsentscheidung die Grundzüge der Planung nicht betroffen sind.
68Rechtsgrundlage des angegriffenen Planfeststellungsbeschlusses vom 30. Sep-tember 2011 ist § 17 FStrG in der Fassung der Bekanntmachung vom 28. Juni 2007 (BGBl. I S. 1206), im Zeitpunkt der Planfeststellung zuletzt geändert durch Gesetz vom 31. Juli 2009 (BGBl. I S. 2585), in Verbindung mit den §§ 72 ff. VwVfG NRW in der Fassung der Bekanntmachung vom 12. November 1999 (GV. NRW. S. 602), im maßgeblichen Zeitpunkt zuletzt geändert durch Gesetz vom 17. Dezember 2009 (GV. NRW. S. 861).
69Der Senat überprüft den streitigen Planfeststellungsbeschluss unbeschadet der sich aus § 86 Abs. 1 VwGO ergebenden Aufklärungspflicht grundsätzlich nur im Rahmen der vorgetragenen Tatsachen, durch deren Berücksichtigung oder Nichtberücksichtigung im Planfeststellungsverfahren sich ein Kläger beschwert fühlt. Dies folgt aus § 17e Abs. 5 FStrG. Diese Vorschrift setzt dem klagenden Beteiligten kraft Gesetzes eine Frist von sechs Wochen. Innerhalb dieser Frist muss der Kläger die ihn beschwerenden Tatsachen so konkret angeben, dass der Lebenssachverhalt, aus der er den mit der Klage verfolgten Anspruch ableitet, unverwechselbar feststeht. Mit weiteren Einwendungen ist ein Kläger nach Maßgabe des § 87b Abs. 3 VwGO ausgeschlossen. Ein späterer vertiefender Vortrag steht dem nicht entgegen.
70Vgl. zum inhaltsgleichen § 5 Abs. 3 VerkPBG: BVerwG, Urteile vom 31. März 1995 - 4 A 1.93 -, BVerwGE 98, 126 (129), und vom 24. Mai 1996 - 4 A 38.95 -, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 119, S. 142.
71Hiervon ausgehend leidet der Planfeststellungsbeschluss an keinem Rechtsfehler, der die Kläger im Sinne des § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO in ihren Rechten verletzt und die - vollständige oder teilweise - Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses oder zumindest die Feststellung seiner Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit rechtfertigt.
72Die Grundstücke der Kläger werden für das Vorhaben nicht in Anspruch genommen, weshalb dem angegriffenen Planfeststellungsbeschluss für das Eigentum der Kläger keine enteignungsrechtliche Vorwirkung (§ 19 Abs. 2 FStrG) zukommt. Die von der Planung also nur mittelbar - nach ihrem Vortrag insbesondere durch Lärmimmissionen und Luftschadstoffe - betroffenen Kläger können daher im Gegensatz zu einem unmittelbar mit enteignungsrechtlicher Vorwirkung Betroffenen keine umfassende gerichtliche Überprüfung des Planfeststellungsbeschlusses auf seine objektive Rechtmäßigkeit (sog. Vollprüfungsanspruch) beanspruchen. Sie können nur die Verletzung gerade sie schützender Normen des materiellen und des Verfahrensrechts sowie eine nicht ordnungsgemäße Abwägung ihrer geschützten Privatbelange rügen, nicht aber eine insgesamt fehlerfreie Abwägung und Planung verlangen.
73Vgl. BVerwG, Urteile vom 26. April 2007 - 4 C 12.05 -, BVerwGE 128, 358 (363 f.), und vom 9. Juni 2010 - 9 A 20.08 -, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 208, S. 133 f.
74Ob andere gegen das Vorhaben sprechende Belange ordnungsgemäß berücksichtigt worden sind, können sie demgegenüber ebenso wenig geltend machen wie die Frage, ob Rechtsnormen beachtet wurden, die nicht ihrem Schutz zu dienen bestimmt sind.
75Vgl. BVerwG, Urteil vom 10. Dezember 2012 ‑ 9 A 20.11 ‑, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 229, S. 71 f.
76II. Hieraus folgt zunächst, dass die Kläger nicht mit Erfolg geltend machen können, dass bei der Planung naturschutzrechtliche Belange, wie beispielsweise etwa diejenigen des Landschaftsschutzes, des Artenschutzes oder weitere Gesichtspunkte des allgemeinen Naturschutzes nicht angemessen berücksichtigt worden seien. Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege dienen dem Allgemeininteresse. Private Interessen werden hierdurch nicht geschützt.
77Vgl. BVerwG, Urteil vom 28. März 2007 ‑ 9 A 17.06 ‑, Buchholz 442.09 § 18 AEG Nr. 64, S. 18.
78Auf die Einhaltung des sogenannten Minimierungsgebots in § 15 BNatSchG können sich die Kläger daher nicht berufen. Ebenso wenig können sie anführen, dass die Ausgestaltung des Knotens B 51/X2. Straße zu „vermeidbaren Eingriffen“ führe.
79III. Die Einwände der Kläger gegen die formelle Rechtmäßigkeit des Planfeststellungsbeschlusses greifen nicht durch.
801. Die Kläger machen geltend, die Bekanntmachung der ersten Auslegung sei erst erfolgt, nachdem die Auslegung bereits begonnen habe, durch die Bekanntmachung erst wenige Tage vor Beginn der Auslegung fehle es an der erforderlichen Anstoßwirkung für die Öffentlichkeit und der Inhalt der öffentlichen Bekanntmachung verstoße gegen Vorgaben des Art. 6 Abs. 2 der UVP-Richtlinie. Diese Rügen führen nicht zu einem durchgreifenden Verfahrensfehler.
81a) Allerdings können sich die Kläger gemäß § 4 UmwRG grundsätzlich auch auf Verfahrensfehler im Zusammenhang mit der Umweltverträglichkeitsprüfung des nach dem 25. Juli 2005 eingeleiteten Verfahrens (vgl. § 5 Abs. 1 UmwRG) berufen.
82Nach Art. 10a Abs. 1 der im Zeitpunkt der Offenlegung noch geltenden Richtlinie 85/337/EWG des Rates vom 27. Juni 1985 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten (ABl. Nr. L 175 S. 40 ‑ im Folgenden: UVP-Richtlinie ‑), der durch Art. 3 Abs. 7 der Richtlinie 2003/35/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Mai 2003 über die Beteiligung der Öffentlichkeit bei der Ausarbeitung bestimmter umweltbezogener Pläne und Programme und zur Änderung der Richtlinien 85/337/EWG und 96/61/EG des Rates in Bezug auf die Öffentlichkeitsbeteiligung und den Zugang zu Gerichten (ABl. Nr. L 156 S. 17) in die UVP-Richtlinie eingefügt worden ist (im Folgenden: Öffentlichkeitsbeteiligungsrichtlinie), stellen die Mitgliedstaaten im Rahmen ihrer innerstaatlichen Rechtsvorschriften sicher, dass Mitglieder der betroffenen Öffentlichkeit, die
83a) ein ausreichendes Interesse haben oder alternativ
84b) eine Rechtsverletzung geltend machen, sofern das Verwaltungsverfahrensrecht bzw. Verwaltungsprozessrecht eines Mitgliedstaats dies als Voraussetzung erfordert,
85Zugang zu einem Überprüfungsverfahren vor einem Gericht oder einer anderen auf gesetzlicher Grundlage geschaffenen unabhängigen und unparteiischen Stelle haben, um die materiell-rechtliche und verfahrensrechtliche Rechtmäßigkeit von Entscheidungen, Handlungen oder Unterlassungen anzufechten, für die die Bestimmungen dieser Richtlinie über die Öffentlichkeitsbeteiligung gelten. Damit können die Kläger die „verfahrensrechtliche Rechtmäßigkeit“ der Umweltverträglichkeitsprüfung im Rahmen ihrer gegen den Planfeststellungsbeschluss gerichteten Klage anfechten, weil die Umweltverträglichkeitsprüfung nach § 2 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 2 Abs. 3 Nr. 1 UVPG ein unselbstständiger Teil eines Planfeststellungsverfahrens ist.
86Jedoch führt nicht jeder Verfahrensfehler zu einer Rechtsverletzung im Sinne des Art. 10a der UVP-Richtlinie. Nach der Rechtsprechung des EuGH haben die Mitgliedstaaten die Rechte zu bestimmen, bei deren Verletzung ein Rechtsbehelf in Umweltsachen eingelegt werden kann. Dabei darf die Auslegung der durch die UVP-Richtlinie verliehenen Rechte nicht praktisch unmöglich gemacht oder übermäßig erschwert werden. Der Unionsgesetzgeber habe in keiner Weise die Gründe beschränkt, die zur Stützung eines Rechtsbehelfs vorgebracht werden könnten. Jedenfalls habe er die Möglichkeit, einen Verfahrensfehler geltend zu machen, nicht an die Voraussetzung knüpfen wollen, dass dieser Fehler Auswirkungen auf den Inhalt der angegriffenen endgültigen Entscheidung habe. Da die Richtlinie unter anderem zur Festsetzung von Verfahrensgarantien diene, müsse die betroffene Öffentlichkeit grundsätzlich jeden Verfahrensfehler geltend machen können. Jedoch habe nicht jeder Verfahrensfehler zwangsläufig Folgen, die sich auf den Inhalt einer solchen Entscheidung auswirken könnten, so dass ein Fehler, bei dem dies nicht der Fall sei, denjenigen, der ihn geltend macht, nicht in seinen Rechten verletze. In einem solchen Fall erscheine das Ziel der UVP-Richtlinie nicht gefährdet. Die Mitgliedstaaten hätten einen „beträchtlichen Spielraum“ hinsichtlich der Bestimmung dessen, was eine Rechtsverletzung darstelle.
87Daher könne es zulässig sein, dass nach dem nationalen Recht keine Rechtsverletzung im Sinne des Art. 10a Buchstabe b der UVP-Richtlinie vorliege, wenn nach den Umständen des konkreten Falles nachweislich die Möglichkeit bestehe, dass die angegriffene Entscheidung ohne den geltend gemachten Verfahrensfehler nicht anders ausgefallen wäre. In Bezug auf das Kausalitätskriterium dürfe dem Rechtsmittelführer aber nicht die Beweislast aufgebürdet werden; es sei vielmehr auf von der zuständigen Behörde vorgelegte Beweise und die vorliegende Akte abzustellen. Dabei sei die Schwere des geltend gemachten Fehlers zu berücksichtigen und insbesondere zu prüfen, ob dieser Fehler der betroffenen Öffentlichkeit eine der Garantien genommen habe, die geschaffen worden seien, um ihr im Einklang mit den Zielen der UVP-Richtlinie Zugang zu Informationen und die Beteiligung am Entscheidungsprozess zu ermöglichen.
88Vgl. EuGH, Urteil vom 7. November 2013 ‑ C‑72/12 (Altrip) -, NuR 2013, 878 (881 f., Rdnr. 46 bis 54).
89Nach diesen Maßstäben liegt ein durchgreifender Verfahrensfehler nicht vor. Es ist nicht ersichtlich, dass die Entscheidung des Beklagten ohne die von den Klägern gerügten Verfahrensfehler im Hinblick auf die von ihnen geltend gemachten Rechtspositionen anders ausgefallen wäre. Dabei berücksichtigt der Senat, ohne dass den Klägern insoweit eine materielle Beweislast aufgebürdet würde, neben dem Vortrag des Beklagten in Umsetzung der Rechtsprechung des EuGH sowie gemäß § 86 Abs. 1 VwGO auch die vorliegenden Verwaltungsakten.
90b) Die möglicherweise verspätete Bekanntmachung der Auslegung ist unschädlich. Art. 6 Abs. 6 UVP-Richtlinie in der hier maßgebenden Fassung des Art. 3 Abs. 4 der Richtlinie 2003/35/EG regelt keinen genauen Zeitrahmen für die Dauer einer Auslegung, sondern fordert nur „ausreichend Zeit“, um die Öffentlichkeit zu informieren sowie zur effektiven Vorbereitung und Beteiligung der Öffentlichkeit. § 9 Abs. 1 Satz 3 UVPG verweist insoweit auf § 73 VwVfG. Daher wäre die in § 73 Abs. 3 Satz 1 VwVfG NRW vorgesehene Monatsfrist für die Dauer der Auslegung nicht eingehalten, wenn der Vortrag der Kläger zuträfe, dass die Bekanntmachung erst nach Beginn der Auslegung veröffentlicht wurde. Dies kann jedoch auf sich beruhen, weshalb dem in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisantrag nicht nachzugehen war.
91Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass aufgrund einer möglicherweise zu kurzen Auslegung der Inhalt des Planfeststellungsbeschlusses anders ausgefallen wäre. Nach der ersten Auslegung im Februar/März 2006 hat die Klägerin zu 1. fristgerecht umfangreich Einwendungen gegen das Vorhaben erhoben. Auch der Rechtsvorgänger des Klägers zu 2. hat Einwendungen erhoben. Beide Kläger behaupten nicht, dass sie wegen der Nichteinhaltung der Monatsfrist für die Auslegung gehindert gewesen seien, weitere Einwendungen zu erheben.
92Vgl. hierzu auch BVerwG, Urteil vom 24. No-vember 2011 ‑ 9 A 23.10 ‑, BVerwGE 141, 171 (173).
93Die Kläger können sich in diesem Zusammenhang nicht darauf berufen, es habe „an der erforderlichen Anstoßwirkung für die Öffentlichkeit“ gefehlt. Im Hinblick auf insgesamt 266 Einwendungen Privater sowie zahlreiche Stellungnahmen von Trägern öffentlicher Belange ist nicht ansatzweise ersichtlich, dass es an einer Anstoßwirkung für die Öffentlichkeit gefehlt haben könnte. Es ist auch nicht erkennbar, dass ein potenzieller Einwender sich nicht geäußert hat, weil die Auslegung zu spät bekanntgemacht worden sei. Daher ist insbesondere nicht ersichtlich, dass der betroffenen Öffentlichkeit im Sinne der Rechtsprechung des EuGH eine der Garantien genommen worden sein könnte, die geschaffen worden sind, um ihr im Einklang mit den Zielen der UVP-Richtlinie Zugang zu Informationen und die Beteiligung am Entscheidungsprozess zu ermöglichen.
94c) Ein auf das Ergebnis durchgreifender Verfahrensfehler liegt ebenso wenig vor, soweit der Inhalt der öffentlichen Bekanntmachung nicht den rechtlichen Vorgaben entspricht.
95Die Kläger machen geltend, die öffentliche Bekanntmachung verstoße gegen Vorgaben des im Jahr 2006 unmittelbar anwendbaren Art. 6 Abs. 2 der UVP-Richtlinie. Nach Art. 6 Abs. 2 der UVP-Richtlinie in der Fassung des Art. 3 Abs. 4 der Öffentlichkeitsbeteiligungsrichtlinie wird die Öffentlichkeit über Folgendes informiert:
96a) den Genehmigungsantrag;
97b) die Tatsache, dass das Projekt Gegenstand einer Umweltverträglichkeitsprüfung ist, …;
98c) genaue Angaben zu den jeweiligen Behörden, die für die Entscheidung zuständig sind, bei denen relevante Informationen erhältlich sind bzw. bei denen Stellungnahmen oder Fragen eingereicht werden können, sowie zu vorgesehenen Fristen für die Übermittlung von Stellungnahmen oder Fragen;
99d) die Art möglicher Entscheidungen, oder, soweit vorhanden, den Entscheidungsentwurf;
100e) die Angaben über die Verfügbarkeit der Informationen, die gemäß Art. 5 der UVP-Richtlinie eingeholt wurden;
101f) die Angaben, wann, wo und in welcher Weise die relevanten Informationen zugänglich gemacht werden;
102g) Einzelheiten zu den Vorkehrungen für die Beteiligung der Öffentlichkeit nach Art. 6 Abs. 5 der UVP-Richtlinie.
103Die Öffentlichkeitsbeteiligungsrichtlinie war nach deren Art. 6 Abs. 1 Satz 1 von den Mitgliedstaaten bis zum 25. Juni 2005 umzusetzen. Sie ist in der Bundesrepublik Deutschland jedoch erst durch das am 15. Dezember 2006 in Kraft getretene Öffentlichkeitsbeteiligungsgesetz (BGBl. I S. 2819) umgesetzt worden. Da die in Art. 6 Abs. 2 der UVP-Richtlinie getroffenen Regelungen über die Bekanntmachung inhaltlich unbedingt und hinreichend genau sind, waren sie nach dem 25. Juni 2005 unmittelbar anzuwenden,
104vgl. hierzu zusammenfassend Ruffert, in: Calliess, Ruffert (Hrsg.), EUV/AEUV, Das Verfassungsrecht der Europäischen Union mit europäischer Grundrechtecharta, Kommentar, 4. Auflage 2011, Art. 288 AEUV Rdnr. 47 ff. m. w. N.,
105und mithin auch für die vorliegende Bekanntmachung vom 10. Februar 2006 maßgebend. Die Kläger weisen zutreffend darauf hin, dass die Bekanntmachung im Hinblick auf eine Umweltverträglichkeitsprüfung unter Nr. 6 nur den Hinweis enthält: „Die Nrn. 1, 2, 3 und 5 gelten für die Anhörung der Öffentlichkeit zu den Umweltauswirkungen des Bauvorhabens nach § 9 Abs. 1 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung entsprechend.“ Aus dem Hinweis auf § 9 Abs. 1 UVPG ergab sich, dass das Projekt Gegenstand einer Umweltverträglichkeitsprüfung ist (vgl. Art. 6 Abs. 2 Buchst. b) UVP-Richtlinie). Es fehlen aber die nach Art. 6 Abs. 2 Buchst. e) der UVP-Richtlinie erforderlichen „Angaben über die Verfügbarkeit der Informationen, die gemäß Art. 5 eingeholt wurden“. Der Bekannt-machungstext enthält keinerlei Hinweis darauf, welche vom Vorhabenträger gemäß Art. 5 der UVP-Richtlinie vorgelegten Informationen verfügbar waren und von der Öffentlichkeit eingesehen werden konnten.
106Es ist jedoch (wiederum) nicht ersichtlich, dass dieser unzureichende Bekannt-machungstext sich auf den Inhalt des Planfeststellungsbeschlusses ausgewirkt haben könnte. Die Klägerin zu 1. und der Rechtsvorgänger des Klägers zu 2. haben fristgerecht Einwendungen erhoben, die sich insbesondere auf von ihnen befürchtete Lärm- und Luftschadstoffimmissionen auf ihren Grundstücken bezogen und damit gerade auf die sie berührenden Umweltauswirkungen des Vorhabens.
107Die hier gerügten Defizite der Bekanntmachung der Planauslegung stellen keine wesentlichen Verfahrensfehler dar. Sie betreffen bloße Bekanntmachungsdetails, von denen die gebotene Anstoßwirkung der Bekanntmachung, sich am Verfahren zu beteiligen, nicht abhängt. Aus dem Text der Bekanntmachung ergab sich mit der gebotenen Klarheit, dass die Beteiligung der betroffenen Öffentlichkeit die Beteiligung im Rahmen einer Umweltverträglichkeitsprüfung umfasste (Nr. 6 des Bekanntmachungstextes) und dass die ausgelegten Planunterlagen die Grundlage auch dieser Beteiligung bilden sollten. Die gerügten Mängel betrafen nicht den wesentlichen Bekanntmachungsinhalt; Unionsrecht gebietet daher nicht, sie unabhängig von ihrem Einfluss auf die Sachentscheidung als erheblich zu behandeln.
108Vgl. zu einer ähnlichen Fallgestaltung (kein Hinweis auf UVP-Pflichtigkeit und auf die nach § 6 UVPG vorgelegten Unterlagen) BVerwG, Urteil vom 24. November 2011 ‑ 9 A 23.10 ‑, BVerwGE 141, 171 (176).
109Dass die erforderliche Anstoßwirkung trotz des nicht ordnungsgemäßen Bekanntmachungstextes erreicht worden ist, zeigt die große Zahl von Einwendungen Privater und von Trägern öffentlicher Belange. Es ist weder vorgetragen noch aus den Akten ersichtlich, dass der betroffenen Öffentlichkeit Verfahrensgarantien genommen wurden, weil Einwendungen wegen eines unzureichenden Bekanntmachungstextes unterblieben oder für die Umweltverträglichkeitsprüfung relevante Gesichtspunkte deshalb nicht vorgebracht worden sind.
110d) Die öffentliche Bekanntmachung der Auslegung des Deckblattes I im Amtsblatt der Stadt N. vom 18. Mai 2007 entspricht ebenfalls nicht den Anforderungen des Art. 6 Abs. 2 Buchst. e) der UVP-Richtlinie sowie dem am 15. Dezember 2006 in Kraft getretenen § 9 Abs. 1a Nr. 5 UVPG, wonach bei der Bekanntmachung anzugeben ist, welche Unterlagen nach § 6 UVPG vorgelegt wurden. Der Bekanntmachungstext enthält nur den Hinweis, „dass die ausgelegten Planunterlagen die nach § 6 Abs. 3 UVPG notwendigen Angaben enthalten …“. Aus diesem Hinweis ergibt sich nicht, „welche Unterlagen nach § 6 vorgelegt wurden“.
111Es ist jedoch nicht ersichtlich, dass dieser unzureichende Bekanntmachungstext sich auf den Inhalt des Planfeststellungsbeschlusses ausgewirkt haben könnte. Zwar hat die Klägerin zu 1. hier ‑ anders als der Rechtsvorgänger des Klägers zu 2. ‑ keine (weiteren) Einwendungen erhoben. Das beruht jedoch nicht darauf, dass ihr die nach § 6 UVPG vorgelegten Unterlagen nicht bekannt waren; das behauptet sie auch nicht. Ebenso wie bei der ersten Auslegung ist hier nicht vorgetragen oder aus den Akten ersichtlich, dass der betroffenen Öffentlichkeit Verfahrensgarantien genommen wurden, weil Einwendungen wegen eines unzureichenden Bekanntmachungstextes unterblieben oder für die Umweltverträglichkeitsprüfung relevante Gesichtspunkte deshalb nicht vorgebracht worden sind.
1122. Der weitere Einwand der Kläger, die Auslegung der Planunterlagen hätte inhaltlich nicht den Anforderungen der §§ 9 Abs. 1b und 6 Abs. 3 UVPG sowie der UVP-Richtlinie entsprochen, greift nicht durch. Die Betroffenen sollen durch die Auslegung der Planunterlagen nach § 17a FStrG i. V. m. § 73 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 Satz 1 VwVfG NRW in die Lage versetzt werden, Einwendungen zu erheben, die zumindest in groben Zügen erkennen lassen, welche Rechtsgüter als gefährdet angesehen und welche Beeinträchtigungen befürchtet werden. Ausführungen, die wissenschaftlich-technischen Sachverstand erfordern, werden von den Betroffenen im Verwaltungsverfahren nicht verlangt. Dementsprechend muss die Auslegung nicht notwendig alle Unterlagen umfassen, die möglicherweise zur vollständigen Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Planung erforderlich sind, sondern kann sich auf die Unterlagen beschränken, deren der Einzelne bedarf, um „als Laie" den Grad seiner Betroffenheit abschätzen und sich das Interesse, Einwendungen zu erheben, bewusst machen zu können. Dazu gehören Gutachten nur dann, wenn ohne deren Kenntnis der mit der Auslegung bezweckte Anstoß zur Erhebung von Einwendungen verfehlt würde.
113Vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 3. März 2011 - 9 A 8.10 -, BVerwGE 139, 150 (152), m. w. N.
114Die UVP-Richtlinie verlangt vom Vorhabenträger bestimmte inhaltliche Angaben, stellt ihm aber frei, in welcher Form er sie vorlegt. Es reicht aus, wenn die erforderlichen Angaben sich aus verschiedenen Unterlagen ergeben, etwa aus dem Erläuterungsbericht, dem Landschaftspflegerischen Begleitplan, der schalltechnischen Untersuchung oder der Schadstoffuntersuchung. Sie müssen auch nicht zwingend in einem von der Zulassungsentscheidung gesonderten Dokument dargestellt werden.
115Vgl. BVerwG, Urteil vom 12. August 2009 - 9 A 64.07 -, BVerwGE 134, 308 (312 f.).
116Weder § 6 UVPG noch der UVP-Richtlinie ist eine Pflicht zu standardisierten oder schematisierten Darstellungsweisen zu entnehmen. Es bleibt demgemäß dem Vorhabenträger überlassen, ob er von der Möglichkeit der Darstellung in Form einer (eigenständigen und abgeschlossenen) Umweltverträglichkeitsstudie Gebrauch macht.
117Vgl. BVerwG, Urteil vom 19. Mai 1998 ‑ 4 C 11.96 ‑, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 138, S. 254.
118Auch eine konkrete Zeitvorgabe, innerhalb derer eine Umweltverträglichkeitsprüfung zu erstellen ist, ist dem Gesetz nicht zu entnehmen.
119Vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 12. August 2009 - 9 A 64.07 -, BVerwGE 134, 308 (312 f.).
120Diesen Anforderungen entspricht das hier zur Überprüfung stehende Verfahren. Der Vorhabenträger hatte der Anhörungsbehörde gemäß § 6 UVPG diverse Unterlagen vorgelegt, aus denen sich Auswirkungen des Vorhabens ‑ hier des Ausbaus der B 51 ‑ auf die Umwelt (vgl. § 2 Abs. 1 Satz 2 UVPG) ergeben, nämlich die Erläuterungsberichte vom 5. Dezember 2005 (Unterlage 1, Beiakte 2 zu 11 D 6/12.AK) und vom 2. Mai 2007 mit Schadstoffabschätzung (Unterlage 1-I, Beiakte 8 zu 11 D 6/12.AK), die Erläuterungsberichte zum wassertechnischen Entwurf vom 5. Dezember 2005 (Unterlage 11.1, Beiakte 2 zu 11 D 6/12.AK) und vom 2. Mai 2007 (Unterlage 11.1-I, Beiakte 8 zu 11 D 6/12.AK), die lärmtechnischen Unterlagen vom 5. Dezember 2005 und 2. Mai 2007, bestehend aus den detaillierten Erläuterungsberichten zur lärmtechnischen Untersuchung, den Berechnungen der Beurteilungspegel für Lärmvorsorge für die Bebauung (Unterlagen 12.1 und 12.2, Beiakte 3 zu 11 D 6/12.AK, und Unterlagen 12.1-I und 12.2-I, Beiakte 9 zu 11 D 6/12.AK), den Landschaftspflegerischen Begleitplan einschließlich der artenschutzrechtlichen Prüfung (Unterlage 13, Beiakte 4 zu 11 D 6/12.AK bzw. Unterlage 13-I, Beiakte 8 zu 11 D 6/12.AK). Diese Unterlagen haben im Rahmen des Anhörungsverfahrens öffentlich ausgelegen. Inhaltlich enthalten diese Unterlagen umfangreiche Feststellungen zu den Untersuchungen über die Umweltauswirkungen des Vorhabens und insbesondere die erforderlichen Angaben im Sinne des § 6 Abs. 3 und 4 UVPG.
121Entgegen der Auffassung der Kläger bedurfte es nicht einer gesonderten Auflistung, welche Unterlagen zur Umweltverträglichkeitsprüfung gehören. Die Unterrichtung der Öffentlichkeit über ein geplantes Vorhaben erfordert nicht zwingend die Zusammenfassung aller notwendigen Informationen in einer gesonderten Planunterlage. Ihrer Funktion, die Öffentlichkeit über die Auswirkungen zu unterrichten und den Betroffenen einen Anstoß zu geben, sich mit den Auswirkungen auseinanderzusetzen und über die Notwendigkeit diesbezüglicher Einwendungen schlüssig zu werden, kann die öffentliche Auslegung auch dann gerecht werden, wenn die notwendigen Angaben zwar in verschiedenen Planunterlagen enthalten sind, Wechselwirkungen jedoch nicht ausklammern.
122Vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 10. Oktober 2006 - 9 B 27.05 -, Buchholz 406.251 § 11 UVPG Nr. 4, S. 2 f.
123Derartige Wechselwirkungen waren hier aus den ausgelegten Unterlagen ohne Weiteres ersichtlich, weil insbesondere der ausgelegte Erläuterungsbericht (Unterlage 1, Beiakte 2 zu 11 D 6/12.AK) auf S. 13 bis 20 unter den Nrn. 5. und 6. bei der Beschreibung der Auswirkungen des Vorhabens auf die Umwelt und der Darstellung der geplanten Maßnahmen zum Schutz der Umwelt ausdrücklich Querverweise auf die lärmtechnischen Untersuchungen, die Abschätzung von verkehrsbedingten Schadstoffimmissionen und den Landschaftspflegerischen Begleitplan, mithin auf die weiteren Unterlagen enthält, die ebenfalls Gegenstand der Umweltverträglichkeitsprüfung waren. Damit waren im Anhörungsverfahren entgegen der Meinung der Kläger die Unterlagen zur Umweltverträglichkeitsprüfung hinreichend deutlich benannt. Darin liegt auch die nach § 6 Abs. 3 Satz 2 UVPG geforderte allgemein verständliche, nichttechnische Zusammenfassung der Angaben nach § 6 Abs. 3 Satz 1 UVPG.
124Der Umstand, dass im Erläuterungsbericht auf eine Umweltverträglichkeitsstudie aus dem Jahr 1993 hingewiesen worden ist, die 1994 ausgelegen habe (vgl. Unterlage 1, S. 2, Beiakte 2 zu 11 D 6/12.AK), erforderte entgegen der Meinung der Kläger nicht, dass auch diese Studie im Rahmen der Auslegung der Unterlagen zur Umweltverträglichkeitsprüfung hätte ausgelegt werden müssen. Abgesehen davon, dass bis zur Offenlegung der Planunterlagen zwischenzeitlich über zehn Jahre verstrichen und deshalb ohnehin - wie geschehen - neue Untersuchungen zu den umweltrelevanten Auswirkungen des Vorhabens erforderlich waren und durchgeführt wurden, war diese Umweltverträglichkeitsstudie nur ein Entscheidungsparameter, wobei der Beklagte sich für die dort favorisierte Tunnellösung nicht entschieden hat. Die Umweltverträglichkeitsprüfung ist nur für das konkrete Vorhaben mit der für dieses Vorhaben gewählten Trasse vorzunehmen.
125Vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Januar 1996 ‑ 4 C 5.95 ‑, BVerwGE 100, 238 (250); ferner Urteil vom 5. März 1997 ‑ 11 A 25.95 ‑, BVerwGE 104, 123 (128).
126Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts musste auch die Verkehrsprognose nicht ausgelegt werden.
127Vgl. etwa BVerwG, Urteile vom 9. Juni 2010 ‑ 9 A 20.08 ‑, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 208, S. 134 f., und vom 6. Oktober 2010 ‑ 9 A 12.09 ‑, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 212, S. 187.
128Es ist nicht ersichtlich, dass die Kläger ihre Betroffenheiten ohne diese Unterlage nicht oder nicht vollständig geltend machen konnten. Die Verkehrsbelastung der B 51 ließ sich dem Erläuterungsbericht vom 5. Dezember 2005 für das Prognose-jahr 2015 entnehmen sowie den Erläuterungen zum Deckblatt I vom 2. Mai 2007 für den Prognosehorizont 2020.
129Es ist von den Klägern im Übrigen weder konkret dargelegt worden noch ist es zu erkennen, dass sie durch die gewählte Verfahrensweise gehindert gewesen wären, überhaupt Einwendungen oder solche in der notwendigen inhaltlichen Tiefe zu erheben. Die ausgelegten Unterlagen waren im Sinne des § 6 Abs. 3 Satz 3 UVPG ohne Weiteres geeignet, den Klägern die Beurteilung zu ermöglichen, ob und in welchem Umfang sie von den Umweltauswirkungen des Vorhabens betroffen sind. Dementsprechend haben die Klägerin zu 1. und der Rechtsvorgänger des Klägers zu 2. das Anhörungsverfahren dazu genutzt, mit Schreiben vom 5. April 2006 und 29. März 2006 Einwendungen zu erheben, insbesondere zu den von ihnen für ihre Wohnhausgrundstücke befürchteten Lärm- und Luftschadstoffimmissionen.
130IV. Die Einwände der Kläger gegen die materielle Rechtswidrigkeit des Planfeststellungsbeschlusses führen ebenso wenig zum Erfolg der Klage.
1311. Der von der Klägerin zu 1. und dem Rechtsvorgänger des Klägers zu 2. im Einwendungsverfahren erhobene Einwand, die B 51 sei zur Autobahn aufzustufen, trifft nicht zu. Der erkennende (vormals 23.) Senat hat hierzu in seinem Urteil vom 20. September 1999 ‑ 23 D 98/95.AK ‑ betreffend den vierstreifigen Ausbau der B 51 von Bau-km 3+740 bis Bau-km 5+100 auf Seite 12 ausgeführt:
132„Die zur Prüfung dieser Behauptung gebotene Gesamtschau der planfestgestellten Trasse mit dem bereits fertiggestellten ersten Bauabschnitt der Ortsumgehung N. und dem sich im Nordosten anschließenden Streckenabschnitt zeigt, dass die Straße insbesondere nicht als Verlängerung der Bundesautobahn 43 planerisch entwickelt wird. Dies erweist sich an der Verknüpfung der B 51 mit der X1. Straße im Süden von N. . Hier stellt sich die Umgehungsstraße als Fortführung der alten Fahrbahn der B 51 (X1. Straße) dar, mit der sie über eine Kreuzung verknüpft ist. Die Verbindung zu dem als Autobahnzubringer zur A 1 und A 43 fungierenden Teil der B 51 erfolgt dagegen mittels zweier gebogener Verbindungsstreifen, die jeweils 90o-Winkel beschreiben.“
133Diese Bewertung wird durch den nunmehr planfestgestellten dritten Bauabschnitt der B 51 nicht in Frage gestellt, zumal sowohl die B 51 als auch die B 481n nach dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers (vgl. BT-Drucks. 15/3412, S. 42 Nr. 1646 und S. 46 Nr. 1817 zu § 1 Abs. 1 Satz 2 FStrAbG in der Fassung des Fünften Gesetzes zur Änderung des Fernstraßenausbaugesetzes vom 4. Oktober 2004, BGBl. I S. 2574) im Bedarfsplan für die Bundesfernstraßen als Bundesstraßen aufgenommen und eingestuft sind. Hieran ist der Beklagte gemäß Art. 20 Abs. 3 GG gebunden.
1342. Der Vortrag der Kläger, es sei eine neue Linienbestimmung erforderlich gewesen und die Bezugnahme auf die 1967 durchgeführte Linienbestimmung sei unzureichend, greift nicht durch.
135a) Eine Linienbestimmung war im vorliegenden Fall gemäß § 16 Abs. 1 Satz 2 FStrG weder für die B 51 noch für die B 481n erforderlich, da es sich bereits kraft Gesetzes um Ortsumgehungen handelt (so ausdrücklich BT-Drucks. 15/3412, S. 42 Nr. 1646 und S. 46 Nr. 1817 zu § 1 Abs. 1 Satz 2 FStrAbG).
136b) Darüber hinaus ist eine dem eigentlichen Planfeststellungsverfahren vorgelagerte Linienbestimmung keine formelle oder materielle Voraussetzung der Planfeststellung. Sie ist nicht auf unmittelbare Rechtswirkungen nach außen gerichtet, sondern hat innerhalb des Planungsverlaufs den Charakter einer vorbereitenden Grundentscheidung mit allein verwaltungsinterner Bedeutung. Rechtliche Verbindlichkeit gegenüber dem Träger der Straßenbaulast und gegenüber Dritten erlangt sie erst dadurch, dass sie in den Festsetzungen des Planfeststellungsbeschlusses ihren Niederschlag findet. Ein Planfeststellungsbeschluss ist nicht deshalb rechtswidrig, weil ihm kein Linienbestimmungsverfahren vorangegangen ist oder weil er von der festgelegten Linie abweicht. Umgekehrt lässt sich die Planung Dritten gegenüber nicht allein damit rechtfertigen, dass sie den Linienabstimmungs- oder -bestimmungsvorgaben entspricht. Vielmehr muss die Entscheidung der Planfeststellungsbehörde aus sich heraus den rechtlichen Anforderungen genügen.
137Vgl. BVerwG, Urteil vom 12. August 2009 - 9 A 64.07 -, BVerwGE 134, 308 (311 f.), ebenfalls zu einer fernstraßenrechtlichen Linienbestimmung aus den 1960er Jahren, und Urteil vom 6. November 2013 ‑ 9 A 14.12 ‑, BVerwGE 148, 373 (378 f.).
138Daher ist unerheblich, dass es zum Zeitpunkt der 1967 durchgeführten Linienbestimmung eine Umweltverträglichkeitsprüfung noch nicht gab. Vorliegend hat die Planfeststellungsbehörde eine eigenständige Abwägung zur Trassen- und Variantenwahl vorgenommen (vgl. PFB B. 5.3.3.1, S. 90 ff.). Diese Entscheidung muss den rechtlichen Anforderungen genügen.
139Vgl. BVerwG, Urteil vom 12. August 2009 ‑ 9 A 64.07 ‑, BVerwGE 134, 308 (312).
140Diese Voraussetzung ist erfüllt, wie weiter unten zu zeigen sein wird (A.III.4., S. 48 ff.).
141Die Vermutung der Kläger, der Beklagte habe eine „gestufte Prüfung“ vorgenommen, indem er im Planfeststellungsverfahren ausschließlich Umweltauswirkungen geprüft habe, die nicht Gegenstand der Umweltverträglichkeitsstudie von 1993 als „erster Stufe“ waren, trifft nicht zu. Der von den Klägern in diesem Zusammenhang in Bezug genommene § 15 Abs. 4 UVPG, wonach die Prüfung der Umweltverträglichkeit in der Linienbestimmung nachfolgenden Zulassungsverfahren auf zusätzliche oder andere erhebliche Umweltauswirkungen beschränkt werden kann, ist hier nicht zur Anwendung gekommen. Den umfangreichen Ausführungen zur Umweltverträglichkeitsprüfung im Planfeststellungsbeschluss (vgl. PFB, B. 4.4 ff., S. 55 bis 77) ist nicht zu entnehmen, dass nur Umweltauswirkungen geprüft werden sollten, die nicht schon Gegenstand der Umweltverträglichkeitsstudie von 1993 waren. Das folgt schon daraus, dass die in der Studie von 1993 favorisierte Tunnellösung gerade nicht planfestgestellt worden ist. Erst recht fehlt es an einer ausdrücklichen Beschränkung, die nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Folge haben kann, dass ein Fehler, der im abgeschichte-ten Teil der auf die Linienbestimmung bezogenen Umweltverträglichkeitsprüfung aufgetreten ist, sich bis zum Erlass des Planfeststellungsbeschlusses fortsetzt.
142Vgl. BVerwG, Urteil vom 6. November 2013 ‑ 9 A 14.12 ‑, BVerwGE 148, 373 (379).
1433. Die vom Beklagten durchgeführte Umweltverträglichkeitsprüfung ist inhaltlich nicht zu beanstanden. In materiellrechtlicher Hinsicht können die Kläger allerdings nicht nur geltend machen, dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung nicht durchgeführt worden ist, sondern auch, dass sie zwar durchgeführt wurde, aber mit wesentlichen Fehlern behaftet ist.
144Vgl. EuGH, Urteil vom 7. November 2013 ‑ C‑72/12 (Altrip) -, NuR 2013, 878 (881, Rdnr. 36-38); daran anknüpfend OVG NRW, Beschluss vom 23. Juli 2014 ‑ 8 B 356/14 ‑, NWVBl. 2014, 472.
145Das folgt aus Art. 10a der UVP-Richtlinie, der eine weiterreichende Regelung enthält als § 4 Abs. 1 Satz 1 UmwRG. Derartige wesentliche Fehler liegen aber nicht vor.
146a) Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 UVPG ist die Umweltverträglichkeitsprüfung ein unselbstständiger Teil verwaltungsbehördlicher Verfahren, die der Entscheidung über die Zulässigkeit von Vorhaben dienen. Zu diesen „UVP-pflichtigen Vorhaben“ gehört gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 UVPG i. V. m. Nr. 14.6 der Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung auch das vorliegend planfestgestellte Vorhaben, da die hierfür vorgesehene Vorprüfung des Einzelfalles zu dem Ergebnis geführt hat, dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist (vgl. § 3c Abs. 1 Satz 1 UVPG). Die Umweltverträglichkeitsprüfung umfasst nach § 2 Abs. 1 Satz 2 UVPG die Ermittlung, Beschreibung und Bewertung der unmittelbaren und mittelbaren Auswirkungen eines Vorhabens auf
1471. Menschen, einschließlich der menschlichen Gesundheit, Tiere, Pflanzen und biologische Vielfalt,
1482. Boden, Wasser, Luft, Klima und Landschaft,
1493. Kulturgüter und sonstige Sachgüter sowie
1504. die Wechselwirkung zwischen den vorgenannten Schutzgütern.
151Das Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung setzt die UVP-Richtlinie in deutsches Recht um. Das Umweltrecht hat durch die UVP-Richtlinie ‑ und damit auch durch das Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung ‑ keine materielle Anreicherung erfahren. Die gemeinschaftsrechtliche Regelung enthält sich materiellrechtlicher Vorgaben. Sie beschränkt sich auf verfahrensrechtliche Anforderungen im Vorfeld der Sachentscheidung. Daher hat der Projektträger schon bei Antragstellung Angaben darüber zu machen, wie sich sein Vorhaben auf Menschen, Tiere und Pflanzen, Boden, Wasser, Luft, Klima und Landschaft, einschließlich der Wechselbeziehungen, sowie auf Kultur- und sonstige Sachgüter auswirkt. Auf der Grundlage dieser Angaben hat die Planungsbehörde die Öffentlichkeit zu beteiligen sowie ihrerseits die Umweltauswirkungen zusammenfassend darzustellen und zu bewerten. Für die Planungsbehörde ist die Umweltverträglichkeitsprüfung als unselbstständiger Teil des Planfeststellungsverfahrens ein eingeschobener formalisierter Zwischenschritt mit dem Ziel einer zunächst auf Umweltbelange beschränkten Bewertung der Auswirkungen des Vorhabens im Rahmen der Abwägung aller Belange. Sie dient als wirkungsvolle Methode, die Umweltbelange in den Abwägungsprozess einzuführen.
152Vgl. grundlegend BVerwG, Urteil vom 25. Januar 1996 ‑ 4 C 5.95 ‑, BVerwGE 100, 238 (243, 245 ff.).
153Dementsprechend gebieten die UVP-Richtlinie und das Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung nicht, dass Umweltauswirkungen anhand standardisierter Maßstäbe oder in standardisierten oder schematisierten und rechenhaft handhabbaren Verfahren ermittelt und bewertet werden. Die Umweltverträglichkeitsprüfung ist auch kein „Suchverfahren“, in dem alle nur erdenklichen Auswirkungen eines Vorhabens auf Umweltgüter und deren Wertigkeit bis in alle Einzelheiten und feinsten Verästelungen zu untersuchen wären und gar Antworten auf in der Wissenschaft bisher noch ungeklärte Fragen gefunden werden müssten. Die UVP-Richtlinie fordert, dass die Umweltverträglichkeitsprüfung die erforderlichen Grundlagen für ein „Beurteilung der möglichen erheblichen Umweltauswirkungen“ eines Projekts liefert (Vorbemerkung, Erwägungsgrund 6); deshalb muss der Projektträger Angaben vorlegen „zur Feststellung und Beurteilung der Hauptwirkungen, die das Projekt voraussichtlich für die Umwelt haben wird“ (Art. 5 Abs. 2 der UVP-Richtlinie). Das Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung fordert für die vom Vorhabenträger vorzulegenden Unterlagen, dass sie u. a. eine „Beschreibung der zu erwartenden erheblichen Auswirkungen des Vorhabens auf die Umwelt“ enthalten, und schreibt dafür die „Berücksichtigung des allgemeinen Kenntnisstandes und der allgemein anerkannten Prüfungsmethoden“ (§ 6 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 UVPG) vor.
154Vgl. BVerwG, Urteil vom 21. März 1996 - 4 C 19.94 -, BVerwGE 100, 370 (377).
155Die Umweltverträglichkeitsprüfung soll die Umweltbelange so herausarbeiten, dass sie in die Abwägung in gebündelter Form eingehen.
156Vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Juni 2014 ‑ 9 A 1.13 ‑, BVerwGE 150, 92 (97).
157Wie bereits zur Frage der Auslegung der Planunterlagen dargelegt, verlangen die Vorschriften über die Umweltverträglichkeitsprüfung vom Vorhabenträger bestimmte inhaltliche Angaben, stellen ihm aber frei, in welcher Form er sie vorlegt. Es reicht aus, dass dem Planfeststellungsbeschluss mehrere zeitnah erstellte Untersuchungen zu den von dem Vorhaben berührten Umweltbelangen zu Grunde lagen und diese einer ausführlichen Würdigung unterzogen wurden. Die erforderlichen Angaben können sich etwa aus dem Landschaftspflegerischen Begleitplan, dem Erläuterungsbericht, der schalltechnischen Untersuchung oder der Schadstoffuntersuchung ergeben. Sie müssen auch nicht zwingend in einem von der Zulassungsentscheidung gesonderten Dokument dargestellt werden. Auch eine konkrete Zeitvorgabe, innerhalb derer eine Umweltverträglichkeitsprüfung zu erstellen ist, ist dem Gesetz nicht zu entnehmen.
158Vgl. BVerwG, Urteil vom 12. August 2009 ‑ 9 A 64.07 ‑, BVerwGE 134, 308 (312 f.).
159Die von den Klägern unter Hinweis auf § 15 Abs. 4 UVPG und die Linienbestimmung aufgeworfene Frage der Zulässigkeit eines „gestuften Verfahrens“ stellt sich hier nicht. Die vom Beklagten neben zahlreichen weiteren Unterlagen angeführte UVS von 1993 ist nur ein „Mosaikstein“ der Umweltverträglichkeitsprüfung. Es versteht sich von selbst, dass sie durch aktuelle Untersuchungen zu ergänzen war und auch ergänzt worden ist. Wenn die Kläger die Bezugnahme des Beklagten auf die UVS von 1993 als „absurd“ bezeichnen, sei der Hinweis erlaubt, dass sie gerade die Verwirklichung der in dieser UVS favorisierten, jedoch nicht plan-festgestellten Tunnellösung fordern. Die Klägerin zu 1. rügt in ihrem Einwendungsschreiben vom 5. April 2006 ausdrücklich, die Ergebnisse der UVS von 1993 seien missachtet worden.
160b) Die vom Beklagten im Planfeststellungsbeschluss dargelegte Umweltverträglichkeitsprüfung genügt inhaltlich den vorstehend aufgezeigten Maßstäben.
161Wie oben dargelegt (A.III.2., S. 36 f.) hatte der Vorhabenträger dem Beklagten gemäß § 6 UVPG im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens diverse Unterlagen vorgelegt, aus denen sich Auswirkungen des Vorhabens auf die Umwelt ergeben. § 11 Satz 1 UVPG sieht vor, dass die zuständige Behörde sodann auf der Grundlage der Unterlagen nach § 6 UVPG, der behördlichen Stellungnahme nach den §§ 7 und 8 UVPG sowie der Äußerungen der betroffenen Öffentlichkeit nach den §§ 9 und 9a UVPG eine zusammenfassende Darstellung der Umweltauswirkungen des Vorhabens sowie der Maßnahmen erarbeitet, mit denen erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen vermieden, vermindert oder ausgeglichen werden, einschließlich der Ersatzmaßnahmen bei nicht ausgleichbaren, aber vorrangigen Eingriffen in Natur und Landschaft. Nach § 11 Satz 4 UVPG kann die zusammenfassende Darstellung in der Begründung der Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens erfolgen. Das ist hier geschehen. Der Beklagte hat im Planfeststellungsbeschluss auf Seite 58 bis 69 eine derartige zusammenfassende Darstellung gegeben. Sie deckt inhaltlich die Vorgaben des § 11 Satz 1 UVPG ab. Die in § 2 Abs. 1 Satz 2 UVPG aufgezählten Gesichtspunkte sind vollständig abgearbeitet. Es schließt sich auf Seite 69 bis 77 die in § 12 UVPG vorgesehene Bewertung der Umweltauswirkungen des Vorhabens auf der Grundlage der zusammenfassenden Darstellung nach § 11 UVPG an.
162Die von den Klägern in diesem Zusammenhang vermissten „erheblichen, jedoch noch nicht unzumutbaren bzw. grenzwertüberschreitenden Umweltauswirkungen“ mussten im Hinblick auf das umfassende an den Immissionsgrenzwerten der 16. BImSchV orientierte Lärmschutzkonzept des Beklagten und das vom Gutachterbüro M. erstellte Luftschadstoffgutachten von September 2011 nicht gesondert ermittelt und dargestellt werden. Sie spielen eine Rolle bei der Prüfung, ob die Möglichkeit erheblicher nachteiliger Umweltauswirkungen im Sinne des § 3c Satz 1 UVPG besteht, die mehr als geringfügig und damit abwägungserheblich sind,
163vgl. BVerwG, Urteil vom 17. Dezember 2013 ‑ 4 A 1.13 ‑, BVerwGE 148, 353 (362, 364),
164mithin für die Vorprüfung, ob überhaupt eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist. Im vorliegenden Fall ist jedoch eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt worden.
165c) Entgegen der Auffassung der Kläger musste sich die Umweltverträglichkeitsprüfung nicht auf alle betrachteten oder denkbaren Varianten beziehen, sondern durfte sich auf diejenige Variante beschränken, die nach dem aktuellen Planungsstand noch ernstlich in Betracht kam.
166Vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Januar 1996 ‑ 4 C 5.95 ‑, BVerwGE 100, 238 (250).
167Das folgt bereits daraus, dass die UVP-Richtlinie und damit das Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung keine Änderung oder Verschärfung materiell-rechtlicher Zulassungsvoraussetzungen enthalten. In der Rechtsprechung ist geklärt, dass die Planfeststellungsbehörde auf der Grundlage einer Grobanalyse solche Alternativen, die als weniger geeignet erschienen, schon in einem frühen Verfahrensstadium ohne nähere Untersuchung ausscheiden darf.
168Vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 23. März 2011 ‑ 9 A 9.10 ‑, juris, Rdnr. 33.
169Damit darf die Planfeststellungsbehörde Planungsalternativen, die nach einer Art Grobanalyse in einem früheren Planungsstadium nicht in Betracht kommen, für die weitere Detailprüfung und damit auch (im Detail) für die förmliche Umweltverträglichkeitsprüfung ausscheiden.
170Vgl. BVerwG, Beschluss vom 16. August 1995 - 4 B 92.95 -, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 104, S. 48 f.
171In Betracht kommende andere Lösungen müssen daher nicht selbst Gegenstand der Umweltverträglichkeitsprüfung sein. Die UVP-Richtlinie beschränkt sich in Art. 5 Abs. 1 i. V. m. Nr. 2 des Anhangs III ebenso wie § 6 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 UVPG ausdrücklich auf die Forderung, dass der Vorhabenträger gegebenenfalls eine Übersicht über die wichtigsten anderweitigen vom Projektträger geprüften Lösungsmöglichkeiten gibt und Angaben zu den wesentlichen Auswahlgründen in Hinblick auf die Umweltauswirkungen macht.
172Vgl. BVerwG, Urteil vom 27. Oktober 2000 ‑ 4 A 18.99 ‑, BVerwGE 112, 140 (150).
173Die Pflicht zur förmlichen Umweltverträglichkeitsprüfung nach Maßgabe des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung setzt immer erst ein, wenn sich der Vorhabenträger für ein bestimmtes Projekt entschieden hat und dessen Zulassung beantragt.
174Vgl. BVerwG, Beschluss vom 14. Mai 1996 - 7 NB 3.95 -, Buchholz 406.251 § 2 UVPG Nr. 3, S. 9.
175So ist der Beklagte hier vorgegangen. Er hat im Planfeststellungsbeschluss im Rahmen seiner Ausführungen über die Umweltverträglichkeit auf Seite 57 f. ausdrücklich auf die Variantenprüfung in Abschnitt B. 5.3.3 (S. 90 bis 95) verwiesen. Das entspricht den Anforderungen der UVP-Richtlinie sowie des § 6 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 UVPG. Weitergehende inhaltliche Anforderungen an die Umweltverträglichkeitsprüfung ergeben sich weder aus der UVP-Richtlinie noch aus dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung.
1764. Die Planung verstößt nicht gegen das in § 17 Satz 2 FStrG enthaltene Abwägungsgebot.
177a) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts verlangt das Abwägungsgebot, dass ‑ erstens ‑ eine Abwägung überhaupt stattfindet, dass ‑ zweitens ‑ in die Abwägung an Belangen eingestellt wird, was nach Lage der Dinge in sie eingestellt werden muss, und dass ‑ drittens ‑ weder die Bedeutung der betroffenen öffentlichen und privaten Belange verkannt noch der Ausgleich zwischen ihnen in einer Weise vorgenommen wird, die zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht.
178Vgl. grundlegend etwa BVewG, Urteil vom 7. Juli 1978 ‑ 4 C 79.76 u. a. ‑, BVerwGE 56, 110 (122 f.).
179Die Frage, ob einer Planung eine gerechte Interessenabwägung zu Gunde liegt, ist nur einer eingeschränkten gerichtlichen Kontrolle zugänglich. Die Gerichte haben, soweit der Abwägungsvorgang fehlerfrei ist, das Ergebnis der Abwägung grundsätzlich hinzunehmen und es zu respektieren, dass sich der Planungsträger in der Kollision zwischen verschiedenen Belangen für die Bevorzugung des einen und damit notwendig für die Zurückstellung eines anderen entschieden hat.
180Vgl. BVerwG, Urteil vom 15. Januar 2004 ‑ 4 A 11.02 ‑, BVerwGE 120, 1 (13).
181Nach § 17e Abs. 6 Satz 1 FStrG sind Mängel bei der Abwägung der von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange nur erheblich, wenn sie offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen sind. Ergebnisrelevanz in diesem Sinne liegt vor, wenn nach den Umständen des Falles die konkrete Möglichkeit besteht, dass ohne den Abwägungsmangel eine andere Entscheidung getroffen worden wäre; eine nur abstrakte Möglichkeit einer anderen Entscheidung genügt nicht. Insoweit ist der Abwägungsvorgang in allen seinen Phasen in den Blick zu nehmen. Daher kann die Möglichkeit einer anderen Entscheidung nur dann verneint werden, wenn der konkret vorliegende Abwägungsfehler weggedacht werden kann, ohne dass auf einer nachfolgenden Stufe der Abwägung ein weiterer Mangel erwächst, auf dem die angegriffene Entscheidung beruhen kann. Besteht der Abwägungsmangel in der fehlerhaften Berücksichtigung eines abwägungserheblichen Belangs und ergeben sich keine konkreten Anhaltspunkte, dass die Planfeststellungsbehörde ohne diesen Mangel zu einem anderen Abwägungsergebnis gelangt wäre, ist also zusätzlich zu prüfen, ob die auf der nachfolgenden Stufe gebotene Abwägung im engeren Sinne ‑ das Ins-Verhältnis-Setzen der gegenläufigen Belange ‑ das Abwägungsergebnis auch dann rechtfertigen würde, wenn der auf der vorhergehenden Stufe unterlaufene Mangel unterblieben wäre.
182Vgl. BVerwG, Urteil vom 24. November 2011 ‑ 9 A 23.10 ‑, BVerwGE 141, 171 (191).
183Als nur mittelbar von dem Vorhaben Betroffene können die Kläger eine gerichtliche Abwägungskontrolle nur hinsichtlich ihrer eigenen Belange und ‑ wegen der insoweit bestehenden Wechselbeziehung ‑ der ihren Belangen gegenübergestellten, für das Vorhaben streitenden Belange verlangen. Ob andere gegen das Vorhaben sprechende Belange ordnungsgemäß berücksichtigt worden sind, können sie dem gegenüber ebenso wenig geltend machen wie die Frage, ob Rechtsnormen beachtet wurden, die nicht ihrem Schutz zu dienen bestimmt sind.
184Vgl. BVerwG, Urteil vom 10. Oktober 2012 ‑ 9 A 20.11 ‑, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 229, S. 71 f.
185Nach diesen Maßstäben sind die Belange der Kläger rechtsfehlerfrei abgewogen worden.
186b) Die Prüfung der Varianten des Ausbaus der B 51 lässt keinen Abwägungsfehler zu Lasten der Kläger erkennen. Der Beklagte musste keine die Kläger weniger belastende Variante ernsthaft in Betracht ziehen. Kommen Alternativlösungen ernsthaft in Betracht, so hat die Planungsbehörde sie zwar als Teil des Abwägungsmaterials mit der ihnen objektiv zukommenden Bedeutung in die vergleichende Prüfung der von den möglichen Varianten jeweils berührten öffentlichen und privaten Belange unter Einschluss des Gesichtspunkts der Umweltverträglichkeit einzubeziehen. Sie ist indes nicht verpflichtet, die Variantenprüfung bis zuletzt offen zu halten und alle von ihr zu einem bestimmten Zeitpunkt erwogenen Alternativen gleichermaßen detailliert und umfassend zu untersuchen. Auch im Bereich der Planungsalternativen braucht sie den Sachverhalt nur soweit aufzuklären, wie dies für eine sachgerechte Trassenwahl und eine zweckmäßige Gestaltung des Verfahrens erforderlich ist. Sie ist befugt, eine Alternative, die ihr auf der Grundlage einer Grobanalyse als weniger geeignet erscheint, schon in einem frühen Verfahrensstadium ohne nähere Untersuchung auszuscheiden.
187Vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 23. März 2011 ‑ 9 A 9.10 ‑, juris, Rdnr. 33.
188Verfährt sie in dieser Weise, so handelt sie abwägungsfehlerhaft nicht schon, wenn sich herausstellt, dass die von ihr verworfene Lösung ebenfalls mit guten Gründen vertretbar gewesen wäre, sondern erst, wenn diese Lösung sich ihr hätte aufdrängen müssen.
189Vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 25. Januar 1996 - 4 C 5.95 -, BVerwGE 100, 238 (249 f.), m. w. N.
190Gemessen an diesen Grundsätzen ist dem Beklagten kein Abwägungsfehler bei der Variantenprüfung unterlaufen.
191aa) Der Beklagte hat im Planfeststellungsbeschluss ausführlich dargelegt, welche Überlegungen ihn dazu bewogen haben, sich unter den näher untersuchten Varianten - einschließlich der sog. Null-Variante - für die planfestgestellte zu entscheiden (PFB B. 5.3.3.1 f., S. 90 ff.). Die sog. Null-Variante auszuschließen, d. h. von dem Ausbau nicht Abstand zu nehmen, ist nicht abwägungsfehlerhaft. Der Beklagte hat ausgeführt, dass die B 51 in ihrem jetzigen Zustand nicht in der Lage ist, die aufkommenden Verkehrsströme sicher und zügig zu bewältigen und die entsprechenden Verkehrsmengen aufzunehmen. Dagegen ist nichts zu erinnern. Die Kläger selbst gehen vielmehr von noch größeren Verkehrsmengen aus und weisen darauf hin, dass die B 51 als Umgehungsstraße N. die meistbefahrene Bundesstraße im Münsterland sei.
192bb) Zudem ist nach § 1 Abs. 2 Satz 2 FStrAbG die hier vorliegende gesetzliche Feststellung des vordringlichen Bedarfs für die nachfolgende straßenrechtliche Planfeststellung verbindlich. Der Planungsträger ist jedoch nicht gehindert, etwa statt des Ausbaus einer Bestandstrasse eine Neubaustrecke als Trassenalter-native zu erwägen. Allerdings ist es auch nicht zu beanstanden, wenn der Planungsträger sich beim Ausbau eines bereits vorhandenen Straßenzuges - wie hier - aus nachvollziehbaren Gründen gegen eine Neutrassierung ausspricht und auf dieser Grundlage entsprechende Planungsalternativen verwirft.
193Vgl. BVerwG, Beschluss vom 5. November 2002 - 9 VR 14.02 -, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 171, S. 134, m. w. N.
194cc) Es ist abwägungsfehlerfrei, dass sich der Beklagte in der Variantenprüfung in erster Linie aus Kostengründen gegen die von den Klägern geforderte Tunnellösung oder Einhausung entschieden hat. In die Entscheidung der Planfeststellungsbehörde für die eine oder andere Trassen- oder Ausführungsvariante dürfen Kostengesichtspunkte einfließen. Denn das Interesse, den finanziellen Aufwand für den Straßenbau gering zu halten, gehört zu den öffentlichen Belangen, denen in der Abwägung Rechnung zu tragen ist.
195Vgl. etwa BVerwG, Urteile vom 9. November 2000 - 4 A 51.98 -, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 159, S. 67, m. w. N., und vom 3. März 2011 ‑ 9 A 8.10 ‑, BVerwGE 139, 150 (178 f.).
196In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass dem Gebot der sparsamen und wirtschaftlichen Mittelverwendung, das in § 7 Abs. 1 BHO seine gesetzliche Ausprägung gefunden hat, als eigenständigem öffentlichen Belang in der Abwägung Rechnung zu tragen ist. Er kann nach den konkreten Umständen des Falles sogar das private Interesse überwiegen, von einer Grundstücksinanspruchnahme verschont zu bleiben.
197Vgl. BVerwG, Urteil vom 24. November 2011 ‑ 9 A 23.10 ‑, BVerwGE 141, 171 (193).
198Der Beklagte hat unter Berufung auf erhebliche Mehrkosten eine Tunnellösung in Form eines Leichtbautunnels (System „Züblin“) als Planungsvariante (PFB B. 5.3.3.2., S. 93) unter Verweis auf das Lärmschutzkonzept (PFB B. 5.3.5.1.2, S. 103 f., und B. 5.3.5.1.5, S. 112 f.) verworfen. Im Planfeststellungsbeschluss hat der Beklagte die Kosten für einen (Standard-)Tunnel mit 42,12 Mio. Euro beziffert, für einen Leichtbautunnel (System „Züblin“) mit 21,6 Mio. Euro (S. 113). Demgegenüber hat er die Kosten für das in der Planfeststellung gewählte Lärmschutzkonzept für diesen Teilbereich mit 11.173.814 Euro (S. 103) bzw. 10,45 Mio. Euro (S. 113) angegeben. Für einen „Züblin-Tunnel“ fielen damit Mehrkosten von 10,132 Mio. Euro (S. 103) oder 10,15 Mio. Euro (S. 113) an, d. h. die Kosten pro geschützter Wohneinheit würden von 14.389 Euro (S. 103) bzw. 14.418 Euro (S. 113) auf 26.899 Euro (S. 104) ansteigen, das stehe außer Verhältnis zum angestrebten Schutzzweck. Darüber hinaus würden für eine weitere Gradientenab-senkung der Trasse auf etwa 6 m Mehrkosten von rund 10,6 Mio. Euro anfallen (S. 104, 113). Danach würde eine „Tunnellösung“ gegenüber der planfestgestellten Lösung insgesamt mehr als 20 Mio. Euro zusätzliche Kosten verursachen.
199Die von den Klägern hiergegen erhobenen Einwände greifen nicht durch. Zwar haben die Kläger Kostenansätze für einzelne Komponenten des Lärmschutz-konzepts in Frage gestellt, jedoch hiermit insgesamt nicht dargetan, dass die (Vergleichs-)Berechnungen des Beklagten gänzlich neben der Sache liegen. Denn es erschließt sich von selbst, dass Tunnelbauwerke, Teilabdeckungen und Einhausungen nebst Gradientenabsenkung - im vorliegenden Fall auf etwa 6 m - gegenüber dem Straßenbau auf der freien Strecke wesentlich höhere Kosten verursachen.
200Vgl. auch BVerwG, Urteil vom 23. März 2011 ‑ 9 A 9.10 ‑, juris, Rdnr. 34; ferner ergänzend Bundesministerium für Verkehr, Allgemeines Rundschreiben Straßenbau (ARS) 25/1998 vom 28. Juni 1998, VkBl. S. 848, i. V. m. Leitfaden für die Planungsentscheidung „Einschnitt oder Tunnel“, S. 7 ff.
201Bei Baukosten, die jedenfalls deutlich höher liegen als bei einem konventionellen Straßenbau, ist es nicht zu beanstanden, wenn sich der Beklagte gegen die in Rede stehenden Alternativen entschieden hat.
202Vgl. ergänzend BVerwG, Urteil vom 21. Mai 2008 ‑ 9 A 68.07 -, juris, Rn. 18.
203Es kommt hinzu, dass ein Tunnel gegenüber der planfestgestellten Lösung dauerhaft höhere Unterhaltungskosten verursacht. Zudem soll der Ausbau der B 51 wegen der Bedeutung der Verkehrsachse bei laufendem Betrieb durchgeführt werden. Die Kläger weisen in einem anderen Zusammenhang zutreffend darauf hin, dass die B 51 als Umgehungsstraße N. nach den Ergebnissen der Verkehrszählung 2010 die meistbefahrene Bundesstraße im Münsterland ist. Neben den durch Bauarbeiten ohnehin verursachten Behinderungen des Verkehrsflusses müssten zusätzliche Untertunnelungs- oder Einhausungsarbeiten in dem baulich verdichteten Umfeld über einen längeren Zeitraum zu einer vollständigen Sperrung der Strecke führen. Die dadurch im Stadtbereich N. verursachten Verkehrsprobleme wären kaum lösbar, weil eine geeignete Umleitung nicht zur Verfügung steht. Der Beklagte weist unter B. 5.3.12.8, S. 156, des Planfeststellungsbeschlusses darauf hin, dass durch eine Sperrung der B 51 während der Bauzeit das untergeordnete Straßennetz erheblich belastet würde. Dies würde insbesondere die N5.---straße , den N.--------weg sowie den M. - und E.--------weg betreffen, die aufgrund ihrer Ausstattung nicht in der Lage seien, solche Ausweichverkehre aufzunehmen.
204dd) Schließlich liegt es auf der Hand, dass die von den Klägern angeführte Alternativtrasse, die am Ende des zweiten Bauabschnitts der B 51 nach rechts abknicken, dann etwa einen Kilometer nach Osten führen, die Bahntrasse queren und dann nach links abknicken und parallel zum Bahndamm nach Norden geführt werden soll, nicht ernsthaft in Betracht zu ziehen war. Abgesehen von einem im Vergleich zur planfestgestellten Variante weitaus größeren Landschaftsverbrauch wären wegen des Verlassens der bisherigen Trasse unschwer erkennbar erhebliche Mehrkosten entstanden, da in diesem Falle ein Neubau der Straße erforderlich geworden wäre. Auch hätte die Verschwenkung eine kurvenreichere und bewegte Linienführung zur Folge, was dem Charakter einer Bundesfernstraße widerspricht. Im Übrigen ließe sich die Alternativlösung auch nicht annähernd so verwirklichen, wie von den Klägern in der Klagebegründung skizziert: Laut Erläuterungsbericht vom 5. Dezember 2005, Seite 7 (vgl. Teil A: B 51.3 Mappe 1, Unterlage 1, auch Unterlage 7.1, Beiakte 2 zu 11 D 6/12.AK), erhält die B 51 einen Regelquerschnitt von 26,00 m Kronenbreite (RQ 26). Die vom Beklagten noch herangezogenen und bis 2013 für die Entwurfsgestaltung maßgeblichen Richtlinien für die Anlage von Straßen - RAS - Teil Querschnitte (RAS-Q 96), eingeführt durch Allgemeines Rundschreiben Nr. 28/1996 vom 15. August 1996, VkBl. 1996, S. 481, sehen für den Straßenquerschnitt RQ 26 im Anhang unter 1.2.1 (Blatt 13) eine Bemessungsgeschwindigkeit von 100 bis 70 km/h vor. Die dafür erforderlichen Kurvenradien schließen die von den Klägern skizzierte Trassenführung mit einem scharfen Rechtsknick zum Verlassen der Bestandstrasse und einem scharfen Linksknick nach Unterquerung der Güterumgehungsbahn bereits offensichtlich aus.
205Zudem kann wegen der Breite der Straße von einem geringfügigen Eingriff in das Landschaftsschutzgebiet X3. -F. -Niederung „nur an seinem äußersten Rand“ keine Rede sein. Da die Trasse östlich der Güterumgehungsbahn über mehr als 3 km bis zur X2. Straße verlaufen soll, müsste bei einer Breite von 26 m eine Fläche von ca. 8 ha neu versiegelt werden. Hinzu käme, dass die Trasse hinter der Unterquerung des Bahndamms wegen der erforderlichen Kurvenradien nicht sofort scharf nach links abknicken könnte, sondern in einem Bogen wieder an den Bahndamm herangeführt werden müsste. Das Landschafts-schutzgebiet würde also nicht „nur an seinem äußersten Rand tangiert“, sondern in erheblichem Umfang durchschnitten. Die von den Klägern angesprochene Möglichkeit, den Bahndamm nicht rechtwinklig, sondern diagonal zu unterqueren, so dass ein scharfer Linksknick östlich des Bahndamms entfiele, hätte wiederum zur Folge, dass eine Neubautrasse im Bereich des Hauses M1. nicht mehr konfliktfrei geführt werden könnte. Des Weiteren stünde die kreuzungsfreie Verknüpfung mit der X2. Straße vor der zusätzlichen Schwierigkeit, dass die neue Trasse unmittelbar östlich des Bahndamms verliefe, so dass auf der Westseite kein Platz für Verbindungsrampen zur Verfügung stünde.
206Von daher ist es nicht zu beanstanden, wenn sich die Planfeststellungsbehörde beim Ausbau eines bereits vorhandenen Straßenzuges aus sachlich nachvollziehbaren Gründen bereits frühzeitig gegen eine Planungsalternative entscheidet, die einer Neutrassierung gleichkommt, und diese Planungsalternative aus der weiteren Betrachtung ausscheidet. Jedenfalls musste sich die von den Klägern favorisierte Variante dem Plangeber nicht als eindeutig vorzugswürdig aufdrängen.
207In diesem Stadium der Planung bedarf es noch keiner exakten Ermittlung des jeweiligen Abwägungsmaterials. Dieses muss vielmehr „nach Lage der Dinge“ nur so genau und vollständig sein, dass es jene erste vorauswählende Entscheidung zulässt.
208Vgl. BVerwG, Urteile vom 5. März 1997 - 11 A 25.95 -, BVerwGE 104, 123 (128), und vom 25. September 2002 - 9 A 5.02 -, juris, Rn. 41.
209Mit Blick hierauf konnte der Senat die in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisanträge zu dieser Trassenvariante ablehnen.
210ee) Vor dem Hintergrund, dass der Beklagte sich nach einer Grobanalyse abwägungsfehlerfrei für den Ausbau der Bestandstrasse der B 51 entscheiden durfte, hat er ‑ entgegen der Auffassung der Kläger ‑ die Abwägungsgrundlagen für diese Ausbauvariante ausreichend ermittelt. Die Kläger beanstanden insoweit, für den Kläger zu 2. sei erst nach Erlass des Planfeststellungsbeschlusses ermittelt worden, ob sein Anwesen dem Innen- oder Außenbereich zuzuordnen sei. Die Schadstoffuntersuchung sei erst am Datum der Planfeststellung zugegangen. Im Hinblick auf den Kläger zu 2. begründet der Beklagte bereits im Planfeststellungsbeschluss (S. 111 f.), dass dessen Grundstück im Außenbereich liege. Die weiteren Ermittlungen dienten lediglich der Bestätigung dieser der Abwägung zu Grunde gelegten Einschätzung. Auch den Schadstoffbelastungen hat der Beklagte unter Zugrundelegung einer Schadstoffabschätzung des Vorhabenträgers (im Anschluss an die Erläuterungen zum Deckblatt I vom 2. Mai 2007, Mappe 1, Unterlage 1-I in Beiakte 8 zu 11 D 6/12.AK) bereits im Planfeststellungsbeschluss Stellung genommen (S. 116 bis 118). Das Gutachten des Ingenieurbüros M. diente der Bestätigung dieser der Abwägung zu Grunde gelegten Einschätzung; es ist im Übrigen Bestandteil der planfestgestellten Unterlagen, die in das Planfeststellungsverfahren eingebracht wurden (PFB A. 2.4 Nr. 99). Die von den Klägern angeführte E-Mail des Unterzeichners des Planfeststellungsbeschlusses an die Regierungsvizepräsidentin vom 30. September 2011 ist für die Frage der Rechtmäßigkeit des Planfeststellungsbeschlusses ohne Bedeutung. Maßstab für die Rechtmäßigkeitsprüfung ist allein der Planfeststellungsbeschluss mit den zu seinem Gegenstand gemachten Unterlagen.
211c) Die Einwände der Kläger zu einer Rechtswidrigkeit des Planfeststellungsbeschlusses wegen einer abwägungsfehlerhaften Bewältigung der Verkehrslärmproblematik und einer daraus resultierenden Verletzung ihres Rechts auf fehlerfreie Abwägung greifen nicht durch.
212aa) Abwägungsfehler bei den Gesichtspunkten des Lärmschutzes führen im Regelfall nicht zu einer Aufhebung eines Planfeststellungsbeschlusses. Denn nach § 17e Abs. 6 FStrG sind Mängel bei der Abwägung der von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange nur dann erheblich, wenn sie offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen sind (Satz 1). Erhebliche Mängel bei der Abwägung oder eine Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften führen nur dann zur Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses oder der Plangenehmigung, wenn sie nicht durch Planergänzung oder durch ein ergänzendes Verfahren behoben werden können; die §§ 45 und 46 VwVfG bleiben unberührt (Satz 2).
213Mögliche Mängel im Lärmschutzkonzept können grundsätzlich durch Schutzauflagen behoben werden und rechtfertigen deshalb in der Regel nicht die Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses. Eine Planaufhebung kommt nur in Betracht, wenn das Fehlen notwendiger Schutzauflagen ausnahmsweise so großes Gewicht hat, dass davon die Ausgewogenheit der Gesamtplanung oder eines wesentlichen Planungsteils betroffen ist.
214Vgl. BVerwG, Urteile vom 18. April 1996 - 11 A 86.95 -, BVerwGE 101, 73 (85), vom 23. November 2005 - 9 A 28.04 -, juris, Rn. 17 (insoweit nicht in BVerwGE 124, 334, veröffentlicht), und vom 10. Oktober 2012 - 9 A 20.11 -, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 229, S. 72.
215Allerdings kann nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts in einem Fall, in dem sich der Kläger gegen die lärmtechnische Berechnung und die darauf aufbauende Behandlung der Lärmschutzbelange mit der Begründung wendet, sie beruhten auf einer verfehlten Verkehrsprognose, in der die tatsächlich zu erwartende Verkehrsbelastung des Vorhabens weit unterschätzt worden sei, die Möglichkeit nicht von der Hand gewiesen werden, dass davon die konzeptionelle Planungsentscheidung einschließlich der Trassenwahl betroffen wird; Abwägungsdefiziten aufgrund einer fehlerhaften Verkehrsprognose kann deshalb nicht durch eine Planergänzung um Schutzauflagen abgeholfen werden.
216Vgl. BVerwG, Urteile vom 12. August 2009 - 9 A 64.07 -, BVerwGE 134, 308 (328), und vom 9. Juni 2010 - 9 A 20.08 -, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 208, S. 145 f.
217Die Rüge der Kläger, der Verkehrsuntersuchung liege ein zu geringer Lkw-Anteil zu Grunde, weshalb die Lärmprognose zu gering ausgefallen sei, ist nicht geeignet, die Möglichkeit einer solchen konzeptionell anderen Entscheidung aufzuzeigen, insbesondere nicht hinsichtlich einer anderen Trassenführung. Sollte eine größere Immissionsbelastung infolge eines höheren Lkw-Anteils entstehen, bestünden ohne Weiteres die Möglichkeiten entweder der Anordnung weitergehender Maßnahmen des aktiven Schallschutzes oder der Erstreckung des Anspruchs auf Aufwendungsersatz für passive Schallschutzmaßnahmen auch auf andere Gebäude, ohne dass es zu einer grundlegenden Umplanung des streitigen Vorhabens kommen müsste.
218bb) Unbeschadet des vorstehend Ausgeführten lässt sich nicht feststellen, dass die Verkehrsprognose, soweit die Kläger hiergegen substantiierte Einwände im Klageverfahren geltend gemacht haben, fehlerhaft ist.
219aaa) Beide Kläger sind mit ihrem Vorbringen gegen die Verkehrsprognose entgegen der Auffassung des Beklagten nicht präkludiert. Nach § 17a Nr. 7 Satz 1 FStrG sind Einwendungen gegen den Planfeststellungsbeschluss nach Ablauf der im Planfeststellungsverfahren eröffneten Einwendungsfrist ausgeschlossen. Diese Bestimmung normiert eine materielle Verwirkungspräklusion, die verfassungsrechtlich unbedenklich ist. Die Einwendungsfrist besitzt für das gerichtliche Verfahren, das einem straßenrechtlichen Planfeststellungsverfahren folgt, materiell-rechtlichen Charakter. Die straßenrechtliche Präklusion erstreckt sich nach Wortlaut sowie Sinn und Zweck der Vorschrift auch auf das nachfolgende verwaltungsgerichtliche Verfahren.
220Vgl. zur inhaltsgleichen Vorgängernorm des § 17 Abs. 4 Satz 1 FStrG a. F. etwa BVerwG, Urteil vom 24. Mai 1996 ‑ 4 A 38.95 ‑, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 119, S. 136 f.
221Allerdings hat die Klägerin zu 1. im Deckblatt I-Verfahren - anders als der Rechts-vorgänger des Klägers zu 2. - keine Einwendungen erhoben. Sie musste jedoch nach Auslegung des Deckblattes I unter Hinweis auf den Einwendungsauschluss gemäß § 17a Nr. 7 Satz 1 FStrG zur Vermeidung einer Präklusion nicht erneut Einwendungen erheben. Zwar sollte die durch das Deckblatt I vorgenommene Umplanung (auch) ihren Lärmschutzinteressen Rechnung tragen. Die Klägerin zu 1. hatte jedoch in ihrem Einwendungsschreiben vom 5. April 2006 ausdrücklich beanstandet, die prognostizierte Verkehrsbelastung sei nur unzulänglich ermittelt worden. Der Umplanung durch das Deckblatt I lag der Ergebnisbericht der IVV vom 11. September 2006 zu Grunde, der jedoch nicht mit ausgelegt worden war. Daher waren der Klägerin zu 1. in diesem Punkt erneute oder weitere vertiefende Einwendungen nicht möglich. Andererseits konnte der Beklagte nicht davon ausgehen, die Einwendungen gegen die Ermittlung der Verkehrsbelastung seien durch die vorgenommenen Umplanungen erledigt.
222Auch der Kläger zu 2. ist mit seinen Einwendungen zur Verkehrsprognose nicht ausgeschlossen. Er weist zutreffend darauf hin, dass sein Rechtsvorgänger bereits im Rahmen der ersten Auslegung inhaltlich ausreichende Einwendungen erhoben hat. Eine Einwendung muss erkennen lassen, in welcher Hinsicht Bedenken gegen die in Aussicht genommene Planfeststellung ‑ aus der Sicht des Einwendenden ‑ bestehen könnten. Das Vorbringen muss so konkret sein, dass die Planfeststellungsbehörde erkennen kann, in welcher Weise sie bestimmte Belange einer näheren Betrachtung unterziehen soll. Der Betroffene muss zumindest in groben Zügen darlegen, welche Beeinträchtigungen befürchtet werden, ohne dies allerdings begründen zu müssen. Anzuknüpfen ist dabei an die ausgelegten Planunterlagen. Nach ihrer Konkretheit richten sich die Anforderungen an die Einwendungslast, d. h. an Umfang und Detailliertheit der Darlegungen.
223Vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 9. Juli 2008 ‑ 9 A 14.07 ‑, BVerwGE 131, 274 (288 f.), m. w. N.
224Die Darlegungsanforderungen orientieren sich an den Möglichkeiten betroffener Laien; Ausführungen, die fachwissenschaftlichen Sachverstand voraussetzen, können regelmäßig nicht erwartet werden.
225Vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 14. Juli 2011 ‑ 9 A 14.10 ‑, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 218, S. 252, m. w. N.
226Nach diesen Maßstäben waren die knappen Einwendungen des Rechtsvorgängers des Klägers zu 2. mit Schreiben vom 29. März 2006 ausreichend. In dem Schreiben wird ausdrücklich gerügt, es sei weder aktiver noch passiver Lärmschutz für das Gebäude N2.---straße 28 vorgesehen. Die für die Ermittlung der notwendigen Schallschutzmaßnahmen zu Grunde gelegten Verkehrszahlen würden „angezweifelt“. Damit hatte der Rechtsvorgänger des Klägers zu 2. die Verkehrslärmproblematik im Hinblick auf sein Grundstück ausreichend aufgezeigt. Da die Verkehrsprognose nicht ausgelegen hatte, waren weitere vertiefende Einwendungen nicht erforderlich und auch gar nicht möglich.
227bbb) Die Verkehrsprognose ist jedoch inhaltlich nicht zu beanstanden. Verkehrsprognosen unterliegen nur einer eingeschränkten gerichtlichen Kontrolle. Sie sind lediglich daraufhin zu überprüfen, ob sie methodisch einwandfrei erarbeitet worden sind, nicht auf unrealistischen Annahmen beruhen und ob das Prognoseer-gebnis einleuchtend begründet worden ist.
228Vgl. etwa BVerwG, Urteile vom 9. Juni 2010 - 9 A 20.08 -, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 208, S. 146, und vom 10. Oktober 2012 - 9 A 19.11 -, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 228, S. 38, sowie Beschluss vom 15. März 2013 - 9 B 30.12 -, juris, Rn. 10.
229Diesen Anforderungen wird die hier maßgebliche Verkehrsprognose gerecht.
230Der Ergebnisbericht der IVV Verkehrsdatenaktualisierung Aus- und Neubau B 51/B 481n Planfälle PO und P_RE 2020 vom 11. September 2006 (Beiakte 13 zu 11 D 6/12.AK) basiert auf einer Verkehrsuntersuchung von 1993 und einer aktualisierten Verkehrsuntersuchung von November 1999, sowie der Aktualisierung dieses Gutachtens von Februar 2003. Die Erstellung einer solchen Modellprognose war vorliegend aufgrund der planbedingten Umstände nach der Nr. 1.2.2.2 des Anhangs der vom Beklagten noch herangezogenen RAS-Q 96 angezeigt. Eine solche Modellprognose soll auf umfassenden Annahmen über zukünftige allgemeine Entwicklungen basieren und diese Annahmen mit Hilfe eines umfangreichen Modells der Verhaltensweisen der Verkehrsteilnehmer und der Struktur der Verkehrssysteme in eine Vorhersage von Verkehrsströmen umsetzen. Die Verfahrensmaßgaben einer Modellprognose wurden hier gewahrt. Die von der IVV erstellte Verkehrsuntersuchung beruht auf umfassenden Annahmen über zukünftige allgemeine Entwicklungen. Die Gutachter haben umfangreiche Prognosegrundlagen herangezogen. So wurden insbesondere die Daten der zum damaligen Zeitpunkt aktuellen Straßenverkehrszählung 2005 und eine Ergänzung einer bundesweiten Untersuchung zum Thema der mautbedingten Ausweichverkehre von schweren LKW für Nordrhein-Westfalen von November 2005 im Ergebnisbericht ausgewertet. Der voraussichtlichen Entwicklung der Siedlungs- und Wirtschaftsstruktur im Untersuchungsraum wurden die Daten der Landesplanung Nordrhein-Westfalen sowie die Daten der Stadt N. zu Grunde gelegt. Auch für die Kreise X. und H. wurden die entsprechenden Bevölkerungsentwicklungen berücksichtigt. Im Nahbereich des Knotens B 51/X. Straße haben die Gutachter zusätzlich ein neues Wohngebiet mit Lebensmitteldiscounter berücksichtigt. Die Tendenzen der Verkehrsentwicklung, die aufgrund der Verhaltensweisen der Bevölkerung bzw. durch die Verkehrspolitik bestimmt werden, wurden in Anlehnung der Landesplanung Nordrhein-Westfalen sowie der derzeit gültigen Bedarfsplanung zum Bundesverkehrswegeplan entnommen und auf das Gebiet des Untersuchungsraums übertragen. Die Ermittlung der Prognoseverkehrsstärke betrachtet einen Prognose-Null-Fall für das Jahr 2020 unter Berücksichtigung aller Maßnahmen der Bedarfspläne des Bundes und des Landes Nordrhein-Westfalen, die als Überhang und im vordringlichen Bedarf bzw. in Stufe I eingestellt sind, sowie weitere für die Verkehrsentwicklung im Untersuchungsraum relevante Planungen der Städte und Gemeinden, um prognostisch den Planfall P_RE 2020 mit dem Prognosehorizont 2020 zu erarbeiten. Diese Vorgehensweise stimmt ebenfalls mit der Nr. 1.2.2.2 der RAS-Q 96 überein, der die Umsetzung der Annahmen über zukünftige allgemeine Entwicklungen mit Hilfe eines umfangreichen Modells der Verhaltensweisen der Verkehrsteilnehmer und der Struktur der Verkehrssysteme in eine Vorhersage von Verkehrsströmen fordert.
231Vgl. hierzu auch BVerwG, Urteil vom 12. August 2009 - 9 A 64.07 -, juris, Rn. 100 ff. (insoweit nicht in BVerwGE 134, 308, abgedruckt).
232Der Ergebnisbericht vom 11. September 2006 ist ergänzt worden durch eine Ergänzung Planfall mit 3. Nordtangente N. vom 11. März 2008, einen Kurzbericht Ausblick Prognose 2025 vom 28. Juli 2011 und während des Klageverfahrens durch eine Ergänzung dieses Kurzberichts vom 14. Juni 2012. Im Ergebnis kommt die IVV für den Bereich zwischen X. Straße und X2. Straße gegenüber dem Prognose-Null-Fall 2020 (20.500 Kfz DTV) für den Plan-fall P_RE mit holländischen Rampen und 3. Nordtangente N. (Ergänzung vom 11. März 2008) auf 40.700 Kfz DTV, prognostiziert mithin, dass sich das Verkehrsaufkommen auf der B 51 auf dem die Kläger betreffenden Abschnitt nahezu verdoppeln wird.
233ccc) Diese Prognose greifen die Kläger nicht mit Erfolg an. Sie beanstanden zu Unrecht den zeitlichen Horizont der Verkehrsprognose. Die zeitliche Anknüpfung fügt sich in das Konzept ein, das dem Fernstraßenausbaugesetz i. d. F. des 5. Änderungs-gesetzes zum Fernstraßenausbaugesetz vom 4. Oktober 2004 (BGBl. I S. 2574) zu Grunde liegt. Der durch dieses Gesetz verabschiedete Bedarfsplan für die Bundesfernstraßen orientiert sich an der Verkehrsentwicklung, die der Bundesgesetzgeber bis zum Jahr 2015 erwartet. Daher wäre es sogar sachgerecht gewesen, sich für das hier planfestgestellte Vorhaben des vordringlichen Bedarfs bei der Verkehrsuntersuchung auf das Jahr 2015 zu beziehen.
234Vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Mai 2012 ‑ 9 A 35.10 ‑, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 225, S. 17.
235Die Planfeststellungsbehörde hat durch das auf den Prognosehorizont 2020 bezogene Gutachten vom 11. September 2006 und die auf das Jahr 2025 bezogenen Ergänzungen vom 28. Juli 2011 und 14. Juni 2012 sichergestellt, dass die Verkehrsprognose das zu erwartende Verkehrsaufkommen über den Prognosehorizont 2015 hinaus bis ins Jahr 2025 abbildet.
236Vgl. zu einer ähnlichen Fallgestaltung BVerwG, Urteil vom 30. Mai 2012 ‑ 9 A 35.10 ‑, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 225, S. 17.
237Dabei ist es regelmäßig nicht zu beanstanden, dass die Verkehrsprognose für ein fernstraßenrechtliches Straßenbauvorhaben auf der Grundlage der laufend aktualisierten bundesweiten Strukturdaten und Matrizes erstellt wird. Laufende Aktualisierungen der bundesweiten Vorgaben können aus methodischen und praktischen Gründen heraus nicht gefordert werden.
238Vgl. BVerwG, Urteile vom 9. Juni 2010 ‑ 9 A 20.08 ‑, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 208, S. 147 f., und vom 30. Mai 2012 ‑ 9 A 35.10 ‑, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 225, S. 17.
239Soweit die Kläger auf verschiedene nicht berücksichtigte „nachdrücklich verfolgte und in Umsetzung befindliche“ Straßenplanungen verweisen, ist dem nicht weiter nachzugehen. Allerdings müssen bereits vorhersehbare Entwicklungen im Streckennetz, die sich auf die Verkehrsmenge der planfestgestellten Strecke auswirken, von vornherein bei der Verkehrsprognose berücksichtigt und im Planfeststellungsbeschluss bewältigt werden.
240Vgl. BVerwG, Beschluss vom 25. Mai 2005 ‑ 9 B 41.04 ‑, juris, Rdnr. 11.
241Dem trägt die Verkehrsprognose Rechnung, indem sie alle auf Seite 9 des Ergebnisberichts vom 11. September 2006 genannten Straßenbaumaßnahmen einbezieht. Demgegenüber mussten die weiteren von den Klägern genannten Maßnahmen (durchgehend leistungsfähige Verbindung zwischen N. und der A 2 im Raum S. -X1. ) infolge fehlender Konkretisierung der Planung nicht berücksichtigt werden, zumal ein vollständig durchgehender Ausbau der B 64 zwischen S. und N. nicht vorgesehen ist. Zudem dürfte diese Verbindung für Schwerverkehr aus dem Osten in Richtung N. nach Fertigstellung der in Bau befindlichen Maßnahmen A 30 (Ortsumgehung Bad P. ) und A 33 (C. -P1. ) nur von geringem Interesse sein.
242Von einer bereits „vorhersehbaren“ Entwicklung kann frühestens dann gesprochen werden, wenn ein Planfeststellungsverfahren eingeleitet worden ist. Erst dadurch wird konkretisiert, welche Straße der Vorhabenträger zu bauen beabsichtigt, so dass eine Verkehrsmenge prognostiziert werden kann. Ein solches konkretes Planungsstadium hatten zum Zeitpunkt des Erlasses des Planfeststellungsbeschlusses die von den Klägern genannten „Straßenplanungen“ nicht erreicht. Die - noch nicht existierende - „Entlastungsstraße Nord“ ist als „3. Nordtan-gente N. “ in der Ergänzung vom 11. März 2008 enthalten; sie führt nicht zu einer Verkehrserhöhung sondern zu einer leichten Entlastung der B 51 zwischen X. Straße und X2. Straße (40.700 Kfz/24 h statt 41.700 Kfz/24 h nach dem Ergebnisbericht vom 11. September 2006). Die von den Klägern in diesem Zusammenhang behaupteten zusätzlichen 15.000 Kfz/24 h für die Umgehungsstraße sind in keiner Weise belegt oder nachvollziehbar, die Zahl scheint „gegriffen“. Hinzu kommt, dass durch die Änderung des Flächennutzungsplanes der Stadt N. im Jahr 2013 die „3. Nordtangente“ planerisch nicht mehr weiterverfolgt wird.
243ddd) Es war entgegen der Auffassung der Kläger nicht erforderlich, im Ergebnisbericht alle Eingangsdaten und Annahmen einzeln aufzuführen. Wird im Rahmen einer Verkehrsprognose für die Berechnung des zukünftigen Verkehrsaufkommens auf die aus den Strukturdaten ableitbare wirtschaftliche Gesamtentwicklung eines bestimmten Raumes und nicht auf einzelne Unternehmen und Vorhaben abgestellt, ist es methodisch grundsätzlich nicht zu beanstanden, die Eröffnung einer neuen Produktionsstätte als ein bei den Strukturdaten eingerechnetes Ergebnis zu betrachten.
244Vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Mai 2012 ‑ 9 A 35.10 ‑, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 225, S. 17 f.
245Die Prognose auf der Basis von Strukturdaten kann auch nicht dadurch in Frage gestellt werden, dass die Kläger einzelne Tatsachen und Vorgänge (Einwohnerzahl der Stadt N. , neues Wohngebiet und Gewerbegebiet in X4. , Eröffnung neuer Gewerbebetriebe, Masterplan zur Entwicklung des Hafenbereichs) benennen, die vermeintlich nicht berücksichtigt worden sind. Die Kläger führen gegen die Verkehrsprognose zahlreiche Vorgänge und Einzelheiten ins Feld, können jedoch weder nachvollziehbar darlegen, dass diese Vorgänge und Einzelheiten in die der Verkehrsprognose zugrunde liegenden Strukturdaten und sonstigen Eingangsdaten nicht eingeflossen sind noch deren Auswirkungen auf das Ergebnis der Verkehrsprognose auch nur annähernd konkretisieren oder beziffern. Dafür dass dem Gutachterbüro Eingabefehler oder Rechenfehler unterlaufen sind, fehlt jeder schlüssige Anhaltspunkt.
246Vgl. hierzu auch BVerwG, Urteil vom 18. März 2009 - 9 A 39.07 -, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 201, Rdnr. 125.
247Die Verkehrsprognose kann keine Daten in Form von Istzahlen berücksichtigen, wie etwa die von den Klägern genannte Entwicklung des Pendlerverkehrs von 2001 bis 2007, die erst nach dem Zeitpunkt der Erstellung des Ergebnisberichts vom 11. September 2006 ermittelt und ausgewertet worden sind. Die erhebliche Zunahme des Verkehrs auf der B 51 von 1990 bis 2005 bedeutet nicht automatisch, dass entsprechende Zuwachsraten auch für die Zukunft zu erwarten sind. Immerhin prognostiziert auch die IVV bis 2025 eine Verdoppelung des Verkehrs seit 2010 für den Abschnitt zwischen X. Straße und X2. Straße. Der Einwand der Kläger, die „allgemeine Verkehrsentwicklung“ auf Bundesebene sei in der Prognose nicht erkennbar, führt nicht weiter.
248eee) Für einen allgemeinen „Risikozuschlag“ auf die ermittelte Verkehrsmenge, um für die Prognose „auf der sicheren Seite“ zu liegen, gibt es bei Verkehrsprognosen im Straßenverkehr keine Rechtsgrundlage. Auch die Sechzehnte Verordnung zur Durchführung des Bundes‑Immissionsschutzgesetzes (Verkehrslärmschutzverordnung -16. BImSchV) vom 12. Juni 1990, BGBl. I S. 1036, in dem hier maßgeblichen Zeitpunkt zuletzt geändert durch Gesetz vom 19. September 2006, BGBl. I S. 2146, die in Anlage 1 zu § 3 die Berechnung der Beurteilungspegel an Straßen detailliert regelt, kennt derartige „Risikozuschläge“ nicht.
249fff) Der Ergebnisbericht vom 11. September 2006 kommt für den Planfall P_RE 2020 auf einen Lkw-Anteil von 13 % tagsüber und 12 % nachts. Der für 2025 prognostizierte weitere Anstieg des Schwerverkehranteils um knapp 5 % würde zu einem Lkw-Anteil von 13,65 % tagsüber und 12,6 % nachts führen. Die Schlussfolgerung der IVV in den Ergänzungen zum Kurzbericht Ausblick Prognose 2025 vom 14. Juni 2012, dies werde auf die einzelnen Belastungen an den Querschnitten nur marginale Auswirkungen haben, ist nachvollziehbar und plausibel. Beide Werte liegen über dem Ergebnis der Straßenverkehrszählung aus dem Jahr 2010 von 11,4 % für den ganzen Tag. Da die IVV gegenüber dem Prognose-Null-Fall für 2020 fast eine Verdoppelung des Verkehrsaufkommens prognostiziert, bedeutet dies für den Lkw-Verkehr bei einem gegenüber der Zählung 2010 leicht steigenden Anteil in absoluten Zahlen mehr als eine Verdoppelung. Dem setzen die Kläger nichts Substantiiertes entgegen. Die von ihnen angeführten mautbedingten Ausweichverkehre auf der B 64 von N. nach S. -X1. (A 2) hat die IVV unter Zugrundelegung einer bundesweiten Untersuchung und einer darauf basierenden Ergänzung für Nordrhein-Westfalen aus November 2005 berücksichtigt und „wenig Auswirkung“ ermittelt (Ergebnisbericht vom 11. September 2006, S. 6). Dem halten die Kläger nur nicht belegte Vermutungen entgegen. Zutreffend weisen die Kläger darauf hin, dass dem Ergebnisbericht keine Unterlage zu entnehmen ist, die entsprechend den Vorgaben der 16. BImSchV die Ermittlung einer maßgebenden stündlichen Verkehrsstärke und eines maßgebenden Lkw-Anteils (über 2,8 Tonnen) am Gesamtverkehr über die Nachtzeit dokumentiert. Die in der mündlichen Verhandlung anwesende Gutachterin der IVV, Frau T. , hat hierzu allerdings ausgeführt, dass diese Daten aus den amtlichen Verkehrszählungen übernommen worden seien. Dabei sei auch berücksichtigt worden, dass in den amtlichen Zählungen bis zum Jahr 2000 Fahrzeuge mit mehr als 2,8 Tonnen Gewicht als Lkw, seit dem Jahr 2005 hingegen erst Fahrzeuge mit mehr als 3,5 Tonnen Gewicht als Lkw gezählt wurden.
250ggg) Die Prognose vom 11. September 2006, an der die IVV für das Prognose-jahr 2025 festgehalten hat (Kurzbericht vom 28. Juli 2011 mit Ergänzung vom 14. Juni 2012), wird durch die im Jahr 2010 durchgeführte Straßenverkehrszählung bestätigt. Diese ergab für den Abschnitt zwischen X. Straße und X2. Straße einen DTV von 20.518 mit einem Lkw-Anteil von 11,4 %. Die Prognose der IVV vom 11. September 2006 kommt für den entsprechenden Prognose-Null-Fall 2020 auf einen DTV von 20.500. Dass die Verkehrszahlen nicht mehr ansteigen, ist ‑ auch im Hinblick auf die Ausführungen im ergänzten Kurzbericht vom 14. Juni 2012 ‑ plausibel.
251Auch die von den Klägern ins Verfahren eingeführte Verkehrsuntersuchung der Stadt N. für das Jahr 2025 zum Entwurf des Bebauungsplanes „Hafen-Center“ bestätigt die Ergebnisse der IVV: Sie kommt für den „Planfall 4“, der die vorliegende Planung einbezieht, auf 51.400 Kfz/24 h für den Bereich zwischen B. Weg und X. Straße, während die IVV 50.600 Kfz/24 h ausweist. Beide Prognosen unterscheiden sich damit nur um etwa 1,6 %; von einer „Widerlegung“ der Prognose der IVV kann daher keine Rede sein.
252hhh) Der Einwand der Kläger, die Ergebnisse der Verkehrsuntersuchung seien nicht ableitbar, weil Berechnungsgrundlagen und Quellenangaben fehlten und der Rechenvorgang nicht beschrieben sei, greift nicht durch. Ihre Angriffe gegen die Tatsachenermittlung, Methodik und Plausibilität der Ergebnisse der Verkehrsuntersuchungen erweisen sich nicht als stichhaltig. Bei dieser Sachlage besteht kein Anlass, an der Richtigkeit der Berechnungen allein deshalb zu zweifeln, weil einzelne Rechenvorgänge dem Gutachten nicht zu entnehmen sind. Der Vorwurf, die Rechenverfahren seien nicht nachvollziehbar, wäre allenfalls dann berechtigt, wenn den Klägern trotz entsprechender Nachfrage bei der Planfeststellungsbehörde zusätzliche Informationen zu den Ausgangsdaten und gegebenenfalls den Rechenschritten vorenthalten worden wären. Das behaupten die Kläger nicht.
253Vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 9. Juni 2010 ‑ 9 A 20.08 ‑, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 208, S. 154.
254Bedenken an der Fachkompetenz und der Unparteilichkeit der IVV bestehen nicht. Die IVV ist ein seit Jahrzehnten im Bereich des Verkehrswesens tätiges Gutachterbüro, das bundesweit und ‑ wie dem Senat aus eigener Erfahrung bekannt ist ‑ insbesondere in Nordrhein-Westfalen in einer Vielzahl von Fällen Planfeststellungsverfahren für Straßen durch die Erarbeitung von Fachbeiträgen begleitet hat.
255Vgl. OVG NRW, Urteile vom 11. Februar 2009 ‑ 11 D 45/06.AK ‑, juris, Rdnr. 138, und vom 24. März 2014 ‑ 11 D 31/11.AK ‑, juris, Rdnr. 72.
256Auch das Bundesverwaltungsgericht hat hervorgehoben, dass die IVV ein seit vielen Jahren etabliertes Gutachterbüro sei, das über große Erfahrung in der Erstellung von Verkehrsuntersuchungen und -prognosen verfüge.
257Vgl. BVerwG, Urteil vom 9. Juni 2010 ‑ 9 A 20.08 ‑, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 208, S. 156.
258cc) Aufbauend auf der nicht zu beanstandenden Verkehrsprognose hat der Beklagte die Lärmschutzbelange der Kläger mit dem ihnen zustehenden Gewicht in die Abwägung eingestellt.
259Der Schutz der (Wohn)Bevölkerung vor Verkehrslärm ist ein Belang, dem eine Straßenplanung gemäß § 41 Abs. 1 BImSchG Rechnung zu tragen hat. Hiernach ist unter anderem bei dem Bau oder der wesentlichen Änderung öffentlicher Straßen unbeschadet des § 50 BImSchG sicherzustellen, dass durch diese keine schädlichen Umwelteinwirkungen durch Verkehrsgeräusche hervorgerufen werden können, die nach dem Stand der Technik vermeidbar sind.
260aaa) Maßgeblich für den Schallschutz, den die Kläger beanspruchen können, sind die Regelungen der §§ 41, 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG i. V. m. § 2 der 16. BImSchV. Hiernach ist beim Bau oder der wesentlichen Änderung öffentlicher Straßen grundsätzlich sicherzustellen, dass der nach § 3 der 16. BImSchV berechnete Beurteilungspegel bestimmte gebietsbezogene Immissionsgrenzwerte nicht überschreitet; dies gilt nicht, soweit die Kosten der Schutzmaßnahme außer Verhältnis zu dem angestrebten Schutzzweck stehen würden.
261Nach § 2 Abs. 2 Satz 1 der 16. BImSchV ergibt sich die für die Festlegung der jeweiligen Immissionsgrenzwerte maßgebliche Gebietseinstufung aus den Festsetzungen in den Bebauungsplänen. Sind solche Festsetzungen nicht vorhanden, gelten gemäß Satz 2 der vorgenannten Bestimmung für bauliche Anlagen im Außenbereich entsprechend ihrer Schutzbedürftigkeit die Werte nach Absatz 1 Nr. 1 für Krankenhäuser, Schulen, Kurheime und Altenheime, nach Nr. 3 für Kerngebiete, Dorfgebiete und Mischgebiete oder nach Nr. 4 für Gewerbegebiete.
262bbb) Die Planfeststellungsbehörde ist von den richtigen Immissionsgrenzwerten für Lärm ausgegangen. Das Wohnhausgrundstück der Klägerin zu 1. liegt in einem Wohngebiet im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 2 der 16. BImSchV - das ist zwischen den Beteiligten unstreitig -, so dass als Immissionsgrenzwerte tags 59 dB(A) und nachts 49 dB(A) gelten.
263Das Wohnhausgrundstück des Klägers zu 2. liegt zur Überzeugung des Senats im Außenbereich (vgl. § 35 BauGB). Ein Bebauungsplan (vgl. § 30 Abs. 1 BauGB) liegt nicht vor und die Voraussetzungen für die Annahme eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils (vgl. § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB) sind nicht erfüllt.
264Für diese Einschätzung nicht maßgebend ist die Tatsache, dass die Stadt N. als zuständige Bauaufsichtsbehörde das Gebiet westlich der N5.---straße als Außenbereich einstuft. Sie hat unter dem 30. Mai 2012 mitgeteilt, der Bereich sei im Flächennutzungsplan von 1980 noch als Wohnbaufläche ausgewiesen gewesen. Mit der 56. Änderung des Flächennutzungsplanes, die am 5. Juli 1991 wirksam geworden sei, sei die Darstellung in „Fläche für die Forstwirtschaft“ geändert worden. Im aktuellen Flächennut-zungsplan (Bekanntmachung am 8. April 2004) sei die Fläche als Wald dargestellt. Ebenfalls nicht entscheidungserheblich sind die Ortssatzung der Stadt N. vom 27. Juli 1957 und die planungsrechtliche Auskunft vom 22. Dezember 1970 zur Baugenehmigung von 1971. Beide beruhen noch darauf, dass die Stadt N. das Gebiet westlich der N5.---straße bis 1991 im Flächennutzungsplan als Wohnbaufläche ausgewiesen hatte. Für die gegenwärtige Beurteilung sind sie daher unergiebig. Auch aus dem Fluchtlinienplan vom 13. März 1913 lässt sich eine aktuelle bauplanungsrechtliche Einordnung der Grundstücke an der N5.---straße daher nicht mehr ableiten. Der vom Kläger zu 2. in Bezug genommene Straßenbaubeitragsbescheid vom 28. März 2014 bezieht sich auf die tatsächliche ‑ baurechtlich legale und bestandsgeschützte ‑ Wohnnutzung seines Grundstücks und belegt daher keinen Bebauungszusammenhang mit der Ostseite der N5.---straße .
265Die Beurteilung, dass das Haus des Klägers zu 2. N2.---straße 28 baurechtlich im Außenbereich liegt, stützt sich auf eine Gesamtwürdigung der vom Senat im Ortstermin am 13. Mai 2015 in Augenschein genommenen örtlichen Verhältnisse, die auf den bei den Gerichtsakten und planfestgestellten Unterlagen befindlichen Karten (Übersichtslageplan 1:5000 und Lageplan 1:1000 km 7+250 bis 7+700, Teil A: B51.3, Mappe 1, Unterlagen 3 und 5.4, Beiakte 2 zu 11 D 6/12.AK), die im Ortstermin vom Senat gefertigten und die in der Gerichtsakte Bl. 102 bis 104 befindlichen Fotos sowie das Luftbild in Beiakte 1 des vorliegenden Verfahrens, S. 42. Das Gebäude N2.---straße 28 bildet entgegen der Auffassung des Klägers zu 2. mit dem Wohngebiet östlich der N5.---straße keinen im Zusammenhang bebauten Ortsteil im Sinne des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB.
266Für die Frage, welche Anforderungen an das Vorliegen eines Bebauungszusammenhangs im Sinne des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB zu stellen sind, ist ausschlag-gebend, inwieweit eine tatsächlich aufeinanderfolgende Bebauung trotz etwa vorhandener Baulücken nach der Verkehrsauffassung den Eindruck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit vermittelt und die in Rede stehende Fläche noch diesem Zusammenhang angehört. Ein Ortsteil im Sinne von § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB ist jeder Bebauungskomplex im Gebiet einer Gemeinde, der nach der Zahl der vorhandenen Bauten ein gewisses Gewicht besitzt und Ausdruck einer organischen Siedlungsstruktur ist. Maßgeblich ist die tatsächlich vorhandene Bebauung.
267Vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 2. April 2007 ‑ 4 B 7.07 ‑, BRS 71 Nr. 81.
268Für die Annahme einer aufeinanderfolgenden Bebauung ausschlaggebend ist, inwieweit die Bebauung den Eindruck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit vermittelt. Hierfür kommt es auf die Verkehrsauffassung und damit jeweils auf die Lage des Einzelfalls an. Katastermäßige Grundstücksgrenzen bleiben dabei unberücksichtigt.
269Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 19. August 2010 ‑ 7 A 1349/09 ‑, juris, Rdnr. 6, m. w. N.
270Eine Straße kann je nach den Umständen des Einzelfalles einen Bebauungszusammenhang herstellen oder trennende Funktion zwischen Innen- und Außenbereich haben.
271Vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 12. Dezember 1990 - 4 C 40.87 -, NVwZ 1991, 879 (880); ferner Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzber-ger, Baugesetzbuch, Band II, Kommentar, Stand 1. November 2014, § 34 Rdnr. 26, m. w. N.
272Nach diesen Maßstäben ist das Grundstück des Klägers zu 2. dem Außenbereich zuzurechnen. Die örtliche Situation ist dadurch gekennzeichnet, dass östlich der N5.---straße ein durch den Bebauungsplan Nr. 300 der Stadt N. festgesetztes allgemeines Wohngebiet liegt, dessen an die N5.---straße angrenzenden Grundstücke vollständig bebaut sind, während das Wohnhaus des Klägers zu 2. als eines von drei Wohnhäusern westlich der N5.---straße liegt; diese drei Wohngebäude sind auf drei Seiten von Wald umgeben. Zwischen den Häusern N2.---straße 24 und 28 befindet sich eine Baulücke, die vom H1. durchflossen wird. Etwa 120 m südlich des Wohngebäudes des Klägers zu 2. beginnt mit dem Gebäude N2.---straße 60 die Wohnbebauung auch westlich der N5.---straße . Insgesamt stehen auf der Westseite der N5.---straße südlich der Kreuzung mit der X2. Straße auf einer Länge von insgesamt etwa 600 m nur die genannten drei Wohngebäude.
273Die durch Bebauungsplan festgesetzte durchgehende Bebauung östlich der N5.---straße schließt mit der N5.---straße ab, die drei Gebäude westlich der N5.---straße erscheinen nach dem im Ortstermin vom Senat gewonnenen Gesamteindruck auf einer Länge von insgesamt etwa 600 m vereinzelt und sind nicht mehr dem Bebauungszusammenhang östlich der N5.---straße zuzuordnen. Allerdings mag der Blick aus der Straße B. , die gegenüber vom Grundstück des Klägers zu 2. in die N5.---straße einmündet (Foto Bl. 102 der Gerichtsakte und das im Ortstermin gefertigte Bild 8) den Eindruck erwecken, dass das Wohnhaus des Klägers zu 2. mit der Bebauung östlich der N5.---straße eine Einheit bildet. Dieser Eindruck bestätigt sich jedoch nicht, wenn die örtliche Situation von der N5.---straße aus in Augenschein genommen wird. Die N5.---straße vermittelt hier den Eindruck einer Durchgangsstraße, die nicht nur der Erschließung der anliegenden Grundstücke dient, und die das Wohngebiet (östlich) vom Waldgebiet (westlich) trennt. In diesem Waldgebiet liegt das Wohnhaus des Klägers zu 2. Dieser Eindruck wird dadurch verstärkt, dass die östlich der N5.---straße gelegenen Wohngrundstücke südlich der Straße B. nicht von der N5.---straße , sondern vom F.----------weg aus erschlossen werden und von der N5.---straße abgewandt wirken, weil nur ihre ‑ zumal eingefriedeten ‑ Gartenbereiche an die N5.---straße grenzen. Dass die N5.---straße auch auf der Westseite mit einem Gehweg versehen ist, hat für die bauplanungsrechtliche Einschätzung hier keine Bedeutung. Gleiches gilt für die von den Klägern hervorgehobene Tatsache, die Umspannstation für das Wohngebiet liege auf der Westseite. Dies stellt keinen Bebauungszusammenhang im bauplanungsrechtlichen Sinne her.
274Nach § 2 Abs. 2 Satz 2 der 16. BImSchV ist für bauliche Anlagen im Außenbereich nur die entsprechende Anwendung der Werte nach Nr. 3 für Kerngebiete, Dorfgebiete und Mischgebiete von tags 64 dB(A) und nachts 54 dB (A) oder nach Nr. 4 für Gewerbegebiete von tags 69 dB(A) und nachts 59 dB(A) in Betracht zu ziehen. Wohnhäuser im Außenbereich sind weniger schutzbedürftig als Wohngebiete, weil der Außenbereich grundsätzlich nicht für eine Wohnbebauung bestimmt ist.
275Vgl. BVerwG, Urteile vom 1. Oktober 1997 ‑ 11 A 10.96 ‑, Buchholz 442.09 § 18 AEG Nr. 32, S. 164, und vom 26. Februar 2003 ‑ 9 A 1.02 ‑, juris, Rdnr. 18.
276Entsprechend seiner Schutzbedürftigkeit sind für das Wohnhaus des Klägers zu 2. tags 64 dB(A) und nachts 54 dB(A) maßgebend.
277ccc) Die auf der ‑ nicht zu beanstandenden ‑ Verkehrsprognose und der bauplanungsrechtlichen Einstufung der betroffenen Grundstücke aufbauende lärmtechnische Unterlage des Beklagten ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Allerdings berücksichtigt die lärmtechnische Unterlage vom 2. Mai 2007 nicht mehr die danach von der IVV erstellten Aktualisierungen der Verkehrsprognose vom 11. Sep-tember 2006 durch die weiter oben angeführten nachfolgenden Ergänzungen. Im Hinblick auf die geringfügigen Änderungen für den Prognosehorizont 2025 ist dies jedoch unschädlich. Laufende Aktualisierungen können aus methodischen und praktischen Gründen heraus ohnehin nicht gefordert werden.
278Vgl. BVerwG, Urteile vom 9. Juni 2010 ‑ 9 A 20.08 ‑, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 208, S. 147 f., und vom 30. Mai 2012 ‑ 9 A 35.10 ‑, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 225, S. 17.
279Dabei können sich die Kläger ‑ wie bereits dargelegt (vgl. A. I., S. 27) ‑ als nicht enteignend Betroffene nur auf ihre geschützten Privatbelange berufen, nicht aber eine insgesamt fehlerfreie Abwägung und Planung verlangen. Maßgebend sind daher nur die Lärmeinwirkungen auf ihre Grundstücke C.-----weg 9 und N2.---straße 28. Dementsprechend sind alle Einwendungen der Kläger gegen die lärmtechnische Untersuchung, die sich nicht auf diese beiden Grundstücke beziehen, nicht entscheidungserheblich. Das gilt auch im Hinblick darauf, dass die Kläger ‑ wie ebenfalls oben dargelegt (A. III. 3., S. 42) - wesentliche Fehler der Umweltverträglichkeitsprüfung geltend machen können. Zwar gehören Lärmeinwirkungen auf Menschen zu den Auswirkungen im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 UVPG, die in der Umweltverträglichkeitsprüfung zu ermitteln, zu beschreiben und zu bewerten sind. Damit wird den Klägern jedoch nicht das Recht eröffnet, die eventuell fehlerhafte Ermittlung einzelner Grenzwerte an einzelnen Grundstücken zu rügen. In der fehlerhaften Ermittlung eines Grenzwertes für ein einzelnes Grundstück läge kein wesentlicher Fehler der gesamten Umweltverträglichkeitsprüfung, die - wie oben ausgeführt (A. III. 3., S. 44) - nach Art. 5 Abs. 2 der UVP-Richtlinie nur die Hauptwirkungen für die Umwelt feststellen und beurteilen soll.
280Vgl. BVerwG, Urteil vom 21. März 1996 - 4 C 19.94 -, BVerwGE 100, 370 (377).
281Zu Unrecht hat der Rechtsvorgänger des Klägers zu 2. geltend gemacht, die Lärmminderung offenporigen Asphalts sei nicht ausreichend nachgewiesen. Offenporige Asphalte werden seit mehr als 30 Jahren verwendet, erforscht und weiterentwickelt. Ein Korrekturwert Dstro - 5 dB(A), den der Beklagte im Planfeststellungsbeschluss zwischen Bau-km 5+100 und Bau-km 7+300 zu Grunde gelegt hat (A. 5.2.1, S. 25), kann sicher erreicht werden,
282vgl. BVewG, Urteil vom 9. Juni 2010 ‑ 9 A 20.08 ‑, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 208, S. 161; ausführlich OVG NRW, Urteil vom 11. Februar 2009 - 11 D 45/06.AK -, juris, Rdnr. 169 ff., m. w. N.,
283und durfte der lärmtechnischen Unterlage zu Grunde gelegt werden.
284Die Klägerin zu 1. ist mit ihrem Einwand in der Klagebegründung, für ihr Haus seien in der lärmtechnischen Untersuchung falsche Berechnungspunkte gewählt worden, nicht gemäß § 17a Nr. 7 Satz 1 FStrG ausgeschlossen. Zwar konnte der Planfeststellungsbehörde die Gestaltung im Inneren des Wohnhauses der Klägerin zu 1. insbesondere im Hinblick auf die Geschosshöhen nicht im Detail bekannt sein, so dass sie gerade in einem solchen Fall auf konkrete Angaben des Planbetroffenen angewiesen war.
285Vgl. BVerwG, Beschluss vom 9. Oktober 2008 ‑ 9 PKH 2.08 ‑, Buchholz 407.4 § 17a FStrG Nr. 1, S. 2, für den Fall einer Außenwohnnutzung.
286Der Senat teilt aber die Auffassung der Klägerin zu 1., dass sie als Laie der lärmtechnischen Unterlage wegen der dort verwendeten Abkürzungen die für ihr Grundstück angenommenen Berechnungspunkte nicht entnehmen und daher auch nicht erkennen konnte, dass die Berechnungspunkte nicht zutrafen.
287Der Einwand greift jedoch in der Sache nicht durch. Der Beklagte hat bei einer vermessungstechnischen Überprüfung am Wohnhaus der Klägerin zu 1. im ungünstigsten Fall für das erste Obergeschoss eine Höhendifferenz um fast 1,64 m festgestellt. Dieser Wert liegt noch etwas höher als die Angaben der Klägerin zu 1., die von einer Höhendifferenz von bis zu 1,6 m ausgeht. Mit zusätzlicher Berücksichtigung eines um 5% steigenden Schwerverkehrsanteils bis 2025 ergab eine Nachberechnung seitens des Beklagten 54,7 dB(A) tags/47,1 dB(A) nachts für das Erdgeschoss und 56,1 dB(A) tags/48,6 dB(A) nachts für das Obergeschoss. Damit werden die maßgebenden Grenzwerte für Wohngebiete von 59 dB(A) tags/49 dB(A) nachts eingehalten. Die Klägerin zu 1. ist dieser Neuberechnung nicht mehr entgegengetreten, sondern hat nur ihre allgemeinen Einwände gegen die lärmtechnische Unterlage wiederholt.
288Die weiteren Einwände der Kläger gegen die lärmtechnische Unterlage greifen nicht durch. Dem Vorwurf, die Unterlage sei nicht von sachkundigen Personen erstellt worden und es gebe keinerlei Hinweise auf die Verfasser, ist nicht weiter nachzugehen. Hieraus ergibt sich nicht, dass die angestellten Berechnungen fehlerhaft sein könnten. Soweit die Kläger zahlreiche Angaben zur Ermittlung von Gebietsarten, Abständen, Höhen und Geschossen sowie zu Kosten von Lärmschutzmaßnahmen und Lärmschutzvarianten vermissen, weist der Senat nochmals darauf hin, dass sich die Kläger nur auf die Lärmeinwirkungen ihrer Grundstücke berufen können. Daher ist auch die Frage, ob der Beklagte laut Vermerk vom 1. März 2011 eine Neuerstellung des Lärmschutzkonzepts gefordert hat und ob und inwieweit dieses vorgelegt worden ist, nicht entscheidungserheblich. In der maßgebenden lärmtechnischen Unterlage vom 2. Mai 2007 wird auf Seite VI ausgeführt: „Die lärmtechnische Untersuchung wurde nach RLS 90 mit dem Computerprogramm „SoundPLAN 6.4 ‑ Version 28.01.2007 -“ durchgeführt, wobei örtliche Gegebenheiten wie Bebauung, Geländehöhen, Abschirmungen sowie Höhenlagen von Straßen und Bauwerken berücksichtigt wurden. Die durch die vorgesehenen Lärmschutzwände entstehenden zusätzlichen Schallreflexionen werden ebenfalls in den Berechnungsergebnissen berücksichtigt.“ Das Rechenprogramm SoundPLAN gehört zu den gängigen Rechenmodellen für die Berechnung der Schallausbreitung in komplexer Topografie.
289Vgl. OVG NRW, Urteil vom 13. Dezember 2007 ‑ 7 D 122/06.NE -, juris, Rdnr. 74, 76.
290Es entspricht nach der Bestätigung des Lizenzgebers allen Anforderungen für die Durchführung von Rechenoperationen nach der 16. BImSchV i. V. m. des RLS-90 und ist in einem Testverfahren des Bundesverkehrsministeriums und der Straßenbauverwaltung überprüft worden.
291Vgl. OVG Lüneburg, Urteil vom 23. November 2010 - 7 KS 143/08 -, juris, Rdnr. 23.
292Dem sind die Kläger in Bezug auf ihre jeweiligen Grundstücke nicht substantiiert entgegengetreten. Sie äußern nur nicht belegte Vermutungen.
293ddd) Durch das mithin nicht zu beanstandende, dem Planfeststellungsbeschluss zu Grunde liegende Lärmschutzkonzept wird ‑ im Wege einer Lärmsanierung ‑ für die Grundstücke der Kläger „Vollschutz“ erreicht: Für das Grundstück der Klägerin zu 1. ergibt die Nachberechnung unter Zugrundelegung der höher gelegenen Berechnungspunkte im Obergeschoss 56,1 dB(A) am Tag und 48,6 dB(A) in der Nacht. Damit werden die Grenzwerte der 16. BImSchV für Wohngebiete von 59 dB(A) tags und 49 dB(A) nachts eingehalten. Die Immissionsgrenzwerte des § 2 Abs. 1 der 16. BImSchV stellen in Gebieten, die durch eine Wohnnutzung geprägt sind, sicher, dass auch zu Zeiten überdurchschnittlicher Inanspruchnahme der Straße nach dem derzeitigen Kenntnisstand Gesundheitsgefährdungen nicht zu besorgen sind.
294Vgl. BVerwG, Urteil vom 21. März 1996 ‑ 4 A 10.95 ‑, Buchholz 406.25 § 41 BImSchG Nr. 13, S. 39.
295Auf dem Grundstück des Klägers zu 2. werden 60 dB(A) tagsüber und 53 dB(A) nachts erreicht; das liegt unter den Grenzwerten der 16. BImSchV für den Außenbereich von 64 dB(A) tags und 54 dB(A) nachts.
296Anspruch auf (weiteren) Lärmschutz besteht daher bei dem Bau oder der wesentlichen Änderung einer öffentlichen Straße grundsätzlich nur, wenn der von der neuen oder geänderten Straße ausgehende Verkehrslärm den nach § 2 Abs. 1 der 16. BImSchV maßgeblichen Immissionsgrenzwert überschreitet.
297Vgl. BVerwG, Urteil vom 21. März 1996 ‑ 4 C 9.95 ‑, BVerwGE 101, 1.
298Das ist bei den Grundstücken der Kläger ‑ wie dargelegt ‑ nicht der Fall. Allerdings ist Lärmschutzgesichtspunkten bereits unterhalb der Erheblichkeitsschwel-le, die durch § 2 Abs. 1 der 16. BImschV als im Wege der Abwägung nicht überwindbare Grenze bezeichnet wird, im Rahmen des nach § 17 Satz 2 FStrG gebotenen Interessenausgleichs Rechnung zu tragen.
299Vgl. BVerwG, Beschluss vom 5. März 1999 ‑ 4 A 7.98 ‑, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 149, S. 20.
300Es ist jedoch unter Abwägungsgesichtspunkten nicht zu beanstanden, dass der Beklagte Lärmschutz nur insoweit vorgesehen hat, als darauf ein gesetzlicher Anspruch besteht, mithin auf die Grenzwerte der 16. BImSchV abgestellt hat (PFB B. 5.3.5.1, S. 96 ff.). Dabei ist zu berücksichtigen, dass sich die Lärmsituation auf dem Grundstück der Klägerin zu 1. durch den geplanten aktiven Lärmschutz gegenüber der gegenwärtigen Situation grundlegend verbessern wird, weil das Grundstück dem von der bereits vorhandenen Trasse der B 51 herrührenden Lärm bisher ungeschützt ausgesetzt ist.
301Die Kläger haben auch keine weitergehenden Ansprüche im Hinblick auf Lärmschutz für ihre Außenwohnbereiche. Außenwohnbereiche sind neben den bebauten Außenwohnbereichsflächen wie Balkonen, Loggien und Terrassen nur sonstige zum Wohnen im Freien geeignete und bestimmte Flächen des Grundstücks wie Gartenlauben und Grillplätze, nicht jedoch ‑ wie die Kläger offenbar meinen ‑ Gärten oder das gesamte Grundstück.
302Vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Mai 2012 ‑ 9 A 35.10 ‑, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 225, S. 29.
303Vor diesem Hintergrund machen die Kläger eine Überschreitung der maßgeblichen Immissionsgrenzwerte in ihren Außenwohnbereichen schon nicht substantiiert geltend, zumal hierfür nur auf die an beiden Wohnhäusern nach der lärmtechnischen Unterlage mit mindestens 2,9 dB(A) deutlich unterschrittenen Tagesgrenzwerte abzustellen ist.
304eee) Da die Immissionsgrenzwerte der gemäß § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG zur Durchführung des § 41 BImSchG erlassenen 16. BImSchV auf den Grundstücken der Kläger eingehalten werden, sind die Einwände der Kläger gegen die zur Umsetzung des in § 41 BImSchG vorgesehenen Lärmschutzkonzepts erforderliche Nutzen-Kosten-Prüfung nicht entscheidungserheblich. Denn eine Verhältnismäßigkeitsprüfung nach § 41 Abs. 2 BImSchG, die eine derartige Nutzen-Kosten-Prüfung erfordern würde, war für die Grundstücke der Kläger wegen der Einhaltung der Grenzwerte gerade nicht erforderlich.
305d) Der Vortrag der Kläger zu einer fehlerhaften Ermittlung und Bewertung der Luftschadstoffe in den planfestgestellten Ergebnissen des Luftschadstoffgutachtens (Anlage Nr. 99 zum Planfeststellungsbeschluss, Beiakte 10 zu 11 D 6/12.AK) zeigt keinen zu ihren Gunsten durchgreifenden Abwägungsfehler der Planfeststellung auf. In dieser Hinsicht bedarf es keiner weiteren Vertiefung, ob ihre Einwände zutreffend sind.
306aa) Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss ist bezüglich der Luftschadstoffproblematik - trotz des umfangreichen Vortrags der Kläger zu diesem Gesichtspunkt - bereits deshalb nicht abwägungsfehlerhaft, weil die Einhaltung der Grenzwerte der 39. BImSchV keine Rechtmäßigkeitsvoraussetzung für die Planfeststellung eines Straßenbauvorhabens ist. Grenzwertüberschreitungen sind nach dem System der Luftreinhalteplanung (vgl. § 47 BImSchG und § 27 der 39. BImSchV) unabhängig von den Immissionsquellen zu vermeiden. Allerdings ist das Gebot der Konfliktbewältigung als Ausformung des Abwägungsgebots verletzt, wenn die Planfeststellungsbehörde das Vorhaben zulässt, obgleich absehbar ist, dass seine Verwirklichung die Möglichkeit ausschließt, die Einhaltung der Grenzwerte mit den Mitteln der Luftreinhalteplanung in einer mit der Funktion des Vorhabens zu vereinbarenden Weise zu sichern. Das ist insbesondere der Fall, wenn die von einer planfestgestellten Straße herrührenden Immissionen bereits für sich genommen die maßgeblichen Grenzwerte überschreiten. Von diesem Fall abgesehen geht der Gesetzgeber davon aus, dass sich die Einhaltung der Grenzwerte mit den Mitteln der Luftreinhalteplanung sichern lässt. Für die Annahme, dass dies nicht möglich ist, müssen deshalb besondere Umstände vorliegen.
307Vgl. etwa BVerwG, Urteile vom 10. Oktober 2012 - 9 A 19.11 -, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 228, S. 38.
308Solche besonderen Umstände können sich vor allem aus ungewöhnlichen örtlichen Gegebenheiten (zentrale Verkehrsknotenpunkte, starke Schadstoffvorbelastung durch eine Vielzahl von Emittenten) ergeben.
309Vgl. BVerwG, Urteil vom 26. Mai 2004 ‑ 9 A 6.03 ‑, BVerwGE 121, 57 (64).
310Derartige besondere Umstände sind für die Stadt N. weder geltend gemacht noch ersichtlich.
311Vgl. auch BVerwG, Urteil vom 26. Mai 2004 ‑ 9 A 6.03 ‑, BVerwGE 121, 57 (65), zu einer vierspurigen innerstädtischen Ausfallstraße in Dresden mit ähnlich hoher Verkehrsbelastung wie für die B 51 prognostiziert.
312Hieran gemessen genügt die Planung dem Gebot der Konfliktbewältigung. Das zum Gegenstand der Planfeststellung gemachte Luftschadstoffgutachten von September 2011 (Anlage Nr. 99 zum Planfeststellungsbeschluss, Beiakte 10 zu 11 D 6/12.AK) kommt auf der Grundlage der vom Beklagten angegebenen Verkehrsmengen für das Jahr 2020 zu dem Ergebnis, dass die über ein Kalenderjahr gemittelten Immissionsgrenzwerte von jeweils 40 µg/m3 sowohl für Stickstoffdioxid (§ 3 Abs. 2 der 39. BImSchV) als auch für Feinstaub PM10 (§ 4 Abs. 2 der 39. BImschV) und der ab 2015 geltende Immissionsgrenzwert von 25 µg/m3 für Feinstaub PM2,5 (§ 5 Abs. 2 der 39. BImschV) mit den prognostizierten unter 30 µg/m3 für Stickstoffdioxid, unter 24 µg/m3 für PM10 und unter 20 µg/m3 für PM2,5, jeweils für die zur B 51 nächstgelegenen Wohnbebauung am C2.-----weg deutlich bis weit unterschritten werden (vgl. Abbildungen 6.2, 6.4 und 6.6). Die auf S. 28 und 33 des Gutachtens referierten Ergebnisse für die Feinstaubimmissionen werden im Planfeststellungsbeschluss auf S. 117 zutreffend wiedergegeben. In diesem Zusammenhang merkt der Senat an, dass schon die im Gutachten als Hintergrundbelastung zu Grunde gelegten von der Messstation N. Geist im Jahr 2010 gemessenen Jahresmittelwerte für Stickstoffdioxid 25 µg/m3, für PM10 22 mg/m3 und für PM2,5 19 µg/m3 betragen, so dass die von dem planfestgestellten Vorhaben herrührenden zusätzlichen Schadstoffbelastungen bezogen auf das Grundstück der Klägerin zu 1. gering sind.
313Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss geht daher zu Recht davon aus, dass mit der Realisierung des Vorhabens keine atypische Situation entsteht, die bereits in der Planfeststellung Maßnahmen erfordert, und weitere Maßnahmen einer Luftreinhalteplanung vorbehalten werden können (PFB B. 5.3.5.2, S. 116 bis 118). Für den Beklagten bestand daher kein Anlass, die Luftreinhalteplanung der Stadt N. im Planfeststellungsbeschluss zu überprüfen.
314bb) Unabhängig davon werden - wie soeben dargelegt - die Immissionsgrenzwerte der 39. BImSchV eingehalten; das Luftschadstoffgutachten ist nicht zu beanstanden.
315aaa) Die Grenzwerte der 39. BImSchV beruhen auf unionsrechtlichen Vorgaben durch die Richtlinie 2008/50/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2008 über Luftqualität und saubere Luft in Europa (Abl. Nr. L 152 S. 1).
316Vgl. zusammenfassend Bruckmann/Strecker, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Band IV, Kommentar, Stand 15. November 2014, 39. BImSchV Vorb., Rdnr. 3.
317Der Senat ist gemäß Art. 20 Abs. 3 GG an diese rechtlichen Maßstäbe gebunden und daher nicht befugt, eine Entscheidung auf der Basis hiervon möglicherweise abweichender wissenschaftlicher Erkenntnisse zu treffen, wie sie etwa von Prof. Dr. L. in der mündlichen Verhandlung vorgetragen worden sind bzw. sich aus den von ihm vorgelegten umfangreichen Unterlagen ergeben („Die Biologie kennt keine Grenzwerte.“).
318Nach Art. 191 Abs. 3 AEUV (vgl. auch die Querschnittsklausel in Art. 11 AEUV) berücksichtigt die Union bei der Erarbeitung ihrer Umweltpolitik ‑ hierzu gehört die Richtlinie 2008/50/EG ‑ u. a. die verfügbaren wissenschaftlichen und technischen Daten. Die gerichtliche Kontrolle, was die Berücksichtigung wissenschaftlicher und technischer Daten angeht, beschränkt sich darauf, ob die Maßnahme offensichtlich fehlerhaft ist, ob sie einen Ermessensmissbrauch darstellt oder ob die betreffende Behörde die Grenzen ihres Ermessens offensichtlich überschritten hat. Dem Gebot zur Berücksichtigung des Standes von Wissenschaft und Technik ist nach dem EuGH schon dann entsprochen, wenn sich dies aus den Begründungserwägungen ablesen lässt und wenn ein Rechtsakt Überwachungsvorschriften zur Beurteilung der Wirksamkeit der getroffenen Regelungen sowie Revisionsklauseln beinhaltet, welche vorsehen, dass die Kommission unter Berücksichtigung technischen Fortschritts Einfügungen, Streichungen oder Änderungen vornehmen kann.
319Vgl. etwa Kahl, in: Streinz (Hrsg), EUV/AEUV, 2. Auflage 2012, Art. 191 AEUV, Rdnr. 121, m. w. N.
320Die Richtlinie 2008/50/EG sieht in ihrem Art. 32 ausdrücklich vor, dass die Kommission im Jahr 2013 die Vorschriften über PM2,5 sowie gegebenenfalls andere Schadstoffe überprüft, und regelt Einzelheiten des Überprüfungsverfahrens, das auch die Berücksichtigung neuester wissenschaftlicher Informationen vorsieht. Für PM2,5 bestimmt bereits die Richtlinie selbst und ihr folgend § 5 Abs. 2 der 39. BImSchV ab 2015 einen neuen Grenzwert.
321Auch aus Art. 3 i. V. m. Art. 37 der Europäischen Grundrechtecharta ergibt sich kein umfassendes Recht auf gesunde Umwelt.
322Vgl. Borowsky, in: Meyer (Hrsg.) Charta der Grundrechte der Europäischen Union, 4. Auflage 2014, Art. 3 Rdnr. 38.
323Aus der staatlichen Schutzpflicht nach Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG („Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit.“) ergeben sich keine weitergehenden Anforderungen. Ohne verlässliche wissenschaftliche Erkenntnisse über komplexe Gefährdungen ist es nicht Sache der Gerichte, sondern des Verordnungsgebers, den Erkenntnisfortschritt der Wissenschaft mit geeigneten Mitteln zu beobachten und zu bewerten. Diese Pflicht ist erst verletzt, wenn eine ursprünglich rechtmäßige Regelung aufgrund neuer Erkenntnisse oder einer veränderten Situation verfassungsrechtlich evident untragbar geworden ist.
324Vgl. BVerwG, Gerichtsbescheid vom 21. September 2010 ‑ 7 A 7.10 ‑, juris, Rdnr. 17, unter Hinweis auf BVerfG, Beschluss vom 24. Januar 2007 ‑ 1 BvR 382/05 ‑, NVwZ 2007, 805.
325Das ist im Hinblick auf die Fortschreibung der Grenzwerte und der oben dargelegten in der Richtlinie 2008/50/EG ausdrücklich vorgesehenen Überprüfung nicht ersichtlich.
326Die von den Klägern angeführten Regelungen in § 1 Nr. 19 und 37 sowie § 23 und § 26 der 39. BImSchV zu „langfristigen und nationalen Zielen“, zum „Zielwert“ und zur „bestmöglichen Luftqualität“ ergeben keine über die Einhaltung der in den §§ 3 bis 5 der 39. BImSchV rechtsverbindlich festgelegten konkreten Grenzwerte hinausgehenden subjektiven Rechte der Kläger.
327bbb) Entgegen der Auffassung der Kläger legt das Gutachten für die Schadstoffhintergrundbelastung zu Recht die Messwerte der vom LANUV im Rahmen des Luftqualitätsüberwachungssystems betriebenen Station N. Geist zu Grunde. Die Auswahl der berücksichtigten Messstationen muss den örtlichen Verhältnissen Rechnung tragen und gegebenenfalls bestehende deutliche Unterschiede der für die Vorbelastung im Plangebiet maßgeblichen Faktoren berücksichtigen.
328Vgl. BVerwG, Urteil vom 9. Juni 2010 - 9 A 20.08 -, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 208, S. 166.
329Nach § 1 Nr. 22 der 39. BImSchV sind „Messstationen für den städtischen Hintergrund“ Messstationen an Standorten in städtischen Gebieten, an denen die Werte repräsentativ für die Expositon der städtischen Bevölkerung sind. Dies wird in Anlage 3 B.1.c) zur 39. BImSchV dahingehend präzisiert, dass die gemessene Verschmutzung den integrierten Beitrag sämtlicher Quellen im Luv der Hauptwindrichtung der Station erfasst. Für die gemessene Verschmutzung sollte nicht eine einzelne Quelle vorherrschend sein, es sei denn, dies ist für eine größere städtische Fläche typisch. Die Probenahmestellen müssen grundsätzlich für eine Fläche von mehreren Quadratkilometern repräsentativ sein.
330Die Station N. Geist befindet sich etwa 5 km südwestlich des Untersuchungsgebiets im Zentrum von N. zwischen Kleingärten und Wohnhäusern (Gutachten S. 18) an einem Schulgelände. Ein Gewerbegebiet liegt etwa 1,5 km östlich bis südöstlich der Station. Die in diesem Abschnitt vierstreifige B 51 verläuft ca. 200 m südlich, die B 54 ca. 700 m östlich und die B 219 ca. 500 m westlich der Station.
331Vgl. die Beschreibung der näheren Umgebung auf der Internetseite des LANUV http:/www.lanuv.de/luft/messorte/steckbriefe/msge.htm.
332Diese Messstation ist damit die dem planfestgestellten Vorhaben nächstgelegene Station, deren Messwerte eine städtische Schadstoffhintergrundbelastung wiedergeben. Dabei bezieht sich die Anforderung, den integrierten Beitrag sämtlicher Quellen im Luv der Hauptwindrichtung der Station zu erfassen, auf die konkrete Lage der Messstation selbst, bedeutet jedoch nicht, dass die Station so positioniert sein muss, dass sie sämtliche stark emittierenden Schadstoffquellen der Stadt N. erfasst. Dann würde sie gerade nicht mehr die für die städtische Fläche typische Hintergrundbelastung ermitteln und wäre nicht für eine Fläche von mehreren Quadratkilometern repräsentativ.
333Dem gegenüber liegen die anderen drei vom LANUV in N. betriebenen Messstationen unmittelbar an vielbefahrenen Straßen. Die von den Klägern angesprochene Station an der X1. Straße steht auf dem Gehweg einer stark befahrenen und beidseitig von einer geschlossenen mehrgeschossigen Bebauung begrenzten innerstädtischen Ausfallstraße in N. . Sie ist daher nicht geeignet, die großräumig vorhandene Hintergrundbelastung abzubilden, die im Untersuchungsgebiet ohne Verkehr auf den in die Untersuchung einbezogenen Straßen vorliegen würde (vgl. auch Luftschadstoffgutachten S. 13 unten).
334ccc) Nach der Anlage 3 zur 39. BImSchV ist die Luftqualität in solchen Bereichen zu untersuchen, in denen die individuelle Aufenthaltsdauer von Menschen typischerweise einen „signifikanten“ Anteil am Mittelungszeitraum des jeweils zu betrachtenden Immissionsgrenzwerts einnimmt. Danach sind selbst bezogen auf Grenzwerte mit dem geringsten Mittelungszeitraum von einer Stunde (vgl. §§ 2 f. der 39. BImSchV) nur solche Bereiche zu untersuchen, in denen der Einzelne nicht nur für einen kurzen Moment, sondern „über einen längeren Zeitraum“ Schadstoffen ausgesetzt ist.
335Vgl. BVerwG, Urteil vom 10. Oktober 2012 ‑ 9 A 19.11 ‑, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 228, S. 48.
336Selbst wenn man unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe - anders als im Planfeststellungsbeschluss auf S. 117 wiedergegeben - den Garten des Grundstücks der Klägerin zu 1. einbezieht, werden die Grenzwerte ‑ wie oben dargelegt ‑ deutlich bis weit unterschritten. Für das Grundstück des Klägers zu 2. steht eine Grenzwertüberschreitung ohnehin nicht in Rede.
337Angesichts der deutlichen Unterschreitung der Grenzwerte auch auf dem Grundstück der Klägerin zu 1. ist nicht erheblich, dass das Luftschadstoffgutachten (vgl. Abbildung 5.1 auf S. 22) für die B 51 von einer zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 70 km/h ausgeht, während die lärmtechnische Untersuchung eine zulässige Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h zu Grunde legt und der Planfeststellungsbeschluss die zulässige Höchstgeschwindigkeit nicht regelt. Die prognostizierte Schadstoffbelastung liegt auch dann auf der „sicheren Seite“, wenn von der zuständigen Straßenverkehrsbehörde künftig ein Tempolimit von 100 km/h zugestanden würde. Das hat der Gutachter dem Beklagten am 29. März 2012 mitgeteilt. Die Stickstoffdioxidimmissionen würden sich um höchstens 1 µg/m3 erhöhen, die Werte für PM10 um 1 bis 4 %, so dass auch bei einer Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h Grenzwertüberschreitungen nicht zu erwarten seien. Hierbei ist auch zu berücksichtigen, dass das Luftschadstoffgutachten die als „maximale“ Verkehrsbelastung prognostizierte Verkehrsmenge von 50.600 Kfz/24 h zu Grunde legt, während die Verkehrsprognose der IVV vom 11. September 2006 für den hier fraglichen Abschnitt nördlich der X. Straße eine Verkehrsbelastung von nur 41.700 Kfz/24 h prognostiziert.
338ddd) Dafür dass dem Gutachterbüro Eingabefehler oder Rechenfehler unterlaufen sind, fehlt jeder schlüssige Anhaltspunkt. Der Gutachter hat im Termin zur mündlichen Verhandlung erläutert, dass die Auswirkungen der geplanten Lärmschutzwände in das Rechenprogramm eingearbeitet sind. Bedenken an der Fachkompetenz und der Unparteilichkeit des Ingenieurbüros M. bestehen nicht. Dem Senat ist aus eigener Erfahrung bekannt, dass das Ingenieurbüro M. in Nordrhein-Westfalen regelmäßig Planfeststellungsverfahren durch Fachbeiträge begleitet hat.
339Vgl. etwa OVG NRW, Urteil vom 24. März 2014 ‑ 11 D 31/11.K -, juris, Rdnr 105 ff.
340eee) Bei dieser Sachlage bedurfte es nicht einer von den Klägern vermissten Berechnung der Kurzzeitgrenzwerte (200 µg/m3 über eine Stunde gemittelt für Stickstoffdioxid, § 3 Abs. 1 der 39. BImSchV; 50 µg/m3 über einen Tag gemittelt für Feinstaub PM10), die auf den Grundstücken der Kläger offensichtlich nicht erreicht werden (vgl. auch die Erläuterung im Luftschadstoffgutachten S. 8 f.).
341fff) Nach alldem musste der Senat dem in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisantrag zu behaupteten Grenzwertüberschreitungen nicht weiter nachgehen.
342e) Aus § 50 BImSchG ergeben sich für die Kläger keine weitergehenden Ansprüche. § 50 Satz 1 BImSchG kommt in Bezug auf Verkehrslärm und sonstige Immissionen die Funktion einer Abwägungsdirektive zu.
343Vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 23. Februar 2005 ‑ 4 A 1.04 ‑, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 186, S. 188.
344Da sowohl die Immissionsgrenzwerte für Lärm als auch für Luftschadstoffe auf den Grundstücken der Kläger eingehalten werden, folgt aus § 50 Satz 1 BImSchG kein Anspruch der Kläger auf weitere Schutzmaßnahmen etwa durch Verwirklichung einer „Tunnellösung“. Der allgemeine Planungsgrundsatz des § 50 BImSchG wendet sich als objektivrechtliches Gebot an die für die Planungsentscheidung zuständige Stelle; er enthält aber für den Planbetroffenen kein subjektives öffentliches Recht.
345Vgl. BVerwG, Beschluss vom 10. September 1981 ‑ 4 B 114.81 ‑, Buchholz 406.25 § 50 BImSchG Nr. 2.
346f) Die Beeinträchtigung des Grundeigentums der Klägerin zu 1. durch eine 5,5 m hohe Lärmschutzwand hat der Beklagte als abwägungserheblichen Belang gesehen und auf Seite 147 des Planfeststellungsbeschlusses behandelt. Er hat auf die Gestaltung der Wand verwiesen, die in einer Höhe über 3 m transparentes Material vorsieht, ferner auf die Anpflanzung eines Grüngürtels vor der Lärmschutzwand. Schließlich verweist er noch auf eventuelle Entschädigungsansprüche (PFB B. 5.3.12.3, S. 148). Das reicht als Abwägung aus.
347Nach der Umplanung durch den Planänderungsbescheid vom 12. August 2014 wird die Lärmschutzwand in ca. 1,7 m Entfernung von der Westgrenze des Grundstücks der Klägerin zu 1. errichtet, die wiederum mindestens 28 m vom Wohngebäude entfernt liegt. Fragen einer Verschattung oder gar einer erdrückenden Wirkung stellen sich daher nicht. Die Klägerin zu 1. hat, nachdem durch die Umplanung ihr Grundstück nicht mehr in Anspruch genommen werden muss, auch keine konkreten Belange einer Eigentumsbeeinträchtigung geltend gemacht, die in die Abwägung hätten eingestellt werden müssen, sondern nur „drastische Folgen für die Wohnnutzung insbesondere der Außenbereiche“ behauptet. Dabei wird jedenfalls übersehen, dass sich im Vergleich zur gegenwärtigen Situation die Nutzung des Außenbereichs erheblich verbessert, weil die bereits vorhandene B 51 im Zuge des Ausbaus erstmals mit einer Lärmschutzwand versehen wird.
3485. Auch der Vortrag der Kläger, die Belastungen durch Baulärm und Erschütterungen während der Bauzeit seien weder ermittelt worden, noch seien im Planfeststellungsbeschluss Aussagen zum Schutz vor ihnen getroffen worden, greift nicht durch. Die durch die Straßenbauarbeiten verursachten Lärm- und Schadstoffbelastungen müssen wegen ihres unregelmäßigen Entstehens nicht durch eine Lärm- bzw. Schadstoffprognose ermittelt werden.
349Vgl. BVerwG, Urteil vom 3. März 2011 ‑ 9 A 8.10 ‑, BVerwGE 139, 150 (183 f.).
350Gleiches muss für die von den Klägern befürchteten Erschütterungen gelten.
351Der Beklagte hat im Planfeststellungsbeschluss im Hinblick auf Erschütterungen und (sonstige) Bauimmissionen und ‑auswirkungen unter A. 5.3 und 5.4 (S. 27 f.) verschiedene Nebenbestimmungen angeordnet, die zu einer weitgehenden Minimierung der Immissionsbelastung für die Umgebung führen. Dass es dennoch zu Beeinträchtigungen kommen kann, ist unvermeidbar.
352Den von den Klägern aufgezeigten „offenkundigen Widerspruch“, die AVV-Baulärm sei zu beachten, könne aber nicht eingehalten werden, sieht der Senat nicht. Es ist plausibel, dass der Beklagte die AVV-Baulärm grundsätzlich heranzieht, aber gleichzeitig einräumt, es könnten „temporäre Lärmeinwirkungen oberhalb der Richtwerte … nicht gänzlich ausgeschlossen werden.“ (PFB S. 28). Genauere Regelungen kann der Beklagte nicht treffen. Es leuchtet ohne Weiteres ein, dass die Unregelmäßigkeit des durch die Bauarbeiten ausgelösten Lärms eine detaillierte Lärmprognose nicht zulässt.
353Vgl. BVerwG, Urteil vom 3. März 2011 ‑ 9 A 8.10 ‑, BVerwGE 139, 150 (184).
354Schließlich enthalten die Nebenbestimmungen A. 5.3 und 5.4 den Passus, dass in dem Fall, dass trotz optimierter Bauverfahren die Anhaltswerte überschritten (Erschütterungen) bzw. die Eingreifwerte (Bauimmissionen und –auswirkungen) erheblich überschritten und dadurch Schäden verursacht werden, diese „nach den Grundsätzen des § 906 BGB zu entschädigen“ sind. Damit sind die Rechtspositionen der Kläger ausreichend geschützt und berücksichtigt, und zwar gerade auch im Hinblick auf die von den Klägern zitierte Rechtsprechung des BGH,
355Urteil vom 30. Oktober 2009 ‑ V ZR 17/09 ‑, NJW 2010, 1141 (1143, Rdnr. 28 f.).
356B. Der auf eine Verpflichtung des Beklagten gerichtete Hilfsantrag der Kläger, sie unter teilweiser Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses vom 30. September 2011 hinsichtlich ihrer durch das Vorhaben betroffenen Rechte/Interessen, insbesondere hinsichtlich des Schutzes vor Immissionen, erneut zu bescheiden, bleibt nach dem vorstehend Dargelegten ohne Erfolg. Die Kläger haben insbesondere keinen Anspruch auf eine Ergänzung des Planfeststellungsbeschlusses um Maßnahmen des aktiven Schallschutzes oder um die Anordnung der Erstattungsfähigkeit dem Grunde nach für Maßnahmen des passiven Schallschutzes. Das Lärmschutzkonzept der angefochtenen Planungsentscheidung steht mit den Vorgaben der §§ 41, 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG i. V. m. § 2 der 16. BImSchV im Einklang; die Immissionsgrenzwerte sowohl für Lärm als auch für Luftschad-stoffe werden auf den Grundstücken der Kläger sämtlich eingehalten. Das Vorhaben ist damit nicht zu Lasten der Kläger abwägungsfehlerhaft und verletzt in seiner festgestellten Form keine Rechte der Kläger.
357C. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 Abs. 1, 159 Satz 1 VwGO, 100 Abs. 1 ZPO.
358Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus den §§ 167 VwGO, 708 Nr. 10, 711 Satz 1 ZPO.
359Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.
Gründe
- 1
-
Die auf die Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache und der Divergenz (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 und 2 VwGO) gestützte Beschwerde kann keinen Erfolg haben.
- 2
-
1. Die Rechtssache hat nicht die grundsätzliche Bedeutung, die ihr der Kläger beimisst.
- 3
-
Der Kläger möchte rechtsgrundsätzlich geklärt wissen,
-
ob die Planrechtfertigung für die nachträgliche Zulassung bzw. Anordnung aktiver Schallschutzmaßnahmen bei unveränderter verkehrlicher Funktion und Leistungsfähigkeit der Straße auch dann gegeben sein kann, wenn damit weder ein Vorbehalt aus einem Ausgangsplanfeststellungsbeschluss abgearbeitet wird, noch die Voraussetzungen für nachträgliche Schutzauflagen gemäß § 75 Abs. 2 Satz 2 Verwaltungsverfahrensgesetz gegeben sind, noch Lärmbeeinträchtigungen entgegengewirkt werden soll, die aktuell oder nach dem jeweiligen Prognosehorizont im Bereich bzw. jenseits der Sanierungsgrenzwerte entsprechend Ziff. 37.1 VLärmSchR 97 liegen, und für die Verwirklichung der Maßnahme auf privates Grundeigentum i.S.d. Art. 14 Abs. 1 GG zugegriffen werden muss bzw. ob angesichts der Unanwendbarkeit der §§ 41 ff. BImSchG i.V.m. der 16. BImSchV die Planrechtfertigung für solche Maßnahmen nicht prinzipiell ausscheidet.
- 4
-
Diese Fragen rechtfertigen die Zulassung der Revision nicht, weil sie ohne Weiteres anhand des Gesetzes und bereits vorliegender Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts beantwortet werden können. Das rechtliche Erfordernis einer Planrechtfertigung ergibt sich aus der Erwägung, dass eine hoheitliche Planung wegen der von ihr ausgehenden Auswirkungen auf die Rechte Dritter ihre Rechtfertigung nicht schon in sich trägt. Die Planrechtfertigung dient damit dem Zweck, Vorhaben, die nicht mit den Zielen des jeweiligen Fachrechts in Einklang stehen, bereits auf einer der Abwägung vorgelagerten und einer vollen gerichtlichen Überprüfung unterliegenden Stufe auszuscheiden. Sie stellt eine praktisch nur bei groben und einigermaßen offensichtlichen Missgriffen wirksame Schranke der Planungshoheit dar (Urteil vom 11. Juli 2001 - BVerwG 11 C 14.00 - BVerwGE 114, 364 <372 f.> = Buchholz 442.40 § 8 LuftVG Nr. 19 S. 17 m.w.N.). Eine straßenrechtliche Planung hat daher Bestand, wenn sie auf die Verwirklichung der mit dem einschlägigen Fachgesetz generell verfolgten öffentlichen Belange ausgerichtet und vernünftigerweise geboten ist (Urteil vom 7. Juli 1978 - BVerwG 4 C 79.76 u.a. - BVerwGE 56, 110 <118 f.> = Buchholz 442.40 § 8 Nr. 2 S. 7 f.).
- 5
-
Die von dem Träger der Straßenbaulast an einer Bundesfernstraße errichteten Lärmschutzwände sind Bestandteile der Bundesfernstraße (§ 1 Abs. 4 Nr. 1 FStrG) und unterliegen daher dem Planfeststellungsvorbehalt des § 17 Satz 1 FStrG. Sie sind vom eigentlichen Vorhaben nicht isoliert zu betrachten, sondern stehen in einem untrennbaren planungsrechtlichen Zusammenhang mit diesem, und zwar auch dann, wenn sie erst nach Bestandskraft des ursprünglichen Planfeststellungsbeschlusses in einem der Lärmsanierung dienenden Planänderungsverfahren planfestgestellt und errichtet werden (vgl. Urteil vom 14. September 1992 - BVerwG 4 C 34 - 38.89 - BVerwGE 91, 17 <19> = Buchholz 316 § 74 VwVfG Nr. 18 S. 24 f.). Daraus folgt, dass der Planänderungsbeschluss, der nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts dem ursprünglichen Planfeststellungsbeschluss anwächst und mit diesem zu einem einzigen Plan in der durch den Änderungsbeschluss erreichten Gestalt verschmilzt (Urteile vom 9. Juni 2010 - BVerwG 9 A 25.09 - Buchholz 316 § 76 VwVfG Nr. 19 Rn. 24, vom 18. März 2009 - BVerwG 9 A 31.07 - Buchholz 310 § 74 VwGO Nr. 15 Rn. 23 f. und vom 8. Januar 2014 - BVerwG 9 A 4.13 - NVwZ 2014, 1008 Rn. 15), an der Planrechtfertigung des ursprünglichen Planfeststellungsbeschlusses teilnimmt. Einer gesteigerten Form der Rechtfertigung, etwa im Sinne einer Erforderlichkeit eines Änderungsvorhabens, bedarf es daher bei nachträglich planfestgestellten Lärmschutzwänden nicht (Urteil vom 14. September 1992 a.a.O. S. 29
).
- 6
-
Keine Frage der Planrechtfertigung, sondern eine Frage der Abwägung ist es dagegen, ob die für das Vorhaben sprechenden Gemeinwohlbelange von einem solchen Gewicht sind, dass sie das Bestandsinteresse des Eigentümers am Fortbestand seiner konkreten Eigentumsposition zu überwinden vermögen (vgl. Urteil vom 24. November 2011 - BVerwG 9 A 23.10 - BVerwGE 141, 171 = Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 219 jeweils Rn. 64 ff., 67). Entgegen der Auffassung der Beschwerde gelten die vorgenannten Grundsätze auch in den Fällen, in denen der Träger der Straßenbaulast unterhalb der Schwellenwerte für drohende Gesundheitsgefahren „freiwillig“ Lärmschutzmaßnahmen ergreift. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist jede mehr als nur geringfügig zunehmende Lärmbetroffenheit von Anwohnern eines auszubauenden Verkehrswegs in die Abwägung der Planfeststellungsbehörde einzustellen. Dies gilt auch dann, wenn sie unterhalb der Schwelle der Unzumutbarkeit bleibt und deshalb keine Schutzansprüche auslöst (Urteile vom 20. Mai 1998 - BVerwG 11 C 3.97 - Buchholz 406.25 § 41 BImSchG Nr. 18 S. 50 m.w.N. und vom 23. November 2005 - BVerwG 9 A 28.04 - BVerwGE 124, 334 <345> = Buchholz 406.25 § 41 BImSchG Nr. 45 Rn. 45). Für nachträgliche Planänderungen, die bei bestehenden Verkehrswegen mit dem Ziel einer Reduzierung der von diesen ausgehenden Lärmbetroffenheiten vorgenommen werden, kann nichts anderes gelten.
- 7
-
Auch die Frage,
-
ob bei einem Abwägungsausfall nicht stets von einer Erheblichkeit des Abwägungsmangels auszugehen ist,
-
rechtfertigt die Zulassung der Revision nicht. Auch diese Frage lässt sich ohne Weiteres auf der Grundlage der bisherigen Rechtsprechung beantworten. Ergebnisrelevanz i.S.d. § 17e Abs. 6 FStrG liegt vor, wenn nach den Umständen des Falles die konkrete Möglichkeit besteht, dass ohne den Abwägungsmangel eine andere Entscheidung getroffen worden wäre; eine nur abstrakte Möglichkeit einer anderen Entscheidung genügt nicht. Insoweit ist der Abwägungsvorgang in all seinen Phasen in den Blick zu nehmen (Urteile vom 21. März 1996 - BVerwG 4 C 19.94 - BVerwGE 100, 370 <379 f.> und vom 24. November 2011 a.a.O. Rn. 68). Danach kann auch für den Fall, dass sich die Planfeststellungsbehörde - wie hier - fälschlicherweise rechtlich zur Einleitung eines Planfeststellungsverfahrens verpflichtet sah, eine Fehlerheilung in Betracht kommen. Dem steht nicht die Aussage des 7. Senats des Bundesverwaltungsgerichts in seinem Hinweisbeschluss vom 11. Juli 2013 - BVerwG 7 A 20.11 - (DVBl 2013, 1453 Rn. 12) entgegen, wonach ein Abwägungsausfall dann erheblich ist und eine Prüfung der Ergebnisrelevanz ausscheidet, wenn eine vorgeschriebene fachplanerische Abwägung völlig fehlt. Eine vergleichbare Situation eines Totalausfalls der Abwägung, in der das Gericht „als Ersatzplaner“ selbst abzuwägen hätte, ist im vorliegenden Fall offensichtlich nicht gegeben. Ausweislich des angefochtenen Urteils (UA Rn. 33) hat die Planfeststellungsbehörde die für die Errichtung der Lärmschutzwand erforderliche Abwägung der für und gegen das Vorhaben sprechenden Belange vorgenommen und eine eigene Abwägungsentscheidung getroffen. Dass sie hierbei aufgrund der angenommenen Verpflichtung zur Einleitung eines Planänderungsverfahrens die betroffenen Belange bei ihrer Abwägungsentscheidung unzutreffend bewertet und gewichtet hätte, wird von der Beschwerde nicht dargetan, hierfür ist auch sonst nichts ersichtlich; ein solcher Abwägungsmangel - sein Vorliegen unterstellt - würde im Übrigen einen Fehler darstellen, der von der Regelung des § 17e Abs. 6 FStrG a.F. erfasst wird.
- 8
-
Die Frage,
-
ob es mit dem Gleichheitsgrundsatz vereinbar ist, dass bei der Abarbeitung von Lärmschutzvorbehalten an einer Bundesstraße auch für solche Streckenabschnitte, für die kein Vorbehalt besteht, aktive Lärmschutzmaßnahmen zu Lasten des betroffenen Grundstückseigentümers in gleicher Dimensionierung vorgenommen werden, während an anderen Bundesfernstraßen Lärmschutzmaßnahmen gänzlich unterbleiben oder nur nach Maßgabe der Richtlinien für Lärmsanierung vorgenommen werden,
-
rechtfertigt die Zulassung der Revision ebenfalls nicht. Soweit die Frage auf der Grundlage der vom Oberverwaltungsgericht getroffenen und von der Beschwerde nicht angegriffenen Feststellungen einer generellen und abstrakten Klärung zugänglich ist, fehlt es an jeder Darlegung (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO), warum sie sich nicht auf der Grundlage der bereits zu Art. 3 GG vorliegenden umfangreichen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts beantworten ließe und inwiefern der vorliegende Rechtsstreit Gelegenheit zur Weiterentwicklung der höchstrichterlichen Rechtsprechung geben könnte.
- 9
-
2. Auch die Divergenzrügen (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) greifen nicht durch.
- 10
-
Soweit die Beschwerde hinsichtlich der Planrechtfertigung eine Abweichung des angegriffenen Urteils von der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geltend macht, ist eine solche aus den oben zu 1. dargelegten Gründen nicht gegeben.
- 11
-
Eine weitere Abweichung von der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sieht die Beschwerde in der Abhandlung der Grundrechtsbetroffenheit des Klägers durch das Oberverwaltungsgericht. Eine Divergenz besteht jedoch auch insoweit nicht. Ein abstrakter Rechtssatz, dass die freiwillige Ergänzung von Lärmschutzmaßnahmen unabhängig vom ursprünglichen Planfeststellungsbeschluss zu beurteilen und eine absolute Grenze erreicht ist, wenn sich die planfestgestellte Maßnahme zu Lasten anderer Anlieger auswirkt, lässt sich dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 9. Februar 1995 - BVerwG 4 C 26.93 - (BVerwGE 97, 367 <372 f.> = Buchholz 406.25 § 41 BImSchG Nr. 7 S. 6) nicht entnehmen. Die Aussage des Bundesverwaltungsgerichts, dass das Gebot der Gleichbehandlung verletzt würde, wenn die staatliche Maßnahme, die zum Vorteil des einen bestimmt ist, dem anderen zusätzliche Nachteile aufbürdet, bezieht sich erkennbar auf die Umstände des damals zu entscheidenden Falles. Dieser war dadurch gekennzeichnet, dass die vorgesehene Lärmsanierung an der Westseite der Bundesstraße wegen der mit der Lärmschutzwand verbundenen Reflexionen zu einer Erhöhung der Lärmbelastung an der östlichen Straßenseite geführt hätte. Für diese Fallgestaltung hat das Bundesverwaltungsgericht den Rechtssatz aufgestellt, dass die Lärmsanierung für die einen Straßenanlieger nicht zu einer Verschlechterung der Lärmsituation für andere Straßenanlieger führen dürfe. Eine vergleichbare Fallkonstellation ist hier nicht gegeben. Dass auch für die Durchführung einer Lärmsanierung nach rechtsfehlerfreier Abwägung der betroffenen öffentlichen und privaten Belange in Rechte Dritter eingegriffen werden kann, ist bereits zu der entsprechenden Grundsatzrüge unter 1. ausgeführt worden. Hierauf wird verwiesen.
- 12
-
Eine Abweichung von der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts besteht nach Auffassung der Beschwerde ferner darin, dass das Oberverwaltungsgericht von einer Maßgeblichkeit der Immissionsgrenzwerte gemäß der Lärmschutzverordnung (16. BImSchV) ausgegangen sei (UA Rn. 31), während nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 9. Februar 1995 - BVerwG 4 C 26.93 - (a.a.O. S. 373 und S. 7) die Grenzwerte der Verkehrslärmschutzverordnung nur im Fall einer Änderung einer Straße i.S.d. § 41 Abs. 1 BImSchG Anwendung finden könnten. Eine Divergenz ergibt sich hieraus jedoch nicht. Denn aus der von dem Kläger angeführten Passage der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts geht hervor, dass die Werte der Lärmschutzverordnung auch dann, wenn keine Änderung einer Straße vorliegt, als Orientierungswerte Anwendung finden können. Nichts anderes hat das Oberverwaltungsgericht zum Ausdruck gebracht, wenn es auf die Überschreitung der maßgeblichen Grenzwerte der Lärmschutzverordnung abstellt und ausführt, dass die Lärmbetroffenen zwar keinen Anspruch auf Lärmschutz aus dem Vorbehalt im ursprünglichen Planfeststellungsbeschluss haben, die Beklagte in dieser Situation aber befugt gewesen sei, den Planfeststellungsbeschluss zu ändern und um aktive Lärmschutzmaßnahmen zu ergänzen.
- 13
-
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG.
Gründe
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof
22 A 14.40037
Im Namen des Volkes
Urteil
vom 13. Oktober 2015
22. Senat
Sachgebietsschlüssel: 480
Hauptpunkte:
Widerruf des Einverständnisses mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung; eisenbahnrechtliche Planfeststellung; Auflassung eines Bahnübergangs und Schaffung einer Ersatzzuwegung; Anliegerin eines Bahnübergangs mit beidseits der Bahnstrecke gelegenen Grundstücken; Verlust der fußläufigen direkten Wegebeziehung; Verweis auf Ersatzzuwegung; Festsetzung einer Ausgleichszahlung für einen ansonsten unzumutbaren Mehrweg; getrennte Planfeststellung für mehrere Bahnübergänge.
Rechtsquellen:
Leitsätze:
In der Verwaltungsstreitsache
...
gegen
...
vertreten durch das ...-Bundesamt, Außenstelle M., A-str. ..., M.,
- Beklagte -
beigeladen: ...
vertreten durch den Vorstand, ...
bevollmächtigt: Rechtsanwälte ...
wegen eisenbahnrechtlicher Planfeststellung;
erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 22. Senat, durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Schenk, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Demling, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Dietz ohne weitere mündliche Verhandlung am 13. Oktober 2015
folgendes Urteil:
I.
Die Klage wird abgewiesen.
II.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
III.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Kostengläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
IV.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Entscheidungsgründe:
Nach § 133 VwGO kann die Nichtzulassung der Revision durch Beschwerde zum Bundesverwaltungsgericht in Leipzig angefochten werden. Die Beschwerde ist beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (in München Hausanschrift: Ludwigstraße 23, 80539 München; Postfachanschrift: Postfach 34 01 48, 80098 München; in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach) innerhalb eines Monats nach Zustellung dieser Entscheidung einzulegen und innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieser Entscheidung zu begründen. Die Beschwerde muss die angefochtene Entscheidung bezeichnen. In der Beschwerdebegründung muss die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts, von der die Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.
Vor dem Bundesverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer in Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und Rechtslehrern an den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Hochschulen mit Befähigung zum Richteramt nur die in § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen. Für die in § 67 Abs. 4 Satz 5 VwGO genannten Angelegenheiten (u. a. Verfahren mit Bezügen zu Dienst- und Arbeitsverhältnissen) sind auch die dort bezeichneten Organisationen und juristischen Personen als Bevollmächtigte zugelassen. Sie müssen in Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht durch Personen mit der Befähigung zum Richteramt handeln.
Beschluss:
Der Streitwert wird auf 15.000 Euro festgesetzt (§ 52 Abs. 1 GKG i. V. m. Nr. 34.2, 2.2.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013).
Tenor
Die Berufungen der Kläger gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 29. Juli 2010 - 8 K 2721/08 - werden zurückgewiesen.
Von den Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Klägerin zu 1 15/36, der Kläger zu 2 17/36 und die Klägerinnen zu 3 und 4 je 1/18 mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen, der diese auf sich behält.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
|
Entscheidungsgründe
| |||||
| |||||
|
| ||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
|
| ||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
|
Gründe
| |||||
| |||||
|
| ||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
|
| ||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
|
(1) Bundesfernstraßen dürfen nur gebaut oder geändert werden, wenn der Plan vorher festgestellt ist. Eine Änderung liegt vor, wenn eine Bundesfernstraße
- 1.
um einen oder mehrere durchgehende Fahrstreifen für den Kraftfahrzeugverkehr baulich erweitert wird oder - 2.
in sonstiger Weise erheblich baulich umgestaltet wird.
(2) Ist das Planfeststellungsverfahren eingeleitet, kann die Planfeststellungsbehörde nach Anhörung der betroffenen Gemeinde eine vorläufige Anordnung erlassen, in der vorbereitende Maßnahmen oder Teilmaßnahmen zum Bau oder zur Änderung festgesetzt werden,
- 1.
soweit es sich um reversible Maßnahmen handelt, - 2.
wenn an dem vorzeitigen Beginn ein öffentliches Interesse besteht, - 3.
wenn mit einer Entscheidung zugunsten des Trägers des Vorhabens gerechnet werden kann und - 4.
wenn die nach § 74 Absatz 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes zu berücksichtigenden Interessen gewahrt werden.
Tatbestand
- 1
Der Kläger wendet sich gegen einen Planfeststellungsbeschluss, der den Umbau des plangleichen (höhengleichen) Knotenpunktes der Bundesstraße B 80 / Kreisstraße K 2147 (Knoten am Friedhof) zu einem planfreien (höhenfreien) Knotenpunkt als halbes Kleeblatt zum Gegenstand hat.
- 2
Die B 80 beginnt in der Stadt Halle und führt in westliche Richtung über die Lutherstadt Eisleben weiter nach Thüringen, das südliche Niedersachen und Nordhessen. Die K 2147 („T Landstraße“) führt vom Ort Zscherben im Südwesten zum Knotenpunkt mit der B 80 und als kommunale Straße weiter zur „E Straße“ im Ortsteil N der Stadt Halle. Unmittelbar südlich des Knotens in westlicher Richtung befinden sich die Zuwegung und der Parkplatz des Friedhofs Halle-Neustadt. Der Knotenpunkt soll in seiner Lage bezogen auf das Straßennetz unverändert bleiben. Zur Herstellung der planfreien Gestaltung des Kontenpunkts soll die K 2147 bzw. die kommunale Straße „Teutschenthaler Landstraße“ über die B 80 geführt und über Ausfahrtsrampen an die jeweiligen Richtungsfahrbahnen Eisleben und Halle, die mit Aus- und Einfädelspuren versehen werden, angebunden werden. Im Zuge der Überführung soll ein einseitiger gemeinsamer Geh-/Radweg im Zweirichtungsverkehr errichtet werden, der eine durchgängige Verbindung zwischen der Ortslage Nietleben bis zum Friedhof schafft. Des Weiteren soll das Wegenetz, insbesondere die Zufahrten zur vorhandenen Wohnbebauung, angepasst werden.
- 3
Am 15.09.2009 beantragte der Landesbetrieb Bau Sachsen-Anhalt, Niederlassung Süd (im Folgenden: LBB), als Vorhabenträger die Durchführung eines Planfeststellungsverfahrens für das Bauvorhaben. Zur Notwendigkeit der Baumaßnahme führte er (vgl. S. 7 ff. des 1. Erläuterungsberichts, Beiakte A – Mappe 1) u.a. aus, der Ausbau des Knotens sei aufgrund der mangelhaften Verkehrsverhältnisse, fehlender Fahrbeziehungen, der fehlenden Verkehrssicherheit und des Zustandes der Verkehrsflächen veranlasst worden. Der Knotenpunkt sei ein Unfallschwerpunkt. Im Rahmen der Vorplanung seien Varianten zur Knotenpunktgestaltung erarbeitet worden, die sowohl plangleiche als auch planfreie Lösungen variierend beinhalteten. Eine plangleiche Lösung sei auf Grund der Verkehrssicherheit und Leistungsfähigkeit nicht möglich. Unter Berücksichtigung von Zwangspunkten – insbesondere die Lage des B-Plan-Gebietes Nr. 2 „Granauer Berg“ – komme die vorliegende Variante zum Tragen. In die Vorplanung seien Ergebnisse verkehrstechnischer Untersuchungen eingeflossen. Die Planung des Knotenpunktes sei zudem in Abstimmung mit den Belangen der Stadt Halle erfolgt. Die fußläufige Verbindung zwischen der Ortslage N und dem Friedhof sei zu gewährleisten und die Wegebeziehungen zu optimieren.
- 4
Die Planunterlagen wurden nach Bekanntmachung im Amtsblatt der Stadt Halle vom 11.11.2009 in der Zeit vom 16.11.2009 bis zum 15.12.2009 ausgelegt. Aufgrund der Betriebsferien der Stadtverwaltung wurde der Auslegungszeitraum bis zum 08.01.2010 verlängert; darauf wurde im Amtsblatt der Stadt Halle vom 09.12.2009 hingewiesen.
- 5
Der Kläger hat als Inhaber eines landwirtschaftlichen Betriebes mit Vertrag vom 15.08.2008, der (zunächst) bis zum 30.09.2026 läuft und sich bei nicht fristgerechter Kündigung um 3 Jahre verlängert, Ackerflächen nördlich der B 80 und westlich der Eislebener Straße (Gemarkung A-Stadt, Flur A, Flurstücke 11 und 12) im Umfang von ca. 2 ha gepachtet, die durch das Bauvorhaben zu einem erheblichen Teil in Anspruch genommen werden.
- 6
Der Kläger erhob im Aufstellungsverfahren mit Schreiben vom 20.01.2010 folgende Einwendungen: Es sei auch bundespolitisches Ziel, den Verbrauch von landwirtschaftlichen Flächen für Bauzwecke zu reduzieren. Bei der nordwestlich der Kreuzung gelegenen Fläche handele es sich um bestes ertragreiches Ackerland, das es zu erhalten gelte. Für das Linksabbiegen aus Richtung Westen (Eisleben) sei eine Linksabbiegerspur völlig ausreichend und wesentlich kostengünstiger. Die Linksabbiegerspur aus Richtung Osten (Halle) nach Zscherben zeige, dass diese Lösung völlig ausreichend und deutlich kostengünstiger sei als das hier in Rede stehende Brückenbauwerk. Verkehrspolitisches Ziel müsse es aus Sicherheits- und Lärmschutzgründen auch sein, den Verkehr auf der B 80 zu beruhigen bzw. zu verlangsamen. Durch das Brückenbauwerk werde das Gegenteil erreicht. Die Fahrgeschwindigkeiten würden sich erhöhen und die Unfallzahlen in diesem Bereich im Falle der Brückenlösung steigen. Weiterhin werde die Verkehrsbelastung in der Ortslage N erheblich zunehmen; dadurch würden dort die Lärmbelastung und die Aufwendungen für die Straßeninstandhaltung deutlich erhöht. Ziel müsse es aber sein, den Verkehr in den bewohnten Ortslagen so gut wie möglich zu reduzieren. Auch stelle das gewaltige Bauwerk einen ganz erheblichen Eingriff in die Landschaft dar. Trotz der geplanten Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen komme es zu einem erheblichen Eingriff in die Ökosysteme. Darüber hinaus führe das geplante Brückenbauwerk nicht nur in der Bauphase zu erheblichen Belastungen für die direkten Anwohner und zu einer erheblichen Wertminderung der angrenzenden Grundstücke. Zu berücksichtigen sei auch, dass sein landwirtschaftlicher Betrieb bereits durch den Weiterbau der Bundesautobahn A 143 von erheblichem Flächenverlust betroffen sei. Aufgrund des zusätzlichen Flächenverlusts durch das hier geplante Bauvorhaben sei zu prüfen, ob sein Betrieb in seiner Existenz bedroht sei. Weiterhin sei zu prüfen, ob das Verkehrsgutachten, das Grundlage der bisherigen Planungen sei, die Veränderungen im Verkehrsfluss die durch die Fertigstellung der A 38 wie der in absehbarer Zeit erfolgenden Fertigstellung der L 164n und den in der Planfeststellung befindlichen Weiterbau der A 143 entstehen, ausreichend berücksichtigt habe. Augenscheinlich sei heute schon festzustellen, dass allein durch die Fertigstellung der A 38 der Verkehr auf der B 80 nachgelassen habe. Auch deshalb sei davon auszugehen, dass Linksabbiegerspuren für diese Kreuzung ausreichend seien.
- 7
Hierzu nahm der LBB mit Schreiben vom 15.04.2010 u.a. wie folgt Stellung (Beiakte F, Bl. 817 ff.): Die vorhandene Lichtsignalanlage (LSA) am streitigen Knoten überschreite in der vorliegenden Form seine Leistungsfähigkeit, d.h. der Knoten sei bereits ausgelastet bzw. überlastet. Im Rahmen der Vorplanung seien unterschiedliche Varianten untersucht worden, auch der Ausbau der Kreuzung mit LSA, Linksabbiegespuren, Rechtsabbiegestreifen bzw. Ausfahrkeilen und Dreiecksinseln. Die verkehrstechnische Berechnung habe ergeben, dass bei dieser Variante in der Prognose für 2015 bzw. 2020 ebenfalls eine Überlastung auftreten werde. Die topographischen Verhältnisse, die Längsneigung und die Sichtverhältnisse aus Richtung Eisleben kommend, erforderten Einschränkungen hinsichtlich der fahrbaren Geschwindigkeit am Knoten. Der Knoten sei erst sehr spät zu erkennen und werde zudem infolge der vorhandenen Streckencharakteristik vom Verkehrsteilnehmer nicht erwartet. Im Zuge der B 80 – von der Anschlussstelle der Bundesautobahn A 38 bis in die Innenstadt (Knoten Vstraße) – sei er der einzige plangleiche Knoten. Die benannte Problematik hinsichtlich Topographie, Sicht und Geschwindigkeit spiegele sich in der Unfallstatistik wider. Dadurch stelle der Knoten in der vorliegenden Form einen Unfallschwerpunkt dar, der mit dem Bau der Brücke beseitigt werde. Die B 80 sei nach den Richtlinien der integrierten Netzgestaltung (RIN) als großräumige Straßenverbindung (LS 1) eingestuft und auch Autobahnzubringer. Damit liege in diesem Fall das verkehrspolitische Ziel nicht in einer Verkehrsberuhigung, sondern in der Sicherung der Verkehrssicherheit und Leistungsfähigkeit entsprechend der maßgebenden Verbindungsfunktion. Für das geplante Vorhaben sei eine schalltechnische Untersuchung sowie eine Luftschadstoffuntersuchung erstellt worden. Nach der schalltechnischen Untersuchung liege keine wesentliche Änderung einer Straße im Sinne von § 1 der 16. BImSchV vor. In der Schadstoffsituation sei im Ergebnis festgestellt worden, dass die ermittelten Immissionen unterhalb der vom Gesetzgeber festgelegten kritischen Werte liegen. Die Eingriffe in die Landschaft und die Ökosysteme seien im Rahmen eines landschaftspflegerischen Begleitplanes und eines artenschutzrechtlichen Fachbeitrages bewertet worden; entsprechende Maßnahmen würden vorgesehen. Für die Berechnung der Leistungsfähigkeit des Knotens sei die Prognose IV bzw. V der Stadt Halle herangezogen worden (für den Prognosehorizont 2015 bzw. 2020), die sowohl die A 143 (mit und ohne Fertigstellung bis zur A 14) als auch den Ausbau der Osttangente bis zur B 100 berücksichtigten. Für die B 80 sei ein Rückgang der Verkehrsbelastung nicht zu erwarten.
- 8
Im Erörterungstermin am 28.07.2010 führte der Kläger ergänzend aus, er rege an, einen Kreisverkehr anzulegen; solche Anlagen hätten sich in der Vergangenheit immer wieder als ausgesprochen leistungsfähig erwiesen. Im Rahmen der Planfeststellung und Verwirklichung des vorgesehenen Lückenabschnittes der A 143 habe er mit einem erheblichen Verlust landwirtschaftlicher Flächen zu rechnen; die beiden Vorhaben seien im Zusammenhang zu betrachten. Die gegebene mangelhafte Verkehrssicherheit der Kreuzung sei auch durch eine stärkere verkehrspolizeiliche Überwachung in den Griff zu bekommen.
- 9
Mit dem angefochtenen Planfeststellungsbeschluss vom 29.03.2012 stellte der Beklagte den Plan für den Ausbau der B 80 / K 2147 – Knoten am Friedhof – fest.
- 10
In der Begründung heißt es, der Ausbau des Knotenpunktes sei aus Gründen des Gemeinwohls objektiv notwendig. Der jetzige Zustand dieses Knotenpunktes entspreche in keiner Weise den verkehrlichen Erfordernissen. Die Verkehrsverhältnisse seien mangelhaft. Fehlende Fahrbeziehungen, fehlende Verkehrssicherheit und ein schlechter Zustand der Verkehrsflächen hätte den Knotenpunkt zu einem Unfallschwerpunkt werden lassen. Der vorhandene plangleiche Knoten sei überlastet; er besitze trotz der vorhandenen Lichtzeichenanlage nicht die Leistungsfähigkeit, den auftretenden Verkehr störungsfrei abzuwickeln. Zu Zeiten der Verkehrsspitzen träten regelmäßig und unvermeidlich Rückstaus auf. Dies sei angesichts der gegebenen schwierigen topographischen Verhältnisse nicht hinnehmbar. Insbesondere für Verkehrsteilnehmer, die aus Richtung Eisleben kommen, sei der Knoten erst sehr spät zu erkennen, zudem werde er aufgrund der Streckencharakteristik in der Form nicht erwartet. Der Knoten sei im Zuge der B 80 zwischen der Anschlussstelle zur A 143 und der Innenstadt Halle der einzige plangleiche Knoten. Bereits deshalb dränge es sich auf, auch ihn höhenungleich auszugestalten und so den übrigen Knoten im Trassenverlauf anzupassen.
- 11
Eine Optimierung des bestehenden höhengleichen Knotenpunktes sei auf Grund der räumlich-topographischen Bedingungen nicht mehr möglich. Diesen Befund belegten auch die herangezogenen Verkehrsprognosen. Für die Betrachtung der im Rahmen der Vorplanung zu entwickelnden Knotenpunktvarianten und zur Berechnung deren Leistungsfähigkeit sei die Prognose IV (Individualverkehr) der Stadt Halle herangezogen worden. Sie berücksichtige den Horizont 2015. Trotz eines allgemein erwarteten Rückganges der Verkehrsbelastung, sei für die B 80 in diesem Bereich ein Anstieg zu erwarten. Die Prognose weise für den Knoten eine Belastung von 35.402 Kfz/24h aus. In der Spitzenstunde betrage der DTV der Prognose 2.981 Kfz/h. Im Zuge des Planungsverlaufes sei ein Abgleich mit den aktuellen Daten der Prognose 2020 der Stadt Halle erfolgt. Hierbei würden zwei Fälle unterschieden: Belastung mit Fertigstellung der BAB 143 (Weiterführung von der B 80, NK 4537 039 bis zur Anbindung an die BAB 14 nördlich von Halle) und ohne BAB 143. Im Vergleich ergäben sich folgende Daten:
- 12
Prognosehorizont
DTV [Kfz/24h]
Spitzenstunde [Kfz/h]
2015
35.402
2.981
2020 mit A 143
32.742
2.853
2020 ohne A 143
38.202
3.313
- 13
Dabei sei auf der Basis der Prognosen für 2015 und ergänzend für 2020 – sowohl mit als auch ohne A 143 – die Leistungsfähigkeit der Varianten ermittelt worden. Die verkehrstechnische Untersuchung (Unterlage 15.1) sei fortgeschrieben worden. Aus den Prognosedaten werde deutlich, dass die Verkehrsbelastung des Knotens selbst unter den günstigen Bedingungen auch zukünftig – insbesondere zu den Spitzenzeiten – so groß sein werde, dass ohne bauliche Veränderung die heutige Überlastungssituation fortbestehen werde.
- 14
Die Einwände des Klägers wurden mit folgender Begründung zurückgewiesen: Mit dem Einwand, im Hinblick auf den Flächenbedarf beim Weiterbau der A 143 sehe er die Existenz seines landwirtschaftlichen Betriebes gefährdet, könne der Kläger erst in demjenigen Planfeststellungsverfahren Gehör finden, in welchem die Existenzgefährdung tatsächlich eintrete. Im Übrigen habe er seinen diesbezüglichen Einwand auch nicht hinreichend präzisiert. Der von ihm vorgeschlagene Ausbau des vorhandenen Knotens mittels einer Linksabbiegespur in Richtung N brächte, wie sich bei der im Vorfeld der Planung vorgenommen verkehrstechnischen Berechnung ergeben habe, nicht die gebotene Erhöhung der Leistungsfähigkeit des Knotens mit sich. Überhaupt sei eine Optimierung des bestehenden höhengleichen Knotenpunktes bereits auf Grund der räumlich-topographischen und visuellen Bedingungen nicht mehr möglich. Für Verkehrsteilnehmer, die aus Richtung Eisleben kommen, sei der Knoten erst sehr spät zu erkennen, zudem werde er aufgrund der Streckencharakteristik in der Form auch nicht erwartet. Der Knoten sei im Zuge der B 80 zwischen der Anschlussstelle zur A 143 und der Innenstadt von Halle der einzige plangleiche Knoten. Bereits deshalb dränge es sich auf, auch ihn höhenungleich auszugestalten und so den übrigen Knoten im Trassenverlauf anzupassen. Auch der ins Spiel gebrachte Kreisverkehr würde die für 2015 bzw. 2020 prognostizierte Überlastung nicht verhindern. Ein solcher sei zwar im Prinzip leistungsfähiger als eine Ampelkreuzung. Wenn aber, wie hier, die Verkehrsbelastung der zuführenden Äste stark voneinander differiere, sei die Anlegung eines Kreisverkehres kein geeignetes Mittel, den Verkehrsfluss zu fördern. Hinzu komme, dass die Unübersichtlichkeit des Knotens das Unfallrisiko noch erhöhen würde.
- 15
Der Planfeststellungsbeschluss wurde dem Kläger am 14.04.2012 zugestellt.
- 16
Am 14.05.2012 hat der Kläger Klage erhoben, zu deren Begründung er Folgendes vorträgt:
- 17
Bereits am 18.05.2005 sei der Planfeststellungsbeschluss für den Neubau der A 143 nördlich des Knotens mit der B 80 ergangen. Diesen habe zwar das Bundesverwaltungsgericht mit Urteil vom 17.01.2007 aufgehoben. Das Vorhaben werde aber weiter betrieben. Seit Oktober 2009 laufe das dazu erforderliche ergänzende Verfahren. Nach den bisher bekannten Unterlagen würden seinem Betrieb mit einer landwirtschaftlichen Nutzfläche von 4.030.253 m² für den Neubau dieses Abschnitts der A 143 ca. 52.112 m² Pachtflächen und ca. 85 m² Eigentumsflächen auf Dauer entzogen. Zudem würden etwa 147.409 m² Eigentumsflächen mit einer Dienstbarkeit belastet, so dass seinem Betrieb faktisch Flächen von insgesamt ca. 199.606 m² verloren gingen. Aufgrund der beiden Vorhaben – Knotenausbau B 80 / K 2147 und Neubau der A 143 – sei der von ihm zugezogene Sachverständige zu der Einschätzung gelangt, dass sich für beide Maßnahmen ein Produktionsflächenverlust für den Betrieb von insgesamt ca. 219.606 m² (21,9606 ha) ergebe, was ca. 5,45 % der von ihm landwirtschaftlich genutzten Fläche entspreche. Zu diesen beiden Vorhaben komme noch ein drittes Vorhaben hinzu, das unter Beanspruchung von 9 bis 10 ha seiner Pachtflächen realisiert werden solle. Aktuell betreibe die Gemeinde S. in ihrem Ortsteil (…) auf bisherigen Ackerflächen die Ausweisung und Erschließung eines neuen, mehrere Hektar umfassenden Gewerbegebiets im nördlichen Anschluss an die B 80 und im westlichen Anschluss an die neue A 143. Im Ergebnis dieser Planungen stünden ihm zukünftig noch weniger Betriebsflächen. Eine Existenzgefährdung sei dennoch im Verfahren nicht geprüft worden.
- 18
Es fehle zudem an der Planrechtfertigung des Vorhabens. Die der Planung zu Grunde liegenden Verkehrsprognosen gingen von einer Steigerung des Verkehrs zwischen den Jahren 2010 und 2015 um 70 % aus, ohne dass dafür irgendeine plausible Erklärung geliefert würde. Tatsächlich sei vielmehr von einem künftigen kontinuierlichen Rückgang des Verkehrs auszugehen. Die Technische Universität Dresden (Fakultät Verkehrswissenschaften, Institut für Verkehrsplanung und Straßenverkehr) sei zu der Einschätzung gelangt, dass der vorliegenden Planung ein traditioneller und im Rahmen der verwendeten Denkstrukturen konsistenter und rein verkehrstechnischer Ansatz zugrunde liege, der zwar typisch sei und in den vergangenen Jahrzehnten fast überall in Deutschland angetroffen worden sei, der aber wissenschaftlich betrachtet schon lange als völlig überholt gelte. Bedingt durch den demografischen Wandel sei von einer in den nächsten Jahren kontinuierlich erheblich sinkenden Verkehrsstärke im Bereich des Knotenpunktes auszugehen. Zur Einschätzung der demografischen Entwicklung im Einzugsgebiet des geplanten Vorhabens seien die Prognosen des zuständigen Ministeriums für Landesentwicklung und Verkehr des Landes Sachsen-Anhalt heranzuziehen. Von diesem Bevölkerungsrückgang seien insbesondere die im hier zu betrachtenden Abschnitt der B 80 erschlossene Stadt Halle/Saale (-10,0 %) sowie der Landkreis Mansfeld-Südharz (-27,7 %) und der Saalekreis (-17,9 %) betroffen. Die Altersklassen, die hohe Aktivitätsraten aufweisen und im Erwerbsprozess stehen, nähmen ständig ab. Dies belege eine vom Bundesministerium für Bildung, Forschung und Technologie in Auftrag gegebene Studie der Projektgruppe INVERMO an der Universität Karlsruhe. Für die Zukunft sei damit von einer dramatischen Reduzierung der täglichen Wege insgesamt in Deutschland, insbesondere derjenigen mit dem PKW auszugehen. Die von der Bundesanstalt für Straßenwesen regelmäßig durchgeführten Zählungen an Bundesstraßen zeigten bereits diese Trendwende hin zu einer Abnahme der Verkehrsstärke. Dies gelte gerade auch in Sachsen-Anhalt, etwa im Abgleich der Prognosen für die A 38, bei der im Jahr 2010 anstelle der in der Planfeststellung prognostizierten 55.000 Fahrzeuge pro Tag tatsächlich nur 25.000 täglich gezählt worden seien. Im Bereich des streitigen Knotenpunktes B 80 / K 2147 komme hinzu, dass es durch die künftige Inbetriebnahme der derzeit im Planfeststellungsverfahren befindlichen Abschnitts der A 143 zu einer signifikanten Entlastung der B 80 in diesem Bereich kommen werde. Davon gehe auch die Planfeststellung selbst aus. Allerdings seien die Prognosezahlen insgesamt völlig unrealistisch hoch angegeben, weshalb auch bezüglich der Auswirkungen der A 143 von einem erheblich höheren Rückgang ausgegangen werden müsse. Völlig unberücksichtigt geblieben seien der Bau der L 164n vom Knotenpunkt A 143 / L 164n bis in das Gewerbegebiet Halle-Neustadt bzw. von Halle-Neustadt auf die L 173. Nach der Freigabe dieser Straße im Oktober 2011 sei der Verkehr am streitigen Knoten bereits erheblich zurückgegangen. Mit der zukünftigen Freigabe des noch in Planung befindlichen neuen Abschnitts der A 143 werde eine zusätzliche ganz erhebliche Entlastung verbunden sein. Die fortlaufend durchgeführten Verkehrszählungen könnten zur Überprüfung der Prognosezahlen herangezogen werden. Ausgehend von der tatsächlich wesentlich geringeren Verkehrsbelastung des Knotens als in der Planfeststellung angenommen sowie der künftig sogar noch erheblich weiter zurückgehenden Verkehrsbelastung fehle auch den Überlegungen zu Alternativen und zur künftigen Unfallsituation die planerische Grundlage.
- 19
Der Kläger beantragt,
- 20
den Planfeststellungsbeschluss des Beklagten vom 29.03.2012 für das Vorhaben „Ausbau der B 80 / K 2147 – Knoten am Friedhof“ aufzuheben.
- 21
Der Beklagte beantragt,
- 22
die Klage abzuweisen.
- 23
Er trägt vor, die Planrechtfertigung ergebe sich bereits daraus, dass der Vorhaben- und Straßenbaulastträger zur verkehrsgerechten Herstellung einer vorhandenen Bundesstraße verpflichtet sei. Die Defizite des vorhandenen Knotens und deren Folgen seien im Planfeststellungsbeschluss in den Ausführungen zur Planrechtfertigung ausführlich beschrieben. Die Beseitigung des letzten plangleichen Knotens der B 80 zwischen dem Anschluss der A 143 und der Einfahrt nach Halle am Rennbahnkreuz entspreche den Vorgaben der Richtlinien für die Anlage von Straßen – Netzgestaltung (RAS – N 1988), die für zweibahnige Straßen der Kategorie A 1 (wozu die B 80 hier gehöre) und A II wegen der Einheitlichkeit der Streckencharakteristik generell planfreie Knoten empfehlen. Die Unfallträchtigkeit des vorhandenen Knotens ergebe sich aus der vorgelegten Analyse des Unfallgeschehens der Polizei Halle vom 10.08.2012.
- 24
Die vom Kläger vertretene These vom Verkehrsrückgang aufgrund Bevölkerungsrückganges und überproportionalem Rückgang der Erwerbsfähigen werde durch die von ihm angeführte Studie „Mobilität in Deutschland 2008“ in der Gesamtschau nicht belegt. Die Erhebungen der 5. Regionalisierten Bevölkerungsprognose des Landes Sachsen-Anhalt (5. RBP) ergäben für Halle einen geringeren Zuwachs der Altersgruppe „65 und älter“ im Vergleich zum Landesdurchschnitt. Zur Mobilität habe die Studie u.a. die Aussage getroffen, dass das bei etwa gleichbleibender Bevölkerung etwas wachsende Verkehrsaufkommen wesentlich auf eine stärker ausgeprägte Mobilität der heutigen Senioren zurückzuführen sei. Sie seien aktiver als frühere Generationen in diesem Alter und nutzten, nicht zuletzt aufgrund ihrer bisherigen Verkehrssozialisation, häufiger das Auto. Der Pkw bleibe das wichtigste Verkehrsmittel.
- 25
Auch die Erwartung eines Verkehrsrückganges durch Realisierung paralleler Straßenvorhaben, könne dem Vorhaben nicht die Rechtfertigung nehmen. Die Fertigstellung der A 143 sei bei der Ermittlung der Verkehrsprognose im Projekt für 2020 mit eingeflossen, allerdings mit der Einschränkung, dass zum Planungszeitpunkt nur die 4. Regionalisierte Bevölkerungsprognose (4. RBP) bekannt gewesen sei. Zwar sei die Entlastung der B 80 durch den Bau der L 164n noch nicht berücksichtigt worden; jedoch trete eine Entlastung nur für Fahrbeziehungen in Richtung Süden (über die A 143 zur A 38 Richtung Leipzig) ein. Das Verkehrsplanungsbüro (P.) habe die Grundlagen für die Berechnung der Verkehrserhebung der Stadt Halle zur Verfügung gestellt, die in die verkehrstechnische Untersuchung eingeflossen seien. Die (P.) habe eine neue Berechnung unter Berücksichtigung der 5. RBP sowie aller bis 2025 geplanten Straßenbauvorhaben für den Großraum Halle erarbeitet. Zum Zeitpunkt der Erstellung der Planunterlagen seien alle verfügbaren aktuellen Verkehrszahlen verwendet worden. Insbesondere seien in die Berechnung die Prognoseentwicklungen für 2015 und 2020 aus dem Verkehrsmodell der Stadt Halle eingeflossen. Der Hinweis des Klägers auf die Dauerzählstelle Bennstedt sei ohne Belang, da diese Zählung westlich der A 143 zwischen den Abzweigen Bennstedt und Langenbogen erfolge und nicht den stadteinwärts fließenden Verkehr nach Halle erfasse.
- 26
Die wichtigste Begründung des Planungsauftrages sei indes die Beseitigung des Unfallschwerpunktes. So seien nach Auskunft der Unfallkommission der Stadt Halle allein in den letzten vier Jahren trotz zwischenzeitlich aufgestellter Vorblinkanlage 34 Unfälle mit 13 Verletzten aufgetreten. Die Polizei Halle habe für die Jahre 2008 bis 2011 dem Bereich des Knotens sogar 59 Unfälle mit 8 Schwerverletzten und 22 Leichtverletzten zugeordnet. In der Berechnung der Leistungsfähigkeit werde deutlich, dass ein lichtsignalgeregelter Knoten mit Linksabbiegspuren nicht ausreiche und nur die Verkehrsqualitätsstufe „F“ erreiche. Eine überschlägige Neuberechnung der Leistungsfähigkeit des Knotens mit den nun für 2025 verminderten Belegungszahlen weise an vier Fahrspuren zwar gerade noch eine Verkehrsqualitätsstufe „D“ mit einem Sättigungsgrad von 94 % aus und tendiere damit schon sehr zur Qualitätsstufe „E“. Neben der reinen Orientierung auf die Belegungszahlen dürften aber auch die Sicherheitsaspekte auf Grund der geometrischen Gegebenheiten vor Ort und der vorhandenen Neigungs- und Sichtverhältnisse nicht außer Acht gelassen werden. Sie seien die ausschlaggebenden Faktoren für die an dieser Stelle auftretende Unfallhäufigkeit. Nur wenn die Konfliktpunkte „kreuzender bzw. linksabbiegender Verkehr“ und „haltender Verkehr an der Lichtzeichenanlage“ beseitigt seien, könne von einem Sicherheitszugewinn an diesem Knotenpunkt gesprochen werden.
- 27
Angesichts einer Größe des klägerischen Betriebes von ca. 403 ha habe keine Veranlassung bestanden, in eine nähere Prüfung einzutreten, ob der durch das Vorhaben bewirkte Verlust von Betriebsflächen im Umfang von ca. 2 ha Existenz gefährdende Auswirkungen auf den Betrieb des Klägers habe. Sollte die Flächeninanspruchnahme im Planfeststellungsverfahren zum Neubau der A 143 eine Existenzgefährdung auslösen, sei die solchermaßen drohende Schädigung des Betriebs im Kontext dieses Planfeststellungsverfahrens abzuwenden. Eine andere Beurteilung käme nur dann in Betracht, wenn die Verluste im laufenden Verfahren ob ihres Umfanges den Betrieb derart nahe an die Grenze zur Existenzgefährdung heranführen würden, dass bereits ein vergleichsweise geringer Flächenverlust im Rahmen eines schon abzusehenden weiteren Planfeststellungsbeschlusses zur Grenzüberschreitung führen müsste. Da nach den Angaben des Klägers aber nur knapp 10% der erwarteten Flächenverluste auf die streitgegenständliche Planung entfielen, sei nicht zu befürchten, dass der Verlust von ca. 2 ha Pachtland bereits irreparable Fakten schaffe. Hinzu komme, dass im vorliegenden Planfeststellungsverfahren die Inanspruchnahme für die Baumaßnahme selbst erfolge, während im Planfeststellungsverfahren zur A 143 sie allein der Durchführung von Ausgleichs- bzw. Ersatzmaßnahmen dienen solle. Da sich das Planfeststellungsverfahren zur A 143 noch einige Zeit hinziehen werde und noch nicht mit Gewissheit vorherzusehen sei, ob das dortige Schutzkonzept unverändert bleibe, erscheine es wenig sinnvoll, das hiesige Verwaltungsstreitverfahren mit den Imponderabilien eines anderen Planfeststellungsverfahrens zu belasten.
- 28
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten und die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
Entscheidungsgründe
- 29
Die Klage hat keinen Erfolg.
- 30
I. Die Klage ist zwar zulässig, insbesondere, ist der Kläger klagebefugt (§ 42 Abs. 2 VwGO). Er kann geltend machen, durch das planfestgestellte Vorhaben, insbesondere die (dauerhafte) Inanspruchnahme von ihm gepachteter landwirtschaftlich genutzter Flächen in seinen Rechten verletzt zu sein (vgl. BVerwG, Urt. v. 01.09.1997 – 4 A 36.96 –, BVerwGE 105, 178 [179 ff.], RdNr. 25 ff. in juris).
- 31
II. Die Klage ist aber nicht begründet. Der Kläger hat weder einen Anspruch auf die begehrte Aufhebung des streitigen Planfeststellungsbeschlusses noch auf die – im Aufhebungsantrag als minus enthaltene (vgl. BVerwG, Urt. v. 09.06.2004 - 9 A 11.03 -, BVerwGE 121, 72, RdNr. 35 in juris) – Feststellung, dass der Planfeststellungsbeschluss rechtswidrig und deshalb nicht vollziehbar ist.
- 32
1. Formelle Mängel des Planfeststellungsbeschlusses sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
- 33
2. Auch erhebliche materielle Mängel, die zur Aufhebung oder Feststellung der Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit des Planfeststellungsbeschlusses führen, lassen sich nicht feststellen.
- 34
Dem Planfeststellungsbeschluss kommt, da er Grundlage der nachfolgenden Enteignung ist, eine enteignungsrechtliche Vorwirkung zu. Da ein auf der Grundlage der §§ 535 ff. BGB begründetes Rechtsverhältnis nach den einschlägigen privatrechtlichen Vorschriften Bestandsschutz genießt und deshalb die Qualität von Eigentum im Sinne des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG hat (BVerwG, Urt. v. 01.09.1997, a.a.O., RdNr. 26, m.w.N.), haben nicht nur die von der Planung betroffenen Grundstückseigentümer, sondern auch Pächter von Grundstücken, die für das Vorhaben benötigt werden, Anspruch auf gerichtliche Überprüfung des Planfeststellungsbeschlusses auf seine objektive Rechtmäßigkeit (sog. Vollüberprüfungsanspruch), soweit der geltend gemachte Fehler für die Inanspruchnahme der Grundstücke kausal ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 10.10.2012 – 9 A 19.11 – NVwZ 2013, 649, RdNr. 13).
- 35
2.1. Der angegriffenen Planung fehlt es nicht an der erforderlichen Rechtfertigung. Insbesondere kann der Kläger in diesem Zusammenhang nicht mit Erfolg einwenden, die Beibehaltung einer höhengleichen Kreuzung oder das Anlegen eines Kreisverkehrs wären ausreichend gewesen.
- 36
Ein Planungsvorhaben ist dann gerechtfertigt, wenn sich das Vorhaben – gemessen an den Zielsetzungen des anzuwendenden Fachplanungsgesetzes – insgesamt als vernünftigerweise geboten erweist (BVerwG, Beschl. v. 15.07.2005 – 9 VR 39.04 –, juris, RdNr. 6, Beschl. v. 25.02.2014 – 7 B 24.13 –, juris RdNr. 9). Die Frage der Planrechtfertigung unterliegt zwar der vollen gerichtlichen Überprüfung. Gleichwohl ist die Planrechtfertigung eine praktisch nur bei groben und einigermaßen offensichtlichen Missgriffen wirksame Schranke der Planungshoheit (BVerwG, Urt. v. 11.07.2001 – 11 C 14.00 –, BVerwGE 114, 364 [372], RdNr. 32 in Juris). Einen solchen planerischen Missgriff stellt das streitige Vorhaben nicht dar.
- 37
2.1.1. Der Erforderlichkeit der geplanten Maßnahme steht nicht entgegen, dass sie im Bedarfsplan für Bundesfernstraßen nicht ausgewiesen ist. Auch an Bundesfernstraßen, deren Ausbau in dem Bedarfsplan nicht oder erst in einer späteren Dringlichkeitsstufe vorgesehen ist, können einzelne Verbesserungsmaßnahmen, d.h. Maßnahmen von geringer örtlicher Ausdehnung wie Kurvenbegradigungen, Änderungen oder Beseitigungen von Bahnübergängen, Fahrbahnverbreiterungen und kleine Ortsumgehungen, notwendig werden (BVerwG, Beschl. v. 15.05.2001 – 4 B 32.01 –, NVwZ 2001, 1163 [1164], RdNr. 8 in juris).
- 38
2.1.2. Gemäß § 3 Abs. 1 Satz 2 FStrG haben die Träger der Straßenbaulast nach ihrer Leistungsfähigkeit die Bundesfernstraßen in einem dem regelmäßigen Verkehrsbedürfnis genügenden Zustand zu bauen, zu unterhalten, zu erweitern oder sonst zu verbessern; dabei sind die sonstigen öffentlichen Belange einschließlich des Umweltschutzes sowie behinderter und anderer Menschen mit Mobilitätsbeeinträchtigung mit dem Ziel, möglichst weitreichende Barrierefreiheit zu erreichen, zu berücksichtigen. Eine Straßenplanung ist auch dann noch vernünftigerweise geboten, wenn mit dem Vorhaben eine Verbesserung der Verkehrsverhältnisse nicht in jeder Hinsicht bzw. nur teilweise gelingt (Urt. d. Senats v. 10.10.2013 – 2 K 99/12 –, juris, RdNr. 128).
- 39
Gemessen an diesen Zielsetzungen lässt sich ein konkretes Bedürfnis für das Vorhaben feststellen. Mit dem geplanten Umbau des Knotenpunktes soll dessen Leistungsfähigkeit, insbesondere der Verkehrsfluss auf der B 80 und die Sicherheit der Verkehrsteilnehmer verbessert werden.
- 40
Dem kann der Kläger nicht mit Erfolg entgegen halten, die der Planung zu Grunde liegenden Verkehrsprognosen, die von einer Steigerung des Verkehrs zwischen den Jahren 2010 und 2015 ausgehe, sei fehlerhaft bzw. beruhe auf einem veralteten Ansatz, so dass auch den Überlegungen zu Alternativen und zur künftigen Unfallsituation die Grundlage fehle. Selbst wenn keine Zunahme sondern ein Rückgang des motorisierten Verkehrs anzunehmen sein sollte, würde allein die Entschärfung des Knotens als Unfallschwerpunkt die Planung rechtfertigen.
- 41
Der Beklagte hat im Planfeststellungsbeschluss zwar auch darauf abgestellt, dass nach der vorliegenden Verkehrsuntersuchung die Leistungsfähigkeit des Knotens nicht mehr gewährleistet sei. Er hat den Plan maßgeblich aber auch damit gerechtfertigt, dass eine Umgestaltung aus Gründen der Verkehrssicherheit geboten sei. Er hat im Einzelnen dargelegt, weshalb die Verkehrsverhältnisse am Knoten mangelhaft sind (vgl. S. 19 f. des Planfeststellungsbeschlusses). Fehlende Fahrbeziehungen, fehlende Verkehrssicherheit und ein schlechter Zustand der Verkehrsflächen hätten den Knotenpunkt zu einem Unfallschwerpunkt werden lassen. Neben der fehlenden Linksabbiegespur aus Richtung Eisleben fehlten auch Rechtsabbiegestreifen bzw. Ausfahrkeile, Dreiecksinseln und Fahrbahnteiler in den untergeordneten Knotenpunktzufahrten. Vielfach bögen Verkehrsteilnehmer, die eigentlich links abbiegen wollten, zunächst nach rechts in Richtung Z ab, wendeten im Bereich des angrenzenden Parkplatzes und querten dann die B 80. Dadurch würden Verkehrssicherheit und Leistungsfähigkeit sowohl in der Knotenpunktzufahrt als auch auf dem Parkplatz erheblich beeinträchtigt. Die bauliche Ausgestaltung der Linksabbiegespur aus Richtung Halle entspreche nicht den geltenden Richtlinien. Eckausrundungen seien unzureichend ausgebildet. Die untergeordneten Knotenpunktzufahrten genügten hinsichtlich Querschnitt, Flächenangebot und Oberflächenbeschaffenheit (Kopfsteinpflaster) weder den heutigen Anforderungen des motorisierten Verkehrs, noch böten sie Radfahrern und Fußgängern Fahrkomfort und Sicherheit. Der südwestlich an den Knoten angrenzende Parkplatz des Friedhofs Halle-Neustadt diene zugleich als Halte- und Wendepunkt zweier Buslinien des ÖPNV. Eine Einfahrt in den Haltebereich sei für die Busse beider Linien nur über die nördliche, im unmittelbaren Knotenpunktbereich gelegene Parkplatzeinfahrt möglich. Die Busse des ÖPNV könnten nur im Zuge der Grünphase der untergeordneten Knotenarme in den Haltebereich ein- und ausfahren, woraus sich Behinderungen und Zeitverluste ergäben. Zudem überlagerten sich die Ein- und Ausfahrtbereiche mit dem Aufstellbereich der Linkseinbieger in der Knotenpunktzufahrt. Der vorhandene plangleiche Knoten sei überlastet; er besitze trotz der vorhandenen Lichtzeichenanlage nicht die Leistungsfähigkeit, den auftretenden Verkehr störungsfrei abzuwickeln. Zu Zeiten der Verkehrsspitzen träten regelmäßig und unvermeidlich Rückstaus auf. Dies sei angesichts der gegebenen schwierigen topographischen Verhältnisse nicht hinnehmbar. Insbesondere für Verkehrsteilnehmer, die aus Richtung Eisleben kommen, sei der Knoten erst sehr spät zu erkennen, zudem werde er aufgrund der Streckencharakteristik in der Form auch nicht erwartet. Es liege somit auf der Hand, dass die gegenwärtige Ausgestaltung des Knotens wesentlicher Grund für die festgestellte Unfallhäufung sei.
- 42
Dass es sich bei dem Knoten in seinem derzeitigen Ausbauzustand um einen Unfallschwerpunkt handelt, jedenfalls soweit es die Fahrbahn der B 80 in Richtung Halle anbetrifft, hat der Beklagte durch einen Bericht der Polizeidirektion Sachsen-Anhalt Süd vom 10.08.2012 untermauert. Darin heißt es, dass diese Fahrbahn durch eine sehr hohe Zahl von Auffahrunfällen vor der LZA gekennzeichnet gewesen sei. Im Jahr 2005 hätten sich stadteinwärts in dem langgezogenen Staubereich vor der LZA 18 Verkehrsunfälle mit sechs verletzten Personen ereignet. Nachdem in den Folgejahren ein Vorblinker, der das Rotlicht der nachfolgenden Kreuzung angezeigt habe, in Betrieb genommen worden sei, seien die Auffahr- und Geschwindigkeitsunfälle zwar gesunken. Dennoch habe die Zahl der Unfälle in den Jahren 2008 bis 2011 in beiden Richtungen der B 80 zwischen 11 und 15 gelegen. In der mündlichen Verhandlung hat der Beklagte ferner dargelegt, dass die Gefahr von Auffahrunfällen auf der B 80 in Richtung Halle vor der Kreuzung wegen der topografischen Verhältnisse gerade auch während der dort laufenden Grünphase bestehe, weil eine Rechtsabbiegespur fehle. Diese Art von Unfällen lässt sich mit einer planfreien Kreuzung vermeiden. Für die Annahme des Klägers im Verwaltungsverfahren, durch die höhere Geschwindigkeit auf den Straßen nach dem geplanten Ausbau des Knotens werde die Zahl der Unfälle steigen, bestehen keinerlei Anhaltspunkte, insbesondere weil auch im weiteren Verlauf der B 80 stadteinwärts bis zum Rennbahnkreuz nur planfreie Knoten vorhanden sind.
- 43
Dass eine Umgestaltung des Knotens überhaupt aus Gründen der Verkehrssicherheit erforderlich ist, hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung letztlich nicht (mehr) in Frage gestellt. Er kann die Planrechtfertigung nicht mit dem Einwand in Frage stellen, es gebe bessere oder zumindest ebenso geeignete Varianten, um die vom Beklagten aufgezeigten verkehrlichen Probleme in den Griff zu bekommen, bei denen deutlich weniger (landwirtschaftlich genutzte) Flächen in Anspruch genommen werden müssten. Die Frage, inwieweit es bauliche Alternativen zu der vom Beklagten gewählten Lösung gibt, um die verkehrlichen Probleme am streitigen Knoten zu lösen, betrifft nicht die Planrechtfertigung, sondern die Abwägung der verschiedenen in Betracht kommenden Varianten (Urt. d. Senats v. 10.10.2013, a.a.O., RdNr. 128).
- 44
2.2. Die Planfeststellung weist auch keinen offensichtlichen, für die Betroffenheit des Klägers erheblichen Abwägungsmangel auf, der auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen ist.
- 45
Gemäß § 17 Abs. 1 Satz 2 FStrG sind bei der Planfeststellung von Bundesfernstraßen die von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Urt. v. 19.08.2004 – 4 A 9.04 –, juris, RdNr. 15) verlangt das Abwägungsgebot, dass – erstens – eine Abwägung überhaupt stattfindet, dass – zweitens – in die Abwägung an Belangen eingestellt wird, was nach Lage der Dinge in sie eingestellt werden muss, und dass – drittens – weder die Bedeutung der betroffenen öffentlichen und privaten Belange verkannt noch der Ausgleich zwischen ihnen in einer Weise vorgenommen wird, die zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht. Innerhalb des so gezogenen Abwägungsrahmens wird das Abwägungsgebot jedoch nicht verletzt, wenn sich die zur Planung ermächtigte Stelle in Kollision zwischen verschiedenen Belangen für die Bevorzugung des einen und damit notwendigerweise für die Zurückstellung eines anderen entscheidet. Die darin liegende Gewichtung der von der Planung berührten öffentlichen und privaten Belange ist vielmehr im Gegenteil ein wesentliches Element der planerischen Gestaltungsfreiheit und als solches der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle entzogen. Diese beschränkt sich im Rahmen des Abwägungsgebots daher auf die Frage, ob die Planfeststellungsbehörde die abwägungserheblichen Gesichtspunkte rechtlich und tatsächlich zutreffend bestimmt hat und ob sie – auf der Grundlage des derart zutreffend ermittelten Abwägungsmaterials – die aufgezeigten Grenzen der ihr obliegenden Gewichtung eingehalten hat.
- 46
2.2.1. In Anwendung dieser Grundsätze ist das streitige Vorhaben im Ergebnis nicht zu beanstanden. Der Planfeststellungsbeschluss leidet zwar wegen einer unzureichenden Variantenprüfung an einem die Belange des Klägers berührenden Abwägungsmangel; dieser ist aber letztlich unerheblich.
- 47
2.2.1.1. Als Betroffener kann der Kläger auch die Vorzugswürdigkeit einer seine Belange geringer beeinträchtigenden Alternative rügen (vgl. Urt. d. Senats v. 10.10.2013, a.a.O., RdNr. 138; VGH BW, Urt. v. 08.02.2007 – 5 S 2257/05 –, ZUR 2007, 427, RdNr. 57 in juris). Die Planfeststellungsbehörde muss Alternativlösungen als Teil des Abwägungsmaterials mit der ihnen objektiv zukommenden Bedeutung in die vergleichende Prüfung der von den möglichen Varianten jeweils berührten öffentlichen und privaten Belange einbeziehen (BVerwG, Urt. v. 22.12.2004 – 9 A 9.04 –, juris, RdNr. 22, m.w.N.). Das Abwägungsgebot bezieht sich auch auf ernsthaft in Betracht kommende Trassenalternativen; sie müssen untersucht und im Verhältnis zueinander gewichtet werden; die Bevorzugung einer bestimmten Lösung darf nicht auf einer Bewertung beruhen, die zur objektiven Gewichtigkeit der von den möglichen Alternativen betroffenen Belange außer Verhältnis steht (BVerwG, Urt. v. 09.04.2003 – 9 A 37.02 –, NVwZ 2003, 1393], RdNr. 22 in juris, m.w.N.). Dabei braucht die Planfeststellungsbehörde den Sachverhalt in Bezug auf Planungsalternativen nur zu klären, soweit dies für eine sachgerechte Entscheidung notwendig ist. Sie ist insbesondere befugt, Alternativen, die ihr auf der Grundlage einer Grobanalyse als weniger geeignet erscheinen, schon in einem frühen Verfahrensstadium auszuscheiden (vgl. BVerwG, Beschl. v. 24.01.2012 – 7 VR 13.11 [7 A 22.11] –, DVBl 2012, 1102). Die Grenzen der planerischen Gestaltungsfreiheit bei der Auswahl zwischen verschiedenen Trassenvarianten sind erst dann überschritten, wenn eine andere als die gewählte Linienführung sich unter Berücksichtigung aller abwägungserheblichen Belange eindeutig als die bessere, weil öffentliche und private Belange insgesamt schonendere darstellen würde, wenn sich mit anderen Worten diese Lösung der Behörde hätte aufdrängen müssen (BVerwG, Urt. v. 09.06.2004 – 9 A 11.03 –, juris, RdNr. 57, m.w.N.).
- 48
Gemessen daran hält die Variantenauswahl des Beklagten im Ergebnis der rechtlichen Prüfung stand, auch wenn beim Abwägungsvorgang nicht alle abwägungserheblichen Belange in den Blick genommen wurden.
- 49
Im Planfeststellungsantrag stellte der LBB im 1. Erläuterungsbericht verschiedene Varianten dar (Beiakte A, Unterlage 1, S. 19 ff. des Berichts). Dabei zeigte er zunächst folgende nicht berücksichtigte Varianten auf:
- 50
Variante 0
- 51
Im Rahmen der Eingrenzung möglicher Varianten wurde ein bestandsnaher Ausbau des Knotens mit den notwendigen baulichen Erweiterungen (Abbiegespuren) untersucht. Bei dieser Variante wird der Kreuzungswinkel beibehalten (ca. 118,5 gon). Infolge dessen ergeben sich gegenüber Variante 0+ ungünstigere Parameter für die Signalisierung durch die resultierende Lage der Haltelinien, der Standorte der Signalgeber, der Querungsbedingungen für Fußgänger, sowie das Ein- und Abbiegen. Im Vergleich mit der Variante 0+ ergeben sich keine Vorteile hinsichtlich Verkehrssicherheit und Verkehrsablauf (Leistungsfähigkeit), so dass die Variante 0 nicht weiter berücksichtigt wurde.
- 52
Variante A
- 53
Variante A beinhaltete eine Überführung der untergeordneten Knotenpunktzufahrten im Zuge der vorhandenen Trassierung der K 2147 und der kommunalen Straße. Der Kreuzungswinkel des Bauwerkes lässt sich so optimieren, und die Verkehrsflächen liegen im Bereich der vorhandenen Trassen. In Anbetracht der zu berücksichtigenden Zwangspunkte wird diese Variante jedoch nicht weiter verfolgt. Ein Anbinden des Parkplatzes, des Friedhofes und der anliegenden Grundstücke, sowie die Erschließung der Grundstücke sind mit unverhältnismäßig hohem Aufwand verbunden. Zudem wären Eingriffe in die vorhandene Bebauung notwendig bzw. wesentliche Beeinträchtigungen durch die Lage der Anrampung zur Bebauung zu verzeichnen. Aus den vorgenannten Gründen und der fehlenden Wirtschaftlichkeit, wurde die Variante A in der weiteren Planung nicht berücksichtigt.
- 54
Variante B
- 55
Diese Variante sieht ein Absenken der B 80 im Zuge einer Unterführung unter die untergeordneten Knotenpunktzufahrten vor. Ähnlich der Variante A können hierbei vorhandene Verkehrsflächen genutzt und der Kreuzungswinkel des Bauwerkes optimiert werden. Im Gegensatz dazu sind jedoch erhebliche Aufwendungen und nachteilige Auswirkungen durch das Absenken der B 80 zu verzeichnen, was zudem unverhältnismäßig hohe Kosten verursacht. Die Variante wurde in der weiteren Planung auf Grund der fehlenden Wirtschaftlichkeit infolge des hohen bautechnischen Aufwandes und der wesentlichen Eingriffe in das Umfeld (z.B. Friedhof) nicht berücksichtigt.
- 56
Variante C
- 57
Ein Zwangspunkt ist der Friedhof mit dem im Bereich des Knotens vorhandenen Parkplatz und dem Haltepunkt des ÖPNV. Deren Lage kann infolge der vorhandenen Bebauung und der Gesamtsituation im weiteren Umfeld nicht wesentlich verändert werden. Veränderungen im Rahmen der Planungen der Stadt Halle zur Umgestaltung der Zufahrtsituation für den Friedhof und dessen Parkplatz beschränken sich auf die bisher durch den Parkplatz genutzte Fläche. Um die vorgesehene Planung für die Umgestaltung des Friedhofes zu berücksichtigen, wären Eingriffe durch den Umbau des Knotenpunktes zu vermeiden. Demzufolge wäre die Lage des Knotens soweit zu korrigieren, dass Eingriffe in die Flächen des Friedhofes bzw. des Parkplatzes (mit Haltepunkt für ÖPNV) vermieden werden. Dadurch wäre ein Verschwenken der B 80 erforderlich, damit die für den Knoten notwendigen Verkehrsflächen außerhalb der für die geplante Umgestaltung des Friedhofes benötigten Fläche liegen. Auf Grund der fehlenden Vorteile und der wesentlich höheren Kosten und Eingriffsbestände in das Umfeld gegenüber der Variante 0+, wurde die Variante C in der Planung nicht weiter betrachtet.
- 58
Näher untersucht wurden dann zwei Varianten (0+ und 1), von denen der LBB letztlich für die Variante 1 bevorzugte. Hierzu heißt es im Erläuterungsbericht (S. 20 ff.):
- 59
Variante 0+; Knotenpunkt der Grundform II:
- 60
Kreuzung einer 2-bahnigen mit einer 2-streifigen Straße.
- 61
a) übergeordnete Fahrbahn
- 62
Die übergeordnete Fahrbahn ist die 2-bahnige B 80. Infolge der Einordnung der zusätzlichen Linksabbiegespur in der westlichen Knotenpunktzufahrt (Richtungsfahrbahn Halle) ist der Mittelstreifen zu verziehen. In der westlichen Knotenpunktzufahrt wird zusätzlich zur Linksabbiegespur eine Rechtsabbiegespur vorgesehen. Analog wird in der östlichen Knotenpunktzufahrt die vorhandene Linksabbiegespur ausgebaut und eine Rechtsabbiegespur angebaut. Infolge der zusätzlichen Linksabbiegespur in der westlichen Knotenpunktzufahrt, ist die Richtungsfahrbahn Eisleben entsprechend zu verziehen. Die Trassierung der Richtungsfahrbahn Halle wird beibehalten, an die sich die Trassierung der Richtungsfahrbahn Eisleben grundsätzlich anlehnt. Die resultierende Länge der Baustrecke im Bereich der B 80 beträgt ca. 500 m.
- 63
b) untergeordnete Knotenpunktzufahrten
- 64
Die untergeordneten Knotenpunktzufahrten sind durchgehend trassiert. Um bessere Bedingungen für die Querung durch Fußgänger und Radfahrer zu erreichen, die Lage der Haltlinien und die Standorte der Signalgeber zu optimieren, werden die Knotenpunktzufahrten abgekröpft und kreuzen im Winkel von 100 gon die übergeordnete Fahrbahn. Zur Erhöhung der Leistungsfähigkeit sind auch in den untergeordneten Knotenpunktzufahrten Linksabbiegespuren erforderlich. Die Baugrenze der nördlichen Knotenpunktzufahrt liegt ca. 130 m hinter dem Knotenpunkt. Die Baulänge der untergeordneten Knotenpunktzufahrten beträgt ca. 322 m.
- 65
Beeinflussung anderer Verkehrsplanungen sowie sonstiger raumbedeutsamer Planungen
- 66
Im Bereich der südlichen Knotenpunktzufahrt, der K 2147 (Teutschenthaler Landstraße) ist der Friedhof Neustadt mit seinem Parkplatz anzubinden. Im Bereich des Parkplatzes befindet sich der Haltepunkt für 2 Buslinien, die sowohl aus nördlicher als auch aus südlicher Richtung kommend in den Parkplatz einfahren und dort wenden. Zukünftig ist auch das Friedhofsgelände über diese Zufahrt zu erschließen, da die bisherige Zufahrt im Bereich der Eckausrundung am Knoten zurückgebaut werden muss. Die Planungen der Stadt Halle zur Friedhofserweiterung sind noch nicht abgeschlossen. Die nördliche Knotenpunktzufahrt tangiert geringfügig den südwestlichen Bereich des B-Plan-Gebietes Nr. 2 „Granauer Berg“. Die Bauleitplanung ist dahingehend zu korrigieren.
- 67
Flächenbilanz
- 68
Der notwendige Grunderwerb beläuft sich auf Grund der Verlagerung des Knotenpunktes auf ca. 1.100 m².
- 69
Flächenbilanz:
- 70
aufzunehmende befestigte Flächen [m²]
8.250
Neue Verkehrsflächen [m²]
9.630
Differenz [m²]
1.380
- 71
Die Flächenbilanz berücksichtigt nur die befestigten Flächen. Bankette und Böschungen sowie Grünflächen sind nicht berücksichtigt.
- 72
Variante 1
- 73
Linienführung - Verlauf der Trassen (Knotenpunktzufahrten) Variante 1; planfreier Knotenpunkt, symmetrisches halbes Kleeblatt
- 74
Kreuzung einer 2-bahnigen mit einer 2-streifigen Straße.
- 75
a) übergeordnete Fahrbahn
- 76
Die übergeordnete Fahrbahn ist die 2-bahnige B 80. Die Trassierung der beiden Richtungsfahrbahnen wird beibehalten. Die im Bereich der Richtungsfahrbahn Eisleben vorhandene Linksabbiegespur wird zurückgebaut. Deren Fläche kann für den Lückenschluss des Mittelstreifens genutzt werden. Die resultierende Gesamtlänge der Baustrecke im Bereich der B 80 beträgt ca. 682 m.
- 77
b) untergeordnete Fahrbahn
- 78
Der Bauanfang der untergeordneten Fahrbahn liegt ca. 200 m südlich der B 80. Die bis dahin geradlinig verlaufende K 2147 verlässt die vorhandene Trasse der Teutschenthaler Landstraße und führt – die östlich liegende Ackerfläche anschneidend – durch die südlich der B 80 vorhandene bewaldete Fläche. Nach etwa 200 m wird sie über die B 80 überführt. Nördlich der B 80 verläuft die Trasse über landwirtschaftlich genutzte Fläche und mündet westlich des Gutes „Granau“ in die Eislebener Straße ein. Die Trassenlänge der untergeordneten Fahrbahn beträgt ca. 700 m.
- 79
Ingenieurbauwerke
- 80
Im Zuge der planfreien Lösung wird die Kreisstraße über die Bundesstraße durch ein Brückenbauwerk überführt...
- 81
Knotenpunkte, Einmündungen, Zufahrten
- 82
Grundsätzlich werden alle vorhandenen Grundstücksanbindungen und vorhandenen Zufahrten wieder hergestellt. Durch die Verlagerung der untergeordneten Fahrbahn und die planfreie Knotenpunktform werden weitere Knotenpunkte notwendig:
- 83
• Teilknoten Süd im Bereich der K 2147
- 84
• Teilknoten Nord im Bereich der untergeordneten Fahrbahn
- 85
• Einmündung Eislebener Straße im Bereich der untergeordneten Fahrbahn
- 86
Über diesen Knoten werden auch die im Bereich der kommunalen Straße liegenden Grundstücke (ehemalige nördliche Knotenpunktzufahrt) an das Straßennetz angebunden. Die bisherige nördliche Knotenpunktzufahrt wird zwischen B 80 und der letzten Grundstückszufahrt zurückgebaut. Alle Knotenpunkte sind unsignalisiert. Die Anbindung der Grundstücke westlich der K 2147 erfolgt zum einen über den Teilknoten Süd sowie separate Anbindungen der Zufahrten an die K 2147.
- 87
Beeinflussung anderer Verkehrsplanungen sowie sonstiger raumbedeutsamer Planungen
- 88
Mit der gewählten Linienführung der untergeordneten Fahrbahn werden die Belange des Planungsstandes zur Umgestaltung der Friedhofsanlage berücksichtigt. Die Anbindung ist gewährleistet und bietet unabhängig von der Knotenpunktgestaltung Freiraum zur Gestaltung der Friedhofsanlage.
- 89
Nördlich der B 80 befindet sich das B-Plan-Gebiet Nr. 2 Granauer Berg“. Die Trassierung der untergeordneten Fahrbahn durchschneidet in Anlehnung der geplanten Verkehrsflächen den Geltungsbereich des B-Planes. Ohne erheblichen Eingriff in den B-Plan ist die Variante nicht umsetzbar.
- 90
Einflüsse gefährdender Anlagen auf den Knotenpunkt
- 91
Östlich des Teilknoten Süd befinden sich Anlagen der Energieversorgung Halle. Das vorhandene Gebäude (ehemalige Gasreglerstation) wird zurückgebaut. Vorhandene Schieber der Leitung (GH DN 300) liegen im Bereich des östlichen Knotenpunktarmes des Teilknoten Süd. Die Leitung quert die B 80 auf Höhe des geplanten Brückenbauwerkes und weist im weiteren Verlauf Schnittpunkte mit der geplanten Trassenführung auf bzw. verläuft im geplanten Trassenbereich. Eine Umverlegung ist erforderlich.
- 92
Flächenbilanz
- 93
Der notwendige Grunderwerb beläuft sich auf Grund der Verlagerung des Knotenpunktes ca. 12.400 m².
- 94
Flächenbilanz:
- 95
aufzunehmende befestigte Flächen [m²]
4.860
Neue Verkehrsflächen [m²]
18.300
Differenz {m²]
13.440
- 96
Die Flächenbilanz berücksichtigt nur die befestigten Flächen. Bankette und Böschungen sowie Grünflächen sind nicht berücksichtigt.
- 97
Gewählte Linie
- 98
Die verkehrstechnische Untersuchung im Rahmen der Vorplanung (Unterlage 15.1) hat gezeigt, dass der Knotenpunkt im Bestand seine Leistungsfähigkeit überschreitet. Im Ergebnis sind bauliche Veränderungen in Form zusätzlicher Abbiegespuren zur Gewährleistung aller Fahrbeziehungen für einen sicheren Verkehrsablauf und die Verkehrssicherheit erforderlich. Auf Grund der sich darstellenden Situation ist eine Verbesserung im Bestand ohne bauliche Veränderung nicht möglich. Infolge des prognostizierten Verkehrsaufkommens ist auch im Rahmen einer plangleichen Lösung eine hohe Auslastung gegeben. Selbst bei einer Optimierung der Lichtsignalanlage und der Berücksichtigung notwendiger baulicher Veränderungen (Abbiegespuren) ist der Knotenpunkt in den Spitzenverkehrszeiten an der Grenze seiner Leistungsfähigkeit. Des Weiteren sind Eingriffe in den Bereich des Parkplatzes vor dem Friedhof infolge der baulichen Erweiterung der Knotenpunktzufahrten notwendig. Die Gestaltungsmöglichkeiten im Rahmen der Planungen der Stadt Halle für die Erweiterung des Friedhofes würden dadurch eingeschränkt werden. Die Behinderungen für den ÖPNV (Ein- und Abbiegevorgänge im Bereich der Aufstellflächen der Knotenpunktzufahrt) und die damit verbundenen Beeinträchtigungen des Verkehrsablaufes werden durch eine plangleiche Knotenpunktlösung nicht eliminiert. Die Lichtsignalanlage wirkt sich wesentlich auf die Betriebskosten aus. Die Knotenpunktgestaltung entspricht zudem nicht den aus der Streckencharakteristik resultierenden Anforderungen, die aus der Zuordnung der B 80 zur Kategorie A 1 und nach RAS-K-1, Tabelle 2 grundsätzlich für 2-bahnige Querschnitte als Betriebsmerkmal eine planfreie Knotenpunktform erfordern. Die mit dem Bauvorhaben verbundenen Eingriffe in den Naturhaushalt und das Landschaftsbild sind kompensierbar. Beeinträchtigungen für das Schutzgut Mensch werden weitestgehend vermieden. Die Umsetzung der Variante ist ohne grundlegende Änderung des B-Planes möglich. Im Zuge der Vorplanung wurden die durch die Projektwirkungen Lärm und Schadstoffe auf das Schutzgut Mensch ausgehenden Beeinträchtigungen der Wohnfunktion untersucht. Lärmbeeinträchtigungen der entfernt liegenden Wohnbebauung von Halle-Neustadt, als auch Gefährdungen bzw. Beeinträchtigungen von Schutzgebieten im Untersuchungsraum (z.B. FFH-Gebiet, § 37-Biotope) sind bei allen Varianten ausgeschlossen. Das Abrücken der Teutschenthaler Landstraße von der vorhandenen Bebauung, wirkt sich insgesamt positiv aus. Hinsichtlich der Verkehrssicherheit und des Verkehrsablaufes ist festzuhalten, dass die planfreie Knotenpunktgestaltung eine sehr gute Leistungsfähigkeit mit ausreichend Spielraum für eine Steigerung des Verkehrsaufkommens aufweist und eine optimale Lösung darstellt. Des Weiteren ergeben sich Vorteile für die Anbindung des Friedhofes und des Haltepunktes des ÖPNV. Die negativen Auswirkungen durch Ein- und Abbiegevorgänge in den Bereich des Parkplatzes werden eliminiert. Durch das Abrücken der Trasse von der bisherigen Lage der K 2147 werden die Flächen des Parkplatzes und der Zufahrt zum Friedhof nicht beansprucht und Gestaltungsmöglichkeiten im Rahmen der Planungen der Stadt Halle zur Friedhofserweiterung nicht eingeschränkt. Auf Grund der Aspekte der Verkehrssicherheit und des Verkehrsablaufes (Leistungsfähigkeit) ist grundsätzlich einer planfreien Lösung der Vorrang einzuräumen. Die damit verbundenen Eingriffe in Natur und Umwelt sind beherrschbar und wirken sich nicht negativ auf die zu berücksichtigenden Schutzgebiete aus. Beeinträchtigungen des Schutzgutes Mensch werden auf ein Minimum reduziert. In Verbindung mit der angestrebten Verbesserung der Verkehrssicherheit und des Verkehrsablaufs stellt die vorliegende Variante eine wirtschaftliche Lösung zur Umsetzung der Zielstellung dar.
- 99
Diesen Ausführungen lässt sich entnehmen, dass neben der planfestgestellten Variante 1 auch die Variante 0+, die zu einem deutlich geringeren Flächenverbrauch führen würde, als Alternativlösung ernsthaft in Betracht zu ziehen war. Der Beklagte hat indes im Rahmen der Abwägung keine vergleichende Prüfung der beiden näher untersuchten Varianten 0+ und 1 unter Berücksichtigung des Interesses des Klägers an einer möglichst geringen Flächeninanspruchnahme vorgenommen. Die Frage, ob auch ein plangleicher Ausbau des Knotens (Variante 0+) den verkehrlichen Anforderungen gerecht wird, hat er zwar im Rahmen der Planrechtfertigung erörtert. Damit ist aber dem Abwägungsgebot nicht Genüge getan. Denn bei der Abwägung müssen die Vorzüge, die eine bestimmte Variante gegenüber anderen Varianten bietet, mit anderen Belangen, hier insbesondere mit dem berechtigten Interesse des Klägers, von einem Entzug landwirtschaftlicher Flächen so weit wie möglich verschont zu bleiben, abzuwägen. Daran fehlt es hier.
- 100
Hinzu kommt, dass die Annahme des Beklagten, der Variante 1 sei auch wegen der fehlenden Leistungsfähigkeit des Knotens bei Umsetzung der Variante 0+ der Vorzug zu geben, auf einer Verkehrsprognose beruhte, die bereits im Zeitpunkt der Abwägungsentscheidung nicht mehr uneingeschränkt verwertbar gewesen sein dürfte.
- 101
Der Planfeststellungsbeschluss stützt sich hinsichtlich der Verkehrsqualität der verschiedenen Varianten auf die vom LBB in Auftrag gegebene verkehrstechnische Untersuchung der Fa. (U.), Beratende Ingenieure, vom 27.03.2006 mit Fortschreibung Prognose 2020 vom 31.03.2009 (Beiakte B, Unterlage 15.1, S. 3 ff.). Zur Bestimmung der Verkehrsmengen wurde zunächst darauf verwiesen, dass der LBB am 27.04.2005 in den Zeitbereichen von 6.00 bis 10.00 Uhr sowie von 15.00 bis 19.00 Uhr Verkehrszählungen durchgeführt habe. Danach habe die Gesamtbelastung des Knotenpunktes in der Spitzestunde (von 15.30 bis 16.30 Uhr) 3.068 PKW-E/h betragen. Zur Beurteilung der zu erwartenden Verkehrsqualität seien zukünftige Verkehrszunahmen berücksichtigt worden. Insoweit stützte sich die Untersuchung auf eine Verkehrsprognose der Stadt Halle für den Prognosefall IV 2015, die über ein Verkehrsmodell verfüge, das die zukünftige Entwicklung in der Stadt Halle und im Umland abbilde. Die Prognosebelastungen des DTV (durchschnittliches tägliches Verkehrsaufkommen) 2015 seien für den Prognosefall 2020 um zwei Planfälle mit und ohne Fertigstellung der A 143 erweitert worden. Für den Knotenpunkt lägen Querschnittsbelastungen sowie Strombelastungen des DTV zum Prognosehorizont 2020 vor. Hinsichtlich der Variante 0+ kam die Untersuchung zu dem Ergebnis (vgl. S. 9 f.), dass der baulich und phasentechnisch verbesserte niveaugleiche Knoten unter den Prognosebelastungen 2015 an der Grenze seiner Leistungsfähigkeit liege und unter den Prognosebelastungen 2020 überlastet sei.
- 102
Soweit der Kläger bemängelt, der Verkehrsprognose liege ein rein verkehrstechnischer Ansatz zugrunde, der zwar typisch und in den vergangenen Jahrzehnten fast überall in Deutschland angetroffen worden sei, aber wissenschaftlich betrachtet schon lange als völlig überholt gelte, vermag er damit allerdings ebenso wenig durchzudringen wie mit seinem Einwand, aufgrund des demografischen Wandels sei von einer in den nächsten Jahren kontinuierlich erheblich sinkenden Verkehrsstärke im Bereich des Knotenpunktes auszugehen. Verkehrsprognosen unterliegen nur eingeschränkter gerichtlicher Kontrolle; sie sind lediglich daraufhin zu überprüfen, ob sie methodisch einwandfrei erarbeitet worden sind, nicht auf unrealistischen Annahmen beruhen und ob das Prognoseergebnis einleuchtend begründet worden ist (BVerwG, Urt. v. 10.10.2012, a.a.O., [S. 650], RdNr. 21, m.w.N.). Eine gesetzliche Vorgabe, nach welchen Methoden eine Verkehrsprognose im Einzelnen zu erstellen ist, gibt es nicht; eine aktuelle Zählung ist nicht zwingend erforderlich, vielmehr kann die Verkehrsstärke auch nach den in der Straßenplanung gebräuchlichen Modell- und Trendprognosen bestimmt werden (BVerwG, Beschl. v. 15.03.2013 – 9 B 30.12 –, juris, RdNr. 10, m.w.N.).
- 103
Nicht von der Hand zu weisen ist hingegen der Einwand des Klägers, die verkehrstechnische Untersuchung und die ihr zugrunde liegende Verkehrsprognose berücksichtigten nicht, dass im Oktober 2011 die L 164n freigegeben wurde, die vom Gewerbegebiet Halle-Neustadt zum Knotenpunkt A 143 / L 164n und weiter zur L 173 führt. Die Freigabe hat zu einer deutlichen Verringerung der Verkehrsbelastung zwischen dem streitigen Knoten und der Anschlussstelle der B 80 an die A 143 geführt. Darauf deuten insbesondere die von der Stadt Halle in den Jahren 2009 und 2012 durchgeführten Verkehrszählungen an der B 80 in Höhe der Rohr- und Fußgängerbrücke hin, die der Senat von der Stadt Halle angefordert hat. Während bei den im Oktober 2009 durchgeführten Zählungen ein Verkehrsaufkommen an Werktagen von 27.939 bis 29.801 Fahrzeugen festgestellt wurde, lag das Verkehrsaufkommen nach den Zählungen im Oktober 2012 an Werktagen bei nur noch 23.426 bis 26.388 Fahrzeugen. Nach der von der Stadt Halle hierzu gegebenen Erläuterung könnte die Abnahme der Verkehre daraus resultieren, dass die „Autobahnanschlussstelle Weststraße“ eröffnet wurde und sie im Oktober 2012 eine Belegung von ca. 6.800 Kraftfahrzeugen aufgewiesen habe – mit steigender Tendenz. Ein vergleichbares Bild ergibt sich aus der mit der Klageerwiderung vorgelegten Stellungnahme der (P.) Group, in der auf das im Auftrag der (D.) erstellte Gutachten „BAB A 143, AD Halle-Nord bis AD Halle-Süd, VKE 4224“ vom 01.03.2012 verwiesen wird. Danach weisen die Ergebnisse der Modellrechnungen für den Querschnitt der B 80 zwischen der Anschlussstelle Halle-Neustadt – Stadtgrenze Halle / westlich der K 2147 einen DTVw von 29.000 KfZ/24h aus. Für den Planfall mit realisierter A 143 wurde für diesen Bereich ein DTVw von 23.500 KfZ/24h prognostiziert. Dem gegenüber geht der Planfeststellungsbeschluss – offenbar in Anlehnung an frühere Verkehrsprognosen der Stadt Halle – noch von einem DTV von 35.402 für das Jahr 2015 und von 32.742 bei Fertigstellung der A 143 bzw. von 38.202 Fahrzeugen ohne Fertigstellung der A 143 für das Jahr 2020 aus. Bereits die von Stadt Halle in ihrer Prognose vom 06.08.2010 für das Jahr 2025 (Bl. 640 der Verwaltungsvorgänge, Beiakte E) berechneten Zahlen liegen unter denen der vorausgegangenen Prognosen. Darin wird die Verkehrsbelastung auf der B 80 in Höhe des streitigen Knotens für das Jahr 2025 bei Fertigstellung der A 143 auf insgesamt 28.720 Fahrzeuge und ohne Fertigstellung der A 143 auf insgesamt 35.040 Fahrzeuge geschätzt. Weder der Planfeststellungsbeschluss selbst noch die ihm zugrunde liegende verkehrstechnische Untersuchung setzen sich mit dem – nach Lage der Dinge vorhersehbaren – Entlastungseffekt auseinander, der durch die Freigabe der L 164n eingetreten ist. Der Beklagte hat in seiner Klageerwiderung vom 03.09.2012 selbst eingeräumt, dass die Entlastung der B 80 durch die L 164n noch nicht berücksichtigt worden sei.
- 104
2.2.1.2. Der aufgezeigte Abwägungsmangel ist aber gemäß § 17e Abs. 6 Satz 1 FStrG unerheblich, weil er auf das Abwägungsergebnis nicht von Einfluss gewesen ist.
- 105
Ergebnisrelevanz in diesem Sinne liegt vor, wenn nach den Umständen des Falles die konkrete Möglichkeit besteht, dass ohne den Abwägungsmangel eine andere Entscheidung getroffen worden wäre; eine nur abstrakte Möglichkeit einer anderen Entscheidung genügt nicht. Insoweit ist der Abwägungsvorgang in allen seinen Phasen in den Blick zu nehmen. Dabei kann die Möglichkeit einer anderen Entscheidung nur dann verneint werden, wenn der konkret vorliegende Abwägungsfehler weggedacht werden kann, ohne dass auf einer nachfolgenden Stufe der Abwägung ein weiterer Mangel erwächst, auf dem die angegriffene Entscheidung beruhen kann. Besteht der Abwägungsmangel etwa in der fehlerhaften Berücksichtigung eines abwägungserheblichen Belangs und ergeben sich keine konkreten Anhaltspunkte, dass die Planfeststellungsbehörde ohne diesen Mangel zu einem anderen Abwägungsergebnis gelangt wäre, ist also zusätzlich zu prüfen, ob die auf der nachfolgenden Stufe gebotene Abwägung im engeren Sinne – das Ins-Verhältnis-Setzen der gegenläufigen Belange – das Abwägungsergebnis auch dann rechtfertigen würde, wenn der auf der vorhergehenden Stufe unterlaufene Mangel unterblieben wäre. Dabei ist der Maßstab der realistischen Beurteilung der maßgeblichen Erwägungen der Planfeststellungsbehörde anzulegen (BVerwG, Beschl. v. 19.12.2013 – 9 B 44.13 –, NVwZ 2014, 365, RdNr. 4).
- 106
Hiervon ausgehend ist im vorliegenden Fall eine Ergebnisrelevanz des festgestellten Abwägungsmangels zu verneinen.
- 107
a) Es ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass der Beklagte zu einer anderen Variantenauswahl gelangt wäre, wenn er im Rahmen der Abwägung eine vergleichende Prüfung der Varianten 0+ und 1 unter Berücksichtigung des Interesses des Klägers an einer möglichst geringen Flächeninanspruchnahme vorgenommen und dabei den durch die Freigabe der 164n bewirkten Entlastungseffekt bei der künftigen Verkehrsbelastung berücksichtigt hätte.
- 108
Bereits im Erläuterungsbericht zur Planung hatte der LBB dargelegt, aus welchen Gründen allein der Variante 1 der Vorzug zu geben sei. Der Beklagte hat sich im Planfeststellungsbeschluss – wenn auch im Rahmen der Planrechtfertigung – dieser Einschätzung angeschlossen und betont (S. 20 des PFB), schon weil der Knoten im Zuge der B 80 zwischen der Anschlussstelle zur A 143 und der Innenstadt Halle der einzige plangleiche Knoten sei, dränge es sich auf, auch ihn höhengleich auszugestalten. Auch sei eine Optimierung des bestehenden höhengleichen Knotenpunktes auf Grund der räumlich-topographischen Bedingungen nicht mehr möglich. Auch wenn die Verkehrsbelastung des Knotens wegen der Freigabe der L 164n um ca. 6.800 Fahrzeuge geringer ausfällt als noch in der verkehrstechnischen Untersuchung des Ingenieurbüros (U.) vom 31.03.2009 angenommen, kann nicht ernsthaft angenommen werden, dass sich der Beklagte bei Berücksichtigung des Entlastungseffekts der neuen Straße für eine andere Variante, insbesondere die Variante 0+ entschieden hätte. Das vom Beklagten angestrebte Maß an Verkehrssicherheit wäre auch im Fall einer in diesem Umfang verminderten Verkehrsbelastung nur durch einen planfreien Knoten zu erreichen. In der Klageerwiderung hat er auf die vom Ingenieurbüro (U.) auf der Grundlage der abgeminderten Belegungszahlen für das Jahr 2025 errechnete Strombelastung vom 27.08.2012 (Anlage 3) verwiesen, nach der die Leistungsfähigkeit des Knotens an vier Fahrspuren gerade noch eine Verkehrsqualitätsstufe „D“ mit einem Sättigungsgrad von 94 % ausweise und damit schon sehr zur Qualitätsstufe „E“ tendiere. Ferner hat er in der Klageerwiderung nochmals betont, dass insbesondere die geometrischen Gegebenheiten vor Ort und die vorhandenen Neigungs- und Sichtverhältnisse zu berücksichtigen seien und nur dann von einem Sicherheitszugewinn an diesem Knoten gesprochen werden könne, wenn die Konfliktpunkte „kreuzender bzw. linksabbiegender Verkehr“ und „haltender Verkehr“ an der Lichtzeichenanlage beseitigt seien.
- 109
b) Die gebotene Abwägung im engeren Sinne – das Ins-Verhältnis-Setzen der gegenläufigen Belange – würde das Abwägungsergebnis bei realistischer Beurteilung der maßgeblichen Erwägungen des Beklagten auch dann rechtfertigen, wenn dem Beklagten der aufgezeigte Mangel nicht unterlaufen wäre. Der von ihm hervorgehobene höhere Zugewinn an Verkehrssicherheit würde – auch bei Berücksichtigung der durch die Freigabe der 164n verringerten Verkehrsbelastung des Knotens – die Bevorzugung eines planfreien Knotens (Variante 1) gegenüber dem bloßen Ausbau des plangleichen Knotens (Variante 0+) trotz des damit verbundenen höheren Flächenverbrauchs rechtfertigen. Der Senat teilt die Einschätzung des Beklagten, dass insbesondere die geometrischen Gegebenheiten vor Ort und die vorhandenen Neigungs- und Sichtverhältnisse für die vom Beklagten ausgewählte Variante sprechen. Dem Kläger ist zwar darin beizupflichten, dass die Verkehrssicherheit auch bei Beibehaltung der plangleichen Kreuzung durch die Herstellung von Links- und Rechtsabbiegespuren sowie durch straßenverkehrsrechtliche Maßnahmen wie Geschwindigkeitsbeschränkungen und -kontrollen gegenüber dem jetzigen Zustand (weiter) verbessert werden könnte. Damit wäre aber eine Erhöhung der Verkehrssicherheit nicht im gleichen Maße gewährleistet wie bei der vorgesehenen Herstellung eines planfreien Knotens. Ferner darf in Rechnung gestellt werden, dass der planfreie Knoten eine deutlich höhere Leistungsfähigkeit besitzt als der plangleiche Knoten in Gestalt der Variante 0+. Nach der verkehrtechnischen Untersuchung des Ingenieurbüros (U.) vom 31.03.2009 (Seite 9 f., Anlagen 5.1 und 5.2) wird – bei Zugrundelegung der ursprünglichen Verkehrsprognose ohne Berücksichtigung der L 164n – im Fall der Verwirklichung der Variante 1 an den beiden Teilknotenpunkten Nord und Süd für die einzelnen Verkehrsströme ganz überwiegend die Qualitätsstufe A und im Übrigen die Qualitätsstufe B erreicht. Dem gegenüber werden – wie bereits dargelegt – nach der Neuberechnung des Ingenieurbüros auch unter Berücksichtigung der verminderten Verkehrsbelastung durch die L 164n bei einem plangleichen Ausbau des Knotens in einzelnen Fahrströmen deutlich schlechtere Qualitätsstufen erreicht. Hinzu kommt die vom LBB bei seiner Variantenprüfung vorgetragene Erwägung, dass bei einem plangleichen Ausbau durch die erforderlichen Eingriffe im Bereich des Friedhofs die Gestaltungsmöglichkeiten der Stadt Halle für die Erweiterung des Friedhofs eingeschränkt und die Behinderungen für den ÖPNV und die damit verbundenen Beeinträchtigungen des Verkehrsablaufes durch eine plangleiche Knotenpunktlösung nicht ausgeräumt werden. Die Erreichung der vom Beklagten angestrebten Ziele steht damit bei der gebotenen Gesamtschau der in die Abwägung einzustellenden Belange nicht außer Verhältnis zu dem gegenüber der Variante 0+ deutlich höheren Flächenverbrauch. Der Vorschlag des Klägers, einen Kreisverkehr einzurichten, hat der Beklagte mit der nachvollziehbaren Begründung verworfen, dass eine solche Lösung bei einer vierspurig ausgebauten Bundesstraße wie die B 80 in fraglichen Bereich wesentliche Nachteile habe, insbesondere weil ein Kreisverkehr bei einer sehr unterschiedlichen Verkehrsbelastung der zuführenden Äste kein geeignetes Mittel sei, um den Verkehrsfluss zu fördern, und die Unübersichtlichkeit des Knotens das Unfallrisiko noch erhöhen würde.
- 110
2.2.2. Weitere Abwägungsmängel, die der Anfechtungsklage zum Erfolg verhelfen könnten, sind nicht erkennbar.
- 111
Die vom Kläger geltend gemachte Existenzgefährdung seines landwirtschaftlichen Betriebs ist in einer den rechtlichen Anforderungen genügenden Weise berücksichtigt worden.
- 112
Macht ein von der enteignungsrechtlichen Vorwirkung eines straßenrechtlichen Planfeststellungsbeschlusses Betroffener geltend, durch das Vorhaben werde sein landwirtschaftlicher Betrieb in seiner Existenz gefährdet oder gar vernichtet, gehört dieser Einwand zu den Belangen, mit denen sich die Planfeststellungsbehörde im Rahmen der Abwägung der von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange grundsätzlich auseinandersetzen muss. Zeichnet sich eine solche Gefährdung ernsthaft ab, darf die Planfeststellungsbehörde nicht die Augen vor der Tragweite ihrer Entscheidung verschließen. Zur Klärung der Frage, ob ein landwirtschaftlicher Betrieb infolge des planfestzustellenden Vorhabens in seiner Existenz gefährdet oder gar vernichtet zu werden droht, werden Vorhabenträger oder Planfeststellungsbehörde zwar regelmäßig einer Begutachtung des Betriebs durch einen landwirtschaftlichen Sachverständigen bedürfen. Nach allgemeiner, durch solche Sachverständigengutachten belegter Erfahrung kann dabei aber ein Verlust an Eigentumsflächen oder von langfristig gesicherten Pachtflächen in einer Größenordnung von bis zu fünf Prozent der Betriebsfläche einen gesunden landwirtschaftlichen (Vollerwerbs-)Betrieb in der Regel nicht gefährden. Deshalb kann die Planfeststellungsbehörde regelmäßig bei einer Landinanspruchnahme bis zu diesem Anhaltswert ohne Einholung eines landwirtschaftlichen Sachverständigengutachtens davon ausgehen, dass eine vorhabenbedingte Existenzgefährdung oder -vernichtung des betroffenen landwirtschaftlichen Vollerwerbsbetriebs nicht eintritt (vgl. zum Ganzen BVerwG, Urt. v. 14.04.2010 – 9 A 13.08 –, BVerwGE 136, 332 [338], RdNr. 26 f., m.w.N.).
- 113
Gemessen daran, musste der Beklagte eine mögliche Existenzgefährdung des klägerischen Betriebes durch die Inanspruchnahme der vom Kläger angegebenen Pachtflächen von ca. 20.000 m² nicht (näher) untersuchen. Denn diese Flächen entsprechen nur einem Anteil von etwa 0,5 % der gesamten Betriebsfläche von 4.030.253 m².
- 114
Eine andere Beurteilung folgt auch nicht daraus, dass dem Betrieb des Klägers im Fall des Weiterbaus der A 143 (Westumfahrung Halle) voraussichtlich weitere Eigentums- und Pachtflächen auf Dauer entzogen werden.
- 115
Zwar mag bei einem landwirtschaftliche Betrieb, der von mehreren Bauvorhaben betroffen ist, die zwar jeweils für sich genommen wegen der Unterschreitung der 5 %-Grenze nicht, wegen der Flächeninanspruchnahme insgesamt aber möglicherweise zu einer Gefährdung der Existenz des Betriebes führen, im Ergebnis eine Gesamtbetrachtung geboten sein. Dies bedeutet aber nicht, dass eine Existenzgefährdung, die durch die Inanspruchnahme weiterer Flächen aufgrund eines erst noch folgenden Planfeststellungsbeschlusses möglich erscheint, bereits bei der Abwägung im Rahmen des zuerst durchgeführten Planfeststellungsverfahrens einzustellen ist.
- 116
Bei der Prüfung der Rechtmäßigkeit eines Planfeststellungsbeschlusses für einen Planungsabschnitt haben solche Betroffenheiten des Klägers grundsätzlich außer Betracht zu bleiben, die sich erst aufgrund weiterer Planfeststellungsbeschlüsse für Folgeabschnitte ergeben, sofern diese weiteren Planfeststellungsbeschlüsse nach dem für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses des angefochtenen Planfeststellungsbeschlusses ergehen (BVerwG, Beschl. v. 14.07.2009 – 9 VR 20.04 –, juris, RdNr. 18, m.w.N.). Ein landwirtschaftlicher Betrieb kann nicht mit Erfolg geltend machen, es sei bereits jetzt erkennbar, dass er durch spätere Planfeststellungsbeschlüsse für andere Planungsabschnitte weitere Nutzflächen verlieren und jedenfalls dann sein Betrieb in Gefahr geraten werde, wenn in dem für die Prüfung der Rechtmäßigkeit des Planfeststellungsbeschlusses grundsätzlich maßgeblichen Zeitpunkt seines Erlasses Planfeststellungsbeschlüsse für weitere Planungsabschnitte noch nicht ergangen sind (vgl. BVerwG, Urt. v. 17.08.2004 – 9 A 1.03 –, NuR 2005, 177 [178], RdNr. 28, m.w.N.). Soweit eine etwaige künftige Belastung mit weiteren Maßnahmen noch nicht verbindlich feststeht, braucht sie weder als allgemeines Zumutbarkeitskriterium noch in ihrer Kumulation mit der streitgegenständlichen Maßnahme im Hinblick auf eine sich möglicherweise dann ergebende Betriebsgefährdung berücksichtigt zu werden; vielmehr wird dann in den zeitlich nachfolgenden Planfeststellungsbeschlüssen in der Regel die bereits erfolgte Belastung des landwirtschaftlichen Betriebs in den Blick zu nehmen sein, weil der Betroffene durch die abschnittsweise Planung unter Rechtsschutzgesichtspunkten nicht schlechter gestellt werden darf als er stünde, wenn sämtliche durch das Gesamtvorhaben bedingten Belastungen für seinen Betrieb auf einmal ihm gegenüber auf ihre Rechtmäßigkeit zu prüfen wären (BVerwG, Urt. v. 17.08.2004, a.a.O.). Der Betroffene kann mithin eine etwaige Existenzgefährdung nicht schon im Vorgriff auf geplante Beeinträchtigungen in einem weiteren Abschnitt geltend machen, sondern unter Einbeziehung von Flächeninanspruchnahmen in früheren Planfeststellungsabschnitten erst gegenüber dem Planfeststellungsbeschluss für diesen Folgeabschnitt (BVerwG, Beschl. v. 14.07.2009, a.a.O.).
- 117
Diese Grundsätze sind entsprechend für die Fälle heranzuziehen, in denen der landwirtschaftliche Betrieb nicht durch mehrere Planungsabschnitte eines Bauvorhabens sondern durch zeitlich aufeinander folgende unterschiedliche Bauvorhaben, die in räumlicher Nähe zueinander stehen, betroffen ist. Dies gilt insbesondere dann, wenn – wie hier – der Flächenverlust im zuerst durchgeführten Planfeststellungsverfahren deutlich unter der 5 %-Grenze (hier ca. 0,5 %) liegt und der wesentliche Entzug landwirtschaftlich genutzter Flächen (hier ca. 4,95 %) erst durch das noch folgende Planfeststellungsverfahren eintritt. Der Beklagte weist im Übrigen zu Recht darauf hin, dass ungeachtet des vorangegangenen und vom Bundesverwaltungsgericht beanstandeten Planfeststellungsverfahrens bezüglich des „Lückenschlusses“ der A 143 derzeit noch keine sichere Aussage darüber getroffen werden kann, ob es nach Abschluss des derzeit noch laufenden ergänzenden Verfahrens nach § 17e Abs. 6 Satz 2 FStrG nach Abwägung der Belange des Klägers letztlich dabei bleibt, dass seinem Betrieb Flächen in der Größenordnung von 199.606 m² (für Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen) dauerhaft entzogen werden.
- 118
Soweit der Kläger einwendet, ein weiterer Flächenverlust sei wegen der von der Gemeinde S. beabsichtigten Aufstellung eines Bebauungsplans für ein Gewerbegebiet an der A 143 im Bereich der Anbindung an die B 80 (Anschlussstelle Halle-Neustadt) zu erwarten, lässt sich damit ein Abwägungsmangel schon deshalb nicht begründen, weil dieser Umstand im Planfeststellungsverfahren vom Kläger nicht vorgetragen wurde und für den Beklagten im maßgeblichen Zeitpunkt der Abwägungsentscheidung auch nicht ersichtlich war. Im Übrigen wäre der Beklagte nach den oben dargestellten Grundsätzen nicht verpflichtet gewesen, weitere mögliche Flächenverluste durch die beabsichtigte Bauleitplanung der Gemeinde S. und eine sich daraus möglicherweise ergebende Verschärfung der betrieblichen Verhältnisse in seine Abwägung einzustellen.
- 119
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
- 120
IV. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
- 121
V. Die Revision wird nicht zugelassen, da die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht gegeben sind.
Gründe
- 1
-
Die auf die Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache und der Divergenz (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 und 2 VwGO) gestützte Beschwerde kann keinen Erfolg haben.
- 2
-
1. Die Rechtssache hat nicht die grundsätzliche Bedeutung, die ihr der Kläger beimisst.
- 3
-
Der Kläger möchte rechtsgrundsätzlich geklärt wissen,
-
ob die Planrechtfertigung für die nachträgliche Zulassung bzw. Anordnung aktiver Schallschutzmaßnahmen bei unveränderter verkehrlicher Funktion und Leistungsfähigkeit der Straße auch dann gegeben sein kann, wenn damit weder ein Vorbehalt aus einem Ausgangsplanfeststellungsbeschluss abgearbeitet wird, noch die Voraussetzungen für nachträgliche Schutzauflagen gemäß § 75 Abs. 2 Satz 2 Verwaltungsverfahrensgesetz gegeben sind, noch Lärmbeeinträchtigungen entgegengewirkt werden soll, die aktuell oder nach dem jeweiligen Prognosehorizont im Bereich bzw. jenseits der Sanierungsgrenzwerte entsprechend Ziff. 37.1 VLärmSchR 97 liegen, und für die Verwirklichung der Maßnahme auf privates Grundeigentum i.S.d. Art. 14 Abs. 1 GG zugegriffen werden muss bzw. ob angesichts der Unanwendbarkeit der §§ 41 ff. BImSchG i.V.m. der 16. BImSchV die Planrechtfertigung für solche Maßnahmen nicht prinzipiell ausscheidet.
- 4
-
Diese Fragen rechtfertigen die Zulassung der Revision nicht, weil sie ohne Weiteres anhand des Gesetzes und bereits vorliegender Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts beantwortet werden können. Das rechtliche Erfordernis einer Planrechtfertigung ergibt sich aus der Erwägung, dass eine hoheitliche Planung wegen der von ihr ausgehenden Auswirkungen auf die Rechte Dritter ihre Rechtfertigung nicht schon in sich trägt. Die Planrechtfertigung dient damit dem Zweck, Vorhaben, die nicht mit den Zielen des jeweiligen Fachrechts in Einklang stehen, bereits auf einer der Abwägung vorgelagerten und einer vollen gerichtlichen Überprüfung unterliegenden Stufe auszuscheiden. Sie stellt eine praktisch nur bei groben und einigermaßen offensichtlichen Missgriffen wirksame Schranke der Planungshoheit dar (Urteil vom 11. Juli 2001 - BVerwG 11 C 14.00 - BVerwGE 114, 364 <372 f.> = Buchholz 442.40 § 8 LuftVG Nr. 19 S. 17 m.w.N.). Eine straßenrechtliche Planung hat daher Bestand, wenn sie auf die Verwirklichung der mit dem einschlägigen Fachgesetz generell verfolgten öffentlichen Belange ausgerichtet und vernünftigerweise geboten ist (Urteil vom 7. Juli 1978 - BVerwG 4 C 79.76 u.a. - BVerwGE 56, 110 <118 f.> = Buchholz 442.40 § 8 Nr. 2 S. 7 f.).
- 5
-
Die von dem Träger der Straßenbaulast an einer Bundesfernstraße errichteten Lärmschutzwände sind Bestandteile der Bundesfernstraße (§ 1 Abs. 4 Nr. 1 FStrG) und unterliegen daher dem Planfeststellungsvorbehalt des § 17 Satz 1 FStrG. Sie sind vom eigentlichen Vorhaben nicht isoliert zu betrachten, sondern stehen in einem untrennbaren planungsrechtlichen Zusammenhang mit diesem, und zwar auch dann, wenn sie erst nach Bestandskraft des ursprünglichen Planfeststellungsbeschlusses in einem der Lärmsanierung dienenden Planänderungsverfahren planfestgestellt und errichtet werden (vgl. Urteil vom 14. September 1992 - BVerwG 4 C 34 - 38.89 - BVerwGE 91, 17 <19> = Buchholz 316 § 74 VwVfG Nr. 18 S. 24 f.). Daraus folgt, dass der Planänderungsbeschluss, der nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts dem ursprünglichen Planfeststellungsbeschluss anwächst und mit diesem zu einem einzigen Plan in der durch den Änderungsbeschluss erreichten Gestalt verschmilzt (Urteile vom 9. Juni 2010 - BVerwG 9 A 25.09 - Buchholz 316 § 76 VwVfG Nr. 19 Rn. 24, vom 18. März 2009 - BVerwG 9 A 31.07 - Buchholz 310 § 74 VwGO Nr. 15 Rn. 23 f. und vom 8. Januar 2014 - BVerwG 9 A 4.13 - NVwZ 2014, 1008 Rn. 15), an der Planrechtfertigung des ursprünglichen Planfeststellungsbeschlusses teilnimmt. Einer gesteigerten Form der Rechtfertigung, etwa im Sinne einer Erforderlichkeit eines Änderungsvorhabens, bedarf es daher bei nachträglich planfestgestellten Lärmschutzwänden nicht (Urteil vom 14. September 1992 a.a.O. S. 29
).
- 6
-
Keine Frage der Planrechtfertigung, sondern eine Frage der Abwägung ist es dagegen, ob die für das Vorhaben sprechenden Gemeinwohlbelange von einem solchen Gewicht sind, dass sie das Bestandsinteresse des Eigentümers am Fortbestand seiner konkreten Eigentumsposition zu überwinden vermögen (vgl. Urteil vom 24. November 2011 - BVerwG 9 A 23.10 - BVerwGE 141, 171 = Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 219 jeweils Rn. 64 ff., 67). Entgegen der Auffassung der Beschwerde gelten die vorgenannten Grundsätze auch in den Fällen, in denen der Träger der Straßenbaulast unterhalb der Schwellenwerte für drohende Gesundheitsgefahren „freiwillig“ Lärmschutzmaßnahmen ergreift. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist jede mehr als nur geringfügig zunehmende Lärmbetroffenheit von Anwohnern eines auszubauenden Verkehrswegs in die Abwägung der Planfeststellungsbehörde einzustellen. Dies gilt auch dann, wenn sie unterhalb der Schwelle der Unzumutbarkeit bleibt und deshalb keine Schutzansprüche auslöst (Urteile vom 20. Mai 1998 - BVerwG 11 C 3.97 - Buchholz 406.25 § 41 BImSchG Nr. 18 S. 50 m.w.N. und vom 23. November 2005 - BVerwG 9 A 28.04 - BVerwGE 124, 334 <345> = Buchholz 406.25 § 41 BImSchG Nr. 45 Rn. 45). Für nachträgliche Planänderungen, die bei bestehenden Verkehrswegen mit dem Ziel einer Reduzierung der von diesen ausgehenden Lärmbetroffenheiten vorgenommen werden, kann nichts anderes gelten.
- 7
-
Auch die Frage,
-
ob bei einem Abwägungsausfall nicht stets von einer Erheblichkeit des Abwägungsmangels auszugehen ist,
-
rechtfertigt die Zulassung der Revision nicht. Auch diese Frage lässt sich ohne Weiteres auf der Grundlage der bisherigen Rechtsprechung beantworten. Ergebnisrelevanz i.S.d. § 17e Abs. 6 FStrG liegt vor, wenn nach den Umständen des Falles die konkrete Möglichkeit besteht, dass ohne den Abwägungsmangel eine andere Entscheidung getroffen worden wäre; eine nur abstrakte Möglichkeit einer anderen Entscheidung genügt nicht. Insoweit ist der Abwägungsvorgang in all seinen Phasen in den Blick zu nehmen (Urteile vom 21. März 1996 - BVerwG 4 C 19.94 - BVerwGE 100, 370 <379 f.> und vom 24. November 2011 a.a.O. Rn. 68). Danach kann auch für den Fall, dass sich die Planfeststellungsbehörde - wie hier - fälschlicherweise rechtlich zur Einleitung eines Planfeststellungsverfahrens verpflichtet sah, eine Fehlerheilung in Betracht kommen. Dem steht nicht die Aussage des 7. Senats des Bundesverwaltungsgerichts in seinem Hinweisbeschluss vom 11. Juli 2013 - BVerwG 7 A 20.11 - (DVBl 2013, 1453 Rn. 12) entgegen, wonach ein Abwägungsausfall dann erheblich ist und eine Prüfung der Ergebnisrelevanz ausscheidet, wenn eine vorgeschriebene fachplanerische Abwägung völlig fehlt. Eine vergleichbare Situation eines Totalausfalls der Abwägung, in der das Gericht „als Ersatzplaner“ selbst abzuwägen hätte, ist im vorliegenden Fall offensichtlich nicht gegeben. Ausweislich des angefochtenen Urteils (UA Rn. 33) hat die Planfeststellungsbehörde die für die Errichtung der Lärmschutzwand erforderliche Abwägung der für und gegen das Vorhaben sprechenden Belange vorgenommen und eine eigene Abwägungsentscheidung getroffen. Dass sie hierbei aufgrund der angenommenen Verpflichtung zur Einleitung eines Planänderungsverfahrens die betroffenen Belange bei ihrer Abwägungsentscheidung unzutreffend bewertet und gewichtet hätte, wird von der Beschwerde nicht dargetan, hierfür ist auch sonst nichts ersichtlich; ein solcher Abwägungsmangel - sein Vorliegen unterstellt - würde im Übrigen einen Fehler darstellen, der von der Regelung des § 17e Abs. 6 FStrG a.F. erfasst wird.
- 8
-
Die Frage,
-
ob es mit dem Gleichheitsgrundsatz vereinbar ist, dass bei der Abarbeitung von Lärmschutzvorbehalten an einer Bundesstraße auch für solche Streckenabschnitte, für die kein Vorbehalt besteht, aktive Lärmschutzmaßnahmen zu Lasten des betroffenen Grundstückseigentümers in gleicher Dimensionierung vorgenommen werden, während an anderen Bundesfernstraßen Lärmschutzmaßnahmen gänzlich unterbleiben oder nur nach Maßgabe der Richtlinien für Lärmsanierung vorgenommen werden,
-
rechtfertigt die Zulassung der Revision ebenfalls nicht. Soweit die Frage auf der Grundlage der vom Oberverwaltungsgericht getroffenen und von der Beschwerde nicht angegriffenen Feststellungen einer generellen und abstrakten Klärung zugänglich ist, fehlt es an jeder Darlegung (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO), warum sie sich nicht auf der Grundlage der bereits zu Art. 3 GG vorliegenden umfangreichen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts beantworten ließe und inwiefern der vorliegende Rechtsstreit Gelegenheit zur Weiterentwicklung der höchstrichterlichen Rechtsprechung geben könnte.
- 9
-
2. Auch die Divergenzrügen (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) greifen nicht durch.
- 10
-
Soweit die Beschwerde hinsichtlich der Planrechtfertigung eine Abweichung des angegriffenen Urteils von der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geltend macht, ist eine solche aus den oben zu 1. dargelegten Gründen nicht gegeben.
- 11
-
Eine weitere Abweichung von der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sieht die Beschwerde in der Abhandlung der Grundrechtsbetroffenheit des Klägers durch das Oberverwaltungsgericht. Eine Divergenz besteht jedoch auch insoweit nicht. Ein abstrakter Rechtssatz, dass die freiwillige Ergänzung von Lärmschutzmaßnahmen unabhängig vom ursprünglichen Planfeststellungsbeschluss zu beurteilen und eine absolute Grenze erreicht ist, wenn sich die planfestgestellte Maßnahme zu Lasten anderer Anlieger auswirkt, lässt sich dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 9. Februar 1995 - BVerwG 4 C 26.93 - (BVerwGE 97, 367 <372 f.> = Buchholz 406.25 § 41 BImSchG Nr. 7 S. 6) nicht entnehmen. Die Aussage des Bundesverwaltungsgerichts, dass das Gebot der Gleichbehandlung verletzt würde, wenn die staatliche Maßnahme, die zum Vorteil des einen bestimmt ist, dem anderen zusätzliche Nachteile aufbürdet, bezieht sich erkennbar auf die Umstände des damals zu entscheidenden Falles. Dieser war dadurch gekennzeichnet, dass die vorgesehene Lärmsanierung an der Westseite der Bundesstraße wegen der mit der Lärmschutzwand verbundenen Reflexionen zu einer Erhöhung der Lärmbelastung an der östlichen Straßenseite geführt hätte. Für diese Fallgestaltung hat das Bundesverwaltungsgericht den Rechtssatz aufgestellt, dass die Lärmsanierung für die einen Straßenanlieger nicht zu einer Verschlechterung der Lärmsituation für andere Straßenanlieger führen dürfe. Eine vergleichbare Fallkonstellation ist hier nicht gegeben. Dass auch für die Durchführung einer Lärmsanierung nach rechtsfehlerfreier Abwägung der betroffenen öffentlichen und privaten Belange in Rechte Dritter eingegriffen werden kann, ist bereits zu der entsprechenden Grundsatzrüge unter 1. ausgeführt worden. Hierauf wird verwiesen.
- 12
-
Eine Abweichung von der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts besteht nach Auffassung der Beschwerde ferner darin, dass das Oberverwaltungsgericht von einer Maßgeblichkeit der Immissionsgrenzwerte gemäß der Lärmschutzverordnung (16. BImSchV) ausgegangen sei (UA Rn. 31), während nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 9. Februar 1995 - BVerwG 4 C 26.93 - (a.a.O. S. 373 und S. 7) die Grenzwerte der Verkehrslärmschutzverordnung nur im Fall einer Änderung einer Straße i.S.d. § 41 Abs. 1 BImSchG Anwendung finden könnten. Eine Divergenz ergibt sich hieraus jedoch nicht. Denn aus der von dem Kläger angeführten Passage der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts geht hervor, dass die Werte der Lärmschutzverordnung auch dann, wenn keine Änderung einer Straße vorliegt, als Orientierungswerte Anwendung finden können. Nichts anderes hat das Oberverwaltungsgericht zum Ausdruck gebracht, wenn es auf die Überschreitung der maßgeblichen Grenzwerte der Lärmschutzverordnung abstellt und ausführt, dass die Lärmbetroffenen zwar keinen Anspruch auf Lärmschutz aus dem Vorbehalt im ursprünglichen Planfeststellungsbeschluss haben, die Beklagte in dieser Situation aber befugt gewesen sei, den Planfeststellungsbeschluss zu ändern und um aktive Lärmschutzmaßnahmen zu ergänzen.
- 13
-
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG.
Tatbestand
- 1
Der Kläger wendet sich gegen einen Planfeststellungsbeschluss, der den Umbau des plangleichen (höhengleichen) Knotenpunktes der Bundesstraße B 80 / Kreisstraße K 2147 (Knoten am Friedhof) zu einem planfreien (höhenfreien) Knotenpunkt als halbes Kleeblatt zum Gegenstand hat.
- 2
Die B 80 beginnt in der Stadt Halle und führt in westliche Richtung über die Lutherstadt Eisleben weiter nach Thüringen, das südliche Niedersachen und Nordhessen. Die K 2147 („T Landstraße“) führt vom Ort Zscherben im Südwesten zum Knotenpunkt mit der B 80 und als kommunale Straße weiter zur „E Straße“ im Ortsteil N der Stadt Halle. Unmittelbar südlich des Knotens in westlicher Richtung befinden sich die Zuwegung und der Parkplatz des Friedhofs Halle-Neustadt. Der Knotenpunkt soll in seiner Lage bezogen auf das Straßennetz unverändert bleiben. Zur Herstellung der planfreien Gestaltung des Kontenpunkts soll die K 2147 bzw. die kommunale Straße „Teutschenthaler Landstraße“ über die B 80 geführt und über Ausfahrtsrampen an die jeweiligen Richtungsfahrbahnen Eisleben und Halle, die mit Aus- und Einfädelspuren versehen werden, angebunden werden. Im Zuge der Überführung soll ein einseitiger gemeinsamer Geh-/Radweg im Zweirichtungsverkehr errichtet werden, der eine durchgängige Verbindung zwischen der Ortslage Nietleben bis zum Friedhof schafft. Des Weiteren soll das Wegenetz, insbesondere die Zufahrten zur vorhandenen Wohnbebauung, angepasst werden.
- 3
Am 15.09.2009 beantragte der Landesbetrieb Bau Sachsen-Anhalt, Niederlassung Süd (im Folgenden: LBB), als Vorhabenträger die Durchführung eines Planfeststellungsverfahrens für das Bauvorhaben. Zur Notwendigkeit der Baumaßnahme führte er (vgl. S. 7 ff. des 1. Erläuterungsberichts, Beiakte A – Mappe 1) u.a. aus, der Ausbau des Knotens sei aufgrund der mangelhaften Verkehrsverhältnisse, fehlender Fahrbeziehungen, der fehlenden Verkehrssicherheit und des Zustandes der Verkehrsflächen veranlasst worden. Der Knotenpunkt sei ein Unfallschwerpunkt. Im Rahmen der Vorplanung seien Varianten zur Knotenpunktgestaltung erarbeitet worden, die sowohl plangleiche als auch planfreie Lösungen variierend beinhalteten. Eine plangleiche Lösung sei auf Grund der Verkehrssicherheit und Leistungsfähigkeit nicht möglich. Unter Berücksichtigung von Zwangspunkten – insbesondere die Lage des B-Plan-Gebietes Nr. 2 „Granauer Berg“ – komme die vorliegende Variante zum Tragen. In die Vorplanung seien Ergebnisse verkehrstechnischer Untersuchungen eingeflossen. Die Planung des Knotenpunktes sei zudem in Abstimmung mit den Belangen der Stadt Halle erfolgt. Die fußläufige Verbindung zwischen der Ortslage N und dem Friedhof sei zu gewährleisten und die Wegebeziehungen zu optimieren.
- 4
Die Planunterlagen wurden nach Bekanntmachung im Amtsblatt der Stadt Halle vom 11.11.2009 in der Zeit vom 16.11.2009 bis zum 15.12.2009 ausgelegt. Aufgrund der Betriebsferien der Stadtverwaltung wurde der Auslegungszeitraum bis zum 08.01.2010 verlängert; darauf wurde im Amtsblatt der Stadt Halle vom 09.12.2009 hingewiesen.
- 5
Der Kläger hat als Inhaber eines landwirtschaftlichen Betriebes mit Vertrag vom 15.08.2008, der (zunächst) bis zum 30.09.2026 läuft und sich bei nicht fristgerechter Kündigung um 3 Jahre verlängert, Ackerflächen nördlich der B 80 und westlich der Eislebener Straße (Gemarkung A-Stadt, Flur A, Flurstücke 11 und 12) im Umfang von ca. 2 ha gepachtet, die durch das Bauvorhaben zu einem erheblichen Teil in Anspruch genommen werden.
- 6
Der Kläger erhob im Aufstellungsverfahren mit Schreiben vom 20.01.2010 folgende Einwendungen: Es sei auch bundespolitisches Ziel, den Verbrauch von landwirtschaftlichen Flächen für Bauzwecke zu reduzieren. Bei der nordwestlich der Kreuzung gelegenen Fläche handele es sich um bestes ertragreiches Ackerland, das es zu erhalten gelte. Für das Linksabbiegen aus Richtung Westen (Eisleben) sei eine Linksabbiegerspur völlig ausreichend und wesentlich kostengünstiger. Die Linksabbiegerspur aus Richtung Osten (Halle) nach Zscherben zeige, dass diese Lösung völlig ausreichend und deutlich kostengünstiger sei als das hier in Rede stehende Brückenbauwerk. Verkehrspolitisches Ziel müsse es aus Sicherheits- und Lärmschutzgründen auch sein, den Verkehr auf der B 80 zu beruhigen bzw. zu verlangsamen. Durch das Brückenbauwerk werde das Gegenteil erreicht. Die Fahrgeschwindigkeiten würden sich erhöhen und die Unfallzahlen in diesem Bereich im Falle der Brückenlösung steigen. Weiterhin werde die Verkehrsbelastung in der Ortslage N erheblich zunehmen; dadurch würden dort die Lärmbelastung und die Aufwendungen für die Straßeninstandhaltung deutlich erhöht. Ziel müsse es aber sein, den Verkehr in den bewohnten Ortslagen so gut wie möglich zu reduzieren. Auch stelle das gewaltige Bauwerk einen ganz erheblichen Eingriff in die Landschaft dar. Trotz der geplanten Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen komme es zu einem erheblichen Eingriff in die Ökosysteme. Darüber hinaus führe das geplante Brückenbauwerk nicht nur in der Bauphase zu erheblichen Belastungen für die direkten Anwohner und zu einer erheblichen Wertminderung der angrenzenden Grundstücke. Zu berücksichtigen sei auch, dass sein landwirtschaftlicher Betrieb bereits durch den Weiterbau der Bundesautobahn A 143 von erheblichem Flächenverlust betroffen sei. Aufgrund des zusätzlichen Flächenverlusts durch das hier geplante Bauvorhaben sei zu prüfen, ob sein Betrieb in seiner Existenz bedroht sei. Weiterhin sei zu prüfen, ob das Verkehrsgutachten, das Grundlage der bisherigen Planungen sei, die Veränderungen im Verkehrsfluss die durch die Fertigstellung der A 38 wie der in absehbarer Zeit erfolgenden Fertigstellung der L 164n und den in der Planfeststellung befindlichen Weiterbau der A 143 entstehen, ausreichend berücksichtigt habe. Augenscheinlich sei heute schon festzustellen, dass allein durch die Fertigstellung der A 38 der Verkehr auf der B 80 nachgelassen habe. Auch deshalb sei davon auszugehen, dass Linksabbiegerspuren für diese Kreuzung ausreichend seien.
- 7
Hierzu nahm der LBB mit Schreiben vom 15.04.2010 u.a. wie folgt Stellung (Beiakte F, Bl. 817 ff.): Die vorhandene Lichtsignalanlage (LSA) am streitigen Knoten überschreite in der vorliegenden Form seine Leistungsfähigkeit, d.h. der Knoten sei bereits ausgelastet bzw. überlastet. Im Rahmen der Vorplanung seien unterschiedliche Varianten untersucht worden, auch der Ausbau der Kreuzung mit LSA, Linksabbiegespuren, Rechtsabbiegestreifen bzw. Ausfahrkeilen und Dreiecksinseln. Die verkehrstechnische Berechnung habe ergeben, dass bei dieser Variante in der Prognose für 2015 bzw. 2020 ebenfalls eine Überlastung auftreten werde. Die topographischen Verhältnisse, die Längsneigung und die Sichtverhältnisse aus Richtung Eisleben kommend, erforderten Einschränkungen hinsichtlich der fahrbaren Geschwindigkeit am Knoten. Der Knoten sei erst sehr spät zu erkennen und werde zudem infolge der vorhandenen Streckencharakteristik vom Verkehrsteilnehmer nicht erwartet. Im Zuge der B 80 – von der Anschlussstelle der Bundesautobahn A 38 bis in die Innenstadt (Knoten Vstraße) – sei er der einzige plangleiche Knoten. Die benannte Problematik hinsichtlich Topographie, Sicht und Geschwindigkeit spiegele sich in der Unfallstatistik wider. Dadurch stelle der Knoten in der vorliegenden Form einen Unfallschwerpunkt dar, der mit dem Bau der Brücke beseitigt werde. Die B 80 sei nach den Richtlinien der integrierten Netzgestaltung (RIN) als großräumige Straßenverbindung (LS 1) eingestuft und auch Autobahnzubringer. Damit liege in diesem Fall das verkehrspolitische Ziel nicht in einer Verkehrsberuhigung, sondern in der Sicherung der Verkehrssicherheit und Leistungsfähigkeit entsprechend der maßgebenden Verbindungsfunktion. Für das geplante Vorhaben sei eine schalltechnische Untersuchung sowie eine Luftschadstoffuntersuchung erstellt worden. Nach der schalltechnischen Untersuchung liege keine wesentliche Änderung einer Straße im Sinne von § 1 der 16. BImSchV vor. In der Schadstoffsituation sei im Ergebnis festgestellt worden, dass die ermittelten Immissionen unterhalb der vom Gesetzgeber festgelegten kritischen Werte liegen. Die Eingriffe in die Landschaft und die Ökosysteme seien im Rahmen eines landschaftspflegerischen Begleitplanes und eines artenschutzrechtlichen Fachbeitrages bewertet worden; entsprechende Maßnahmen würden vorgesehen. Für die Berechnung der Leistungsfähigkeit des Knotens sei die Prognose IV bzw. V der Stadt Halle herangezogen worden (für den Prognosehorizont 2015 bzw. 2020), die sowohl die A 143 (mit und ohne Fertigstellung bis zur A 14) als auch den Ausbau der Osttangente bis zur B 100 berücksichtigten. Für die B 80 sei ein Rückgang der Verkehrsbelastung nicht zu erwarten.
- 8
Im Erörterungstermin am 28.07.2010 führte der Kläger ergänzend aus, er rege an, einen Kreisverkehr anzulegen; solche Anlagen hätten sich in der Vergangenheit immer wieder als ausgesprochen leistungsfähig erwiesen. Im Rahmen der Planfeststellung und Verwirklichung des vorgesehenen Lückenabschnittes der A 143 habe er mit einem erheblichen Verlust landwirtschaftlicher Flächen zu rechnen; die beiden Vorhaben seien im Zusammenhang zu betrachten. Die gegebene mangelhafte Verkehrssicherheit der Kreuzung sei auch durch eine stärkere verkehrspolizeiliche Überwachung in den Griff zu bekommen.
- 9
Mit dem angefochtenen Planfeststellungsbeschluss vom 29.03.2012 stellte der Beklagte den Plan für den Ausbau der B 80 / K 2147 – Knoten am Friedhof – fest.
- 10
In der Begründung heißt es, der Ausbau des Knotenpunktes sei aus Gründen des Gemeinwohls objektiv notwendig. Der jetzige Zustand dieses Knotenpunktes entspreche in keiner Weise den verkehrlichen Erfordernissen. Die Verkehrsverhältnisse seien mangelhaft. Fehlende Fahrbeziehungen, fehlende Verkehrssicherheit und ein schlechter Zustand der Verkehrsflächen hätte den Knotenpunkt zu einem Unfallschwerpunkt werden lassen. Der vorhandene plangleiche Knoten sei überlastet; er besitze trotz der vorhandenen Lichtzeichenanlage nicht die Leistungsfähigkeit, den auftretenden Verkehr störungsfrei abzuwickeln. Zu Zeiten der Verkehrsspitzen träten regelmäßig und unvermeidlich Rückstaus auf. Dies sei angesichts der gegebenen schwierigen topographischen Verhältnisse nicht hinnehmbar. Insbesondere für Verkehrsteilnehmer, die aus Richtung Eisleben kommen, sei der Knoten erst sehr spät zu erkennen, zudem werde er aufgrund der Streckencharakteristik in der Form nicht erwartet. Der Knoten sei im Zuge der B 80 zwischen der Anschlussstelle zur A 143 und der Innenstadt Halle der einzige plangleiche Knoten. Bereits deshalb dränge es sich auf, auch ihn höhenungleich auszugestalten und so den übrigen Knoten im Trassenverlauf anzupassen.
- 11
Eine Optimierung des bestehenden höhengleichen Knotenpunktes sei auf Grund der räumlich-topographischen Bedingungen nicht mehr möglich. Diesen Befund belegten auch die herangezogenen Verkehrsprognosen. Für die Betrachtung der im Rahmen der Vorplanung zu entwickelnden Knotenpunktvarianten und zur Berechnung deren Leistungsfähigkeit sei die Prognose IV (Individualverkehr) der Stadt Halle herangezogen worden. Sie berücksichtige den Horizont 2015. Trotz eines allgemein erwarteten Rückganges der Verkehrsbelastung, sei für die B 80 in diesem Bereich ein Anstieg zu erwarten. Die Prognose weise für den Knoten eine Belastung von 35.402 Kfz/24h aus. In der Spitzenstunde betrage der DTV der Prognose 2.981 Kfz/h. Im Zuge des Planungsverlaufes sei ein Abgleich mit den aktuellen Daten der Prognose 2020 der Stadt Halle erfolgt. Hierbei würden zwei Fälle unterschieden: Belastung mit Fertigstellung der BAB 143 (Weiterführung von der B 80, NK 4537 039 bis zur Anbindung an die BAB 14 nördlich von Halle) und ohne BAB 143. Im Vergleich ergäben sich folgende Daten:
- 12
Prognosehorizont
DTV [Kfz/24h]
Spitzenstunde [Kfz/h]
2015
35.402
2.981
2020 mit A 143
32.742
2.853
2020 ohne A 143
38.202
3.313
- 13
Dabei sei auf der Basis der Prognosen für 2015 und ergänzend für 2020 – sowohl mit als auch ohne A 143 – die Leistungsfähigkeit der Varianten ermittelt worden. Die verkehrstechnische Untersuchung (Unterlage 15.1) sei fortgeschrieben worden. Aus den Prognosedaten werde deutlich, dass die Verkehrsbelastung des Knotens selbst unter den günstigen Bedingungen auch zukünftig – insbesondere zu den Spitzenzeiten – so groß sein werde, dass ohne bauliche Veränderung die heutige Überlastungssituation fortbestehen werde.
- 14
Die Einwände des Klägers wurden mit folgender Begründung zurückgewiesen: Mit dem Einwand, im Hinblick auf den Flächenbedarf beim Weiterbau der A 143 sehe er die Existenz seines landwirtschaftlichen Betriebes gefährdet, könne der Kläger erst in demjenigen Planfeststellungsverfahren Gehör finden, in welchem die Existenzgefährdung tatsächlich eintrete. Im Übrigen habe er seinen diesbezüglichen Einwand auch nicht hinreichend präzisiert. Der von ihm vorgeschlagene Ausbau des vorhandenen Knotens mittels einer Linksabbiegespur in Richtung N brächte, wie sich bei der im Vorfeld der Planung vorgenommen verkehrstechnischen Berechnung ergeben habe, nicht die gebotene Erhöhung der Leistungsfähigkeit des Knotens mit sich. Überhaupt sei eine Optimierung des bestehenden höhengleichen Knotenpunktes bereits auf Grund der räumlich-topographischen und visuellen Bedingungen nicht mehr möglich. Für Verkehrsteilnehmer, die aus Richtung Eisleben kommen, sei der Knoten erst sehr spät zu erkennen, zudem werde er aufgrund der Streckencharakteristik in der Form auch nicht erwartet. Der Knoten sei im Zuge der B 80 zwischen der Anschlussstelle zur A 143 und der Innenstadt von Halle der einzige plangleiche Knoten. Bereits deshalb dränge es sich auf, auch ihn höhenungleich auszugestalten und so den übrigen Knoten im Trassenverlauf anzupassen. Auch der ins Spiel gebrachte Kreisverkehr würde die für 2015 bzw. 2020 prognostizierte Überlastung nicht verhindern. Ein solcher sei zwar im Prinzip leistungsfähiger als eine Ampelkreuzung. Wenn aber, wie hier, die Verkehrsbelastung der zuführenden Äste stark voneinander differiere, sei die Anlegung eines Kreisverkehres kein geeignetes Mittel, den Verkehrsfluss zu fördern. Hinzu komme, dass die Unübersichtlichkeit des Knotens das Unfallrisiko noch erhöhen würde.
- 15
Der Planfeststellungsbeschluss wurde dem Kläger am 14.04.2012 zugestellt.
- 16
Am 14.05.2012 hat der Kläger Klage erhoben, zu deren Begründung er Folgendes vorträgt:
- 17
Bereits am 18.05.2005 sei der Planfeststellungsbeschluss für den Neubau der A 143 nördlich des Knotens mit der B 80 ergangen. Diesen habe zwar das Bundesverwaltungsgericht mit Urteil vom 17.01.2007 aufgehoben. Das Vorhaben werde aber weiter betrieben. Seit Oktober 2009 laufe das dazu erforderliche ergänzende Verfahren. Nach den bisher bekannten Unterlagen würden seinem Betrieb mit einer landwirtschaftlichen Nutzfläche von 4.030.253 m² für den Neubau dieses Abschnitts der A 143 ca. 52.112 m² Pachtflächen und ca. 85 m² Eigentumsflächen auf Dauer entzogen. Zudem würden etwa 147.409 m² Eigentumsflächen mit einer Dienstbarkeit belastet, so dass seinem Betrieb faktisch Flächen von insgesamt ca. 199.606 m² verloren gingen. Aufgrund der beiden Vorhaben – Knotenausbau B 80 / K 2147 und Neubau der A 143 – sei der von ihm zugezogene Sachverständige zu der Einschätzung gelangt, dass sich für beide Maßnahmen ein Produktionsflächenverlust für den Betrieb von insgesamt ca. 219.606 m² (21,9606 ha) ergebe, was ca. 5,45 % der von ihm landwirtschaftlich genutzten Fläche entspreche. Zu diesen beiden Vorhaben komme noch ein drittes Vorhaben hinzu, das unter Beanspruchung von 9 bis 10 ha seiner Pachtflächen realisiert werden solle. Aktuell betreibe die Gemeinde S. in ihrem Ortsteil (…) auf bisherigen Ackerflächen die Ausweisung und Erschließung eines neuen, mehrere Hektar umfassenden Gewerbegebiets im nördlichen Anschluss an die B 80 und im westlichen Anschluss an die neue A 143. Im Ergebnis dieser Planungen stünden ihm zukünftig noch weniger Betriebsflächen. Eine Existenzgefährdung sei dennoch im Verfahren nicht geprüft worden.
- 18
Es fehle zudem an der Planrechtfertigung des Vorhabens. Die der Planung zu Grunde liegenden Verkehrsprognosen gingen von einer Steigerung des Verkehrs zwischen den Jahren 2010 und 2015 um 70 % aus, ohne dass dafür irgendeine plausible Erklärung geliefert würde. Tatsächlich sei vielmehr von einem künftigen kontinuierlichen Rückgang des Verkehrs auszugehen. Die Technische Universität Dresden (Fakultät Verkehrswissenschaften, Institut für Verkehrsplanung und Straßenverkehr) sei zu der Einschätzung gelangt, dass der vorliegenden Planung ein traditioneller und im Rahmen der verwendeten Denkstrukturen konsistenter und rein verkehrstechnischer Ansatz zugrunde liege, der zwar typisch sei und in den vergangenen Jahrzehnten fast überall in Deutschland angetroffen worden sei, der aber wissenschaftlich betrachtet schon lange als völlig überholt gelte. Bedingt durch den demografischen Wandel sei von einer in den nächsten Jahren kontinuierlich erheblich sinkenden Verkehrsstärke im Bereich des Knotenpunktes auszugehen. Zur Einschätzung der demografischen Entwicklung im Einzugsgebiet des geplanten Vorhabens seien die Prognosen des zuständigen Ministeriums für Landesentwicklung und Verkehr des Landes Sachsen-Anhalt heranzuziehen. Von diesem Bevölkerungsrückgang seien insbesondere die im hier zu betrachtenden Abschnitt der B 80 erschlossene Stadt Halle/Saale (-10,0 %) sowie der Landkreis Mansfeld-Südharz (-27,7 %) und der Saalekreis (-17,9 %) betroffen. Die Altersklassen, die hohe Aktivitätsraten aufweisen und im Erwerbsprozess stehen, nähmen ständig ab. Dies belege eine vom Bundesministerium für Bildung, Forschung und Technologie in Auftrag gegebene Studie der Projektgruppe INVERMO an der Universität Karlsruhe. Für die Zukunft sei damit von einer dramatischen Reduzierung der täglichen Wege insgesamt in Deutschland, insbesondere derjenigen mit dem PKW auszugehen. Die von der Bundesanstalt für Straßenwesen regelmäßig durchgeführten Zählungen an Bundesstraßen zeigten bereits diese Trendwende hin zu einer Abnahme der Verkehrsstärke. Dies gelte gerade auch in Sachsen-Anhalt, etwa im Abgleich der Prognosen für die A 38, bei der im Jahr 2010 anstelle der in der Planfeststellung prognostizierten 55.000 Fahrzeuge pro Tag tatsächlich nur 25.000 täglich gezählt worden seien. Im Bereich des streitigen Knotenpunktes B 80 / K 2147 komme hinzu, dass es durch die künftige Inbetriebnahme der derzeit im Planfeststellungsverfahren befindlichen Abschnitts der A 143 zu einer signifikanten Entlastung der B 80 in diesem Bereich kommen werde. Davon gehe auch die Planfeststellung selbst aus. Allerdings seien die Prognosezahlen insgesamt völlig unrealistisch hoch angegeben, weshalb auch bezüglich der Auswirkungen der A 143 von einem erheblich höheren Rückgang ausgegangen werden müsse. Völlig unberücksichtigt geblieben seien der Bau der L 164n vom Knotenpunkt A 143 / L 164n bis in das Gewerbegebiet Halle-Neustadt bzw. von Halle-Neustadt auf die L 173. Nach der Freigabe dieser Straße im Oktober 2011 sei der Verkehr am streitigen Knoten bereits erheblich zurückgegangen. Mit der zukünftigen Freigabe des noch in Planung befindlichen neuen Abschnitts der A 143 werde eine zusätzliche ganz erhebliche Entlastung verbunden sein. Die fortlaufend durchgeführten Verkehrszählungen könnten zur Überprüfung der Prognosezahlen herangezogen werden. Ausgehend von der tatsächlich wesentlich geringeren Verkehrsbelastung des Knotens als in der Planfeststellung angenommen sowie der künftig sogar noch erheblich weiter zurückgehenden Verkehrsbelastung fehle auch den Überlegungen zu Alternativen und zur künftigen Unfallsituation die planerische Grundlage.
- 19
Der Kläger beantragt,
- 20
den Planfeststellungsbeschluss des Beklagten vom 29.03.2012 für das Vorhaben „Ausbau der B 80 / K 2147 – Knoten am Friedhof“ aufzuheben.
- 21
Der Beklagte beantragt,
- 22
die Klage abzuweisen.
- 23
Er trägt vor, die Planrechtfertigung ergebe sich bereits daraus, dass der Vorhaben- und Straßenbaulastträger zur verkehrsgerechten Herstellung einer vorhandenen Bundesstraße verpflichtet sei. Die Defizite des vorhandenen Knotens und deren Folgen seien im Planfeststellungsbeschluss in den Ausführungen zur Planrechtfertigung ausführlich beschrieben. Die Beseitigung des letzten plangleichen Knotens der B 80 zwischen dem Anschluss der A 143 und der Einfahrt nach Halle am Rennbahnkreuz entspreche den Vorgaben der Richtlinien für die Anlage von Straßen – Netzgestaltung (RAS – N 1988), die für zweibahnige Straßen der Kategorie A 1 (wozu die B 80 hier gehöre) und A II wegen der Einheitlichkeit der Streckencharakteristik generell planfreie Knoten empfehlen. Die Unfallträchtigkeit des vorhandenen Knotens ergebe sich aus der vorgelegten Analyse des Unfallgeschehens der Polizei Halle vom 10.08.2012.
- 24
Die vom Kläger vertretene These vom Verkehrsrückgang aufgrund Bevölkerungsrückganges und überproportionalem Rückgang der Erwerbsfähigen werde durch die von ihm angeführte Studie „Mobilität in Deutschland 2008“ in der Gesamtschau nicht belegt. Die Erhebungen der 5. Regionalisierten Bevölkerungsprognose des Landes Sachsen-Anhalt (5. RBP) ergäben für Halle einen geringeren Zuwachs der Altersgruppe „65 und älter“ im Vergleich zum Landesdurchschnitt. Zur Mobilität habe die Studie u.a. die Aussage getroffen, dass das bei etwa gleichbleibender Bevölkerung etwas wachsende Verkehrsaufkommen wesentlich auf eine stärker ausgeprägte Mobilität der heutigen Senioren zurückzuführen sei. Sie seien aktiver als frühere Generationen in diesem Alter und nutzten, nicht zuletzt aufgrund ihrer bisherigen Verkehrssozialisation, häufiger das Auto. Der Pkw bleibe das wichtigste Verkehrsmittel.
- 25
Auch die Erwartung eines Verkehrsrückganges durch Realisierung paralleler Straßenvorhaben, könne dem Vorhaben nicht die Rechtfertigung nehmen. Die Fertigstellung der A 143 sei bei der Ermittlung der Verkehrsprognose im Projekt für 2020 mit eingeflossen, allerdings mit der Einschränkung, dass zum Planungszeitpunkt nur die 4. Regionalisierte Bevölkerungsprognose (4. RBP) bekannt gewesen sei. Zwar sei die Entlastung der B 80 durch den Bau der L 164n noch nicht berücksichtigt worden; jedoch trete eine Entlastung nur für Fahrbeziehungen in Richtung Süden (über die A 143 zur A 38 Richtung Leipzig) ein. Das Verkehrsplanungsbüro (P.) habe die Grundlagen für die Berechnung der Verkehrserhebung der Stadt Halle zur Verfügung gestellt, die in die verkehrstechnische Untersuchung eingeflossen seien. Die (P.) habe eine neue Berechnung unter Berücksichtigung der 5. RBP sowie aller bis 2025 geplanten Straßenbauvorhaben für den Großraum Halle erarbeitet. Zum Zeitpunkt der Erstellung der Planunterlagen seien alle verfügbaren aktuellen Verkehrszahlen verwendet worden. Insbesondere seien in die Berechnung die Prognoseentwicklungen für 2015 und 2020 aus dem Verkehrsmodell der Stadt Halle eingeflossen. Der Hinweis des Klägers auf die Dauerzählstelle Bennstedt sei ohne Belang, da diese Zählung westlich der A 143 zwischen den Abzweigen Bennstedt und Langenbogen erfolge und nicht den stadteinwärts fließenden Verkehr nach Halle erfasse.
- 26
Die wichtigste Begründung des Planungsauftrages sei indes die Beseitigung des Unfallschwerpunktes. So seien nach Auskunft der Unfallkommission der Stadt Halle allein in den letzten vier Jahren trotz zwischenzeitlich aufgestellter Vorblinkanlage 34 Unfälle mit 13 Verletzten aufgetreten. Die Polizei Halle habe für die Jahre 2008 bis 2011 dem Bereich des Knotens sogar 59 Unfälle mit 8 Schwerverletzten und 22 Leichtverletzten zugeordnet. In der Berechnung der Leistungsfähigkeit werde deutlich, dass ein lichtsignalgeregelter Knoten mit Linksabbiegspuren nicht ausreiche und nur die Verkehrsqualitätsstufe „F“ erreiche. Eine überschlägige Neuberechnung der Leistungsfähigkeit des Knotens mit den nun für 2025 verminderten Belegungszahlen weise an vier Fahrspuren zwar gerade noch eine Verkehrsqualitätsstufe „D“ mit einem Sättigungsgrad von 94 % aus und tendiere damit schon sehr zur Qualitätsstufe „E“. Neben der reinen Orientierung auf die Belegungszahlen dürften aber auch die Sicherheitsaspekte auf Grund der geometrischen Gegebenheiten vor Ort und der vorhandenen Neigungs- und Sichtverhältnisse nicht außer Acht gelassen werden. Sie seien die ausschlaggebenden Faktoren für die an dieser Stelle auftretende Unfallhäufigkeit. Nur wenn die Konfliktpunkte „kreuzender bzw. linksabbiegender Verkehr“ und „haltender Verkehr an der Lichtzeichenanlage“ beseitigt seien, könne von einem Sicherheitszugewinn an diesem Knotenpunkt gesprochen werden.
- 27
Angesichts einer Größe des klägerischen Betriebes von ca. 403 ha habe keine Veranlassung bestanden, in eine nähere Prüfung einzutreten, ob der durch das Vorhaben bewirkte Verlust von Betriebsflächen im Umfang von ca. 2 ha Existenz gefährdende Auswirkungen auf den Betrieb des Klägers habe. Sollte die Flächeninanspruchnahme im Planfeststellungsverfahren zum Neubau der A 143 eine Existenzgefährdung auslösen, sei die solchermaßen drohende Schädigung des Betriebs im Kontext dieses Planfeststellungsverfahrens abzuwenden. Eine andere Beurteilung käme nur dann in Betracht, wenn die Verluste im laufenden Verfahren ob ihres Umfanges den Betrieb derart nahe an die Grenze zur Existenzgefährdung heranführen würden, dass bereits ein vergleichsweise geringer Flächenverlust im Rahmen eines schon abzusehenden weiteren Planfeststellungsbeschlusses zur Grenzüberschreitung führen müsste. Da nach den Angaben des Klägers aber nur knapp 10% der erwarteten Flächenverluste auf die streitgegenständliche Planung entfielen, sei nicht zu befürchten, dass der Verlust von ca. 2 ha Pachtland bereits irreparable Fakten schaffe. Hinzu komme, dass im vorliegenden Planfeststellungsverfahren die Inanspruchnahme für die Baumaßnahme selbst erfolge, während im Planfeststellungsverfahren zur A 143 sie allein der Durchführung von Ausgleichs- bzw. Ersatzmaßnahmen dienen solle. Da sich das Planfeststellungsverfahren zur A 143 noch einige Zeit hinziehen werde und noch nicht mit Gewissheit vorherzusehen sei, ob das dortige Schutzkonzept unverändert bleibe, erscheine es wenig sinnvoll, das hiesige Verwaltungsstreitverfahren mit den Imponderabilien eines anderen Planfeststellungsverfahrens zu belasten.
- 28
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten und die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
Entscheidungsgründe
- 29
Die Klage hat keinen Erfolg.
- 30
I. Die Klage ist zwar zulässig, insbesondere, ist der Kläger klagebefugt (§ 42 Abs. 2 VwGO). Er kann geltend machen, durch das planfestgestellte Vorhaben, insbesondere die (dauerhafte) Inanspruchnahme von ihm gepachteter landwirtschaftlich genutzter Flächen in seinen Rechten verletzt zu sein (vgl. BVerwG, Urt. v. 01.09.1997 – 4 A 36.96 –, BVerwGE 105, 178 [179 ff.], RdNr. 25 ff. in juris).
- 31
II. Die Klage ist aber nicht begründet. Der Kläger hat weder einen Anspruch auf die begehrte Aufhebung des streitigen Planfeststellungsbeschlusses noch auf die – im Aufhebungsantrag als minus enthaltene (vgl. BVerwG, Urt. v. 09.06.2004 - 9 A 11.03 -, BVerwGE 121, 72, RdNr. 35 in juris) – Feststellung, dass der Planfeststellungsbeschluss rechtswidrig und deshalb nicht vollziehbar ist.
- 32
1. Formelle Mängel des Planfeststellungsbeschlusses sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
- 33
2. Auch erhebliche materielle Mängel, die zur Aufhebung oder Feststellung der Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit des Planfeststellungsbeschlusses führen, lassen sich nicht feststellen.
- 34
Dem Planfeststellungsbeschluss kommt, da er Grundlage der nachfolgenden Enteignung ist, eine enteignungsrechtliche Vorwirkung zu. Da ein auf der Grundlage der §§ 535 ff. BGB begründetes Rechtsverhältnis nach den einschlägigen privatrechtlichen Vorschriften Bestandsschutz genießt und deshalb die Qualität von Eigentum im Sinne des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG hat (BVerwG, Urt. v. 01.09.1997, a.a.O., RdNr. 26, m.w.N.), haben nicht nur die von der Planung betroffenen Grundstückseigentümer, sondern auch Pächter von Grundstücken, die für das Vorhaben benötigt werden, Anspruch auf gerichtliche Überprüfung des Planfeststellungsbeschlusses auf seine objektive Rechtmäßigkeit (sog. Vollüberprüfungsanspruch), soweit der geltend gemachte Fehler für die Inanspruchnahme der Grundstücke kausal ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 10.10.2012 – 9 A 19.11 – NVwZ 2013, 649, RdNr. 13).
- 35
2.1. Der angegriffenen Planung fehlt es nicht an der erforderlichen Rechtfertigung. Insbesondere kann der Kläger in diesem Zusammenhang nicht mit Erfolg einwenden, die Beibehaltung einer höhengleichen Kreuzung oder das Anlegen eines Kreisverkehrs wären ausreichend gewesen.
- 36
Ein Planungsvorhaben ist dann gerechtfertigt, wenn sich das Vorhaben – gemessen an den Zielsetzungen des anzuwendenden Fachplanungsgesetzes – insgesamt als vernünftigerweise geboten erweist (BVerwG, Beschl. v. 15.07.2005 – 9 VR 39.04 –, juris, RdNr. 6, Beschl. v. 25.02.2014 – 7 B 24.13 –, juris RdNr. 9). Die Frage der Planrechtfertigung unterliegt zwar der vollen gerichtlichen Überprüfung. Gleichwohl ist die Planrechtfertigung eine praktisch nur bei groben und einigermaßen offensichtlichen Missgriffen wirksame Schranke der Planungshoheit (BVerwG, Urt. v. 11.07.2001 – 11 C 14.00 –, BVerwGE 114, 364 [372], RdNr. 32 in Juris). Einen solchen planerischen Missgriff stellt das streitige Vorhaben nicht dar.
- 37
2.1.1. Der Erforderlichkeit der geplanten Maßnahme steht nicht entgegen, dass sie im Bedarfsplan für Bundesfernstraßen nicht ausgewiesen ist. Auch an Bundesfernstraßen, deren Ausbau in dem Bedarfsplan nicht oder erst in einer späteren Dringlichkeitsstufe vorgesehen ist, können einzelne Verbesserungsmaßnahmen, d.h. Maßnahmen von geringer örtlicher Ausdehnung wie Kurvenbegradigungen, Änderungen oder Beseitigungen von Bahnübergängen, Fahrbahnverbreiterungen und kleine Ortsumgehungen, notwendig werden (BVerwG, Beschl. v. 15.05.2001 – 4 B 32.01 –, NVwZ 2001, 1163 [1164], RdNr. 8 in juris).
- 38
2.1.2. Gemäß § 3 Abs. 1 Satz 2 FStrG haben die Träger der Straßenbaulast nach ihrer Leistungsfähigkeit die Bundesfernstraßen in einem dem regelmäßigen Verkehrsbedürfnis genügenden Zustand zu bauen, zu unterhalten, zu erweitern oder sonst zu verbessern; dabei sind die sonstigen öffentlichen Belange einschließlich des Umweltschutzes sowie behinderter und anderer Menschen mit Mobilitätsbeeinträchtigung mit dem Ziel, möglichst weitreichende Barrierefreiheit zu erreichen, zu berücksichtigen. Eine Straßenplanung ist auch dann noch vernünftigerweise geboten, wenn mit dem Vorhaben eine Verbesserung der Verkehrsverhältnisse nicht in jeder Hinsicht bzw. nur teilweise gelingt (Urt. d. Senats v. 10.10.2013 – 2 K 99/12 –, juris, RdNr. 128).
- 39
Gemessen an diesen Zielsetzungen lässt sich ein konkretes Bedürfnis für das Vorhaben feststellen. Mit dem geplanten Umbau des Knotenpunktes soll dessen Leistungsfähigkeit, insbesondere der Verkehrsfluss auf der B 80 und die Sicherheit der Verkehrsteilnehmer verbessert werden.
- 40
Dem kann der Kläger nicht mit Erfolg entgegen halten, die der Planung zu Grunde liegenden Verkehrsprognosen, die von einer Steigerung des Verkehrs zwischen den Jahren 2010 und 2015 ausgehe, sei fehlerhaft bzw. beruhe auf einem veralteten Ansatz, so dass auch den Überlegungen zu Alternativen und zur künftigen Unfallsituation die Grundlage fehle. Selbst wenn keine Zunahme sondern ein Rückgang des motorisierten Verkehrs anzunehmen sein sollte, würde allein die Entschärfung des Knotens als Unfallschwerpunkt die Planung rechtfertigen.
- 41
Der Beklagte hat im Planfeststellungsbeschluss zwar auch darauf abgestellt, dass nach der vorliegenden Verkehrsuntersuchung die Leistungsfähigkeit des Knotens nicht mehr gewährleistet sei. Er hat den Plan maßgeblich aber auch damit gerechtfertigt, dass eine Umgestaltung aus Gründen der Verkehrssicherheit geboten sei. Er hat im Einzelnen dargelegt, weshalb die Verkehrsverhältnisse am Knoten mangelhaft sind (vgl. S. 19 f. des Planfeststellungsbeschlusses). Fehlende Fahrbeziehungen, fehlende Verkehrssicherheit und ein schlechter Zustand der Verkehrsflächen hätten den Knotenpunkt zu einem Unfallschwerpunkt werden lassen. Neben der fehlenden Linksabbiegespur aus Richtung Eisleben fehlten auch Rechtsabbiegestreifen bzw. Ausfahrkeile, Dreiecksinseln und Fahrbahnteiler in den untergeordneten Knotenpunktzufahrten. Vielfach bögen Verkehrsteilnehmer, die eigentlich links abbiegen wollten, zunächst nach rechts in Richtung Z ab, wendeten im Bereich des angrenzenden Parkplatzes und querten dann die B 80. Dadurch würden Verkehrssicherheit und Leistungsfähigkeit sowohl in der Knotenpunktzufahrt als auch auf dem Parkplatz erheblich beeinträchtigt. Die bauliche Ausgestaltung der Linksabbiegespur aus Richtung Halle entspreche nicht den geltenden Richtlinien. Eckausrundungen seien unzureichend ausgebildet. Die untergeordneten Knotenpunktzufahrten genügten hinsichtlich Querschnitt, Flächenangebot und Oberflächenbeschaffenheit (Kopfsteinpflaster) weder den heutigen Anforderungen des motorisierten Verkehrs, noch böten sie Radfahrern und Fußgängern Fahrkomfort und Sicherheit. Der südwestlich an den Knoten angrenzende Parkplatz des Friedhofs Halle-Neustadt diene zugleich als Halte- und Wendepunkt zweier Buslinien des ÖPNV. Eine Einfahrt in den Haltebereich sei für die Busse beider Linien nur über die nördliche, im unmittelbaren Knotenpunktbereich gelegene Parkplatzeinfahrt möglich. Die Busse des ÖPNV könnten nur im Zuge der Grünphase der untergeordneten Knotenarme in den Haltebereich ein- und ausfahren, woraus sich Behinderungen und Zeitverluste ergäben. Zudem überlagerten sich die Ein- und Ausfahrtbereiche mit dem Aufstellbereich der Linkseinbieger in der Knotenpunktzufahrt. Der vorhandene plangleiche Knoten sei überlastet; er besitze trotz der vorhandenen Lichtzeichenanlage nicht die Leistungsfähigkeit, den auftretenden Verkehr störungsfrei abzuwickeln. Zu Zeiten der Verkehrsspitzen träten regelmäßig und unvermeidlich Rückstaus auf. Dies sei angesichts der gegebenen schwierigen topographischen Verhältnisse nicht hinnehmbar. Insbesondere für Verkehrsteilnehmer, die aus Richtung Eisleben kommen, sei der Knoten erst sehr spät zu erkennen, zudem werde er aufgrund der Streckencharakteristik in der Form auch nicht erwartet. Es liege somit auf der Hand, dass die gegenwärtige Ausgestaltung des Knotens wesentlicher Grund für die festgestellte Unfallhäufung sei.
- 42
Dass es sich bei dem Knoten in seinem derzeitigen Ausbauzustand um einen Unfallschwerpunkt handelt, jedenfalls soweit es die Fahrbahn der B 80 in Richtung Halle anbetrifft, hat der Beklagte durch einen Bericht der Polizeidirektion Sachsen-Anhalt Süd vom 10.08.2012 untermauert. Darin heißt es, dass diese Fahrbahn durch eine sehr hohe Zahl von Auffahrunfällen vor der LZA gekennzeichnet gewesen sei. Im Jahr 2005 hätten sich stadteinwärts in dem langgezogenen Staubereich vor der LZA 18 Verkehrsunfälle mit sechs verletzten Personen ereignet. Nachdem in den Folgejahren ein Vorblinker, der das Rotlicht der nachfolgenden Kreuzung angezeigt habe, in Betrieb genommen worden sei, seien die Auffahr- und Geschwindigkeitsunfälle zwar gesunken. Dennoch habe die Zahl der Unfälle in den Jahren 2008 bis 2011 in beiden Richtungen der B 80 zwischen 11 und 15 gelegen. In der mündlichen Verhandlung hat der Beklagte ferner dargelegt, dass die Gefahr von Auffahrunfällen auf der B 80 in Richtung Halle vor der Kreuzung wegen der topografischen Verhältnisse gerade auch während der dort laufenden Grünphase bestehe, weil eine Rechtsabbiegespur fehle. Diese Art von Unfällen lässt sich mit einer planfreien Kreuzung vermeiden. Für die Annahme des Klägers im Verwaltungsverfahren, durch die höhere Geschwindigkeit auf den Straßen nach dem geplanten Ausbau des Knotens werde die Zahl der Unfälle steigen, bestehen keinerlei Anhaltspunkte, insbesondere weil auch im weiteren Verlauf der B 80 stadteinwärts bis zum Rennbahnkreuz nur planfreie Knoten vorhanden sind.
- 43
Dass eine Umgestaltung des Knotens überhaupt aus Gründen der Verkehrssicherheit erforderlich ist, hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung letztlich nicht (mehr) in Frage gestellt. Er kann die Planrechtfertigung nicht mit dem Einwand in Frage stellen, es gebe bessere oder zumindest ebenso geeignete Varianten, um die vom Beklagten aufgezeigten verkehrlichen Probleme in den Griff zu bekommen, bei denen deutlich weniger (landwirtschaftlich genutzte) Flächen in Anspruch genommen werden müssten. Die Frage, inwieweit es bauliche Alternativen zu der vom Beklagten gewählten Lösung gibt, um die verkehrlichen Probleme am streitigen Knoten zu lösen, betrifft nicht die Planrechtfertigung, sondern die Abwägung der verschiedenen in Betracht kommenden Varianten (Urt. d. Senats v. 10.10.2013, a.a.O., RdNr. 128).
- 44
2.2. Die Planfeststellung weist auch keinen offensichtlichen, für die Betroffenheit des Klägers erheblichen Abwägungsmangel auf, der auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen ist.
- 45
Gemäß § 17 Abs. 1 Satz 2 FStrG sind bei der Planfeststellung von Bundesfernstraßen die von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Urt. v. 19.08.2004 – 4 A 9.04 –, juris, RdNr. 15) verlangt das Abwägungsgebot, dass – erstens – eine Abwägung überhaupt stattfindet, dass – zweitens – in die Abwägung an Belangen eingestellt wird, was nach Lage der Dinge in sie eingestellt werden muss, und dass – drittens – weder die Bedeutung der betroffenen öffentlichen und privaten Belange verkannt noch der Ausgleich zwischen ihnen in einer Weise vorgenommen wird, die zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht. Innerhalb des so gezogenen Abwägungsrahmens wird das Abwägungsgebot jedoch nicht verletzt, wenn sich die zur Planung ermächtigte Stelle in Kollision zwischen verschiedenen Belangen für die Bevorzugung des einen und damit notwendigerweise für die Zurückstellung eines anderen entscheidet. Die darin liegende Gewichtung der von der Planung berührten öffentlichen und privaten Belange ist vielmehr im Gegenteil ein wesentliches Element der planerischen Gestaltungsfreiheit und als solches der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle entzogen. Diese beschränkt sich im Rahmen des Abwägungsgebots daher auf die Frage, ob die Planfeststellungsbehörde die abwägungserheblichen Gesichtspunkte rechtlich und tatsächlich zutreffend bestimmt hat und ob sie – auf der Grundlage des derart zutreffend ermittelten Abwägungsmaterials – die aufgezeigten Grenzen der ihr obliegenden Gewichtung eingehalten hat.
- 46
2.2.1. In Anwendung dieser Grundsätze ist das streitige Vorhaben im Ergebnis nicht zu beanstanden. Der Planfeststellungsbeschluss leidet zwar wegen einer unzureichenden Variantenprüfung an einem die Belange des Klägers berührenden Abwägungsmangel; dieser ist aber letztlich unerheblich.
- 47
2.2.1.1. Als Betroffener kann der Kläger auch die Vorzugswürdigkeit einer seine Belange geringer beeinträchtigenden Alternative rügen (vgl. Urt. d. Senats v. 10.10.2013, a.a.O., RdNr. 138; VGH BW, Urt. v. 08.02.2007 – 5 S 2257/05 –, ZUR 2007, 427, RdNr. 57 in juris). Die Planfeststellungsbehörde muss Alternativlösungen als Teil des Abwägungsmaterials mit der ihnen objektiv zukommenden Bedeutung in die vergleichende Prüfung der von den möglichen Varianten jeweils berührten öffentlichen und privaten Belange einbeziehen (BVerwG, Urt. v. 22.12.2004 – 9 A 9.04 –, juris, RdNr. 22, m.w.N.). Das Abwägungsgebot bezieht sich auch auf ernsthaft in Betracht kommende Trassenalternativen; sie müssen untersucht und im Verhältnis zueinander gewichtet werden; die Bevorzugung einer bestimmten Lösung darf nicht auf einer Bewertung beruhen, die zur objektiven Gewichtigkeit der von den möglichen Alternativen betroffenen Belange außer Verhältnis steht (BVerwG, Urt. v. 09.04.2003 – 9 A 37.02 –, NVwZ 2003, 1393], RdNr. 22 in juris, m.w.N.). Dabei braucht die Planfeststellungsbehörde den Sachverhalt in Bezug auf Planungsalternativen nur zu klären, soweit dies für eine sachgerechte Entscheidung notwendig ist. Sie ist insbesondere befugt, Alternativen, die ihr auf der Grundlage einer Grobanalyse als weniger geeignet erscheinen, schon in einem frühen Verfahrensstadium auszuscheiden (vgl. BVerwG, Beschl. v. 24.01.2012 – 7 VR 13.11 [7 A 22.11] –, DVBl 2012, 1102). Die Grenzen der planerischen Gestaltungsfreiheit bei der Auswahl zwischen verschiedenen Trassenvarianten sind erst dann überschritten, wenn eine andere als die gewählte Linienführung sich unter Berücksichtigung aller abwägungserheblichen Belange eindeutig als die bessere, weil öffentliche und private Belange insgesamt schonendere darstellen würde, wenn sich mit anderen Worten diese Lösung der Behörde hätte aufdrängen müssen (BVerwG, Urt. v. 09.06.2004 – 9 A 11.03 –, juris, RdNr. 57, m.w.N.).
- 48
Gemessen daran hält die Variantenauswahl des Beklagten im Ergebnis der rechtlichen Prüfung stand, auch wenn beim Abwägungsvorgang nicht alle abwägungserheblichen Belange in den Blick genommen wurden.
- 49
Im Planfeststellungsantrag stellte der LBB im 1. Erläuterungsbericht verschiedene Varianten dar (Beiakte A, Unterlage 1, S. 19 ff. des Berichts). Dabei zeigte er zunächst folgende nicht berücksichtigte Varianten auf:
- 50
Variante 0
- 51
Im Rahmen der Eingrenzung möglicher Varianten wurde ein bestandsnaher Ausbau des Knotens mit den notwendigen baulichen Erweiterungen (Abbiegespuren) untersucht. Bei dieser Variante wird der Kreuzungswinkel beibehalten (ca. 118,5 gon). Infolge dessen ergeben sich gegenüber Variante 0+ ungünstigere Parameter für die Signalisierung durch die resultierende Lage der Haltelinien, der Standorte der Signalgeber, der Querungsbedingungen für Fußgänger, sowie das Ein- und Abbiegen. Im Vergleich mit der Variante 0+ ergeben sich keine Vorteile hinsichtlich Verkehrssicherheit und Verkehrsablauf (Leistungsfähigkeit), so dass die Variante 0 nicht weiter berücksichtigt wurde.
- 52
Variante A
- 53
Variante A beinhaltete eine Überführung der untergeordneten Knotenpunktzufahrten im Zuge der vorhandenen Trassierung der K 2147 und der kommunalen Straße. Der Kreuzungswinkel des Bauwerkes lässt sich so optimieren, und die Verkehrsflächen liegen im Bereich der vorhandenen Trassen. In Anbetracht der zu berücksichtigenden Zwangspunkte wird diese Variante jedoch nicht weiter verfolgt. Ein Anbinden des Parkplatzes, des Friedhofes und der anliegenden Grundstücke, sowie die Erschließung der Grundstücke sind mit unverhältnismäßig hohem Aufwand verbunden. Zudem wären Eingriffe in die vorhandene Bebauung notwendig bzw. wesentliche Beeinträchtigungen durch die Lage der Anrampung zur Bebauung zu verzeichnen. Aus den vorgenannten Gründen und der fehlenden Wirtschaftlichkeit, wurde die Variante A in der weiteren Planung nicht berücksichtigt.
- 54
Variante B
- 55
Diese Variante sieht ein Absenken der B 80 im Zuge einer Unterführung unter die untergeordneten Knotenpunktzufahrten vor. Ähnlich der Variante A können hierbei vorhandene Verkehrsflächen genutzt und der Kreuzungswinkel des Bauwerkes optimiert werden. Im Gegensatz dazu sind jedoch erhebliche Aufwendungen und nachteilige Auswirkungen durch das Absenken der B 80 zu verzeichnen, was zudem unverhältnismäßig hohe Kosten verursacht. Die Variante wurde in der weiteren Planung auf Grund der fehlenden Wirtschaftlichkeit infolge des hohen bautechnischen Aufwandes und der wesentlichen Eingriffe in das Umfeld (z.B. Friedhof) nicht berücksichtigt.
- 56
Variante C
- 57
Ein Zwangspunkt ist der Friedhof mit dem im Bereich des Knotens vorhandenen Parkplatz und dem Haltepunkt des ÖPNV. Deren Lage kann infolge der vorhandenen Bebauung und der Gesamtsituation im weiteren Umfeld nicht wesentlich verändert werden. Veränderungen im Rahmen der Planungen der Stadt Halle zur Umgestaltung der Zufahrtsituation für den Friedhof und dessen Parkplatz beschränken sich auf die bisher durch den Parkplatz genutzte Fläche. Um die vorgesehene Planung für die Umgestaltung des Friedhofes zu berücksichtigen, wären Eingriffe durch den Umbau des Knotenpunktes zu vermeiden. Demzufolge wäre die Lage des Knotens soweit zu korrigieren, dass Eingriffe in die Flächen des Friedhofes bzw. des Parkplatzes (mit Haltepunkt für ÖPNV) vermieden werden. Dadurch wäre ein Verschwenken der B 80 erforderlich, damit die für den Knoten notwendigen Verkehrsflächen außerhalb der für die geplante Umgestaltung des Friedhofes benötigten Fläche liegen. Auf Grund der fehlenden Vorteile und der wesentlich höheren Kosten und Eingriffsbestände in das Umfeld gegenüber der Variante 0+, wurde die Variante C in der Planung nicht weiter betrachtet.
- 58
Näher untersucht wurden dann zwei Varianten (0+ und 1), von denen der LBB letztlich für die Variante 1 bevorzugte. Hierzu heißt es im Erläuterungsbericht (S. 20 ff.):
- 59
Variante 0+; Knotenpunkt der Grundform II:
- 60
Kreuzung einer 2-bahnigen mit einer 2-streifigen Straße.
- 61
a) übergeordnete Fahrbahn
- 62
Die übergeordnete Fahrbahn ist die 2-bahnige B 80. Infolge der Einordnung der zusätzlichen Linksabbiegespur in der westlichen Knotenpunktzufahrt (Richtungsfahrbahn Halle) ist der Mittelstreifen zu verziehen. In der westlichen Knotenpunktzufahrt wird zusätzlich zur Linksabbiegespur eine Rechtsabbiegespur vorgesehen. Analog wird in der östlichen Knotenpunktzufahrt die vorhandene Linksabbiegespur ausgebaut und eine Rechtsabbiegespur angebaut. Infolge der zusätzlichen Linksabbiegespur in der westlichen Knotenpunktzufahrt, ist die Richtungsfahrbahn Eisleben entsprechend zu verziehen. Die Trassierung der Richtungsfahrbahn Halle wird beibehalten, an die sich die Trassierung der Richtungsfahrbahn Eisleben grundsätzlich anlehnt. Die resultierende Länge der Baustrecke im Bereich der B 80 beträgt ca. 500 m.
- 63
b) untergeordnete Knotenpunktzufahrten
- 64
Die untergeordneten Knotenpunktzufahrten sind durchgehend trassiert. Um bessere Bedingungen für die Querung durch Fußgänger und Radfahrer zu erreichen, die Lage der Haltlinien und die Standorte der Signalgeber zu optimieren, werden die Knotenpunktzufahrten abgekröpft und kreuzen im Winkel von 100 gon die übergeordnete Fahrbahn. Zur Erhöhung der Leistungsfähigkeit sind auch in den untergeordneten Knotenpunktzufahrten Linksabbiegespuren erforderlich. Die Baugrenze der nördlichen Knotenpunktzufahrt liegt ca. 130 m hinter dem Knotenpunkt. Die Baulänge der untergeordneten Knotenpunktzufahrten beträgt ca. 322 m.
- 65
Beeinflussung anderer Verkehrsplanungen sowie sonstiger raumbedeutsamer Planungen
- 66
Im Bereich der südlichen Knotenpunktzufahrt, der K 2147 (Teutschenthaler Landstraße) ist der Friedhof Neustadt mit seinem Parkplatz anzubinden. Im Bereich des Parkplatzes befindet sich der Haltepunkt für 2 Buslinien, die sowohl aus nördlicher als auch aus südlicher Richtung kommend in den Parkplatz einfahren und dort wenden. Zukünftig ist auch das Friedhofsgelände über diese Zufahrt zu erschließen, da die bisherige Zufahrt im Bereich der Eckausrundung am Knoten zurückgebaut werden muss. Die Planungen der Stadt Halle zur Friedhofserweiterung sind noch nicht abgeschlossen. Die nördliche Knotenpunktzufahrt tangiert geringfügig den südwestlichen Bereich des B-Plan-Gebietes Nr. 2 „Granauer Berg“. Die Bauleitplanung ist dahingehend zu korrigieren.
- 67
Flächenbilanz
- 68
Der notwendige Grunderwerb beläuft sich auf Grund der Verlagerung des Knotenpunktes auf ca. 1.100 m².
- 69
Flächenbilanz:
- 70
aufzunehmende befestigte Flächen [m²]
8.250
Neue Verkehrsflächen [m²]
9.630
Differenz [m²]
1.380
- 71
Die Flächenbilanz berücksichtigt nur die befestigten Flächen. Bankette und Böschungen sowie Grünflächen sind nicht berücksichtigt.
- 72
Variante 1
- 73
Linienführung - Verlauf der Trassen (Knotenpunktzufahrten) Variante 1; planfreier Knotenpunkt, symmetrisches halbes Kleeblatt
- 74
Kreuzung einer 2-bahnigen mit einer 2-streifigen Straße.
- 75
a) übergeordnete Fahrbahn
- 76
Die übergeordnete Fahrbahn ist die 2-bahnige B 80. Die Trassierung der beiden Richtungsfahrbahnen wird beibehalten. Die im Bereich der Richtungsfahrbahn Eisleben vorhandene Linksabbiegespur wird zurückgebaut. Deren Fläche kann für den Lückenschluss des Mittelstreifens genutzt werden. Die resultierende Gesamtlänge der Baustrecke im Bereich der B 80 beträgt ca. 682 m.
- 77
b) untergeordnete Fahrbahn
- 78
Der Bauanfang der untergeordneten Fahrbahn liegt ca. 200 m südlich der B 80. Die bis dahin geradlinig verlaufende K 2147 verlässt die vorhandene Trasse der Teutschenthaler Landstraße und führt – die östlich liegende Ackerfläche anschneidend – durch die südlich der B 80 vorhandene bewaldete Fläche. Nach etwa 200 m wird sie über die B 80 überführt. Nördlich der B 80 verläuft die Trasse über landwirtschaftlich genutzte Fläche und mündet westlich des Gutes „Granau“ in die Eislebener Straße ein. Die Trassenlänge der untergeordneten Fahrbahn beträgt ca. 700 m.
- 79
Ingenieurbauwerke
- 80
Im Zuge der planfreien Lösung wird die Kreisstraße über die Bundesstraße durch ein Brückenbauwerk überführt...
- 81
Knotenpunkte, Einmündungen, Zufahrten
- 82
Grundsätzlich werden alle vorhandenen Grundstücksanbindungen und vorhandenen Zufahrten wieder hergestellt. Durch die Verlagerung der untergeordneten Fahrbahn und die planfreie Knotenpunktform werden weitere Knotenpunkte notwendig:
- 83
• Teilknoten Süd im Bereich der K 2147
- 84
• Teilknoten Nord im Bereich der untergeordneten Fahrbahn
- 85
• Einmündung Eislebener Straße im Bereich der untergeordneten Fahrbahn
- 86
Über diesen Knoten werden auch die im Bereich der kommunalen Straße liegenden Grundstücke (ehemalige nördliche Knotenpunktzufahrt) an das Straßennetz angebunden. Die bisherige nördliche Knotenpunktzufahrt wird zwischen B 80 und der letzten Grundstückszufahrt zurückgebaut. Alle Knotenpunkte sind unsignalisiert. Die Anbindung der Grundstücke westlich der K 2147 erfolgt zum einen über den Teilknoten Süd sowie separate Anbindungen der Zufahrten an die K 2147.
- 87
Beeinflussung anderer Verkehrsplanungen sowie sonstiger raumbedeutsamer Planungen
- 88
Mit der gewählten Linienführung der untergeordneten Fahrbahn werden die Belange des Planungsstandes zur Umgestaltung der Friedhofsanlage berücksichtigt. Die Anbindung ist gewährleistet und bietet unabhängig von der Knotenpunktgestaltung Freiraum zur Gestaltung der Friedhofsanlage.
- 89
Nördlich der B 80 befindet sich das B-Plan-Gebiet Nr. 2 Granauer Berg“. Die Trassierung der untergeordneten Fahrbahn durchschneidet in Anlehnung der geplanten Verkehrsflächen den Geltungsbereich des B-Planes. Ohne erheblichen Eingriff in den B-Plan ist die Variante nicht umsetzbar.
- 90
Einflüsse gefährdender Anlagen auf den Knotenpunkt
- 91
Östlich des Teilknoten Süd befinden sich Anlagen der Energieversorgung Halle. Das vorhandene Gebäude (ehemalige Gasreglerstation) wird zurückgebaut. Vorhandene Schieber der Leitung (GH DN 300) liegen im Bereich des östlichen Knotenpunktarmes des Teilknoten Süd. Die Leitung quert die B 80 auf Höhe des geplanten Brückenbauwerkes und weist im weiteren Verlauf Schnittpunkte mit der geplanten Trassenführung auf bzw. verläuft im geplanten Trassenbereich. Eine Umverlegung ist erforderlich.
- 92
Flächenbilanz
- 93
Der notwendige Grunderwerb beläuft sich auf Grund der Verlagerung des Knotenpunktes ca. 12.400 m².
- 94
Flächenbilanz:
- 95
aufzunehmende befestigte Flächen [m²]
4.860
Neue Verkehrsflächen [m²]
18.300
Differenz {m²]
13.440
- 96
Die Flächenbilanz berücksichtigt nur die befestigten Flächen. Bankette und Böschungen sowie Grünflächen sind nicht berücksichtigt.
- 97
Gewählte Linie
- 98
Die verkehrstechnische Untersuchung im Rahmen der Vorplanung (Unterlage 15.1) hat gezeigt, dass der Knotenpunkt im Bestand seine Leistungsfähigkeit überschreitet. Im Ergebnis sind bauliche Veränderungen in Form zusätzlicher Abbiegespuren zur Gewährleistung aller Fahrbeziehungen für einen sicheren Verkehrsablauf und die Verkehrssicherheit erforderlich. Auf Grund der sich darstellenden Situation ist eine Verbesserung im Bestand ohne bauliche Veränderung nicht möglich. Infolge des prognostizierten Verkehrsaufkommens ist auch im Rahmen einer plangleichen Lösung eine hohe Auslastung gegeben. Selbst bei einer Optimierung der Lichtsignalanlage und der Berücksichtigung notwendiger baulicher Veränderungen (Abbiegespuren) ist der Knotenpunkt in den Spitzenverkehrszeiten an der Grenze seiner Leistungsfähigkeit. Des Weiteren sind Eingriffe in den Bereich des Parkplatzes vor dem Friedhof infolge der baulichen Erweiterung der Knotenpunktzufahrten notwendig. Die Gestaltungsmöglichkeiten im Rahmen der Planungen der Stadt Halle für die Erweiterung des Friedhofes würden dadurch eingeschränkt werden. Die Behinderungen für den ÖPNV (Ein- und Abbiegevorgänge im Bereich der Aufstellflächen der Knotenpunktzufahrt) und die damit verbundenen Beeinträchtigungen des Verkehrsablaufes werden durch eine plangleiche Knotenpunktlösung nicht eliminiert. Die Lichtsignalanlage wirkt sich wesentlich auf die Betriebskosten aus. Die Knotenpunktgestaltung entspricht zudem nicht den aus der Streckencharakteristik resultierenden Anforderungen, die aus der Zuordnung der B 80 zur Kategorie A 1 und nach RAS-K-1, Tabelle 2 grundsätzlich für 2-bahnige Querschnitte als Betriebsmerkmal eine planfreie Knotenpunktform erfordern. Die mit dem Bauvorhaben verbundenen Eingriffe in den Naturhaushalt und das Landschaftsbild sind kompensierbar. Beeinträchtigungen für das Schutzgut Mensch werden weitestgehend vermieden. Die Umsetzung der Variante ist ohne grundlegende Änderung des B-Planes möglich. Im Zuge der Vorplanung wurden die durch die Projektwirkungen Lärm und Schadstoffe auf das Schutzgut Mensch ausgehenden Beeinträchtigungen der Wohnfunktion untersucht. Lärmbeeinträchtigungen der entfernt liegenden Wohnbebauung von Halle-Neustadt, als auch Gefährdungen bzw. Beeinträchtigungen von Schutzgebieten im Untersuchungsraum (z.B. FFH-Gebiet, § 37-Biotope) sind bei allen Varianten ausgeschlossen. Das Abrücken der Teutschenthaler Landstraße von der vorhandenen Bebauung, wirkt sich insgesamt positiv aus. Hinsichtlich der Verkehrssicherheit und des Verkehrsablaufes ist festzuhalten, dass die planfreie Knotenpunktgestaltung eine sehr gute Leistungsfähigkeit mit ausreichend Spielraum für eine Steigerung des Verkehrsaufkommens aufweist und eine optimale Lösung darstellt. Des Weiteren ergeben sich Vorteile für die Anbindung des Friedhofes und des Haltepunktes des ÖPNV. Die negativen Auswirkungen durch Ein- und Abbiegevorgänge in den Bereich des Parkplatzes werden eliminiert. Durch das Abrücken der Trasse von der bisherigen Lage der K 2147 werden die Flächen des Parkplatzes und der Zufahrt zum Friedhof nicht beansprucht und Gestaltungsmöglichkeiten im Rahmen der Planungen der Stadt Halle zur Friedhofserweiterung nicht eingeschränkt. Auf Grund der Aspekte der Verkehrssicherheit und des Verkehrsablaufes (Leistungsfähigkeit) ist grundsätzlich einer planfreien Lösung der Vorrang einzuräumen. Die damit verbundenen Eingriffe in Natur und Umwelt sind beherrschbar und wirken sich nicht negativ auf die zu berücksichtigenden Schutzgebiete aus. Beeinträchtigungen des Schutzgutes Mensch werden auf ein Minimum reduziert. In Verbindung mit der angestrebten Verbesserung der Verkehrssicherheit und des Verkehrsablaufs stellt die vorliegende Variante eine wirtschaftliche Lösung zur Umsetzung der Zielstellung dar.
- 99
Diesen Ausführungen lässt sich entnehmen, dass neben der planfestgestellten Variante 1 auch die Variante 0+, die zu einem deutlich geringeren Flächenverbrauch führen würde, als Alternativlösung ernsthaft in Betracht zu ziehen war. Der Beklagte hat indes im Rahmen der Abwägung keine vergleichende Prüfung der beiden näher untersuchten Varianten 0+ und 1 unter Berücksichtigung des Interesses des Klägers an einer möglichst geringen Flächeninanspruchnahme vorgenommen. Die Frage, ob auch ein plangleicher Ausbau des Knotens (Variante 0+) den verkehrlichen Anforderungen gerecht wird, hat er zwar im Rahmen der Planrechtfertigung erörtert. Damit ist aber dem Abwägungsgebot nicht Genüge getan. Denn bei der Abwägung müssen die Vorzüge, die eine bestimmte Variante gegenüber anderen Varianten bietet, mit anderen Belangen, hier insbesondere mit dem berechtigten Interesse des Klägers, von einem Entzug landwirtschaftlicher Flächen so weit wie möglich verschont zu bleiben, abzuwägen. Daran fehlt es hier.
- 100
Hinzu kommt, dass die Annahme des Beklagten, der Variante 1 sei auch wegen der fehlenden Leistungsfähigkeit des Knotens bei Umsetzung der Variante 0+ der Vorzug zu geben, auf einer Verkehrsprognose beruhte, die bereits im Zeitpunkt der Abwägungsentscheidung nicht mehr uneingeschränkt verwertbar gewesen sein dürfte.
- 101
Der Planfeststellungsbeschluss stützt sich hinsichtlich der Verkehrsqualität der verschiedenen Varianten auf die vom LBB in Auftrag gegebene verkehrstechnische Untersuchung der Fa. (U.), Beratende Ingenieure, vom 27.03.2006 mit Fortschreibung Prognose 2020 vom 31.03.2009 (Beiakte B, Unterlage 15.1, S. 3 ff.). Zur Bestimmung der Verkehrsmengen wurde zunächst darauf verwiesen, dass der LBB am 27.04.2005 in den Zeitbereichen von 6.00 bis 10.00 Uhr sowie von 15.00 bis 19.00 Uhr Verkehrszählungen durchgeführt habe. Danach habe die Gesamtbelastung des Knotenpunktes in der Spitzestunde (von 15.30 bis 16.30 Uhr) 3.068 PKW-E/h betragen. Zur Beurteilung der zu erwartenden Verkehrsqualität seien zukünftige Verkehrszunahmen berücksichtigt worden. Insoweit stützte sich die Untersuchung auf eine Verkehrsprognose der Stadt Halle für den Prognosefall IV 2015, die über ein Verkehrsmodell verfüge, das die zukünftige Entwicklung in der Stadt Halle und im Umland abbilde. Die Prognosebelastungen des DTV (durchschnittliches tägliches Verkehrsaufkommen) 2015 seien für den Prognosefall 2020 um zwei Planfälle mit und ohne Fertigstellung der A 143 erweitert worden. Für den Knotenpunkt lägen Querschnittsbelastungen sowie Strombelastungen des DTV zum Prognosehorizont 2020 vor. Hinsichtlich der Variante 0+ kam die Untersuchung zu dem Ergebnis (vgl. S. 9 f.), dass der baulich und phasentechnisch verbesserte niveaugleiche Knoten unter den Prognosebelastungen 2015 an der Grenze seiner Leistungsfähigkeit liege und unter den Prognosebelastungen 2020 überlastet sei.
- 102
Soweit der Kläger bemängelt, der Verkehrsprognose liege ein rein verkehrstechnischer Ansatz zugrunde, der zwar typisch und in den vergangenen Jahrzehnten fast überall in Deutschland angetroffen worden sei, aber wissenschaftlich betrachtet schon lange als völlig überholt gelte, vermag er damit allerdings ebenso wenig durchzudringen wie mit seinem Einwand, aufgrund des demografischen Wandels sei von einer in den nächsten Jahren kontinuierlich erheblich sinkenden Verkehrsstärke im Bereich des Knotenpunktes auszugehen. Verkehrsprognosen unterliegen nur eingeschränkter gerichtlicher Kontrolle; sie sind lediglich daraufhin zu überprüfen, ob sie methodisch einwandfrei erarbeitet worden sind, nicht auf unrealistischen Annahmen beruhen und ob das Prognoseergebnis einleuchtend begründet worden ist (BVerwG, Urt. v. 10.10.2012, a.a.O., [S. 650], RdNr. 21, m.w.N.). Eine gesetzliche Vorgabe, nach welchen Methoden eine Verkehrsprognose im Einzelnen zu erstellen ist, gibt es nicht; eine aktuelle Zählung ist nicht zwingend erforderlich, vielmehr kann die Verkehrsstärke auch nach den in der Straßenplanung gebräuchlichen Modell- und Trendprognosen bestimmt werden (BVerwG, Beschl. v. 15.03.2013 – 9 B 30.12 –, juris, RdNr. 10, m.w.N.).
- 103
Nicht von der Hand zu weisen ist hingegen der Einwand des Klägers, die verkehrstechnische Untersuchung und die ihr zugrunde liegende Verkehrsprognose berücksichtigten nicht, dass im Oktober 2011 die L 164n freigegeben wurde, die vom Gewerbegebiet Halle-Neustadt zum Knotenpunkt A 143 / L 164n und weiter zur L 173 führt. Die Freigabe hat zu einer deutlichen Verringerung der Verkehrsbelastung zwischen dem streitigen Knoten und der Anschlussstelle der B 80 an die A 143 geführt. Darauf deuten insbesondere die von der Stadt Halle in den Jahren 2009 und 2012 durchgeführten Verkehrszählungen an der B 80 in Höhe der Rohr- und Fußgängerbrücke hin, die der Senat von der Stadt Halle angefordert hat. Während bei den im Oktober 2009 durchgeführten Zählungen ein Verkehrsaufkommen an Werktagen von 27.939 bis 29.801 Fahrzeugen festgestellt wurde, lag das Verkehrsaufkommen nach den Zählungen im Oktober 2012 an Werktagen bei nur noch 23.426 bis 26.388 Fahrzeugen. Nach der von der Stadt Halle hierzu gegebenen Erläuterung könnte die Abnahme der Verkehre daraus resultieren, dass die „Autobahnanschlussstelle Weststraße“ eröffnet wurde und sie im Oktober 2012 eine Belegung von ca. 6.800 Kraftfahrzeugen aufgewiesen habe – mit steigender Tendenz. Ein vergleichbares Bild ergibt sich aus der mit der Klageerwiderung vorgelegten Stellungnahme der (P.) Group, in der auf das im Auftrag der (D.) erstellte Gutachten „BAB A 143, AD Halle-Nord bis AD Halle-Süd, VKE 4224“ vom 01.03.2012 verwiesen wird. Danach weisen die Ergebnisse der Modellrechnungen für den Querschnitt der B 80 zwischen der Anschlussstelle Halle-Neustadt – Stadtgrenze Halle / westlich der K 2147 einen DTVw von 29.000 KfZ/24h aus. Für den Planfall mit realisierter A 143 wurde für diesen Bereich ein DTVw von 23.500 KfZ/24h prognostiziert. Dem gegenüber geht der Planfeststellungsbeschluss – offenbar in Anlehnung an frühere Verkehrsprognosen der Stadt Halle – noch von einem DTV von 35.402 für das Jahr 2015 und von 32.742 bei Fertigstellung der A 143 bzw. von 38.202 Fahrzeugen ohne Fertigstellung der A 143 für das Jahr 2020 aus. Bereits die von Stadt Halle in ihrer Prognose vom 06.08.2010 für das Jahr 2025 (Bl. 640 der Verwaltungsvorgänge, Beiakte E) berechneten Zahlen liegen unter denen der vorausgegangenen Prognosen. Darin wird die Verkehrsbelastung auf der B 80 in Höhe des streitigen Knotens für das Jahr 2025 bei Fertigstellung der A 143 auf insgesamt 28.720 Fahrzeuge und ohne Fertigstellung der A 143 auf insgesamt 35.040 Fahrzeuge geschätzt. Weder der Planfeststellungsbeschluss selbst noch die ihm zugrunde liegende verkehrstechnische Untersuchung setzen sich mit dem – nach Lage der Dinge vorhersehbaren – Entlastungseffekt auseinander, der durch die Freigabe der L 164n eingetreten ist. Der Beklagte hat in seiner Klageerwiderung vom 03.09.2012 selbst eingeräumt, dass die Entlastung der B 80 durch die L 164n noch nicht berücksichtigt worden sei.
- 104
2.2.1.2. Der aufgezeigte Abwägungsmangel ist aber gemäß § 17e Abs. 6 Satz 1 FStrG unerheblich, weil er auf das Abwägungsergebnis nicht von Einfluss gewesen ist.
- 105
Ergebnisrelevanz in diesem Sinne liegt vor, wenn nach den Umständen des Falles die konkrete Möglichkeit besteht, dass ohne den Abwägungsmangel eine andere Entscheidung getroffen worden wäre; eine nur abstrakte Möglichkeit einer anderen Entscheidung genügt nicht. Insoweit ist der Abwägungsvorgang in allen seinen Phasen in den Blick zu nehmen. Dabei kann die Möglichkeit einer anderen Entscheidung nur dann verneint werden, wenn der konkret vorliegende Abwägungsfehler weggedacht werden kann, ohne dass auf einer nachfolgenden Stufe der Abwägung ein weiterer Mangel erwächst, auf dem die angegriffene Entscheidung beruhen kann. Besteht der Abwägungsmangel etwa in der fehlerhaften Berücksichtigung eines abwägungserheblichen Belangs und ergeben sich keine konkreten Anhaltspunkte, dass die Planfeststellungsbehörde ohne diesen Mangel zu einem anderen Abwägungsergebnis gelangt wäre, ist also zusätzlich zu prüfen, ob die auf der nachfolgenden Stufe gebotene Abwägung im engeren Sinne – das Ins-Verhältnis-Setzen der gegenläufigen Belange – das Abwägungsergebnis auch dann rechtfertigen würde, wenn der auf der vorhergehenden Stufe unterlaufene Mangel unterblieben wäre. Dabei ist der Maßstab der realistischen Beurteilung der maßgeblichen Erwägungen der Planfeststellungsbehörde anzulegen (BVerwG, Beschl. v. 19.12.2013 – 9 B 44.13 –, NVwZ 2014, 365, RdNr. 4).
- 106
Hiervon ausgehend ist im vorliegenden Fall eine Ergebnisrelevanz des festgestellten Abwägungsmangels zu verneinen.
- 107
a) Es ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass der Beklagte zu einer anderen Variantenauswahl gelangt wäre, wenn er im Rahmen der Abwägung eine vergleichende Prüfung der Varianten 0+ und 1 unter Berücksichtigung des Interesses des Klägers an einer möglichst geringen Flächeninanspruchnahme vorgenommen und dabei den durch die Freigabe der 164n bewirkten Entlastungseffekt bei der künftigen Verkehrsbelastung berücksichtigt hätte.
- 108
Bereits im Erläuterungsbericht zur Planung hatte der LBB dargelegt, aus welchen Gründen allein der Variante 1 der Vorzug zu geben sei. Der Beklagte hat sich im Planfeststellungsbeschluss – wenn auch im Rahmen der Planrechtfertigung – dieser Einschätzung angeschlossen und betont (S. 20 des PFB), schon weil der Knoten im Zuge der B 80 zwischen der Anschlussstelle zur A 143 und der Innenstadt Halle der einzige plangleiche Knoten sei, dränge es sich auf, auch ihn höhengleich auszugestalten. Auch sei eine Optimierung des bestehenden höhengleichen Knotenpunktes auf Grund der räumlich-topographischen Bedingungen nicht mehr möglich. Auch wenn die Verkehrsbelastung des Knotens wegen der Freigabe der L 164n um ca. 6.800 Fahrzeuge geringer ausfällt als noch in der verkehrstechnischen Untersuchung des Ingenieurbüros (U.) vom 31.03.2009 angenommen, kann nicht ernsthaft angenommen werden, dass sich der Beklagte bei Berücksichtigung des Entlastungseffekts der neuen Straße für eine andere Variante, insbesondere die Variante 0+ entschieden hätte. Das vom Beklagten angestrebte Maß an Verkehrssicherheit wäre auch im Fall einer in diesem Umfang verminderten Verkehrsbelastung nur durch einen planfreien Knoten zu erreichen. In der Klageerwiderung hat er auf die vom Ingenieurbüro (U.) auf der Grundlage der abgeminderten Belegungszahlen für das Jahr 2025 errechnete Strombelastung vom 27.08.2012 (Anlage 3) verwiesen, nach der die Leistungsfähigkeit des Knotens an vier Fahrspuren gerade noch eine Verkehrsqualitätsstufe „D“ mit einem Sättigungsgrad von 94 % ausweise und damit schon sehr zur Qualitätsstufe „E“ tendiere. Ferner hat er in der Klageerwiderung nochmals betont, dass insbesondere die geometrischen Gegebenheiten vor Ort und die vorhandenen Neigungs- und Sichtverhältnisse zu berücksichtigen seien und nur dann von einem Sicherheitszugewinn an diesem Knoten gesprochen werden könne, wenn die Konfliktpunkte „kreuzender bzw. linksabbiegender Verkehr“ und „haltender Verkehr“ an der Lichtzeichenanlage beseitigt seien.
- 109
b) Die gebotene Abwägung im engeren Sinne – das Ins-Verhältnis-Setzen der gegenläufigen Belange – würde das Abwägungsergebnis bei realistischer Beurteilung der maßgeblichen Erwägungen des Beklagten auch dann rechtfertigen, wenn dem Beklagten der aufgezeigte Mangel nicht unterlaufen wäre. Der von ihm hervorgehobene höhere Zugewinn an Verkehrssicherheit würde – auch bei Berücksichtigung der durch die Freigabe der 164n verringerten Verkehrsbelastung des Knotens – die Bevorzugung eines planfreien Knotens (Variante 1) gegenüber dem bloßen Ausbau des plangleichen Knotens (Variante 0+) trotz des damit verbundenen höheren Flächenverbrauchs rechtfertigen. Der Senat teilt die Einschätzung des Beklagten, dass insbesondere die geometrischen Gegebenheiten vor Ort und die vorhandenen Neigungs- und Sichtverhältnisse für die vom Beklagten ausgewählte Variante sprechen. Dem Kläger ist zwar darin beizupflichten, dass die Verkehrssicherheit auch bei Beibehaltung der plangleichen Kreuzung durch die Herstellung von Links- und Rechtsabbiegespuren sowie durch straßenverkehrsrechtliche Maßnahmen wie Geschwindigkeitsbeschränkungen und -kontrollen gegenüber dem jetzigen Zustand (weiter) verbessert werden könnte. Damit wäre aber eine Erhöhung der Verkehrssicherheit nicht im gleichen Maße gewährleistet wie bei der vorgesehenen Herstellung eines planfreien Knotens. Ferner darf in Rechnung gestellt werden, dass der planfreie Knoten eine deutlich höhere Leistungsfähigkeit besitzt als der plangleiche Knoten in Gestalt der Variante 0+. Nach der verkehrtechnischen Untersuchung des Ingenieurbüros (U.) vom 31.03.2009 (Seite 9 f., Anlagen 5.1 und 5.2) wird – bei Zugrundelegung der ursprünglichen Verkehrsprognose ohne Berücksichtigung der L 164n – im Fall der Verwirklichung der Variante 1 an den beiden Teilknotenpunkten Nord und Süd für die einzelnen Verkehrsströme ganz überwiegend die Qualitätsstufe A und im Übrigen die Qualitätsstufe B erreicht. Dem gegenüber werden – wie bereits dargelegt – nach der Neuberechnung des Ingenieurbüros auch unter Berücksichtigung der verminderten Verkehrsbelastung durch die L 164n bei einem plangleichen Ausbau des Knotens in einzelnen Fahrströmen deutlich schlechtere Qualitätsstufen erreicht. Hinzu kommt die vom LBB bei seiner Variantenprüfung vorgetragene Erwägung, dass bei einem plangleichen Ausbau durch die erforderlichen Eingriffe im Bereich des Friedhofs die Gestaltungsmöglichkeiten der Stadt Halle für die Erweiterung des Friedhofs eingeschränkt und die Behinderungen für den ÖPNV und die damit verbundenen Beeinträchtigungen des Verkehrsablaufes durch eine plangleiche Knotenpunktlösung nicht ausgeräumt werden. Die Erreichung der vom Beklagten angestrebten Ziele steht damit bei der gebotenen Gesamtschau der in die Abwägung einzustellenden Belange nicht außer Verhältnis zu dem gegenüber der Variante 0+ deutlich höheren Flächenverbrauch. Der Vorschlag des Klägers, einen Kreisverkehr einzurichten, hat der Beklagte mit der nachvollziehbaren Begründung verworfen, dass eine solche Lösung bei einer vierspurig ausgebauten Bundesstraße wie die B 80 in fraglichen Bereich wesentliche Nachteile habe, insbesondere weil ein Kreisverkehr bei einer sehr unterschiedlichen Verkehrsbelastung der zuführenden Äste kein geeignetes Mittel sei, um den Verkehrsfluss zu fördern, und die Unübersichtlichkeit des Knotens das Unfallrisiko noch erhöhen würde.
- 110
2.2.2. Weitere Abwägungsmängel, die der Anfechtungsklage zum Erfolg verhelfen könnten, sind nicht erkennbar.
- 111
Die vom Kläger geltend gemachte Existenzgefährdung seines landwirtschaftlichen Betriebs ist in einer den rechtlichen Anforderungen genügenden Weise berücksichtigt worden.
- 112
Macht ein von der enteignungsrechtlichen Vorwirkung eines straßenrechtlichen Planfeststellungsbeschlusses Betroffener geltend, durch das Vorhaben werde sein landwirtschaftlicher Betrieb in seiner Existenz gefährdet oder gar vernichtet, gehört dieser Einwand zu den Belangen, mit denen sich die Planfeststellungsbehörde im Rahmen der Abwägung der von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange grundsätzlich auseinandersetzen muss. Zeichnet sich eine solche Gefährdung ernsthaft ab, darf die Planfeststellungsbehörde nicht die Augen vor der Tragweite ihrer Entscheidung verschließen. Zur Klärung der Frage, ob ein landwirtschaftlicher Betrieb infolge des planfestzustellenden Vorhabens in seiner Existenz gefährdet oder gar vernichtet zu werden droht, werden Vorhabenträger oder Planfeststellungsbehörde zwar regelmäßig einer Begutachtung des Betriebs durch einen landwirtschaftlichen Sachverständigen bedürfen. Nach allgemeiner, durch solche Sachverständigengutachten belegter Erfahrung kann dabei aber ein Verlust an Eigentumsflächen oder von langfristig gesicherten Pachtflächen in einer Größenordnung von bis zu fünf Prozent der Betriebsfläche einen gesunden landwirtschaftlichen (Vollerwerbs-)Betrieb in der Regel nicht gefährden. Deshalb kann die Planfeststellungsbehörde regelmäßig bei einer Landinanspruchnahme bis zu diesem Anhaltswert ohne Einholung eines landwirtschaftlichen Sachverständigengutachtens davon ausgehen, dass eine vorhabenbedingte Existenzgefährdung oder -vernichtung des betroffenen landwirtschaftlichen Vollerwerbsbetriebs nicht eintritt (vgl. zum Ganzen BVerwG, Urt. v. 14.04.2010 – 9 A 13.08 –, BVerwGE 136, 332 [338], RdNr. 26 f., m.w.N.).
- 113
Gemessen daran, musste der Beklagte eine mögliche Existenzgefährdung des klägerischen Betriebes durch die Inanspruchnahme der vom Kläger angegebenen Pachtflächen von ca. 20.000 m² nicht (näher) untersuchen. Denn diese Flächen entsprechen nur einem Anteil von etwa 0,5 % der gesamten Betriebsfläche von 4.030.253 m².
- 114
Eine andere Beurteilung folgt auch nicht daraus, dass dem Betrieb des Klägers im Fall des Weiterbaus der A 143 (Westumfahrung Halle) voraussichtlich weitere Eigentums- und Pachtflächen auf Dauer entzogen werden.
- 115
Zwar mag bei einem landwirtschaftliche Betrieb, der von mehreren Bauvorhaben betroffen ist, die zwar jeweils für sich genommen wegen der Unterschreitung der 5 %-Grenze nicht, wegen der Flächeninanspruchnahme insgesamt aber möglicherweise zu einer Gefährdung der Existenz des Betriebes führen, im Ergebnis eine Gesamtbetrachtung geboten sein. Dies bedeutet aber nicht, dass eine Existenzgefährdung, die durch die Inanspruchnahme weiterer Flächen aufgrund eines erst noch folgenden Planfeststellungsbeschlusses möglich erscheint, bereits bei der Abwägung im Rahmen des zuerst durchgeführten Planfeststellungsverfahrens einzustellen ist.
- 116
Bei der Prüfung der Rechtmäßigkeit eines Planfeststellungsbeschlusses für einen Planungsabschnitt haben solche Betroffenheiten des Klägers grundsätzlich außer Betracht zu bleiben, die sich erst aufgrund weiterer Planfeststellungsbeschlüsse für Folgeabschnitte ergeben, sofern diese weiteren Planfeststellungsbeschlüsse nach dem für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses des angefochtenen Planfeststellungsbeschlusses ergehen (BVerwG, Beschl. v. 14.07.2009 – 9 VR 20.04 –, juris, RdNr. 18, m.w.N.). Ein landwirtschaftlicher Betrieb kann nicht mit Erfolg geltend machen, es sei bereits jetzt erkennbar, dass er durch spätere Planfeststellungsbeschlüsse für andere Planungsabschnitte weitere Nutzflächen verlieren und jedenfalls dann sein Betrieb in Gefahr geraten werde, wenn in dem für die Prüfung der Rechtmäßigkeit des Planfeststellungsbeschlusses grundsätzlich maßgeblichen Zeitpunkt seines Erlasses Planfeststellungsbeschlüsse für weitere Planungsabschnitte noch nicht ergangen sind (vgl. BVerwG, Urt. v. 17.08.2004 – 9 A 1.03 –, NuR 2005, 177 [178], RdNr. 28, m.w.N.). Soweit eine etwaige künftige Belastung mit weiteren Maßnahmen noch nicht verbindlich feststeht, braucht sie weder als allgemeines Zumutbarkeitskriterium noch in ihrer Kumulation mit der streitgegenständlichen Maßnahme im Hinblick auf eine sich möglicherweise dann ergebende Betriebsgefährdung berücksichtigt zu werden; vielmehr wird dann in den zeitlich nachfolgenden Planfeststellungsbeschlüssen in der Regel die bereits erfolgte Belastung des landwirtschaftlichen Betriebs in den Blick zu nehmen sein, weil der Betroffene durch die abschnittsweise Planung unter Rechtsschutzgesichtspunkten nicht schlechter gestellt werden darf als er stünde, wenn sämtliche durch das Gesamtvorhaben bedingten Belastungen für seinen Betrieb auf einmal ihm gegenüber auf ihre Rechtmäßigkeit zu prüfen wären (BVerwG, Urt. v. 17.08.2004, a.a.O.). Der Betroffene kann mithin eine etwaige Existenzgefährdung nicht schon im Vorgriff auf geplante Beeinträchtigungen in einem weiteren Abschnitt geltend machen, sondern unter Einbeziehung von Flächeninanspruchnahmen in früheren Planfeststellungsabschnitten erst gegenüber dem Planfeststellungsbeschluss für diesen Folgeabschnitt (BVerwG, Beschl. v. 14.07.2009, a.a.O.).
- 117
Diese Grundsätze sind entsprechend für die Fälle heranzuziehen, in denen der landwirtschaftliche Betrieb nicht durch mehrere Planungsabschnitte eines Bauvorhabens sondern durch zeitlich aufeinander folgende unterschiedliche Bauvorhaben, die in räumlicher Nähe zueinander stehen, betroffen ist. Dies gilt insbesondere dann, wenn – wie hier – der Flächenverlust im zuerst durchgeführten Planfeststellungsverfahren deutlich unter der 5 %-Grenze (hier ca. 0,5 %) liegt und der wesentliche Entzug landwirtschaftlich genutzter Flächen (hier ca. 4,95 %) erst durch das noch folgende Planfeststellungsverfahren eintritt. Der Beklagte weist im Übrigen zu Recht darauf hin, dass ungeachtet des vorangegangenen und vom Bundesverwaltungsgericht beanstandeten Planfeststellungsverfahrens bezüglich des „Lückenschlusses“ der A 143 derzeit noch keine sichere Aussage darüber getroffen werden kann, ob es nach Abschluss des derzeit noch laufenden ergänzenden Verfahrens nach § 17e Abs. 6 Satz 2 FStrG nach Abwägung der Belange des Klägers letztlich dabei bleibt, dass seinem Betrieb Flächen in der Größenordnung von 199.606 m² (für Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen) dauerhaft entzogen werden.
- 118
Soweit der Kläger einwendet, ein weiterer Flächenverlust sei wegen der von der Gemeinde S. beabsichtigten Aufstellung eines Bebauungsplans für ein Gewerbegebiet an der A 143 im Bereich der Anbindung an die B 80 (Anschlussstelle Halle-Neustadt) zu erwarten, lässt sich damit ein Abwägungsmangel schon deshalb nicht begründen, weil dieser Umstand im Planfeststellungsverfahren vom Kläger nicht vorgetragen wurde und für den Beklagten im maßgeblichen Zeitpunkt der Abwägungsentscheidung auch nicht ersichtlich war. Im Übrigen wäre der Beklagte nach den oben dargestellten Grundsätzen nicht verpflichtet gewesen, weitere mögliche Flächenverluste durch die beabsichtigte Bauleitplanung der Gemeinde S. und eine sich daraus möglicherweise ergebende Verschärfung der betrieblichen Verhältnisse in seine Abwägung einzustellen.
- 119
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
- 120
IV. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
- 121
V. Die Revision wird nicht zugelassen, da die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht gegeben sind.
(1) Neue Kreuzungen von Eisenbahnen und Straßen, die nach der Beschaffenheit ihrer Fahrbahn geeignet und dazu bestimmt sind, einen allgemeinen Kraftfahrzeugverkehr aufzunehmen, sind als Überführungen herzustellen.
(2) In Einzelfällen, insbesondere bei schwachem Verkehr, kann die Anordnungsbehörde Ausnahmen zulassen. Dabei kann angeordnet werden, welche Sicherungsmaßnahmen an der Kreuzung mindestens zu treffen sind.
(3) Eine Kreuzung im Sinne des Absatzes 1 ist neu, wenn einer der beiden Verkehrswege oder beide Verkehrswege neu angelegt werden.
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
- 1
Der Kläger wendet sich als anerkannter Umweltverein gegen den fernstraßenrechtlichen Planfeststellungsbeschluss des Beklagten für den vierstreifigen Ausbau der Bundesstraße Nr. 10 (B 10) zwischen Godramstein und der Bundesautobahn A 65 (BAB A 65; Anschlussstelle Landau-Nord).
- 2
Die B 10 führt als überregionale West-Ost-Verkehrsverbindung im Südwesten Deutschlands in mehreren Teilstrecken von der saarländischen Stadt Lebach bis zur Gemeinde Neusäß bei Augsburg, wo sie an der B 300 endet. Auf rheinland-pfälzischem Gebiet verläuft sie ab der Anschlussstelle Pirmasens-Staffelhof der BAB A 8/A 62 in östlicher Richtung über rund 43 km weitgehend durch den Pfälzer Wald bis zur Anschlussstelle Landau-Nord der BAB A 65. Die früher zweistreifig durch die anliegenden Ortschaften geführte Bundesstraße wurde in den 1980-er-Jahren aus den Ortsdurchfahrten heraus auf Umgehungsstraßen verlegt. Zwischen Hinterweidenthal und Rinnthal sowie von Queichheimbach bis Landau wurde in den 1990er-Jahren teilweise ein dritter Fahrstreifen angebaut. Auf dem Teilstück zwischen Rinnthal und Annweiler verläuft die B 10 zweistreifig durch vier Tunnel, und zwar (von West nach Ost) den Kostenfelstunnel, den Staufertunnel, den Löwenherztunnel und den Barbarossatunnel.
- 3
Sowohl in der Bundesverkehrswegeplanung als auch auf landesplanerischer Ebene ist ein durchgehender vierstreifiger Ausbau der B 10 zwischen Pirmasens und Landau vorgesehen, so im Bundesverkehrswegeplan 2003 (BVWP 2003) und im seit 2008 gültigen Landesentwicklungsprogramm IV (LEP IV) als Ziel der Landesplanung (Z 150). Der (derzeit noch gültige) Bedarfsplan für die Bundesfernstraßen gemäß Anlage 1 zu § 1 des Fernstraßenausbaugesetzes (FStrAbG) in der Fassung des 5. Änderungsgesetzes vom 4. Oktober 2004 (BGBl. I, 2574) - im Folgenden: Bedarfsplan 2004 - stuft dabei die einzelnen Bau- und Planungsabschnitte in unterschiedliche Dringlichkeitsstufen ein: Der westlichste Streckenteil zwischen der Anschlussstelle (AS) Pirmasens an der BAB A 8/A 62 und Hinterweidenthal ist durchgehend als „vordringlicher Bedarf“ ausgewiesen, die Teilstrecke zwischen Hinterweidenthal und Rinnthal als „weiterer Bedarf mit Planungsrecht (WB*)“, die Teilstrecke von Rinnthal bis zur AS Queichheimbach (Annweiler) als „weiterer Bedarf (WB)“ und die östlichste Teilstrecke von der AS Queichheimbach bis zur BAB 65, zu der der vom angegriffenen Planfeststellungsbeschluss umfasste Abschnitt zählt, wiederum als „weiterer Bedarf mit Planungsrecht (WB*)“.
- 4
Von den im „vordringlichen Bedarf“ ausgewiesenen Teilstrecken ist der vierstreifige Ausbau im westlichsten Verlauf zwischen Pirmasens und der B 270 bereits seit längerer Zeit abgeschlossen und die B 10 vierstreifig für den Verkehr freigegeben; für die sich östlich anschließenden Planungsabschnitte zwischen der B 270 und der sog. Walmersbacher Kuppe liegen bestandskräftige Planfeststellungsbeschlüsse vor; auch diese Teilabschnitte sind inzwischen baulich abgeschlossen und für den Verkehr freigegeben worden; im letzten als „vorrangig“ eingestuften Abschnitt zwischen Walmersbach und Hinterweidenthal laufen aufgrund eines bestandskräftigen Planfeststellungsbeschlusses derzeit noch die Bauarbeiten.
- 5
Der als „WB*“ eingestufte Abschnitt zwischen Hinterweidenthal und Rinnthal wurde vom Vorhabenträger zwischenzeitlich in zwei Unterabschnitte (Hinterweidenthal - Hauenstein und Hauenstein - Rinnthal) unterteilt; für den Unterabschnitt Hinterweidenthal - Hauenstein wurde dem Vorhabenträger ein Planungsauftrag erteilt. Hingegen werden im als WB eingestuften Abschnitt von Rinnthal bis zur AS Queichheimbach bisher nur planerische Vorüberlegungen betrieben, während für die als „WB*“ eingestuften, aber nicht vom angefochtenen Planfeststellungsbeschluss umfassten Abschnitte zwischen der AS Queichheimbach und Godramstein die Einholung der sog. RE-Genehmigung beim Bundesverkehrsministerium vorbereitet wird bzw. teilweise schon eingeleitet ist.
- 6
In dem vom angefochtenen Planfeststellungsbeschluss umfassten Abschnitt ist die B 10 derzeit als dreistreifige Kraftfahrstraße mit wechselnden Überholmöglichkeiten und einem Ausbauquerschnitt RQ 15,5 ausgebaut. Zwischen Bau-km 0+400 und Bau-km 0+830 quert die B 10 die Niederung des Flusses Queich mittels eines Brückenbauwerks. Die Queichniederung ist Teilgebiet des großräumigen FFH-Gebietes „Biosphärenreservat Pfälzerwald“ (6812-301) mit einer Gesamtgebietsgröße von 35.997 ha, das auf Grund einer Entscheidung der EU-Kommission vom 7. Dezember 2004 in die Liste der Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung aufgenommen worden ist.
- 7
Da ein durchgehender vierstreifiger Ausbau der B 10 bis Landau in der Öffentlichkeit umstritten ist, wurde in den Jahren 2004/2005 auf Betreiben der Landesregierung ein erstes Mediationsverfahren durchgeführt, das jedoch im Februar 2005 für gescheitert erklärt wurde.
- 8
Im März 2007 wurde das Planfeststellungsverfahren für den Ausbauabschnitt zwischen Godramstein und der Anschlussstelle Landau-Nord der BAB 65 eingeleitet. In der Zeit vom 2. April 2007 bis zum 2. Mai 2007 wurden die Planunterlagen zu jedermanns Einsicht bei der Stadtverwaltung Landau und bei den Verbandsgemeindeverwaltungen Landau-Land und Annweiler am Trifels ausgelegt. Mit Schreiben vom 15. Mai 2007, das am 16. Mai 2007 einging, erhob der Kläger Einwendungen gegen die Planung. Darin rügte er im Hinblick auf die Betroffenheit des FFH-Gebiets 6812-301 insbesondere eine unzureichende Bestandsermittlung der Pflanzen- und Tierwelt, eine zu enge Abgrenzung des Untersuchungsgebiets hinsichtlich der Auswirkungen des Vorhabens, eine mangelhafte Darstellung bau- und betriebsbedingter Auswirkungen, eine unzureichende Abarbeitung der Betroffenheit erhaltungszielbestimmender Schmetterlingsarten sowie das Fehlen einer „Dach-FFH-Verträglichkeitsprüfung“ für den vierspurigen Ausbau der Gesamtstrecke zwischen Pirmasens und Landau; ferner machte er artenschutzrechtliche Bedenken geltend und äußerte sich auch kritisch zu einzelnen Vermeidungs-, Minderungs- und Ersatzmaßnahmen. Schließlich zweifelte er die Prognose der künftigen Verkehrsbelastung und die Gewichtung der verkehrlichen gegenüber den Umweltbelangen an. Mit weiterem Schreiben vom 15. Mai 2007 legte er eine „Fachtechnische Stellungnahme“ des Büros für angewandten Umweltschutz (BAU) vor und machte sich deren Inhalt zu Eigen. Mit weiterem Schreiben vom 17. September 2010 machte der Kläger von der ihm eingeräumten Möglichkeit Gebrauch, zu zwei dem Vorhabenträger am 7. Juni 2010 vorgelegten, überarbeiteten artenschutzrechtlichen Gutachten ergänzend Stellung zu nehmen.
- 9
Mit Planfeststellungsbeschluss des Landesbetriebs Mobilität (LBM) vom 22. September 2010 wurde der Plan für den vierstreifigen Ausbau der B 10 zwischen Godramstein und der A 65 festgestellt. Der Planfeststellungsbereich erstreckt sich auf die Gemarkungen Godramstein, Nußdorf, Dammheim und Arzheim. Er umfasst den vierstreifigen Ausbau der B 10 von Bau-km ca. 0+100 bis Bau-km ca. 4+200; ferner schließt er den Ausbau bzw. die Herstellung diverser, im Einzelnen aufgeführter Anschlussstellen an Kreisstraßen, von Brückenbauwerken, von Regenrückhaltebecken sowie von Lärmschutzwällen und -wänden, die Anpassung des vorhandenen Wirtschaftswegenetzes sowie die Ausweisung von landespflegerischen, wasserwirtschaftlichen und schallschutztechnischen Maßnahmen ein. Die festgestellten Ausbaupläne sehen im planfestgestellten Bereich einen Ausbau mit dem Sonderquerschnitt SQ 26 (gemäß den „Richtlinien für die Anlage von Straßen - Teil Querschnitt; Abkürzung: RAS-Q“) vor, d. h. mit einer Gesamtbreite von 26 m wie beim Regelquerschnitt RQ 26, die sich zusammensetzt aus je zwei Fahrstreifen pro Fahrtrichtung mit einer Breite von 3,50 m, Randstreifen von 0,50 m und Banketten von je 1,50 m, wobei jedoch die Standstreifen um je 0,50 m breiter ausgebildet sind und daher eine Breite von je 2,50 m erreichen, während der Mittelstreifen nur eine Breite von 2,00 m statt 3.00 m erhält. Die breitere Anlage der Standstreifen wird mit dem zu erwartenden hohen LKW-Anteil begründet, um die Möglichkeit des Abstellens breiterer Fahrzeuge zu schaffen. Der Anbau des neuen Fahrstreifens soll vom Baubeginn bis Bau-km ca. 0+650 auf der Südseite und ab ca. Bau-km 0+650 bis zum Bauende auf der Nordseite erfolgen, und zwar mit Rücksicht auf das in diesem Bereich südlich der B 10 gelegene Wohngebiet „Schützenhof“ sowie zur Vermeidung des Verlustes in der Queichniederung auf der nördlichen Seite vorhandener, älterer Gehölzbestände. Im Bereich der Überquerung der Queichniederung soll die Richtungsfahrbahn Pirmasens-Landau auf einem neu zu errichtenden Brückenbauwerk in einem Abstand von ca. 10 m zum vorhandenen Brückenbauwerk verlaufen. In seinem verfügenden Teil enthält der Planfeststellungbeschluss die vorsorgliche Erteilung von Ausnahmen sowie höchstvorsorglich von Befreiungen von den artenschutzrechtlichen Verbotstatbeständen des § 44 Abs. 1 BNatSchG für eine Reihe im einzelnen aufgeführter Tierarten des Anhangs IV der FFH-Richtlinie und für diverse europäische Vogelarten; ferner werden dem Straßenbaulastträger aus Naturschutzgründen eine Vielzahl von Vermeidungs-, Minimierungs- und Kompensationsmaßnahmen zur Beachtung im Zuge der Bauausführung auferlegt.
- 10
Zu den festgestellten Planunterlagen zählen insbesondere:
- 12
- Fachbeitrag Naturschutz mit Ergänzung nach UVPG - Erläuterungsbericht - inklusive Maßnahmenverzeichnis.
- 13
Als Anlagen sind dem Planfeststellungsbeschluss u. a. beigefügt:
- 14
- Fachbeitrag Artenschutz - Streng geschützte Arten -
- 15
- Fachbeitrag Artenschutz - Besonders geschützte Arten -
- 16
- FFH-Verträglichkeitsprüfung.
- 17
Der Planfeststellungsbeschluss wurde dem Kläger am 19. November 2010 zugestellt.
- 18
Zur Begründung seiner am 20. Dezember 2010 erhobenen Klage macht der Kläger im Wesentlichen Folgendes geltend:
- 19
Seine Klage sei zulässig, insbesondere sei er klagebefugt. Seine Klagebefugnis ergebe sich aus dem naturschutzrechtlichen Verbandsklagerecht gemäß § 64 des Bundesnaturschutzgesetzes (BNatSchG), ferner auch aus §§ 2 Abs. 1 und 4 Abs. 1 des Umweltrechtsbehelfsgesetzes (UmwRG). Darüber hinaus folge die Klagebefugnis unmittelbar aus Art. 10a der Richtlinie 85/337/EWG in der Fassung der Richtlinie 2003/35/EG (jetzt: Art. 11 der Richtlinie 2011/92/EU) mit der Folge, dass er eine umfassende Überprüfung des angefochtenen Planfeststellungsbeschlusses auf seine Vereinbarkeit mit allen einschlägigen Rechtsvorschriften – nicht nur solchen, die i. S. v. § 2 Abs. 1 und Abs. 5 UmwRG dem Umweltschutz dienen – beanspruchen könne, denn diese Einschränkung stehe mit dem Unionsrecht nicht im Einklang.
- 20
Seine Klage sei auch begründet. Denn der angefochtene Planfeststellungsbeschluss verstoße in formell- und in materiell-rechtlicher Hinsicht gegen höherrangiges Recht.
- 21
Er leide zunächst an einem erheblichen Verfahrensfehler, weil eine nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung (Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz - UVPG) erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung nicht ordnungsgemäß durchgeführt worden sei. Da dem planfestgestellten Ausbau in dem streitgegenständlichen Abschnitt das Konzept eines vierstreifigen Ausbaus der B 10 zwischen Pirmasens und Landau zugrunde liege, hätte die Umweltverträglichkeitsprüfung nicht allein auf die isolierte Betrachtung der Auswirkungen des Vorhabens in dem im Planfeststellungsbeschluss im Übersichtslageplan skizzierten Wirkungsbereich beschränkt werden dürfen, sondern es hätte - unter Berücksichtigung der §§ 2 Abs. 1 und 3b Abs. 2 UVPG - einer übergreifenden Umweltverträglichkeitsprüfung (sog. Dach-UVP) für die gesamte projektierte Ausbaustrecke bedurft. Zudem fehle es an einer Übersicht über die wichtigsten, vom Vorhabenträger geprüften anderweitigen Lösungsmöglichkeiten und an der Angabe der Auswahlgründe im Hinblick auf die belastenden Umweltauswirkungen i. S. v. § 6 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 UVPG.
- 22
In materiell-rechtlicher Hinsicht sei der Planfeststellungsbeschluss aufzuheben, weil es dem planfestgestellten Straßenprojekt an der erforderlichen Planrechtfertigung fehle. Dies folge bereits daraus, dass im Zeitpunkt der Planfeststellung unter der gebotenen vorausschauenden Beurteilung, ob dem geplanten Bauvorhaben unüberwindbare finanzielle Schranken entgegenstehen würden, eine Verwirklichung des Projekts innerhalb des nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung zur Verfügung stehenden Zeitrahmens von zehn Jahren wegen fehlender Finanzmittel ausgeschlossen erscheine und es sich deshalb um eine verfrühte, vernünftigerweise nicht gebotene bloße „Vorratsplanung“ handele. In rechtlicher Hinsicht beruhe dies auf dem Umstand, dass das Vorhaben nur in die Kategorie des „Weiteren Bedarfs mit Planungsrecht“ eingestuft sei. Dies habe zur Folge, dass die Finanzierung des planfestgestellten Abschnitts aus tatsächlichen Gründen ausgeschlossen erscheine, weil sich das Vorhaben gegen die zahlreichen Maßnahmen des vordringlichen Bedarfs, die noch nicht begonnen wurden, weil ihre Finanzierung nicht sichergestellt sei, nicht werde durchsetzen können. Die Schaffung eines solchen „Baurechtsvorrats“ als Grundlage für Eingriffe in Rechtspositionen Dritter sei aber verfassungswidrig.
- 23
Darüber hinaus fehle es auch deshalb an der Planrechtfertigung, weil die Bedarfsfeststellung im konkreten Fall fehlerhaft sei: Der Planung liege eine Verkehrsuntersuchung zugrunde, die nicht geeignet sei, den konkreten Bedarf für einen vierstreifigen Ausbau der B 10 sachgerecht zu belegen. Wie sich im Einzelnen aus den von ihm eingeholten und zu den Gerichtsakten gereichten gutachterlichen Stellungnahmen des Büros R. ergebe, sei die der Planung zugrunde gelegte Verkehrsuntersuchung von M. methodisch mangelhaft und beruhe auf fehlerhaften Grundlagendaten.
- 24
Ferner liege der Planung eine fehlerhafte Abschnittsbildung zugrunde: Durch den Ausbau der B 10 im planfestgestellten Abschnitt werde es westlich davon zu einer ähnlich hohen Überschreitung der Kapazität wie derzeit im planfestgestellten Abschnitt kommen, was zu schwerwiegenden Gefahrensituationen, aber auch zu ständigen Stausituationen insbesondere in den Tunnelabschnitten durch die Reduzierung des Querschnitts von zwei auf nur eine Spur je Richtung führen werde. Die mit der Planfeststellung vollzogene Abschnittsbildung führe mithin zu Folgekonflikten, die in der Abwägung nicht bewältigt worden seien, obwohl der Planfeststellung eine Verkehrsuntersuchung für die Gesamtstrecke der B 10 zwischen Landau und Pirmasens zugrunde liege und die Folgekonflikte daher erkennbar gewesen seien.
- 25
Der Planfeststellungsbeschluss verstoße zudem in mehrfacher Hinsicht gegen Vorschriften des Naturschutzrechts:
- 26
So führe die Planung zu erheblichen Beeinträchtigungen des FFH-Gebiets „Biosphärenreservat Pfälzerwald“ in seinen für die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck maßgeblichen Bestandsteilen, ohne dass die Voraussetzungen für die Erteilung einer Ausnahme gegeben seien. Es sei schon davon auszugehen, dass es im Bereich der Queichniederung drei Flächenbiotope gebe, die nach ihrer Beschreibung und Charakteristik dem prioritären Lebensraumtyp 91 E0* („Weichholzauen“) entsprächen. Der Eingriff hätte daher nur unter den Voraussetzungen des § 34 Abs. 4 BNatSchG zugelassen werden dürfen. Da Gründe nach § 34 Abs. 4 Satz 1 BNatSchG nicht ersichtlich seien, hätte eine Projektzulassung erst nach Einholung einer positiven Stellungnahme der EU-Kommission erfolgen dürfen. Darüber hinaus führe die Planung zu erheblichen Beeinträchtigungen der Lebensräume der erhaltungszielbestimmenden Schmetterlingsarten Großer Feuerfalter (Lycaena dispar) und Dunkler Wiesenknopf-Ameisenbläuling (Maculinea nausithous), und zwar durch die Verstärkung bereits bestehender Zerschneidungs- und Barrierewirkungen des Brückenbauwerks infolge seiner Erweiterung um eine zweite Brücke. Dies werde aufgrund der bereits angespannten Situation der beiden Arten im Gebiet zu einer gravierenden Verschlechterung ihres Erhaltungszustands und damit zu einer erheblichen Beeinträchtigung des Gebiets in seinen Erhaltungszielen führen. Die Voraussetzungen für die deshalb erforderliche Abweichungszulassung des Projekts seien indessen vom Beklagten nicht hinreichend dargelegt worden: Wegen der methodischen Fehlerhaftigkeit und mangelnden Belastbarkeit der der Planung zugrunde gelegten Verkehrsprognose fehle es an einer Darlegung „zwingender Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses“; auch die Alternativenprüfung genüge nicht den Anforderungen; schließlich seien die außerhalb des FFH-Gebiets vorgesehenen Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen zur Wahrung der Kohärenz des FFH-Gebiets nicht geeignet.
- 27
Der Planfeststellungsbeschluss genüge auch nicht den Anforderungen des besonderen Artenschutzrechts. Aus den eingeholten artenschutzrechtlichen Fachbeiträgen ergäben sich keine hinreichenden Hinweise auf Größe und Raumanspruch der jeweiligen lokalen Populationen der betroffenen Arten, weshalb eine Beurteilung, ob vereinzelte Tötungen von Individuen dieser Arten zu negativen Auswirkungen auf die jeweilige lokale Population führen, nicht möglich seien. Deshalb seien auch keine Aussagen zu etwaigen Ausnahmen oder Befreiungen möglich, zumal deren Voraussetzungen, insbesondere zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses, nach dem bereits Ausgeführten ohnehin nicht zu begründen seien. Die Unkenntnis populationsbezogener Daten schlage auch auf die im Planfeststellungsbeschluss vorgesehene und auch dringend gebotene Auflage der Errichtung einer Überflughilfe für Vögel und Fledermäuse durch; denn nach dieser Auflage solle die optimale Ausgestaltung der Überflughilfe erst im Vorfeld der Baumaßnahmen mit Hilfe von Untersuchungen durch Fledermausexperten eruiert werden, womit letztlich eine nachträgliche Bestandsaufnahme angeordnet werde. Gerade in Bezug auf Fledermäuse finde im Übrigen nur eine Betrachtung von Hypothesen statt, ohne dass eine sachgerechte Konfliktlösung bewerkstelligt und eine hinreichende Abwägung bei der Ausnahme- und Befreiungsentscheidung vorgenommen worden sei.
- 28
Schließlich leide der Planfeststellungsbeschluss auch an einer mangelhaften Kompensation der durch das Vorhaben bewirkten Eingriffe in Natur und Landschaft, weil selbst die Kompensation der Eingriffe, die von der Planfeststellung anerkannt worden seien, in unzulässiger Weise nicht abschließend gesichert worden sei. So sei die Sicherung der Maßnahmen 2.4 E AB („Erweiterung Bachuferwald an der Queich“) und 3.2 E AB („Extensivierung Uferrandstreifen an der Queich“) offenbar nicht gegeben. Denn hinsichtlich dieser auf als berechtigt anerkannte Einwände an eine andere Stelle zu verlegenden landespflegerischen Maßnahmen seien der neue Standort der Maßnahmen und deren Ausgestaltung noch mit der Oberen Naturschutzbehörde abzustimmen. Außerdem sei aus der in derselben Regelung des Planfeststellungsbeschlusses enthaltenen weiteren Auflage, in diesem Zusammenhang auch den Verlust von ca. 400 qm Gehölzfläche und von ca. 150 qm Röhricht bzw. Staudenflur zu kompensieren, zu schließen, dass sich dahinter offenbar ein weiterer, bisher nicht offengelegter Eingriff in Natur und Landschaft verberge.
- 29
Letztendlich kranke der Planfeststellungsbeschluss an einer fehlerhaften Gesamtabwägung: Das Gebot der gerechten Abwägung der betroffenen Belange sei verletzt, weil infolge der mangelhaften Verkehrsprognose und der nur unzureichenden sonstigen Begründung nicht fehlerfrei bestimmt worden sei, welches Gewicht den für das Vorhaben sprechenden verkehrlichen Belangen im Verhältnis zur Gewichtigkeit der Eingriffe in die Rechtssphäre einer Vielzahl von Betroffenen sowie in eine Vielzahl von Belangen des Umweltschutzes zukomme.
- 30
Der Kläger beantragt,
- 31
1. den Planfeststellungsbeschluss für den vierstreifigen Ausbau der Bundesstraße Nr. 10 (B 10) zwischen Godramstein und der Bundesautobahn A 65 (BAB 65; Anschlussstelle Landau-Nord) aufzuheben.
- 32
2. hilfsweise den Planfeststellungsbeschluss für rechtswidrig und nicht vollziehbar zu erklären.
- 33
Der Beklagte beantragt,
- 34
die Klage abzuweisen.
- 35
Er tritt der Klagebegründung im Einzelnen entgegen und trägt hierzu insbesondere vor:
- 36
Die Klagebefugnis des Klägers ergebe sich ausschließlich aus § 2 Abs. 1 UmwRG mit der Folge, dass ihm kein „Vollüberprüfungsanspruch“ zustehe, sondern seine Rügebefugnis auf die Geltendmachung von Verstößen gegen dem Umweltschutz dienende Vorschriften beschränkt sei. Zudem sei er mit wesentlichen Teilen seines Vorbringens mangels hinreichender Geltendmachung im Rahmen der Öffentlichkeitsbeteiligung gemäß § 17a Nr. 7 FStrG präkludiert.
- 37
Unabhängig davon sei der Planfeststellungsbeschluss in jeder Hinsicht rechtmäßig ergangen:
- 38
Verfahrensmängel in Bezug auf die UVP lägen nicht vor. Insbesondere habe es keiner übergreifenden „Dach-UVP“ bedurft; vielmehr sei eine förmliche UVP nur für den konkreten Planfeststellungsabschnitt geboten gewesen; im Übrigen habe die Planfeststellungsbehörde - unabhängig von der Frage, ob sie dazu im Rahmen eines bloßen Ausbauvorhabens einer bestehenden Fernstraße überhaupt verpflichtet gewesen sei - hinreichend in den Blick genommen, dass der planfestgestellte Abschnitt verkehrspolitisch Teil eines Gesamtvorhabens des vierstreifigen Ausbaus der B 10 zwischen Pirmasens und Landau sei. Sie habe dabei zum einen die eigenständige Verkehrsbedeutung des planfestgestellten Abschnitts - auch für den Fall, dass die Verwirklichung weiterer Planungsabschnitte aus noch nicht absehbaren Gründen scheitern sollte - dargestellt und zum anderen begründet, dass der Verwirklichung des weiteren Ausbaus der B 10 zwischen Godramstein und Pirmasens aus heutiger Sicht keine unüberwindbaren Hindernisse entgegenstünden, insbesondere nicht im Hinblick auf die Umweltverträglichkeit.
- 39
Der Planfeststellungsbeschluss stehe auch mit allen einschlägigen materiell-rechtlichen Vorschriften im Einklang:
- 40
Das Vorhaben verfüge mit der gesetzlichen Bedarfsfeststellung als „Weiterer Bedarf mit Planungsrecht“ über eine hinreichende Planrechtfertigung. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Bedarfsausweisung im Bedarfsplan 2004 seien nicht angezeigt. Denn es sei weder ersichtlich, dass die Bedarfsfeststellung seinerzeit fehlerhaft erfolgt sei, noch in irgendeiner Weise erkennbar, dass sie nachträglich obsolet geworden sein könnte. Es liege auch keine unzulässige Vorratsplanung infolge unmöglicher Finanzierung vor. Vielmehr hätten sowohl das Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Stadtentwicklung als auch das rheinland-pfälzische Verkehrsministerium gegenüber dem Landesbetrieb Mobilität (LBM) erklärt, dass bei Vorliegen endgültigen Baurechts die Finanzierung der vorliegend planfestgestellten Maßnahme - ggf. im Austausch mit einer anderen Maßnahme des Vordringlichen Bedarfs im Gebiet von Rheinland-Pfalz - sichergestellt werden solle.
- 41
Mit der Geltendmachung angeblicher Mängel der für die Planung erstellten Verkehrsprognose könne die gesetzliche Bedarfsfeststellung ohnehin nicht in Frage gestellt werden. Im Übrigen lägen die vom Kläger unter Berufung auf Stellungnahmen von R. behaupteten Fehler der Verkehrsprognose nicht vor, wie sich im Einzelnen aus den zu den Gerichtsakten gereichten Auseinandersetzungen des Büros M. mit den Kritikpunkten ergebe. Schließlich habe aber auch R. eingeräumt, dass es keineswegs an jeglichem Bedarf für einen vierstreifigen Ausbau in dem planfestgestellten Abschnitt fehle, sondern gehe selbst von einer aktuellen Verkehrsbelastung dieses Streckenabschnitts in einer Größenordnung aus, die nach den einschlägigen Richtlinien (RAS-Q, RAA) schon jetzt einen vierstreifigen Ausbau - sogar mit einem Regelquerschnitt von RQ 28 - rechtfertige.
- 42
Das planfestgestellte Straßenausbauvorhaben sei auch mit allen naturschutzrechtlichen Vorschriften vereinbar. Namentlich genüge es den Anforderungen des FFH-Gebietsschutzes. Erhebliche Beeinträchtigungen der Erhaltungsziele und maßgeblichen Bestandteile des FFH-Gebiets „Biosphärenreservat Pfälzer Wald“ seien nicht zu befürchten. So habe eine Nachprüfung in Form einer nochmaligen Begehung und Augenscheineinnahme durch den Dipl.-Biologen H. im Frühjahr 2010 sowie dessen weitere, zu den Gerichtsakten gereichte Stellungnahme vom 6. April 2011 nochmals bestätigt, dass es im Einwirkungsbereich des Vorhabens kein Vorkommen des prioritären Lebensraumtyps (LRT) 91 E0* gebe, da die dort vorhandenen Vegetationsstrukturen die Kriterien für einen LRT 91 E0* nicht erfüllten. Das Vorhaben führe auch nicht zu erheblichen Beeinträchtigungen erhaltungszielbestimmender Schmetterlingsarten: Wie sich aus den zu den Gerichtsakten gereichten Stellungnahmen des Dipl.-Biologen H. vom 6. April 2011 und vom 25. Januar 2015 ergebe, habe eine nochmalige Überprüfung vor Ort bestätigt, dass weiterhin schon keine Lebensraumpotentiale für die Arten Heller Wiesenknopf-Ameisenbläuling und Großer Feuerfalter im Wirkraum des Vorhabens vorhanden seien und der Dunkle Wiesenknopf-Ameisenbläuling (DWAB) im Bereich des Queichtals zwar vereinzelt nachgewiesen sei, aber die nächsten Fundorte nördlich der B 10 weit außerhalb des Wirkraums des Vorhabens gelegen und insbesondere die für die Falterart bedeutsamen Vorkommen der Hauptfutterpflanze im Eingriffsbereich nicht vorhanden seien. Auch die befürchteten Zerschneidungs- bzw. Barriereeffekte würden von dem Vorhaben nicht ausgehen: Durch den bloßen Anbau eines zusätzlichen Brückenbauwerks für die künftige Richtungsfahrbahn Pirmasens - Landau würden keine zusätzlichen Zerschneidungs- oder Barriereeffekte hervorgerufen, die über die heute bestehenden Belastungen hinausgingen. Denn für das neue Bauwerk sei eine größere Überspannung des Gewässers vorgesehen und zwischen den Brücken verbleibe künftig ein Abstand von 10 m, der eine ausreichende Belichtung und Besonnung ermögliche. Hierdurch werde dem Effekt eines längeren dunklen Tunnels begegnet. Zudem werde es sowohl aufgrund der vorhandenen Vegetationsstrukturen als auch aufgrund des Verhaltens der Art DWAB nicht zu einem nennenswerten Austausch zwischen vorhandenen Populationen innerhalb der Queichaue kommen; vielmehr seien die nördlich und südlich der Queichtalbrücke vorhandenen Teil-Populationen für sich eigenständig und überlebensfähig.
- 43
Selbst wenn man aber von einer erheblichen Beeinträchtigung des FFH-Gebiets ausgehe, habe die im Planfeststellungsbeschluss rein vorsorglich durchgeführte Ausnahmeprüfung gemäß § 34 Abs. 3 BNatSchG ergeben, dass das Vorhaben auch im Wege einer Ausnahme- bzw. Abweichungsprüfung zulässig sei. Denn der Ausbau der B 10 im planfestgestellten Abschnitt sei aus zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses geboten, was sich insbesondere aus den Gründen für die gesetzliche Bedarfsfeststellung ergebe; zumutbare Alternativen, mit denen das Projekt ohne oder mit geringeren Eingriffen in das FFH-Gebiet zu verwirklichen wäre, seien nicht ersichtlich; zudem seien die im Falle einer Abweichungszulassung erforderlichen Kohärenzsicherungsmaßnahmen in Gestalt einer Vielzahl von Vermeidungs-, Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen vorgesehen worden, durch die die Kohärenz des Natura-2000-Netzes gewahrt bleibe.
- 44
Der Planfeststellungsbeschluss stehe des Weiteren mit dem Artenschutzrecht in jeder Hinsicht im Einklang. Insbesondere beruhe die Planung auf artenschutzrechtlichen Untersuchungen, die weder hinsichtlich der Ermittlungstiefe noch im Hinblick auf das methodische Vorgehen Mängel aufwiesen. Zudem lägen die Voraussetzungen für eine vorsorgliche Ausnahme- bzw. Befreiungserteilung vor. Ferner treffe die Kritik des Klägers an dem angeordneten Monitoring durch Fledermausexperten zur Absicherung der genauen Anforderungen an die Überflughilfen für Fledermäuse in keiner Weise zu.
- 45
Der Planfeststellungsbeschluss erweise sich schließlich auch im Hinblick auf die naturschutzrechtliche Eingriffsregelung nicht als fehlerhaft. Insbesondere könne keine Rede davon sein, dass es an einer hinreichenden Sicherung der Umsetzung einzelner Maßnahmen fehle. Mit der Anordnung, dass der neue Standort der Maßnahmen 2.4 E AB und 3.2 E AB und deren Ausgestaltung mit der Oberen Naturschutzbehörde abzustimmen seien und die Realisierbarkeit der Maßnahmen am neuen Standort der Planfeststellungsbehörde gegenüber vor Baubeginn nachzuweisen sei, sei vielmehr gewährleistet, dass durch die Verlegung an einen anderen Standort keine quantitativen oder qualitativen Einbußen hinsichtlich der Kompensationsziele beider Maßnahmen aufträten und die Baumaßnahme nicht ohne die Ersatzmaßnahmen ausgeführt werden dürfe.
- 46
Der Planfeststellungsbeschluss genüge letztendlich auch dem in § 17 FStrG normierten Gebot, bei der Planfeststellung die von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange einschließlich der Umweltverträglichkeit im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigen und dabei erkennbar gewordene Konflikte zu bewältigen. Insbesondere sei die Sorge unbegründet, dass der vierstreifige Ausbau im planfestgestellten Abschnitt zwangsläufig zu Verkehrsproblemen in den nicht ausgebauten Tunnelabschnitten zwischen Annweiler und Rinnthal infolge der dortigen Reduzierung von zwei auf nur eine Fahrspur pro Richtung führen werde, die nur mit einem sofortigen durchgängigen vierstreifigen Ausbau der Gesamtstrecke zwischen Pirmasens und Landau vermieden werden könnten. Vielmehr werde der Ausbau im jetzt planfestgestellten Abschnitt nach dem Ergebnis der Verkehrsuntersuchungen von M. keine nennenswerten verkehrlichen Auswirkungen auf die B 10 westlich von Godramstein und damit auch nicht auf die Leistungsfähigkeit der Tunnel bei Annweiler haben. Es könne schließlich auch keine Rede davon sein, dass die vom Kläger behaupteten Mängel der Verkehrsprognose eine fehlerhafte Gesamtabwägung der von dem Vorhaben betroffenen Belange, namentlich eine fehlerhafte Gewichtung der Verkehrsimmissionsbelastung zur Folge gehabt hätten. Abgesehen davon, dass die behaupteten Mängel nicht vorlägen, habe die Verkehrsprognose von M. im Hinblick auf die Ermittlung und Bewertung der beim vierspurigen Ausbau zu erwartenden Immissionsbelastungen den Charakter einer „Worst-Case-Betrachtung“: Die Planfeststellungsbehörde habe sich im Bestreben um einen alle Auswirkungen um- und erfassenden Schutzansatz an der nach der Verkehrsprognose größtmöglichen Verkehrsbelastung der B 10 orientiert, nämlich am Planungsfall 4 (durchgängiger vierstreifiger Ausbau der B 10 zwischen Pirmasens und Landau). Auf diese Weise sei sichergestellt, dass bereits im angefochtenen Planfeststellungsbeschluss für den Abschnitt Godramstein - Landau ein am Planungsfall 4 ausgerichtetes Lärmschutzkonzept entwickelt und planfestgestellt worden sei. Es sei nicht ersichtlich, dass bei dieser Vorgehensweise die verkehrlichen Auswirkungen des Vorhabens unterschätzt worden sein könnten. Im Übrigen werde vom Kläger gerade umgekehrt der Vorwurf erhoben, es sei von zu hohen Verkehrszahlen, d. h. von überhöhten Erwartungen hinsichtlich des künftigen Verkehrsaufkommens ausgegangen worden. Infolgedessen seien die vom Kläger behaupteten Mängel der Verkehrsprognose von vornherein ungeeignet, eine fehlerhafte Gewichtung der Verkehrsimmissionsbelastung - im Sinne einer „Unterschätzung“ - zu begründen.
- 47
Mit Rücksicht auf ein von der Landesregierung initiiertes zweites Mediationsverfahren wurde das gerichtliche Verfahren mit Zustimmung der Beteiligten durch Beschluss des Senats vom 22. Juni 2011 gemäß §§ 173 VwGO, 251 ZPO zum Ruhen gebracht. Nach dem Scheitern auch des zweiten Mediationsverfahrens wurde das gerichtliche Verfahren durch Senatsbeschluss vom 27. Mai 2014 wiederaufgenommen und fortgeführt.
- 48
Die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes ergeben sich aus den Gerichtsakten und den beigezogenen Akten des Planfeststellungsverfahrens, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.
Entscheidungsgründe
- 49
Die Klage ist zulässig (I.), bleibt jedoch in der Sache ohne Erfolg (II.).
- 50
I. Die Klage ist zulässig, insbesondere ist der Kläger klagebefugt. Seine Klagebefugnis ergibt sich allerdings ausschließlich aus § 2 Abs. 1 des Gesetzes über ergänzende Vorschriften zu Rechtsbehelfen in Umweltangelegenheiten nach der EG-Richtlinie 2003/35/EG (Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz – UmwRG –) in der Fassung der Bekanntmachung vom 8. April 2013 (BGBl. I, Seite 753). Soweit der Kläger in der Klagebegründung vom 31. Januar 2011 noch die Auffassung vertreten hatte, er könne seine Klagebefugnis außer aus § 2 Abs. 1 UmwRG auch aus § 64 des Gesetzes über Naturschutz und Landschaftspflege (Bundesnaturschutzgesetz – BNatSchG) herleiten, trifft dies inzwischen nicht mehr zu:
- 51
Nach § 1 Abs. 3 UmwRG in der Fassung der Bekanntmachung vom 8. April 2013 wird § 64 Abs. 1 BNatSchG nicht angewendet, soweit in Planfeststellungsverfahren, die § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 oder 2 UmwRG unterfallen, Rechtsbehelfe nach diesem Gesetz eröffnet sind. Für planfeststellungspflichtige Vorhaben, die – wie hier – nach Maßgabe des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 oder 2 UmwRG von Umweltverbänden angefochten werden können, gilt daher nunmehr ein Vorrang der umweltrechtlichen Verbandsklage (vgl. dazu bereits Fellenberg/Schiller, UmwRG, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, 65. EL April 2012, § 1 UmwRG, Rdnr. 66 a.E.). Zwar galt im Zeitpunkt der Klageerhebung am 22. Dezember 2010 noch § 64 Abs. 1 BNatSchG in der Fassung vom 1. März 2010, wonach anerkannte Naturschutzvereine „neben den Rechtsbehelfen nach § 2 UmwRG“ Rechtsbehelfe nach Maßgabe des § 64 BNatSchG einlegen konnten (und zwar gemäß §§ 64 Abs. 1, 63 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG auch gegen Planfeststellungsbeschlüsse); auch erhielt § 1 UmwRG in der Fassung vom 1. März 2010 noch keine Vorrangregelung zu Gunsten der umweltrechtlichen Verbandsklage (vgl. zur bisherigen Anwendbarkeit der beiden Verbandsklagebestimmungen nebeneinander Fellenberg/Schiller, a.a.O.). Doch ergibt sich aus der Übergangsregelung des § 5 Abs. 4 UmwRG in der Fassung der Bekanntmachung vom 8. April 2013, dass Rechtsbehelfsverfahren nach § 2 UmwRG, die – wie hier – am 12. Mai 2011 anhängig waren und am 29. Januar 2013 noch nicht rechtskräftig abgeschlossen worden sind, nach den Vorschriften des UmwRG in der ab dem 29. Januar 2013 geltenden Fassung zu Ende zu führen sind. Parallel dazu ist § 64 Abs. 1 Satz 1 BNatSchG dahin neu gefasst worden, dass anerkannte Naturschutzvereinigungen Rechtsbehelfe nach Maßgabe des § 64 nur noch erheben können, „soweit § 1 Abs. 3 UmwRG nicht entgegensteht“. Folglich kann sich der Kläger zur Begründung seiner Klagebefugnis inzwischen nicht mehr zusätzlich auf § 64 BNatSchG berufen.
- 52
Soweit der Kläger seine Klagebefugnis darüber hinaus auch aus einer unmittelbaren Anwendung von Art. 10a der Richtlinie 85/337/EWG in der Fassung der Richtlinie 2003/35/EG (jetzt: Art. 11 der Richtlinie 2011/92/EU) mit der Folge ableiten will, dass sich seine Rügebefugnis über die in § 2 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 5 UmwRG normierte Vereinbarkeit der angegriffenen Entscheidung mit dem Umweltschutz dienenden Rechtsvorschriften hinaus auf deren Vereinbarkeit mit allen einschlägigen Rechtsvorschriften erstreckt, ihm also auf diesem Wege ein „Vollüberprüfungsanspruch“ zusteht, kann dem nicht gefolgt werden. Entgegen der Ansicht des Klägers ergibt sich namentlich nicht aus der sog. „Trianel“-Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes (Urteil vom 12. Mai 2011 - Rs.C-115/09 -, NVwZ 2011, 801 ff.), dass § 2 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 5 UmwRG auch insoweit, als sie für Umweltverbandsklagen sowohl die Klagebefugnis als auch den Überprüfungsanspruch in der Begründetheit auf die Geltendmachung bzw. das Vorliegen von Verstößen gegen den Umweltschutz dienende Vorschriften beschränken, gegen Art. 10a der Richtlinie 85/337/EWG (jetzt: Art. 11 der Richtlinie 2011/92/EU) verstoßen, weshalb diese Vorschrift insoweit Anwendungsvorrang genießen müsse mit der Folge einer entsprechenden Erweiterung der Klage- und Rügebefugnis. Vielmehr hat das Bundesverwaltungsgericht in mehreren nach der Trianel-Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes ergangenen Entscheidungen die Rechtsauffassung bestätigt, dass die EuGH-Entscheidung für eine solche Annahme nichts hergibt (vgl. insbesondere BVerwG, Urteil vom 24. Oktober 2013 – 7 C 36/11 –, BVerwGE 148, 155 und juris, Rn. 23 ff., m.w.N.). Dem schließt sich der Senat an.
- 53
II. Die Klage ist jedoch mit dem Haupt- und Hilfsantrag unbegründet. Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss verstößt unter keinem der geltend gemachten Gesichtspunkte gegen dem Umweltschutz dienende Vorschriften im Sinne von § 2 Abs. 1 UmwRG. Er steht vielmehr mit allen einschlägigen Vorschriften, die – zumindest auch – dem Umweltschutz zu dienen bestimmt sind, im Einklang (zum Prüfungsumfang bei der Umweltverbandsklage und zum diesem korrespondierenden, beschränkten Überprüfungsanspruch nach dem UmwRG vgl. auch das Senatsurteil vom 14. Oktober 2014 – 8 C 10233/14.OVG –, NVwZ-RR 2015, 205 und juris, Rn. 39 ff.). Dies gilt sowohl für dem Umweltschutz dienende Verfahrensvorschriften (1.) als auch für Vorschriften des materiellen Umweltrechts (2.).
- 54
1. Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss begegnet zunächst in formell-rechtlicher Hinsicht keinen Bedenken, sondern steht mit den einschlägigen, dem Umweltschutz dienenden Verfahrensvorschriften im Einklang. Namentlich liegt kein Verstoß gegen Verfahrensanforderungen des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 24. Februar 2010 (BGBl. I, Seite 94) vor.
- 55
So kann der Kläger mit seinem Einwand, die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) hätte nicht auf den Bereich des planfestgestellten Ausbauabschnitts der B 10 beschränkt werden dürfen, sondern es hätte einer übergreifenden Ermittlung und Bewertung der Umweltauswirkungen für den Bereich des insgesamt projektierten Ausbaus der B 10 zwischen Pirmasens und der BAB A 65 bedurft (sog. „Dach-UVP“), nicht durchdringen.
- 56
Es spricht schon viel dafür, dass der Kläger mit seinem Vorbringen zur formellen Rechtswidrigkeit des Planfeststellungsbeschlusses wegen fehlerhafter Durchführung der UVP, insbesondere wegen Fehlens einer sog. Dach-UVP, bereits gemäß § 17a Nr. 7 des Bundesfernstraßengesetzes (FStrG) (jetzt: § 73 Abs. 4 Satz 3 VwVfG) präkludiert ist. Denn er hat in den beiden Einwendungsschreiben vom 15. Mai 2007 Fragen der ordnungsgemäßen Durchführung der UVP nicht einmal ansatzweise thematisiert. Vielmehr werden dort nur naturschutzfachliche Belange des FFH-Gebiets- und des Artenschutzes sowie Mängel bei den Vermeidungs-, Minderungs- und Ersatzmaßnahmen und daneben noch sonstige (materielle) Umweltfragen in Bezug auf die verkehrlichen Belange abgehandelt. Lediglich im Zusammenhang mit dem FFH-Gebietsschutz wird das Fehlen einer „vollständigen FFH-Verträglichkeitsprüfung des gesamten Planungsvorhabens Ausbau der B 10 zwischen Pirmasens und Landau (sog. Dach-FFH-Verträglichkeitsprüfung)“ gerügt. Ferner taucht der Gesichtspunkt, der vierspurige Ausbauzustand zwischen Pirmasens und Landau müsse „auch die Grundlage der Konfliktanalyse bilden“, woran es „besonders unter dem Aspekt der FFH-Verträglichkeit fehle“, noch einmal in Teil III.1 des Einwendungsschreibens auf, aber ebenfalls ohne jegliche Thematisierung des UVP-Rechts. Damit dürfte der Kläger den gesteigerten Anforderungen an die Substantiierung von Einwendungen, die nach der Rechtsprechung bei Naturschutzvereinigungen und Umweltverbänden gegenüber Einwendungen Privater zu stellen sind (vgl. dazu insbesondere BVerwG, Urteil vom 14. Juli 2011 – 9 A 12.10 –, BVerwGE 140, 149 und juris, Rn. 19 ff.), nicht genügt haben. Vielmehr wäre von einem Umweltverband zu erwarten gewesen, dass er seiner Mitwirkungslast, Angaben dazu zu machen, welches umweltrechtliche Schutzgut betroffen ist und in welcher Beziehung diesem aus seiner Sicht Beeinträchtigungen drohen (vgl. dazu z. B. BVerwG, Beschluss vom 23. November 2007 – 9 B 38.07 –, NuR 2008, Seite 176 und juris, Rn. 31), im Bewusstsein der grundlegend unterschiedlichen Strukturen und Bedeutung des UVP-Rechts einerseits (formelle Anforderungen an die Verfahrensgestaltung) und des FFH-Gebiets- sowie des Artenschutzrechts andererseits (materielle Anforderungen als zwingendes Recht) durch entsprechend thematisch differenzierende Angaben Rechnung trägt (vgl. zu den Anforderungen an die Rüge einer fehlerhaften UVP als selbständigem Verfahrensfehler auch BVerwG, Beschluss vom 11. August 2006 – 9 VR 5/06 –, NVwZ 2006, 1170 und juris, Rn. 11). Daran dürfte es vorliegend fehlen. Am Vorliegen der weiteren Voraussetzungen einer Präklusion nach § 17a Nr. 7 FStrG bestehen im Übrigen keine Zweifel. Schließlich besteht derzeit auch kein Anlass, die Anwendbarkeit der Präklusionsbestimmung des § 17a Nr. 7 FStrG auf Naturschutzverbände bzw. Umweltvereinigungen unionsrechtlich grundsätzlich in Frage zu stellen (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 14. Juli 2011 – 9 A 14.10 –, NuR 2010, 52 und juris, Rn. 21 ff.).
- 57
Unabhängig von der Frage der Präklusion ist die Forderung des Klägers nach Durchführung einer sog. Dach-UVP jedenfalls in der Sache nicht begründet:
- 58
In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist seit langem grundsätzlich geklärt, dass bei einer abschnittsweisen Planfeststellung einer Bundesfernstraße die förmliche UVP nur für den jeweiligen Abschnitt durchzuführen ist: Einer UVP ist das Projekt zu unterziehen, für das im Sinne von Art. 2 Abs. 1 der UVP-Richtlinie die Erteilung einer Genehmigung beantragt worden ist. Das EU-Recht wirkt nicht auf die materiell-rechtlichen Anforderungen des einzelstaatlichen Zulassungsrechts ein. Eröffnet das Recht des jeweiligen Mitgliedstaates die Möglichkeit, ein Gesamtprojekt aufzuspalten und in mehreren Teilschritten auszuführen, so bildet den Bezugspunkt der UVP das konkrete Projekt, für das ein Antrag gestellt worden ist. Demnach ist bei einer abschnittsweisen Planung der Abschnitt, über den in einem Verfahren entschieden wird, zugleich das Vorhaben, das der UVP unterliegt (vgl. zum Ganzen z. B. BVerwG, Urteil vom 10. April 1997 – 4 C 5/96 –, BVerwGE 104, 326 und juris, Rn. 24, sowie Urteil vom 28. Februar 1996 – 4 A 27/95 –, UPR 1996, 270 und juris, Rn. 30, jeweils m.w.N.). Ob die Abschnittsbildung zulässig ist, richtet sich nicht nach dem UVP-Recht, sondern nach dem materiellen Planungsrecht, vorliegend nach § 17 Abs. 1 Satz 2 FStrG, da auch die Anforderungen an die Abschnittsbildung über das Abwägungsgebot gesteuert werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 10. April 1997, a.a.O., Rn. 25).
- 59
Danach bedarf es keiner vorgezogenen förmlichen UVP für die nachfolgenden Abschnitte; ausreichend ist vielmehr die Prognose, dass der Verwirklichung des Vorhabens in den nachfolgenden Abschnitten keine von vornherein unüberwindliche Hindernisse entgegenstehen (vgl. BVerwG, Urteil vom 28. Februar 1996, a.a.O., Rn. 30 m.w.N.).
- 60
Entgegen der Ansicht des Klägers folgt vorliegend auch nicht ausnahmsweise etwas anderes aus den §§ 2 Abs. 1 Satz 4, 3b Abs. 2 oder 13 Abs. 1 Satz 2 UVPG:
- 61
Wie das Bundesverwaltungsgericht bereits entschieden hat, enthält § 2 Abs. 1 Satz 4 UVPG eine Regelung nur für den Fall, dass über die Zulässigkeiteines Vorhabens im Rahmen mehrerer Verfahren entschieden wird; dann sind die in den verschiedenen Verfahren durchgeführten Teilprüfungen zu einer Gesamtbewertung zusammen zu fassen; davon zu unterscheiden ist der – auch hier vorliegende – Fall der Planfeststellung eines Abschnitts einer Bundesfernstraße (vgl. BVerwG, Urteil vom 28. Februar 1996, a.a.O., Rn. 30).
- 62
Die Regelung des § 3b Abs. 2 Satz 1 UVPG für „kumulierende Vorhaben“ setzt voraus, dass die mehreren Vorhaben derselben Art von demselben oder den mehreren Trägerngleichzeitig verwirklicht werden sollen; gemeint ist damit eine zeitlich parallele Vorhabenverwirklichung (vgl. Dienes, in: Hoppe/Bergmann, UVPG, 4. Aufl. 2012, § 3b, Rn. 24). Daran fehlt es offensichtlich bei der sukzessiven Verwirklichung des Ausbaus einer Bundesfernstraße in mehreren, räumlich und zeitlich aufeinander folgenden Abschnitten.
- 63
Schließlich ist auch anerkannt, dass es sich bei der abschnittsweisen Planfeststellung von Bundesfernstraßen nicht um „Teilzulassungen“ im Sinne von § 13 UVPG handelt. Da die einzelnen Abschnitte bei der abschnittsweisen Planfeststellung einer Fernstraße als selbständige Vorhaben anzusehen sind, wird über sie nicht im Rahmen einer Teilzulassung entschieden, so dass § 13 UVPG keine Anwendung findet (so zutreffend z. B. Schieferdecker, in: Hoppe/Bergmann, UVPG, 4. Aufl. 2012, § 13, Rn. 15 und Fußnote 25, unter Hinweis auf BVerwG, Urteil vom 10. April 1997 – 4 C 5/96 –, a.a.O., Rn. 24). Damit besteht hier insbesondere nicht das Erfordernis einer vorläufigen Erstreckung der UVP „auf die nach dem jeweiligen Planungsstand erkennbaren Umweltauswirkungen des Gesamtvorhabens“ nach § 13 Abs. 1 Satz 2 UVPG.
- 64
Somit ist vorliegend UVP-rechtlich nur zu fordern, dass die Planfeststellungsbehörde eine Prognose angestellt hat, dass der Verwirklichung des Vorhabens in den nachfolgenden Abschnitten in Bezug auf die Umweltauswirkungen keine von vornherein unüberwindlichen Hindernisse entgegenstehen. Ob die insoweit vom Beklagten vorgebrachten Zweifel daran, ob diese Vorgabe der Rechtsprechung außer auf den Neubau einer Fernstraße in Abschnitten auch auf den – hier in allen Abschnitten des Gesamtprojekts gegebenen – Ausbau einer vorhandenen Fernstraße Anwendung finden kann, zu Recht bestehen, kann im Ergebnis offen bleiben. Denn im Planfeststellungsbeschluss ist an mehreren Stellen in hinreichender Weise in den Blick genommen worden, dass der planfestgestellte Abschnitt verkehrspolitisch Teil eines Gesamtvorhabens des vierspurigen Ausbaus der B 10 zwischen Pirmasens und Landau ist. Zum einen wurde im Rahmen der Erläuterungen der Planungskonzeption (Seite 89 ff. des Planfeststellungsbeschlusses) ausführlich dargestellt, dass einerseits der planfestgestellte Planungsabschnitt eine eigenständige Verkehrsbedeutung auch für den Fall haben wird, dass die Verwirklichung der weiteren Planungsabschnitte – entgegen der politischen Absicht aus nicht absehbaren Gründen – scheitern sollte, aber andererseits der Verwirklichung des weiteren Ausbaus der B 10 im Bereich zwischen Godramstein und Pirmasens aus heutiger Sicht keine unüberwindbaren Hindernisse entgegenstehen, insbesondere nicht im Hinblick auf die Umweltverträglichkeit. Zum anderen wurde auch speziell in Auseinandersetzung mit Forderungen von Einwendern, namentlich des Klägers, nach Durchführung einer sog. Dach-FFH-Verträglichkeitsprüfung für die gesamte Ausbaustrecke zwischen Pirmasens und Landau ausgeführt, dass einerseits für den Bereich zwischen Pirmasens und Hinterweidenthal bereits bestandskräftiges Baurecht vorliege, mit dem für diesen Teilbereich u. a. auch die FFH-Verträglichkeit positiv festgestellt worden sei, und andererseits aus heutiger Sicht auch nichts dafür ersichtlich sei, dass ein späterer vierstreifiger Ausbau in den noch nicht planfestgestellten Teilbereichen zwischen Hinterweidenthal und Godramstein unter FFH-Gesichtspunkten vor unüberwindlichen Hindernissen stehen würde (vgl. Seite 182 des Planfeststellungsbeschlusses). Damit ist den Anforderungen der Rechtsprechung an die Prognose der Realisierungsfähigkeit des Gesamtvorhabens genüge getan worden.
- 65
Auch unter den weiteren vom Kläger angesprochenen Gesichtspunkten sind Verstöße gegen Verfahrensvorschriften des UVPG nicht festzustellen.
- 66
So kann der Rüge des Klägers, die Planunterlagen hätten keine den Anforderungen des § 6 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 UVPG genügende „Übersicht über geprüfte anderweitige Lösungsmöglichkeiten“ enthalten, nicht gefolgt werden. Dabei ist zu sehen, dass diese Vorschrift – als rein formell-rechtliche Anforderung an den Inhalt der vom Vorhabenträger zur Prüfung seines Antrags vorzulegenden Unterlagen – lediglich verlangt, dass der Vorhabenträger die von ihm tatsächlich geprüften anderweitigen Lösungsmöglichkeiten und seine Auswahlgründe im Hinblick auf die Umweltauswirkungen des Vorhabens in einer Übersicht darstellt; die Bestimmung begründet hingegen keinerlei Pflicht zur Prüfung von Vorhabenalternativen. Vielmehr ergibt sich die Notwendigkeit, die verschiedenen sich anbietenden oder sich aufdrängenden Standortalternativen oder Durchführungsvarianten auf ihre jeweilige Umweltverträglichkeit hin zu untersuchen, aus dem jeweiligen Fachrecht, im Falle einer fernstraßenrechtlichen Planung also aus § 17 Abs. 1 Satz 2 FStrG als Anforderung des Abwägungsgebots (vgl. Kment, in: Hoppe/Beckmann, UVPG, 4. Aufl. 2012, § 6, Rn. 21, m.w.N.). Diesen rein formellen Anforderungen des § 6 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 UVPG ist mit der in der „allgemein verständlichen Zusammenfassung gemäß § 6 UVPG“ enthaltenen Übersicht „III. Geprüfte Vorhabenvarianten und wesentliche Auswahlgründe“ (vgl. Planordner I, Planunterlage 1.2, Seite 9 ff.) genüge getan worden.
- 67
Soweit der Kläger darüber hinaus noch rügen will, dass es an einer den Anforderungen des § 11 UVPG genügenden „zusammenfassenden Darstellung der Umweltauswirkungen des Vorhabens“ fehle, kann dem schließlich ebenfalls nicht gefolgt werden. Nach § 11 Satz 1 UVPG hat die zuständige Behörde auf der Grundlage der Unterlagen nach § 6, der behördlichen Stellungnahmen nach §§ 7 und 8 soweit der Äußerungen der betroffenen Öffentlichkeit nach den §§ 8 und 9a eine zusammenfassende Darstellung der Umweltauswirkungen des Vorhabens sowie der Maßnahmen, mit denen erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen vermieden, vermindert oder ausgeglichen werden, zu erarbeiten, einschließlich der Ersatzmaßnahmen bei nicht ausgleichbaren, aber vorrangigen Eingriffen in Natur und Landschaft; nach § 11 Satz 3 kann diese zusammenfassende Darstellung in der Begründung der Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens erfolgen (vgl. dazu BVerwG, Beschluss vom 10. Oktober 2006 – 9 B 27/05 –, UPR 2007, 33 und juris, Rn. 17). Davon hat der Beklagte hier Gebrauch gemacht und die zusammenfassende Darstellung in den Planfeststellungsbeschluss integriert (vgl. dessen Seite 171). Dabei begegnet es keinen durchgreifenden Bedenken, dass in der zusammenfassenden Darstellung weitestgehend auf die „allgemein verständliche Zusammenfassung“ nach § 6 UVPG in der Planunterlage 1.2, Seite 9 ff. (Planordner I), Bezug genommen wird, nachdem diese - wie ausgeführt - den formellen Anforderungen des § 6 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 UVPG entspricht und darüber hinaus auch alle inhaltlichen Anforderungen des § 11 Satz 1 UVPG erfüllt, und der Planfeststellungsbeschluss ergänzend feststellt, dass im Anhörungsverfahren keine weiteren wesentlich neuen Gesichtspunkte in Bezug auf die Einschätzung der Umweltverträglichkeit des Vorhabens vorgebracht worden seien.
- 68
2. Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss leidet des Weiteren an keinem materiellen Rechtsfehler, den der Kläger mit der Folge einer vollständigen oder teilweisen Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses oder der Feststellung seiner Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit geltend machen kann.
- 69
a. So mangelt es der streitigen Fernstraßenplanung nicht an der erforderlichen Planrechtfertigung.
- 70
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts setzt die Zulässigkeit einer (z. B. Straßen-)Planung, die Voraussetzung für Eingriffe in Rechte oder eine Enteignung sein soll, voraus, dass das jeweilige Vorhaben durch vernünftige Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt ist, d. h. nach Maßgabe der vom jeweiligen Fachplanungsgesetz allgemein verfolgten Ziele „vernünftigerweise geboten“ ist (vgl. z. B. BVerwG, Urteil vom 5. Dezember 1986 – 4 C 13/85 –, BVerwGE 75, 214, 232 f.; siehe auch z. B. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 1. Februar 2001 – 1 C 10626/00.OVG –, ESOVGRP, Seite 13). Bei der Planfeststellung für den Neu- oder Ausbau einer Bundesfernstraße ist von einer Planrechtfertigung auszugehen, wenn das Vorhaben in den Bedarfsplan für Bundesfernstraßen nach dem Gesetz über den Ausbau der Bundesfernstraßen (Fernstraßenausbaugesetz – FStrAbG – in der Fassung vom 20. Januar 2005, BGBl. I, 201) aufgenommen ist. Denn nach § 1 Abs. 2 FStrG entsprechen die in den Bedarfsplan aufgenommenen Bau- und Ausbauvorhaben den Zielsetzungen des § 1 Abs. 1 FStrG. Die Feststellung des Bedarfs ist danach für die Linienbestimmung nach § 16 FStrG und für die Planfeststellung nach § 17 FStrG verbindlich; sie ist so auch als Belang in der Abwägung zu berücksichtigen; die zeichnerische Darstellung des Bedarfsplans zum Fernstraßenausbaugesetz bindet hinsichtlich der Dimensionierung als zwei- oder vierstreifige Bundesstraße und im Hinblick auf die dort erkennbare Netzverknüpfung; diese Bindungen gelten auch für das gerichtliche Verfahren (ständige Rechtsprechung; vgl. z. B. BVerwG, Urteil vom 19. März 2003 – 9 A 33/02 –, DVBl. 2003, 1069 und juris, Rn. 23 m.w. Rechtsprechungsnachweisen; ebenso z. B. Senatsurteil vom 28. August 2013 -8 C 1036/13.OVG –, Seite 8 des Urteilsabdrucks, m.w.N.).
- 71
Die gesetzliche Bedarfsfeststellung ist allein an den Vorgaben des Verfassungsrechts zu messen. Danach beschränkt sich die gerichtliche Kontrolle auf die Frage, ob bei der Festlegung des Gesetzgebers die weit gesteckten Grenzen des gesetzgeberischen Ermessens überschritten wurden. Dies ist nur dann der Fall, wenn die Feststellung des Bedarfs evident unsachlich ist, wenn es also für das Vorhaben offenkundig keinerlei Bedarf gibt, der die Annahmen des Gesetzgebers rechtfertigen könnte, weil es etwa für die Aufnahme des Vorhabens in den Bedarfsplan im Hinblick auf die bestehende oder künftig zu erwartende Verkehrsbelastung oder auf die verkehrliche Erschließung eines zu entwickelnden Raumes an jeglicher Notwendigkeit fehlte oder wenn sich die Verhältnisse seit der Bedarfsentscheidung des Gesetzgebers so grundlegend gewandelt hätten, dass das angestrebte Planungsziel unter keinen Umständen auch nur annähernd erreicht werden könnte (ständige Rechtsprechung; vgl. z. B. BVerwG, Beschluss vom 16. Januar 2007 – 9 B 14.06 –, NVwZ 2007, 462 und juris, Rn. 7 sowie Urteil vom 3. Mai 2013 – 9 A 16/12 -, BVerwGE 146, 254 und juris, Rn. 21, m.w.N.).
- 72
Nach Maßgabe dieser Grundsätze steht die Planrechtfertigung des Vorhabens des vierstreifigen Ausbaus der B 10 im planfestgestellten Abschnitt außer Frage.
- 73
Daher kann offen bleiben, ob das Erfordernis der Planrechtfertigung auf die Klage eines anerkannten Umweltvereins im Rahmen von dessen nach § 2 Abs. 1 Nr. 5, Abs. 5 UmwRG eingeschränkter Rügebefugnis überhaupt zu prüfen ist (streitig; zum Meinungsstand vgl. z. B. Fellenberg/Schiller, a.a.O., § 2 UmwRG, Rn. 15, m.w.N.; verneinend BVerwG, Beschluss vom 1. Juli 2003 – 4 VR 1/03, 4 A 1/04 A 1/03 –, juris, Rn. 7; offengelassen in der Rechtsprechung des 9. Senats des Bundesverwaltungsgerichts zu § 64 BNatSchG, vgl. zuletzt die Urteil vom 3. Mai 2013, a.a.O., Rn. 17 und vom 8. Januar 2014 – 9 A 4/13 -, BVerwGE 149, 31 und juris, Rn. 30; siehe auch Senatsurteil vom 11. Februar 2009 – 8 C 10435/08.OVG –, NuR 2009, Seite 636 und juris, Rn. 23).
- 74
Die Planrechtfertigung des Vorhabens folgt aus der gesetzlichen Bedarfsfeststellung. Das Vorhaben des vierstreifigen Ausbaus der B 10 im Abschnitt zwischen der BAB A 65 und Godramstein ist – ebenso wie die sich westlich anschließenden Abschnitte bis Hinterweidenthal – im Bedarfsplan für die Bundesfernstraßen, der gemäß § 1 Abs. 1 FStrAbG (in der Fassung des 5. Änderungsgesetzes vom 4. Oktober 2004, BGBl. I, 2574) diesem Gesetz als Anlage beigefügt ist, enthalten und nach § 2 FStrAbG der Stufe „Weiterer Bedarf mit Planungsrecht (WB*)“ zugeordnet (vgl. die grafische Darstellung in der Anlage zum Fernstraßenausbaugesetz, veröffentlicht im Anlagenband 2004 zum Bundesgesetzblatt 2004, BGBl. I A-2004). Die Bedeutung der Einstufung „Weiterer Bedarf mit Planungsrecht (WB*)“ wird im Gesetz bzw. im Bedarfsplan nicht näher erläutert. Aus der Begründung des Entwurfs eines 5. Gesetzes zur Änderung des Fernstraßenausbaugesetzes ergibt sich Folgendes: „Der Weitere Bedarf (WB) enthält Vorhaben, deren gesamtwirtschaftliche Vorteilhaftigkeit nachgewiesen ist, deren Investitionsvolumen aber den Finanzrahmen bis 2015 überschreitet. Die Projektplanung darf deshalb nur in begründeten Ausnahmefällen mit Einwilligung des Bundesministeriums für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen aufgenommen oder weiterbetrieben werden. In begründeten Fällen kann die Planung von Projekten des Weiteren Bedarfs aufgrund dieses Gesetzes aufgenommen bzw. weiterbetrieben werden. Dies kann aufgrund der netzkonzeptionellen Bedeutung oder wegen des Zusammenhangs mit benachbarten Projekten der Stufe Vordringlicher Bedarf erforderlich sein. Diese Vorhaben sind als Weiterer Bedarf mit Planungsrecht besonders gekennzeichnet (WB*)“ (vgl. BT-Drs. 15/1657, Seite 21).
- 75
Die Argumente des Klägers, mit denen er die aus der gesetzlichen Bedarfsfeststellung folgende Planrechtfertigung in Frage stellen will, sind sämtlich nicht stichhaltig.
- 76
Zunächst kann der Auffassung des Klägers nicht gefolgt werden, dass die Einstufung in die Kategorie WB* eine „graduelle Minderwertigkeit“ der gesetzlichen Bedarfsfeststellung bedeute, etwa mit der Folge, dass diese Einstufung nur zu Vorplanungen, aber nicht zur verbindlichen Schaffung von Baurecht ermächtige. Dagegen spricht bereits, dass § 1 Abs. 2 FStrAbG nicht zwischen den Stufen der Bedarfsfeststellung differenziert, sondern für alle in den Bedarfsplan aufgenommenen Bau- und Ausbauvorhaben die Entsprechung mit den Zielvorstellungen des § 1 Abs. 1 FStrG konstatiert (§ 1 Abs. 2 Satz 1 FStrAbG) und darüber hinaus die Feststellung des Bedarfs generell als für die Linienbestimmung und Planfeststellung verbindlich erklärt (§ 1 Abs. 2 Satz 2 FStrAbG). Hieraus folgt, dass die Feststellung als „Vorhaben des Weiteren Bedarfs“ in gleicher Weise verbindlich ist wie jede andere Bedarfsfeststellung (so auch BayVGH, Urteil vom 19. Juli 2006 - 8 A 06.40015 -, juris, Rn. 43 f und Beschluss vom 13. Juli 2009 –8 CS 09.1388 –, juris, Rn. 15). Darüber hinaus folgt aus der zitierten Begründung des Gesetzentwurfs, dass den als WB* gekennzeichneten Vorhaben gegenüber den nur als WB eingestuften Vorhaben – für die aber immerhin auch die „gesamtwirtschaftliche Vorteilhaftigkeit“ als „nachgewiesen“ angesehen wird – insoweit ein Vorrang zukommt, als sie „aufgrund ihrer netzkonzeptionellen Bedeutung“ oder wegen ihres „Zusammenhangs mit benachbarten Projekten des vordringlichen Bedarfs … aufgenommen bzw. weiterbetrieben“ werden dürfen (vgl. BT-Drs. 15/1657, a.a.O.). Wie die Bundesregierung hierzu in ihrer Gegenäußerung zur Stellungnahme des Bundesrates klargestellt hat, bedeutet dies, dass bei den Maßnahmen des WB* den Ländern die Möglichkeit eingeräumt ist, „die Projektplanung bis zur Erlangung des Baurechts zu betreiben“ (vgl. BT-Drs. 15/1803, Seite 2). Dies kann aus dem Zusammenhang nur so verstanden werden, dass das Planfeststellungsverfahren vollständig zum Zwecke der Erlangung von Baurecht durchzuführen ist. Eine unzulässige „Vorratsplanung“ kann darin nicht gesehen werden. Letztlich führt jede Planfeststellung - auch bei Vorhaben des Vordringlichen Bedarfs - in gewisser Weise zu einer Schaffung von Baurecht „auf Vorrat“, da das Gebrauchmachen von dem geschaffenen Baurecht durch den Vorhabenträger sich aus vielfältigen Gründen noch verzögern kann. Dem hat der Gesetzgeber dadurch Rechnung getragen, dass er dem Vorhabenträger nach § 17c Nr. 1 FStrG eine Frist von 10 Jahren nach Eintritt der Unanfechtbarkeit des Planfeststellungsbeschlusses für den Beginn der Ausführungen des Plans einräumt, die auf Antrag noch um bis zu 5 Jahre verlängert werden kann, ohne dabei zwischen Vorhaben des Vordringlichen und solchen des Weiteren Bedarfs zu differenzieren. Ein Unterschied besteht allerdings insofern, als § 17e Abs. 2 FStrG die aufschiebende Wirkung von Anfechtungsklagen nur bei Vorhaben des Vordringlichen Bedarfs entfallen lässt. Doch wird dadurch zugleich bestätigt, dass auch die Vorhaben des Weiteren Bedarfs planfeststellungsfähig sind und diese auch bei ihnen zur Schaffung von vollziehbarem Baurecht führt.
- 77
Anders, als der Kläger dies zu unternehmen versucht, kann die gesetzliche Bedarfsfeststellung auch durch die Geltendmachung von Mängeln der für die konkrete Planung erstellten Verkehrsprognose nicht in Frage gestellt werden.
- 78
Wie das Bundesverwaltungsgericht in jüngster Zeit mehrfach entschieden hat, ist das Vorbringen, die der Planfeststellung zugrunde gelegte Verkehrsprognose sei methodisch fehlerhaft und die prognostizierten Verkehrszahlen seien unrealistisch, schon grundsätzlich nicht geeignet, die Grundlagen der gesetzlichen Bedarfsfeststellung und -überprüfung in Frage zu stellen (vgl. BVerwG, Urteil vom 3. Mai 2013, a.a.O., Rn. 22 ff. sowie Urteil vom 8. Januar 2014, a.a.O., Rn. 35 f). Da die gesetzliche Bedarfsfeststellung durch die Prognose künftiger Verkehrsströme beeinflusst wird, zielt die in § 1 Abs. 2 FStrAbG angeordnete Bindungswirkung darauf ab, dass straßenrechtlichen Planfeststellungsverfahren und damit ebenso einen anschließenden Verwaltungsprozess von einem Gutachterstreit über die „richtigere“ Verkehrsprognose zu entlasten. Dieser Zweck des § 1 Abs. 2 FStrAbG schließt es somit aus, den Abwägungsvorgang, den der Gesetzgeber auf dieser Stufe vollzogen hat, unter dem Blickwinkel fachlich zu überprüfen, ob eine Verkehrsprognose vorzugwürdig sein könnte; entscheidend ist vielmehr allein, ob das Ergebnis der Normsetzung den anzulegenden verfassungsrechtlichen Maßstäben genügt (vgl. BVerwG, Urteil vom 3. Mai 2013, a.a.O., Rn. 24, m.w.N.).
- 79
Somit beschränkt sich auch vorliegend die verwaltungsgerichtliche Prüfung darauf, ob der Gesetzgeber bei der normativen Bedarfsfeststellung die Grenzen des ihm zustehenden Ermessens überschritten hat. Dies setzt nach ständiger Rechtsprechung voraus, dass die Bedarfsfeststellung evident unsachlich ist, weil es für die Aufnahme des Vorhabens in den Bedarfsplan im Hinblick auf die bestehende oder künftig zu erwartende Verkehrsbelastung eines zu entwickelnden Raumes an jeglicher Notwendigkeit fehlt oder sich die Verhältnisse der Bedarfsentscheidung des Gesetzgebers so grundlegend gewandelt haben, dass das angestrebte Planungsziel unter keinen Umständen auch nur annähernd erreicht werden kann (vgl. z. B. BVerwG, Urteil vom 8. Januar 2014, a.a.O., Rn. 34, m.w.N.). Davon kann vorliegend keine Rede sein.
- 80
Vielmehr sind die vom Kläger zur Gerichtsakte gereichten Stellungnahmen von R., mit denen methodische Mängel der projektbezogenen Verkehrsprognose von M. gerügt werden, nicht geeignet, die gesetzliche Bedarfsfeststellung in Zweifel zu ziehen. Zum einen würden die behaupteten Mängel der projektbezogenen Prognose – ihr Vorliegen unterstellt – schon keine Rückschlüsse auf die den Bedarfsplan und dessen Überprüfung zugrunde liegenden Verkehrsprognosen zulassen. Denn der Bundesverkehrswegeplanung und der gesetzlichen Bedarfsfeststellung 2004 lag eine Prognose der bundesweiten Verkehrsverflechtungen bezogen auf das Jahr 2015 zugrunde, deren Kernstück deutschlandweite räumliche Verflechtungsmatrizen in Personen- und Güterverkehr bilden (vgl. BVerwG, Urteil vom 3. Mai 2013, a.a.O., Rn. 23, m.w.N.). Diese Prognose über die zukünftige Verkehrsentwicklung ist gemäß dem in § 4 Satz 1 FStrAbG enthaltenen Prüfauftrag im Jahre 2010 durch das Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Stadtentwicklung überprüft worden. Die Überprüfung ist auf der Grundlage eines Vergleichs der bei der Aufstellung des Bedarfsplans 2004 herangezogenen bundesweiten Verkehrsprognose 2015 mit der insbesondere die demografischen Leitdaten berücksichtigenden bundesweiten Verkehrsprognose 2025 auf der Ebene des Bundes, der Bundesländer und von Teilregionen zu dem Ergebnis gelangt, dass die seinerzeit festgestellten Bedarfseinstufungen für die Bundesfernstraßen auch bei Ansatz der aktuellen Verkehrsentwicklung gelten (vgl. auch dazu BVerwG, Urteil vom 3. Mai 2013, a.a.O., Rn. 23). Demnach besteht kein Anlass für die Annahme, dass sich die seinerzeit der Bewertung zugrunde gelegten verkehrlichen Rahmenbedingungen so grundlegend geändert haben, dass der Projektbedarf grundsätzlich in Frage gestellt werden müsste.
- 81
Zum anderen weist der Beklagte zutreffend darauf hin, dass es auch nach den Stellungnahmen von R. keineswegs an jeglichem Bedarf für einen vierstreifigen Ausbau des in Rede stehenden Planungsabschnitts fehlt. Im Gegenteil: Auch in den Stellungnahmen von R. wird von einer aktuellen Verkehrsbelastung im Jahre 2009 auf der B 10 im Bereich von Godramstein in Höhe von rund 29.000 Kraftfahrzeugen/24 Stunden ausgegangen, was in etwa der von M. für den Analyse-Null-Fall des Jahres 2004 ermittelten aktuellen Verkehrsbelastung im Streckenabschnitt zwischen Birkweiler und der A 65 entspricht und auch nur unwesentlich unter dem inzwischen von M. für das Jahr 2013 festgestellten Verkehrsaufkommen in diesem Bereich liegt. Damit übersteigt die aktuelle Verkehrsbelastung die für den gegenwärtigen Ausbauquerschnitt RQ 15,5 nach den „Richtlinien für die Anlage von Straßen – Teil: Querschnitt“ (RAS-Q) maßgebliche Obergrenze der Verkehrsstärke von ca. 23.000 Kfz/24 h bereits derzeit ganz erheblich, weshalb es nach den grundsätzlich unbestrittenen Angaben im Planfeststellungsbeschluss (S. 93) schon in der heutigen Situation besonders in den Spitzenzeiten zu Kolonnenbildungen in den nicht für Überholvorgänge freigegebenen Fahrtrichtungen, teilweise auch zu Staubildungen kommt; der hierdurch erzeugte Überholdruck verleitet zudem zu einem risikoreicheren Fahren in den für Überholvorgänge freigegebenen Streckenabschnitten, mit entsprechend erhöhter Unfallgefahr. Zudem geht R. nicht etwa von einem deutlichen Rückgang der Verkehrsbelastung bis zu einem Prognosehorizont 2020 oder 2030 aus, sondern rechnet lediglich mit einer Stagnation auf dem aktuellen Niveau. Damit würde aber bereits die – im Wesentlichen unstreitige – aktuelle Verkehrsbelastung im Bereich des planfestgestellten Abschnitts nach den einschlägigen Regelwerken für die Anlage von Bundesfernstraßen einen vierstreifigen Ausbau rechtfertigen, und zwar nach den seit dem Jahre 2008 angewendeten „Richtlinien für die Anlage von Autobahnen (RAA)“, die auch Regelquerschnitte für autobahnähnliche Straßen (sog. Entwurfsklasse 2) umfassen, zumindest mit einem Regelquerschnitt RQ 28 (Gesamtbreite 28 m) für autobahnähnliche Straßen mit einer Kapazität von bis zu 30.000 Fahrzeugen pro Tag. Demgegenüber soll vorliegend der vierstreifige Ausbau zwischen der A 65 und Godramstein aufgrund örtlicher Gegebenheiten sogar nur mit einem Sonderquerschnitt SQ 26 (Gesamtbreite 26 m; gegenüber dem Regelquerschnitt RQ 26 schmalerer Mittelstreifen, aber breiterer Randstreifen, vgl. dazu im Einzelnen Seite 105 ff. des Planfeststellungsbeschlusses) erfolgen. Wenn aber bereits die aktuelle Verkehrsbelastung nach den anerkannten Regelwerken einen vierstreifigen Ausbau – sogar mit einem größeren Regelquerschnitt – rechtfertigt und selbst nach den vom Kläger für richtig erachteten Verkehrsprognosen nicht mit einem wesentlichen Rückgang der Verkehrsbelastung, sondern zumindest mit einer Stagnation zu rechnen ist, kann keine Rede davon sein, dass es im Hinblick auf die bestehende oder künftig zu erwartende Verkehrsbelastung für die Aufnahme des Vorhabens in den Bedarfsplan an jeglicher Notwendigkeit fehlen könnte oder das angestrebte Planungsziel infolge einer grundlegenden Wandlung der Verhältnisse seit der Bedarfsfeststellung des Gesetzgebers unter keinen Umständen mehr auch nur annähernd erreichbar erscheint (vgl. zu diesen Maßstäben auch insoweit BVerwG, Urteil vom 3. Mai 2013, a.a.O., Rn. 21 ff.).
- 82
Es kann schließlich auch nicht festgestellt werden, dass dem Vorhaben die Planrechtfertigung deshalb fehlt, weil die Finanzierbarkeit des planfestgestellten Ausbaus der B 10 im Abschnitt zwischen der A 65 und Godramstein ausgeschlossen erscheint.
- 83
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts fehlt einem Vorhaben die Planrechtfertigung auch dann, wenn es wegen mangelnder Finanzierbarkeit objektiv nicht realisierungsfähig ist und sich daher als unzulässige „verfrühte Planung“ erweist (vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Mai 1999 – 4 A 12/98 –, UPR 1999, 355 und juris, Rn. 44 f; Urteil vom 15. Januar 2004 – 4 A 11/02 –, BVerwGE 120, 1 und juris, Rn. 24; Beschluss vom 21. März 2006 – 9 B 18/05 –, juris, Rn. 2 f sowie Beschluss vom 28. Dezember 2009 – 9 B 26/09 –, NuR 2010, 191 und juris, Rn. 4, m.w.N.). Dies bedeutet sogleich, dass die Planrechtfertigung nur dann zu verneinen ist, wenn die Finanzierbarkeit eines Vorhabens innerhalb eines überschaubaren Zeitrahmens (nach dem früheren § 17 Abs. 7 FStrG 10 Jahre, nach dem jetzigen § 17c Nr. 1 FStrG einschließlich der Verlängerungsmöglichkeit maximal 15 Jahre) ausgeschlossen erscheint.
- 84
Dafür, dass vorliegend die Finanzierbarkeit des vierstreifigen Ausbaus der B 10 im planfestgestellten Abschnitt innerhalb eines Zeithorizonts, der mindestens 10, eventuell sogar 15 Jahre, gerechnet ab dem Zeitpunkt des Erlasses des Planfeststellungsbeschlusses (hier also ab dem 22. September 2010, also mindestens bis September 2020), beträgt, ausgeschlossen erscheint, bestehen keine zureichenden Anhaltspunkte. Insbesondere ergeben sich dafür aus den vom Kläger ins Feld geführten Äußerungen der Bundesregierung in der Bundestagsdrucksache 17/2792 vom 24. August 2008 keine entscheidenden Gesichtspunkte, da dort lediglich ausgeführt wird, dass in der Vergangenheit keine Finanzmittel in Straßenbauprojekte des Weiteren Bedarfs geflossen seien. Demgegenüber verweist der Beklagte überzeugend darauf, dass für das konkret angefochtene Planungsvorhaben sowohl das Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Stadtentwicklung als auch das rheinland-pfälzische Verkehrsministerium gegenüber dem Landesbetrieb Mobilität (LBM) erklärt haben, dass bei Vorliegen endgültigen Baurechts die Finanzierung der hier planfestgestellten Maßnahme des Weiteren Bedarfs mit Planungsrecht (WG*) – ggf. auch gegen Austausch mit einer anderen Maßnahme des Vordringlichen Bedarfs im Gebiet von Rheinland-Pfalz – sichergestellt werden soll. Für die Annahme, dass damit die Finanzierbarkeit des Vorhabens jedenfalls nicht ausgeschlossen erscheint, reicht dies aus.
- 85
b. Das planfestgestellte Vorhaben steht auch mit den zwingenden Vorschriften des europäischen und nationalen Naturschutzrechts im Einklang.
- 86
Das Vorhaben führt nicht zu erheblichen Beeinträchtigungen der Erhaltungsziele oder des Schutzzwecks des FFH-Gebiets „Biosphärenreservat Pfälzerwald“; zumindest liegen die Voraussetzungen für eine Abweichungszulassung vor (aa.). Darüber hinaus sind keine Verstöße gegen Vorschriften des besonderen Artenschutzrechts gegeben (bb.). Es kann schließlich auch nicht festgestellt werden, dass die vorgesehene Kompensation vorhabenbedingter Eingriffe in Natur und Landschaft Defizite aufweist (cc.).
- 87
aa. Dem Planfeststellungsbeschluss kann zunächst nicht mit Erfolg entgegengehalten werden, das Vorhaben führe zu erheblichen Beeinträchtigungen des FFH-Gebiets „Biosphärenreservat Pfälzerwald“, ohne dass die Voraussetzungen für eine Abweichungszulassung gegeben wären, und verstoße deshalb gegen § 34 BNatSchG.
- 88
Entgegen der Ansicht des Klägers kann bereits keine erhebliche Beeinträchtigung der Erhaltungsziele oder des Schutzzwecks des FFH-Gebiets 6812 – 301 „Biosphärenreservat Pfälzerwald“ festgestellt werden. Nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BNatSchG sind Projekte vor ihrer Zulassung oder Durchführung auf ihre Verträglichkeit mit den Erhaltungszielen eines Natura 2000-Gebiets zu überprüfen, wenn sie einzeln oder im Zusammenwirken mit anderen Projekten oder Plänen geeignet sind, dass Gebiet erheblich zu beeinträchtigen, und nicht unmittelbar der Verwaltung des Gebiets dienen. Ergibt die Prüfung der Verträglichkeit, dass das Projekt zu erheblichen Beeinträchtigungen des Gebiets in seinen für die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck maßgeblichen Bestandteilen führen kann, ist es gemäß § 34 Abs. 2 BNatSchG unzulässig.
- 89
Vorliegend bedurfte das planfestgestellte Vorhaben der Durchführung einer Verträglichkeitsprüfung i.S.v. § 34 Abs. 1 Satz 1 BNatSchG. Denn die B 10 quert in dem vom angefochtenen Planfeststellungsbeschluss umfassten Abschnitt zwischen Bau-Km ca. 0 + 400 und Bau-Km ca. 0 + 830 die Niederung des Flusses Queich mittels eines Brückenbauwerks, das im Zuge der geplanten Erweiterung um einen weiteren Fahrstreifen für die Richtungsfahrbahn Pirmasens – Landau um ein neu zu errichtendes Brückenbauwerk in einem Abstand von bis zu etwa 10 m zum vorhandenen Brückenbauwerk ergänzt werden soll. Bei der Queichniederung handelt es sich um einen aus dem eigentlichen Kerngebiet des FFH-Gebiets 6812 – 301 herausragenden, östlichen Ausläufer am äußersten Rand des Schutzgebiets. Das FFH-Gebiet hat hier eine durchschnittliche Breitenausdehnung von ca. 300 bis 500 m (vgl. die Darstellung in der in den Planunterlagen befindlichen FFH-Verträglichkeitsprüfung, Planordner 1, Anlage 12.4, S. 6 ff.). Wie sich aus der Darstellung der „Wirkfaktoren“ in der FFH-Verträglichkeitsprüfung (a.a.O., S. 19) ergibt, sind mit dem Vorhaben bau- und anlagebedingte Eingriffe sowie betriebsbedingte Wirkfaktoren verbunden, die sich auf die Erhaltungsziele und die für sie maßgeblichen Gebietsbestandsteile auswirken können.
- 90
Die deshalb im Zuge des Planfeststellungsverfahren durchgeführte FFH-Verträglichkeitsprüfung gelangte jedoch zu dem Ergebnis, dass eine erhebliche Beeinträchtigung des FFH-Gebiets in seinen für die Erhaltungsziele und den Schutzzweck maßgeblichen Bestandteilen bei Berücksichtigung im Einzelnen benannter Maßnahmen zur Schadensbegrenzung ausgeschlossen werden könne; dieser Einschätzung hat sich der Planfeststellungsbeschluss (S. 153 ff.) angeschlossen.
- 91
In der Klagebegründung hat der Kläger – wie zuvor im Kern bereits in seinem Einwendungsschreiben vom 15. Mai 2007, weshalb eine Präklusion seines Vorbringens in Bezug auf das FFH-Gebietsschutzrecht nicht in Betracht kommt – das Ergebnis der FFH-Verträglichkeitsprüfung unter folgenden Gesichtspunkten angegriffen: Die FFH-Verträglichkeitsprüfung unterliege einer Fehleinschätzung bezüglich eines Vorkommens des prioritären Lebensraumtyps (LRT) 91E0* im Eingriffsraum des Vorhabens; eine vorhabenbedingte erhebliche Beeinträchtigung potentieller Lebensräume von erhaltungszielbestimmenden Schmetterlingsarten sei nicht berücksichtigt worden; es habe einer übergreifenden „Dach-FFH-Verträglichkeitsprüfung“ unter Berücksichtigung der Gesamtstrecke Pirmasens – Landau bedurft; die aus seiner Sicht danach erforderliche Ausnahmeprüfung nach § 34 Abs. 3 BNatSchG genüge nicht den strengen Anforderungen.
- 92
Der Auffassung des Klägers kann indessen unter keinen der angeführten Gesichtspunkte gefolgt werden. Das Ergebnis der FFH-Verträglichkeitsprüfung ist vielmehr rechtlich nicht zu beanstanden.
- 93
Klarstellend ist zunächst darauf hinzuweisen, dass der Umstand, dass das geplante Vorhaben mit einer zusätzlichen Flächeninanspruchnahme in der Bachaue und deren Umfeld verbunden ist (vgl. dazu die FFH-Verträglichkeitsprüfung, a.a.O., S. 29), für sich gesehen noch keine erhebliche Beeinträchtigung des FFH-Gebiets in seinen Erhaltungszielen oder seinem Schutzzweck begründet. Wie sich aus § 34 Abs. 2 BNatSchG ergibt, ist nicht jede Inanspruchnahme von Flächen, die zu einem FFH-Gebiet gehören, zwangsläufig als erhebliche Beeinträchtigung des Gebiets zu werten; es kommt vielmehr darauf an, ob das Projekt zu erheblichen Beeinträchtigungen des Gebiets in seinen für die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck maßgeblichen Bestandteilen führen kann. Dementsprechend stellt das Bundesverwaltungsgericht in seiner Rechtsprechung bei baubedingten Flächenverlusten darauf ab, ob sie mit unmittelbaren oder mittelbaren Einwirkungen auf erhaltungszielbestimmende Lebensraumtypen verbunden sind; dabei ist grundsätzlich jeder vorhabenbedingte Verlust von Flächen eines Lebensraumtyps der Anlage I der Habitatrichtlinie als erheblich zu werten, es sei denn, er hätte lediglich Bagatellcharakter (vgl. z.B. BVerwG, Urteil vom 13. Mai 2009 – 9 A 73.07 –, NuR 2009, 711 und juris, Rn. 49, unter Hinweis auf BVerwG, Urteil vom 12. März 2008 – 9 A 9.06 –, BVerwGE 130, 299 und juris, Rn. 124 ff.). Daraus folgt, dass vorhabenbedingte Flächenverluste dann in der Regel keine erhebliche Beeinträchtigung des Gebiets in seinen für die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck maßgeblichen Bestandteilen darstellen, wenn es sich nicht um unmittelbare Verluste von Flächen eines erhaltungszielbestimmenden Lebensraumtyps handelt und sich sonstige Flächenverluste auch nicht mittelbar nachteilig auf Vorkommen eines erhaltungszielbestimmenden Lebensraumtyps auswirken können.
- 94
Für eine unmittelbare oder mittelbare Beeinträchtigung von Flächen eines erhaltungszielbestimmenden Lebensraumtyps durch das Vorhaben ist indessen vorliegend nichts ersichtlich.
- 95
Soweit der Kläger in der Klagebegründung vom 31. Januar 2011 noch vorgetragen hat, im Eingriffsbereich des Vorhabens gebe es – entgegen der Annahme in der FFH-Verträglichkeitsprüfung – größere Bestände des erhaltungszielbestimmenden Lebensraumtyps 91E0*, in die durch die Brückenanlage mit einem Flächenbedarf von weit mehr als 1 ha eingegriffen werde, kann dem nicht gefolgt werden. Zum Beleg seiner Behauptungen hatte der Kläger auf Angaben zu drei Biotopen im Landschaftsinformationssystem der Naturschutzverwaltung Rheinland-Pfalz, auf Datenblätter zur Biotopkartierung sowie auf eine sog. HPNV-Kartierung verwiesen. Da es sich bei dem LRT 91E0* (Weichholzauen) um einen prioritären Lebensraumtyp handelt, hätte eine vorhabenbedingte Beeinträchtigung von Vorkommen dieses Lebensraumtyps zur Folge, dass die besonderen Anforderungen des § 34 Abs. 4 BNatSchG an eine Abweichungszulassung (ggf. Einholung einer Stellungnahme der Europäischen Kommission) vorliegen müssten.
- 96
Die Behauptung des Klägers ist indessen als widerlegt anzusehen. Bereits die in den Planunterlagen befindliche FFH-Verträglichkeitsprüfung hatte sich mit der Frage des Vorkommens des LRT 91E0* im Einwirkungsbereich des Vorhabens befasst und ein Vorkommen von Beständen dieses Lebensraumtyps eindeutig ausgeschlossen; dabei wurde maßgeblich darauf abgestellt, dass es sich bei den im Plangebiet anzutreffenden Gehölzstrukturen nur um schmale Ufergehölzsäume handele (vgl. FFH-Verträglichkeitsprüfung, a.a.O., S. 12). Aufgrund des Vorbringens des Klägers in seinem Einwendungsschreiben, ein Teil der anlagebedingt beeinträchtigten Gehölzbestände sei doch dem prioritären LRT 91E0* zuzuordnen, hatte sich der Beklagte veranlasst besehen, im Frühjahr 2010 eine Nachprüfung in Form einer nochmaligen Begehung und Augenscheineinnahme durch den Dipl.-Biologen H. vom Büro S. durchführen zu lassen, bei der ebenfalls keine Hinweise auf das Vorhandensein von diesem Lebensraumtyp zuzuordnen Vegetationsbeständen festgestellt wurden (vgl. die Stellungnahme des Dipl.-Biologen H. zu den naturschutzfachlichen Einwendungen des Klägers vom 7. Juni 2010, Ordner „Gutachten und ergänzende Stellungnahmen“, Nr. 6, S. 40 f.); dabei wurde ergänzend ausgeführt, dass es sich nur um ein- bis zweireihige Ufergehölze ohne Auwaldcharakter und unterhalb der Mindestgröße von 2.500 m² handele, die dem relevanten Biotoptyp nicht zuzuordnen seien.
- 97
In Reaktion auf das Vorbringen in der Klagebegründung hat der Beklagte schließlich eine weitere fachliche Stellungnahme des Dipl.-Biologen H. vom 6. April 2011 vorgelegt (Anlage 7 zum Schriftsatz des Beklagten vom 3. Juni 2011). Darin wird im Einzelnen begründet, weshalb die vom Kläger herangezogenen Biotopkartierungen usw. gerade keinen Rückschluss auf das Vorhandensein von Beständen des LRT 91E0* zulassen und weshalb die Kriterien hierfür von den festgestellten Vegetationsstrukturen nicht erfüllt werden. Diesen ergänzenden Feststellungen ist der Kläger im weiteren Verlauf des gerichtlichen Verfahrens nicht mehr entgegengetreten; er ist vielmehr namentlich in seinen Schriftsätzen vom 31. Oktober 2014 und vom 30. März 2015 sowie auch in der mündlichen Verhandlung des Senats auf das Thema nicht mehr weiter eingegangen, so dass schon fraglich erscheint, ob er seine Behauptungen zum Vorkommen der LRT 91E0* nach Vorlage der Stellungnahme vom 6. April 2011 noch aufrechterhalten will. Jedenfalls ist aus Sicht des Senats eine Betroffenheit eines Vorkommens dieses Lebensraumtyps im Einwirkungsbereich des Vorhabens durch den Beklagten nachvollziehbar und schlüssig, unter Berücksichtigung der besten verfügbaren wissenschaftlichen Erkenntnisse ausgeschlossen worden, ohne dass der Kläger den Feststellungen des Dipl.-Biologen H. konkrete eigene abweichende Erkenntnisse entgegenzusetzen vermocht hat. Namentlich stehen die Feststellungen des Dipl.-Biologen H., dass die im Einwirkungsbereich des Vorhabens anzutreffenden Vegetationsstrukturen mangels einer intakten Überflutungsaue, wegen des nur lückigen Charakters der in Frage kommenden Gehölzbestände, bei denen die Lücken stellenweise größer als eine Baumlänge sind, sowie mangels eines für diesen Lebensraumtyp charakteristischen Artenspektrums der Krautschicht nicht dem LRT 91E0* entsprechen, im Einklang mit den im Datenblatt zum Lebensraumtyp 91E0* des Bundesamtes für Naturschutz formulierten Anforderungen an die Feststellung von Vorkommen dieses Lebensraumtyps (vgl. die Internetseite des Bundesamtes für Naturschutz, www.bfn.de/0316typ91e0.html). Denn danach sind insbesondere lückige, fragmentierte Bestände, bei denen die Lücken zwischen den einzelnen Bäumen größer als die Baumhöhe sind, als Baumreihen zu werten und nicht als Bestände des LRT 91E0* zu erfassen.
- 98
Anders, als der Kläger meint, führt das planfestgestellte Vorhaben auch nicht zu erheblichen Beeinträchtigungen erhaltungszielbestimmender Schmetterlingsarten.
- 99
Nachdem er bereits im Einwendungsschreiben eine definitive Zerstörung von Lebensräumen der Schmetterlingsarten „Großer Feuerfalter“ (Lycaena Dispar) und „Dunkler Wiesenknopf-Ameisenbläuling“ (Maculinea Nausithous) durch das Vorhaben geltend gemacht hatte, hat der Kläger im gerichtlichen Verfahren im Wesentlichen vorgebracht, das Vorhaben führe zur erheblichen Beeinträchtigung von (jedenfalls potentiellen) Lebensräumen der Schmetterlingsarten „Großer Feuerfalter“ und „Dunkler Wiesenknopf-Ameisenbläuling“, und zwar durch die Verstärkung bereits bestehender Zerschneidungs- und Barrierewirkungen des Brückenbauwerks infolge seiner Erweiterung um eine zweite Brücke, was aufgrund der bereits angespannten Situation der beiden Arten im Gebiet zu einer gravierenden Verschlechterung ihres Erhaltungszustandes und damit zu einer erheblichen Beeinträchtigung des Gebiets in seinen Erhaltungszielen führen werde. Zwar hat der Kläger eingeräumt, dass im unmittelbaren Trassenbereich, soweit dieser das FFH-Gebiet quert, kein geeigneter Lebensraum für die beiden Falterarten vorhanden sei; doch gebe es im Queichtal sowohl nördlich als auch südlich der B 10 Flächen, die für beide Arten geeignet seien und auf deren Verfügbarkeit bzw. Erreichbarkeit es für die Überlebensfähigkeit der Metapopulationen der beiden Arten ankomme. Darüber hinaus sei die Brücken- oder Trittsteinfunktion der betroffenen FFH-Gebietsteile für den großräumigen Zugang von der Rheinebene zum Pfälzer Wald zu beachten, weshalb sich deren Beeinträchtigung durch das Vorhaben auf das Ökoverbundsystem „Natura 2000“ insgesamt auswirke und deshalb im Rahmen der Ausnahmeprüfung nach § 34 Abs. 3 BNatSchG hohe Anforderungen zu stellen seien.
- 100
Der Planfeststellungsbeschluss hat sich in Auseinandersetzung mit dem entsprechenden Einwendungsvorbringen des Klägers mit den beiden Schmetterlingsarten befasst und unter Bezugnahme auf die der FFH-Verträglichkeitsprüfung zugrunde gelegten faunistischen Erhebungen sowie den „Fachbeitrag Artenschutz“ ausgeführt, dass es für Lebensräume der Art „Großer Feuerfalter“ keine Nachweise und für geeignete Habitate des Dunklen Wiesenknopf-Ameisenbläulings nur Nachweise außerhalb des Wirkbereichs der B 10 gebe, was auch durch aktuelle Überprüfungen im April 2010 bestätigt worden sei; höchst vorsorglich wurde für beide Arten in Kapitel A VI des Planfeststellungsbeschlusses eine Ausnahmegenehmigung nach § 45 Abs. 7 BNatSchG erteilt; zudem – so wird weiter ausgeführt – würden beide Arten auch von der (vorsorglichen) Ausnahmezulassung nach § 34 Abs. 3 BNatSchG erfasst.
- 101
Im gerichtlichen Verfahren hat der Beklagte eine weitere Stellungnahme des Dipl.-Biologen H. vom 6. April 2011 vorgelegt (Anlage 7 zum Schriftsatz des Beklagten vom 3. Juni 2011). Danach hat eine weitere Überprüfung vor Ort ergeben, dass weiterhin keine Lebensraumpotentiale für die Arten Heller Wiesenknopf-Ameisenbläuling und Großer Feuerfalter im Wirkraum des Vorhabens vorhanden seien und der Dunkle Wiesenknopf-Ameisenbläuling im Bereich des Queichtals zwar vereinzelt nachgewiesen sei; doch seien die nächsten Fundorte nördlich der B 10 weit außerhalb des Wirkraums gelegen und insbesondere seien die für die Falterart bedeutsamen Vorkommen der Hauptfutterpflanze im Eingriffsbereich nicht vorhanden. In einer weiteren Stellungnahme vom 26. Januar 2015, die als Anlage 8 zum Schriftsatz des Beklagten vom 18. Februar 2015 zu den Gerichtsakten gereicht wurde, hat der Dipl.-Biologe H. zur Frage von erheblichen Beeinträchtigungen der beiden erhaltungszielbestimmenden Falterarten die vorliegenden Erkenntnisse wie folgt zusammengefasst: Für die Art Dunkler Wiesenknopf-Ameisenbläuling könne zunächst eine Zerschneidung bedeutsamer Teillebensräume infolge der Verwirklichung des planfestgestellten Vorhabens ausgeschlossen werden. Es sei zwar davon auszugehen, dass jeweils nördlich und südlich der B 10 eine Teilpopulation bestehe, da die Art als sehr standorttreu gelte. Zudem seien große Flächenanteile durch Gehölzbestände abgeriegelt, was einen ständigen Austausch zwischen den Teilflächen beidseits der B 10 nicht erwarten lasse. Ein Überfliegen von größeren Gehölzen sei nur ausnahmsweise anzunehmen. Die Tiere orientierten sich an der Blütenvegetation der Krautschicht und breiteten sich über Offenlandbestände und Säume aus. Dabei seien die Lebensstätten immer eng an das Vorkommen der essenziellen Futterpflanze – Großer Wiesenknopf – gebunden. Hauptflugorte seien Saumstandorte mit Wiesenknopf, wie Grabenränder, Böschungen, Dämme oder Feuchtbrachen sowie in Randbereichen von Mähwiesen. Die Hauptgefährdung der lokalen Population im Talraum der Queich bestehe in der fehlenden Nutzung oder einer ungünstigen Nutzung von Grünland. Zudem seien viele Standorte zwischenzeitlich von Neophyten dominiert. Grundsätzlich sei aber ein Austausch zwischen den beiden Teilräumen denkbar, da für die Art häufige Flugdistanzen von 1 bis 3 km bestätigt worden seien. Für das Projektgebiet sei dabei ein möglicher Austausch insbesondere durch den breiten Korridor mit Staudenfluren entlang der Bahnlinie zu vermuten. Ein zweiter Korridor bestehe potentiell entlang des Queichtalweges, allerdings fehlten hierzu aktuell geeignete Flächen mit Vorkommen der Futterpflanze Großer Wiesenknopf. Mit dem geplanten Vorhaben würden diese möglichen Korridore in ihrer Funktionsfähigkeit nicht verändert: Das vorhandene Bauwerk zur Bahnüberführung bleibe unverändert erhalten. Das daneben neu mit Abstand zu errichtende Bahnbauwerk erhalte aufgrund der großen lichten Weite des vorhandenen Bauwerks in Bodennähe die gleichen Abmessungen. Das bestehende Bauwerk zur Queichquerung der B 10 bleibe ebenfalls unverändert. Das zweite Bauwerk erhalte in Bodennähe eine größere lichte Weite. Es sei daher mit hoher Wahrscheinlichkeit anzunehmen, dass bei einer möglichen Nutzung der bahnbegleitenden bzw. gewässerbegleitenden Saumstrukturen durch die Falterart eine Teilverschattung durch ein zweites Bauwerk keine Rolle spielen werde. Darüber hinaus sei für diese Art ein erhebliches Kollisionsrisiko mit signifikanten Auswirkungen auf die Population der Art nicht gegeben. Denn die Bundesstraße verbleibe wie bisher in einer Dammlage mit breiten Böschungen, die vollständig bepflanzt werden. Dieser Heckenriegel verhindere das ungewollte Einfliegen in den Straßenraum, da Einzeltiere damit zum Überfliegen gezwungen würden. Dies werde aber nach allen bisherigen Kenntnissen zur Ausbreitungsökologie der Art nur in ganz seltenen Fällen vorkommen, da der Dunkle Wiesenknopf-Ameisenbläuling stark strukturgebunden in der Krautvegetation fliege. Auch für die Art Großer Feuerfalter sei eine Zerschneidung bedeutsamer Teillebensräume auszuschließen. Für das Queichtal zwischen Landau und Annweiler sei aus mehrjährigen Studien belegt, dass der Falter nur zeitweise den Talraum besiedele. Lokales bis regionales Aussterben und anschließende Wiederbesiedelung seien mehrfach beobachtet worden, so dass auf einen großen Flächenbedarf für langfristig überlebende Vorkommen geschlossen werde. Die Art werde indessen als sehr flugfähig und mobil eingestuft; dabei sei anzunehmen, dass die Art bei einem möglichen Ausbreitungsflug in jedem Fall eine Orientierung an Blütenpflanzen der Krautschicht suche. Auch ein erhebliches Kollisionsrisiko mit signifikanten Auswirkungen auf die Population dieser Art sei nicht gegeben. Zwar sei ein Überfliegen des gehölzbestandenen Straßendammes potentiell möglich, stelle aber eher die Ausnahme dar. Die Strukturbindung an die Blütenfarben bzw. an die Nektarpflanzen führe dazu, dass auch die Ausbreitungsflüge in der überwiegenden Mehrzahl auf Höhe der Krautschicht erfolgten. Im Falle der Queichbrücke sei daher ein Unterfliegen der Brücke zu postulieren, falls dieser Korridor von der Art überhaupt beflogen werden sollte. Diese Erkenntnisse hat der Gutachter bei seiner ergänzenden Anhörung in der mündlichen Verhandlung anhand zur Gerichtsakte gereichter Karten und Luftbilder nochmals erläutert.
- 102
Danach teilt der Senat die Auffassung des Beklagten, dass nach Abschluss der Verträglichkeitsprüfung und mehrfacher Überprüfung ihres Ergebnisses durch aktualisierende Begutachtungen kein vernünftiger Zweifel verbleibt, dass erhebliche Beeinträchtigungen des FFH-Gebiets im Hinblick auf die genannten erhaltungszielbestimmenden Schmetterlingsarten ausgeschlossen erscheinen.
- 103
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sind Maßstab für die Erheblichkeit von Gebietsbeeinträchtigungen i.S.v. § 34 Abs. 2 BNatSchG die für das Gebiet maßgeblichen Erhaltungsziele, also die Festlegungen zur Erhaltung oder Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands der in dem FFH-Gebiet vorkommenden Lebensräume und Arten nach den Anhängen I und II der Habitat-Richtlinie (vgl. z.B. BVerwG, Beschluss vom 10. November 2009 – 9 B 28.09 –, DVBl. 2010, 176 und juris, Rn. 3, m.w.N.). Danach waren hier mögliche Auswirkungen des Vorhabens auf den Erhaltungszustand der drei Schmetterlingsarten „Großer Feuerfalter“, „Dunkler Wiesenknopf-Ameisenbläuling“ und „Großer Mohrbläuling“ (= Heller Wiesenknopf-Ameisenbläuling) im Rahmen der FFH-Verträglichkeitsprüfung zu prüfen, da alle drei Arten in der Anlage I zu § 25 Abs. 2 des Landesnaturschutzgesetzes als maßgebliche Gebietsbestandteile benannt sind und darüber hinaus in der Landesverordnung über die Erhaltungsziele in den Natura 2000-Gebieten (GVBl. 2009, S. 4, 17) als eines der Erhaltungsziele für das FFH-Gebiet „Biosphärenreservat Pfälzerwald“ auch folgendes Ziel benannt wird: „Erhaltung oder Wiederherstellung von nicht intensiv genutzten Mähwiesensystemen, u.a. mit Pfeifengraswiesen und Borstgrasrasen, auch als Lebensräume für Schmetterlinge (insbesondere Maculinea ssp. und Lychaena dispar).“ Zu den Anforderungen an die ordnungsgemäße Durchführung einer FFH-Verträglichkeitsprüfung hat das Bundesverwaltungsgericht in ebenfalls ständiger Rechtsprechung insbesondere ausgeführt: Die Verträglichkeitsprüfung erfordere eine Einzelfallbeurteilung, bei der in einem ersten Schritt eine sorgfältige Bestandserfassung und –bewertung der von dem Projekt betroffenen maßgeblichen Gebietsbestandteile zu erfolgen habe; sodann seien die Einwirkungen zu ermitteln und naturschutzfachlich zu bewerten; ein Projekt ist danach zulässig, wenn nach Abschluss der Verträglichkeitsprüfung kein vernünftiger Zweifel verbleibt, dass erhebliche Beeinträchtigungen vermieden werden; dies setzt die Ausschöpfung aller einschlägigen wissenschaftlichen Mittel und Quellen voraus, wobei es zulässig ist, mit Prognosewahrscheinlichkeiten und Schätzungen zu arbeiten, soweit auch bei Ausschöpfung der einschlägigen Erkenntnismittel nicht ausräumbare Unsicherheiten über Wirkungszusammenhänge verbleiben, sofern dies kenntlich gemacht und begründet wird; dabei können auch Schutz- und Kompensationsmaßnahmen zugunsten des Projekts berücksichtigt werden, sofern sie sicherstellen, dass erhebliche Beeinträchtigungen verhindert werden (vgl. zum Ganzen z.B. BVerwG, Urteil vom 12. März 2008, a.a.O., Rn. 68 und 94).
- 104
Diesen Anforderungen ist vorliegend in Bezug auf die erhaltungszielbestimmenden Schmetterlingsarten in vollem Umfang Rechnung getragen worden. Wie zuletzt in der ergänzenden fachlichen Beurteilung des Gutachters H. vom 25. Januar 2015 aufgrund abermaliger Begehung und Überprüfung der Vegetationsstrukturen unter gleichzeitiger Auswertung der einschlägigen Fachliteratur überzeugend zusammengefasst wurde, gibt es zum einen keine Nachweise für Populationen des Großen Feuerfalters in den Talwiesen zwischen Godramstein und Landau, sondern nur eine Vermutung für das Einfliegen von Einzelexemplaren aus benachbarten Populationen, die aufgrund ihrer Mobilität aber auch größere Entfernungen mit Hindernissen überwinden können. Demgegenüber muss der Helle Wiesenknopf-Ameisenbläuling in den Talwiesen zwischen Godramstein und Landau wie wohl im gesamten Naturraum Pfälzerwald inzwischen als ausgestorben gelten. Der Dunkle Wiesenknopf-Ameisenbläuling kommt zwar in den Talwiesen zwischen Godramstein und Landau noch vor, doch beschränkt sich das Vorkommen auf drei Fundorte, die weit außerhalb des Eingriffsraumes des Vorhabens, nämlich mehr als 400 m von der B 10-Trasse entfernt liegen, wobei es sich um auf natürliche Weise (Gehölzriegel) abgeschottete, aber selbstständig lebensfähige Metapopulationen handelt, zwischen denen aufgrund der geringen Mobilität der Art kein nennenswerter Austausch stattfindet. Falls überhaupt, werden für Wanderungen von Einzelexemplaren nicht der Bereich der B 10-Querung des Queichtals, sondern kleinere Taleinschnitte (Bahnlinie, Wirtschaftsweg) genutzt, die ein Wandern entlang geeigneter Saumstrukturen ermöglichen. Danach erscheinen dem Senat die Schlussfolgerungen der Gutachter der FFH-Verträglichkeitsprüfung, dass erhebliche Beeinträchtigungen des FFH-Gebiets in seinen auf die genannten Schmetterlingsarten bezogenen Erhaltungszielen ausgeschlossen erscheinen, weil weder Lebensräume der Schmetterlinge im Einwirkungsbereich des Vorhabens vorhanden sind noch durch das Vorhaben für die Arten relevante Zerschneidungs- oder Barriereeffekte bewirkt werden und auch keine signifikante Erhöhung des Kollisionsrisikos gegeben ist, in jeder Hinsicht überzeugend. Sie beruhen auf einer sorgfältigen Bestandserfassung und -bewertung, wurden unter Ausschöpfung aller verfügbaren wissenschaftlichen Erkenntnisse getroffen und unter Inanspruchnahme der fachlichen Einschätzungsprärogative nachvollziehbar begründet. Der Kläger hat demgegenüber keine auf einer überlegenen Fachkunde beruhenden konkreten abweichenden Erkenntnisse hinsichtlich des Vorkommens und des Verhaltens der maßgeblichen Falterarten im Queichtal für sich in Anspruch genommen, die Anlass für eine abweichende Beurteilung der Wirkungen des Vorhabens auf die genannten erhaltungszielbestimmenden Falterarten oder für eine abermalige Begutachtung sein könnten.
- 105
Zweifel an der Einschätzung im angefochtenen Planfeststellungsbeschluss, dass das Vorhaben nicht zu erheblichen Beeinträchtigungen des FFH-Gebiets in seinen für die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck maßgeblichen Bestandteilen führen kann, sind schließlich auch nicht deshalb angebracht, weil keine abschnittsübergreifende sog. Dach-FFH-Verträglichkeitsprüfung durchgeführt wurde.
- 106
Der vom Kläger bereits in seinem Einwendungsschreiben geforderten Dach-FFH-Verträglichkeitsprüfung für das gesamte Planungsvorhaben des Ausbaus der B 10 zwischen Pirmasens und Landau bedurfte es nicht. Als „Projekt“ i.S.v. § 34 Abs. 1 BNatSchG, das auf seine Verträglichkeit mit den Erhaltungszielen eines Natura-2000-Gebiets zu überprüfen ist, ist bei fernstraßenrechtlichen Bau- oder Ausbauvorhaben der zulässigerweise gebildete Planungsabschnitt, der Gegenstand des festgestellten Plans ist, anzusehen, hier also der vierstreifige Ausbau der B 10 im Abschnitt zwischen Godramstein und der A 65. Insoweit gilt das zum Projektbegriff im UVP-Recht oben bereits Ausgeführte hier entsprechend. Nur dieser Abschnitt hat daher Gegenstand der FFH-Verträglichkeitsprüfung zu sein. Ergänzend ist gemäß § 34 Abs. 1 Satz 1, 1. Halbsatz BNatSchG lediglich noch zu prüfen, ob das Projekt eventuell (wenn nicht einzeln, so doch) im Zusammenwirken mit anderen Projekten oder Plänen geeignet ist, das Gebiet erheblich zu beeinträchtigen. Diese Frage ist in der FFH-Verträglichkeitsprüfung im Planaufstellungsverfahren untersucht und eindeutig verneint worden (vgl. Planordner 2, Planunterlage 12.4, S. 27 f.), ohne dass dies vom Kläger konkret in Frage gestellt worden ist.
- 107
Danach bleibt festzuhalten, dass nach dem überzeugenden Ergebnis der mehrfach überprüften und ergänzten FFH-Verträglichkeitsprüfung eine erhebliche Beeinträchtigung von Erhaltungszielen des FFH-Gebiets – zumal unter den vom Kläger vorrangig geltend gemachten Gesichtspunkten der Beeinträchtigung zweier Schmetterlingsarten – hinreichend sicher ausgeschlossen werden kann, das Vorhaben also als FFH-verträglich einzustufen ist. Einer Abweichungszulassung nach § 34 Abs. 3 BNatSchG bedurfte es danach nicht.
- 108
Unabhängig davon begegnet aber auch die im Planfeststellungsbeschluss (S. 161 ff.) rein vorsorglich durchgeführte Ausnahmeprüfung keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken:
- 109
Nach § 34 Abs. 3 BNatSchG darf ein Projekt abweichend vom Abs. 2 nur zugelassen oder durchgeführt werden, soweit es aus zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses, einschließlich solcher sozialer oder wirtschaftlicher Art, notwendig ist (Nr. 1) und zumutbare Alternativen, den mit dem Projekt verfolgten Zweck an anderer Stelle ohne oder mit geringeren Beeinträchtigungen zu erreichen, nicht gegeben sind (Nr. 2). Soll ein Projekt nach Abs. 3 zugelassen oder durchgeführt werden, sind zudem die zur Sicherung des Zusammenhangs des Netzes „Natura 2000“ notwendigen Maßnahmen vorzusehen (§ 34 Abs. 5 BNatSchG).
- 110
Unterstellt, das planfestgestellte Vorhaben würde doch zu erheblichen Beeinträchtigungen von Erhaltungszielen des FFH-Gebiets führen, etwa – was allenfalls in Betracht zu ziehen wäre – unter dem Gesichtspunkt von Zerschneidungs- bzw. Barrierewirkungen in Bezug auf Austauschbeziehungen zwischen Teilpopulationen des Großen Feuerfalters und des Dunklen Wiesenknopf-Ameisenbläulings, so lägen jedenfalls die Voraussetzungen für eine Abweichungszulassung nach den genannten Vorschriften vor:
- 111
Das Vorhaben des vierstreifigen Ausbaus der B 10 zwischen Godramstein und der Autobahn A 65 wäre in diesem Falle zunächst als aus zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses notwendig anzusehen. Insoweit hat der Planfeststellungsbeschluss in nicht zu beanstandender Weise die gesetzliche Bedarfsfeststellung und die weiteren, zur Erforderlichkeit der Ausbaumaßnahme angeführten Gründe, insbesondere das Ziel der Erhöhung der Verkehrssicherheit, ins Feld geführt. In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass die gesetzliche Bedarfsfeststellung einem Planvorhaben einen besonderen Stellenwert verleiht, der in der Interessenabwägung mit hohem Gewicht zu Buche schlägt (vgl. z. B. BVerwG, Urteil vom 12. März 2008, a.a.O., Rn. 159, m.w.N.). Wie oben bereits ausgeführt, kommt dabei der Einstufung in den Weiteren Bedarf mit Planungsrecht keine „graduelle Minderwertigkeit“ zu; vielmehr entspricht auch ein solches Vorhaben den Zielvorstellungen des § 1 Abs. 1 Fernstraßengesetz, ihm kommt nur bei der konkreten Bereitstellung finanzieller Mittel ein grundsätzlicher Nachrang gegenüber Vorhaben des „Vordringlichen Bedarfs“ zu, der aber die Gewichtigkeit der mit ihm verfolgten Planungsziele als zwingende öffentliche Interessen nicht entscheidend mindert. Der Planfeststellungsbeschluss hat auch eine konkrete „bipolare Abwägung“ zwischen den für das Vorhaben sprechenden Gründen des öffentlichen Interesses und dem Integrationsinteresse des FFH-Gebietes vorgenommen (vgl. auch dazu: BVerwG, Urteil vom 12. März 2008, a.a.O., Rn. 154 und 165) und ist ohne erkennbaren Abwägungsfehler zu dem Ergebnis gelangt, dass die für das Vorhaben sprechenden Gründe die (wenn überhaupt) allenfalls geringfügigen Beeinträchtigungen des Habitatschutzes klar überwiegen. Auf die Frage, ob die Verkehrsprognose methodisch und im Ergebnis in jeder Hinsicht beanstandungsfrei ist, kommt es auch hier angesichts des Gewichts der gesetzlichen Bedarfsfeststellung und der bereits im Ist-Zustand bestehenden hohen Verkehrsbelastung, die – wie ausgeführt – allein schon einen vierstreifigen Ausbau rechtfertigen würde, letztlich nicht an.
- 112
Der Planfeststellungsbeschluss hat auch eine nicht zu beanstandende Alternativenprüfung vorgenommen, die zutreffend zu dem Ergebnis gelangt ist, dass es keine zumutbaren Alternativen gibt, den mit dem Projekt verfolgten Zweck an anderer Stelle oder mit geringeren Beeinträchtigungen des Habitatschutzes zu erreichen. Dabei hat er sich an der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts orientiert, wonach eine Alternativlösung i.S.v. § 34 Abs. 3 Nr. 2 BNatSchG voraussetzt, dass sich die zulässigerweise verfolgten Planungsziele trotz gegebenenfalls hinnehmbarer Abstriche auch mit ihr erreichen lassen (vgl. z.B. BVerwG, Urteil vom 12. März 2008, a.a.O., Rn. 170, m.w.N.). Da alle denkbaren Trassenalternativen jenseits einer bloßen Erweiterung der bestehenden dreistreifigen B 10 um eine weitere Fahrspur, also namentlich Neubautrassen, zwangsläufig mit wesentlich gravierenderen Eingriffen in Natur und Landschaft verbunden wären und daher von vorneherein ausscheiden, waren letztlich nur Varianten der gewählten Trasse (Anbau im Norden oder im Süden) näher zu erörtern. Der Planfeststellungsbeschluss hat insoweit in jeder Hinsicht überzeugend dargelegt, dass mit dem ausgewählten alternierenden Anbau sowohl die Belange des Habitatschutzes als auch andere Umweltbelange die größtmögliche Schonung erfahren. Dies ist vom Kläger nicht substantiiert in Frage gestellt worden.
- 113
Der Planfeststellungsbeschluss sieht schließlich auch in ausreichendem Umfang Vermeidungs-, Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen vor, die bei Unterstellung einer (allenfalls geringfügig) die Schwelle der Erheblichkeit übersteigenden Beeinträchtigung von Erhaltungszielen des FFH-Gebiets geeignet erscheinen, den Schutz der globalen Kohärenz des Natura 2000-Netzes sicherzustellen. Dabei hat er sich an den diesbezüglichen Grundsätzen der Rechtsprechung orientiert; diesen zufolge ist es Aufgabe der Kohärenzsicherungsmaßnahmen, die zu dem Projekt hinzutreten, die Funktionseinbuße für die Erhaltungsziele zu kompensieren (vgl. z.B. BVerwG, Urteil vom 13. Mai 2009 – 9 A 73.07 –, NuR 2009, 711 und juris, Rn. 69, m.w.N.). Dabei ist der Funktionsbezug das maßgebliche Kriterium insbesondere auch zur Bestimmung des notwendigen räumlichen und zeitlichen Zusammenhangs zwischen Gebietsbeeinträchtigung und Kohärenzsicherung. Der Ausgleich muss aber nicht notwendig unmittelbar am Ort der Beeinträchtigung erfolgen, sondern es genügt, dass die Einbuße ersetzt wird, die das Gebiet hinsichtlich seiner Funktion für die biogeografische Verteilung der beeinträchtigten Lebensräume und Arten erleidet. In zeitlicher Hinsicht muss mindestens sichergestellt sein, dass das Gebiet unter dem Aspekt des beeinträchtigten Erhaltungsziels nicht irreversibel geschädigt wird. Ist das gewährleistet, lässt sich die Beeinträchtigung aber – wie im Regelfall – nicht zeitnah ausgleichen, so ist es hinnehmbar, wenn die Kohärenzsicherungsmaßnahmen rechtzeitig bis zur Vollendung des Vorhabens ergriffen werden, die Funktionseinbuße hingegen erst auf längere Sicht wettgemacht wird. Dabei ist die Eignung einer Kohärenzsicherungsmaßnahme ausschließlich nach naturschutzfachlichen Maßstäben zu beurteilen, wobei der Planfeststellungsbehörde eine naturschutzfachliche Einschätzungsprärogative zukommt (vgl. zum Ganzen insbesondere BVerwG, Urteil vom 12. März 2008, a.a.O., Rn. 200 ff.).
- 114
Hieran orientiert hat der Planfeststellungsbeschluss im Einzelnen dargelegt, inwiefern bestimmten der vorgesehenen Maßnahmen – unabhängig davon, ob sie innerhalb oder außerhalb des FFH-Gebiets vorgenommen werden sollen – positive Auswirkungen auf das FFH-Gebiet attestiert werden können, indem sie zu einer Aufwertung von Lebensräumen für erhaltungszielbestimmende Arten (namentlich Fledermäuse, Schmetterlinge) führen oder als Vermeidungsmaßnahmen zum Beispiel Kollisionsrisiken für solchen Arten mindern. Die vom Kläger an der Eignung oder Wirksamkeit einzelner Maßnahmen geäußerten Zweifel sind teilweise irrelevant, soweit sie sich etwa auf eine Kompensation von Beeinträchtigungen des Lebensraumtyps 91E0* beziehen, da ein Vorkommen dieses Lebensraumtyps im Wirkraum der Planung ausgeschlossen werden konnte. Im Übrigen ist ihnen der Beklagte überzeugend entgegengetreten.
- 115
bb. Des Weiteren lässt der Planfeststellungsbeschluss im Hinblick auf die Anforderungen des europäischen und nationalen Artenschutzrechts keine Defizite erkennen. Namentlich stehen der Verwirklichung des planfestgestellten Vorhabens die zwingenden Regelungen der §§ 44 ff. BNatSchG in Bezug auf besonders geschützte Arten nicht entgegen.
- 116
Nach den in § 44 BNatSchG normierten Verbotstatbeständen, bei deren Erfüllung ein Vorhaben grundsätzlich unzulässig ist, ist es insbesondere verboten, wildlebenden Tieren der besonders geschützten Arten nachzustellen, sie zu fangen, zu verletzen oder zu töten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören (Nr. 1), wildlebende Tiere der streng geschützten Arten und der europäischen Vogelarten während der Fortpflanzungs-, Aufzucht-, Mauser-, Überwinterungs- und Wanderungszeiten erheblich zu stören, wobei eine erhebliche Störung nur vorliegt, wenn sich durch die Störung der Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art verschlechtert (Nr. 2), und Fortpflanzungs- oder Ruhestätten der wildlebenden Tiere der besonders geschützten Arten aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören (Nr. 3). Für Vorhaben, die – wie das in Rede stehende fernstraßenrechtliche Ausbauvorhaben (vgl. dazu unten unter cc.) – einen nach Maßgabe des § 15 BNatSchG zulässigen Eingriff in Natur und Landschaft darstellen, trifft § 44 Abs. 5 BNatSchG ergänzende Regelungen: Bei solchen Vorhaben liegt gemäß § 44 Abs. 5 Satz 2, wenn in Anhang IV a der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführte Tierarten, europäische Vogelarten oder in einer Rechtsverordnung nach § 54 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG aufgeführte Arten betroffen sind, ein Verstoß gegen das Verbot des Abs. 1 Nr. 1 und im Hinblick auf damit verbundene unvermeidbare Beeinträchtigungen wildlebender Tiere auch gegen das Verbot des Abs. 1 Nr. 1 nicht vor, soweit die ökologische Funktion der von dem Eingriff oder Vorhaben betroffenen Fortpflanzungs- oder Ruhestätten im räumlichen Zusammenhang weiterhin erfüllt wird.
- 117
Diesen Anforderungen hat der angefochtene Planfeststellungsbeschluss hinreichend Rechnung getragen.
- 118
Der Planfeststellungsbeschluss handelt die Vereinbarkeit des Vorhabens mit dem europäischen und nationalen Artenschutzrecht umfassend ab und gelangt – gestützt im Wesentlichen auf die im Planfeststellungsverfahren eingeholten und mehrfach überarbeiteten beiden Fachbeiträge „Streng geschützte Arten“ (Planordner 2, Anlage 12.3.1) sowie „Besonders geschützte Arten“ (Planordner 2, Anlage 12.3.2) – zu folgenden Ergebnissen: Unter Berücksichtigung der konkreten Ausgestaltung der Baumaßnahme, der in der Planung enthaltenen naturschutzfachlichen Maßnahmen, der naturschutzfachlichen Bewertungen der Sachverständigen sowie der im Planfeststellungsbeschluss getroffenen Regelungen komme es nicht zur Erfüllung von Verbotstatbeständen des § 44 Abs. 1 i.V.m. Abs. 5 BNatSchG im Hinblick auf Arten des Anhangs IV der FFH-Richtlinie oder im Hinblick auf europäische Vogelarten. Insbesondere führe das planfestgestellte Vorhaben bau-, anlagen- und betriebsbedingt nicht zur Beschädigung oder Zerstörung von Ruhe- und Fortpflanzungsstätten dieser Arten, deren ökologische Funktion im räumlichen Zusammenhang nicht gewahrt werde; ebenso wenig würden erhebliche Störungen i.S.v. § 44 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG verursacht; schließlich würden auch keine Tötungen i.S.v. § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG ausgelöst. Die Voraussetzungen der dennoch dem Vorhabenträger vorsorglich erteilten Ausnahmegenehmigungen nach § 45 Abs. 7 BNatSchG sowie höchstvorsorglich erteilten Befreiung nach § 67 BNatSchG lägen jedoch vor; namentlich stritten für die Baumaßnahme zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses und es gebe für das Vorhaben in seiner konkreten Ausgestaltung auch keine zumutbaren Planungsalternativen und eine Verschlechterung des Erhaltungszustands der Populationen der im Planbereich vorkommenden besonders geschützten Arten sei nicht zu erwarten.
- 119
Nachdem der Kläger in seinem Einwendungsschreiben noch umfangreichere artenschutzrechtliche Einwendungen erhoben hatte, hat er im gerichtlichen Verfahren – neben Rechtsausführungen – von diesen Einwendungen im Wesentlichen nur noch folgende konkrete Gesichtspunkte weiterverfolgt: Aus dem Fachbeitrag Planunterlage 12.3.2 ergäben sich keine hinreichenden Hinweise auf Größe und Raumanspruch der jeweiligen lokalen Populationen, weshalb eine Beurteilung, ob vereinzelte Tötungen von Tieren zu negativen Auswirkungen auf die jeweilige lokale Population führen, nicht möglich sei. Deshalb seien auch keine Aussagen zu etwaigen Ausnahmen oder Befreiungen möglich, zumal deren Voraussetzungen aus klägerischer Sicht ohnehin nicht zu begründen seien. Die Unkenntnis populationsbezogener Daten schlage auch auf die in Kapitel C II 1, 4. Spiegelstrich des Planfeststellungsbeschlusses vorgesehene Auflage der Errichtung einer ohnehin dringend gebotenen Überflughilfe für Vögel und Fledermäuse durch; denn nach Kapitel C II 1, 5. Spiegelstrich solle die optimale Ausgestaltung der Überflughilfen erst im Vorfeld der Baumaßnahmen mit Hilfe von Untersuchungen durch Fledermausexperten eruiert werden, womit letztlich eine nachträgliche Bestandserhebung angeordnet werde. Gerade im Bereich der Fledermäuse finde nur eine Betrachtung von Hypothesen statt, ohne dass eine sachgerechte Konfliktlösung bewerkstelligt und eine hinreichende Abwägung bei der Ausnahme und Befreiungsentscheidung vorgenommen worden sei.
- 120
Diese Ausführungen des Klägers sind jedoch nicht geeignet, artenschutzrechtliche Defizite des Planfeststellungsbeschlusses zu begründen:
- 121
Zunächst sind aus Sicht des Senats keine Zweifel daran veranlasst, dass die Ermittlung und Bestandsaufnahme der im Wirkraum des Vorhabens vorhandenen Tierarten den Anforderungen der Rechtsprechung an Art und Umfang, Methodik und Untersuchungstiefe erforderlicher fachgutachterlicher Untersuchungen entspricht. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts setzt die Prüfung, ob einem Planvorhaben artenschutzrechtliche Verbotstatbestände entgegenstehen, eine ausreichende Ermittlung und Bestandsaufnahme der im Trassenbereich vorhandenen Tierarten und ihrer Lebensräume voraus. Dabei muss jedoch kein lückenloses Arteninventar erstellt werden; lassen bestimmte Vegetationsstrukturen sichere Rückschlüsse auf die faunistische Ausstattung zu, kann es vielmehr mit der gezielten Erhebung der insoweit maßgeblichen repräsentativen Daten sein Bewenden haben. Um die Planfeststellungsbehörde in die Lage zu versetzen, die tatbestandlichen Voraussetzungen der Verbotstatbestände zu überprüfen, benötigt sie aber jedenfalls Daten, denen sich in Bezug auf das Plangebiet die Häufigkeit und Verteilung der geschützten Arten sowie deren Lebensstätten entnehmen lassen (vgl. zum Ganzen z.B. BVerwG, Urteil vom 9. Juli 2008 – 9 A 14.07 –, BVerwGE 131, 274 und juris, Rn. 54, m.w.N.). Die artenschutzrechtliche Prüfung hat bei der Erfassung und Bewertung möglicher Betroffenheiten nach ausschließlich wissenschaftlichen Kriterien zu erfolgen, wobei der Planfeststellungsbehörde insoweit eine naturschutzfachliche Einschätzungsprärogative zusteht (vgl. BVerwG, Urteil vom 9. Juli 2008, a.a.O., Rn. 64 f.).
- 122
Danach kann hier festgestellt werden, dass die beiden Fachbeiträge Artenschutz – insbesondere in der letzten, an den § 44 ff. BNatSchG i.d.F. vom 29.Juli 2009 orientierten Überarbeitung vom August 2010 – umfassende Darstellungen der im Wirkraum der Planung aufgrund der naturräumlichen Verhältnisse und der Vegetationsausstattung zu erwartenden, besonders und streng geschützten Tier- (und Pflanzen-)Arten enthalten, die sowohl auf einer Auswertung einschlägiger Datenbanken und Fachliteratur als auch auf eigenen Erhebungen bei mehreren Begehungen beruhen. Hinsichtlich jeder Art werden Angaben zu deren (gegebenenfalls nur potentiellem) Vorkommen im Untersuchungsgebiet sowie – darauf beruhend – zum Erhaltungszustand der lokalen Population gemacht. Sodann wird für jede Art deren anlage-, bau- und betriebsbedingte Betroffenheit dargestellt und es werden artspezifische Vermeidungsmaßnahmen hinsichtlich des Tötungsverbots des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG vorgeschlagen. Zusätzlich erfolgt jeweils eine Prognose und Bewertung hinsichtlich der Schädigungstatbestände des § 44 Abs. 1 Nr. 3 und der Störungsverbotstatbestände nach § 44 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG. Dabei gelangt die Untersuchung jeweils zu dem Ergebnis, dass die artenschutzrechtlichen Verbotstatbestände bei Berücksichtigung der im Einzelnen benannten Vermeidungs- und Schadensbegrenzungsmaßnahmen nicht erfüllt werden. Unabhängig davon werden vorsorglich naturschutzfachliche Gründe für eine Ausnahmeerteilung nach § 45 Abs. 7 BNatSchG benannt, wonach in allen Fällen keine (weitere) Verschlechterung des (günstigen oder teilweise auch ungünstigen) Erhaltungszustands der jeweiligen lokalen Population zu erwarten sei. Rechtserhebliche Defizite sind insoweit nicht erkennbar und werden auch vom Kläger nicht substantiiert – etwa unter Hinweis auf abweichende naturschutzfachliche Erkenntnisse – dargelegt.
- 123
Soweit der Kläger Angaben über die Größe und den Raumanspruch der jeweiligen lokalen Population vermisst, bleibt zu sehen, dass nach der Rechtsprechung gerade kein lückenloses Arteninventar zu erstellen ist, soweit – wie hier – bestimmte Vegetationsstrukturen sichere Rückschlüsse auf die faunistische Ausstattung zulassen. Ebenso wenig bedarf es einer flächendeckenden Individuen- oder Fortpflanzungsstättenzählung, zumal im Einwirkungsbereich der Planung ohnehin aufgrund der starken Vorbelastung durch die vorhandene Straße die meisten Anhang IV-Arten mangels Attraktivität des Umfelds nur allenfalls potentiell vorkommen, während bei den tatsächlich vorkommenden europäischen Vogelarten ubiquitäre Allerweltsarten dominieren.
- 124
Was schließlich die Kritik des Klägers an dem in Kapitel C II. Nr. 1, 5. Spiegelstrich des Planfeststellungsbeschlusses angeordneten Monitoring durch Fledermausexperten zur Absicherung der genauen Anforderungen an die Überflughilfen für Fledermausarten angeht, kann keine Rede davon sein, dass hier eine nachträgliche Bestandserhebung zur Ausräumung von Defiziten der Bestandsermittlung im Planfeststellungsverfahren angeordnet würde. Wie dargelegt sind Defizite der Bestandsermittlung und -bewertung in Bezug auf keine der potentiell vorkommenden Anhang IV-Arten einschließlich der Fledermäuse feststellbar. Vielmehr handelt es sich bei der Monitoringauflage um eine vorsorgliche Maßnahme im Rahmen eines Risikomanagements, um etwaigen Veränderungen des Fledermausartenspektrums im Untersuchungsraum bis zur baulichen Umsetzung des Vorhabens durch genauere Gestaltung der Überflughilfen aufgrund aktualisierter Bestandserfassungen möglichst optimal Rechnung tragen zu können. Dies steht im Einklang mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung (vgl. z.B. BVerwG, Urteil vom 12. August 2009 – 9 A 64.07 –, BVerwGE 134, 308 und juris, Rn. 92).
- 125
Ist danach die Schlussfolgerung des Planfeststellungsbeschlusses, dass die Planung unter Berücksichtigung der konkreten Ausgestaltung der Baumaßnahme, der in der Planung enthaltenen naturschutzfachlichen Maßnahmen sowie der im Planfeststellungsbeschluss getroffenen Regelungen nicht zur Erfüllung artenschutzrechtlicher Verbotstatbestände in Bezug auf Anhang IV- und europäische Vogelarten führen wird, nicht zu beanstanden, so hätte es an sich der (vorsorglichen) Erteilung von artenschutzrechtlichen Ausnahmegenehmigungen und sogar Befreiungen nach Kapitel A VI. des Planfeststellungsbeschlusses nicht bedurft. Indessen bestehen aber auch keine Zweifel daran, dass die Voraussetzungen des § 45 Abs. 7 BNatSchG für eine Ausnahmeerteilung vorliegen, da aus den bereits in der habitatschutzrechtlichen Ausnahmeprüfung genannten Gründen zum einen zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses i.S.v. § 45 Abs. 7 Satz 1 Nr. 5 BNatSchG für das Vorhaben streiten und zum anderen zumutbare Alternativen i.S.v. § 45 Abs. 7 Satz 3, 1. Halbsatz BNatSchG nicht gegeben sind. Darüber hinaus ist in den artenschutzrechtlichen Fachbeiträgen für jede (potentiell) betroffene Art überzeugend dargestellt worden, dass sich der Erhaltungszustand der Population auch bei einzelnen Verlusten von Individuen der Art nicht weiter verschlechtern wird (§ 45 Abs. 7 Satz 2, 2. Halbsatz BNatSchG).
- 126
cc. Der Planfeststellungsbeschluss steht schließlich auch mit der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung gemäß §§ 14 ff. BNatSchG im Einklang.
- 127
Da die Verwirklichung des planfestgestellten Straßenausbauvorhabens nach der Darstellung in dem zu den Planunterlagen zählenden Fachbeitrag Naturschutz (Planordner 2, Anlage 12.0, S. 38 ff.) mit einer Vielzahl von bau-, anlage- und betriebsbedingten Auswirkungen auf Natur und Landschaft verbunden ist, die als Eingriffe i.S.v. § 14 Abs. 1 BNatSchG zu werten sind, sieht der Planfeststellungsbeschluss in seinem verfügenden Teil eine große Zahl von Vermeidungs-, Minimierungs- und Kompensationsmaßnahmen vor, die neben gebiets- und artenschutzrechtlichen Zielsetzungen auch (zum Teil multifunktional) dem Eingriffsausgleich dienen und dem Straßenbaulastträger zur Beachtung und Durchführung auferlegt werden (vgl. Kapitel C, II., Nr. 1 des Planfeststellungsbeschlusses). Darüber hinaus werden in Kapitel C, II., Nrn. 2 bis 4 bestimmte landespflegerische Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen konkret festgelegt. Ferner enthält der Planfeststellungsbeschluss in Kapitel C, II., Nrn. 5 bis 9 weitere Regelungen mit teilweisem Bezug zur Eingriffsregelung. In der Begründung des Planfeststellungsbeschlusses (S. 149 bis 252) wird näher erläutert, inwiefern den Anforderungen der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung Genüge getan wurde; das Konzept zur Vermeidung, zum Ausgleich und zum Ersatz von Eingriffen beruht auf den im Planfeststellungsverfahren vom Büro S. erstellten „Fachbeitrag Naturschutz“ (Planordner 2, Anlage 12, mit Erläuterungsbericht 12.0 nebst Anhang I „Maßnahmenverzeichnis“).
- 128
Während der Kläger im Einwendungsschreiben vom 15. Mai 2007 sich noch ausführlicher mit den vorgesehenen Eingriffen in Natur und Landschaft auseinandergesetzt und eine Reihe aus seiner Sicht bestehende Defizite gerügt hatte, hat er im gerichtlichen Verfahren das Eingriffs- und Ausgleichskonzept des Planfeststellungsbeschlusses nicht grundsätzlich, sondern nur noch punktuell unter folgenden zwei Gesichtspunkten angegriffen: Zum einen hat er die Regelung in Kapitel C, II., Nr. 2 des Planfeststellungsbeschlusses aufgegriffen, nach der die landespflegerischen Maßnahmen 2.4 E AB (Erweiterung Bachuferwald an der Queich, ca. 1.500 m²) und 3.2 E AB (Extensivierung Uferrandstreifen an der Queich, ca. 1.200 m²) – auf als berechtigt anerkannte Einwendung u.a. des Klägers – an eine andere Stelle verlegt werden sollen, wobei der neue Standort der Maßnahmen und deren Ausgestaltung mit der oberen Naturschutzbehörde abzustimmen sind. Insoweit rügt der Kläger, dass es an einer hinreichenden tatsächlichen und rechtlichen Sicherung der beiden Maßnahmen fehle. Zum anderen schließt der Kläger aus der in derselben Regelung des Planfeststellungsbeschlusses enthaltenen weiteren Auflage, dass „in diesem Zusammenhang … auch der Verlust von ca. 400 m² Gehölzfläche sowie von ca. 150 m² Röhricht-Staudenflur zu kompensieren“ sei, dass sich dahinter ein weiterer, bisher nicht offengelegter Eingriff in Natur und Landschaft verberge. Hieraus folgert der Kläger, dass der Planfeststellungsbeschluss nicht den gesetzlichen Anforderungen an die Kompensation gemäß § 17 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 BNatSchG genüge und auch deshalb rechtswidrig sei.
- 129
Die Kritik des Klägers ist auch in diesen beiden Punkten nicht stichhaltig:
- 130
Entgegen der Annahme des Klägers bestehen zunächst keine durchgreifenden Bedenken daran, dass die Umsetzung der Maßnahmen 2.4 E AB und 3.2 E AB auch nach Aufgabe des bisher vorgesehenen Standorts (Parzelle 1704/2) wegen festgestellter mangelnder Eignung in ausreichender Weise gesichert ist. Wie der Beklagte überzeugend ausgeführt hat, sind die Maßnahmen zum einen inhaltlich durch Aufnahme in den landespflegerischen Begleitplan und dessen Einbeziehung in die festgestellten Planunterlagen hinreichend bestimmt; durch Verfügung gemäß Kapitel B Nr. 7 des Planfeststellungsbeschlusses ist dem Vorhabenträger der Eingriffsausgleich nach Maßnahme des landespflegerischen Begleitplans auch verbindlich auferlegt worden. Mit der Anordnung in Kapitel C II., Nr. 2 Satz 2 und 3, wonach der neue Standort der Maßnahmen und deren Ausgestaltung mit der Oberen Naturschutzbehörde abzustimmen und die Realisierbarkeit der Maßnahme am neuen Standort der Planfeststellungsbehörde gegenüber vor Baubeginn nachzuweisen ist, erscheint hinreichend gewährleistet, dass durch die Verlegung an einen anderen Standort keine quantitativen oder qualitativen Einbußen hinsichtlich der in den Planunterlagen beschriebenen Kompensationsziele beider Maßnahmen auftreten werden und die Baumaßnahme auch nicht ohne die Ersatzmaßnahmen ausgeführt werden darf. Die in Kapitel C II. Nr. 2 vorgesehene Möglichkeit, die beiden landespflegerischen Maßnahmen in Abstimmung mit der Oberen Naturschutzbehörde auf anderen als den im landespflegerischen Begleitplan ursprünglich dafür vorgesehenen Flächen zu verwirklichen, ist im Übrigen als Planvorbehalt gemäß § 74 Abs. 3 VwVfG zulässig (vgl. dazu OVG RP, Urteil vom 10. März 2009 – 8 C 10435/08.OVG –, NuR 2009, S. 636 und juris, Rn. 92, m.w.N.).
- 131
Ebenso wenig ist die Auflagenregelung in Kapitel C II. Nr. 2, Satz 4 zu beanstanden. Wie der Beklagte nachvollziehbar dargelegt hat, handelt es sich bei dem dort angesprochenen Verlust von ca. 400 m² Gehölzfläche sowie von ca. 150 m² Röhricht bzw. Staudenflur um ein zusätzliches Kompensationsdefizit, das erst aufgrund einer Überprüfung früherer Vegetationskartierungen bei einer Begehung im März 2010 durch den Dipl.-Biologen H. festgestellt worden ist. Es kann dem Planfeststellungsbeschluss nicht mit Erfolg vorgehalten werden, dass insoweit ein nachträglich festgestelltes Kompensationsdefizit offengelegt wird, nachdem gleichzeitig dem sich daraus ergebenden zusätzlichen Kompensationsbedarf durch die angesprochene Auflage Rechnung getragen wird.
- 132
Da im Übrigen Defizite des Eingriffs-Ausgleichskonzepts des Planfeststellungsbeschlusses vom Kläger nicht mehr konkret gerügt werden und auch aus Sicht des Senats in keiner Weise ersichtlich sind, steht der Planfeststellungsbeschluss auch mit den Anforderungen der §§ 14 ff. BNatSchG insgesamt im Einklang.
- 133
c. Letztendlich genügt der angegriffene Planfeststellungsbeschluss auch den Anforderungen des fachplanerischen Abwägungsgebots.
- 134
Nach § 17 Satz 2 FStrG sind bei der Planfeststellung für den Ausbau einer Bundesfernstraße die von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange einschließlich der Umweltverträglichkeit im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigen.
- 135
Auch in Bezug auf die Vereinbarkeit des Planfeststellungsbeschlusses mit § 17 Satz 2 FStrG ist daran festzuhalten, dass es sich bei dem Abwägungsgebot nur insoweit um eine „dem Umweltschutz dienende Vorschrift“ im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 1 UmwRG handelt, als es sich auf die abwägungsbeachtlichen Belange des Umweltschutzes bezieht (vgl. z. B. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 14. Oktober 2010 – 8 C 10233/14.OVG –, a.a.O., Rdnr. 39, unter Hinweis auf Fellenberg/Schiller, a.a.O., § 2 UmwRG, Rdnr. 16, m.w.N.). Das Rügerecht des Klägers ist daher darauf beschränkt, Abwägungsfehler in Bezug auf die abwägungserheblichen Belange des Umweltschutzes geltend zu machen.
- 136
Der Planfeststellungsbeschluss leidet indessen an keinem Abwägungsfehler, der sich – zumindest mittelbar – auf die von der Planung berührten Umweltbelange auswirken könnte.
- 137
aa. Der Planfeststellungsbeschluss genügt zunächst den Anforderungen an die als wesentlicher Aspekt des Abwägungsgebots anzusehende Prüfung von Alternativen zu dem beantragten Vorhaben, und zwar namentlich im Hinblick auf etwaige die betroffenen Umweltbelange schonendere Alternativlösungen, was der Kläger als Umweltverein gemäß § 2 Abs. 1 UmwRG allein rügen kann.
- 138
Grundsätzlich hat die Planfeststellungsbehörde alle in Betracht kommenden Alternativen – einschließlich der Nullvariante – in den Blick zu nehmen und ihre Eignung für das geplante Projekt - zumindest grob - zu prüfen (vgl. z. B. BVerwG, Urteil vom 3. März 2011 – 9 A 8.10 –, BVerwGE 139, 150 und juris, Rn. 65, sowie Urteil vom 24. November 2010 – 9 A 13.09 –, BVerwGE 138, 225 und juris, Rn. 62).
- 139
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts handelt eine Planfeststellungsbehörde bei der Prüfung von Alternativen für ein fernstraßenrechtliches Ausbauvorhaben nicht schon dann fehlerhaft, wenn eine andere als die von ihr bevorzugte Trassenführung ebenfalls mit guten Gründen vertretbar gewesen wäre. Die Grenze der planerischen Gestaltungsfreiheit bei der Auswahl zwischen verschiedenen Trassenvarianten ist erst dann überschritten, wenn eine alternative Linienführung sich unter Berücksichtigung aller abwägungserheblichen Belange eindeutig als die bessere, weil öffentliche und private Belange insgesamt schonendere darstellen würde, wenn sich mit anderen Worten diese Lösung der Behörde hätte aufdrängen müssen. Dabei ist die Behörde allerdings nicht verpflichtet, die Variantenprüfung bis zuletzt offen zu halten und alle von ihr zu einem bestimmten Zeitpunkt erwogenen oder ihr vorgeschlagenen Alternativen gleichermaßen detailliert und umfassend zu untersuchen. Auch im Bereich der Planungsalternativen braucht sie den Sachverhalt nur so weit aufzuklären, wie dies für eine sachgerechte Entscheidung und eine zweckmäßige Gestaltung des Verfahrens erforderlich ist. Sie ist befugt, eine Alternative, die ihr auf der Grundlage einer Grobanalyse als weniger geeignet erscheint, schon in einem frühen Verfahrensstadium auszuscheiden. Ein Abwägungsfehler liegt auch in diesem Fall erst vor, wenn sich die nicht näher untersuchte Lösung der Behörde hätte aufdrängen müssen (vgl. BVerwG, Urteil vom 19. Juli 2008 - 9 A 14.07 -, BVerwGE 131, 274 und juris, Rn. 135, m.w.N.).
- 140
Gemessen an diesen Maßstäben ist der angefochtene Planfeststellungsbeschluss nicht zu beanstanden. Er enthält zunächst in Kapitel E IV. 5. im Zusammenhang mit der Planrechtfertigung unter „Planungsvarianten“ eine sehr weit gefasste Auseinandersetzung mit Planungsalternativen einschließlich der „Nullvariante“ sowie einer Verbesserung des öffentlichen Personennahverkehrs (Ausbau der Queichtalbahn) und einer Verlagerung von Lkw-Transitverkehren auf die Schiene als theoretisch denkbaren Alternativen im weitesten Sinne, wobei beides mit Blick auf die gesetzliche Bedarfsfeststellung für einen vierstreifigen Ausbau der B 10 als nicht planungszielkonform verworfen wird. Daneben setzt sich der Planfeststellungsbeschluss in diesem Zusammenhang mit von der Einwenderseite ins Spiel gebrachten Ausbauvarianten (Beibehaltung des dreistreifigen Querschnitts mit Verbesserungen der Verkehrsführung, Wahl eines Querschnitts ohne Standstreifen etc.) auseinander und verwirft auch diese unter Hinweis auf ihre Unvereinbarkeit mit den Anforderungen an die Verkehrssicherheit. Schließlich wird die Wahl der Vorzugsvariante - Anbau eines weiteren Fahrstreifens an die bestehende Bundesstraße - als die die betroffenen Umwelt- und privaten Eigentumsbelange insgesamt schonendste Ausbauvariante begründet; die Wahl des konkreten Ausbauquerschnitts SQ 26 wird in Kapitel E. V. 1. nochmals eingehend erläutert. Im Übrigen wird im Rahmen der vorsorglichen Abweichungsprüfung im Habitatschutzrecht sowie der vorsorglichen Ausnahmeerteilung im Artenschutzrecht bei der Frage nach zumutbaren Alternativen auf diese Ausführungen zu den Planungsvarianten verwiesen.
- 141
Der Kläger hat im gerichtlichen Verfahren das Thema „Alternativenprüfung“ nur noch punktuell und eher kursorisch angesprochen. So hat er im Zusammenhang mit der Kritik an der Verkehrsprognose von M. die fehlende Berechnung eines „echten Prognose-Nullfalls (kein Ausbau des planfestgestellten Abschnitts)“ gerügt. Ferner hat er im Zusammenhang mit seinem Vortrag zur Notwendigkeit und zu den Anforderungen einer habitatschutzrechtlichen Abweichungsprüfung eher pauschal vorgetragen, der Nachweis des Fehlens einer zumutbaren Alternative mit geringeren oder keinen Beeinträchtigungen sei „ganz sicher nicht erbracht worden“, insbesondere fehle es an einer Prüfung, ob nicht auch eine Trasse in schmalerer Ausführung zur Querung des FFH-Gebietes möglich sei.
- 142
Diese Kritikpunkte treffen nicht zu. So beinhalten die Verkehrsuntersuchungen von M., die der Planung zugrunde gelegt wurden, auch Prognosen für den sog. „Analyse-Nullfall“; darüber hinaus wurde in der im gerichtlichen Verfahren vorgelegten ergänzenden Verkehrsuntersuchung vom 20. März 2014 (Verkehrsanalyse 2013/Verkehrsprognose 2030) auch ein Analyse-Nullfall untersucht, der nur den Verzicht auf den planfestgestellten Abschnitt umfasst. Im Übrigen ergibt sich bereits aus dem oben Gesagten, dass sich der Planfeststellungsbeschluss auch mit anderen Ausbauvarianten einschließlich geringerer Ausbauquerschnitte eingehend auseinander gesetzt hat. Es ist jedenfalls nichts dafür ersichtlich, dass die Erwägungen des Planfeststellungsbeschlusses zu den Planungsvarianten den – gegenüber den Anforderungen z. B. des § 34 Abs. 3 Nr. 2 BNatSchG weniger strengen – Maßgaben der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Alternativenprüfung im Rahmen der fachplanerischen Abwägung nicht genügen könnten. Insbesondere ist weder konkret vorgetragen worden noch sonst ersichtlich, dass der Planfeststellungsbeschluss bei der Zusammenstellung des Abwägungsmaterials eine ernsthaft in Betracht kommende Alternativlösung unberücksichtigt gelassen oder nicht mit der ihr zukommenden Bedeutung in die vergleichende Prüfung der von den möglichen Alternativen jeweils berührten öffentlichen und privaten Belange eingestellt hat. Ebenso wenig lässt sich feststellen, dass eine andere als die gewählte Trassenführung und Ausbauvariante (vierspuriger Ausbau, alternierend an der Nord- und Südseite der bestehenden Trasse, mit einem Ausbauquerschnitt SQ 26) sich unter Berücksichtigung aller abwägungserheblichen Belange als die bessere, weil öffentliche und private Belange insgesamt schonendere hätte aufdrängen müssen. Namentlich ist dem Beklagten darin beizupflichten, dass die sog. Nullvariante von vornherein mangels Eignung zur Verwirklichung der sich aus der gesetzlichen Planfeststellung ergebenden Planungsziele auszuscheiden hat und verkehrspolitisch andersartige Konzepte (z. B. Ausbau der Queichtalbahn und Verlagerung von Lkw-Transitverkehr auf die Schiene) ebenfalls vor diesem Hintergrund außer Betracht zu bleiben haben.
- 143
bb. Auch die Bildung eines Planungsabschnitts für den Ausbau der Teilstrecke der B 10 zwischen Godramstein und der A 65 ist Ergebnis einer fehlerfreien Abwägung. Daher kann offen bleiben, inwieweit Einwendungen gegen die Abschnittsbildung überhaupt von der Rügebefugnis des Klägers gemäß § 2 Abs. 1 UmwRG umfasst werden.
- 144
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist die Bildung von Planungsabschnitten, z. B. bei einem Straßenbauvorhaben, als Ausprägung des fachplanerischen Abwägungsgebots grundsätzlich zulässig, weil Streckenvorhaben ab einer gewissen Länge aus praktischen Gründen nicht in einem Verfahren geprüft und planfestgestellt werden können. Sie stellt daher ein Instrument der planerischen Problembewältigung dar; doch darf sich die Teilplanung nicht soweit verselbständigen, dass von der Gesamtplanung ausgelöste Probleme voraussichtlich ungelöst bleiben. Erforderlich, aber auch ausreichend ist eine Vorausschau auf nachfolgende Abschnitte nach Art eines „vorläufigen positiven Gesamturteils“: Eine Prognose für die nachfolgenden Abschnitte muss ergeben, dass der Verwirklichung des (Gesamt-)Vorhabens keine von vornherein unüberwindlichen Hindernisse entgegenstehen (vgl. z. B. BVerwG, Beschluss vom 23. November 2007 – 9 B 38.07 –, NuR 2008, 276 und juris, Rn. 20, m.w.N.). Vor dem Hintergrund der beabsichtigten Gesamtplanung muss der Teilabschnitt zudem eine eigenständige - wenn auch nicht in vollem Umfang die ihm in der Gesamtplanung zugedachte - Verkehrsfunktion für den Fall haben, dass sich das Gesamtkonzept der Planung im Nachhinein als nicht realisierbar erweist (vgl. BVerwG, Urteil vom 21. März 1996 – 4 C 19/94 -, BVerwGE 100, 370 und juris, Rn. 48; siehe auch Urteil vom 24. November 2010 – 9 A 13.09 –, BVerwGE 138, 226 und juris, Rn. 69).
- 145
Gemessen an diesen Grundsätzen unterliegt die Abschnittsbildung vorliegend keinen durchgreifenden Bedenken. Im Planfeststellungsbeschluss werden die Gründe für die Abschnittsbildung im Zusammenhang mit den Ausführungen zur Planungskonzeption (Seite 90 ff. des Planfeststellungsbeschlusses) näher erläutert. Danach kommt dem Abschnitt zwischen der A 65 und Godramstein ein eigenständiger Verkehrswert auch unabhängig von der Gesamtstrecke zu, weil der vierstreifige Ausbau dieser Teilstrecke zu einer Verbesserung der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs in diesem Teilbereich führen wird, da der neu herzustellende Bereich an vorhandene Straßen angebunden ist und daher eine durchgängige Verkehrsführung erreicht werde. Dabei stünden Entlastungswirkungen für das innerörtliche Verkehrsnetz der Stadt Landau allerdings nicht im Vordergrund, obwohl davon auszugehen sei, dass sich auch auf verschiedenen Straßen im Stadtbereich durchaus Verkehrsentlastungen einstellen werden. Im Übrigen sei auch die weitere Voraussetzung einer Abschnittsbildung, dass in den weiteren Abschnitten keine unüberwindbaren Hindernisse für die Realisierung zu erwarten seien, zu bejahen, und zwar sowohl im Hinblick auf die Finanzierbarkeit des Ausbaus der Tunnelabschnitte als auch hinsichtlich der dort zu erwartenden Verkehrsbelastung; die Frage, ob in den Folgeabschnitten darüber hinaus unüberwindliche naturschutzrechtliche Hindernisse zu erwarten sind, wird im Planfeststellungsbeschluss gesondert im Zusammenhang mit den Einwendungen des Klägers zur sog. Dach-FFH-Verträglichkeitsprüfung erörtert und im Ergebnis verneint (vgl. Seite 282 des Planfeststellungsbeschlusses).
- 146
Auch aus Sicht des Senats unterliegt zunächst keinem ernstlichen Zweifel, dass dem planfestgestellten Abschnitt aus den im Planfeststellungsbeschluss genannten Gründen eine eigenständige Verkehrsfunktion - selbst für den Fall eines Scheiterns des Gesamtprojekts im Nachhinein - zukommt. Dies folgt zum einen aus der jetzt schon bestehenden, im Grundsatz unstreitigen hohen Verkehrsbelastung des Abschnitts, die spürbare Verbesserungen der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs durch einen – richtlinienkonformen – vierspurigen Ausbau mehr als wahrscheinlich macht, zum anderen aus dem Umstand, dass es sich um den bloßen Ausbau (in Form des Anbaus einer weiteren Fahrspur) eines bereits bestehenden, schon dreistreifig ausgebauten Teilstücks einer Bundesstraße handelt, das allseitig an das bestehende Verkehrsnetz angebunden ist, so dass auch bei Scheitern der im westlichen Anschluss geplanten Folgeabschnitte keinesfalls die Entstehung eines sog. „Planungstorsos“ zu befürchten ist. Darüber hinaus ist im Rahmen der Erörterung der Frage der Notwendigkeit einer sog. „Dach-UVP“ oben bereits geklärt worden, dass die Planfeststellungsbehörde im Rahmen der von ihr anzustellenden Prognose in nicht zu beanstandender Weise feststellen konnte, dass der Verwirklichung des Vorhabens in den nachfolgenden Abschnitten jedenfalls in Bezug auf die Umweltauswirkungen keine von vornherein unüberwindlich erscheinenden Hindernisse entgegenstehen.
- 147
cc. Entgegen der Ansicht des Klägers steht der Planfeststellungsbeschluss auch im Hinblick auf die Belastung der - bis auf weiteres - nur zweispurigen Tunnelstrecken im Teilstück der B 10 zwischen Annweiler und Rinnthal mit dem Gebot planerischer Konfliktbewältigung im Einklang. Dabei kann offen bleiben, ob das diesbezügliche Vorbringen des Klägers im gerichtlichen Verfahren mangels hinreichender Thematisierung in seinem Einwendungsschreiben vom 15. Mai 2007 nicht bereits präkludiert ist, nachdem er dort das Thema „Konfliktbewältigung im Hinblick auf Folgekonflikte in nachfolgenden Ausbauabschnitten“ nur sehr allgemein – ohne ausdrücklichen Bezug zu den Tunnelstrecken – angesprochen hatte.
- 148
In rechtlicher Hinsicht ist das vom Kläger angesprochene Gebot der Problem- bzw. Konfliktbewältigung ein anerkannter Abwägungsgrundsatz: Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist die Planfeststellungsbehörde grundsätzlich gehalten, alle Probleme, die sich durch das Planvorhaben ergeben, bzw. alle Konflikte, die durch die Planungsentscheidung geschaffen werden, im Planfeststellungsbeschluss zu bewältigen; dabei kann die Konfliktbewältigung auch darin bestehen, dass die Planfeststellungsbehörde die endgültige Problemlösung einem spezialisierten und verbindlichen, auf gesetzlicher Regelung beruhenden Verfahren überlässt (vgl. z. B. BVerwG, Beschluss vom 2. September 2010 – 9 B 11/10 –, NuR 2010, 799 und juris, Rn. 20 sowie Urteil vom 12. August 2009 – 9 A 64/07 –, BVerwGE 134, 308 und juris, Rn. 107, jeweils m.w.N.).
- 149
Indessen handelt es sich bei den vom Kläger behaupteten Folgekonflikten in den Tunnelstrecken zwischen Annweiler und Rinnthal tatsächlich nicht um solche Konflikte bzw. Probleme, die durch die konkret in Rede stehende Planungsentscheidung – den vierstreifigen Ausbau der B 10 im Abschnitt zwischen Godramstein und der A 65 – (bereits) aufgeworfen werden, und zwar weder im Hinblick auf die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs im Bereich der Tunnelstrecken, noch hinsichtlich einer steigenden Belastung der umliegenden Gemeinden sowie von Natur und Landschaft in diesem Bereich durch Verkehrsimmissionen (was der Kläger als Umweltverband im Rahmen seines beschränkten Rügerechts wohl ohnehin allein geltend machen könnte). Vielmehr erweist sich das diesbezügliche Vorbringen des Klägers als bereits in sich widersprüchlich und daher als unschlüssig: Während der Kläger im Übrigen –namentlich zum Bestreiten der Planrechtfertigung sowie im Habitatschutzrecht zum Bestreiten der FFH-Verträglichkeit des Vorhabens – stets geltend macht, die der konkreten Planung zugrunde gelegten Verkehrsuntersuchungen von M. seien aufgrund fehlerhafter Methodik und nicht mehr zutreffender Datengrundlagen zu einer erheblichen Überschätzung der künftigen Verkehrsbelastung auf der (gesamten) B 10 zwischen Pirmasens und Landau gelangt, trägt er im vorliegenden Zusammenhang vor, ausgehend von den „als zutreffend unterstellten“ Aussagen der Verkehrsuntersuchung von M. komme es zu ungelösten Folgekonflikten der abschnittsweisen Ausbauplanung in den Tunnelstrecken, weil diese zu schwerwiegenden Gefahrensituationen infolge einer Kapazitätsüberschreitung in den Tunnelstrecken führe. Dem kann jedoch nicht gefolgt werden: Gerade wenn man die Aussagen der Verkehrsuntersuchungen von M. als richtig unterstellt, geben sie für die Annahme einer nennenswerten Steigerung der Verkehrsbelastung unmittelbar westlich von Godramstein und damit erst recht für eine solche in den noch weiter westlich gelegenen Tunnelstrecken als Folge des Ausbaus im Abschnitt zwischen Godramstein und der A 65 nichts her. Wie sich aus der vom Beklagten im gerichtlichen Verfahren vorgelegten ergänzenden Verkehrsuntersuchung von M. vom 21. Januar 2010 ergibt, mit der als weiterer Planungsfall die Auswirkungen eines vierstreifigen Ausbaus der B 10 in den bereits fertiggestellten Abschnitten zwischen Pirmasens und Hinterweidenthal sowie zusätzlich im vorliegend in Rede stehenden Abschnitt zwischen Godramstein und der A 65 bezogen auf den Planungshorizont 2020 untersucht werden, ist als Folge des (zusätzlichen) Ausbaus lediglich im Abschnitt zwischen Godramstein und der A 65 in den westlich von Godramstein gelegenen Abschnitten insgesamt keine weitere Verkehrsbündelung oder großräumige Verkehrsverlagerung zu erwarten; vielmehr wird als Folge dieser Ausbaustufe westlich von Godramstein eine nur geringe Verkehrszunahme von 300 Kraftfahrzeugen je 24 Stunden (+ 1 %) im Durchgangsverkehr prognostiziert (vgl. dazu die Anlage 1 zum Schriftsatz des Beklagten vom 3. Juni 2011, dortige Seite 4). In einer weiteren Stellungnahme von M. vom 17. November 2011 (Anlage 2 zum Schriftsatz des Beklagten vom 3. Juni 2011, dortige Seite 11 f) wird dieser sehr geringe Verlagerungseffekt eines Ausbaus im planfestgestellten Abschnitt damit begründet, dass sich in Höhe Annweiler (Wilgartswiesen) schon bisher eine Verkehrsscheide bezüglich der Orientierung der Verkehrsteilnehmer einerseits in Richtung Pirmasens, andererseits in Richtung Landau befinde, mit der Folge, dass an dieser Stelle die niedrigsten Verkehrsbelastungen im Zuge der B 10 vorhanden seien und von dort aus in Richtung Westen bzw. in Richtung der A 65 kontinuierlich zunähmen. Grundsätzlich gehen die der Planung zugrunde gelegten Verkehrsuntersuchungen von M. aus den Jahren 2004 und 2005 von einer Verkehrsbelastung im Jahre 2020 im Bereich der zweistreifigen Tunnelstrecken bei Zugrundelegung der Planungsfälle 1 und 2 im Umfang von rund 21.000 bzw. 25.000 Kraftfahrzeugen je 24 Stunden aus. Nach den Vorgaben der einschlägigen Richtlinien für die Sicherheit in Tunnelstrecken (HBS 2001) sei bei dieser Durchflussmenge die Leistungsfähigkeit der Tunnel - lediglich einhergehend mit einer Reduzierung der mittleren Pkw-Reisegeschwindigkeit von 80 auf 65 km/h - gegeben. Legt man diese Einschätzungen von M. - wie vom Kläger in diesem Zusammenhang unterstellt - als richtig zu Grunde, so kann keine Rede davon sein, dass es infolge der als zutreffend unterstellten Aussagen der Verkehrsuntersuchungen zu ungelösten Folgekonflikten der angefochtenen Ausbauplanung in den Tunnelstrecken in Gestalt von zusätzlichen Gefahrensituationen und erheblich ansteigenden Verkehrsimmissionen infolge planungsbedingter Kapazitätsüberschreitungen im Bereich der vier Tunnel kommen wird. Dies gilt im Übrigen erst recht, wenn die Verkehrsuntersuchungen, wie vom Kläger in anderen Zusammenhängen behauptet, von erheblich zu hohen Prognosezahlen sowohl für den jetzt planfestgestellten Abschnitt als auch für die gesamten künftigen Ausbaustrecken ausgegangen sein sollten. Denn in der logischen Konsequenz dieses Vorbringens müsste von geringeren Verkehrsverlagerungen infolge des Ausbaus im planfestgestellten Abschnitt in den westlich von Godramstein befindlichen Teilstrecken und damit auch in den Tunnelstrecken ausgegangen werden.
- 150
Unabhängig davon erscheinen dem Senat die Einschätzungen von M., dass es infolge des vierstreifigen Ausbaus der B 10 in dem nur wenige Kilometer umfassenden Abschnitt zwischen der A 65 und Godramstein (noch) nicht zu nennenswerten Verkehrssteigerungen westlich von Godramstein und damit erst recht nicht zu Lasten der Tunnelstrecken zwischen Annweiler und Rinnthal kommen wird, plausibel und nachvollziehbar begründet. Sie beruhen auf der aus den Ergebnissen der Verkehrszählungen und Verkehrsteilnehmerbefragungen abgeleiteten Feststellung, dass sich bei Annweiler eine „Verkehrsscheide“ bezüglich der Orientierung der Verkehrsteilnehmer einerseits in Richtung Pirmasens und andererseits in Richtung Landau befindet, als deren Folge die Verkehrsbelastung von dieser Stelle aus, an der sie am niedrigsten im gesamten Verlauf der B 10 ist, kontinuierlich in Richtung Westen und in Richtung Osten zunimmt. Diese Grundausrichtung der regionalen Verkehrsströme im Analyse-Nullfall wird auch vom Kläger und dem von ihm beauftragten Unternehmen R. nicht in Frage gestellt. Hiervon ausgehend erscheint es aber naheliegend, dass der vorliegend in Rede stehende vierspurige Ausbau zwischen Godramstein und der A 65 in erster Linie Entlastungswirkungen im Straßennetz rund um die Stadt Landau haben wird und deshalb zu nennenswerten Verkehrsverlagerungen nur aus dem - teilweise nahezu parallellaufenden (wie die K 13) - nachgeordneten Straßennetz in und um Landau auf den ausgebauten Abschnitt führen wird. Hingegen erscheint die Annahme, es könnte bereits als Folge des vierstreifigen Ausbaus nur zwischen der A 65 und Godramstein dauerhaft zu erheblichen Verkehrsverlagerungen des regionalen und sogar des überregionalen Verkehrs (einschließlich des Güterschwerverkehrs) in westlicher Richtung über das vorläufige Ausbauende bei Godramstein hinaus bis zu den Tunnelstrecken kommen, eher fernliegend. Das Problem einer möglichen Überlastung der Tunnelstrecken würde sich vielmehr voraussichtlich erst und nur dann stellen, wenn alle weiteren Teilstrecken zwischen Godramstein und Pirmasens bis auf die Tunnelstrecken vierspurig ausgebaut würden und nur diese dauerhaft unverändert zweispurig blieben. Ein solches Szenario ist indessen in den längerfristigen Ausbauplanungen des Bundes gerade nicht vorgesehen. Vielmehr sieht der von M. in der Verkehrsuntersuchung 2004/2005 untersuchte Planungsfall 4 (Ausbau der Gesamtstrecke zwischen Pirmasens und der A 65) auch den vierstreifigen Ausbau der Tunnelstrecken vor.
- 151
dd. Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss lässt des Weiteren im Hinblick auf die abwägungsfehlerfreie Berücksichtigung sonstiger Belange des Umweltschutzes, namentlich des Schutzes vor Verkehrsimmissionen, keinerlei Defizite erkennen.
- 152
Es ist anerkannt, dass insbesondere Aspekte des Lärmschutzes – über die Beachtung der Vorgaben des zwingenden Rechts (§ 41 des Bundesimmissionsschutzgesetzes - BImSchG) hinaus – auch zusätzlich im Rahmen des fachplanerischen Abwägungsgebots zu berücksichtigen sind (vgl. z. B. BVerwG, Urteil vom 17. März 2005 – 4 A 18/04 –, BVerwGE 123, 152 und juris, Rn. 18). Nichts anderes gilt für sonstige, vom Betrieb eines planfestgestellten Straßenneu- oder -ausbauvorhabens ausgehende Immissionen (Luftschadstoffe, Vibrationen; vgl. dazu z. B. BVerwG, Urteil vom 12. August 2008 – 9 A 64/07 –, BVerwGE 134, 308 und juris, Rn. 107). Da sich das Abwägungsgebot des § 17 Satz 2 FStrG insoweit auf Umweltbelange bezieht, umfasst das Rügerecht eines anerkannten Umweltverbands auch die Geltendmachung diesbezüglicher Abwägungsfehler.
- 153
Vorliegend sind Zweifel an der Bewältigung der planungsbedingten Verkehrsimmissionsproblematik durch den angefochtenen Planfeststellungsbeschluss weder im Hinblick auf die Vorgaben des § 41 BImSchG noch hinsichtlich der diesbezüglichen Anforderungen des Abwägungsgebots angebracht, insbesondere auch vom Kläger nicht näher thematisiert worden.
- 154
Das im Planfeststellungsbeschluss in Kapitel E VII. dargestellte Lärmschutzkonzept stützt sich auf schalltechnische Berechnungen, die gemäß Teil A. VIII., Nr. 28 des Planfeststellungsbeschlusses Bestandteil der festgestellten Planunterlagen sind. Bei der Ermittlung der Beurteilungspegel wurde auf die Verkehrszahlen des Planungsfalls 4 der Verkehrsprognose abgestellt, d. h. auf die Verkehrszahlen eines durchgehenden vierstreifigen Ausbaus der B 10 zwischen der A 62/A 8 (bei Pirmasens) und der A 65 (bei Landau). Aus immissionstechnischer Sicht wurde also eine „Worst-Case-Betrachtung“ vorgenommen und nicht lediglich die prognostizierten Verkehrszahlen infolge des (zunächst) alleinigen Ausbaus des planfestgestellten Abschnitts, sondern die nach dem künftigen Ausbau der Gesamtstrecke prognostizierten maximalen Verkehrszahlen zugrunde gelegt und zu Gunsten der Betroffenen daran orientierte Lärmschutzmaßnahmen vorgesehen. Diese umfassen u. a. entsprechend dimensionierte Lärmschutzwälle und -wände südlich der B 10 zum Schutz der Wohnbebauung „Schützenhof“ sowie am südöstlichen Ortsrand von Godramstein. Weitergehende Forderungen von Einwendern, z. B. nach Lärmschutz im Bereich des Naherholungsgebiets „Reiterwiesen“ oder nach Einbau sog. Flüsterasphalts werden zurückgewiesen. Der Planfeststellungsbeschluss setzt sich auch mit Fragen des Lärmschutzes infolge von Verkehrszunahmen im weiteren Straßennetz sowie mit der Problematik von Summenpegeln auseinander und gelangt in der Gesamtabwägung zum Lärmschutz zu dem Ergebnis, dass die an den einzelnen Immissionsorten verbleibenden Immissionsbeeinträchtigungen hinzunehmen seien. Die Lärmschutzmaßnahmen sind dem Straßenbaulastträger in Kapitel C. V. des Planfeststellungsbeschlusses im Einzelnen auferlegt worden.
- 155
In Kapitel E. VIII. setzt sich der Planfeststellungsbeschluss auch mit der zu erwartenden Luftschadstoffbelastung auseinander und gelangt auf der Grundlage von Planfällen aus der Verkehrsuntersuchung von M. sowie gestützt auf ein Luftschadstoffgutachten zu dem Ergebnis, dass ausbaubedingt – unter Zugrundelegung der prognostizierten Verkehrsentwicklung des planfestgestellten Ausbauabschnitts, aber auch der verkehrlichen Auswirkungen im nachgeordneten Verkehrsnetz – keine wesentlichen Veränderungen der Schadstoffbelastung zu erwarten seien und insbesondere die gesetzlich vorgegebenen Grenzwerte an allen untersuchten Immissionsorten in Wohnbereichen unterschritten werden.
- 156
In der Klagebegründung wird die Frage des Immissionsschutzes, insbesondere des Lärmschutzes, nur dahingehend angesprochen, dass sich aus den behaupteten Mängeln der Verkehrsprognose auch erhebliche Abwägungsmängel in Bezug auf die Gewichtung von Umweltbelangen ergäben, z. B. in Bezug auf den Lärmschutz. Konkrete Rügen in Bezug auf das Lärmschutzkonzept enthält die Klagebegründung nicht; andere Verkehrsimmissionen, etwa Luftschadstoffe, werden nicht näher angesprochen. Mit seinem Vorbringen, die von ihm angenommenen Mängel der Verkehrsprognose hätten erhebliche Abwägungsmängel in Bezug auf die Gewichtung von Umweltbelangen, namentlich eine Fehlgewichtung der Lärmschutzbelange, zur Folge gehabt, vermag der Kläger indessen nicht durchzudringen.
- 157
Zwar setzt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts eine ordnungsgemäße Untersuchung der von einem Straßenbauvorhaben voraussichtlich ausgehenden Geräuschimmissionen voraus, dass die Lärmprognose bzw. die ihr zugrunde liegende Verkehrsprognose mit den zu ihrer Zeit verfügbaren Erkenntnismitteln unter Beachtung der für sie erheblichen Umstände methodisch fachgerecht erstellt worden ist, wobei die Überprüfungsbefugnis des Gerichts sich allein auf die Wahl einer geeigneten fachspezifischen Methode, die zutreffende Ermittlung des der Prognose zugrunde liegenden Sachverhalts und darauf erstreckt, ob das Ergebnis einleuchtend begründet worden ist (vgl. z. B. BVerwG, Beschluss vom 23. Juni 2009 – 9 VR 1.09 –, NVwZ-RR 2009, 753 und Rn. 14). Zugleich hat das Bundesverwaltungsgericht aber deutlich gemacht, dass es, soweit es um die Frage einer Fehlgewichtung der Lärmimmissionsbelastung zu Lasten Dritter geht, nur auf solche Mängel einer Lärm- bzw. Verkehrsprognose ankommen kann, die eine Unterschätzung der Verkehrsentwicklung und damit der mit ihr verbundenen Verkehrsimmissionsbelastung zur Folge haben (vgl. BVerwG, Urteil vom 18. März 2009 – 9 A 39.07 –, BVerwGE 133, 239 und juris, Rn. 104 f).
- 158
Vor diesem Hintergrund erweist sich das Vorbringen des Klägers, die von ihm behaupteten Mängel der Verkehrsprognose hätten auch erhebliche Abwägungsmängel in Bezug auf die Gewichtung der betroffenen Umweltbelange, „insbesondere auch des Schutzes vor Lärmimmissionen und Luftschadstoffen“ (so etwa in seinem Schriftsatz vom 30. März 2015), zur Folge gehabt, als ungeeignet zur Begründung von Abwägungsmängeln, die im Sinne von § 17e Abs. 6 Satz 1 FStrG erheblich, weil auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen sein könnten. Wie im Planfeststellungsbeschluss überzeugend dargestellt, hat die der Planung zugrunde gelegte Verkehrsprognose von M. im Hinblick auf die Ermittlung und Bewertung der beim vierspurigen Ausbau des planfestgestellten Abschnitts zu erwartenden Verkehrslärmimmissionsbelastungen den Charakter einer „Worst-Case-Betrachtung“, weil sich die Planfeststellungsbehörde bei der Ausgestaltung ihres Lärmschutzkonzepts an der nach der Verkehrsprognose größtmöglichen Verkehrsbelastung der B 10 orientiert hat, nämlich am Planungsfall 4 der Verkehrsuntersuchung 2004/2005, der einen durchgängigen vierstreifigen Ausbau der B 10 zwischen Pirmasens und der A 65 voraussetzt. Auf diese Weise ist sichergestellt worden, dass bereits im angefochtenen Planfeststellungsbeschluss für den Abschnitt zwischen Godramstein und der A 65 ein am Planungsfall 4 ausgerichtetes Lärmschutzkonzept entwickelt und planfestgestellt worden ist. Es ist nicht ersichtlich, dass bei dieser Vorgehensweise die Auswirkungen des Vorhabens in Bezug auf Verkehrsimmissionen unterschätzt worden sein könnten. Dies wäre umgekehrt nur vorstellbar, wenn der Planfeststellungsbeschluss von einer zu geringen Verkehrsbelastung ausgegangen wäre. Ein solches Szenario wird indessen vom Kläger nicht vorgetragen; vielmehr erhebt er stets umgekehrt den Vorwurf, es sei von zu hohen Erwartungen hinsichtlich des künftigen Verkehrsaufkommens ausgegangen worden. Die vom Kläger insoweit behaupteten Mängel der der Planung zugrunde gelegten Verkehrsprognose sind aber von vornherein nicht geeignet, eine fehlerhafte Gewichtung der Verkehrsimmissionsbelastung im Sinne einer in diesem Zusammenhang allein relevanten Unterschätzung zu begründen. Daher kommt es auch hier auf die Berechtigung der Detailrügen des Klägers in Bezug auf die Verkehrsuntersuchungen von M. nicht an.
- 159
ee. Anders, als der Kläger meint, leidet der angefochtene Planfeststellungsbeschluss schließlich auch nicht an einer fehlerhaften Gesamtabwägung.
- 160
Der Planfeststellungsbeschluss begegnet vielmehr auch unter dem Gesichtspunkt der Gesamtabwägung aller betroffenen öffentlichen und privaten Belange keinen Bedenken. Die Planfeststellungsbehörde ist ohne Abwägungsfehler davon ausgegangen, dass die für das Vorhaben sprechenden verkehrlichen Belange angesichts der gesetzlichen Bedarfsfeststellung und der den vierstreifigen Ausbau bereits rechtfertigenden Ist-Belastung des planfestgestellten Abschnitts einerseits, des nicht zu beanstandenden umfassenden Maßnahmenkonzepts zur Vermeidung, Minderung oder Kompensation von Eingriffen in die Umwelt, aber auch von Beeinträchtigungen privater Dritter namentlich durch Verkehrsimmissionen andererseits die mit dem Vorhaben verbundenen verbleibenden Beeinträchtigungen deutlich überwiegen.
- 161
Der Kläger versucht, unter dem Aspekt einer fehlerhaften Gesamtabwägung eine Verletzung des Gebots gerechter Abwägung aller betroffenen privaten und öffentlichen Belange gemäß § 17 Satz 2 FStrG daraus herzuleiten, dass die aus seiner Sicht mangelhafte Verkehrsprognose zu einer Abwägungsdisproportionalität geführt habe, weil nicht fehlerfrei bestimmt worden sei, welches Gewicht den für das Vorhaben sprechenden verkehrlichen Belangen im Verhältnis zur Gewichtung der Eingriffe in die Rechtssphäre einer Vielzahl von Betroffenen sowie in eine Vielzahl von Belangen des Umweltschutzes zukomme.
- 162
Dem kann nicht gefolgt werden. Es erscheint bereits zweifelhaft, ob der Kläger, nachdem seine Kritik an Methodik und Datengrundlage der Verkehrsuntersuchungen von M. – wie dargelegt – weder im Zusammenhang mit der Planrechtfertigung noch im Rahmen des Habitat- und Artenschutzrechtes durchgreift, im Rahmen seines nach § 2 Abs. 1 UmwRG eingeschränkten Rügerechts befugt ist, angebliche Mängel der Verkehrsprognose unter dem Aspekt fehlerhafter Gesamtabwägung gleichsam losgelöst von der Darlegung negativer Auswirkungen auf konkrete Umweltbelange geltend zu machen. Jedenfalls sind nach Überzeugung des Senats durchgreifende Bedenken an Methodik, Datengrundlage und Begründung des Prognoseergebnisses der der Planung zugrundeliegenden Verkehrsuntersuchungen nicht veranlasst.
- 163
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts unterliegen Verkehrsprognosen nur eingeschränkter gerichtlicher Kontrolle: Sie sind lediglich darauf zu überprüfen, ob sie methodisch einwandfrei erarbeitet worden sind, nicht auf unrealistischen Annahmen beruhen und ob das Prognoseergebnis einleuchtend begründet worden ist (vgl. z.B. BVerwG, Beschluss vom 15. März 2013 – 9 B 30.12 –, juris, Rn. 10 und Urteil vom 18. März 2009 – 9 A 39.07 –, BVerwGE 133, 239 und juris, Rn. 105 sowie Urteil vom 9. Juni 2010 – 9 A 20.08 –, NuR 2010, 870 und juris, Rn. 73, jeweils m.w.N.).
- 164
Zwar greift der Kläger die im Auftrag des Vorhabenträgers erstellten Verkehrsuntersuchungen von M. unter Bezugnahme auf diverse Stellungnahmen des Büros R. unter allen diesen Gesichtspunkten detailliert an, so insbesondere in den Schriftsätzen vom 31. Januar 2011 unter Bezugnahme auf eine als Anlage 5 hierzu vorgelegte Stellungnahme von R. vom Januar 2011, und im Schriftsatz vom 31. Oktober 2014 unter Bezugnahme auf weitere Stellungnahmen von R. vom Februar 2011, vom Juli 2014 und vom September 2014. Der Beklagte ist seinerseits allen Kritikpunkten eingehend unter Vorlage von Erwiderungen und ergänzenden Stellungnahmen insbesondere von M. und dem Landesbetrieb Mobilität entgegengetreten; dabei hat er auf aus seiner Sicht bestehende gravierende Fehler von R. hingewiesen, so namentlich mit Schriftsatz vom 3. Juni 2011, unter Bezugnahme auf die als Anlagen 5 und 6 zu diesem vorgelegten Stellungnahmen von M. vom 17. März 2011, mit Schriftsatz vom 22. März 2011 unter Bezugnahme auf die als Anlagen 5 und 6 hierzu vorgelegten Stellungnahmen des LBM vom 1. April 2011; schließlich mit Schriftsatz vom 18. Februar 2015, unter Bezugnahme auf weitere Stellungnahmen des LBM, von M. und von V..
- 165
Vor dem Hintergrund der nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nur sehr eingeschränkten gerichtlichen Überprüfungsbefugnis hinsichtlich Verkehrsprognosen, des Umstands, dass es nach dieser Rechtsprechung ohnehin keine gesetzliche Vorgabe gibt, nach welchen Methoden eine Verkehrsprognose im Einzelnen zu erstellen ist (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 23. April 2014 – 9 A 25.12 –, BVerwGE 149, 289 und juris, Rn. 30), und weil im Übrigen Verkehrsprognosen – wie alle Verkehrsprognosen – keiner Richtigkeitsgewähr unterliegen (vgl. z.B. BVerwG, Beschluss vom 28. November 2013 – 9 B 14.13 –, DVBl. 2014, 237 und juris, Rn. 7) sowie unter Berücksichtigung des eingeschränkten Rügerechts des Klägers besteht indessen keine Veranlassung, in allen Einzelheiten auf die Kritikpunkte des Klägers und des von ihm beauftragten Büros R. einzugehen. Dies widerspräche nicht zuletzt auch der vom Bundesverwaltungsgericht betonten Absicht des Gesetzgebers, mit der gesetzlichen Bedarfsfeststellung auch einen nachfolgenden Verwaltungsprozess von einem Gutachterstreit über die „richtigere“ Verkehrsprognose zu entlasten (vgl. BVerwG, Urteil vom 3. Mai 2013, a.a.O., Rn. 24).
- 166
Vielmehr sind aus Sicht des Senats nur die nachfolgenden Feststellungen veranlasst: Das vom Vorhabenträger mit der Erstellung der Verkehrsuntersuchungen beauftragte Büro M. hat namentlich in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 19. Januar 2015 (vorgelegt als Anlage 10 zum Schriftsatz des Beklagten vom 18. Februar 2015) noch einmal – unter Vertiefung der in den Verkehrsuntersuchungen 2004/2005 und 2013 hierzu bereits enthaltenen Angaben – die Methodik der von ihr erstellten Verkehrsuntersuchungen näher erläutert. Die danach im Wesentlichen auf empirischen Erhebungen (Verkehrszählungen, Verkehrsteilnehmerbefragungen, Ermittlungen zur siedlungsstrukturellen Entwicklung etc.) beruhende Methodik der Erstellung einer Verkehrsuntersuchung wird, wie der Beklagte und der Vertreter von M. unwidersprochen dargelegt haben, seit Jahrzehnten angewandt und hat sich – wie Vergleiche früherer Prognoseergebnisse mit der tatsächlichen Verkehrsentwicklung belegt haben – im Wesentlichen bewährt. Demgegenüber haben der Kläger und die Vertreter von R. auch in der mündlichen Verhandlung nicht konkret darzulegen vermocht, dass und in welcher Hinsicht die von ihnen favorisierte sog. synthetische Vorgehensweise im konkreten Planungsfall zu in relevantem Umfang abweichenden Prognoseergebnissen geführt hätte.
- 167
Bestehen danach keine durchgreifenden Bedenken an der methodischen Erarbeitung der der Planung zugrunde gelegten Verkehrsuntersuchungen, so ist im Übrigen aus Sicht des Senats auch nicht ersichtlich oder vom Kläger nachvollziehbar dargelegt worden, dass die Verkehrsprognosen in ergebnisrelevantem Umfang auf unrealistischen Annahmen beruhen könnten oder weshalb das Prognoseergebnis nicht einleuchtend begründet worden sein sollte.
- 168
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
- 169
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten beruht auf §§ 167 VwGO, 708 ff. ZPO.
- 170
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil Gründe der in § 132 Abs. 2 VwGO bezeichneten Art nicht vorliegen.
Beschluss
- 171
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 25.000,00 € festgesetzt (§ 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 34.4 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013, abgedruckt in LKRZ 2014, 169).
(1) Neue Kreuzungen von Eisenbahnen und Straßen, die nach der Beschaffenheit ihrer Fahrbahn geeignet und dazu bestimmt sind, einen allgemeinen Kraftfahrzeugverkehr aufzunehmen, sind als Überführungen herzustellen.
(2) In Einzelfällen, insbesondere bei schwachem Verkehr, kann die Anordnungsbehörde Ausnahmen zulassen. Dabei kann angeordnet werden, welche Sicherungsmaßnahmen an der Kreuzung mindestens zu treffen sind.
(3) Eine Kreuzung im Sinne des Absatzes 1 ist neu, wenn einer der beiden Verkehrswege oder beide Verkehrswege neu angelegt werden.
Tenor
Die Berufungen der Kläger gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 29. Juli 2010 - 8 K 2721/08 - werden zurückgewiesen.
Von den Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Klägerin zu 1 15/36, der Kläger zu 2 17/36 und die Klägerinnen zu 3 und 4 je 1/18 mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen, der diese auf sich behält.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
|
Entscheidungsgründe
| |||||
| |||||
|
| ||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
|
| ||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
|
Gründe
| |||||
| |||||
|
| ||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
|
| ||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
|
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens je zur Hälfte.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung jeweils in gleicher Höhe Sicherheit leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Tatbestand:
2Die Kläger wenden sich gegen den Planfeststellungsbeschluss des Beklagten vom 30. September 2011, mit dem der Ausbau der Bundesstraße 51 (B 51) dritter Bauabschnitt von Bau-km 5+100 bis Bau-km 7+700 einschließlich des Verknüpfungsbereiches mit der Landesstraße 793 (L 793) ‑ X. Straße ‑ von Bau-km 0+000 bis Bau-km 0+600 und der Neubau der Bundesstraße 481 (B 481n) von Bau-km 7+700 bis Bau-km 11+340 planfestgestellt worden ist.
3Die in den Jahren 1954 bis 1962 gebaute Umgehungsstraße im Zuge der B 51 führt südlich bzw. östlich um N. herum. Sie war zunächst eine zweistrei-fige und anbaufreie Strecke, die an dem an der X1. Straße endenden Zubringer zum Autobahnkreuz N. -Süd im Südwesten N1. beginnt und bis zur X2. Straße im Osten der Stadt verläuft. Sie ist aufgrund von Planfeststellungsbeschlüssen vom 12. Januar 1989 und 1. März 1995 in zwei Bauabschnitten bis Bau-km 5+100 vierstreifig ausgebaut worden. Der nun planfestgestellte Abschnitt schließt sich nach Nordosten an und sieht den vierstrei-figen Ausbau bis zur X2. Straße frei von Zufahrten und ohne Erschließungsfunktion für die angrenzenden Grundstücke vor, ferner den Neubau des Knotenpunktes B 51/B 481n/X2. Straße und den zweistreifigen Neubau der B 481n bis zum T. Damm im Norden der Stadt N. .
4Das planfestgestellte Vorhaben ist im Bedarfsplan zum Fernstraßenausbaugesetz als vordringlicher Bedarf ausgewiesen.
5Die Klägerin zu 1. ist Eigentümerin des Grundstücks C.-----weg 9 (Gemarkung N. , Flur 135, Flurstück 13) mit einer Gesamtgröße von 1102 qm, das mit einem Wohnhaus bebaut ist. Zum Haus gehört auch ein rund 80 qm großer selbst genutzter gewerblicher Teil. Das Haus wurde 1938 erbaut; die Klägerin erwarb das Grundstück im Jahr 1994. Das Grundstück liegt unmittelbar östlich der vierstreifig auszubauenden Trasse der B 51 zwischen Bau-km 6+927 und 6+950. Auf die ursprünglich vorgesehene Inanspruchnahme von 18 qm (dauerhaft) sowie 45 qm für die Baudurchführung wurde durch Planänderungsbescheid vom 12. August 2014 verzichtet. Nach den geänderten Planunterlagen soll zwischen der Trasse und dem Grundstück der Klägerin eine Lärmschutzwand in Höhe von 5,5 m errichtet werden, die einen Abstand zur Grenze des Grundstücks der Klägerin von ca. 1,7 m einhält.
6Nach der lärmtechnischen Unterlage vom 2. Mai 2007 wurden für das Grundstück C.-----weg 9 folgende Beurteilungspegel berechnet:
7Hausfront/Himmelsrichtung |
Stockwerk |
Prognose in dB(A) mit Lärmschutz Tag Nacht |
W |
EG |
55 47 |
W |
1. OG |
56 48 |
Dabei ging der Vorhabenträger davon aus, dass das Grundstück der Klägerin zu 1. in einem allgemeinen Wohngebiet liegt.
9Der Kläger zu 2. ist Eigentümer des mit einem Wohnhaus bebauten Grundstücks N2.---straße 28 (Gemarkung N. , Flur 132, Flurstück 64). Es liegt etwa 90 m östlich der Trasse der B 51 in Höhe von Bau-km 7+368. Das Wohnhaus wurde Anfang der 1970-er Jahre errichtet. Der Kläger zu 2. erwarb das Grundstück im Jahr 2010. Eine Inanspruchnahme des Grundstücks für die Baumaßnahme ist nicht vorgesehen.
10Nach den Planunterlagen wurden für das Grundstück N2.---straße 28 folgende Beurteilungspegel berechnet:
11Hausfront/Himmelsrichtung |
Stockwerk |
Prognose in dB(A) mit Lärmschutz Tag Nacht |
W |
EG |
60 52 |
W |
1. OG |
60 53 |
Dabei ging der Vorhabenträger davon aus, dass das Grundstück im Außenbereich liegt.
13Das Planfeststellungsverfahren für den vierstreifigen Ausbau der B 51 und den Neubau der B 481n wurde im Dezember 2005 eingeleitet. Die Planunterlagen lagen vom 13. Februar 2006 bis 13. März 2006 in der Stadt N. öffentlich aus.
14Die vorherige öffentliche Bekanntmachung erschien mit einer Ergänzungslieferung im Amtsblatt der Stadt N. Nr. 3 vom 10. Februar 2006. Ob diese Ergänzungslieferung bereits am 10. Februar 2006 oder erst am 14. Februar 2006 veröffentlicht wurde, ist zwischen den Beteiligten streitig. Die Bekanntmachung enthielt u. a. einen Hinweis auf die vierwöchige Einwendungsfrist, die am 10. April 2006 ablaufe, und den Ausschluss verspäteter Einwendungen. Unter Nr. 6 heißt es: „Die Nrn. 1, 2, 3 und 5 gelten für die Anhörung der Öffentlichkeit zu den Umweltauswirkungen des Bauvorhabens nach § 9 Abs. 1 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung entsprechend.“
15Die Klägerin zu 1. erhob gegen die Planung mit Schreiben vom 5. April 2006 im Wesentlichen folgende Einwendungen: Die Bekanntmachung der Planfeststellung sei erst erfolgt, nachdem die Auslegung des Planes am 13. Februar 2006 bereits begonnen habe. Die entsprechende Ausgabe des Amtsblattes Nr. 3 der Stadt N. sei erst am 14. Februar 2006 erschienen. Eine Veröffentlichung in örtlichen Tageszeitungen nach § 72 Abs. 2 VwVfG NRW sei unterblieben. Es bestehe eine Verpflichtung aus § 2 Abs. 3a FStrG, die B 51 im geplanten Abschnitt zur Autobahn aufzustufen. Die prognostizierte Verkehrsbelastung sei nur unzulänglich ermittelt worden. Eine Straße im Autobahnformat ziehe mehr Verkehr an als übliche Bundesstraßen. Daher seien die Tabellenwerte der 16. BImSchV für Autobahnen heranzuziehen. Der Prognosehorizont sei nicht ausreichend lang festgelegt. Die Ergebnisse der Umweltverträglichkeitsstudie von 1993 seien missachtet worden. Diese habe eine Vollabdeckung der Straße oder eine Ausführung als „Züblin“-Tunnel in einer Tieflage von 5 oder 6 m gefordert. Die Strukturdaten, die der Verkehrsbelastung zu Grunde gelegt worden seien, würden im Plan nicht korrekt benannt. Der häufigere Lieferverkehr zu den Betrieben sei nicht erfasst worden. Die Einwohnerzahl für N. für das Jahr 2010 sei mit nur 254.000 angesetzt; das sei eindeutig zu wenig. Die Auswirkungen der neuesten Verkehrszählung aus dem Jahr 2005 seien nicht berücksichtigt worden. Es sei nicht geprüft worden, ob die Baumaßnahme unter Ausschluss des laufenden Verkehrs zügig durchgeführt werden und zusätzlich erhebliche Einsparungen erzielt werden könnten, die in einen Lärmschutzdeckel investiert werden könnten. Die erforderlichen Ausgleichsmaßnahmen würden nicht in vollem Umfang im Nahbereich des Eingriffs realisiert. Die Verpflichtung könne vor Ort in der Form der Mitfinanzierung eines zu begrünenden Lärmschutzdeckels über der B 51 erfolgen. Die Möglichkeit, den aktiven Lärmschutz im Sinne der Vorgabe nach Ziffer 10.2 Abs. 1 VLärmSchR 97 nicht bis zum Äußersten auszureizen, sei nicht genutzt worden. Von den jetzt im Plan erfassten 165 Wohngebäuden seien bereits 79 Gebäude auf genau 49 dB(A) berechnet. Schon bei geringsten Veränderungen bei den Berechnungsmodalitäten würden die Grenzwerte für weitere Gebäude überschritten. In bisherigen Verkehrsgutachten zu Grunde gelegte Rahmenbedingungen, die sich schon in der Vergangenheit nicht bestätigt hätten, seien nicht berichtigt worden. Auch die Verkehrszunahme durch die Entlastungsstraße Nord sei nicht berücksichtigt worden. Der außerordentliche Zugang an Lkw-Verkehr durch „Mautflüchtlinge“ sei nicht erfasst. Alle Parameter der Lärmberechnung seien konkret zu benennen und bürgerfreundlich zu erläutern. Die Troglage entspreche wegen der geringen Tiefe von nur 2 m nicht den Vorgaben der Umweltverträglichkeitsstudie von 1993. Die Lärmschutzwände böten keinen ausreichenden Schutz, ihre Höhe sei in reinen Wohngebieten unzumutbar. Die Planungsvorschrift des § 50 BImSchG sei missachtet worden. Dies könne nur über § 41 Abs. 1 BImSchG durch eine abgedeckte Tieflage als Maßnahme nach dem Stand der Technik ausgeglichen werden. Die Stadt N. habe zugesagt, sich an den Kosten zu beteiligen. Die Gesundheitsgefahren seien im Erläuterungsbericht nicht ausreichend kritisch gewürdigt worden. In N. sei die Feinstaubbelastung bereits erheblich. Im Erläuterungsbericht fehle die konkrete Angabe der Verfahren und Maschinen, die besonders lärm- und erschütterungsarm eingesetzt werden könnten. Im Ergebnis ergebe eine Durchsicht der Planunterlagen, dass Abwägung und Konfliktbewältigung misslungen seien, sich jedoch die Mängel im Deckblattverfahren durch eine weiter vertiefte abgedeckte Gradiente beheben ließen.
16Der frühere Eigentümer des Grundstücks N2.---straße 28 und Rechtsvorgänger des Klägers zu 2., Herr V. S. , erhob gegen die Planung mit Schreiben vom 29. März 2006 im Wesentlichen folgende Einwendungen: Das Gebäude N2.---straße 28 sei auf Grundlage einer rechtskräftigen Baugenehmigung als hochwertige Villa geplant und gebaut worden. Die Planungen sähen weder aktiven noch passiven Lärmschutz vor. Es werde durch Lärm und Abgase zu einer erheblichen Beeinträchtigung des Wohnwertes und damit auch des Grundstückswertes kommen. Die für die Ermittlung der notwenigen Schallschutzmaßnahmen zu Grunde gelegten Verkehrszahlen und die sich daraus ergebenden Lärmbelastungen würden angezweifelt. Das Grundstück sei wegen der überwiegend westlichen Windrichtungen besonders belastet. Es sei ein erheblich höherer Verkehrszuwachs als in den jetzigen Prognosen zu erwarten, insbesondere beim Lkw-Verkehr. Mit der Umsetzung der Planung würden seine Rechte auf körperliche Unversehrtheit und Eigentum verletzt.
17Auf Grund von Einwendungen sowie Stellungnahmen und Vorschlägen der Träger öffentlicher Belange wurde das Deckblatt I ins Verfahren eingebracht. Neben Änderungen bei der Anschlussstelle X. Straße, der wassertechnischen Berechnung, der Erweiterung der Ausgleichsflächen im Landschaftspflegerischen Begleitplan und einer Schadstoffabschätzung hat es eine Aktualisierung der Verkehrsprognose vom 11. September 2006 zum Gegenstand, die nunmehr auf das Prognosejahr 2020 abstellt. Als Folge ergaben sich Änderungen bei den aktiven Lärmschutzmaßnahmen; ferner wurde für den Bereich Bau-km 5+100 bis Bau-km 7+300 eine offenporige Asphaltdeckschicht mit einem Korrekturwert DStrO von - 5 dB(A) vorgesehen.
18Die geänderten Planunterlagen lagen vom 21. Mai 2007 bis 20. Juni 2007 öffentlich aus. Unter Nr. 8 der öffentlichen Bekanntmachung heißt es: „Da das Verfahren UVP-pflichtig ist, wird darauf hingewiesen,
19- dass die für das Verfahren zuständige Behörde die Bezirksregierung N. und die für die Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens zuständige Behörde das Ministerium für Bauen und Verkehr des Landes NRW ist,
20- dass über die Zulässigkeit des Vorhabens durch Planfeststellungsbeschluss entschieden werden wird,
21- dass die ausgelegten Planunterlagen die nach § 6 Abs. 3 UVPG notwendigen Angaben enthalten und
22- dass die Anhörung zu den ausgelegten Planunterlagen auch die Einbeziehung der Öffentlichkeit zu den Umweltauswirkungen des Vorhabens gemäß § 9 Abs. 1 UVPG ist.“
23Die Klägerin zu 1. erhob in diesem Verfahrensabschnitt keine Einwendungen.
24Mit Schreiben vom 13. Juli 2007 erhob der Rechtsvorgänger des Klägers zu 2. nach Auslegung der geänderten Planunterlagen im Deckblatt I‑Verfahren folgende Einwendungen: Die Verletzung seiner Rechte werde durch die neuen vorgesehenen Änderungen nicht behoben. Die Verkehrsprognose von September 2006 setze die Belastung weiterhin zu niedrig an. Der Verkehr werde weiter steigen, insbesondere wenn der Bau weiterer Straßen abgeschlossen sei. Umleitungs- und Schleichverkehre müssten außerdem noch berücksichtigt werden. Die Einwohnerzahl von N. sei mit 254.000 zu niedrig angesetzt. Die verkehrserhöhende Entlastungsstraße Nord sei nicht aufgeführt. Weitere zusätzliche Verkehre seien nicht berücksichtigt. Insbesondere der Lkw-Anteil werde deutlicher zunehmen als angenommen. Die Einstufung der neuen Straße als Autobahn sei noch immer nicht diskutiert worden. Die prognostizierte Verkehrsbelastung sei abermals nur unzulänglich ermittelt worden. Der Prognosehorizont sei noch immer nicht ausreichend lang festgelegt. Der Lärmschutz müsse sich an der Leistungsmöglichkeit der Straße von bis zu 60.000 Kfz/h orientieren. Für den Einsatz offenporigen Asphaltbetons sei eine dauerhafte Lärmminderung noch nicht nachgewiesen. Die Belastbarkeit sei gering und der Wartungs- und Erneuerungsaufwand hoch. Die Dauer der Haltbarkeit des Belages werde nicht garantiert. In der lärmtechnischen Unterlage sei die sogenannte senkrechte Auswirkung des Lärms nicht berücksichtigt worden. Die im Planungsverfahren vorgeschriebene Bürgerbeteiligung im Stadium der Entwurfsplanung habe trotz mündlicher und schriftlicher Erinnerungen nicht stattgefunden. Im Rahmen der Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen könne ein Lärmschutzdeckel finanziert werden. Bei einer Trassenführung östlich des Bahndamms der Bundesbahn hätte dieser hohe Bahndamm als Lärmschutz zur Verfügung gestanden. Hierdurch wäre auch der Forderung entsprochen worden, zwei parallel führbare Lärmerzeuger zu bündeln. Die Unterlagen ließen nicht erkennen, wie es während der Bauzeit um den Verkehrs-, Baustellenlärm sowie die Erschütterungen bestellt sein werde. Ein Bauen ohne Verkehr sei hilfreich. Die Schadstoffabschätzung sei unzulänglich. Sie gehe von einem zu geringen Verkehr aus. Die zulässigen Feinstaubwerte würden überschritten. Für sein Grundstück sei ein aktiver Schallschutz unerlässlich.
25In der Zeit vom 24. bis 27. Februar 2009 führte die Bezirksregierung N. nach vorheriger persönlicher Einladung und öffentlicher Bekanntmachung einen Erörterungstermin durch. Weder die Klägerin zu 1. noch der Rechtsvorgänger des Klägers zu 2. nahmen an diesem Termin teil.
26Als Ergebnis des Erörterungstermins und aus Anlass von Stellungnahmen und Einwendungen führte der Vorhabenträger die Deckblätter II bis X in das Verfahren ein, die nicht öffentlich ausgelegen haben; Betroffene wurden benachrichtigt. Die Kläger erhoben insoweit keine weiteren Einwendungen.
27Mit Beschluss vom 30. September 2011 stellte die Bezirksregierung N. den Plan für den Ausbau der B 51 bzw. den Neubau der B 481n im fraglichen Abschnitt fest. Gleichzeitig setzte sie den in § 17e Abs. 2 Satz 1 FStrG für Vorhaben des vordringlichen Bedarfs vorgesehenen Sofortvollzug vorübergehend aus, da Haushaltsmittel für die Realisierung des Vorhabens noch nicht bereitstanden. Die Einwendungen der Kläger wurden zurückgewiesen. Das Grundstück des Klägers zu 2. liege entsprechend der Auskunft der Stadt N. im unbeplanten Außenbereich. Daher werde seine Forderung nach weiteren aktiven Lärmschutzmaßnahmen zurückgewiesen.
28Der Planfeststellungsbeschluss lag nach vorheriger öffentlicher Bekanntmachung in der Zeit vom 7. bis 20. Dezember 2011 bei den Städten N. und U. öffentlich aus.
29Am 20. Januar 2012 haben die Kläger Klage erhoben.
30Mit Planänderungsbescheid vom 12. August 2014 verzichtete der Beklagte auf die Inanspruchnahme mehrerer Grundstücke, u. a. des Grundstücks der Klägerin zu 1. Am 12. September 2014 haben die Kläger ihre Klage auf diesen Planänderungsbescheid erstreckt.
31Mit Bescheid vom 14. August 2014 hob der Beklagte die Aussetzung der Vollziehung des Planfeststellungsbeschlusses für den Ausbau der B 51 teilweise auf. Den Antrag der Kläger auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage lehnte der Senat mit Beschluss vom 4. November 2014 ab (11 B 1086/14.AK).
32Die Kläger beziehen sich zur Begründung ihrer Klage zunächst vollinhaltlich auf ihre Einwendungen im Verwaltungsverfahren und machen diese zum Gegenstand der Klagebegründung. Darüber hinaus tragen sie insbesondere vor:
33Sie seien mit ihren Einwendungen nicht präkludiert. In der Bekanntmachung zum Deckblatt I-Verfahren gebe es keinen Hinweis darauf, dass die Lärmschutzgrundlagen durch das Deckblatt-Verfahren hätten komplett ersetzt werden sollen. Die erhobenen Einwendungen hätten daher weitergegolten. Der Kläger zu 2. habe als Laie bei der ersten Öffentlichkeitsbeteiligung ausreichende Einwendungen erhoben. Die Öffentlichkeitsbeteiligung sei sowohl bei der ersten Auslegung 2006 als auch für das Deckblatt I im Jahr 2007 nicht rechtmäßig abgelaufen. Die Bekanntmachung der ersten Auslegung vom 13. Februar bis 13. März 2006 sei erst erfolgt, nachdem die Auslegung bereits begonnen habe. Die Bekanntmachung sei in einer „zweiten Auflage“ des Amtsblattes der Stadt N. enthalten gewesen, die mit „Ergänzungslieferung“ überschrieben gewesen sei. Diese sei nicht schon am Freitag, den 10. Februar 2006, sondern erst am 14. Februar 2006 veröffentlicht worden. Eine frühere Bekanntmachung sei auch gar nicht möglich gewesen und widerspreche der Lebenserfahrung. Daher sei die Monatsfrist für die Auslegung der Unterlagen unterschritten. Selbst wenn die Bekanntmachung noch am 10. Februar 2006 erfolgt sei, fehle es an der erforderlichen Anstoßwirkung für die Öffentlichkeit, wenn die öffentliche Auslegung am folgenden Montag beginne. Daher könne ein Einwendungsausschluss von vornherein nicht greifen.
34Die öffentliche Bekanntmachung verstoße zudem gegen Vorgaben des damals direkt geltenden Art. 6 Abs. 2 der UVP-Richtlinie. Die Bekanntmachung nehme nur in einem Satz auf die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) Bezug. Dies werde den europäischen Vorgaben in zeitlicher Hinsicht nicht gerecht. Es werde auch nicht klar gesagt, dass das Vorhaben einer UVP unterstehe, noch gebe es Angaben über die Verfügbarkeit der Informationen, die gemäß Art. 5 der UVP-Richtlinie eingeholt worden seien. Die Auslegung im Jahr 2007 könne diese Fehler nicht heilen, denn sie habe nur die Änderungen des Deckblattes I betroffen. Zwar sei nunmehr ausdrücklich auf die UVP-Pflicht hingewiesen worden, es sei aber in keiner Weise mitgeteilt worden, welche Dokumente auslägen. Beide Auslegungen hätten inhaltlich nicht den Anforderungen der §§ 9 Abs. 1b und 6 Abs. 3 UVPG und der UVP-Richtlinie in der damals geltenden Fassung entsprochen. Bei der ersten Auslegung hätten z. B. entscheidungserhebliche Berichte und Empfehlungen wie die Verkehrsuntersuchung gefehlt. Es werde bestritten, dass die Umweltverträglichkeitsstudie (UVS)1993 ausgelegen habe. Die Auslegung im Jahr 1994 reiche nicht aus. Die UVS 1993 sei nach den damals geltenden Anforderungen unzureichend gewesen. Es fehlten Variantenprüfungen und die Ermittlung und Prüfung der erheblichen, jedoch noch nicht unzumutbaren bzw. grenzüberschreitenden Umweltauswirkungen. Die zweite Auslegung werde den inhaltlichen Anforderungen erst recht nicht gerecht. Die hier ausgelegten Unterlagen einschließlich des Erläuterungsberichtes und des Landschaftspflegerischen Begleitplanes hätten sich nur auf die Änderungen im Deckblattverfahren I bezogen. Es fehle u. a. an einer allgemein verständlichen Zusammenfassung. Der nebulöse Verweis des Beklagten auf angebliche Internetveröffentlichungen führe nicht weiter. Bei beiden Auslegungen fehle eine inhaltlich ausreichende UVS, die beispielsweise die betrachteten Varianten für die B 51 einschließlich Tunnellösung (und nicht nur für die B 481n) darstelle, obwohl der Beklagte derartige Varianten geprüft habe. Selbst wenn man den Ansatz einer angeblich in den übrigen Planfeststellungsunterlagen inbegriffenen UVS für ausreichend halte, was höchst zweifelhaft sei, sei den damaligen Anforderungen der UVP-Richtlinie nicht entsprochen worden, das zeige das Beispiel der untersuchten Varianten besonders deutlich. Die Beteiligung der Öffentlichkeit sei zwingender Bestandteil des UVP-Verfahrens. Sie könne nach Ergehen des Planfeststellungsbeschlusses nicht mehr nachgeholt werden. Die Öffentlichkeit könne auch die verfahrensrechtliche Rechtmäßigkeit von Entscheidungen anfechten, für die die Öffentlichkeitsbeteiligung gelte. Die Bezugnahme im Planfeststellungsbeschluss auf eine UVS aus dem Jahr 1993 erscheine geradezu absurd. Die UVS gehe von 31.000 Kfz/24h aus, der Planfeststellungsbeschluss hingegen von 50.560 Kfz/ 24h. Zudem habe die UVS eine Vollabdeckung mit Überschüttungsmöglichkeit vorgesehen, die nicht planfestgestellt worden sei. Die Stadt N. habe der Planung ausdrücklich vor dem Hintergrund des Ergebnisses einer abgedeckten Troglage zugestimmt. Diese Lösung habe daher nicht im Erläuterungsbericht mit einem Satz ausgeschlossen werden dürfen. Aufgrund neuerer Rechtsprechung könne der Beklagte sich nicht darauf berufen, dass es an einer Kausalität zwischen Fehler und Planfeststellungsbeschluss fehle. Da es um zentrale Bestandteile der europäischen Beteiligungsanforderungen gehe, sei der Planfeststellungsbeschluss allein deshalb zumindest für rechtswidrig und nicht vollziehbar zu erklären.
35Es sei eine neue Linienbestimmung erforderlich gewesen, da mit der B 481n eine neue Bundesfernstraßenverbindung geschaffen werde, die im Hinblick auf die nach § 15 Abs. 1 Satz 3 UVPG in der Umweltverträglichkeitsprüfung zur Linienbestimmung zu prüfenden, ernsthaft in Betracht kommenden Trassenvarianten einer einheitlichen Betrachtung mit der Planung der B 51 bedürfe. Die Variantenprüfung der Linienbestimmung sei in der Planfeststellung wieder aufzugreifen und in dem gebotenen Umfang und im Detail zu konkretisieren. Die Bezugnahme auf eine Linienbestimmung vom 14. Dezember 1967 für die B 481n und das Ergebnis der damaligen UVP sei verfahrensfehlerhaft, weil es damals eine UVP im Sinne des heutigen Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung noch gar nicht gegeben habe. Daher sei im Ergebnis vom Fehlen der UVP in der Linienbestimmung mitsamt der gesetzlich vorgesehenen Trassenvariantenprüfung auszugehen. Eine Linienbestimmung fehle damit insgesamt.
36Der Planfeststellungsbeschluss genüge nicht dem Abwägungsgebot des § 17 Satz 2 FStrG. Er sei erlassen worden, ohne vorher die Abwägungsgrundlagen ausreichend zu ermitteln. Für den Kläger zu 2. sei erst bis Mitte Oktober 2011 ermittelt worden, ob sein Anwesen dem Innen- oder Außenbereich zuzuordnen sei. Da der Planfeststellungsbeschluss bereits getroffen gewesen sei, habe der Beklagte gar nicht mehr zu einem anderen Ergebnis als Außenbereich kommen können und sich vorab gebunden. Die Schadstoffuntersuchung des Büros M. aus September 2011 sei dem Beklagten erst am Datum der Planfeststellung zugegangen. Es habe im Planfeststellungsverfahren im eigentlichen Sinne gar keine Variantenprüfung gegeben, sondern einzig eine Bezugnahme auf eine vom Auftrag eng begrenzte schon damals zwölf Jahre alte UVS, die sich auf die Bestandstrasse beschränke. Das von der Beklagten gewählte gestufte Verfahren mit einer UVP vor rund 20 Jahren und einer Prüfung zusätzlicher oder anderer erheblicher Umweltauswirkungen in der Planfeststellung sei rechtlich nicht zulässig gewesen. Insbesondere seien keine Varianten geprüft worden. Damit sei eine UVP nicht durchgeführt und nicht nachgeholt. Daher fehle es an der erforderlichen Abwägungs- und Ergebnisoffenheit. Es finde sich dementsprechend nicht einmal eine Grobprüfung anderer in Betracht kommender Trassenführungen für die B 51. Die Prüfung habe auch nicht unter dem Gesichtspunkt unterbleiben dürfen, dass es sich um den dritten Bauabschnitt eines Gesamtvorhabens handele. Es dränge sich die Variante östlich der Umgehungsbahn geradezu auf: Am Ende des zweiten Bauabschnitts knicke die Alternativtrasse nach rechts ab, führe etwa einen Kilometer Richtung Osten, werde unter dem Bahndamm hindurchgeführt und dann parallel zum Bahndamm und der Hochspannungsleitung. Nördlich der X2. Straße werde der Bahndamm erneut gequert; sodann werde die planfestgestellte Trasse der B 481n genutzt. Dies entlaste den gesamten Kernbereich von St. N3. , der wieder zusammenwachsen könne und konzentriere Verkehrstrassen. Die Trasse führe vorwiegend über landwirtschaftlich genutzte Flurstücke und könne ebenerdig geführt werden. Der Bahndamm bilde einen Lärmschutzwall. Die Variante sei zwar einen Kilometer länger, es werde aber auch Versiegelung eingespart im Zusammenhang mit dem Knoten mit der X2. Straße, der allein zu einem Verbrauch von 20 ha Fläche führe, die großenteils versiegelt werden müsse. Die Bestandstrasse der B 51 könnte entsiegelt werden. Das Landschaftsschutzgebiet X3. -F. -Niederung werde nur an seinem äußersten Rand tangiert. Die Alternativtrasse käme gänzlich ohne Inanspruchnahme von Wohneigentumsgrundstücken aus, es wären höchstens einige wenige Kleingärten betroffen. Auch Kosten- und Wirtschaftlichkeitserwägungen sprächen für die Alternativtrasse. Es wäre lediglich für einige wenige Häuser im Außenbereich weiter östlich der Trasse für Lärmschutz zu sorgen. Geringere Kosten für Lärmschutz und für den Knoten X2. Straße führten zu Millioneneinsparungen. Die in der Klagebegründung vorgelegte Skizze solle nur die verbale Beschreibung der möglichen Trasse unterstützen und kein rechtwinkliges Abknicken der Trasse einfordern. Darüber hinaus fehlten offenbar jegliche Variantenüberlegungen zur Verlängerung des Troges und des offenporigen Asphalts. Die unter Nutzen-Kosten-Gesichtspunk-ten im Hinblick auf Lärmschutz und Eigentumsinanspruchnahme günstigste Variante sei gar nicht ermittelt worden.
37Die Verkehrsprognose sei unzureichend und komme zum Nachteil der Kläger zu einer zu geringen Verkehrsbelastung. Es gebe keinen sachlichen Grund für eine Beschränkung auf den Prognosehorizont 2020. Der „Kurzbericht ‑ Ausblick Prognose 2025“ sei unzutreffend. Die knappen Ausführungen seien in keiner Weise nachvollziehbar und widersprächen zum Teil dem Gutachten für den Zeitraum bis 2020, in dem der Anstieg des Schwerverkehrs von knapp 5 % nicht berücksichtigt sei. Die Prognose genüge auch im Übrigen methodisch nicht den Anforderungen. Das Prognoseergebnis sei weder nachvollziehbar begründet noch beruhe es auf realistischen Eingangsdaten und Annahmen. Die Ergebnisse ließen sich nicht ableiten. Es fehlten die Berechnungsgrundlagen, genaue Quellenangaben und eine Beschreibung des Rechenvorgangs. Für eine Reihe von Eingangswerten gebe es keine Ableitungen. Der Verkehr für den Abschnitt X. Straße bis X2. Straße sei weiterhin zu niedrig angesetzt. Der Planfeststellungsbeschluss stelle für 2020 auf 50.560 Kfz/24h vom B. Weg bis zur X. Straße und auf 41.730 Kfz/24h von der X. Straße bis zur X2. Straße ab. Die Verkehrszählung 2010 weise für die B 51 „Umgehungsstraße N. “ 55.700 Kfz/24h aus. Die Prognose werde im Hinblick auf die Entwicklung auf den bereits ausgebauten Abschnitten den Erfahrungswerten nicht gerecht. Dort habe der Verkehr von 1990 bis 2005 um 125 % bzw. 203 % zugenommen. Er werde weiter steigen, wenn der Weiterbau der B 51 nach Osten und der B 481n nach Norden abgeschlossen sein werde. Die Ausführungen zur Aktualisierung von September 2006 seien nicht nachvollziehbar und blieben nebulös. Auswirkungen anderer Maßnahmen auf die B 51/B 481n würden nicht im Einzelnen aufgeführt. In einer früheren Unterlage sei die Einwohnerzahl von N. für 2010 mit 254.000 eingestellt, bereits jetzt habe N. 280.000 Einwohner mit steigender Tendenz. Die verkehrserhöhende „Entlastungsstraße Nord“ werde nicht aufgeführt. Auch das neue Wohngebiet in X4. -Nord und die Erschließung des neuen Gewerbegebiets B1.--------straße in X4. würden nicht erwähnt. Bei der Umgehungsstraße X4. reiche der Zufluss von Mautverkehr bis zur A 2 bei C1. . Es müssten auch die Zugänge durch Expansion und Verlagerung von zwei großen Firmen mit Logistikbedarf im Bereich I.-----weg und einer großen Baustoffhandlung an der M1. berücksichtigt werden. Auch der seit 2004 bestehende Masterplan zur Entwicklung des Hafenbereichs sei nicht berücksichtigt. Der Aufstellungsbeschluss des entsprechenden Bebauungsplans vom 7. Juli 2010 habe zum Zeitpunkt der Planfeststellung längst vorgelegen. Die Verkehrsuntersuchung dieser Planung gehe für die B 51 zwischen B. Weg und X. Straße im Jahr 2025 von 51.400 Kfz/24h aus; diese Prognose liege über der des IVV-Gutachtens, das für 2020 nur 50.600 Kfz/24h vorhersage. Daher werde die IVV-Verkehrsprognose durch die Planungen der Stadt N. widerlegt. Die Prognosen übersähen nach wie vor, dass seit Jahrzehnten geplant sei, eine durchgehend leistungsfähige Verbindung zwischen N. und der A 2 im Osten zu schaffen. Dies werde den Verkehr im fraglichen Abschnitt um 15.000 Kfz/24h erhöhen. Der Ansatz eines Lkw-Anteils von 13 % tags und 12 % nachts sei zu niedrig. Viele Lieferfahrzeuge ab 2,8 t würden fehlerhaft als Pkw gezählt. Es gebe offenkundig keine Unterlage, die entsprechend den Vorgaben der 16. BImSchV die Ermittlung einer maßgebenden stündlichen Verkehrsstärke und eines maßgebenden Lkw-Anteils (über 2,8 t) am Gesamtverkehr über die Nachtzeit dokumentiere. Dafür sei auf die Standardwerte der 16. BImSchV zurückzugreifen.
38Die lärmtechnische Untersuchung leide unter einer Reihe von Fehlern, die sich auf das Ergebnis auswirkten. Sie sei in mehrererlei Hinsicht ungenügend. Die Untersuchung sei offenkundig nicht von sachkundigen Personen erstellt worden. Es gebe keinerlei Hinweise auf die Verfasser. Die Methodik der Ermittlung der ausgewiesenen Beurteilungspegel sei nicht ausreichend dargestellt. Es fehlten Angaben, wie die Gebietsarten, die Abstände, Höhen und Geschosse ermittelt worden seien, sowie Angaben zu Kosten von Lärmschutzmaßnahmen und Lärmschutzvarianten sowie Angaben zu den für einen Vollschutz erforderlichen Maßnahmen und Lärmberechnungen für die Außenwohnbereiche. Es sei nicht dargelegt, welche Eingangsdaten und welche Fassung der Software „Sound Plan“ verwendet worden sei. Der Beklagte habe die Fachgutachten nicht auf Plausibilität überprüft. Die Gutachten in ihren verschiedenen Fassungen hätten der Planfeststellung nicht zu Grunde gelegt werden dürfen. Die lärmtechnische Untersuchung basiere auf falschen Prognosedaten. Das gelte insbesondere für den zu geringen Lkw-Anteil; es sei nicht nachvollziehbar, wie die Verteilung auf Tag und Nacht ermittelt worden sei. Der Beklagte habe laut Vermerk vom 1. März 2011 vom Landesbetrieb Straßen NRW eine Neuerstellung des Lärmschutzkonzepts gefordert. Diese Neukonzeption sei offenbar nicht vorgelegt worden und könne nicht in den „vier Seiten plus ein paar Tabellen“ im Verwaltungsvorgang gesehen werden.
39Für die Klägerin zu 1. seien falsche Berechnungspunkte gewählt worden. Das Erdgeschoss beginne beim Haus der Klägerin zu 1. erst in etwa 1,5 bis 1,6 m Höhe. Daher wären bei 0,2 m über Fensteroberkante 4,2 und 7,0 m statt 2,4 und 5,2 m anzusetzen gewesen. Dabei sei noch zu klären, in welchem Verhältnis die Geländeoberkante nach dem Höhenplan zur Geländehöhe an ihrem Haus stehe. Der Abstand vom Immissionsort zur Achse der Straße sei für die Klägerin zu 1. mit 36,4 m angegeben. Dies treffe für den Außenwohnbereich ersichtlich nicht zu. Es seien offenbar flächendeckend alle Außenwohnbereiche nicht berechnet und sämtliche Entschädigungsansprüche in diesem Zusammenhang verkannt worden. Auch für das Grundstück des Klägers zu 2. liege der maßgebliche Immissionsort für den Außenwohnbereich erheblich näher an der Trasse. Die Höhe sei bei ihm noch niedriger angenommen als bei der Klägerin zu 1. Der Fehler fehlender Ermittlung der Betroffenheit der Außenwohnbereiche werde nicht durch die Nebenbestimmung A.5.2.3 geheilt. Es fehlten erforderliche Ermittlungen der Schutzansprüche für die Prüfung der Schallschutzvarianten und das erforderliche Abwägungsmaterial. Ansprüche auf passiven Schallschutz stünden in keinem zwingenden Verhältnis zu Entschädigungsansprüchen für Außenwohnbereiche. Dem Kläger zu 2. werde der ihm zustehende Lärmschutz verwehrt. Er könne sich auf den Schutz für Wohngebiete berufen (59 dB(A) tags, 49 dB(A) nachts); die Grenzwerte würden jeweils überschritten. Die Einstufung seines Grundstücks als Außenbereich sei unzutreffend. Für sein Grundstück bestehe kein Bebauungsplan. Weniger als 10 m östlich beginne ein reines Wohngebiet (Bebauungsplan Nr. 300 der Stadt N. ). Es bestehe ein Bebauungszusammenhang mit dem östlich der Straße bestehenden Wohngebiet. Die N4.----straße habe im vorliegenden Fall keine trennende, sondern eine verbindende Funktion. Beide Straßenseiten stünden in entsprechenden optischen Beziehungen und prägten sich gegenseitig; das folge auch aus eindeutigen historischen Bezügen. Die N5.---straße habe beiderseits Gehwege und Straßenbeleuchtung. Die Bebauung sei ähnlich. Westlich der N5.---straße stünden zwei weitere Häuser. Die Baulücke zum Haus Nr. 24 unterbreche den Bebauungszusammenhang nicht. Zur Baugenehmigung für sein Haus aus dem Jahr 1971 sei die Auskunft erteilt worden, dass sich Art und Maß der baulichen Nutzung nach einem „reinen Wohngebiet“ zu richten habe. Das ergebe sich auch aus der Ortssatzung der Stadt N. vom 27. Juli 1957. Die Umspannstation für das Wohngebiet sei in den klägerischen Baukomplex integriert. Die Ausweisung im Flächennutzungsplan sei nicht parzellenscharf, es verbleibe ein Interpretationsspielraum. Ein Straßenbaubeitragsbescheid der Stadt N. vom 28. März 2014 sehe das Grundstück des Klägers zu 2. in voller Breite als bebaubar an.
40Die zur Umsetzung des in § 41 BImSchG vorgegebenen Lärmschutzkonzepts erforderliche Nutzen-Kosten-Prüfung einschließlich der dafür erforderlichen Grundlagendaten fehle in den Planfeststellungsunterlagen. Es seien die Kosten je Schutzfall zu betrachten, d. h. die Kosten je durch die jeweilige Lärmschutzvariante „bewältigten“ Schutzfalls, also je erreichter Grenzwerteinhaltung. Pauschale Betrachtungen seien zulässig, wenn der Gleichheitssatz beachtet werde. An dem sich daraus ergebenden Prüfungsprogramm fehle es. Die lärmtechnische Untersuchung ermittele keine Beurteilungspegel für Außenwohnbereiche. Damit seien eine Vielzahl von Anspruchsberechtigungen nicht erkannt. Der Nutzen eines Lärmschutzkonzepts könne so nicht ermittelt werden. Es gebe keine Angaben zu den erforderlichen Maßnahmen und den Kosten für einen Vollschutz, welche Lärmschutzvarianten mit welchem Nutzen und welchen Kosten betrachtet worden seien und zu den Kosten einzelner Lärmschutzmaßnahmen. Die von der Stadt N. beschlossene Beteiligung an den Kosten sei nicht berücksichtigt. Im Planfeststellungsbeschluss seien die Kosten je Schutzfall nicht ermittelt worden, die Prüfung sei frei von nachvollziehbaren Maßstäben. Für die Bereiche der Kläger gebe es nur nicht nachvollziehbare allgemeine Annahmen. Rechne man die Kostensteigerung je bewältigtem Schutzfall, ergebe sich eine Steigerung von nur 1,7 %. Das sei verhältnismäßig. Allerdings fehlten hier die Außenwohnbereiche. Die vom Beklagten angeführte „abwägende Mitberücksichtigung“ scheide logisch aus. Die Beurteilungspegel für Außenwohnbereiche seien gesondert zu ermitteln und gesondert in die Abwägung einzuführen und gegebenenfalls zu entschädigen. Das alles sei versäumt worden, so dass eine sachgerechte Nutzen-Kosten-Betrachtung nicht habe angestellt werden können. Die örtlichen Verhältnisse seien unvollständig ermittelt. Es fehle an der Ermittlung und Prüfung erheblicher, jedoch noch nicht unzumutbarer bzw. grenzüberschreitender Lärmbelastungen. Gleiches gelte für Luftschadstoffbelastungen und Erschütterungen. Der Flächennutzungsplan der Stadt N. weise beidseitig der B 51 Wohnbauland aus. Eine angebliche Berücksichtigung einer plangegebenen Vorbelastung der Wohnhäuser nördlich der Straße „Zum Guten Hirten“ sei nicht nachvollziehbar. Der Hinweis Nr. 6 in der vom Beklagten seiner Klageerwiderung als Beispiel beigefügten Baugenehmigung habe keine Regelungswirkung. Nicht berücksichtigt sei die mit der planfestgestellten Schutzvariante (5 m Lärmschutzwand) einhergehende Eigentumsbeeinträchtigung für die Klägerin zu 1.
41Die Luftschadstoffuntersuchungen litten ebenfalls unter fehlerhaften Prognose-annahmen. Die Übernahme der Hintergrundbelastung von einer Messstation, die nicht hinreichend auf die Übertragbarkeit der Umgebungsverhältnisse geprüft worden sei, sei fehlerhaft. Offenbar seien die Werte der Messstation N. -Geist angesetzt worden. Diese erfasse aufgrund ihrer Lage und der regelmäßi-gen Westwinde vorwiegend ländliche Hintergrundbelastung. Dagegen hätten sich Luftmassen bei den Grundstücken der Kläger nach Überquerung der Stadt N. mit Schadstoffen angereichert. Die Messstation an der X1. Straße in N. habe in den letzten Jahren Überschreitungen bei NO2 gemessen. Die Annahmen zur Verkehrssituation in Abbildung 5.1 des Luftschadstoffgutachtens stünden im Widerspruch zu den Angaben in der lärmtechnischen Untersuchung. Die Auswertung sei irreführend; relevant sei die Belastung in allen Wohnberei-chen, hier besonders auch in den Außenwohnbereichen, die deutlich höher belastet seien als die Wohnhäuser. In den Gartenbereichen ergäben sich rechnerisch Grenzwertüberschreitungen. Es fehle ‑ auch in der vom Beklagten vorgelegten ergänzenden E-Mail ‑ eine Berechnung der Kurzzeitgrenzwerte. Die Belastungen durch Baulärm und Erschütterungen während der Bauzeit seien weder ermittelt noch im Planfeststellungsbeschluss Aussagen zum Schutz vor ihnen getroffen worden. Der Planfeststellungsbeschluss führe widersprüchlich aus, die AVV-Baulärm sei zu beachten, aber sie könne nicht eingehalten werden. Das widerspreche der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes. Das Vorhaben entspreche nicht dem Gebot der Eingriffsminimierung in § 15 Abs. 1 BNatSchG. Die Ausgestaltung des Knotens B 51/X2. Straße führe zu vermeidbaren Eingriffen.
42Die Kläger beantragen,
43den Planfeststellungsbeschluss des Beklagten vom 30. September 2011 in der Fassung des Planänderungsbescheides vom 12. August 2014 aufzuheben,
44hilfsweise,
45den Beklagten unter teilweiser Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses vom 30. Septem-ber 2011 in der Fassung des Planänderungsbescheides vom 12. August 2014 zu verpflichten, die Kläger hinsichtlich ihrer durch das Vorhaben betroffenen Rechte/Interessen, insbesondere hinsichtlich des Schutzes vor Immissionen, erneut zu bescheiden.
46Der Beklagte beantragt,
47die Klage abzuweisen.
48Er verweist auf den angefochtenen Planfeststellungsbeschluss und trägt ergänzend im Wesentlichen vor:
49Die Klägerin zu 1. sei mit ihrem Klagevorbringen gegen den Prognosehorizont, das Verkehrsgutachten, die Lärm- und Schadstoffimmissionen präkludiert, weil sie nach der Auslegung der geänderten Planunterlagen als Deckblatt I keine Einwendungen mehr erhoben habe. Die im Bereich des Grundstückes der Klägerin zu 1. geplante Lärmschutzwand solle nicht auf ihrem Grundstück, sondern in einem Abstand von 1,7 m zu ihrem Grundstück errichtet werden. Es werde auf jegliche Inanspruchnahme ihres Grundstückes verzichtet.
50Die konkreten unpräkludierten Einwendungen des Rechtsvorgängers des Klägers zu 2., Herrn V. S. , richteten sich auf die Überprüfung des Verkehrsgutachtens und der hieraus folgenden Lärmschutzmaßnahmen. Sein Grundstück befinde sich in einer Entfernung von rund 92 bis 107 m zum künftigen Fahrbahnrand und liege wie die Grundstücke N2.---straße 22 und 24 im Außenbereich gemäß § 35 BauGB. Sie würden durch die N5.---straße von dem gegenüberliegenden Wohngebiet getrennt und lägen als Einzelbebauungen ohne Ordnungsstruktur in einem zusammenhängenden größeren Waldgebiet. Die lärmtechnische Berücksichtigung als Wohngebiet sei nicht begründbar; dies ergebe sich auch aus einer schriftlichen planungsrechtlichen Auskunft der Stadt N. vom 9. No-vember 2011. Seit Inkrafttreten der 56. Änderung des Flächennutzungsplanes der Stadt N. am 5. Juli 1991 sei das Grundstück nicht mehr als Wohnbaufläche ausgewiesen. In planungsrechtlichen Auskünften der Stadt werde es seit 2002 stets als Außenbereich beurteilt.
51Die Offenlage der Planunterlagen sei ordnungsgemäß bekannt gemacht worden. Dies sei von der Stadt N. mit Schreiben vom 20. Februar 2006 bestätigt worden. Aus der Bezeichnung als „Ergänzungslieferung“ könne nicht auf eine spätere Bekanntmachung geschlossen werden. Auch die Ergänzungslieferung sei laut einem Schreiben der Stadt N. vom 14. Mai 2012 am 10. Februar 2006 erschienen und ausgeliefert worden. In einem Pressetext sei fälschlicherweise als der Tag der Bekanntgabe der 14. Februar 2006 genannt worden. Für den Bekanntmachungszeitraum vor der Planoffenlage seien nach § 73 Abs. 5 VwVfG NRW keine Fristen vorgegeben. Weitere Bekanntmachungen seien nach der Hauptsatzung der Stadt N. nicht vorgesehen gewesen. Im Übrigen sei die von den Klägern unzutreffend behauptete Verspätung der Bekanntmachung aus Rechtsgründen unschädlich. Die erforderliche Anstoßwirkung sei erreicht worden, da die Kläger und 264 weitere Einwender fristgerecht Einwendungen erhoben hätten. Die Hinweise in den Bekanntmachungstexten hätten sowohl im Jahr 2006 als auch im Jahr 2007 den gesetzlichen Vorgaben des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung entsprochen. Aus Anzahl und Inhalt der Einwendungen gehe deutlich hervor, dass alle Verfahrensbeteiligten verstanden hätten, dass die Beteiligung der betroffenen Öffentlichkeit auch das UVPG-Verfah-ren umfasst habe. Soweit die Kläger unzutreffend unterstellten, es handele sich um Verfahrensfehler, seien diese aus Rechtsgründen nach Maßgabe des Kausalitätserfordernisses unschädlich.
52Die UVP sei insgesamt konsequent und verfahrensfehlerfrei durchgeführt worden. Unter Ziffer 4.4. des Planfeststellungsbeschlusses sei die Strukturierung der UVP auf den verschiedenen Planungsstufen mit Schwerpunkt im Planfeststellungsverfahren beschrieben, die zusammenfassende Darstellung der Umweltauswirkungen werde gemäß § 11 UVPG ab Seite 58, die abwägende Bewertung der Umweltauswirkungen gemäß § 12 UVPG ab Seite 69 methodisch getrennt vor der abschließenden Abwägung nach § 17 FStrG dargestellt. Die planfestgestellte Variante stütze sich auf ein in der UVS 1993 noch nicht untersuchtes verbessertes Lärmschutzkonzept.
53Die Überprüfung des Planungskonzeptes habe bereits in der UVP eine Bestätigung des Ausschlusses der Neubautrassenführung östlich der Umgehungsbahn ergeben. Diese Trassenführung widerspreche dem Bundesfernstraßenbedarfsplan und dem Gebietsentwicklungsplan, führe zu einem erheblich größeren Eingriff in die im Planfeststellungsbeschluss aufgeführten Umweltgüter und habe nicht das Vermeidungspotenzial, auf das sich der Ausbau der Bundesstraße im vorbelasteten Bereich mit einer zusätzlichen Lärmsanierung stützen könne. In ihren Einwendungen hätten die Kläger bzw. Rechtsvorgänger die Prüfung der Umgehungsbahnalternative nicht angesprochen. Die Neubauvariante östlich der Umgehungsbahntrasse sei bereits im ersten und zweiten Planfeststellungsabschnitt verworfen worden. Der Planfeststellungsbeschluss habe die Vorgaben zum Linienbestimmungsverfahren und dessen Ergebnis für den Planungsabschnitt der B 481n berücksichtigt. Der Bedarfsplan für die Bundesfernstraßen gebe einen Ausbau der B 51 im vorhandenen Straßenzug vor. Daher habe für diesen Abschnitt auf eine Linienbestimmung verzichtet werden können.
54Das dem Planfeststellungsbeschluss zu Grunde gelegte projektbezogene Verkehrsgutachten vom 11. September 2006 sowie der zuletzt erstellte Ausblick auf das Prognosejahr 2025 seien nicht zu beanstanden. Der Hinweis der Kläger auf einen Presseartikel über die Verkehrszählung 2010 beziehe sich auf den stärker frequentierten Streckenabschnitt zwischen dem Autobahnkreuz N. -Süd und der X1. Straße. Für den vorliegenden dritten Abschnitt der B 51 weise die Verkehrszählung 2010 Verkehrsbelastungen in Höhe von 32.500 Kfz/24h auf dem Teilabschnitt zwischen B. Weg und X. Straße sowie 20.500 Kfz/24h auf dem Teilabschnitt zwischen X. Straße und X2. Straße auf. Die „Entlastungsstraße Nord“ sei in der Aktualisierung vom 11. März 2008 berücksichtigt; sie führe zu etwas geringeren Belastungswerten (minus 1.000 bis minus 2.000 Kfz DTV) für die B 51 und zu einer marginalen Verringerung auf der B 481n. Die bis zum Jahr 2025 zu erwartende Steigerung des Schwerverkehrs um knapp 5 % beziehe sich auf die absoluten Zahlen im Schwerverkehr und sei nicht als Anstieg in Prozentpunkten zu werten. Sie liege in einem Toleranzbereich der allgemeinen methodischen Prognosesicherheit und stelle die Verwertbarkeit der dem Planfeststellungsbeschluss zu Grunde gelegten Prognoseberechnung zum Horizont 2020 nicht in Frage. Methodisch zutreffende Prognoseermittlungen könnten sich nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts auch auf kürzere Prognosehorizonte als 15 Jahre stützen. Die „Ergänzungen zum Kurzbericht Ausblick Prognose 2025 vom 28.07.2011“ vom 14. Juni 2012 bestätigten, dass die Verkehrsmengengerüste auch bis zum Jahr 2025 noch eine Validität besäßen. Eine Fortschreibung des Prognoseergeb-nisses auf das Jahr 2025 ergebe nur eine marginale irrelevante Erhöhung des Prognoseimmissionspegels um bis zu 0,2 dB(A). Für die Außenwohnbereiche des Wohngrundstücks des Klägers zu 2. seien fiktive Lärmberechnungen unter Berücksichtigung der Ergebnisse des Ausblicks Prognosejahr 2025 angestellt worden. Für Balkon, Freisitz und Terrassen ergäben sich Tagwerte von 55,4 bis 58,9 dB(A).
55Die lärmtechnischen Berechnungen seien mit Hilfe des DV-Programms „Sound Plan“ erstellt worden; dieses Programm sei zertifiziert und nicht zu beanstanden. Auf Grund der Komplexität der Berechnung würden nur die Ergebnisse in einer Tabelle zusammengefasst und dem lärmtechnischen Entwurf beigefügt. Dem präkludierten Hinweis auf mögliche Höhendifferenzen bei der Festlegung der Immissionsorte auf dem Grundstück der Klägerin zu 1. sei nachgegangen worden. Eine vermessungstechnische Überprüfung habe am Wohnhaus im ungünstigsten Fall (1. OG) eine Höhendifferenz um fast 1,64 m ergeben. Derartige Differenzen könnten sich z. B. durch versetzte Ebenen innerhalb des Hauses erklären; sie würden typischerweise nur einwendungsbezogen berücksichtigt. Mit den höhergelegenen Immissionsorten und unter Berücksichtigung des um 5 % gestiegenen Schwerverkehr-anteils bis 2025 lägen die berechneten Lärmpegel mit 54,7 dB(A) am Tag und 47,1 dB(A) in der Nacht sowohl im Erdgeschoss als auch mit 56,1 dB(A) am Tag und 48,6 dB(A) in der Nacht im Obergeschoss unterhalb der für Wohngebiete geltenden Immissionsgrenzwerte.
56An den Wohngebäuden der Kläger werde Volllärmschutz erreicht. Bei der Abwägung der Lärmschutzkonzepte zu den einzelnen Lärmschutzbereichen im Planfeststellungsbeschluss sei zur Berücksichtigung von Außenwohnbereichen zutreffend davon ausgegangen worden, dass passive Lärmschutzreste nur in Obergeschosshöhe verblieben und Außenwohnbereiche dort als Balkon jeweils beim Innenwohnbereich einer Wohneinheit abwägend mitberücksichtigt werden könnten. Bei der Abwägung des Lärmschutzkonzeptes zum Bereich C2.-----weg sei zutreffend berücksichtigt, dass sich nur für einen einzigen Balkon ein den Tagesgrenzwert überschreitender Beurteilungspegel im Außenwohnbereich von 59,38 dB(A) ergebe. Entgegen der Behauptung der Kläger gebe es im Abschnitt C2.-----weg /Westseite kein aktiv ungeschütztes bereits festgesetztes Wohngebiet. Die Baugenehmigungen der Wohnhäuser nordwestlich der Straße „Zum Guten I1. “ seien mit der Maßgabe erteilt worden, dass keine Ansprüche rechtlicher oder finanzieller Art gegenüber dem Landesbetrieb Straßen NRW hergeleitet werden könnten, die sich auf Lärmschutzmaßnahmen bezögen, die auf Grund von auftretenden Lärmimmissionen auf der B 51 nötig würden. Der Rat der Stadt N. habe dem Lärmschutzkonzept der Bundesstraßenverwaltung erstmals in seiner Sitzung vom 13. September 2000 und zuletzt im Jahr 2011 in Gestalt des Deckblattes IX zugestimmt. Mehrkosten des Lärmschutzkonzeptes, die für städtebaulich wirksame Maßnahmen gefordert seien, würden von der Stadt N. getragen; dies seien Mehrkosten für eine lärmschutzneutrale Kragarmausbildung und eine transparente Ausbildung von Lärmschutzwänden im oberen Bereich. Zwischen Baulastträger und der Stadt N. sei keine Kostenübernahme zu Maßnahmen mit zusätzlichem Lärmschutzeffekt vereinbart, die im Hinblick auf die Rechtsprechung zur Kostenverhältnismäßigkeit nach § 41 BImschG im Planfeststellungsverfahren grenznutzenrelevant seien.
57Das Gutachten zu den Luftschadstoffbelastungen sei fachlich nicht zu beanstanden. Es zeige auf, dass im Bereich des Grundstückes der Klägerin zu 1. die Luftschadstoffe im Prognosefall unterhalb der maßgeblichen Grenzwerte liegen. Dabei sei mit 50.600 Kfz/24h die höchste Prognoseverkehrsbe-lastung aus dem Teilabschnitt zwischen B. Weg und X. Straße für die Berechnung des gesamten vorliegenden Streckenabschnittes der B 51 zu Grunde gelegt worden, während für den Bereich C2.-----weg ein um 17,5 % geringerer DTV-Wert von 41.730 Kfz/24h zutreffe. Das Gutachten, das von einer gefahrenen Geschwindigkeit von 70 km/h ausgehe, liege daher auch dann auf der sicheren Seite, wenn von der zuständigen Straßenverkehrsbehörde künftig ein Tempolimit von 100 km/h zugestanden würde. Eine Berechnung unter Zugrundelegung von 100 km/h habe ergeben, dass für das Grundstück der Klägerin zu 1. keine Grenzwertüberschreitungen zu erwarten seien.
58Der Planfeststellungsbeschluss enthalte an mehreren Stellen Auflagen und Abwägungen zur Problembewältigung von Bauimmissionen. Dadurch sei der Straßenbaulastträger primär an die Einhaltung der AVV-Baulärm gebunden. Unter Berücksichtigung weiterer Maßnahmen (möglichst geräuscharme Bauverfahren, Bauzaun, Modifizierungen der Baumaßnahmen im Hinblick auf die AVV) könnten die Voraussetzungen des § 906 BGB beim Ausbau der bestehenden Bundesfernstraße ortsüblich eingehalten werden. Vorsorglich sei die Öffnung des Entschädigungsverfahrens zum Schutz der Anwohner im Planfeststellungsbeschluss angeordnet worden.
59Gegenüber dem heute bestehenden Zustand werde eine Lärmsanierung an der B 51 erreicht. Damit gehe die Steigerung der Lebens- und Wohnqualität im Bereich N3. einher; dies gelte auch für Anwohner im Bereich der N5.---straße . Der Planfeststellungsbeschluss habe unvermeidbare Wertminderungen im Wege der Abwägung auch dann berücksichtigt, wenn Lärmvorsorgeansprüche wegen Unterschreitung der Grenzwerte nicht bestünden.
60Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die Gerichtsakte und die Beiakten des vorliegenden Verfahrens sowie auf die zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemachten planfestgestellten Unterlagen und Verwaltungsvorgänge des Beklagten (Beiakten zum Verfahren 11 D 6/12.AK).
61E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
62Die zulässige Klage ist nicht begründet. Sie dringt weder mit ihrem im Hauptantrag formulierten Anfechtungsantrag auf Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses (A.) noch mit dem hilfsweise gestellten Verpflichtungsantrag durch (B.).
63A. Der auf die Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses gerichtete Hauptantrag ist unbegründet. Gegenstand der Klage ist der Planfeststellungsbeschluss des Beklagten vom 30. September 2011 in der Fassung, die er durch den Planänderungsbescheid vom 12. August 2014 erhalten hat. Die Kläger haben diesen Planänderungsbescheid am 12. September 2014 in ihre Klage einbezogen. Der festgestellte Plan und die nachträgliche Änderung verschmelzen zu einem einzigen Plan; es kommt inhaltlich zu einer einheitlichen Planungsentscheidung. Das hat zur Folge, dass sich der Planfeststellungsbeschluss in seiner Ursprungsfassung prozessual erledigt und das Rechtsschutzinteresse für ein gegen ihn gerichtetes Klagebegehren entfällt. Will der Kläger weiterhin Rechtsschutz gegen die Planung erreichen, bleibt ihm also keine andere Wahl, als gegen diese Entscheidung in ihrer geänderten Fassung vorzugehen.
64Vgl. BVerwG, Urteil vom 18. März 2009 ‑ 9 A 31.07 ‑, Buchholz 310 § 74 VwGO Nr. 15, S. 2, m. w. N.
65I. Bei der Überprüfung des angefochtenen Planfeststellungsbeschlusses ist grundsätzlich auf die Sach- und Rechtslage bei seinem Erlass abzustellen.
66Vgl. etwa BVerwG, Urteile vom 12. März 2008 - 9 A 3.06 -, BVerwGE 130, 299 (376), und vom 12. August 2009 - 9 A 64.07 -, BVerwGE 134, 308 (319).
67Hieran ändert der Planänderungsbescheid vom 12. August 2014 nichts, da trotz des Entstehens einer einheitlichen Planungsentscheidung die Grundzüge der Planung nicht betroffen sind.
68Rechtsgrundlage des angegriffenen Planfeststellungsbeschlusses vom 30. Sep-tember 2011 ist § 17 FStrG in der Fassung der Bekanntmachung vom 28. Juni 2007 (BGBl. I S. 1206), im Zeitpunkt der Planfeststellung zuletzt geändert durch Gesetz vom 31. Juli 2009 (BGBl. I S. 2585), in Verbindung mit den §§ 72 ff. VwVfG NRW in der Fassung der Bekanntmachung vom 12. November 1999 (GV. NRW. S. 602), im maßgeblichen Zeitpunkt zuletzt geändert durch Gesetz vom 17. Dezember 2009 (GV. NRW. S. 861).
69Der Senat überprüft den streitigen Planfeststellungsbeschluss unbeschadet der sich aus § 86 Abs. 1 VwGO ergebenden Aufklärungspflicht grundsätzlich nur im Rahmen der vorgetragenen Tatsachen, durch deren Berücksichtigung oder Nichtberücksichtigung im Planfeststellungsverfahren sich ein Kläger beschwert fühlt. Dies folgt aus § 17e Abs. 5 FStrG. Diese Vorschrift setzt dem klagenden Beteiligten kraft Gesetzes eine Frist von sechs Wochen. Innerhalb dieser Frist muss der Kläger die ihn beschwerenden Tatsachen so konkret angeben, dass der Lebenssachverhalt, aus der er den mit der Klage verfolgten Anspruch ableitet, unverwechselbar feststeht. Mit weiteren Einwendungen ist ein Kläger nach Maßgabe des § 87b Abs. 3 VwGO ausgeschlossen. Ein späterer vertiefender Vortrag steht dem nicht entgegen.
70Vgl. zum inhaltsgleichen § 5 Abs. 3 VerkPBG: BVerwG, Urteile vom 31. März 1995 - 4 A 1.93 -, BVerwGE 98, 126 (129), und vom 24. Mai 1996 - 4 A 38.95 -, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 119, S. 142.
71Hiervon ausgehend leidet der Planfeststellungsbeschluss an keinem Rechtsfehler, der die Kläger im Sinne des § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO in ihren Rechten verletzt und die - vollständige oder teilweise - Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses oder zumindest die Feststellung seiner Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit rechtfertigt.
72Die Grundstücke der Kläger werden für das Vorhaben nicht in Anspruch genommen, weshalb dem angegriffenen Planfeststellungsbeschluss für das Eigentum der Kläger keine enteignungsrechtliche Vorwirkung (§ 19 Abs. 2 FStrG) zukommt. Die von der Planung also nur mittelbar - nach ihrem Vortrag insbesondere durch Lärmimmissionen und Luftschadstoffe - betroffenen Kläger können daher im Gegensatz zu einem unmittelbar mit enteignungsrechtlicher Vorwirkung Betroffenen keine umfassende gerichtliche Überprüfung des Planfeststellungsbeschlusses auf seine objektive Rechtmäßigkeit (sog. Vollprüfungsanspruch) beanspruchen. Sie können nur die Verletzung gerade sie schützender Normen des materiellen und des Verfahrensrechts sowie eine nicht ordnungsgemäße Abwägung ihrer geschützten Privatbelange rügen, nicht aber eine insgesamt fehlerfreie Abwägung und Planung verlangen.
73Vgl. BVerwG, Urteile vom 26. April 2007 - 4 C 12.05 -, BVerwGE 128, 358 (363 f.), und vom 9. Juni 2010 - 9 A 20.08 -, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 208, S. 133 f.
74Ob andere gegen das Vorhaben sprechende Belange ordnungsgemäß berücksichtigt worden sind, können sie demgegenüber ebenso wenig geltend machen wie die Frage, ob Rechtsnormen beachtet wurden, die nicht ihrem Schutz zu dienen bestimmt sind.
75Vgl. BVerwG, Urteil vom 10. Dezember 2012 ‑ 9 A 20.11 ‑, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 229, S. 71 f.
76II. Hieraus folgt zunächst, dass die Kläger nicht mit Erfolg geltend machen können, dass bei der Planung naturschutzrechtliche Belange, wie beispielsweise etwa diejenigen des Landschaftsschutzes, des Artenschutzes oder weitere Gesichtspunkte des allgemeinen Naturschutzes nicht angemessen berücksichtigt worden seien. Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege dienen dem Allgemeininteresse. Private Interessen werden hierdurch nicht geschützt.
77Vgl. BVerwG, Urteil vom 28. März 2007 ‑ 9 A 17.06 ‑, Buchholz 442.09 § 18 AEG Nr. 64, S. 18.
78Auf die Einhaltung des sogenannten Minimierungsgebots in § 15 BNatSchG können sich die Kläger daher nicht berufen. Ebenso wenig können sie anführen, dass die Ausgestaltung des Knotens B 51/X2. Straße zu „vermeidbaren Eingriffen“ führe.
79III. Die Einwände der Kläger gegen die formelle Rechtmäßigkeit des Planfeststellungsbeschlusses greifen nicht durch.
801. Die Kläger machen geltend, die Bekanntmachung der ersten Auslegung sei erst erfolgt, nachdem die Auslegung bereits begonnen habe, durch die Bekanntmachung erst wenige Tage vor Beginn der Auslegung fehle es an der erforderlichen Anstoßwirkung für die Öffentlichkeit und der Inhalt der öffentlichen Bekanntmachung verstoße gegen Vorgaben des Art. 6 Abs. 2 der UVP-Richtlinie. Diese Rügen führen nicht zu einem durchgreifenden Verfahrensfehler.
81a) Allerdings können sich die Kläger gemäß § 4 UmwRG grundsätzlich auch auf Verfahrensfehler im Zusammenhang mit der Umweltverträglichkeitsprüfung des nach dem 25. Juli 2005 eingeleiteten Verfahrens (vgl. § 5 Abs. 1 UmwRG) berufen.
82Nach Art. 10a Abs. 1 der im Zeitpunkt der Offenlegung noch geltenden Richtlinie 85/337/EWG des Rates vom 27. Juni 1985 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten (ABl. Nr. L 175 S. 40 ‑ im Folgenden: UVP-Richtlinie ‑), der durch Art. 3 Abs. 7 der Richtlinie 2003/35/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Mai 2003 über die Beteiligung der Öffentlichkeit bei der Ausarbeitung bestimmter umweltbezogener Pläne und Programme und zur Änderung der Richtlinien 85/337/EWG und 96/61/EG des Rates in Bezug auf die Öffentlichkeitsbeteiligung und den Zugang zu Gerichten (ABl. Nr. L 156 S. 17) in die UVP-Richtlinie eingefügt worden ist (im Folgenden: Öffentlichkeitsbeteiligungsrichtlinie), stellen die Mitgliedstaaten im Rahmen ihrer innerstaatlichen Rechtsvorschriften sicher, dass Mitglieder der betroffenen Öffentlichkeit, die
83a) ein ausreichendes Interesse haben oder alternativ
84b) eine Rechtsverletzung geltend machen, sofern das Verwaltungsverfahrensrecht bzw. Verwaltungsprozessrecht eines Mitgliedstaats dies als Voraussetzung erfordert,
85Zugang zu einem Überprüfungsverfahren vor einem Gericht oder einer anderen auf gesetzlicher Grundlage geschaffenen unabhängigen und unparteiischen Stelle haben, um die materiell-rechtliche und verfahrensrechtliche Rechtmäßigkeit von Entscheidungen, Handlungen oder Unterlassungen anzufechten, für die die Bestimmungen dieser Richtlinie über die Öffentlichkeitsbeteiligung gelten. Damit können die Kläger die „verfahrensrechtliche Rechtmäßigkeit“ der Umweltverträglichkeitsprüfung im Rahmen ihrer gegen den Planfeststellungsbeschluss gerichteten Klage anfechten, weil die Umweltverträglichkeitsprüfung nach § 2 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 2 Abs. 3 Nr. 1 UVPG ein unselbstständiger Teil eines Planfeststellungsverfahrens ist.
86Jedoch führt nicht jeder Verfahrensfehler zu einer Rechtsverletzung im Sinne des Art. 10a der UVP-Richtlinie. Nach der Rechtsprechung des EuGH haben die Mitgliedstaaten die Rechte zu bestimmen, bei deren Verletzung ein Rechtsbehelf in Umweltsachen eingelegt werden kann. Dabei darf die Auslegung der durch die UVP-Richtlinie verliehenen Rechte nicht praktisch unmöglich gemacht oder übermäßig erschwert werden. Der Unionsgesetzgeber habe in keiner Weise die Gründe beschränkt, die zur Stützung eines Rechtsbehelfs vorgebracht werden könnten. Jedenfalls habe er die Möglichkeit, einen Verfahrensfehler geltend zu machen, nicht an die Voraussetzung knüpfen wollen, dass dieser Fehler Auswirkungen auf den Inhalt der angegriffenen endgültigen Entscheidung habe. Da die Richtlinie unter anderem zur Festsetzung von Verfahrensgarantien diene, müsse die betroffene Öffentlichkeit grundsätzlich jeden Verfahrensfehler geltend machen können. Jedoch habe nicht jeder Verfahrensfehler zwangsläufig Folgen, die sich auf den Inhalt einer solchen Entscheidung auswirken könnten, so dass ein Fehler, bei dem dies nicht der Fall sei, denjenigen, der ihn geltend macht, nicht in seinen Rechten verletze. In einem solchen Fall erscheine das Ziel der UVP-Richtlinie nicht gefährdet. Die Mitgliedstaaten hätten einen „beträchtlichen Spielraum“ hinsichtlich der Bestimmung dessen, was eine Rechtsverletzung darstelle.
87Daher könne es zulässig sein, dass nach dem nationalen Recht keine Rechtsverletzung im Sinne des Art. 10a Buchstabe b der UVP-Richtlinie vorliege, wenn nach den Umständen des konkreten Falles nachweislich die Möglichkeit bestehe, dass die angegriffene Entscheidung ohne den geltend gemachten Verfahrensfehler nicht anders ausgefallen wäre. In Bezug auf das Kausalitätskriterium dürfe dem Rechtsmittelführer aber nicht die Beweislast aufgebürdet werden; es sei vielmehr auf von der zuständigen Behörde vorgelegte Beweise und die vorliegende Akte abzustellen. Dabei sei die Schwere des geltend gemachten Fehlers zu berücksichtigen und insbesondere zu prüfen, ob dieser Fehler der betroffenen Öffentlichkeit eine der Garantien genommen habe, die geschaffen worden seien, um ihr im Einklang mit den Zielen der UVP-Richtlinie Zugang zu Informationen und die Beteiligung am Entscheidungsprozess zu ermöglichen.
88Vgl. EuGH, Urteil vom 7. November 2013 ‑ C‑72/12 (Altrip) -, NuR 2013, 878 (881 f., Rdnr. 46 bis 54).
89Nach diesen Maßstäben liegt ein durchgreifender Verfahrensfehler nicht vor. Es ist nicht ersichtlich, dass die Entscheidung des Beklagten ohne die von den Klägern gerügten Verfahrensfehler im Hinblick auf die von ihnen geltend gemachten Rechtspositionen anders ausgefallen wäre. Dabei berücksichtigt der Senat, ohne dass den Klägern insoweit eine materielle Beweislast aufgebürdet würde, neben dem Vortrag des Beklagten in Umsetzung der Rechtsprechung des EuGH sowie gemäß § 86 Abs. 1 VwGO auch die vorliegenden Verwaltungsakten.
90b) Die möglicherweise verspätete Bekanntmachung der Auslegung ist unschädlich. Art. 6 Abs. 6 UVP-Richtlinie in der hier maßgebenden Fassung des Art. 3 Abs. 4 der Richtlinie 2003/35/EG regelt keinen genauen Zeitrahmen für die Dauer einer Auslegung, sondern fordert nur „ausreichend Zeit“, um die Öffentlichkeit zu informieren sowie zur effektiven Vorbereitung und Beteiligung der Öffentlichkeit. § 9 Abs. 1 Satz 3 UVPG verweist insoweit auf § 73 VwVfG. Daher wäre die in § 73 Abs. 3 Satz 1 VwVfG NRW vorgesehene Monatsfrist für die Dauer der Auslegung nicht eingehalten, wenn der Vortrag der Kläger zuträfe, dass die Bekanntmachung erst nach Beginn der Auslegung veröffentlicht wurde. Dies kann jedoch auf sich beruhen, weshalb dem in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisantrag nicht nachzugehen war.
91Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass aufgrund einer möglicherweise zu kurzen Auslegung der Inhalt des Planfeststellungsbeschlusses anders ausgefallen wäre. Nach der ersten Auslegung im Februar/März 2006 hat die Klägerin zu 1. fristgerecht umfangreich Einwendungen gegen das Vorhaben erhoben. Auch der Rechtsvorgänger des Klägers zu 2. hat Einwendungen erhoben. Beide Kläger behaupten nicht, dass sie wegen der Nichteinhaltung der Monatsfrist für die Auslegung gehindert gewesen seien, weitere Einwendungen zu erheben.
92Vgl. hierzu auch BVerwG, Urteil vom 24. No-vember 2011 ‑ 9 A 23.10 ‑, BVerwGE 141, 171 (173).
93Die Kläger können sich in diesem Zusammenhang nicht darauf berufen, es habe „an der erforderlichen Anstoßwirkung für die Öffentlichkeit“ gefehlt. Im Hinblick auf insgesamt 266 Einwendungen Privater sowie zahlreiche Stellungnahmen von Trägern öffentlicher Belange ist nicht ansatzweise ersichtlich, dass es an einer Anstoßwirkung für die Öffentlichkeit gefehlt haben könnte. Es ist auch nicht erkennbar, dass ein potenzieller Einwender sich nicht geäußert hat, weil die Auslegung zu spät bekanntgemacht worden sei. Daher ist insbesondere nicht ersichtlich, dass der betroffenen Öffentlichkeit im Sinne der Rechtsprechung des EuGH eine der Garantien genommen worden sein könnte, die geschaffen worden sind, um ihr im Einklang mit den Zielen der UVP-Richtlinie Zugang zu Informationen und die Beteiligung am Entscheidungsprozess zu ermöglichen.
94c) Ein auf das Ergebnis durchgreifender Verfahrensfehler liegt ebenso wenig vor, soweit der Inhalt der öffentlichen Bekanntmachung nicht den rechtlichen Vorgaben entspricht.
95Die Kläger machen geltend, die öffentliche Bekanntmachung verstoße gegen Vorgaben des im Jahr 2006 unmittelbar anwendbaren Art. 6 Abs. 2 der UVP-Richtlinie. Nach Art. 6 Abs. 2 der UVP-Richtlinie in der Fassung des Art. 3 Abs. 4 der Öffentlichkeitsbeteiligungsrichtlinie wird die Öffentlichkeit über Folgendes informiert:
96a) den Genehmigungsantrag;
97b) die Tatsache, dass das Projekt Gegenstand einer Umweltverträglichkeitsprüfung ist, …;
98c) genaue Angaben zu den jeweiligen Behörden, die für die Entscheidung zuständig sind, bei denen relevante Informationen erhältlich sind bzw. bei denen Stellungnahmen oder Fragen eingereicht werden können, sowie zu vorgesehenen Fristen für die Übermittlung von Stellungnahmen oder Fragen;
99d) die Art möglicher Entscheidungen, oder, soweit vorhanden, den Entscheidungsentwurf;
100e) die Angaben über die Verfügbarkeit der Informationen, die gemäß Art. 5 der UVP-Richtlinie eingeholt wurden;
101f) die Angaben, wann, wo und in welcher Weise die relevanten Informationen zugänglich gemacht werden;
102g) Einzelheiten zu den Vorkehrungen für die Beteiligung der Öffentlichkeit nach Art. 6 Abs. 5 der UVP-Richtlinie.
103Die Öffentlichkeitsbeteiligungsrichtlinie war nach deren Art. 6 Abs. 1 Satz 1 von den Mitgliedstaaten bis zum 25. Juni 2005 umzusetzen. Sie ist in der Bundesrepublik Deutschland jedoch erst durch das am 15. Dezember 2006 in Kraft getretene Öffentlichkeitsbeteiligungsgesetz (BGBl. I S. 2819) umgesetzt worden. Da die in Art. 6 Abs. 2 der UVP-Richtlinie getroffenen Regelungen über die Bekanntmachung inhaltlich unbedingt und hinreichend genau sind, waren sie nach dem 25. Juni 2005 unmittelbar anzuwenden,
104vgl. hierzu zusammenfassend Ruffert, in: Calliess, Ruffert (Hrsg.), EUV/AEUV, Das Verfassungsrecht der Europäischen Union mit europäischer Grundrechtecharta, Kommentar, 4. Auflage 2011, Art. 288 AEUV Rdnr. 47 ff. m. w. N.,
105und mithin auch für die vorliegende Bekanntmachung vom 10. Februar 2006 maßgebend. Die Kläger weisen zutreffend darauf hin, dass die Bekanntmachung im Hinblick auf eine Umweltverträglichkeitsprüfung unter Nr. 6 nur den Hinweis enthält: „Die Nrn. 1, 2, 3 und 5 gelten für die Anhörung der Öffentlichkeit zu den Umweltauswirkungen des Bauvorhabens nach § 9 Abs. 1 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung entsprechend.“ Aus dem Hinweis auf § 9 Abs. 1 UVPG ergab sich, dass das Projekt Gegenstand einer Umweltverträglichkeitsprüfung ist (vgl. Art. 6 Abs. 2 Buchst. b) UVP-Richtlinie). Es fehlen aber die nach Art. 6 Abs. 2 Buchst. e) der UVP-Richtlinie erforderlichen „Angaben über die Verfügbarkeit der Informationen, die gemäß Art. 5 eingeholt wurden“. Der Bekannt-machungstext enthält keinerlei Hinweis darauf, welche vom Vorhabenträger gemäß Art. 5 der UVP-Richtlinie vorgelegten Informationen verfügbar waren und von der Öffentlichkeit eingesehen werden konnten.
106Es ist jedoch (wiederum) nicht ersichtlich, dass dieser unzureichende Bekannt-machungstext sich auf den Inhalt des Planfeststellungsbeschlusses ausgewirkt haben könnte. Die Klägerin zu 1. und der Rechtsvorgänger des Klägers zu 2. haben fristgerecht Einwendungen erhoben, die sich insbesondere auf von ihnen befürchtete Lärm- und Luftschadstoffimmissionen auf ihren Grundstücken bezogen und damit gerade auf die sie berührenden Umweltauswirkungen des Vorhabens.
107Die hier gerügten Defizite der Bekanntmachung der Planauslegung stellen keine wesentlichen Verfahrensfehler dar. Sie betreffen bloße Bekanntmachungsdetails, von denen die gebotene Anstoßwirkung der Bekanntmachung, sich am Verfahren zu beteiligen, nicht abhängt. Aus dem Text der Bekanntmachung ergab sich mit der gebotenen Klarheit, dass die Beteiligung der betroffenen Öffentlichkeit die Beteiligung im Rahmen einer Umweltverträglichkeitsprüfung umfasste (Nr. 6 des Bekanntmachungstextes) und dass die ausgelegten Planunterlagen die Grundlage auch dieser Beteiligung bilden sollten. Die gerügten Mängel betrafen nicht den wesentlichen Bekanntmachungsinhalt; Unionsrecht gebietet daher nicht, sie unabhängig von ihrem Einfluss auf die Sachentscheidung als erheblich zu behandeln.
108Vgl. zu einer ähnlichen Fallgestaltung (kein Hinweis auf UVP-Pflichtigkeit und auf die nach § 6 UVPG vorgelegten Unterlagen) BVerwG, Urteil vom 24. November 2011 ‑ 9 A 23.10 ‑, BVerwGE 141, 171 (176).
109Dass die erforderliche Anstoßwirkung trotz des nicht ordnungsgemäßen Bekanntmachungstextes erreicht worden ist, zeigt die große Zahl von Einwendungen Privater und von Trägern öffentlicher Belange. Es ist weder vorgetragen noch aus den Akten ersichtlich, dass der betroffenen Öffentlichkeit Verfahrensgarantien genommen wurden, weil Einwendungen wegen eines unzureichenden Bekanntmachungstextes unterblieben oder für die Umweltverträglichkeitsprüfung relevante Gesichtspunkte deshalb nicht vorgebracht worden sind.
110d) Die öffentliche Bekanntmachung der Auslegung des Deckblattes I im Amtsblatt der Stadt N. vom 18. Mai 2007 entspricht ebenfalls nicht den Anforderungen des Art. 6 Abs. 2 Buchst. e) der UVP-Richtlinie sowie dem am 15. Dezember 2006 in Kraft getretenen § 9 Abs. 1a Nr. 5 UVPG, wonach bei der Bekanntmachung anzugeben ist, welche Unterlagen nach § 6 UVPG vorgelegt wurden. Der Bekanntmachungstext enthält nur den Hinweis, „dass die ausgelegten Planunterlagen die nach § 6 Abs. 3 UVPG notwendigen Angaben enthalten …“. Aus diesem Hinweis ergibt sich nicht, „welche Unterlagen nach § 6 vorgelegt wurden“.
111Es ist jedoch nicht ersichtlich, dass dieser unzureichende Bekanntmachungstext sich auf den Inhalt des Planfeststellungsbeschlusses ausgewirkt haben könnte. Zwar hat die Klägerin zu 1. hier ‑ anders als der Rechtsvorgänger des Klägers zu 2. ‑ keine (weiteren) Einwendungen erhoben. Das beruht jedoch nicht darauf, dass ihr die nach § 6 UVPG vorgelegten Unterlagen nicht bekannt waren; das behauptet sie auch nicht. Ebenso wie bei der ersten Auslegung ist hier nicht vorgetragen oder aus den Akten ersichtlich, dass der betroffenen Öffentlichkeit Verfahrensgarantien genommen wurden, weil Einwendungen wegen eines unzureichenden Bekanntmachungstextes unterblieben oder für die Umweltverträglichkeitsprüfung relevante Gesichtspunkte deshalb nicht vorgebracht worden sind.
1122. Der weitere Einwand der Kläger, die Auslegung der Planunterlagen hätte inhaltlich nicht den Anforderungen der §§ 9 Abs. 1b und 6 Abs. 3 UVPG sowie der UVP-Richtlinie entsprochen, greift nicht durch. Die Betroffenen sollen durch die Auslegung der Planunterlagen nach § 17a FStrG i. V. m. § 73 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 Satz 1 VwVfG NRW in die Lage versetzt werden, Einwendungen zu erheben, die zumindest in groben Zügen erkennen lassen, welche Rechtsgüter als gefährdet angesehen und welche Beeinträchtigungen befürchtet werden. Ausführungen, die wissenschaftlich-technischen Sachverstand erfordern, werden von den Betroffenen im Verwaltungsverfahren nicht verlangt. Dementsprechend muss die Auslegung nicht notwendig alle Unterlagen umfassen, die möglicherweise zur vollständigen Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Planung erforderlich sind, sondern kann sich auf die Unterlagen beschränken, deren der Einzelne bedarf, um „als Laie" den Grad seiner Betroffenheit abschätzen und sich das Interesse, Einwendungen zu erheben, bewusst machen zu können. Dazu gehören Gutachten nur dann, wenn ohne deren Kenntnis der mit der Auslegung bezweckte Anstoß zur Erhebung von Einwendungen verfehlt würde.
113Vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 3. März 2011 - 9 A 8.10 -, BVerwGE 139, 150 (152), m. w. N.
114Die UVP-Richtlinie verlangt vom Vorhabenträger bestimmte inhaltliche Angaben, stellt ihm aber frei, in welcher Form er sie vorlegt. Es reicht aus, wenn die erforderlichen Angaben sich aus verschiedenen Unterlagen ergeben, etwa aus dem Erläuterungsbericht, dem Landschaftspflegerischen Begleitplan, der schalltechnischen Untersuchung oder der Schadstoffuntersuchung. Sie müssen auch nicht zwingend in einem von der Zulassungsentscheidung gesonderten Dokument dargestellt werden.
115Vgl. BVerwG, Urteil vom 12. August 2009 - 9 A 64.07 -, BVerwGE 134, 308 (312 f.).
116Weder § 6 UVPG noch der UVP-Richtlinie ist eine Pflicht zu standardisierten oder schematisierten Darstellungsweisen zu entnehmen. Es bleibt demgemäß dem Vorhabenträger überlassen, ob er von der Möglichkeit der Darstellung in Form einer (eigenständigen und abgeschlossenen) Umweltverträglichkeitsstudie Gebrauch macht.
117Vgl. BVerwG, Urteil vom 19. Mai 1998 ‑ 4 C 11.96 ‑, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 138, S. 254.
118Auch eine konkrete Zeitvorgabe, innerhalb derer eine Umweltverträglichkeitsprüfung zu erstellen ist, ist dem Gesetz nicht zu entnehmen.
119Vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 12. August 2009 - 9 A 64.07 -, BVerwGE 134, 308 (312 f.).
120Diesen Anforderungen entspricht das hier zur Überprüfung stehende Verfahren. Der Vorhabenträger hatte der Anhörungsbehörde gemäß § 6 UVPG diverse Unterlagen vorgelegt, aus denen sich Auswirkungen des Vorhabens ‑ hier des Ausbaus der B 51 ‑ auf die Umwelt (vgl. § 2 Abs. 1 Satz 2 UVPG) ergeben, nämlich die Erläuterungsberichte vom 5. Dezember 2005 (Unterlage 1, Beiakte 2 zu 11 D 6/12.AK) und vom 2. Mai 2007 mit Schadstoffabschätzung (Unterlage 1-I, Beiakte 8 zu 11 D 6/12.AK), die Erläuterungsberichte zum wassertechnischen Entwurf vom 5. Dezember 2005 (Unterlage 11.1, Beiakte 2 zu 11 D 6/12.AK) und vom 2. Mai 2007 (Unterlage 11.1-I, Beiakte 8 zu 11 D 6/12.AK), die lärmtechnischen Unterlagen vom 5. Dezember 2005 und 2. Mai 2007, bestehend aus den detaillierten Erläuterungsberichten zur lärmtechnischen Untersuchung, den Berechnungen der Beurteilungspegel für Lärmvorsorge für die Bebauung (Unterlagen 12.1 und 12.2, Beiakte 3 zu 11 D 6/12.AK, und Unterlagen 12.1-I und 12.2-I, Beiakte 9 zu 11 D 6/12.AK), den Landschaftspflegerischen Begleitplan einschließlich der artenschutzrechtlichen Prüfung (Unterlage 13, Beiakte 4 zu 11 D 6/12.AK bzw. Unterlage 13-I, Beiakte 8 zu 11 D 6/12.AK). Diese Unterlagen haben im Rahmen des Anhörungsverfahrens öffentlich ausgelegen. Inhaltlich enthalten diese Unterlagen umfangreiche Feststellungen zu den Untersuchungen über die Umweltauswirkungen des Vorhabens und insbesondere die erforderlichen Angaben im Sinne des § 6 Abs. 3 und 4 UVPG.
121Entgegen der Auffassung der Kläger bedurfte es nicht einer gesonderten Auflistung, welche Unterlagen zur Umweltverträglichkeitsprüfung gehören. Die Unterrichtung der Öffentlichkeit über ein geplantes Vorhaben erfordert nicht zwingend die Zusammenfassung aller notwendigen Informationen in einer gesonderten Planunterlage. Ihrer Funktion, die Öffentlichkeit über die Auswirkungen zu unterrichten und den Betroffenen einen Anstoß zu geben, sich mit den Auswirkungen auseinanderzusetzen und über die Notwendigkeit diesbezüglicher Einwendungen schlüssig zu werden, kann die öffentliche Auslegung auch dann gerecht werden, wenn die notwendigen Angaben zwar in verschiedenen Planunterlagen enthalten sind, Wechselwirkungen jedoch nicht ausklammern.
122Vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 10. Oktober 2006 - 9 B 27.05 -, Buchholz 406.251 § 11 UVPG Nr. 4, S. 2 f.
123Derartige Wechselwirkungen waren hier aus den ausgelegten Unterlagen ohne Weiteres ersichtlich, weil insbesondere der ausgelegte Erläuterungsbericht (Unterlage 1, Beiakte 2 zu 11 D 6/12.AK) auf S. 13 bis 20 unter den Nrn. 5. und 6. bei der Beschreibung der Auswirkungen des Vorhabens auf die Umwelt und der Darstellung der geplanten Maßnahmen zum Schutz der Umwelt ausdrücklich Querverweise auf die lärmtechnischen Untersuchungen, die Abschätzung von verkehrsbedingten Schadstoffimmissionen und den Landschaftspflegerischen Begleitplan, mithin auf die weiteren Unterlagen enthält, die ebenfalls Gegenstand der Umweltverträglichkeitsprüfung waren. Damit waren im Anhörungsverfahren entgegen der Meinung der Kläger die Unterlagen zur Umweltverträglichkeitsprüfung hinreichend deutlich benannt. Darin liegt auch die nach § 6 Abs. 3 Satz 2 UVPG geforderte allgemein verständliche, nichttechnische Zusammenfassung der Angaben nach § 6 Abs. 3 Satz 1 UVPG.
124Der Umstand, dass im Erläuterungsbericht auf eine Umweltverträglichkeitsstudie aus dem Jahr 1993 hingewiesen worden ist, die 1994 ausgelegen habe (vgl. Unterlage 1, S. 2, Beiakte 2 zu 11 D 6/12.AK), erforderte entgegen der Meinung der Kläger nicht, dass auch diese Studie im Rahmen der Auslegung der Unterlagen zur Umweltverträglichkeitsprüfung hätte ausgelegt werden müssen. Abgesehen davon, dass bis zur Offenlegung der Planunterlagen zwischenzeitlich über zehn Jahre verstrichen und deshalb ohnehin - wie geschehen - neue Untersuchungen zu den umweltrelevanten Auswirkungen des Vorhabens erforderlich waren und durchgeführt wurden, war diese Umweltverträglichkeitsstudie nur ein Entscheidungsparameter, wobei der Beklagte sich für die dort favorisierte Tunnellösung nicht entschieden hat. Die Umweltverträglichkeitsprüfung ist nur für das konkrete Vorhaben mit der für dieses Vorhaben gewählten Trasse vorzunehmen.
125Vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Januar 1996 ‑ 4 C 5.95 ‑, BVerwGE 100, 238 (250); ferner Urteil vom 5. März 1997 ‑ 11 A 25.95 ‑, BVerwGE 104, 123 (128).
126Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts musste auch die Verkehrsprognose nicht ausgelegt werden.
127Vgl. etwa BVerwG, Urteile vom 9. Juni 2010 ‑ 9 A 20.08 ‑, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 208, S. 134 f., und vom 6. Oktober 2010 ‑ 9 A 12.09 ‑, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 212, S. 187.
128Es ist nicht ersichtlich, dass die Kläger ihre Betroffenheiten ohne diese Unterlage nicht oder nicht vollständig geltend machen konnten. Die Verkehrsbelastung der B 51 ließ sich dem Erläuterungsbericht vom 5. Dezember 2005 für das Prognose-jahr 2015 entnehmen sowie den Erläuterungen zum Deckblatt I vom 2. Mai 2007 für den Prognosehorizont 2020.
129Es ist von den Klägern im Übrigen weder konkret dargelegt worden noch ist es zu erkennen, dass sie durch die gewählte Verfahrensweise gehindert gewesen wären, überhaupt Einwendungen oder solche in der notwendigen inhaltlichen Tiefe zu erheben. Die ausgelegten Unterlagen waren im Sinne des § 6 Abs. 3 Satz 3 UVPG ohne Weiteres geeignet, den Klägern die Beurteilung zu ermöglichen, ob und in welchem Umfang sie von den Umweltauswirkungen des Vorhabens betroffen sind. Dementsprechend haben die Klägerin zu 1. und der Rechtsvorgänger des Klägers zu 2. das Anhörungsverfahren dazu genutzt, mit Schreiben vom 5. April 2006 und 29. März 2006 Einwendungen zu erheben, insbesondere zu den von ihnen für ihre Wohnhausgrundstücke befürchteten Lärm- und Luftschadstoffimmissionen.
130IV. Die Einwände der Kläger gegen die materielle Rechtswidrigkeit des Planfeststellungsbeschlusses führen ebenso wenig zum Erfolg der Klage.
1311. Der von der Klägerin zu 1. und dem Rechtsvorgänger des Klägers zu 2. im Einwendungsverfahren erhobene Einwand, die B 51 sei zur Autobahn aufzustufen, trifft nicht zu. Der erkennende (vormals 23.) Senat hat hierzu in seinem Urteil vom 20. September 1999 ‑ 23 D 98/95.AK ‑ betreffend den vierstreifigen Ausbau der B 51 von Bau-km 3+740 bis Bau-km 5+100 auf Seite 12 ausgeführt:
132„Die zur Prüfung dieser Behauptung gebotene Gesamtschau der planfestgestellten Trasse mit dem bereits fertiggestellten ersten Bauabschnitt der Ortsumgehung N. und dem sich im Nordosten anschließenden Streckenabschnitt zeigt, dass die Straße insbesondere nicht als Verlängerung der Bundesautobahn 43 planerisch entwickelt wird. Dies erweist sich an der Verknüpfung der B 51 mit der X1. Straße im Süden von N. . Hier stellt sich die Umgehungsstraße als Fortführung der alten Fahrbahn der B 51 (X1. Straße) dar, mit der sie über eine Kreuzung verknüpft ist. Die Verbindung zu dem als Autobahnzubringer zur A 1 und A 43 fungierenden Teil der B 51 erfolgt dagegen mittels zweier gebogener Verbindungsstreifen, die jeweils 90o-Winkel beschreiben.“
133Diese Bewertung wird durch den nunmehr planfestgestellten dritten Bauabschnitt der B 51 nicht in Frage gestellt, zumal sowohl die B 51 als auch die B 481n nach dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers (vgl. BT-Drucks. 15/3412, S. 42 Nr. 1646 und S. 46 Nr. 1817 zu § 1 Abs. 1 Satz 2 FStrAbG in der Fassung des Fünften Gesetzes zur Änderung des Fernstraßenausbaugesetzes vom 4. Oktober 2004, BGBl. I S. 2574) im Bedarfsplan für die Bundesfernstraßen als Bundesstraßen aufgenommen und eingestuft sind. Hieran ist der Beklagte gemäß Art. 20 Abs. 3 GG gebunden.
1342. Der Vortrag der Kläger, es sei eine neue Linienbestimmung erforderlich gewesen und die Bezugnahme auf die 1967 durchgeführte Linienbestimmung sei unzureichend, greift nicht durch.
135a) Eine Linienbestimmung war im vorliegenden Fall gemäß § 16 Abs. 1 Satz 2 FStrG weder für die B 51 noch für die B 481n erforderlich, da es sich bereits kraft Gesetzes um Ortsumgehungen handelt (so ausdrücklich BT-Drucks. 15/3412, S. 42 Nr. 1646 und S. 46 Nr. 1817 zu § 1 Abs. 1 Satz 2 FStrAbG).
136b) Darüber hinaus ist eine dem eigentlichen Planfeststellungsverfahren vorgelagerte Linienbestimmung keine formelle oder materielle Voraussetzung der Planfeststellung. Sie ist nicht auf unmittelbare Rechtswirkungen nach außen gerichtet, sondern hat innerhalb des Planungsverlaufs den Charakter einer vorbereitenden Grundentscheidung mit allein verwaltungsinterner Bedeutung. Rechtliche Verbindlichkeit gegenüber dem Träger der Straßenbaulast und gegenüber Dritten erlangt sie erst dadurch, dass sie in den Festsetzungen des Planfeststellungsbeschlusses ihren Niederschlag findet. Ein Planfeststellungsbeschluss ist nicht deshalb rechtswidrig, weil ihm kein Linienbestimmungsverfahren vorangegangen ist oder weil er von der festgelegten Linie abweicht. Umgekehrt lässt sich die Planung Dritten gegenüber nicht allein damit rechtfertigen, dass sie den Linienabstimmungs- oder -bestimmungsvorgaben entspricht. Vielmehr muss die Entscheidung der Planfeststellungsbehörde aus sich heraus den rechtlichen Anforderungen genügen.
137Vgl. BVerwG, Urteil vom 12. August 2009 - 9 A 64.07 -, BVerwGE 134, 308 (311 f.), ebenfalls zu einer fernstraßenrechtlichen Linienbestimmung aus den 1960er Jahren, und Urteil vom 6. November 2013 ‑ 9 A 14.12 ‑, BVerwGE 148, 373 (378 f.).
138Daher ist unerheblich, dass es zum Zeitpunkt der 1967 durchgeführten Linienbestimmung eine Umweltverträglichkeitsprüfung noch nicht gab. Vorliegend hat die Planfeststellungsbehörde eine eigenständige Abwägung zur Trassen- und Variantenwahl vorgenommen (vgl. PFB B. 5.3.3.1, S. 90 ff.). Diese Entscheidung muss den rechtlichen Anforderungen genügen.
139Vgl. BVerwG, Urteil vom 12. August 2009 ‑ 9 A 64.07 ‑, BVerwGE 134, 308 (312).
140Diese Voraussetzung ist erfüllt, wie weiter unten zu zeigen sein wird (A.III.4., S. 48 ff.).
141Die Vermutung der Kläger, der Beklagte habe eine „gestufte Prüfung“ vorgenommen, indem er im Planfeststellungsverfahren ausschließlich Umweltauswirkungen geprüft habe, die nicht Gegenstand der Umweltverträglichkeitsstudie von 1993 als „erster Stufe“ waren, trifft nicht zu. Der von den Klägern in diesem Zusammenhang in Bezug genommene § 15 Abs. 4 UVPG, wonach die Prüfung der Umweltverträglichkeit in der Linienbestimmung nachfolgenden Zulassungsverfahren auf zusätzliche oder andere erhebliche Umweltauswirkungen beschränkt werden kann, ist hier nicht zur Anwendung gekommen. Den umfangreichen Ausführungen zur Umweltverträglichkeitsprüfung im Planfeststellungsbeschluss (vgl. PFB, B. 4.4 ff., S. 55 bis 77) ist nicht zu entnehmen, dass nur Umweltauswirkungen geprüft werden sollten, die nicht schon Gegenstand der Umweltverträglichkeitsstudie von 1993 waren. Das folgt schon daraus, dass die in der Studie von 1993 favorisierte Tunnellösung gerade nicht planfestgestellt worden ist. Erst recht fehlt es an einer ausdrücklichen Beschränkung, die nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Folge haben kann, dass ein Fehler, der im abgeschichte-ten Teil der auf die Linienbestimmung bezogenen Umweltverträglichkeitsprüfung aufgetreten ist, sich bis zum Erlass des Planfeststellungsbeschlusses fortsetzt.
142Vgl. BVerwG, Urteil vom 6. November 2013 ‑ 9 A 14.12 ‑, BVerwGE 148, 373 (379).
1433. Die vom Beklagten durchgeführte Umweltverträglichkeitsprüfung ist inhaltlich nicht zu beanstanden. In materiellrechtlicher Hinsicht können die Kläger allerdings nicht nur geltend machen, dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung nicht durchgeführt worden ist, sondern auch, dass sie zwar durchgeführt wurde, aber mit wesentlichen Fehlern behaftet ist.
144Vgl. EuGH, Urteil vom 7. November 2013 ‑ C‑72/12 (Altrip) -, NuR 2013, 878 (881, Rdnr. 36-38); daran anknüpfend OVG NRW, Beschluss vom 23. Juli 2014 ‑ 8 B 356/14 ‑, NWVBl. 2014, 472.
145Das folgt aus Art. 10a der UVP-Richtlinie, der eine weiterreichende Regelung enthält als § 4 Abs. 1 Satz 1 UmwRG. Derartige wesentliche Fehler liegen aber nicht vor.
146a) Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 UVPG ist die Umweltverträglichkeitsprüfung ein unselbstständiger Teil verwaltungsbehördlicher Verfahren, die der Entscheidung über die Zulässigkeit von Vorhaben dienen. Zu diesen „UVP-pflichtigen Vorhaben“ gehört gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 UVPG i. V. m. Nr. 14.6 der Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung auch das vorliegend planfestgestellte Vorhaben, da die hierfür vorgesehene Vorprüfung des Einzelfalles zu dem Ergebnis geführt hat, dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist (vgl. § 3c Abs. 1 Satz 1 UVPG). Die Umweltverträglichkeitsprüfung umfasst nach § 2 Abs. 1 Satz 2 UVPG die Ermittlung, Beschreibung und Bewertung der unmittelbaren und mittelbaren Auswirkungen eines Vorhabens auf
1471. Menschen, einschließlich der menschlichen Gesundheit, Tiere, Pflanzen und biologische Vielfalt,
1482. Boden, Wasser, Luft, Klima und Landschaft,
1493. Kulturgüter und sonstige Sachgüter sowie
1504. die Wechselwirkung zwischen den vorgenannten Schutzgütern.
151Das Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung setzt die UVP-Richtlinie in deutsches Recht um. Das Umweltrecht hat durch die UVP-Richtlinie ‑ und damit auch durch das Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung ‑ keine materielle Anreicherung erfahren. Die gemeinschaftsrechtliche Regelung enthält sich materiellrechtlicher Vorgaben. Sie beschränkt sich auf verfahrensrechtliche Anforderungen im Vorfeld der Sachentscheidung. Daher hat der Projektträger schon bei Antragstellung Angaben darüber zu machen, wie sich sein Vorhaben auf Menschen, Tiere und Pflanzen, Boden, Wasser, Luft, Klima und Landschaft, einschließlich der Wechselbeziehungen, sowie auf Kultur- und sonstige Sachgüter auswirkt. Auf der Grundlage dieser Angaben hat die Planungsbehörde die Öffentlichkeit zu beteiligen sowie ihrerseits die Umweltauswirkungen zusammenfassend darzustellen und zu bewerten. Für die Planungsbehörde ist die Umweltverträglichkeitsprüfung als unselbstständiger Teil des Planfeststellungsverfahrens ein eingeschobener formalisierter Zwischenschritt mit dem Ziel einer zunächst auf Umweltbelange beschränkten Bewertung der Auswirkungen des Vorhabens im Rahmen der Abwägung aller Belange. Sie dient als wirkungsvolle Methode, die Umweltbelange in den Abwägungsprozess einzuführen.
152Vgl. grundlegend BVerwG, Urteil vom 25. Januar 1996 ‑ 4 C 5.95 ‑, BVerwGE 100, 238 (243, 245 ff.).
153Dementsprechend gebieten die UVP-Richtlinie und das Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung nicht, dass Umweltauswirkungen anhand standardisierter Maßstäbe oder in standardisierten oder schematisierten und rechenhaft handhabbaren Verfahren ermittelt und bewertet werden. Die Umweltverträglichkeitsprüfung ist auch kein „Suchverfahren“, in dem alle nur erdenklichen Auswirkungen eines Vorhabens auf Umweltgüter und deren Wertigkeit bis in alle Einzelheiten und feinsten Verästelungen zu untersuchen wären und gar Antworten auf in der Wissenschaft bisher noch ungeklärte Fragen gefunden werden müssten. Die UVP-Richtlinie fordert, dass die Umweltverträglichkeitsprüfung die erforderlichen Grundlagen für ein „Beurteilung der möglichen erheblichen Umweltauswirkungen“ eines Projekts liefert (Vorbemerkung, Erwägungsgrund 6); deshalb muss der Projektträger Angaben vorlegen „zur Feststellung und Beurteilung der Hauptwirkungen, die das Projekt voraussichtlich für die Umwelt haben wird“ (Art. 5 Abs. 2 der UVP-Richtlinie). Das Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung fordert für die vom Vorhabenträger vorzulegenden Unterlagen, dass sie u. a. eine „Beschreibung der zu erwartenden erheblichen Auswirkungen des Vorhabens auf die Umwelt“ enthalten, und schreibt dafür die „Berücksichtigung des allgemeinen Kenntnisstandes und der allgemein anerkannten Prüfungsmethoden“ (§ 6 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 UVPG) vor.
154Vgl. BVerwG, Urteil vom 21. März 1996 - 4 C 19.94 -, BVerwGE 100, 370 (377).
155Die Umweltverträglichkeitsprüfung soll die Umweltbelange so herausarbeiten, dass sie in die Abwägung in gebündelter Form eingehen.
156Vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Juni 2014 ‑ 9 A 1.13 ‑, BVerwGE 150, 92 (97).
157Wie bereits zur Frage der Auslegung der Planunterlagen dargelegt, verlangen die Vorschriften über die Umweltverträglichkeitsprüfung vom Vorhabenträger bestimmte inhaltliche Angaben, stellen ihm aber frei, in welcher Form er sie vorlegt. Es reicht aus, dass dem Planfeststellungsbeschluss mehrere zeitnah erstellte Untersuchungen zu den von dem Vorhaben berührten Umweltbelangen zu Grunde lagen und diese einer ausführlichen Würdigung unterzogen wurden. Die erforderlichen Angaben können sich etwa aus dem Landschaftspflegerischen Begleitplan, dem Erläuterungsbericht, der schalltechnischen Untersuchung oder der Schadstoffuntersuchung ergeben. Sie müssen auch nicht zwingend in einem von der Zulassungsentscheidung gesonderten Dokument dargestellt werden. Auch eine konkrete Zeitvorgabe, innerhalb derer eine Umweltverträglichkeitsprüfung zu erstellen ist, ist dem Gesetz nicht zu entnehmen.
158Vgl. BVerwG, Urteil vom 12. August 2009 ‑ 9 A 64.07 ‑, BVerwGE 134, 308 (312 f.).
159Die von den Klägern unter Hinweis auf § 15 Abs. 4 UVPG und die Linienbestimmung aufgeworfene Frage der Zulässigkeit eines „gestuften Verfahrens“ stellt sich hier nicht. Die vom Beklagten neben zahlreichen weiteren Unterlagen angeführte UVS von 1993 ist nur ein „Mosaikstein“ der Umweltverträglichkeitsprüfung. Es versteht sich von selbst, dass sie durch aktuelle Untersuchungen zu ergänzen war und auch ergänzt worden ist. Wenn die Kläger die Bezugnahme des Beklagten auf die UVS von 1993 als „absurd“ bezeichnen, sei der Hinweis erlaubt, dass sie gerade die Verwirklichung der in dieser UVS favorisierten, jedoch nicht plan-festgestellten Tunnellösung fordern. Die Klägerin zu 1. rügt in ihrem Einwendungsschreiben vom 5. April 2006 ausdrücklich, die Ergebnisse der UVS von 1993 seien missachtet worden.
160b) Die vom Beklagten im Planfeststellungsbeschluss dargelegte Umweltverträglichkeitsprüfung genügt inhaltlich den vorstehend aufgezeigten Maßstäben.
161Wie oben dargelegt (A.III.2., S. 36 f.) hatte der Vorhabenträger dem Beklagten gemäß § 6 UVPG im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens diverse Unterlagen vorgelegt, aus denen sich Auswirkungen des Vorhabens auf die Umwelt ergeben. § 11 Satz 1 UVPG sieht vor, dass die zuständige Behörde sodann auf der Grundlage der Unterlagen nach § 6 UVPG, der behördlichen Stellungnahme nach den §§ 7 und 8 UVPG sowie der Äußerungen der betroffenen Öffentlichkeit nach den §§ 9 und 9a UVPG eine zusammenfassende Darstellung der Umweltauswirkungen des Vorhabens sowie der Maßnahmen erarbeitet, mit denen erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen vermieden, vermindert oder ausgeglichen werden, einschließlich der Ersatzmaßnahmen bei nicht ausgleichbaren, aber vorrangigen Eingriffen in Natur und Landschaft. Nach § 11 Satz 4 UVPG kann die zusammenfassende Darstellung in der Begründung der Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens erfolgen. Das ist hier geschehen. Der Beklagte hat im Planfeststellungsbeschluss auf Seite 58 bis 69 eine derartige zusammenfassende Darstellung gegeben. Sie deckt inhaltlich die Vorgaben des § 11 Satz 1 UVPG ab. Die in § 2 Abs. 1 Satz 2 UVPG aufgezählten Gesichtspunkte sind vollständig abgearbeitet. Es schließt sich auf Seite 69 bis 77 die in § 12 UVPG vorgesehene Bewertung der Umweltauswirkungen des Vorhabens auf der Grundlage der zusammenfassenden Darstellung nach § 11 UVPG an.
162Die von den Klägern in diesem Zusammenhang vermissten „erheblichen, jedoch noch nicht unzumutbaren bzw. grenzwertüberschreitenden Umweltauswirkungen“ mussten im Hinblick auf das umfassende an den Immissionsgrenzwerten der 16. BImSchV orientierte Lärmschutzkonzept des Beklagten und das vom Gutachterbüro M. erstellte Luftschadstoffgutachten von September 2011 nicht gesondert ermittelt und dargestellt werden. Sie spielen eine Rolle bei der Prüfung, ob die Möglichkeit erheblicher nachteiliger Umweltauswirkungen im Sinne des § 3c Satz 1 UVPG besteht, die mehr als geringfügig und damit abwägungserheblich sind,
163vgl. BVerwG, Urteil vom 17. Dezember 2013 ‑ 4 A 1.13 ‑, BVerwGE 148, 353 (362, 364),
164mithin für die Vorprüfung, ob überhaupt eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist. Im vorliegenden Fall ist jedoch eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt worden.
165c) Entgegen der Auffassung der Kläger musste sich die Umweltverträglichkeitsprüfung nicht auf alle betrachteten oder denkbaren Varianten beziehen, sondern durfte sich auf diejenige Variante beschränken, die nach dem aktuellen Planungsstand noch ernstlich in Betracht kam.
166Vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Januar 1996 ‑ 4 C 5.95 ‑, BVerwGE 100, 238 (250).
167Das folgt bereits daraus, dass die UVP-Richtlinie und damit das Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung keine Änderung oder Verschärfung materiell-rechtlicher Zulassungsvoraussetzungen enthalten. In der Rechtsprechung ist geklärt, dass die Planfeststellungsbehörde auf der Grundlage einer Grobanalyse solche Alternativen, die als weniger geeignet erschienen, schon in einem frühen Verfahrensstadium ohne nähere Untersuchung ausscheiden darf.
168Vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 23. März 2011 ‑ 9 A 9.10 ‑, juris, Rdnr. 33.
169Damit darf die Planfeststellungsbehörde Planungsalternativen, die nach einer Art Grobanalyse in einem früheren Planungsstadium nicht in Betracht kommen, für die weitere Detailprüfung und damit auch (im Detail) für die förmliche Umweltverträglichkeitsprüfung ausscheiden.
170Vgl. BVerwG, Beschluss vom 16. August 1995 - 4 B 92.95 -, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 104, S. 48 f.
171In Betracht kommende andere Lösungen müssen daher nicht selbst Gegenstand der Umweltverträglichkeitsprüfung sein. Die UVP-Richtlinie beschränkt sich in Art. 5 Abs. 1 i. V. m. Nr. 2 des Anhangs III ebenso wie § 6 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 UVPG ausdrücklich auf die Forderung, dass der Vorhabenträger gegebenenfalls eine Übersicht über die wichtigsten anderweitigen vom Projektträger geprüften Lösungsmöglichkeiten gibt und Angaben zu den wesentlichen Auswahlgründen in Hinblick auf die Umweltauswirkungen macht.
172Vgl. BVerwG, Urteil vom 27. Oktober 2000 ‑ 4 A 18.99 ‑, BVerwGE 112, 140 (150).
173Die Pflicht zur förmlichen Umweltverträglichkeitsprüfung nach Maßgabe des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung setzt immer erst ein, wenn sich der Vorhabenträger für ein bestimmtes Projekt entschieden hat und dessen Zulassung beantragt.
174Vgl. BVerwG, Beschluss vom 14. Mai 1996 - 7 NB 3.95 -, Buchholz 406.251 § 2 UVPG Nr. 3, S. 9.
175So ist der Beklagte hier vorgegangen. Er hat im Planfeststellungsbeschluss im Rahmen seiner Ausführungen über die Umweltverträglichkeit auf Seite 57 f. ausdrücklich auf die Variantenprüfung in Abschnitt B. 5.3.3 (S. 90 bis 95) verwiesen. Das entspricht den Anforderungen der UVP-Richtlinie sowie des § 6 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 UVPG. Weitergehende inhaltliche Anforderungen an die Umweltverträglichkeitsprüfung ergeben sich weder aus der UVP-Richtlinie noch aus dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung.
1764. Die Planung verstößt nicht gegen das in § 17 Satz 2 FStrG enthaltene Abwägungsgebot.
177a) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts verlangt das Abwägungsgebot, dass ‑ erstens ‑ eine Abwägung überhaupt stattfindet, dass ‑ zweitens ‑ in die Abwägung an Belangen eingestellt wird, was nach Lage der Dinge in sie eingestellt werden muss, und dass ‑ drittens ‑ weder die Bedeutung der betroffenen öffentlichen und privaten Belange verkannt noch der Ausgleich zwischen ihnen in einer Weise vorgenommen wird, die zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht.
178Vgl. grundlegend etwa BVewG, Urteil vom 7. Juli 1978 ‑ 4 C 79.76 u. a. ‑, BVerwGE 56, 110 (122 f.).
179Die Frage, ob einer Planung eine gerechte Interessenabwägung zu Gunde liegt, ist nur einer eingeschränkten gerichtlichen Kontrolle zugänglich. Die Gerichte haben, soweit der Abwägungsvorgang fehlerfrei ist, das Ergebnis der Abwägung grundsätzlich hinzunehmen und es zu respektieren, dass sich der Planungsträger in der Kollision zwischen verschiedenen Belangen für die Bevorzugung des einen und damit notwendig für die Zurückstellung eines anderen entschieden hat.
180Vgl. BVerwG, Urteil vom 15. Januar 2004 ‑ 4 A 11.02 ‑, BVerwGE 120, 1 (13).
181Nach § 17e Abs. 6 Satz 1 FStrG sind Mängel bei der Abwägung der von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange nur erheblich, wenn sie offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen sind. Ergebnisrelevanz in diesem Sinne liegt vor, wenn nach den Umständen des Falles die konkrete Möglichkeit besteht, dass ohne den Abwägungsmangel eine andere Entscheidung getroffen worden wäre; eine nur abstrakte Möglichkeit einer anderen Entscheidung genügt nicht. Insoweit ist der Abwägungsvorgang in allen seinen Phasen in den Blick zu nehmen. Daher kann die Möglichkeit einer anderen Entscheidung nur dann verneint werden, wenn der konkret vorliegende Abwägungsfehler weggedacht werden kann, ohne dass auf einer nachfolgenden Stufe der Abwägung ein weiterer Mangel erwächst, auf dem die angegriffene Entscheidung beruhen kann. Besteht der Abwägungsmangel in der fehlerhaften Berücksichtigung eines abwägungserheblichen Belangs und ergeben sich keine konkreten Anhaltspunkte, dass die Planfeststellungsbehörde ohne diesen Mangel zu einem anderen Abwägungsergebnis gelangt wäre, ist also zusätzlich zu prüfen, ob die auf der nachfolgenden Stufe gebotene Abwägung im engeren Sinne ‑ das Ins-Verhältnis-Setzen der gegenläufigen Belange ‑ das Abwägungsergebnis auch dann rechtfertigen würde, wenn der auf der vorhergehenden Stufe unterlaufene Mangel unterblieben wäre.
182Vgl. BVerwG, Urteil vom 24. November 2011 ‑ 9 A 23.10 ‑, BVerwGE 141, 171 (191).
183Als nur mittelbar von dem Vorhaben Betroffene können die Kläger eine gerichtliche Abwägungskontrolle nur hinsichtlich ihrer eigenen Belange und ‑ wegen der insoweit bestehenden Wechselbeziehung ‑ der ihren Belangen gegenübergestellten, für das Vorhaben streitenden Belange verlangen. Ob andere gegen das Vorhaben sprechende Belange ordnungsgemäß berücksichtigt worden sind, können sie dem gegenüber ebenso wenig geltend machen wie die Frage, ob Rechtsnormen beachtet wurden, die nicht ihrem Schutz zu dienen bestimmt sind.
184Vgl. BVerwG, Urteil vom 10. Oktober 2012 ‑ 9 A 20.11 ‑, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 229, S. 71 f.
185Nach diesen Maßstäben sind die Belange der Kläger rechtsfehlerfrei abgewogen worden.
186b) Die Prüfung der Varianten des Ausbaus der B 51 lässt keinen Abwägungsfehler zu Lasten der Kläger erkennen. Der Beklagte musste keine die Kläger weniger belastende Variante ernsthaft in Betracht ziehen. Kommen Alternativlösungen ernsthaft in Betracht, so hat die Planungsbehörde sie zwar als Teil des Abwägungsmaterials mit der ihnen objektiv zukommenden Bedeutung in die vergleichende Prüfung der von den möglichen Varianten jeweils berührten öffentlichen und privaten Belange unter Einschluss des Gesichtspunkts der Umweltverträglichkeit einzubeziehen. Sie ist indes nicht verpflichtet, die Variantenprüfung bis zuletzt offen zu halten und alle von ihr zu einem bestimmten Zeitpunkt erwogenen Alternativen gleichermaßen detailliert und umfassend zu untersuchen. Auch im Bereich der Planungsalternativen braucht sie den Sachverhalt nur soweit aufzuklären, wie dies für eine sachgerechte Trassenwahl und eine zweckmäßige Gestaltung des Verfahrens erforderlich ist. Sie ist befugt, eine Alternative, die ihr auf der Grundlage einer Grobanalyse als weniger geeignet erscheint, schon in einem frühen Verfahrensstadium ohne nähere Untersuchung auszuscheiden.
187Vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 23. März 2011 ‑ 9 A 9.10 ‑, juris, Rdnr. 33.
188Verfährt sie in dieser Weise, so handelt sie abwägungsfehlerhaft nicht schon, wenn sich herausstellt, dass die von ihr verworfene Lösung ebenfalls mit guten Gründen vertretbar gewesen wäre, sondern erst, wenn diese Lösung sich ihr hätte aufdrängen müssen.
189Vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 25. Januar 1996 - 4 C 5.95 -, BVerwGE 100, 238 (249 f.), m. w. N.
190Gemessen an diesen Grundsätzen ist dem Beklagten kein Abwägungsfehler bei der Variantenprüfung unterlaufen.
191aa) Der Beklagte hat im Planfeststellungsbeschluss ausführlich dargelegt, welche Überlegungen ihn dazu bewogen haben, sich unter den näher untersuchten Varianten - einschließlich der sog. Null-Variante - für die planfestgestellte zu entscheiden (PFB B. 5.3.3.1 f., S. 90 ff.). Die sog. Null-Variante auszuschließen, d. h. von dem Ausbau nicht Abstand zu nehmen, ist nicht abwägungsfehlerhaft. Der Beklagte hat ausgeführt, dass die B 51 in ihrem jetzigen Zustand nicht in der Lage ist, die aufkommenden Verkehrsströme sicher und zügig zu bewältigen und die entsprechenden Verkehrsmengen aufzunehmen. Dagegen ist nichts zu erinnern. Die Kläger selbst gehen vielmehr von noch größeren Verkehrsmengen aus und weisen darauf hin, dass die B 51 als Umgehungsstraße N. die meistbefahrene Bundesstraße im Münsterland sei.
192bb) Zudem ist nach § 1 Abs. 2 Satz 2 FStrAbG die hier vorliegende gesetzliche Feststellung des vordringlichen Bedarfs für die nachfolgende straßenrechtliche Planfeststellung verbindlich. Der Planungsträger ist jedoch nicht gehindert, etwa statt des Ausbaus einer Bestandstrasse eine Neubaustrecke als Trassenalter-native zu erwägen. Allerdings ist es auch nicht zu beanstanden, wenn der Planungsträger sich beim Ausbau eines bereits vorhandenen Straßenzuges - wie hier - aus nachvollziehbaren Gründen gegen eine Neutrassierung ausspricht und auf dieser Grundlage entsprechende Planungsalternativen verwirft.
193Vgl. BVerwG, Beschluss vom 5. November 2002 - 9 VR 14.02 -, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 171, S. 134, m. w. N.
194cc) Es ist abwägungsfehlerfrei, dass sich der Beklagte in der Variantenprüfung in erster Linie aus Kostengründen gegen die von den Klägern geforderte Tunnellösung oder Einhausung entschieden hat. In die Entscheidung der Planfeststellungsbehörde für die eine oder andere Trassen- oder Ausführungsvariante dürfen Kostengesichtspunkte einfließen. Denn das Interesse, den finanziellen Aufwand für den Straßenbau gering zu halten, gehört zu den öffentlichen Belangen, denen in der Abwägung Rechnung zu tragen ist.
195Vgl. etwa BVerwG, Urteile vom 9. November 2000 - 4 A 51.98 -, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 159, S. 67, m. w. N., und vom 3. März 2011 ‑ 9 A 8.10 ‑, BVerwGE 139, 150 (178 f.).
196In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass dem Gebot der sparsamen und wirtschaftlichen Mittelverwendung, das in § 7 Abs. 1 BHO seine gesetzliche Ausprägung gefunden hat, als eigenständigem öffentlichen Belang in der Abwägung Rechnung zu tragen ist. Er kann nach den konkreten Umständen des Falles sogar das private Interesse überwiegen, von einer Grundstücksinanspruchnahme verschont zu bleiben.
197Vgl. BVerwG, Urteil vom 24. November 2011 ‑ 9 A 23.10 ‑, BVerwGE 141, 171 (193).
198Der Beklagte hat unter Berufung auf erhebliche Mehrkosten eine Tunnellösung in Form eines Leichtbautunnels (System „Züblin“) als Planungsvariante (PFB B. 5.3.3.2., S. 93) unter Verweis auf das Lärmschutzkonzept (PFB B. 5.3.5.1.2, S. 103 f., und B. 5.3.5.1.5, S. 112 f.) verworfen. Im Planfeststellungsbeschluss hat der Beklagte die Kosten für einen (Standard-)Tunnel mit 42,12 Mio. Euro beziffert, für einen Leichtbautunnel (System „Züblin“) mit 21,6 Mio. Euro (S. 113). Demgegenüber hat er die Kosten für das in der Planfeststellung gewählte Lärmschutzkonzept für diesen Teilbereich mit 11.173.814 Euro (S. 103) bzw. 10,45 Mio. Euro (S. 113) angegeben. Für einen „Züblin-Tunnel“ fielen damit Mehrkosten von 10,132 Mio. Euro (S. 103) oder 10,15 Mio. Euro (S. 113) an, d. h. die Kosten pro geschützter Wohneinheit würden von 14.389 Euro (S. 103) bzw. 14.418 Euro (S. 113) auf 26.899 Euro (S. 104) ansteigen, das stehe außer Verhältnis zum angestrebten Schutzzweck. Darüber hinaus würden für eine weitere Gradientenab-senkung der Trasse auf etwa 6 m Mehrkosten von rund 10,6 Mio. Euro anfallen (S. 104, 113). Danach würde eine „Tunnellösung“ gegenüber der planfestgestellten Lösung insgesamt mehr als 20 Mio. Euro zusätzliche Kosten verursachen.
199Die von den Klägern hiergegen erhobenen Einwände greifen nicht durch. Zwar haben die Kläger Kostenansätze für einzelne Komponenten des Lärmschutz-konzepts in Frage gestellt, jedoch hiermit insgesamt nicht dargetan, dass die (Vergleichs-)Berechnungen des Beklagten gänzlich neben der Sache liegen. Denn es erschließt sich von selbst, dass Tunnelbauwerke, Teilabdeckungen und Einhausungen nebst Gradientenabsenkung - im vorliegenden Fall auf etwa 6 m - gegenüber dem Straßenbau auf der freien Strecke wesentlich höhere Kosten verursachen.
200Vgl. auch BVerwG, Urteil vom 23. März 2011 ‑ 9 A 9.10 ‑, juris, Rdnr. 34; ferner ergänzend Bundesministerium für Verkehr, Allgemeines Rundschreiben Straßenbau (ARS) 25/1998 vom 28. Juni 1998, VkBl. S. 848, i. V. m. Leitfaden für die Planungsentscheidung „Einschnitt oder Tunnel“, S. 7 ff.
201Bei Baukosten, die jedenfalls deutlich höher liegen als bei einem konventionellen Straßenbau, ist es nicht zu beanstanden, wenn sich der Beklagte gegen die in Rede stehenden Alternativen entschieden hat.
202Vgl. ergänzend BVerwG, Urteil vom 21. Mai 2008 ‑ 9 A 68.07 -, juris, Rn. 18.
203Es kommt hinzu, dass ein Tunnel gegenüber der planfestgestellten Lösung dauerhaft höhere Unterhaltungskosten verursacht. Zudem soll der Ausbau der B 51 wegen der Bedeutung der Verkehrsachse bei laufendem Betrieb durchgeführt werden. Die Kläger weisen in einem anderen Zusammenhang zutreffend darauf hin, dass die B 51 als Umgehungsstraße N. nach den Ergebnissen der Verkehrszählung 2010 die meistbefahrene Bundesstraße im Münsterland ist. Neben den durch Bauarbeiten ohnehin verursachten Behinderungen des Verkehrsflusses müssten zusätzliche Untertunnelungs- oder Einhausungsarbeiten in dem baulich verdichteten Umfeld über einen längeren Zeitraum zu einer vollständigen Sperrung der Strecke führen. Die dadurch im Stadtbereich N. verursachten Verkehrsprobleme wären kaum lösbar, weil eine geeignete Umleitung nicht zur Verfügung steht. Der Beklagte weist unter B. 5.3.12.8, S. 156, des Planfeststellungsbeschlusses darauf hin, dass durch eine Sperrung der B 51 während der Bauzeit das untergeordnete Straßennetz erheblich belastet würde. Dies würde insbesondere die N5.---straße , den N.--------weg sowie den M. - und E.--------weg betreffen, die aufgrund ihrer Ausstattung nicht in der Lage seien, solche Ausweichverkehre aufzunehmen.
204dd) Schließlich liegt es auf der Hand, dass die von den Klägern angeführte Alternativtrasse, die am Ende des zweiten Bauabschnitts der B 51 nach rechts abknicken, dann etwa einen Kilometer nach Osten führen, die Bahntrasse queren und dann nach links abknicken und parallel zum Bahndamm nach Norden geführt werden soll, nicht ernsthaft in Betracht zu ziehen war. Abgesehen von einem im Vergleich zur planfestgestellten Variante weitaus größeren Landschaftsverbrauch wären wegen des Verlassens der bisherigen Trasse unschwer erkennbar erhebliche Mehrkosten entstanden, da in diesem Falle ein Neubau der Straße erforderlich geworden wäre. Auch hätte die Verschwenkung eine kurvenreichere und bewegte Linienführung zur Folge, was dem Charakter einer Bundesfernstraße widerspricht. Im Übrigen ließe sich die Alternativlösung auch nicht annähernd so verwirklichen, wie von den Klägern in der Klagebegründung skizziert: Laut Erläuterungsbericht vom 5. Dezember 2005, Seite 7 (vgl. Teil A: B 51.3 Mappe 1, Unterlage 1, auch Unterlage 7.1, Beiakte 2 zu 11 D 6/12.AK), erhält die B 51 einen Regelquerschnitt von 26,00 m Kronenbreite (RQ 26). Die vom Beklagten noch herangezogenen und bis 2013 für die Entwurfsgestaltung maßgeblichen Richtlinien für die Anlage von Straßen - RAS - Teil Querschnitte (RAS-Q 96), eingeführt durch Allgemeines Rundschreiben Nr. 28/1996 vom 15. August 1996, VkBl. 1996, S. 481, sehen für den Straßenquerschnitt RQ 26 im Anhang unter 1.2.1 (Blatt 13) eine Bemessungsgeschwindigkeit von 100 bis 70 km/h vor. Die dafür erforderlichen Kurvenradien schließen die von den Klägern skizzierte Trassenführung mit einem scharfen Rechtsknick zum Verlassen der Bestandstrasse und einem scharfen Linksknick nach Unterquerung der Güterumgehungsbahn bereits offensichtlich aus.
205Zudem kann wegen der Breite der Straße von einem geringfügigen Eingriff in das Landschaftsschutzgebiet X3. -F. -Niederung „nur an seinem äußersten Rand“ keine Rede sein. Da die Trasse östlich der Güterumgehungsbahn über mehr als 3 km bis zur X2. Straße verlaufen soll, müsste bei einer Breite von 26 m eine Fläche von ca. 8 ha neu versiegelt werden. Hinzu käme, dass die Trasse hinter der Unterquerung des Bahndamms wegen der erforderlichen Kurvenradien nicht sofort scharf nach links abknicken könnte, sondern in einem Bogen wieder an den Bahndamm herangeführt werden müsste. Das Landschafts-schutzgebiet würde also nicht „nur an seinem äußersten Rand tangiert“, sondern in erheblichem Umfang durchschnitten. Die von den Klägern angesprochene Möglichkeit, den Bahndamm nicht rechtwinklig, sondern diagonal zu unterqueren, so dass ein scharfer Linksknick östlich des Bahndamms entfiele, hätte wiederum zur Folge, dass eine Neubautrasse im Bereich des Hauses M1. nicht mehr konfliktfrei geführt werden könnte. Des Weiteren stünde die kreuzungsfreie Verknüpfung mit der X2. Straße vor der zusätzlichen Schwierigkeit, dass die neue Trasse unmittelbar östlich des Bahndamms verliefe, so dass auf der Westseite kein Platz für Verbindungsrampen zur Verfügung stünde.
206Von daher ist es nicht zu beanstanden, wenn sich die Planfeststellungsbehörde beim Ausbau eines bereits vorhandenen Straßenzuges aus sachlich nachvollziehbaren Gründen bereits frühzeitig gegen eine Planungsalternative entscheidet, die einer Neutrassierung gleichkommt, und diese Planungsalternative aus der weiteren Betrachtung ausscheidet. Jedenfalls musste sich die von den Klägern favorisierte Variante dem Plangeber nicht als eindeutig vorzugswürdig aufdrängen.
207In diesem Stadium der Planung bedarf es noch keiner exakten Ermittlung des jeweiligen Abwägungsmaterials. Dieses muss vielmehr „nach Lage der Dinge“ nur so genau und vollständig sein, dass es jene erste vorauswählende Entscheidung zulässt.
208Vgl. BVerwG, Urteile vom 5. März 1997 - 11 A 25.95 -, BVerwGE 104, 123 (128), und vom 25. September 2002 - 9 A 5.02 -, juris, Rn. 41.
209Mit Blick hierauf konnte der Senat die in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisanträge zu dieser Trassenvariante ablehnen.
210ee) Vor dem Hintergrund, dass der Beklagte sich nach einer Grobanalyse abwägungsfehlerfrei für den Ausbau der Bestandstrasse der B 51 entscheiden durfte, hat er ‑ entgegen der Auffassung der Kläger ‑ die Abwägungsgrundlagen für diese Ausbauvariante ausreichend ermittelt. Die Kläger beanstanden insoweit, für den Kläger zu 2. sei erst nach Erlass des Planfeststellungsbeschlusses ermittelt worden, ob sein Anwesen dem Innen- oder Außenbereich zuzuordnen sei. Die Schadstoffuntersuchung sei erst am Datum der Planfeststellung zugegangen. Im Hinblick auf den Kläger zu 2. begründet der Beklagte bereits im Planfeststellungsbeschluss (S. 111 f.), dass dessen Grundstück im Außenbereich liege. Die weiteren Ermittlungen dienten lediglich der Bestätigung dieser der Abwägung zu Grunde gelegten Einschätzung. Auch den Schadstoffbelastungen hat der Beklagte unter Zugrundelegung einer Schadstoffabschätzung des Vorhabenträgers (im Anschluss an die Erläuterungen zum Deckblatt I vom 2. Mai 2007, Mappe 1, Unterlage 1-I in Beiakte 8 zu 11 D 6/12.AK) bereits im Planfeststellungsbeschluss Stellung genommen (S. 116 bis 118). Das Gutachten des Ingenieurbüros M. diente der Bestätigung dieser der Abwägung zu Grunde gelegten Einschätzung; es ist im Übrigen Bestandteil der planfestgestellten Unterlagen, die in das Planfeststellungsverfahren eingebracht wurden (PFB A. 2.4 Nr. 99). Die von den Klägern angeführte E-Mail des Unterzeichners des Planfeststellungsbeschlusses an die Regierungsvizepräsidentin vom 30. September 2011 ist für die Frage der Rechtmäßigkeit des Planfeststellungsbeschlusses ohne Bedeutung. Maßstab für die Rechtmäßigkeitsprüfung ist allein der Planfeststellungsbeschluss mit den zu seinem Gegenstand gemachten Unterlagen.
211c) Die Einwände der Kläger zu einer Rechtswidrigkeit des Planfeststellungsbeschlusses wegen einer abwägungsfehlerhaften Bewältigung der Verkehrslärmproblematik und einer daraus resultierenden Verletzung ihres Rechts auf fehlerfreie Abwägung greifen nicht durch.
212aa) Abwägungsfehler bei den Gesichtspunkten des Lärmschutzes führen im Regelfall nicht zu einer Aufhebung eines Planfeststellungsbeschlusses. Denn nach § 17e Abs. 6 FStrG sind Mängel bei der Abwägung der von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange nur dann erheblich, wenn sie offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen sind (Satz 1). Erhebliche Mängel bei der Abwägung oder eine Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften führen nur dann zur Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses oder der Plangenehmigung, wenn sie nicht durch Planergänzung oder durch ein ergänzendes Verfahren behoben werden können; die §§ 45 und 46 VwVfG bleiben unberührt (Satz 2).
213Mögliche Mängel im Lärmschutzkonzept können grundsätzlich durch Schutzauflagen behoben werden und rechtfertigen deshalb in der Regel nicht die Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses. Eine Planaufhebung kommt nur in Betracht, wenn das Fehlen notwendiger Schutzauflagen ausnahmsweise so großes Gewicht hat, dass davon die Ausgewogenheit der Gesamtplanung oder eines wesentlichen Planungsteils betroffen ist.
214Vgl. BVerwG, Urteile vom 18. April 1996 - 11 A 86.95 -, BVerwGE 101, 73 (85), vom 23. November 2005 - 9 A 28.04 -, juris, Rn. 17 (insoweit nicht in BVerwGE 124, 334, veröffentlicht), und vom 10. Oktober 2012 - 9 A 20.11 -, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 229, S. 72.
215Allerdings kann nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts in einem Fall, in dem sich der Kläger gegen die lärmtechnische Berechnung und die darauf aufbauende Behandlung der Lärmschutzbelange mit der Begründung wendet, sie beruhten auf einer verfehlten Verkehrsprognose, in der die tatsächlich zu erwartende Verkehrsbelastung des Vorhabens weit unterschätzt worden sei, die Möglichkeit nicht von der Hand gewiesen werden, dass davon die konzeptionelle Planungsentscheidung einschließlich der Trassenwahl betroffen wird; Abwägungsdefiziten aufgrund einer fehlerhaften Verkehrsprognose kann deshalb nicht durch eine Planergänzung um Schutzauflagen abgeholfen werden.
216Vgl. BVerwG, Urteile vom 12. August 2009 - 9 A 64.07 -, BVerwGE 134, 308 (328), und vom 9. Juni 2010 - 9 A 20.08 -, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 208, S. 145 f.
217Die Rüge der Kläger, der Verkehrsuntersuchung liege ein zu geringer Lkw-Anteil zu Grunde, weshalb die Lärmprognose zu gering ausgefallen sei, ist nicht geeignet, die Möglichkeit einer solchen konzeptionell anderen Entscheidung aufzuzeigen, insbesondere nicht hinsichtlich einer anderen Trassenführung. Sollte eine größere Immissionsbelastung infolge eines höheren Lkw-Anteils entstehen, bestünden ohne Weiteres die Möglichkeiten entweder der Anordnung weitergehender Maßnahmen des aktiven Schallschutzes oder der Erstreckung des Anspruchs auf Aufwendungsersatz für passive Schallschutzmaßnahmen auch auf andere Gebäude, ohne dass es zu einer grundlegenden Umplanung des streitigen Vorhabens kommen müsste.
218bb) Unbeschadet des vorstehend Ausgeführten lässt sich nicht feststellen, dass die Verkehrsprognose, soweit die Kläger hiergegen substantiierte Einwände im Klageverfahren geltend gemacht haben, fehlerhaft ist.
219aaa) Beide Kläger sind mit ihrem Vorbringen gegen die Verkehrsprognose entgegen der Auffassung des Beklagten nicht präkludiert. Nach § 17a Nr. 7 Satz 1 FStrG sind Einwendungen gegen den Planfeststellungsbeschluss nach Ablauf der im Planfeststellungsverfahren eröffneten Einwendungsfrist ausgeschlossen. Diese Bestimmung normiert eine materielle Verwirkungspräklusion, die verfassungsrechtlich unbedenklich ist. Die Einwendungsfrist besitzt für das gerichtliche Verfahren, das einem straßenrechtlichen Planfeststellungsverfahren folgt, materiell-rechtlichen Charakter. Die straßenrechtliche Präklusion erstreckt sich nach Wortlaut sowie Sinn und Zweck der Vorschrift auch auf das nachfolgende verwaltungsgerichtliche Verfahren.
220Vgl. zur inhaltsgleichen Vorgängernorm des § 17 Abs. 4 Satz 1 FStrG a. F. etwa BVerwG, Urteil vom 24. Mai 1996 ‑ 4 A 38.95 ‑, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 119, S. 136 f.
221Allerdings hat die Klägerin zu 1. im Deckblatt I-Verfahren - anders als der Rechts-vorgänger des Klägers zu 2. - keine Einwendungen erhoben. Sie musste jedoch nach Auslegung des Deckblattes I unter Hinweis auf den Einwendungsauschluss gemäß § 17a Nr. 7 Satz 1 FStrG zur Vermeidung einer Präklusion nicht erneut Einwendungen erheben. Zwar sollte die durch das Deckblatt I vorgenommene Umplanung (auch) ihren Lärmschutzinteressen Rechnung tragen. Die Klägerin zu 1. hatte jedoch in ihrem Einwendungsschreiben vom 5. April 2006 ausdrücklich beanstandet, die prognostizierte Verkehrsbelastung sei nur unzulänglich ermittelt worden. Der Umplanung durch das Deckblatt I lag der Ergebnisbericht der IVV vom 11. September 2006 zu Grunde, der jedoch nicht mit ausgelegt worden war. Daher waren der Klägerin zu 1. in diesem Punkt erneute oder weitere vertiefende Einwendungen nicht möglich. Andererseits konnte der Beklagte nicht davon ausgehen, die Einwendungen gegen die Ermittlung der Verkehrsbelastung seien durch die vorgenommenen Umplanungen erledigt.
222Auch der Kläger zu 2. ist mit seinen Einwendungen zur Verkehrsprognose nicht ausgeschlossen. Er weist zutreffend darauf hin, dass sein Rechtsvorgänger bereits im Rahmen der ersten Auslegung inhaltlich ausreichende Einwendungen erhoben hat. Eine Einwendung muss erkennen lassen, in welcher Hinsicht Bedenken gegen die in Aussicht genommene Planfeststellung ‑ aus der Sicht des Einwendenden ‑ bestehen könnten. Das Vorbringen muss so konkret sein, dass die Planfeststellungsbehörde erkennen kann, in welcher Weise sie bestimmte Belange einer näheren Betrachtung unterziehen soll. Der Betroffene muss zumindest in groben Zügen darlegen, welche Beeinträchtigungen befürchtet werden, ohne dies allerdings begründen zu müssen. Anzuknüpfen ist dabei an die ausgelegten Planunterlagen. Nach ihrer Konkretheit richten sich die Anforderungen an die Einwendungslast, d. h. an Umfang und Detailliertheit der Darlegungen.
223Vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 9. Juli 2008 ‑ 9 A 14.07 ‑, BVerwGE 131, 274 (288 f.), m. w. N.
224Die Darlegungsanforderungen orientieren sich an den Möglichkeiten betroffener Laien; Ausführungen, die fachwissenschaftlichen Sachverstand voraussetzen, können regelmäßig nicht erwartet werden.
225Vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 14. Juli 2011 ‑ 9 A 14.10 ‑, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 218, S. 252, m. w. N.
226Nach diesen Maßstäben waren die knappen Einwendungen des Rechtsvorgängers des Klägers zu 2. mit Schreiben vom 29. März 2006 ausreichend. In dem Schreiben wird ausdrücklich gerügt, es sei weder aktiver noch passiver Lärmschutz für das Gebäude N2.---straße 28 vorgesehen. Die für die Ermittlung der notwendigen Schallschutzmaßnahmen zu Grunde gelegten Verkehrszahlen würden „angezweifelt“. Damit hatte der Rechtsvorgänger des Klägers zu 2. die Verkehrslärmproblematik im Hinblick auf sein Grundstück ausreichend aufgezeigt. Da die Verkehrsprognose nicht ausgelegen hatte, waren weitere vertiefende Einwendungen nicht erforderlich und auch gar nicht möglich.
227bbb) Die Verkehrsprognose ist jedoch inhaltlich nicht zu beanstanden. Verkehrsprognosen unterliegen nur einer eingeschränkten gerichtlichen Kontrolle. Sie sind lediglich daraufhin zu überprüfen, ob sie methodisch einwandfrei erarbeitet worden sind, nicht auf unrealistischen Annahmen beruhen und ob das Prognoseer-gebnis einleuchtend begründet worden ist.
228Vgl. etwa BVerwG, Urteile vom 9. Juni 2010 - 9 A 20.08 -, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 208, S. 146, und vom 10. Oktober 2012 - 9 A 19.11 -, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 228, S. 38, sowie Beschluss vom 15. März 2013 - 9 B 30.12 -, juris, Rn. 10.
229Diesen Anforderungen wird die hier maßgebliche Verkehrsprognose gerecht.
230Der Ergebnisbericht der IVV Verkehrsdatenaktualisierung Aus- und Neubau B 51/B 481n Planfälle PO und P_RE 2020 vom 11. September 2006 (Beiakte 13 zu 11 D 6/12.AK) basiert auf einer Verkehrsuntersuchung von 1993 und einer aktualisierten Verkehrsuntersuchung von November 1999, sowie der Aktualisierung dieses Gutachtens von Februar 2003. Die Erstellung einer solchen Modellprognose war vorliegend aufgrund der planbedingten Umstände nach der Nr. 1.2.2.2 des Anhangs der vom Beklagten noch herangezogenen RAS-Q 96 angezeigt. Eine solche Modellprognose soll auf umfassenden Annahmen über zukünftige allgemeine Entwicklungen basieren und diese Annahmen mit Hilfe eines umfangreichen Modells der Verhaltensweisen der Verkehrsteilnehmer und der Struktur der Verkehrssysteme in eine Vorhersage von Verkehrsströmen umsetzen. Die Verfahrensmaßgaben einer Modellprognose wurden hier gewahrt. Die von der IVV erstellte Verkehrsuntersuchung beruht auf umfassenden Annahmen über zukünftige allgemeine Entwicklungen. Die Gutachter haben umfangreiche Prognosegrundlagen herangezogen. So wurden insbesondere die Daten der zum damaligen Zeitpunkt aktuellen Straßenverkehrszählung 2005 und eine Ergänzung einer bundesweiten Untersuchung zum Thema der mautbedingten Ausweichverkehre von schweren LKW für Nordrhein-Westfalen von November 2005 im Ergebnisbericht ausgewertet. Der voraussichtlichen Entwicklung der Siedlungs- und Wirtschaftsstruktur im Untersuchungsraum wurden die Daten der Landesplanung Nordrhein-Westfalen sowie die Daten der Stadt N. zu Grunde gelegt. Auch für die Kreise X. und H. wurden die entsprechenden Bevölkerungsentwicklungen berücksichtigt. Im Nahbereich des Knotens B 51/X. Straße haben die Gutachter zusätzlich ein neues Wohngebiet mit Lebensmitteldiscounter berücksichtigt. Die Tendenzen der Verkehrsentwicklung, die aufgrund der Verhaltensweisen der Bevölkerung bzw. durch die Verkehrspolitik bestimmt werden, wurden in Anlehnung der Landesplanung Nordrhein-Westfalen sowie der derzeit gültigen Bedarfsplanung zum Bundesverkehrswegeplan entnommen und auf das Gebiet des Untersuchungsraums übertragen. Die Ermittlung der Prognoseverkehrsstärke betrachtet einen Prognose-Null-Fall für das Jahr 2020 unter Berücksichtigung aller Maßnahmen der Bedarfspläne des Bundes und des Landes Nordrhein-Westfalen, die als Überhang und im vordringlichen Bedarf bzw. in Stufe I eingestellt sind, sowie weitere für die Verkehrsentwicklung im Untersuchungsraum relevante Planungen der Städte und Gemeinden, um prognostisch den Planfall P_RE 2020 mit dem Prognosehorizont 2020 zu erarbeiten. Diese Vorgehensweise stimmt ebenfalls mit der Nr. 1.2.2.2 der RAS-Q 96 überein, der die Umsetzung der Annahmen über zukünftige allgemeine Entwicklungen mit Hilfe eines umfangreichen Modells der Verhaltensweisen der Verkehrsteilnehmer und der Struktur der Verkehrssysteme in eine Vorhersage von Verkehrsströmen fordert.
231Vgl. hierzu auch BVerwG, Urteil vom 12. August 2009 - 9 A 64.07 -, juris, Rn. 100 ff. (insoweit nicht in BVerwGE 134, 308, abgedruckt).
232Der Ergebnisbericht vom 11. September 2006 ist ergänzt worden durch eine Ergänzung Planfall mit 3. Nordtangente N. vom 11. März 2008, einen Kurzbericht Ausblick Prognose 2025 vom 28. Juli 2011 und während des Klageverfahrens durch eine Ergänzung dieses Kurzberichts vom 14. Juni 2012. Im Ergebnis kommt die IVV für den Bereich zwischen X. Straße und X2. Straße gegenüber dem Prognose-Null-Fall 2020 (20.500 Kfz DTV) für den Plan-fall P_RE mit holländischen Rampen und 3. Nordtangente N. (Ergänzung vom 11. März 2008) auf 40.700 Kfz DTV, prognostiziert mithin, dass sich das Verkehrsaufkommen auf der B 51 auf dem die Kläger betreffenden Abschnitt nahezu verdoppeln wird.
233ccc) Diese Prognose greifen die Kläger nicht mit Erfolg an. Sie beanstanden zu Unrecht den zeitlichen Horizont der Verkehrsprognose. Die zeitliche Anknüpfung fügt sich in das Konzept ein, das dem Fernstraßenausbaugesetz i. d. F. des 5. Änderungs-gesetzes zum Fernstraßenausbaugesetz vom 4. Oktober 2004 (BGBl. I S. 2574) zu Grunde liegt. Der durch dieses Gesetz verabschiedete Bedarfsplan für die Bundesfernstraßen orientiert sich an der Verkehrsentwicklung, die der Bundesgesetzgeber bis zum Jahr 2015 erwartet. Daher wäre es sogar sachgerecht gewesen, sich für das hier planfestgestellte Vorhaben des vordringlichen Bedarfs bei der Verkehrsuntersuchung auf das Jahr 2015 zu beziehen.
234Vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Mai 2012 ‑ 9 A 35.10 ‑, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 225, S. 17.
235Die Planfeststellungsbehörde hat durch das auf den Prognosehorizont 2020 bezogene Gutachten vom 11. September 2006 und die auf das Jahr 2025 bezogenen Ergänzungen vom 28. Juli 2011 und 14. Juni 2012 sichergestellt, dass die Verkehrsprognose das zu erwartende Verkehrsaufkommen über den Prognosehorizont 2015 hinaus bis ins Jahr 2025 abbildet.
236Vgl. zu einer ähnlichen Fallgestaltung BVerwG, Urteil vom 30. Mai 2012 ‑ 9 A 35.10 ‑, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 225, S. 17.
237Dabei ist es regelmäßig nicht zu beanstanden, dass die Verkehrsprognose für ein fernstraßenrechtliches Straßenbauvorhaben auf der Grundlage der laufend aktualisierten bundesweiten Strukturdaten und Matrizes erstellt wird. Laufende Aktualisierungen der bundesweiten Vorgaben können aus methodischen und praktischen Gründen heraus nicht gefordert werden.
238Vgl. BVerwG, Urteile vom 9. Juni 2010 ‑ 9 A 20.08 ‑, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 208, S. 147 f., und vom 30. Mai 2012 ‑ 9 A 35.10 ‑, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 225, S. 17.
239Soweit die Kläger auf verschiedene nicht berücksichtigte „nachdrücklich verfolgte und in Umsetzung befindliche“ Straßenplanungen verweisen, ist dem nicht weiter nachzugehen. Allerdings müssen bereits vorhersehbare Entwicklungen im Streckennetz, die sich auf die Verkehrsmenge der planfestgestellten Strecke auswirken, von vornherein bei der Verkehrsprognose berücksichtigt und im Planfeststellungsbeschluss bewältigt werden.
240Vgl. BVerwG, Beschluss vom 25. Mai 2005 ‑ 9 B 41.04 ‑, juris, Rdnr. 11.
241Dem trägt die Verkehrsprognose Rechnung, indem sie alle auf Seite 9 des Ergebnisberichts vom 11. September 2006 genannten Straßenbaumaßnahmen einbezieht. Demgegenüber mussten die weiteren von den Klägern genannten Maßnahmen (durchgehend leistungsfähige Verbindung zwischen N. und der A 2 im Raum S. -X1. ) infolge fehlender Konkretisierung der Planung nicht berücksichtigt werden, zumal ein vollständig durchgehender Ausbau der B 64 zwischen S. und N. nicht vorgesehen ist. Zudem dürfte diese Verbindung für Schwerverkehr aus dem Osten in Richtung N. nach Fertigstellung der in Bau befindlichen Maßnahmen A 30 (Ortsumgehung Bad P. ) und A 33 (C. -P1. ) nur von geringem Interesse sein.
242Von einer bereits „vorhersehbaren“ Entwicklung kann frühestens dann gesprochen werden, wenn ein Planfeststellungsverfahren eingeleitet worden ist. Erst dadurch wird konkretisiert, welche Straße der Vorhabenträger zu bauen beabsichtigt, so dass eine Verkehrsmenge prognostiziert werden kann. Ein solches konkretes Planungsstadium hatten zum Zeitpunkt des Erlasses des Planfeststellungsbeschlusses die von den Klägern genannten „Straßenplanungen“ nicht erreicht. Die - noch nicht existierende - „Entlastungsstraße Nord“ ist als „3. Nordtan-gente N. “ in der Ergänzung vom 11. März 2008 enthalten; sie führt nicht zu einer Verkehrserhöhung sondern zu einer leichten Entlastung der B 51 zwischen X. Straße und X2. Straße (40.700 Kfz/24 h statt 41.700 Kfz/24 h nach dem Ergebnisbericht vom 11. September 2006). Die von den Klägern in diesem Zusammenhang behaupteten zusätzlichen 15.000 Kfz/24 h für die Umgehungsstraße sind in keiner Weise belegt oder nachvollziehbar, die Zahl scheint „gegriffen“. Hinzu kommt, dass durch die Änderung des Flächennutzungsplanes der Stadt N. im Jahr 2013 die „3. Nordtangente“ planerisch nicht mehr weiterverfolgt wird.
243ddd) Es war entgegen der Auffassung der Kläger nicht erforderlich, im Ergebnisbericht alle Eingangsdaten und Annahmen einzeln aufzuführen. Wird im Rahmen einer Verkehrsprognose für die Berechnung des zukünftigen Verkehrsaufkommens auf die aus den Strukturdaten ableitbare wirtschaftliche Gesamtentwicklung eines bestimmten Raumes und nicht auf einzelne Unternehmen und Vorhaben abgestellt, ist es methodisch grundsätzlich nicht zu beanstanden, die Eröffnung einer neuen Produktionsstätte als ein bei den Strukturdaten eingerechnetes Ergebnis zu betrachten.
244Vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Mai 2012 ‑ 9 A 35.10 ‑, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 225, S. 17 f.
245Die Prognose auf der Basis von Strukturdaten kann auch nicht dadurch in Frage gestellt werden, dass die Kläger einzelne Tatsachen und Vorgänge (Einwohnerzahl der Stadt N. , neues Wohngebiet und Gewerbegebiet in X4. , Eröffnung neuer Gewerbebetriebe, Masterplan zur Entwicklung des Hafenbereichs) benennen, die vermeintlich nicht berücksichtigt worden sind. Die Kläger führen gegen die Verkehrsprognose zahlreiche Vorgänge und Einzelheiten ins Feld, können jedoch weder nachvollziehbar darlegen, dass diese Vorgänge und Einzelheiten in die der Verkehrsprognose zugrunde liegenden Strukturdaten und sonstigen Eingangsdaten nicht eingeflossen sind noch deren Auswirkungen auf das Ergebnis der Verkehrsprognose auch nur annähernd konkretisieren oder beziffern. Dafür dass dem Gutachterbüro Eingabefehler oder Rechenfehler unterlaufen sind, fehlt jeder schlüssige Anhaltspunkt.
246Vgl. hierzu auch BVerwG, Urteil vom 18. März 2009 - 9 A 39.07 -, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 201, Rdnr. 125.
247Die Verkehrsprognose kann keine Daten in Form von Istzahlen berücksichtigen, wie etwa die von den Klägern genannte Entwicklung des Pendlerverkehrs von 2001 bis 2007, die erst nach dem Zeitpunkt der Erstellung des Ergebnisberichts vom 11. September 2006 ermittelt und ausgewertet worden sind. Die erhebliche Zunahme des Verkehrs auf der B 51 von 1990 bis 2005 bedeutet nicht automatisch, dass entsprechende Zuwachsraten auch für die Zukunft zu erwarten sind. Immerhin prognostiziert auch die IVV bis 2025 eine Verdoppelung des Verkehrs seit 2010 für den Abschnitt zwischen X. Straße und X2. Straße. Der Einwand der Kläger, die „allgemeine Verkehrsentwicklung“ auf Bundesebene sei in der Prognose nicht erkennbar, führt nicht weiter.
248eee) Für einen allgemeinen „Risikozuschlag“ auf die ermittelte Verkehrsmenge, um für die Prognose „auf der sicheren Seite“ zu liegen, gibt es bei Verkehrsprognosen im Straßenverkehr keine Rechtsgrundlage. Auch die Sechzehnte Verordnung zur Durchführung des Bundes‑Immissionsschutzgesetzes (Verkehrslärmschutzverordnung -16. BImSchV) vom 12. Juni 1990, BGBl. I S. 1036, in dem hier maßgeblichen Zeitpunkt zuletzt geändert durch Gesetz vom 19. September 2006, BGBl. I S. 2146, die in Anlage 1 zu § 3 die Berechnung der Beurteilungspegel an Straßen detailliert regelt, kennt derartige „Risikozuschläge“ nicht.
249fff) Der Ergebnisbericht vom 11. September 2006 kommt für den Planfall P_RE 2020 auf einen Lkw-Anteil von 13 % tagsüber und 12 % nachts. Der für 2025 prognostizierte weitere Anstieg des Schwerverkehranteils um knapp 5 % würde zu einem Lkw-Anteil von 13,65 % tagsüber und 12,6 % nachts führen. Die Schlussfolgerung der IVV in den Ergänzungen zum Kurzbericht Ausblick Prognose 2025 vom 14. Juni 2012, dies werde auf die einzelnen Belastungen an den Querschnitten nur marginale Auswirkungen haben, ist nachvollziehbar und plausibel. Beide Werte liegen über dem Ergebnis der Straßenverkehrszählung aus dem Jahr 2010 von 11,4 % für den ganzen Tag. Da die IVV gegenüber dem Prognose-Null-Fall für 2020 fast eine Verdoppelung des Verkehrsaufkommens prognostiziert, bedeutet dies für den Lkw-Verkehr bei einem gegenüber der Zählung 2010 leicht steigenden Anteil in absoluten Zahlen mehr als eine Verdoppelung. Dem setzen die Kläger nichts Substantiiertes entgegen. Die von ihnen angeführten mautbedingten Ausweichverkehre auf der B 64 von N. nach S. -X1. (A 2) hat die IVV unter Zugrundelegung einer bundesweiten Untersuchung und einer darauf basierenden Ergänzung für Nordrhein-Westfalen aus November 2005 berücksichtigt und „wenig Auswirkung“ ermittelt (Ergebnisbericht vom 11. September 2006, S. 6). Dem halten die Kläger nur nicht belegte Vermutungen entgegen. Zutreffend weisen die Kläger darauf hin, dass dem Ergebnisbericht keine Unterlage zu entnehmen ist, die entsprechend den Vorgaben der 16. BImSchV die Ermittlung einer maßgebenden stündlichen Verkehrsstärke und eines maßgebenden Lkw-Anteils (über 2,8 Tonnen) am Gesamtverkehr über die Nachtzeit dokumentiert. Die in der mündlichen Verhandlung anwesende Gutachterin der IVV, Frau T. , hat hierzu allerdings ausgeführt, dass diese Daten aus den amtlichen Verkehrszählungen übernommen worden seien. Dabei sei auch berücksichtigt worden, dass in den amtlichen Zählungen bis zum Jahr 2000 Fahrzeuge mit mehr als 2,8 Tonnen Gewicht als Lkw, seit dem Jahr 2005 hingegen erst Fahrzeuge mit mehr als 3,5 Tonnen Gewicht als Lkw gezählt wurden.
250ggg) Die Prognose vom 11. September 2006, an der die IVV für das Prognose-jahr 2025 festgehalten hat (Kurzbericht vom 28. Juli 2011 mit Ergänzung vom 14. Juni 2012), wird durch die im Jahr 2010 durchgeführte Straßenverkehrszählung bestätigt. Diese ergab für den Abschnitt zwischen X. Straße und X2. Straße einen DTV von 20.518 mit einem Lkw-Anteil von 11,4 %. Die Prognose der IVV vom 11. September 2006 kommt für den entsprechenden Prognose-Null-Fall 2020 auf einen DTV von 20.500. Dass die Verkehrszahlen nicht mehr ansteigen, ist ‑ auch im Hinblick auf die Ausführungen im ergänzten Kurzbericht vom 14. Juni 2012 ‑ plausibel.
251Auch die von den Klägern ins Verfahren eingeführte Verkehrsuntersuchung der Stadt N. für das Jahr 2025 zum Entwurf des Bebauungsplanes „Hafen-Center“ bestätigt die Ergebnisse der IVV: Sie kommt für den „Planfall 4“, der die vorliegende Planung einbezieht, auf 51.400 Kfz/24 h für den Bereich zwischen B. Weg und X. Straße, während die IVV 50.600 Kfz/24 h ausweist. Beide Prognosen unterscheiden sich damit nur um etwa 1,6 %; von einer „Widerlegung“ der Prognose der IVV kann daher keine Rede sein.
252hhh) Der Einwand der Kläger, die Ergebnisse der Verkehrsuntersuchung seien nicht ableitbar, weil Berechnungsgrundlagen und Quellenangaben fehlten und der Rechenvorgang nicht beschrieben sei, greift nicht durch. Ihre Angriffe gegen die Tatsachenermittlung, Methodik und Plausibilität der Ergebnisse der Verkehrsuntersuchungen erweisen sich nicht als stichhaltig. Bei dieser Sachlage besteht kein Anlass, an der Richtigkeit der Berechnungen allein deshalb zu zweifeln, weil einzelne Rechenvorgänge dem Gutachten nicht zu entnehmen sind. Der Vorwurf, die Rechenverfahren seien nicht nachvollziehbar, wäre allenfalls dann berechtigt, wenn den Klägern trotz entsprechender Nachfrage bei der Planfeststellungsbehörde zusätzliche Informationen zu den Ausgangsdaten und gegebenenfalls den Rechenschritten vorenthalten worden wären. Das behaupten die Kläger nicht.
253Vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 9. Juni 2010 ‑ 9 A 20.08 ‑, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 208, S. 154.
254Bedenken an der Fachkompetenz und der Unparteilichkeit der IVV bestehen nicht. Die IVV ist ein seit Jahrzehnten im Bereich des Verkehrswesens tätiges Gutachterbüro, das bundesweit und ‑ wie dem Senat aus eigener Erfahrung bekannt ist ‑ insbesondere in Nordrhein-Westfalen in einer Vielzahl von Fällen Planfeststellungsverfahren für Straßen durch die Erarbeitung von Fachbeiträgen begleitet hat.
255Vgl. OVG NRW, Urteile vom 11. Februar 2009 ‑ 11 D 45/06.AK ‑, juris, Rdnr. 138, und vom 24. März 2014 ‑ 11 D 31/11.AK ‑, juris, Rdnr. 72.
256Auch das Bundesverwaltungsgericht hat hervorgehoben, dass die IVV ein seit vielen Jahren etabliertes Gutachterbüro sei, das über große Erfahrung in der Erstellung von Verkehrsuntersuchungen und -prognosen verfüge.
257Vgl. BVerwG, Urteil vom 9. Juni 2010 ‑ 9 A 20.08 ‑, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 208, S. 156.
258cc) Aufbauend auf der nicht zu beanstandenden Verkehrsprognose hat der Beklagte die Lärmschutzbelange der Kläger mit dem ihnen zustehenden Gewicht in die Abwägung eingestellt.
259Der Schutz der (Wohn)Bevölkerung vor Verkehrslärm ist ein Belang, dem eine Straßenplanung gemäß § 41 Abs. 1 BImSchG Rechnung zu tragen hat. Hiernach ist unter anderem bei dem Bau oder der wesentlichen Änderung öffentlicher Straßen unbeschadet des § 50 BImSchG sicherzustellen, dass durch diese keine schädlichen Umwelteinwirkungen durch Verkehrsgeräusche hervorgerufen werden können, die nach dem Stand der Technik vermeidbar sind.
260aaa) Maßgeblich für den Schallschutz, den die Kläger beanspruchen können, sind die Regelungen der §§ 41, 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG i. V. m. § 2 der 16. BImSchV. Hiernach ist beim Bau oder der wesentlichen Änderung öffentlicher Straßen grundsätzlich sicherzustellen, dass der nach § 3 der 16. BImSchV berechnete Beurteilungspegel bestimmte gebietsbezogene Immissionsgrenzwerte nicht überschreitet; dies gilt nicht, soweit die Kosten der Schutzmaßnahme außer Verhältnis zu dem angestrebten Schutzzweck stehen würden.
261Nach § 2 Abs. 2 Satz 1 der 16. BImSchV ergibt sich die für die Festlegung der jeweiligen Immissionsgrenzwerte maßgebliche Gebietseinstufung aus den Festsetzungen in den Bebauungsplänen. Sind solche Festsetzungen nicht vorhanden, gelten gemäß Satz 2 der vorgenannten Bestimmung für bauliche Anlagen im Außenbereich entsprechend ihrer Schutzbedürftigkeit die Werte nach Absatz 1 Nr. 1 für Krankenhäuser, Schulen, Kurheime und Altenheime, nach Nr. 3 für Kerngebiete, Dorfgebiete und Mischgebiete oder nach Nr. 4 für Gewerbegebiete.
262bbb) Die Planfeststellungsbehörde ist von den richtigen Immissionsgrenzwerten für Lärm ausgegangen. Das Wohnhausgrundstück der Klägerin zu 1. liegt in einem Wohngebiet im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 2 der 16. BImSchV - das ist zwischen den Beteiligten unstreitig -, so dass als Immissionsgrenzwerte tags 59 dB(A) und nachts 49 dB(A) gelten.
263Das Wohnhausgrundstück des Klägers zu 2. liegt zur Überzeugung des Senats im Außenbereich (vgl. § 35 BauGB). Ein Bebauungsplan (vgl. § 30 Abs. 1 BauGB) liegt nicht vor und die Voraussetzungen für die Annahme eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils (vgl. § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB) sind nicht erfüllt.
264Für diese Einschätzung nicht maßgebend ist die Tatsache, dass die Stadt N. als zuständige Bauaufsichtsbehörde das Gebiet westlich der N5.---straße als Außenbereich einstuft. Sie hat unter dem 30. Mai 2012 mitgeteilt, der Bereich sei im Flächennutzungsplan von 1980 noch als Wohnbaufläche ausgewiesen gewesen. Mit der 56. Änderung des Flächennutzungsplanes, die am 5. Juli 1991 wirksam geworden sei, sei die Darstellung in „Fläche für die Forstwirtschaft“ geändert worden. Im aktuellen Flächennut-zungsplan (Bekanntmachung am 8. April 2004) sei die Fläche als Wald dargestellt. Ebenfalls nicht entscheidungserheblich sind die Ortssatzung der Stadt N. vom 27. Juli 1957 und die planungsrechtliche Auskunft vom 22. Dezember 1970 zur Baugenehmigung von 1971. Beide beruhen noch darauf, dass die Stadt N. das Gebiet westlich der N5.---straße bis 1991 im Flächennutzungsplan als Wohnbaufläche ausgewiesen hatte. Für die gegenwärtige Beurteilung sind sie daher unergiebig. Auch aus dem Fluchtlinienplan vom 13. März 1913 lässt sich eine aktuelle bauplanungsrechtliche Einordnung der Grundstücke an der N5.---straße daher nicht mehr ableiten. Der vom Kläger zu 2. in Bezug genommene Straßenbaubeitragsbescheid vom 28. März 2014 bezieht sich auf die tatsächliche ‑ baurechtlich legale und bestandsgeschützte ‑ Wohnnutzung seines Grundstücks und belegt daher keinen Bebauungszusammenhang mit der Ostseite der N5.---straße .
265Die Beurteilung, dass das Haus des Klägers zu 2. N2.---straße 28 baurechtlich im Außenbereich liegt, stützt sich auf eine Gesamtwürdigung der vom Senat im Ortstermin am 13. Mai 2015 in Augenschein genommenen örtlichen Verhältnisse, die auf den bei den Gerichtsakten und planfestgestellten Unterlagen befindlichen Karten (Übersichtslageplan 1:5000 und Lageplan 1:1000 km 7+250 bis 7+700, Teil A: B51.3, Mappe 1, Unterlagen 3 und 5.4, Beiakte 2 zu 11 D 6/12.AK), die im Ortstermin vom Senat gefertigten und die in der Gerichtsakte Bl. 102 bis 104 befindlichen Fotos sowie das Luftbild in Beiakte 1 des vorliegenden Verfahrens, S. 42. Das Gebäude N2.---straße 28 bildet entgegen der Auffassung des Klägers zu 2. mit dem Wohngebiet östlich der N5.---straße keinen im Zusammenhang bebauten Ortsteil im Sinne des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB.
266Für die Frage, welche Anforderungen an das Vorliegen eines Bebauungszusammenhangs im Sinne des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB zu stellen sind, ist ausschlag-gebend, inwieweit eine tatsächlich aufeinanderfolgende Bebauung trotz etwa vorhandener Baulücken nach der Verkehrsauffassung den Eindruck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit vermittelt und die in Rede stehende Fläche noch diesem Zusammenhang angehört. Ein Ortsteil im Sinne von § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB ist jeder Bebauungskomplex im Gebiet einer Gemeinde, der nach der Zahl der vorhandenen Bauten ein gewisses Gewicht besitzt und Ausdruck einer organischen Siedlungsstruktur ist. Maßgeblich ist die tatsächlich vorhandene Bebauung.
267Vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 2. April 2007 ‑ 4 B 7.07 ‑, BRS 71 Nr. 81.
268Für die Annahme einer aufeinanderfolgenden Bebauung ausschlaggebend ist, inwieweit die Bebauung den Eindruck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit vermittelt. Hierfür kommt es auf die Verkehrsauffassung und damit jeweils auf die Lage des Einzelfalls an. Katastermäßige Grundstücksgrenzen bleiben dabei unberücksichtigt.
269Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 19. August 2010 ‑ 7 A 1349/09 ‑, juris, Rdnr. 6, m. w. N.
270Eine Straße kann je nach den Umständen des Einzelfalles einen Bebauungszusammenhang herstellen oder trennende Funktion zwischen Innen- und Außenbereich haben.
271Vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 12. Dezember 1990 - 4 C 40.87 -, NVwZ 1991, 879 (880); ferner Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzber-ger, Baugesetzbuch, Band II, Kommentar, Stand 1. November 2014, § 34 Rdnr. 26, m. w. N.
272Nach diesen Maßstäben ist das Grundstück des Klägers zu 2. dem Außenbereich zuzurechnen. Die örtliche Situation ist dadurch gekennzeichnet, dass östlich der N5.---straße ein durch den Bebauungsplan Nr. 300 der Stadt N. festgesetztes allgemeines Wohngebiet liegt, dessen an die N5.---straße angrenzenden Grundstücke vollständig bebaut sind, während das Wohnhaus des Klägers zu 2. als eines von drei Wohnhäusern westlich der N5.---straße liegt; diese drei Wohngebäude sind auf drei Seiten von Wald umgeben. Zwischen den Häusern N2.---straße 24 und 28 befindet sich eine Baulücke, die vom H1. durchflossen wird. Etwa 120 m südlich des Wohngebäudes des Klägers zu 2. beginnt mit dem Gebäude N2.---straße 60 die Wohnbebauung auch westlich der N5.---straße . Insgesamt stehen auf der Westseite der N5.---straße südlich der Kreuzung mit der X2. Straße auf einer Länge von insgesamt etwa 600 m nur die genannten drei Wohngebäude.
273Die durch Bebauungsplan festgesetzte durchgehende Bebauung östlich der N5.---straße schließt mit der N5.---straße ab, die drei Gebäude westlich der N5.---straße erscheinen nach dem im Ortstermin vom Senat gewonnenen Gesamteindruck auf einer Länge von insgesamt etwa 600 m vereinzelt und sind nicht mehr dem Bebauungszusammenhang östlich der N5.---straße zuzuordnen. Allerdings mag der Blick aus der Straße B. , die gegenüber vom Grundstück des Klägers zu 2. in die N5.---straße einmündet (Foto Bl. 102 der Gerichtsakte und das im Ortstermin gefertigte Bild 8) den Eindruck erwecken, dass das Wohnhaus des Klägers zu 2. mit der Bebauung östlich der N5.---straße eine Einheit bildet. Dieser Eindruck bestätigt sich jedoch nicht, wenn die örtliche Situation von der N5.---straße aus in Augenschein genommen wird. Die N5.---straße vermittelt hier den Eindruck einer Durchgangsstraße, die nicht nur der Erschließung der anliegenden Grundstücke dient, und die das Wohngebiet (östlich) vom Waldgebiet (westlich) trennt. In diesem Waldgebiet liegt das Wohnhaus des Klägers zu 2. Dieser Eindruck wird dadurch verstärkt, dass die östlich der N5.---straße gelegenen Wohngrundstücke südlich der Straße B. nicht von der N5.---straße , sondern vom F.----------weg aus erschlossen werden und von der N5.---straße abgewandt wirken, weil nur ihre ‑ zumal eingefriedeten ‑ Gartenbereiche an die N5.---straße grenzen. Dass die N5.---straße auch auf der Westseite mit einem Gehweg versehen ist, hat für die bauplanungsrechtliche Einschätzung hier keine Bedeutung. Gleiches gilt für die von den Klägern hervorgehobene Tatsache, die Umspannstation für das Wohngebiet liege auf der Westseite. Dies stellt keinen Bebauungszusammenhang im bauplanungsrechtlichen Sinne her.
274Nach § 2 Abs. 2 Satz 2 der 16. BImSchV ist für bauliche Anlagen im Außenbereich nur die entsprechende Anwendung der Werte nach Nr. 3 für Kerngebiete, Dorfgebiete und Mischgebiete von tags 64 dB(A) und nachts 54 dB (A) oder nach Nr. 4 für Gewerbegebiete von tags 69 dB(A) und nachts 59 dB(A) in Betracht zu ziehen. Wohnhäuser im Außenbereich sind weniger schutzbedürftig als Wohngebiete, weil der Außenbereich grundsätzlich nicht für eine Wohnbebauung bestimmt ist.
275Vgl. BVerwG, Urteile vom 1. Oktober 1997 ‑ 11 A 10.96 ‑, Buchholz 442.09 § 18 AEG Nr. 32, S. 164, und vom 26. Februar 2003 ‑ 9 A 1.02 ‑, juris, Rdnr. 18.
276Entsprechend seiner Schutzbedürftigkeit sind für das Wohnhaus des Klägers zu 2. tags 64 dB(A) und nachts 54 dB(A) maßgebend.
277ccc) Die auf der ‑ nicht zu beanstandenden ‑ Verkehrsprognose und der bauplanungsrechtlichen Einstufung der betroffenen Grundstücke aufbauende lärmtechnische Unterlage des Beklagten ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Allerdings berücksichtigt die lärmtechnische Unterlage vom 2. Mai 2007 nicht mehr die danach von der IVV erstellten Aktualisierungen der Verkehrsprognose vom 11. Sep-tember 2006 durch die weiter oben angeführten nachfolgenden Ergänzungen. Im Hinblick auf die geringfügigen Änderungen für den Prognosehorizont 2025 ist dies jedoch unschädlich. Laufende Aktualisierungen können aus methodischen und praktischen Gründen heraus ohnehin nicht gefordert werden.
278Vgl. BVerwG, Urteile vom 9. Juni 2010 ‑ 9 A 20.08 ‑, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 208, S. 147 f., und vom 30. Mai 2012 ‑ 9 A 35.10 ‑, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 225, S. 17.
279Dabei können sich die Kläger ‑ wie bereits dargelegt (vgl. A. I., S. 27) ‑ als nicht enteignend Betroffene nur auf ihre geschützten Privatbelange berufen, nicht aber eine insgesamt fehlerfreie Abwägung und Planung verlangen. Maßgebend sind daher nur die Lärmeinwirkungen auf ihre Grundstücke C.-----weg 9 und N2.---straße 28. Dementsprechend sind alle Einwendungen der Kläger gegen die lärmtechnische Untersuchung, die sich nicht auf diese beiden Grundstücke beziehen, nicht entscheidungserheblich. Das gilt auch im Hinblick darauf, dass die Kläger ‑ wie ebenfalls oben dargelegt (A. III. 3., S. 42) - wesentliche Fehler der Umweltverträglichkeitsprüfung geltend machen können. Zwar gehören Lärmeinwirkungen auf Menschen zu den Auswirkungen im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 UVPG, die in der Umweltverträglichkeitsprüfung zu ermitteln, zu beschreiben und zu bewerten sind. Damit wird den Klägern jedoch nicht das Recht eröffnet, die eventuell fehlerhafte Ermittlung einzelner Grenzwerte an einzelnen Grundstücken zu rügen. In der fehlerhaften Ermittlung eines Grenzwertes für ein einzelnes Grundstück läge kein wesentlicher Fehler der gesamten Umweltverträglichkeitsprüfung, die - wie oben ausgeführt (A. III. 3., S. 44) - nach Art. 5 Abs. 2 der UVP-Richtlinie nur die Hauptwirkungen für die Umwelt feststellen und beurteilen soll.
280Vgl. BVerwG, Urteil vom 21. März 1996 - 4 C 19.94 -, BVerwGE 100, 370 (377).
281Zu Unrecht hat der Rechtsvorgänger des Klägers zu 2. geltend gemacht, die Lärmminderung offenporigen Asphalts sei nicht ausreichend nachgewiesen. Offenporige Asphalte werden seit mehr als 30 Jahren verwendet, erforscht und weiterentwickelt. Ein Korrekturwert Dstro - 5 dB(A), den der Beklagte im Planfeststellungsbeschluss zwischen Bau-km 5+100 und Bau-km 7+300 zu Grunde gelegt hat (A. 5.2.1, S. 25), kann sicher erreicht werden,
282vgl. BVewG, Urteil vom 9. Juni 2010 ‑ 9 A 20.08 ‑, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 208, S. 161; ausführlich OVG NRW, Urteil vom 11. Februar 2009 - 11 D 45/06.AK -, juris, Rdnr. 169 ff., m. w. N.,
283und durfte der lärmtechnischen Unterlage zu Grunde gelegt werden.
284Die Klägerin zu 1. ist mit ihrem Einwand in der Klagebegründung, für ihr Haus seien in der lärmtechnischen Untersuchung falsche Berechnungspunkte gewählt worden, nicht gemäß § 17a Nr. 7 Satz 1 FStrG ausgeschlossen. Zwar konnte der Planfeststellungsbehörde die Gestaltung im Inneren des Wohnhauses der Klägerin zu 1. insbesondere im Hinblick auf die Geschosshöhen nicht im Detail bekannt sein, so dass sie gerade in einem solchen Fall auf konkrete Angaben des Planbetroffenen angewiesen war.
285Vgl. BVerwG, Beschluss vom 9. Oktober 2008 ‑ 9 PKH 2.08 ‑, Buchholz 407.4 § 17a FStrG Nr. 1, S. 2, für den Fall einer Außenwohnnutzung.
286Der Senat teilt aber die Auffassung der Klägerin zu 1., dass sie als Laie der lärmtechnischen Unterlage wegen der dort verwendeten Abkürzungen die für ihr Grundstück angenommenen Berechnungspunkte nicht entnehmen und daher auch nicht erkennen konnte, dass die Berechnungspunkte nicht zutrafen.
287Der Einwand greift jedoch in der Sache nicht durch. Der Beklagte hat bei einer vermessungstechnischen Überprüfung am Wohnhaus der Klägerin zu 1. im ungünstigsten Fall für das erste Obergeschoss eine Höhendifferenz um fast 1,64 m festgestellt. Dieser Wert liegt noch etwas höher als die Angaben der Klägerin zu 1., die von einer Höhendifferenz von bis zu 1,6 m ausgeht. Mit zusätzlicher Berücksichtigung eines um 5% steigenden Schwerverkehrsanteils bis 2025 ergab eine Nachberechnung seitens des Beklagten 54,7 dB(A) tags/47,1 dB(A) nachts für das Erdgeschoss und 56,1 dB(A) tags/48,6 dB(A) nachts für das Obergeschoss. Damit werden die maßgebenden Grenzwerte für Wohngebiete von 59 dB(A) tags/49 dB(A) nachts eingehalten. Die Klägerin zu 1. ist dieser Neuberechnung nicht mehr entgegengetreten, sondern hat nur ihre allgemeinen Einwände gegen die lärmtechnische Unterlage wiederholt.
288Die weiteren Einwände der Kläger gegen die lärmtechnische Unterlage greifen nicht durch. Dem Vorwurf, die Unterlage sei nicht von sachkundigen Personen erstellt worden und es gebe keinerlei Hinweise auf die Verfasser, ist nicht weiter nachzugehen. Hieraus ergibt sich nicht, dass die angestellten Berechnungen fehlerhaft sein könnten. Soweit die Kläger zahlreiche Angaben zur Ermittlung von Gebietsarten, Abständen, Höhen und Geschossen sowie zu Kosten von Lärmschutzmaßnahmen und Lärmschutzvarianten vermissen, weist der Senat nochmals darauf hin, dass sich die Kläger nur auf die Lärmeinwirkungen ihrer Grundstücke berufen können. Daher ist auch die Frage, ob der Beklagte laut Vermerk vom 1. März 2011 eine Neuerstellung des Lärmschutzkonzepts gefordert hat und ob und inwieweit dieses vorgelegt worden ist, nicht entscheidungserheblich. In der maßgebenden lärmtechnischen Unterlage vom 2. Mai 2007 wird auf Seite VI ausgeführt: „Die lärmtechnische Untersuchung wurde nach RLS 90 mit dem Computerprogramm „SoundPLAN 6.4 ‑ Version 28.01.2007 -“ durchgeführt, wobei örtliche Gegebenheiten wie Bebauung, Geländehöhen, Abschirmungen sowie Höhenlagen von Straßen und Bauwerken berücksichtigt wurden. Die durch die vorgesehenen Lärmschutzwände entstehenden zusätzlichen Schallreflexionen werden ebenfalls in den Berechnungsergebnissen berücksichtigt.“ Das Rechenprogramm SoundPLAN gehört zu den gängigen Rechenmodellen für die Berechnung der Schallausbreitung in komplexer Topografie.
289Vgl. OVG NRW, Urteil vom 13. Dezember 2007 ‑ 7 D 122/06.NE -, juris, Rdnr. 74, 76.
290Es entspricht nach der Bestätigung des Lizenzgebers allen Anforderungen für die Durchführung von Rechenoperationen nach der 16. BImSchV i. V. m. des RLS-90 und ist in einem Testverfahren des Bundesverkehrsministeriums und der Straßenbauverwaltung überprüft worden.
291Vgl. OVG Lüneburg, Urteil vom 23. November 2010 - 7 KS 143/08 -, juris, Rdnr. 23.
292Dem sind die Kläger in Bezug auf ihre jeweiligen Grundstücke nicht substantiiert entgegengetreten. Sie äußern nur nicht belegte Vermutungen.
293ddd) Durch das mithin nicht zu beanstandende, dem Planfeststellungsbeschluss zu Grunde liegende Lärmschutzkonzept wird ‑ im Wege einer Lärmsanierung ‑ für die Grundstücke der Kläger „Vollschutz“ erreicht: Für das Grundstück der Klägerin zu 1. ergibt die Nachberechnung unter Zugrundelegung der höher gelegenen Berechnungspunkte im Obergeschoss 56,1 dB(A) am Tag und 48,6 dB(A) in der Nacht. Damit werden die Grenzwerte der 16. BImSchV für Wohngebiete von 59 dB(A) tags und 49 dB(A) nachts eingehalten. Die Immissionsgrenzwerte des § 2 Abs. 1 der 16. BImSchV stellen in Gebieten, die durch eine Wohnnutzung geprägt sind, sicher, dass auch zu Zeiten überdurchschnittlicher Inanspruchnahme der Straße nach dem derzeitigen Kenntnisstand Gesundheitsgefährdungen nicht zu besorgen sind.
294Vgl. BVerwG, Urteil vom 21. März 1996 ‑ 4 A 10.95 ‑, Buchholz 406.25 § 41 BImSchG Nr. 13, S. 39.
295Auf dem Grundstück des Klägers zu 2. werden 60 dB(A) tagsüber und 53 dB(A) nachts erreicht; das liegt unter den Grenzwerten der 16. BImSchV für den Außenbereich von 64 dB(A) tags und 54 dB(A) nachts.
296Anspruch auf (weiteren) Lärmschutz besteht daher bei dem Bau oder der wesentlichen Änderung einer öffentlichen Straße grundsätzlich nur, wenn der von der neuen oder geänderten Straße ausgehende Verkehrslärm den nach § 2 Abs. 1 der 16. BImSchV maßgeblichen Immissionsgrenzwert überschreitet.
297Vgl. BVerwG, Urteil vom 21. März 1996 ‑ 4 C 9.95 ‑, BVerwGE 101, 1.
298Das ist bei den Grundstücken der Kläger ‑ wie dargelegt ‑ nicht der Fall. Allerdings ist Lärmschutzgesichtspunkten bereits unterhalb der Erheblichkeitsschwel-le, die durch § 2 Abs. 1 der 16. BImschV als im Wege der Abwägung nicht überwindbare Grenze bezeichnet wird, im Rahmen des nach § 17 Satz 2 FStrG gebotenen Interessenausgleichs Rechnung zu tragen.
299Vgl. BVerwG, Beschluss vom 5. März 1999 ‑ 4 A 7.98 ‑, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 149, S. 20.
300Es ist jedoch unter Abwägungsgesichtspunkten nicht zu beanstanden, dass der Beklagte Lärmschutz nur insoweit vorgesehen hat, als darauf ein gesetzlicher Anspruch besteht, mithin auf die Grenzwerte der 16. BImSchV abgestellt hat (PFB B. 5.3.5.1, S. 96 ff.). Dabei ist zu berücksichtigen, dass sich die Lärmsituation auf dem Grundstück der Klägerin zu 1. durch den geplanten aktiven Lärmschutz gegenüber der gegenwärtigen Situation grundlegend verbessern wird, weil das Grundstück dem von der bereits vorhandenen Trasse der B 51 herrührenden Lärm bisher ungeschützt ausgesetzt ist.
301Die Kläger haben auch keine weitergehenden Ansprüche im Hinblick auf Lärmschutz für ihre Außenwohnbereiche. Außenwohnbereiche sind neben den bebauten Außenwohnbereichsflächen wie Balkonen, Loggien und Terrassen nur sonstige zum Wohnen im Freien geeignete und bestimmte Flächen des Grundstücks wie Gartenlauben und Grillplätze, nicht jedoch ‑ wie die Kläger offenbar meinen ‑ Gärten oder das gesamte Grundstück.
302Vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Mai 2012 ‑ 9 A 35.10 ‑, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 225, S. 29.
303Vor diesem Hintergrund machen die Kläger eine Überschreitung der maßgeblichen Immissionsgrenzwerte in ihren Außenwohnbereichen schon nicht substantiiert geltend, zumal hierfür nur auf die an beiden Wohnhäusern nach der lärmtechnischen Unterlage mit mindestens 2,9 dB(A) deutlich unterschrittenen Tagesgrenzwerte abzustellen ist.
304eee) Da die Immissionsgrenzwerte der gemäß § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG zur Durchführung des § 41 BImSchG erlassenen 16. BImSchV auf den Grundstücken der Kläger eingehalten werden, sind die Einwände der Kläger gegen die zur Umsetzung des in § 41 BImSchG vorgesehenen Lärmschutzkonzepts erforderliche Nutzen-Kosten-Prüfung nicht entscheidungserheblich. Denn eine Verhältnismäßigkeitsprüfung nach § 41 Abs. 2 BImSchG, die eine derartige Nutzen-Kosten-Prüfung erfordern würde, war für die Grundstücke der Kläger wegen der Einhaltung der Grenzwerte gerade nicht erforderlich.
305d) Der Vortrag der Kläger zu einer fehlerhaften Ermittlung und Bewertung der Luftschadstoffe in den planfestgestellten Ergebnissen des Luftschadstoffgutachtens (Anlage Nr. 99 zum Planfeststellungsbeschluss, Beiakte 10 zu 11 D 6/12.AK) zeigt keinen zu ihren Gunsten durchgreifenden Abwägungsfehler der Planfeststellung auf. In dieser Hinsicht bedarf es keiner weiteren Vertiefung, ob ihre Einwände zutreffend sind.
306aa) Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss ist bezüglich der Luftschadstoffproblematik - trotz des umfangreichen Vortrags der Kläger zu diesem Gesichtspunkt - bereits deshalb nicht abwägungsfehlerhaft, weil die Einhaltung der Grenzwerte der 39. BImSchV keine Rechtmäßigkeitsvoraussetzung für die Planfeststellung eines Straßenbauvorhabens ist. Grenzwertüberschreitungen sind nach dem System der Luftreinhalteplanung (vgl. § 47 BImSchG und § 27 der 39. BImSchV) unabhängig von den Immissionsquellen zu vermeiden. Allerdings ist das Gebot der Konfliktbewältigung als Ausformung des Abwägungsgebots verletzt, wenn die Planfeststellungsbehörde das Vorhaben zulässt, obgleich absehbar ist, dass seine Verwirklichung die Möglichkeit ausschließt, die Einhaltung der Grenzwerte mit den Mitteln der Luftreinhalteplanung in einer mit der Funktion des Vorhabens zu vereinbarenden Weise zu sichern. Das ist insbesondere der Fall, wenn die von einer planfestgestellten Straße herrührenden Immissionen bereits für sich genommen die maßgeblichen Grenzwerte überschreiten. Von diesem Fall abgesehen geht der Gesetzgeber davon aus, dass sich die Einhaltung der Grenzwerte mit den Mitteln der Luftreinhalteplanung sichern lässt. Für die Annahme, dass dies nicht möglich ist, müssen deshalb besondere Umstände vorliegen.
307Vgl. etwa BVerwG, Urteile vom 10. Oktober 2012 - 9 A 19.11 -, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 228, S. 38.
308Solche besonderen Umstände können sich vor allem aus ungewöhnlichen örtlichen Gegebenheiten (zentrale Verkehrsknotenpunkte, starke Schadstoffvorbelastung durch eine Vielzahl von Emittenten) ergeben.
309Vgl. BVerwG, Urteil vom 26. Mai 2004 ‑ 9 A 6.03 ‑, BVerwGE 121, 57 (64).
310Derartige besondere Umstände sind für die Stadt N. weder geltend gemacht noch ersichtlich.
311Vgl. auch BVerwG, Urteil vom 26. Mai 2004 ‑ 9 A 6.03 ‑, BVerwGE 121, 57 (65), zu einer vierspurigen innerstädtischen Ausfallstraße in Dresden mit ähnlich hoher Verkehrsbelastung wie für die B 51 prognostiziert.
312Hieran gemessen genügt die Planung dem Gebot der Konfliktbewältigung. Das zum Gegenstand der Planfeststellung gemachte Luftschadstoffgutachten von September 2011 (Anlage Nr. 99 zum Planfeststellungsbeschluss, Beiakte 10 zu 11 D 6/12.AK) kommt auf der Grundlage der vom Beklagten angegebenen Verkehrsmengen für das Jahr 2020 zu dem Ergebnis, dass die über ein Kalenderjahr gemittelten Immissionsgrenzwerte von jeweils 40 µg/m3 sowohl für Stickstoffdioxid (§ 3 Abs. 2 der 39. BImSchV) als auch für Feinstaub PM10 (§ 4 Abs. 2 der 39. BImschV) und der ab 2015 geltende Immissionsgrenzwert von 25 µg/m3 für Feinstaub PM2,5 (§ 5 Abs. 2 der 39. BImschV) mit den prognostizierten unter 30 µg/m3 für Stickstoffdioxid, unter 24 µg/m3 für PM10 und unter 20 µg/m3 für PM2,5, jeweils für die zur B 51 nächstgelegenen Wohnbebauung am C2.-----weg deutlich bis weit unterschritten werden (vgl. Abbildungen 6.2, 6.4 und 6.6). Die auf S. 28 und 33 des Gutachtens referierten Ergebnisse für die Feinstaubimmissionen werden im Planfeststellungsbeschluss auf S. 117 zutreffend wiedergegeben. In diesem Zusammenhang merkt der Senat an, dass schon die im Gutachten als Hintergrundbelastung zu Grunde gelegten von der Messstation N. Geist im Jahr 2010 gemessenen Jahresmittelwerte für Stickstoffdioxid 25 µg/m3, für PM10 22 mg/m3 und für PM2,5 19 µg/m3 betragen, so dass die von dem planfestgestellten Vorhaben herrührenden zusätzlichen Schadstoffbelastungen bezogen auf das Grundstück der Klägerin zu 1. gering sind.
313Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss geht daher zu Recht davon aus, dass mit der Realisierung des Vorhabens keine atypische Situation entsteht, die bereits in der Planfeststellung Maßnahmen erfordert, und weitere Maßnahmen einer Luftreinhalteplanung vorbehalten werden können (PFB B. 5.3.5.2, S. 116 bis 118). Für den Beklagten bestand daher kein Anlass, die Luftreinhalteplanung der Stadt N. im Planfeststellungsbeschluss zu überprüfen.
314bb) Unabhängig davon werden - wie soeben dargelegt - die Immissionsgrenzwerte der 39. BImSchV eingehalten; das Luftschadstoffgutachten ist nicht zu beanstanden.
315aaa) Die Grenzwerte der 39. BImSchV beruhen auf unionsrechtlichen Vorgaben durch die Richtlinie 2008/50/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2008 über Luftqualität und saubere Luft in Europa (Abl. Nr. L 152 S. 1).
316Vgl. zusammenfassend Bruckmann/Strecker, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Band IV, Kommentar, Stand 15. November 2014, 39. BImSchV Vorb., Rdnr. 3.
317Der Senat ist gemäß Art. 20 Abs. 3 GG an diese rechtlichen Maßstäbe gebunden und daher nicht befugt, eine Entscheidung auf der Basis hiervon möglicherweise abweichender wissenschaftlicher Erkenntnisse zu treffen, wie sie etwa von Prof. Dr. L. in der mündlichen Verhandlung vorgetragen worden sind bzw. sich aus den von ihm vorgelegten umfangreichen Unterlagen ergeben („Die Biologie kennt keine Grenzwerte.“).
318Nach Art. 191 Abs. 3 AEUV (vgl. auch die Querschnittsklausel in Art. 11 AEUV) berücksichtigt die Union bei der Erarbeitung ihrer Umweltpolitik ‑ hierzu gehört die Richtlinie 2008/50/EG ‑ u. a. die verfügbaren wissenschaftlichen und technischen Daten. Die gerichtliche Kontrolle, was die Berücksichtigung wissenschaftlicher und technischer Daten angeht, beschränkt sich darauf, ob die Maßnahme offensichtlich fehlerhaft ist, ob sie einen Ermessensmissbrauch darstellt oder ob die betreffende Behörde die Grenzen ihres Ermessens offensichtlich überschritten hat. Dem Gebot zur Berücksichtigung des Standes von Wissenschaft und Technik ist nach dem EuGH schon dann entsprochen, wenn sich dies aus den Begründungserwägungen ablesen lässt und wenn ein Rechtsakt Überwachungsvorschriften zur Beurteilung der Wirksamkeit der getroffenen Regelungen sowie Revisionsklauseln beinhaltet, welche vorsehen, dass die Kommission unter Berücksichtigung technischen Fortschritts Einfügungen, Streichungen oder Änderungen vornehmen kann.
319Vgl. etwa Kahl, in: Streinz (Hrsg), EUV/AEUV, 2. Auflage 2012, Art. 191 AEUV, Rdnr. 121, m. w. N.
320Die Richtlinie 2008/50/EG sieht in ihrem Art. 32 ausdrücklich vor, dass die Kommission im Jahr 2013 die Vorschriften über PM2,5 sowie gegebenenfalls andere Schadstoffe überprüft, und regelt Einzelheiten des Überprüfungsverfahrens, das auch die Berücksichtigung neuester wissenschaftlicher Informationen vorsieht. Für PM2,5 bestimmt bereits die Richtlinie selbst und ihr folgend § 5 Abs. 2 der 39. BImSchV ab 2015 einen neuen Grenzwert.
321Auch aus Art. 3 i. V. m. Art. 37 der Europäischen Grundrechtecharta ergibt sich kein umfassendes Recht auf gesunde Umwelt.
322Vgl. Borowsky, in: Meyer (Hrsg.) Charta der Grundrechte der Europäischen Union, 4. Auflage 2014, Art. 3 Rdnr. 38.
323Aus der staatlichen Schutzpflicht nach Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG („Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit.“) ergeben sich keine weitergehenden Anforderungen. Ohne verlässliche wissenschaftliche Erkenntnisse über komplexe Gefährdungen ist es nicht Sache der Gerichte, sondern des Verordnungsgebers, den Erkenntnisfortschritt der Wissenschaft mit geeigneten Mitteln zu beobachten und zu bewerten. Diese Pflicht ist erst verletzt, wenn eine ursprünglich rechtmäßige Regelung aufgrund neuer Erkenntnisse oder einer veränderten Situation verfassungsrechtlich evident untragbar geworden ist.
324Vgl. BVerwG, Gerichtsbescheid vom 21. September 2010 ‑ 7 A 7.10 ‑, juris, Rdnr. 17, unter Hinweis auf BVerfG, Beschluss vom 24. Januar 2007 ‑ 1 BvR 382/05 ‑, NVwZ 2007, 805.
325Das ist im Hinblick auf die Fortschreibung der Grenzwerte und der oben dargelegten in der Richtlinie 2008/50/EG ausdrücklich vorgesehenen Überprüfung nicht ersichtlich.
326Die von den Klägern angeführten Regelungen in § 1 Nr. 19 und 37 sowie § 23 und § 26 der 39. BImSchV zu „langfristigen und nationalen Zielen“, zum „Zielwert“ und zur „bestmöglichen Luftqualität“ ergeben keine über die Einhaltung der in den §§ 3 bis 5 der 39. BImSchV rechtsverbindlich festgelegten konkreten Grenzwerte hinausgehenden subjektiven Rechte der Kläger.
327bbb) Entgegen der Auffassung der Kläger legt das Gutachten für die Schadstoffhintergrundbelastung zu Recht die Messwerte der vom LANUV im Rahmen des Luftqualitätsüberwachungssystems betriebenen Station N. Geist zu Grunde. Die Auswahl der berücksichtigten Messstationen muss den örtlichen Verhältnissen Rechnung tragen und gegebenenfalls bestehende deutliche Unterschiede der für die Vorbelastung im Plangebiet maßgeblichen Faktoren berücksichtigen.
328Vgl. BVerwG, Urteil vom 9. Juni 2010 - 9 A 20.08 -, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 208, S. 166.
329Nach § 1 Nr. 22 der 39. BImSchV sind „Messstationen für den städtischen Hintergrund“ Messstationen an Standorten in städtischen Gebieten, an denen die Werte repräsentativ für die Expositon der städtischen Bevölkerung sind. Dies wird in Anlage 3 B.1.c) zur 39. BImSchV dahingehend präzisiert, dass die gemessene Verschmutzung den integrierten Beitrag sämtlicher Quellen im Luv der Hauptwindrichtung der Station erfasst. Für die gemessene Verschmutzung sollte nicht eine einzelne Quelle vorherrschend sein, es sei denn, dies ist für eine größere städtische Fläche typisch. Die Probenahmestellen müssen grundsätzlich für eine Fläche von mehreren Quadratkilometern repräsentativ sein.
330Die Station N. Geist befindet sich etwa 5 km südwestlich des Untersuchungsgebiets im Zentrum von N. zwischen Kleingärten und Wohnhäusern (Gutachten S. 18) an einem Schulgelände. Ein Gewerbegebiet liegt etwa 1,5 km östlich bis südöstlich der Station. Die in diesem Abschnitt vierstreifige B 51 verläuft ca. 200 m südlich, die B 54 ca. 700 m östlich und die B 219 ca. 500 m westlich der Station.
331Vgl. die Beschreibung der näheren Umgebung auf der Internetseite des LANUV http:/www.lanuv.de/luft/messorte/steckbriefe/msge.htm.
332Diese Messstation ist damit die dem planfestgestellten Vorhaben nächstgelegene Station, deren Messwerte eine städtische Schadstoffhintergrundbelastung wiedergeben. Dabei bezieht sich die Anforderung, den integrierten Beitrag sämtlicher Quellen im Luv der Hauptwindrichtung der Station zu erfassen, auf die konkrete Lage der Messstation selbst, bedeutet jedoch nicht, dass die Station so positioniert sein muss, dass sie sämtliche stark emittierenden Schadstoffquellen der Stadt N. erfasst. Dann würde sie gerade nicht mehr die für die städtische Fläche typische Hintergrundbelastung ermitteln und wäre nicht für eine Fläche von mehreren Quadratkilometern repräsentativ.
333Dem gegenüber liegen die anderen drei vom LANUV in N. betriebenen Messstationen unmittelbar an vielbefahrenen Straßen. Die von den Klägern angesprochene Station an der X1. Straße steht auf dem Gehweg einer stark befahrenen und beidseitig von einer geschlossenen mehrgeschossigen Bebauung begrenzten innerstädtischen Ausfallstraße in N. . Sie ist daher nicht geeignet, die großräumig vorhandene Hintergrundbelastung abzubilden, die im Untersuchungsgebiet ohne Verkehr auf den in die Untersuchung einbezogenen Straßen vorliegen würde (vgl. auch Luftschadstoffgutachten S. 13 unten).
334ccc) Nach der Anlage 3 zur 39. BImSchV ist die Luftqualität in solchen Bereichen zu untersuchen, in denen die individuelle Aufenthaltsdauer von Menschen typischerweise einen „signifikanten“ Anteil am Mittelungszeitraum des jeweils zu betrachtenden Immissionsgrenzwerts einnimmt. Danach sind selbst bezogen auf Grenzwerte mit dem geringsten Mittelungszeitraum von einer Stunde (vgl. §§ 2 f. der 39. BImSchV) nur solche Bereiche zu untersuchen, in denen der Einzelne nicht nur für einen kurzen Moment, sondern „über einen längeren Zeitraum“ Schadstoffen ausgesetzt ist.
335Vgl. BVerwG, Urteil vom 10. Oktober 2012 ‑ 9 A 19.11 ‑, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 228, S. 48.
336Selbst wenn man unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe - anders als im Planfeststellungsbeschluss auf S. 117 wiedergegeben - den Garten des Grundstücks der Klägerin zu 1. einbezieht, werden die Grenzwerte ‑ wie oben dargelegt ‑ deutlich bis weit unterschritten. Für das Grundstück des Klägers zu 2. steht eine Grenzwertüberschreitung ohnehin nicht in Rede.
337Angesichts der deutlichen Unterschreitung der Grenzwerte auch auf dem Grundstück der Klägerin zu 1. ist nicht erheblich, dass das Luftschadstoffgutachten (vgl. Abbildung 5.1 auf S. 22) für die B 51 von einer zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 70 km/h ausgeht, während die lärmtechnische Untersuchung eine zulässige Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h zu Grunde legt und der Planfeststellungsbeschluss die zulässige Höchstgeschwindigkeit nicht regelt. Die prognostizierte Schadstoffbelastung liegt auch dann auf der „sicheren Seite“, wenn von der zuständigen Straßenverkehrsbehörde künftig ein Tempolimit von 100 km/h zugestanden würde. Das hat der Gutachter dem Beklagten am 29. März 2012 mitgeteilt. Die Stickstoffdioxidimmissionen würden sich um höchstens 1 µg/m3 erhöhen, die Werte für PM10 um 1 bis 4 %, so dass auch bei einer Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h Grenzwertüberschreitungen nicht zu erwarten seien. Hierbei ist auch zu berücksichtigen, dass das Luftschadstoffgutachten die als „maximale“ Verkehrsbelastung prognostizierte Verkehrsmenge von 50.600 Kfz/24 h zu Grunde legt, während die Verkehrsprognose der IVV vom 11. September 2006 für den hier fraglichen Abschnitt nördlich der X. Straße eine Verkehrsbelastung von nur 41.700 Kfz/24 h prognostiziert.
338ddd) Dafür dass dem Gutachterbüro Eingabefehler oder Rechenfehler unterlaufen sind, fehlt jeder schlüssige Anhaltspunkt. Der Gutachter hat im Termin zur mündlichen Verhandlung erläutert, dass die Auswirkungen der geplanten Lärmschutzwände in das Rechenprogramm eingearbeitet sind. Bedenken an der Fachkompetenz und der Unparteilichkeit des Ingenieurbüros M. bestehen nicht. Dem Senat ist aus eigener Erfahrung bekannt, dass das Ingenieurbüro M. in Nordrhein-Westfalen regelmäßig Planfeststellungsverfahren durch Fachbeiträge begleitet hat.
339Vgl. etwa OVG NRW, Urteil vom 24. März 2014 ‑ 11 D 31/11.K -, juris, Rdnr 105 ff.
340eee) Bei dieser Sachlage bedurfte es nicht einer von den Klägern vermissten Berechnung der Kurzzeitgrenzwerte (200 µg/m3 über eine Stunde gemittelt für Stickstoffdioxid, § 3 Abs. 1 der 39. BImSchV; 50 µg/m3 über einen Tag gemittelt für Feinstaub PM10), die auf den Grundstücken der Kläger offensichtlich nicht erreicht werden (vgl. auch die Erläuterung im Luftschadstoffgutachten S. 8 f.).
341fff) Nach alldem musste der Senat dem in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisantrag zu behaupteten Grenzwertüberschreitungen nicht weiter nachgehen.
342e) Aus § 50 BImSchG ergeben sich für die Kläger keine weitergehenden Ansprüche. § 50 Satz 1 BImSchG kommt in Bezug auf Verkehrslärm und sonstige Immissionen die Funktion einer Abwägungsdirektive zu.
343Vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 23. Februar 2005 ‑ 4 A 1.04 ‑, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 186, S. 188.
344Da sowohl die Immissionsgrenzwerte für Lärm als auch für Luftschadstoffe auf den Grundstücken der Kläger eingehalten werden, folgt aus § 50 Satz 1 BImSchG kein Anspruch der Kläger auf weitere Schutzmaßnahmen etwa durch Verwirklichung einer „Tunnellösung“. Der allgemeine Planungsgrundsatz des § 50 BImSchG wendet sich als objektivrechtliches Gebot an die für die Planungsentscheidung zuständige Stelle; er enthält aber für den Planbetroffenen kein subjektives öffentliches Recht.
345Vgl. BVerwG, Beschluss vom 10. September 1981 ‑ 4 B 114.81 ‑, Buchholz 406.25 § 50 BImSchG Nr. 2.
346f) Die Beeinträchtigung des Grundeigentums der Klägerin zu 1. durch eine 5,5 m hohe Lärmschutzwand hat der Beklagte als abwägungserheblichen Belang gesehen und auf Seite 147 des Planfeststellungsbeschlusses behandelt. Er hat auf die Gestaltung der Wand verwiesen, die in einer Höhe über 3 m transparentes Material vorsieht, ferner auf die Anpflanzung eines Grüngürtels vor der Lärmschutzwand. Schließlich verweist er noch auf eventuelle Entschädigungsansprüche (PFB B. 5.3.12.3, S. 148). Das reicht als Abwägung aus.
347Nach der Umplanung durch den Planänderungsbescheid vom 12. August 2014 wird die Lärmschutzwand in ca. 1,7 m Entfernung von der Westgrenze des Grundstücks der Klägerin zu 1. errichtet, die wiederum mindestens 28 m vom Wohngebäude entfernt liegt. Fragen einer Verschattung oder gar einer erdrückenden Wirkung stellen sich daher nicht. Die Klägerin zu 1. hat, nachdem durch die Umplanung ihr Grundstück nicht mehr in Anspruch genommen werden muss, auch keine konkreten Belange einer Eigentumsbeeinträchtigung geltend gemacht, die in die Abwägung hätten eingestellt werden müssen, sondern nur „drastische Folgen für die Wohnnutzung insbesondere der Außenbereiche“ behauptet. Dabei wird jedenfalls übersehen, dass sich im Vergleich zur gegenwärtigen Situation die Nutzung des Außenbereichs erheblich verbessert, weil die bereits vorhandene B 51 im Zuge des Ausbaus erstmals mit einer Lärmschutzwand versehen wird.
3485. Auch der Vortrag der Kläger, die Belastungen durch Baulärm und Erschütterungen während der Bauzeit seien weder ermittelt worden, noch seien im Planfeststellungsbeschluss Aussagen zum Schutz vor ihnen getroffen worden, greift nicht durch. Die durch die Straßenbauarbeiten verursachten Lärm- und Schadstoffbelastungen müssen wegen ihres unregelmäßigen Entstehens nicht durch eine Lärm- bzw. Schadstoffprognose ermittelt werden.
349Vgl. BVerwG, Urteil vom 3. März 2011 ‑ 9 A 8.10 ‑, BVerwGE 139, 150 (183 f.).
350Gleiches muss für die von den Klägern befürchteten Erschütterungen gelten.
351Der Beklagte hat im Planfeststellungsbeschluss im Hinblick auf Erschütterungen und (sonstige) Bauimmissionen und ‑auswirkungen unter A. 5.3 und 5.4 (S. 27 f.) verschiedene Nebenbestimmungen angeordnet, die zu einer weitgehenden Minimierung der Immissionsbelastung für die Umgebung führen. Dass es dennoch zu Beeinträchtigungen kommen kann, ist unvermeidbar.
352Den von den Klägern aufgezeigten „offenkundigen Widerspruch“, die AVV-Baulärm sei zu beachten, könne aber nicht eingehalten werden, sieht der Senat nicht. Es ist plausibel, dass der Beklagte die AVV-Baulärm grundsätzlich heranzieht, aber gleichzeitig einräumt, es könnten „temporäre Lärmeinwirkungen oberhalb der Richtwerte … nicht gänzlich ausgeschlossen werden.“ (PFB S. 28). Genauere Regelungen kann der Beklagte nicht treffen. Es leuchtet ohne Weiteres ein, dass die Unregelmäßigkeit des durch die Bauarbeiten ausgelösten Lärms eine detaillierte Lärmprognose nicht zulässt.
353Vgl. BVerwG, Urteil vom 3. März 2011 ‑ 9 A 8.10 ‑, BVerwGE 139, 150 (184).
354Schließlich enthalten die Nebenbestimmungen A. 5.3 und 5.4 den Passus, dass in dem Fall, dass trotz optimierter Bauverfahren die Anhaltswerte überschritten (Erschütterungen) bzw. die Eingreifwerte (Bauimmissionen und –auswirkungen) erheblich überschritten und dadurch Schäden verursacht werden, diese „nach den Grundsätzen des § 906 BGB zu entschädigen“ sind. Damit sind die Rechtspositionen der Kläger ausreichend geschützt und berücksichtigt, und zwar gerade auch im Hinblick auf die von den Klägern zitierte Rechtsprechung des BGH,
355Urteil vom 30. Oktober 2009 ‑ V ZR 17/09 ‑, NJW 2010, 1141 (1143, Rdnr. 28 f.).
356B. Der auf eine Verpflichtung des Beklagten gerichtete Hilfsantrag der Kläger, sie unter teilweiser Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses vom 30. September 2011 hinsichtlich ihrer durch das Vorhaben betroffenen Rechte/Interessen, insbesondere hinsichtlich des Schutzes vor Immissionen, erneut zu bescheiden, bleibt nach dem vorstehend Dargelegten ohne Erfolg. Die Kläger haben insbesondere keinen Anspruch auf eine Ergänzung des Planfeststellungsbeschlusses um Maßnahmen des aktiven Schallschutzes oder um die Anordnung der Erstattungsfähigkeit dem Grunde nach für Maßnahmen des passiven Schallschutzes. Das Lärmschutzkonzept der angefochtenen Planungsentscheidung steht mit den Vorgaben der §§ 41, 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG i. V. m. § 2 der 16. BImSchV im Einklang; die Immissionsgrenzwerte sowohl für Lärm als auch für Luftschad-stoffe werden auf den Grundstücken der Kläger sämtlich eingehalten. Das Vorhaben ist damit nicht zu Lasten der Kläger abwägungsfehlerhaft und verletzt in seiner festgestellten Form keine Rechte der Kläger.
357C. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 Abs. 1, 159 Satz 1 VwGO, 100 Abs. 1 ZPO.
358Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus den §§ 167 VwGO, 708 Nr. 10, 711 Satz 1 ZPO.
359Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
- 1
Der Kläger wendet sich als anerkannter Umweltverein gegen den fernstraßenrechtlichen Planfeststellungsbeschluss des Beklagten für den vierstreifigen Ausbau der Bundesstraße Nr. 10 (B 10) zwischen Godramstein und der Bundesautobahn A 65 (BAB A 65; Anschlussstelle Landau-Nord).
- 2
Die B 10 führt als überregionale West-Ost-Verkehrsverbindung im Südwesten Deutschlands in mehreren Teilstrecken von der saarländischen Stadt Lebach bis zur Gemeinde Neusäß bei Augsburg, wo sie an der B 300 endet. Auf rheinland-pfälzischem Gebiet verläuft sie ab der Anschlussstelle Pirmasens-Staffelhof der BAB A 8/A 62 in östlicher Richtung über rund 43 km weitgehend durch den Pfälzer Wald bis zur Anschlussstelle Landau-Nord der BAB A 65. Die früher zweistreifig durch die anliegenden Ortschaften geführte Bundesstraße wurde in den 1980-er-Jahren aus den Ortsdurchfahrten heraus auf Umgehungsstraßen verlegt. Zwischen Hinterweidenthal und Rinnthal sowie von Queichheimbach bis Landau wurde in den 1990er-Jahren teilweise ein dritter Fahrstreifen angebaut. Auf dem Teilstück zwischen Rinnthal und Annweiler verläuft die B 10 zweistreifig durch vier Tunnel, und zwar (von West nach Ost) den Kostenfelstunnel, den Staufertunnel, den Löwenherztunnel und den Barbarossatunnel.
- 3
Sowohl in der Bundesverkehrswegeplanung als auch auf landesplanerischer Ebene ist ein durchgehender vierstreifiger Ausbau der B 10 zwischen Pirmasens und Landau vorgesehen, so im Bundesverkehrswegeplan 2003 (BVWP 2003) und im seit 2008 gültigen Landesentwicklungsprogramm IV (LEP IV) als Ziel der Landesplanung (Z 150). Der (derzeit noch gültige) Bedarfsplan für die Bundesfernstraßen gemäß Anlage 1 zu § 1 des Fernstraßenausbaugesetzes (FStrAbG) in der Fassung des 5. Änderungsgesetzes vom 4. Oktober 2004 (BGBl. I, 2574) - im Folgenden: Bedarfsplan 2004 - stuft dabei die einzelnen Bau- und Planungsabschnitte in unterschiedliche Dringlichkeitsstufen ein: Der westlichste Streckenteil zwischen der Anschlussstelle (AS) Pirmasens an der BAB A 8/A 62 und Hinterweidenthal ist durchgehend als „vordringlicher Bedarf“ ausgewiesen, die Teilstrecke zwischen Hinterweidenthal und Rinnthal als „weiterer Bedarf mit Planungsrecht (WB*)“, die Teilstrecke von Rinnthal bis zur AS Queichheimbach (Annweiler) als „weiterer Bedarf (WB)“ und die östlichste Teilstrecke von der AS Queichheimbach bis zur BAB 65, zu der der vom angegriffenen Planfeststellungsbeschluss umfasste Abschnitt zählt, wiederum als „weiterer Bedarf mit Planungsrecht (WB*)“.
- 4
Von den im „vordringlichen Bedarf“ ausgewiesenen Teilstrecken ist der vierstreifige Ausbau im westlichsten Verlauf zwischen Pirmasens und der B 270 bereits seit längerer Zeit abgeschlossen und die B 10 vierstreifig für den Verkehr freigegeben; für die sich östlich anschließenden Planungsabschnitte zwischen der B 270 und der sog. Walmersbacher Kuppe liegen bestandskräftige Planfeststellungsbeschlüsse vor; auch diese Teilabschnitte sind inzwischen baulich abgeschlossen und für den Verkehr freigegeben worden; im letzten als „vorrangig“ eingestuften Abschnitt zwischen Walmersbach und Hinterweidenthal laufen aufgrund eines bestandskräftigen Planfeststellungsbeschlusses derzeit noch die Bauarbeiten.
- 5
Der als „WB*“ eingestufte Abschnitt zwischen Hinterweidenthal und Rinnthal wurde vom Vorhabenträger zwischenzeitlich in zwei Unterabschnitte (Hinterweidenthal - Hauenstein und Hauenstein - Rinnthal) unterteilt; für den Unterabschnitt Hinterweidenthal - Hauenstein wurde dem Vorhabenträger ein Planungsauftrag erteilt. Hingegen werden im als WB eingestuften Abschnitt von Rinnthal bis zur AS Queichheimbach bisher nur planerische Vorüberlegungen betrieben, während für die als „WB*“ eingestuften, aber nicht vom angefochtenen Planfeststellungsbeschluss umfassten Abschnitte zwischen der AS Queichheimbach und Godramstein die Einholung der sog. RE-Genehmigung beim Bundesverkehrsministerium vorbereitet wird bzw. teilweise schon eingeleitet ist.
- 6
In dem vom angefochtenen Planfeststellungsbeschluss umfassten Abschnitt ist die B 10 derzeit als dreistreifige Kraftfahrstraße mit wechselnden Überholmöglichkeiten und einem Ausbauquerschnitt RQ 15,5 ausgebaut. Zwischen Bau-km 0+400 und Bau-km 0+830 quert die B 10 die Niederung des Flusses Queich mittels eines Brückenbauwerks. Die Queichniederung ist Teilgebiet des großräumigen FFH-Gebietes „Biosphärenreservat Pfälzerwald“ (6812-301) mit einer Gesamtgebietsgröße von 35.997 ha, das auf Grund einer Entscheidung der EU-Kommission vom 7. Dezember 2004 in die Liste der Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung aufgenommen worden ist.
- 7
Da ein durchgehender vierstreifiger Ausbau der B 10 bis Landau in der Öffentlichkeit umstritten ist, wurde in den Jahren 2004/2005 auf Betreiben der Landesregierung ein erstes Mediationsverfahren durchgeführt, das jedoch im Februar 2005 für gescheitert erklärt wurde.
- 8
Im März 2007 wurde das Planfeststellungsverfahren für den Ausbauabschnitt zwischen Godramstein und der Anschlussstelle Landau-Nord der BAB 65 eingeleitet. In der Zeit vom 2. April 2007 bis zum 2. Mai 2007 wurden die Planunterlagen zu jedermanns Einsicht bei der Stadtverwaltung Landau und bei den Verbandsgemeindeverwaltungen Landau-Land und Annweiler am Trifels ausgelegt. Mit Schreiben vom 15. Mai 2007, das am 16. Mai 2007 einging, erhob der Kläger Einwendungen gegen die Planung. Darin rügte er im Hinblick auf die Betroffenheit des FFH-Gebiets 6812-301 insbesondere eine unzureichende Bestandsermittlung der Pflanzen- und Tierwelt, eine zu enge Abgrenzung des Untersuchungsgebiets hinsichtlich der Auswirkungen des Vorhabens, eine mangelhafte Darstellung bau- und betriebsbedingter Auswirkungen, eine unzureichende Abarbeitung der Betroffenheit erhaltungszielbestimmender Schmetterlingsarten sowie das Fehlen einer „Dach-FFH-Verträglichkeitsprüfung“ für den vierspurigen Ausbau der Gesamtstrecke zwischen Pirmasens und Landau; ferner machte er artenschutzrechtliche Bedenken geltend und äußerte sich auch kritisch zu einzelnen Vermeidungs-, Minderungs- und Ersatzmaßnahmen. Schließlich zweifelte er die Prognose der künftigen Verkehrsbelastung und die Gewichtung der verkehrlichen gegenüber den Umweltbelangen an. Mit weiterem Schreiben vom 15. Mai 2007 legte er eine „Fachtechnische Stellungnahme“ des Büros für angewandten Umweltschutz (BAU) vor und machte sich deren Inhalt zu Eigen. Mit weiterem Schreiben vom 17. September 2010 machte der Kläger von der ihm eingeräumten Möglichkeit Gebrauch, zu zwei dem Vorhabenträger am 7. Juni 2010 vorgelegten, überarbeiteten artenschutzrechtlichen Gutachten ergänzend Stellung zu nehmen.
- 9
Mit Planfeststellungsbeschluss des Landesbetriebs Mobilität (LBM) vom 22. September 2010 wurde der Plan für den vierstreifigen Ausbau der B 10 zwischen Godramstein und der A 65 festgestellt. Der Planfeststellungsbereich erstreckt sich auf die Gemarkungen Godramstein, Nußdorf, Dammheim und Arzheim. Er umfasst den vierstreifigen Ausbau der B 10 von Bau-km ca. 0+100 bis Bau-km ca. 4+200; ferner schließt er den Ausbau bzw. die Herstellung diverser, im Einzelnen aufgeführter Anschlussstellen an Kreisstraßen, von Brückenbauwerken, von Regenrückhaltebecken sowie von Lärmschutzwällen und -wänden, die Anpassung des vorhandenen Wirtschaftswegenetzes sowie die Ausweisung von landespflegerischen, wasserwirtschaftlichen und schallschutztechnischen Maßnahmen ein. Die festgestellten Ausbaupläne sehen im planfestgestellten Bereich einen Ausbau mit dem Sonderquerschnitt SQ 26 (gemäß den „Richtlinien für die Anlage von Straßen - Teil Querschnitt; Abkürzung: RAS-Q“) vor, d. h. mit einer Gesamtbreite von 26 m wie beim Regelquerschnitt RQ 26, die sich zusammensetzt aus je zwei Fahrstreifen pro Fahrtrichtung mit einer Breite von 3,50 m, Randstreifen von 0,50 m und Banketten von je 1,50 m, wobei jedoch die Standstreifen um je 0,50 m breiter ausgebildet sind und daher eine Breite von je 2,50 m erreichen, während der Mittelstreifen nur eine Breite von 2,00 m statt 3.00 m erhält. Die breitere Anlage der Standstreifen wird mit dem zu erwartenden hohen LKW-Anteil begründet, um die Möglichkeit des Abstellens breiterer Fahrzeuge zu schaffen. Der Anbau des neuen Fahrstreifens soll vom Baubeginn bis Bau-km ca. 0+650 auf der Südseite und ab ca. Bau-km 0+650 bis zum Bauende auf der Nordseite erfolgen, und zwar mit Rücksicht auf das in diesem Bereich südlich der B 10 gelegene Wohngebiet „Schützenhof“ sowie zur Vermeidung des Verlustes in der Queichniederung auf der nördlichen Seite vorhandener, älterer Gehölzbestände. Im Bereich der Überquerung der Queichniederung soll die Richtungsfahrbahn Pirmasens-Landau auf einem neu zu errichtenden Brückenbauwerk in einem Abstand von ca. 10 m zum vorhandenen Brückenbauwerk verlaufen. In seinem verfügenden Teil enthält der Planfeststellungbeschluss die vorsorgliche Erteilung von Ausnahmen sowie höchstvorsorglich von Befreiungen von den artenschutzrechtlichen Verbotstatbeständen des § 44 Abs. 1 BNatSchG für eine Reihe im einzelnen aufgeführter Tierarten des Anhangs IV der FFH-Richtlinie und für diverse europäische Vogelarten; ferner werden dem Straßenbaulastträger aus Naturschutzgründen eine Vielzahl von Vermeidungs-, Minimierungs- und Kompensationsmaßnahmen zur Beachtung im Zuge der Bauausführung auferlegt.
- 10
Zu den festgestellten Planunterlagen zählen insbesondere:
- 12
- Fachbeitrag Naturschutz mit Ergänzung nach UVPG - Erläuterungsbericht - inklusive Maßnahmenverzeichnis.
- 13
Als Anlagen sind dem Planfeststellungsbeschluss u. a. beigefügt:
- 14
- Fachbeitrag Artenschutz - Streng geschützte Arten -
- 15
- Fachbeitrag Artenschutz - Besonders geschützte Arten -
- 16
- FFH-Verträglichkeitsprüfung.
- 17
Der Planfeststellungsbeschluss wurde dem Kläger am 19. November 2010 zugestellt.
- 18
Zur Begründung seiner am 20. Dezember 2010 erhobenen Klage macht der Kläger im Wesentlichen Folgendes geltend:
- 19
Seine Klage sei zulässig, insbesondere sei er klagebefugt. Seine Klagebefugnis ergebe sich aus dem naturschutzrechtlichen Verbandsklagerecht gemäß § 64 des Bundesnaturschutzgesetzes (BNatSchG), ferner auch aus §§ 2 Abs. 1 und 4 Abs. 1 des Umweltrechtsbehelfsgesetzes (UmwRG). Darüber hinaus folge die Klagebefugnis unmittelbar aus Art. 10a der Richtlinie 85/337/EWG in der Fassung der Richtlinie 2003/35/EG (jetzt: Art. 11 der Richtlinie 2011/92/EU) mit der Folge, dass er eine umfassende Überprüfung des angefochtenen Planfeststellungsbeschlusses auf seine Vereinbarkeit mit allen einschlägigen Rechtsvorschriften – nicht nur solchen, die i. S. v. § 2 Abs. 1 und Abs. 5 UmwRG dem Umweltschutz dienen – beanspruchen könne, denn diese Einschränkung stehe mit dem Unionsrecht nicht im Einklang.
- 20
Seine Klage sei auch begründet. Denn der angefochtene Planfeststellungsbeschluss verstoße in formell- und in materiell-rechtlicher Hinsicht gegen höherrangiges Recht.
- 21
Er leide zunächst an einem erheblichen Verfahrensfehler, weil eine nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung (Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz - UVPG) erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung nicht ordnungsgemäß durchgeführt worden sei. Da dem planfestgestellten Ausbau in dem streitgegenständlichen Abschnitt das Konzept eines vierstreifigen Ausbaus der B 10 zwischen Pirmasens und Landau zugrunde liege, hätte die Umweltverträglichkeitsprüfung nicht allein auf die isolierte Betrachtung der Auswirkungen des Vorhabens in dem im Planfeststellungsbeschluss im Übersichtslageplan skizzierten Wirkungsbereich beschränkt werden dürfen, sondern es hätte - unter Berücksichtigung der §§ 2 Abs. 1 und 3b Abs. 2 UVPG - einer übergreifenden Umweltverträglichkeitsprüfung (sog. Dach-UVP) für die gesamte projektierte Ausbaustrecke bedurft. Zudem fehle es an einer Übersicht über die wichtigsten, vom Vorhabenträger geprüften anderweitigen Lösungsmöglichkeiten und an der Angabe der Auswahlgründe im Hinblick auf die belastenden Umweltauswirkungen i. S. v. § 6 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 UVPG.
- 22
In materiell-rechtlicher Hinsicht sei der Planfeststellungsbeschluss aufzuheben, weil es dem planfestgestellten Straßenprojekt an der erforderlichen Planrechtfertigung fehle. Dies folge bereits daraus, dass im Zeitpunkt der Planfeststellung unter der gebotenen vorausschauenden Beurteilung, ob dem geplanten Bauvorhaben unüberwindbare finanzielle Schranken entgegenstehen würden, eine Verwirklichung des Projekts innerhalb des nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung zur Verfügung stehenden Zeitrahmens von zehn Jahren wegen fehlender Finanzmittel ausgeschlossen erscheine und es sich deshalb um eine verfrühte, vernünftigerweise nicht gebotene bloße „Vorratsplanung“ handele. In rechtlicher Hinsicht beruhe dies auf dem Umstand, dass das Vorhaben nur in die Kategorie des „Weiteren Bedarfs mit Planungsrecht“ eingestuft sei. Dies habe zur Folge, dass die Finanzierung des planfestgestellten Abschnitts aus tatsächlichen Gründen ausgeschlossen erscheine, weil sich das Vorhaben gegen die zahlreichen Maßnahmen des vordringlichen Bedarfs, die noch nicht begonnen wurden, weil ihre Finanzierung nicht sichergestellt sei, nicht werde durchsetzen können. Die Schaffung eines solchen „Baurechtsvorrats“ als Grundlage für Eingriffe in Rechtspositionen Dritter sei aber verfassungswidrig.
- 23
Darüber hinaus fehle es auch deshalb an der Planrechtfertigung, weil die Bedarfsfeststellung im konkreten Fall fehlerhaft sei: Der Planung liege eine Verkehrsuntersuchung zugrunde, die nicht geeignet sei, den konkreten Bedarf für einen vierstreifigen Ausbau der B 10 sachgerecht zu belegen. Wie sich im Einzelnen aus den von ihm eingeholten und zu den Gerichtsakten gereichten gutachterlichen Stellungnahmen des Büros R. ergebe, sei die der Planung zugrunde gelegte Verkehrsuntersuchung von M. methodisch mangelhaft und beruhe auf fehlerhaften Grundlagendaten.
- 24
Ferner liege der Planung eine fehlerhafte Abschnittsbildung zugrunde: Durch den Ausbau der B 10 im planfestgestellten Abschnitt werde es westlich davon zu einer ähnlich hohen Überschreitung der Kapazität wie derzeit im planfestgestellten Abschnitt kommen, was zu schwerwiegenden Gefahrensituationen, aber auch zu ständigen Stausituationen insbesondere in den Tunnelabschnitten durch die Reduzierung des Querschnitts von zwei auf nur eine Spur je Richtung führen werde. Die mit der Planfeststellung vollzogene Abschnittsbildung führe mithin zu Folgekonflikten, die in der Abwägung nicht bewältigt worden seien, obwohl der Planfeststellung eine Verkehrsuntersuchung für die Gesamtstrecke der B 10 zwischen Landau und Pirmasens zugrunde liege und die Folgekonflikte daher erkennbar gewesen seien.
- 25
Der Planfeststellungsbeschluss verstoße zudem in mehrfacher Hinsicht gegen Vorschriften des Naturschutzrechts:
- 26
So führe die Planung zu erheblichen Beeinträchtigungen des FFH-Gebiets „Biosphärenreservat Pfälzerwald“ in seinen für die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck maßgeblichen Bestandsteilen, ohne dass die Voraussetzungen für die Erteilung einer Ausnahme gegeben seien. Es sei schon davon auszugehen, dass es im Bereich der Queichniederung drei Flächenbiotope gebe, die nach ihrer Beschreibung und Charakteristik dem prioritären Lebensraumtyp 91 E0* („Weichholzauen“) entsprächen. Der Eingriff hätte daher nur unter den Voraussetzungen des § 34 Abs. 4 BNatSchG zugelassen werden dürfen. Da Gründe nach § 34 Abs. 4 Satz 1 BNatSchG nicht ersichtlich seien, hätte eine Projektzulassung erst nach Einholung einer positiven Stellungnahme der EU-Kommission erfolgen dürfen. Darüber hinaus führe die Planung zu erheblichen Beeinträchtigungen der Lebensräume der erhaltungszielbestimmenden Schmetterlingsarten Großer Feuerfalter (Lycaena dispar) und Dunkler Wiesenknopf-Ameisenbläuling (Maculinea nausithous), und zwar durch die Verstärkung bereits bestehender Zerschneidungs- und Barrierewirkungen des Brückenbauwerks infolge seiner Erweiterung um eine zweite Brücke. Dies werde aufgrund der bereits angespannten Situation der beiden Arten im Gebiet zu einer gravierenden Verschlechterung ihres Erhaltungszustands und damit zu einer erheblichen Beeinträchtigung des Gebiets in seinen Erhaltungszielen führen. Die Voraussetzungen für die deshalb erforderliche Abweichungszulassung des Projekts seien indessen vom Beklagten nicht hinreichend dargelegt worden: Wegen der methodischen Fehlerhaftigkeit und mangelnden Belastbarkeit der der Planung zugrunde gelegten Verkehrsprognose fehle es an einer Darlegung „zwingender Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses“; auch die Alternativenprüfung genüge nicht den Anforderungen; schließlich seien die außerhalb des FFH-Gebiets vorgesehenen Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen zur Wahrung der Kohärenz des FFH-Gebiets nicht geeignet.
- 27
Der Planfeststellungsbeschluss genüge auch nicht den Anforderungen des besonderen Artenschutzrechts. Aus den eingeholten artenschutzrechtlichen Fachbeiträgen ergäben sich keine hinreichenden Hinweise auf Größe und Raumanspruch der jeweiligen lokalen Populationen der betroffenen Arten, weshalb eine Beurteilung, ob vereinzelte Tötungen von Individuen dieser Arten zu negativen Auswirkungen auf die jeweilige lokale Population führen, nicht möglich seien. Deshalb seien auch keine Aussagen zu etwaigen Ausnahmen oder Befreiungen möglich, zumal deren Voraussetzungen, insbesondere zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses, nach dem bereits Ausgeführten ohnehin nicht zu begründen seien. Die Unkenntnis populationsbezogener Daten schlage auch auf die im Planfeststellungsbeschluss vorgesehene und auch dringend gebotene Auflage der Errichtung einer Überflughilfe für Vögel und Fledermäuse durch; denn nach dieser Auflage solle die optimale Ausgestaltung der Überflughilfe erst im Vorfeld der Baumaßnahmen mit Hilfe von Untersuchungen durch Fledermausexperten eruiert werden, womit letztlich eine nachträgliche Bestandsaufnahme angeordnet werde. Gerade in Bezug auf Fledermäuse finde im Übrigen nur eine Betrachtung von Hypothesen statt, ohne dass eine sachgerechte Konfliktlösung bewerkstelligt und eine hinreichende Abwägung bei der Ausnahme- und Befreiungsentscheidung vorgenommen worden sei.
- 28
Schließlich leide der Planfeststellungsbeschluss auch an einer mangelhaften Kompensation der durch das Vorhaben bewirkten Eingriffe in Natur und Landschaft, weil selbst die Kompensation der Eingriffe, die von der Planfeststellung anerkannt worden seien, in unzulässiger Weise nicht abschließend gesichert worden sei. So sei die Sicherung der Maßnahmen 2.4 E AB („Erweiterung Bachuferwald an der Queich“) und 3.2 E AB („Extensivierung Uferrandstreifen an der Queich“) offenbar nicht gegeben. Denn hinsichtlich dieser auf als berechtigt anerkannte Einwände an eine andere Stelle zu verlegenden landespflegerischen Maßnahmen seien der neue Standort der Maßnahmen und deren Ausgestaltung noch mit der Oberen Naturschutzbehörde abzustimmen. Außerdem sei aus der in derselben Regelung des Planfeststellungsbeschlusses enthaltenen weiteren Auflage, in diesem Zusammenhang auch den Verlust von ca. 400 qm Gehölzfläche und von ca. 150 qm Röhricht bzw. Staudenflur zu kompensieren, zu schließen, dass sich dahinter offenbar ein weiterer, bisher nicht offengelegter Eingriff in Natur und Landschaft verberge.
- 29
Letztendlich kranke der Planfeststellungsbeschluss an einer fehlerhaften Gesamtabwägung: Das Gebot der gerechten Abwägung der betroffenen Belange sei verletzt, weil infolge der mangelhaften Verkehrsprognose und der nur unzureichenden sonstigen Begründung nicht fehlerfrei bestimmt worden sei, welches Gewicht den für das Vorhaben sprechenden verkehrlichen Belangen im Verhältnis zur Gewichtigkeit der Eingriffe in die Rechtssphäre einer Vielzahl von Betroffenen sowie in eine Vielzahl von Belangen des Umweltschutzes zukomme.
- 30
Der Kläger beantragt,
- 31
1. den Planfeststellungsbeschluss für den vierstreifigen Ausbau der Bundesstraße Nr. 10 (B 10) zwischen Godramstein und der Bundesautobahn A 65 (BAB 65; Anschlussstelle Landau-Nord) aufzuheben.
- 32
2. hilfsweise den Planfeststellungsbeschluss für rechtswidrig und nicht vollziehbar zu erklären.
- 33
Der Beklagte beantragt,
- 34
die Klage abzuweisen.
- 35
Er tritt der Klagebegründung im Einzelnen entgegen und trägt hierzu insbesondere vor:
- 36
Die Klagebefugnis des Klägers ergebe sich ausschließlich aus § 2 Abs. 1 UmwRG mit der Folge, dass ihm kein „Vollüberprüfungsanspruch“ zustehe, sondern seine Rügebefugnis auf die Geltendmachung von Verstößen gegen dem Umweltschutz dienende Vorschriften beschränkt sei. Zudem sei er mit wesentlichen Teilen seines Vorbringens mangels hinreichender Geltendmachung im Rahmen der Öffentlichkeitsbeteiligung gemäß § 17a Nr. 7 FStrG präkludiert.
- 37
Unabhängig davon sei der Planfeststellungsbeschluss in jeder Hinsicht rechtmäßig ergangen:
- 38
Verfahrensmängel in Bezug auf die UVP lägen nicht vor. Insbesondere habe es keiner übergreifenden „Dach-UVP“ bedurft; vielmehr sei eine förmliche UVP nur für den konkreten Planfeststellungsabschnitt geboten gewesen; im Übrigen habe die Planfeststellungsbehörde - unabhängig von der Frage, ob sie dazu im Rahmen eines bloßen Ausbauvorhabens einer bestehenden Fernstraße überhaupt verpflichtet gewesen sei - hinreichend in den Blick genommen, dass der planfestgestellte Abschnitt verkehrspolitisch Teil eines Gesamtvorhabens des vierstreifigen Ausbaus der B 10 zwischen Pirmasens und Landau sei. Sie habe dabei zum einen die eigenständige Verkehrsbedeutung des planfestgestellten Abschnitts - auch für den Fall, dass die Verwirklichung weiterer Planungsabschnitte aus noch nicht absehbaren Gründen scheitern sollte - dargestellt und zum anderen begründet, dass der Verwirklichung des weiteren Ausbaus der B 10 zwischen Godramstein und Pirmasens aus heutiger Sicht keine unüberwindbaren Hindernisse entgegenstünden, insbesondere nicht im Hinblick auf die Umweltverträglichkeit.
- 39
Der Planfeststellungsbeschluss stehe auch mit allen einschlägigen materiell-rechtlichen Vorschriften im Einklang:
- 40
Das Vorhaben verfüge mit der gesetzlichen Bedarfsfeststellung als „Weiterer Bedarf mit Planungsrecht“ über eine hinreichende Planrechtfertigung. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Bedarfsausweisung im Bedarfsplan 2004 seien nicht angezeigt. Denn es sei weder ersichtlich, dass die Bedarfsfeststellung seinerzeit fehlerhaft erfolgt sei, noch in irgendeiner Weise erkennbar, dass sie nachträglich obsolet geworden sein könnte. Es liege auch keine unzulässige Vorratsplanung infolge unmöglicher Finanzierung vor. Vielmehr hätten sowohl das Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Stadtentwicklung als auch das rheinland-pfälzische Verkehrsministerium gegenüber dem Landesbetrieb Mobilität (LBM) erklärt, dass bei Vorliegen endgültigen Baurechts die Finanzierung der vorliegend planfestgestellten Maßnahme - ggf. im Austausch mit einer anderen Maßnahme des Vordringlichen Bedarfs im Gebiet von Rheinland-Pfalz - sichergestellt werden solle.
- 41
Mit der Geltendmachung angeblicher Mängel der für die Planung erstellten Verkehrsprognose könne die gesetzliche Bedarfsfeststellung ohnehin nicht in Frage gestellt werden. Im Übrigen lägen die vom Kläger unter Berufung auf Stellungnahmen von R. behaupteten Fehler der Verkehrsprognose nicht vor, wie sich im Einzelnen aus den zu den Gerichtsakten gereichten Auseinandersetzungen des Büros M. mit den Kritikpunkten ergebe. Schließlich habe aber auch R. eingeräumt, dass es keineswegs an jeglichem Bedarf für einen vierstreifigen Ausbau in dem planfestgestellten Abschnitt fehle, sondern gehe selbst von einer aktuellen Verkehrsbelastung dieses Streckenabschnitts in einer Größenordnung aus, die nach den einschlägigen Richtlinien (RAS-Q, RAA) schon jetzt einen vierstreifigen Ausbau - sogar mit einem Regelquerschnitt von RQ 28 - rechtfertige.
- 42
Das planfestgestellte Straßenausbauvorhaben sei auch mit allen naturschutzrechtlichen Vorschriften vereinbar. Namentlich genüge es den Anforderungen des FFH-Gebietsschutzes. Erhebliche Beeinträchtigungen der Erhaltungsziele und maßgeblichen Bestandteile des FFH-Gebiets „Biosphärenreservat Pfälzer Wald“ seien nicht zu befürchten. So habe eine Nachprüfung in Form einer nochmaligen Begehung und Augenscheineinnahme durch den Dipl.-Biologen H. im Frühjahr 2010 sowie dessen weitere, zu den Gerichtsakten gereichte Stellungnahme vom 6. April 2011 nochmals bestätigt, dass es im Einwirkungsbereich des Vorhabens kein Vorkommen des prioritären Lebensraumtyps (LRT) 91 E0* gebe, da die dort vorhandenen Vegetationsstrukturen die Kriterien für einen LRT 91 E0* nicht erfüllten. Das Vorhaben führe auch nicht zu erheblichen Beeinträchtigungen erhaltungszielbestimmender Schmetterlingsarten: Wie sich aus den zu den Gerichtsakten gereichten Stellungnahmen des Dipl.-Biologen H. vom 6. April 2011 und vom 25. Januar 2015 ergebe, habe eine nochmalige Überprüfung vor Ort bestätigt, dass weiterhin schon keine Lebensraumpotentiale für die Arten Heller Wiesenknopf-Ameisenbläuling und Großer Feuerfalter im Wirkraum des Vorhabens vorhanden seien und der Dunkle Wiesenknopf-Ameisenbläuling (DWAB) im Bereich des Queichtals zwar vereinzelt nachgewiesen sei, aber die nächsten Fundorte nördlich der B 10 weit außerhalb des Wirkraums des Vorhabens gelegen und insbesondere die für die Falterart bedeutsamen Vorkommen der Hauptfutterpflanze im Eingriffsbereich nicht vorhanden seien. Auch die befürchteten Zerschneidungs- bzw. Barriereeffekte würden von dem Vorhaben nicht ausgehen: Durch den bloßen Anbau eines zusätzlichen Brückenbauwerks für die künftige Richtungsfahrbahn Pirmasens - Landau würden keine zusätzlichen Zerschneidungs- oder Barriereeffekte hervorgerufen, die über die heute bestehenden Belastungen hinausgingen. Denn für das neue Bauwerk sei eine größere Überspannung des Gewässers vorgesehen und zwischen den Brücken verbleibe künftig ein Abstand von 10 m, der eine ausreichende Belichtung und Besonnung ermögliche. Hierdurch werde dem Effekt eines längeren dunklen Tunnels begegnet. Zudem werde es sowohl aufgrund der vorhandenen Vegetationsstrukturen als auch aufgrund des Verhaltens der Art DWAB nicht zu einem nennenswerten Austausch zwischen vorhandenen Populationen innerhalb der Queichaue kommen; vielmehr seien die nördlich und südlich der Queichtalbrücke vorhandenen Teil-Populationen für sich eigenständig und überlebensfähig.
- 43
Selbst wenn man aber von einer erheblichen Beeinträchtigung des FFH-Gebiets ausgehe, habe die im Planfeststellungsbeschluss rein vorsorglich durchgeführte Ausnahmeprüfung gemäß § 34 Abs. 3 BNatSchG ergeben, dass das Vorhaben auch im Wege einer Ausnahme- bzw. Abweichungsprüfung zulässig sei. Denn der Ausbau der B 10 im planfestgestellten Abschnitt sei aus zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses geboten, was sich insbesondere aus den Gründen für die gesetzliche Bedarfsfeststellung ergebe; zumutbare Alternativen, mit denen das Projekt ohne oder mit geringeren Eingriffen in das FFH-Gebiet zu verwirklichen wäre, seien nicht ersichtlich; zudem seien die im Falle einer Abweichungszulassung erforderlichen Kohärenzsicherungsmaßnahmen in Gestalt einer Vielzahl von Vermeidungs-, Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen vorgesehen worden, durch die die Kohärenz des Natura-2000-Netzes gewahrt bleibe.
- 44
Der Planfeststellungsbeschluss stehe des Weiteren mit dem Artenschutzrecht in jeder Hinsicht im Einklang. Insbesondere beruhe die Planung auf artenschutzrechtlichen Untersuchungen, die weder hinsichtlich der Ermittlungstiefe noch im Hinblick auf das methodische Vorgehen Mängel aufwiesen. Zudem lägen die Voraussetzungen für eine vorsorgliche Ausnahme- bzw. Befreiungserteilung vor. Ferner treffe die Kritik des Klägers an dem angeordneten Monitoring durch Fledermausexperten zur Absicherung der genauen Anforderungen an die Überflughilfen für Fledermäuse in keiner Weise zu.
- 45
Der Planfeststellungsbeschluss erweise sich schließlich auch im Hinblick auf die naturschutzrechtliche Eingriffsregelung nicht als fehlerhaft. Insbesondere könne keine Rede davon sein, dass es an einer hinreichenden Sicherung der Umsetzung einzelner Maßnahmen fehle. Mit der Anordnung, dass der neue Standort der Maßnahmen 2.4 E AB und 3.2 E AB und deren Ausgestaltung mit der Oberen Naturschutzbehörde abzustimmen seien und die Realisierbarkeit der Maßnahmen am neuen Standort der Planfeststellungsbehörde gegenüber vor Baubeginn nachzuweisen sei, sei vielmehr gewährleistet, dass durch die Verlegung an einen anderen Standort keine quantitativen oder qualitativen Einbußen hinsichtlich der Kompensationsziele beider Maßnahmen aufträten und die Baumaßnahme nicht ohne die Ersatzmaßnahmen ausgeführt werden dürfe.
- 46
Der Planfeststellungsbeschluss genüge letztendlich auch dem in § 17 FStrG normierten Gebot, bei der Planfeststellung die von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange einschließlich der Umweltverträglichkeit im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigen und dabei erkennbar gewordene Konflikte zu bewältigen. Insbesondere sei die Sorge unbegründet, dass der vierstreifige Ausbau im planfestgestellten Abschnitt zwangsläufig zu Verkehrsproblemen in den nicht ausgebauten Tunnelabschnitten zwischen Annweiler und Rinnthal infolge der dortigen Reduzierung von zwei auf nur eine Fahrspur pro Richtung führen werde, die nur mit einem sofortigen durchgängigen vierstreifigen Ausbau der Gesamtstrecke zwischen Pirmasens und Landau vermieden werden könnten. Vielmehr werde der Ausbau im jetzt planfestgestellten Abschnitt nach dem Ergebnis der Verkehrsuntersuchungen von M. keine nennenswerten verkehrlichen Auswirkungen auf die B 10 westlich von Godramstein und damit auch nicht auf die Leistungsfähigkeit der Tunnel bei Annweiler haben. Es könne schließlich auch keine Rede davon sein, dass die vom Kläger behaupteten Mängel der Verkehrsprognose eine fehlerhafte Gesamtabwägung der von dem Vorhaben betroffenen Belange, namentlich eine fehlerhafte Gewichtung der Verkehrsimmissionsbelastung zur Folge gehabt hätten. Abgesehen davon, dass die behaupteten Mängel nicht vorlägen, habe die Verkehrsprognose von M. im Hinblick auf die Ermittlung und Bewertung der beim vierspurigen Ausbau zu erwartenden Immissionsbelastungen den Charakter einer „Worst-Case-Betrachtung“: Die Planfeststellungsbehörde habe sich im Bestreben um einen alle Auswirkungen um- und erfassenden Schutzansatz an der nach der Verkehrsprognose größtmöglichen Verkehrsbelastung der B 10 orientiert, nämlich am Planungsfall 4 (durchgängiger vierstreifiger Ausbau der B 10 zwischen Pirmasens und Landau). Auf diese Weise sei sichergestellt, dass bereits im angefochtenen Planfeststellungsbeschluss für den Abschnitt Godramstein - Landau ein am Planungsfall 4 ausgerichtetes Lärmschutzkonzept entwickelt und planfestgestellt worden sei. Es sei nicht ersichtlich, dass bei dieser Vorgehensweise die verkehrlichen Auswirkungen des Vorhabens unterschätzt worden sein könnten. Im Übrigen werde vom Kläger gerade umgekehrt der Vorwurf erhoben, es sei von zu hohen Verkehrszahlen, d. h. von überhöhten Erwartungen hinsichtlich des künftigen Verkehrsaufkommens ausgegangen worden. Infolgedessen seien die vom Kläger behaupteten Mängel der Verkehrsprognose von vornherein ungeeignet, eine fehlerhafte Gewichtung der Verkehrsimmissionsbelastung - im Sinne einer „Unterschätzung“ - zu begründen.
- 47
Mit Rücksicht auf ein von der Landesregierung initiiertes zweites Mediationsverfahren wurde das gerichtliche Verfahren mit Zustimmung der Beteiligten durch Beschluss des Senats vom 22. Juni 2011 gemäß §§ 173 VwGO, 251 ZPO zum Ruhen gebracht. Nach dem Scheitern auch des zweiten Mediationsverfahrens wurde das gerichtliche Verfahren durch Senatsbeschluss vom 27. Mai 2014 wiederaufgenommen und fortgeführt.
- 48
Die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes ergeben sich aus den Gerichtsakten und den beigezogenen Akten des Planfeststellungsverfahrens, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.
Entscheidungsgründe
- 49
Die Klage ist zulässig (I.), bleibt jedoch in der Sache ohne Erfolg (II.).
- 50
I. Die Klage ist zulässig, insbesondere ist der Kläger klagebefugt. Seine Klagebefugnis ergibt sich allerdings ausschließlich aus § 2 Abs. 1 des Gesetzes über ergänzende Vorschriften zu Rechtsbehelfen in Umweltangelegenheiten nach der EG-Richtlinie 2003/35/EG (Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz – UmwRG –) in der Fassung der Bekanntmachung vom 8. April 2013 (BGBl. I, Seite 753). Soweit der Kläger in der Klagebegründung vom 31. Januar 2011 noch die Auffassung vertreten hatte, er könne seine Klagebefugnis außer aus § 2 Abs. 1 UmwRG auch aus § 64 des Gesetzes über Naturschutz und Landschaftspflege (Bundesnaturschutzgesetz – BNatSchG) herleiten, trifft dies inzwischen nicht mehr zu:
- 51
Nach § 1 Abs. 3 UmwRG in der Fassung der Bekanntmachung vom 8. April 2013 wird § 64 Abs. 1 BNatSchG nicht angewendet, soweit in Planfeststellungsverfahren, die § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 oder 2 UmwRG unterfallen, Rechtsbehelfe nach diesem Gesetz eröffnet sind. Für planfeststellungspflichtige Vorhaben, die – wie hier – nach Maßgabe des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 oder 2 UmwRG von Umweltverbänden angefochten werden können, gilt daher nunmehr ein Vorrang der umweltrechtlichen Verbandsklage (vgl. dazu bereits Fellenberg/Schiller, UmwRG, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, 65. EL April 2012, § 1 UmwRG, Rdnr. 66 a.E.). Zwar galt im Zeitpunkt der Klageerhebung am 22. Dezember 2010 noch § 64 Abs. 1 BNatSchG in der Fassung vom 1. März 2010, wonach anerkannte Naturschutzvereine „neben den Rechtsbehelfen nach § 2 UmwRG“ Rechtsbehelfe nach Maßgabe des § 64 BNatSchG einlegen konnten (und zwar gemäß §§ 64 Abs. 1, 63 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG auch gegen Planfeststellungsbeschlüsse); auch erhielt § 1 UmwRG in der Fassung vom 1. März 2010 noch keine Vorrangregelung zu Gunsten der umweltrechtlichen Verbandsklage (vgl. zur bisherigen Anwendbarkeit der beiden Verbandsklagebestimmungen nebeneinander Fellenberg/Schiller, a.a.O.). Doch ergibt sich aus der Übergangsregelung des § 5 Abs. 4 UmwRG in der Fassung der Bekanntmachung vom 8. April 2013, dass Rechtsbehelfsverfahren nach § 2 UmwRG, die – wie hier – am 12. Mai 2011 anhängig waren und am 29. Januar 2013 noch nicht rechtskräftig abgeschlossen worden sind, nach den Vorschriften des UmwRG in der ab dem 29. Januar 2013 geltenden Fassung zu Ende zu führen sind. Parallel dazu ist § 64 Abs. 1 Satz 1 BNatSchG dahin neu gefasst worden, dass anerkannte Naturschutzvereinigungen Rechtsbehelfe nach Maßgabe des § 64 nur noch erheben können, „soweit § 1 Abs. 3 UmwRG nicht entgegensteht“. Folglich kann sich der Kläger zur Begründung seiner Klagebefugnis inzwischen nicht mehr zusätzlich auf § 64 BNatSchG berufen.
- 52
Soweit der Kläger seine Klagebefugnis darüber hinaus auch aus einer unmittelbaren Anwendung von Art. 10a der Richtlinie 85/337/EWG in der Fassung der Richtlinie 2003/35/EG (jetzt: Art. 11 der Richtlinie 2011/92/EU) mit der Folge ableiten will, dass sich seine Rügebefugnis über die in § 2 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 5 UmwRG normierte Vereinbarkeit der angegriffenen Entscheidung mit dem Umweltschutz dienenden Rechtsvorschriften hinaus auf deren Vereinbarkeit mit allen einschlägigen Rechtsvorschriften erstreckt, ihm also auf diesem Wege ein „Vollüberprüfungsanspruch“ zusteht, kann dem nicht gefolgt werden. Entgegen der Ansicht des Klägers ergibt sich namentlich nicht aus der sog. „Trianel“-Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes (Urteil vom 12. Mai 2011 - Rs.C-115/09 -, NVwZ 2011, 801 ff.), dass § 2 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 5 UmwRG auch insoweit, als sie für Umweltverbandsklagen sowohl die Klagebefugnis als auch den Überprüfungsanspruch in der Begründetheit auf die Geltendmachung bzw. das Vorliegen von Verstößen gegen den Umweltschutz dienende Vorschriften beschränken, gegen Art. 10a der Richtlinie 85/337/EWG (jetzt: Art. 11 der Richtlinie 2011/92/EU) verstoßen, weshalb diese Vorschrift insoweit Anwendungsvorrang genießen müsse mit der Folge einer entsprechenden Erweiterung der Klage- und Rügebefugnis. Vielmehr hat das Bundesverwaltungsgericht in mehreren nach der Trianel-Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes ergangenen Entscheidungen die Rechtsauffassung bestätigt, dass die EuGH-Entscheidung für eine solche Annahme nichts hergibt (vgl. insbesondere BVerwG, Urteil vom 24. Oktober 2013 – 7 C 36/11 –, BVerwGE 148, 155 und juris, Rn. 23 ff., m.w.N.). Dem schließt sich der Senat an.
- 53
II. Die Klage ist jedoch mit dem Haupt- und Hilfsantrag unbegründet. Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss verstößt unter keinem der geltend gemachten Gesichtspunkte gegen dem Umweltschutz dienende Vorschriften im Sinne von § 2 Abs. 1 UmwRG. Er steht vielmehr mit allen einschlägigen Vorschriften, die – zumindest auch – dem Umweltschutz zu dienen bestimmt sind, im Einklang (zum Prüfungsumfang bei der Umweltverbandsklage und zum diesem korrespondierenden, beschränkten Überprüfungsanspruch nach dem UmwRG vgl. auch das Senatsurteil vom 14. Oktober 2014 – 8 C 10233/14.OVG –, NVwZ-RR 2015, 205 und juris, Rn. 39 ff.). Dies gilt sowohl für dem Umweltschutz dienende Verfahrensvorschriften (1.) als auch für Vorschriften des materiellen Umweltrechts (2.).
- 54
1. Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss begegnet zunächst in formell-rechtlicher Hinsicht keinen Bedenken, sondern steht mit den einschlägigen, dem Umweltschutz dienenden Verfahrensvorschriften im Einklang. Namentlich liegt kein Verstoß gegen Verfahrensanforderungen des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 24. Februar 2010 (BGBl. I, Seite 94) vor.
- 55
So kann der Kläger mit seinem Einwand, die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) hätte nicht auf den Bereich des planfestgestellten Ausbauabschnitts der B 10 beschränkt werden dürfen, sondern es hätte einer übergreifenden Ermittlung und Bewertung der Umweltauswirkungen für den Bereich des insgesamt projektierten Ausbaus der B 10 zwischen Pirmasens und der BAB A 65 bedurft (sog. „Dach-UVP“), nicht durchdringen.
- 56
Es spricht schon viel dafür, dass der Kläger mit seinem Vorbringen zur formellen Rechtswidrigkeit des Planfeststellungsbeschlusses wegen fehlerhafter Durchführung der UVP, insbesondere wegen Fehlens einer sog. Dach-UVP, bereits gemäß § 17a Nr. 7 des Bundesfernstraßengesetzes (FStrG) (jetzt: § 73 Abs. 4 Satz 3 VwVfG) präkludiert ist. Denn er hat in den beiden Einwendungsschreiben vom 15. Mai 2007 Fragen der ordnungsgemäßen Durchführung der UVP nicht einmal ansatzweise thematisiert. Vielmehr werden dort nur naturschutzfachliche Belange des FFH-Gebiets- und des Artenschutzes sowie Mängel bei den Vermeidungs-, Minderungs- und Ersatzmaßnahmen und daneben noch sonstige (materielle) Umweltfragen in Bezug auf die verkehrlichen Belange abgehandelt. Lediglich im Zusammenhang mit dem FFH-Gebietsschutz wird das Fehlen einer „vollständigen FFH-Verträglichkeitsprüfung des gesamten Planungsvorhabens Ausbau der B 10 zwischen Pirmasens und Landau (sog. Dach-FFH-Verträglichkeitsprüfung)“ gerügt. Ferner taucht der Gesichtspunkt, der vierspurige Ausbauzustand zwischen Pirmasens und Landau müsse „auch die Grundlage der Konfliktanalyse bilden“, woran es „besonders unter dem Aspekt der FFH-Verträglichkeit fehle“, noch einmal in Teil III.1 des Einwendungsschreibens auf, aber ebenfalls ohne jegliche Thematisierung des UVP-Rechts. Damit dürfte der Kläger den gesteigerten Anforderungen an die Substantiierung von Einwendungen, die nach der Rechtsprechung bei Naturschutzvereinigungen und Umweltverbänden gegenüber Einwendungen Privater zu stellen sind (vgl. dazu insbesondere BVerwG, Urteil vom 14. Juli 2011 – 9 A 12.10 –, BVerwGE 140, 149 und juris, Rn. 19 ff.), nicht genügt haben. Vielmehr wäre von einem Umweltverband zu erwarten gewesen, dass er seiner Mitwirkungslast, Angaben dazu zu machen, welches umweltrechtliche Schutzgut betroffen ist und in welcher Beziehung diesem aus seiner Sicht Beeinträchtigungen drohen (vgl. dazu z. B. BVerwG, Beschluss vom 23. November 2007 – 9 B 38.07 –, NuR 2008, Seite 176 und juris, Rn. 31), im Bewusstsein der grundlegend unterschiedlichen Strukturen und Bedeutung des UVP-Rechts einerseits (formelle Anforderungen an die Verfahrensgestaltung) und des FFH-Gebiets- sowie des Artenschutzrechts andererseits (materielle Anforderungen als zwingendes Recht) durch entsprechend thematisch differenzierende Angaben Rechnung trägt (vgl. zu den Anforderungen an die Rüge einer fehlerhaften UVP als selbständigem Verfahrensfehler auch BVerwG, Beschluss vom 11. August 2006 – 9 VR 5/06 –, NVwZ 2006, 1170 und juris, Rn. 11). Daran dürfte es vorliegend fehlen. Am Vorliegen der weiteren Voraussetzungen einer Präklusion nach § 17a Nr. 7 FStrG bestehen im Übrigen keine Zweifel. Schließlich besteht derzeit auch kein Anlass, die Anwendbarkeit der Präklusionsbestimmung des § 17a Nr. 7 FStrG auf Naturschutzverbände bzw. Umweltvereinigungen unionsrechtlich grundsätzlich in Frage zu stellen (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 14. Juli 2011 – 9 A 14.10 –, NuR 2010, 52 und juris, Rn. 21 ff.).
- 57
Unabhängig von der Frage der Präklusion ist die Forderung des Klägers nach Durchführung einer sog. Dach-UVP jedenfalls in der Sache nicht begründet:
- 58
In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist seit langem grundsätzlich geklärt, dass bei einer abschnittsweisen Planfeststellung einer Bundesfernstraße die förmliche UVP nur für den jeweiligen Abschnitt durchzuführen ist: Einer UVP ist das Projekt zu unterziehen, für das im Sinne von Art. 2 Abs. 1 der UVP-Richtlinie die Erteilung einer Genehmigung beantragt worden ist. Das EU-Recht wirkt nicht auf die materiell-rechtlichen Anforderungen des einzelstaatlichen Zulassungsrechts ein. Eröffnet das Recht des jeweiligen Mitgliedstaates die Möglichkeit, ein Gesamtprojekt aufzuspalten und in mehreren Teilschritten auszuführen, so bildet den Bezugspunkt der UVP das konkrete Projekt, für das ein Antrag gestellt worden ist. Demnach ist bei einer abschnittsweisen Planung der Abschnitt, über den in einem Verfahren entschieden wird, zugleich das Vorhaben, das der UVP unterliegt (vgl. zum Ganzen z. B. BVerwG, Urteil vom 10. April 1997 – 4 C 5/96 –, BVerwGE 104, 326 und juris, Rn. 24, sowie Urteil vom 28. Februar 1996 – 4 A 27/95 –, UPR 1996, 270 und juris, Rn. 30, jeweils m.w.N.). Ob die Abschnittsbildung zulässig ist, richtet sich nicht nach dem UVP-Recht, sondern nach dem materiellen Planungsrecht, vorliegend nach § 17 Abs. 1 Satz 2 FStrG, da auch die Anforderungen an die Abschnittsbildung über das Abwägungsgebot gesteuert werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 10. April 1997, a.a.O., Rn. 25).
- 59
Danach bedarf es keiner vorgezogenen förmlichen UVP für die nachfolgenden Abschnitte; ausreichend ist vielmehr die Prognose, dass der Verwirklichung des Vorhabens in den nachfolgenden Abschnitten keine von vornherein unüberwindliche Hindernisse entgegenstehen (vgl. BVerwG, Urteil vom 28. Februar 1996, a.a.O., Rn. 30 m.w.N.).
- 60
Entgegen der Ansicht des Klägers folgt vorliegend auch nicht ausnahmsweise etwas anderes aus den §§ 2 Abs. 1 Satz 4, 3b Abs. 2 oder 13 Abs. 1 Satz 2 UVPG:
- 61
Wie das Bundesverwaltungsgericht bereits entschieden hat, enthält § 2 Abs. 1 Satz 4 UVPG eine Regelung nur für den Fall, dass über die Zulässigkeiteines Vorhabens im Rahmen mehrerer Verfahren entschieden wird; dann sind die in den verschiedenen Verfahren durchgeführten Teilprüfungen zu einer Gesamtbewertung zusammen zu fassen; davon zu unterscheiden ist der – auch hier vorliegende – Fall der Planfeststellung eines Abschnitts einer Bundesfernstraße (vgl. BVerwG, Urteil vom 28. Februar 1996, a.a.O., Rn. 30).
- 62
Die Regelung des § 3b Abs. 2 Satz 1 UVPG für „kumulierende Vorhaben“ setzt voraus, dass die mehreren Vorhaben derselben Art von demselben oder den mehreren Trägerngleichzeitig verwirklicht werden sollen; gemeint ist damit eine zeitlich parallele Vorhabenverwirklichung (vgl. Dienes, in: Hoppe/Bergmann, UVPG, 4. Aufl. 2012, § 3b, Rn. 24). Daran fehlt es offensichtlich bei der sukzessiven Verwirklichung des Ausbaus einer Bundesfernstraße in mehreren, räumlich und zeitlich aufeinander folgenden Abschnitten.
- 63
Schließlich ist auch anerkannt, dass es sich bei der abschnittsweisen Planfeststellung von Bundesfernstraßen nicht um „Teilzulassungen“ im Sinne von § 13 UVPG handelt. Da die einzelnen Abschnitte bei der abschnittsweisen Planfeststellung einer Fernstraße als selbständige Vorhaben anzusehen sind, wird über sie nicht im Rahmen einer Teilzulassung entschieden, so dass § 13 UVPG keine Anwendung findet (so zutreffend z. B. Schieferdecker, in: Hoppe/Bergmann, UVPG, 4. Aufl. 2012, § 13, Rn. 15 und Fußnote 25, unter Hinweis auf BVerwG, Urteil vom 10. April 1997 – 4 C 5/96 –, a.a.O., Rn. 24). Damit besteht hier insbesondere nicht das Erfordernis einer vorläufigen Erstreckung der UVP „auf die nach dem jeweiligen Planungsstand erkennbaren Umweltauswirkungen des Gesamtvorhabens“ nach § 13 Abs. 1 Satz 2 UVPG.
- 64
Somit ist vorliegend UVP-rechtlich nur zu fordern, dass die Planfeststellungsbehörde eine Prognose angestellt hat, dass der Verwirklichung des Vorhabens in den nachfolgenden Abschnitten in Bezug auf die Umweltauswirkungen keine von vornherein unüberwindlichen Hindernisse entgegenstehen. Ob die insoweit vom Beklagten vorgebrachten Zweifel daran, ob diese Vorgabe der Rechtsprechung außer auf den Neubau einer Fernstraße in Abschnitten auch auf den – hier in allen Abschnitten des Gesamtprojekts gegebenen – Ausbau einer vorhandenen Fernstraße Anwendung finden kann, zu Recht bestehen, kann im Ergebnis offen bleiben. Denn im Planfeststellungsbeschluss ist an mehreren Stellen in hinreichender Weise in den Blick genommen worden, dass der planfestgestellte Abschnitt verkehrspolitisch Teil eines Gesamtvorhabens des vierspurigen Ausbaus der B 10 zwischen Pirmasens und Landau ist. Zum einen wurde im Rahmen der Erläuterungen der Planungskonzeption (Seite 89 ff. des Planfeststellungsbeschlusses) ausführlich dargestellt, dass einerseits der planfestgestellte Planungsabschnitt eine eigenständige Verkehrsbedeutung auch für den Fall haben wird, dass die Verwirklichung der weiteren Planungsabschnitte – entgegen der politischen Absicht aus nicht absehbaren Gründen – scheitern sollte, aber andererseits der Verwirklichung des weiteren Ausbaus der B 10 im Bereich zwischen Godramstein und Pirmasens aus heutiger Sicht keine unüberwindbaren Hindernisse entgegenstehen, insbesondere nicht im Hinblick auf die Umweltverträglichkeit. Zum anderen wurde auch speziell in Auseinandersetzung mit Forderungen von Einwendern, namentlich des Klägers, nach Durchführung einer sog. Dach-FFH-Verträglichkeitsprüfung für die gesamte Ausbaustrecke zwischen Pirmasens und Landau ausgeführt, dass einerseits für den Bereich zwischen Pirmasens und Hinterweidenthal bereits bestandskräftiges Baurecht vorliege, mit dem für diesen Teilbereich u. a. auch die FFH-Verträglichkeit positiv festgestellt worden sei, und andererseits aus heutiger Sicht auch nichts dafür ersichtlich sei, dass ein späterer vierstreifiger Ausbau in den noch nicht planfestgestellten Teilbereichen zwischen Hinterweidenthal und Godramstein unter FFH-Gesichtspunkten vor unüberwindlichen Hindernissen stehen würde (vgl. Seite 182 des Planfeststellungsbeschlusses). Damit ist den Anforderungen der Rechtsprechung an die Prognose der Realisierungsfähigkeit des Gesamtvorhabens genüge getan worden.
- 65
Auch unter den weiteren vom Kläger angesprochenen Gesichtspunkten sind Verstöße gegen Verfahrensvorschriften des UVPG nicht festzustellen.
- 66
So kann der Rüge des Klägers, die Planunterlagen hätten keine den Anforderungen des § 6 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 UVPG genügende „Übersicht über geprüfte anderweitige Lösungsmöglichkeiten“ enthalten, nicht gefolgt werden. Dabei ist zu sehen, dass diese Vorschrift – als rein formell-rechtliche Anforderung an den Inhalt der vom Vorhabenträger zur Prüfung seines Antrags vorzulegenden Unterlagen – lediglich verlangt, dass der Vorhabenträger die von ihm tatsächlich geprüften anderweitigen Lösungsmöglichkeiten und seine Auswahlgründe im Hinblick auf die Umweltauswirkungen des Vorhabens in einer Übersicht darstellt; die Bestimmung begründet hingegen keinerlei Pflicht zur Prüfung von Vorhabenalternativen. Vielmehr ergibt sich die Notwendigkeit, die verschiedenen sich anbietenden oder sich aufdrängenden Standortalternativen oder Durchführungsvarianten auf ihre jeweilige Umweltverträglichkeit hin zu untersuchen, aus dem jeweiligen Fachrecht, im Falle einer fernstraßenrechtlichen Planung also aus § 17 Abs. 1 Satz 2 FStrG als Anforderung des Abwägungsgebots (vgl. Kment, in: Hoppe/Beckmann, UVPG, 4. Aufl. 2012, § 6, Rn. 21, m.w.N.). Diesen rein formellen Anforderungen des § 6 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 UVPG ist mit der in der „allgemein verständlichen Zusammenfassung gemäß § 6 UVPG“ enthaltenen Übersicht „III. Geprüfte Vorhabenvarianten und wesentliche Auswahlgründe“ (vgl. Planordner I, Planunterlage 1.2, Seite 9 ff.) genüge getan worden.
- 67
Soweit der Kläger darüber hinaus noch rügen will, dass es an einer den Anforderungen des § 11 UVPG genügenden „zusammenfassenden Darstellung der Umweltauswirkungen des Vorhabens“ fehle, kann dem schließlich ebenfalls nicht gefolgt werden. Nach § 11 Satz 1 UVPG hat die zuständige Behörde auf der Grundlage der Unterlagen nach § 6, der behördlichen Stellungnahmen nach §§ 7 und 8 soweit der Äußerungen der betroffenen Öffentlichkeit nach den §§ 8 und 9a eine zusammenfassende Darstellung der Umweltauswirkungen des Vorhabens sowie der Maßnahmen, mit denen erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen vermieden, vermindert oder ausgeglichen werden, zu erarbeiten, einschließlich der Ersatzmaßnahmen bei nicht ausgleichbaren, aber vorrangigen Eingriffen in Natur und Landschaft; nach § 11 Satz 3 kann diese zusammenfassende Darstellung in der Begründung der Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens erfolgen (vgl. dazu BVerwG, Beschluss vom 10. Oktober 2006 – 9 B 27/05 –, UPR 2007, 33 und juris, Rn. 17). Davon hat der Beklagte hier Gebrauch gemacht und die zusammenfassende Darstellung in den Planfeststellungsbeschluss integriert (vgl. dessen Seite 171). Dabei begegnet es keinen durchgreifenden Bedenken, dass in der zusammenfassenden Darstellung weitestgehend auf die „allgemein verständliche Zusammenfassung“ nach § 6 UVPG in der Planunterlage 1.2, Seite 9 ff. (Planordner I), Bezug genommen wird, nachdem diese - wie ausgeführt - den formellen Anforderungen des § 6 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 UVPG entspricht und darüber hinaus auch alle inhaltlichen Anforderungen des § 11 Satz 1 UVPG erfüllt, und der Planfeststellungsbeschluss ergänzend feststellt, dass im Anhörungsverfahren keine weiteren wesentlich neuen Gesichtspunkte in Bezug auf die Einschätzung der Umweltverträglichkeit des Vorhabens vorgebracht worden seien.
- 68
2. Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss leidet des Weiteren an keinem materiellen Rechtsfehler, den der Kläger mit der Folge einer vollständigen oder teilweisen Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses oder der Feststellung seiner Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit geltend machen kann.
- 69
a. So mangelt es der streitigen Fernstraßenplanung nicht an der erforderlichen Planrechtfertigung.
- 70
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts setzt die Zulässigkeit einer (z. B. Straßen-)Planung, die Voraussetzung für Eingriffe in Rechte oder eine Enteignung sein soll, voraus, dass das jeweilige Vorhaben durch vernünftige Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt ist, d. h. nach Maßgabe der vom jeweiligen Fachplanungsgesetz allgemein verfolgten Ziele „vernünftigerweise geboten“ ist (vgl. z. B. BVerwG, Urteil vom 5. Dezember 1986 – 4 C 13/85 –, BVerwGE 75, 214, 232 f.; siehe auch z. B. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 1. Februar 2001 – 1 C 10626/00.OVG –, ESOVGRP, Seite 13). Bei der Planfeststellung für den Neu- oder Ausbau einer Bundesfernstraße ist von einer Planrechtfertigung auszugehen, wenn das Vorhaben in den Bedarfsplan für Bundesfernstraßen nach dem Gesetz über den Ausbau der Bundesfernstraßen (Fernstraßenausbaugesetz – FStrAbG – in der Fassung vom 20. Januar 2005, BGBl. I, 201) aufgenommen ist. Denn nach § 1 Abs. 2 FStrG entsprechen die in den Bedarfsplan aufgenommenen Bau- und Ausbauvorhaben den Zielsetzungen des § 1 Abs. 1 FStrG. Die Feststellung des Bedarfs ist danach für die Linienbestimmung nach § 16 FStrG und für die Planfeststellung nach § 17 FStrG verbindlich; sie ist so auch als Belang in der Abwägung zu berücksichtigen; die zeichnerische Darstellung des Bedarfsplans zum Fernstraßenausbaugesetz bindet hinsichtlich der Dimensionierung als zwei- oder vierstreifige Bundesstraße und im Hinblick auf die dort erkennbare Netzverknüpfung; diese Bindungen gelten auch für das gerichtliche Verfahren (ständige Rechtsprechung; vgl. z. B. BVerwG, Urteil vom 19. März 2003 – 9 A 33/02 –, DVBl. 2003, 1069 und juris, Rn. 23 m.w. Rechtsprechungsnachweisen; ebenso z. B. Senatsurteil vom 28. August 2013 -8 C 1036/13.OVG –, Seite 8 des Urteilsabdrucks, m.w.N.).
- 71
Die gesetzliche Bedarfsfeststellung ist allein an den Vorgaben des Verfassungsrechts zu messen. Danach beschränkt sich die gerichtliche Kontrolle auf die Frage, ob bei der Festlegung des Gesetzgebers die weit gesteckten Grenzen des gesetzgeberischen Ermessens überschritten wurden. Dies ist nur dann der Fall, wenn die Feststellung des Bedarfs evident unsachlich ist, wenn es also für das Vorhaben offenkundig keinerlei Bedarf gibt, der die Annahmen des Gesetzgebers rechtfertigen könnte, weil es etwa für die Aufnahme des Vorhabens in den Bedarfsplan im Hinblick auf die bestehende oder künftig zu erwartende Verkehrsbelastung oder auf die verkehrliche Erschließung eines zu entwickelnden Raumes an jeglicher Notwendigkeit fehlte oder wenn sich die Verhältnisse seit der Bedarfsentscheidung des Gesetzgebers so grundlegend gewandelt hätten, dass das angestrebte Planungsziel unter keinen Umständen auch nur annähernd erreicht werden könnte (ständige Rechtsprechung; vgl. z. B. BVerwG, Beschluss vom 16. Januar 2007 – 9 B 14.06 –, NVwZ 2007, 462 und juris, Rn. 7 sowie Urteil vom 3. Mai 2013 – 9 A 16/12 -, BVerwGE 146, 254 und juris, Rn. 21, m.w.N.).
- 72
Nach Maßgabe dieser Grundsätze steht die Planrechtfertigung des Vorhabens des vierstreifigen Ausbaus der B 10 im planfestgestellten Abschnitt außer Frage.
- 73
Daher kann offen bleiben, ob das Erfordernis der Planrechtfertigung auf die Klage eines anerkannten Umweltvereins im Rahmen von dessen nach § 2 Abs. 1 Nr. 5, Abs. 5 UmwRG eingeschränkter Rügebefugnis überhaupt zu prüfen ist (streitig; zum Meinungsstand vgl. z. B. Fellenberg/Schiller, a.a.O., § 2 UmwRG, Rn. 15, m.w.N.; verneinend BVerwG, Beschluss vom 1. Juli 2003 – 4 VR 1/03, 4 A 1/04 A 1/03 –, juris, Rn. 7; offengelassen in der Rechtsprechung des 9. Senats des Bundesverwaltungsgerichts zu § 64 BNatSchG, vgl. zuletzt die Urteil vom 3. Mai 2013, a.a.O., Rn. 17 und vom 8. Januar 2014 – 9 A 4/13 -, BVerwGE 149, 31 und juris, Rn. 30; siehe auch Senatsurteil vom 11. Februar 2009 – 8 C 10435/08.OVG –, NuR 2009, Seite 636 und juris, Rn. 23).
- 74
Die Planrechtfertigung des Vorhabens folgt aus der gesetzlichen Bedarfsfeststellung. Das Vorhaben des vierstreifigen Ausbaus der B 10 im Abschnitt zwischen der BAB A 65 und Godramstein ist – ebenso wie die sich westlich anschließenden Abschnitte bis Hinterweidenthal – im Bedarfsplan für die Bundesfernstraßen, der gemäß § 1 Abs. 1 FStrAbG (in der Fassung des 5. Änderungsgesetzes vom 4. Oktober 2004, BGBl. I, 2574) diesem Gesetz als Anlage beigefügt ist, enthalten und nach § 2 FStrAbG der Stufe „Weiterer Bedarf mit Planungsrecht (WB*)“ zugeordnet (vgl. die grafische Darstellung in der Anlage zum Fernstraßenausbaugesetz, veröffentlicht im Anlagenband 2004 zum Bundesgesetzblatt 2004, BGBl. I A-2004). Die Bedeutung der Einstufung „Weiterer Bedarf mit Planungsrecht (WB*)“ wird im Gesetz bzw. im Bedarfsplan nicht näher erläutert. Aus der Begründung des Entwurfs eines 5. Gesetzes zur Änderung des Fernstraßenausbaugesetzes ergibt sich Folgendes: „Der Weitere Bedarf (WB) enthält Vorhaben, deren gesamtwirtschaftliche Vorteilhaftigkeit nachgewiesen ist, deren Investitionsvolumen aber den Finanzrahmen bis 2015 überschreitet. Die Projektplanung darf deshalb nur in begründeten Ausnahmefällen mit Einwilligung des Bundesministeriums für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen aufgenommen oder weiterbetrieben werden. In begründeten Fällen kann die Planung von Projekten des Weiteren Bedarfs aufgrund dieses Gesetzes aufgenommen bzw. weiterbetrieben werden. Dies kann aufgrund der netzkonzeptionellen Bedeutung oder wegen des Zusammenhangs mit benachbarten Projekten der Stufe Vordringlicher Bedarf erforderlich sein. Diese Vorhaben sind als Weiterer Bedarf mit Planungsrecht besonders gekennzeichnet (WB*)“ (vgl. BT-Drs. 15/1657, Seite 21).
- 75
Die Argumente des Klägers, mit denen er die aus der gesetzlichen Bedarfsfeststellung folgende Planrechtfertigung in Frage stellen will, sind sämtlich nicht stichhaltig.
- 76
Zunächst kann der Auffassung des Klägers nicht gefolgt werden, dass die Einstufung in die Kategorie WB* eine „graduelle Minderwertigkeit“ der gesetzlichen Bedarfsfeststellung bedeute, etwa mit der Folge, dass diese Einstufung nur zu Vorplanungen, aber nicht zur verbindlichen Schaffung von Baurecht ermächtige. Dagegen spricht bereits, dass § 1 Abs. 2 FStrAbG nicht zwischen den Stufen der Bedarfsfeststellung differenziert, sondern für alle in den Bedarfsplan aufgenommenen Bau- und Ausbauvorhaben die Entsprechung mit den Zielvorstellungen des § 1 Abs. 1 FStrG konstatiert (§ 1 Abs. 2 Satz 1 FStrAbG) und darüber hinaus die Feststellung des Bedarfs generell als für die Linienbestimmung und Planfeststellung verbindlich erklärt (§ 1 Abs. 2 Satz 2 FStrAbG). Hieraus folgt, dass die Feststellung als „Vorhaben des Weiteren Bedarfs“ in gleicher Weise verbindlich ist wie jede andere Bedarfsfeststellung (so auch BayVGH, Urteil vom 19. Juli 2006 - 8 A 06.40015 -, juris, Rn. 43 f und Beschluss vom 13. Juli 2009 –8 CS 09.1388 –, juris, Rn. 15). Darüber hinaus folgt aus der zitierten Begründung des Gesetzentwurfs, dass den als WB* gekennzeichneten Vorhaben gegenüber den nur als WB eingestuften Vorhaben – für die aber immerhin auch die „gesamtwirtschaftliche Vorteilhaftigkeit“ als „nachgewiesen“ angesehen wird – insoweit ein Vorrang zukommt, als sie „aufgrund ihrer netzkonzeptionellen Bedeutung“ oder wegen ihres „Zusammenhangs mit benachbarten Projekten des vordringlichen Bedarfs … aufgenommen bzw. weiterbetrieben“ werden dürfen (vgl. BT-Drs. 15/1657, a.a.O.). Wie die Bundesregierung hierzu in ihrer Gegenäußerung zur Stellungnahme des Bundesrates klargestellt hat, bedeutet dies, dass bei den Maßnahmen des WB* den Ländern die Möglichkeit eingeräumt ist, „die Projektplanung bis zur Erlangung des Baurechts zu betreiben“ (vgl. BT-Drs. 15/1803, Seite 2). Dies kann aus dem Zusammenhang nur so verstanden werden, dass das Planfeststellungsverfahren vollständig zum Zwecke der Erlangung von Baurecht durchzuführen ist. Eine unzulässige „Vorratsplanung“ kann darin nicht gesehen werden. Letztlich führt jede Planfeststellung - auch bei Vorhaben des Vordringlichen Bedarfs - in gewisser Weise zu einer Schaffung von Baurecht „auf Vorrat“, da das Gebrauchmachen von dem geschaffenen Baurecht durch den Vorhabenträger sich aus vielfältigen Gründen noch verzögern kann. Dem hat der Gesetzgeber dadurch Rechnung getragen, dass er dem Vorhabenträger nach § 17c Nr. 1 FStrG eine Frist von 10 Jahren nach Eintritt der Unanfechtbarkeit des Planfeststellungsbeschlusses für den Beginn der Ausführungen des Plans einräumt, die auf Antrag noch um bis zu 5 Jahre verlängert werden kann, ohne dabei zwischen Vorhaben des Vordringlichen und solchen des Weiteren Bedarfs zu differenzieren. Ein Unterschied besteht allerdings insofern, als § 17e Abs. 2 FStrG die aufschiebende Wirkung von Anfechtungsklagen nur bei Vorhaben des Vordringlichen Bedarfs entfallen lässt. Doch wird dadurch zugleich bestätigt, dass auch die Vorhaben des Weiteren Bedarfs planfeststellungsfähig sind und diese auch bei ihnen zur Schaffung von vollziehbarem Baurecht führt.
- 77
Anders, als der Kläger dies zu unternehmen versucht, kann die gesetzliche Bedarfsfeststellung auch durch die Geltendmachung von Mängeln der für die konkrete Planung erstellten Verkehrsprognose nicht in Frage gestellt werden.
- 78
Wie das Bundesverwaltungsgericht in jüngster Zeit mehrfach entschieden hat, ist das Vorbringen, die der Planfeststellung zugrunde gelegte Verkehrsprognose sei methodisch fehlerhaft und die prognostizierten Verkehrszahlen seien unrealistisch, schon grundsätzlich nicht geeignet, die Grundlagen der gesetzlichen Bedarfsfeststellung und -überprüfung in Frage zu stellen (vgl. BVerwG, Urteil vom 3. Mai 2013, a.a.O., Rn. 22 ff. sowie Urteil vom 8. Januar 2014, a.a.O., Rn. 35 f). Da die gesetzliche Bedarfsfeststellung durch die Prognose künftiger Verkehrsströme beeinflusst wird, zielt die in § 1 Abs. 2 FStrAbG angeordnete Bindungswirkung darauf ab, dass straßenrechtlichen Planfeststellungsverfahren und damit ebenso einen anschließenden Verwaltungsprozess von einem Gutachterstreit über die „richtigere“ Verkehrsprognose zu entlasten. Dieser Zweck des § 1 Abs. 2 FStrAbG schließt es somit aus, den Abwägungsvorgang, den der Gesetzgeber auf dieser Stufe vollzogen hat, unter dem Blickwinkel fachlich zu überprüfen, ob eine Verkehrsprognose vorzugwürdig sein könnte; entscheidend ist vielmehr allein, ob das Ergebnis der Normsetzung den anzulegenden verfassungsrechtlichen Maßstäben genügt (vgl. BVerwG, Urteil vom 3. Mai 2013, a.a.O., Rn. 24, m.w.N.).
- 79
Somit beschränkt sich auch vorliegend die verwaltungsgerichtliche Prüfung darauf, ob der Gesetzgeber bei der normativen Bedarfsfeststellung die Grenzen des ihm zustehenden Ermessens überschritten hat. Dies setzt nach ständiger Rechtsprechung voraus, dass die Bedarfsfeststellung evident unsachlich ist, weil es für die Aufnahme des Vorhabens in den Bedarfsplan im Hinblick auf die bestehende oder künftig zu erwartende Verkehrsbelastung eines zu entwickelnden Raumes an jeglicher Notwendigkeit fehlt oder sich die Verhältnisse der Bedarfsentscheidung des Gesetzgebers so grundlegend gewandelt haben, dass das angestrebte Planungsziel unter keinen Umständen auch nur annähernd erreicht werden kann (vgl. z. B. BVerwG, Urteil vom 8. Januar 2014, a.a.O., Rn. 34, m.w.N.). Davon kann vorliegend keine Rede sein.
- 80
Vielmehr sind die vom Kläger zur Gerichtsakte gereichten Stellungnahmen von R., mit denen methodische Mängel der projektbezogenen Verkehrsprognose von M. gerügt werden, nicht geeignet, die gesetzliche Bedarfsfeststellung in Zweifel zu ziehen. Zum einen würden die behaupteten Mängel der projektbezogenen Prognose – ihr Vorliegen unterstellt – schon keine Rückschlüsse auf die den Bedarfsplan und dessen Überprüfung zugrunde liegenden Verkehrsprognosen zulassen. Denn der Bundesverkehrswegeplanung und der gesetzlichen Bedarfsfeststellung 2004 lag eine Prognose der bundesweiten Verkehrsverflechtungen bezogen auf das Jahr 2015 zugrunde, deren Kernstück deutschlandweite räumliche Verflechtungsmatrizen in Personen- und Güterverkehr bilden (vgl. BVerwG, Urteil vom 3. Mai 2013, a.a.O., Rn. 23, m.w.N.). Diese Prognose über die zukünftige Verkehrsentwicklung ist gemäß dem in § 4 Satz 1 FStrAbG enthaltenen Prüfauftrag im Jahre 2010 durch das Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Stadtentwicklung überprüft worden. Die Überprüfung ist auf der Grundlage eines Vergleichs der bei der Aufstellung des Bedarfsplans 2004 herangezogenen bundesweiten Verkehrsprognose 2015 mit der insbesondere die demografischen Leitdaten berücksichtigenden bundesweiten Verkehrsprognose 2025 auf der Ebene des Bundes, der Bundesländer und von Teilregionen zu dem Ergebnis gelangt, dass die seinerzeit festgestellten Bedarfseinstufungen für die Bundesfernstraßen auch bei Ansatz der aktuellen Verkehrsentwicklung gelten (vgl. auch dazu BVerwG, Urteil vom 3. Mai 2013, a.a.O., Rn. 23). Demnach besteht kein Anlass für die Annahme, dass sich die seinerzeit der Bewertung zugrunde gelegten verkehrlichen Rahmenbedingungen so grundlegend geändert haben, dass der Projektbedarf grundsätzlich in Frage gestellt werden müsste.
- 81
Zum anderen weist der Beklagte zutreffend darauf hin, dass es auch nach den Stellungnahmen von R. keineswegs an jeglichem Bedarf für einen vierstreifigen Ausbau des in Rede stehenden Planungsabschnitts fehlt. Im Gegenteil: Auch in den Stellungnahmen von R. wird von einer aktuellen Verkehrsbelastung im Jahre 2009 auf der B 10 im Bereich von Godramstein in Höhe von rund 29.000 Kraftfahrzeugen/24 Stunden ausgegangen, was in etwa der von M. für den Analyse-Null-Fall des Jahres 2004 ermittelten aktuellen Verkehrsbelastung im Streckenabschnitt zwischen Birkweiler und der A 65 entspricht und auch nur unwesentlich unter dem inzwischen von M. für das Jahr 2013 festgestellten Verkehrsaufkommen in diesem Bereich liegt. Damit übersteigt die aktuelle Verkehrsbelastung die für den gegenwärtigen Ausbauquerschnitt RQ 15,5 nach den „Richtlinien für die Anlage von Straßen – Teil: Querschnitt“ (RAS-Q) maßgebliche Obergrenze der Verkehrsstärke von ca. 23.000 Kfz/24 h bereits derzeit ganz erheblich, weshalb es nach den grundsätzlich unbestrittenen Angaben im Planfeststellungsbeschluss (S. 93) schon in der heutigen Situation besonders in den Spitzenzeiten zu Kolonnenbildungen in den nicht für Überholvorgänge freigegebenen Fahrtrichtungen, teilweise auch zu Staubildungen kommt; der hierdurch erzeugte Überholdruck verleitet zudem zu einem risikoreicheren Fahren in den für Überholvorgänge freigegebenen Streckenabschnitten, mit entsprechend erhöhter Unfallgefahr. Zudem geht R. nicht etwa von einem deutlichen Rückgang der Verkehrsbelastung bis zu einem Prognosehorizont 2020 oder 2030 aus, sondern rechnet lediglich mit einer Stagnation auf dem aktuellen Niveau. Damit würde aber bereits die – im Wesentlichen unstreitige – aktuelle Verkehrsbelastung im Bereich des planfestgestellten Abschnitts nach den einschlägigen Regelwerken für die Anlage von Bundesfernstraßen einen vierstreifigen Ausbau rechtfertigen, und zwar nach den seit dem Jahre 2008 angewendeten „Richtlinien für die Anlage von Autobahnen (RAA)“, die auch Regelquerschnitte für autobahnähnliche Straßen (sog. Entwurfsklasse 2) umfassen, zumindest mit einem Regelquerschnitt RQ 28 (Gesamtbreite 28 m) für autobahnähnliche Straßen mit einer Kapazität von bis zu 30.000 Fahrzeugen pro Tag. Demgegenüber soll vorliegend der vierstreifige Ausbau zwischen der A 65 und Godramstein aufgrund örtlicher Gegebenheiten sogar nur mit einem Sonderquerschnitt SQ 26 (Gesamtbreite 26 m; gegenüber dem Regelquerschnitt RQ 26 schmalerer Mittelstreifen, aber breiterer Randstreifen, vgl. dazu im Einzelnen Seite 105 ff. des Planfeststellungsbeschlusses) erfolgen. Wenn aber bereits die aktuelle Verkehrsbelastung nach den anerkannten Regelwerken einen vierstreifigen Ausbau – sogar mit einem größeren Regelquerschnitt – rechtfertigt und selbst nach den vom Kläger für richtig erachteten Verkehrsprognosen nicht mit einem wesentlichen Rückgang der Verkehrsbelastung, sondern zumindest mit einer Stagnation zu rechnen ist, kann keine Rede davon sein, dass es im Hinblick auf die bestehende oder künftig zu erwartende Verkehrsbelastung für die Aufnahme des Vorhabens in den Bedarfsplan an jeglicher Notwendigkeit fehlen könnte oder das angestrebte Planungsziel infolge einer grundlegenden Wandlung der Verhältnisse seit der Bedarfsfeststellung des Gesetzgebers unter keinen Umständen mehr auch nur annähernd erreichbar erscheint (vgl. zu diesen Maßstäben auch insoweit BVerwG, Urteil vom 3. Mai 2013, a.a.O., Rn. 21 ff.).
- 82
Es kann schließlich auch nicht festgestellt werden, dass dem Vorhaben die Planrechtfertigung deshalb fehlt, weil die Finanzierbarkeit des planfestgestellten Ausbaus der B 10 im Abschnitt zwischen der A 65 und Godramstein ausgeschlossen erscheint.
- 83
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts fehlt einem Vorhaben die Planrechtfertigung auch dann, wenn es wegen mangelnder Finanzierbarkeit objektiv nicht realisierungsfähig ist und sich daher als unzulässige „verfrühte Planung“ erweist (vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Mai 1999 – 4 A 12/98 –, UPR 1999, 355 und juris, Rn. 44 f; Urteil vom 15. Januar 2004 – 4 A 11/02 –, BVerwGE 120, 1 und juris, Rn. 24; Beschluss vom 21. März 2006 – 9 B 18/05 –, juris, Rn. 2 f sowie Beschluss vom 28. Dezember 2009 – 9 B 26/09 –, NuR 2010, 191 und juris, Rn. 4, m.w.N.). Dies bedeutet sogleich, dass die Planrechtfertigung nur dann zu verneinen ist, wenn die Finanzierbarkeit eines Vorhabens innerhalb eines überschaubaren Zeitrahmens (nach dem früheren § 17 Abs. 7 FStrG 10 Jahre, nach dem jetzigen § 17c Nr. 1 FStrG einschließlich der Verlängerungsmöglichkeit maximal 15 Jahre) ausgeschlossen erscheint.
- 84
Dafür, dass vorliegend die Finanzierbarkeit des vierstreifigen Ausbaus der B 10 im planfestgestellten Abschnitt innerhalb eines Zeithorizonts, der mindestens 10, eventuell sogar 15 Jahre, gerechnet ab dem Zeitpunkt des Erlasses des Planfeststellungsbeschlusses (hier also ab dem 22. September 2010, also mindestens bis September 2020), beträgt, ausgeschlossen erscheint, bestehen keine zureichenden Anhaltspunkte. Insbesondere ergeben sich dafür aus den vom Kläger ins Feld geführten Äußerungen der Bundesregierung in der Bundestagsdrucksache 17/2792 vom 24. August 2008 keine entscheidenden Gesichtspunkte, da dort lediglich ausgeführt wird, dass in der Vergangenheit keine Finanzmittel in Straßenbauprojekte des Weiteren Bedarfs geflossen seien. Demgegenüber verweist der Beklagte überzeugend darauf, dass für das konkret angefochtene Planungsvorhaben sowohl das Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Stadtentwicklung als auch das rheinland-pfälzische Verkehrsministerium gegenüber dem Landesbetrieb Mobilität (LBM) erklärt haben, dass bei Vorliegen endgültigen Baurechts die Finanzierung der hier planfestgestellten Maßnahme des Weiteren Bedarfs mit Planungsrecht (WG*) – ggf. auch gegen Austausch mit einer anderen Maßnahme des Vordringlichen Bedarfs im Gebiet von Rheinland-Pfalz – sichergestellt werden soll. Für die Annahme, dass damit die Finanzierbarkeit des Vorhabens jedenfalls nicht ausgeschlossen erscheint, reicht dies aus.
- 85
b. Das planfestgestellte Vorhaben steht auch mit den zwingenden Vorschriften des europäischen und nationalen Naturschutzrechts im Einklang.
- 86
Das Vorhaben führt nicht zu erheblichen Beeinträchtigungen der Erhaltungsziele oder des Schutzzwecks des FFH-Gebiets „Biosphärenreservat Pfälzerwald“; zumindest liegen die Voraussetzungen für eine Abweichungszulassung vor (aa.). Darüber hinaus sind keine Verstöße gegen Vorschriften des besonderen Artenschutzrechts gegeben (bb.). Es kann schließlich auch nicht festgestellt werden, dass die vorgesehene Kompensation vorhabenbedingter Eingriffe in Natur und Landschaft Defizite aufweist (cc.).
- 87
aa. Dem Planfeststellungsbeschluss kann zunächst nicht mit Erfolg entgegengehalten werden, das Vorhaben führe zu erheblichen Beeinträchtigungen des FFH-Gebiets „Biosphärenreservat Pfälzerwald“, ohne dass die Voraussetzungen für eine Abweichungszulassung gegeben wären, und verstoße deshalb gegen § 34 BNatSchG.
- 88
Entgegen der Ansicht des Klägers kann bereits keine erhebliche Beeinträchtigung der Erhaltungsziele oder des Schutzzwecks des FFH-Gebiets 6812 – 301 „Biosphärenreservat Pfälzerwald“ festgestellt werden. Nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BNatSchG sind Projekte vor ihrer Zulassung oder Durchführung auf ihre Verträglichkeit mit den Erhaltungszielen eines Natura 2000-Gebiets zu überprüfen, wenn sie einzeln oder im Zusammenwirken mit anderen Projekten oder Plänen geeignet sind, dass Gebiet erheblich zu beeinträchtigen, und nicht unmittelbar der Verwaltung des Gebiets dienen. Ergibt die Prüfung der Verträglichkeit, dass das Projekt zu erheblichen Beeinträchtigungen des Gebiets in seinen für die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck maßgeblichen Bestandteilen führen kann, ist es gemäß § 34 Abs. 2 BNatSchG unzulässig.
- 89
Vorliegend bedurfte das planfestgestellte Vorhaben der Durchführung einer Verträglichkeitsprüfung i.S.v. § 34 Abs. 1 Satz 1 BNatSchG. Denn die B 10 quert in dem vom angefochtenen Planfeststellungsbeschluss umfassten Abschnitt zwischen Bau-Km ca. 0 + 400 und Bau-Km ca. 0 + 830 die Niederung des Flusses Queich mittels eines Brückenbauwerks, das im Zuge der geplanten Erweiterung um einen weiteren Fahrstreifen für die Richtungsfahrbahn Pirmasens – Landau um ein neu zu errichtendes Brückenbauwerk in einem Abstand von bis zu etwa 10 m zum vorhandenen Brückenbauwerk ergänzt werden soll. Bei der Queichniederung handelt es sich um einen aus dem eigentlichen Kerngebiet des FFH-Gebiets 6812 – 301 herausragenden, östlichen Ausläufer am äußersten Rand des Schutzgebiets. Das FFH-Gebiet hat hier eine durchschnittliche Breitenausdehnung von ca. 300 bis 500 m (vgl. die Darstellung in der in den Planunterlagen befindlichen FFH-Verträglichkeitsprüfung, Planordner 1, Anlage 12.4, S. 6 ff.). Wie sich aus der Darstellung der „Wirkfaktoren“ in der FFH-Verträglichkeitsprüfung (a.a.O., S. 19) ergibt, sind mit dem Vorhaben bau- und anlagebedingte Eingriffe sowie betriebsbedingte Wirkfaktoren verbunden, die sich auf die Erhaltungsziele und die für sie maßgeblichen Gebietsbestandsteile auswirken können.
- 90
Die deshalb im Zuge des Planfeststellungsverfahren durchgeführte FFH-Verträglichkeitsprüfung gelangte jedoch zu dem Ergebnis, dass eine erhebliche Beeinträchtigung des FFH-Gebiets in seinen für die Erhaltungsziele und den Schutzzweck maßgeblichen Bestandteilen bei Berücksichtigung im Einzelnen benannter Maßnahmen zur Schadensbegrenzung ausgeschlossen werden könne; dieser Einschätzung hat sich der Planfeststellungsbeschluss (S. 153 ff.) angeschlossen.
- 91
In der Klagebegründung hat der Kläger – wie zuvor im Kern bereits in seinem Einwendungsschreiben vom 15. Mai 2007, weshalb eine Präklusion seines Vorbringens in Bezug auf das FFH-Gebietsschutzrecht nicht in Betracht kommt – das Ergebnis der FFH-Verträglichkeitsprüfung unter folgenden Gesichtspunkten angegriffen: Die FFH-Verträglichkeitsprüfung unterliege einer Fehleinschätzung bezüglich eines Vorkommens des prioritären Lebensraumtyps (LRT) 91E0* im Eingriffsraum des Vorhabens; eine vorhabenbedingte erhebliche Beeinträchtigung potentieller Lebensräume von erhaltungszielbestimmenden Schmetterlingsarten sei nicht berücksichtigt worden; es habe einer übergreifenden „Dach-FFH-Verträglichkeitsprüfung“ unter Berücksichtigung der Gesamtstrecke Pirmasens – Landau bedurft; die aus seiner Sicht danach erforderliche Ausnahmeprüfung nach § 34 Abs. 3 BNatSchG genüge nicht den strengen Anforderungen.
- 92
Der Auffassung des Klägers kann indessen unter keinen der angeführten Gesichtspunkte gefolgt werden. Das Ergebnis der FFH-Verträglichkeitsprüfung ist vielmehr rechtlich nicht zu beanstanden.
- 93
Klarstellend ist zunächst darauf hinzuweisen, dass der Umstand, dass das geplante Vorhaben mit einer zusätzlichen Flächeninanspruchnahme in der Bachaue und deren Umfeld verbunden ist (vgl. dazu die FFH-Verträglichkeitsprüfung, a.a.O., S. 29), für sich gesehen noch keine erhebliche Beeinträchtigung des FFH-Gebiets in seinen Erhaltungszielen oder seinem Schutzzweck begründet. Wie sich aus § 34 Abs. 2 BNatSchG ergibt, ist nicht jede Inanspruchnahme von Flächen, die zu einem FFH-Gebiet gehören, zwangsläufig als erhebliche Beeinträchtigung des Gebiets zu werten; es kommt vielmehr darauf an, ob das Projekt zu erheblichen Beeinträchtigungen des Gebiets in seinen für die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck maßgeblichen Bestandteilen führen kann. Dementsprechend stellt das Bundesverwaltungsgericht in seiner Rechtsprechung bei baubedingten Flächenverlusten darauf ab, ob sie mit unmittelbaren oder mittelbaren Einwirkungen auf erhaltungszielbestimmende Lebensraumtypen verbunden sind; dabei ist grundsätzlich jeder vorhabenbedingte Verlust von Flächen eines Lebensraumtyps der Anlage I der Habitatrichtlinie als erheblich zu werten, es sei denn, er hätte lediglich Bagatellcharakter (vgl. z.B. BVerwG, Urteil vom 13. Mai 2009 – 9 A 73.07 –, NuR 2009, 711 und juris, Rn. 49, unter Hinweis auf BVerwG, Urteil vom 12. März 2008 – 9 A 9.06 –, BVerwGE 130, 299 und juris, Rn. 124 ff.). Daraus folgt, dass vorhabenbedingte Flächenverluste dann in der Regel keine erhebliche Beeinträchtigung des Gebiets in seinen für die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck maßgeblichen Bestandteilen darstellen, wenn es sich nicht um unmittelbare Verluste von Flächen eines erhaltungszielbestimmenden Lebensraumtyps handelt und sich sonstige Flächenverluste auch nicht mittelbar nachteilig auf Vorkommen eines erhaltungszielbestimmenden Lebensraumtyps auswirken können.
- 94
Für eine unmittelbare oder mittelbare Beeinträchtigung von Flächen eines erhaltungszielbestimmenden Lebensraumtyps durch das Vorhaben ist indessen vorliegend nichts ersichtlich.
- 95
Soweit der Kläger in der Klagebegründung vom 31. Januar 2011 noch vorgetragen hat, im Eingriffsbereich des Vorhabens gebe es – entgegen der Annahme in der FFH-Verträglichkeitsprüfung – größere Bestände des erhaltungszielbestimmenden Lebensraumtyps 91E0*, in die durch die Brückenanlage mit einem Flächenbedarf von weit mehr als 1 ha eingegriffen werde, kann dem nicht gefolgt werden. Zum Beleg seiner Behauptungen hatte der Kläger auf Angaben zu drei Biotopen im Landschaftsinformationssystem der Naturschutzverwaltung Rheinland-Pfalz, auf Datenblätter zur Biotopkartierung sowie auf eine sog. HPNV-Kartierung verwiesen. Da es sich bei dem LRT 91E0* (Weichholzauen) um einen prioritären Lebensraumtyp handelt, hätte eine vorhabenbedingte Beeinträchtigung von Vorkommen dieses Lebensraumtyps zur Folge, dass die besonderen Anforderungen des § 34 Abs. 4 BNatSchG an eine Abweichungszulassung (ggf. Einholung einer Stellungnahme der Europäischen Kommission) vorliegen müssten.
- 96
Die Behauptung des Klägers ist indessen als widerlegt anzusehen. Bereits die in den Planunterlagen befindliche FFH-Verträglichkeitsprüfung hatte sich mit der Frage des Vorkommens des LRT 91E0* im Einwirkungsbereich des Vorhabens befasst und ein Vorkommen von Beständen dieses Lebensraumtyps eindeutig ausgeschlossen; dabei wurde maßgeblich darauf abgestellt, dass es sich bei den im Plangebiet anzutreffenden Gehölzstrukturen nur um schmale Ufergehölzsäume handele (vgl. FFH-Verträglichkeitsprüfung, a.a.O., S. 12). Aufgrund des Vorbringens des Klägers in seinem Einwendungsschreiben, ein Teil der anlagebedingt beeinträchtigten Gehölzbestände sei doch dem prioritären LRT 91E0* zuzuordnen, hatte sich der Beklagte veranlasst besehen, im Frühjahr 2010 eine Nachprüfung in Form einer nochmaligen Begehung und Augenscheineinnahme durch den Dipl.-Biologen H. vom Büro S. durchführen zu lassen, bei der ebenfalls keine Hinweise auf das Vorhandensein von diesem Lebensraumtyp zuzuordnen Vegetationsbeständen festgestellt wurden (vgl. die Stellungnahme des Dipl.-Biologen H. zu den naturschutzfachlichen Einwendungen des Klägers vom 7. Juni 2010, Ordner „Gutachten und ergänzende Stellungnahmen“, Nr. 6, S. 40 f.); dabei wurde ergänzend ausgeführt, dass es sich nur um ein- bis zweireihige Ufergehölze ohne Auwaldcharakter und unterhalb der Mindestgröße von 2.500 m² handele, die dem relevanten Biotoptyp nicht zuzuordnen seien.
- 97
In Reaktion auf das Vorbringen in der Klagebegründung hat der Beklagte schließlich eine weitere fachliche Stellungnahme des Dipl.-Biologen H. vom 6. April 2011 vorgelegt (Anlage 7 zum Schriftsatz des Beklagten vom 3. Juni 2011). Darin wird im Einzelnen begründet, weshalb die vom Kläger herangezogenen Biotopkartierungen usw. gerade keinen Rückschluss auf das Vorhandensein von Beständen des LRT 91E0* zulassen und weshalb die Kriterien hierfür von den festgestellten Vegetationsstrukturen nicht erfüllt werden. Diesen ergänzenden Feststellungen ist der Kläger im weiteren Verlauf des gerichtlichen Verfahrens nicht mehr entgegengetreten; er ist vielmehr namentlich in seinen Schriftsätzen vom 31. Oktober 2014 und vom 30. März 2015 sowie auch in der mündlichen Verhandlung des Senats auf das Thema nicht mehr weiter eingegangen, so dass schon fraglich erscheint, ob er seine Behauptungen zum Vorkommen der LRT 91E0* nach Vorlage der Stellungnahme vom 6. April 2011 noch aufrechterhalten will. Jedenfalls ist aus Sicht des Senats eine Betroffenheit eines Vorkommens dieses Lebensraumtyps im Einwirkungsbereich des Vorhabens durch den Beklagten nachvollziehbar und schlüssig, unter Berücksichtigung der besten verfügbaren wissenschaftlichen Erkenntnisse ausgeschlossen worden, ohne dass der Kläger den Feststellungen des Dipl.-Biologen H. konkrete eigene abweichende Erkenntnisse entgegenzusetzen vermocht hat. Namentlich stehen die Feststellungen des Dipl.-Biologen H., dass die im Einwirkungsbereich des Vorhabens anzutreffenden Vegetationsstrukturen mangels einer intakten Überflutungsaue, wegen des nur lückigen Charakters der in Frage kommenden Gehölzbestände, bei denen die Lücken stellenweise größer als eine Baumlänge sind, sowie mangels eines für diesen Lebensraumtyp charakteristischen Artenspektrums der Krautschicht nicht dem LRT 91E0* entsprechen, im Einklang mit den im Datenblatt zum Lebensraumtyp 91E0* des Bundesamtes für Naturschutz formulierten Anforderungen an die Feststellung von Vorkommen dieses Lebensraumtyps (vgl. die Internetseite des Bundesamtes für Naturschutz, www.bfn.de/0316typ91e0.html). Denn danach sind insbesondere lückige, fragmentierte Bestände, bei denen die Lücken zwischen den einzelnen Bäumen größer als die Baumhöhe sind, als Baumreihen zu werten und nicht als Bestände des LRT 91E0* zu erfassen.
- 98
Anders, als der Kläger meint, führt das planfestgestellte Vorhaben auch nicht zu erheblichen Beeinträchtigungen erhaltungszielbestimmender Schmetterlingsarten.
- 99
Nachdem er bereits im Einwendungsschreiben eine definitive Zerstörung von Lebensräumen der Schmetterlingsarten „Großer Feuerfalter“ (Lycaena Dispar) und „Dunkler Wiesenknopf-Ameisenbläuling“ (Maculinea Nausithous) durch das Vorhaben geltend gemacht hatte, hat der Kläger im gerichtlichen Verfahren im Wesentlichen vorgebracht, das Vorhaben führe zur erheblichen Beeinträchtigung von (jedenfalls potentiellen) Lebensräumen der Schmetterlingsarten „Großer Feuerfalter“ und „Dunkler Wiesenknopf-Ameisenbläuling“, und zwar durch die Verstärkung bereits bestehender Zerschneidungs- und Barrierewirkungen des Brückenbauwerks infolge seiner Erweiterung um eine zweite Brücke, was aufgrund der bereits angespannten Situation der beiden Arten im Gebiet zu einer gravierenden Verschlechterung ihres Erhaltungszustandes und damit zu einer erheblichen Beeinträchtigung des Gebiets in seinen Erhaltungszielen führen werde. Zwar hat der Kläger eingeräumt, dass im unmittelbaren Trassenbereich, soweit dieser das FFH-Gebiet quert, kein geeigneter Lebensraum für die beiden Falterarten vorhanden sei; doch gebe es im Queichtal sowohl nördlich als auch südlich der B 10 Flächen, die für beide Arten geeignet seien und auf deren Verfügbarkeit bzw. Erreichbarkeit es für die Überlebensfähigkeit der Metapopulationen der beiden Arten ankomme. Darüber hinaus sei die Brücken- oder Trittsteinfunktion der betroffenen FFH-Gebietsteile für den großräumigen Zugang von der Rheinebene zum Pfälzer Wald zu beachten, weshalb sich deren Beeinträchtigung durch das Vorhaben auf das Ökoverbundsystem „Natura 2000“ insgesamt auswirke und deshalb im Rahmen der Ausnahmeprüfung nach § 34 Abs. 3 BNatSchG hohe Anforderungen zu stellen seien.
- 100
Der Planfeststellungsbeschluss hat sich in Auseinandersetzung mit dem entsprechenden Einwendungsvorbringen des Klägers mit den beiden Schmetterlingsarten befasst und unter Bezugnahme auf die der FFH-Verträglichkeitsprüfung zugrunde gelegten faunistischen Erhebungen sowie den „Fachbeitrag Artenschutz“ ausgeführt, dass es für Lebensräume der Art „Großer Feuerfalter“ keine Nachweise und für geeignete Habitate des Dunklen Wiesenknopf-Ameisenbläulings nur Nachweise außerhalb des Wirkbereichs der B 10 gebe, was auch durch aktuelle Überprüfungen im April 2010 bestätigt worden sei; höchst vorsorglich wurde für beide Arten in Kapitel A VI des Planfeststellungsbeschlusses eine Ausnahmegenehmigung nach § 45 Abs. 7 BNatSchG erteilt; zudem – so wird weiter ausgeführt – würden beide Arten auch von der (vorsorglichen) Ausnahmezulassung nach § 34 Abs. 3 BNatSchG erfasst.
- 101
Im gerichtlichen Verfahren hat der Beklagte eine weitere Stellungnahme des Dipl.-Biologen H. vom 6. April 2011 vorgelegt (Anlage 7 zum Schriftsatz des Beklagten vom 3. Juni 2011). Danach hat eine weitere Überprüfung vor Ort ergeben, dass weiterhin keine Lebensraumpotentiale für die Arten Heller Wiesenknopf-Ameisenbläuling und Großer Feuerfalter im Wirkraum des Vorhabens vorhanden seien und der Dunkle Wiesenknopf-Ameisenbläuling im Bereich des Queichtals zwar vereinzelt nachgewiesen sei; doch seien die nächsten Fundorte nördlich der B 10 weit außerhalb des Wirkraums gelegen und insbesondere seien die für die Falterart bedeutsamen Vorkommen der Hauptfutterpflanze im Eingriffsbereich nicht vorhanden. In einer weiteren Stellungnahme vom 26. Januar 2015, die als Anlage 8 zum Schriftsatz des Beklagten vom 18. Februar 2015 zu den Gerichtsakten gereicht wurde, hat der Dipl.-Biologe H. zur Frage von erheblichen Beeinträchtigungen der beiden erhaltungszielbestimmenden Falterarten die vorliegenden Erkenntnisse wie folgt zusammengefasst: Für die Art Dunkler Wiesenknopf-Ameisenbläuling könne zunächst eine Zerschneidung bedeutsamer Teillebensräume infolge der Verwirklichung des planfestgestellten Vorhabens ausgeschlossen werden. Es sei zwar davon auszugehen, dass jeweils nördlich und südlich der B 10 eine Teilpopulation bestehe, da die Art als sehr standorttreu gelte. Zudem seien große Flächenanteile durch Gehölzbestände abgeriegelt, was einen ständigen Austausch zwischen den Teilflächen beidseits der B 10 nicht erwarten lasse. Ein Überfliegen von größeren Gehölzen sei nur ausnahmsweise anzunehmen. Die Tiere orientierten sich an der Blütenvegetation der Krautschicht und breiteten sich über Offenlandbestände und Säume aus. Dabei seien die Lebensstätten immer eng an das Vorkommen der essenziellen Futterpflanze – Großer Wiesenknopf – gebunden. Hauptflugorte seien Saumstandorte mit Wiesenknopf, wie Grabenränder, Böschungen, Dämme oder Feuchtbrachen sowie in Randbereichen von Mähwiesen. Die Hauptgefährdung der lokalen Population im Talraum der Queich bestehe in der fehlenden Nutzung oder einer ungünstigen Nutzung von Grünland. Zudem seien viele Standorte zwischenzeitlich von Neophyten dominiert. Grundsätzlich sei aber ein Austausch zwischen den beiden Teilräumen denkbar, da für die Art häufige Flugdistanzen von 1 bis 3 km bestätigt worden seien. Für das Projektgebiet sei dabei ein möglicher Austausch insbesondere durch den breiten Korridor mit Staudenfluren entlang der Bahnlinie zu vermuten. Ein zweiter Korridor bestehe potentiell entlang des Queichtalweges, allerdings fehlten hierzu aktuell geeignete Flächen mit Vorkommen der Futterpflanze Großer Wiesenknopf. Mit dem geplanten Vorhaben würden diese möglichen Korridore in ihrer Funktionsfähigkeit nicht verändert: Das vorhandene Bauwerk zur Bahnüberführung bleibe unverändert erhalten. Das daneben neu mit Abstand zu errichtende Bahnbauwerk erhalte aufgrund der großen lichten Weite des vorhandenen Bauwerks in Bodennähe die gleichen Abmessungen. Das bestehende Bauwerk zur Queichquerung der B 10 bleibe ebenfalls unverändert. Das zweite Bauwerk erhalte in Bodennähe eine größere lichte Weite. Es sei daher mit hoher Wahrscheinlichkeit anzunehmen, dass bei einer möglichen Nutzung der bahnbegleitenden bzw. gewässerbegleitenden Saumstrukturen durch die Falterart eine Teilverschattung durch ein zweites Bauwerk keine Rolle spielen werde. Darüber hinaus sei für diese Art ein erhebliches Kollisionsrisiko mit signifikanten Auswirkungen auf die Population der Art nicht gegeben. Denn die Bundesstraße verbleibe wie bisher in einer Dammlage mit breiten Böschungen, die vollständig bepflanzt werden. Dieser Heckenriegel verhindere das ungewollte Einfliegen in den Straßenraum, da Einzeltiere damit zum Überfliegen gezwungen würden. Dies werde aber nach allen bisherigen Kenntnissen zur Ausbreitungsökologie der Art nur in ganz seltenen Fällen vorkommen, da der Dunkle Wiesenknopf-Ameisenbläuling stark strukturgebunden in der Krautvegetation fliege. Auch für die Art Großer Feuerfalter sei eine Zerschneidung bedeutsamer Teillebensräume auszuschließen. Für das Queichtal zwischen Landau und Annweiler sei aus mehrjährigen Studien belegt, dass der Falter nur zeitweise den Talraum besiedele. Lokales bis regionales Aussterben und anschließende Wiederbesiedelung seien mehrfach beobachtet worden, so dass auf einen großen Flächenbedarf für langfristig überlebende Vorkommen geschlossen werde. Die Art werde indessen als sehr flugfähig und mobil eingestuft; dabei sei anzunehmen, dass die Art bei einem möglichen Ausbreitungsflug in jedem Fall eine Orientierung an Blütenpflanzen der Krautschicht suche. Auch ein erhebliches Kollisionsrisiko mit signifikanten Auswirkungen auf die Population dieser Art sei nicht gegeben. Zwar sei ein Überfliegen des gehölzbestandenen Straßendammes potentiell möglich, stelle aber eher die Ausnahme dar. Die Strukturbindung an die Blütenfarben bzw. an die Nektarpflanzen führe dazu, dass auch die Ausbreitungsflüge in der überwiegenden Mehrzahl auf Höhe der Krautschicht erfolgten. Im Falle der Queichbrücke sei daher ein Unterfliegen der Brücke zu postulieren, falls dieser Korridor von der Art überhaupt beflogen werden sollte. Diese Erkenntnisse hat der Gutachter bei seiner ergänzenden Anhörung in der mündlichen Verhandlung anhand zur Gerichtsakte gereichter Karten und Luftbilder nochmals erläutert.
- 102
Danach teilt der Senat die Auffassung des Beklagten, dass nach Abschluss der Verträglichkeitsprüfung und mehrfacher Überprüfung ihres Ergebnisses durch aktualisierende Begutachtungen kein vernünftiger Zweifel verbleibt, dass erhebliche Beeinträchtigungen des FFH-Gebiets im Hinblick auf die genannten erhaltungszielbestimmenden Schmetterlingsarten ausgeschlossen erscheinen.
- 103
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sind Maßstab für die Erheblichkeit von Gebietsbeeinträchtigungen i.S.v. § 34 Abs. 2 BNatSchG die für das Gebiet maßgeblichen Erhaltungsziele, also die Festlegungen zur Erhaltung oder Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands der in dem FFH-Gebiet vorkommenden Lebensräume und Arten nach den Anhängen I und II der Habitat-Richtlinie (vgl. z.B. BVerwG, Beschluss vom 10. November 2009 – 9 B 28.09 –, DVBl. 2010, 176 und juris, Rn. 3, m.w.N.). Danach waren hier mögliche Auswirkungen des Vorhabens auf den Erhaltungszustand der drei Schmetterlingsarten „Großer Feuerfalter“, „Dunkler Wiesenknopf-Ameisenbläuling“ und „Großer Mohrbläuling“ (= Heller Wiesenknopf-Ameisenbläuling) im Rahmen der FFH-Verträglichkeitsprüfung zu prüfen, da alle drei Arten in der Anlage I zu § 25 Abs. 2 des Landesnaturschutzgesetzes als maßgebliche Gebietsbestandteile benannt sind und darüber hinaus in der Landesverordnung über die Erhaltungsziele in den Natura 2000-Gebieten (GVBl. 2009, S. 4, 17) als eines der Erhaltungsziele für das FFH-Gebiet „Biosphärenreservat Pfälzerwald“ auch folgendes Ziel benannt wird: „Erhaltung oder Wiederherstellung von nicht intensiv genutzten Mähwiesensystemen, u.a. mit Pfeifengraswiesen und Borstgrasrasen, auch als Lebensräume für Schmetterlinge (insbesondere Maculinea ssp. und Lychaena dispar).“ Zu den Anforderungen an die ordnungsgemäße Durchführung einer FFH-Verträglichkeitsprüfung hat das Bundesverwaltungsgericht in ebenfalls ständiger Rechtsprechung insbesondere ausgeführt: Die Verträglichkeitsprüfung erfordere eine Einzelfallbeurteilung, bei der in einem ersten Schritt eine sorgfältige Bestandserfassung und –bewertung der von dem Projekt betroffenen maßgeblichen Gebietsbestandteile zu erfolgen habe; sodann seien die Einwirkungen zu ermitteln und naturschutzfachlich zu bewerten; ein Projekt ist danach zulässig, wenn nach Abschluss der Verträglichkeitsprüfung kein vernünftiger Zweifel verbleibt, dass erhebliche Beeinträchtigungen vermieden werden; dies setzt die Ausschöpfung aller einschlägigen wissenschaftlichen Mittel und Quellen voraus, wobei es zulässig ist, mit Prognosewahrscheinlichkeiten und Schätzungen zu arbeiten, soweit auch bei Ausschöpfung der einschlägigen Erkenntnismittel nicht ausräumbare Unsicherheiten über Wirkungszusammenhänge verbleiben, sofern dies kenntlich gemacht und begründet wird; dabei können auch Schutz- und Kompensationsmaßnahmen zugunsten des Projekts berücksichtigt werden, sofern sie sicherstellen, dass erhebliche Beeinträchtigungen verhindert werden (vgl. zum Ganzen z.B. BVerwG, Urteil vom 12. März 2008, a.a.O., Rn. 68 und 94).
- 104
Diesen Anforderungen ist vorliegend in Bezug auf die erhaltungszielbestimmenden Schmetterlingsarten in vollem Umfang Rechnung getragen worden. Wie zuletzt in der ergänzenden fachlichen Beurteilung des Gutachters H. vom 25. Januar 2015 aufgrund abermaliger Begehung und Überprüfung der Vegetationsstrukturen unter gleichzeitiger Auswertung der einschlägigen Fachliteratur überzeugend zusammengefasst wurde, gibt es zum einen keine Nachweise für Populationen des Großen Feuerfalters in den Talwiesen zwischen Godramstein und Landau, sondern nur eine Vermutung für das Einfliegen von Einzelexemplaren aus benachbarten Populationen, die aufgrund ihrer Mobilität aber auch größere Entfernungen mit Hindernissen überwinden können. Demgegenüber muss der Helle Wiesenknopf-Ameisenbläuling in den Talwiesen zwischen Godramstein und Landau wie wohl im gesamten Naturraum Pfälzerwald inzwischen als ausgestorben gelten. Der Dunkle Wiesenknopf-Ameisenbläuling kommt zwar in den Talwiesen zwischen Godramstein und Landau noch vor, doch beschränkt sich das Vorkommen auf drei Fundorte, die weit außerhalb des Eingriffsraumes des Vorhabens, nämlich mehr als 400 m von der B 10-Trasse entfernt liegen, wobei es sich um auf natürliche Weise (Gehölzriegel) abgeschottete, aber selbstständig lebensfähige Metapopulationen handelt, zwischen denen aufgrund der geringen Mobilität der Art kein nennenswerter Austausch stattfindet. Falls überhaupt, werden für Wanderungen von Einzelexemplaren nicht der Bereich der B 10-Querung des Queichtals, sondern kleinere Taleinschnitte (Bahnlinie, Wirtschaftsweg) genutzt, die ein Wandern entlang geeigneter Saumstrukturen ermöglichen. Danach erscheinen dem Senat die Schlussfolgerungen der Gutachter der FFH-Verträglichkeitsprüfung, dass erhebliche Beeinträchtigungen des FFH-Gebiets in seinen auf die genannten Schmetterlingsarten bezogenen Erhaltungszielen ausgeschlossen erscheinen, weil weder Lebensräume der Schmetterlinge im Einwirkungsbereich des Vorhabens vorhanden sind noch durch das Vorhaben für die Arten relevante Zerschneidungs- oder Barriereeffekte bewirkt werden und auch keine signifikante Erhöhung des Kollisionsrisikos gegeben ist, in jeder Hinsicht überzeugend. Sie beruhen auf einer sorgfältigen Bestandserfassung und -bewertung, wurden unter Ausschöpfung aller verfügbaren wissenschaftlichen Erkenntnisse getroffen und unter Inanspruchnahme der fachlichen Einschätzungsprärogative nachvollziehbar begründet. Der Kläger hat demgegenüber keine auf einer überlegenen Fachkunde beruhenden konkreten abweichenden Erkenntnisse hinsichtlich des Vorkommens und des Verhaltens der maßgeblichen Falterarten im Queichtal für sich in Anspruch genommen, die Anlass für eine abweichende Beurteilung der Wirkungen des Vorhabens auf die genannten erhaltungszielbestimmenden Falterarten oder für eine abermalige Begutachtung sein könnten.
- 105
Zweifel an der Einschätzung im angefochtenen Planfeststellungsbeschluss, dass das Vorhaben nicht zu erheblichen Beeinträchtigungen des FFH-Gebiets in seinen für die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck maßgeblichen Bestandteilen führen kann, sind schließlich auch nicht deshalb angebracht, weil keine abschnittsübergreifende sog. Dach-FFH-Verträglichkeitsprüfung durchgeführt wurde.
- 106
Der vom Kläger bereits in seinem Einwendungsschreiben geforderten Dach-FFH-Verträglichkeitsprüfung für das gesamte Planungsvorhaben des Ausbaus der B 10 zwischen Pirmasens und Landau bedurfte es nicht. Als „Projekt“ i.S.v. § 34 Abs. 1 BNatSchG, das auf seine Verträglichkeit mit den Erhaltungszielen eines Natura-2000-Gebiets zu überprüfen ist, ist bei fernstraßenrechtlichen Bau- oder Ausbauvorhaben der zulässigerweise gebildete Planungsabschnitt, der Gegenstand des festgestellten Plans ist, anzusehen, hier also der vierstreifige Ausbau der B 10 im Abschnitt zwischen Godramstein und der A 65. Insoweit gilt das zum Projektbegriff im UVP-Recht oben bereits Ausgeführte hier entsprechend. Nur dieser Abschnitt hat daher Gegenstand der FFH-Verträglichkeitsprüfung zu sein. Ergänzend ist gemäß § 34 Abs. 1 Satz 1, 1. Halbsatz BNatSchG lediglich noch zu prüfen, ob das Projekt eventuell (wenn nicht einzeln, so doch) im Zusammenwirken mit anderen Projekten oder Plänen geeignet ist, das Gebiet erheblich zu beeinträchtigen. Diese Frage ist in der FFH-Verträglichkeitsprüfung im Planaufstellungsverfahren untersucht und eindeutig verneint worden (vgl. Planordner 2, Planunterlage 12.4, S. 27 f.), ohne dass dies vom Kläger konkret in Frage gestellt worden ist.
- 107
Danach bleibt festzuhalten, dass nach dem überzeugenden Ergebnis der mehrfach überprüften und ergänzten FFH-Verträglichkeitsprüfung eine erhebliche Beeinträchtigung von Erhaltungszielen des FFH-Gebiets – zumal unter den vom Kläger vorrangig geltend gemachten Gesichtspunkten der Beeinträchtigung zweier Schmetterlingsarten – hinreichend sicher ausgeschlossen werden kann, das Vorhaben also als FFH-verträglich einzustufen ist. Einer Abweichungszulassung nach § 34 Abs. 3 BNatSchG bedurfte es danach nicht.
- 108
Unabhängig davon begegnet aber auch die im Planfeststellungsbeschluss (S. 161 ff.) rein vorsorglich durchgeführte Ausnahmeprüfung keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken:
- 109
Nach § 34 Abs. 3 BNatSchG darf ein Projekt abweichend vom Abs. 2 nur zugelassen oder durchgeführt werden, soweit es aus zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses, einschließlich solcher sozialer oder wirtschaftlicher Art, notwendig ist (Nr. 1) und zumutbare Alternativen, den mit dem Projekt verfolgten Zweck an anderer Stelle ohne oder mit geringeren Beeinträchtigungen zu erreichen, nicht gegeben sind (Nr. 2). Soll ein Projekt nach Abs. 3 zugelassen oder durchgeführt werden, sind zudem die zur Sicherung des Zusammenhangs des Netzes „Natura 2000“ notwendigen Maßnahmen vorzusehen (§ 34 Abs. 5 BNatSchG).
- 110
Unterstellt, das planfestgestellte Vorhaben würde doch zu erheblichen Beeinträchtigungen von Erhaltungszielen des FFH-Gebiets führen, etwa – was allenfalls in Betracht zu ziehen wäre – unter dem Gesichtspunkt von Zerschneidungs- bzw. Barrierewirkungen in Bezug auf Austauschbeziehungen zwischen Teilpopulationen des Großen Feuerfalters und des Dunklen Wiesenknopf-Ameisenbläulings, so lägen jedenfalls die Voraussetzungen für eine Abweichungszulassung nach den genannten Vorschriften vor:
- 111
Das Vorhaben des vierstreifigen Ausbaus der B 10 zwischen Godramstein und der Autobahn A 65 wäre in diesem Falle zunächst als aus zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses notwendig anzusehen. Insoweit hat der Planfeststellungsbeschluss in nicht zu beanstandender Weise die gesetzliche Bedarfsfeststellung und die weiteren, zur Erforderlichkeit der Ausbaumaßnahme angeführten Gründe, insbesondere das Ziel der Erhöhung der Verkehrssicherheit, ins Feld geführt. In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass die gesetzliche Bedarfsfeststellung einem Planvorhaben einen besonderen Stellenwert verleiht, der in der Interessenabwägung mit hohem Gewicht zu Buche schlägt (vgl. z. B. BVerwG, Urteil vom 12. März 2008, a.a.O., Rn. 159, m.w.N.). Wie oben bereits ausgeführt, kommt dabei der Einstufung in den Weiteren Bedarf mit Planungsrecht keine „graduelle Minderwertigkeit“ zu; vielmehr entspricht auch ein solches Vorhaben den Zielvorstellungen des § 1 Abs. 1 Fernstraßengesetz, ihm kommt nur bei der konkreten Bereitstellung finanzieller Mittel ein grundsätzlicher Nachrang gegenüber Vorhaben des „Vordringlichen Bedarfs“ zu, der aber die Gewichtigkeit der mit ihm verfolgten Planungsziele als zwingende öffentliche Interessen nicht entscheidend mindert. Der Planfeststellungsbeschluss hat auch eine konkrete „bipolare Abwägung“ zwischen den für das Vorhaben sprechenden Gründen des öffentlichen Interesses und dem Integrationsinteresse des FFH-Gebietes vorgenommen (vgl. auch dazu: BVerwG, Urteil vom 12. März 2008, a.a.O., Rn. 154 und 165) und ist ohne erkennbaren Abwägungsfehler zu dem Ergebnis gelangt, dass die für das Vorhaben sprechenden Gründe die (wenn überhaupt) allenfalls geringfügigen Beeinträchtigungen des Habitatschutzes klar überwiegen. Auf die Frage, ob die Verkehrsprognose methodisch und im Ergebnis in jeder Hinsicht beanstandungsfrei ist, kommt es auch hier angesichts des Gewichts der gesetzlichen Bedarfsfeststellung und der bereits im Ist-Zustand bestehenden hohen Verkehrsbelastung, die – wie ausgeführt – allein schon einen vierstreifigen Ausbau rechtfertigen würde, letztlich nicht an.
- 112
Der Planfeststellungsbeschluss hat auch eine nicht zu beanstandende Alternativenprüfung vorgenommen, die zutreffend zu dem Ergebnis gelangt ist, dass es keine zumutbaren Alternativen gibt, den mit dem Projekt verfolgten Zweck an anderer Stelle oder mit geringeren Beeinträchtigungen des Habitatschutzes zu erreichen. Dabei hat er sich an der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts orientiert, wonach eine Alternativlösung i.S.v. § 34 Abs. 3 Nr. 2 BNatSchG voraussetzt, dass sich die zulässigerweise verfolgten Planungsziele trotz gegebenenfalls hinnehmbarer Abstriche auch mit ihr erreichen lassen (vgl. z.B. BVerwG, Urteil vom 12. März 2008, a.a.O., Rn. 170, m.w.N.). Da alle denkbaren Trassenalternativen jenseits einer bloßen Erweiterung der bestehenden dreistreifigen B 10 um eine weitere Fahrspur, also namentlich Neubautrassen, zwangsläufig mit wesentlich gravierenderen Eingriffen in Natur und Landschaft verbunden wären und daher von vorneherein ausscheiden, waren letztlich nur Varianten der gewählten Trasse (Anbau im Norden oder im Süden) näher zu erörtern. Der Planfeststellungsbeschluss hat insoweit in jeder Hinsicht überzeugend dargelegt, dass mit dem ausgewählten alternierenden Anbau sowohl die Belange des Habitatschutzes als auch andere Umweltbelange die größtmögliche Schonung erfahren. Dies ist vom Kläger nicht substantiiert in Frage gestellt worden.
- 113
Der Planfeststellungsbeschluss sieht schließlich auch in ausreichendem Umfang Vermeidungs-, Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen vor, die bei Unterstellung einer (allenfalls geringfügig) die Schwelle der Erheblichkeit übersteigenden Beeinträchtigung von Erhaltungszielen des FFH-Gebiets geeignet erscheinen, den Schutz der globalen Kohärenz des Natura 2000-Netzes sicherzustellen. Dabei hat er sich an den diesbezüglichen Grundsätzen der Rechtsprechung orientiert; diesen zufolge ist es Aufgabe der Kohärenzsicherungsmaßnahmen, die zu dem Projekt hinzutreten, die Funktionseinbuße für die Erhaltungsziele zu kompensieren (vgl. z.B. BVerwG, Urteil vom 13. Mai 2009 – 9 A 73.07 –, NuR 2009, 711 und juris, Rn. 69, m.w.N.). Dabei ist der Funktionsbezug das maßgebliche Kriterium insbesondere auch zur Bestimmung des notwendigen räumlichen und zeitlichen Zusammenhangs zwischen Gebietsbeeinträchtigung und Kohärenzsicherung. Der Ausgleich muss aber nicht notwendig unmittelbar am Ort der Beeinträchtigung erfolgen, sondern es genügt, dass die Einbuße ersetzt wird, die das Gebiet hinsichtlich seiner Funktion für die biogeografische Verteilung der beeinträchtigten Lebensräume und Arten erleidet. In zeitlicher Hinsicht muss mindestens sichergestellt sein, dass das Gebiet unter dem Aspekt des beeinträchtigten Erhaltungsziels nicht irreversibel geschädigt wird. Ist das gewährleistet, lässt sich die Beeinträchtigung aber – wie im Regelfall – nicht zeitnah ausgleichen, so ist es hinnehmbar, wenn die Kohärenzsicherungsmaßnahmen rechtzeitig bis zur Vollendung des Vorhabens ergriffen werden, die Funktionseinbuße hingegen erst auf längere Sicht wettgemacht wird. Dabei ist die Eignung einer Kohärenzsicherungsmaßnahme ausschließlich nach naturschutzfachlichen Maßstäben zu beurteilen, wobei der Planfeststellungsbehörde eine naturschutzfachliche Einschätzungsprärogative zukommt (vgl. zum Ganzen insbesondere BVerwG, Urteil vom 12. März 2008, a.a.O., Rn. 200 ff.).
- 114
Hieran orientiert hat der Planfeststellungsbeschluss im Einzelnen dargelegt, inwiefern bestimmten der vorgesehenen Maßnahmen – unabhängig davon, ob sie innerhalb oder außerhalb des FFH-Gebiets vorgenommen werden sollen – positive Auswirkungen auf das FFH-Gebiet attestiert werden können, indem sie zu einer Aufwertung von Lebensräumen für erhaltungszielbestimmende Arten (namentlich Fledermäuse, Schmetterlinge) führen oder als Vermeidungsmaßnahmen zum Beispiel Kollisionsrisiken für solchen Arten mindern. Die vom Kläger an der Eignung oder Wirksamkeit einzelner Maßnahmen geäußerten Zweifel sind teilweise irrelevant, soweit sie sich etwa auf eine Kompensation von Beeinträchtigungen des Lebensraumtyps 91E0* beziehen, da ein Vorkommen dieses Lebensraumtyps im Wirkraum der Planung ausgeschlossen werden konnte. Im Übrigen ist ihnen der Beklagte überzeugend entgegengetreten.
- 115
bb. Des Weiteren lässt der Planfeststellungsbeschluss im Hinblick auf die Anforderungen des europäischen und nationalen Artenschutzrechts keine Defizite erkennen. Namentlich stehen der Verwirklichung des planfestgestellten Vorhabens die zwingenden Regelungen der §§ 44 ff. BNatSchG in Bezug auf besonders geschützte Arten nicht entgegen.
- 116
Nach den in § 44 BNatSchG normierten Verbotstatbeständen, bei deren Erfüllung ein Vorhaben grundsätzlich unzulässig ist, ist es insbesondere verboten, wildlebenden Tieren der besonders geschützten Arten nachzustellen, sie zu fangen, zu verletzen oder zu töten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören (Nr. 1), wildlebende Tiere der streng geschützten Arten und der europäischen Vogelarten während der Fortpflanzungs-, Aufzucht-, Mauser-, Überwinterungs- und Wanderungszeiten erheblich zu stören, wobei eine erhebliche Störung nur vorliegt, wenn sich durch die Störung der Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art verschlechtert (Nr. 2), und Fortpflanzungs- oder Ruhestätten der wildlebenden Tiere der besonders geschützten Arten aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören (Nr. 3). Für Vorhaben, die – wie das in Rede stehende fernstraßenrechtliche Ausbauvorhaben (vgl. dazu unten unter cc.) – einen nach Maßgabe des § 15 BNatSchG zulässigen Eingriff in Natur und Landschaft darstellen, trifft § 44 Abs. 5 BNatSchG ergänzende Regelungen: Bei solchen Vorhaben liegt gemäß § 44 Abs. 5 Satz 2, wenn in Anhang IV a der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführte Tierarten, europäische Vogelarten oder in einer Rechtsverordnung nach § 54 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG aufgeführte Arten betroffen sind, ein Verstoß gegen das Verbot des Abs. 1 Nr. 1 und im Hinblick auf damit verbundene unvermeidbare Beeinträchtigungen wildlebender Tiere auch gegen das Verbot des Abs. 1 Nr. 1 nicht vor, soweit die ökologische Funktion der von dem Eingriff oder Vorhaben betroffenen Fortpflanzungs- oder Ruhestätten im räumlichen Zusammenhang weiterhin erfüllt wird.
- 117
Diesen Anforderungen hat der angefochtene Planfeststellungsbeschluss hinreichend Rechnung getragen.
- 118
Der Planfeststellungsbeschluss handelt die Vereinbarkeit des Vorhabens mit dem europäischen und nationalen Artenschutzrecht umfassend ab und gelangt – gestützt im Wesentlichen auf die im Planfeststellungsverfahren eingeholten und mehrfach überarbeiteten beiden Fachbeiträge „Streng geschützte Arten“ (Planordner 2, Anlage 12.3.1) sowie „Besonders geschützte Arten“ (Planordner 2, Anlage 12.3.2) – zu folgenden Ergebnissen: Unter Berücksichtigung der konkreten Ausgestaltung der Baumaßnahme, der in der Planung enthaltenen naturschutzfachlichen Maßnahmen, der naturschutzfachlichen Bewertungen der Sachverständigen sowie der im Planfeststellungsbeschluss getroffenen Regelungen komme es nicht zur Erfüllung von Verbotstatbeständen des § 44 Abs. 1 i.V.m. Abs. 5 BNatSchG im Hinblick auf Arten des Anhangs IV der FFH-Richtlinie oder im Hinblick auf europäische Vogelarten. Insbesondere führe das planfestgestellte Vorhaben bau-, anlagen- und betriebsbedingt nicht zur Beschädigung oder Zerstörung von Ruhe- und Fortpflanzungsstätten dieser Arten, deren ökologische Funktion im räumlichen Zusammenhang nicht gewahrt werde; ebenso wenig würden erhebliche Störungen i.S.v. § 44 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG verursacht; schließlich würden auch keine Tötungen i.S.v. § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG ausgelöst. Die Voraussetzungen der dennoch dem Vorhabenträger vorsorglich erteilten Ausnahmegenehmigungen nach § 45 Abs. 7 BNatSchG sowie höchstvorsorglich erteilten Befreiung nach § 67 BNatSchG lägen jedoch vor; namentlich stritten für die Baumaßnahme zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses und es gebe für das Vorhaben in seiner konkreten Ausgestaltung auch keine zumutbaren Planungsalternativen und eine Verschlechterung des Erhaltungszustands der Populationen der im Planbereich vorkommenden besonders geschützten Arten sei nicht zu erwarten.
- 119
Nachdem der Kläger in seinem Einwendungsschreiben noch umfangreichere artenschutzrechtliche Einwendungen erhoben hatte, hat er im gerichtlichen Verfahren – neben Rechtsausführungen – von diesen Einwendungen im Wesentlichen nur noch folgende konkrete Gesichtspunkte weiterverfolgt: Aus dem Fachbeitrag Planunterlage 12.3.2 ergäben sich keine hinreichenden Hinweise auf Größe und Raumanspruch der jeweiligen lokalen Populationen, weshalb eine Beurteilung, ob vereinzelte Tötungen von Tieren zu negativen Auswirkungen auf die jeweilige lokale Population führen, nicht möglich sei. Deshalb seien auch keine Aussagen zu etwaigen Ausnahmen oder Befreiungen möglich, zumal deren Voraussetzungen aus klägerischer Sicht ohnehin nicht zu begründen seien. Die Unkenntnis populationsbezogener Daten schlage auch auf die in Kapitel C II 1, 4. Spiegelstrich des Planfeststellungsbeschlusses vorgesehene Auflage der Errichtung einer ohnehin dringend gebotenen Überflughilfe für Vögel und Fledermäuse durch; denn nach Kapitel C II 1, 5. Spiegelstrich solle die optimale Ausgestaltung der Überflughilfen erst im Vorfeld der Baumaßnahmen mit Hilfe von Untersuchungen durch Fledermausexperten eruiert werden, womit letztlich eine nachträgliche Bestandserhebung angeordnet werde. Gerade im Bereich der Fledermäuse finde nur eine Betrachtung von Hypothesen statt, ohne dass eine sachgerechte Konfliktlösung bewerkstelligt und eine hinreichende Abwägung bei der Ausnahme und Befreiungsentscheidung vorgenommen worden sei.
- 120
Diese Ausführungen des Klägers sind jedoch nicht geeignet, artenschutzrechtliche Defizite des Planfeststellungsbeschlusses zu begründen:
- 121
Zunächst sind aus Sicht des Senats keine Zweifel daran veranlasst, dass die Ermittlung und Bestandsaufnahme der im Wirkraum des Vorhabens vorhandenen Tierarten den Anforderungen der Rechtsprechung an Art und Umfang, Methodik und Untersuchungstiefe erforderlicher fachgutachterlicher Untersuchungen entspricht. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts setzt die Prüfung, ob einem Planvorhaben artenschutzrechtliche Verbotstatbestände entgegenstehen, eine ausreichende Ermittlung und Bestandsaufnahme der im Trassenbereich vorhandenen Tierarten und ihrer Lebensräume voraus. Dabei muss jedoch kein lückenloses Arteninventar erstellt werden; lassen bestimmte Vegetationsstrukturen sichere Rückschlüsse auf die faunistische Ausstattung zu, kann es vielmehr mit der gezielten Erhebung der insoweit maßgeblichen repräsentativen Daten sein Bewenden haben. Um die Planfeststellungsbehörde in die Lage zu versetzen, die tatbestandlichen Voraussetzungen der Verbotstatbestände zu überprüfen, benötigt sie aber jedenfalls Daten, denen sich in Bezug auf das Plangebiet die Häufigkeit und Verteilung der geschützten Arten sowie deren Lebensstätten entnehmen lassen (vgl. zum Ganzen z.B. BVerwG, Urteil vom 9. Juli 2008 – 9 A 14.07 –, BVerwGE 131, 274 und juris, Rn. 54, m.w.N.). Die artenschutzrechtliche Prüfung hat bei der Erfassung und Bewertung möglicher Betroffenheiten nach ausschließlich wissenschaftlichen Kriterien zu erfolgen, wobei der Planfeststellungsbehörde insoweit eine naturschutzfachliche Einschätzungsprärogative zusteht (vgl. BVerwG, Urteil vom 9. Juli 2008, a.a.O., Rn. 64 f.).
- 122
Danach kann hier festgestellt werden, dass die beiden Fachbeiträge Artenschutz – insbesondere in der letzten, an den § 44 ff. BNatSchG i.d.F. vom 29.Juli 2009 orientierten Überarbeitung vom August 2010 – umfassende Darstellungen der im Wirkraum der Planung aufgrund der naturräumlichen Verhältnisse und der Vegetationsausstattung zu erwartenden, besonders und streng geschützten Tier- (und Pflanzen-)Arten enthalten, die sowohl auf einer Auswertung einschlägiger Datenbanken und Fachliteratur als auch auf eigenen Erhebungen bei mehreren Begehungen beruhen. Hinsichtlich jeder Art werden Angaben zu deren (gegebenenfalls nur potentiellem) Vorkommen im Untersuchungsgebiet sowie – darauf beruhend – zum Erhaltungszustand der lokalen Population gemacht. Sodann wird für jede Art deren anlage-, bau- und betriebsbedingte Betroffenheit dargestellt und es werden artspezifische Vermeidungsmaßnahmen hinsichtlich des Tötungsverbots des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG vorgeschlagen. Zusätzlich erfolgt jeweils eine Prognose und Bewertung hinsichtlich der Schädigungstatbestände des § 44 Abs. 1 Nr. 3 und der Störungsverbotstatbestände nach § 44 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG. Dabei gelangt die Untersuchung jeweils zu dem Ergebnis, dass die artenschutzrechtlichen Verbotstatbestände bei Berücksichtigung der im Einzelnen benannten Vermeidungs- und Schadensbegrenzungsmaßnahmen nicht erfüllt werden. Unabhängig davon werden vorsorglich naturschutzfachliche Gründe für eine Ausnahmeerteilung nach § 45 Abs. 7 BNatSchG benannt, wonach in allen Fällen keine (weitere) Verschlechterung des (günstigen oder teilweise auch ungünstigen) Erhaltungszustands der jeweiligen lokalen Population zu erwarten sei. Rechtserhebliche Defizite sind insoweit nicht erkennbar und werden auch vom Kläger nicht substantiiert – etwa unter Hinweis auf abweichende naturschutzfachliche Erkenntnisse – dargelegt.
- 123
Soweit der Kläger Angaben über die Größe und den Raumanspruch der jeweiligen lokalen Population vermisst, bleibt zu sehen, dass nach der Rechtsprechung gerade kein lückenloses Arteninventar zu erstellen ist, soweit – wie hier – bestimmte Vegetationsstrukturen sichere Rückschlüsse auf die faunistische Ausstattung zulassen. Ebenso wenig bedarf es einer flächendeckenden Individuen- oder Fortpflanzungsstättenzählung, zumal im Einwirkungsbereich der Planung ohnehin aufgrund der starken Vorbelastung durch die vorhandene Straße die meisten Anhang IV-Arten mangels Attraktivität des Umfelds nur allenfalls potentiell vorkommen, während bei den tatsächlich vorkommenden europäischen Vogelarten ubiquitäre Allerweltsarten dominieren.
- 124
Was schließlich die Kritik des Klägers an dem in Kapitel C II. Nr. 1, 5. Spiegelstrich des Planfeststellungsbeschlusses angeordneten Monitoring durch Fledermausexperten zur Absicherung der genauen Anforderungen an die Überflughilfen für Fledermausarten angeht, kann keine Rede davon sein, dass hier eine nachträgliche Bestandserhebung zur Ausräumung von Defiziten der Bestandsermittlung im Planfeststellungsverfahren angeordnet würde. Wie dargelegt sind Defizite der Bestandsermittlung und -bewertung in Bezug auf keine der potentiell vorkommenden Anhang IV-Arten einschließlich der Fledermäuse feststellbar. Vielmehr handelt es sich bei der Monitoringauflage um eine vorsorgliche Maßnahme im Rahmen eines Risikomanagements, um etwaigen Veränderungen des Fledermausartenspektrums im Untersuchungsraum bis zur baulichen Umsetzung des Vorhabens durch genauere Gestaltung der Überflughilfen aufgrund aktualisierter Bestandserfassungen möglichst optimal Rechnung tragen zu können. Dies steht im Einklang mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung (vgl. z.B. BVerwG, Urteil vom 12. August 2009 – 9 A 64.07 –, BVerwGE 134, 308 und juris, Rn. 92).
- 125
Ist danach die Schlussfolgerung des Planfeststellungsbeschlusses, dass die Planung unter Berücksichtigung der konkreten Ausgestaltung der Baumaßnahme, der in der Planung enthaltenen naturschutzfachlichen Maßnahmen sowie der im Planfeststellungsbeschluss getroffenen Regelungen nicht zur Erfüllung artenschutzrechtlicher Verbotstatbestände in Bezug auf Anhang IV- und europäische Vogelarten führen wird, nicht zu beanstanden, so hätte es an sich der (vorsorglichen) Erteilung von artenschutzrechtlichen Ausnahmegenehmigungen und sogar Befreiungen nach Kapitel A VI. des Planfeststellungsbeschlusses nicht bedurft. Indessen bestehen aber auch keine Zweifel daran, dass die Voraussetzungen des § 45 Abs. 7 BNatSchG für eine Ausnahmeerteilung vorliegen, da aus den bereits in der habitatschutzrechtlichen Ausnahmeprüfung genannten Gründen zum einen zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses i.S.v. § 45 Abs. 7 Satz 1 Nr. 5 BNatSchG für das Vorhaben streiten und zum anderen zumutbare Alternativen i.S.v. § 45 Abs. 7 Satz 3, 1. Halbsatz BNatSchG nicht gegeben sind. Darüber hinaus ist in den artenschutzrechtlichen Fachbeiträgen für jede (potentiell) betroffene Art überzeugend dargestellt worden, dass sich der Erhaltungszustand der Population auch bei einzelnen Verlusten von Individuen der Art nicht weiter verschlechtern wird (§ 45 Abs. 7 Satz 2, 2. Halbsatz BNatSchG).
- 126
cc. Der Planfeststellungsbeschluss steht schließlich auch mit der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung gemäß §§ 14 ff. BNatSchG im Einklang.
- 127
Da die Verwirklichung des planfestgestellten Straßenausbauvorhabens nach der Darstellung in dem zu den Planunterlagen zählenden Fachbeitrag Naturschutz (Planordner 2, Anlage 12.0, S. 38 ff.) mit einer Vielzahl von bau-, anlage- und betriebsbedingten Auswirkungen auf Natur und Landschaft verbunden ist, die als Eingriffe i.S.v. § 14 Abs. 1 BNatSchG zu werten sind, sieht der Planfeststellungsbeschluss in seinem verfügenden Teil eine große Zahl von Vermeidungs-, Minimierungs- und Kompensationsmaßnahmen vor, die neben gebiets- und artenschutzrechtlichen Zielsetzungen auch (zum Teil multifunktional) dem Eingriffsausgleich dienen und dem Straßenbaulastträger zur Beachtung und Durchführung auferlegt werden (vgl. Kapitel C, II., Nr. 1 des Planfeststellungsbeschlusses). Darüber hinaus werden in Kapitel C, II., Nrn. 2 bis 4 bestimmte landespflegerische Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen konkret festgelegt. Ferner enthält der Planfeststellungsbeschluss in Kapitel C, II., Nrn. 5 bis 9 weitere Regelungen mit teilweisem Bezug zur Eingriffsregelung. In der Begründung des Planfeststellungsbeschlusses (S. 149 bis 252) wird näher erläutert, inwiefern den Anforderungen der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung Genüge getan wurde; das Konzept zur Vermeidung, zum Ausgleich und zum Ersatz von Eingriffen beruht auf den im Planfeststellungsverfahren vom Büro S. erstellten „Fachbeitrag Naturschutz“ (Planordner 2, Anlage 12, mit Erläuterungsbericht 12.0 nebst Anhang I „Maßnahmenverzeichnis“).
- 128
Während der Kläger im Einwendungsschreiben vom 15. Mai 2007 sich noch ausführlicher mit den vorgesehenen Eingriffen in Natur und Landschaft auseinandergesetzt und eine Reihe aus seiner Sicht bestehende Defizite gerügt hatte, hat er im gerichtlichen Verfahren das Eingriffs- und Ausgleichskonzept des Planfeststellungsbeschlusses nicht grundsätzlich, sondern nur noch punktuell unter folgenden zwei Gesichtspunkten angegriffen: Zum einen hat er die Regelung in Kapitel C, II., Nr. 2 des Planfeststellungsbeschlusses aufgegriffen, nach der die landespflegerischen Maßnahmen 2.4 E AB (Erweiterung Bachuferwald an der Queich, ca. 1.500 m²) und 3.2 E AB (Extensivierung Uferrandstreifen an der Queich, ca. 1.200 m²) – auf als berechtigt anerkannte Einwendung u.a. des Klägers – an eine andere Stelle verlegt werden sollen, wobei der neue Standort der Maßnahmen und deren Ausgestaltung mit der oberen Naturschutzbehörde abzustimmen sind. Insoweit rügt der Kläger, dass es an einer hinreichenden tatsächlichen und rechtlichen Sicherung der beiden Maßnahmen fehle. Zum anderen schließt der Kläger aus der in derselben Regelung des Planfeststellungsbeschlusses enthaltenen weiteren Auflage, dass „in diesem Zusammenhang … auch der Verlust von ca. 400 m² Gehölzfläche sowie von ca. 150 m² Röhricht-Staudenflur zu kompensieren“ sei, dass sich dahinter ein weiterer, bisher nicht offengelegter Eingriff in Natur und Landschaft verberge. Hieraus folgert der Kläger, dass der Planfeststellungsbeschluss nicht den gesetzlichen Anforderungen an die Kompensation gemäß § 17 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 BNatSchG genüge und auch deshalb rechtswidrig sei.
- 129
Die Kritik des Klägers ist auch in diesen beiden Punkten nicht stichhaltig:
- 130
Entgegen der Annahme des Klägers bestehen zunächst keine durchgreifenden Bedenken daran, dass die Umsetzung der Maßnahmen 2.4 E AB und 3.2 E AB auch nach Aufgabe des bisher vorgesehenen Standorts (Parzelle 1704/2) wegen festgestellter mangelnder Eignung in ausreichender Weise gesichert ist. Wie der Beklagte überzeugend ausgeführt hat, sind die Maßnahmen zum einen inhaltlich durch Aufnahme in den landespflegerischen Begleitplan und dessen Einbeziehung in die festgestellten Planunterlagen hinreichend bestimmt; durch Verfügung gemäß Kapitel B Nr. 7 des Planfeststellungsbeschlusses ist dem Vorhabenträger der Eingriffsausgleich nach Maßnahme des landespflegerischen Begleitplans auch verbindlich auferlegt worden. Mit der Anordnung in Kapitel C II., Nr. 2 Satz 2 und 3, wonach der neue Standort der Maßnahmen und deren Ausgestaltung mit der Oberen Naturschutzbehörde abzustimmen und die Realisierbarkeit der Maßnahme am neuen Standort der Planfeststellungsbehörde gegenüber vor Baubeginn nachzuweisen ist, erscheint hinreichend gewährleistet, dass durch die Verlegung an einen anderen Standort keine quantitativen oder qualitativen Einbußen hinsichtlich der in den Planunterlagen beschriebenen Kompensationsziele beider Maßnahmen auftreten werden und die Baumaßnahme auch nicht ohne die Ersatzmaßnahmen ausgeführt werden darf. Die in Kapitel C II. Nr. 2 vorgesehene Möglichkeit, die beiden landespflegerischen Maßnahmen in Abstimmung mit der Oberen Naturschutzbehörde auf anderen als den im landespflegerischen Begleitplan ursprünglich dafür vorgesehenen Flächen zu verwirklichen, ist im Übrigen als Planvorbehalt gemäß § 74 Abs. 3 VwVfG zulässig (vgl. dazu OVG RP, Urteil vom 10. März 2009 – 8 C 10435/08.OVG –, NuR 2009, S. 636 und juris, Rn. 92, m.w.N.).
- 131
Ebenso wenig ist die Auflagenregelung in Kapitel C II. Nr. 2, Satz 4 zu beanstanden. Wie der Beklagte nachvollziehbar dargelegt hat, handelt es sich bei dem dort angesprochenen Verlust von ca. 400 m² Gehölzfläche sowie von ca. 150 m² Röhricht bzw. Staudenflur um ein zusätzliches Kompensationsdefizit, das erst aufgrund einer Überprüfung früherer Vegetationskartierungen bei einer Begehung im März 2010 durch den Dipl.-Biologen H. festgestellt worden ist. Es kann dem Planfeststellungsbeschluss nicht mit Erfolg vorgehalten werden, dass insoweit ein nachträglich festgestelltes Kompensationsdefizit offengelegt wird, nachdem gleichzeitig dem sich daraus ergebenden zusätzlichen Kompensationsbedarf durch die angesprochene Auflage Rechnung getragen wird.
- 132
Da im Übrigen Defizite des Eingriffs-Ausgleichskonzepts des Planfeststellungsbeschlusses vom Kläger nicht mehr konkret gerügt werden und auch aus Sicht des Senats in keiner Weise ersichtlich sind, steht der Planfeststellungsbeschluss auch mit den Anforderungen der §§ 14 ff. BNatSchG insgesamt im Einklang.
- 133
c. Letztendlich genügt der angegriffene Planfeststellungsbeschluss auch den Anforderungen des fachplanerischen Abwägungsgebots.
- 134
Nach § 17 Satz 2 FStrG sind bei der Planfeststellung für den Ausbau einer Bundesfernstraße die von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange einschließlich der Umweltverträglichkeit im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigen.
- 135
Auch in Bezug auf die Vereinbarkeit des Planfeststellungsbeschlusses mit § 17 Satz 2 FStrG ist daran festzuhalten, dass es sich bei dem Abwägungsgebot nur insoweit um eine „dem Umweltschutz dienende Vorschrift“ im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 1 UmwRG handelt, als es sich auf die abwägungsbeachtlichen Belange des Umweltschutzes bezieht (vgl. z. B. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 14. Oktober 2010 – 8 C 10233/14.OVG –, a.a.O., Rdnr. 39, unter Hinweis auf Fellenberg/Schiller, a.a.O., § 2 UmwRG, Rdnr. 16, m.w.N.). Das Rügerecht des Klägers ist daher darauf beschränkt, Abwägungsfehler in Bezug auf die abwägungserheblichen Belange des Umweltschutzes geltend zu machen.
- 136
Der Planfeststellungsbeschluss leidet indessen an keinem Abwägungsfehler, der sich – zumindest mittelbar – auf die von der Planung berührten Umweltbelange auswirken könnte.
- 137
aa. Der Planfeststellungsbeschluss genügt zunächst den Anforderungen an die als wesentlicher Aspekt des Abwägungsgebots anzusehende Prüfung von Alternativen zu dem beantragten Vorhaben, und zwar namentlich im Hinblick auf etwaige die betroffenen Umweltbelange schonendere Alternativlösungen, was der Kläger als Umweltverein gemäß § 2 Abs. 1 UmwRG allein rügen kann.
- 138
Grundsätzlich hat die Planfeststellungsbehörde alle in Betracht kommenden Alternativen – einschließlich der Nullvariante – in den Blick zu nehmen und ihre Eignung für das geplante Projekt - zumindest grob - zu prüfen (vgl. z. B. BVerwG, Urteil vom 3. März 2011 – 9 A 8.10 –, BVerwGE 139, 150 und juris, Rn. 65, sowie Urteil vom 24. November 2010 – 9 A 13.09 –, BVerwGE 138, 225 und juris, Rn. 62).
- 139
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts handelt eine Planfeststellungsbehörde bei der Prüfung von Alternativen für ein fernstraßenrechtliches Ausbauvorhaben nicht schon dann fehlerhaft, wenn eine andere als die von ihr bevorzugte Trassenführung ebenfalls mit guten Gründen vertretbar gewesen wäre. Die Grenze der planerischen Gestaltungsfreiheit bei der Auswahl zwischen verschiedenen Trassenvarianten ist erst dann überschritten, wenn eine alternative Linienführung sich unter Berücksichtigung aller abwägungserheblichen Belange eindeutig als die bessere, weil öffentliche und private Belange insgesamt schonendere darstellen würde, wenn sich mit anderen Worten diese Lösung der Behörde hätte aufdrängen müssen. Dabei ist die Behörde allerdings nicht verpflichtet, die Variantenprüfung bis zuletzt offen zu halten und alle von ihr zu einem bestimmten Zeitpunkt erwogenen oder ihr vorgeschlagenen Alternativen gleichermaßen detailliert und umfassend zu untersuchen. Auch im Bereich der Planungsalternativen braucht sie den Sachverhalt nur so weit aufzuklären, wie dies für eine sachgerechte Entscheidung und eine zweckmäßige Gestaltung des Verfahrens erforderlich ist. Sie ist befugt, eine Alternative, die ihr auf der Grundlage einer Grobanalyse als weniger geeignet erscheint, schon in einem frühen Verfahrensstadium auszuscheiden. Ein Abwägungsfehler liegt auch in diesem Fall erst vor, wenn sich die nicht näher untersuchte Lösung der Behörde hätte aufdrängen müssen (vgl. BVerwG, Urteil vom 19. Juli 2008 - 9 A 14.07 -, BVerwGE 131, 274 und juris, Rn. 135, m.w.N.).
- 140
Gemessen an diesen Maßstäben ist der angefochtene Planfeststellungsbeschluss nicht zu beanstanden. Er enthält zunächst in Kapitel E IV. 5. im Zusammenhang mit der Planrechtfertigung unter „Planungsvarianten“ eine sehr weit gefasste Auseinandersetzung mit Planungsalternativen einschließlich der „Nullvariante“ sowie einer Verbesserung des öffentlichen Personennahverkehrs (Ausbau der Queichtalbahn) und einer Verlagerung von Lkw-Transitverkehren auf die Schiene als theoretisch denkbaren Alternativen im weitesten Sinne, wobei beides mit Blick auf die gesetzliche Bedarfsfeststellung für einen vierstreifigen Ausbau der B 10 als nicht planungszielkonform verworfen wird. Daneben setzt sich der Planfeststellungsbeschluss in diesem Zusammenhang mit von der Einwenderseite ins Spiel gebrachten Ausbauvarianten (Beibehaltung des dreistreifigen Querschnitts mit Verbesserungen der Verkehrsführung, Wahl eines Querschnitts ohne Standstreifen etc.) auseinander und verwirft auch diese unter Hinweis auf ihre Unvereinbarkeit mit den Anforderungen an die Verkehrssicherheit. Schließlich wird die Wahl der Vorzugsvariante - Anbau eines weiteren Fahrstreifens an die bestehende Bundesstraße - als die die betroffenen Umwelt- und privaten Eigentumsbelange insgesamt schonendste Ausbauvariante begründet; die Wahl des konkreten Ausbauquerschnitts SQ 26 wird in Kapitel E. V. 1. nochmals eingehend erläutert. Im Übrigen wird im Rahmen der vorsorglichen Abweichungsprüfung im Habitatschutzrecht sowie der vorsorglichen Ausnahmeerteilung im Artenschutzrecht bei der Frage nach zumutbaren Alternativen auf diese Ausführungen zu den Planungsvarianten verwiesen.
- 141
Der Kläger hat im gerichtlichen Verfahren das Thema „Alternativenprüfung“ nur noch punktuell und eher kursorisch angesprochen. So hat er im Zusammenhang mit der Kritik an der Verkehrsprognose von M. die fehlende Berechnung eines „echten Prognose-Nullfalls (kein Ausbau des planfestgestellten Abschnitts)“ gerügt. Ferner hat er im Zusammenhang mit seinem Vortrag zur Notwendigkeit und zu den Anforderungen einer habitatschutzrechtlichen Abweichungsprüfung eher pauschal vorgetragen, der Nachweis des Fehlens einer zumutbaren Alternative mit geringeren oder keinen Beeinträchtigungen sei „ganz sicher nicht erbracht worden“, insbesondere fehle es an einer Prüfung, ob nicht auch eine Trasse in schmalerer Ausführung zur Querung des FFH-Gebietes möglich sei.
- 142
Diese Kritikpunkte treffen nicht zu. So beinhalten die Verkehrsuntersuchungen von M., die der Planung zugrunde gelegt wurden, auch Prognosen für den sog. „Analyse-Nullfall“; darüber hinaus wurde in der im gerichtlichen Verfahren vorgelegten ergänzenden Verkehrsuntersuchung vom 20. März 2014 (Verkehrsanalyse 2013/Verkehrsprognose 2030) auch ein Analyse-Nullfall untersucht, der nur den Verzicht auf den planfestgestellten Abschnitt umfasst. Im Übrigen ergibt sich bereits aus dem oben Gesagten, dass sich der Planfeststellungsbeschluss auch mit anderen Ausbauvarianten einschließlich geringerer Ausbauquerschnitte eingehend auseinander gesetzt hat. Es ist jedenfalls nichts dafür ersichtlich, dass die Erwägungen des Planfeststellungsbeschlusses zu den Planungsvarianten den – gegenüber den Anforderungen z. B. des § 34 Abs. 3 Nr. 2 BNatSchG weniger strengen – Maßgaben der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Alternativenprüfung im Rahmen der fachplanerischen Abwägung nicht genügen könnten. Insbesondere ist weder konkret vorgetragen worden noch sonst ersichtlich, dass der Planfeststellungsbeschluss bei der Zusammenstellung des Abwägungsmaterials eine ernsthaft in Betracht kommende Alternativlösung unberücksichtigt gelassen oder nicht mit der ihr zukommenden Bedeutung in die vergleichende Prüfung der von den möglichen Alternativen jeweils berührten öffentlichen und privaten Belange eingestellt hat. Ebenso wenig lässt sich feststellen, dass eine andere als die gewählte Trassenführung und Ausbauvariante (vierspuriger Ausbau, alternierend an der Nord- und Südseite der bestehenden Trasse, mit einem Ausbauquerschnitt SQ 26) sich unter Berücksichtigung aller abwägungserheblichen Belange als die bessere, weil öffentliche und private Belange insgesamt schonendere hätte aufdrängen müssen. Namentlich ist dem Beklagten darin beizupflichten, dass die sog. Nullvariante von vornherein mangels Eignung zur Verwirklichung der sich aus der gesetzlichen Planfeststellung ergebenden Planungsziele auszuscheiden hat und verkehrspolitisch andersartige Konzepte (z. B. Ausbau der Queichtalbahn und Verlagerung von Lkw-Transitverkehr auf die Schiene) ebenfalls vor diesem Hintergrund außer Betracht zu bleiben haben.
- 143
bb. Auch die Bildung eines Planungsabschnitts für den Ausbau der Teilstrecke der B 10 zwischen Godramstein und der A 65 ist Ergebnis einer fehlerfreien Abwägung. Daher kann offen bleiben, inwieweit Einwendungen gegen die Abschnittsbildung überhaupt von der Rügebefugnis des Klägers gemäß § 2 Abs. 1 UmwRG umfasst werden.
- 144
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist die Bildung von Planungsabschnitten, z. B. bei einem Straßenbauvorhaben, als Ausprägung des fachplanerischen Abwägungsgebots grundsätzlich zulässig, weil Streckenvorhaben ab einer gewissen Länge aus praktischen Gründen nicht in einem Verfahren geprüft und planfestgestellt werden können. Sie stellt daher ein Instrument der planerischen Problembewältigung dar; doch darf sich die Teilplanung nicht soweit verselbständigen, dass von der Gesamtplanung ausgelöste Probleme voraussichtlich ungelöst bleiben. Erforderlich, aber auch ausreichend ist eine Vorausschau auf nachfolgende Abschnitte nach Art eines „vorläufigen positiven Gesamturteils“: Eine Prognose für die nachfolgenden Abschnitte muss ergeben, dass der Verwirklichung des (Gesamt-)Vorhabens keine von vornherein unüberwindlichen Hindernisse entgegenstehen (vgl. z. B. BVerwG, Beschluss vom 23. November 2007 – 9 B 38.07 –, NuR 2008, 276 und juris, Rn. 20, m.w.N.). Vor dem Hintergrund der beabsichtigten Gesamtplanung muss der Teilabschnitt zudem eine eigenständige - wenn auch nicht in vollem Umfang die ihm in der Gesamtplanung zugedachte - Verkehrsfunktion für den Fall haben, dass sich das Gesamtkonzept der Planung im Nachhinein als nicht realisierbar erweist (vgl. BVerwG, Urteil vom 21. März 1996 – 4 C 19/94 -, BVerwGE 100, 370 und juris, Rn. 48; siehe auch Urteil vom 24. November 2010 – 9 A 13.09 –, BVerwGE 138, 226 und juris, Rn. 69).
- 145
Gemessen an diesen Grundsätzen unterliegt die Abschnittsbildung vorliegend keinen durchgreifenden Bedenken. Im Planfeststellungsbeschluss werden die Gründe für die Abschnittsbildung im Zusammenhang mit den Ausführungen zur Planungskonzeption (Seite 90 ff. des Planfeststellungsbeschlusses) näher erläutert. Danach kommt dem Abschnitt zwischen der A 65 und Godramstein ein eigenständiger Verkehrswert auch unabhängig von der Gesamtstrecke zu, weil der vierstreifige Ausbau dieser Teilstrecke zu einer Verbesserung der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs in diesem Teilbereich führen wird, da der neu herzustellende Bereich an vorhandene Straßen angebunden ist und daher eine durchgängige Verkehrsführung erreicht werde. Dabei stünden Entlastungswirkungen für das innerörtliche Verkehrsnetz der Stadt Landau allerdings nicht im Vordergrund, obwohl davon auszugehen sei, dass sich auch auf verschiedenen Straßen im Stadtbereich durchaus Verkehrsentlastungen einstellen werden. Im Übrigen sei auch die weitere Voraussetzung einer Abschnittsbildung, dass in den weiteren Abschnitten keine unüberwindbaren Hindernisse für die Realisierung zu erwarten seien, zu bejahen, und zwar sowohl im Hinblick auf die Finanzierbarkeit des Ausbaus der Tunnelabschnitte als auch hinsichtlich der dort zu erwartenden Verkehrsbelastung; die Frage, ob in den Folgeabschnitten darüber hinaus unüberwindliche naturschutzrechtliche Hindernisse zu erwarten sind, wird im Planfeststellungsbeschluss gesondert im Zusammenhang mit den Einwendungen des Klägers zur sog. Dach-FFH-Verträglichkeitsprüfung erörtert und im Ergebnis verneint (vgl. Seite 282 des Planfeststellungsbeschlusses).
- 146
Auch aus Sicht des Senats unterliegt zunächst keinem ernstlichen Zweifel, dass dem planfestgestellten Abschnitt aus den im Planfeststellungsbeschluss genannten Gründen eine eigenständige Verkehrsfunktion - selbst für den Fall eines Scheiterns des Gesamtprojekts im Nachhinein - zukommt. Dies folgt zum einen aus der jetzt schon bestehenden, im Grundsatz unstreitigen hohen Verkehrsbelastung des Abschnitts, die spürbare Verbesserungen der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs durch einen – richtlinienkonformen – vierspurigen Ausbau mehr als wahrscheinlich macht, zum anderen aus dem Umstand, dass es sich um den bloßen Ausbau (in Form des Anbaus einer weiteren Fahrspur) eines bereits bestehenden, schon dreistreifig ausgebauten Teilstücks einer Bundesstraße handelt, das allseitig an das bestehende Verkehrsnetz angebunden ist, so dass auch bei Scheitern der im westlichen Anschluss geplanten Folgeabschnitte keinesfalls die Entstehung eines sog. „Planungstorsos“ zu befürchten ist. Darüber hinaus ist im Rahmen der Erörterung der Frage der Notwendigkeit einer sog. „Dach-UVP“ oben bereits geklärt worden, dass die Planfeststellungsbehörde im Rahmen der von ihr anzustellenden Prognose in nicht zu beanstandender Weise feststellen konnte, dass der Verwirklichung des Vorhabens in den nachfolgenden Abschnitten jedenfalls in Bezug auf die Umweltauswirkungen keine von vornherein unüberwindlich erscheinenden Hindernisse entgegenstehen.
- 147
cc. Entgegen der Ansicht des Klägers steht der Planfeststellungsbeschluss auch im Hinblick auf die Belastung der - bis auf weiteres - nur zweispurigen Tunnelstrecken im Teilstück der B 10 zwischen Annweiler und Rinnthal mit dem Gebot planerischer Konfliktbewältigung im Einklang. Dabei kann offen bleiben, ob das diesbezügliche Vorbringen des Klägers im gerichtlichen Verfahren mangels hinreichender Thematisierung in seinem Einwendungsschreiben vom 15. Mai 2007 nicht bereits präkludiert ist, nachdem er dort das Thema „Konfliktbewältigung im Hinblick auf Folgekonflikte in nachfolgenden Ausbauabschnitten“ nur sehr allgemein – ohne ausdrücklichen Bezug zu den Tunnelstrecken – angesprochen hatte.
- 148
In rechtlicher Hinsicht ist das vom Kläger angesprochene Gebot der Problem- bzw. Konfliktbewältigung ein anerkannter Abwägungsgrundsatz: Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist die Planfeststellungsbehörde grundsätzlich gehalten, alle Probleme, die sich durch das Planvorhaben ergeben, bzw. alle Konflikte, die durch die Planungsentscheidung geschaffen werden, im Planfeststellungsbeschluss zu bewältigen; dabei kann die Konfliktbewältigung auch darin bestehen, dass die Planfeststellungsbehörde die endgültige Problemlösung einem spezialisierten und verbindlichen, auf gesetzlicher Regelung beruhenden Verfahren überlässt (vgl. z. B. BVerwG, Beschluss vom 2. September 2010 – 9 B 11/10 –, NuR 2010, 799 und juris, Rn. 20 sowie Urteil vom 12. August 2009 – 9 A 64/07 –, BVerwGE 134, 308 und juris, Rn. 107, jeweils m.w.N.).
- 149
Indessen handelt es sich bei den vom Kläger behaupteten Folgekonflikten in den Tunnelstrecken zwischen Annweiler und Rinnthal tatsächlich nicht um solche Konflikte bzw. Probleme, die durch die konkret in Rede stehende Planungsentscheidung – den vierstreifigen Ausbau der B 10 im Abschnitt zwischen Godramstein und der A 65 – (bereits) aufgeworfen werden, und zwar weder im Hinblick auf die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs im Bereich der Tunnelstrecken, noch hinsichtlich einer steigenden Belastung der umliegenden Gemeinden sowie von Natur und Landschaft in diesem Bereich durch Verkehrsimmissionen (was der Kläger als Umweltverband im Rahmen seines beschränkten Rügerechts wohl ohnehin allein geltend machen könnte). Vielmehr erweist sich das diesbezügliche Vorbringen des Klägers als bereits in sich widersprüchlich und daher als unschlüssig: Während der Kläger im Übrigen –namentlich zum Bestreiten der Planrechtfertigung sowie im Habitatschutzrecht zum Bestreiten der FFH-Verträglichkeit des Vorhabens – stets geltend macht, die der konkreten Planung zugrunde gelegten Verkehrsuntersuchungen von M. seien aufgrund fehlerhafter Methodik und nicht mehr zutreffender Datengrundlagen zu einer erheblichen Überschätzung der künftigen Verkehrsbelastung auf der (gesamten) B 10 zwischen Pirmasens und Landau gelangt, trägt er im vorliegenden Zusammenhang vor, ausgehend von den „als zutreffend unterstellten“ Aussagen der Verkehrsuntersuchung von M. komme es zu ungelösten Folgekonflikten der abschnittsweisen Ausbauplanung in den Tunnelstrecken, weil diese zu schwerwiegenden Gefahrensituationen infolge einer Kapazitätsüberschreitung in den Tunnelstrecken führe. Dem kann jedoch nicht gefolgt werden: Gerade wenn man die Aussagen der Verkehrsuntersuchungen von M. als richtig unterstellt, geben sie für die Annahme einer nennenswerten Steigerung der Verkehrsbelastung unmittelbar westlich von Godramstein und damit erst recht für eine solche in den noch weiter westlich gelegenen Tunnelstrecken als Folge des Ausbaus im Abschnitt zwischen Godramstein und der A 65 nichts her. Wie sich aus der vom Beklagten im gerichtlichen Verfahren vorgelegten ergänzenden Verkehrsuntersuchung von M. vom 21. Januar 2010 ergibt, mit der als weiterer Planungsfall die Auswirkungen eines vierstreifigen Ausbaus der B 10 in den bereits fertiggestellten Abschnitten zwischen Pirmasens und Hinterweidenthal sowie zusätzlich im vorliegend in Rede stehenden Abschnitt zwischen Godramstein und der A 65 bezogen auf den Planungshorizont 2020 untersucht werden, ist als Folge des (zusätzlichen) Ausbaus lediglich im Abschnitt zwischen Godramstein und der A 65 in den westlich von Godramstein gelegenen Abschnitten insgesamt keine weitere Verkehrsbündelung oder großräumige Verkehrsverlagerung zu erwarten; vielmehr wird als Folge dieser Ausbaustufe westlich von Godramstein eine nur geringe Verkehrszunahme von 300 Kraftfahrzeugen je 24 Stunden (+ 1 %) im Durchgangsverkehr prognostiziert (vgl. dazu die Anlage 1 zum Schriftsatz des Beklagten vom 3. Juni 2011, dortige Seite 4). In einer weiteren Stellungnahme von M. vom 17. November 2011 (Anlage 2 zum Schriftsatz des Beklagten vom 3. Juni 2011, dortige Seite 11 f) wird dieser sehr geringe Verlagerungseffekt eines Ausbaus im planfestgestellten Abschnitt damit begründet, dass sich in Höhe Annweiler (Wilgartswiesen) schon bisher eine Verkehrsscheide bezüglich der Orientierung der Verkehrsteilnehmer einerseits in Richtung Pirmasens, andererseits in Richtung Landau befinde, mit der Folge, dass an dieser Stelle die niedrigsten Verkehrsbelastungen im Zuge der B 10 vorhanden seien und von dort aus in Richtung Westen bzw. in Richtung der A 65 kontinuierlich zunähmen. Grundsätzlich gehen die der Planung zugrunde gelegten Verkehrsuntersuchungen von M. aus den Jahren 2004 und 2005 von einer Verkehrsbelastung im Jahre 2020 im Bereich der zweistreifigen Tunnelstrecken bei Zugrundelegung der Planungsfälle 1 und 2 im Umfang von rund 21.000 bzw. 25.000 Kraftfahrzeugen je 24 Stunden aus. Nach den Vorgaben der einschlägigen Richtlinien für die Sicherheit in Tunnelstrecken (HBS 2001) sei bei dieser Durchflussmenge die Leistungsfähigkeit der Tunnel - lediglich einhergehend mit einer Reduzierung der mittleren Pkw-Reisegeschwindigkeit von 80 auf 65 km/h - gegeben. Legt man diese Einschätzungen von M. - wie vom Kläger in diesem Zusammenhang unterstellt - als richtig zu Grunde, so kann keine Rede davon sein, dass es infolge der als zutreffend unterstellten Aussagen der Verkehrsuntersuchungen zu ungelösten Folgekonflikten der angefochtenen Ausbauplanung in den Tunnelstrecken in Gestalt von zusätzlichen Gefahrensituationen und erheblich ansteigenden Verkehrsimmissionen infolge planungsbedingter Kapazitätsüberschreitungen im Bereich der vier Tunnel kommen wird. Dies gilt im Übrigen erst recht, wenn die Verkehrsuntersuchungen, wie vom Kläger in anderen Zusammenhängen behauptet, von erheblich zu hohen Prognosezahlen sowohl für den jetzt planfestgestellten Abschnitt als auch für die gesamten künftigen Ausbaustrecken ausgegangen sein sollten. Denn in der logischen Konsequenz dieses Vorbringens müsste von geringeren Verkehrsverlagerungen infolge des Ausbaus im planfestgestellten Abschnitt in den westlich von Godramstein befindlichen Teilstrecken und damit auch in den Tunnelstrecken ausgegangen werden.
- 150
Unabhängig davon erscheinen dem Senat die Einschätzungen von M., dass es infolge des vierstreifigen Ausbaus der B 10 in dem nur wenige Kilometer umfassenden Abschnitt zwischen der A 65 und Godramstein (noch) nicht zu nennenswerten Verkehrssteigerungen westlich von Godramstein und damit erst recht nicht zu Lasten der Tunnelstrecken zwischen Annweiler und Rinnthal kommen wird, plausibel und nachvollziehbar begründet. Sie beruhen auf der aus den Ergebnissen der Verkehrszählungen und Verkehrsteilnehmerbefragungen abgeleiteten Feststellung, dass sich bei Annweiler eine „Verkehrsscheide“ bezüglich der Orientierung der Verkehrsteilnehmer einerseits in Richtung Pirmasens und andererseits in Richtung Landau befindet, als deren Folge die Verkehrsbelastung von dieser Stelle aus, an der sie am niedrigsten im gesamten Verlauf der B 10 ist, kontinuierlich in Richtung Westen und in Richtung Osten zunimmt. Diese Grundausrichtung der regionalen Verkehrsströme im Analyse-Nullfall wird auch vom Kläger und dem von ihm beauftragten Unternehmen R. nicht in Frage gestellt. Hiervon ausgehend erscheint es aber naheliegend, dass der vorliegend in Rede stehende vierspurige Ausbau zwischen Godramstein und der A 65 in erster Linie Entlastungswirkungen im Straßennetz rund um die Stadt Landau haben wird und deshalb zu nennenswerten Verkehrsverlagerungen nur aus dem - teilweise nahezu parallellaufenden (wie die K 13) - nachgeordneten Straßennetz in und um Landau auf den ausgebauten Abschnitt führen wird. Hingegen erscheint die Annahme, es könnte bereits als Folge des vierstreifigen Ausbaus nur zwischen der A 65 und Godramstein dauerhaft zu erheblichen Verkehrsverlagerungen des regionalen und sogar des überregionalen Verkehrs (einschließlich des Güterschwerverkehrs) in westlicher Richtung über das vorläufige Ausbauende bei Godramstein hinaus bis zu den Tunnelstrecken kommen, eher fernliegend. Das Problem einer möglichen Überlastung der Tunnelstrecken würde sich vielmehr voraussichtlich erst und nur dann stellen, wenn alle weiteren Teilstrecken zwischen Godramstein und Pirmasens bis auf die Tunnelstrecken vierspurig ausgebaut würden und nur diese dauerhaft unverändert zweispurig blieben. Ein solches Szenario ist indessen in den längerfristigen Ausbauplanungen des Bundes gerade nicht vorgesehen. Vielmehr sieht der von M. in der Verkehrsuntersuchung 2004/2005 untersuchte Planungsfall 4 (Ausbau der Gesamtstrecke zwischen Pirmasens und der A 65) auch den vierstreifigen Ausbau der Tunnelstrecken vor.
- 151
dd. Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss lässt des Weiteren im Hinblick auf die abwägungsfehlerfreie Berücksichtigung sonstiger Belange des Umweltschutzes, namentlich des Schutzes vor Verkehrsimmissionen, keinerlei Defizite erkennen.
- 152
Es ist anerkannt, dass insbesondere Aspekte des Lärmschutzes – über die Beachtung der Vorgaben des zwingenden Rechts (§ 41 des Bundesimmissionsschutzgesetzes - BImSchG) hinaus – auch zusätzlich im Rahmen des fachplanerischen Abwägungsgebots zu berücksichtigen sind (vgl. z. B. BVerwG, Urteil vom 17. März 2005 – 4 A 18/04 –, BVerwGE 123, 152 und juris, Rn. 18). Nichts anderes gilt für sonstige, vom Betrieb eines planfestgestellten Straßenneu- oder -ausbauvorhabens ausgehende Immissionen (Luftschadstoffe, Vibrationen; vgl. dazu z. B. BVerwG, Urteil vom 12. August 2008 – 9 A 64/07 –, BVerwGE 134, 308 und juris, Rn. 107). Da sich das Abwägungsgebot des § 17 Satz 2 FStrG insoweit auf Umweltbelange bezieht, umfasst das Rügerecht eines anerkannten Umweltverbands auch die Geltendmachung diesbezüglicher Abwägungsfehler.
- 153
Vorliegend sind Zweifel an der Bewältigung der planungsbedingten Verkehrsimmissionsproblematik durch den angefochtenen Planfeststellungsbeschluss weder im Hinblick auf die Vorgaben des § 41 BImSchG noch hinsichtlich der diesbezüglichen Anforderungen des Abwägungsgebots angebracht, insbesondere auch vom Kläger nicht näher thematisiert worden.
- 154
Das im Planfeststellungsbeschluss in Kapitel E VII. dargestellte Lärmschutzkonzept stützt sich auf schalltechnische Berechnungen, die gemäß Teil A. VIII., Nr. 28 des Planfeststellungsbeschlusses Bestandteil der festgestellten Planunterlagen sind. Bei der Ermittlung der Beurteilungspegel wurde auf die Verkehrszahlen des Planungsfalls 4 der Verkehrsprognose abgestellt, d. h. auf die Verkehrszahlen eines durchgehenden vierstreifigen Ausbaus der B 10 zwischen der A 62/A 8 (bei Pirmasens) und der A 65 (bei Landau). Aus immissionstechnischer Sicht wurde also eine „Worst-Case-Betrachtung“ vorgenommen und nicht lediglich die prognostizierten Verkehrszahlen infolge des (zunächst) alleinigen Ausbaus des planfestgestellten Abschnitts, sondern die nach dem künftigen Ausbau der Gesamtstrecke prognostizierten maximalen Verkehrszahlen zugrunde gelegt und zu Gunsten der Betroffenen daran orientierte Lärmschutzmaßnahmen vorgesehen. Diese umfassen u. a. entsprechend dimensionierte Lärmschutzwälle und -wände südlich der B 10 zum Schutz der Wohnbebauung „Schützenhof“ sowie am südöstlichen Ortsrand von Godramstein. Weitergehende Forderungen von Einwendern, z. B. nach Lärmschutz im Bereich des Naherholungsgebiets „Reiterwiesen“ oder nach Einbau sog. Flüsterasphalts werden zurückgewiesen. Der Planfeststellungsbeschluss setzt sich auch mit Fragen des Lärmschutzes infolge von Verkehrszunahmen im weiteren Straßennetz sowie mit der Problematik von Summenpegeln auseinander und gelangt in der Gesamtabwägung zum Lärmschutz zu dem Ergebnis, dass die an den einzelnen Immissionsorten verbleibenden Immissionsbeeinträchtigungen hinzunehmen seien. Die Lärmschutzmaßnahmen sind dem Straßenbaulastträger in Kapitel C. V. des Planfeststellungsbeschlusses im Einzelnen auferlegt worden.
- 155
In Kapitel E. VIII. setzt sich der Planfeststellungsbeschluss auch mit der zu erwartenden Luftschadstoffbelastung auseinander und gelangt auf der Grundlage von Planfällen aus der Verkehrsuntersuchung von M. sowie gestützt auf ein Luftschadstoffgutachten zu dem Ergebnis, dass ausbaubedingt – unter Zugrundelegung der prognostizierten Verkehrsentwicklung des planfestgestellten Ausbauabschnitts, aber auch der verkehrlichen Auswirkungen im nachgeordneten Verkehrsnetz – keine wesentlichen Veränderungen der Schadstoffbelastung zu erwarten seien und insbesondere die gesetzlich vorgegebenen Grenzwerte an allen untersuchten Immissionsorten in Wohnbereichen unterschritten werden.
- 156
In der Klagebegründung wird die Frage des Immissionsschutzes, insbesondere des Lärmschutzes, nur dahingehend angesprochen, dass sich aus den behaupteten Mängeln der Verkehrsprognose auch erhebliche Abwägungsmängel in Bezug auf die Gewichtung von Umweltbelangen ergäben, z. B. in Bezug auf den Lärmschutz. Konkrete Rügen in Bezug auf das Lärmschutzkonzept enthält die Klagebegründung nicht; andere Verkehrsimmissionen, etwa Luftschadstoffe, werden nicht näher angesprochen. Mit seinem Vorbringen, die von ihm angenommenen Mängel der Verkehrsprognose hätten erhebliche Abwägungsmängel in Bezug auf die Gewichtung von Umweltbelangen, namentlich eine Fehlgewichtung der Lärmschutzbelange, zur Folge gehabt, vermag der Kläger indessen nicht durchzudringen.
- 157
Zwar setzt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts eine ordnungsgemäße Untersuchung der von einem Straßenbauvorhaben voraussichtlich ausgehenden Geräuschimmissionen voraus, dass die Lärmprognose bzw. die ihr zugrunde liegende Verkehrsprognose mit den zu ihrer Zeit verfügbaren Erkenntnismitteln unter Beachtung der für sie erheblichen Umstände methodisch fachgerecht erstellt worden ist, wobei die Überprüfungsbefugnis des Gerichts sich allein auf die Wahl einer geeigneten fachspezifischen Methode, die zutreffende Ermittlung des der Prognose zugrunde liegenden Sachverhalts und darauf erstreckt, ob das Ergebnis einleuchtend begründet worden ist (vgl. z. B. BVerwG, Beschluss vom 23. Juni 2009 – 9 VR 1.09 –, NVwZ-RR 2009, 753 und Rn. 14). Zugleich hat das Bundesverwaltungsgericht aber deutlich gemacht, dass es, soweit es um die Frage einer Fehlgewichtung der Lärmimmissionsbelastung zu Lasten Dritter geht, nur auf solche Mängel einer Lärm- bzw. Verkehrsprognose ankommen kann, die eine Unterschätzung der Verkehrsentwicklung und damit der mit ihr verbundenen Verkehrsimmissionsbelastung zur Folge haben (vgl. BVerwG, Urteil vom 18. März 2009 – 9 A 39.07 –, BVerwGE 133, 239 und juris, Rn. 104 f).
- 158
Vor diesem Hintergrund erweist sich das Vorbringen des Klägers, die von ihm behaupteten Mängel der Verkehrsprognose hätten auch erhebliche Abwägungsmängel in Bezug auf die Gewichtung der betroffenen Umweltbelange, „insbesondere auch des Schutzes vor Lärmimmissionen und Luftschadstoffen“ (so etwa in seinem Schriftsatz vom 30. März 2015), zur Folge gehabt, als ungeeignet zur Begründung von Abwägungsmängeln, die im Sinne von § 17e Abs. 6 Satz 1 FStrG erheblich, weil auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen sein könnten. Wie im Planfeststellungsbeschluss überzeugend dargestellt, hat die der Planung zugrunde gelegte Verkehrsprognose von M. im Hinblick auf die Ermittlung und Bewertung der beim vierspurigen Ausbau des planfestgestellten Abschnitts zu erwartenden Verkehrslärmimmissionsbelastungen den Charakter einer „Worst-Case-Betrachtung“, weil sich die Planfeststellungsbehörde bei der Ausgestaltung ihres Lärmschutzkonzepts an der nach der Verkehrsprognose größtmöglichen Verkehrsbelastung der B 10 orientiert hat, nämlich am Planungsfall 4 der Verkehrsuntersuchung 2004/2005, der einen durchgängigen vierstreifigen Ausbau der B 10 zwischen Pirmasens und der A 65 voraussetzt. Auf diese Weise ist sichergestellt worden, dass bereits im angefochtenen Planfeststellungsbeschluss für den Abschnitt zwischen Godramstein und der A 65 ein am Planungsfall 4 ausgerichtetes Lärmschutzkonzept entwickelt und planfestgestellt worden ist. Es ist nicht ersichtlich, dass bei dieser Vorgehensweise die Auswirkungen des Vorhabens in Bezug auf Verkehrsimmissionen unterschätzt worden sein könnten. Dies wäre umgekehrt nur vorstellbar, wenn der Planfeststellungsbeschluss von einer zu geringen Verkehrsbelastung ausgegangen wäre. Ein solches Szenario wird indessen vom Kläger nicht vorgetragen; vielmehr erhebt er stets umgekehrt den Vorwurf, es sei von zu hohen Erwartungen hinsichtlich des künftigen Verkehrsaufkommens ausgegangen worden. Die vom Kläger insoweit behaupteten Mängel der der Planung zugrunde gelegten Verkehrsprognose sind aber von vornherein nicht geeignet, eine fehlerhafte Gewichtung der Verkehrsimmissionsbelastung im Sinne einer in diesem Zusammenhang allein relevanten Unterschätzung zu begründen. Daher kommt es auch hier auf die Berechtigung der Detailrügen des Klägers in Bezug auf die Verkehrsuntersuchungen von M. nicht an.
- 159
ee. Anders, als der Kläger meint, leidet der angefochtene Planfeststellungsbeschluss schließlich auch nicht an einer fehlerhaften Gesamtabwägung.
- 160
Der Planfeststellungsbeschluss begegnet vielmehr auch unter dem Gesichtspunkt der Gesamtabwägung aller betroffenen öffentlichen und privaten Belange keinen Bedenken. Die Planfeststellungsbehörde ist ohne Abwägungsfehler davon ausgegangen, dass die für das Vorhaben sprechenden verkehrlichen Belange angesichts der gesetzlichen Bedarfsfeststellung und der den vierstreifigen Ausbau bereits rechtfertigenden Ist-Belastung des planfestgestellten Abschnitts einerseits, des nicht zu beanstandenden umfassenden Maßnahmenkonzepts zur Vermeidung, Minderung oder Kompensation von Eingriffen in die Umwelt, aber auch von Beeinträchtigungen privater Dritter namentlich durch Verkehrsimmissionen andererseits die mit dem Vorhaben verbundenen verbleibenden Beeinträchtigungen deutlich überwiegen.
- 161
Der Kläger versucht, unter dem Aspekt einer fehlerhaften Gesamtabwägung eine Verletzung des Gebots gerechter Abwägung aller betroffenen privaten und öffentlichen Belange gemäß § 17 Satz 2 FStrG daraus herzuleiten, dass die aus seiner Sicht mangelhafte Verkehrsprognose zu einer Abwägungsdisproportionalität geführt habe, weil nicht fehlerfrei bestimmt worden sei, welches Gewicht den für das Vorhaben sprechenden verkehrlichen Belangen im Verhältnis zur Gewichtung der Eingriffe in die Rechtssphäre einer Vielzahl von Betroffenen sowie in eine Vielzahl von Belangen des Umweltschutzes zukomme.
- 162
Dem kann nicht gefolgt werden. Es erscheint bereits zweifelhaft, ob der Kläger, nachdem seine Kritik an Methodik und Datengrundlage der Verkehrsuntersuchungen von M. – wie dargelegt – weder im Zusammenhang mit der Planrechtfertigung noch im Rahmen des Habitat- und Artenschutzrechtes durchgreift, im Rahmen seines nach § 2 Abs. 1 UmwRG eingeschränkten Rügerechts befugt ist, angebliche Mängel der Verkehrsprognose unter dem Aspekt fehlerhafter Gesamtabwägung gleichsam losgelöst von der Darlegung negativer Auswirkungen auf konkrete Umweltbelange geltend zu machen. Jedenfalls sind nach Überzeugung des Senats durchgreifende Bedenken an Methodik, Datengrundlage und Begründung des Prognoseergebnisses der der Planung zugrundeliegenden Verkehrsuntersuchungen nicht veranlasst.
- 163
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts unterliegen Verkehrsprognosen nur eingeschränkter gerichtlicher Kontrolle: Sie sind lediglich darauf zu überprüfen, ob sie methodisch einwandfrei erarbeitet worden sind, nicht auf unrealistischen Annahmen beruhen und ob das Prognoseergebnis einleuchtend begründet worden ist (vgl. z.B. BVerwG, Beschluss vom 15. März 2013 – 9 B 30.12 –, juris, Rn. 10 und Urteil vom 18. März 2009 – 9 A 39.07 –, BVerwGE 133, 239 und juris, Rn. 105 sowie Urteil vom 9. Juni 2010 – 9 A 20.08 –, NuR 2010, 870 und juris, Rn. 73, jeweils m.w.N.).
- 164
Zwar greift der Kläger die im Auftrag des Vorhabenträgers erstellten Verkehrsuntersuchungen von M. unter Bezugnahme auf diverse Stellungnahmen des Büros R. unter allen diesen Gesichtspunkten detailliert an, so insbesondere in den Schriftsätzen vom 31. Januar 2011 unter Bezugnahme auf eine als Anlage 5 hierzu vorgelegte Stellungnahme von R. vom Januar 2011, und im Schriftsatz vom 31. Oktober 2014 unter Bezugnahme auf weitere Stellungnahmen von R. vom Februar 2011, vom Juli 2014 und vom September 2014. Der Beklagte ist seinerseits allen Kritikpunkten eingehend unter Vorlage von Erwiderungen und ergänzenden Stellungnahmen insbesondere von M. und dem Landesbetrieb Mobilität entgegengetreten; dabei hat er auf aus seiner Sicht bestehende gravierende Fehler von R. hingewiesen, so namentlich mit Schriftsatz vom 3. Juni 2011, unter Bezugnahme auf die als Anlagen 5 und 6 zu diesem vorgelegten Stellungnahmen von M. vom 17. März 2011, mit Schriftsatz vom 22. März 2011 unter Bezugnahme auf die als Anlagen 5 und 6 hierzu vorgelegten Stellungnahmen des LBM vom 1. April 2011; schließlich mit Schriftsatz vom 18. Februar 2015, unter Bezugnahme auf weitere Stellungnahmen des LBM, von M. und von V..
- 165
Vor dem Hintergrund der nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nur sehr eingeschränkten gerichtlichen Überprüfungsbefugnis hinsichtlich Verkehrsprognosen, des Umstands, dass es nach dieser Rechtsprechung ohnehin keine gesetzliche Vorgabe gibt, nach welchen Methoden eine Verkehrsprognose im Einzelnen zu erstellen ist (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 23. April 2014 – 9 A 25.12 –, BVerwGE 149, 289 und juris, Rn. 30), und weil im Übrigen Verkehrsprognosen – wie alle Verkehrsprognosen – keiner Richtigkeitsgewähr unterliegen (vgl. z.B. BVerwG, Beschluss vom 28. November 2013 – 9 B 14.13 –, DVBl. 2014, 237 und juris, Rn. 7) sowie unter Berücksichtigung des eingeschränkten Rügerechts des Klägers besteht indessen keine Veranlassung, in allen Einzelheiten auf die Kritikpunkte des Klägers und des von ihm beauftragten Büros R. einzugehen. Dies widerspräche nicht zuletzt auch der vom Bundesverwaltungsgericht betonten Absicht des Gesetzgebers, mit der gesetzlichen Bedarfsfeststellung auch einen nachfolgenden Verwaltungsprozess von einem Gutachterstreit über die „richtigere“ Verkehrsprognose zu entlasten (vgl. BVerwG, Urteil vom 3. Mai 2013, a.a.O., Rn. 24).
- 166
Vielmehr sind aus Sicht des Senats nur die nachfolgenden Feststellungen veranlasst: Das vom Vorhabenträger mit der Erstellung der Verkehrsuntersuchungen beauftragte Büro M. hat namentlich in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 19. Januar 2015 (vorgelegt als Anlage 10 zum Schriftsatz des Beklagten vom 18. Februar 2015) noch einmal – unter Vertiefung der in den Verkehrsuntersuchungen 2004/2005 und 2013 hierzu bereits enthaltenen Angaben – die Methodik der von ihr erstellten Verkehrsuntersuchungen näher erläutert. Die danach im Wesentlichen auf empirischen Erhebungen (Verkehrszählungen, Verkehrsteilnehmerbefragungen, Ermittlungen zur siedlungsstrukturellen Entwicklung etc.) beruhende Methodik der Erstellung einer Verkehrsuntersuchung wird, wie der Beklagte und der Vertreter von M. unwidersprochen dargelegt haben, seit Jahrzehnten angewandt und hat sich – wie Vergleiche früherer Prognoseergebnisse mit der tatsächlichen Verkehrsentwicklung belegt haben – im Wesentlichen bewährt. Demgegenüber haben der Kläger und die Vertreter von R. auch in der mündlichen Verhandlung nicht konkret darzulegen vermocht, dass und in welcher Hinsicht die von ihnen favorisierte sog. synthetische Vorgehensweise im konkreten Planungsfall zu in relevantem Umfang abweichenden Prognoseergebnissen geführt hätte.
- 167
Bestehen danach keine durchgreifenden Bedenken an der methodischen Erarbeitung der der Planung zugrunde gelegten Verkehrsuntersuchungen, so ist im Übrigen aus Sicht des Senats auch nicht ersichtlich oder vom Kläger nachvollziehbar dargelegt worden, dass die Verkehrsprognosen in ergebnisrelevantem Umfang auf unrealistischen Annahmen beruhen könnten oder weshalb das Prognoseergebnis nicht einleuchtend begründet worden sein sollte.
- 168
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
- 169
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten beruht auf §§ 167 VwGO, 708 ff. ZPO.
- 170
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil Gründe der in § 132 Abs. 2 VwGO bezeichneten Art nicht vorliegen.
Beschluss
- 171
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 25.000,00 € festgesetzt (§ 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 34.4 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013, abgedruckt in LKRZ 2014, 169).
Tenor
Die Berufungen der Kläger gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 29. Juli 2010 - 8 K 2721/08 - werden zurückgewiesen.
Von den Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Klägerin zu 1 15/36, der Kläger zu 2 17/36 und die Klägerinnen zu 3 und 4 je 1/18 mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen, der diese auf sich behält.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
|
Entscheidungsgründe
| |||||
| |||||
|
| ||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
|
| ||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
|
Gründe
| |||||
| |||||
|
| ||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
|
| ||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
|
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
- 1
Der Kläger wendet sich als anerkannter Umweltverein gegen den fernstraßenrechtlichen Planfeststellungsbeschluss des Beklagten für den vierstreifigen Ausbau der Bundesstraße Nr. 10 (B 10) zwischen Godramstein und der Bundesautobahn A 65 (BAB A 65; Anschlussstelle Landau-Nord).
- 2
Die B 10 führt als überregionale West-Ost-Verkehrsverbindung im Südwesten Deutschlands in mehreren Teilstrecken von der saarländischen Stadt Lebach bis zur Gemeinde Neusäß bei Augsburg, wo sie an der B 300 endet. Auf rheinland-pfälzischem Gebiet verläuft sie ab der Anschlussstelle Pirmasens-Staffelhof der BAB A 8/A 62 in östlicher Richtung über rund 43 km weitgehend durch den Pfälzer Wald bis zur Anschlussstelle Landau-Nord der BAB A 65. Die früher zweistreifig durch die anliegenden Ortschaften geführte Bundesstraße wurde in den 1980-er-Jahren aus den Ortsdurchfahrten heraus auf Umgehungsstraßen verlegt. Zwischen Hinterweidenthal und Rinnthal sowie von Queichheimbach bis Landau wurde in den 1990er-Jahren teilweise ein dritter Fahrstreifen angebaut. Auf dem Teilstück zwischen Rinnthal und Annweiler verläuft die B 10 zweistreifig durch vier Tunnel, und zwar (von West nach Ost) den Kostenfelstunnel, den Staufertunnel, den Löwenherztunnel und den Barbarossatunnel.
- 3
Sowohl in der Bundesverkehrswegeplanung als auch auf landesplanerischer Ebene ist ein durchgehender vierstreifiger Ausbau der B 10 zwischen Pirmasens und Landau vorgesehen, so im Bundesverkehrswegeplan 2003 (BVWP 2003) und im seit 2008 gültigen Landesentwicklungsprogramm IV (LEP IV) als Ziel der Landesplanung (Z 150). Der (derzeit noch gültige) Bedarfsplan für die Bundesfernstraßen gemäß Anlage 1 zu § 1 des Fernstraßenausbaugesetzes (FStrAbG) in der Fassung des 5. Änderungsgesetzes vom 4. Oktober 2004 (BGBl. I, 2574) - im Folgenden: Bedarfsplan 2004 - stuft dabei die einzelnen Bau- und Planungsabschnitte in unterschiedliche Dringlichkeitsstufen ein: Der westlichste Streckenteil zwischen der Anschlussstelle (AS) Pirmasens an der BAB A 8/A 62 und Hinterweidenthal ist durchgehend als „vordringlicher Bedarf“ ausgewiesen, die Teilstrecke zwischen Hinterweidenthal und Rinnthal als „weiterer Bedarf mit Planungsrecht (WB*)“, die Teilstrecke von Rinnthal bis zur AS Queichheimbach (Annweiler) als „weiterer Bedarf (WB)“ und die östlichste Teilstrecke von der AS Queichheimbach bis zur BAB 65, zu der der vom angegriffenen Planfeststellungsbeschluss umfasste Abschnitt zählt, wiederum als „weiterer Bedarf mit Planungsrecht (WB*)“.
- 4
Von den im „vordringlichen Bedarf“ ausgewiesenen Teilstrecken ist der vierstreifige Ausbau im westlichsten Verlauf zwischen Pirmasens und der B 270 bereits seit längerer Zeit abgeschlossen und die B 10 vierstreifig für den Verkehr freigegeben; für die sich östlich anschließenden Planungsabschnitte zwischen der B 270 und der sog. Walmersbacher Kuppe liegen bestandskräftige Planfeststellungsbeschlüsse vor; auch diese Teilabschnitte sind inzwischen baulich abgeschlossen und für den Verkehr freigegeben worden; im letzten als „vorrangig“ eingestuften Abschnitt zwischen Walmersbach und Hinterweidenthal laufen aufgrund eines bestandskräftigen Planfeststellungsbeschlusses derzeit noch die Bauarbeiten.
- 5
Der als „WB*“ eingestufte Abschnitt zwischen Hinterweidenthal und Rinnthal wurde vom Vorhabenträger zwischenzeitlich in zwei Unterabschnitte (Hinterweidenthal - Hauenstein und Hauenstein - Rinnthal) unterteilt; für den Unterabschnitt Hinterweidenthal - Hauenstein wurde dem Vorhabenträger ein Planungsauftrag erteilt. Hingegen werden im als WB eingestuften Abschnitt von Rinnthal bis zur AS Queichheimbach bisher nur planerische Vorüberlegungen betrieben, während für die als „WB*“ eingestuften, aber nicht vom angefochtenen Planfeststellungsbeschluss umfassten Abschnitte zwischen der AS Queichheimbach und Godramstein die Einholung der sog. RE-Genehmigung beim Bundesverkehrsministerium vorbereitet wird bzw. teilweise schon eingeleitet ist.
- 6
In dem vom angefochtenen Planfeststellungsbeschluss umfassten Abschnitt ist die B 10 derzeit als dreistreifige Kraftfahrstraße mit wechselnden Überholmöglichkeiten und einem Ausbauquerschnitt RQ 15,5 ausgebaut. Zwischen Bau-km 0+400 und Bau-km 0+830 quert die B 10 die Niederung des Flusses Queich mittels eines Brückenbauwerks. Die Queichniederung ist Teilgebiet des großräumigen FFH-Gebietes „Biosphärenreservat Pfälzerwald“ (6812-301) mit einer Gesamtgebietsgröße von 35.997 ha, das auf Grund einer Entscheidung der EU-Kommission vom 7. Dezember 2004 in die Liste der Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung aufgenommen worden ist.
- 7
Da ein durchgehender vierstreifiger Ausbau der B 10 bis Landau in der Öffentlichkeit umstritten ist, wurde in den Jahren 2004/2005 auf Betreiben der Landesregierung ein erstes Mediationsverfahren durchgeführt, das jedoch im Februar 2005 für gescheitert erklärt wurde.
- 8
Im März 2007 wurde das Planfeststellungsverfahren für den Ausbauabschnitt zwischen Godramstein und der Anschlussstelle Landau-Nord der BAB 65 eingeleitet. In der Zeit vom 2. April 2007 bis zum 2. Mai 2007 wurden die Planunterlagen zu jedermanns Einsicht bei der Stadtverwaltung Landau und bei den Verbandsgemeindeverwaltungen Landau-Land und Annweiler am Trifels ausgelegt. Mit Schreiben vom 15. Mai 2007, das am 16. Mai 2007 einging, erhob der Kläger Einwendungen gegen die Planung. Darin rügte er im Hinblick auf die Betroffenheit des FFH-Gebiets 6812-301 insbesondere eine unzureichende Bestandsermittlung der Pflanzen- und Tierwelt, eine zu enge Abgrenzung des Untersuchungsgebiets hinsichtlich der Auswirkungen des Vorhabens, eine mangelhafte Darstellung bau- und betriebsbedingter Auswirkungen, eine unzureichende Abarbeitung der Betroffenheit erhaltungszielbestimmender Schmetterlingsarten sowie das Fehlen einer „Dach-FFH-Verträglichkeitsprüfung“ für den vierspurigen Ausbau der Gesamtstrecke zwischen Pirmasens und Landau; ferner machte er artenschutzrechtliche Bedenken geltend und äußerte sich auch kritisch zu einzelnen Vermeidungs-, Minderungs- und Ersatzmaßnahmen. Schließlich zweifelte er die Prognose der künftigen Verkehrsbelastung und die Gewichtung der verkehrlichen gegenüber den Umweltbelangen an. Mit weiterem Schreiben vom 15. Mai 2007 legte er eine „Fachtechnische Stellungnahme“ des Büros für angewandten Umweltschutz (BAU) vor und machte sich deren Inhalt zu Eigen. Mit weiterem Schreiben vom 17. September 2010 machte der Kläger von der ihm eingeräumten Möglichkeit Gebrauch, zu zwei dem Vorhabenträger am 7. Juni 2010 vorgelegten, überarbeiteten artenschutzrechtlichen Gutachten ergänzend Stellung zu nehmen.
- 9
Mit Planfeststellungsbeschluss des Landesbetriebs Mobilität (LBM) vom 22. September 2010 wurde der Plan für den vierstreifigen Ausbau der B 10 zwischen Godramstein und der A 65 festgestellt. Der Planfeststellungsbereich erstreckt sich auf die Gemarkungen Godramstein, Nußdorf, Dammheim und Arzheim. Er umfasst den vierstreifigen Ausbau der B 10 von Bau-km ca. 0+100 bis Bau-km ca. 4+200; ferner schließt er den Ausbau bzw. die Herstellung diverser, im Einzelnen aufgeführter Anschlussstellen an Kreisstraßen, von Brückenbauwerken, von Regenrückhaltebecken sowie von Lärmschutzwällen und -wänden, die Anpassung des vorhandenen Wirtschaftswegenetzes sowie die Ausweisung von landespflegerischen, wasserwirtschaftlichen und schallschutztechnischen Maßnahmen ein. Die festgestellten Ausbaupläne sehen im planfestgestellten Bereich einen Ausbau mit dem Sonderquerschnitt SQ 26 (gemäß den „Richtlinien für die Anlage von Straßen - Teil Querschnitt; Abkürzung: RAS-Q“) vor, d. h. mit einer Gesamtbreite von 26 m wie beim Regelquerschnitt RQ 26, die sich zusammensetzt aus je zwei Fahrstreifen pro Fahrtrichtung mit einer Breite von 3,50 m, Randstreifen von 0,50 m und Banketten von je 1,50 m, wobei jedoch die Standstreifen um je 0,50 m breiter ausgebildet sind und daher eine Breite von je 2,50 m erreichen, während der Mittelstreifen nur eine Breite von 2,00 m statt 3.00 m erhält. Die breitere Anlage der Standstreifen wird mit dem zu erwartenden hohen LKW-Anteil begründet, um die Möglichkeit des Abstellens breiterer Fahrzeuge zu schaffen. Der Anbau des neuen Fahrstreifens soll vom Baubeginn bis Bau-km ca. 0+650 auf der Südseite und ab ca. Bau-km 0+650 bis zum Bauende auf der Nordseite erfolgen, und zwar mit Rücksicht auf das in diesem Bereich südlich der B 10 gelegene Wohngebiet „Schützenhof“ sowie zur Vermeidung des Verlustes in der Queichniederung auf der nördlichen Seite vorhandener, älterer Gehölzbestände. Im Bereich der Überquerung der Queichniederung soll die Richtungsfahrbahn Pirmasens-Landau auf einem neu zu errichtenden Brückenbauwerk in einem Abstand von ca. 10 m zum vorhandenen Brückenbauwerk verlaufen. In seinem verfügenden Teil enthält der Planfeststellungbeschluss die vorsorgliche Erteilung von Ausnahmen sowie höchstvorsorglich von Befreiungen von den artenschutzrechtlichen Verbotstatbeständen des § 44 Abs. 1 BNatSchG für eine Reihe im einzelnen aufgeführter Tierarten des Anhangs IV der FFH-Richtlinie und für diverse europäische Vogelarten; ferner werden dem Straßenbaulastträger aus Naturschutzgründen eine Vielzahl von Vermeidungs-, Minimierungs- und Kompensationsmaßnahmen zur Beachtung im Zuge der Bauausführung auferlegt.
- 10
Zu den festgestellten Planunterlagen zählen insbesondere:
- 12
- Fachbeitrag Naturschutz mit Ergänzung nach UVPG - Erläuterungsbericht - inklusive Maßnahmenverzeichnis.
- 13
Als Anlagen sind dem Planfeststellungsbeschluss u. a. beigefügt:
- 14
- Fachbeitrag Artenschutz - Streng geschützte Arten -
- 15
- Fachbeitrag Artenschutz - Besonders geschützte Arten -
- 16
- FFH-Verträglichkeitsprüfung.
- 17
Der Planfeststellungsbeschluss wurde dem Kläger am 19. November 2010 zugestellt.
- 18
Zur Begründung seiner am 20. Dezember 2010 erhobenen Klage macht der Kläger im Wesentlichen Folgendes geltend:
- 19
Seine Klage sei zulässig, insbesondere sei er klagebefugt. Seine Klagebefugnis ergebe sich aus dem naturschutzrechtlichen Verbandsklagerecht gemäß § 64 des Bundesnaturschutzgesetzes (BNatSchG), ferner auch aus §§ 2 Abs. 1 und 4 Abs. 1 des Umweltrechtsbehelfsgesetzes (UmwRG). Darüber hinaus folge die Klagebefugnis unmittelbar aus Art. 10a der Richtlinie 85/337/EWG in der Fassung der Richtlinie 2003/35/EG (jetzt: Art. 11 der Richtlinie 2011/92/EU) mit der Folge, dass er eine umfassende Überprüfung des angefochtenen Planfeststellungsbeschlusses auf seine Vereinbarkeit mit allen einschlägigen Rechtsvorschriften – nicht nur solchen, die i. S. v. § 2 Abs. 1 und Abs. 5 UmwRG dem Umweltschutz dienen – beanspruchen könne, denn diese Einschränkung stehe mit dem Unionsrecht nicht im Einklang.
- 20
Seine Klage sei auch begründet. Denn der angefochtene Planfeststellungsbeschluss verstoße in formell- und in materiell-rechtlicher Hinsicht gegen höherrangiges Recht.
- 21
Er leide zunächst an einem erheblichen Verfahrensfehler, weil eine nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung (Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz - UVPG) erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung nicht ordnungsgemäß durchgeführt worden sei. Da dem planfestgestellten Ausbau in dem streitgegenständlichen Abschnitt das Konzept eines vierstreifigen Ausbaus der B 10 zwischen Pirmasens und Landau zugrunde liege, hätte die Umweltverträglichkeitsprüfung nicht allein auf die isolierte Betrachtung der Auswirkungen des Vorhabens in dem im Planfeststellungsbeschluss im Übersichtslageplan skizzierten Wirkungsbereich beschränkt werden dürfen, sondern es hätte - unter Berücksichtigung der §§ 2 Abs. 1 und 3b Abs. 2 UVPG - einer übergreifenden Umweltverträglichkeitsprüfung (sog. Dach-UVP) für die gesamte projektierte Ausbaustrecke bedurft. Zudem fehle es an einer Übersicht über die wichtigsten, vom Vorhabenträger geprüften anderweitigen Lösungsmöglichkeiten und an der Angabe der Auswahlgründe im Hinblick auf die belastenden Umweltauswirkungen i. S. v. § 6 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 UVPG.
- 22
In materiell-rechtlicher Hinsicht sei der Planfeststellungsbeschluss aufzuheben, weil es dem planfestgestellten Straßenprojekt an der erforderlichen Planrechtfertigung fehle. Dies folge bereits daraus, dass im Zeitpunkt der Planfeststellung unter der gebotenen vorausschauenden Beurteilung, ob dem geplanten Bauvorhaben unüberwindbare finanzielle Schranken entgegenstehen würden, eine Verwirklichung des Projekts innerhalb des nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung zur Verfügung stehenden Zeitrahmens von zehn Jahren wegen fehlender Finanzmittel ausgeschlossen erscheine und es sich deshalb um eine verfrühte, vernünftigerweise nicht gebotene bloße „Vorratsplanung“ handele. In rechtlicher Hinsicht beruhe dies auf dem Umstand, dass das Vorhaben nur in die Kategorie des „Weiteren Bedarfs mit Planungsrecht“ eingestuft sei. Dies habe zur Folge, dass die Finanzierung des planfestgestellten Abschnitts aus tatsächlichen Gründen ausgeschlossen erscheine, weil sich das Vorhaben gegen die zahlreichen Maßnahmen des vordringlichen Bedarfs, die noch nicht begonnen wurden, weil ihre Finanzierung nicht sichergestellt sei, nicht werde durchsetzen können. Die Schaffung eines solchen „Baurechtsvorrats“ als Grundlage für Eingriffe in Rechtspositionen Dritter sei aber verfassungswidrig.
- 23
Darüber hinaus fehle es auch deshalb an der Planrechtfertigung, weil die Bedarfsfeststellung im konkreten Fall fehlerhaft sei: Der Planung liege eine Verkehrsuntersuchung zugrunde, die nicht geeignet sei, den konkreten Bedarf für einen vierstreifigen Ausbau der B 10 sachgerecht zu belegen. Wie sich im Einzelnen aus den von ihm eingeholten und zu den Gerichtsakten gereichten gutachterlichen Stellungnahmen des Büros R. ergebe, sei die der Planung zugrunde gelegte Verkehrsuntersuchung von M. methodisch mangelhaft und beruhe auf fehlerhaften Grundlagendaten.
- 24
Ferner liege der Planung eine fehlerhafte Abschnittsbildung zugrunde: Durch den Ausbau der B 10 im planfestgestellten Abschnitt werde es westlich davon zu einer ähnlich hohen Überschreitung der Kapazität wie derzeit im planfestgestellten Abschnitt kommen, was zu schwerwiegenden Gefahrensituationen, aber auch zu ständigen Stausituationen insbesondere in den Tunnelabschnitten durch die Reduzierung des Querschnitts von zwei auf nur eine Spur je Richtung führen werde. Die mit der Planfeststellung vollzogene Abschnittsbildung führe mithin zu Folgekonflikten, die in der Abwägung nicht bewältigt worden seien, obwohl der Planfeststellung eine Verkehrsuntersuchung für die Gesamtstrecke der B 10 zwischen Landau und Pirmasens zugrunde liege und die Folgekonflikte daher erkennbar gewesen seien.
- 25
Der Planfeststellungsbeschluss verstoße zudem in mehrfacher Hinsicht gegen Vorschriften des Naturschutzrechts:
- 26
So führe die Planung zu erheblichen Beeinträchtigungen des FFH-Gebiets „Biosphärenreservat Pfälzerwald“ in seinen für die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck maßgeblichen Bestandsteilen, ohne dass die Voraussetzungen für die Erteilung einer Ausnahme gegeben seien. Es sei schon davon auszugehen, dass es im Bereich der Queichniederung drei Flächenbiotope gebe, die nach ihrer Beschreibung und Charakteristik dem prioritären Lebensraumtyp 91 E0* („Weichholzauen“) entsprächen. Der Eingriff hätte daher nur unter den Voraussetzungen des § 34 Abs. 4 BNatSchG zugelassen werden dürfen. Da Gründe nach § 34 Abs. 4 Satz 1 BNatSchG nicht ersichtlich seien, hätte eine Projektzulassung erst nach Einholung einer positiven Stellungnahme der EU-Kommission erfolgen dürfen. Darüber hinaus führe die Planung zu erheblichen Beeinträchtigungen der Lebensräume der erhaltungszielbestimmenden Schmetterlingsarten Großer Feuerfalter (Lycaena dispar) und Dunkler Wiesenknopf-Ameisenbläuling (Maculinea nausithous), und zwar durch die Verstärkung bereits bestehender Zerschneidungs- und Barrierewirkungen des Brückenbauwerks infolge seiner Erweiterung um eine zweite Brücke. Dies werde aufgrund der bereits angespannten Situation der beiden Arten im Gebiet zu einer gravierenden Verschlechterung ihres Erhaltungszustands und damit zu einer erheblichen Beeinträchtigung des Gebiets in seinen Erhaltungszielen führen. Die Voraussetzungen für die deshalb erforderliche Abweichungszulassung des Projekts seien indessen vom Beklagten nicht hinreichend dargelegt worden: Wegen der methodischen Fehlerhaftigkeit und mangelnden Belastbarkeit der der Planung zugrunde gelegten Verkehrsprognose fehle es an einer Darlegung „zwingender Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses“; auch die Alternativenprüfung genüge nicht den Anforderungen; schließlich seien die außerhalb des FFH-Gebiets vorgesehenen Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen zur Wahrung der Kohärenz des FFH-Gebiets nicht geeignet.
- 27
Der Planfeststellungsbeschluss genüge auch nicht den Anforderungen des besonderen Artenschutzrechts. Aus den eingeholten artenschutzrechtlichen Fachbeiträgen ergäben sich keine hinreichenden Hinweise auf Größe und Raumanspruch der jeweiligen lokalen Populationen der betroffenen Arten, weshalb eine Beurteilung, ob vereinzelte Tötungen von Individuen dieser Arten zu negativen Auswirkungen auf die jeweilige lokale Population führen, nicht möglich seien. Deshalb seien auch keine Aussagen zu etwaigen Ausnahmen oder Befreiungen möglich, zumal deren Voraussetzungen, insbesondere zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses, nach dem bereits Ausgeführten ohnehin nicht zu begründen seien. Die Unkenntnis populationsbezogener Daten schlage auch auf die im Planfeststellungsbeschluss vorgesehene und auch dringend gebotene Auflage der Errichtung einer Überflughilfe für Vögel und Fledermäuse durch; denn nach dieser Auflage solle die optimale Ausgestaltung der Überflughilfe erst im Vorfeld der Baumaßnahmen mit Hilfe von Untersuchungen durch Fledermausexperten eruiert werden, womit letztlich eine nachträgliche Bestandsaufnahme angeordnet werde. Gerade in Bezug auf Fledermäuse finde im Übrigen nur eine Betrachtung von Hypothesen statt, ohne dass eine sachgerechte Konfliktlösung bewerkstelligt und eine hinreichende Abwägung bei der Ausnahme- und Befreiungsentscheidung vorgenommen worden sei.
- 28
Schließlich leide der Planfeststellungsbeschluss auch an einer mangelhaften Kompensation der durch das Vorhaben bewirkten Eingriffe in Natur und Landschaft, weil selbst die Kompensation der Eingriffe, die von der Planfeststellung anerkannt worden seien, in unzulässiger Weise nicht abschließend gesichert worden sei. So sei die Sicherung der Maßnahmen 2.4 E AB („Erweiterung Bachuferwald an der Queich“) und 3.2 E AB („Extensivierung Uferrandstreifen an der Queich“) offenbar nicht gegeben. Denn hinsichtlich dieser auf als berechtigt anerkannte Einwände an eine andere Stelle zu verlegenden landespflegerischen Maßnahmen seien der neue Standort der Maßnahmen und deren Ausgestaltung noch mit der Oberen Naturschutzbehörde abzustimmen. Außerdem sei aus der in derselben Regelung des Planfeststellungsbeschlusses enthaltenen weiteren Auflage, in diesem Zusammenhang auch den Verlust von ca. 400 qm Gehölzfläche und von ca. 150 qm Röhricht bzw. Staudenflur zu kompensieren, zu schließen, dass sich dahinter offenbar ein weiterer, bisher nicht offengelegter Eingriff in Natur und Landschaft verberge.
- 29
Letztendlich kranke der Planfeststellungsbeschluss an einer fehlerhaften Gesamtabwägung: Das Gebot der gerechten Abwägung der betroffenen Belange sei verletzt, weil infolge der mangelhaften Verkehrsprognose und der nur unzureichenden sonstigen Begründung nicht fehlerfrei bestimmt worden sei, welches Gewicht den für das Vorhaben sprechenden verkehrlichen Belangen im Verhältnis zur Gewichtigkeit der Eingriffe in die Rechtssphäre einer Vielzahl von Betroffenen sowie in eine Vielzahl von Belangen des Umweltschutzes zukomme.
- 30
Der Kläger beantragt,
- 31
1. den Planfeststellungsbeschluss für den vierstreifigen Ausbau der Bundesstraße Nr. 10 (B 10) zwischen Godramstein und der Bundesautobahn A 65 (BAB 65; Anschlussstelle Landau-Nord) aufzuheben.
- 32
2. hilfsweise den Planfeststellungsbeschluss für rechtswidrig und nicht vollziehbar zu erklären.
- 33
Der Beklagte beantragt,
- 34
die Klage abzuweisen.
- 35
Er tritt der Klagebegründung im Einzelnen entgegen und trägt hierzu insbesondere vor:
- 36
Die Klagebefugnis des Klägers ergebe sich ausschließlich aus § 2 Abs. 1 UmwRG mit der Folge, dass ihm kein „Vollüberprüfungsanspruch“ zustehe, sondern seine Rügebefugnis auf die Geltendmachung von Verstößen gegen dem Umweltschutz dienende Vorschriften beschränkt sei. Zudem sei er mit wesentlichen Teilen seines Vorbringens mangels hinreichender Geltendmachung im Rahmen der Öffentlichkeitsbeteiligung gemäß § 17a Nr. 7 FStrG präkludiert.
- 37
Unabhängig davon sei der Planfeststellungsbeschluss in jeder Hinsicht rechtmäßig ergangen:
- 38
Verfahrensmängel in Bezug auf die UVP lägen nicht vor. Insbesondere habe es keiner übergreifenden „Dach-UVP“ bedurft; vielmehr sei eine förmliche UVP nur für den konkreten Planfeststellungsabschnitt geboten gewesen; im Übrigen habe die Planfeststellungsbehörde - unabhängig von der Frage, ob sie dazu im Rahmen eines bloßen Ausbauvorhabens einer bestehenden Fernstraße überhaupt verpflichtet gewesen sei - hinreichend in den Blick genommen, dass der planfestgestellte Abschnitt verkehrspolitisch Teil eines Gesamtvorhabens des vierstreifigen Ausbaus der B 10 zwischen Pirmasens und Landau sei. Sie habe dabei zum einen die eigenständige Verkehrsbedeutung des planfestgestellten Abschnitts - auch für den Fall, dass die Verwirklichung weiterer Planungsabschnitte aus noch nicht absehbaren Gründen scheitern sollte - dargestellt und zum anderen begründet, dass der Verwirklichung des weiteren Ausbaus der B 10 zwischen Godramstein und Pirmasens aus heutiger Sicht keine unüberwindbaren Hindernisse entgegenstünden, insbesondere nicht im Hinblick auf die Umweltverträglichkeit.
- 39
Der Planfeststellungsbeschluss stehe auch mit allen einschlägigen materiell-rechtlichen Vorschriften im Einklang:
- 40
Das Vorhaben verfüge mit der gesetzlichen Bedarfsfeststellung als „Weiterer Bedarf mit Planungsrecht“ über eine hinreichende Planrechtfertigung. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Bedarfsausweisung im Bedarfsplan 2004 seien nicht angezeigt. Denn es sei weder ersichtlich, dass die Bedarfsfeststellung seinerzeit fehlerhaft erfolgt sei, noch in irgendeiner Weise erkennbar, dass sie nachträglich obsolet geworden sein könnte. Es liege auch keine unzulässige Vorratsplanung infolge unmöglicher Finanzierung vor. Vielmehr hätten sowohl das Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Stadtentwicklung als auch das rheinland-pfälzische Verkehrsministerium gegenüber dem Landesbetrieb Mobilität (LBM) erklärt, dass bei Vorliegen endgültigen Baurechts die Finanzierung der vorliegend planfestgestellten Maßnahme - ggf. im Austausch mit einer anderen Maßnahme des Vordringlichen Bedarfs im Gebiet von Rheinland-Pfalz - sichergestellt werden solle.
- 41
Mit der Geltendmachung angeblicher Mängel der für die Planung erstellten Verkehrsprognose könne die gesetzliche Bedarfsfeststellung ohnehin nicht in Frage gestellt werden. Im Übrigen lägen die vom Kläger unter Berufung auf Stellungnahmen von R. behaupteten Fehler der Verkehrsprognose nicht vor, wie sich im Einzelnen aus den zu den Gerichtsakten gereichten Auseinandersetzungen des Büros M. mit den Kritikpunkten ergebe. Schließlich habe aber auch R. eingeräumt, dass es keineswegs an jeglichem Bedarf für einen vierstreifigen Ausbau in dem planfestgestellten Abschnitt fehle, sondern gehe selbst von einer aktuellen Verkehrsbelastung dieses Streckenabschnitts in einer Größenordnung aus, die nach den einschlägigen Richtlinien (RAS-Q, RAA) schon jetzt einen vierstreifigen Ausbau - sogar mit einem Regelquerschnitt von RQ 28 - rechtfertige.
- 42
Das planfestgestellte Straßenausbauvorhaben sei auch mit allen naturschutzrechtlichen Vorschriften vereinbar. Namentlich genüge es den Anforderungen des FFH-Gebietsschutzes. Erhebliche Beeinträchtigungen der Erhaltungsziele und maßgeblichen Bestandteile des FFH-Gebiets „Biosphärenreservat Pfälzer Wald“ seien nicht zu befürchten. So habe eine Nachprüfung in Form einer nochmaligen Begehung und Augenscheineinnahme durch den Dipl.-Biologen H. im Frühjahr 2010 sowie dessen weitere, zu den Gerichtsakten gereichte Stellungnahme vom 6. April 2011 nochmals bestätigt, dass es im Einwirkungsbereich des Vorhabens kein Vorkommen des prioritären Lebensraumtyps (LRT) 91 E0* gebe, da die dort vorhandenen Vegetationsstrukturen die Kriterien für einen LRT 91 E0* nicht erfüllten. Das Vorhaben führe auch nicht zu erheblichen Beeinträchtigungen erhaltungszielbestimmender Schmetterlingsarten: Wie sich aus den zu den Gerichtsakten gereichten Stellungnahmen des Dipl.-Biologen H. vom 6. April 2011 und vom 25. Januar 2015 ergebe, habe eine nochmalige Überprüfung vor Ort bestätigt, dass weiterhin schon keine Lebensraumpotentiale für die Arten Heller Wiesenknopf-Ameisenbläuling und Großer Feuerfalter im Wirkraum des Vorhabens vorhanden seien und der Dunkle Wiesenknopf-Ameisenbläuling (DWAB) im Bereich des Queichtals zwar vereinzelt nachgewiesen sei, aber die nächsten Fundorte nördlich der B 10 weit außerhalb des Wirkraums des Vorhabens gelegen und insbesondere die für die Falterart bedeutsamen Vorkommen der Hauptfutterpflanze im Eingriffsbereich nicht vorhanden seien. Auch die befürchteten Zerschneidungs- bzw. Barriereeffekte würden von dem Vorhaben nicht ausgehen: Durch den bloßen Anbau eines zusätzlichen Brückenbauwerks für die künftige Richtungsfahrbahn Pirmasens - Landau würden keine zusätzlichen Zerschneidungs- oder Barriereeffekte hervorgerufen, die über die heute bestehenden Belastungen hinausgingen. Denn für das neue Bauwerk sei eine größere Überspannung des Gewässers vorgesehen und zwischen den Brücken verbleibe künftig ein Abstand von 10 m, der eine ausreichende Belichtung und Besonnung ermögliche. Hierdurch werde dem Effekt eines längeren dunklen Tunnels begegnet. Zudem werde es sowohl aufgrund der vorhandenen Vegetationsstrukturen als auch aufgrund des Verhaltens der Art DWAB nicht zu einem nennenswerten Austausch zwischen vorhandenen Populationen innerhalb der Queichaue kommen; vielmehr seien die nördlich und südlich der Queichtalbrücke vorhandenen Teil-Populationen für sich eigenständig und überlebensfähig.
- 43
Selbst wenn man aber von einer erheblichen Beeinträchtigung des FFH-Gebiets ausgehe, habe die im Planfeststellungsbeschluss rein vorsorglich durchgeführte Ausnahmeprüfung gemäß § 34 Abs. 3 BNatSchG ergeben, dass das Vorhaben auch im Wege einer Ausnahme- bzw. Abweichungsprüfung zulässig sei. Denn der Ausbau der B 10 im planfestgestellten Abschnitt sei aus zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses geboten, was sich insbesondere aus den Gründen für die gesetzliche Bedarfsfeststellung ergebe; zumutbare Alternativen, mit denen das Projekt ohne oder mit geringeren Eingriffen in das FFH-Gebiet zu verwirklichen wäre, seien nicht ersichtlich; zudem seien die im Falle einer Abweichungszulassung erforderlichen Kohärenzsicherungsmaßnahmen in Gestalt einer Vielzahl von Vermeidungs-, Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen vorgesehen worden, durch die die Kohärenz des Natura-2000-Netzes gewahrt bleibe.
- 44
Der Planfeststellungsbeschluss stehe des Weiteren mit dem Artenschutzrecht in jeder Hinsicht im Einklang. Insbesondere beruhe die Planung auf artenschutzrechtlichen Untersuchungen, die weder hinsichtlich der Ermittlungstiefe noch im Hinblick auf das methodische Vorgehen Mängel aufwiesen. Zudem lägen die Voraussetzungen für eine vorsorgliche Ausnahme- bzw. Befreiungserteilung vor. Ferner treffe die Kritik des Klägers an dem angeordneten Monitoring durch Fledermausexperten zur Absicherung der genauen Anforderungen an die Überflughilfen für Fledermäuse in keiner Weise zu.
- 45
Der Planfeststellungsbeschluss erweise sich schließlich auch im Hinblick auf die naturschutzrechtliche Eingriffsregelung nicht als fehlerhaft. Insbesondere könne keine Rede davon sein, dass es an einer hinreichenden Sicherung der Umsetzung einzelner Maßnahmen fehle. Mit der Anordnung, dass der neue Standort der Maßnahmen 2.4 E AB und 3.2 E AB und deren Ausgestaltung mit der Oberen Naturschutzbehörde abzustimmen seien und die Realisierbarkeit der Maßnahmen am neuen Standort der Planfeststellungsbehörde gegenüber vor Baubeginn nachzuweisen sei, sei vielmehr gewährleistet, dass durch die Verlegung an einen anderen Standort keine quantitativen oder qualitativen Einbußen hinsichtlich der Kompensationsziele beider Maßnahmen aufträten und die Baumaßnahme nicht ohne die Ersatzmaßnahmen ausgeführt werden dürfe.
- 46
Der Planfeststellungsbeschluss genüge letztendlich auch dem in § 17 FStrG normierten Gebot, bei der Planfeststellung die von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange einschließlich der Umweltverträglichkeit im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigen und dabei erkennbar gewordene Konflikte zu bewältigen. Insbesondere sei die Sorge unbegründet, dass der vierstreifige Ausbau im planfestgestellten Abschnitt zwangsläufig zu Verkehrsproblemen in den nicht ausgebauten Tunnelabschnitten zwischen Annweiler und Rinnthal infolge der dortigen Reduzierung von zwei auf nur eine Fahrspur pro Richtung führen werde, die nur mit einem sofortigen durchgängigen vierstreifigen Ausbau der Gesamtstrecke zwischen Pirmasens und Landau vermieden werden könnten. Vielmehr werde der Ausbau im jetzt planfestgestellten Abschnitt nach dem Ergebnis der Verkehrsuntersuchungen von M. keine nennenswerten verkehrlichen Auswirkungen auf die B 10 westlich von Godramstein und damit auch nicht auf die Leistungsfähigkeit der Tunnel bei Annweiler haben. Es könne schließlich auch keine Rede davon sein, dass die vom Kläger behaupteten Mängel der Verkehrsprognose eine fehlerhafte Gesamtabwägung der von dem Vorhaben betroffenen Belange, namentlich eine fehlerhafte Gewichtung der Verkehrsimmissionsbelastung zur Folge gehabt hätten. Abgesehen davon, dass die behaupteten Mängel nicht vorlägen, habe die Verkehrsprognose von M. im Hinblick auf die Ermittlung und Bewertung der beim vierspurigen Ausbau zu erwartenden Immissionsbelastungen den Charakter einer „Worst-Case-Betrachtung“: Die Planfeststellungsbehörde habe sich im Bestreben um einen alle Auswirkungen um- und erfassenden Schutzansatz an der nach der Verkehrsprognose größtmöglichen Verkehrsbelastung der B 10 orientiert, nämlich am Planungsfall 4 (durchgängiger vierstreifiger Ausbau der B 10 zwischen Pirmasens und Landau). Auf diese Weise sei sichergestellt, dass bereits im angefochtenen Planfeststellungsbeschluss für den Abschnitt Godramstein - Landau ein am Planungsfall 4 ausgerichtetes Lärmschutzkonzept entwickelt und planfestgestellt worden sei. Es sei nicht ersichtlich, dass bei dieser Vorgehensweise die verkehrlichen Auswirkungen des Vorhabens unterschätzt worden sein könnten. Im Übrigen werde vom Kläger gerade umgekehrt der Vorwurf erhoben, es sei von zu hohen Verkehrszahlen, d. h. von überhöhten Erwartungen hinsichtlich des künftigen Verkehrsaufkommens ausgegangen worden. Infolgedessen seien die vom Kläger behaupteten Mängel der Verkehrsprognose von vornherein ungeeignet, eine fehlerhafte Gewichtung der Verkehrsimmissionsbelastung - im Sinne einer „Unterschätzung“ - zu begründen.
- 47
Mit Rücksicht auf ein von der Landesregierung initiiertes zweites Mediationsverfahren wurde das gerichtliche Verfahren mit Zustimmung der Beteiligten durch Beschluss des Senats vom 22. Juni 2011 gemäß §§ 173 VwGO, 251 ZPO zum Ruhen gebracht. Nach dem Scheitern auch des zweiten Mediationsverfahrens wurde das gerichtliche Verfahren durch Senatsbeschluss vom 27. Mai 2014 wiederaufgenommen und fortgeführt.
- 48
Die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes ergeben sich aus den Gerichtsakten und den beigezogenen Akten des Planfeststellungsverfahrens, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.
Entscheidungsgründe
- 49
Die Klage ist zulässig (I.), bleibt jedoch in der Sache ohne Erfolg (II.).
- 50
I. Die Klage ist zulässig, insbesondere ist der Kläger klagebefugt. Seine Klagebefugnis ergibt sich allerdings ausschließlich aus § 2 Abs. 1 des Gesetzes über ergänzende Vorschriften zu Rechtsbehelfen in Umweltangelegenheiten nach der EG-Richtlinie 2003/35/EG (Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz – UmwRG –) in der Fassung der Bekanntmachung vom 8. April 2013 (BGBl. I, Seite 753). Soweit der Kläger in der Klagebegründung vom 31. Januar 2011 noch die Auffassung vertreten hatte, er könne seine Klagebefugnis außer aus § 2 Abs. 1 UmwRG auch aus § 64 des Gesetzes über Naturschutz und Landschaftspflege (Bundesnaturschutzgesetz – BNatSchG) herleiten, trifft dies inzwischen nicht mehr zu:
- 51
Nach § 1 Abs. 3 UmwRG in der Fassung der Bekanntmachung vom 8. April 2013 wird § 64 Abs. 1 BNatSchG nicht angewendet, soweit in Planfeststellungsverfahren, die § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 oder 2 UmwRG unterfallen, Rechtsbehelfe nach diesem Gesetz eröffnet sind. Für planfeststellungspflichtige Vorhaben, die – wie hier – nach Maßgabe des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 oder 2 UmwRG von Umweltverbänden angefochten werden können, gilt daher nunmehr ein Vorrang der umweltrechtlichen Verbandsklage (vgl. dazu bereits Fellenberg/Schiller, UmwRG, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, 65. EL April 2012, § 1 UmwRG, Rdnr. 66 a.E.). Zwar galt im Zeitpunkt der Klageerhebung am 22. Dezember 2010 noch § 64 Abs. 1 BNatSchG in der Fassung vom 1. März 2010, wonach anerkannte Naturschutzvereine „neben den Rechtsbehelfen nach § 2 UmwRG“ Rechtsbehelfe nach Maßgabe des § 64 BNatSchG einlegen konnten (und zwar gemäß §§ 64 Abs. 1, 63 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG auch gegen Planfeststellungsbeschlüsse); auch erhielt § 1 UmwRG in der Fassung vom 1. März 2010 noch keine Vorrangregelung zu Gunsten der umweltrechtlichen Verbandsklage (vgl. zur bisherigen Anwendbarkeit der beiden Verbandsklagebestimmungen nebeneinander Fellenberg/Schiller, a.a.O.). Doch ergibt sich aus der Übergangsregelung des § 5 Abs. 4 UmwRG in der Fassung der Bekanntmachung vom 8. April 2013, dass Rechtsbehelfsverfahren nach § 2 UmwRG, die – wie hier – am 12. Mai 2011 anhängig waren und am 29. Januar 2013 noch nicht rechtskräftig abgeschlossen worden sind, nach den Vorschriften des UmwRG in der ab dem 29. Januar 2013 geltenden Fassung zu Ende zu führen sind. Parallel dazu ist § 64 Abs. 1 Satz 1 BNatSchG dahin neu gefasst worden, dass anerkannte Naturschutzvereinigungen Rechtsbehelfe nach Maßgabe des § 64 nur noch erheben können, „soweit § 1 Abs. 3 UmwRG nicht entgegensteht“. Folglich kann sich der Kläger zur Begründung seiner Klagebefugnis inzwischen nicht mehr zusätzlich auf § 64 BNatSchG berufen.
- 52
Soweit der Kläger seine Klagebefugnis darüber hinaus auch aus einer unmittelbaren Anwendung von Art. 10a der Richtlinie 85/337/EWG in der Fassung der Richtlinie 2003/35/EG (jetzt: Art. 11 der Richtlinie 2011/92/EU) mit der Folge ableiten will, dass sich seine Rügebefugnis über die in § 2 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 5 UmwRG normierte Vereinbarkeit der angegriffenen Entscheidung mit dem Umweltschutz dienenden Rechtsvorschriften hinaus auf deren Vereinbarkeit mit allen einschlägigen Rechtsvorschriften erstreckt, ihm also auf diesem Wege ein „Vollüberprüfungsanspruch“ zusteht, kann dem nicht gefolgt werden. Entgegen der Ansicht des Klägers ergibt sich namentlich nicht aus der sog. „Trianel“-Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes (Urteil vom 12. Mai 2011 - Rs.C-115/09 -, NVwZ 2011, 801 ff.), dass § 2 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 5 UmwRG auch insoweit, als sie für Umweltverbandsklagen sowohl die Klagebefugnis als auch den Überprüfungsanspruch in der Begründetheit auf die Geltendmachung bzw. das Vorliegen von Verstößen gegen den Umweltschutz dienende Vorschriften beschränken, gegen Art. 10a der Richtlinie 85/337/EWG (jetzt: Art. 11 der Richtlinie 2011/92/EU) verstoßen, weshalb diese Vorschrift insoweit Anwendungsvorrang genießen müsse mit der Folge einer entsprechenden Erweiterung der Klage- und Rügebefugnis. Vielmehr hat das Bundesverwaltungsgericht in mehreren nach der Trianel-Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes ergangenen Entscheidungen die Rechtsauffassung bestätigt, dass die EuGH-Entscheidung für eine solche Annahme nichts hergibt (vgl. insbesondere BVerwG, Urteil vom 24. Oktober 2013 – 7 C 36/11 –, BVerwGE 148, 155 und juris, Rn. 23 ff., m.w.N.). Dem schließt sich der Senat an.
- 53
II. Die Klage ist jedoch mit dem Haupt- und Hilfsantrag unbegründet. Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss verstößt unter keinem der geltend gemachten Gesichtspunkte gegen dem Umweltschutz dienende Vorschriften im Sinne von § 2 Abs. 1 UmwRG. Er steht vielmehr mit allen einschlägigen Vorschriften, die – zumindest auch – dem Umweltschutz zu dienen bestimmt sind, im Einklang (zum Prüfungsumfang bei der Umweltverbandsklage und zum diesem korrespondierenden, beschränkten Überprüfungsanspruch nach dem UmwRG vgl. auch das Senatsurteil vom 14. Oktober 2014 – 8 C 10233/14.OVG –, NVwZ-RR 2015, 205 und juris, Rn. 39 ff.). Dies gilt sowohl für dem Umweltschutz dienende Verfahrensvorschriften (1.) als auch für Vorschriften des materiellen Umweltrechts (2.).
- 54
1. Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss begegnet zunächst in formell-rechtlicher Hinsicht keinen Bedenken, sondern steht mit den einschlägigen, dem Umweltschutz dienenden Verfahrensvorschriften im Einklang. Namentlich liegt kein Verstoß gegen Verfahrensanforderungen des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 24. Februar 2010 (BGBl. I, Seite 94) vor.
- 55
So kann der Kläger mit seinem Einwand, die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) hätte nicht auf den Bereich des planfestgestellten Ausbauabschnitts der B 10 beschränkt werden dürfen, sondern es hätte einer übergreifenden Ermittlung und Bewertung der Umweltauswirkungen für den Bereich des insgesamt projektierten Ausbaus der B 10 zwischen Pirmasens und der BAB A 65 bedurft (sog. „Dach-UVP“), nicht durchdringen.
- 56
Es spricht schon viel dafür, dass der Kläger mit seinem Vorbringen zur formellen Rechtswidrigkeit des Planfeststellungsbeschlusses wegen fehlerhafter Durchführung der UVP, insbesondere wegen Fehlens einer sog. Dach-UVP, bereits gemäß § 17a Nr. 7 des Bundesfernstraßengesetzes (FStrG) (jetzt: § 73 Abs. 4 Satz 3 VwVfG) präkludiert ist. Denn er hat in den beiden Einwendungsschreiben vom 15. Mai 2007 Fragen der ordnungsgemäßen Durchführung der UVP nicht einmal ansatzweise thematisiert. Vielmehr werden dort nur naturschutzfachliche Belange des FFH-Gebiets- und des Artenschutzes sowie Mängel bei den Vermeidungs-, Minderungs- und Ersatzmaßnahmen und daneben noch sonstige (materielle) Umweltfragen in Bezug auf die verkehrlichen Belange abgehandelt. Lediglich im Zusammenhang mit dem FFH-Gebietsschutz wird das Fehlen einer „vollständigen FFH-Verträglichkeitsprüfung des gesamten Planungsvorhabens Ausbau der B 10 zwischen Pirmasens und Landau (sog. Dach-FFH-Verträglichkeitsprüfung)“ gerügt. Ferner taucht der Gesichtspunkt, der vierspurige Ausbauzustand zwischen Pirmasens und Landau müsse „auch die Grundlage der Konfliktanalyse bilden“, woran es „besonders unter dem Aspekt der FFH-Verträglichkeit fehle“, noch einmal in Teil III.1 des Einwendungsschreibens auf, aber ebenfalls ohne jegliche Thematisierung des UVP-Rechts. Damit dürfte der Kläger den gesteigerten Anforderungen an die Substantiierung von Einwendungen, die nach der Rechtsprechung bei Naturschutzvereinigungen und Umweltverbänden gegenüber Einwendungen Privater zu stellen sind (vgl. dazu insbesondere BVerwG, Urteil vom 14. Juli 2011 – 9 A 12.10 –, BVerwGE 140, 149 und juris, Rn. 19 ff.), nicht genügt haben. Vielmehr wäre von einem Umweltverband zu erwarten gewesen, dass er seiner Mitwirkungslast, Angaben dazu zu machen, welches umweltrechtliche Schutzgut betroffen ist und in welcher Beziehung diesem aus seiner Sicht Beeinträchtigungen drohen (vgl. dazu z. B. BVerwG, Beschluss vom 23. November 2007 – 9 B 38.07 –, NuR 2008, Seite 176 und juris, Rn. 31), im Bewusstsein der grundlegend unterschiedlichen Strukturen und Bedeutung des UVP-Rechts einerseits (formelle Anforderungen an die Verfahrensgestaltung) und des FFH-Gebiets- sowie des Artenschutzrechts andererseits (materielle Anforderungen als zwingendes Recht) durch entsprechend thematisch differenzierende Angaben Rechnung trägt (vgl. zu den Anforderungen an die Rüge einer fehlerhaften UVP als selbständigem Verfahrensfehler auch BVerwG, Beschluss vom 11. August 2006 – 9 VR 5/06 –, NVwZ 2006, 1170 und juris, Rn. 11). Daran dürfte es vorliegend fehlen. Am Vorliegen der weiteren Voraussetzungen einer Präklusion nach § 17a Nr. 7 FStrG bestehen im Übrigen keine Zweifel. Schließlich besteht derzeit auch kein Anlass, die Anwendbarkeit der Präklusionsbestimmung des § 17a Nr. 7 FStrG auf Naturschutzverbände bzw. Umweltvereinigungen unionsrechtlich grundsätzlich in Frage zu stellen (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 14. Juli 2011 – 9 A 14.10 –, NuR 2010, 52 und juris, Rn. 21 ff.).
- 57
Unabhängig von der Frage der Präklusion ist die Forderung des Klägers nach Durchführung einer sog. Dach-UVP jedenfalls in der Sache nicht begründet:
- 58
In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist seit langem grundsätzlich geklärt, dass bei einer abschnittsweisen Planfeststellung einer Bundesfernstraße die förmliche UVP nur für den jeweiligen Abschnitt durchzuführen ist: Einer UVP ist das Projekt zu unterziehen, für das im Sinne von Art. 2 Abs. 1 der UVP-Richtlinie die Erteilung einer Genehmigung beantragt worden ist. Das EU-Recht wirkt nicht auf die materiell-rechtlichen Anforderungen des einzelstaatlichen Zulassungsrechts ein. Eröffnet das Recht des jeweiligen Mitgliedstaates die Möglichkeit, ein Gesamtprojekt aufzuspalten und in mehreren Teilschritten auszuführen, so bildet den Bezugspunkt der UVP das konkrete Projekt, für das ein Antrag gestellt worden ist. Demnach ist bei einer abschnittsweisen Planung der Abschnitt, über den in einem Verfahren entschieden wird, zugleich das Vorhaben, das der UVP unterliegt (vgl. zum Ganzen z. B. BVerwG, Urteil vom 10. April 1997 – 4 C 5/96 –, BVerwGE 104, 326 und juris, Rn. 24, sowie Urteil vom 28. Februar 1996 – 4 A 27/95 –, UPR 1996, 270 und juris, Rn. 30, jeweils m.w.N.). Ob die Abschnittsbildung zulässig ist, richtet sich nicht nach dem UVP-Recht, sondern nach dem materiellen Planungsrecht, vorliegend nach § 17 Abs. 1 Satz 2 FStrG, da auch die Anforderungen an die Abschnittsbildung über das Abwägungsgebot gesteuert werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 10. April 1997, a.a.O., Rn. 25).
- 59
Danach bedarf es keiner vorgezogenen förmlichen UVP für die nachfolgenden Abschnitte; ausreichend ist vielmehr die Prognose, dass der Verwirklichung des Vorhabens in den nachfolgenden Abschnitten keine von vornherein unüberwindliche Hindernisse entgegenstehen (vgl. BVerwG, Urteil vom 28. Februar 1996, a.a.O., Rn. 30 m.w.N.).
- 60
Entgegen der Ansicht des Klägers folgt vorliegend auch nicht ausnahmsweise etwas anderes aus den §§ 2 Abs. 1 Satz 4, 3b Abs. 2 oder 13 Abs. 1 Satz 2 UVPG:
- 61
Wie das Bundesverwaltungsgericht bereits entschieden hat, enthält § 2 Abs. 1 Satz 4 UVPG eine Regelung nur für den Fall, dass über die Zulässigkeiteines Vorhabens im Rahmen mehrerer Verfahren entschieden wird; dann sind die in den verschiedenen Verfahren durchgeführten Teilprüfungen zu einer Gesamtbewertung zusammen zu fassen; davon zu unterscheiden ist der – auch hier vorliegende – Fall der Planfeststellung eines Abschnitts einer Bundesfernstraße (vgl. BVerwG, Urteil vom 28. Februar 1996, a.a.O., Rn. 30).
- 62
Die Regelung des § 3b Abs. 2 Satz 1 UVPG für „kumulierende Vorhaben“ setzt voraus, dass die mehreren Vorhaben derselben Art von demselben oder den mehreren Trägerngleichzeitig verwirklicht werden sollen; gemeint ist damit eine zeitlich parallele Vorhabenverwirklichung (vgl. Dienes, in: Hoppe/Bergmann, UVPG, 4. Aufl. 2012, § 3b, Rn. 24). Daran fehlt es offensichtlich bei der sukzessiven Verwirklichung des Ausbaus einer Bundesfernstraße in mehreren, räumlich und zeitlich aufeinander folgenden Abschnitten.
- 63
Schließlich ist auch anerkannt, dass es sich bei der abschnittsweisen Planfeststellung von Bundesfernstraßen nicht um „Teilzulassungen“ im Sinne von § 13 UVPG handelt. Da die einzelnen Abschnitte bei der abschnittsweisen Planfeststellung einer Fernstraße als selbständige Vorhaben anzusehen sind, wird über sie nicht im Rahmen einer Teilzulassung entschieden, so dass § 13 UVPG keine Anwendung findet (so zutreffend z. B. Schieferdecker, in: Hoppe/Bergmann, UVPG, 4. Aufl. 2012, § 13, Rn. 15 und Fußnote 25, unter Hinweis auf BVerwG, Urteil vom 10. April 1997 – 4 C 5/96 –, a.a.O., Rn. 24). Damit besteht hier insbesondere nicht das Erfordernis einer vorläufigen Erstreckung der UVP „auf die nach dem jeweiligen Planungsstand erkennbaren Umweltauswirkungen des Gesamtvorhabens“ nach § 13 Abs. 1 Satz 2 UVPG.
- 64
Somit ist vorliegend UVP-rechtlich nur zu fordern, dass die Planfeststellungsbehörde eine Prognose angestellt hat, dass der Verwirklichung des Vorhabens in den nachfolgenden Abschnitten in Bezug auf die Umweltauswirkungen keine von vornherein unüberwindlichen Hindernisse entgegenstehen. Ob die insoweit vom Beklagten vorgebrachten Zweifel daran, ob diese Vorgabe der Rechtsprechung außer auf den Neubau einer Fernstraße in Abschnitten auch auf den – hier in allen Abschnitten des Gesamtprojekts gegebenen – Ausbau einer vorhandenen Fernstraße Anwendung finden kann, zu Recht bestehen, kann im Ergebnis offen bleiben. Denn im Planfeststellungsbeschluss ist an mehreren Stellen in hinreichender Weise in den Blick genommen worden, dass der planfestgestellte Abschnitt verkehrspolitisch Teil eines Gesamtvorhabens des vierspurigen Ausbaus der B 10 zwischen Pirmasens und Landau ist. Zum einen wurde im Rahmen der Erläuterungen der Planungskonzeption (Seite 89 ff. des Planfeststellungsbeschlusses) ausführlich dargestellt, dass einerseits der planfestgestellte Planungsabschnitt eine eigenständige Verkehrsbedeutung auch für den Fall haben wird, dass die Verwirklichung der weiteren Planungsabschnitte – entgegen der politischen Absicht aus nicht absehbaren Gründen – scheitern sollte, aber andererseits der Verwirklichung des weiteren Ausbaus der B 10 im Bereich zwischen Godramstein und Pirmasens aus heutiger Sicht keine unüberwindbaren Hindernisse entgegenstehen, insbesondere nicht im Hinblick auf die Umweltverträglichkeit. Zum anderen wurde auch speziell in Auseinandersetzung mit Forderungen von Einwendern, namentlich des Klägers, nach Durchführung einer sog. Dach-FFH-Verträglichkeitsprüfung für die gesamte Ausbaustrecke zwischen Pirmasens und Landau ausgeführt, dass einerseits für den Bereich zwischen Pirmasens und Hinterweidenthal bereits bestandskräftiges Baurecht vorliege, mit dem für diesen Teilbereich u. a. auch die FFH-Verträglichkeit positiv festgestellt worden sei, und andererseits aus heutiger Sicht auch nichts dafür ersichtlich sei, dass ein späterer vierstreifiger Ausbau in den noch nicht planfestgestellten Teilbereichen zwischen Hinterweidenthal und Godramstein unter FFH-Gesichtspunkten vor unüberwindlichen Hindernissen stehen würde (vgl. Seite 182 des Planfeststellungsbeschlusses). Damit ist den Anforderungen der Rechtsprechung an die Prognose der Realisierungsfähigkeit des Gesamtvorhabens genüge getan worden.
- 65
Auch unter den weiteren vom Kläger angesprochenen Gesichtspunkten sind Verstöße gegen Verfahrensvorschriften des UVPG nicht festzustellen.
- 66
So kann der Rüge des Klägers, die Planunterlagen hätten keine den Anforderungen des § 6 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 UVPG genügende „Übersicht über geprüfte anderweitige Lösungsmöglichkeiten“ enthalten, nicht gefolgt werden. Dabei ist zu sehen, dass diese Vorschrift – als rein formell-rechtliche Anforderung an den Inhalt der vom Vorhabenträger zur Prüfung seines Antrags vorzulegenden Unterlagen – lediglich verlangt, dass der Vorhabenträger die von ihm tatsächlich geprüften anderweitigen Lösungsmöglichkeiten und seine Auswahlgründe im Hinblick auf die Umweltauswirkungen des Vorhabens in einer Übersicht darstellt; die Bestimmung begründet hingegen keinerlei Pflicht zur Prüfung von Vorhabenalternativen. Vielmehr ergibt sich die Notwendigkeit, die verschiedenen sich anbietenden oder sich aufdrängenden Standortalternativen oder Durchführungsvarianten auf ihre jeweilige Umweltverträglichkeit hin zu untersuchen, aus dem jeweiligen Fachrecht, im Falle einer fernstraßenrechtlichen Planung also aus § 17 Abs. 1 Satz 2 FStrG als Anforderung des Abwägungsgebots (vgl. Kment, in: Hoppe/Beckmann, UVPG, 4. Aufl. 2012, § 6, Rn. 21, m.w.N.). Diesen rein formellen Anforderungen des § 6 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 UVPG ist mit der in der „allgemein verständlichen Zusammenfassung gemäß § 6 UVPG“ enthaltenen Übersicht „III. Geprüfte Vorhabenvarianten und wesentliche Auswahlgründe“ (vgl. Planordner I, Planunterlage 1.2, Seite 9 ff.) genüge getan worden.
- 67
Soweit der Kläger darüber hinaus noch rügen will, dass es an einer den Anforderungen des § 11 UVPG genügenden „zusammenfassenden Darstellung der Umweltauswirkungen des Vorhabens“ fehle, kann dem schließlich ebenfalls nicht gefolgt werden. Nach § 11 Satz 1 UVPG hat die zuständige Behörde auf der Grundlage der Unterlagen nach § 6, der behördlichen Stellungnahmen nach §§ 7 und 8 soweit der Äußerungen der betroffenen Öffentlichkeit nach den §§ 8 und 9a eine zusammenfassende Darstellung der Umweltauswirkungen des Vorhabens sowie der Maßnahmen, mit denen erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen vermieden, vermindert oder ausgeglichen werden, zu erarbeiten, einschließlich der Ersatzmaßnahmen bei nicht ausgleichbaren, aber vorrangigen Eingriffen in Natur und Landschaft; nach § 11 Satz 3 kann diese zusammenfassende Darstellung in der Begründung der Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens erfolgen (vgl. dazu BVerwG, Beschluss vom 10. Oktober 2006 – 9 B 27/05 –, UPR 2007, 33 und juris, Rn. 17). Davon hat der Beklagte hier Gebrauch gemacht und die zusammenfassende Darstellung in den Planfeststellungsbeschluss integriert (vgl. dessen Seite 171). Dabei begegnet es keinen durchgreifenden Bedenken, dass in der zusammenfassenden Darstellung weitestgehend auf die „allgemein verständliche Zusammenfassung“ nach § 6 UVPG in der Planunterlage 1.2, Seite 9 ff. (Planordner I), Bezug genommen wird, nachdem diese - wie ausgeführt - den formellen Anforderungen des § 6 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 UVPG entspricht und darüber hinaus auch alle inhaltlichen Anforderungen des § 11 Satz 1 UVPG erfüllt, und der Planfeststellungsbeschluss ergänzend feststellt, dass im Anhörungsverfahren keine weiteren wesentlich neuen Gesichtspunkte in Bezug auf die Einschätzung der Umweltverträglichkeit des Vorhabens vorgebracht worden seien.
- 68
2. Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss leidet des Weiteren an keinem materiellen Rechtsfehler, den der Kläger mit der Folge einer vollständigen oder teilweisen Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses oder der Feststellung seiner Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit geltend machen kann.
- 69
a. So mangelt es der streitigen Fernstraßenplanung nicht an der erforderlichen Planrechtfertigung.
- 70
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts setzt die Zulässigkeit einer (z. B. Straßen-)Planung, die Voraussetzung für Eingriffe in Rechte oder eine Enteignung sein soll, voraus, dass das jeweilige Vorhaben durch vernünftige Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt ist, d. h. nach Maßgabe der vom jeweiligen Fachplanungsgesetz allgemein verfolgten Ziele „vernünftigerweise geboten“ ist (vgl. z. B. BVerwG, Urteil vom 5. Dezember 1986 – 4 C 13/85 –, BVerwGE 75, 214, 232 f.; siehe auch z. B. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 1. Februar 2001 – 1 C 10626/00.OVG –, ESOVGRP, Seite 13). Bei der Planfeststellung für den Neu- oder Ausbau einer Bundesfernstraße ist von einer Planrechtfertigung auszugehen, wenn das Vorhaben in den Bedarfsplan für Bundesfernstraßen nach dem Gesetz über den Ausbau der Bundesfernstraßen (Fernstraßenausbaugesetz – FStrAbG – in der Fassung vom 20. Januar 2005, BGBl. I, 201) aufgenommen ist. Denn nach § 1 Abs. 2 FStrG entsprechen die in den Bedarfsplan aufgenommenen Bau- und Ausbauvorhaben den Zielsetzungen des § 1 Abs. 1 FStrG. Die Feststellung des Bedarfs ist danach für die Linienbestimmung nach § 16 FStrG und für die Planfeststellung nach § 17 FStrG verbindlich; sie ist so auch als Belang in der Abwägung zu berücksichtigen; die zeichnerische Darstellung des Bedarfsplans zum Fernstraßenausbaugesetz bindet hinsichtlich der Dimensionierung als zwei- oder vierstreifige Bundesstraße und im Hinblick auf die dort erkennbare Netzverknüpfung; diese Bindungen gelten auch für das gerichtliche Verfahren (ständige Rechtsprechung; vgl. z. B. BVerwG, Urteil vom 19. März 2003 – 9 A 33/02 –, DVBl. 2003, 1069 und juris, Rn. 23 m.w. Rechtsprechungsnachweisen; ebenso z. B. Senatsurteil vom 28. August 2013 -8 C 1036/13.OVG –, Seite 8 des Urteilsabdrucks, m.w.N.).
- 71
Die gesetzliche Bedarfsfeststellung ist allein an den Vorgaben des Verfassungsrechts zu messen. Danach beschränkt sich die gerichtliche Kontrolle auf die Frage, ob bei der Festlegung des Gesetzgebers die weit gesteckten Grenzen des gesetzgeberischen Ermessens überschritten wurden. Dies ist nur dann der Fall, wenn die Feststellung des Bedarfs evident unsachlich ist, wenn es also für das Vorhaben offenkundig keinerlei Bedarf gibt, der die Annahmen des Gesetzgebers rechtfertigen könnte, weil es etwa für die Aufnahme des Vorhabens in den Bedarfsplan im Hinblick auf die bestehende oder künftig zu erwartende Verkehrsbelastung oder auf die verkehrliche Erschließung eines zu entwickelnden Raumes an jeglicher Notwendigkeit fehlte oder wenn sich die Verhältnisse seit der Bedarfsentscheidung des Gesetzgebers so grundlegend gewandelt hätten, dass das angestrebte Planungsziel unter keinen Umständen auch nur annähernd erreicht werden könnte (ständige Rechtsprechung; vgl. z. B. BVerwG, Beschluss vom 16. Januar 2007 – 9 B 14.06 –, NVwZ 2007, 462 und juris, Rn. 7 sowie Urteil vom 3. Mai 2013 – 9 A 16/12 -, BVerwGE 146, 254 und juris, Rn. 21, m.w.N.).
- 72
Nach Maßgabe dieser Grundsätze steht die Planrechtfertigung des Vorhabens des vierstreifigen Ausbaus der B 10 im planfestgestellten Abschnitt außer Frage.
- 73
Daher kann offen bleiben, ob das Erfordernis der Planrechtfertigung auf die Klage eines anerkannten Umweltvereins im Rahmen von dessen nach § 2 Abs. 1 Nr. 5, Abs. 5 UmwRG eingeschränkter Rügebefugnis überhaupt zu prüfen ist (streitig; zum Meinungsstand vgl. z. B. Fellenberg/Schiller, a.a.O., § 2 UmwRG, Rn. 15, m.w.N.; verneinend BVerwG, Beschluss vom 1. Juli 2003 – 4 VR 1/03, 4 A 1/04 A 1/03 –, juris, Rn. 7; offengelassen in der Rechtsprechung des 9. Senats des Bundesverwaltungsgerichts zu § 64 BNatSchG, vgl. zuletzt die Urteil vom 3. Mai 2013, a.a.O., Rn. 17 und vom 8. Januar 2014 – 9 A 4/13 -, BVerwGE 149, 31 und juris, Rn. 30; siehe auch Senatsurteil vom 11. Februar 2009 – 8 C 10435/08.OVG –, NuR 2009, Seite 636 und juris, Rn. 23).
- 74
Die Planrechtfertigung des Vorhabens folgt aus der gesetzlichen Bedarfsfeststellung. Das Vorhaben des vierstreifigen Ausbaus der B 10 im Abschnitt zwischen der BAB A 65 und Godramstein ist – ebenso wie die sich westlich anschließenden Abschnitte bis Hinterweidenthal – im Bedarfsplan für die Bundesfernstraßen, der gemäß § 1 Abs. 1 FStrAbG (in der Fassung des 5. Änderungsgesetzes vom 4. Oktober 2004, BGBl. I, 2574) diesem Gesetz als Anlage beigefügt ist, enthalten und nach § 2 FStrAbG der Stufe „Weiterer Bedarf mit Planungsrecht (WB*)“ zugeordnet (vgl. die grafische Darstellung in der Anlage zum Fernstraßenausbaugesetz, veröffentlicht im Anlagenband 2004 zum Bundesgesetzblatt 2004, BGBl. I A-2004). Die Bedeutung der Einstufung „Weiterer Bedarf mit Planungsrecht (WB*)“ wird im Gesetz bzw. im Bedarfsplan nicht näher erläutert. Aus der Begründung des Entwurfs eines 5. Gesetzes zur Änderung des Fernstraßenausbaugesetzes ergibt sich Folgendes: „Der Weitere Bedarf (WB) enthält Vorhaben, deren gesamtwirtschaftliche Vorteilhaftigkeit nachgewiesen ist, deren Investitionsvolumen aber den Finanzrahmen bis 2015 überschreitet. Die Projektplanung darf deshalb nur in begründeten Ausnahmefällen mit Einwilligung des Bundesministeriums für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen aufgenommen oder weiterbetrieben werden. In begründeten Fällen kann die Planung von Projekten des Weiteren Bedarfs aufgrund dieses Gesetzes aufgenommen bzw. weiterbetrieben werden. Dies kann aufgrund der netzkonzeptionellen Bedeutung oder wegen des Zusammenhangs mit benachbarten Projekten der Stufe Vordringlicher Bedarf erforderlich sein. Diese Vorhaben sind als Weiterer Bedarf mit Planungsrecht besonders gekennzeichnet (WB*)“ (vgl. BT-Drs. 15/1657, Seite 21).
- 75
Die Argumente des Klägers, mit denen er die aus der gesetzlichen Bedarfsfeststellung folgende Planrechtfertigung in Frage stellen will, sind sämtlich nicht stichhaltig.
- 76
Zunächst kann der Auffassung des Klägers nicht gefolgt werden, dass die Einstufung in die Kategorie WB* eine „graduelle Minderwertigkeit“ der gesetzlichen Bedarfsfeststellung bedeute, etwa mit der Folge, dass diese Einstufung nur zu Vorplanungen, aber nicht zur verbindlichen Schaffung von Baurecht ermächtige. Dagegen spricht bereits, dass § 1 Abs. 2 FStrAbG nicht zwischen den Stufen der Bedarfsfeststellung differenziert, sondern für alle in den Bedarfsplan aufgenommenen Bau- und Ausbauvorhaben die Entsprechung mit den Zielvorstellungen des § 1 Abs. 1 FStrG konstatiert (§ 1 Abs. 2 Satz 1 FStrAbG) und darüber hinaus die Feststellung des Bedarfs generell als für die Linienbestimmung und Planfeststellung verbindlich erklärt (§ 1 Abs. 2 Satz 2 FStrAbG). Hieraus folgt, dass die Feststellung als „Vorhaben des Weiteren Bedarfs“ in gleicher Weise verbindlich ist wie jede andere Bedarfsfeststellung (so auch BayVGH, Urteil vom 19. Juli 2006 - 8 A 06.40015 -, juris, Rn. 43 f und Beschluss vom 13. Juli 2009 –8 CS 09.1388 –, juris, Rn. 15). Darüber hinaus folgt aus der zitierten Begründung des Gesetzentwurfs, dass den als WB* gekennzeichneten Vorhaben gegenüber den nur als WB eingestuften Vorhaben – für die aber immerhin auch die „gesamtwirtschaftliche Vorteilhaftigkeit“ als „nachgewiesen“ angesehen wird – insoweit ein Vorrang zukommt, als sie „aufgrund ihrer netzkonzeptionellen Bedeutung“ oder wegen ihres „Zusammenhangs mit benachbarten Projekten des vordringlichen Bedarfs … aufgenommen bzw. weiterbetrieben“ werden dürfen (vgl. BT-Drs. 15/1657, a.a.O.). Wie die Bundesregierung hierzu in ihrer Gegenäußerung zur Stellungnahme des Bundesrates klargestellt hat, bedeutet dies, dass bei den Maßnahmen des WB* den Ländern die Möglichkeit eingeräumt ist, „die Projektplanung bis zur Erlangung des Baurechts zu betreiben“ (vgl. BT-Drs. 15/1803, Seite 2). Dies kann aus dem Zusammenhang nur so verstanden werden, dass das Planfeststellungsverfahren vollständig zum Zwecke der Erlangung von Baurecht durchzuführen ist. Eine unzulässige „Vorratsplanung“ kann darin nicht gesehen werden. Letztlich führt jede Planfeststellung - auch bei Vorhaben des Vordringlichen Bedarfs - in gewisser Weise zu einer Schaffung von Baurecht „auf Vorrat“, da das Gebrauchmachen von dem geschaffenen Baurecht durch den Vorhabenträger sich aus vielfältigen Gründen noch verzögern kann. Dem hat der Gesetzgeber dadurch Rechnung getragen, dass er dem Vorhabenträger nach § 17c Nr. 1 FStrG eine Frist von 10 Jahren nach Eintritt der Unanfechtbarkeit des Planfeststellungsbeschlusses für den Beginn der Ausführungen des Plans einräumt, die auf Antrag noch um bis zu 5 Jahre verlängert werden kann, ohne dabei zwischen Vorhaben des Vordringlichen und solchen des Weiteren Bedarfs zu differenzieren. Ein Unterschied besteht allerdings insofern, als § 17e Abs. 2 FStrG die aufschiebende Wirkung von Anfechtungsklagen nur bei Vorhaben des Vordringlichen Bedarfs entfallen lässt. Doch wird dadurch zugleich bestätigt, dass auch die Vorhaben des Weiteren Bedarfs planfeststellungsfähig sind und diese auch bei ihnen zur Schaffung von vollziehbarem Baurecht führt.
- 77
Anders, als der Kläger dies zu unternehmen versucht, kann die gesetzliche Bedarfsfeststellung auch durch die Geltendmachung von Mängeln der für die konkrete Planung erstellten Verkehrsprognose nicht in Frage gestellt werden.
- 78
Wie das Bundesverwaltungsgericht in jüngster Zeit mehrfach entschieden hat, ist das Vorbringen, die der Planfeststellung zugrunde gelegte Verkehrsprognose sei methodisch fehlerhaft und die prognostizierten Verkehrszahlen seien unrealistisch, schon grundsätzlich nicht geeignet, die Grundlagen der gesetzlichen Bedarfsfeststellung und -überprüfung in Frage zu stellen (vgl. BVerwG, Urteil vom 3. Mai 2013, a.a.O., Rn. 22 ff. sowie Urteil vom 8. Januar 2014, a.a.O., Rn. 35 f). Da die gesetzliche Bedarfsfeststellung durch die Prognose künftiger Verkehrsströme beeinflusst wird, zielt die in § 1 Abs. 2 FStrAbG angeordnete Bindungswirkung darauf ab, dass straßenrechtlichen Planfeststellungsverfahren und damit ebenso einen anschließenden Verwaltungsprozess von einem Gutachterstreit über die „richtigere“ Verkehrsprognose zu entlasten. Dieser Zweck des § 1 Abs. 2 FStrAbG schließt es somit aus, den Abwägungsvorgang, den der Gesetzgeber auf dieser Stufe vollzogen hat, unter dem Blickwinkel fachlich zu überprüfen, ob eine Verkehrsprognose vorzugwürdig sein könnte; entscheidend ist vielmehr allein, ob das Ergebnis der Normsetzung den anzulegenden verfassungsrechtlichen Maßstäben genügt (vgl. BVerwG, Urteil vom 3. Mai 2013, a.a.O., Rn. 24, m.w.N.).
- 79
Somit beschränkt sich auch vorliegend die verwaltungsgerichtliche Prüfung darauf, ob der Gesetzgeber bei der normativen Bedarfsfeststellung die Grenzen des ihm zustehenden Ermessens überschritten hat. Dies setzt nach ständiger Rechtsprechung voraus, dass die Bedarfsfeststellung evident unsachlich ist, weil es für die Aufnahme des Vorhabens in den Bedarfsplan im Hinblick auf die bestehende oder künftig zu erwartende Verkehrsbelastung eines zu entwickelnden Raumes an jeglicher Notwendigkeit fehlt oder sich die Verhältnisse der Bedarfsentscheidung des Gesetzgebers so grundlegend gewandelt haben, dass das angestrebte Planungsziel unter keinen Umständen auch nur annähernd erreicht werden kann (vgl. z. B. BVerwG, Urteil vom 8. Januar 2014, a.a.O., Rn. 34, m.w.N.). Davon kann vorliegend keine Rede sein.
- 80
Vielmehr sind die vom Kläger zur Gerichtsakte gereichten Stellungnahmen von R., mit denen methodische Mängel der projektbezogenen Verkehrsprognose von M. gerügt werden, nicht geeignet, die gesetzliche Bedarfsfeststellung in Zweifel zu ziehen. Zum einen würden die behaupteten Mängel der projektbezogenen Prognose – ihr Vorliegen unterstellt – schon keine Rückschlüsse auf die den Bedarfsplan und dessen Überprüfung zugrunde liegenden Verkehrsprognosen zulassen. Denn der Bundesverkehrswegeplanung und der gesetzlichen Bedarfsfeststellung 2004 lag eine Prognose der bundesweiten Verkehrsverflechtungen bezogen auf das Jahr 2015 zugrunde, deren Kernstück deutschlandweite räumliche Verflechtungsmatrizen in Personen- und Güterverkehr bilden (vgl. BVerwG, Urteil vom 3. Mai 2013, a.a.O., Rn. 23, m.w.N.). Diese Prognose über die zukünftige Verkehrsentwicklung ist gemäß dem in § 4 Satz 1 FStrAbG enthaltenen Prüfauftrag im Jahre 2010 durch das Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Stadtentwicklung überprüft worden. Die Überprüfung ist auf der Grundlage eines Vergleichs der bei der Aufstellung des Bedarfsplans 2004 herangezogenen bundesweiten Verkehrsprognose 2015 mit der insbesondere die demografischen Leitdaten berücksichtigenden bundesweiten Verkehrsprognose 2025 auf der Ebene des Bundes, der Bundesländer und von Teilregionen zu dem Ergebnis gelangt, dass die seinerzeit festgestellten Bedarfseinstufungen für die Bundesfernstraßen auch bei Ansatz der aktuellen Verkehrsentwicklung gelten (vgl. auch dazu BVerwG, Urteil vom 3. Mai 2013, a.a.O., Rn. 23). Demnach besteht kein Anlass für die Annahme, dass sich die seinerzeit der Bewertung zugrunde gelegten verkehrlichen Rahmenbedingungen so grundlegend geändert haben, dass der Projektbedarf grundsätzlich in Frage gestellt werden müsste.
- 81
Zum anderen weist der Beklagte zutreffend darauf hin, dass es auch nach den Stellungnahmen von R. keineswegs an jeglichem Bedarf für einen vierstreifigen Ausbau des in Rede stehenden Planungsabschnitts fehlt. Im Gegenteil: Auch in den Stellungnahmen von R. wird von einer aktuellen Verkehrsbelastung im Jahre 2009 auf der B 10 im Bereich von Godramstein in Höhe von rund 29.000 Kraftfahrzeugen/24 Stunden ausgegangen, was in etwa der von M. für den Analyse-Null-Fall des Jahres 2004 ermittelten aktuellen Verkehrsbelastung im Streckenabschnitt zwischen Birkweiler und der A 65 entspricht und auch nur unwesentlich unter dem inzwischen von M. für das Jahr 2013 festgestellten Verkehrsaufkommen in diesem Bereich liegt. Damit übersteigt die aktuelle Verkehrsbelastung die für den gegenwärtigen Ausbauquerschnitt RQ 15,5 nach den „Richtlinien für die Anlage von Straßen – Teil: Querschnitt“ (RAS-Q) maßgebliche Obergrenze der Verkehrsstärke von ca. 23.000 Kfz/24 h bereits derzeit ganz erheblich, weshalb es nach den grundsätzlich unbestrittenen Angaben im Planfeststellungsbeschluss (S. 93) schon in der heutigen Situation besonders in den Spitzenzeiten zu Kolonnenbildungen in den nicht für Überholvorgänge freigegebenen Fahrtrichtungen, teilweise auch zu Staubildungen kommt; der hierdurch erzeugte Überholdruck verleitet zudem zu einem risikoreicheren Fahren in den für Überholvorgänge freigegebenen Streckenabschnitten, mit entsprechend erhöhter Unfallgefahr. Zudem geht R. nicht etwa von einem deutlichen Rückgang der Verkehrsbelastung bis zu einem Prognosehorizont 2020 oder 2030 aus, sondern rechnet lediglich mit einer Stagnation auf dem aktuellen Niveau. Damit würde aber bereits die – im Wesentlichen unstreitige – aktuelle Verkehrsbelastung im Bereich des planfestgestellten Abschnitts nach den einschlägigen Regelwerken für die Anlage von Bundesfernstraßen einen vierstreifigen Ausbau rechtfertigen, und zwar nach den seit dem Jahre 2008 angewendeten „Richtlinien für die Anlage von Autobahnen (RAA)“, die auch Regelquerschnitte für autobahnähnliche Straßen (sog. Entwurfsklasse 2) umfassen, zumindest mit einem Regelquerschnitt RQ 28 (Gesamtbreite 28 m) für autobahnähnliche Straßen mit einer Kapazität von bis zu 30.000 Fahrzeugen pro Tag. Demgegenüber soll vorliegend der vierstreifige Ausbau zwischen der A 65 und Godramstein aufgrund örtlicher Gegebenheiten sogar nur mit einem Sonderquerschnitt SQ 26 (Gesamtbreite 26 m; gegenüber dem Regelquerschnitt RQ 26 schmalerer Mittelstreifen, aber breiterer Randstreifen, vgl. dazu im Einzelnen Seite 105 ff. des Planfeststellungsbeschlusses) erfolgen. Wenn aber bereits die aktuelle Verkehrsbelastung nach den anerkannten Regelwerken einen vierstreifigen Ausbau – sogar mit einem größeren Regelquerschnitt – rechtfertigt und selbst nach den vom Kläger für richtig erachteten Verkehrsprognosen nicht mit einem wesentlichen Rückgang der Verkehrsbelastung, sondern zumindest mit einer Stagnation zu rechnen ist, kann keine Rede davon sein, dass es im Hinblick auf die bestehende oder künftig zu erwartende Verkehrsbelastung für die Aufnahme des Vorhabens in den Bedarfsplan an jeglicher Notwendigkeit fehlen könnte oder das angestrebte Planungsziel infolge einer grundlegenden Wandlung der Verhältnisse seit der Bedarfsfeststellung des Gesetzgebers unter keinen Umständen mehr auch nur annähernd erreichbar erscheint (vgl. zu diesen Maßstäben auch insoweit BVerwG, Urteil vom 3. Mai 2013, a.a.O., Rn. 21 ff.).
- 82
Es kann schließlich auch nicht festgestellt werden, dass dem Vorhaben die Planrechtfertigung deshalb fehlt, weil die Finanzierbarkeit des planfestgestellten Ausbaus der B 10 im Abschnitt zwischen der A 65 und Godramstein ausgeschlossen erscheint.
- 83
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts fehlt einem Vorhaben die Planrechtfertigung auch dann, wenn es wegen mangelnder Finanzierbarkeit objektiv nicht realisierungsfähig ist und sich daher als unzulässige „verfrühte Planung“ erweist (vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Mai 1999 – 4 A 12/98 –, UPR 1999, 355 und juris, Rn. 44 f; Urteil vom 15. Januar 2004 – 4 A 11/02 –, BVerwGE 120, 1 und juris, Rn. 24; Beschluss vom 21. März 2006 – 9 B 18/05 –, juris, Rn. 2 f sowie Beschluss vom 28. Dezember 2009 – 9 B 26/09 –, NuR 2010, 191 und juris, Rn. 4, m.w.N.). Dies bedeutet sogleich, dass die Planrechtfertigung nur dann zu verneinen ist, wenn die Finanzierbarkeit eines Vorhabens innerhalb eines überschaubaren Zeitrahmens (nach dem früheren § 17 Abs. 7 FStrG 10 Jahre, nach dem jetzigen § 17c Nr. 1 FStrG einschließlich der Verlängerungsmöglichkeit maximal 15 Jahre) ausgeschlossen erscheint.
- 84
Dafür, dass vorliegend die Finanzierbarkeit des vierstreifigen Ausbaus der B 10 im planfestgestellten Abschnitt innerhalb eines Zeithorizonts, der mindestens 10, eventuell sogar 15 Jahre, gerechnet ab dem Zeitpunkt des Erlasses des Planfeststellungsbeschlusses (hier also ab dem 22. September 2010, also mindestens bis September 2020), beträgt, ausgeschlossen erscheint, bestehen keine zureichenden Anhaltspunkte. Insbesondere ergeben sich dafür aus den vom Kläger ins Feld geführten Äußerungen der Bundesregierung in der Bundestagsdrucksache 17/2792 vom 24. August 2008 keine entscheidenden Gesichtspunkte, da dort lediglich ausgeführt wird, dass in der Vergangenheit keine Finanzmittel in Straßenbauprojekte des Weiteren Bedarfs geflossen seien. Demgegenüber verweist der Beklagte überzeugend darauf, dass für das konkret angefochtene Planungsvorhaben sowohl das Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Stadtentwicklung als auch das rheinland-pfälzische Verkehrsministerium gegenüber dem Landesbetrieb Mobilität (LBM) erklärt haben, dass bei Vorliegen endgültigen Baurechts die Finanzierung der hier planfestgestellten Maßnahme des Weiteren Bedarfs mit Planungsrecht (WG*) – ggf. auch gegen Austausch mit einer anderen Maßnahme des Vordringlichen Bedarfs im Gebiet von Rheinland-Pfalz – sichergestellt werden soll. Für die Annahme, dass damit die Finanzierbarkeit des Vorhabens jedenfalls nicht ausgeschlossen erscheint, reicht dies aus.
- 85
b. Das planfestgestellte Vorhaben steht auch mit den zwingenden Vorschriften des europäischen und nationalen Naturschutzrechts im Einklang.
- 86
Das Vorhaben führt nicht zu erheblichen Beeinträchtigungen der Erhaltungsziele oder des Schutzzwecks des FFH-Gebiets „Biosphärenreservat Pfälzerwald“; zumindest liegen die Voraussetzungen für eine Abweichungszulassung vor (aa.). Darüber hinaus sind keine Verstöße gegen Vorschriften des besonderen Artenschutzrechts gegeben (bb.). Es kann schließlich auch nicht festgestellt werden, dass die vorgesehene Kompensation vorhabenbedingter Eingriffe in Natur und Landschaft Defizite aufweist (cc.).
- 87
aa. Dem Planfeststellungsbeschluss kann zunächst nicht mit Erfolg entgegengehalten werden, das Vorhaben führe zu erheblichen Beeinträchtigungen des FFH-Gebiets „Biosphärenreservat Pfälzerwald“, ohne dass die Voraussetzungen für eine Abweichungszulassung gegeben wären, und verstoße deshalb gegen § 34 BNatSchG.
- 88
Entgegen der Ansicht des Klägers kann bereits keine erhebliche Beeinträchtigung der Erhaltungsziele oder des Schutzzwecks des FFH-Gebiets 6812 – 301 „Biosphärenreservat Pfälzerwald“ festgestellt werden. Nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BNatSchG sind Projekte vor ihrer Zulassung oder Durchführung auf ihre Verträglichkeit mit den Erhaltungszielen eines Natura 2000-Gebiets zu überprüfen, wenn sie einzeln oder im Zusammenwirken mit anderen Projekten oder Plänen geeignet sind, dass Gebiet erheblich zu beeinträchtigen, und nicht unmittelbar der Verwaltung des Gebiets dienen. Ergibt die Prüfung der Verträglichkeit, dass das Projekt zu erheblichen Beeinträchtigungen des Gebiets in seinen für die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck maßgeblichen Bestandteilen führen kann, ist es gemäß § 34 Abs. 2 BNatSchG unzulässig.
- 89
Vorliegend bedurfte das planfestgestellte Vorhaben der Durchführung einer Verträglichkeitsprüfung i.S.v. § 34 Abs. 1 Satz 1 BNatSchG. Denn die B 10 quert in dem vom angefochtenen Planfeststellungsbeschluss umfassten Abschnitt zwischen Bau-Km ca. 0 + 400 und Bau-Km ca. 0 + 830 die Niederung des Flusses Queich mittels eines Brückenbauwerks, das im Zuge der geplanten Erweiterung um einen weiteren Fahrstreifen für die Richtungsfahrbahn Pirmasens – Landau um ein neu zu errichtendes Brückenbauwerk in einem Abstand von bis zu etwa 10 m zum vorhandenen Brückenbauwerk ergänzt werden soll. Bei der Queichniederung handelt es sich um einen aus dem eigentlichen Kerngebiet des FFH-Gebiets 6812 – 301 herausragenden, östlichen Ausläufer am äußersten Rand des Schutzgebiets. Das FFH-Gebiet hat hier eine durchschnittliche Breitenausdehnung von ca. 300 bis 500 m (vgl. die Darstellung in der in den Planunterlagen befindlichen FFH-Verträglichkeitsprüfung, Planordner 1, Anlage 12.4, S. 6 ff.). Wie sich aus der Darstellung der „Wirkfaktoren“ in der FFH-Verträglichkeitsprüfung (a.a.O., S. 19) ergibt, sind mit dem Vorhaben bau- und anlagebedingte Eingriffe sowie betriebsbedingte Wirkfaktoren verbunden, die sich auf die Erhaltungsziele und die für sie maßgeblichen Gebietsbestandsteile auswirken können.
- 90
Die deshalb im Zuge des Planfeststellungsverfahren durchgeführte FFH-Verträglichkeitsprüfung gelangte jedoch zu dem Ergebnis, dass eine erhebliche Beeinträchtigung des FFH-Gebiets in seinen für die Erhaltungsziele und den Schutzzweck maßgeblichen Bestandteilen bei Berücksichtigung im Einzelnen benannter Maßnahmen zur Schadensbegrenzung ausgeschlossen werden könne; dieser Einschätzung hat sich der Planfeststellungsbeschluss (S. 153 ff.) angeschlossen.
- 91
In der Klagebegründung hat der Kläger – wie zuvor im Kern bereits in seinem Einwendungsschreiben vom 15. Mai 2007, weshalb eine Präklusion seines Vorbringens in Bezug auf das FFH-Gebietsschutzrecht nicht in Betracht kommt – das Ergebnis der FFH-Verträglichkeitsprüfung unter folgenden Gesichtspunkten angegriffen: Die FFH-Verträglichkeitsprüfung unterliege einer Fehleinschätzung bezüglich eines Vorkommens des prioritären Lebensraumtyps (LRT) 91E0* im Eingriffsraum des Vorhabens; eine vorhabenbedingte erhebliche Beeinträchtigung potentieller Lebensräume von erhaltungszielbestimmenden Schmetterlingsarten sei nicht berücksichtigt worden; es habe einer übergreifenden „Dach-FFH-Verträglichkeitsprüfung“ unter Berücksichtigung der Gesamtstrecke Pirmasens – Landau bedurft; die aus seiner Sicht danach erforderliche Ausnahmeprüfung nach § 34 Abs. 3 BNatSchG genüge nicht den strengen Anforderungen.
- 92
Der Auffassung des Klägers kann indessen unter keinen der angeführten Gesichtspunkte gefolgt werden. Das Ergebnis der FFH-Verträglichkeitsprüfung ist vielmehr rechtlich nicht zu beanstanden.
- 93
Klarstellend ist zunächst darauf hinzuweisen, dass der Umstand, dass das geplante Vorhaben mit einer zusätzlichen Flächeninanspruchnahme in der Bachaue und deren Umfeld verbunden ist (vgl. dazu die FFH-Verträglichkeitsprüfung, a.a.O., S. 29), für sich gesehen noch keine erhebliche Beeinträchtigung des FFH-Gebiets in seinen Erhaltungszielen oder seinem Schutzzweck begründet. Wie sich aus § 34 Abs. 2 BNatSchG ergibt, ist nicht jede Inanspruchnahme von Flächen, die zu einem FFH-Gebiet gehören, zwangsläufig als erhebliche Beeinträchtigung des Gebiets zu werten; es kommt vielmehr darauf an, ob das Projekt zu erheblichen Beeinträchtigungen des Gebiets in seinen für die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck maßgeblichen Bestandteilen führen kann. Dementsprechend stellt das Bundesverwaltungsgericht in seiner Rechtsprechung bei baubedingten Flächenverlusten darauf ab, ob sie mit unmittelbaren oder mittelbaren Einwirkungen auf erhaltungszielbestimmende Lebensraumtypen verbunden sind; dabei ist grundsätzlich jeder vorhabenbedingte Verlust von Flächen eines Lebensraumtyps der Anlage I der Habitatrichtlinie als erheblich zu werten, es sei denn, er hätte lediglich Bagatellcharakter (vgl. z.B. BVerwG, Urteil vom 13. Mai 2009 – 9 A 73.07 –, NuR 2009, 711 und juris, Rn. 49, unter Hinweis auf BVerwG, Urteil vom 12. März 2008 – 9 A 9.06 –, BVerwGE 130, 299 und juris, Rn. 124 ff.). Daraus folgt, dass vorhabenbedingte Flächenverluste dann in der Regel keine erhebliche Beeinträchtigung des Gebiets in seinen für die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck maßgeblichen Bestandteilen darstellen, wenn es sich nicht um unmittelbare Verluste von Flächen eines erhaltungszielbestimmenden Lebensraumtyps handelt und sich sonstige Flächenverluste auch nicht mittelbar nachteilig auf Vorkommen eines erhaltungszielbestimmenden Lebensraumtyps auswirken können.
- 94
Für eine unmittelbare oder mittelbare Beeinträchtigung von Flächen eines erhaltungszielbestimmenden Lebensraumtyps durch das Vorhaben ist indessen vorliegend nichts ersichtlich.
- 95
Soweit der Kläger in der Klagebegründung vom 31. Januar 2011 noch vorgetragen hat, im Eingriffsbereich des Vorhabens gebe es – entgegen der Annahme in der FFH-Verträglichkeitsprüfung – größere Bestände des erhaltungszielbestimmenden Lebensraumtyps 91E0*, in die durch die Brückenanlage mit einem Flächenbedarf von weit mehr als 1 ha eingegriffen werde, kann dem nicht gefolgt werden. Zum Beleg seiner Behauptungen hatte der Kläger auf Angaben zu drei Biotopen im Landschaftsinformationssystem der Naturschutzverwaltung Rheinland-Pfalz, auf Datenblätter zur Biotopkartierung sowie auf eine sog. HPNV-Kartierung verwiesen. Da es sich bei dem LRT 91E0* (Weichholzauen) um einen prioritären Lebensraumtyp handelt, hätte eine vorhabenbedingte Beeinträchtigung von Vorkommen dieses Lebensraumtyps zur Folge, dass die besonderen Anforderungen des § 34 Abs. 4 BNatSchG an eine Abweichungszulassung (ggf. Einholung einer Stellungnahme der Europäischen Kommission) vorliegen müssten.
- 96
Die Behauptung des Klägers ist indessen als widerlegt anzusehen. Bereits die in den Planunterlagen befindliche FFH-Verträglichkeitsprüfung hatte sich mit der Frage des Vorkommens des LRT 91E0* im Einwirkungsbereich des Vorhabens befasst und ein Vorkommen von Beständen dieses Lebensraumtyps eindeutig ausgeschlossen; dabei wurde maßgeblich darauf abgestellt, dass es sich bei den im Plangebiet anzutreffenden Gehölzstrukturen nur um schmale Ufergehölzsäume handele (vgl. FFH-Verträglichkeitsprüfung, a.a.O., S. 12). Aufgrund des Vorbringens des Klägers in seinem Einwendungsschreiben, ein Teil der anlagebedingt beeinträchtigten Gehölzbestände sei doch dem prioritären LRT 91E0* zuzuordnen, hatte sich der Beklagte veranlasst besehen, im Frühjahr 2010 eine Nachprüfung in Form einer nochmaligen Begehung und Augenscheineinnahme durch den Dipl.-Biologen H. vom Büro S. durchführen zu lassen, bei der ebenfalls keine Hinweise auf das Vorhandensein von diesem Lebensraumtyp zuzuordnen Vegetationsbeständen festgestellt wurden (vgl. die Stellungnahme des Dipl.-Biologen H. zu den naturschutzfachlichen Einwendungen des Klägers vom 7. Juni 2010, Ordner „Gutachten und ergänzende Stellungnahmen“, Nr. 6, S. 40 f.); dabei wurde ergänzend ausgeführt, dass es sich nur um ein- bis zweireihige Ufergehölze ohne Auwaldcharakter und unterhalb der Mindestgröße von 2.500 m² handele, die dem relevanten Biotoptyp nicht zuzuordnen seien.
- 97
In Reaktion auf das Vorbringen in der Klagebegründung hat der Beklagte schließlich eine weitere fachliche Stellungnahme des Dipl.-Biologen H. vom 6. April 2011 vorgelegt (Anlage 7 zum Schriftsatz des Beklagten vom 3. Juni 2011). Darin wird im Einzelnen begründet, weshalb die vom Kläger herangezogenen Biotopkartierungen usw. gerade keinen Rückschluss auf das Vorhandensein von Beständen des LRT 91E0* zulassen und weshalb die Kriterien hierfür von den festgestellten Vegetationsstrukturen nicht erfüllt werden. Diesen ergänzenden Feststellungen ist der Kläger im weiteren Verlauf des gerichtlichen Verfahrens nicht mehr entgegengetreten; er ist vielmehr namentlich in seinen Schriftsätzen vom 31. Oktober 2014 und vom 30. März 2015 sowie auch in der mündlichen Verhandlung des Senats auf das Thema nicht mehr weiter eingegangen, so dass schon fraglich erscheint, ob er seine Behauptungen zum Vorkommen der LRT 91E0* nach Vorlage der Stellungnahme vom 6. April 2011 noch aufrechterhalten will. Jedenfalls ist aus Sicht des Senats eine Betroffenheit eines Vorkommens dieses Lebensraumtyps im Einwirkungsbereich des Vorhabens durch den Beklagten nachvollziehbar und schlüssig, unter Berücksichtigung der besten verfügbaren wissenschaftlichen Erkenntnisse ausgeschlossen worden, ohne dass der Kläger den Feststellungen des Dipl.-Biologen H. konkrete eigene abweichende Erkenntnisse entgegenzusetzen vermocht hat. Namentlich stehen die Feststellungen des Dipl.-Biologen H., dass die im Einwirkungsbereich des Vorhabens anzutreffenden Vegetationsstrukturen mangels einer intakten Überflutungsaue, wegen des nur lückigen Charakters der in Frage kommenden Gehölzbestände, bei denen die Lücken stellenweise größer als eine Baumlänge sind, sowie mangels eines für diesen Lebensraumtyp charakteristischen Artenspektrums der Krautschicht nicht dem LRT 91E0* entsprechen, im Einklang mit den im Datenblatt zum Lebensraumtyp 91E0* des Bundesamtes für Naturschutz formulierten Anforderungen an die Feststellung von Vorkommen dieses Lebensraumtyps (vgl. die Internetseite des Bundesamtes für Naturschutz, www.bfn.de/0316typ91e0.html). Denn danach sind insbesondere lückige, fragmentierte Bestände, bei denen die Lücken zwischen den einzelnen Bäumen größer als die Baumhöhe sind, als Baumreihen zu werten und nicht als Bestände des LRT 91E0* zu erfassen.
- 98
Anders, als der Kläger meint, führt das planfestgestellte Vorhaben auch nicht zu erheblichen Beeinträchtigungen erhaltungszielbestimmender Schmetterlingsarten.
- 99
Nachdem er bereits im Einwendungsschreiben eine definitive Zerstörung von Lebensräumen der Schmetterlingsarten „Großer Feuerfalter“ (Lycaena Dispar) und „Dunkler Wiesenknopf-Ameisenbläuling“ (Maculinea Nausithous) durch das Vorhaben geltend gemacht hatte, hat der Kläger im gerichtlichen Verfahren im Wesentlichen vorgebracht, das Vorhaben führe zur erheblichen Beeinträchtigung von (jedenfalls potentiellen) Lebensräumen der Schmetterlingsarten „Großer Feuerfalter“ und „Dunkler Wiesenknopf-Ameisenbläuling“, und zwar durch die Verstärkung bereits bestehender Zerschneidungs- und Barrierewirkungen des Brückenbauwerks infolge seiner Erweiterung um eine zweite Brücke, was aufgrund der bereits angespannten Situation der beiden Arten im Gebiet zu einer gravierenden Verschlechterung ihres Erhaltungszustandes und damit zu einer erheblichen Beeinträchtigung des Gebiets in seinen Erhaltungszielen führen werde. Zwar hat der Kläger eingeräumt, dass im unmittelbaren Trassenbereich, soweit dieser das FFH-Gebiet quert, kein geeigneter Lebensraum für die beiden Falterarten vorhanden sei; doch gebe es im Queichtal sowohl nördlich als auch südlich der B 10 Flächen, die für beide Arten geeignet seien und auf deren Verfügbarkeit bzw. Erreichbarkeit es für die Überlebensfähigkeit der Metapopulationen der beiden Arten ankomme. Darüber hinaus sei die Brücken- oder Trittsteinfunktion der betroffenen FFH-Gebietsteile für den großräumigen Zugang von der Rheinebene zum Pfälzer Wald zu beachten, weshalb sich deren Beeinträchtigung durch das Vorhaben auf das Ökoverbundsystem „Natura 2000“ insgesamt auswirke und deshalb im Rahmen der Ausnahmeprüfung nach § 34 Abs. 3 BNatSchG hohe Anforderungen zu stellen seien.
- 100
Der Planfeststellungsbeschluss hat sich in Auseinandersetzung mit dem entsprechenden Einwendungsvorbringen des Klägers mit den beiden Schmetterlingsarten befasst und unter Bezugnahme auf die der FFH-Verträglichkeitsprüfung zugrunde gelegten faunistischen Erhebungen sowie den „Fachbeitrag Artenschutz“ ausgeführt, dass es für Lebensräume der Art „Großer Feuerfalter“ keine Nachweise und für geeignete Habitate des Dunklen Wiesenknopf-Ameisenbläulings nur Nachweise außerhalb des Wirkbereichs der B 10 gebe, was auch durch aktuelle Überprüfungen im April 2010 bestätigt worden sei; höchst vorsorglich wurde für beide Arten in Kapitel A VI des Planfeststellungsbeschlusses eine Ausnahmegenehmigung nach § 45 Abs. 7 BNatSchG erteilt; zudem – so wird weiter ausgeführt – würden beide Arten auch von der (vorsorglichen) Ausnahmezulassung nach § 34 Abs. 3 BNatSchG erfasst.
- 101
Im gerichtlichen Verfahren hat der Beklagte eine weitere Stellungnahme des Dipl.-Biologen H. vom 6. April 2011 vorgelegt (Anlage 7 zum Schriftsatz des Beklagten vom 3. Juni 2011). Danach hat eine weitere Überprüfung vor Ort ergeben, dass weiterhin keine Lebensraumpotentiale für die Arten Heller Wiesenknopf-Ameisenbläuling und Großer Feuerfalter im Wirkraum des Vorhabens vorhanden seien und der Dunkle Wiesenknopf-Ameisenbläuling im Bereich des Queichtals zwar vereinzelt nachgewiesen sei; doch seien die nächsten Fundorte nördlich der B 10 weit außerhalb des Wirkraums gelegen und insbesondere seien die für die Falterart bedeutsamen Vorkommen der Hauptfutterpflanze im Eingriffsbereich nicht vorhanden. In einer weiteren Stellungnahme vom 26. Januar 2015, die als Anlage 8 zum Schriftsatz des Beklagten vom 18. Februar 2015 zu den Gerichtsakten gereicht wurde, hat der Dipl.-Biologe H. zur Frage von erheblichen Beeinträchtigungen der beiden erhaltungszielbestimmenden Falterarten die vorliegenden Erkenntnisse wie folgt zusammengefasst: Für die Art Dunkler Wiesenknopf-Ameisenbläuling könne zunächst eine Zerschneidung bedeutsamer Teillebensräume infolge der Verwirklichung des planfestgestellten Vorhabens ausgeschlossen werden. Es sei zwar davon auszugehen, dass jeweils nördlich und südlich der B 10 eine Teilpopulation bestehe, da die Art als sehr standorttreu gelte. Zudem seien große Flächenanteile durch Gehölzbestände abgeriegelt, was einen ständigen Austausch zwischen den Teilflächen beidseits der B 10 nicht erwarten lasse. Ein Überfliegen von größeren Gehölzen sei nur ausnahmsweise anzunehmen. Die Tiere orientierten sich an der Blütenvegetation der Krautschicht und breiteten sich über Offenlandbestände und Säume aus. Dabei seien die Lebensstätten immer eng an das Vorkommen der essenziellen Futterpflanze – Großer Wiesenknopf – gebunden. Hauptflugorte seien Saumstandorte mit Wiesenknopf, wie Grabenränder, Böschungen, Dämme oder Feuchtbrachen sowie in Randbereichen von Mähwiesen. Die Hauptgefährdung der lokalen Population im Talraum der Queich bestehe in der fehlenden Nutzung oder einer ungünstigen Nutzung von Grünland. Zudem seien viele Standorte zwischenzeitlich von Neophyten dominiert. Grundsätzlich sei aber ein Austausch zwischen den beiden Teilräumen denkbar, da für die Art häufige Flugdistanzen von 1 bis 3 km bestätigt worden seien. Für das Projektgebiet sei dabei ein möglicher Austausch insbesondere durch den breiten Korridor mit Staudenfluren entlang der Bahnlinie zu vermuten. Ein zweiter Korridor bestehe potentiell entlang des Queichtalweges, allerdings fehlten hierzu aktuell geeignete Flächen mit Vorkommen der Futterpflanze Großer Wiesenknopf. Mit dem geplanten Vorhaben würden diese möglichen Korridore in ihrer Funktionsfähigkeit nicht verändert: Das vorhandene Bauwerk zur Bahnüberführung bleibe unverändert erhalten. Das daneben neu mit Abstand zu errichtende Bahnbauwerk erhalte aufgrund der großen lichten Weite des vorhandenen Bauwerks in Bodennähe die gleichen Abmessungen. Das bestehende Bauwerk zur Queichquerung der B 10 bleibe ebenfalls unverändert. Das zweite Bauwerk erhalte in Bodennähe eine größere lichte Weite. Es sei daher mit hoher Wahrscheinlichkeit anzunehmen, dass bei einer möglichen Nutzung der bahnbegleitenden bzw. gewässerbegleitenden Saumstrukturen durch die Falterart eine Teilverschattung durch ein zweites Bauwerk keine Rolle spielen werde. Darüber hinaus sei für diese Art ein erhebliches Kollisionsrisiko mit signifikanten Auswirkungen auf die Population der Art nicht gegeben. Denn die Bundesstraße verbleibe wie bisher in einer Dammlage mit breiten Böschungen, die vollständig bepflanzt werden. Dieser Heckenriegel verhindere das ungewollte Einfliegen in den Straßenraum, da Einzeltiere damit zum Überfliegen gezwungen würden. Dies werde aber nach allen bisherigen Kenntnissen zur Ausbreitungsökologie der Art nur in ganz seltenen Fällen vorkommen, da der Dunkle Wiesenknopf-Ameisenbläuling stark strukturgebunden in der Krautvegetation fliege. Auch für die Art Großer Feuerfalter sei eine Zerschneidung bedeutsamer Teillebensräume auszuschließen. Für das Queichtal zwischen Landau und Annweiler sei aus mehrjährigen Studien belegt, dass der Falter nur zeitweise den Talraum besiedele. Lokales bis regionales Aussterben und anschließende Wiederbesiedelung seien mehrfach beobachtet worden, so dass auf einen großen Flächenbedarf für langfristig überlebende Vorkommen geschlossen werde. Die Art werde indessen als sehr flugfähig und mobil eingestuft; dabei sei anzunehmen, dass die Art bei einem möglichen Ausbreitungsflug in jedem Fall eine Orientierung an Blütenpflanzen der Krautschicht suche. Auch ein erhebliches Kollisionsrisiko mit signifikanten Auswirkungen auf die Population dieser Art sei nicht gegeben. Zwar sei ein Überfliegen des gehölzbestandenen Straßendammes potentiell möglich, stelle aber eher die Ausnahme dar. Die Strukturbindung an die Blütenfarben bzw. an die Nektarpflanzen führe dazu, dass auch die Ausbreitungsflüge in der überwiegenden Mehrzahl auf Höhe der Krautschicht erfolgten. Im Falle der Queichbrücke sei daher ein Unterfliegen der Brücke zu postulieren, falls dieser Korridor von der Art überhaupt beflogen werden sollte. Diese Erkenntnisse hat der Gutachter bei seiner ergänzenden Anhörung in der mündlichen Verhandlung anhand zur Gerichtsakte gereichter Karten und Luftbilder nochmals erläutert.
- 102
Danach teilt der Senat die Auffassung des Beklagten, dass nach Abschluss der Verträglichkeitsprüfung und mehrfacher Überprüfung ihres Ergebnisses durch aktualisierende Begutachtungen kein vernünftiger Zweifel verbleibt, dass erhebliche Beeinträchtigungen des FFH-Gebiets im Hinblick auf die genannten erhaltungszielbestimmenden Schmetterlingsarten ausgeschlossen erscheinen.
- 103
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sind Maßstab für die Erheblichkeit von Gebietsbeeinträchtigungen i.S.v. § 34 Abs. 2 BNatSchG die für das Gebiet maßgeblichen Erhaltungsziele, also die Festlegungen zur Erhaltung oder Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands der in dem FFH-Gebiet vorkommenden Lebensräume und Arten nach den Anhängen I und II der Habitat-Richtlinie (vgl. z.B. BVerwG, Beschluss vom 10. November 2009 – 9 B 28.09 –, DVBl. 2010, 176 und juris, Rn. 3, m.w.N.). Danach waren hier mögliche Auswirkungen des Vorhabens auf den Erhaltungszustand der drei Schmetterlingsarten „Großer Feuerfalter“, „Dunkler Wiesenknopf-Ameisenbläuling“ und „Großer Mohrbläuling“ (= Heller Wiesenknopf-Ameisenbläuling) im Rahmen der FFH-Verträglichkeitsprüfung zu prüfen, da alle drei Arten in der Anlage I zu § 25 Abs. 2 des Landesnaturschutzgesetzes als maßgebliche Gebietsbestandteile benannt sind und darüber hinaus in der Landesverordnung über die Erhaltungsziele in den Natura 2000-Gebieten (GVBl. 2009, S. 4, 17) als eines der Erhaltungsziele für das FFH-Gebiet „Biosphärenreservat Pfälzerwald“ auch folgendes Ziel benannt wird: „Erhaltung oder Wiederherstellung von nicht intensiv genutzten Mähwiesensystemen, u.a. mit Pfeifengraswiesen und Borstgrasrasen, auch als Lebensräume für Schmetterlinge (insbesondere Maculinea ssp. und Lychaena dispar).“ Zu den Anforderungen an die ordnungsgemäße Durchführung einer FFH-Verträglichkeitsprüfung hat das Bundesverwaltungsgericht in ebenfalls ständiger Rechtsprechung insbesondere ausgeführt: Die Verträglichkeitsprüfung erfordere eine Einzelfallbeurteilung, bei der in einem ersten Schritt eine sorgfältige Bestandserfassung und –bewertung der von dem Projekt betroffenen maßgeblichen Gebietsbestandteile zu erfolgen habe; sodann seien die Einwirkungen zu ermitteln und naturschutzfachlich zu bewerten; ein Projekt ist danach zulässig, wenn nach Abschluss der Verträglichkeitsprüfung kein vernünftiger Zweifel verbleibt, dass erhebliche Beeinträchtigungen vermieden werden; dies setzt die Ausschöpfung aller einschlägigen wissenschaftlichen Mittel und Quellen voraus, wobei es zulässig ist, mit Prognosewahrscheinlichkeiten und Schätzungen zu arbeiten, soweit auch bei Ausschöpfung der einschlägigen Erkenntnismittel nicht ausräumbare Unsicherheiten über Wirkungszusammenhänge verbleiben, sofern dies kenntlich gemacht und begründet wird; dabei können auch Schutz- und Kompensationsmaßnahmen zugunsten des Projekts berücksichtigt werden, sofern sie sicherstellen, dass erhebliche Beeinträchtigungen verhindert werden (vgl. zum Ganzen z.B. BVerwG, Urteil vom 12. März 2008, a.a.O., Rn. 68 und 94).
- 104
Diesen Anforderungen ist vorliegend in Bezug auf die erhaltungszielbestimmenden Schmetterlingsarten in vollem Umfang Rechnung getragen worden. Wie zuletzt in der ergänzenden fachlichen Beurteilung des Gutachters H. vom 25. Januar 2015 aufgrund abermaliger Begehung und Überprüfung der Vegetationsstrukturen unter gleichzeitiger Auswertung der einschlägigen Fachliteratur überzeugend zusammengefasst wurde, gibt es zum einen keine Nachweise für Populationen des Großen Feuerfalters in den Talwiesen zwischen Godramstein und Landau, sondern nur eine Vermutung für das Einfliegen von Einzelexemplaren aus benachbarten Populationen, die aufgrund ihrer Mobilität aber auch größere Entfernungen mit Hindernissen überwinden können. Demgegenüber muss der Helle Wiesenknopf-Ameisenbläuling in den Talwiesen zwischen Godramstein und Landau wie wohl im gesamten Naturraum Pfälzerwald inzwischen als ausgestorben gelten. Der Dunkle Wiesenknopf-Ameisenbläuling kommt zwar in den Talwiesen zwischen Godramstein und Landau noch vor, doch beschränkt sich das Vorkommen auf drei Fundorte, die weit außerhalb des Eingriffsraumes des Vorhabens, nämlich mehr als 400 m von der B 10-Trasse entfernt liegen, wobei es sich um auf natürliche Weise (Gehölzriegel) abgeschottete, aber selbstständig lebensfähige Metapopulationen handelt, zwischen denen aufgrund der geringen Mobilität der Art kein nennenswerter Austausch stattfindet. Falls überhaupt, werden für Wanderungen von Einzelexemplaren nicht der Bereich der B 10-Querung des Queichtals, sondern kleinere Taleinschnitte (Bahnlinie, Wirtschaftsweg) genutzt, die ein Wandern entlang geeigneter Saumstrukturen ermöglichen. Danach erscheinen dem Senat die Schlussfolgerungen der Gutachter der FFH-Verträglichkeitsprüfung, dass erhebliche Beeinträchtigungen des FFH-Gebiets in seinen auf die genannten Schmetterlingsarten bezogenen Erhaltungszielen ausgeschlossen erscheinen, weil weder Lebensräume der Schmetterlinge im Einwirkungsbereich des Vorhabens vorhanden sind noch durch das Vorhaben für die Arten relevante Zerschneidungs- oder Barriereeffekte bewirkt werden und auch keine signifikante Erhöhung des Kollisionsrisikos gegeben ist, in jeder Hinsicht überzeugend. Sie beruhen auf einer sorgfältigen Bestandserfassung und -bewertung, wurden unter Ausschöpfung aller verfügbaren wissenschaftlichen Erkenntnisse getroffen und unter Inanspruchnahme der fachlichen Einschätzungsprärogative nachvollziehbar begründet. Der Kläger hat demgegenüber keine auf einer überlegenen Fachkunde beruhenden konkreten abweichenden Erkenntnisse hinsichtlich des Vorkommens und des Verhaltens der maßgeblichen Falterarten im Queichtal für sich in Anspruch genommen, die Anlass für eine abweichende Beurteilung der Wirkungen des Vorhabens auf die genannten erhaltungszielbestimmenden Falterarten oder für eine abermalige Begutachtung sein könnten.
- 105
Zweifel an der Einschätzung im angefochtenen Planfeststellungsbeschluss, dass das Vorhaben nicht zu erheblichen Beeinträchtigungen des FFH-Gebiets in seinen für die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck maßgeblichen Bestandteilen führen kann, sind schließlich auch nicht deshalb angebracht, weil keine abschnittsübergreifende sog. Dach-FFH-Verträglichkeitsprüfung durchgeführt wurde.
- 106
Der vom Kläger bereits in seinem Einwendungsschreiben geforderten Dach-FFH-Verträglichkeitsprüfung für das gesamte Planungsvorhaben des Ausbaus der B 10 zwischen Pirmasens und Landau bedurfte es nicht. Als „Projekt“ i.S.v. § 34 Abs. 1 BNatSchG, das auf seine Verträglichkeit mit den Erhaltungszielen eines Natura-2000-Gebiets zu überprüfen ist, ist bei fernstraßenrechtlichen Bau- oder Ausbauvorhaben der zulässigerweise gebildete Planungsabschnitt, der Gegenstand des festgestellten Plans ist, anzusehen, hier also der vierstreifige Ausbau der B 10 im Abschnitt zwischen Godramstein und der A 65. Insoweit gilt das zum Projektbegriff im UVP-Recht oben bereits Ausgeführte hier entsprechend. Nur dieser Abschnitt hat daher Gegenstand der FFH-Verträglichkeitsprüfung zu sein. Ergänzend ist gemäß § 34 Abs. 1 Satz 1, 1. Halbsatz BNatSchG lediglich noch zu prüfen, ob das Projekt eventuell (wenn nicht einzeln, so doch) im Zusammenwirken mit anderen Projekten oder Plänen geeignet ist, das Gebiet erheblich zu beeinträchtigen. Diese Frage ist in der FFH-Verträglichkeitsprüfung im Planaufstellungsverfahren untersucht und eindeutig verneint worden (vgl. Planordner 2, Planunterlage 12.4, S. 27 f.), ohne dass dies vom Kläger konkret in Frage gestellt worden ist.
- 107
Danach bleibt festzuhalten, dass nach dem überzeugenden Ergebnis der mehrfach überprüften und ergänzten FFH-Verträglichkeitsprüfung eine erhebliche Beeinträchtigung von Erhaltungszielen des FFH-Gebiets – zumal unter den vom Kläger vorrangig geltend gemachten Gesichtspunkten der Beeinträchtigung zweier Schmetterlingsarten – hinreichend sicher ausgeschlossen werden kann, das Vorhaben also als FFH-verträglich einzustufen ist. Einer Abweichungszulassung nach § 34 Abs. 3 BNatSchG bedurfte es danach nicht.
- 108
Unabhängig davon begegnet aber auch die im Planfeststellungsbeschluss (S. 161 ff.) rein vorsorglich durchgeführte Ausnahmeprüfung keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken:
- 109
Nach § 34 Abs. 3 BNatSchG darf ein Projekt abweichend vom Abs. 2 nur zugelassen oder durchgeführt werden, soweit es aus zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses, einschließlich solcher sozialer oder wirtschaftlicher Art, notwendig ist (Nr. 1) und zumutbare Alternativen, den mit dem Projekt verfolgten Zweck an anderer Stelle ohne oder mit geringeren Beeinträchtigungen zu erreichen, nicht gegeben sind (Nr. 2). Soll ein Projekt nach Abs. 3 zugelassen oder durchgeführt werden, sind zudem die zur Sicherung des Zusammenhangs des Netzes „Natura 2000“ notwendigen Maßnahmen vorzusehen (§ 34 Abs. 5 BNatSchG).
- 110
Unterstellt, das planfestgestellte Vorhaben würde doch zu erheblichen Beeinträchtigungen von Erhaltungszielen des FFH-Gebiets führen, etwa – was allenfalls in Betracht zu ziehen wäre – unter dem Gesichtspunkt von Zerschneidungs- bzw. Barrierewirkungen in Bezug auf Austauschbeziehungen zwischen Teilpopulationen des Großen Feuerfalters und des Dunklen Wiesenknopf-Ameisenbläulings, so lägen jedenfalls die Voraussetzungen für eine Abweichungszulassung nach den genannten Vorschriften vor:
- 111
Das Vorhaben des vierstreifigen Ausbaus der B 10 zwischen Godramstein und der Autobahn A 65 wäre in diesem Falle zunächst als aus zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses notwendig anzusehen. Insoweit hat der Planfeststellungsbeschluss in nicht zu beanstandender Weise die gesetzliche Bedarfsfeststellung und die weiteren, zur Erforderlichkeit der Ausbaumaßnahme angeführten Gründe, insbesondere das Ziel der Erhöhung der Verkehrssicherheit, ins Feld geführt. In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass die gesetzliche Bedarfsfeststellung einem Planvorhaben einen besonderen Stellenwert verleiht, der in der Interessenabwägung mit hohem Gewicht zu Buche schlägt (vgl. z. B. BVerwG, Urteil vom 12. März 2008, a.a.O., Rn. 159, m.w.N.). Wie oben bereits ausgeführt, kommt dabei der Einstufung in den Weiteren Bedarf mit Planungsrecht keine „graduelle Minderwertigkeit“ zu; vielmehr entspricht auch ein solches Vorhaben den Zielvorstellungen des § 1 Abs. 1 Fernstraßengesetz, ihm kommt nur bei der konkreten Bereitstellung finanzieller Mittel ein grundsätzlicher Nachrang gegenüber Vorhaben des „Vordringlichen Bedarfs“ zu, der aber die Gewichtigkeit der mit ihm verfolgten Planungsziele als zwingende öffentliche Interessen nicht entscheidend mindert. Der Planfeststellungsbeschluss hat auch eine konkrete „bipolare Abwägung“ zwischen den für das Vorhaben sprechenden Gründen des öffentlichen Interesses und dem Integrationsinteresse des FFH-Gebietes vorgenommen (vgl. auch dazu: BVerwG, Urteil vom 12. März 2008, a.a.O., Rn. 154 und 165) und ist ohne erkennbaren Abwägungsfehler zu dem Ergebnis gelangt, dass die für das Vorhaben sprechenden Gründe die (wenn überhaupt) allenfalls geringfügigen Beeinträchtigungen des Habitatschutzes klar überwiegen. Auf die Frage, ob die Verkehrsprognose methodisch und im Ergebnis in jeder Hinsicht beanstandungsfrei ist, kommt es auch hier angesichts des Gewichts der gesetzlichen Bedarfsfeststellung und der bereits im Ist-Zustand bestehenden hohen Verkehrsbelastung, die – wie ausgeführt – allein schon einen vierstreifigen Ausbau rechtfertigen würde, letztlich nicht an.
- 112
Der Planfeststellungsbeschluss hat auch eine nicht zu beanstandende Alternativenprüfung vorgenommen, die zutreffend zu dem Ergebnis gelangt ist, dass es keine zumutbaren Alternativen gibt, den mit dem Projekt verfolgten Zweck an anderer Stelle oder mit geringeren Beeinträchtigungen des Habitatschutzes zu erreichen. Dabei hat er sich an der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts orientiert, wonach eine Alternativlösung i.S.v. § 34 Abs. 3 Nr. 2 BNatSchG voraussetzt, dass sich die zulässigerweise verfolgten Planungsziele trotz gegebenenfalls hinnehmbarer Abstriche auch mit ihr erreichen lassen (vgl. z.B. BVerwG, Urteil vom 12. März 2008, a.a.O., Rn. 170, m.w.N.). Da alle denkbaren Trassenalternativen jenseits einer bloßen Erweiterung der bestehenden dreistreifigen B 10 um eine weitere Fahrspur, also namentlich Neubautrassen, zwangsläufig mit wesentlich gravierenderen Eingriffen in Natur und Landschaft verbunden wären und daher von vorneherein ausscheiden, waren letztlich nur Varianten der gewählten Trasse (Anbau im Norden oder im Süden) näher zu erörtern. Der Planfeststellungsbeschluss hat insoweit in jeder Hinsicht überzeugend dargelegt, dass mit dem ausgewählten alternierenden Anbau sowohl die Belange des Habitatschutzes als auch andere Umweltbelange die größtmögliche Schonung erfahren. Dies ist vom Kläger nicht substantiiert in Frage gestellt worden.
- 113
Der Planfeststellungsbeschluss sieht schließlich auch in ausreichendem Umfang Vermeidungs-, Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen vor, die bei Unterstellung einer (allenfalls geringfügig) die Schwelle der Erheblichkeit übersteigenden Beeinträchtigung von Erhaltungszielen des FFH-Gebiets geeignet erscheinen, den Schutz der globalen Kohärenz des Natura 2000-Netzes sicherzustellen. Dabei hat er sich an den diesbezüglichen Grundsätzen der Rechtsprechung orientiert; diesen zufolge ist es Aufgabe der Kohärenzsicherungsmaßnahmen, die zu dem Projekt hinzutreten, die Funktionseinbuße für die Erhaltungsziele zu kompensieren (vgl. z.B. BVerwG, Urteil vom 13. Mai 2009 – 9 A 73.07 –, NuR 2009, 711 und juris, Rn. 69, m.w.N.). Dabei ist der Funktionsbezug das maßgebliche Kriterium insbesondere auch zur Bestimmung des notwendigen räumlichen und zeitlichen Zusammenhangs zwischen Gebietsbeeinträchtigung und Kohärenzsicherung. Der Ausgleich muss aber nicht notwendig unmittelbar am Ort der Beeinträchtigung erfolgen, sondern es genügt, dass die Einbuße ersetzt wird, die das Gebiet hinsichtlich seiner Funktion für die biogeografische Verteilung der beeinträchtigten Lebensräume und Arten erleidet. In zeitlicher Hinsicht muss mindestens sichergestellt sein, dass das Gebiet unter dem Aspekt des beeinträchtigten Erhaltungsziels nicht irreversibel geschädigt wird. Ist das gewährleistet, lässt sich die Beeinträchtigung aber – wie im Regelfall – nicht zeitnah ausgleichen, so ist es hinnehmbar, wenn die Kohärenzsicherungsmaßnahmen rechtzeitig bis zur Vollendung des Vorhabens ergriffen werden, die Funktionseinbuße hingegen erst auf längere Sicht wettgemacht wird. Dabei ist die Eignung einer Kohärenzsicherungsmaßnahme ausschließlich nach naturschutzfachlichen Maßstäben zu beurteilen, wobei der Planfeststellungsbehörde eine naturschutzfachliche Einschätzungsprärogative zukommt (vgl. zum Ganzen insbesondere BVerwG, Urteil vom 12. März 2008, a.a.O., Rn. 200 ff.).
- 114
Hieran orientiert hat der Planfeststellungsbeschluss im Einzelnen dargelegt, inwiefern bestimmten der vorgesehenen Maßnahmen – unabhängig davon, ob sie innerhalb oder außerhalb des FFH-Gebiets vorgenommen werden sollen – positive Auswirkungen auf das FFH-Gebiet attestiert werden können, indem sie zu einer Aufwertung von Lebensräumen für erhaltungszielbestimmende Arten (namentlich Fledermäuse, Schmetterlinge) führen oder als Vermeidungsmaßnahmen zum Beispiel Kollisionsrisiken für solchen Arten mindern. Die vom Kläger an der Eignung oder Wirksamkeit einzelner Maßnahmen geäußerten Zweifel sind teilweise irrelevant, soweit sie sich etwa auf eine Kompensation von Beeinträchtigungen des Lebensraumtyps 91E0* beziehen, da ein Vorkommen dieses Lebensraumtyps im Wirkraum der Planung ausgeschlossen werden konnte. Im Übrigen ist ihnen der Beklagte überzeugend entgegengetreten.
- 115
bb. Des Weiteren lässt der Planfeststellungsbeschluss im Hinblick auf die Anforderungen des europäischen und nationalen Artenschutzrechts keine Defizite erkennen. Namentlich stehen der Verwirklichung des planfestgestellten Vorhabens die zwingenden Regelungen der §§ 44 ff. BNatSchG in Bezug auf besonders geschützte Arten nicht entgegen.
- 116
Nach den in § 44 BNatSchG normierten Verbotstatbeständen, bei deren Erfüllung ein Vorhaben grundsätzlich unzulässig ist, ist es insbesondere verboten, wildlebenden Tieren der besonders geschützten Arten nachzustellen, sie zu fangen, zu verletzen oder zu töten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören (Nr. 1), wildlebende Tiere der streng geschützten Arten und der europäischen Vogelarten während der Fortpflanzungs-, Aufzucht-, Mauser-, Überwinterungs- und Wanderungszeiten erheblich zu stören, wobei eine erhebliche Störung nur vorliegt, wenn sich durch die Störung der Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art verschlechtert (Nr. 2), und Fortpflanzungs- oder Ruhestätten der wildlebenden Tiere der besonders geschützten Arten aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören (Nr. 3). Für Vorhaben, die – wie das in Rede stehende fernstraßenrechtliche Ausbauvorhaben (vgl. dazu unten unter cc.) – einen nach Maßgabe des § 15 BNatSchG zulässigen Eingriff in Natur und Landschaft darstellen, trifft § 44 Abs. 5 BNatSchG ergänzende Regelungen: Bei solchen Vorhaben liegt gemäß § 44 Abs. 5 Satz 2, wenn in Anhang IV a der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführte Tierarten, europäische Vogelarten oder in einer Rechtsverordnung nach § 54 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG aufgeführte Arten betroffen sind, ein Verstoß gegen das Verbot des Abs. 1 Nr. 1 und im Hinblick auf damit verbundene unvermeidbare Beeinträchtigungen wildlebender Tiere auch gegen das Verbot des Abs. 1 Nr. 1 nicht vor, soweit die ökologische Funktion der von dem Eingriff oder Vorhaben betroffenen Fortpflanzungs- oder Ruhestätten im räumlichen Zusammenhang weiterhin erfüllt wird.
- 117
Diesen Anforderungen hat der angefochtene Planfeststellungsbeschluss hinreichend Rechnung getragen.
- 118
Der Planfeststellungsbeschluss handelt die Vereinbarkeit des Vorhabens mit dem europäischen und nationalen Artenschutzrecht umfassend ab und gelangt – gestützt im Wesentlichen auf die im Planfeststellungsverfahren eingeholten und mehrfach überarbeiteten beiden Fachbeiträge „Streng geschützte Arten“ (Planordner 2, Anlage 12.3.1) sowie „Besonders geschützte Arten“ (Planordner 2, Anlage 12.3.2) – zu folgenden Ergebnissen: Unter Berücksichtigung der konkreten Ausgestaltung der Baumaßnahme, der in der Planung enthaltenen naturschutzfachlichen Maßnahmen, der naturschutzfachlichen Bewertungen der Sachverständigen sowie der im Planfeststellungsbeschluss getroffenen Regelungen komme es nicht zur Erfüllung von Verbotstatbeständen des § 44 Abs. 1 i.V.m. Abs. 5 BNatSchG im Hinblick auf Arten des Anhangs IV der FFH-Richtlinie oder im Hinblick auf europäische Vogelarten. Insbesondere führe das planfestgestellte Vorhaben bau-, anlagen- und betriebsbedingt nicht zur Beschädigung oder Zerstörung von Ruhe- und Fortpflanzungsstätten dieser Arten, deren ökologische Funktion im räumlichen Zusammenhang nicht gewahrt werde; ebenso wenig würden erhebliche Störungen i.S.v. § 44 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG verursacht; schließlich würden auch keine Tötungen i.S.v. § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG ausgelöst. Die Voraussetzungen der dennoch dem Vorhabenträger vorsorglich erteilten Ausnahmegenehmigungen nach § 45 Abs. 7 BNatSchG sowie höchstvorsorglich erteilten Befreiung nach § 67 BNatSchG lägen jedoch vor; namentlich stritten für die Baumaßnahme zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses und es gebe für das Vorhaben in seiner konkreten Ausgestaltung auch keine zumutbaren Planungsalternativen und eine Verschlechterung des Erhaltungszustands der Populationen der im Planbereich vorkommenden besonders geschützten Arten sei nicht zu erwarten.
- 119
Nachdem der Kläger in seinem Einwendungsschreiben noch umfangreichere artenschutzrechtliche Einwendungen erhoben hatte, hat er im gerichtlichen Verfahren – neben Rechtsausführungen – von diesen Einwendungen im Wesentlichen nur noch folgende konkrete Gesichtspunkte weiterverfolgt: Aus dem Fachbeitrag Planunterlage 12.3.2 ergäben sich keine hinreichenden Hinweise auf Größe und Raumanspruch der jeweiligen lokalen Populationen, weshalb eine Beurteilung, ob vereinzelte Tötungen von Tieren zu negativen Auswirkungen auf die jeweilige lokale Population führen, nicht möglich sei. Deshalb seien auch keine Aussagen zu etwaigen Ausnahmen oder Befreiungen möglich, zumal deren Voraussetzungen aus klägerischer Sicht ohnehin nicht zu begründen seien. Die Unkenntnis populationsbezogener Daten schlage auch auf die in Kapitel C II 1, 4. Spiegelstrich des Planfeststellungsbeschlusses vorgesehene Auflage der Errichtung einer ohnehin dringend gebotenen Überflughilfe für Vögel und Fledermäuse durch; denn nach Kapitel C II 1, 5. Spiegelstrich solle die optimale Ausgestaltung der Überflughilfen erst im Vorfeld der Baumaßnahmen mit Hilfe von Untersuchungen durch Fledermausexperten eruiert werden, womit letztlich eine nachträgliche Bestandserhebung angeordnet werde. Gerade im Bereich der Fledermäuse finde nur eine Betrachtung von Hypothesen statt, ohne dass eine sachgerechte Konfliktlösung bewerkstelligt und eine hinreichende Abwägung bei der Ausnahme und Befreiungsentscheidung vorgenommen worden sei.
- 120
Diese Ausführungen des Klägers sind jedoch nicht geeignet, artenschutzrechtliche Defizite des Planfeststellungsbeschlusses zu begründen:
- 121
Zunächst sind aus Sicht des Senats keine Zweifel daran veranlasst, dass die Ermittlung und Bestandsaufnahme der im Wirkraum des Vorhabens vorhandenen Tierarten den Anforderungen der Rechtsprechung an Art und Umfang, Methodik und Untersuchungstiefe erforderlicher fachgutachterlicher Untersuchungen entspricht. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts setzt die Prüfung, ob einem Planvorhaben artenschutzrechtliche Verbotstatbestände entgegenstehen, eine ausreichende Ermittlung und Bestandsaufnahme der im Trassenbereich vorhandenen Tierarten und ihrer Lebensräume voraus. Dabei muss jedoch kein lückenloses Arteninventar erstellt werden; lassen bestimmte Vegetationsstrukturen sichere Rückschlüsse auf die faunistische Ausstattung zu, kann es vielmehr mit der gezielten Erhebung der insoweit maßgeblichen repräsentativen Daten sein Bewenden haben. Um die Planfeststellungsbehörde in die Lage zu versetzen, die tatbestandlichen Voraussetzungen der Verbotstatbestände zu überprüfen, benötigt sie aber jedenfalls Daten, denen sich in Bezug auf das Plangebiet die Häufigkeit und Verteilung der geschützten Arten sowie deren Lebensstätten entnehmen lassen (vgl. zum Ganzen z.B. BVerwG, Urteil vom 9. Juli 2008 – 9 A 14.07 –, BVerwGE 131, 274 und juris, Rn. 54, m.w.N.). Die artenschutzrechtliche Prüfung hat bei der Erfassung und Bewertung möglicher Betroffenheiten nach ausschließlich wissenschaftlichen Kriterien zu erfolgen, wobei der Planfeststellungsbehörde insoweit eine naturschutzfachliche Einschätzungsprärogative zusteht (vgl. BVerwG, Urteil vom 9. Juli 2008, a.a.O., Rn. 64 f.).
- 122
Danach kann hier festgestellt werden, dass die beiden Fachbeiträge Artenschutz – insbesondere in der letzten, an den § 44 ff. BNatSchG i.d.F. vom 29.Juli 2009 orientierten Überarbeitung vom August 2010 – umfassende Darstellungen der im Wirkraum der Planung aufgrund der naturräumlichen Verhältnisse und der Vegetationsausstattung zu erwartenden, besonders und streng geschützten Tier- (und Pflanzen-)Arten enthalten, die sowohl auf einer Auswertung einschlägiger Datenbanken und Fachliteratur als auch auf eigenen Erhebungen bei mehreren Begehungen beruhen. Hinsichtlich jeder Art werden Angaben zu deren (gegebenenfalls nur potentiellem) Vorkommen im Untersuchungsgebiet sowie – darauf beruhend – zum Erhaltungszustand der lokalen Population gemacht. Sodann wird für jede Art deren anlage-, bau- und betriebsbedingte Betroffenheit dargestellt und es werden artspezifische Vermeidungsmaßnahmen hinsichtlich des Tötungsverbots des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG vorgeschlagen. Zusätzlich erfolgt jeweils eine Prognose und Bewertung hinsichtlich der Schädigungstatbestände des § 44 Abs. 1 Nr. 3 und der Störungsverbotstatbestände nach § 44 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG. Dabei gelangt die Untersuchung jeweils zu dem Ergebnis, dass die artenschutzrechtlichen Verbotstatbestände bei Berücksichtigung der im Einzelnen benannten Vermeidungs- und Schadensbegrenzungsmaßnahmen nicht erfüllt werden. Unabhängig davon werden vorsorglich naturschutzfachliche Gründe für eine Ausnahmeerteilung nach § 45 Abs. 7 BNatSchG benannt, wonach in allen Fällen keine (weitere) Verschlechterung des (günstigen oder teilweise auch ungünstigen) Erhaltungszustands der jeweiligen lokalen Population zu erwarten sei. Rechtserhebliche Defizite sind insoweit nicht erkennbar und werden auch vom Kläger nicht substantiiert – etwa unter Hinweis auf abweichende naturschutzfachliche Erkenntnisse – dargelegt.
- 123
Soweit der Kläger Angaben über die Größe und den Raumanspruch der jeweiligen lokalen Population vermisst, bleibt zu sehen, dass nach der Rechtsprechung gerade kein lückenloses Arteninventar zu erstellen ist, soweit – wie hier – bestimmte Vegetationsstrukturen sichere Rückschlüsse auf die faunistische Ausstattung zulassen. Ebenso wenig bedarf es einer flächendeckenden Individuen- oder Fortpflanzungsstättenzählung, zumal im Einwirkungsbereich der Planung ohnehin aufgrund der starken Vorbelastung durch die vorhandene Straße die meisten Anhang IV-Arten mangels Attraktivität des Umfelds nur allenfalls potentiell vorkommen, während bei den tatsächlich vorkommenden europäischen Vogelarten ubiquitäre Allerweltsarten dominieren.
- 124
Was schließlich die Kritik des Klägers an dem in Kapitel C II. Nr. 1, 5. Spiegelstrich des Planfeststellungsbeschlusses angeordneten Monitoring durch Fledermausexperten zur Absicherung der genauen Anforderungen an die Überflughilfen für Fledermausarten angeht, kann keine Rede davon sein, dass hier eine nachträgliche Bestandserhebung zur Ausräumung von Defiziten der Bestandsermittlung im Planfeststellungsverfahren angeordnet würde. Wie dargelegt sind Defizite der Bestandsermittlung und -bewertung in Bezug auf keine der potentiell vorkommenden Anhang IV-Arten einschließlich der Fledermäuse feststellbar. Vielmehr handelt es sich bei der Monitoringauflage um eine vorsorgliche Maßnahme im Rahmen eines Risikomanagements, um etwaigen Veränderungen des Fledermausartenspektrums im Untersuchungsraum bis zur baulichen Umsetzung des Vorhabens durch genauere Gestaltung der Überflughilfen aufgrund aktualisierter Bestandserfassungen möglichst optimal Rechnung tragen zu können. Dies steht im Einklang mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung (vgl. z.B. BVerwG, Urteil vom 12. August 2009 – 9 A 64.07 –, BVerwGE 134, 308 und juris, Rn. 92).
- 125
Ist danach die Schlussfolgerung des Planfeststellungsbeschlusses, dass die Planung unter Berücksichtigung der konkreten Ausgestaltung der Baumaßnahme, der in der Planung enthaltenen naturschutzfachlichen Maßnahmen sowie der im Planfeststellungsbeschluss getroffenen Regelungen nicht zur Erfüllung artenschutzrechtlicher Verbotstatbestände in Bezug auf Anhang IV- und europäische Vogelarten führen wird, nicht zu beanstanden, so hätte es an sich der (vorsorglichen) Erteilung von artenschutzrechtlichen Ausnahmegenehmigungen und sogar Befreiungen nach Kapitel A VI. des Planfeststellungsbeschlusses nicht bedurft. Indessen bestehen aber auch keine Zweifel daran, dass die Voraussetzungen des § 45 Abs. 7 BNatSchG für eine Ausnahmeerteilung vorliegen, da aus den bereits in der habitatschutzrechtlichen Ausnahmeprüfung genannten Gründen zum einen zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses i.S.v. § 45 Abs. 7 Satz 1 Nr. 5 BNatSchG für das Vorhaben streiten und zum anderen zumutbare Alternativen i.S.v. § 45 Abs. 7 Satz 3, 1. Halbsatz BNatSchG nicht gegeben sind. Darüber hinaus ist in den artenschutzrechtlichen Fachbeiträgen für jede (potentiell) betroffene Art überzeugend dargestellt worden, dass sich der Erhaltungszustand der Population auch bei einzelnen Verlusten von Individuen der Art nicht weiter verschlechtern wird (§ 45 Abs. 7 Satz 2, 2. Halbsatz BNatSchG).
- 126
cc. Der Planfeststellungsbeschluss steht schließlich auch mit der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung gemäß §§ 14 ff. BNatSchG im Einklang.
- 127
Da die Verwirklichung des planfestgestellten Straßenausbauvorhabens nach der Darstellung in dem zu den Planunterlagen zählenden Fachbeitrag Naturschutz (Planordner 2, Anlage 12.0, S. 38 ff.) mit einer Vielzahl von bau-, anlage- und betriebsbedingten Auswirkungen auf Natur und Landschaft verbunden ist, die als Eingriffe i.S.v. § 14 Abs. 1 BNatSchG zu werten sind, sieht der Planfeststellungsbeschluss in seinem verfügenden Teil eine große Zahl von Vermeidungs-, Minimierungs- und Kompensationsmaßnahmen vor, die neben gebiets- und artenschutzrechtlichen Zielsetzungen auch (zum Teil multifunktional) dem Eingriffsausgleich dienen und dem Straßenbaulastträger zur Beachtung und Durchführung auferlegt werden (vgl. Kapitel C, II., Nr. 1 des Planfeststellungsbeschlusses). Darüber hinaus werden in Kapitel C, II., Nrn. 2 bis 4 bestimmte landespflegerische Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen konkret festgelegt. Ferner enthält der Planfeststellungsbeschluss in Kapitel C, II., Nrn. 5 bis 9 weitere Regelungen mit teilweisem Bezug zur Eingriffsregelung. In der Begründung des Planfeststellungsbeschlusses (S. 149 bis 252) wird näher erläutert, inwiefern den Anforderungen der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung Genüge getan wurde; das Konzept zur Vermeidung, zum Ausgleich und zum Ersatz von Eingriffen beruht auf den im Planfeststellungsverfahren vom Büro S. erstellten „Fachbeitrag Naturschutz“ (Planordner 2, Anlage 12, mit Erläuterungsbericht 12.0 nebst Anhang I „Maßnahmenverzeichnis“).
- 128
Während der Kläger im Einwendungsschreiben vom 15. Mai 2007 sich noch ausführlicher mit den vorgesehenen Eingriffen in Natur und Landschaft auseinandergesetzt und eine Reihe aus seiner Sicht bestehende Defizite gerügt hatte, hat er im gerichtlichen Verfahren das Eingriffs- und Ausgleichskonzept des Planfeststellungsbeschlusses nicht grundsätzlich, sondern nur noch punktuell unter folgenden zwei Gesichtspunkten angegriffen: Zum einen hat er die Regelung in Kapitel C, II., Nr. 2 des Planfeststellungsbeschlusses aufgegriffen, nach der die landespflegerischen Maßnahmen 2.4 E AB (Erweiterung Bachuferwald an der Queich, ca. 1.500 m²) und 3.2 E AB (Extensivierung Uferrandstreifen an der Queich, ca. 1.200 m²) – auf als berechtigt anerkannte Einwendung u.a. des Klägers – an eine andere Stelle verlegt werden sollen, wobei der neue Standort der Maßnahmen und deren Ausgestaltung mit der oberen Naturschutzbehörde abzustimmen sind. Insoweit rügt der Kläger, dass es an einer hinreichenden tatsächlichen und rechtlichen Sicherung der beiden Maßnahmen fehle. Zum anderen schließt der Kläger aus der in derselben Regelung des Planfeststellungsbeschlusses enthaltenen weiteren Auflage, dass „in diesem Zusammenhang … auch der Verlust von ca. 400 m² Gehölzfläche sowie von ca. 150 m² Röhricht-Staudenflur zu kompensieren“ sei, dass sich dahinter ein weiterer, bisher nicht offengelegter Eingriff in Natur und Landschaft verberge. Hieraus folgert der Kläger, dass der Planfeststellungsbeschluss nicht den gesetzlichen Anforderungen an die Kompensation gemäß § 17 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 BNatSchG genüge und auch deshalb rechtswidrig sei.
- 129
Die Kritik des Klägers ist auch in diesen beiden Punkten nicht stichhaltig:
- 130
Entgegen der Annahme des Klägers bestehen zunächst keine durchgreifenden Bedenken daran, dass die Umsetzung der Maßnahmen 2.4 E AB und 3.2 E AB auch nach Aufgabe des bisher vorgesehenen Standorts (Parzelle 1704/2) wegen festgestellter mangelnder Eignung in ausreichender Weise gesichert ist. Wie der Beklagte überzeugend ausgeführt hat, sind die Maßnahmen zum einen inhaltlich durch Aufnahme in den landespflegerischen Begleitplan und dessen Einbeziehung in die festgestellten Planunterlagen hinreichend bestimmt; durch Verfügung gemäß Kapitel B Nr. 7 des Planfeststellungsbeschlusses ist dem Vorhabenträger der Eingriffsausgleich nach Maßnahme des landespflegerischen Begleitplans auch verbindlich auferlegt worden. Mit der Anordnung in Kapitel C II., Nr. 2 Satz 2 und 3, wonach der neue Standort der Maßnahmen und deren Ausgestaltung mit der Oberen Naturschutzbehörde abzustimmen und die Realisierbarkeit der Maßnahme am neuen Standort der Planfeststellungsbehörde gegenüber vor Baubeginn nachzuweisen ist, erscheint hinreichend gewährleistet, dass durch die Verlegung an einen anderen Standort keine quantitativen oder qualitativen Einbußen hinsichtlich der in den Planunterlagen beschriebenen Kompensationsziele beider Maßnahmen auftreten werden und die Baumaßnahme auch nicht ohne die Ersatzmaßnahmen ausgeführt werden darf. Die in Kapitel C II. Nr. 2 vorgesehene Möglichkeit, die beiden landespflegerischen Maßnahmen in Abstimmung mit der Oberen Naturschutzbehörde auf anderen als den im landespflegerischen Begleitplan ursprünglich dafür vorgesehenen Flächen zu verwirklichen, ist im Übrigen als Planvorbehalt gemäß § 74 Abs. 3 VwVfG zulässig (vgl. dazu OVG RP, Urteil vom 10. März 2009 – 8 C 10435/08.OVG –, NuR 2009, S. 636 und juris, Rn. 92, m.w.N.).
- 131
Ebenso wenig ist die Auflagenregelung in Kapitel C II. Nr. 2, Satz 4 zu beanstanden. Wie der Beklagte nachvollziehbar dargelegt hat, handelt es sich bei dem dort angesprochenen Verlust von ca. 400 m² Gehölzfläche sowie von ca. 150 m² Röhricht bzw. Staudenflur um ein zusätzliches Kompensationsdefizit, das erst aufgrund einer Überprüfung früherer Vegetationskartierungen bei einer Begehung im März 2010 durch den Dipl.-Biologen H. festgestellt worden ist. Es kann dem Planfeststellungsbeschluss nicht mit Erfolg vorgehalten werden, dass insoweit ein nachträglich festgestelltes Kompensationsdefizit offengelegt wird, nachdem gleichzeitig dem sich daraus ergebenden zusätzlichen Kompensationsbedarf durch die angesprochene Auflage Rechnung getragen wird.
- 132
Da im Übrigen Defizite des Eingriffs-Ausgleichskonzepts des Planfeststellungsbeschlusses vom Kläger nicht mehr konkret gerügt werden und auch aus Sicht des Senats in keiner Weise ersichtlich sind, steht der Planfeststellungsbeschluss auch mit den Anforderungen der §§ 14 ff. BNatSchG insgesamt im Einklang.
- 133
c. Letztendlich genügt der angegriffene Planfeststellungsbeschluss auch den Anforderungen des fachplanerischen Abwägungsgebots.
- 134
Nach § 17 Satz 2 FStrG sind bei der Planfeststellung für den Ausbau einer Bundesfernstraße die von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange einschließlich der Umweltverträglichkeit im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigen.
- 135
Auch in Bezug auf die Vereinbarkeit des Planfeststellungsbeschlusses mit § 17 Satz 2 FStrG ist daran festzuhalten, dass es sich bei dem Abwägungsgebot nur insoweit um eine „dem Umweltschutz dienende Vorschrift“ im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 1 UmwRG handelt, als es sich auf die abwägungsbeachtlichen Belange des Umweltschutzes bezieht (vgl. z. B. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 14. Oktober 2010 – 8 C 10233/14.OVG –, a.a.O., Rdnr. 39, unter Hinweis auf Fellenberg/Schiller, a.a.O., § 2 UmwRG, Rdnr. 16, m.w.N.). Das Rügerecht des Klägers ist daher darauf beschränkt, Abwägungsfehler in Bezug auf die abwägungserheblichen Belange des Umweltschutzes geltend zu machen.
- 136
Der Planfeststellungsbeschluss leidet indessen an keinem Abwägungsfehler, der sich – zumindest mittelbar – auf die von der Planung berührten Umweltbelange auswirken könnte.
- 137
aa. Der Planfeststellungsbeschluss genügt zunächst den Anforderungen an die als wesentlicher Aspekt des Abwägungsgebots anzusehende Prüfung von Alternativen zu dem beantragten Vorhaben, und zwar namentlich im Hinblick auf etwaige die betroffenen Umweltbelange schonendere Alternativlösungen, was der Kläger als Umweltverein gemäß § 2 Abs. 1 UmwRG allein rügen kann.
- 138
Grundsätzlich hat die Planfeststellungsbehörde alle in Betracht kommenden Alternativen – einschließlich der Nullvariante – in den Blick zu nehmen und ihre Eignung für das geplante Projekt - zumindest grob - zu prüfen (vgl. z. B. BVerwG, Urteil vom 3. März 2011 – 9 A 8.10 –, BVerwGE 139, 150 und juris, Rn. 65, sowie Urteil vom 24. November 2010 – 9 A 13.09 –, BVerwGE 138, 225 und juris, Rn. 62).
- 139
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts handelt eine Planfeststellungsbehörde bei der Prüfung von Alternativen für ein fernstraßenrechtliches Ausbauvorhaben nicht schon dann fehlerhaft, wenn eine andere als die von ihr bevorzugte Trassenführung ebenfalls mit guten Gründen vertretbar gewesen wäre. Die Grenze der planerischen Gestaltungsfreiheit bei der Auswahl zwischen verschiedenen Trassenvarianten ist erst dann überschritten, wenn eine alternative Linienführung sich unter Berücksichtigung aller abwägungserheblichen Belange eindeutig als die bessere, weil öffentliche und private Belange insgesamt schonendere darstellen würde, wenn sich mit anderen Worten diese Lösung der Behörde hätte aufdrängen müssen. Dabei ist die Behörde allerdings nicht verpflichtet, die Variantenprüfung bis zuletzt offen zu halten und alle von ihr zu einem bestimmten Zeitpunkt erwogenen oder ihr vorgeschlagenen Alternativen gleichermaßen detailliert und umfassend zu untersuchen. Auch im Bereich der Planungsalternativen braucht sie den Sachverhalt nur so weit aufzuklären, wie dies für eine sachgerechte Entscheidung und eine zweckmäßige Gestaltung des Verfahrens erforderlich ist. Sie ist befugt, eine Alternative, die ihr auf der Grundlage einer Grobanalyse als weniger geeignet erscheint, schon in einem frühen Verfahrensstadium auszuscheiden. Ein Abwägungsfehler liegt auch in diesem Fall erst vor, wenn sich die nicht näher untersuchte Lösung der Behörde hätte aufdrängen müssen (vgl. BVerwG, Urteil vom 19. Juli 2008 - 9 A 14.07 -, BVerwGE 131, 274 und juris, Rn. 135, m.w.N.).
- 140
Gemessen an diesen Maßstäben ist der angefochtene Planfeststellungsbeschluss nicht zu beanstanden. Er enthält zunächst in Kapitel E IV. 5. im Zusammenhang mit der Planrechtfertigung unter „Planungsvarianten“ eine sehr weit gefasste Auseinandersetzung mit Planungsalternativen einschließlich der „Nullvariante“ sowie einer Verbesserung des öffentlichen Personennahverkehrs (Ausbau der Queichtalbahn) und einer Verlagerung von Lkw-Transitverkehren auf die Schiene als theoretisch denkbaren Alternativen im weitesten Sinne, wobei beides mit Blick auf die gesetzliche Bedarfsfeststellung für einen vierstreifigen Ausbau der B 10 als nicht planungszielkonform verworfen wird. Daneben setzt sich der Planfeststellungsbeschluss in diesem Zusammenhang mit von der Einwenderseite ins Spiel gebrachten Ausbauvarianten (Beibehaltung des dreistreifigen Querschnitts mit Verbesserungen der Verkehrsführung, Wahl eines Querschnitts ohne Standstreifen etc.) auseinander und verwirft auch diese unter Hinweis auf ihre Unvereinbarkeit mit den Anforderungen an die Verkehrssicherheit. Schließlich wird die Wahl der Vorzugsvariante - Anbau eines weiteren Fahrstreifens an die bestehende Bundesstraße - als die die betroffenen Umwelt- und privaten Eigentumsbelange insgesamt schonendste Ausbauvariante begründet; die Wahl des konkreten Ausbauquerschnitts SQ 26 wird in Kapitel E. V. 1. nochmals eingehend erläutert. Im Übrigen wird im Rahmen der vorsorglichen Abweichungsprüfung im Habitatschutzrecht sowie der vorsorglichen Ausnahmeerteilung im Artenschutzrecht bei der Frage nach zumutbaren Alternativen auf diese Ausführungen zu den Planungsvarianten verwiesen.
- 141
Der Kläger hat im gerichtlichen Verfahren das Thema „Alternativenprüfung“ nur noch punktuell und eher kursorisch angesprochen. So hat er im Zusammenhang mit der Kritik an der Verkehrsprognose von M. die fehlende Berechnung eines „echten Prognose-Nullfalls (kein Ausbau des planfestgestellten Abschnitts)“ gerügt. Ferner hat er im Zusammenhang mit seinem Vortrag zur Notwendigkeit und zu den Anforderungen einer habitatschutzrechtlichen Abweichungsprüfung eher pauschal vorgetragen, der Nachweis des Fehlens einer zumutbaren Alternative mit geringeren oder keinen Beeinträchtigungen sei „ganz sicher nicht erbracht worden“, insbesondere fehle es an einer Prüfung, ob nicht auch eine Trasse in schmalerer Ausführung zur Querung des FFH-Gebietes möglich sei.
- 142
Diese Kritikpunkte treffen nicht zu. So beinhalten die Verkehrsuntersuchungen von M., die der Planung zugrunde gelegt wurden, auch Prognosen für den sog. „Analyse-Nullfall“; darüber hinaus wurde in der im gerichtlichen Verfahren vorgelegten ergänzenden Verkehrsuntersuchung vom 20. März 2014 (Verkehrsanalyse 2013/Verkehrsprognose 2030) auch ein Analyse-Nullfall untersucht, der nur den Verzicht auf den planfestgestellten Abschnitt umfasst. Im Übrigen ergibt sich bereits aus dem oben Gesagten, dass sich der Planfeststellungsbeschluss auch mit anderen Ausbauvarianten einschließlich geringerer Ausbauquerschnitte eingehend auseinander gesetzt hat. Es ist jedenfalls nichts dafür ersichtlich, dass die Erwägungen des Planfeststellungsbeschlusses zu den Planungsvarianten den – gegenüber den Anforderungen z. B. des § 34 Abs. 3 Nr. 2 BNatSchG weniger strengen – Maßgaben der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Alternativenprüfung im Rahmen der fachplanerischen Abwägung nicht genügen könnten. Insbesondere ist weder konkret vorgetragen worden noch sonst ersichtlich, dass der Planfeststellungsbeschluss bei der Zusammenstellung des Abwägungsmaterials eine ernsthaft in Betracht kommende Alternativlösung unberücksichtigt gelassen oder nicht mit der ihr zukommenden Bedeutung in die vergleichende Prüfung der von den möglichen Alternativen jeweils berührten öffentlichen und privaten Belange eingestellt hat. Ebenso wenig lässt sich feststellen, dass eine andere als die gewählte Trassenführung und Ausbauvariante (vierspuriger Ausbau, alternierend an der Nord- und Südseite der bestehenden Trasse, mit einem Ausbauquerschnitt SQ 26) sich unter Berücksichtigung aller abwägungserheblichen Belange als die bessere, weil öffentliche und private Belange insgesamt schonendere hätte aufdrängen müssen. Namentlich ist dem Beklagten darin beizupflichten, dass die sog. Nullvariante von vornherein mangels Eignung zur Verwirklichung der sich aus der gesetzlichen Planfeststellung ergebenden Planungsziele auszuscheiden hat und verkehrspolitisch andersartige Konzepte (z. B. Ausbau der Queichtalbahn und Verlagerung von Lkw-Transitverkehr auf die Schiene) ebenfalls vor diesem Hintergrund außer Betracht zu bleiben haben.
- 143
bb. Auch die Bildung eines Planungsabschnitts für den Ausbau der Teilstrecke der B 10 zwischen Godramstein und der A 65 ist Ergebnis einer fehlerfreien Abwägung. Daher kann offen bleiben, inwieweit Einwendungen gegen die Abschnittsbildung überhaupt von der Rügebefugnis des Klägers gemäß § 2 Abs. 1 UmwRG umfasst werden.
- 144
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist die Bildung von Planungsabschnitten, z. B. bei einem Straßenbauvorhaben, als Ausprägung des fachplanerischen Abwägungsgebots grundsätzlich zulässig, weil Streckenvorhaben ab einer gewissen Länge aus praktischen Gründen nicht in einem Verfahren geprüft und planfestgestellt werden können. Sie stellt daher ein Instrument der planerischen Problembewältigung dar; doch darf sich die Teilplanung nicht soweit verselbständigen, dass von der Gesamtplanung ausgelöste Probleme voraussichtlich ungelöst bleiben. Erforderlich, aber auch ausreichend ist eine Vorausschau auf nachfolgende Abschnitte nach Art eines „vorläufigen positiven Gesamturteils“: Eine Prognose für die nachfolgenden Abschnitte muss ergeben, dass der Verwirklichung des (Gesamt-)Vorhabens keine von vornherein unüberwindlichen Hindernisse entgegenstehen (vgl. z. B. BVerwG, Beschluss vom 23. November 2007 – 9 B 38.07 –, NuR 2008, 276 und juris, Rn. 20, m.w.N.). Vor dem Hintergrund der beabsichtigten Gesamtplanung muss der Teilabschnitt zudem eine eigenständige - wenn auch nicht in vollem Umfang die ihm in der Gesamtplanung zugedachte - Verkehrsfunktion für den Fall haben, dass sich das Gesamtkonzept der Planung im Nachhinein als nicht realisierbar erweist (vgl. BVerwG, Urteil vom 21. März 1996 – 4 C 19/94 -, BVerwGE 100, 370 und juris, Rn. 48; siehe auch Urteil vom 24. November 2010 – 9 A 13.09 –, BVerwGE 138, 226 und juris, Rn. 69).
- 145
Gemessen an diesen Grundsätzen unterliegt die Abschnittsbildung vorliegend keinen durchgreifenden Bedenken. Im Planfeststellungsbeschluss werden die Gründe für die Abschnittsbildung im Zusammenhang mit den Ausführungen zur Planungskonzeption (Seite 90 ff. des Planfeststellungsbeschlusses) näher erläutert. Danach kommt dem Abschnitt zwischen der A 65 und Godramstein ein eigenständiger Verkehrswert auch unabhängig von der Gesamtstrecke zu, weil der vierstreifige Ausbau dieser Teilstrecke zu einer Verbesserung der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs in diesem Teilbereich führen wird, da der neu herzustellende Bereich an vorhandene Straßen angebunden ist und daher eine durchgängige Verkehrsführung erreicht werde. Dabei stünden Entlastungswirkungen für das innerörtliche Verkehrsnetz der Stadt Landau allerdings nicht im Vordergrund, obwohl davon auszugehen sei, dass sich auch auf verschiedenen Straßen im Stadtbereich durchaus Verkehrsentlastungen einstellen werden. Im Übrigen sei auch die weitere Voraussetzung einer Abschnittsbildung, dass in den weiteren Abschnitten keine unüberwindbaren Hindernisse für die Realisierung zu erwarten seien, zu bejahen, und zwar sowohl im Hinblick auf die Finanzierbarkeit des Ausbaus der Tunnelabschnitte als auch hinsichtlich der dort zu erwartenden Verkehrsbelastung; die Frage, ob in den Folgeabschnitten darüber hinaus unüberwindliche naturschutzrechtliche Hindernisse zu erwarten sind, wird im Planfeststellungsbeschluss gesondert im Zusammenhang mit den Einwendungen des Klägers zur sog. Dach-FFH-Verträglichkeitsprüfung erörtert und im Ergebnis verneint (vgl. Seite 282 des Planfeststellungsbeschlusses).
- 146
Auch aus Sicht des Senats unterliegt zunächst keinem ernstlichen Zweifel, dass dem planfestgestellten Abschnitt aus den im Planfeststellungsbeschluss genannten Gründen eine eigenständige Verkehrsfunktion - selbst für den Fall eines Scheiterns des Gesamtprojekts im Nachhinein - zukommt. Dies folgt zum einen aus der jetzt schon bestehenden, im Grundsatz unstreitigen hohen Verkehrsbelastung des Abschnitts, die spürbare Verbesserungen der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs durch einen – richtlinienkonformen – vierspurigen Ausbau mehr als wahrscheinlich macht, zum anderen aus dem Umstand, dass es sich um den bloßen Ausbau (in Form des Anbaus einer weiteren Fahrspur) eines bereits bestehenden, schon dreistreifig ausgebauten Teilstücks einer Bundesstraße handelt, das allseitig an das bestehende Verkehrsnetz angebunden ist, so dass auch bei Scheitern der im westlichen Anschluss geplanten Folgeabschnitte keinesfalls die Entstehung eines sog. „Planungstorsos“ zu befürchten ist. Darüber hinaus ist im Rahmen der Erörterung der Frage der Notwendigkeit einer sog. „Dach-UVP“ oben bereits geklärt worden, dass die Planfeststellungsbehörde im Rahmen der von ihr anzustellenden Prognose in nicht zu beanstandender Weise feststellen konnte, dass der Verwirklichung des Vorhabens in den nachfolgenden Abschnitten jedenfalls in Bezug auf die Umweltauswirkungen keine von vornherein unüberwindlich erscheinenden Hindernisse entgegenstehen.
- 147
cc. Entgegen der Ansicht des Klägers steht der Planfeststellungsbeschluss auch im Hinblick auf die Belastung der - bis auf weiteres - nur zweispurigen Tunnelstrecken im Teilstück der B 10 zwischen Annweiler und Rinnthal mit dem Gebot planerischer Konfliktbewältigung im Einklang. Dabei kann offen bleiben, ob das diesbezügliche Vorbringen des Klägers im gerichtlichen Verfahren mangels hinreichender Thematisierung in seinem Einwendungsschreiben vom 15. Mai 2007 nicht bereits präkludiert ist, nachdem er dort das Thema „Konfliktbewältigung im Hinblick auf Folgekonflikte in nachfolgenden Ausbauabschnitten“ nur sehr allgemein – ohne ausdrücklichen Bezug zu den Tunnelstrecken – angesprochen hatte.
- 148
In rechtlicher Hinsicht ist das vom Kläger angesprochene Gebot der Problem- bzw. Konfliktbewältigung ein anerkannter Abwägungsgrundsatz: Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist die Planfeststellungsbehörde grundsätzlich gehalten, alle Probleme, die sich durch das Planvorhaben ergeben, bzw. alle Konflikte, die durch die Planungsentscheidung geschaffen werden, im Planfeststellungsbeschluss zu bewältigen; dabei kann die Konfliktbewältigung auch darin bestehen, dass die Planfeststellungsbehörde die endgültige Problemlösung einem spezialisierten und verbindlichen, auf gesetzlicher Regelung beruhenden Verfahren überlässt (vgl. z. B. BVerwG, Beschluss vom 2. September 2010 – 9 B 11/10 –, NuR 2010, 799 und juris, Rn. 20 sowie Urteil vom 12. August 2009 – 9 A 64/07 –, BVerwGE 134, 308 und juris, Rn. 107, jeweils m.w.N.).
- 149
Indessen handelt es sich bei den vom Kläger behaupteten Folgekonflikten in den Tunnelstrecken zwischen Annweiler und Rinnthal tatsächlich nicht um solche Konflikte bzw. Probleme, die durch die konkret in Rede stehende Planungsentscheidung – den vierstreifigen Ausbau der B 10 im Abschnitt zwischen Godramstein und der A 65 – (bereits) aufgeworfen werden, und zwar weder im Hinblick auf die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs im Bereich der Tunnelstrecken, noch hinsichtlich einer steigenden Belastung der umliegenden Gemeinden sowie von Natur und Landschaft in diesem Bereich durch Verkehrsimmissionen (was der Kläger als Umweltverband im Rahmen seines beschränkten Rügerechts wohl ohnehin allein geltend machen könnte). Vielmehr erweist sich das diesbezügliche Vorbringen des Klägers als bereits in sich widersprüchlich und daher als unschlüssig: Während der Kläger im Übrigen –namentlich zum Bestreiten der Planrechtfertigung sowie im Habitatschutzrecht zum Bestreiten der FFH-Verträglichkeit des Vorhabens – stets geltend macht, die der konkreten Planung zugrunde gelegten Verkehrsuntersuchungen von M. seien aufgrund fehlerhafter Methodik und nicht mehr zutreffender Datengrundlagen zu einer erheblichen Überschätzung der künftigen Verkehrsbelastung auf der (gesamten) B 10 zwischen Pirmasens und Landau gelangt, trägt er im vorliegenden Zusammenhang vor, ausgehend von den „als zutreffend unterstellten“ Aussagen der Verkehrsuntersuchung von M. komme es zu ungelösten Folgekonflikten der abschnittsweisen Ausbauplanung in den Tunnelstrecken, weil diese zu schwerwiegenden Gefahrensituationen infolge einer Kapazitätsüberschreitung in den Tunnelstrecken führe. Dem kann jedoch nicht gefolgt werden: Gerade wenn man die Aussagen der Verkehrsuntersuchungen von M. als richtig unterstellt, geben sie für die Annahme einer nennenswerten Steigerung der Verkehrsbelastung unmittelbar westlich von Godramstein und damit erst recht für eine solche in den noch weiter westlich gelegenen Tunnelstrecken als Folge des Ausbaus im Abschnitt zwischen Godramstein und der A 65 nichts her. Wie sich aus der vom Beklagten im gerichtlichen Verfahren vorgelegten ergänzenden Verkehrsuntersuchung von M. vom 21. Januar 2010 ergibt, mit der als weiterer Planungsfall die Auswirkungen eines vierstreifigen Ausbaus der B 10 in den bereits fertiggestellten Abschnitten zwischen Pirmasens und Hinterweidenthal sowie zusätzlich im vorliegend in Rede stehenden Abschnitt zwischen Godramstein und der A 65 bezogen auf den Planungshorizont 2020 untersucht werden, ist als Folge des (zusätzlichen) Ausbaus lediglich im Abschnitt zwischen Godramstein und der A 65 in den westlich von Godramstein gelegenen Abschnitten insgesamt keine weitere Verkehrsbündelung oder großräumige Verkehrsverlagerung zu erwarten; vielmehr wird als Folge dieser Ausbaustufe westlich von Godramstein eine nur geringe Verkehrszunahme von 300 Kraftfahrzeugen je 24 Stunden (+ 1 %) im Durchgangsverkehr prognostiziert (vgl. dazu die Anlage 1 zum Schriftsatz des Beklagten vom 3. Juni 2011, dortige Seite 4). In einer weiteren Stellungnahme von M. vom 17. November 2011 (Anlage 2 zum Schriftsatz des Beklagten vom 3. Juni 2011, dortige Seite 11 f) wird dieser sehr geringe Verlagerungseffekt eines Ausbaus im planfestgestellten Abschnitt damit begründet, dass sich in Höhe Annweiler (Wilgartswiesen) schon bisher eine Verkehrsscheide bezüglich der Orientierung der Verkehrsteilnehmer einerseits in Richtung Pirmasens, andererseits in Richtung Landau befinde, mit der Folge, dass an dieser Stelle die niedrigsten Verkehrsbelastungen im Zuge der B 10 vorhanden seien und von dort aus in Richtung Westen bzw. in Richtung der A 65 kontinuierlich zunähmen. Grundsätzlich gehen die der Planung zugrunde gelegten Verkehrsuntersuchungen von M. aus den Jahren 2004 und 2005 von einer Verkehrsbelastung im Jahre 2020 im Bereich der zweistreifigen Tunnelstrecken bei Zugrundelegung der Planungsfälle 1 und 2 im Umfang von rund 21.000 bzw. 25.000 Kraftfahrzeugen je 24 Stunden aus. Nach den Vorgaben der einschlägigen Richtlinien für die Sicherheit in Tunnelstrecken (HBS 2001) sei bei dieser Durchflussmenge die Leistungsfähigkeit der Tunnel - lediglich einhergehend mit einer Reduzierung der mittleren Pkw-Reisegeschwindigkeit von 80 auf 65 km/h - gegeben. Legt man diese Einschätzungen von M. - wie vom Kläger in diesem Zusammenhang unterstellt - als richtig zu Grunde, so kann keine Rede davon sein, dass es infolge der als zutreffend unterstellten Aussagen der Verkehrsuntersuchungen zu ungelösten Folgekonflikten der angefochtenen Ausbauplanung in den Tunnelstrecken in Gestalt von zusätzlichen Gefahrensituationen und erheblich ansteigenden Verkehrsimmissionen infolge planungsbedingter Kapazitätsüberschreitungen im Bereich der vier Tunnel kommen wird. Dies gilt im Übrigen erst recht, wenn die Verkehrsuntersuchungen, wie vom Kläger in anderen Zusammenhängen behauptet, von erheblich zu hohen Prognosezahlen sowohl für den jetzt planfestgestellten Abschnitt als auch für die gesamten künftigen Ausbaustrecken ausgegangen sein sollten. Denn in der logischen Konsequenz dieses Vorbringens müsste von geringeren Verkehrsverlagerungen infolge des Ausbaus im planfestgestellten Abschnitt in den westlich von Godramstein befindlichen Teilstrecken und damit auch in den Tunnelstrecken ausgegangen werden.
- 150
Unabhängig davon erscheinen dem Senat die Einschätzungen von M., dass es infolge des vierstreifigen Ausbaus der B 10 in dem nur wenige Kilometer umfassenden Abschnitt zwischen der A 65 und Godramstein (noch) nicht zu nennenswerten Verkehrssteigerungen westlich von Godramstein und damit erst recht nicht zu Lasten der Tunnelstrecken zwischen Annweiler und Rinnthal kommen wird, plausibel und nachvollziehbar begründet. Sie beruhen auf der aus den Ergebnissen der Verkehrszählungen und Verkehrsteilnehmerbefragungen abgeleiteten Feststellung, dass sich bei Annweiler eine „Verkehrsscheide“ bezüglich der Orientierung der Verkehrsteilnehmer einerseits in Richtung Pirmasens und andererseits in Richtung Landau befindet, als deren Folge die Verkehrsbelastung von dieser Stelle aus, an der sie am niedrigsten im gesamten Verlauf der B 10 ist, kontinuierlich in Richtung Westen und in Richtung Osten zunimmt. Diese Grundausrichtung der regionalen Verkehrsströme im Analyse-Nullfall wird auch vom Kläger und dem von ihm beauftragten Unternehmen R. nicht in Frage gestellt. Hiervon ausgehend erscheint es aber naheliegend, dass der vorliegend in Rede stehende vierspurige Ausbau zwischen Godramstein und der A 65 in erster Linie Entlastungswirkungen im Straßennetz rund um die Stadt Landau haben wird und deshalb zu nennenswerten Verkehrsverlagerungen nur aus dem - teilweise nahezu parallellaufenden (wie die K 13) - nachgeordneten Straßennetz in und um Landau auf den ausgebauten Abschnitt führen wird. Hingegen erscheint die Annahme, es könnte bereits als Folge des vierstreifigen Ausbaus nur zwischen der A 65 und Godramstein dauerhaft zu erheblichen Verkehrsverlagerungen des regionalen und sogar des überregionalen Verkehrs (einschließlich des Güterschwerverkehrs) in westlicher Richtung über das vorläufige Ausbauende bei Godramstein hinaus bis zu den Tunnelstrecken kommen, eher fernliegend. Das Problem einer möglichen Überlastung der Tunnelstrecken würde sich vielmehr voraussichtlich erst und nur dann stellen, wenn alle weiteren Teilstrecken zwischen Godramstein und Pirmasens bis auf die Tunnelstrecken vierspurig ausgebaut würden und nur diese dauerhaft unverändert zweispurig blieben. Ein solches Szenario ist indessen in den längerfristigen Ausbauplanungen des Bundes gerade nicht vorgesehen. Vielmehr sieht der von M. in der Verkehrsuntersuchung 2004/2005 untersuchte Planungsfall 4 (Ausbau der Gesamtstrecke zwischen Pirmasens und der A 65) auch den vierstreifigen Ausbau der Tunnelstrecken vor.
- 151
dd. Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss lässt des Weiteren im Hinblick auf die abwägungsfehlerfreie Berücksichtigung sonstiger Belange des Umweltschutzes, namentlich des Schutzes vor Verkehrsimmissionen, keinerlei Defizite erkennen.
- 152
Es ist anerkannt, dass insbesondere Aspekte des Lärmschutzes – über die Beachtung der Vorgaben des zwingenden Rechts (§ 41 des Bundesimmissionsschutzgesetzes - BImSchG) hinaus – auch zusätzlich im Rahmen des fachplanerischen Abwägungsgebots zu berücksichtigen sind (vgl. z. B. BVerwG, Urteil vom 17. März 2005 – 4 A 18/04 –, BVerwGE 123, 152 und juris, Rn. 18). Nichts anderes gilt für sonstige, vom Betrieb eines planfestgestellten Straßenneu- oder -ausbauvorhabens ausgehende Immissionen (Luftschadstoffe, Vibrationen; vgl. dazu z. B. BVerwG, Urteil vom 12. August 2008 – 9 A 64/07 –, BVerwGE 134, 308 und juris, Rn. 107). Da sich das Abwägungsgebot des § 17 Satz 2 FStrG insoweit auf Umweltbelange bezieht, umfasst das Rügerecht eines anerkannten Umweltverbands auch die Geltendmachung diesbezüglicher Abwägungsfehler.
- 153
Vorliegend sind Zweifel an der Bewältigung der planungsbedingten Verkehrsimmissionsproblematik durch den angefochtenen Planfeststellungsbeschluss weder im Hinblick auf die Vorgaben des § 41 BImSchG noch hinsichtlich der diesbezüglichen Anforderungen des Abwägungsgebots angebracht, insbesondere auch vom Kläger nicht näher thematisiert worden.
- 154
Das im Planfeststellungsbeschluss in Kapitel E VII. dargestellte Lärmschutzkonzept stützt sich auf schalltechnische Berechnungen, die gemäß Teil A. VIII., Nr. 28 des Planfeststellungsbeschlusses Bestandteil der festgestellten Planunterlagen sind. Bei der Ermittlung der Beurteilungspegel wurde auf die Verkehrszahlen des Planungsfalls 4 der Verkehrsprognose abgestellt, d. h. auf die Verkehrszahlen eines durchgehenden vierstreifigen Ausbaus der B 10 zwischen der A 62/A 8 (bei Pirmasens) und der A 65 (bei Landau). Aus immissionstechnischer Sicht wurde also eine „Worst-Case-Betrachtung“ vorgenommen und nicht lediglich die prognostizierten Verkehrszahlen infolge des (zunächst) alleinigen Ausbaus des planfestgestellten Abschnitts, sondern die nach dem künftigen Ausbau der Gesamtstrecke prognostizierten maximalen Verkehrszahlen zugrunde gelegt und zu Gunsten der Betroffenen daran orientierte Lärmschutzmaßnahmen vorgesehen. Diese umfassen u. a. entsprechend dimensionierte Lärmschutzwälle und -wände südlich der B 10 zum Schutz der Wohnbebauung „Schützenhof“ sowie am südöstlichen Ortsrand von Godramstein. Weitergehende Forderungen von Einwendern, z. B. nach Lärmschutz im Bereich des Naherholungsgebiets „Reiterwiesen“ oder nach Einbau sog. Flüsterasphalts werden zurückgewiesen. Der Planfeststellungsbeschluss setzt sich auch mit Fragen des Lärmschutzes infolge von Verkehrszunahmen im weiteren Straßennetz sowie mit der Problematik von Summenpegeln auseinander und gelangt in der Gesamtabwägung zum Lärmschutz zu dem Ergebnis, dass die an den einzelnen Immissionsorten verbleibenden Immissionsbeeinträchtigungen hinzunehmen seien. Die Lärmschutzmaßnahmen sind dem Straßenbaulastträger in Kapitel C. V. des Planfeststellungsbeschlusses im Einzelnen auferlegt worden.
- 155
In Kapitel E. VIII. setzt sich der Planfeststellungsbeschluss auch mit der zu erwartenden Luftschadstoffbelastung auseinander und gelangt auf der Grundlage von Planfällen aus der Verkehrsuntersuchung von M. sowie gestützt auf ein Luftschadstoffgutachten zu dem Ergebnis, dass ausbaubedingt – unter Zugrundelegung der prognostizierten Verkehrsentwicklung des planfestgestellten Ausbauabschnitts, aber auch der verkehrlichen Auswirkungen im nachgeordneten Verkehrsnetz – keine wesentlichen Veränderungen der Schadstoffbelastung zu erwarten seien und insbesondere die gesetzlich vorgegebenen Grenzwerte an allen untersuchten Immissionsorten in Wohnbereichen unterschritten werden.
- 156
In der Klagebegründung wird die Frage des Immissionsschutzes, insbesondere des Lärmschutzes, nur dahingehend angesprochen, dass sich aus den behaupteten Mängeln der Verkehrsprognose auch erhebliche Abwägungsmängel in Bezug auf die Gewichtung von Umweltbelangen ergäben, z. B. in Bezug auf den Lärmschutz. Konkrete Rügen in Bezug auf das Lärmschutzkonzept enthält die Klagebegründung nicht; andere Verkehrsimmissionen, etwa Luftschadstoffe, werden nicht näher angesprochen. Mit seinem Vorbringen, die von ihm angenommenen Mängel der Verkehrsprognose hätten erhebliche Abwägungsmängel in Bezug auf die Gewichtung von Umweltbelangen, namentlich eine Fehlgewichtung der Lärmschutzbelange, zur Folge gehabt, vermag der Kläger indessen nicht durchzudringen.
- 157
Zwar setzt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts eine ordnungsgemäße Untersuchung der von einem Straßenbauvorhaben voraussichtlich ausgehenden Geräuschimmissionen voraus, dass die Lärmprognose bzw. die ihr zugrunde liegende Verkehrsprognose mit den zu ihrer Zeit verfügbaren Erkenntnismitteln unter Beachtung der für sie erheblichen Umstände methodisch fachgerecht erstellt worden ist, wobei die Überprüfungsbefugnis des Gerichts sich allein auf die Wahl einer geeigneten fachspezifischen Methode, die zutreffende Ermittlung des der Prognose zugrunde liegenden Sachverhalts und darauf erstreckt, ob das Ergebnis einleuchtend begründet worden ist (vgl. z. B. BVerwG, Beschluss vom 23. Juni 2009 – 9 VR 1.09 –, NVwZ-RR 2009, 753 und Rn. 14). Zugleich hat das Bundesverwaltungsgericht aber deutlich gemacht, dass es, soweit es um die Frage einer Fehlgewichtung der Lärmimmissionsbelastung zu Lasten Dritter geht, nur auf solche Mängel einer Lärm- bzw. Verkehrsprognose ankommen kann, die eine Unterschätzung der Verkehrsentwicklung und damit der mit ihr verbundenen Verkehrsimmissionsbelastung zur Folge haben (vgl. BVerwG, Urteil vom 18. März 2009 – 9 A 39.07 –, BVerwGE 133, 239 und juris, Rn. 104 f).
- 158
Vor diesem Hintergrund erweist sich das Vorbringen des Klägers, die von ihm behaupteten Mängel der Verkehrsprognose hätten auch erhebliche Abwägungsmängel in Bezug auf die Gewichtung der betroffenen Umweltbelange, „insbesondere auch des Schutzes vor Lärmimmissionen und Luftschadstoffen“ (so etwa in seinem Schriftsatz vom 30. März 2015), zur Folge gehabt, als ungeeignet zur Begründung von Abwägungsmängeln, die im Sinne von § 17e Abs. 6 Satz 1 FStrG erheblich, weil auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen sein könnten. Wie im Planfeststellungsbeschluss überzeugend dargestellt, hat die der Planung zugrunde gelegte Verkehrsprognose von M. im Hinblick auf die Ermittlung und Bewertung der beim vierspurigen Ausbau des planfestgestellten Abschnitts zu erwartenden Verkehrslärmimmissionsbelastungen den Charakter einer „Worst-Case-Betrachtung“, weil sich die Planfeststellungsbehörde bei der Ausgestaltung ihres Lärmschutzkonzepts an der nach der Verkehrsprognose größtmöglichen Verkehrsbelastung der B 10 orientiert hat, nämlich am Planungsfall 4 der Verkehrsuntersuchung 2004/2005, der einen durchgängigen vierstreifigen Ausbau der B 10 zwischen Pirmasens und der A 65 voraussetzt. Auf diese Weise ist sichergestellt worden, dass bereits im angefochtenen Planfeststellungsbeschluss für den Abschnitt zwischen Godramstein und der A 65 ein am Planungsfall 4 ausgerichtetes Lärmschutzkonzept entwickelt und planfestgestellt worden ist. Es ist nicht ersichtlich, dass bei dieser Vorgehensweise die Auswirkungen des Vorhabens in Bezug auf Verkehrsimmissionen unterschätzt worden sein könnten. Dies wäre umgekehrt nur vorstellbar, wenn der Planfeststellungsbeschluss von einer zu geringen Verkehrsbelastung ausgegangen wäre. Ein solches Szenario wird indessen vom Kläger nicht vorgetragen; vielmehr erhebt er stets umgekehrt den Vorwurf, es sei von zu hohen Erwartungen hinsichtlich des künftigen Verkehrsaufkommens ausgegangen worden. Die vom Kläger insoweit behaupteten Mängel der der Planung zugrunde gelegten Verkehrsprognose sind aber von vornherein nicht geeignet, eine fehlerhafte Gewichtung der Verkehrsimmissionsbelastung im Sinne einer in diesem Zusammenhang allein relevanten Unterschätzung zu begründen. Daher kommt es auch hier auf die Berechtigung der Detailrügen des Klägers in Bezug auf die Verkehrsuntersuchungen von M. nicht an.
- 159
ee. Anders, als der Kläger meint, leidet der angefochtene Planfeststellungsbeschluss schließlich auch nicht an einer fehlerhaften Gesamtabwägung.
- 160
Der Planfeststellungsbeschluss begegnet vielmehr auch unter dem Gesichtspunkt der Gesamtabwägung aller betroffenen öffentlichen und privaten Belange keinen Bedenken. Die Planfeststellungsbehörde ist ohne Abwägungsfehler davon ausgegangen, dass die für das Vorhaben sprechenden verkehrlichen Belange angesichts der gesetzlichen Bedarfsfeststellung und der den vierstreifigen Ausbau bereits rechtfertigenden Ist-Belastung des planfestgestellten Abschnitts einerseits, des nicht zu beanstandenden umfassenden Maßnahmenkonzepts zur Vermeidung, Minderung oder Kompensation von Eingriffen in die Umwelt, aber auch von Beeinträchtigungen privater Dritter namentlich durch Verkehrsimmissionen andererseits die mit dem Vorhaben verbundenen verbleibenden Beeinträchtigungen deutlich überwiegen.
- 161
Der Kläger versucht, unter dem Aspekt einer fehlerhaften Gesamtabwägung eine Verletzung des Gebots gerechter Abwägung aller betroffenen privaten und öffentlichen Belange gemäß § 17 Satz 2 FStrG daraus herzuleiten, dass die aus seiner Sicht mangelhafte Verkehrsprognose zu einer Abwägungsdisproportionalität geführt habe, weil nicht fehlerfrei bestimmt worden sei, welches Gewicht den für das Vorhaben sprechenden verkehrlichen Belangen im Verhältnis zur Gewichtung der Eingriffe in die Rechtssphäre einer Vielzahl von Betroffenen sowie in eine Vielzahl von Belangen des Umweltschutzes zukomme.
- 162
Dem kann nicht gefolgt werden. Es erscheint bereits zweifelhaft, ob der Kläger, nachdem seine Kritik an Methodik und Datengrundlage der Verkehrsuntersuchungen von M. – wie dargelegt – weder im Zusammenhang mit der Planrechtfertigung noch im Rahmen des Habitat- und Artenschutzrechtes durchgreift, im Rahmen seines nach § 2 Abs. 1 UmwRG eingeschränkten Rügerechts befugt ist, angebliche Mängel der Verkehrsprognose unter dem Aspekt fehlerhafter Gesamtabwägung gleichsam losgelöst von der Darlegung negativer Auswirkungen auf konkrete Umweltbelange geltend zu machen. Jedenfalls sind nach Überzeugung des Senats durchgreifende Bedenken an Methodik, Datengrundlage und Begründung des Prognoseergebnisses der der Planung zugrundeliegenden Verkehrsuntersuchungen nicht veranlasst.
- 163
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts unterliegen Verkehrsprognosen nur eingeschränkter gerichtlicher Kontrolle: Sie sind lediglich darauf zu überprüfen, ob sie methodisch einwandfrei erarbeitet worden sind, nicht auf unrealistischen Annahmen beruhen und ob das Prognoseergebnis einleuchtend begründet worden ist (vgl. z.B. BVerwG, Beschluss vom 15. März 2013 – 9 B 30.12 –, juris, Rn. 10 und Urteil vom 18. März 2009 – 9 A 39.07 –, BVerwGE 133, 239 und juris, Rn. 105 sowie Urteil vom 9. Juni 2010 – 9 A 20.08 –, NuR 2010, 870 und juris, Rn. 73, jeweils m.w.N.).
- 164
Zwar greift der Kläger die im Auftrag des Vorhabenträgers erstellten Verkehrsuntersuchungen von M. unter Bezugnahme auf diverse Stellungnahmen des Büros R. unter allen diesen Gesichtspunkten detailliert an, so insbesondere in den Schriftsätzen vom 31. Januar 2011 unter Bezugnahme auf eine als Anlage 5 hierzu vorgelegte Stellungnahme von R. vom Januar 2011, und im Schriftsatz vom 31. Oktober 2014 unter Bezugnahme auf weitere Stellungnahmen von R. vom Februar 2011, vom Juli 2014 und vom September 2014. Der Beklagte ist seinerseits allen Kritikpunkten eingehend unter Vorlage von Erwiderungen und ergänzenden Stellungnahmen insbesondere von M. und dem Landesbetrieb Mobilität entgegengetreten; dabei hat er auf aus seiner Sicht bestehende gravierende Fehler von R. hingewiesen, so namentlich mit Schriftsatz vom 3. Juni 2011, unter Bezugnahme auf die als Anlagen 5 und 6 zu diesem vorgelegten Stellungnahmen von M. vom 17. März 2011, mit Schriftsatz vom 22. März 2011 unter Bezugnahme auf die als Anlagen 5 und 6 hierzu vorgelegten Stellungnahmen des LBM vom 1. April 2011; schließlich mit Schriftsatz vom 18. Februar 2015, unter Bezugnahme auf weitere Stellungnahmen des LBM, von M. und von V..
- 165
Vor dem Hintergrund der nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nur sehr eingeschränkten gerichtlichen Überprüfungsbefugnis hinsichtlich Verkehrsprognosen, des Umstands, dass es nach dieser Rechtsprechung ohnehin keine gesetzliche Vorgabe gibt, nach welchen Methoden eine Verkehrsprognose im Einzelnen zu erstellen ist (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 23. April 2014 – 9 A 25.12 –, BVerwGE 149, 289 und juris, Rn. 30), und weil im Übrigen Verkehrsprognosen – wie alle Verkehrsprognosen – keiner Richtigkeitsgewähr unterliegen (vgl. z.B. BVerwG, Beschluss vom 28. November 2013 – 9 B 14.13 –, DVBl. 2014, 237 und juris, Rn. 7) sowie unter Berücksichtigung des eingeschränkten Rügerechts des Klägers besteht indessen keine Veranlassung, in allen Einzelheiten auf die Kritikpunkte des Klägers und des von ihm beauftragten Büros R. einzugehen. Dies widerspräche nicht zuletzt auch der vom Bundesverwaltungsgericht betonten Absicht des Gesetzgebers, mit der gesetzlichen Bedarfsfeststellung auch einen nachfolgenden Verwaltungsprozess von einem Gutachterstreit über die „richtigere“ Verkehrsprognose zu entlasten (vgl. BVerwG, Urteil vom 3. Mai 2013, a.a.O., Rn. 24).
- 166
Vielmehr sind aus Sicht des Senats nur die nachfolgenden Feststellungen veranlasst: Das vom Vorhabenträger mit der Erstellung der Verkehrsuntersuchungen beauftragte Büro M. hat namentlich in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 19. Januar 2015 (vorgelegt als Anlage 10 zum Schriftsatz des Beklagten vom 18. Februar 2015) noch einmal – unter Vertiefung der in den Verkehrsuntersuchungen 2004/2005 und 2013 hierzu bereits enthaltenen Angaben – die Methodik der von ihr erstellten Verkehrsuntersuchungen näher erläutert. Die danach im Wesentlichen auf empirischen Erhebungen (Verkehrszählungen, Verkehrsteilnehmerbefragungen, Ermittlungen zur siedlungsstrukturellen Entwicklung etc.) beruhende Methodik der Erstellung einer Verkehrsuntersuchung wird, wie der Beklagte und der Vertreter von M. unwidersprochen dargelegt haben, seit Jahrzehnten angewandt und hat sich – wie Vergleiche früherer Prognoseergebnisse mit der tatsächlichen Verkehrsentwicklung belegt haben – im Wesentlichen bewährt. Demgegenüber haben der Kläger und die Vertreter von R. auch in der mündlichen Verhandlung nicht konkret darzulegen vermocht, dass und in welcher Hinsicht die von ihnen favorisierte sog. synthetische Vorgehensweise im konkreten Planungsfall zu in relevantem Umfang abweichenden Prognoseergebnissen geführt hätte.
- 167
Bestehen danach keine durchgreifenden Bedenken an der methodischen Erarbeitung der der Planung zugrunde gelegten Verkehrsuntersuchungen, so ist im Übrigen aus Sicht des Senats auch nicht ersichtlich oder vom Kläger nachvollziehbar dargelegt worden, dass die Verkehrsprognosen in ergebnisrelevantem Umfang auf unrealistischen Annahmen beruhen könnten oder weshalb das Prognoseergebnis nicht einleuchtend begründet worden sein sollte.
- 168
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
- 169
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten beruht auf §§ 167 VwGO, 708 ff. ZPO.
- 170
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil Gründe der in § 132 Abs. 2 VwGO bezeichneten Art nicht vorliegen.
Beschluss
- 171
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 25.000,00 € festgesetzt (§ 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 34.4 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013, abgedruckt in LKRZ 2014, 169).
(1) Eine Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften, die nicht den Verwaltungsakt nach § 44 nichtig macht, ist unbeachtlich, wenn
- 1.
der für den Erlass des Verwaltungsaktes erforderliche Antrag nachträglich gestellt wird; - 2.
die erforderliche Begründung nachträglich gegeben wird; - 3.
die erforderliche Anhörung eines Beteiligten nachgeholt wird; - 4.
der Beschluss eines Ausschusses, dessen Mitwirkung für den Erlass des Verwaltungsaktes erforderlich ist, nachträglich gefasst wird; - 5.
die erforderliche Mitwirkung einer anderen Behörde nachgeholt wird.
(2) Handlungen nach Absatz 1 können bis zum Abschluss der letzten Tatsacheninstanz eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nachgeholt werden.
(3) Fehlt einem Verwaltungsakt die erforderliche Begründung oder ist die erforderliche Anhörung eines Beteiligten vor Erlass des Verwaltungsaktes unterblieben und ist dadurch die rechtzeitige Anfechtung des Verwaltungsaktes versäumt worden, so gilt die Versäumung der Rechtsbehelfsfrist als nicht verschuldet. Das für die Wiedereinsetzungsfrist nach § 32 Abs. 2 maßgebende Ereignis tritt im Zeitpunkt der Nachholung der unterlassenen Verfahrenshandlung ein.
Die Aufhebung eines Verwaltungsaktes, der nicht nach § 44 nichtig ist, kann nicht allein deshalb beansprucht werden, weil er unter Verletzung von Vorschriften über das Verfahren, die Form oder die örtliche Zuständigkeit zustande gekommen ist, wenn offensichtlich ist, dass die Verletzung die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens je zur Hälfte.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung jeweils in gleicher Höhe Sicherheit leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Tatbestand:
2Die Kläger wenden sich gegen den Planfeststellungsbeschluss des Beklagten vom 30. September 2011, mit dem der Ausbau der Bundesstraße 51 (B 51) dritter Bauabschnitt von Bau-km 5+100 bis Bau-km 7+700 einschließlich des Verknüpfungsbereiches mit der Landesstraße 793 (L 793) ‑ X. Straße ‑ von Bau-km 0+000 bis Bau-km 0+600 und der Neubau der Bundesstraße 481 (B 481n) von Bau-km 7+700 bis Bau-km 11+340 planfestgestellt worden ist.
3Die in den Jahren 1954 bis 1962 gebaute Umgehungsstraße im Zuge der B 51 führt südlich bzw. östlich um N. herum. Sie war zunächst eine zweistrei-fige und anbaufreie Strecke, die an dem an der X1. Straße endenden Zubringer zum Autobahnkreuz N. -Süd im Südwesten N1. beginnt und bis zur X2. Straße im Osten der Stadt verläuft. Sie ist aufgrund von Planfeststellungsbeschlüssen vom 12. Januar 1989 und 1. März 1995 in zwei Bauabschnitten bis Bau-km 5+100 vierstreifig ausgebaut worden. Der nun planfestgestellte Abschnitt schließt sich nach Nordosten an und sieht den vierstrei-figen Ausbau bis zur X2. Straße frei von Zufahrten und ohne Erschließungsfunktion für die angrenzenden Grundstücke vor, ferner den Neubau des Knotenpunktes B 51/B 481n/X2. Straße und den zweistreifigen Neubau der B 481n bis zum T. Damm im Norden der Stadt N. .
4Das planfestgestellte Vorhaben ist im Bedarfsplan zum Fernstraßenausbaugesetz als vordringlicher Bedarf ausgewiesen.
5Die Klägerin zu 1. ist Eigentümerin des Grundstücks C.-----weg 9 (Gemarkung N. , Flur 135, Flurstück 13) mit einer Gesamtgröße von 1102 qm, das mit einem Wohnhaus bebaut ist. Zum Haus gehört auch ein rund 80 qm großer selbst genutzter gewerblicher Teil. Das Haus wurde 1938 erbaut; die Klägerin erwarb das Grundstück im Jahr 1994. Das Grundstück liegt unmittelbar östlich der vierstreifig auszubauenden Trasse der B 51 zwischen Bau-km 6+927 und 6+950. Auf die ursprünglich vorgesehene Inanspruchnahme von 18 qm (dauerhaft) sowie 45 qm für die Baudurchführung wurde durch Planänderungsbescheid vom 12. August 2014 verzichtet. Nach den geänderten Planunterlagen soll zwischen der Trasse und dem Grundstück der Klägerin eine Lärmschutzwand in Höhe von 5,5 m errichtet werden, die einen Abstand zur Grenze des Grundstücks der Klägerin von ca. 1,7 m einhält.
6Nach der lärmtechnischen Unterlage vom 2. Mai 2007 wurden für das Grundstück C.-----weg 9 folgende Beurteilungspegel berechnet:
7Hausfront/Himmelsrichtung |
Stockwerk |
Prognose in dB(A) mit Lärmschutz Tag Nacht |
W |
EG |
55 47 |
W |
1. OG |
56 48 |
Dabei ging der Vorhabenträger davon aus, dass das Grundstück der Klägerin zu 1. in einem allgemeinen Wohngebiet liegt.
9Der Kläger zu 2. ist Eigentümer des mit einem Wohnhaus bebauten Grundstücks N2.---straße 28 (Gemarkung N. , Flur 132, Flurstück 64). Es liegt etwa 90 m östlich der Trasse der B 51 in Höhe von Bau-km 7+368. Das Wohnhaus wurde Anfang der 1970-er Jahre errichtet. Der Kläger zu 2. erwarb das Grundstück im Jahr 2010. Eine Inanspruchnahme des Grundstücks für die Baumaßnahme ist nicht vorgesehen.
10Nach den Planunterlagen wurden für das Grundstück N2.---straße 28 folgende Beurteilungspegel berechnet:
11Hausfront/Himmelsrichtung |
Stockwerk |
Prognose in dB(A) mit Lärmschutz Tag Nacht |
W |
EG |
60 52 |
W |
1. OG |
60 53 |
Dabei ging der Vorhabenträger davon aus, dass das Grundstück im Außenbereich liegt.
13Das Planfeststellungsverfahren für den vierstreifigen Ausbau der B 51 und den Neubau der B 481n wurde im Dezember 2005 eingeleitet. Die Planunterlagen lagen vom 13. Februar 2006 bis 13. März 2006 in der Stadt N. öffentlich aus.
14Die vorherige öffentliche Bekanntmachung erschien mit einer Ergänzungslieferung im Amtsblatt der Stadt N. Nr. 3 vom 10. Februar 2006. Ob diese Ergänzungslieferung bereits am 10. Februar 2006 oder erst am 14. Februar 2006 veröffentlicht wurde, ist zwischen den Beteiligten streitig. Die Bekanntmachung enthielt u. a. einen Hinweis auf die vierwöchige Einwendungsfrist, die am 10. April 2006 ablaufe, und den Ausschluss verspäteter Einwendungen. Unter Nr. 6 heißt es: „Die Nrn. 1, 2, 3 und 5 gelten für die Anhörung der Öffentlichkeit zu den Umweltauswirkungen des Bauvorhabens nach § 9 Abs. 1 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung entsprechend.“
15Die Klägerin zu 1. erhob gegen die Planung mit Schreiben vom 5. April 2006 im Wesentlichen folgende Einwendungen: Die Bekanntmachung der Planfeststellung sei erst erfolgt, nachdem die Auslegung des Planes am 13. Februar 2006 bereits begonnen habe. Die entsprechende Ausgabe des Amtsblattes Nr. 3 der Stadt N. sei erst am 14. Februar 2006 erschienen. Eine Veröffentlichung in örtlichen Tageszeitungen nach § 72 Abs. 2 VwVfG NRW sei unterblieben. Es bestehe eine Verpflichtung aus § 2 Abs. 3a FStrG, die B 51 im geplanten Abschnitt zur Autobahn aufzustufen. Die prognostizierte Verkehrsbelastung sei nur unzulänglich ermittelt worden. Eine Straße im Autobahnformat ziehe mehr Verkehr an als übliche Bundesstraßen. Daher seien die Tabellenwerte der 16. BImSchV für Autobahnen heranzuziehen. Der Prognosehorizont sei nicht ausreichend lang festgelegt. Die Ergebnisse der Umweltverträglichkeitsstudie von 1993 seien missachtet worden. Diese habe eine Vollabdeckung der Straße oder eine Ausführung als „Züblin“-Tunnel in einer Tieflage von 5 oder 6 m gefordert. Die Strukturdaten, die der Verkehrsbelastung zu Grunde gelegt worden seien, würden im Plan nicht korrekt benannt. Der häufigere Lieferverkehr zu den Betrieben sei nicht erfasst worden. Die Einwohnerzahl für N. für das Jahr 2010 sei mit nur 254.000 angesetzt; das sei eindeutig zu wenig. Die Auswirkungen der neuesten Verkehrszählung aus dem Jahr 2005 seien nicht berücksichtigt worden. Es sei nicht geprüft worden, ob die Baumaßnahme unter Ausschluss des laufenden Verkehrs zügig durchgeführt werden und zusätzlich erhebliche Einsparungen erzielt werden könnten, die in einen Lärmschutzdeckel investiert werden könnten. Die erforderlichen Ausgleichsmaßnahmen würden nicht in vollem Umfang im Nahbereich des Eingriffs realisiert. Die Verpflichtung könne vor Ort in der Form der Mitfinanzierung eines zu begrünenden Lärmschutzdeckels über der B 51 erfolgen. Die Möglichkeit, den aktiven Lärmschutz im Sinne der Vorgabe nach Ziffer 10.2 Abs. 1 VLärmSchR 97 nicht bis zum Äußersten auszureizen, sei nicht genutzt worden. Von den jetzt im Plan erfassten 165 Wohngebäuden seien bereits 79 Gebäude auf genau 49 dB(A) berechnet. Schon bei geringsten Veränderungen bei den Berechnungsmodalitäten würden die Grenzwerte für weitere Gebäude überschritten. In bisherigen Verkehrsgutachten zu Grunde gelegte Rahmenbedingungen, die sich schon in der Vergangenheit nicht bestätigt hätten, seien nicht berichtigt worden. Auch die Verkehrszunahme durch die Entlastungsstraße Nord sei nicht berücksichtigt worden. Der außerordentliche Zugang an Lkw-Verkehr durch „Mautflüchtlinge“ sei nicht erfasst. Alle Parameter der Lärmberechnung seien konkret zu benennen und bürgerfreundlich zu erläutern. Die Troglage entspreche wegen der geringen Tiefe von nur 2 m nicht den Vorgaben der Umweltverträglichkeitsstudie von 1993. Die Lärmschutzwände böten keinen ausreichenden Schutz, ihre Höhe sei in reinen Wohngebieten unzumutbar. Die Planungsvorschrift des § 50 BImSchG sei missachtet worden. Dies könne nur über § 41 Abs. 1 BImSchG durch eine abgedeckte Tieflage als Maßnahme nach dem Stand der Technik ausgeglichen werden. Die Stadt N. habe zugesagt, sich an den Kosten zu beteiligen. Die Gesundheitsgefahren seien im Erläuterungsbericht nicht ausreichend kritisch gewürdigt worden. In N. sei die Feinstaubbelastung bereits erheblich. Im Erläuterungsbericht fehle die konkrete Angabe der Verfahren und Maschinen, die besonders lärm- und erschütterungsarm eingesetzt werden könnten. Im Ergebnis ergebe eine Durchsicht der Planunterlagen, dass Abwägung und Konfliktbewältigung misslungen seien, sich jedoch die Mängel im Deckblattverfahren durch eine weiter vertiefte abgedeckte Gradiente beheben ließen.
16Der frühere Eigentümer des Grundstücks N2.---straße 28 und Rechtsvorgänger des Klägers zu 2., Herr V. S. , erhob gegen die Planung mit Schreiben vom 29. März 2006 im Wesentlichen folgende Einwendungen: Das Gebäude N2.---straße 28 sei auf Grundlage einer rechtskräftigen Baugenehmigung als hochwertige Villa geplant und gebaut worden. Die Planungen sähen weder aktiven noch passiven Lärmschutz vor. Es werde durch Lärm und Abgase zu einer erheblichen Beeinträchtigung des Wohnwertes und damit auch des Grundstückswertes kommen. Die für die Ermittlung der notwenigen Schallschutzmaßnahmen zu Grunde gelegten Verkehrszahlen und die sich daraus ergebenden Lärmbelastungen würden angezweifelt. Das Grundstück sei wegen der überwiegend westlichen Windrichtungen besonders belastet. Es sei ein erheblich höherer Verkehrszuwachs als in den jetzigen Prognosen zu erwarten, insbesondere beim Lkw-Verkehr. Mit der Umsetzung der Planung würden seine Rechte auf körperliche Unversehrtheit und Eigentum verletzt.
17Auf Grund von Einwendungen sowie Stellungnahmen und Vorschlägen der Träger öffentlicher Belange wurde das Deckblatt I ins Verfahren eingebracht. Neben Änderungen bei der Anschlussstelle X. Straße, der wassertechnischen Berechnung, der Erweiterung der Ausgleichsflächen im Landschaftspflegerischen Begleitplan und einer Schadstoffabschätzung hat es eine Aktualisierung der Verkehrsprognose vom 11. September 2006 zum Gegenstand, die nunmehr auf das Prognosejahr 2020 abstellt. Als Folge ergaben sich Änderungen bei den aktiven Lärmschutzmaßnahmen; ferner wurde für den Bereich Bau-km 5+100 bis Bau-km 7+300 eine offenporige Asphaltdeckschicht mit einem Korrekturwert DStrO von - 5 dB(A) vorgesehen.
18Die geänderten Planunterlagen lagen vom 21. Mai 2007 bis 20. Juni 2007 öffentlich aus. Unter Nr. 8 der öffentlichen Bekanntmachung heißt es: „Da das Verfahren UVP-pflichtig ist, wird darauf hingewiesen,
19- dass die für das Verfahren zuständige Behörde die Bezirksregierung N. und die für die Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens zuständige Behörde das Ministerium für Bauen und Verkehr des Landes NRW ist,
20- dass über die Zulässigkeit des Vorhabens durch Planfeststellungsbeschluss entschieden werden wird,
21- dass die ausgelegten Planunterlagen die nach § 6 Abs. 3 UVPG notwendigen Angaben enthalten und
22- dass die Anhörung zu den ausgelegten Planunterlagen auch die Einbeziehung der Öffentlichkeit zu den Umweltauswirkungen des Vorhabens gemäß § 9 Abs. 1 UVPG ist.“
23Die Klägerin zu 1. erhob in diesem Verfahrensabschnitt keine Einwendungen.
24Mit Schreiben vom 13. Juli 2007 erhob der Rechtsvorgänger des Klägers zu 2. nach Auslegung der geänderten Planunterlagen im Deckblatt I‑Verfahren folgende Einwendungen: Die Verletzung seiner Rechte werde durch die neuen vorgesehenen Änderungen nicht behoben. Die Verkehrsprognose von September 2006 setze die Belastung weiterhin zu niedrig an. Der Verkehr werde weiter steigen, insbesondere wenn der Bau weiterer Straßen abgeschlossen sei. Umleitungs- und Schleichverkehre müssten außerdem noch berücksichtigt werden. Die Einwohnerzahl von N. sei mit 254.000 zu niedrig angesetzt. Die verkehrserhöhende Entlastungsstraße Nord sei nicht aufgeführt. Weitere zusätzliche Verkehre seien nicht berücksichtigt. Insbesondere der Lkw-Anteil werde deutlicher zunehmen als angenommen. Die Einstufung der neuen Straße als Autobahn sei noch immer nicht diskutiert worden. Die prognostizierte Verkehrsbelastung sei abermals nur unzulänglich ermittelt worden. Der Prognosehorizont sei noch immer nicht ausreichend lang festgelegt. Der Lärmschutz müsse sich an der Leistungsmöglichkeit der Straße von bis zu 60.000 Kfz/h orientieren. Für den Einsatz offenporigen Asphaltbetons sei eine dauerhafte Lärmminderung noch nicht nachgewiesen. Die Belastbarkeit sei gering und der Wartungs- und Erneuerungsaufwand hoch. Die Dauer der Haltbarkeit des Belages werde nicht garantiert. In der lärmtechnischen Unterlage sei die sogenannte senkrechte Auswirkung des Lärms nicht berücksichtigt worden. Die im Planungsverfahren vorgeschriebene Bürgerbeteiligung im Stadium der Entwurfsplanung habe trotz mündlicher und schriftlicher Erinnerungen nicht stattgefunden. Im Rahmen der Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen könne ein Lärmschutzdeckel finanziert werden. Bei einer Trassenführung östlich des Bahndamms der Bundesbahn hätte dieser hohe Bahndamm als Lärmschutz zur Verfügung gestanden. Hierdurch wäre auch der Forderung entsprochen worden, zwei parallel führbare Lärmerzeuger zu bündeln. Die Unterlagen ließen nicht erkennen, wie es während der Bauzeit um den Verkehrs-, Baustellenlärm sowie die Erschütterungen bestellt sein werde. Ein Bauen ohne Verkehr sei hilfreich. Die Schadstoffabschätzung sei unzulänglich. Sie gehe von einem zu geringen Verkehr aus. Die zulässigen Feinstaubwerte würden überschritten. Für sein Grundstück sei ein aktiver Schallschutz unerlässlich.
25In der Zeit vom 24. bis 27. Februar 2009 führte die Bezirksregierung N. nach vorheriger persönlicher Einladung und öffentlicher Bekanntmachung einen Erörterungstermin durch. Weder die Klägerin zu 1. noch der Rechtsvorgänger des Klägers zu 2. nahmen an diesem Termin teil.
26Als Ergebnis des Erörterungstermins und aus Anlass von Stellungnahmen und Einwendungen führte der Vorhabenträger die Deckblätter II bis X in das Verfahren ein, die nicht öffentlich ausgelegen haben; Betroffene wurden benachrichtigt. Die Kläger erhoben insoweit keine weiteren Einwendungen.
27Mit Beschluss vom 30. September 2011 stellte die Bezirksregierung N. den Plan für den Ausbau der B 51 bzw. den Neubau der B 481n im fraglichen Abschnitt fest. Gleichzeitig setzte sie den in § 17e Abs. 2 Satz 1 FStrG für Vorhaben des vordringlichen Bedarfs vorgesehenen Sofortvollzug vorübergehend aus, da Haushaltsmittel für die Realisierung des Vorhabens noch nicht bereitstanden. Die Einwendungen der Kläger wurden zurückgewiesen. Das Grundstück des Klägers zu 2. liege entsprechend der Auskunft der Stadt N. im unbeplanten Außenbereich. Daher werde seine Forderung nach weiteren aktiven Lärmschutzmaßnahmen zurückgewiesen.
28Der Planfeststellungsbeschluss lag nach vorheriger öffentlicher Bekanntmachung in der Zeit vom 7. bis 20. Dezember 2011 bei den Städten N. und U. öffentlich aus.
29Am 20. Januar 2012 haben die Kläger Klage erhoben.
30Mit Planänderungsbescheid vom 12. August 2014 verzichtete der Beklagte auf die Inanspruchnahme mehrerer Grundstücke, u. a. des Grundstücks der Klägerin zu 1. Am 12. September 2014 haben die Kläger ihre Klage auf diesen Planänderungsbescheid erstreckt.
31Mit Bescheid vom 14. August 2014 hob der Beklagte die Aussetzung der Vollziehung des Planfeststellungsbeschlusses für den Ausbau der B 51 teilweise auf. Den Antrag der Kläger auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage lehnte der Senat mit Beschluss vom 4. November 2014 ab (11 B 1086/14.AK).
32Die Kläger beziehen sich zur Begründung ihrer Klage zunächst vollinhaltlich auf ihre Einwendungen im Verwaltungsverfahren und machen diese zum Gegenstand der Klagebegründung. Darüber hinaus tragen sie insbesondere vor:
33Sie seien mit ihren Einwendungen nicht präkludiert. In der Bekanntmachung zum Deckblatt I-Verfahren gebe es keinen Hinweis darauf, dass die Lärmschutzgrundlagen durch das Deckblatt-Verfahren hätten komplett ersetzt werden sollen. Die erhobenen Einwendungen hätten daher weitergegolten. Der Kläger zu 2. habe als Laie bei der ersten Öffentlichkeitsbeteiligung ausreichende Einwendungen erhoben. Die Öffentlichkeitsbeteiligung sei sowohl bei der ersten Auslegung 2006 als auch für das Deckblatt I im Jahr 2007 nicht rechtmäßig abgelaufen. Die Bekanntmachung der ersten Auslegung vom 13. Februar bis 13. März 2006 sei erst erfolgt, nachdem die Auslegung bereits begonnen habe. Die Bekanntmachung sei in einer „zweiten Auflage“ des Amtsblattes der Stadt N. enthalten gewesen, die mit „Ergänzungslieferung“ überschrieben gewesen sei. Diese sei nicht schon am Freitag, den 10. Februar 2006, sondern erst am 14. Februar 2006 veröffentlicht worden. Eine frühere Bekanntmachung sei auch gar nicht möglich gewesen und widerspreche der Lebenserfahrung. Daher sei die Monatsfrist für die Auslegung der Unterlagen unterschritten. Selbst wenn die Bekanntmachung noch am 10. Februar 2006 erfolgt sei, fehle es an der erforderlichen Anstoßwirkung für die Öffentlichkeit, wenn die öffentliche Auslegung am folgenden Montag beginne. Daher könne ein Einwendungsausschluss von vornherein nicht greifen.
34Die öffentliche Bekanntmachung verstoße zudem gegen Vorgaben des damals direkt geltenden Art. 6 Abs. 2 der UVP-Richtlinie. Die Bekanntmachung nehme nur in einem Satz auf die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) Bezug. Dies werde den europäischen Vorgaben in zeitlicher Hinsicht nicht gerecht. Es werde auch nicht klar gesagt, dass das Vorhaben einer UVP unterstehe, noch gebe es Angaben über die Verfügbarkeit der Informationen, die gemäß Art. 5 der UVP-Richtlinie eingeholt worden seien. Die Auslegung im Jahr 2007 könne diese Fehler nicht heilen, denn sie habe nur die Änderungen des Deckblattes I betroffen. Zwar sei nunmehr ausdrücklich auf die UVP-Pflicht hingewiesen worden, es sei aber in keiner Weise mitgeteilt worden, welche Dokumente auslägen. Beide Auslegungen hätten inhaltlich nicht den Anforderungen der §§ 9 Abs. 1b und 6 Abs. 3 UVPG und der UVP-Richtlinie in der damals geltenden Fassung entsprochen. Bei der ersten Auslegung hätten z. B. entscheidungserhebliche Berichte und Empfehlungen wie die Verkehrsuntersuchung gefehlt. Es werde bestritten, dass die Umweltverträglichkeitsstudie (UVS)1993 ausgelegen habe. Die Auslegung im Jahr 1994 reiche nicht aus. Die UVS 1993 sei nach den damals geltenden Anforderungen unzureichend gewesen. Es fehlten Variantenprüfungen und die Ermittlung und Prüfung der erheblichen, jedoch noch nicht unzumutbaren bzw. grenzüberschreitenden Umweltauswirkungen. Die zweite Auslegung werde den inhaltlichen Anforderungen erst recht nicht gerecht. Die hier ausgelegten Unterlagen einschließlich des Erläuterungsberichtes und des Landschaftspflegerischen Begleitplanes hätten sich nur auf die Änderungen im Deckblattverfahren I bezogen. Es fehle u. a. an einer allgemein verständlichen Zusammenfassung. Der nebulöse Verweis des Beklagten auf angebliche Internetveröffentlichungen führe nicht weiter. Bei beiden Auslegungen fehle eine inhaltlich ausreichende UVS, die beispielsweise die betrachteten Varianten für die B 51 einschließlich Tunnellösung (und nicht nur für die B 481n) darstelle, obwohl der Beklagte derartige Varianten geprüft habe. Selbst wenn man den Ansatz einer angeblich in den übrigen Planfeststellungsunterlagen inbegriffenen UVS für ausreichend halte, was höchst zweifelhaft sei, sei den damaligen Anforderungen der UVP-Richtlinie nicht entsprochen worden, das zeige das Beispiel der untersuchten Varianten besonders deutlich. Die Beteiligung der Öffentlichkeit sei zwingender Bestandteil des UVP-Verfahrens. Sie könne nach Ergehen des Planfeststellungsbeschlusses nicht mehr nachgeholt werden. Die Öffentlichkeit könne auch die verfahrensrechtliche Rechtmäßigkeit von Entscheidungen anfechten, für die die Öffentlichkeitsbeteiligung gelte. Die Bezugnahme im Planfeststellungsbeschluss auf eine UVS aus dem Jahr 1993 erscheine geradezu absurd. Die UVS gehe von 31.000 Kfz/24h aus, der Planfeststellungsbeschluss hingegen von 50.560 Kfz/ 24h. Zudem habe die UVS eine Vollabdeckung mit Überschüttungsmöglichkeit vorgesehen, die nicht planfestgestellt worden sei. Die Stadt N. habe der Planung ausdrücklich vor dem Hintergrund des Ergebnisses einer abgedeckten Troglage zugestimmt. Diese Lösung habe daher nicht im Erläuterungsbericht mit einem Satz ausgeschlossen werden dürfen. Aufgrund neuerer Rechtsprechung könne der Beklagte sich nicht darauf berufen, dass es an einer Kausalität zwischen Fehler und Planfeststellungsbeschluss fehle. Da es um zentrale Bestandteile der europäischen Beteiligungsanforderungen gehe, sei der Planfeststellungsbeschluss allein deshalb zumindest für rechtswidrig und nicht vollziehbar zu erklären.
35Es sei eine neue Linienbestimmung erforderlich gewesen, da mit der B 481n eine neue Bundesfernstraßenverbindung geschaffen werde, die im Hinblick auf die nach § 15 Abs. 1 Satz 3 UVPG in der Umweltverträglichkeitsprüfung zur Linienbestimmung zu prüfenden, ernsthaft in Betracht kommenden Trassenvarianten einer einheitlichen Betrachtung mit der Planung der B 51 bedürfe. Die Variantenprüfung der Linienbestimmung sei in der Planfeststellung wieder aufzugreifen und in dem gebotenen Umfang und im Detail zu konkretisieren. Die Bezugnahme auf eine Linienbestimmung vom 14. Dezember 1967 für die B 481n und das Ergebnis der damaligen UVP sei verfahrensfehlerhaft, weil es damals eine UVP im Sinne des heutigen Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung noch gar nicht gegeben habe. Daher sei im Ergebnis vom Fehlen der UVP in der Linienbestimmung mitsamt der gesetzlich vorgesehenen Trassenvariantenprüfung auszugehen. Eine Linienbestimmung fehle damit insgesamt.
36Der Planfeststellungsbeschluss genüge nicht dem Abwägungsgebot des § 17 Satz 2 FStrG. Er sei erlassen worden, ohne vorher die Abwägungsgrundlagen ausreichend zu ermitteln. Für den Kläger zu 2. sei erst bis Mitte Oktober 2011 ermittelt worden, ob sein Anwesen dem Innen- oder Außenbereich zuzuordnen sei. Da der Planfeststellungsbeschluss bereits getroffen gewesen sei, habe der Beklagte gar nicht mehr zu einem anderen Ergebnis als Außenbereich kommen können und sich vorab gebunden. Die Schadstoffuntersuchung des Büros M. aus September 2011 sei dem Beklagten erst am Datum der Planfeststellung zugegangen. Es habe im Planfeststellungsverfahren im eigentlichen Sinne gar keine Variantenprüfung gegeben, sondern einzig eine Bezugnahme auf eine vom Auftrag eng begrenzte schon damals zwölf Jahre alte UVS, die sich auf die Bestandstrasse beschränke. Das von der Beklagten gewählte gestufte Verfahren mit einer UVP vor rund 20 Jahren und einer Prüfung zusätzlicher oder anderer erheblicher Umweltauswirkungen in der Planfeststellung sei rechtlich nicht zulässig gewesen. Insbesondere seien keine Varianten geprüft worden. Damit sei eine UVP nicht durchgeführt und nicht nachgeholt. Daher fehle es an der erforderlichen Abwägungs- und Ergebnisoffenheit. Es finde sich dementsprechend nicht einmal eine Grobprüfung anderer in Betracht kommender Trassenführungen für die B 51. Die Prüfung habe auch nicht unter dem Gesichtspunkt unterbleiben dürfen, dass es sich um den dritten Bauabschnitt eines Gesamtvorhabens handele. Es dränge sich die Variante östlich der Umgehungsbahn geradezu auf: Am Ende des zweiten Bauabschnitts knicke die Alternativtrasse nach rechts ab, führe etwa einen Kilometer Richtung Osten, werde unter dem Bahndamm hindurchgeführt und dann parallel zum Bahndamm und der Hochspannungsleitung. Nördlich der X2. Straße werde der Bahndamm erneut gequert; sodann werde die planfestgestellte Trasse der B 481n genutzt. Dies entlaste den gesamten Kernbereich von St. N3. , der wieder zusammenwachsen könne und konzentriere Verkehrstrassen. Die Trasse führe vorwiegend über landwirtschaftlich genutzte Flurstücke und könne ebenerdig geführt werden. Der Bahndamm bilde einen Lärmschutzwall. Die Variante sei zwar einen Kilometer länger, es werde aber auch Versiegelung eingespart im Zusammenhang mit dem Knoten mit der X2. Straße, der allein zu einem Verbrauch von 20 ha Fläche führe, die großenteils versiegelt werden müsse. Die Bestandstrasse der B 51 könnte entsiegelt werden. Das Landschaftsschutzgebiet X3. -F. -Niederung werde nur an seinem äußersten Rand tangiert. Die Alternativtrasse käme gänzlich ohne Inanspruchnahme von Wohneigentumsgrundstücken aus, es wären höchstens einige wenige Kleingärten betroffen. Auch Kosten- und Wirtschaftlichkeitserwägungen sprächen für die Alternativtrasse. Es wäre lediglich für einige wenige Häuser im Außenbereich weiter östlich der Trasse für Lärmschutz zu sorgen. Geringere Kosten für Lärmschutz und für den Knoten X2. Straße führten zu Millioneneinsparungen. Die in der Klagebegründung vorgelegte Skizze solle nur die verbale Beschreibung der möglichen Trasse unterstützen und kein rechtwinkliges Abknicken der Trasse einfordern. Darüber hinaus fehlten offenbar jegliche Variantenüberlegungen zur Verlängerung des Troges und des offenporigen Asphalts. Die unter Nutzen-Kosten-Gesichtspunk-ten im Hinblick auf Lärmschutz und Eigentumsinanspruchnahme günstigste Variante sei gar nicht ermittelt worden.
37Die Verkehrsprognose sei unzureichend und komme zum Nachteil der Kläger zu einer zu geringen Verkehrsbelastung. Es gebe keinen sachlichen Grund für eine Beschränkung auf den Prognosehorizont 2020. Der „Kurzbericht ‑ Ausblick Prognose 2025“ sei unzutreffend. Die knappen Ausführungen seien in keiner Weise nachvollziehbar und widersprächen zum Teil dem Gutachten für den Zeitraum bis 2020, in dem der Anstieg des Schwerverkehrs von knapp 5 % nicht berücksichtigt sei. Die Prognose genüge auch im Übrigen methodisch nicht den Anforderungen. Das Prognoseergebnis sei weder nachvollziehbar begründet noch beruhe es auf realistischen Eingangsdaten und Annahmen. Die Ergebnisse ließen sich nicht ableiten. Es fehlten die Berechnungsgrundlagen, genaue Quellenangaben und eine Beschreibung des Rechenvorgangs. Für eine Reihe von Eingangswerten gebe es keine Ableitungen. Der Verkehr für den Abschnitt X. Straße bis X2. Straße sei weiterhin zu niedrig angesetzt. Der Planfeststellungsbeschluss stelle für 2020 auf 50.560 Kfz/24h vom B. Weg bis zur X. Straße und auf 41.730 Kfz/24h von der X. Straße bis zur X2. Straße ab. Die Verkehrszählung 2010 weise für die B 51 „Umgehungsstraße N. “ 55.700 Kfz/24h aus. Die Prognose werde im Hinblick auf die Entwicklung auf den bereits ausgebauten Abschnitten den Erfahrungswerten nicht gerecht. Dort habe der Verkehr von 1990 bis 2005 um 125 % bzw. 203 % zugenommen. Er werde weiter steigen, wenn der Weiterbau der B 51 nach Osten und der B 481n nach Norden abgeschlossen sein werde. Die Ausführungen zur Aktualisierung von September 2006 seien nicht nachvollziehbar und blieben nebulös. Auswirkungen anderer Maßnahmen auf die B 51/B 481n würden nicht im Einzelnen aufgeführt. In einer früheren Unterlage sei die Einwohnerzahl von N. für 2010 mit 254.000 eingestellt, bereits jetzt habe N. 280.000 Einwohner mit steigender Tendenz. Die verkehrserhöhende „Entlastungsstraße Nord“ werde nicht aufgeführt. Auch das neue Wohngebiet in X4. -Nord und die Erschließung des neuen Gewerbegebiets B1.--------straße in X4. würden nicht erwähnt. Bei der Umgehungsstraße X4. reiche der Zufluss von Mautverkehr bis zur A 2 bei C1. . Es müssten auch die Zugänge durch Expansion und Verlagerung von zwei großen Firmen mit Logistikbedarf im Bereich I.-----weg und einer großen Baustoffhandlung an der M1. berücksichtigt werden. Auch der seit 2004 bestehende Masterplan zur Entwicklung des Hafenbereichs sei nicht berücksichtigt. Der Aufstellungsbeschluss des entsprechenden Bebauungsplans vom 7. Juli 2010 habe zum Zeitpunkt der Planfeststellung längst vorgelegen. Die Verkehrsuntersuchung dieser Planung gehe für die B 51 zwischen B. Weg und X. Straße im Jahr 2025 von 51.400 Kfz/24h aus; diese Prognose liege über der des IVV-Gutachtens, das für 2020 nur 50.600 Kfz/24h vorhersage. Daher werde die IVV-Verkehrsprognose durch die Planungen der Stadt N. widerlegt. Die Prognosen übersähen nach wie vor, dass seit Jahrzehnten geplant sei, eine durchgehend leistungsfähige Verbindung zwischen N. und der A 2 im Osten zu schaffen. Dies werde den Verkehr im fraglichen Abschnitt um 15.000 Kfz/24h erhöhen. Der Ansatz eines Lkw-Anteils von 13 % tags und 12 % nachts sei zu niedrig. Viele Lieferfahrzeuge ab 2,8 t würden fehlerhaft als Pkw gezählt. Es gebe offenkundig keine Unterlage, die entsprechend den Vorgaben der 16. BImSchV die Ermittlung einer maßgebenden stündlichen Verkehrsstärke und eines maßgebenden Lkw-Anteils (über 2,8 t) am Gesamtverkehr über die Nachtzeit dokumentiere. Dafür sei auf die Standardwerte der 16. BImSchV zurückzugreifen.
38Die lärmtechnische Untersuchung leide unter einer Reihe von Fehlern, die sich auf das Ergebnis auswirkten. Sie sei in mehrererlei Hinsicht ungenügend. Die Untersuchung sei offenkundig nicht von sachkundigen Personen erstellt worden. Es gebe keinerlei Hinweise auf die Verfasser. Die Methodik der Ermittlung der ausgewiesenen Beurteilungspegel sei nicht ausreichend dargestellt. Es fehlten Angaben, wie die Gebietsarten, die Abstände, Höhen und Geschosse ermittelt worden seien, sowie Angaben zu Kosten von Lärmschutzmaßnahmen und Lärmschutzvarianten sowie Angaben zu den für einen Vollschutz erforderlichen Maßnahmen und Lärmberechnungen für die Außenwohnbereiche. Es sei nicht dargelegt, welche Eingangsdaten und welche Fassung der Software „Sound Plan“ verwendet worden sei. Der Beklagte habe die Fachgutachten nicht auf Plausibilität überprüft. Die Gutachten in ihren verschiedenen Fassungen hätten der Planfeststellung nicht zu Grunde gelegt werden dürfen. Die lärmtechnische Untersuchung basiere auf falschen Prognosedaten. Das gelte insbesondere für den zu geringen Lkw-Anteil; es sei nicht nachvollziehbar, wie die Verteilung auf Tag und Nacht ermittelt worden sei. Der Beklagte habe laut Vermerk vom 1. März 2011 vom Landesbetrieb Straßen NRW eine Neuerstellung des Lärmschutzkonzepts gefordert. Diese Neukonzeption sei offenbar nicht vorgelegt worden und könne nicht in den „vier Seiten plus ein paar Tabellen“ im Verwaltungsvorgang gesehen werden.
39Für die Klägerin zu 1. seien falsche Berechnungspunkte gewählt worden. Das Erdgeschoss beginne beim Haus der Klägerin zu 1. erst in etwa 1,5 bis 1,6 m Höhe. Daher wären bei 0,2 m über Fensteroberkante 4,2 und 7,0 m statt 2,4 und 5,2 m anzusetzen gewesen. Dabei sei noch zu klären, in welchem Verhältnis die Geländeoberkante nach dem Höhenplan zur Geländehöhe an ihrem Haus stehe. Der Abstand vom Immissionsort zur Achse der Straße sei für die Klägerin zu 1. mit 36,4 m angegeben. Dies treffe für den Außenwohnbereich ersichtlich nicht zu. Es seien offenbar flächendeckend alle Außenwohnbereiche nicht berechnet und sämtliche Entschädigungsansprüche in diesem Zusammenhang verkannt worden. Auch für das Grundstück des Klägers zu 2. liege der maßgebliche Immissionsort für den Außenwohnbereich erheblich näher an der Trasse. Die Höhe sei bei ihm noch niedriger angenommen als bei der Klägerin zu 1. Der Fehler fehlender Ermittlung der Betroffenheit der Außenwohnbereiche werde nicht durch die Nebenbestimmung A.5.2.3 geheilt. Es fehlten erforderliche Ermittlungen der Schutzansprüche für die Prüfung der Schallschutzvarianten und das erforderliche Abwägungsmaterial. Ansprüche auf passiven Schallschutz stünden in keinem zwingenden Verhältnis zu Entschädigungsansprüchen für Außenwohnbereiche. Dem Kläger zu 2. werde der ihm zustehende Lärmschutz verwehrt. Er könne sich auf den Schutz für Wohngebiete berufen (59 dB(A) tags, 49 dB(A) nachts); die Grenzwerte würden jeweils überschritten. Die Einstufung seines Grundstücks als Außenbereich sei unzutreffend. Für sein Grundstück bestehe kein Bebauungsplan. Weniger als 10 m östlich beginne ein reines Wohngebiet (Bebauungsplan Nr. 300 der Stadt N. ). Es bestehe ein Bebauungszusammenhang mit dem östlich der Straße bestehenden Wohngebiet. Die N4.----straße habe im vorliegenden Fall keine trennende, sondern eine verbindende Funktion. Beide Straßenseiten stünden in entsprechenden optischen Beziehungen und prägten sich gegenseitig; das folge auch aus eindeutigen historischen Bezügen. Die N5.---straße habe beiderseits Gehwege und Straßenbeleuchtung. Die Bebauung sei ähnlich. Westlich der N5.---straße stünden zwei weitere Häuser. Die Baulücke zum Haus Nr. 24 unterbreche den Bebauungszusammenhang nicht. Zur Baugenehmigung für sein Haus aus dem Jahr 1971 sei die Auskunft erteilt worden, dass sich Art und Maß der baulichen Nutzung nach einem „reinen Wohngebiet“ zu richten habe. Das ergebe sich auch aus der Ortssatzung der Stadt N. vom 27. Juli 1957. Die Umspannstation für das Wohngebiet sei in den klägerischen Baukomplex integriert. Die Ausweisung im Flächennutzungsplan sei nicht parzellenscharf, es verbleibe ein Interpretationsspielraum. Ein Straßenbaubeitragsbescheid der Stadt N. vom 28. März 2014 sehe das Grundstück des Klägers zu 2. in voller Breite als bebaubar an.
40Die zur Umsetzung des in § 41 BImSchG vorgegebenen Lärmschutzkonzepts erforderliche Nutzen-Kosten-Prüfung einschließlich der dafür erforderlichen Grundlagendaten fehle in den Planfeststellungsunterlagen. Es seien die Kosten je Schutzfall zu betrachten, d. h. die Kosten je durch die jeweilige Lärmschutzvariante „bewältigten“ Schutzfalls, also je erreichter Grenzwerteinhaltung. Pauschale Betrachtungen seien zulässig, wenn der Gleichheitssatz beachtet werde. An dem sich daraus ergebenden Prüfungsprogramm fehle es. Die lärmtechnische Untersuchung ermittele keine Beurteilungspegel für Außenwohnbereiche. Damit seien eine Vielzahl von Anspruchsberechtigungen nicht erkannt. Der Nutzen eines Lärmschutzkonzepts könne so nicht ermittelt werden. Es gebe keine Angaben zu den erforderlichen Maßnahmen und den Kosten für einen Vollschutz, welche Lärmschutzvarianten mit welchem Nutzen und welchen Kosten betrachtet worden seien und zu den Kosten einzelner Lärmschutzmaßnahmen. Die von der Stadt N. beschlossene Beteiligung an den Kosten sei nicht berücksichtigt. Im Planfeststellungsbeschluss seien die Kosten je Schutzfall nicht ermittelt worden, die Prüfung sei frei von nachvollziehbaren Maßstäben. Für die Bereiche der Kläger gebe es nur nicht nachvollziehbare allgemeine Annahmen. Rechne man die Kostensteigerung je bewältigtem Schutzfall, ergebe sich eine Steigerung von nur 1,7 %. Das sei verhältnismäßig. Allerdings fehlten hier die Außenwohnbereiche. Die vom Beklagten angeführte „abwägende Mitberücksichtigung“ scheide logisch aus. Die Beurteilungspegel für Außenwohnbereiche seien gesondert zu ermitteln und gesondert in die Abwägung einzuführen und gegebenenfalls zu entschädigen. Das alles sei versäumt worden, so dass eine sachgerechte Nutzen-Kosten-Betrachtung nicht habe angestellt werden können. Die örtlichen Verhältnisse seien unvollständig ermittelt. Es fehle an der Ermittlung und Prüfung erheblicher, jedoch noch nicht unzumutbarer bzw. grenzüberschreitender Lärmbelastungen. Gleiches gelte für Luftschadstoffbelastungen und Erschütterungen. Der Flächennutzungsplan der Stadt N. weise beidseitig der B 51 Wohnbauland aus. Eine angebliche Berücksichtigung einer plangegebenen Vorbelastung der Wohnhäuser nördlich der Straße „Zum Guten Hirten“ sei nicht nachvollziehbar. Der Hinweis Nr. 6 in der vom Beklagten seiner Klageerwiderung als Beispiel beigefügten Baugenehmigung habe keine Regelungswirkung. Nicht berücksichtigt sei die mit der planfestgestellten Schutzvariante (5 m Lärmschutzwand) einhergehende Eigentumsbeeinträchtigung für die Klägerin zu 1.
41Die Luftschadstoffuntersuchungen litten ebenfalls unter fehlerhaften Prognose-annahmen. Die Übernahme der Hintergrundbelastung von einer Messstation, die nicht hinreichend auf die Übertragbarkeit der Umgebungsverhältnisse geprüft worden sei, sei fehlerhaft. Offenbar seien die Werte der Messstation N. -Geist angesetzt worden. Diese erfasse aufgrund ihrer Lage und der regelmäßi-gen Westwinde vorwiegend ländliche Hintergrundbelastung. Dagegen hätten sich Luftmassen bei den Grundstücken der Kläger nach Überquerung der Stadt N. mit Schadstoffen angereichert. Die Messstation an der X1. Straße in N. habe in den letzten Jahren Überschreitungen bei NO2 gemessen. Die Annahmen zur Verkehrssituation in Abbildung 5.1 des Luftschadstoffgutachtens stünden im Widerspruch zu den Angaben in der lärmtechnischen Untersuchung. Die Auswertung sei irreführend; relevant sei die Belastung in allen Wohnberei-chen, hier besonders auch in den Außenwohnbereichen, die deutlich höher belastet seien als die Wohnhäuser. In den Gartenbereichen ergäben sich rechnerisch Grenzwertüberschreitungen. Es fehle ‑ auch in der vom Beklagten vorgelegten ergänzenden E-Mail ‑ eine Berechnung der Kurzzeitgrenzwerte. Die Belastungen durch Baulärm und Erschütterungen während der Bauzeit seien weder ermittelt noch im Planfeststellungsbeschluss Aussagen zum Schutz vor ihnen getroffen worden. Der Planfeststellungsbeschluss führe widersprüchlich aus, die AVV-Baulärm sei zu beachten, aber sie könne nicht eingehalten werden. Das widerspreche der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes. Das Vorhaben entspreche nicht dem Gebot der Eingriffsminimierung in § 15 Abs. 1 BNatSchG. Die Ausgestaltung des Knotens B 51/X2. Straße führe zu vermeidbaren Eingriffen.
42Die Kläger beantragen,
43den Planfeststellungsbeschluss des Beklagten vom 30. September 2011 in der Fassung des Planänderungsbescheides vom 12. August 2014 aufzuheben,
44hilfsweise,
45den Beklagten unter teilweiser Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses vom 30. Septem-ber 2011 in der Fassung des Planänderungsbescheides vom 12. August 2014 zu verpflichten, die Kläger hinsichtlich ihrer durch das Vorhaben betroffenen Rechte/Interessen, insbesondere hinsichtlich des Schutzes vor Immissionen, erneut zu bescheiden.
46Der Beklagte beantragt,
47die Klage abzuweisen.
48Er verweist auf den angefochtenen Planfeststellungsbeschluss und trägt ergänzend im Wesentlichen vor:
49Die Klägerin zu 1. sei mit ihrem Klagevorbringen gegen den Prognosehorizont, das Verkehrsgutachten, die Lärm- und Schadstoffimmissionen präkludiert, weil sie nach der Auslegung der geänderten Planunterlagen als Deckblatt I keine Einwendungen mehr erhoben habe. Die im Bereich des Grundstückes der Klägerin zu 1. geplante Lärmschutzwand solle nicht auf ihrem Grundstück, sondern in einem Abstand von 1,7 m zu ihrem Grundstück errichtet werden. Es werde auf jegliche Inanspruchnahme ihres Grundstückes verzichtet.
50Die konkreten unpräkludierten Einwendungen des Rechtsvorgängers des Klägers zu 2., Herrn V. S. , richteten sich auf die Überprüfung des Verkehrsgutachtens und der hieraus folgenden Lärmschutzmaßnahmen. Sein Grundstück befinde sich in einer Entfernung von rund 92 bis 107 m zum künftigen Fahrbahnrand und liege wie die Grundstücke N2.---straße 22 und 24 im Außenbereich gemäß § 35 BauGB. Sie würden durch die N5.---straße von dem gegenüberliegenden Wohngebiet getrennt und lägen als Einzelbebauungen ohne Ordnungsstruktur in einem zusammenhängenden größeren Waldgebiet. Die lärmtechnische Berücksichtigung als Wohngebiet sei nicht begründbar; dies ergebe sich auch aus einer schriftlichen planungsrechtlichen Auskunft der Stadt N. vom 9. No-vember 2011. Seit Inkrafttreten der 56. Änderung des Flächennutzungsplanes der Stadt N. am 5. Juli 1991 sei das Grundstück nicht mehr als Wohnbaufläche ausgewiesen. In planungsrechtlichen Auskünften der Stadt werde es seit 2002 stets als Außenbereich beurteilt.
51Die Offenlage der Planunterlagen sei ordnungsgemäß bekannt gemacht worden. Dies sei von der Stadt N. mit Schreiben vom 20. Februar 2006 bestätigt worden. Aus der Bezeichnung als „Ergänzungslieferung“ könne nicht auf eine spätere Bekanntmachung geschlossen werden. Auch die Ergänzungslieferung sei laut einem Schreiben der Stadt N. vom 14. Mai 2012 am 10. Februar 2006 erschienen und ausgeliefert worden. In einem Pressetext sei fälschlicherweise als der Tag der Bekanntgabe der 14. Februar 2006 genannt worden. Für den Bekanntmachungszeitraum vor der Planoffenlage seien nach § 73 Abs. 5 VwVfG NRW keine Fristen vorgegeben. Weitere Bekanntmachungen seien nach der Hauptsatzung der Stadt N. nicht vorgesehen gewesen. Im Übrigen sei die von den Klägern unzutreffend behauptete Verspätung der Bekanntmachung aus Rechtsgründen unschädlich. Die erforderliche Anstoßwirkung sei erreicht worden, da die Kläger und 264 weitere Einwender fristgerecht Einwendungen erhoben hätten. Die Hinweise in den Bekanntmachungstexten hätten sowohl im Jahr 2006 als auch im Jahr 2007 den gesetzlichen Vorgaben des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung entsprochen. Aus Anzahl und Inhalt der Einwendungen gehe deutlich hervor, dass alle Verfahrensbeteiligten verstanden hätten, dass die Beteiligung der betroffenen Öffentlichkeit auch das UVPG-Verfah-ren umfasst habe. Soweit die Kläger unzutreffend unterstellten, es handele sich um Verfahrensfehler, seien diese aus Rechtsgründen nach Maßgabe des Kausalitätserfordernisses unschädlich.
52Die UVP sei insgesamt konsequent und verfahrensfehlerfrei durchgeführt worden. Unter Ziffer 4.4. des Planfeststellungsbeschlusses sei die Strukturierung der UVP auf den verschiedenen Planungsstufen mit Schwerpunkt im Planfeststellungsverfahren beschrieben, die zusammenfassende Darstellung der Umweltauswirkungen werde gemäß § 11 UVPG ab Seite 58, die abwägende Bewertung der Umweltauswirkungen gemäß § 12 UVPG ab Seite 69 methodisch getrennt vor der abschließenden Abwägung nach § 17 FStrG dargestellt. Die planfestgestellte Variante stütze sich auf ein in der UVS 1993 noch nicht untersuchtes verbessertes Lärmschutzkonzept.
53Die Überprüfung des Planungskonzeptes habe bereits in der UVP eine Bestätigung des Ausschlusses der Neubautrassenführung östlich der Umgehungsbahn ergeben. Diese Trassenführung widerspreche dem Bundesfernstraßenbedarfsplan und dem Gebietsentwicklungsplan, führe zu einem erheblich größeren Eingriff in die im Planfeststellungsbeschluss aufgeführten Umweltgüter und habe nicht das Vermeidungspotenzial, auf das sich der Ausbau der Bundesstraße im vorbelasteten Bereich mit einer zusätzlichen Lärmsanierung stützen könne. In ihren Einwendungen hätten die Kläger bzw. Rechtsvorgänger die Prüfung der Umgehungsbahnalternative nicht angesprochen. Die Neubauvariante östlich der Umgehungsbahntrasse sei bereits im ersten und zweiten Planfeststellungsabschnitt verworfen worden. Der Planfeststellungsbeschluss habe die Vorgaben zum Linienbestimmungsverfahren und dessen Ergebnis für den Planungsabschnitt der B 481n berücksichtigt. Der Bedarfsplan für die Bundesfernstraßen gebe einen Ausbau der B 51 im vorhandenen Straßenzug vor. Daher habe für diesen Abschnitt auf eine Linienbestimmung verzichtet werden können.
54Das dem Planfeststellungsbeschluss zu Grunde gelegte projektbezogene Verkehrsgutachten vom 11. September 2006 sowie der zuletzt erstellte Ausblick auf das Prognosejahr 2025 seien nicht zu beanstanden. Der Hinweis der Kläger auf einen Presseartikel über die Verkehrszählung 2010 beziehe sich auf den stärker frequentierten Streckenabschnitt zwischen dem Autobahnkreuz N. -Süd und der X1. Straße. Für den vorliegenden dritten Abschnitt der B 51 weise die Verkehrszählung 2010 Verkehrsbelastungen in Höhe von 32.500 Kfz/24h auf dem Teilabschnitt zwischen B. Weg und X. Straße sowie 20.500 Kfz/24h auf dem Teilabschnitt zwischen X. Straße und X2. Straße auf. Die „Entlastungsstraße Nord“ sei in der Aktualisierung vom 11. März 2008 berücksichtigt; sie führe zu etwas geringeren Belastungswerten (minus 1.000 bis minus 2.000 Kfz DTV) für die B 51 und zu einer marginalen Verringerung auf der B 481n. Die bis zum Jahr 2025 zu erwartende Steigerung des Schwerverkehrs um knapp 5 % beziehe sich auf die absoluten Zahlen im Schwerverkehr und sei nicht als Anstieg in Prozentpunkten zu werten. Sie liege in einem Toleranzbereich der allgemeinen methodischen Prognosesicherheit und stelle die Verwertbarkeit der dem Planfeststellungsbeschluss zu Grunde gelegten Prognoseberechnung zum Horizont 2020 nicht in Frage. Methodisch zutreffende Prognoseermittlungen könnten sich nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts auch auf kürzere Prognosehorizonte als 15 Jahre stützen. Die „Ergänzungen zum Kurzbericht Ausblick Prognose 2025 vom 28.07.2011“ vom 14. Juni 2012 bestätigten, dass die Verkehrsmengengerüste auch bis zum Jahr 2025 noch eine Validität besäßen. Eine Fortschreibung des Prognoseergeb-nisses auf das Jahr 2025 ergebe nur eine marginale irrelevante Erhöhung des Prognoseimmissionspegels um bis zu 0,2 dB(A). Für die Außenwohnbereiche des Wohngrundstücks des Klägers zu 2. seien fiktive Lärmberechnungen unter Berücksichtigung der Ergebnisse des Ausblicks Prognosejahr 2025 angestellt worden. Für Balkon, Freisitz und Terrassen ergäben sich Tagwerte von 55,4 bis 58,9 dB(A).
55Die lärmtechnischen Berechnungen seien mit Hilfe des DV-Programms „Sound Plan“ erstellt worden; dieses Programm sei zertifiziert und nicht zu beanstanden. Auf Grund der Komplexität der Berechnung würden nur die Ergebnisse in einer Tabelle zusammengefasst und dem lärmtechnischen Entwurf beigefügt. Dem präkludierten Hinweis auf mögliche Höhendifferenzen bei der Festlegung der Immissionsorte auf dem Grundstück der Klägerin zu 1. sei nachgegangen worden. Eine vermessungstechnische Überprüfung habe am Wohnhaus im ungünstigsten Fall (1. OG) eine Höhendifferenz um fast 1,64 m ergeben. Derartige Differenzen könnten sich z. B. durch versetzte Ebenen innerhalb des Hauses erklären; sie würden typischerweise nur einwendungsbezogen berücksichtigt. Mit den höhergelegenen Immissionsorten und unter Berücksichtigung des um 5 % gestiegenen Schwerverkehr-anteils bis 2025 lägen die berechneten Lärmpegel mit 54,7 dB(A) am Tag und 47,1 dB(A) in der Nacht sowohl im Erdgeschoss als auch mit 56,1 dB(A) am Tag und 48,6 dB(A) in der Nacht im Obergeschoss unterhalb der für Wohngebiete geltenden Immissionsgrenzwerte.
56An den Wohngebäuden der Kläger werde Volllärmschutz erreicht. Bei der Abwägung der Lärmschutzkonzepte zu den einzelnen Lärmschutzbereichen im Planfeststellungsbeschluss sei zur Berücksichtigung von Außenwohnbereichen zutreffend davon ausgegangen worden, dass passive Lärmschutzreste nur in Obergeschosshöhe verblieben und Außenwohnbereiche dort als Balkon jeweils beim Innenwohnbereich einer Wohneinheit abwägend mitberücksichtigt werden könnten. Bei der Abwägung des Lärmschutzkonzeptes zum Bereich C2.-----weg sei zutreffend berücksichtigt, dass sich nur für einen einzigen Balkon ein den Tagesgrenzwert überschreitender Beurteilungspegel im Außenwohnbereich von 59,38 dB(A) ergebe. Entgegen der Behauptung der Kläger gebe es im Abschnitt C2.-----weg /Westseite kein aktiv ungeschütztes bereits festgesetztes Wohngebiet. Die Baugenehmigungen der Wohnhäuser nordwestlich der Straße „Zum Guten I1. “ seien mit der Maßgabe erteilt worden, dass keine Ansprüche rechtlicher oder finanzieller Art gegenüber dem Landesbetrieb Straßen NRW hergeleitet werden könnten, die sich auf Lärmschutzmaßnahmen bezögen, die auf Grund von auftretenden Lärmimmissionen auf der B 51 nötig würden. Der Rat der Stadt N. habe dem Lärmschutzkonzept der Bundesstraßenverwaltung erstmals in seiner Sitzung vom 13. September 2000 und zuletzt im Jahr 2011 in Gestalt des Deckblattes IX zugestimmt. Mehrkosten des Lärmschutzkonzeptes, die für städtebaulich wirksame Maßnahmen gefordert seien, würden von der Stadt N. getragen; dies seien Mehrkosten für eine lärmschutzneutrale Kragarmausbildung und eine transparente Ausbildung von Lärmschutzwänden im oberen Bereich. Zwischen Baulastträger und der Stadt N. sei keine Kostenübernahme zu Maßnahmen mit zusätzlichem Lärmschutzeffekt vereinbart, die im Hinblick auf die Rechtsprechung zur Kostenverhältnismäßigkeit nach § 41 BImschG im Planfeststellungsverfahren grenznutzenrelevant seien.
57Das Gutachten zu den Luftschadstoffbelastungen sei fachlich nicht zu beanstanden. Es zeige auf, dass im Bereich des Grundstückes der Klägerin zu 1. die Luftschadstoffe im Prognosefall unterhalb der maßgeblichen Grenzwerte liegen. Dabei sei mit 50.600 Kfz/24h die höchste Prognoseverkehrsbe-lastung aus dem Teilabschnitt zwischen B. Weg und X. Straße für die Berechnung des gesamten vorliegenden Streckenabschnittes der B 51 zu Grunde gelegt worden, während für den Bereich C2.-----weg ein um 17,5 % geringerer DTV-Wert von 41.730 Kfz/24h zutreffe. Das Gutachten, das von einer gefahrenen Geschwindigkeit von 70 km/h ausgehe, liege daher auch dann auf der sicheren Seite, wenn von der zuständigen Straßenverkehrsbehörde künftig ein Tempolimit von 100 km/h zugestanden würde. Eine Berechnung unter Zugrundelegung von 100 km/h habe ergeben, dass für das Grundstück der Klägerin zu 1. keine Grenzwertüberschreitungen zu erwarten seien.
58Der Planfeststellungsbeschluss enthalte an mehreren Stellen Auflagen und Abwägungen zur Problembewältigung von Bauimmissionen. Dadurch sei der Straßenbaulastträger primär an die Einhaltung der AVV-Baulärm gebunden. Unter Berücksichtigung weiterer Maßnahmen (möglichst geräuscharme Bauverfahren, Bauzaun, Modifizierungen der Baumaßnahmen im Hinblick auf die AVV) könnten die Voraussetzungen des § 906 BGB beim Ausbau der bestehenden Bundesfernstraße ortsüblich eingehalten werden. Vorsorglich sei die Öffnung des Entschädigungsverfahrens zum Schutz der Anwohner im Planfeststellungsbeschluss angeordnet worden.
59Gegenüber dem heute bestehenden Zustand werde eine Lärmsanierung an der B 51 erreicht. Damit gehe die Steigerung der Lebens- und Wohnqualität im Bereich N3. einher; dies gelte auch für Anwohner im Bereich der N5.---straße . Der Planfeststellungsbeschluss habe unvermeidbare Wertminderungen im Wege der Abwägung auch dann berücksichtigt, wenn Lärmvorsorgeansprüche wegen Unterschreitung der Grenzwerte nicht bestünden.
60Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die Gerichtsakte und die Beiakten des vorliegenden Verfahrens sowie auf die zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemachten planfestgestellten Unterlagen und Verwaltungsvorgänge des Beklagten (Beiakten zum Verfahren 11 D 6/12.AK).
61E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
62Die zulässige Klage ist nicht begründet. Sie dringt weder mit ihrem im Hauptantrag formulierten Anfechtungsantrag auf Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses (A.) noch mit dem hilfsweise gestellten Verpflichtungsantrag durch (B.).
63A. Der auf die Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses gerichtete Hauptantrag ist unbegründet. Gegenstand der Klage ist der Planfeststellungsbeschluss des Beklagten vom 30. September 2011 in der Fassung, die er durch den Planänderungsbescheid vom 12. August 2014 erhalten hat. Die Kläger haben diesen Planänderungsbescheid am 12. September 2014 in ihre Klage einbezogen. Der festgestellte Plan und die nachträgliche Änderung verschmelzen zu einem einzigen Plan; es kommt inhaltlich zu einer einheitlichen Planungsentscheidung. Das hat zur Folge, dass sich der Planfeststellungsbeschluss in seiner Ursprungsfassung prozessual erledigt und das Rechtsschutzinteresse für ein gegen ihn gerichtetes Klagebegehren entfällt. Will der Kläger weiterhin Rechtsschutz gegen die Planung erreichen, bleibt ihm also keine andere Wahl, als gegen diese Entscheidung in ihrer geänderten Fassung vorzugehen.
64Vgl. BVerwG, Urteil vom 18. März 2009 ‑ 9 A 31.07 ‑, Buchholz 310 § 74 VwGO Nr. 15, S. 2, m. w. N.
65I. Bei der Überprüfung des angefochtenen Planfeststellungsbeschlusses ist grundsätzlich auf die Sach- und Rechtslage bei seinem Erlass abzustellen.
66Vgl. etwa BVerwG, Urteile vom 12. März 2008 - 9 A 3.06 -, BVerwGE 130, 299 (376), und vom 12. August 2009 - 9 A 64.07 -, BVerwGE 134, 308 (319).
67Hieran ändert der Planänderungsbescheid vom 12. August 2014 nichts, da trotz des Entstehens einer einheitlichen Planungsentscheidung die Grundzüge der Planung nicht betroffen sind.
68Rechtsgrundlage des angegriffenen Planfeststellungsbeschlusses vom 30. Sep-tember 2011 ist § 17 FStrG in der Fassung der Bekanntmachung vom 28. Juni 2007 (BGBl. I S. 1206), im Zeitpunkt der Planfeststellung zuletzt geändert durch Gesetz vom 31. Juli 2009 (BGBl. I S. 2585), in Verbindung mit den §§ 72 ff. VwVfG NRW in der Fassung der Bekanntmachung vom 12. November 1999 (GV. NRW. S. 602), im maßgeblichen Zeitpunkt zuletzt geändert durch Gesetz vom 17. Dezember 2009 (GV. NRW. S. 861).
69Der Senat überprüft den streitigen Planfeststellungsbeschluss unbeschadet der sich aus § 86 Abs. 1 VwGO ergebenden Aufklärungspflicht grundsätzlich nur im Rahmen der vorgetragenen Tatsachen, durch deren Berücksichtigung oder Nichtberücksichtigung im Planfeststellungsverfahren sich ein Kläger beschwert fühlt. Dies folgt aus § 17e Abs. 5 FStrG. Diese Vorschrift setzt dem klagenden Beteiligten kraft Gesetzes eine Frist von sechs Wochen. Innerhalb dieser Frist muss der Kläger die ihn beschwerenden Tatsachen so konkret angeben, dass der Lebenssachverhalt, aus der er den mit der Klage verfolgten Anspruch ableitet, unverwechselbar feststeht. Mit weiteren Einwendungen ist ein Kläger nach Maßgabe des § 87b Abs. 3 VwGO ausgeschlossen. Ein späterer vertiefender Vortrag steht dem nicht entgegen.
70Vgl. zum inhaltsgleichen § 5 Abs. 3 VerkPBG: BVerwG, Urteile vom 31. März 1995 - 4 A 1.93 -, BVerwGE 98, 126 (129), und vom 24. Mai 1996 - 4 A 38.95 -, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 119, S. 142.
71Hiervon ausgehend leidet der Planfeststellungsbeschluss an keinem Rechtsfehler, der die Kläger im Sinne des § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO in ihren Rechten verletzt und die - vollständige oder teilweise - Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses oder zumindest die Feststellung seiner Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit rechtfertigt.
72Die Grundstücke der Kläger werden für das Vorhaben nicht in Anspruch genommen, weshalb dem angegriffenen Planfeststellungsbeschluss für das Eigentum der Kläger keine enteignungsrechtliche Vorwirkung (§ 19 Abs. 2 FStrG) zukommt. Die von der Planung also nur mittelbar - nach ihrem Vortrag insbesondere durch Lärmimmissionen und Luftschadstoffe - betroffenen Kläger können daher im Gegensatz zu einem unmittelbar mit enteignungsrechtlicher Vorwirkung Betroffenen keine umfassende gerichtliche Überprüfung des Planfeststellungsbeschlusses auf seine objektive Rechtmäßigkeit (sog. Vollprüfungsanspruch) beanspruchen. Sie können nur die Verletzung gerade sie schützender Normen des materiellen und des Verfahrensrechts sowie eine nicht ordnungsgemäße Abwägung ihrer geschützten Privatbelange rügen, nicht aber eine insgesamt fehlerfreie Abwägung und Planung verlangen.
73Vgl. BVerwG, Urteile vom 26. April 2007 - 4 C 12.05 -, BVerwGE 128, 358 (363 f.), und vom 9. Juni 2010 - 9 A 20.08 -, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 208, S. 133 f.
74Ob andere gegen das Vorhaben sprechende Belange ordnungsgemäß berücksichtigt worden sind, können sie demgegenüber ebenso wenig geltend machen wie die Frage, ob Rechtsnormen beachtet wurden, die nicht ihrem Schutz zu dienen bestimmt sind.
75Vgl. BVerwG, Urteil vom 10. Dezember 2012 ‑ 9 A 20.11 ‑, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 229, S. 71 f.
76II. Hieraus folgt zunächst, dass die Kläger nicht mit Erfolg geltend machen können, dass bei der Planung naturschutzrechtliche Belange, wie beispielsweise etwa diejenigen des Landschaftsschutzes, des Artenschutzes oder weitere Gesichtspunkte des allgemeinen Naturschutzes nicht angemessen berücksichtigt worden seien. Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege dienen dem Allgemeininteresse. Private Interessen werden hierdurch nicht geschützt.
77Vgl. BVerwG, Urteil vom 28. März 2007 ‑ 9 A 17.06 ‑, Buchholz 442.09 § 18 AEG Nr. 64, S. 18.
78Auf die Einhaltung des sogenannten Minimierungsgebots in § 15 BNatSchG können sich die Kläger daher nicht berufen. Ebenso wenig können sie anführen, dass die Ausgestaltung des Knotens B 51/X2. Straße zu „vermeidbaren Eingriffen“ führe.
79III. Die Einwände der Kläger gegen die formelle Rechtmäßigkeit des Planfeststellungsbeschlusses greifen nicht durch.
801. Die Kläger machen geltend, die Bekanntmachung der ersten Auslegung sei erst erfolgt, nachdem die Auslegung bereits begonnen habe, durch die Bekanntmachung erst wenige Tage vor Beginn der Auslegung fehle es an der erforderlichen Anstoßwirkung für die Öffentlichkeit und der Inhalt der öffentlichen Bekanntmachung verstoße gegen Vorgaben des Art. 6 Abs. 2 der UVP-Richtlinie. Diese Rügen führen nicht zu einem durchgreifenden Verfahrensfehler.
81a) Allerdings können sich die Kläger gemäß § 4 UmwRG grundsätzlich auch auf Verfahrensfehler im Zusammenhang mit der Umweltverträglichkeitsprüfung des nach dem 25. Juli 2005 eingeleiteten Verfahrens (vgl. § 5 Abs. 1 UmwRG) berufen.
82Nach Art. 10a Abs. 1 der im Zeitpunkt der Offenlegung noch geltenden Richtlinie 85/337/EWG des Rates vom 27. Juni 1985 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten (ABl. Nr. L 175 S. 40 ‑ im Folgenden: UVP-Richtlinie ‑), der durch Art. 3 Abs. 7 der Richtlinie 2003/35/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Mai 2003 über die Beteiligung der Öffentlichkeit bei der Ausarbeitung bestimmter umweltbezogener Pläne und Programme und zur Änderung der Richtlinien 85/337/EWG und 96/61/EG des Rates in Bezug auf die Öffentlichkeitsbeteiligung und den Zugang zu Gerichten (ABl. Nr. L 156 S. 17) in die UVP-Richtlinie eingefügt worden ist (im Folgenden: Öffentlichkeitsbeteiligungsrichtlinie), stellen die Mitgliedstaaten im Rahmen ihrer innerstaatlichen Rechtsvorschriften sicher, dass Mitglieder der betroffenen Öffentlichkeit, die
83a) ein ausreichendes Interesse haben oder alternativ
84b) eine Rechtsverletzung geltend machen, sofern das Verwaltungsverfahrensrecht bzw. Verwaltungsprozessrecht eines Mitgliedstaats dies als Voraussetzung erfordert,
85Zugang zu einem Überprüfungsverfahren vor einem Gericht oder einer anderen auf gesetzlicher Grundlage geschaffenen unabhängigen und unparteiischen Stelle haben, um die materiell-rechtliche und verfahrensrechtliche Rechtmäßigkeit von Entscheidungen, Handlungen oder Unterlassungen anzufechten, für die die Bestimmungen dieser Richtlinie über die Öffentlichkeitsbeteiligung gelten. Damit können die Kläger die „verfahrensrechtliche Rechtmäßigkeit“ der Umweltverträglichkeitsprüfung im Rahmen ihrer gegen den Planfeststellungsbeschluss gerichteten Klage anfechten, weil die Umweltverträglichkeitsprüfung nach § 2 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 2 Abs. 3 Nr. 1 UVPG ein unselbstständiger Teil eines Planfeststellungsverfahrens ist.
86Jedoch führt nicht jeder Verfahrensfehler zu einer Rechtsverletzung im Sinne des Art. 10a der UVP-Richtlinie. Nach der Rechtsprechung des EuGH haben die Mitgliedstaaten die Rechte zu bestimmen, bei deren Verletzung ein Rechtsbehelf in Umweltsachen eingelegt werden kann. Dabei darf die Auslegung der durch die UVP-Richtlinie verliehenen Rechte nicht praktisch unmöglich gemacht oder übermäßig erschwert werden. Der Unionsgesetzgeber habe in keiner Weise die Gründe beschränkt, die zur Stützung eines Rechtsbehelfs vorgebracht werden könnten. Jedenfalls habe er die Möglichkeit, einen Verfahrensfehler geltend zu machen, nicht an die Voraussetzung knüpfen wollen, dass dieser Fehler Auswirkungen auf den Inhalt der angegriffenen endgültigen Entscheidung habe. Da die Richtlinie unter anderem zur Festsetzung von Verfahrensgarantien diene, müsse die betroffene Öffentlichkeit grundsätzlich jeden Verfahrensfehler geltend machen können. Jedoch habe nicht jeder Verfahrensfehler zwangsläufig Folgen, die sich auf den Inhalt einer solchen Entscheidung auswirken könnten, so dass ein Fehler, bei dem dies nicht der Fall sei, denjenigen, der ihn geltend macht, nicht in seinen Rechten verletze. In einem solchen Fall erscheine das Ziel der UVP-Richtlinie nicht gefährdet. Die Mitgliedstaaten hätten einen „beträchtlichen Spielraum“ hinsichtlich der Bestimmung dessen, was eine Rechtsverletzung darstelle.
87Daher könne es zulässig sein, dass nach dem nationalen Recht keine Rechtsverletzung im Sinne des Art. 10a Buchstabe b der UVP-Richtlinie vorliege, wenn nach den Umständen des konkreten Falles nachweislich die Möglichkeit bestehe, dass die angegriffene Entscheidung ohne den geltend gemachten Verfahrensfehler nicht anders ausgefallen wäre. In Bezug auf das Kausalitätskriterium dürfe dem Rechtsmittelführer aber nicht die Beweislast aufgebürdet werden; es sei vielmehr auf von der zuständigen Behörde vorgelegte Beweise und die vorliegende Akte abzustellen. Dabei sei die Schwere des geltend gemachten Fehlers zu berücksichtigen und insbesondere zu prüfen, ob dieser Fehler der betroffenen Öffentlichkeit eine der Garantien genommen habe, die geschaffen worden seien, um ihr im Einklang mit den Zielen der UVP-Richtlinie Zugang zu Informationen und die Beteiligung am Entscheidungsprozess zu ermöglichen.
88Vgl. EuGH, Urteil vom 7. November 2013 ‑ C‑72/12 (Altrip) -, NuR 2013, 878 (881 f., Rdnr. 46 bis 54).
89Nach diesen Maßstäben liegt ein durchgreifender Verfahrensfehler nicht vor. Es ist nicht ersichtlich, dass die Entscheidung des Beklagten ohne die von den Klägern gerügten Verfahrensfehler im Hinblick auf die von ihnen geltend gemachten Rechtspositionen anders ausgefallen wäre. Dabei berücksichtigt der Senat, ohne dass den Klägern insoweit eine materielle Beweislast aufgebürdet würde, neben dem Vortrag des Beklagten in Umsetzung der Rechtsprechung des EuGH sowie gemäß § 86 Abs. 1 VwGO auch die vorliegenden Verwaltungsakten.
90b) Die möglicherweise verspätete Bekanntmachung der Auslegung ist unschädlich. Art. 6 Abs. 6 UVP-Richtlinie in der hier maßgebenden Fassung des Art. 3 Abs. 4 der Richtlinie 2003/35/EG regelt keinen genauen Zeitrahmen für die Dauer einer Auslegung, sondern fordert nur „ausreichend Zeit“, um die Öffentlichkeit zu informieren sowie zur effektiven Vorbereitung und Beteiligung der Öffentlichkeit. § 9 Abs. 1 Satz 3 UVPG verweist insoweit auf § 73 VwVfG. Daher wäre die in § 73 Abs. 3 Satz 1 VwVfG NRW vorgesehene Monatsfrist für die Dauer der Auslegung nicht eingehalten, wenn der Vortrag der Kläger zuträfe, dass die Bekanntmachung erst nach Beginn der Auslegung veröffentlicht wurde. Dies kann jedoch auf sich beruhen, weshalb dem in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisantrag nicht nachzugehen war.
91Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass aufgrund einer möglicherweise zu kurzen Auslegung der Inhalt des Planfeststellungsbeschlusses anders ausgefallen wäre. Nach der ersten Auslegung im Februar/März 2006 hat die Klägerin zu 1. fristgerecht umfangreich Einwendungen gegen das Vorhaben erhoben. Auch der Rechtsvorgänger des Klägers zu 2. hat Einwendungen erhoben. Beide Kläger behaupten nicht, dass sie wegen der Nichteinhaltung der Monatsfrist für die Auslegung gehindert gewesen seien, weitere Einwendungen zu erheben.
92Vgl. hierzu auch BVerwG, Urteil vom 24. No-vember 2011 ‑ 9 A 23.10 ‑, BVerwGE 141, 171 (173).
93Die Kläger können sich in diesem Zusammenhang nicht darauf berufen, es habe „an der erforderlichen Anstoßwirkung für die Öffentlichkeit“ gefehlt. Im Hinblick auf insgesamt 266 Einwendungen Privater sowie zahlreiche Stellungnahmen von Trägern öffentlicher Belange ist nicht ansatzweise ersichtlich, dass es an einer Anstoßwirkung für die Öffentlichkeit gefehlt haben könnte. Es ist auch nicht erkennbar, dass ein potenzieller Einwender sich nicht geäußert hat, weil die Auslegung zu spät bekanntgemacht worden sei. Daher ist insbesondere nicht ersichtlich, dass der betroffenen Öffentlichkeit im Sinne der Rechtsprechung des EuGH eine der Garantien genommen worden sein könnte, die geschaffen worden sind, um ihr im Einklang mit den Zielen der UVP-Richtlinie Zugang zu Informationen und die Beteiligung am Entscheidungsprozess zu ermöglichen.
94c) Ein auf das Ergebnis durchgreifender Verfahrensfehler liegt ebenso wenig vor, soweit der Inhalt der öffentlichen Bekanntmachung nicht den rechtlichen Vorgaben entspricht.
95Die Kläger machen geltend, die öffentliche Bekanntmachung verstoße gegen Vorgaben des im Jahr 2006 unmittelbar anwendbaren Art. 6 Abs. 2 der UVP-Richtlinie. Nach Art. 6 Abs. 2 der UVP-Richtlinie in der Fassung des Art. 3 Abs. 4 der Öffentlichkeitsbeteiligungsrichtlinie wird die Öffentlichkeit über Folgendes informiert:
96a) den Genehmigungsantrag;
97b) die Tatsache, dass das Projekt Gegenstand einer Umweltverträglichkeitsprüfung ist, …;
98c) genaue Angaben zu den jeweiligen Behörden, die für die Entscheidung zuständig sind, bei denen relevante Informationen erhältlich sind bzw. bei denen Stellungnahmen oder Fragen eingereicht werden können, sowie zu vorgesehenen Fristen für die Übermittlung von Stellungnahmen oder Fragen;
99d) die Art möglicher Entscheidungen, oder, soweit vorhanden, den Entscheidungsentwurf;
100e) die Angaben über die Verfügbarkeit der Informationen, die gemäß Art. 5 der UVP-Richtlinie eingeholt wurden;
101f) die Angaben, wann, wo und in welcher Weise die relevanten Informationen zugänglich gemacht werden;
102g) Einzelheiten zu den Vorkehrungen für die Beteiligung der Öffentlichkeit nach Art. 6 Abs. 5 der UVP-Richtlinie.
103Die Öffentlichkeitsbeteiligungsrichtlinie war nach deren Art. 6 Abs. 1 Satz 1 von den Mitgliedstaaten bis zum 25. Juni 2005 umzusetzen. Sie ist in der Bundesrepublik Deutschland jedoch erst durch das am 15. Dezember 2006 in Kraft getretene Öffentlichkeitsbeteiligungsgesetz (BGBl. I S. 2819) umgesetzt worden. Da die in Art. 6 Abs. 2 der UVP-Richtlinie getroffenen Regelungen über die Bekanntmachung inhaltlich unbedingt und hinreichend genau sind, waren sie nach dem 25. Juni 2005 unmittelbar anzuwenden,
104vgl. hierzu zusammenfassend Ruffert, in: Calliess, Ruffert (Hrsg.), EUV/AEUV, Das Verfassungsrecht der Europäischen Union mit europäischer Grundrechtecharta, Kommentar, 4. Auflage 2011, Art. 288 AEUV Rdnr. 47 ff. m. w. N.,
105und mithin auch für die vorliegende Bekanntmachung vom 10. Februar 2006 maßgebend. Die Kläger weisen zutreffend darauf hin, dass die Bekanntmachung im Hinblick auf eine Umweltverträglichkeitsprüfung unter Nr. 6 nur den Hinweis enthält: „Die Nrn. 1, 2, 3 und 5 gelten für die Anhörung der Öffentlichkeit zu den Umweltauswirkungen des Bauvorhabens nach § 9 Abs. 1 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung entsprechend.“ Aus dem Hinweis auf § 9 Abs. 1 UVPG ergab sich, dass das Projekt Gegenstand einer Umweltverträglichkeitsprüfung ist (vgl. Art. 6 Abs. 2 Buchst. b) UVP-Richtlinie). Es fehlen aber die nach Art. 6 Abs. 2 Buchst. e) der UVP-Richtlinie erforderlichen „Angaben über die Verfügbarkeit der Informationen, die gemäß Art. 5 eingeholt wurden“. Der Bekannt-machungstext enthält keinerlei Hinweis darauf, welche vom Vorhabenträger gemäß Art. 5 der UVP-Richtlinie vorgelegten Informationen verfügbar waren und von der Öffentlichkeit eingesehen werden konnten.
106Es ist jedoch (wiederum) nicht ersichtlich, dass dieser unzureichende Bekannt-machungstext sich auf den Inhalt des Planfeststellungsbeschlusses ausgewirkt haben könnte. Die Klägerin zu 1. und der Rechtsvorgänger des Klägers zu 2. haben fristgerecht Einwendungen erhoben, die sich insbesondere auf von ihnen befürchtete Lärm- und Luftschadstoffimmissionen auf ihren Grundstücken bezogen und damit gerade auf die sie berührenden Umweltauswirkungen des Vorhabens.
107Die hier gerügten Defizite der Bekanntmachung der Planauslegung stellen keine wesentlichen Verfahrensfehler dar. Sie betreffen bloße Bekanntmachungsdetails, von denen die gebotene Anstoßwirkung der Bekanntmachung, sich am Verfahren zu beteiligen, nicht abhängt. Aus dem Text der Bekanntmachung ergab sich mit der gebotenen Klarheit, dass die Beteiligung der betroffenen Öffentlichkeit die Beteiligung im Rahmen einer Umweltverträglichkeitsprüfung umfasste (Nr. 6 des Bekanntmachungstextes) und dass die ausgelegten Planunterlagen die Grundlage auch dieser Beteiligung bilden sollten. Die gerügten Mängel betrafen nicht den wesentlichen Bekanntmachungsinhalt; Unionsrecht gebietet daher nicht, sie unabhängig von ihrem Einfluss auf die Sachentscheidung als erheblich zu behandeln.
108Vgl. zu einer ähnlichen Fallgestaltung (kein Hinweis auf UVP-Pflichtigkeit und auf die nach § 6 UVPG vorgelegten Unterlagen) BVerwG, Urteil vom 24. November 2011 ‑ 9 A 23.10 ‑, BVerwGE 141, 171 (176).
109Dass die erforderliche Anstoßwirkung trotz des nicht ordnungsgemäßen Bekanntmachungstextes erreicht worden ist, zeigt die große Zahl von Einwendungen Privater und von Trägern öffentlicher Belange. Es ist weder vorgetragen noch aus den Akten ersichtlich, dass der betroffenen Öffentlichkeit Verfahrensgarantien genommen wurden, weil Einwendungen wegen eines unzureichenden Bekanntmachungstextes unterblieben oder für die Umweltverträglichkeitsprüfung relevante Gesichtspunkte deshalb nicht vorgebracht worden sind.
110d) Die öffentliche Bekanntmachung der Auslegung des Deckblattes I im Amtsblatt der Stadt N. vom 18. Mai 2007 entspricht ebenfalls nicht den Anforderungen des Art. 6 Abs. 2 Buchst. e) der UVP-Richtlinie sowie dem am 15. Dezember 2006 in Kraft getretenen § 9 Abs. 1a Nr. 5 UVPG, wonach bei der Bekanntmachung anzugeben ist, welche Unterlagen nach § 6 UVPG vorgelegt wurden. Der Bekanntmachungstext enthält nur den Hinweis, „dass die ausgelegten Planunterlagen die nach § 6 Abs. 3 UVPG notwendigen Angaben enthalten …“. Aus diesem Hinweis ergibt sich nicht, „welche Unterlagen nach § 6 vorgelegt wurden“.
111Es ist jedoch nicht ersichtlich, dass dieser unzureichende Bekanntmachungstext sich auf den Inhalt des Planfeststellungsbeschlusses ausgewirkt haben könnte. Zwar hat die Klägerin zu 1. hier ‑ anders als der Rechtsvorgänger des Klägers zu 2. ‑ keine (weiteren) Einwendungen erhoben. Das beruht jedoch nicht darauf, dass ihr die nach § 6 UVPG vorgelegten Unterlagen nicht bekannt waren; das behauptet sie auch nicht. Ebenso wie bei der ersten Auslegung ist hier nicht vorgetragen oder aus den Akten ersichtlich, dass der betroffenen Öffentlichkeit Verfahrensgarantien genommen wurden, weil Einwendungen wegen eines unzureichenden Bekanntmachungstextes unterblieben oder für die Umweltverträglichkeitsprüfung relevante Gesichtspunkte deshalb nicht vorgebracht worden sind.
1122. Der weitere Einwand der Kläger, die Auslegung der Planunterlagen hätte inhaltlich nicht den Anforderungen der §§ 9 Abs. 1b und 6 Abs. 3 UVPG sowie der UVP-Richtlinie entsprochen, greift nicht durch. Die Betroffenen sollen durch die Auslegung der Planunterlagen nach § 17a FStrG i. V. m. § 73 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 Satz 1 VwVfG NRW in die Lage versetzt werden, Einwendungen zu erheben, die zumindest in groben Zügen erkennen lassen, welche Rechtsgüter als gefährdet angesehen und welche Beeinträchtigungen befürchtet werden. Ausführungen, die wissenschaftlich-technischen Sachverstand erfordern, werden von den Betroffenen im Verwaltungsverfahren nicht verlangt. Dementsprechend muss die Auslegung nicht notwendig alle Unterlagen umfassen, die möglicherweise zur vollständigen Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Planung erforderlich sind, sondern kann sich auf die Unterlagen beschränken, deren der Einzelne bedarf, um „als Laie" den Grad seiner Betroffenheit abschätzen und sich das Interesse, Einwendungen zu erheben, bewusst machen zu können. Dazu gehören Gutachten nur dann, wenn ohne deren Kenntnis der mit der Auslegung bezweckte Anstoß zur Erhebung von Einwendungen verfehlt würde.
113Vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 3. März 2011 - 9 A 8.10 -, BVerwGE 139, 150 (152), m. w. N.
114Die UVP-Richtlinie verlangt vom Vorhabenträger bestimmte inhaltliche Angaben, stellt ihm aber frei, in welcher Form er sie vorlegt. Es reicht aus, wenn die erforderlichen Angaben sich aus verschiedenen Unterlagen ergeben, etwa aus dem Erläuterungsbericht, dem Landschaftspflegerischen Begleitplan, der schalltechnischen Untersuchung oder der Schadstoffuntersuchung. Sie müssen auch nicht zwingend in einem von der Zulassungsentscheidung gesonderten Dokument dargestellt werden.
115Vgl. BVerwG, Urteil vom 12. August 2009 - 9 A 64.07 -, BVerwGE 134, 308 (312 f.).
116Weder § 6 UVPG noch der UVP-Richtlinie ist eine Pflicht zu standardisierten oder schematisierten Darstellungsweisen zu entnehmen. Es bleibt demgemäß dem Vorhabenträger überlassen, ob er von der Möglichkeit der Darstellung in Form einer (eigenständigen und abgeschlossenen) Umweltverträglichkeitsstudie Gebrauch macht.
117Vgl. BVerwG, Urteil vom 19. Mai 1998 ‑ 4 C 11.96 ‑, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 138, S. 254.
118Auch eine konkrete Zeitvorgabe, innerhalb derer eine Umweltverträglichkeitsprüfung zu erstellen ist, ist dem Gesetz nicht zu entnehmen.
119Vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 12. August 2009 - 9 A 64.07 -, BVerwGE 134, 308 (312 f.).
120Diesen Anforderungen entspricht das hier zur Überprüfung stehende Verfahren. Der Vorhabenträger hatte der Anhörungsbehörde gemäß § 6 UVPG diverse Unterlagen vorgelegt, aus denen sich Auswirkungen des Vorhabens ‑ hier des Ausbaus der B 51 ‑ auf die Umwelt (vgl. § 2 Abs. 1 Satz 2 UVPG) ergeben, nämlich die Erläuterungsberichte vom 5. Dezember 2005 (Unterlage 1, Beiakte 2 zu 11 D 6/12.AK) und vom 2. Mai 2007 mit Schadstoffabschätzung (Unterlage 1-I, Beiakte 8 zu 11 D 6/12.AK), die Erläuterungsberichte zum wassertechnischen Entwurf vom 5. Dezember 2005 (Unterlage 11.1, Beiakte 2 zu 11 D 6/12.AK) und vom 2. Mai 2007 (Unterlage 11.1-I, Beiakte 8 zu 11 D 6/12.AK), die lärmtechnischen Unterlagen vom 5. Dezember 2005 und 2. Mai 2007, bestehend aus den detaillierten Erläuterungsberichten zur lärmtechnischen Untersuchung, den Berechnungen der Beurteilungspegel für Lärmvorsorge für die Bebauung (Unterlagen 12.1 und 12.2, Beiakte 3 zu 11 D 6/12.AK, und Unterlagen 12.1-I und 12.2-I, Beiakte 9 zu 11 D 6/12.AK), den Landschaftspflegerischen Begleitplan einschließlich der artenschutzrechtlichen Prüfung (Unterlage 13, Beiakte 4 zu 11 D 6/12.AK bzw. Unterlage 13-I, Beiakte 8 zu 11 D 6/12.AK). Diese Unterlagen haben im Rahmen des Anhörungsverfahrens öffentlich ausgelegen. Inhaltlich enthalten diese Unterlagen umfangreiche Feststellungen zu den Untersuchungen über die Umweltauswirkungen des Vorhabens und insbesondere die erforderlichen Angaben im Sinne des § 6 Abs. 3 und 4 UVPG.
121Entgegen der Auffassung der Kläger bedurfte es nicht einer gesonderten Auflistung, welche Unterlagen zur Umweltverträglichkeitsprüfung gehören. Die Unterrichtung der Öffentlichkeit über ein geplantes Vorhaben erfordert nicht zwingend die Zusammenfassung aller notwendigen Informationen in einer gesonderten Planunterlage. Ihrer Funktion, die Öffentlichkeit über die Auswirkungen zu unterrichten und den Betroffenen einen Anstoß zu geben, sich mit den Auswirkungen auseinanderzusetzen und über die Notwendigkeit diesbezüglicher Einwendungen schlüssig zu werden, kann die öffentliche Auslegung auch dann gerecht werden, wenn die notwendigen Angaben zwar in verschiedenen Planunterlagen enthalten sind, Wechselwirkungen jedoch nicht ausklammern.
122Vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 10. Oktober 2006 - 9 B 27.05 -, Buchholz 406.251 § 11 UVPG Nr. 4, S. 2 f.
123Derartige Wechselwirkungen waren hier aus den ausgelegten Unterlagen ohne Weiteres ersichtlich, weil insbesondere der ausgelegte Erläuterungsbericht (Unterlage 1, Beiakte 2 zu 11 D 6/12.AK) auf S. 13 bis 20 unter den Nrn. 5. und 6. bei der Beschreibung der Auswirkungen des Vorhabens auf die Umwelt und der Darstellung der geplanten Maßnahmen zum Schutz der Umwelt ausdrücklich Querverweise auf die lärmtechnischen Untersuchungen, die Abschätzung von verkehrsbedingten Schadstoffimmissionen und den Landschaftspflegerischen Begleitplan, mithin auf die weiteren Unterlagen enthält, die ebenfalls Gegenstand der Umweltverträglichkeitsprüfung waren. Damit waren im Anhörungsverfahren entgegen der Meinung der Kläger die Unterlagen zur Umweltverträglichkeitsprüfung hinreichend deutlich benannt. Darin liegt auch die nach § 6 Abs. 3 Satz 2 UVPG geforderte allgemein verständliche, nichttechnische Zusammenfassung der Angaben nach § 6 Abs. 3 Satz 1 UVPG.
124Der Umstand, dass im Erläuterungsbericht auf eine Umweltverträglichkeitsstudie aus dem Jahr 1993 hingewiesen worden ist, die 1994 ausgelegen habe (vgl. Unterlage 1, S. 2, Beiakte 2 zu 11 D 6/12.AK), erforderte entgegen der Meinung der Kläger nicht, dass auch diese Studie im Rahmen der Auslegung der Unterlagen zur Umweltverträglichkeitsprüfung hätte ausgelegt werden müssen. Abgesehen davon, dass bis zur Offenlegung der Planunterlagen zwischenzeitlich über zehn Jahre verstrichen und deshalb ohnehin - wie geschehen - neue Untersuchungen zu den umweltrelevanten Auswirkungen des Vorhabens erforderlich waren und durchgeführt wurden, war diese Umweltverträglichkeitsstudie nur ein Entscheidungsparameter, wobei der Beklagte sich für die dort favorisierte Tunnellösung nicht entschieden hat. Die Umweltverträglichkeitsprüfung ist nur für das konkrete Vorhaben mit der für dieses Vorhaben gewählten Trasse vorzunehmen.
125Vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Januar 1996 ‑ 4 C 5.95 ‑, BVerwGE 100, 238 (250); ferner Urteil vom 5. März 1997 ‑ 11 A 25.95 ‑, BVerwGE 104, 123 (128).
126Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts musste auch die Verkehrsprognose nicht ausgelegt werden.
127Vgl. etwa BVerwG, Urteile vom 9. Juni 2010 ‑ 9 A 20.08 ‑, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 208, S. 134 f., und vom 6. Oktober 2010 ‑ 9 A 12.09 ‑, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 212, S. 187.
128Es ist nicht ersichtlich, dass die Kläger ihre Betroffenheiten ohne diese Unterlage nicht oder nicht vollständig geltend machen konnten. Die Verkehrsbelastung der B 51 ließ sich dem Erläuterungsbericht vom 5. Dezember 2005 für das Prognose-jahr 2015 entnehmen sowie den Erläuterungen zum Deckblatt I vom 2. Mai 2007 für den Prognosehorizont 2020.
129Es ist von den Klägern im Übrigen weder konkret dargelegt worden noch ist es zu erkennen, dass sie durch die gewählte Verfahrensweise gehindert gewesen wären, überhaupt Einwendungen oder solche in der notwendigen inhaltlichen Tiefe zu erheben. Die ausgelegten Unterlagen waren im Sinne des § 6 Abs. 3 Satz 3 UVPG ohne Weiteres geeignet, den Klägern die Beurteilung zu ermöglichen, ob und in welchem Umfang sie von den Umweltauswirkungen des Vorhabens betroffen sind. Dementsprechend haben die Klägerin zu 1. und der Rechtsvorgänger des Klägers zu 2. das Anhörungsverfahren dazu genutzt, mit Schreiben vom 5. April 2006 und 29. März 2006 Einwendungen zu erheben, insbesondere zu den von ihnen für ihre Wohnhausgrundstücke befürchteten Lärm- und Luftschadstoffimmissionen.
130IV. Die Einwände der Kläger gegen die materielle Rechtswidrigkeit des Planfeststellungsbeschlusses führen ebenso wenig zum Erfolg der Klage.
1311. Der von der Klägerin zu 1. und dem Rechtsvorgänger des Klägers zu 2. im Einwendungsverfahren erhobene Einwand, die B 51 sei zur Autobahn aufzustufen, trifft nicht zu. Der erkennende (vormals 23.) Senat hat hierzu in seinem Urteil vom 20. September 1999 ‑ 23 D 98/95.AK ‑ betreffend den vierstreifigen Ausbau der B 51 von Bau-km 3+740 bis Bau-km 5+100 auf Seite 12 ausgeführt:
132„Die zur Prüfung dieser Behauptung gebotene Gesamtschau der planfestgestellten Trasse mit dem bereits fertiggestellten ersten Bauabschnitt der Ortsumgehung N. und dem sich im Nordosten anschließenden Streckenabschnitt zeigt, dass die Straße insbesondere nicht als Verlängerung der Bundesautobahn 43 planerisch entwickelt wird. Dies erweist sich an der Verknüpfung der B 51 mit der X1. Straße im Süden von N. . Hier stellt sich die Umgehungsstraße als Fortführung der alten Fahrbahn der B 51 (X1. Straße) dar, mit der sie über eine Kreuzung verknüpft ist. Die Verbindung zu dem als Autobahnzubringer zur A 1 und A 43 fungierenden Teil der B 51 erfolgt dagegen mittels zweier gebogener Verbindungsstreifen, die jeweils 90o-Winkel beschreiben.“
133Diese Bewertung wird durch den nunmehr planfestgestellten dritten Bauabschnitt der B 51 nicht in Frage gestellt, zumal sowohl die B 51 als auch die B 481n nach dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers (vgl. BT-Drucks. 15/3412, S. 42 Nr. 1646 und S. 46 Nr. 1817 zu § 1 Abs. 1 Satz 2 FStrAbG in der Fassung des Fünften Gesetzes zur Änderung des Fernstraßenausbaugesetzes vom 4. Oktober 2004, BGBl. I S. 2574) im Bedarfsplan für die Bundesfernstraßen als Bundesstraßen aufgenommen und eingestuft sind. Hieran ist der Beklagte gemäß Art. 20 Abs. 3 GG gebunden.
1342. Der Vortrag der Kläger, es sei eine neue Linienbestimmung erforderlich gewesen und die Bezugnahme auf die 1967 durchgeführte Linienbestimmung sei unzureichend, greift nicht durch.
135a) Eine Linienbestimmung war im vorliegenden Fall gemäß § 16 Abs. 1 Satz 2 FStrG weder für die B 51 noch für die B 481n erforderlich, da es sich bereits kraft Gesetzes um Ortsumgehungen handelt (so ausdrücklich BT-Drucks. 15/3412, S. 42 Nr. 1646 und S. 46 Nr. 1817 zu § 1 Abs. 1 Satz 2 FStrAbG).
136b) Darüber hinaus ist eine dem eigentlichen Planfeststellungsverfahren vorgelagerte Linienbestimmung keine formelle oder materielle Voraussetzung der Planfeststellung. Sie ist nicht auf unmittelbare Rechtswirkungen nach außen gerichtet, sondern hat innerhalb des Planungsverlaufs den Charakter einer vorbereitenden Grundentscheidung mit allein verwaltungsinterner Bedeutung. Rechtliche Verbindlichkeit gegenüber dem Träger der Straßenbaulast und gegenüber Dritten erlangt sie erst dadurch, dass sie in den Festsetzungen des Planfeststellungsbeschlusses ihren Niederschlag findet. Ein Planfeststellungsbeschluss ist nicht deshalb rechtswidrig, weil ihm kein Linienbestimmungsverfahren vorangegangen ist oder weil er von der festgelegten Linie abweicht. Umgekehrt lässt sich die Planung Dritten gegenüber nicht allein damit rechtfertigen, dass sie den Linienabstimmungs- oder -bestimmungsvorgaben entspricht. Vielmehr muss die Entscheidung der Planfeststellungsbehörde aus sich heraus den rechtlichen Anforderungen genügen.
137Vgl. BVerwG, Urteil vom 12. August 2009 - 9 A 64.07 -, BVerwGE 134, 308 (311 f.), ebenfalls zu einer fernstraßenrechtlichen Linienbestimmung aus den 1960er Jahren, und Urteil vom 6. November 2013 ‑ 9 A 14.12 ‑, BVerwGE 148, 373 (378 f.).
138Daher ist unerheblich, dass es zum Zeitpunkt der 1967 durchgeführten Linienbestimmung eine Umweltverträglichkeitsprüfung noch nicht gab. Vorliegend hat die Planfeststellungsbehörde eine eigenständige Abwägung zur Trassen- und Variantenwahl vorgenommen (vgl. PFB B. 5.3.3.1, S. 90 ff.). Diese Entscheidung muss den rechtlichen Anforderungen genügen.
139Vgl. BVerwG, Urteil vom 12. August 2009 ‑ 9 A 64.07 ‑, BVerwGE 134, 308 (312).
140Diese Voraussetzung ist erfüllt, wie weiter unten zu zeigen sein wird (A.III.4., S. 48 ff.).
141Die Vermutung der Kläger, der Beklagte habe eine „gestufte Prüfung“ vorgenommen, indem er im Planfeststellungsverfahren ausschließlich Umweltauswirkungen geprüft habe, die nicht Gegenstand der Umweltverträglichkeitsstudie von 1993 als „erster Stufe“ waren, trifft nicht zu. Der von den Klägern in diesem Zusammenhang in Bezug genommene § 15 Abs. 4 UVPG, wonach die Prüfung der Umweltverträglichkeit in der Linienbestimmung nachfolgenden Zulassungsverfahren auf zusätzliche oder andere erhebliche Umweltauswirkungen beschränkt werden kann, ist hier nicht zur Anwendung gekommen. Den umfangreichen Ausführungen zur Umweltverträglichkeitsprüfung im Planfeststellungsbeschluss (vgl. PFB, B. 4.4 ff., S. 55 bis 77) ist nicht zu entnehmen, dass nur Umweltauswirkungen geprüft werden sollten, die nicht schon Gegenstand der Umweltverträglichkeitsstudie von 1993 waren. Das folgt schon daraus, dass die in der Studie von 1993 favorisierte Tunnellösung gerade nicht planfestgestellt worden ist. Erst recht fehlt es an einer ausdrücklichen Beschränkung, die nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Folge haben kann, dass ein Fehler, der im abgeschichte-ten Teil der auf die Linienbestimmung bezogenen Umweltverträglichkeitsprüfung aufgetreten ist, sich bis zum Erlass des Planfeststellungsbeschlusses fortsetzt.
142Vgl. BVerwG, Urteil vom 6. November 2013 ‑ 9 A 14.12 ‑, BVerwGE 148, 373 (379).
1433. Die vom Beklagten durchgeführte Umweltverträglichkeitsprüfung ist inhaltlich nicht zu beanstanden. In materiellrechtlicher Hinsicht können die Kläger allerdings nicht nur geltend machen, dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung nicht durchgeführt worden ist, sondern auch, dass sie zwar durchgeführt wurde, aber mit wesentlichen Fehlern behaftet ist.
144Vgl. EuGH, Urteil vom 7. November 2013 ‑ C‑72/12 (Altrip) -, NuR 2013, 878 (881, Rdnr. 36-38); daran anknüpfend OVG NRW, Beschluss vom 23. Juli 2014 ‑ 8 B 356/14 ‑, NWVBl. 2014, 472.
145Das folgt aus Art. 10a der UVP-Richtlinie, der eine weiterreichende Regelung enthält als § 4 Abs. 1 Satz 1 UmwRG. Derartige wesentliche Fehler liegen aber nicht vor.
146a) Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 UVPG ist die Umweltverträglichkeitsprüfung ein unselbstständiger Teil verwaltungsbehördlicher Verfahren, die der Entscheidung über die Zulässigkeit von Vorhaben dienen. Zu diesen „UVP-pflichtigen Vorhaben“ gehört gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 UVPG i. V. m. Nr. 14.6 der Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung auch das vorliegend planfestgestellte Vorhaben, da die hierfür vorgesehene Vorprüfung des Einzelfalles zu dem Ergebnis geführt hat, dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist (vgl. § 3c Abs. 1 Satz 1 UVPG). Die Umweltverträglichkeitsprüfung umfasst nach § 2 Abs. 1 Satz 2 UVPG die Ermittlung, Beschreibung und Bewertung der unmittelbaren und mittelbaren Auswirkungen eines Vorhabens auf
1471. Menschen, einschließlich der menschlichen Gesundheit, Tiere, Pflanzen und biologische Vielfalt,
1482. Boden, Wasser, Luft, Klima und Landschaft,
1493. Kulturgüter und sonstige Sachgüter sowie
1504. die Wechselwirkung zwischen den vorgenannten Schutzgütern.
151Das Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung setzt die UVP-Richtlinie in deutsches Recht um. Das Umweltrecht hat durch die UVP-Richtlinie ‑ und damit auch durch das Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung ‑ keine materielle Anreicherung erfahren. Die gemeinschaftsrechtliche Regelung enthält sich materiellrechtlicher Vorgaben. Sie beschränkt sich auf verfahrensrechtliche Anforderungen im Vorfeld der Sachentscheidung. Daher hat der Projektträger schon bei Antragstellung Angaben darüber zu machen, wie sich sein Vorhaben auf Menschen, Tiere und Pflanzen, Boden, Wasser, Luft, Klima und Landschaft, einschließlich der Wechselbeziehungen, sowie auf Kultur- und sonstige Sachgüter auswirkt. Auf der Grundlage dieser Angaben hat die Planungsbehörde die Öffentlichkeit zu beteiligen sowie ihrerseits die Umweltauswirkungen zusammenfassend darzustellen und zu bewerten. Für die Planungsbehörde ist die Umweltverträglichkeitsprüfung als unselbstständiger Teil des Planfeststellungsverfahrens ein eingeschobener formalisierter Zwischenschritt mit dem Ziel einer zunächst auf Umweltbelange beschränkten Bewertung der Auswirkungen des Vorhabens im Rahmen der Abwägung aller Belange. Sie dient als wirkungsvolle Methode, die Umweltbelange in den Abwägungsprozess einzuführen.
152Vgl. grundlegend BVerwG, Urteil vom 25. Januar 1996 ‑ 4 C 5.95 ‑, BVerwGE 100, 238 (243, 245 ff.).
153Dementsprechend gebieten die UVP-Richtlinie und das Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung nicht, dass Umweltauswirkungen anhand standardisierter Maßstäbe oder in standardisierten oder schematisierten und rechenhaft handhabbaren Verfahren ermittelt und bewertet werden. Die Umweltverträglichkeitsprüfung ist auch kein „Suchverfahren“, in dem alle nur erdenklichen Auswirkungen eines Vorhabens auf Umweltgüter und deren Wertigkeit bis in alle Einzelheiten und feinsten Verästelungen zu untersuchen wären und gar Antworten auf in der Wissenschaft bisher noch ungeklärte Fragen gefunden werden müssten. Die UVP-Richtlinie fordert, dass die Umweltverträglichkeitsprüfung die erforderlichen Grundlagen für ein „Beurteilung der möglichen erheblichen Umweltauswirkungen“ eines Projekts liefert (Vorbemerkung, Erwägungsgrund 6); deshalb muss der Projektträger Angaben vorlegen „zur Feststellung und Beurteilung der Hauptwirkungen, die das Projekt voraussichtlich für die Umwelt haben wird“ (Art. 5 Abs. 2 der UVP-Richtlinie). Das Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung fordert für die vom Vorhabenträger vorzulegenden Unterlagen, dass sie u. a. eine „Beschreibung der zu erwartenden erheblichen Auswirkungen des Vorhabens auf die Umwelt“ enthalten, und schreibt dafür die „Berücksichtigung des allgemeinen Kenntnisstandes und der allgemein anerkannten Prüfungsmethoden“ (§ 6 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 UVPG) vor.
154Vgl. BVerwG, Urteil vom 21. März 1996 - 4 C 19.94 -, BVerwGE 100, 370 (377).
155Die Umweltverträglichkeitsprüfung soll die Umweltbelange so herausarbeiten, dass sie in die Abwägung in gebündelter Form eingehen.
156Vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Juni 2014 ‑ 9 A 1.13 ‑, BVerwGE 150, 92 (97).
157Wie bereits zur Frage der Auslegung der Planunterlagen dargelegt, verlangen die Vorschriften über die Umweltverträglichkeitsprüfung vom Vorhabenträger bestimmte inhaltliche Angaben, stellen ihm aber frei, in welcher Form er sie vorlegt. Es reicht aus, dass dem Planfeststellungsbeschluss mehrere zeitnah erstellte Untersuchungen zu den von dem Vorhaben berührten Umweltbelangen zu Grunde lagen und diese einer ausführlichen Würdigung unterzogen wurden. Die erforderlichen Angaben können sich etwa aus dem Landschaftspflegerischen Begleitplan, dem Erläuterungsbericht, der schalltechnischen Untersuchung oder der Schadstoffuntersuchung ergeben. Sie müssen auch nicht zwingend in einem von der Zulassungsentscheidung gesonderten Dokument dargestellt werden. Auch eine konkrete Zeitvorgabe, innerhalb derer eine Umweltverträglichkeitsprüfung zu erstellen ist, ist dem Gesetz nicht zu entnehmen.
158Vgl. BVerwG, Urteil vom 12. August 2009 ‑ 9 A 64.07 ‑, BVerwGE 134, 308 (312 f.).
159Die von den Klägern unter Hinweis auf § 15 Abs. 4 UVPG und die Linienbestimmung aufgeworfene Frage der Zulässigkeit eines „gestuften Verfahrens“ stellt sich hier nicht. Die vom Beklagten neben zahlreichen weiteren Unterlagen angeführte UVS von 1993 ist nur ein „Mosaikstein“ der Umweltverträglichkeitsprüfung. Es versteht sich von selbst, dass sie durch aktuelle Untersuchungen zu ergänzen war und auch ergänzt worden ist. Wenn die Kläger die Bezugnahme des Beklagten auf die UVS von 1993 als „absurd“ bezeichnen, sei der Hinweis erlaubt, dass sie gerade die Verwirklichung der in dieser UVS favorisierten, jedoch nicht plan-festgestellten Tunnellösung fordern. Die Klägerin zu 1. rügt in ihrem Einwendungsschreiben vom 5. April 2006 ausdrücklich, die Ergebnisse der UVS von 1993 seien missachtet worden.
160b) Die vom Beklagten im Planfeststellungsbeschluss dargelegte Umweltverträglichkeitsprüfung genügt inhaltlich den vorstehend aufgezeigten Maßstäben.
161Wie oben dargelegt (A.III.2., S. 36 f.) hatte der Vorhabenträger dem Beklagten gemäß § 6 UVPG im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens diverse Unterlagen vorgelegt, aus denen sich Auswirkungen des Vorhabens auf die Umwelt ergeben. § 11 Satz 1 UVPG sieht vor, dass die zuständige Behörde sodann auf der Grundlage der Unterlagen nach § 6 UVPG, der behördlichen Stellungnahme nach den §§ 7 und 8 UVPG sowie der Äußerungen der betroffenen Öffentlichkeit nach den §§ 9 und 9a UVPG eine zusammenfassende Darstellung der Umweltauswirkungen des Vorhabens sowie der Maßnahmen erarbeitet, mit denen erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen vermieden, vermindert oder ausgeglichen werden, einschließlich der Ersatzmaßnahmen bei nicht ausgleichbaren, aber vorrangigen Eingriffen in Natur und Landschaft. Nach § 11 Satz 4 UVPG kann die zusammenfassende Darstellung in der Begründung der Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens erfolgen. Das ist hier geschehen. Der Beklagte hat im Planfeststellungsbeschluss auf Seite 58 bis 69 eine derartige zusammenfassende Darstellung gegeben. Sie deckt inhaltlich die Vorgaben des § 11 Satz 1 UVPG ab. Die in § 2 Abs. 1 Satz 2 UVPG aufgezählten Gesichtspunkte sind vollständig abgearbeitet. Es schließt sich auf Seite 69 bis 77 die in § 12 UVPG vorgesehene Bewertung der Umweltauswirkungen des Vorhabens auf der Grundlage der zusammenfassenden Darstellung nach § 11 UVPG an.
162Die von den Klägern in diesem Zusammenhang vermissten „erheblichen, jedoch noch nicht unzumutbaren bzw. grenzwertüberschreitenden Umweltauswirkungen“ mussten im Hinblick auf das umfassende an den Immissionsgrenzwerten der 16. BImSchV orientierte Lärmschutzkonzept des Beklagten und das vom Gutachterbüro M. erstellte Luftschadstoffgutachten von September 2011 nicht gesondert ermittelt und dargestellt werden. Sie spielen eine Rolle bei der Prüfung, ob die Möglichkeit erheblicher nachteiliger Umweltauswirkungen im Sinne des § 3c Satz 1 UVPG besteht, die mehr als geringfügig und damit abwägungserheblich sind,
163vgl. BVerwG, Urteil vom 17. Dezember 2013 ‑ 4 A 1.13 ‑, BVerwGE 148, 353 (362, 364),
164mithin für die Vorprüfung, ob überhaupt eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist. Im vorliegenden Fall ist jedoch eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt worden.
165c) Entgegen der Auffassung der Kläger musste sich die Umweltverträglichkeitsprüfung nicht auf alle betrachteten oder denkbaren Varianten beziehen, sondern durfte sich auf diejenige Variante beschränken, die nach dem aktuellen Planungsstand noch ernstlich in Betracht kam.
166Vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Januar 1996 ‑ 4 C 5.95 ‑, BVerwGE 100, 238 (250).
167Das folgt bereits daraus, dass die UVP-Richtlinie und damit das Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung keine Änderung oder Verschärfung materiell-rechtlicher Zulassungsvoraussetzungen enthalten. In der Rechtsprechung ist geklärt, dass die Planfeststellungsbehörde auf der Grundlage einer Grobanalyse solche Alternativen, die als weniger geeignet erschienen, schon in einem frühen Verfahrensstadium ohne nähere Untersuchung ausscheiden darf.
168Vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 23. März 2011 ‑ 9 A 9.10 ‑, juris, Rdnr. 33.
169Damit darf die Planfeststellungsbehörde Planungsalternativen, die nach einer Art Grobanalyse in einem früheren Planungsstadium nicht in Betracht kommen, für die weitere Detailprüfung und damit auch (im Detail) für die förmliche Umweltverträglichkeitsprüfung ausscheiden.
170Vgl. BVerwG, Beschluss vom 16. August 1995 - 4 B 92.95 -, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 104, S. 48 f.
171In Betracht kommende andere Lösungen müssen daher nicht selbst Gegenstand der Umweltverträglichkeitsprüfung sein. Die UVP-Richtlinie beschränkt sich in Art. 5 Abs. 1 i. V. m. Nr. 2 des Anhangs III ebenso wie § 6 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 UVPG ausdrücklich auf die Forderung, dass der Vorhabenträger gegebenenfalls eine Übersicht über die wichtigsten anderweitigen vom Projektträger geprüften Lösungsmöglichkeiten gibt und Angaben zu den wesentlichen Auswahlgründen in Hinblick auf die Umweltauswirkungen macht.
172Vgl. BVerwG, Urteil vom 27. Oktober 2000 ‑ 4 A 18.99 ‑, BVerwGE 112, 140 (150).
173Die Pflicht zur förmlichen Umweltverträglichkeitsprüfung nach Maßgabe des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung setzt immer erst ein, wenn sich der Vorhabenträger für ein bestimmtes Projekt entschieden hat und dessen Zulassung beantragt.
174Vgl. BVerwG, Beschluss vom 14. Mai 1996 - 7 NB 3.95 -, Buchholz 406.251 § 2 UVPG Nr. 3, S. 9.
175So ist der Beklagte hier vorgegangen. Er hat im Planfeststellungsbeschluss im Rahmen seiner Ausführungen über die Umweltverträglichkeit auf Seite 57 f. ausdrücklich auf die Variantenprüfung in Abschnitt B. 5.3.3 (S. 90 bis 95) verwiesen. Das entspricht den Anforderungen der UVP-Richtlinie sowie des § 6 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 UVPG. Weitergehende inhaltliche Anforderungen an die Umweltverträglichkeitsprüfung ergeben sich weder aus der UVP-Richtlinie noch aus dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung.
1764. Die Planung verstößt nicht gegen das in § 17 Satz 2 FStrG enthaltene Abwägungsgebot.
177a) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts verlangt das Abwägungsgebot, dass ‑ erstens ‑ eine Abwägung überhaupt stattfindet, dass ‑ zweitens ‑ in die Abwägung an Belangen eingestellt wird, was nach Lage der Dinge in sie eingestellt werden muss, und dass ‑ drittens ‑ weder die Bedeutung der betroffenen öffentlichen und privaten Belange verkannt noch der Ausgleich zwischen ihnen in einer Weise vorgenommen wird, die zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht.
178Vgl. grundlegend etwa BVewG, Urteil vom 7. Juli 1978 ‑ 4 C 79.76 u. a. ‑, BVerwGE 56, 110 (122 f.).
179Die Frage, ob einer Planung eine gerechte Interessenabwägung zu Gunde liegt, ist nur einer eingeschränkten gerichtlichen Kontrolle zugänglich. Die Gerichte haben, soweit der Abwägungsvorgang fehlerfrei ist, das Ergebnis der Abwägung grundsätzlich hinzunehmen und es zu respektieren, dass sich der Planungsträger in der Kollision zwischen verschiedenen Belangen für die Bevorzugung des einen und damit notwendig für die Zurückstellung eines anderen entschieden hat.
180Vgl. BVerwG, Urteil vom 15. Januar 2004 ‑ 4 A 11.02 ‑, BVerwGE 120, 1 (13).
181Nach § 17e Abs. 6 Satz 1 FStrG sind Mängel bei der Abwägung der von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange nur erheblich, wenn sie offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen sind. Ergebnisrelevanz in diesem Sinne liegt vor, wenn nach den Umständen des Falles die konkrete Möglichkeit besteht, dass ohne den Abwägungsmangel eine andere Entscheidung getroffen worden wäre; eine nur abstrakte Möglichkeit einer anderen Entscheidung genügt nicht. Insoweit ist der Abwägungsvorgang in allen seinen Phasen in den Blick zu nehmen. Daher kann die Möglichkeit einer anderen Entscheidung nur dann verneint werden, wenn der konkret vorliegende Abwägungsfehler weggedacht werden kann, ohne dass auf einer nachfolgenden Stufe der Abwägung ein weiterer Mangel erwächst, auf dem die angegriffene Entscheidung beruhen kann. Besteht der Abwägungsmangel in der fehlerhaften Berücksichtigung eines abwägungserheblichen Belangs und ergeben sich keine konkreten Anhaltspunkte, dass die Planfeststellungsbehörde ohne diesen Mangel zu einem anderen Abwägungsergebnis gelangt wäre, ist also zusätzlich zu prüfen, ob die auf der nachfolgenden Stufe gebotene Abwägung im engeren Sinne ‑ das Ins-Verhältnis-Setzen der gegenläufigen Belange ‑ das Abwägungsergebnis auch dann rechtfertigen würde, wenn der auf der vorhergehenden Stufe unterlaufene Mangel unterblieben wäre.
182Vgl. BVerwG, Urteil vom 24. November 2011 ‑ 9 A 23.10 ‑, BVerwGE 141, 171 (191).
183Als nur mittelbar von dem Vorhaben Betroffene können die Kläger eine gerichtliche Abwägungskontrolle nur hinsichtlich ihrer eigenen Belange und ‑ wegen der insoweit bestehenden Wechselbeziehung ‑ der ihren Belangen gegenübergestellten, für das Vorhaben streitenden Belange verlangen. Ob andere gegen das Vorhaben sprechende Belange ordnungsgemäß berücksichtigt worden sind, können sie dem gegenüber ebenso wenig geltend machen wie die Frage, ob Rechtsnormen beachtet wurden, die nicht ihrem Schutz zu dienen bestimmt sind.
184Vgl. BVerwG, Urteil vom 10. Oktober 2012 ‑ 9 A 20.11 ‑, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 229, S. 71 f.
185Nach diesen Maßstäben sind die Belange der Kläger rechtsfehlerfrei abgewogen worden.
186b) Die Prüfung der Varianten des Ausbaus der B 51 lässt keinen Abwägungsfehler zu Lasten der Kläger erkennen. Der Beklagte musste keine die Kläger weniger belastende Variante ernsthaft in Betracht ziehen. Kommen Alternativlösungen ernsthaft in Betracht, so hat die Planungsbehörde sie zwar als Teil des Abwägungsmaterials mit der ihnen objektiv zukommenden Bedeutung in die vergleichende Prüfung der von den möglichen Varianten jeweils berührten öffentlichen und privaten Belange unter Einschluss des Gesichtspunkts der Umweltverträglichkeit einzubeziehen. Sie ist indes nicht verpflichtet, die Variantenprüfung bis zuletzt offen zu halten und alle von ihr zu einem bestimmten Zeitpunkt erwogenen Alternativen gleichermaßen detailliert und umfassend zu untersuchen. Auch im Bereich der Planungsalternativen braucht sie den Sachverhalt nur soweit aufzuklären, wie dies für eine sachgerechte Trassenwahl und eine zweckmäßige Gestaltung des Verfahrens erforderlich ist. Sie ist befugt, eine Alternative, die ihr auf der Grundlage einer Grobanalyse als weniger geeignet erscheint, schon in einem frühen Verfahrensstadium ohne nähere Untersuchung auszuscheiden.
187Vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 23. März 2011 ‑ 9 A 9.10 ‑, juris, Rdnr. 33.
188Verfährt sie in dieser Weise, so handelt sie abwägungsfehlerhaft nicht schon, wenn sich herausstellt, dass die von ihr verworfene Lösung ebenfalls mit guten Gründen vertretbar gewesen wäre, sondern erst, wenn diese Lösung sich ihr hätte aufdrängen müssen.
189Vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 25. Januar 1996 - 4 C 5.95 -, BVerwGE 100, 238 (249 f.), m. w. N.
190Gemessen an diesen Grundsätzen ist dem Beklagten kein Abwägungsfehler bei der Variantenprüfung unterlaufen.
191aa) Der Beklagte hat im Planfeststellungsbeschluss ausführlich dargelegt, welche Überlegungen ihn dazu bewogen haben, sich unter den näher untersuchten Varianten - einschließlich der sog. Null-Variante - für die planfestgestellte zu entscheiden (PFB B. 5.3.3.1 f., S. 90 ff.). Die sog. Null-Variante auszuschließen, d. h. von dem Ausbau nicht Abstand zu nehmen, ist nicht abwägungsfehlerhaft. Der Beklagte hat ausgeführt, dass die B 51 in ihrem jetzigen Zustand nicht in der Lage ist, die aufkommenden Verkehrsströme sicher und zügig zu bewältigen und die entsprechenden Verkehrsmengen aufzunehmen. Dagegen ist nichts zu erinnern. Die Kläger selbst gehen vielmehr von noch größeren Verkehrsmengen aus und weisen darauf hin, dass die B 51 als Umgehungsstraße N. die meistbefahrene Bundesstraße im Münsterland sei.
192bb) Zudem ist nach § 1 Abs. 2 Satz 2 FStrAbG die hier vorliegende gesetzliche Feststellung des vordringlichen Bedarfs für die nachfolgende straßenrechtliche Planfeststellung verbindlich. Der Planungsträger ist jedoch nicht gehindert, etwa statt des Ausbaus einer Bestandstrasse eine Neubaustrecke als Trassenalter-native zu erwägen. Allerdings ist es auch nicht zu beanstanden, wenn der Planungsträger sich beim Ausbau eines bereits vorhandenen Straßenzuges - wie hier - aus nachvollziehbaren Gründen gegen eine Neutrassierung ausspricht und auf dieser Grundlage entsprechende Planungsalternativen verwirft.
193Vgl. BVerwG, Beschluss vom 5. November 2002 - 9 VR 14.02 -, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 171, S. 134, m. w. N.
194cc) Es ist abwägungsfehlerfrei, dass sich der Beklagte in der Variantenprüfung in erster Linie aus Kostengründen gegen die von den Klägern geforderte Tunnellösung oder Einhausung entschieden hat. In die Entscheidung der Planfeststellungsbehörde für die eine oder andere Trassen- oder Ausführungsvariante dürfen Kostengesichtspunkte einfließen. Denn das Interesse, den finanziellen Aufwand für den Straßenbau gering zu halten, gehört zu den öffentlichen Belangen, denen in der Abwägung Rechnung zu tragen ist.
195Vgl. etwa BVerwG, Urteile vom 9. November 2000 - 4 A 51.98 -, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 159, S. 67, m. w. N., und vom 3. März 2011 ‑ 9 A 8.10 ‑, BVerwGE 139, 150 (178 f.).
196In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass dem Gebot der sparsamen und wirtschaftlichen Mittelverwendung, das in § 7 Abs. 1 BHO seine gesetzliche Ausprägung gefunden hat, als eigenständigem öffentlichen Belang in der Abwägung Rechnung zu tragen ist. Er kann nach den konkreten Umständen des Falles sogar das private Interesse überwiegen, von einer Grundstücksinanspruchnahme verschont zu bleiben.
197Vgl. BVerwG, Urteil vom 24. November 2011 ‑ 9 A 23.10 ‑, BVerwGE 141, 171 (193).
198Der Beklagte hat unter Berufung auf erhebliche Mehrkosten eine Tunnellösung in Form eines Leichtbautunnels (System „Züblin“) als Planungsvariante (PFB B. 5.3.3.2., S. 93) unter Verweis auf das Lärmschutzkonzept (PFB B. 5.3.5.1.2, S. 103 f., und B. 5.3.5.1.5, S. 112 f.) verworfen. Im Planfeststellungsbeschluss hat der Beklagte die Kosten für einen (Standard-)Tunnel mit 42,12 Mio. Euro beziffert, für einen Leichtbautunnel (System „Züblin“) mit 21,6 Mio. Euro (S. 113). Demgegenüber hat er die Kosten für das in der Planfeststellung gewählte Lärmschutzkonzept für diesen Teilbereich mit 11.173.814 Euro (S. 103) bzw. 10,45 Mio. Euro (S. 113) angegeben. Für einen „Züblin-Tunnel“ fielen damit Mehrkosten von 10,132 Mio. Euro (S. 103) oder 10,15 Mio. Euro (S. 113) an, d. h. die Kosten pro geschützter Wohneinheit würden von 14.389 Euro (S. 103) bzw. 14.418 Euro (S. 113) auf 26.899 Euro (S. 104) ansteigen, das stehe außer Verhältnis zum angestrebten Schutzzweck. Darüber hinaus würden für eine weitere Gradientenab-senkung der Trasse auf etwa 6 m Mehrkosten von rund 10,6 Mio. Euro anfallen (S. 104, 113). Danach würde eine „Tunnellösung“ gegenüber der planfestgestellten Lösung insgesamt mehr als 20 Mio. Euro zusätzliche Kosten verursachen.
199Die von den Klägern hiergegen erhobenen Einwände greifen nicht durch. Zwar haben die Kläger Kostenansätze für einzelne Komponenten des Lärmschutz-konzepts in Frage gestellt, jedoch hiermit insgesamt nicht dargetan, dass die (Vergleichs-)Berechnungen des Beklagten gänzlich neben der Sache liegen. Denn es erschließt sich von selbst, dass Tunnelbauwerke, Teilabdeckungen und Einhausungen nebst Gradientenabsenkung - im vorliegenden Fall auf etwa 6 m - gegenüber dem Straßenbau auf der freien Strecke wesentlich höhere Kosten verursachen.
200Vgl. auch BVerwG, Urteil vom 23. März 2011 ‑ 9 A 9.10 ‑, juris, Rdnr. 34; ferner ergänzend Bundesministerium für Verkehr, Allgemeines Rundschreiben Straßenbau (ARS) 25/1998 vom 28. Juni 1998, VkBl. S. 848, i. V. m. Leitfaden für die Planungsentscheidung „Einschnitt oder Tunnel“, S. 7 ff.
201Bei Baukosten, die jedenfalls deutlich höher liegen als bei einem konventionellen Straßenbau, ist es nicht zu beanstanden, wenn sich der Beklagte gegen die in Rede stehenden Alternativen entschieden hat.
202Vgl. ergänzend BVerwG, Urteil vom 21. Mai 2008 ‑ 9 A 68.07 -, juris, Rn. 18.
203Es kommt hinzu, dass ein Tunnel gegenüber der planfestgestellten Lösung dauerhaft höhere Unterhaltungskosten verursacht. Zudem soll der Ausbau der B 51 wegen der Bedeutung der Verkehrsachse bei laufendem Betrieb durchgeführt werden. Die Kläger weisen in einem anderen Zusammenhang zutreffend darauf hin, dass die B 51 als Umgehungsstraße N. nach den Ergebnissen der Verkehrszählung 2010 die meistbefahrene Bundesstraße im Münsterland ist. Neben den durch Bauarbeiten ohnehin verursachten Behinderungen des Verkehrsflusses müssten zusätzliche Untertunnelungs- oder Einhausungsarbeiten in dem baulich verdichteten Umfeld über einen längeren Zeitraum zu einer vollständigen Sperrung der Strecke führen. Die dadurch im Stadtbereich N. verursachten Verkehrsprobleme wären kaum lösbar, weil eine geeignete Umleitung nicht zur Verfügung steht. Der Beklagte weist unter B. 5.3.12.8, S. 156, des Planfeststellungsbeschlusses darauf hin, dass durch eine Sperrung der B 51 während der Bauzeit das untergeordnete Straßennetz erheblich belastet würde. Dies würde insbesondere die N5.---straße , den N.--------weg sowie den M. - und E.--------weg betreffen, die aufgrund ihrer Ausstattung nicht in der Lage seien, solche Ausweichverkehre aufzunehmen.
204dd) Schließlich liegt es auf der Hand, dass die von den Klägern angeführte Alternativtrasse, die am Ende des zweiten Bauabschnitts der B 51 nach rechts abknicken, dann etwa einen Kilometer nach Osten führen, die Bahntrasse queren und dann nach links abknicken und parallel zum Bahndamm nach Norden geführt werden soll, nicht ernsthaft in Betracht zu ziehen war. Abgesehen von einem im Vergleich zur planfestgestellten Variante weitaus größeren Landschaftsverbrauch wären wegen des Verlassens der bisherigen Trasse unschwer erkennbar erhebliche Mehrkosten entstanden, da in diesem Falle ein Neubau der Straße erforderlich geworden wäre. Auch hätte die Verschwenkung eine kurvenreichere und bewegte Linienführung zur Folge, was dem Charakter einer Bundesfernstraße widerspricht. Im Übrigen ließe sich die Alternativlösung auch nicht annähernd so verwirklichen, wie von den Klägern in der Klagebegründung skizziert: Laut Erläuterungsbericht vom 5. Dezember 2005, Seite 7 (vgl. Teil A: B 51.3 Mappe 1, Unterlage 1, auch Unterlage 7.1, Beiakte 2 zu 11 D 6/12.AK), erhält die B 51 einen Regelquerschnitt von 26,00 m Kronenbreite (RQ 26). Die vom Beklagten noch herangezogenen und bis 2013 für die Entwurfsgestaltung maßgeblichen Richtlinien für die Anlage von Straßen - RAS - Teil Querschnitte (RAS-Q 96), eingeführt durch Allgemeines Rundschreiben Nr. 28/1996 vom 15. August 1996, VkBl. 1996, S. 481, sehen für den Straßenquerschnitt RQ 26 im Anhang unter 1.2.1 (Blatt 13) eine Bemessungsgeschwindigkeit von 100 bis 70 km/h vor. Die dafür erforderlichen Kurvenradien schließen die von den Klägern skizzierte Trassenführung mit einem scharfen Rechtsknick zum Verlassen der Bestandstrasse und einem scharfen Linksknick nach Unterquerung der Güterumgehungsbahn bereits offensichtlich aus.
205Zudem kann wegen der Breite der Straße von einem geringfügigen Eingriff in das Landschaftsschutzgebiet X3. -F. -Niederung „nur an seinem äußersten Rand“ keine Rede sein. Da die Trasse östlich der Güterumgehungsbahn über mehr als 3 km bis zur X2. Straße verlaufen soll, müsste bei einer Breite von 26 m eine Fläche von ca. 8 ha neu versiegelt werden. Hinzu käme, dass die Trasse hinter der Unterquerung des Bahndamms wegen der erforderlichen Kurvenradien nicht sofort scharf nach links abknicken könnte, sondern in einem Bogen wieder an den Bahndamm herangeführt werden müsste. Das Landschafts-schutzgebiet würde also nicht „nur an seinem äußersten Rand tangiert“, sondern in erheblichem Umfang durchschnitten. Die von den Klägern angesprochene Möglichkeit, den Bahndamm nicht rechtwinklig, sondern diagonal zu unterqueren, so dass ein scharfer Linksknick östlich des Bahndamms entfiele, hätte wiederum zur Folge, dass eine Neubautrasse im Bereich des Hauses M1. nicht mehr konfliktfrei geführt werden könnte. Des Weiteren stünde die kreuzungsfreie Verknüpfung mit der X2. Straße vor der zusätzlichen Schwierigkeit, dass die neue Trasse unmittelbar östlich des Bahndamms verliefe, so dass auf der Westseite kein Platz für Verbindungsrampen zur Verfügung stünde.
206Von daher ist es nicht zu beanstanden, wenn sich die Planfeststellungsbehörde beim Ausbau eines bereits vorhandenen Straßenzuges aus sachlich nachvollziehbaren Gründen bereits frühzeitig gegen eine Planungsalternative entscheidet, die einer Neutrassierung gleichkommt, und diese Planungsalternative aus der weiteren Betrachtung ausscheidet. Jedenfalls musste sich die von den Klägern favorisierte Variante dem Plangeber nicht als eindeutig vorzugswürdig aufdrängen.
207In diesem Stadium der Planung bedarf es noch keiner exakten Ermittlung des jeweiligen Abwägungsmaterials. Dieses muss vielmehr „nach Lage der Dinge“ nur so genau und vollständig sein, dass es jene erste vorauswählende Entscheidung zulässt.
208Vgl. BVerwG, Urteile vom 5. März 1997 - 11 A 25.95 -, BVerwGE 104, 123 (128), und vom 25. September 2002 - 9 A 5.02 -, juris, Rn. 41.
209Mit Blick hierauf konnte der Senat die in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisanträge zu dieser Trassenvariante ablehnen.
210ee) Vor dem Hintergrund, dass der Beklagte sich nach einer Grobanalyse abwägungsfehlerfrei für den Ausbau der Bestandstrasse der B 51 entscheiden durfte, hat er ‑ entgegen der Auffassung der Kläger ‑ die Abwägungsgrundlagen für diese Ausbauvariante ausreichend ermittelt. Die Kläger beanstanden insoweit, für den Kläger zu 2. sei erst nach Erlass des Planfeststellungsbeschlusses ermittelt worden, ob sein Anwesen dem Innen- oder Außenbereich zuzuordnen sei. Die Schadstoffuntersuchung sei erst am Datum der Planfeststellung zugegangen. Im Hinblick auf den Kläger zu 2. begründet der Beklagte bereits im Planfeststellungsbeschluss (S. 111 f.), dass dessen Grundstück im Außenbereich liege. Die weiteren Ermittlungen dienten lediglich der Bestätigung dieser der Abwägung zu Grunde gelegten Einschätzung. Auch den Schadstoffbelastungen hat der Beklagte unter Zugrundelegung einer Schadstoffabschätzung des Vorhabenträgers (im Anschluss an die Erläuterungen zum Deckblatt I vom 2. Mai 2007, Mappe 1, Unterlage 1-I in Beiakte 8 zu 11 D 6/12.AK) bereits im Planfeststellungsbeschluss Stellung genommen (S. 116 bis 118). Das Gutachten des Ingenieurbüros M. diente der Bestätigung dieser der Abwägung zu Grunde gelegten Einschätzung; es ist im Übrigen Bestandteil der planfestgestellten Unterlagen, die in das Planfeststellungsverfahren eingebracht wurden (PFB A. 2.4 Nr. 99). Die von den Klägern angeführte E-Mail des Unterzeichners des Planfeststellungsbeschlusses an die Regierungsvizepräsidentin vom 30. September 2011 ist für die Frage der Rechtmäßigkeit des Planfeststellungsbeschlusses ohne Bedeutung. Maßstab für die Rechtmäßigkeitsprüfung ist allein der Planfeststellungsbeschluss mit den zu seinem Gegenstand gemachten Unterlagen.
211c) Die Einwände der Kläger zu einer Rechtswidrigkeit des Planfeststellungsbeschlusses wegen einer abwägungsfehlerhaften Bewältigung der Verkehrslärmproblematik und einer daraus resultierenden Verletzung ihres Rechts auf fehlerfreie Abwägung greifen nicht durch.
212aa) Abwägungsfehler bei den Gesichtspunkten des Lärmschutzes führen im Regelfall nicht zu einer Aufhebung eines Planfeststellungsbeschlusses. Denn nach § 17e Abs. 6 FStrG sind Mängel bei der Abwägung der von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange nur dann erheblich, wenn sie offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen sind (Satz 1). Erhebliche Mängel bei der Abwägung oder eine Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften führen nur dann zur Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses oder der Plangenehmigung, wenn sie nicht durch Planergänzung oder durch ein ergänzendes Verfahren behoben werden können; die §§ 45 und 46 VwVfG bleiben unberührt (Satz 2).
213Mögliche Mängel im Lärmschutzkonzept können grundsätzlich durch Schutzauflagen behoben werden und rechtfertigen deshalb in der Regel nicht die Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses. Eine Planaufhebung kommt nur in Betracht, wenn das Fehlen notwendiger Schutzauflagen ausnahmsweise so großes Gewicht hat, dass davon die Ausgewogenheit der Gesamtplanung oder eines wesentlichen Planungsteils betroffen ist.
214Vgl. BVerwG, Urteile vom 18. April 1996 - 11 A 86.95 -, BVerwGE 101, 73 (85), vom 23. November 2005 - 9 A 28.04 -, juris, Rn. 17 (insoweit nicht in BVerwGE 124, 334, veröffentlicht), und vom 10. Oktober 2012 - 9 A 20.11 -, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 229, S. 72.
215Allerdings kann nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts in einem Fall, in dem sich der Kläger gegen die lärmtechnische Berechnung und die darauf aufbauende Behandlung der Lärmschutzbelange mit der Begründung wendet, sie beruhten auf einer verfehlten Verkehrsprognose, in der die tatsächlich zu erwartende Verkehrsbelastung des Vorhabens weit unterschätzt worden sei, die Möglichkeit nicht von der Hand gewiesen werden, dass davon die konzeptionelle Planungsentscheidung einschließlich der Trassenwahl betroffen wird; Abwägungsdefiziten aufgrund einer fehlerhaften Verkehrsprognose kann deshalb nicht durch eine Planergänzung um Schutzauflagen abgeholfen werden.
216Vgl. BVerwG, Urteile vom 12. August 2009 - 9 A 64.07 -, BVerwGE 134, 308 (328), und vom 9. Juni 2010 - 9 A 20.08 -, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 208, S. 145 f.
217Die Rüge der Kläger, der Verkehrsuntersuchung liege ein zu geringer Lkw-Anteil zu Grunde, weshalb die Lärmprognose zu gering ausgefallen sei, ist nicht geeignet, die Möglichkeit einer solchen konzeptionell anderen Entscheidung aufzuzeigen, insbesondere nicht hinsichtlich einer anderen Trassenführung. Sollte eine größere Immissionsbelastung infolge eines höheren Lkw-Anteils entstehen, bestünden ohne Weiteres die Möglichkeiten entweder der Anordnung weitergehender Maßnahmen des aktiven Schallschutzes oder der Erstreckung des Anspruchs auf Aufwendungsersatz für passive Schallschutzmaßnahmen auch auf andere Gebäude, ohne dass es zu einer grundlegenden Umplanung des streitigen Vorhabens kommen müsste.
218bb) Unbeschadet des vorstehend Ausgeführten lässt sich nicht feststellen, dass die Verkehrsprognose, soweit die Kläger hiergegen substantiierte Einwände im Klageverfahren geltend gemacht haben, fehlerhaft ist.
219aaa) Beide Kläger sind mit ihrem Vorbringen gegen die Verkehrsprognose entgegen der Auffassung des Beklagten nicht präkludiert. Nach § 17a Nr. 7 Satz 1 FStrG sind Einwendungen gegen den Planfeststellungsbeschluss nach Ablauf der im Planfeststellungsverfahren eröffneten Einwendungsfrist ausgeschlossen. Diese Bestimmung normiert eine materielle Verwirkungspräklusion, die verfassungsrechtlich unbedenklich ist. Die Einwendungsfrist besitzt für das gerichtliche Verfahren, das einem straßenrechtlichen Planfeststellungsverfahren folgt, materiell-rechtlichen Charakter. Die straßenrechtliche Präklusion erstreckt sich nach Wortlaut sowie Sinn und Zweck der Vorschrift auch auf das nachfolgende verwaltungsgerichtliche Verfahren.
220Vgl. zur inhaltsgleichen Vorgängernorm des § 17 Abs. 4 Satz 1 FStrG a. F. etwa BVerwG, Urteil vom 24. Mai 1996 ‑ 4 A 38.95 ‑, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 119, S. 136 f.
221Allerdings hat die Klägerin zu 1. im Deckblatt I-Verfahren - anders als der Rechts-vorgänger des Klägers zu 2. - keine Einwendungen erhoben. Sie musste jedoch nach Auslegung des Deckblattes I unter Hinweis auf den Einwendungsauschluss gemäß § 17a Nr. 7 Satz 1 FStrG zur Vermeidung einer Präklusion nicht erneut Einwendungen erheben. Zwar sollte die durch das Deckblatt I vorgenommene Umplanung (auch) ihren Lärmschutzinteressen Rechnung tragen. Die Klägerin zu 1. hatte jedoch in ihrem Einwendungsschreiben vom 5. April 2006 ausdrücklich beanstandet, die prognostizierte Verkehrsbelastung sei nur unzulänglich ermittelt worden. Der Umplanung durch das Deckblatt I lag der Ergebnisbericht der IVV vom 11. September 2006 zu Grunde, der jedoch nicht mit ausgelegt worden war. Daher waren der Klägerin zu 1. in diesem Punkt erneute oder weitere vertiefende Einwendungen nicht möglich. Andererseits konnte der Beklagte nicht davon ausgehen, die Einwendungen gegen die Ermittlung der Verkehrsbelastung seien durch die vorgenommenen Umplanungen erledigt.
222Auch der Kläger zu 2. ist mit seinen Einwendungen zur Verkehrsprognose nicht ausgeschlossen. Er weist zutreffend darauf hin, dass sein Rechtsvorgänger bereits im Rahmen der ersten Auslegung inhaltlich ausreichende Einwendungen erhoben hat. Eine Einwendung muss erkennen lassen, in welcher Hinsicht Bedenken gegen die in Aussicht genommene Planfeststellung ‑ aus der Sicht des Einwendenden ‑ bestehen könnten. Das Vorbringen muss so konkret sein, dass die Planfeststellungsbehörde erkennen kann, in welcher Weise sie bestimmte Belange einer näheren Betrachtung unterziehen soll. Der Betroffene muss zumindest in groben Zügen darlegen, welche Beeinträchtigungen befürchtet werden, ohne dies allerdings begründen zu müssen. Anzuknüpfen ist dabei an die ausgelegten Planunterlagen. Nach ihrer Konkretheit richten sich die Anforderungen an die Einwendungslast, d. h. an Umfang und Detailliertheit der Darlegungen.
223Vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 9. Juli 2008 ‑ 9 A 14.07 ‑, BVerwGE 131, 274 (288 f.), m. w. N.
224Die Darlegungsanforderungen orientieren sich an den Möglichkeiten betroffener Laien; Ausführungen, die fachwissenschaftlichen Sachverstand voraussetzen, können regelmäßig nicht erwartet werden.
225Vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 14. Juli 2011 ‑ 9 A 14.10 ‑, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 218, S. 252, m. w. N.
226Nach diesen Maßstäben waren die knappen Einwendungen des Rechtsvorgängers des Klägers zu 2. mit Schreiben vom 29. März 2006 ausreichend. In dem Schreiben wird ausdrücklich gerügt, es sei weder aktiver noch passiver Lärmschutz für das Gebäude N2.---straße 28 vorgesehen. Die für die Ermittlung der notwendigen Schallschutzmaßnahmen zu Grunde gelegten Verkehrszahlen würden „angezweifelt“. Damit hatte der Rechtsvorgänger des Klägers zu 2. die Verkehrslärmproblematik im Hinblick auf sein Grundstück ausreichend aufgezeigt. Da die Verkehrsprognose nicht ausgelegen hatte, waren weitere vertiefende Einwendungen nicht erforderlich und auch gar nicht möglich.
227bbb) Die Verkehrsprognose ist jedoch inhaltlich nicht zu beanstanden. Verkehrsprognosen unterliegen nur einer eingeschränkten gerichtlichen Kontrolle. Sie sind lediglich daraufhin zu überprüfen, ob sie methodisch einwandfrei erarbeitet worden sind, nicht auf unrealistischen Annahmen beruhen und ob das Prognoseer-gebnis einleuchtend begründet worden ist.
228Vgl. etwa BVerwG, Urteile vom 9. Juni 2010 - 9 A 20.08 -, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 208, S. 146, und vom 10. Oktober 2012 - 9 A 19.11 -, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 228, S. 38, sowie Beschluss vom 15. März 2013 - 9 B 30.12 -, juris, Rn. 10.
229Diesen Anforderungen wird die hier maßgebliche Verkehrsprognose gerecht.
230Der Ergebnisbericht der IVV Verkehrsdatenaktualisierung Aus- und Neubau B 51/B 481n Planfälle PO und P_RE 2020 vom 11. September 2006 (Beiakte 13 zu 11 D 6/12.AK) basiert auf einer Verkehrsuntersuchung von 1993 und einer aktualisierten Verkehrsuntersuchung von November 1999, sowie der Aktualisierung dieses Gutachtens von Februar 2003. Die Erstellung einer solchen Modellprognose war vorliegend aufgrund der planbedingten Umstände nach der Nr. 1.2.2.2 des Anhangs der vom Beklagten noch herangezogenen RAS-Q 96 angezeigt. Eine solche Modellprognose soll auf umfassenden Annahmen über zukünftige allgemeine Entwicklungen basieren und diese Annahmen mit Hilfe eines umfangreichen Modells der Verhaltensweisen der Verkehrsteilnehmer und der Struktur der Verkehrssysteme in eine Vorhersage von Verkehrsströmen umsetzen. Die Verfahrensmaßgaben einer Modellprognose wurden hier gewahrt. Die von der IVV erstellte Verkehrsuntersuchung beruht auf umfassenden Annahmen über zukünftige allgemeine Entwicklungen. Die Gutachter haben umfangreiche Prognosegrundlagen herangezogen. So wurden insbesondere die Daten der zum damaligen Zeitpunkt aktuellen Straßenverkehrszählung 2005 und eine Ergänzung einer bundesweiten Untersuchung zum Thema der mautbedingten Ausweichverkehre von schweren LKW für Nordrhein-Westfalen von November 2005 im Ergebnisbericht ausgewertet. Der voraussichtlichen Entwicklung der Siedlungs- und Wirtschaftsstruktur im Untersuchungsraum wurden die Daten der Landesplanung Nordrhein-Westfalen sowie die Daten der Stadt N. zu Grunde gelegt. Auch für die Kreise X. und H. wurden die entsprechenden Bevölkerungsentwicklungen berücksichtigt. Im Nahbereich des Knotens B 51/X. Straße haben die Gutachter zusätzlich ein neues Wohngebiet mit Lebensmitteldiscounter berücksichtigt. Die Tendenzen der Verkehrsentwicklung, die aufgrund der Verhaltensweisen der Bevölkerung bzw. durch die Verkehrspolitik bestimmt werden, wurden in Anlehnung der Landesplanung Nordrhein-Westfalen sowie der derzeit gültigen Bedarfsplanung zum Bundesverkehrswegeplan entnommen und auf das Gebiet des Untersuchungsraums übertragen. Die Ermittlung der Prognoseverkehrsstärke betrachtet einen Prognose-Null-Fall für das Jahr 2020 unter Berücksichtigung aller Maßnahmen der Bedarfspläne des Bundes und des Landes Nordrhein-Westfalen, die als Überhang und im vordringlichen Bedarf bzw. in Stufe I eingestellt sind, sowie weitere für die Verkehrsentwicklung im Untersuchungsraum relevante Planungen der Städte und Gemeinden, um prognostisch den Planfall P_RE 2020 mit dem Prognosehorizont 2020 zu erarbeiten. Diese Vorgehensweise stimmt ebenfalls mit der Nr. 1.2.2.2 der RAS-Q 96 überein, der die Umsetzung der Annahmen über zukünftige allgemeine Entwicklungen mit Hilfe eines umfangreichen Modells der Verhaltensweisen der Verkehrsteilnehmer und der Struktur der Verkehrssysteme in eine Vorhersage von Verkehrsströmen fordert.
231Vgl. hierzu auch BVerwG, Urteil vom 12. August 2009 - 9 A 64.07 -, juris, Rn. 100 ff. (insoweit nicht in BVerwGE 134, 308, abgedruckt).
232Der Ergebnisbericht vom 11. September 2006 ist ergänzt worden durch eine Ergänzung Planfall mit 3. Nordtangente N. vom 11. März 2008, einen Kurzbericht Ausblick Prognose 2025 vom 28. Juli 2011 und während des Klageverfahrens durch eine Ergänzung dieses Kurzberichts vom 14. Juni 2012. Im Ergebnis kommt die IVV für den Bereich zwischen X. Straße und X2. Straße gegenüber dem Prognose-Null-Fall 2020 (20.500 Kfz DTV) für den Plan-fall P_RE mit holländischen Rampen und 3. Nordtangente N. (Ergänzung vom 11. März 2008) auf 40.700 Kfz DTV, prognostiziert mithin, dass sich das Verkehrsaufkommen auf der B 51 auf dem die Kläger betreffenden Abschnitt nahezu verdoppeln wird.
233ccc) Diese Prognose greifen die Kläger nicht mit Erfolg an. Sie beanstanden zu Unrecht den zeitlichen Horizont der Verkehrsprognose. Die zeitliche Anknüpfung fügt sich in das Konzept ein, das dem Fernstraßenausbaugesetz i. d. F. des 5. Änderungs-gesetzes zum Fernstraßenausbaugesetz vom 4. Oktober 2004 (BGBl. I S. 2574) zu Grunde liegt. Der durch dieses Gesetz verabschiedete Bedarfsplan für die Bundesfernstraßen orientiert sich an der Verkehrsentwicklung, die der Bundesgesetzgeber bis zum Jahr 2015 erwartet. Daher wäre es sogar sachgerecht gewesen, sich für das hier planfestgestellte Vorhaben des vordringlichen Bedarfs bei der Verkehrsuntersuchung auf das Jahr 2015 zu beziehen.
234Vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Mai 2012 ‑ 9 A 35.10 ‑, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 225, S. 17.
235Die Planfeststellungsbehörde hat durch das auf den Prognosehorizont 2020 bezogene Gutachten vom 11. September 2006 und die auf das Jahr 2025 bezogenen Ergänzungen vom 28. Juli 2011 und 14. Juni 2012 sichergestellt, dass die Verkehrsprognose das zu erwartende Verkehrsaufkommen über den Prognosehorizont 2015 hinaus bis ins Jahr 2025 abbildet.
236Vgl. zu einer ähnlichen Fallgestaltung BVerwG, Urteil vom 30. Mai 2012 ‑ 9 A 35.10 ‑, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 225, S. 17.
237Dabei ist es regelmäßig nicht zu beanstanden, dass die Verkehrsprognose für ein fernstraßenrechtliches Straßenbauvorhaben auf der Grundlage der laufend aktualisierten bundesweiten Strukturdaten und Matrizes erstellt wird. Laufende Aktualisierungen der bundesweiten Vorgaben können aus methodischen und praktischen Gründen heraus nicht gefordert werden.
238Vgl. BVerwG, Urteile vom 9. Juni 2010 ‑ 9 A 20.08 ‑, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 208, S. 147 f., und vom 30. Mai 2012 ‑ 9 A 35.10 ‑, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 225, S. 17.
239Soweit die Kläger auf verschiedene nicht berücksichtigte „nachdrücklich verfolgte und in Umsetzung befindliche“ Straßenplanungen verweisen, ist dem nicht weiter nachzugehen. Allerdings müssen bereits vorhersehbare Entwicklungen im Streckennetz, die sich auf die Verkehrsmenge der planfestgestellten Strecke auswirken, von vornherein bei der Verkehrsprognose berücksichtigt und im Planfeststellungsbeschluss bewältigt werden.
240Vgl. BVerwG, Beschluss vom 25. Mai 2005 ‑ 9 B 41.04 ‑, juris, Rdnr. 11.
241Dem trägt die Verkehrsprognose Rechnung, indem sie alle auf Seite 9 des Ergebnisberichts vom 11. September 2006 genannten Straßenbaumaßnahmen einbezieht. Demgegenüber mussten die weiteren von den Klägern genannten Maßnahmen (durchgehend leistungsfähige Verbindung zwischen N. und der A 2 im Raum S. -X1. ) infolge fehlender Konkretisierung der Planung nicht berücksichtigt werden, zumal ein vollständig durchgehender Ausbau der B 64 zwischen S. und N. nicht vorgesehen ist. Zudem dürfte diese Verbindung für Schwerverkehr aus dem Osten in Richtung N. nach Fertigstellung der in Bau befindlichen Maßnahmen A 30 (Ortsumgehung Bad P. ) und A 33 (C. -P1. ) nur von geringem Interesse sein.
242Von einer bereits „vorhersehbaren“ Entwicklung kann frühestens dann gesprochen werden, wenn ein Planfeststellungsverfahren eingeleitet worden ist. Erst dadurch wird konkretisiert, welche Straße der Vorhabenträger zu bauen beabsichtigt, so dass eine Verkehrsmenge prognostiziert werden kann. Ein solches konkretes Planungsstadium hatten zum Zeitpunkt des Erlasses des Planfeststellungsbeschlusses die von den Klägern genannten „Straßenplanungen“ nicht erreicht. Die - noch nicht existierende - „Entlastungsstraße Nord“ ist als „3. Nordtan-gente N. “ in der Ergänzung vom 11. März 2008 enthalten; sie führt nicht zu einer Verkehrserhöhung sondern zu einer leichten Entlastung der B 51 zwischen X. Straße und X2. Straße (40.700 Kfz/24 h statt 41.700 Kfz/24 h nach dem Ergebnisbericht vom 11. September 2006). Die von den Klägern in diesem Zusammenhang behaupteten zusätzlichen 15.000 Kfz/24 h für die Umgehungsstraße sind in keiner Weise belegt oder nachvollziehbar, die Zahl scheint „gegriffen“. Hinzu kommt, dass durch die Änderung des Flächennutzungsplanes der Stadt N. im Jahr 2013 die „3. Nordtangente“ planerisch nicht mehr weiterverfolgt wird.
243ddd) Es war entgegen der Auffassung der Kläger nicht erforderlich, im Ergebnisbericht alle Eingangsdaten und Annahmen einzeln aufzuführen. Wird im Rahmen einer Verkehrsprognose für die Berechnung des zukünftigen Verkehrsaufkommens auf die aus den Strukturdaten ableitbare wirtschaftliche Gesamtentwicklung eines bestimmten Raumes und nicht auf einzelne Unternehmen und Vorhaben abgestellt, ist es methodisch grundsätzlich nicht zu beanstanden, die Eröffnung einer neuen Produktionsstätte als ein bei den Strukturdaten eingerechnetes Ergebnis zu betrachten.
244Vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Mai 2012 ‑ 9 A 35.10 ‑, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 225, S. 17 f.
245Die Prognose auf der Basis von Strukturdaten kann auch nicht dadurch in Frage gestellt werden, dass die Kläger einzelne Tatsachen und Vorgänge (Einwohnerzahl der Stadt N. , neues Wohngebiet und Gewerbegebiet in X4. , Eröffnung neuer Gewerbebetriebe, Masterplan zur Entwicklung des Hafenbereichs) benennen, die vermeintlich nicht berücksichtigt worden sind. Die Kläger führen gegen die Verkehrsprognose zahlreiche Vorgänge und Einzelheiten ins Feld, können jedoch weder nachvollziehbar darlegen, dass diese Vorgänge und Einzelheiten in die der Verkehrsprognose zugrunde liegenden Strukturdaten und sonstigen Eingangsdaten nicht eingeflossen sind noch deren Auswirkungen auf das Ergebnis der Verkehrsprognose auch nur annähernd konkretisieren oder beziffern. Dafür dass dem Gutachterbüro Eingabefehler oder Rechenfehler unterlaufen sind, fehlt jeder schlüssige Anhaltspunkt.
246Vgl. hierzu auch BVerwG, Urteil vom 18. März 2009 - 9 A 39.07 -, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 201, Rdnr. 125.
247Die Verkehrsprognose kann keine Daten in Form von Istzahlen berücksichtigen, wie etwa die von den Klägern genannte Entwicklung des Pendlerverkehrs von 2001 bis 2007, die erst nach dem Zeitpunkt der Erstellung des Ergebnisberichts vom 11. September 2006 ermittelt und ausgewertet worden sind. Die erhebliche Zunahme des Verkehrs auf der B 51 von 1990 bis 2005 bedeutet nicht automatisch, dass entsprechende Zuwachsraten auch für die Zukunft zu erwarten sind. Immerhin prognostiziert auch die IVV bis 2025 eine Verdoppelung des Verkehrs seit 2010 für den Abschnitt zwischen X. Straße und X2. Straße. Der Einwand der Kläger, die „allgemeine Verkehrsentwicklung“ auf Bundesebene sei in der Prognose nicht erkennbar, führt nicht weiter.
248eee) Für einen allgemeinen „Risikozuschlag“ auf die ermittelte Verkehrsmenge, um für die Prognose „auf der sicheren Seite“ zu liegen, gibt es bei Verkehrsprognosen im Straßenverkehr keine Rechtsgrundlage. Auch die Sechzehnte Verordnung zur Durchführung des Bundes‑Immissionsschutzgesetzes (Verkehrslärmschutzverordnung -16. BImSchV) vom 12. Juni 1990, BGBl. I S. 1036, in dem hier maßgeblichen Zeitpunkt zuletzt geändert durch Gesetz vom 19. September 2006, BGBl. I S. 2146, die in Anlage 1 zu § 3 die Berechnung der Beurteilungspegel an Straßen detailliert regelt, kennt derartige „Risikozuschläge“ nicht.
249fff) Der Ergebnisbericht vom 11. September 2006 kommt für den Planfall P_RE 2020 auf einen Lkw-Anteil von 13 % tagsüber und 12 % nachts. Der für 2025 prognostizierte weitere Anstieg des Schwerverkehranteils um knapp 5 % würde zu einem Lkw-Anteil von 13,65 % tagsüber und 12,6 % nachts führen. Die Schlussfolgerung der IVV in den Ergänzungen zum Kurzbericht Ausblick Prognose 2025 vom 14. Juni 2012, dies werde auf die einzelnen Belastungen an den Querschnitten nur marginale Auswirkungen haben, ist nachvollziehbar und plausibel. Beide Werte liegen über dem Ergebnis der Straßenverkehrszählung aus dem Jahr 2010 von 11,4 % für den ganzen Tag. Da die IVV gegenüber dem Prognose-Null-Fall für 2020 fast eine Verdoppelung des Verkehrsaufkommens prognostiziert, bedeutet dies für den Lkw-Verkehr bei einem gegenüber der Zählung 2010 leicht steigenden Anteil in absoluten Zahlen mehr als eine Verdoppelung. Dem setzen die Kläger nichts Substantiiertes entgegen. Die von ihnen angeführten mautbedingten Ausweichverkehre auf der B 64 von N. nach S. -X1. (A 2) hat die IVV unter Zugrundelegung einer bundesweiten Untersuchung und einer darauf basierenden Ergänzung für Nordrhein-Westfalen aus November 2005 berücksichtigt und „wenig Auswirkung“ ermittelt (Ergebnisbericht vom 11. September 2006, S. 6). Dem halten die Kläger nur nicht belegte Vermutungen entgegen. Zutreffend weisen die Kläger darauf hin, dass dem Ergebnisbericht keine Unterlage zu entnehmen ist, die entsprechend den Vorgaben der 16. BImSchV die Ermittlung einer maßgebenden stündlichen Verkehrsstärke und eines maßgebenden Lkw-Anteils (über 2,8 Tonnen) am Gesamtverkehr über die Nachtzeit dokumentiert. Die in der mündlichen Verhandlung anwesende Gutachterin der IVV, Frau T. , hat hierzu allerdings ausgeführt, dass diese Daten aus den amtlichen Verkehrszählungen übernommen worden seien. Dabei sei auch berücksichtigt worden, dass in den amtlichen Zählungen bis zum Jahr 2000 Fahrzeuge mit mehr als 2,8 Tonnen Gewicht als Lkw, seit dem Jahr 2005 hingegen erst Fahrzeuge mit mehr als 3,5 Tonnen Gewicht als Lkw gezählt wurden.
250ggg) Die Prognose vom 11. September 2006, an der die IVV für das Prognose-jahr 2025 festgehalten hat (Kurzbericht vom 28. Juli 2011 mit Ergänzung vom 14. Juni 2012), wird durch die im Jahr 2010 durchgeführte Straßenverkehrszählung bestätigt. Diese ergab für den Abschnitt zwischen X. Straße und X2. Straße einen DTV von 20.518 mit einem Lkw-Anteil von 11,4 %. Die Prognose der IVV vom 11. September 2006 kommt für den entsprechenden Prognose-Null-Fall 2020 auf einen DTV von 20.500. Dass die Verkehrszahlen nicht mehr ansteigen, ist ‑ auch im Hinblick auf die Ausführungen im ergänzten Kurzbericht vom 14. Juni 2012 ‑ plausibel.
251Auch die von den Klägern ins Verfahren eingeführte Verkehrsuntersuchung der Stadt N. für das Jahr 2025 zum Entwurf des Bebauungsplanes „Hafen-Center“ bestätigt die Ergebnisse der IVV: Sie kommt für den „Planfall 4“, der die vorliegende Planung einbezieht, auf 51.400 Kfz/24 h für den Bereich zwischen B. Weg und X. Straße, während die IVV 50.600 Kfz/24 h ausweist. Beide Prognosen unterscheiden sich damit nur um etwa 1,6 %; von einer „Widerlegung“ der Prognose der IVV kann daher keine Rede sein.
252hhh) Der Einwand der Kläger, die Ergebnisse der Verkehrsuntersuchung seien nicht ableitbar, weil Berechnungsgrundlagen und Quellenangaben fehlten und der Rechenvorgang nicht beschrieben sei, greift nicht durch. Ihre Angriffe gegen die Tatsachenermittlung, Methodik und Plausibilität der Ergebnisse der Verkehrsuntersuchungen erweisen sich nicht als stichhaltig. Bei dieser Sachlage besteht kein Anlass, an der Richtigkeit der Berechnungen allein deshalb zu zweifeln, weil einzelne Rechenvorgänge dem Gutachten nicht zu entnehmen sind. Der Vorwurf, die Rechenverfahren seien nicht nachvollziehbar, wäre allenfalls dann berechtigt, wenn den Klägern trotz entsprechender Nachfrage bei der Planfeststellungsbehörde zusätzliche Informationen zu den Ausgangsdaten und gegebenenfalls den Rechenschritten vorenthalten worden wären. Das behaupten die Kläger nicht.
253Vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 9. Juni 2010 ‑ 9 A 20.08 ‑, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 208, S. 154.
254Bedenken an der Fachkompetenz und der Unparteilichkeit der IVV bestehen nicht. Die IVV ist ein seit Jahrzehnten im Bereich des Verkehrswesens tätiges Gutachterbüro, das bundesweit und ‑ wie dem Senat aus eigener Erfahrung bekannt ist ‑ insbesondere in Nordrhein-Westfalen in einer Vielzahl von Fällen Planfeststellungsverfahren für Straßen durch die Erarbeitung von Fachbeiträgen begleitet hat.
255Vgl. OVG NRW, Urteile vom 11. Februar 2009 ‑ 11 D 45/06.AK ‑, juris, Rdnr. 138, und vom 24. März 2014 ‑ 11 D 31/11.AK ‑, juris, Rdnr. 72.
256Auch das Bundesverwaltungsgericht hat hervorgehoben, dass die IVV ein seit vielen Jahren etabliertes Gutachterbüro sei, das über große Erfahrung in der Erstellung von Verkehrsuntersuchungen und -prognosen verfüge.
257Vgl. BVerwG, Urteil vom 9. Juni 2010 ‑ 9 A 20.08 ‑, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 208, S. 156.
258cc) Aufbauend auf der nicht zu beanstandenden Verkehrsprognose hat der Beklagte die Lärmschutzbelange der Kläger mit dem ihnen zustehenden Gewicht in die Abwägung eingestellt.
259Der Schutz der (Wohn)Bevölkerung vor Verkehrslärm ist ein Belang, dem eine Straßenplanung gemäß § 41 Abs. 1 BImSchG Rechnung zu tragen hat. Hiernach ist unter anderem bei dem Bau oder der wesentlichen Änderung öffentlicher Straßen unbeschadet des § 50 BImSchG sicherzustellen, dass durch diese keine schädlichen Umwelteinwirkungen durch Verkehrsgeräusche hervorgerufen werden können, die nach dem Stand der Technik vermeidbar sind.
260aaa) Maßgeblich für den Schallschutz, den die Kläger beanspruchen können, sind die Regelungen der §§ 41, 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG i. V. m. § 2 der 16. BImSchV. Hiernach ist beim Bau oder der wesentlichen Änderung öffentlicher Straßen grundsätzlich sicherzustellen, dass der nach § 3 der 16. BImSchV berechnete Beurteilungspegel bestimmte gebietsbezogene Immissionsgrenzwerte nicht überschreitet; dies gilt nicht, soweit die Kosten der Schutzmaßnahme außer Verhältnis zu dem angestrebten Schutzzweck stehen würden.
261Nach § 2 Abs. 2 Satz 1 der 16. BImSchV ergibt sich die für die Festlegung der jeweiligen Immissionsgrenzwerte maßgebliche Gebietseinstufung aus den Festsetzungen in den Bebauungsplänen. Sind solche Festsetzungen nicht vorhanden, gelten gemäß Satz 2 der vorgenannten Bestimmung für bauliche Anlagen im Außenbereich entsprechend ihrer Schutzbedürftigkeit die Werte nach Absatz 1 Nr. 1 für Krankenhäuser, Schulen, Kurheime und Altenheime, nach Nr. 3 für Kerngebiete, Dorfgebiete und Mischgebiete oder nach Nr. 4 für Gewerbegebiete.
262bbb) Die Planfeststellungsbehörde ist von den richtigen Immissionsgrenzwerten für Lärm ausgegangen. Das Wohnhausgrundstück der Klägerin zu 1. liegt in einem Wohngebiet im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 2 der 16. BImSchV - das ist zwischen den Beteiligten unstreitig -, so dass als Immissionsgrenzwerte tags 59 dB(A) und nachts 49 dB(A) gelten.
263Das Wohnhausgrundstück des Klägers zu 2. liegt zur Überzeugung des Senats im Außenbereich (vgl. § 35 BauGB). Ein Bebauungsplan (vgl. § 30 Abs. 1 BauGB) liegt nicht vor und die Voraussetzungen für die Annahme eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils (vgl. § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB) sind nicht erfüllt.
264Für diese Einschätzung nicht maßgebend ist die Tatsache, dass die Stadt N. als zuständige Bauaufsichtsbehörde das Gebiet westlich der N5.---straße als Außenbereich einstuft. Sie hat unter dem 30. Mai 2012 mitgeteilt, der Bereich sei im Flächennutzungsplan von 1980 noch als Wohnbaufläche ausgewiesen gewesen. Mit der 56. Änderung des Flächennutzungsplanes, die am 5. Juli 1991 wirksam geworden sei, sei die Darstellung in „Fläche für die Forstwirtschaft“ geändert worden. Im aktuellen Flächennut-zungsplan (Bekanntmachung am 8. April 2004) sei die Fläche als Wald dargestellt. Ebenfalls nicht entscheidungserheblich sind die Ortssatzung der Stadt N. vom 27. Juli 1957 und die planungsrechtliche Auskunft vom 22. Dezember 1970 zur Baugenehmigung von 1971. Beide beruhen noch darauf, dass die Stadt N. das Gebiet westlich der N5.---straße bis 1991 im Flächennutzungsplan als Wohnbaufläche ausgewiesen hatte. Für die gegenwärtige Beurteilung sind sie daher unergiebig. Auch aus dem Fluchtlinienplan vom 13. März 1913 lässt sich eine aktuelle bauplanungsrechtliche Einordnung der Grundstücke an der N5.---straße daher nicht mehr ableiten. Der vom Kläger zu 2. in Bezug genommene Straßenbaubeitragsbescheid vom 28. März 2014 bezieht sich auf die tatsächliche ‑ baurechtlich legale und bestandsgeschützte ‑ Wohnnutzung seines Grundstücks und belegt daher keinen Bebauungszusammenhang mit der Ostseite der N5.---straße .
265Die Beurteilung, dass das Haus des Klägers zu 2. N2.---straße 28 baurechtlich im Außenbereich liegt, stützt sich auf eine Gesamtwürdigung der vom Senat im Ortstermin am 13. Mai 2015 in Augenschein genommenen örtlichen Verhältnisse, die auf den bei den Gerichtsakten und planfestgestellten Unterlagen befindlichen Karten (Übersichtslageplan 1:5000 und Lageplan 1:1000 km 7+250 bis 7+700, Teil A: B51.3, Mappe 1, Unterlagen 3 und 5.4, Beiakte 2 zu 11 D 6/12.AK), die im Ortstermin vom Senat gefertigten und die in der Gerichtsakte Bl. 102 bis 104 befindlichen Fotos sowie das Luftbild in Beiakte 1 des vorliegenden Verfahrens, S. 42. Das Gebäude N2.---straße 28 bildet entgegen der Auffassung des Klägers zu 2. mit dem Wohngebiet östlich der N5.---straße keinen im Zusammenhang bebauten Ortsteil im Sinne des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB.
266Für die Frage, welche Anforderungen an das Vorliegen eines Bebauungszusammenhangs im Sinne des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB zu stellen sind, ist ausschlag-gebend, inwieweit eine tatsächlich aufeinanderfolgende Bebauung trotz etwa vorhandener Baulücken nach der Verkehrsauffassung den Eindruck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit vermittelt und die in Rede stehende Fläche noch diesem Zusammenhang angehört. Ein Ortsteil im Sinne von § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB ist jeder Bebauungskomplex im Gebiet einer Gemeinde, der nach der Zahl der vorhandenen Bauten ein gewisses Gewicht besitzt und Ausdruck einer organischen Siedlungsstruktur ist. Maßgeblich ist die tatsächlich vorhandene Bebauung.
267Vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 2. April 2007 ‑ 4 B 7.07 ‑, BRS 71 Nr. 81.
268Für die Annahme einer aufeinanderfolgenden Bebauung ausschlaggebend ist, inwieweit die Bebauung den Eindruck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit vermittelt. Hierfür kommt es auf die Verkehrsauffassung und damit jeweils auf die Lage des Einzelfalls an. Katastermäßige Grundstücksgrenzen bleiben dabei unberücksichtigt.
269Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 19. August 2010 ‑ 7 A 1349/09 ‑, juris, Rdnr. 6, m. w. N.
270Eine Straße kann je nach den Umständen des Einzelfalles einen Bebauungszusammenhang herstellen oder trennende Funktion zwischen Innen- und Außenbereich haben.
271Vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 12. Dezember 1990 - 4 C 40.87 -, NVwZ 1991, 879 (880); ferner Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzber-ger, Baugesetzbuch, Band II, Kommentar, Stand 1. November 2014, § 34 Rdnr. 26, m. w. N.
272Nach diesen Maßstäben ist das Grundstück des Klägers zu 2. dem Außenbereich zuzurechnen. Die örtliche Situation ist dadurch gekennzeichnet, dass östlich der N5.---straße ein durch den Bebauungsplan Nr. 300 der Stadt N. festgesetztes allgemeines Wohngebiet liegt, dessen an die N5.---straße angrenzenden Grundstücke vollständig bebaut sind, während das Wohnhaus des Klägers zu 2. als eines von drei Wohnhäusern westlich der N5.---straße liegt; diese drei Wohngebäude sind auf drei Seiten von Wald umgeben. Zwischen den Häusern N2.---straße 24 und 28 befindet sich eine Baulücke, die vom H1. durchflossen wird. Etwa 120 m südlich des Wohngebäudes des Klägers zu 2. beginnt mit dem Gebäude N2.---straße 60 die Wohnbebauung auch westlich der N5.---straße . Insgesamt stehen auf der Westseite der N5.---straße südlich der Kreuzung mit der X2. Straße auf einer Länge von insgesamt etwa 600 m nur die genannten drei Wohngebäude.
273Die durch Bebauungsplan festgesetzte durchgehende Bebauung östlich der N5.---straße schließt mit der N5.---straße ab, die drei Gebäude westlich der N5.---straße erscheinen nach dem im Ortstermin vom Senat gewonnenen Gesamteindruck auf einer Länge von insgesamt etwa 600 m vereinzelt und sind nicht mehr dem Bebauungszusammenhang östlich der N5.---straße zuzuordnen. Allerdings mag der Blick aus der Straße B. , die gegenüber vom Grundstück des Klägers zu 2. in die N5.---straße einmündet (Foto Bl. 102 der Gerichtsakte und das im Ortstermin gefertigte Bild 8) den Eindruck erwecken, dass das Wohnhaus des Klägers zu 2. mit der Bebauung östlich der N5.---straße eine Einheit bildet. Dieser Eindruck bestätigt sich jedoch nicht, wenn die örtliche Situation von der N5.---straße aus in Augenschein genommen wird. Die N5.---straße vermittelt hier den Eindruck einer Durchgangsstraße, die nicht nur der Erschließung der anliegenden Grundstücke dient, und die das Wohngebiet (östlich) vom Waldgebiet (westlich) trennt. In diesem Waldgebiet liegt das Wohnhaus des Klägers zu 2. Dieser Eindruck wird dadurch verstärkt, dass die östlich der N5.---straße gelegenen Wohngrundstücke südlich der Straße B. nicht von der N5.---straße , sondern vom F.----------weg aus erschlossen werden und von der N5.---straße abgewandt wirken, weil nur ihre ‑ zumal eingefriedeten ‑ Gartenbereiche an die N5.---straße grenzen. Dass die N5.---straße auch auf der Westseite mit einem Gehweg versehen ist, hat für die bauplanungsrechtliche Einschätzung hier keine Bedeutung. Gleiches gilt für die von den Klägern hervorgehobene Tatsache, die Umspannstation für das Wohngebiet liege auf der Westseite. Dies stellt keinen Bebauungszusammenhang im bauplanungsrechtlichen Sinne her.
274Nach § 2 Abs. 2 Satz 2 der 16. BImSchV ist für bauliche Anlagen im Außenbereich nur die entsprechende Anwendung der Werte nach Nr. 3 für Kerngebiete, Dorfgebiete und Mischgebiete von tags 64 dB(A) und nachts 54 dB (A) oder nach Nr. 4 für Gewerbegebiete von tags 69 dB(A) und nachts 59 dB(A) in Betracht zu ziehen. Wohnhäuser im Außenbereich sind weniger schutzbedürftig als Wohngebiete, weil der Außenbereich grundsätzlich nicht für eine Wohnbebauung bestimmt ist.
275Vgl. BVerwG, Urteile vom 1. Oktober 1997 ‑ 11 A 10.96 ‑, Buchholz 442.09 § 18 AEG Nr. 32, S. 164, und vom 26. Februar 2003 ‑ 9 A 1.02 ‑, juris, Rdnr. 18.
276Entsprechend seiner Schutzbedürftigkeit sind für das Wohnhaus des Klägers zu 2. tags 64 dB(A) und nachts 54 dB(A) maßgebend.
277ccc) Die auf der ‑ nicht zu beanstandenden ‑ Verkehrsprognose und der bauplanungsrechtlichen Einstufung der betroffenen Grundstücke aufbauende lärmtechnische Unterlage des Beklagten ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Allerdings berücksichtigt die lärmtechnische Unterlage vom 2. Mai 2007 nicht mehr die danach von der IVV erstellten Aktualisierungen der Verkehrsprognose vom 11. Sep-tember 2006 durch die weiter oben angeführten nachfolgenden Ergänzungen. Im Hinblick auf die geringfügigen Änderungen für den Prognosehorizont 2025 ist dies jedoch unschädlich. Laufende Aktualisierungen können aus methodischen und praktischen Gründen heraus ohnehin nicht gefordert werden.
278Vgl. BVerwG, Urteile vom 9. Juni 2010 ‑ 9 A 20.08 ‑, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 208, S. 147 f., und vom 30. Mai 2012 ‑ 9 A 35.10 ‑, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 225, S. 17.
279Dabei können sich die Kläger ‑ wie bereits dargelegt (vgl. A. I., S. 27) ‑ als nicht enteignend Betroffene nur auf ihre geschützten Privatbelange berufen, nicht aber eine insgesamt fehlerfreie Abwägung und Planung verlangen. Maßgebend sind daher nur die Lärmeinwirkungen auf ihre Grundstücke C.-----weg 9 und N2.---straße 28. Dementsprechend sind alle Einwendungen der Kläger gegen die lärmtechnische Untersuchung, die sich nicht auf diese beiden Grundstücke beziehen, nicht entscheidungserheblich. Das gilt auch im Hinblick darauf, dass die Kläger ‑ wie ebenfalls oben dargelegt (A. III. 3., S. 42) - wesentliche Fehler der Umweltverträglichkeitsprüfung geltend machen können. Zwar gehören Lärmeinwirkungen auf Menschen zu den Auswirkungen im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 UVPG, die in der Umweltverträglichkeitsprüfung zu ermitteln, zu beschreiben und zu bewerten sind. Damit wird den Klägern jedoch nicht das Recht eröffnet, die eventuell fehlerhafte Ermittlung einzelner Grenzwerte an einzelnen Grundstücken zu rügen. In der fehlerhaften Ermittlung eines Grenzwertes für ein einzelnes Grundstück läge kein wesentlicher Fehler der gesamten Umweltverträglichkeitsprüfung, die - wie oben ausgeführt (A. III. 3., S. 44) - nach Art. 5 Abs. 2 der UVP-Richtlinie nur die Hauptwirkungen für die Umwelt feststellen und beurteilen soll.
280Vgl. BVerwG, Urteil vom 21. März 1996 - 4 C 19.94 -, BVerwGE 100, 370 (377).
281Zu Unrecht hat der Rechtsvorgänger des Klägers zu 2. geltend gemacht, die Lärmminderung offenporigen Asphalts sei nicht ausreichend nachgewiesen. Offenporige Asphalte werden seit mehr als 30 Jahren verwendet, erforscht und weiterentwickelt. Ein Korrekturwert Dstro - 5 dB(A), den der Beklagte im Planfeststellungsbeschluss zwischen Bau-km 5+100 und Bau-km 7+300 zu Grunde gelegt hat (A. 5.2.1, S. 25), kann sicher erreicht werden,
282vgl. BVewG, Urteil vom 9. Juni 2010 ‑ 9 A 20.08 ‑, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 208, S. 161; ausführlich OVG NRW, Urteil vom 11. Februar 2009 - 11 D 45/06.AK -, juris, Rdnr. 169 ff., m. w. N.,
283und durfte der lärmtechnischen Unterlage zu Grunde gelegt werden.
284Die Klägerin zu 1. ist mit ihrem Einwand in der Klagebegründung, für ihr Haus seien in der lärmtechnischen Untersuchung falsche Berechnungspunkte gewählt worden, nicht gemäß § 17a Nr. 7 Satz 1 FStrG ausgeschlossen. Zwar konnte der Planfeststellungsbehörde die Gestaltung im Inneren des Wohnhauses der Klägerin zu 1. insbesondere im Hinblick auf die Geschosshöhen nicht im Detail bekannt sein, so dass sie gerade in einem solchen Fall auf konkrete Angaben des Planbetroffenen angewiesen war.
285Vgl. BVerwG, Beschluss vom 9. Oktober 2008 ‑ 9 PKH 2.08 ‑, Buchholz 407.4 § 17a FStrG Nr. 1, S. 2, für den Fall einer Außenwohnnutzung.
286Der Senat teilt aber die Auffassung der Klägerin zu 1., dass sie als Laie der lärmtechnischen Unterlage wegen der dort verwendeten Abkürzungen die für ihr Grundstück angenommenen Berechnungspunkte nicht entnehmen und daher auch nicht erkennen konnte, dass die Berechnungspunkte nicht zutrafen.
287Der Einwand greift jedoch in der Sache nicht durch. Der Beklagte hat bei einer vermessungstechnischen Überprüfung am Wohnhaus der Klägerin zu 1. im ungünstigsten Fall für das erste Obergeschoss eine Höhendifferenz um fast 1,64 m festgestellt. Dieser Wert liegt noch etwas höher als die Angaben der Klägerin zu 1., die von einer Höhendifferenz von bis zu 1,6 m ausgeht. Mit zusätzlicher Berücksichtigung eines um 5% steigenden Schwerverkehrsanteils bis 2025 ergab eine Nachberechnung seitens des Beklagten 54,7 dB(A) tags/47,1 dB(A) nachts für das Erdgeschoss und 56,1 dB(A) tags/48,6 dB(A) nachts für das Obergeschoss. Damit werden die maßgebenden Grenzwerte für Wohngebiete von 59 dB(A) tags/49 dB(A) nachts eingehalten. Die Klägerin zu 1. ist dieser Neuberechnung nicht mehr entgegengetreten, sondern hat nur ihre allgemeinen Einwände gegen die lärmtechnische Unterlage wiederholt.
288Die weiteren Einwände der Kläger gegen die lärmtechnische Unterlage greifen nicht durch. Dem Vorwurf, die Unterlage sei nicht von sachkundigen Personen erstellt worden und es gebe keinerlei Hinweise auf die Verfasser, ist nicht weiter nachzugehen. Hieraus ergibt sich nicht, dass die angestellten Berechnungen fehlerhaft sein könnten. Soweit die Kläger zahlreiche Angaben zur Ermittlung von Gebietsarten, Abständen, Höhen und Geschossen sowie zu Kosten von Lärmschutzmaßnahmen und Lärmschutzvarianten vermissen, weist der Senat nochmals darauf hin, dass sich die Kläger nur auf die Lärmeinwirkungen ihrer Grundstücke berufen können. Daher ist auch die Frage, ob der Beklagte laut Vermerk vom 1. März 2011 eine Neuerstellung des Lärmschutzkonzepts gefordert hat und ob und inwieweit dieses vorgelegt worden ist, nicht entscheidungserheblich. In der maßgebenden lärmtechnischen Unterlage vom 2. Mai 2007 wird auf Seite VI ausgeführt: „Die lärmtechnische Untersuchung wurde nach RLS 90 mit dem Computerprogramm „SoundPLAN 6.4 ‑ Version 28.01.2007 -“ durchgeführt, wobei örtliche Gegebenheiten wie Bebauung, Geländehöhen, Abschirmungen sowie Höhenlagen von Straßen und Bauwerken berücksichtigt wurden. Die durch die vorgesehenen Lärmschutzwände entstehenden zusätzlichen Schallreflexionen werden ebenfalls in den Berechnungsergebnissen berücksichtigt.“ Das Rechenprogramm SoundPLAN gehört zu den gängigen Rechenmodellen für die Berechnung der Schallausbreitung in komplexer Topografie.
289Vgl. OVG NRW, Urteil vom 13. Dezember 2007 ‑ 7 D 122/06.NE -, juris, Rdnr. 74, 76.
290Es entspricht nach der Bestätigung des Lizenzgebers allen Anforderungen für die Durchführung von Rechenoperationen nach der 16. BImSchV i. V. m. des RLS-90 und ist in einem Testverfahren des Bundesverkehrsministeriums und der Straßenbauverwaltung überprüft worden.
291Vgl. OVG Lüneburg, Urteil vom 23. November 2010 - 7 KS 143/08 -, juris, Rdnr. 23.
292Dem sind die Kläger in Bezug auf ihre jeweiligen Grundstücke nicht substantiiert entgegengetreten. Sie äußern nur nicht belegte Vermutungen.
293ddd) Durch das mithin nicht zu beanstandende, dem Planfeststellungsbeschluss zu Grunde liegende Lärmschutzkonzept wird ‑ im Wege einer Lärmsanierung ‑ für die Grundstücke der Kläger „Vollschutz“ erreicht: Für das Grundstück der Klägerin zu 1. ergibt die Nachberechnung unter Zugrundelegung der höher gelegenen Berechnungspunkte im Obergeschoss 56,1 dB(A) am Tag und 48,6 dB(A) in der Nacht. Damit werden die Grenzwerte der 16. BImSchV für Wohngebiete von 59 dB(A) tags und 49 dB(A) nachts eingehalten. Die Immissionsgrenzwerte des § 2 Abs. 1 der 16. BImSchV stellen in Gebieten, die durch eine Wohnnutzung geprägt sind, sicher, dass auch zu Zeiten überdurchschnittlicher Inanspruchnahme der Straße nach dem derzeitigen Kenntnisstand Gesundheitsgefährdungen nicht zu besorgen sind.
294Vgl. BVerwG, Urteil vom 21. März 1996 ‑ 4 A 10.95 ‑, Buchholz 406.25 § 41 BImSchG Nr. 13, S. 39.
295Auf dem Grundstück des Klägers zu 2. werden 60 dB(A) tagsüber und 53 dB(A) nachts erreicht; das liegt unter den Grenzwerten der 16. BImSchV für den Außenbereich von 64 dB(A) tags und 54 dB(A) nachts.
296Anspruch auf (weiteren) Lärmschutz besteht daher bei dem Bau oder der wesentlichen Änderung einer öffentlichen Straße grundsätzlich nur, wenn der von der neuen oder geänderten Straße ausgehende Verkehrslärm den nach § 2 Abs. 1 der 16. BImSchV maßgeblichen Immissionsgrenzwert überschreitet.
297Vgl. BVerwG, Urteil vom 21. März 1996 ‑ 4 C 9.95 ‑, BVerwGE 101, 1.
298Das ist bei den Grundstücken der Kläger ‑ wie dargelegt ‑ nicht der Fall. Allerdings ist Lärmschutzgesichtspunkten bereits unterhalb der Erheblichkeitsschwel-le, die durch § 2 Abs. 1 der 16. BImschV als im Wege der Abwägung nicht überwindbare Grenze bezeichnet wird, im Rahmen des nach § 17 Satz 2 FStrG gebotenen Interessenausgleichs Rechnung zu tragen.
299Vgl. BVerwG, Beschluss vom 5. März 1999 ‑ 4 A 7.98 ‑, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 149, S. 20.
300Es ist jedoch unter Abwägungsgesichtspunkten nicht zu beanstanden, dass der Beklagte Lärmschutz nur insoweit vorgesehen hat, als darauf ein gesetzlicher Anspruch besteht, mithin auf die Grenzwerte der 16. BImSchV abgestellt hat (PFB B. 5.3.5.1, S. 96 ff.). Dabei ist zu berücksichtigen, dass sich die Lärmsituation auf dem Grundstück der Klägerin zu 1. durch den geplanten aktiven Lärmschutz gegenüber der gegenwärtigen Situation grundlegend verbessern wird, weil das Grundstück dem von der bereits vorhandenen Trasse der B 51 herrührenden Lärm bisher ungeschützt ausgesetzt ist.
301Die Kläger haben auch keine weitergehenden Ansprüche im Hinblick auf Lärmschutz für ihre Außenwohnbereiche. Außenwohnbereiche sind neben den bebauten Außenwohnbereichsflächen wie Balkonen, Loggien und Terrassen nur sonstige zum Wohnen im Freien geeignete und bestimmte Flächen des Grundstücks wie Gartenlauben und Grillplätze, nicht jedoch ‑ wie die Kläger offenbar meinen ‑ Gärten oder das gesamte Grundstück.
302Vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Mai 2012 ‑ 9 A 35.10 ‑, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 225, S. 29.
303Vor diesem Hintergrund machen die Kläger eine Überschreitung der maßgeblichen Immissionsgrenzwerte in ihren Außenwohnbereichen schon nicht substantiiert geltend, zumal hierfür nur auf die an beiden Wohnhäusern nach der lärmtechnischen Unterlage mit mindestens 2,9 dB(A) deutlich unterschrittenen Tagesgrenzwerte abzustellen ist.
304eee) Da die Immissionsgrenzwerte der gemäß § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG zur Durchführung des § 41 BImSchG erlassenen 16. BImSchV auf den Grundstücken der Kläger eingehalten werden, sind die Einwände der Kläger gegen die zur Umsetzung des in § 41 BImSchG vorgesehenen Lärmschutzkonzepts erforderliche Nutzen-Kosten-Prüfung nicht entscheidungserheblich. Denn eine Verhältnismäßigkeitsprüfung nach § 41 Abs. 2 BImSchG, die eine derartige Nutzen-Kosten-Prüfung erfordern würde, war für die Grundstücke der Kläger wegen der Einhaltung der Grenzwerte gerade nicht erforderlich.
305d) Der Vortrag der Kläger zu einer fehlerhaften Ermittlung und Bewertung der Luftschadstoffe in den planfestgestellten Ergebnissen des Luftschadstoffgutachtens (Anlage Nr. 99 zum Planfeststellungsbeschluss, Beiakte 10 zu 11 D 6/12.AK) zeigt keinen zu ihren Gunsten durchgreifenden Abwägungsfehler der Planfeststellung auf. In dieser Hinsicht bedarf es keiner weiteren Vertiefung, ob ihre Einwände zutreffend sind.
306aa) Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss ist bezüglich der Luftschadstoffproblematik - trotz des umfangreichen Vortrags der Kläger zu diesem Gesichtspunkt - bereits deshalb nicht abwägungsfehlerhaft, weil die Einhaltung der Grenzwerte der 39. BImSchV keine Rechtmäßigkeitsvoraussetzung für die Planfeststellung eines Straßenbauvorhabens ist. Grenzwertüberschreitungen sind nach dem System der Luftreinhalteplanung (vgl. § 47 BImSchG und § 27 der 39. BImSchV) unabhängig von den Immissionsquellen zu vermeiden. Allerdings ist das Gebot der Konfliktbewältigung als Ausformung des Abwägungsgebots verletzt, wenn die Planfeststellungsbehörde das Vorhaben zulässt, obgleich absehbar ist, dass seine Verwirklichung die Möglichkeit ausschließt, die Einhaltung der Grenzwerte mit den Mitteln der Luftreinhalteplanung in einer mit der Funktion des Vorhabens zu vereinbarenden Weise zu sichern. Das ist insbesondere der Fall, wenn die von einer planfestgestellten Straße herrührenden Immissionen bereits für sich genommen die maßgeblichen Grenzwerte überschreiten. Von diesem Fall abgesehen geht der Gesetzgeber davon aus, dass sich die Einhaltung der Grenzwerte mit den Mitteln der Luftreinhalteplanung sichern lässt. Für die Annahme, dass dies nicht möglich ist, müssen deshalb besondere Umstände vorliegen.
307Vgl. etwa BVerwG, Urteile vom 10. Oktober 2012 - 9 A 19.11 -, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 228, S. 38.
308Solche besonderen Umstände können sich vor allem aus ungewöhnlichen örtlichen Gegebenheiten (zentrale Verkehrsknotenpunkte, starke Schadstoffvorbelastung durch eine Vielzahl von Emittenten) ergeben.
309Vgl. BVerwG, Urteil vom 26. Mai 2004 ‑ 9 A 6.03 ‑, BVerwGE 121, 57 (64).
310Derartige besondere Umstände sind für die Stadt N. weder geltend gemacht noch ersichtlich.
311Vgl. auch BVerwG, Urteil vom 26. Mai 2004 ‑ 9 A 6.03 ‑, BVerwGE 121, 57 (65), zu einer vierspurigen innerstädtischen Ausfallstraße in Dresden mit ähnlich hoher Verkehrsbelastung wie für die B 51 prognostiziert.
312Hieran gemessen genügt die Planung dem Gebot der Konfliktbewältigung. Das zum Gegenstand der Planfeststellung gemachte Luftschadstoffgutachten von September 2011 (Anlage Nr. 99 zum Planfeststellungsbeschluss, Beiakte 10 zu 11 D 6/12.AK) kommt auf der Grundlage der vom Beklagten angegebenen Verkehrsmengen für das Jahr 2020 zu dem Ergebnis, dass die über ein Kalenderjahr gemittelten Immissionsgrenzwerte von jeweils 40 µg/m3 sowohl für Stickstoffdioxid (§ 3 Abs. 2 der 39. BImSchV) als auch für Feinstaub PM10 (§ 4 Abs. 2 der 39. BImschV) und der ab 2015 geltende Immissionsgrenzwert von 25 µg/m3 für Feinstaub PM2,5 (§ 5 Abs. 2 der 39. BImschV) mit den prognostizierten unter 30 µg/m3 für Stickstoffdioxid, unter 24 µg/m3 für PM10 und unter 20 µg/m3 für PM2,5, jeweils für die zur B 51 nächstgelegenen Wohnbebauung am C2.-----weg deutlich bis weit unterschritten werden (vgl. Abbildungen 6.2, 6.4 und 6.6). Die auf S. 28 und 33 des Gutachtens referierten Ergebnisse für die Feinstaubimmissionen werden im Planfeststellungsbeschluss auf S. 117 zutreffend wiedergegeben. In diesem Zusammenhang merkt der Senat an, dass schon die im Gutachten als Hintergrundbelastung zu Grunde gelegten von der Messstation N. Geist im Jahr 2010 gemessenen Jahresmittelwerte für Stickstoffdioxid 25 µg/m3, für PM10 22 mg/m3 und für PM2,5 19 µg/m3 betragen, so dass die von dem planfestgestellten Vorhaben herrührenden zusätzlichen Schadstoffbelastungen bezogen auf das Grundstück der Klägerin zu 1. gering sind.
313Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss geht daher zu Recht davon aus, dass mit der Realisierung des Vorhabens keine atypische Situation entsteht, die bereits in der Planfeststellung Maßnahmen erfordert, und weitere Maßnahmen einer Luftreinhalteplanung vorbehalten werden können (PFB B. 5.3.5.2, S. 116 bis 118). Für den Beklagten bestand daher kein Anlass, die Luftreinhalteplanung der Stadt N. im Planfeststellungsbeschluss zu überprüfen.
314bb) Unabhängig davon werden - wie soeben dargelegt - die Immissionsgrenzwerte der 39. BImSchV eingehalten; das Luftschadstoffgutachten ist nicht zu beanstanden.
315aaa) Die Grenzwerte der 39. BImSchV beruhen auf unionsrechtlichen Vorgaben durch die Richtlinie 2008/50/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2008 über Luftqualität und saubere Luft in Europa (Abl. Nr. L 152 S. 1).
316Vgl. zusammenfassend Bruckmann/Strecker, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Band IV, Kommentar, Stand 15. November 2014, 39. BImSchV Vorb., Rdnr. 3.
317Der Senat ist gemäß Art. 20 Abs. 3 GG an diese rechtlichen Maßstäbe gebunden und daher nicht befugt, eine Entscheidung auf der Basis hiervon möglicherweise abweichender wissenschaftlicher Erkenntnisse zu treffen, wie sie etwa von Prof. Dr. L. in der mündlichen Verhandlung vorgetragen worden sind bzw. sich aus den von ihm vorgelegten umfangreichen Unterlagen ergeben („Die Biologie kennt keine Grenzwerte.“).
318Nach Art. 191 Abs. 3 AEUV (vgl. auch die Querschnittsklausel in Art. 11 AEUV) berücksichtigt die Union bei der Erarbeitung ihrer Umweltpolitik ‑ hierzu gehört die Richtlinie 2008/50/EG ‑ u. a. die verfügbaren wissenschaftlichen und technischen Daten. Die gerichtliche Kontrolle, was die Berücksichtigung wissenschaftlicher und technischer Daten angeht, beschränkt sich darauf, ob die Maßnahme offensichtlich fehlerhaft ist, ob sie einen Ermessensmissbrauch darstellt oder ob die betreffende Behörde die Grenzen ihres Ermessens offensichtlich überschritten hat. Dem Gebot zur Berücksichtigung des Standes von Wissenschaft und Technik ist nach dem EuGH schon dann entsprochen, wenn sich dies aus den Begründungserwägungen ablesen lässt und wenn ein Rechtsakt Überwachungsvorschriften zur Beurteilung der Wirksamkeit der getroffenen Regelungen sowie Revisionsklauseln beinhaltet, welche vorsehen, dass die Kommission unter Berücksichtigung technischen Fortschritts Einfügungen, Streichungen oder Änderungen vornehmen kann.
319Vgl. etwa Kahl, in: Streinz (Hrsg), EUV/AEUV, 2. Auflage 2012, Art. 191 AEUV, Rdnr. 121, m. w. N.
320Die Richtlinie 2008/50/EG sieht in ihrem Art. 32 ausdrücklich vor, dass die Kommission im Jahr 2013 die Vorschriften über PM2,5 sowie gegebenenfalls andere Schadstoffe überprüft, und regelt Einzelheiten des Überprüfungsverfahrens, das auch die Berücksichtigung neuester wissenschaftlicher Informationen vorsieht. Für PM2,5 bestimmt bereits die Richtlinie selbst und ihr folgend § 5 Abs. 2 der 39. BImSchV ab 2015 einen neuen Grenzwert.
321Auch aus Art. 3 i. V. m. Art. 37 der Europäischen Grundrechtecharta ergibt sich kein umfassendes Recht auf gesunde Umwelt.
322Vgl. Borowsky, in: Meyer (Hrsg.) Charta der Grundrechte der Europäischen Union, 4. Auflage 2014, Art. 3 Rdnr. 38.
323Aus der staatlichen Schutzpflicht nach Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG („Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit.“) ergeben sich keine weitergehenden Anforderungen. Ohne verlässliche wissenschaftliche Erkenntnisse über komplexe Gefährdungen ist es nicht Sache der Gerichte, sondern des Verordnungsgebers, den Erkenntnisfortschritt der Wissenschaft mit geeigneten Mitteln zu beobachten und zu bewerten. Diese Pflicht ist erst verletzt, wenn eine ursprünglich rechtmäßige Regelung aufgrund neuer Erkenntnisse oder einer veränderten Situation verfassungsrechtlich evident untragbar geworden ist.
324Vgl. BVerwG, Gerichtsbescheid vom 21. September 2010 ‑ 7 A 7.10 ‑, juris, Rdnr. 17, unter Hinweis auf BVerfG, Beschluss vom 24. Januar 2007 ‑ 1 BvR 382/05 ‑, NVwZ 2007, 805.
325Das ist im Hinblick auf die Fortschreibung der Grenzwerte und der oben dargelegten in der Richtlinie 2008/50/EG ausdrücklich vorgesehenen Überprüfung nicht ersichtlich.
326Die von den Klägern angeführten Regelungen in § 1 Nr. 19 und 37 sowie § 23 und § 26 der 39. BImSchV zu „langfristigen und nationalen Zielen“, zum „Zielwert“ und zur „bestmöglichen Luftqualität“ ergeben keine über die Einhaltung der in den §§ 3 bis 5 der 39. BImSchV rechtsverbindlich festgelegten konkreten Grenzwerte hinausgehenden subjektiven Rechte der Kläger.
327bbb) Entgegen der Auffassung der Kläger legt das Gutachten für die Schadstoffhintergrundbelastung zu Recht die Messwerte der vom LANUV im Rahmen des Luftqualitätsüberwachungssystems betriebenen Station N. Geist zu Grunde. Die Auswahl der berücksichtigten Messstationen muss den örtlichen Verhältnissen Rechnung tragen und gegebenenfalls bestehende deutliche Unterschiede der für die Vorbelastung im Plangebiet maßgeblichen Faktoren berücksichtigen.
328Vgl. BVerwG, Urteil vom 9. Juni 2010 - 9 A 20.08 -, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 208, S. 166.
329Nach § 1 Nr. 22 der 39. BImSchV sind „Messstationen für den städtischen Hintergrund“ Messstationen an Standorten in städtischen Gebieten, an denen die Werte repräsentativ für die Expositon der städtischen Bevölkerung sind. Dies wird in Anlage 3 B.1.c) zur 39. BImSchV dahingehend präzisiert, dass die gemessene Verschmutzung den integrierten Beitrag sämtlicher Quellen im Luv der Hauptwindrichtung der Station erfasst. Für die gemessene Verschmutzung sollte nicht eine einzelne Quelle vorherrschend sein, es sei denn, dies ist für eine größere städtische Fläche typisch. Die Probenahmestellen müssen grundsätzlich für eine Fläche von mehreren Quadratkilometern repräsentativ sein.
330Die Station N. Geist befindet sich etwa 5 km südwestlich des Untersuchungsgebiets im Zentrum von N. zwischen Kleingärten und Wohnhäusern (Gutachten S. 18) an einem Schulgelände. Ein Gewerbegebiet liegt etwa 1,5 km östlich bis südöstlich der Station. Die in diesem Abschnitt vierstreifige B 51 verläuft ca. 200 m südlich, die B 54 ca. 700 m östlich und die B 219 ca. 500 m westlich der Station.
331Vgl. die Beschreibung der näheren Umgebung auf der Internetseite des LANUV http:/www.lanuv.de/luft/messorte/steckbriefe/msge.htm.
332Diese Messstation ist damit die dem planfestgestellten Vorhaben nächstgelegene Station, deren Messwerte eine städtische Schadstoffhintergrundbelastung wiedergeben. Dabei bezieht sich die Anforderung, den integrierten Beitrag sämtlicher Quellen im Luv der Hauptwindrichtung der Station zu erfassen, auf die konkrete Lage der Messstation selbst, bedeutet jedoch nicht, dass die Station so positioniert sein muss, dass sie sämtliche stark emittierenden Schadstoffquellen der Stadt N. erfasst. Dann würde sie gerade nicht mehr die für die städtische Fläche typische Hintergrundbelastung ermitteln und wäre nicht für eine Fläche von mehreren Quadratkilometern repräsentativ.
333Dem gegenüber liegen die anderen drei vom LANUV in N. betriebenen Messstationen unmittelbar an vielbefahrenen Straßen. Die von den Klägern angesprochene Station an der X1. Straße steht auf dem Gehweg einer stark befahrenen und beidseitig von einer geschlossenen mehrgeschossigen Bebauung begrenzten innerstädtischen Ausfallstraße in N. . Sie ist daher nicht geeignet, die großräumig vorhandene Hintergrundbelastung abzubilden, die im Untersuchungsgebiet ohne Verkehr auf den in die Untersuchung einbezogenen Straßen vorliegen würde (vgl. auch Luftschadstoffgutachten S. 13 unten).
334ccc) Nach der Anlage 3 zur 39. BImSchV ist die Luftqualität in solchen Bereichen zu untersuchen, in denen die individuelle Aufenthaltsdauer von Menschen typischerweise einen „signifikanten“ Anteil am Mittelungszeitraum des jeweils zu betrachtenden Immissionsgrenzwerts einnimmt. Danach sind selbst bezogen auf Grenzwerte mit dem geringsten Mittelungszeitraum von einer Stunde (vgl. §§ 2 f. der 39. BImSchV) nur solche Bereiche zu untersuchen, in denen der Einzelne nicht nur für einen kurzen Moment, sondern „über einen längeren Zeitraum“ Schadstoffen ausgesetzt ist.
335Vgl. BVerwG, Urteil vom 10. Oktober 2012 ‑ 9 A 19.11 ‑, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 228, S. 48.
336Selbst wenn man unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe - anders als im Planfeststellungsbeschluss auf S. 117 wiedergegeben - den Garten des Grundstücks der Klägerin zu 1. einbezieht, werden die Grenzwerte ‑ wie oben dargelegt ‑ deutlich bis weit unterschritten. Für das Grundstück des Klägers zu 2. steht eine Grenzwertüberschreitung ohnehin nicht in Rede.
337Angesichts der deutlichen Unterschreitung der Grenzwerte auch auf dem Grundstück der Klägerin zu 1. ist nicht erheblich, dass das Luftschadstoffgutachten (vgl. Abbildung 5.1 auf S. 22) für die B 51 von einer zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 70 km/h ausgeht, während die lärmtechnische Untersuchung eine zulässige Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h zu Grunde legt und der Planfeststellungsbeschluss die zulässige Höchstgeschwindigkeit nicht regelt. Die prognostizierte Schadstoffbelastung liegt auch dann auf der „sicheren Seite“, wenn von der zuständigen Straßenverkehrsbehörde künftig ein Tempolimit von 100 km/h zugestanden würde. Das hat der Gutachter dem Beklagten am 29. März 2012 mitgeteilt. Die Stickstoffdioxidimmissionen würden sich um höchstens 1 µg/m3 erhöhen, die Werte für PM10 um 1 bis 4 %, so dass auch bei einer Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h Grenzwertüberschreitungen nicht zu erwarten seien. Hierbei ist auch zu berücksichtigen, dass das Luftschadstoffgutachten die als „maximale“ Verkehrsbelastung prognostizierte Verkehrsmenge von 50.600 Kfz/24 h zu Grunde legt, während die Verkehrsprognose der IVV vom 11. September 2006 für den hier fraglichen Abschnitt nördlich der X. Straße eine Verkehrsbelastung von nur 41.700 Kfz/24 h prognostiziert.
338ddd) Dafür dass dem Gutachterbüro Eingabefehler oder Rechenfehler unterlaufen sind, fehlt jeder schlüssige Anhaltspunkt. Der Gutachter hat im Termin zur mündlichen Verhandlung erläutert, dass die Auswirkungen der geplanten Lärmschutzwände in das Rechenprogramm eingearbeitet sind. Bedenken an der Fachkompetenz und der Unparteilichkeit des Ingenieurbüros M. bestehen nicht. Dem Senat ist aus eigener Erfahrung bekannt, dass das Ingenieurbüro M. in Nordrhein-Westfalen regelmäßig Planfeststellungsverfahren durch Fachbeiträge begleitet hat.
339Vgl. etwa OVG NRW, Urteil vom 24. März 2014 ‑ 11 D 31/11.K -, juris, Rdnr 105 ff.
340eee) Bei dieser Sachlage bedurfte es nicht einer von den Klägern vermissten Berechnung der Kurzzeitgrenzwerte (200 µg/m3 über eine Stunde gemittelt für Stickstoffdioxid, § 3 Abs. 1 der 39. BImSchV; 50 µg/m3 über einen Tag gemittelt für Feinstaub PM10), die auf den Grundstücken der Kläger offensichtlich nicht erreicht werden (vgl. auch die Erläuterung im Luftschadstoffgutachten S. 8 f.).
341fff) Nach alldem musste der Senat dem in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisantrag zu behaupteten Grenzwertüberschreitungen nicht weiter nachgehen.
342e) Aus § 50 BImSchG ergeben sich für die Kläger keine weitergehenden Ansprüche. § 50 Satz 1 BImSchG kommt in Bezug auf Verkehrslärm und sonstige Immissionen die Funktion einer Abwägungsdirektive zu.
343Vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 23. Februar 2005 ‑ 4 A 1.04 ‑, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 186, S. 188.
344Da sowohl die Immissionsgrenzwerte für Lärm als auch für Luftschadstoffe auf den Grundstücken der Kläger eingehalten werden, folgt aus § 50 Satz 1 BImSchG kein Anspruch der Kläger auf weitere Schutzmaßnahmen etwa durch Verwirklichung einer „Tunnellösung“. Der allgemeine Planungsgrundsatz des § 50 BImSchG wendet sich als objektivrechtliches Gebot an die für die Planungsentscheidung zuständige Stelle; er enthält aber für den Planbetroffenen kein subjektives öffentliches Recht.
345Vgl. BVerwG, Beschluss vom 10. September 1981 ‑ 4 B 114.81 ‑, Buchholz 406.25 § 50 BImSchG Nr. 2.
346f) Die Beeinträchtigung des Grundeigentums der Klägerin zu 1. durch eine 5,5 m hohe Lärmschutzwand hat der Beklagte als abwägungserheblichen Belang gesehen und auf Seite 147 des Planfeststellungsbeschlusses behandelt. Er hat auf die Gestaltung der Wand verwiesen, die in einer Höhe über 3 m transparentes Material vorsieht, ferner auf die Anpflanzung eines Grüngürtels vor der Lärmschutzwand. Schließlich verweist er noch auf eventuelle Entschädigungsansprüche (PFB B. 5.3.12.3, S. 148). Das reicht als Abwägung aus.
347Nach der Umplanung durch den Planänderungsbescheid vom 12. August 2014 wird die Lärmschutzwand in ca. 1,7 m Entfernung von der Westgrenze des Grundstücks der Klägerin zu 1. errichtet, die wiederum mindestens 28 m vom Wohngebäude entfernt liegt. Fragen einer Verschattung oder gar einer erdrückenden Wirkung stellen sich daher nicht. Die Klägerin zu 1. hat, nachdem durch die Umplanung ihr Grundstück nicht mehr in Anspruch genommen werden muss, auch keine konkreten Belange einer Eigentumsbeeinträchtigung geltend gemacht, die in die Abwägung hätten eingestellt werden müssen, sondern nur „drastische Folgen für die Wohnnutzung insbesondere der Außenbereiche“ behauptet. Dabei wird jedenfalls übersehen, dass sich im Vergleich zur gegenwärtigen Situation die Nutzung des Außenbereichs erheblich verbessert, weil die bereits vorhandene B 51 im Zuge des Ausbaus erstmals mit einer Lärmschutzwand versehen wird.
3485. Auch der Vortrag der Kläger, die Belastungen durch Baulärm und Erschütterungen während der Bauzeit seien weder ermittelt worden, noch seien im Planfeststellungsbeschluss Aussagen zum Schutz vor ihnen getroffen worden, greift nicht durch. Die durch die Straßenbauarbeiten verursachten Lärm- und Schadstoffbelastungen müssen wegen ihres unregelmäßigen Entstehens nicht durch eine Lärm- bzw. Schadstoffprognose ermittelt werden.
349Vgl. BVerwG, Urteil vom 3. März 2011 ‑ 9 A 8.10 ‑, BVerwGE 139, 150 (183 f.).
350Gleiches muss für die von den Klägern befürchteten Erschütterungen gelten.
351Der Beklagte hat im Planfeststellungsbeschluss im Hinblick auf Erschütterungen und (sonstige) Bauimmissionen und ‑auswirkungen unter A. 5.3 und 5.4 (S. 27 f.) verschiedene Nebenbestimmungen angeordnet, die zu einer weitgehenden Minimierung der Immissionsbelastung für die Umgebung führen. Dass es dennoch zu Beeinträchtigungen kommen kann, ist unvermeidbar.
352Den von den Klägern aufgezeigten „offenkundigen Widerspruch“, die AVV-Baulärm sei zu beachten, könne aber nicht eingehalten werden, sieht der Senat nicht. Es ist plausibel, dass der Beklagte die AVV-Baulärm grundsätzlich heranzieht, aber gleichzeitig einräumt, es könnten „temporäre Lärmeinwirkungen oberhalb der Richtwerte … nicht gänzlich ausgeschlossen werden.“ (PFB S. 28). Genauere Regelungen kann der Beklagte nicht treffen. Es leuchtet ohne Weiteres ein, dass die Unregelmäßigkeit des durch die Bauarbeiten ausgelösten Lärms eine detaillierte Lärmprognose nicht zulässt.
353Vgl. BVerwG, Urteil vom 3. März 2011 ‑ 9 A 8.10 ‑, BVerwGE 139, 150 (184).
354Schließlich enthalten die Nebenbestimmungen A. 5.3 und 5.4 den Passus, dass in dem Fall, dass trotz optimierter Bauverfahren die Anhaltswerte überschritten (Erschütterungen) bzw. die Eingreifwerte (Bauimmissionen und –auswirkungen) erheblich überschritten und dadurch Schäden verursacht werden, diese „nach den Grundsätzen des § 906 BGB zu entschädigen“ sind. Damit sind die Rechtspositionen der Kläger ausreichend geschützt und berücksichtigt, und zwar gerade auch im Hinblick auf die von den Klägern zitierte Rechtsprechung des BGH,
355Urteil vom 30. Oktober 2009 ‑ V ZR 17/09 ‑, NJW 2010, 1141 (1143, Rdnr. 28 f.).
356B. Der auf eine Verpflichtung des Beklagten gerichtete Hilfsantrag der Kläger, sie unter teilweiser Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses vom 30. September 2011 hinsichtlich ihrer durch das Vorhaben betroffenen Rechte/Interessen, insbesondere hinsichtlich des Schutzes vor Immissionen, erneut zu bescheiden, bleibt nach dem vorstehend Dargelegten ohne Erfolg. Die Kläger haben insbesondere keinen Anspruch auf eine Ergänzung des Planfeststellungsbeschlusses um Maßnahmen des aktiven Schallschutzes oder um die Anordnung der Erstattungsfähigkeit dem Grunde nach für Maßnahmen des passiven Schallschutzes. Das Lärmschutzkonzept der angefochtenen Planungsentscheidung steht mit den Vorgaben der §§ 41, 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG i. V. m. § 2 der 16. BImSchV im Einklang; die Immissionsgrenzwerte sowohl für Lärm als auch für Luftschad-stoffe werden auf den Grundstücken der Kläger sämtlich eingehalten. Das Vorhaben ist damit nicht zu Lasten der Kläger abwägungsfehlerhaft und verletzt in seiner festgestellten Form keine Rechte der Kläger.
357C. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 Abs. 1, 159 Satz 1 VwGO, 100 Abs. 1 ZPO.
358Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus den §§ 167 VwGO, 708 Nr. 10, 711 Satz 1 ZPO.
359Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
- 1
Der Kläger wendet sich als anerkannter Umweltverein gegen den fernstraßenrechtlichen Planfeststellungsbeschluss des Beklagten für den vierstreifigen Ausbau der Bundesstraße Nr. 10 (B 10) zwischen Godramstein und der Bundesautobahn A 65 (BAB A 65; Anschlussstelle Landau-Nord).
- 2
Die B 10 führt als überregionale West-Ost-Verkehrsverbindung im Südwesten Deutschlands in mehreren Teilstrecken von der saarländischen Stadt Lebach bis zur Gemeinde Neusäß bei Augsburg, wo sie an der B 300 endet. Auf rheinland-pfälzischem Gebiet verläuft sie ab der Anschlussstelle Pirmasens-Staffelhof der BAB A 8/A 62 in östlicher Richtung über rund 43 km weitgehend durch den Pfälzer Wald bis zur Anschlussstelle Landau-Nord der BAB A 65. Die früher zweistreifig durch die anliegenden Ortschaften geführte Bundesstraße wurde in den 1980-er-Jahren aus den Ortsdurchfahrten heraus auf Umgehungsstraßen verlegt. Zwischen Hinterweidenthal und Rinnthal sowie von Queichheimbach bis Landau wurde in den 1990er-Jahren teilweise ein dritter Fahrstreifen angebaut. Auf dem Teilstück zwischen Rinnthal und Annweiler verläuft die B 10 zweistreifig durch vier Tunnel, und zwar (von West nach Ost) den Kostenfelstunnel, den Staufertunnel, den Löwenherztunnel und den Barbarossatunnel.
- 3
Sowohl in der Bundesverkehrswegeplanung als auch auf landesplanerischer Ebene ist ein durchgehender vierstreifiger Ausbau der B 10 zwischen Pirmasens und Landau vorgesehen, so im Bundesverkehrswegeplan 2003 (BVWP 2003) und im seit 2008 gültigen Landesentwicklungsprogramm IV (LEP IV) als Ziel der Landesplanung (Z 150). Der (derzeit noch gültige) Bedarfsplan für die Bundesfernstraßen gemäß Anlage 1 zu § 1 des Fernstraßenausbaugesetzes (FStrAbG) in der Fassung des 5. Änderungsgesetzes vom 4. Oktober 2004 (BGBl. I, 2574) - im Folgenden: Bedarfsplan 2004 - stuft dabei die einzelnen Bau- und Planungsabschnitte in unterschiedliche Dringlichkeitsstufen ein: Der westlichste Streckenteil zwischen der Anschlussstelle (AS) Pirmasens an der BAB A 8/A 62 und Hinterweidenthal ist durchgehend als „vordringlicher Bedarf“ ausgewiesen, die Teilstrecke zwischen Hinterweidenthal und Rinnthal als „weiterer Bedarf mit Planungsrecht (WB*)“, die Teilstrecke von Rinnthal bis zur AS Queichheimbach (Annweiler) als „weiterer Bedarf (WB)“ und die östlichste Teilstrecke von der AS Queichheimbach bis zur BAB 65, zu der der vom angegriffenen Planfeststellungsbeschluss umfasste Abschnitt zählt, wiederum als „weiterer Bedarf mit Planungsrecht (WB*)“.
- 4
Von den im „vordringlichen Bedarf“ ausgewiesenen Teilstrecken ist der vierstreifige Ausbau im westlichsten Verlauf zwischen Pirmasens und der B 270 bereits seit längerer Zeit abgeschlossen und die B 10 vierstreifig für den Verkehr freigegeben; für die sich östlich anschließenden Planungsabschnitte zwischen der B 270 und der sog. Walmersbacher Kuppe liegen bestandskräftige Planfeststellungsbeschlüsse vor; auch diese Teilabschnitte sind inzwischen baulich abgeschlossen und für den Verkehr freigegeben worden; im letzten als „vorrangig“ eingestuften Abschnitt zwischen Walmersbach und Hinterweidenthal laufen aufgrund eines bestandskräftigen Planfeststellungsbeschlusses derzeit noch die Bauarbeiten.
- 5
Der als „WB*“ eingestufte Abschnitt zwischen Hinterweidenthal und Rinnthal wurde vom Vorhabenträger zwischenzeitlich in zwei Unterabschnitte (Hinterweidenthal - Hauenstein und Hauenstein - Rinnthal) unterteilt; für den Unterabschnitt Hinterweidenthal - Hauenstein wurde dem Vorhabenträger ein Planungsauftrag erteilt. Hingegen werden im als WB eingestuften Abschnitt von Rinnthal bis zur AS Queichheimbach bisher nur planerische Vorüberlegungen betrieben, während für die als „WB*“ eingestuften, aber nicht vom angefochtenen Planfeststellungsbeschluss umfassten Abschnitte zwischen der AS Queichheimbach und Godramstein die Einholung der sog. RE-Genehmigung beim Bundesverkehrsministerium vorbereitet wird bzw. teilweise schon eingeleitet ist.
- 6
In dem vom angefochtenen Planfeststellungsbeschluss umfassten Abschnitt ist die B 10 derzeit als dreistreifige Kraftfahrstraße mit wechselnden Überholmöglichkeiten und einem Ausbauquerschnitt RQ 15,5 ausgebaut. Zwischen Bau-km 0+400 und Bau-km 0+830 quert die B 10 die Niederung des Flusses Queich mittels eines Brückenbauwerks. Die Queichniederung ist Teilgebiet des großräumigen FFH-Gebietes „Biosphärenreservat Pfälzerwald“ (6812-301) mit einer Gesamtgebietsgröße von 35.997 ha, das auf Grund einer Entscheidung der EU-Kommission vom 7. Dezember 2004 in die Liste der Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung aufgenommen worden ist.
- 7
Da ein durchgehender vierstreifiger Ausbau der B 10 bis Landau in der Öffentlichkeit umstritten ist, wurde in den Jahren 2004/2005 auf Betreiben der Landesregierung ein erstes Mediationsverfahren durchgeführt, das jedoch im Februar 2005 für gescheitert erklärt wurde.
- 8
Im März 2007 wurde das Planfeststellungsverfahren für den Ausbauabschnitt zwischen Godramstein und der Anschlussstelle Landau-Nord der BAB 65 eingeleitet. In der Zeit vom 2. April 2007 bis zum 2. Mai 2007 wurden die Planunterlagen zu jedermanns Einsicht bei der Stadtverwaltung Landau und bei den Verbandsgemeindeverwaltungen Landau-Land und Annweiler am Trifels ausgelegt. Mit Schreiben vom 15. Mai 2007, das am 16. Mai 2007 einging, erhob der Kläger Einwendungen gegen die Planung. Darin rügte er im Hinblick auf die Betroffenheit des FFH-Gebiets 6812-301 insbesondere eine unzureichende Bestandsermittlung der Pflanzen- und Tierwelt, eine zu enge Abgrenzung des Untersuchungsgebiets hinsichtlich der Auswirkungen des Vorhabens, eine mangelhafte Darstellung bau- und betriebsbedingter Auswirkungen, eine unzureichende Abarbeitung der Betroffenheit erhaltungszielbestimmender Schmetterlingsarten sowie das Fehlen einer „Dach-FFH-Verträglichkeitsprüfung“ für den vierspurigen Ausbau der Gesamtstrecke zwischen Pirmasens und Landau; ferner machte er artenschutzrechtliche Bedenken geltend und äußerte sich auch kritisch zu einzelnen Vermeidungs-, Minderungs- und Ersatzmaßnahmen. Schließlich zweifelte er die Prognose der künftigen Verkehrsbelastung und die Gewichtung der verkehrlichen gegenüber den Umweltbelangen an. Mit weiterem Schreiben vom 15. Mai 2007 legte er eine „Fachtechnische Stellungnahme“ des Büros für angewandten Umweltschutz (BAU) vor und machte sich deren Inhalt zu Eigen. Mit weiterem Schreiben vom 17. September 2010 machte der Kläger von der ihm eingeräumten Möglichkeit Gebrauch, zu zwei dem Vorhabenträger am 7. Juni 2010 vorgelegten, überarbeiteten artenschutzrechtlichen Gutachten ergänzend Stellung zu nehmen.
- 9
Mit Planfeststellungsbeschluss des Landesbetriebs Mobilität (LBM) vom 22. September 2010 wurde der Plan für den vierstreifigen Ausbau der B 10 zwischen Godramstein und der A 65 festgestellt. Der Planfeststellungsbereich erstreckt sich auf die Gemarkungen Godramstein, Nußdorf, Dammheim und Arzheim. Er umfasst den vierstreifigen Ausbau der B 10 von Bau-km ca. 0+100 bis Bau-km ca. 4+200; ferner schließt er den Ausbau bzw. die Herstellung diverser, im Einzelnen aufgeführter Anschlussstellen an Kreisstraßen, von Brückenbauwerken, von Regenrückhaltebecken sowie von Lärmschutzwällen und -wänden, die Anpassung des vorhandenen Wirtschaftswegenetzes sowie die Ausweisung von landespflegerischen, wasserwirtschaftlichen und schallschutztechnischen Maßnahmen ein. Die festgestellten Ausbaupläne sehen im planfestgestellten Bereich einen Ausbau mit dem Sonderquerschnitt SQ 26 (gemäß den „Richtlinien für die Anlage von Straßen - Teil Querschnitt; Abkürzung: RAS-Q“) vor, d. h. mit einer Gesamtbreite von 26 m wie beim Regelquerschnitt RQ 26, die sich zusammensetzt aus je zwei Fahrstreifen pro Fahrtrichtung mit einer Breite von 3,50 m, Randstreifen von 0,50 m und Banketten von je 1,50 m, wobei jedoch die Standstreifen um je 0,50 m breiter ausgebildet sind und daher eine Breite von je 2,50 m erreichen, während der Mittelstreifen nur eine Breite von 2,00 m statt 3.00 m erhält. Die breitere Anlage der Standstreifen wird mit dem zu erwartenden hohen LKW-Anteil begründet, um die Möglichkeit des Abstellens breiterer Fahrzeuge zu schaffen. Der Anbau des neuen Fahrstreifens soll vom Baubeginn bis Bau-km ca. 0+650 auf der Südseite und ab ca. Bau-km 0+650 bis zum Bauende auf der Nordseite erfolgen, und zwar mit Rücksicht auf das in diesem Bereich südlich der B 10 gelegene Wohngebiet „Schützenhof“ sowie zur Vermeidung des Verlustes in der Queichniederung auf der nördlichen Seite vorhandener, älterer Gehölzbestände. Im Bereich der Überquerung der Queichniederung soll die Richtungsfahrbahn Pirmasens-Landau auf einem neu zu errichtenden Brückenbauwerk in einem Abstand von ca. 10 m zum vorhandenen Brückenbauwerk verlaufen. In seinem verfügenden Teil enthält der Planfeststellungbeschluss die vorsorgliche Erteilung von Ausnahmen sowie höchstvorsorglich von Befreiungen von den artenschutzrechtlichen Verbotstatbeständen des § 44 Abs. 1 BNatSchG für eine Reihe im einzelnen aufgeführter Tierarten des Anhangs IV der FFH-Richtlinie und für diverse europäische Vogelarten; ferner werden dem Straßenbaulastträger aus Naturschutzgründen eine Vielzahl von Vermeidungs-, Minimierungs- und Kompensationsmaßnahmen zur Beachtung im Zuge der Bauausführung auferlegt.
- 10
Zu den festgestellten Planunterlagen zählen insbesondere:
- 12
- Fachbeitrag Naturschutz mit Ergänzung nach UVPG - Erläuterungsbericht - inklusive Maßnahmenverzeichnis.
- 13
Als Anlagen sind dem Planfeststellungsbeschluss u. a. beigefügt:
- 14
- Fachbeitrag Artenschutz - Streng geschützte Arten -
- 15
- Fachbeitrag Artenschutz - Besonders geschützte Arten -
- 16
- FFH-Verträglichkeitsprüfung.
- 17
Der Planfeststellungsbeschluss wurde dem Kläger am 19. November 2010 zugestellt.
- 18
Zur Begründung seiner am 20. Dezember 2010 erhobenen Klage macht der Kläger im Wesentlichen Folgendes geltend:
- 19
Seine Klage sei zulässig, insbesondere sei er klagebefugt. Seine Klagebefugnis ergebe sich aus dem naturschutzrechtlichen Verbandsklagerecht gemäß § 64 des Bundesnaturschutzgesetzes (BNatSchG), ferner auch aus §§ 2 Abs. 1 und 4 Abs. 1 des Umweltrechtsbehelfsgesetzes (UmwRG). Darüber hinaus folge die Klagebefugnis unmittelbar aus Art. 10a der Richtlinie 85/337/EWG in der Fassung der Richtlinie 2003/35/EG (jetzt: Art. 11 der Richtlinie 2011/92/EU) mit der Folge, dass er eine umfassende Überprüfung des angefochtenen Planfeststellungsbeschlusses auf seine Vereinbarkeit mit allen einschlägigen Rechtsvorschriften – nicht nur solchen, die i. S. v. § 2 Abs. 1 und Abs. 5 UmwRG dem Umweltschutz dienen – beanspruchen könne, denn diese Einschränkung stehe mit dem Unionsrecht nicht im Einklang.
- 20
Seine Klage sei auch begründet. Denn der angefochtene Planfeststellungsbeschluss verstoße in formell- und in materiell-rechtlicher Hinsicht gegen höherrangiges Recht.
- 21
Er leide zunächst an einem erheblichen Verfahrensfehler, weil eine nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung (Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz - UVPG) erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung nicht ordnungsgemäß durchgeführt worden sei. Da dem planfestgestellten Ausbau in dem streitgegenständlichen Abschnitt das Konzept eines vierstreifigen Ausbaus der B 10 zwischen Pirmasens und Landau zugrunde liege, hätte die Umweltverträglichkeitsprüfung nicht allein auf die isolierte Betrachtung der Auswirkungen des Vorhabens in dem im Planfeststellungsbeschluss im Übersichtslageplan skizzierten Wirkungsbereich beschränkt werden dürfen, sondern es hätte - unter Berücksichtigung der §§ 2 Abs. 1 und 3b Abs. 2 UVPG - einer übergreifenden Umweltverträglichkeitsprüfung (sog. Dach-UVP) für die gesamte projektierte Ausbaustrecke bedurft. Zudem fehle es an einer Übersicht über die wichtigsten, vom Vorhabenträger geprüften anderweitigen Lösungsmöglichkeiten und an der Angabe der Auswahlgründe im Hinblick auf die belastenden Umweltauswirkungen i. S. v. § 6 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 UVPG.
- 22
In materiell-rechtlicher Hinsicht sei der Planfeststellungsbeschluss aufzuheben, weil es dem planfestgestellten Straßenprojekt an der erforderlichen Planrechtfertigung fehle. Dies folge bereits daraus, dass im Zeitpunkt der Planfeststellung unter der gebotenen vorausschauenden Beurteilung, ob dem geplanten Bauvorhaben unüberwindbare finanzielle Schranken entgegenstehen würden, eine Verwirklichung des Projekts innerhalb des nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung zur Verfügung stehenden Zeitrahmens von zehn Jahren wegen fehlender Finanzmittel ausgeschlossen erscheine und es sich deshalb um eine verfrühte, vernünftigerweise nicht gebotene bloße „Vorratsplanung“ handele. In rechtlicher Hinsicht beruhe dies auf dem Umstand, dass das Vorhaben nur in die Kategorie des „Weiteren Bedarfs mit Planungsrecht“ eingestuft sei. Dies habe zur Folge, dass die Finanzierung des planfestgestellten Abschnitts aus tatsächlichen Gründen ausgeschlossen erscheine, weil sich das Vorhaben gegen die zahlreichen Maßnahmen des vordringlichen Bedarfs, die noch nicht begonnen wurden, weil ihre Finanzierung nicht sichergestellt sei, nicht werde durchsetzen können. Die Schaffung eines solchen „Baurechtsvorrats“ als Grundlage für Eingriffe in Rechtspositionen Dritter sei aber verfassungswidrig.
- 23
Darüber hinaus fehle es auch deshalb an der Planrechtfertigung, weil die Bedarfsfeststellung im konkreten Fall fehlerhaft sei: Der Planung liege eine Verkehrsuntersuchung zugrunde, die nicht geeignet sei, den konkreten Bedarf für einen vierstreifigen Ausbau der B 10 sachgerecht zu belegen. Wie sich im Einzelnen aus den von ihm eingeholten und zu den Gerichtsakten gereichten gutachterlichen Stellungnahmen des Büros R. ergebe, sei die der Planung zugrunde gelegte Verkehrsuntersuchung von M. methodisch mangelhaft und beruhe auf fehlerhaften Grundlagendaten.
- 24
Ferner liege der Planung eine fehlerhafte Abschnittsbildung zugrunde: Durch den Ausbau der B 10 im planfestgestellten Abschnitt werde es westlich davon zu einer ähnlich hohen Überschreitung der Kapazität wie derzeit im planfestgestellten Abschnitt kommen, was zu schwerwiegenden Gefahrensituationen, aber auch zu ständigen Stausituationen insbesondere in den Tunnelabschnitten durch die Reduzierung des Querschnitts von zwei auf nur eine Spur je Richtung führen werde. Die mit der Planfeststellung vollzogene Abschnittsbildung führe mithin zu Folgekonflikten, die in der Abwägung nicht bewältigt worden seien, obwohl der Planfeststellung eine Verkehrsuntersuchung für die Gesamtstrecke der B 10 zwischen Landau und Pirmasens zugrunde liege und die Folgekonflikte daher erkennbar gewesen seien.
- 25
Der Planfeststellungsbeschluss verstoße zudem in mehrfacher Hinsicht gegen Vorschriften des Naturschutzrechts:
- 26
So führe die Planung zu erheblichen Beeinträchtigungen des FFH-Gebiets „Biosphärenreservat Pfälzerwald“ in seinen für die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck maßgeblichen Bestandsteilen, ohne dass die Voraussetzungen für die Erteilung einer Ausnahme gegeben seien. Es sei schon davon auszugehen, dass es im Bereich der Queichniederung drei Flächenbiotope gebe, die nach ihrer Beschreibung und Charakteristik dem prioritären Lebensraumtyp 91 E0* („Weichholzauen“) entsprächen. Der Eingriff hätte daher nur unter den Voraussetzungen des § 34 Abs. 4 BNatSchG zugelassen werden dürfen. Da Gründe nach § 34 Abs. 4 Satz 1 BNatSchG nicht ersichtlich seien, hätte eine Projektzulassung erst nach Einholung einer positiven Stellungnahme der EU-Kommission erfolgen dürfen. Darüber hinaus führe die Planung zu erheblichen Beeinträchtigungen der Lebensräume der erhaltungszielbestimmenden Schmetterlingsarten Großer Feuerfalter (Lycaena dispar) und Dunkler Wiesenknopf-Ameisenbläuling (Maculinea nausithous), und zwar durch die Verstärkung bereits bestehender Zerschneidungs- und Barrierewirkungen des Brückenbauwerks infolge seiner Erweiterung um eine zweite Brücke. Dies werde aufgrund der bereits angespannten Situation der beiden Arten im Gebiet zu einer gravierenden Verschlechterung ihres Erhaltungszustands und damit zu einer erheblichen Beeinträchtigung des Gebiets in seinen Erhaltungszielen führen. Die Voraussetzungen für die deshalb erforderliche Abweichungszulassung des Projekts seien indessen vom Beklagten nicht hinreichend dargelegt worden: Wegen der methodischen Fehlerhaftigkeit und mangelnden Belastbarkeit der der Planung zugrunde gelegten Verkehrsprognose fehle es an einer Darlegung „zwingender Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses“; auch die Alternativenprüfung genüge nicht den Anforderungen; schließlich seien die außerhalb des FFH-Gebiets vorgesehenen Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen zur Wahrung der Kohärenz des FFH-Gebiets nicht geeignet.
- 27
Der Planfeststellungsbeschluss genüge auch nicht den Anforderungen des besonderen Artenschutzrechts. Aus den eingeholten artenschutzrechtlichen Fachbeiträgen ergäben sich keine hinreichenden Hinweise auf Größe und Raumanspruch der jeweiligen lokalen Populationen der betroffenen Arten, weshalb eine Beurteilung, ob vereinzelte Tötungen von Individuen dieser Arten zu negativen Auswirkungen auf die jeweilige lokale Population führen, nicht möglich seien. Deshalb seien auch keine Aussagen zu etwaigen Ausnahmen oder Befreiungen möglich, zumal deren Voraussetzungen, insbesondere zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses, nach dem bereits Ausgeführten ohnehin nicht zu begründen seien. Die Unkenntnis populationsbezogener Daten schlage auch auf die im Planfeststellungsbeschluss vorgesehene und auch dringend gebotene Auflage der Errichtung einer Überflughilfe für Vögel und Fledermäuse durch; denn nach dieser Auflage solle die optimale Ausgestaltung der Überflughilfe erst im Vorfeld der Baumaßnahmen mit Hilfe von Untersuchungen durch Fledermausexperten eruiert werden, womit letztlich eine nachträgliche Bestandsaufnahme angeordnet werde. Gerade in Bezug auf Fledermäuse finde im Übrigen nur eine Betrachtung von Hypothesen statt, ohne dass eine sachgerechte Konfliktlösung bewerkstelligt und eine hinreichende Abwägung bei der Ausnahme- und Befreiungsentscheidung vorgenommen worden sei.
- 28
Schließlich leide der Planfeststellungsbeschluss auch an einer mangelhaften Kompensation der durch das Vorhaben bewirkten Eingriffe in Natur und Landschaft, weil selbst die Kompensation der Eingriffe, die von der Planfeststellung anerkannt worden seien, in unzulässiger Weise nicht abschließend gesichert worden sei. So sei die Sicherung der Maßnahmen 2.4 E AB („Erweiterung Bachuferwald an der Queich“) und 3.2 E AB („Extensivierung Uferrandstreifen an der Queich“) offenbar nicht gegeben. Denn hinsichtlich dieser auf als berechtigt anerkannte Einwände an eine andere Stelle zu verlegenden landespflegerischen Maßnahmen seien der neue Standort der Maßnahmen und deren Ausgestaltung noch mit der Oberen Naturschutzbehörde abzustimmen. Außerdem sei aus der in derselben Regelung des Planfeststellungsbeschlusses enthaltenen weiteren Auflage, in diesem Zusammenhang auch den Verlust von ca. 400 qm Gehölzfläche und von ca. 150 qm Röhricht bzw. Staudenflur zu kompensieren, zu schließen, dass sich dahinter offenbar ein weiterer, bisher nicht offengelegter Eingriff in Natur und Landschaft verberge.
- 29
Letztendlich kranke der Planfeststellungsbeschluss an einer fehlerhaften Gesamtabwägung: Das Gebot der gerechten Abwägung der betroffenen Belange sei verletzt, weil infolge der mangelhaften Verkehrsprognose und der nur unzureichenden sonstigen Begründung nicht fehlerfrei bestimmt worden sei, welches Gewicht den für das Vorhaben sprechenden verkehrlichen Belangen im Verhältnis zur Gewichtigkeit der Eingriffe in die Rechtssphäre einer Vielzahl von Betroffenen sowie in eine Vielzahl von Belangen des Umweltschutzes zukomme.
- 30
Der Kläger beantragt,
- 31
1. den Planfeststellungsbeschluss für den vierstreifigen Ausbau der Bundesstraße Nr. 10 (B 10) zwischen Godramstein und der Bundesautobahn A 65 (BAB 65; Anschlussstelle Landau-Nord) aufzuheben.
- 32
2. hilfsweise den Planfeststellungsbeschluss für rechtswidrig und nicht vollziehbar zu erklären.
- 33
Der Beklagte beantragt,
- 34
die Klage abzuweisen.
- 35
Er tritt der Klagebegründung im Einzelnen entgegen und trägt hierzu insbesondere vor:
- 36
Die Klagebefugnis des Klägers ergebe sich ausschließlich aus § 2 Abs. 1 UmwRG mit der Folge, dass ihm kein „Vollüberprüfungsanspruch“ zustehe, sondern seine Rügebefugnis auf die Geltendmachung von Verstößen gegen dem Umweltschutz dienende Vorschriften beschränkt sei. Zudem sei er mit wesentlichen Teilen seines Vorbringens mangels hinreichender Geltendmachung im Rahmen der Öffentlichkeitsbeteiligung gemäß § 17a Nr. 7 FStrG präkludiert.
- 37
Unabhängig davon sei der Planfeststellungsbeschluss in jeder Hinsicht rechtmäßig ergangen:
- 38
Verfahrensmängel in Bezug auf die UVP lägen nicht vor. Insbesondere habe es keiner übergreifenden „Dach-UVP“ bedurft; vielmehr sei eine förmliche UVP nur für den konkreten Planfeststellungsabschnitt geboten gewesen; im Übrigen habe die Planfeststellungsbehörde - unabhängig von der Frage, ob sie dazu im Rahmen eines bloßen Ausbauvorhabens einer bestehenden Fernstraße überhaupt verpflichtet gewesen sei - hinreichend in den Blick genommen, dass der planfestgestellte Abschnitt verkehrspolitisch Teil eines Gesamtvorhabens des vierstreifigen Ausbaus der B 10 zwischen Pirmasens und Landau sei. Sie habe dabei zum einen die eigenständige Verkehrsbedeutung des planfestgestellten Abschnitts - auch für den Fall, dass die Verwirklichung weiterer Planungsabschnitte aus noch nicht absehbaren Gründen scheitern sollte - dargestellt und zum anderen begründet, dass der Verwirklichung des weiteren Ausbaus der B 10 zwischen Godramstein und Pirmasens aus heutiger Sicht keine unüberwindbaren Hindernisse entgegenstünden, insbesondere nicht im Hinblick auf die Umweltverträglichkeit.
- 39
Der Planfeststellungsbeschluss stehe auch mit allen einschlägigen materiell-rechtlichen Vorschriften im Einklang:
- 40
Das Vorhaben verfüge mit der gesetzlichen Bedarfsfeststellung als „Weiterer Bedarf mit Planungsrecht“ über eine hinreichende Planrechtfertigung. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Bedarfsausweisung im Bedarfsplan 2004 seien nicht angezeigt. Denn es sei weder ersichtlich, dass die Bedarfsfeststellung seinerzeit fehlerhaft erfolgt sei, noch in irgendeiner Weise erkennbar, dass sie nachträglich obsolet geworden sein könnte. Es liege auch keine unzulässige Vorratsplanung infolge unmöglicher Finanzierung vor. Vielmehr hätten sowohl das Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Stadtentwicklung als auch das rheinland-pfälzische Verkehrsministerium gegenüber dem Landesbetrieb Mobilität (LBM) erklärt, dass bei Vorliegen endgültigen Baurechts die Finanzierung der vorliegend planfestgestellten Maßnahme - ggf. im Austausch mit einer anderen Maßnahme des Vordringlichen Bedarfs im Gebiet von Rheinland-Pfalz - sichergestellt werden solle.
- 41
Mit der Geltendmachung angeblicher Mängel der für die Planung erstellten Verkehrsprognose könne die gesetzliche Bedarfsfeststellung ohnehin nicht in Frage gestellt werden. Im Übrigen lägen die vom Kläger unter Berufung auf Stellungnahmen von R. behaupteten Fehler der Verkehrsprognose nicht vor, wie sich im Einzelnen aus den zu den Gerichtsakten gereichten Auseinandersetzungen des Büros M. mit den Kritikpunkten ergebe. Schließlich habe aber auch R. eingeräumt, dass es keineswegs an jeglichem Bedarf für einen vierstreifigen Ausbau in dem planfestgestellten Abschnitt fehle, sondern gehe selbst von einer aktuellen Verkehrsbelastung dieses Streckenabschnitts in einer Größenordnung aus, die nach den einschlägigen Richtlinien (RAS-Q, RAA) schon jetzt einen vierstreifigen Ausbau - sogar mit einem Regelquerschnitt von RQ 28 - rechtfertige.
- 42
Das planfestgestellte Straßenausbauvorhaben sei auch mit allen naturschutzrechtlichen Vorschriften vereinbar. Namentlich genüge es den Anforderungen des FFH-Gebietsschutzes. Erhebliche Beeinträchtigungen der Erhaltungsziele und maßgeblichen Bestandteile des FFH-Gebiets „Biosphärenreservat Pfälzer Wald“ seien nicht zu befürchten. So habe eine Nachprüfung in Form einer nochmaligen Begehung und Augenscheineinnahme durch den Dipl.-Biologen H. im Frühjahr 2010 sowie dessen weitere, zu den Gerichtsakten gereichte Stellungnahme vom 6. April 2011 nochmals bestätigt, dass es im Einwirkungsbereich des Vorhabens kein Vorkommen des prioritären Lebensraumtyps (LRT) 91 E0* gebe, da die dort vorhandenen Vegetationsstrukturen die Kriterien für einen LRT 91 E0* nicht erfüllten. Das Vorhaben führe auch nicht zu erheblichen Beeinträchtigungen erhaltungszielbestimmender Schmetterlingsarten: Wie sich aus den zu den Gerichtsakten gereichten Stellungnahmen des Dipl.-Biologen H. vom 6. April 2011 und vom 25. Januar 2015 ergebe, habe eine nochmalige Überprüfung vor Ort bestätigt, dass weiterhin schon keine Lebensraumpotentiale für die Arten Heller Wiesenknopf-Ameisenbläuling und Großer Feuerfalter im Wirkraum des Vorhabens vorhanden seien und der Dunkle Wiesenknopf-Ameisenbläuling (DWAB) im Bereich des Queichtals zwar vereinzelt nachgewiesen sei, aber die nächsten Fundorte nördlich der B 10 weit außerhalb des Wirkraums des Vorhabens gelegen und insbesondere die für die Falterart bedeutsamen Vorkommen der Hauptfutterpflanze im Eingriffsbereich nicht vorhanden seien. Auch die befürchteten Zerschneidungs- bzw. Barriereeffekte würden von dem Vorhaben nicht ausgehen: Durch den bloßen Anbau eines zusätzlichen Brückenbauwerks für die künftige Richtungsfahrbahn Pirmasens - Landau würden keine zusätzlichen Zerschneidungs- oder Barriereeffekte hervorgerufen, die über die heute bestehenden Belastungen hinausgingen. Denn für das neue Bauwerk sei eine größere Überspannung des Gewässers vorgesehen und zwischen den Brücken verbleibe künftig ein Abstand von 10 m, der eine ausreichende Belichtung und Besonnung ermögliche. Hierdurch werde dem Effekt eines längeren dunklen Tunnels begegnet. Zudem werde es sowohl aufgrund der vorhandenen Vegetationsstrukturen als auch aufgrund des Verhaltens der Art DWAB nicht zu einem nennenswerten Austausch zwischen vorhandenen Populationen innerhalb der Queichaue kommen; vielmehr seien die nördlich und südlich der Queichtalbrücke vorhandenen Teil-Populationen für sich eigenständig und überlebensfähig.
- 43
Selbst wenn man aber von einer erheblichen Beeinträchtigung des FFH-Gebiets ausgehe, habe die im Planfeststellungsbeschluss rein vorsorglich durchgeführte Ausnahmeprüfung gemäß § 34 Abs. 3 BNatSchG ergeben, dass das Vorhaben auch im Wege einer Ausnahme- bzw. Abweichungsprüfung zulässig sei. Denn der Ausbau der B 10 im planfestgestellten Abschnitt sei aus zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses geboten, was sich insbesondere aus den Gründen für die gesetzliche Bedarfsfeststellung ergebe; zumutbare Alternativen, mit denen das Projekt ohne oder mit geringeren Eingriffen in das FFH-Gebiet zu verwirklichen wäre, seien nicht ersichtlich; zudem seien die im Falle einer Abweichungszulassung erforderlichen Kohärenzsicherungsmaßnahmen in Gestalt einer Vielzahl von Vermeidungs-, Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen vorgesehen worden, durch die die Kohärenz des Natura-2000-Netzes gewahrt bleibe.
- 44
Der Planfeststellungsbeschluss stehe des Weiteren mit dem Artenschutzrecht in jeder Hinsicht im Einklang. Insbesondere beruhe die Planung auf artenschutzrechtlichen Untersuchungen, die weder hinsichtlich der Ermittlungstiefe noch im Hinblick auf das methodische Vorgehen Mängel aufwiesen. Zudem lägen die Voraussetzungen für eine vorsorgliche Ausnahme- bzw. Befreiungserteilung vor. Ferner treffe die Kritik des Klägers an dem angeordneten Monitoring durch Fledermausexperten zur Absicherung der genauen Anforderungen an die Überflughilfen für Fledermäuse in keiner Weise zu.
- 45
Der Planfeststellungsbeschluss erweise sich schließlich auch im Hinblick auf die naturschutzrechtliche Eingriffsregelung nicht als fehlerhaft. Insbesondere könne keine Rede davon sein, dass es an einer hinreichenden Sicherung der Umsetzung einzelner Maßnahmen fehle. Mit der Anordnung, dass der neue Standort der Maßnahmen 2.4 E AB und 3.2 E AB und deren Ausgestaltung mit der Oberen Naturschutzbehörde abzustimmen seien und die Realisierbarkeit der Maßnahmen am neuen Standort der Planfeststellungsbehörde gegenüber vor Baubeginn nachzuweisen sei, sei vielmehr gewährleistet, dass durch die Verlegung an einen anderen Standort keine quantitativen oder qualitativen Einbußen hinsichtlich der Kompensationsziele beider Maßnahmen aufträten und die Baumaßnahme nicht ohne die Ersatzmaßnahmen ausgeführt werden dürfe.
- 46
Der Planfeststellungsbeschluss genüge letztendlich auch dem in § 17 FStrG normierten Gebot, bei der Planfeststellung die von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange einschließlich der Umweltverträglichkeit im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigen und dabei erkennbar gewordene Konflikte zu bewältigen. Insbesondere sei die Sorge unbegründet, dass der vierstreifige Ausbau im planfestgestellten Abschnitt zwangsläufig zu Verkehrsproblemen in den nicht ausgebauten Tunnelabschnitten zwischen Annweiler und Rinnthal infolge der dortigen Reduzierung von zwei auf nur eine Fahrspur pro Richtung führen werde, die nur mit einem sofortigen durchgängigen vierstreifigen Ausbau der Gesamtstrecke zwischen Pirmasens und Landau vermieden werden könnten. Vielmehr werde der Ausbau im jetzt planfestgestellten Abschnitt nach dem Ergebnis der Verkehrsuntersuchungen von M. keine nennenswerten verkehrlichen Auswirkungen auf die B 10 westlich von Godramstein und damit auch nicht auf die Leistungsfähigkeit der Tunnel bei Annweiler haben. Es könne schließlich auch keine Rede davon sein, dass die vom Kläger behaupteten Mängel der Verkehrsprognose eine fehlerhafte Gesamtabwägung der von dem Vorhaben betroffenen Belange, namentlich eine fehlerhafte Gewichtung der Verkehrsimmissionsbelastung zur Folge gehabt hätten. Abgesehen davon, dass die behaupteten Mängel nicht vorlägen, habe die Verkehrsprognose von M. im Hinblick auf die Ermittlung und Bewertung der beim vierspurigen Ausbau zu erwartenden Immissionsbelastungen den Charakter einer „Worst-Case-Betrachtung“: Die Planfeststellungsbehörde habe sich im Bestreben um einen alle Auswirkungen um- und erfassenden Schutzansatz an der nach der Verkehrsprognose größtmöglichen Verkehrsbelastung der B 10 orientiert, nämlich am Planungsfall 4 (durchgängiger vierstreifiger Ausbau der B 10 zwischen Pirmasens und Landau). Auf diese Weise sei sichergestellt, dass bereits im angefochtenen Planfeststellungsbeschluss für den Abschnitt Godramstein - Landau ein am Planungsfall 4 ausgerichtetes Lärmschutzkonzept entwickelt und planfestgestellt worden sei. Es sei nicht ersichtlich, dass bei dieser Vorgehensweise die verkehrlichen Auswirkungen des Vorhabens unterschätzt worden sein könnten. Im Übrigen werde vom Kläger gerade umgekehrt der Vorwurf erhoben, es sei von zu hohen Verkehrszahlen, d. h. von überhöhten Erwartungen hinsichtlich des künftigen Verkehrsaufkommens ausgegangen worden. Infolgedessen seien die vom Kläger behaupteten Mängel der Verkehrsprognose von vornherein ungeeignet, eine fehlerhafte Gewichtung der Verkehrsimmissionsbelastung - im Sinne einer „Unterschätzung“ - zu begründen.
- 47
Mit Rücksicht auf ein von der Landesregierung initiiertes zweites Mediationsverfahren wurde das gerichtliche Verfahren mit Zustimmung der Beteiligten durch Beschluss des Senats vom 22. Juni 2011 gemäß §§ 173 VwGO, 251 ZPO zum Ruhen gebracht. Nach dem Scheitern auch des zweiten Mediationsverfahrens wurde das gerichtliche Verfahren durch Senatsbeschluss vom 27. Mai 2014 wiederaufgenommen und fortgeführt.
- 48
Die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes ergeben sich aus den Gerichtsakten und den beigezogenen Akten des Planfeststellungsverfahrens, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.
Entscheidungsgründe
- 49
Die Klage ist zulässig (I.), bleibt jedoch in der Sache ohne Erfolg (II.).
- 50
I. Die Klage ist zulässig, insbesondere ist der Kläger klagebefugt. Seine Klagebefugnis ergibt sich allerdings ausschließlich aus § 2 Abs. 1 des Gesetzes über ergänzende Vorschriften zu Rechtsbehelfen in Umweltangelegenheiten nach der EG-Richtlinie 2003/35/EG (Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz – UmwRG –) in der Fassung der Bekanntmachung vom 8. April 2013 (BGBl. I, Seite 753). Soweit der Kläger in der Klagebegründung vom 31. Januar 2011 noch die Auffassung vertreten hatte, er könne seine Klagebefugnis außer aus § 2 Abs. 1 UmwRG auch aus § 64 des Gesetzes über Naturschutz und Landschaftspflege (Bundesnaturschutzgesetz – BNatSchG) herleiten, trifft dies inzwischen nicht mehr zu:
- 51
Nach § 1 Abs. 3 UmwRG in der Fassung der Bekanntmachung vom 8. April 2013 wird § 64 Abs. 1 BNatSchG nicht angewendet, soweit in Planfeststellungsverfahren, die § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 oder 2 UmwRG unterfallen, Rechtsbehelfe nach diesem Gesetz eröffnet sind. Für planfeststellungspflichtige Vorhaben, die – wie hier – nach Maßgabe des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 oder 2 UmwRG von Umweltverbänden angefochten werden können, gilt daher nunmehr ein Vorrang der umweltrechtlichen Verbandsklage (vgl. dazu bereits Fellenberg/Schiller, UmwRG, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, 65. EL April 2012, § 1 UmwRG, Rdnr. 66 a.E.). Zwar galt im Zeitpunkt der Klageerhebung am 22. Dezember 2010 noch § 64 Abs. 1 BNatSchG in der Fassung vom 1. März 2010, wonach anerkannte Naturschutzvereine „neben den Rechtsbehelfen nach § 2 UmwRG“ Rechtsbehelfe nach Maßgabe des § 64 BNatSchG einlegen konnten (und zwar gemäß §§ 64 Abs. 1, 63 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG auch gegen Planfeststellungsbeschlüsse); auch erhielt § 1 UmwRG in der Fassung vom 1. März 2010 noch keine Vorrangregelung zu Gunsten der umweltrechtlichen Verbandsklage (vgl. zur bisherigen Anwendbarkeit der beiden Verbandsklagebestimmungen nebeneinander Fellenberg/Schiller, a.a.O.). Doch ergibt sich aus der Übergangsregelung des § 5 Abs. 4 UmwRG in der Fassung der Bekanntmachung vom 8. April 2013, dass Rechtsbehelfsverfahren nach § 2 UmwRG, die – wie hier – am 12. Mai 2011 anhängig waren und am 29. Januar 2013 noch nicht rechtskräftig abgeschlossen worden sind, nach den Vorschriften des UmwRG in der ab dem 29. Januar 2013 geltenden Fassung zu Ende zu führen sind. Parallel dazu ist § 64 Abs. 1 Satz 1 BNatSchG dahin neu gefasst worden, dass anerkannte Naturschutzvereinigungen Rechtsbehelfe nach Maßgabe des § 64 nur noch erheben können, „soweit § 1 Abs. 3 UmwRG nicht entgegensteht“. Folglich kann sich der Kläger zur Begründung seiner Klagebefugnis inzwischen nicht mehr zusätzlich auf § 64 BNatSchG berufen.
- 52
Soweit der Kläger seine Klagebefugnis darüber hinaus auch aus einer unmittelbaren Anwendung von Art. 10a der Richtlinie 85/337/EWG in der Fassung der Richtlinie 2003/35/EG (jetzt: Art. 11 der Richtlinie 2011/92/EU) mit der Folge ableiten will, dass sich seine Rügebefugnis über die in § 2 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 5 UmwRG normierte Vereinbarkeit der angegriffenen Entscheidung mit dem Umweltschutz dienenden Rechtsvorschriften hinaus auf deren Vereinbarkeit mit allen einschlägigen Rechtsvorschriften erstreckt, ihm also auf diesem Wege ein „Vollüberprüfungsanspruch“ zusteht, kann dem nicht gefolgt werden. Entgegen der Ansicht des Klägers ergibt sich namentlich nicht aus der sog. „Trianel“-Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes (Urteil vom 12. Mai 2011 - Rs.C-115/09 -, NVwZ 2011, 801 ff.), dass § 2 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 5 UmwRG auch insoweit, als sie für Umweltverbandsklagen sowohl die Klagebefugnis als auch den Überprüfungsanspruch in der Begründetheit auf die Geltendmachung bzw. das Vorliegen von Verstößen gegen den Umweltschutz dienende Vorschriften beschränken, gegen Art. 10a der Richtlinie 85/337/EWG (jetzt: Art. 11 der Richtlinie 2011/92/EU) verstoßen, weshalb diese Vorschrift insoweit Anwendungsvorrang genießen müsse mit der Folge einer entsprechenden Erweiterung der Klage- und Rügebefugnis. Vielmehr hat das Bundesverwaltungsgericht in mehreren nach der Trianel-Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes ergangenen Entscheidungen die Rechtsauffassung bestätigt, dass die EuGH-Entscheidung für eine solche Annahme nichts hergibt (vgl. insbesondere BVerwG, Urteil vom 24. Oktober 2013 – 7 C 36/11 –, BVerwGE 148, 155 und juris, Rn. 23 ff., m.w.N.). Dem schließt sich der Senat an.
- 53
II. Die Klage ist jedoch mit dem Haupt- und Hilfsantrag unbegründet. Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss verstößt unter keinem der geltend gemachten Gesichtspunkte gegen dem Umweltschutz dienende Vorschriften im Sinne von § 2 Abs. 1 UmwRG. Er steht vielmehr mit allen einschlägigen Vorschriften, die – zumindest auch – dem Umweltschutz zu dienen bestimmt sind, im Einklang (zum Prüfungsumfang bei der Umweltverbandsklage und zum diesem korrespondierenden, beschränkten Überprüfungsanspruch nach dem UmwRG vgl. auch das Senatsurteil vom 14. Oktober 2014 – 8 C 10233/14.OVG –, NVwZ-RR 2015, 205 und juris, Rn. 39 ff.). Dies gilt sowohl für dem Umweltschutz dienende Verfahrensvorschriften (1.) als auch für Vorschriften des materiellen Umweltrechts (2.).
- 54
1. Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss begegnet zunächst in formell-rechtlicher Hinsicht keinen Bedenken, sondern steht mit den einschlägigen, dem Umweltschutz dienenden Verfahrensvorschriften im Einklang. Namentlich liegt kein Verstoß gegen Verfahrensanforderungen des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 24. Februar 2010 (BGBl. I, Seite 94) vor.
- 55
So kann der Kläger mit seinem Einwand, die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) hätte nicht auf den Bereich des planfestgestellten Ausbauabschnitts der B 10 beschränkt werden dürfen, sondern es hätte einer übergreifenden Ermittlung und Bewertung der Umweltauswirkungen für den Bereich des insgesamt projektierten Ausbaus der B 10 zwischen Pirmasens und der BAB A 65 bedurft (sog. „Dach-UVP“), nicht durchdringen.
- 56
Es spricht schon viel dafür, dass der Kläger mit seinem Vorbringen zur formellen Rechtswidrigkeit des Planfeststellungsbeschlusses wegen fehlerhafter Durchführung der UVP, insbesondere wegen Fehlens einer sog. Dach-UVP, bereits gemäß § 17a Nr. 7 des Bundesfernstraßengesetzes (FStrG) (jetzt: § 73 Abs. 4 Satz 3 VwVfG) präkludiert ist. Denn er hat in den beiden Einwendungsschreiben vom 15. Mai 2007 Fragen der ordnungsgemäßen Durchführung der UVP nicht einmal ansatzweise thematisiert. Vielmehr werden dort nur naturschutzfachliche Belange des FFH-Gebiets- und des Artenschutzes sowie Mängel bei den Vermeidungs-, Minderungs- und Ersatzmaßnahmen und daneben noch sonstige (materielle) Umweltfragen in Bezug auf die verkehrlichen Belange abgehandelt. Lediglich im Zusammenhang mit dem FFH-Gebietsschutz wird das Fehlen einer „vollständigen FFH-Verträglichkeitsprüfung des gesamten Planungsvorhabens Ausbau der B 10 zwischen Pirmasens und Landau (sog. Dach-FFH-Verträglichkeitsprüfung)“ gerügt. Ferner taucht der Gesichtspunkt, der vierspurige Ausbauzustand zwischen Pirmasens und Landau müsse „auch die Grundlage der Konfliktanalyse bilden“, woran es „besonders unter dem Aspekt der FFH-Verträglichkeit fehle“, noch einmal in Teil III.1 des Einwendungsschreibens auf, aber ebenfalls ohne jegliche Thematisierung des UVP-Rechts. Damit dürfte der Kläger den gesteigerten Anforderungen an die Substantiierung von Einwendungen, die nach der Rechtsprechung bei Naturschutzvereinigungen und Umweltverbänden gegenüber Einwendungen Privater zu stellen sind (vgl. dazu insbesondere BVerwG, Urteil vom 14. Juli 2011 – 9 A 12.10 –, BVerwGE 140, 149 und juris, Rn. 19 ff.), nicht genügt haben. Vielmehr wäre von einem Umweltverband zu erwarten gewesen, dass er seiner Mitwirkungslast, Angaben dazu zu machen, welches umweltrechtliche Schutzgut betroffen ist und in welcher Beziehung diesem aus seiner Sicht Beeinträchtigungen drohen (vgl. dazu z. B. BVerwG, Beschluss vom 23. November 2007 – 9 B 38.07 –, NuR 2008, Seite 176 und juris, Rn. 31), im Bewusstsein der grundlegend unterschiedlichen Strukturen und Bedeutung des UVP-Rechts einerseits (formelle Anforderungen an die Verfahrensgestaltung) und des FFH-Gebiets- sowie des Artenschutzrechts andererseits (materielle Anforderungen als zwingendes Recht) durch entsprechend thematisch differenzierende Angaben Rechnung trägt (vgl. zu den Anforderungen an die Rüge einer fehlerhaften UVP als selbständigem Verfahrensfehler auch BVerwG, Beschluss vom 11. August 2006 – 9 VR 5/06 –, NVwZ 2006, 1170 und juris, Rn. 11). Daran dürfte es vorliegend fehlen. Am Vorliegen der weiteren Voraussetzungen einer Präklusion nach § 17a Nr. 7 FStrG bestehen im Übrigen keine Zweifel. Schließlich besteht derzeit auch kein Anlass, die Anwendbarkeit der Präklusionsbestimmung des § 17a Nr. 7 FStrG auf Naturschutzverbände bzw. Umweltvereinigungen unionsrechtlich grundsätzlich in Frage zu stellen (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 14. Juli 2011 – 9 A 14.10 –, NuR 2010, 52 und juris, Rn. 21 ff.).
- 57
Unabhängig von der Frage der Präklusion ist die Forderung des Klägers nach Durchführung einer sog. Dach-UVP jedenfalls in der Sache nicht begründet:
- 58
In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist seit langem grundsätzlich geklärt, dass bei einer abschnittsweisen Planfeststellung einer Bundesfernstraße die förmliche UVP nur für den jeweiligen Abschnitt durchzuführen ist: Einer UVP ist das Projekt zu unterziehen, für das im Sinne von Art. 2 Abs. 1 der UVP-Richtlinie die Erteilung einer Genehmigung beantragt worden ist. Das EU-Recht wirkt nicht auf die materiell-rechtlichen Anforderungen des einzelstaatlichen Zulassungsrechts ein. Eröffnet das Recht des jeweiligen Mitgliedstaates die Möglichkeit, ein Gesamtprojekt aufzuspalten und in mehreren Teilschritten auszuführen, so bildet den Bezugspunkt der UVP das konkrete Projekt, für das ein Antrag gestellt worden ist. Demnach ist bei einer abschnittsweisen Planung der Abschnitt, über den in einem Verfahren entschieden wird, zugleich das Vorhaben, das der UVP unterliegt (vgl. zum Ganzen z. B. BVerwG, Urteil vom 10. April 1997 – 4 C 5/96 –, BVerwGE 104, 326 und juris, Rn. 24, sowie Urteil vom 28. Februar 1996 – 4 A 27/95 –, UPR 1996, 270 und juris, Rn. 30, jeweils m.w.N.). Ob die Abschnittsbildung zulässig ist, richtet sich nicht nach dem UVP-Recht, sondern nach dem materiellen Planungsrecht, vorliegend nach § 17 Abs. 1 Satz 2 FStrG, da auch die Anforderungen an die Abschnittsbildung über das Abwägungsgebot gesteuert werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 10. April 1997, a.a.O., Rn. 25).
- 59
Danach bedarf es keiner vorgezogenen förmlichen UVP für die nachfolgenden Abschnitte; ausreichend ist vielmehr die Prognose, dass der Verwirklichung des Vorhabens in den nachfolgenden Abschnitten keine von vornherein unüberwindliche Hindernisse entgegenstehen (vgl. BVerwG, Urteil vom 28. Februar 1996, a.a.O., Rn. 30 m.w.N.).
- 60
Entgegen der Ansicht des Klägers folgt vorliegend auch nicht ausnahmsweise etwas anderes aus den §§ 2 Abs. 1 Satz 4, 3b Abs. 2 oder 13 Abs. 1 Satz 2 UVPG:
- 61
Wie das Bundesverwaltungsgericht bereits entschieden hat, enthält § 2 Abs. 1 Satz 4 UVPG eine Regelung nur für den Fall, dass über die Zulässigkeiteines Vorhabens im Rahmen mehrerer Verfahren entschieden wird; dann sind die in den verschiedenen Verfahren durchgeführten Teilprüfungen zu einer Gesamtbewertung zusammen zu fassen; davon zu unterscheiden ist der – auch hier vorliegende – Fall der Planfeststellung eines Abschnitts einer Bundesfernstraße (vgl. BVerwG, Urteil vom 28. Februar 1996, a.a.O., Rn. 30).
- 62
Die Regelung des § 3b Abs. 2 Satz 1 UVPG für „kumulierende Vorhaben“ setzt voraus, dass die mehreren Vorhaben derselben Art von demselben oder den mehreren Trägerngleichzeitig verwirklicht werden sollen; gemeint ist damit eine zeitlich parallele Vorhabenverwirklichung (vgl. Dienes, in: Hoppe/Bergmann, UVPG, 4. Aufl. 2012, § 3b, Rn. 24). Daran fehlt es offensichtlich bei der sukzessiven Verwirklichung des Ausbaus einer Bundesfernstraße in mehreren, räumlich und zeitlich aufeinander folgenden Abschnitten.
- 63
Schließlich ist auch anerkannt, dass es sich bei der abschnittsweisen Planfeststellung von Bundesfernstraßen nicht um „Teilzulassungen“ im Sinne von § 13 UVPG handelt. Da die einzelnen Abschnitte bei der abschnittsweisen Planfeststellung einer Fernstraße als selbständige Vorhaben anzusehen sind, wird über sie nicht im Rahmen einer Teilzulassung entschieden, so dass § 13 UVPG keine Anwendung findet (so zutreffend z. B. Schieferdecker, in: Hoppe/Bergmann, UVPG, 4. Aufl. 2012, § 13, Rn. 15 und Fußnote 25, unter Hinweis auf BVerwG, Urteil vom 10. April 1997 – 4 C 5/96 –, a.a.O., Rn. 24). Damit besteht hier insbesondere nicht das Erfordernis einer vorläufigen Erstreckung der UVP „auf die nach dem jeweiligen Planungsstand erkennbaren Umweltauswirkungen des Gesamtvorhabens“ nach § 13 Abs. 1 Satz 2 UVPG.
- 64
Somit ist vorliegend UVP-rechtlich nur zu fordern, dass die Planfeststellungsbehörde eine Prognose angestellt hat, dass der Verwirklichung des Vorhabens in den nachfolgenden Abschnitten in Bezug auf die Umweltauswirkungen keine von vornherein unüberwindlichen Hindernisse entgegenstehen. Ob die insoweit vom Beklagten vorgebrachten Zweifel daran, ob diese Vorgabe der Rechtsprechung außer auf den Neubau einer Fernstraße in Abschnitten auch auf den – hier in allen Abschnitten des Gesamtprojekts gegebenen – Ausbau einer vorhandenen Fernstraße Anwendung finden kann, zu Recht bestehen, kann im Ergebnis offen bleiben. Denn im Planfeststellungsbeschluss ist an mehreren Stellen in hinreichender Weise in den Blick genommen worden, dass der planfestgestellte Abschnitt verkehrspolitisch Teil eines Gesamtvorhabens des vierspurigen Ausbaus der B 10 zwischen Pirmasens und Landau ist. Zum einen wurde im Rahmen der Erläuterungen der Planungskonzeption (Seite 89 ff. des Planfeststellungsbeschlusses) ausführlich dargestellt, dass einerseits der planfestgestellte Planungsabschnitt eine eigenständige Verkehrsbedeutung auch für den Fall haben wird, dass die Verwirklichung der weiteren Planungsabschnitte – entgegen der politischen Absicht aus nicht absehbaren Gründen – scheitern sollte, aber andererseits der Verwirklichung des weiteren Ausbaus der B 10 im Bereich zwischen Godramstein und Pirmasens aus heutiger Sicht keine unüberwindbaren Hindernisse entgegenstehen, insbesondere nicht im Hinblick auf die Umweltverträglichkeit. Zum anderen wurde auch speziell in Auseinandersetzung mit Forderungen von Einwendern, namentlich des Klägers, nach Durchführung einer sog. Dach-FFH-Verträglichkeitsprüfung für die gesamte Ausbaustrecke zwischen Pirmasens und Landau ausgeführt, dass einerseits für den Bereich zwischen Pirmasens und Hinterweidenthal bereits bestandskräftiges Baurecht vorliege, mit dem für diesen Teilbereich u. a. auch die FFH-Verträglichkeit positiv festgestellt worden sei, und andererseits aus heutiger Sicht auch nichts dafür ersichtlich sei, dass ein späterer vierstreifiger Ausbau in den noch nicht planfestgestellten Teilbereichen zwischen Hinterweidenthal und Godramstein unter FFH-Gesichtspunkten vor unüberwindlichen Hindernissen stehen würde (vgl. Seite 182 des Planfeststellungsbeschlusses). Damit ist den Anforderungen der Rechtsprechung an die Prognose der Realisierungsfähigkeit des Gesamtvorhabens genüge getan worden.
- 65
Auch unter den weiteren vom Kläger angesprochenen Gesichtspunkten sind Verstöße gegen Verfahrensvorschriften des UVPG nicht festzustellen.
- 66
So kann der Rüge des Klägers, die Planunterlagen hätten keine den Anforderungen des § 6 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 UVPG genügende „Übersicht über geprüfte anderweitige Lösungsmöglichkeiten“ enthalten, nicht gefolgt werden. Dabei ist zu sehen, dass diese Vorschrift – als rein formell-rechtliche Anforderung an den Inhalt der vom Vorhabenträger zur Prüfung seines Antrags vorzulegenden Unterlagen – lediglich verlangt, dass der Vorhabenträger die von ihm tatsächlich geprüften anderweitigen Lösungsmöglichkeiten und seine Auswahlgründe im Hinblick auf die Umweltauswirkungen des Vorhabens in einer Übersicht darstellt; die Bestimmung begründet hingegen keinerlei Pflicht zur Prüfung von Vorhabenalternativen. Vielmehr ergibt sich die Notwendigkeit, die verschiedenen sich anbietenden oder sich aufdrängenden Standortalternativen oder Durchführungsvarianten auf ihre jeweilige Umweltverträglichkeit hin zu untersuchen, aus dem jeweiligen Fachrecht, im Falle einer fernstraßenrechtlichen Planung also aus § 17 Abs. 1 Satz 2 FStrG als Anforderung des Abwägungsgebots (vgl. Kment, in: Hoppe/Beckmann, UVPG, 4. Aufl. 2012, § 6, Rn. 21, m.w.N.). Diesen rein formellen Anforderungen des § 6 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 UVPG ist mit der in der „allgemein verständlichen Zusammenfassung gemäß § 6 UVPG“ enthaltenen Übersicht „III. Geprüfte Vorhabenvarianten und wesentliche Auswahlgründe“ (vgl. Planordner I, Planunterlage 1.2, Seite 9 ff.) genüge getan worden.
- 67
Soweit der Kläger darüber hinaus noch rügen will, dass es an einer den Anforderungen des § 11 UVPG genügenden „zusammenfassenden Darstellung der Umweltauswirkungen des Vorhabens“ fehle, kann dem schließlich ebenfalls nicht gefolgt werden. Nach § 11 Satz 1 UVPG hat die zuständige Behörde auf der Grundlage der Unterlagen nach § 6, der behördlichen Stellungnahmen nach §§ 7 und 8 soweit der Äußerungen der betroffenen Öffentlichkeit nach den §§ 8 und 9a eine zusammenfassende Darstellung der Umweltauswirkungen des Vorhabens sowie der Maßnahmen, mit denen erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen vermieden, vermindert oder ausgeglichen werden, zu erarbeiten, einschließlich der Ersatzmaßnahmen bei nicht ausgleichbaren, aber vorrangigen Eingriffen in Natur und Landschaft; nach § 11 Satz 3 kann diese zusammenfassende Darstellung in der Begründung der Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens erfolgen (vgl. dazu BVerwG, Beschluss vom 10. Oktober 2006 – 9 B 27/05 –, UPR 2007, 33 und juris, Rn. 17). Davon hat der Beklagte hier Gebrauch gemacht und die zusammenfassende Darstellung in den Planfeststellungsbeschluss integriert (vgl. dessen Seite 171). Dabei begegnet es keinen durchgreifenden Bedenken, dass in der zusammenfassenden Darstellung weitestgehend auf die „allgemein verständliche Zusammenfassung“ nach § 6 UVPG in der Planunterlage 1.2, Seite 9 ff. (Planordner I), Bezug genommen wird, nachdem diese - wie ausgeführt - den formellen Anforderungen des § 6 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 UVPG entspricht und darüber hinaus auch alle inhaltlichen Anforderungen des § 11 Satz 1 UVPG erfüllt, und der Planfeststellungsbeschluss ergänzend feststellt, dass im Anhörungsverfahren keine weiteren wesentlich neuen Gesichtspunkte in Bezug auf die Einschätzung der Umweltverträglichkeit des Vorhabens vorgebracht worden seien.
- 68
2. Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss leidet des Weiteren an keinem materiellen Rechtsfehler, den der Kläger mit der Folge einer vollständigen oder teilweisen Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses oder der Feststellung seiner Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit geltend machen kann.
- 69
a. So mangelt es der streitigen Fernstraßenplanung nicht an der erforderlichen Planrechtfertigung.
- 70
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts setzt die Zulässigkeit einer (z. B. Straßen-)Planung, die Voraussetzung für Eingriffe in Rechte oder eine Enteignung sein soll, voraus, dass das jeweilige Vorhaben durch vernünftige Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt ist, d. h. nach Maßgabe der vom jeweiligen Fachplanungsgesetz allgemein verfolgten Ziele „vernünftigerweise geboten“ ist (vgl. z. B. BVerwG, Urteil vom 5. Dezember 1986 – 4 C 13/85 –, BVerwGE 75, 214, 232 f.; siehe auch z. B. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 1. Februar 2001 – 1 C 10626/00.OVG –, ESOVGRP, Seite 13). Bei der Planfeststellung für den Neu- oder Ausbau einer Bundesfernstraße ist von einer Planrechtfertigung auszugehen, wenn das Vorhaben in den Bedarfsplan für Bundesfernstraßen nach dem Gesetz über den Ausbau der Bundesfernstraßen (Fernstraßenausbaugesetz – FStrAbG – in der Fassung vom 20. Januar 2005, BGBl. I, 201) aufgenommen ist. Denn nach § 1 Abs. 2 FStrG entsprechen die in den Bedarfsplan aufgenommenen Bau- und Ausbauvorhaben den Zielsetzungen des § 1 Abs. 1 FStrG. Die Feststellung des Bedarfs ist danach für die Linienbestimmung nach § 16 FStrG und für die Planfeststellung nach § 17 FStrG verbindlich; sie ist so auch als Belang in der Abwägung zu berücksichtigen; die zeichnerische Darstellung des Bedarfsplans zum Fernstraßenausbaugesetz bindet hinsichtlich der Dimensionierung als zwei- oder vierstreifige Bundesstraße und im Hinblick auf die dort erkennbare Netzverknüpfung; diese Bindungen gelten auch für das gerichtliche Verfahren (ständige Rechtsprechung; vgl. z. B. BVerwG, Urteil vom 19. März 2003 – 9 A 33/02 –, DVBl. 2003, 1069 und juris, Rn. 23 m.w. Rechtsprechungsnachweisen; ebenso z. B. Senatsurteil vom 28. August 2013 -8 C 1036/13.OVG –, Seite 8 des Urteilsabdrucks, m.w.N.).
- 71
Die gesetzliche Bedarfsfeststellung ist allein an den Vorgaben des Verfassungsrechts zu messen. Danach beschränkt sich die gerichtliche Kontrolle auf die Frage, ob bei der Festlegung des Gesetzgebers die weit gesteckten Grenzen des gesetzgeberischen Ermessens überschritten wurden. Dies ist nur dann der Fall, wenn die Feststellung des Bedarfs evident unsachlich ist, wenn es also für das Vorhaben offenkundig keinerlei Bedarf gibt, der die Annahmen des Gesetzgebers rechtfertigen könnte, weil es etwa für die Aufnahme des Vorhabens in den Bedarfsplan im Hinblick auf die bestehende oder künftig zu erwartende Verkehrsbelastung oder auf die verkehrliche Erschließung eines zu entwickelnden Raumes an jeglicher Notwendigkeit fehlte oder wenn sich die Verhältnisse seit der Bedarfsentscheidung des Gesetzgebers so grundlegend gewandelt hätten, dass das angestrebte Planungsziel unter keinen Umständen auch nur annähernd erreicht werden könnte (ständige Rechtsprechung; vgl. z. B. BVerwG, Beschluss vom 16. Januar 2007 – 9 B 14.06 –, NVwZ 2007, 462 und juris, Rn. 7 sowie Urteil vom 3. Mai 2013 – 9 A 16/12 -, BVerwGE 146, 254 und juris, Rn. 21, m.w.N.).
- 72
Nach Maßgabe dieser Grundsätze steht die Planrechtfertigung des Vorhabens des vierstreifigen Ausbaus der B 10 im planfestgestellten Abschnitt außer Frage.
- 73
Daher kann offen bleiben, ob das Erfordernis der Planrechtfertigung auf die Klage eines anerkannten Umweltvereins im Rahmen von dessen nach § 2 Abs. 1 Nr. 5, Abs. 5 UmwRG eingeschränkter Rügebefugnis überhaupt zu prüfen ist (streitig; zum Meinungsstand vgl. z. B. Fellenberg/Schiller, a.a.O., § 2 UmwRG, Rn. 15, m.w.N.; verneinend BVerwG, Beschluss vom 1. Juli 2003 – 4 VR 1/03, 4 A 1/04 A 1/03 –, juris, Rn. 7; offengelassen in der Rechtsprechung des 9. Senats des Bundesverwaltungsgerichts zu § 64 BNatSchG, vgl. zuletzt die Urteil vom 3. Mai 2013, a.a.O., Rn. 17 und vom 8. Januar 2014 – 9 A 4/13 -, BVerwGE 149, 31 und juris, Rn. 30; siehe auch Senatsurteil vom 11. Februar 2009 – 8 C 10435/08.OVG –, NuR 2009, Seite 636 und juris, Rn. 23).
- 74
Die Planrechtfertigung des Vorhabens folgt aus der gesetzlichen Bedarfsfeststellung. Das Vorhaben des vierstreifigen Ausbaus der B 10 im Abschnitt zwischen der BAB A 65 und Godramstein ist – ebenso wie die sich westlich anschließenden Abschnitte bis Hinterweidenthal – im Bedarfsplan für die Bundesfernstraßen, der gemäß § 1 Abs. 1 FStrAbG (in der Fassung des 5. Änderungsgesetzes vom 4. Oktober 2004, BGBl. I, 2574) diesem Gesetz als Anlage beigefügt ist, enthalten und nach § 2 FStrAbG der Stufe „Weiterer Bedarf mit Planungsrecht (WB*)“ zugeordnet (vgl. die grafische Darstellung in der Anlage zum Fernstraßenausbaugesetz, veröffentlicht im Anlagenband 2004 zum Bundesgesetzblatt 2004, BGBl. I A-2004). Die Bedeutung der Einstufung „Weiterer Bedarf mit Planungsrecht (WB*)“ wird im Gesetz bzw. im Bedarfsplan nicht näher erläutert. Aus der Begründung des Entwurfs eines 5. Gesetzes zur Änderung des Fernstraßenausbaugesetzes ergibt sich Folgendes: „Der Weitere Bedarf (WB) enthält Vorhaben, deren gesamtwirtschaftliche Vorteilhaftigkeit nachgewiesen ist, deren Investitionsvolumen aber den Finanzrahmen bis 2015 überschreitet. Die Projektplanung darf deshalb nur in begründeten Ausnahmefällen mit Einwilligung des Bundesministeriums für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen aufgenommen oder weiterbetrieben werden. In begründeten Fällen kann die Planung von Projekten des Weiteren Bedarfs aufgrund dieses Gesetzes aufgenommen bzw. weiterbetrieben werden. Dies kann aufgrund der netzkonzeptionellen Bedeutung oder wegen des Zusammenhangs mit benachbarten Projekten der Stufe Vordringlicher Bedarf erforderlich sein. Diese Vorhaben sind als Weiterer Bedarf mit Planungsrecht besonders gekennzeichnet (WB*)“ (vgl. BT-Drs. 15/1657, Seite 21).
- 75
Die Argumente des Klägers, mit denen er die aus der gesetzlichen Bedarfsfeststellung folgende Planrechtfertigung in Frage stellen will, sind sämtlich nicht stichhaltig.
- 76
Zunächst kann der Auffassung des Klägers nicht gefolgt werden, dass die Einstufung in die Kategorie WB* eine „graduelle Minderwertigkeit“ der gesetzlichen Bedarfsfeststellung bedeute, etwa mit der Folge, dass diese Einstufung nur zu Vorplanungen, aber nicht zur verbindlichen Schaffung von Baurecht ermächtige. Dagegen spricht bereits, dass § 1 Abs. 2 FStrAbG nicht zwischen den Stufen der Bedarfsfeststellung differenziert, sondern für alle in den Bedarfsplan aufgenommenen Bau- und Ausbauvorhaben die Entsprechung mit den Zielvorstellungen des § 1 Abs. 1 FStrG konstatiert (§ 1 Abs. 2 Satz 1 FStrAbG) und darüber hinaus die Feststellung des Bedarfs generell als für die Linienbestimmung und Planfeststellung verbindlich erklärt (§ 1 Abs. 2 Satz 2 FStrAbG). Hieraus folgt, dass die Feststellung als „Vorhaben des Weiteren Bedarfs“ in gleicher Weise verbindlich ist wie jede andere Bedarfsfeststellung (so auch BayVGH, Urteil vom 19. Juli 2006 - 8 A 06.40015 -, juris, Rn. 43 f und Beschluss vom 13. Juli 2009 –8 CS 09.1388 –, juris, Rn. 15). Darüber hinaus folgt aus der zitierten Begründung des Gesetzentwurfs, dass den als WB* gekennzeichneten Vorhaben gegenüber den nur als WB eingestuften Vorhaben – für die aber immerhin auch die „gesamtwirtschaftliche Vorteilhaftigkeit“ als „nachgewiesen“ angesehen wird – insoweit ein Vorrang zukommt, als sie „aufgrund ihrer netzkonzeptionellen Bedeutung“ oder wegen ihres „Zusammenhangs mit benachbarten Projekten des vordringlichen Bedarfs … aufgenommen bzw. weiterbetrieben“ werden dürfen (vgl. BT-Drs. 15/1657, a.a.O.). Wie die Bundesregierung hierzu in ihrer Gegenäußerung zur Stellungnahme des Bundesrates klargestellt hat, bedeutet dies, dass bei den Maßnahmen des WB* den Ländern die Möglichkeit eingeräumt ist, „die Projektplanung bis zur Erlangung des Baurechts zu betreiben“ (vgl. BT-Drs. 15/1803, Seite 2). Dies kann aus dem Zusammenhang nur so verstanden werden, dass das Planfeststellungsverfahren vollständig zum Zwecke der Erlangung von Baurecht durchzuführen ist. Eine unzulässige „Vorratsplanung“ kann darin nicht gesehen werden. Letztlich führt jede Planfeststellung - auch bei Vorhaben des Vordringlichen Bedarfs - in gewisser Weise zu einer Schaffung von Baurecht „auf Vorrat“, da das Gebrauchmachen von dem geschaffenen Baurecht durch den Vorhabenträger sich aus vielfältigen Gründen noch verzögern kann. Dem hat der Gesetzgeber dadurch Rechnung getragen, dass er dem Vorhabenträger nach § 17c Nr. 1 FStrG eine Frist von 10 Jahren nach Eintritt der Unanfechtbarkeit des Planfeststellungsbeschlusses für den Beginn der Ausführungen des Plans einräumt, die auf Antrag noch um bis zu 5 Jahre verlängert werden kann, ohne dabei zwischen Vorhaben des Vordringlichen und solchen des Weiteren Bedarfs zu differenzieren. Ein Unterschied besteht allerdings insofern, als § 17e Abs. 2 FStrG die aufschiebende Wirkung von Anfechtungsklagen nur bei Vorhaben des Vordringlichen Bedarfs entfallen lässt. Doch wird dadurch zugleich bestätigt, dass auch die Vorhaben des Weiteren Bedarfs planfeststellungsfähig sind und diese auch bei ihnen zur Schaffung von vollziehbarem Baurecht führt.
- 77
Anders, als der Kläger dies zu unternehmen versucht, kann die gesetzliche Bedarfsfeststellung auch durch die Geltendmachung von Mängeln der für die konkrete Planung erstellten Verkehrsprognose nicht in Frage gestellt werden.
- 78
Wie das Bundesverwaltungsgericht in jüngster Zeit mehrfach entschieden hat, ist das Vorbringen, die der Planfeststellung zugrunde gelegte Verkehrsprognose sei methodisch fehlerhaft und die prognostizierten Verkehrszahlen seien unrealistisch, schon grundsätzlich nicht geeignet, die Grundlagen der gesetzlichen Bedarfsfeststellung und -überprüfung in Frage zu stellen (vgl. BVerwG, Urteil vom 3. Mai 2013, a.a.O., Rn. 22 ff. sowie Urteil vom 8. Januar 2014, a.a.O., Rn. 35 f). Da die gesetzliche Bedarfsfeststellung durch die Prognose künftiger Verkehrsströme beeinflusst wird, zielt die in § 1 Abs. 2 FStrAbG angeordnete Bindungswirkung darauf ab, dass straßenrechtlichen Planfeststellungsverfahren und damit ebenso einen anschließenden Verwaltungsprozess von einem Gutachterstreit über die „richtigere“ Verkehrsprognose zu entlasten. Dieser Zweck des § 1 Abs. 2 FStrAbG schließt es somit aus, den Abwägungsvorgang, den der Gesetzgeber auf dieser Stufe vollzogen hat, unter dem Blickwinkel fachlich zu überprüfen, ob eine Verkehrsprognose vorzugwürdig sein könnte; entscheidend ist vielmehr allein, ob das Ergebnis der Normsetzung den anzulegenden verfassungsrechtlichen Maßstäben genügt (vgl. BVerwG, Urteil vom 3. Mai 2013, a.a.O., Rn. 24, m.w.N.).
- 79
Somit beschränkt sich auch vorliegend die verwaltungsgerichtliche Prüfung darauf, ob der Gesetzgeber bei der normativen Bedarfsfeststellung die Grenzen des ihm zustehenden Ermessens überschritten hat. Dies setzt nach ständiger Rechtsprechung voraus, dass die Bedarfsfeststellung evident unsachlich ist, weil es für die Aufnahme des Vorhabens in den Bedarfsplan im Hinblick auf die bestehende oder künftig zu erwartende Verkehrsbelastung eines zu entwickelnden Raumes an jeglicher Notwendigkeit fehlt oder sich die Verhältnisse der Bedarfsentscheidung des Gesetzgebers so grundlegend gewandelt haben, dass das angestrebte Planungsziel unter keinen Umständen auch nur annähernd erreicht werden kann (vgl. z. B. BVerwG, Urteil vom 8. Januar 2014, a.a.O., Rn. 34, m.w.N.). Davon kann vorliegend keine Rede sein.
- 80
Vielmehr sind die vom Kläger zur Gerichtsakte gereichten Stellungnahmen von R., mit denen methodische Mängel der projektbezogenen Verkehrsprognose von M. gerügt werden, nicht geeignet, die gesetzliche Bedarfsfeststellung in Zweifel zu ziehen. Zum einen würden die behaupteten Mängel der projektbezogenen Prognose – ihr Vorliegen unterstellt – schon keine Rückschlüsse auf die den Bedarfsplan und dessen Überprüfung zugrunde liegenden Verkehrsprognosen zulassen. Denn der Bundesverkehrswegeplanung und der gesetzlichen Bedarfsfeststellung 2004 lag eine Prognose der bundesweiten Verkehrsverflechtungen bezogen auf das Jahr 2015 zugrunde, deren Kernstück deutschlandweite räumliche Verflechtungsmatrizen in Personen- und Güterverkehr bilden (vgl. BVerwG, Urteil vom 3. Mai 2013, a.a.O., Rn. 23, m.w.N.). Diese Prognose über die zukünftige Verkehrsentwicklung ist gemäß dem in § 4 Satz 1 FStrAbG enthaltenen Prüfauftrag im Jahre 2010 durch das Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Stadtentwicklung überprüft worden. Die Überprüfung ist auf der Grundlage eines Vergleichs der bei der Aufstellung des Bedarfsplans 2004 herangezogenen bundesweiten Verkehrsprognose 2015 mit der insbesondere die demografischen Leitdaten berücksichtigenden bundesweiten Verkehrsprognose 2025 auf der Ebene des Bundes, der Bundesländer und von Teilregionen zu dem Ergebnis gelangt, dass die seinerzeit festgestellten Bedarfseinstufungen für die Bundesfernstraßen auch bei Ansatz der aktuellen Verkehrsentwicklung gelten (vgl. auch dazu BVerwG, Urteil vom 3. Mai 2013, a.a.O., Rn. 23). Demnach besteht kein Anlass für die Annahme, dass sich die seinerzeit der Bewertung zugrunde gelegten verkehrlichen Rahmenbedingungen so grundlegend geändert haben, dass der Projektbedarf grundsätzlich in Frage gestellt werden müsste.
- 81
Zum anderen weist der Beklagte zutreffend darauf hin, dass es auch nach den Stellungnahmen von R. keineswegs an jeglichem Bedarf für einen vierstreifigen Ausbau des in Rede stehenden Planungsabschnitts fehlt. Im Gegenteil: Auch in den Stellungnahmen von R. wird von einer aktuellen Verkehrsbelastung im Jahre 2009 auf der B 10 im Bereich von Godramstein in Höhe von rund 29.000 Kraftfahrzeugen/24 Stunden ausgegangen, was in etwa der von M. für den Analyse-Null-Fall des Jahres 2004 ermittelten aktuellen Verkehrsbelastung im Streckenabschnitt zwischen Birkweiler und der A 65 entspricht und auch nur unwesentlich unter dem inzwischen von M. für das Jahr 2013 festgestellten Verkehrsaufkommen in diesem Bereich liegt. Damit übersteigt die aktuelle Verkehrsbelastung die für den gegenwärtigen Ausbauquerschnitt RQ 15,5 nach den „Richtlinien für die Anlage von Straßen – Teil: Querschnitt“ (RAS-Q) maßgebliche Obergrenze der Verkehrsstärke von ca. 23.000 Kfz/24 h bereits derzeit ganz erheblich, weshalb es nach den grundsätzlich unbestrittenen Angaben im Planfeststellungsbeschluss (S. 93) schon in der heutigen Situation besonders in den Spitzenzeiten zu Kolonnenbildungen in den nicht für Überholvorgänge freigegebenen Fahrtrichtungen, teilweise auch zu Staubildungen kommt; der hierdurch erzeugte Überholdruck verleitet zudem zu einem risikoreicheren Fahren in den für Überholvorgänge freigegebenen Streckenabschnitten, mit entsprechend erhöhter Unfallgefahr. Zudem geht R. nicht etwa von einem deutlichen Rückgang der Verkehrsbelastung bis zu einem Prognosehorizont 2020 oder 2030 aus, sondern rechnet lediglich mit einer Stagnation auf dem aktuellen Niveau. Damit würde aber bereits die – im Wesentlichen unstreitige – aktuelle Verkehrsbelastung im Bereich des planfestgestellten Abschnitts nach den einschlägigen Regelwerken für die Anlage von Bundesfernstraßen einen vierstreifigen Ausbau rechtfertigen, und zwar nach den seit dem Jahre 2008 angewendeten „Richtlinien für die Anlage von Autobahnen (RAA)“, die auch Regelquerschnitte für autobahnähnliche Straßen (sog. Entwurfsklasse 2) umfassen, zumindest mit einem Regelquerschnitt RQ 28 (Gesamtbreite 28 m) für autobahnähnliche Straßen mit einer Kapazität von bis zu 30.000 Fahrzeugen pro Tag. Demgegenüber soll vorliegend der vierstreifige Ausbau zwischen der A 65 und Godramstein aufgrund örtlicher Gegebenheiten sogar nur mit einem Sonderquerschnitt SQ 26 (Gesamtbreite 26 m; gegenüber dem Regelquerschnitt RQ 26 schmalerer Mittelstreifen, aber breiterer Randstreifen, vgl. dazu im Einzelnen Seite 105 ff. des Planfeststellungsbeschlusses) erfolgen. Wenn aber bereits die aktuelle Verkehrsbelastung nach den anerkannten Regelwerken einen vierstreifigen Ausbau – sogar mit einem größeren Regelquerschnitt – rechtfertigt und selbst nach den vom Kläger für richtig erachteten Verkehrsprognosen nicht mit einem wesentlichen Rückgang der Verkehrsbelastung, sondern zumindest mit einer Stagnation zu rechnen ist, kann keine Rede davon sein, dass es im Hinblick auf die bestehende oder künftig zu erwartende Verkehrsbelastung für die Aufnahme des Vorhabens in den Bedarfsplan an jeglicher Notwendigkeit fehlen könnte oder das angestrebte Planungsziel infolge einer grundlegenden Wandlung der Verhältnisse seit der Bedarfsfeststellung des Gesetzgebers unter keinen Umständen mehr auch nur annähernd erreichbar erscheint (vgl. zu diesen Maßstäben auch insoweit BVerwG, Urteil vom 3. Mai 2013, a.a.O., Rn. 21 ff.).
- 82
Es kann schließlich auch nicht festgestellt werden, dass dem Vorhaben die Planrechtfertigung deshalb fehlt, weil die Finanzierbarkeit des planfestgestellten Ausbaus der B 10 im Abschnitt zwischen der A 65 und Godramstein ausgeschlossen erscheint.
- 83
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts fehlt einem Vorhaben die Planrechtfertigung auch dann, wenn es wegen mangelnder Finanzierbarkeit objektiv nicht realisierungsfähig ist und sich daher als unzulässige „verfrühte Planung“ erweist (vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Mai 1999 – 4 A 12/98 –, UPR 1999, 355 und juris, Rn. 44 f; Urteil vom 15. Januar 2004 – 4 A 11/02 –, BVerwGE 120, 1 und juris, Rn. 24; Beschluss vom 21. März 2006 – 9 B 18/05 –, juris, Rn. 2 f sowie Beschluss vom 28. Dezember 2009 – 9 B 26/09 –, NuR 2010, 191 und juris, Rn. 4, m.w.N.). Dies bedeutet sogleich, dass die Planrechtfertigung nur dann zu verneinen ist, wenn die Finanzierbarkeit eines Vorhabens innerhalb eines überschaubaren Zeitrahmens (nach dem früheren § 17 Abs. 7 FStrG 10 Jahre, nach dem jetzigen § 17c Nr. 1 FStrG einschließlich der Verlängerungsmöglichkeit maximal 15 Jahre) ausgeschlossen erscheint.
- 84
Dafür, dass vorliegend die Finanzierbarkeit des vierstreifigen Ausbaus der B 10 im planfestgestellten Abschnitt innerhalb eines Zeithorizonts, der mindestens 10, eventuell sogar 15 Jahre, gerechnet ab dem Zeitpunkt des Erlasses des Planfeststellungsbeschlusses (hier also ab dem 22. September 2010, also mindestens bis September 2020), beträgt, ausgeschlossen erscheint, bestehen keine zureichenden Anhaltspunkte. Insbesondere ergeben sich dafür aus den vom Kläger ins Feld geführten Äußerungen der Bundesregierung in der Bundestagsdrucksache 17/2792 vom 24. August 2008 keine entscheidenden Gesichtspunkte, da dort lediglich ausgeführt wird, dass in der Vergangenheit keine Finanzmittel in Straßenbauprojekte des Weiteren Bedarfs geflossen seien. Demgegenüber verweist der Beklagte überzeugend darauf, dass für das konkret angefochtene Planungsvorhaben sowohl das Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Stadtentwicklung als auch das rheinland-pfälzische Verkehrsministerium gegenüber dem Landesbetrieb Mobilität (LBM) erklärt haben, dass bei Vorliegen endgültigen Baurechts die Finanzierung der hier planfestgestellten Maßnahme des Weiteren Bedarfs mit Planungsrecht (WG*) – ggf. auch gegen Austausch mit einer anderen Maßnahme des Vordringlichen Bedarfs im Gebiet von Rheinland-Pfalz – sichergestellt werden soll. Für die Annahme, dass damit die Finanzierbarkeit des Vorhabens jedenfalls nicht ausgeschlossen erscheint, reicht dies aus.
- 85
b. Das planfestgestellte Vorhaben steht auch mit den zwingenden Vorschriften des europäischen und nationalen Naturschutzrechts im Einklang.
- 86
Das Vorhaben führt nicht zu erheblichen Beeinträchtigungen der Erhaltungsziele oder des Schutzzwecks des FFH-Gebiets „Biosphärenreservat Pfälzerwald“; zumindest liegen die Voraussetzungen für eine Abweichungszulassung vor (aa.). Darüber hinaus sind keine Verstöße gegen Vorschriften des besonderen Artenschutzrechts gegeben (bb.). Es kann schließlich auch nicht festgestellt werden, dass die vorgesehene Kompensation vorhabenbedingter Eingriffe in Natur und Landschaft Defizite aufweist (cc.).
- 87
aa. Dem Planfeststellungsbeschluss kann zunächst nicht mit Erfolg entgegengehalten werden, das Vorhaben führe zu erheblichen Beeinträchtigungen des FFH-Gebiets „Biosphärenreservat Pfälzerwald“, ohne dass die Voraussetzungen für eine Abweichungszulassung gegeben wären, und verstoße deshalb gegen § 34 BNatSchG.
- 88
Entgegen der Ansicht des Klägers kann bereits keine erhebliche Beeinträchtigung der Erhaltungsziele oder des Schutzzwecks des FFH-Gebiets 6812 – 301 „Biosphärenreservat Pfälzerwald“ festgestellt werden. Nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BNatSchG sind Projekte vor ihrer Zulassung oder Durchführung auf ihre Verträglichkeit mit den Erhaltungszielen eines Natura 2000-Gebiets zu überprüfen, wenn sie einzeln oder im Zusammenwirken mit anderen Projekten oder Plänen geeignet sind, dass Gebiet erheblich zu beeinträchtigen, und nicht unmittelbar der Verwaltung des Gebiets dienen. Ergibt die Prüfung der Verträglichkeit, dass das Projekt zu erheblichen Beeinträchtigungen des Gebiets in seinen für die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck maßgeblichen Bestandteilen führen kann, ist es gemäß § 34 Abs. 2 BNatSchG unzulässig.
- 89
Vorliegend bedurfte das planfestgestellte Vorhaben der Durchführung einer Verträglichkeitsprüfung i.S.v. § 34 Abs. 1 Satz 1 BNatSchG. Denn die B 10 quert in dem vom angefochtenen Planfeststellungsbeschluss umfassten Abschnitt zwischen Bau-Km ca. 0 + 400 und Bau-Km ca. 0 + 830 die Niederung des Flusses Queich mittels eines Brückenbauwerks, das im Zuge der geplanten Erweiterung um einen weiteren Fahrstreifen für die Richtungsfahrbahn Pirmasens – Landau um ein neu zu errichtendes Brückenbauwerk in einem Abstand von bis zu etwa 10 m zum vorhandenen Brückenbauwerk ergänzt werden soll. Bei der Queichniederung handelt es sich um einen aus dem eigentlichen Kerngebiet des FFH-Gebiets 6812 – 301 herausragenden, östlichen Ausläufer am äußersten Rand des Schutzgebiets. Das FFH-Gebiet hat hier eine durchschnittliche Breitenausdehnung von ca. 300 bis 500 m (vgl. die Darstellung in der in den Planunterlagen befindlichen FFH-Verträglichkeitsprüfung, Planordner 1, Anlage 12.4, S. 6 ff.). Wie sich aus der Darstellung der „Wirkfaktoren“ in der FFH-Verträglichkeitsprüfung (a.a.O., S. 19) ergibt, sind mit dem Vorhaben bau- und anlagebedingte Eingriffe sowie betriebsbedingte Wirkfaktoren verbunden, die sich auf die Erhaltungsziele und die für sie maßgeblichen Gebietsbestandsteile auswirken können.
- 90
Die deshalb im Zuge des Planfeststellungsverfahren durchgeführte FFH-Verträglichkeitsprüfung gelangte jedoch zu dem Ergebnis, dass eine erhebliche Beeinträchtigung des FFH-Gebiets in seinen für die Erhaltungsziele und den Schutzzweck maßgeblichen Bestandteilen bei Berücksichtigung im Einzelnen benannter Maßnahmen zur Schadensbegrenzung ausgeschlossen werden könne; dieser Einschätzung hat sich der Planfeststellungsbeschluss (S. 153 ff.) angeschlossen.
- 91
In der Klagebegründung hat der Kläger – wie zuvor im Kern bereits in seinem Einwendungsschreiben vom 15. Mai 2007, weshalb eine Präklusion seines Vorbringens in Bezug auf das FFH-Gebietsschutzrecht nicht in Betracht kommt – das Ergebnis der FFH-Verträglichkeitsprüfung unter folgenden Gesichtspunkten angegriffen: Die FFH-Verträglichkeitsprüfung unterliege einer Fehleinschätzung bezüglich eines Vorkommens des prioritären Lebensraumtyps (LRT) 91E0* im Eingriffsraum des Vorhabens; eine vorhabenbedingte erhebliche Beeinträchtigung potentieller Lebensräume von erhaltungszielbestimmenden Schmetterlingsarten sei nicht berücksichtigt worden; es habe einer übergreifenden „Dach-FFH-Verträglichkeitsprüfung“ unter Berücksichtigung der Gesamtstrecke Pirmasens – Landau bedurft; die aus seiner Sicht danach erforderliche Ausnahmeprüfung nach § 34 Abs. 3 BNatSchG genüge nicht den strengen Anforderungen.
- 92
Der Auffassung des Klägers kann indessen unter keinen der angeführten Gesichtspunkte gefolgt werden. Das Ergebnis der FFH-Verträglichkeitsprüfung ist vielmehr rechtlich nicht zu beanstanden.
- 93
Klarstellend ist zunächst darauf hinzuweisen, dass der Umstand, dass das geplante Vorhaben mit einer zusätzlichen Flächeninanspruchnahme in der Bachaue und deren Umfeld verbunden ist (vgl. dazu die FFH-Verträglichkeitsprüfung, a.a.O., S. 29), für sich gesehen noch keine erhebliche Beeinträchtigung des FFH-Gebiets in seinen Erhaltungszielen oder seinem Schutzzweck begründet. Wie sich aus § 34 Abs. 2 BNatSchG ergibt, ist nicht jede Inanspruchnahme von Flächen, die zu einem FFH-Gebiet gehören, zwangsläufig als erhebliche Beeinträchtigung des Gebiets zu werten; es kommt vielmehr darauf an, ob das Projekt zu erheblichen Beeinträchtigungen des Gebiets in seinen für die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck maßgeblichen Bestandteilen führen kann. Dementsprechend stellt das Bundesverwaltungsgericht in seiner Rechtsprechung bei baubedingten Flächenverlusten darauf ab, ob sie mit unmittelbaren oder mittelbaren Einwirkungen auf erhaltungszielbestimmende Lebensraumtypen verbunden sind; dabei ist grundsätzlich jeder vorhabenbedingte Verlust von Flächen eines Lebensraumtyps der Anlage I der Habitatrichtlinie als erheblich zu werten, es sei denn, er hätte lediglich Bagatellcharakter (vgl. z.B. BVerwG, Urteil vom 13. Mai 2009 – 9 A 73.07 –, NuR 2009, 711 und juris, Rn. 49, unter Hinweis auf BVerwG, Urteil vom 12. März 2008 – 9 A 9.06 –, BVerwGE 130, 299 und juris, Rn. 124 ff.). Daraus folgt, dass vorhabenbedingte Flächenverluste dann in der Regel keine erhebliche Beeinträchtigung des Gebiets in seinen für die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck maßgeblichen Bestandteilen darstellen, wenn es sich nicht um unmittelbare Verluste von Flächen eines erhaltungszielbestimmenden Lebensraumtyps handelt und sich sonstige Flächenverluste auch nicht mittelbar nachteilig auf Vorkommen eines erhaltungszielbestimmenden Lebensraumtyps auswirken können.
- 94
Für eine unmittelbare oder mittelbare Beeinträchtigung von Flächen eines erhaltungszielbestimmenden Lebensraumtyps durch das Vorhaben ist indessen vorliegend nichts ersichtlich.
- 95
Soweit der Kläger in der Klagebegründung vom 31. Januar 2011 noch vorgetragen hat, im Eingriffsbereich des Vorhabens gebe es – entgegen der Annahme in der FFH-Verträglichkeitsprüfung – größere Bestände des erhaltungszielbestimmenden Lebensraumtyps 91E0*, in die durch die Brückenanlage mit einem Flächenbedarf von weit mehr als 1 ha eingegriffen werde, kann dem nicht gefolgt werden. Zum Beleg seiner Behauptungen hatte der Kläger auf Angaben zu drei Biotopen im Landschaftsinformationssystem der Naturschutzverwaltung Rheinland-Pfalz, auf Datenblätter zur Biotopkartierung sowie auf eine sog. HPNV-Kartierung verwiesen. Da es sich bei dem LRT 91E0* (Weichholzauen) um einen prioritären Lebensraumtyp handelt, hätte eine vorhabenbedingte Beeinträchtigung von Vorkommen dieses Lebensraumtyps zur Folge, dass die besonderen Anforderungen des § 34 Abs. 4 BNatSchG an eine Abweichungszulassung (ggf. Einholung einer Stellungnahme der Europäischen Kommission) vorliegen müssten.
- 96
Die Behauptung des Klägers ist indessen als widerlegt anzusehen. Bereits die in den Planunterlagen befindliche FFH-Verträglichkeitsprüfung hatte sich mit der Frage des Vorkommens des LRT 91E0* im Einwirkungsbereich des Vorhabens befasst und ein Vorkommen von Beständen dieses Lebensraumtyps eindeutig ausgeschlossen; dabei wurde maßgeblich darauf abgestellt, dass es sich bei den im Plangebiet anzutreffenden Gehölzstrukturen nur um schmale Ufergehölzsäume handele (vgl. FFH-Verträglichkeitsprüfung, a.a.O., S. 12). Aufgrund des Vorbringens des Klägers in seinem Einwendungsschreiben, ein Teil der anlagebedingt beeinträchtigten Gehölzbestände sei doch dem prioritären LRT 91E0* zuzuordnen, hatte sich der Beklagte veranlasst besehen, im Frühjahr 2010 eine Nachprüfung in Form einer nochmaligen Begehung und Augenscheineinnahme durch den Dipl.-Biologen H. vom Büro S. durchführen zu lassen, bei der ebenfalls keine Hinweise auf das Vorhandensein von diesem Lebensraumtyp zuzuordnen Vegetationsbeständen festgestellt wurden (vgl. die Stellungnahme des Dipl.-Biologen H. zu den naturschutzfachlichen Einwendungen des Klägers vom 7. Juni 2010, Ordner „Gutachten und ergänzende Stellungnahmen“, Nr. 6, S. 40 f.); dabei wurde ergänzend ausgeführt, dass es sich nur um ein- bis zweireihige Ufergehölze ohne Auwaldcharakter und unterhalb der Mindestgröße von 2.500 m² handele, die dem relevanten Biotoptyp nicht zuzuordnen seien.
- 97
In Reaktion auf das Vorbringen in der Klagebegründung hat der Beklagte schließlich eine weitere fachliche Stellungnahme des Dipl.-Biologen H. vom 6. April 2011 vorgelegt (Anlage 7 zum Schriftsatz des Beklagten vom 3. Juni 2011). Darin wird im Einzelnen begründet, weshalb die vom Kläger herangezogenen Biotopkartierungen usw. gerade keinen Rückschluss auf das Vorhandensein von Beständen des LRT 91E0* zulassen und weshalb die Kriterien hierfür von den festgestellten Vegetationsstrukturen nicht erfüllt werden. Diesen ergänzenden Feststellungen ist der Kläger im weiteren Verlauf des gerichtlichen Verfahrens nicht mehr entgegengetreten; er ist vielmehr namentlich in seinen Schriftsätzen vom 31. Oktober 2014 und vom 30. März 2015 sowie auch in der mündlichen Verhandlung des Senats auf das Thema nicht mehr weiter eingegangen, so dass schon fraglich erscheint, ob er seine Behauptungen zum Vorkommen der LRT 91E0* nach Vorlage der Stellungnahme vom 6. April 2011 noch aufrechterhalten will. Jedenfalls ist aus Sicht des Senats eine Betroffenheit eines Vorkommens dieses Lebensraumtyps im Einwirkungsbereich des Vorhabens durch den Beklagten nachvollziehbar und schlüssig, unter Berücksichtigung der besten verfügbaren wissenschaftlichen Erkenntnisse ausgeschlossen worden, ohne dass der Kläger den Feststellungen des Dipl.-Biologen H. konkrete eigene abweichende Erkenntnisse entgegenzusetzen vermocht hat. Namentlich stehen die Feststellungen des Dipl.-Biologen H., dass die im Einwirkungsbereich des Vorhabens anzutreffenden Vegetationsstrukturen mangels einer intakten Überflutungsaue, wegen des nur lückigen Charakters der in Frage kommenden Gehölzbestände, bei denen die Lücken stellenweise größer als eine Baumlänge sind, sowie mangels eines für diesen Lebensraumtyp charakteristischen Artenspektrums der Krautschicht nicht dem LRT 91E0* entsprechen, im Einklang mit den im Datenblatt zum Lebensraumtyp 91E0* des Bundesamtes für Naturschutz formulierten Anforderungen an die Feststellung von Vorkommen dieses Lebensraumtyps (vgl. die Internetseite des Bundesamtes für Naturschutz, www.bfn.de/0316typ91e0.html). Denn danach sind insbesondere lückige, fragmentierte Bestände, bei denen die Lücken zwischen den einzelnen Bäumen größer als die Baumhöhe sind, als Baumreihen zu werten und nicht als Bestände des LRT 91E0* zu erfassen.
- 98
Anders, als der Kläger meint, führt das planfestgestellte Vorhaben auch nicht zu erheblichen Beeinträchtigungen erhaltungszielbestimmender Schmetterlingsarten.
- 99
Nachdem er bereits im Einwendungsschreiben eine definitive Zerstörung von Lebensräumen der Schmetterlingsarten „Großer Feuerfalter“ (Lycaena Dispar) und „Dunkler Wiesenknopf-Ameisenbläuling“ (Maculinea Nausithous) durch das Vorhaben geltend gemacht hatte, hat der Kläger im gerichtlichen Verfahren im Wesentlichen vorgebracht, das Vorhaben führe zur erheblichen Beeinträchtigung von (jedenfalls potentiellen) Lebensräumen der Schmetterlingsarten „Großer Feuerfalter“ und „Dunkler Wiesenknopf-Ameisenbläuling“, und zwar durch die Verstärkung bereits bestehender Zerschneidungs- und Barrierewirkungen des Brückenbauwerks infolge seiner Erweiterung um eine zweite Brücke, was aufgrund der bereits angespannten Situation der beiden Arten im Gebiet zu einer gravierenden Verschlechterung ihres Erhaltungszustandes und damit zu einer erheblichen Beeinträchtigung des Gebiets in seinen Erhaltungszielen führen werde. Zwar hat der Kläger eingeräumt, dass im unmittelbaren Trassenbereich, soweit dieser das FFH-Gebiet quert, kein geeigneter Lebensraum für die beiden Falterarten vorhanden sei; doch gebe es im Queichtal sowohl nördlich als auch südlich der B 10 Flächen, die für beide Arten geeignet seien und auf deren Verfügbarkeit bzw. Erreichbarkeit es für die Überlebensfähigkeit der Metapopulationen der beiden Arten ankomme. Darüber hinaus sei die Brücken- oder Trittsteinfunktion der betroffenen FFH-Gebietsteile für den großräumigen Zugang von der Rheinebene zum Pfälzer Wald zu beachten, weshalb sich deren Beeinträchtigung durch das Vorhaben auf das Ökoverbundsystem „Natura 2000“ insgesamt auswirke und deshalb im Rahmen der Ausnahmeprüfung nach § 34 Abs. 3 BNatSchG hohe Anforderungen zu stellen seien.
- 100
Der Planfeststellungsbeschluss hat sich in Auseinandersetzung mit dem entsprechenden Einwendungsvorbringen des Klägers mit den beiden Schmetterlingsarten befasst und unter Bezugnahme auf die der FFH-Verträglichkeitsprüfung zugrunde gelegten faunistischen Erhebungen sowie den „Fachbeitrag Artenschutz“ ausgeführt, dass es für Lebensräume der Art „Großer Feuerfalter“ keine Nachweise und für geeignete Habitate des Dunklen Wiesenknopf-Ameisenbläulings nur Nachweise außerhalb des Wirkbereichs der B 10 gebe, was auch durch aktuelle Überprüfungen im April 2010 bestätigt worden sei; höchst vorsorglich wurde für beide Arten in Kapitel A VI des Planfeststellungsbeschlusses eine Ausnahmegenehmigung nach § 45 Abs. 7 BNatSchG erteilt; zudem – so wird weiter ausgeführt – würden beide Arten auch von der (vorsorglichen) Ausnahmezulassung nach § 34 Abs. 3 BNatSchG erfasst.
- 101
Im gerichtlichen Verfahren hat der Beklagte eine weitere Stellungnahme des Dipl.-Biologen H. vom 6. April 2011 vorgelegt (Anlage 7 zum Schriftsatz des Beklagten vom 3. Juni 2011). Danach hat eine weitere Überprüfung vor Ort ergeben, dass weiterhin keine Lebensraumpotentiale für die Arten Heller Wiesenknopf-Ameisenbläuling und Großer Feuerfalter im Wirkraum des Vorhabens vorhanden seien und der Dunkle Wiesenknopf-Ameisenbläuling im Bereich des Queichtals zwar vereinzelt nachgewiesen sei; doch seien die nächsten Fundorte nördlich der B 10 weit außerhalb des Wirkraums gelegen und insbesondere seien die für die Falterart bedeutsamen Vorkommen der Hauptfutterpflanze im Eingriffsbereich nicht vorhanden. In einer weiteren Stellungnahme vom 26. Januar 2015, die als Anlage 8 zum Schriftsatz des Beklagten vom 18. Februar 2015 zu den Gerichtsakten gereicht wurde, hat der Dipl.-Biologe H. zur Frage von erheblichen Beeinträchtigungen der beiden erhaltungszielbestimmenden Falterarten die vorliegenden Erkenntnisse wie folgt zusammengefasst: Für die Art Dunkler Wiesenknopf-Ameisenbläuling könne zunächst eine Zerschneidung bedeutsamer Teillebensräume infolge der Verwirklichung des planfestgestellten Vorhabens ausgeschlossen werden. Es sei zwar davon auszugehen, dass jeweils nördlich und südlich der B 10 eine Teilpopulation bestehe, da die Art als sehr standorttreu gelte. Zudem seien große Flächenanteile durch Gehölzbestände abgeriegelt, was einen ständigen Austausch zwischen den Teilflächen beidseits der B 10 nicht erwarten lasse. Ein Überfliegen von größeren Gehölzen sei nur ausnahmsweise anzunehmen. Die Tiere orientierten sich an der Blütenvegetation der Krautschicht und breiteten sich über Offenlandbestände und Säume aus. Dabei seien die Lebensstätten immer eng an das Vorkommen der essenziellen Futterpflanze – Großer Wiesenknopf – gebunden. Hauptflugorte seien Saumstandorte mit Wiesenknopf, wie Grabenränder, Böschungen, Dämme oder Feuchtbrachen sowie in Randbereichen von Mähwiesen. Die Hauptgefährdung der lokalen Population im Talraum der Queich bestehe in der fehlenden Nutzung oder einer ungünstigen Nutzung von Grünland. Zudem seien viele Standorte zwischenzeitlich von Neophyten dominiert. Grundsätzlich sei aber ein Austausch zwischen den beiden Teilräumen denkbar, da für die Art häufige Flugdistanzen von 1 bis 3 km bestätigt worden seien. Für das Projektgebiet sei dabei ein möglicher Austausch insbesondere durch den breiten Korridor mit Staudenfluren entlang der Bahnlinie zu vermuten. Ein zweiter Korridor bestehe potentiell entlang des Queichtalweges, allerdings fehlten hierzu aktuell geeignete Flächen mit Vorkommen der Futterpflanze Großer Wiesenknopf. Mit dem geplanten Vorhaben würden diese möglichen Korridore in ihrer Funktionsfähigkeit nicht verändert: Das vorhandene Bauwerk zur Bahnüberführung bleibe unverändert erhalten. Das daneben neu mit Abstand zu errichtende Bahnbauwerk erhalte aufgrund der großen lichten Weite des vorhandenen Bauwerks in Bodennähe die gleichen Abmessungen. Das bestehende Bauwerk zur Queichquerung der B 10 bleibe ebenfalls unverändert. Das zweite Bauwerk erhalte in Bodennähe eine größere lichte Weite. Es sei daher mit hoher Wahrscheinlichkeit anzunehmen, dass bei einer möglichen Nutzung der bahnbegleitenden bzw. gewässerbegleitenden Saumstrukturen durch die Falterart eine Teilverschattung durch ein zweites Bauwerk keine Rolle spielen werde. Darüber hinaus sei für diese Art ein erhebliches Kollisionsrisiko mit signifikanten Auswirkungen auf die Population der Art nicht gegeben. Denn die Bundesstraße verbleibe wie bisher in einer Dammlage mit breiten Böschungen, die vollständig bepflanzt werden. Dieser Heckenriegel verhindere das ungewollte Einfliegen in den Straßenraum, da Einzeltiere damit zum Überfliegen gezwungen würden. Dies werde aber nach allen bisherigen Kenntnissen zur Ausbreitungsökologie der Art nur in ganz seltenen Fällen vorkommen, da der Dunkle Wiesenknopf-Ameisenbläuling stark strukturgebunden in der Krautvegetation fliege. Auch für die Art Großer Feuerfalter sei eine Zerschneidung bedeutsamer Teillebensräume auszuschließen. Für das Queichtal zwischen Landau und Annweiler sei aus mehrjährigen Studien belegt, dass der Falter nur zeitweise den Talraum besiedele. Lokales bis regionales Aussterben und anschließende Wiederbesiedelung seien mehrfach beobachtet worden, so dass auf einen großen Flächenbedarf für langfristig überlebende Vorkommen geschlossen werde. Die Art werde indessen als sehr flugfähig und mobil eingestuft; dabei sei anzunehmen, dass die Art bei einem möglichen Ausbreitungsflug in jedem Fall eine Orientierung an Blütenpflanzen der Krautschicht suche. Auch ein erhebliches Kollisionsrisiko mit signifikanten Auswirkungen auf die Population dieser Art sei nicht gegeben. Zwar sei ein Überfliegen des gehölzbestandenen Straßendammes potentiell möglich, stelle aber eher die Ausnahme dar. Die Strukturbindung an die Blütenfarben bzw. an die Nektarpflanzen führe dazu, dass auch die Ausbreitungsflüge in der überwiegenden Mehrzahl auf Höhe der Krautschicht erfolgten. Im Falle der Queichbrücke sei daher ein Unterfliegen der Brücke zu postulieren, falls dieser Korridor von der Art überhaupt beflogen werden sollte. Diese Erkenntnisse hat der Gutachter bei seiner ergänzenden Anhörung in der mündlichen Verhandlung anhand zur Gerichtsakte gereichter Karten und Luftbilder nochmals erläutert.
- 102
Danach teilt der Senat die Auffassung des Beklagten, dass nach Abschluss der Verträglichkeitsprüfung und mehrfacher Überprüfung ihres Ergebnisses durch aktualisierende Begutachtungen kein vernünftiger Zweifel verbleibt, dass erhebliche Beeinträchtigungen des FFH-Gebiets im Hinblick auf die genannten erhaltungszielbestimmenden Schmetterlingsarten ausgeschlossen erscheinen.
- 103
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sind Maßstab für die Erheblichkeit von Gebietsbeeinträchtigungen i.S.v. § 34 Abs. 2 BNatSchG die für das Gebiet maßgeblichen Erhaltungsziele, also die Festlegungen zur Erhaltung oder Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands der in dem FFH-Gebiet vorkommenden Lebensräume und Arten nach den Anhängen I und II der Habitat-Richtlinie (vgl. z.B. BVerwG, Beschluss vom 10. November 2009 – 9 B 28.09 –, DVBl. 2010, 176 und juris, Rn. 3, m.w.N.). Danach waren hier mögliche Auswirkungen des Vorhabens auf den Erhaltungszustand der drei Schmetterlingsarten „Großer Feuerfalter“, „Dunkler Wiesenknopf-Ameisenbläuling“ und „Großer Mohrbläuling“ (= Heller Wiesenknopf-Ameisenbläuling) im Rahmen der FFH-Verträglichkeitsprüfung zu prüfen, da alle drei Arten in der Anlage I zu § 25 Abs. 2 des Landesnaturschutzgesetzes als maßgebliche Gebietsbestandteile benannt sind und darüber hinaus in der Landesverordnung über die Erhaltungsziele in den Natura 2000-Gebieten (GVBl. 2009, S. 4, 17) als eines der Erhaltungsziele für das FFH-Gebiet „Biosphärenreservat Pfälzerwald“ auch folgendes Ziel benannt wird: „Erhaltung oder Wiederherstellung von nicht intensiv genutzten Mähwiesensystemen, u.a. mit Pfeifengraswiesen und Borstgrasrasen, auch als Lebensräume für Schmetterlinge (insbesondere Maculinea ssp. und Lychaena dispar).“ Zu den Anforderungen an die ordnungsgemäße Durchführung einer FFH-Verträglichkeitsprüfung hat das Bundesverwaltungsgericht in ebenfalls ständiger Rechtsprechung insbesondere ausgeführt: Die Verträglichkeitsprüfung erfordere eine Einzelfallbeurteilung, bei der in einem ersten Schritt eine sorgfältige Bestandserfassung und –bewertung der von dem Projekt betroffenen maßgeblichen Gebietsbestandteile zu erfolgen habe; sodann seien die Einwirkungen zu ermitteln und naturschutzfachlich zu bewerten; ein Projekt ist danach zulässig, wenn nach Abschluss der Verträglichkeitsprüfung kein vernünftiger Zweifel verbleibt, dass erhebliche Beeinträchtigungen vermieden werden; dies setzt die Ausschöpfung aller einschlägigen wissenschaftlichen Mittel und Quellen voraus, wobei es zulässig ist, mit Prognosewahrscheinlichkeiten und Schätzungen zu arbeiten, soweit auch bei Ausschöpfung der einschlägigen Erkenntnismittel nicht ausräumbare Unsicherheiten über Wirkungszusammenhänge verbleiben, sofern dies kenntlich gemacht und begründet wird; dabei können auch Schutz- und Kompensationsmaßnahmen zugunsten des Projekts berücksichtigt werden, sofern sie sicherstellen, dass erhebliche Beeinträchtigungen verhindert werden (vgl. zum Ganzen z.B. BVerwG, Urteil vom 12. März 2008, a.a.O., Rn. 68 und 94).
- 104
Diesen Anforderungen ist vorliegend in Bezug auf die erhaltungszielbestimmenden Schmetterlingsarten in vollem Umfang Rechnung getragen worden. Wie zuletzt in der ergänzenden fachlichen Beurteilung des Gutachters H. vom 25. Januar 2015 aufgrund abermaliger Begehung und Überprüfung der Vegetationsstrukturen unter gleichzeitiger Auswertung der einschlägigen Fachliteratur überzeugend zusammengefasst wurde, gibt es zum einen keine Nachweise für Populationen des Großen Feuerfalters in den Talwiesen zwischen Godramstein und Landau, sondern nur eine Vermutung für das Einfliegen von Einzelexemplaren aus benachbarten Populationen, die aufgrund ihrer Mobilität aber auch größere Entfernungen mit Hindernissen überwinden können. Demgegenüber muss der Helle Wiesenknopf-Ameisenbläuling in den Talwiesen zwischen Godramstein und Landau wie wohl im gesamten Naturraum Pfälzerwald inzwischen als ausgestorben gelten. Der Dunkle Wiesenknopf-Ameisenbläuling kommt zwar in den Talwiesen zwischen Godramstein und Landau noch vor, doch beschränkt sich das Vorkommen auf drei Fundorte, die weit außerhalb des Eingriffsraumes des Vorhabens, nämlich mehr als 400 m von der B 10-Trasse entfernt liegen, wobei es sich um auf natürliche Weise (Gehölzriegel) abgeschottete, aber selbstständig lebensfähige Metapopulationen handelt, zwischen denen aufgrund der geringen Mobilität der Art kein nennenswerter Austausch stattfindet. Falls überhaupt, werden für Wanderungen von Einzelexemplaren nicht der Bereich der B 10-Querung des Queichtals, sondern kleinere Taleinschnitte (Bahnlinie, Wirtschaftsweg) genutzt, die ein Wandern entlang geeigneter Saumstrukturen ermöglichen. Danach erscheinen dem Senat die Schlussfolgerungen der Gutachter der FFH-Verträglichkeitsprüfung, dass erhebliche Beeinträchtigungen des FFH-Gebiets in seinen auf die genannten Schmetterlingsarten bezogenen Erhaltungszielen ausgeschlossen erscheinen, weil weder Lebensräume der Schmetterlinge im Einwirkungsbereich des Vorhabens vorhanden sind noch durch das Vorhaben für die Arten relevante Zerschneidungs- oder Barriereeffekte bewirkt werden und auch keine signifikante Erhöhung des Kollisionsrisikos gegeben ist, in jeder Hinsicht überzeugend. Sie beruhen auf einer sorgfältigen Bestandserfassung und -bewertung, wurden unter Ausschöpfung aller verfügbaren wissenschaftlichen Erkenntnisse getroffen und unter Inanspruchnahme der fachlichen Einschätzungsprärogative nachvollziehbar begründet. Der Kläger hat demgegenüber keine auf einer überlegenen Fachkunde beruhenden konkreten abweichenden Erkenntnisse hinsichtlich des Vorkommens und des Verhaltens der maßgeblichen Falterarten im Queichtal für sich in Anspruch genommen, die Anlass für eine abweichende Beurteilung der Wirkungen des Vorhabens auf die genannten erhaltungszielbestimmenden Falterarten oder für eine abermalige Begutachtung sein könnten.
- 105
Zweifel an der Einschätzung im angefochtenen Planfeststellungsbeschluss, dass das Vorhaben nicht zu erheblichen Beeinträchtigungen des FFH-Gebiets in seinen für die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck maßgeblichen Bestandteilen führen kann, sind schließlich auch nicht deshalb angebracht, weil keine abschnittsübergreifende sog. Dach-FFH-Verträglichkeitsprüfung durchgeführt wurde.
- 106
Der vom Kläger bereits in seinem Einwendungsschreiben geforderten Dach-FFH-Verträglichkeitsprüfung für das gesamte Planungsvorhaben des Ausbaus der B 10 zwischen Pirmasens und Landau bedurfte es nicht. Als „Projekt“ i.S.v. § 34 Abs. 1 BNatSchG, das auf seine Verträglichkeit mit den Erhaltungszielen eines Natura-2000-Gebiets zu überprüfen ist, ist bei fernstraßenrechtlichen Bau- oder Ausbauvorhaben der zulässigerweise gebildete Planungsabschnitt, der Gegenstand des festgestellten Plans ist, anzusehen, hier also der vierstreifige Ausbau der B 10 im Abschnitt zwischen Godramstein und der A 65. Insoweit gilt das zum Projektbegriff im UVP-Recht oben bereits Ausgeführte hier entsprechend. Nur dieser Abschnitt hat daher Gegenstand der FFH-Verträglichkeitsprüfung zu sein. Ergänzend ist gemäß § 34 Abs. 1 Satz 1, 1. Halbsatz BNatSchG lediglich noch zu prüfen, ob das Projekt eventuell (wenn nicht einzeln, so doch) im Zusammenwirken mit anderen Projekten oder Plänen geeignet ist, das Gebiet erheblich zu beeinträchtigen. Diese Frage ist in der FFH-Verträglichkeitsprüfung im Planaufstellungsverfahren untersucht und eindeutig verneint worden (vgl. Planordner 2, Planunterlage 12.4, S. 27 f.), ohne dass dies vom Kläger konkret in Frage gestellt worden ist.
- 107
Danach bleibt festzuhalten, dass nach dem überzeugenden Ergebnis der mehrfach überprüften und ergänzten FFH-Verträglichkeitsprüfung eine erhebliche Beeinträchtigung von Erhaltungszielen des FFH-Gebiets – zumal unter den vom Kläger vorrangig geltend gemachten Gesichtspunkten der Beeinträchtigung zweier Schmetterlingsarten – hinreichend sicher ausgeschlossen werden kann, das Vorhaben also als FFH-verträglich einzustufen ist. Einer Abweichungszulassung nach § 34 Abs. 3 BNatSchG bedurfte es danach nicht.
- 108
Unabhängig davon begegnet aber auch die im Planfeststellungsbeschluss (S. 161 ff.) rein vorsorglich durchgeführte Ausnahmeprüfung keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken:
- 109
Nach § 34 Abs. 3 BNatSchG darf ein Projekt abweichend vom Abs. 2 nur zugelassen oder durchgeführt werden, soweit es aus zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses, einschließlich solcher sozialer oder wirtschaftlicher Art, notwendig ist (Nr. 1) und zumutbare Alternativen, den mit dem Projekt verfolgten Zweck an anderer Stelle ohne oder mit geringeren Beeinträchtigungen zu erreichen, nicht gegeben sind (Nr. 2). Soll ein Projekt nach Abs. 3 zugelassen oder durchgeführt werden, sind zudem die zur Sicherung des Zusammenhangs des Netzes „Natura 2000“ notwendigen Maßnahmen vorzusehen (§ 34 Abs. 5 BNatSchG).
- 110
Unterstellt, das planfestgestellte Vorhaben würde doch zu erheblichen Beeinträchtigungen von Erhaltungszielen des FFH-Gebiets führen, etwa – was allenfalls in Betracht zu ziehen wäre – unter dem Gesichtspunkt von Zerschneidungs- bzw. Barrierewirkungen in Bezug auf Austauschbeziehungen zwischen Teilpopulationen des Großen Feuerfalters und des Dunklen Wiesenknopf-Ameisenbläulings, so lägen jedenfalls die Voraussetzungen für eine Abweichungszulassung nach den genannten Vorschriften vor:
- 111
Das Vorhaben des vierstreifigen Ausbaus der B 10 zwischen Godramstein und der Autobahn A 65 wäre in diesem Falle zunächst als aus zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses notwendig anzusehen. Insoweit hat der Planfeststellungsbeschluss in nicht zu beanstandender Weise die gesetzliche Bedarfsfeststellung und die weiteren, zur Erforderlichkeit der Ausbaumaßnahme angeführten Gründe, insbesondere das Ziel der Erhöhung der Verkehrssicherheit, ins Feld geführt. In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass die gesetzliche Bedarfsfeststellung einem Planvorhaben einen besonderen Stellenwert verleiht, der in der Interessenabwägung mit hohem Gewicht zu Buche schlägt (vgl. z. B. BVerwG, Urteil vom 12. März 2008, a.a.O., Rn. 159, m.w.N.). Wie oben bereits ausgeführt, kommt dabei der Einstufung in den Weiteren Bedarf mit Planungsrecht keine „graduelle Minderwertigkeit“ zu; vielmehr entspricht auch ein solches Vorhaben den Zielvorstellungen des § 1 Abs. 1 Fernstraßengesetz, ihm kommt nur bei der konkreten Bereitstellung finanzieller Mittel ein grundsätzlicher Nachrang gegenüber Vorhaben des „Vordringlichen Bedarfs“ zu, der aber die Gewichtigkeit der mit ihm verfolgten Planungsziele als zwingende öffentliche Interessen nicht entscheidend mindert. Der Planfeststellungsbeschluss hat auch eine konkrete „bipolare Abwägung“ zwischen den für das Vorhaben sprechenden Gründen des öffentlichen Interesses und dem Integrationsinteresse des FFH-Gebietes vorgenommen (vgl. auch dazu: BVerwG, Urteil vom 12. März 2008, a.a.O., Rn. 154 und 165) und ist ohne erkennbaren Abwägungsfehler zu dem Ergebnis gelangt, dass die für das Vorhaben sprechenden Gründe die (wenn überhaupt) allenfalls geringfügigen Beeinträchtigungen des Habitatschutzes klar überwiegen. Auf die Frage, ob die Verkehrsprognose methodisch und im Ergebnis in jeder Hinsicht beanstandungsfrei ist, kommt es auch hier angesichts des Gewichts der gesetzlichen Bedarfsfeststellung und der bereits im Ist-Zustand bestehenden hohen Verkehrsbelastung, die – wie ausgeführt – allein schon einen vierstreifigen Ausbau rechtfertigen würde, letztlich nicht an.
- 112
Der Planfeststellungsbeschluss hat auch eine nicht zu beanstandende Alternativenprüfung vorgenommen, die zutreffend zu dem Ergebnis gelangt ist, dass es keine zumutbaren Alternativen gibt, den mit dem Projekt verfolgten Zweck an anderer Stelle oder mit geringeren Beeinträchtigungen des Habitatschutzes zu erreichen. Dabei hat er sich an der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts orientiert, wonach eine Alternativlösung i.S.v. § 34 Abs. 3 Nr. 2 BNatSchG voraussetzt, dass sich die zulässigerweise verfolgten Planungsziele trotz gegebenenfalls hinnehmbarer Abstriche auch mit ihr erreichen lassen (vgl. z.B. BVerwG, Urteil vom 12. März 2008, a.a.O., Rn. 170, m.w.N.). Da alle denkbaren Trassenalternativen jenseits einer bloßen Erweiterung der bestehenden dreistreifigen B 10 um eine weitere Fahrspur, also namentlich Neubautrassen, zwangsläufig mit wesentlich gravierenderen Eingriffen in Natur und Landschaft verbunden wären und daher von vorneherein ausscheiden, waren letztlich nur Varianten der gewählten Trasse (Anbau im Norden oder im Süden) näher zu erörtern. Der Planfeststellungsbeschluss hat insoweit in jeder Hinsicht überzeugend dargelegt, dass mit dem ausgewählten alternierenden Anbau sowohl die Belange des Habitatschutzes als auch andere Umweltbelange die größtmögliche Schonung erfahren. Dies ist vom Kläger nicht substantiiert in Frage gestellt worden.
- 113
Der Planfeststellungsbeschluss sieht schließlich auch in ausreichendem Umfang Vermeidungs-, Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen vor, die bei Unterstellung einer (allenfalls geringfügig) die Schwelle der Erheblichkeit übersteigenden Beeinträchtigung von Erhaltungszielen des FFH-Gebiets geeignet erscheinen, den Schutz der globalen Kohärenz des Natura 2000-Netzes sicherzustellen. Dabei hat er sich an den diesbezüglichen Grundsätzen der Rechtsprechung orientiert; diesen zufolge ist es Aufgabe der Kohärenzsicherungsmaßnahmen, die zu dem Projekt hinzutreten, die Funktionseinbuße für die Erhaltungsziele zu kompensieren (vgl. z.B. BVerwG, Urteil vom 13. Mai 2009 – 9 A 73.07 –, NuR 2009, 711 und juris, Rn. 69, m.w.N.). Dabei ist der Funktionsbezug das maßgebliche Kriterium insbesondere auch zur Bestimmung des notwendigen räumlichen und zeitlichen Zusammenhangs zwischen Gebietsbeeinträchtigung und Kohärenzsicherung. Der Ausgleich muss aber nicht notwendig unmittelbar am Ort der Beeinträchtigung erfolgen, sondern es genügt, dass die Einbuße ersetzt wird, die das Gebiet hinsichtlich seiner Funktion für die biogeografische Verteilung der beeinträchtigten Lebensräume und Arten erleidet. In zeitlicher Hinsicht muss mindestens sichergestellt sein, dass das Gebiet unter dem Aspekt des beeinträchtigten Erhaltungsziels nicht irreversibel geschädigt wird. Ist das gewährleistet, lässt sich die Beeinträchtigung aber – wie im Regelfall – nicht zeitnah ausgleichen, so ist es hinnehmbar, wenn die Kohärenzsicherungsmaßnahmen rechtzeitig bis zur Vollendung des Vorhabens ergriffen werden, die Funktionseinbuße hingegen erst auf längere Sicht wettgemacht wird. Dabei ist die Eignung einer Kohärenzsicherungsmaßnahme ausschließlich nach naturschutzfachlichen Maßstäben zu beurteilen, wobei der Planfeststellungsbehörde eine naturschutzfachliche Einschätzungsprärogative zukommt (vgl. zum Ganzen insbesondere BVerwG, Urteil vom 12. März 2008, a.a.O., Rn. 200 ff.).
- 114
Hieran orientiert hat der Planfeststellungsbeschluss im Einzelnen dargelegt, inwiefern bestimmten der vorgesehenen Maßnahmen – unabhängig davon, ob sie innerhalb oder außerhalb des FFH-Gebiets vorgenommen werden sollen – positive Auswirkungen auf das FFH-Gebiet attestiert werden können, indem sie zu einer Aufwertung von Lebensräumen für erhaltungszielbestimmende Arten (namentlich Fledermäuse, Schmetterlinge) führen oder als Vermeidungsmaßnahmen zum Beispiel Kollisionsrisiken für solchen Arten mindern. Die vom Kläger an der Eignung oder Wirksamkeit einzelner Maßnahmen geäußerten Zweifel sind teilweise irrelevant, soweit sie sich etwa auf eine Kompensation von Beeinträchtigungen des Lebensraumtyps 91E0* beziehen, da ein Vorkommen dieses Lebensraumtyps im Wirkraum der Planung ausgeschlossen werden konnte. Im Übrigen ist ihnen der Beklagte überzeugend entgegengetreten.
- 115
bb. Des Weiteren lässt der Planfeststellungsbeschluss im Hinblick auf die Anforderungen des europäischen und nationalen Artenschutzrechts keine Defizite erkennen. Namentlich stehen der Verwirklichung des planfestgestellten Vorhabens die zwingenden Regelungen der §§ 44 ff. BNatSchG in Bezug auf besonders geschützte Arten nicht entgegen.
- 116
Nach den in § 44 BNatSchG normierten Verbotstatbeständen, bei deren Erfüllung ein Vorhaben grundsätzlich unzulässig ist, ist es insbesondere verboten, wildlebenden Tieren der besonders geschützten Arten nachzustellen, sie zu fangen, zu verletzen oder zu töten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören (Nr. 1), wildlebende Tiere der streng geschützten Arten und der europäischen Vogelarten während der Fortpflanzungs-, Aufzucht-, Mauser-, Überwinterungs- und Wanderungszeiten erheblich zu stören, wobei eine erhebliche Störung nur vorliegt, wenn sich durch die Störung der Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art verschlechtert (Nr. 2), und Fortpflanzungs- oder Ruhestätten der wildlebenden Tiere der besonders geschützten Arten aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören (Nr. 3). Für Vorhaben, die – wie das in Rede stehende fernstraßenrechtliche Ausbauvorhaben (vgl. dazu unten unter cc.) – einen nach Maßgabe des § 15 BNatSchG zulässigen Eingriff in Natur und Landschaft darstellen, trifft § 44 Abs. 5 BNatSchG ergänzende Regelungen: Bei solchen Vorhaben liegt gemäß § 44 Abs. 5 Satz 2, wenn in Anhang IV a der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführte Tierarten, europäische Vogelarten oder in einer Rechtsverordnung nach § 54 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG aufgeführte Arten betroffen sind, ein Verstoß gegen das Verbot des Abs. 1 Nr. 1 und im Hinblick auf damit verbundene unvermeidbare Beeinträchtigungen wildlebender Tiere auch gegen das Verbot des Abs. 1 Nr. 1 nicht vor, soweit die ökologische Funktion der von dem Eingriff oder Vorhaben betroffenen Fortpflanzungs- oder Ruhestätten im räumlichen Zusammenhang weiterhin erfüllt wird.
- 117
Diesen Anforderungen hat der angefochtene Planfeststellungsbeschluss hinreichend Rechnung getragen.
- 118
Der Planfeststellungsbeschluss handelt die Vereinbarkeit des Vorhabens mit dem europäischen und nationalen Artenschutzrecht umfassend ab und gelangt – gestützt im Wesentlichen auf die im Planfeststellungsverfahren eingeholten und mehrfach überarbeiteten beiden Fachbeiträge „Streng geschützte Arten“ (Planordner 2, Anlage 12.3.1) sowie „Besonders geschützte Arten“ (Planordner 2, Anlage 12.3.2) – zu folgenden Ergebnissen: Unter Berücksichtigung der konkreten Ausgestaltung der Baumaßnahme, der in der Planung enthaltenen naturschutzfachlichen Maßnahmen, der naturschutzfachlichen Bewertungen der Sachverständigen sowie der im Planfeststellungsbeschluss getroffenen Regelungen komme es nicht zur Erfüllung von Verbotstatbeständen des § 44 Abs. 1 i.V.m. Abs. 5 BNatSchG im Hinblick auf Arten des Anhangs IV der FFH-Richtlinie oder im Hinblick auf europäische Vogelarten. Insbesondere führe das planfestgestellte Vorhaben bau-, anlagen- und betriebsbedingt nicht zur Beschädigung oder Zerstörung von Ruhe- und Fortpflanzungsstätten dieser Arten, deren ökologische Funktion im räumlichen Zusammenhang nicht gewahrt werde; ebenso wenig würden erhebliche Störungen i.S.v. § 44 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG verursacht; schließlich würden auch keine Tötungen i.S.v. § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG ausgelöst. Die Voraussetzungen der dennoch dem Vorhabenträger vorsorglich erteilten Ausnahmegenehmigungen nach § 45 Abs. 7 BNatSchG sowie höchstvorsorglich erteilten Befreiung nach § 67 BNatSchG lägen jedoch vor; namentlich stritten für die Baumaßnahme zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses und es gebe für das Vorhaben in seiner konkreten Ausgestaltung auch keine zumutbaren Planungsalternativen und eine Verschlechterung des Erhaltungszustands der Populationen der im Planbereich vorkommenden besonders geschützten Arten sei nicht zu erwarten.
- 119
Nachdem der Kläger in seinem Einwendungsschreiben noch umfangreichere artenschutzrechtliche Einwendungen erhoben hatte, hat er im gerichtlichen Verfahren – neben Rechtsausführungen – von diesen Einwendungen im Wesentlichen nur noch folgende konkrete Gesichtspunkte weiterverfolgt: Aus dem Fachbeitrag Planunterlage 12.3.2 ergäben sich keine hinreichenden Hinweise auf Größe und Raumanspruch der jeweiligen lokalen Populationen, weshalb eine Beurteilung, ob vereinzelte Tötungen von Tieren zu negativen Auswirkungen auf die jeweilige lokale Population führen, nicht möglich sei. Deshalb seien auch keine Aussagen zu etwaigen Ausnahmen oder Befreiungen möglich, zumal deren Voraussetzungen aus klägerischer Sicht ohnehin nicht zu begründen seien. Die Unkenntnis populationsbezogener Daten schlage auch auf die in Kapitel C II 1, 4. Spiegelstrich des Planfeststellungsbeschlusses vorgesehene Auflage der Errichtung einer ohnehin dringend gebotenen Überflughilfe für Vögel und Fledermäuse durch; denn nach Kapitel C II 1, 5. Spiegelstrich solle die optimale Ausgestaltung der Überflughilfen erst im Vorfeld der Baumaßnahmen mit Hilfe von Untersuchungen durch Fledermausexperten eruiert werden, womit letztlich eine nachträgliche Bestandserhebung angeordnet werde. Gerade im Bereich der Fledermäuse finde nur eine Betrachtung von Hypothesen statt, ohne dass eine sachgerechte Konfliktlösung bewerkstelligt und eine hinreichende Abwägung bei der Ausnahme und Befreiungsentscheidung vorgenommen worden sei.
- 120
Diese Ausführungen des Klägers sind jedoch nicht geeignet, artenschutzrechtliche Defizite des Planfeststellungsbeschlusses zu begründen:
- 121
Zunächst sind aus Sicht des Senats keine Zweifel daran veranlasst, dass die Ermittlung und Bestandsaufnahme der im Wirkraum des Vorhabens vorhandenen Tierarten den Anforderungen der Rechtsprechung an Art und Umfang, Methodik und Untersuchungstiefe erforderlicher fachgutachterlicher Untersuchungen entspricht. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts setzt die Prüfung, ob einem Planvorhaben artenschutzrechtliche Verbotstatbestände entgegenstehen, eine ausreichende Ermittlung und Bestandsaufnahme der im Trassenbereich vorhandenen Tierarten und ihrer Lebensräume voraus. Dabei muss jedoch kein lückenloses Arteninventar erstellt werden; lassen bestimmte Vegetationsstrukturen sichere Rückschlüsse auf die faunistische Ausstattung zu, kann es vielmehr mit der gezielten Erhebung der insoweit maßgeblichen repräsentativen Daten sein Bewenden haben. Um die Planfeststellungsbehörde in die Lage zu versetzen, die tatbestandlichen Voraussetzungen der Verbotstatbestände zu überprüfen, benötigt sie aber jedenfalls Daten, denen sich in Bezug auf das Plangebiet die Häufigkeit und Verteilung der geschützten Arten sowie deren Lebensstätten entnehmen lassen (vgl. zum Ganzen z.B. BVerwG, Urteil vom 9. Juli 2008 – 9 A 14.07 –, BVerwGE 131, 274 und juris, Rn. 54, m.w.N.). Die artenschutzrechtliche Prüfung hat bei der Erfassung und Bewertung möglicher Betroffenheiten nach ausschließlich wissenschaftlichen Kriterien zu erfolgen, wobei der Planfeststellungsbehörde insoweit eine naturschutzfachliche Einschätzungsprärogative zusteht (vgl. BVerwG, Urteil vom 9. Juli 2008, a.a.O., Rn. 64 f.).
- 122
Danach kann hier festgestellt werden, dass die beiden Fachbeiträge Artenschutz – insbesondere in der letzten, an den § 44 ff. BNatSchG i.d.F. vom 29.Juli 2009 orientierten Überarbeitung vom August 2010 – umfassende Darstellungen der im Wirkraum der Planung aufgrund der naturräumlichen Verhältnisse und der Vegetationsausstattung zu erwartenden, besonders und streng geschützten Tier- (und Pflanzen-)Arten enthalten, die sowohl auf einer Auswertung einschlägiger Datenbanken und Fachliteratur als auch auf eigenen Erhebungen bei mehreren Begehungen beruhen. Hinsichtlich jeder Art werden Angaben zu deren (gegebenenfalls nur potentiellem) Vorkommen im Untersuchungsgebiet sowie – darauf beruhend – zum Erhaltungszustand der lokalen Population gemacht. Sodann wird für jede Art deren anlage-, bau- und betriebsbedingte Betroffenheit dargestellt und es werden artspezifische Vermeidungsmaßnahmen hinsichtlich des Tötungsverbots des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG vorgeschlagen. Zusätzlich erfolgt jeweils eine Prognose und Bewertung hinsichtlich der Schädigungstatbestände des § 44 Abs. 1 Nr. 3 und der Störungsverbotstatbestände nach § 44 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG. Dabei gelangt die Untersuchung jeweils zu dem Ergebnis, dass die artenschutzrechtlichen Verbotstatbestände bei Berücksichtigung der im Einzelnen benannten Vermeidungs- und Schadensbegrenzungsmaßnahmen nicht erfüllt werden. Unabhängig davon werden vorsorglich naturschutzfachliche Gründe für eine Ausnahmeerteilung nach § 45 Abs. 7 BNatSchG benannt, wonach in allen Fällen keine (weitere) Verschlechterung des (günstigen oder teilweise auch ungünstigen) Erhaltungszustands der jeweiligen lokalen Population zu erwarten sei. Rechtserhebliche Defizite sind insoweit nicht erkennbar und werden auch vom Kläger nicht substantiiert – etwa unter Hinweis auf abweichende naturschutzfachliche Erkenntnisse – dargelegt.
- 123
Soweit der Kläger Angaben über die Größe und den Raumanspruch der jeweiligen lokalen Population vermisst, bleibt zu sehen, dass nach der Rechtsprechung gerade kein lückenloses Arteninventar zu erstellen ist, soweit – wie hier – bestimmte Vegetationsstrukturen sichere Rückschlüsse auf die faunistische Ausstattung zulassen. Ebenso wenig bedarf es einer flächendeckenden Individuen- oder Fortpflanzungsstättenzählung, zumal im Einwirkungsbereich der Planung ohnehin aufgrund der starken Vorbelastung durch die vorhandene Straße die meisten Anhang IV-Arten mangels Attraktivität des Umfelds nur allenfalls potentiell vorkommen, während bei den tatsächlich vorkommenden europäischen Vogelarten ubiquitäre Allerweltsarten dominieren.
- 124
Was schließlich die Kritik des Klägers an dem in Kapitel C II. Nr. 1, 5. Spiegelstrich des Planfeststellungsbeschlusses angeordneten Monitoring durch Fledermausexperten zur Absicherung der genauen Anforderungen an die Überflughilfen für Fledermausarten angeht, kann keine Rede davon sein, dass hier eine nachträgliche Bestandserhebung zur Ausräumung von Defiziten der Bestandsermittlung im Planfeststellungsverfahren angeordnet würde. Wie dargelegt sind Defizite der Bestandsermittlung und -bewertung in Bezug auf keine der potentiell vorkommenden Anhang IV-Arten einschließlich der Fledermäuse feststellbar. Vielmehr handelt es sich bei der Monitoringauflage um eine vorsorgliche Maßnahme im Rahmen eines Risikomanagements, um etwaigen Veränderungen des Fledermausartenspektrums im Untersuchungsraum bis zur baulichen Umsetzung des Vorhabens durch genauere Gestaltung der Überflughilfen aufgrund aktualisierter Bestandserfassungen möglichst optimal Rechnung tragen zu können. Dies steht im Einklang mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung (vgl. z.B. BVerwG, Urteil vom 12. August 2009 – 9 A 64.07 –, BVerwGE 134, 308 und juris, Rn. 92).
- 125
Ist danach die Schlussfolgerung des Planfeststellungsbeschlusses, dass die Planung unter Berücksichtigung der konkreten Ausgestaltung der Baumaßnahme, der in der Planung enthaltenen naturschutzfachlichen Maßnahmen sowie der im Planfeststellungsbeschluss getroffenen Regelungen nicht zur Erfüllung artenschutzrechtlicher Verbotstatbestände in Bezug auf Anhang IV- und europäische Vogelarten führen wird, nicht zu beanstanden, so hätte es an sich der (vorsorglichen) Erteilung von artenschutzrechtlichen Ausnahmegenehmigungen und sogar Befreiungen nach Kapitel A VI. des Planfeststellungsbeschlusses nicht bedurft. Indessen bestehen aber auch keine Zweifel daran, dass die Voraussetzungen des § 45 Abs. 7 BNatSchG für eine Ausnahmeerteilung vorliegen, da aus den bereits in der habitatschutzrechtlichen Ausnahmeprüfung genannten Gründen zum einen zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses i.S.v. § 45 Abs. 7 Satz 1 Nr. 5 BNatSchG für das Vorhaben streiten und zum anderen zumutbare Alternativen i.S.v. § 45 Abs. 7 Satz 3, 1. Halbsatz BNatSchG nicht gegeben sind. Darüber hinaus ist in den artenschutzrechtlichen Fachbeiträgen für jede (potentiell) betroffene Art überzeugend dargestellt worden, dass sich der Erhaltungszustand der Population auch bei einzelnen Verlusten von Individuen der Art nicht weiter verschlechtern wird (§ 45 Abs. 7 Satz 2, 2. Halbsatz BNatSchG).
- 126
cc. Der Planfeststellungsbeschluss steht schließlich auch mit der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung gemäß §§ 14 ff. BNatSchG im Einklang.
- 127
Da die Verwirklichung des planfestgestellten Straßenausbauvorhabens nach der Darstellung in dem zu den Planunterlagen zählenden Fachbeitrag Naturschutz (Planordner 2, Anlage 12.0, S. 38 ff.) mit einer Vielzahl von bau-, anlage- und betriebsbedingten Auswirkungen auf Natur und Landschaft verbunden ist, die als Eingriffe i.S.v. § 14 Abs. 1 BNatSchG zu werten sind, sieht der Planfeststellungsbeschluss in seinem verfügenden Teil eine große Zahl von Vermeidungs-, Minimierungs- und Kompensationsmaßnahmen vor, die neben gebiets- und artenschutzrechtlichen Zielsetzungen auch (zum Teil multifunktional) dem Eingriffsausgleich dienen und dem Straßenbaulastträger zur Beachtung und Durchführung auferlegt werden (vgl. Kapitel C, II., Nr. 1 des Planfeststellungsbeschlusses). Darüber hinaus werden in Kapitel C, II., Nrn. 2 bis 4 bestimmte landespflegerische Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen konkret festgelegt. Ferner enthält der Planfeststellungsbeschluss in Kapitel C, II., Nrn. 5 bis 9 weitere Regelungen mit teilweisem Bezug zur Eingriffsregelung. In der Begründung des Planfeststellungsbeschlusses (S. 149 bis 252) wird näher erläutert, inwiefern den Anforderungen der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung Genüge getan wurde; das Konzept zur Vermeidung, zum Ausgleich und zum Ersatz von Eingriffen beruht auf den im Planfeststellungsverfahren vom Büro S. erstellten „Fachbeitrag Naturschutz“ (Planordner 2, Anlage 12, mit Erläuterungsbericht 12.0 nebst Anhang I „Maßnahmenverzeichnis“).
- 128
Während der Kläger im Einwendungsschreiben vom 15. Mai 2007 sich noch ausführlicher mit den vorgesehenen Eingriffen in Natur und Landschaft auseinandergesetzt und eine Reihe aus seiner Sicht bestehende Defizite gerügt hatte, hat er im gerichtlichen Verfahren das Eingriffs- und Ausgleichskonzept des Planfeststellungsbeschlusses nicht grundsätzlich, sondern nur noch punktuell unter folgenden zwei Gesichtspunkten angegriffen: Zum einen hat er die Regelung in Kapitel C, II., Nr. 2 des Planfeststellungsbeschlusses aufgegriffen, nach der die landespflegerischen Maßnahmen 2.4 E AB (Erweiterung Bachuferwald an der Queich, ca. 1.500 m²) und 3.2 E AB (Extensivierung Uferrandstreifen an der Queich, ca. 1.200 m²) – auf als berechtigt anerkannte Einwendung u.a. des Klägers – an eine andere Stelle verlegt werden sollen, wobei der neue Standort der Maßnahmen und deren Ausgestaltung mit der oberen Naturschutzbehörde abzustimmen sind. Insoweit rügt der Kläger, dass es an einer hinreichenden tatsächlichen und rechtlichen Sicherung der beiden Maßnahmen fehle. Zum anderen schließt der Kläger aus der in derselben Regelung des Planfeststellungsbeschlusses enthaltenen weiteren Auflage, dass „in diesem Zusammenhang … auch der Verlust von ca. 400 m² Gehölzfläche sowie von ca. 150 m² Röhricht-Staudenflur zu kompensieren“ sei, dass sich dahinter ein weiterer, bisher nicht offengelegter Eingriff in Natur und Landschaft verberge. Hieraus folgert der Kläger, dass der Planfeststellungsbeschluss nicht den gesetzlichen Anforderungen an die Kompensation gemäß § 17 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 BNatSchG genüge und auch deshalb rechtswidrig sei.
- 129
Die Kritik des Klägers ist auch in diesen beiden Punkten nicht stichhaltig:
- 130
Entgegen der Annahme des Klägers bestehen zunächst keine durchgreifenden Bedenken daran, dass die Umsetzung der Maßnahmen 2.4 E AB und 3.2 E AB auch nach Aufgabe des bisher vorgesehenen Standorts (Parzelle 1704/2) wegen festgestellter mangelnder Eignung in ausreichender Weise gesichert ist. Wie der Beklagte überzeugend ausgeführt hat, sind die Maßnahmen zum einen inhaltlich durch Aufnahme in den landespflegerischen Begleitplan und dessen Einbeziehung in die festgestellten Planunterlagen hinreichend bestimmt; durch Verfügung gemäß Kapitel B Nr. 7 des Planfeststellungsbeschlusses ist dem Vorhabenträger der Eingriffsausgleich nach Maßnahme des landespflegerischen Begleitplans auch verbindlich auferlegt worden. Mit der Anordnung in Kapitel C II., Nr. 2 Satz 2 und 3, wonach der neue Standort der Maßnahmen und deren Ausgestaltung mit der Oberen Naturschutzbehörde abzustimmen und die Realisierbarkeit der Maßnahme am neuen Standort der Planfeststellungsbehörde gegenüber vor Baubeginn nachzuweisen ist, erscheint hinreichend gewährleistet, dass durch die Verlegung an einen anderen Standort keine quantitativen oder qualitativen Einbußen hinsichtlich der in den Planunterlagen beschriebenen Kompensationsziele beider Maßnahmen auftreten werden und die Baumaßnahme auch nicht ohne die Ersatzmaßnahmen ausgeführt werden darf. Die in Kapitel C II. Nr. 2 vorgesehene Möglichkeit, die beiden landespflegerischen Maßnahmen in Abstimmung mit der Oberen Naturschutzbehörde auf anderen als den im landespflegerischen Begleitplan ursprünglich dafür vorgesehenen Flächen zu verwirklichen, ist im Übrigen als Planvorbehalt gemäß § 74 Abs. 3 VwVfG zulässig (vgl. dazu OVG RP, Urteil vom 10. März 2009 – 8 C 10435/08.OVG –, NuR 2009, S. 636 und juris, Rn. 92, m.w.N.).
- 131
Ebenso wenig ist die Auflagenregelung in Kapitel C II. Nr. 2, Satz 4 zu beanstanden. Wie der Beklagte nachvollziehbar dargelegt hat, handelt es sich bei dem dort angesprochenen Verlust von ca. 400 m² Gehölzfläche sowie von ca. 150 m² Röhricht bzw. Staudenflur um ein zusätzliches Kompensationsdefizit, das erst aufgrund einer Überprüfung früherer Vegetationskartierungen bei einer Begehung im März 2010 durch den Dipl.-Biologen H. festgestellt worden ist. Es kann dem Planfeststellungsbeschluss nicht mit Erfolg vorgehalten werden, dass insoweit ein nachträglich festgestelltes Kompensationsdefizit offengelegt wird, nachdem gleichzeitig dem sich daraus ergebenden zusätzlichen Kompensationsbedarf durch die angesprochene Auflage Rechnung getragen wird.
- 132
Da im Übrigen Defizite des Eingriffs-Ausgleichskonzepts des Planfeststellungsbeschlusses vom Kläger nicht mehr konkret gerügt werden und auch aus Sicht des Senats in keiner Weise ersichtlich sind, steht der Planfeststellungsbeschluss auch mit den Anforderungen der §§ 14 ff. BNatSchG insgesamt im Einklang.
- 133
c. Letztendlich genügt der angegriffene Planfeststellungsbeschluss auch den Anforderungen des fachplanerischen Abwägungsgebots.
- 134
Nach § 17 Satz 2 FStrG sind bei der Planfeststellung für den Ausbau einer Bundesfernstraße die von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange einschließlich der Umweltverträglichkeit im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigen.
- 135
Auch in Bezug auf die Vereinbarkeit des Planfeststellungsbeschlusses mit § 17 Satz 2 FStrG ist daran festzuhalten, dass es sich bei dem Abwägungsgebot nur insoweit um eine „dem Umweltschutz dienende Vorschrift“ im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 1 UmwRG handelt, als es sich auf die abwägungsbeachtlichen Belange des Umweltschutzes bezieht (vgl. z. B. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 14. Oktober 2010 – 8 C 10233/14.OVG –, a.a.O., Rdnr. 39, unter Hinweis auf Fellenberg/Schiller, a.a.O., § 2 UmwRG, Rdnr. 16, m.w.N.). Das Rügerecht des Klägers ist daher darauf beschränkt, Abwägungsfehler in Bezug auf die abwägungserheblichen Belange des Umweltschutzes geltend zu machen.
- 136
Der Planfeststellungsbeschluss leidet indessen an keinem Abwägungsfehler, der sich – zumindest mittelbar – auf die von der Planung berührten Umweltbelange auswirken könnte.
- 137
aa. Der Planfeststellungsbeschluss genügt zunächst den Anforderungen an die als wesentlicher Aspekt des Abwägungsgebots anzusehende Prüfung von Alternativen zu dem beantragten Vorhaben, und zwar namentlich im Hinblick auf etwaige die betroffenen Umweltbelange schonendere Alternativlösungen, was der Kläger als Umweltverein gemäß § 2 Abs. 1 UmwRG allein rügen kann.
- 138
Grundsätzlich hat die Planfeststellungsbehörde alle in Betracht kommenden Alternativen – einschließlich der Nullvariante – in den Blick zu nehmen und ihre Eignung für das geplante Projekt - zumindest grob - zu prüfen (vgl. z. B. BVerwG, Urteil vom 3. März 2011 – 9 A 8.10 –, BVerwGE 139, 150 und juris, Rn. 65, sowie Urteil vom 24. November 2010 – 9 A 13.09 –, BVerwGE 138, 225 und juris, Rn. 62).
- 139
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts handelt eine Planfeststellungsbehörde bei der Prüfung von Alternativen für ein fernstraßenrechtliches Ausbauvorhaben nicht schon dann fehlerhaft, wenn eine andere als die von ihr bevorzugte Trassenführung ebenfalls mit guten Gründen vertretbar gewesen wäre. Die Grenze der planerischen Gestaltungsfreiheit bei der Auswahl zwischen verschiedenen Trassenvarianten ist erst dann überschritten, wenn eine alternative Linienführung sich unter Berücksichtigung aller abwägungserheblichen Belange eindeutig als die bessere, weil öffentliche und private Belange insgesamt schonendere darstellen würde, wenn sich mit anderen Worten diese Lösung der Behörde hätte aufdrängen müssen. Dabei ist die Behörde allerdings nicht verpflichtet, die Variantenprüfung bis zuletzt offen zu halten und alle von ihr zu einem bestimmten Zeitpunkt erwogenen oder ihr vorgeschlagenen Alternativen gleichermaßen detailliert und umfassend zu untersuchen. Auch im Bereich der Planungsalternativen braucht sie den Sachverhalt nur so weit aufzuklären, wie dies für eine sachgerechte Entscheidung und eine zweckmäßige Gestaltung des Verfahrens erforderlich ist. Sie ist befugt, eine Alternative, die ihr auf der Grundlage einer Grobanalyse als weniger geeignet erscheint, schon in einem frühen Verfahrensstadium auszuscheiden. Ein Abwägungsfehler liegt auch in diesem Fall erst vor, wenn sich die nicht näher untersuchte Lösung der Behörde hätte aufdrängen müssen (vgl. BVerwG, Urteil vom 19. Juli 2008 - 9 A 14.07 -, BVerwGE 131, 274 und juris, Rn. 135, m.w.N.).
- 140
Gemessen an diesen Maßstäben ist der angefochtene Planfeststellungsbeschluss nicht zu beanstanden. Er enthält zunächst in Kapitel E IV. 5. im Zusammenhang mit der Planrechtfertigung unter „Planungsvarianten“ eine sehr weit gefasste Auseinandersetzung mit Planungsalternativen einschließlich der „Nullvariante“ sowie einer Verbesserung des öffentlichen Personennahverkehrs (Ausbau der Queichtalbahn) und einer Verlagerung von Lkw-Transitverkehren auf die Schiene als theoretisch denkbaren Alternativen im weitesten Sinne, wobei beides mit Blick auf die gesetzliche Bedarfsfeststellung für einen vierstreifigen Ausbau der B 10 als nicht planungszielkonform verworfen wird. Daneben setzt sich der Planfeststellungsbeschluss in diesem Zusammenhang mit von der Einwenderseite ins Spiel gebrachten Ausbauvarianten (Beibehaltung des dreistreifigen Querschnitts mit Verbesserungen der Verkehrsführung, Wahl eines Querschnitts ohne Standstreifen etc.) auseinander und verwirft auch diese unter Hinweis auf ihre Unvereinbarkeit mit den Anforderungen an die Verkehrssicherheit. Schließlich wird die Wahl der Vorzugsvariante - Anbau eines weiteren Fahrstreifens an die bestehende Bundesstraße - als die die betroffenen Umwelt- und privaten Eigentumsbelange insgesamt schonendste Ausbauvariante begründet; die Wahl des konkreten Ausbauquerschnitts SQ 26 wird in Kapitel E. V. 1. nochmals eingehend erläutert. Im Übrigen wird im Rahmen der vorsorglichen Abweichungsprüfung im Habitatschutzrecht sowie der vorsorglichen Ausnahmeerteilung im Artenschutzrecht bei der Frage nach zumutbaren Alternativen auf diese Ausführungen zu den Planungsvarianten verwiesen.
- 141
Der Kläger hat im gerichtlichen Verfahren das Thema „Alternativenprüfung“ nur noch punktuell und eher kursorisch angesprochen. So hat er im Zusammenhang mit der Kritik an der Verkehrsprognose von M. die fehlende Berechnung eines „echten Prognose-Nullfalls (kein Ausbau des planfestgestellten Abschnitts)“ gerügt. Ferner hat er im Zusammenhang mit seinem Vortrag zur Notwendigkeit und zu den Anforderungen einer habitatschutzrechtlichen Abweichungsprüfung eher pauschal vorgetragen, der Nachweis des Fehlens einer zumutbaren Alternative mit geringeren oder keinen Beeinträchtigungen sei „ganz sicher nicht erbracht worden“, insbesondere fehle es an einer Prüfung, ob nicht auch eine Trasse in schmalerer Ausführung zur Querung des FFH-Gebietes möglich sei.
- 142
Diese Kritikpunkte treffen nicht zu. So beinhalten die Verkehrsuntersuchungen von M., die der Planung zugrunde gelegt wurden, auch Prognosen für den sog. „Analyse-Nullfall“; darüber hinaus wurde in der im gerichtlichen Verfahren vorgelegten ergänzenden Verkehrsuntersuchung vom 20. März 2014 (Verkehrsanalyse 2013/Verkehrsprognose 2030) auch ein Analyse-Nullfall untersucht, der nur den Verzicht auf den planfestgestellten Abschnitt umfasst. Im Übrigen ergibt sich bereits aus dem oben Gesagten, dass sich der Planfeststellungsbeschluss auch mit anderen Ausbauvarianten einschließlich geringerer Ausbauquerschnitte eingehend auseinander gesetzt hat. Es ist jedenfalls nichts dafür ersichtlich, dass die Erwägungen des Planfeststellungsbeschlusses zu den Planungsvarianten den – gegenüber den Anforderungen z. B. des § 34 Abs. 3 Nr. 2 BNatSchG weniger strengen – Maßgaben der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Alternativenprüfung im Rahmen der fachplanerischen Abwägung nicht genügen könnten. Insbesondere ist weder konkret vorgetragen worden noch sonst ersichtlich, dass der Planfeststellungsbeschluss bei der Zusammenstellung des Abwägungsmaterials eine ernsthaft in Betracht kommende Alternativlösung unberücksichtigt gelassen oder nicht mit der ihr zukommenden Bedeutung in die vergleichende Prüfung der von den möglichen Alternativen jeweils berührten öffentlichen und privaten Belange eingestellt hat. Ebenso wenig lässt sich feststellen, dass eine andere als die gewählte Trassenführung und Ausbauvariante (vierspuriger Ausbau, alternierend an der Nord- und Südseite der bestehenden Trasse, mit einem Ausbauquerschnitt SQ 26) sich unter Berücksichtigung aller abwägungserheblichen Belange als die bessere, weil öffentliche und private Belange insgesamt schonendere hätte aufdrängen müssen. Namentlich ist dem Beklagten darin beizupflichten, dass die sog. Nullvariante von vornherein mangels Eignung zur Verwirklichung der sich aus der gesetzlichen Planfeststellung ergebenden Planungsziele auszuscheiden hat und verkehrspolitisch andersartige Konzepte (z. B. Ausbau der Queichtalbahn und Verlagerung von Lkw-Transitverkehr auf die Schiene) ebenfalls vor diesem Hintergrund außer Betracht zu bleiben haben.
- 143
bb. Auch die Bildung eines Planungsabschnitts für den Ausbau der Teilstrecke der B 10 zwischen Godramstein und der A 65 ist Ergebnis einer fehlerfreien Abwägung. Daher kann offen bleiben, inwieweit Einwendungen gegen die Abschnittsbildung überhaupt von der Rügebefugnis des Klägers gemäß § 2 Abs. 1 UmwRG umfasst werden.
- 144
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist die Bildung von Planungsabschnitten, z. B. bei einem Straßenbauvorhaben, als Ausprägung des fachplanerischen Abwägungsgebots grundsätzlich zulässig, weil Streckenvorhaben ab einer gewissen Länge aus praktischen Gründen nicht in einem Verfahren geprüft und planfestgestellt werden können. Sie stellt daher ein Instrument der planerischen Problembewältigung dar; doch darf sich die Teilplanung nicht soweit verselbständigen, dass von der Gesamtplanung ausgelöste Probleme voraussichtlich ungelöst bleiben. Erforderlich, aber auch ausreichend ist eine Vorausschau auf nachfolgende Abschnitte nach Art eines „vorläufigen positiven Gesamturteils“: Eine Prognose für die nachfolgenden Abschnitte muss ergeben, dass der Verwirklichung des (Gesamt-)Vorhabens keine von vornherein unüberwindlichen Hindernisse entgegenstehen (vgl. z. B. BVerwG, Beschluss vom 23. November 2007 – 9 B 38.07 –, NuR 2008, 276 und juris, Rn. 20, m.w.N.). Vor dem Hintergrund der beabsichtigten Gesamtplanung muss der Teilabschnitt zudem eine eigenständige - wenn auch nicht in vollem Umfang die ihm in der Gesamtplanung zugedachte - Verkehrsfunktion für den Fall haben, dass sich das Gesamtkonzept der Planung im Nachhinein als nicht realisierbar erweist (vgl. BVerwG, Urteil vom 21. März 1996 – 4 C 19/94 -, BVerwGE 100, 370 und juris, Rn. 48; siehe auch Urteil vom 24. November 2010 – 9 A 13.09 –, BVerwGE 138, 226 und juris, Rn. 69).
- 145
Gemessen an diesen Grundsätzen unterliegt die Abschnittsbildung vorliegend keinen durchgreifenden Bedenken. Im Planfeststellungsbeschluss werden die Gründe für die Abschnittsbildung im Zusammenhang mit den Ausführungen zur Planungskonzeption (Seite 90 ff. des Planfeststellungsbeschlusses) näher erläutert. Danach kommt dem Abschnitt zwischen der A 65 und Godramstein ein eigenständiger Verkehrswert auch unabhängig von der Gesamtstrecke zu, weil der vierstreifige Ausbau dieser Teilstrecke zu einer Verbesserung der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs in diesem Teilbereich führen wird, da der neu herzustellende Bereich an vorhandene Straßen angebunden ist und daher eine durchgängige Verkehrsführung erreicht werde. Dabei stünden Entlastungswirkungen für das innerörtliche Verkehrsnetz der Stadt Landau allerdings nicht im Vordergrund, obwohl davon auszugehen sei, dass sich auch auf verschiedenen Straßen im Stadtbereich durchaus Verkehrsentlastungen einstellen werden. Im Übrigen sei auch die weitere Voraussetzung einer Abschnittsbildung, dass in den weiteren Abschnitten keine unüberwindbaren Hindernisse für die Realisierung zu erwarten seien, zu bejahen, und zwar sowohl im Hinblick auf die Finanzierbarkeit des Ausbaus der Tunnelabschnitte als auch hinsichtlich der dort zu erwartenden Verkehrsbelastung; die Frage, ob in den Folgeabschnitten darüber hinaus unüberwindliche naturschutzrechtliche Hindernisse zu erwarten sind, wird im Planfeststellungsbeschluss gesondert im Zusammenhang mit den Einwendungen des Klägers zur sog. Dach-FFH-Verträglichkeitsprüfung erörtert und im Ergebnis verneint (vgl. Seite 282 des Planfeststellungsbeschlusses).
- 146
Auch aus Sicht des Senats unterliegt zunächst keinem ernstlichen Zweifel, dass dem planfestgestellten Abschnitt aus den im Planfeststellungsbeschluss genannten Gründen eine eigenständige Verkehrsfunktion - selbst für den Fall eines Scheiterns des Gesamtprojekts im Nachhinein - zukommt. Dies folgt zum einen aus der jetzt schon bestehenden, im Grundsatz unstreitigen hohen Verkehrsbelastung des Abschnitts, die spürbare Verbesserungen der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs durch einen – richtlinienkonformen – vierspurigen Ausbau mehr als wahrscheinlich macht, zum anderen aus dem Umstand, dass es sich um den bloßen Ausbau (in Form des Anbaus einer weiteren Fahrspur) eines bereits bestehenden, schon dreistreifig ausgebauten Teilstücks einer Bundesstraße handelt, das allseitig an das bestehende Verkehrsnetz angebunden ist, so dass auch bei Scheitern der im westlichen Anschluss geplanten Folgeabschnitte keinesfalls die Entstehung eines sog. „Planungstorsos“ zu befürchten ist. Darüber hinaus ist im Rahmen der Erörterung der Frage der Notwendigkeit einer sog. „Dach-UVP“ oben bereits geklärt worden, dass die Planfeststellungsbehörde im Rahmen der von ihr anzustellenden Prognose in nicht zu beanstandender Weise feststellen konnte, dass der Verwirklichung des Vorhabens in den nachfolgenden Abschnitten jedenfalls in Bezug auf die Umweltauswirkungen keine von vornherein unüberwindlich erscheinenden Hindernisse entgegenstehen.
- 147
cc. Entgegen der Ansicht des Klägers steht der Planfeststellungsbeschluss auch im Hinblick auf die Belastung der - bis auf weiteres - nur zweispurigen Tunnelstrecken im Teilstück der B 10 zwischen Annweiler und Rinnthal mit dem Gebot planerischer Konfliktbewältigung im Einklang. Dabei kann offen bleiben, ob das diesbezügliche Vorbringen des Klägers im gerichtlichen Verfahren mangels hinreichender Thematisierung in seinem Einwendungsschreiben vom 15. Mai 2007 nicht bereits präkludiert ist, nachdem er dort das Thema „Konfliktbewältigung im Hinblick auf Folgekonflikte in nachfolgenden Ausbauabschnitten“ nur sehr allgemein – ohne ausdrücklichen Bezug zu den Tunnelstrecken – angesprochen hatte.
- 148
In rechtlicher Hinsicht ist das vom Kläger angesprochene Gebot der Problem- bzw. Konfliktbewältigung ein anerkannter Abwägungsgrundsatz: Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist die Planfeststellungsbehörde grundsätzlich gehalten, alle Probleme, die sich durch das Planvorhaben ergeben, bzw. alle Konflikte, die durch die Planungsentscheidung geschaffen werden, im Planfeststellungsbeschluss zu bewältigen; dabei kann die Konfliktbewältigung auch darin bestehen, dass die Planfeststellungsbehörde die endgültige Problemlösung einem spezialisierten und verbindlichen, auf gesetzlicher Regelung beruhenden Verfahren überlässt (vgl. z. B. BVerwG, Beschluss vom 2. September 2010 – 9 B 11/10 –, NuR 2010, 799 und juris, Rn. 20 sowie Urteil vom 12. August 2009 – 9 A 64/07 –, BVerwGE 134, 308 und juris, Rn. 107, jeweils m.w.N.).
- 149
Indessen handelt es sich bei den vom Kläger behaupteten Folgekonflikten in den Tunnelstrecken zwischen Annweiler und Rinnthal tatsächlich nicht um solche Konflikte bzw. Probleme, die durch die konkret in Rede stehende Planungsentscheidung – den vierstreifigen Ausbau der B 10 im Abschnitt zwischen Godramstein und der A 65 – (bereits) aufgeworfen werden, und zwar weder im Hinblick auf die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs im Bereich der Tunnelstrecken, noch hinsichtlich einer steigenden Belastung der umliegenden Gemeinden sowie von Natur und Landschaft in diesem Bereich durch Verkehrsimmissionen (was der Kläger als Umweltverband im Rahmen seines beschränkten Rügerechts wohl ohnehin allein geltend machen könnte). Vielmehr erweist sich das diesbezügliche Vorbringen des Klägers als bereits in sich widersprüchlich und daher als unschlüssig: Während der Kläger im Übrigen –namentlich zum Bestreiten der Planrechtfertigung sowie im Habitatschutzrecht zum Bestreiten der FFH-Verträglichkeit des Vorhabens – stets geltend macht, die der konkreten Planung zugrunde gelegten Verkehrsuntersuchungen von M. seien aufgrund fehlerhafter Methodik und nicht mehr zutreffender Datengrundlagen zu einer erheblichen Überschätzung der künftigen Verkehrsbelastung auf der (gesamten) B 10 zwischen Pirmasens und Landau gelangt, trägt er im vorliegenden Zusammenhang vor, ausgehend von den „als zutreffend unterstellten“ Aussagen der Verkehrsuntersuchung von M. komme es zu ungelösten Folgekonflikten der abschnittsweisen Ausbauplanung in den Tunnelstrecken, weil diese zu schwerwiegenden Gefahrensituationen infolge einer Kapazitätsüberschreitung in den Tunnelstrecken führe. Dem kann jedoch nicht gefolgt werden: Gerade wenn man die Aussagen der Verkehrsuntersuchungen von M. als richtig unterstellt, geben sie für die Annahme einer nennenswerten Steigerung der Verkehrsbelastung unmittelbar westlich von Godramstein und damit erst recht für eine solche in den noch weiter westlich gelegenen Tunnelstrecken als Folge des Ausbaus im Abschnitt zwischen Godramstein und der A 65 nichts her. Wie sich aus der vom Beklagten im gerichtlichen Verfahren vorgelegten ergänzenden Verkehrsuntersuchung von M. vom 21. Januar 2010 ergibt, mit der als weiterer Planungsfall die Auswirkungen eines vierstreifigen Ausbaus der B 10 in den bereits fertiggestellten Abschnitten zwischen Pirmasens und Hinterweidenthal sowie zusätzlich im vorliegend in Rede stehenden Abschnitt zwischen Godramstein und der A 65 bezogen auf den Planungshorizont 2020 untersucht werden, ist als Folge des (zusätzlichen) Ausbaus lediglich im Abschnitt zwischen Godramstein und der A 65 in den westlich von Godramstein gelegenen Abschnitten insgesamt keine weitere Verkehrsbündelung oder großräumige Verkehrsverlagerung zu erwarten; vielmehr wird als Folge dieser Ausbaustufe westlich von Godramstein eine nur geringe Verkehrszunahme von 300 Kraftfahrzeugen je 24 Stunden (+ 1 %) im Durchgangsverkehr prognostiziert (vgl. dazu die Anlage 1 zum Schriftsatz des Beklagten vom 3. Juni 2011, dortige Seite 4). In einer weiteren Stellungnahme von M. vom 17. November 2011 (Anlage 2 zum Schriftsatz des Beklagten vom 3. Juni 2011, dortige Seite 11 f) wird dieser sehr geringe Verlagerungseffekt eines Ausbaus im planfestgestellten Abschnitt damit begründet, dass sich in Höhe Annweiler (Wilgartswiesen) schon bisher eine Verkehrsscheide bezüglich der Orientierung der Verkehrsteilnehmer einerseits in Richtung Pirmasens, andererseits in Richtung Landau befinde, mit der Folge, dass an dieser Stelle die niedrigsten Verkehrsbelastungen im Zuge der B 10 vorhanden seien und von dort aus in Richtung Westen bzw. in Richtung der A 65 kontinuierlich zunähmen. Grundsätzlich gehen die der Planung zugrunde gelegten Verkehrsuntersuchungen von M. aus den Jahren 2004 und 2005 von einer Verkehrsbelastung im Jahre 2020 im Bereich der zweistreifigen Tunnelstrecken bei Zugrundelegung der Planungsfälle 1 und 2 im Umfang von rund 21.000 bzw. 25.000 Kraftfahrzeugen je 24 Stunden aus. Nach den Vorgaben der einschlägigen Richtlinien für die Sicherheit in Tunnelstrecken (HBS 2001) sei bei dieser Durchflussmenge die Leistungsfähigkeit der Tunnel - lediglich einhergehend mit einer Reduzierung der mittleren Pkw-Reisegeschwindigkeit von 80 auf 65 km/h - gegeben. Legt man diese Einschätzungen von M. - wie vom Kläger in diesem Zusammenhang unterstellt - als richtig zu Grunde, so kann keine Rede davon sein, dass es infolge der als zutreffend unterstellten Aussagen der Verkehrsuntersuchungen zu ungelösten Folgekonflikten der angefochtenen Ausbauplanung in den Tunnelstrecken in Gestalt von zusätzlichen Gefahrensituationen und erheblich ansteigenden Verkehrsimmissionen infolge planungsbedingter Kapazitätsüberschreitungen im Bereich der vier Tunnel kommen wird. Dies gilt im Übrigen erst recht, wenn die Verkehrsuntersuchungen, wie vom Kläger in anderen Zusammenhängen behauptet, von erheblich zu hohen Prognosezahlen sowohl für den jetzt planfestgestellten Abschnitt als auch für die gesamten künftigen Ausbaustrecken ausgegangen sein sollten. Denn in der logischen Konsequenz dieses Vorbringens müsste von geringeren Verkehrsverlagerungen infolge des Ausbaus im planfestgestellten Abschnitt in den westlich von Godramstein befindlichen Teilstrecken und damit auch in den Tunnelstrecken ausgegangen werden.
- 150
Unabhängig davon erscheinen dem Senat die Einschätzungen von M., dass es infolge des vierstreifigen Ausbaus der B 10 in dem nur wenige Kilometer umfassenden Abschnitt zwischen der A 65 und Godramstein (noch) nicht zu nennenswerten Verkehrssteigerungen westlich von Godramstein und damit erst recht nicht zu Lasten der Tunnelstrecken zwischen Annweiler und Rinnthal kommen wird, plausibel und nachvollziehbar begründet. Sie beruhen auf der aus den Ergebnissen der Verkehrszählungen und Verkehrsteilnehmerbefragungen abgeleiteten Feststellung, dass sich bei Annweiler eine „Verkehrsscheide“ bezüglich der Orientierung der Verkehrsteilnehmer einerseits in Richtung Pirmasens und andererseits in Richtung Landau befindet, als deren Folge die Verkehrsbelastung von dieser Stelle aus, an der sie am niedrigsten im gesamten Verlauf der B 10 ist, kontinuierlich in Richtung Westen und in Richtung Osten zunimmt. Diese Grundausrichtung der regionalen Verkehrsströme im Analyse-Nullfall wird auch vom Kläger und dem von ihm beauftragten Unternehmen R. nicht in Frage gestellt. Hiervon ausgehend erscheint es aber naheliegend, dass der vorliegend in Rede stehende vierspurige Ausbau zwischen Godramstein und der A 65 in erster Linie Entlastungswirkungen im Straßennetz rund um die Stadt Landau haben wird und deshalb zu nennenswerten Verkehrsverlagerungen nur aus dem - teilweise nahezu parallellaufenden (wie die K 13) - nachgeordneten Straßennetz in und um Landau auf den ausgebauten Abschnitt führen wird. Hingegen erscheint die Annahme, es könnte bereits als Folge des vierstreifigen Ausbaus nur zwischen der A 65 und Godramstein dauerhaft zu erheblichen Verkehrsverlagerungen des regionalen und sogar des überregionalen Verkehrs (einschließlich des Güterschwerverkehrs) in westlicher Richtung über das vorläufige Ausbauende bei Godramstein hinaus bis zu den Tunnelstrecken kommen, eher fernliegend. Das Problem einer möglichen Überlastung der Tunnelstrecken würde sich vielmehr voraussichtlich erst und nur dann stellen, wenn alle weiteren Teilstrecken zwischen Godramstein und Pirmasens bis auf die Tunnelstrecken vierspurig ausgebaut würden und nur diese dauerhaft unverändert zweispurig blieben. Ein solches Szenario ist indessen in den längerfristigen Ausbauplanungen des Bundes gerade nicht vorgesehen. Vielmehr sieht der von M. in der Verkehrsuntersuchung 2004/2005 untersuchte Planungsfall 4 (Ausbau der Gesamtstrecke zwischen Pirmasens und der A 65) auch den vierstreifigen Ausbau der Tunnelstrecken vor.
- 151
dd. Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss lässt des Weiteren im Hinblick auf die abwägungsfehlerfreie Berücksichtigung sonstiger Belange des Umweltschutzes, namentlich des Schutzes vor Verkehrsimmissionen, keinerlei Defizite erkennen.
- 152
Es ist anerkannt, dass insbesondere Aspekte des Lärmschutzes – über die Beachtung der Vorgaben des zwingenden Rechts (§ 41 des Bundesimmissionsschutzgesetzes - BImSchG) hinaus – auch zusätzlich im Rahmen des fachplanerischen Abwägungsgebots zu berücksichtigen sind (vgl. z. B. BVerwG, Urteil vom 17. März 2005 – 4 A 18/04 –, BVerwGE 123, 152 und juris, Rn. 18). Nichts anderes gilt für sonstige, vom Betrieb eines planfestgestellten Straßenneu- oder -ausbauvorhabens ausgehende Immissionen (Luftschadstoffe, Vibrationen; vgl. dazu z. B. BVerwG, Urteil vom 12. August 2008 – 9 A 64/07 –, BVerwGE 134, 308 und juris, Rn. 107). Da sich das Abwägungsgebot des § 17 Satz 2 FStrG insoweit auf Umweltbelange bezieht, umfasst das Rügerecht eines anerkannten Umweltverbands auch die Geltendmachung diesbezüglicher Abwägungsfehler.
- 153
Vorliegend sind Zweifel an der Bewältigung der planungsbedingten Verkehrsimmissionsproblematik durch den angefochtenen Planfeststellungsbeschluss weder im Hinblick auf die Vorgaben des § 41 BImSchG noch hinsichtlich der diesbezüglichen Anforderungen des Abwägungsgebots angebracht, insbesondere auch vom Kläger nicht näher thematisiert worden.
- 154
Das im Planfeststellungsbeschluss in Kapitel E VII. dargestellte Lärmschutzkonzept stützt sich auf schalltechnische Berechnungen, die gemäß Teil A. VIII., Nr. 28 des Planfeststellungsbeschlusses Bestandteil der festgestellten Planunterlagen sind. Bei der Ermittlung der Beurteilungspegel wurde auf die Verkehrszahlen des Planungsfalls 4 der Verkehrsprognose abgestellt, d. h. auf die Verkehrszahlen eines durchgehenden vierstreifigen Ausbaus der B 10 zwischen der A 62/A 8 (bei Pirmasens) und der A 65 (bei Landau). Aus immissionstechnischer Sicht wurde also eine „Worst-Case-Betrachtung“ vorgenommen und nicht lediglich die prognostizierten Verkehrszahlen infolge des (zunächst) alleinigen Ausbaus des planfestgestellten Abschnitts, sondern die nach dem künftigen Ausbau der Gesamtstrecke prognostizierten maximalen Verkehrszahlen zugrunde gelegt und zu Gunsten der Betroffenen daran orientierte Lärmschutzmaßnahmen vorgesehen. Diese umfassen u. a. entsprechend dimensionierte Lärmschutzwälle und -wände südlich der B 10 zum Schutz der Wohnbebauung „Schützenhof“ sowie am südöstlichen Ortsrand von Godramstein. Weitergehende Forderungen von Einwendern, z. B. nach Lärmschutz im Bereich des Naherholungsgebiets „Reiterwiesen“ oder nach Einbau sog. Flüsterasphalts werden zurückgewiesen. Der Planfeststellungsbeschluss setzt sich auch mit Fragen des Lärmschutzes infolge von Verkehrszunahmen im weiteren Straßennetz sowie mit der Problematik von Summenpegeln auseinander und gelangt in der Gesamtabwägung zum Lärmschutz zu dem Ergebnis, dass die an den einzelnen Immissionsorten verbleibenden Immissionsbeeinträchtigungen hinzunehmen seien. Die Lärmschutzmaßnahmen sind dem Straßenbaulastträger in Kapitel C. V. des Planfeststellungsbeschlusses im Einzelnen auferlegt worden.
- 155
In Kapitel E. VIII. setzt sich der Planfeststellungsbeschluss auch mit der zu erwartenden Luftschadstoffbelastung auseinander und gelangt auf der Grundlage von Planfällen aus der Verkehrsuntersuchung von M. sowie gestützt auf ein Luftschadstoffgutachten zu dem Ergebnis, dass ausbaubedingt – unter Zugrundelegung der prognostizierten Verkehrsentwicklung des planfestgestellten Ausbauabschnitts, aber auch der verkehrlichen Auswirkungen im nachgeordneten Verkehrsnetz – keine wesentlichen Veränderungen der Schadstoffbelastung zu erwarten seien und insbesondere die gesetzlich vorgegebenen Grenzwerte an allen untersuchten Immissionsorten in Wohnbereichen unterschritten werden.
- 156
In der Klagebegründung wird die Frage des Immissionsschutzes, insbesondere des Lärmschutzes, nur dahingehend angesprochen, dass sich aus den behaupteten Mängeln der Verkehrsprognose auch erhebliche Abwägungsmängel in Bezug auf die Gewichtung von Umweltbelangen ergäben, z. B. in Bezug auf den Lärmschutz. Konkrete Rügen in Bezug auf das Lärmschutzkonzept enthält die Klagebegründung nicht; andere Verkehrsimmissionen, etwa Luftschadstoffe, werden nicht näher angesprochen. Mit seinem Vorbringen, die von ihm angenommenen Mängel der Verkehrsprognose hätten erhebliche Abwägungsmängel in Bezug auf die Gewichtung von Umweltbelangen, namentlich eine Fehlgewichtung der Lärmschutzbelange, zur Folge gehabt, vermag der Kläger indessen nicht durchzudringen.
- 157
Zwar setzt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts eine ordnungsgemäße Untersuchung der von einem Straßenbauvorhaben voraussichtlich ausgehenden Geräuschimmissionen voraus, dass die Lärmprognose bzw. die ihr zugrunde liegende Verkehrsprognose mit den zu ihrer Zeit verfügbaren Erkenntnismitteln unter Beachtung der für sie erheblichen Umstände methodisch fachgerecht erstellt worden ist, wobei die Überprüfungsbefugnis des Gerichts sich allein auf die Wahl einer geeigneten fachspezifischen Methode, die zutreffende Ermittlung des der Prognose zugrunde liegenden Sachverhalts und darauf erstreckt, ob das Ergebnis einleuchtend begründet worden ist (vgl. z. B. BVerwG, Beschluss vom 23. Juni 2009 – 9 VR 1.09 –, NVwZ-RR 2009, 753 und Rn. 14). Zugleich hat das Bundesverwaltungsgericht aber deutlich gemacht, dass es, soweit es um die Frage einer Fehlgewichtung der Lärmimmissionsbelastung zu Lasten Dritter geht, nur auf solche Mängel einer Lärm- bzw. Verkehrsprognose ankommen kann, die eine Unterschätzung der Verkehrsentwicklung und damit der mit ihr verbundenen Verkehrsimmissionsbelastung zur Folge haben (vgl. BVerwG, Urteil vom 18. März 2009 – 9 A 39.07 –, BVerwGE 133, 239 und juris, Rn. 104 f).
- 158
Vor diesem Hintergrund erweist sich das Vorbringen des Klägers, die von ihm behaupteten Mängel der Verkehrsprognose hätten auch erhebliche Abwägungsmängel in Bezug auf die Gewichtung der betroffenen Umweltbelange, „insbesondere auch des Schutzes vor Lärmimmissionen und Luftschadstoffen“ (so etwa in seinem Schriftsatz vom 30. März 2015), zur Folge gehabt, als ungeeignet zur Begründung von Abwägungsmängeln, die im Sinne von § 17e Abs. 6 Satz 1 FStrG erheblich, weil auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen sein könnten. Wie im Planfeststellungsbeschluss überzeugend dargestellt, hat die der Planung zugrunde gelegte Verkehrsprognose von M. im Hinblick auf die Ermittlung und Bewertung der beim vierspurigen Ausbau des planfestgestellten Abschnitts zu erwartenden Verkehrslärmimmissionsbelastungen den Charakter einer „Worst-Case-Betrachtung“, weil sich die Planfeststellungsbehörde bei der Ausgestaltung ihres Lärmschutzkonzepts an der nach der Verkehrsprognose größtmöglichen Verkehrsbelastung der B 10 orientiert hat, nämlich am Planungsfall 4 der Verkehrsuntersuchung 2004/2005, der einen durchgängigen vierstreifigen Ausbau der B 10 zwischen Pirmasens und der A 65 voraussetzt. Auf diese Weise ist sichergestellt worden, dass bereits im angefochtenen Planfeststellungsbeschluss für den Abschnitt zwischen Godramstein und der A 65 ein am Planungsfall 4 ausgerichtetes Lärmschutzkonzept entwickelt und planfestgestellt worden ist. Es ist nicht ersichtlich, dass bei dieser Vorgehensweise die Auswirkungen des Vorhabens in Bezug auf Verkehrsimmissionen unterschätzt worden sein könnten. Dies wäre umgekehrt nur vorstellbar, wenn der Planfeststellungsbeschluss von einer zu geringen Verkehrsbelastung ausgegangen wäre. Ein solches Szenario wird indessen vom Kläger nicht vorgetragen; vielmehr erhebt er stets umgekehrt den Vorwurf, es sei von zu hohen Erwartungen hinsichtlich des künftigen Verkehrsaufkommens ausgegangen worden. Die vom Kläger insoweit behaupteten Mängel der der Planung zugrunde gelegten Verkehrsprognose sind aber von vornherein nicht geeignet, eine fehlerhafte Gewichtung der Verkehrsimmissionsbelastung im Sinne einer in diesem Zusammenhang allein relevanten Unterschätzung zu begründen. Daher kommt es auch hier auf die Berechtigung der Detailrügen des Klägers in Bezug auf die Verkehrsuntersuchungen von M. nicht an.
- 159
ee. Anders, als der Kläger meint, leidet der angefochtene Planfeststellungsbeschluss schließlich auch nicht an einer fehlerhaften Gesamtabwägung.
- 160
Der Planfeststellungsbeschluss begegnet vielmehr auch unter dem Gesichtspunkt der Gesamtabwägung aller betroffenen öffentlichen und privaten Belange keinen Bedenken. Die Planfeststellungsbehörde ist ohne Abwägungsfehler davon ausgegangen, dass die für das Vorhaben sprechenden verkehrlichen Belange angesichts der gesetzlichen Bedarfsfeststellung und der den vierstreifigen Ausbau bereits rechtfertigenden Ist-Belastung des planfestgestellten Abschnitts einerseits, des nicht zu beanstandenden umfassenden Maßnahmenkonzepts zur Vermeidung, Minderung oder Kompensation von Eingriffen in die Umwelt, aber auch von Beeinträchtigungen privater Dritter namentlich durch Verkehrsimmissionen andererseits die mit dem Vorhaben verbundenen verbleibenden Beeinträchtigungen deutlich überwiegen.
- 161
Der Kläger versucht, unter dem Aspekt einer fehlerhaften Gesamtabwägung eine Verletzung des Gebots gerechter Abwägung aller betroffenen privaten und öffentlichen Belange gemäß § 17 Satz 2 FStrG daraus herzuleiten, dass die aus seiner Sicht mangelhafte Verkehrsprognose zu einer Abwägungsdisproportionalität geführt habe, weil nicht fehlerfrei bestimmt worden sei, welches Gewicht den für das Vorhaben sprechenden verkehrlichen Belangen im Verhältnis zur Gewichtung der Eingriffe in die Rechtssphäre einer Vielzahl von Betroffenen sowie in eine Vielzahl von Belangen des Umweltschutzes zukomme.
- 162
Dem kann nicht gefolgt werden. Es erscheint bereits zweifelhaft, ob der Kläger, nachdem seine Kritik an Methodik und Datengrundlage der Verkehrsuntersuchungen von M. – wie dargelegt – weder im Zusammenhang mit der Planrechtfertigung noch im Rahmen des Habitat- und Artenschutzrechtes durchgreift, im Rahmen seines nach § 2 Abs. 1 UmwRG eingeschränkten Rügerechts befugt ist, angebliche Mängel der Verkehrsprognose unter dem Aspekt fehlerhafter Gesamtabwägung gleichsam losgelöst von der Darlegung negativer Auswirkungen auf konkrete Umweltbelange geltend zu machen. Jedenfalls sind nach Überzeugung des Senats durchgreifende Bedenken an Methodik, Datengrundlage und Begründung des Prognoseergebnisses der der Planung zugrundeliegenden Verkehrsuntersuchungen nicht veranlasst.
- 163
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts unterliegen Verkehrsprognosen nur eingeschränkter gerichtlicher Kontrolle: Sie sind lediglich darauf zu überprüfen, ob sie methodisch einwandfrei erarbeitet worden sind, nicht auf unrealistischen Annahmen beruhen und ob das Prognoseergebnis einleuchtend begründet worden ist (vgl. z.B. BVerwG, Beschluss vom 15. März 2013 – 9 B 30.12 –, juris, Rn. 10 und Urteil vom 18. März 2009 – 9 A 39.07 –, BVerwGE 133, 239 und juris, Rn. 105 sowie Urteil vom 9. Juni 2010 – 9 A 20.08 –, NuR 2010, 870 und juris, Rn. 73, jeweils m.w.N.).
- 164
Zwar greift der Kläger die im Auftrag des Vorhabenträgers erstellten Verkehrsuntersuchungen von M. unter Bezugnahme auf diverse Stellungnahmen des Büros R. unter allen diesen Gesichtspunkten detailliert an, so insbesondere in den Schriftsätzen vom 31. Januar 2011 unter Bezugnahme auf eine als Anlage 5 hierzu vorgelegte Stellungnahme von R. vom Januar 2011, und im Schriftsatz vom 31. Oktober 2014 unter Bezugnahme auf weitere Stellungnahmen von R. vom Februar 2011, vom Juli 2014 und vom September 2014. Der Beklagte ist seinerseits allen Kritikpunkten eingehend unter Vorlage von Erwiderungen und ergänzenden Stellungnahmen insbesondere von M. und dem Landesbetrieb Mobilität entgegengetreten; dabei hat er auf aus seiner Sicht bestehende gravierende Fehler von R. hingewiesen, so namentlich mit Schriftsatz vom 3. Juni 2011, unter Bezugnahme auf die als Anlagen 5 und 6 zu diesem vorgelegten Stellungnahmen von M. vom 17. März 2011, mit Schriftsatz vom 22. März 2011 unter Bezugnahme auf die als Anlagen 5 und 6 hierzu vorgelegten Stellungnahmen des LBM vom 1. April 2011; schließlich mit Schriftsatz vom 18. Februar 2015, unter Bezugnahme auf weitere Stellungnahmen des LBM, von M. und von V..
- 165
Vor dem Hintergrund der nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nur sehr eingeschränkten gerichtlichen Überprüfungsbefugnis hinsichtlich Verkehrsprognosen, des Umstands, dass es nach dieser Rechtsprechung ohnehin keine gesetzliche Vorgabe gibt, nach welchen Methoden eine Verkehrsprognose im Einzelnen zu erstellen ist (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 23. April 2014 – 9 A 25.12 –, BVerwGE 149, 289 und juris, Rn. 30), und weil im Übrigen Verkehrsprognosen – wie alle Verkehrsprognosen – keiner Richtigkeitsgewähr unterliegen (vgl. z.B. BVerwG, Beschluss vom 28. November 2013 – 9 B 14.13 –, DVBl. 2014, 237 und juris, Rn. 7) sowie unter Berücksichtigung des eingeschränkten Rügerechts des Klägers besteht indessen keine Veranlassung, in allen Einzelheiten auf die Kritikpunkte des Klägers und des von ihm beauftragten Büros R. einzugehen. Dies widerspräche nicht zuletzt auch der vom Bundesverwaltungsgericht betonten Absicht des Gesetzgebers, mit der gesetzlichen Bedarfsfeststellung auch einen nachfolgenden Verwaltungsprozess von einem Gutachterstreit über die „richtigere“ Verkehrsprognose zu entlasten (vgl. BVerwG, Urteil vom 3. Mai 2013, a.a.O., Rn. 24).
- 166
Vielmehr sind aus Sicht des Senats nur die nachfolgenden Feststellungen veranlasst: Das vom Vorhabenträger mit der Erstellung der Verkehrsuntersuchungen beauftragte Büro M. hat namentlich in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 19. Januar 2015 (vorgelegt als Anlage 10 zum Schriftsatz des Beklagten vom 18. Februar 2015) noch einmal – unter Vertiefung der in den Verkehrsuntersuchungen 2004/2005 und 2013 hierzu bereits enthaltenen Angaben – die Methodik der von ihr erstellten Verkehrsuntersuchungen näher erläutert. Die danach im Wesentlichen auf empirischen Erhebungen (Verkehrszählungen, Verkehrsteilnehmerbefragungen, Ermittlungen zur siedlungsstrukturellen Entwicklung etc.) beruhende Methodik der Erstellung einer Verkehrsuntersuchung wird, wie der Beklagte und der Vertreter von M. unwidersprochen dargelegt haben, seit Jahrzehnten angewandt und hat sich – wie Vergleiche früherer Prognoseergebnisse mit der tatsächlichen Verkehrsentwicklung belegt haben – im Wesentlichen bewährt. Demgegenüber haben der Kläger und die Vertreter von R. auch in der mündlichen Verhandlung nicht konkret darzulegen vermocht, dass und in welcher Hinsicht die von ihnen favorisierte sog. synthetische Vorgehensweise im konkreten Planungsfall zu in relevantem Umfang abweichenden Prognoseergebnissen geführt hätte.
- 167
Bestehen danach keine durchgreifenden Bedenken an der methodischen Erarbeitung der der Planung zugrunde gelegten Verkehrsuntersuchungen, so ist im Übrigen aus Sicht des Senats auch nicht ersichtlich oder vom Kläger nachvollziehbar dargelegt worden, dass die Verkehrsprognosen in ergebnisrelevantem Umfang auf unrealistischen Annahmen beruhen könnten oder weshalb das Prognoseergebnis nicht einleuchtend begründet worden sein sollte.
- 168
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
- 169
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten beruht auf §§ 167 VwGO, 708 ff. ZPO.
- 170
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil Gründe der in § 132 Abs. 2 VwGO bezeichneten Art nicht vorliegen.
Beschluss
- 171
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 25.000,00 € festgesetzt (§ 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 34.4 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013, abgedruckt in LKRZ 2014, 169).
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens je zur Hälfte.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung jeweils in gleicher Höhe Sicherheit leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Tatbestand:
2Die Kläger wenden sich gegen den Planfeststellungsbeschluss des Beklagten vom 30. September 2011, mit dem der Ausbau der Bundesstraße 51 (B 51) dritter Bauabschnitt von Bau-km 5+100 bis Bau-km 7+700 einschließlich des Verknüpfungsbereiches mit der Landesstraße 793 (L 793) ‑ X. Straße ‑ von Bau-km 0+000 bis Bau-km 0+600 und der Neubau der Bundesstraße 481 (B 481n) von Bau-km 7+700 bis Bau-km 11+340 planfestgestellt worden ist.
3Die in den Jahren 1954 bis 1962 gebaute Umgehungsstraße im Zuge der B 51 führt südlich bzw. östlich um N. herum. Sie war zunächst eine zweistrei-fige und anbaufreie Strecke, die an dem an der X1. Straße endenden Zubringer zum Autobahnkreuz N. -Süd im Südwesten N1. beginnt und bis zur X2. Straße im Osten der Stadt verläuft. Sie ist aufgrund von Planfeststellungsbeschlüssen vom 12. Januar 1989 und 1. März 1995 in zwei Bauabschnitten bis Bau-km 5+100 vierstreifig ausgebaut worden. Der nun planfestgestellte Abschnitt schließt sich nach Nordosten an und sieht den vierstrei-figen Ausbau bis zur X2. Straße frei von Zufahrten und ohne Erschließungsfunktion für die angrenzenden Grundstücke vor, ferner den Neubau des Knotenpunktes B 51/B 481n/X2. Straße und den zweistreifigen Neubau der B 481n bis zum T. Damm im Norden der Stadt N. .
4Das planfestgestellte Vorhaben ist im Bedarfsplan zum Fernstraßenausbaugesetz als vordringlicher Bedarf ausgewiesen.
5Die Klägerin zu 1. ist Eigentümerin des Grundstücks C.-----weg 9 (Gemarkung N. , Flur 135, Flurstück 13) mit einer Gesamtgröße von 1102 qm, das mit einem Wohnhaus bebaut ist. Zum Haus gehört auch ein rund 80 qm großer selbst genutzter gewerblicher Teil. Das Haus wurde 1938 erbaut; die Klägerin erwarb das Grundstück im Jahr 1994. Das Grundstück liegt unmittelbar östlich der vierstreifig auszubauenden Trasse der B 51 zwischen Bau-km 6+927 und 6+950. Auf die ursprünglich vorgesehene Inanspruchnahme von 18 qm (dauerhaft) sowie 45 qm für die Baudurchführung wurde durch Planänderungsbescheid vom 12. August 2014 verzichtet. Nach den geänderten Planunterlagen soll zwischen der Trasse und dem Grundstück der Klägerin eine Lärmschutzwand in Höhe von 5,5 m errichtet werden, die einen Abstand zur Grenze des Grundstücks der Klägerin von ca. 1,7 m einhält.
6Nach der lärmtechnischen Unterlage vom 2. Mai 2007 wurden für das Grundstück C.-----weg 9 folgende Beurteilungspegel berechnet:
7Hausfront/Himmelsrichtung |
Stockwerk |
Prognose in dB(A) mit Lärmschutz Tag Nacht |
W |
EG |
55 47 |
W |
1. OG |
56 48 |
Dabei ging der Vorhabenträger davon aus, dass das Grundstück der Klägerin zu 1. in einem allgemeinen Wohngebiet liegt.
9Der Kläger zu 2. ist Eigentümer des mit einem Wohnhaus bebauten Grundstücks N2.---straße 28 (Gemarkung N. , Flur 132, Flurstück 64). Es liegt etwa 90 m östlich der Trasse der B 51 in Höhe von Bau-km 7+368. Das Wohnhaus wurde Anfang der 1970-er Jahre errichtet. Der Kläger zu 2. erwarb das Grundstück im Jahr 2010. Eine Inanspruchnahme des Grundstücks für die Baumaßnahme ist nicht vorgesehen.
10Nach den Planunterlagen wurden für das Grundstück N2.---straße 28 folgende Beurteilungspegel berechnet:
11Hausfront/Himmelsrichtung |
Stockwerk |
Prognose in dB(A) mit Lärmschutz Tag Nacht |
W |
EG |
60 52 |
W |
1. OG |
60 53 |
Dabei ging der Vorhabenträger davon aus, dass das Grundstück im Außenbereich liegt.
13Das Planfeststellungsverfahren für den vierstreifigen Ausbau der B 51 und den Neubau der B 481n wurde im Dezember 2005 eingeleitet. Die Planunterlagen lagen vom 13. Februar 2006 bis 13. März 2006 in der Stadt N. öffentlich aus.
14Die vorherige öffentliche Bekanntmachung erschien mit einer Ergänzungslieferung im Amtsblatt der Stadt N. Nr. 3 vom 10. Februar 2006. Ob diese Ergänzungslieferung bereits am 10. Februar 2006 oder erst am 14. Februar 2006 veröffentlicht wurde, ist zwischen den Beteiligten streitig. Die Bekanntmachung enthielt u. a. einen Hinweis auf die vierwöchige Einwendungsfrist, die am 10. April 2006 ablaufe, und den Ausschluss verspäteter Einwendungen. Unter Nr. 6 heißt es: „Die Nrn. 1, 2, 3 und 5 gelten für die Anhörung der Öffentlichkeit zu den Umweltauswirkungen des Bauvorhabens nach § 9 Abs. 1 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung entsprechend.“
15Die Klägerin zu 1. erhob gegen die Planung mit Schreiben vom 5. April 2006 im Wesentlichen folgende Einwendungen: Die Bekanntmachung der Planfeststellung sei erst erfolgt, nachdem die Auslegung des Planes am 13. Februar 2006 bereits begonnen habe. Die entsprechende Ausgabe des Amtsblattes Nr. 3 der Stadt N. sei erst am 14. Februar 2006 erschienen. Eine Veröffentlichung in örtlichen Tageszeitungen nach § 72 Abs. 2 VwVfG NRW sei unterblieben. Es bestehe eine Verpflichtung aus § 2 Abs. 3a FStrG, die B 51 im geplanten Abschnitt zur Autobahn aufzustufen. Die prognostizierte Verkehrsbelastung sei nur unzulänglich ermittelt worden. Eine Straße im Autobahnformat ziehe mehr Verkehr an als übliche Bundesstraßen. Daher seien die Tabellenwerte der 16. BImSchV für Autobahnen heranzuziehen. Der Prognosehorizont sei nicht ausreichend lang festgelegt. Die Ergebnisse der Umweltverträglichkeitsstudie von 1993 seien missachtet worden. Diese habe eine Vollabdeckung der Straße oder eine Ausführung als „Züblin“-Tunnel in einer Tieflage von 5 oder 6 m gefordert. Die Strukturdaten, die der Verkehrsbelastung zu Grunde gelegt worden seien, würden im Plan nicht korrekt benannt. Der häufigere Lieferverkehr zu den Betrieben sei nicht erfasst worden. Die Einwohnerzahl für N. für das Jahr 2010 sei mit nur 254.000 angesetzt; das sei eindeutig zu wenig. Die Auswirkungen der neuesten Verkehrszählung aus dem Jahr 2005 seien nicht berücksichtigt worden. Es sei nicht geprüft worden, ob die Baumaßnahme unter Ausschluss des laufenden Verkehrs zügig durchgeführt werden und zusätzlich erhebliche Einsparungen erzielt werden könnten, die in einen Lärmschutzdeckel investiert werden könnten. Die erforderlichen Ausgleichsmaßnahmen würden nicht in vollem Umfang im Nahbereich des Eingriffs realisiert. Die Verpflichtung könne vor Ort in der Form der Mitfinanzierung eines zu begrünenden Lärmschutzdeckels über der B 51 erfolgen. Die Möglichkeit, den aktiven Lärmschutz im Sinne der Vorgabe nach Ziffer 10.2 Abs. 1 VLärmSchR 97 nicht bis zum Äußersten auszureizen, sei nicht genutzt worden. Von den jetzt im Plan erfassten 165 Wohngebäuden seien bereits 79 Gebäude auf genau 49 dB(A) berechnet. Schon bei geringsten Veränderungen bei den Berechnungsmodalitäten würden die Grenzwerte für weitere Gebäude überschritten. In bisherigen Verkehrsgutachten zu Grunde gelegte Rahmenbedingungen, die sich schon in der Vergangenheit nicht bestätigt hätten, seien nicht berichtigt worden. Auch die Verkehrszunahme durch die Entlastungsstraße Nord sei nicht berücksichtigt worden. Der außerordentliche Zugang an Lkw-Verkehr durch „Mautflüchtlinge“ sei nicht erfasst. Alle Parameter der Lärmberechnung seien konkret zu benennen und bürgerfreundlich zu erläutern. Die Troglage entspreche wegen der geringen Tiefe von nur 2 m nicht den Vorgaben der Umweltverträglichkeitsstudie von 1993. Die Lärmschutzwände böten keinen ausreichenden Schutz, ihre Höhe sei in reinen Wohngebieten unzumutbar. Die Planungsvorschrift des § 50 BImSchG sei missachtet worden. Dies könne nur über § 41 Abs. 1 BImSchG durch eine abgedeckte Tieflage als Maßnahme nach dem Stand der Technik ausgeglichen werden. Die Stadt N. habe zugesagt, sich an den Kosten zu beteiligen. Die Gesundheitsgefahren seien im Erläuterungsbericht nicht ausreichend kritisch gewürdigt worden. In N. sei die Feinstaubbelastung bereits erheblich. Im Erläuterungsbericht fehle die konkrete Angabe der Verfahren und Maschinen, die besonders lärm- und erschütterungsarm eingesetzt werden könnten. Im Ergebnis ergebe eine Durchsicht der Planunterlagen, dass Abwägung und Konfliktbewältigung misslungen seien, sich jedoch die Mängel im Deckblattverfahren durch eine weiter vertiefte abgedeckte Gradiente beheben ließen.
16Der frühere Eigentümer des Grundstücks N2.---straße 28 und Rechtsvorgänger des Klägers zu 2., Herr V. S. , erhob gegen die Planung mit Schreiben vom 29. März 2006 im Wesentlichen folgende Einwendungen: Das Gebäude N2.---straße 28 sei auf Grundlage einer rechtskräftigen Baugenehmigung als hochwertige Villa geplant und gebaut worden. Die Planungen sähen weder aktiven noch passiven Lärmschutz vor. Es werde durch Lärm und Abgase zu einer erheblichen Beeinträchtigung des Wohnwertes und damit auch des Grundstückswertes kommen. Die für die Ermittlung der notwenigen Schallschutzmaßnahmen zu Grunde gelegten Verkehrszahlen und die sich daraus ergebenden Lärmbelastungen würden angezweifelt. Das Grundstück sei wegen der überwiegend westlichen Windrichtungen besonders belastet. Es sei ein erheblich höherer Verkehrszuwachs als in den jetzigen Prognosen zu erwarten, insbesondere beim Lkw-Verkehr. Mit der Umsetzung der Planung würden seine Rechte auf körperliche Unversehrtheit und Eigentum verletzt.
17Auf Grund von Einwendungen sowie Stellungnahmen und Vorschlägen der Träger öffentlicher Belange wurde das Deckblatt I ins Verfahren eingebracht. Neben Änderungen bei der Anschlussstelle X. Straße, der wassertechnischen Berechnung, der Erweiterung der Ausgleichsflächen im Landschaftspflegerischen Begleitplan und einer Schadstoffabschätzung hat es eine Aktualisierung der Verkehrsprognose vom 11. September 2006 zum Gegenstand, die nunmehr auf das Prognosejahr 2020 abstellt. Als Folge ergaben sich Änderungen bei den aktiven Lärmschutzmaßnahmen; ferner wurde für den Bereich Bau-km 5+100 bis Bau-km 7+300 eine offenporige Asphaltdeckschicht mit einem Korrekturwert DStrO von - 5 dB(A) vorgesehen.
18Die geänderten Planunterlagen lagen vom 21. Mai 2007 bis 20. Juni 2007 öffentlich aus. Unter Nr. 8 der öffentlichen Bekanntmachung heißt es: „Da das Verfahren UVP-pflichtig ist, wird darauf hingewiesen,
19- dass die für das Verfahren zuständige Behörde die Bezirksregierung N. und die für die Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens zuständige Behörde das Ministerium für Bauen und Verkehr des Landes NRW ist,
20- dass über die Zulässigkeit des Vorhabens durch Planfeststellungsbeschluss entschieden werden wird,
21- dass die ausgelegten Planunterlagen die nach § 6 Abs. 3 UVPG notwendigen Angaben enthalten und
22- dass die Anhörung zu den ausgelegten Planunterlagen auch die Einbeziehung der Öffentlichkeit zu den Umweltauswirkungen des Vorhabens gemäß § 9 Abs. 1 UVPG ist.“
23Die Klägerin zu 1. erhob in diesem Verfahrensabschnitt keine Einwendungen.
24Mit Schreiben vom 13. Juli 2007 erhob der Rechtsvorgänger des Klägers zu 2. nach Auslegung der geänderten Planunterlagen im Deckblatt I‑Verfahren folgende Einwendungen: Die Verletzung seiner Rechte werde durch die neuen vorgesehenen Änderungen nicht behoben. Die Verkehrsprognose von September 2006 setze die Belastung weiterhin zu niedrig an. Der Verkehr werde weiter steigen, insbesondere wenn der Bau weiterer Straßen abgeschlossen sei. Umleitungs- und Schleichverkehre müssten außerdem noch berücksichtigt werden. Die Einwohnerzahl von N. sei mit 254.000 zu niedrig angesetzt. Die verkehrserhöhende Entlastungsstraße Nord sei nicht aufgeführt. Weitere zusätzliche Verkehre seien nicht berücksichtigt. Insbesondere der Lkw-Anteil werde deutlicher zunehmen als angenommen. Die Einstufung der neuen Straße als Autobahn sei noch immer nicht diskutiert worden. Die prognostizierte Verkehrsbelastung sei abermals nur unzulänglich ermittelt worden. Der Prognosehorizont sei noch immer nicht ausreichend lang festgelegt. Der Lärmschutz müsse sich an der Leistungsmöglichkeit der Straße von bis zu 60.000 Kfz/h orientieren. Für den Einsatz offenporigen Asphaltbetons sei eine dauerhafte Lärmminderung noch nicht nachgewiesen. Die Belastbarkeit sei gering und der Wartungs- und Erneuerungsaufwand hoch. Die Dauer der Haltbarkeit des Belages werde nicht garantiert. In der lärmtechnischen Unterlage sei die sogenannte senkrechte Auswirkung des Lärms nicht berücksichtigt worden. Die im Planungsverfahren vorgeschriebene Bürgerbeteiligung im Stadium der Entwurfsplanung habe trotz mündlicher und schriftlicher Erinnerungen nicht stattgefunden. Im Rahmen der Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen könne ein Lärmschutzdeckel finanziert werden. Bei einer Trassenführung östlich des Bahndamms der Bundesbahn hätte dieser hohe Bahndamm als Lärmschutz zur Verfügung gestanden. Hierdurch wäre auch der Forderung entsprochen worden, zwei parallel führbare Lärmerzeuger zu bündeln. Die Unterlagen ließen nicht erkennen, wie es während der Bauzeit um den Verkehrs-, Baustellenlärm sowie die Erschütterungen bestellt sein werde. Ein Bauen ohne Verkehr sei hilfreich. Die Schadstoffabschätzung sei unzulänglich. Sie gehe von einem zu geringen Verkehr aus. Die zulässigen Feinstaubwerte würden überschritten. Für sein Grundstück sei ein aktiver Schallschutz unerlässlich.
25In der Zeit vom 24. bis 27. Februar 2009 führte die Bezirksregierung N. nach vorheriger persönlicher Einladung und öffentlicher Bekanntmachung einen Erörterungstermin durch. Weder die Klägerin zu 1. noch der Rechtsvorgänger des Klägers zu 2. nahmen an diesem Termin teil.
26Als Ergebnis des Erörterungstermins und aus Anlass von Stellungnahmen und Einwendungen führte der Vorhabenträger die Deckblätter II bis X in das Verfahren ein, die nicht öffentlich ausgelegen haben; Betroffene wurden benachrichtigt. Die Kläger erhoben insoweit keine weiteren Einwendungen.
27Mit Beschluss vom 30. September 2011 stellte die Bezirksregierung N. den Plan für den Ausbau der B 51 bzw. den Neubau der B 481n im fraglichen Abschnitt fest. Gleichzeitig setzte sie den in § 17e Abs. 2 Satz 1 FStrG für Vorhaben des vordringlichen Bedarfs vorgesehenen Sofortvollzug vorübergehend aus, da Haushaltsmittel für die Realisierung des Vorhabens noch nicht bereitstanden. Die Einwendungen der Kläger wurden zurückgewiesen. Das Grundstück des Klägers zu 2. liege entsprechend der Auskunft der Stadt N. im unbeplanten Außenbereich. Daher werde seine Forderung nach weiteren aktiven Lärmschutzmaßnahmen zurückgewiesen.
28Der Planfeststellungsbeschluss lag nach vorheriger öffentlicher Bekanntmachung in der Zeit vom 7. bis 20. Dezember 2011 bei den Städten N. und U. öffentlich aus.
29Am 20. Januar 2012 haben die Kläger Klage erhoben.
30Mit Planänderungsbescheid vom 12. August 2014 verzichtete der Beklagte auf die Inanspruchnahme mehrerer Grundstücke, u. a. des Grundstücks der Klägerin zu 1. Am 12. September 2014 haben die Kläger ihre Klage auf diesen Planänderungsbescheid erstreckt.
31Mit Bescheid vom 14. August 2014 hob der Beklagte die Aussetzung der Vollziehung des Planfeststellungsbeschlusses für den Ausbau der B 51 teilweise auf. Den Antrag der Kläger auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage lehnte der Senat mit Beschluss vom 4. November 2014 ab (11 B 1086/14.AK).
32Die Kläger beziehen sich zur Begründung ihrer Klage zunächst vollinhaltlich auf ihre Einwendungen im Verwaltungsverfahren und machen diese zum Gegenstand der Klagebegründung. Darüber hinaus tragen sie insbesondere vor:
33Sie seien mit ihren Einwendungen nicht präkludiert. In der Bekanntmachung zum Deckblatt I-Verfahren gebe es keinen Hinweis darauf, dass die Lärmschutzgrundlagen durch das Deckblatt-Verfahren hätten komplett ersetzt werden sollen. Die erhobenen Einwendungen hätten daher weitergegolten. Der Kläger zu 2. habe als Laie bei der ersten Öffentlichkeitsbeteiligung ausreichende Einwendungen erhoben. Die Öffentlichkeitsbeteiligung sei sowohl bei der ersten Auslegung 2006 als auch für das Deckblatt I im Jahr 2007 nicht rechtmäßig abgelaufen. Die Bekanntmachung der ersten Auslegung vom 13. Februar bis 13. März 2006 sei erst erfolgt, nachdem die Auslegung bereits begonnen habe. Die Bekanntmachung sei in einer „zweiten Auflage“ des Amtsblattes der Stadt N. enthalten gewesen, die mit „Ergänzungslieferung“ überschrieben gewesen sei. Diese sei nicht schon am Freitag, den 10. Februar 2006, sondern erst am 14. Februar 2006 veröffentlicht worden. Eine frühere Bekanntmachung sei auch gar nicht möglich gewesen und widerspreche der Lebenserfahrung. Daher sei die Monatsfrist für die Auslegung der Unterlagen unterschritten. Selbst wenn die Bekanntmachung noch am 10. Februar 2006 erfolgt sei, fehle es an der erforderlichen Anstoßwirkung für die Öffentlichkeit, wenn die öffentliche Auslegung am folgenden Montag beginne. Daher könne ein Einwendungsausschluss von vornherein nicht greifen.
34Die öffentliche Bekanntmachung verstoße zudem gegen Vorgaben des damals direkt geltenden Art. 6 Abs. 2 der UVP-Richtlinie. Die Bekanntmachung nehme nur in einem Satz auf die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) Bezug. Dies werde den europäischen Vorgaben in zeitlicher Hinsicht nicht gerecht. Es werde auch nicht klar gesagt, dass das Vorhaben einer UVP unterstehe, noch gebe es Angaben über die Verfügbarkeit der Informationen, die gemäß Art. 5 der UVP-Richtlinie eingeholt worden seien. Die Auslegung im Jahr 2007 könne diese Fehler nicht heilen, denn sie habe nur die Änderungen des Deckblattes I betroffen. Zwar sei nunmehr ausdrücklich auf die UVP-Pflicht hingewiesen worden, es sei aber in keiner Weise mitgeteilt worden, welche Dokumente auslägen. Beide Auslegungen hätten inhaltlich nicht den Anforderungen der §§ 9 Abs. 1b und 6 Abs. 3 UVPG und der UVP-Richtlinie in der damals geltenden Fassung entsprochen. Bei der ersten Auslegung hätten z. B. entscheidungserhebliche Berichte und Empfehlungen wie die Verkehrsuntersuchung gefehlt. Es werde bestritten, dass die Umweltverträglichkeitsstudie (UVS)1993 ausgelegen habe. Die Auslegung im Jahr 1994 reiche nicht aus. Die UVS 1993 sei nach den damals geltenden Anforderungen unzureichend gewesen. Es fehlten Variantenprüfungen und die Ermittlung und Prüfung der erheblichen, jedoch noch nicht unzumutbaren bzw. grenzüberschreitenden Umweltauswirkungen. Die zweite Auslegung werde den inhaltlichen Anforderungen erst recht nicht gerecht. Die hier ausgelegten Unterlagen einschließlich des Erläuterungsberichtes und des Landschaftspflegerischen Begleitplanes hätten sich nur auf die Änderungen im Deckblattverfahren I bezogen. Es fehle u. a. an einer allgemein verständlichen Zusammenfassung. Der nebulöse Verweis des Beklagten auf angebliche Internetveröffentlichungen führe nicht weiter. Bei beiden Auslegungen fehle eine inhaltlich ausreichende UVS, die beispielsweise die betrachteten Varianten für die B 51 einschließlich Tunnellösung (und nicht nur für die B 481n) darstelle, obwohl der Beklagte derartige Varianten geprüft habe. Selbst wenn man den Ansatz einer angeblich in den übrigen Planfeststellungsunterlagen inbegriffenen UVS für ausreichend halte, was höchst zweifelhaft sei, sei den damaligen Anforderungen der UVP-Richtlinie nicht entsprochen worden, das zeige das Beispiel der untersuchten Varianten besonders deutlich. Die Beteiligung der Öffentlichkeit sei zwingender Bestandteil des UVP-Verfahrens. Sie könne nach Ergehen des Planfeststellungsbeschlusses nicht mehr nachgeholt werden. Die Öffentlichkeit könne auch die verfahrensrechtliche Rechtmäßigkeit von Entscheidungen anfechten, für die die Öffentlichkeitsbeteiligung gelte. Die Bezugnahme im Planfeststellungsbeschluss auf eine UVS aus dem Jahr 1993 erscheine geradezu absurd. Die UVS gehe von 31.000 Kfz/24h aus, der Planfeststellungsbeschluss hingegen von 50.560 Kfz/ 24h. Zudem habe die UVS eine Vollabdeckung mit Überschüttungsmöglichkeit vorgesehen, die nicht planfestgestellt worden sei. Die Stadt N. habe der Planung ausdrücklich vor dem Hintergrund des Ergebnisses einer abgedeckten Troglage zugestimmt. Diese Lösung habe daher nicht im Erläuterungsbericht mit einem Satz ausgeschlossen werden dürfen. Aufgrund neuerer Rechtsprechung könne der Beklagte sich nicht darauf berufen, dass es an einer Kausalität zwischen Fehler und Planfeststellungsbeschluss fehle. Da es um zentrale Bestandteile der europäischen Beteiligungsanforderungen gehe, sei der Planfeststellungsbeschluss allein deshalb zumindest für rechtswidrig und nicht vollziehbar zu erklären.
35Es sei eine neue Linienbestimmung erforderlich gewesen, da mit der B 481n eine neue Bundesfernstraßenverbindung geschaffen werde, die im Hinblick auf die nach § 15 Abs. 1 Satz 3 UVPG in der Umweltverträglichkeitsprüfung zur Linienbestimmung zu prüfenden, ernsthaft in Betracht kommenden Trassenvarianten einer einheitlichen Betrachtung mit der Planung der B 51 bedürfe. Die Variantenprüfung der Linienbestimmung sei in der Planfeststellung wieder aufzugreifen und in dem gebotenen Umfang und im Detail zu konkretisieren. Die Bezugnahme auf eine Linienbestimmung vom 14. Dezember 1967 für die B 481n und das Ergebnis der damaligen UVP sei verfahrensfehlerhaft, weil es damals eine UVP im Sinne des heutigen Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung noch gar nicht gegeben habe. Daher sei im Ergebnis vom Fehlen der UVP in der Linienbestimmung mitsamt der gesetzlich vorgesehenen Trassenvariantenprüfung auszugehen. Eine Linienbestimmung fehle damit insgesamt.
36Der Planfeststellungsbeschluss genüge nicht dem Abwägungsgebot des § 17 Satz 2 FStrG. Er sei erlassen worden, ohne vorher die Abwägungsgrundlagen ausreichend zu ermitteln. Für den Kläger zu 2. sei erst bis Mitte Oktober 2011 ermittelt worden, ob sein Anwesen dem Innen- oder Außenbereich zuzuordnen sei. Da der Planfeststellungsbeschluss bereits getroffen gewesen sei, habe der Beklagte gar nicht mehr zu einem anderen Ergebnis als Außenbereich kommen können und sich vorab gebunden. Die Schadstoffuntersuchung des Büros M. aus September 2011 sei dem Beklagten erst am Datum der Planfeststellung zugegangen. Es habe im Planfeststellungsverfahren im eigentlichen Sinne gar keine Variantenprüfung gegeben, sondern einzig eine Bezugnahme auf eine vom Auftrag eng begrenzte schon damals zwölf Jahre alte UVS, die sich auf die Bestandstrasse beschränke. Das von der Beklagten gewählte gestufte Verfahren mit einer UVP vor rund 20 Jahren und einer Prüfung zusätzlicher oder anderer erheblicher Umweltauswirkungen in der Planfeststellung sei rechtlich nicht zulässig gewesen. Insbesondere seien keine Varianten geprüft worden. Damit sei eine UVP nicht durchgeführt und nicht nachgeholt. Daher fehle es an der erforderlichen Abwägungs- und Ergebnisoffenheit. Es finde sich dementsprechend nicht einmal eine Grobprüfung anderer in Betracht kommender Trassenführungen für die B 51. Die Prüfung habe auch nicht unter dem Gesichtspunkt unterbleiben dürfen, dass es sich um den dritten Bauabschnitt eines Gesamtvorhabens handele. Es dränge sich die Variante östlich der Umgehungsbahn geradezu auf: Am Ende des zweiten Bauabschnitts knicke die Alternativtrasse nach rechts ab, führe etwa einen Kilometer Richtung Osten, werde unter dem Bahndamm hindurchgeführt und dann parallel zum Bahndamm und der Hochspannungsleitung. Nördlich der X2. Straße werde der Bahndamm erneut gequert; sodann werde die planfestgestellte Trasse der B 481n genutzt. Dies entlaste den gesamten Kernbereich von St. N3. , der wieder zusammenwachsen könne und konzentriere Verkehrstrassen. Die Trasse führe vorwiegend über landwirtschaftlich genutzte Flurstücke und könne ebenerdig geführt werden. Der Bahndamm bilde einen Lärmschutzwall. Die Variante sei zwar einen Kilometer länger, es werde aber auch Versiegelung eingespart im Zusammenhang mit dem Knoten mit der X2. Straße, der allein zu einem Verbrauch von 20 ha Fläche führe, die großenteils versiegelt werden müsse. Die Bestandstrasse der B 51 könnte entsiegelt werden. Das Landschaftsschutzgebiet X3. -F. -Niederung werde nur an seinem äußersten Rand tangiert. Die Alternativtrasse käme gänzlich ohne Inanspruchnahme von Wohneigentumsgrundstücken aus, es wären höchstens einige wenige Kleingärten betroffen. Auch Kosten- und Wirtschaftlichkeitserwägungen sprächen für die Alternativtrasse. Es wäre lediglich für einige wenige Häuser im Außenbereich weiter östlich der Trasse für Lärmschutz zu sorgen. Geringere Kosten für Lärmschutz und für den Knoten X2. Straße führten zu Millioneneinsparungen. Die in der Klagebegründung vorgelegte Skizze solle nur die verbale Beschreibung der möglichen Trasse unterstützen und kein rechtwinkliges Abknicken der Trasse einfordern. Darüber hinaus fehlten offenbar jegliche Variantenüberlegungen zur Verlängerung des Troges und des offenporigen Asphalts. Die unter Nutzen-Kosten-Gesichtspunk-ten im Hinblick auf Lärmschutz und Eigentumsinanspruchnahme günstigste Variante sei gar nicht ermittelt worden.
37Die Verkehrsprognose sei unzureichend und komme zum Nachteil der Kläger zu einer zu geringen Verkehrsbelastung. Es gebe keinen sachlichen Grund für eine Beschränkung auf den Prognosehorizont 2020. Der „Kurzbericht ‑ Ausblick Prognose 2025“ sei unzutreffend. Die knappen Ausführungen seien in keiner Weise nachvollziehbar und widersprächen zum Teil dem Gutachten für den Zeitraum bis 2020, in dem der Anstieg des Schwerverkehrs von knapp 5 % nicht berücksichtigt sei. Die Prognose genüge auch im Übrigen methodisch nicht den Anforderungen. Das Prognoseergebnis sei weder nachvollziehbar begründet noch beruhe es auf realistischen Eingangsdaten und Annahmen. Die Ergebnisse ließen sich nicht ableiten. Es fehlten die Berechnungsgrundlagen, genaue Quellenangaben und eine Beschreibung des Rechenvorgangs. Für eine Reihe von Eingangswerten gebe es keine Ableitungen. Der Verkehr für den Abschnitt X. Straße bis X2. Straße sei weiterhin zu niedrig angesetzt. Der Planfeststellungsbeschluss stelle für 2020 auf 50.560 Kfz/24h vom B. Weg bis zur X. Straße und auf 41.730 Kfz/24h von der X. Straße bis zur X2. Straße ab. Die Verkehrszählung 2010 weise für die B 51 „Umgehungsstraße N. “ 55.700 Kfz/24h aus. Die Prognose werde im Hinblick auf die Entwicklung auf den bereits ausgebauten Abschnitten den Erfahrungswerten nicht gerecht. Dort habe der Verkehr von 1990 bis 2005 um 125 % bzw. 203 % zugenommen. Er werde weiter steigen, wenn der Weiterbau der B 51 nach Osten und der B 481n nach Norden abgeschlossen sein werde. Die Ausführungen zur Aktualisierung von September 2006 seien nicht nachvollziehbar und blieben nebulös. Auswirkungen anderer Maßnahmen auf die B 51/B 481n würden nicht im Einzelnen aufgeführt. In einer früheren Unterlage sei die Einwohnerzahl von N. für 2010 mit 254.000 eingestellt, bereits jetzt habe N. 280.000 Einwohner mit steigender Tendenz. Die verkehrserhöhende „Entlastungsstraße Nord“ werde nicht aufgeführt. Auch das neue Wohngebiet in X4. -Nord und die Erschließung des neuen Gewerbegebiets B1.--------straße in X4. würden nicht erwähnt. Bei der Umgehungsstraße X4. reiche der Zufluss von Mautverkehr bis zur A 2 bei C1. . Es müssten auch die Zugänge durch Expansion und Verlagerung von zwei großen Firmen mit Logistikbedarf im Bereich I.-----weg und einer großen Baustoffhandlung an der M1. berücksichtigt werden. Auch der seit 2004 bestehende Masterplan zur Entwicklung des Hafenbereichs sei nicht berücksichtigt. Der Aufstellungsbeschluss des entsprechenden Bebauungsplans vom 7. Juli 2010 habe zum Zeitpunkt der Planfeststellung längst vorgelegen. Die Verkehrsuntersuchung dieser Planung gehe für die B 51 zwischen B. Weg und X. Straße im Jahr 2025 von 51.400 Kfz/24h aus; diese Prognose liege über der des IVV-Gutachtens, das für 2020 nur 50.600 Kfz/24h vorhersage. Daher werde die IVV-Verkehrsprognose durch die Planungen der Stadt N. widerlegt. Die Prognosen übersähen nach wie vor, dass seit Jahrzehnten geplant sei, eine durchgehend leistungsfähige Verbindung zwischen N. und der A 2 im Osten zu schaffen. Dies werde den Verkehr im fraglichen Abschnitt um 15.000 Kfz/24h erhöhen. Der Ansatz eines Lkw-Anteils von 13 % tags und 12 % nachts sei zu niedrig. Viele Lieferfahrzeuge ab 2,8 t würden fehlerhaft als Pkw gezählt. Es gebe offenkundig keine Unterlage, die entsprechend den Vorgaben der 16. BImSchV die Ermittlung einer maßgebenden stündlichen Verkehrsstärke und eines maßgebenden Lkw-Anteils (über 2,8 t) am Gesamtverkehr über die Nachtzeit dokumentiere. Dafür sei auf die Standardwerte der 16. BImSchV zurückzugreifen.
38Die lärmtechnische Untersuchung leide unter einer Reihe von Fehlern, die sich auf das Ergebnis auswirkten. Sie sei in mehrererlei Hinsicht ungenügend. Die Untersuchung sei offenkundig nicht von sachkundigen Personen erstellt worden. Es gebe keinerlei Hinweise auf die Verfasser. Die Methodik der Ermittlung der ausgewiesenen Beurteilungspegel sei nicht ausreichend dargestellt. Es fehlten Angaben, wie die Gebietsarten, die Abstände, Höhen und Geschosse ermittelt worden seien, sowie Angaben zu Kosten von Lärmschutzmaßnahmen und Lärmschutzvarianten sowie Angaben zu den für einen Vollschutz erforderlichen Maßnahmen und Lärmberechnungen für die Außenwohnbereiche. Es sei nicht dargelegt, welche Eingangsdaten und welche Fassung der Software „Sound Plan“ verwendet worden sei. Der Beklagte habe die Fachgutachten nicht auf Plausibilität überprüft. Die Gutachten in ihren verschiedenen Fassungen hätten der Planfeststellung nicht zu Grunde gelegt werden dürfen. Die lärmtechnische Untersuchung basiere auf falschen Prognosedaten. Das gelte insbesondere für den zu geringen Lkw-Anteil; es sei nicht nachvollziehbar, wie die Verteilung auf Tag und Nacht ermittelt worden sei. Der Beklagte habe laut Vermerk vom 1. März 2011 vom Landesbetrieb Straßen NRW eine Neuerstellung des Lärmschutzkonzepts gefordert. Diese Neukonzeption sei offenbar nicht vorgelegt worden und könne nicht in den „vier Seiten plus ein paar Tabellen“ im Verwaltungsvorgang gesehen werden.
39Für die Klägerin zu 1. seien falsche Berechnungspunkte gewählt worden. Das Erdgeschoss beginne beim Haus der Klägerin zu 1. erst in etwa 1,5 bis 1,6 m Höhe. Daher wären bei 0,2 m über Fensteroberkante 4,2 und 7,0 m statt 2,4 und 5,2 m anzusetzen gewesen. Dabei sei noch zu klären, in welchem Verhältnis die Geländeoberkante nach dem Höhenplan zur Geländehöhe an ihrem Haus stehe. Der Abstand vom Immissionsort zur Achse der Straße sei für die Klägerin zu 1. mit 36,4 m angegeben. Dies treffe für den Außenwohnbereich ersichtlich nicht zu. Es seien offenbar flächendeckend alle Außenwohnbereiche nicht berechnet und sämtliche Entschädigungsansprüche in diesem Zusammenhang verkannt worden. Auch für das Grundstück des Klägers zu 2. liege der maßgebliche Immissionsort für den Außenwohnbereich erheblich näher an der Trasse. Die Höhe sei bei ihm noch niedriger angenommen als bei der Klägerin zu 1. Der Fehler fehlender Ermittlung der Betroffenheit der Außenwohnbereiche werde nicht durch die Nebenbestimmung A.5.2.3 geheilt. Es fehlten erforderliche Ermittlungen der Schutzansprüche für die Prüfung der Schallschutzvarianten und das erforderliche Abwägungsmaterial. Ansprüche auf passiven Schallschutz stünden in keinem zwingenden Verhältnis zu Entschädigungsansprüchen für Außenwohnbereiche. Dem Kläger zu 2. werde der ihm zustehende Lärmschutz verwehrt. Er könne sich auf den Schutz für Wohngebiete berufen (59 dB(A) tags, 49 dB(A) nachts); die Grenzwerte würden jeweils überschritten. Die Einstufung seines Grundstücks als Außenbereich sei unzutreffend. Für sein Grundstück bestehe kein Bebauungsplan. Weniger als 10 m östlich beginne ein reines Wohngebiet (Bebauungsplan Nr. 300 der Stadt N. ). Es bestehe ein Bebauungszusammenhang mit dem östlich der Straße bestehenden Wohngebiet. Die N4.----straße habe im vorliegenden Fall keine trennende, sondern eine verbindende Funktion. Beide Straßenseiten stünden in entsprechenden optischen Beziehungen und prägten sich gegenseitig; das folge auch aus eindeutigen historischen Bezügen. Die N5.---straße habe beiderseits Gehwege und Straßenbeleuchtung. Die Bebauung sei ähnlich. Westlich der N5.---straße stünden zwei weitere Häuser. Die Baulücke zum Haus Nr. 24 unterbreche den Bebauungszusammenhang nicht. Zur Baugenehmigung für sein Haus aus dem Jahr 1971 sei die Auskunft erteilt worden, dass sich Art und Maß der baulichen Nutzung nach einem „reinen Wohngebiet“ zu richten habe. Das ergebe sich auch aus der Ortssatzung der Stadt N. vom 27. Juli 1957. Die Umspannstation für das Wohngebiet sei in den klägerischen Baukomplex integriert. Die Ausweisung im Flächennutzungsplan sei nicht parzellenscharf, es verbleibe ein Interpretationsspielraum. Ein Straßenbaubeitragsbescheid der Stadt N. vom 28. März 2014 sehe das Grundstück des Klägers zu 2. in voller Breite als bebaubar an.
40Die zur Umsetzung des in § 41 BImSchG vorgegebenen Lärmschutzkonzepts erforderliche Nutzen-Kosten-Prüfung einschließlich der dafür erforderlichen Grundlagendaten fehle in den Planfeststellungsunterlagen. Es seien die Kosten je Schutzfall zu betrachten, d. h. die Kosten je durch die jeweilige Lärmschutzvariante „bewältigten“ Schutzfalls, also je erreichter Grenzwerteinhaltung. Pauschale Betrachtungen seien zulässig, wenn der Gleichheitssatz beachtet werde. An dem sich daraus ergebenden Prüfungsprogramm fehle es. Die lärmtechnische Untersuchung ermittele keine Beurteilungspegel für Außenwohnbereiche. Damit seien eine Vielzahl von Anspruchsberechtigungen nicht erkannt. Der Nutzen eines Lärmschutzkonzepts könne so nicht ermittelt werden. Es gebe keine Angaben zu den erforderlichen Maßnahmen und den Kosten für einen Vollschutz, welche Lärmschutzvarianten mit welchem Nutzen und welchen Kosten betrachtet worden seien und zu den Kosten einzelner Lärmschutzmaßnahmen. Die von der Stadt N. beschlossene Beteiligung an den Kosten sei nicht berücksichtigt. Im Planfeststellungsbeschluss seien die Kosten je Schutzfall nicht ermittelt worden, die Prüfung sei frei von nachvollziehbaren Maßstäben. Für die Bereiche der Kläger gebe es nur nicht nachvollziehbare allgemeine Annahmen. Rechne man die Kostensteigerung je bewältigtem Schutzfall, ergebe sich eine Steigerung von nur 1,7 %. Das sei verhältnismäßig. Allerdings fehlten hier die Außenwohnbereiche. Die vom Beklagten angeführte „abwägende Mitberücksichtigung“ scheide logisch aus. Die Beurteilungspegel für Außenwohnbereiche seien gesondert zu ermitteln und gesondert in die Abwägung einzuführen und gegebenenfalls zu entschädigen. Das alles sei versäumt worden, so dass eine sachgerechte Nutzen-Kosten-Betrachtung nicht habe angestellt werden können. Die örtlichen Verhältnisse seien unvollständig ermittelt. Es fehle an der Ermittlung und Prüfung erheblicher, jedoch noch nicht unzumutbarer bzw. grenzüberschreitender Lärmbelastungen. Gleiches gelte für Luftschadstoffbelastungen und Erschütterungen. Der Flächennutzungsplan der Stadt N. weise beidseitig der B 51 Wohnbauland aus. Eine angebliche Berücksichtigung einer plangegebenen Vorbelastung der Wohnhäuser nördlich der Straße „Zum Guten Hirten“ sei nicht nachvollziehbar. Der Hinweis Nr. 6 in der vom Beklagten seiner Klageerwiderung als Beispiel beigefügten Baugenehmigung habe keine Regelungswirkung. Nicht berücksichtigt sei die mit der planfestgestellten Schutzvariante (5 m Lärmschutzwand) einhergehende Eigentumsbeeinträchtigung für die Klägerin zu 1.
41Die Luftschadstoffuntersuchungen litten ebenfalls unter fehlerhaften Prognose-annahmen. Die Übernahme der Hintergrundbelastung von einer Messstation, die nicht hinreichend auf die Übertragbarkeit der Umgebungsverhältnisse geprüft worden sei, sei fehlerhaft. Offenbar seien die Werte der Messstation N. -Geist angesetzt worden. Diese erfasse aufgrund ihrer Lage und der regelmäßi-gen Westwinde vorwiegend ländliche Hintergrundbelastung. Dagegen hätten sich Luftmassen bei den Grundstücken der Kläger nach Überquerung der Stadt N. mit Schadstoffen angereichert. Die Messstation an der X1. Straße in N. habe in den letzten Jahren Überschreitungen bei NO2 gemessen. Die Annahmen zur Verkehrssituation in Abbildung 5.1 des Luftschadstoffgutachtens stünden im Widerspruch zu den Angaben in der lärmtechnischen Untersuchung. Die Auswertung sei irreführend; relevant sei die Belastung in allen Wohnberei-chen, hier besonders auch in den Außenwohnbereichen, die deutlich höher belastet seien als die Wohnhäuser. In den Gartenbereichen ergäben sich rechnerisch Grenzwertüberschreitungen. Es fehle ‑ auch in der vom Beklagten vorgelegten ergänzenden E-Mail ‑ eine Berechnung der Kurzzeitgrenzwerte. Die Belastungen durch Baulärm und Erschütterungen während der Bauzeit seien weder ermittelt noch im Planfeststellungsbeschluss Aussagen zum Schutz vor ihnen getroffen worden. Der Planfeststellungsbeschluss führe widersprüchlich aus, die AVV-Baulärm sei zu beachten, aber sie könne nicht eingehalten werden. Das widerspreche der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes. Das Vorhaben entspreche nicht dem Gebot der Eingriffsminimierung in § 15 Abs. 1 BNatSchG. Die Ausgestaltung des Knotens B 51/X2. Straße führe zu vermeidbaren Eingriffen.
42Die Kläger beantragen,
43den Planfeststellungsbeschluss des Beklagten vom 30. September 2011 in der Fassung des Planänderungsbescheides vom 12. August 2014 aufzuheben,
44hilfsweise,
45den Beklagten unter teilweiser Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses vom 30. Septem-ber 2011 in der Fassung des Planänderungsbescheides vom 12. August 2014 zu verpflichten, die Kläger hinsichtlich ihrer durch das Vorhaben betroffenen Rechte/Interessen, insbesondere hinsichtlich des Schutzes vor Immissionen, erneut zu bescheiden.
46Der Beklagte beantragt,
47die Klage abzuweisen.
48Er verweist auf den angefochtenen Planfeststellungsbeschluss und trägt ergänzend im Wesentlichen vor:
49Die Klägerin zu 1. sei mit ihrem Klagevorbringen gegen den Prognosehorizont, das Verkehrsgutachten, die Lärm- und Schadstoffimmissionen präkludiert, weil sie nach der Auslegung der geänderten Planunterlagen als Deckblatt I keine Einwendungen mehr erhoben habe. Die im Bereich des Grundstückes der Klägerin zu 1. geplante Lärmschutzwand solle nicht auf ihrem Grundstück, sondern in einem Abstand von 1,7 m zu ihrem Grundstück errichtet werden. Es werde auf jegliche Inanspruchnahme ihres Grundstückes verzichtet.
50Die konkreten unpräkludierten Einwendungen des Rechtsvorgängers des Klägers zu 2., Herrn V. S. , richteten sich auf die Überprüfung des Verkehrsgutachtens und der hieraus folgenden Lärmschutzmaßnahmen. Sein Grundstück befinde sich in einer Entfernung von rund 92 bis 107 m zum künftigen Fahrbahnrand und liege wie die Grundstücke N2.---straße 22 und 24 im Außenbereich gemäß § 35 BauGB. Sie würden durch die N5.---straße von dem gegenüberliegenden Wohngebiet getrennt und lägen als Einzelbebauungen ohne Ordnungsstruktur in einem zusammenhängenden größeren Waldgebiet. Die lärmtechnische Berücksichtigung als Wohngebiet sei nicht begründbar; dies ergebe sich auch aus einer schriftlichen planungsrechtlichen Auskunft der Stadt N. vom 9. No-vember 2011. Seit Inkrafttreten der 56. Änderung des Flächennutzungsplanes der Stadt N. am 5. Juli 1991 sei das Grundstück nicht mehr als Wohnbaufläche ausgewiesen. In planungsrechtlichen Auskünften der Stadt werde es seit 2002 stets als Außenbereich beurteilt.
51Die Offenlage der Planunterlagen sei ordnungsgemäß bekannt gemacht worden. Dies sei von der Stadt N. mit Schreiben vom 20. Februar 2006 bestätigt worden. Aus der Bezeichnung als „Ergänzungslieferung“ könne nicht auf eine spätere Bekanntmachung geschlossen werden. Auch die Ergänzungslieferung sei laut einem Schreiben der Stadt N. vom 14. Mai 2012 am 10. Februar 2006 erschienen und ausgeliefert worden. In einem Pressetext sei fälschlicherweise als der Tag der Bekanntgabe der 14. Februar 2006 genannt worden. Für den Bekanntmachungszeitraum vor der Planoffenlage seien nach § 73 Abs. 5 VwVfG NRW keine Fristen vorgegeben. Weitere Bekanntmachungen seien nach der Hauptsatzung der Stadt N. nicht vorgesehen gewesen. Im Übrigen sei die von den Klägern unzutreffend behauptete Verspätung der Bekanntmachung aus Rechtsgründen unschädlich. Die erforderliche Anstoßwirkung sei erreicht worden, da die Kläger und 264 weitere Einwender fristgerecht Einwendungen erhoben hätten. Die Hinweise in den Bekanntmachungstexten hätten sowohl im Jahr 2006 als auch im Jahr 2007 den gesetzlichen Vorgaben des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung entsprochen. Aus Anzahl und Inhalt der Einwendungen gehe deutlich hervor, dass alle Verfahrensbeteiligten verstanden hätten, dass die Beteiligung der betroffenen Öffentlichkeit auch das UVPG-Verfah-ren umfasst habe. Soweit die Kläger unzutreffend unterstellten, es handele sich um Verfahrensfehler, seien diese aus Rechtsgründen nach Maßgabe des Kausalitätserfordernisses unschädlich.
52Die UVP sei insgesamt konsequent und verfahrensfehlerfrei durchgeführt worden. Unter Ziffer 4.4. des Planfeststellungsbeschlusses sei die Strukturierung der UVP auf den verschiedenen Planungsstufen mit Schwerpunkt im Planfeststellungsverfahren beschrieben, die zusammenfassende Darstellung der Umweltauswirkungen werde gemäß § 11 UVPG ab Seite 58, die abwägende Bewertung der Umweltauswirkungen gemäß § 12 UVPG ab Seite 69 methodisch getrennt vor der abschließenden Abwägung nach § 17 FStrG dargestellt. Die planfestgestellte Variante stütze sich auf ein in der UVS 1993 noch nicht untersuchtes verbessertes Lärmschutzkonzept.
53Die Überprüfung des Planungskonzeptes habe bereits in der UVP eine Bestätigung des Ausschlusses der Neubautrassenführung östlich der Umgehungsbahn ergeben. Diese Trassenführung widerspreche dem Bundesfernstraßenbedarfsplan und dem Gebietsentwicklungsplan, führe zu einem erheblich größeren Eingriff in die im Planfeststellungsbeschluss aufgeführten Umweltgüter und habe nicht das Vermeidungspotenzial, auf das sich der Ausbau der Bundesstraße im vorbelasteten Bereich mit einer zusätzlichen Lärmsanierung stützen könne. In ihren Einwendungen hätten die Kläger bzw. Rechtsvorgänger die Prüfung der Umgehungsbahnalternative nicht angesprochen. Die Neubauvariante östlich der Umgehungsbahntrasse sei bereits im ersten und zweiten Planfeststellungsabschnitt verworfen worden. Der Planfeststellungsbeschluss habe die Vorgaben zum Linienbestimmungsverfahren und dessen Ergebnis für den Planungsabschnitt der B 481n berücksichtigt. Der Bedarfsplan für die Bundesfernstraßen gebe einen Ausbau der B 51 im vorhandenen Straßenzug vor. Daher habe für diesen Abschnitt auf eine Linienbestimmung verzichtet werden können.
54Das dem Planfeststellungsbeschluss zu Grunde gelegte projektbezogene Verkehrsgutachten vom 11. September 2006 sowie der zuletzt erstellte Ausblick auf das Prognosejahr 2025 seien nicht zu beanstanden. Der Hinweis der Kläger auf einen Presseartikel über die Verkehrszählung 2010 beziehe sich auf den stärker frequentierten Streckenabschnitt zwischen dem Autobahnkreuz N. -Süd und der X1. Straße. Für den vorliegenden dritten Abschnitt der B 51 weise die Verkehrszählung 2010 Verkehrsbelastungen in Höhe von 32.500 Kfz/24h auf dem Teilabschnitt zwischen B. Weg und X. Straße sowie 20.500 Kfz/24h auf dem Teilabschnitt zwischen X. Straße und X2. Straße auf. Die „Entlastungsstraße Nord“ sei in der Aktualisierung vom 11. März 2008 berücksichtigt; sie führe zu etwas geringeren Belastungswerten (minus 1.000 bis minus 2.000 Kfz DTV) für die B 51 und zu einer marginalen Verringerung auf der B 481n. Die bis zum Jahr 2025 zu erwartende Steigerung des Schwerverkehrs um knapp 5 % beziehe sich auf die absoluten Zahlen im Schwerverkehr und sei nicht als Anstieg in Prozentpunkten zu werten. Sie liege in einem Toleranzbereich der allgemeinen methodischen Prognosesicherheit und stelle die Verwertbarkeit der dem Planfeststellungsbeschluss zu Grunde gelegten Prognoseberechnung zum Horizont 2020 nicht in Frage. Methodisch zutreffende Prognoseermittlungen könnten sich nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts auch auf kürzere Prognosehorizonte als 15 Jahre stützen. Die „Ergänzungen zum Kurzbericht Ausblick Prognose 2025 vom 28.07.2011“ vom 14. Juni 2012 bestätigten, dass die Verkehrsmengengerüste auch bis zum Jahr 2025 noch eine Validität besäßen. Eine Fortschreibung des Prognoseergeb-nisses auf das Jahr 2025 ergebe nur eine marginale irrelevante Erhöhung des Prognoseimmissionspegels um bis zu 0,2 dB(A). Für die Außenwohnbereiche des Wohngrundstücks des Klägers zu 2. seien fiktive Lärmberechnungen unter Berücksichtigung der Ergebnisse des Ausblicks Prognosejahr 2025 angestellt worden. Für Balkon, Freisitz und Terrassen ergäben sich Tagwerte von 55,4 bis 58,9 dB(A).
55Die lärmtechnischen Berechnungen seien mit Hilfe des DV-Programms „Sound Plan“ erstellt worden; dieses Programm sei zertifiziert und nicht zu beanstanden. Auf Grund der Komplexität der Berechnung würden nur die Ergebnisse in einer Tabelle zusammengefasst und dem lärmtechnischen Entwurf beigefügt. Dem präkludierten Hinweis auf mögliche Höhendifferenzen bei der Festlegung der Immissionsorte auf dem Grundstück der Klägerin zu 1. sei nachgegangen worden. Eine vermessungstechnische Überprüfung habe am Wohnhaus im ungünstigsten Fall (1. OG) eine Höhendifferenz um fast 1,64 m ergeben. Derartige Differenzen könnten sich z. B. durch versetzte Ebenen innerhalb des Hauses erklären; sie würden typischerweise nur einwendungsbezogen berücksichtigt. Mit den höhergelegenen Immissionsorten und unter Berücksichtigung des um 5 % gestiegenen Schwerverkehr-anteils bis 2025 lägen die berechneten Lärmpegel mit 54,7 dB(A) am Tag und 47,1 dB(A) in der Nacht sowohl im Erdgeschoss als auch mit 56,1 dB(A) am Tag und 48,6 dB(A) in der Nacht im Obergeschoss unterhalb der für Wohngebiete geltenden Immissionsgrenzwerte.
56An den Wohngebäuden der Kläger werde Volllärmschutz erreicht. Bei der Abwägung der Lärmschutzkonzepte zu den einzelnen Lärmschutzbereichen im Planfeststellungsbeschluss sei zur Berücksichtigung von Außenwohnbereichen zutreffend davon ausgegangen worden, dass passive Lärmschutzreste nur in Obergeschosshöhe verblieben und Außenwohnbereiche dort als Balkon jeweils beim Innenwohnbereich einer Wohneinheit abwägend mitberücksichtigt werden könnten. Bei der Abwägung des Lärmschutzkonzeptes zum Bereich C2.-----weg sei zutreffend berücksichtigt, dass sich nur für einen einzigen Balkon ein den Tagesgrenzwert überschreitender Beurteilungspegel im Außenwohnbereich von 59,38 dB(A) ergebe. Entgegen der Behauptung der Kläger gebe es im Abschnitt C2.-----weg /Westseite kein aktiv ungeschütztes bereits festgesetztes Wohngebiet. Die Baugenehmigungen der Wohnhäuser nordwestlich der Straße „Zum Guten I1. “ seien mit der Maßgabe erteilt worden, dass keine Ansprüche rechtlicher oder finanzieller Art gegenüber dem Landesbetrieb Straßen NRW hergeleitet werden könnten, die sich auf Lärmschutzmaßnahmen bezögen, die auf Grund von auftretenden Lärmimmissionen auf der B 51 nötig würden. Der Rat der Stadt N. habe dem Lärmschutzkonzept der Bundesstraßenverwaltung erstmals in seiner Sitzung vom 13. September 2000 und zuletzt im Jahr 2011 in Gestalt des Deckblattes IX zugestimmt. Mehrkosten des Lärmschutzkonzeptes, die für städtebaulich wirksame Maßnahmen gefordert seien, würden von der Stadt N. getragen; dies seien Mehrkosten für eine lärmschutzneutrale Kragarmausbildung und eine transparente Ausbildung von Lärmschutzwänden im oberen Bereich. Zwischen Baulastträger und der Stadt N. sei keine Kostenübernahme zu Maßnahmen mit zusätzlichem Lärmschutzeffekt vereinbart, die im Hinblick auf die Rechtsprechung zur Kostenverhältnismäßigkeit nach § 41 BImschG im Planfeststellungsverfahren grenznutzenrelevant seien.
57Das Gutachten zu den Luftschadstoffbelastungen sei fachlich nicht zu beanstanden. Es zeige auf, dass im Bereich des Grundstückes der Klägerin zu 1. die Luftschadstoffe im Prognosefall unterhalb der maßgeblichen Grenzwerte liegen. Dabei sei mit 50.600 Kfz/24h die höchste Prognoseverkehrsbe-lastung aus dem Teilabschnitt zwischen B. Weg und X. Straße für die Berechnung des gesamten vorliegenden Streckenabschnittes der B 51 zu Grunde gelegt worden, während für den Bereich C2.-----weg ein um 17,5 % geringerer DTV-Wert von 41.730 Kfz/24h zutreffe. Das Gutachten, das von einer gefahrenen Geschwindigkeit von 70 km/h ausgehe, liege daher auch dann auf der sicheren Seite, wenn von der zuständigen Straßenverkehrsbehörde künftig ein Tempolimit von 100 km/h zugestanden würde. Eine Berechnung unter Zugrundelegung von 100 km/h habe ergeben, dass für das Grundstück der Klägerin zu 1. keine Grenzwertüberschreitungen zu erwarten seien.
58Der Planfeststellungsbeschluss enthalte an mehreren Stellen Auflagen und Abwägungen zur Problembewältigung von Bauimmissionen. Dadurch sei der Straßenbaulastträger primär an die Einhaltung der AVV-Baulärm gebunden. Unter Berücksichtigung weiterer Maßnahmen (möglichst geräuscharme Bauverfahren, Bauzaun, Modifizierungen der Baumaßnahmen im Hinblick auf die AVV) könnten die Voraussetzungen des § 906 BGB beim Ausbau der bestehenden Bundesfernstraße ortsüblich eingehalten werden. Vorsorglich sei die Öffnung des Entschädigungsverfahrens zum Schutz der Anwohner im Planfeststellungsbeschluss angeordnet worden.
59Gegenüber dem heute bestehenden Zustand werde eine Lärmsanierung an der B 51 erreicht. Damit gehe die Steigerung der Lebens- und Wohnqualität im Bereich N3. einher; dies gelte auch für Anwohner im Bereich der N5.---straße . Der Planfeststellungsbeschluss habe unvermeidbare Wertminderungen im Wege der Abwägung auch dann berücksichtigt, wenn Lärmvorsorgeansprüche wegen Unterschreitung der Grenzwerte nicht bestünden.
60Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die Gerichtsakte und die Beiakten des vorliegenden Verfahrens sowie auf die zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemachten planfestgestellten Unterlagen und Verwaltungsvorgänge des Beklagten (Beiakten zum Verfahren 11 D 6/12.AK).
61E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
62Die zulässige Klage ist nicht begründet. Sie dringt weder mit ihrem im Hauptantrag formulierten Anfechtungsantrag auf Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses (A.) noch mit dem hilfsweise gestellten Verpflichtungsantrag durch (B.).
63A. Der auf die Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses gerichtete Hauptantrag ist unbegründet. Gegenstand der Klage ist der Planfeststellungsbeschluss des Beklagten vom 30. September 2011 in der Fassung, die er durch den Planänderungsbescheid vom 12. August 2014 erhalten hat. Die Kläger haben diesen Planänderungsbescheid am 12. September 2014 in ihre Klage einbezogen. Der festgestellte Plan und die nachträgliche Änderung verschmelzen zu einem einzigen Plan; es kommt inhaltlich zu einer einheitlichen Planungsentscheidung. Das hat zur Folge, dass sich der Planfeststellungsbeschluss in seiner Ursprungsfassung prozessual erledigt und das Rechtsschutzinteresse für ein gegen ihn gerichtetes Klagebegehren entfällt. Will der Kläger weiterhin Rechtsschutz gegen die Planung erreichen, bleibt ihm also keine andere Wahl, als gegen diese Entscheidung in ihrer geänderten Fassung vorzugehen.
64Vgl. BVerwG, Urteil vom 18. März 2009 ‑ 9 A 31.07 ‑, Buchholz 310 § 74 VwGO Nr. 15, S. 2, m. w. N.
65I. Bei der Überprüfung des angefochtenen Planfeststellungsbeschlusses ist grundsätzlich auf die Sach- und Rechtslage bei seinem Erlass abzustellen.
66Vgl. etwa BVerwG, Urteile vom 12. März 2008 - 9 A 3.06 -, BVerwGE 130, 299 (376), und vom 12. August 2009 - 9 A 64.07 -, BVerwGE 134, 308 (319).
67Hieran ändert der Planänderungsbescheid vom 12. August 2014 nichts, da trotz des Entstehens einer einheitlichen Planungsentscheidung die Grundzüge der Planung nicht betroffen sind.
68Rechtsgrundlage des angegriffenen Planfeststellungsbeschlusses vom 30. Sep-tember 2011 ist § 17 FStrG in der Fassung der Bekanntmachung vom 28. Juni 2007 (BGBl. I S. 1206), im Zeitpunkt der Planfeststellung zuletzt geändert durch Gesetz vom 31. Juli 2009 (BGBl. I S. 2585), in Verbindung mit den §§ 72 ff. VwVfG NRW in der Fassung der Bekanntmachung vom 12. November 1999 (GV. NRW. S. 602), im maßgeblichen Zeitpunkt zuletzt geändert durch Gesetz vom 17. Dezember 2009 (GV. NRW. S. 861).
69Der Senat überprüft den streitigen Planfeststellungsbeschluss unbeschadet der sich aus § 86 Abs. 1 VwGO ergebenden Aufklärungspflicht grundsätzlich nur im Rahmen der vorgetragenen Tatsachen, durch deren Berücksichtigung oder Nichtberücksichtigung im Planfeststellungsverfahren sich ein Kläger beschwert fühlt. Dies folgt aus § 17e Abs. 5 FStrG. Diese Vorschrift setzt dem klagenden Beteiligten kraft Gesetzes eine Frist von sechs Wochen. Innerhalb dieser Frist muss der Kläger die ihn beschwerenden Tatsachen so konkret angeben, dass der Lebenssachverhalt, aus der er den mit der Klage verfolgten Anspruch ableitet, unverwechselbar feststeht. Mit weiteren Einwendungen ist ein Kläger nach Maßgabe des § 87b Abs. 3 VwGO ausgeschlossen. Ein späterer vertiefender Vortrag steht dem nicht entgegen.
70Vgl. zum inhaltsgleichen § 5 Abs. 3 VerkPBG: BVerwG, Urteile vom 31. März 1995 - 4 A 1.93 -, BVerwGE 98, 126 (129), und vom 24. Mai 1996 - 4 A 38.95 -, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 119, S. 142.
71Hiervon ausgehend leidet der Planfeststellungsbeschluss an keinem Rechtsfehler, der die Kläger im Sinne des § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO in ihren Rechten verletzt und die - vollständige oder teilweise - Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses oder zumindest die Feststellung seiner Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit rechtfertigt.
72Die Grundstücke der Kläger werden für das Vorhaben nicht in Anspruch genommen, weshalb dem angegriffenen Planfeststellungsbeschluss für das Eigentum der Kläger keine enteignungsrechtliche Vorwirkung (§ 19 Abs. 2 FStrG) zukommt. Die von der Planung also nur mittelbar - nach ihrem Vortrag insbesondere durch Lärmimmissionen und Luftschadstoffe - betroffenen Kläger können daher im Gegensatz zu einem unmittelbar mit enteignungsrechtlicher Vorwirkung Betroffenen keine umfassende gerichtliche Überprüfung des Planfeststellungsbeschlusses auf seine objektive Rechtmäßigkeit (sog. Vollprüfungsanspruch) beanspruchen. Sie können nur die Verletzung gerade sie schützender Normen des materiellen und des Verfahrensrechts sowie eine nicht ordnungsgemäße Abwägung ihrer geschützten Privatbelange rügen, nicht aber eine insgesamt fehlerfreie Abwägung und Planung verlangen.
73Vgl. BVerwG, Urteile vom 26. April 2007 - 4 C 12.05 -, BVerwGE 128, 358 (363 f.), und vom 9. Juni 2010 - 9 A 20.08 -, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 208, S. 133 f.
74Ob andere gegen das Vorhaben sprechende Belange ordnungsgemäß berücksichtigt worden sind, können sie demgegenüber ebenso wenig geltend machen wie die Frage, ob Rechtsnormen beachtet wurden, die nicht ihrem Schutz zu dienen bestimmt sind.
75Vgl. BVerwG, Urteil vom 10. Dezember 2012 ‑ 9 A 20.11 ‑, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 229, S. 71 f.
76II. Hieraus folgt zunächst, dass die Kläger nicht mit Erfolg geltend machen können, dass bei der Planung naturschutzrechtliche Belange, wie beispielsweise etwa diejenigen des Landschaftsschutzes, des Artenschutzes oder weitere Gesichtspunkte des allgemeinen Naturschutzes nicht angemessen berücksichtigt worden seien. Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege dienen dem Allgemeininteresse. Private Interessen werden hierdurch nicht geschützt.
77Vgl. BVerwG, Urteil vom 28. März 2007 ‑ 9 A 17.06 ‑, Buchholz 442.09 § 18 AEG Nr. 64, S. 18.
78Auf die Einhaltung des sogenannten Minimierungsgebots in § 15 BNatSchG können sich die Kläger daher nicht berufen. Ebenso wenig können sie anführen, dass die Ausgestaltung des Knotens B 51/X2. Straße zu „vermeidbaren Eingriffen“ führe.
79III. Die Einwände der Kläger gegen die formelle Rechtmäßigkeit des Planfeststellungsbeschlusses greifen nicht durch.
801. Die Kläger machen geltend, die Bekanntmachung der ersten Auslegung sei erst erfolgt, nachdem die Auslegung bereits begonnen habe, durch die Bekanntmachung erst wenige Tage vor Beginn der Auslegung fehle es an der erforderlichen Anstoßwirkung für die Öffentlichkeit und der Inhalt der öffentlichen Bekanntmachung verstoße gegen Vorgaben des Art. 6 Abs. 2 der UVP-Richtlinie. Diese Rügen führen nicht zu einem durchgreifenden Verfahrensfehler.
81a) Allerdings können sich die Kläger gemäß § 4 UmwRG grundsätzlich auch auf Verfahrensfehler im Zusammenhang mit der Umweltverträglichkeitsprüfung des nach dem 25. Juli 2005 eingeleiteten Verfahrens (vgl. § 5 Abs. 1 UmwRG) berufen.
82Nach Art. 10a Abs. 1 der im Zeitpunkt der Offenlegung noch geltenden Richtlinie 85/337/EWG des Rates vom 27. Juni 1985 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten (ABl. Nr. L 175 S. 40 ‑ im Folgenden: UVP-Richtlinie ‑), der durch Art. 3 Abs. 7 der Richtlinie 2003/35/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Mai 2003 über die Beteiligung der Öffentlichkeit bei der Ausarbeitung bestimmter umweltbezogener Pläne und Programme und zur Änderung der Richtlinien 85/337/EWG und 96/61/EG des Rates in Bezug auf die Öffentlichkeitsbeteiligung und den Zugang zu Gerichten (ABl. Nr. L 156 S. 17) in die UVP-Richtlinie eingefügt worden ist (im Folgenden: Öffentlichkeitsbeteiligungsrichtlinie), stellen die Mitgliedstaaten im Rahmen ihrer innerstaatlichen Rechtsvorschriften sicher, dass Mitglieder der betroffenen Öffentlichkeit, die
83a) ein ausreichendes Interesse haben oder alternativ
84b) eine Rechtsverletzung geltend machen, sofern das Verwaltungsverfahrensrecht bzw. Verwaltungsprozessrecht eines Mitgliedstaats dies als Voraussetzung erfordert,
85Zugang zu einem Überprüfungsverfahren vor einem Gericht oder einer anderen auf gesetzlicher Grundlage geschaffenen unabhängigen und unparteiischen Stelle haben, um die materiell-rechtliche und verfahrensrechtliche Rechtmäßigkeit von Entscheidungen, Handlungen oder Unterlassungen anzufechten, für die die Bestimmungen dieser Richtlinie über die Öffentlichkeitsbeteiligung gelten. Damit können die Kläger die „verfahrensrechtliche Rechtmäßigkeit“ der Umweltverträglichkeitsprüfung im Rahmen ihrer gegen den Planfeststellungsbeschluss gerichteten Klage anfechten, weil die Umweltverträglichkeitsprüfung nach § 2 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 2 Abs. 3 Nr. 1 UVPG ein unselbstständiger Teil eines Planfeststellungsverfahrens ist.
86Jedoch führt nicht jeder Verfahrensfehler zu einer Rechtsverletzung im Sinne des Art. 10a der UVP-Richtlinie. Nach der Rechtsprechung des EuGH haben die Mitgliedstaaten die Rechte zu bestimmen, bei deren Verletzung ein Rechtsbehelf in Umweltsachen eingelegt werden kann. Dabei darf die Auslegung der durch die UVP-Richtlinie verliehenen Rechte nicht praktisch unmöglich gemacht oder übermäßig erschwert werden. Der Unionsgesetzgeber habe in keiner Weise die Gründe beschränkt, die zur Stützung eines Rechtsbehelfs vorgebracht werden könnten. Jedenfalls habe er die Möglichkeit, einen Verfahrensfehler geltend zu machen, nicht an die Voraussetzung knüpfen wollen, dass dieser Fehler Auswirkungen auf den Inhalt der angegriffenen endgültigen Entscheidung habe. Da die Richtlinie unter anderem zur Festsetzung von Verfahrensgarantien diene, müsse die betroffene Öffentlichkeit grundsätzlich jeden Verfahrensfehler geltend machen können. Jedoch habe nicht jeder Verfahrensfehler zwangsläufig Folgen, die sich auf den Inhalt einer solchen Entscheidung auswirken könnten, so dass ein Fehler, bei dem dies nicht der Fall sei, denjenigen, der ihn geltend macht, nicht in seinen Rechten verletze. In einem solchen Fall erscheine das Ziel der UVP-Richtlinie nicht gefährdet. Die Mitgliedstaaten hätten einen „beträchtlichen Spielraum“ hinsichtlich der Bestimmung dessen, was eine Rechtsverletzung darstelle.
87Daher könne es zulässig sein, dass nach dem nationalen Recht keine Rechtsverletzung im Sinne des Art. 10a Buchstabe b der UVP-Richtlinie vorliege, wenn nach den Umständen des konkreten Falles nachweislich die Möglichkeit bestehe, dass die angegriffene Entscheidung ohne den geltend gemachten Verfahrensfehler nicht anders ausgefallen wäre. In Bezug auf das Kausalitätskriterium dürfe dem Rechtsmittelführer aber nicht die Beweislast aufgebürdet werden; es sei vielmehr auf von der zuständigen Behörde vorgelegte Beweise und die vorliegende Akte abzustellen. Dabei sei die Schwere des geltend gemachten Fehlers zu berücksichtigen und insbesondere zu prüfen, ob dieser Fehler der betroffenen Öffentlichkeit eine der Garantien genommen habe, die geschaffen worden seien, um ihr im Einklang mit den Zielen der UVP-Richtlinie Zugang zu Informationen und die Beteiligung am Entscheidungsprozess zu ermöglichen.
88Vgl. EuGH, Urteil vom 7. November 2013 ‑ C‑72/12 (Altrip) -, NuR 2013, 878 (881 f., Rdnr. 46 bis 54).
89Nach diesen Maßstäben liegt ein durchgreifender Verfahrensfehler nicht vor. Es ist nicht ersichtlich, dass die Entscheidung des Beklagten ohne die von den Klägern gerügten Verfahrensfehler im Hinblick auf die von ihnen geltend gemachten Rechtspositionen anders ausgefallen wäre. Dabei berücksichtigt der Senat, ohne dass den Klägern insoweit eine materielle Beweislast aufgebürdet würde, neben dem Vortrag des Beklagten in Umsetzung der Rechtsprechung des EuGH sowie gemäß § 86 Abs. 1 VwGO auch die vorliegenden Verwaltungsakten.
90b) Die möglicherweise verspätete Bekanntmachung der Auslegung ist unschädlich. Art. 6 Abs. 6 UVP-Richtlinie in der hier maßgebenden Fassung des Art. 3 Abs. 4 der Richtlinie 2003/35/EG regelt keinen genauen Zeitrahmen für die Dauer einer Auslegung, sondern fordert nur „ausreichend Zeit“, um die Öffentlichkeit zu informieren sowie zur effektiven Vorbereitung und Beteiligung der Öffentlichkeit. § 9 Abs. 1 Satz 3 UVPG verweist insoweit auf § 73 VwVfG. Daher wäre die in § 73 Abs. 3 Satz 1 VwVfG NRW vorgesehene Monatsfrist für die Dauer der Auslegung nicht eingehalten, wenn der Vortrag der Kläger zuträfe, dass die Bekanntmachung erst nach Beginn der Auslegung veröffentlicht wurde. Dies kann jedoch auf sich beruhen, weshalb dem in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisantrag nicht nachzugehen war.
91Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass aufgrund einer möglicherweise zu kurzen Auslegung der Inhalt des Planfeststellungsbeschlusses anders ausgefallen wäre. Nach der ersten Auslegung im Februar/März 2006 hat die Klägerin zu 1. fristgerecht umfangreich Einwendungen gegen das Vorhaben erhoben. Auch der Rechtsvorgänger des Klägers zu 2. hat Einwendungen erhoben. Beide Kläger behaupten nicht, dass sie wegen der Nichteinhaltung der Monatsfrist für die Auslegung gehindert gewesen seien, weitere Einwendungen zu erheben.
92Vgl. hierzu auch BVerwG, Urteil vom 24. No-vember 2011 ‑ 9 A 23.10 ‑, BVerwGE 141, 171 (173).
93Die Kläger können sich in diesem Zusammenhang nicht darauf berufen, es habe „an der erforderlichen Anstoßwirkung für die Öffentlichkeit“ gefehlt. Im Hinblick auf insgesamt 266 Einwendungen Privater sowie zahlreiche Stellungnahmen von Trägern öffentlicher Belange ist nicht ansatzweise ersichtlich, dass es an einer Anstoßwirkung für die Öffentlichkeit gefehlt haben könnte. Es ist auch nicht erkennbar, dass ein potenzieller Einwender sich nicht geäußert hat, weil die Auslegung zu spät bekanntgemacht worden sei. Daher ist insbesondere nicht ersichtlich, dass der betroffenen Öffentlichkeit im Sinne der Rechtsprechung des EuGH eine der Garantien genommen worden sein könnte, die geschaffen worden sind, um ihr im Einklang mit den Zielen der UVP-Richtlinie Zugang zu Informationen und die Beteiligung am Entscheidungsprozess zu ermöglichen.
94c) Ein auf das Ergebnis durchgreifender Verfahrensfehler liegt ebenso wenig vor, soweit der Inhalt der öffentlichen Bekanntmachung nicht den rechtlichen Vorgaben entspricht.
95Die Kläger machen geltend, die öffentliche Bekanntmachung verstoße gegen Vorgaben des im Jahr 2006 unmittelbar anwendbaren Art. 6 Abs. 2 der UVP-Richtlinie. Nach Art. 6 Abs. 2 der UVP-Richtlinie in der Fassung des Art. 3 Abs. 4 der Öffentlichkeitsbeteiligungsrichtlinie wird die Öffentlichkeit über Folgendes informiert:
96a) den Genehmigungsantrag;
97b) die Tatsache, dass das Projekt Gegenstand einer Umweltverträglichkeitsprüfung ist, …;
98c) genaue Angaben zu den jeweiligen Behörden, die für die Entscheidung zuständig sind, bei denen relevante Informationen erhältlich sind bzw. bei denen Stellungnahmen oder Fragen eingereicht werden können, sowie zu vorgesehenen Fristen für die Übermittlung von Stellungnahmen oder Fragen;
99d) die Art möglicher Entscheidungen, oder, soweit vorhanden, den Entscheidungsentwurf;
100e) die Angaben über die Verfügbarkeit der Informationen, die gemäß Art. 5 der UVP-Richtlinie eingeholt wurden;
101f) die Angaben, wann, wo und in welcher Weise die relevanten Informationen zugänglich gemacht werden;
102g) Einzelheiten zu den Vorkehrungen für die Beteiligung der Öffentlichkeit nach Art. 6 Abs. 5 der UVP-Richtlinie.
103Die Öffentlichkeitsbeteiligungsrichtlinie war nach deren Art. 6 Abs. 1 Satz 1 von den Mitgliedstaaten bis zum 25. Juni 2005 umzusetzen. Sie ist in der Bundesrepublik Deutschland jedoch erst durch das am 15. Dezember 2006 in Kraft getretene Öffentlichkeitsbeteiligungsgesetz (BGBl. I S. 2819) umgesetzt worden. Da die in Art. 6 Abs. 2 der UVP-Richtlinie getroffenen Regelungen über die Bekanntmachung inhaltlich unbedingt und hinreichend genau sind, waren sie nach dem 25. Juni 2005 unmittelbar anzuwenden,
104vgl. hierzu zusammenfassend Ruffert, in: Calliess, Ruffert (Hrsg.), EUV/AEUV, Das Verfassungsrecht der Europäischen Union mit europäischer Grundrechtecharta, Kommentar, 4. Auflage 2011, Art. 288 AEUV Rdnr. 47 ff. m. w. N.,
105und mithin auch für die vorliegende Bekanntmachung vom 10. Februar 2006 maßgebend. Die Kläger weisen zutreffend darauf hin, dass die Bekanntmachung im Hinblick auf eine Umweltverträglichkeitsprüfung unter Nr. 6 nur den Hinweis enthält: „Die Nrn. 1, 2, 3 und 5 gelten für die Anhörung der Öffentlichkeit zu den Umweltauswirkungen des Bauvorhabens nach § 9 Abs. 1 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung entsprechend.“ Aus dem Hinweis auf § 9 Abs. 1 UVPG ergab sich, dass das Projekt Gegenstand einer Umweltverträglichkeitsprüfung ist (vgl. Art. 6 Abs. 2 Buchst. b) UVP-Richtlinie). Es fehlen aber die nach Art. 6 Abs. 2 Buchst. e) der UVP-Richtlinie erforderlichen „Angaben über die Verfügbarkeit der Informationen, die gemäß Art. 5 eingeholt wurden“. Der Bekannt-machungstext enthält keinerlei Hinweis darauf, welche vom Vorhabenträger gemäß Art. 5 der UVP-Richtlinie vorgelegten Informationen verfügbar waren und von der Öffentlichkeit eingesehen werden konnten.
106Es ist jedoch (wiederum) nicht ersichtlich, dass dieser unzureichende Bekannt-machungstext sich auf den Inhalt des Planfeststellungsbeschlusses ausgewirkt haben könnte. Die Klägerin zu 1. und der Rechtsvorgänger des Klägers zu 2. haben fristgerecht Einwendungen erhoben, die sich insbesondere auf von ihnen befürchtete Lärm- und Luftschadstoffimmissionen auf ihren Grundstücken bezogen und damit gerade auf die sie berührenden Umweltauswirkungen des Vorhabens.
107Die hier gerügten Defizite der Bekanntmachung der Planauslegung stellen keine wesentlichen Verfahrensfehler dar. Sie betreffen bloße Bekanntmachungsdetails, von denen die gebotene Anstoßwirkung der Bekanntmachung, sich am Verfahren zu beteiligen, nicht abhängt. Aus dem Text der Bekanntmachung ergab sich mit der gebotenen Klarheit, dass die Beteiligung der betroffenen Öffentlichkeit die Beteiligung im Rahmen einer Umweltverträglichkeitsprüfung umfasste (Nr. 6 des Bekanntmachungstextes) und dass die ausgelegten Planunterlagen die Grundlage auch dieser Beteiligung bilden sollten. Die gerügten Mängel betrafen nicht den wesentlichen Bekanntmachungsinhalt; Unionsrecht gebietet daher nicht, sie unabhängig von ihrem Einfluss auf die Sachentscheidung als erheblich zu behandeln.
108Vgl. zu einer ähnlichen Fallgestaltung (kein Hinweis auf UVP-Pflichtigkeit und auf die nach § 6 UVPG vorgelegten Unterlagen) BVerwG, Urteil vom 24. November 2011 ‑ 9 A 23.10 ‑, BVerwGE 141, 171 (176).
109Dass die erforderliche Anstoßwirkung trotz des nicht ordnungsgemäßen Bekanntmachungstextes erreicht worden ist, zeigt die große Zahl von Einwendungen Privater und von Trägern öffentlicher Belange. Es ist weder vorgetragen noch aus den Akten ersichtlich, dass der betroffenen Öffentlichkeit Verfahrensgarantien genommen wurden, weil Einwendungen wegen eines unzureichenden Bekanntmachungstextes unterblieben oder für die Umweltverträglichkeitsprüfung relevante Gesichtspunkte deshalb nicht vorgebracht worden sind.
110d) Die öffentliche Bekanntmachung der Auslegung des Deckblattes I im Amtsblatt der Stadt N. vom 18. Mai 2007 entspricht ebenfalls nicht den Anforderungen des Art. 6 Abs. 2 Buchst. e) der UVP-Richtlinie sowie dem am 15. Dezember 2006 in Kraft getretenen § 9 Abs. 1a Nr. 5 UVPG, wonach bei der Bekanntmachung anzugeben ist, welche Unterlagen nach § 6 UVPG vorgelegt wurden. Der Bekanntmachungstext enthält nur den Hinweis, „dass die ausgelegten Planunterlagen die nach § 6 Abs. 3 UVPG notwendigen Angaben enthalten …“. Aus diesem Hinweis ergibt sich nicht, „welche Unterlagen nach § 6 vorgelegt wurden“.
111Es ist jedoch nicht ersichtlich, dass dieser unzureichende Bekanntmachungstext sich auf den Inhalt des Planfeststellungsbeschlusses ausgewirkt haben könnte. Zwar hat die Klägerin zu 1. hier ‑ anders als der Rechtsvorgänger des Klägers zu 2. ‑ keine (weiteren) Einwendungen erhoben. Das beruht jedoch nicht darauf, dass ihr die nach § 6 UVPG vorgelegten Unterlagen nicht bekannt waren; das behauptet sie auch nicht. Ebenso wie bei der ersten Auslegung ist hier nicht vorgetragen oder aus den Akten ersichtlich, dass der betroffenen Öffentlichkeit Verfahrensgarantien genommen wurden, weil Einwendungen wegen eines unzureichenden Bekanntmachungstextes unterblieben oder für die Umweltverträglichkeitsprüfung relevante Gesichtspunkte deshalb nicht vorgebracht worden sind.
1122. Der weitere Einwand der Kläger, die Auslegung der Planunterlagen hätte inhaltlich nicht den Anforderungen der §§ 9 Abs. 1b und 6 Abs. 3 UVPG sowie der UVP-Richtlinie entsprochen, greift nicht durch. Die Betroffenen sollen durch die Auslegung der Planunterlagen nach § 17a FStrG i. V. m. § 73 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 Satz 1 VwVfG NRW in die Lage versetzt werden, Einwendungen zu erheben, die zumindest in groben Zügen erkennen lassen, welche Rechtsgüter als gefährdet angesehen und welche Beeinträchtigungen befürchtet werden. Ausführungen, die wissenschaftlich-technischen Sachverstand erfordern, werden von den Betroffenen im Verwaltungsverfahren nicht verlangt. Dementsprechend muss die Auslegung nicht notwendig alle Unterlagen umfassen, die möglicherweise zur vollständigen Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Planung erforderlich sind, sondern kann sich auf die Unterlagen beschränken, deren der Einzelne bedarf, um „als Laie" den Grad seiner Betroffenheit abschätzen und sich das Interesse, Einwendungen zu erheben, bewusst machen zu können. Dazu gehören Gutachten nur dann, wenn ohne deren Kenntnis der mit der Auslegung bezweckte Anstoß zur Erhebung von Einwendungen verfehlt würde.
113Vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 3. März 2011 - 9 A 8.10 -, BVerwGE 139, 150 (152), m. w. N.
114Die UVP-Richtlinie verlangt vom Vorhabenträger bestimmte inhaltliche Angaben, stellt ihm aber frei, in welcher Form er sie vorlegt. Es reicht aus, wenn die erforderlichen Angaben sich aus verschiedenen Unterlagen ergeben, etwa aus dem Erläuterungsbericht, dem Landschaftspflegerischen Begleitplan, der schalltechnischen Untersuchung oder der Schadstoffuntersuchung. Sie müssen auch nicht zwingend in einem von der Zulassungsentscheidung gesonderten Dokument dargestellt werden.
115Vgl. BVerwG, Urteil vom 12. August 2009 - 9 A 64.07 -, BVerwGE 134, 308 (312 f.).
116Weder § 6 UVPG noch der UVP-Richtlinie ist eine Pflicht zu standardisierten oder schematisierten Darstellungsweisen zu entnehmen. Es bleibt demgemäß dem Vorhabenträger überlassen, ob er von der Möglichkeit der Darstellung in Form einer (eigenständigen und abgeschlossenen) Umweltverträglichkeitsstudie Gebrauch macht.
117Vgl. BVerwG, Urteil vom 19. Mai 1998 ‑ 4 C 11.96 ‑, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 138, S. 254.
118Auch eine konkrete Zeitvorgabe, innerhalb derer eine Umweltverträglichkeitsprüfung zu erstellen ist, ist dem Gesetz nicht zu entnehmen.
119Vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 12. August 2009 - 9 A 64.07 -, BVerwGE 134, 308 (312 f.).
120Diesen Anforderungen entspricht das hier zur Überprüfung stehende Verfahren. Der Vorhabenträger hatte der Anhörungsbehörde gemäß § 6 UVPG diverse Unterlagen vorgelegt, aus denen sich Auswirkungen des Vorhabens ‑ hier des Ausbaus der B 51 ‑ auf die Umwelt (vgl. § 2 Abs. 1 Satz 2 UVPG) ergeben, nämlich die Erläuterungsberichte vom 5. Dezember 2005 (Unterlage 1, Beiakte 2 zu 11 D 6/12.AK) und vom 2. Mai 2007 mit Schadstoffabschätzung (Unterlage 1-I, Beiakte 8 zu 11 D 6/12.AK), die Erläuterungsberichte zum wassertechnischen Entwurf vom 5. Dezember 2005 (Unterlage 11.1, Beiakte 2 zu 11 D 6/12.AK) und vom 2. Mai 2007 (Unterlage 11.1-I, Beiakte 8 zu 11 D 6/12.AK), die lärmtechnischen Unterlagen vom 5. Dezember 2005 und 2. Mai 2007, bestehend aus den detaillierten Erläuterungsberichten zur lärmtechnischen Untersuchung, den Berechnungen der Beurteilungspegel für Lärmvorsorge für die Bebauung (Unterlagen 12.1 und 12.2, Beiakte 3 zu 11 D 6/12.AK, und Unterlagen 12.1-I und 12.2-I, Beiakte 9 zu 11 D 6/12.AK), den Landschaftspflegerischen Begleitplan einschließlich der artenschutzrechtlichen Prüfung (Unterlage 13, Beiakte 4 zu 11 D 6/12.AK bzw. Unterlage 13-I, Beiakte 8 zu 11 D 6/12.AK). Diese Unterlagen haben im Rahmen des Anhörungsverfahrens öffentlich ausgelegen. Inhaltlich enthalten diese Unterlagen umfangreiche Feststellungen zu den Untersuchungen über die Umweltauswirkungen des Vorhabens und insbesondere die erforderlichen Angaben im Sinne des § 6 Abs. 3 und 4 UVPG.
121Entgegen der Auffassung der Kläger bedurfte es nicht einer gesonderten Auflistung, welche Unterlagen zur Umweltverträglichkeitsprüfung gehören. Die Unterrichtung der Öffentlichkeit über ein geplantes Vorhaben erfordert nicht zwingend die Zusammenfassung aller notwendigen Informationen in einer gesonderten Planunterlage. Ihrer Funktion, die Öffentlichkeit über die Auswirkungen zu unterrichten und den Betroffenen einen Anstoß zu geben, sich mit den Auswirkungen auseinanderzusetzen und über die Notwendigkeit diesbezüglicher Einwendungen schlüssig zu werden, kann die öffentliche Auslegung auch dann gerecht werden, wenn die notwendigen Angaben zwar in verschiedenen Planunterlagen enthalten sind, Wechselwirkungen jedoch nicht ausklammern.
122Vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 10. Oktober 2006 - 9 B 27.05 -, Buchholz 406.251 § 11 UVPG Nr. 4, S. 2 f.
123Derartige Wechselwirkungen waren hier aus den ausgelegten Unterlagen ohne Weiteres ersichtlich, weil insbesondere der ausgelegte Erläuterungsbericht (Unterlage 1, Beiakte 2 zu 11 D 6/12.AK) auf S. 13 bis 20 unter den Nrn. 5. und 6. bei der Beschreibung der Auswirkungen des Vorhabens auf die Umwelt und der Darstellung der geplanten Maßnahmen zum Schutz der Umwelt ausdrücklich Querverweise auf die lärmtechnischen Untersuchungen, die Abschätzung von verkehrsbedingten Schadstoffimmissionen und den Landschaftspflegerischen Begleitplan, mithin auf die weiteren Unterlagen enthält, die ebenfalls Gegenstand der Umweltverträglichkeitsprüfung waren. Damit waren im Anhörungsverfahren entgegen der Meinung der Kläger die Unterlagen zur Umweltverträglichkeitsprüfung hinreichend deutlich benannt. Darin liegt auch die nach § 6 Abs. 3 Satz 2 UVPG geforderte allgemein verständliche, nichttechnische Zusammenfassung der Angaben nach § 6 Abs. 3 Satz 1 UVPG.
124Der Umstand, dass im Erläuterungsbericht auf eine Umweltverträglichkeitsstudie aus dem Jahr 1993 hingewiesen worden ist, die 1994 ausgelegen habe (vgl. Unterlage 1, S. 2, Beiakte 2 zu 11 D 6/12.AK), erforderte entgegen der Meinung der Kläger nicht, dass auch diese Studie im Rahmen der Auslegung der Unterlagen zur Umweltverträglichkeitsprüfung hätte ausgelegt werden müssen. Abgesehen davon, dass bis zur Offenlegung der Planunterlagen zwischenzeitlich über zehn Jahre verstrichen und deshalb ohnehin - wie geschehen - neue Untersuchungen zu den umweltrelevanten Auswirkungen des Vorhabens erforderlich waren und durchgeführt wurden, war diese Umweltverträglichkeitsstudie nur ein Entscheidungsparameter, wobei der Beklagte sich für die dort favorisierte Tunnellösung nicht entschieden hat. Die Umweltverträglichkeitsprüfung ist nur für das konkrete Vorhaben mit der für dieses Vorhaben gewählten Trasse vorzunehmen.
125Vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Januar 1996 ‑ 4 C 5.95 ‑, BVerwGE 100, 238 (250); ferner Urteil vom 5. März 1997 ‑ 11 A 25.95 ‑, BVerwGE 104, 123 (128).
126Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts musste auch die Verkehrsprognose nicht ausgelegt werden.
127Vgl. etwa BVerwG, Urteile vom 9. Juni 2010 ‑ 9 A 20.08 ‑, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 208, S. 134 f., und vom 6. Oktober 2010 ‑ 9 A 12.09 ‑, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 212, S. 187.
128Es ist nicht ersichtlich, dass die Kläger ihre Betroffenheiten ohne diese Unterlage nicht oder nicht vollständig geltend machen konnten. Die Verkehrsbelastung der B 51 ließ sich dem Erläuterungsbericht vom 5. Dezember 2005 für das Prognose-jahr 2015 entnehmen sowie den Erläuterungen zum Deckblatt I vom 2. Mai 2007 für den Prognosehorizont 2020.
129Es ist von den Klägern im Übrigen weder konkret dargelegt worden noch ist es zu erkennen, dass sie durch die gewählte Verfahrensweise gehindert gewesen wären, überhaupt Einwendungen oder solche in der notwendigen inhaltlichen Tiefe zu erheben. Die ausgelegten Unterlagen waren im Sinne des § 6 Abs. 3 Satz 3 UVPG ohne Weiteres geeignet, den Klägern die Beurteilung zu ermöglichen, ob und in welchem Umfang sie von den Umweltauswirkungen des Vorhabens betroffen sind. Dementsprechend haben die Klägerin zu 1. und der Rechtsvorgänger des Klägers zu 2. das Anhörungsverfahren dazu genutzt, mit Schreiben vom 5. April 2006 und 29. März 2006 Einwendungen zu erheben, insbesondere zu den von ihnen für ihre Wohnhausgrundstücke befürchteten Lärm- und Luftschadstoffimmissionen.
130IV. Die Einwände der Kläger gegen die materielle Rechtswidrigkeit des Planfeststellungsbeschlusses führen ebenso wenig zum Erfolg der Klage.
1311. Der von der Klägerin zu 1. und dem Rechtsvorgänger des Klägers zu 2. im Einwendungsverfahren erhobene Einwand, die B 51 sei zur Autobahn aufzustufen, trifft nicht zu. Der erkennende (vormals 23.) Senat hat hierzu in seinem Urteil vom 20. September 1999 ‑ 23 D 98/95.AK ‑ betreffend den vierstreifigen Ausbau der B 51 von Bau-km 3+740 bis Bau-km 5+100 auf Seite 12 ausgeführt:
132„Die zur Prüfung dieser Behauptung gebotene Gesamtschau der planfestgestellten Trasse mit dem bereits fertiggestellten ersten Bauabschnitt der Ortsumgehung N. und dem sich im Nordosten anschließenden Streckenabschnitt zeigt, dass die Straße insbesondere nicht als Verlängerung der Bundesautobahn 43 planerisch entwickelt wird. Dies erweist sich an der Verknüpfung der B 51 mit der X1. Straße im Süden von N. . Hier stellt sich die Umgehungsstraße als Fortführung der alten Fahrbahn der B 51 (X1. Straße) dar, mit der sie über eine Kreuzung verknüpft ist. Die Verbindung zu dem als Autobahnzubringer zur A 1 und A 43 fungierenden Teil der B 51 erfolgt dagegen mittels zweier gebogener Verbindungsstreifen, die jeweils 90o-Winkel beschreiben.“
133Diese Bewertung wird durch den nunmehr planfestgestellten dritten Bauabschnitt der B 51 nicht in Frage gestellt, zumal sowohl die B 51 als auch die B 481n nach dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers (vgl. BT-Drucks. 15/3412, S. 42 Nr. 1646 und S. 46 Nr. 1817 zu § 1 Abs. 1 Satz 2 FStrAbG in der Fassung des Fünften Gesetzes zur Änderung des Fernstraßenausbaugesetzes vom 4. Oktober 2004, BGBl. I S. 2574) im Bedarfsplan für die Bundesfernstraßen als Bundesstraßen aufgenommen und eingestuft sind. Hieran ist der Beklagte gemäß Art. 20 Abs. 3 GG gebunden.
1342. Der Vortrag der Kläger, es sei eine neue Linienbestimmung erforderlich gewesen und die Bezugnahme auf die 1967 durchgeführte Linienbestimmung sei unzureichend, greift nicht durch.
135a) Eine Linienbestimmung war im vorliegenden Fall gemäß § 16 Abs. 1 Satz 2 FStrG weder für die B 51 noch für die B 481n erforderlich, da es sich bereits kraft Gesetzes um Ortsumgehungen handelt (so ausdrücklich BT-Drucks. 15/3412, S. 42 Nr. 1646 und S. 46 Nr. 1817 zu § 1 Abs. 1 Satz 2 FStrAbG).
136b) Darüber hinaus ist eine dem eigentlichen Planfeststellungsverfahren vorgelagerte Linienbestimmung keine formelle oder materielle Voraussetzung der Planfeststellung. Sie ist nicht auf unmittelbare Rechtswirkungen nach außen gerichtet, sondern hat innerhalb des Planungsverlaufs den Charakter einer vorbereitenden Grundentscheidung mit allein verwaltungsinterner Bedeutung. Rechtliche Verbindlichkeit gegenüber dem Träger der Straßenbaulast und gegenüber Dritten erlangt sie erst dadurch, dass sie in den Festsetzungen des Planfeststellungsbeschlusses ihren Niederschlag findet. Ein Planfeststellungsbeschluss ist nicht deshalb rechtswidrig, weil ihm kein Linienbestimmungsverfahren vorangegangen ist oder weil er von der festgelegten Linie abweicht. Umgekehrt lässt sich die Planung Dritten gegenüber nicht allein damit rechtfertigen, dass sie den Linienabstimmungs- oder -bestimmungsvorgaben entspricht. Vielmehr muss die Entscheidung der Planfeststellungsbehörde aus sich heraus den rechtlichen Anforderungen genügen.
137Vgl. BVerwG, Urteil vom 12. August 2009 - 9 A 64.07 -, BVerwGE 134, 308 (311 f.), ebenfalls zu einer fernstraßenrechtlichen Linienbestimmung aus den 1960er Jahren, und Urteil vom 6. November 2013 ‑ 9 A 14.12 ‑, BVerwGE 148, 373 (378 f.).
138Daher ist unerheblich, dass es zum Zeitpunkt der 1967 durchgeführten Linienbestimmung eine Umweltverträglichkeitsprüfung noch nicht gab. Vorliegend hat die Planfeststellungsbehörde eine eigenständige Abwägung zur Trassen- und Variantenwahl vorgenommen (vgl. PFB B. 5.3.3.1, S. 90 ff.). Diese Entscheidung muss den rechtlichen Anforderungen genügen.
139Vgl. BVerwG, Urteil vom 12. August 2009 ‑ 9 A 64.07 ‑, BVerwGE 134, 308 (312).
140Diese Voraussetzung ist erfüllt, wie weiter unten zu zeigen sein wird (A.III.4., S. 48 ff.).
141Die Vermutung der Kläger, der Beklagte habe eine „gestufte Prüfung“ vorgenommen, indem er im Planfeststellungsverfahren ausschließlich Umweltauswirkungen geprüft habe, die nicht Gegenstand der Umweltverträglichkeitsstudie von 1993 als „erster Stufe“ waren, trifft nicht zu. Der von den Klägern in diesem Zusammenhang in Bezug genommene § 15 Abs. 4 UVPG, wonach die Prüfung der Umweltverträglichkeit in der Linienbestimmung nachfolgenden Zulassungsverfahren auf zusätzliche oder andere erhebliche Umweltauswirkungen beschränkt werden kann, ist hier nicht zur Anwendung gekommen. Den umfangreichen Ausführungen zur Umweltverträglichkeitsprüfung im Planfeststellungsbeschluss (vgl. PFB, B. 4.4 ff., S. 55 bis 77) ist nicht zu entnehmen, dass nur Umweltauswirkungen geprüft werden sollten, die nicht schon Gegenstand der Umweltverträglichkeitsstudie von 1993 waren. Das folgt schon daraus, dass die in der Studie von 1993 favorisierte Tunnellösung gerade nicht planfestgestellt worden ist. Erst recht fehlt es an einer ausdrücklichen Beschränkung, die nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Folge haben kann, dass ein Fehler, der im abgeschichte-ten Teil der auf die Linienbestimmung bezogenen Umweltverträglichkeitsprüfung aufgetreten ist, sich bis zum Erlass des Planfeststellungsbeschlusses fortsetzt.
142Vgl. BVerwG, Urteil vom 6. November 2013 ‑ 9 A 14.12 ‑, BVerwGE 148, 373 (379).
1433. Die vom Beklagten durchgeführte Umweltverträglichkeitsprüfung ist inhaltlich nicht zu beanstanden. In materiellrechtlicher Hinsicht können die Kläger allerdings nicht nur geltend machen, dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung nicht durchgeführt worden ist, sondern auch, dass sie zwar durchgeführt wurde, aber mit wesentlichen Fehlern behaftet ist.
144Vgl. EuGH, Urteil vom 7. November 2013 ‑ C‑72/12 (Altrip) -, NuR 2013, 878 (881, Rdnr. 36-38); daran anknüpfend OVG NRW, Beschluss vom 23. Juli 2014 ‑ 8 B 356/14 ‑, NWVBl. 2014, 472.
145Das folgt aus Art. 10a der UVP-Richtlinie, der eine weiterreichende Regelung enthält als § 4 Abs. 1 Satz 1 UmwRG. Derartige wesentliche Fehler liegen aber nicht vor.
146a) Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 UVPG ist die Umweltverträglichkeitsprüfung ein unselbstständiger Teil verwaltungsbehördlicher Verfahren, die der Entscheidung über die Zulässigkeit von Vorhaben dienen. Zu diesen „UVP-pflichtigen Vorhaben“ gehört gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 UVPG i. V. m. Nr. 14.6 der Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung auch das vorliegend planfestgestellte Vorhaben, da die hierfür vorgesehene Vorprüfung des Einzelfalles zu dem Ergebnis geführt hat, dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist (vgl. § 3c Abs. 1 Satz 1 UVPG). Die Umweltverträglichkeitsprüfung umfasst nach § 2 Abs. 1 Satz 2 UVPG die Ermittlung, Beschreibung und Bewertung der unmittelbaren und mittelbaren Auswirkungen eines Vorhabens auf
1471. Menschen, einschließlich der menschlichen Gesundheit, Tiere, Pflanzen und biologische Vielfalt,
1482. Boden, Wasser, Luft, Klima und Landschaft,
1493. Kulturgüter und sonstige Sachgüter sowie
1504. die Wechselwirkung zwischen den vorgenannten Schutzgütern.
151Das Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung setzt die UVP-Richtlinie in deutsches Recht um. Das Umweltrecht hat durch die UVP-Richtlinie ‑ und damit auch durch das Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung ‑ keine materielle Anreicherung erfahren. Die gemeinschaftsrechtliche Regelung enthält sich materiellrechtlicher Vorgaben. Sie beschränkt sich auf verfahrensrechtliche Anforderungen im Vorfeld der Sachentscheidung. Daher hat der Projektträger schon bei Antragstellung Angaben darüber zu machen, wie sich sein Vorhaben auf Menschen, Tiere und Pflanzen, Boden, Wasser, Luft, Klima und Landschaft, einschließlich der Wechselbeziehungen, sowie auf Kultur- und sonstige Sachgüter auswirkt. Auf der Grundlage dieser Angaben hat die Planungsbehörde die Öffentlichkeit zu beteiligen sowie ihrerseits die Umweltauswirkungen zusammenfassend darzustellen und zu bewerten. Für die Planungsbehörde ist die Umweltverträglichkeitsprüfung als unselbstständiger Teil des Planfeststellungsverfahrens ein eingeschobener formalisierter Zwischenschritt mit dem Ziel einer zunächst auf Umweltbelange beschränkten Bewertung der Auswirkungen des Vorhabens im Rahmen der Abwägung aller Belange. Sie dient als wirkungsvolle Methode, die Umweltbelange in den Abwägungsprozess einzuführen.
152Vgl. grundlegend BVerwG, Urteil vom 25. Januar 1996 ‑ 4 C 5.95 ‑, BVerwGE 100, 238 (243, 245 ff.).
153Dementsprechend gebieten die UVP-Richtlinie und das Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung nicht, dass Umweltauswirkungen anhand standardisierter Maßstäbe oder in standardisierten oder schematisierten und rechenhaft handhabbaren Verfahren ermittelt und bewertet werden. Die Umweltverträglichkeitsprüfung ist auch kein „Suchverfahren“, in dem alle nur erdenklichen Auswirkungen eines Vorhabens auf Umweltgüter und deren Wertigkeit bis in alle Einzelheiten und feinsten Verästelungen zu untersuchen wären und gar Antworten auf in der Wissenschaft bisher noch ungeklärte Fragen gefunden werden müssten. Die UVP-Richtlinie fordert, dass die Umweltverträglichkeitsprüfung die erforderlichen Grundlagen für ein „Beurteilung der möglichen erheblichen Umweltauswirkungen“ eines Projekts liefert (Vorbemerkung, Erwägungsgrund 6); deshalb muss der Projektträger Angaben vorlegen „zur Feststellung und Beurteilung der Hauptwirkungen, die das Projekt voraussichtlich für die Umwelt haben wird“ (Art. 5 Abs. 2 der UVP-Richtlinie). Das Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung fordert für die vom Vorhabenträger vorzulegenden Unterlagen, dass sie u. a. eine „Beschreibung der zu erwartenden erheblichen Auswirkungen des Vorhabens auf die Umwelt“ enthalten, und schreibt dafür die „Berücksichtigung des allgemeinen Kenntnisstandes und der allgemein anerkannten Prüfungsmethoden“ (§ 6 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 UVPG) vor.
154Vgl. BVerwG, Urteil vom 21. März 1996 - 4 C 19.94 -, BVerwGE 100, 370 (377).
155Die Umweltverträglichkeitsprüfung soll die Umweltbelange so herausarbeiten, dass sie in die Abwägung in gebündelter Form eingehen.
156Vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Juni 2014 ‑ 9 A 1.13 ‑, BVerwGE 150, 92 (97).
157Wie bereits zur Frage der Auslegung der Planunterlagen dargelegt, verlangen die Vorschriften über die Umweltverträglichkeitsprüfung vom Vorhabenträger bestimmte inhaltliche Angaben, stellen ihm aber frei, in welcher Form er sie vorlegt. Es reicht aus, dass dem Planfeststellungsbeschluss mehrere zeitnah erstellte Untersuchungen zu den von dem Vorhaben berührten Umweltbelangen zu Grunde lagen und diese einer ausführlichen Würdigung unterzogen wurden. Die erforderlichen Angaben können sich etwa aus dem Landschaftspflegerischen Begleitplan, dem Erläuterungsbericht, der schalltechnischen Untersuchung oder der Schadstoffuntersuchung ergeben. Sie müssen auch nicht zwingend in einem von der Zulassungsentscheidung gesonderten Dokument dargestellt werden. Auch eine konkrete Zeitvorgabe, innerhalb derer eine Umweltverträglichkeitsprüfung zu erstellen ist, ist dem Gesetz nicht zu entnehmen.
158Vgl. BVerwG, Urteil vom 12. August 2009 ‑ 9 A 64.07 ‑, BVerwGE 134, 308 (312 f.).
159Die von den Klägern unter Hinweis auf § 15 Abs. 4 UVPG und die Linienbestimmung aufgeworfene Frage der Zulässigkeit eines „gestuften Verfahrens“ stellt sich hier nicht. Die vom Beklagten neben zahlreichen weiteren Unterlagen angeführte UVS von 1993 ist nur ein „Mosaikstein“ der Umweltverträglichkeitsprüfung. Es versteht sich von selbst, dass sie durch aktuelle Untersuchungen zu ergänzen war und auch ergänzt worden ist. Wenn die Kläger die Bezugnahme des Beklagten auf die UVS von 1993 als „absurd“ bezeichnen, sei der Hinweis erlaubt, dass sie gerade die Verwirklichung der in dieser UVS favorisierten, jedoch nicht plan-festgestellten Tunnellösung fordern. Die Klägerin zu 1. rügt in ihrem Einwendungsschreiben vom 5. April 2006 ausdrücklich, die Ergebnisse der UVS von 1993 seien missachtet worden.
160b) Die vom Beklagten im Planfeststellungsbeschluss dargelegte Umweltverträglichkeitsprüfung genügt inhaltlich den vorstehend aufgezeigten Maßstäben.
161Wie oben dargelegt (A.III.2., S. 36 f.) hatte der Vorhabenträger dem Beklagten gemäß § 6 UVPG im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens diverse Unterlagen vorgelegt, aus denen sich Auswirkungen des Vorhabens auf die Umwelt ergeben. § 11 Satz 1 UVPG sieht vor, dass die zuständige Behörde sodann auf der Grundlage der Unterlagen nach § 6 UVPG, der behördlichen Stellungnahme nach den §§ 7 und 8 UVPG sowie der Äußerungen der betroffenen Öffentlichkeit nach den §§ 9 und 9a UVPG eine zusammenfassende Darstellung der Umweltauswirkungen des Vorhabens sowie der Maßnahmen erarbeitet, mit denen erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen vermieden, vermindert oder ausgeglichen werden, einschließlich der Ersatzmaßnahmen bei nicht ausgleichbaren, aber vorrangigen Eingriffen in Natur und Landschaft. Nach § 11 Satz 4 UVPG kann die zusammenfassende Darstellung in der Begründung der Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens erfolgen. Das ist hier geschehen. Der Beklagte hat im Planfeststellungsbeschluss auf Seite 58 bis 69 eine derartige zusammenfassende Darstellung gegeben. Sie deckt inhaltlich die Vorgaben des § 11 Satz 1 UVPG ab. Die in § 2 Abs. 1 Satz 2 UVPG aufgezählten Gesichtspunkte sind vollständig abgearbeitet. Es schließt sich auf Seite 69 bis 77 die in § 12 UVPG vorgesehene Bewertung der Umweltauswirkungen des Vorhabens auf der Grundlage der zusammenfassenden Darstellung nach § 11 UVPG an.
162Die von den Klägern in diesem Zusammenhang vermissten „erheblichen, jedoch noch nicht unzumutbaren bzw. grenzwertüberschreitenden Umweltauswirkungen“ mussten im Hinblick auf das umfassende an den Immissionsgrenzwerten der 16. BImSchV orientierte Lärmschutzkonzept des Beklagten und das vom Gutachterbüro M. erstellte Luftschadstoffgutachten von September 2011 nicht gesondert ermittelt und dargestellt werden. Sie spielen eine Rolle bei der Prüfung, ob die Möglichkeit erheblicher nachteiliger Umweltauswirkungen im Sinne des § 3c Satz 1 UVPG besteht, die mehr als geringfügig und damit abwägungserheblich sind,
163vgl. BVerwG, Urteil vom 17. Dezember 2013 ‑ 4 A 1.13 ‑, BVerwGE 148, 353 (362, 364),
164mithin für die Vorprüfung, ob überhaupt eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist. Im vorliegenden Fall ist jedoch eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt worden.
165c) Entgegen der Auffassung der Kläger musste sich die Umweltverträglichkeitsprüfung nicht auf alle betrachteten oder denkbaren Varianten beziehen, sondern durfte sich auf diejenige Variante beschränken, die nach dem aktuellen Planungsstand noch ernstlich in Betracht kam.
166Vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Januar 1996 ‑ 4 C 5.95 ‑, BVerwGE 100, 238 (250).
167Das folgt bereits daraus, dass die UVP-Richtlinie und damit das Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung keine Änderung oder Verschärfung materiell-rechtlicher Zulassungsvoraussetzungen enthalten. In der Rechtsprechung ist geklärt, dass die Planfeststellungsbehörde auf der Grundlage einer Grobanalyse solche Alternativen, die als weniger geeignet erschienen, schon in einem frühen Verfahrensstadium ohne nähere Untersuchung ausscheiden darf.
168Vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 23. März 2011 ‑ 9 A 9.10 ‑, juris, Rdnr. 33.
169Damit darf die Planfeststellungsbehörde Planungsalternativen, die nach einer Art Grobanalyse in einem früheren Planungsstadium nicht in Betracht kommen, für die weitere Detailprüfung und damit auch (im Detail) für die förmliche Umweltverträglichkeitsprüfung ausscheiden.
170Vgl. BVerwG, Beschluss vom 16. August 1995 - 4 B 92.95 -, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 104, S. 48 f.
171In Betracht kommende andere Lösungen müssen daher nicht selbst Gegenstand der Umweltverträglichkeitsprüfung sein. Die UVP-Richtlinie beschränkt sich in Art. 5 Abs. 1 i. V. m. Nr. 2 des Anhangs III ebenso wie § 6 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 UVPG ausdrücklich auf die Forderung, dass der Vorhabenträger gegebenenfalls eine Übersicht über die wichtigsten anderweitigen vom Projektträger geprüften Lösungsmöglichkeiten gibt und Angaben zu den wesentlichen Auswahlgründen in Hinblick auf die Umweltauswirkungen macht.
172Vgl. BVerwG, Urteil vom 27. Oktober 2000 ‑ 4 A 18.99 ‑, BVerwGE 112, 140 (150).
173Die Pflicht zur förmlichen Umweltverträglichkeitsprüfung nach Maßgabe des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung setzt immer erst ein, wenn sich der Vorhabenträger für ein bestimmtes Projekt entschieden hat und dessen Zulassung beantragt.
174Vgl. BVerwG, Beschluss vom 14. Mai 1996 - 7 NB 3.95 -, Buchholz 406.251 § 2 UVPG Nr. 3, S. 9.
175So ist der Beklagte hier vorgegangen. Er hat im Planfeststellungsbeschluss im Rahmen seiner Ausführungen über die Umweltverträglichkeit auf Seite 57 f. ausdrücklich auf die Variantenprüfung in Abschnitt B. 5.3.3 (S. 90 bis 95) verwiesen. Das entspricht den Anforderungen der UVP-Richtlinie sowie des § 6 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 UVPG. Weitergehende inhaltliche Anforderungen an die Umweltverträglichkeitsprüfung ergeben sich weder aus der UVP-Richtlinie noch aus dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung.
1764. Die Planung verstößt nicht gegen das in § 17 Satz 2 FStrG enthaltene Abwägungsgebot.
177a) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts verlangt das Abwägungsgebot, dass ‑ erstens ‑ eine Abwägung überhaupt stattfindet, dass ‑ zweitens ‑ in die Abwägung an Belangen eingestellt wird, was nach Lage der Dinge in sie eingestellt werden muss, und dass ‑ drittens ‑ weder die Bedeutung der betroffenen öffentlichen und privaten Belange verkannt noch der Ausgleich zwischen ihnen in einer Weise vorgenommen wird, die zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht.
178Vgl. grundlegend etwa BVewG, Urteil vom 7. Juli 1978 ‑ 4 C 79.76 u. a. ‑, BVerwGE 56, 110 (122 f.).
179Die Frage, ob einer Planung eine gerechte Interessenabwägung zu Gunde liegt, ist nur einer eingeschränkten gerichtlichen Kontrolle zugänglich. Die Gerichte haben, soweit der Abwägungsvorgang fehlerfrei ist, das Ergebnis der Abwägung grundsätzlich hinzunehmen und es zu respektieren, dass sich der Planungsträger in der Kollision zwischen verschiedenen Belangen für die Bevorzugung des einen und damit notwendig für die Zurückstellung eines anderen entschieden hat.
180Vgl. BVerwG, Urteil vom 15. Januar 2004 ‑ 4 A 11.02 ‑, BVerwGE 120, 1 (13).
181Nach § 17e Abs. 6 Satz 1 FStrG sind Mängel bei der Abwägung der von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange nur erheblich, wenn sie offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen sind. Ergebnisrelevanz in diesem Sinne liegt vor, wenn nach den Umständen des Falles die konkrete Möglichkeit besteht, dass ohne den Abwägungsmangel eine andere Entscheidung getroffen worden wäre; eine nur abstrakte Möglichkeit einer anderen Entscheidung genügt nicht. Insoweit ist der Abwägungsvorgang in allen seinen Phasen in den Blick zu nehmen. Daher kann die Möglichkeit einer anderen Entscheidung nur dann verneint werden, wenn der konkret vorliegende Abwägungsfehler weggedacht werden kann, ohne dass auf einer nachfolgenden Stufe der Abwägung ein weiterer Mangel erwächst, auf dem die angegriffene Entscheidung beruhen kann. Besteht der Abwägungsmangel in der fehlerhaften Berücksichtigung eines abwägungserheblichen Belangs und ergeben sich keine konkreten Anhaltspunkte, dass die Planfeststellungsbehörde ohne diesen Mangel zu einem anderen Abwägungsergebnis gelangt wäre, ist also zusätzlich zu prüfen, ob die auf der nachfolgenden Stufe gebotene Abwägung im engeren Sinne ‑ das Ins-Verhältnis-Setzen der gegenläufigen Belange ‑ das Abwägungsergebnis auch dann rechtfertigen würde, wenn der auf der vorhergehenden Stufe unterlaufene Mangel unterblieben wäre.
182Vgl. BVerwG, Urteil vom 24. November 2011 ‑ 9 A 23.10 ‑, BVerwGE 141, 171 (191).
183Als nur mittelbar von dem Vorhaben Betroffene können die Kläger eine gerichtliche Abwägungskontrolle nur hinsichtlich ihrer eigenen Belange und ‑ wegen der insoweit bestehenden Wechselbeziehung ‑ der ihren Belangen gegenübergestellten, für das Vorhaben streitenden Belange verlangen. Ob andere gegen das Vorhaben sprechende Belange ordnungsgemäß berücksichtigt worden sind, können sie dem gegenüber ebenso wenig geltend machen wie die Frage, ob Rechtsnormen beachtet wurden, die nicht ihrem Schutz zu dienen bestimmt sind.
184Vgl. BVerwG, Urteil vom 10. Oktober 2012 ‑ 9 A 20.11 ‑, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 229, S. 71 f.
185Nach diesen Maßstäben sind die Belange der Kläger rechtsfehlerfrei abgewogen worden.
186b) Die Prüfung der Varianten des Ausbaus der B 51 lässt keinen Abwägungsfehler zu Lasten der Kläger erkennen. Der Beklagte musste keine die Kläger weniger belastende Variante ernsthaft in Betracht ziehen. Kommen Alternativlösungen ernsthaft in Betracht, so hat die Planungsbehörde sie zwar als Teil des Abwägungsmaterials mit der ihnen objektiv zukommenden Bedeutung in die vergleichende Prüfung der von den möglichen Varianten jeweils berührten öffentlichen und privaten Belange unter Einschluss des Gesichtspunkts der Umweltverträglichkeit einzubeziehen. Sie ist indes nicht verpflichtet, die Variantenprüfung bis zuletzt offen zu halten und alle von ihr zu einem bestimmten Zeitpunkt erwogenen Alternativen gleichermaßen detailliert und umfassend zu untersuchen. Auch im Bereich der Planungsalternativen braucht sie den Sachverhalt nur soweit aufzuklären, wie dies für eine sachgerechte Trassenwahl und eine zweckmäßige Gestaltung des Verfahrens erforderlich ist. Sie ist befugt, eine Alternative, die ihr auf der Grundlage einer Grobanalyse als weniger geeignet erscheint, schon in einem frühen Verfahrensstadium ohne nähere Untersuchung auszuscheiden.
187Vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 23. März 2011 ‑ 9 A 9.10 ‑, juris, Rdnr. 33.
188Verfährt sie in dieser Weise, so handelt sie abwägungsfehlerhaft nicht schon, wenn sich herausstellt, dass die von ihr verworfene Lösung ebenfalls mit guten Gründen vertretbar gewesen wäre, sondern erst, wenn diese Lösung sich ihr hätte aufdrängen müssen.
189Vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 25. Januar 1996 - 4 C 5.95 -, BVerwGE 100, 238 (249 f.), m. w. N.
190Gemessen an diesen Grundsätzen ist dem Beklagten kein Abwägungsfehler bei der Variantenprüfung unterlaufen.
191aa) Der Beklagte hat im Planfeststellungsbeschluss ausführlich dargelegt, welche Überlegungen ihn dazu bewogen haben, sich unter den näher untersuchten Varianten - einschließlich der sog. Null-Variante - für die planfestgestellte zu entscheiden (PFB B. 5.3.3.1 f., S. 90 ff.). Die sog. Null-Variante auszuschließen, d. h. von dem Ausbau nicht Abstand zu nehmen, ist nicht abwägungsfehlerhaft. Der Beklagte hat ausgeführt, dass die B 51 in ihrem jetzigen Zustand nicht in der Lage ist, die aufkommenden Verkehrsströme sicher und zügig zu bewältigen und die entsprechenden Verkehrsmengen aufzunehmen. Dagegen ist nichts zu erinnern. Die Kläger selbst gehen vielmehr von noch größeren Verkehrsmengen aus und weisen darauf hin, dass die B 51 als Umgehungsstraße N. die meistbefahrene Bundesstraße im Münsterland sei.
192bb) Zudem ist nach § 1 Abs. 2 Satz 2 FStrAbG die hier vorliegende gesetzliche Feststellung des vordringlichen Bedarfs für die nachfolgende straßenrechtliche Planfeststellung verbindlich. Der Planungsträger ist jedoch nicht gehindert, etwa statt des Ausbaus einer Bestandstrasse eine Neubaustrecke als Trassenalter-native zu erwägen. Allerdings ist es auch nicht zu beanstanden, wenn der Planungsträger sich beim Ausbau eines bereits vorhandenen Straßenzuges - wie hier - aus nachvollziehbaren Gründen gegen eine Neutrassierung ausspricht und auf dieser Grundlage entsprechende Planungsalternativen verwirft.
193Vgl. BVerwG, Beschluss vom 5. November 2002 - 9 VR 14.02 -, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 171, S. 134, m. w. N.
194cc) Es ist abwägungsfehlerfrei, dass sich der Beklagte in der Variantenprüfung in erster Linie aus Kostengründen gegen die von den Klägern geforderte Tunnellösung oder Einhausung entschieden hat. In die Entscheidung der Planfeststellungsbehörde für die eine oder andere Trassen- oder Ausführungsvariante dürfen Kostengesichtspunkte einfließen. Denn das Interesse, den finanziellen Aufwand für den Straßenbau gering zu halten, gehört zu den öffentlichen Belangen, denen in der Abwägung Rechnung zu tragen ist.
195Vgl. etwa BVerwG, Urteile vom 9. November 2000 - 4 A 51.98 -, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 159, S. 67, m. w. N., und vom 3. März 2011 ‑ 9 A 8.10 ‑, BVerwGE 139, 150 (178 f.).
196In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass dem Gebot der sparsamen und wirtschaftlichen Mittelverwendung, das in § 7 Abs. 1 BHO seine gesetzliche Ausprägung gefunden hat, als eigenständigem öffentlichen Belang in der Abwägung Rechnung zu tragen ist. Er kann nach den konkreten Umständen des Falles sogar das private Interesse überwiegen, von einer Grundstücksinanspruchnahme verschont zu bleiben.
197Vgl. BVerwG, Urteil vom 24. November 2011 ‑ 9 A 23.10 ‑, BVerwGE 141, 171 (193).
198Der Beklagte hat unter Berufung auf erhebliche Mehrkosten eine Tunnellösung in Form eines Leichtbautunnels (System „Züblin“) als Planungsvariante (PFB B. 5.3.3.2., S. 93) unter Verweis auf das Lärmschutzkonzept (PFB B. 5.3.5.1.2, S. 103 f., und B. 5.3.5.1.5, S. 112 f.) verworfen. Im Planfeststellungsbeschluss hat der Beklagte die Kosten für einen (Standard-)Tunnel mit 42,12 Mio. Euro beziffert, für einen Leichtbautunnel (System „Züblin“) mit 21,6 Mio. Euro (S. 113). Demgegenüber hat er die Kosten für das in der Planfeststellung gewählte Lärmschutzkonzept für diesen Teilbereich mit 11.173.814 Euro (S. 103) bzw. 10,45 Mio. Euro (S. 113) angegeben. Für einen „Züblin-Tunnel“ fielen damit Mehrkosten von 10,132 Mio. Euro (S. 103) oder 10,15 Mio. Euro (S. 113) an, d. h. die Kosten pro geschützter Wohneinheit würden von 14.389 Euro (S. 103) bzw. 14.418 Euro (S. 113) auf 26.899 Euro (S. 104) ansteigen, das stehe außer Verhältnis zum angestrebten Schutzzweck. Darüber hinaus würden für eine weitere Gradientenab-senkung der Trasse auf etwa 6 m Mehrkosten von rund 10,6 Mio. Euro anfallen (S. 104, 113). Danach würde eine „Tunnellösung“ gegenüber der planfestgestellten Lösung insgesamt mehr als 20 Mio. Euro zusätzliche Kosten verursachen.
199Die von den Klägern hiergegen erhobenen Einwände greifen nicht durch. Zwar haben die Kläger Kostenansätze für einzelne Komponenten des Lärmschutz-konzepts in Frage gestellt, jedoch hiermit insgesamt nicht dargetan, dass die (Vergleichs-)Berechnungen des Beklagten gänzlich neben der Sache liegen. Denn es erschließt sich von selbst, dass Tunnelbauwerke, Teilabdeckungen und Einhausungen nebst Gradientenabsenkung - im vorliegenden Fall auf etwa 6 m - gegenüber dem Straßenbau auf der freien Strecke wesentlich höhere Kosten verursachen.
200Vgl. auch BVerwG, Urteil vom 23. März 2011 ‑ 9 A 9.10 ‑, juris, Rdnr. 34; ferner ergänzend Bundesministerium für Verkehr, Allgemeines Rundschreiben Straßenbau (ARS) 25/1998 vom 28. Juni 1998, VkBl. S. 848, i. V. m. Leitfaden für die Planungsentscheidung „Einschnitt oder Tunnel“, S. 7 ff.
201Bei Baukosten, die jedenfalls deutlich höher liegen als bei einem konventionellen Straßenbau, ist es nicht zu beanstanden, wenn sich der Beklagte gegen die in Rede stehenden Alternativen entschieden hat.
202Vgl. ergänzend BVerwG, Urteil vom 21. Mai 2008 ‑ 9 A 68.07 -, juris, Rn. 18.
203Es kommt hinzu, dass ein Tunnel gegenüber der planfestgestellten Lösung dauerhaft höhere Unterhaltungskosten verursacht. Zudem soll der Ausbau der B 51 wegen der Bedeutung der Verkehrsachse bei laufendem Betrieb durchgeführt werden. Die Kläger weisen in einem anderen Zusammenhang zutreffend darauf hin, dass die B 51 als Umgehungsstraße N. nach den Ergebnissen der Verkehrszählung 2010 die meistbefahrene Bundesstraße im Münsterland ist. Neben den durch Bauarbeiten ohnehin verursachten Behinderungen des Verkehrsflusses müssten zusätzliche Untertunnelungs- oder Einhausungsarbeiten in dem baulich verdichteten Umfeld über einen längeren Zeitraum zu einer vollständigen Sperrung der Strecke führen. Die dadurch im Stadtbereich N. verursachten Verkehrsprobleme wären kaum lösbar, weil eine geeignete Umleitung nicht zur Verfügung steht. Der Beklagte weist unter B. 5.3.12.8, S. 156, des Planfeststellungsbeschlusses darauf hin, dass durch eine Sperrung der B 51 während der Bauzeit das untergeordnete Straßennetz erheblich belastet würde. Dies würde insbesondere die N5.---straße , den N.--------weg sowie den M. - und E.--------weg betreffen, die aufgrund ihrer Ausstattung nicht in der Lage seien, solche Ausweichverkehre aufzunehmen.
204dd) Schließlich liegt es auf der Hand, dass die von den Klägern angeführte Alternativtrasse, die am Ende des zweiten Bauabschnitts der B 51 nach rechts abknicken, dann etwa einen Kilometer nach Osten führen, die Bahntrasse queren und dann nach links abknicken und parallel zum Bahndamm nach Norden geführt werden soll, nicht ernsthaft in Betracht zu ziehen war. Abgesehen von einem im Vergleich zur planfestgestellten Variante weitaus größeren Landschaftsverbrauch wären wegen des Verlassens der bisherigen Trasse unschwer erkennbar erhebliche Mehrkosten entstanden, da in diesem Falle ein Neubau der Straße erforderlich geworden wäre. Auch hätte die Verschwenkung eine kurvenreichere und bewegte Linienführung zur Folge, was dem Charakter einer Bundesfernstraße widerspricht. Im Übrigen ließe sich die Alternativlösung auch nicht annähernd so verwirklichen, wie von den Klägern in der Klagebegründung skizziert: Laut Erläuterungsbericht vom 5. Dezember 2005, Seite 7 (vgl. Teil A: B 51.3 Mappe 1, Unterlage 1, auch Unterlage 7.1, Beiakte 2 zu 11 D 6/12.AK), erhält die B 51 einen Regelquerschnitt von 26,00 m Kronenbreite (RQ 26). Die vom Beklagten noch herangezogenen und bis 2013 für die Entwurfsgestaltung maßgeblichen Richtlinien für die Anlage von Straßen - RAS - Teil Querschnitte (RAS-Q 96), eingeführt durch Allgemeines Rundschreiben Nr. 28/1996 vom 15. August 1996, VkBl. 1996, S. 481, sehen für den Straßenquerschnitt RQ 26 im Anhang unter 1.2.1 (Blatt 13) eine Bemessungsgeschwindigkeit von 100 bis 70 km/h vor. Die dafür erforderlichen Kurvenradien schließen die von den Klägern skizzierte Trassenführung mit einem scharfen Rechtsknick zum Verlassen der Bestandstrasse und einem scharfen Linksknick nach Unterquerung der Güterumgehungsbahn bereits offensichtlich aus.
205Zudem kann wegen der Breite der Straße von einem geringfügigen Eingriff in das Landschaftsschutzgebiet X3. -F. -Niederung „nur an seinem äußersten Rand“ keine Rede sein. Da die Trasse östlich der Güterumgehungsbahn über mehr als 3 km bis zur X2. Straße verlaufen soll, müsste bei einer Breite von 26 m eine Fläche von ca. 8 ha neu versiegelt werden. Hinzu käme, dass die Trasse hinter der Unterquerung des Bahndamms wegen der erforderlichen Kurvenradien nicht sofort scharf nach links abknicken könnte, sondern in einem Bogen wieder an den Bahndamm herangeführt werden müsste. Das Landschafts-schutzgebiet würde also nicht „nur an seinem äußersten Rand tangiert“, sondern in erheblichem Umfang durchschnitten. Die von den Klägern angesprochene Möglichkeit, den Bahndamm nicht rechtwinklig, sondern diagonal zu unterqueren, so dass ein scharfer Linksknick östlich des Bahndamms entfiele, hätte wiederum zur Folge, dass eine Neubautrasse im Bereich des Hauses M1. nicht mehr konfliktfrei geführt werden könnte. Des Weiteren stünde die kreuzungsfreie Verknüpfung mit der X2. Straße vor der zusätzlichen Schwierigkeit, dass die neue Trasse unmittelbar östlich des Bahndamms verliefe, so dass auf der Westseite kein Platz für Verbindungsrampen zur Verfügung stünde.
206Von daher ist es nicht zu beanstanden, wenn sich die Planfeststellungsbehörde beim Ausbau eines bereits vorhandenen Straßenzuges aus sachlich nachvollziehbaren Gründen bereits frühzeitig gegen eine Planungsalternative entscheidet, die einer Neutrassierung gleichkommt, und diese Planungsalternative aus der weiteren Betrachtung ausscheidet. Jedenfalls musste sich die von den Klägern favorisierte Variante dem Plangeber nicht als eindeutig vorzugswürdig aufdrängen.
207In diesem Stadium der Planung bedarf es noch keiner exakten Ermittlung des jeweiligen Abwägungsmaterials. Dieses muss vielmehr „nach Lage der Dinge“ nur so genau und vollständig sein, dass es jene erste vorauswählende Entscheidung zulässt.
208Vgl. BVerwG, Urteile vom 5. März 1997 - 11 A 25.95 -, BVerwGE 104, 123 (128), und vom 25. September 2002 - 9 A 5.02 -, juris, Rn. 41.
209Mit Blick hierauf konnte der Senat die in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisanträge zu dieser Trassenvariante ablehnen.
210ee) Vor dem Hintergrund, dass der Beklagte sich nach einer Grobanalyse abwägungsfehlerfrei für den Ausbau der Bestandstrasse der B 51 entscheiden durfte, hat er ‑ entgegen der Auffassung der Kläger ‑ die Abwägungsgrundlagen für diese Ausbauvariante ausreichend ermittelt. Die Kläger beanstanden insoweit, für den Kläger zu 2. sei erst nach Erlass des Planfeststellungsbeschlusses ermittelt worden, ob sein Anwesen dem Innen- oder Außenbereich zuzuordnen sei. Die Schadstoffuntersuchung sei erst am Datum der Planfeststellung zugegangen. Im Hinblick auf den Kläger zu 2. begründet der Beklagte bereits im Planfeststellungsbeschluss (S. 111 f.), dass dessen Grundstück im Außenbereich liege. Die weiteren Ermittlungen dienten lediglich der Bestätigung dieser der Abwägung zu Grunde gelegten Einschätzung. Auch den Schadstoffbelastungen hat der Beklagte unter Zugrundelegung einer Schadstoffabschätzung des Vorhabenträgers (im Anschluss an die Erläuterungen zum Deckblatt I vom 2. Mai 2007, Mappe 1, Unterlage 1-I in Beiakte 8 zu 11 D 6/12.AK) bereits im Planfeststellungsbeschluss Stellung genommen (S. 116 bis 118). Das Gutachten des Ingenieurbüros M. diente der Bestätigung dieser der Abwägung zu Grunde gelegten Einschätzung; es ist im Übrigen Bestandteil der planfestgestellten Unterlagen, die in das Planfeststellungsverfahren eingebracht wurden (PFB A. 2.4 Nr. 99). Die von den Klägern angeführte E-Mail des Unterzeichners des Planfeststellungsbeschlusses an die Regierungsvizepräsidentin vom 30. September 2011 ist für die Frage der Rechtmäßigkeit des Planfeststellungsbeschlusses ohne Bedeutung. Maßstab für die Rechtmäßigkeitsprüfung ist allein der Planfeststellungsbeschluss mit den zu seinem Gegenstand gemachten Unterlagen.
211c) Die Einwände der Kläger zu einer Rechtswidrigkeit des Planfeststellungsbeschlusses wegen einer abwägungsfehlerhaften Bewältigung der Verkehrslärmproblematik und einer daraus resultierenden Verletzung ihres Rechts auf fehlerfreie Abwägung greifen nicht durch.
212aa) Abwägungsfehler bei den Gesichtspunkten des Lärmschutzes führen im Regelfall nicht zu einer Aufhebung eines Planfeststellungsbeschlusses. Denn nach § 17e Abs. 6 FStrG sind Mängel bei der Abwägung der von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange nur dann erheblich, wenn sie offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen sind (Satz 1). Erhebliche Mängel bei der Abwägung oder eine Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften führen nur dann zur Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses oder der Plangenehmigung, wenn sie nicht durch Planergänzung oder durch ein ergänzendes Verfahren behoben werden können; die §§ 45 und 46 VwVfG bleiben unberührt (Satz 2).
213Mögliche Mängel im Lärmschutzkonzept können grundsätzlich durch Schutzauflagen behoben werden und rechtfertigen deshalb in der Regel nicht die Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses. Eine Planaufhebung kommt nur in Betracht, wenn das Fehlen notwendiger Schutzauflagen ausnahmsweise so großes Gewicht hat, dass davon die Ausgewogenheit der Gesamtplanung oder eines wesentlichen Planungsteils betroffen ist.
214Vgl. BVerwG, Urteile vom 18. April 1996 - 11 A 86.95 -, BVerwGE 101, 73 (85), vom 23. November 2005 - 9 A 28.04 -, juris, Rn. 17 (insoweit nicht in BVerwGE 124, 334, veröffentlicht), und vom 10. Oktober 2012 - 9 A 20.11 -, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 229, S. 72.
215Allerdings kann nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts in einem Fall, in dem sich der Kläger gegen die lärmtechnische Berechnung und die darauf aufbauende Behandlung der Lärmschutzbelange mit der Begründung wendet, sie beruhten auf einer verfehlten Verkehrsprognose, in der die tatsächlich zu erwartende Verkehrsbelastung des Vorhabens weit unterschätzt worden sei, die Möglichkeit nicht von der Hand gewiesen werden, dass davon die konzeptionelle Planungsentscheidung einschließlich der Trassenwahl betroffen wird; Abwägungsdefiziten aufgrund einer fehlerhaften Verkehrsprognose kann deshalb nicht durch eine Planergänzung um Schutzauflagen abgeholfen werden.
216Vgl. BVerwG, Urteile vom 12. August 2009 - 9 A 64.07 -, BVerwGE 134, 308 (328), und vom 9. Juni 2010 - 9 A 20.08 -, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 208, S. 145 f.
217Die Rüge der Kläger, der Verkehrsuntersuchung liege ein zu geringer Lkw-Anteil zu Grunde, weshalb die Lärmprognose zu gering ausgefallen sei, ist nicht geeignet, die Möglichkeit einer solchen konzeptionell anderen Entscheidung aufzuzeigen, insbesondere nicht hinsichtlich einer anderen Trassenführung. Sollte eine größere Immissionsbelastung infolge eines höheren Lkw-Anteils entstehen, bestünden ohne Weiteres die Möglichkeiten entweder der Anordnung weitergehender Maßnahmen des aktiven Schallschutzes oder der Erstreckung des Anspruchs auf Aufwendungsersatz für passive Schallschutzmaßnahmen auch auf andere Gebäude, ohne dass es zu einer grundlegenden Umplanung des streitigen Vorhabens kommen müsste.
218bb) Unbeschadet des vorstehend Ausgeführten lässt sich nicht feststellen, dass die Verkehrsprognose, soweit die Kläger hiergegen substantiierte Einwände im Klageverfahren geltend gemacht haben, fehlerhaft ist.
219aaa) Beide Kläger sind mit ihrem Vorbringen gegen die Verkehrsprognose entgegen der Auffassung des Beklagten nicht präkludiert. Nach § 17a Nr. 7 Satz 1 FStrG sind Einwendungen gegen den Planfeststellungsbeschluss nach Ablauf der im Planfeststellungsverfahren eröffneten Einwendungsfrist ausgeschlossen. Diese Bestimmung normiert eine materielle Verwirkungspräklusion, die verfassungsrechtlich unbedenklich ist. Die Einwendungsfrist besitzt für das gerichtliche Verfahren, das einem straßenrechtlichen Planfeststellungsverfahren folgt, materiell-rechtlichen Charakter. Die straßenrechtliche Präklusion erstreckt sich nach Wortlaut sowie Sinn und Zweck der Vorschrift auch auf das nachfolgende verwaltungsgerichtliche Verfahren.
220Vgl. zur inhaltsgleichen Vorgängernorm des § 17 Abs. 4 Satz 1 FStrG a. F. etwa BVerwG, Urteil vom 24. Mai 1996 ‑ 4 A 38.95 ‑, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 119, S. 136 f.
221Allerdings hat die Klägerin zu 1. im Deckblatt I-Verfahren - anders als der Rechts-vorgänger des Klägers zu 2. - keine Einwendungen erhoben. Sie musste jedoch nach Auslegung des Deckblattes I unter Hinweis auf den Einwendungsauschluss gemäß § 17a Nr. 7 Satz 1 FStrG zur Vermeidung einer Präklusion nicht erneut Einwendungen erheben. Zwar sollte die durch das Deckblatt I vorgenommene Umplanung (auch) ihren Lärmschutzinteressen Rechnung tragen. Die Klägerin zu 1. hatte jedoch in ihrem Einwendungsschreiben vom 5. April 2006 ausdrücklich beanstandet, die prognostizierte Verkehrsbelastung sei nur unzulänglich ermittelt worden. Der Umplanung durch das Deckblatt I lag der Ergebnisbericht der IVV vom 11. September 2006 zu Grunde, der jedoch nicht mit ausgelegt worden war. Daher waren der Klägerin zu 1. in diesem Punkt erneute oder weitere vertiefende Einwendungen nicht möglich. Andererseits konnte der Beklagte nicht davon ausgehen, die Einwendungen gegen die Ermittlung der Verkehrsbelastung seien durch die vorgenommenen Umplanungen erledigt.
222Auch der Kläger zu 2. ist mit seinen Einwendungen zur Verkehrsprognose nicht ausgeschlossen. Er weist zutreffend darauf hin, dass sein Rechtsvorgänger bereits im Rahmen der ersten Auslegung inhaltlich ausreichende Einwendungen erhoben hat. Eine Einwendung muss erkennen lassen, in welcher Hinsicht Bedenken gegen die in Aussicht genommene Planfeststellung ‑ aus der Sicht des Einwendenden ‑ bestehen könnten. Das Vorbringen muss so konkret sein, dass die Planfeststellungsbehörde erkennen kann, in welcher Weise sie bestimmte Belange einer näheren Betrachtung unterziehen soll. Der Betroffene muss zumindest in groben Zügen darlegen, welche Beeinträchtigungen befürchtet werden, ohne dies allerdings begründen zu müssen. Anzuknüpfen ist dabei an die ausgelegten Planunterlagen. Nach ihrer Konkretheit richten sich die Anforderungen an die Einwendungslast, d. h. an Umfang und Detailliertheit der Darlegungen.
223Vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 9. Juli 2008 ‑ 9 A 14.07 ‑, BVerwGE 131, 274 (288 f.), m. w. N.
224Die Darlegungsanforderungen orientieren sich an den Möglichkeiten betroffener Laien; Ausführungen, die fachwissenschaftlichen Sachverstand voraussetzen, können regelmäßig nicht erwartet werden.
225Vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 14. Juli 2011 ‑ 9 A 14.10 ‑, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 218, S. 252, m. w. N.
226Nach diesen Maßstäben waren die knappen Einwendungen des Rechtsvorgängers des Klägers zu 2. mit Schreiben vom 29. März 2006 ausreichend. In dem Schreiben wird ausdrücklich gerügt, es sei weder aktiver noch passiver Lärmschutz für das Gebäude N2.---straße 28 vorgesehen. Die für die Ermittlung der notwendigen Schallschutzmaßnahmen zu Grunde gelegten Verkehrszahlen würden „angezweifelt“. Damit hatte der Rechtsvorgänger des Klägers zu 2. die Verkehrslärmproblematik im Hinblick auf sein Grundstück ausreichend aufgezeigt. Da die Verkehrsprognose nicht ausgelegen hatte, waren weitere vertiefende Einwendungen nicht erforderlich und auch gar nicht möglich.
227bbb) Die Verkehrsprognose ist jedoch inhaltlich nicht zu beanstanden. Verkehrsprognosen unterliegen nur einer eingeschränkten gerichtlichen Kontrolle. Sie sind lediglich daraufhin zu überprüfen, ob sie methodisch einwandfrei erarbeitet worden sind, nicht auf unrealistischen Annahmen beruhen und ob das Prognoseer-gebnis einleuchtend begründet worden ist.
228Vgl. etwa BVerwG, Urteile vom 9. Juni 2010 - 9 A 20.08 -, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 208, S. 146, und vom 10. Oktober 2012 - 9 A 19.11 -, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 228, S. 38, sowie Beschluss vom 15. März 2013 - 9 B 30.12 -, juris, Rn. 10.
229Diesen Anforderungen wird die hier maßgebliche Verkehrsprognose gerecht.
230Der Ergebnisbericht der IVV Verkehrsdatenaktualisierung Aus- und Neubau B 51/B 481n Planfälle PO und P_RE 2020 vom 11. September 2006 (Beiakte 13 zu 11 D 6/12.AK) basiert auf einer Verkehrsuntersuchung von 1993 und einer aktualisierten Verkehrsuntersuchung von November 1999, sowie der Aktualisierung dieses Gutachtens von Februar 2003. Die Erstellung einer solchen Modellprognose war vorliegend aufgrund der planbedingten Umstände nach der Nr. 1.2.2.2 des Anhangs der vom Beklagten noch herangezogenen RAS-Q 96 angezeigt. Eine solche Modellprognose soll auf umfassenden Annahmen über zukünftige allgemeine Entwicklungen basieren und diese Annahmen mit Hilfe eines umfangreichen Modells der Verhaltensweisen der Verkehrsteilnehmer und der Struktur der Verkehrssysteme in eine Vorhersage von Verkehrsströmen umsetzen. Die Verfahrensmaßgaben einer Modellprognose wurden hier gewahrt. Die von der IVV erstellte Verkehrsuntersuchung beruht auf umfassenden Annahmen über zukünftige allgemeine Entwicklungen. Die Gutachter haben umfangreiche Prognosegrundlagen herangezogen. So wurden insbesondere die Daten der zum damaligen Zeitpunkt aktuellen Straßenverkehrszählung 2005 und eine Ergänzung einer bundesweiten Untersuchung zum Thema der mautbedingten Ausweichverkehre von schweren LKW für Nordrhein-Westfalen von November 2005 im Ergebnisbericht ausgewertet. Der voraussichtlichen Entwicklung der Siedlungs- und Wirtschaftsstruktur im Untersuchungsraum wurden die Daten der Landesplanung Nordrhein-Westfalen sowie die Daten der Stadt N. zu Grunde gelegt. Auch für die Kreise X. und H. wurden die entsprechenden Bevölkerungsentwicklungen berücksichtigt. Im Nahbereich des Knotens B 51/X. Straße haben die Gutachter zusätzlich ein neues Wohngebiet mit Lebensmitteldiscounter berücksichtigt. Die Tendenzen der Verkehrsentwicklung, die aufgrund der Verhaltensweisen der Bevölkerung bzw. durch die Verkehrspolitik bestimmt werden, wurden in Anlehnung der Landesplanung Nordrhein-Westfalen sowie der derzeit gültigen Bedarfsplanung zum Bundesverkehrswegeplan entnommen und auf das Gebiet des Untersuchungsraums übertragen. Die Ermittlung der Prognoseverkehrsstärke betrachtet einen Prognose-Null-Fall für das Jahr 2020 unter Berücksichtigung aller Maßnahmen der Bedarfspläne des Bundes und des Landes Nordrhein-Westfalen, die als Überhang und im vordringlichen Bedarf bzw. in Stufe I eingestellt sind, sowie weitere für die Verkehrsentwicklung im Untersuchungsraum relevante Planungen der Städte und Gemeinden, um prognostisch den Planfall P_RE 2020 mit dem Prognosehorizont 2020 zu erarbeiten. Diese Vorgehensweise stimmt ebenfalls mit der Nr. 1.2.2.2 der RAS-Q 96 überein, der die Umsetzung der Annahmen über zukünftige allgemeine Entwicklungen mit Hilfe eines umfangreichen Modells der Verhaltensweisen der Verkehrsteilnehmer und der Struktur der Verkehrssysteme in eine Vorhersage von Verkehrsströmen fordert.
231Vgl. hierzu auch BVerwG, Urteil vom 12. August 2009 - 9 A 64.07 -, juris, Rn. 100 ff. (insoweit nicht in BVerwGE 134, 308, abgedruckt).
232Der Ergebnisbericht vom 11. September 2006 ist ergänzt worden durch eine Ergänzung Planfall mit 3. Nordtangente N. vom 11. März 2008, einen Kurzbericht Ausblick Prognose 2025 vom 28. Juli 2011 und während des Klageverfahrens durch eine Ergänzung dieses Kurzberichts vom 14. Juni 2012. Im Ergebnis kommt die IVV für den Bereich zwischen X. Straße und X2. Straße gegenüber dem Prognose-Null-Fall 2020 (20.500 Kfz DTV) für den Plan-fall P_RE mit holländischen Rampen und 3. Nordtangente N. (Ergänzung vom 11. März 2008) auf 40.700 Kfz DTV, prognostiziert mithin, dass sich das Verkehrsaufkommen auf der B 51 auf dem die Kläger betreffenden Abschnitt nahezu verdoppeln wird.
233ccc) Diese Prognose greifen die Kläger nicht mit Erfolg an. Sie beanstanden zu Unrecht den zeitlichen Horizont der Verkehrsprognose. Die zeitliche Anknüpfung fügt sich in das Konzept ein, das dem Fernstraßenausbaugesetz i. d. F. des 5. Änderungs-gesetzes zum Fernstraßenausbaugesetz vom 4. Oktober 2004 (BGBl. I S. 2574) zu Grunde liegt. Der durch dieses Gesetz verabschiedete Bedarfsplan für die Bundesfernstraßen orientiert sich an der Verkehrsentwicklung, die der Bundesgesetzgeber bis zum Jahr 2015 erwartet. Daher wäre es sogar sachgerecht gewesen, sich für das hier planfestgestellte Vorhaben des vordringlichen Bedarfs bei der Verkehrsuntersuchung auf das Jahr 2015 zu beziehen.
234Vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Mai 2012 ‑ 9 A 35.10 ‑, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 225, S. 17.
235Die Planfeststellungsbehörde hat durch das auf den Prognosehorizont 2020 bezogene Gutachten vom 11. September 2006 und die auf das Jahr 2025 bezogenen Ergänzungen vom 28. Juli 2011 und 14. Juni 2012 sichergestellt, dass die Verkehrsprognose das zu erwartende Verkehrsaufkommen über den Prognosehorizont 2015 hinaus bis ins Jahr 2025 abbildet.
236Vgl. zu einer ähnlichen Fallgestaltung BVerwG, Urteil vom 30. Mai 2012 ‑ 9 A 35.10 ‑, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 225, S. 17.
237Dabei ist es regelmäßig nicht zu beanstanden, dass die Verkehrsprognose für ein fernstraßenrechtliches Straßenbauvorhaben auf der Grundlage der laufend aktualisierten bundesweiten Strukturdaten und Matrizes erstellt wird. Laufende Aktualisierungen der bundesweiten Vorgaben können aus methodischen und praktischen Gründen heraus nicht gefordert werden.
238Vgl. BVerwG, Urteile vom 9. Juni 2010 ‑ 9 A 20.08 ‑, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 208, S. 147 f., und vom 30. Mai 2012 ‑ 9 A 35.10 ‑, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 225, S. 17.
239Soweit die Kläger auf verschiedene nicht berücksichtigte „nachdrücklich verfolgte und in Umsetzung befindliche“ Straßenplanungen verweisen, ist dem nicht weiter nachzugehen. Allerdings müssen bereits vorhersehbare Entwicklungen im Streckennetz, die sich auf die Verkehrsmenge der planfestgestellten Strecke auswirken, von vornherein bei der Verkehrsprognose berücksichtigt und im Planfeststellungsbeschluss bewältigt werden.
240Vgl. BVerwG, Beschluss vom 25. Mai 2005 ‑ 9 B 41.04 ‑, juris, Rdnr. 11.
241Dem trägt die Verkehrsprognose Rechnung, indem sie alle auf Seite 9 des Ergebnisberichts vom 11. September 2006 genannten Straßenbaumaßnahmen einbezieht. Demgegenüber mussten die weiteren von den Klägern genannten Maßnahmen (durchgehend leistungsfähige Verbindung zwischen N. und der A 2 im Raum S. -X1. ) infolge fehlender Konkretisierung der Planung nicht berücksichtigt werden, zumal ein vollständig durchgehender Ausbau der B 64 zwischen S. und N. nicht vorgesehen ist. Zudem dürfte diese Verbindung für Schwerverkehr aus dem Osten in Richtung N. nach Fertigstellung der in Bau befindlichen Maßnahmen A 30 (Ortsumgehung Bad P. ) und A 33 (C. -P1. ) nur von geringem Interesse sein.
242Von einer bereits „vorhersehbaren“ Entwicklung kann frühestens dann gesprochen werden, wenn ein Planfeststellungsverfahren eingeleitet worden ist. Erst dadurch wird konkretisiert, welche Straße der Vorhabenträger zu bauen beabsichtigt, so dass eine Verkehrsmenge prognostiziert werden kann. Ein solches konkretes Planungsstadium hatten zum Zeitpunkt des Erlasses des Planfeststellungsbeschlusses die von den Klägern genannten „Straßenplanungen“ nicht erreicht. Die - noch nicht existierende - „Entlastungsstraße Nord“ ist als „3. Nordtan-gente N. “ in der Ergänzung vom 11. März 2008 enthalten; sie führt nicht zu einer Verkehrserhöhung sondern zu einer leichten Entlastung der B 51 zwischen X. Straße und X2. Straße (40.700 Kfz/24 h statt 41.700 Kfz/24 h nach dem Ergebnisbericht vom 11. September 2006). Die von den Klägern in diesem Zusammenhang behaupteten zusätzlichen 15.000 Kfz/24 h für die Umgehungsstraße sind in keiner Weise belegt oder nachvollziehbar, die Zahl scheint „gegriffen“. Hinzu kommt, dass durch die Änderung des Flächennutzungsplanes der Stadt N. im Jahr 2013 die „3. Nordtangente“ planerisch nicht mehr weiterverfolgt wird.
243ddd) Es war entgegen der Auffassung der Kläger nicht erforderlich, im Ergebnisbericht alle Eingangsdaten und Annahmen einzeln aufzuführen. Wird im Rahmen einer Verkehrsprognose für die Berechnung des zukünftigen Verkehrsaufkommens auf die aus den Strukturdaten ableitbare wirtschaftliche Gesamtentwicklung eines bestimmten Raumes und nicht auf einzelne Unternehmen und Vorhaben abgestellt, ist es methodisch grundsätzlich nicht zu beanstanden, die Eröffnung einer neuen Produktionsstätte als ein bei den Strukturdaten eingerechnetes Ergebnis zu betrachten.
244Vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Mai 2012 ‑ 9 A 35.10 ‑, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 225, S. 17 f.
245Die Prognose auf der Basis von Strukturdaten kann auch nicht dadurch in Frage gestellt werden, dass die Kläger einzelne Tatsachen und Vorgänge (Einwohnerzahl der Stadt N. , neues Wohngebiet und Gewerbegebiet in X4. , Eröffnung neuer Gewerbebetriebe, Masterplan zur Entwicklung des Hafenbereichs) benennen, die vermeintlich nicht berücksichtigt worden sind. Die Kläger führen gegen die Verkehrsprognose zahlreiche Vorgänge und Einzelheiten ins Feld, können jedoch weder nachvollziehbar darlegen, dass diese Vorgänge und Einzelheiten in die der Verkehrsprognose zugrunde liegenden Strukturdaten und sonstigen Eingangsdaten nicht eingeflossen sind noch deren Auswirkungen auf das Ergebnis der Verkehrsprognose auch nur annähernd konkretisieren oder beziffern. Dafür dass dem Gutachterbüro Eingabefehler oder Rechenfehler unterlaufen sind, fehlt jeder schlüssige Anhaltspunkt.
246Vgl. hierzu auch BVerwG, Urteil vom 18. März 2009 - 9 A 39.07 -, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 201, Rdnr. 125.
247Die Verkehrsprognose kann keine Daten in Form von Istzahlen berücksichtigen, wie etwa die von den Klägern genannte Entwicklung des Pendlerverkehrs von 2001 bis 2007, die erst nach dem Zeitpunkt der Erstellung des Ergebnisberichts vom 11. September 2006 ermittelt und ausgewertet worden sind. Die erhebliche Zunahme des Verkehrs auf der B 51 von 1990 bis 2005 bedeutet nicht automatisch, dass entsprechende Zuwachsraten auch für die Zukunft zu erwarten sind. Immerhin prognostiziert auch die IVV bis 2025 eine Verdoppelung des Verkehrs seit 2010 für den Abschnitt zwischen X. Straße und X2. Straße. Der Einwand der Kläger, die „allgemeine Verkehrsentwicklung“ auf Bundesebene sei in der Prognose nicht erkennbar, führt nicht weiter.
248eee) Für einen allgemeinen „Risikozuschlag“ auf die ermittelte Verkehrsmenge, um für die Prognose „auf der sicheren Seite“ zu liegen, gibt es bei Verkehrsprognosen im Straßenverkehr keine Rechtsgrundlage. Auch die Sechzehnte Verordnung zur Durchführung des Bundes‑Immissionsschutzgesetzes (Verkehrslärmschutzverordnung -16. BImSchV) vom 12. Juni 1990, BGBl. I S. 1036, in dem hier maßgeblichen Zeitpunkt zuletzt geändert durch Gesetz vom 19. September 2006, BGBl. I S. 2146, die in Anlage 1 zu § 3 die Berechnung der Beurteilungspegel an Straßen detailliert regelt, kennt derartige „Risikozuschläge“ nicht.
249fff) Der Ergebnisbericht vom 11. September 2006 kommt für den Planfall P_RE 2020 auf einen Lkw-Anteil von 13 % tagsüber und 12 % nachts. Der für 2025 prognostizierte weitere Anstieg des Schwerverkehranteils um knapp 5 % würde zu einem Lkw-Anteil von 13,65 % tagsüber und 12,6 % nachts führen. Die Schlussfolgerung der IVV in den Ergänzungen zum Kurzbericht Ausblick Prognose 2025 vom 14. Juni 2012, dies werde auf die einzelnen Belastungen an den Querschnitten nur marginale Auswirkungen haben, ist nachvollziehbar und plausibel. Beide Werte liegen über dem Ergebnis der Straßenverkehrszählung aus dem Jahr 2010 von 11,4 % für den ganzen Tag. Da die IVV gegenüber dem Prognose-Null-Fall für 2020 fast eine Verdoppelung des Verkehrsaufkommens prognostiziert, bedeutet dies für den Lkw-Verkehr bei einem gegenüber der Zählung 2010 leicht steigenden Anteil in absoluten Zahlen mehr als eine Verdoppelung. Dem setzen die Kläger nichts Substantiiertes entgegen. Die von ihnen angeführten mautbedingten Ausweichverkehre auf der B 64 von N. nach S. -X1. (A 2) hat die IVV unter Zugrundelegung einer bundesweiten Untersuchung und einer darauf basierenden Ergänzung für Nordrhein-Westfalen aus November 2005 berücksichtigt und „wenig Auswirkung“ ermittelt (Ergebnisbericht vom 11. September 2006, S. 6). Dem halten die Kläger nur nicht belegte Vermutungen entgegen. Zutreffend weisen die Kläger darauf hin, dass dem Ergebnisbericht keine Unterlage zu entnehmen ist, die entsprechend den Vorgaben der 16. BImSchV die Ermittlung einer maßgebenden stündlichen Verkehrsstärke und eines maßgebenden Lkw-Anteils (über 2,8 Tonnen) am Gesamtverkehr über die Nachtzeit dokumentiert. Die in der mündlichen Verhandlung anwesende Gutachterin der IVV, Frau T. , hat hierzu allerdings ausgeführt, dass diese Daten aus den amtlichen Verkehrszählungen übernommen worden seien. Dabei sei auch berücksichtigt worden, dass in den amtlichen Zählungen bis zum Jahr 2000 Fahrzeuge mit mehr als 2,8 Tonnen Gewicht als Lkw, seit dem Jahr 2005 hingegen erst Fahrzeuge mit mehr als 3,5 Tonnen Gewicht als Lkw gezählt wurden.
250ggg) Die Prognose vom 11. September 2006, an der die IVV für das Prognose-jahr 2025 festgehalten hat (Kurzbericht vom 28. Juli 2011 mit Ergänzung vom 14. Juni 2012), wird durch die im Jahr 2010 durchgeführte Straßenverkehrszählung bestätigt. Diese ergab für den Abschnitt zwischen X. Straße und X2. Straße einen DTV von 20.518 mit einem Lkw-Anteil von 11,4 %. Die Prognose der IVV vom 11. September 2006 kommt für den entsprechenden Prognose-Null-Fall 2020 auf einen DTV von 20.500. Dass die Verkehrszahlen nicht mehr ansteigen, ist ‑ auch im Hinblick auf die Ausführungen im ergänzten Kurzbericht vom 14. Juni 2012 ‑ plausibel.
251Auch die von den Klägern ins Verfahren eingeführte Verkehrsuntersuchung der Stadt N. für das Jahr 2025 zum Entwurf des Bebauungsplanes „Hafen-Center“ bestätigt die Ergebnisse der IVV: Sie kommt für den „Planfall 4“, der die vorliegende Planung einbezieht, auf 51.400 Kfz/24 h für den Bereich zwischen B. Weg und X. Straße, während die IVV 50.600 Kfz/24 h ausweist. Beide Prognosen unterscheiden sich damit nur um etwa 1,6 %; von einer „Widerlegung“ der Prognose der IVV kann daher keine Rede sein.
252hhh) Der Einwand der Kläger, die Ergebnisse der Verkehrsuntersuchung seien nicht ableitbar, weil Berechnungsgrundlagen und Quellenangaben fehlten und der Rechenvorgang nicht beschrieben sei, greift nicht durch. Ihre Angriffe gegen die Tatsachenermittlung, Methodik und Plausibilität der Ergebnisse der Verkehrsuntersuchungen erweisen sich nicht als stichhaltig. Bei dieser Sachlage besteht kein Anlass, an der Richtigkeit der Berechnungen allein deshalb zu zweifeln, weil einzelne Rechenvorgänge dem Gutachten nicht zu entnehmen sind. Der Vorwurf, die Rechenverfahren seien nicht nachvollziehbar, wäre allenfalls dann berechtigt, wenn den Klägern trotz entsprechender Nachfrage bei der Planfeststellungsbehörde zusätzliche Informationen zu den Ausgangsdaten und gegebenenfalls den Rechenschritten vorenthalten worden wären. Das behaupten die Kläger nicht.
253Vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 9. Juni 2010 ‑ 9 A 20.08 ‑, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 208, S. 154.
254Bedenken an der Fachkompetenz und der Unparteilichkeit der IVV bestehen nicht. Die IVV ist ein seit Jahrzehnten im Bereich des Verkehrswesens tätiges Gutachterbüro, das bundesweit und ‑ wie dem Senat aus eigener Erfahrung bekannt ist ‑ insbesondere in Nordrhein-Westfalen in einer Vielzahl von Fällen Planfeststellungsverfahren für Straßen durch die Erarbeitung von Fachbeiträgen begleitet hat.
255Vgl. OVG NRW, Urteile vom 11. Februar 2009 ‑ 11 D 45/06.AK ‑, juris, Rdnr. 138, und vom 24. März 2014 ‑ 11 D 31/11.AK ‑, juris, Rdnr. 72.
256Auch das Bundesverwaltungsgericht hat hervorgehoben, dass die IVV ein seit vielen Jahren etabliertes Gutachterbüro sei, das über große Erfahrung in der Erstellung von Verkehrsuntersuchungen und -prognosen verfüge.
257Vgl. BVerwG, Urteil vom 9. Juni 2010 ‑ 9 A 20.08 ‑, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 208, S. 156.
258cc) Aufbauend auf der nicht zu beanstandenden Verkehrsprognose hat der Beklagte die Lärmschutzbelange der Kläger mit dem ihnen zustehenden Gewicht in die Abwägung eingestellt.
259Der Schutz der (Wohn)Bevölkerung vor Verkehrslärm ist ein Belang, dem eine Straßenplanung gemäß § 41 Abs. 1 BImSchG Rechnung zu tragen hat. Hiernach ist unter anderem bei dem Bau oder der wesentlichen Änderung öffentlicher Straßen unbeschadet des § 50 BImSchG sicherzustellen, dass durch diese keine schädlichen Umwelteinwirkungen durch Verkehrsgeräusche hervorgerufen werden können, die nach dem Stand der Technik vermeidbar sind.
260aaa) Maßgeblich für den Schallschutz, den die Kläger beanspruchen können, sind die Regelungen der §§ 41, 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG i. V. m. § 2 der 16. BImSchV. Hiernach ist beim Bau oder der wesentlichen Änderung öffentlicher Straßen grundsätzlich sicherzustellen, dass der nach § 3 der 16. BImSchV berechnete Beurteilungspegel bestimmte gebietsbezogene Immissionsgrenzwerte nicht überschreitet; dies gilt nicht, soweit die Kosten der Schutzmaßnahme außer Verhältnis zu dem angestrebten Schutzzweck stehen würden.
261Nach § 2 Abs. 2 Satz 1 der 16. BImSchV ergibt sich die für die Festlegung der jeweiligen Immissionsgrenzwerte maßgebliche Gebietseinstufung aus den Festsetzungen in den Bebauungsplänen. Sind solche Festsetzungen nicht vorhanden, gelten gemäß Satz 2 der vorgenannten Bestimmung für bauliche Anlagen im Außenbereich entsprechend ihrer Schutzbedürftigkeit die Werte nach Absatz 1 Nr. 1 für Krankenhäuser, Schulen, Kurheime und Altenheime, nach Nr. 3 für Kerngebiete, Dorfgebiete und Mischgebiete oder nach Nr. 4 für Gewerbegebiete.
262bbb) Die Planfeststellungsbehörde ist von den richtigen Immissionsgrenzwerten für Lärm ausgegangen. Das Wohnhausgrundstück der Klägerin zu 1. liegt in einem Wohngebiet im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 2 der 16. BImSchV - das ist zwischen den Beteiligten unstreitig -, so dass als Immissionsgrenzwerte tags 59 dB(A) und nachts 49 dB(A) gelten.
263Das Wohnhausgrundstück des Klägers zu 2. liegt zur Überzeugung des Senats im Außenbereich (vgl. § 35 BauGB). Ein Bebauungsplan (vgl. § 30 Abs. 1 BauGB) liegt nicht vor und die Voraussetzungen für die Annahme eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils (vgl. § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB) sind nicht erfüllt.
264Für diese Einschätzung nicht maßgebend ist die Tatsache, dass die Stadt N. als zuständige Bauaufsichtsbehörde das Gebiet westlich der N5.---straße als Außenbereich einstuft. Sie hat unter dem 30. Mai 2012 mitgeteilt, der Bereich sei im Flächennutzungsplan von 1980 noch als Wohnbaufläche ausgewiesen gewesen. Mit der 56. Änderung des Flächennutzungsplanes, die am 5. Juli 1991 wirksam geworden sei, sei die Darstellung in „Fläche für die Forstwirtschaft“ geändert worden. Im aktuellen Flächennut-zungsplan (Bekanntmachung am 8. April 2004) sei die Fläche als Wald dargestellt. Ebenfalls nicht entscheidungserheblich sind die Ortssatzung der Stadt N. vom 27. Juli 1957 und die planungsrechtliche Auskunft vom 22. Dezember 1970 zur Baugenehmigung von 1971. Beide beruhen noch darauf, dass die Stadt N. das Gebiet westlich der N5.---straße bis 1991 im Flächennutzungsplan als Wohnbaufläche ausgewiesen hatte. Für die gegenwärtige Beurteilung sind sie daher unergiebig. Auch aus dem Fluchtlinienplan vom 13. März 1913 lässt sich eine aktuelle bauplanungsrechtliche Einordnung der Grundstücke an der N5.---straße daher nicht mehr ableiten. Der vom Kläger zu 2. in Bezug genommene Straßenbaubeitragsbescheid vom 28. März 2014 bezieht sich auf die tatsächliche ‑ baurechtlich legale und bestandsgeschützte ‑ Wohnnutzung seines Grundstücks und belegt daher keinen Bebauungszusammenhang mit der Ostseite der N5.---straße .
265Die Beurteilung, dass das Haus des Klägers zu 2. N2.---straße 28 baurechtlich im Außenbereich liegt, stützt sich auf eine Gesamtwürdigung der vom Senat im Ortstermin am 13. Mai 2015 in Augenschein genommenen örtlichen Verhältnisse, die auf den bei den Gerichtsakten und planfestgestellten Unterlagen befindlichen Karten (Übersichtslageplan 1:5000 und Lageplan 1:1000 km 7+250 bis 7+700, Teil A: B51.3, Mappe 1, Unterlagen 3 und 5.4, Beiakte 2 zu 11 D 6/12.AK), die im Ortstermin vom Senat gefertigten und die in der Gerichtsakte Bl. 102 bis 104 befindlichen Fotos sowie das Luftbild in Beiakte 1 des vorliegenden Verfahrens, S. 42. Das Gebäude N2.---straße 28 bildet entgegen der Auffassung des Klägers zu 2. mit dem Wohngebiet östlich der N5.---straße keinen im Zusammenhang bebauten Ortsteil im Sinne des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB.
266Für die Frage, welche Anforderungen an das Vorliegen eines Bebauungszusammenhangs im Sinne des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB zu stellen sind, ist ausschlag-gebend, inwieweit eine tatsächlich aufeinanderfolgende Bebauung trotz etwa vorhandener Baulücken nach der Verkehrsauffassung den Eindruck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit vermittelt und die in Rede stehende Fläche noch diesem Zusammenhang angehört. Ein Ortsteil im Sinne von § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB ist jeder Bebauungskomplex im Gebiet einer Gemeinde, der nach der Zahl der vorhandenen Bauten ein gewisses Gewicht besitzt und Ausdruck einer organischen Siedlungsstruktur ist. Maßgeblich ist die tatsächlich vorhandene Bebauung.
267Vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 2. April 2007 ‑ 4 B 7.07 ‑, BRS 71 Nr. 81.
268Für die Annahme einer aufeinanderfolgenden Bebauung ausschlaggebend ist, inwieweit die Bebauung den Eindruck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit vermittelt. Hierfür kommt es auf die Verkehrsauffassung und damit jeweils auf die Lage des Einzelfalls an. Katastermäßige Grundstücksgrenzen bleiben dabei unberücksichtigt.
269Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 19. August 2010 ‑ 7 A 1349/09 ‑, juris, Rdnr. 6, m. w. N.
270Eine Straße kann je nach den Umständen des Einzelfalles einen Bebauungszusammenhang herstellen oder trennende Funktion zwischen Innen- und Außenbereich haben.
271Vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 12. Dezember 1990 - 4 C 40.87 -, NVwZ 1991, 879 (880); ferner Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzber-ger, Baugesetzbuch, Band II, Kommentar, Stand 1. November 2014, § 34 Rdnr. 26, m. w. N.
272Nach diesen Maßstäben ist das Grundstück des Klägers zu 2. dem Außenbereich zuzurechnen. Die örtliche Situation ist dadurch gekennzeichnet, dass östlich der N5.---straße ein durch den Bebauungsplan Nr. 300 der Stadt N. festgesetztes allgemeines Wohngebiet liegt, dessen an die N5.---straße angrenzenden Grundstücke vollständig bebaut sind, während das Wohnhaus des Klägers zu 2. als eines von drei Wohnhäusern westlich der N5.---straße liegt; diese drei Wohngebäude sind auf drei Seiten von Wald umgeben. Zwischen den Häusern N2.---straße 24 und 28 befindet sich eine Baulücke, die vom H1. durchflossen wird. Etwa 120 m südlich des Wohngebäudes des Klägers zu 2. beginnt mit dem Gebäude N2.---straße 60 die Wohnbebauung auch westlich der N5.---straße . Insgesamt stehen auf der Westseite der N5.---straße südlich der Kreuzung mit der X2. Straße auf einer Länge von insgesamt etwa 600 m nur die genannten drei Wohngebäude.
273Die durch Bebauungsplan festgesetzte durchgehende Bebauung östlich der N5.---straße schließt mit der N5.---straße ab, die drei Gebäude westlich der N5.---straße erscheinen nach dem im Ortstermin vom Senat gewonnenen Gesamteindruck auf einer Länge von insgesamt etwa 600 m vereinzelt und sind nicht mehr dem Bebauungszusammenhang östlich der N5.---straße zuzuordnen. Allerdings mag der Blick aus der Straße B. , die gegenüber vom Grundstück des Klägers zu 2. in die N5.---straße einmündet (Foto Bl. 102 der Gerichtsakte und das im Ortstermin gefertigte Bild 8) den Eindruck erwecken, dass das Wohnhaus des Klägers zu 2. mit der Bebauung östlich der N5.---straße eine Einheit bildet. Dieser Eindruck bestätigt sich jedoch nicht, wenn die örtliche Situation von der N5.---straße aus in Augenschein genommen wird. Die N5.---straße vermittelt hier den Eindruck einer Durchgangsstraße, die nicht nur der Erschließung der anliegenden Grundstücke dient, und die das Wohngebiet (östlich) vom Waldgebiet (westlich) trennt. In diesem Waldgebiet liegt das Wohnhaus des Klägers zu 2. Dieser Eindruck wird dadurch verstärkt, dass die östlich der N5.---straße gelegenen Wohngrundstücke südlich der Straße B. nicht von der N5.---straße , sondern vom F.----------weg aus erschlossen werden und von der N5.---straße abgewandt wirken, weil nur ihre ‑ zumal eingefriedeten ‑ Gartenbereiche an die N5.---straße grenzen. Dass die N5.---straße auch auf der Westseite mit einem Gehweg versehen ist, hat für die bauplanungsrechtliche Einschätzung hier keine Bedeutung. Gleiches gilt für die von den Klägern hervorgehobene Tatsache, die Umspannstation für das Wohngebiet liege auf der Westseite. Dies stellt keinen Bebauungszusammenhang im bauplanungsrechtlichen Sinne her.
274Nach § 2 Abs. 2 Satz 2 der 16. BImSchV ist für bauliche Anlagen im Außenbereich nur die entsprechende Anwendung der Werte nach Nr. 3 für Kerngebiete, Dorfgebiete und Mischgebiete von tags 64 dB(A) und nachts 54 dB (A) oder nach Nr. 4 für Gewerbegebiete von tags 69 dB(A) und nachts 59 dB(A) in Betracht zu ziehen. Wohnhäuser im Außenbereich sind weniger schutzbedürftig als Wohngebiete, weil der Außenbereich grundsätzlich nicht für eine Wohnbebauung bestimmt ist.
275Vgl. BVerwG, Urteile vom 1. Oktober 1997 ‑ 11 A 10.96 ‑, Buchholz 442.09 § 18 AEG Nr. 32, S. 164, und vom 26. Februar 2003 ‑ 9 A 1.02 ‑, juris, Rdnr. 18.
276Entsprechend seiner Schutzbedürftigkeit sind für das Wohnhaus des Klägers zu 2. tags 64 dB(A) und nachts 54 dB(A) maßgebend.
277ccc) Die auf der ‑ nicht zu beanstandenden ‑ Verkehrsprognose und der bauplanungsrechtlichen Einstufung der betroffenen Grundstücke aufbauende lärmtechnische Unterlage des Beklagten ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Allerdings berücksichtigt die lärmtechnische Unterlage vom 2. Mai 2007 nicht mehr die danach von der IVV erstellten Aktualisierungen der Verkehrsprognose vom 11. Sep-tember 2006 durch die weiter oben angeführten nachfolgenden Ergänzungen. Im Hinblick auf die geringfügigen Änderungen für den Prognosehorizont 2025 ist dies jedoch unschädlich. Laufende Aktualisierungen können aus methodischen und praktischen Gründen heraus ohnehin nicht gefordert werden.
278Vgl. BVerwG, Urteile vom 9. Juni 2010 ‑ 9 A 20.08 ‑, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 208, S. 147 f., und vom 30. Mai 2012 ‑ 9 A 35.10 ‑, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 225, S. 17.
279Dabei können sich die Kläger ‑ wie bereits dargelegt (vgl. A. I., S. 27) ‑ als nicht enteignend Betroffene nur auf ihre geschützten Privatbelange berufen, nicht aber eine insgesamt fehlerfreie Abwägung und Planung verlangen. Maßgebend sind daher nur die Lärmeinwirkungen auf ihre Grundstücke C.-----weg 9 und N2.---straße 28. Dementsprechend sind alle Einwendungen der Kläger gegen die lärmtechnische Untersuchung, die sich nicht auf diese beiden Grundstücke beziehen, nicht entscheidungserheblich. Das gilt auch im Hinblick darauf, dass die Kläger ‑ wie ebenfalls oben dargelegt (A. III. 3., S. 42) - wesentliche Fehler der Umweltverträglichkeitsprüfung geltend machen können. Zwar gehören Lärmeinwirkungen auf Menschen zu den Auswirkungen im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 UVPG, die in der Umweltverträglichkeitsprüfung zu ermitteln, zu beschreiben und zu bewerten sind. Damit wird den Klägern jedoch nicht das Recht eröffnet, die eventuell fehlerhafte Ermittlung einzelner Grenzwerte an einzelnen Grundstücken zu rügen. In der fehlerhaften Ermittlung eines Grenzwertes für ein einzelnes Grundstück läge kein wesentlicher Fehler der gesamten Umweltverträglichkeitsprüfung, die - wie oben ausgeführt (A. III. 3., S. 44) - nach Art. 5 Abs. 2 der UVP-Richtlinie nur die Hauptwirkungen für die Umwelt feststellen und beurteilen soll.
280Vgl. BVerwG, Urteil vom 21. März 1996 - 4 C 19.94 -, BVerwGE 100, 370 (377).
281Zu Unrecht hat der Rechtsvorgänger des Klägers zu 2. geltend gemacht, die Lärmminderung offenporigen Asphalts sei nicht ausreichend nachgewiesen. Offenporige Asphalte werden seit mehr als 30 Jahren verwendet, erforscht und weiterentwickelt. Ein Korrekturwert Dstro - 5 dB(A), den der Beklagte im Planfeststellungsbeschluss zwischen Bau-km 5+100 und Bau-km 7+300 zu Grunde gelegt hat (A. 5.2.1, S. 25), kann sicher erreicht werden,
282vgl. BVewG, Urteil vom 9. Juni 2010 ‑ 9 A 20.08 ‑, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 208, S. 161; ausführlich OVG NRW, Urteil vom 11. Februar 2009 - 11 D 45/06.AK -, juris, Rdnr. 169 ff., m. w. N.,
283und durfte der lärmtechnischen Unterlage zu Grunde gelegt werden.
284Die Klägerin zu 1. ist mit ihrem Einwand in der Klagebegründung, für ihr Haus seien in der lärmtechnischen Untersuchung falsche Berechnungspunkte gewählt worden, nicht gemäß § 17a Nr. 7 Satz 1 FStrG ausgeschlossen. Zwar konnte der Planfeststellungsbehörde die Gestaltung im Inneren des Wohnhauses der Klägerin zu 1. insbesondere im Hinblick auf die Geschosshöhen nicht im Detail bekannt sein, so dass sie gerade in einem solchen Fall auf konkrete Angaben des Planbetroffenen angewiesen war.
285Vgl. BVerwG, Beschluss vom 9. Oktober 2008 ‑ 9 PKH 2.08 ‑, Buchholz 407.4 § 17a FStrG Nr. 1, S. 2, für den Fall einer Außenwohnnutzung.
286Der Senat teilt aber die Auffassung der Klägerin zu 1., dass sie als Laie der lärmtechnischen Unterlage wegen der dort verwendeten Abkürzungen die für ihr Grundstück angenommenen Berechnungspunkte nicht entnehmen und daher auch nicht erkennen konnte, dass die Berechnungspunkte nicht zutrafen.
287Der Einwand greift jedoch in der Sache nicht durch. Der Beklagte hat bei einer vermessungstechnischen Überprüfung am Wohnhaus der Klägerin zu 1. im ungünstigsten Fall für das erste Obergeschoss eine Höhendifferenz um fast 1,64 m festgestellt. Dieser Wert liegt noch etwas höher als die Angaben der Klägerin zu 1., die von einer Höhendifferenz von bis zu 1,6 m ausgeht. Mit zusätzlicher Berücksichtigung eines um 5% steigenden Schwerverkehrsanteils bis 2025 ergab eine Nachberechnung seitens des Beklagten 54,7 dB(A) tags/47,1 dB(A) nachts für das Erdgeschoss und 56,1 dB(A) tags/48,6 dB(A) nachts für das Obergeschoss. Damit werden die maßgebenden Grenzwerte für Wohngebiete von 59 dB(A) tags/49 dB(A) nachts eingehalten. Die Klägerin zu 1. ist dieser Neuberechnung nicht mehr entgegengetreten, sondern hat nur ihre allgemeinen Einwände gegen die lärmtechnische Unterlage wiederholt.
288Die weiteren Einwände der Kläger gegen die lärmtechnische Unterlage greifen nicht durch. Dem Vorwurf, die Unterlage sei nicht von sachkundigen Personen erstellt worden und es gebe keinerlei Hinweise auf die Verfasser, ist nicht weiter nachzugehen. Hieraus ergibt sich nicht, dass die angestellten Berechnungen fehlerhaft sein könnten. Soweit die Kläger zahlreiche Angaben zur Ermittlung von Gebietsarten, Abständen, Höhen und Geschossen sowie zu Kosten von Lärmschutzmaßnahmen und Lärmschutzvarianten vermissen, weist der Senat nochmals darauf hin, dass sich die Kläger nur auf die Lärmeinwirkungen ihrer Grundstücke berufen können. Daher ist auch die Frage, ob der Beklagte laut Vermerk vom 1. März 2011 eine Neuerstellung des Lärmschutzkonzepts gefordert hat und ob und inwieweit dieses vorgelegt worden ist, nicht entscheidungserheblich. In der maßgebenden lärmtechnischen Unterlage vom 2. Mai 2007 wird auf Seite VI ausgeführt: „Die lärmtechnische Untersuchung wurde nach RLS 90 mit dem Computerprogramm „SoundPLAN 6.4 ‑ Version 28.01.2007 -“ durchgeführt, wobei örtliche Gegebenheiten wie Bebauung, Geländehöhen, Abschirmungen sowie Höhenlagen von Straßen und Bauwerken berücksichtigt wurden. Die durch die vorgesehenen Lärmschutzwände entstehenden zusätzlichen Schallreflexionen werden ebenfalls in den Berechnungsergebnissen berücksichtigt.“ Das Rechenprogramm SoundPLAN gehört zu den gängigen Rechenmodellen für die Berechnung der Schallausbreitung in komplexer Topografie.
289Vgl. OVG NRW, Urteil vom 13. Dezember 2007 ‑ 7 D 122/06.NE -, juris, Rdnr. 74, 76.
290Es entspricht nach der Bestätigung des Lizenzgebers allen Anforderungen für die Durchführung von Rechenoperationen nach der 16. BImSchV i. V. m. des RLS-90 und ist in einem Testverfahren des Bundesverkehrsministeriums und der Straßenbauverwaltung überprüft worden.
291Vgl. OVG Lüneburg, Urteil vom 23. November 2010 - 7 KS 143/08 -, juris, Rdnr. 23.
292Dem sind die Kläger in Bezug auf ihre jeweiligen Grundstücke nicht substantiiert entgegengetreten. Sie äußern nur nicht belegte Vermutungen.
293ddd) Durch das mithin nicht zu beanstandende, dem Planfeststellungsbeschluss zu Grunde liegende Lärmschutzkonzept wird ‑ im Wege einer Lärmsanierung ‑ für die Grundstücke der Kläger „Vollschutz“ erreicht: Für das Grundstück der Klägerin zu 1. ergibt die Nachberechnung unter Zugrundelegung der höher gelegenen Berechnungspunkte im Obergeschoss 56,1 dB(A) am Tag und 48,6 dB(A) in der Nacht. Damit werden die Grenzwerte der 16. BImSchV für Wohngebiete von 59 dB(A) tags und 49 dB(A) nachts eingehalten. Die Immissionsgrenzwerte des § 2 Abs. 1 der 16. BImSchV stellen in Gebieten, die durch eine Wohnnutzung geprägt sind, sicher, dass auch zu Zeiten überdurchschnittlicher Inanspruchnahme der Straße nach dem derzeitigen Kenntnisstand Gesundheitsgefährdungen nicht zu besorgen sind.
294Vgl. BVerwG, Urteil vom 21. März 1996 ‑ 4 A 10.95 ‑, Buchholz 406.25 § 41 BImSchG Nr. 13, S. 39.
295Auf dem Grundstück des Klägers zu 2. werden 60 dB(A) tagsüber und 53 dB(A) nachts erreicht; das liegt unter den Grenzwerten der 16. BImSchV für den Außenbereich von 64 dB(A) tags und 54 dB(A) nachts.
296Anspruch auf (weiteren) Lärmschutz besteht daher bei dem Bau oder der wesentlichen Änderung einer öffentlichen Straße grundsätzlich nur, wenn der von der neuen oder geänderten Straße ausgehende Verkehrslärm den nach § 2 Abs. 1 der 16. BImSchV maßgeblichen Immissionsgrenzwert überschreitet.
297Vgl. BVerwG, Urteil vom 21. März 1996 ‑ 4 C 9.95 ‑, BVerwGE 101, 1.
298Das ist bei den Grundstücken der Kläger ‑ wie dargelegt ‑ nicht der Fall. Allerdings ist Lärmschutzgesichtspunkten bereits unterhalb der Erheblichkeitsschwel-le, die durch § 2 Abs. 1 der 16. BImschV als im Wege der Abwägung nicht überwindbare Grenze bezeichnet wird, im Rahmen des nach § 17 Satz 2 FStrG gebotenen Interessenausgleichs Rechnung zu tragen.
299Vgl. BVerwG, Beschluss vom 5. März 1999 ‑ 4 A 7.98 ‑, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 149, S. 20.
300Es ist jedoch unter Abwägungsgesichtspunkten nicht zu beanstanden, dass der Beklagte Lärmschutz nur insoweit vorgesehen hat, als darauf ein gesetzlicher Anspruch besteht, mithin auf die Grenzwerte der 16. BImSchV abgestellt hat (PFB B. 5.3.5.1, S. 96 ff.). Dabei ist zu berücksichtigen, dass sich die Lärmsituation auf dem Grundstück der Klägerin zu 1. durch den geplanten aktiven Lärmschutz gegenüber der gegenwärtigen Situation grundlegend verbessern wird, weil das Grundstück dem von der bereits vorhandenen Trasse der B 51 herrührenden Lärm bisher ungeschützt ausgesetzt ist.
301Die Kläger haben auch keine weitergehenden Ansprüche im Hinblick auf Lärmschutz für ihre Außenwohnbereiche. Außenwohnbereiche sind neben den bebauten Außenwohnbereichsflächen wie Balkonen, Loggien und Terrassen nur sonstige zum Wohnen im Freien geeignete und bestimmte Flächen des Grundstücks wie Gartenlauben und Grillplätze, nicht jedoch ‑ wie die Kläger offenbar meinen ‑ Gärten oder das gesamte Grundstück.
302Vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Mai 2012 ‑ 9 A 35.10 ‑, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 225, S. 29.
303Vor diesem Hintergrund machen die Kläger eine Überschreitung der maßgeblichen Immissionsgrenzwerte in ihren Außenwohnbereichen schon nicht substantiiert geltend, zumal hierfür nur auf die an beiden Wohnhäusern nach der lärmtechnischen Unterlage mit mindestens 2,9 dB(A) deutlich unterschrittenen Tagesgrenzwerte abzustellen ist.
304eee) Da die Immissionsgrenzwerte der gemäß § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG zur Durchführung des § 41 BImSchG erlassenen 16. BImSchV auf den Grundstücken der Kläger eingehalten werden, sind die Einwände der Kläger gegen die zur Umsetzung des in § 41 BImSchG vorgesehenen Lärmschutzkonzepts erforderliche Nutzen-Kosten-Prüfung nicht entscheidungserheblich. Denn eine Verhältnismäßigkeitsprüfung nach § 41 Abs. 2 BImSchG, die eine derartige Nutzen-Kosten-Prüfung erfordern würde, war für die Grundstücke der Kläger wegen der Einhaltung der Grenzwerte gerade nicht erforderlich.
305d) Der Vortrag der Kläger zu einer fehlerhaften Ermittlung und Bewertung der Luftschadstoffe in den planfestgestellten Ergebnissen des Luftschadstoffgutachtens (Anlage Nr. 99 zum Planfeststellungsbeschluss, Beiakte 10 zu 11 D 6/12.AK) zeigt keinen zu ihren Gunsten durchgreifenden Abwägungsfehler der Planfeststellung auf. In dieser Hinsicht bedarf es keiner weiteren Vertiefung, ob ihre Einwände zutreffend sind.
306aa) Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss ist bezüglich der Luftschadstoffproblematik - trotz des umfangreichen Vortrags der Kläger zu diesem Gesichtspunkt - bereits deshalb nicht abwägungsfehlerhaft, weil die Einhaltung der Grenzwerte der 39. BImSchV keine Rechtmäßigkeitsvoraussetzung für die Planfeststellung eines Straßenbauvorhabens ist. Grenzwertüberschreitungen sind nach dem System der Luftreinhalteplanung (vgl. § 47 BImSchG und § 27 der 39. BImSchV) unabhängig von den Immissionsquellen zu vermeiden. Allerdings ist das Gebot der Konfliktbewältigung als Ausformung des Abwägungsgebots verletzt, wenn die Planfeststellungsbehörde das Vorhaben zulässt, obgleich absehbar ist, dass seine Verwirklichung die Möglichkeit ausschließt, die Einhaltung der Grenzwerte mit den Mitteln der Luftreinhalteplanung in einer mit der Funktion des Vorhabens zu vereinbarenden Weise zu sichern. Das ist insbesondere der Fall, wenn die von einer planfestgestellten Straße herrührenden Immissionen bereits für sich genommen die maßgeblichen Grenzwerte überschreiten. Von diesem Fall abgesehen geht der Gesetzgeber davon aus, dass sich die Einhaltung der Grenzwerte mit den Mitteln der Luftreinhalteplanung sichern lässt. Für die Annahme, dass dies nicht möglich ist, müssen deshalb besondere Umstände vorliegen.
307Vgl. etwa BVerwG, Urteile vom 10. Oktober 2012 - 9 A 19.11 -, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 228, S. 38.
308Solche besonderen Umstände können sich vor allem aus ungewöhnlichen örtlichen Gegebenheiten (zentrale Verkehrsknotenpunkte, starke Schadstoffvorbelastung durch eine Vielzahl von Emittenten) ergeben.
309Vgl. BVerwG, Urteil vom 26. Mai 2004 ‑ 9 A 6.03 ‑, BVerwGE 121, 57 (64).
310Derartige besondere Umstände sind für die Stadt N. weder geltend gemacht noch ersichtlich.
311Vgl. auch BVerwG, Urteil vom 26. Mai 2004 ‑ 9 A 6.03 ‑, BVerwGE 121, 57 (65), zu einer vierspurigen innerstädtischen Ausfallstraße in Dresden mit ähnlich hoher Verkehrsbelastung wie für die B 51 prognostiziert.
312Hieran gemessen genügt die Planung dem Gebot der Konfliktbewältigung. Das zum Gegenstand der Planfeststellung gemachte Luftschadstoffgutachten von September 2011 (Anlage Nr. 99 zum Planfeststellungsbeschluss, Beiakte 10 zu 11 D 6/12.AK) kommt auf der Grundlage der vom Beklagten angegebenen Verkehrsmengen für das Jahr 2020 zu dem Ergebnis, dass die über ein Kalenderjahr gemittelten Immissionsgrenzwerte von jeweils 40 µg/m3 sowohl für Stickstoffdioxid (§ 3 Abs. 2 der 39. BImSchV) als auch für Feinstaub PM10 (§ 4 Abs. 2 der 39. BImschV) und der ab 2015 geltende Immissionsgrenzwert von 25 µg/m3 für Feinstaub PM2,5 (§ 5 Abs. 2 der 39. BImschV) mit den prognostizierten unter 30 µg/m3 für Stickstoffdioxid, unter 24 µg/m3 für PM10 und unter 20 µg/m3 für PM2,5, jeweils für die zur B 51 nächstgelegenen Wohnbebauung am C2.-----weg deutlich bis weit unterschritten werden (vgl. Abbildungen 6.2, 6.4 und 6.6). Die auf S. 28 und 33 des Gutachtens referierten Ergebnisse für die Feinstaubimmissionen werden im Planfeststellungsbeschluss auf S. 117 zutreffend wiedergegeben. In diesem Zusammenhang merkt der Senat an, dass schon die im Gutachten als Hintergrundbelastung zu Grunde gelegten von der Messstation N. Geist im Jahr 2010 gemessenen Jahresmittelwerte für Stickstoffdioxid 25 µg/m3, für PM10 22 mg/m3 und für PM2,5 19 µg/m3 betragen, so dass die von dem planfestgestellten Vorhaben herrührenden zusätzlichen Schadstoffbelastungen bezogen auf das Grundstück der Klägerin zu 1. gering sind.
313Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss geht daher zu Recht davon aus, dass mit der Realisierung des Vorhabens keine atypische Situation entsteht, die bereits in der Planfeststellung Maßnahmen erfordert, und weitere Maßnahmen einer Luftreinhalteplanung vorbehalten werden können (PFB B. 5.3.5.2, S. 116 bis 118). Für den Beklagten bestand daher kein Anlass, die Luftreinhalteplanung der Stadt N. im Planfeststellungsbeschluss zu überprüfen.
314bb) Unabhängig davon werden - wie soeben dargelegt - die Immissionsgrenzwerte der 39. BImSchV eingehalten; das Luftschadstoffgutachten ist nicht zu beanstanden.
315aaa) Die Grenzwerte der 39. BImSchV beruhen auf unionsrechtlichen Vorgaben durch die Richtlinie 2008/50/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2008 über Luftqualität und saubere Luft in Europa (Abl. Nr. L 152 S. 1).
316Vgl. zusammenfassend Bruckmann/Strecker, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Band IV, Kommentar, Stand 15. November 2014, 39. BImSchV Vorb., Rdnr. 3.
317Der Senat ist gemäß Art. 20 Abs. 3 GG an diese rechtlichen Maßstäbe gebunden und daher nicht befugt, eine Entscheidung auf der Basis hiervon möglicherweise abweichender wissenschaftlicher Erkenntnisse zu treffen, wie sie etwa von Prof. Dr. L. in der mündlichen Verhandlung vorgetragen worden sind bzw. sich aus den von ihm vorgelegten umfangreichen Unterlagen ergeben („Die Biologie kennt keine Grenzwerte.“).
318Nach Art. 191 Abs. 3 AEUV (vgl. auch die Querschnittsklausel in Art. 11 AEUV) berücksichtigt die Union bei der Erarbeitung ihrer Umweltpolitik ‑ hierzu gehört die Richtlinie 2008/50/EG ‑ u. a. die verfügbaren wissenschaftlichen und technischen Daten. Die gerichtliche Kontrolle, was die Berücksichtigung wissenschaftlicher und technischer Daten angeht, beschränkt sich darauf, ob die Maßnahme offensichtlich fehlerhaft ist, ob sie einen Ermessensmissbrauch darstellt oder ob die betreffende Behörde die Grenzen ihres Ermessens offensichtlich überschritten hat. Dem Gebot zur Berücksichtigung des Standes von Wissenschaft und Technik ist nach dem EuGH schon dann entsprochen, wenn sich dies aus den Begründungserwägungen ablesen lässt und wenn ein Rechtsakt Überwachungsvorschriften zur Beurteilung der Wirksamkeit der getroffenen Regelungen sowie Revisionsklauseln beinhaltet, welche vorsehen, dass die Kommission unter Berücksichtigung technischen Fortschritts Einfügungen, Streichungen oder Änderungen vornehmen kann.
319Vgl. etwa Kahl, in: Streinz (Hrsg), EUV/AEUV, 2. Auflage 2012, Art. 191 AEUV, Rdnr. 121, m. w. N.
320Die Richtlinie 2008/50/EG sieht in ihrem Art. 32 ausdrücklich vor, dass die Kommission im Jahr 2013 die Vorschriften über PM2,5 sowie gegebenenfalls andere Schadstoffe überprüft, und regelt Einzelheiten des Überprüfungsverfahrens, das auch die Berücksichtigung neuester wissenschaftlicher Informationen vorsieht. Für PM2,5 bestimmt bereits die Richtlinie selbst und ihr folgend § 5 Abs. 2 der 39. BImSchV ab 2015 einen neuen Grenzwert.
321Auch aus Art. 3 i. V. m. Art. 37 der Europäischen Grundrechtecharta ergibt sich kein umfassendes Recht auf gesunde Umwelt.
322Vgl. Borowsky, in: Meyer (Hrsg.) Charta der Grundrechte der Europäischen Union, 4. Auflage 2014, Art. 3 Rdnr. 38.
323Aus der staatlichen Schutzpflicht nach Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG („Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit.“) ergeben sich keine weitergehenden Anforderungen. Ohne verlässliche wissenschaftliche Erkenntnisse über komplexe Gefährdungen ist es nicht Sache der Gerichte, sondern des Verordnungsgebers, den Erkenntnisfortschritt der Wissenschaft mit geeigneten Mitteln zu beobachten und zu bewerten. Diese Pflicht ist erst verletzt, wenn eine ursprünglich rechtmäßige Regelung aufgrund neuer Erkenntnisse oder einer veränderten Situation verfassungsrechtlich evident untragbar geworden ist.
324Vgl. BVerwG, Gerichtsbescheid vom 21. September 2010 ‑ 7 A 7.10 ‑, juris, Rdnr. 17, unter Hinweis auf BVerfG, Beschluss vom 24. Januar 2007 ‑ 1 BvR 382/05 ‑, NVwZ 2007, 805.
325Das ist im Hinblick auf die Fortschreibung der Grenzwerte und der oben dargelegten in der Richtlinie 2008/50/EG ausdrücklich vorgesehenen Überprüfung nicht ersichtlich.
326Die von den Klägern angeführten Regelungen in § 1 Nr. 19 und 37 sowie § 23 und § 26 der 39. BImSchV zu „langfristigen und nationalen Zielen“, zum „Zielwert“ und zur „bestmöglichen Luftqualität“ ergeben keine über die Einhaltung der in den §§ 3 bis 5 der 39. BImSchV rechtsverbindlich festgelegten konkreten Grenzwerte hinausgehenden subjektiven Rechte der Kläger.
327bbb) Entgegen der Auffassung der Kläger legt das Gutachten für die Schadstoffhintergrundbelastung zu Recht die Messwerte der vom LANUV im Rahmen des Luftqualitätsüberwachungssystems betriebenen Station N. Geist zu Grunde. Die Auswahl der berücksichtigten Messstationen muss den örtlichen Verhältnissen Rechnung tragen und gegebenenfalls bestehende deutliche Unterschiede der für die Vorbelastung im Plangebiet maßgeblichen Faktoren berücksichtigen.
328Vgl. BVerwG, Urteil vom 9. Juni 2010 - 9 A 20.08 -, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 208, S. 166.
329Nach § 1 Nr. 22 der 39. BImSchV sind „Messstationen für den städtischen Hintergrund“ Messstationen an Standorten in städtischen Gebieten, an denen die Werte repräsentativ für die Expositon der städtischen Bevölkerung sind. Dies wird in Anlage 3 B.1.c) zur 39. BImSchV dahingehend präzisiert, dass die gemessene Verschmutzung den integrierten Beitrag sämtlicher Quellen im Luv der Hauptwindrichtung der Station erfasst. Für die gemessene Verschmutzung sollte nicht eine einzelne Quelle vorherrschend sein, es sei denn, dies ist für eine größere städtische Fläche typisch. Die Probenahmestellen müssen grundsätzlich für eine Fläche von mehreren Quadratkilometern repräsentativ sein.
330Die Station N. Geist befindet sich etwa 5 km südwestlich des Untersuchungsgebiets im Zentrum von N. zwischen Kleingärten und Wohnhäusern (Gutachten S. 18) an einem Schulgelände. Ein Gewerbegebiet liegt etwa 1,5 km östlich bis südöstlich der Station. Die in diesem Abschnitt vierstreifige B 51 verläuft ca. 200 m südlich, die B 54 ca. 700 m östlich und die B 219 ca. 500 m westlich der Station.
331Vgl. die Beschreibung der näheren Umgebung auf der Internetseite des LANUV http:/www.lanuv.de/luft/messorte/steckbriefe/msge.htm.
332Diese Messstation ist damit die dem planfestgestellten Vorhaben nächstgelegene Station, deren Messwerte eine städtische Schadstoffhintergrundbelastung wiedergeben. Dabei bezieht sich die Anforderung, den integrierten Beitrag sämtlicher Quellen im Luv der Hauptwindrichtung der Station zu erfassen, auf die konkrete Lage der Messstation selbst, bedeutet jedoch nicht, dass die Station so positioniert sein muss, dass sie sämtliche stark emittierenden Schadstoffquellen der Stadt N. erfasst. Dann würde sie gerade nicht mehr die für die städtische Fläche typische Hintergrundbelastung ermitteln und wäre nicht für eine Fläche von mehreren Quadratkilometern repräsentativ.
333Dem gegenüber liegen die anderen drei vom LANUV in N. betriebenen Messstationen unmittelbar an vielbefahrenen Straßen. Die von den Klägern angesprochene Station an der X1. Straße steht auf dem Gehweg einer stark befahrenen und beidseitig von einer geschlossenen mehrgeschossigen Bebauung begrenzten innerstädtischen Ausfallstraße in N. . Sie ist daher nicht geeignet, die großräumig vorhandene Hintergrundbelastung abzubilden, die im Untersuchungsgebiet ohne Verkehr auf den in die Untersuchung einbezogenen Straßen vorliegen würde (vgl. auch Luftschadstoffgutachten S. 13 unten).
334ccc) Nach der Anlage 3 zur 39. BImSchV ist die Luftqualität in solchen Bereichen zu untersuchen, in denen die individuelle Aufenthaltsdauer von Menschen typischerweise einen „signifikanten“ Anteil am Mittelungszeitraum des jeweils zu betrachtenden Immissionsgrenzwerts einnimmt. Danach sind selbst bezogen auf Grenzwerte mit dem geringsten Mittelungszeitraum von einer Stunde (vgl. §§ 2 f. der 39. BImSchV) nur solche Bereiche zu untersuchen, in denen der Einzelne nicht nur für einen kurzen Moment, sondern „über einen längeren Zeitraum“ Schadstoffen ausgesetzt ist.
335Vgl. BVerwG, Urteil vom 10. Oktober 2012 ‑ 9 A 19.11 ‑, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 228, S. 48.
336Selbst wenn man unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe - anders als im Planfeststellungsbeschluss auf S. 117 wiedergegeben - den Garten des Grundstücks der Klägerin zu 1. einbezieht, werden die Grenzwerte ‑ wie oben dargelegt ‑ deutlich bis weit unterschritten. Für das Grundstück des Klägers zu 2. steht eine Grenzwertüberschreitung ohnehin nicht in Rede.
337Angesichts der deutlichen Unterschreitung der Grenzwerte auch auf dem Grundstück der Klägerin zu 1. ist nicht erheblich, dass das Luftschadstoffgutachten (vgl. Abbildung 5.1 auf S. 22) für die B 51 von einer zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 70 km/h ausgeht, während die lärmtechnische Untersuchung eine zulässige Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h zu Grunde legt und der Planfeststellungsbeschluss die zulässige Höchstgeschwindigkeit nicht regelt. Die prognostizierte Schadstoffbelastung liegt auch dann auf der „sicheren Seite“, wenn von der zuständigen Straßenverkehrsbehörde künftig ein Tempolimit von 100 km/h zugestanden würde. Das hat der Gutachter dem Beklagten am 29. März 2012 mitgeteilt. Die Stickstoffdioxidimmissionen würden sich um höchstens 1 µg/m3 erhöhen, die Werte für PM10 um 1 bis 4 %, so dass auch bei einer Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h Grenzwertüberschreitungen nicht zu erwarten seien. Hierbei ist auch zu berücksichtigen, dass das Luftschadstoffgutachten die als „maximale“ Verkehrsbelastung prognostizierte Verkehrsmenge von 50.600 Kfz/24 h zu Grunde legt, während die Verkehrsprognose der IVV vom 11. September 2006 für den hier fraglichen Abschnitt nördlich der X. Straße eine Verkehrsbelastung von nur 41.700 Kfz/24 h prognostiziert.
338ddd) Dafür dass dem Gutachterbüro Eingabefehler oder Rechenfehler unterlaufen sind, fehlt jeder schlüssige Anhaltspunkt. Der Gutachter hat im Termin zur mündlichen Verhandlung erläutert, dass die Auswirkungen der geplanten Lärmschutzwände in das Rechenprogramm eingearbeitet sind. Bedenken an der Fachkompetenz und der Unparteilichkeit des Ingenieurbüros M. bestehen nicht. Dem Senat ist aus eigener Erfahrung bekannt, dass das Ingenieurbüro M. in Nordrhein-Westfalen regelmäßig Planfeststellungsverfahren durch Fachbeiträge begleitet hat.
339Vgl. etwa OVG NRW, Urteil vom 24. März 2014 ‑ 11 D 31/11.K -, juris, Rdnr 105 ff.
340eee) Bei dieser Sachlage bedurfte es nicht einer von den Klägern vermissten Berechnung der Kurzzeitgrenzwerte (200 µg/m3 über eine Stunde gemittelt für Stickstoffdioxid, § 3 Abs. 1 der 39. BImSchV; 50 µg/m3 über einen Tag gemittelt für Feinstaub PM10), die auf den Grundstücken der Kläger offensichtlich nicht erreicht werden (vgl. auch die Erläuterung im Luftschadstoffgutachten S. 8 f.).
341fff) Nach alldem musste der Senat dem in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisantrag zu behaupteten Grenzwertüberschreitungen nicht weiter nachgehen.
342e) Aus § 50 BImSchG ergeben sich für die Kläger keine weitergehenden Ansprüche. § 50 Satz 1 BImSchG kommt in Bezug auf Verkehrslärm und sonstige Immissionen die Funktion einer Abwägungsdirektive zu.
343Vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 23. Februar 2005 ‑ 4 A 1.04 ‑, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 186, S. 188.
344Da sowohl die Immissionsgrenzwerte für Lärm als auch für Luftschadstoffe auf den Grundstücken der Kläger eingehalten werden, folgt aus § 50 Satz 1 BImSchG kein Anspruch der Kläger auf weitere Schutzmaßnahmen etwa durch Verwirklichung einer „Tunnellösung“. Der allgemeine Planungsgrundsatz des § 50 BImSchG wendet sich als objektivrechtliches Gebot an die für die Planungsentscheidung zuständige Stelle; er enthält aber für den Planbetroffenen kein subjektives öffentliches Recht.
345Vgl. BVerwG, Beschluss vom 10. September 1981 ‑ 4 B 114.81 ‑, Buchholz 406.25 § 50 BImSchG Nr. 2.
346f) Die Beeinträchtigung des Grundeigentums der Klägerin zu 1. durch eine 5,5 m hohe Lärmschutzwand hat der Beklagte als abwägungserheblichen Belang gesehen und auf Seite 147 des Planfeststellungsbeschlusses behandelt. Er hat auf die Gestaltung der Wand verwiesen, die in einer Höhe über 3 m transparentes Material vorsieht, ferner auf die Anpflanzung eines Grüngürtels vor der Lärmschutzwand. Schließlich verweist er noch auf eventuelle Entschädigungsansprüche (PFB B. 5.3.12.3, S. 148). Das reicht als Abwägung aus.
347Nach der Umplanung durch den Planänderungsbescheid vom 12. August 2014 wird die Lärmschutzwand in ca. 1,7 m Entfernung von der Westgrenze des Grundstücks der Klägerin zu 1. errichtet, die wiederum mindestens 28 m vom Wohngebäude entfernt liegt. Fragen einer Verschattung oder gar einer erdrückenden Wirkung stellen sich daher nicht. Die Klägerin zu 1. hat, nachdem durch die Umplanung ihr Grundstück nicht mehr in Anspruch genommen werden muss, auch keine konkreten Belange einer Eigentumsbeeinträchtigung geltend gemacht, die in die Abwägung hätten eingestellt werden müssen, sondern nur „drastische Folgen für die Wohnnutzung insbesondere der Außenbereiche“ behauptet. Dabei wird jedenfalls übersehen, dass sich im Vergleich zur gegenwärtigen Situation die Nutzung des Außenbereichs erheblich verbessert, weil die bereits vorhandene B 51 im Zuge des Ausbaus erstmals mit einer Lärmschutzwand versehen wird.
3485. Auch der Vortrag der Kläger, die Belastungen durch Baulärm und Erschütterungen während der Bauzeit seien weder ermittelt worden, noch seien im Planfeststellungsbeschluss Aussagen zum Schutz vor ihnen getroffen worden, greift nicht durch. Die durch die Straßenbauarbeiten verursachten Lärm- und Schadstoffbelastungen müssen wegen ihres unregelmäßigen Entstehens nicht durch eine Lärm- bzw. Schadstoffprognose ermittelt werden.
349Vgl. BVerwG, Urteil vom 3. März 2011 ‑ 9 A 8.10 ‑, BVerwGE 139, 150 (183 f.).
350Gleiches muss für die von den Klägern befürchteten Erschütterungen gelten.
351Der Beklagte hat im Planfeststellungsbeschluss im Hinblick auf Erschütterungen und (sonstige) Bauimmissionen und ‑auswirkungen unter A. 5.3 und 5.4 (S. 27 f.) verschiedene Nebenbestimmungen angeordnet, die zu einer weitgehenden Minimierung der Immissionsbelastung für die Umgebung führen. Dass es dennoch zu Beeinträchtigungen kommen kann, ist unvermeidbar.
352Den von den Klägern aufgezeigten „offenkundigen Widerspruch“, die AVV-Baulärm sei zu beachten, könne aber nicht eingehalten werden, sieht der Senat nicht. Es ist plausibel, dass der Beklagte die AVV-Baulärm grundsätzlich heranzieht, aber gleichzeitig einräumt, es könnten „temporäre Lärmeinwirkungen oberhalb der Richtwerte … nicht gänzlich ausgeschlossen werden.“ (PFB S. 28). Genauere Regelungen kann der Beklagte nicht treffen. Es leuchtet ohne Weiteres ein, dass die Unregelmäßigkeit des durch die Bauarbeiten ausgelösten Lärms eine detaillierte Lärmprognose nicht zulässt.
353Vgl. BVerwG, Urteil vom 3. März 2011 ‑ 9 A 8.10 ‑, BVerwGE 139, 150 (184).
354Schließlich enthalten die Nebenbestimmungen A. 5.3 und 5.4 den Passus, dass in dem Fall, dass trotz optimierter Bauverfahren die Anhaltswerte überschritten (Erschütterungen) bzw. die Eingreifwerte (Bauimmissionen und –auswirkungen) erheblich überschritten und dadurch Schäden verursacht werden, diese „nach den Grundsätzen des § 906 BGB zu entschädigen“ sind. Damit sind die Rechtspositionen der Kläger ausreichend geschützt und berücksichtigt, und zwar gerade auch im Hinblick auf die von den Klägern zitierte Rechtsprechung des BGH,
355Urteil vom 30. Oktober 2009 ‑ V ZR 17/09 ‑, NJW 2010, 1141 (1143, Rdnr. 28 f.).
356B. Der auf eine Verpflichtung des Beklagten gerichtete Hilfsantrag der Kläger, sie unter teilweiser Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses vom 30. September 2011 hinsichtlich ihrer durch das Vorhaben betroffenen Rechte/Interessen, insbesondere hinsichtlich des Schutzes vor Immissionen, erneut zu bescheiden, bleibt nach dem vorstehend Dargelegten ohne Erfolg. Die Kläger haben insbesondere keinen Anspruch auf eine Ergänzung des Planfeststellungsbeschlusses um Maßnahmen des aktiven Schallschutzes oder um die Anordnung der Erstattungsfähigkeit dem Grunde nach für Maßnahmen des passiven Schallschutzes. Das Lärmschutzkonzept der angefochtenen Planungsentscheidung steht mit den Vorgaben der §§ 41, 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG i. V. m. § 2 der 16. BImSchV im Einklang; die Immissionsgrenzwerte sowohl für Lärm als auch für Luftschad-stoffe werden auf den Grundstücken der Kläger sämtlich eingehalten. Das Vorhaben ist damit nicht zu Lasten der Kläger abwägungsfehlerhaft und verletzt in seiner festgestellten Form keine Rechte der Kläger.
357C. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 Abs. 1, 159 Satz 1 VwGO, 100 Abs. 1 ZPO.
358Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus den §§ 167 VwGO, 708 Nr. 10, 711 Satz 1 ZPO.
359Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.
Bei raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen sind die für eine bestimmte Nutzung vorgesehenen Flächen einander so zuzuordnen, dass schädliche Umwelteinwirkungen und von schweren Unfällen im Sinne des Artikels 3 Nummer 13 der Richtlinie 2012/18/EU in Betriebsbereichen hervorgerufene Auswirkungen auf die ausschließlich oder überwiegend dem Wohnen dienenden Gebiete sowie auf sonstige schutzbedürftige Gebiete, insbesondere öffentlich genutzte Gebiete, wichtige Verkehrswege, Freizeitgebiete und unter dem Gesichtspunkt des Naturschutzes besonders wertvolle oder besonders empfindliche Gebiete und öffentlich genutzte Gebäude, so weit wie möglich vermieden werden. Bei raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen in Gebieten, in denen die in Rechtsverordnungen nach § 48a Absatz 1 festgelegten Immissionsgrenzwerte und Zielwerte nicht überschritten werden, ist bei der Abwägung der betroffenen Belange die Erhaltung der bestmöglichen Luftqualität als Belang zu berücksichtigen.
(1) Schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne dieses Gesetzes sind Immissionen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen.
(2) Immissionen im Sinne dieses Gesetzes sind auf Menschen, Tiere und Pflanzen, den Boden, das Wasser, die Atmosphäre sowie Kultur- und sonstige Sachgüter einwirkende Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen, Licht, Wärme, Strahlen und ähnliche Umwelteinwirkungen.
(3) Emissionen im Sinne dieses Gesetzes sind die von einer Anlage ausgehenden Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen, Licht, Wärme, Strahlen und ähnlichen Erscheinungen.
(4) Luftverunreinigungen im Sinne dieses Gesetzes sind Veränderungen der natürlichen Zusammensetzung der Luft, insbesondere durch Rauch, Ruß, Staub, Gase, Aerosole, Dämpfe oder Geruchsstoffe.
(5) Anlagen im Sinne dieses Gesetzes sind
- 1.
Betriebsstätten und sonstige ortsfeste Einrichtungen, - 2.
Maschinen, Geräte und sonstige ortsveränderliche technische Einrichtungen sowie Fahrzeuge, soweit sie nicht der Vorschrift des § 38 unterliegen, und - 3.
Grundstücke, auf denen Stoffe gelagert oder abgelagert oder Arbeiten durchgeführt werden, die Emissionen verursachen können, ausgenommen öffentliche Verkehrswege.
(5a) Ein Betriebsbereich ist der gesamte unter der Aufsicht eines Betreibers stehende Bereich, in dem gefährliche Stoffe im Sinne des Artikels 3 Nummer 10 der Richtlinie 2012/18/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Juli 2012 zur Beherrschung der Gefahren schwerer Unfälle mit gefährlichen Stoffen, zur Änderung und anschließenden Aufhebung der Richtlinie 96/82/EG des Rates (ABl. L 197 vom 24.7.2012, S. 1) in einer oder mehreren Anlagen einschließlich gemeinsamer oder verbundener Infrastrukturen oder Tätigkeiten auch bei Lagerung im Sinne des Artikels 3 Nummer 16 der Richtlinie in den in Artikel 3 Nummer 2 oder Nummer 3 der Richtlinie bezeichneten Mengen tatsächlich vorhanden oder vorgesehen sind oder vorhanden sein werden, soweit vernünftigerweise vorhersehbar ist, dass die genannten gefährlichen Stoffe bei außer Kontrolle geratenen Prozessen anfallen; ausgenommen sind die in Artikel 2 Absatz 2 der Richtlinie 2012/18/EU angeführten Einrichtungen, Gefahren und Tätigkeiten, es sei denn, es handelt sich um eine in Artikel 2 Absatz 2 Unterabsatz 2 der Richtlinie 2012/18/EU genannte Einrichtung, Gefahr oder Tätigkeit.
(5b) Eine störfallrelevante Errichtung und ein Betrieb oder eine störfallrelevante Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs ist eine Errichtung und ein Betrieb einer Anlage, die Betriebsbereich oder Bestandteil eines Betriebsbereichs ist, oder eine Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs einschließlich der Änderung eines Lagers, eines Verfahrens oder der Art oder physikalischen Form oder der Mengen der gefährlichen Stoffe im Sinne des Artikels 3 Nummer 10 der Richtlinie 2012/18/EU, aus der sich erhebliche Auswirkungen auf die Gefahren schwerer Unfälle ergeben können. Eine störfallrelevante Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs liegt zudem vor, wenn eine Änderung dazu führen könnte, dass ein Betriebsbereich der unteren Klasse zu einem Betriebsbereich der oberen Klasse wird oder umgekehrt.
(5c) Der angemessene Sicherheitsabstand im Sinne dieses Gesetzes ist der Abstand zwischen einem Betriebsbereich oder einer Anlage, die Betriebsbereich oder Bestandteil eines Betriebsbereichs ist, und einem benachbarten Schutzobjekt, der zur gebotenen Begrenzung der Auswirkungen auf das benachbarte Schutzobjekt, welche durch schwere Unfälle im Sinne des Artikels 3 Nummer 13 der Richtlinie 2012/18/EU hervorgerufen werden können, beiträgt. Der angemessene Sicherheitsabstand ist anhand störfallspezifischer Faktoren zu ermitteln.
(5d) Benachbarte Schutzobjekte im Sinne dieses Gesetzes sind ausschließlich oder überwiegend dem Wohnen dienende Gebiete, öffentlich genutzte Gebäude und Gebiete, Freizeitgebiete, wichtige Verkehrswege und unter dem Gesichtspunkt des Naturschutzes besonders wertvolle oder besonders empfindliche Gebiete.
(6) Stand der Technik im Sinne dieses Gesetzes ist der Entwicklungsstand fortschrittlicher Verfahren, Einrichtungen oder Betriebsweisen, der die praktische Eignung einer Maßnahme zur Begrenzung von Emissionen in Luft, Wasser und Boden, zur Gewährleistung der Anlagensicherheit, zur Gewährleistung einer umweltverträglichen Abfallentsorgung oder sonst zur Vermeidung oder Verminderung von Auswirkungen auf die Umwelt zur Erreichung eines allgemein hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt gesichert erscheinen lässt. Bei der Bestimmung des Standes der Technik sind insbesondere die in der Anlage aufgeführten Kriterien zu berücksichtigen.
(6a) BVT-Merkblatt im Sinne dieses Gesetzes ist ein Dokument, das auf Grund des Informationsaustausches nach Artikel 13 der Richtlinie 2010/75/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 über Industrieemissionen (integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung) (Neufassung) (ABl. L 334 vom 17.12.2010, S. 17) für bestimmte Tätigkeiten erstellt wird und insbesondere die angewandten Techniken, die derzeitigen Emissions- und Verbrauchswerte, alle Zukunftstechniken sowie die Techniken beschreibt, die für die Festlegung der besten verfügbaren Techniken sowie der BVT-Schlussfolgerungen berücksichtigt wurden.
(6b) BVT-Schlussfolgerungen im Sinne dieses Gesetzes sind ein nach Artikel 13 Absatz 5 der Richtlinie 2010/75/EU von der Europäischen Kommission erlassenes Dokument, das die Teile eines BVT-Merkblatts mit den Schlussfolgerungen in Bezug auf Folgendes enthält:
- 1.
die besten verfügbaren Techniken, ihrer Beschreibung und Informationen zur Bewertung ihrer Anwendbarkeit, - 2.
die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte, - 3.
die zu den Nummern 1 und 2 gehörigen Überwachungsmaßnahmen, - 4.
die zu den Nummern 1 und 2 gehörigen Verbrauchswerte sowie - 5.
die gegebenenfalls einschlägigen Standortsanierungsmaßnahmen.
(6c) Emissionsbandbreiten im Sinne dieses Gesetzes sind die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte.
(6d) Die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte im Sinne dieses Gesetzes sind der Bereich von Emissionswerten, die unter normalen Betriebsbedingungen unter Verwendung einer besten verfügbaren Technik oder einer Kombination von besten verfügbaren Techniken entsprechend der Beschreibung in den BVT-Schlussfolgerungen erzielt werden, ausgedrückt als Mittelwert für einen vorgegebenen Zeitraum unter spezifischen Referenzbedingungen.
(6e) Zukunftstechniken im Sinne dieses Gesetzes sind neue Techniken für Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie, die bei gewerblicher Nutzung entweder ein höheres allgemeines Umweltschutzniveau oder zumindest das gleiche Umweltschutzniveau und größere Kostenersparnisse bieten könnten als der bestehende Stand der Technik.
(7) Dem Herstellen im Sinne dieses Gesetzes steht das Verarbeiten, Bearbeiten oder sonstige Behandeln, dem Einführen im Sinne dieses Gesetzes das sonstige Verbringen in den Geltungsbereich dieses Gesetzes gleich.
(8) Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie im Sinne dieses Gesetzes sind die in der Rechtsverordnung nach § 4 Absatz 1 Satz 4 gekennzeichneten Anlagen.
(9) Gefährliche Stoffe im Sinne dieses Gesetzes sind Stoffe oder Gemische gemäß Artikel 3 der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen, zur Änderung und Aufhebung der Richtlinien
(10) Relevante gefährliche Stoffe im Sinne dieses Gesetzes sind gefährliche Stoffe, die in erheblichem Umfang in der Anlage verwendet, erzeugt oder freigesetzt werden und die ihrer Art nach eine Verschmutzung des Bodens oder des Grundwassers auf dem Anlagengrundstück verursachen können.
(1) Bei dem Bau oder der wesentlichen Änderung öffentlicher Straßen sowie von Eisenbahnen, Magnetschwebebahnen und Straßenbahnen ist unbeschadet des § 50 sicherzustellen, dass durch diese keine schädlichen Umwelteinwirkungen durch Verkehrsgeräusche hervorgerufen werden können, die nach dem Stand der Technik vermeidbar sind.
(2) Absatz 1 gilt nicht, soweit die Kosten der Schutzmaßnahme außer Verhältnis zu dem angestrebten Schutzzweck stehen würden.
(1) Die Bundesregierung wird ermächtigt, nach Anhörung der beteiligten Kreise (§ 51) durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die zur Durchführung des § 41 und des § 42 Absatz 1 und 2 erforderlichen Vorschriften zu erlassen, insbesondere über
- 1.
bestimmte Grenzwerte, die zum Schutz der Nachbarschaft vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Geräusche nicht überschritten werden dürfen, sowie über das Verfahren zur Ermittlung der Emissionen oder Immissionen, - 2.
bestimmte technische Anforderungen an den Bau von Straßen, Eisenbahnen, Magnetschwebebahnen und Straßenbahnen zur Vermeidung von schädlichen Umwelteinwirkungen durch Geräusche und - 3.
Art und Umfang der zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Geräusche notwendigen Schallschutzmaßnahmen an baulichen Anlagen.
(2) Wegen der Anforderungen nach Absatz 1 gilt § 7 Absatz 5 entsprechend.
(1) Mischgebiete dienen dem Wohnen und der Unterbringung von Gewerbebetrieben, die das Wohnen nicht wesentlich stören.
(2) Zulässig sind
- 1.
Wohngebäude, - 2.
Geschäfts- und Bürogebäude, - 3.
Einzelhandelsbetriebe, Schank- und Speisewirtschaften sowie Betriebe des Beherbergungsgewerbes, - 4.
sonstige Gewerbebetriebe, - 5.
Anlagen für Verwaltungen sowie für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke, - 6.
Gartenbaubetriebe, - 7.
Tankstellen, - 8.
Vergnügungsstätten im Sinne des § 4a Absatz 3 Nummer 2 in den Teilen des Gebiets, die überwiegend durch gewerbliche Nutzungen geprägt sind.
(3) Ausnahmsweise können Vergnügungsstätten im Sinne des § 4a Absatz 3 Nummer 2 außerhalb der in Absatz 2 Nummer 8 bezeichneten Teile des Gebiets zugelassen werden.
(1) Besondere Wohngebiete sind überwiegend bebaute Gebiete, die aufgrund ausgeübter Wohnnutzung und vorhandener sonstiger in Absatz 2 genannter Anlagen eine besondere Eigenart aufweisen und in denen unter Berücksichtigung dieser Eigenart die Wohnnutzung erhalten und fortentwickelt werden soll. Besondere Wohngebiete dienen vorwiegend dem Wohnen; sie dienen auch der Unterbringung von Gewerbebetrieben und sonstigen Anlagen im Sinne der Absätze 2 und 3, soweit diese Betriebe und Anlagen nach der besonderen Eigenart des Gebiets mit der Wohnnutzung vereinbar sind.
(2) Zulässig sind
- 1.
Wohngebäude, - 2.
Läden, Betriebe des Beherbergungsgewerbes, Schank- und Speisewirtschaften, - 3.
sonstige Gewerbebetriebe, - 4.
Geschäfts- und Bürogebäude, - 5.
Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke.
(3) Ausnahmsweise können zugelassen werden
- 1.
Anlagen für zentrale Einrichtungen der Verwaltung, - 2.
Vergnügungsstätten, soweit sie nicht wegen ihrer Zweckbestimmung oder ihres Umfangs nur in Kerngebieten allgemein zulässig sind, - 3.
Tankstellen.
(4) Für besondere Wohngebiete oder Teile solcher Gebiete kann, wenn besondere städtebauliche Gründe dies rechtfertigen (§ 9 Absatz 3 des Baugesetzbuchs), festgesetzt werden, dass
(1) Allgemeine Wohngebiete dienen vorwiegend dem Wohnen.
(2) Zulässig sind
- 1.
Wohngebäude, - 2.
die der Versorgung des Gebiets dienenden Läden, Schank- und Speisewirtschaften sowie nicht störenden Handwerksbetriebe, - 3.
Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke.
(3) Ausnahmsweise können zugelassen werden
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens je zur Hälfte.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung jeweils in gleicher Höhe Sicherheit leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Tatbestand:
2Die Kläger wenden sich gegen den Planfeststellungsbeschluss des Beklagten vom 30. September 2011, mit dem der Ausbau der Bundesstraße 51 (B 51) dritter Bauabschnitt von Bau-km 5+100 bis Bau-km 7+700 einschließlich des Verknüpfungsbereiches mit der Landesstraße 793 (L 793) ‑ X. Straße ‑ von Bau-km 0+000 bis Bau-km 0+600 und der Neubau der Bundesstraße 481 (B 481n) von Bau-km 7+700 bis Bau-km 11+340 planfestgestellt worden ist.
3Die in den Jahren 1954 bis 1962 gebaute Umgehungsstraße im Zuge der B 51 führt südlich bzw. östlich um N. herum. Sie war zunächst eine zweistrei-fige und anbaufreie Strecke, die an dem an der X1. Straße endenden Zubringer zum Autobahnkreuz N. -Süd im Südwesten N1. beginnt und bis zur X2. Straße im Osten der Stadt verläuft. Sie ist aufgrund von Planfeststellungsbeschlüssen vom 12. Januar 1989 und 1. März 1995 in zwei Bauabschnitten bis Bau-km 5+100 vierstreifig ausgebaut worden. Der nun planfestgestellte Abschnitt schließt sich nach Nordosten an und sieht den vierstrei-figen Ausbau bis zur X2. Straße frei von Zufahrten und ohne Erschließungsfunktion für die angrenzenden Grundstücke vor, ferner den Neubau des Knotenpunktes B 51/B 481n/X2. Straße und den zweistreifigen Neubau der B 481n bis zum T. Damm im Norden der Stadt N. .
4Das planfestgestellte Vorhaben ist im Bedarfsplan zum Fernstraßenausbaugesetz als vordringlicher Bedarf ausgewiesen.
5Die Klägerin zu 1. ist Eigentümerin des Grundstücks C.-----weg 9 (Gemarkung N. , Flur 135, Flurstück 13) mit einer Gesamtgröße von 1102 qm, das mit einem Wohnhaus bebaut ist. Zum Haus gehört auch ein rund 80 qm großer selbst genutzter gewerblicher Teil. Das Haus wurde 1938 erbaut; die Klägerin erwarb das Grundstück im Jahr 1994. Das Grundstück liegt unmittelbar östlich der vierstreifig auszubauenden Trasse der B 51 zwischen Bau-km 6+927 und 6+950. Auf die ursprünglich vorgesehene Inanspruchnahme von 18 qm (dauerhaft) sowie 45 qm für die Baudurchführung wurde durch Planänderungsbescheid vom 12. August 2014 verzichtet. Nach den geänderten Planunterlagen soll zwischen der Trasse und dem Grundstück der Klägerin eine Lärmschutzwand in Höhe von 5,5 m errichtet werden, die einen Abstand zur Grenze des Grundstücks der Klägerin von ca. 1,7 m einhält.
6Nach der lärmtechnischen Unterlage vom 2. Mai 2007 wurden für das Grundstück C.-----weg 9 folgende Beurteilungspegel berechnet:
7Hausfront/Himmelsrichtung |
Stockwerk |
Prognose in dB(A) mit Lärmschutz Tag Nacht |
W |
EG |
55 47 |
W |
1. OG |
56 48 |
Dabei ging der Vorhabenträger davon aus, dass das Grundstück der Klägerin zu 1. in einem allgemeinen Wohngebiet liegt.
9Der Kläger zu 2. ist Eigentümer des mit einem Wohnhaus bebauten Grundstücks N2.---straße 28 (Gemarkung N. , Flur 132, Flurstück 64). Es liegt etwa 90 m östlich der Trasse der B 51 in Höhe von Bau-km 7+368. Das Wohnhaus wurde Anfang der 1970-er Jahre errichtet. Der Kläger zu 2. erwarb das Grundstück im Jahr 2010. Eine Inanspruchnahme des Grundstücks für die Baumaßnahme ist nicht vorgesehen.
10Nach den Planunterlagen wurden für das Grundstück N2.---straße 28 folgende Beurteilungspegel berechnet:
11Hausfront/Himmelsrichtung |
Stockwerk |
Prognose in dB(A) mit Lärmschutz Tag Nacht |
W |
EG |
60 52 |
W |
1. OG |
60 53 |
Dabei ging der Vorhabenträger davon aus, dass das Grundstück im Außenbereich liegt.
13Das Planfeststellungsverfahren für den vierstreifigen Ausbau der B 51 und den Neubau der B 481n wurde im Dezember 2005 eingeleitet. Die Planunterlagen lagen vom 13. Februar 2006 bis 13. März 2006 in der Stadt N. öffentlich aus.
14Die vorherige öffentliche Bekanntmachung erschien mit einer Ergänzungslieferung im Amtsblatt der Stadt N. Nr. 3 vom 10. Februar 2006. Ob diese Ergänzungslieferung bereits am 10. Februar 2006 oder erst am 14. Februar 2006 veröffentlicht wurde, ist zwischen den Beteiligten streitig. Die Bekanntmachung enthielt u. a. einen Hinweis auf die vierwöchige Einwendungsfrist, die am 10. April 2006 ablaufe, und den Ausschluss verspäteter Einwendungen. Unter Nr. 6 heißt es: „Die Nrn. 1, 2, 3 und 5 gelten für die Anhörung der Öffentlichkeit zu den Umweltauswirkungen des Bauvorhabens nach § 9 Abs. 1 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung entsprechend.“
15Die Klägerin zu 1. erhob gegen die Planung mit Schreiben vom 5. April 2006 im Wesentlichen folgende Einwendungen: Die Bekanntmachung der Planfeststellung sei erst erfolgt, nachdem die Auslegung des Planes am 13. Februar 2006 bereits begonnen habe. Die entsprechende Ausgabe des Amtsblattes Nr. 3 der Stadt N. sei erst am 14. Februar 2006 erschienen. Eine Veröffentlichung in örtlichen Tageszeitungen nach § 72 Abs. 2 VwVfG NRW sei unterblieben. Es bestehe eine Verpflichtung aus § 2 Abs. 3a FStrG, die B 51 im geplanten Abschnitt zur Autobahn aufzustufen. Die prognostizierte Verkehrsbelastung sei nur unzulänglich ermittelt worden. Eine Straße im Autobahnformat ziehe mehr Verkehr an als übliche Bundesstraßen. Daher seien die Tabellenwerte der 16. BImSchV für Autobahnen heranzuziehen. Der Prognosehorizont sei nicht ausreichend lang festgelegt. Die Ergebnisse der Umweltverträglichkeitsstudie von 1993 seien missachtet worden. Diese habe eine Vollabdeckung der Straße oder eine Ausführung als „Züblin“-Tunnel in einer Tieflage von 5 oder 6 m gefordert. Die Strukturdaten, die der Verkehrsbelastung zu Grunde gelegt worden seien, würden im Plan nicht korrekt benannt. Der häufigere Lieferverkehr zu den Betrieben sei nicht erfasst worden. Die Einwohnerzahl für N. für das Jahr 2010 sei mit nur 254.000 angesetzt; das sei eindeutig zu wenig. Die Auswirkungen der neuesten Verkehrszählung aus dem Jahr 2005 seien nicht berücksichtigt worden. Es sei nicht geprüft worden, ob die Baumaßnahme unter Ausschluss des laufenden Verkehrs zügig durchgeführt werden und zusätzlich erhebliche Einsparungen erzielt werden könnten, die in einen Lärmschutzdeckel investiert werden könnten. Die erforderlichen Ausgleichsmaßnahmen würden nicht in vollem Umfang im Nahbereich des Eingriffs realisiert. Die Verpflichtung könne vor Ort in der Form der Mitfinanzierung eines zu begrünenden Lärmschutzdeckels über der B 51 erfolgen. Die Möglichkeit, den aktiven Lärmschutz im Sinne der Vorgabe nach Ziffer 10.2 Abs. 1 VLärmSchR 97 nicht bis zum Äußersten auszureizen, sei nicht genutzt worden. Von den jetzt im Plan erfassten 165 Wohngebäuden seien bereits 79 Gebäude auf genau 49 dB(A) berechnet. Schon bei geringsten Veränderungen bei den Berechnungsmodalitäten würden die Grenzwerte für weitere Gebäude überschritten. In bisherigen Verkehrsgutachten zu Grunde gelegte Rahmenbedingungen, die sich schon in der Vergangenheit nicht bestätigt hätten, seien nicht berichtigt worden. Auch die Verkehrszunahme durch die Entlastungsstraße Nord sei nicht berücksichtigt worden. Der außerordentliche Zugang an Lkw-Verkehr durch „Mautflüchtlinge“ sei nicht erfasst. Alle Parameter der Lärmberechnung seien konkret zu benennen und bürgerfreundlich zu erläutern. Die Troglage entspreche wegen der geringen Tiefe von nur 2 m nicht den Vorgaben der Umweltverträglichkeitsstudie von 1993. Die Lärmschutzwände böten keinen ausreichenden Schutz, ihre Höhe sei in reinen Wohngebieten unzumutbar. Die Planungsvorschrift des § 50 BImSchG sei missachtet worden. Dies könne nur über § 41 Abs. 1 BImSchG durch eine abgedeckte Tieflage als Maßnahme nach dem Stand der Technik ausgeglichen werden. Die Stadt N. habe zugesagt, sich an den Kosten zu beteiligen. Die Gesundheitsgefahren seien im Erläuterungsbericht nicht ausreichend kritisch gewürdigt worden. In N. sei die Feinstaubbelastung bereits erheblich. Im Erläuterungsbericht fehle die konkrete Angabe der Verfahren und Maschinen, die besonders lärm- und erschütterungsarm eingesetzt werden könnten. Im Ergebnis ergebe eine Durchsicht der Planunterlagen, dass Abwägung und Konfliktbewältigung misslungen seien, sich jedoch die Mängel im Deckblattverfahren durch eine weiter vertiefte abgedeckte Gradiente beheben ließen.
16Der frühere Eigentümer des Grundstücks N2.---straße 28 und Rechtsvorgänger des Klägers zu 2., Herr V. S. , erhob gegen die Planung mit Schreiben vom 29. März 2006 im Wesentlichen folgende Einwendungen: Das Gebäude N2.---straße 28 sei auf Grundlage einer rechtskräftigen Baugenehmigung als hochwertige Villa geplant und gebaut worden. Die Planungen sähen weder aktiven noch passiven Lärmschutz vor. Es werde durch Lärm und Abgase zu einer erheblichen Beeinträchtigung des Wohnwertes und damit auch des Grundstückswertes kommen. Die für die Ermittlung der notwenigen Schallschutzmaßnahmen zu Grunde gelegten Verkehrszahlen und die sich daraus ergebenden Lärmbelastungen würden angezweifelt. Das Grundstück sei wegen der überwiegend westlichen Windrichtungen besonders belastet. Es sei ein erheblich höherer Verkehrszuwachs als in den jetzigen Prognosen zu erwarten, insbesondere beim Lkw-Verkehr. Mit der Umsetzung der Planung würden seine Rechte auf körperliche Unversehrtheit und Eigentum verletzt.
17Auf Grund von Einwendungen sowie Stellungnahmen und Vorschlägen der Träger öffentlicher Belange wurde das Deckblatt I ins Verfahren eingebracht. Neben Änderungen bei der Anschlussstelle X. Straße, der wassertechnischen Berechnung, der Erweiterung der Ausgleichsflächen im Landschaftspflegerischen Begleitplan und einer Schadstoffabschätzung hat es eine Aktualisierung der Verkehrsprognose vom 11. September 2006 zum Gegenstand, die nunmehr auf das Prognosejahr 2020 abstellt. Als Folge ergaben sich Änderungen bei den aktiven Lärmschutzmaßnahmen; ferner wurde für den Bereich Bau-km 5+100 bis Bau-km 7+300 eine offenporige Asphaltdeckschicht mit einem Korrekturwert DStrO von - 5 dB(A) vorgesehen.
18Die geänderten Planunterlagen lagen vom 21. Mai 2007 bis 20. Juni 2007 öffentlich aus. Unter Nr. 8 der öffentlichen Bekanntmachung heißt es: „Da das Verfahren UVP-pflichtig ist, wird darauf hingewiesen,
19- dass die für das Verfahren zuständige Behörde die Bezirksregierung N. und die für die Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens zuständige Behörde das Ministerium für Bauen und Verkehr des Landes NRW ist,
20- dass über die Zulässigkeit des Vorhabens durch Planfeststellungsbeschluss entschieden werden wird,
21- dass die ausgelegten Planunterlagen die nach § 6 Abs. 3 UVPG notwendigen Angaben enthalten und
22- dass die Anhörung zu den ausgelegten Planunterlagen auch die Einbeziehung der Öffentlichkeit zu den Umweltauswirkungen des Vorhabens gemäß § 9 Abs. 1 UVPG ist.“
23Die Klägerin zu 1. erhob in diesem Verfahrensabschnitt keine Einwendungen.
24Mit Schreiben vom 13. Juli 2007 erhob der Rechtsvorgänger des Klägers zu 2. nach Auslegung der geänderten Planunterlagen im Deckblatt I‑Verfahren folgende Einwendungen: Die Verletzung seiner Rechte werde durch die neuen vorgesehenen Änderungen nicht behoben. Die Verkehrsprognose von September 2006 setze die Belastung weiterhin zu niedrig an. Der Verkehr werde weiter steigen, insbesondere wenn der Bau weiterer Straßen abgeschlossen sei. Umleitungs- und Schleichverkehre müssten außerdem noch berücksichtigt werden. Die Einwohnerzahl von N. sei mit 254.000 zu niedrig angesetzt. Die verkehrserhöhende Entlastungsstraße Nord sei nicht aufgeführt. Weitere zusätzliche Verkehre seien nicht berücksichtigt. Insbesondere der Lkw-Anteil werde deutlicher zunehmen als angenommen. Die Einstufung der neuen Straße als Autobahn sei noch immer nicht diskutiert worden. Die prognostizierte Verkehrsbelastung sei abermals nur unzulänglich ermittelt worden. Der Prognosehorizont sei noch immer nicht ausreichend lang festgelegt. Der Lärmschutz müsse sich an der Leistungsmöglichkeit der Straße von bis zu 60.000 Kfz/h orientieren. Für den Einsatz offenporigen Asphaltbetons sei eine dauerhafte Lärmminderung noch nicht nachgewiesen. Die Belastbarkeit sei gering und der Wartungs- und Erneuerungsaufwand hoch. Die Dauer der Haltbarkeit des Belages werde nicht garantiert. In der lärmtechnischen Unterlage sei die sogenannte senkrechte Auswirkung des Lärms nicht berücksichtigt worden. Die im Planungsverfahren vorgeschriebene Bürgerbeteiligung im Stadium der Entwurfsplanung habe trotz mündlicher und schriftlicher Erinnerungen nicht stattgefunden. Im Rahmen der Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen könne ein Lärmschutzdeckel finanziert werden. Bei einer Trassenführung östlich des Bahndamms der Bundesbahn hätte dieser hohe Bahndamm als Lärmschutz zur Verfügung gestanden. Hierdurch wäre auch der Forderung entsprochen worden, zwei parallel führbare Lärmerzeuger zu bündeln. Die Unterlagen ließen nicht erkennen, wie es während der Bauzeit um den Verkehrs-, Baustellenlärm sowie die Erschütterungen bestellt sein werde. Ein Bauen ohne Verkehr sei hilfreich. Die Schadstoffabschätzung sei unzulänglich. Sie gehe von einem zu geringen Verkehr aus. Die zulässigen Feinstaubwerte würden überschritten. Für sein Grundstück sei ein aktiver Schallschutz unerlässlich.
25In der Zeit vom 24. bis 27. Februar 2009 führte die Bezirksregierung N. nach vorheriger persönlicher Einladung und öffentlicher Bekanntmachung einen Erörterungstermin durch. Weder die Klägerin zu 1. noch der Rechtsvorgänger des Klägers zu 2. nahmen an diesem Termin teil.
26Als Ergebnis des Erörterungstermins und aus Anlass von Stellungnahmen und Einwendungen führte der Vorhabenträger die Deckblätter II bis X in das Verfahren ein, die nicht öffentlich ausgelegen haben; Betroffene wurden benachrichtigt. Die Kläger erhoben insoweit keine weiteren Einwendungen.
27Mit Beschluss vom 30. September 2011 stellte die Bezirksregierung N. den Plan für den Ausbau der B 51 bzw. den Neubau der B 481n im fraglichen Abschnitt fest. Gleichzeitig setzte sie den in § 17e Abs. 2 Satz 1 FStrG für Vorhaben des vordringlichen Bedarfs vorgesehenen Sofortvollzug vorübergehend aus, da Haushaltsmittel für die Realisierung des Vorhabens noch nicht bereitstanden. Die Einwendungen der Kläger wurden zurückgewiesen. Das Grundstück des Klägers zu 2. liege entsprechend der Auskunft der Stadt N. im unbeplanten Außenbereich. Daher werde seine Forderung nach weiteren aktiven Lärmschutzmaßnahmen zurückgewiesen.
28Der Planfeststellungsbeschluss lag nach vorheriger öffentlicher Bekanntmachung in der Zeit vom 7. bis 20. Dezember 2011 bei den Städten N. und U. öffentlich aus.
29Am 20. Januar 2012 haben die Kläger Klage erhoben.
30Mit Planänderungsbescheid vom 12. August 2014 verzichtete der Beklagte auf die Inanspruchnahme mehrerer Grundstücke, u. a. des Grundstücks der Klägerin zu 1. Am 12. September 2014 haben die Kläger ihre Klage auf diesen Planänderungsbescheid erstreckt.
31Mit Bescheid vom 14. August 2014 hob der Beklagte die Aussetzung der Vollziehung des Planfeststellungsbeschlusses für den Ausbau der B 51 teilweise auf. Den Antrag der Kläger auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage lehnte der Senat mit Beschluss vom 4. November 2014 ab (11 B 1086/14.AK).
32Die Kläger beziehen sich zur Begründung ihrer Klage zunächst vollinhaltlich auf ihre Einwendungen im Verwaltungsverfahren und machen diese zum Gegenstand der Klagebegründung. Darüber hinaus tragen sie insbesondere vor:
33Sie seien mit ihren Einwendungen nicht präkludiert. In der Bekanntmachung zum Deckblatt I-Verfahren gebe es keinen Hinweis darauf, dass die Lärmschutzgrundlagen durch das Deckblatt-Verfahren hätten komplett ersetzt werden sollen. Die erhobenen Einwendungen hätten daher weitergegolten. Der Kläger zu 2. habe als Laie bei der ersten Öffentlichkeitsbeteiligung ausreichende Einwendungen erhoben. Die Öffentlichkeitsbeteiligung sei sowohl bei der ersten Auslegung 2006 als auch für das Deckblatt I im Jahr 2007 nicht rechtmäßig abgelaufen. Die Bekanntmachung der ersten Auslegung vom 13. Februar bis 13. März 2006 sei erst erfolgt, nachdem die Auslegung bereits begonnen habe. Die Bekanntmachung sei in einer „zweiten Auflage“ des Amtsblattes der Stadt N. enthalten gewesen, die mit „Ergänzungslieferung“ überschrieben gewesen sei. Diese sei nicht schon am Freitag, den 10. Februar 2006, sondern erst am 14. Februar 2006 veröffentlicht worden. Eine frühere Bekanntmachung sei auch gar nicht möglich gewesen und widerspreche der Lebenserfahrung. Daher sei die Monatsfrist für die Auslegung der Unterlagen unterschritten. Selbst wenn die Bekanntmachung noch am 10. Februar 2006 erfolgt sei, fehle es an der erforderlichen Anstoßwirkung für die Öffentlichkeit, wenn die öffentliche Auslegung am folgenden Montag beginne. Daher könne ein Einwendungsausschluss von vornherein nicht greifen.
34Die öffentliche Bekanntmachung verstoße zudem gegen Vorgaben des damals direkt geltenden Art. 6 Abs. 2 der UVP-Richtlinie. Die Bekanntmachung nehme nur in einem Satz auf die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) Bezug. Dies werde den europäischen Vorgaben in zeitlicher Hinsicht nicht gerecht. Es werde auch nicht klar gesagt, dass das Vorhaben einer UVP unterstehe, noch gebe es Angaben über die Verfügbarkeit der Informationen, die gemäß Art. 5 der UVP-Richtlinie eingeholt worden seien. Die Auslegung im Jahr 2007 könne diese Fehler nicht heilen, denn sie habe nur die Änderungen des Deckblattes I betroffen. Zwar sei nunmehr ausdrücklich auf die UVP-Pflicht hingewiesen worden, es sei aber in keiner Weise mitgeteilt worden, welche Dokumente auslägen. Beide Auslegungen hätten inhaltlich nicht den Anforderungen der §§ 9 Abs. 1b und 6 Abs. 3 UVPG und der UVP-Richtlinie in der damals geltenden Fassung entsprochen. Bei der ersten Auslegung hätten z. B. entscheidungserhebliche Berichte und Empfehlungen wie die Verkehrsuntersuchung gefehlt. Es werde bestritten, dass die Umweltverträglichkeitsstudie (UVS)1993 ausgelegen habe. Die Auslegung im Jahr 1994 reiche nicht aus. Die UVS 1993 sei nach den damals geltenden Anforderungen unzureichend gewesen. Es fehlten Variantenprüfungen und die Ermittlung und Prüfung der erheblichen, jedoch noch nicht unzumutbaren bzw. grenzüberschreitenden Umweltauswirkungen. Die zweite Auslegung werde den inhaltlichen Anforderungen erst recht nicht gerecht. Die hier ausgelegten Unterlagen einschließlich des Erläuterungsberichtes und des Landschaftspflegerischen Begleitplanes hätten sich nur auf die Änderungen im Deckblattverfahren I bezogen. Es fehle u. a. an einer allgemein verständlichen Zusammenfassung. Der nebulöse Verweis des Beklagten auf angebliche Internetveröffentlichungen führe nicht weiter. Bei beiden Auslegungen fehle eine inhaltlich ausreichende UVS, die beispielsweise die betrachteten Varianten für die B 51 einschließlich Tunnellösung (und nicht nur für die B 481n) darstelle, obwohl der Beklagte derartige Varianten geprüft habe. Selbst wenn man den Ansatz einer angeblich in den übrigen Planfeststellungsunterlagen inbegriffenen UVS für ausreichend halte, was höchst zweifelhaft sei, sei den damaligen Anforderungen der UVP-Richtlinie nicht entsprochen worden, das zeige das Beispiel der untersuchten Varianten besonders deutlich. Die Beteiligung der Öffentlichkeit sei zwingender Bestandteil des UVP-Verfahrens. Sie könne nach Ergehen des Planfeststellungsbeschlusses nicht mehr nachgeholt werden. Die Öffentlichkeit könne auch die verfahrensrechtliche Rechtmäßigkeit von Entscheidungen anfechten, für die die Öffentlichkeitsbeteiligung gelte. Die Bezugnahme im Planfeststellungsbeschluss auf eine UVS aus dem Jahr 1993 erscheine geradezu absurd. Die UVS gehe von 31.000 Kfz/24h aus, der Planfeststellungsbeschluss hingegen von 50.560 Kfz/ 24h. Zudem habe die UVS eine Vollabdeckung mit Überschüttungsmöglichkeit vorgesehen, die nicht planfestgestellt worden sei. Die Stadt N. habe der Planung ausdrücklich vor dem Hintergrund des Ergebnisses einer abgedeckten Troglage zugestimmt. Diese Lösung habe daher nicht im Erläuterungsbericht mit einem Satz ausgeschlossen werden dürfen. Aufgrund neuerer Rechtsprechung könne der Beklagte sich nicht darauf berufen, dass es an einer Kausalität zwischen Fehler und Planfeststellungsbeschluss fehle. Da es um zentrale Bestandteile der europäischen Beteiligungsanforderungen gehe, sei der Planfeststellungsbeschluss allein deshalb zumindest für rechtswidrig und nicht vollziehbar zu erklären.
35Es sei eine neue Linienbestimmung erforderlich gewesen, da mit der B 481n eine neue Bundesfernstraßenverbindung geschaffen werde, die im Hinblick auf die nach § 15 Abs. 1 Satz 3 UVPG in der Umweltverträglichkeitsprüfung zur Linienbestimmung zu prüfenden, ernsthaft in Betracht kommenden Trassenvarianten einer einheitlichen Betrachtung mit der Planung der B 51 bedürfe. Die Variantenprüfung der Linienbestimmung sei in der Planfeststellung wieder aufzugreifen und in dem gebotenen Umfang und im Detail zu konkretisieren. Die Bezugnahme auf eine Linienbestimmung vom 14. Dezember 1967 für die B 481n und das Ergebnis der damaligen UVP sei verfahrensfehlerhaft, weil es damals eine UVP im Sinne des heutigen Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung noch gar nicht gegeben habe. Daher sei im Ergebnis vom Fehlen der UVP in der Linienbestimmung mitsamt der gesetzlich vorgesehenen Trassenvariantenprüfung auszugehen. Eine Linienbestimmung fehle damit insgesamt.
36Der Planfeststellungsbeschluss genüge nicht dem Abwägungsgebot des § 17 Satz 2 FStrG. Er sei erlassen worden, ohne vorher die Abwägungsgrundlagen ausreichend zu ermitteln. Für den Kläger zu 2. sei erst bis Mitte Oktober 2011 ermittelt worden, ob sein Anwesen dem Innen- oder Außenbereich zuzuordnen sei. Da der Planfeststellungsbeschluss bereits getroffen gewesen sei, habe der Beklagte gar nicht mehr zu einem anderen Ergebnis als Außenbereich kommen können und sich vorab gebunden. Die Schadstoffuntersuchung des Büros M. aus September 2011 sei dem Beklagten erst am Datum der Planfeststellung zugegangen. Es habe im Planfeststellungsverfahren im eigentlichen Sinne gar keine Variantenprüfung gegeben, sondern einzig eine Bezugnahme auf eine vom Auftrag eng begrenzte schon damals zwölf Jahre alte UVS, die sich auf die Bestandstrasse beschränke. Das von der Beklagten gewählte gestufte Verfahren mit einer UVP vor rund 20 Jahren und einer Prüfung zusätzlicher oder anderer erheblicher Umweltauswirkungen in der Planfeststellung sei rechtlich nicht zulässig gewesen. Insbesondere seien keine Varianten geprüft worden. Damit sei eine UVP nicht durchgeführt und nicht nachgeholt. Daher fehle es an der erforderlichen Abwägungs- und Ergebnisoffenheit. Es finde sich dementsprechend nicht einmal eine Grobprüfung anderer in Betracht kommender Trassenführungen für die B 51. Die Prüfung habe auch nicht unter dem Gesichtspunkt unterbleiben dürfen, dass es sich um den dritten Bauabschnitt eines Gesamtvorhabens handele. Es dränge sich die Variante östlich der Umgehungsbahn geradezu auf: Am Ende des zweiten Bauabschnitts knicke die Alternativtrasse nach rechts ab, führe etwa einen Kilometer Richtung Osten, werde unter dem Bahndamm hindurchgeführt und dann parallel zum Bahndamm und der Hochspannungsleitung. Nördlich der X2. Straße werde der Bahndamm erneut gequert; sodann werde die planfestgestellte Trasse der B 481n genutzt. Dies entlaste den gesamten Kernbereich von St. N3. , der wieder zusammenwachsen könne und konzentriere Verkehrstrassen. Die Trasse führe vorwiegend über landwirtschaftlich genutzte Flurstücke und könne ebenerdig geführt werden. Der Bahndamm bilde einen Lärmschutzwall. Die Variante sei zwar einen Kilometer länger, es werde aber auch Versiegelung eingespart im Zusammenhang mit dem Knoten mit der X2. Straße, der allein zu einem Verbrauch von 20 ha Fläche führe, die großenteils versiegelt werden müsse. Die Bestandstrasse der B 51 könnte entsiegelt werden. Das Landschaftsschutzgebiet X3. -F. -Niederung werde nur an seinem äußersten Rand tangiert. Die Alternativtrasse käme gänzlich ohne Inanspruchnahme von Wohneigentumsgrundstücken aus, es wären höchstens einige wenige Kleingärten betroffen. Auch Kosten- und Wirtschaftlichkeitserwägungen sprächen für die Alternativtrasse. Es wäre lediglich für einige wenige Häuser im Außenbereich weiter östlich der Trasse für Lärmschutz zu sorgen. Geringere Kosten für Lärmschutz und für den Knoten X2. Straße führten zu Millioneneinsparungen. Die in der Klagebegründung vorgelegte Skizze solle nur die verbale Beschreibung der möglichen Trasse unterstützen und kein rechtwinkliges Abknicken der Trasse einfordern. Darüber hinaus fehlten offenbar jegliche Variantenüberlegungen zur Verlängerung des Troges und des offenporigen Asphalts. Die unter Nutzen-Kosten-Gesichtspunk-ten im Hinblick auf Lärmschutz und Eigentumsinanspruchnahme günstigste Variante sei gar nicht ermittelt worden.
37Die Verkehrsprognose sei unzureichend und komme zum Nachteil der Kläger zu einer zu geringen Verkehrsbelastung. Es gebe keinen sachlichen Grund für eine Beschränkung auf den Prognosehorizont 2020. Der „Kurzbericht ‑ Ausblick Prognose 2025“ sei unzutreffend. Die knappen Ausführungen seien in keiner Weise nachvollziehbar und widersprächen zum Teil dem Gutachten für den Zeitraum bis 2020, in dem der Anstieg des Schwerverkehrs von knapp 5 % nicht berücksichtigt sei. Die Prognose genüge auch im Übrigen methodisch nicht den Anforderungen. Das Prognoseergebnis sei weder nachvollziehbar begründet noch beruhe es auf realistischen Eingangsdaten und Annahmen. Die Ergebnisse ließen sich nicht ableiten. Es fehlten die Berechnungsgrundlagen, genaue Quellenangaben und eine Beschreibung des Rechenvorgangs. Für eine Reihe von Eingangswerten gebe es keine Ableitungen. Der Verkehr für den Abschnitt X. Straße bis X2. Straße sei weiterhin zu niedrig angesetzt. Der Planfeststellungsbeschluss stelle für 2020 auf 50.560 Kfz/24h vom B. Weg bis zur X. Straße und auf 41.730 Kfz/24h von der X. Straße bis zur X2. Straße ab. Die Verkehrszählung 2010 weise für die B 51 „Umgehungsstraße N. “ 55.700 Kfz/24h aus. Die Prognose werde im Hinblick auf die Entwicklung auf den bereits ausgebauten Abschnitten den Erfahrungswerten nicht gerecht. Dort habe der Verkehr von 1990 bis 2005 um 125 % bzw. 203 % zugenommen. Er werde weiter steigen, wenn der Weiterbau der B 51 nach Osten und der B 481n nach Norden abgeschlossen sein werde. Die Ausführungen zur Aktualisierung von September 2006 seien nicht nachvollziehbar und blieben nebulös. Auswirkungen anderer Maßnahmen auf die B 51/B 481n würden nicht im Einzelnen aufgeführt. In einer früheren Unterlage sei die Einwohnerzahl von N. für 2010 mit 254.000 eingestellt, bereits jetzt habe N. 280.000 Einwohner mit steigender Tendenz. Die verkehrserhöhende „Entlastungsstraße Nord“ werde nicht aufgeführt. Auch das neue Wohngebiet in X4. -Nord und die Erschließung des neuen Gewerbegebiets B1.--------straße in X4. würden nicht erwähnt. Bei der Umgehungsstraße X4. reiche der Zufluss von Mautverkehr bis zur A 2 bei C1. . Es müssten auch die Zugänge durch Expansion und Verlagerung von zwei großen Firmen mit Logistikbedarf im Bereich I.-----weg und einer großen Baustoffhandlung an der M1. berücksichtigt werden. Auch der seit 2004 bestehende Masterplan zur Entwicklung des Hafenbereichs sei nicht berücksichtigt. Der Aufstellungsbeschluss des entsprechenden Bebauungsplans vom 7. Juli 2010 habe zum Zeitpunkt der Planfeststellung längst vorgelegen. Die Verkehrsuntersuchung dieser Planung gehe für die B 51 zwischen B. Weg und X. Straße im Jahr 2025 von 51.400 Kfz/24h aus; diese Prognose liege über der des IVV-Gutachtens, das für 2020 nur 50.600 Kfz/24h vorhersage. Daher werde die IVV-Verkehrsprognose durch die Planungen der Stadt N. widerlegt. Die Prognosen übersähen nach wie vor, dass seit Jahrzehnten geplant sei, eine durchgehend leistungsfähige Verbindung zwischen N. und der A 2 im Osten zu schaffen. Dies werde den Verkehr im fraglichen Abschnitt um 15.000 Kfz/24h erhöhen. Der Ansatz eines Lkw-Anteils von 13 % tags und 12 % nachts sei zu niedrig. Viele Lieferfahrzeuge ab 2,8 t würden fehlerhaft als Pkw gezählt. Es gebe offenkundig keine Unterlage, die entsprechend den Vorgaben der 16. BImSchV die Ermittlung einer maßgebenden stündlichen Verkehrsstärke und eines maßgebenden Lkw-Anteils (über 2,8 t) am Gesamtverkehr über die Nachtzeit dokumentiere. Dafür sei auf die Standardwerte der 16. BImSchV zurückzugreifen.
38Die lärmtechnische Untersuchung leide unter einer Reihe von Fehlern, die sich auf das Ergebnis auswirkten. Sie sei in mehrererlei Hinsicht ungenügend. Die Untersuchung sei offenkundig nicht von sachkundigen Personen erstellt worden. Es gebe keinerlei Hinweise auf die Verfasser. Die Methodik der Ermittlung der ausgewiesenen Beurteilungspegel sei nicht ausreichend dargestellt. Es fehlten Angaben, wie die Gebietsarten, die Abstände, Höhen und Geschosse ermittelt worden seien, sowie Angaben zu Kosten von Lärmschutzmaßnahmen und Lärmschutzvarianten sowie Angaben zu den für einen Vollschutz erforderlichen Maßnahmen und Lärmberechnungen für die Außenwohnbereiche. Es sei nicht dargelegt, welche Eingangsdaten und welche Fassung der Software „Sound Plan“ verwendet worden sei. Der Beklagte habe die Fachgutachten nicht auf Plausibilität überprüft. Die Gutachten in ihren verschiedenen Fassungen hätten der Planfeststellung nicht zu Grunde gelegt werden dürfen. Die lärmtechnische Untersuchung basiere auf falschen Prognosedaten. Das gelte insbesondere für den zu geringen Lkw-Anteil; es sei nicht nachvollziehbar, wie die Verteilung auf Tag und Nacht ermittelt worden sei. Der Beklagte habe laut Vermerk vom 1. März 2011 vom Landesbetrieb Straßen NRW eine Neuerstellung des Lärmschutzkonzepts gefordert. Diese Neukonzeption sei offenbar nicht vorgelegt worden und könne nicht in den „vier Seiten plus ein paar Tabellen“ im Verwaltungsvorgang gesehen werden.
39Für die Klägerin zu 1. seien falsche Berechnungspunkte gewählt worden. Das Erdgeschoss beginne beim Haus der Klägerin zu 1. erst in etwa 1,5 bis 1,6 m Höhe. Daher wären bei 0,2 m über Fensteroberkante 4,2 und 7,0 m statt 2,4 und 5,2 m anzusetzen gewesen. Dabei sei noch zu klären, in welchem Verhältnis die Geländeoberkante nach dem Höhenplan zur Geländehöhe an ihrem Haus stehe. Der Abstand vom Immissionsort zur Achse der Straße sei für die Klägerin zu 1. mit 36,4 m angegeben. Dies treffe für den Außenwohnbereich ersichtlich nicht zu. Es seien offenbar flächendeckend alle Außenwohnbereiche nicht berechnet und sämtliche Entschädigungsansprüche in diesem Zusammenhang verkannt worden. Auch für das Grundstück des Klägers zu 2. liege der maßgebliche Immissionsort für den Außenwohnbereich erheblich näher an der Trasse. Die Höhe sei bei ihm noch niedriger angenommen als bei der Klägerin zu 1. Der Fehler fehlender Ermittlung der Betroffenheit der Außenwohnbereiche werde nicht durch die Nebenbestimmung A.5.2.3 geheilt. Es fehlten erforderliche Ermittlungen der Schutzansprüche für die Prüfung der Schallschutzvarianten und das erforderliche Abwägungsmaterial. Ansprüche auf passiven Schallschutz stünden in keinem zwingenden Verhältnis zu Entschädigungsansprüchen für Außenwohnbereiche. Dem Kläger zu 2. werde der ihm zustehende Lärmschutz verwehrt. Er könne sich auf den Schutz für Wohngebiete berufen (59 dB(A) tags, 49 dB(A) nachts); die Grenzwerte würden jeweils überschritten. Die Einstufung seines Grundstücks als Außenbereich sei unzutreffend. Für sein Grundstück bestehe kein Bebauungsplan. Weniger als 10 m östlich beginne ein reines Wohngebiet (Bebauungsplan Nr. 300 der Stadt N. ). Es bestehe ein Bebauungszusammenhang mit dem östlich der Straße bestehenden Wohngebiet. Die N4.----straße habe im vorliegenden Fall keine trennende, sondern eine verbindende Funktion. Beide Straßenseiten stünden in entsprechenden optischen Beziehungen und prägten sich gegenseitig; das folge auch aus eindeutigen historischen Bezügen. Die N5.---straße habe beiderseits Gehwege und Straßenbeleuchtung. Die Bebauung sei ähnlich. Westlich der N5.---straße stünden zwei weitere Häuser. Die Baulücke zum Haus Nr. 24 unterbreche den Bebauungszusammenhang nicht. Zur Baugenehmigung für sein Haus aus dem Jahr 1971 sei die Auskunft erteilt worden, dass sich Art und Maß der baulichen Nutzung nach einem „reinen Wohngebiet“ zu richten habe. Das ergebe sich auch aus der Ortssatzung der Stadt N. vom 27. Juli 1957. Die Umspannstation für das Wohngebiet sei in den klägerischen Baukomplex integriert. Die Ausweisung im Flächennutzungsplan sei nicht parzellenscharf, es verbleibe ein Interpretationsspielraum. Ein Straßenbaubeitragsbescheid der Stadt N. vom 28. März 2014 sehe das Grundstück des Klägers zu 2. in voller Breite als bebaubar an.
40Die zur Umsetzung des in § 41 BImSchG vorgegebenen Lärmschutzkonzepts erforderliche Nutzen-Kosten-Prüfung einschließlich der dafür erforderlichen Grundlagendaten fehle in den Planfeststellungsunterlagen. Es seien die Kosten je Schutzfall zu betrachten, d. h. die Kosten je durch die jeweilige Lärmschutzvariante „bewältigten“ Schutzfalls, also je erreichter Grenzwerteinhaltung. Pauschale Betrachtungen seien zulässig, wenn der Gleichheitssatz beachtet werde. An dem sich daraus ergebenden Prüfungsprogramm fehle es. Die lärmtechnische Untersuchung ermittele keine Beurteilungspegel für Außenwohnbereiche. Damit seien eine Vielzahl von Anspruchsberechtigungen nicht erkannt. Der Nutzen eines Lärmschutzkonzepts könne so nicht ermittelt werden. Es gebe keine Angaben zu den erforderlichen Maßnahmen und den Kosten für einen Vollschutz, welche Lärmschutzvarianten mit welchem Nutzen und welchen Kosten betrachtet worden seien und zu den Kosten einzelner Lärmschutzmaßnahmen. Die von der Stadt N. beschlossene Beteiligung an den Kosten sei nicht berücksichtigt. Im Planfeststellungsbeschluss seien die Kosten je Schutzfall nicht ermittelt worden, die Prüfung sei frei von nachvollziehbaren Maßstäben. Für die Bereiche der Kläger gebe es nur nicht nachvollziehbare allgemeine Annahmen. Rechne man die Kostensteigerung je bewältigtem Schutzfall, ergebe sich eine Steigerung von nur 1,7 %. Das sei verhältnismäßig. Allerdings fehlten hier die Außenwohnbereiche. Die vom Beklagten angeführte „abwägende Mitberücksichtigung“ scheide logisch aus. Die Beurteilungspegel für Außenwohnbereiche seien gesondert zu ermitteln und gesondert in die Abwägung einzuführen und gegebenenfalls zu entschädigen. Das alles sei versäumt worden, so dass eine sachgerechte Nutzen-Kosten-Betrachtung nicht habe angestellt werden können. Die örtlichen Verhältnisse seien unvollständig ermittelt. Es fehle an der Ermittlung und Prüfung erheblicher, jedoch noch nicht unzumutbarer bzw. grenzüberschreitender Lärmbelastungen. Gleiches gelte für Luftschadstoffbelastungen und Erschütterungen. Der Flächennutzungsplan der Stadt N. weise beidseitig der B 51 Wohnbauland aus. Eine angebliche Berücksichtigung einer plangegebenen Vorbelastung der Wohnhäuser nördlich der Straße „Zum Guten Hirten“ sei nicht nachvollziehbar. Der Hinweis Nr. 6 in der vom Beklagten seiner Klageerwiderung als Beispiel beigefügten Baugenehmigung habe keine Regelungswirkung. Nicht berücksichtigt sei die mit der planfestgestellten Schutzvariante (5 m Lärmschutzwand) einhergehende Eigentumsbeeinträchtigung für die Klägerin zu 1.
41Die Luftschadstoffuntersuchungen litten ebenfalls unter fehlerhaften Prognose-annahmen. Die Übernahme der Hintergrundbelastung von einer Messstation, die nicht hinreichend auf die Übertragbarkeit der Umgebungsverhältnisse geprüft worden sei, sei fehlerhaft. Offenbar seien die Werte der Messstation N. -Geist angesetzt worden. Diese erfasse aufgrund ihrer Lage und der regelmäßi-gen Westwinde vorwiegend ländliche Hintergrundbelastung. Dagegen hätten sich Luftmassen bei den Grundstücken der Kläger nach Überquerung der Stadt N. mit Schadstoffen angereichert. Die Messstation an der X1. Straße in N. habe in den letzten Jahren Überschreitungen bei NO2 gemessen. Die Annahmen zur Verkehrssituation in Abbildung 5.1 des Luftschadstoffgutachtens stünden im Widerspruch zu den Angaben in der lärmtechnischen Untersuchung. Die Auswertung sei irreführend; relevant sei die Belastung in allen Wohnberei-chen, hier besonders auch in den Außenwohnbereichen, die deutlich höher belastet seien als die Wohnhäuser. In den Gartenbereichen ergäben sich rechnerisch Grenzwertüberschreitungen. Es fehle ‑ auch in der vom Beklagten vorgelegten ergänzenden E-Mail ‑ eine Berechnung der Kurzzeitgrenzwerte. Die Belastungen durch Baulärm und Erschütterungen während der Bauzeit seien weder ermittelt noch im Planfeststellungsbeschluss Aussagen zum Schutz vor ihnen getroffen worden. Der Planfeststellungsbeschluss führe widersprüchlich aus, die AVV-Baulärm sei zu beachten, aber sie könne nicht eingehalten werden. Das widerspreche der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes. Das Vorhaben entspreche nicht dem Gebot der Eingriffsminimierung in § 15 Abs. 1 BNatSchG. Die Ausgestaltung des Knotens B 51/X2. Straße führe zu vermeidbaren Eingriffen.
42Die Kläger beantragen,
43den Planfeststellungsbeschluss des Beklagten vom 30. September 2011 in der Fassung des Planänderungsbescheides vom 12. August 2014 aufzuheben,
44hilfsweise,
45den Beklagten unter teilweiser Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses vom 30. Septem-ber 2011 in der Fassung des Planänderungsbescheides vom 12. August 2014 zu verpflichten, die Kläger hinsichtlich ihrer durch das Vorhaben betroffenen Rechte/Interessen, insbesondere hinsichtlich des Schutzes vor Immissionen, erneut zu bescheiden.
46Der Beklagte beantragt,
47die Klage abzuweisen.
48Er verweist auf den angefochtenen Planfeststellungsbeschluss und trägt ergänzend im Wesentlichen vor:
49Die Klägerin zu 1. sei mit ihrem Klagevorbringen gegen den Prognosehorizont, das Verkehrsgutachten, die Lärm- und Schadstoffimmissionen präkludiert, weil sie nach der Auslegung der geänderten Planunterlagen als Deckblatt I keine Einwendungen mehr erhoben habe. Die im Bereich des Grundstückes der Klägerin zu 1. geplante Lärmschutzwand solle nicht auf ihrem Grundstück, sondern in einem Abstand von 1,7 m zu ihrem Grundstück errichtet werden. Es werde auf jegliche Inanspruchnahme ihres Grundstückes verzichtet.
50Die konkreten unpräkludierten Einwendungen des Rechtsvorgängers des Klägers zu 2., Herrn V. S. , richteten sich auf die Überprüfung des Verkehrsgutachtens und der hieraus folgenden Lärmschutzmaßnahmen. Sein Grundstück befinde sich in einer Entfernung von rund 92 bis 107 m zum künftigen Fahrbahnrand und liege wie die Grundstücke N2.---straße 22 und 24 im Außenbereich gemäß § 35 BauGB. Sie würden durch die N5.---straße von dem gegenüberliegenden Wohngebiet getrennt und lägen als Einzelbebauungen ohne Ordnungsstruktur in einem zusammenhängenden größeren Waldgebiet. Die lärmtechnische Berücksichtigung als Wohngebiet sei nicht begründbar; dies ergebe sich auch aus einer schriftlichen planungsrechtlichen Auskunft der Stadt N. vom 9. No-vember 2011. Seit Inkrafttreten der 56. Änderung des Flächennutzungsplanes der Stadt N. am 5. Juli 1991 sei das Grundstück nicht mehr als Wohnbaufläche ausgewiesen. In planungsrechtlichen Auskünften der Stadt werde es seit 2002 stets als Außenbereich beurteilt.
51Die Offenlage der Planunterlagen sei ordnungsgemäß bekannt gemacht worden. Dies sei von der Stadt N. mit Schreiben vom 20. Februar 2006 bestätigt worden. Aus der Bezeichnung als „Ergänzungslieferung“ könne nicht auf eine spätere Bekanntmachung geschlossen werden. Auch die Ergänzungslieferung sei laut einem Schreiben der Stadt N. vom 14. Mai 2012 am 10. Februar 2006 erschienen und ausgeliefert worden. In einem Pressetext sei fälschlicherweise als der Tag der Bekanntgabe der 14. Februar 2006 genannt worden. Für den Bekanntmachungszeitraum vor der Planoffenlage seien nach § 73 Abs. 5 VwVfG NRW keine Fristen vorgegeben. Weitere Bekanntmachungen seien nach der Hauptsatzung der Stadt N. nicht vorgesehen gewesen. Im Übrigen sei die von den Klägern unzutreffend behauptete Verspätung der Bekanntmachung aus Rechtsgründen unschädlich. Die erforderliche Anstoßwirkung sei erreicht worden, da die Kläger und 264 weitere Einwender fristgerecht Einwendungen erhoben hätten. Die Hinweise in den Bekanntmachungstexten hätten sowohl im Jahr 2006 als auch im Jahr 2007 den gesetzlichen Vorgaben des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung entsprochen. Aus Anzahl und Inhalt der Einwendungen gehe deutlich hervor, dass alle Verfahrensbeteiligten verstanden hätten, dass die Beteiligung der betroffenen Öffentlichkeit auch das UVPG-Verfah-ren umfasst habe. Soweit die Kläger unzutreffend unterstellten, es handele sich um Verfahrensfehler, seien diese aus Rechtsgründen nach Maßgabe des Kausalitätserfordernisses unschädlich.
52Die UVP sei insgesamt konsequent und verfahrensfehlerfrei durchgeführt worden. Unter Ziffer 4.4. des Planfeststellungsbeschlusses sei die Strukturierung der UVP auf den verschiedenen Planungsstufen mit Schwerpunkt im Planfeststellungsverfahren beschrieben, die zusammenfassende Darstellung der Umweltauswirkungen werde gemäß § 11 UVPG ab Seite 58, die abwägende Bewertung der Umweltauswirkungen gemäß § 12 UVPG ab Seite 69 methodisch getrennt vor der abschließenden Abwägung nach § 17 FStrG dargestellt. Die planfestgestellte Variante stütze sich auf ein in der UVS 1993 noch nicht untersuchtes verbessertes Lärmschutzkonzept.
53Die Überprüfung des Planungskonzeptes habe bereits in der UVP eine Bestätigung des Ausschlusses der Neubautrassenführung östlich der Umgehungsbahn ergeben. Diese Trassenführung widerspreche dem Bundesfernstraßenbedarfsplan und dem Gebietsentwicklungsplan, führe zu einem erheblich größeren Eingriff in die im Planfeststellungsbeschluss aufgeführten Umweltgüter und habe nicht das Vermeidungspotenzial, auf das sich der Ausbau der Bundesstraße im vorbelasteten Bereich mit einer zusätzlichen Lärmsanierung stützen könne. In ihren Einwendungen hätten die Kläger bzw. Rechtsvorgänger die Prüfung der Umgehungsbahnalternative nicht angesprochen. Die Neubauvariante östlich der Umgehungsbahntrasse sei bereits im ersten und zweiten Planfeststellungsabschnitt verworfen worden. Der Planfeststellungsbeschluss habe die Vorgaben zum Linienbestimmungsverfahren und dessen Ergebnis für den Planungsabschnitt der B 481n berücksichtigt. Der Bedarfsplan für die Bundesfernstraßen gebe einen Ausbau der B 51 im vorhandenen Straßenzug vor. Daher habe für diesen Abschnitt auf eine Linienbestimmung verzichtet werden können.
54Das dem Planfeststellungsbeschluss zu Grunde gelegte projektbezogene Verkehrsgutachten vom 11. September 2006 sowie der zuletzt erstellte Ausblick auf das Prognosejahr 2025 seien nicht zu beanstanden. Der Hinweis der Kläger auf einen Presseartikel über die Verkehrszählung 2010 beziehe sich auf den stärker frequentierten Streckenabschnitt zwischen dem Autobahnkreuz N. -Süd und der X1. Straße. Für den vorliegenden dritten Abschnitt der B 51 weise die Verkehrszählung 2010 Verkehrsbelastungen in Höhe von 32.500 Kfz/24h auf dem Teilabschnitt zwischen B. Weg und X. Straße sowie 20.500 Kfz/24h auf dem Teilabschnitt zwischen X. Straße und X2. Straße auf. Die „Entlastungsstraße Nord“ sei in der Aktualisierung vom 11. März 2008 berücksichtigt; sie führe zu etwas geringeren Belastungswerten (minus 1.000 bis minus 2.000 Kfz DTV) für die B 51 und zu einer marginalen Verringerung auf der B 481n. Die bis zum Jahr 2025 zu erwartende Steigerung des Schwerverkehrs um knapp 5 % beziehe sich auf die absoluten Zahlen im Schwerverkehr und sei nicht als Anstieg in Prozentpunkten zu werten. Sie liege in einem Toleranzbereich der allgemeinen methodischen Prognosesicherheit und stelle die Verwertbarkeit der dem Planfeststellungsbeschluss zu Grunde gelegten Prognoseberechnung zum Horizont 2020 nicht in Frage. Methodisch zutreffende Prognoseermittlungen könnten sich nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts auch auf kürzere Prognosehorizonte als 15 Jahre stützen. Die „Ergänzungen zum Kurzbericht Ausblick Prognose 2025 vom 28.07.2011“ vom 14. Juni 2012 bestätigten, dass die Verkehrsmengengerüste auch bis zum Jahr 2025 noch eine Validität besäßen. Eine Fortschreibung des Prognoseergeb-nisses auf das Jahr 2025 ergebe nur eine marginale irrelevante Erhöhung des Prognoseimmissionspegels um bis zu 0,2 dB(A). Für die Außenwohnbereiche des Wohngrundstücks des Klägers zu 2. seien fiktive Lärmberechnungen unter Berücksichtigung der Ergebnisse des Ausblicks Prognosejahr 2025 angestellt worden. Für Balkon, Freisitz und Terrassen ergäben sich Tagwerte von 55,4 bis 58,9 dB(A).
55Die lärmtechnischen Berechnungen seien mit Hilfe des DV-Programms „Sound Plan“ erstellt worden; dieses Programm sei zertifiziert und nicht zu beanstanden. Auf Grund der Komplexität der Berechnung würden nur die Ergebnisse in einer Tabelle zusammengefasst und dem lärmtechnischen Entwurf beigefügt. Dem präkludierten Hinweis auf mögliche Höhendifferenzen bei der Festlegung der Immissionsorte auf dem Grundstück der Klägerin zu 1. sei nachgegangen worden. Eine vermessungstechnische Überprüfung habe am Wohnhaus im ungünstigsten Fall (1. OG) eine Höhendifferenz um fast 1,64 m ergeben. Derartige Differenzen könnten sich z. B. durch versetzte Ebenen innerhalb des Hauses erklären; sie würden typischerweise nur einwendungsbezogen berücksichtigt. Mit den höhergelegenen Immissionsorten und unter Berücksichtigung des um 5 % gestiegenen Schwerverkehr-anteils bis 2025 lägen die berechneten Lärmpegel mit 54,7 dB(A) am Tag und 47,1 dB(A) in der Nacht sowohl im Erdgeschoss als auch mit 56,1 dB(A) am Tag und 48,6 dB(A) in der Nacht im Obergeschoss unterhalb der für Wohngebiete geltenden Immissionsgrenzwerte.
56An den Wohngebäuden der Kläger werde Volllärmschutz erreicht. Bei der Abwägung der Lärmschutzkonzepte zu den einzelnen Lärmschutzbereichen im Planfeststellungsbeschluss sei zur Berücksichtigung von Außenwohnbereichen zutreffend davon ausgegangen worden, dass passive Lärmschutzreste nur in Obergeschosshöhe verblieben und Außenwohnbereiche dort als Balkon jeweils beim Innenwohnbereich einer Wohneinheit abwägend mitberücksichtigt werden könnten. Bei der Abwägung des Lärmschutzkonzeptes zum Bereich C2.-----weg sei zutreffend berücksichtigt, dass sich nur für einen einzigen Balkon ein den Tagesgrenzwert überschreitender Beurteilungspegel im Außenwohnbereich von 59,38 dB(A) ergebe. Entgegen der Behauptung der Kläger gebe es im Abschnitt C2.-----weg /Westseite kein aktiv ungeschütztes bereits festgesetztes Wohngebiet. Die Baugenehmigungen der Wohnhäuser nordwestlich der Straße „Zum Guten I1. “ seien mit der Maßgabe erteilt worden, dass keine Ansprüche rechtlicher oder finanzieller Art gegenüber dem Landesbetrieb Straßen NRW hergeleitet werden könnten, die sich auf Lärmschutzmaßnahmen bezögen, die auf Grund von auftretenden Lärmimmissionen auf der B 51 nötig würden. Der Rat der Stadt N. habe dem Lärmschutzkonzept der Bundesstraßenverwaltung erstmals in seiner Sitzung vom 13. September 2000 und zuletzt im Jahr 2011 in Gestalt des Deckblattes IX zugestimmt. Mehrkosten des Lärmschutzkonzeptes, die für städtebaulich wirksame Maßnahmen gefordert seien, würden von der Stadt N. getragen; dies seien Mehrkosten für eine lärmschutzneutrale Kragarmausbildung und eine transparente Ausbildung von Lärmschutzwänden im oberen Bereich. Zwischen Baulastträger und der Stadt N. sei keine Kostenübernahme zu Maßnahmen mit zusätzlichem Lärmschutzeffekt vereinbart, die im Hinblick auf die Rechtsprechung zur Kostenverhältnismäßigkeit nach § 41 BImschG im Planfeststellungsverfahren grenznutzenrelevant seien.
57Das Gutachten zu den Luftschadstoffbelastungen sei fachlich nicht zu beanstanden. Es zeige auf, dass im Bereich des Grundstückes der Klägerin zu 1. die Luftschadstoffe im Prognosefall unterhalb der maßgeblichen Grenzwerte liegen. Dabei sei mit 50.600 Kfz/24h die höchste Prognoseverkehrsbe-lastung aus dem Teilabschnitt zwischen B. Weg und X. Straße für die Berechnung des gesamten vorliegenden Streckenabschnittes der B 51 zu Grunde gelegt worden, während für den Bereich C2.-----weg ein um 17,5 % geringerer DTV-Wert von 41.730 Kfz/24h zutreffe. Das Gutachten, das von einer gefahrenen Geschwindigkeit von 70 km/h ausgehe, liege daher auch dann auf der sicheren Seite, wenn von der zuständigen Straßenverkehrsbehörde künftig ein Tempolimit von 100 km/h zugestanden würde. Eine Berechnung unter Zugrundelegung von 100 km/h habe ergeben, dass für das Grundstück der Klägerin zu 1. keine Grenzwertüberschreitungen zu erwarten seien.
58Der Planfeststellungsbeschluss enthalte an mehreren Stellen Auflagen und Abwägungen zur Problembewältigung von Bauimmissionen. Dadurch sei der Straßenbaulastträger primär an die Einhaltung der AVV-Baulärm gebunden. Unter Berücksichtigung weiterer Maßnahmen (möglichst geräuscharme Bauverfahren, Bauzaun, Modifizierungen der Baumaßnahmen im Hinblick auf die AVV) könnten die Voraussetzungen des § 906 BGB beim Ausbau der bestehenden Bundesfernstraße ortsüblich eingehalten werden. Vorsorglich sei die Öffnung des Entschädigungsverfahrens zum Schutz der Anwohner im Planfeststellungsbeschluss angeordnet worden.
59Gegenüber dem heute bestehenden Zustand werde eine Lärmsanierung an der B 51 erreicht. Damit gehe die Steigerung der Lebens- und Wohnqualität im Bereich N3. einher; dies gelte auch für Anwohner im Bereich der N5.---straße . Der Planfeststellungsbeschluss habe unvermeidbare Wertminderungen im Wege der Abwägung auch dann berücksichtigt, wenn Lärmvorsorgeansprüche wegen Unterschreitung der Grenzwerte nicht bestünden.
60Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die Gerichtsakte und die Beiakten des vorliegenden Verfahrens sowie auf die zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemachten planfestgestellten Unterlagen und Verwaltungsvorgänge des Beklagten (Beiakten zum Verfahren 11 D 6/12.AK).
61E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
62Die zulässige Klage ist nicht begründet. Sie dringt weder mit ihrem im Hauptantrag formulierten Anfechtungsantrag auf Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses (A.) noch mit dem hilfsweise gestellten Verpflichtungsantrag durch (B.).
63A. Der auf die Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses gerichtete Hauptantrag ist unbegründet. Gegenstand der Klage ist der Planfeststellungsbeschluss des Beklagten vom 30. September 2011 in der Fassung, die er durch den Planänderungsbescheid vom 12. August 2014 erhalten hat. Die Kläger haben diesen Planänderungsbescheid am 12. September 2014 in ihre Klage einbezogen. Der festgestellte Plan und die nachträgliche Änderung verschmelzen zu einem einzigen Plan; es kommt inhaltlich zu einer einheitlichen Planungsentscheidung. Das hat zur Folge, dass sich der Planfeststellungsbeschluss in seiner Ursprungsfassung prozessual erledigt und das Rechtsschutzinteresse für ein gegen ihn gerichtetes Klagebegehren entfällt. Will der Kläger weiterhin Rechtsschutz gegen die Planung erreichen, bleibt ihm also keine andere Wahl, als gegen diese Entscheidung in ihrer geänderten Fassung vorzugehen.
64Vgl. BVerwG, Urteil vom 18. März 2009 ‑ 9 A 31.07 ‑, Buchholz 310 § 74 VwGO Nr. 15, S. 2, m. w. N.
65I. Bei der Überprüfung des angefochtenen Planfeststellungsbeschlusses ist grundsätzlich auf die Sach- und Rechtslage bei seinem Erlass abzustellen.
66Vgl. etwa BVerwG, Urteile vom 12. März 2008 - 9 A 3.06 -, BVerwGE 130, 299 (376), und vom 12. August 2009 - 9 A 64.07 -, BVerwGE 134, 308 (319).
67Hieran ändert der Planänderungsbescheid vom 12. August 2014 nichts, da trotz des Entstehens einer einheitlichen Planungsentscheidung die Grundzüge der Planung nicht betroffen sind.
68Rechtsgrundlage des angegriffenen Planfeststellungsbeschlusses vom 30. Sep-tember 2011 ist § 17 FStrG in der Fassung der Bekanntmachung vom 28. Juni 2007 (BGBl. I S. 1206), im Zeitpunkt der Planfeststellung zuletzt geändert durch Gesetz vom 31. Juli 2009 (BGBl. I S. 2585), in Verbindung mit den §§ 72 ff. VwVfG NRW in der Fassung der Bekanntmachung vom 12. November 1999 (GV. NRW. S. 602), im maßgeblichen Zeitpunkt zuletzt geändert durch Gesetz vom 17. Dezember 2009 (GV. NRW. S. 861).
69Der Senat überprüft den streitigen Planfeststellungsbeschluss unbeschadet der sich aus § 86 Abs. 1 VwGO ergebenden Aufklärungspflicht grundsätzlich nur im Rahmen der vorgetragenen Tatsachen, durch deren Berücksichtigung oder Nichtberücksichtigung im Planfeststellungsverfahren sich ein Kläger beschwert fühlt. Dies folgt aus § 17e Abs. 5 FStrG. Diese Vorschrift setzt dem klagenden Beteiligten kraft Gesetzes eine Frist von sechs Wochen. Innerhalb dieser Frist muss der Kläger die ihn beschwerenden Tatsachen so konkret angeben, dass der Lebenssachverhalt, aus der er den mit der Klage verfolgten Anspruch ableitet, unverwechselbar feststeht. Mit weiteren Einwendungen ist ein Kläger nach Maßgabe des § 87b Abs. 3 VwGO ausgeschlossen. Ein späterer vertiefender Vortrag steht dem nicht entgegen.
70Vgl. zum inhaltsgleichen § 5 Abs. 3 VerkPBG: BVerwG, Urteile vom 31. März 1995 - 4 A 1.93 -, BVerwGE 98, 126 (129), und vom 24. Mai 1996 - 4 A 38.95 -, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 119, S. 142.
71Hiervon ausgehend leidet der Planfeststellungsbeschluss an keinem Rechtsfehler, der die Kläger im Sinne des § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO in ihren Rechten verletzt und die - vollständige oder teilweise - Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses oder zumindest die Feststellung seiner Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit rechtfertigt.
72Die Grundstücke der Kläger werden für das Vorhaben nicht in Anspruch genommen, weshalb dem angegriffenen Planfeststellungsbeschluss für das Eigentum der Kläger keine enteignungsrechtliche Vorwirkung (§ 19 Abs. 2 FStrG) zukommt. Die von der Planung also nur mittelbar - nach ihrem Vortrag insbesondere durch Lärmimmissionen und Luftschadstoffe - betroffenen Kläger können daher im Gegensatz zu einem unmittelbar mit enteignungsrechtlicher Vorwirkung Betroffenen keine umfassende gerichtliche Überprüfung des Planfeststellungsbeschlusses auf seine objektive Rechtmäßigkeit (sog. Vollprüfungsanspruch) beanspruchen. Sie können nur die Verletzung gerade sie schützender Normen des materiellen und des Verfahrensrechts sowie eine nicht ordnungsgemäße Abwägung ihrer geschützten Privatbelange rügen, nicht aber eine insgesamt fehlerfreie Abwägung und Planung verlangen.
73Vgl. BVerwG, Urteile vom 26. April 2007 - 4 C 12.05 -, BVerwGE 128, 358 (363 f.), und vom 9. Juni 2010 - 9 A 20.08 -, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 208, S. 133 f.
74Ob andere gegen das Vorhaben sprechende Belange ordnungsgemäß berücksichtigt worden sind, können sie demgegenüber ebenso wenig geltend machen wie die Frage, ob Rechtsnormen beachtet wurden, die nicht ihrem Schutz zu dienen bestimmt sind.
75Vgl. BVerwG, Urteil vom 10. Dezember 2012 ‑ 9 A 20.11 ‑, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 229, S. 71 f.
76II. Hieraus folgt zunächst, dass die Kläger nicht mit Erfolg geltend machen können, dass bei der Planung naturschutzrechtliche Belange, wie beispielsweise etwa diejenigen des Landschaftsschutzes, des Artenschutzes oder weitere Gesichtspunkte des allgemeinen Naturschutzes nicht angemessen berücksichtigt worden seien. Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege dienen dem Allgemeininteresse. Private Interessen werden hierdurch nicht geschützt.
77Vgl. BVerwG, Urteil vom 28. März 2007 ‑ 9 A 17.06 ‑, Buchholz 442.09 § 18 AEG Nr. 64, S. 18.
78Auf die Einhaltung des sogenannten Minimierungsgebots in § 15 BNatSchG können sich die Kläger daher nicht berufen. Ebenso wenig können sie anführen, dass die Ausgestaltung des Knotens B 51/X2. Straße zu „vermeidbaren Eingriffen“ führe.
79III. Die Einwände der Kläger gegen die formelle Rechtmäßigkeit des Planfeststellungsbeschlusses greifen nicht durch.
801. Die Kläger machen geltend, die Bekanntmachung der ersten Auslegung sei erst erfolgt, nachdem die Auslegung bereits begonnen habe, durch die Bekanntmachung erst wenige Tage vor Beginn der Auslegung fehle es an der erforderlichen Anstoßwirkung für die Öffentlichkeit und der Inhalt der öffentlichen Bekanntmachung verstoße gegen Vorgaben des Art. 6 Abs. 2 der UVP-Richtlinie. Diese Rügen führen nicht zu einem durchgreifenden Verfahrensfehler.
81a) Allerdings können sich die Kläger gemäß § 4 UmwRG grundsätzlich auch auf Verfahrensfehler im Zusammenhang mit der Umweltverträglichkeitsprüfung des nach dem 25. Juli 2005 eingeleiteten Verfahrens (vgl. § 5 Abs. 1 UmwRG) berufen.
82Nach Art. 10a Abs. 1 der im Zeitpunkt der Offenlegung noch geltenden Richtlinie 85/337/EWG des Rates vom 27. Juni 1985 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten (ABl. Nr. L 175 S. 40 ‑ im Folgenden: UVP-Richtlinie ‑), der durch Art. 3 Abs. 7 der Richtlinie 2003/35/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Mai 2003 über die Beteiligung der Öffentlichkeit bei der Ausarbeitung bestimmter umweltbezogener Pläne und Programme und zur Änderung der Richtlinien 85/337/EWG und 96/61/EG des Rates in Bezug auf die Öffentlichkeitsbeteiligung und den Zugang zu Gerichten (ABl. Nr. L 156 S. 17) in die UVP-Richtlinie eingefügt worden ist (im Folgenden: Öffentlichkeitsbeteiligungsrichtlinie), stellen die Mitgliedstaaten im Rahmen ihrer innerstaatlichen Rechtsvorschriften sicher, dass Mitglieder der betroffenen Öffentlichkeit, die
83a) ein ausreichendes Interesse haben oder alternativ
84b) eine Rechtsverletzung geltend machen, sofern das Verwaltungsverfahrensrecht bzw. Verwaltungsprozessrecht eines Mitgliedstaats dies als Voraussetzung erfordert,
85Zugang zu einem Überprüfungsverfahren vor einem Gericht oder einer anderen auf gesetzlicher Grundlage geschaffenen unabhängigen und unparteiischen Stelle haben, um die materiell-rechtliche und verfahrensrechtliche Rechtmäßigkeit von Entscheidungen, Handlungen oder Unterlassungen anzufechten, für die die Bestimmungen dieser Richtlinie über die Öffentlichkeitsbeteiligung gelten. Damit können die Kläger die „verfahrensrechtliche Rechtmäßigkeit“ der Umweltverträglichkeitsprüfung im Rahmen ihrer gegen den Planfeststellungsbeschluss gerichteten Klage anfechten, weil die Umweltverträglichkeitsprüfung nach § 2 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 2 Abs. 3 Nr. 1 UVPG ein unselbstständiger Teil eines Planfeststellungsverfahrens ist.
86Jedoch führt nicht jeder Verfahrensfehler zu einer Rechtsverletzung im Sinne des Art. 10a der UVP-Richtlinie. Nach der Rechtsprechung des EuGH haben die Mitgliedstaaten die Rechte zu bestimmen, bei deren Verletzung ein Rechtsbehelf in Umweltsachen eingelegt werden kann. Dabei darf die Auslegung der durch die UVP-Richtlinie verliehenen Rechte nicht praktisch unmöglich gemacht oder übermäßig erschwert werden. Der Unionsgesetzgeber habe in keiner Weise die Gründe beschränkt, die zur Stützung eines Rechtsbehelfs vorgebracht werden könnten. Jedenfalls habe er die Möglichkeit, einen Verfahrensfehler geltend zu machen, nicht an die Voraussetzung knüpfen wollen, dass dieser Fehler Auswirkungen auf den Inhalt der angegriffenen endgültigen Entscheidung habe. Da die Richtlinie unter anderem zur Festsetzung von Verfahrensgarantien diene, müsse die betroffene Öffentlichkeit grundsätzlich jeden Verfahrensfehler geltend machen können. Jedoch habe nicht jeder Verfahrensfehler zwangsläufig Folgen, die sich auf den Inhalt einer solchen Entscheidung auswirken könnten, so dass ein Fehler, bei dem dies nicht der Fall sei, denjenigen, der ihn geltend macht, nicht in seinen Rechten verletze. In einem solchen Fall erscheine das Ziel der UVP-Richtlinie nicht gefährdet. Die Mitgliedstaaten hätten einen „beträchtlichen Spielraum“ hinsichtlich der Bestimmung dessen, was eine Rechtsverletzung darstelle.
87Daher könne es zulässig sein, dass nach dem nationalen Recht keine Rechtsverletzung im Sinne des Art. 10a Buchstabe b der UVP-Richtlinie vorliege, wenn nach den Umständen des konkreten Falles nachweislich die Möglichkeit bestehe, dass die angegriffene Entscheidung ohne den geltend gemachten Verfahrensfehler nicht anders ausgefallen wäre. In Bezug auf das Kausalitätskriterium dürfe dem Rechtsmittelführer aber nicht die Beweislast aufgebürdet werden; es sei vielmehr auf von der zuständigen Behörde vorgelegte Beweise und die vorliegende Akte abzustellen. Dabei sei die Schwere des geltend gemachten Fehlers zu berücksichtigen und insbesondere zu prüfen, ob dieser Fehler der betroffenen Öffentlichkeit eine der Garantien genommen habe, die geschaffen worden seien, um ihr im Einklang mit den Zielen der UVP-Richtlinie Zugang zu Informationen und die Beteiligung am Entscheidungsprozess zu ermöglichen.
88Vgl. EuGH, Urteil vom 7. November 2013 ‑ C‑72/12 (Altrip) -, NuR 2013, 878 (881 f., Rdnr. 46 bis 54).
89Nach diesen Maßstäben liegt ein durchgreifender Verfahrensfehler nicht vor. Es ist nicht ersichtlich, dass die Entscheidung des Beklagten ohne die von den Klägern gerügten Verfahrensfehler im Hinblick auf die von ihnen geltend gemachten Rechtspositionen anders ausgefallen wäre. Dabei berücksichtigt der Senat, ohne dass den Klägern insoweit eine materielle Beweislast aufgebürdet würde, neben dem Vortrag des Beklagten in Umsetzung der Rechtsprechung des EuGH sowie gemäß § 86 Abs. 1 VwGO auch die vorliegenden Verwaltungsakten.
90b) Die möglicherweise verspätete Bekanntmachung der Auslegung ist unschädlich. Art. 6 Abs. 6 UVP-Richtlinie in der hier maßgebenden Fassung des Art. 3 Abs. 4 der Richtlinie 2003/35/EG regelt keinen genauen Zeitrahmen für die Dauer einer Auslegung, sondern fordert nur „ausreichend Zeit“, um die Öffentlichkeit zu informieren sowie zur effektiven Vorbereitung und Beteiligung der Öffentlichkeit. § 9 Abs. 1 Satz 3 UVPG verweist insoweit auf § 73 VwVfG. Daher wäre die in § 73 Abs. 3 Satz 1 VwVfG NRW vorgesehene Monatsfrist für die Dauer der Auslegung nicht eingehalten, wenn der Vortrag der Kläger zuträfe, dass die Bekanntmachung erst nach Beginn der Auslegung veröffentlicht wurde. Dies kann jedoch auf sich beruhen, weshalb dem in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisantrag nicht nachzugehen war.
91Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass aufgrund einer möglicherweise zu kurzen Auslegung der Inhalt des Planfeststellungsbeschlusses anders ausgefallen wäre. Nach der ersten Auslegung im Februar/März 2006 hat die Klägerin zu 1. fristgerecht umfangreich Einwendungen gegen das Vorhaben erhoben. Auch der Rechtsvorgänger des Klägers zu 2. hat Einwendungen erhoben. Beide Kläger behaupten nicht, dass sie wegen der Nichteinhaltung der Monatsfrist für die Auslegung gehindert gewesen seien, weitere Einwendungen zu erheben.
92Vgl. hierzu auch BVerwG, Urteil vom 24. No-vember 2011 ‑ 9 A 23.10 ‑, BVerwGE 141, 171 (173).
93Die Kläger können sich in diesem Zusammenhang nicht darauf berufen, es habe „an der erforderlichen Anstoßwirkung für die Öffentlichkeit“ gefehlt. Im Hinblick auf insgesamt 266 Einwendungen Privater sowie zahlreiche Stellungnahmen von Trägern öffentlicher Belange ist nicht ansatzweise ersichtlich, dass es an einer Anstoßwirkung für die Öffentlichkeit gefehlt haben könnte. Es ist auch nicht erkennbar, dass ein potenzieller Einwender sich nicht geäußert hat, weil die Auslegung zu spät bekanntgemacht worden sei. Daher ist insbesondere nicht ersichtlich, dass der betroffenen Öffentlichkeit im Sinne der Rechtsprechung des EuGH eine der Garantien genommen worden sein könnte, die geschaffen worden sind, um ihr im Einklang mit den Zielen der UVP-Richtlinie Zugang zu Informationen und die Beteiligung am Entscheidungsprozess zu ermöglichen.
94c) Ein auf das Ergebnis durchgreifender Verfahrensfehler liegt ebenso wenig vor, soweit der Inhalt der öffentlichen Bekanntmachung nicht den rechtlichen Vorgaben entspricht.
95Die Kläger machen geltend, die öffentliche Bekanntmachung verstoße gegen Vorgaben des im Jahr 2006 unmittelbar anwendbaren Art. 6 Abs. 2 der UVP-Richtlinie. Nach Art. 6 Abs. 2 der UVP-Richtlinie in der Fassung des Art. 3 Abs. 4 der Öffentlichkeitsbeteiligungsrichtlinie wird die Öffentlichkeit über Folgendes informiert:
96a) den Genehmigungsantrag;
97b) die Tatsache, dass das Projekt Gegenstand einer Umweltverträglichkeitsprüfung ist, …;
98c) genaue Angaben zu den jeweiligen Behörden, die für die Entscheidung zuständig sind, bei denen relevante Informationen erhältlich sind bzw. bei denen Stellungnahmen oder Fragen eingereicht werden können, sowie zu vorgesehenen Fristen für die Übermittlung von Stellungnahmen oder Fragen;
99d) die Art möglicher Entscheidungen, oder, soweit vorhanden, den Entscheidungsentwurf;
100e) die Angaben über die Verfügbarkeit der Informationen, die gemäß Art. 5 der UVP-Richtlinie eingeholt wurden;
101f) die Angaben, wann, wo und in welcher Weise die relevanten Informationen zugänglich gemacht werden;
102g) Einzelheiten zu den Vorkehrungen für die Beteiligung der Öffentlichkeit nach Art. 6 Abs. 5 der UVP-Richtlinie.
103Die Öffentlichkeitsbeteiligungsrichtlinie war nach deren Art. 6 Abs. 1 Satz 1 von den Mitgliedstaaten bis zum 25. Juni 2005 umzusetzen. Sie ist in der Bundesrepublik Deutschland jedoch erst durch das am 15. Dezember 2006 in Kraft getretene Öffentlichkeitsbeteiligungsgesetz (BGBl. I S. 2819) umgesetzt worden. Da die in Art. 6 Abs. 2 der UVP-Richtlinie getroffenen Regelungen über die Bekanntmachung inhaltlich unbedingt und hinreichend genau sind, waren sie nach dem 25. Juni 2005 unmittelbar anzuwenden,
104vgl. hierzu zusammenfassend Ruffert, in: Calliess, Ruffert (Hrsg.), EUV/AEUV, Das Verfassungsrecht der Europäischen Union mit europäischer Grundrechtecharta, Kommentar, 4. Auflage 2011, Art. 288 AEUV Rdnr. 47 ff. m. w. N.,
105und mithin auch für die vorliegende Bekanntmachung vom 10. Februar 2006 maßgebend. Die Kläger weisen zutreffend darauf hin, dass die Bekanntmachung im Hinblick auf eine Umweltverträglichkeitsprüfung unter Nr. 6 nur den Hinweis enthält: „Die Nrn. 1, 2, 3 und 5 gelten für die Anhörung der Öffentlichkeit zu den Umweltauswirkungen des Bauvorhabens nach § 9 Abs. 1 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung entsprechend.“ Aus dem Hinweis auf § 9 Abs. 1 UVPG ergab sich, dass das Projekt Gegenstand einer Umweltverträglichkeitsprüfung ist (vgl. Art. 6 Abs. 2 Buchst. b) UVP-Richtlinie). Es fehlen aber die nach Art. 6 Abs. 2 Buchst. e) der UVP-Richtlinie erforderlichen „Angaben über die Verfügbarkeit der Informationen, die gemäß Art. 5 eingeholt wurden“. Der Bekannt-machungstext enthält keinerlei Hinweis darauf, welche vom Vorhabenträger gemäß Art. 5 der UVP-Richtlinie vorgelegten Informationen verfügbar waren und von der Öffentlichkeit eingesehen werden konnten.
106Es ist jedoch (wiederum) nicht ersichtlich, dass dieser unzureichende Bekannt-machungstext sich auf den Inhalt des Planfeststellungsbeschlusses ausgewirkt haben könnte. Die Klägerin zu 1. und der Rechtsvorgänger des Klägers zu 2. haben fristgerecht Einwendungen erhoben, die sich insbesondere auf von ihnen befürchtete Lärm- und Luftschadstoffimmissionen auf ihren Grundstücken bezogen und damit gerade auf die sie berührenden Umweltauswirkungen des Vorhabens.
107Die hier gerügten Defizite der Bekanntmachung der Planauslegung stellen keine wesentlichen Verfahrensfehler dar. Sie betreffen bloße Bekanntmachungsdetails, von denen die gebotene Anstoßwirkung der Bekanntmachung, sich am Verfahren zu beteiligen, nicht abhängt. Aus dem Text der Bekanntmachung ergab sich mit der gebotenen Klarheit, dass die Beteiligung der betroffenen Öffentlichkeit die Beteiligung im Rahmen einer Umweltverträglichkeitsprüfung umfasste (Nr. 6 des Bekanntmachungstextes) und dass die ausgelegten Planunterlagen die Grundlage auch dieser Beteiligung bilden sollten. Die gerügten Mängel betrafen nicht den wesentlichen Bekanntmachungsinhalt; Unionsrecht gebietet daher nicht, sie unabhängig von ihrem Einfluss auf die Sachentscheidung als erheblich zu behandeln.
108Vgl. zu einer ähnlichen Fallgestaltung (kein Hinweis auf UVP-Pflichtigkeit und auf die nach § 6 UVPG vorgelegten Unterlagen) BVerwG, Urteil vom 24. November 2011 ‑ 9 A 23.10 ‑, BVerwGE 141, 171 (176).
109Dass die erforderliche Anstoßwirkung trotz des nicht ordnungsgemäßen Bekanntmachungstextes erreicht worden ist, zeigt die große Zahl von Einwendungen Privater und von Trägern öffentlicher Belange. Es ist weder vorgetragen noch aus den Akten ersichtlich, dass der betroffenen Öffentlichkeit Verfahrensgarantien genommen wurden, weil Einwendungen wegen eines unzureichenden Bekanntmachungstextes unterblieben oder für die Umweltverträglichkeitsprüfung relevante Gesichtspunkte deshalb nicht vorgebracht worden sind.
110d) Die öffentliche Bekanntmachung der Auslegung des Deckblattes I im Amtsblatt der Stadt N. vom 18. Mai 2007 entspricht ebenfalls nicht den Anforderungen des Art. 6 Abs. 2 Buchst. e) der UVP-Richtlinie sowie dem am 15. Dezember 2006 in Kraft getretenen § 9 Abs. 1a Nr. 5 UVPG, wonach bei der Bekanntmachung anzugeben ist, welche Unterlagen nach § 6 UVPG vorgelegt wurden. Der Bekanntmachungstext enthält nur den Hinweis, „dass die ausgelegten Planunterlagen die nach § 6 Abs. 3 UVPG notwendigen Angaben enthalten …“. Aus diesem Hinweis ergibt sich nicht, „welche Unterlagen nach § 6 vorgelegt wurden“.
111Es ist jedoch nicht ersichtlich, dass dieser unzureichende Bekanntmachungstext sich auf den Inhalt des Planfeststellungsbeschlusses ausgewirkt haben könnte. Zwar hat die Klägerin zu 1. hier ‑ anders als der Rechtsvorgänger des Klägers zu 2. ‑ keine (weiteren) Einwendungen erhoben. Das beruht jedoch nicht darauf, dass ihr die nach § 6 UVPG vorgelegten Unterlagen nicht bekannt waren; das behauptet sie auch nicht. Ebenso wie bei der ersten Auslegung ist hier nicht vorgetragen oder aus den Akten ersichtlich, dass der betroffenen Öffentlichkeit Verfahrensgarantien genommen wurden, weil Einwendungen wegen eines unzureichenden Bekanntmachungstextes unterblieben oder für die Umweltverträglichkeitsprüfung relevante Gesichtspunkte deshalb nicht vorgebracht worden sind.
1122. Der weitere Einwand der Kläger, die Auslegung der Planunterlagen hätte inhaltlich nicht den Anforderungen der §§ 9 Abs. 1b und 6 Abs. 3 UVPG sowie der UVP-Richtlinie entsprochen, greift nicht durch. Die Betroffenen sollen durch die Auslegung der Planunterlagen nach § 17a FStrG i. V. m. § 73 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 Satz 1 VwVfG NRW in die Lage versetzt werden, Einwendungen zu erheben, die zumindest in groben Zügen erkennen lassen, welche Rechtsgüter als gefährdet angesehen und welche Beeinträchtigungen befürchtet werden. Ausführungen, die wissenschaftlich-technischen Sachverstand erfordern, werden von den Betroffenen im Verwaltungsverfahren nicht verlangt. Dementsprechend muss die Auslegung nicht notwendig alle Unterlagen umfassen, die möglicherweise zur vollständigen Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Planung erforderlich sind, sondern kann sich auf die Unterlagen beschränken, deren der Einzelne bedarf, um „als Laie" den Grad seiner Betroffenheit abschätzen und sich das Interesse, Einwendungen zu erheben, bewusst machen zu können. Dazu gehören Gutachten nur dann, wenn ohne deren Kenntnis der mit der Auslegung bezweckte Anstoß zur Erhebung von Einwendungen verfehlt würde.
113Vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 3. März 2011 - 9 A 8.10 -, BVerwGE 139, 150 (152), m. w. N.
114Die UVP-Richtlinie verlangt vom Vorhabenträger bestimmte inhaltliche Angaben, stellt ihm aber frei, in welcher Form er sie vorlegt. Es reicht aus, wenn die erforderlichen Angaben sich aus verschiedenen Unterlagen ergeben, etwa aus dem Erläuterungsbericht, dem Landschaftspflegerischen Begleitplan, der schalltechnischen Untersuchung oder der Schadstoffuntersuchung. Sie müssen auch nicht zwingend in einem von der Zulassungsentscheidung gesonderten Dokument dargestellt werden.
115Vgl. BVerwG, Urteil vom 12. August 2009 - 9 A 64.07 -, BVerwGE 134, 308 (312 f.).
116Weder § 6 UVPG noch der UVP-Richtlinie ist eine Pflicht zu standardisierten oder schematisierten Darstellungsweisen zu entnehmen. Es bleibt demgemäß dem Vorhabenträger überlassen, ob er von der Möglichkeit der Darstellung in Form einer (eigenständigen und abgeschlossenen) Umweltverträglichkeitsstudie Gebrauch macht.
117Vgl. BVerwG, Urteil vom 19. Mai 1998 ‑ 4 C 11.96 ‑, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 138, S. 254.
118Auch eine konkrete Zeitvorgabe, innerhalb derer eine Umweltverträglichkeitsprüfung zu erstellen ist, ist dem Gesetz nicht zu entnehmen.
119Vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 12. August 2009 - 9 A 64.07 -, BVerwGE 134, 308 (312 f.).
120Diesen Anforderungen entspricht das hier zur Überprüfung stehende Verfahren. Der Vorhabenträger hatte der Anhörungsbehörde gemäß § 6 UVPG diverse Unterlagen vorgelegt, aus denen sich Auswirkungen des Vorhabens ‑ hier des Ausbaus der B 51 ‑ auf die Umwelt (vgl. § 2 Abs. 1 Satz 2 UVPG) ergeben, nämlich die Erläuterungsberichte vom 5. Dezember 2005 (Unterlage 1, Beiakte 2 zu 11 D 6/12.AK) und vom 2. Mai 2007 mit Schadstoffabschätzung (Unterlage 1-I, Beiakte 8 zu 11 D 6/12.AK), die Erläuterungsberichte zum wassertechnischen Entwurf vom 5. Dezember 2005 (Unterlage 11.1, Beiakte 2 zu 11 D 6/12.AK) und vom 2. Mai 2007 (Unterlage 11.1-I, Beiakte 8 zu 11 D 6/12.AK), die lärmtechnischen Unterlagen vom 5. Dezember 2005 und 2. Mai 2007, bestehend aus den detaillierten Erläuterungsberichten zur lärmtechnischen Untersuchung, den Berechnungen der Beurteilungspegel für Lärmvorsorge für die Bebauung (Unterlagen 12.1 und 12.2, Beiakte 3 zu 11 D 6/12.AK, und Unterlagen 12.1-I und 12.2-I, Beiakte 9 zu 11 D 6/12.AK), den Landschaftspflegerischen Begleitplan einschließlich der artenschutzrechtlichen Prüfung (Unterlage 13, Beiakte 4 zu 11 D 6/12.AK bzw. Unterlage 13-I, Beiakte 8 zu 11 D 6/12.AK). Diese Unterlagen haben im Rahmen des Anhörungsverfahrens öffentlich ausgelegen. Inhaltlich enthalten diese Unterlagen umfangreiche Feststellungen zu den Untersuchungen über die Umweltauswirkungen des Vorhabens und insbesondere die erforderlichen Angaben im Sinne des § 6 Abs. 3 und 4 UVPG.
121Entgegen der Auffassung der Kläger bedurfte es nicht einer gesonderten Auflistung, welche Unterlagen zur Umweltverträglichkeitsprüfung gehören. Die Unterrichtung der Öffentlichkeit über ein geplantes Vorhaben erfordert nicht zwingend die Zusammenfassung aller notwendigen Informationen in einer gesonderten Planunterlage. Ihrer Funktion, die Öffentlichkeit über die Auswirkungen zu unterrichten und den Betroffenen einen Anstoß zu geben, sich mit den Auswirkungen auseinanderzusetzen und über die Notwendigkeit diesbezüglicher Einwendungen schlüssig zu werden, kann die öffentliche Auslegung auch dann gerecht werden, wenn die notwendigen Angaben zwar in verschiedenen Planunterlagen enthalten sind, Wechselwirkungen jedoch nicht ausklammern.
122Vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 10. Oktober 2006 - 9 B 27.05 -, Buchholz 406.251 § 11 UVPG Nr. 4, S. 2 f.
123Derartige Wechselwirkungen waren hier aus den ausgelegten Unterlagen ohne Weiteres ersichtlich, weil insbesondere der ausgelegte Erläuterungsbericht (Unterlage 1, Beiakte 2 zu 11 D 6/12.AK) auf S. 13 bis 20 unter den Nrn. 5. und 6. bei der Beschreibung der Auswirkungen des Vorhabens auf die Umwelt und der Darstellung der geplanten Maßnahmen zum Schutz der Umwelt ausdrücklich Querverweise auf die lärmtechnischen Untersuchungen, die Abschätzung von verkehrsbedingten Schadstoffimmissionen und den Landschaftspflegerischen Begleitplan, mithin auf die weiteren Unterlagen enthält, die ebenfalls Gegenstand der Umweltverträglichkeitsprüfung waren. Damit waren im Anhörungsverfahren entgegen der Meinung der Kläger die Unterlagen zur Umweltverträglichkeitsprüfung hinreichend deutlich benannt. Darin liegt auch die nach § 6 Abs. 3 Satz 2 UVPG geforderte allgemein verständliche, nichttechnische Zusammenfassung der Angaben nach § 6 Abs. 3 Satz 1 UVPG.
124Der Umstand, dass im Erläuterungsbericht auf eine Umweltverträglichkeitsstudie aus dem Jahr 1993 hingewiesen worden ist, die 1994 ausgelegen habe (vgl. Unterlage 1, S. 2, Beiakte 2 zu 11 D 6/12.AK), erforderte entgegen der Meinung der Kläger nicht, dass auch diese Studie im Rahmen der Auslegung der Unterlagen zur Umweltverträglichkeitsprüfung hätte ausgelegt werden müssen. Abgesehen davon, dass bis zur Offenlegung der Planunterlagen zwischenzeitlich über zehn Jahre verstrichen und deshalb ohnehin - wie geschehen - neue Untersuchungen zu den umweltrelevanten Auswirkungen des Vorhabens erforderlich waren und durchgeführt wurden, war diese Umweltverträglichkeitsstudie nur ein Entscheidungsparameter, wobei der Beklagte sich für die dort favorisierte Tunnellösung nicht entschieden hat. Die Umweltverträglichkeitsprüfung ist nur für das konkrete Vorhaben mit der für dieses Vorhaben gewählten Trasse vorzunehmen.
125Vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Januar 1996 ‑ 4 C 5.95 ‑, BVerwGE 100, 238 (250); ferner Urteil vom 5. März 1997 ‑ 11 A 25.95 ‑, BVerwGE 104, 123 (128).
126Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts musste auch die Verkehrsprognose nicht ausgelegt werden.
127Vgl. etwa BVerwG, Urteile vom 9. Juni 2010 ‑ 9 A 20.08 ‑, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 208, S. 134 f., und vom 6. Oktober 2010 ‑ 9 A 12.09 ‑, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 212, S. 187.
128Es ist nicht ersichtlich, dass die Kläger ihre Betroffenheiten ohne diese Unterlage nicht oder nicht vollständig geltend machen konnten. Die Verkehrsbelastung der B 51 ließ sich dem Erläuterungsbericht vom 5. Dezember 2005 für das Prognose-jahr 2015 entnehmen sowie den Erläuterungen zum Deckblatt I vom 2. Mai 2007 für den Prognosehorizont 2020.
129Es ist von den Klägern im Übrigen weder konkret dargelegt worden noch ist es zu erkennen, dass sie durch die gewählte Verfahrensweise gehindert gewesen wären, überhaupt Einwendungen oder solche in der notwendigen inhaltlichen Tiefe zu erheben. Die ausgelegten Unterlagen waren im Sinne des § 6 Abs. 3 Satz 3 UVPG ohne Weiteres geeignet, den Klägern die Beurteilung zu ermöglichen, ob und in welchem Umfang sie von den Umweltauswirkungen des Vorhabens betroffen sind. Dementsprechend haben die Klägerin zu 1. und der Rechtsvorgänger des Klägers zu 2. das Anhörungsverfahren dazu genutzt, mit Schreiben vom 5. April 2006 und 29. März 2006 Einwendungen zu erheben, insbesondere zu den von ihnen für ihre Wohnhausgrundstücke befürchteten Lärm- und Luftschadstoffimmissionen.
130IV. Die Einwände der Kläger gegen die materielle Rechtswidrigkeit des Planfeststellungsbeschlusses führen ebenso wenig zum Erfolg der Klage.
1311. Der von der Klägerin zu 1. und dem Rechtsvorgänger des Klägers zu 2. im Einwendungsverfahren erhobene Einwand, die B 51 sei zur Autobahn aufzustufen, trifft nicht zu. Der erkennende (vormals 23.) Senat hat hierzu in seinem Urteil vom 20. September 1999 ‑ 23 D 98/95.AK ‑ betreffend den vierstreifigen Ausbau der B 51 von Bau-km 3+740 bis Bau-km 5+100 auf Seite 12 ausgeführt:
132„Die zur Prüfung dieser Behauptung gebotene Gesamtschau der planfestgestellten Trasse mit dem bereits fertiggestellten ersten Bauabschnitt der Ortsumgehung N. und dem sich im Nordosten anschließenden Streckenabschnitt zeigt, dass die Straße insbesondere nicht als Verlängerung der Bundesautobahn 43 planerisch entwickelt wird. Dies erweist sich an der Verknüpfung der B 51 mit der X1. Straße im Süden von N. . Hier stellt sich die Umgehungsstraße als Fortführung der alten Fahrbahn der B 51 (X1. Straße) dar, mit der sie über eine Kreuzung verknüpft ist. Die Verbindung zu dem als Autobahnzubringer zur A 1 und A 43 fungierenden Teil der B 51 erfolgt dagegen mittels zweier gebogener Verbindungsstreifen, die jeweils 90o-Winkel beschreiben.“
133Diese Bewertung wird durch den nunmehr planfestgestellten dritten Bauabschnitt der B 51 nicht in Frage gestellt, zumal sowohl die B 51 als auch die B 481n nach dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers (vgl. BT-Drucks. 15/3412, S. 42 Nr. 1646 und S. 46 Nr. 1817 zu § 1 Abs. 1 Satz 2 FStrAbG in der Fassung des Fünften Gesetzes zur Änderung des Fernstraßenausbaugesetzes vom 4. Oktober 2004, BGBl. I S. 2574) im Bedarfsplan für die Bundesfernstraßen als Bundesstraßen aufgenommen und eingestuft sind. Hieran ist der Beklagte gemäß Art. 20 Abs. 3 GG gebunden.
1342. Der Vortrag der Kläger, es sei eine neue Linienbestimmung erforderlich gewesen und die Bezugnahme auf die 1967 durchgeführte Linienbestimmung sei unzureichend, greift nicht durch.
135a) Eine Linienbestimmung war im vorliegenden Fall gemäß § 16 Abs. 1 Satz 2 FStrG weder für die B 51 noch für die B 481n erforderlich, da es sich bereits kraft Gesetzes um Ortsumgehungen handelt (so ausdrücklich BT-Drucks. 15/3412, S. 42 Nr. 1646 und S. 46 Nr. 1817 zu § 1 Abs. 1 Satz 2 FStrAbG).
136b) Darüber hinaus ist eine dem eigentlichen Planfeststellungsverfahren vorgelagerte Linienbestimmung keine formelle oder materielle Voraussetzung der Planfeststellung. Sie ist nicht auf unmittelbare Rechtswirkungen nach außen gerichtet, sondern hat innerhalb des Planungsverlaufs den Charakter einer vorbereitenden Grundentscheidung mit allein verwaltungsinterner Bedeutung. Rechtliche Verbindlichkeit gegenüber dem Träger der Straßenbaulast und gegenüber Dritten erlangt sie erst dadurch, dass sie in den Festsetzungen des Planfeststellungsbeschlusses ihren Niederschlag findet. Ein Planfeststellungsbeschluss ist nicht deshalb rechtswidrig, weil ihm kein Linienbestimmungsverfahren vorangegangen ist oder weil er von der festgelegten Linie abweicht. Umgekehrt lässt sich die Planung Dritten gegenüber nicht allein damit rechtfertigen, dass sie den Linienabstimmungs- oder -bestimmungsvorgaben entspricht. Vielmehr muss die Entscheidung der Planfeststellungsbehörde aus sich heraus den rechtlichen Anforderungen genügen.
137Vgl. BVerwG, Urteil vom 12. August 2009 - 9 A 64.07 -, BVerwGE 134, 308 (311 f.), ebenfalls zu einer fernstraßenrechtlichen Linienbestimmung aus den 1960er Jahren, und Urteil vom 6. November 2013 ‑ 9 A 14.12 ‑, BVerwGE 148, 373 (378 f.).
138Daher ist unerheblich, dass es zum Zeitpunkt der 1967 durchgeführten Linienbestimmung eine Umweltverträglichkeitsprüfung noch nicht gab. Vorliegend hat die Planfeststellungsbehörde eine eigenständige Abwägung zur Trassen- und Variantenwahl vorgenommen (vgl. PFB B. 5.3.3.1, S. 90 ff.). Diese Entscheidung muss den rechtlichen Anforderungen genügen.
139Vgl. BVerwG, Urteil vom 12. August 2009 ‑ 9 A 64.07 ‑, BVerwGE 134, 308 (312).
140Diese Voraussetzung ist erfüllt, wie weiter unten zu zeigen sein wird (A.III.4., S. 48 ff.).
141Die Vermutung der Kläger, der Beklagte habe eine „gestufte Prüfung“ vorgenommen, indem er im Planfeststellungsverfahren ausschließlich Umweltauswirkungen geprüft habe, die nicht Gegenstand der Umweltverträglichkeitsstudie von 1993 als „erster Stufe“ waren, trifft nicht zu. Der von den Klägern in diesem Zusammenhang in Bezug genommene § 15 Abs. 4 UVPG, wonach die Prüfung der Umweltverträglichkeit in der Linienbestimmung nachfolgenden Zulassungsverfahren auf zusätzliche oder andere erhebliche Umweltauswirkungen beschränkt werden kann, ist hier nicht zur Anwendung gekommen. Den umfangreichen Ausführungen zur Umweltverträglichkeitsprüfung im Planfeststellungsbeschluss (vgl. PFB, B. 4.4 ff., S. 55 bis 77) ist nicht zu entnehmen, dass nur Umweltauswirkungen geprüft werden sollten, die nicht schon Gegenstand der Umweltverträglichkeitsstudie von 1993 waren. Das folgt schon daraus, dass die in der Studie von 1993 favorisierte Tunnellösung gerade nicht planfestgestellt worden ist. Erst recht fehlt es an einer ausdrücklichen Beschränkung, die nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Folge haben kann, dass ein Fehler, der im abgeschichte-ten Teil der auf die Linienbestimmung bezogenen Umweltverträglichkeitsprüfung aufgetreten ist, sich bis zum Erlass des Planfeststellungsbeschlusses fortsetzt.
142Vgl. BVerwG, Urteil vom 6. November 2013 ‑ 9 A 14.12 ‑, BVerwGE 148, 373 (379).
1433. Die vom Beklagten durchgeführte Umweltverträglichkeitsprüfung ist inhaltlich nicht zu beanstanden. In materiellrechtlicher Hinsicht können die Kläger allerdings nicht nur geltend machen, dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung nicht durchgeführt worden ist, sondern auch, dass sie zwar durchgeführt wurde, aber mit wesentlichen Fehlern behaftet ist.
144Vgl. EuGH, Urteil vom 7. November 2013 ‑ C‑72/12 (Altrip) -, NuR 2013, 878 (881, Rdnr. 36-38); daran anknüpfend OVG NRW, Beschluss vom 23. Juli 2014 ‑ 8 B 356/14 ‑, NWVBl. 2014, 472.
145Das folgt aus Art. 10a der UVP-Richtlinie, der eine weiterreichende Regelung enthält als § 4 Abs. 1 Satz 1 UmwRG. Derartige wesentliche Fehler liegen aber nicht vor.
146a) Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 UVPG ist die Umweltverträglichkeitsprüfung ein unselbstständiger Teil verwaltungsbehördlicher Verfahren, die der Entscheidung über die Zulässigkeit von Vorhaben dienen. Zu diesen „UVP-pflichtigen Vorhaben“ gehört gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 UVPG i. V. m. Nr. 14.6 der Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung auch das vorliegend planfestgestellte Vorhaben, da die hierfür vorgesehene Vorprüfung des Einzelfalles zu dem Ergebnis geführt hat, dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist (vgl. § 3c Abs. 1 Satz 1 UVPG). Die Umweltverträglichkeitsprüfung umfasst nach § 2 Abs. 1 Satz 2 UVPG die Ermittlung, Beschreibung und Bewertung der unmittelbaren und mittelbaren Auswirkungen eines Vorhabens auf
1471. Menschen, einschließlich der menschlichen Gesundheit, Tiere, Pflanzen und biologische Vielfalt,
1482. Boden, Wasser, Luft, Klima und Landschaft,
1493. Kulturgüter und sonstige Sachgüter sowie
1504. die Wechselwirkung zwischen den vorgenannten Schutzgütern.
151Das Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung setzt die UVP-Richtlinie in deutsches Recht um. Das Umweltrecht hat durch die UVP-Richtlinie ‑ und damit auch durch das Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung ‑ keine materielle Anreicherung erfahren. Die gemeinschaftsrechtliche Regelung enthält sich materiellrechtlicher Vorgaben. Sie beschränkt sich auf verfahrensrechtliche Anforderungen im Vorfeld der Sachentscheidung. Daher hat der Projektträger schon bei Antragstellung Angaben darüber zu machen, wie sich sein Vorhaben auf Menschen, Tiere und Pflanzen, Boden, Wasser, Luft, Klima und Landschaft, einschließlich der Wechselbeziehungen, sowie auf Kultur- und sonstige Sachgüter auswirkt. Auf der Grundlage dieser Angaben hat die Planungsbehörde die Öffentlichkeit zu beteiligen sowie ihrerseits die Umweltauswirkungen zusammenfassend darzustellen und zu bewerten. Für die Planungsbehörde ist die Umweltverträglichkeitsprüfung als unselbstständiger Teil des Planfeststellungsverfahrens ein eingeschobener formalisierter Zwischenschritt mit dem Ziel einer zunächst auf Umweltbelange beschränkten Bewertung der Auswirkungen des Vorhabens im Rahmen der Abwägung aller Belange. Sie dient als wirkungsvolle Methode, die Umweltbelange in den Abwägungsprozess einzuführen.
152Vgl. grundlegend BVerwG, Urteil vom 25. Januar 1996 ‑ 4 C 5.95 ‑, BVerwGE 100, 238 (243, 245 ff.).
153Dementsprechend gebieten die UVP-Richtlinie und das Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung nicht, dass Umweltauswirkungen anhand standardisierter Maßstäbe oder in standardisierten oder schematisierten und rechenhaft handhabbaren Verfahren ermittelt und bewertet werden. Die Umweltverträglichkeitsprüfung ist auch kein „Suchverfahren“, in dem alle nur erdenklichen Auswirkungen eines Vorhabens auf Umweltgüter und deren Wertigkeit bis in alle Einzelheiten und feinsten Verästelungen zu untersuchen wären und gar Antworten auf in der Wissenschaft bisher noch ungeklärte Fragen gefunden werden müssten. Die UVP-Richtlinie fordert, dass die Umweltverträglichkeitsprüfung die erforderlichen Grundlagen für ein „Beurteilung der möglichen erheblichen Umweltauswirkungen“ eines Projekts liefert (Vorbemerkung, Erwägungsgrund 6); deshalb muss der Projektträger Angaben vorlegen „zur Feststellung und Beurteilung der Hauptwirkungen, die das Projekt voraussichtlich für die Umwelt haben wird“ (Art. 5 Abs. 2 der UVP-Richtlinie). Das Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung fordert für die vom Vorhabenträger vorzulegenden Unterlagen, dass sie u. a. eine „Beschreibung der zu erwartenden erheblichen Auswirkungen des Vorhabens auf die Umwelt“ enthalten, und schreibt dafür die „Berücksichtigung des allgemeinen Kenntnisstandes und der allgemein anerkannten Prüfungsmethoden“ (§ 6 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 UVPG) vor.
154Vgl. BVerwG, Urteil vom 21. März 1996 - 4 C 19.94 -, BVerwGE 100, 370 (377).
155Die Umweltverträglichkeitsprüfung soll die Umweltbelange so herausarbeiten, dass sie in die Abwägung in gebündelter Form eingehen.
156Vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Juni 2014 ‑ 9 A 1.13 ‑, BVerwGE 150, 92 (97).
157Wie bereits zur Frage der Auslegung der Planunterlagen dargelegt, verlangen die Vorschriften über die Umweltverträglichkeitsprüfung vom Vorhabenträger bestimmte inhaltliche Angaben, stellen ihm aber frei, in welcher Form er sie vorlegt. Es reicht aus, dass dem Planfeststellungsbeschluss mehrere zeitnah erstellte Untersuchungen zu den von dem Vorhaben berührten Umweltbelangen zu Grunde lagen und diese einer ausführlichen Würdigung unterzogen wurden. Die erforderlichen Angaben können sich etwa aus dem Landschaftspflegerischen Begleitplan, dem Erläuterungsbericht, der schalltechnischen Untersuchung oder der Schadstoffuntersuchung ergeben. Sie müssen auch nicht zwingend in einem von der Zulassungsentscheidung gesonderten Dokument dargestellt werden. Auch eine konkrete Zeitvorgabe, innerhalb derer eine Umweltverträglichkeitsprüfung zu erstellen ist, ist dem Gesetz nicht zu entnehmen.
158Vgl. BVerwG, Urteil vom 12. August 2009 ‑ 9 A 64.07 ‑, BVerwGE 134, 308 (312 f.).
159Die von den Klägern unter Hinweis auf § 15 Abs. 4 UVPG und die Linienbestimmung aufgeworfene Frage der Zulässigkeit eines „gestuften Verfahrens“ stellt sich hier nicht. Die vom Beklagten neben zahlreichen weiteren Unterlagen angeführte UVS von 1993 ist nur ein „Mosaikstein“ der Umweltverträglichkeitsprüfung. Es versteht sich von selbst, dass sie durch aktuelle Untersuchungen zu ergänzen war und auch ergänzt worden ist. Wenn die Kläger die Bezugnahme des Beklagten auf die UVS von 1993 als „absurd“ bezeichnen, sei der Hinweis erlaubt, dass sie gerade die Verwirklichung der in dieser UVS favorisierten, jedoch nicht plan-festgestellten Tunnellösung fordern. Die Klägerin zu 1. rügt in ihrem Einwendungsschreiben vom 5. April 2006 ausdrücklich, die Ergebnisse der UVS von 1993 seien missachtet worden.
160b) Die vom Beklagten im Planfeststellungsbeschluss dargelegte Umweltverträglichkeitsprüfung genügt inhaltlich den vorstehend aufgezeigten Maßstäben.
161Wie oben dargelegt (A.III.2., S. 36 f.) hatte der Vorhabenträger dem Beklagten gemäß § 6 UVPG im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens diverse Unterlagen vorgelegt, aus denen sich Auswirkungen des Vorhabens auf die Umwelt ergeben. § 11 Satz 1 UVPG sieht vor, dass die zuständige Behörde sodann auf der Grundlage der Unterlagen nach § 6 UVPG, der behördlichen Stellungnahme nach den §§ 7 und 8 UVPG sowie der Äußerungen der betroffenen Öffentlichkeit nach den §§ 9 und 9a UVPG eine zusammenfassende Darstellung der Umweltauswirkungen des Vorhabens sowie der Maßnahmen erarbeitet, mit denen erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen vermieden, vermindert oder ausgeglichen werden, einschließlich der Ersatzmaßnahmen bei nicht ausgleichbaren, aber vorrangigen Eingriffen in Natur und Landschaft. Nach § 11 Satz 4 UVPG kann die zusammenfassende Darstellung in der Begründung der Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens erfolgen. Das ist hier geschehen. Der Beklagte hat im Planfeststellungsbeschluss auf Seite 58 bis 69 eine derartige zusammenfassende Darstellung gegeben. Sie deckt inhaltlich die Vorgaben des § 11 Satz 1 UVPG ab. Die in § 2 Abs. 1 Satz 2 UVPG aufgezählten Gesichtspunkte sind vollständig abgearbeitet. Es schließt sich auf Seite 69 bis 77 die in § 12 UVPG vorgesehene Bewertung der Umweltauswirkungen des Vorhabens auf der Grundlage der zusammenfassenden Darstellung nach § 11 UVPG an.
162Die von den Klägern in diesem Zusammenhang vermissten „erheblichen, jedoch noch nicht unzumutbaren bzw. grenzwertüberschreitenden Umweltauswirkungen“ mussten im Hinblick auf das umfassende an den Immissionsgrenzwerten der 16. BImSchV orientierte Lärmschutzkonzept des Beklagten und das vom Gutachterbüro M. erstellte Luftschadstoffgutachten von September 2011 nicht gesondert ermittelt und dargestellt werden. Sie spielen eine Rolle bei der Prüfung, ob die Möglichkeit erheblicher nachteiliger Umweltauswirkungen im Sinne des § 3c Satz 1 UVPG besteht, die mehr als geringfügig und damit abwägungserheblich sind,
163vgl. BVerwG, Urteil vom 17. Dezember 2013 ‑ 4 A 1.13 ‑, BVerwGE 148, 353 (362, 364),
164mithin für die Vorprüfung, ob überhaupt eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist. Im vorliegenden Fall ist jedoch eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt worden.
165c) Entgegen der Auffassung der Kläger musste sich die Umweltverträglichkeitsprüfung nicht auf alle betrachteten oder denkbaren Varianten beziehen, sondern durfte sich auf diejenige Variante beschränken, die nach dem aktuellen Planungsstand noch ernstlich in Betracht kam.
166Vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Januar 1996 ‑ 4 C 5.95 ‑, BVerwGE 100, 238 (250).
167Das folgt bereits daraus, dass die UVP-Richtlinie und damit das Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung keine Änderung oder Verschärfung materiell-rechtlicher Zulassungsvoraussetzungen enthalten. In der Rechtsprechung ist geklärt, dass die Planfeststellungsbehörde auf der Grundlage einer Grobanalyse solche Alternativen, die als weniger geeignet erschienen, schon in einem frühen Verfahrensstadium ohne nähere Untersuchung ausscheiden darf.
168Vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 23. März 2011 ‑ 9 A 9.10 ‑, juris, Rdnr. 33.
169Damit darf die Planfeststellungsbehörde Planungsalternativen, die nach einer Art Grobanalyse in einem früheren Planungsstadium nicht in Betracht kommen, für die weitere Detailprüfung und damit auch (im Detail) für die förmliche Umweltverträglichkeitsprüfung ausscheiden.
170Vgl. BVerwG, Beschluss vom 16. August 1995 - 4 B 92.95 -, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 104, S. 48 f.
171In Betracht kommende andere Lösungen müssen daher nicht selbst Gegenstand der Umweltverträglichkeitsprüfung sein. Die UVP-Richtlinie beschränkt sich in Art. 5 Abs. 1 i. V. m. Nr. 2 des Anhangs III ebenso wie § 6 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 UVPG ausdrücklich auf die Forderung, dass der Vorhabenträger gegebenenfalls eine Übersicht über die wichtigsten anderweitigen vom Projektträger geprüften Lösungsmöglichkeiten gibt und Angaben zu den wesentlichen Auswahlgründen in Hinblick auf die Umweltauswirkungen macht.
172Vgl. BVerwG, Urteil vom 27. Oktober 2000 ‑ 4 A 18.99 ‑, BVerwGE 112, 140 (150).
173Die Pflicht zur förmlichen Umweltverträglichkeitsprüfung nach Maßgabe des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung setzt immer erst ein, wenn sich der Vorhabenträger für ein bestimmtes Projekt entschieden hat und dessen Zulassung beantragt.
174Vgl. BVerwG, Beschluss vom 14. Mai 1996 - 7 NB 3.95 -, Buchholz 406.251 § 2 UVPG Nr. 3, S. 9.
175So ist der Beklagte hier vorgegangen. Er hat im Planfeststellungsbeschluss im Rahmen seiner Ausführungen über die Umweltverträglichkeit auf Seite 57 f. ausdrücklich auf die Variantenprüfung in Abschnitt B. 5.3.3 (S. 90 bis 95) verwiesen. Das entspricht den Anforderungen der UVP-Richtlinie sowie des § 6 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 UVPG. Weitergehende inhaltliche Anforderungen an die Umweltverträglichkeitsprüfung ergeben sich weder aus der UVP-Richtlinie noch aus dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung.
1764. Die Planung verstößt nicht gegen das in § 17 Satz 2 FStrG enthaltene Abwägungsgebot.
177a) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts verlangt das Abwägungsgebot, dass ‑ erstens ‑ eine Abwägung überhaupt stattfindet, dass ‑ zweitens ‑ in die Abwägung an Belangen eingestellt wird, was nach Lage der Dinge in sie eingestellt werden muss, und dass ‑ drittens ‑ weder die Bedeutung der betroffenen öffentlichen und privaten Belange verkannt noch der Ausgleich zwischen ihnen in einer Weise vorgenommen wird, die zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht.
178Vgl. grundlegend etwa BVewG, Urteil vom 7. Juli 1978 ‑ 4 C 79.76 u. a. ‑, BVerwGE 56, 110 (122 f.).
179Die Frage, ob einer Planung eine gerechte Interessenabwägung zu Gunde liegt, ist nur einer eingeschränkten gerichtlichen Kontrolle zugänglich. Die Gerichte haben, soweit der Abwägungsvorgang fehlerfrei ist, das Ergebnis der Abwägung grundsätzlich hinzunehmen und es zu respektieren, dass sich der Planungsträger in der Kollision zwischen verschiedenen Belangen für die Bevorzugung des einen und damit notwendig für die Zurückstellung eines anderen entschieden hat.
180Vgl. BVerwG, Urteil vom 15. Januar 2004 ‑ 4 A 11.02 ‑, BVerwGE 120, 1 (13).
181Nach § 17e Abs. 6 Satz 1 FStrG sind Mängel bei der Abwägung der von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange nur erheblich, wenn sie offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen sind. Ergebnisrelevanz in diesem Sinne liegt vor, wenn nach den Umständen des Falles die konkrete Möglichkeit besteht, dass ohne den Abwägungsmangel eine andere Entscheidung getroffen worden wäre; eine nur abstrakte Möglichkeit einer anderen Entscheidung genügt nicht. Insoweit ist der Abwägungsvorgang in allen seinen Phasen in den Blick zu nehmen. Daher kann die Möglichkeit einer anderen Entscheidung nur dann verneint werden, wenn der konkret vorliegende Abwägungsfehler weggedacht werden kann, ohne dass auf einer nachfolgenden Stufe der Abwägung ein weiterer Mangel erwächst, auf dem die angegriffene Entscheidung beruhen kann. Besteht der Abwägungsmangel in der fehlerhaften Berücksichtigung eines abwägungserheblichen Belangs und ergeben sich keine konkreten Anhaltspunkte, dass die Planfeststellungsbehörde ohne diesen Mangel zu einem anderen Abwägungsergebnis gelangt wäre, ist also zusätzlich zu prüfen, ob die auf der nachfolgenden Stufe gebotene Abwägung im engeren Sinne ‑ das Ins-Verhältnis-Setzen der gegenläufigen Belange ‑ das Abwägungsergebnis auch dann rechtfertigen würde, wenn der auf der vorhergehenden Stufe unterlaufene Mangel unterblieben wäre.
182Vgl. BVerwG, Urteil vom 24. November 2011 ‑ 9 A 23.10 ‑, BVerwGE 141, 171 (191).
183Als nur mittelbar von dem Vorhaben Betroffene können die Kläger eine gerichtliche Abwägungskontrolle nur hinsichtlich ihrer eigenen Belange und ‑ wegen der insoweit bestehenden Wechselbeziehung ‑ der ihren Belangen gegenübergestellten, für das Vorhaben streitenden Belange verlangen. Ob andere gegen das Vorhaben sprechende Belange ordnungsgemäß berücksichtigt worden sind, können sie dem gegenüber ebenso wenig geltend machen wie die Frage, ob Rechtsnormen beachtet wurden, die nicht ihrem Schutz zu dienen bestimmt sind.
184Vgl. BVerwG, Urteil vom 10. Oktober 2012 ‑ 9 A 20.11 ‑, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 229, S. 71 f.
185Nach diesen Maßstäben sind die Belange der Kläger rechtsfehlerfrei abgewogen worden.
186b) Die Prüfung der Varianten des Ausbaus der B 51 lässt keinen Abwägungsfehler zu Lasten der Kläger erkennen. Der Beklagte musste keine die Kläger weniger belastende Variante ernsthaft in Betracht ziehen. Kommen Alternativlösungen ernsthaft in Betracht, so hat die Planungsbehörde sie zwar als Teil des Abwägungsmaterials mit der ihnen objektiv zukommenden Bedeutung in die vergleichende Prüfung der von den möglichen Varianten jeweils berührten öffentlichen und privaten Belange unter Einschluss des Gesichtspunkts der Umweltverträglichkeit einzubeziehen. Sie ist indes nicht verpflichtet, die Variantenprüfung bis zuletzt offen zu halten und alle von ihr zu einem bestimmten Zeitpunkt erwogenen Alternativen gleichermaßen detailliert und umfassend zu untersuchen. Auch im Bereich der Planungsalternativen braucht sie den Sachverhalt nur soweit aufzuklären, wie dies für eine sachgerechte Trassenwahl und eine zweckmäßige Gestaltung des Verfahrens erforderlich ist. Sie ist befugt, eine Alternative, die ihr auf der Grundlage einer Grobanalyse als weniger geeignet erscheint, schon in einem frühen Verfahrensstadium ohne nähere Untersuchung auszuscheiden.
187Vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 23. März 2011 ‑ 9 A 9.10 ‑, juris, Rdnr. 33.
188Verfährt sie in dieser Weise, so handelt sie abwägungsfehlerhaft nicht schon, wenn sich herausstellt, dass die von ihr verworfene Lösung ebenfalls mit guten Gründen vertretbar gewesen wäre, sondern erst, wenn diese Lösung sich ihr hätte aufdrängen müssen.
189Vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 25. Januar 1996 - 4 C 5.95 -, BVerwGE 100, 238 (249 f.), m. w. N.
190Gemessen an diesen Grundsätzen ist dem Beklagten kein Abwägungsfehler bei der Variantenprüfung unterlaufen.
191aa) Der Beklagte hat im Planfeststellungsbeschluss ausführlich dargelegt, welche Überlegungen ihn dazu bewogen haben, sich unter den näher untersuchten Varianten - einschließlich der sog. Null-Variante - für die planfestgestellte zu entscheiden (PFB B. 5.3.3.1 f., S. 90 ff.). Die sog. Null-Variante auszuschließen, d. h. von dem Ausbau nicht Abstand zu nehmen, ist nicht abwägungsfehlerhaft. Der Beklagte hat ausgeführt, dass die B 51 in ihrem jetzigen Zustand nicht in der Lage ist, die aufkommenden Verkehrsströme sicher und zügig zu bewältigen und die entsprechenden Verkehrsmengen aufzunehmen. Dagegen ist nichts zu erinnern. Die Kläger selbst gehen vielmehr von noch größeren Verkehrsmengen aus und weisen darauf hin, dass die B 51 als Umgehungsstraße N. die meistbefahrene Bundesstraße im Münsterland sei.
192bb) Zudem ist nach § 1 Abs. 2 Satz 2 FStrAbG die hier vorliegende gesetzliche Feststellung des vordringlichen Bedarfs für die nachfolgende straßenrechtliche Planfeststellung verbindlich. Der Planungsträger ist jedoch nicht gehindert, etwa statt des Ausbaus einer Bestandstrasse eine Neubaustrecke als Trassenalter-native zu erwägen. Allerdings ist es auch nicht zu beanstanden, wenn der Planungsträger sich beim Ausbau eines bereits vorhandenen Straßenzuges - wie hier - aus nachvollziehbaren Gründen gegen eine Neutrassierung ausspricht und auf dieser Grundlage entsprechende Planungsalternativen verwirft.
193Vgl. BVerwG, Beschluss vom 5. November 2002 - 9 VR 14.02 -, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 171, S. 134, m. w. N.
194cc) Es ist abwägungsfehlerfrei, dass sich der Beklagte in der Variantenprüfung in erster Linie aus Kostengründen gegen die von den Klägern geforderte Tunnellösung oder Einhausung entschieden hat. In die Entscheidung der Planfeststellungsbehörde für die eine oder andere Trassen- oder Ausführungsvariante dürfen Kostengesichtspunkte einfließen. Denn das Interesse, den finanziellen Aufwand für den Straßenbau gering zu halten, gehört zu den öffentlichen Belangen, denen in der Abwägung Rechnung zu tragen ist.
195Vgl. etwa BVerwG, Urteile vom 9. November 2000 - 4 A 51.98 -, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 159, S. 67, m. w. N., und vom 3. März 2011 ‑ 9 A 8.10 ‑, BVerwGE 139, 150 (178 f.).
196In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass dem Gebot der sparsamen und wirtschaftlichen Mittelverwendung, das in § 7 Abs. 1 BHO seine gesetzliche Ausprägung gefunden hat, als eigenständigem öffentlichen Belang in der Abwägung Rechnung zu tragen ist. Er kann nach den konkreten Umständen des Falles sogar das private Interesse überwiegen, von einer Grundstücksinanspruchnahme verschont zu bleiben.
197Vgl. BVerwG, Urteil vom 24. November 2011 ‑ 9 A 23.10 ‑, BVerwGE 141, 171 (193).
198Der Beklagte hat unter Berufung auf erhebliche Mehrkosten eine Tunnellösung in Form eines Leichtbautunnels (System „Züblin“) als Planungsvariante (PFB B. 5.3.3.2., S. 93) unter Verweis auf das Lärmschutzkonzept (PFB B. 5.3.5.1.2, S. 103 f., und B. 5.3.5.1.5, S. 112 f.) verworfen. Im Planfeststellungsbeschluss hat der Beklagte die Kosten für einen (Standard-)Tunnel mit 42,12 Mio. Euro beziffert, für einen Leichtbautunnel (System „Züblin“) mit 21,6 Mio. Euro (S. 113). Demgegenüber hat er die Kosten für das in der Planfeststellung gewählte Lärmschutzkonzept für diesen Teilbereich mit 11.173.814 Euro (S. 103) bzw. 10,45 Mio. Euro (S. 113) angegeben. Für einen „Züblin-Tunnel“ fielen damit Mehrkosten von 10,132 Mio. Euro (S. 103) oder 10,15 Mio. Euro (S. 113) an, d. h. die Kosten pro geschützter Wohneinheit würden von 14.389 Euro (S. 103) bzw. 14.418 Euro (S. 113) auf 26.899 Euro (S. 104) ansteigen, das stehe außer Verhältnis zum angestrebten Schutzzweck. Darüber hinaus würden für eine weitere Gradientenab-senkung der Trasse auf etwa 6 m Mehrkosten von rund 10,6 Mio. Euro anfallen (S. 104, 113). Danach würde eine „Tunnellösung“ gegenüber der planfestgestellten Lösung insgesamt mehr als 20 Mio. Euro zusätzliche Kosten verursachen.
199Die von den Klägern hiergegen erhobenen Einwände greifen nicht durch. Zwar haben die Kläger Kostenansätze für einzelne Komponenten des Lärmschutz-konzepts in Frage gestellt, jedoch hiermit insgesamt nicht dargetan, dass die (Vergleichs-)Berechnungen des Beklagten gänzlich neben der Sache liegen. Denn es erschließt sich von selbst, dass Tunnelbauwerke, Teilabdeckungen und Einhausungen nebst Gradientenabsenkung - im vorliegenden Fall auf etwa 6 m - gegenüber dem Straßenbau auf der freien Strecke wesentlich höhere Kosten verursachen.
200Vgl. auch BVerwG, Urteil vom 23. März 2011 ‑ 9 A 9.10 ‑, juris, Rdnr. 34; ferner ergänzend Bundesministerium für Verkehr, Allgemeines Rundschreiben Straßenbau (ARS) 25/1998 vom 28. Juni 1998, VkBl. S. 848, i. V. m. Leitfaden für die Planungsentscheidung „Einschnitt oder Tunnel“, S. 7 ff.
201Bei Baukosten, die jedenfalls deutlich höher liegen als bei einem konventionellen Straßenbau, ist es nicht zu beanstanden, wenn sich der Beklagte gegen die in Rede stehenden Alternativen entschieden hat.
202Vgl. ergänzend BVerwG, Urteil vom 21. Mai 2008 ‑ 9 A 68.07 -, juris, Rn. 18.
203Es kommt hinzu, dass ein Tunnel gegenüber der planfestgestellten Lösung dauerhaft höhere Unterhaltungskosten verursacht. Zudem soll der Ausbau der B 51 wegen der Bedeutung der Verkehrsachse bei laufendem Betrieb durchgeführt werden. Die Kläger weisen in einem anderen Zusammenhang zutreffend darauf hin, dass die B 51 als Umgehungsstraße N. nach den Ergebnissen der Verkehrszählung 2010 die meistbefahrene Bundesstraße im Münsterland ist. Neben den durch Bauarbeiten ohnehin verursachten Behinderungen des Verkehrsflusses müssten zusätzliche Untertunnelungs- oder Einhausungsarbeiten in dem baulich verdichteten Umfeld über einen längeren Zeitraum zu einer vollständigen Sperrung der Strecke führen. Die dadurch im Stadtbereich N. verursachten Verkehrsprobleme wären kaum lösbar, weil eine geeignete Umleitung nicht zur Verfügung steht. Der Beklagte weist unter B. 5.3.12.8, S. 156, des Planfeststellungsbeschlusses darauf hin, dass durch eine Sperrung der B 51 während der Bauzeit das untergeordnete Straßennetz erheblich belastet würde. Dies würde insbesondere die N5.---straße , den N.--------weg sowie den M. - und E.--------weg betreffen, die aufgrund ihrer Ausstattung nicht in der Lage seien, solche Ausweichverkehre aufzunehmen.
204dd) Schließlich liegt es auf der Hand, dass die von den Klägern angeführte Alternativtrasse, die am Ende des zweiten Bauabschnitts der B 51 nach rechts abknicken, dann etwa einen Kilometer nach Osten führen, die Bahntrasse queren und dann nach links abknicken und parallel zum Bahndamm nach Norden geführt werden soll, nicht ernsthaft in Betracht zu ziehen war. Abgesehen von einem im Vergleich zur planfestgestellten Variante weitaus größeren Landschaftsverbrauch wären wegen des Verlassens der bisherigen Trasse unschwer erkennbar erhebliche Mehrkosten entstanden, da in diesem Falle ein Neubau der Straße erforderlich geworden wäre. Auch hätte die Verschwenkung eine kurvenreichere und bewegte Linienführung zur Folge, was dem Charakter einer Bundesfernstraße widerspricht. Im Übrigen ließe sich die Alternativlösung auch nicht annähernd so verwirklichen, wie von den Klägern in der Klagebegründung skizziert: Laut Erläuterungsbericht vom 5. Dezember 2005, Seite 7 (vgl. Teil A: B 51.3 Mappe 1, Unterlage 1, auch Unterlage 7.1, Beiakte 2 zu 11 D 6/12.AK), erhält die B 51 einen Regelquerschnitt von 26,00 m Kronenbreite (RQ 26). Die vom Beklagten noch herangezogenen und bis 2013 für die Entwurfsgestaltung maßgeblichen Richtlinien für die Anlage von Straßen - RAS - Teil Querschnitte (RAS-Q 96), eingeführt durch Allgemeines Rundschreiben Nr. 28/1996 vom 15. August 1996, VkBl. 1996, S. 481, sehen für den Straßenquerschnitt RQ 26 im Anhang unter 1.2.1 (Blatt 13) eine Bemessungsgeschwindigkeit von 100 bis 70 km/h vor. Die dafür erforderlichen Kurvenradien schließen die von den Klägern skizzierte Trassenführung mit einem scharfen Rechtsknick zum Verlassen der Bestandstrasse und einem scharfen Linksknick nach Unterquerung der Güterumgehungsbahn bereits offensichtlich aus.
205Zudem kann wegen der Breite der Straße von einem geringfügigen Eingriff in das Landschaftsschutzgebiet X3. -F. -Niederung „nur an seinem äußersten Rand“ keine Rede sein. Da die Trasse östlich der Güterumgehungsbahn über mehr als 3 km bis zur X2. Straße verlaufen soll, müsste bei einer Breite von 26 m eine Fläche von ca. 8 ha neu versiegelt werden. Hinzu käme, dass die Trasse hinter der Unterquerung des Bahndamms wegen der erforderlichen Kurvenradien nicht sofort scharf nach links abknicken könnte, sondern in einem Bogen wieder an den Bahndamm herangeführt werden müsste. Das Landschafts-schutzgebiet würde also nicht „nur an seinem äußersten Rand tangiert“, sondern in erheblichem Umfang durchschnitten. Die von den Klägern angesprochene Möglichkeit, den Bahndamm nicht rechtwinklig, sondern diagonal zu unterqueren, so dass ein scharfer Linksknick östlich des Bahndamms entfiele, hätte wiederum zur Folge, dass eine Neubautrasse im Bereich des Hauses M1. nicht mehr konfliktfrei geführt werden könnte. Des Weiteren stünde die kreuzungsfreie Verknüpfung mit der X2. Straße vor der zusätzlichen Schwierigkeit, dass die neue Trasse unmittelbar östlich des Bahndamms verliefe, so dass auf der Westseite kein Platz für Verbindungsrampen zur Verfügung stünde.
206Von daher ist es nicht zu beanstanden, wenn sich die Planfeststellungsbehörde beim Ausbau eines bereits vorhandenen Straßenzuges aus sachlich nachvollziehbaren Gründen bereits frühzeitig gegen eine Planungsalternative entscheidet, die einer Neutrassierung gleichkommt, und diese Planungsalternative aus der weiteren Betrachtung ausscheidet. Jedenfalls musste sich die von den Klägern favorisierte Variante dem Plangeber nicht als eindeutig vorzugswürdig aufdrängen.
207In diesem Stadium der Planung bedarf es noch keiner exakten Ermittlung des jeweiligen Abwägungsmaterials. Dieses muss vielmehr „nach Lage der Dinge“ nur so genau und vollständig sein, dass es jene erste vorauswählende Entscheidung zulässt.
208Vgl. BVerwG, Urteile vom 5. März 1997 - 11 A 25.95 -, BVerwGE 104, 123 (128), und vom 25. September 2002 - 9 A 5.02 -, juris, Rn. 41.
209Mit Blick hierauf konnte der Senat die in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisanträge zu dieser Trassenvariante ablehnen.
210ee) Vor dem Hintergrund, dass der Beklagte sich nach einer Grobanalyse abwägungsfehlerfrei für den Ausbau der Bestandstrasse der B 51 entscheiden durfte, hat er ‑ entgegen der Auffassung der Kläger ‑ die Abwägungsgrundlagen für diese Ausbauvariante ausreichend ermittelt. Die Kläger beanstanden insoweit, für den Kläger zu 2. sei erst nach Erlass des Planfeststellungsbeschlusses ermittelt worden, ob sein Anwesen dem Innen- oder Außenbereich zuzuordnen sei. Die Schadstoffuntersuchung sei erst am Datum der Planfeststellung zugegangen. Im Hinblick auf den Kläger zu 2. begründet der Beklagte bereits im Planfeststellungsbeschluss (S. 111 f.), dass dessen Grundstück im Außenbereich liege. Die weiteren Ermittlungen dienten lediglich der Bestätigung dieser der Abwägung zu Grunde gelegten Einschätzung. Auch den Schadstoffbelastungen hat der Beklagte unter Zugrundelegung einer Schadstoffabschätzung des Vorhabenträgers (im Anschluss an die Erläuterungen zum Deckblatt I vom 2. Mai 2007, Mappe 1, Unterlage 1-I in Beiakte 8 zu 11 D 6/12.AK) bereits im Planfeststellungsbeschluss Stellung genommen (S. 116 bis 118). Das Gutachten des Ingenieurbüros M. diente der Bestätigung dieser der Abwägung zu Grunde gelegten Einschätzung; es ist im Übrigen Bestandteil der planfestgestellten Unterlagen, die in das Planfeststellungsverfahren eingebracht wurden (PFB A. 2.4 Nr. 99). Die von den Klägern angeführte E-Mail des Unterzeichners des Planfeststellungsbeschlusses an die Regierungsvizepräsidentin vom 30. September 2011 ist für die Frage der Rechtmäßigkeit des Planfeststellungsbeschlusses ohne Bedeutung. Maßstab für die Rechtmäßigkeitsprüfung ist allein der Planfeststellungsbeschluss mit den zu seinem Gegenstand gemachten Unterlagen.
211c) Die Einwände der Kläger zu einer Rechtswidrigkeit des Planfeststellungsbeschlusses wegen einer abwägungsfehlerhaften Bewältigung der Verkehrslärmproblematik und einer daraus resultierenden Verletzung ihres Rechts auf fehlerfreie Abwägung greifen nicht durch.
212aa) Abwägungsfehler bei den Gesichtspunkten des Lärmschutzes führen im Regelfall nicht zu einer Aufhebung eines Planfeststellungsbeschlusses. Denn nach § 17e Abs. 6 FStrG sind Mängel bei der Abwägung der von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange nur dann erheblich, wenn sie offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen sind (Satz 1). Erhebliche Mängel bei der Abwägung oder eine Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften führen nur dann zur Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses oder der Plangenehmigung, wenn sie nicht durch Planergänzung oder durch ein ergänzendes Verfahren behoben werden können; die §§ 45 und 46 VwVfG bleiben unberührt (Satz 2).
213Mögliche Mängel im Lärmschutzkonzept können grundsätzlich durch Schutzauflagen behoben werden und rechtfertigen deshalb in der Regel nicht die Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses. Eine Planaufhebung kommt nur in Betracht, wenn das Fehlen notwendiger Schutzauflagen ausnahmsweise so großes Gewicht hat, dass davon die Ausgewogenheit der Gesamtplanung oder eines wesentlichen Planungsteils betroffen ist.
214Vgl. BVerwG, Urteile vom 18. April 1996 - 11 A 86.95 -, BVerwGE 101, 73 (85), vom 23. November 2005 - 9 A 28.04 -, juris, Rn. 17 (insoweit nicht in BVerwGE 124, 334, veröffentlicht), und vom 10. Oktober 2012 - 9 A 20.11 -, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 229, S. 72.
215Allerdings kann nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts in einem Fall, in dem sich der Kläger gegen die lärmtechnische Berechnung und die darauf aufbauende Behandlung der Lärmschutzbelange mit der Begründung wendet, sie beruhten auf einer verfehlten Verkehrsprognose, in der die tatsächlich zu erwartende Verkehrsbelastung des Vorhabens weit unterschätzt worden sei, die Möglichkeit nicht von der Hand gewiesen werden, dass davon die konzeptionelle Planungsentscheidung einschließlich der Trassenwahl betroffen wird; Abwägungsdefiziten aufgrund einer fehlerhaften Verkehrsprognose kann deshalb nicht durch eine Planergänzung um Schutzauflagen abgeholfen werden.
216Vgl. BVerwG, Urteile vom 12. August 2009 - 9 A 64.07 -, BVerwGE 134, 308 (328), und vom 9. Juni 2010 - 9 A 20.08 -, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 208, S. 145 f.
217Die Rüge der Kläger, der Verkehrsuntersuchung liege ein zu geringer Lkw-Anteil zu Grunde, weshalb die Lärmprognose zu gering ausgefallen sei, ist nicht geeignet, die Möglichkeit einer solchen konzeptionell anderen Entscheidung aufzuzeigen, insbesondere nicht hinsichtlich einer anderen Trassenführung. Sollte eine größere Immissionsbelastung infolge eines höheren Lkw-Anteils entstehen, bestünden ohne Weiteres die Möglichkeiten entweder der Anordnung weitergehender Maßnahmen des aktiven Schallschutzes oder der Erstreckung des Anspruchs auf Aufwendungsersatz für passive Schallschutzmaßnahmen auch auf andere Gebäude, ohne dass es zu einer grundlegenden Umplanung des streitigen Vorhabens kommen müsste.
218bb) Unbeschadet des vorstehend Ausgeführten lässt sich nicht feststellen, dass die Verkehrsprognose, soweit die Kläger hiergegen substantiierte Einwände im Klageverfahren geltend gemacht haben, fehlerhaft ist.
219aaa) Beide Kläger sind mit ihrem Vorbringen gegen die Verkehrsprognose entgegen der Auffassung des Beklagten nicht präkludiert. Nach § 17a Nr. 7 Satz 1 FStrG sind Einwendungen gegen den Planfeststellungsbeschluss nach Ablauf der im Planfeststellungsverfahren eröffneten Einwendungsfrist ausgeschlossen. Diese Bestimmung normiert eine materielle Verwirkungspräklusion, die verfassungsrechtlich unbedenklich ist. Die Einwendungsfrist besitzt für das gerichtliche Verfahren, das einem straßenrechtlichen Planfeststellungsverfahren folgt, materiell-rechtlichen Charakter. Die straßenrechtliche Präklusion erstreckt sich nach Wortlaut sowie Sinn und Zweck der Vorschrift auch auf das nachfolgende verwaltungsgerichtliche Verfahren.
220Vgl. zur inhaltsgleichen Vorgängernorm des § 17 Abs. 4 Satz 1 FStrG a. F. etwa BVerwG, Urteil vom 24. Mai 1996 ‑ 4 A 38.95 ‑, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 119, S. 136 f.
221Allerdings hat die Klägerin zu 1. im Deckblatt I-Verfahren - anders als der Rechts-vorgänger des Klägers zu 2. - keine Einwendungen erhoben. Sie musste jedoch nach Auslegung des Deckblattes I unter Hinweis auf den Einwendungsauschluss gemäß § 17a Nr. 7 Satz 1 FStrG zur Vermeidung einer Präklusion nicht erneut Einwendungen erheben. Zwar sollte die durch das Deckblatt I vorgenommene Umplanung (auch) ihren Lärmschutzinteressen Rechnung tragen. Die Klägerin zu 1. hatte jedoch in ihrem Einwendungsschreiben vom 5. April 2006 ausdrücklich beanstandet, die prognostizierte Verkehrsbelastung sei nur unzulänglich ermittelt worden. Der Umplanung durch das Deckblatt I lag der Ergebnisbericht der IVV vom 11. September 2006 zu Grunde, der jedoch nicht mit ausgelegt worden war. Daher waren der Klägerin zu 1. in diesem Punkt erneute oder weitere vertiefende Einwendungen nicht möglich. Andererseits konnte der Beklagte nicht davon ausgehen, die Einwendungen gegen die Ermittlung der Verkehrsbelastung seien durch die vorgenommenen Umplanungen erledigt.
222Auch der Kläger zu 2. ist mit seinen Einwendungen zur Verkehrsprognose nicht ausgeschlossen. Er weist zutreffend darauf hin, dass sein Rechtsvorgänger bereits im Rahmen der ersten Auslegung inhaltlich ausreichende Einwendungen erhoben hat. Eine Einwendung muss erkennen lassen, in welcher Hinsicht Bedenken gegen die in Aussicht genommene Planfeststellung ‑ aus der Sicht des Einwendenden ‑ bestehen könnten. Das Vorbringen muss so konkret sein, dass die Planfeststellungsbehörde erkennen kann, in welcher Weise sie bestimmte Belange einer näheren Betrachtung unterziehen soll. Der Betroffene muss zumindest in groben Zügen darlegen, welche Beeinträchtigungen befürchtet werden, ohne dies allerdings begründen zu müssen. Anzuknüpfen ist dabei an die ausgelegten Planunterlagen. Nach ihrer Konkretheit richten sich die Anforderungen an die Einwendungslast, d. h. an Umfang und Detailliertheit der Darlegungen.
223Vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 9. Juli 2008 ‑ 9 A 14.07 ‑, BVerwGE 131, 274 (288 f.), m. w. N.
224Die Darlegungsanforderungen orientieren sich an den Möglichkeiten betroffener Laien; Ausführungen, die fachwissenschaftlichen Sachverstand voraussetzen, können regelmäßig nicht erwartet werden.
225Vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 14. Juli 2011 ‑ 9 A 14.10 ‑, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 218, S. 252, m. w. N.
226Nach diesen Maßstäben waren die knappen Einwendungen des Rechtsvorgängers des Klägers zu 2. mit Schreiben vom 29. März 2006 ausreichend. In dem Schreiben wird ausdrücklich gerügt, es sei weder aktiver noch passiver Lärmschutz für das Gebäude N2.---straße 28 vorgesehen. Die für die Ermittlung der notwendigen Schallschutzmaßnahmen zu Grunde gelegten Verkehrszahlen würden „angezweifelt“. Damit hatte der Rechtsvorgänger des Klägers zu 2. die Verkehrslärmproblematik im Hinblick auf sein Grundstück ausreichend aufgezeigt. Da die Verkehrsprognose nicht ausgelegen hatte, waren weitere vertiefende Einwendungen nicht erforderlich und auch gar nicht möglich.
227bbb) Die Verkehrsprognose ist jedoch inhaltlich nicht zu beanstanden. Verkehrsprognosen unterliegen nur einer eingeschränkten gerichtlichen Kontrolle. Sie sind lediglich daraufhin zu überprüfen, ob sie methodisch einwandfrei erarbeitet worden sind, nicht auf unrealistischen Annahmen beruhen und ob das Prognoseer-gebnis einleuchtend begründet worden ist.
228Vgl. etwa BVerwG, Urteile vom 9. Juni 2010 - 9 A 20.08 -, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 208, S. 146, und vom 10. Oktober 2012 - 9 A 19.11 -, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 228, S. 38, sowie Beschluss vom 15. März 2013 - 9 B 30.12 -, juris, Rn. 10.
229Diesen Anforderungen wird die hier maßgebliche Verkehrsprognose gerecht.
230Der Ergebnisbericht der IVV Verkehrsdatenaktualisierung Aus- und Neubau B 51/B 481n Planfälle PO und P_RE 2020 vom 11. September 2006 (Beiakte 13 zu 11 D 6/12.AK) basiert auf einer Verkehrsuntersuchung von 1993 und einer aktualisierten Verkehrsuntersuchung von November 1999, sowie der Aktualisierung dieses Gutachtens von Februar 2003. Die Erstellung einer solchen Modellprognose war vorliegend aufgrund der planbedingten Umstände nach der Nr. 1.2.2.2 des Anhangs der vom Beklagten noch herangezogenen RAS-Q 96 angezeigt. Eine solche Modellprognose soll auf umfassenden Annahmen über zukünftige allgemeine Entwicklungen basieren und diese Annahmen mit Hilfe eines umfangreichen Modells der Verhaltensweisen der Verkehrsteilnehmer und der Struktur der Verkehrssysteme in eine Vorhersage von Verkehrsströmen umsetzen. Die Verfahrensmaßgaben einer Modellprognose wurden hier gewahrt. Die von der IVV erstellte Verkehrsuntersuchung beruht auf umfassenden Annahmen über zukünftige allgemeine Entwicklungen. Die Gutachter haben umfangreiche Prognosegrundlagen herangezogen. So wurden insbesondere die Daten der zum damaligen Zeitpunkt aktuellen Straßenverkehrszählung 2005 und eine Ergänzung einer bundesweiten Untersuchung zum Thema der mautbedingten Ausweichverkehre von schweren LKW für Nordrhein-Westfalen von November 2005 im Ergebnisbericht ausgewertet. Der voraussichtlichen Entwicklung der Siedlungs- und Wirtschaftsstruktur im Untersuchungsraum wurden die Daten der Landesplanung Nordrhein-Westfalen sowie die Daten der Stadt N. zu Grunde gelegt. Auch für die Kreise X. und H. wurden die entsprechenden Bevölkerungsentwicklungen berücksichtigt. Im Nahbereich des Knotens B 51/X. Straße haben die Gutachter zusätzlich ein neues Wohngebiet mit Lebensmitteldiscounter berücksichtigt. Die Tendenzen der Verkehrsentwicklung, die aufgrund der Verhaltensweisen der Bevölkerung bzw. durch die Verkehrspolitik bestimmt werden, wurden in Anlehnung der Landesplanung Nordrhein-Westfalen sowie der derzeit gültigen Bedarfsplanung zum Bundesverkehrswegeplan entnommen und auf das Gebiet des Untersuchungsraums übertragen. Die Ermittlung der Prognoseverkehrsstärke betrachtet einen Prognose-Null-Fall für das Jahr 2020 unter Berücksichtigung aller Maßnahmen der Bedarfspläne des Bundes und des Landes Nordrhein-Westfalen, die als Überhang und im vordringlichen Bedarf bzw. in Stufe I eingestellt sind, sowie weitere für die Verkehrsentwicklung im Untersuchungsraum relevante Planungen der Städte und Gemeinden, um prognostisch den Planfall P_RE 2020 mit dem Prognosehorizont 2020 zu erarbeiten. Diese Vorgehensweise stimmt ebenfalls mit der Nr. 1.2.2.2 der RAS-Q 96 überein, der die Umsetzung der Annahmen über zukünftige allgemeine Entwicklungen mit Hilfe eines umfangreichen Modells der Verhaltensweisen der Verkehrsteilnehmer und der Struktur der Verkehrssysteme in eine Vorhersage von Verkehrsströmen fordert.
231Vgl. hierzu auch BVerwG, Urteil vom 12. August 2009 - 9 A 64.07 -, juris, Rn. 100 ff. (insoweit nicht in BVerwGE 134, 308, abgedruckt).
232Der Ergebnisbericht vom 11. September 2006 ist ergänzt worden durch eine Ergänzung Planfall mit 3. Nordtangente N. vom 11. März 2008, einen Kurzbericht Ausblick Prognose 2025 vom 28. Juli 2011 und während des Klageverfahrens durch eine Ergänzung dieses Kurzberichts vom 14. Juni 2012. Im Ergebnis kommt die IVV für den Bereich zwischen X. Straße und X2. Straße gegenüber dem Prognose-Null-Fall 2020 (20.500 Kfz DTV) für den Plan-fall P_RE mit holländischen Rampen und 3. Nordtangente N. (Ergänzung vom 11. März 2008) auf 40.700 Kfz DTV, prognostiziert mithin, dass sich das Verkehrsaufkommen auf der B 51 auf dem die Kläger betreffenden Abschnitt nahezu verdoppeln wird.
233ccc) Diese Prognose greifen die Kläger nicht mit Erfolg an. Sie beanstanden zu Unrecht den zeitlichen Horizont der Verkehrsprognose. Die zeitliche Anknüpfung fügt sich in das Konzept ein, das dem Fernstraßenausbaugesetz i. d. F. des 5. Änderungs-gesetzes zum Fernstraßenausbaugesetz vom 4. Oktober 2004 (BGBl. I S. 2574) zu Grunde liegt. Der durch dieses Gesetz verabschiedete Bedarfsplan für die Bundesfernstraßen orientiert sich an der Verkehrsentwicklung, die der Bundesgesetzgeber bis zum Jahr 2015 erwartet. Daher wäre es sogar sachgerecht gewesen, sich für das hier planfestgestellte Vorhaben des vordringlichen Bedarfs bei der Verkehrsuntersuchung auf das Jahr 2015 zu beziehen.
234Vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Mai 2012 ‑ 9 A 35.10 ‑, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 225, S. 17.
235Die Planfeststellungsbehörde hat durch das auf den Prognosehorizont 2020 bezogene Gutachten vom 11. September 2006 und die auf das Jahr 2025 bezogenen Ergänzungen vom 28. Juli 2011 und 14. Juni 2012 sichergestellt, dass die Verkehrsprognose das zu erwartende Verkehrsaufkommen über den Prognosehorizont 2015 hinaus bis ins Jahr 2025 abbildet.
236Vgl. zu einer ähnlichen Fallgestaltung BVerwG, Urteil vom 30. Mai 2012 ‑ 9 A 35.10 ‑, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 225, S. 17.
237Dabei ist es regelmäßig nicht zu beanstanden, dass die Verkehrsprognose für ein fernstraßenrechtliches Straßenbauvorhaben auf der Grundlage der laufend aktualisierten bundesweiten Strukturdaten und Matrizes erstellt wird. Laufende Aktualisierungen der bundesweiten Vorgaben können aus methodischen und praktischen Gründen heraus nicht gefordert werden.
238Vgl. BVerwG, Urteile vom 9. Juni 2010 ‑ 9 A 20.08 ‑, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 208, S. 147 f., und vom 30. Mai 2012 ‑ 9 A 35.10 ‑, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 225, S. 17.
239Soweit die Kläger auf verschiedene nicht berücksichtigte „nachdrücklich verfolgte und in Umsetzung befindliche“ Straßenplanungen verweisen, ist dem nicht weiter nachzugehen. Allerdings müssen bereits vorhersehbare Entwicklungen im Streckennetz, die sich auf die Verkehrsmenge der planfestgestellten Strecke auswirken, von vornherein bei der Verkehrsprognose berücksichtigt und im Planfeststellungsbeschluss bewältigt werden.
240Vgl. BVerwG, Beschluss vom 25. Mai 2005 ‑ 9 B 41.04 ‑, juris, Rdnr. 11.
241Dem trägt die Verkehrsprognose Rechnung, indem sie alle auf Seite 9 des Ergebnisberichts vom 11. September 2006 genannten Straßenbaumaßnahmen einbezieht. Demgegenüber mussten die weiteren von den Klägern genannten Maßnahmen (durchgehend leistungsfähige Verbindung zwischen N. und der A 2 im Raum S. -X1. ) infolge fehlender Konkretisierung der Planung nicht berücksichtigt werden, zumal ein vollständig durchgehender Ausbau der B 64 zwischen S. und N. nicht vorgesehen ist. Zudem dürfte diese Verbindung für Schwerverkehr aus dem Osten in Richtung N. nach Fertigstellung der in Bau befindlichen Maßnahmen A 30 (Ortsumgehung Bad P. ) und A 33 (C. -P1. ) nur von geringem Interesse sein.
242Von einer bereits „vorhersehbaren“ Entwicklung kann frühestens dann gesprochen werden, wenn ein Planfeststellungsverfahren eingeleitet worden ist. Erst dadurch wird konkretisiert, welche Straße der Vorhabenträger zu bauen beabsichtigt, so dass eine Verkehrsmenge prognostiziert werden kann. Ein solches konkretes Planungsstadium hatten zum Zeitpunkt des Erlasses des Planfeststellungsbeschlusses die von den Klägern genannten „Straßenplanungen“ nicht erreicht. Die - noch nicht existierende - „Entlastungsstraße Nord“ ist als „3. Nordtan-gente N. “ in der Ergänzung vom 11. März 2008 enthalten; sie führt nicht zu einer Verkehrserhöhung sondern zu einer leichten Entlastung der B 51 zwischen X. Straße und X2. Straße (40.700 Kfz/24 h statt 41.700 Kfz/24 h nach dem Ergebnisbericht vom 11. September 2006). Die von den Klägern in diesem Zusammenhang behaupteten zusätzlichen 15.000 Kfz/24 h für die Umgehungsstraße sind in keiner Weise belegt oder nachvollziehbar, die Zahl scheint „gegriffen“. Hinzu kommt, dass durch die Änderung des Flächennutzungsplanes der Stadt N. im Jahr 2013 die „3. Nordtangente“ planerisch nicht mehr weiterverfolgt wird.
243ddd) Es war entgegen der Auffassung der Kläger nicht erforderlich, im Ergebnisbericht alle Eingangsdaten und Annahmen einzeln aufzuführen. Wird im Rahmen einer Verkehrsprognose für die Berechnung des zukünftigen Verkehrsaufkommens auf die aus den Strukturdaten ableitbare wirtschaftliche Gesamtentwicklung eines bestimmten Raumes und nicht auf einzelne Unternehmen und Vorhaben abgestellt, ist es methodisch grundsätzlich nicht zu beanstanden, die Eröffnung einer neuen Produktionsstätte als ein bei den Strukturdaten eingerechnetes Ergebnis zu betrachten.
244Vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Mai 2012 ‑ 9 A 35.10 ‑, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 225, S. 17 f.
245Die Prognose auf der Basis von Strukturdaten kann auch nicht dadurch in Frage gestellt werden, dass die Kläger einzelne Tatsachen und Vorgänge (Einwohnerzahl der Stadt N. , neues Wohngebiet und Gewerbegebiet in X4. , Eröffnung neuer Gewerbebetriebe, Masterplan zur Entwicklung des Hafenbereichs) benennen, die vermeintlich nicht berücksichtigt worden sind. Die Kläger führen gegen die Verkehrsprognose zahlreiche Vorgänge und Einzelheiten ins Feld, können jedoch weder nachvollziehbar darlegen, dass diese Vorgänge und Einzelheiten in die der Verkehrsprognose zugrunde liegenden Strukturdaten und sonstigen Eingangsdaten nicht eingeflossen sind noch deren Auswirkungen auf das Ergebnis der Verkehrsprognose auch nur annähernd konkretisieren oder beziffern. Dafür dass dem Gutachterbüro Eingabefehler oder Rechenfehler unterlaufen sind, fehlt jeder schlüssige Anhaltspunkt.
246Vgl. hierzu auch BVerwG, Urteil vom 18. März 2009 - 9 A 39.07 -, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 201, Rdnr. 125.
247Die Verkehrsprognose kann keine Daten in Form von Istzahlen berücksichtigen, wie etwa die von den Klägern genannte Entwicklung des Pendlerverkehrs von 2001 bis 2007, die erst nach dem Zeitpunkt der Erstellung des Ergebnisberichts vom 11. September 2006 ermittelt und ausgewertet worden sind. Die erhebliche Zunahme des Verkehrs auf der B 51 von 1990 bis 2005 bedeutet nicht automatisch, dass entsprechende Zuwachsraten auch für die Zukunft zu erwarten sind. Immerhin prognostiziert auch die IVV bis 2025 eine Verdoppelung des Verkehrs seit 2010 für den Abschnitt zwischen X. Straße und X2. Straße. Der Einwand der Kläger, die „allgemeine Verkehrsentwicklung“ auf Bundesebene sei in der Prognose nicht erkennbar, führt nicht weiter.
248eee) Für einen allgemeinen „Risikozuschlag“ auf die ermittelte Verkehrsmenge, um für die Prognose „auf der sicheren Seite“ zu liegen, gibt es bei Verkehrsprognosen im Straßenverkehr keine Rechtsgrundlage. Auch die Sechzehnte Verordnung zur Durchführung des Bundes‑Immissionsschutzgesetzes (Verkehrslärmschutzverordnung -16. BImSchV) vom 12. Juni 1990, BGBl. I S. 1036, in dem hier maßgeblichen Zeitpunkt zuletzt geändert durch Gesetz vom 19. September 2006, BGBl. I S. 2146, die in Anlage 1 zu § 3 die Berechnung der Beurteilungspegel an Straßen detailliert regelt, kennt derartige „Risikozuschläge“ nicht.
249fff) Der Ergebnisbericht vom 11. September 2006 kommt für den Planfall P_RE 2020 auf einen Lkw-Anteil von 13 % tagsüber und 12 % nachts. Der für 2025 prognostizierte weitere Anstieg des Schwerverkehranteils um knapp 5 % würde zu einem Lkw-Anteil von 13,65 % tagsüber und 12,6 % nachts führen. Die Schlussfolgerung der IVV in den Ergänzungen zum Kurzbericht Ausblick Prognose 2025 vom 14. Juni 2012, dies werde auf die einzelnen Belastungen an den Querschnitten nur marginale Auswirkungen haben, ist nachvollziehbar und plausibel. Beide Werte liegen über dem Ergebnis der Straßenverkehrszählung aus dem Jahr 2010 von 11,4 % für den ganzen Tag. Da die IVV gegenüber dem Prognose-Null-Fall für 2020 fast eine Verdoppelung des Verkehrsaufkommens prognostiziert, bedeutet dies für den Lkw-Verkehr bei einem gegenüber der Zählung 2010 leicht steigenden Anteil in absoluten Zahlen mehr als eine Verdoppelung. Dem setzen die Kläger nichts Substantiiertes entgegen. Die von ihnen angeführten mautbedingten Ausweichverkehre auf der B 64 von N. nach S. -X1. (A 2) hat die IVV unter Zugrundelegung einer bundesweiten Untersuchung und einer darauf basierenden Ergänzung für Nordrhein-Westfalen aus November 2005 berücksichtigt und „wenig Auswirkung“ ermittelt (Ergebnisbericht vom 11. September 2006, S. 6). Dem halten die Kläger nur nicht belegte Vermutungen entgegen. Zutreffend weisen die Kläger darauf hin, dass dem Ergebnisbericht keine Unterlage zu entnehmen ist, die entsprechend den Vorgaben der 16. BImSchV die Ermittlung einer maßgebenden stündlichen Verkehrsstärke und eines maßgebenden Lkw-Anteils (über 2,8 Tonnen) am Gesamtverkehr über die Nachtzeit dokumentiert. Die in der mündlichen Verhandlung anwesende Gutachterin der IVV, Frau T. , hat hierzu allerdings ausgeführt, dass diese Daten aus den amtlichen Verkehrszählungen übernommen worden seien. Dabei sei auch berücksichtigt worden, dass in den amtlichen Zählungen bis zum Jahr 2000 Fahrzeuge mit mehr als 2,8 Tonnen Gewicht als Lkw, seit dem Jahr 2005 hingegen erst Fahrzeuge mit mehr als 3,5 Tonnen Gewicht als Lkw gezählt wurden.
250ggg) Die Prognose vom 11. September 2006, an der die IVV für das Prognose-jahr 2025 festgehalten hat (Kurzbericht vom 28. Juli 2011 mit Ergänzung vom 14. Juni 2012), wird durch die im Jahr 2010 durchgeführte Straßenverkehrszählung bestätigt. Diese ergab für den Abschnitt zwischen X. Straße und X2. Straße einen DTV von 20.518 mit einem Lkw-Anteil von 11,4 %. Die Prognose der IVV vom 11. September 2006 kommt für den entsprechenden Prognose-Null-Fall 2020 auf einen DTV von 20.500. Dass die Verkehrszahlen nicht mehr ansteigen, ist ‑ auch im Hinblick auf die Ausführungen im ergänzten Kurzbericht vom 14. Juni 2012 ‑ plausibel.
251Auch die von den Klägern ins Verfahren eingeführte Verkehrsuntersuchung der Stadt N. für das Jahr 2025 zum Entwurf des Bebauungsplanes „Hafen-Center“ bestätigt die Ergebnisse der IVV: Sie kommt für den „Planfall 4“, der die vorliegende Planung einbezieht, auf 51.400 Kfz/24 h für den Bereich zwischen B. Weg und X. Straße, während die IVV 50.600 Kfz/24 h ausweist. Beide Prognosen unterscheiden sich damit nur um etwa 1,6 %; von einer „Widerlegung“ der Prognose der IVV kann daher keine Rede sein.
252hhh) Der Einwand der Kläger, die Ergebnisse der Verkehrsuntersuchung seien nicht ableitbar, weil Berechnungsgrundlagen und Quellenangaben fehlten und der Rechenvorgang nicht beschrieben sei, greift nicht durch. Ihre Angriffe gegen die Tatsachenermittlung, Methodik und Plausibilität der Ergebnisse der Verkehrsuntersuchungen erweisen sich nicht als stichhaltig. Bei dieser Sachlage besteht kein Anlass, an der Richtigkeit der Berechnungen allein deshalb zu zweifeln, weil einzelne Rechenvorgänge dem Gutachten nicht zu entnehmen sind. Der Vorwurf, die Rechenverfahren seien nicht nachvollziehbar, wäre allenfalls dann berechtigt, wenn den Klägern trotz entsprechender Nachfrage bei der Planfeststellungsbehörde zusätzliche Informationen zu den Ausgangsdaten und gegebenenfalls den Rechenschritten vorenthalten worden wären. Das behaupten die Kläger nicht.
253Vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 9. Juni 2010 ‑ 9 A 20.08 ‑, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 208, S. 154.
254Bedenken an der Fachkompetenz und der Unparteilichkeit der IVV bestehen nicht. Die IVV ist ein seit Jahrzehnten im Bereich des Verkehrswesens tätiges Gutachterbüro, das bundesweit und ‑ wie dem Senat aus eigener Erfahrung bekannt ist ‑ insbesondere in Nordrhein-Westfalen in einer Vielzahl von Fällen Planfeststellungsverfahren für Straßen durch die Erarbeitung von Fachbeiträgen begleitet hat.
255Vgl. OVG NRW, Urteile vom 11. Februar 2009 ‑ 11 D 45/06.AK ‑, juris, Rdnr. 138, und vom 24. März 2014 ‑ 11 D 31/11.AK ‑, juris, Rdnr. 72.
256Auch das Bundesverwaltungsgericht hat hervorgehoben, dass die IVV ein seit vielen Jahren etabliertes Gutachterbüro sei, das über große Erfahrung in der Erstellung von Verkehrsuntersuchungen und -prognosen verfüge.
257Vgl. BVerwG, Urteil vom 9. Juni 2010 ‑ 9 A 20.08 ‑, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 208, S. 156.
258cc) Aufbauend auf der nicht zu beanstandenden Verkehrsprognose hat der Beklagte die Lärmschutzbelange der Kläger mit dem ihnen zustehenden Gewicht in die Abwägung eingestellt.
259Der Schutz der (Wohn)Bevölkerung vor Verkehrslärm ist ein Belang, dem eine Straßenplanung gemäß § 41 Abs. 1 BImSchG Rechnung zu tragen hat. Hiernach ist unter anderem bei dem Bau oder der wesentlichen Änderung öffentlicher Straßen unbeschadet des § 50 BImSchG sicherzustellen, dass durch diese keine schädlichen Umwelteinwirkungen durch Verkehrsgeräusche hervorgerufen werden können, die nach dem Stand der Technik vermeidbar sind.
260aaa) Maßgeblich für den Schallschutz, den die Kläger beanspruchen können, sind die Regelungen der §§ 41, 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG i. V. m. § 2 der 16. BImSchV. Hiernach ist beim Bau oder der wesentlichen Änderung öffentlicher Straßen grundsätzlich sicherzustellen, dass der nach § 3 der 16. BImSchV berechnete Beurteilungspegel bestimmte gebietsbezogene Immissionsgrenzwerte nicht überschreitet; dies gilt nicht, soweit die Kosten der Schutzmaßnahme außer Verhältnis zu dem angestrebten Schutzzweck stehen würden.
261Nach § 2 Abs. 2 Satz 1 der 16. BImSchV ergibt sich die für die Festlegung der jeweiligen Immissionsgrenzwerte maßgebliche Gebietseinstufung aus den Festsetzungen in den Bebauungsplänen. Sind solche Festsetzungen nicht vorhanden, gelten gemäß Satz 2 der vorgenannten Bestimmung für bauliche Anlagen im Außenbereich entsprechend ihrer Schutzbedürftigkeit die Werte nach Absatz 1 Nr. 1 für Krankenhäuser, Schulen, Kurheime und Altenheime, nach Nr. 3 für Kerngebiete, Dorfgebiete und Mischgebiete oder nach Nr. 4 für Gewerbegebiete.
262bbb) Die Planfeststellungsbehörde ist von den richtigen Immissionsgrenzwerten für Lärm ausgegangen. Das Wohnhausgrundstück der Klägerin zu 1. liegt in einem Wohngebiet im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 2 der 16. BImSchV - das ist zwischen den Beteiligten unstreitig -, so dass als Immissionsgrenzwerte tags 59 dB(A) und nachts 49 dB(A) gelten.
263Das Wohnhausgrundstück des Klägers zu 2. liegt zur Überzeugung des Senats im Außenbereich (vgl. § 35 BauGB). Ein Bebauungsplan (vgl. § 30 Abs. 1 BauGB) liegt nicht vor und die Voraussetzungen für die Annahme eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils (vgl. § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB) sind nicht erfüllt.
264Für diese Einschätzung nicht maßgebend ist die Tatsache, dass die Stadt N. als zuständige Bauaufsichtsbehörde das Gebiet westlich der N5.---straße als Außenbereich einstuft. Sie hat unter dem 30. Mai 2012 mitgeteilt, der Bereich sei im Flächennutzungsplan von 1980 noch als Wohnbaufläche ausgewiesen gewesen. Mit der 56. Änderung des Flächennutzungsplanes, die am 5. Juli 1991 wirksam geworden sei, sei die Darstellung in „Fläche für die Forstwirtschaft“ geändert worden. Im aktuellen Flächennut-zungsplan (Bekanntmachung am 8. April 2004) sei die Fläche als Wald dargestellt. Ebenfalls nicht entscheidungserheblich sind die Ortssatzung der Stadt N. vom 27. Juli 1957 und die planungsrechtliche Auskunft vom 22. Dezember 1970 zur Baugenehmigung von 1971. Beide beruhen noch darauf, dass die Stadt N. das Gebiet westlich der N5.---straße bis 1991 im Flächennutzungsplan als Wohnbaufläche ausgewiesen hatte. Für die gegenwärtige Beurteilung sind sie daher unergiebig. Auch aus dem Fluchtlinienplan vom 13. März 1913 lässt sich eine aktuelle bauplanungsrechtliche Einordnung der Grundstücke an der N5.---straße daher nicht mehr ableiten. Der vom Kläger zu 2. in Bezug genommene Straßenbaubeitragsbescheid vom 28. März 2014 bezieht sich auf die tatsächliche ‑ baurechtlich legale und bestandsgeschützte ‑ Wohnnutzung seines Grundstücks und belegt daher keinen Bebauungszusammenhang mit der Ostseite der N5.---straße .
265Die Beurteilung, dass das Haus des Klägers zu 2. N2.---straße 28 baurechtlich im Außenbereich liegt, stützt sich auf eine Gesamtwürdigung der vom Senat im Ortstermin am 13. Mai 2015 in Augenschein genommenen örtlichen Verhältnisse, die auf den bei den Gerichtsakten und planfestgestellten Unterlagen befindlichen Karten (Übersichtslageplan 1:5000 und Lageplan 1:1000 km 7+250 bis 7+700, Teil A: B51.3, Mappe 1, Unterlagen 3 und 5.4, Beiakte 2 zu 11 D 6/12.AK), die im Ortstermin vom Senat gefertigten und die in der Gerichtsakte Bl. 102 bis 104 befindlichen Fotos sowie das Luftbild in Beiakte 1 des vorliegenden Verfahrens, S. 42. Das Gebäude N2.---straße 28 bildet entgegen der Auffassung des Klägers zu 2. mit dem Wohngebiet östlich der N5.---straße keinen im Zusammenhang bebauten Ortsteil im Sinne des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB.
266Für die Frage, welche Anforderungen an das Vorliegen eines Bebauungszusammenhangs im Sinne des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB zu stellen sind, ist ausschlag-gebend, inwieweit eine tatsächlich aufeinanderfolgende Bebauung trotz etwa vorhandener Baulücken nach der Verkehrsauffassung den Eindruck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit vermittelt und die in Rede stehende Fläche noch diesem Zusammenhang angehört. Ein Ortsteil im Sinne von § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB ist jeder Bebauungskomplex im Gebiet einer Gemeinde, der nach der Zahl der vorhandenen Bauten ein gewisses Gewicht besitzt und Ausdruck einer organischen Siedlungsstruktur ist. Maßgeblich ist die tatsächlich vorhandene Bebauung.
267Vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 2. April 2007 ‑ 4 B 7.07 ‑, BRS 71 Nr. 81.
268Für die Annahme einer aufeinanderfolgenden Bebauung ausschlaggebend ist, inwieweit die Bebauung den Eindruck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit vermittelt. Hierfür kommt es auf die Verkehrsauffassung und damit jeweils auf die Lage des Einzelfalls an. Katastermäßige Grundstücksgrenzen bleiben dabei unberücksichtigt.
269Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 19. August 2010 ‑ 7 A 1349/09 ‑, juris, Rdnr. 6, m. w. N.
270Eine Straße kann je nach den Umständen des Einzelfalles einen Bebauungszusammenhang herstellen oder trennende Funktion zwischen Innen- und Außenbereich haben.
271Vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 12. Dezember 1990 - 4 C 40.87 -, NVwZ 1991, 879 (880); ferner Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzber-ger, Baugesetzbuch, Band II, Kommentar, Stand 1. November 2014, § 34 Rdnr. 26, m. w. N.
272Nach diesen Maßstäben ist das Grundstück des Klägers zu 2. dem Außenbereich zuzurechnen. Die örtliche Situation ist dadurch gekennzeichnet, dass östlich der N5.---straße ein durch den Bebauungsplan Nr. 300 der Stadt N. festgesetztes allgemeines Wohngebiet liegt, dessen an die N5.---straße angrenzenden Grundstücke vollständig bebaut sind, während das Wohnhaus des Klägers zu 2. als eines von drei Wohnhäusern westlich der N5.---straße liegt; diese drei Wohngebäude sind auf drei Seiten von Wald umgeben. Zwischen den Häusern N2.---straße 24 und 28 befindet sich eine Baulücke, die vom H1. durchflossen wird. Etwa 120 m südlich des Wohngebäudes des Klägers zu 2. beginnt mit dem Gebäude N2.---straße 60 die Wohnbebauung auch westlich der N5.---straße . Insgesamt stehen auf der Westseite der N5.---straße südlich der Kreuzung mit der X2. Straße auf einer Länge von insgesamt etwa 600 m nur die genannten drei Wohngebäude.
273Die durch Bebauungsplan festgesetzte durchgehende Bebauung östlich der N5.---straße schließt mit der N5.---straße ab, die drei Gebäude westlich der N5.---straße erscheinen nach dem im Ortstermin vom Senat gewonnenen Gesamteindruck auf einer Länge von insgesamt etwa 600 m vereinzelt und sind nicht mehr dem Bebauungszusammenhang östlich der N5.---straße zuzuordnen. Allerdings mag der Blick aus der Straße B. , die gegenüber vom Grundstück des Klägers zu 2. in die N5.---straße einmündet (Foto Bl. 102 der Gerichtsakte und das im Ortstermin gefertigte Bild 8) den Eindruck erwecken, dass das Wohnhaus des Klägers zu 2. mit der Bebauung östlich der N5.---straße eine Einheit bildet. Dieser Eindruck bestätigt sich jedoch nicht, wenn die örtliche Situation von der N5.---straße aus in Augenschein genommen wird. Die N5.---straße vermittelt hier den Eindruck einer Durchgangsstraße, die nicht nur der Erschließung der anliegenden Grundstücke dient, und die das Wohngebiet (östlich) vom Waldgebiet (westlich) trennt. In diesem Waldgebiet liegt das Wohnhaus des Klägers zu 2. Dieser Eindruck wird dadurch verstärkt, dass die östlich der N5.---straße gelegenen Wohngrundstücke südlich der Straße B. nicht von der N5.---straße , sondern vom F.----------weg aus erschlossen werden und von der N5.---straße abgewandt wirken, weil nur ihre ‑ zumal eingefriedeten ‑ Gartenbereiche an die N5.---straße grenzen. Dass die N5.---straße auch auf der Westseite mit einem Gehweg versehen ist, hat für die bauplanungsrechtliche Einschätzung hier keine Bedeutung. Gleiches gilt für die von den Klägern hervorgehobene Tatsache, die Umspannstation für das Wohngebiet liege auf der Westseite. Dies stellt keinen Bebauungszusammenhang im bauplanungsrechtlichen Sinne her.
274Nach § 2 Abs. 2 Satz 2 der 16. BImSchV ist für bauliche Anlagen im Außenbereich nur die entsprechende Anwendung der Werte nach Nr. 3 für Kerngebiete, Dorfgebiete und Mischgebiete von tags 64 dB(A) und nachts 54 dB (A) oder nach Nr. 4 für Gewerbegebiete von tags 69 dB(A) und nachts 59 dB(A) in Betracht zu ziehen. Wohnhäuser im Außenbereich sind weniger schutzbedürftig als Wohngebiete, weil der Außenbereich grundsätzlich nicht für eine Wohnbebauung bestimmt ist.
275Vgl. BVerwG, Urteile vom 1. Oktober 1997 ‑ 11 A 10.96 ‑, Buchholz 442.09 § 18 AEG Nr. 32, S. 164, und vom 26. Februar 2003 ‑ 9 A 1.02 ‑, juris, Rdnr. 18.
276Entsprechend seiner Schutzbedürftigkeit sind für das Wohnhaus des Klägers zu 2. tags 64 dB(A) und nachts 54 dB(A) maßgebend.
277ccc) Die auf der ‑ nicht zu beanstandenden ‑ Verkehrsprognose und der bauplanungsrechtlichen Einstufung der betroffenen Grundstücke aufbauende lärmtechnische Unterlage des Beklagten ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Allerdings berücksichtigt die lärmtechnische Unterlage vom 2. Mai 2007 nicht mehr die danach von der IVV erstellten Aktualisierungen der Verkehrsprognose vom 11. Sep-tember 2006 durch die weiter oben angeführten nachfolgenden Ergänzungen. Im Hinblick auf die geringfügigen Änderungen für den Prognosehorizont 2025 ist dies jedoch unschädlich. Laufende Aktualisierungen können aus methodischen und praktischen Gründen heraus ohnehin nicht gefordert werden.
278Vgl. BVerwG, Urteile vom 9. Juni 2010 ‑ 9 A 20.08 ‑, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 208, S. 147 f., und vom 30. Mai 2012 ‑ 9 A 35.10 ‑, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 225, S. 17.
279Dabei können sich die Kläger ‑ wie bereits dargelegt (vgl. A. I., S. 27) ‑ als nicht enteignend Betroffene nur auf ihre geschützten Privatbelange berufen, nicht aber eine insgesamt fehlerfreie Abwägung und Planung verlangen. Maßgebend sind daher nur die Lärmeinwirkungen auf ihre Grundstücke C.-----weg 9 und N2.---straße 28. Dementsprechend sind alle Einwendungen der Kläger gegen die lärmtechnische Untersuchung, die sich nicht auf diese beiden Grundstücke beziehen, nicht entscheidungserheblich. Das gilt auch im Hinblick darauf, dass die Kläger ‑ wie ebenfalls oben dargelegt (A. III. 3., S. 42) - wesentliche Fehler der Umweltverträglichkeitsprüfung geltend machen können. Zwar gehören Lärmeinwirkungen auf Menschen zu den Auswirkungen im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 UVPG, die in der Umweltverträglichkeitsprüfung zu ermitteln, zu beschreiben und zu bewerten sind. Damit wird den Klägern jedoch nicht das Recht eröffnet, die eventuell fehlerhafte Ermittlung einzelner Grenzwerte an einzelnen Grundstücken zu rügen. In der fehlerhaften Ermittlung eines Grenzwertes für ein einzelnes Grundstück läge kein wesentlicher Fehler der gesamten Umweltverträglichkeitsprüfung, die - wie oben ausgeführt (A. III. 3., S. 44) - nach Art. 5 Abs. 2 der UVP-Richtlinie nur die Hauptwirkungen für die Umwelt feststellen und beurteilen soll.
280Vgl. BVerwG, Urteil vom 21. März 1996 - 4 C 19.94 -, BVerwGE 100, 370 (377).
281Zu Unrecht hat der Rechtsvorgänger des Klägers zu 2. geltend gemacht, die Lärmminderung offenporigen Asphalts sei nicht ausreichend nachgewiesen. Offenporige Asphalte werden seit mehr als 30 Jahren verwendet, erforscht und weiterentwickelt. Ein Korrekturwert Dstro - 5 dB(A), den der Beklagte im Planfeststellungsbeschluss zwischen Bau-km 5+100 und Bau-km 7+300 zu Grunde gelegt hat (A. 5.2.1, S. 25), kann sicher erreicht werden,
282vgl. BVewG, Urteil vom 9. Juni 2010 ‑ 9 A 20.08 ‑, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 208, S. 161; ausführlich OVG NRW, Urteil vom 11. Februar 2009 - 11 D 45/06.AK -, juris, Rdnr. 169 ff., m. w. N.,
283und durfte der lärmtechnischen Unterlage zu Grunde gelegt werden.
284Die Klägerin zu 1. ist mit ihrem Einwand in der Klagebegründung, für ihr Haus seien in der lärmtechnischen Untersuchung falsche Berechnungspunkte gewählt worden, nicht gemäß § 17a Nr. 7 Satz 1 FStrG ausgeschlossen. Zwar konnte der Planfeststellungsbehörde die Gestaltung im Inneren des Wohnhauses der Klägerin zu 1. insbesondere im Hinblick auf die Geschosshöhen nicht im Detail bekannt sein, so dass sie gerade in einem solchen Fall auf konkrete Angaben des Planbetroffenen angewiesen war.
285Vgl. BVerwG, Beschluss vom 9. Oktober 2008 ‑ 9 PKH 2.08 ‑, Buchholz 407.4 § 17a FStrG Nr. 1, S. 2, für den Fall einer Außenwohnnutzung.
286Der Senat teilt aber die Auffassung der Klägerin zu 1., dass sie als Laie der lärmtechnischen Unterlage wegen der dort verwendeten Abkürzungen die für ihr Grundstück angenommenen Berechnungspunkte nicht entnehmen und daher auch nicht erkennen konnte, dass die Berechnungspunkte nicht zutrafen.
287Der Einwand greift jedoch in der Sache nicht durch. Der Beklagte hat bei einer vermessungstechnischen Überprüfung am Wohnhaus der Klägerin zu 1. im ungünstigsten Fall für das erste Obergeschoss eine Höhendifferenz um fast 1,64 m festgestellt. Dieser Wert liegt noch etwas höher als die Angaben der Klägerin zu 1., die von einer Höhendifferenz von bis zu 1,6 m ausgeht. Mit zusätzlicher Berücksichtigung eines um 5% steigenden Schwerverkehrsanteils bis 2025 ergab eine Nachberechnung seitens des Beklagten 54,7 dB(A) tags/47,1 dB(A) nachts für das Erdgeschoss und 56,1 dB(A) tags/48,6 dB(A) nachts für das Obergeschoss. Damit werden die maßgebenden Grenzwerte für Wohngebiete von 59 dB(A) tags/49 dB(A) nachts eingehalten. Die Klägerin zu 1. ist dieser Neuberechnung nicht mehr entgegengetreten, sondern hat nur ihre allgemeinen Einwände gegen die lärmtechnische Unterlage wiederholt.
288Die weiteren Einwände der Kläger gegen die lärmtechnische Unterlage greifen nicht durch. Dem Vorwurf, die Unterlage sei nicht von sachkundigen Personen erstellt worden und es gebe keinerlei Hinweise auf die Verfasser, ist nicht weiter nachzugehen. Hieraus ergibt sich nicht, dass die angestellten Berechnungen fehlerhaft sein könnten. Soweit die Kläger zahlreiche Angaben zur Ermittlung von Gebietsarten, Abständen, Höhen und Geschossen sowie zu Kosten von Lärmschutzmaßnahmen und Lärmschutzvarianten vermissen, weist der Senat nochmals darauf hin, dass sich die Kläger nur auf die Lärmeinwirkungen ihrer Grundstücke berufen können. Daher ist auch die Frage, ob der Beklagte laut Vermerk vom 1. März 2011 eine Neuerstellung des Lärmschutzkonzepts gefordert hat und ob und inwieweit dieses vorgelegt worden ist, nicht entscheidungserheblich. In der maßgebenden lärmtechnischen Unterlage vom 2. Mai 2007 wird auf Seite VI ausgeführt: „Die lärmtechnische Untersuchung wurde nach RLS 90 mit dem Computerprogramm „SoundPLAN 6.4 ‑ Version 28.01.2007 -“ durchgeführt, wobei örtliche Gegebenheiten wie Bebauung, Geländehöhen, Abschirmungen sowie Höhenlagen von Straßen und Bauwerken berücksichtigt wurden. Die durch die vorgesehenen Lärmschutzwände entstehenden zusätzlichen Schallreflexionen werden ebenfalls in den Berechnungsergebnissen berücksichtigt.“ Das Rechenprogramm SoundPLAN gehört zu den gängigen Rechenmodellen für die Berechnung der Schallausbreitung in komplexer Topografie.
289Vgl. OVG NRW, Urteil vom 13. Dezember 2007 ‑ 7 D 122/06.NE -, juris, Rdnr. 74, 76.
290Es entspricht nach der Bestätigung des Lizenzgebers allen Anforderungen für die Durchführung von Rechenoperationen nach der 16. BImSchV i. V. m. des RLS-90 und ist in einem Testverfahren des Bundesverkehrsministeriums und der Straßenbauverwaltung überprüft worden.
291Vgl. OVG Lüneburg, Urteil vom 23. November 2010 - 7 KS 143/08 -, juris, Rdnr. 23.
292Dem sind die Kläger in Bezug auf ihre jeweiligen Grundstücke nicht substantiiert entgegengetreten. Sie äußern nur nicht belegte Vermutungen.
293ddd) Durch das mithin nicht zu beanstandende, dem Planfeststellungsbeschluss zu Grunde liegende Lärmschutzkonzept wird ‑ im Wege einer Lärmsanierung ‑ für die Grundstücke der Kläger „Vollschutz“ erreicht: Für das Grundstück der Klägerin zu 1. ergibt die Nachberechnung unter Zugrundelegung der höher gelegenen Berechnungspunkte im Obergeschoss 56,1 dB(A) am Tag und 48,6 dB(A) in der Nacht. Damit werden die Grenzwerte der 16. BImSchV für Wohngebiete von 59 dB(A) tags und 49 dB(A) nachts eingehalten. Die Immissionsgrenzwerte des § 2 Abs. 1 der 16. BImSchV stellen in Gebieten, die durch eine Wohnnutzung geprägt sind, sicher, dass auch zu Zeiten überdurchschnittlicher Inanspruchnahme der Straße nach dem derzeitigen Kenntnisstand Gesundheitsgefährdungen nicht zu besorgen sind.
294Vgl. BVerwG, Urteil vom 21. März 1996 ‑ 4 A 10.95 ‑, Buchholz 406.25 § 41 BImSchG Nr. 13, S. 39.
295Auf dem Grundstück des Klägers zu 2. werden 60 dB(A) tagsüber und 53 dB(A) nachts erreicht; das liegt unter den Grenzwerten der 16. BImSchV für den Außenbereich von 64 dB(A) tags und 54 dB(A) nachts.
296Anspruch auf (weiteren) Lärmschutz besteht daher bei dem Bau oder der wesentlichen Änderung einer öffentlichen Straße grundsätzlich nur, wenn der von der neuen oder geänderten Straße ausgehende Verkehrslärm den nach § 2 Abs. 1 der 16. BImSchV maßgeblichen Immissionsgrenzwert überschreitet.
297Vgl. BVerwG, Urteil vom 21. März 1996 ‑ 4 C 9.95 ‑, BVerwGE 101, 1.
298Das ist bei den Grundstücken der Kläger ‑ wie dargelegt ‑ nicht der Fall. Allerdings ist Lärmschutzgesichtspunkten bereits unterhalb der Erheblichkeitsschwel-le, die durch § 2 Abs. 1 der 16. BImschV als im Wege der Abwägung nicht überwindbare Grenze bezeichnet wird, im Rahmen des nach § 17 Satz 2 FStrG gebotenen Interessenausgleichs Rechnung zu tragen.
299Vgl. BVerwG, Beschluss vom 5. März 1999 ‑ 4 A 7.98 ‑, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 149, S. 20.
300Es ist jedoch unter Abwägungsgesichtspunkten nicht zu beanstanden, dass der Beklagte Lärmschutz nur insoweit vorgesehen hat, als darauf ein gesetzlicher Anspruch besteht, mithin auf die Grenzwerte der 16. BImSchV abgestellt hat (PFB B. 5.3.5.1, S. 96 ff.). Dabei ist zu berücksichtigen, dass sich die Lärmsituation auf dem Grundstück der Klägerin zu 1. durch den geplanten aktiven Lärmschutz gegenüber der gegenwärtigen Situation grundlegend verbessern wird, weil das Grundstück dem von der bereits vorhandenen Trasse der B 51 herrührenden Lärm bisher ungeschützt ausgesetzt ist.
301Die Kläger haben auch keine weitergehenden Ansprüche im Hinblick auf Lärmschutz für ihre Außenwohnbereiche. Außenwohnbereiche sind neben den bebauten Außenwohnbereichsflächen wie Balkonen, Loggien und Terrassen nur sonstige zum Wohnen im Freien geeignete und bestimmte Flächen des Grundstücks wie Gartenlauben und Grillplätze, nicht jedoch ‑ wie die Kläger offenbar meinen ‑ Gärten oder das gesamte Grundstück.
302Vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Mai 2012 ‑ 9 A 35.10 ‑, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 225, S. 29.
303Vor diesem Hintergrund machen die Kläger eine Überschreitung der maßgeblichen Immissionsgrenzwerte in ihren Außenwohnbereichen schon nicht substantiiert geltend, zumal hierfür nur auf die an beiden Wohnhäusern nach der lärmtechnischen Unterlage mit mindestens 2,9 dB(A) deutlich unterschrittenen Tagesgrenzwerte abzustellen ist.
304eee) Da die Immissionsgrenzwerte der gemäß § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG zur Durchführung des § 41 BImSchG erlassenen 16. BImSchV auf den Grundstücken der Kläger eingehalten werden, sind die Einwände der Kläger gegen die zur Umsetzung des in § 41 BImSchG vorgesehenen Lärmschutzkonzepts erforderliche Nutzen-Kosten-Prüfung nicht entscheidungserheblich. Denn eine Verhältnismäßigkeitsprüfung nach § 41 Abs. 2 BImSchG, die eine derartige Nutzen-Kosten-Prüfung erfordern würde, war für die Grundstücke der Kläger wegen der Einhaltung der Grenzwerte gerade nicht erforderlich.
305d) Der Vortrag der Kläger zu einer fehlerhaften Ermittlung und Bewertung der Luftschadstoffe in den planfestgestellten Ergebnissen des Luftschadstoffgutachtens (Anlage Nr. 99 zum Planfeststellungsbeschluss, Beiakte 10 zu 11 D 6/12.AK) zeigt keinen zu ihren Gunsten durchgreifenden Abwägungsfehler der Planfeststellung auf. In dieser Hinsicht bedarf es keiner weiteren Vertiefung, ob ihre Einwände zutreffend sind.
306aa) Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss ist bezüglich der Luftschadstoffproblematik - trotz des umfangreichen Vortrags der Kläger zu diesem Gesichtspunkt - bereits deshalb nicht abwägungsfehlerhaft, weil die Einhaltung der Grenzwerte der 39. BImSchV keine Rechtmäßigkeitsvoraussetzung für die Planfeststellung eines Straßenbauvorhabens ist. Grenzwertüberschreitungen sind nach dem System der Luftreinhalteplanung (vgl. § 47 BImSchG und § 27 der 39. BImSchV) unabhängig von den Immissionsquellen zu vermeiden. Allerdings ist das Gebot der Konfliktbewältigung als Ausformung des Abwägungsgebots verletzt, wenn die Planfeststellungsbehörde das Vorhaben zulässt, obgleich absehbar ist, dass seine Verwirklichung die Möglichkeit ausschließt, die Einhaltung der Grenzwerte mit den Mitteln der Luftreinhalteplanung in einer mit der Funktion des Vorhabens zu vereinbarenden Weise zu sichern. Das ist insbesondere der Fall, wenn die von einer planfestgestellten Straße herrührenden Immissionen bereits für sich genommen die maßgeblichen Grenzwerte überschreiten. Von diesem Fall abgesehen geht der Gesetzgeber davon aus, dass sich die Einhaltung der Grenzwerte mit den Mitteln der Luftreinhalteplanung sichern lässt. Für die Annahme, dass dies nicht möglich ist, müssen deshalb besondere Umstände vorliegen.
307Vgl. etwa BVerwG, Urteile vom 10. Oktober 2012 - 9 A 19.11 -, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 228, S. 38.
308Solche besonderen Umstände können sich vor allem aus ungewöhnlichen örtlichen Gegebenheiten (zentrale Verkehrsknotenpunkte, starke Schadstoffvorbelastung durch eine Vielzahl von Emittenten) ergeben.
309Vgl. BVerwG, Urteil vom 26. Mai 2004 ‑ 9 A 6.03 ‑, BVerwGE 121, 57 (64).
310Derartige besondere Umstände sind für die Stadt N. weder geltend gemacht noch ersichtlich.
311Vgl. auch BVerwG, Urteil vom 26. Mai 2004 ‑ 9 A 6.03 ‑, BVerwGE 121, 57 (65), zu einer vierspurigen innerstädtischen Ausfallstraße in Dresden mit ähnlich hoher Verkehrsbelastung wie für die B 51 prognostiziert.
312Hieran gemessen genügt die Planung dem Gebot der Konfliktbewältigung. Das zum Gegenstand der Planfeststellung gemachte Luftschadstoffgutachten von September 2011 (Anlage Nr. 99 zum Planfeststellungsbeschluss, Beiakte 10 zu 11 D 6/12.AK) kommt auf der Grundlage der vom Beklagten angegebenen Verkehrsmengen für das Jahr 2020 zu dem Ergebnis, dass die über ein Kalenderjahr gemittelten Immissionsgrenzwerte von jeweils 40 µg/m3 sowohl für Stickstoffdioxid (§ 3 Abs. 2 der 39. BImSchV) als auch für Feinstaub PM10 (§ 4 Abs. 2 der 39. BImschV) und der ab 2015 geltende Immissionsgrenzwert von 25 µg/m3 für Feinstaub PM2,5 (§ 5 Abs. 2 der 39. BImschV) mit den prognostizierten unter 30 µg/m3 für Stickstoffdioxid, unter 24 µg/m3 für PM10 und unter 20 µg/m3 für PM2,5, jeweils für die zur B 51 nächstgelegenen Wohnbebauung am C2.-----weg deutlich bis weit unterschritten werden (vgl. Abbildungen 6.2, 6.4 und 6.6). Die auf S. 28 und 33 des Gutachtens referierten Ergebnisse für die Feinstaubimmissionen werden im Planfeststellungsbeschluss auf S. 117 zutreffend wiedergegeben. In diesem Zusammenhang merkt der Senat an, dass schon die im Gutachten als Hintergrundbelastung zu Grunde gelegten von der Messstation N. Geist im Jahr 2010 gemessenen Jahresmittelwerte für Stickstoffdioxid 25 µg/m3, für PM10 22 mg/m3 und für PM2,5 19 µg/m3 betragen, so dass die von dem planfestgestellten Vorhaben herrührenden zusätzlichen Schadstoffbelastungen bezogen auf das Grundstück der Klägerin zu 1. gering sind.
313Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss geht daher zu Recht davon aus, dass mit der Realisierung des Vorhabens keine atypische Situation entsteht, die bereits in der Planfeststellung Maßnahmen erfordert, und weitere Maßnahmen einer Luftreinhalteplanung vorbehalten werden können (PFB B. 5.3.5.2, S. 116 bis 118). Für den Beklagten bestand daher kein Anlass, die Luftreinhalteplanung der Stadt N. im Planfeststellungsbeschluss zu überprüfen.
314bb) Unabhängig davon werden - wie soeben dargelegt - die Immissionsgrenzwerte der 39. BImSchV eingehalten; das Luftschadstoffgutachten ist nicht zu beanstanden.
315aaa) Die Grenzwerte der 39. BImSchV beruhen auf unionsrechtlichen Vorgaben durch die Richtlinie 2008/50/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2008 über Luftqualität und saubere Luft in Europa (Abl. Nr. L 152 S. 1).
316Vgl. zusammenfassend Bruckmann/Strecker, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Band IV, Kommentar, Stand 15. November 2014, 39. BImSchV Vorb., Rdnr. 3.
317Der Senat ist gemäß Art. 20 Abs. 3 GG an diese rechtlichen Maßstäbe gebunden und daher nicht befugt, eine Entscheidung auf der Basis hiervon möglicherweise abweichender wissenschaftlicher Erkenntnisse zu treffen, wie sie etwa von Prof. Dr. L. in der mündlichen Verhandlung vorgetragen worden sind bzw. sich aus den von ihm vorgelegten umfangreichen Unterlagen ergeben („Die Biologie kennt keine Grenzwerte.“).
318Nach Art. 191 Abs. 3 AEUV (vgl. auch die Querschnittsklausel in Art. 11 AEUV) berücksichtigt die Union bei der Erarbeitung ihrer Umweltpolitik ‑ hierzu gehört die Richtlinie 2008/50/EG ‑ u. a. die verfügbaren wissenschaftlichen und technischen Daten. Die gerichtliche Kontrolle, was die Berücksichtigung wissenschaftlicher und technischer Daten angeht, beschränkt sich darauf, ob die Maßnahme offensichtlich fehlerhaft ist, ob sie einen Ermessensmissbrauch darstellt oder ob die betreffende Behörde die Grenzen ihres Ermessens offensichtlich überschritten hat. Dem Gebot zur Berücksichtigung des Standes von Wissenschaft und Technik ist nach dem EuGH schon dann entsprochen, wenn sich dies aus den Begründungserwägungen ablesen lässt und wenn ein Rechtsakt Überwachungsvorschriften zur Beurteilung der Wirksamkeit der getroffenen Regelungen sowie Revisionsklauseln beinhaltet, welche vorsehen, dass die Kommission unter Berücksichtigung technischen Fortschritts Einfügungen, Streichungen oder Änderungen vornehmen kann.
319Vgl. etwa Kahl, in: Streinz (Hrsg), EUV/AEUV, 2. Auflage 2012, Art. 191 AEUV, Rdnr. 121, m. w. N.
320Die Richtlinie 2008/50/EG sieht in ihrem Art. 32 ausdrücklich vor, dass die Kommission im Jahr 2013 die Vorschriften über PM2,5 sowie gegebenenfalls andere Schadstoffe überprüft, und regelt Einzelheiten des Überprüfungsverfahrens, das auch die Berücksichtigung neuester wissenschaftlicher Informationen vorsieht. Für PM2,5 bestimmt bereits die Richtlinie selbst und ihr folgend § 5 Abs. 2 der 39. BImSchV ab 2015 einen neuen Grenzwert.
321Auch aus Art. 3 i. V. m. Art. 37 der Europäischen Grundrechtecharta ergibt sich kein umfassendes Recht auf gesunde Umwelt.
322Vgl. Borowsky, in: Meyer (Hrsg.) Charta der Grundrechte der Europäischen Union, 4. Auflage 2014, Art. 3 Rdnr. 38.
323Aus der staatlichen Schutzpflicht nach Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG („Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit.“) ergeben sich keine weitergehenden Anforderungen. Ohne verlässliche wissenschaftliche Erkenntnisse über komplexe Gefährdungen ist es nicht Sache der Gerichte, sondern des Verordnungsgebers, den Erkenntnisfortschritt der Wissenschaft mit geeigneten Mitteln zu beobachten und zu bewerten. Diese Pflicht ist erst verletzt, wenn eine ursprünglich rechtmäßige Regelung aufgrund neuer Erkenntnisse oder einer veränderten Situation verfassungsrechtlich evident untragbar geworden ist.
324Vgl. BVerwG, Gerichtsbescheid vom 21. September 2010 ‑ 7 A 7.10 ‑, juris, Rdnr. 17, unter Hinweis auf BVerfG, Beschluss vom 24. Januar 2007 ‑ 1 BvR 382/05 ‑, NVwZ 2007, 805.
325Das ist im Hinblick auf die Fortschreibung der Grenzwerte und der oben dargelegten in der Richtlinie 2008/50/EG ausdrücklich vorgesehenen Überprüfung nicht ersichtlich.
326Die von den Klägern angeführten Regelungen in § 1 Nr. 19 und 37 sowie § 23 und § 26 der 39. BImSchV zu „langfristigen und nationalen Zielen“, zum „Zielwert“ und zur „bestmöglichen Luftqualität“ ergeben keine über die Einhaltung der in den §§ 3 bis 5 der 39. BImSchV rechtsverbindlich festgelegten konkreten Grenzwerte hinausgehenden subjektiven Rechte der Kläger.
327bbb) Entgegen der Auffassung der Kläger legt das Gutachten für die Schadstoffhintergrundbelastung zu Recht die Messwerte der vom LANUV im Rahmen des Luftqualitätsüberwachungssystems betriebenen Station N. Geist zu Grunde. Die Auswahl der berücksichtigten Messstationen muss den örtlichen Verhältnissen Rechnung tragen und gegebenenfalls bestehende deutliche Unterschiede der für die Vorbelastung im Plangebiet maßgeblichen Faktoren berücksichtigen.
328Vgl. BVerwG, Urteil vom 9. Juni 2010 - 9 A 20.08 -, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 208, S. 166.
329Nach § 1 Nr. 22 der 39. BImSchV sind „Messstationen für den städtischen Hintergrund“ Messstationen an Standorten in städtischen Gebieten, an denen die Werte repräsentativ für die Expositon der städtischen Bevölkerung sind. Dies wird in Anlage 3 B.1.c) zur 39. BImSchV dahingehend präzisiert, dass die gemessene Verschmutzung den integrierten Beitrag sämtlicher Quellen im Luv der Hauptwindrichtung der Station erfasst. Für die gemessene Verschmutzung sollte nicht eine einzelne Quelle vorherrschend sein, es sei denn, dies ist für eine größere städtische Fläche typisch. Die Probenahmestellen müssen grundsätzlich für eine Fläche von mehreren Quadratkilometern repräsentativ sein.
330Die Station N. Geist befindet sich etwa 5 km südwestlich des Untersuchungsgebiets im Zentrum von N. zwischen Kleingärten und Wohnhäusern (Gutachten S. 18) an einem Schulgelände. Ein Gewerbegebiet liegt etwa 1,5 km östlich bis südöstlich der Station. Die in diesem Abschnitt vierstreifige B 51 verläuft ca. 200 m südlich, die B 54 ca. 700 m östlich und die B 219 ca. 500 m westlich der Station.
331Vgl. die Beschreibung der näheren Umgebung auf der Internetseite des LANUV http:/www.lanuv.de/luft/messorte/steckbriefe/msge.htm.
332Diese Messstation ist damit die dem planfestgestellten Vorhaben nächstgelegene Station, deren Messwerte eine städtische Schadstoffhintergrundbelastung wiedergeben. Dabei bezieht sich die Anforderung, den integrierten Beitrag sämtlicher Quellen im Luv der Hauptwindrichtung der Station zu erfassen, auf die konkrete Lage der Messstation selbst, bedeutet jedoch nicht, dass die Station so positioniert sein muss, dass sie sämtliche stark emittierenden Schadstoffquellen der Stadt N. erfasst. Dann würde sie gerade nicht mehr die für die städtische Fläche typische Hintergrundbelastung ermitteln und wäre nicht für eine Fläche von mehreren Quadratkilometern repräsentativ.
333Dem gegenüber liegen die anderen drei vom LANUV in N. betriebenen Messstationen unmittelbar an vielbefahrenen Straßen. Die von den Klägern angesprochene Station an der X1. Straße steht auf dem Gehweg einer stark befahrenen und beidseitig von einer geschlossenen mehrgeschossigen Bebauung begrenzten innerstädtischen Ausfallstraße in N. . Sie ist daher nicht geeignet, die großräumig vorhandene Hintergrundbelastung abzubilden, die im Untersuchungsgebiet ohne Verkehr auf den in die Untersuchung einbezogenen Straßen vorliegen würde (vgl. auch Luftschadstoffgutachten S. 13 unten).
334ccc) Nach der Anlage 3 zur 39. BImSchV ist die Luftqualität in solchen Bereichen zu untersuchen, in denen die individuelle Aufenthaltsdauer von Menschen typischerweise einen „signifikanten“ Anteil am Mittelungszeitraum des jeweils zu betrachtenden Immissionsgrenzwerts einnimmt. Danach sind selbst bezogen auf Grenzwerte mit dem geringsten Mittelungszeitraum von einer Stunde (vgl. §§ 2 f. der 39. BImSchV) nur solche Bereiche zu untersuchen, in denen der Einzelne nicht nur für einen kurzen Moment, sondern „über einen längeren Zeitraum“ Schadstoffen ausgesetzt ist.
335Vgl. BVerwG, Urteil vom 10. Oktober 2012 ‑ 9 A 19.11 ‑, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 228, S. 48.
336Selbst wenn man unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe - anders als im Planfeststellungsbeschluss auf S. 117 wiedergegeben - den Garten des Grundstücks der Klägerin zu 1. einbezieht, werden die Grenzwerte ‑ wie oben dargelegt ‑ deutlich bis weit unterschritten. Für das Grundstück des Klägers zu 2. steht eine Grenzwertüberschreitung ohnehin nicht in Rede.
337Angesichts der deutlichen Unterschreitung der Grenzwerte auch auf dem Grundstück der Klägerin zu 1. ist nicht erheblich, dass das Luftschadstoffgutachten (vgl. Abbildung 5.1 auf S. 22) für die B 51 von einer zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 70 km/h ausgeht, während die lärmtechnische Untersuchung eine zulässige Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h zu Grunde legt und der Planfeststellungsbeschluss die zulässige Höchstgeschwindigkeit nicht regelt. Die prognostizierte Schadstoffbelastung liegt auch dann auf der „sicheren Seite“, wenn von der zuständigen Straßenverkehrsbehörde künftig ein Tempolimit von 100 km/h zugestanden würde. Das hat der Gutachter dem Beklagten am 29. März 2012 mitgeteilt. Die Stickstoffdioxidimmissionen würden sich um höchstens 1 µg/m3 erhöhen, die Werte für PM10 um 1 bis 4 %, so dass auch bei einer Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h Grenzwertüberschreitungen nicht zu erwarten seien. Hierbei ist auch zu berücksichtigen, dass das Luftschadstoffgutachten die als „maximale“ Verkehrsbelastung prognostizierte Verkehrsmenge von 50.600 Kfz/24 h zu Grunde legt, während die Verkehrsprognose der IVV vom 11. September 2006 für den hier fraglichen Abschnitt nördlich der X. Straße eine Verkehrsbelastung von nur 41.700 Kfz/24 h prognostiziert.
338ddd) Dafür dass dem Gutachterbüro Eingabefehler oder Rechenfehler unterlaufen sind, fehlt jeder schlüssige Anhaltspunkt. Der Gutachter hat im Termin zur mündlichen Verhandlung erläutert, dass die Auswirkungen der geplanten Lärmschutzwände in das Rechenprogramm eingearbeitet sind. Bedenken an der Fachkompetenz und der Unparteilichkeit des Ingenieurbüros M. bestehen nicht. Dem Senat ist aus eigener Erfahrung bekannt, dass das Ingenieurbüro M. in Nordrhein-Westfalen regelmäßig Planfeststellungsverfahren durch Fachbeiträge begleitet hat.
339Vgl. etwa OVG NRW, Urteil vom 24. März 2014 ‑ 11 D 31/11.K -, juris, Rdnr 105 ff.
340eee) Bei dieser Sachlage bedurfte es nicht einer von den Klägern vermissten Berechnung der Kurzzeitgrenzwerte (200 µg/m3 über eine Stunde gemittelt für Stickstoffdioxid, § 3 Abs. 1 der 39. BImSchV; 50 µg/m3 über einen Tag gemittelt für Feinstaub PM10), die auf den Grundstücken der Kläger offensichtlich nicht erreicht werden (vgl. auch die Erläuterung im Luftschadstoffgutachten S. 8 f.).
341fff) Nach alldem musste der Senat dem in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisantrag zu behaupteten Grenzwertüberschreitungen nicht weiter nachgehen.
342e) Aus § 50 BImSchG ergeben sich für die Kläger keine weitergehenden Ansprüche. § 50 Satz 1 BImSchG kommt in Bezug auf Verkehrslärm und sonstige Immissionen die Funktion einer Abwägungsdirektive zu.
343Vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 23. Februar 2005 ‑ 4 A 1.04 ‑, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 186, S. 188.
344Da sowohl die Immissionsgrenzwerte für Lärm als auch für Luftschadstoffe auf den Grundstücken der Kläger eingehalten werden, folgt aus § 50 Satz 1 BImSchG kein Anspruch der Kläger auf weitere Schutzmaßnahmen etwa durch Verwirklichung einer „Tunnellösung“. Der allgemeine Planungsgrundsatz des § 50 BImSchG wendet sich als objektivrechtliches Gebot an die für die Planungsentscheidung zuständige Stelle; er enthält aber für den Planbetroffenen kein subjektives öffentliches Recht.
345Vgl. BVerwG, Beschluss vom 10. September 1981 ‑ 4 B 114.81 ‑, Buchholz 406.25 § 50 BImSchG Nr. 2.
346f) Die Beeinträchtigung des Grundeigentums der Klägerin zu 1. durch eine 5,5 m hohe Lärmschutzwand hat der Beklagte als abwägungserheblichen Belang gesehen und auf Seite 147 des Planfeststellungsbeschlusses behandelt. Er hat auf die Gestaltung der Wand verwiesen, die in einer Höhe über 3 m transparentes Material vorsieht, ferner auf die Anpflanzung eines Grüngürtels vor der Lärmschutzwand. Schließlich verweist er noch auf eventuelle Entschädigungsansprüche (PFB B. 5.3.12.3, S. 148). Das reicht als Abwägung aus.
347Nach der Umplanung durch den Planänderungsbescheid vom 12. August 2014 wird die Lärmschutzwand in ca. 1,7 m Entfernung von der Westgrenze des Grundstücks der Klägerin zu 1. errichtet, die wiederum mindestens 28 m vom Wohngebäude entfernt liegt. Fragen einer Verschattung oder gar einer erdrückenden Wirkung stellen sich daher nicht. Die Klägerin zu 1. hat, nachdem durch die Umplanung ihr Grundstück nicht mehr in Anspruch genommen werden muss, auch keine konkreten Belange einer Eigentumsbeeinträchtigung geltend gemacht, die in die Abwägung hätten eingestellt werden müssen, sondern nur „drastische Folgen für die Wohnnutzung insbesondere der Außenbereiche“ behauptet. Dabei wird jedenfalls übersehen, dass sich im Vergleich zur gegenwärtigen Situation die Nutzung des Außenbereichs erheblich verbessert, weil die bereits vorhandene B 51 im Zuge des Ausbaus erstmals mit einer Lärmschutzwand versehen wird.
3485. Auch der Vortrag der Kläger, die Belastungen durch Baulärm und Erschütterungen während der Bauzeit seien weder ermittelt worden, noch seien im Planfeststellungsbeschluss Aussagen zum Schutz vor ihnen getroffen worden, greift nicht durch. Die durch die Straßenbauarbeiten verursachten Lärm- und Schadstoffbelastungen müssen wegen ihres unregelmäßigen Entstehens nicht durch eine Lärm- bzw. Schadstoffprognose ermittelt werden.
349Vgl. BVerwG, Urteil vom 3. März 2011 ‑ 9 A 8.10 ‑, BVerwGE 139, 150 (183 f.).
350Gleiches muss für die von den Klägern befürchteten Erschütterungen gelten.
351Der Beklagte hat im Planfeststellungsbeschluss im Hinblick auf Erschütterungen und (sonstige) Bauimmissionen und ‑auswirkungen unter A. 5.3 und 5.4 (S. 27 f.) verschiedene Nebenbestimmungen angeordnet, die zu einer weitgehenden Minimierung der Immissionsbelastung für die Umgebung führen. Dass es dennoch zu Beeinträchtigungen kommen kann, ist unvermeidbar.
352Den von den Klägern aufgezeigten „offenkundigen Widerspruch“, die AVV-Baulärm sei zu beachten, könne aber nicht eingehalten werden, sieht der Senat nicht. Es ist plausibel, dass der Beklagte die AVV-Baulärm grundsätzlich heranzieht, aber gleichzeitig einräumt, es könnten „temporäre Lärmeinwirkungen oberhalb der Richtwerte … nicht gänzlich ausgeschlossen werden.“ (PFB S. 28). Genauere Regelungen kann der Beklagte nicht treffen. Es leuchtet ohne Weiteres ein, dass die Unregelmäßigkeit des durch die Bauarbeiten ausgelösten Lärms eine detaillierte Lärmprognose nicht zulässt.
353Vgl. BVerwG, Urteil vom 3. März 2011 ‑ 9 A 8.10 ‑, BVerwGE 139, 150 (184).
354Schließlich enthalten die Nebenbestimmungen A. 5.3 und 5.4 den Passus, dass in dem Fall, dass trotz optimierter Bauverfahren die Anhaltswerte überschritten (Erschütterungen) bzw. die Eingreifwerte (Bauimmissionen und –auswirkungen) erheblich überschritten und dadurch Schäden verursacht werden, diese „nach den Grundsätzen des § 906 BGB zu entschädigen“ sind. Damit sind die Rechtspositionen der Kläger ausreichend geschützt und berücksichtigt, und zwar gerade auch im Hinblick auf die von den Klägern zitierte Rechtsprechung des BGH,
355Urteil vom 30. Oktober 2009 ‑ V ZR 17/09 ‑, NJW 2010, 1141 (1143, Rdnr. 28 f.).
356B. Der auf eine Verpflichtung des Beklagten gerichtete Hilfsantrag der Kläger, sie unter teilweiser Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses vom 30. September 2011 hinsichtlich ihrer durch das Vorhaben betroffenen Rechte/Interessen, insbesondere hinsichtlich des Schutzes vor Immissionen, erneut zu bescheiden, bleibt nach dem vorstehend Dargelegten ohne Erfolg. Die Kläger haben insbesondere keinen Anspruch auf eine Ergänzung des Planfeststellungsbeschlusses um Maßnahmen des aktiven Schallschutzes oder um die Anordnung der Erstattungsfähigkeit dem Grunde nach für Maßnahmen des passiven Schallschutzes. Das Lärmschutzkonzept der angefochtenen Planungsentscheidung steht mit den Vorgaben der §§ 41, 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG i. V. m. § 2 der 16. BImSchV im Einklang; die Immissionsgrenzwerte sowohl für Lärm als auch für Luftschad-stoffe werden auf den Grundstücken der Kläger sämtlich eingehalten. Das Vorhaben ist damit nicht zu Lasten der Kläger abwägungsfehlerhaft und verletzt in seiner festgestellten Form keine Rechte der Kläger.
357C. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 Abs. 1, 159 Satz 1 VwGO, 100 Abs. 1 ZPO.
358Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus den §§ 167 VwGO, 708 Nr. 10, 711 Satz 1 ZPO.
359Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.
(1) Werden die durch eine Rechtsverordnung nach § 48a Absatz 1 festgelegten Immissionsgrenzwerte einschließlich festgelegter Toleranzmargen überschritten, hat die zuständige Behörde einen Luftreinhalteplan aufzustellen, welcher die erforderlichen Maßnahmen zur dauerhaften Verminderung von Luftverunreinigungen festlegt und den Anforderungen der Rechtsverordnung entspricht. Satz 1 gilt entsprechend, soweit eine Rechtsverordnung nach § 48a Absatz 1 zur Einhaltung von Zielwerten die Aufstellung eines Luftreinhalteplans regelt. Die Maßnahmen eines Luftreinhalteplans müssen geeignet sein, den Zeitraum einer Überschreitung von bereits einzuhaltenden Immissionsgrenzwerten so kurz wie möglich zu halten.
(2) Besteht die Gefahr, dass die durch eine Rechtsverordnung nach § 48a Absatz 1 festgelegten Alarmschwellen überschritten werden, hat die zuständige Behörde einen Plan für kurzfristig zu ergreifende Maßnahmen aufzustellen, soweit die Rechtsverordnung dies vorsieht. Besteht die Gefahr, dass durch eine Rechtsverordnung nach § 48a Absatz 1 festgelegte Immissionsgrenzwerte oder Zielwerte überschritten werden, kann die zuständige Behörde einen Plan für kurzfristig zu ergreifende Maßnahmen aufstellen, soweit die Rechtsverordnung dies vorsieht. Die im Plan festgelegten Maßnahmen müssen geeignet sein, die Gefahr der Überschreitung der Werte zu verringern oder den Zeitraum, während dessen die Werte überschritten werden, zu verkürzen. Ein Plan für kurzfristig zu ergreifende Maßnahmen kann Teil eines Luftreinhalteplans nach Absatz 1 sein.
(3) Liegen Anhaltspunkte dafür vor, dass die durch eine Rechtsverordnung nach § 48a Absatz 1a festgelegten Immissionswerte nicht eingehalten werden, oder sind in einem Untersuchungsgebiet im Sinne des § 44 Absatz 2 sonstige schädliche Umwelteinwirkungen zu erwarten, kann die zuständige Behörde einen Luftreinhalteplan aufstellen. Bei der Aufstellung dieser Pläne sind die Ziele der Raumordnung zu beachten; die Grundsätze und sonstigen Erfordernisse der Raumordnung sind zu berücksichtigen.
(4) Die Maßnahmen sind entsprechend des Verursacheranteils unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit gegen alle Emittenten zu richten, die zum Überschreiten der Immissionswerte oder in einem Untersuchungsgebiet im Sinne des § 44 Absatz 2 zu sonstigen schädlichen Umwelteinwirkungen beitragen. Werden in Plänen nach Absatz 1 oder 2 Maßnahmen im Straßenverkehr erforderlich, sind diese im Einvernehmen mit den zuständigen Straßenbau- und Straßenverkehrsbehörden festzulegen. Werden Immissionswerte hinsichtlich mehrerer Schadstoffe überschritten, ist ein alle Schadstoffe erfassender Plan aufzustellen. Werden Immissionswerte durch Emissionen überschritten, die außerhalb des Plangebiets verursacht werden, hat in den Fällen der Absätze 1 und 2 auch die dort zuständige Behörde einen Plan aufzustellen.
(4a) Verbote des Kraftfahrzeugverkehrs für Kraftfahrzeuge mit Selbstzündungsmotor kommen wegen der Überschreitung des Immissionsgrenzwertes für Stickstoffdioxid in der Regel nur in Gebieten in Betracht, in denen der Wert von 50 Mikrogramm Stickstoffdioxid pro Kubikmeter Luft im Jahresmittel überschritten worden ist. Folgende Kraftfahrzeuge sind von Verkehrsverboten ausgenommen:
- 1.
Kraftfahrzeuge der Schadstoffklasse Euro 6, - 2.
Kraftfahrzeuge der Schadstoffklassen Euro 4 und Euro 5, sofern diese im praktischen Fahrbetrieb in entsprechender Anwendung des Artikels 2 Nummer 41 in Verbindung mit Anhang IIIa der Verordnung (EG) Nr. 692/2008 der Kommission vom 18. Juli 2008 zur Durchführung und Änderung der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates über die Typgenehmigung von Kraftfahrzeugen hinsichtlich der Emissionen von leichten Personenkraftwagen und Nutzfahrzeugen (Euro 5 und Euro 6) und über den Zugang zu Reparatur- und Wartungsinformationen für Fahrzeuge (ABl. L 199 vom 28.7.2008, S. 1), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2017/1221 (ABl. L 174 vom 7.7.2017, S. 3) geändert worden ist, weniger als 270 Milligramm Stickstoffoxide pro Kilometer ausstoßen, - 3.
Kraftomnibusse mit einer Allgemeinen Betriebserlaubnis für ein Stickstoffoxid-Minderungssystem mit erhöhter Minderungsleistung, sofern die Nachrüstung finanziell aus einem öffentlichen Titel des Bundes gefördert worden ist, oder die die technischen Anforderungen erfüllen, die für diese Förderung erforderlich gewesen wären, - 4.
schwere Kommunalfahrzeuge mit einer Allgemeinen Betriebserlaubnis für ein Stickstoffoxid-Minderungssystem mit erhöhter Minderungsleistung, sofern die Nachrüstung finanziell aus einem öffentlichen Titel des Bundes gefördert worden ist, oder die die technischen Anforderungen erfüllen, die für diese Förderung erforderlich gewesen wären, sowie Fahrzeuge der privaten Entsorgungswirtschaft von mehr als 3,5 Tonnen mit einer Allgemeinen Betriebserlaubnis für ein Stickstoffoxid-Minderungssystem mit erhöhter Minderungsleistung, die die technischen Anforderungen erfüllen, die für diese Förderung erforderlich gewesen wären, - 5.
Handwerker- und Lieferfahrzeuge zwischen 2,8 und 7,5 Tonnen mit einer Allgemeinen Betriebserlaubnis für ein Stickstoffoxid-Minderungssystem mit erhöhter Minderungsleistung, sofern die Nachrüstung finanziell aus einem öffentlichen Titel des Bundes gefördert worden ist, oder die die technischen Anforderungen erfüllen, die für diese Förderung erforderlich gewesen wären, - 6.
Kraftfahrzeuge der Schadstoffklasse Euro VI und - 7.
Kraftfahrzeuge im Sinne von Anhang 3 Nummer 5, 6 und 7 der Verordnung zur Kennzeichnung der Kraftfahrzeuge mit geringem Beitrag zur Schadstoffbelastung vom 10. Oktober 2006 (BGBl. I S. 2218), die zuletzt durch Artikel 85 der Verordnung vom 31. August 2015 (BGBl. I S. 1474) geändert worden ist.
(5) Die nach den Absätzen 1 bis 4 aufzustellenden Pläne müssen den Anforderungen des § 45 Absatz 2 entsprechen. Die Öffentlichkeit ist bei der Aufstellung von Plänen nach den Absätzen 1 und 3 zu beteiligen. Die Pläne müssen für die Öffentlichkeit zugänglich sein.
(5a) Bei der Aufstellung oder Änderung von Luftreinhalteplänen nach Absatz 1 ist die Öffentlichkeit durch die zuständige Behörde zu beteiligen. Die Aufstellung oder Änderung eines Luftreinhalteplanes sowie Informationen über das Beteiligungsverfahren sind in einem amtlichen Veröffentlichungsblatt und auf andere geeignete Weise öffentlich bekannt zu machen. Der Entwurf des neuen oder geänderten Luftreinhalteplanes ist einen Monat zur Einsicht auszulegen; bis zwei Wochen nach Ablauf der Auslegungsfrist kann gegenüber der zuständigen Behörde schriftlich oder elektronisch Stellung genommen werden; der Zeitpunkt des Fristablaufs ist bei der Bekanntmachung nach Satz 2 mitzuteilen. Fristgemäß eingegangene Stellungnahmen werden von der zuständigen Behörde bei der Entscheidung über die Annahme des Plans angemessen berücksichtigt. Der aufgestellte Plan ist von der zuständigen Behörde in einem amtlichen Veröffentlichungsblatt und auf andere geeignete Weise öffentlich bekannt zu machen. In der öffentlichen Bekanntmachung sind das überplante Gebiet und eine Übersicht über die wesentlichen Maßnahmen darzustellen. Eine Ausfertigung des Plans, einschließlich einer Darstellung des Ablaufs des Beteiligungsverfahrens und der Gründe und Erwägungen, auf denen die getroffene Entscheidung beruht, wird zwei Wochen zur Einsicht ausgelegt. Dieser Absatz findet keine Anwendung, wenn es sich bei dem Luftreinhalteplan nach Absatz 1 um einen Plan handelt, für den nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung eine Strategische Umweltprüfung durchzuführen ist.
(5b) Werden nach Absatz 2 Pläne für kurzfristig zu ergreifende Maßnahmen aufgestellt, macht die zuständige Behörde der Öffentlichkeit sowohl die Ergebnisse ihrer Untersuchungen zur Durchführbarkeit und zum Inhalt solcher Pläne als auch Informationen über die Durchführung dieser Pläne zugänglich.
(6) Die Maßnahmen, die Pläne nach den Absätzen 1 bis 4 festlegen, sind durch Anordnungen oder sonstige Entscheidungen der zuständigen Träger öffentlicher Verwaltung nach diesem Gesetz oder nach anderen Rechtsvorschriften durchzusetzen. Sind in den Plänen planungsrechtliche Festlegungen vorgesehen, haben die zuständigen Planungsträger dies bei ihren Planungen zu berücksichtigen.
(7) Die Landesregierungen oder die von ihnen bestimmten Stellen werden ermächtigt, bei der Gefahr, dass Immissionsgrenzwerte überschritten werden, die eine Rechtsverordnung nach § 48a Absatz 1 festlegt, durch Rechtsverordnung vorzuschreiben, dass in näher zu bestimmenden Gebieten bestimmte
- 1.
ortsveränderliche Anlagen nicht betrieben werden dürfen, - 2.
ortsfeste Anlagen nicht errichtet werden dürfen, - 3.
ortsveränderliche oder ortsfeste Anlagen nur zu bestimmten Zeiten betrieben werden dürfen oder erhöhten betriebstechnischen Anforderungen genügen müssen, - 4.
Brennstoffe in Anlagen nicht oder nur beschränkt verwendet werden dürfen,
(1) Der Betreiber einer genehmigungsbedürftigen Anlage ist verpflichtet, der zuständigen Behörde innerhalb einer von ihr zu setzenden Frist oder zu dem in der Rechtsverordnung nach Absatz 4 festgesetzten Zeitpunkt Angaben zu machen über Art, Menge, räumliche und zeitliche Verteilung der Luftverunreinigungen, die von der Anlage in einem bestimmten Zeitraum ausgegangen sind, sowie über die Austrittsbedingungen (Emissionserklärung); er hat die Emissionserklärung nach Maßgabe der Rechtsverordnung nach Absatz 4 entsprechend dem neuesten Stand zu ergänzen. § 52 Absatz 5 gilt sinngemäß. Satz 1 gilt nicht für Betreiber von Anlagen, von denen nur in geringem Umfang Luftverunreinigungen ausgehen können.
(2) Auf die nach Absatz 1 erlangten Kenntnisse und Unterlagen sind die §§ 93, 97, 105 Absatz 1, § 111 Absatz 5 in Verbindung mit § 105 Absatz 1 sowie § 116 Absatz 1 der Abgabenordnung nicht anzuwenden. Dies gilt nicht, soweit die Finanzbehörden die Kenntnisse für die Durchführung eines Verfahrens wegen einer Steuerstraftat sowie eines damit zusammenhängenden Besteuerungsverfahrens benötigen, an deren Verfolgung ein zwingendes öffentliches Interesse besteht, oder soweit es sich um vorsätzlich falsche Angaben des Auskunftspflichtigen oder der für ihn tätigen Personen handelt.
(3) Der Inhalt der Emissionserklärung ist Dritten auf Antrag bekannt zu geben. Einzelangaben der Emissionserklärung dürfen nicht veröffentlicht oder Dritten bekannt gegeben werden, wenn aus diesen Rückschlüsse auf Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse gezogen werden können. Bei Abgabe der Emissionserklärung hat der Betreiber der zuständigen Behörde mitzuteilen und zu begründen, welche Einzelangaben der Emissionserklärung Rückschlüsse auf Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse erlauben.
(4) Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Inhalt, Umfang, Form und Zeitpunkt der Abgabe der Emissionserklärung, das bei der Ermittlung der Emissionen einzuhaltende Verfahren und den Zeitraum, innerhalb dessen die Emissionserklärung zu ergänzen ist, zu regeln. In der Rechtsverordnung wird auch bestimmt, welche Betreiber genehmigungsbedürftiger Anlagen nach Absatz 1 Satz 3 von der Pflicht zur Abgabe einer Emissionserklärung befreit sind. Darüber hinaus kann zur Erfüllung der Pflichten aus bindenden Rechtsakten der Europäischen Gemeinschaften oder der Europäischen Union in der Rechtsverordnung vorgeschrieben werden, dass die zuständigen Behörden über die nach Landesrecht zuständige Behörde dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit zu einem festgelegten Zeitpunkt Emissionsdaten zur Verfügung stellen, die den Emissionserklärungen zu entnehmen sind.
Bei raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen sind die für eine bestimmte Nutzung vorgesehenen Flächen einander so zuzuordnen, dass schädliche Umwelteinwirkungen und von schweren Unfällen im Sinne des Artikels 3 Nummer 13 der Richtlinie 2012/18/EU in Betriebsbereichen hervorgerufene Auswirkungen auf die ausschließlich oder überwiegend dem Wohnen dienenden Gebiete sowie auf sonstige schutzbedürftige Gebiete, insbesondere öffentlich genutzte Gebiete, wichtige Verkehrswege, Freizeitgebiete und unter dem Gesichtspunkt des Naturschutzes besonders wertvolle oder besonders empfindliche Gebiete und öffentlich genutzte Gebäude, so weit wie möglich vermieden werden. Bei raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen in Gebieten, in denen die in Rechtsverordnungen nach § 48a Absatz 1 festgelegten Immissionsgrenzwerte und Zielwerte nicht überschritten werden, ist bei der Abwägung der betroffenen Belange die Erhaltung der bestmöglichen Luftqualität als Belang zu berücksichtigen.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens je zur Hälfte.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung jeweils in gleicher Höhe Sicherheit leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Tatbestand:
2Die Kläger wenden sich gegen den Planfeststellungsbeschluss des Beklagten vom 30. September 2011, mit dem der Ausbau der Bundesstraße 51 (B 51) dritter Bauabschnitt von Bau-km 5+100 bis Bau-km 7+700 einschließlich des Verknüpfungsbereiches mit der Landesstraße 793 (L 793) ‑ X. Straße ‑ von Bau-km 0+000 bis Bau-km 0+600 und der Neubau der Bundesstraße 481 (B 481n) von Bau-km 7+700 bis Bau-km 11+340 planfestgestellt worden ist.
3Die in den Jahren 1954 bis 1962 gebaute Umgehungsstraße im Zuge der B 51 führt südlich bzw. östlich um N. herum. Sie war zunächst eine zweistrei-fige und anbaufreie Strecke, die an dem an der X1. Straße endenden Zubringer zum Autobahnkreuz N. -Süd im Südwesten N1. beginnt und bis zur X2. Straße im Osten der Stadt verläuft. Sie ist aufgrund von Planfeststellungsbeschlüssen vom 12. Januar 1989 und 1. März 1995 in zwei Bauabschnitten bis Bau-km 5+100 vierstreifig ausgebaut worden. Der nun planfestgestellte Abschnitt schließt sich nach Nordosten an und sieht den vierstrei-figen Ausbau bis zur X2. Straße frei von Zufahrten und ohne Erschließungsfunktion für die angrenzenden Grundstücke vor, ferner den Neubau des Knotenpunktes B 51/B 481n/X2. Straße und den zweistreifigen Neubau der B 481n bis zum T. Damm im Norden der Stadt N. .
4Das planfestgestellte Vorhaben ist im Bedarfsplan zum Fernstraßenausbaugesetz als vordringlicher Bedarf ausgewiesen.
5Die Klägerin zu 1. ist Eigentümerin des Grundstücks C.-----weg 9 (Gemarkung N. , Flur 135, Flurstück 13) mit einer Gesamtgröße von 1102 qm, das mit einem Wohnhaus bebaut ist. Zum Haus gehört auch ein rund 80 qm großer selbst genutzter gewerblicher Teil. Das Haus wurde 1938 erbaut; die Klägerin erwarb das Grundstück im Jahr 1994. Das Grundstück liegt unmittelbar östlich der vierstreifig auszubauenden Trasse der B 51 zwischen Bau-km 6+927 und 6+950. Auf die ursprünglich vorgesehene Inanspruchnahme von 18 qm (dauerhaft) sowie 45 qm für die Baudurchführung wurde durch Planänderungsbescheid vom 12. August 2014 verzichtet. Nach den geänderten Planunterlagen soll zwischen der Trasse und dem Grundstück der Klägerin eine Lärmschutzwand in Höhe von 5,5 m errichtet werden, die einen Abstand zur Grenze des Grundstücks der Klägerin von ca. 1,7 m einhält.
6Nach der lärmtechnischen Unterlage vom 2. Mai 2007 wurden für das Grundstück C.-----weg 9 folgende Beurteilungspegel berechnet:
7Hausfront/Himmelsrichtung |
Stockwerk |
Prognose in dB(A) mit Lärmschutz Tag Nacht |
W |
EG |
55 47 |
W |
1. OG |
56 48 |
Dabei ging der Vorhabenträger davon aus, dass das Grundstück der Klägerin zu 1. in einem allgemeinen Wohngebiet liegt.
9Der Kläger zu 2. ist Eigentümer des mit einem Wohnhaus bebauten Grundstücks N2.---straße 28 (Gemarkung N. , Flur 132, Flurstück 64). Es liegt etwa 90 m östlich der Trasse der B 51 in Höhe von Bau-km 7+368. Das Wohnhaus wurde Anfang der 1970-er Jahre errichtet. Der Kläger zu 2. erwarb das Grundstück im Jahr 2010. Eine Inanspruchnahme des Grundstücks für die Baumaßnahme ist nicht vorgesehen.
10Nach den Planunterlagen wurden für das Grundstück N2.---straße 28 folgende Beurteilungspegel berechnet:
11Hausfront/Himmelsrichtung |
Stockwerk |
Prognose in dB(A) mit Lärmschutz Tag Nacht |
W |
EG |
60 52 |
W |
1. OG |
60 53 |
Dabei ging der Vorhabenträger davon aus, dass das Grundstück im Außenbereich liegt.
13Das Planfeststellungsverfahren für den vierstreifigen Ausbau der B 51 und den Neubau der B 481n wurde im Dezember 2005 eingeleitet. Die Planunterlagen lagen vom 13. Februar 2006 bis 13. März 2006 in der Stadt N. öffentlich aus.
14Die vorherige öffentliche Bekanntmachung erschien mit einer Ergänzungslieferung im Amtsblatt der Stadt N. Nr. 3 vom 10. Februar 2006. Ob diese Ergänzungslieferung bereits am 10. Februar 2006 oder erst am 14. Februar 2006 veröffentlicht wurde, ist zwischen den Beteiligten streitig. Die Bekanntmachung enthielt u. a. einen Hinweis auf die vierwöchige Einwendungsfrist, die am 10. April 2006 ablaufe, und den Ausschluss verspäteter Einwendungen. Unter Nr. 6 heißt es: „Die Nrn. 1, 2, 3 und 5 gelten für die Anhörung der Öffentlichkeit zu den Umweltauswirkungen des Bauvorhabens nach § 9 Abs. 1 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung entsprechend.“
15Die Klägerin zu 1. erhob gegen die Planung mit Schreiben vom 5. April 2006 im Wesentlichen folgende Einwendungen: Die Bekanntmachung der Planfeststellung sei erst erfolgt, nachdem die Auslegung des Planes am 13. Februar 2006 bereits begonnen habe. Die entsprechende Ausgabe des Amtsblattes Nr. 3 der Stadt N. sei erst am 14. Februar 2006 erschienen. Eine Veröffentlichung in örtlichen Tageszeitungen nach § 72 Abs. 2 VwVfG NRW sei unterblieben. Es bestehe eine Verpflichtung aus § 2 Abs. 3a FStrG, die B 51 im geplanten Abschnitt zur Autobahn aufzustufen. Die prognostizierte Verkehrsbelastung sei nur unzulänglich ermittelt worden. Eine Straße im Autobahnformat ziehe mehr Verkehr an als übliche Bundesstraßen. Daher seien die Tabellenwerte der 16. BImSchV für Autobahnen heranzuziehen. Der Prognosehorizont sei nicht ausreichend lang festgelegt. Die Ergebnisse der Umweltverträglichkeitsstudie von 1993 seien missachtet worden. Diese habe eine Vollabdeckung der Straße oder eine Ausführung als „Züblin“-Tunnel in einer Tieflage von 5 oder 6 m gefordert. Die Strukturdaten, die der Verkehrsbelastung zu Grunde gelegt worden seien, würden im Plan nicht korrekt benannt. Der häufigere Lieferverkehr zu den Betrieben sei nicht erfasst worden. Die Einwohnerzahl für N. für das Jahr 2010 sei mit nur 254.000 angesetzt; das sei eindeutig zu wenig. Die Auswirkungen der neuesten Verkehrszählung aus dem Jahr 2005 seien nicht berücksichtigt worden. Es sei nicht geprüft worden, ob die Baumaßnahme unter Ausschluss des laufenden Verkehrs zügig durchgeführt werden und zusätzlich erhebliche Einsparungen erzielt werden könnten, die in einen Lärmschutzdeckel investiert werden könnten. Die erforderlichen Ausgleichsmaßnahmen würden nicht in vollem Umfang im Nahbereich des Eingriffs realisiert. Die Verpflichtung könne vor Ort in der Form der Mitfinanzierung eines zu begrünenden Lärmschutzdeckels über der B 51 erfolgen. Die Möglichkeit, den aktiven Lärmschutz im Sinne der Vorgabe nach Ziffer 10.2 Abs. 1 VLärmSchR 97 nicht bis zum Äußersten auszureizen, sei nicht genutzt worden. Von den jetzt im Plan erfassten 165 Wohngebäuden seien bereits 79 Gebäude auf genau 49 dB(A) berechnet. Schon bei geringsten Veränderungen bei den Berechnungsmodalitäten würden die Grenzwerte für weitere Gebäude überschritten. In bisherigen Verkehrsgutachten zu Grunde gelegte Rahmenbedingungen, die sich schon in der Vergangenheit nicht bestätigt hätten, seien nicht berichtigt worden. Auch die Verkehrszunahme durch die Entlastungsstraße Nord sei nicht berücksichtigt worden. Der außerordentliche Zugang an Lkw-Verkehr durch „Mautflüchtlinge“ sei nicht erfasst. Alle Parameter der Lärmberechnung seien konkret zu benennen und bürgerfreundlich zu erläutern. Die Troglage entspreche wegen der geringen Tiefe von nur 2 m nicht den Vorgaben der Umweltverträglichkeitsstudie von 1993. Die Lärmschutzwände böten keinen ausreichenden Schutz, ihre Höhe sei in reinen Wohngebieten unzumutbar. Die Planungsvorschrift des § 50 BImSchG sei missachtet worden. Dies könne nur über § 41 Abs. 1 BImSchG durch eine abgedeckte Tieflage als Maßnahme nach dem Stand der Technik ausgeglichen werden. Die Stadt N. habe zugesagt, sich an den Kosten zu beteiligen. Die Gesundheitsgefahren seien im Erläuterungsbericht nicht ausreichend kritisch gewürdigt worden. In N. sei die Feinstaubbelastung bereits erheblich. Im Erläuterungsbericht fehle die konkrete Angabe der Verfahren und Maschinen, die besonders lärm- und erschütterungsarm eingesetzt werden könnten. Im Ergebnis ergebe eine Durchsicht der Planunterlagen, dass Abwägung und Konfliktbewältigung misslungen seien, sich jedoch die Mängel im Deckblattverfahren durch eine weiter vertiefte abgedeckte Gradiente beheben ließen.
16Der frühere Eigentümer des Grundstücks N2.---straße 28 und Rechtsvorgänger des Klägers zu 2., Herr V. S. , erhob gegen die Planung mit Schreiben vom 29. März 2006 im Wesentlichen folgende Einwendungen: Das Gebäude N2.---straße 28 sei auf Grundlage einer rechtskräftigen Baugenehmigung als hochwertige Villa geplant und gebaut worden. Die Planungen sähen weder aktiven noch passiven Lärmschutz vor. Es werde durch Lärm und Abgase zu einer erheblichen Beeinträchtigung des Wohnwertes und damit auch des Grundstückswertes kommen. Die für die Ermittlung der notwenigen Schallschutzmaßnahmen zu Grunde gelegten Verkehrszahlen und die sich daraus ergebenden Lärmbelastungen würden angezweifelt. Das Grundstück sei wegen der überwiegend westlichen Windrichtungen besonders belastet. Es sei ein erheblich höherer Verkehrszuwachs als in den jetzigen Prognosen zu erwarten, insbesondere beim Lkw-Verkehr. Mit der Umsetzung der Planung würden seine Rechte auf körperliche Unversehrtheit und Eigentum verletzt.
17Auf Grund von Einwendungen sowie Stellungnahmen und Vorschlägen der Träger öffentlicher Belange wurde das Deckblatt I ins Verfahren eingebracht. Neben Änderungen bei der Anschlussstelle X. Straße, der wassertechnischen Berechnung, der Erweiterung der Ausgleichsflächen im Landschaftspflegerischen Begleitplan und einer Schadstoffabschätzung hat es eine Aktualisierung der Verkehrsprognose vom 11. September 2006 zum Gegenstand, die nunmehr auf das Prognosejahr 2020 abstellt. Als Folge ergaben sich Änderungen bei den aktiven Lärmschutzmaßnahmen; ferner wurde für den Bereich Bau-km 5+100 bis Bau-km 7+300 eine offenporige Asphaltdeckschicht mit einem Korrekturwert DStrO von - 5 dB(A) vorgesehen.
18Die geänderten Planunterlagen lagen vom 21. Mai 2007 bis 20. Juni 2007 öffentlich aus. Unter Nr. 8 der öffentlichen Bekanntmachung heißt es: „Da das Verfahren UVP-pflichtig ist, wird darauf hingewiesen,
19- dass die für das Verfahren zuständige Behörde die Bezirksregierung N. und die für die Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens zuständige Behörde das Ministerium für Bauen und Verkehr des Landes NRW ist,
20- dass über die Zulässigkeit des Vorhabens durch Planfeststellungsbeschluss entschieden werden wird,
21- dass die ausgelegten Planunterlagen die nach § 6 Abs. 3 UVPG notwendigen Angaben enthalten und
22- dass die Anhörung zu den ausgelegten Planunterlagen auch die Einbeziehung der Öffentlichkeit zu den Umweltauswirkungen des Vorhabens gemäß § 9 Abs. 1 UVPG ist.“
23Die Klägerin zu 1. erhob in diesem Verfahrensabschnitt keine Einwendungen.
24Mit Schreiben vom 13. Juli 2007 erhob der Rechtsvorgänger des Klägers zu 2. nach Auslegung der geänderten Planunterlagen im Deckblatt I‑Verfahren folgende Einwendungen: Die Verletzung seiner Rechte werde durch die neuen vorgesehenen Änderungen nicht behoben. Die Verkehrsprognose von September 2006 setze die Belastung weiterhin zu niedrig an. Der Verkehr werde weiter steigen, insbesondere wenn der Bau weiterer Straßen abgeschlossen sei. Umleitungs- und Schleichverkehre müssten außerdem noch berücksichtigt werden. Die Einwohnerzahl von N. sei mit 254.000 zu niedrig angesetzt. Die verkehrserhöhende Entlastungsstraße Nord sei nicht aufgeführt. Weitere zusätzliche Verkehre seien nicht berücksichtigt. Insbesondere der Lkw-Anteil werde deutlicher zunehmen als angenommen. Die Einstufung der neuen Straße als Autobahn sei noch immer nicht diskutiert worden. Die prognostizierte Verkehrsbelastung sei abermals nur unzulänglich ermittelt worden. Der Prognosehorizont sei noch immer nicht ausreichend lang festgelegt. Der Lärmschutz müsse sich an der Leistungsmöglichkeit der Straße von bis zu 60.000 Kfz/h orientieren. Für den Einsatz offenporigen Asphaltbetons sei eine dauerhafte Lärmminderung noch nicht nachgewiesen. Die Belastbarkeit sei gering und der Wartungs- und Erneuerungsaufwand hoch. Die Dauer der Haltbarkeit des Belages werde nicht garantiert. In der lärmtechnischen Unterlage sei die sogenannte senkrechte Auswirkung des Lärms nicht berücksichtigt worden. Die im Planungsverfahren vorgeschriebene Bürgerbeteiligung im Stadium der Entwurfsplanung habe trotz mündlicher und schriftlicher Erinnerungen nicht stattgefunden. Im Rahmen der Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen könne ein Lärmschutzdeckel finanziert werden. Bei einer Trassenführung östlich des Bahndamms der Bundesbahn hätte dieser hohe Bahndamm als Lärmschutz zur Verfügung gestanden. Hierdurch wäre auch der Forderung entsprochen worden, zwei parallel führbare Lärmerzeuger zu bündeln. Die Unterlagen ließen nicht erkennen, wie es während der Bauzeit um den Verkehrs-, Baustellenlärm sowie die Erschütterungen bestellt sein werde. Ein Bauen ohne Verkehr sei hilfreich. Die Schadstoffabschätzung sei unzulänglich. Sie gehe von einem zu geringen Verkehr aus. Die zulässigen Feinstaubwerte würden überschritten. Für sein Grundstück sei ein aktiver Schallschutz unerlässlich.
25In der Zeit vom 24. bis 27. Februar 2009 führte die Bezirksregierung N. nach vorheriger persönlicher Einladung und öffentlicher Bekanntmachung einen Erörterungstermin durch. Weder die Klägerin zu 1. noch der Rechtsvorgänger des Klägers zu 2. nahmen an diesem Termin teil.
26Als Ergebnis des Erörterungstermins und aus Anlass von Stellungnahmen und Einwendungen führte der Vorhabenträger die Deckblätter II bis X in das Verfahren ein, die nicht öffentlich ausgelegen haben; Betroffene wurden benachrichtigt. Die Kläger erhoben insoweit keine weiteren Einwendungen.
27Mit Beschluss vom 30. September 2011 stellte die Bezirksregierung N. den Plan für den Ausbau der B 51 bzw. den Neubau der B 481n im fraglichen Abschnitt fest. Gleichzeitig setzte sie den in § 17e Abs. 2 Satz 1 FStrG für Vorhaben des vordringlichen Bedarfs vorgesehenen Sofortvollzug vorübergehend aus, da Haushaltsmittel für die Realisierung des Vorhabens noch nicht bereitstanden. Die Einwendungen der Kläger wurden zurückgewiesen. Das Grundstück des Klägers zu 2. liege entsprechend der Auskunft der Stadt N. im unbeplanten Außenbereich. Daher werde seine Forderung nach weiteren aktiven Lärmschutzmaßnahmen zurückgewiesen.
28Der Planfeststellungsbeschluss lag nach vorheriger öffentlicher Bekanntmachung in der Zeit vom 7. bis 20. Dezember 2011 bei den Städten N. und U. öffentlich aus.
29Am 20. Januar 2012 haben die Kläger Klage erhoben.
30Mit Planänderungsbescheid vom 12. August 2014 verzichtete der Beklagte auf die Inanspruchnahme mehrerer Grundstücke, u. a. des Grundstücks der Klägerin zu 1. Am 12. September 2014 haben die Kläger ihre Klage auf diesen Planänderungsbescheid erstreckt.
31Mit Bescheid vom 14. August 2014 hob der Beklagte die Aussetzung der Vollziehung des Planfeststellungsbeschlusses für den Ausbau der B 51 teilweise auf. Den Antrag der Kläger auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage lehnte der Senat mit Beschluss vom 4. November 2014 ab (11 B 1086/14.AK).
32Die Kläger beziehen sich zur Begründung ihrer Klage zunächst vollinhaltlich auf ihre Einwendungen im Verwaltungsverfahren und machen diese zum Gegenstand der Klagebegründung. Darüber hinaus tragen sie insbesondere vor:
33Sie seien mit ihren Einwendungen nicht präkludiert. In der Bekanntmachung zum Deckblatt I-Verfahren gebe es keinen Hinweis darauf, dass die Lärmschutzgrundlagen durch das Deckblatt-Verfahren hätten komplett ersetzt werden sollen. Die erhobenen Einwendungen hätten daher weitergegolten. Der Kläger zu 2. habe als Laie bei der ersten Öffentlichkeitsbeteiligung ausreichende Einwendungen erhoben. Die Öffentlichkeitsbeteiligung sei sowohl bei der ersten Auslegung 2006 als auch für das Deckblatt I im Jahr 2007 nicht rechtmäßig abgelaufen. Die Bekanntmachung der ersten Auslegung vom 13. Februar bis 13. März 2006 sei erst erfolgt, nachdem die Auslegung bereits begonnen habe. Die Bekanntmachung sei in einer „zweiten Auflage“ des Amtsblattes der Stadt N. enthalten gewesen, die mit „Ergänzungslieferung“ überschrieben gewesen sei. Diese sei nicht schon am Freitag, den 10. Februar 2006, sondern erst am 14. Februar 2006 veröffentlicht worden. Eine frühere Bekanntmachung sei auch gar nicht möglich gewesen und widerspreche der Lebenserfahrung. Daher sei die Monatsfrist für die Auslegung der Unterlagen unterschritten. Selbst wenn die Bekanntmachung noch am 10. Februar 2006 erfolgt sei, fehle es an der erforderlichen Anstoßwirkung für die Öffentlichkeit, wenn die öffentliche Auslegung am folgenden Montag beginne. Daher könne ein Einwendungsausschluss von vornherein nicht greifen.
34Die öffentliche Bekanntmachung verstoße zudem gegen Vorgaben des damals direkt geltenden Art. 6 Abs. 2 der UVP-Richtlinie. Die Bekanntmachung nehme nur in einem Satz auf die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) Bezug. Dies werde den europäischen Vorgaben in zeitlicher Hinsicht nicht gerecht. Es werde auch nicht klar gesagt, dass das Vorhaben einer UVP unterstehe, noch gebe es Angaben über die Verfügbarkeit der Informationen, die gemäß Art. 5 der UVP-Richtlinie eingeholt worden seien. Die Auslegung im Jahr 2007 könne diese Fehler nicht heilen, denn sie habe nur die Änderungen des Deckblattes I betroffen. Zwar sei nunmehr ausdrücklich auf die UVP-Pflicht hingewiesen worden, es sei aber in keiner Weise mitgeteilt worden, welche Dokumente auslägen. Beide Auslegungen hätten inhaltlich nicht den Anforderungen der §§ 9 Abs. 1b und 6 Abs. 3 UVPG und der UVP-Richtlinie in der damals geltenden Fassung entsprochen. Bei der ersten Auslegung hätten z. B. entscheidungserhebliche Berichte und Empfehlungen wie die Verkehrsuntersuchung gefehlt. Es werde bestritten, dass die Umweltverträglichkeitsstudie (UVS)1993 ausgelegen habe. Die Auslegung im Jahr 1994 reiche nicht aus. Die UVS 1993 sei nach den damals geltenden Anforderungen unzureichend gewesen. Es fehlten Variantenprüfungen und die Ermittlung und Prüfung der erheblichen, jedoch noch nicht unzumutbaren bzw. grenzüberschreitenden Umweltauswirkungen. Die zweite Auslegung werde den inhaltlichen Anforderungen erst recht nicht gerecht. Die hier ausgelegten Unterlagen einschließlich des Erläuterungsberichtes und des Landschaftspflegerischen Begleitplanes hätten sich nur auf die Änderungen im Deckblattverfahren I bezogen. Es fehle u. a. an einer allgemein verständlichen Zusammenfassung. Der nebulöse Verweis des Beklagten auf angebliche Internetveröffentlichungen führe nicht weiter. Bei beiden Auslegungen fehle eine inhaltlich ausreichende UVS, die beispielsweise die betrachteten Varianten für die B 51 einschließlich Tunnellösung (und nicht nur für die B 481n) darstelle, obwohl der Beklagte derartige Varianten geprüft habe. Selbst wenn man den Ansatz einer angeblich in den übrigen Planfeststellungsunterlagen inbegriffenen UVS für ausreichend halte, was höchst zweifelhaft sei, sei den damaligen Anforderungen der UVP-Richtlinie nicht entsprochen worden, das zeige das Beispiel der untersuchten Varianten besonders deutlich. Die Beteiligung der Öffentlichkeit sei zwingender Bestandteil des UVP-Verfahrens. Sie könne nach Ergehen des Planfeststellungsbeschlusses nicht mehr nachgeholt werden. Die Öffentlichkeit könne auch die verfahrensrechtliche Rechtmäßigkeit von Entscheidungen anfechten, für die die Öffentlichkeitsbeteiligung gelte. Die Bezugnahme im Planfeststellungsbeschluss auf eine UVS aus dem Jahr 1993 erscheine geradezu absurd. Die UVS gehe von 31.000 Kfz/24h aus, der Planfeststellungsbeschluss hingegen von 50.560 Kfz/ 24h. Zudem habe die UVS eine Vollabdeckung mit Überschüttungsmöglichkeit vorgesehen, die nicht planfestgestellt worden sei. Die Stadt N. habe der Planung ausdrücklich vor dem Hintergrund des Ergebnisses einer abgedeckten Troglage zugestimmt. Diese Lösung habe daher nicht im Erläuterungsbericht mit einem Satz ausgeschlossen werden dürfen. Aufgrund neuerer Rechtsprechung könne der Beklagte sich nicht darauf berufen, dass es an einer Kausalität zwischen Fehler und Planfeststellungsbeschluss fehle. Da es um zentrale Bestandteile der europäischen Beteiligungsanforderungen gehe, sei der Planfeststellungsbeschluss allein deshalb zumindest für rechtswidrig und nicht vollziehbar zu erklären.
35Es sei eine neue Linienbestimmung erforderlich gewesen, da mit der B 481n eine neue Bundesfernstraßenverbindung geschaffen werde, die im Hinblick auf die nach § 15 Abs. 1 Satz 3 UVPG in der Umweltverträglichkeitsprüfung zur Linienbestimmung zu prüfenden, ernsthaft in Betracht kommenden Trassenvarianten einer einheitlichen Betrachtung mit der Planung der B 51 bedürfe. Die Variantenprüfung der Linienbestimmung sei in der Planfeststellung wieder aufzugreifen und in dem gebotenen Umfang und im Detail zu konkretisieren. Die Bezugnahme auf eine Linienbestimmung vom 14. Dezember 1967 für die B 481n und das Ergebnis der damaligen UVP sei verfahrensfehlerhaft, weil es damals eine UVP im Sinne des heutigen Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung noch gar nicht gegeben habe. Daher sei im Ergebnis vom Fehlen der UVP in der Linienbestimmung mitsamt der gesetzlich vorgesehenen Trassenvariantenprüfung auszugehen. Eine Linienbestimmung fehle damit insgesamt.
36Der Planfeststellungsbeschluss genüge nicht dem Abwägungsgebot des § 17 Satz 2 FStrG. Er sei erlassen worden, ohne vorher die Abwägungsgrundlagen ausreichend zu ermitteln. Für den Kläger zu 2. sei erst bis Mitte Oktober 2011 ermittelt worden, ob sein Anwesen dem Innen- oder Außenbereich zuzuordnen sei. Da der Planfeststellungsbeschluss bereits getroffen gewesen sei, habe der Beklagte gar nicht mehr zu einem anderen Ergebnis als Außenbereich kommen können und sich vorab gebunden. Die Schadstoffuntersuchung des Büros M. aus September 2011 sei dem Beklagten erst am Datum der Planfeststellung zugegangen. Es habe im Planfeststellungsverfahren im eigentlichen Sinne gar keine Variantenprüfung gegeben, sondern einzig eine Bezugnahme auf eine vom Auftrag eng begrenzte schon damals zwölf Jahre alte UVS, die sich auf die Bestandstrasse beschränke. Das von der Beklagten gewählte gestufte Verfahren mit einer UVP vor rund 20 Jahren und einer Prüfung zusätzlicher oder anderer erheblicher Umweltauswirkungen in der Planfeststellung sei rechtlich nicht zulässig gewesen. Insbesondere seien keine Varianten geprüft worden. Damit sei eine UVP nicht durchgeführt und nicht nachgeholt. Daher fehle es an der erforderlichen Abwägungs- und Ergebnisoffenheit. Es finde sich dementsprechend nicht einmal eine Grobprüfung anderer in Betracht kommender Trassenführungen für die B 51. Die Prüfung habe auch nicht unter dem Gesichtspunkt unterbleiben dürfen, dass es sich um den dritten Bauabschnitt eines Gesamtvorhabens handele. Es dränge sich die Variante östlich der Umgehungsbahn geradezu auf: Am Ende des zweiten Bauabschnitts knicke die Alternativtrasse nach rechts ab, führe etwa einen Kilometer Richtung Osten, werde unter dem Bahndamm hindurchgeführt und dann parallel zum Bahndamm und der Hochspannungsleitung. Nördlich der X2. Straße werde der Bahndamm erneut gequert; sodann werde die planfestgestellte Trasse der B 481n genutzt. Dies entlaste den gesamten Kernbereich von St. N3. , der wieder zusammenwachsen könne und konzentriere Verkehrstrassen. Die Trasse führe vorwiegend über landwirtschaftlich genutzte Flurstücke und könne ebenerdig geführt werden. Der Bahndamm bilde einen Lärmschutzwall. Die Variante sei zwar einen Kilometer länger, es werde aber auch Versiegelung eingespart im Zusammenhang mit dem Knoten mit der X2. Straße, der allein zu einem Verbrauch von 20 ha Fläche führe, die großenteils versiegelt werden müsse. Die Bestandstrasse der B 51 könnte entsiegelt werden. Das Landschaftsschutzgebiet X3. -F. -Niederung werde nur an seinem äußersten Rand tangiert. Die Alternativtrasse käme gänzlich ohne Inanspruchnahme von Wohneigentumsgrundstücken aus, es wären höchstens einige wenige Kleingärten betroffen. Auch Kosten- und Wirtschaftlichkeitserwägungen sprächen für die Alternativtrasse. Es wäre lediglich für einige wenige Häuser im Außenbereich weiter östlich der Trasse für Lärmschutz zu sorgen. Geringere Kosten für Lärmschutz und für den Knoten X2. Straße führten zu Millioneneinsparungen. Die in der Klagebegründung vorgelegte Skizze solle nur die verbale Beschreibung der möglichen Trasse unterstützen und kein rechtwinkliges Abknicken der Trasse einfordern. Darüber hinaus fehlten offenbar jegliche Variantenüberlegungen zur Verlängerung des Troges und des offenporigen Asphalts. Die unter Nutzen-Kosten-Gesichtspunk-ten im Hinblick auf Lärmschutz und Eigentumsinanspruchnahme günstigste Variante sei gar nicht ermittelt worden.
37Die Verkehrsprognose sei unzureichend und komme zum Nachteil der Kläger zu einer zu geringen Verkehrsbelastung. Es gebe keinen sachlichen Grund für eine Beschränkung auf den Prognosehorizont 2020. Der „Kurzbericht ‑ Ausblick Prognose 2025“ sei unzutreffend. Die knappen Ausführungen seien in keiner Weise nachvollziehbar und widersprächen zum Teil dem Gutachten für den Zeitraum bis 2020, in dem der Anstieg des Schwerverkehrs von knapp 5 % nicht berücksichtigt sei. Die Prognose genüge auch im Übrigen methodisch nicht den Anforderungen. Das Prognoseergebnis sei weder nachvollziehbar begründet noch beruhe es auf realistischen Eingangsdaten und Annahmen. Die Ergebnisse ließen sich nicht ableiten. Es fehlten die Berechnungsgrundlagen, genaue Quellenangaben und eine Beschreibung des Rechenvorgangs. Für eine Reihe von Eingangswerten gebe es keine Ableitungen. Der Verkehr für den Abschnitt X. Straße bis X2. Straße sei weiterhin zu niedrig angesetzt. Der Planfeststellungsbeschluss stelle für 2020 auf 50.560 Kfz/24h vom B. Weg bis zur X. Straße und auf 41.730 Kfz/24h von der X. Straße bis zur X2. Straße ab. Die Verkehrszählung 2010 weise für die B 51 „Umgehungsstraße N. “ 55.700 Kfz/24h aus. Die Prognose werde im Hinblick auf die Entwicklung auf den bereits ausgebauten Abschnitten den Erfahrungswerten nicht gerecht. Dort habe der Verkehr von 1990 bis 2005 um 125 % bzw. 203 % zugenommen. Er werde weiter steigen, wenn der Weiterbau der B 51 nach Osten und der B 481n nach Norden abgeschlossen sein werde. Die Ausführungen zur Aktualisierung von September 2006 seien nicht nachvollziehbar und blieben nebulös. Auswirkungen anderer Maßnahmen auf die B 51/B 481n würden nicht im Einzelnen aufgeführt. In einer früheren Unterlage sei die Einwohnerzahl von N. für 2010 mit 254.000 eingestellt, bereits jetzt habe N. 280.000 Einwohner mit steigender Tendenz. Die verkehrserhöhende „Entlastungsstraße Nord“ werde nicht aufgeführt. Auch das neue Wohngebiet in X4. -Nord und die Erschließung des neuen Gewerbegebiets B1.--------straße in X4. würden nicht erwähnt. Bei der Umgehungsstraße X4. reiche der Zufluss von Mautverkehr bis zur A 2 bei C1. . Es müssten auch die Zugänge durch Expansion und Verlagerung von zwei großen Firmen mit Logistikbedarf im Bereich I.-----weg und einer großen Baustoffhandlung an der M1. berücksichtigt werden. Auch der seit 2004 bestehende Masterplan zur Entwicklung des Hafenbereichs sei nicht berücksichtigt. Der Aufstellungsbeschluss des entsprechenden Bebauungsplans vom 7. Juli 2010 habe zum Zeitpunkt der Planfeststellung längst vorgelegen. Die Verkehrsuntersuchung dieser Planung gehe für die B 51 zwischen B. Weg und X. Straße im Jahr 2025 von 51.400 Kfz/24h aus; diese Prognose liege über der des IVV-Gutachtens, das für 2020 nur 50.600 Kfz/24h vorhersage. Daher werde die IVV-Verkehrsprognose durch die Planungen der Stadt N. widerlegt. Die Prognosen übersähen nach wie vor, dass seit Jahrzehnten geplant sei, eine durchgehend leistungsfähige Verbindung zwischen N. und der A 2 im Osten zu schaffen. Dies werde den Verkehr im fraglichen Abschnitt um 15.000 Kfz/24h erhöhen. Der Ansatz eines Lkw-Anteils von 13 % tags und 12 % nachts sei zu niedrig. Viele Lieferfahrzeuge ab 2,8 t würden fehlerhaft als Pkw gezählt. Es gebe offenkundig keine Unterlage, die entsprechend den Vorgaben der 16. BImSchV die Ermittlung einer maßgebenden stündlichen Verkehrsstärke und eines maßgebenden Lkw-Anteils (über 2,8 t) am Gesamtverkehr über die Nachtzeit dokumentiere. Dafür sei auf die Standardwerte der 16. BImSchV zurückzugreifen.
38Die lärmtechnische Untersuchung leide unter einer Reihe von Fehlern, die sich auf das Ergebnis auswirkten. Sie sei in mehrererlei Hinsicht ungenügend. Die Untersuchung sei offenkundig nicht von sachkundigen Personen erstellt worden. Es gebe keinerlei Hinweise auf die Verfasser. Die Methodik der Ermittlung der ausgewiesenen Beurteilungspegel sei nicht ausreichend dargestellt. Es fehlten Angaben, wie die Gebietsarten, die Abstände, Höhen und Geschosse ermittelt worden seien, sowie Angaben zu Kosten von Lärmschutzmaßnahmen und Lärmschutzvarianten sowie Angaben zu den für einen Vollschutz erforderlichen Maßnahmen und Lärmberechnungen für die Außenwohnbereiche. Es sei nicht dargelegt, welche Eingangsdaten und welche Fassung der Software „Sound Plan“ verwendet worden sei. Der Beklagte habe die Fachgutachten nicht auf Plausibilität überprüft. Die Gutachten in ihren verschiedenen Fassungen hätten der Planfeststellung nicht zu Grunde gelegt werden dürfen. Die lärmtechnische Untersuchung basiere auf falschen Prognosedaten. Das gelte insbesondere für den zu geringen Lkw-Anteil; es sei nicht nachvollziehbar, wie die Verteilung auf Tag und Nacht ermittelt worden sei. Der Beklagte habe laut Vermerk vom 1. März 2011 vom Landesbetrieb Straßen NRW eine Neuerstellung des Lärmschutzkonzepts gefordert. Diese Neukonzeption sei offenbar nicht vorgelegt worden und könne nicht in den „vier Seiten plus ein paar Tabellen“ im Verwaltungsvorgang gesehen werden.
39Für die Klägerin zu 1. seien falsche Berechnungspunkte gewählt worden. Das Erdgeschoss beginne beim Haus der Klägerin zu 1. erst in etwa 1,5 bis 1,6 m Höhe. Daher wären bei 0,2 m über Fensteroberkante 4,2 und 7,0 m statt 2,4 und 5,2 m anzusetzen gewesen. Dabei sei noch zu klären, in welchem Verhältnis die Geländeoberkante nach dem Höhenplan zur Geländehöhe an ihrem Haus stehe. Der Abstand vom Immissionsort zur Achse der Straße sei für die Klägerin zu 1. mit 36,4 m angegeben. Dies treffe für den Außenwohnbereich ersichtlich nicht zu. Es seien offenbar flächendeckend alle Außenwohnbereiche nicht berechnet und sämtliche Entschädigungsansprüche in diesem Zusammenhang verkannt worden. Auch für das Grundstück des Klägers zu 2. liege der maßgebliche Immissionsort für den Außenwohnbereich erheblich näher an der Trasse. Die Höhe sei bei ihm noch niedriger angenommen als bei der Klägerin zu 1. Der Fehler fehlender Ermittlung der Betroffenheit der Außenwohnbereiche werde nicht durch die Nebenbestimmung A.5.2.3 geheilt. Es fehlten erforderliche Ermittlungen der Schutzansprüche für die Prüfung der Schallschutzvarianten und das erforderliche Abwägungsmaterial. Ansprüche auf passiven Schallschutz stünden in keinem zwingenden Verhältnis zu Entschädigungsansprüchen für Außenwohnbereiche. Dem Kläger zu 2. werde der ihm zustehende Lärmschutz verwehrt. Er könne sich auf den Schutz für Wohngebiete berufen (59 dB(A) tags, 49 dB(A) nachts); die Grenzwerte würden jeweils überschritten. Die Einstufung seines Grundstücks als Außenbereich sei unzutreffend. Für sein Grundstück bestehe kein Bebauungsplan. Weniger als 10 m östlich beginne ein reines Wohngebiet (Bebauungsplan Nr. 300 der Stadt N. ). Es bestehe ein Bebauungszusammenhang mit dem östlich der Straße bestehenden Wohngebiet. Die N4.----straße habe im vorliegenden Fall keine trennende, sondern eine verbindende Funktion. Beide Straßenseiten stünden in entsprechenden optischen Beziehungen und prägten sich gegenseitig; das folge auch aus eindeutigen historischen Bezügen. Die N5.---straße habe beiderseits Gehwege und Straßenbeleuchtung. Die Bebauung sei ähnlich. Westlich der N5.---straße stünden zwei weitere Häuser. Die Baulücke zum Haus Nr. 24 unterbreche den Bebauungszusammenhang nicht. Zur Baugenehmigung für sein Haus aus dem Jahr 1971 sei die Auskunft erteilt worden, dass sich Art und Maß der baulichen Nutzung nach einem „reinen Wohngebiet“ zu richten habe. Das ergebe sich auch aus der Ortssatzung der Stadt N. vom 27. Juli 1957. Die Umspannstation für das Wohngebiet sei in den klägerischen Baukomplex integriert. Die Ausweisung im Flächennutzungsplan sei nicht parzellenscharf, es verbleibe ein Interpretationsspielraum. Ein Straßenbaubeitragsbescheid der Stadt N. vom 28. März 2014 sehe das Grundstück des Klägers zu 2. in voller Breite als bebaubar an.
40Die zur Umsetzung des in § 41 BImSchG vorgegebenen Lärmschutzkonzepts erforderliche Nutzen-Kosten-Prüfung einschließlich der dafür erforderlichen Grundlagendaten fehle in den Planfeststellungsunterlagen. Es seien die Kosten je Schutzfall zu betrachten, d. h. die Kosten je durch die jeweilige Lärmschutzvariante „bewältigten“ Schutzfalls, also je erreichter Grenzwerteinhaltung. Pauschale Betrachtungen seien zulässig, wenn der Gleichheitssatz beachtet werde. An dem sich daraus ergebenden Prüfungsprogramm fehle es. Die lärmtechnische Untersuchung ermittele keine Beurteilungspegel für Außenwohnbereiche. Damit seien eine Vielzahl von Anspruchsberechtigungen nicht erkannt. Der Nutzen eines Lärmschutzkonzepts könne so nicht ermittelt werden. Es gebe keine Angaben zu den erforderlichen Maßnahmen und den Kosten für einen Vollschutz, welche Lärmschutzvarianten mit welchem Nutzen und welchen Kosten betrachtet worden seien und zu den Kosten einzelner Lärmschutzmaßnahmen. Die von der Stadt N. beschlossene Beteiligung an den Kosten sei nicht berücksichtigt. Im Planfeststellungsbeschluss seien die Kosten je Schutzfall nicht ermittelt worden, die Prüfung sei frei von nachvollziehbaren Maßstäben. Für die Bereiche der Kläger gebe es nur nicht nachvollziehbare allgemeine Annahmen. Rechne man die Kostensteigerung je bewältigtem Schutzfall, ergebe sich eine Steigerung von nur 1,7 %. Das sei verhältnismäßig. Allerdings fehlten hier die Außenwohnbereiche. Die vom Beklagten angeführte „abwägende Mitberücksichtigung“ scheide logisch aus. Die Beurteilungspegel für Außenwohnbereiche seien gesondert zu ermitteln und gesondert in die Abwägung einzuführen und gegebenenfalls zu entschädigen. Das alles sei versäumt worden, so dass eine sachgerechte Nutzen-Kosten-Betrachtung nicht habe angestellt werden können. Die örtlichen Verhältnisse seien unvollständig ermittelt. Es fehle an der Ermittlung und Prüfung erheblicher, jedoch noch nicht unzumutbarer bzw. grenzüberschreitender Lärmbelastungen. Gleiches gelte für Luftschadstoffbelastungen und Erschütterungen. Der Flächennutzungsplan der Stadt N. weise beidseitig der B 51 Wohnbauland aus. Eine angebliche Berücksichtigung einer plangegebenen Vorbelastung der Wohnhäuser nördlich der Straße „Zum Guten Hirten“ sei nicht nachvollziehbar. Der Hinweis Nr. 6 in der vom Beklagten seiner Klageerwiderung als Beispiel beigefügten Baugenehmigung habe keine Regelungswirkung. Nicht berücksichtigt sei die mit der planfestgestellten Schutzvariante (5 m Lärmschutzwand) einhergehende Eigentumsbeeinträchtigung für die Klägerin zu 1.
41Die Luftschadstoffuntersuchungen litten ebenfalls unter fehlerhaften Prognose-annahmen. Die Übernahme der Hintergrundbelastung von einer Messstation, die nicht hinreichend auf die Übertragbarkeit der Umgebungsverhältnisse geprüft worden sei, sei fehlerhaft. Offenbar seien die Werte der Messstation N. -Geist angesetzt worden. Diese erfasse aufgrund ihrer Lage und der regelmäßi-gen Westwinde vorwiegend ländliche Hintergrundbelastung. Dagegen hätten sich Luftmassen bei den Grundstücken der Kläger nach Überquerung der Stadt N. mit Schadstoffen angereichert. Die Messstation an der X1. Straße in N. habe in den letzten Jahren Überschreitungen bei NO2 gemessen. Die Annahmen zur Verkehrssituation in Abbildung 5.1 des Luftschadstoffgutachtens stünden im Widerspruch zu den Angaben in der lärmtechnischen Untersuchung. Die Auswertung sei irreführend; relevant sei die Belastung in allen Wohnberei-chen, hier besonders auch in den Außenwohnbereichen, die deutlich höher belastet seien als die Wohnhäuser. In den Gartenbereichen ergäben sich rechnerisch Grenzwertüberschreitungen. Es fehle ‑ auch in der vom Beklagten vorgelegten ergänzenden E-Mail ‑ eine Berechnung der Kurzzeitgrenzwerte. Die Belastungen durch Baulärm und Erschütterungen während der Bauzeit seien weder ermittelt noch im Planfeststellungsbeschluss Aussagen zum Schutz vor ihnen getroffen worden. Der Planfeststellungsbeschluss führe widersprüchlich aus, die AVV-Baulärm sei zu beachten, aber sie könne nicht eingehalten werden. Das widerspreche der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes. Das Vorhaben entspreche nicht dem Gebot der Eingriffsminimierung in § 15 Abs. 1 BNatSchG. Die Ausgestaltung des Knotens B 51/X2. Straße führe zu vermeidbaren Eingriffen.
42Die Kläger beantragen,
43den Planfeststellungsbeschluss des Beklagten vom 30. September 2011 in der Fassung des Planänderungsbescheides vom 12. August 2014 aufzuheben,
44hilfsweise,
45den Beklagten unter teilweiser Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses vom 30. Septem-ber 2011 in der Fassung des Planänderungsbescheides vom 12. August 2014 zu verpflichten, die Kläger hinsichtlich ihrer durch das Vorhaben betroffenen Rechte/Interessen, insbesondere hinsichtlich des Schutzes vor Immissionen, erneut zu bescheiden.
46Der Beklagte beantragt,
47die Klage abzuweisen.
48Er verweist auf den angefochtenen Planfeststellungsbeschluss und trägt ergänzend im Wesentlichen vor:
49Die Klägerin zu 1. sei mit ihrem Klagevorbringen gegen den Prognosehorizont, das Verkehrsgutachten, die Lärm- und Schadstoffimmissionen präkludiert, weil sie nach der Auslegung der geänderten Planunterlagen als Deckblatt I keine Einwendungen mehr erhoben habe. Die im Bereich des Grundstückes der Klägerin zu 1. geplante Lärmschutzwand solle nicht auf ihrem Grundstück, sondern in einem Abstand von 1,7 m zu ihrem Grundstück errichtet werden. Es werde auf jegliche Inanspruchnahme ihres Grundstückes verzichtet.
50Die konkreten unpräkludierten Einwendungen des Rechtsvorgängers des Klägers zu 2., Herrn V. S. , richteten sich auf die Überprüfung des Verkehrsgutachtens und der hieraus folgenden Lärmschutzmaßnahmen. Sein Grundstück befinde sich in einer Entfernung von rund 92 bis 107 m zum künftigen Fahrbahnrand und liege wie die Grundstücke N2.---straße 22 und 24 im Außenbereich gemäß § 35 BauGB. Sie würden durch die N5.---straße von dem gegenüberliegenden Wohngebiet getrennt und lägen als Einzelbebauungen ohne Ordnungsstruktur in einem zusammenhängenden größeren Waldgebiet. Die lärmtechnische Berücksichtigung als Wohngebiet sei nicht begründbar; dies ergebe sich auch aus einer schriftlichen planungsrechtlichen Auskunft der Stadt N. vom 9. No-vember 2011. Seit Inkrafttreten der 56. Änderung des Flächennutzungsplanes der Stadt N. am 5. Juli 1991 sei das Grundstück nicht mehr als Wohnbaufläche ausgewiesen. In planungsrechtlichen Auskünften der Stadt werde es seit 2002 stets als Außenbereich beurteilt.
51Die Offenlage der Planunterlagen sei ordnungsgemäß bekannt gemacht worden. Dies sei von der Stadt N. mit Schreiben vom 20. Februar 2006 bestätigt worden. Aus der Bezeichnung als „Ergänzungslieferung“ könne nicht auf eine spätere Bekanntmachung geschlossen werden. Auch die Ergänzungslieferung sei laut einem Schreiben der Stadt N. vom 14. Mai 2012 am 10. Februar 2006 erschienen und ausgeliefert worden. In einem Pressetext sei fälschlicherweise als der Tag der Bekanntgabe der 14. Februar 2006 genannt worden. Für den Bekanntmachungszeitraum vor der Planoffenlage seien nach § 73 Abs. 5 VwVfG NRW keine Fristen vorgegeben. Weitere Bekanntmachungen seien nach der Hauptsatzung der Stadt N. nicht vorgesehen gewesen. Im Übrigen sei die von den Klägern unzutreffend behauptete Verspätung der Bekanntmachung aus Rechtsgründen unschädlich. Die erforderliche Anstoßwirkung sei erreicht worden, da die Kläger und 264 weitere Einwender fristgerecht Einwendungen erhoben hätten. Die Hinweise in den Bekanntmachungstexten hätten sowohl im Jahr 2006 als auch im Jahr 2007 den gesetzlichen Vorgaben des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung entsprochen. Aus Anzahl und Inhalt der Einwendungen gehe deutlich hervor, dass alle Verfahrensbeteiligten verstanden hätten, dass die Beteiligung der betroffenen Öffentlichkeit auch das UVPG-Verfah-ren umfasst habe. Soweit die Kläger unzutreffend unterstellten, es handele sich um Verfahrensfehler, seien diese aus Rechtsgründen nach Maßgabe des Kausalitätserfordernisses unschädlich.
52Die UVP sei insgesamt konsequent und verfahrensfehlerfrei durchgeführt worden. Unter Ziffer 4.4. des Planfeststellungsbeschlusses sei die Strukturierung der UVP auf den verschiedenen Planungsstufen mit Schwerpunkt im Planfeststellungsverfahren beschrieben, die zusammenfassende Darstellung der Umweltauswirkungen werde gemäß § 11 UVPG ab Seite 58, die abwägende Bewertung der Umweltauswirkungen gemäß § 12 UVPG ab Seite 69 methodisch getrennt vor der abschließenden Abwägung nach § 17 FStrG dargestellt. Die planfestgestellte Variante stütze sich auf ein in der UVS 1993 noch nicht untersuchtes verbessertes Lärmschutzkonzept.
53Die Überprüfung des Planungskonzeptes habe bereits in der UVP eine Bestätigung des Ausschlusses der Neubautrassenführung östlich der Umgehungsbahn ergeben. Diese Trassenführung widerspreche dem Bundesfernstraßenbedarfsplan und dem Gebietsentwicklungsplan, führe zu einem erheblich größeren Eingriff in die im Planfeststellungsbeschluss aufgeführten Umweltgüter und habe nicht das Vermeidungspotenzial, auf das sich der Ausbau der Bundesstraße im vorbelasteten Bereich mit einer zusätzlichen Lärmsanierung stützen könne. In ihren Einwendungen hätten die Kläger bzw. Rechtsvorgänger die Prüfung der Umgehungsbahnalternative nicht angesprochen. Die Neubauvariante östlich der Umgehungsbahntrasse sei bereits im ersten und zweiten Planfeststellungsabschnitt verworfen worden. Der Planfeststellungsbeschluss habe die Vorgaben zum Linienbestimmungsverfahren und dessen Ergebnis für den Planungsabschnitt der B 481n berücksichtigt. Der Bedarfsplan für die Bundesfernstraßen gebe einen Ausbau der B 51 im vorhandenen Straßenzug vor. Daher habe für diesen Abschnitt auf eine Linienbestimmung verzichtet werden können.
54Das dem Planfeststellungsbeschluss zu Grunde gelegte projektbezogene Verkehrsgutachten vom 11. September 2006 sowie der zuletzt erstellte Ausblick auf das Prognosejahr 2025 seien nicht zu beanstanden. Der Hinweis der Kläger auf einen Presseartikel über die Verkehrszählung 2010 beziehe sich auf den stärker frequentierten Streckenabschnitt zwischen dem Autobahnkreuz N. -Süd und der X1. Straße. Für den vorliegenden dritten Abschnitt der B 51 weise die Verkehrszählung 2010 Verkehrsbelastungen in Höhe von 32.500 Kfz/24h auf dem Teilabschnitt zwischen B. Weg und X. Straße sowie 20.500 Kfz/24h auf dem Teilabschnitt zwischen X. Straße und X2. Straße auf. Die „Entlastungsstraße Nord“ sei in der Aktualisierung vom 11. März 2008 berücksichtigt; sie führe zu etwas geringeren Belastungswerten (minus 1.000 bis minus 2.000 Kfz DTV) für die B 51 und zu einer marginalen Verringerung auf der B 481n. Die bis zum Jahr 2025 zu erwartende Steigerung des Schwerverkehrs um knapp 5 % beziehe sich auf die absoluten Zahlen im Schwerverkehr und sei nicht als Anstieg in Prozentpunkten zu werten. Sie liege in einem Toleranzbereich der allgemeinen methodischen Prognosesicherheit und stelle die Verwertbarkeit der dem Planfeststellungsbeschluss zu Grunde gelegten Prognoseberechnung zum Horizont 2020 nicht in Frage. Methodisch zutreffende Prognoseermittlungen könnten sich nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts auch auf kürzere Prognosehorizonte als 15 Jahre stützen. Die „Ergänzungen zum Kurzbericht Ausblick Prognose 2025 vom 28.07.2011“ vom 14. Juni 2012 bestätigten, dass die Verkehrsmengengerüste auch bis zum Jahr 2025 noch eine Validität besäßen. Eine Fortschreibung des Prognoseergeb-nisses auf das Jahr 2025 ergebe nur eine marginale irrelevante Erhöhung des Prognoseimmissionspegels um bis zu 0,2 dB(A). Für die Außenwohnbereiche des Wohngrundstücks des Klägers zu 2. seien fiktive Lärmberechnungen unter Berücksichtigung der Ergebnisse des Ausblicks Prognosejahr 2025 angestellt worden. Für Balkon, Freisitz und Terrassen ergäben sich Tagwerte von 55,4 bis 58,9 dB(A).
55Die lärmtechnischen Berechnungen seien mit Hilfe des DV-Programms „Sound Plan“ erstellt worden; dieses Programm sei zertifiziert und nicht zu beanstanden. Auf Grund der Komplexität der Berechnung würden nur die Ergebnisse in einer Tabelle zusammengefasst und dem lärmtechnischen Entwurf beigefügt. Dem präkludierten Hinweis auf mögliche Höhendifferenzen bei der Festlegung der Immissionsorte auf dem Grundstück der Klägerin zu 1. sei nachgegangen worden. Eine vermessungstechnische Überprüfung habe am Wohnhaus im ungünstigsten Fall (1. OG) eine Höhendifferenz um fast 1,64 m ergeben. Derartige Differenzen könnten sich z. B. durch versetzte Ebenen innerhalb des Hauses erklären; sie würden typischerweise nur einwendungsbezogen berücksichtigt. Mit den höhergelegenen Immissionsorten und unter Berücksichtigung des um 5 % gestiegenen Schwerverkehr-anteils bis 2025 lägen die berechneten Lärmpegel mit 54,7 dB(A) am Tag und 47,1 dB(A) in der Nacht sowohl im Erdgeschoss als auch mit 56,1 dB(A) am Tag und 48,6 dB(A) in der Nacht im Obergeschoss unterhalb der für Wohngebiete geltenden Immissionsgrenzwerte.
56An den Wohngebäuden der Kläger werde Volllärmschutz erreicht. Bei der Abwägung der Lärmschutzkonzepte zu den einzelnen Lärmschutzbereichen im Planfeststellungsbeschluss sei zur Berücksichtigung von Außenwohnbereichen zutreffend davon ausgegangen worden, dass passive Lärmschutzreste nur in Obergeschosshöhe verblieben und Außenwohnbereiche dort als Balkon jeweils beim Innenwohnbereich einer Wohneinheit abwägend mitberücksichtigt werden könnten. Bei der Abwägung des Lärmschutzkonzeptes zum Bereich C2.-----weg sei zutreffend berücksichtigt, dass sich nur für einen einzigen Balkon ein den Tagesgrenzwert überschreitender Beurteilungspegel im Außenwohnbereich von 59,38 dB(A) ergebe. Entgegen der Behauptung der Kläger gebe es im Abschnitt C2.-----weg /Westseite kein aktiv ungeschütztes bereits festgesetztes Wohngebiet. Die Baugenehmigungen der Wohnhäuser nordwestlich der Straße „Zum Guten I1. “ seien mit der Maßgabe erteilt worden, dass keine Ansprüche rechtlicher oder finanzieller Art gegenüber dem Landesbetrieb Straßen NRW hergeleitet werden könnten, die sich auf Lärmschutzmaßnahmen bezögen, die auf Grund von auftretenden Lärmimmissionen auf der B 51 nötig würden. Der Rat der Stadt N. habe dem Lärmschutzkonzept der Bundesstraßenverwaltung erstmals in seiner Sitzung vom 13. September 2000 und zuletzt im Jahr 2011 in Gestalt des Deckblattes IX zugestimmt. Mehrkosten des Lärmschutzkonzeptes, die für städtebaulich wirksame Maßnahmen gefordert seien, würden von der Stadt N. getragen; dies seien Mehrkosten für eine lärmschutzneutrale Kragarmausbildung und eine transparente Ausbildung von Lärmschutzwänden im oberen Bereich. Zwischen Baulastträger und der Stadt N. sei keine Kostenübernahme zu Maßnahmen mit zusätzlichem Lärmschutzeffekt vereinbart, die im Hinblick auf die Rechtsprechung zur Kostenverhältnismäßigkeit nach § 41 BImschG im Planfeststellungsverfahren grenznutzenrelevant seien.
57Das Gutachten zu den Luftschadstoffbelastungen sei fachlich nicht zu beanstanden. Es zeige auf, dass im Bereich des Grundstückes der Klägerin zu 1. die Luftschadstoffe im Prognosefall unterhalb der maßgeblichen Grenzwerte liegen. Dabei sei mit 50.600 Kfz/24h die höchste Prognoseverkehrsbe-lastung aus dem Teilabschnitt zwischen B. Weg und X. Straße für die Berechnung des gesamten vorliegenden Streckenabschnittes der B 51 zu Grunde gelegt worden, während für den Bereich C2.-----weg ein um 17,5 % geringerer DTV-Wert von 41.730 Kfz/24h zutreffe. Das Gutachten, das von einer gefahrenen Geschwindigkeit von 70 km/h ausgehe, liege daher auch dann auf der sicheren Seite, wenn von der zuständigen Straßenverkehrsbehörde künftig ein Tempolimit von 100 km/h zugestanden würde. Eine Berechnung unter Zugrundelegung von 100 km/h habe ergeben, dass für das Grundstück der Klägerin zu 1. keine Grenzwertüberschreitungen zu erwarten seien.
58Der Planfeststellungsbeschluss enthalte an mehreren Stellen Auflagen und Abwägungen zur Problembewältigung von Bauimmissionen. Dadurch sei der Straßenbaulastträger primär an die Einhaltung der AVV-Baulärm gebunden. Unter Berücksichtigung weiterer Maßnahmen (möglichst geräuscharme Bauverfahren, Bauzaun, Modifizierungen der Baumaßnahmen im Hinblick auf die AVV) könnten die Voraussetzungen des § 906 BGB beim Ausbau der bestehenden Bundesfernstraße ortsüblich eingehalten werden. Vorsorglich sei die Öffnung des Entschädigungsverfahrens zum Schutz der Anwohner im Planfeststellungsbeschluss angeordnet worden.
59Gegenüber dem heute bestehenden Zustand werde eine Lärmsanierung an der B 51 erreicht. Damit gehe die Steigerung der Lebens- und Wohnqualität im Bereich N3. einher; dies gelte auch für Anwohner im Bereich der N5.---straße . Der Planfeststellungsbeschluss habe unvermeidbare Wertminderungen im Wege der Abwägung auch dann berücksichtigt, wenn Lärmvorsorgeansprüche wegen Unterschreitung der Grenzwerte nicht bestünden.
60Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die Gerichtsakte und die Beiakten des vorliegenden Verfahrens sowie auf die zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemachten planfestgestellten Unterlagen und Verwaltungsvorgänge des Beklagten (Beiakten zum Verfahren 11 D 6/12.AK).
61E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
62Die zulässige Klage ist nicht begründet. Sie dringt weder mit ihrem im Hauptantrag formulierten Anfechtungsantrag auf Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses (A.) noch mit dem hilfsweise gestellten Verpflichtungsantrag durch (B.).
63A. Der auf die Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses gerichtete Hauptantrag ist unbegründet. Gegenstand der Klage ist der Planfeststellungsbeschluss des Beklagten vom 30. September 2011 in der Fassung, die er durch den Planänderungsbescheid vom 12. August 2014 erhalten hat. Die Kläger haben diesen Planänderungsbescheid am 12. September 2014 in ihre Klage einbezogen. Der festgestellte Plan und die nachträgliche Änderung verschmelzen zu einem einzigen Plan; es kommt inhaltlich zu einer einheitlichen Planungsentscheidung. Das hat zur Folge, dass sich der Planfeststellungsbeschluss in seiner Ursprungsfassung prozessual erledigt und das Rechtsschutzinteresse für ein gegen ihn gerichtetes Klagebegehren entfällt. Will der Kläger weiterhin Rechtsschutz gegen die Planung erreichen, bleibt ihm also keine andere Wahl, als gegen diese Entscheidung in ihrer geänderten Fassung vorzugehen.
64Vgl. BVerwG, Urteil vom 18. März 2009 ‑ 9 A 31.07 ‑, Buchholz 310 § 74 VwGO Nr. 15, S. 2, m. w. N.
65I. Bei der Überprüfung des angefochtenen Planfeststellungsbeschlusses ist grundsätzlich auf die Sach- und Rechtslage bei seinem Erlass abzustellen.
66Vgl. etwa BVerwG, Urteile vom 12. März 2008 - 9 A 3.06 -, BVerwGE 130, 299 (376), und vom 12. August 2009 - 9 A 64.07 -, BVerwGE 134, 308 (319).
67Hieran ändert der Planänderungsbescheid vom 12. August 2014 nichts, da trotz des Entstehens einer einheitlichen Planungsentscheidung die Grundzüge der Planung nicht betroffen sind.
68Rechtsgrundlage des angegriffenen Planfeststellungsbeschlusses vom 30. Sep-tember 2011 ist § 17 FStrG in der Fassung der Bekanntmachung vom 28. Juni 2007 (BGBl. I S. 1206), im Zeitpunkt der Planfeststellung zuletzt geändert durch Gesetz vom 31. Juli 2009 (BGBl. I S. 2585), in Verbindung mit den §§ 72 ff. VwVfG NRW in der Fassung der Bekanntmachung vom 12. November 1999 (GV. NRW. S. 602), im maßgeblichen Zeitpunkt zuletzt geändert durch Gesetz vom 17. Dezember 2009 (GV. NRW. S. 861).
69Der Senat überprüft den streitigen Planfeststellungsbeschluss unbeschadet der sich aus § 86 Abs. 1 VwGO ergebenden Aufklärungspflicht grundsätzlich nur im Rahmen der vorgetragenen Tatsachen, durch deren Berücksichtigung oder Nichtberücksichtigung im Planfeststellungsverfahren sich ein Kläger beschwert fühlt. Dies folgt aus § 17e Abs. 5 FStrG. Diese Vorschrift setzt dem klagenden Beteiligten kraft Gesetzes eine Frist von sechs Wochen. Innerhalb dieser Frist muss der Kläger die ihn beschwerenden Tatsachen so konkret angeben, dass der Lebenssachverhalt, aus der er den mit der Klage verfolgten Anspruch ableitet, unverwechselbar feststeht. Mit weiteren Einwendungen ist ein Kläger nach Maßgabe des § 87b Abs. 3 VwGO ausgeschlossen. Ein späterer vertiefender Vortrag steht dem nicht entgegen.
70Vgl. zum inhaltsgleichen § 5 Abs. 3 VerkPBG: BVerwG, Urteile vom 31. März 1995 - 4 A 1.93 -, BVerwGE 98, 126 (129), und vom 24. Mai 1996 - 4 A 38.95 -, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 119, S. 142.
71Hiervon ausgehend leidet der Planfeststellungsbeschluss an keinem Rechtsfehler, der die Kläger im Sinne des § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO in ihren Rechten verletzt und die - vollständige oder teilweise - Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses oder zumindest die Feststellung seiner Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit rechtfertigt.
72Die Grundstücke der Kläger werden für das Vorhaben nicht in Anspruch genommen, weshalb dem angegriffenen Planfeststellungsbeschluss für das Eigentum der Kläger keine enteignungsrechtliche Vorwirkung (§ 19 Abs. 2 FStrG) zukommt. Die von der Planung also nur mittelbar - nach ihrem Vortrag insbesondere durch Lärmimmissionen und Luftschadstoffe - betroffenen Kläger können daher im Gegensatz zu einem unmittelbar mit enteignungsrechtlicher Vorwirkung Betroffenen keine umfassende gerichtliche Überprüfung des Planfeststellungsbeschlusses auf seine objektive Rechtmäßigkeit (sog. Vollprüfungsanspruch) beanspruchen. Sie können nur die Verletzung gerade sie schützender Normen des materiellen und des Verfahrensrechts sowie eine nicht ordnungsgemäße Abwägung ihrer geschützten Privatbelange rügen, nicht aber eine insgesamt fehlerfreie Abwägung und Planung verlangen.
73Vgl. BVerwG, Urteile vom 26. April 2007 - 4 C 12.05 -, BVerwGE 128, 358 (363 f.), und vom 9. Juni 2010 - 9 A 20.08 -, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 208, S. 133 f.
74Ob andere gegen das Vorhaben sprechende Belange ordnungsgemäß berücksichtigt worden sind, können sie demgegenüber ebenso wenig geltend machen wie die Frage, ob Rechtsnormen beachtet wurden, die nicht ihrem Schutz zu dienen bestimmt sind.
75Vgl. BVerwG, Urteil vom 10. Dezember 2012 ‑ 9 A 20.11 ‑, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 229, S. 71 f.
76II. Hieraus folgt zunächst, dass die Kläger nicht mit Erfolg geltend machen können, dass bei der Planung naturschutzrechtliche Belange, wie beispielsweise etwa diejenigen des Landschaftsschutzes, des Artenschutzes oder weitere Gesichtspunkte des allgemeinen Naturschutzes nicht angemessen berücksichtigt worden seien. Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege dienen dem Allgemeininteresse. Private Interessen werden hierdurch nicht geschützt.
77Vgl. BVerwG, Urteil vom 28. März 2007 ‑ 9 A 17.06 ‑, Buchholz 442.09 § 18 AEG Nr. 64, S. 18.
78Auf die Einhaltung des sogenannten Minimierungsgebots in § 15 BNatSchG können sich die Kläger daher nicht berufen. Ebenso wenig können sie anführen, dass die Ausgestaltung des Knotens B 51/X2. Straße zu „vermeidbaren Eingriffen“ führe.
79III. Die Einwände der Kläger gegen die formelle Rechtmäßigkeit des Planfeststellungsbeschlusses greifen nicht durch.
801. Die Kläger machen geltend, die Bekanntmachung der ersten Auslegung sei erst erfolgt, nachdem die Auslegung bereits begonnen habe, durch die Bekanntmachung erst wenige Tage vor Beginn der Auslegung fehle es an der erforderlichen Anstoßwirkung für die Öffentlichkeit und der Inhalt der öffentlichen Bekanntmachung verstoße gegen Vorgaben des Art. 6 Abs. 2 der UVP-Richtlinie. Diese Rügen führen nicht zu einem durchgreifenden Verfahrensfehler.
81a) Allerdings können sich die Kläger gemäß § 4 UmwRG grundsätzlich auch auf Verfahrensfehler im Zusammenhang mit der Umweltverträglichkeitsprüfung des nach dem 25. Juli 2005 eingeleiteten Verfahrens (vgl. § 5 Abs. 1 UmwRG) berufen.
82Nach Art. 10a Abs. 1 der im Zeitpunkt der Offenlegung noch geltenden Richtlinie 85/337/EWG des Rates vom 27. Juni 1985 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten (ABl. Nr. L 175 S. 40 ‑ im Folgenden: UVP-Richtlinie ‑), der durch Art. 3 Abs. 7 der Richtlinie 2003/35/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Mai 2003 über die Beteiligung der Öffentlichkeit bei der Ausarbeitung bestimmter umweltbezogener Pläne und Programme und zur Änderung der Richtlinien 85/337/EWG und 96/61/EG des Rates in Bezug auf die Öffentlichkeitsbeteiligung und den Zugang zu Gerichten (ABl. Nr. L 156 S. 17) in die UVP-Richtlinie eingefügt worden ist (im Folgenden: Öffentlichkeitsbeteiligungsrichtlinie), stellen die Mitgliedstaaten im Rahmen ihrer innerstaatlichen Rechtsvorschriften sicher, dass Mitglieder der betroffenen Öffentlichkeit, die
83a) ein ausreichendes Interesse haben oder alternativ
84b) eine Rechtsverletzung geltend machen, sofern das Verwaltungsverfahrensrecht bzw. Verwaltungsprozessrecht eines Mitgliedstaats dies als Voraussetzung erfordert,
85Zugang zu einem Überprüfungsverfahren vor einem Gericht oder einer anderen auf gesetzlicher Grundlage geschaffenen unabhängigen und unparteiischen Stelle haben, um die materiell-rechtliche und verfahrensrechtliche Rechtmäßigkeit von Entscheidungen, Handlungen oder Unterlassungen anzufechten, für die die Bestimmungen dieser Richtlinie über die Öffentlichkeitsbeteiligung gelten. Damit können die Kläger die „verfahrensrechtliche Rechtmäßigkeit“ der Umweltverträglichkeitsprüfung im Rahmen ihrer gegen den Planfeststellungsbeschluss gerichteten Klage anfechten, weil die Umweltverträglichkeitsprüfung nach § 2 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 2 Abs. 3 Nr. 1 UVPG ein unselbstständiger Teil eines Planfeststellungsverfahrens ist.
86Jedoch führt nicht jeder Verfahrensfehler zu einer Rechtsverletzung im Sinne des Art. 10a der UVP-Richtlinie. Nach der Rechtsprechung des EuGH haben die Mitgliedstaaten die Rechte zu bestimmen, bei deren Verletzung ein Rechtsbehelf in Umweltsachen eingelegt werden kann. Dabei darf die Auslegung der durch die UVP-Richtlinie verliehenen Rechte nicht praktisch unmöglich gemacht oder übermäßig erschwert werden. Der Unionsgesetzgeber habe in keiner Weise die Gründe beschränkt, die zur Stützung eines Rechtsbehelfs vorgebracht werden könnten. Jedenfalls habe er die Möglichkeit, einen Verfahrensfehler geltend zu machen, nicht an die Voraussetzung knüpfen wollen, dass dieser Fehler Auswirkungen auf den Inhalt der angegriffenen endgültigen Entscheidung habe. Da die Richtlinie unter anderem zur Festsetzung von Verfahrensgarantien diene, müsse die betroffene Öffentlichkeit grundsätzlich jeden Verfahrensfehler geltend machen können. Jedoch habe nicht jeder Verfahrensfehler zwangsläufig Folgen, die sich auf den Inhalt einer solchen Entscheidung auswirken könnten, so dass ein Fehler, bei dem dies nicht der Fall sei, denjenigen, der ihn geltend macht, nicht in seinen Rechten verletze. In einem solchen Fall erscheine das Ziel der UVP-Richtlinie nicht gefährdet. Die Mitgliedstaaten hätten einen „beträchtlichen Spielraum“ hinsichtlich der Bestimmung dessen, was eine Rechtsverletzung darstelle.
87Daher könne es zulässig sein, dass nach dem nationalen Recht keine Rechtsverletzung im Sinne des Art. 10a Buchstabe b der UVP-Richtlinie vorliege, wenn nach den Umständen des konkreten Falles nachweislich die Möglichkeit bestehe, dass die angegriffene Entscheidung ohne den geltend gemachten Verfahrensfehler nicht anders ausgefallen wäre. In Bezug auf das Kausalitätskriterium dürfe dem Rechtsmittelführer aber nicht die Beweislast aufgebürdet werden; es sei vielmehr auf von der zuständigen Behörde vorgelegte Beweise und die vorliegende Akte abzustellen. Dabei sei die Schwere des geltend gemachten Fehlers zu berücksichtigen und insbesondere zu prüfen, ob dieser Fehler der betroffenen Öffentlichkeit eine der Garantien genommen habe, die geschaffen worden seien, um ihr im Einklang mit den Zielen der UVP-Richtlinie Zugang zu Informationen und die Beteiligung am Entscheidungsprozess zu ermöglichen.
88Vgl. EuGH, Urteil vom 7. November 2013 ‑ C‑72/12 (Altrip) -, NuR 2013, 878 (881 f., Rdnr. 46 bis 54).
89Nach diesen Maßstäben liegt ein durchgreifender Verfahrensfehler nicht vor. Es ist nicht ersichtlich, dass die Entscheidung des Beklagten ohne die von den Klägern gerügten Verfahrensfehler im Hinblick auf die von ihnen geltend gemachten Rechtspositionen anders ausgefallen wäre. Dabei berücksichtigt der Senat, ohne dass den Klägern insoweit eine materielle Beweislast aufgebürdet würde, neben dem Vortrag des Beklagten in Umsetzung der Rechtsprechung des EuGH sowie gemäß § 86 Abs. 1 VwGO auch die vorliegenden Verwaltungsakten.
90b) Die möglicherweise verspätete Bekanntmachung der Auslegung ist unschädlich. Art. 6 Abs. 6 UVP-Richtlinie in der hier maßgebenden Fassung des Art. 3 Abs. 4 der Richtlinie 2003/35/EG regelt keinen genauen Zeitrahmen für die Dauer einer Auslegung, sondern fordert nur „ausreichend Zeit“, um die Öffentlichkeit zu informieren sowie zur effektiven Vorbereitung und Beteiligung der Öffentlichkeit. § 9 Abs. 1 Satz 3 UVPG verweist insoweit auf § 73 VwVfG. Daher wäre die in § 73 Abs. 3 Satz 1 VwVfG NRW vorgesehene Monatsfrist für die Dauer der Auslegung nicht eingehalten, wenn der Vortrag der Kläger zuträfe, dass die Bekanntmachung erst nach Beginn der Auslegung veröffentlicht wurde. Dies kann jedoch auf sich beruhen, weshalb dem in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisantrag nicht nachzugehen war.
91Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass aufgrund einer möglicherweise zu kurzen Auslegung der Inhalt des Planfeststellungsbeschlusses anders ausgefallen wäre. Nach der ersten Auslegung im Februar/März 2006 hat die Klägerin zu 1. fristgerecht umfangreich Einwendungen gegen das Vorhaben erhoben. Auch der Rechtsvorgänger des Klägers zu 2. hat Einwendungen erhoben. Beide Kläger behaupten nicht, dass sie wegen der Nichteinhaltung der Monatsfrist für die Auslegung gehindert gewesen seien, weitere Einwendungen zu erheben.
92Vgl. hierzu auch BVerwG, Urteil vom 24. No-vember 2011 ‑ 9 A 23.10 ‑, BVerwGE 141, 171 (173).
93Die Kläger können sich in diesem Zusammenhang nicht darauf berufen, es habe „an der erforderlichen Anstoßwirkung für die Öffentlichkeit“ gefehlt. Im Hinblick auf insgesamt 266 Einwendungen Privater sowie zahlreiche Stellungnahmen von Trägern öffentlicher Belange ist nicht ansatzweise ersichtlich, dass es an einer Anstoßwirkung für die Öffentlichkeit gefehlt haben könnte. Es ist auch nicht erkennbar, dass ein potenzieller Einwender sich nicht geäußert hat, weil die Auslegung zu spät bekanntgemacht worden sei. Daher ist insbesondere nicht ersichtlich, dass der betroffenen Öffentlichkeit im Sinne der Rechtsprechung des EuGH eine der Garantien genommen worden sein könnte, die geschaffen worden sind, um ihr im Einklang mit den Zielen der UVP-Richtlinie Zugang zu Informationen und die Beteiligung am Entscheidungsprozess zu ermöglichen.
94c) Ein auf das Ergebnis durchgreifender Verfahrensfehler liegt ebenso wenig vor, soweit der Inhalt der öffentlichen Bekanntmachung nicht den rechtlichen Vorgaben entspricht.
95Die Kläger machen geltend, die öffentliche Bekanntmachung verstoße gegen Vorgaben des im Jahr 2006 unmittelbar anwendbaren Art. 6 Abs. 2 der UVP-Richtlinie. Nach Art. 6 Abs. 2 der UVP-Richtlinie in der Fassung des Art. 3 Abs. 4 der Öffentlichkeitsbeteiligungsrichtlinie wird die Öffentlichkeit über Folgendes informiert:
96a) den Genehmigungsantrag;
97b) die Tatsache, dass das Projekt Gegenstand einer Umweltverträglichkeitsprüfung ist, …;
98c) genaue Angaben zu den jeweiligen Behörden, die für die Entscheidung zuständig sind, bei denen relevante Informationen erhältlich sind bzw. bei denen Stellungnahmen oder Fragen eingereicht werden können, sowie zu vorgesehenen Fristen für die Übermittlung von Stellungnahmen oder Fragen;
99d) die Art möglicher Entscheidungen, oder, soweit vorhanden, den Entscheidungsentwurf;
100e) die Angaben über die Verfügbarkeit der Informationen, die gemäß Art. 5 der UVP-Richtlinie eingeholt wurden;
101f) die Angaben, wann, wo und in welcher Weise die relevanten Informationen zugänglich gemacht werden;
102g) Einzelheiten zu den Vorkehrungen für die Beteiligung der Öffentlichkeit nach Art. 6 Abs. 5 der UVP-Richtlinie.
103Die Öffentlichkeitsbeteiligungsrichtlinie war nach deren Art. 6 Abs. 1 Satz 1 von den Mitgliedstaaten bis zum 25. Juni 2005 umzusetzen. Sie ist in der Bundesrepublik Deutschland jedoch erst durch das am 15. Dezember 2006 in Kraft getretene Öffentlichkeitsbeteiligungsgesetz (BGBl. I S. 2819) umgesetzt worden. Da die in Art. 6 Abs. 2 der UVP-Richtlinie getroffenen Regelungen über die Bekanntmachung inhaltlich unbedingt und hinreichend genau sind, waren sie nach dem 25. Juni 2005 unmittelbar anzuwenden,
104vgl. hierzu zusammenfassend Ruffert, in: Calliess, Ruffert (Hrsg.), EUV/AEUV, Das Verfassungsrecht der Europäischen Union mit europäischer Grundrechtecharta, Kommentar, 4. Auflage 2011, Art. 288 AEUV Rdnr. 47 ff. m. w. N.,
105und mithin auch für die vorliegende Bekanntmachung vom 10. Februar 2006 maßgebend. Die Kläger weisen zutreffend darauf hin, dass die Bekanntmachung im Hinblick auf eine Umweltverträglichkeitsprüfung unter Nr. 6 nur den Hinweis enthält: „Die Nrn. 1, 2, 3 und 5 gelten für die Anhörung der Öffentlichkeit zu den Umweltauswirkungen des Bauvorhabens nach § 9 Abs. 1 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung entsprechend.“ Aus dem Hinweis auf § 9 Abs. 1 UVPG ergab sich, dass das Projekt Gegenstand einer Umweltverträglichkeitsprüfung ist (vgl. Art. 6 Abs. 2 Buchst. b) UVP-Richtlinie). Es fehlen aber die nach Art. 6 Abs. 2 Buchst. e) der UVP-Richtlinie erforderlichen „Angaben über die Verfügbarkeit der Informationen, die gemäß Art. 5 eingeholt wurden“. Der Bekannt-machungstext enthält keinerlei Hinweis darauf, welche vom Vorhabenträger gemäß Art. 5 der UVP-Richtlinie vorgelegten Informationen verfügbar waren und von der Öffentlichkeit eingesehen werden konnten.
106Es ist jedoch (wiederum) nicht ersichtlich, dass dieser unzureichende Bekannt-machungstext sich auf den Inhalt des Planfeststellungsbeschlusses ausgewirkt haben könnte. Die Klägerin zu 1. und der Rechtsvorgänger des Klägers zu 2. haben fristgerecht Einwendungen erhoben, die sich insbesondere auf von ihnen befürchtete Lärm- und Luftschadstoffimmissionen auf ihren Grundstücken bezogen und damit gerade auf die sie berührenden Umweltauswirkungen des Vorhabens.
107Die hier gerügten Defizite der Bekanntmachung der Planauslegung stellen keine wesentlichen Verfahrensfehler dar. Sie betreffen bloße Bekanntmachungsdetails, von denen die gebotene Anstoßwirkung der Bekanntmachung, sich am Verfahren zu beteiligen, nicht abhängt. Aus dem Text der Bekanntmachung ergab sich mit der gebotenen Klarheit, dass die Beteiligung der betroffenen Öffentlichkeit die Beteiligung im Rahmen einer Umweltverträglichkeitsprüfung umfasste (Nr. 6 des Bekanntmachungstextes) und dass die ausgelegten Planunterlagen die Grundlage auch dieser Beteiligung bilden sollten. Die gerügten Mängel betrafen nicht den wesentlichen Bekanntmachungsinhalt; Unionsrecht gebietet daher nicht, sie unabhängig von ihrem Einfluss auf die Sachentscheidung als erheblich zu behandeln.
108Vgl. zu einer ähnlichen Fallgestaltung (kein Hinweis auf UVP-Pflichtigkeit und auf die nach § 6 UVPG vorgelegten Unterlagen) BVerwG, Urteil vom 24. November 2011 ‑ 9 A 23.10 ‑, BVerwGE 141, 171 (176).
109Dass die erforderliche Anstoßwirkung trotz des nicht ordnungsgemäßen Bekanntmachungstextes erreicht worden ist, zeigt die große Zahl von Einwendungen Privater und von Trägern öffentlicher Belange. Es ist weder vorgetragen noch aus den Akten ersichtlich, dass der betroffenen Öffentlichkeit Verfahrensgarantien genommen wurden, weil Einwendungen wegen eines unzureichenden Bekanntmachungstextes unterblieben oder für die Umweltverträglichkeitsprüfung relevante Gesichtspunkte deshalb nicht vorgebracht worden sind.
110d) Die öffentliche Bekanntmachung der Auslegung des Deckblattes I im Amtsblatt der Stadt N. vom 18. Mai 2007 entspricht ebenfalls nicht den Anforderungen des Art. 6 Abs. 2 Buchst. e) der UVP-Richtlinie sowie dem am 15. Dezember 2006 in Kraft getretenen § 9 Abs. 1a Nr. 5 UVPG, wonach bei der Bekanntmachung anzugeben ist, welche Unterlagen nach § 6 UVPG vorgelegt wurden. Der Bekanntmachungstext enthält nur den Hinweis, „dass die ausgelegten Planunterlagen die nach § 6 Abs. 3 UVPG notwendigen Angaben enthalten …“. Aus diesem Hinweis ergibt sich nicht, „welche Unterlagen nach § 6 vorgelegt wurden“.
111Es ist jedoch nicht ersichtlich, dass dieser unzureichende Bekanntmachungstext sich auf den Inhalt des Planfeststellungsbeschlusses ausgewirkt haben könnte. Zwar hat die Klägerin zu 1. hier ‑ anders als der Rechtsvorgänger des Klägers zu 2. ‑ keine (weiteren) Einwendungen erhoben. Das beruht jedoch nicht darauf, dass ihr die nach § 6 UVPG vorgelegten Unterlagen nicht bekannt waren; das behauptet sie auch nicht. Ebenso wie bei der ersten Auslegung ist hier nicht vorgetragen oder aus den Akten ersichtlich, dass der betroffenen Öffentlichkeit Verfahrensgarantien genommen wurden, weil Einwendungen wegen eines unzureichenden Bekanntmachungstextes unterblieben oder für die Umweltverträglichkeitsprüfung relevante Gesichtspunkte deshalb nicht vorgebracht worden sind.
1122. Der weitere Einwand der Kläger, die Auslegung der Planunterlagen hätte inhaltlich nicht den Anforderungen der §§ 9 Abs. 1b und 6 Abs. 3 UVPG sowie der UVP-Richtlinie entsprochen, greift nicht durch. Die Betroffenen sollen durch die Auslegung der Planunterlagen nach § 17a FStrG i. V. m. § 73 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 Satz 1 VwVfG NRW in die Lage versetzt werden, Einwendungen zu erheben, die zumindest in groben Zügen erkennen lassen, welche Rechtsgüter als gefährdet angesehen und welche Beeinträchtigungen befürchtet werden. Ausführungen, die wissenschaftlich-technischen Sachverstand erfordern, werden von den Betroffenen im Verwaltungsverfahren nicht verlangt. Dementsprechend muss die Auslegung nicht notwendig alle Unterlagen umfassen, die möglicherweise zur vollständigen Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Planung erforderlich sind, sondern kann sich auf die Unterlagen beschränken, deren der Einzelne bedarf, um „als Laie" den Grad seiner Betroffenheit abschätzen und sich das Interesse, Einwendungen zu erheben, bewusst machen zu können. Dazu gehören Gutachten nur dann, wenn ohne deren Kenntnis der mit der Auslegung bezweckte Anstoß zur Erhebung von Einwendungen verfehlt würde.
113Vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 3. März 2011 - 9 A 8.10 -, BVerwGE 139, 150 (152), m. w. N.
114Die UVP-Richtlinie verlangt vom Vorhabenträger bestimmte inhaltliche Angaben, stellt ihm aber frei, in welcher Form er sie vorlegt. Es reicht aus, wenn die erforderlichen Angaben sich aus verschiedenen Unterlagen ergeben, etwa aus dem Erläuterungsbericht, dem Landschaftspflegerischen Begleitplan, der schalltechnischen Untersuchung oder der Schadstoffuntersuchung. Sie müssen auch nicht zwingend in einem von der Zulassungsentscheidung gesonderten Dokument dargestellt werden.
115Vgl. BVerwG, Urteil vom 12. August 2009 - 9 A 64.07 -, BVerwGE 134, 308 (312 f.).
116Weder § 6 UVPG noch der UVP-Richtlinie ist eine Pflicht zu standardisierten oder schematisierten Darstellungsweisen zu entnehmen. Es bleibt demgemäß dem Vorhabenträger überlassen, ob er von der Möglichkeit der Darstellung in Form einer (eigenständigen und abgeschlossenen) Umweltverträglichkeitsstudie Gebrauch macht.
117Vgl. BVerwG, Urteil vom 19. Mai 1998 ‑ 4 C 11.96 ‑, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 138, S. 254.
118Auch eine konkrete Zeitvorgabe, innerhalb derer eine Umweltverträglichkeitsprüfung zu erstellen ist, ist dem Gesetz nicht zu entnehmen.
119Vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 12. August 2009 - 9 A 64.07 -, BVerwGE 134, 308 (312 f.).
120Diesen Anforderungen entspricht das hier zur Überprüfung stehende Verfahren. Der Vorhabenträger hatte der Anhörungsbehörde gemäß § 6 UVPG diverse Unterlagen vorgelegt, aus denen sich Auswirkungen des Vorhabens ‑ hier des Ausbaus der B 51 ‑ auf die Umwelt (vgl. § 2 Abs. 1 Satz 2 UVPG) ergeben, nämlich die Erläuterungsberichte vom 5. Dezember 2005 (Unterlage 1, Beiakte 2 zu 11 D 6/12.AK) und vom 2. Mai 2007 mit Schadstoffabschätzung (Unterlage 1-I, Beiakte 8 zu 11 D 6/12.AK), die Erläuterungsberichte zum wassertechnischen Entwurf vom 5. Dezember 2005 (Unterlage 11.1, Beiakte 2 zu 11 D 6/12.AK) und vom 2. Mai 2007 (Unterlage 11.1-I, Beiakte 8 zu 11 D 6/12.AK), die lärmtechnischen Unterlagen vom 5. Dezember 2005 und 2. Mai 2007, bestehend aus den detaillierten Erläuterungsberichten zur lärmtechnischen Untersuchung, den Berechnungen der Beurteilungspegel für Lärmvorsorge für die Bebauung (Unterlagen 12.1 und 12.2, Beiakte 3 zu 11 D 6/12.AK, und Unterlagen 12.1-I und 12.2-I, Beiakte 9 zu 11 D 6/12.AK), den Landschaftspflegerischen Begleitplan einschließlich der artenschutzrechtlichen Prüfung (Unterlage 13, Beiakte 4 zu 11 D 6/12.AK bzw. Unterlage 13-I, Beiakte 8 zu 11 D 6/12.AK). Diese Unterlagen haben im Rahmen des Anhörungsverfahrens öffentlich ausgelegen. Inhaltlich enthalten diese Unterlagen umfangreiche Feststellungen zu den Untersuchungen über die Umweltauswirkungen des Vorhabens und insbesondere die erforderlichen Angaben im Sinne des § 6 Abs. 3 und 4 UVPG.
121Entgegen der Auffassung der Kläger bedurfte es nicht einer gesonderten Auflistung, welche Unterlagen zur Umweltverträglichkeitsprüfung gehören. Die Unterrichtung der Öffentlichkeit über ein geplantes Vorhaben erfordert nicht zwingend die Zusammenfassung aller notwendigen Informationen in einer gesonderten Planunterlage. Ihrer Funktion, die Öffentlichkeit über die Auswirkungen zu unterrichten und den Betroffenen einen Anstoß zu geben, sich mit den Auswirkungen auseinanderzusetzen und über die Notwendigkeit diesbezüglicher Einwendungen schlüssig zu werden, kann die öffentliche Auslegung auch dann gerecht werden, wenn die notwendigen Angaben zwar in verschiedenen Planunterlagen enthalten sind, Wechselwirkungen jedoch nicht ausklammern.
122Vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 10. Oktober 2006 - 9 B 27.05 -, Buchholz 406.251 § 11 UVPG Nr. 4, S. 2 f.
123Derartige Wechselwirkungen waren hier aus den ausgelegten Unterlagen ohne Weiteres ersichtlich, weil insbesondere der ausgelegte Erläuterungsbericht (Unterlage 1, Beiakte 2 zu 11 D 6/12.AK) auf S. 13 bis 20 unter den Nrn. 5. und 6. bei der Beschreibung der Auswirkungen des Vorhabens auf die Umwelt und der Darstellung der geplanten Maßnahmen zum Schutz der Umwelt ausdrücklich Querverweise auf die lärmtechnischen Untersuchungen, die Abschätzung von verkehrsbedingten Schadstoffimmissionen und den Landschaftspflegerischen Begleitplan, mithin auf die weiteren Unterlagen enthält, die ebenfalls Gegenstand der Umweltverträglichkeitsprüfung waren. Damit waren im Anhörungsverfahren entgegen der Meinung der Kläger die Unterlagen zur Umweltverträglichkeitsprüfung hinreichend deutlich benannt. Darin liegt auch die nach § 6 Abs. 3 Satz 2 UVPG geforderte allgemein verständliche, nichttechnische Zusammenfassung der Angaben nach § 6 Abs. 3 Satz 1 UVPG.
124Der Umstand, dass im Erläuterungsbericht auf eine Umweltverträglichkeitsstudie aus dem Jahr 1993 hingewiesen worden ist, die 1994 ausgelegen habe (vgl. Unterlage 1, S. 2, Beiakte 2 zu 11 D 6/12.AK), erforderte entgegen der Meinung der Kläger nicht, dass auch diese Studie im Rahmen der Auslegung der Unterlagen zur Umweltverträglichkeitsprüfung hätte ausgelegt werden müssen. Abgesehen davon, dass bis zur Offenlegung der Planunterlagen zwischenzeitlich über zehn Jahre verstrichen und deshalb ohnehin - wie geschehen - neue Untersuchungen zu den umweltrelevanten Auswirkungen des Vorhabens erforderlich waren und durchgeführt wurden, war diese Umweltverträglichkeitsstudie nur ein Entscheidungsparameter, wobei der Beklagte sich für die dort favorisierte Tunnellösung nicht entschieden hat. Die Umweltverträglichkeitsprüfung ist nur für das konkrete Vorhaben mit der für dieses Vorhaben gewählten Trasse vorzunehmen.
125Vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Januar 1996 ‑ 4 C 5.95 ‑, BVerwGE 100, 238 (250); ferner Urteil vom 5. März 1997 ‑ 11 A 25.95 ‑, BVerwGE 104, 123 (128).
126Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts musste auch die Verkehrsprognose nicht ausgelegt werden.
127Vgl. etwa BVerwG, Urteile vom 9. Juni 2010 ‑ 9 A 20.08 ‑, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 208, S. 134 f., und vom 6. Oktober 2010 ‑ 9 A 12.09 ‑, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 212, S. 187.
128Es ist nicht ersichtlich, dass die Kläger ihre Betroffenheiten ohne diese Unterlage nicht oder nicht vollständig geltend machen konnten. Die Verkehrsbelastung der B 51 ließ sich dem Erläuterungsbericht vom 5. Dezember 2005 für das Prognose-jahr 2015 entnehmen sowie den Erläuterungen zum Deckblatt I vom 2. Mai 2007 für den Prognosehorizont 2020.
129Es ist von den Klägern im Übrigen weder konkret dargelegt worden noch ist es zu erkennen, dass sie durch die gewählte Verfahrensweise gehindert gewesen wären, überhaupt Einwendungen oder solche in der notwendigen inhaltlichen Tiefe zu erheben. Die ausgelegten Unterlagen waren im Sinne des § 6 Abs. 3 Satz 3 UVPG ohne Weiteres geeignet, den Klägern die Beurteilung zu ermöglichen, ob und in welchem Umfang sie von den Umweltauswirkungen des Vorhabens betroffen sind. Dementsprechend haben die Klägerin zu 1. und der Rechtsvorgänger des Klägers zu 2. das Anhörungsverfahren dazu genutzt, mit Schreiben vom 5. April 2006 und 29. März 2006 Einwendungen zu erheben, insbesondere zu den von ihnen für ihre Wohnhausgrundstücke befürchteten Lärm- und Luftschadstoffimmissionen.
130IV. Die Einwände der Kläger gegen die materielle Rechtswidrigkeit des Planfeststellungsbeschlusses führen ebenso wenig zum Erfolg der Klage.
1311. Der von der Klägerin zu 1. und dem Rechtsvorgänger des Klägers zu 2. im Einwendungsverfahren erhobene Einwand, die B 51 sei zur Autobahn aufzustufen, trifft nicht zu. Der erkennende (vormals 23.) Senat hat hierzu in seinem Urteil vom 20. September 1999 ‑ 23 D 98/95.AK ‑ betreffend den vierstreifigen Ausbau der B 51 von Bau-km 3+740 bis Bau-km 5+100 auf Seite 12 ausgeführt:
132„Die zur Prüfung dieser Behauptung gebotene Gesamtschau der planfestgestellten Trasse mit dem bereits fertiggestellten ersten Bauabschnitt der Ortsumgehung N. und dem sich im Nordosten anschließenden Streckenabschnitt zeigt, dass die Straße insbesondere nicht als Verlängerung der Bundesautobahn 43 planerisch entwickelt wird. Dies erweist sich an der Verknüpfung der B 51 mit der X1. Straße im Süden von N. . Hier stellt sich die Umgehungsstraße als Fortführung der alten Fahrbahn der B 51 (X1. Straße) dar, mit der sie über eine Kreuzung verknüpft ist. Die Verbindung zu dem als Autobahnzubringer zur A 1 und A 43 fungierenden Teil der B 51 erfolgt dagegen mittels zweier gebogener Verbindungsstreifen, die jeweils 90o-Winkel beschreiben.“
133Diese Bewertung wird durch den nunmehr planfestgestellten dritten Bauabschnitt der B 51 nicht in Frage gestellt, zumal sowohl die B 51 als auch die B 481n nach dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers (vgl. BT-Drucks. 15/3412, S. 42 Nr. 1646 und S. 46 Nr. 1817 zu § 1 Abs. 1 Satz 2 FStrAbG in der Fassung des Fünften Gesetzes zur Änderung des Fernstraßenausbaugesetzes vom 4. Oktober 2004, BGBl. I S. 2574) im Bedarfsplan für die Bundesfernstraßen als Bundesstraßen aufgenommen und eingestuft sind. Hieran ist der Beklagte gemäß Art. 20 Abs. 3 GG gebunden.
1342. Der Vortrag der Kläger, es sei eine neue Linienbestimmung erforderlich gewesen und die Bezugnahme auf die 1967 durchgeführte Linienbestimmung sei unzureichend, greift nicht durch.
135a) Eine Linienbestimmung war im vorliegenden Fall gemäß § 16 Abs. 1 Satz 2 FStrG weder für die B 51 noch für die B 481n erforderlich, da es sich bereits kraft Gesetzes um Ortsumgehungen handelt (so ausdrücklich BT-Drucks. 15/3412, S. 42 Nr. 1646 und S. 46 Nr. 1817 zu § 1 Abs. 1 Satz 2 FStrAbG).
136b) Darüber hinaus ist eine dem eigentlichen Planfeststellungsverfahren vorgelagerte Linienbestimmung keine formelle oder materielle Voraussetzung der Planfeststellung. Sie ist nicht auf unmittelbare Rechtswirkungen nach außen gerichtet, sondern hat innerhalb des Planungsverlaufs den Charakter einer vorbereitenden Grundentscheidung mit allein verwaltungsinterner Bedeutung. Rechtliche Verbindlichkeit gegenüber dem Träger der Straßenbaulast und gegenüber Dritten erlangt sie erst dadurch, dass sie in den Festsetzungen des Planfeststellungsbeschlusses ihren Niederschlag findet. Ein Planfeststellungsbeschluss ist nicht deshalb rechtswidrig, weil ihm kein Linienbestimmungsverfahren vorangegangen ist oder weil er von der festgelegten Linie abweicht. Umgekehrt lässt sich die Planung Dritten gegenüber nicht allein damit rechtfertigen, dass sie den Linienabstimmungs- oder -bestimmungsvorgaben entspricht. Vielmehr muss die Entscheidung der Planfeststellungsbehörde aus sich heraus den rechtlichen Anforderungen genügen.
137Vgl. BVerwG, Urteil vom 12. August 2009 - 9 A 64.07 -, BVerwGE 134, 308 (311 f.), ebenfalls zu einer fernstraßenrechtlichen Linienbestimmung aus den 1960er Jahren, und Urteil vom 6. November 2013 ‑ 9 A 14.12 ‑, BVerwGE 148, 373 (378 f.).
138Daher ist unerheblich, dass es zum Zeitpunkt der 1967 durchgeführten Linienbestimmung eine Umweltverträglichkeitsprüfung noch nicht gab. Vorliegend hat die Planfeststellungsbehörde eine eigenständige Abwägung zur Trassen- und Variantenwahl vorgenommen (vgl. PFB B. 5.3.3.1, S. 90 ff.). Diese Entscheidung muss den rechtlichen Anforderungen genügen.
139Vgl. BVerwG, Urteil vom 12. August 2009 ‑ 9 A 64.07 ‑, BVerwGE 134, 308 (312).
140Diese Voraussetzung ist erfüllt, wie weiter unten zu zeigen sein wird (A.III.4., S. 48 ff.).
141Die Vermutung der Kläger, der Beklagte habe eine „gestufte Prüfung“ vorgenommen, indem er im Planfeststellungsverfahren ausschließlich Umweltauswirkungen geprüft habe, die nicht Gegenstand der Umweltverträglichkeitsstudie von 1993 als „erster Stufe“ waren, trifft nicht zu. Der von den Klägern in diesem Zusammenhang in Bezug genommene § 15 Abs. 4 UVPG, wonach die Prüfung der Umweltverträglichkeit in der Linienbestimmung nachfolgenden Zulassungsverfahren auf zusätzliche oder andere erhebliche Umweltauswirkungen beschränkt werden kann, ist hier nicht zur Anwendung gekommen. Den umfangreichen Ausführungen zur Umweltverträglichkeitsprüfung im Planfeststellungsbeschluss (vgl. PFB, B. 4.4 ff., S. 55 bis 77) ist nicht zu entnehmen, dass nur Umweltauswirkungen geprüft werden sollten, die nicht schon Gegenstand der Umweltverträglichkeitsstudie von 1993 waren. Das folgt schon daraus, dass die in der Studie von 1993 favorisierte Tunnellösung gerade nicht planfestgestellt worden ist. Erst recht fehlt es an einer ausdrücklichen Beschränkung, die nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Folge haben kann, dass ein Fehler, der im abgeschichte-ten Teil der auf die Linienbestimmung bezogenen Umweltverträglichkeitsprüfung aufgetreten ist, sich bis zum Erlass des Planfeststellungsbeschlusses fortsetzt.
142Vgl. BVerwG, Urteil vom 6. November 2013 ‑ 9 A 14.12 ‑, BVerwGE 148, 373 (379).
1433. Die vom Beklagten durchgeführte Umweltverträglichkeitsprüfung ist inhaltlich nicht zu beanstanden. In materiellrechtlicher Hinsicht können die Kläger allerdings nicht nur geltend machen, dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung nicht durchgeführt worden ist, sondern auch, dass sie zwar durchgeführt wurde, aber mit wesentlichen Fehlern behaftet ist.
144Vgl. EuGH, Urteil vom 7. November 2013 ‑ C‑72/12 (Altrip) -, NuR 2013, 878 (881, Rdnr. 36-38); daran anknüpfend OVG NRW, Beschluss vom 23. Juli 2014 ‑ 8 B 356/14 ‑, NWVBl. 2014, 472.
145Das folgt aus Art. 10a der UVP-Richtlinie, der eine weiterreichende Regelung enthält als § 4 Abs. 1 Satz 1 UmwRG. Derartige wesentliche Fehler liegen aber nicht vor.
146a) Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 UVPG ist die Umweltverträglichkeitsprüfung ein unselbstständiger Teil verwaltungsbehördlicher Verfahren, die der Entscheidung über die Zulässigkeit von Vorhaben dienen. Zu diesen „UVP-pflichtigen Vorhaben“ gehört gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 UVPG i. V. m. Nr. 14.6 der Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung auch das vorliegend planfestgestellte Vorhaben, da die hierfür vorgesehene Vorprüfung des Einzelfalles zu dem Ergebnis geführt hat, dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist (vgl. § 3c Abs. 1 Satz 1 UVPG). Die Umweltverträglichkeitsprüfung umfasst nach § 2 Abs. 1 Satz 2 UVPG die Ermittlung, Beschreibung und Bewertung der unmittelbaren und mittelbaren Auswirkungen eines Vorhabens auf
1471. Menschen, einschließlich der menschlichen Gesundheit, Tiere, Pflanzen und biologische Vielfalt,
1482. Boden, Wasser, Luft, Klima und Landschaft,
1493. Kulturgüter und sonstige Sachgüter sowie
1504. die Wechselwirkung zwischen den vorgenannten Schutzgütern.
151Das Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung setzt die UVP-Richtlinie in deutsches Recht um. Das Umweltrecht hat durch die UVP-Richtlinie ‑ und damit auch durch das Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung ‑ keine materielle Anreicherung erfahren. Die gemeinschaftsrechtliche Regelung enthält sich materiellrechtlicher Vorgaben. Sie beschränkt sich auf verfahrensrechtliche Anforderungen im Vorfeld der Sachentscheidung. Daher hat der Projektträger schon bei Antragstellung Angaben darüber zu machen, wie sich sein Vorhaben auf Menschen, Tiere und Pflanzen, Boden, Wasser, Luft, Klima und Landschaft, einschließlich der Wechselbeziehungen, sowie auf Kultur- und sonstige Sachgüter auswirkt. Auf der Grundlage dieser Angaben hat die Planungsbehörde die Öffentlichkeit zu beteiligen sowie ihrerseits die Umweltauswirkungen zusammenfassend darzustellen und zu bewerten. Für die Planungsbehörde ist die Umweltverträglichkeitsprüfung als unselbstständiger Teil des Planfeststellungsverfahrens ein eingeschobener formalisierter Zwischenschritt mit dem Ziel einer zunächst auf Umweltbelange beschränkten Bewertung der Auswirkungen des Vorhabens im Rahmen der Abwägung aller Belange. Sie dient als wirkungsvolle Methode, die Umweltbelange in den Abwägungsprozess einzuführen.
152Vgl. grundlegend BVerwG, Urteil vom 25. Januar 1996 ‑ 4 C 5.95 ‑, BVerwGE 100, 238 (243, 245 ff.).
153Dementsprechend gebieten die UVP-Richtlinie und das Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung nicht, dass Umweltauswirkungen anhand standardisierter Maßstäbe oder in standardisierten oder schematisierten und rechenhaft handhabbaren Verfahren ermittelt und bewertet werden. Die Umweltverträglichkeitsprüfung ist auch kein „Suchverfahren“, in dem alle nur erdenklichen Auswirkungen eines Vorhabens auf Umweltgüter und deren Wertigkeit bis in alle Einzelheiten und feinsten Verästelungen zu untersuchen wären und gar Antworten auf in der Wissenschaft bisher noch ungeklärte Fragen gefunden werden müssten. Die UVP-Richtlinie fordert, dass die Umweltverträglichkeitsprüfung die erforderlichen Grundlagen für ein „Beurteilung der möglichen erheblichen Umweltauswirkungen“ eines Projekts liefert (Vorbemerkung, Erwägungsgrund 6); deshalb muss der Projektträger Angaben vorlegen „zur Feststellung und Beurteilung der Hauptwirkungen, die das Projekt voraussichtlich für die Umwelt haben wird“ (Art. 5 Abs. 2 der UVP-Richtlinie). Das Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung fordert für die vom Vorhabenträger vorzulegenden Unterlagen, dass sie u. a. eine „Beschreibung der zu erwartenden erheblichen Auswirkungen des Vorhabens auf die Umwelt“ enthalten, und schreibt dafür die „Berücksichtigung des allgemeinen Kenntnisstandes und der allgemein anerkannten Prüfungsmethoden“ (§ 6 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 UVPG) vor.
154Vgl. BVerwG, Urteil vom 21. März 1996 - 4 C 19.94 -, BVerwGE 100, 370 (377).
155Die Umweltverträglichkeitsprüfung soll die Umweltbelange so herausarbeiten, dass sie in die Abwägung in gebündelter Form eingehen.
156Vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Juni 2014 ‑ 9 A 1.13 ‑, BVerwGE 150, 92 (97).
157Wie bereits zur Frage der Auslegung der Planunterlagen dargelegt, verlangen die Vorschriften über die Umweltverträglichkeitsprüfung vom Vorhabenträger bestimmte inhaltliche Angaben, stellen ihm aber frei, in welcher Form er sie vorlegt. Es reicht aus, dass dem Planfeststellungsbeschluss mehrere zeitnah erstellte Untersuchungen zu den von dem Vorhaben berührten Umweltbelangen zu Grunde lagen und diese einer ausführlichen Würdigung unterzogen wurden. Die erforderlichen Angaben können sich etwa aus dem Landschaftspflegerischen Begleitplan, dem Erläuterungsbericht, der schalltechnischen Untersuchung oder der Schadstoffuntersuchung ergeben. Sie müssen auch nicht zwingend in einem von der Zulassungsentscheidung gesonderten Dokument dargestellt werden. Auch eine konkrete Zeitvorgabe, innerhalb derer eine Umweltverträglichkeitsprüfung zu erstellen ist, ist dem Gesetz nicht zu entnehmen.
158Vgl. BVerwG, Urteil vom 12. August 2009 ‑ 9 A 64.07 ‑, BVerwGE 134, 308 (312 f.).
159Die von den Klägern unter Hinweis auf § 15 Abs. 4 UVPG und die Linienbestimmung aufgeworfene Frage der Zulässigkeit eines „gestuften Verfahrens“ stellt sich hier nicht. Die vom Beklagten neben zahlreichen weiteren Unterlagen angeführte UVS von 1993 ist nur ein „Mosaikstein“ der Umweltverträglichkeitsprüfung. Es versteht sich von selbst, dass sie durch aktuelle Untersuchungen zu ergänzen war und auch ergänzt worden ist. Wenn die Kläger die Bezugnahme des Beklagten auf die UVS von 1993 als „absurd“ bezeichnen, sei der Hinweis erlaubt, dass sie gerade die Verwirklichung der in dieser UVS favorisierten, jedoch nicht plan-festgestellten Tunnellösung fordern. Die Klägerin zu 1. rügt in ihrem Einwendungsschreiben vom 5. April 2006 ausdrücklich, die Ergebnisse der UVS von 1993 seien missachtet worden.
160b) Die vom Beklagten im Planfeststellungsbeschluss dargelegte Umweltverträglichkeitsprüfung genügt inhaltlich den vorstehend aufgezeigten Maßstäben.
161Wie oben dargelegt (A.III.2., S. 36 f.) hatte der Vorhabenträger dem Beklagten gemäß § 6 UVPG im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens diverse Unterlagen vorgelegt, aus denen sich Auswirkungen des Vorhabens auf die Umwelt ergeben. § 11 Satz 1 UVPG sieht vor, dass die zuständige Behörde sodann auf der Grundlage der Unterlagen nach § 6 UVPG, der behördlichen Stellungnahme nach den §§ 7 und 8 UVPG sowie der Äußerungen der betroffenen Öffentlichkeit nach den §§ 9 und 9a UVPG eine zusammenfassende Darstellung der Umweltauswirkungen des Vorhabens sowie der Maßnahmen erarbeitet, mit denen erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen vermieden, vermindert oder ausgeglichen werden, einschließlich der Ersatzmaßnahmen bei nicht ausgleichbaren, aber vorrangigen Eingriffen in Natur und Landschaft. Nach § 11 Satz 4 UVPG kann die zusammenfassende Darstellung in der Begründung der Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens erfolgen. Das ist hier geschehen. Der Beklagte hat im Planfeststellungsbeschluss auf Seite 58 bis 69 eine derartige zusammenfassende Darstellung gegeben. Sie deckt inhaltlich die Vorgaben des § 11 Satz 1 UVPG ab. Die in § 2 Abs. 1 Satz 2 UVPG aufgezählten Gesichtspunkte sind vollständig abgearbeitet. Es schließt sich auf Seite 69 bis 77 die in § 12 UVPG vorgesehene Bewertung der Umweltauswirkungen des Vorhabens auf der Grundlage der zusammenfassenden Darstellung nach § 11 UVPG an.
162Die von den Klägern in diesem Zusammenhang vermissten „erheblichen, jedoch noch nicht unzumutbaren bzw. grenzwertüberschreitenden Umweltauswirkungen“ mussten im Hinblick auf das umfassende an den Immissionsgrenzwerten der 16. BImSchV orientierte Lärmschutzkonzept des Beklagten und das vom Gutachterbüro M. erstellte Luftschadstoffgutachten von September 2011 nicht gesondert ermittelt und dargestellt werden. Sie spielen eine Rolle bei der Prüfung, ob die Möglichkeit erheblicher nachteiliger Umweltauswirkungen im Sinne des § 3c Satz 1 UVPG besteht, die mehr als geringfügig und damit abwägungserheblich sind,
163vgl. BVerwG, Urteil vom 17. Dezember 2013 ‑ 4 A 1.13 ‑, BVerwGE 148, 353 (362, 364),
164mithin für die Vorprüfung, ob überhaupt eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist. Im vorliegenden Fall ist jedoch eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt worden.
165c) Entgegen der Auffassung der Kläger musste sich die Umweltverträglichkeitsprüfung nicht auf alle betrachteten oder denkbaren Varianten beziehen, sondern durfte sich auf diejenige Variante beschränken, die nach dem aktuellen Planungsstand noch ernstlich in Betracht kam.
166Vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Januar 1996 ‑ 4 C 5.95 ‑, BVerwGE 100, 238 (250).
167Das folgt bereits daraus, dass die UVP-Richtlinie und damit das Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung keine Änderung oder Verschärfung materiell-rechtlicher Zulassungsvoraussetzungen enthalten. In der Rechtsprechung ist geklärt, dass die Planfeststellungsbehörde auf der Grundlage einer Grobanalyse solche Alternativen, die als weniger geeignet erschienen, schon in einem frühen Verfahrensstadium ohne nähere Untersuchung ausscheiden darf.
168Vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 23. März 2011 ‑ 9 A 9.10 ‑, juris, Rdnr. 33.
169Damit darf die Planfeststellungsbehörde Planungsalternativen, die nach einer Art Grobanalyse in einem früheren Planungsstadium nicht in Betracht kommen, für die weitere Detailprüfung und damit auch (im Detail) für die förmliche Umweltverträglichkeitsprüfung ausscheiden.
170Vgl. BVerwG, Beschluss vom 16. August 1995 - 4 B 92.95 -, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 104, S. 48 f.
171In Betracht kommende andere Lösungen müssen daher nicht selbst Gegenstand der Umweltverträglichkeitsprüfung sein. Die UVP-Richtlinie beschränkt sich in Art. 5 Abs. 1 i. V. m. Nr. 2 des Anhangs III ebenso wie § 6 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 UVPG ausdrücklich auf die Forderung, dass der Vorhabenträger gegebenenfalls eine Übersicht über die wichtigsten anderweitigen vom Projektträger geprüften Lösungsmöglichkeiten gibt und Angaben zu den wesentlichen Auswahlgründen in Hinblick auf die Umweltauswirkungen macht.
172Vgl. BVerwG, Urteil vom 27. Oktober 2000 ‑ 4 A 18.99 ‑, BVerwGE 112, 140 (150).
173Die Pflicht zur förmlichen Umweltverträglichkeitsprüfung nach Maßgabe des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung setzt immer erst ein, wenn sich der Vorhabenträger für ein bestimmtes Projekt entschieden hat und dessen Zulassung beantragt.
174Vgl. BVerwG, Beschluss vom 14. Mai 1996 - 7 NB 3.95 -, Buchholz 406.251 § 2 UVPG Nr. 3, S. 9.
175So ist der Beklagte hier vorgegangen. Er hat im Planfeststellungsbeschluss im Rahmen seiner Ausführungen über die Umweltverträglichkeit auf Seite 57 f. ausdrücklich auf die Variantenprüfung in Abschnitt B. 5.3.3 (S. 90 bis 95) verwiesen. Das entspricht den Anforderungen der UVP-Richtlinie sowie des § 6 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 UVPG. Weitergehende inhaltliche Anforderungen an die Umweltverträglichkeitsprüfung ergeben sich weder aus der UVP-Richtlinie noch aus dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung.
1764. Die Planung verstößt nicht gegen das in § 17 Satz 2 FStrG enthaltene Abwägungsgebot.
177a) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts verlangt das Abwägungsgebot, dass ‑ erstens ‑ eine Abwägung überhaupt stattfindet, dass ‑ zweitens ‑ in die Abwägung an Belangen eingestellt wird, was nach Lage der Dinge in sie eingestellt werden muss, und dass ‑ drittens ‑ weder die Bedeutung der betroffenen öffentlichen und privaten Belange verkannt noch der Ausgleich zwischen ihnen in einer Weise vorgenommen wird, die zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht.
178Vgl. grundlegend etwa BVewG, Urteil vom 7. Juli 1978 ‑ 4 C 79.76 u. a. ‑, BVerwGE 56, 110 (122 f.).
179Die Frage, ob einer Planung eine gerechte Interessenabwägung zu Gunde liegt, ist nur einer eingeschränkten gerichtlichen Kontrolle zugänglich. Die Gerichte haben, soweit der Abwägungsvorgang fehlerfrei ist, das Ergebnis der Abwägung grundsätzlich hinzunehmen und es zu respektieren, dass sich der Planungsträger in der Kollision zwischen verschiedenen Belangen für die Bevorzugung des einen und damit notwendig für die Zurückstellung eines anderen entschieden hat.
180Vgl. BVerwG, Urteil vom 15. Januar 2004 ‑ 4 A 11.02 ‑, BVerwGE 120, 1 (13).
181Nach § 17e Abs. 6 Satz 1 FStrG sind Mängel bei der Abwägung der von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange nur erheblich, wenn sie offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen sind. Ergebnisrelevanz in diesem Sinne liegt vor, wenn nach den Umständen des Falles die konkrete Möglichkeit besteht, dass ohne den Abwägungsmangel eine andere Entscheidung getroffen worden wäre; eine nur abstrakte Möglichkeit einer anderen Entscheidung genügt nicht. Insoweit ist der Abwägungsvorgang in allen seinen Phasen in den Blick zu nehmen. Daher kann die Möglichkeit einer anderen Entscheidung nur dann verneint werden, wenn der konkret vorliegende Abwägungsfehler weggedacht werden kann, ohne dass auf einer nachfolgenden Stufe der Abwägung ein weiterer Mangel erwächst, auf dem die angegriffene Entscheidung beruhen kann. Besteht der Abwägungsmangel in der fehlerhaften Berücksichtigung eines abwägungserheblichen Belangs und ergeben sich keine konkreten Anhaltspunkte, dass die Planfeststellungsbehörde ohne diesen Mangel zu einem anderen Abwägungsergebnis gelangt wäre, ist also zusätzlich zu prüfen, ob die auf der nachfolgenden Stufe gebotene Abwägung im engeren Sinne ‑ das Ins-Verhältnis-Setzen der gegenläufigen Belange ‑ das Abwägungsergebnis auch dann rechtfertigen würde, wenn der auf der vorhergehenden Stufe unterlaufene Mangel unterblieben wäre.
182Vgl. BVerwG, Urteil vom 24. November 2011 ‑ 9 A 23.10 ‑, BVerwGE 141, 171 (191).
183Als nur mittelbar von dem Vorhaben Betroffene können die Kläger eine gerichtliche Abwägungskontrolle nur hinsichtlich ihrer eigenen Belange und ‑ wegen der insoweit bestehenden Wechselbeziehung ‑ der ihren Belangen gegenübergestellten, für das Vorhaben streitenden Belange verlangen. Ob andere gegen das Vorhaben sprechende Belange ordnungsgemäß berücksichtigt worden sind, können sie dem gegenüber ebenso wenig geltend machen wie die Frage, ob Rechtsnormen beachtet wurden, die nicht ihrem Schutz zu dienen bestimmt sind.
184Vgl. BVerwG, Urteil vom 10. Oktober 2012 ‑ 9 A 20.11 ‑, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 229, S. 71 f.
185Nach diesen Maßstäben sind die Belange der Kläger rechtsfehlerfrei abgewogen worden.
186b) Die Prüfung der Varianten des Ausbaus der B 51 lässt keinen Abwägungsfehler zu Lasten der Kläger erkennen. Der Beklagte musste keine die Kläger weniger belastende Variante ernsthaft in Betracht ziehen. Kommen Alternativlösungen ernsthaft in Betracht, so hat die Planungsbehörde sie zwar als Teil des Abwägungsmaterials mit der ihnen objektiv zukommenden Bedeutung in die vergleichende Prüfung der von den möglichen Varianten jeweils berührten öffentlichen und privaten Belange unter Einschluss des Gesichtspunkts der Umweltverträglichkeit einzubeziehen. Sie ist indes nicht verpflichtet, die Variantenprüfung bis zuletzt offen zu halten und alle von ihr zu einem bestimmten Zeitpunkt erwogenen Alternativen gleichermaßen detailliert und umfassend zu untersuchen. Auch im Bereich der Planungsalternativen braucht sie den Sachverhalt nur soweit aufzuklären, wie dies für eine sachgerechte Trassenwahl und eine zweckmäßige Gestaltung des Verfahrens erforderlich ist. Sie ist befugt, eine Alternative, die ihr auf der Grundlage einer Grobanalyse als weniger geeignet erscheint, schon in einem frühen Verfahrensstadium ohne nähere Untersuchung auszuscheiden.
187Vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 23. März 2011 ‑ 9 A 9.10 ‑, juris, Rdnr. 33.
188Verfährt sie in dieser Weise, so handelt sie abwägungsfehlerhaft nicht schon, wenn sich herausstellt, dass die von ihr verworfene Lösung ebenfalls mit guten Gründen vertretbar gewesen wäre, sondern erst, wenn diese Lösung sich ihr hätte aufdrängen müssen.
189Vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 25. Januar 1996 - 4 C 5.95 -, BVerwGE 100, 238 (249 f.), m. w. N.
190Gemessen an diesen Grundsätzen ist dem Beklagten kein Abwägungsfehler bei der Variantenprüfung unterlaufen.
191aa) Der Beklagte hat im Planfeststellungsbeschluss ausführlich dargelegt, welche Überlegungen ihn dazu bewogen haben, sich unter den näher untersuchten Varianten - einschließlich der sog. Null-Variante - für die planfestgestellte zu entscheiden (PFB B. 5.3.3.1 f., S. 90 ff.). Die sog. Null-Variante auszuschließen, d. h. von dem Ausbau nicht Abstand zu nehmen, ist nicht abwägungsfehlerhaft. Der Beklagte hat ausgeführt, dass die B 51 in ihrem jetzigen Zustand nicht in der Lage ist, die aufkommenden Verkehrsströme sicher und zügig zu bewältigen und die entsprechenden Verkehrsmengen aufzunehmen. Dagegen ist nichts zu erinnern. Die Kläger selbst gehen vielmehr von noch größeren Verkehrsmengen aus und weisen darauf hin, dass die B 51 als Umgehungsstraße N. die meistbefahrene Bundesstraße im Münsterland sei.
192bb) Zudem ist nach § 1 Abs. 2 Satz 2 FStrAbG die hier vorliegende gesetzliche Feststellung des vordringlichen Bedarfs für die nachfolgende straßenrechtliche Planfeststellung verbindlich. Der Planungsträger ist jedoch nicht gehindert, etwa statt des Ausbaus einer Bestandstrasse eine Neubaustrecke als Trassenalter-native zu erwägen. Allerdings ist es auch nicht zu beanstanden, wenn der Planungsträger sich beim Ausbau eines bereits vorhandenen Straßenzuges - wie hier - aus nachvollziehbaren Gründen gegen eine Neutrassierung ausspricht und auf dieser Grundlage entsprechende Planungsalternativen verwirft.
193Vgl. BVerwG, Beschluss vom 5. November 2002 - 9 VR 14.02 -, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 171, S. 134, m. w. N.
194cc) Es ist abwägungsfehlerfrei, dass sich der Beklagte in der Variantenprüfung in erster Linie aus Kostengründen gegen die von den Klägern geforderte Tunnellösung oder Einhausung entschieden hat. In die Entscheidung der Planfeststellungsbehörde für die eine oder andere Trassen- oder Ausführungsvariante dürfen Kostengesichtspunkte einfließen. Denn das Interesse, den finanziellen Aufwand für den Straßenbau gering zu halten, gehört zu den öffentlichen Belangen, denen in der Abwägung Rechnung zu tragen ist.
195Vgl. etwa BVerwG, Urteile vom 9. November 2000 - 4 A 51.98 -, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 159, S. 67, m. w. N., und vom 3. März 2011 ‑ 9 A 8.10 ‑, BVerwGE 139, 150 (178 f.).
196In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass dem Gebot der sparsamen und wirtschaftlichen Mittelverwendung, das in § 7 Abs. 1 BHO seine gesetzliche Ausprägung gefunden hat, als eigenständigem öffentlichen Belang in der Abwägung Rechnung zu tragen ist. Er kann nach den konkreten Umständen des Falles sogar das private Interesse überwiegen, von einer Grundstücksinanspruchnahme verschont zu bleiben.
197Vgl. BVerwG, Urteil vom 24. November 2011 ‑ 9 A 23.10 ‑, BVerwGE 141, 171 (193).
198Der Beklagte hat unter Berufung auf erhebliche Mehrkosten eine Tunnellösung in Form eines Leichtbautunnels (System „Züblin“) als Planungsvariante (PFB B. 5.3.3.2., S. 93) unter Verweis auf das Lärmschutzkonzept (PFB B. 5.3.5.1.2, S. 103 f., und B. 5.3.5.1.5, S. 112 f.) verworfen. Im Planfeststellungsbeschluss hat der Beklagte die Kosten für einen (Standard-)Tunnel mit 42,12 Mio. Euro beziffert, für einen Leichtbautunnel (System „Züblin“) mit 21,6 Mio. Euro (S. 113). Demgegenüber hat er die Kosten für das in der Planfeststellung gewählte Lärmschutzkonzept für diesen Teilbereich mit 11.173.814 Euro (S. 103) bzw. 10,45 Mio. Euro (S. 113) angegeben. Für einen „Züblin-Tunnel“ fielen damit Mehrkosten von 10,132 Mio. Euro (S. 103) oder 10,15 Mio. Euro (S. 113) an, d. h. die Kosten pro geschützter Wohneinheit würden von 14.389 Euro (S. 103) bzw. 14.418 Euro (S. 113) auf 26.899 Euro (S. 104) ansteigen, das stehe außer Verhältnis zum angestrebten Schutzzweck. Darüber hinaus würden für eine weitere Gradientenab-senkung der Trasse auf etwa 6 m Mehrkosten von rund 10,6 Mio. Euro anfallen (S. 104, 113). Danach würde eine „Tunnellösung“ gegenüber der planfestgestellten Lösung insgesamt mehr als 20 Mio. Euro zusätzliche Kosten verursachen.
199Die von den Klägern hiergegen erhobenen Einwände greifen nicht durch. Zwar haben die Kläger Kostenansätze für einzelne Komponenten des Lärmschutz-konzepts in Frage gestellt, jedoch hiermit insgesamt nicht dargetan, dass die (Vergleichs-)Berechnungen des Beklagten gänzlich neben der Sache liegen. Denn es erschließt sich von selbst, dass Tunnelbauwerke, Teilabdeckungen und Einhausungen nebst Gradientenabsenkung - im vorliegenden Fall auf etwa 6 m - gegenüber dem Straßenbau auf der freien Strecke wesentlich höhere Kosten verursachen.
200Vgl. auch BVerwG, Urteil vom 23. März 2011 ‑ 9 A 9.10 ‑, juris, Rdnr. 34; ferner ergänzend Bundesministerium für Verkehr, Allgemeines Rundschreiben Straßenbau (ARS) 25/1998 vom 28. Juni 1998, VkBl. S. 848, i. V. m. Leitfaden für die Planungsentscheidung „Einschnitt oder Tunnel“, S. 7 ff.
201Bei Baukosten, die jedenfalls deutlich höher liegen als bei einem konventionellen Straßenbau, ist es nicht zu beanstanden, wenn sich der Beklagte gegen die in Rede stehenden Alternativen entschieden hat.
202Vgl. ergänzend BVerwG, Urteil vom 21. Mai 2008 ‑ 9 A 68.07 -, juris, Rn. 18.
203Es kommt hinzu, dass ein Tunnel gegenüber der planfestgestellten Lösung dauerhaft höhere Unterhaltungskosten verursacht. Zudem soll der Ausbau der B 51 wegen der Bedeutung der Verkehrsachse bei laufendem Betrieb durchgeführt werden. Die Kläger weisen in einem anderen Zusammenhang zutreffend darauf hin, dass die B 51 als Umgehungsstraße N. nach den Ergebnissen der Verkehrszählung 2010 die meistbefahrene Bundesstraße im Münsterland ist. Neben den durch Bauarbeiten ohnehin verursachten Behinderungen des Verkehrsflusses müssten zusätzliche Untertunnelungs- oder Einhausungsarbeiten in dem baulich verdichteten Umfeld über einen längeren Zeitraum zu einer vollständigen Sperrung der Strecke führen. Die dadurch im Stadtbereich N. verursachten Verkehrsprobleme wären kaum lösbar, weil eine geeignete Umleitung nicht zur Verfügung steht. Der Beklagte weist unter B. 5.3.12.8, S. 156, des Planfeststellungsbeschlusses darauf hin, dass durch eine Sperrung der B 51 während der Bauzeit das untergeordnete Straßennetz erheblich belastet würde. Dies würde insbesondere die N5.---straße , den N.--------weg sowie den M. - und E.--------weg betreffen, die aufgrund ihrer Ausstattung nicht in der Lage seien, solche Ausweichverkehre aufzunehmen.
204dd) Schließlich liegt es auf der Hand, dass die von den Klägern angeführte Alternativtrasse, die am Ende des zweiten Bauabschnitts der B 51 nach rechts abknicken, dann etwa einen Kilometer nach Osten führen, die Bahntrasse queren und dann nach links abknicken und parallel zum Bahndamm nach Norden geführt werden soll, nicht ernsthaft in Betracht zu ziehen war. Abgesehen von einem im Vergleich zur planfestgestellten Variante weitaus größeren Landschaftsverbrauch wären wegen des Verlassens der bisherigen Trasse unschwer erkennbar erhebliche Mehrkosten entstanden, da in diesem Falle ein Neubau der Straße erforderlich geworden wäre. Auch hätte die Verschwenkung eine kurvenreichere und bewegte Linienführung zur Folge, was dem Charakter einer Bundesfernstraße widerspricht. Im Übrigen ließe sich die Alternativlösung auch nicht annähernd so verwirklichen, wie von den Klägern in der Klagebegründung skizziert: Laut Erläuterungsbericht vom 5. Dezember 2005, Seite 7 (vgl. Teil A: B 51.3 Mappe 1, Unterlage 1, auch Unterlage 7.1, Beiakte 2 zu 11 D 6/12.AK), erhält die B 51 einen Regelquerschnitt von 26,00 m Kronenbreite (RQ 26). Die vom Beklagten noch herangezogenen und bis 2013 für die Entwurfsgestaltung maßgeblichen Richtlinien für die Anlage von Straßen - RAS - Teil Querschnitte (RAS-Q 96), eingeführt durch Allgemeines Rundschreiben Nr. 28/1996 vom 15. August 1996, VkBl. 1996, S. 481, sehen für den Straßenquerschnitt RQ 26 im Anhang unter 1.2.1 (Blatt 13) eine Bemessungsgeschwindigkeit von 100 bis 70 km/h vor. Die dafür erforderlichen Kurvenradien schließen die von den Klägern skizzierte Trassenführung mit einem scharfen Rechtsknick zum Verlassen der Bestandstrasse und einem scharfen Linksknick nach Unterquerung der Güterumgehungsbahn bereits offensichtlich aus.
205Zudem kann wegen der Breite der Straße von einem geringfügigen Eingriff in das Landschaftsschutzgebiet X3. -F. -Niederung „nur an seinem äußersten Rand“ keine Rede sein. Da die Trasse östlich der Güterumgehungsbahn über mehr als 3 km bis zur X2. Straße verlaufen soll, müsste bei einer Breite von 26 m eine Fläche von ca. 8 ha neu versiegelt werden. Hinzu käme, dass die Trasse hinter der Unterquerung des Bahndamms wegen der erforderlichen Kurvenradien nicht sofort scharf nach links abknicken könnte, sondern in einem Bogen wieder an den Bahndamm herangeführt werden müsste. Das Landschafts-schutzgebiet würde also nicht „nur an seinem äußersten Rand tangiert“, sondern in erheblichem Umfang durchschnitten. Die von den Klägern angesprochene Möglichkeit, den Bahndamm nicht rechtwinklig, sondern diagonal zu unterqueren, so dass ein scharfer Linksknick östlich des Bahndamms entfiele, hätte wiederum zur Folge, dass eine Neubautrasse im Bereich des Hauses M1. nicht mehr konfliktfrei geführt werden könnte. Des Weiteren stünde die kreuzungsfreie Verknüpfung mit der X2. Straße vor der zusätzlichen Schwierigkeit, dass die neue Trasse unmittelbar östlich des Bahndamms verliefe, so dass auf der Westseite kein Platz für Verbindungsrampen zur Verfügung stünde.
206Von daher ist es nicht zu beanstanden, wenn sich die Planfeststellungsbehörde beim Ausbau eines bereits vorhandenen Straßenzuges aus sachlich nachvollziehbaren Gründen bereits frühzeitig gegen eine Planungsalternative entscheidet, die einer Neutrassierung gleichkommt, und diese Planungsalternative aus der weiteren Betrachtung ausscheidet. Jedenfalls musste sich die von den Klägern favorisierte Variante dem Plangeber nicht als eindeutig vorzugswürdig aufdrängen.
207In diesem Stadium der Planung bedarf es noch keiner exakten Ermittlung des jeweiligen Abwägungsmaterials. Dieses muss vielmehr „nach Lage der Dinge“ nur so genau und vollständig sein, dass es jene erste vorauswählende Entscheidung zulässt.
208Vgl. BVerwG, Urteile vom 5. März 1997 - 11 A 25.95 -, BVerwGE 104, 123 (128), und vom 25. September 2002 - 9 A 5.02 -, juris, Rn. 41.
209Mit Blick hierauf konnte der Senat die in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisanträge zu dieser Trassenvariante ablehnen.
210ee) Vor dem Hintergrund, dass der Beklagte sich nach einer Grobanalyse abwägungsfehlerfrei für den Ausbau der Bestandstrasse der B 51 entscheiden durfte, hat er ‑ entgegen der Auffassung der Kläger ‑ die Abwägungsgrundlagen für diese Ausbauvariante ausreichend ermittelt. Die Kläger beanstanden insoweit, für den Kläger zu 2. sei erst nach Erlass des Planfeststellungsbeschlusses ermittelt worden, ob sein Anwesen dem Innen- oder Außenbereich zuzuordnen sei. Die Schadstoffuntersuchung sei erst am Datum der Planfeststellung zugegangen. Im Hinblick auf den Kläger zu 2. begründet der Beklagte bereits im Planfeststellungsbeschluss (S. 111 f.), dass dessen Grundstück im Außenbereich liege. Die weiteren Ermittlungen dienten lediglich der Bestätigung dieser der Abwägung zu Grunde gelegten Einschätzung. Auch den Schadstoffbelastungen hat der Beklagte unter Zugrundelegung einer Schadstoffabschätzung des Vorhabenträgers (im Anschluss an die Erläuterungen zum Deckblatt I vom 2. Mai 2007, Mappe 1, Unterlage 1-I in Beiakte 8 zu 11 D 6/12.AK) bereits im Planfeststellungsbeschluss Stellung genommen (S. 116 bis 118). Das Gutachten des Ingenieurbüros M. diente der Bestätigung dieser der Abwägung zu Grunde gelegten Einschätzung; es ist im Übrigen Bestandteil der planfestgestellten Unterlagen, die in das Planfeststellungsverfahren eingebracht wurden (PFB A. 2.4 Nr. 99). Die von den Klägern angeführte E-Mail des Unterzeichners des Planfeststellungsbeschlusses an die Regierungsvizepräsidentin vom 30. September 2011 ist für die Frage der Rechtmäßigkeit des Planfeststellungsbeschlusses ohne Bedeutung. Maßstab für die Rechtmäßigkeitsprüfung ist allein der Planfeststellungsbeschluss mit den zu seinem Gegenstand gemachten Unterlagen.
211c) Die Einwände der Kläger zu einer Rechtswidrigkeit des Planfeststellungsbeschlusses wegen einer abwägungsfehlerhaften Bewältigung der Verkehrslärmproblematik und einer daraus resultierenden Verletzung ihres Rechts auf fehlerfreie Abwägung greifen nicht durch.
212aa) Abwägungsfehler bei den Gesichtspunkten des Lärmschutzes führen im Regelfall nicht zu einer Aufhebung eines Planfeststellungsbeschlusses. Denn nach § 17e Abs. 6 FStrG sind Mängel bei der Abwägung der von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange nur dann erheblich, wenn sie offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen sind (Satz 1). Erhebliche Mängel bei der Abwägung oder eine Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften führen nur dann zur Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses oder der Plangenehmigung, wenn sie nicht durch Planergänzung oder durch ein ergänzendes Verfahren behoben werden können; die §§ 45 und 46 VwVfG bleiben unberührt (Satz 2).
213Mögliche Mängel im Lärmschutzkonzept können grundsätzlich durch Schutzauflagen behoben werden und rechtfertigen deshalb in der Regel nicht die Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses. Eine Planaufhebung kommt nur in Betracht, wenn das Fehlen notwendiger Schutzauflagen ausnahmsweise so großes Gewicht hat, dass davon die Ausgewogenheit der Gesamtplanung oder eines wesentlichen Planungsteils betroffen ist.
214Vgl. BVerwG, Urteile vom 18. April 1996 - 11 A 86.95 -, BVerwGE 101, 73 (85), vom 23. November 2005 - 9 A 28.04 -, juris, Rn. 17 (insoweit nicht in BVerwGE 124, 334, veröffentlicht), und vom 10. Oktober 2012 - 9 A 20.11 -, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 229, S. 72.
215Allerdings kann nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts in einem Fall, in dem sich der Kläger gegen die lärmtechnische Berechnung und die darauf aufbauende Behandlung der Lärmschutzbelange mit der Begründung wendet, sie beruhten auf einer verfehlten Verkehrsprognose, in der die tatsächlich zu erwartende Verkehrsbelastung des Vorhabens weit unterschätzt worden sei, die Möglichkeit nicht von der Hand gewiesen werden, dass davon die konzeptionelle Planungsentscheidung einschließlich der Trassenwahl betroffen wird; Abwägungsdefiziten aufgrund einer fehlerhaften Verkehrsprognose kann deshalb nicht durch eine Planergänzung um Schutzauflagen abgeholfen werden.
216Vgl. BVerwG, Urteile vom 12. August 2009 - 9 A 64.07 -, BVerwGE 134, 308 (328), und vom 9. Juni 2010 - 9 A 20.08 -, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 208, S. 145 f.
217Die Rüge der Kläger, der Verkehrsuntersuchung liege ein zu geringer Lkw-Anteil zu Grunde, weshalb die Lärmprognose zu gering ausgefallen sei, ist nicht geeignet, die Möglichkeit einer solchen konzeptionell anderen Entscheidung aufzuzeigen, insbesondere nicht hinsichtlich einer anderen Trassenführung. Sollte eine größere Immissionsbelastung infolge eines höheren Lkw-Anteils entstehen, bestünden ohne Weiteres die Möglichkeiten entweder der Anordnung weitergehender Maßnahmen des aktiven Schallschutzes oder der Erstreckung des Anspruchs auf Aufwendungsersatz für passive Schallschutzmaßnahmen auch auf andere Gebäude, ohne dass es zu einer grundlegenden Umplanung des streitigen Vorhabens kommen müsste.
218bb) Unbeschadet des vorstehend Ausgeführten lässt sich nicht feststellen, dass die Verkehrsprognose, soweit die Kläger hiergegen substantiierte Einwände im Klageverfahren geltend gemacht haben, fehlerhaft ist.
219aaa) Beide Kläger sind mit ihrem Vorbringen gegen die Verkehrsprognose entgegen der Auffassung des Beklagten nicht präkludiert. Nach § 17a Nr. 7 Satz 1 FStrG sind Einwendungen gegen den Planfeststellungsbeschluss nach Ablauf der im Planfeststellungsverfahren eröffneten Einwendungsfrist ausgeschlossen. Diese Bestimmung normiert eine materielle Verwirkungspräklusion, die verfassungsrechtlich unbedenklich ist. Die Einwendungsfrist besitzt für das gerichtliche Verfahren, das einem straßenrechtlichen Planfeststellungsverfahren folgt, materiell-rechtlichen Charakter. Die straßenrechtliche Präklusion erstreckt sich nach Wortlaut sowie Sinn und Zweck der Vorschrift auch auf das nachfolgende verwaltungsgerichtliche Verfahren.
220Vgl. zur inhaltsgleichen Vorgängernorm des § 17 Abs. 4 Satz 1 FStrG a. F. etwa BVerwG, Urteil vom 24. Mai 1996 ‑ 4 A 38.95 ‑, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 119, S. 136 f.
221Allerdings hat die Klägerin zu 1. im Deckblatt I-Verfahren - anders als der Rechts-vorgänger des Klägers zu 2. - keine Einwendungen erhoben. Sie musste jedoch nach Auslegung des Deckblattes I unter Hinweis auf den Einwendungsauschluss gemäß § 17a Nr. 7 Satz 1 FStrG zur Vermeidung einer Präklusion nicht erneut Einwendungen erheben. Zwar sollte die durch das Deckblatt I vorgenommene Umplanung (auch) ihren Lärmschutzinteressen Rechnung tragen. Die Klägerin zu 1. hatte jedoch in ihrem Einwendungsschreiben vom 5. April 2006 ausdrücklich beanstandet, die prognostizierte Verkehrsbelastung sei nur unzulänglich ermittelt worden. Der Umplanung durch das Deckblatt I lag der Ergebnisbericht der IVV vom 11. September 2006 zu Grunde, der jedoch nicht mit ausgelegt worden war. Daher waren der Klägerin zu 1. in diesem Punkt erneute oder weitere vertiefende Einwendungen nicht möglich. Andererseits konnte der Beklagte nicht davon ausgehen, die Einwendungen gegen die Ermittlung der Verkehrsbelastung seien durch die vorgenommenen Umplanungen erledigt.
222Auch der Kläger zu 2. ist mit seinen Einwendungen zur Verkehrsprognose nicht ausgeschlossen. Er weist zutreffend darauf hin, dass sein Rechtsvorgänger bereits im Rahmen der ersten Auslegung inhaltlich ausreichende Einwendungen erhoben hat. Eine Einwendung muss erkennen lassen, in welcher Hinsicht Bedenken gegen die in Aussicht genommene Planfeststellung ‑ aus der Sicht des Einwendenden ‑ bestehen könnten. Das Vorbringen muss so konkret sein, dass die Planfeststellungsbehörde erkennen kann, in welcher Weise sie bestimmte Belange einer näheren Betrachtung unterziehen soll. Der Betroffene muss zumindest in groben Zügen darlegen, welche Beeinträchtigungen befürchtet werden, ohne dies allerdings begründen zu müssen. Anzuknüpfen ist dabei an die ausgelegten Planunterlagen. Nach ihrer Konkretheit richten sich die Anforderungen an die Einwendungslast, d. h. an Umfang und Detailliertheit der Darlegungen.
223Vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 9. Juli 2008 ‑ 9 A 14.07 ‑, BVerwGE 131, 274 (288 f.), m. w. N.
224Die Darlegungsanforderungen orientieren sich an den Möglichkeiten betroffener Laien; Ausführungen, die fachwissenschaftlichen Sachverstand voraussetzen, können regelmäßig nicht erwartet werden.
225Vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 14. Juli 2011 ‑ 9 A 14.10 ‑, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 218, S. 252, m. w. N.
226Nach diesen Maßstäben waren die knappen Einwendungen des Rechtsvorgängers des Klägers zu 2. mit Schreiben vom 29. März 2006 ausreichend. In dem Schreiben wird ausdrücklich gerügt, es sei weder aktiver noch passiver Lärmschutz für das Gebäude N2.---straße 28 vorgesehen. Die für die Ermittlung der notwendigen Schallschutzmaßnahmen zu Grunde gelegten Verkehrszahlen würden „angezweifelt“. Damit hatte der Rechtsvorgänger des Klägers zu 2. die Verkehrslärmproblematik im Hinblick auf sein Grundstück ausreichend aufgezeigt. Da die Verkehrsprognose nicht ausgelegen hatte, waren weitere vertiefende Einwendungen nicht erforderlich und auch gar nicht möglich.
227bbb) Die Verkehrsprognose ist jedoch inhaltlich nicht zu beanstanden. Verkehrsprognosen unterliegen nur einer eingeschränkten gerichtlichen Kontrolle. Sie sind lediglich daraufhin zu überprüfen, ob sie methodisch einwandfrei erarbeitet worden sind, nicht auf unrealistischen Annahmen beruhen und ob das Prognoseer-gebnis einleuchtend begründet worden ist.
228Vgl. etwa BVerwG, Urteile vom 9. Juni 2010 - 9 A 20.08 -, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 208, S. 146, und vom 10. Oktober 2012 - 9 A 19.11 -, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 228, S. 38, sowie Beschluss vom 15. März 2013 - 9 B 30.12 -, juris, Rn. 10.
229Diesen Anforderungen wird die hier maßgebliche Verkehrsprognose gerecht.
230Der Ergebnisbericht der IVV Verkehrsdatenaktualisierung Aus- und Neubau B 51/B 481n Planfälle PO und P_RE 2020 vom 11. September 2006 (Beiakte 13 zu 11 D 6/12.AK) basiert auf einer Verkehrsuntersuchung von 1993 und einer aktualisierten Verkehrsuntersuchung von November 1999, sowie der Aktualisierung dieses Gutachtens von Februar 2003. Die Erstellung einer solchen Modellprognose war vorliegend aufgrund der planbedingten Umstände nach der Nr. 1.2.2.2 des Anhangs der vom Beklagten noch herangezogenen RAS-Q 96 angezeigt. Eine solche Modellprognose soll auf umfassenden Annahmen über zukünftige allgemeine Entwicklungen basieren und diese Annahmen mit Hilfe eines umfangreichen Modells der Verhaltensweisen der Verkehrsteilnehmer und der Struktur der Verkehrssysteme in eine Vorhersage von Verkehrsströmen umsetzen. Die Verfahrensmaßgaben einer Modellprognose wurden hier gewahrt. Die von der IVV erstellte Verkehrsuntersuchung beruht auf umfassenden Annahmen über zukünftige allgemeine Entwicklungen. Die Gutachter haben umfangreiche Prognosegrundlagen herangezogen. So wurden insbesondere die Daten der zum damaligen Zeitpunkt aktuellen Straßenverkehrszählung 2005 und eine Ergänzung einer bundesweiten Untersuchung zum Thema der mautbedingten Ausweichverkehre von schweren LKW für Nordrhein-Westfalen von November 2005 im Ergebnisbericht ausgewertet. Der voraussichtlichen Entwicklung der Siedlungs- und Wirtschaftsstruktur im Untersuchungsraum wurden die Daten der Landesplanung Nordrhein-Westfalen sowie die Daten der Stadt N. zu Grunde gelegt. Auch für die Kreise X. und H. wurden die entsprechenden Bevölkerungsentwicklungen berücksichtigt. Im Nahbereich des Knotens B 51/X. Straße haben die Gutachter zusätzlich ein neues Wohngebiet mit Lebensmitteldiscounter berücksichtigt. Die Tendenzen der Verkehrsentwicklung, die aufgrund der Verhaltensweisen der Bevölkerung bzw. durch die Verkehrspolitik bestimmt werden, wurden in Anlehnung der Landesplanung Nordrhein-Westfalen sowie der derzeit gültigen Bedarfsplanung zum Bundesverkehrswegeplan entnommen und auf das Gebiet des Untersuchungsraums übertragen. Die Ermittlung der Prognoseverkehrsstärke betrachtet einen Prognose-Null-Fall für das Jahr 2020 unter Berücksichtigung aller Maßnahmen der Bedarfspläne des Bundes und des Landes Nordrhein-Westfalen, die als Überhang und im vordringlichen Bedarf bzw. in Stufe I eingestellt sind, sowie weitere für die Verkehrsentwicklung im Untersuchungsraum relevante Planungen der Städte und Gemeinden, um prognostisch den Planfall P_RE 2020 mit dem Prognosehorizont 2020 zu erarbeiten. Diese Vorgehensweise stimmt ebenfalls mit der Nr. 1.2.2.2 der RAS-Q 96 überein, der die Umsetzung der Annahmen über zukünftige allgemeine Entwicklungen mit Hilfe eines umfangreichen Modells der Verhaltensweisen der Verkehrsteilnehmer und der Struktur der Verkehrssysteme in eine Vorhersage von Verkehrsströmen fordert.
231Vgl. hierzu auch BVerwG, Urteil vom 12. August 2009 - 9 A 64.07 -, juris, Rn. 100 ff. (insoweit nicht in BVerwGE 134, 308, abgedruckt).
232Der Ergebnisbericht vom 11. September 2006 ist ergänzt worden durch eine Ergänzung Planfall mit 3. Nordtangente N. vom 11. März 2008, einen Kurzbericht Ausblick Prognose 2025 vom 28. Juli 2011 und während des Klageverfahrens durch eine Ergänzung dieses Kurzberichts vom 14. Juni 2012. Im Ergebnis kommt die IVV für den Bereich zwischen X. Straße und X2. Straße gegenüber dem Prognose-Null-Fall 2020 (20.500 Kfz DTV) für den Plan-fall P_RE mit holländischen Rampen und 3. Nordtangente N. (Ergänzung vom 11. März 2008) auf 40.700 Kfz DTV, prognostiziert mithin, dass sich das Verkehrsaufkommen auf der B 51 auf dem die Kläger betreffenden Abschnitt nahezu verdoppeln wird.
233ccc) Diese Prognose greifen die Kläger nicht mit Erfolg an. Sie beanstanden zu Unrecht den zeitlichen Horizont der Verkehrsprognose. Die zeitliche Anknüpfung fügt sich in das Konzept ein, das dem Fernstraßenausbaugesetz i. d. F. des 5. Änderungs-gesetzes zum Fernstraßenausbaugesetz vom 4. Oktober 2004 (BGBl. I S. 2574) zu Grunde liegt. Der durch dieses Gesetz verabschiedete Bedarfsplan für die Bundesfernstraßen orientiert sich an der Verkehrsentwicklung, die der Bundesgesetzgeber bis zum Jahr 2015 erwartet. Daher wäre es sogar sachgerecht gewesen, sich für das hier planfestgestellte Vorhaben des vordringlichen Bedarfs bei der Verkehrsuntersuchung auf das Jahr 2015 zu beziehen.
234Vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Mai 2012 ‑ 9 A 35.10 ‑, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 225, S. 17.
235Die Planfeststellungsbehörde hat durch das auf den Prognosehorizont 2020 bezogene Gutachten vom 11. September 2006 und die auf das Jahr 2025 bezogenen Ergänzungen vom 28. Juli 2011 und 14. Juni 2012 sichergestellt, dass die Verkehrsprognose das zu erwartende Verkehrsaufkommen über den Prognosehorizont 2015 hinaus bis ins Jahr 2025 abbildet.
236Vgl. zu einer ähnlichen Fallgestaltung BVerwG, Urteil vom 30. Mai 2012 ‑ 9 A 35.10 ‑, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 225, S. 17.
237Dabei ist es regelmäßig nicht zu beanstanden, dass die Verkehrsprognose für ein fernstraßenrechtliches Straßenbauvorhaben auf der Grundlage der laufend aktualisierten bundesweiten Strukturdaten und Matrizes erstellt wird. Laufende Aktualisierungen der bundesweiten Vorgaben können aus methodischen und praktischen Gründen heraus nicht gefordert werden.
238Vgl. BVerwG, Urteile vom 9. Juni 2010 ‑ 9 A 20.08 ‑, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 208, S. 147 f., und vom 30. Mai 2012 ‑ 9 A 35.10 ‑, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 225, S. 17.
239Soweit die Kläger auf verschiedene nicht berücksichtigte „nachdrücklich verfolgte und in Umsetzung befindliche“ Straßenplanungen verweisen, ist dem nicht weiter nachzugehen. Allerdings müssen bereits vorhersehbare Entwicklungen im Streckennetz, die sich auf die Verkehrsmenge der planfestgestellten Strecke auswirken, von vornherein bei der Verkehrsprognose berücksichtigt und im Planfeststellungsbeschluss bewältigt werden.
240Vgl. BVerwG, Beschluss vom 25. Mai 2005 ‑ 9 B 41.04 ‑, juris, Rdnr. 11.
241Dem trägt die Verkehrsprognose Rechnung, indem sie alle auf Seite 9 des Ergebnisberichts vom 11. September 2006 genannten Straßenbaumaßnahmen einbezieht. Demgegenüber mussten die weiteren von den Klägern genannten Maßnahmen (durchgehend leistungsfähige Verbindung zwischen N. und der A 2 im Raum S. -X1. ) infolge fehlender Konkretisierung der Planung nicht berücksichtigt werden, zumal ein vollständig durchgehender Ausbau der B 64 zwischen S. und N. nicht vorgesehen ist. Zudem dürfte diese Verbindung für Schwerverkehr aus dem Osten in Richtung N. nach Fertigstellung der in Bau befindlichen Maßnahmen A 30 (Ortsumgehung Bad P. ) und A 33 (C. -P1. ) nur von geringem Interesse sein.
242Von einer bereits „vorhersehbaren“ Entwicklung kann frühestens dann gesprochen werden, wenn ein Planfeststellungsverfahren eingeleitet worden ist. Erst dadurch wird konkretisiert, welche Straße der Vorhabenträger zu bauen beabsichtigt, so dass eine Verkehrsmenge prognostiziert werden kann. Ein solches konkretes Planungsstadium hatten zum Zeitpunkt des Erlasses des Planfeststellungsbeschlusses die von den Klägern genannten „Straßenplanungen“ nicht erreicht. Die - noch nicht existierende - „Entlastungsstraße Nord“ ist als „3. Nordtan-gente N. “ in der Ergänzung vom 11. März 2008 enthalten; sie führt nicht zu einer Verkehrserhöhung sondern zu einer leichten Entlastung der B 51 zwischen X. Straße und X2. Straße (40.700 Kfz/24 h statt 41.700 Kfz/24 h nach dem Ergebnisbericht vom 11. September 2006). Die von den Klägern in diesem Zusammenhang behaupteten zusätzlichen 15.000 Kfz/24 h für die Umgehungsstraße sind in keiner Weise belegt oder nachvollziehbar, die Zahl scheint „gegriffen“. Hinzu kommt, dass durch die Änderung des Flächennutzungsplanes der Stadt N. im Jahr 2013 die „3. Nordtangente“ planerisch nicht mehr weiterverfolgt wird.
243ddd) Es war entgegen der Auffassung der Kläger nicht erforderlich, im Ergebnisbericht alle Eingangsdaten und Annahmen einzeln aufzuführen. Wird im Rahmen einer Verkehrsprognose für die Berechnung des zukünftigen Verkehrsaufkommens auf die aus den Strukturdaten ableitbare wirtschaftliche Gesamtentwicklung eines bestimmten Raumes und nicht auf einzelne Unternehmen und Vorhaben abgestellt, ist es methodisch grundsätzlich nicht zu beanstanden, die Eröffnung einer neuen Produktionsstätte als ein bei den Strukturdaten eingerechnetes Ergebnis zu betrachten.
244Vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Mai 2012 ‑ 9 A 35.10 ‑, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 225, S. 17 f.
245Die Prognose auf der Basis von Strukturdaten kann auch nicht dadurch in Frage gestellt werden, dass die Kläger einzelne Tatsachen und Vorgänge (Einwohnerzahl der Stadt N. , neues Wohngebiet und Gewerbegebiet in X4. , Eröffnung neuer Gewerbebetriebe, Masterplan zur Entwicklung des Hafenbereichs) benennen, die vermeintlich nicht berücksichtigt worden sind. Die Kläger führen gegen die Verkehrsprognose zahlreiche Vorgänge und Einzelheiten ins Feld, können jedoch weder nachvollziehbar darlegen, dass diese Vorgänge und Einzelheiten in die der Verkehrsprognose zugrunde liegenden Strukturdaten und sonstigen Eingangsdaten nicht eingeflossen sind noch deren Auswirkungen auf das Ergebnis der Verkehrsprognose auch nur annähernd konkretisieren oder beziffern. Dafür dass dem Gutachterbüro Eingabefehler oder Rechenfehler unterlaufen sind, fehlt jeder schlüssige Anhaltspunkt.
246Vgl. hierzu auch BVerwG, Urteil vom 18. März 2009 - 9 A 39.07 -, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 201, Rdnr. 125.
247Die Verkehrsprognose kann keine Daten in Form von Istzahlen berücksichtigen, wie etwa die von den Klägern genannte Entwicklung des Pendlerverkehrs von 2001 bis 2007, die erst nach dem Zeitpunkt der Erstellung des Ergebnisberichts vom 11. September 2006 ermittelt und ausgewertet worden sind. Die erhebliche Zunahme des Verkehrs auf der B 51 von 1990 bis 2005 bedeutet nicht automatisch, dass entsprechende Zuwachsraten auch für die Zukunft zu erwarten sind. Immerhin prognostiziert auch die IVV bis 2025 eine Verdoppelung des Verkehrs seit 2010 für den Abschnitt zwischen X. Straße und X2. Straße. Der Einwand der Kläger, die „allgemeine Verkehrsentwicklung“ auf Bundesebene sei in der Prognose nicht erkennbar, führt nicht weiter.
248eee) Für einen allgemeinen „Risikozuschlag“ auf die ermittelte Verkehrsmenge, um für die Prognose „auf der sicheren Seite“ zu liegen, gibt es bei Verkehrsprognosen im Straßenverkehr keine Rechtsgrundlage. Auch die Sechzehnte Verordnung zur Durchführung des Bundes‑Immissionsschutzgesetzes (Verkehrslärmschutzverordnung -16. BImSchV) vom 12. Juni 1990, BGBl. I S. 1036, in dem hier maßgeblichen Zeitpunkt zuletzt geändert durch Gesetz vom 19. September 2006, BGBl. I S. 2146, die in Anlage 1 zu § 3 die Berechnung der Beurteilungspegel an Straßen detailliert regelt, kennt derartige „Risikozuschläge“ nicht.
249fff) Der Ergebnisbericht vom 11. September 2006 kommt für den Planfall P_RE 2020 auf einen Lkw-Anteil von 13 % tagsüber und 12 % nachts. Der für 2025 prognostizierte weitere Anstieg des Schwerverkehranteils um knapp 5 % würde zu einem Lkw-Anteil von 13,65 % tagsüber und 12,6 % nachts führen. Die Schlussfolgerung der IVV in den Ergänzungen zum Kurzbericht Ausblick Prognose 2025 vom 14. Juni 2012, dies werde auf die einzelnen Belastungen an den Querschnitten nur marginale Auswirkungen haben, ist nachvollziehbar und plausibel. Beide Werte liegen über dem Ergebnis der Straßenverkehrszählung aus dem Jahr 2010 von 11,4 % für den ganzen Tag. Da die IVV gegenüber dem Prognose-Null-Fall für 2020 fast eine Verdoppelung des Verkehrsaufkommens prognostiziert, bedeutet dies für den Lkw-Verkehr bei einem gegenüber der Zählung 2010 leicht steigenden Anteil in absoluten Zahlen mehr als eine Verdoppelung. Dem setzen die Kläger nichts Substantiiertes entgegen. Die von ihnen angeführten mautbedingten Ausweichverkehre auf der B 64 von N. nach S. -X1. (A 2) hat die IVV unter Zugrundelegung einer bundesweiten Untersuchung und einer darauf basierenden Ergänzung für Nordrhein-Westfalen aus November 2005 berücksichtigt und „wenig Auswirkung“ ermittelt (Ergebnisbericht vom 11. September 2006, S. 6). Dem halten die Kläger nur nicht belegte Vermutungen entgegen. Zutreffend weisen die Kläger darauf hin, dass dem Ergebnisbericht keine Unterlage zu entnehmen ist, die entsprechend den Vorgaben der 16. BImSchV die Ermittlung einer maßgebenden stündlichen Verkehrsstärke und eines maßgebenden Lkw-Anteils (über 2,8 Tonnen) am Gesamtverkehr über die Nachtzeit dokumentiert. Die in der mündlichen Verhandlung anwesende Gutachterin der IVV, Frau T. , hat hierzu allerdings ausgeführt, dass diese Daten aus den amtlichen Verkehrszählungen übernommen worden seien. Dabei sei auch berücksichtigt worden, dass in den amtlichen Zählungen bis zum Jahr 2000 Fahrzeuge mit mehr als 2,8 Tonnen Gewicht als Lkw, seit dem Jahr 2005 hingegen erst Fahrzeuge mit mehr als 3,5 Tonnen Gewicht als Lkw gezählt wurden.
250ggg) Die Prognose vom 11. September 2006, an der die IVV für das Prognose-jahr 2025 festgehalten hat (Kurzbericht vom 28. Juli 2011 mit Ergänzung vom 14. Juni 2012), wird durch die im Jahr 2010 durchgeführte Straßenverkehrszählung bestätigt. Diese ergab für den Abschnitt zwischen X. Straße und X2. Straße einen DTV von 20.518 mit einem Lkw-Anteil von 11,4 %. Die Prognose der IVV vom 11. September 2006 kommt für den entsprechenden Prognose-Null-Fall 2020 auf einen DTV von 20.500. Dass die Verkehrszahlen nicht mehr ansteigen, ist ‑ auch im Hinblick auf die Ausführungen im ergänzten Kurzbericht vom 14. Juni 2012 ‑ plausibel.
251Auch die von den Klägern ins Verfahren eingeführte Verkehrsuntersuchung der Stadt N. für das Jahr 2025 zum Entwurf des Bebauungsplanes „Hafen-Center“ bestätigt die Ergebnisse der IVV: Sie kommt für den „Planfall 4“, der die vorliegende Planung einbezieht, auf 51.400 Kfz/24 h für den Bereich zwischen B. Weg und X. Straße, während die IVV 50.600 Kfz/24 h ausweist. Beide Prognosen unterscheiden sich damit nur um etwa 1,6 %; von einer „Widerlegung“ der Prognose der IVV kann daher keine Rede sein.
252hhh) Der Einwand der Kläger, die Ergebnisse der Verkehrsuntersuchung seien nicht ableitbar, weil Berechnungsgrundlagen und Quellenangaben fehlten und der Rechenvorgang nicht beschrieben sei, greift nicht durch. Ihre Angriffe gegen die Tatsachenermittlung, Methodik und Plausibilität der Ergebnisse der Verkehrsuntersuchungen erweisen sich nicht als stichhaltig. Bei dieser Sachlage besteht kein Anlass, an der Richtigkeit der Berechnungen allein deshalb zu zweifeln, weil einzelne Rechenvorgänge dem Gutachten nicht zu entnehmen sind. Der Vorwurf, die Rechenverfahren seien nicht nachvollziehbar, wäre allenfalls dann berechtigt, wenn den Klägern trotz entsprechender Nachfrage bei der Planfeststellungsbehörde zusätzliche Informationen zu den Ausgangsdaten und gegebenenfalls den Rechenschritten vorenthalten worden wären. Das behaupten die Kläger nicht.
253Vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 9. Juni 2010 ‑ 9 A 20.08 ‑, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 208, S. 154.
254Bedenken an der Fachkompetenz und der Unparteilichkeit der IVV bestehen nicht. Die IVV ist ein seit Jahrzehnten im Bereich des Verkehrswesens tätiges Gutachterbüro, das bundesweit und ‑ wie dem Senat aus eigener Erfahrung bekannt ist ‑ insbesondere in Nordrhein-Westfalen in einer Vielzahl von Fällen Planfeststellungsverfahren für Straßen durch die Erarbeitung von Fachbeiträgen begleitet hat.
255Vgl. OVG NRW, Urteile vom 11. Februar 2009 ‑ 11 D 45/06.AK ‑, juris, Rdnr. 138, und vom 24. März 2014 ‑ 11 D 31/11.AK ‑, juris, Rdnr. 72.
256Auch das Bundesverwaltungsgericht hat hervorgehoben, dass die IVV ein seit vielen Jahren etabliertes Gutachterbüro sei, das über große Erfahrung in der Erstellung von Verkehrsuntersuchungen und -prognosen verfüge.
257Vgl. BVerwG, Urteil vom 9. Juni 2010 ‑ 9 A 20.08 ‑, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 208, S. 156.
258cc) Aufbauend auf der nicht zu beanstandenden Verkehrsprognose hat der Beklagte die Lärmschutzbelange der Kläger mit dem ihnen zustehenden Gewicht in die Abwägung eingestellt.
259Der Schutz der (Wohn)Bevölkerung vor Verkehrslärm ist ein Belang, dem eine Straßenplanung gemäß § 41 Abs. 1 BImSchG Rechnung zu tragen hat. Hiernach ist unter anderem bei dem Bau oder der wesentlichen Änderung öffentlicher Straßen unbeschadet des § 50 BImSchG sicherzustellen, dass durch diese keine schädlichen Umwelteinwirkungen durch Verkehrsgeräusche hervorgerufen werden können, die nach dem Stand der Technik vermeidbar sind.
260aaa) Maßgeblich für den Schallschutz, den die Kläger beanspruchen können, sind die Regelungen der §§ 41, 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG i. V. m. § 2 der 16. BImSchV. Hiernach ist beim Bau oder der wesentlichen Änderung öffentlicher Straßen grundsätzlich sicherzustellen, dass der nach § 3 der 16. BImSchV berechnete Beurteilungspegel bestimmte gebietsbezogene Immissionsgrenzwerte nicht überschreitet; dies gilt nicht, soweit die Kosten der Schutzmaßnahme außer Verhältnis zu dem angestrebten Schutzzweck stehen würden.
261Nach § 2 Abs. 2 Satz 1 der 16. BImSchV ergibt sich die für die Festlegung der jeweiligen Immissionsgrenzwerte maßgebliche Gebietseinstufung aus den Festsetzungen in den Bebauungsplänen. Sind solche Festsetzungen nicht vorhanden, gelten gemäß Satz 2 der vorgenannten Bestimmung für bauliche Anlagen im Außenbereich entsprechend ihrer Schutzbedürftigkeit die Werte nach Absatz 1 Nr. 1 für Krankenhäuser, Schulen, Kurheime und Altenheime, nach Nr. 3 für Kerngebiete, Dorfgebiete und Mischgebiete oder nach Nr. 4 für Gewerbegebiete.
262bbb) Die Planfeststellungsbehörde ist von den richtigen Immissionsgrenzwerten für Lärm ausgegangen. Das Wohnhausgrundstück der Klägerin zu 1. liegt in einem Wohngebiet im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 2 der 16. BImSchV - das ist zwischen den Beteiligten unstreitig -, so dass als Immissionsgrenzwerte tags 59 dB(A) und nachts 49 dB(A) gelten.
263Das Wohnhausgrundstück des Klägers zu 2. liegt zur Überzeugung des Senats im Außenbereich (vgl. § 35 BauGB). Ein Bebauungsplan (vgl. § 30 Abs. 1 BauGB) liegt nicht vor und die Voraussetzungen für die Annahme eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils (vgl. § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB) sind nicht erfüllt.
264Für diese Einschätzung nicht maßgebend ist die Tatsache, dass die Stadt N. als zuständige Bauaufsichtsbehörde das Gebiet westlich der N5.---straße als Außenbereich einstuft. Sie hat unter dem 30. Mai 2012 mitgeteilt, der Bereich sei im Flächennutzungsplan von 1980 noch als Wohnbaufläche ausgewiesen gewesen. Mit der 56. Änderung des Flächennutzungsplanes, die am 5. Juli 1991 wirksam geworden sei, sei die Darstellung in „Fläche für die Forstwirtschaft“ geändert worden. Im aktuellen Flächennut-zungsplan (Bekanntmachung am 8. April 2004) sei die Fläche als Wald dargestellt. Ebenfalls nicht entscheidungserheblich sind die Ortssatzung der Stadt N. vom 27. Juli 1957 und die planungsrechtliche Auskunft vom 22. Dezember 1970 zur Baugenehmigung von 1971. Beide beruhen noch darauf, dass die Stadt N. das Gebiet westlich der N5.---straße bis 1991 im Flächennutzungsplan als Wohnbaufläche ausgewiesen hatte. Für die gegenwärtige Beurteilung sind sie daher unergiebig. Auch aus dem Fluchtlinienplan vom 13. März 1913 lässt sich eine aktuelle bauplanungsrechtliche Einordnung der Grundstücke an der N5.---straße daher nicht mehr ableiten. Der vom Kläger zu 2. in Bezug genommene Straßenbaubeitragsbescheid vom 28. März 2014 bezieht sich auf die tatsächliche ‑ baurechtlich legale und bestandsgeschützte ‑ Wohnnutzung seines Grundstücks und belegt daher keinen Bebauungszusammenhang mit der Ostseite der N5.---straße .
265Die Beurteilung, dass das Haus des Klägers zu 2. N2.---straße 28 baurechtlich im Außenbereich liegt, stützt sich auf eine Gesamtwürdigung der vom Senat im Ortstermin am 13. Mai 2015 in Augenschein genommenen örtlichen Verhältnisse, die auf den bei den Gerichtsakten und planfestgestellten Unterlagen befindlichen Karten (Übersichtslageplan 1:5000 und Lageplan 1:1000 km 7+250 bis 7+700, Teil A: B51.3, Mappe 1, Unterlagen 3 und 5.4, Beiakte 2 zu 11 D 6/12.AK), die im Ortstermin vom Senat gefertigten und die in der Gerichtsakte Bl. 102 bis 104 befindlichen Fotos sowie das Luftbild in Beiakte 1 des vorliegenden Verfahrens, S. 42. Das Gebäude N2.---straße 28 bildet entgegen der Auffassung des Klägers zu 2. mit dem Wohngebiet östlich der N5.---straße keinen im Zusammenhang bebauten Ortsteil im Sinne des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB.
266Für die Frage, welche Anforderungen an das Vorliegen eines Bebauungszusammenhangs im Sinne des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB zu stellen sind, ist ausschlag-gebend, inwieweit eine tatsächlich aufeinanderfolgende Bebauung trotz etwa vorhandener Baulücken nach der Verkehrsauffassung den Eindruck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit vermittelt und die in Rede stehende Fläche noch diesem Zusammenhang angehört. Ein Ortsteil im Sinne von § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB ist jeder Bebauungskomplex im Gebiet einer Gemeinde, der nach der Zahl der vorhandenen Bauten ein gewisses Gewicht besitzt und Ausdruck einer organischen Siedlungsstruktur ist. Maßgeblich ist die tatsächlich vorhandene Bebauung.
267Vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 2. April 2007 ‑ 4 B 7.07 ‑, BRS 71 Nr. 81.
268Für die Annahme einer aufeinanderfolgenden Bebauung ausschlaggebend ist, inwieweit die Bebauung den Eindruck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit vermittelt. Hierfür kommt es auf die Verkehrsauffassung und damit jeweils auf die Lage des Einzelfalls an. Katastermäßige Grundstücksgrenzen bleiben dabei unberücksichtigt.
269Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 19. August 2010 ‑ 7 A 1349/09 ‑, juris, Rdnr. 6, m. w. N.
270Eine Straße kann je nach den Umständen des Einzelfalles einen Bebauungszusammenhang herstellen oder trennende Funktion zwischen Innen- und Außenbereich haben.
271Vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 12. Dezember 1990 - 4 C 40.87 -, NVwZ 1991, 879 (880); ferner Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzber-ger, Baugesetzbuch, Band II, Kommentar, Stand 1. November 2014, § 34 Rdnr. 26, m. w. N.
272Nach diesen Maßstäben ist das Grundstück des Klägers zu 2. dem Außenbereich zuzurechnen. Die örtliche Situation ist dadurch gekennzeichnet, dass östlich der N5.---straße ein durch den Bebauungsplan Nr. 300 der Stadt N. festgesetztes allgemeines Wohngebiet liegt, dessen an die N5.---straße angrenzenden Grundstücke vollständig bebaut sind, während das Wohnhaus des Klägers zu 2. als eines von drei Wohnhäusern westlich der N5.---straße liegt; diese drei Wohngebäude sind auf drei Seiten von Wald umgeben. Zwischen den Häusern N2.---straße 24 und 28 befindet sich eine Baulücke, die vom H1. durchflossen wird. Etwa 120 m südlich des Wohngebäudes des Klägers zu 2. beginnt mit dem Gebäude N2.---straße 60 die Wohnbebauung auch westlich der N5.---straße . Insgesamt stehen auf der Westseite der N5.---straße südlich der Kreuzung mit der X2. Straße auf einer Länge von insgesamt etwa 600 m nur die genannten drei Wohngebäude.
273Die durch Bebauungsplan festgesetzte durchgehende Bebauung östlich der N5.---straße schließt mit der N5.---straße ab, die drei Gebäude westlich der N5.---straße erscheinen nach dem im Ortstermin vom Senat gewonnenen Gesamteindruck auf einer Länge von insgesamt etwa 600 m vereinzelt und sind nicht mehr dem Bebauungszusammenhang östlich der N5.---straße zuzuordnen. Allerdings mag der Blick aus der Straße B. , die gegenüber vom Grundstück des Klägers zu 2. in die N5.---straße einmündet (Foto Bl. 102 der Gerichtsakte und das im Ortstermin gefertigte Bild 8) den Eindruck erwecken, dass das Wohnhaus des Klägers zu 2. mit der Bebauung östlich der N5.---straße eine Einheit bildet. Dieser Eindruck bestätigt sich jedoch nicht, wenn die örtliche Situation von der N5.---straße aus in Augenschein genommen wird. Die N5.---straße vermittelt hier den Eindruck einer Durchgangsstraße, die nicht nur der Erschließung der anliegenden Grundstücke dient, und die das Wohngebiet (östlich) vom Waldgebiet (westlich) trennt. In diesem Waldgebiet liegt das Wohnhaus des Klägers zu 2. Dieser Eindruck wird dadurch verstärkt, dass die östlich der N5.---straße gelegenen Wohngrundstücke südlich der Straße B. nicht von der N5.---straße , sondern vom F.----------weg aus erschlossen werden und von der N5.---straße abgewandt wirken, weil nur ihre ‑ zumal eingefriedeten ‑ Gartenbereiche an die N5.---straße grenzen. Dass die N5.---straße auch auf der Westseite mit einem Gehweg versehen ist, hat für die bauplanungsrechtliche Einschätzung hier keine Bedeutung. Gleiches gilt für die von den Klägern hervorgehobene Tatsache, die Umspannstation für das Wohngebiet liege auf der Westseite. Dies stellt keinen Bebauungszusammenhang im bauplanungsrechtlichen Sinne her.
274Nach § 2 Abs. 2 Satz 2 der 16. BImSchV ist für bauliche Anlagen im Außenbereich nur die entsprechende Anwendung der Werte nach Nr. 3 für Kerngebiete, Dorfgebiete und Mischgebiete von tags 64 dB(A) und nachts 54 dB (A) oder nach Nr. 4 für Gewerbegebiete von tags 69 dB(A) und nachts 59 dB(A) in Betracht zu ziehen. Wohnhäuser im Außenbereich sind weniger schutzbedürftig als Wohngebiete, weil der Außenbereich grundsätzlich nicht für eine Wohnbebauung bestimmt ist.
275Vgl. BVerwG, Urteile vom 1. Oktober 1997 ‑ 11 A 10.96 ‑, Buchholz 442.09 § 18 AEG Nr. 32, S. 164, und vom 26. Februar 2003 ‑ 9 A 1.02 ‑, juris, Rdnr. 18.
276Entsprechend seiner Schutzbedürftigkeit sind für das Wohnhaus des Klägers zu 2. tags 64 dB(A) und nachts 54 dB(A) maßgebend.
277ccc) Die auf der ‑ nicht zu beanstandenden ‑ Verkehrsprognose und der bauplanungsrechtlichen Einstufung der betroffenen Grundstücke aufbauende lärmtechnische Unterlage des Beklagten ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Allerdings berücksichtigt die lärmtechnische Unterlage vom 2. Mai 2007 nicht mehr die danach von der IVV erstellten Aktualisierungen der Verkehrsprognose vom 11. Sep-tember 2006 durch die weiter oben angeführten nachfolgenden Ergänzungen. Im Hinblick auf die geringfügigen Änderungen für den Prognosehorizont 2025 ist dies jedoch unschädlich. Laufende Aktualisierungen können aus methodischen und praktischen Gründen heraus ohnehin nicht gefordert werden.
278Vgl. BVerwG, Urteile vom 9. Juni 2010 ‑ 9 A 20.08 ‑, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 208, S. 147 f., und vom 30. Mai 2012 ‑ 9 A 35.10 ‑, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 225, S. 17.
279Dabei können sich die Kläger ‑ wie bereits dargelegt (vgl. A. I., S. 27) ‑ als nicht enteignend Betroffene nur auf ihre geschützten Privatbelange berufen, nicht aber eine insgesamt fehlerfreie Abwägung und Planung verlangen. Maßgebend sind daher nur die Lärmeinwirkungen auf ihre Grundstücke C.-----weg 9 und N2.---straße 28. Dementsprechend sind alle Einwendungen der Kläger gegen die lärmtechnische Untersuchung, die sich nicht auf diese beiden Grundstücke beziehen, nicht entscheidungserheblich. Das gilt auch im Hinblick darauf, dass die Kläger ‑ wie ebenfalls oben dargelegt (A. III. 3., S. 42) - wesentliche Fehler der Umweltverträglichkeitsprüfung geltend machen können. Zwar gehören Lärmeinwirkungen auf Menschen zu den Auswirkungen im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 UVPG, die in der Umweltverträglichkeitsprüfung zu ermitteln, zu beschreiben und zu bewerten sind. Damit wird den Klägern jedoch nicht das Recht eröffnet, die eventuell fehlerhafte Ermittlung einzelner Grenzwerte an einzelnen Grundstücken zu rügen. In der fehlerhaften Ermittlung eines Grenzwertes für ein einzelnes Grundstück läge kein wesentlicher Fehler der gesamten Umweltverträglichkeitsprüfung, die - wie oben ausgeführt (A. III. 3., S. 44) - nach Art. 5 Abs. 2 der UVP-Richtlinie nur die Hauptwirkungen für die Umwelt feststellen und beurteilen soll.
280Vgl. BVerwG, Urteil vom 21. März 1996 - 4 C 19.94 -, BVerwGE 100, 370 (377).
281Zu Unrecht hat der Rechtsvorgänger des Klägers zu 2. geltend gemacht, die Lärmminderung offenporigen Asphalts sei nicht ausreichend nachgewiesen. Offenporige Asphalte werden seit mehr als 30 Jahren verwendet, erforscht und weiterentwickelt. Ein Korrekturwert Dstro - 5 dB(A), den der Beklagte im Planfeststellungsbeschluss zwischen Bau-km 5+100 und Bau-km 7+300 zu Grunde gelegt hat (A. 5.2.1, S. 25), kann sicher erreicht werden,
282vgl. BVewG, Urteil vom 9. Juni 2010 ‑ 9 A 20.08 ‑, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 208, S. 161; ausführlich OVG NRW, Urteil vom 11. Februar 2009 - 11 D 45/06.AK -, juris, Rdnr. 169 ff., m. w. N.,
283und durfte der lärmtechnischen Unterlage zu Grunde gelegt werden.
284Die Klägerin zu 1. ist mit ihrem Einwand in der Klagebegründung, für ihr Haus seien in der lärmtechnischen Untersuchung falsche Berechnungspunkte gewählt worden, nicht gemäß § 17a Nr. 7 Satz 1 FStrG ausgeschlossen. Zwar konnte der Planfeststellungsbehörde die Gestaltung im Inneren des Wohnhauses der Klägerin zu 1. insbesondere im Hinblick auf die Geschosshöhen nicht im Detail bekannt sein, so dass sie gerade in einem solchen Fall auf konkrete Angaben des Planbetroffenen angewiesen war.
285Vgl. BVerwG, Beschluss vom 9. Oktober 2008 ‑ 9 PKH 2.08 ‑, Buchholz 407.4 § 17a FStrG Nr. 1, S. 2, für den Fall einer Außenwohnnutzung.
286Der Senat teilt aber die Auffassung der Klägerin zu 1., dass sie als Laie der lärmtechnischen Unterlage wegen der dort verwendeten Abkürzungen die für ihr Grundstück angenommenen Berechnungspunkte nicht entnehmen und daher auch nicht erkennen konnte, dass die Berechnungspunkte nicht zutrafen.
287Der Einwand greift jedoch in der Sache nicht durch. Der Beklagte hat bei einer vermessungstechnischen Überprüfung am Wohnhaus der Klägerin zu 1. im ungünstigsten Fall für das erste Obergeschoss eine Höhendifferenz um fast 1,64 m festgestellt. Dieser Wert liegt noch etwas höher als die Angaben der Klägerin zu 1., die von einer Höhendifferenz von bis zu 1,6 m ausgeht. Mit zusätzlicher Berücksichtigung eines um 5% steigenden Schwerverkehrsanteils bis 2025 ergab eine Nachberechnung seitens des Beklagten 54,7 dB(A) tags/47,1 dB(A) nachts für das Erdgeschoss und 56,1 dB(A) tags/48,6 dB(A) nachts für das Obergeschoss. Damit werden die maßgebenden Grenzwerte für Wohngebiete von 59 dB(A) tags/49 dB(A) nachts eingehalten. Die Klägerin zu 1. ist dieser Neuberechnung nicht mehr entgegengetreten, sondern hat nur ihre allgemeinen Einwände gegen die lärmtechnische Unterlage wiederholt.
288Die weiteren Einwände der Kläger gegen die lärmtechnische Unterlage greifen nicht durch. Dem Vorwurf, die Unterlage sei nicht von sachkundigen Personen erstellt worden und es gebe keinerlei Hinweise auf die Verfasser, ist nicht weiter nachzugehen. Hieraus ergibt sich nicht, dass die angestellten Berechnungen fehlerhaft sein könnten. Soweit die Kläger zahlreiche Angaben zur Ermittlung von Gebietsarten, Abständen, Höhen und Geschossen sowie zu Kosten von Lärmschutzmaßnahmen und Lärmschutzvarianten vermissen, weist der Senat nochmals darauf hin, dass sich die Kläger nur auf die Lärmeinwirkungen ihrer Grundstücke berufen können. Daher ist auch die Frage, ob der Beklagte laut Vermerk vom 1. März 2011 eine Neuerstellung des Lärmschutzkonzepts gefordert hat und ob und inwieweit dieses vorgelegt worden ist, nicht entscheidungserheblich. In der maßgebenden lärmtechnischen Unterlage vom 2. Mai 2007 wird auf Seite VI ausgeführt: „Die lärmtechnische Untersuchung wurde nach RLS 90 mit dem Computerprogramm „SoundPLAN 6.4 ‑ Version 28.01.2007 -“ durchgeführt, wobei örtliche Gegebenheiten wie Bebauung, Geländehöhen, Abschirmungen sowie Höhenlagen von Straßen und Bauwerken berücksichtigt wurden. Die durch die vorgesehenen Lärmschutzwände entstehenden zusätzlichen Schallreflexionen werden ebenfalls in den Berechnungsergebnissen berücksichtigt.“ Das Rechenprogramm SoundPLAN gehört zu den gängigen Rechenmodellen für die Berechnung der Schallausbreitung in komplexer Topografie.
289Vgl. OVG NRW, Urteil vom 13. Dezember 2007 ‑ 7 D 122/06.NE -, juris, Rdnr. 74, 76.
290Es entspricht nach der Bestätigung des Lizenzgebers allen Anforderungen für die Durchführung von Rechenoperationen nach der 16. BImSchV i. V. m. des RLS-90 und ist in einem Testverfahren des Bundesverkehrsministeriums und der Straßenbauverwaltung überprüft worden.
291Vgl. OVG Lüneburg, Urteil vom 23. November 2010 - 7 KS 143/08 -, juris, Rdnr. 23.
292Dem sind die Kläger in Bezug auf ihre jeweiligen Grundstücke nicht substantiiert entgegengetreten. Sie äußern nur nicht belegte Vermutungen.
293ddd) Durch das mithin nicht zu beanstandende, dem Planfeststellungsbeschluss zu Grunde liegende Lärmschutzkonzept wird ‑ im Wege einer Lärmsanierung ‑ für die Grundstücke der Kläger „Vollschutz“ erreicht: Für das Grundstück der Klägerin zu 1. ergibt die Nachberechnung unter Zugrundelegung der höher gelegenen Berechnungspunkte im Obergeschoss 56,1 dB(A) am Tag und 48,6 dB(A) in der Nacht. Damit werden die Grenzwerte der 16. BImSchV für Wohngebiete von 59 dB(A) tags und 49 dB(A) nachts eingehalten. Die Immissionsgrenzwerte des § 2 Abs. 1 der 16. BImSchV stellen in Gebieten, die durch eine Wohnnutzung geprägt sind, sicher, dass auch zu Zeiten überdurchschnittlicher Inanspruchnahme der Straße nach dem derzeitigen Kenntnisstand Gesundheitsgefährdungen nicht zu besorgen sind.
294Vgl. BVerwG, Urteil vom 21. März 1996 ‑ 4 A 10.95 ‑, Buchholz 406.25 § 41 BImSchG Nr. 13, S. 39.
295Auf dem Grundstück des Klägers zu 2. werden 60 dB(A) tagsüber und 53 dB(A) nachts erreicht; das liegt unter den Grenzwerten der 16. BImSchV für den Außenbereich von 64 dB(A) tags und 54 dB(A) nachts.
296Anspruch auf (weiteren) Lärmschutz besteht daher bei dem Bau oder der wesentlichen Änderung einer öffentlichen Straße grundsätzlich nur, wenn der von der neuen oder geänderten Straße ausgehende Verkehrslärm den nach § 2 Abs. 1 der 16. BImSchV maßgeblichen Immissionsgrenzwert überschreitet.
297Vgl. BVerwG, Urteil vom 21. März 1996 ‑ 4 C 9.95 ‑, BVerwGE 101, 1.
298Das ist bei den Grundstücken der Kläger ‑ wie dargelegt ‑ nicht der Fall. Allerdings ist Lärmschutzgesichtspunkten bereits unterhalb der Erheblichkeitsschwel-le, die durch § 2 Abs. 1 der 16. BImschV als im Wege der Abwägung nicht überwindbare Grenze bezeichnet wird, im Rahmen des nach § 17 Satz 2 FStrG gebotenen Interessenausgleichs Rechnung zu tragen.
299Vgl. BVerwG, Beschluss vom 5. März 1999 ‑ 4 A 7.98 ‑, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 149, S. 20.
300Es ist jedoch unter Abwägungsgesichtspunkten nicht zu beanstanden, dass der Beklagte Lärmschutz nur insoweit vorgesehen hat, als darauf ein gesetzlicher Anspruch besteht, mithin auf die Grenzwerte der 16. BImSchV abgestellt hat (PFB B. 5.3.5.1, S. 96 ff.). Dabei ist zu berücksichtigen, dass sich die Lärmsituation auf dem Grundstück der Klägerin zu 1. durch den geplanten aktiven Lärmschutz gegenüber der gegenwärtigen Situation grundlegend verbessern wird, weil das Grundstück dem von der bereits vorhandenen Trasse der B 51 herrührenden Lärm bisher ungeschützt ausgesetzt ist.
301Die Kläger haben auch keine weitergehenden Ansprüche im Hinblick auf Lärmschutz für ihre Außenwohnbereiche. Außenwohnbereiche sind neben den bebauten Außenwohnbereichsflächen wie Balkonen, Loggien und Terrassen nur sonstige zum Wohnen im Freien geeignete und bestimmte Flächen des Grundstücks wie Gartenlauben und Grillplätze, nicht jedoch ‑ wie die Kläger offenbar meinen ‑ Gärten oder das gesamte Grundstück.
302Vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Mai 2012 ‑ 9 A 35.10 ‑, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 225, S. 29.
303Vor diesem Hintergrund machen die Kläger eine Überschreitung der maßgeblichen Immissionsgrenzwerte in ihren Außenwohnbereichen schon nicht substantiiert geltend, zumal hierfür nur auf die an beiden Wohnhäusern nach der lärmtechnischen Unterlage mit mindestens 2,9 dB(A) deutlich unterschrittenen Tagesgrenzwerte abzustellen ist.
304eee) Da die Immissionsgrenzwerte der gemäß § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG zur Durchführung des § 41 BImSchG erlassenen 16. BImSchV auf den Grundstücken der Kläger eingehalten werden, sind die Einwände der Kläger gegen die zur Umsetzung des in § 41 BImSchG vorgesehenen Lärmschutzkonzepts erforderliche Nutzen-Kosten-Prüfung nicht entscheidungserheblich. Denn eine Verhältnismäßigkeitsprüfung nach § 41 Abs. 2 BImSchG, die eine derartige Nutzen-Kosten-Prüfung erfordern würde, war für die Grundstücke der Kläger wegen der Einhaltung der Grenzwerte gerade nicht erforderlich.
305d) Der Vortrag der Kläger zu einer fehlerhaften Ermittlung und Bewertung der Luftschadstoffe in den planfestgestellten Ergebnissen des Luftschadstoffgutachtens (Anlage Nr. 99 zum Planfeststellungsbeschluss, Beiakte 10 zu 11 D 6/12.AK) zeigt keinen zu ihren Gunsten durchgreifenden Abwägungsfehler der Planfeststellung auf. In dieser Hinsicht bedarf es keiner weiteren Vertiefung, ob ihre Einwände zutreffend sind.
306aa) Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss ist bezüglich der Luftschadstoffproblematik - trotz des umfangreichen Vortrags der Kläger zu diesem Gesichtspunkt - bereits deshalb nicht abwägungsfehlerhaft, weil die Einhaltung der Grenzwerte der 39. BImSchV keine Rechtmäßigkeitsvoraussetzung für die Planfeststellung eines Straßenbauvorhabens ist. Grenzwertüberschreitungen sind nach dem System der Luftreinhalteplanung (vgl. § 47 BImSchG und § 27 der 39. BImSchV) unabhängig von den Immissionsquellen zu vermeiden. Allerdings ist das Gebot der Konfliktbewältigung als Ausformung des Abwägungsgebots verletzt, wenn die Planfeststellungsbehörde das Vorhaben zulässt, obgleich absehbar ist, dass seine Verwirklichung die Möglichkeit ausschließt, die Einhaltung der Grenzwerte mit den Mitteln der Luftreinhalteplanung in einer mit der Funktion des Vorhabens zu vereinbarenden Weise zu sichern. Das ist insbesondere der Fall, wenn die von einer planfestgestellten Straße herrührenden Immissionen bereits für sich genommen die maßgeblichen Grenzwerte überschreiten. Von diesem Fall abgesehen geht der Gesetzgeber davon aus, dass sich die Einhaltung der Grenzwerte mit den Mitteln der Luftreinhalteplanung sichern lässt. Für die Annahme, dass dies nicht möglich ist, müssen deshalb besondere Umstände vorliegen.
307Vgl. etwa BVerwG, Urteile vom 10. Oktober 2012 - 9 A 19.11 -, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 228, S. 38.
308Solche besonderen Umstände können sich vor allem aus ungewöhnlichen örtlichen Gegebenheiten (zentrale Verkehrsknotenpunkte, starke Schadstoffvorbelastung durch eine Vielzahl von Emittenten) ergeben.
309Vgl. BVerwG, Urteil vom 26. Mai 2004 ‑ 9 A 6.03 ‑, BVerwGE 121, 57 (64).
310Derartige besondere Umstände sind für die Stadt N. weder geltend gemacht noch ersichtlich.
311Vgl. auch BVerwG, Urteil vom 26. Mai 2004 ‑ 9 A 6.03 ‑, BVerwGE 121, 57 (65), zu einer vierspurigen innerstädtischen Ausfallstraße in Dresden mit ähnlich hoher Verkehrsbelastung wie für die B 51 prognostiziert.
312Hieran gemessen genügt die Planung dem Gebot der Konfliktbewältigung. Das zum Gegenstand der Planfeststellung gemachte Luftschadstoffgutachten von September 2011 (Anlage Nr. 99 zum Planfeststellungsbeschluss, Beiakte 10 zu 11 D 6/12.AK) kommt auf der Grundlage der vom Beklagten angegebenen Verkehrsmengen für das Jahr 2020 zu dem Ergebnis, dass die über ein Kalenderjahr gemittelten Immissionsgrenzwerte von jeweils 40 µg/m3 sowohl für Stickstoffdioxid (§ 3 Abs. 2 der 39. BImSchV) als auch für Feinstaub PM10 (§ 4 Abs. 2 der 39. BImschV) und der ab 2015 geltende Immissionsgrenzwert von 25 µg/m3 für Feinstaub PM2,5 (§ 5 Abs. 2 der 39. BImschV) mit den prognostizierten unter 30 µg/m3 für Stickstoffdioxid, unter 24 µg/m3 für PM10 und unter 20 µg/m3 für PM2,5, jeweils für die zur B 51 nächstgelegenen Wohnbebauung am C2.-----weg deutlich bis weit unterschritten werden (vgl. Abbildungen 6.2, 6.4 und 6.6). Die auf S. 28 und 33 des Gutachtens referierten Ergebnisse für die Feinstaubimmissionen werden im Planfeststellungsbeschluss auf S. 117 zutreffend wiedergegeben. In diesem Zusammenhang merkt der Senat an, dass schon die im Gutachten als Hintergrundbelastung zu Grunde gelegten von der Messstation N. Geist im Jahr 2010 gemessenen Jahresmittelwerte für Stickstoffdioxid 25 µg/m3, für PM10 22 mg/m3 und für PM2,5 19 µg/m3 betragen, so dass die von dem planfestgestellten Vorhaben herrührenden zusätzlichen Schadstoffbelastungen bezogen auf das Grundstück der Klägerin zu 1. gering sind.
313Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss geht daher zu Recht davon aus, dass mit der Realisierung des Vorhabens keine atypische Situation entsteht, die bereits in der Planfeststellung Maßnahmen erfordert, und weitere Maßnahmen einer Luftreinhalteplanung vorbehalten werden können (PFB B. 5.3.5.2, S. 116 bis 118). Für den Beklagten bestand daher kein Anlass, die Luftreinhalteplanung der Stadt N. im Planfeststellungsbeschluss zu überprüfen.
314bb) Unabhängig davon werden - wie soeben dargelegt - die Immissionsgrenzwerte der 39. BImSchV eingehalten; das Luftschadstoffgutachten ist nicht zu beanstanden.
315aaa) Die Grenzwerte der 39. BImSchV beruhen auf unionsrechtlichen Vorgaben durch die Richtlinie 2008/50/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2008 über Luftqualität und saubere Luft in Europa (Abl. Nr. L 152 S. 1).
316Vgl. zusammenfassend Bruckmann/Strecker, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Band IV, Kommentar, Stand 15. November 2014, 39. BImSchV Vorb., Rdnr. 3.
317Der Senat ist gemäß Art. 20 Abs. 3 GG an diese rechtlichen Maßstäbe gebunden und daher nicht befugt, eine Entscheidung auf der Basis hiervon möglicherweise abweichender wissenschaftlicher Erkenntnisse zu treffen, wie sie etwa von Prof. Dr. L. in der mündlichen Verhandlung vorgetragen worden sind bzw. sich aus den von ihm vorgelegten umfangreichen Unterlagen ergeben („Die Biologie kennt keine Grenzwerte.“).
318Nach Art. 191 Abs. 3 AEUV (vgl. auch die Querschnittsklausel in Art. 11 AEUV) berücksichtigt die Union bei der Erarbeitung ihrer Umweltpolitik ‑ hierzu gehört die Richtlinie 2008/50/EG ‑ u. a. die verfügbaren wissenschaftlichen und technischen Daten. Die gerichtliche Kontrolle, was die Berücksichtigung wissenschaftlicher und technischer Daten angeht, beschränkt sich darauf, ob die Maßnahme offensichtlich fehlerhaft ist, ob sie einen Ermessensmissbrauch darstellt oder ob die betreffende Behörde die Grenzen ihres Ermessens offensichtlich überschritten hat. Dem Gebot zur Berücksichtigung des Standes von Wissenschaft und Technik ist nach dem EuGH schon dann entsprochen, wenn sich dies aus den Begründungserwägungen ablesen lässt und wenn ein Rechtsakt Überwachungsvorschriften zur Beurteilung der Wirksamkeit der getroffenen Regelungen sowie Revisionsklauseln beinhaltet, welche vorsehen, dass die Kommission unter Berücksichtigung technischen Fortschritts Einfügungen, Streichungen oder Änderungen vornehmen kann.
319Vgl. etwa Kahl, in: Streinz (Hrsg), EUV/AEUV, 2. Auflage 2012, Art. 191 AEUV, Rdnr. 121, m. w. N.
320Die Richtlinie 2008/50/EG sieht in ihrem Art. 32 ausdrücklich vor, dass die Kommission im Jahr 2013 die Vorschriften über PM2,5 sowie gegebenenfalls andere Schadstoffe überprüft, und regelt Einzelheiten des Überprüfungsverfahrens, das auch die Berücksichtigung neuester wissenschaftlicher Informationen vorsieht. Für PM2,5 bestimmt bereits die Richtlinie selbst und ihr folgend § 5 Abs. 2 der 39. BImSchV ab 2015 einen neuen Grenzwert.
321Auch aus Art. 3 i. V. m. Art. 37 der Europäischen Grundrechtecharta ergibt sich kein umfassendes Recht auf gesunde Umwelt.
322Vgl. Borowsky, in: Meyer (Hrsg.) Charta der Grundrechte der Europäischen Union, 4. Auflage 2014, Art. 3 Rdnr. 38.
323Aus der staatlichen Schutzpflicht nach Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG („Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit.“) ergeben sich keine weitergehenden Anforderungen. Ohne verlässliche wissenschaftliche Erkenntnisse über komplexe Gefährdungen ist es nicht Sache der Gerichte, sondern des Verordnungsgebers, den Erkenntnisfortschritt der Wissenschaft mit geeigneten Mitteln zu beobachten und zu bewerten. Diese Pflicht ist erst verletzt, wenn eine ursprünglich rechtmäßige Regelung aufgrund neuer Erkenntnisse oder einer veränderten Situation verfassungsrechtlich evident untragbar geworden ist.
324Vgl. BVerwG, Gerichtsbescheid vom 21. September 2010 ‑ 7 A 7.10 ‑, juris, Rdnr. 17, unter Hinweis auf BVerfG, Beschluss vom 24. Januar 2007 ‑ 1 BvR 382/05 ‑, NVwZ 2007, 805.
325Das ist im Hinblick auf die Fortschreibung der Grenzwerte und der oben dargelegten in der Richtlinie 2008/50/EG ausdrücklich vorgesehenen Überprüfung nicht ersichtlich.
326Die von den Klägern angeführten Regelungen in § 1 Nr. 19 und 37 sowie § 23 und § 26 der 39. BImSchV zu „langfristigen und nationalen Zielen“, zum „Zielwert“ und zur „bestmöglichen Luftqualität“ ergeben keine über die Einhaltung der in den §§ 3 bis 5 der 39. BImSchV rechtsverbindlich festgelegten konkreten Grenzwerte hinausgehenden subjektiven Rechte der Kläger.
327bbb) Entgegen der Auffassung der Kläger legt das Gutachten für die Schadstoffhintergrundbelastung zu Recht die Messwerte der vom LANUV im Rahmen des Luftqualitätsüberwachungssystems betriebenen Station N. Geist zu Grunde. Die Auswahl der berücksichtigten Messstationen muss den örtlichen Verhältnissen Rechnung tragen und gegebenenfalls bestehende deutliche Unterschiede der für die Vorbelastung im Plangebiet maßgeblichen Faktoren berücksichtigen.
328Vgl. BVerwG, Urteil vom 9. Juni 2010 - 9 A 20.08 -, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 208, S. 166.
329Nach § 1 Nr. 22 der 39. BImSchV sind „Messstationen für den städtischen Hintergrund“ Messstationen an Standorten in städtischen Gebieten, an denen die Werte repräsentativ für die Expositon der städtischen Bevölkerung sind. Dies wird in Anlage 3 B.1.c) zur 39. BImSchV dahingehend präzisiert, dass die gemessene Verschmutzung den integrierten Beitrag sämtlicher Quellen im Luv der Hauptwindrichtung der Station erfasst. Für die gemessene Verschmutzung sollte nicht eine einzelne Quelle vorherrschend sein, es sei denn, dies ist für eine größere städtische Fläche typisch. Die Probenahmestellen müssen grundsätzlich für eine Fläche von mehreren Quadratkilometern repräsentativ sein.
330Die Station N. Geist befindet sich etwa 5 km südwestlich des Untersuchungsgebiets im Zentrum von N. zwischen Kleingärten und Wohnhäusern (Gutachten S. 18) an einem Schulgelände. Ein Gewerbegebiet liegt etwa 1,5 km östlich bis südöstlich der Station. Die in diesem Abschnitt vierstreifige B 51 verläuft ca. 200 m südlich, die B 54 ca. 700 m östlich und die B 219 ca. 500 m westlich der Station.
331Vgl. die Beschreibung der näheren Umgebung auf der Internetseite des LANUV http:/www.lanuv.de/luft/messorte/steckbriefe/msge.htm.
332Diese Messstation ist damit die dem planfestgestellten Vorhaben nächstgelegene Station, deren Messwerte eine städtische Schadstoffhintergrundbelastung wiedergeben. Dabei bezieht sich die Anforderung, den integrierten Beitrag sämtlicher Quellen im Luv der Hauptwindrichtung der Station zu erfassen, auf die konkrete Lage der Messstation selbst, bedeutet jedoch nicht, dass die Station so positioniert sein muss, dass sie sämtliche stark emittierenden Schadstoffquellen der Stadt N. erfasst. Dann würde sie gerade nicht mehr die für die städtische Fläche typische Hintergrundbelastung ermitteln und wäre nicht für eine Fläche von mehreren Quadratkilometern repräsentativ.
333Dem gegenüber liegen die anderen drei vom LANUV in N. betriebenen Messstationen unmittelbar an vielbefahrenen Straßen. Die von den Klägern angesprochene Station an der X1. Straße steht auf dem Gehweg einer stark befahrenen und beidseitig von einer geschlossenen mehrgeschossigen Bebauung begrenzten innerstädtischen Ausfallstraße in N. . Sie ist daher nicht geeignet, die großräumig vorhandene Hintergrundbelastung abzubilden, die im Untersuchungsgebiet ohne Verkehr auf den in die Untersuchung einbezogenen Straßen vorliegen würde (vgl. auch Luftschadstoffgutachten S. 13 unten).
334ccc) Nach der Anlage 3 zur 39. BImSchV ist die Luftqualität in solchen Bereichen zu untersuchen, in denen die individuelle Aufenthaltsdauer von Menschen typischerweise einen „signifikanten“ Anteil am Mittelungszeitraum des jeweils zu betrachtenden Immissionsgrenzwerts einnimmt. Danach sind selbst bezogen auf Grenzwerte mit dem geringsten Mittelungszeitraum von einer Stunde (vgl. §§ 2 f. der 39. BImSchV) nur solche Bereiche zu untersuchen, in denen der Einzelne nicht nur für einen kurzen Moment, sondern „über einen längeren Zeitraum“ Schadstoffen ausgesetzt ist.
335Vgl. BVerwG, Urteil vom 10. Oktober 2012 ‑ 9 A 19.11 ‑, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 228, S. 48.
336Selbst wenn man unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe - anders als im Planfeststellungsbeschluss auf S. 117 wiedergegeben - den Garten des Grundstücks der Klägerin zu 1. einbezieht, werden die Grenzwerte ‑ wie oben dargelegt ‑ deutlich bis weit unterschritten. Für das Grundstück des Klägers zu 2. steht eine Grenzwertüberschreitung ohnehin nicht in Rede.
337Angesichts der deutlichen Unterschreitung der Grenzwerte auch auf dem Grundstück der Klägerin zu 1. ist nicht erheblich, dass das Luftschadstoffgutachten (vgl. Abbildung 5.1 auf S. 22) für die B 51 von einer zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 70 km/h ausgeht, während die lärmtechnische Untersuchung eine zulässige Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h zu Grunde legt und der Planfeststellungsbeschluss die zulässige Höchstgeschwindigkeit nicht regelt. Die prognostizierte Schadstoffbelastung liegt auch dann auf der „sicheren Seite“, wenn von der zuständigen Straßenverkehrsbehörde künftig ein Tempolimit von 100 km/h zugestanden würde. Das hat der Gutachter dem Beklagten am 29. März 2012 mitgeteilt. Die Stickstoffdioxidimmissionen würden sich um höchstens 1 µg/m3 erhöhen, die Werte für PM10 um 1 bis 4 %, so dass auch bei einer Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h Grenzwertüberschreitungen nicht zu erwarten seien. Hierbei ist auch zu berücksichtigen, dass das Luftschadstoffgutachten die als „maximale“ Verkehrsbelastung prognostizierte Verkehrsmenge von 50.600 Kfz/24 h zu Grunde legt, während die Verkehrsprognose der IVV vom 11. September 2006 für den hier fraglichen Abschnitt nördlich der X. Straße eine Verkehrsbelastung von nur 41.700 Kfz/24 h prognostiziert.
338ddd) Dafür dass dem Gutachterbüro Eingabefehler oder Rechenfehler unterlaufen sind, fehlt jeder schlüssige Anhaltspunkt. Der Gutachter hat im Termin zur mündlichen Verhandlung erläutert, dass die Auswirkungen der geplanten Lärmschutzwände in das Rechenprogramm eingearbeitet sind. Bedenken an der Fachkompetenz und der Unparteilichkeit des Ingenieurbüros M. bestehen nicht. Dem Senat ist aus eigener Erfahrung bekannt, dass das Ingenieurbüro M. in Nordrhein-Westfalen regelmäßig Planfeststellungsverfahren durch Fachbeiträge begleitet hat.
339Vgl. etwa OVG NRW, Urteil vom 24. März 2014 ‑ 11 D 31/11.K -, juris, Rdnr 105 ff.
340eee) Bei dieser Sachlage bedurfte es nicht einer von den Klägern vermissten Berechnung der Kurzzeitgrenzwerte (200 µg/m3 über eine Stunde gemittelt für Stickstoffdioxid, § 3 Abs. 1 der 39. BImSchV; 50 µg/m3 über einen Tag gemittelt für Feinstaub PM10), die auf den Grundstücken der Kläger offensichtlich nicht erreicht werden (vgl. auch die Erläuterung im Luftschadstoffgutachten S. 8 f.).
341fff) Nach alldem musste der Senat dem in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisantrag zu behaupteten Grenzwertüberschreitungen nicht weiter nachgehen.
342e) Aus § 50 BImSchG ergeben sich für die Kläger keine weitergehenden Ansprüche. § 50 Satz 1 BImSchG kommt in Bezug auf Verkehrslärm und sonstige Immissionen die Funktion einer Abwägungsdirektive zu.
343Vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 23. Februar 2005 ‑ 4 A 1.04 ‑, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 186, S. 188.
344Da sowohl die Immissionsgrenzwerte für Lärm als auch für Luftschadstoffe auf den Grundstücken der Kläger eingehalten werden, folgt aus § 50 Satz 1 BImSchG kein Anspruch der Kläger auf weitere Schutzmaßnahmen etwa durch Verwirklichung einer „Tunnellösung“. Der allgemeine Planungsgrundsatz des § 50 BImSchG wendet sich als objektivrechtliches Gebot an die für die Planungsentscheidung zuständige Stelle; er enthält aber für den Planbetroffenen kein subjektives öffentliches Recht.
345Vgl. BVerwG, Beschluss vom 10. September 1981 ‑ 4 B 114.81 ‑, Buchholz 406.25 § 50 BImSchG Nr. 2.
346f) Die Beeinträchtigung des Grundeigentums der Klägerin zu 1. durch eine 5,5 m hohe Lärmschutzwand hat der Beklagte als abwägungserheblichen Belang gesehen und auf Seite 147 des Planfeststellungsbeschlusses behandelt. Er hat auf die Gestaltung der Wand verwiesen, die in einer Höhe über 3 m transparentes Material vorsieht, ferner auf die Anpflanzung eines Grüngürtels vor der Lärmschutzwand. Schließlich verweist er noch auf eventuelle Entschädigungsansprüche (PFB B. 5.3.12.3, S. 148). Das reicht als Abwägung aus.
347Nach der Umplanung durch den Planänderungsbescheid vom 12. August 2014 wird die Lärmschutzwand in ca. 1,7 m Entfernung von der Westgrenze des Grundstücks der Klägerin zu 1. errichtet, die wiederum mindestens 28 m vom Wohngebäude entfernt liegt. Fragen einer Verschattung oder gar einer erdrückenden Wirkung stellen sich daher nicht. Die Klägerin zu 1. hat, nachdem durch die Umplanung ihr Grundstück nicht mehr in Anspruch genommen werden muss, auch keine konkreten Belange einer Eigentumsbeeinträchtigung geltend gemacht, die in die Abwägung hätten eingestellt werden müssen, sondern nur „drastische Folgen für die Wohnnutzung insbesondere der Außenbereiche“ behauptet. Dabei wird jedenfalls übersehen, dass sich im Vergleich zur gegenwärtigen Situation die Nutzung des Außenbereichs erheblich verbessert, weil die bereits vorhandene B 51 im Zuge des Ausbaus erstmals mit einer Lärmschutzwand versehen wird.
3485. Auch der Vortrag der Kläger, die Belastungen durch Baulärm und Erschütterungen während der Bauzeit seien weder ermittelt worden, noch seien im Planfeststellungsbeschluss Aussagen zum Schutz vor ihnen getroffen worden, greift nicht durch. Die durch die Straßenbauarbeiten verursachten Lärm- und Schadstoffbelastungen müssen wegen ihres unregelmäßigen Entstehens nicht durch eine Lärm- bzw. Schadstoffprognose ermittelt werden.
349Vgl. BVerwG, Urteil vom 3. März 2011 ‑ 9 A 8.10 ‑, BVerwGE 139, 150 (183 f.).
350Gleiches muss für die von den Klägern befürchteten Erschütterungen gelten.
351Der Beklagte hat im Planfeststellungsbeschluss im Hinblick auf Erschütterungen und (sonstige) Bauimmissionen und ‑auswirkungen unter A. 5.3 und 5.4 (S. 27 f.) verschiedene Nebenbestimmungen angeordnet, die zu einer weitgehenden Minimierung der Immissionsbelastung für die Umgebung führen. Dass es dennoch zu Beeinträchtigungen kommen kann, ist unvermeidbar.
352Den von den Klägern aufgezeigten „offenkundigen Widerspruch“, die AVV-Baulärm sei zu beachten, könne aber nicht eingehalten werden, sieht der Senat nicht. Es ist plausibel, dass der Beklagte die AVV-Baulärm grundsätzlich heranzieht, aber gleichzeitig einräumt, es könnten „temporäre Lärmeinwirkungen oberhalb der Richtwerte … nicht gänzlich ausgeschlossen werden.“ (PFB S. 28). Genauere Regelungen kann der Beklagte nicht treffen. Es leuchtet ohne Weiteres ein, dass die Unregelmäßigkeit des durch die Bauarbeiten ausgelösten Lärms eine detaillierte Lärmprognose nicht zulässt.
353Vgl. BVerwG, Urteil vom 3. März 2011 ‑ 9 A 8.10 ‑, BVerwGE 139, 150 (184).
354Schließlich enthalten die Nebenbestimmungen A. 5.3 und 5.4 den Passus, dass in dem Fall, dass trotz optimierter Bauverfahren die Anhaltswerte überschritten (Erschütterungen) bzw. die Eingreifwerte (Bauimmissionen und –auswirkungen) erheblich überschritten und dadurch Schäden verursacht werden, diese „nach den Grundsätzen des § 906 BGB zu entschädigen“ sind. Damit sind die Rechtspositionen der Kläger ausreichend geschützt und berücksichtigt, und zwar gerade auch im Hinblick auf die von den Klägern zitierte Rechtsprechung des BGH,
355Urteil vom 30. Oktober 2009 ‑ V ZR 17/09 ‑, NJW 2010, 1141 (1143, Rdnr. 28 f.).
356B. Der auf eine Verpflichtung des Beklagten gerichtete Hilfsantrag der Kläger, sie unter teilweiser Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses vom 30. September 2011 hinsichtlich ihrer durch das Vorhaben betroffenen Rechte/Interessen, insbesondere hinsichtlich des Schutzes vor Immissionen, erneut zu bescheiden, bleibt nach dem vorstehend Dargelegten ohne Erfolg. Die Kläger haben insbesondere keinen Anspruch auf eine Ergänzung des Planfeststellungsbeschlusses um Maßnahmen des aktiven Schallschutzes oder um die Anordnung der Erstattungsfähigkeit dem Grunde nach für Maßnahmen des passiven Schallschutzes. Das Lärmschutzkonzept der angefochtenen Planungsentscheidung steht mit den Vorgaben der §§ 41, 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG i. V. m. § 2 der 16. BImSchV im Einklang; die Immissionsgrenzwerte sowohl für Lärm als auch für Luftschad-stoffe werden auf den Grundstücken der Kläger sämtlich eingehalten. Das Vorhaben ist damit nicht zu Lasten der Kläger abwägungsfehlerhaft und verletzt in seiner festgestellten Form keine Rechte der Kläger.
357C. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 Abs. 1, 159 Satz 1 VwGO, 100 Abs. 1 ZPO.
358Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus den §§ 167 VwGO, 708 Nr. 10, 711 Satz 1 ZPO.
359Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.
Bei raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen sind die für eine bestimmte Nutzung vorgesehenen Flächen einander so zuzuordnen, dass schädliche Umwelteinwirkungen und von schweren Unfällen im Sinne des Artikels 3 Nummer 13 der Richtlinie 2012/18/EU in Betriebsbereichen hervorgerufene Auswirkungen auf die ausschließlich oder überwiegend dem Wohnen dienenden Gebiete sowie auf sonstige schutzbedürftige Gebiete, insbesondere öffentlich genutzte Gebiete, wichtige Verkehrswege, Freizeitgebiete und unter dem Gesichtspunkt des Naturschutzes besonders wertvolle oder besonders empfindliche Gebiete und öffentlich genutzte Gebäude, so weit wie möglich vermieden werden. Bei raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen in Gebieten, in denen die in Rechtsverordnungen nach § 48a Absatz 1 festgelegten Immissionsgrenzwerte und Zielwerte nicht überschritten werden, ist bei der Abwägung der betroffenen Belange die Erhaltung der bestmöglichen Luftqualität als Belang zu berücksichtigen.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens je zur Hälfte.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung jeweils in gleicher Höhe Sicherheit leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Tatbestand:
2Die Kläger wenden sich gegen den Planfeststellungsbeschluss des Beklagten vom 30. September 2011, mit dem der Ausbau der Bundesstraße 51 (B 51) dritter Bauabschnitt von Bau-km 5+100 bis Bau-km 7+700 einschließlich des Verknüpfungsbereiches mit der Landesstraße 793 (L 793) ‑ X. Straße ‑ von Bau-km 0+000 bis Bau-km 0+600 und der Neubau der Bundesstraße 481 (B 481n) von Bau-km 7+700 bis Bau-km 11+340 planfestgestellt worden ist.
3Die in den Jahren 1954 bis 1962 gebaute Umgehungsstraße im Zuge der B 51 führt südlich bzw. östlich um N. herum. Sie war zunächst eine zweistrei-fige und anbaufreie Strecke, die an dem an der X1. Straße endenden Zubringer zum Autobahnkreuz N. -Süd im Südwesten N1. beginnt und bis zur X2. Straße im Osten der Stadt verläuft. Sie ist aufgrund von Planfeststellungsbeschlüssen vom 12. Januar 1989 und 1. März 1995 in zwei Bauabschnitten bis Bau-km 5+100 vierstreifig ausgebaut worden. Der nun planfestgestellte Abschnitt schließt sich nach Nordosten an und sieht den vierstrei-figen Ausbau bis zur X2. Straße frei von Zufahrten und ohne Erschließungsfunktion für die angrenzenden Grundstücke vor, ferner den Neubau des Knotenpunktes B 51/B 481n/X2. Straße und den zweistreifigen Neubau der B 481n bis zum T. Damm im Norden der Stadt N. .
4Das planfestgestellte Vorhaben ist im Bedarfsplan zum Fernstraßenausbaugesetz als vordringlicher Bedarf ausgewiesen.
5Die Klägerin zu 1. ist Eigentümerin des Grundstücks C.-----weg 9 (Gemarkung N. , Flur 135, Flurstück 13) mit einer Gesamtgröße von 1102 qm, das mit einem Wohnhaus bebaut ist. Zum Haus gehört auch ein rund 80 qm großer selbst genutzter gewerblicher Teil. Das Haus wurde 1938 erbaut; die Klägerin erwarb das Grundstück im Jahr 1994. Das Grundstück liegt unmittelbar östlich der vierstreifig auszubauenden Trasse der B 51 zwischen Bau-km 6+927 und 6+950. Auf die ursprünglich vorgesehene Inanspruchnahme von 18 qm (dauerhaft) sowie 45 qm für die Baudurchführung wurde durch Planänderungsbescheid vom 12. August 2014 verzichtet. Nach den geänderten Planunterlagen soll zwischen der Trasse und dem Grundstück der Klägerin eine Lärmschutzwand in Höhe von 5,5 m errichtet werden, die einen Abstand zur Grenze des Grundstücks der Klägerin von ca. 1,7 m einhält.
6Nach der lärmtechnischen Unterlage vom 2. Mai 2007 wurden für das Grundstück C.-----weg 9 folgende Beurteilungspegel berechnet:
7Hausfront/Himmelsrichtung |
Stockwerk |
Prognose in dB(A) mit Lärmschutz Tag Nacht |
W |
EG |
55 47 |
W |
1. OG |
56 48 |
Dabei ging der Vorhabenträger davon aus, dass das Grundstück der Klägerin zu 1. in einem allgemeinen Wohngebiet liegt.
9Der Kläger zu 2. ist Eigentümer des mit einem Wohnhaus bebauten Grundstücks N2.---straße 28 (Gemarkung N. , Flur 132, Flurstück 64). Es liegt etwa 90 m östlich der Trasse der B 51 in Höhe von Bau-km 7+368. Das Wohnhaus wurde Anfang der 1970-er Jahre errichtet. Der Kläger zu 2. erwarb das Grundstück im Jahr 2010. Eine Inanspruchnahme des Grundstücks für die Baumaßnahme ist nicht vorgesehen.
10Nach den Planunterlagen wurden für das Grundstück N2.---straße 28 folgende Beurteilungspegel berechnet:
11Hausfront/Himmelsrichtung |
Stockwerk |
Prognose in dB(A) mit Lärmschutz Tag Nacht |
W |
EG |
60 52 |
W |
1. OG |
60 53 |
Dabei ging der Vorhabenträger davon aus, dass das Grundstück im Außenbereich liegt.
13Das Planfeststellungsverfahren für den vierstreifigen Ausbau der B 51 und den Neubau der B 481n wurde im Dezember 2005 eingeleitet. Die Planunterlagen lagen vom 13. Februar 2006 bis 13. März 2006 in der Stadt N. öffentlich aus.
14Die vorherige öffentliche Bekanntmachung erschien mit einer Ergänzungslieferung im Amtsblatt der Stadt N. Nr. 3 vom 10. Februar 2006. Ob diese Ergänzungslieferung bereits am 10. Februar 2006 oder erst am 14. Februar 2006 veröffentlicht wurde, ist zwischen den Beteiligten streitig. Die Bekanntmachung enthielt u. a. einen Hinweis auf die vierwöchige Einwendungsfrist, die am 10. April 2006 ablaufe, und den Ausschluss verspäteter Einwendungen. Unter Nr. 6 heißt es: „Die Nrn. 1, 2, 3 und 5 gelten für die Anhörung der Öffentlichkeit zu den Umweltauswirkungen des Bauvorhabens nach § 9 Abs. 1 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung entsprechend.“
15Die Klägerin zu 1. erhob gegen die Planung mit Schreiben vom 5. April 2006 im Wesentlichen folgende Einwendungen: Die Bekanntmachung der Planfeststellung sei erst erfolgt, nachdem die Auslegung des Planes am 13. Februar 2006 bereits begonnen habe. Die entsprechende Ausgabe des Amtsblattes Nr. 3 der Stadt N. sei erst am 14. Februar 2006 erschienen. Eine Veröffentlichung in örtlichen Tageszeitungen nach § 72 Abs. 2 VwVfG NRW sei unterblieben. Es bestehe eine Verpflichtung aus § 2 Abs. 3a FStrG, die B 51 im geplanten Abschnitt zur Autobahn aufzustufen. Die prognostizierte Verkehrsbelastung sei nur unzulänglich ermittelt worden. Eine Straße im Autobahnformat ziehe mehr Verkehr an als übliche Bundesstraßen. Daher seien die Tabellenwerte der 16. BImSchV für Autobahnen heranzuziehen. Der Prognosehorizont sei nicht ausreichend lang festgelegt. Die Ergebnisse der Umweltverträglichkeitsstudie von 1993 seien missachtet worden. Diese habe eine Vollabdeckung der Straße oder eine Ausführung als „Züblin“-Tunnel in einer Tieflage von 5 oder 6 m gefordert. Die Strukturdaten, die der Verkehrsbelastung zu Grunde gelegt worden seien, würden im Plan nicht korrekt benannt. Der häufigere Lieferverkehr zu den Betrieben sei nicht erfasst worden. Die Einwohnerzahl für N. für das Jahr 2010 sei mit nur 254.000 angesetzt; das sei eindeutig zu wenig. Die Auswirkungen der neuesten Verkehrszählung aus dem Jahr 2005 seien nicht berücksichtigt worden. Es sei nicht geprüft worden, ob die Baumaßnahme unter Ausschluss des laufenden Verkehrs zügig durchgeführt werden und zusätzlich erhebliche Einsparungen erzielt werden könnten, die in einen Lärmschutzdeckel investiert werden könnten. Die erforderlichen Ausgleichsmaßnahmen würden nicht in vollem Umfang im Nahbereich des Eingriffs realisiert. Die Verpflichtung könne vor Ort in der Form der Mitfinanzierung eines zu begrünenden Lärmschutzdeckels über der B 51 erfolgen. Die Möglichkeit, den aktiven Lärmschutz im Sinne der Vorgabe nach Ziffer 10.2 Abs. 1 VLärmSchR 97 nicht bis zum Äußersten auszureizen, sei nicht genutzt worden. Von den jetzt im Plan erfassten 165 Wohngebäuden seien bereits 79 Gebäude auf genau 49 dB(A) berechnet. Schon bei geringsten Veränderungen bei den Berechnungsmodalitäten würden die Grenzwerte für weitere Gebäude überschritten. In bisherigen Verkehrsgutachten zu Grunde gelegte Rahmenbedingungen, die sich schon in der Vergangenheit nicht bestätigt hätten, seien nicht berichtigt worden. Auch die Verkehrszunahme durch die Entlastungsstraße Nord sei nicht berücksichtigt worden. Der außerordentliche Zugang an Lkw-Verkehr durch „Mautflüchtlinge“ sei nicht erfasst. Alle Parameter der Lärmberechnung seien konkret zu benennen und bürgerfreundlich zu erläutern. Die Troglage entspreche wegen der geringen Tiefe von nur 2 m nicht den Vorgaben der Umweltverträglichkeitsstudie von 1993. Die Lärmschutzwände böten keinen ausreichenden Schutz, ihre Höhe sei in reinen Wohngebieten unzumutbar. Die Planungsvorschrift des § 50 BImSchG sei missachtet worden. Dies könne nur über § 41 Abs. 1 BImSchG durch eine abgedeckte Tieflage als Maßnahme nach dem Stand der Technik ausgeglichen werden. Die Stadt N. habe zugesagt, sich an den Kosten zu beteiligen. Die Gesundheitsgefahren seien im Erläuterungsbericht nicht ausreichend kritisch gewürdigt worden. In N. sei die Feinstaubbelastung bereits erheblich. Im Erläuterungsbericht fehle die konkrete Angabe der Verfahren und Maschinen, die besonders lärm- und erschütterungsarm eingesetzt werden könnten. Im Ergebnis ergebe eine Durchsicht der Planunterlagen, dass Abwägung und Konfliktbewältigung misslungen seien, sich jedoch die Mängel im Deckblattverfahren durch eine weiter vertiefte abgedeckte Gradiente beheben ließen.
16Der frühere Eigentümer des Grundstücks N2.---straße 28 und Rechtsvorgänger des Klägers zu 2., Herr V. S. , erhob gegen die Planung mit Schreiben vom 29. März 2006 im Wesentlichen folgende Einwendungen: Das Gebäude N2.---straße 28 sei auf Grundlage einer rechtskräftigen Baugenehmigung als hochwertige Villa geplant und gebaut worden. Die Planungen sähen weder aktiven noch passiven Lärmschutz vor. Es werde durch Lärm und Abgase zu einer erheblichen Beeinträchtigung des Wohnwertes und damit auch des Grundstückswertes kommen. Die für die Ermittlung der notwenigen Schallschutzmaßnahmen zu Grunde gelegten Verkehrszahlen und die sich daraus ergebenden Lärmbelastungen würden angezweifelt. Das Grundstück sei wegen der überwiegend westlichen Windrichtungen besonders belastet. Es sei ein erheblich höherer Verkehrszuwachs als in den jetzigen Prognosen zu erwarten, insbesondere beim Lkw-Verkehr. Mit der Umsetzung der Planung würden seine Rechte auf körperliche Unversehrtheit und Eigentum verletzt.
17Auf Grund von Einwendungen sowie Stellungnahmen und Vorschlägen der Träger öffentlicher Belange wurde das Deckblatt I ins Verfahren eingebracht. Neben Änderungen bei der Anschlussstelle X. Straße, der wassertechnischen Berechnung, der Erweiterung der Ausgleichsflächen im Landschaftspflegerischen Begleitplan und einer Schadstoffabschätzung hat es eine Aktualisierung der Verkehrsprognose vom 11. September 2006 zum Gegenstand, die nunmehr auf das Prognosejahr 2020 abstellt. Als Folge ergaben sich Änderungen bei den aktiven Lärmschutzmaßnahmen; ferner wurde für den Bereich Bau-km 5+100 bis Bau-km 7+300 eine offenporige Asphaltdeckschicht mit einem Korrekturwert DStrO von - 5 dB(A) vorgesehen.
18Die geänderten Planunterlagen lagen vom 21. Mai 2007 bis 20. Juni 2007 öffentlich aus. Unter Nr. 8 der öffentlichen Bekanntmachung heißt es: „Da das Verfahren UVP-pflichtig ist, wird darauf hingewiesen,
19- dass die für das Verfahren zuständige Behörde die Bezirksregierung N. und die für die Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens zuständige Behörde das Ministerium für Bauen und Verkehr des Landes NRW ist,
20- dass über die Zulässigkeit des Vorhabens durch Planfeststellungsbeschluss entschieden werden wird,
21- dass die ausgelegten Planunterlagen die nach § 6 Abs. 3 UVPG notwendigen Angaben enthalten und
22- dass die Anhörung zu den ausgelegten Planunterlagen auch die Einbeziehung der Öffentlichkeit zu den Umweltauswirkungen des Vorhabens gemäß § 9 Abs. 1 UVPG ist.“
23Die Klägerin zu 1. erhob in diesem Verfahrensabschnitt keine Einwendungen.
24Mit Schreiben vom 13. Juli 2007 erhob der Rechtsvorgänger des Klägers zu 2. nach Auslegung der geänderten Planunterlagen im Deckblatt I‑Verfahren folgende Einwendungen: Die Verletzung seiner Rechte werde durch die neuen vorgesehenen Änderungen nicht behoben. Die Verkehrsprognose von September 2006 setze die Belastung weiterhin zu niedrig an. Der Verkehr werde weiter steigen, insbesondere wenn der Bau weiterer Straßen abgeschlossen sei. Umleitungs- und Schleichverkehre müssten außerdem noch berücksichtigt werden. Die Einwohnerzahl von N. sei mit 254.000 zu niedrig angesetzt. Die verkehrserhöhende Entlastungsstraße Nord sei nicht aufgeführt. Weitere zusätzliche Verkehre seien nicht berücksichtigt. Insbesondere der Lkw-Anteil werde deutlicher zunehmen als angenommen. Die Einstufung der neuen Straße als Autobahn sei noch immer nicht diskutiert worden. Die prognostizierte Verkehrsbelastung sei abermals nur unzulänglich ermittelt worden. Der Prognosehorizont sei noch immer nicht ausreichend lang festgelegt. Der Lärmschutz müsse sich an der Leistungsmöglichkeit der Straße von bis zu 60.000 Kfz/h orientieren. Für den Einsatz offenporigen Asphaltbetons sei eine dauerhafte Lärmminderung noch nicht nachgewiesen. Die Belastbarkeit sei gering und der Wartungs- und Erneuerungsaufwand hoch. Die Dauer der Haltbarkeit des Belages werde nicht garantiert. In der lärmtechnischen Unterlage sei die sogenannte senkrechte Auswirkung des Lärms nicht berücksichtigt worden. Die im Planungsverfahren vorgeschriebene Bürgerbeteiligung im Stadium der Entwurfsplanung habe trotz mündlicher und schriftlicher Erinnerungen nicht stattgefunden. Im Rahmen der Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen könne ein Lärmschutzdeckel finanziert werden. Bei einer Trassenführung östlich des Bahndamms der Bundesbahn hätte dieser hohe Bahndamm als Lärmschutz zur Verfügung gestanden. Hierdurch wäre auch der Forderung entsprochen worden, zwei parallel führbare Lärmerzeuger zu bündeln. Die Unterlagen ließen nicht erkennen, wie es während der Bauzeit um den Verkehrs-, Baustellenlärm sowie die Erschütterungen bestellt sein werde. Ein Bauen ohne Verkehr sei hilfreich. Die Schadstoffabschätzung sei unzulänglich. Sie gehe von einem zu geringen Verkehr aus. Die zulässigen Feinstaubwerte würden überschritten. Für sein Grundstück sei ein aktiver Schallschutz unerlässlich.
25In der Zeit vom 24. bis 27. Februar 2009 führte die Bezirksregierung N. nach vorheriger persönlicher Einladung und öffentlicher Bekanntmachung einen Erörterungstermin durch. Weder die Klägerin zu 1. noch der Rechtsvorgänger des Klägers zu 2. nahmen an diesem Termin teil.
26Als Ergebnis des Erörterungstermins und aus Anlass von Stellungnahmen und Einwendungen führte der Vorhabenträger die Deckblätter II bis X in das Verfahren ein, die nicht öffentlich ausgelegen haben; Betroffene wurden benachrichtigt. Die Kläger erhoben insoweit keine weiteren Einwendungen.
27Mit Beschluss vom 30. September 2011 stellte die Bezirksregierung N. den Plan für den Ausbau der B 51 bzw. den Neubau der B 481n im fraglichen Abschnitt fest. Gleichzeitig setzte sie den in § 17e Abs. 2 Satz 1 FStrG für Vorhaben des vordringlichen Bedarfs vorgesehenen Sofortvollzug vorübergehend aus, da Haushaltsmittel für die Realisierung des Vorhabens noch nicht bereitstanden. Die Einwendungen der Kläger wurden zurückgewiesen. Das Grundstück des Klägers zu 2. liege entsprechend der Auskunft der Stadt N. im unbeplanten Außenbereich. Daher werde seine Forderung nach weiteren aktiven Lärmschutzmaßnahmen zurückgewiesen.
28Der Planfeststellungsbeschluss lag nach vorheriger öffentlicher Bekanntmachung in der Zeit vom 7. bis 20. Dezember 2011 bei den Städten N. und U. öffentlich aus.
29Am 20. Januar 2012 haben die Kläger Klage erhoben.
30Mit Planänderungsbescheid vom 12. August 2014 verzichtete der Beklagte auf die Inanspruchnahme mehrerer Grundstücke, u. a. des Grundstücks der Klägerin zu 1. Am 12. September 2014 haben die Kläger ihre Klage auf diesen Planänderungsbescheid erstreckt.
31Mit Bescheid vom 14. August 2014 hob der Beklagte die Aussetzung der Vollziehung des Planfeststellungsbeschlusses für den Ausbau der B 51 teilweise auf. Den Antrag der Kläger auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage lehnte der Senat mit Beschluss vom 4. November 2014 ab (11 B 1086/14.AK).
32Die Kläger beziehen sich zur Begründung ihrer Klage zunächst vollinhaltlich auf ihre Einwendungen im Verwaltungsverfahren und machen diese zum Gegenstand der Klagebegründung. Darüber hinaus tragen sie insbesondere vor:
33Sie seien mit ihren Einwendungen nicht präkludiert. In der Bekanntmachung zum Deckblatt I-Verfahren gebe es keinen Hinweis darauf, dass die Lärmschutzgrundlagen durch das Deckblatt-Verfahren hätten komplett ersetzt werden sollen. Die erhobenen Einwendungen hätten daher weitergegolten. Der Kläger zu 2. habe als Laie bei der ersten Öffentlichkeitsbeteiligung ausreichende Einwendungen erhoben. Die Öffentlichkeitsbeteiligung sei sowohl bei der ersten Auslegung 2006 als auch für das Deckblatt I im Jahr 2007 nicht rechtmäßig abgelaufen. Die Bekanntmachung der ersten Auslegung vom 13. Februar bis 13. März 2006 sei erst erfolgt, nachdem die Auslegung bereits begonnen habe. Die Bekanntmachung sei in einer „zweiten Auflage“ des Amtsblattes der Stadt N. enthalten gewesen, die mit „Ergänzungslieferung“ überschrieben gewesen sei. Diese sei nicht schon am Freitag, den 10. Februar 2006, sondern erst am 14. Februar 2006 veröffentlicht worden. Eine frühere Bekanntmachung sei auch gar nicht möglich gewesen und widerspreche der Lebenserfahrung. Daher sei die Monatsfrist für die Auslegung der Unterlagen unterschritten. Selbst wenn die Bekanntmachung noch am 10. Februar 2006 erfolgt sei, fehle es an der erforderlichen Anstoßwirkung für die Öffentlichkeit, wenn die öffentliche Auslegung am folgenden Montag beginne. Daher könne ein Einwendungsausschluss von vornherein nicht greifen.
34Die öffentliche Bekanntmachung verstoße zudem gegen Vorgaben des damals direkt geltenden Art. 6 Abs. 2 der UVP-Richtlinie. Die Bekanntmachung nehme nur in einem Satz auf die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) Bezug. Dies werde den europäischen Vorgaben in zeitlicher Hinsicht nicht gerecht. Es werde auch nicht klar gesagt, dass das Vorhaben einer UVP unterstehe, noch gebe es Angaben über die Verfügbarkeit der Informationen, die gemäß Art. 5 der UVP-Richtlinie eingeholt worden seien. Die Auslegung im Jahr 2007 könne diese Fehler nicht heilen, denn sie habe nur die Änderungen des Deckblattes I betroffen. Zwar sei nunmehr ausdrücklich auf die UVP-Pflicht hingewiesen worden, es sei aber in keiner Weise mitgeteilt worden, welche Dokumente auslägen. Beide Auslegungen hätten inhaltlich nicht den Anforderungen der §§ 9 Abs. 1b und 6 Abs. 3 UVPG und der UVP-Richtlinie in der damals geltenden Fassung entsprochen. Bei der ersten Auslegung hätten z. B. entscheidungserhebliche Berichte und Empfehlungen wie die Verkehrsuntersuchung gefehlt. Es werde bestritten, dass die Umweltverträglichkeitsstudie (UVS)1993 ausgelegen habe. Die Auslegung im Jahr 1994 reiche nicht aus. Die UVS 1993 sei nach den damals geltenden Anforderungen unzureichend gewesen. Es fehlten Variantenprüfungen und die Ermittlung und Prüfung der erheblichen, jedoch noch nicht unzumutbaren bzw. grenzüberschreitenden Umweltauswirkungen. Die zweite Auslegung werde den inhaltlichen Anforderungen erst recht nicht gerecht. Die hier ausgelegten Unterlagen einschließlich des Erläuterungsberichtes und des Landschaftspflegerischen Begleitplanes hätten sich nur auf die Änderungen im Deckblattverfahren I bezogen. Es fehle u. a. an einer allgemein verständlichen Zusammenfassung. Der nebulöse Verweis des Beklagten auf angebliche Internetveröffentlichungen führe nicht weiter. Bei beiden Auslegungen fehle eine inhaltlich ausreichende UVS, die beispielsweise die betrachteten Varianten für die B 51 einschließlich Tunnellösung (und nicht nur für die B 481n) darstelle, obwohl der Beklagte derartige Varianten geprüft habe. Selbst wenn man den Ansatz einer angeblich in den übrigen Planfeststellungsunterlagen inbegriffenen UVS für ausreichend halte, was höchst zweifelhaft sei, sei den damaligen Anforderungen der UVP-Richtlinie nicht entsprochen worden, das zeige das Beispiel der untersuchten Varianten besonders deutlich. Die Beteiligung der Öffentlichkeit sei zwingender Bestandteil des UVP-Verfahrens. Sie könne nach Ergehen des Planfeststellungsbeschlusses nicht mehr nachgeholt werden. Die Öffentlichkeit könne auch die verfahrensrechtliche Rechtmäßigkeit von Entscheidungen anfechten, für die die Öffentlichkeitsbeteiligung gelte. Die Bezugnahme im Planfeststellungsbeschluss auf eine UVS aus dem Jahr 1993 erscheine geradezu absurd. Die UVS gehe von 31.000 Kfz/24h aus, der Planfeststellungsbeschluss hingegen von 50.560 Kfz/ 24h. Zudem habe die UVS eine Vollabdeckung mit Überschüttungsmöglichkeit vorgesehen, die nicht planfestgestellt worden sei. Die Stadt N. habe der Planung ausdrücklich vor dem Hintergrund des Ergebnisses einer abgedeckten Troglage zugestimmt. Diese Lösung habe daher nicht im Erläuterungsbericht mit einem Satz ausgeschlossen werden dürfen. Aufgrund neuerer Rechtsprechung könne der Beklagte sich nicht darauf berufen, dass es an einer Kausalität zwischen Fehler und Planfeststellungsbeschluss fehle. Da es um zentrale Bestandteile der europäischen Beteiligungsanforderungen gehe, sei der Planfeststellungsbeschluss allein deshalb zumindest für rechtswidrig und nicht vollziehbar zu erklären.
35Es sei eine neue Linienbestimmung erforderlich gewesen, da mit der B 481n eine neue Bundesfernstraßenverbindung geschaffen werde, die im Hinblick auf die nach § 15 Abs. 1 Satz 3 UVPG in der Umweltverträglichkeitsprüfung zur Linienbestimmung zu prüfenden, ernsthaft in Betracht kommenden Trassenvarianten einer einheitlichen Betrachtung mit der Planung der B 51 bedürfe. Die Variantenprüfung der Linienbestimmung sei in der Planfeststellung wieder aufzugreifen und in dem gebotenen Umfang und im Detail zu konkretisieren. Die Bezugnahme auf eine Linienbestimmung vom 14. Dezember 1967 für die B 481n und das Ergebnis der damaligen UVP sei verfahrensfehlerhaft, weil es damals eine UVP im Sinne des heutigen Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung noch gar nicht gegeben habe. Daher sei im Ergebnis vom Fehlen der UVP in der Linienbestimmung mitsamt der gesetzlich vorgesehenen Trassenvariantenprüfung auszugehen. Eine Linienbestimmung fehle damit insgesamt.
36Der Planfeststellungsbeschluss genüge nicht dem Abwägungsgebot des § 17 Satz 2 FStrG. Er sei erlassen worden, ohne vorher die Abwägungsgrundlagen ausreichend zu ermitteln. Für den Kläger zu 2. sei erst bis Mitte Oktober 2011 ermittelt worden, ob sein Anwesen dem Innen- oder Außenbereich zuzuordnen sei. Da der Planfeststellungsbeschluss bereits getroffen gewesen sei, habe der Beklagte gar nicht mehr zu einem anderen Ergebnis als Außenbereich kommen können und sich vorab gebunden. Die Schadstoffuntersuchung des Büros M. aus September 2011 sei dem Beklagten erst am Datum der Planfeststellung zugegangen. Es habe im Planfeststellungsverfahren im eigentlichen Sinne gar keine Variantenprüfung gegeben, sondern einzig eine Bezugnahme auf eine vom Auftrag eng begrenzte schon damals zwölf Jahre alte UVS, die sich auf die Bestandstrasse beschränke. Das von der Beklagten gewählte gestufte Verfahren mit einer UVP vor rund 20 Jahren und einer Prüfung zusätzlicher oder anderer erheblicher Umweltauswirkungen in der Planfeststellung sei rechtlich nicht zulässig gewesen. Insbesondere seien keine Varianten geprüft worden. Damit sei eine UVP nicht durchgeführt und nicht nachgeholt. Daher fehle es an der erforderlichen Abwägungs- und Ergebnisoffenheit. Es finde sich dementsprechend nicht einmal eine Grobprüfung anderer in Betracht kommender Trassenführungen für die B 51. Die Prüfung habe auch nicht unter dem Gesichtspunkt unterbleiben dürfen, dass es sich um den dritten Bauabschnitt eines Gesamtvorhabens handele. Es dränge sich die Variante östlich der Umgehungsbahn geradezu auf: Am Ende des zweiten Bauabschnitts knicke die Alternativtrasse nach rechts ab, führe etwa einen Kilometer Richtung Osten, werde unter dem Bahndamm hindurchgeführt und dann parallel zum Bahndamm und der Hochspannungsleitung. Nördlich der X2. Straße werde der Bahndamm erneut gequert; sodann werde die planfestgestellte Trasse der B 481n genutzt. Dies entlaste den gesamten Kernbereich von St. N3. , der wieder zusammenwachsen könne und konzentriere Verkehrstrassen. Die Trasse führe vorwiegend über landwirtschaftlich genutzte Flurstücke und könne ebenerdig geführt werden. Der Bahndamm bilde einen Lärmschutzwall. Die Variante sei zwar einen Kilometer länger, es werde aber auch Versiegelung eingespart im Zusammenhang mit dem Knoten mit der X2. Straße, der allein zu einem Verbrauch von 20 ha Fläche führe, die großenteils versiegelt werden müsse. Die Bestandstrasse der B 51 könnte entsiegelt werden. Das Landschaftsschutzgebiet X3. -F. -Niederung werde nur an seinem äußersten Rand tangiert. Die Alternativtrasse käme gänzlich ohne Inanspruchnahme von Wohneigentumsgrundstücken aus, es wären höchstens einige wenige Kleingärten betroffen. Auch Kosten- und Wirtschaftlichkeitserwägungen sprächen für die Alternativtrasse. Es wäre lediglich für einige wenige Häuser im Außenbereich weiter östlich der Trasse für Lärmschutz zu sorgen. Geringere Kosten für Lärmschutz und für den Knoten X2. Straße führten zu Millioneneinsparungen. Die in der Klagebegründung vorgelegte Skizze solle nur die verbale Beschreibung der möglichen Trasse unterstützen und kein rechtwinkliges Abknicken der Trasse einfordern. Darüber hinaus fehlten offenbar jegliche Variantenüberlegungen zur Verlängerung des Troges und des offenporigen Asphalts. Die unter Nutzen-Kosten-Gesichtspunk-ten im Hinblick auf Lärmschutz und Eigentumsinanspruchnahme günstigste Variante sei gar nicht ermittelt worden.
37Die Verkehrsprognose sei unzureichend und komme zum Nachteil der Kläger zu einer zu geringen Verkehrsbelastung. Es gebe keinen sachlichen Grund für eine Beschränkung auf den Prognosehorizont 2020. Der „Kurzbericht ‑ Ausblick Prognose 2025“ sei unzutreffend. Die knappen Ausführungen seien in keiner Weise nachvollziehbar und widersprächen zum Teil dem Gutachten für den Zeitraum bis 2020, in dem der Anstieg des Schwerverkehrs von knapp 5 % nicht berücksichtigt sei. Die Prognose genüge auch im Übrigen methodisch nicht den Anforderungen. Das Prognoseergebnis sei weder nachvollziehbar begründet noch beruhe es auf realistischen Eingangsdaten und Annahmen. Die Ergebnisse ließen sich nicht ableiten. Es fehlten die Berechnungsgrundlagen, genaue Quellenangaben und eine Beschreibung des Rechenvorgangs. Für eine Reihe von Eingangswerten gebe es keine Ableitungen. Der Verkehr für den Abschnitt X. Straße bis X2. Straße sei weiterhin zu niedrig angesetzt. Der Planfeststellungsbeschluss stelle für 2020 auf 50.560 Kfz/24h vom B. Weg bis zur X. Straße und auf 41.730 Kfz/24h von der X. Straße bis zur X2. Straße ab. Die Verkehrszählung 2010 weise für die B 51 „Umgehungsstraße N. “ 55.700 Kfz/24h aus. Die Prognose werde im Hinblick auf die Entwicklung auf den bereits ausgebauten Abschnitten den Erfahrungswerten nicht gerecht. Dort habe der Verkehr von 1990 bis 2005 um 125 % bzw. 203 % zugenommen. Er werde weiter steigen, wenn der Weiterbau der B 51 nach Osten und der B 481n nach Norden abgeschlossen sein werde. Die Ausführungen zur Aktualisierung von September 2006 seien nicht nachvollziehbar und blieben nebulös. Auswirkungen anderer Maßnahmen auf die B 51/B 481n würden nicht im Einzelnen aufgeführt. In einer früheren Unterlage sei die Einwohnerzahl von N. für 2010 mit 254.000 eingestellt, bereits jetzt habe N. 280.000 Einwohner mit steigender Tendenz. Die verkehrserhöhende „Entlastungsstraße Nord“ werde nicht aufgeführt. Auch das neue Wohngebiet in X4. -Nord und die Erschließung des neuen Gewerbegebiets B1.--------straße in X4. würden nicht erwähnt. Bei der Umgehungsstraße X4. reiche der Zufluss von Mautverkehr bis zur A 2 bei C1. . Es müssten auch die Zugänge durch Expansion und Verlagerung von zwei großen Firmen mit Logistikbedarf im Bereich I.-----weg und einer großen Baustoffhandlung an der M1. berücksichtigt werden. Auch der seit 2004 bestehende Masterplan zur Entwicklung des Hafenbereichs sei nicht berücksichtigt. Der Aufstellungsbeschluss des entsprechenden Bebauungsplans vom 7. Juli 2010 habe zum Zeitpunkt der Planfeststellung längst vorgelegen. Die Verkehrsuntersuchung dieser Planung gehe für die B 51 zwischen B. Weg und X. Straße im Jahr 2025 von 51.400 Kfz/24h aus; diese Prognose liege über der des IVV-Gutachtens, das für 2020 nur 50.600 Kfz/24h vorhersage. Daher werde die IVV-Verkehrsprognose durch die Planungen der Stadt N. widerlegt. Die Prognosen übersähen nach wie vor, dass seit Jahrzehnten geplant sei, eine durchgehend leistungsfähige Verbindung zwischen N. und der A 2 im Osten zu schaffen. Dies werde den Verkehr im fraglichen Abschnitt um 15.000 Kfz/24h erhöhen. Der Ansatz eines Lkw-Anteils von 13 % tags und 12 % nachts sei zu niedrig. Viele Lieferfahrzeuge ab 2,8 t würden fehlerhaft als Pkw gezählt. Es gebe offenkundig keine Unterlage, die entsprechend den Vorgaben der 16. BImSchV die Ermittlung einer maßgebenden stündlichen Verkehrsstärke und eines maßgebenden Lkw-Anteils (über 2,8 t) am Gesamtverkehr über die Nachtzeit dokumentiere. Dafür sei auf die Standardwerte der 16. BImSchV zurückzugreifen.
38Die lärmtechnische Untersuchung leide unter einer Reihe von Fehlern, die sich auf das Ergebnis auswirkten. Sie sei in mehrererlei Hinsicht ungenügend. Die Untersuchung sei offenkundig nicht von sachkundigen Personen erstellt worden. Es gebe keinerlei Hinweise auf die Verfasser. Die Methodik der Ermittlung der ausgewiesenen Beurteilungspegel sei nicht ausreichend dargestellt. Es fehlten Angaben, wie die Gebietsarten, die Abstände, Höhen und Geschosse ermittelt worden seien, sowie Angaben zu Kosten von Lärmschutzmaßnahmen und Lärmschutzvarianten sowie Angaben zu den für einen Vollschutz erforderlichen Maßnahmen und Lärmberechnungen für die Außenwohnbereiche. Es sei nicht dargelegt, welche Eingangsdaten und welche Fassung der Software „Sound Plan“ verwendet worden sei. Der Beklagte habe die Fachgutachten nicht auf Plausibilität überprüft. Die Gutachten in ihren verschiedenen Fassungen hätten der Planfeststellung nicht zu Grunde gelegt werden dürfen. Die lärmtechnische Untersuchung basiere auf falschen Prognosedaten. Das gelte insbesondere für den zu geringen Lkw-Anteil; es sei nicht nachvollziehbar, wie die Verteilung auf Tag und Nacht ermittelt worden sei. Der Beklagte habe laut Vermerk vom 1. März 2011 vom Landesbetrieb Straßen NRW eine Neuerstellung des Lärmschutzkonzepts gefordert. Diese Neukonzeption sei offenbar nicht vorgelegt worden und könne nicht in den „vier Seiten plus ein paar Tabellen“ im Verwaltungsvorgang gesehen werden.
39Für die Klägerin zu 1. seien falsche Berechnungspunkte gewählt worden. Das Erdgeschoss beginne beim Haus der Klägerin zu 1. erst in etwa 1,5 bis 1,6 m Höhe. Daher wären bei 0,2 m über Fensteroberkante 4,2 und 7,0 m statt 2,4 und 5,2 m anzusetzen gewesen. Dabei sei noch zu klären, in welchem Verhältnis die Geländeoberkante nach dem Höhenplan zur Geländehöhe an ihrem Haus stehe. Der Abstand vom Immissionsort zur Achse der Straße sei für die Klägerin zu 1. mit 36,4 m angegeben. Dies treffe für den Außenwohnbereich ersichtlich nicht zu. Es seien offenbar flächendeckend alle Außenwohnbereiche nicht berechnet und sämtliche Entschädigungsansprüche in diesem Zusammenhang verkannt worden. Auch für das Grundstück des Klägers zu 2. liege der maßgebliche Immissionsort für den Außenwohnbereich erheblich näher an der Trasse. Die Höhe sei bei ihm noch niedriger angenommen als bei der Klägerin zu 1. Der Fehler fehlender Ermittlung der Betroffenheit der Außenwohnbereiche werde nicht durch die Nebenbestimmung A.5.2.3 geheilt. Es fehlten erforderliche Ermittlungen der Schutzansprüche für die Prüfung der Schallschutzvarianten und das erforderliche Abwägungsmaterial. Ansprüche auf passiven Schallschutz stünden in keinem zwingenden Verhältnis zu Entschädigungsansprüchen für Außenwohnbereiche. Dem Kläger zu 2. werde der ihm zustehende Lärmschutz verwehrt. Er könne sich auf den Schutz für Wohngebiete berufen (59 dB(A) tags, 49 dB(A) nachts); die Grenzwerte würden jeweils überschritten. Die Einstufung seines Grundstücks als Außenbereich sei unzutreffend. Für sein Grundstück bestehe kein Bebauungsplan. Weniger als 10 m östlich beginne ein reines Wohngebiet (Bebauungsplan Nr. 300 der Stadt N. ). Es bestehe ein Bebauungszusammenhang mit dem östlich der Straße bestehenden Wohngebiet. Die N4.----straße habe im vorliegenden Fall keine trennende, sondern eine verbindende Funktion. Beide Straßenseiten stünden in entsprechenden optischen Beziehungen und prägten sich gegenseitig; das folge auch aus eindeutigen historischen Bezügen. Die N5.---straße habe beiderseits Gehwege und Straßenbeleuchtung. Die Bebauung sei ähnlich. Westlich der N5.---straße stünden zwei weitere Häuser. Die Baulücke zum Haus Nr. 24 unterbreche den Bebauungszusammenhang nicht. Zur Baugenehmigung für sein Haus aus dem Jahr 1971 sei die Auskunft erteilt worden, dass sich Art und Maß der baulichen Nutzung nach einem „reinen Wohngebiet“ zu richten habe. Das ergebe sich auch aus der Ortssatzung der Stadt N. vom 27. Juli 1957. Die Umspannstation für das Wohngebiet sei in den klägerischen Baukomplex integriert. Die Ausweisung im Flächennutzungsplan sei nicht parzellenscharf, es verbleibe ein Interpretationsspielraum. Ein Straßenbaubeitragsbescheid der Stadt N. vom 28. März 2014 sehe das Grundstück des Klägers zu 2. in voller Breite als bebaubar an.
40Die zur Umsetzung des in § 41 BImSchG vorgegebenen Lärmschutzkonzepts erforderliche Nutzen-Kosten-Prüfung einschließlich der dafür erforderlichen Grundlagendaten fehle in den Planfeststellungsunterlagen. Es seien die Kosten je Schutzfall zu betrachten, d. h. die Kosten je durch die jeweilige Lärmschutzvariante „bewältigten“ Schutzfalls, also je erreichter Grenzwerteinhaltung. Pauschale Betrachtungen seien zulässig, wenn der Gleichheitssatz beachtet werde. An dem sich daraus ergebenden Prüfungsprogramm fehle es. Die lärmtechnische Untersuchung ermittele keine Beurteilungspegel für Außenwohnbereiche. Damit seien eine Vielzahl von Anspruchsberechtigungen nicht erkannt. Der Nutzen eines Lärmschutzkonzepts könne so nicht ermittelt werden. Es gebe keine Angaben zu den erforderlichen Maßnahmen und den Kosten für einen Vollschutz, welche Lärmschutzvarianten mit welchem Nutzen und welchen Kosten betrachtet worden seien und zu den Kosten einzelner Lärmschutzmaßnahmen. Die von der Stadt N. beschlossene Beteiligung an den Kosten sei nicht berücksichtigt. Im Planfeststellungsbeschluss seien die Kosten je Schutzfall nicht ermittelt worden, die Prüfung sei frei von nachvollziehbaren Maßstäben. Für die Bereiche der Kläger gebe es nur nicht nachvollziehbare allgemeine Annahmen. Rechne man die Kostensteigerung je bewältigtem Schutzfall, ergebe sich eine Steigerung von nur 1,7 %. Das sei verhältnismäßig. Allerdings fehlten hier die Außenwohnbereiche. Die vom Beklagten angeführte „abwägende Mitberücksichtigung“ scheide logisch aus. Die Beurteilungspegel für Außenwohnbereiche seien gesondert zu ermitteln und gesondert in die Abwägung einzuführen und gegebenenfalls zu entschädigen. Das alles sei versäumt worden, so dass eine sachgerechte Nutzen-Kosten-Betrachtung nicht habe angestellt werden können. Die örtlichen Verhältnisse seien unvollständig ermittelt. Es fehle an der Ermittlung und Prüfung erheblicher, jedoch noch nicht unzumutbarer bzw. grenzüberschreitender Lärmbelastungen. Gleiches gelte für Luftschadstoffbelastungen und Erschütterungen. Der Flächennutzungsplan der Stadt N. weise beidseitig der B 51 Wohnbauland aus. Eine angebliche Berücksichtigung einer plangegebenen Vorbelastung der Wohnhäuser nördlich der Straße „Zum Guten Hirten“ sei nicht nachvollziehbar. Der Hinweis Nr. 6 in der vom Beklagten seiner Klageerwiderung als Beispiel beigefügten Baugenehmigung habe keine Regelungswirkung. Nicht berücksichtigt sei die mit der planfestgestellten Schutzvariante (5 m Lärmschutzwand) einhergehende Eigentumsbeeinträchtigung für die Klägerin zu 1.
41Die Luftschadstoffuntersuchungen litten ebenfalls unter fehlerhaften Prognose-annahmen. Die Übernahme der Hintergrundbelastung von einer Messstation, die nicht hinreichend auf die Übertragbarkeit der Umgebungsverhältnisse geprüft worden sei, sei fehlerhaft. Offenbar seien die Werte der Messstation N. -Geist angesetzt worden. Diese erfasse aufgrund ihrer Lage und der regelmäßi-gen Westwinde vorwiegend ländliche Hintergrundbelastung. Dagegen hätten sich Luftmassen bei den Grundstücken der Kläger nach Überquerung der Stadt N. mit Schadstoffen angereichert. Die Messstation an der X1. Straße in N. habe in den letzten Jahren Überschreitungen bei NO2 gemessen. Die Annahmen zur Verkehrssituation in Abbildung 5.1 des Luftschadstoffgutachtens stünden im Widerspruch zu den Angaben in der lärmtechnischen Untersuchung. Die Auswertung sei irreführend; relevant sei die Belastung in allen Wohnberei-chen, hier besonders auch in den Außenwohnbereichen, die deutlich höher belastet seien als die Wohnhäuser. In den Gartenbereichen ergäben sich rechnerisch Grenzwertüberschreitungen. Es fehle ‑ auch in der vom Beklagten vorgelegten ergänzenden E-Mail ‑ eine Berechnung der Kurzzeitgrenzwerte. Die Belastungen durch Baulärm und Erschütterungen während der Bauzeit seien weder ermittelt noch im Planfeststellungsbeschluss Aussagen zum Schutz vor ihnen getroffen worden. Der Planfeststellungsbeschluss führe widersprüchlich aus, die AVV-Baulärm sei zu beachten, aber sie könne nicht eingehalten werden. Das widerspreche der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes. Das Vorhaben entspreche nicht dem Gebot der Eingriffsminimierung in § 15 Abs. 1 BNatSchG. Die Ausgestaltung des Knotens B 51/X2. Straße führe zu vermeidbaren Eingriffen.
42Die Kläger beantragen,
43den Planfeststellungsbeschluss des Beklagten vom 30. September 2011 in der Fassung des Planänderungsbescheides vom 12. August 2014 aufzuheben,
44hilfsweise,
45den Beklagten unter teilweiser Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses vom 30. Septem-ber 2011 in der Fassung des Planänderungsbescheides vom 12. August 2014 zu verpflichten, die Kläger hinsichtlich ihrer durch das Vorhaben betroffenen Rechte/Interessen, insbesondere hinsichtlich des Schutzes vor Immissionen, erneut zu bescheiden.
46Der Beklagte beantragt,
47die Klage abzuweisen.
48Er verweist auf den angefochtenen Planfeststellungsbeschluss und trägt ergänzend im Wesentlichen vor:
49Die Klägerin zu 1. sei mit ihrem Klagevorbringen gegen den Prognosehorizont, das Verkehrsgutachten, die Lärm- und Schadstoffimmissionen präkludiert, weil sie nach der Auslegung der geänderten Planunterlagen als Deckblatt I keine Einwendungen mehr erhoben habe. Die im Bereich des Grundstückes der Klägerin zu 1. geplante Lärmschutzwand solle nicht auf ihrem Grundstück, sondern in einem Abstand von 1,7 m zu ihrem Grundstück errichtet werden. Es werde auf jegliche Inanspruchnahme ihres Grundstückes verzichtet.
50Die konkreten unpräkludierten Einwendungen des Rechtsvorgängers des Klägers zu 2., Herrn V. S. , richteten sich auf die Überprüfung des Verkehrsgutachtens und der hieraus folgenden Lärmschutzmaßnahmen. Sein Grundstück befinde sich in einer Entfernung von rund 92 bis 107 m zum künftigen Fahrbahnrand und liege wie die Grundstücke N2.---straße 22 und 24 im Außenbereich gemäß § 35 BauGB. Sie würden durch die N5.---straße von dem gegenüberliegenden Wohngebiet getrennt und lägen als Einzelbebauungen ohne Ordnungsstruktur in einem zusammenhängenden größeren Waldgebiet. Die lärmtechnische Berücksichtigung als Wohngebiet sei nicht begründbar; dies ergebe sich auch aus einer schriftlichen planungsrechtlichen Auskunft der Stadt N. vom 9. No-vember 2011. Seit Inkrafttreten der 56. Änderung des Flächennutzungsplanes der Stadt N. am 5. Juli 1991 sei das Grundstück nicht mehr als Wohnbaufläche ausgewiesen. In planungsrechtlichen Auskünften der Stadt werde es seit 2002 stets als Außenbereich beurteilt.
51Die Offenlage der Planunterlagen sei ordnungsgemäß bekannt gemacht worden. Dies sei von der Stadt N. mit Schreiben vom 20. Februar 2006 bestätigt worden. Aus der Bezeichnung als „Ergänzungslieferung“ könne nicht auf eine spätere Bekanntmachung geschlossen werden. Auch die Ergänzungslieferung sei laut einem Schreiben der Stadt N. vom 14. Mai 2012 am 10. Februar 2006 erschienen und ausgeliefert worden. In einem Pressetext sei fälschlicherweise als der Tag der Bekanntgabe der 14. Februar 2006 genannt worden. Für den Bekanntmachungszeitraum vor der Planoffenlage seien nach § 73 Abs. 5 VwVfG NRW keine Fristen vorgegeben. Weitere Bekanntmachungen seien nach der Hauptsatzung der Stadt N. nicht vorgesehen gewesen. Im Übrigen sei die von den Klägern unzutreffend behauptete Verspätung der Bekanntmachung aus Rechtsgründen unschädlich. Die erforderliche Anstoßwirkung sei erreicht worden, da die Kläger und 264 weitere Einwender fristgerecht Einwendungen erhoben hätten. Die Hinweise in den Bekanntmachungstexten hätten sowohl im Jahr 2006 als auch im Jahr 2007 den gesetzlichen Vorgaben des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung entsprochen. Aus Anzahl und Inhalt der Einwendungen gehe deutlich hervor, dass alle Verfahrensbeteiligten verstanden hätten, dass die Beteiligung der betroffenen Öffentlichkeit auch das UVPG-Verfah-ren umfasst habe. Soweit die Kläger unzutreffend unterstellten, es handele sich um Verfahrensfehler, seien diese aus Rechtsgründen nach Maßgabe des Kausalitätserfordernisses unschädlich.
52Die UVP sei insgesamt konsequent und verfahrensfehlerfrei durchgeführt worden. Unter Ziffer 4.4. des Planfeststellungsbeschlusses sei die Strukturierung der UVP auf den verschiedenen Planungsstufen mit Schwerpunkt im Planfeststellungsverfahren beschrieben, die zusammenfassende Darstellung der Umweltauswirkungen werde gemäß § 11 UVPG ab Seite 58, die abwägende Bewertung der Umweltauswirkungen gemäß § 12 UVPG ab Seite 69 methodisch getrennt vor der abschließenden Abwägung nach § 17 FStrG dargestellt. Die planfestgestellte Variante stütze sich auf ein in der UVS 1993 noch nicht untersuchtes verbessertes Lärmschutzkonzept.
53Die Überprüfung des Planungskonzeptes habe bereits in der UVP eine Bestätigung des Ausschlusses der Neubautrassenführung östlich der Umgehungsbahn ergeben. Diese Trassenführung widerspreche dem Bundesfernstraßenbedarfsplan und dem Gebietsentwicklungsplan, führe zu einem erheblich größeren Eingriff in die im Planfeststellungsbeschluss aufgeführten Umweltgüter und habe nicht das Vermeidungspotenzial, auf das sich der Ausbau der Bundesstraße im vorbelasteten Bereich mit einer zusätzlichen Lärmsanierung stützen könne. In ihren Einwendungen hätten die Kläger bzw. Rechtsvorgänger die Prüfung der Umgehungsbahnalternative nicht angesprochen. Die Neubauvariante östlich der Umgehungsbahntrasse sei bereits im ersten und zweiten Planfeststellungsabschnitt verworfen worden. Der Planfeststellungsbeschluss habe die Vorgaben zum Linienbestimmungsverfahren und dessen Ergebnis für den Planungsabschnitt der B 481n berücksichtigt. Der Bedarfsplan für die Bundesfernstraßen gebe einen Ausbau der B 51 im vorhandenen Straßenzug vor. Daher habe für diesen Abschnitt auf eine Linienbestimmung verzichtet werden können.
54Das dem Planfeststellungsbeschluss zu Grunde gelegte projektbezogene Verkehrsgutachten vom 11. September 2006 sowie der zuletzt erstellte Ausblick auf das Prognosejahr 2025 seien nicht zu beanstanden. Der Hinweis der Kläger auf einen Presseartikel über die Verkehrszählung 2010 beziehe sich auf den stärker frequentierten Streckenabschnitt zwischen dem Autobahnkreuz N. -Süd und der X1. Straße. Für den vorliegenden dritten Abschnitt der B 51 weise die Verkehrszählung 2010 Verkehrsbelastungen in Höhe von 32.500 Kfz/24h auf dem Teilabschnitt zwischen B. Weg und X. Straße sowie 20.500 Kfz/24h auf dem Teilabschnitt zwischen X. Straße und X2. Straße auf. Die „Entlastungsstraße Nord“ sei in der Aktualisierung vom 11. März 2008 berücksichtigt; sie führe zu etwas geringeren Belastungswerten (minus 1.000 bis minus 2.000 Kfz DTV) für die B 51 und zu einer marginalen Verringerung auf der B 481n. Die bis zum Jahr 2025 zu erwartende Steigerung des Schwerverkehrs um knapp 5 % beziehe sich auf die absoluten Zahlen im Schwerverkehr und sei nicht als Anstieg in Prozentpunkten zu werten. Sie liege in einem Toleranzbereich der allgemeinen methodischen Prognosesicherheit und stelle die Verwertbarkeit der dem Planfeststellungsbeschluss zu Grunde gelegten Prognoseberechnung zum Horizont 2020 nicht in Frage. Methodisch zutreffende Prognoseermittlungen könnten sich nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts auch auf kürzere Prognosehorizonte als 15 Jahre stützen. Die „Ergänzungen zum Kurzbericht Ausblick Prognose 2025 vom 28.07.2011“ vom 14. Juni 2012 bestätigten, dass die Verkehrsmengengerüste auch bis zum Jahr 2025 noch eine Validität besäßen. Eine Fortschreibung des Prognoseergeb-nisses auf das Jahr 2025 ergebe nur eine marginale irrelevante Erhöhung des Prognoseimmissionspegels um bis zu 0,2 dB(A). Für die Außenwohnbereiche des Wohngrundstücks des Klägers zu 2. seien fiktive Lärmberechnungen unter Berücksichtigung der Ergebnisse des Ausblicks Prognosejahr 2025 angestellt worden. Für Balkon, Freisitz und Terrassen ergäben sich Tagwerte von 55,4 bis 58,9 dB(A).
55Die lärmtechnischen Berechnungen seien mit Hilfe des DV-Programms „Sound Plan“ erstellt worden; dieses Programm sei zertifiziert und nicht zu beanstanden. Auf Grund der Komplexität der Berechnung würden nur die Ergebnisse in einer Tabelle zusammengefasst und dem lärmtechnischen Entwurf beigefügt. Dem präkludierten Hinweis auf mögliche Höhendifferenzen bei der Festlegung der Immissionsorte auf dem Grundstück der Klägerin zu 1. sei nachgegangen worden. Eine vermessungstechnische Überprüfung habe am Wohnhaus im ungünstigsten Fall (1. OG) eine Höhendifferenz um fast 1,64 m ergeben. Derartige Differenzen könnten sich z. B. durch versetzte Ebenen innerhalb des Hauses erklären; sie würden typischerweise nur einwendungsbezogen berücksichtigt. Mit den höhergelegenen Immissionsorten und unter Berücksichtigung des um 5 % gestiegenen Schwerverkehr-anteils bis 2025 lägen die berechneten Lärmpegel mit 54,7 dB(A) am Tag und 47,1 dB(A) in der Nacht sowohl im Erdgeschoss als auch mit 56,1 dB(A) am Tag und 48,6 dB(A) in der Nacht im Obergeschoss unterhalb der für Wohngebiete geltenden Immissionsgrenzwerte.
56An den Wohngebäuden der Kläger werde Volllärmschutz erreicht. Bei der Abwägung der Lärmschutzkonzepte zu den einzelnen Lärmschutzbereichen im Planfeststellungsbeschluss sei zur Berücksichtigung von Außenwohnbereichen zutreffend davon ausgegangen worden, dass passive Lärmschutzreste nur in Obergeschosshöhe verblieben und Außenwohnbereiche dort als Balkon jeweils beim Innenwohnbereich einer Wohneinheit abwägend mitberücksichtigt werden könnten. Bei der Abwägung des Lärmschutzkonzeptes zum Bereich C2.-----weg sei zutreffend berücksichtigt, dass sich nur für einen einzigen Balkon ein den Tagesgrenzwert überschreitender Beurteilungspegel im Außenwohnbereich von 59,38 dB(A) ergebe. Entgegen der Behauptung der Kläger gebe es im Abschnitt C2.-----weg /Westseite kein aktiv ungeschütztes bereits festgesetztes Wohngebiet. Die Baugenehmigungen der Wohnhäuser nordwestlich der Straße „Zum Guten I1. “ seien mit der Maßgabe erteilt worden, dass keine Ansprüche rechtlicher oder finanzieller Art gegenüber dem Landesbetrieb Straßen NRW hergeleitet werden könnten, die sich auf Lärmschutzmaßnahmen bezögen, die auf Grund von auftretenden Lärmimmissionen auf der B 51 nötig würden. Der Rat der Stadt N. habe dem Lärmschutzkonzept der Bundesstraßenverwaltung erstmals in seiner Sitzung vom 13. September 2000 und zuletzt im Jahr 2011 in Gestalt des Deckblattes IX zugestimmt. Mehrkosten des Lärmschutzkonzeptes, die für städtebaulich wirksame Maßnahmen gefordert seien, würden von der Stadt N. getragen; dies seien Mehrkosten für eine lärmschutzneutrale Kragarmausbildung und eine transparente Ausbildung von Lärmschutzwänden im oberen Bereich. Zwischen Baulastträger und der Stadt N. sei keine Kostenübernahme zu Maßnahmen mit zusätzlichem Lärmschutzeffekt vereinbart, die im Hinblick auf die Rechtsprechung zur Kostenverhältnismäßigkeit nach § 41 BImschG im Planfeststellungsverfahren grenznutzenrelevant seien.
57Das Gutachten zu den Luftschadstoffbelastungen sei fachlich nicht zu beanstanden. Es zeige auf, dass im Bereich des Grundstückes der Klägerin zu 1. die Luftschadstoffe im Prognosefall unterhalb der maßgeblichen Grenzwerte liegen. Dabei sei mit 50.600 Kfz/24h die höchste Prognoseverkehrsbe-lastung aus dem Teilabschnitt zwischen B. Weg und X. Straße für die Berechnung des gesamten vorliegenden Streckenabschnittes der B 51 zu Grunde gelegt worden, während für den Bereich C2.-----weg ein um 17,5 % geringerer DTV-Wert von 41.730 Kfz/24h zutreffe. Das Gutachten, das von einer gefahrenen Geschwindigkeit von 70 km/h ausgehe, liege daher auch dann auf der sicheren Seite, wenn von der zuständigen Straßenverkehrsbehörde künftig ein Tempolimit von 100 km/h zugestanden würde. Eine Berechnung unter Zugrundelegung von 100 km/h habe ergeben, dass für das Grundstück der Klägerin zu 1. keine Grenzwertüberschreitungen zu erwarten seien.
58Der Planfeststellungsbeschluss enthalte an mehreren Stellen Auflagen und Abwägungen zur Problembewältigung von Bauimmissionen. Dadurch sei der Straßenbaulastträger primär an die Einhaltung der AVV-Baulärm gebunden. Unter Berücksichtigung weiterer Maßnahmen (möglichst geräuscharme Bauverfahren, Bauzaun, Modifizierungen der Baumaßnahmen im Hinblick auf die AVV) könnten die Voraussetzungen des § 906 BGB beim Ausbau der bestehenden Bundesfernstraße ortsüblich eingehalten werden. Vorsorglich sei die Öffnung des Entschädigungsverfahrens zum Schutz der Anwohner im Planfeststellungsbeschluss angeordnet worden.
59Gegenüber dem heute bestehenden Zustand werde eine Lärmsanierung an der B 51 erreicht. Damit gehe die Steigerung der Lebens- und Wohnqualität im Bereich N3. einher; dies gelte auch für Anwohner im Bereich der N5.---straße . Der Planfeststellungsbeschluss habe unvermeidbare Wertminderungen im Wege der Abwägung auch dann berücksichtigt, wenn Lärmvorsorgeansprüche wegen Unterschreitung der Grenzwerte nicht bestünden.
60Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die Gerichtsakte und die Beiakten des vorliegenden Verfahrens sowie auf die zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemachten planfestgestellten Unterlagen und Verwaltungsvorgänge des Beklagten (Beiakten zum Verfahren 11 D 6/12.AK).
61E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
62Die zulässige Klage ist nicht begründet. Sie dringt weder mit ihrem im Hauptantrag formulierten Anfechtungsantrag auf Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses (A.) noch mit dem hilfsweise gestellten Verpflichtungsantrag durch (B.).
63A. Der auf die Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses gerichtete Hauptantrag ist unbegründet. Gegenstand der Klage ist der Planfeststellungsbeschluss des Beklagten vom 30. September 2011 in der Fassung, die er durch den Planänderungsbescheid vom 12. August 2014 erhalten hat. Die Kläger haben diesen Planänderungsbescheid am 12. September 2014 in ihre Klage einbezogen. Der festgestellte Plan und die nachträgliche Änderung verschmelzen zu einem einzigen Plan; es kommt inhaltlich zu einer einheitlichen Planungsentscheidung. Das hat zur Folge, dass sich der Planfeststellungsbeschluss in seiner Ursprungsfassung prozessual erledigt und das Rechtsschutzinteresse für ein gegen ihn gerichtetes Klagebegehren entfällt. Will der Kläger weiterhin Rechtsschutz gegen die Planung erreichen, bleibt ihm also keine andere Wahl, als gegen diese Entscheidung in ihrer geänderten Fassung vorzugehen.
64Vgl. BVerwG, Urteil vom 18. März 2009 ‑ 9 A 31.07 ‑, Buchholz 310 § 74 VwGO Nr. 15, S. 2, m. w. N.
65I. Bei der Überprüfung des angefochtenen Planfeststellungsbeschlusses ist grundsätzlich auf die Sach- und Rechtslage bei seinem Erlass abzustellen.
66Vgl. etwa BVerwG, Urteile vom 12. März 2008 - 9 A 3.06 -, BVerwGE 130, 299 (376), und vom 12. August 2009 - 9 A 64.07 -, BVerwGE 134, 308 (319).
67Hieran ändert der Planänderungsbescheid vom 12. August 2014 nichts, da trotz des Entstehens einer einheitlichen Planungsentscheidung die Grundzüge der Planung nicht betroffen sind.
68Rechtsgrundlage des angegriffenen Planfeststellungsbeschlusses vom 30. Sep-tember 2011 ist § 17 FStrG in der Fassung der Bekanntmachung vom 28. Juni 2007 (BGBl. I S. 1206), im Zeitpunkt der Planfeststellung zuletzt geändert durch Gesetz vom 31. Juli 2009 (BGBl. I S. 2585), in Verbindung mit den §§ 72 ff. VwVfG NRW in der Fassung der Bekanntmachung vom 12. November 1999 (GV. NRW. S. 602), im maßgeblichen Zeitpunkt zuletzt geändert durch Gesetz vom 17. Dezember 2009 (GV. NRW. S. 861).
69Der Senat überprüft den streitigen Planfeststellungsbeschluss unbeschadet der sich aus § 86 Abs. 1 VwGO ergebenden Aufklärungspflicht grundsätzlich nur im Rahmen der vorgetragenen Tatsachen, durch deren Berücksichtigung oder Nichtberücksichtigung im Planfeststellungsverfahren sich ein Kläger beschwert fühlt. Dies folgt aus § 17e Abs. 5 FStrG. Diese Vorschrift setzt dem klagenden Beteiligten kraft Gesetzes eine Frist von sechs Wochen. Innerhalb dieser Frist muss der Kläger die ihn beschwerenden Tatsachen so konkret angeben, dass der Lebenssachverhalt, aus der er den mit der Klage verfolgten Anspruch ableitet, unverwechselbar feststeht. Mit weiteren Einwendungen ist ein Kläger nach Maßgabe des § 87b Abs. 3 VwGO ausgeschlossen. Ein späterer vertiefender Vortrag steht dem nicht entgegen.
70Vgl. zum inhaltsgleichen § 5 Abs. 3 VerkPBG: BVerwG, Urteile vom 31. März 1995 - 4 A 1.93 -, BVerwGE 98, 126 (129), und vom 24. Mai 1996 - 4 A 38.95 -, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 119, S. 142.
71Hiervon ausgehend leidet der Planfeststellungsbeschluss an keinem Rechtsfehler, der die Kläger im Sinne des § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO in ihren Rechten verletzt und die - vollständige oder teilweise - Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses oder zumindest die Feststellung seiner Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit rechtfertigt.
72Die Grundstücke der Kläger werden für das Vorhaben nicht in Anspruch genommen, weshalb dem angegriffenen Planfeststellungsbeschluss für das Eigentum der Kläger keine enteignungsrechtliche Vorwirkung (§ 19 Abs. 2 FStrG) zukommt. Die von der Planung also nur mittelbar - nach ihrem Vortrag insbesondere durch Lärmimmissionen und Luftschadstoffe - betroffenen Kläger können daher im Gegensatz zu einem unmittelbar mit enteignungsrechtlicher Vorwirkung Betroffenen keine umfassende gerichtliche Überprüfung des Planfeststellungsbeschlusses auf seine objektive Rechtmäßigkeit (sog. Vollprüfungsanspruch) beanspruchen. Sie können nur die Verletzung gerade sie schützender Normen des materiellen und des Verfahrensrechts sowie eine nicht ordnungsgemäße Abwägung ihrer geschützten Privatbelange rügen, nicht aber eine insgesamt fehlerfreie Abwägung und Planung verlangen.
73Vgl. BVerwG, Urteile vom 26. April 2007 - 4 C 12.05 -, BVerwGE 128, 358 (363 f.), und vom 9. Juni 2010 - 9 A 20.08 -, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 208, S. 133 f.
74Ob andere gegen das Vorhaben sprechende Belange ordnungsgemäß berücksichtigt worden sind, können sie demgegenüber ebenso wenig geltend machen wie die Frage, ob Rechtsnormen beachtet wurden, die nicht ihrem Schutz zu dienen bestimmt sind.
75Vgl. BVerwG, Urteil vom 10. Dezember 2012 ‑ 9 A 20.11 ‑, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 229, S. 71 f.
76II. Hieraus folgt zunächst, dass die Kläger nicht mit Erfolg geltend machen können, dass bei der Planung naturschutzrechtliche Belange, wie beispielsweise etwa diejenigen des Landschaftsschutzes, des Artenschutzes oder weitere Gesichtspunkte des allgemeinen Naturschutzes nicht angemessen berücksichtigt worden seien. Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege dienen dem Allgemeininteresse. Private Interessen werden hierdurch nicht geschützt.
77Vgl. BVerwG, Urteil vom 28. März 2007 ‑ 9 A 17.06 ‑, Buchholz 442.09 § 18 AEG Nr. 64, S. 18.
78Auf die Einhaltung des sogenannten Minimierungsgebots in § 15 BNatSchG können sich die Kläger daher nicht berufen. Ebenso wenig können sie anführen, dass die Ausgestaltung des Knotens B 51/X2. Straße zu „vermeidbaren Eingriffen“ führe.
79III. Die Einwände der Kläger gegen die formelle Rechtmäßigkeit des Planfeststellungsbeschlusses greifen nicht durch.
801. Die Kläger machen geltend, die Bekanntmachung der ersten Auslegung sei erst erfolgt, nachdem die Auslegung bereits begonnen habe, durch die Bekanntmachung erst wenige Tage vor Beginn der Auslegung fehle es an der erforderlichen Anstoßwirkung für die Öffentlichkeit und der Inhalt der öffentlichen Bekanntmachung verstoße gegen Vorgaben des Art. 6 Abs. 2 der UVP-Richtlinie. Diese Rügen führen nicht zu einem durchgreifenden Verfahrensfehler.
81a) Allerdings können sich die Kläger gemäß § 4 UmwRG grundsätzlich auch auf Verfahrensfehler im Zusammenhang mit der Umweltverträglichkeitsprüfung des nach dem 25. Juli 2005 eingeleiteten Verfahrens (vgl. § 5 Abs. 1 UmwRG) berufen.
82Nach Art. 10a Abs. 1 der im Zeitpunkt der Offenlegung noch geltenden Richtlinie 85/337/EWG des Rates vom 27. Juni 1985 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten (ABl. Nr. L 175 S. 40 ‑ im Folgenden: UVP-Richtlinie ‑), der durch Art. 3 Abs. 7 der Richtlinie 2003/35/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Mai 2003 über die Beteiligung der Öffentlichkeit bei der Ausarbeitung bestimmter umweltbezogener Pläne und Programme und zur Änderung der Richtlinien 85/337/EWG und 96/61/EG des Rates in Bezug auf die Öffentlichkeitsbeteiligung und den Zugang zu Gerichten (ABl. Nr. L 156 S. 17) in die UVP-Richtlinie eingefügt worden ist (im Folgenden: Öffentlichkeitsbeteiligungsrichtlinie), stellen die Mitgliedstaaten im Rahmen ihrer innerstaatlichen Rechtsvorschriften sicher, dass Mitglieder der betroffenen Öffentlichkeit, die
83a) ein ausreichendes Interesse haben oder alternativ
84b) eine Rechtsverletzung geltend machen, sofern das Verwaltungsverfahrensrecht bzw. Verwaltungsprozessrecht eines Mitgliedstaats dies als Voraussetzung erfordert,
85Zugang zu einem Überprüfungsverfahren vor einem Gericht oder einer anderen auf gesetzlicher Grundlage geschaffenen unabhängigen und unparteiischen Stelle haben, um die materiell-rechtliche und verfahrensrechtliche Rechtmäßigkeit von Entscheidungen, Handlungen oder Unterlassungen anzufechten, für die die Bestimmungen dieser Richtlinie über die Öffentlichkeitsbeteiligung gelten. Damit können die Kläger die „verfahrensrechtliche Rechtmäßigkeit“ der Umweltverträglichkeitsprüfung im Rahmen ihrer gegen den Planfeststellungsbeschluss gerichteten Klage anfechten, weil die Umweltverträglichkeitsprüfung nach § 2 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 2 Abs. 3 Nr. 1 UVPG ein unselbstständiger Teil eines Planfeststellungsverfahrens ist.
86Jedoch führt nicht jeder Verfahrensfehler zu einer Rechtsverletzung im Sinne des Art. 10a der UVP-Richtlinie. Nach der Rechtsprechung des EuGH haben die Mitgliedstaaten die Rechte zu bestimmen, bei deren Verletzung ein Rechtsbehelf in Umweltsachen eingelegt werden kann. Dabei darf die Auslegung der durch die UVP-Richtlinie verliehenen Rechte nicht praktisch unmöglich gemacht oder übermäßig erschwert werden. Der Unionsgesetzgeber habe in keiner Weise die Gründe beschränkt, die zur Stützung eines Rechtsbehelfs vorgebracht werden könnten. Jedenfalls habe er die Möglichkeit, einen Verfahrensfehler geltend zu machen, nicht an die Voraussetzung knüpfen wollen, dass dieser Fehler Auswirkungen auf den Inhalt der angegriffenen endgültigen Entscheidung habe. Da die Richtlinie unter anderem zur Festsetzung von Verfahrensgarantien diene, müsse die betroffene Öffentlichkeit grundsätzlich jeden Verfahrensfehler geltend machen können. Jedoch habe nicht jeder Verfahrensfehler zwangsläufig Folgen, die sich auf den Inhalt einer solchen Entscheidung auswirken könnten, so dass ein Fehler, bei dem dies nicht der Fall sei, denjenigen, der ihn geltend macht, nicht in seinen Rechten verletze. In einem solchen Fall erscheine das Ziel der UVP-Richtlinie nicht gefährdet. Die Mitgliedstaaten hätten einen „beträchtlichen Spielraum“ hinsichtlich der Bestimmung dessen, was eine Rechtsverletzung darstelle.
87Daher könne es zulässig sein, dass nach dem nationalen Recht keine Rechtsverletzung im Sinne des Art. 10a Buchstabe b der UVP-Richtlinie vorliege, wenn nach den Umständen des konkreten Falles nachweislich die Möglichkeit bestehe, dass die angegriffene Entscheidung ohne den geltend gemachten Verfahrensfehler nicht anders ausgefallen wäre. In Bezug auf das Kausalitätskriterium dürfe dem Rechtsmittelführer aber nicht die Beweislast aufgebürdet werden; es sei vielmehr auf von der zuständigen Behörde vorgelegte Beweise und die vorliegende Akte abzustellen. Dabei sei die Schwere des geltend gemachten Fehlers zu berücksichtigen und insbesondere zu prüfen, ob dieser Fehler der betroffenen Öffentlichkeit eine der Garantien genommen habe, die geschaffen worden seien, um ihr im Einklang mit den Zielen der UVP-Richtlinie Zugang zu Informationen und die Beteiligung am Entscheidungsprozess zu ermöglichen.
88Vgl. EuGH, Urteil vom 7. November 2013 ‑ C‑72/12 (Altrip) -, NuR 2013, 878 (881 f., Rdnr. 46 bis 54).
89Nach diesen Maßstäben liegt ein durchgreifender Verfahrensfehler nicht vor. Es ist nicht ersichtlich, dass die Entscheidung des Beklagten ohne die von den Klägern gerügten Verfahrensfehler im Hinblick auf die von ihnen geltend gemachten Rechtspositionen anders ausgefallen wäre. Dabei berücksichtigt der Senat, ohne dass den Klägern insoweit eine materielle Beweislast aufgebürdet würde, neben dem Vortrag des Beklagten in Umsetzung der Rechtsprechung des EuGH sowie gemäß § 86 Abs. 1 VwGO auch die vorliegenden Verwaltungsakten.
90b) Die möglicherweise verspätete Bekanntmachung der Auslegung ist unschädlich. Art. 6 Abs. 6 UVP-Richtlinie in der hier maßgebenden Fassung des Art. 3 Abs. 4 der Richtlinie 2003/35/EG regelt keinen genauen Zeitrahmen für die Dauer einer Auslegung, sondern fordert nur „ausreichend Zeit“, um die Öffentlichkeit zu informieren sowie zur effektiven Vorbereitung und Beteiligung der Öffentlichkeit. § 9 Abs. 1 Satz 3 UVPG verweist insoweit auf § 73 VwVfG. Daher wäre die in § 73 Abs. 3 Satz 1 VwVfG NRW vorgesehene Monatsfrist für die Dauer der Auslegung nicht eingehalten, wenn der Vortrag der Kläger zuträfe, dass die Bekanntmachung erst nach Beginn der Auslegung veröffentlicht wurde. Dies kann jedoch auf sich beruhen, weshalb dem in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisantrag nicht nachzugehen war.
91Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass aufgrund einer möglicherweise zu kurzen Auslegung der Inhalt des Planfeststellungsbeschlusses anders ausgefallen wäre. Nach der ersten Auslegung im Februar/März 2006 hat die Klägerin zu 1. fristgerecht umfangreich Einwendungen gegen das Vorhaben erhoben. Auch der Rechtsvorgänger des Klägers zu 2. hat Einwendungen erhoben. Beide Kläger behaupten nicht, dass sie wegen der Nichteinhaltung der Monatsfrist für die Auslegung gehindert gewesen seien, weitere Einwendungen zu erheben.
92Vgl. hierzu auch BVerwG, Urteil vom 24. No-vember 2011 ‑ 9 A 23.10 ‑, BVerwGE 141, 171 (173).
93Die Kläger können sich in diesem Zusammenhang nicht darauf berufen, es habe „an der erforderlichen Anstoßwirkung für die Öffentlichkeit“ gefehlt. Im Hinblick auf insgesamt 266 Einwendungen Privater sowie zahlreiche Stellungnahmen von Trägern öffentlicher Belange ist nicht ansatzweise ersichtlich, dass es an einer Anstoßwirkung für die Öffentlichkeit gefehlt haben könnte. Es ist auch nicht erkennbar, dass ein potenzieller Einwender sich nicht geäußert hat, weil die Auslegung zu spät bekanntgemacht worden sei. Daher ist insbesondere nicht ersichtlich, dass der betroffenen Öffentlichkeit im Sinne der Rechtsprechung des EuGH eine der Garantien genommen worden sein könnte, die geschaffen worden sind, um ihr im Einklang mit den Zielen der UVP-Richtlinie Zugang zu Informationen und die Beteiligung am Entscheidungsprozess zu ermöglichen.
94c) Ein auf das Ergebnis durchgreifender Verfahrensfehler liegt ebenso wenig vor, soweit der Inhalt der öffentlichen Bekanntmachung nicht den rechtlichen Vorgaben entspricht.
95Die Kläger machen geltend, die öffentliche Bekanntmachung verstoße gegen Vorgaben des im Jahr 2006 unmittelbar anwendbaren Art. 6 Abs. 2 der UVP-Richtlinie. Nach Art. 6 Abs. 2 der UVP-Richtlinie in der Fassung des Art. 3 Abs. 4 der Öffentlichkeitsbeteiligungsrichtlinie wird die Öffentlichkeit über Folgendes informiert:
96a) den Genehmigungsantrag;
97b) die Tatsache, dass das Projekt Gegenstand einer Umweltverträglichkeitsprüfung ist, …;
98c) genaue Angaben zu den jeweiligen Behörden, die für die Entscheidung zuständig sind, bei denen relevante Informationen erhältlich sind bzw. bei denen Stellungnahmen oder Fragen eingereicht werden können, sowie zu vorgesehenen Fristen für die Übermittlung von Stellungnahmen oder Fragen;
99d) die Art möglicher Entscheidungen, oder, soweit vorhanden, den Entscheidungsentwurf;
100e) die Angaben über die Verfügbarkeit der Informationen, die gemäß Art. 5 der UVP-Richtlinie eingeholt wurden;
101f) die Angaben, wann, wo und in welcher Weise die relevanten Informationen zugänglich gemacht werden;
102g) Einzelheiten zu den Vorkehrungen für die Beteiligung der Öffentlichkeit nach Art. 6 Abs. 5 der UVP-Richtlinie.
103Die Öffentlichkeitsbeteiligungsrichtlinie war nach deren Art. 6 Abs. 1 Satz 1 von den Mitgliedstaaten bis zum 25. Juni 2005 umzusetzen. Sie ist in der Bundesrepublik Deutschland jedoch erst durch das am 15. Dezember 2006 in Kraft getretene Öffentlichkeitsbeteiligungsgesetz (BGBl. I S. 2819) umgesetzt worden. Da die in Art. 6 Abs. 2 der UVP-Richtlinie getroffenen Regelungen über die Bekanntmachung inhaltlich unbedingt und hinreichend genau sind, waren sie nach dem 25. Juni 2005 unmittelbar anzuwenden,
104vgl. hierzu zusammenfassend Ruffert, in: Calliess, Ruffert (Hrsg.), EUV/AEUV, Das Verfassungsrecht der Europäischen Union mit europäischer Grundrechtecharta, Kommentar, 4. Auflage 2011, Art. 288 AEUV Rdnr. 47 ff. m. w. N.,
105und mithin auch für die vorliegende Bekanntmachung vom 10. Februar 2006 maßgebend. Die Kläger weisen zutreffend darauf hin, dass die Bekanntmachung im Hinblick auf eine Umweltverträglichkeitsprüfung unter Nr. 6 nur den Hinweis enthält: „Die Nrn. 1, 2, 3 und 5 gelten für die Anhörung der Öffentlichkeit zu den Umweltauswirkungen des Bauvorhabens nach § 9 Abs. 1 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung entsprechend.“ Aus dem Hinweis auf § 9 Abs. 1 UVPG ergab sich, dass das Projekt Gegenstand einer Umweltverträglichkeitsprüfung ist (vgl. Art. 6 Abs. 2 Buchst. b) UVP-Richtlinie). Es fehlen aber die nach Art. 6 Abs. 2 Buchst. e) der UVP-Richtlinie erforderlichen „Angaben über die Verfügbarkeit der Informationen, die gemäß Art. 5 eingeholt wurden“. Der Bekannt-machungstext enthält keinerlei Hinweis darauf, welche vom Vorhabenträger gemäß Art. 5 der UVP-Richtlinie vorgelegten Informationen verfügbar waren und von der Öffentlichkeit eingesehen werden konnten.
106Es ist jedoch (wiederum) nicht ersichtlich, dass dieser unzureichende Bekannt-machungstext sich auf den Inhalt des Planfeststellungsbeschlusses ausgewirkt haben könnte. Die Klägerin zu 1. und der Rechtsvorgänger des Klägers zu 2. haben fristgerecht Einwendungen erhoben, die sich insbesondere auf von ihnen befürchtete Lärm- und Luftschadstoffimmissionen auf ihren Grundstücken bezogen und damit gerade auf die sie berührenden Umweltauswirkungen des Vorhabens.
107Die hier gerügten Defizite der Bekanntmachung der Planauslegung stellen keine wesentlichen Verfahrensfehler dar. Sie betreffen bloße Bekanntmachungsdetails, von denen die gebotene Anstoßwirkung der Bekanntmachung, sich am Verfahren zu beteiligen, nicht abhängt. Aus dem Text der Bekanntmachung ergab sich mit der gebotenen Klarheit, dass die Beteiligung der betroffenen Öffentlichkeit die Beteiligung im Rahmen einer Umweltverträglichkeitsprüfung umfasste (Nr. 6 des Bekanntmachungstextes) und dass die ausgelegten Planunterlagen die Grundlage auch dieser Beteiligung bilden sollten. Die gerügten Mängel betrafen nicht den wesentlichen Bekanntmachungsinhalt; Unionsrecht gebietet daher nicht, sie unabhängig von ihrem Einfluss auf die Sachentscheidung als erheblich zu behandeln.
108Vgl. zu einer ähnlichen Fallgestaltung (kein Hinweis auf UVP-Pflichtigkeit und auf die nach § 6 UVPG vorgelegten Unterlagen) BVerwG, Urteil vom 24. November 2011 ‑ 9 A 23.10 ‑, BVerwGE 141, 171 (176).
109Dass die erforderliche Anstoßwirkung trotz des nicht ordnungsgemäßen Bekanntmachungstextes erreicht worden ist, zeigt die große Zahl von Einwendungen Privater und von Trägern öffentlicher Belange. Es ist weder vorgetragen noch aus den Akten ersichtlich, dass der betroffenen Öffentlichkeit Verfahrensgarantien genommen wurden, weil Einwendungen wegen eines unzureichenden Bekanntmachungstextes unterblieben oder für die Umweltverträglichkeitsprüfung relevante Gesichtspunkte deshalb nicht vorgebracht worden sind.
110d) Die öffentliche Bekanntmachung der Auslegung des Deckblattes I im Amtsblatt der Stadt N. vom 18. Mai 2007 entspricht ebenfalls nicht den Anforderungen des Art. 6 Abs. 2 Buchst. e) der UVP-Richtlinie sowie dem am 15. Dezember 2006 in Kraft getretenen § 9 Abs. 1a Nr. 5 UVPG, wonach bei der Bekanntmachung anzugeben ist, welche Unterlagen nach § 6 UVPG vorgelegt wurden. Der Bekanntmachungstext enthält nur den Hinweis, „dass die ausgelegten Planunterlagen die nach § 6 Abs. 3 UVPG notwendigen Angaben enthalten …“. Aus diesem Hinweis ergibt sich nicht, „welche Unterlagen nach § 6 vorgelegt wurden“.
111Es ist jedoch nicht ersichtlich, dass dieser unzureichende Bekanntmachungstext sich auf den Inhalt des Planfeststellungsbeschlusses ausgewirkt haben könnte. Zwar hat die Klägerin zu 1. hier ‑ anders als der Rechtsvorgänger des Klägers zu 2. ‑ keine (weiteren) Einwendungen erhoben. Das beruht jedoch nicht darauf, dass ihr die nach § 6 UVPG vorgelegten Unterlagen nicht bekannt waren; das behauptet sie auch nicht. Ebenso wie bei der ersten Auslegung ist hier nicht vorgetragen oder aus den Akten ersichtlich, dass der betroffenen Öffentlichkeit Verfahrensgarantien genommen wurden, weil Einwendungen wegen eines unzureichenden Bekanntmachungstextes unterblieben oder für die Umweltverträglichkeitsprüfung relevante Gesichtspunkte deshalb nicht vorgebracht worden sind.
1122. Der weitere Einwand der Kläger, die Auslegung der Planunterlagen hätte inhaltlich nicht den Anforderungen der §§ 9 Abs. 1b und 6 Abs. 3 UVPG sowie der UVP-Richtlinie entsprochen, greift nicht durch. Die Betroffenen sollen durch die Auslegung der Planunterlagen nach § 17a FStrG i. V. m. § 73 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 Satz 1 VwVfG NRW in die Lage versetzt werden, Einwendungen zu erheben, die zumindest in groben Zügen erkennen lassen, welche Rechtsgüter als gefährdet angesehen und welche Beeinträchtigungen befürchtet werden. Ausführungen, die wissenschaftlich-technischen Sachverstand erfordern, werden von den Betroffenen im Verwaltungsverfahren nicht verlangt. Dementsprechend muss die Auslegung nicht notwendig alle Unterlagen umfassen, die möglicherweise zur vollständigen Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Planung erforderlich sind, sondern kann sich auf die Unterlagen beschränken, deren der Einzelne bedarf, um „als Laie" den Grad seiner Betroffenheit abschätzen und sich das Interesse, Einwendungen zu erheben, bewusst machen zu können. Dazu gehören Gutachten nur dann, wenn ohne deren Kenntnis der mit der Auslegung bezweckte Anstoß zur Erhebung von Einwendungen verfehlt würde.
113Vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 3. März 2011 - 9 A 8.10 -, BVerwGE 139, 150 (152), m. w. N.
114Die UVP-Richtlinie verlangt vom Vorhabenträger bestimmte inhaltliche Angaben, stellt ihm aber frei, in welcher Form er sie vorlegt. Es reicht aus, wenn die erforderlichen Angaben sich aus verschiedenen Unterlagen ergeben, etwa aus dem Erläuterungsbericht, dem Landschaftspflegerischen Begleitplan, der schalltechnischen Untersuchung oder der Schadstoffuntersuchung. Sie müssen auch nicht zwingend in einem von der Zulassungsentscheidung gesonderten Dokument dargestellt werden.
115Vgl. BVerwG, Urteil vom 12. August 2009 - 9 A 64.07 -, BVerwGE 134, 308 (312 f.).
116Weder § 6 UVPG noch der UVP-Richtlinie ist eine Pflicht zu standardisierten oder schematisierten Darstellungsweisen zu entnehmen. Es bleibt demgemäß dem Vorhabenträger überlassen, ob er von der Möglichkeit der Darstellung in Form einer (eigenständigen und abgeschlossenen) Umweltverträglichkeitsstudie Gebrauch macht.
117Vgl. BVerwG, Urteil vom 19. Mai 1998 ‑ 4 C 11.96 ‑, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 138, S. 254.
118Auch eine konkrete Zeitvorgabe, innerhalb derer eine Umweltverträglichkeitsprüfung zu erstellen ist, ist dem Gesetz nicht zu entnehmen.
119Vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 12. August 2009 - 9 A 64.07 -, BVerwGE 134, 308 (312 f.).
120Diesen Anforderungen entspricht das hier zur Überprüfung stehende Verfahren. Der Vorhabenträger hatte der Anhörungsbehörde gemäß § 6 UVPG diverse Unterlagen vorgelegt, aus denen sich Auswirkungen des Vorhabens ‑ hier des Ausbaus der B 51 ‑ auf die Umwelt (vgl. § 2 Abs. 1 Satz 2 UVPG) ergeben, nämlich die Erläuterungsberichte vom 5. Dezember 2005 (Unterlage 1, Beiakte 2 zu 11 D 6/12.AK) und vom 2. Mai 2007 mit Schadstoffabschätzung (Unterlage 1-I, Beiakte 8 zu 11 D 6/12.AK), die Erläuterungsberichte zum wassertechnischen Entwurf vom 5. Dezember 2005 (Unterlage 11.1, Beiakte 2 zu 11 D 6/12.AK) und vom 2. Mai 2007 (Unterlage 11.1-I, Beiakte 8 zu 11 D 6/12.AK), die lärmtechnischen Unterlagen vom 5. Dezember 2005 und 2. Mai 2007, bestehend aus den detaillierten Erläuterungsberichten zur lärmtechnischen Untersuchung, den Berechnungen der Beurteilungspegel für Lärmvorsorge für die Bebauung (Unterlagen 12.1 und 12.2, Beiakte 3 zu 11 D 6/12.AK, und Unterlagen 12.1-I und 12.2-I, Beiakte 9 zu 11 D 6/12.AK), den Landschaftspflegerischen Begleitplan einschließlich der artenschutzrechtlichen Prüfung (Unterlage 13, Beiakte 4 zu 11 D 6/12.AK bzw. Unterlage 13-I, Beiakte 8 zu 11 D 6/12.AK). Diese Unterlagen haben im Rahmen des Anhörungsverfahrens öffentlich ausgelegen. Inhaltlich enthalten diese Unterlagen umfangreiche Feststellungen zu den Untersuchungen über die Umweltauswirkungen des Vorhabens und insbesondere die erforderlichen Angaben im Sinne des § 6 Abs. 3 und 4 UVPG.
121Entgegen der Auffassung der Kläger bedurfte es nicht einer gesonderten Auflistung, welche Unterlagen zur Umweltverträglichkeitsprüfung gehören. Die Unterrichtung der Öffentlichkeit über ein geplantes Vorhaben erfordert nicht zwingend die Zusammenfassung aller notwendigen Informationen in einer gesonderten Planunterlage. Ihrer Funktion, die Öffentlichkeit über die Auswirkungen zu unterrichten und den Betroffenen einen Anstoß zu geben, sich mit den Auswirkungen auseinanderzusetzen und über die Notwendigkeit diesbezüglicher Einwendungen schlüssig zu werden, kann die öffentliche Auslegung auch dann gerecht werden, wenn die notwendigen Angaben zwar in verschiedenen Planunterlagen enthalten sind, Wechselwirkungen jedoch nicht ausklammern.
122Vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 10. Oktober 2006 - 9 B 27.05 -, Buchholz 406.251 § 11 UVPG Nr. 4, S. 2 f.
123Derartige Wechselwirkungen waren hier aus den ausgelegten Unterlagen ohne Weiteres ersichtlich, weil insbesondere der ausgelegte Erläuterungsbericht (Unterlage 1, Beiakte 2 zu 11 D 6/12.AK) auf S. 13 bis 20 unter den Nrn. 5. und 6. bei der Beschreibung der Auswirkungen des Vorhabens auf die Umwelt und der Darstellung der geplanten Maßnahmen zum Schutz der Umwelt ausdrücklich Querverweise auf die lärmtechnischen Untersuchungen, die Abschätzung von verkehrsbedingten Schadstoffimmissionen und den Landschaftspflegerischen Begleitplan, mithin auf die weiteren Unterlagen enthält, die ebenfalls Gegenstand der Umweltverträglichkeitsprüfung waren. Damit waren im Anhörungsverfahren entgegen der Meinung der Kläger die Unterlagen zur Umweltverträglichkeitsprüfung hinreichend deutlich benannt. Darin liegt auch die nach § 6 Abs. 3 Satz 2 UVPG geforderte allgemein verständliche, nichttechnische Zusammenfassung der Angaben nach § 6 Abs. 3 Satz 1 UVPG.
124Der Umstand, dass im Erläuterungsbericht auf eine Umweltverträglichkeitsstudie aus dem Jahr 1993 hingewiesen worden ist, die 1994 ausgelegen habe (vgl. Unterlage 1, S. 2, Beiakte 2 zu 11 D 6/12.AK), erforderte entgegen der Meinung der Kläger nicht, dass auch diese Studie im Rahmen der Auslegung der Unterlagen zur Umweltverträglichkeitsprüfung hätte ausgelegt werden müssen. Abgesehen davon, dass bis zur Offenlegung der Planunterlagen zwischenzeitlich über zehn Jahre verstrichen und deshalb ohnehin - wie geschehen - neue Untersuchungen zu den umweltrelevanten Auswirkungen des Vorhabens erforderlich waren und durchgeführt wurden, war diese Umweltverträglichkeitsstudie nur ein Entscheidungsparameter, wobei der Beklagte sich für die dort favorisierte Tunnellösung nicht entschieden hat. Die Umweltverträglichkeitsprüfung ist nur für das konkrete Vorhaben mit der für dieses Vorhaben gewählten Trasse vorzunehmen.
125Vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Januar 1996 ‑ 4 C 5.95 ‑, BVerwGE 100, 238 (250); ferner Urteil vom 5. März 1997 ‑ 11 A 25.95 ‑, BVerwGE 104, 123 (128).
126Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts musste auch die Verkehrsprognose nicht ausgelegt werden.
127Vgl. etwa BVerwG, Urteile vom 9. Juni 2010 ‑ 9 A 20.08 ‑, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 208, S. 134 f., und vom 6. Oktober 2010 ‑ 9 A 12.09 ‑, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 212, S. 187.
128Es ist nicht ersichtlich, dass die Kläger ihre Betroffenheiten ohne diese Unterlage nicht oder nicht vollständig geltend machen konnten. Die Verkehrsbelastung der B 51 ließ sich dem Erläuterungsbericht vom 5. Dezember 2005 für das Prognose-jahr 2015 entnehmen sowie den Erläuterungen zum Deckblatt I vom 2. Mai 2007 für den Prognosehorizont 2020.
129Es ist von den Klägern im Übrigen weder konkret dargelegt worden noch ist es zu erkennen, dass sie durch die gewählte Verfahrensweise gehindert gewesen wären, überhaupt Einwendungen oder solche in der notwendigen inhaltlichen Tiefe zu erheben. Die ausgelegten Unterlagen waren im Sinne des § 6 Abs. 3 Satz 3 UVPG ohne Weiteres geeignet, den Klägern die Beurteilung zu ermöglichen, ob und in welchem Umfang sie von den Umweltauswirkungen des Vorhabens betroffen sind. Dementsprechend haben die Klägerin zu 1. und der Rechtsvorgänger des Klägers zu 2. das Anhörungsverfahren dazu genutzt, mit Schreiben vom 5. April 2006 und 29. März 2006 Einwendungen zu erheben, insbesondere zu den von ihnen für ihre Wohnhausgrundstücke befürchteten Lärm- und Luftschadstoffimmissionen.
130IV. Die Einwände der Kläger gegen die materielle Rechtswidrigkeit des Planfeststellungsbeschlusses führen ebenso wenig zum Erfolg der Klage.
1311. Der von der Klägerin zu 1. und dem Rechtsvorgänger des Klägers zu 2. im Einwendungsverfahren erhobene Einwand, die B 51 sei zur Autobahn aufzustufen, trifft nicht zu. Der erkennende (vormals 23.) Senat hat hierzu in seinem Urteil vom 20. September 1999 ‑ 23 D 98/95.AK ‑ betreffend den vierstreifigen Ausbau der B 51 von Bau-km 3+740 bis Bau-km 5+100 auf Seite 12 ausgeführt:
132„Die zur Prüfung dieser Behauptung gebotene Gesamtschau der planfestgestellten Trasse mit dem bereits fertiggestellten ersten Bauabschnitt der Ortsumgehung N. und dem sich im Nordosten anschließenden Streckenabschnitt zeigt, dass die Straße insbesondere nicht als Verlängerung der Bundesautobahn 43 planerisch entwickelt wird. Dies erweist sich an der Verknüpfung der B 51 mit der X1. Straße im Süden von N. . Hier stellt sich die Umgehungsstraße als Fortführung der alten Fahrbahn der B 51 (X1. Straße) dar, mit der sie über eine Kreuzung verknüpft ist. Die Verbindung zu dem als Autobahnzubringer zur A 1 und A 43 fungierenden Teil der B 51 erfolgt dagegen mittels zweier gebogener Verbindungsstreifen, die jeweils 90o-Winkel beschreiben.“
133Diese Bewertung wird durch den nunmehr planfestgestellten dritten Bauabschnitt der B 51 nicht in Frage gestellt, zumal sowohl die B 51 als auch die B 481n nach dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers (vgl. BT-Drucks. 15/3412, S. 42 Nr. 1646 und S. 46 Nr. 1817 zu § 1 Abs. 1 Satz 2 FStrAbG in der Fassung des Fünften Gesetzes zur Änderung des Fernstraßenausbaugesetzes vom 4. Oktober 2004, BGBl. I S. 2574) im Bedarfsplan für die Bundesfernstraßen als Bundesstraßen aufgenommen und eingestuft sind. Hieran ist der Beklagte gemäß Art. 20 Abs. 3 GG gebunden.
1342. Der Vortrag der Kläger, es sei eine neue Linienbestimmung erforderlich gewesen und die Bezugnahme auf die 1967 durchgeführte Linienbestimmung sei unzureichend, greift nicht durch.
135a) Eine Linienbestimmung war im vorliegenden Fall gemäß § 16 Abs. 1 Satz 2 FStrG weder für die B 51 noch für die B 481n erforderlich, da es sich bereits kraft Gesetzes um Ortsumgehungen handelt (so ausdrücklich BT-Drucks. 15/3412, S. 42 Nr. 1646 und S. 46 Nr. 1817 zu § 1 Abs. 1 Satz 2 FStrAbG).
136b) Darüber hinaus ist eine dem eigentlichen Planfeststellungsverfahren vorgelagerte Linienbestimmung keine formelle oder materielle Voraussetzung der Planfeststellung. Sie ist nicht auf unmittelbare Rechtswirkungen nach außen gerichtet, sondern hat innerhalb des Planungsverlaufs den Charakter einer vorbereitenden Grundentscheidung mit allein verwaltungsinterner Bedeutung. Rechtliche Verbindlichkeit gegenüber dem Träger der Straßenbaulast und gegenüber Dritten erlangt sie erst dadurch, dass sie in den Festsetzungen des Planfeststellungsbeschlusses ihren Niederschlag findet. Ein Planfeststellungsbeschluss ist nicht deshalb rechtswidrig, weil ihm kein Linienbestimmungsverfahren vorangegangen ist oder weil er von der festgelegten Linie abweicht. Umgekehrt lässt sich die Planung Dritten gegenüber nicht allein damit rechtfertigen, dass sie den Linienabstimmungs- oder -bestimmungsvorgaben entspricht. Vielmehr muss die Entscheidung der Planfeststellungsbehörde aus sich heraus den rechtlichen Anforderungen genügen.
137Vgl. BVerwG, Urteil vom 12. August 2009 - 9 A 64.07 -, BVerwGE 134, 308 (311 f.), ebenfalls zu einer fernstraßenrechtlichen Linienbestimmung aus den 1960er Jahren, und Urteil vom 6. November 2013 ‑ 9 A 14.12 ‑, BVerwGE 148, 373 (378 f.).
138Daher ist unerheblich, dass es zum Zeitpunkt der 1967 durchgeführten Linienbestimmung eine Umweltverträglichkeitsprüfung noch nicht gab. Vorliegend hat die Planfeststellungsbehörde eine eigenständige Abwägung zur Trassen- und Variantenwahl vorgenommen (vgl. PFB B. 5.3.3.1, S. 90 ff.). Diese Entscheidung muss den rechtlichen Anforderungen genügen.
139Vgl. BVerwG, Urteil vom 12. August 2009 ‑ 9 A 64.07 ‑, BVerwGE 134, 308 (312).
140Diese Voraussetzung ist erfüllt, wie weiter unten zu zeigen sein wird (A.III.4., S. 48 ff.).
141Die Vermutung der Kläger, der Beklagte habe eine „gestufte Prüfung“ vorgenommen, indem er im Planfeststellungsverfahren ausschließlich Umweltauswirkungen geprüft habe, die nicht Gegenstand der Umweltverträglichkeitsstudie von 1993 als „erster Stufe“ waren, trifft nicht zu. Der von den Klägern in diesem Zusammenhang in Bezug genommene § 15 Abs. 4 UVPG, wonach die Prüfung der Umweltverträglichkeit in der Linienbestimmung nachfolgenden Zulassungsverfahren auf zusätzliche oder andere erhebliche Umweltauswirkungen beschränkt werden kann, ist hier nicht zur Anwendung gekommen. Den umfangreichen Ausführungen zur Umweltverträglichkeitsprüfung im Planfeststellungsbeschluss (vgl. PFB, B. 4.4 ff., S. 55 bis 77) ist nicht zu entnehmen, dass nur Umweltauswirkungen geprüft werden sollten, die nicht schon Gegenstand der Umweltverträglichkeitsstudie von 1993 waren. Das folgt schon daraus, dass die in der Studie von 1993 favorisierte Tunnellösung gerade nicht planfestgestellt worden ist. Erst recht fehlt es an einer ausdrücklichen Beschränkung, die nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Folge haben kann, dass ein Fehler, der im abgeschichte-ten Teil der auf die Linienbestimmung bezogenen Umweltverträglichkeitsprüfung aufgetreten ist, sich bis zum Erlass des Planfeststellungsbeschlusses fortsetzt.
142Vgl. BVerwG, Urteil vom 6. November 2013 ‑ 9 A 14.12 ‑, BVerwGE 148, 373 (379).
1433. Die vom Beklagten durchgeführte Umweltverträglichkeitsprüfung ist inhaltlich nicht zu beanstanden. In materiellrechtlicher Hinsicht können die Kläger allerdings nicht nur geltend machen, dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung nicht durchgeführt worden ist, sondern auch, dass sie zwar durchgeführt wurde, aber mit wesentlichen Fehlern behaftet ist.
144Vgl. EuGH, Urteil vom 7. November 2013 ‑ C‑72/12 (Altrip) -, NuR 2013, 878 (881, Rdnr. 36-38); daran anknüpfend OVG NRW, Beschluss vom 23. Juli 2014 ‑ 8 B 356/14 ‑, NWVBl. 2014, 472.
145Das folgt aus Art. 10a der UVP-Richtlinie, der eine weiterreichende Regelung enthält als § 4 Abs. 1 Satz 1 UmwRG. Derartige wesentliche Fehler liegen aber nicht vor.
146a) Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 UVPG ist die Umweltverträglichkeitsprüfung ein unselbstständiger Teil verwaltungsbehördlicher Verfahren, die der Entscheidung über die Zulässigkeit von Vorhaben dienen. Zu diesen „UVP-pflichtigen Vorhaben“ gehört gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 UVPG i. V. m. Nr. 14.6 der Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung auch das vorliegend planfestgestellte Vorhaben, da die hierfür vorgesehene Vorprüfung des Einzelfalles zu dem Ergebnis geführt hat, dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist (vgl. § 3c Abs. 1 Satz 1 UVPG). Die Umweltverträglichkeitsprüfung umfasst nach § 2 Abs. 1 Satz 2 UVPG die Ermittlung, Beschreibung und Bewertung der unmittelbaren und mittelbaren Auswirkungen eines Vorhabens auf
1471. Menschen, einschließlich der menschlichen Gesundheit, Tiere, Pflanzen und biologische Vielfalt,
1482. Boden, Wasser, Luft, Klima und Landschaft,
1493. Kulturgüter und sonstige Sachgüter sowie
1504. die Wechselwirkung zwischen den vorgenannten Schutzgütern.
151Das Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung setzt die UVP-Richtlinie in deutsches Recht um. Das Umweltrecht hat durch die UVP-Richtlinie ‑ und damit auch durch das Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung ‑ keine materielle Anreicherung erfahren. Die gemeinschaftsrechtliche Regelung enthält sich materiellrechtlicher Vorgaben. Sie beschränkt sich auf verfahrensrechtliche Anforderungen im Vorfeld der Sachentscheidung. Daher hat der Projektträger schon bei Antragstellung Angaben darüber zu machen, wie sich sein Vorhaben auf Menschen, Tiere und Pflanzen, Boden, Wasser, Luft, Klima und Landschaft, einschließlich der Wechselbeziehungen, sowie auf Kultur- und sonstige Sachgüter auswirkt. Auf der Grundlage dieser Angaben hat die Planungsbehörde die Öffentlichkeit zu beteiligen sowie ihrerseits die Umweltauswirkungen zusammenfassend darzustellen und zu bewerten. Für die Planungsbehörde ist die Umweltverträglichkeitsprüfung als unselbstständiger Teil des Planfeststellungsverfahrens ein eingeschobener formalisierter Zwischenschritt mit dem Ziel einer zunächst auf Umweltbelange beschränkten Bewertung der Auswirkungen des Vorhabens im Rahmen der Abwägung aller Belange. Sie dient als wirkungsvolle Methode, die Umweltbelange in den Abwägungsprozess einzuführen.
152Vgl. grundlegend BVerwG, Urteil vom 25. Januar 1996 ‑ 4 C 5.95 ‑, BVerwGE 100, 238 (243, 245 ff.).
153Dementsprechend gebieten die UVP-Richtlinie und das Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung nicht, dass Umweltauswirkungen anhand standardisierter Maßstäbe oder in standardisierten oder schematisierten und rechenhaft handhabbaren Verfahren ermittelt und bewertet werden. Die Umweltverträglichkeitsprüfung ist auch kein „Suchverfahren“, in dem alle nur erdenklichen Auswirkungen eines Vorhabens auf Umweltgüter und deren Wertigkeit bis in alle Einzelheiten und feinsten Verästelungen zu untersuchen wären und gar Antworten auf in der Wissenschaft bisher noch ungeklärte Fragen gefunden werden müssten. Die UVP-Richtlinie fordert, dass die Umweltverträglichkeitsprüfung die erforderlichen Grundlagen für ein „Beurteilung der möglichen erheblichen Umweltauswirkungen“ eines Projekts liefert (Vorbemerkung, Erwägungsgrund 6); deshalb muss der Projektträger Angaben vorlegen „zur Feststellung und Beurteilung der Hauptwirkungen, die das Projekt voraussichtlich für die Umwelt haben wird“ (Art. 5 Abs. 2 der UVP-Richtlinie). Das Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung fordert für die vom Vorhabenträger vorzulegenden Unterlagen, dass sie u. a. eine „Beschreibung der zu erwartenden erheblichen Auswirkungen des Vorhabens auf die Umwelt“ enthalten, und schreibt dafür die „Berücksichtigung des allgemeinen Kenntnisstandes und der allgemein anerkannten Prüfungsmethoden“ (§ 6 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 UVPG) vor.
154Vgl. BVerwG, Urteil vom 21. März 1996 - 4 C 19.94 -, BVerwGE 100, 370 (377).
155Die Umweltverträglichkeitsprüfung soll die Umweltbelange so herausarbeiten, dass sie in die Abwägung in gebündelter Form eingehen.
156Vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Juni 2014 ‑ 9 A 1.13 ‑, BVerwGE 150, 92 (97).
157Wie bereits zur Frage der Auslegung der Planunterlagen dargelegt, verlangen die Vorschriften über die Umweltverträglichkeitsprüfung vom Vorhabenträger bestimmte inhaltliche Angaben, stellen ihm aber frei, in welcher Form er sie vorlegt. Es reicht aus, dass dem Planfeststellungsbeschluss mehrere zeitnah erstellte Untersuchungen zu den von dem Vorhaben berührten Umweltbelangen zu Grunde lagen und diese einer ausführlichen Würdigung unterzogen wurden. Die erforderlichen Angaben können sich etwa aus dem Landschaftspflegerischen Begleitplan, dem Erläuterungsbericht, der schalltechnischen Untersuchung oder der Schadstoffuntersuchung ergeben. Sie müssen auch nicht zwingend in einem von der Zulassungsentscheidung gesonderten Dokument dargestellt werden. Auch eine konkrete Zeitvorgabe, innerhalb derer eine Umweltverträglichkeitsprüfung zu erstellen ist, ist dem Gesetz nicht zu entnehmen.
158Vgl. BVerwG, Urteil vom 12. August 2009 ‑ 9 A 64.07 ‑, BVerwGE 134, 308 (312 f.).
159Die von den Klägern unter Hinweis auf § 15 Abs. 4 UVPG und die Linienbestimmung aufgeworfene Frage der Zulässigkeit eines „gestuften Verfahrens“ stellt sich hier nicht. Die vom Beklagten neben zahlreichen weiteren Unterlagen angeführte UVS von 1993 ist nur ein „Mosaikstein“ der Umweltverträglichkeitsprüfung. Es versteht sich von selbst, dass sie durch aktuelle Untersuchungen zu ergänzen war und auch ergänzt worden ist. Wenn die Kläger die Bezugnahme des Beklagten auf die UVS von 1993 als „absurd“ bezeichnen, sei der Hinweis erlaubt, dass sie gerade die Verwirklichung der in dieser UVS favorisierten, jedoch nicht plan-festgestellten Tunnellösung fordern. Die Klägerin zu 1. rügt in ihrem Einwendungsschreiben vom 5. April 2006 ausdrücklich, die Ergebnisse der UVS von 1993 seien missachtet worden.
160b) Die vom Beklagten im Planfeststellungsbeschluss dargelegte Umweltverträglichkeitsprüfung genügt inhaltlich den vorstehend aufgezeigten Maßstäben.
161Wie oben dargelegt (A.III.2., S. 36 f.) hatte der Vorhabenträger dem Beklagten gemäß § 6 UVPG im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens diverse Unterlagen vorgelegt, aus denen sich Auswirkungen des Vorhabens auf die Umwelt ergeben. § 11 Satz 1 UVPG sieht vor, dass die zuständige Behörde sodann auf der Grundlage der Unterlagen nach § 6 UVPG, der behördlichen Stellungnahme nach den §§ 7 und 8 UVPG sowie der Äußerungen der betroffenen Öffentlichkeit nach den §§ 9 und 9a UVPG eine zusammenfassende Darstellung der Umweltauswirkungen des Vorhabens sowie der Maßnahmen erarbeitet, mit denen erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen vermieden, vermindert oder ausgeglichen werden, einschließlich der Ersatzmaßnahmen bei nicht ausgleichbaren, aber vorrangigen Eingriffen in Natur und Landschaft. Nach § 11 Satz 4 UVPG kann die zusammenfassende Darstellung in der Begründung der Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens erfolgen. Das ist hier geschehen. Der Beklagte hat im Planfeststellungsbeschluss auf Seite 58 bis 69 eine derartige zusammenfassende Darstellung gegeben. Sie deckt inhaltlich die Vorgaben des § 11 Satz 1 UVPG ab. Die in § 2 Abs. 1 Satz 2 UVPG aufgezählten Gesichtspunkte sind vollständig abgearbeitet. Es schließt sich auf Seite 69 bis 77 die in § 12 UVPG vorgesehene Bewertung der Umweltauswirkungen des Vorhabens auf der Grundlage der zusammenfassenden Darstellung nach § 11 UVPG an.
162Die von den Klägern in diesem Zusammenhang vermissten „erheblichen, jedoch noch nicht unzumutbaren bzw. grenzwertüberschreitenden Umweltauswirkungen“ mussten im Hinblick auf das umfassende an den Immissionsgrenzwerten der 16. BImSchV orientierte Lärmschutzkonzept des Beklagten und das vom Gutachterbüro M. erstellte Luftschadstoffgutachten von September 2011 nicht gesondert ermittelt und dargestellt werden. Sie spielen eine Rolle bei der Prüfung, ob die Möglichkeit erheblicher nachteiliger Umweltauswirkungen im Sinne des § 3c Satz 1 UVPG besteht, die mehr als geringfügig und damit abwägungserheblich sind,
163vgl. BVerwG, Urteil vom 17. Dezember 2013 ‑ 4 A 1.13 ‑, BVerwGE 148, 353 (362, 364),
164mithin für die Vorprüfung, ob überhaupt eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist. Im vorliegenden Fall ist jedoch eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt worden.
165c) Entgegen der Auffassung der Kläger musste sich die Umweltverträglichkeitsprüfung nicht auf alle betrachteten oder denkbaren Varianten beziehen, sondern durfte sich auf diejenige Variante beschränken, die nach dem aktuellen Planungsstand noch ernstlich in Betracht kam.
166Vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Januar 1996 ‑ 4 C 5.95 ‑, BVerwGE 100, 238 (250).
167Das folgt bereits daraus, dass die UVP-Richtlinie und damit das Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung keine Änderung oder Verschärfung materiell-rechtlicher Zulassungsvoraussetzungen enthalten. In der Rechtsprechung ist geklärt, dass die Planfeststellungsbehörde auf der Grundlage einer Grobanalyse solche Alternativen, die als weniger geeignet erschienen, schon in einem frühen Verfahrensstadium ohne nähere Untersuchung ausscheiden darf.
168Vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 23. März 2011 ‑ 9 A 9.10 ‑, juris, Rdnr. 33.
169Damit darf die Planfeststellungsbehörde Planungsalternativen, die nach einer Art Grobanalyse in einem früheren Planungsstadium nicht in Betracht kommen, für die weitere Detailprüfung und damit auch (im Detail) für die förmliche Umweltverträglichkeitsprüfung ausscheiden.
170Vgl. BVerwG, Beschluss vom 16. August 1995 - 4 B 92.95 -, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 104, S. 48 f.
171In Betracht kommende andere Lösungen müssen daher nicht selbst Gegenstand der Umweltverträglichkeitsprüfung sein. Die UVP-Richtlinie beschränkt sich in Art. 5 Abs. 1 i. V. m. Nr. 2 des Anhangs III ebenso wie § 6 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 UVPG ausdrücklich auf die Forderung, dass der Vorhabenträger gegebenenfalls eine Übersicht über die wichtigsten anderweitigen vom Projektträger geprüften Lösungsmöglichkeiten gibt und Angaben zu den wesentlichen Auswahlgründen in Hinblick auf die Umweltauswirkungen macht.
172Vgl. BVerwG, Urteil vom 27. Oktober 2000 ‑ 4 A 18.99 ‑, BVerwGE 112, 140 (150).
173Die Pflicht zur förmlichen Umweltverträglichkeitsprüfung nach Maßgabe des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung setzt immer erst ein, wenn sich der Vorhabenträger für ein bestimmtes Projekt entschieden hat und dessen Zulassung beantragt.
174Vgl. BVerwG, Beschluss vom 14. Mai 1996 - 7 NB 3.95 -, Buchholz 406.251 § 2 UVPG Nr. 3, S. 9.
175So ist der Beklagte hier vorgegangen. Er hat im Planfeststellungsbeschluss im Rahmen seiner Ausführungen über die Umweltverträglichkeit auf Seite 57 f. ausdrücklich auf die Variantenprüfung in Abschnitt B. 5.3.3 (S. 90 bis 95) verwiesen. Das entspricht den Anforderungen der UVP-Richtlinie sowie des § 6 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 UVPG. Weitergehende inhaltliche Anforderungen an die Umweltverträglichkeitsprüfung ergeben sich weder aus der UVP-Richtlinie noch aus dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung.
1764. Die Planung verstößt nicht gegen das in § 17 Satz 2 FStrG enthaltene Abwägungsgebot.
177a) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts verlangt das Abwägungsgebot, dass ‑ erstens ‑ eine Abwägung überhaupt stattfindet, dass ‑ zweitens ‑ in die Abwägung an Belangen eingestellt wird, was nach Lage der Dinge in sie eingestellt werden muss, und dass ‑ drittens ‑ weder die Bedeutung der betroffenen öffentlichen und privaten Belange verkannt noch der Ausgleich zwischen ihnen in einer Weise vorgenommen wird, die zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht.
178Vgl. grundlegend etwa BVewG, Urteil vom 7. Juli 1978 ‑ 4 C 79.76 u. a. ‑, BVerwGE 56, 110 (122 f.).
179Die Frage, ob einer Planung eine gerechte Interessenabwägung zu Gunde liegt, ist nur einer eingeschränkten gerichtlichen Kontrolle zugänglich. Die Gerichte haben, soweit der Abwägungsvorgang fehlerfrei ist, das Ergebnis der Abwägung grundsätzlich hinzunehmen und es zu respektieren, dass sich der Planungsträger in der Kollision zwischen verschiedenen Belangen für die Bevorzugung des einen und damit notwendig für die Zurückstellung eines anderen entschieden hat.
180Vgl. BVerwG, Urteil vom 15. Januar 2004 ‑ 4 A 11.02 ‑, BVerwGE 120, 1 (13).
181Nach § 17e Abs. 6 Satz 1 FStrG sind Mängel bei der Abwägung der von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange nur erheblich, wenn sie offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen sind. Ergebnisrelevanz in diesem Sinne liegt vor, wenn nach den Umständen des Falles die konkrete Möglichkeit besteht, dass ohne den Abwägungsmangel eine andere Entscheidung getroffen worden wäre; eine nur abstrakte Möglichkeit einer anderen Entscheidung genügt nicht. Insoweit ist der Abwägungsvorgang in allen seinen Phasen in den Blick zu nehmen. Daher kann die Möglichkeit einer anderen Entscheidung nur dann verneint werden, wenn der konkret vorliegende Abwägungsfehler weggedacht werden kann, ohne dass auf einer nachfolgenden Stufe der Abwägung ein weiterer Mangel erwächst, auf dem die angegriffene Entscheidung beruhen kann. Besteht der Abwägungsmangel in der fehlerhaften Berücksichtigung eines abwägungserheblichen Belangs und ergeben sich keine konkreten Anhaltspunkte, dass die Planfeststellungsbehörde ohne diesen Mangel zu einem anderen Abwägungsergebnis gelangt wäre, ist also zusätzlich zu prüfen, ob die auf der nachfolgenden Stufe gebotene Abwägung im engeren Sinne ‑ das Ins-Verhältnis-Setzen der gegenläufigen Belange ‑ das Abwägungsergebnis auch dann rechtfertigen würde, wenn der auf der vorhergehenden Stufe unterlaufene Mangel unterblieben wäre.
182Vgl. BVerwG, Urteil vom 24. November 2011 ‑ 9 A 23.10 ‑, BVerwGE 141, 171 (191).
183Als nur mittelbar von dem Vorhaben Betroffene können die Kläger eine gerichtliche Abwägungskontrolle nur hinsichtlich ihrer eigenen Belange und ‑ wegen der insoweit bestehenden Wechselbeziehung ‑ der ihren Belangen gegenübergestellten, für das Vorhaben streitenden Belange verlangen. Ob andere gegen das Vorhaben sprechende Belange ordnungsgemäß berücksichtigt worden sind, können sie dem gegenüber ebenso wenig geltend machen wie die Frage, ob Rechtsnormen beachtet wurden, die nicht ihrem Schutz zu dienen bestimmt sind.
184Vgl. BVerwG, Urteil vom 10. Oktober 2012 ‑ 9 A 20.11 ‑, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 229, S. 71 f.
185Nach diesen Maßstäben sind die Belange der Kläger rechtsfehlerfrei abgewogen worden.
186b) Die Prüfung der Varianten des Ausbaus der B 51 lässt keinen Abwägungsfehler zu Lasten der Kläger erkennen. Der Beklagte musste keine die Kläger weniger belastende Variante ernsthaft in Betracht ziehen. Kommen Alternativlösungen ernsthaft in Betracht, so hat die Planungsbehörde sie zwar als Teil des Abwägungsmaterials mit der ihnen objektiv zukommenden Bedeutung in die vergleichende Prüfung der von den möglichen Varianten jeweils berührten öffentlichen und privaten Belange unter Einschluss des Gesichtspunkts der Umweltverträglichkeit einzubeziehen. Sie ist indes nicht verpflichtet, die Variantenprüfung bis zuletzt offen zu halten und alle von ihr zu einem bestimmten Zeitpunkt erwogenen Alternativen gleichermaßen detailliert und umfassend zu untersuchen. Auch im Bereich der Planungsalternativen braucht sie den Sachverhalt nur soweit aufzuklären, wie dies für eine sachgerechte Trassenwahl und eine zweckmäßige Gestaltung des Verfahrens erforderlich ist. Sie ist befugt, eine Alternative, die ihr auf der Grundlage einer Grobanalyse als weniger geeignet erscheint, schon in einem frühen Verfahrensstadium ohne nähere Untersuchung auszuscheiden.
187Vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 23. März 2011 ‑ 9 A 9.10 ‑, juris, Rdnr. 33.
188Verfährt sie in dieser Weise, so handelt sie abwägungsfehlerhaft nicht schon, wenn sich herausstellt, dass die von ihr verworfene Lösung ebenfalls mit guten Gründen vertretbar gewesen wäre, sondern erst, wenn diese Lösung sich ihr hätte aufdrängen müssen.
189Vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 25. Januar 1996 - 4 C 5.95 -, BVerwGE 100, 238 (249 f.), m. w. N.
190Gemessen an diesen Grundsätzen ist dem Beklagten kein Abwägungsfehler bei der Variantenprüfung unterlaufen.
191aa) Der Beklagte hat im Planfeststellungsbeschluss ausführlich dargelegt, welche Überlegungen ihn dazu bewogen haben, sich unter den näher untersuchten Varianten - einschließlich der sog. Null-Variante - für die planfestgestellte zu entscheiden (PFB B. 5.3.3.1 f., S. 90 ff.). Die sog. Null-Variante auszuschließen, d. h. von dem Ausbau nicht Abstand zu nehmen, ist nicht abwägungsfehlerhaft. Der Beklagte hat ausgeführt, dass die B 51 in ihrem jetzigen Zustand nicht in der Lage ist, die aufkommenden Verkehrsströme sicher und zügig zu bewältigen und die entsprechenden Verkehrsmengen aufzunehmen. Dagegen ist nichts zu erinnern. Die Kläger selbst gehen vielmehr von noch größeren Verkehrsmengen aus und weisen darauf hin, dass die B 51 als Umgehungsstraße N. die meistbefahrene Bundesstraße im Münsterland sei.
192bb) Zudem ist nach § 1 Abs. 2 Satz 2 FStrAbG die hier vorliegende gesetzliche Feststellung des vordringlichen Bedarfs für die nachfolgende straßenrechtliche Planfeststellung verbindlich. Der Planungsträger ist jedoch nicht gehindert, etwa statt des Ausbaus einer Bestandstrasse eine Neubaustrecke als Trassenalter-native zu erwägen. Allerdings ist es auch nicht zu beanstanden, wenn der Planungsträger sich beim Ausbau eines bereits vorhandenen Straßenzuges - wie hier - aus nachvollziehbaren Gründen gegen eine Neutrassierung ausspricht und auf dieser Grundlage entsprechende Planungsalternativen verwirft.
193Vgl. BVerwG, Beschluss vom 5. November 2002 - 9 VR 14.02 -, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 171, S. 134, m. w. N.
194cc) Es ist abwägungsfehlerfrei, dass sich der Beklagte in der Variantenprüfung in erster Linie aus Kostengründen gegen die von den Klägern geforderte Tunnellösung oder Einhausung entschieden hat. In die Entscheidung der Planfeststellungsbehörde für die eine oder andere Trassen- oder Ausführungsvariante dürfen Kostengesichtspunkte einfließen. Denn das Interesse, den finanziellen Aufwand für den Straßenbau gering zu halten, gehört zu den öffentlichen Belangen, denen in der Abwägung Rechnung zu tragen ist.
195Vgl. etwa BVerwG, Urteile vom 9. November 2000 - 4 A 51.98 -, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 159, S. 67, m. w. N., und vom 3. März 2011 ‑ 9 A 8.10 ‑, BVerwGE 139, 150 (178 f.).
196In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass dem Gebot der sparsamen und wirtschaftlichen Mittelverwendung, das in § 7 Abs. 1 BHO seine gesetzliche Ausprägung gefunden hat, als eigenständigem öffentlichen Belang in der Abwägung Rechnung zu tragen ist. Er kann nach den konkreten Umständen des Falles sogar das private Interesse überwiegen, von einer Grundstücksinanspruchnahme verschont zu bleiben.
197Vgl. BVerwG, Urteil vom 24. November 2011 ‑ 9 A 23.10 ‑, BVerwGE 141, 171 (193).
198Der Beklagte hat unter Berufung auf erhebliche Mehrkosten eine Tunnellösung in Form eines Leichtbautunnels (System „Züblin“) als Planungsvariante (PFB B. 5.3.3.2., S. 93) unter Verweis auf das Lärmschutzkonzept (PFB B. 5.3.5.1.2, S. 103 f., und B. 5.3.5.1.5, S. 112 f.) verworfen. Im Planfeststellungsbeschluss hat der Beklagte die Kosten für einen (Standard-)Tunnel mit 42,12 Mio. Euro beziffert, für einen Leichtbautunnel (System „Züblin“) mit 21,6 Mio. Euro (S. 113). Demgegenüber hat er die Kosten für das in der Planfeststellung gewählte Lärmschutzkonzept für diesen Teilbereich mit 11.173.814 Euro (S. 103) bzw. 10,45 Mio. Euro (S. 113) angegeben. Für einen „Züblin-Tunnel“ fielen damit Mehrkosten von 10,132 Mio. Euro (S. 103) oder 10,15 Mio. Euro (S. 113) an, d. h. die Kosten pro geschützter Wohneinheit würden von 14.389 Euro (S. 103) bzw. 14.418 Euro (S. 113) auf 26.899 Euro (S. 104) ansteigen, das stehe außer Verhältnis zum angestrebten Schutzzweck. Darüber hinaus würden für eine weitere Gradientenab-senkung der Trasse auf etwa 6 m Mehrkosten von rund 10,6 Mio. Euro anfallen (S. 104, 113). Danach würde eine „Tunnellösung“ gegenüber der planfestgestellten Lösung insgesamt mehr als 20 Mio. Euro zusätzliche Kosten verursachen.
199Die von den Klägern hiergegen erhobenen Einwände greifen nicht durch. Zwar haben die Kläger Kostenansätze für einzelne Komponenten des Lärmschutz-konzepts in Frage gestellt, jedoch hiermit insgesamt nicht dargetan, dass die (Vergleichs-)Berechnungen des Beklagten gänzlich neben der Sache liegen. Denn es erschließt sich von selbst, dass Tunnelbauwerke, Teilabdeckungen und Einhausungen nebst Gradientenabsenkung - im vorliegenden Fall auf etwa 6 m - gegenüber dem Straßenbau auf der freien Strecke wesentlich höhere Kosten verursachen.
200Vgl. auch BVerwG, Urteil vom 23. März 2011 ‑ 9 A 9.10 ‑, juris, Rdnr. 34; ferner ergänzend Bundesministerium für Verkehr, Allgemeines Rundschreiben Straßenbau (ARS) 25/1998 vom 28. Juni 1998, VkBl. S. 848, i. V. m. Leitfaden für die Planungsentscheidung „Einschnitt oder Tunnel“, S. 7 ff.
201Bei Baukosten, die jedenfalls deutlich höher liegen als bei einem konventionellen Straßenbau, ist es nicht zu beanstanden, wenn sich der Beklagte gegen die in Rede stehenden Alternativen entschieden hat.
202Vgl. ergänzend BVerwG, Urteil vom 21. Mai 2008 ‑ 9 A 68.07 -, juris, Rn. 18.
203Es kommt hinzu, dass ein Tunnel gegenüber der planfestgestellten Lösung dauerhaft höhere Unterhaltungskosten verursacht. Zudem soll der Ausbau der B 51 wegen der Bedeutung der Verkehrsachse bei laufendem Betrieb durchgeführt werden. Die Kläger weisen in einem anderen Zusammenhang zutreffend darauf hin, dass die B 51 als Umgehungsstraße N. nach den Ergebnissen der Verkehrszählung 2010 die meistbefahrene Bundesstraße im Münsterland ist. Neben den durch Bauarbeiten ohnehin verursachten Behinderungen des Verkehrsflusses müssten zusätzliche Untertunnelungs- oder Einhausungsarbeiten in dem baulich verdichteten Umfeld über einen längeren Zeitraum zu einer vollständigen Sperrung der Strecke führen. Die dadurch im Stadtbereich N. verursachten Verkehrsprobleme wären kaum lösbar, weil eine geeignete Umleitung nicht zur Verfügung steht. Der Beklagte weist unter B. 5.3.12.8, S. 156, des Planfeststellungsbeschlusses darauf hin, dass durch eine Sperrung der B 51 während der Bauzeit das untergeordnete Straßennetz erheblich belastet würde. Dies würde insbesondere die N5.---straße , den N.--------weg sowie den M. - und E.--------weg betreffen, die aufgrund ihrer Ausstattung nicht in der Lage seien, solche Ausweichverkehre aufzunehmen.
204dd) Schließlich liegt es auf der Hand, dass die von den Klägern angeführte Alternativtrasse, die am Ende des zweiten Bauabschnitts der B 51 nach rechts abknicken, dann etwa einen Kilometer nach Osten führen, die Bahntrasse queren und dann nach links abknicken und parallel zum Bahndamm nach Norden geführt werden soll, nicht ernsthaft in Betracht zu ziehen war. Abgesehen von einem im Vergleich zur planfestgestellten Variante weitaus größeren Landschaftsverbrauch wären wegen des Verlassens der bisherigen Trasse unschwer erkennbar erhebliche Mehrkosten entstanden, da in diesem Falle ein Neubau der Straße erforderlich geworden wäre. Auch hätte die Verschwenkung eine kurvenreichere und bewegte Linienführung zur Folge, was dem Charakter einer Bundesfernstraße widerspricht. Im Übrigen ließe sich die Alternativlösung auch nicht annähernd so verwirklichen, wie von den Klägern in der Klagebegründung skizziert: Laut Erläuterungsbericht vom 5. Dezember 2005, Seite 7 (vgl. Teil A: B 51.3 Mappe 1, Unterlage 1, auch Unterlage 7.1, Beiakte 2 zu 11 D 6/12.AK), erhält die B 51 einen Regelquerschnitt von 26,00 m Kronenbreite (RQ 26). Die vom Beklagten noch herangezogenen und bis 2013 für die Entwurfsgestaltung maßgeblichen Richtlinien für die Anlage von Straßen - RAS - Teil Querschnitte (RAS-Q 96), eingeführt durch Allgemeines Rundschreiben Nr. 28/1996 vom 15. August 1996, VkBl. 1996, S. 481, sehen für den Straßenquerschnitt RQ 26 im Anhang unter 1.2.1 (Blatt 13) eine Bemessungsgeschwindigkeit von 100 bis 70 km/h vor. Die dafür erforderlichen Kurvenradien schließen die von den Klägern skizzierte Trassenführung mit einem scharfen Rechtsknick zum Verlassen der Bestandstrasse und einem scharfen Linksknick nach Unterquerung der Güterumgehungsbahn bereits offensichtlich aus.
205Zudem kann wegen der Breite der Straße von einem geringfügigen Eingriff in das Landschaftsschutzgebiet X3. -F. -Niederung „nur an seinem äußersten Rand“ keine Rede sein. Da die Trasse östlich der Güterumgehungsbahn über mehr als 3 km bis zur X2. Straße verlaufen soll, müsste bei einer Breite von 26 m eine Fläche von ca. 8 ha neu versiegelt werden. Hinzu käme, dass die Trasse hinter der Unterquerung des Bahndamms wegen der erforderlichen Kurvenradien nicht sofort scharf nach links abknicken könnte, sondern in einem Bogen wieder an den Bahndamm herangeführt werden müsste. Das Landschafts-schutzgebiet würde also nicht „nur an seinem äußersten Rand tangiert“, sondern in erheblichem Umfang durchschnitten. Die von den Klägern angesprochene Möglichkeit, den Bahndamm nicht rechtwinklig, sondern diagonal zu unterqueren, so dass ein scharfer Linksknick östlich des Bahndamms entfiele, hätte wiederum zur Folge, dass eine Neubautrasse im Bereich des Hauses M1. nicht mehr konfliktfrei geführt werden könnte. Des Weiteren stünde die kreuzungsfreie Verknüpfung mit der X2. Straße vor der zusätzlichen Schwierigkeit, dass die neue Trasse unmittelbar östlich des Bahndamms verliefe, so dass auf der Westseite kein Platz für Verbindungsrampen zur Verfügung stünde.
206Von daher ist es nicht zu beanstanden, wenn sich die Planfeststellungsbehörde beim Ausbau eines bereits vorhandenen Straßenzuges aus sachlich nachvollziehbaren Gründen bereits frühzeitig gegen eine Planungsalternative entscheidet, die einer Neutrassierung gleichkommt, und diese Planungsalternative aus der weiteren Betrachtung ausscheidet. Jedenfalls musste sich die von den Klägern favorisierte Variante dem Plangeber nicht als eindeutig vorzugswürdig aufdrängen.
207In diesem Stadium der Planung bedarf es noch keiner exakten Ermittlung des jeweiligen Abwägungsmaterials. Dieses muss vielmehr „nach Lage der Dinge“ nur so genau und vollständig sein, dass es jene erste vorauswählende Entscheidung zulässt.
208Vgl. BVerwG, Urteile vom 5. März 1997 - 11 A 25.95 -, BVerwGE 104, 123 (128), und vom 25. September 2002 - 9 A 5.02 -, juris, Rn. 41.
209Mit Blick hierauf konnte der Senat die in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisanträge zu dieser Trassenvariante ablehnen.
210ee) Vor dem Hintergrund, dass der Beklagte sich nach einer Grobanalyse abwägungsfehlerfrei für den Ausbau der Bestandstrasse der B 51 entscheiden durfte, hat er ‑ entgegen der Auffassung der Kläger ‑ die Abwägungsgrundlagen für diese Ausbauvariante ausreichend ermittelt. Die Kläger beanstanden insoweit, für den Kläger zu 2. sei erst nach Erlass des Planfeststellungsbeschlusses ermittelt worden, ob sein Anwesen dem Innen- oder Außenbereich zuzuordnen sei. Die Schadstoffuntersuchung sei erst am Datum der Planfeststellung zugegangen. Im Hinblick auf den Kläger zu 2. begründet der Beklagte bereits im Planfeststellungsbeschluss (S. 111 f.), dass dessen Grundstück im Außenbereich liege. Die weiteren Ermittlungen dienten lediglich der Bestätigung dieser der Abwägung zu Grunde gelegten Einschätzung. Auch den Schadstoffbelastungen hat der Beklagte unter Zugrundelegung einer Schadstoffabschätzung des Vorhabenträgers (im Anschluss an die Erläuterungen zum Deckblatt I vom 2. Mai 2007, Mappe 1, Unterlage 1-I in Beiakte 8 zu 11 D 6/12.AK) bereits im Planfeststellungsbeschluss Stellung genommen (S. 116 bis 118). Das Gutachten des Ingenieurbüros M. diente der Bestätigung dieser der Abwägung zu Grunde gelegten Einschätzung; es ist im Übrigen Bestandteil der planfestgestellten Unterlagen, die in das Planfeststellungsverfahren eingebracht wurden (PFB A. 2.4 Nr. 99). Die von den Klägern angeführte E-Mail des Unterzeichners des Planfeststellungsbeschlusses an die Regierungsvizepräsidentin vom 30. September 2011 ist für die Frage der Rechtmäßigkeit des Planfeststellungsbeschlusses ohne Bedeutung. Maßstab für die Rechtmäßigkeitsprüfung ist allein der Planfeststellungsbeschluss mit den zu seinem Gegenstand gemachten Unterlagen.
211c) Die Einwände der Kläger zu einer Rechtswidrigkeit des Planfeststellungsbeschlusses wegen einer abwägungsfehlerhaften Bewältigung der Verkehrslärmproblematik und einer daraus resultierenden Verletzung ihres Rechts auf fehlerfreie Abwägung greifen nicht durch.
212aa) Abwägungsfehler bei den Gesichtspunkten des Lärmschutzes führen im Regelfall nicht zu einer Aufhebung eines Planfeststellungsbeschlusses. Denn nach § 17e Abs. 6 FStrG sind Mängel bei der Abwägung der von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange nur dann erheblich, wenn sie offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen sind (Satz 1). Erhebliche Mängel bei der Abwägung oder eine Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften führen nur dann zur Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses oder der Plangenehmigung, wenn sie nicht durch Planergänzung oder durch ein ergänzendes Verfahren behoben werden können; die §§ 45 und 46 VwVfG bleiben unberührt (Satz 2).
213Mögliche Mängel im Lärmschutzkonzept können grundsätzlich durch Schutzauflagen behoben werden und rechtfertigen deshalb in der Regel nicht die Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses. Eine Planaufhebung kommt nur in Betracht, wenn das Fehlen notwendiger Schutzauflagen ausnahmsweise so großes Gewicht hat, dass davon die Ausgewogenheit der Gesamtplanung oder eines wesentlichen Planungsteils betroffen ist.
214Vgl. BVerwG, Urteile vom 18. April 1996 - 11 A 86.95 -, BVerwGE 101, 73 (85), vom 23. November 2005 - 9 A 28.04 -, juris, Rn. 17 (insoweit nicht in BVerwGE 124, 334, veröffentlicht), und vom 10. Oktober 2012 - 9 A 20.11 -, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 229, S. 72.
215Allerdings kann nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts in einem Fall, in dem sich der Kläger gegen die lärmtechnische Berechnung und die darauf aufbauende Behandlung der Lärmschutzbelange mit der Begründung wendet, sie beruhten auf einer verfehlten Verkehrsprognose, in der die tatsächlich zu erwartende Verkehrsbelastung des Vorhabens weit unterschätzt worden sei, die Möglichkeit nicht von der Hand gewiesen werden, dass davon die konzeptionelle Planungsentscheidung einschließlich der Trassenwahl betroffen wird; Abwägungsdefiziten aufgrund einer fehlerhaften Verkehrsprognose kann deshalb nicht durch eine Planergänzung um Schutzauflagen abgeholfen werden.
216Vgl. BVerwG, Urteile vom 12. August 2009 - 9 A 64.07 -, BVerwGE 134, 308 (328), und vom 9. Juni 2010 - 9 A 20.08 -, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 208, S. 145 f.
217Die Rüge der Kläger, der Verkehrsuntersuchung liege ein zu geringer Lkw-Anteil zu Grunde, weshalb die Lärmprognose zu gering ausgefallen sei, ist nicht geeignet, die Möglichkeit einer solchen konzeptionell anderen Entscheidung aufzuzeigen, insbesondere nicht hinsichtlich einer anderen Trassenführung. Sollte eine größere Immissionsbelastung infolge eines höheren Lkw-Anteils entstehen, bestünden ohne Weiteres die Möglichkeiten entweder der Anordnung weitergehender Maßnahmen des aktiven Schallschutzes oder der Erstreckung des Anspruchs auf Aufwendungsersatz für passive Schallschutzmaßnahmen auch auf andere Gebäude, ohne dass es zu einer grundlegenden Umplanung des streitigen Vorhabens kommen müsste.
218bb) Unbeschadet des vorstehend Ausgeführten lässt sich nicht feststellen, dass die Verkehrsprognose, soweit die Kläger hiergegen substantiierte Einwände im Klageverfahren geltend gemacht haben, fehlerhaft ist.
219aaa) Beide Kläger sind mit ihrem Vorbringen gegen die Verkehrsprognose entgegen der Auffassung des Beklagten nicht präkludiert. Nach § 17a Nr. 7 Satz 1 FStrG sind Einwendungen gegen den Planfeststellungsbeschluss nach Ablauf der im Planfeststellungsverfahren eröffneten Einwendungsfrist ausgeschlossen. Diese Bestimmung normiert eine materielle Verwirkungspräklusion, die verfassungsrechtlich unbedenklich ist. Die Einwendungsfrist besitzt für das gerichtliche Verfahren, das einem straßenrechtlichen Planfeststellungsverfahren folgt, materiell-rechtlichen Charakter. Die straßenrechtliche Präklusion erstreckt sich nach Wortlaut sowie Sinn und Zweck der Vorschrift auch auf das nachfolgende verwaltungsgerichtliche Verfahren.
220Vgl. zur inhaltsgleichen Vorgängernorm des § 17 Abs. 4 Satz 1 FStrG a. F. etwa BVerwG, Urteil vom 24. Mai 1996 ‑ 4 A 38.95 ‑, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 119, S. 136 f.
221Allerdings hat die Klägerin zu 1. im Deckblatt I-Verfahren - anders als der Rechts-vorgänger des Klägers zu 2. - keine Einwendungen erhoben. Sie musste jedoch nach Auslegung des Deckblattes I unter Hinweis auf den Einwendungsauschluss gemäß § 17a Nr. 7 Satz 1 FStrG zur Vermeidung einer Präklusion nicht erneut Einwendungen erheben. Zwar sollte die durch das Deckblatt I vorgenommene Umplanung (auch) ihren Lärmschutzinteressen Rechnung tragen. Die Klägerin zu 1. hatte jedoch in ihrem Einwendungsschreiben vom 5. April 2006 ausdrücklich beanstandet, die prognostizierte Verkehrsbelastung sei nur unzulänglich ermittelt worden. Der Umplanung durch das Deckblatt I lag der Ergebnisbericht der IVV vom 11. September 2006 zu Grunde, der jedoch nicht mit ausgelegt worden war. Daher waren der Klägerin zu 1. in diesem Punkt erneute oder weitere vertiefende Einwendungen nicht möglich. Andererseits konnte der Beklagte nicht davon ausgehen, die Einwendungen gegen die Ermittlung der Verkehrsbelastung seien durch die vorgenommenen Umplanungen erledigt.
222Auch der Kläger zu 2. ist mit seinen Einwendungen zur Verkehrsprognose nicht ausgeschlossen. Er weist zutreffend darauf hin, dass sein Rechtsvorgänger bereits im Rahmen der ersten Auslegung inhaltlich ausreichende Einwendungen erhoben hat. Eine Einwendung muss erkennen lassen, in welcher Hinsicht Bedenken gegen die in Aussicht genommene Planfeststellung ‑ aus der Sicht des Einwendenden ‑ bestehen könnten. Das Vorbringen muss so konkret sein, dass die Planfeststellungsbehörde erkennen kann, in welcher Weise sie bestimmte Belange einer näheren Betrachtung unterziehen soll. Der Betroffene muss zumindest in groben Zügen darlegen, welche Beeinträchtigungen befürchtet werden, ohne dies allerdings begründen zu müssen. Anzuknüpfen ist dabei an die ausgelegten Planunterlagen. Nach ihrer Konkretheit richten sich die Anforderungen an die Einwendungslast, d. h. an Umfang und Detailliertheit der Darlegungen.
223Vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 9. Juli 2008 ‑ 9 A 14.07 ‑, BVerwGE 131, 274 (288 f.), m. w. N.
224Die Darlegungsanforderungen orientieren sich an den Möglichkeiten betroffener Laien; Ausführungen, die fachwissenschaftlichen Sachverstand voraussetzen, können regelmäßig nicht erwartet werden.
225Vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 14. Juli 2011 ‑ 9 A 14.10 ‑, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 218, S. 252, m. w. N.
226Nach diesen Maßstäben waren die knappen Einwendungen des Rechtsvorgängers des Klägers zu 2. mit Schreiben vom 29. März 2006 ausreichend. In dem Schreiben wird ausdrücklich gerügt, es sei weder aktiver noch passiver Lärmschutz für das Gebäude N2.---straße 28 vorgesehen. Die für die Ermittlung der notwendigen Schallschutzmaßnahmen zu Grunde gelegten Verkehrszahlen würden „angezweifelt“. Damit hatte der Rechtsvorgänger des Klägers zu 2. die Verkehrslärmproblematik im Hinblick auf sein Grundstück ausreichend aufgezeigt. Da die Verkehrsprognose nicht ausgelegen hatte, waren weitere vertiefende Einwendungen nicht erforderlich und auch gar nicht möglich.
227bbb) Die Verkehrsprognose ist jedoch inhaltlich nicht zu beanstanden. Verkehrsprognosen unterliegen nur einer eingeschränkten gerichtlichen Kontrolle. Sie sind lediglich daraufhin zu überprüfen, ob sie methodisch einwandfrei erarbeitet worden sind, nicht auf unrealistischen Annahmen beruhen und ob das Prognoseer-gebnis einleuchtend begründet worden ist.
228Vgl. etwa BVerwG, Urteile vom 9. Juni 2010 - 9 A 20.08 -, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 208, S. 146, und vom 10. Oktober 2012 - 9 A 19.11 -, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 228, S. 38, sowie Beschluss vom 15. März 2013 - 9 B 30.12 -, juris, Rn. 10.
229Diesen Anforderungen wird die hier maßgebliche Verkehrsprognose gerecht.
230Der Ergebnisbericht der IVV Verkehrsdatenaktualisierung Aus- und Neubau B 51/B 481n Planfälle PO und P_RE 2020 vom 11. September 2006 (Beiakte 13 zu 11 D 6/12.AK) basiert auf einer Verkehrsuntersuchung von 1993 und einer aktualisierten Verkehrsuntersuchung von November 1999, sowie der Aktualisierung dieses Gutachtens von Februar 2003. Die Erstellung einer solchen Modellprognose war vorliegend aufgrund der planbedingten Umstände nach der Nr. 1.2.2.2 des Anhangs der vom Beklagten noch herangezogenen RAS-Q 96 angezeigt. Eine solche Modellprognose soll auf umfassenden Annahmen über zukünftige allgemeine Entwicklungen basieren und diese Annahmen mit Hilfe eines umfangreichen Modells der Verhaltensweisen der Verkehrsteilnehmer und der Struktur der Verkehrssysteme in eine Vorhersage von Verkehrsströmen umsetzen. Die Verfahrensmaßgaben einer Modellprognose wurden hier gewahrt. Die von der IVV erstellte Verkehrsuntersuchung beruht auf umfassenden Annahmen über zukünftige allgemeine Entwicklungen. Die Gutachter haben umfangreiche Prognosegrundlagen herangezogen. So wurden insbesondere die Daten der zum damaligen Zeitpunkt aktuellen Straßenverkehrszählung 2005 und eine Ergänzung einer bundesweiten Untersuchung zum Thema der mautbedingten Ausweichverkehre von schweren LKW für Nordrhein-Westfalen von November 2005 im Ergebnisbericht ausgewertet. Der voraussichtlichen Entwicklung der Siedlungs- und Wirtschaftsstruktur im Untersuchungsraum wurden die Daten der Landesplanung Nordrhein-Westfalen sowie die Daten der Stadt N. zu Grunde gelegt. Auch für die Kreise X. und H. wurden die entsprechenden Bevölkerungsentwicklungen berücksichtigt. Im Nahbereich des Knotens B 51/X. Straße haben die Gutachter zusätzlich ein neues Wohngebiet mit Lebensmitteldiscounter berücksichtigt. Die Tendenzen der Verkehrsentwicklung, die aufgrund der Verhaltensweisen der Bevölkerung bzw. durch die Verkehrspolitik bestimmt werden, wurden in Anlehnung der Landesplanung Nordrhein-Westfalen sowie der derzeit gültigen Bedarfsplanung zum Bundesverkehrswegeplan entnommen und auf das Gebiet des Untersuchungsraums übertragen. Die Ermittlung der Prognoseverkehrsstärke betrachtet einen Prognose-Null-Fall für das Jahr 2020 unter Berücksichtigung aller Maßnahmen der Bedarfspläne des Bundes und des Landes Nordrhein-Westfalen, die als Überhang und im vordringlichen Bedarf bzw. in Stufe I eingestellt sind, sowie weitere für die Verkehrsentwicklung im Untersuchungsraum relevante Planungen der Städte und Gemeinden, um prognostisch den Planfall P_RE 2020 mit dem Prognosehorizont 2020 zu erarbeiten. Diese Vorgehensweise stimmt ebenfalls mit der Nr. 1.2.2.2 der RAS-Q 96 überein, der die Umsetzung der Annahmen über zukünftige allgemeine Entwicklungen mit Hilfe eines umfangreichen Modells der Verhaltensweisen der Verkehrsteilnehmer und der Struktur der Verkehrssysteme in eine Vorhersage von Verkehrsströmen fordert.
231Vgl. hierzu auch BVerwG, Urteil vom 12. August 2009 - 9 A 64.07 -, juris, Rn. 100 ff. (insoweit nicht in BVerwGE 134, 308, abgedruckt).
232Der Ergebnisbericht vom 11. September 2006 ist ergänzt worden durch eine Ergänzung Planfall mit 3. Nordtangente N. vom 11. März 2008, einen Kurzbericht Ausblick Prognose 2025 vom 28. Juli 2011 und während des Klageverfahrens durch eine Ergänzung dieses Kurzberichts vom 14. Juni 2012. Im Ergebnis kommt die IVV für den Bereich zwischen X. Straße und X2. Straße gegenüber dem Prognose-Null-Fall 2020 (20.500 Kfz DTV) für den Plan-fall P_RE mit holländischen Rampen und 3. Nordtangente N. (Ergänzung vom 11. März 2008) auf 40.700 Kfz DTV, prognostiziert mithin, dass sich das Verkehrsaufkommen auf der B 51 auf dem die Kläger betreffenden Abschnitt nahezu verdoppeln wird.
233ccc) Diese Prognose greifen die Kläger nicht mit Erfolg an. Sie beanstanden zu Unrecht den zeitlichen Horizont der Verkehrsprognose. Die zeitliche Anknüpfung fügt sich in das Konzept ein, das dem Fernstraßenausbaugesetz i. d. F. des 5. Änderungs-gesetzes zum Fernstraßenausbaugesetz vom 4. Oktober 2004 (BGBl. I S. 2574) zu Grunde liegt. Der durch dieses Gesetz verabschiedete Bedarfsplan für die Bundesfernstraßen orientiert sich an der Verkehrsentwicklung, die der Bundesgesetzgeber bis zum Jahr 2015 erwartet. Daher wäre es sogar sachgerecht gewesen, sich für das hier planfestgestellte Vorhaben des vordringlichen Bedarfs bei der Verkehrsuntersuchung auf das Jahr 2015 zu beziehen.
234Vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Mai 2012 ‑ 9 A 35.10 ‑, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 225, S. 17.
235Die Planfeststellungsbehörde hat durch das auf den Prognosehorizont 2020 bezogene Gutachten vom 11. September 2006 und die auf das Jahr 2025 bezogenen Ergänzungen vom 28. Juli 2011 und 14. Juni 2012 sichergestellt, dass die Verkehrsprognose das zu erwartende Verkehrsaufkommen über den Prognosehorizont 2015 hinaus bis ins Jahr 2025 abbildet.
236Vgl. zu einer ähnlichen Fallgestaltung BVerwG, Urteil vom 30. Mai 2012 ‑ 9 A 35.10 ‑, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 225, S. 17.
237Dabei ist es regelmäßig nicht zu beanstanden, dass die Verkehrsprognose für ein fernstraßenrechtliches Straßenbauvorhaben auf der Grundlage der laufend aktualisierten bundesweiten Strukturdaten und Matrizes erstellt wird. Laufende Aktualisierungen der bundesweiten Vorgaben können aus methodischen und praktischen Gründen heraus nicht gefordert werden.
238Vgl. BVerwG, Urteile vom 9. Juni 2010 ‑ 9 A 20.08 ‑, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 208, S. 147 f., und vom 30. Mai 2012 ‑ 9 A 35.10 ‑, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 225, S. 17.
239Soweit die Kläger auf verschiedene nicht berücksichtigte „nachdrücklich verfolgte und in Umsetzung befindliche“ Straßenplanungen verweisen, ist dem nicht weiter nachzugehen. Allerdings müssen bereits vorhersehbare Entwicklungen im Streckennetz, die sich auf die Verkehrsmenge der planfestgestellten Strecke auswirken, von vornherein bei der Verkehrsprognose berücksichtigt und im Planfeststellungsbeschluss bewältigt werden.
240Vgl. BVerwG, Beschluss vom 25. Mai 2005 ‑ 9 B 41.04 ‑, juris, Rdnr. 11.
241Dem trägt die Verkehrsprognose Rechnung, indem sie alle auf Seite 9 des Ergebnisberichts vom 11. September 2006 genannten Straßenbaumaßnahmen einbezieht. Demgegenüber mussten die weiteren von den Klägern genannten Maßnahmen (durchgehend leistungsfähige Verbindung zwischen N. und der A 2 im Raum S. -X1. ) infolge fehlender Konkretisierung der Planung nicht berücksichtigt werden, zumal ein vollständig durchgehender Ausbau der B 64 zwischen S. und N. nicht vorgesehen ist. Zudem dürfte diese Verbindung für Schwerverkehr aus dem Osten in Richtung N. nach Fertigstellung der in Bau befindlichen Maßnahmen A 30 (Ortsumgehung Bad P. ) und A 33 (C. -P1. ) nur von geringem Interesse sein.
242Von einer bereits „vorhersehbaren“ Entwicklung kann frühestens dann gesprochen werden, wenn ein Planfeststellungsverfahren eingeleitet worden ist. Erst dadurch wird konkretisiert, welche Straße der Vorhabenträger zu bauen beabsichtigt, so dass eine Verkehrsmenge prognostiziert werden kann. Ein solches konkretes Planungsstadium hatten zum Zeitpunkt des Erlasses des Planfeststellungsbeschlusses die von den Klägern genannten „Straßenplanungen“ nicht erreicht. Die - noch nicht existierende - „Entlastungsstraße Nord“ ist als „3. Nordtan-gente N. “ in der Ergänzung vom 11. März 2008 enthalten; sie führt nicht zu einer Verkehrserhöhung sondern zu einer leichten Entlastung der B 51 zwischen X. Straße und X2. Straße (40.700 Kfz/24 h statt 41.700 Kfz/24 h nach dem Ergebnisbericht vom 11. September 2006). Die von den Klägern in diesem Zusammenhang behaupteten zusätzlichen 15.000 Kfz/24 h für die Umgehungsstraße sind in keiner Weise belegt oder nachvollziehbar, die Zahl scheint „gegriffen“. Hinzu kommt, dass durch die Änderung des Flächennutzungsplanes der Stadt N. im Jahr 2013 die „3. Nordtangente“ planerisch nicht mehr weiterverfolgt wird.
243ddd) Es war entgegen der Auffassung der Kläger nicht erforderlich, im Ergebnisbericht alle Eingangsdaten und Annahmen einzeln aufzuführen. Wird im Rahmen einer Verkehrsprognose für die Berechnung des zukünftigen Verkehrsaufkommens auf die aus den Strukturdaten ableitbare wirtschaftliche Gesamtentwicklung eines bestimmten Raumes und nicht auf einzelne Unternehmen und Vorhaben abgestellt, ist es methodisch grundsätzlich nicht zu beanstanden, die Eröffnung einer neuen Produktionsstätte als ein bei den Strukturdaten eingerechnetes Ergebnis zu betrachten.
244Vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Mai 2012 ‑ 9 A 35.10 ‑, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 225, S. 17 f.
245Die Prognose auf der Basis von Strukturdaten kann auch nicht dadurch in Frage gestellt werden, dass die Kläger einzelne Tatsachen und Vorgänge (Einwohnerzahl der Stadt N. , neues Wohngebiet und Gewerbegebiet in X4. , Eröffnung neuer Gewerbebetriebe, Masterplan zur Entwicklung des Hafenbereichs) benennen, die vermeintlich nicht berücksichtigt worden sind. Die Kläger führen gegen die Verkehrsprognose zahlreiche Vorgänge und Einzelheiten ins Feld, können jedoch weder nachvollziehbar darlegen, dass diese Vorgänge und Einzelheiten in die der Verkehrsprognose zugrunde liegenden Strukturdaten und sonstigen Eingangsdaten nicht eingeflossen sind noch deren Auswirkungen auf das Ergebnis der Verkehrsprognose auch nur annähernd konkretisieren oder beziffern. Dafür dass dem Gutachterbüro Eingabefehler oder Rechenfehler unterlaufen sind, fehlt jeder schlüssige Anhaltspunkt.
246Vgl. hierzu auch BVerwG, Urteil vom 18. März 2009 - 9 A 39.07 -, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 201, Rdnr. 125.
247Die Verkehrsprognose kann keine Daten in Form von Istzahlen berücksichtigen, wie etwa die von den Klägern genannte Entwicklung des Pendlerverkehrs von 2001 bis 2007, die erst nach dem Zeitpunkt der Erstellung des Ergebnisberichts vom 11. September 2006 ermittelt und ausgewertet worden sind. Die erhebliche Zunahme des Verkehrs auf der B 51 von 1990 bis 2005 bedeutet nicht automatisch, dass entsprechende Zuwachsraten auch für die Zukunft zu erwarten sind. Immerhin prognostiziert auch die IVV bis 2025 eine Verdoppelung des Verkehrs seit 2010 für den Abschnitt zwischen X. Straße und X2. Straße. Der Einwand der Kläger, die „allgemeine Verkehrsentwicklung“ auf Bundesebene sei in der Prognose nicht erkennbar, führt nicht weiter.
248eee) Für einen allgemeinen „Risikozuschlag“ auf die ermittelte Verkehrsmenge, um für die Prognose „auf der sicheren Seite“ zu liegen, gibt es bei Verkehrsprognosen im Straßenverkehr keine Rechtsgrundlage. Auch die Sechzehnte Verordnung zur Durchführung des Bundes‑Immissionsschutzgesetzes (Verkehrslärmschutzverordnung -16. BImSchV) vom 12. Juni 1990, BGBl. I S. 1036, in dem hier maßgeblichen Zeitpunkt zuletzt geändert durch Gesetz vom 19. September 2006, BGBl. I S. 2146, die in Anlage 1 zu § 3 die Berechnung der Beurteilungspegel an Straßen detailliert regelt, kennt derartige „Risikozuschläge“ nicht.
249fff) Der Ergebnisbericht vom 11. September 2006 kommt für den Planfall P_RE 2020 auf einen Lkw-Anteil von 13 % tagsüber und 12 % nachts. Der für 2025 prognostizierte weitere Anstieg des Schwerverkehranteils um knapp 5 % würde zu einem Lkw-Anteil von 13,65 % tagsüber und 12,6 % nachts führen. Die Schlussfolgerung der IVV in den Ergänzungen zum Kurzbericht Ausblick Prognose 2025 vom 14. Juni 2012, dies werde auf die einzelnen Belastungen an den Querschnitten nur marginale Auswirkungen haben, ist nachvollziehbar und plausibel. Beide Werte liegen über dem Ergebnis der Straßenverkehrszählung aus dem Jahr 2010 von 11,4 % für den ganzen Tag. Da die IVV gegenüber dem Prognose-Null-Fall für 2020 fast eine Verdoppelung des Verkehrsaufkommens prognostiziert, bedeutet dies für den Lkw-Verkehr bei einem gegenüber der Zählung 2010 leicht steigenden Anteil in absoluten Zahlen mehr als eine Verdoppelung. Dem setzen die Kläger nichts Substantiiertes entgegen. Die von ihnen angeführten mautbedingten Ausweichverkehre auf der B 64 von N. nach S. -X1. (A 2) hat die IVV unter Zugrundelegung einer bundesweiten Untersuchung und einer darauf basierenden Ergänzung für Nordrhein-Westfalen aus November 2005 berücksichtigt und „wenig Auswirkung“ ermittelt (Ergebnisbericht vom 11. September 2006, S. 6). Dem halten die Kläger nur nicht belegte Vermutungen entgegen. Zutreffend weisen die Kläger darauf hin, dass dem Ergebnisbericht keine Unterlage zu entnehmen ist, die entsprechend den Vorgaben der 16. BImSchV die Ermittlung einer maßgebenden stündlichen Verkehrsstärke und eines maßgebenden Lkw-Anteils (über 2,8 Tonnen) am Gesamtverkehr über die Nachtzeit dokumentiert. Die in der mündlichen Verhandlung anwesende Gutachterin der IVV, Frau T. , hat hierzu allerdings ausgeführt, dass diese Daten aus den amtlichen Verkehrszählungen übernommen worden seien. Dabei sei auch berücksichtigt worden, dass in den amtlichen Zählungen bis zum Jahr 2000 Fahrzeuge mit mehr als 2,8 Tonnen Gewicht als Lkw, seit dem Jahr 2005 hingegen erst Fahrzeuge mit mehr als 3,5 Tonnen Gewicht als Lkw gezählt wurden.
250ggg) Die Prognose vom 11. September 2006, an der die IVV für das Prognose-jahr 2025 festgehalten hat (Kurzbericht vom 28. Juli 2011 mit Ergänzung vom 14. Juni 2012), wird durch die im Jahr 2010 durchgeführte Straßenverkehrszählung bestätigt. Diese ergab für den Abschnitt zwischen X. Straße und X2. Straße einen DTV von 20.518 mit einem Lkw-Anteil von 11,4 %. Die Prognose der IVV vom 11. September 2006 kommt für den entsprechenden Prognose-Null-Fall 2020 auf einen DTV von 20.500. Dass die Verkehrszahlen nicht mehr ansteigen, ist ‑ auch im Hinblick auf die Ausführungen im ergänzten Kurzbericht vom 14. Juni 2012 ‑ plausibel.
251Auch die von den Klägern ins Verfahren eingeführte Verkehrsuntersuchung der Stadt N. für das Jahr 2025 zum Entwurf des Bebauungsplanes „Hafen-Center“ bestätigt die Ergebnisse der IVV: Sie kommt für den „Planfall 4“, der die vorliegende Planung einbezieht, auf 51.400 Kfz/24 h für den Bereich zwischen B. Weg und X. Straße, während die IVV 50.600 Kfz/24 h ausweist. Beide Prognosen unterscheiden sich damit nur um etwa 1,6 %; von einer „Widerlegung“ der Prognose der IVV kann daher keine Rede sein.
252hhh) Der Einwand der Kläger, die Ergebnisse der Verkehrsuntersuchung seien nicht ableitbar, weil Berechnungsgrundlagen und Quellenangaben fehlten und der Rechenvorgang nicht beschrieben sei, greift nicht durch. Ihre Angriffe gegen die Tatsachenermittlung, Methodik und Plausibilität der Ergebnisse der Verkehrsuntersuchungen erweisen sich nicht als stichhaltig. Bei dieser Sachlage besteht kein Anlass, an der Richtigkeit der Berechnungen allein deshalb zu zweifeln, weil einzelne Rechenvorgänge dem Gutachten nicht zu entnehmen sind. Der Vorwurf, die Rechenverfahren seien nicht nachvollziehbar, wäre allenfalls dann berechtigt, wenn den Klägern trotz entsprechender Nachfrage bei der Planfeststellungsbehörde zusätzliche Informationen zu den Ausgangsdaten und gegebenenfalls den Rechenschritten vorenthalten worden wären. Das behaupten die Kläger nicht.
253Vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 9. Juni 2010 ‑ 9 A 20.08 ‑, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 208, S. 154.
254Bedenken an der Fachkompetenz und der Unparteilichkeit der IVV bestehen nicht. Die IVV ist ein seit Jahrzehnten im Bereich des Verkehrswesens tätiges Gutachterbüro, das bundesweit und ‑ wie dem Senat aus eigener Erfahrung bekannt ist ‑ insbesondere in Nordrhein-Westfalen in einer Vielzahl von Fällen Planfeststellungsverfahren für Straßen durch die Erarbeitung von Fachbeiträgen begleitet hat.
255Vgl. OVG NRW, Urteile vom 11. Februar 2009 ‑ 11 D 45/06.AK ‑, juris, Rdnr. 138, und vom 24. März 2014 ‑ 11 D 31/11.AK ‑, juris, Rdnr. 72.
256Auch das Bundesverwaltungsgericht hat hervorgehoben, dass die IVV ein seit vielen Jahren etabliertes Gutachterbüro sei, das über große Erfahrung in der Erstellung von Verkehrsuntersuchungen und -prognosen verfüge.
257Vgl. BVerwG, Urteil vom 9. Juni 2010 ‑ 9 A 20.08 ‑, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 208, S. 156.
258cc) Aufbauend auf der nicht zu beanstandenden Verkehrsprognose hat der Beklagte die Lärmschutzbelange der Kläger mit dem ihnen zustehenden Gewicht in die Abwägung eingestellt.
259Der Schutz der (Wohn)Bevölkerung vor Verkehrslärm ist ein Belang, dem eine Straßenplanung gemäß § 41 Abs. 1 BImSchG Rechnung zu tragen hat. Hiernach ist unter anderem bei dem Bau oder der wesentlichen Änderung öffentlicher Straßen unbeschadet des § 50 BImSchG sicherzustellen, dass durch diese keine schädlichen Umwelteinwirkungen durch Verkehrsgeräusche hervorgerufen werden können, die nach dem Stand der Technik vermeidbar sind.
260aaa) Maßgeblich für den Schallschutz, den die Kläger beanspruchen können, sind die Regelungen der §§ 41, 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG i. V. m. § 2 der 16. BImSchV. Hiernach ist beim Bau oder der wesentlichen Änderung öffentlicher Straßen grundsätzlich sicherzustellen, dass der nach § 3 der 16. BImSchV berechnete Beurteilungspegel bestimmte gebietsbezogene Immissionsgrenzwerte nicht überschreitet; dies gilt nicht, soweit die Kosten der Schutzmaßnahme außer Verhältnis zu dem angestrebten Schutzzweck stehen würden.
261Nach § 2 Abs. 2 Satz 1 der 16. BImSchV ergibt sich die für die Festlegung der jeweiligen Immissionsgrenzwerte maßgebliche Gebietseinstufung aus den Festsetzungen in den Bebauungsplänen. Sind solche Festsetzungen nicht vorhanden, gelten gemäß Satz 2 der vorgenannten Bestimmung für bauliche Anlagen im Außenbereich entsprechend ihrer Schutzbedürftigkeit die Werte nach Absatz 1 Nr. 1 für Krankenhäuser, Schulen, Kurheime und Altenheime, nach Nr. 3 für Kerngebiete, Dorfgebiete und Mischgebiete oder nach Nr. 4 für Gewerbegebiete.
262bbb) Die Planfeststellungsbehörde ist von den richtigen Immissionsgrenzwerten für Lärm ausgegangen. Das Wohnhausgrundstück der Klägerin zu 1. liegt in einem Wohngebiet im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 2 der 16. BImSchV - das ist zwischen den Beteiligten unstreitig -, so dass als Immissionsgrenzwerte tags 59 dB(A) und nachts 49 dB(A) gelten.
263Das Wohnhausgrundstück des Klägers zu 2. liegt zur Überzeugung des Senats im Außenbereich (vgl. § 35 BauGB). Ein Bebauungsplan (vgl. § 30 Abs. 1 BauGB) liegt nicht vor und die Voraussetzungen für die Annahme eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils (vgl. § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB) sind nicht erfüllt.
264Für diese Einschätzung nicht maßgebend ist die Tatsache, dass die Stadt N. als zuständige Bauaufsichtsbehörde das Gebiet westlich der N5.---straße als Außenbereich einstuft. Sie hat unter dem 30. Mai 2012 mitgeteilt, der Bereich sei im Flächennutzungsplan von 1980 noch als Wohnbaufläche ausgewiesen gewesen. Mit der 56. Änderung des Flächennutzungsplanes, die am 5. Juli 1991 wirksam geworden sei, sei die Darstellung in „Fläche für die Forstwirtschaft“ geändert worden. Im aktuellen Flächennut-zungsplan (Bekanntmachung am 8. April 2004) sei die Fläche als Wald dargestellt. Ebenfalls nicht entscheidungserheblich sind die Ortssatzung der Stadt N. vom 27. Juli 1957 und die planungsrechtliche Auskunft vom 22. Dezember 1970 zur Baugenehmigung von 1971. Beide beruhen noch darauf, dass die Stadt N. das Gebiet westlich der N5.---straße bis 1991 im Flächennutzungsplan als Wohnbaufläche ausgewiesen hatte. Für die gegenwärtige Beurteilung sind sie daher unergiebig. Auch aus dem Fluchtlinienplan vom 13. März 1913 lässt sich eine aktuelle bauplanungsrechtliche Einordnung der Grundstücke an der N5.---straße daher nicht mehr ableiten. Der vom Kläger zu 2. in Bezug genommene Straßenbaubeitragsbescheid vom 28. März 2014 bezieht sich auf die tatsächliche ‑ baurechtlich legale und bestandsgeschützte ‑ Wohnnutzung seines Grundstücks und belegt daher keinen Bebauungszusammenhang mit der Ostseite der N5.---straße .
265Die Beurteilung, dass das Haus des Klägers zu 2. N2.---straße 28 baurechtlich im Außenbereich liegt, stützt sich auf eine Gesamtwürdigung der vom Senat im Ortstermin am 13. Mai 2015 in Augenschein genommenen örtlichen Verhältnisse, die auf den bei den Gerichtsakten und planfestgestellten Unterlagen befindlichen Karten (Übersichtslageplan 1:5000 und Lageplan 1:1000 km 7+250 bis 7+700, Teil A: B51.3, Mappe 1, Unterlagen 3 und 5.4, Beiakte 2 zu 11 D 6/12.AK), die im Ortstermin vom Senat gefertigten und die in der Gerichtsakte Bl. 102 bis 104 befindlichen Fotos sowie das Luftbild in Beiakte 1 des vorliegenden Verfahrens, S. 42. Das Gebäude N2.---straße 28 bildet entgegen der Auffassung des Klägers zu 2. mit dem Wohngebiet östlich der N5.---straße keinen im Zusammenhang bebauten Ortsteil im Sinne des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB.
266Für die Frage, welche Anforderungen an das Vorliegen eines Bebauungszusammenhangs im Sinne des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB zu stellen sind, ist ausschlag-gebend, inwieweit eine tatsächlich aufeinanderfolgende Bebauung trotz etwa vorhandener Baulücken nach der Verkehrsauffassung den Eindruck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit vermittelt und die in Rede stehende Fläche noch diesem Zusammenhang angehört. Ein Ortsteil im Sinne von § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB ist jeder Bebauungskomplex im Gebiet einer Gemeinde, der nach der Zahl der vorhandenen Bauten ein gewisses Gewicht besitzt und Ausdruck einer organischen Siedlungsstruktur ist. Maßgeblich ist die tatsächlich vorhandene Bebauung.
267Vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 2. April 2007 ‑ 4 B 7.07 ‑, BRS 71 Nr. 81.
268Für die Annahme einer aufeinanderfolgenden Bebauung ausschlaggebend ist, inwieweit die Bebauung den Eindruck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit vermittelt. Hierfür kommt es auf die Verkehrsauffassung und damit jeweils auf die Lage des Einzelfalls an. Katastermäßige Grundstücksgrenzen bleiben dabei unberücksichtigt.
269Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 19. August 2010 ‑ 7 A 1349/09 ‑, juris, Rdnr. 6, m. w. N.
270Eine Straße kann je nach den Umständen des Einzelfalles einen Bebauungszusammenhang herstellen oder trennende Funktion zwischen Innen- und Außenbereich haben.
271Vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 12. Dezember 1990 - 4 C 40.87 -, NVwZ 1991, 879 (880); ferner Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzber-ger, Baugesetzbuch, Band II, Kommentar, Stand 1. November 2014, § 34 Rdnr. 26, m. w. N.
272Nach diesen Maßstäben ist das Grundstück des Klägers zu 2. dem Außenbereich zuzurechnen. Die örtliche Situation ist dadurch gekennzeichnet, dass östlich der N5.---straße ein durch den Bebauungsplan Nr. 300 der Stadt N. festgesetztes allgemeines Wohngebiet liegt, dessen an die N5.---straße angrenzenden Grundstücke vollständig bebaut sind, während das Wohnhaus des Klägers zu 2. als eines von drei Wohnhäusern westlich der N5.---straße liegt; diese drei Wohngebäude sind auf drei Seiten von Wald umgeben. Zwischen den Häusern N2.---straße 24 und 28 befindet sich eine Baulücke, die vom H1. durchflossen wird. Etwa 120 m südlich des Wohngebäudes des Klägers zu 2. beginnt mit dem Gebäude N2.---straße 60 die Wohnbebauung auch westlich der N5.---straße . Insgesamt stehen auf der Westseite der N5.---straße südlich der Kreuzung mit der X2. Straße auf einer Länge von insgesamt etwa 600 m nur die genannten drei Wohngebäude.
273Die durch Bebauungsplan festgesetzte durchgehende Bebauung östlich der N5.---straße schließt mit der N5.---straße ab, die drei Gebäude westlich der N5.---straße erscheinen nach dem im Ortstermin vom Senat gewonnenen Gesamteindruck auf einer Länge von insgesamt etwa 600 m vereinzelt und sind nicht mehr dem Bebauungszusammenhang östlich der N5.---straße zuzuordnen. Allerdings mag der Blick aus der Straße B. , die gegenüber vom Grundstück des Klägers zu 2. in die N5.---straße einmündet (Foto Bl. 102 der Gerichtsakte und das im Ortstermin gefertigte Bild 8) den Eindruck erwecken, dass das Wohnhaus des Klägers zu 2. mit der Bebauung östlich der N5.---straße eine Einheit bildet. Dieser Eindruck bestätigt sich jedoch nicht, wenn die örtliche Situation von der N5.---straße aus in Augenschein genommen wird. Die N5.---straße vermittelt hier den Eindruck einer Durchgangsstraße, die nicht nur der Erschließung der anliegenden Grundstücke dient, und die das Wohngebiet (östlich) vom Waldgebiet (westlich) trennt. In diesem Waldgebiet liegt das Wohnhaus des Klägers zu 2. Dieser Eindruck wird dadurch verstärkt, dass die östlich der N5.---straße gelegenen Wohngrundstücke südlich der Straße B. nicht von der N5.---straße , sondern vom F.----------weg aus erschlossen werden und von der N5.---straße abgewandt wirken, weil nur ihre ‑ zumal eingefriedeten ‑ Gartenbereiche an die N5.---straße grenzen. Dass die N5.---straße auch auf der Westseite mit einem Gehweg versehen ist, hat für die bauplanungsrechtliche Einschätzung hier keine Bedeutung. Gleiches gilt für die von den Klägern hervorgehobene Tatsache, die Umspannstation für das Wohngebiet liege auf der Westseite. Dies stellt keinen Bebauungszusammenhang im bauplanungsrechtlichen Sinne her.
274Nach § 2 Abs. 2 Satz 2 der 16. BImSchV ist für bauliche Anlagen im Außenbereich nur die entsprechende Anwendung der Werte nach Nr. 3 für Kerngebiete, Dorfgebiete und Mischgebiete von tags 64 dB(A) und nachts 54 dB (A) oder nach Nr. 4 für Gewerbegebiete von tags 69 dB(A) und nachts 59 dB(A) in Betracht zu ziehen. Wohnhäuser im Außenbereich sind weniger schutzbedürftig als Wohngebiete, weil der Außenbereich grundsätzlich nicht für eine Wohnbebauung bestimmt ist.
275Vgl. BVerwG, Urteile vom 1. Oktober 1997 ‑ 11 A 10.96 ‑, Buchholz 442.09 § 18 AEG Nr. 32, S. 164, und vom 26. Februar 2003 ‑ 9 A 1.02 ‑, juris, Rdnr. 18.
276Entsprechend seiner Schutzbedürftigkeit sind für das Wohnhaus des Klägers zu 2. tags 64 dB(A) und nachts 54 dB(A) maßgebend.
277ccc) Die auf der ‑ nicht zu beanstandenden ‑ Verkehrsprognose und der bauplanungsrechtlichen Einstufung der betroffenen Grundstücke aufbauende lärmtechnische Unterlage des Beklagten ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Allerdings berücksichtigt die lärmtechnische Unterlage vom 2. Mai 2007 nicht mehr die danach von der IVV erstellten Aktualisierungen der Verkehrsprognose vom 11. Sep-tember 2006 durch die weiter oben angeführten nachfolgenden Ergänzungen. Im Hinblick auf die geringfügigen Änderungen für den Prognosehorizont 2025 ist dies jedoch unschädlich. Laufende Aktualisierungen können aus methodischen und praktischen Gründen heraus ohnehin nicht gefordert werden.
278Vgl. BVerwG, Urteile vom 9. Juni 2010 ‑ 9 A 20.08 ‑, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 208, S. 147 f., und vom 30. Mai 2012 ‑ 9 A 35.10 ‑, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 225, S. 17.
279Dabei können sich die Kläger ‑ wie bereits dargelegt (vgl. A. I., S. 27) ‑ als nicht enteignend Betroffene nur auf ihre geschützten Privatbelange berufen, nicht aber eine insgesamt fehlerfreie Abwägung und Planung verlangen. Maßgebend sind daher nur die Lärmeinwirkungen auf ihre Grundstücke C.-----weg 9 und N2.---straße 28. Dementsprechend sind alle Einwendungen der Kläger gegen die lärmtechnische Untersuchung, die sich nicht auf diese beiden Grundstücke beziehen, nicht entscheidungserheblich. Das gilt auch im Hinblick darauf, dass die Kläger ‑ wie ebenfalls oben dargelegt (A. III. 3., S. 42) - wesentliche Fehler der Umweltverträglichkeitsprüfung geltend machen können. Zwar gehören Lärmeinwirkungen auf Menschen zu den Auswirkungen im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 UVPG, die in der Umweltverträglichkeitsprüfung zu ermitteln, zu beschreiben und zu bewerten sind. Damit wird den Klägern jedoch nicht das Recht eröffnet, die eventuell fehlerhafte Ermittlung einzelner Grenzwerte an einzelnen Grundstücken zu rügen. In der fehlerhaften Ermittlung eines Grenzwertes für ein einzelnes Grundstück läge kein wesentlicher Fehler der gesamten Umweltverträglichkeitsprüfung, die - wie oben ausgeführt (A. III. 3., S. 44) - nach Art. 5 Abs. 2 der UVP-Richtlinie nur die Hauptwirkungen für die Umwelt feststellen und beurteilen soll.
280Vgl. BVerwG, Urteil vom 21. März 1996 - 4 C 19.94 -, BVerwGE 100, 370 (377).
281Zu Unrecht hat der Rechtsvorgänger des Klägers zu 2. geltend gemacht, die Lärmminderung offenporigen Asphalts sei nicht ausreichend nachgewiesen. Offenporige Asphalte werden seit mehr als 30 Jahren verwendet, erforscht und weiterentwickelt. Ein Korrekturwert Dstro - 5 dB(A), den der Beklagte im Planfeststellungsbeschluss zwischen Bau-km 5+100 und Bau-km 7+300 zu Grunde gelegt hat (A. 5.2.1, S. 25), kann sicher erreicht werden,
282vgl. BVewG, Urteil vom 9. Juni 2010 ‑ 9 A 20.08 ‑, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 208, S. 161; ausführlich OVG NRW, Urteil vom 11. Februar 2009 - 11 D 45/06.AK -, juris, Rdnr. 169 ff., m. w. N.,
283und durfte der lärmtechnischen Unterlage zu Grunde gelegt werden.
284Die Klägerin zu 1. ist mit ihrem Einwand in der Klagebegründung, für ihr Haus seien in der lärmtechnischen Untersuchung falsche Berechnungspunkte gewählt worden, nicht gemäß § 17a Nr. 7 Satz 1 FStrG ausgeschlossen. Zwar konnte der Planfeststellungsbehörde die Gestaltung im Inneren des Wohnhauses der Klägerin zu 1. insbesondere im Hinblick auf die Geschosshöhen nicht im Detail bekannt sein, so dass sie gerade in einem solchen Fall auf konkrete Angaben des Planbetroffenen angewiesen war.
285Vgl. BVerwG, Beschluss vom 9. Oktober 2008 ‑ 9 PKH 2.08 ‑, Buchholz 407.4 § 17a FStrG Nr. 1, S. 2, für den Fall einer Außenwohnnutzung.
286Der Senat teilt aber die Auffassung der Klägerin zu 1., dass sie als Laie der lärmtechnischen Unterlage wegen der dort verwendeten Abkürzungen die für ihr Grundstück angenommenen Berechnungspunkte nicht entnehmen und daher auch nicht erkennen konnte, dass die Berechnungspunkte nicht zutrafen.
287Der Einwand greift jedoch in der Sache nicht durch. Der Beklagte hat bei einer vermessungstechnischen Überprüfung am Wohnhaus der Klägerin zu 1. im ungünstigsten Fall für das erste Obergeschoss eine Höhendifferenz um fast 1,64 m festgestellt. Dieser Wert liegt noch etwas höher als die Angaben der Klägerin zu 1., die von einer Höhendifferenz von bis zu 1,6 m ausgeht. Mit zusätzlicher Berücksichtigung eines um 5% steigenden Schwerverkehrsanteils bis 2025 ergab eine Nachberechnung seitens des Beklagten 54,7 dB(A) tags/47,1 dB(A) nachts für das Erdgeschoss und 56,1 dB(A) tags/48,6 dB(A) nachts für das Obergeschoss. Damit werden die maßgebenden Grenzwerte für Wohngebiete von 59 dB(A) tags/49 dB(A) nachts eingehalten. Die Klägerin zu 1. ist dieser Neuberechnung nicht mehr entgegengetreten, sondern hat nur ihre allgemeinen Einwände gegen die lärmtechnische Unterlage wiederholt.
288Die weiteren Einwände der Kläger gegen die lärmtechnische Unterlage greifen nicht durch. Dem Vorwurf, die Unterlage sei nicht von sachkundigen Personen erstellt worden und es gebe keinerlei Hinweise auf die Verfasser, ist nicht weiter nachzugehen. Hieraus ergibt sich nicht, dass die angestellten Berechnungen fehlerhaft sein könnten. Soweit die Kläger zahlreiche Angaben zur Ermittlung von Gebietsarten, Abständen, Höhen und Geschossen sowie zu Kosten von Lärmschutzmaßnahmen und Lärmschutzvarianten vermissen, weist der Senat nochmals darauf hin, dass sich die Kläger nur auf die Lärmeinwirkungen ihrer Grundstücke berufen können. Daher ist auch die Frage, ob der Beklagte laut Vermerk vom 1. März 2011 eine Neuerstellung des Lärmschutzkonzepts gefordert hat und ob und inwieweit dieses vorgelegt worden ist, nicht entscheidungserheblich. In der maßgebenden lärmtechnischen Unterlage vom 2. Mai 2007 wird auf Seite VI ausgeführt: „Die lärmtechnische Untersuchung wurde nach RLS 90 mit dem Computerprogramm „SoundPLAN 6.4 ‑ Version 28.01.2007 -“ durchgeführt, wobei örtliche Gegebenheiten wie Bebauung, Geländehöhen, Abschirmungen sowie Höhenlagen von Straßen und Bauwerken berücksichtigt wurden. Die durch die vorgesehenen Lärmschutzwände entstehenden zusätzlichen Schallreflexionen werden ebenfalls in den Berechnungsergebnissen berücksichtigt.“ Das Rechenprogramm SoundPLAN gehört zu den gängigen Rechenmodellen für die Berechnung der Schallausbreitung in komplexer Topografie.
289Vgl. OVG NRW, Urteil vom 13. Dezember 2007 ‑ 7 D 122/06.NE -, juris, Rdnr. 74, 76.
290Es entspricht nach der Bestätigung des Lizenzgebers allen Anforderungen für die Durchführung von Rechenoperationen nach der 16. BImSchV i. V. m. des RLS-90 und ist in einem Testverfahren des Bundesverkehrsministeriums und der Straßenbauverwaltung überprüft worden.
291Vgl. OVG Lüneburg, Urteil vom 23. November 2010 - 7 KS 143/08 -, juris, Rdnr. 23.
292Dem sind die Kläger in Bezug auf ihre jeweiligen Grundstücke nicht substantiiert entgegengetreten. Sie äußern nur nicht belegte Vermutungen.
293ddd) Durch das mithin nicht zu beanstandende, dem Planfeststellungsbeschluss zu Grunde liegende Lärmschutzkonzept wird ‑ im Wege einer Lärmsanierung ‑ für die Grundstücke der Kläger „Vollschutz“ erreicht: Für das Grundstück der Klägerin zu 1. ergibt die Nachberechnung unter Zugrundelegung der höher gelegenen Berechnungspunkte im Obergeschoss 56,1 dB(A) am Tag und 48,6 dB(A) in der Nacht. Damit werden die Grenzwerte der 16. BImSchV für Wohngebiete von 59 dB(A) tags und 49 dB(A) nachts eingehalten. Die Immissionsgrenzwerte des § 2 Abs. 1 der 16. BImSchV stellen in Gebieten, die durch eine Wohnnutzung geprägt sind, sicher, dass auch zu Zeiten überdurchschnittlicher Inanspruchnahme der Straße nach dem derzeitigen Kenntnisstand Gesundheitsgefährdungen nicht zu besorgen sind.
294Vgl. BVerwG, Urteil vom 21. März 1996 ‑ 4 A 10.95 ‑, Buchholz 406.25 § 41 BImSchG Nr. 13, S. 39.
295Auf dem Grundstück des Klägers zu 2. werden 60 dB(A) tagsüber und 53 dB(A) nachts erreicht; das liegt unter den Grenzwerten der 16. BImSchV für den Außenbereich von 64 dB(A) tags und 54 dB(A) nachts.
296Anspruch auf (weiteren) Lärmschutz besteht daher bei dem Bau oder der wesentlichen Änderung einer öffentlichen Straße grundsätzlich nur, wenn der von der neuen oder geänderten Straße ausgehende Verkehrslärm den nach § 2 Abs. 1 der 16. BImSchV maßgeblichen Immissionsgrenzwert überschreitet.
297Vgl. BVerwG, Urteil vom 21. März 1996 ‑ 4 C 9.95 ‑, BVerwGE 101, 1.
298Das ist bei den Grundstücken der Kläger ‑ wie dargelegt ‑ nicht der Fall. Allerdings ist Lärmschutzgesichtspunkten bereits unterhalb der Erheblichkeitsschwel-le, die durch § 2 Abs. 1 der 16. BImschV als im Wege der Abwägung nicht überwindbare Grenze bezeichnet wird, im Rahmen des nach § 17 Satz 2 FStrG gebotenen Interessenausgleichs Rechnung zu tragen.
299Vgl. BVerwG, Beschluss vom 5. März 1999 ‑ 4 A 7.98 ‑, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 149, S. 20.
300Es ist jedoch unter Abwägungsgesichtspunkten nicht zu beanstanden, dass der Beklagte Lärmschutz nur insoweit vorgesehen hat, als darauf ein gesetzlicher Anspruch besteht, mithin auf die Grenzwerte der 16. BImSchV abgestellt hat (PFB B. 5.3.5.1, S. 96 ff.). Dabei ist zu berücksichtigen, dass sich die Lärmsituation auf dem Grundstück der Klägerin zu 1. durch den geplanten aktiven Lärmschutz gegenüber der gegenwärtigen Situation grundlegend verbessern wird, weil das Grundstück dem von der bereits vorhandenen Trasse der B 51 herrührenden Lärm bisher ungeschützt ausgesetzt ist.
301Die Kläger haben auch keine weitergehenden Ansprüche im Hinblick auf Lärmschutz für ihre Außenwohnbereiche. Außenwohnbereiche sind neben den bebauten Außenwohnbereichsflächen wie Balkonen, Loggien und Terrassen nur sonstige zum Wohnen im Freien geeignete und bestimmte Flächen des Grundstücks wie Gartenlauben und Grillplätze, nicht jedoch ‑ wie die Kläger offenbar meinen ‑ Gärten oder das gesamte Grundstück.
302Vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Mai 2012 ‑ 9 A 35.10 ‑, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 225, S. 29.
303Vor diesem Hintergrund machen die Kläger eine Überschreitung der maßgeblichen Immissionsgrenzwerte in ihren Außenwohnbereichen schon nicht substantiiert geltend, zumal hierfür nur auf die an beiden Wohnhäusern nach der lärmtechnischen Unterlage mit mindestens 2,9 dB(A) deutlich unterschrittenen Tagesgrenzwerte abzustellen ist.
304eee) Da die Immissionsgrenzwerte der gemäß § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG zur Durchführung des § 41 BImSchG erlassenen 16. BImSchV auf den Grundstücken der Kläger eingehalten werden, sind die Einwände der Kläger gegen die zur Umsetzung des in § 41 BImSchG vorgesehenen Lärmschutzkonzepts erforderliche Nutzen-Kosten-Prüfung nicht entscheidungserheblich. Denn eine Verhältnismäßigkeitsprüfung nach § 41 Abs. 2 BImSchG, die eine derartige Nutzen-Kosten-Prüfung erfordern würde, war für die Grundstücke der Kläger wegen der Einhaltung der Grenzwerte gerade nicht erforderlich.
305d) Der Vortrag der Kläger zu einer fehlerhaften Ermittlung und Bewertung der Luftschadstoffe in den planfestgestellten Ergebnissen des Luftschadstoffgutachtens (Anlage Nr. 99 zum Planfeststellungsbeschluss, Beiakte 10 zu 11 D 6/12.AK) zeigt keinen zu ihren Gunsten durchgreifenden Abwägungsfehler der Planfeststellung auf. In dieser Hinsicht bedarf es keiner weiteren Vertiefung, ob ihre Einwände zutreffend sind.
306aa) Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss ist bezüglich der Luftschadstoffproblematik - trotz des umfangreichen Vortrags der Kläger zu diesem Gesichtspunkt - bereits deshalb nicht abwägungsfehlerhaft, weil die Einhaltung der Grenzwerte der 39. BImSchV keine Rechtmäßigkeitsvoraussetzung für die Planfeststellung eines Straßenbauvorhabens ist. Grenzwertüberschreitungen sind nach dem System der Luftreinhalteplanung (vgl. § 47 BImSchG und § 27 der 39. BImSchV) unabhängig von den Immissionsquellen zu vermeiden. Allerdings ist das Gebot der Konfliktbewältigung als Ausformung des Abwägungsgebots verletzt, wenn die Planfeststellungsbehörde das Vorhaben zulässt, obgleich absehbar ist, dass seine Verwirklichung die Möglichkeit ausschließt, die Einhaltung der Grenzwerte mit den Mitteln der Luftreinhalteplanung in einer mit der Funktion des Vorhabens zu vereinbarenden Weise zu sichern. Das ist insbesondere der Fall, wenn die von einer planfestgestellten Straße herrührenden Immissionen bereits für sich genommen die maßgeblichen Grenzwerte überschreiten. Von diesem Fall abgesehen geht der Gesetzgeber davon aus, dass sich die Einhaltung der Grenzwerte mit den Mitteln der Luftreinhalteplanung sichern lässt. Für die Annahme, dass dies nicht möglich ist, müssen deshalb besondere Umstände vorliegen.
307Vgl. etwa BVerwG, Urteile vom 10. Oktober 2012 - 9 A 19.11 -, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 228, S. 38.
308Solche besonderen Umstände können sich vor allem aus ungewöhnlichen örtlichen Gegebenheiten (zentrale Verkehrsknotenpunkte, starke Schadstoffvorbelastung durch eine Vielzahl von Emittenten) ergeben.
309Vgl. BVerwG, Urteil vom 26. Mai 2004 ‑ 9 A 6.03 ‑, BVerwGE 121, 57 (64).
310Derartige besondere Umstände sind für die Stadt N. weder geltend gemacht noch ersichtlich.
311Vgl. auch BVerwG, Urteil vom 26. Mai 2004 ‑ 9 A 6.03 ‑, BVerwGE 121, 57 (65), zu einer vierspurigen innerstädtischen Ausfallstraße in Dresden mit ähnlich hoher Verkehrsbelastung wie für die B 51 prognostiziert.
312Hieran gemessen genügt die Planung dem Gebot der Konfliktbewältigung. Das zum Gegenstand der Planfeststellung gemachte Luftschadstoffgutachten von September 2011 (Anlage Nr. 99 zum Planfeststellungsbeschluss, Beiakte 10 zu 11 D 6/12.AK) kommt auf der Grundlage der vom Beklagten angegebenen Verkehrsmengen für das Jahr 2020 zu dem Ergebnis, dass die über ein Kalenderjahr gemittelten Immissionsgrenzwerte von jeweils 40 µg/m3 sowohl für Stickstoffdioxid (§ 3 Abs. 2 der 39. BImSchV) als auch für Feinstaub PM10 (§ 4 Abs. 2 der 39. BImschV) und der ab 2015 geltende Immissionsgrenzwert von 25 µg/m3 für Feinstaub PM2,5 (§ 5 Abs. 2 der 39. BImschV) mit den prognostizierten unter 30 µg/m3 für Stickstoffdioxid, unter 24 µg/m3 für PM10 und unter 20 µg/m3 für PM2,5, jeweils für die zur B 51 nächstgelegenen Wohnbebauung am C2.-----weg deutlich bis weit unterschritten werden (vgl. Abbildungen 6.2, 6.4 und 6.6). Die auf S. 28 und 33 des Gutachtens referierten Ergebnisse für die Feinstaubimmissionen werden im Planfeststellungsbeschluss auf S. 117 zutreffend wiedergegeben. In diesem Zusammenhang merkt der Senat an, dass schon die im Gutachten als Hintergrundbelastung zu Grunde gelegten von der Messstation N. Geist im Jahr 2010 gemessenen Jahresmittelwerte für Stickstoffdioxid 25 µg/m3, für PM10 22 mg/m3 und für PM2,5 19 µg/m3 betragen, so dass die von dem planfestgestellten Vorhaben herrührenden zusätzlichen Schadstoffbelastungen bezogen auf das Grundstück der Klägerin zu 1. gering sind.
313Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss geht daher zu Recht davon aus, dass mit der Realisierung des Vorhabens keine atypische Situation entsteht, die bereits in der Planfeststellung Maßnahmen erfordert, und weitere Maßnahmen einer Luftreinhalteplanung vorbehalten werden können (PFB B. 5.3.5.2, S. 116 bis 118). Für den Beklagten bestand daher kein Anlass, die Luftreinhalteplanung der Stadt N. im Planfeststellungsbeschluss zu überprüfen.
314bb) Unabhängig davon werden - wie soeben dargelegt - die Immissionsgrenzwerte der 39. BImSchV eingehalten; das Luftschadstoffgutachten ist nicht zu beanstanden.
315aaa) Die Grenzwerte der 39. BImSchV beruhen auf unionsrechtlichen Vorgaben durch die Richtlinie 2008/50/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2008 über Luftqualität und saubere Luft in Europa (Abl. Nr. L 152 S. 1).
316Vgl. zusammenfassend Bruckmann/Strecker, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Band IV, Kommentar, Stand 15. November 2014, 39. BImSchV Vorb., Rdnr. 3.
317Der Senat ist gemäß Art. 20 Abs. 3 GG an diese rechtlichen Maßstäbe gebunden und daher nicht befugt, eine Entscheidung auf der Basis hiervon möglicherweise abweichender wissenschaftlicher Erkenntnisse zu treffen, wie sie etwa von Prof. Dr. L. in der mündlichen Verhandlung vorgetragen worden sind bzw. sich aus den von ihm vorgelegten umfangreichen Unterlagen ergeben („Die Biologie kennt keine Grenzwerte.“).
318Nach Art. 191 Abs. 3 AEUV (vgl. auch die Querschnittsklausel in Art. 11 AEUV) berücksichtigt die Union bei der Erarbeitung ihrer Umweltpolitik ‑ hierzu gehört die Richtlinie 2008/50/EG ‑ u. a. die verfügbaren wissenschaftlichen und technischen Daten. Die gerichtliche Kontrolle, was die Berücksichtigung wissenschaftlicher und technischer Daten angeht, beschränkt sich darauf, ob die Maßnahme offensichtlich fehlerhaft ist, ob sie einen Ermessensmissbrauch darstellt oder ob die betreffende Behörde die Grenzen ihres Ermessens offensichtlich überschritten hat. Dem Gebot zur Berücksichtigung des Standes von Wissenschaft und Technik ist nach dem EuGH schon dann entsprochen, wenn sich dies aus den Begründungserwägungen ablesen lässt und wenn ein Rechtsakt Überwachungsvorschriften zur Beurteilung der Wirksamkeit der getroffenen Regelungen sowie Revisionsklauseln beinhaltet, welche vorsehen, dass die Kommission unter Berücksichtigung technischen Fortschritts Einfügungen, Streichungen oder Änderungen vornehmen kann.
319Vgl. etwa Kahl, in: Streinz (Hrsg), EUV/AEUV, 2. Auflage 2012, Art. 191 AEUV, Rdnr. 121, m. w. N.
320Die Richtlinie 2008/50/EG sieht in ihrem Art. 32 ausdrücklich vor, dass die Kommission im Jahr 2013 die Vorschriften über PM2,5 sowie gegebenenfalls andere Schadstoffe überprüft, und regelt Einzelheiten des Überprüfungsverfahrens, das auch die Berücksichtigung neuester wissenschaftlicher Informationen vorsieht. Für PM2,5 bestimmt bereits die Richtlinie selbst und ihr folgend § 5 Abs. 2 der 39. BImSchV ab 2015 einen neuen Grenzwert.
321Auch aus Art. 3 i. V. m. Art. 37 der Europäischen Grundrechtecharta ergibt sich kein umfassendes Recht auf gesunde Umwelt.
322Vgl. Borowsky, in: Meyer (Hrsg.) Charta der Grundrechte der Europäischen Union, 4. Auflage 2014, Art. 3 Rdnr. 38.
323Aus der staatlichen Schutzpflicht nach Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG („Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit.“) ergeben sich keine weitergehenden Anforderungen. Ohne verlässliche wissenschaftliche Erkenntnisse über komplexe Gefährdungen ist es nicht Sache der Gerichte, sondern des Verordnungsgebers, den Erkenntnisfortschritt der Wissenschaft mit geeigneten Mitteln zu beobachten und zu bewerten. Diese Pflicht ist erst verletzt, wenn eine ursprünglich rechtmäßige Regelung aufgrund neuer Erkenntnisse oder einer veränderten Situation verfassungsrechtlich evident untragbar geworden ist.
324Vgl. BVerwG, Gerichtsbescheid vom 21. September 2010 ‑ 7 A 7.10 ‑, juris, Rdnr. 17, unter Hinweis auf BVerfG, Beschluss vom 24. Januar 2007 ‑ 1 BvR 382/05 ‑, NVwZ 2007, 805.
325Das ist im Hinblick auf die Fortschreibung der Grenzwerte und der oben dargelegten in der Richtlinie 2008/50/EG ausdrücklich vorgesehenen Überprüfung nicht ersichtlich.
326Die von den Klägern angeführten Regelungen in § 1 Nr. 19 und 37 sowie § 23 und § 26 der 39. BImSchV zu „langfristigen und nationalen Zielen“, zum „Zielwert“ und zur „bestmöglichen Luftqualität“ ergeben keine über die Einhaltung der in den §§ 3 bis 5 der 39. BImSchV rechtsverbindlich festgelegten konkreten Grenzwerte hinausgehenden subjektiven Rechte der Kläger.
327bbb) Entgegen der Auffassung der Kläger legt das Gutachten für die Schadstoffhintergrundbelastung zu Recht die Messwerte der vom LANUV im Rahmen des Luftqualitätsüberwachungssystems betriebenen Station N. Geist zu Grunde. Die Auswahl der berücksichtigten Messstationen muss den örtlichen Verhältnissen Rechnung tragen und gegebenenfalls bestehende deutliche Unterschiede der für die Vorbelastung im Plangebiet maßgeblichen Faktoren berücksichtigen.
328Vgl. BVerwG, Urteil vom 9. Juni 2010 - 9 A 20.08 -, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 208, S. 166.
329Nach § 1 Nr. 22 der 39. BImSchV sind „Messstationen für den städtischen Hintergrund“ Messstationen an Standorten in städtischen Gebieten, an denen die Werte repräsentativ für die Expositon der städtischen Bevölkerung sind. Dies wird in Anlage 3 B.1.c) zur 39. BImSchV dahingehend präzisiert, dass die gemessene Verschmutzung den integrierten Beitrag sämtlicher Quellen im Luv der Hauptwindrichtung der Station erfasst. Für die gemessene Verschmutzung sollte nicht eine einzelne Quelle vorherrschend sein, es sei denn, dies ist für eine größere städtische Fläche typisch. Die Probenahmestellen müssen grundsätzlich für eine Fläche von mehreren Quadratkilometern repräsentativ sein.
330Die Station N. Geist befindet sich etwa 5 km südwestlich des Untersuchungsgebiets im Zentrum von N. zwischen Kleingärten und Wohnhäusern (Gutachten S. 18) an einem Schulgelände. Ein Gewerbegebiet liegt etwa 1,5 km östlich bis südöstlich der Station. Die in diesem Abschnitt vierstreifige B 51 verläuft ca. 200 m südlich, die B 54 ca. 700 m östlich und die B 219 ca. 500 m westlich der Station.
331Vgl. die Beschreibung der näheren Umgebung auf der Internetseite des LANUV http:/www.lanuv.de/luft/messorte/steckbriefe/msge.htm.
332Diese Messstation ist damit die dem planfestgestellten Vorhaben nächstgelegene Station, deren Messwerte eine städtische Schadstoffhintergrundbelastung wiedergeben. Dabei bezieht sich die Anforderung, den integrierten Beitrag sämtlicher Quellen im Luv der Hauptwindrichtung der Station zu erfassen, auf die konkrete Lage der Messstation selbst, bedeutet jedoch nicht, dass die Station so positioniert sein muss, dass sie sämtliche stark emittierenden Schadstoffquellen der Stadt N. erfasst. Dann würde sie gerade nicht mehr die für die städtische Fläche typische Hintergrundbelastung ermitteln und wäre nicht für eine Fläche von mehreren Quadratkilometern repräsentativ.
333Dem gegenüber liegen die anderen drei vom LANUV in N. betriebenen Messstationen unmittelbar an vielbefahrenen Straßen. Die von den Klägern angesprochene Station an der X1. Straße steht auf dem Gehweg einer stark befahrenen und beidseitig von einer geschlossenen mehrgeschossigen Bebauung begrenzten innerstädtischen Ausfallstraße in N. . Sie ist daher nicht geeignet, die großräumig vorhandene Hintergrundbelastung abzubilden, die im Untersuchungsgebiet ohne Verkehr auf den in die Untersuchung einbezogenen Straßen vorliegen würde (vgl. auch Luftschadstoffgutachten S. 13 unten).
334ccc) Nach der Anlage 3 zur 39. BImSchV ist die Luftqualität in solchen Bereichen zu untersuchen, in denen die individuelle Aufenthaltsdauer von Menschen typischerweise einen „signifikanten“ Anteil am Mittelungszeitraum des jeweils zu betrachtenden Immissionsgrenzwerts einnimmt. Danach sind selbst bezogen auf Grenzwerte mit dem geringsten Mittelungszeitraum von einer Stunde (vgl. §§ 2 f. der 39. BImSchV) nur solche Bereiche zu untersuchen, in denen der Einzelne nicht nur für einen kurzen Moment, sondern „über einen längeren Zeitraum“ Schadstoffen ausgesetzt ist.
335Vgl. BVerwG, Urteil vom 10. Oktober 2012 ‑ 9 A 19.11 ‑, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 228, S. 48.
336Selbst wenn man unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe - anders als im Planfeststellungsbeschluss auf S. 117 wiedergegeben - den Garten des Grundstücks der Klägerin zu 1. einbezieht, werden die Grenzwerte ‑ wie oben dargelegt ‑ deutlich bis weit unterschritten. Für das Grundstück des Klägers zu 2. steht eine Grenzwertüberschreitung ohnehin nicht in Rede.
337Angesichts der deutlichen Unterschreitung der Grenzwerte auch auf dem Grundstück der Klägerin zu 1. ist nicht erheblich, dass das Luftschadstoffgutachten (vgl. Abbildung 5.1 auf S. 22) für die B 51 von einer zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 70 km/h ausgeht, während die lärmtechnische Untersuchung eine zulässige Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h zu Grunde legt und der Planfeststellungsbeschluss die zulässige Höchstgeschwindigkeit nicht regelt. Die prognostizierte Schadstoffbelastung liegt auch dann auf der „sicheren Seite“, wenn von der zuständigen Straßenverkehrsbehörde künftig ein Tempolimit von 100 km/h zugestanden würde. Das hat der Gutachter dem Beklagten am 29. März 2012 mitgeteilt. Die Stickstoffdioxidimmissionen würden sich um höchstens 1 µg/m3 erhöhen, die Werte für PM10 um 1 bis 4 %, so dass auch bei einer Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h Grenzwertüberschreitungen nicht zu erwarten seien. Hierbei ist auch zu berücksichtigen, dass das Luftschadstoffgutachten die als „maximale“ Verkehrsbelastung prognostizierte Verkehrsmenge von 50.600 Kfz/24 h zu Grunde legt, während die Verkehrsprognose der IVV vom 11. September 2006 für den hier fraglichen Abschnitt nördlich der X. Straße eine Verkehrsbelastung von nur 41.700 Kfz/24 h prognostiziert.
338ddd) Dafür dass dem Gutachterbüro Eingabefehler oder Rechenfehler unterlaufen sind, fehlt jeder schlüssige Anhaltspunkt. Der Gutachter hat im Termin zur mündlichen Verhandlung erläutert, dass die Auswirkungen der geplanten Lärmschutzwände in das Rechenprogramm eingearbeitet sind. Bedenken an der Fachkompetenz und der Unparteilichkeit des Ingenieurbüros M. bestehen nicht. Dem Senat ist aus eigener Erfahrung bekannt, dass das Ingenieurbüro M. in Nordrhein-Westfalen regelmäßig Planfeststellungsverfahren durch Fachbeiträge begleitet hat.
339Vgl. etwa OVG NRW, Urteil vom 24. März 2014 ‑ 11 D 31/11.K -, juris, Rdnr 105 ff.
340eee) Bei dieser Sachlage bedurfte es nicht einer von den Klägern vermissten Berechnung der Kurzzeitgrenzwerte (200 µg/m3 über eine Stunde gemittelt für Stickstoffdioxid, § 3 Abs. 1 der 39. BImSchV; 50 µg/m3 über einen Tag gemittelt für Feinstaub PM10), die auf den Grundstücken der Kläger offensichtlich nicht erreicht werden (vgl. auch die Erläuterung im Luftschadstoffgutachten S. 8 f.).
341fff) Nach alldem musste der Senat dem in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisantrag zu behaupteten Grenzwertüberschreitungen nicht weiter nachgehen.
342e) Aus § 50 BImSchG ergeben sich für die Kläger keine weitergehenden Ansprüche. § 50 Satz 1 BImSchG kommt in Bezug auf Verkehrslärm und sonstige Immissionen die Funktion einer Abwägungsdirektive zu.
343Vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 23. Februar 2005 ‑ 4 A 1.04 ‑, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 186, S. 188.
344Da sowohl die Immissionsgrenzwerte für Lärm als auch für Luftschadstoffe auf den Grundstücken der Kläger eingehalten werden, folgt aus § 50 Satz 1 BImSchG kein Anspruch der Kläger auf weitere Schutzmaßnahmen etwa durch Verwirklichung einer „Tunnellösung“. Der allgemeine Planungsgrundsatz des § 50 BImSchG wendet sich als objektivrechtliches Gebot an die für die Planungsentscheidung zuständige Stelle; er enthält aber für den Planbetroffenen kein subjektives öffentliches Recht.
345Vgl. BVerwG, Beschluss vom 10. September 1981 ‑ 4 B 114.81 ‑, Buchholz 406.25 § 50 BImSchG Nr. 2.
346f) Die Beeinträchtigung des Grundeigentums der Klägerin zu 1. durch eine 5,5 m hohe Lärmschutzwand hat der Beklagte als abwägungserheblichen Belang gesehen und auf Seite 147 des Planfeststellungsbeschlusses behandelt. Er hat auf die Gestaltung der Wand verwiesen, die in einer Höhe über 3 m transparentes Material vorsieht, ferner auf die Anpflanzung eines Grüngürtels vor der Lärmschutzwand. Schließlich verweist er noch auf eventuelle Entschädigungsansprüche (PFB B. 5.3.12.3, S. 148). Das reicht als Abwägung aus.
347Nach der Umplanung durch den Planänderungsbescheid vom 12. August 2014 wird die Lärmschutzwand in ca. 1,7 m Entfernung von der Westgrenze des Grundstücks der Klägerin zu 1. errichtet, die wiederum mindestens 28 m vom Wohngebäude entfernt liegt. Fragen einer Verschattung oder gar einer erdrückenden Wirkung stellen sich daher nicht. Die Klägerin zu 1. hat, nachdem durch die Umplanung ihr Grundstück nicht mehr in Anspruch genommen werden muss, auch keine konkreten Belange einer Eigentumsbeeinträchtigung geltend gemacht, die in die Abwägung hätten eingestellt werden müssen, sondern nur „drastische Folgen für die Wohnnutzung insbesondere der Außenbereiche“ behauptet. Dabei wird jedenfalls übersehen, dass sich im Vergleich zur gegenwärtigen Situation die Nutzung des Außenbereichs erheblich verbessert, weil die bereits vorhandene B 51 im Zuge des Ausbaus erstmals mit einer Lärmschutzwand versehen wird.
3485. Auch der Vortrag der Kläger, die Belastungen durch Baulärm und Erschütterungen während der Bauzeit seien weder ermittelt worden, noch seien im Planfeststellungsbeschluss Aussagen zum Schutz vor ihnen getroffen worden, greift nicht durch. Die durch die Straßenbauarbeiten verursachten Lärm- und Schadstoffbelastungen müssen wegen ihres unregelmäßigen Entstehens nicht durch eine Lärm- bzw. Schadstoffprognose ermittelt werden.
349Vgl. BVerwG, Urteil vom 3. März 2011 ‑ 9 A 8.10 ‑, BVerwGE 139, 150 (183 f.).
350Gleiches muss für die von den Klägern befürchteten Erschütterungen gelten.
351Der Beklagte hat im Planfeststellungsbeschluss im Hinblick auf Erschütterungen und (sonstige) Bauimmissionen und ‑auswirkungen unter A. 5.3 und 5.4 (S. 27 f.) verschiedene Nebenbestimmungen angeordnet, die zu einer weitgehenden Minimierung der Immissionsbelastung für die Umgebung führen. Dass es dennoch zu Beeinträchtigungen kommen kann, ist unvermeidbar.
352Den von den Klägern aufgezeigten „offenkundigen Widerspruch“, die AVV-Baulärm sei zu beachten, könne aber nicht eingehalten werden, sieht der Senat nicht. Es ist plausibel, dass der Beklagte die AVV-Baulärm grundsätzlich heranzieht, aber gleichzeitig einräumt, es könnten „temporäre Lärmeinwirkungen oberhalb der Richtwerte … nicht gänzlich ausgeschlossen werden.“ (PFB S. 28). Genauere Regelungen kann der Beklagte nicht treffen. Es leuchtet ohne Weiteres ein, dass die Unregelmäßigkeit des durch die Bauarbeiten ausgelösten Lärms eine detaillierte Lärmprognose nicht zulässt.
353Vgl. BVerwG, Urteil vom 3. März 2011 ‑ 9 A 8.10 ‑, BVerwGE 139, 150 (184).
354Schließlich enthalten die Nebenbestimmungen A. 5.3 und 5.4 den Passus, dass in dem Fall, dass trotz optimierter Bauverfahren die Anhaltswerte überschritten (Erschütterungen) bzw. die Eingreifwerte (Bauimmissionen und –auswirkungen) erheblich überschritten und dadurch Schäden verursacht werden, diese „nach den Grundsätzen des § 906 BGB zu entschädigen“ sind. Damit sind die Rechtspositionen der Kläger ausreichend geschützt und berücksichtigt, und zwar gerade auch im Hinblick auf die von den Klägern zitierte Rechtsprechung des BGH,
355Urteil vom 30. Oktober 2009 ‑ V ZR 17/09 ‑, NJW 2010, 1141 (1143, Rdnr. 28 f.).
356B. Der auf eine Verpflichtung des Beklagten gerichtete Hilfsantrag der Kläger, sie unter teilweiser Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses vom 30. September 2011 hinsichtlich ihrer durch das Vorhaben betroffenen Rechte/Interessen, insbesondere hinsichtlich des Schutzes vor Immissionen, erneut zu bescheiden, bleibt nach dem vorstehend Dargelegten ohne Erfolg. Die Kläger haben insbesondere keinen Anspruch auf eine Ergänzung des Planfeststellungsbeschlusses um Maßnahmen des aktiven Schallschutzes oder um die Anordnung der Erstattungsfähigkeit dem Grunde nach für Maßnahmen des passiven Schallschutzes. Das Lärmschutzkonzept der angefochtenen Planungsentscheidung steht mit den Vorgaben der §§ 41, 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG i. V. m. § 2 der 16. BImSchV im Einklang; die Immissionsgrenzwerte sowohl für Lärm als auch für Luftschad-stoffe werden auf den Grundstücken der Kläger sämtlich eingehalten. Das Vorhaben ist damit nicht zu Lasten der Kläger abwägungsfehlerhaft und verletzt in seiner festgestellten Form keine Rechte der Kläger.
357C. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 Abs. 1, 159 Satz 1 VwGO, 100 Abs. 1 ZPO.
358Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus den §§ 167 VwGO, 708 Nr. 10, 711 Satz 1 ZPO.
359Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.
Tatbestand
- 1
-
Die Klägerinnen wenden sich gegen den Planfeststellungsbeschluss des Beklagten vom 21. Oktober 1999 für den Bau der U-Bahnlinie 5 im Bezirk Berlin-Mitte in der Fassung des 2. Änderungsbeschlusses vom 27. Juni 2011 (2. Bauabschnitt zwischen Alexanderplatz und U-Bahnhof Brandenburger Tor).
- 2
-
Der Planfeststellungsbeschluss von 1999 ist in wesentlichen Teilen bereits umgesetzt worden. Der Streckenteil zwischen dem Hauptbahnhof und dem U-Bahnhof Brandenburger Tor wurde 2008 fertig gestellt und in Betrieb genommen. Im November 2008 beantragte die Beigeladene die Durchführung eines Planfeststellungsverfahrens zur 2. Änderung des Planfeststellungsbeschlusses. Die 2. Planänderung betrifft den Lückenschluss der U-Bahnlinie U5 zwischen den U-Bahnhöfen Brandenburger Tor und Alexanderplatz. Im Zuge dieser Baumaßnahme werden u.a. drei Bahnhöfe (Berliner Rathaus, Museumsinsel und Unter den Linden) errichtet. Die Gesamttunnellänge zwischen den U-Bahnhöfen Brandenburger Tor und Alexanderplatz beträgt circa 2,2 km.
- 3
-
Streitgegenständlich ist vorliegend allein die Errichtung des unterirdischen Bahnhofs Unter den Linden. Der Bahnhof wird als Kreuzungsbahnhof der U-Bahnlinien 5 und 6 gestaltet. Er befindet sich im Schnittpunkt des Boulevards Unter den Linden mit der Friedrichstraße. Im Vergleich zur Planung aus dem Jahr 1999 werden durch die 2. Planänderung der Bahnsteig der U5 nach Osten und der Bahnsteig der U6 einschließlich der südlichen Zugänge um circa 15 m nach Süden verschoben. Die Zugänge und Aufzüge im Kreuzungsbereich werden auf der Mittelpromenade Unter den Linden angeordnet; zudem wird das Bahnhofsbauwerk um einen neuen Ausgang zur Charlottenstraße erweitert. Im Gegensatz zur ursprünglichen Planung werden Baumaßnahmen auf der nördlichen Seite der Mittelpromenade Unter den Linden nicht mehr erforderlich, so dass der Verkehr während der Bauzeit über die Nordfahrbahn der Straße Unter den Linden geführt werden kann. Der Beklagte hat die Planänderung überdies zum Anlass genommen, die im Bereich der Bahnhofsbaustellen baubedingt auftretenden Beeinträchtigungen der Nachbarschaft neu zu bewerten.
- 4
-
Der Bahnhof Unter den Linden wird in vier Baufeldern teils in offener und teils in geschlossener Bauweise unterhalb der Deckelung errichtet. In der Friedrichstraße soll der Abschlussdeckel im Baufeld IV circa 10 Monate nach Baubeginn im April/Mai 2013 erstellt sein. In der Straße Unter den Linden soll der letzte Deckel im Baufeld II nach circa 15 Monaten im September 2013 verschlossen werden. Nach der Deckelung werden die Friedrichstraße und die südliche Fahrbahn der Straße Unter den Linden wieder für den Verkehr freigegeben. Die Gesamtdauer der Baumaßnahmen soll vier bis fünf Jahre betragen.
- 5
-
Die Klägerinnen sind Eigentümer bzw. Betreiber des im Kreuzungsbereich der südlichen Fahrbahn der Straße Unter den Linden mit der Friedrichstraße in unmittelbarer Nähe der Bahnhofsbaustelle gelegenen Hotels W.. Sie haben nach Auslegung der Planunterlagen fristgerecht Einwendungen erhoben. Das Hotel wurde 1985 bis 1987 errichtet, 2006 an die jetzige Eigentümerin verkauft und mit erheblichem finanziellen Aufwand modernisiert. Es verfügt über insgesamt 400 Zimmer, davon liegen 155 Zimmer zur Straße Unter den Linden und zur Friedrichstraße. Das Hotel ist nicht offiziell klassifiziert, weist aber nach den Angaben der Klägerinnen die Ausstattung eines Fünf-Sterne-Superior-Hotels auf.
- 6
-
Mit Beschluss vom 27. Juni 2011 stellte der Beklagte die Planänderung fest und wies die Einwendungen der Klägerinnen im Wesentlichen zurück. Nach der Begründung des Planänderungsbeschlusses werden sich beim Bau des Bahnhofs Unter den Linden wesentliche Beeinträchtigungen durch Baulärm ergeben, der vor allem durch den Abbruch der Fahrbahndecken, den Erdaushub, die Herstellung von Schlitzwänden und Dichtungssohlen sowie den Abbruch der Tunneldecke der U6 und die Wiederherstellung des Tunnelabschnitts im Baufeld IV verursacht wird. Die Friedrichstraße ist aufgrund der örtlichen Gegebenheiten besonders betroffen, weil der Abstand zwischen den Hausfassaden östlich und westlich der Friedrichstraße nur 22 m beträgt. Die Gesamtdauer der Phase mit den lärmrelevanten Tätigkeiten ist auf 305 Arbeitstage veranschlagt, für die Durchführung dieser Arbeiten ist ein Zeitraum von 12 Monaten vorgesehen.
- 7
-
Der Planänderungsbeschluss sieht in den Nebenbestimmungen eine Reihe von Vorkehrungen zum Immissionsschutz während der Bauarbeiten vor, u.a. den Einsatz lärmarmer Bauverfahren und Baugeräte, eine zeitliche Beschränkung der Bauarbeiten, die Verkleidung der Arkaden bis zur Deckelung der Baustelle bzw. auf Wunsch der Klägerinnen auch darüber hinaus bis zum vollständigen Abschluss der Bauarbeiten sowie ein umfassendes Monitoring zur Ermittlung und zur Dokumentation des durch die Bahnhofsbaustelle verursachten Lärms und der Erschütterungen. Ferner sind eine Beweissicherung und verschiedene sonstige Maßnahmen angeordnet worden, die die Staubentwicklung, den Spritzschutz, die Fassadenreinhaltung etc. betreffen.
- 8
-
Für gleichwohl verbleibende unzumutbare Lärmbeeinträchtigungen während der Bauzeit ist den Klägerinnen im Planänderungsbeschluss ein Entschädigungsanspruch dem Grunde nach zugesprochen worden. Für Außenwohnbereiche besteht der Entschädigungsanspruch bei einer Überschreitung von 68 dB(A), für Innenräume, sofern die oberen Anhaltswerte der VDI-Richtlinie 2719 für Innenschalldruckpegel von 40 dB(A) für Hotelzimmer und Vortragsräume sowie 50 dB(A) für Ladengeschäfte und Restaurants/Gaststätten überschritten werden.
- 9
-
Die Klägerinnen haben Ende Juli 2011 ein gegen den Planfeststellungsbeschluss vom 21. Oktober 1999 gerichtetes, ruhend gestelltes Klageverfahren wiederaufgerufen und den Planänderungsbeschluss einbezogen. Sie begehren zusätzliche aktive und passive Schallschutzmaßnahmen sowie ergänzende Regelungen zum Umfang und zu den Modalitäten der Entschädigung. Zur Begründung tragen sie im Wesentlichen vor:
- 10
-
Die fachplanerische Zumutbarkeitsschwelle sei im Planänderungsbeschluss fehlerhaft auf 68 dB(A) tags festgesetzt worden. Der Beklagte habe den Kreuzungsbereich Unter den Linden/Friedrichstraße zu Unrecht als Gebiet mit vorwiegend gewerblichen Anlagen im Sinne von Nr. 3.1.1. Buchst. b) der AVV Baulärm eingestuft. Die gewerbliche Nutzung überwiege nicht, zumal die Hotelnutzung unter dem Gesichtspunkt Schutzbedürftigkeit als Wohnnutzung anzusehen sei. Der maßgebliche Immissionsrichtwert betrage daher nicht 65, sondern nur 60 dB(A) tags. Zudem sei rechtsfehlerhaft nicht der Immissionsrichtwert, sondern der um 5 dB(A) höhere sogenannte Eingreifwert nach Nr. 4.1. der AVV Baulärm als maßgeblich erachtet worden. Der Zuschlag in Nr. 4.1. sei der bei Erlass der AVV Baulärm im Jahre 1970 noch bestehenden Messungenauigkeit geschuldet und inzwischen obsolet.
- 11
-
Bei der Bestimmung der Zumutbarkeitsschwelle sei zu Unrecht die Vorbelastung durch den Verkehrslärm einbezogen worden. Der Verkehrslärm dürfe nicht berücksichtigt werden, weil er die verfassungsrechtliche Grenze zur Gesundheitsgefährdung von 70 dB(A) tags überschreite. Zudem seien Verkehrslärm und Baulärm nicht vergleichbar. Der Informationsgehalt sei völlig verschieden, Verkehrslärm sei sozial akzeptierter. Abgesehen davon nehme die Vorbelastung durch Verkehrslärm in der Friedrichstraße zur Behrenstraße hin auf 66 dB(A) ab.
- 12
-
Die der Planfeststellung zugrunde liegende Lärmprognose sei fehlerhaft, weil darin nur auf den Baustellenlärm abgestellt und der Umgebungslärm nicht einbezogen werde. Das sei mit dem akzeptorbezogenen Ansatz des Bundes-Immissionsschutzgesetzes nicht vereinbar. Die Maschinenlärmwerte seien zu Unrecht pauschal um 3 dB(A) gemindert worden. Der Lärmprognose liege ein idealisierter Bauablauf zugrunde, die Einsatzzeiten der Baugeräte seien zu optimistisch kalkuliert. Zudem seien keine Impulszuschläge berücksichtigt worden, so dass eigentlich um 3 bis 5 dB(A) höhere Geräuschimmissionen zu erwarten seien. Kurzzeitige Geräuschspitzen würden von der AVV Baulärm "weggemittelt", insoweit fehle es im Planänderungsbeschluss an einem Maximalpegelkriterium.
- 13
-
Die Entschädigung für unzumutbare Lärmbeeinträchtigungen in Innenräumen dürfe nicht davon abhängig gemacht werden, dass im Rauminneren die oberen Anhaltswerte der VDI-Richtlinie 2719 überschritten werden. Die VDI-Richtlinie 2719 sei auf temporäre Ereignisse wie Baustellen nicht zugeschnitten. Die allein maßgebliche AVV Baulärm hebe nur auf Außenpegel ab und sehe ein einheitliches Schutzniveau für die Außen- und Innenkontaktbereiche vor. Hinzu komme, dass die Innenschallpegel zurzeit deutlich unter 40 dB(A) lägen, der Ist-Zustand also weitaus besser sei als der für die Bauzeit als zumutbar festgelegte Zustand. Die Vorhabenträgerin dürfe nicht von einer vorhandenen besseren Schalldämmung profitieren, die die Betroffenen auf eigene Kosten vorgenommen hätten.
- 14
-
Der Planänderungsbeschluss sei schließlich auch deshalb rechtswidrig, weil der Beklagte weitergehende Entschädigungsansprüche pauschal abgelehnt habe. Der Begriff der nachteiligen Wirkungen im Sinne von § 74 Abs. 2 Satz 2 VwVfG müsse weit verstanden werden. Er umfasse auch Umsatzeinbußen, Mietausfälle und andere, nicht nur physisch, sondern auch psychisch vermittelte Auswirkungen wie etwa die gerechtfertigte Furcht vor unzumutbaren Lärmbeeinträchtigungen. Touristen würden das Hotel wegen der Baustelle meiden, Stammkunden gingen verloren. Die Entschädigung müsse daher auf der Grundlage einer Gesamtbetrachtung aller baustellenbedingten Auswirkungen auf den Hotelbetrieb bemessen werden.
- 15
-
Das Hotel habe einen Buchungsvorlauf von 18 Monaten und sei durchschnittlich zwischen 60 bis 80 % ausgelastet. Mangels detaillierter Lärmprognose könne nicht im Voraus steuernd auf die Hotelbelegung eingewirkt werden. Es bleibe nur die Möglichkeit, die lärmbetroffenen Zimmer an den Straßenfronten zur Baustelle nicht mehr anzubieten. Für die Dauer der Baustelle sei ein Umsatzrückgang von 35 bis 40 % zu erwarten, das Hotel gerate damit in die Verlustzone. Die baustellenbedingten Umsatzeinbußen könnten nicht durch organisatorische Maßnahmen kompensiert werden. Zudem müsse berücksichtigt werden, dass die Beeinträchtigungen erst mit dem Abschluss aller Bauarbeiten beendet seien und auch danach noch fortwirkten.
- 16
-
In der mündlichen Verhandlung am 28. Juni 2012 hat der Beklagte den Planänderungsbeschluss teilweise berichtigt und ergänzt.
- 17
-
Die Klägerinnen beantragen,
-
den Beklagten zu verpflichten, den Planfeststellungsbeschluss der Senatsverwaltung für Bauen, Wohnen und Verkehr des Landes Berlin vom 21. Oktober 1999 für den Bau der U-Bahnlinie 5 in der Fassung des 2. Änderungsbeschlusses vom 27. Juni 2011 in der Gestalt der in der mündlichen Verhandlung abgegebenen Protokollerklärungen rechtzeitig vor Baubeginn wie folgt zu ändern:
-
1. Die Auflage A II.3.1.1. wird dahingehend präzisiert, dass nur Baumaschinen mit dem Umweltzeichen RAL-UZ 53 "Blauer Engel" oder entsprechender anderer Zertifizierungen eingesetzt werden dürfen.
-
2. Die Verkleidung zum Schutz der Arkaden muss gewährleisten, dass in den Arkadengängen der Immissionswert von 60 dB(A) nicht überschritten wird.
-
3. Der Außenbereich der Galerie und des Restaurants N. im Hotel W. zur Straße Unter den Linden ist durch Lärmschutzwände an der Baustelle so zu schützen, dass die Zumutbarkeitsgrenze auf dem Gehweg von 60 dB(A) nicht überschritten wird.
-
4. Die Baustelle in der Friedrichstraße ist nach Herstellung der Schlitzwände und vor weiterem Abtrag der Straßendecke einzuhausen mit einer Schalldämmung von mindestens 20 dB.
-
5. Die Beigeladene wird verpflichtet, der Klägerin zu 1 (G. GmbH) die Kosten für Schallschutzfenster an Hotelzimmern Unter den Linden sowie in der Friedrichstraße einschließlich Lobby, Frühstücks- und Hotelrestaurant zu erstatten, die erforderlich sind, um bei einem zulässigen Grenzwert von 60 dB(A), zulässigen Maximalpegeln von 70 dB(A) einen Innenraumpegel in den Hotelzimmern von 31 dB(A) zu gewährleisten.
-
6. Die Vorhabenträgerin wird verpflichtet, den Gehweg Unter den Linden vor dem Hotel während der gesamten Bauzeit täglich zu reinigen.
-
7. Die Auflage A II.3.1.8. wird wie folgt ergänzt: "Rechtzeitig vor Baubeginn ist die Beweissicherung gemäß Konzept der GuD vom 26. August 2010 mit den Maßnahmen S1 - S7 durchzuführen".
-
8. Die Beigeladene wird verpflichtet, eine Lärmprognose mit detailliertem Bauablauf für die Baufelder II - IV vorzulegen und anzugeben, wann der Immissionsrichtwert von 60 dB(A) überschritten wird und welche Maximalpegel in den einzelnen Bauabschnitten täglich zu erwarten sind.
-
9.
-
a) Zugunsten der Klägerinnen sind die durch die Baustelle verursachten Ertragseinbußen zu entschädigen, die dadurch entstehen, dass die Zimmer an der Straße Unter den Linden und in der Friedrichstraße für die Zeit vom Baubeginn bis zur Deckelung der Baugruben nicht vermietet werden. Hilfsweise falls weitere aktive und passive Schallschutzmaßnahmen angeordnet werden: Zugunsten der Klägerinnen sind die verbleibenden Ertragseinbußen in der Zeit vom Baubeginn bis zur Deckelung der Baugruben zu entschädigen.
-
b) Die Ertragseinbußen bis zu zwei Jahre nach Abschluss der Deckelung sind zu entschädigen.
-
c) Die Ertragseinbußen sind zu ermitteln durch einen öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen mit Fachkunde des Enteignungs- und Entschädigungsrechts sowie des Hotelbetriebs, der mit Zustimmung der Klägerinnen ausgewählt wurde.
-
d) Die Ertragseinbußen sind nach Maßgabe der Erträge des Hotels 2011 bis Baubeginn zu ermitteln. Als durch die Baustelle verursacht gilt eine Minderung des RevPar des W. im Unterschied zum RevPar des Vergleichsmarktes der Fünf-Sterne Hotels in Berlin Mitte.
-
e) Die Entschädigungen sind innerhalb von zwei Wochen nach Abschluss eines Monats zu ermitteln und in der ersten Woche des Folgemonats auszugleichen.
-
10. Den Klägerinnen sind die durch die Baustelle verursachten Mietminderungen der Ladengeschäfte und des Restaurants N. zu entschädigen. Die Angemessenheit der Entschädigung ist durch einen öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen unter Berücksichtigung des Bauablaufes und vergleichbarer Mieten jeweils nach Ablauf eines Monats zu ermitteln.
- 18
-
Der Beklagte und die Beigeladene beantragen,
-
die Klage abzuweisen.
- 19
-
Sie treten dem Vortrag der Klägerinnen im Einzelnen entgegen.
Entscheidungsgründe
- 20
-
Die nach der mündlichen Verhandlung am 28. Juni 2012 gewechselten Schriftsätze geben dem Senat keine Veranlassung, nach § 104 Abs. 3 Satz 2 VwGO die mündliche Verhandlung wieder zu eröffnen.
- 21
-
Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet. Die Klägerinnen haben keinen Anspruch auf die begehrten Planergänzungen. Das im Planänderungsbeschluss festgesetzte Schutz- und Entschädigungskonzept in Gestalt der in der mündlichen Verhandlung abgegebenen Protokollerklärungen ist nicht zu beanstanden. Der Beklagte hat die Betroffenheit der Klägerinnen durch die Baustelle, namentlich den Baustellenlärm, fehlerfrei abgewogen und der beigeladenen Vorhabenträgerin die zur Vermeidung nachteiliger Auswirkungen nach § 74 Abs. 2 Satz 2 VwVfG erforderlichen Schutzmaßnahmen auferlegt (1) bzw. ihnen eine Entschädigung nach § 74 Abs. 2 Satz 3 VwVfG zugesprochen (2).
- 22
-
1. Die Klägerinnen haben keinen Anspruch auf Ergänzung des Planänderungsbeschlusses um weitere Schutzvorkehrungen gegen die von der Bahnhofsbaustelle Unter den Linden ausgehenden Beeinträchtigungen durch Lärm, Staub und Erschütterungen. Das planfestgestellte Schutzkonzept beruht weder auf einer rechtsfehlerhaft zu hoch festgesetzten fachplanerischen Zumutbarkeitsschwelle (a) noch auf einer mängelbehafteten Lärmprognose (b). Die Klageanträge Nr. 1 bis 8 können daher keinen Erfolg haben (c).
- 23
-
a) Die in den Auflagen A II.3.1.1. bis 3.2.3. festgesetzten Schutzmaßnahmen finden ihre rechtliche Grundlage in § 74 Abs. 2 Satz 2 VwVfG. Danach hat die Planfeststellungsbehörde dem Träger des Vorhabens Vorkehrungen oder die Errichtung und Unterhaltung von Anlagen aufzuerlegen, die zum Wohl der Allgemeinheit oder zur Vermeidung nachteiliger Wirkungen auf Rechte anderer erforderlich sind.
- 24
-
§ 74 Abs. 2 Satz 2 VwVfG erfasst auch solche nachteiligen Wirkungen, die durch Lärm, Erschütterungen und Staub aufgrund der Bauarbeiten für das planfestgestellte Vorhaben entstehen (Beschluss vom 27. Januar 1988 - BVerwG 4 B 7.88 - Buchholz 442.01 § 29 PBefG Nr. 1 S. 1<2>). § 74 Abs. 2 Satz 2 VwVfG differenziert nicht nach den einzelnen Abschnitten zur Realisierung des Vorhabens. Die durch den Planfeststellungsbeschluss begründete Duldungspflicht des Nachbarn umfasst daher auch die während der Bauphase entstehenden Immissionen (vgl. auch BGH, Urteil vom 30. Oktober 2009 - V ZR 17/09 - MDR 2010, 142 Rn. 18).
- 25
-
aa) Ob nachteilige Wirkungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Satz 2 VwVfG vorliegen, beurteilt sich bei Baulärm nach § 22 Abs. 1, § 3 Abs. 1 BImSchG in Verbindung mit der gemäß § 66 Abs. 2 BImSchG maßgeblichen Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Schutz gegen Baulärm - AVV Baulärm - vom 19. August 1970 (Beilage zum Bundesanzeiger Nr. 160 vom 1. September 1970). Auf die TA Lärm kann selbst bei mehrjähriger Dauer einer Baustelle nicht zurückgegriffen werden; Baustellen sind vom Anwendungsbereich der TA Lärm ausdrücklich ausgeschlossen (Nr. 1 Buchst. f) TA Lärm).
- 26
-
(1) Die AVV Baulärm konkretisiert für Geräuschimmissionen von Baustellen den unbestimmten Rechtsbegriff der schädlichen Umwelteinwirkungen. Die zur Annahme der normkonkretisierenden Wirkung einer Verwaltungsvorschrift erforderlichen formellen Voraussetzungen (vgl. Urteil vom 28. Oktober 1998 - BVerwG 8 C 16.96 - BVerwGE 107, 338 = Buchholz 401.64 § 4 AbwAG Nr. 6 S. 22<25 f.>) liegen vor. Ermächtigungsgrundlage für die AVV Baulärm war § 3 Abs. 2 des Gesetzes zum Schutz gegen Baulärm vom 9. September 1965 (BGBl I S. 1214, außer Kraft getreten zum 1. April 1974). Danach erlässt die Bundesregierung zur Durchführung des Absatzes 1 nach Anhörung des technischen Ausschusses (§ 8) mit Zustimmung des Bundesrates allgemeine Verwaltungsvorschriften, insbesondere über 1. Richtwerte für die von Baumaschinen bei bestimmten Betriebsvorgängen ausgehenden Geräusche, deren Überschreiten nach dem Stand der Technik vermeidbar ist (Emissionsrichtwerte), 2. Richtwerte für die von Baustellen ausgehenden Geräuschimmissionen, bei deren Überschreiten Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen der Allgemeinheit zu besorgen sind (Immissionsrichtwerte), und 3. das Verfahren für die Messung der Geräuschemissionen und der von Baustellen ausgehenden Geräuschimmissionen. Der anzuhörende technische Ausschuss nach § 8 des Gesetzes zum Schutz gegen Baulärm setzte sich aus Vertretern verschiedener Bundesministerien und Bundesanstalten, der Landesregierungen, der Gewerkschaften, der Technischen Überwachung sowie Vertretern aus Industrie, Wirtschaft und Wissenschaft zusammen.
- 27
-
(2) Die AVV Baulärm konkretisiert das vom Normgeber für erforderlich gehaltene Schutzniveau in Nr. 3 differenzierend nach dem Gebietscharakter und nach Tages- und Nachtzeiten durch Festlegung bestimmter Immissionsrichtwerte. In Nr. 6 enthält sie Regelungen zur Ermittlung des Beurteilungspegels im Wege eines Messverfahrens. Dafür, dass die Regelungen zum Schutzniveau durch neue, gesicherte Erkenntnisse der Lärmwirkungsforschung überholt wären, ist nichts ersichtlich. Das gilt sowohl für die Gebietseinteilung der AVV Baulärm als auch für die festgelegten Immissionsrichtwerte. Zwar stimmt die Gebietszuordnung der AVV Baulärm noch mit derjenigen der Baunutzungsverordnung von 1968 überein, während neuere Regelwerke, etwa die Verkehrslärmschutzverordnung (16. BImSchV), die Sportanlagenlärmschutzverordnung (18. BImSchV) und die TA Lärm die Gebietsbezeichnungen der Baunutzungsverordnung von 1990 verwenden. Allein daraus folgt aber nicht, dass die Gebietseinteilung der AVV Baulärm nicht mehr geeignet oder zweckmäßig ist. Denn anders als bei den vorgenannten Regelwerken geht es im Anwendungsbereich der AVV Baulärm nicht um eine dauerhafte Gebietsverträglichkeit der Lärmeinwirkungen, sondern um vorübergehende Lärmeinwirkungen durch eine Baustelle. Zu deren Bewältigung reicht der gröbere Differenzierungsgrad der Gebietseinteilung der AVV Baulärm aus. Zugleich rechtfertigt der Umstand, dass Baustellenlärm - auch bei mehrjährigen Baustellen - vorübergehend ist, es auch heute noch, Immissionsrichtwerte festzulegen, die über den in verschiedenen anderen Regelwerken zu dauerhaften Lärmeinwirkungen - etwa in § 2 Abs. 2 der 18. BImSchV oder Nr. 6.1 der TA Lärm - vorgesehenen Werten liegen. Hinsichtlich der Regelungen zum Messverfahren fehlt es ebenfalls an Anhaltspunkten dafür, dass diese inzwischen derart veraltet sind, dass der Beurteilungspegel damit nicht mehr hinreichend verlässlich ermittelt werden kann. Dies gilt umso mehr, als die Bestimmungen der AVV Baulärm zum Messverfahren nicht so eng gefasst sind, dass sie etwa die Heranziehung modernerer Regelwerke (VDI-Richtlinien oder DIN-Vorschriften), die erst nach der AVV Baulärm erlassen worden sind, ausschließen.
- 28
-
Auch der Gesetzgeber ist offensichtlich davon ausgegangen, dass die AVV Baulärm trotz des seit ihrem Erlass eingetretenen Zeitablaufs nicht als überholt anzusehen ist. Der Umstand, dass er anlässlich der letzten Änderung des § 66 BImSchG durch das Gesetz zur Umsetzung der EG-Richtlinie über die Bewertung und Bekämpfung von Umgebungslärm vom 24. Juni 2005 (BGBl I S. 1794, in Kraft getreten mit Wirkung vom 30. Juni 2005; vgl. BTDrucks 15/3782 S. 10 und S. 37 f.) in § 66 Abs. 2 BImSchG bis zum Inkrafttreten von entsprechenden Rechtsverordnungen oder allgemeinen Verwaltungsvorschriften nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz die Fortgeltung der AVV Baulärm vom 19. August 1970 angeordnet hat, zeigt, dass es nach der Vorstellung des Gesetzgebers für Baustellenlärm bei der Anwendbarkeit der im Vergleich zur TA Lärm zwar wesentlich älteren, aber sachnäheren AVV Baulärm bleiben sollte (vgl. VGH Mannheim, Urteil vom 8. Februar 2007 - 5 S 2257/05 - ZuR 2007, 427, Rn. 131; Dziallas/Kullick, NZBau 2011, 544).
- 29
-
Dafür, dass der Gesetzgeber die Fortgeltung der AVV Baulärm ausdrücklich in seinen Willen aufgenommen hat, spricht zudem, dass die bis zu diesem Zeitpunkt in § 66 Abs. 2 BImSchG a.F. neben der AVV Baulärm als maßgebend aufgeführten (acht) allgemeinen Verwaltungsvorschriften zum Schutz gegen Baulärm, die wie die AVV Baulärm auf der Grundlage von § 3 Abs. 2 des Gesetzes zum Schutz gegen Baulärm erlassen worden waren und das Emissionsmessverfahren sowie Emissionsrichtwerte für verschiedene Baugeräte/-maschinen bestimmten, gestrichen wurden.
- 30
-
(3) Die in der AVV Baulärm in Nr. 3.1.1. festgelegten Immissionsrichtwerte entfalten nur für den Regelfall Bindungswirkung. Die Bindungswirkung einer normkonkretisierenden Verwaltungsvorschrift wird durch ihren Anwendungsbereich bzw. ihren Aussagegehalt bestimmt. Dabei wird die Auslegung solcher Verwaltungsvorschriften in besonderer Weise durch die Entstehungsgeschichte beeinflusst (Urteil vom 20. Dezember 1999 - BVerwG 7 C 15.98 - BVerwGE 110, 216 <219> = Buchholz 406.25 § 48 BImSchG Nr. 7 S. 2<4 f.>). Aus den Gesetzgebungsmaterialien zur Ermächtigungsgrundlage der AVV Baulärm in § 3 Abs. 2 des Gesetzes zum Schutz gegen Baulärm ergibt sich, dass der Normgeber bewusst zwischen Richtwerten und Grenzwerten differenziert hat. So enthielt etwa der Entwurf des Gesetzes (BTDrucks IV/3142 S. 1) in § 2 Abs. 3 eine Ermächtigungsgrundlage für den Erlass von allgemeinen Verwaltungsvorschriften zur Bestimmung von Immissionsrichtwerten für die von Baustellen ausgehenden Geräusche, bei deren Überschreitung Gefahren, Nachteile oder Belästigungen für die Allgemeinheit zu besorgen sind, sowie das Verfahren für die Messung der Geräuschimmissionen. Ausweislich der Begründung zu § 2 Abs. 3 war es das Anliegen des Gesetzgebers, den Verwaltungsbehörden in der Form allgemeiner Verwaltungsvorschriften Immissionsrichtwerte an die Hand zu geben, bei deren Überschreitung der Lärm der Baumaschinen in der Regel als unzumutbar anzusehen ist (BTDrucks IV/3142 S. 5). Ergänzend dazu sah § 3 Abs. 1 des Entwurfs eine Ermächtigung vor, durch Rechtsverordnung Emissionsgrenzwerte festzusetzen, die beim Betrieb von Baumaschinen auf Baustellen nicht überschritten werden dürfen, und Vorschriften über das Verfahren für die Messung der Geräuschemissionen zu erlassen. Auf Vorschlag der Bundesregierung und des Ausschusses für Gesundheitswesen wurde der Gesetzentwurf in §§ 2 und 3 dahingehend geändert, dass nicht mehr zur Festlegung von Emissionsgrenzwerten und Immissionsrichtwerten, sondern in § 3 Abs. 2 Nr. 1 und 2 zur Festlegung von Immissions- und Emissionsrichtwerten ermächtigt wurde. Zur Begründung wurde darauf verwiesen, dass die Festsetzung von Emissionsgrenzwerten durch Rechtsverordnung nicht die Möglichkeit biete, die besonderen Verhältnisse, unter denen Baumaschinen eingesetzt werden, zu berücksichtigen. Der Ausschuss schlug deshalb die Festsetzung von Richtwerten durch allgemeine Verwaltungsvorschriften vor, die eine elastischere Handhabung ermöglichten. Dabei ging er davon aus, dass die zuständigen Verwaltungsbehörden bei Überschreiten der Immissions- und Emissionsrichtwerte grundsätzlich verpflichtet sind, die notwendigen Maßnahmen zur Lärmminderung anzuordnen (BTDrucks IV/3584 S. 2).
- 31
-
Der Begriff "Immissionsrichtwert" ist danach im Anwendungsbereich der AVV Baulärm weiter zu verstehen als etwa im Anwendungsbereich der TA Lärm, die diesen Begriff in Nr. 6 ebenfalls verwendet, Überschreitungen aber nur in ausdrücklich geregelten Fällen (vgl. z.B. Nr. 3.2.1 2. bis 6. Absatz sowie Nr. 3.2.2) zulässt und ansonsten von einer strikten Pflicht zur Einhaltung der Richtwerte ausgeht, die für eine einzelfallbezogene Beurteilung der Schädlichkeitsgrenze aufgrund tatrichterlicher Würdigung keinen Raum lässt (Urteil vom 29. August 2007 - BVerwG 4 C 2.07 - BVerwGE 129, 209 = Buchholz 406.25 § 48 BImSchG Nr. 9 Rn. 12; Beschluss vom 8. November 1994 - BVerwG 7 B 73.94 - Buchholz 406.25 § 3 BImSchG Nr. 10 S. 2<3>). Dabei ist das engere Begriffsverständnis der TA Lärm schon in der Ermächtigungsgrundlage des § 48 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG angelegt, die auf "Immissionswerte, die zu dem in § 1 genannten Zweck nicht überschritten werden dürfen", abhebt. In der Ermächtigungsgrundlage in § 3 Abs. 2 des Gesetzes zum Schutz gegen Baulärm war dagegen - weniger strikt - von "Richtwerte(n) für die von Baustellen ausgehenden Geräuschimmissionen, bei deren Überschreiten Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen der Allgemeinheit zu besorgen sind", die Rede.
- 32
-
Der Normzweck der AVV Baulärm, eine gleichmäßige Rechtsanwendung sicherzustellen und damit Rechtssicherheit zu schaffen, wird auch dann nicht in Frage gestellt, wenn die Immissionsrichtwerte nur für den Regelfall als bindend betrachtet werden. Der verbleibende Spielraum für Ausnahmen von der Bindungswirkung ist eng, namentlich ist Nr. 3.1. nicht dahingehend zu verstehen, dass der gemäß Gebietszuordnung maßgebliche Immissionsrichtwert nur als Orientierungswert betrachtet und ergänzend eine Einzelfallbetrachtung angestellt wird. Da die AVV Baulärm als Maßstab für die Zumutbarkeit von Baustellenlärm auf die abstrakt bestimmte Schutzwürdigkeit von Gebieten abhebt, kommen Abweichungen vom Immissionsrichtwert nach oben vielmehr nur dann in Frage, wenn die Schutzwürdigkeit des Einwirkungsbereichs der Baustelle im konkreten Fall ausnahmsweise geringer zu bemessen ist als in den gebietsbezogen festgelegten Immissionsrichtwerten. Dies entspricht auch dem Anliegen des Gesetzgebers, die besonderen Verhältnisse berücksichtigen zu können, unter denen Baumaschinen zum Einsatz kommen (vgl. BTDrucks IV/3584 S. 2). Eine Abweichung von den Immissionsrichtwerten kann danach etwa dann in Betracht kommen, wenn im Einwirkungsbereich der Baustelle eine tatsächliche Lärmvorbelastung vorhanden ist, die über dem maßgeblichen Richtwert der AVV Baulärm liegt. Dabei ist der Begriff Vorbelastung hier nicht einschränkend in dem Sinne zu verstehen, dass nur Vorbelastungen durch andere Baustellen erfasst werden (vgl. etwa die einschränkende Definition in Nr. 2.4 1. Absatz Satz 1 TA Lärm). Maßgeblich ist vielmehr die Vorbelastung im natürlichen Wortsinn. "Nachteilige Wirkungen" im Sinne des § 74 Abs. 2 Satz 2 VwVfG gehen nur von solchen baustellenbedingten Geräuschimmissionen aus, die dem Einwirkungsbereich mit Rücksicht auf dessen durch die Gebietsart und die konkreten tatsächlichen Verhältnisse bestimmte Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit nicht mehr zugemutet werden können. Für die Gebietsart ist dabei von der bebauungsrechtlich geprägten Situation der betroffenen Grundstücke (im Einwirkungsbereich) auszugehen, für die tatsächlichen Verhältnisse spielen insbesondere Geräuschvorbelastungen eine wesentliche Rolle (vgl. Urteil vom 7. Juli 1978 - BVerwG 4 C 79.76 u.a. - BVerwGE 56, 110 <131> = Buchholz 442.40 § 8 LuftVG Nr. 2 S. 1<22>). Daraus folgt zugleich, dass eine verminderte Schutzwürdigkeit nicht schon dann angenommen werden kann, wenn es etwa um die Errichtung wichtiger Verkehrsinfrastrukturvorhaben im öffentlichen Interesse geht. Zwar mag es Planbetroffenen als Ausdruck der Sozialbindung zumutbar sein, mehr an Baulärm hinzunehmen, wenn ein Vorhaben dem allgemeinen Verkehr gewidmet ist und insofern dem Wohl der Allgemeinheit dient. Dies mit bindender Wirkung entsprechend zu regeln, muss aber dem Normgeber vorbehalten bleiben.
- 33
-
(4) Entgegen der Auffassung der Klägerinnen erstreckt sich der Anwendungsbereich der AVV Baulärm nicht auf den Schutz der Außenkontaktbereiche vor Ladengeschäften. Die AVV Baulärm zielt auf den Schutz der Nachbarschaft. Zwar war in §§ 2, 3 Abs. 2 Nr. 2 und § 5 des Gesetzes zum Schutz gegen Baulärm, auf dessen Grundlage die AVV Baulärm erlassen worden ist, nur von Gefahren, erheblichen Nachteilen oder erheblichen Belästigungen der Allgemeinheit die Rede. Aus den Materialien ergibt sich aber, dass die in der Nachbarschaft von Baustellen wohnenden oder arbeitenden Personen geschützt werden sollten (BTDrucks IV/3142 S. 5, linke Spalte und BTDrucks IV/3584 S. 1). Zur Nachbarschaft in diesem Sinne gehören nur diejenigen Personen, die sich dem Baulärm jedenfalls nicht nachhaltig entziehen können, weil sie nach ihren Lebensumständen, die durch den Wohnort, den Arbeitsplatz oder die Ausbildungsstätte vermittelt werden können, den Einwirkungen dauerhaft ausgesetzt und daher qualifiziert betroffen sind (vgl. Urteil vom 22. Oktober 1982 - BVerwG 7 C 50.78 - Buchholz 406.25 § 5 BImSchG Nr. 6 S. 17<19 f.>). Hierzu gehören etwa die Eigentümer und Bewohner der im Einwirkungsbereich gelegenen Grundstücke und alle Personen, die im Einwirkungsbereich arbeiten. Keine Nachbarn sind dagegen Personen, die sich nur zufällig bzw. gelegentlich, d.h. ohne besondere persönliche oder sachliche Bindungen, etwa aufgrund von Ausflügen oder Reisen oder als Kunden, im Einwirkungsbereich aufhalten. Solche Personen sind als "Publikum" Teil der "Allgemeinheit" (Jarass, BImSchG, 9. Aufl. 2012, § 3 Rn. 35 ff.; Kutscheidt in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Bd. III, Stand Juli 2011, § 3 Rn. 6a f.).
- 34
-
Der Schutz der Nachbarschaft erfasst auch die zum Wohnen im Freien geeigneten und bestimmten unbebauten Flächen eines Wohngrundstücks. Der Schutzgegenstand des "Wohnens" kennzeichnet einen einheitlichen Lebensvorgang, der die Nutzung des Grundstücks insgesamt umfasst (Urteil vom 29. Januar 1991 - BVerwG 4 C 51.89 - BVerwGE 87, 332 <387> = Buchholz 442.40 § 9 LuftVG Nr. 7 S. 26<52 f.>). Voraussetzung für einen Anspruch auf Schutzauflagen nach § 74 Abs. 2 Satz 2 VwVfG (bzw. einen Ausgleich in Geld nach § 74 Abs. 2 Satz 3 VwVfG) ist insoweit, dass die gebietsspezifische Zumutbarkeitsgrenze für die Lärmimmissionen überschritten wird und die konkrete Fläche wegen ihrer besonderen Funktion und Lärmbetroffenheit schutzwürdig ist (Urteile vom 11. November 1988 - BVerwG 4 C 11.87 - Buchholz 316 § 74 VwVfG Nr. 6 S. 7 und vom 19. Januar 1989 - BVerwG 7 C 77.87 - BVerwGE 81, 197 = Buchholz 406.25 § 22 BImSchG Nr. 6 S. 11).
- 35
-
Bei den Außenkontaktbereichen vor Ladengeschäften handelt es sich nicht um Flächen, die wegen ihrer besonderen Funktion und Lärmbetroffenheit schutzwürdig sind. Zwar gehört zu dem durch Art. 14 GG geschützten Bestand eines eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebs auch die besondere Lage an der Straße (Kontakt nach außen), die dem Betrieb den Zugang zur Straße sowie die Zugänglichkeit von der Straße her gewährt und dem Inhaber die Einwirkung durch Werbung auf den fließenden Verkehr und damit das Gewinnen von Laufkundschaft ermöglicht (BGH, Urteil vom 7. Juli 1980 - III ZR 32/79 - NJW 1980, 2703, Rn. 17). Der Zugang zu Ladengeschäften wird aber nicht durch den Baulärm als solchen, sondern allenfalls durch bauliche Anlagen zu dessen Abschirmung beeinträchtigt. Abweichendes folgt nicht daraus, dass - wie die Klägerinnen meinen - die Möglichkeit zur Aufnahme von Außenkontakten durch Verweilen vor den Schaufenstern durch den Baulärm behindert wird. Passanten und Laufkundschaft werden vom Baulärm nicht qualifiziert betroffen, weil sie sich - auch beim Verweilen vor Schaufenstern - nicht dauerhaft, sondern nur vorübergehend im Einwirkungsbereich des Baulärms aufhalten. Anders verhält sich dies etwa bei den Freisitzen von Restaurants und Gaststätten, die grundsätzlich zu den schutzwürdigen Außenbereichen gehören können.
- 36
-
bb) Ausgehend von den vorgenannten Maßstäben hat der Beklagte die fachplanerische Zumutbarkeitsschwelle im Sinne des § 74 Abs. 2 Satz 2 VwVfG im Ergebnis zu Recht auf 68 dB(A) tags bestimmt. Die dagegen erhobenen Einwände der Klägerinnen greifen nicht durch.
- 37
-
(1) Der Beklagte hat das Gebiet um die Bahnhofsbaustelle Unter den Linden/Friedrichstraße zutreffend als "Gebiet, in dem vorwiegend gewerbliche Anlagen untergebracht sind" nach Nr. 3.1.1. Buchst. b) der AVV Baulärm eingestuft und demgemäß im Ausgangspunkt den Immissionsrichtwert von 65 dB(A) tags zugrunde gelegt. Für die Gebietszuordnung nach Nr. 3.1.1. der AVV Baulärm, die wie oben bereits ausgeführt nicht an die Gebietseinteilung der Baunutzungsverordnung 1990 angepasst werden muss, ist nicht auf den konkreten Immissionsort, sondern - wie sich aus Nr. 3.2.2. ergibt - auf den Einwirkungsbereich der Anlage abzustellen. Der Einwirkungsbereich der Bahnhofsbaustelle Unter den Linden ist in der richterlichen Aufklärungsverfügung vom 3. April 2012 dahingehend umrissen worden, dass er das Gebiet nördlich und südlich der Straße Unter den Linden vom Kreuzungsbereich Neustädtische Kirchstraße/Unter den Linden sowie Glinkastraße/Unter den Linden jeweils bis zur Kreuzung Unter den Linden/Charlottenstraße sowie beidseits der Friedrichstraße vom Kreuzungsbereich Unter den Linden/Friedrichstraße bis zum Kreuzungsbereich Friedrichstraße/Behrenstraße (einschließlich der Gebäude Friedrichstraße 168-170 und Friedrichstraße 81-82) umfasst. Die Rüge der Klägerinnen, damit sei der Einwirkungsbereich zu eng gezogen, weil der Lärm auch in die Rosmarinstraße hineinwirke, greift schon deshalb nicht durch, weil die Rosmarinstraße zwischen dem Lindencorso und dem Rosmarin Karree verläuft und damit erfasst wird.
- 38
-
Der so bestimmte Einwirkungsbereich der Baustelle liegt nicht im Geltungsbereich eines Bebauungsplanes, so dass gemäß Nr. 3.2.3. der AVV Baulärm für die Gebietszuordnung die tatsächliche bauliche Nutzung zugrunde zu legen ist. Die tatsächliche bauliche Nutzung im Einwirkungsbereich der Baustelle ist in Anbetracht der vom Beklagten auf die Aufklärungsverfügung vom 3. April 2012 hin mit Schriftsatz vom 20. April 2012 vorgelegten Übersicht als vorwiegend gewerblich einzustufen. Die vorhandenen Gebäude werden weit überwiegend als Geschäfts- und Bürogebäude genutzt, der Anteil der Wohnnutzung ist - auch unter Berücksichtigung der im Rosmarin Karree vorhandenen Wohnungen und Apartments, die nicht zur Friedrichstraße hin gelegen sind - zahlenmäßig deutlich untergeordnet, er liegt bei maximal 20 %. Dabei ist eine Hotelnutzung entgegen der Auffassung der Klägerinnen nicht wie eine Wohnnutzung zu behandeln, sondern als gewerbliche Nutzung zu qualifizieren. Zwar mag eine Hotelnutzung im Hinblick auf Lärm schutzbedürftiger sein als andere gewerbliche Nutzungen. Gleichwohl unterscheiden sich Wohnnutzung und Beherbergungsbetrieb - wovon im Übrigen auch die von den Klägerinnen herangezogene Baunutzungsverordnung 1990 in § 3 Abs. 1 und 2 sowie § 3 Abs. 3 Nr. 1 ausgeht - grundlegend. So liegt ein Beherbergungsbetrieb in Abgrenzung zur Wohnnutzung nur dann vor, wenn Räume ständig wechselnden Gästen zum vorübergehenden Aufenthalt zur Verfügung gestellt werden, ohne dass diese dort ihren häuslichen Wirkungskreis unabhängig gestalten können (Beschluss vom 8. Mai 1989 - BVerwG 4 B 78.89 - Buchholz 406.11 § 31 BBauG/BauGB Nr. 27 S. 1<2>). Insbesondere der Gesichtspunkt des nur vorübergehenden Aufenthalts rechtfertigt die Annahme einer im Vergleich zur Wohnnutzung geminderten Schutzwürdigkeit der Hotelnutzung.
- 39
-
(2) Der Beklagte durfte den danach maßgeblichen Immissionsrichtwert von 65 dB(A) wegen der im Einwirkungsbereich der Baustelle vorhandenen tatsächlichen Vorbelastung durch Verkehrslärm um 3 dB(A) auf 68 dB(A) erhöhen.
- 40
-
Nach der messtechnischen Bestandsaufnahme der B. GmbH zur Geräusch- und Erschütterungssituation in der Umgebung der Kreuzung Unter den Linden/Friedrichstraße vom 11. November 2009 treten im Kreuzungsbereich Unter den Linden/Friedrichstraße im Bereich bis zur Traufhöhe (22 m) an Werktagen (Montag bis Samstag) während der Tageszeit gemäß AVV Baulärm (07:00 bis 20:00 Uhr) energieäquivalente Dauerschallpegel von circa 70 dB(A) auf. Dabei sind die Unterschiede zwischen den unteren und den oberen Stockwerken mit maximal 0,5 dB sehr gering. Südlich der Straße Unter den Linden nehmen die Geräuschimmissionen in der Friedrichstraße bis zur Behrenstraße hin auf 66 dB(A) ab. Die auftretenden Geräusche weisen von Tag zu Tag nur geringe Unterschiede auf, ein Einfluss der Ferienzeit auf die Messergebnisse ist nicht erkennbar. An Werktagen ist der energieäquivalente Dauerschallpegel während der Nachtzeit nur 4 dB geringer als während der Tageszeit. In den Nächten von Freitag auf Samstag sowie Samstag auf Sonntag ist ein deutliches Absinken des Geräuschniveaus erst ab circa 02.00 Uhr nachts zu beobachten. Maximalpegel von 80 dB(A) treten im Untersuchungsgebiet so häufig auf, dass sie als typische Alltagsgeräusche anzusehen sind. Auch Maximalpegel über 90 dB(A) treten im Untersuchungsgebiet an allen Tagen regelmäßig auf (S. 10).
- 41
-
Die Klägerinnen haben diese Befunde nicht in Abrede gestellt. Ihr Einwand, die Vorbelastung dürfe nicht berücksichtigt werden, weil sie wegen Überschreitung der verfassungsrechtlichen Zumutbarkeitsschwelle von 70 dB(A) rechtswidrig sei und eine Verpflichtung zur Lärmsanierung begründe, greift nicht durch. Dass die Vorbelastung durch den Verkehrslärm sich im Bereich der verfassungsrechtlichen Zumutbarkeitsgrenze von 70 dB(A) bewegt, hat - ungeachtet der Frage, ob diese Grenze auch für innerstädtische Lagen wie hier einschlägig ist - nicht zur Folge, dass die Vorbelastung keinerlei Berücksichtigung finden darf (vgl. Beschluss vom 23. Juni 1989 - BVerwG 4 B 100.89 - Buchholz 316 § 74 VwVfG Nr. 8 S. 12<13>).
- 42
-
Die Vorbelastung durch den Verkehrslärm musste nicht deshalb außer Betracht bleiben, weil Verkehrslärm und Baulärm nicht von den gleichen Lärmquellen herrühren. Wie oben ausgeführt ist der Begriff der Vorbelastung im Anwendungsbereich der AVV Baulärm im natürlichen Wortsinn zu verstehen. Darauf, von welcher Lärmquelle die tatsächliche Vorbelastung verursacht wird, kommt es daher nicht an. Folglich stellt sich auch die Frage nach der Vergleichbarkeit von Verkehrs- und Baulärm nicht.
- 43
-
Selbst wenn man dies anders sehen wollte, könnten die Klägerinnen sich vorliegend auf die mangelnde Vergleichbarkeit nicht berufen. Die Frage, ob der Geräuschcharakter des vorhandenen Verkehrslärms und des zu erwartenden Baulärms vergleichbar sind, war Gegenstand gutachterlicher Untersuchungen. Nach den gutachterlichen Stellungnahmen der B. GmbH vom 22. Juli 2010 und vom 20. Oktober 2010 ist die Vergleichbarkeit nur an den Tagen nicht gegeben, an denen beim Abbruch der Fahrbahnen ein Fugenschneider mit einer Schallleistung von 115 dB(A) sowie beim Betonieren der Tunneldecke ein Verdichter (Rüttelflasche) zum Einsatz kommt, der ein stark tonhaltiges Geräusch erzeugt, das auch bei parallelem Betrieb mit Betonmischfahrzeugen und Autobetonpumpen jederzeit wahrgenommen werden kann. Diese Tage machen nur einen geringen Anteil an den Gesamtbautagen (305) aus. Für alle anderen Bauphasen - auch die besonders lärmintensiven Bauphasen "Erstellung der Schlitzwände und Erstellung der HDI-Sohlen" - gelangen die Gutachter dagegen zu dem Ergebnis, dass die Geräusche vergleichbar seien, weil in diesen Bauphasen die Baugeräusche durch die Geräusche der Antriebsmotoren der Baugeräte bestimmt würden. Die Klägerinnen haben diese gutachterlichen Stellungnahmen nicht substantiiert in Zweifel gezogen, sondern sich damit begnügt, die Vergleichbarkeit von Bau- und Verkehrslärm pauschal zu bestreiten.
- 44
-
Schließlich ist nicht zu beanstanden, dass der Beklagte die fachplanerische Zumutbarkeitsschwelle für die Baustelle Unter den Linden/Friedrichstraße einheitlich auf 68 dB(A) bestimmt hat, obwohl - was er ausweislich der Begründung des Planänderungsbeschlusses zur Kenntnis genommen hat (S. 34) - die Vorbelastung durch den Verkehrslärm zur Behrenstraße hin von circa 70 dB(A) auf circa 66 dB(A) abnimmt. Die Zumutbarkeitsschwelle muss, zumal bei Baustellen von räumlich begrenzter Ausdehnung, weder geschossbezogen noch für jedes einzelne Gebäude gesondert festgelegt werden. Vielmehr war es vorliegend sachgerecht, einen Mittelwert zu bilden.
- 45
-
(3) Dagegen darf der nach Nr. 3.1.1. der AVV Baulärm maßgebliche Immissionsrichtwert im Planfeststellungsverfahren nicht unter Rückgriff auf den sogenannten Eingreifwert nach Nr. 4.1. noch (um bis zu) 5 dB(A) erhöht werden. Nach Nr. 4.1. sollen Maßnahmen zur Minderung der Geräusche angeordnet werden, wenn der nach Nr. 6. ermittelte Beurteilungspegel des von Baumaschinen hervorgerufenen Geräusches den Immissionsrichtwert um mehr als 5 dB(A) überschreitet. Eine ähnliche Regelung findet sich etwa in Nr. 5.1 3. Absatz TA Lärm 1998. Diese Vorschrift befasst sich mit immissionsschutzrechtlichen Anforderungen an bestehende Anlagen und legt fest, dass - neben weiteren Voraussetzungen - erst bei Überschreitung der Richtwerte um 5 dB(A) eingeschritten werden darf. Der Sache nach wirkt sich der Zuschlag in Nr. 4.1. der AVV Baulärm wie ein Messabschlag zugunsten des Bauunternehmers aus. Ein solcher Messabschlag, dort um jeweils 3 dB(A), ist auch in anderen Regelwerken anerkannt (vgl. etwa Anhang Nr. 1.6 Abs. 2 der 18. BImSchV und Nr. 6.9 TA Lärm 1998). Messabschläge sind wegen der Interdependenzen zwischen Immissionswerten und dem für ihre Ermittlung festgelegten Mess- und Beurteilungsverfahren untrennbarer Bestandteil dieser Verfahren. Sie sind trotz der Fortentwicklung der Messtechnik wegen verbleibender Unsicherheiten bei der messtechnischen Überprüfung der Einhaltung der Immissionswerte auch heute noch gerechtfertigt (vgl. Urteil vom 29. August 2007 - BVerwG 4 C 2.07 - BVerwGE 129, 209 = Buchholz 406.25 § 48 BImSchG Nr. 9 Rn. 18; Feldhaus/Tegeder, UPR 2005, 208 <209 f.>). Allerdings kommen Messabschläge bei prognostischen Einschätzungen in Genehmigungsverfahren nicht zum Tragen, weil dort nachzuweisen ist, dass die Zumutbarkeitskriterien eingehalten werden. Überträgt man diese Erwägungen auf den Eingreifwert nach Nr. 4.1. der AVV Baulärm, kann der Messabschlag bei der Bestimmung der fachplanerischen Zumutbarkeitsschwelle im Planfeststellungsverfahren keine Anwendung finden. Nach dem Wortlaut der Nr. 4.1. und ihrer systematischen Stellung innerhalb der AVV Baulärm dürfte es sich dabei vielmehr um eine Regelung handeln, die das behördliche Handlungsermessen steuern soll. Dafür spricht u.a., dass sie sich nicht im Abschnitt Nr. 6. "Ermittlung des Beurteilungspegels", sondern im Abschnitt Nr. 4. "Maßnahmen zur Minderung des Baulärms" findet.
- 46
-
(4) Der Beklagte hat eine Entschädigung für unzumutbare Lärmeinwirkungen in Innenräumen zwar von der Überschreitung der oberen Anhaltswerte der VDI-Richtlinie 2719 abhängig gemacht, was ausgehend von dem im Planänderungsbeschluss unterstellten Schalldämmmaß der Außenfassaden des Hotels (vorbehaltlich des Nachweises einer geringeren Schalldämmung) nur bei einem Außenpegel ab 71 dB(A) der Fall ist. Das führt aber nicht dazu, dass die auf einen Außenpegel von 68 dB(A) festgelegte Zumutbarkeitsschwelle damit faktisch auf 71 dB(A) erhöht wird. Der Außenpegel beschreibt den Wert, ab dem aktiver Schallschutz erforderlich wird. Hiervon ist erkennbar auch der Beklagte ausgegangen, indem er die der Beigeladenen aufgegebenen Vorkehrungen zum Schutz vor Baulärm auf diesen Wert hin ausgerichtet hat. Davon zu unterscheiden ist die Frage, unter welchen Voraussetzungen ein Anspruch auf Entschädigung für baulärmbedingte Nutzungsbeeinträchtigungen in Innenräumen besteht.
- 47
-
b) Die dem planfestgestellten Schutzkonzept zugrunde liegende Lärmprognose leidet nicht an den von den Klägerinnen geltend gemachten Mängeln.
- 48
-
aa) Die Rügen der Klägerinnen, bei der Lärmprognose sei hinsichtlich der im Katalog der 32. BImSchV aufgeführten Baumaschinen pauschal ein Geräteabschlag von 3 dB vorgenommen worden, überdies seien keine Impulszuschläge berücksichtigt und sei ein idealisierter Bauablauf zugrunde gelegt worden, greifen nicht durch.
- 49
-
Nach dem Gutachten der B. GmbH vom 2. März 2010 haben die Gutachter - den Vorgaben in I. der Anlage 5 zur AVV Baulärm entsprechend - zunächst für jede der Bauphasen, die in allen Baufeldern durchlaufen werden (Baufeldfreimachung und Abbruch der vorhandenen Straße; Erdaushub und Erstellung der Führungen für den Schlitzwandgreifer, Erstellung der Schlitzwände, Erstellung der HDI-Sohlen, Abbruch des vorhandenen Tunnels
, Betonieren der Tunneldecke, Bauarbeiten unter der Tunneldecke , Wiederherstellung des Straßenpflasters ), die maßgeblichen Eingangsdaten (Geräuschemissionen der eingesetzten Baugeräte bzw. Bauverfahren, tägliche Einsatzzeiten der verwendeten Baugeräte bzw. Bauverfahren, Dauer der Bauphase, geometrische Anordnung der Baugeräte während der Bauphase) ermittelt. Aufbauend auf diesen Angaben ist für jede Bauphase ein eigenes Berechnungsfile erstellt worden. Dabei ist im Sinne einer worst-case-Annahme unterstellt worden, dass die Bauarbeiten während der im Massenlogistikkonzept beschriebenen Zeitdauer permanent stattfinden; Einrichtungszeiten für die Baustelle sowie Abbauzeiten und eventuelle Stillstandzeiten, die als Pufferzeiten in die Bauzeit mit eingerechnet sind, wurden nicht berücksichtigt (S. 25/26).
- 50
-
Die für die Berechnungen verwendeten Geräuschemissionsansätze der Baugeräte (Schallleistungspegel) sind in der Tabelle 8 des Gutachtens vom 2. März 2010 (S. 28) angegeben. In der Tabelle findet sich auch eine Autobetonpumpe mit einer Antriebsleistung von 272 kW. Der Einwand der Klägerinnen, die Hochdruckpumpe sei nicht einbezogen worden, ist daher nicht begründet. Sofern die Geräuschemissionen der eingesetzten Baumaschinen impulshaltig und/oder tonhaltig sind, ist ein entsprechender Zuschlag in der Spalte KI (Impulszuschlag) bzw. KT (Tonzuschlag) vermerkt, so für den Einsatz des Radladers beim Aufheben des Asphalts wegen der Stoßgeräusche beim Aufnehmen und Abkippen in den LKW sowie für den Einsatz des Kettenbaggers beim Abbrechen der Tunneldecke wegen der Stoßgeräusche beim Abladen in den LKW (vgl. S. 28 Tabelle 8, Spalte Bemerkungen). Hinsichtlich der Geräuschemissionen der Baugeräte geht das Gutachten davon aus, dass die Baugeräte mindestens die derzeitigen Anforderungen an das Inverkehrbringen erfüllen. Für die in der 32. BImSchV aufgeführten Baugeräte sind dies die Anforderungen gemäß EU-Richtlinie 2000/14/EG, Phase 2 (S. 26). Für die Baumaschinen, die im Katalog der 32. BImSchV aufgeführt sind, haben die Gutachter den Grenzwert für das Inverkehrbringen gemäß EU-Richtlinie 2000/14/EG, Phase 2, abzüglich 3 dB angesetzt. Für Baugeräte, die im Katalog der 32. BImSchV nicht aufgeführt werden, wurde auf verschiedene Literaturquellen zurückgegriffen (S. 27).
- 51
-
Gegen diese Verfahrensweise ist nichts zu erinnern. Die Anforderungen der EU-Richtlinie 2000/14/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Mai 2000 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über umweltbelastende Geräuschemissionen von zur Verwendung im Freien vorgesehenen Geräten und Maschinen (ABl EG Nr. L 162 S. 1), zu deren Umsetzung die 32. Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (Geräte- und Maschinenlärmschutzverordnung) - 32. BImSchV - vom 29. August 2002 (BGBl I S. 3478, zuletzt geändert durch Verordnung zur Umsetzung der EG-Richtlinien 2002/44/EG und 2003/10/EG zum Schutz der Beschäftigten vor Gefährdungen durch Lärm und Vibrationen vom 6. März 2007, BGBl I S. 261 <277>) dient, sind als garantierte Schallleistungspegel zu verstehen (vgl. Art. 3 Buchst. f der Richtlinie und § 2 Nr. 6 der 32. BImSchV). Der garantierte Schallleistungspegel liegt nach den Erläuterungen im Gutachten vom 2. März 2010 stets oberhalb des im Einsatz erzeugten Schallleistungspegels, weil er alle eventuellen Unsicherheiten (auch solche, die durch das Messverfahren bedingt sind) mit abdecken muss. Mit welchem Sicherheitszuschlag die einzelnen Hersteller rechnen, bleibe ihnen selbst überlassen. Zumindest müssten sie aber den offiziellen Wert für die Messunsicherheit des Verfahrens (3 dB) berücksichtigen. Den Messungen der Gutachter zufolge werden zum Teil wesentlich größere Unsicherheitsaufschläge bis zu 6 dB aufgeschlagen. Dies rechtfertigt es auch nach der Auffassung des Senats, von den Grenzwerten für das Inverkehrbringen gemäß EU-Richtlinie 2000/14/EG für die im Katalog der 32. BImSchV aufgeführten Baumaschinen im Rahmen der Lärmprognose 3 dB abzuziehen.
- 52
-
Worauf die Klägerinnen ihre nicht näher begründete Behauptung stützen, dass der Lärmprognose ein idealisierter Bauablauf zugrunde liege, erschließt sich nicht. Die für die jeweiligen Bauphasen zugrunde gelegten Zeiträume und Einsatzzeiten der Baumaschinen können den Tabellen Nr. 9 bis 15 des Gutachtens (S. 30 bis 36) entnommen werden. Substantielle Einwände gegen die dort angesetzten Einsatzzeiten und Zeiträume haben die Klägerinnen nicht erhoben.
- 53
-
bb) Die Lärmprognose erweist sich auch nicht deshalb als unzulänglich, weil kein Summenpegel aus Verkehrslärm und Baustellenlärm gebildet worden ist. Die AVV Baulärm enthält keine Regelung zur Berücksichtigung bereits vorhandener Geräusche bei der Ermittlung der Gesamtbelastung. Das ist mit höherrangigem Recht vereinbar. Zwar liegt dem Bundes-Immissionsschutzgesetz in § 3 Abs. 1 für die Definition der schädlichen Umwelteinwirkungen eine akzeptorbezogene Betrachtungsweise zugrunde. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist bei der Beurteilung der Zumutbarkeit von Geräuschimmissionen aber maßgeblich vom "Anlagenbezug" des Bundes-Immissionsschutzgesetzes auszugehen, wie er auch in § 22 Abs. 1 BImSchG und den daran ausgerichteten, nach Anlagenarten differenzierenden Verordnungen und Regelwerken zum Ausdruck kommt. Gesamtbetrachtungen sind nur nach Maßgabe dessen erlaubt, was gesetzliche Vorgaben und die daran anknüpfenden Regelwerke zulassen. Selbst wenn man anerkennt, dass es für die Schädlichkeit von Umwelteinwirkungen nach der Definition des § 3 Abs. 2 BImSchG nicht darauf ankommt, woher, insbesondere aus wie vielen Quellen, die zu beurteilende Beeinträchtigung stammt (vgl. Urteil vom 21. März 1996 - BVerwG 4 C 9.95 - BVerwGE 101, 1 <7> = Buchholz 406.25 § 41 BImSchG Nr. 12 S. 23<27>) und daher bei der immissionsschutzrechtlichen Beurteilung von Anlagen die vorhandene Geräuschvorbelastung grundsätzlich zu berücksichtigen ist, folgt daraus nicht, dass dem nur durch die Bildung eines alle Geräusche erfassenden Summenpegels Rechnung getragen werden kann. Das gilt selbst dann, wenn der Lärm einzelner Anlagen dominiert. Die Frage, wie der Lärmbeitrag anderer, insbesondere andersartiger Anlagen zu berücksichtigen ist, ist vielmehr vorrangig nach dem für die jeweilige Anlagenart einschlägigen Regelwerk zu beantworten. Die Bildung eines Summenpegels ist zulässig, wenn es sich um gleichartige, durch dasselbe Regelwerk erfasste Anlagen handelt (Urteil vom 16. Mai 2001 - BVerwG 7 C 16.00 - Buchholz 406.25 § 3 BImSchG Nr. 16 Rn. 12 und 16). Abweichendes gilt im Hinblick auf die verfassungsrechtliche Schutzpflicht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG dann, wenn die Gesamtbelastung der Geräuschimmissionen aus verschiedenen Lärmquellen die Grenze zur Gesundheitsgefährdung übersteigt.
- 54
-
Dafür ist hier nichts ersichtlich. Der Verkehrslärm im Bereich der Baustelle Unter den Linden/Friedrichstraße wird aufgrund der Sperrung der südlichen Fahrbahn der Straße Unter den Linden sowie der Friedrichstraße von der südlichen Fahrbahn der Straße Unter den Linden bis zur Kreuzung mit der Behrenstraße während der offenen Bauphase weitgehend entfallen. Nach dem Gutachten der B. GmbH vom 2. März 2010 ist der Anteil der Verkehrsgeräusche während der Bauphase ermittelt und in Relation zu den durch den Baubetrieb erzeugten Geräuschimmissionen gestellt worden. Danach ist ein nennenswerter Einfluss der Verkehrsgeräusche nur für die - hier nicht relevanten - Bereiche nördlich der Straße Unter den Linden (Haus der Schweiz) zu erwarten. Auch dort würde aber ein Anteil von 5 % überdurchschnittlich lauter Tage während der Bauzeit selbst bei Berücksichtigung der Verkehrsgeräusche nicht überschritten werden (S. 45 bis 48). Für den Immissionspunkt H (Ecke Friedrichstraße/Behrenstraße, Rosmarin Karree) und die dem gegenüberliegende Fassade des Hotels ist für die Bauphase ein Verkehrslärm von circa 44 dB(A) ermittelt worden (S. 47, Tabelle 25 und Anhang, letztes Blatt). Ein gesundheitsgefährdender Summenpegel ist demnach nicht zu besorgen.
- 55
-
Der Einwand der Klägerinnen, die Verkehrsbelastung auf der Behrenstraße werde während der Bauzeit aufgrund der vorgesehenen Umleitungen erheblich steigen, greift nicht durch. Abgesehen davon, dass die Behrenstraße an den der Baustelle abgewandten Fassaden des Hotels entlang verläuft, ist schon nicht substantiiert dargetan, dass es auf der Behrenstraße tatsächlich zu einer Verkehrszunahme kommt. Nach dem von der Beigeladenen mit Schriftsatz vom 14. Juni 2012 vorgelegten aktuellen Verkehrsführungskonzept vom 25. Mai 2012 wird der Fahrzeugverkehr (Kfz-Verkehr, Radverkehr, ÖPNV) mithilfe eines komplexen Umleitungssystems an den Sperrungen im Bereich Unter den Linden/Friedrichstraße vorbeigeführt. Über die Behrenstraße wird lediglich der Verkehr in Richtung Süden geführt. Für eine wesentliche Erhöhung des Verkehrs auf der Behrenstraße ist danach nichts ersichtlich.
- 56
-
cc) Weitere substantielle Einwände gegen die Lärmprognose haben die Klägerinnen nicht erhoben. Ihre Rüge, es fehle im Planänderungsbeschluss an der Festlegung eines Maximalpegelkriteriums, greift nicht durch. Die AVV Baulärm stellt für die Tagzeit auf den gemittelten Pegel ab, die Zahl der Überschreitungen eines bestimmten Maximalpegels ist nicht entscheidend. Eine Art Maximalpegelregelung findet sich in Nr. 3.1.3. der AVV Baulärm nur für die Nachtzeit. Dagegen ist nichts zu erinnern, zumal auch der von einer über mehrere Jahre hinweg betriebenen Baustelle ausgehende Lärm im Gegensatz zu Gewerbe- und Verkehrslärm zeitlich begrenzt ist und jedem Grundstückseigentümer und erst recht dem Träger eines im öffentlichen Interesse stehenden (Groß-)Vorhabens die Möglichkeit zustehen muss, seine ansonsten zulässigen Vorhaben unter auch ihm zumutbaren Bedingungen zu verwirklichen (VGH Mannheim, Urteil vom 8. Februar 2007 - 5 S 2257/05 - ZUR 2007, 427 Rn. 131; vgl. zur Zulässigkeit des Dauerschallkriteriums für die Bewertung von Fluglärm während des Tags, BVerwG, Beschluss vom 21. Januar 2008 - BVerwG 4 B 50.07 - BauR 2008, 2030).
- 57
-
Im Übrigen ergibt sich aus dem Gutachten der B. GmbH vom 2. März 2010, dass die der Lärmprognose zugrunde liegenden Berechnungen mithilfe der Prognosesoftware CADNA/A, Version 3.7, durchgeführt wurden und der Beurteilungspegel gemäß DIN-Vorschrift 45645-2 ermittelt wurde (S. 37 f.). In die Berechnungen sind die Geräuschemissionen und Einsatzzeiten der Geräte sowie die veranschlagte Dauer der Bauphase eingegangen (S. 36). Zudem sind in die Lärmprognose sowohl der über die einzelnen Bauphasen bzw. über die gesamte Bauzeit prognostizierte und gemittelte Beurteilungspegel als auch die Anzahl der Tage eingestellt worden, an denen ein Beurteilungspegel von 72 dB(A) überschritten wird (S. 11). Maximalpegel über 72 dB(A) sind damit in der Lärmprognose berücksichtigt worden.
- 58
-
c) Die im Wesentlichen auf Ergänzung des Planänderungsbeschlusses um weitere Maßnahmen des aktiven und passiven Schallschutzes gerichteten Anträge Nr. 1 bis 8 haben keinen Erfolg.
- 59
-
aa) Der Antrag Nr. 1, die Auflage A II.3.1.1. dahingehend zu ergänzen, dass nur Baumaschinen mit dem Umweltzeichen RAL-UZ 53 "Blauer Engel" oder entsprechender anderer Zertifizierung eingesetzt werden dürfen, kann schon deshalb keinen Erfolg haben, weil nach den unwidersprochen gebliebenen Angaben des Beklagten und der Beigeladenen auf der Baustelle auch Baumaschinen zum Einsatz kommen, für die es solche Umweltzeichen nicht gibt. Vor diesem Hintergrund reicht es aus, dass der Beklagte der Beigeladenen in dieser Nebenbestimmung aufgegeben hat, sicherzustellen, dass ausschließlich Bauverfahren und Baugeräte eingesetzt werden, die hinsichtlich ihrer Schall- und Erschütterungsemissionen lärmarm arbeiten. Soweit die Klägerinnen darauf verweisen, dass das von der Beigeladenen ursprünglich vorgelegte Gutachten Nr. N454113h des Ing.-Büro Dr.-Ing. M. den Einsatz geräuscharmer Baugeräte mit dem Umweltzeichen RAL-UZ 53 "Blauer Engel" empfehle, weil damit eine Reduktion um 5 bis 10 dB(A) möglich sei, folgt daraus nichts anderes. Aus dem - knapp gehaltenen - Gutachten ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass der Gutachter sich mit dem Gesichtspunkt der Verfügbarkeit solcher Baumaschinen und -geräte überhaupt näher befasst hat.
- 60
-
bb) Eine Verkleidung, die sicherstellt, dass in den Arkaden ein Beurteilungspegel von 60 dB(A) nicht überschritten wird (Antrag Nr. 2), können die Klägerinnen - von allem anderen abgesehen - schon deshalb nicht beanspruchen, weil der Beklagte die fachplanerische Zumutbarkeitsschwelle zu Recht auf 68 dB(A) festgelegt hat.
- 61
-
cc) Der Antrag Nr. 3, den Außenbereich der Galerie und des Restaurants Nante-Eck zur Straße Unter den Linden durch Lärmschutzwände an der Baustelle so zu schützen, dass auf dem Gehweg ein Beurteilungspegel von 60 dB(A) nicht überschritten wird, bleibt ebenfalls erfolglos. Die fachplanerische Zumutbarkeitsschwelle ist zu Recht auf 68 dB(A) festgesetzt worden. Die Klägerinnen haben daher ungeachtet dessen, dass Außenkontaktbereiche vor Ladengeschäften dem Anwendungsbereich der AVV Baulärm ohnehin nicht unterfallen, keinen Anspruch auf Einhaltung eines Beurteilungspegels von 60 dB(A). Hinzu kommt, dass die Aufstellung von Fassadenschutzwänden im Planaufstellungsverfahren geprüft, aber wegen des geringen Nutzens und der weit überwiegenden Nachteile sowie technischer Schwierigkeiten verworfen worden ist (S. 36 PÄB). Diese Überlegungen betreffen zwar in erster Linie die Friedrichstraße, sind aber auf die Straße Unter den Linden weitgehend übertragbar. Die Beigeladene hat im gerichtlichen Verfahren zu diesem Thema ergänzend ausgeführt, dass die Wirkung einer solchen Abschirmwand aufgrund der Reflexionen der Gebäudefassaden stark reduziert wäre. Selbst bei einer sehr hohen Abschirmwand von 8 m sei eine Geräuschreduktion von mehr als 5 dB nicht zu erreichen. Zudem seien solche Lärmschutzwände technisch nicht verfügbar. Bei der Errichtung einer so hohen, freistehenden Abschirmwand bestünden wegen auftretender Windlasten konstruktive Schwierigkeiten. In jedem Fall müssten zunächst tiefe Fundamente im Straßengrund errichtet werden. Hierfür sei im Bereich zwischen der Baustelle und den Gehwegen kein Platz. Abgesehen davon sei die Errichtung solcher Abschirmwände mit erheblichen Geräuschemissionen verbunden, die angesichts der in diesem Bereich nur während eines vergleichsweise kurzen Zeitraums auftretenden Lärmbeeinträchtigungen nicht zu rechtfertigen wären. Hiergegen haben die Klägerinnen keine substantiellen Einwände erhoben. Sie verweisen zwar auf die Empfehlung des Ing.-Büros M. im Gutachten vom 15. August 2008, mobile Schallschutzwände einzusetzen. Dieses Gutachten verhält sich aber nicht dazu, inwieweit der Einsatz mobiler Schallschutzwände vorliegend technisch überhaupt möglich und unter Lärmschutzgesichtspunkten sinnvoll wäre.
- 62
-
dd) Es kann dahinstehen, ob der Antrag Nr. 4, die Baustelle in der Friedrichstraße nach Herstellung der Schlitzwände und vor weiterem Abtrag der Straßendecke mit einer Schalldämmung von 20 dB(A) einzuhausen, schon deshalb keinen Erfolg haben kann, weil die Klägerinnen dies im Einwendungsverfahren nicht gefordert haben. Sie können eine Einhausung der Baustelle auch deshalb nicht beanspruchen, weil diese Maßnahme - sofern überhaupt technisch realisierbar - nach den von den Klägerinnen nicht bestrittenen Darlegungen des Beklagten und der Beigeladenen unverhältnismäßig wäre. Nach dem Lärm- und Erschütterungsgutachten der BeSB GmbH vom 2. März 2010 treten am lautesten Immissionsort im Mittelbereich der Friedrichstraße an maximal 16 % aller Bautage Geräuschimmissionen auf, die das derzeitige Geräuschniveau deutlich übersteigen. Vor den Fassaden in der Straße Unter den Linden sowie im Südbereich der Friedrichstraße beträgt dieser Anteil maximal circa 5 % aller Bautage. Circa die Hälfte aller überdurchschnittlich lauten Tage tritt während der Phase der Schlitzwanderstellung auf (S. 5/6). Die Einhausung würde demnach weder die längsten noch die lautesten Bauphasen erfassen. Ausgenommen blieben insbesondere die Arbeiten zur Herstellung der Schlitzwände und der HDI-Sohlen. Die hierzu eingesetzten Bohrgeräte haben eine Höhe von über 15 m und lassen sich daher nicht einhausen. Lediglich für die Herstellung der neuen Tunneldecke und die Wiederherstellung der Oberfläche käme eine Einhausung jedenfalls theoretisch in Betracht. Um das von den Klägerinnen geforderte Schalldämmmaß von 20 dB zu erzielen, müsste eine feste Abdeckung errichtet werden, die zudem stützfrei ist, weil ansonsten die Bautätigkeit behindert würde. Die Einhausung müsste eine Höhe von mindestens 6 m über Straßenniveau aufweisen, um Hebezugarbeiten zu ermöglichen. Sie würde somit die Fensterfront des ersten Obergeschosses des Hotels verdecken bzw. einschließen. Zudem müsste die Konstruktion fest im Boden verankert werden. Die im Boden zu verankernden Stützen müssten zwischen der Schlitzwand und der Fassade in die Erde eingebracht werden. Auf dem dort ohnehin nur begrenzt zur Verfügung stehenden Raum befinden sich bereits die für die Bauzeit verlegten Leitungen der Versorgungsunternehmen. Zudem müsste die Einhausung zum Großteil direkt vor Ort gefertigt (zugesägt) und dann montiert werden. Hierdurch würden genau die Schlag- und Sägegeräusche auftreten, die durch die Einhausung gerade vermieden werden sollen. Die Anzahl besonders lauter Tage würde sich durch die Arbeiten zur Errichtung der Einhausung damit voraussichtlich erhöhen. In Anbetracht dieser Umstände durfte der Beklagte eine Einhausung zu Recht verwerfen.
- 63
-
ee) Der Antrag Nr. 5, der Beigeladenen aufzugeben, der Klägerin zu 1 die Kosten für Schallschutzfenster in den Hotelzimmern, im Frühstücks- und Hotelrestaurant sowie in der Lobby zur Straße Unter den Linden und zur Friedrichstraße zu erstatten, die erforderlich sind, um bei einem zulässigen Grenzwert von 60 dB(A) und zulässigen Maximalpegeln von 70 dB(A) einen Innenpegel von 31 dB(A) zu gewährleisten, bleibt ebenfalls erfolglos. Die Klägerin zu 1 hat schon keinen Anspruch darauf, dass die Schallschutzmaßnahmen an einem Außenpegel von 60 dB(A) und einem Innenpegel von 31 dB(A) ausgerichtet werden. Zudem hat der Beklagte den Einbau von Schallschutzfenstern, der nach einer von der Beigeladenen im Verwaltungsverfahren abgegebenen Stellungnahme vom 27. August 2010 gemäß Kostenschätzung vom 18. Juni 2010 circa 1 200 000 € kosten würde, zu Recht mit der Erwägung als unverhältnismäßig verworfen, dass in den Nachtstunden keine Bautätigkeit stattfinden wird, in den Tagstunden wegen der Sperrung der Friedrichstraße die hohe Vorbelastung durch Verkehrslärm entfällt und die baubedingte Lärmbelastung sich an der Mehrzahl der Bautage wegen des bereits vorhandenen hochwertigen Schallschutzes sogar unterhalb des Niveaus der Vorbelastung durch den Verkehrslärm bewegen wird. Zudem würde der Einbau bzw. die Auswechselung von Schallschutzfenstern ebenfalls zu Beeinträchtigungen in der Nutzbarkeit der Objekte führen, die in Relation zu den erzielbaren Erfolgen gestellt werden müssten. So sei beim Hotel W. davon auszugehen, dass eine Auswechselung der Fenster zu Beeinträchtigungen führen würde, die nicht weniger schwer wögen als die verbleibenden Beeinträchtigungen ohne die Maßnahme (S. 36-38 PÄB). Diesen Erwägungen sind die Klägerinnen nicht entgegengetreten.
- 64
-
Ein Anspruch auf Erstattung der Kosten für den Einbau von Schallschutzfenstern folgt auch nicht daraus, dass nach der Stellungnahme der Akustik-Inge-nieurbüro M. GmbH vom 4. Mai 2010 der mittlere Innenpegel in den Hotelzimmern 31 dB(A) betragen soll, eine Erhöhung der Lautstärke um 3 dB(A) als wesentlich und somit störend wahrgenommen werde und ein Hotelbetrieb mit dem hier gebotenen hohen Komfort bei einem Innenpegel von mehr als 35 dB(A) nicht mehr möglich sei, zumal ein ungestörter Schlaf ein wichtiges Qualitätsmerkmal eines Hotels und lauter Baulärm zwischen 07:00 und 10:00 Uhr daher auch dann besonders störend sei, wenn der über den ganzen Tag gemittelte Beurteilungspegel von 35 dB(A) noch nicht überschritten werde. Setzt man die prognostizierte Zahl der Tage, an denen es durch den Baulärm außen vor der Fassade des Hotels lauter wird als durch den vorhandenen Verkehrslärm bzw. als 71 dB(A) (52 Tage) in Relation zu den Kosten für den Einbau von Schallschutzfenstern, die eine Beibehaltung des bisherigen Lärmniveaus in den Zimmern auch an diesen Tagen ermöglichen, erweist sich der Einbau als unverhältnismäßig. Lediglich ergänzend ist in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, dass auch die TA Lärm in Nr. 6.5 nur für Gebiete nach Nr. 6.1 Buchst. d bis f (allgemeine Wohngebiete und Kleinsiedlungsgebiete, reine Wohngebiete, Kurgebiete sowie Krankenhäuser und Pflegeanstalten) Tageszeiten mit erhöhter Empfindlichkeit vorsieht (an Werktagen 06.00-07.00 Uhr und 20.00-22.00 Uhr), die in der Tagzeit der AVV Baulärm (07.00 bis 20.00 Uhr) bereits berücksichtigt sind.
- 65
-
Die Klägerin zu 1 kann auch nicht den Ersatz der Kosten verlangen, die bei der Sanierung 2006 bis 2008 für den Einbau von Schallschutzfenstern der Klasse 3 im Lindenflügel des Hotels aufgewandt wurden. Anhaltspunkte dafür, dass die Schallschutzfenster seinerzeit nicht zum Schutz der Hotelgäste vor Verkehrslärm, sondern zur Abwehr der Lärmeinwirkungen des streitgegenständlichen Bauvorhabens eingebaut worden sind, hat die Klägerin zu 1 nicht dargetan.
- 66
-
ff) Der Antrag Nr. 6, die Beigeladene zu verpflichten, den Gehweg Unter den Linden vor dem Hotel während der gesamten Bauzeit täglich zu reinigen, bleibt erfolglos. Die Straße Unter den Linden ist in der bei Erlass des Planänderungsbeschlusses geltenden Verordnung über die Straßenreinigungsverzeichnisse und die Einteilung in Reinigungsklassen vom 29. Oktober 2009 (GVOBl Bln S. 505 <545>) im Straßenreinigungsverzeichnis A, Reinigungsklasse 1 (= 7x/Woche), verzeichnet und wird demnach täglich gereinigt. Dass diese Reinigung, die auch den Gehweg umfasst, während der Bauarbeiten unterbleibt, haben die Klägerinnen nicht vorgetragen.
- 67
-
gg) Der Antrag Nr. 7, die Auflage A II.3.1.8. dahingehend zu ergänzen, dass die Beweissicherung gemäß dem Konzept der GuD vom 26. August 2010 rechtzeitig vor Baubeginn durchzuführen ist, hat keinen Erfolg. Das Beweissicherungskonzept der GuD ist nach der Regelung in A I. des Planänderungsbeschlusses als Anlage 5 vollumfänglich planfestgestellt worden. Wie Ziff. 4.9 (S. 8/9) des Konzepts entnommen werden kann, soll eine Erstbeweissicherung hinsichtlich der Beweissicherungsarten S1 bis S6 vor Beginn der Bauarbeiten erfolgen. Dass die Beweissicherungsart S7 (visuelle Beweissicherung durch einen Sachverständigen) insoweit ausgenommen ist, begegnet keinen Bedenken, weil sie nach den Erläuterungen auf S. 8 des Konzepts im Zuge der Baumaßnahme ggf. bei besonderen Bedingungen und Schadensfällen vorgenommen werden muss, wenn andere Arten der Beweissicherung nicht bzw. nicht mehr möglich sind und es in Anbetracht des Schadens besonderen Sachverstands bedarf.
- 68
-
hh) Schließlich ist auch dem Antrag Nr. 8, der Beigeladenen aufzugeben, eine Lärmprognose mit detailliertem Bauablauf für die Baufelder II - IV vorzulegen und anzugeben, wann der Immissionsrichtwert von 60 dB(A) überschritten wird und welche Maximalpegel in den einzelnen Bauabschnitten täglich zu erwarten sind, nicht zu entsprechen. Die Klägerinnen können die Vorlage einer solchermaßen detaillierten Lärmprognose nicht verlangen. Der durch Bauarbeiten ausgelöste Lärm ist unregelmäßig und entzieht sich einer noch genaueren Prognose (vgl. Urteil vom 3. März 2011 - BVerwG 9 A 8.10 - BVerwGE 139, 150 Rn. 111 = Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 215 S. 196; VGH Kassel, Urteil vom 17. November 2011 - 2 C 2165/09.T - juris Rn. 272). Soweit möglich hat der Beklagte dem Interesse der Klägerinnen an einer frühzeitigen Information über die zu erwartenden Bauarbeiten durch die Regelung in A II.3.2.1. des Planänderungsbeschlusses Rechnung getragen.
- 69
-
2. Die im Planänderungsbeschluss in Gestalt der in der mündlichen Verhandlung abgegebenen Protokollerklärungen getroffenen Festsetzungen zum Grund (a) und zu den Bemessungsgrundlagen (b) der Entschädigung sind nicht zu beanstanden. Die weitergehenden Klageanträge Nr. 9a) bis e) und 10 sind nicht begründet (c).
- 70
-
a) Rechtsgrundlage für Entschädigungsansprüche wegen unzumutbarer Beeinträchtigungen durch die Errichtung eines planfestgestellten Vorhabens ist § 74 Abs. 2 Satz 3 VwVfG. Danach hat - sofern Vorkehrungen oder Anlagen zur Vermeidung nachteiliger Wirkungen auf Rechte anderer untunlich oder mit dem Vorhaben unvereinbar sind - der Betroffene einen Anspruch auf angemessene Entschädigung in Geld. Der Entschädigungsanspruch ist dem Grunde nach im Planfeststellungsbeschluss festzustellen, zudem sind die Bemessungsgrundlagen für die Höhe anzugeben (Urteile vom 11. November 1988 - BVerwG 4 C 11.87 - Buchholz 316 § 74 VwVfG Nr. 6 S. 7<9> und vom 31. Januar 2001 - BVerwG 11 A 6.00 - Buchholz 316 § 74 VwVfG Nr. 56 S. 20<32>).
- 71
-
aa) Der Ausgleichsanspruch nach § 74 Abs. 2 Satz 3 VwVfG gewährt einen finanziellen Ausgleich für einen anderenfalls unverhältnismäßigen Eingriff in das Eigentum. Es handelt sich dabei nicht um eine Enteignungsentschädigung, sondern um einen Ausgleichsanspruch eigener Art. § 74 Abs. 2 Satz 2 und 3 VwVfG bestimmen im Sinne des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG Inhalt und Schranken des Eigentums. Wird der Eigentümer in der Nutzung seines Grundstücks durch nachteilige Einwirkungen des Vorhabens unzumutbar gestört und können diese Störungen aus den Gründen des Satzes 3 nicht durch physisch-reale Schutzmaßnahmen ausgeglichen werden, muss der Eigentümer die Einwirkungen auf sein Eigentum trotz deren Unzumutbarkeit zwar hinnehmen, wenn in der Abwägung hinreichend gewichtige Belange des Allgemeinwohls für die Verwirklichung des Vorhabens sprechen. Die darin liegende Beschränkung seines Eigentums ist aber nur verhältnismäßig, wenn er finanziell entschädigt wird (Bonk/Neumann, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Aufl. 2008, § 74 Rn. 195 m.w.N.; vgl. BVerfG, Beschluss vom 2. März 1999 - 1 BvL 7/91 - BVerfGE 100, 226 <245 f.>).
- 72
-
Entschädigungsansprüche aus enteignendem oder enteignungsgleichem Eingriff bestehen neben dem Entschädigungsanspruch aus § 74 Abs. 2 Satz 3 VwVfG nicht. Auch für einen Anspruch aus § 906 Abs. 2 BGB bleibt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs neben den im Planfeststellungsverfahren eröffneten Rechtsbehelfen grundsätzlich kein Raum (BGH, Urteil vom 30. Oktober 2009 - V ZR 17/09 - MDR 2010, 142
).
- 73
-
bb) § 74 Abs. 2 Satz 3 VwVfG hat Surrogatcharakter. Sein Anwendungsbereich reicht nicht weiter als die Primärregelung des § 74 Abs. 2 Satz 2 VwVfG. Greift § 74 Abs. 2 Satz 2 VwVfG, der den Anspruch auf Schutzvorkehrungen regelt, tatbestandlich nicht ein, so ist auch für die Anwendung von § 74 Abs. 2 Satz 3 VwVfG kein Raum (stRspr, vgl. Urteile vom 27. Juni 2007 - BVerwG 4 A 2004.05 - BVerwGE 129, 83 ff. = Buchholz 316 § 74 VwVfG Nr. 71 Rn. 12 und vom 23. Februar 2005 - BVerwG 4 A 5.04 - BVerwGE 123, 23 = Buchholz 451.91 Europ. UmweltR Nr. 18 S. 93 <103>; BVerfG, Kammerbeschluss vom 23. Februar 2010 - 1 BvR 2736/08 - NVwZ 2010, 512
). § 74 Abs. 2 Satz 3 VwVfG eröffnet keinen Anspruch auf einen Ausgleich aller Nachteile, die ein Planvorhaben auslöst. Auszugleichen sind nur die Nachteile, die die Grenze des Zumutbaren überschreiten und nicht durch physisch-reale Maßnahmen abgewendet werden (Bonk/Neumann, a.a.O. § 74 Rn. 197).
- 74
-
Keine Schutzvorkehrungen und demgemäß auch keine Entschädigung können wegen einer Beeinträchtigung von rechtlich nicht geschützten wirtschaftlichen oder sonstigen Belangen verlangt werden, auch wenn diese bei der Abwägung grundsätzlich zu berücksichtigen sind. Derartige Belange können durch gegenläufige öffentliche Belange ohne finanziellen Ausgleich überwunden werden. Aus dem Gewährleistungsgehalt der Eigentumsgarantie lässt sich kein Recht auf bestmögliche Nutzung des Eigentums ableiten. Eine Minderung der Wirtschaftlichkeit ist grundsätzlich ebenso hinzunehmen wie eine Verschlechterung der Verwertungsaussichten. Art. 14 Abs. 1 GG schützt nicht bloße Umsatz- und Gewinnchancen und tatsächliche Gegebenheiten, auch wenn diese für das Unternehmen von erheblicher Bedeutung sind, weil sie nicht zum Bestand des eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebs gehören. Ein Eigentümer muss es grundsätzlich hinnehmen, wenn sich eine Veränderung der tatsächlichen Gegebenheiten und der damit verbundene Verlust der Lagegunst auf den Bestand des Kundenkreises negativ auswirkt. Nicht geschützt ist insbesondere der Verlust an Stammkunden und die Erhaltung einer optisch ansprechenden Umgebungsbebauung, der über die einfachgesetzlich geregelten Rechte hinausgehende Anliegergebrauch, der Fortbestand einer bestimmten Anbindung an das öffentliche Wegesystem, wenn kein besonderer Vertrauensschutz besteht, und entstehende Lagenachteile, die zu einer Minderung des Grundstückswertes führen. Auch Ertragseinbußen, z.B. durch die Furcht der Kunden vor unzumutbarem Lärm, sind nicht nach § 74 Abs. 2 Satz 3 VwVfG ersatzfähig, denn § 74 Abs. 2 Satz 2 VwVfG dient dem Schutz vor tatsächlichen und nicht vor vermeintlichen Lärmbelastungen (Urteile vom 27. Juni 2007 a.a.O. Rn. 12 ff. und vom 16. März 2006 - BVerwG 4 A 1075.04 - BVerwGE 125, 116 <260> = Buchholz 442.40 § 8 LuftVG Nr. 23 S. 2<104>; Beschlüsse vom 21. Oktober 2003 - BVerwG 4 B 93.03 - juris und vom 8. September 2004 - BVerwG 4 B 42.04 - Buchholz 316 § 74 VwVfG Nr. 66 S. 51<52 f.>).
- 75
-
cc) Bei Anlegung dieser Maßstäbe hat der Beklagte den Klägerinnen eine Entschädigung dem Grunde nach zu Recht nur für die verbleibenden unzumutbaren Beeinträchtigungen durch Baulärm (und etwaige Erschütterungs- und Setzungsschäden, A II.3.1.8.), nicht aber für alle Auswirkungen der Baustelle auf den Hotelbetrieb zugesprochen. Die gegenteilige Auffassung der Klägerinnen, die Entschädigung nach § 74 Abs. 2 Satz 3 VwVfG sei als "Ausgleich für das Ertragen einer Belastung zu Gunsten einer Baumaßnahme für den öffentlichen Personennahverkehr" zu sehen, geht am gestuften Regelungskonzept des § 74 Abs. 2 Satz 2 und 3 VwVfG vorbei. Da der Ausgleichsanspruch nur der Kompensation eines gleichheitswidrigen Sonderopfers dient, muss er grundsätzlich auch nur diejenige Belastung ausgleichen, die die von der Sozialgebundenheit gerechtfertigte Belastung des Eigentums übersteigt (BVerfG, Kammerbeschluss vom 23. Februar 2010 a.a.O. Rn. 43). Die Klägerinnen übersehen, dass der Beklagte der Beigeladenen zum Schutz der Baustellenanlieger vor Beeinträchtigungen durch Baulärm, Staub und Erschütterungen entsprechend der Vorrangregelung in § 74 Abs. 2 Satz 2 VwVfG eine Reihe von Schutzvorkehrungen auferlegt hat. Dazu gehören etwa die Auflagen, lärmarme Bauverfahren und Baugeräte einzusetzen (A II.3.1.1.), die zeitliche Beschränkung der Bauarbeiten auf die Zeit zwischen 07:00 und 20:00 Uhr (A II.3.1.2.), die Arkadenverkleidung (A II.3.2.3.), die Regelungen zum Einsatz von Schlitzwandbaggern (A II.3.1.4.) und zur Schlitzwanderstellung (A II.3.2.2.) sowie zur Einhaltung der Anhaltswerte der DIN-Vorschrift 4150-2 und 3 und der VDI-Richtlinie 2719 hinsichtlich Erschütterungen und sekundärem Luftschall (A II.3.1.5.). Zudem sind Auflagen im Hinblick auf die Staubentwicklung, die Verschmutzung bzw. Reinhaltung der Fassaden, zur Fußgängerquerung Unter den Linden und zum Erscheinungsbild der Baustelle erteilt worden (A II.3.2.7. bis 3.2.10.). Schließlich hat sich der Beklagte unter A II.3.2.6.2. die Anordnung weiterer Maßnahmen für den Fall vorbehalten, dass sich nach der konkretisierten Bauablaufplanung oder den Ergebnissen der angeordneten kontinuierlichen Kontrollmessungen abzeichnet, dass der Beurteilungspegel an mehr als den prognostizierten Tagen einen Wert von 68 dB(A) überschreitet oder sich die vorgesehene Gesamtbauzeit der lärmintensiven Arbeiten (12 Monate) um mehr als einen Monat erhöht. Gleiches gilt in Bezug auf Erschütterungen und sekundären Luftschall, falls sich herausstellt, dass entgegen der Prognose die vorgegebenen Anhaltswerte nicht eingehalten werden.
- 76
-
Unzumutbare, die Grenze der Sozialbindung übersteigende nachteilige Auswirkungen werden aufgrund der getroffenen Schutzvorkehrungen im Ergebnis nur (noch) durch den Baustellenlärm ausgelöst, weil weitere Schutzauflagen zu dessen Abwehr oder Reduzierung untunlich bzw. mit dem Vorhaben unvereinbar sind. Dagegen kommt dem Umstand, dass - wie die Klägerinnen vortragen - Stammkunden und Touristen das Hotel unabhängig von der tatsächlichen Lärmbelastung durch die Baustelle schon deshalb meiden, weil es bis zur Deckelung im Umfeld einer Baustelle liegt, im Rahmen von § 74 Abs. 2 Satz 3 VwVfG keine Bedeutung zu. Dieser Effekt ließe sich durch keinerlei wie auch immer geartete Schutzmaßnahmen verhindern, namentlich stellt entgegen der Auffassung der Klägerinnen das "Unterlassen" der Baustelle keine Schutzvorkehrung im Sinne des § 74 Abs. 2 Satz 2 VwVfG dar.
- 77
-
dd) Dass der Beklagte eine Entschädigung für die Beeinträchtigung von Innenräumen dem Grunde nach davon abhängig gemacht hat, dass die oberen Anhaltswerte der VDI-Richtlinie 2719 "Schalldämmung von Fenstern und deren Zusatzeinrichtungen" für Innenschallpegel von 40 dB(A) für Hotelzimmer und Vortragsräume sowie 50 dB(A) für Restaurants/Gaststätten/Läden überschritten werden, ist nicht zu beanstanden. Abweichendes folgt nicht daraus, dass nach dem Inhalt eines in den Planunterlagen befindlichen Prüfberichts der Akustik-Ingenieurbüro M. GmbH vom 11. Dezember 2009 und einer ergänzenden Stellungnahme vom 4. Mai 2010 trotz der unterschiedlichen Fensterschalldämmungen in den Hotelzimmern (von FSSK 1 bis FSSK 3) in allen Zimmern ein Schalldruckpegel in der Größenordnung von circa 31 dB(A) gemessen worden ist.
- 78
-
Es spricht nichts dagegen, die Zumutbarkeitsgrenze für Innengeräuschpegel an den oberen Anhaltswerten der VDI-Richtlinie 2719 zu orientieren. Die VDI-Richtlinie 2719 gilt grundsätzlich nur für dauerhafte Lärmeinwirkungen, kann aber auch bei länger andauernden stationären Großbaustellen herangezogen werden. Dabei rechtfertigt es die begrenzte Dauer solcher Baustellen, sich an den oberen Anhaltswerten zu orientieren. Zwar mag der VDI-Richtlinie 2719 in Nr. 6.3 Tabelle 6 die Vorstellung zugrunde liegen, dass bei einem dauerhaften Schallschutz innerhalb der Anhaltswerte je nach Empfindlichkeit einzelner Nutzungsarten weiter differenziert werden soll. Im Hinblick auf die letztlich begrenzte Zeitdauer der sehr lauten Bauphasen konnte hier aber pauschalierend vorgegangen werden, zumal auch die Ausschöpfung der oberen Anhaltswerte der VDI-Richtlinie 2719 für die Tagzeit nicht zu unzumutbaren Zuständen führt.
- 79
-
Innenschallpegel von 40 dB(A) in Hotelzimmern und Vortragsräumen und 50 dB(A) in Gaststätten/Restaurants/Läden stellen keine unzumutbare Belastung dar. Bei Wohnnutzungen ist Schutzziel für die - hier allein relevante - Tagzeit der AVV Baulärm (07.00-20.00 Uhr), unzumutbare Kommunikationsbeeinträchtigungen im Gebäudeinneren zu vermeiden. Nach dem Stand der aktuellen Lärmwirkungsforschung sind tagsüber zur Vermeidung von Kommunikationsstörungen in geschlossenen Wohnräumen Mittelungspegel von 45 dB(A) innen einzuhalten ("Sprachverständlichkeit"; Urteil vom 16. März 2006 - BVerwG 4 A 1075.04 - BVerwGE 125, 116.
= Buchholz 442.40 § 8 LuftVG Nr. 23; Reidt/Schiller, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Bd. IV, Stand Juli 2011, Vorbem. 18. BImSchV Rn. 14; Fickert/Fieseler, BauNVO, 11. Aufl. 2008, § 15 Rn. 19.1). Für Räume, die als Gaststätte, Restaurant oder Ladengeschäft genutzt werden, und deren Schutzwürdigkeit gegenüber Wohnräumen, Tagungsräumen etc. daher gemindert ist, beträgt der obere Anhaltswert der VDI-Richtlinie 2719 50 dB(A).
- 80
-
Der Einwand der Klägerinnen, der Planänderungsbeschluss gehe von zu optimistischen Schalldämmmaßen der Außenfassaden des Hotels W. aus, ist angesichts der vorgetragenen aktuellen Innenschallpegel von circa 31 dB(A) und des vorhandenen Verkehrslärms kaum nachzuvollziehen. Ungeachtet dessen übersehen die Klägerinnen, dass der Planänderungsbeschluss auch den Fall, dass die Eigentümer ein geringeres Schalldämmmaß geltend machen und nachweisen, regelt. In A II.3.2.4. ist festgelegt, dass in einem solchen Fall die entsprechend geringeren Werte zugrunde zu legen sind. Die Kosten für den Nachweis und die Einzelfalluntersuchung trägt die Vorhabenträgerin (S. 10 PÄB). Der Beklagte hat mit Schriftsatz vom 6. Juli 2012 ausdrücklich und mit bindender Wirkung für ein etwaiges Entschädigungsverfahren klargestellt, dass diese Regelung ungeachtet der in der mündlichen Verhandlung vorgenommenen Änderungen und Streichungen auf S. 42 des Planänderungsbeschlusses uneingeschränkt Anwendung findet.
- 81
-
b) Die zur Bemessung der Höhe der Entschädigung maßgeblichen Faktoren sind im Planänderungsbeschluss in Gestalt der vom Beklagten in der mündlichen Verhandlung abgegebenen Protokollerklärungen in ausreichender Weise festgelegt.
- 82
-
aa) Nach der Grundregelung in A II.3.2.4. des Planänderungsbeschlusses ist die Entschädigung zu leisten für die Beeinträchtigung von Hotelzimmern, Tagungsräumen, Restaurants, Läden und Außenwohnbereichen bezogen auf die Tage, an denen die festgelegten Pegel (68 dB(A) für Außenwohnbereiche, 40 bzw. 50 dB(A) für Innenräume) überschritten werden. Die Höhe der Entschädigung für das Hotel richtet sich gemäß der ergänzenden Regelung auf S. 42 des Planänderungsbeschlusses nach dem Ertragsausfall zwischen Baubeginn und Deckelung der Baugruben in der Friedrichstraße und der Straße Unter den Linden, der darauf zurückzuführen ist, dass es in diesem Zeitraum vor den Fassaden zur Friedrichstraße und Unter den Linden zu Überschreitungen eines Beurteilungspegels von 71 dB(A) kommt. Für vermietete Restaurants und Ladengeschäfte richtet sich die Entschädigung nach dem Maß der zulässigen Mietminderung bezogen auf die Tage, an denen vor den Fassaden zur Friedrichstraße und zur Straße Unter den Linden ein Beurteilungspegel von 81 dB(A) überschritten wird. Für den Fall, dass geringere Schalldämmmaße nachgewiesen werden, sind die entsprechend niedrigeren Werte maßgeblich (A II.3.2.4. S. 10 PÄB).
- 83
-
bb) Diese Festlegungen begegnen keinen Bedenken. Bei nur vorübergehenden Beeinträchtigungen von Gewerbebetrieben bzw. gewerblich genutzten Grundstücken durch eine Baustelle kommt es in der Regel nicht zu dauerhaften Verkehrswertminderungen, sondern zu Ertragsverlusten. Diese sind auszugleichen, soweit sie auf dem Überschreiten der Zumutbarkeitsschwelle beruhen. Dabei dürfen keine Nachteile von der Entschädigungspflicht ausgeschlossen werden, deren Entschädigung für einen adäquaten Ausgleich erforderlich ist (Bonk/Neumann, a.a.O. § 74 Rn. 198). Hierauf zielt die in der mündlichen Verhandlung in A II.3.2.4. sowie in B IV.2.1.4.3. neu eingefügte Formulierung "bezogen auf die Tage", die weiter gefasst ist als die ursprüngliche Formulierung "an den Tagen". Sie soll sicherstellen, dass Bemessungsgrundlage für die Entschädigung nicht nur die konkreten Tage sind, an denen es zu Überschreitungen der maßgeblichen Pegel gekommen ist, sondern diese Tage zu übergeordneten Zeitabschnitten in Beziehung gesetzt werden.
- 84
-
Im Hinblick auf den Hotelbetrieb als solchen ist dieser übergeordnete Zeitabschnitt der Zeitraum vom Baubeginn bis zur Deckelung (S. 42 PÄB). Diese Festlegung trägt zum einen den Besonderheiten des Hotelbetriebs, insbesondere dem notwendigen Buchungsvorlauf in allen drei Marktsegmenten, und zum anderen dem Umstand Rechnung, dass die Tage mit unzumutbaren Lärmeinwirkungen nicht mit der für eine sinnvolle Belegungsplanung erforderlichen Präzision vorausgesagt werden können. Eine Regelung, die nur auf die konkreten Tage mit Überschreitungen des Beurteilungspegels abhebt, ist daher nicht sachgerecht. Ein Hotelbetrieb ist in besonderem Maße auf eine antizipierende Planung angewiesen, auf tagesaktuelle Entwicklungen und Ereignisse in seinem Umfeld kann er - wenn überhaupt - allenfalls bedingt reagieren. Es erscheint daher als durchaus denkbar, dass eine Gesamtschau der Ergebnisse des in A II.3.2.5. angeordneten Lärmmonitorings, der dem Hotelbetrieb gemäß A II.3.2.1. übermittelten Informationen über den Bauablauf und der Entwicklung der Ertragslage des Hotels im Zeitraum vom Baubeginn bis zur Deckelung zu dem Ergebnis führt, dass eine Vermietung von zur Friedrichstraße und zur Straße Unter den Linden hin gelegenen Hotelzimmern, Tagungsräumen etc. auch an den Tagen bzw. in den Zeiträumen ohne unzumutbarem Baulärm nicht sinnvoll möglich war und dies daher an mehr als den prognostizierten 52 Tagen mit einer Überschreitung der Zumutbarkeitsschwelle zu einer Unterauslastung des Hotels geführt hat.
- 85
-
Für die vermieteten Räume (Restaurants, Ladengeschäfte, Galerie) schließt die Formulierung "bezogen auf die Tage" aus, dass die nach Maßgabe der zivilgerichtlichen Rechtsprechung bei Baulärm je nach Art und Dauer der Beeinträchtigung angemessene Mietminderung, deren Bezugsgröße in der Regel die monatsweise zu entrichtende Miete ist, im Entschädigungsverfahren auf die Tage "heruntergerechnet" wird, an denen der Baulärm die Zumutbarkeitsschwelle überschritten hat.
- 86
-
Weitergehende Festsetzungen mussten im Planfeststellungsverfahren, das von seiner Aufgabenstellung und seiner herkömmlichen Gestaltung her nicht die Voraussetzungen für eine detaillierte Berechnung von Geldentschädigungen bietet, nicht getroffen werden (Urteil vom 22. März 1985 - BVerwG 4 C 15.83 - BVerwGE 71, 166 <175> = Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 59 S. 59<67>). Es ist nicht Aufgabe der Planfeststellungsbehörde, im Planfeststellungsbeschluss Regelungen zum Ablauf des nachfolgenden Entschädigungsverfahrens oder zur methodischen Ermittlung der Entschädigungshöhe festzulegen. Das gilt umso mehr, wenn es - wie hier - um eine Entschädigung für vorübergehende Beeinträchtigungen geht. Die Angemessenheit der Entschädigung hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Dazu gehören bei vorübergehenden Beeinträchtigungen regelmäßig auch solche Umstände, die erst rückblickend nach Abschluss der Baumaßnahmen festgestellt werden können. Dies trifft vorliegend etwa auf die für die Bemessung der Entschädigung zwingend erforderliche Auswertung des Lärmmonitorings und der Entwicklung der Ertragslage des Hotels zu.
- 87
-
Die Rüge der Klägerinnen, auch mithilfe der vorgenommenen Änderungen und Ergänzungen des Planänderungsbeschlusses werde das Problem, einen Kausalzusammenhang zwischen den unzumutbaren Lärmeinwirkungen und den Ertragseinbußen feststellen zu können, nicht gelöst, sondern in das Entschädigungsverfahren verlagert, führt zu keinem anderen Ergebnis. Die Frage, inwieweit Ertragseinbußen des Hotels auf unzumutbare Lärmeinwirkungen durch die Baustelle zurückzuführen sind, kann ungeachtet methodischer Einzelfragen schlechterdings nicht unabhängig von den Ergebnissen des Lärmmonitorings und der Ertragsentwicklung des Hotels beantwortet werden. Die Entscheidung darüber kann und muss daher - sofern die Beteiligten keine Einigung erzielen - dem Entschädigungsverfahren vorbehalten bleiben (vgl. A II.3.2.4. Satz 5). Den Klägerinnen werden dadurch keine Rechte abgeschnitten.
- 88
-
c) Die mit den weitergehenden Anträgen Nr. 9 und 10 begehrten Änderungen und Ergänzungen der im Planfeststellungsbeschluss getroffenen Festlegungen zu Grund und Bemessung der Entschädigung bleiben erfolglos.
- 89
-
aa) Einen Ausgleich derjenigen Ertragseinbußen, die dadurch entstehen, dass die zur Straße Unter den Linden und zur Friedrichstraße hin gelegenen Hotelzimmer für die Zeit vom Baubeginn bis zur Deckelung der Baugruben nicht vermietet werden (Antrag Nr. 9a, 1. Variante), können die Klägerinnen nicht beanspruchen. § 74 Abs. 2 Satz 3 VwVfG gewährt einen Ausgleich nur für die Nachteile, die auf dem Überschreiten der Zumutbarkeitsschwelle beruhen.
- 90
-
Der Hilfsantrag Nr. 9a, 2. Variante, den Klägerinnen die nach Anordnung weiterer aktiver und passiver Schallschutzmaßnahmen im Zeitraum vom Baubeginn bis zur Deckelung der Baugruben verbleibenden Ertragseinbußen zu entschädigen, wird nicht relevant, weil die Klägerinnen weitere Schallschutzmaßnahmen nicht beanspruchen können (s.o. unter 1.c). Im Übrigen kann auf die Ausführungen unter aa) verwiesen werden.
- 91
-
Einen Anspruch auf Entschädigung der Ertragseinbußen bis zu zwei Jahre nach Abschluss der Deckelung (Antrag Nr. 9b) haben die Klägerinnen - von allem anderen abgesehen - schon deshalb nicht, weil das Hotel nach der Deckelung der Baugruben keinen unzumutbaren (Lärm)Beeinträchtigungen mehr ausgesetzt sein wird. Andere Nachteile werden über § 74 Abs. 2 Satz 3 VwVfG nicht ausgeglichen.
- 92
-
Die Klägerinnen können nicht verlangen, dass der Beklagte den Planfeststellungsbeschluss dahingehend ergänzt, dass die Ertragseinbußen durch einen mit ihrem Einverständnis ausgewählten Sachverständigen ermittelt werden (Antrag Nr. 9c). Ob - wofür vorliegend Einiges spricht - zum Entschädigungsverfahren ein Sachverständiger beigezogen wird, hat nicht die Planfeststellungs-, sondern die Entschädigungsbehörde zu entscheiden.
- 93
-
Die Klägerinnen können auch keine Regelung des Inhalts beanspruchen, dass als durch die Baustelle verursacht eine Minderung des RevPar des W. im Unterschied zum RevPar des Vergleichsmarktes der Fünf-Sterne-Hotels in Berlin-Mitte gilt (Antrag Nr. 9d). Dieser Antrag zielt darauf, die Methode zur Ermittlung des Ertragsausfalls im Planfeststellungsbeschluss festzulegen. Das ist nicht Aufgabe der Planfeststellungsbehörde.
- 94
-
Die Klägerinnen haben überdies keinen Anspruch darauf, dass im Planfeststellungsbeschluss geregelt wird, dass die Entschädigung monatlich ermittelt und ausgeglichen wird (Antrag Nr. 9e). Über die Modalitäten der Ermittlung, Festsetzung und der Auszahlung der Entschädigung hat nicht die Planfeststellungsbehörde zu entscheiden.
- 95
-
bb) Schließlich bleibt auch der Antrag Nr. 10, den Klägerinnen die durch die Baustelle verursachten Mietminderungen der Ladengeschäfte und des Restaurants N. zu entschädigen und die Angemessenheit der Entschädigung durch einen Sachverständigen unter Berücksichtigung des Bauablaufs und vergleichbarer Mieten jeweils nach Ablauf eines Monats zu ermitteln, erfolglos. Die Klägerinnen haben keinen Anspruch auf Ausgleich der baustellenbedingten Mietminderungen, sondern nur auf Ausgleich der aufgrund unzumutbarer Beeinträchtigungen durch Baulärm gerechtfertigten Mietminderungen. Auch insoweit ist es nicht Aufgabe der Planfeststellungsbehörde, Regelungen zum Verfahren zu treffen. Über das Maß der zulässigen Mietminderung hat zunächst die Entschädigungsbehörde zu entscheiden, die insoweit ggf. einen Sachverständigen zu Rate ziehen wird.
Tenor
1. Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 28. November 2014 - 1 K 4763/14 - geändert.
Dem Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung aufgegeben,
a) entweder die Beigeladenen zu 1 bis 3 zu verpflichten, an 14 (vierzehn) vom Landratsamt Böblingen festzusetzenden Werktagen für die Dauer des Baubetriebs Lärmmessungen (Tagesmessungen) durch einen qualifizierten Sachverständigen durchführen zu lassen und das Messprotokoll dem Landratsamt Böblingen jeweils unverzüglich zu übermitteln
oder entsprechende eigene Messungen durchzuführen oder durchführen zu lassen;
Messungen sind mit dem Landratsamt Böblingen abzustimmen; das Messverfahren der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Schutz gegen Baulärm vom 19.08.1970 (AVV Baulärm) ist zu beachten.
b) die Beigeladenen zu 1 bis 3 vorläufig zu verpflichten, die Immissionsschutzbehörde ab sofort jeweils bis spätestens freitags für die Folgewoche über die Baumaßnahmen, die Dauer und die zu erwartenden Immissionsbeeinträchtigungen aus dem Baubetrieb umfassend zu informieren,
sowie
der Immissionsschutzbehörde eine Prognose über die zu erwartende Lärmbelastung und einen Maßnahmekatalog zur Reduzierung der Schallimmissionen auf die in der Verfügung des Landratsamt Böblingen vom 19.03.2014 festgesetzten Immissionsrichtwerte unter Berücksichtigung von Nr. 4.1 AAV Baulärm i.V.m. Anlage 5 vorzulegen; Prognose und Maßnahmekatalog sind durch einen qualifizierten Sachverständigen zu erstellen;
sind lärmintensive Bauarbeiten (Bauarbeiten, bei denen Überschreitungen der Richtwerte zu erwarten sind) geplant, ist dies der Antragstellerin mitzuteilen.
c) die Bauarbeiten auf den Grundstücken ...-Straße ..., ...-...-Straße ... und ... unverzüglich vorläufig einzustellen, sofern einzelne Tagesmessungen nach Buchstabe a) oder sonstige von der zuständigen Behörde angeordnete Lärmmessungen ergeben, dass hierdurch die Immissionsrichtwerte von 60 dB(A) tags (7 bis 20 Uhr) und 45 dB(A) nachts (20 Uhr bis 7 Uhr) um mehr als 5 dB(A) überschritten werden oder die Lärmprognose nach Buchstabe b) eine entsprechende Überschreitung erwarten lässt;
die Baueinstellung ist aufzuheben, wenn die Beigeladenen zu 1 bis 3 nachweisen, dass sie geeignete Maßnahmen zur Lärmreduzierung auf die vorgeschriebenen Immissionsrichtwerte durchführen, oder nachweisen, dass eine Lärmreduzierung auf die maßgeblichen Immissionsrichtwerte nach dem Stand der Technik auch bei Ausschöpfung aller Maßnahmen nach Nr. 4.1 AVV Baulärm i.V.m. Anlage 5 nicht möglich ist (unvermeidbarer Baulärm).
Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.
2. Von den Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge tragen der Antragsgegner die Hälfte und die Beigeladenen zu 1 bis 3 jeweils 1/6.
3. Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens wird auf 15.000 EUR festgesetzt.
Gründe
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
|
| ||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
|
(1) Nicht genehmigungsbedürftige Anlagen sind so zu errichten und zu betreiben, dass
- 1.
schädliche Umwelteinwirkungen verhindert werden, die nach dem Stand der Technik vermeidbar sind, - 2.
nach dem Stand der Technik unvermeidbare schädliche Umwelteinwirkungen auf ein Mindestmaß beschränkt werden und - 3.
die beim Betrieb der Anlagen entstehenden Abfälle ordnungsgemäß beseitigt werden können.
(1a) Geräuscheinwirkungen, die von Kindertageseinrichtungen, Kinderspielplätzen und ähnlichen Einrichtungen wie beispielsweise Ballspielplätzen durch Kinder hervorgerufen werden, sind im Regelfall keine schädliche Umwelteinwirkung. Bei der Beurteilung der Geräuscheinwirkungen dürfen Immissionsgrenz- und -richtwerte nicht herangezogen werden.
(2) Weitergehende öffentlich-rechtliche Vorschriften bleiben unberührt.
(1) Schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne dieses Gesetzes sind Immissionen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen.
(2) Immissionen im Sinne dieses Gesetzes sind auf Menschen, Tiere und Pflanzen, den Boden, das Wasser, die Atmosphäre sowie Kultur- und sonstige Sachgüter einwirkende Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen, Licht, Wärme, Strahlen und ähnliche Umwelteinwirkungen.
(3) Emissionen im Sinne dieses Gesetzes sind die von einer Anlage ausgehenden Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen, Licht, Wärme, Strahlen und ähnlichen Erscheinungen.
(4) Luftverunreinigungen im Sinne dieses Gesetzes sind Veränderungen der natürlichen Zusammensetzung der Luft, insbesondere durch Rauch, Ruß, Staub, Gase, Aerosole, Dämpfe oder Geruchsstoffe.
(5) Anlagen im Sinne dieses Gesetzes sind
- 1.
Betriebsstätten und sonstige ortsfeste Einrichtungen, - 2.
Maschinen, Geräte und sonstige ortsveränderliche technische Einrichtungen sowie Fahrzeuge, soweit sie nicht der Vorschrift des § 38 unterliegen, und - 3.
Grundstücke, auf denen Stoffe gelagert oder abgelagert oder Arbeiten durchgeführt werden, die Emissionen verursachen können, ausgenommen öffentliche Verkehrswege.
(5a) Ein Betriebsbereich ist der gesamte unter der Aufsicht eines Betreibers stehende Bereich, in dem gefährliche Stoffe im Sinne des Artikels 3 Nummer 10 der Richtlinie 2012/18/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Juli 2012 zur Beherrschung der Gefahren schwerer Unfälle mit gefährlichen Stoffen, zur Änderung und anschließenden Aufhebung der Richtlinie 96/82/EG des Rates (ABl. L 197 vom 24.7.2012, S. 1) in einer oder mehreren Anlagen einschließlich gemeinsamer oder verbundener Infrastrukturen oder Tätigkeiten auch bei Lagerung im Sinne des Artikels 3 Nummer 16 der Richtlinie in den in Artikel 3 Nummer 2 oder Nummer 3 der Richtlinie bezeichneten Mengen tatsächlich vorhanden oder vorgesehen sind oder vorhanden sein werden, soweit vernünftigerweise vorhersehbar ist, dass die genannten gefährlichen Stoffe bei außer Kontrolle geratenen Prozessen anfallen; ausgenommen sind die in Artikel 2 Absatz 2 der Richtlinie 2012/18/EU angeführten Einrichtungen, Gefahren und Tätigkeiten, es sei denn, es handelt sich um eine in Artikel 2 Absatz 2 Unterabsatz 2 der Richtlinie 2012/18/EU genannte Einrichtung, Gefahr oder Tätigkeit.
(5b) Eine störfallrelevante Errichtung und ein Betrieb oder eine störfallrelevante Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs ist eine Errichtung und ein Betrieb einer Anlage, die Betriebsbereich oder Bestandteil eines Betriebsbereichs ist, oder eine Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs einschließlich der Änderung eines Lagers, eines Verfahrens oder der Art oder physikalischen Form oder der Mengen der gefährlichen Stoffe im Sinne des Artikels 3 Nummer 10 der Richtlinie 2012/18/EU, aus der sich erhebliche Auswirkungen auf die Gefahren schwerer Unfälle ergeben können. Eine störfallrelevante Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs liegt zudem vor, wenn eine Änderung dazu führen könnte, dass ein Betriebsbereich der unteren Klasse zu einem Betriebsbereich der oberen Klasse wird oder umgekehrt.
(5c) Der angemessene Sicherheitsabstand im Sinne dieses Gesetzes ist der Abstand zwischen einem Betriebsbereich oder einer Anlage, die Betriebsbereich oder Bestandteil eines Betriebsbereichs ist, und einem benachbarten Schutzobjekt, der zur gebotenen Begrenzung der Auswirkungen auf das benachbarte Schutzobjekt, welche durch schwere Unfälle im Sinne des Artikels 3 Nummer 13 der Richtlinie 2012/18/EU hervorgerufen werden können, beiträgt. Der angemessene Sicherheitsabstand ist anhand störfallspezifischer Faktoren zu ermitteln.
(5d) Benachbarte Schutzobjekte im Sinne dieses Gesetzes sind ausschließlich oder überwiegend dem Wohnen dienende Gebiete, öffentlich genutzte Gebäude und Gebiete, Freizeitgebiete, wichtige Verkehrswege und unter dem Gesichtspunkt des Naturschutzes besonders wertvolle oder besonders empfindliche Gebiete.
(6) Stand der Technik im Sinne dieses Gesetzes ist der Entwicklungsstand fortschrittlicher Verfahren, Einrichtungen oder Betriebsweisen, der die praktische Eignung einer Maßnahme zur Begrenzung von Emissionen in Luft, Wasser und Boden, zur Gewährleistung der Anlagensicherheit, zur Gewährleistung einer umweltverträglichen Abfallentsorgung oder sonst zur Vermeidung oder Verminderung von Auswirkungen auf die Umwelt zur Erreichung eines allgemein hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt gesichert erscheinen lässt. Bei der Bestimmung des Standes der Technik sind insbesondere die in der Anlage aufgeführten Kriterien zu berücksichtigen.
(6a) BVT-Merkblatt im Sinne dieses Gesetzes ist ein Dokument, das auf Grund des Informationsaustausches nach Artikel 13 der Richtlinie 2010/75/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 über Industrieemissionen (integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung) (Neufassung) (ABl. L 334 vom 17.12.2010, S. 17) für bestimmte Tätigkeiten erstellt wird und insbesondere die angewandten Techniken, die derzeitigen Emissions- und Verbrauchswerte, alle Zukunftstechniken sowie die Techniken beschreibt, die für die Festlegung der besten verfügbaren Techniken sowie der BVT-Schlussfolgerungen berücksichtigt wurden.
(6b) BVT-Schlussfolgerungen im Sinne dieses Gesetzes sind ein nach Artikel 13 Absatz 5 der Richtlinie 2010/75/EU von der Europäischen Kommission erlassenes Dokument, das die Teile eines BVT-Merkblatts mit den Schlussfolgerungen in Bezug auf Folgendes enthält:
- 1.
die besten verfügbaren Techniken, ihrer Beschreibung und Informationen zur Bewertung ihrer Anwendbarkeit, - 2.
die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte, - 3.
die zu den Nummern 1 und 2 gehörigen Überwachungsmaßnahmen, - 4.
die zu den Nummern 1 und 2 gehörigen Verbrauchswerte sowie - 5.
die gegebenenfalls einschlägigen Standortsanierungsmaßnahmen.
(6c) Emissionsbandbreiten im Sinne dieses Gesetzes sind die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte.
(6d) Die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte im Sinne dieses Gesetzes sind der Bereich von Emissionswerten, die unter normalen Betriebsbedingungen unter Verwendung einer besten verfügbaren Technik oder einer Kombination von besten verfügbaren Techniken entsprechend der Beschreibung in den BVT-Schlussfolgerungen erzielt werden, ausgedrückt als Mittelwert für einen vorgegebenen Zeitraum unter spezifischen Referenzbedingungen.
(6e) Zukunftstechniken im Sinne dieses Gesetzes sind neue Techniken für Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie, die bei gewerblicher Nutzung entweder ein höheres allgemeines Umweltschutzniveau oder zumindest das gleiche Umweltschutzniveau und größere Kostenersparnisse bieten könnten als der bestehende Stand der Technik.
(7) Dem Herstellen im Sinne dieses Gesetzes steht das Verarbeiten, Bearbeiten oder sonstige Behandeln, dem Einführen im Sinne dieses Gesetzes das sonstige Verbringen in den Geltungsbereich dieses Gesetzes gleich.
(8) Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie im Sinne dieses Gesetzes sind die in der Rechtsverordnung nach § 4 Absatz 1 Satz 4 gekennzeichneten Anlagen.
(9) Gefährliche Stoffe im Sinne dieses Gesetzes sind Stoffe oder Gemische gemäß Artikel 3 der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen, zur Änderung und Aufhebung der Richtlinien
(10) Relevante gefährliche Stoffe im Sinne dieses Gesetzes sind gefährliche Stoffe, die in erheblichem Umfang in der Anlage verwendet, erzeugt oder freigesetzt werden und die ihrer Art nach eine Verschmutzung des Bodens oder des Grundwassers auf dem Anlagengrundstück verursachen können.
Tatbestand
- 1
-
Der Kläger, eine anerkannte Naturschutzvereinigung, wendet sich gegen den Planfeststellungsbeschluss der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung des Landes Berlin vom 29. Dezember 2010 für den Neubau der Bundesautobahn A 100 im 16. Bauabschnitt (16. BA).
- 2
-
Der rund 3,2 km lange Abschnitt, der im Bedarfsplan des Bundes mit "vordringlichem Bedarf" ausgewiesen ist, beginnt am Autobahndreieck Neukölln und soll an der Anschlussstelle Am Treptower Park im Stadtstraßennetz enden. Er soll unter anderem den Verkehr, insbesondere im Raum Neukölln und Treptow, bündeln und so diese Stadtteile und die Innenstadt vom Durchgangsverkehr entlasten. Das Vorhaben ist Teil des nach dem Stadtentwicklungsplan Verkehr und dem Flächennutzungsplan des Beklagten vorgesehenen sog. mittleren Straßenrings, der im West- und Südteil der Stadt als Stadtautobahn (A 100) bereits vorhanden ist. Die A 100 soll im Anschluss an die planfestgestellte Neubaustrecke im 17. Bauabschnitt (17. BA) bis zur Frankfurter Allee fortgeführt werden; danach soll der mittlere Ring als Stadtstraße bis zum Straßenzug Osloer Straße/Seestraße vervollständigt werden. Der 17. BA der A 100 ist im Bedarfsplan des Bundes als Vorhaben des "weiteren Bedarfs" eingestuft; ein Planfeststellungsverfahren wurde insoweit noch nicht eingeleitet.
- 3
-
Die planfestgestellte Trasse verläuft nach dem Autobahndreieck Neukölln über eine Strecke von 385 m in einem Tunnel (Tunnel Grenzallee) und daran anschließend weitgehend in Troglage mit Unterführungen kreuzender Gleisanlagen der Fern- und der S-Bahn sowie der Straßen Sonnenallee, Dieselstraße und Kiefholzstraße. Das nachgeordnete Stadtstraßennetz wird über die Anschlussstellen Sonnenallee und Am Treptower Park an die A 100 angebunden. Die Anschlussstelle Am Treptower Park stellt das Ende des 16. BA der A 100 dar, die dort in die B 96a mündet.
- 4
-
Die Unterlagen zur Planfeststellung lagen nach vorheriger ortsüblicher Bekanntmachung im Zeitraum vom 9. März bis 9. April 2009 zur Einsicht aus. Der Erörterungstermin wurde in der Zeit vom 12. bis 27. November 2009 durchgeführt. Der Kläger erhob Einwendungen gegen das Vorhaben. Mit Datum vom 29. Dezember 2010 stellte der Beklagte den Plan für den Neubau des 16. BA der A 100 fest.
- 5
-
Der Kläger wendet sich insbesondere gegen Belastungen durch vorhabenbedingte Immissionen im Umfeld der Trasse. Die für die Einschätzung der Lärm- und Schadstoffbelastungen maßgebliche Prognose der künftigen Verkehrsmengen sei ebenso fehlerhaft wie die Lufthygienische Untersuchung und die Annahme, Überschreitungen der Grenzwerte für Luftschadstoffe könnten mit Mitteln der Luftreinhalteplanung vermieden werden. Zu Unrecht sei zugunsten des Vorhabens in die Abwägung eingestellt worden, dass die Belastung mit Verkehrslärm im Stadtgebiet infolge der Bündelungswirkung der Neubaustrecke insgesamt zurückgehen werde. Zu Lasten des Vorhabens hätte berücksichtigt werden müssen, dass die Knotenpunkte Am Treptower Park/Elsenstraße und Alt Stralau/Stralauer Allee/Markgrafendamm den Verkehr künftig nicht mehr bewältigen könnten und es daher regelmäßig zu Staus mit umfangreichen Ausweichverkehren in die umliegenden Stadtstraßen kommen werde. Es hätte näher geprüft werden müssen, ob die Variante einer Halbanschlussstelle nördlich der Spree zur Vermeidung unzumutbarer Schadstoffbelastungen in der Elsenstraße vorzugswürdig sei. Die schalltechnische Untersuchung (Lärmprognose) sowie die Summenpegelbetrachtung seien fehlerhaft erfolgt und das Lärmschutzkonzept sei nicht plausibel; es hätten weitergehende Maßnahmen aktiven Schallschutzes festgesetzt werden müssen.
- 6
-
Der Kläger beantragt,
-
den Planfeststellungsbeschluss des Beklagten für das Bauvorhaben "Neubau der Bundesautobahn A 100 zwischen Autobahndreieck Neukölln und Anschlussstelle Am Treptower Park in den Bezirken Neukölln und Treptow-Köpenick von Berlin" vom 29. Dezember 2010 i.d.F. vom 27./28. September 2012 aufzuheben,
-
hilfsweise, den Beklagten unter teilweiser Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses zu verpflichten, ihn hinsichtlich des Schutzes vor Immissionen erneut zu bescheiden.
- 7
-
Der Beklagte beantragt,
-
die Klage abzuweisen.
- 8
-
Er tritt dem Vorbringen des Klägers im Einzelnen entgegen.
Entscheidungsgründe
- 9
-
A. Die Klage ist nach § 42 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 2 Abs. 1 UmwRG zulässig. Danach können Umweltvereinigungen, die - wie der Kläger - nach § 3 UmwRG anerkannt sind, unabhängig von der Möglichkeit einer Verletzung in eigenen Rechten gegen Entscheidungen nach § 1 Abs. 1 Satz 1 UmwRG klagen, wenn sie geltend machen, dass die Entscheidung Rechtsvorschriften widerspricht, die dem Umweltschutz dienen, Rechte Einzelner begründen und für die Entscheidung von Bedeutung sein können. Diese Voraussetzungen liegen vor.
- 10
-
I. Der Kläger beruft sich auf die Verletzung von Rechtsvorschriften, die i.S.d. § 2 Abs. 1 Nr. 1 UmwRG "dem Umweltschutz dienen".
- 11
-
Hierzu gehören nicht nur die für die naturschutzrechtliche Klagebefugnis von Verbänden nach § 64 BNatSchG relevanten Vorschriften zum Schutz von Natur und Landschaft. Die Klagebefugnis nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 UmwRG setzt voraus, dass es um eine Entscheidung nach § 1 Abs. 1 Satz 1 UmwRG geht. Nach dieser Vorschrift findet das Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz u.a. Anwendung auf Rechtsbehelfe gegen Entscheidungen i.S.v. § 2 Abs. 3 UVPG über die Zulässigkeit von Vorhaben, für die eine Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung bestehen kann. Das entspricht den Vorgaben des Art. 11 Abs. 1 UVP-RL - Richtlinie 2011/92/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten (ABl EG 2012 Nr. L 26 S. 1), vormals Art. 10a Abs. 1 der Richtlinie 85/337/EWG des Rates vom 27. Juni 1985 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten (ABl EG Nr. L 175 S. 40) -, dessen Umsetzung das Umweltrechtsbehelfsgesetz u.a. dient (vgl. BTDrucks 16/2495 S. 7 f.). Danach stellen die Mitgliedstaaten im Rahmen ihrer innerstaatlichen Rechtsvorschriften sicher, dass Mitglieder der betroffenen Öffentlichkeit Zugang zu einem Überprüfungsverfahren haben, um die materiellrechtliche und verfahrensrechtliche Rechtmäßigkeit von Entscheidungen, Handlungen oder Unterlassungen anzufechten, für die die Bestimmungen der Richtlinie über die Öffentlichkeitsbeteiligung gelten. Diese Koppelung der Klagebefugnis an das Recht, die Umweltverträglichkeit des Vorhabens überprüfen zu lassen, spricht dafür, den Begriff des Umweltschutzes i.S.d. § 2 Abs. 1 Nr. 1 UmwRG am Begriff der Umwelt i.S.d. Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung zu orientieren, zumal auch eine Verletzung der Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung selbst nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 UmwRG rügefähig ist, wie die auf die Sachprüfung bezogene Regelung des § 4 Abs. 1 UmwRG zeigt (vgl. zum Anwendungsbereich des § 4 Abs. 1 UmwRG Urteil vom 20. Dezember 2011 - BVerwG 9 A 30.10 - Buchholz 310 § 42 Abs. 2 VwGO Nr. 33 Rn. 20 ff.). Gegenstand der Umweltverträglichkeitsprüfung ist die Ermittlung, Beschreibung und Bewertung der Auswirkungen eines Vorhabens auf die "Umwelt" (§ 1 Nr. 1 UVPG). Die Prüfung umfasst nach § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 UVPG - neben zahlreichen anderen Schutzgütern - auch die Auswirkungen auf Menschen, einschließlich der menschlichen Gesundheit.
- 12
-
Ausgehend davon gehören zu den Rechtsvorschriften, deren Verletzung eine Vereinigung nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 UmwRG geltend machen kann, auch alle - drittschützenden - Vorschriften, die dem Schutz von Menschen vor schädlichen Immissionen zu dienen bestimmt sind (vgl. VGH Mannheim, Urteil vom 20. Juli 2011 - 10 S 2102/09 - ZUR 2011, 600 <601>; OVG Münster, Urteil vom 12. Juni 2012 - 8 D 38/08.AK - NuR 2012, 722 <723> jeweils m.w.N.). Die Klagebefugnis setzt ferner nicht voraus, dass die Rechtsvorschrift, deren Verletzung behauptet wird, ausschließlich dem Umweltschutz dient. Es genügt, wenn sie zumindest auch dem Umweltschutz zu dienen bestimmt ist (vgl. BTDrucks 16/2495 S. 12; Ziekow, NVwZ 2007, 259 <262>). Daher kann eine Vereinigung auch geltend machen, das - drittschützende - planungsrechtliche Abwägungsgebot sei wegen unzureichender Berücksichtigung von Belangen des Umweltschutzes verletzt (vgl. Urteil vom 19. März 2003 - BVerwG 9 A 33.02 - Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 173 für die naturschutzrechtliche Verbandsklage; Ziekow, a.a.O.).
- 13
-
Gemessen daran besteht kein Zweifel, dass der Kläger auch die Verletzung von Rechtsvorschriften geltend macht, die i.S.d. § 2 Abs. 1 Nr. 1 UmwRG dem Umweltschutz dienen. Das gilt etwa für die Rüge eines Verstoßes gegen § 41 BImSchG i.V.m. der Verkehrslärmschutzverordnung (16. BImSchV) wegen fehlerhafter Versagung weitergehenden aktiven Schallschutzes bzw. wegen unzureichender Ermittlung des zu erwartenden Verkehrslärms infolge einer mangelbehafteten Verkehrsprognose. Bezogen auf das Abwägungsgebot nach § 17 Satz 2 FStrG beruft sich der Kläger u.a. auf eine Fehlgewichtung der Schadstoffbelastungen infolge von Mängeln bei der Lufthygienischen Untersuchung, der Verkennung einer fehlenden Leistungsfähigkeit einiger Knotenpunkte oder des Ausschlusses bestimmter Trassenalternativen.
- 14
-
II. Auch die weiteren Voraussetzungen für eine Klagebefugnis nach nationalem Recht sind gegeben.
- 15
-
1. Die o.g. Rechtsvorschriften sind drittschützend, und die behauptete Verletzung derselben ist entscheidungserheblich. Soweit sich das Vorbringen des Klägers darüber hinaus auch auf die Verletzung nicht drittschützender Vorschriften erstreckt, die aus dem Unionsrecht hervorgegangen sind und den Umweltschutz bezwecken, kommt im Übrigen die Beschränkung auf drittschützende Vorschriften wegen des Anwendungsvorrangs des Art. 11 UVP-RL nicht in Betracht (vgl. EuGH, Urteil vom 12. Mai 2011 - Rs. C-115/09, Trianel - NJW 2011, 2779 Rn. 46; vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Dezember 2011 - BVerwG 9 A 31.10 - Buchholz 406.251 § 3c UVPG Nr. 3 Rn. 21).
- 16
-
2. Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss stellt eine Entscheidung i.S.v. § 2 Abs. 3 UVPG über die Zulassung eines Vorhabens dar, für das nach § 3 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 3b Abs. 1 Satz 1 UVPG und Nr. 14.3 der Anlage 1 zu diesem Gesetz eine Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung besteht. Der Kläger ist außerdem durch den angefochtenen Planfeststellungsbeschluss in seinem satzungsgemäßen Aufgabenbereich berührt (§ 2 Abs. 1 Nr. 2 UmwRG), weil zu diesem auch die "Lärmminderung" und die Wahrung "gesunder Lebensbedingungen" gehört. Schließlich war der Kläger zur Beteiligung am Verwaltungsverfahren berechtigt (vgl. § 17a FStrG i.V.m. § 73 VwVfG) und hat gemäß den geltenden Normen rechtzeitig Einwendungen erhoben (§ 2 Abs. 1 Nr. 3 UmwRG).
- 17
-
B. Die Klage ist mit ihrem auf die Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses gerichteten Hauptantrag unbegründet.
- 18
-
Das Vorbringen des Klägers deckt sich mit dem Vorbringen der vom Vorhaben mittelbar betroffenen Privatkläger im Verfahren BVerwG 9 A 20.11. Wie den nachfolgend genannten Gründen im Urteil des Senats vom heutigen Tag zu diesem Verfahren zu entnehmen ist, bleiben sämtliche auf eine Verletzung von dem "Umweltschutz" dienende Rechtsvorschriften i.S.d. § 2 Abs. 1 Nr. 1 UmwRG bezogenen Rügen, die eine - vollständige oder teilweise - Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses oder zumindest die Feststellung seiner Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit rechtfertigen könnten, ohne Erfolg. Ob sich der Kläger auch dasjenige Vorbringen der Kläger im Verfahren BVerwG 9 A 20.11 bzw. der enteignungsbetroffenen Kläger im Verfahren BVerwG 9 A 19.11 zu eigen macht, das sich nicht auf die Verletzung von zumindest auch dem Umweltschutz dienende Rechtsvorschriften bezieht, ist fraglich. Hierzu zählt etwa der Einwand, die Planrechtfertigung liege nicht vor, weil das Vorhaben weit überwiegend der Deckung des lokalen Verkehrsbedarfs diene und damit die Zielsetzung des § 1 Abs. 1 FStrG verfehle (vgl. Beschluss vom 28. Dezember 2009 - BVerwG 9 B 26.09 - Buchholz 406.400 § 61 BNatSchG 2002 Nr. 10 Rn. 7 f.). Gemäß § 2 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 UmwRG können solche Rügen, die keinen Bezug zu umweltrechtlichen Belangen aufweisen, der Klage von Vereinigungen nicht zum Erfolg verhelfen. Es spricht einiges dafür, dass auch Art. 11 Abs. 1 der UVP-RL bei zulässigen Klagen von Vereinigungen gegen Entscheidungen über die Zulassung von Vorhaben, die einer Umweltverträglichkeitsprüfung zu unterziehen sind, keine umfassende gerichtliche Kontrolle der Rechtmäßigkeit gebietet (vgl. dazu VGH Mannheim, Urteil vom 20. Juli 2011 a.a.O. S. 603 f. und OVG Münster, Urteil vom 12. Juni 2012 a.a.O. S. 731 m.w.N.). Dies bedarf jedoch vorliegend keiner Klärung. Denn aus den nachfolgend zitierten Gründen dringen auch etwaige Rügen des Klägers, die nicht auf eine Verletzung von zumindest auch dem Umweltschutz dienende Vorschriften gerichtet sind, nicht durch:
-
"1. Die Planrechtfertigung ist für das Vorhaben gegeben. Es ist im Bedarfsplan für die Bundesfernstraßen zum Fernstraßenausbaugesetz i.d.F. vom 20. Januar 2005 (BGBl I S. 201) - FStrAbG - als Vorhaben des vordringlichen Bedarfs enthalten und damit gemäß § 1 Abs. 2 Satz 1 FStrAbG gemessen an der Zielsetzung des § 1 Abs. 1 FStrG vernünftigerweise geboten. Die gesetzliche Feststellung des Bedarfs kann im gerichtlichen Verfahren nur beanstandet werden, wenn sie evident unsachlich ist (stRspr; vgl. Urteil vom 12. März 2008 - BVerwG 9 A 3.06 - BVerwGE 130, 299 Rn. 43). Bei dem Bedarf muss es sich um weiträumigen Verkehr handeln (vgl. § 1 Abs. 1 Satz 1 FStrG). Das schließt die Bündelung mit anderen, lokal oder regional ausgerichteten Zielen nicht aus. Auch ist es für Planungsabschnitte in innerstädtischen oder stadtnahen Lagen nicht untypisch und besagt daher nichts über eine evident unsachliche Bedarfsfeststellung, dass der Anteil des weiträumigen Verkehrs auf einer geplanten Bundesautobahn stark hinter dem lokalen Verkehrsanteil zurückbleibt. Verfehlt wäre eine Bedarfsfeststellung vielmehr erst dann, wenn es für die fernstraßenrechtliche Planung im Hinblick auf den weiträumigen Verkehr keinerlei nachvollziehbaren Bedarf gäbe (vgl. Beschluss vom 16. Januar 2007 - BVerwG 9 B 14.06 - Buchholz 407.4 § 1 FStrG Nr. 11 Rn. 7). Das kann hier schon deshalb nicht angenommen werden, weil eine Netzverknüpfung innerhalb des Fernstraßennetzes geplant ist, nämlich zwischen der A 100 (A 113, A 115) und der Bundesstraße B 96a. Folglich wird die A 100 im 16. BA auch weiträumigen Verkehr in nennenswertem Umfang aufnehmen, wovon die Kläger im Übrigen in anderem Zusammenhang selbst ausgehen.
-
2. Entgegen der Auffassung der Kläger wird kein unzulässiger Zwangspunkt geschaffen. Die Rechtsprechung zur Zwangspunktsetzung dient der Gewährung effektiven Rechtsschutzes. Danach kann sich ein Eigentümer gegen eine heranrückende Planung, die sein Grundstück noch nicht unmittelbar betrifft, zur Wehr setzen, wenn ein Zwangspunkt geschaffen wird, der im weiteren Planungsverlauf zwangsläufig dazu führen muss, dass er in seinen Rechten betroffen wird (Urteil vom 25. Januar 2012 - BVerwG 9 A 6.10 - NVwZ 2012, 567 Rn. 21). Dies verkennen die Kläger, wenn sie meinen, aufgrund des Vorhabens stehe zwangsläufig fest, dass die A 100 im nachfolgenden 17. BA oberirdisch fortgeführt werde, ohne dass die insoweit berührten Belange etwa im Hinblick auf vorzugswürdige Alternativen abgewogen worden seien. Denn sie haben nicht dargelegt, dass und auf welche Weise sie selbst im Folgeabschnitt nachteilig betroffen sein könnten. Davon abgesehen gibt es auch keine Anhaltspunkte für die behauptete Zwangspunktsetzung. Das gilt auch mit Blick auf das im Rahmen der Umgestaltung des Bahnhofs Ostkreuz errichtete "Vorsorgebauwerk A 100" zur Unterquerung der Stadtbahnstrecken.
-
3. Die Planfeststellung weist keinen offensichtlichen, für die Betroffenheit der Kläger erheblichen Mangel der nach § 17 Satz 2 FStrG gebotenen Abwägung auf, der auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen ist und nicht durch Planergänzung behoben werden kann (§ 17e Abs. 6 FStrG).
-
a) Ohne Erfolg rügen die Kläger, dass die Abschnittsbildung abwägungsfehlerhaft sei. Die Abschnittsbildung ist zulässig, wenn der jeweilige Teilabschnitt eine selbständige Verkehrsfunktion besitzt und der weiteren Verwirklichung des Vorhabens keine unüberwindlichen Hindernisse entgegenstehen (vgl. Urteil vom 30. Januar 2008 - BVerwG 9 A 27.06 - NVwZ 2008, 678 Rn. 41
§ 17 fstrg nr. 195>). Danach kann die Abschnittsbildung hier nicht beanstandet werden. Die planfestgestellte Trasse ist schon wegen ihrer Verknüpfung mit dem umliegenden Straßennetz kein Planungstorso, sondern dient für sich genommen dem Verkehr. Dass der Fortführung der A 100 im 17. BA unüberwindliche Hindernisse entgegenstehen könnten, ist weder dargetan noch sonst ersichtlich.
-
b) Die der Abwägung der Immissionsschutzbelange zugrunde gelegte Prognose der künftigen Verkehrsmenge begegnet keinen durchgreifenden Bedenken.
-
Verkehrsprognosen unterliegen nur eingeschränkter gerichtlicher Kontrolle. Sie sind lediglich daraufhin zu überprüfen, ob sie methodisch einwandfrei erarbeitet worden sind, nicht auf unrealistischen Annahmen beruhen und ob das Prognoseergebnis einleuchtend begründet worden ist (stRspr; vgl. Urteil vom 12. August 2009 - BVerwG 9 A 64.07 - BVerwGE 134, 308 Rn. 96). Diesem Maßstab genügt die im Streitfall angegriffene Verkehrsprognose.
-
aa) Der methodische Ansatz der Verkehrsprognose ist vertretbar.
-
Ausweislich der Objektkonkreten Verkehrsprognose 2025, der Verkehrlichen Begründung 2025 sowie den nachvollziehbaren Erläuterungen des Beklagten im gerichtlichen Verfahren wurde bei der Erstellung der Verkehrsprognose wie folgt vorgegangen: In Einklang mit Ziffer 1.2.2 des Anhangs der Richtlinien für die Anlage von Straßen, Teil: Querschnitte, Ausgabe 1996 - RAS-Q 96 wurde auf der Grundlage des vierstufigen Personenverkehrsmodells des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) eine Modellprognose erstellt, wonach der künftige Verkehr auf der einzelnen Straße als abgeleitete Größe aus Strukturdaten etwa zur Einwohner- und Beschäftigtenentwicklung sowie anhand von Zähldaten zur vorhandenen Verkehrsstärke über die Stufen Verkehrserzeugung, Verkehrsverteilung, Verkehrsaufteilung und Wegewahl ermittelt wird. Grundlage war die im Auftrag der Berliner Verkehrsbetriebe erstellte Untersuchung der auf den Personenverkehr bezogenen Nachfrage durch das DIW unter Beiziehung der Matrix des Bundes zum Fernverkehr und eigener Daten zur Entwicklung des Wirtschaftsverkehrs. Außerdem wurden die Auswirkungen berücksichtigt, die sich aus den bereits abgeschlossenen und für den Prognosezeitraum 2025 geplanten Veränderungen im Straßennetz sowie den nach dem Stadtentwicklungsplan in Berlin beabsichtigten verkehrspolitischen Maßnahmen ergeben. Die Ergebnisse der Objektkonkreten Verkehrsprognose fanden Bestätigung beim Abgleich mit den Daten der Gemeinsamen Verkehrsprognose der Länder Berlin und Brandenburg 2025 und den anlässlich der Fortschreibung des Stadtentwicklungsplans Verkehr (Stand März 2011) gewonnenen aktuellen Erkenntnissen.
-
Die hiergegen von den Klägern vorgebrachten Rügen dringen nicht durch. Der Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung nachvollziehbar erläutert, wie die auf die Jahre 2020 bzw. 2030 bezogene Personenverkehrsprognose des DIW methodengerecht auf den hier maßgeblichen Prognosezeitraum 2025 übertragen wurde. Er hat ferner klargestellt, dass in das Prognosemodell nicht nur die Daten zum Personenverkehr aus der Untersuchung des DIW, sondern auch aus der Matrix des Bundes entnommene Daten zum Fernverkehr sowie aus der wirtschaftlichen Entwicklung abgeleitete Annahmen zum künftigen Wirtschaftsverkehr eingespeist wurden. Auch die Bewertung bedeutsamer Änderungen im Straßenverkehrsnetz - zu denen auch das Vorhaben selbst mit dem angestrebten Bündelungseffekt zählt - lässt keine Fehler erkennen. Ausweislich der Verkehrlichen Begründung für das Vorhaben und der Angaben des Beklagten ist als bereits abgeschlossene wichtige Baumaßnahme etwa die durchgängige Fertigstellung der A 113 neu in die Prognose eingeflossen. Berücksichtigt wurde ferner der Umstand, dass mit dem Flughafen Berlin Brandenburg International (BBI) künftig ein starker Verkehrserzeuger vorhanden sein wird. Soweit die Kläger in der der Verkehrlichen Begründung als Anhang beigefügten "Liste der im Prognoseplanfall 2025 berücksichtigten Ausbaumaßnahmen im Hauptverkehrsstraßennetz in Berlin und Brandenburg" den "Ausbau der A 114 von AD Pankow bis Landesgrenze Berlin" vermissen, hat der Beklagte unwidersprochen angegeben, dass eine solche Maßnahme nicht vorgesehen sei. Was etwa einen sechsstreifigen Ausbau der A 10 außerhalb von Berlin vom Autobahndreieck (AD) Pankow bis zum AD Havelland angeht, ist weder von den Klägern hinreichend dargetan noch sonst ersichtlich, dass eine solche Maßnahme den Verkehr auf der A 100 im 16. BA nennenswert beeinflussen könnte. Soweit die Kläger u.a. in diesem Zusammenhang darauf verweisen, dass es für den aus Richtung Dresden über die A 113 kommenden Durchgangsverkehr künftig attraktiv sein könnte, durch das Stadtgebiet über die A 113 neu, die A 100 und die A 114 nach Norden in Richtung Hamburg zu fahren, vermag dies nicht zu überzeugen. Eine Fortführung der Stadtautobahn im Anschluss an den bis zur Frankfurter Allee reichenden 17. BA ist weder bis zum Prognosejahr 2025 noch überhaupt vorgesehen, vielmehr soll der nördliche Außenring von da aus weiterhin nur über Stadtstraßen zu erreichen sein. Demgegenüber kann der von Süden kommende Durchgangsverkehr über die nach Nordwesten führende Stadtautobahn und die A 111 durchgängig auf Autobahnen in Richtung Norden gelangen, ohne dass diese Strecke erheblich länger wäre.
-
Dass sich der Beklagte nur hinsichtlich des Fernverkehrs auf die Daten der Bundesverkehrswegeplanung gestützt hat, ist nicht zu beanstanden. Zwar wäre es in methodischer Hinsicht problematisch, für ein einzelnes Projekt von den aus bundesweiten Strukturdaten und Verkehrsuntersuchungen abgeleiteten Daten der Bundesverkehrswegeplanung zur regionalen Entwicklung ohne Rücksicht auf die Konsistenz der Strukturdatenbasis abzuweichen (vgl. Urteile vom 18. März 2009 - BVerwG 9 A 39.07 - BVerwGE 133, 239 Rn. 110 und vom 9. Juni 2010 - BVerwG 9 A 20.08 - Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 208 Rn. 76 f.). Vorliegend wurden die Informationen des Bundesverkehrswegeplans jedoch nicht nur punktuell durch aktualisierte Daten ersetzt. Vielmehr hat der Beklagte aus der Erkenntnis heraus, dass die auf eine bundesweite Anwendung zielende Bundesverkehrswegeplanung für die Prognose speziell des Verkehrs auf einer Stadtautobahn keine zureichenden Daten liefern kann, von einer Anwendung der regionalisierten Informationen der Bundesverkehrswegeplanung abgesehen und stattdessen eine eigene Modellprognose vorgenommen, die auf die besonderen Verhältnisse im Stadtgebiet abstellt und bei der zudem die konkrete städtische Verkehrspolitik Berücksichtigung gefunden hat (vgl. bereits Urteile vom 23. November 2001 - BVerwG 4 A 46.99 - Buchholz 406.25 § 43 BImSchG Nr. 19 S. 43 f. und vom 13. Dezember 2001 - BVerwG 4 A 43.99 - BeckRS 2002, 20776). Eine solche Abweichung von der Bundesverkehrswegeplanung nach Maßgabe besserer Erkenntnisse steht in Einklang mit dem Abwägungsgebot. Dass sich die Daten aus der Fernverkehrsmatrix des Bundes nicht methodengerecht in die Modellprognose des Beklagten integrieren lassen, haben die Kläger nicht geltend gemacht.
-
Der Ansatz eines Faktors von 0,9 zur Umrechnung der durchschnittlichen werktäglichen Verkehrsstärke (DTVw) in die für den Lärmschutz maßgebliche durchschnittliche tägliche Verkehrsstärke (DTV) begegnet keinen Bedenken. Die Kläger machen zu Unrecht geltend, dieser Faktor sei zu niedrig bemessen, weil die sonntägliche Verkehrsstärke dann nur 56 % des werktäglichen Verkehrs betrage. Der Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung klargestellt, dass der DTVw-Wert nur die Zeit von Montag bis Freitag, nicht jedoch den Samstag umfasse. Damit entspricht der Faktor von 0,9 einer sonntäglichen Verkehrsstärke von 65 % im Vergleich zum werktäglichen Verkehr, was plausibel ist.
-
bb) Auch der Ansatz eines Lkw-Anteils > 2,8 t am DTV (Kfz/24 h) von 7,4 % für den Tag und für die Nacht ist nicht zu beanstanden.
-
Nach Tabelle A der Anlage 1 zu § 3 der Verkehrslärmschutzverordnung (16. BImSchV) beträgt der maßgebende Lkw-Anteil > 2,8 t am DTV für Bundesautobahnen tags (6 bis 22 Uhr) 25 % und nachts (22 bis 6 Uhr) 45 %. Hiervon kann nach der genannten Anlage abgewichen werden, sofern "geeignete projektbezogene Untersuchungsergebnisse" vorliegen. Solche Untersuchungsergebnisse müssen auf ausreichenden empirischen Erkenntnissen beruhen, aus denen in korrekter Weise Schlussfolgerungen für die zu beurteilende Situation gezogen werden; eine mathematisch "zwingende" Beweisführung ist nicht erforderlich (vgl. Urteil vom 11. Januar 2001 - BVerwG 4 A 13.99 - Buchholz 406.25 § 43 BImSchG Nr. 16 S. 17 f.). Gemessen daran weist die Prognose des Lkw-Anteils auf dem planfestgestellten Autobahnabschnitt keine Mängel auf.
-
Zwar weisen die Kläger zu Recht darauf hin, dass allein anhand der in den vorliegenden Planfeststellungsunterlagen enthaltenen Angaben nicht nachvollzogen werden kann, wie der Beklagte zu den abweichenden Lkw-Anteilen gelangt ist. In der Objektkonkreten Verkehrsprognose 2025 wird lediglich berichtet, dass die künftigen Schwerverkehrsanteile auf der Grundlage von - den Pkw- und den Lkw-Verkehr gesondert ausweisenden - Zähldaten auf der A 100 ermittelt worden seien. Im Folgenden wird dann nur das Ergebnis der Auswertung mitgeteilt. Diese Angaben lassen keine Schlüssigkeitsprüfung zu. Indes führt allein eine unzureichende Dokumentation der projektbezogenen Ermittlung der Lkw-Anteile nicht zu einem relevanten Rechtsfehler. Den einschlägigen Normen kann keine Rechtspflicht zur umfassenden Dokumentation "projektbezogener Untersuchungen" i.S.d. Anlage 1 zu § 3 der 16. BImSchV entnommen werden. Der Behörde ist es daher nicht verwehrt, die Plausibilität der für die Planung maßgeblichen abweichenden projektbezogenen Untersuchungsergebnisse nachträglich aufzuzeigen. Sie geht dabei allerdings das Risiko ein, dass ihr eine solche nachträgliche Darlegung gerade auch wegen der besonderen Komplexität, die den hierbei zu beurteilenden Sachverhalten regelmäßig zu eigen ist, nicht oder nicht vollständig gelingt.
-
Vorliegend hat der Beklagte noch schlüssig dargetan, dass die maßgeblichen Lkw-Anteile Ergebnis einer konsistenten und methodisch vertretbaren projektbezogenen Untersuchung sind (Schriftsätze vom 6. August 2012 und vom 14. September 2012 sowie Erläuterungen seitens der Fachbehörde und der Verkehrsmanagement Zentrale Berlin - VMZ - in der mündlichen Verhandlung). Danach wurden zunächst die auf DTVw von Kfz und Lkw > 3,5 t bezogenen Zähldaten der Stadtautobahn (A 100) des Jahres 2006 ausgewertet. Für die gesamte Stadtautobahn wurde daraus ein auf DTVw bezogener Lkw-Anteil > 3,5 t von 6,8 % hergeleitet. Das Ergebnis wurde anhand der DTVw-Werte der Verkehrsmengenkarte 2005 verifiziert. Für die A 100 im Bereich des AD Neukölln, also in unmittelbarer Nähe des Vorhabens, beträgt der Lkw-Anteil > 3,5 t am DTVw nach dieser Datengrundlage 5,9 %; auch in weiteren Abschnitten der A 100 liegt der Lkw-Anteil > 3,5 t danach unterhalb des projektkonkret ermittelten Anteils von 6,8 % am DTVw. Darüber hinaus überprüfte die VMZ die Richtigkeit des Lkw-Anteils im Auftrag des Vorhabenträgers anhand der Verkehrsmengenkarte 2009 mit dem Ergebnis, dass der Lkw-Anteil > 3,5 t am DTV für die Autobahnen im direkten Bereich des Vorhabens im Mittel 5,8 % und für vergleichbare Autobahnendstücke 5,2 % (A 100 zwischen Anschlussstelle - AS - Jakob-Kaiser-Platz bis AS Beusselstraße) bzw. 5,1 % (A 114 zwischen AS Bucher Straße bis AS Pasewalker Straße) beträgt ("Analyse der aktuellen Verkehrsdaten" im Schreiben der VMZ vom 15. Dezember 2010). Zur Bestimmung des Lkw-Anteils für den Tag und die Nacht wurde auf die auf einer Auswertung von Verkehrszählungen der Jahre 1997 bis 1999 beruhende Ermittlung der "maßgebenden Lkw-Anteile p im Berliner Straßennetz" zurückgegriffen und dieser Untersuchung entnommen, dass sich die Lkw-Anteile tags und nachts auf der Berliner Stadtautobahn "nicht signifikant" unterscheiden und daher einheitlich angesetzt werden können. Die Fachbehörde verifizierte diese Erkenntnis projektkonkret anhand der Zähldaten der A 100 des Jahres 2006 mit dem Ergebnis, dass sich die Tages- und Nachtanteile des Lkw-Verkehrs auch für diesen Zeitraum nur geringfügig unterscheiden. Sodann errechnete die Fachbehörde unter Anwendung eines von der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) genannten Umrechnungsfaktors von 1,17 den Lkw-Anteil > 2,8 t am DTVw mit aufgerundet 8 %. Diesem Wert wurde ein "Sicherheitszuschlag" von 1 % hinzugerechnet, um Prognoseunsicherheiten aufzufangen. Schließlich wurde zur Ermittlung des für den Lärmschutz maßgeblichen Lkw-Anteils > 2,8 t am DTV ein aus Zählergebnissen und Erfahrungswerten abgeleiteter Umrechnungsfaktor von 0,821 für den Lkw-Anteil > 2,8 t am DTVw angesetzt, so dass der maßgebende Lkw-Anteil p nach Anlage 1 zu § 3 der 16. BImSchV 7,4 % beträgt.
-
Dieses Vorgehen erscheint insgesamt plausibel. Dass für die Berliner Stadtautobahn, bei der es sich nicht um eine großräumige Autobahnverbindung außerhalb bebauter Gebiete handelt, geringere Lkw-Anteile p als die in Tabelle A der Anlage 1 zu § 3 der 16. BImSchV genannten Anteile gelten müssen, liegt auf der Hand. Selbst auf Autobahnabschnitten am Rande des Stadtgebiets, bei denen die Funktion der Erschließung stark bebauter Gebiete mit entsprechend hohem Pkw-Verkehr erheblich weniger ausgeprägt ist als bei dem hier vorliegenden innerstädtischen Autobahnendstück, werden die in Tabelle A genannten Lkw-Anteile deutlich unterschritten (vgl. Urteil vom 13. Dezember 2001 - BVerwG 4 A 43.99 - BeckRS 2002, 20776: 15 % tags und 20 % nachts auf der A 113 im Abschnitt zwischen AS Stubenrauchstraße und AS Adlershof). Die Einschätzung des Beklagten, dass der für das Vorhaben angesetzte Lkw-Anteil deshalb "auf der sicheren Seite" liegt, weil er erheblich höher ist als die Zählwerte, die für vergleichbare, in das Stadtstraßennetz mündende Autobahnabschnitte ermittelt wurden, ist gut nachvollziehbar. Die Plausibilität dieser Annahme zeigt auch die vom Beklagten im gerichtlichen Verfahren eingereichte "Untersuchung zum anzusetzenden Lkw-Anteil" der Ingenieurgesellschaft H.-L. vom 12. September 2012. Danach beträgt der Lkw-Anteil p > 2,8 t am DTV bei Auswertung der Straßenverkehrszählungen der BASt aus den Jahren 2005 und 2010 für Autobahnabschnitte mit vergleichbarer Netzfunktion wie das Vorhaben im Mittel 2,6 % tags und 4,4 % nachts bzw. 2,7 % tags und 4,3 % nachts; der höchste Tagwert liegt bei 4,2 % bzw. 4,7 % (A 100, Abschnitt zwischen AS Beusselstraße und AS Jakob-Kaiser-Platz) und der höchste Nachtwert bei 6,9 % (A 102, Abschnitt zwischen AD Tempelhof und AS Gradestraße) bzw. 8 % (wiederum A 100, Abschnitt zwischen AS Beusselstraße und AS Jakob-Kaiser-Platz). Für alle Autobahnabschnitte der A 100 ermittelte der Gutachter aus den genannten Zählungen der BASt den Lkw-Anteil > 2,8 t am DTV mit 4,2 % tags und 7,4 % nachts bzw. 4,2 % tags und 6,5 % nachts. Vor diesem Hintergrund erscheint insbesondere der Ansatz eines Lkw-Anteils > 2,8 t am DTV von 7,4 % für den Tag als worst-case-Betrachtung.
-
Den hiergegen gerichteten Einwänden der Kläger kann nicht gefolgt werden. Soweit sie darauf verweisen, dass der Bundesverkehrswegeplan 2003 für den sechsstreifigen Neubau der A 100 von einem Lkw-Anteil von 14 % für das Jahr 2015 ausgeht, führt dies nicht weiter. Wie bereits dargelegt, durfte der Beklagte annehmen, dass die aus bundesweiten Daten auf die Regionen "umgelegten" Werte der Bundesverkehrswegeplanung die besonderen Verhältnisse im Stadtgebiet von Berlin nicht zureichend widerspiegeln und daher jedenfalls für eine projektbezogene Prognose des Verkehrs zum Zweck der Lärmschutzplanung nicht geeignet sind. Ohne Erfolg rügen die Kläger, der Beklagte habe den Lkw-Anteil lediglich aus den vorliegenden Zähldaten bestimmt, jedoch keine auf das maßgebliche Jahr 2025 bezogene Prognose des Lkw-Anteils vorgenommen. Die Vertreterin der zuständigen Fachbehörde hat in der mündlichen Verhandlung dargelegt, dass die bedeutsamen Veränderungen im Straßennetz - hier insbesondere auch die durchgängige Fertigstellung der A 113 und die Auswirkungen des künftigen Flughafens BBI - sowie die zu erwartende wirtschaftliche und demografische Entwicklung und der Bündelungseffekt der neuen Trasse der A 100 in die Prognose des Lkw-Anteils eingeflossen sind. Dass die Fachbehörde dabei zu der Einschätzung gelangt ist, der Lkw-Anteil auf den mit dem Vorhaben vergleichbaren Autobahnabschnitten werde sich bis zum Jahr 2025 nicht wesentlich ändern, belegt entgegen der Auffassung der Kläger kein methodisch fehlerhaftes Vorgehen. Der Beklagte hat zur Bestätigung dieser Einschätzung eine retrospektive Betrachtung der Zähldaten vorgenommen, wonach der Lkw-Anteil auf den Abschnitten mit vergleichbarer Netzfunktion über einen langen Zeitraum hinweg stabil geblieben sei. Das ist nicht zu beanstanden. Die Kläger begründen ihre abweichende Bewertung des künftigen Lkw-Anteils vor allem damit, dass der Durchgangsverkehr über die Neubaustrecke der A 100 auf kurzem Wege durch das Stadtgebiet von Süden nach Norden gelangen könne; es sei zu erwarten, dass gerade Lkw während der Nachtzeit diese dann nicht belastete Strecke wählten. Wie bereits ausgeführt, ist diese Einschätzung angesichts der Möglichkeit, über den westlichen mittleren Ring und die A 111 durchgängig auf Autobahnen auf den nördlichen äußeren Ring zu gelangen, nicht überzeugend. Die der Planung zugrunde gelegten Lkw-Anteile werden auch nicht durch höhere Lkw-Anteile auf der A 113 (vgl. Kleine Anfrage vom 1. März 2011, Drucks. 16/15246 des Abgeordnetenhauses Berlin) in Frage gestellt. Denn die A 113 erfüllt als stadtauswärts bzw. auf den im Westen durchgängig vorhandenen mittleren Ring führende Autobahn eine deutlich stärkere Funktion als großräumige Straßenverbindung als das planfestgestellte innerstädtische Autobahnendstück der A 100. Im Übrigen liegt der Lkw-Anteil auf dem Abschnitt zwischen dem AD Neukölln und der AS Späthstraße, der dem Vorhaben am nächsten liegt, mit einem Wert für den Lkw-Anteil > 3,5 t am DTVw von 6,9 % bzw. für den Lkw-Anteil > 2,8 t am DTV von rund 6,6 % immer noch deutlich unter dem für die A 100 im 16. BA prognostizierten Lkw-Anteil.
-
Die Umrechnung des Lkw-Anteils > 3,5 t in den maßgeblichen Lkw-Anteil > 2,8 t mit dem Faktor 1,17 lässt entgegen der Auffassung der Kläger ebenfalls keinen Abwägungsfehler erkennen. Zwar ist bereits geraume Zeit vergangen, seit die BASt diesen Umrechnungsfaktor aus den bundesweiten Bestandsdaten des Kraftfahrtbundesamtes abgeleitet hat. Auch hat die Vertreterin der zuständigen Fachbehörde in der mündlichen Verhandlung eingeräumt, dass es möglich gewesen wäre, den Umrechnungsfaktor anhand der zum Planungszeitpunkt vorliegenden Bestandsdaten des Kraftfahrtbundesamtes zu aktualisieren. Sie hat jedoch weiter ausgeführt, dass kein regionalisierter Umrechnungsfaktor gebildet werden könne, weil sich den auf die formale Zulassung der Fahrzeuge bezogenen Bestandsdaten des Kraftfahrtbundesamtes nicht entnehmen lasse, wie hoch der tatsächliche Anteil des Schwerlastverkehrs in Berlin sei. Daher sei der Sicherheitszuschlag von 1 % auf den Lkw-Anteil > 2,8 t am DTVw angesetzt worden, um die mit der Verwendung des bundesweiten Umrechnungsfaktors von 1,17 verbundenen Prognoseunsicherheiten aufzufangen. Ein solches Vorgehen für den Fall nicht weiter auflösbarer Unwägbarkeiten ist sachgerecht. Der Beklagte hat diese Methodik auch nicht dadurch selbst in Frage gestellt, dass die VMZ bei der Verifizierung des prognostizierten Lkw-Anteils anhand der Verkehrsmengenkarte 2009 einen Umrechnungsfaktor von 1,28 angewandt hat. Wie in der mündlichen Verhandlung deutlich wurde, ist die Verwendung des höheren Umrechnungsfaktors nicht besseren Erkenntnissen geschuldet, sondern diente angesichts der in der Fachwelt geführten Diskussion über die Richtigkeit des von der BASt vorgegebenen Faktors der Prüfung, welchen Spielraum der Sicherheitszuschlag von 1 % insoweit eröffnet. Dies zeigt das Ergebnis der Prüfung. Denn bei Ansatz eines Umrechnungsfaktors von 1,28 ergibt die Auswertung der Zähldaten aus der Verkehrsmengenkarte 2009 den für die Planung maßgeblichen Lkw-Anteil > 2,8 t am DTV von 7,4 %, wenn von einem Sicherheitszuschlag abgesehen wird.
-
Nicht zu beanstanden ist schließlich der Faktor von 0,821 zur Umrechnung des Lkw-Anteils > 2,8 t am DTVw in den auf DTV bezogenen Anteil. Die Kläger stützen ihre Zweifel an der Richtigkeit dieses Faktors wohl darauf, dass er von dem Faktor von 0,9 abweicht, mit dem die auf den DTVw bezogene "allgemeine" Verkehrsstärke in den DTV-Wert umgerechnet wurde. Es liegt jedoch auf der Hand, dass der Faktor zur Ermittlung des Lkw-Anteils am DTV niedriger sein muss, weil für Lkw ein Fahrverbot an Sonn- und Feiertagen gilt.
-
Nach allem ist es den Klägern nicht gelungen, die auf einer Einschätzung der zuständigen fachtechnischen Behörde beruhende Prognose des für den Lärmschutz maßgeblichen Lkw-Anteils zu erschüttern. Daher sieht der Senat keinen Anlass, das von den Klägern beantragte Sachverständigengutachten zum Beweis der Behauptung einzuholen, dass sich "unter Einbeziehung aller relevanten Einflussfaktoren bis zum Jahr 2025" ein höherer Lkw-Anteil > 2,8 t als 7,4 % ergebe (vgl. Urteil vom 6. Februar 1985 - BVerwG 8 C 15.84 - BVerwGE 71, 38 <45>; Beschluss vom 4. Januar 2007 - BVerwG 10 B 20.06 - Buchholz 310 § 86 Abs. 1 VwGO Nr. 353 S. 5 m.w.N.; stRspr).
-
c) Es ist nicht erkennbar, dass die Abwägung auf einer fehlerhaften Untersuchung und Bewertung der Schadstoffbelastungen beruht.
-
aa) Die Kläger sind der Auffassung, es müssten geeignete Vorkehrungen getroffen werden um sicherzustellen, dass die prognostizierten Überschreitungen der Grenzwerte der Verordnung über Luftqualitätsstandards und Emissionshöchstmengen (39. BImSchV) nicht eintreten. Dem kann nicht gefolgt werden.
-
Die Einhaltung der Grenzwerte der 39. BImSchV ist keine Rechtmäßigkeitsvoraussetzung für die Planfeststellung eines Straßenbauvorhabens, weil Grenzwertüberschreitungen nach dem System der Luftreinhalteplanung (vgl. § 47 BImSchG, § 27 der 39. BImSchV) unabhängig von den Immissionsquellen zu vermeiden sind. Allerdings ist das Gebot der Konfliktbewältigung als Ausformung des Abwägungsgebots verletzt, wenn die Planfeststellungsbehörde das Vorhaben zulässt, obgleich absehbar ist, dass seine Verwirklichung die Möglichkeit ausschließt, die Einhaltung der Grenzwerte mit den Mitteln der Luftreinhalteplanung in einer mit der Funktion des Vorhabens zu vereinbarenden Weise zu sichern. Das ist insbesondere der Fall, wenn die von einer planfestgestellten Straße herrührenden Immissionen bereits für sich genommen die maßgeblichen Grenzwerte überschreiten. Von diesem Fall abgesehen geht der Gesetzgeber davon aus, dass sich die Einhaltung der Grenzwerte mit den Mitteln der Luftreinhalteplanung sichern lässt. Für die Annahme, dass dies nicht möglich ist, müssen deshalb besondere Umstände vorliegen (vgl. Urteile vom 26. Mai 2004 - BVerwG 9 A 6.03 - BVerwGE 121, 57 <60 ff.> und vom 12. August 2009 - BVerwG 9 A 64.07 - BVerwGE 134, 308 Rn. 106 f.). Gemessen daran genügt die Planung dem Gebot der Konfliktbewältigung.
-
Dass die vorhabenbedingten Immissionen nicht bereits für sich genommen höher sind als die Grenzwerte, ist zwischen den Beteiligten unstreitig. Die Kläger meinen jedoch unter Bezugnahme auf die Stellungnahme der Immissionsschutzbehörde des Beklagten im Anhörungsverfahren vom 5. November 2009, dass die Luftreinhalteplanung in Berlin ihre Möglichkeiten bereits ausgeschöpft habe und daher nichts mehr zu einer Vermeidung der prognostizierten Grenzwertüberschreitungen beitragen könne. Dafür lässt sich indes der genannten Stellungnahme nichts entnehmen. Dort wird ausdrücklich angemerkt, dass im Falle von Grenzwertüberschreitungen verkehrliche Maßnahmen erforderlich wären. Soweit die Immissionsschutzbehörde in ihrer Stellungnahme davon ausgeht, dass solche verkehrlichen Maßnahmen nicht im Rahmen der Luftreinhalteplanung, sondern nur durch die Verkehrsbehörden vorgenommen werden können, hat sie übersehen, dass gemäß § 47 Abs. 4 Satz 2 BImSchG in Luftreinhalteplänen im Einvernehmen mit den zuständigen Straßenbau- und Straßenverkehrsbehörden auch "Maßnahmen im Straßenverkehr" festgelegt werden können (vgl. auch § 40 BImSchG). Auch sonst sind keine "besonderen Umstände" erkennbar, die eine Bewältigung von Grenzwertüberschreitungen mit den Mitteln der Luftreinhalteplanung ausnahmsweise als ausgeschlossen erscheinen lassen. Im Planfeststellungsbeschluss (S. 246) werden mehrere auf das gesamte Stadtgebiet bezogene Maßnahmen genannt, so zum Beispiel die Sperrung der Innenstadt für bestimmte Kraftfahrzeuge mit hohen Abgaswerten. Die Kläger zeigen nicht auf, dass diese Maßnahmen nicht geeignet sind, die Hintergrundbelastung im Stadtgebiet zu senken. Zudem hat der Beklagte in der mündlichen Verhandlung eine Reihe von unmittelbar auf die Trasse bezogener verkehrlicher Maßnahmen genannt wie beispielsweise eine weitere Optimierung der Lichtsignalanlagen oder die Anbringung von "Umweltmodulen", die bei bestimmten Messwerten eine Steuerung des Verkehrs zum Zweck der Abgassenkung auslösen, ferner mit den Planzielen vereinbare temporäre Beschränkungen des Lkw-Verkehrs und der Fahrgeschwindigkeit. Schließlich werden im Planfeststellungsbeschluss (S. 171) mögliche Maßnahmen zum Schutz der Innenwohnräume aufgeführt. Auch insoweit ist weder von den Klägern dargelegt noch sonst erkennbar, dass solche Maßnahmen mit der Funktion des Vorhabens nicht vereinbar oder untauglich sind.
-
bb) Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass bei der Beurteilung der Schadstoffbelastung kritische Bereiche ausgespart wurden.
-
Die in der 39. BImSchV festgelegten Luftschadstoffgrenzwerte dienen dem Schutz der menschlichen Gesundheit. Daher ist entscheidend, ob sie in der konkreten Schadstoffsituation, der Menschen an bestimmten Stellen ausgesetzt sind, eingehalten werden, und nicht, ob dies im Gesamtgebiet flächendeckend oder im Durchschnitt der Fall ist (vgl. Urteil vom 26. Mai 2004 a.a.O. S. 60 f.). Diese Anforderung erfüllt die der Planung zugrunde gelegte Lufthygienische Untersuchung (LU).
-
Die Kläger sind der Auffassung, nach Anlage 3 zur 39. BImSchV sei die Schadstoffbelastung nur für solche Bereiche nicht zu beurteilen, die zum Aufenthalt für Menschen nicht geeignet seien. Daher hätte nicht nur die Belastung an den Hausfassaden, sondern auch die des Luftraums über den Gehwegen ermittelt werden müssen. Gerade die am höchsten belasteten Bereiche seien somit ausgeblendet worden. Dem kann nicht gefolgt werden. Es trifft nicht zu, dass die Schadstoffbelastung für alle zum Aufenthalt von Menschen geeignete Bereiche zu berechnen ist. Zwar werden in Abschnitt A Nr. 2 Buchst. a) und c) der Anlage 3 zur 39. BImSchV bestimmte nicht dem Aufenthalt von Menschen dienende Orte genannt, für die generell keine Beurteilung der Schadstoffbelastung vorzunehmen ist. Daraus folgt indes nicht, dass alle übrigen Bereiche zu untersuchen sind. Vielmehr ist die Luftqualität an den übrigen Orten gemäß Abschnitt A Nr. 1 der Anlage 3 zur 39. BImSchV nach den in den Abschnitten B und C für die Lage der Probenahmestellen für ortsfeste Messungen festgelegten Kriterien zu beurteilen; das gilt auch, soweit die Luftqualität - wie hier - durch Modellrechnungen beurteilt wird. Nach Abschnitt B Nr. 1 Buchst. a) erster Spiegelstrich der Anlage 3 zur 39. BImSchV ist die Belastung derjenigen Bereiche zu beurteilen, "in denen die höchsten Werte auftreten, denen die Bevölkerung wahrscheinlich ... über einen Zeitraum ausgesetzt sein wird, der im Vergleich zum Mittelungszeitraum der betreffenden Immissionsgrenzwerte signifikant ist". Maßgebliches Kriterium für die Festlegung des Untersuchungsbereichs ist also das Verhältnis der Aufenthaltsdauer von Menschen zum Mittelungszeitraum des jeweils zu beurteilenden Grenzwerts; diese Aufenthaltsdauer muss einen "signifikanten" Anteil am Mittelungszeitraum ausmachen. Da die Grenzwerte dem Schutz der menschlichen Gesundheit dienen, kommt es auf die Belastung des einzelnen Menschen und damit auf dessen typische Aufenthaltsdauer an, und nicht auf den Zeitraum, in dem wechselndes Publikum vorhanden ist. Danach sind selbst bezogen auf Grenzwerte mit dem geringsten Mittelungszeitraum von einer Stunde (vgl. §§ 2 f. der 39. BImSchV) nur solche Bereiche zu untersuchen, in denen der Einzelne nicht nur für einen kurzen Moment, sondern "über einen längeren Zeitraum" Schadstoffen ausgesetzt ist (vgl. Urteil vom 26. Mai 2004 a.a.O. S. 60 f.). Die Luftqualität über Gehwegen ist mithin dann nicht zu beurteilen, wenn dort lediglich ständig wechselnder Fußgängerverkehr stattfindet. Anderes gilt abhängig vom Mittelungszeitraum des jeweiligen Grenzwerts für Gehwege, auf denen sich etwa "Schankvorgärten" von Gaststätten befinden, wie dies die Kläger für die Elsenstraße behaupten.
-
Unabhängig davon wurde die Luftqualität nach den unbestrittenen Angaben des Gutachters in der mündlichen Verhandlung vorliegend nicht nur bezogen auf die Hausfassaden, sondern im Rahmen einer zusätzlichen Untersuchung flächenhaft - und damit unter Einschluss der Gehwegbereiche - anhand eines mikroskaligen Ausbreitungsmodells (MISKAM) berechnet (vgl. LU S. 97 f. und ergänzende Stellungnahme der Immissionsschutzbehörde vom 5. November 2009).
-
cc) Zu Unrecht rügen die Kläger, sowohl die Vorbelastung (Hintergrundbelastung) mit Schadstoffen als auch die meteorologischen Verhältnisse hätten grundstücksbezogen beurteilt werden müssen.
-
In der Rechtsprechung des Senats ist geklärt, dass vom Vorhabenträger nicht gefordert werden kann, eigene jahrelange Messungen vorzunehmen, um die Vorbelastung an Ort und Stelle grundstücksbezogen analysieren zu können. Soweit für die Vorbelastung im Untersuchungsgebiet Messdaten nicht zur Verfügung stehen, kann daher auf über die Jahre hin erhobene Messdaten anderer geeigneter Messstationen zurückgegriffen werden. Dabei muss die Auswahl der berücksichtigten Messstationen den örtlichen Verhältnissen Rechnung tragen (vgl. Urteile vom 18. März 2009 - BVerwG 9 A 39.07 - Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 201 Rn. 126
und vom 9. Juni 2010 - BVerwG 9 A 20.08 - Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 208 Rn. 129). Nichts anderes kann gelten, soweit keine Messungen zu den für die grundstücksbezogene Beurteilung der Luftqualität relevanten lokalen Luftströmungen vorliegen. Auch insoweit kann aus vorhandenen meteorologischen Daten auf die örtlichen Verhältnisse geschlossen werden, um aufwändige Messungen vor Ort zu vermeiden.
-
Ausgehend davon kann die Beurteilung der Luftqualität im Untersuchungsgebiet nicht beanstandet werden. Zur Ermittlung der Vorbelastung wird in der LU (S. 15) ausgeführt, dass für das Untersuchungsgebiet selbst keine flächendeckenden Messdaten über die Luftschadstoffbelastungen vorliegen, dass die vorhandenen Hintergrundbelastungsrechnungen jedoch für Berlin räumlich differenzierte Aussagen zur Vorbelastung - auch des Untersuchungsgebiets - erlauben. Die Richtigkeit dieser vom Gutachter des Beklagten in der mündlichen Verhandlung näher erläuterten Angabe wird von den Klägern nicht substantiiert in Abrede gestellt. Soweit sie eine Verifizierung der auf diese Weise errechneten Vorbelastung im Untersuchungsgebiet durch einzelne Messungen vermissen, hat der Gutachter in der mündlichen Verhandlung dargelegt, dass solche Messungen aufwändig wären und über einen Zeitraum von mindestens einem Jahr stattfinden müssten. Dies kann vom Vorhabenträger nicht verlangt werden, zumal die Datenlage für Berlin nach den Ausführungen des Gutachters in der mündlichen Verhandlung "komfortabel" ist und relativ genaue Aussagen zur örtlichen Vorbelastung zulässt. Die im Trassenbereich vorherrschenden bodennahen Strömungen wurden ausweislich der LU (S. 20 ff.) aus einer Ausbreitungsklassenstatistik abgeleitet, die sich auf langjährige meteorologische Daten der Messstation Berlin-Grunewald stützt. Diese Werte wurden zudem an die aus klimatischen Modellrechnungen bekannten spezifischen Strömungsverhältnisse im Untersuchungsgebiet bei Inversionswetterlagen angepasst. Der Gutachter hat ergänzend in der mündlichen Verhandlung ausgeführt, dass aufgrund der homogenen Topografie vor Ort die Strömungsverhältnisse auf diese Weise relativ genau erfasst werden könnten. Von größerem Einfluss im innerstädtischen Bereich seien die Gebäudeverhältnisse, die jedoch bereits im Rahmen der Berechnungsmodelle berücksichtigt würden. Eine grundstücksbezogene Ermittlung der lokalen Strömungen würde mehrjährige Messungen an Ort und Stelle voraussetzen. Die Kläger sind diesen nachvollziehbaren Darlegungen nicht substantiiert entgegengetreten.
-
dd) Die Kläger weisen ferner darauf hin, dass nach der LU die Schadstoffbelastung im Bereich Elsenstraße/Am Treptower Park für den Planfall 16. BA 2025 geringer sei als für den Nullfall 2025, obwohl für den Planfall eine deutlich höhere Verkehrsbelastung erwartet werde. Daran werde die fehlende Plausibilität der LU erkennbar. Dem kann aufgrund der Erläuterungen des Gutachters des Beklagten in der mündlichen Verhandlung nicht gefolgt werden. Danach wurde ursprünglich tatsächlich angenommen, dass die Schadstoffbelastung im Planfall trotz höherer Verkehrsbelastung geringer sei, weil der Verkehrsfluss infolge der im Planfeststellungsbeschluss festgesetzten Steuerung der Lichtsignalanlagen ("Grüne Welle") besser sei als im Nullfall. Der Planfeststellung sei jedoch dann eine höhere Schadstoffbelastung im Planfall 16. BA 2025 zugrunde gelegt worden, weil die Entlastung durch den besseren Verkehrsfluss die Belastung durch den höheren Verkehr weder überwiege noch kompensiere. Dies erscheint plausibel.
-
Hinsichtlich der sonstigen auf die LU bezogenen Rügen der Kläger hat entweder der Gutachter in der mündlichen Verhandlung die Vertretbarkeit der LU plausibel dargelegt (insbesondere Hintergrundbelastung Benzo(a)pyren, 98-Perzentilwert, Berücksichtigung der Bebauung bei der Ausbreitungsrechnung), oder es fehlt - auch mit Blick auf die Erläuterungen in der LU - an hinreichend substantiiertem bzw. schlüssigem Vorbringen.
-
d) Ohne Erfolg wenden die Kläger ein, zulasten des Vorhabens hätte berücksichtigt werden müssen, dass die Knotenpunkte Am Treptower Park/Elsenstraße sowie Alt Stralau/Stralauer Allee/Markgrafendamm den prognostizierten Verkehr nicht bewältigen könnten, was erhebliche Ausweichverkehre in die umliegenden Stadtstraßen und höhere Belastungen mit Luftschadstoffen zur Folge haben werde.
-
Die Verkehrsabläufe im Bereich der genannten Knotenpunkte wurden im Auftrag des Beklagten fachlich untersucht. Wie der Verkehrsgutachter des Beklagten in der mündlichen Verhandlung erläuterte, liegt der Beurteilung der Leistungsfähigkeit der Knotenpunkte die im Planfeststellungsbeschluss angeordnete Koordinierung der Lichtsignalanlagen untereinander ("Grüne Welle") und der dadurch ausgelöste Verkehrsfluss zugrunde. Danach seien die Knotenpunkte leistungsfähig, was die Simulation des künftigen Verkehrs bestätigt habe. Würden die einzelnen Knotenpunkte hingegen gemäß dem vereinfachten Modell des Handbuchs für die Bemessung von Straßenverkehrsanlagen (HBS) isoliert betrachtet und eine durch Koordinierung der Lichtsignalanlagen unbeeinflusste Normalverteilung des Verkehrs unterstellt, fehle es tatsächlich an einer hinreichenden Leistungsfähigkeit. Eine solche Betrachtung werde jedoch dem tatsächlichen Zufluss des Verkehrs an den Knotenpunkten nicht gerecht, da sie die Effekte der Koordinierung der Lichtsignalanlagen ausblende.
-
Die im Auftrag des Bezirkes Friedrichshain-Kreuzberg erstellte und von den Klägern vorgelegte fachliche Beurteilung der Leistungsfähigkeit durch das Büro D. lässt nicht erkennen, dass die der Planfeststellung zugrunde gelegte fachtechnische Einschätzung grobe, offen erkennbare Mängel oder unlösbare Widersprüche aufweist oder von unzutreffenden sachlichen Voraussetzungen ausgeht (vgl. Urteil vom 3. März 2011 - BVerwG 9 A 8.10 - BVerwGE 139, 150 Rn. 81). Ausweislich der von den Klägern vorgelegten Untersuchung wurde jeder Knotenpunkt einzeln ohne Rücksicht auf die geplante Koordinierung der Lichtsignalanlagen betrachtet und auf dieser Grundlage deren fehlende Leistungsfähigkeit festgestellt. Daraus wird dann geschlossen, dass eine Koordinierung der Strecke nicht sinnvoll sei, weil die Leistungsfähigkeit bei einer Koordinierung im Allgemeinen weiter sinke. Diese Einschätzung beruht hinsichtlich der Berücksichtigung der angeordneten Koordination der Lichtsignalanlagen auf einem anderen methodischen Ansatz als die der Planfeststellung zugrunde gelegte Bewertung. Dass fachliche Einschätzungen bei unterschiedlicher Methodik zu unterschiedlichen Ergebnissen gelangen, versteht sich von selbst und besagt für sich genommen nichts über die Plausibilität der jeweiligen Untersuchung. Soweit die Kläger geltend machen, dass auch der Knotenpunkt A 100/Am Treptower Park nicht hinreichend leistungsfähig sei, können sie sich schon nicht auf die Untersuchung des Büros D. berufen. Dort wird die Leistungsfähigkeit dieses Knotenpunktes vielmehr ausdrücklich bejaht. Nach allem besteht kein Anlass, das von den Klägern beantragte Sachverständigengutachten zum Beweis der Behauptung einzuholen, die Knotenpunkte A 100/Am Treptower Park, Am Treptower Park/Elsenstraße und Elsenstraße/Stralauer Allee/Markgrafendamm seien im Planfall verkehrlich überlastet und könnten durch Koordinierung nicht funktionsfähig gemacht werden. Im Übrigen haben die Kläger auch nicht dargelegt, weshalb die Beweisfrage nicht bereits aufgrund der von ihnen hierzu vorgelegten fachlichen Untersuchung abschließend geklärt ist (vgl. Beschluss vom 5. Dezember 2008 - BVerwG 9 B 28.08 - Buchholz 406.25 § 50 BImSchG Nr. 6 Rn. 5).
-
e) In die Abwägung durfte zugunsten des Vorhabens eingehen, dass die Belastung mit Verkehrslärm in der Umgebung der Trasse durch Verlagerungen des Verkehrs aus den vom nachgeordneten Straßennetz erschlossenen dicht bewohnten Stadtgebieten auf die Stadtautobahn insgesamt zurückgehen wird. Die gegen diese Annahme gerichteten Rügen der Kläger können nicht durchdringen.
-
In die Modellprognose der künftigen Verkehrsbelastung wurden die wegen der vorhabenbedingt kürzeren Reisezeit zu erwartenden Verlagerungen des Verkehrs vom öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) auf den motorisierten Individualverkehr (MIV) ebenso eingespeist und damit bei der Bilanzierung des Verkehrslärms berücksichtigt wie der Umstand, dass infolge der attraktiveren Verkehrsverhältnisse die Fahrstrecken im Durchschnitt länger werden (Anteil dieses Verkehrs insgesamt etwa zwischen 2,5 % und 5 % am prognostizierten Verkehr auf dem planfestgestellten Abschnitt). Die entsprechenden nachvollziehbaren Erläuterungen der Vertreterin der zuständigen Fachbehörde haben die Kläger nicht substantiiert angegriffen. Soweit die Kläger vorbringen, die Belastungen durch das Vorhaben selbst seien nicht in die Bilanzierung einbezogen worden, übersehen sie, dass dies nach den eingehenden Darlegungen des Planfeststellungsbeschlusses (S. 167 ff.) nicht zutrifft. Bei der Abwägung wurde außerdem beachtet, dass die eine Gesundheitsgefahr durch Lärm anzeigenden Schwellenwerte infolge des Vorhabens erstmals überschritten werden können oder eine bereits hohe Vorbelastung noch erhöht werden kann.
-
Es ist vertretbar, diesem Aspekt deshalb kein eigenständiges Gewicht beizumessen, weil es wegen des angeordneten passiven Schallschutzes tatsächlich nicht zu Gesundheitsgefährdungen kommt (vgl. Planfeststellungsbeschluss S. 167 und 169). Zu Unrecht machen die Kläger geltend, dass bei der Lärmbilanzierung der vorhabenbedingte Verkehrszuwachs im Stadtteil Friedrichshain ausgeblendet worden sei. Nach den vorliegenden Unterlagen (Imelmann, Schalltechnischer Bericht Nr. 293.4 Ordner "Abwägungsmaterial/zusätzliche Unterlagen" S. III 2078 ff. und S. III 2083) wurden auch die Auswirkungen des Vorhabens auf das Stadtgebiet Friedrichshain untersucht und etwa für das Boxhagener Viertel ein deutlicher Anstieg des Verkehrslärms angenommen und in die Gesamtbetrachtung der durch das Vorhaben bewirkten Be- und Entlastungen einbezogen. Die Lärmbilanzierung beruht ferner nicht auf widersprüchlichen Grundannahmen zur Wahrnehmbarkeit von Lärmänderungen, vielmehr wurde ausweislich des Planfeststellungsbeschlusses (S. 165 f.) eine einheitliche Hörbarkeitsschwelle von rund 1 dB(A) zugrunde gelegt. Schließlich ist bei der Bewertung der Entlastungswirkungen nicht außer Acht gelassen worden, dass es vorhabenbedingt zu Verlagerungen vom ÖPNV auf den MIV kommen wird. Wie die Vertreterin der zuständigen Fachbehörde in der mündlichen Verhandlung unwidersprochen ausgeführt hat, werde dadurch der Erhalt und Ausbau eines leistungsfähigen und attraktiven ÖPNV nicht vereitelt, vielmehr sei vorgesehen, das System des ÖPNV im Zuge des Vorhabens zu verbessern.
-
f) Abwägungsfehler bei der Trassenwahl sind nicht zutage getreten.
-
Bei der Zusammenstellung des Abwägungsmaterials müssen alle ernsthaft in Betracht kommenden Alternativlösungen berücksichtigt werden und mit der ihnen zukommenden Bedeutung in die vergleichende Prüfung der jeweils berührten öffentlichen und privaten Belange eingehen. Die Behörde braucht den Sachverhalt dabei nur so weit zu klären, wie dies für eine sachgerechte Entscheidung und eine zweckmäßige Gestaltung des Verfahrens erforderlich ist; Alternativen, die ihr aufgrund einer Grobanalyse als weniger geeignet erscheinen, darf sie schon in einem frühen Verfahrensstadium ausscheiden. Die dann noch ernsthaft in Betracht kommenden Trassenalternativen müssen im weiteren Planungsverfahren detaillierter untersucht und verglichen werden. Die Grenzen der planerischen Gestaltungsfreiheit bei der Trassenwahl sind nur dann überschritten, wenn der Behörde beim Auswahlverfahren infolge einer fehlerhaften Ermittlung, Bewertung oder Gewichtung einzelner Belange ein rechtserheblicher Fehler unterlaufen ist oder wenn eine andere als die gewählte Trassenführung sich unter Berücksichtigung aller abwägungserheblichen Belange eindeutig als die bessere, weil öffentliche und private Belange insgesamt schonendere hätte aufdrängen müssen (vgl. Urteil vom 3. März 2011 a.a.O. Rn. 65 f.; stRspr). Gemessen an diesen Grundsätzen erweist sich die Trassenwahl nicht als fehlerhaft.
-
aa) Die Behörde hat die von den Klägern im gerichtlichen Verfahren im Einzelnen dargelegte Variante einer Halbanschlussstelle Am Treptower Park für den Nord-Süd-Verkehr und einer weiteren Halbanschlussstelle Stralauer Allee nördlich der Spree für den Süd-Nord-Verkehr anstelle der planfestgestellten (Voll-)Anschlussstelle Am Treptower Park im Verwaltungsverfahren keiner näheren Untersuchung unterzogen. Die Kläger sehen darin einen Abwägungsfehler. Zwar habe eine Aufspaltung des Verkehrs auf zwei Halbanschlussstellen "verkehrskonzeptionelle" Nachteile. Gleichwohl sei diese Lösung vorzugswürdig, weil so der Verkehr auf der Elsenstraße um die Hälfte verringert werde. Nur auf diese Weise sei es möglich, die dortige Stau- und Luftschadstoffproblematik zu bewältigen. Dem kann nicht gefolgt werden. Der Beklagte weist darauf hin, dass die von den Klägern vorgeschlagene Variante Umwegfahrten zur Folge hätte, weil beispielsweise aus Süden von der Anschlussstelle Sonnenallee kommende Fahrer nicht unmittelbar in Richtung Kreuzberg oder Treptow fahren könnten, sondern dazu zunächst die Spree in Richtung Norden queren müssten, um sodann nach einer Wende über die Elsenbrücke zurück in den Bereich Elsenstraße zu fahren. Dies ist auch ohne fachliche Untersuchung ohne Weiteres nachvollziehbar. Sollte der Verkehr zur Vermeidung dieses Umweges die Stadtautobahn in größerem Umfang bereits an der Anschlussstelle Sonnenallee in Richtung Kreuzberg oder Treptow verlassen, wie die Kläger wohl meinen, hätte dies den Nachteil, dass insoweit das Planziel der Verkehrsbündelung nicht erreicht würde. Es ist nicht erkennbar, dass diesen Nachteilen einigermaßen gewichtige Vorteile der Halbanschluss-Variante gegenüber stehen. Wie bereits ausgeführt, bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass der Bereich der Elsenstraße wegen fehlender Leistungsfähigkeit der Knoten Am Treptower Park/Elsenstraße und Alt Stralau/Stralauer Allee/Markgrafendamm stauträchtig ist oder dass Überschreitungen der Luftschadstoffgrenzwerte der 39. BImSchV dort nicht mit Mitteln der Luftreinhalteplanung begegnet werden kann. Soweit die Lärmgrenzwerte der 16. BImSchV oder die Schwellenwerte für gesundheitsgefährdenden Lärm überschritten werden, wird passiver Schallschutz gewährt (Planfeststellungsbeschluss S. 22 f.). Bereits aus diesen Gründen musste die Behörde die Halbanschlussstelle nicht ernsthaft in Erwägung ziehen. Im Übrigen hat der Beklagte weiter darauf hingewiesen, dass die Verkehrsflächen der Straße Alt Stralau bei weitem zu klein seien, um den Verkehr von der A 100 aufzunehmen, zu stauen und in das angrenzende Straßennetz verteilen zu können. Diesem konkreten Einwand haben die Kläger auch im nachgelassenen Schriftsatz vom 7. Oktober 2012 nicht substantiiert widersprochen. Dazu hätte umso mehr Anlass bestanden, als in der von ihnen vorgelegten fachlichen Untersuchung von D. zur Leistungsfähigkeit der besagten Knotenpunkte (S. 10) angemerkt wird, dass die Straße Alt Stralau bereits heute überlastet ist. Nach allem kann dahinstehen, ob die von den Klägern vorgeschlagene Variante außerdem in das für die Schifffahrt notwendige Lichtraumprofil der Spree eingreifen würde oder den Wegfall der für die A 100 im 17. BA vorgesehenen Anschlussstelle Markgrafendamm zur Folge hätte, wie der Beklagte meint.
-
bb) Auch die weiteren gegen die Alternativenprüfung vorgebrachten Einwände greifen nicht durch. Ausweislich des Planfeststellungsbeschlusses (S. 70 f.) und des Erläuterungsberichts (S. 34 ff., 38a f.) wurde die Alternativenbetrachtung der Linienbestimmung nicht ohne erneute Abwägung "übernommen", sondern nochmals eingehend mit Blick auf die aktuellen Randbedingungen überprüft. Bei der Höhe der prognostizierten Verkehrsbelastung hält sich ferner der gewählte Querschnitt der A 100 (sechsspurige Autobahn) im Rahmen der Vorgaben der einschlägigen Regelwerke. Soweit die Kläger die Vorzugswürdigkeit etwa einer Bündelung der Autobahn mit der Ringbahn bereits östlich des Unterhafens oder einer Verschwenkung der Autobahn in Richtung Ringbahn im Bereich Güterbahnhof Treptow behaupten, fehlt ihrem Vorbringen jede Substanz. Soweit sie auf die Vorzugswürdigkeit einer weiträumigen Verlegung der Trasse nach Osten oder einer Verlegung der Anschlussstelle Am Treptower Park in Richtung Puschkinallee abstellen, fehlt jede Auseinandersetzung mit den eingehenden Erwägungen, aus denen heraus diese Varianten ausgeschieden wurden (vgl. Erläuterungsbericht S. 38a f.; Planfeststellungsbeschluss S. 50, 209 und 218)."
- 19
-
C. Soweit sich die Klage auf erneute Bescheidung hinsichtlich des Schutzes vor Immissionen richtet, ist sie begründet. Die Ablehnung weitergehender Maßnahmen des aktiven Schallschutzes für die Gebäude Kiefholzstraße ... und Beermannstraße ... und ... verletzt die dem Schutz der menschlichen Gesundheit und damit dem "Umweltschutz" i.S.d. § 2 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 UmwRG dienende, Rechte Einzelner begründende und für die Planfeststellung relevante Vorschrift des § 41 BImSchG i.V.m. der 16. BImSchV.
- 20
-
I. Allerdings können die auf eine Verletzung von Vorschriften des Immissionsschutzrechts bzw. eine Fehlgewichtung immissionsschutzrechtlicher Belange gerichteten Rügen, die sich wiederum mit dem Vorbringen im Verfahren BVerwG 9 A 20.11 decken, in weitem Umfang nicht durchdringen. Insoweit wird auf die nachfolgenden Ausführungen im Urteil zum genannten Verfahren vom heutigen Tage Bezug genommen:
-
"1. Bei einigen Rügepunkten haben die Kläger im Klageverfahren im Wesentlichen nur ihre - pauschal gehaltenen - Einwendungen im Anhörungsverfahren wiederholt, ohne sich mit der Erörterung dieser Punkte im Planfeststellungsbeschluss bzw. in den vorliegenden Unterlagen auseinanderzusetzen. Danach gibt es etwa bei den von den Klägern aufgerufenen Themen "Beachtung des Trennungsgrundsatzes nach § 50 BImSchG" (vgl. Planfeststellungsbeschluss S. 188), "Lichtimmissionen" (vgl. Planfeststellungsbeschluss S. 250 und Ordner "Abwägungsmaterial/Zusätzliche Unterlagen" S. III 2023) und "fehlende Berücksichtigung maßgeblicher Immissionsorte" (vgl. Ordner "Abwägungsmaterial/Zusätzliche Unterlagen" S. III 1996 ff. sowie S. III 2063 ff.) keine Anhaltspunkte für einen Abwägungsmangel. Soweit die Kläger geltend machen sollten, die Lärmauswirkungen des Vorhabens auf die Stadtstraßen seien im Rahmen der Umweltverträglichkeitsprüfung "weitgehend" nicht ermittelt worden, ist dieser Einwand schon deshalb unbeachtlich, weil er angesichts der eingehenden Beschreibung der Lärmauswirkungen in der Umweltverträglichkeitsprüfung (Planfeststellungsunterlagen Bd. 7 Unterlage 16.1 S. 118 ff., insb. S. 123 ff.) jeder Substanz entbehrt. Auch der Einwand eines Teils der Kläger, vom trassenparallelen Betriebsweg könne Einsicht auf ihr Grundstück genommen werden und dessen Benutzung sei mit Lärm verbunden, geht über eine pauschale Behauptung nicht hinaus. Weshalb die Benutzung des Betriebsweges durch Fußgänger und Radfahrer sowie vereinzelt durch Betriebs- und Notfallfahrzeuge mit erheblichen Geräuscheinwirkungen auf die Anlieger der Trasse verbunden sein sollte, erschließt sich nicht. Die fehlende Einsehbarkeit stellt vorbehaltlich besonderer Einzelfallumstände, die hier weder dargetan noch ersichtlich sind, lediglich eine Chance dar, deren Vereitelung hingenommen werden muss (vgl. Urteil vom 28. Oktober 1993 - BVerwG 4 C 5.93 - Buchholz 406.19 Nachbarschutz Nr. 120 S. 114).
-
2. Hinsichtlich der bauzeitlichen Belastungen durch Lärm, Staub und Erschütterungen sind keine Abwägungsfehler erkennbar.
-
Bezogen auf den Schutz der Anlieger vor bauzeitlichem Lärm ist im Planfeststellungsbeschluss angeordnet, dass während der Bauarbeiten das Landes-Immissionsschutzgesetz Berlin, das u.a. vorschreibt, schädliche Umwelteinwirkungen soweit möglich und zumutbar zu vermeiden und die Nachtruhe nicht zu stören (§ 2 Abs. 1, § 3) sowie die Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Schutz gegen Baulärm (AVV Baulärm) in der jeweils gültigen Fassung einzuhalten sind; in der Nacht dürfen Bauarbeiten nur dann ausnahmsweise durchgeführt werden, wenn dies zwingend notwendig ist und wenn die zuständige Immissionsschutzbehörde die Arbeiten zugelassen hat (S. 21 f.). Durch den Verweis auf die Geltung der AVV Baulärm steht fest, dass deren Immissionsrichtwerte für die von den Baumaschinen und Baustellen ausgehenden Geräusche, die insoweit den unbestimmten Rechtsbegriff der "schädlichen Umwelteinwirkungen" nach § 22 Abs. 1 Nr. 1, § 3 Abs. 1 BImSchG und damit zugleich den hier nach § 17b Abs. 1 FStrG maßgeblichen unbestimmten Rechtsbegriff der "nachteiligen Wirkungen" i.S.d. § 74 Abs. 2 Satz 2 VwVfG konkretisieren (vgl. Urteil vom 10. Juli 2012 - BVerwG 7 A 11.11 - NVwZ 2012, 1393 Rn. 25 ff.), nicht überschritten werden dürfen. Außerdem ist dem Vorhabenträger aufgegeben, bei der Ausarbeitung des Verkehrskonzepts für die Bauzeit besonders auf die Freihaltung der Wohnstraßen von Umleitungs- und Baustellenverkehr in den an das Vorhaben angrenzenden Wohngebieten zu achten (S. 30).
-
Was die baubedingten Staubbelastungen angeht, ist der Vorhabenträger verpflichtet, den ausführenden Baufirmen im Rahmen der Vergabe Auflagen bezüglich der Vorsorge zur Minimierung der Ausbreitung von Staub (insbesondere bei Abrissarbeiten in der direkten Nähe von Wohngebäuden) und zur Sauberhaltung des angrenzenden öffentlichen Straßennetzes zu erteilen (S. 26). Darüber hinaus ist auch insoweit das Landes-Immissionsschutzgesetz Berlin maßgeblich, das in § 9 vorschreibt, die Entstehung und Ausbreitung von Stäuben u.a. bei der Errichtung von Anlagen nach Möglichkeit durch geeignete Maßnahmen zu unterbinden oder jedenfalls zu vermindern (S. 21 f.).
-
Hinsichtlich des Schutzes der Anlieger vor Erschütterungen während der Bauzeit ist im Planfeststellungsbeschluss angeordnet, dass zur Vermeidung bzw. Minderung von baubedingt unzumutbaren Erschütterungen bei der Baudurchführung moderne Verdichtungstechnik zum Einsatz kommt (S. 30) und bei entsprechender Gefährdungslage ein Beweissicherungsverfahren oder ein statischer Nachweis geführt oder Sicherungsmaßnahmen ergriffen werden müssen (S. 24 f.). Insoweit hat der Beklagte den Planfeststellungsbeschluss durch Protokollerklärung dahin ergänzt, dass die Vorgaben der DIN 4150 (Erschütterungen im Bauwesen) einzuhalten sind.
-
Die Kläger legen nicht substantiiert dar, weshalb trotz dieser Auflagen die Gefahr bestehen soll, dass es zu unzumutbaren bauzeitlichen Belastungen kommt bzw. weshalb diese Belastungen noch näher hätten ermittelt werden sollen. Sie haben ihr Vorbringen auch nicht mit Blick auf die vom Beklagten im Verfahren BVerwG 9 A 18.11 mit Schriftsatz vom 6. August 2012 als Anlage VT 3 vorgelegten Übersichtspläne des Baulogistikkonzepts mit Angabe von Entfernungen der Baustellen u.a. zu den Gebäuden Kiefholzstraße ... und Beermannstraße ... weiter konkretisiert.
-
3. Die der Planung zugrunde liegende Lärmprognose leidet nicht an den von den Klägern geltend gemachten Mängeln.
-
a) Entgegen der Auffassung der Kläger ist auch für den Bereich der Zu- und Abfahrtsrampen zur Anschlussstelle Am Treptower Park gewährleistet, dass die Schutzvorkehrungen - wie auch sonst entlang der Trasse - zugunsten der Anlieger nach dem für den Planfall 16. BA und dem Prognosefall 17. BA jeweils höheren Beurteilungspegel bemessen werden. Zwar wurden nach Angaben des Beklagten dem Schutzkonzept für diesen Bereich abweichend vom sonstigen Vorgehen nicht die eventuell höheren Beurteilungspegel im Prognosefall 17. BA zugrunde gelegt. Dies beruht jedoch nach dessen nachvollziehbaren Ausführungen darauf, dass die Trasse hier bei einer Fortführung der A 100 im 17. BA ohnehin - nach der durch Planänderung erfolgten Verlagerung der westlichen Rampe nach Osten zur Verschonung des Gebäudes Beermannstraße ... und ... in noch weiterem Umfang - baulich umgestaltet werden müsse und das Schutzkonzept insoweit aufgrund einer aktuellen schalltechnischen Untersuchung erneut festzulegen sei. Demgegenüber hätten die Schutzvorkehrungen in den übrigen Bereichen entlang der Trasse auch bei einer Realisierung des 17. BA Bestand. Jedenfalls nachdem der Beklagte in der mündlichen Verhandlung zu Protokoll erklärt hat, dass eine solche Untersuchung im Falle der Fortsetzung der A 100 im 17. BA u.a. bezogen auf die Kiefholzstraße ... und die Beermannstraße ... vorgenommen werde, ist gewährleistet, dass die worst-case-Betrachtung der Lärmbelastung auch im Falle der Kläger zu 4 bis 9 zum Zuge kommt.
-
b) Die Kläger rügen ferner, die lärmmindernde Wirkung des offenporigen Asphalts im Umfang von 5 dB(A) sei nicht dauerhaft gewährleistet, da im Planfeststellungsbeschluss keine Pflegemaßnahmen angeordnet worden seien. Diesem Einwand kann nicht gefolgt werden. Der Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung zu Protokoll erklärt, dass er die mit offenporigem Asphalt versehenen Fahrbahnen spätestens sechs Jahre ab Inbetriebnahme auf die akustische Wirksamkeit dieses Belages überprüfen und ggf. unverzüglich Maßnahmen zur Wiederherstellung derselben ergreifen wird; diese Überprüfung und etwaige Abhilfemaßnahmen werden in der Folgezeit im Abstand von jeweils einem Jahr wiederholt. Danach ist nicht zu beanstanden, dass bei der auf das Prognosejahr 2025 bezogenen Lärmprognose von einer lärmmindernden Wirkung des offenporigen Asphalts in Höhe von 5 dB(A) ausgegangen wurde.
-
Zu Unrecht meinen die Kläger, der schalltechnischen Untersuchung hätte nicht die Einhaltung der vorgeschriebenen Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h zugrunde gelegt werden dürfen. Die Planfeststellungsbehörde darf für den Regelfall davon ausgehen, dass eine Geschwindigkeitsbegrenzung eingehalten wird. Es sind auch keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass verkehrsrechtliche Ge- und Verbote gerade im Bereich der Anschlussstelle Am Treptower Park ausnahmsweise generell nicht beachtet werden (vgl. Urteil vom 20. Januar 2010 - BVerwG 9 A 22.08 - Buchholz 406.25 § 41 BImSchG Nr. 55 Rn. 39). Dass die Geschwindigkeit auf der Ein- und der Ausfahrrampe der Anschlussstelle Am Treptower Park mit nur 60 km/h angesetzt wurde, ist angesichts der Notwendigkeit, die Fahrzeuge vor der Ausfahrt in die Straße Am Treptower Park abzubremsen bzw. auf der Einfahrrampe zu beschleunigen, ohne Weiteres vertretbar. Besondere Zuschläge für die Geräuschentwicklung beim Abbremsen und Beschleunigen sind in den einschlägigen Normen nicht vorgesehen, was angesichts der Geräuschminderung durch die geringere Geschwindigkeit nachvollziehbar ist (vgl. auch VGH Mannheim, Urteil vom 9. Februar 2010 - 3 S 3064/07 - juris Rn. 99
).
-
c) Es gibt keine Anhaltspunkte für eine fehlerhafte Summenpegelbetrachtung.
-
Ein Anspruch auf weitergehenden Schallschutz aus der verfassungsrechtlichen Schutzpflicht für Gesundheit und Eigentum besteht dann, wenn der Summenpegel sämtlicher Verkehrswege die Schwellenwerte von 70 dB(A) tags und 60 dB(A) nachts überschreitet (stRspr; vgl. Urteil vom 13. Mai 2009 - BVerwG 9 A 72.07 - BVerwGE 134, 45 Rn. 69). Dies hat der Beklagte erkannt. Entgegen der Annahme der Kläger hat er in die Summenpegelbetrachtung nicht nur die planfestgestellte A 100 und die bestehenden Bahnstrecken einbezogen (vgl. Planfeststellungsunterlagen Bd. 4 Unterlage 11.2 Anlage 3), sondern auch die vorhandenen Stadtstraßen. So waren für die festgestellten Überschreitungen der Schwellenwerte etwa im Bereich der Elsenstraße, zu deren Bewältigung der Planfeststellungsbeschluss einen Anspruch auf passiven Schallschutz vorsieht (S. 22 f.), gerade die hohe Verkehrsbelastung dieser Stadtstraße maßgeblich, neben der der Schienenverkehrslärm in den Hintergrund tritt (vgl. Ordner "Zusätzliche Unterlagen" S. IV 71 ff. und 78 ff.). Auch hinsichtlich der Wohngebäude in der Kiefholzstraße und in der Beermannstraße wurde zur Ermittlung des Summenpegels neben der Gesamtbelastung durch das Vorhaben und den Schienenverkehr auch der Verkehr auf diesen Straßen selbst betrachtet, ohne dass eine Überschreitung der Schwellenwerte festgestellt wurde (Ordner "Abwägungsmaterial/Zusätzliche Unterlagen" S. III 2065 f. und 2102 ff.). Dass die Summenpegel Planfall 16. BA/Schiene einerseits und Planfall 16. BA/Kiefholzstraße bzw. Beermannstraße andererseits gesondert betrachtet wurden, ist nicht zu beanstanden. Der Lärmgutachter des Beklagten hat in der mündlichen Verhandlung plausibel dargelegt, dass die Lärmquellen Schiene und Stadtstraße nicht gleichgerichtet auf die Wohngebäude einwirken, so dass die kritischen Immissionsorte nicht einheitlich, sondern nur nach dem jeweiligen Summenpegel bestimmt werden können, den diese Lärmquellen mit dem Vorhaben bilden. Davon abgesehen ist auch die Einschätzung des Gutachters nachvollziehbar, dass der Verkehr auf diesen Stadtstraßen ohnehin neben dem Schienenverkehr keinen Einfluss auf den Summenpegel hat, weil er in der Beermannstraße einen nur geringen Umfang aufweist und in der Kiefholzstraße im Planfall 16. BA abnehmen wird. Der Gutachter hat darauf hingewiesen, dass die Summenpegelbetrachtung daher nicht auf diese Stadtstraßen hätte erstreckt werden müssen; dies sei vielmehr nur mit Blick auf ein entsprechendes Begehren der Kläger zu 4 bis 9 geschehen.
-
Dass der Beklagte der Beurteilung des Schienenlärms die Betriebsprogramme der DB Netz AG mit einem Prognosehorizont 2015 zugrunde gelegt hat, begegnet keinen Bedenken im Hinblick auf die Abweichung vom hier maßgeblichen Prognosezeitraum 2025. Denn es liegt eine Erklärung der Bahnbehörde vor, wonach die Betriebsprogramme auch bis 2025 Aussagekraft hätten, weil bis dahin keine Veränderung in der Transportnachfrage vorgesehen sei. Die Kläger haben hiergegen keine substantiierten Einwände erhoben. Auf Nachfrage hat der Beklagte erklärt, dass insbesondere die Anbindung des Ostkreuzes bereits im Betriebsprogramm berücksichtigt sei.
-
4. Rechte der Kläger werden auch insoweit nicht berührt, als sie die Unvereinbarkeit des Vorhabens mit der Lärmminderungsplanung des Beklagten wegen Überschreitung der eine Gesundheitsgefährdung anzeigenden Schwellenwerte behaupten. Aus der Regelung der Lärmminderungsplanung in den §§ 47a ff. BImSchG ergeben sich zwar Pflichten der zuständigen Behörden zur Erarbeitung von Lärmkarten und zur Aufstellung von Lärmaktionsplänen, jedoch keine Schutzansprüche einzelner Immissionsbetroffener (vgl. Urteil vom 14. April 2010 - BVerwG 9 A 43.08 - Buchholz 406.25 § 41 BImSchG Nr. 56 Rn. 46). Im Übrigen wird passiver Schallschutz gewährt, soweit eine Überschreitung der Schwellenwerte festgestellt wurde, was - wie ausgeführt - hinsichtlich der Bewohner in der Kiefholzstraße und der Beermannstraße nicht der Fall ist."
- 21
-
Hinsichtlich der zuletzt genannten Rüge ist ergänzend anzumerken: Die Vorschriften zur Lärmminderungsplanung nach §§ 47a ff. BImSchG dienen im Wesentlichen der Umsetzung der Richtlinie 2002/49/EG vom 25. Juni 2002 über die Bewertung und Bekämpfung von Umgebungslärm - Umgebungslärmrichtlinie (vgl. BRDrucks 610/04 S. 8 und BTDrucks 15/5734 S. 1). Es handelt sich somit um unionsrechtlich unterlegte Vorschriften des Umweltrechts. Aufgrund des Anwendungsvorrangs des Art. 11 UVP-RL muss deshalb die einschränkende Vorgabe, dass nur Vorschriften, die Rechte Einzelner begründen, rügefähig sind und ggf. zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung führen können (§ 2 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 UmwRG) außer Betracht bleiben (vgl. EuGH, Urteil vom 12. Mai 2011 - Rs. C-115/09, Trianel - NJW 2011, 2779 Rn. 46; BVerwG, Urteil vom 20. Dezember 2011 - BVerwG 9 A 31.10 - Buchholz 406.251 § 3c UVPG Nr. 3 Rn. 21). Es ist jedoch weder dargelegt noch ersichtlich, dass die Vorschriften der Umgebungslärmrichtlinie, die die Mitgliedstaaten zur Erstellung von Lärmkarten (Art. 7) und Aktionsplänen (Art. 8) sowie zur Information der Öffentlichkeit über Umgebungslärm und seine Auswirkungen verpflichtet, einen vorhabenbezogenen Ansatz verfolgen (vgl. BRDrucks a.a.O.; Scheidler, in: Feldhaus, Bundesimmissionsschutzrecht, Bd. 1, Teil II, Stand August 2012, Vorbemerkung vor §§ 47a bis 47f Rn. 2 f.).
- 22
-
II. Die Versagung weitergehenden aktiven Schallschutzes für die Gebäude Kiefholzstraße ... und Beermannstraße ... und ... verletzt § 41 BImSchG i.V.m. der 16. BImSchV, weil sie nicht auf einer schlüssigen Kosten-Nutzen-Analyse beruht. Insoweit ist erneut über die Gewährung von Schallschutz zu entscheiden.
- 23
-
1. Zur Begründung wird auf die nachfolgenden Ausführungen im Urteil vom heutigen Tage im Verfahren BVerwG 9 A 20.11 zur Stattgabe des Bescheidungsbegehrens der dortigen Kläger zu 4, 5, 8 und 9 Bezug genommen, die Inhaber von Wohnungen im Gebäude Kiefholzstraße ... sind; diese Ausführungen entsprechen den Gründen im Urteil zum Verfahren BVerwG 9 A 19.11 zur Stattgabe des Bescheidungsbegehrens der dortigen Klägerin zu 10, die Eigentümerin des Gebäudes Beermannstraße ... und ... ist:
-
"Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts widerspricht es den Vorgaben des § 41 BImSchG, die Unverhältnismäßigkeit der Kosten aktiven Lärmschutzes allein daraus herzuleiten, dass die nach § 42 Abs. 2 BImSchG zu leistenden Entschädigungen für passiven Lärmschutz - wie regelmäßig - erheblich niedriger wären. Vielmehr ist grundsätzlich zunächst zu untersuchen, welcher Betrag für eine die Einhaltung der Immissionsgrenzwerte vollständig sicherstellende Schutzmaßnahme aufzuwenden wäre (sog. Vollschutz). Sollte sich dieser Aufwand als unverhältnismäßig erweisen, sind - ausgehend von diesem grundsätzlich zu erzielenden Schutzniveau - schrittweise Abschläge vorzunehmen, um so die mit gerade noch verhältnismäßigem Aufwand zu leistende maximale Verbesserung der Lärmsituation zu ermitteln. Dabei sind in Baugebieten dem durch die Maßnahme insgesamt erreichbaren Schutz der Nachbarschaft grundsätzlich die hierfür insgesamt aufzuwendenden Kosten der Maßnahme gegenüberzustellen und zu bewerten (vgl. Urteile vom 15. März 2000 - BVerwG 11 A 42.97 - BVerwGE 110, 370 <390> sowie - BVerwG 11 A 46.97 - Buchholz 406.25 § 41 BImSchG Nr. 34 S. 85 und vom 13. Mai 2009 - BVerwG 9 A 72.07 - BVerwGE 134, 45 Rn. 63).
-
Bei welcher Relation zwischen Kosten und Nutzen die Unverhältnismäßigkeit des Aufwandes für aktiven Lärmschutz anzunehmen ist, bestimmt sich nach den Umständen des Einzelfalles (vgl. Beschluss vom 30. August 1989 - BVerwG 4 B 97.89 - Buchholz 406.25 § 41 BImSchG Nr. 5 S. 2; Urteil vom 13. Mai 2009 a.a.O. Rn. 64). Ziel der Bewertung der Kosten hinsichtlich des damit erzielbaren Lärmschutzeffekts muss eine Lärmschutzkonzeption sein, die auch unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung der Lärmbetroffenen vertretbar erscheint (vgl. Urteile vom 15. März 2000 - BVerwG 11 A 42.97 - a.a.O. S. 382, vom 24. September 2003 - BVerwG 9 A 69.02 - Buchholz 406.25 § 41 BImSchG Nr. 39 S. 103 und vom 3. März 2004 - BVerwG 9 A 15.03 - Buchholz 406.25 § 41 BImSchG Nr. 40 S. 113). Kriterien für die Bewertung des Schutzzwecks sind die Vorbelastung, die Schutzbedürftigkeit und Größe des Gebiets, das ohne ausreichenden aktiven Schallschutz von schädlichen Umwelteinwirkungen durch Verkehrsgeräusche des betreffenden Verkehrsweges betroffen wäre, die Zahl der dadurch betroffenen Personen sowie das Ausmaß der für sie prognostizierten Grenzwertüberschreitungen und des zu erwartenden Wertverlustes der betroffenen Grundstücke. Innerhalb von Baugebieten sind bei der Kosten-Nutzen-Analyse insbesondere Differenzierungen nach der Zahl der Lärmbetroffenen zulässig und geboten (Betrachtung der Kosten je Schutzfall). So wird bei einer stark verdichteten Bebauung noch eher ein nennenswerter Schutzeffekt zu erzielen sein als bei einer aufgelockerten Bebauung, die auf eine entsprechend geringe Zahl von Bewohnern schließen lässt (vgl. Urteile vom 15. März 2000 - BVerwG 11 A 42.97 - a.a.O. S. 383 und vom 13. Mai 2009 a.a.O. Rn. 64).
-
1. Ein schlüssiges Lärmschutzkonzept, das diesen Anforderungen genügt, ist bezogen auf das Gebäude Kiefholzstraße ... (Kläger zu 4, 5, 8 und 9) - ebenso wie auf das Gebäude Beermannstraße ... und ..., s. Urteil vom heutigen Tag in dem Verfahren BVerwG 9 A 19.11 - nicht zu erkennen. Daher ist insoweit die Annahme des Beklagten nicht nachvollziehbar, dass die Kosten für eine Schallschutzwand mit einer Höhe bzw. Abschirmwirkung (Errichtung auf der Trogoberkante) von mehr als sechs Metern außer Verhältnis zum dadurch zu erzielenden Schutz stehen.
-
a) Vor der in der mündlichen Verhandlung erklärten Planänderung im Bereich der Anschlussstelle Am Treptower Park mit dem Ziel einer Verschonung des Wohngebäudes Beermannstraße ... und ... ist der Beklagte davon ausgegangen, dass eine massive, hochabsorbierende Lärmschutzwand zum Schutz des Wohnkomplexes Kiefholzstraße ... und des Bereichs Beermannstraße auch über eine Höhe von sechs Metern hinaus städtebaulich verträglich sei. Von der Bewältigung weiterer Schutzfälle durch Errichtung massiver Lärmschutzwände in einer Höhe von sieben bzw. acht Metern wurde gleichwohl abgesehen, weil sich die Kosten pro geschützter Wohneinheit des Gebäudes Kiefholzstraße ... von 10 812 € (Antragsvariante) auf 11 687 € (Teilschutzvariante 127) bzw. 12 780 € (Teilschutzvariante 128) und im Bereich Beermannstraße von 4 292 € (Antragsvariante 1766) auf 6 446 € (Höhe sieben Meter) bzw. 7 060 € (Höhe acht Meter) erhöhen würden. Über eine Höhe von acht Metern hinaus sollten die untersuchten Lärmschutzvarianten mit aufwändigen transparenten Aufsätzen versehen sein. Dementsprechend erhöhten sich die Kosten pro Schutzfall für diese Varianten deutlich. Sie wurden wegen "sprunghaften" Anstiegs der Kosten und negativer städtebaulicher Wirkungen ausgeschlossen (Ordner "Abwägungsmaterial/Zusätzliche Unterlagen" S. III 2031 ff.).
-
Der Vertreter des Beklagten hat in der mündlichen Verhandlung bezogen auf die Kiefholzstraße ... zu Protokoll erklärt, dass das bisherige Konzept infolge der Planänderung gemäß dem Lageplan "Prüfvariante-AS Am Treptower Park" (Ordner "Abwägungsmaterial/Zusätzliche Unterlagen" S. III 1910) nicht mehr aufrechterhalten werden könne und es insbesondere aus städtebaulichen Gründen geboten sei, Lärmschutzwände nunmehr bereits ab einer Höhe von sechs Metern nicht mehr massiv, sondern nur noch mit einem transparenten Aufsatz auszugestalten. Dies habe wegen der erheblich höheren Kosten einer transparenten Ausbildung von Lärmschutzwänden zur Folge, dass eine sieben Meter hohe Lärmschutzwand (sechs Meter mit einem transparentem Aufsatz von einem Meter) einen "Kostensprung" von 4 500 € pro geschützter Wohneinheit gegenüber der Antragsvariante (Lärmschutzwand mit sechs Metern) auslöse, während die Kostensteigerung bei einer insgesamt massiv ausgebildeten Lärmschutzwand (Teilschutzvariante 127) von sieben Metern Höhe nur 875 € betrage. In der mündlichen Verhandlung hat der Beklagte hierzu weiter erläutert, dass die Bauwerke vor der Einmündung der Trassen in die Straße Am Treptower Park infolge der topografischen Verhältnisse eine von der Beermannstraße aus sichtbare Höhe von insgesamt etwa zehn Metern erreicht hätten. Nachdem die Gradienten der beiden Rampen infolge der Planänderung etwa drei Meter tiefer lägen als zuvor, sei angesichts dieser veränderten Situation eine massive Lärmschutzwand nur noch bis zu einer Höhe von sechs Metern städtebaulich verträglich.
-
Bezogen auf den Bereich Beermannstraße hat der Beklagte in der mündlichen Verhandlung eine Unterlage zur Abwägung zwischen aktivem und passivem Lärmschutz vorgelegt. Die Unterlage verweist darauf, dass durch die Verlegung der westlichen Zufahrtsrampe um etwa 30 Meter nach Osten die Rampen, die auf beiden Seiten durch Bauwerke "eingefasst" seien (Lärmschutzwand im Westen und bahnseitige Stützwand im Osten), nunmehr eng beieinander verliefen. Wegen dieser besonderen Verhältnisse sei es aus Gründen der Verkehrssicherheit geboten, die Lärmschutzwand über eine Höhe von sechs Metern hinaus transparent auszugestalten. Ansonsten wäre die Fahrsicherheit wegen der eng zusammenstehenden hohen Begrenzungen des Straßenraums, die ähnlich der Einfahrt in einen Tunnel bedrohlich und erdrückend wirkten, und der plötzlichen Veränderung der Situation gegenüber den vorangehenden Straßenabschnitten erheblich eingeschränkt. Die Vollschutzvariante 7011 (Höhe von maximal 15 Metern) sei auch bei Verwendung eines transparenten Aufsatzes wegen der Raumwirkung eines solchen Bauwerks als städtebaulich äußerst negativ zu bewerten. Die Kosten von 24 143 € je Schutzfall stünden erkennbar außer Verhältnis zum erzielbaren Schutzeffekt. Außerdem löse die nicht hochabsorbierende transparente Aufsatzkonstruktion Schallreflexionen aus, die insbesondere den aus dem Bahnlärm gebildeten Summenpegel erhöhten. Die weiteren Varianten einer Lärmschutzwand über sechs Meter hinaus mit transparentem Aufsatz schützten nur eine verhältnismäßig geringe Zahl von Wohneinheiten zusätzlich. Die Kosten je Schutzfall betrügen bei der Antragsvariante (massive Lärmschutzwand von sechs Metern) 8 806 €, während sie bei den höheren Varianten mit transparentem Aufsatz von 14 723 € (Lärmschutzwand von sieben Metern) bis zu 24 143 € bei der Vollschutzvariante reichten und damit unverhältnismäßig hoch seien. Ein weiterer Vorteil der ausgewählten Variante sei darin zu sehen, dass so ein städtebaulich einheitliches Gesamtbild von der Kiefholzstraße bis zur Beermannstraße gewährleistet sei.
-
b) Diesen Darlegungen kann kein schlüssiges Konzept für den Schutz der Gebäude Beermannstraße ... und ... sowie Kiefholzstraße ... entnommen werden, aufgrund dessen beurteilt werden kann, ob es vertretbar ist, weitergehende Maßnahmen des aktiven Schallschutzes als unverhältnismäßig auszuschließen.
-
aa) Allerdings sind die Erwägungen des Beklagten zur wirtschaftlichen Verhältnismäßigkeit der verschiedenen Varianten für sich genommen nicht zu beanstanden.
-
Bei der Ermittlung derjenigen Variante aktiven Lärmschutzes, bei der mit gerade noch verhältnismäßigem Aufwand eine maximale Verbesserung der Lärmsituation zu erzielen ist, können solche Varianten als wirtschaftlich unverhältnismäßig ausgeschieden werden, bei denen einerseits die Kosten im Vergleich zu anderen Varianten stark ansteigen, andererseits aber nur noch eine geringe Zahl von Wohneinheiten zusätzlich geschützt wird (sog. Sprungkosten; vgl. Urteil vom 15. März 2000 - BVerwG 11 A 42.97 - Buchholz 406.25 § 41 BImSchG Nr. 33 S. 80 f.
). Danach ist die Annahme des Beklagten, es sei wirtschaftlich nicht vertretbar, im Bereich der Beermannstraße ... und ... bzw. der Kiefholzstraße ... Vollschutzvarianten von Lärmschutzwänden wie auch solche über eine Höhe von sechs Metern hinaus mit transparentem Aufsatz zu errichten, an sich nicht zu beanstanden. Nach der Unterlage zur Abwägung zwischen aktivem und passivem Lärmschutz im Bereich Beermannstraße betragen die Kosten der Vollschutzvariante (Lärmschutzwand mit 15 Metern) rund 1,7 Mio. €. Das ist beinahe das Vierfache der Kosten der Antragsvariante (Lärmschutzwand mit sechs Metern) von etwa 440 000 €. Dabei können mit der Vollschutzvariante nur 28 weitere Schutzfälle bewältigt werden, was lediglich rund einem Drittel der bereits mit der Antragsvariante zu bewältigenden 86 Schutzfälle entspricht. Dementsprechend betragen die Kosten pro Schutzfall bei der Vollschutzvariante mit 24 143 € nahezu das Dreifache der bei der Antragsvariante entstehenden Kosten je Schutzfall von 8 806 €. Eine Lärmschutzwand mit einer Höhe von sieben Metern kostet wegen des aufwändigen transparenten Aufsatzes von einem Meter 736 136 € gegenüber dem Aufwand von 440 316 € für eine massive sechs Meter hohe Lärmschutzwand. Da mit der sieben Meter hohen Lärmschutzwand lediglich zwei Schutzfälle zusätzlich bewältigt werden können, steigen die Kosten je Schutzfall von 8 806 € "sprunghaft" auf 14 723 €. Dieses Missverhältnis zwischen Kostensteigerung und zusätzlich zu bewältigenden Schutzfällen besteht auch bei den jeweils um einen weiteren Meter erhöhten Lärmschutzwänden bis hin zur Vollschutzvariante. Entsprechendes gilt für den Lärmschutz der Kiefholzstraße ... (vgl. Ordner "Abwägungsmaterial/zusätzliche Unterlagen" S. III 2043). Insoweit hat der Beklagte zu Protokoll gegeben, dass die Kosten je Schutzfall bei der Antragsvariante von 10 812 € auf 15 312 € ansteigen, wenn die Lärmschutzwand mit einem transparenten Aufsatz von einem Meter auf insgesamt sieben Meter erhöht wird; demgegenüber beträgt der Anstieg der Kosten je Schutzfall bei einer vor der Planänderung als städtebaulich verträglich angesehenen massiven Lärmschutzwand mit einer Höhe von sieben Metern nur 875 €. Der Beklagte durfte daher annehmen, dass bei einer massiven sechs Meter hohen Lärmschutzwand eine maximale Verbesserung der Lärmsituation bei gerade noch vertretbaren Kosten erreicht werden kann.
-
Das Vorliegen wirtschaftlich nicht vertretbarer Sprungkosten kann nicht deshalb verneint werden, weil der Anstieg der Kosten je Schutzfall prozentual geringer ausfällt, wenn in den Vergleich nicht nur die Kosten der verschiedenen Lärmschutzwände selbst, sondern auch diejenigen der nach dem Lärmschutzkonzept vorgesehenen anderen Maßnahmen aktiven Schallschutzes wie die Verwendung von lärmminderndem offenporigen Asphalt oder einer absorbierenden Wandverkleidung (vgl. Planfeststellungsbeschluss S. 163) einbezogen werden. Wie ausgeführt, ist für die Prüfung der Verhältnismäßigkeit aktiven Lärmschutzes unter dem Aspekt der Sprungkosten maßgeblich, ob die Mehrkosten, die bei einer Variante im Vergleich zu anderen Varianten anfallen, in einem angemessenen Verhältnis zum Umfang des dadurch zusätzlich zu erzielenden Lärmminderungseffekts stehen. Welche Kosten in diese Wirtschaftlichkeitsbetrachtung einzustellen sind, hängt von der Reichweite der Variantenprüfung ab. Stehen bestimmte Maßnahmen aktiven Lärmschutzes nicht zur Auswahl, weil bereits aufgrund einer Grobprüfung feststeht, dass sie nicht ernsthaft in Betracht kommen (vgl. Urteil vom 15. März 2000 - BVerwG 11 A 42.97 - BVerwGE 110, 370 <388>) oder - wie hier die Verwendung offenporigen Asphalts und einer lärmmindernden Wandverkleidung - in jedem Fall ausgeführt werden sollen, ist der Aufwand für diese Maßnahmen für den Kosten-Nutzen-Vergleich der noch offenen Varianten ohne Bedeutung.
-
Davon zu unterscheiden ist die Frage, ob eine solche Beschränkung des Umfangs der Variantenuntersuchung an Rechtsfehlern leidet. Dafür gibt es vorliegend keine Anhaltspunkte. In diesem Zusammenhang rügen die Kläger zu 4, 5, 8 und 9, für das Gebäude Kiefholzstraße ... hätte Vollschutz durch eine Deckelung der in Troglage geführten Trasse gewährt werden müssen. Diese Maßnahme durfte vorab ausgeschieden werden, weil die Kosten hierfür von rund 18 Mio. € die Kosten für Vollschutz durch eine Kombination von Lärmschutzwand (sechs bis zehn Meter Höhe mit einem 2,5 Meter hohen transparenten Aufsatz, Kosten etwa 1,1 Mio. €), absorbierender Wandverkleidung (Kosten 110 000 €) und offenporigem Asphalt (Kosten 83 370 €) von insgesamt etwa 1,3 Mio. € bei Weitem übersteigen (Ordner "Abwägungsmaterial/zusätzliche Unterlagen" S. III 1862 f.). Eine Deckelung der Trasse ist danach offenkundig unwirtschaftlich, auch wenn in der auf die Kiefholzstraße bezogenen Kosten-Nutzen-Analyse allein der Aufwand für eine zur Gewährung von Vollschutz notwendige Lärmschutzwand mit 2,5 Mio. € beziffert wird (Ordner "Abwägungsmaterial/zusätzliche Unterlagen" S. III 2043). Angesichts der in der Untersuchung genannten relativ geringen Kosten für offenporigen Asphalt und eine absorbierende Wandverkleidung ist auch ohne Weiteres nachvollziehbar, dass diese Maßnahmen aktiven Lärmschutzes, die im Falle des offenporigen Asphalts mit einer Lärmminderung um immerhin 5 dB(A) einhergehen, keiner näheren Kosten-Nutzen-Analyse im Vergleich mit anderen Maßnahmen unterzogen wurden, sondern in jedem Falle ausgeführt werden sollen. Die Kläger haben im Übrigen kein abweichendes Lärmschutzkonzept aufgezeigt, bei dem ernsthaft in Betracht kommt, dass wegen eines günstigeren Kosten-Nutzen-Verhältnisses noch weitere Schutzfälle bis hin zum Vollschutz bei angemessenem Aufwand bewältigt werden können.
-
bb) Nicht hinreichend schlüssig erscheint jedoch die Begründung dafür, weshalb die Lärmschutzwand ab einer Höhe von sechs Metern nur noch mit einem - den Kostensprung verursachenden - transparenten Aufsatz versehen werden kann.
-
Die in der mündlichen Verhandlung überreichte Unterlage zur Abwägung zwischen aktivem und passivem Lärmschutz für den Bereich Beermannstraße stützt sich zur Begründung nicht auf die veränderte städtebauliche Situation infolge der Tieferlegung der Rampen, obwohl sich diese Veränderung nach den o.g. Angaben des Beklagten gerade hier auswirkt. Stattdessen wird maßgeblich auf den Gesichtspunkt der Verkehrssicherheit abgestellt. Die verminderte Raumwirkung der Trasse auf den Bereich Beermannstraße durch Tieferlegung der Rampen stellt auch kein weiteres Begründungselement neben dem Aspekt der Verkehrssicherheit dar. Vielmehr wird in städtebaulicher Hinsicht auf die Gewährleistung eines einheitlichen Gesamtbildes von der Kiefholzstraße bis zur Beermannstraße abgestellt. Die angeblichen Auswirkungen der Planänderung auf die städtebauliche Situation im Einzelnen erschließen sich nicht. Was den stattdessen in der Unterlage zum Lärmschutzkonzept für die Beermannstraße entscheidungstragend eingeführten Aspekt der Verkehrssicherheit anbelangt, ist nicht hinreichend plausibel dargelegt, weshalb er gebietet, dass die Lärmschutzwand in diesem Bereich ab sechs Meter Höhe transparent auszugestalten ist. Die Unterlage stellt selbst den Vergleich mit der Einfahrt in einen Tunnel auf, in der die Fahrbahnen erfahrungsgemäß ebenfalls nicht selten eng beieinander liegen. Es ist nicht erkennbar, dass die Situation unter dem Gesichtspunkt der Verkehrssicherheit im Bereich der durch eine Lärmschutzwand auf der einen und eine Stützwand auf der anderen Seite begrenzten, aber nach oben nicht "gedeckelten" Rampen der A 100 ungünstiger ist als bei Tunneln, zumal auf den Rampen ohnehin nur mit reduzierter Geschwindigkeit gefahren werden kann."
- 24
-
2. Bei der nunmehr vorzunehmenden Überarbeitung bzw. Plausibilisierung des Lärmschutzkonzepts wird der Beklagte ggf. auch Stellung nehmen müssen zu dem Einwand des Klägers, entlang der ebenfalls durch bebaute Gebiete von Berlin führenden A 113 seien massive Lärmschutzwände mit einer Höhe von deutlich über sechs Metern errichtet worden. Ferner ist es angezeigt, dem Kläger die in der Abwägungsunterlage zum Lärmschutzkonzept für den Bereich Beermannstraße bezeichneten schalltechnischen Berechnungen des Büros I. vom September 2012 zu übermitteln und ggf. insoweit Einsicht in weitere Unterlagen zu geben. Dies gilt umso mehr, als die in der zu Protokoll erklärten Planänderung bezeichneten Beurteilungspegel für das Wohngebäude Beermannstraße ... und ... nicht selten um mehrere Dezibel von den Pegeln abweichen, die im Rahmen der Variantenprüfung zur Ausgestaltung der Anschlussstelle Am Treptower Park für die - der Planänderung zugrunde liegende - Prüfvariante für dieselben Immissionsorte an dem Gebäude Beermannstraße ... und ... ermittelt wurden (Ordner "Abwägungsmaterial/Zusätzliche Unterlagen" S. III 1914 ff.), worauf die Klägerin zu 10 des Verfahrens BVerwG 9 A 19.11 im nachgelassenen Schriftsatz vom 7. Oktober 2012 - neben weiteren Einwendungen etwa zur Begrenzung der Berechnungen zu Überschreitungen der Nachtgrenzwerte oder einer fehlenden Berücksichtigung entfallender Kosten des passiven Schallschutzes bei Bewältigung weiterer Schutzfälle - zu Recht hinweist. Die genannten Abweichungen lassen sich auch im Vergleich zur immissionsschutzrechtlichen Beurteilung der "Variante 2" (a.a.O. S. III 1953 ff.) feststellen, die nach Angaben des Beklagten im Schriftsatz vom 15. August 2012 "im Wesentlichen" der Prüfvariante entspricht, die Gegenstand der Planänderung war. Zwar wird in der Abwägungsunterlage ausgeführt, dass die schalltechnischen Berechnungen zur Variantenuntersuchung nur überschlägig vorgenommen worden seien. Die vorliegende Darstellung der Berechnungen für die Variantenprüfung gibt hierfür jedoch keinen Anhaltspunkt, sondern stimmt nach Inhalt und Detaillierungsgrad mit den auf das Vorhaben selbst bezogenen schalltechnischen Berechnungen überein. Somit besteht Anlass, die Abweichungen bei den Ergebnissen der schalltechnischen Berechnungen plausibel zu machen.
- 25
-
3. Soweit sich der Kläger auch das Bescheidungsbegehren der Kläger zu 1, 2, 3, 6 und 7 im Verfahren BVerwG 9 A 20.11 zu eigen machen sollte, bleibt dieses Vorbringen aus den nachfolgenden Gründen im Urteil zu diesem Verfahren ohne Erfolg:
-
"Das Vorhaben löst für den Kläger zu 1 keine Immissionsbetroffenheit aus. Das Wohngebäude Heckmannufer ..., in dem sich seine Eigentumswohnung befindet, liegt nach den unbestrittenen Angaben des Beklagten rund 900 m vom Trassenbereich und etwa 100 m von der Schlesischen Straße entfernt in einer Nebenstraße ohne Durchgangsverkehr. Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass es infolge fehlender Leistungsfähigkeit der Knotenpunkte Am Treptower Park/Elsenstraße sowie Alt Stralau/Stralauer Allee/Markgrafendamm zu erheblichen Ausweichverkehren in der Schlesischen Straße kommen wird, die sich auf den Kläger zu 1 belastend auswirken könnten. Wie ausgeführt, bestehen hierfür keine Anhaltspunkte.
-
Hinsichtlich der Wohnungen der Klägerinnen zu 2 und 3 wurden unstreitig keine vorhabenbedingten Überschreitungen der Lärmgrenzwerte der 16. BImSchV ermittelt. Eine abwägungsfehlerhafte Berücksichtigung von Lärmbetroffenheiten unterhalb dieser Grenzwerte liegt nicht vor. Die Behörde hat im Planfeststellungsbeschluss (vgl. S. 223 ff.) hinreichend deutlich zu erkennen gegeben, dass der Lärmschutz auf das rechtlich Gebotene beschränkt werden soll, was nicht zu beanstanden ist (vgl. Urteil vom 20. Mai 1998 - BVerwG 11 C 3.97 - Buchholz 406.25 § 41 BImSchG Nr. 18 S. 50 f.).
-
Auch die Kläger zu 6 und 7 (Beermannstraße ...) sind mit dem planfestgestellten aktiven Schallschutz keinen die Lärmgrenzwerte überschreitenden Immissionen ausgesetzt. Diese Kläger können auch nicht verlangen, dass wegen der Planänderung (Verschonung des Gebäudes Beermannstraße ... und ... durch Verlegung der westlichen Zufahrtsrampe der Anschlussstelle Am Treptower Park um etwa 30 m nach Osten) eine neue schalltechnische Beurteilung vorgenommen wird. Sie weisen in der Klagebegründung vom 11. April 2011 (S. 50) selbst darauf hin, dass der Erhalt des Gebäudes Beermannstraße ... und ... ausweislich der Variantenuntersuchung zu geringeren Belastungen des Gebäudes Beermannstraße ... führt (vgl. Ordner "Abwägungsmaterial/Zusätzliche Unterlagen" S. III 1913: Abschirmwirkung des Gebäudes Beermannstraße ... und ... für die restlichen Gebäude der Beermannstraße); auch die Belastungen der Kiefholzstraße ... würden sich nach den Lärmberechnungen infolge der Verlegung der Rampe verringern. Im Übrigen liegt es auch nach den vorliegenden Plänen nahe, dass die Lärmbelastung in den genannten Bereichen durch die Planänderung verringert wird. Es ist weder nachvollziehbar dargelegt noch sonst ersichtlich, weshalb der von den Klägern kritisierte Umstand, dass die aus Anlass der Planänderung ermittelten Beurteilungspegel für das Gebäude Beermannstraße ... und ... von den im Rahmen der Variantenprüfung für dieses Gebäude ermittelten Pegel abweichen, etwas an dieser Einschätzung ändern sollte. Für die Beermannstraße ... kommt hinzu, dass sowohl die im Rahmen der Variantenprüfung für die Planänderung ermittelten Beurteilungspegel (Ordner "Abwägungsmaterial/Zusätzliche Unterlagen" S. III 1962 f.) als auch die Beurteilungspegel, die für die zunächst geplante Ausführung der Anschlussstelle Am Treptower Park festgestellt wurden (Planfeststellungsunterlagen Bd. 4 Unterlage 11.2 S. 106 f.), deutlich unterhalb der Lärmgrenzwerte der 16. BImSchV liegen."
(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.
(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.
(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.
(1) Bei dem Bau oder der wesentlichen Änderung öffentlicher Straßen sowie von Eisenbahnen, Magnetschwebebahnen und Straßenbahnen ist unbeschadet des § 50 sicherzustellen, dass durch diese keine schädlichen Umwelteinwirkungen durch Verkehrsgeräusche hervorgerufen werden können, die nach dem Stand der Technik vermeidbar sind.
(2) Absatz 1 gilt nicht, soweit die Kosten der Schutzmaßnahme außer Verhältnis zu dem angestrebten Schutzzweck stehen würden.
(1) Die Bundesregierung wird ermächtigt, nach Anhörung der beteiligten Kreise (§ 51) durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die zur Durchführung des § 41 und des § 42 Absatz 1 und 2 erforderlichen Vorschriften zu erlassen, insbesondere über
- 1.
bestimmte Grenzwerte, die zum Schutz der Nachbarschaft vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Geräusche nicht überschritten werden dürfen, sowie über das Verfahren zur Ermittlung der Emissionen oder Immissionen, - 2.
bestimmte technische Anforderungen an den Bau von Straßen, Eisenbahnen, Magnetschwebebahnen und Straßenbahnen zur Vermeidung von schädlichen Umwelteinwirkungen durch Geräusche und - 3.
Art und Umfang der zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Geräusche notwendigen Schallschutzmaßnahmen an baulichen Anlagen.
(2) Wegen der Anforderungen nach Absatz 1 gilt § 7 Absatz 5 entsprechend.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
(1) Gegen den Beschluss, durch den der Wert für die Gerichtsgebühren festgesetzt worden ist (§ 63 Absatz 2), findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde findet auch statt, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt. Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb der in § 63 Absatz 3 Satz 2 bestimmten Frist eingelegt wird; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. Im Fall der formlosen Mitteilung gilt der Beschluss mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gemacht. § 66 Absatz 3, 4, 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden. Die weitere Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung der Entscheidung des Beschwerdegerichts einzulegen.
(2) War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. Gegen die Ablehnung der Wiedereinsetzung findet die Beschwerde statt. Sie ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von zwei Wochen eingelegt wird. Die Frist beginnt mit der Zustellung der Entscheidung. § 66 Absatz 3 Satz 1 bis 3, Absatz 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden.
(3) Die Verfahren sind gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.