Verwaltungsgericht Neustadt an der Weinstraße Urteil, 16. Nov. 2015 - 4 K 1000/14.NW

ECLI:ECLI:DE:VGNEUST:2015:1116.4K1000.14.NW.0A
bei uns veröffentlicht am16.11.2015

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Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1

Die Klägerin wendet sich gegen den Planfeststellungsbeschluss des Beklagten vom 24. September 2014 für die „Beseitigung des Bahnüberganges 220 im Zuge der Kreisstraße Nr. 27 (K 27) im Bereich der Gemeinde Römerberg, Ortsteil Berghausen, in den Gemarkungen Berghausen und Heiligenstein von Bau-km 0 + 080 bis Bau-km 0 + 781.505“

2

Die Gemeinde Römerberg mit ihren drei Ortsteilen Berghausen, Heiligenstein und Mechtersheim ist eine Ortsgemeinde im Rhein-Pfalz-Kreis in Rheinland-Pfalz mit etwa 9.500 Einwohnern. Sie gehört der Verbandsgemeinde Römerberg-Dudenhofen an.

3

Die in der Straßenbaulast des Rhein-Pfalz-Kreises stehende K 27 verläuft von der Landesstraße 537 (L 537) in Dudenhofen kommend in süd-östlicher Richtung. Sie überquert nach ca. 1,5 km im Bereich der höhenfreien Anschlussstelle die Bundesstraße 9 (B 9). In der Ortslage Römerberg kreuzt die K 27, die hier den Namen Dudenhofer Straße trägt, höhengleich die Bahnlinie 3400 Schifferstadt – Berg/Wörth am Bahnübergang 220, in dessen Nähe sich der Bahnhof „Berghausen“ befindet. Ca. 50 m hinter dem schienengleichen Bahnübergang mündet die K 27 leicht spitzwinklig in die L 507 innerhalb der Ortsdurchfahrt von Römerberg. Die L 507 führt innerhalb der Ortsdurchfahrt des Ortsteils Berghausen den Namen Germersheimer Straße. Zwischen dem Bahnübergang 220 und der Anbindung an die L 507 sowie von der L 507 in östlicher Richtung zur Kreisstraße 25 trägt die K 27 den Straßennahmen „Eisenbahnstraße“.

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Der geplante Straßenneubauabschnitt von rund 700 m Länge befindet sich vollständig in der Gemarkung Römerberg und betrifft die Ortsteile Berghausen und Heiligenstein. Die Planfeststellung umfasst insbesondere die Beseitigung des bisherigen höhengleichen Bahnüberganges BÜ 220, die für den aufzulassenden Bahnübergang BÜ 220 ersatzweise Herstellung der Umfahrungsstrecke der K 27 mit der höhenfreien Kreuzung der Bahnlinie 3400 von Berg nach Schifferstadt durch ein Unterführungsbauwerk, den Anschluss der Umfahrungsstrecke an die „Dudenhofer Straße“ („alte“ K 27) und an die L 507 sowie die Anbindung des Baugebietes „Holzweg“ – mittels Linksabbiegespur auf der K 27 – und des Schienenhaltepunktes/der Bahnanlage an die geänderte Streckenführung der Kreisstraße, die Anlage von Rad- und/oder Gehwegen entlang der Umfahrungsstrecke der Kreisstraße sowie parallel der Bahnstrecke zwischen der „Dudenhofer Straße“ („alte“ K 27) und der Umfahrungsstrecke der K 27 als ersatzweise Wiederherstellung der rad- und fußläufigen Beziehungen zur Ortslage sowie zur barrierefreien Andienung des westlich der Bahnlinie gelegenen Bahnsteiges und die Anlegung von Stütz- und Lärmschutzwänden/-maßnahmen. Mit der Auflassung des Bahnübergangs durch die Ersatzmaßnahme werden sich an der vorhandenen Strecken- und Verkehrscharakteristik keine Veränderungen ergeben.

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Die Ersatzmaßnahme ist Bestandteil eines neuen Verkehrskonzepts für die Gemeinde Römerberg. Hierfür wurden im Rahmen einer Machbarkeitsstudie bereits 1999/2000 Trassenvorschläge im Auftrag der Gemeinde Römerberg erarbeitet, die zur Verbesserung der innerörtlichen Verkehrssituation beitragen sollten („Studie einer außerörtlichen Entlastungsstraße westlich von Römerberg“, Schönhofen Ingenieure Kaiserslautern, Oktober 2000). Aufbauend darauf wurde im Auftrag des damaligen Landesamtes für Straßen- und Verkehrswesen Rheinland-Pfalz, Koblenz (heute: Landesbetrieb Mobilität) eine Verkehrsuntersuchung durchgeführt mit der Zielsetzung, die verkehrlichen Auswirkungen möglicher Ortsumfahrungen darzustellen und zu bewerten („Verkehrsuntersuchung Römerberg“, erstellt vom Fachbüro für Verkehrsplanung Modus Consult, Ulm, 15. Januar 2002). Priorität der Gemeinde Römerberg besaß jedoch die Beseitigung des Bahnübergangs 220 im Zuge der K 27 zur Entschärfung der unzulänglichen Verkehrsverhältnisse in diesem Zusammenhang.

6

Die Klägerin ist Eigentümerin und Bewohnerin des im unbeplanten Innenbereich gelegenen Grundstücks Germersheimer Straße … (Flurstück-Nr. ...) sowie – nach eigenen Angaben in der mündlichen Verhandlung vom 16. November 2015 – des südlich gelegenen unbebauten und von ihr als Garten genutzten Nachbargrundstücks Flurstück-Nr. …. Diese sind im Flächennutzungsplan als Teil eines Mischgebiets ausgewiesen. In dem Bereich der Germersheimer Straße bis zur Einmündung in die Eisenbahnstraße im Norden und zum Schänzelweg im Süden – die Grundstücke der Klägerin liegen etwa in der Mitte zwischen den beiden Einmündungen – befinden sich Wohngebäude, eine Gemeinschaftsarztpraxis, ein Druckereiunternehmen, eine Fahrschule, ein Raumausstatter und ein Hausmeisterservice. Auf dem Grundstück der Klägerin mit der Flurstück-Nr. ... steht im vorderen Bereich ein Wohnhaus und im rückwärtigen Bereich ein grenzständiges Nebengebäude. Parallel zur rückwärtigen Grenze der Grundstücke der Klägerin verläuft in einem Abstand von ca. 28 m die Bahnlinie Schifferstadt – Berg/Wörth. Zur Veranschaulichung der örtlichen Verhältnisse mag die nachfolgende Karte von Römerberg und Umgebung dienen (rot = Wohnanwesen der Klägerin, grün = K 27 alt, gelb = geplante Umfahrungsstrecke, K 27 neu):

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Es folgt die Luftbildaufnahme

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Die Grundstücke der Klägerin sollen aufgrund der Planung weder ganz noch zum Teil dauerhaft oder vorübergehend in Anspruch genommen werden. Die neue Bahnunterführung der K 27 (neu) soll mit ihrem östlichen Straßenast zukünftig in dem Zwischenraum zwischen der bestehenden Bahnlinie und der westlichen Grenze der Grundstücke der Klägerin verlaufen. Der östliche Straßenast der neu herzustellenden Bahnunterführung der K 27 (neu) wird nach der Planung in diesem Bereich auf einer Fläche angelegt, die im Wesentlichen das Grundstück Flurstück-Nr. … (zuvor ...), Gemarkung Berghausen umfasst. Diese ehemals der Bundesrepublik Deutschland/Bundeseisenbahnverwaltung gehörende Parzelle wurde inzwischen von der Verbandsgemeinde Römerberg-Dudenhofen erworben und ist heute deren Eigentum. Dieses Grundstück Flurstück-Nr. ... grenzt unmittelbar an die Grundstücke der Klägerin an. Die Fahrbahn der K 27 (neu) wird nicht ebenerdig auf dem gleichen Höhenniveau wie die Grundstücke der Klägerin liegen. Da die K 27 (neu) als Eisenbahnunterführung unter der Bahnlinie hindurchgeführt werden soll, wird sie mittels Troglage in einer Tiefe von etwa 5 m unter dem bestehenden Höhenniveau der Grundstücke der Klägerin an diesen vorbeiführen.

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Im Auftrag des Beklagten erstellte das Planungsbüro S Ingenieure im März 2007 eine schalltechnische Berechnung in Bezug auf die Lärmbelastung der Umgebungsbebauung für den Fall der Verwirklichung des Projekts. Gemäß den Ausführungen der am 20. April 2007 offen gelegten „Ergebnisse schalltechnischer Berechnungen“ ergab sich, dass die für das Jahr 2015 prognostizierten Verkehrszahlen aus der Verkehrsuntersuchung 2002 für die Ermittlung der Lärmbetroffenheiten mit dem Faktor 1,015 auf das Prognosejahr 2020 hochgerechnet wurden. Eingangsdaten in die lärmtechnische Untersuchung waren 9000 Kfz 24/ h auf der K 27 und auf der L 507 7500 Kfz/24 h nördlich sowie 11900 Kfz/ 24 h südlich der Einmündung der K 27.

10

Mit Schreiben vom 5. Juni 2007 beantragte das Land Rheinland-Pfalz, vertreten durch den Landesbetrieb Mobilität Speyer beim Landesbetrieb Mobilität in Koblenz als Planfeststellungsbehörde die Durchführung des Anhörungsverfahrens und die Feststellung des Plans für die Beseitigung des Bahnüberganges 220 im Zuge der K 27 im Bereich der Gemeinde Römerberg, Ortsteil Berghausen von Bau-km 0 + 080 bis Bau-km 0 + 781.505.

11

Die öffentliche Bekanntmachung über die Offenlegung der Planunterlagen für die Neugestaltung der K 27 erfolgte im Amtsblatt der Gemeinde Römerberg am 21. Juli 2007. In der Bekanntmachung wurde darauf hingewiesen, dass Einwendungen bis spätestens 12. September 2007 beim Landesbetrieb Mobilität Rheinland-Pfalz in Koblenz oder bei der Gemeindeverwaltung Römerberg erhoben werden könnten. Die Einwendung müsse den geltend gemachten Belang und das Maß der Beeinträchtigung erkennen lassen. Nach Ablauf der Einwendungsfrist seien alle Einwendungen ausgeschlossen, die nicht auf besonderen privatrechtlichen Titeln beruhten. Die Auslegung der Planunterlagen erfolgte bei der Gemeindeverwaltung Römerberg in der Zeit vom 30. Juli 2007 bis 29. August 2007.

12

Außerhalb der Beteiligung der Träger öffentlicher Belange und der anerkannten Naturschutzvereinigungen gingen zahlreiche private Einwendungen gegen das Vorhaben ein, darunter auch die der Klägerin.

13

Diese machte mit Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 11. September 2007, eingegangen am 12. September 2007, u.a. geltend, mit dem neu geplanten Verkehrsweg werde insgesamt mehr Verkehr an ihrem Grundstück vorbei geleitet. Das Grundstück werde - wie weitere Grundstücke entlang der Germersheimer Straße - als „Verkehrsinsel“ von zwei Straßen eingekreist. Mit der Zunahme des Verkehrs werde eine Zunahme der Verkehrsimmissionen einhergehen. Bei zutreffender Ermittlung der Verkehrsimmissionen und zutreffender Ermittlung des Gebiets nach der Art seiner Nutzung erweise sich, dass bei Realisierung des Vorhabens die maßgeblichen Grenzwerte der 16. Bundesimmissionsschutzverordnung – BImSchV – überschritten würden.

14

In formeller Hinsicht rüge sie, dass die ortsübliche Bekanntmachung der Planauslegung nicht ordnungsgemäß erfolgt sei. Bei den in der Gemeinde Römerberg ausliegenden Planunterlagen habe sich kein Nachweis befunden, dass die Planauslegung öffentlich bekannt gemacht worden sei. Aus der auf der Homepage des Landesbetriebs Mobilität vorzufindenden Bekanntmachung könne ein Bürger nicht entnehmen, ob er von dem Vorhaben unmittelbar oder mittelbar betroffen sei. Ob und in welcher Weise die Benachrichtigung nicht ortsansässiger Betroffener stattgefunden habe, sei anhand der Unterlagen nicht erkennbar. Die ordnungsgemäße Benachrichtigung werde fürsorglich gerügt.

15

Ort und Umstände der Planauslegung erfüllten nicht die Voraussetzungen von § 73 Abs. 2 und 3 Verwaltungsverfahrensgesetz – VwVfG –. Die Durchführung der Auslegung müsse von der Anhörungsbehörde bzw. von den Gemeinden, die damit beauftragt seien, so organisiert und geregelt werden, dass die Personen, die Einsicht nehmen wollten, dazu in angemessener Weise Gelegenheit erhielten. Die Planauslegung habe einzig bei der Gemeindeverwaltung Römerberg stattgefunden. Dort habe auch nur ein Exemplar des Planfeststellungsentwurfes ausgelegen. Sobald mehrere Interessierte gleichzeitig hätten Akteneinsicht nehmen wollen, hätten lange Wartezeiten in Kauf genommen werden müssen.

16

Das Einsichtsrecht nach § 73 VwVfG erfasse die Befugnis, Ablichtungen der Planunterlagen bzw. von Teilen davon zu fertigen. Ihrem Prozessbevollmächtigten sei aber das Anfertigen von Fotokopien untersagt worden. Diese Haltung entspreche nicht den Vorgaben des Verwaltungsverfahrensgesetzes, den Betroffenen umfassende Informationsmöglichkeiten zu eröffnen, damit diese sich gerade bei einem so komplexen und umfangreichen Vorgang wie einem Planfeststellungsverfahren in angemessener Weise informieren könnten. Die Auslegung sei insofern nicht ordnungsgemäß gewesen.

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Der Umfang der auszulegenden Unterlagen entspreche nicht den Vorgaben von § 73 Abs. 3 Satz 1 VwVfG. Das Planfeststellungsverfahren werde nur auf Antrag des Vorhabenträgers eingeleitet. Ein solcher Antrag, der das konkrete Konzept des Genehmigungsgegenstandes zum Inhalt haben müsse, habe den Planunterlagen nicht beigelegen. Es habe bei den Planunterlagen auch die Verkehrsuntersuchung Römerberg gefehlt. Dieses Gutachten sei jedoch zentrale Informationsquelle für die Frage, ob der Plan überhaupt erforderlich sei bzw. in welcher Weise die Betroffenen mit Verkehrsimmissionen rechnen müssten. Ebenso hätten die Stellungnahmen der anderen Behörden gefehlt, aus denen sich ebenfalls Informationen hätten ergeben können, die für die Betroffenen von Relevanz seien.

18

Dem Vorhaben fehle es auch an der Planrechtfertigung. Es werde von ihr, der Klägerin, nicht verkannt, dass der Ortsverkehr von Römerberg einer Entlastung bedürfe. Eine solche effektive und echte Entlastung könnte in einer zweiten Anbindung von Römerberg an die B 9 Richtung Speyer erreicht werden. Die nun in Rede stehende verkehrliche Maßnahme werde aber zu keiner Reduzierung der Verkehrszahlen im Ortskern von Römerberg führen. Dies ergebe sich auch aus der Verkehrsbegutachtung. Zwar heiße es im Erläuterungsbericht, es gehe bei dem Vorhaben um die Planung einer „außerörtlichen Entlastungsstraße“. Es werde aber nicht dargelegt - und sei auch nicht ersichtlich - ob bzw. in welchem Umfang die Verkehrszahlen tatsächlich reduziert werden könnten. Eine Verkehrsmaßnahme, die zur Entlastung des innerörtlichen Verkehrs gedacht sei, die dieses Ziel aber ausweislich des Verkehrsgutachtens nicht erreichen werde, entbehre einer Planrechtfertigung.

19

Es sei nicht auszuschließen, dass die Anwohner des derzeitigen Bahnübergangs möglicherweise zu einem gewissen Grad verkehrlich entlastet würden. Eine Vielzahl von Bürgern (jedenfalls entlang der Germersheimer Straße) würde bei der neuen Verkehrsführung erheblich mit zusätzlichem Verkehr belastet. Die punktuelle und begrenzte Entlastung von einigen Planbetroffenen durch die erhebliche und starke Belastung anderer Planbetroffener vermöge die Verkehrsplanung nicht zu rechtfertigen.

20

Die Planfeststellungsbehörde habe auch eine echte Prüfung von Planungsalternativen nicht vorgenommen. Da von den betroffenen Bürgern bereits in den Bürgergesprächen Alternativen benannt worden seien, hätten zumindest diese überprüft werden müssen. Ohne eine Prüfung von Alternativen liege ein Abwägungsfehler im Sinne eines Abwägungsausfalls vor.

21

Ferner habe die Planfeststellungsbehörde die Verkehrsimmissionen fehlerhaft ermittelt. Es liege insofern ein Abwägungsausfall vor, als eine Zunahme des Verkehrs, einschließlich der damit einhergehenden Verkehrsimmissionen, für eine Vielzahl der Planbetroffenen überhaupt nicht in die Abwägung eingestellt worden sei. Die schalltechnische Untersuchung gelange für eine Vielzahl der betroffenen Grundstücke zu dem Ergebnis, dass die Grenzwerte der 16. BImSchV eingehalten würden. Für ihr Grundstück sei zwar berechnet worden, dass die Grenzwerte für ein Mischgebiet (64/54 dB(A) mit Werten von 52,8 und 45,8 db(A) bzw. 58,4 und 51,4 db(A) unterschritten würden. Entgegen der Annahme des schalltechnischen Gutachtens handele es sich in dem Bereich Germersheimer Straße .. jedoch nicht um ein Mischgebiet, so dass im Ergebnis andere, schärfere Grenzwerte hätten Anwendung finden müssen. Wenn überhaupt eine Zuweisung zu einem der Gebietstypen der Baunutzungsverordnung möglich sei, so sei der Bereich als allgemeines Wohngebiet zu qualifizieren.

22

Die schalltechnische Untersuchung leide unter dem weiteren Mangel, dass ihr veraltetes Datenmaterial zur Verkehrssituation aus dem Jahre 2001 zugrunde liege. Ein weiterer Mangel der schalltechnischen Untersuchung liege darin, dass lediglich auf den neuen Verkehr der Ortsumgehung abgestellt worden sei. Stattdessen sei im Einzelnen zu prüfen, ob die enteignungsrechtliche Zumutbarkeitsschwelle durch eine Gesamtverkehrsbelastung überschritten werde. Anhaltspunkte, dass dies im vorliegenden Fall möglich sei, lägen vor: Sie sei durch die viel befahrene Germersheimer Straße und die neue Ortsumgehung mit ihrem Grundstück durch Straßen eingerahmt. Hinzuzurechnen sei der Verkehrslärm der in unmittelbarer Nähe verlaufenden Eisenbahnlinie mit S-Bahn und Güterverkehr. Die Verkehrsgeräusche, die durch die B 9 verursacht würden, kämen noch hinzu und seien besonders gut wahrzunehmen, wenn der Lärm der Germersheimer Straße abends etwas abnehme. Zu diesen Gesichtspunkten fehle es in der schalltechnischen Untersuchung an jeder Ausführung. Zusätzlich bestehe jetzt eine Lärmschutzwand am Rand des Neubaugebietes, die den Schall aus dem Schienenverkehr und der neugeplanten Straße mit Unterführung in Richtung des bestehenden Baugebiets reflektiere. Auch insofern sei das Abwägungsgebot nicht eingehalten, als die zukünftigen Bewohner des Neubaugebiets geschützt, die Bewohner des Bereichs Germersheimer Straße aber zusätzlich belastet würden.

23

Gänzlich ohne Berücksichtigung im bisherigen Verfahren seien Erschütterungen durch den Straßenneubau geblieben.

24

Schließlich verstoße das Vorhaben gegen naturschutzrechtliche Vorgaben. Es befinde sich zumindest in der Nähe des FFH-Gebiets "Rheinniederung Speyer-Germersheim" sowie des europäischen Vogelschutzgebietes "Berghausener und Lingenfelder Altrhein mit Insel Flotzgrün", das zugleich als IBA-Gebiet (Important Bird Area) ausgewiesen sei. Es sei zumindest eine mittelbare Beschädigung der hoch-bedeutsamen Naturschutzflächen zu besorgen.

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Mit weiterem persönlichem Schreiben vom 11. September 2007 und teilweise als Mitunterzeichnerin von Sammeleinwendungsschreiben erhob die Klägerin ergänzende Einwendungen gegen das geplante Vorhaben.

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Am 8. Dezember 2010 wurde der Termin zur Erörterung der Einwendungen in der Rhein-Pfalz-Halle in Römerberg durchgeführt. Die öffentliche Bekanntmachung dieses Termins war zuvor am 15. und 16. November 2010 in den Tageszeitungen „Die Rheinpfalz“ und „Speyerer Morgenpost“ sowie am 15. November 2010 im Staatsanzeiger für Rheinland-Pfalz erfolgt. In dem Erörterungstermin ließ sich die Klägerin, die persönlich anwesend war, von ihrem Prozessbevollmächtigten vertreten. Hinsichtlich des Verlaufs und der Ergebnisse der Erörterung wird auf die Niederschrift der Anhörungsbehörde vom 8. Dezember 2010 verwiesen.

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Mit Schreiben vom 12. Dezember 2012 bat der Landesbetrieb Mobilität Koblenz den Landesbetrieb Mobilität Speyer um ergänzende Erläuterungen zur geplanten Maßnahme, insbesondere zu der Frage der Planrechtfertigung. Hierzu gab der Landesbetrieb Mobilität Speyer am 10. Juni 2013 eine Stellungnahme an den Landesbetrieb Mobilität Koblenz ab, der eine Informations- und Bilddokumentation beigefügt war.

28

Im Verlaufe des Planfeststellungsverfahrens beauftragte der Landesbetrieb Mobilität Koblenz das Planungsbüro Modus Consult mit einer Aktualisierung bzw. Fortschreibung der Verkehrsuntersuchung aus dem Jahre 2002. Die Ergebnisse dieser Aktualisierung bzw. Fortschreibung gingen in die „Verkehrsuntersuchung Römerberg – Fortschreibung 2011“ vom Juli 2013 ein. Für den Analyse-Nullfall (2011) aus der aktualisierten Verkehrsuntersuchung (Fortschreibung 2011) wurde für die L 507 unmittelbar südlich der bestehenden Einmündung der K 27 in die Landesstraße innerhalb der Ortsdurchfahrt Römerberg ein Fahrzeugaufkommen von 8400 Kfz/ 24 h ermittelt. Für die K 27 zwischen der B 9 und der Einmündung in die L 507 war im Analyse-Nullfall 2001 der Verkehrsuntersuchung 2002 eine Verkehrsbelastung von (max.) 6400 Kfz/ 24 h festgestellt worden. Nach dem Analyse-Nullfall der Fortschreibung 2011 betrug die Verkehrsbelastung im gleichen Streckenabschnitt der Kreisstraße (max.) 6600 Kfz/ 24 h. Bei der Fortschreibung der Verkehrsuntersuchung 2011 wurde ein eigener Planfall für die Bahnübergangsbeseitigung (Prognose-Nullfall-Plus) erstellt und die Verkehrszahlen für das Jahr 2025 ermittelt. Für die K 27 werden 5700 Kfz, die L 507 Nord 7500 Kfz und die L 507 Süd 9700 Kfz jeweils pro 24 h prognostiziert.

29

Am 27. August 2013 nahm der Beklagte unter Berücksichtigung der Vorgaben der 39. BImSchV auf eine etwaige Überschreitung auch des Grenzwertes für Feinstäube PM2,5 eine ergänzende Überprüfung der Luftschadstoffsituation vor. Die Abschätzung der verkehrsbedingten Schadstoffimmissionen wurde auf die neue Berechnungsgrundlage, die Richtlinien zur Ermittlung der Luftqualität an Straßen – RLuS 2012 überprüft und aktualisiert. Die Ergänzende Überprüfung der Schadstoffsituation ergab, dass, gerechnet mit den Verkehrszahlen aus der ursprünglichen Verkehrsuntersuchung 2002, sowohl nach den Verfahren nach MLuS 02 als auch nach der RLuS 2012 sowie auch unter Zugrundelegung der Verkehrszahlen der fortgeschriebenen Verkehrsuntersuchung 2011 nach dem Verfahren RLuS 2012 die Grenzwerte der Schadstoffleitkomponenten der 39. BImSchV deutlich unterschritten werden.

30

Am 24. Oktober 2013 übersandte der Beklagte der Klägerin die neuen Unterlagen. Hierzu äußerte sich der Prozessbevollmächtigte der Klägerin mit Schreiben vom 18. November 2013.

31

Durch Beschluss des Landesbetriebs Mobilität Koblenz vom 24. September 2014 wurde der Plan für die Beseitigung des Bahnüberganges 220 im Zuge der Kreisstraße Nr. 27 im Bereich der Gemeinde Römerberg, Ortsteil Berghausen, in den Gemarkungen Berghausen und Heiligenstein von Bau-km 0 + 080 bis Bau-km 0 + 781.505 festgestellt. Der Planfeststellungsbeschluss enthält unter C. zahlreiche besondere Bestimmungen und Auflagen. In „C V. Lärm“ wird u.a. Folgendes ausgeführt:

32

Der Straßenbaulastträger ist beim (Um-)Bau der K 27 zur Beseitigung des Bahnüberganges 220, Römerberg, im hier festgestellten Abschnitt grundsätzlich verpflichtet, nachteilige Auswirkungen durch von der ausgebauten Straße ausgehenden Lärmbelastungen auf die benachbarte Wohnbebauung zu vermeiden. Dieser Verpflichtung hat er zunächst durch die Wahl der Trasse nachzukommen. Wenn trotz der richtigen Wahl der Trasse nachteilige Lärmauswirkungen auf benachbarte Wohnbebauung zu erwarten sind, hat er diese durch aktive Lärmschutzmaßnahmen auf ein zumutbares Maß zu verringern; erst wenn danach noch immer unzumutbare Lärmauswirkungen auf die benachbarte Wohnbebauung verbleiben, ist den Eigentümern der betroffenen Häuser passiver Lärmschutz an den zum dauernden Aufenthalt bestimmten Wohnräumen zu gewähren.

33

Der Straßenbaulastträger hat die von der K 27 und L 507 ausgehenden Lärmauswirkungen auf die der Straße benachbarte Wohnbebauung in einer Schalltechnischen Untersuchung überprüft. Nach dem Ergebnis der Untersuchung sind unzumutbare Lärmauswirkungen auf benachbarte Wohnbebauung zu erwarten. Der Straßenbaulastträger ist daher zur Durchführung von Lärmschutzmaßnahmen verpflichtet. Er wird nach Maßgabe der festgestellten Pläne (siehe Kapitel AVIII10 und AVIII11) aktive Lärmschutzmaßnahmen insbesondere in Form von Lärmschutzwänden durchführen und das Tragbauwerk mit einer hochabsorbierenden Auskleidung ausstatten.

34

Verschiedene Wohnhäuser entlang der gesamten Baustrecke können mit der Durchführung aktiver Lärmschutzmaßnahmen nicht vollständig vor unzumutbaren Verkehrsgeräuschen geschützt werden, da der dazu erforderliche aktive Lärmschutz aufgrund der Lage der Gebäude im unmittelbaren Einmündungsbereich K 27/ L 507 dem Straßenbaulastträger nicht aufgegeben werden kann. Diesen Wohnhäusern steht daher ergänzend passiver Lärmschutz zu.

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Es handelt sich im Einzelnen um die Anwesen:

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Wohngebäude, Straße, Hausnummer Himmelsrichtung
Germersheimer Straße ... Südliche und westliche Gebäudeseite
Germersheimer Straße ... Westliche Gebäudeseite
Germersheimer Straße ... Südliche Gebäudeseite

37

Der Straßenbaulastträger wird dem Grunde nach verpflichtet, den Eigentümern der vorgenannten Gebäude die notwendigen Aufwendungen in Geld auszugleichen, welche für die erforderlichen Schutzmaßnahmen gegen den die Immissionsgrenzwerte überschreitenden Verkehrslärm aufgewendet werden müssen (sog. „passiver Lärmschutz“).

38

In „C VI6. Weitere Bestimmungen und Auflagen“ heißt es weiter:

39

Während der Bauzeit hat der Vorhabenträger dafür zu sorgen, dass schädliche Umwelteinwirkungen durch Lärm-, Geruchs-, Staub- und Erschütterungsimmissionen nach dem Stand der Technik vermieden und unvermeidbare schädliche Umwelteinwirkungen auf ein Mindestmaß beschränkt werden. Der Vorhabenträger hat die Anlieger über den Beginn der Baumaßnahmen und deren geplante Dauer vorab zu informieren und den Anliegern einen Ansprechpartner für etwaige Beanstandungen zu benennen.

40

Hinsichtlich des Schutzes der Anlieger vor Erschütterungen während der Bauzeit sind zur Vermeidung bzw. Minderung von baubedingt unzumutbaren Erschütterungen bei der Baudurchführung moderne Verdichtungstechnik zum Einsatz zu bringen und bei entsprechender Gefährdungslage Sicherungsmaßnahmen zu ergreifen. Zum Schutz der Anlieger insbesondere vor bauzeitlichem Lärm, Staub, Schadstoffen und Erschütterungen wird beauflagt, dass während der Bauarbeiten das Landes-Immissionsschutzgesetz (LImSchG), das u.a. vorschreibt, schädliche Umwelteinwirkungen soweit möglich und zumutbar zu vermeiden und die Nachtruhe nicht zu stören sowie die Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Schutz gegen Baulärm (AVV Baulärm) in der jeweils gültigen Fassung zu beachten sind. In der Nacht dürfen Bauarbeiten nur dann ausnahmsweise durchgeführt werden, wenn dies zwingend notwendig ist und wenn die zuständige Behörde die Arbeiten zugelassen hat.

41

Was die baubedingten Staubbelastungen angeht, hat der Vorhabenträger den ausführenden Baufirmen im Rahmen der Vergabe Auflagen bezüglich der Vorsorge zur Minimierung der Ausbreitung von Staub (insbesondere bei Arbeiten in der direkten Nähe von Wohngebäuden) und zur Sauberhaltung des angrenzenden öffentlichen Straßennetzes zu erteilen. Darüber hinaus ist auch insoweit das Landesimmissionsschutzgesetz maßgeblich, wonach die Entstehung und Ausbreitung von Stäuben u.a. bei der Errichtung von Anlagen nach Möglichkeit durch geeignete Maßnahmen zu unterbinden oder zu vermindern ist. Durch geeignete Maßnahmen (wie z.B. Wässern der Baustelle) können Vorkehrungen getroffen werden, um die Staubbelastungen und Verschmutzungen im Umfeld der Baumaßnahme möglichst auf ein Mindestmaß zu reduzieren.“

42

Unter Abschnitt D „Beteiligte“ wurden sämtliche Träger öffentlicher Belange sowie die privaten Einwender mit Namen und Anschrift aufgeführt. Im Abschnitt E „Begründung“ wies der Beklagte die gegen das Planvorhaben erhobenen Einwendungen zurück. Zu den individuellen Einwendungen der Klägerin nahm der Beklagte unter Abschnitt E XI. „Sonstige Privateinwendungen“ Stellung.

43

In der Zeit vom 3. November 2014 bis 17. November 2014 lag der Planfeststellungsbeschluss samt Rechtsbehelfsbelehrung und einer Ausfertigung des festgestellten Plans zu jedermanns Einsicht bei der Verbandsgemeindeverwaltung Römerberg-Dudenhofen aus. Die Bekanntmachung hierzu erfolgte in den Tageszeitungen „Speyerer Morgenpost“ und „Die Rheinpfalz“ vom 16. Oktober 2014 sowie im Staatsanzeiger vom 20. Oktober 2014.

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Die Klägerin hat hiergegen am 17. November 2014 Klage erhoben. Sie führt zur Begründung aus, der streitgegenständliche Planfeststellungsbeschluss hätte bereits nicht durch den Landesbetrieb Mobilität ergehen dürfen, weil für das Planfeststellungsverfahren nach § 18 Allgemeines Eisenbahngesetz – AEG – das Eisenbahn-Bundesamt zuständig sei. Bei der Frage, ob ein Planfeststellungsverfahren nach § 18 AEG oder ein landesstraßenrechtliches Planfeststellungsverfahren durchgeführt werden könne oder müsse, komme es auf den Zweck bzw. Schwerpunkt der Maßnahme an. Dieser liege – wie es schon im Tenor des streitgegenständlichen Planfeststellungsbeschlusses sehr deutlich zum Ausdruck komme – in der „Beseitigung des Bahnüberganges 220“.

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Ihr Grundstück liege an der viel befahrenen Germersheimer Straße. Mit dem planfestgestellten Vorhaben solle der Verkehrsweg zwischen der hinter ihrem Grundstück verlaufenden Bahnlinie und dem Grundstück geführt werden. Der Abstand zwischen rückwärtiger Grundstücksgrenze und dem Straßenrand der neu zu errichtenden Straße betrage ca. 1 m. Mit dem neu geplanten Verkehrsweg werde insgesamt mehr Verkehr an ihrem Grundstück vorbei geführt. Dieses werde somit als „Verkehrsinsel" von zwei Straßen eingekreist. Mit der Zunahme des Verkehrs werde eine Zunahme der Verkehrsimmissionen einhergehen. Die neue Verkehrsführung werde sich auch insoweit auswirken, als ihr Grundstück von Erschütterungen durch den Verkehr betroffen sein werde. Alle diese Gesichtspunkte seien von ihr in ihrem Einwendungsschreiben vom 11. September 2007 dargelegt worden, so dass insofern keine materielle Präklusion eingetreten sei.

46

Der angefochtene Planbestellungsbeschluss leide an durchgreifenden formellen und materiellen Fehlern. Er sei schon deshalb rechtswidrig, weil mit ihm persönliche Daten der Einwender und so auch der Klägerin ohne Rechtsgrund und unter Verstoß gegen das Recht auf informationelle Selbstbestimmung aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 Grundgesetz – GG – sowie gegen das Datenschutzgesetz Rheinland-Pfalz preisgegeben worden seien. Der Planfeststellungsbeschluss einschließlich der personenbezogenen Daten der Klägerin sei von dem Beklagten auf seiner Seite in das Internet eingestellt worden. Das Bundesverfassungsgericht habe bereits entschieden, dass die Preisgabe von personenbezogenen Daten durch die Planfeststellungsbehörde in einem Planfeststellungsbeschluss einen unverhältnismäßigen Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung im Sinne von Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG darstelle.

47

Ein weiterer Fehler des Planfeststellungsverfahrens, der auf die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Planfeststellungsbeschlusses durchschlage, sei darin zu sehen, dass wesentliche Unterlagen, auf die die Planfeststellung gründe, nicht offengelegt und erst nach dem Erörterungstermin eingeholt worden seien. So hätten insbesondere die von dem Beklagten mit Schreiben vom 24. Oktober 2013 ihr übersandten Unterlagen bei der förmlichen Offenlage nicht ausgelegen. Bei diesen Unterlagen sei es aber um den eigentlichen Zweck des Vorhabens bzw. die Planrechtfertigung gegangen. Dieser Verfahrensfehler sei auch nicht durch die Übersendung der maßgeblichen Unterlagen an sie „geheilt“ worden. Bei der Hinzufügung weiterer Planunterlagen zur Substantiierung des Planungszwecks handele es sich nicht um die Änderung eines ausgelegten Plans im Sinne von § 73 Abs. 8 VwVfG, so dass die dort genannte Möglichkeit zur Beteiligung Betroffener ausscheide.

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Im Übrigen sei – soweit bekannt – nur ihr Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden; alle weiteren Einwender hätten von den ergänzten Unterlagen keine Kenntnis erhalten und ihnen sei keine Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden. Nach ihrer Auffassung hätte die Hinzufügung des zentralen Kriteriums einer Planfeststellung, nämlich der Planrechtfertigung, notwendig eine weitere Offenlage und einen sich daran anschließenden Erörterungstermin zur Folge haben müssen.

49

Auch die „Ergänzende Überprüfung der Schadstoffsituation" vom 27. August 2013 habe nicht offen gelegen. Dass gerade die Ermittlung der Schadstoffimmissionen für die Betroffenen zentrale Bedeutung habe und insofern eine Offenlage ohne eine vollständige bzw. aktuelle Begutachtung ihren Informationszweck verfehle, brauche nicht näher dargestellt werden.

50

Im Übrigen halte sie an den von ihr im Einwendungsschreiben geltend gemachten Verfahrensfehlern fest. Die dort aufgezeigten Verstöße seien durch den Planfeststellungsbeschluss nicht „geheilt“ worden.

51

In materieller Hinsicht fehle es dem Vorhaben an der Planrechtfertigung. Das planfestgestellte Vorhaben ergebe in verkehrlicher Hinsicht allenfalls dann Sinn, wenn es im Kontext einer außerörtlichen Entlastungsstraße realisiert würde. Genau dies sei jedoch nicht der Fall. Für sich betrachtet löse die angefochtene Maßnahme die Verkehrsprobleme in Römerberg nicht, so dass keine ausreichende Planrechtfertigung gegeben sei.

52

Die planfestgestellte Maßnahme werde Verkehrsprobleme nicht lösen, sondern neue schaffen. Durch die besondere Streckenführung (6,5 % Gefälle und enge, unübersichtliche Kurve) sei eine erhöhte Unfallgefahr zu erwarten. Von der L 507 kommend folge eine abschüssige Strecke mit 6,5 % Gefälle. Daran schließe sich eine enge Rechtskurve an, bei der durch Nutzer des erhöhten Rad- und Fußwegs die Sicht auf den Gegenverkehr versperrt sei. Müsse ein Autofahrer wegen Gegenverkehr (etwa weil dieser die Kurve schneide) abbremsen, so könne es zu Auffahrunfällen kommen. Dies würde in den beengten Verhältnissen der Unterführung zu einer längeren Blockade des Verkehrs und damit zu Verkehrsstauungen führen. Das gleiche gelte für die Streckenführung aus Richtung Dudenhofen kommend.

53

Wenn in der Stellungnahme des Landesbetriebs Mobilität vom 10. Juni 2013 ausgeführt werde, die Schließungen der Bahnschranken würden zu teilweise erheblichen Rückstaus in den vorhandenen Straßenraum bzw. Kreuzungsbereich führen, so treffe die Aussage in der Form nicht zu. Die Stauungen entstünden nicht allein durch die Bahnschranke, sondern durch den Kreuzungsbereich L 507/K 37. Die planfestgestellte Unterführung werde bezüglich der Stausituation keine Verbesserung bringen, denn der Stau werde lediglich in die Unterführung und in den Kreuzungsbereich verlagert werden.

54

Zur Erforderlichkeit der Maßnahme werde im Planfeststellungsbeschluss ausgeführt, dass der Bahnübergang keine ausreichenden Breiten für beidseitige Rad- und Gehwegführung hätte. Eine Verbreiterung des Bahnübergangs wäre aus Sicht der Bahn aber durchaus möglich. Es könne deshalb nicht ausgeschlossen werden, dass der bisherige Zustand erhalten bleiben musste, damit er als Argument für die Schließung des Bahnübergangs herhalten konnte. Eine erhöhte Gefährdung der Fußgänger und Radfahrer (Schulkinder) sei aus diesem Grund wohl billigend in Kauf genommen worden. Im Übrigen müssten durch die Bahnunterführung sowohl die Anwohner westlich der Bahnlinie als auch die Nutzer der Bahn erhebliche Umwege in Kauf nehmen. Die so oft propagierte Fußläufigkeit der Anbindung an den Ortskern werde damit abgestellt. Dies führe zu einer Zunahme des Kfz-Verkehrs und zu einer Abnahme der Benutzung der Bahn. Die Umwege seien deshalb nicht zumutbar.

55

Im Ergebnis werde die Verlegung des Einmündungsbereiches der K 27 in die L 507 um 125 m nach Süden die räumliche Verkehrssituation nicht verbessern. Letztlich fehle es an der erforderlichen Planrechtfertigung.

56

Der Planfeststellungsbeschluss leide auch an durchgreifenden Abwägungsmängeln: Bei der Feststellung des Verkehrsaufkommens an der künftigen Einmündung K 27 in die L 507 nach Verlegung der K 27 mit Bahnunterführung seien unzutreffende verkehrliche Annahmen zugrunde gelegt worden. Bei Zugrundelegung der richtigen Annahmen zeige sich, dass die geplante Maßnahme für sie, die Klägerin, unzumutbar sei.

57

Die Verkehrsuntersuchung 2001 und die Fortschreibung dieser Untersuchung aus dem Jahr 2011 gelangten zu dem Ergebnis, dass ein bestimmbarer Teil des Verkehrsaufkommens von Römerberg sein Ziel über die K 27 und die B 9 (einschließlich des Rückverkehrs) erreiche und zu diesem Zweck zwischen L 507 und B 9 die Bahntrasse queren müsse. Laut Verkehrsuntersuchung 2011 seien dies am Bahnübergang 7500 Kfz/24h. Als Folge der Bahnunterführung steige die Verkehrsbelastung auf der L 507 südlich der künftigen Einmündung der K 27 von 8800 Kfz/24h auf 9700 Kfz/24h, also um 10 %. Trotz dieser Steigerung südlich des künftigen Einmündungsbereichs sollten dann angeblich nur noch 5700 Kfz/24h die Bahn unterqueren. Dieser „Schwund" von 1800 Verkehrsteilnehmern, die die B 9 erreichen müssten, sei nicht nachvollziehbar. Statt mit den 5700 Kfz/24h, mit denen im Planfeststellungsbeschluss das Verkehrsaufkommen an der künftigen Einmündung der K 27 in die L 507 beschönigt werde, müsse mit 7500 Kfz/24h, also 32 % mehr, gerechnet werden. Für ihre Wohnsituation bedeute dies, dass sich das nachgewiesenermaßen überdurchschnittliche Verkehrsaufkommen auf der L 507 vor ihrem Wohngrundstück durch die Bahnunterführung zusätzlich um 10 % erhöhe und auf der Zufahrt zur Bahnunterführung auf der Rückseite des Wohngrundstücks mit 7500 Kfz/24h um 32 % höher sein werde, als dies im Planfeststellungsbeschluss ausgewiesen sei. Dies führe dazu, dass die schalltechnischen Berechnungen auf unzutreffenden Annahmen beruhten. Unter Berücksichtigung der zutreffenden Verkehrszahlen würde dies zu einer Überschreitung der maßgeblichen Immissionsrichtwerte am Grundstück der Klägerin führen. Gleiches gelte für die Belastungen durch Feinstaub und Erschütterungen.

58

Dabei sei weiter zu berücksichtigen, dass sich die Berechnungen im Planfeststellungsbeschluss auf die Verkehrsuntersuchung aus dem Jahre 2001 bezögen. Dabei seien die in Planung befindlichen Neubaugebiete W 3 und W4 noch nicht berücksichtigt. Unter Berücksichtigung dieser zusätzlich entstehenden Wohngebiete werde die Verkehrsbelastung und damit einhergehend die Immissionsbelastung noch deutlich höher sein.

59

Zudem sei ein Abwägungsausfall festzustellen: Ihr, der Klägerin, habe bislang eine Zugangsmöglichkeit und eine Anfahrmöglichkeit zu ihrem rückwärtigen Grundstück zur Verfügung gestanden. Sie habe über eine befestigte Fläche an ihr rückwärtiges Gartengrundstück heranfahren und das Grundstück von dort aus auch betreten können. Im Hinblick auf die Bewirtschaftung dieses Gartengrundstücks sei dies offenkundig ein erheblicher Vorteil. Bei Umsetzung der planfestgestellten Maßnahmen werde ihr dieser Vorteil entzogen. Dieser Gesichtspunkt sei von dem Beklagten überhaupt nicht gesehen worden und deshalb auch nicht in die Abwägung eingestellt worden. Dies begründe einen Abwägungsfehler (Abwägungsausfall).

60

Ein Abwägungsausfall liege auch weiterhin darin begründet, dass der Beklagte die Beeinträchtigungen der Klägerin durch Erschütterungen und Feinstäube nicht berücksichtigt und damit nicht gewürdigt habe.

61

Zu monieren seien ferner nicht oder fehlerhaft geprüfte Planungsalternativen. Eine Planungsalternative wäre eine westliche Ortsumgehungsstraße. Mit dieser würde sich die Verkehrsbelastung auf der L 507 im geplanten Einmündungsbereich um 30 % und am Bahnübergang um 33 % vermindern. Mit der Bahnunterführung werde sich demgegenüber die Verkehrsbelastung auf der L 507 im geplanten Einmündungsbereich um 10 % erhöhen. Darüber hinaus hätte die Ortsumgehungsstraße für ganz Römerberg positive Auswirkungen auf die Verkehrsbelastungen.

62

Die Klägerin beantragt,

63

den Planfeststellungsbeschluss des Landesbetriebs Mobilität Rheinland-Pfalz vom 24. September 2014 aufzuheben,

64

hilfsweise

65

den Planfeststellungsbeschluss des Landesbetriebs Mobilität Rheinland-Pfalz vom 24. September 2014 für rechtswidrig und nicht vollziehbar zu erklären,

66

weiter hilfsweise

67

den Beklagten zu verpflichten, die Klägerin im Hinblick auf die in der Einwendung vom 11. September 2007 zum Planfeststellungsverfahren erhobenen Forderungen unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu bescheiden.

68

Der Beklagte beantragt,

69

die Klage abzuweisen.

70

Zur Begründung führt er aus, die Klägerin könne sich auf mehrere von ihr geltend gemachte Gesichtspunkte nicht berufen, da sie diesbezüglich mit ihren Einwendungen präkludiert sei. Unbeschadet dessen sei die hier angefochtene Planung in jeder Hinsicht rechtsfehlerfrei ergangen.

71

In formeller Hinsicht sei der Landesbetrieb Mobilität zuständig für den Erlass des Planfeststellungsbeschlusses gewesen. Eine Zuständigkeit des Eisenbahn-Bundesamtes für eine eisenbahnrechtliche Planfeststellung nach § 18 habe nicht bestanden. Es sei nicht entscheidend, dass die gesamte Baumaßnahme dazu diene, den vorhandenen höhengleichen Bahnübergang zu beseitigen. Es sei vielmehr darauf abzustellen, dass es um eine Straßenbaumaßnahme, nämlich den Bau bzw. die Änderung von Straßen gehe, für deren Planung die Straßenbauverwaltung zuständig sei.

72

Es liege keine Verfahrensverstoß im Hinblick auf den Schutz persönlicher Daten vor. Dieser wäre im Übrigen unbeachtlich. Ferner könne sich die Klägerin nicht auf die Rechte anderer Verfahrensbeteiligter berufen. Soweit die Klägerin die mangelhafte Offenlage von Unterlagen, insbesondere der Stellungnahme des Landesbetriebs Mobilität Speyer vom 10. Juni 2013 und der beigefügten Informations- und Bilddokumentation, rüge, liege ebenfalls kein Verfahrensmangel vor. Richtig sei zwar, dass die dortigen Ausführungen der Straßenbaudienststelle Angaben zum Zweck und zur Notwendigkeit der Baumaßnahme enthalten hätten. Diese Angaben hätten jedoch lediglich ergänzende bzw. vertiefende Darlegungen zu den bereits im Erläuterungsbericht enthaltenen Projektbeschreibungen und zum Zweck des Vorhabens dargestellt. Die Stellungnahme der Straßenbaubehörde vom 10. Juni 2013 habe auch keine Änderung des Planes bewirkt noch habe deren Inhalt eine solche Änderung dargestellt. Im Übrigen wäre ein in der – vermeintlich – fehlerhaft unterbliebenen Offenlage der Stellungnahme des Mobilität Speyer vom 10. Juni 2013 zu erblickender Verfahrensfehler durch die erfolgte ergänzende Anhörung der Klägerin „geheilt" worden. Denn diese habe sich am 18. November 2013 auch tatsächlich hierzu geäußert.

73

Ein Verfahrensfehler ergebe sich auch nicht aus der unterbliebenen Offenlage der „Ergänzenden Überprüfung der Schadstoffsituation“ vom 27. August 2013, da hierzu kein fachliches Erfordernis bestanden habe.

74

Sonstige Verfahrensfehler lägen nicht vor.

75

Soweit die Klägerin das Fehlen der Planrechtfertigung moniere, könne sie dies als nur mittelbar von der Planung Betroffene bereits nicht rügen. Ungeachtet dessen sie die Planrechtfertigung gegeben und die Notwendigkeit der Maßnahme belegt. Die festgestellte Straßenbaumaßnahme sei geeignet und zugleich erforderlich, um das Planungsziel zu realisieren. Mit der festgestellten Beseitigung des Bahnüberganges 220 im Zuge der K 27 werde der Vorhabenträger seiner Verpflichtung aus § 11 Abs. 1 Satz 3 Landesstraßengesetz – LStrG – gerecht, wonach er die ihm zugewiesenen Kreisstraßen in einem dem regelmäßigen Verkehrsbedürfnis genügenden Zustand zu erhalten, zu erweitern oder in sonstiger Weise zu verbessern habe.

76

Ziel der Planung sei die Beseitigung des schienengleichen Bahnüberganges BÜ 220, unter Aufrechterhaltung der Kreisstraßenverkehrsverbindung zwischen der L 507 und der B 9/Dudenhofen, einschließlich der darüber hinausgehenden Verbindungsfunktionen. Damit sollten vor allem die mit dem vorhandenen schienengleichen Bahnübergang bestehenden verkehrlichen Hindernisse und Gefährdungen beseitigt bzw. minimiert werden und ein nachhaltiger Beitrag für die Sicherheit und Leichtigkeit des Straßen- und auch des Schienenverkehrs geschaffen werden. Die vorhandene Verkehrssituation im Bereich des Bahnüberganges sei unzureichend. Die häufigen und langen Schließzeiten des Bahnüberganges führten zu Rückstauungen bis in die L 507 und blockierten dort den nachfolgenden Durchgangsverkehr. Zudem weise der Bahnübergang keine ausreichenden Breiten für eine in beide Fahrtrichtungen von der Fahrbahn abgegrenzte Rad- und Gehwegeführung auf. Dadurch werde die Sicherheit der langsameren und schwächeren Verkehrsteilnehmer beim Queren des Bahnüberganges und sich begegnenden Kraftfahrzeugen, insbesondere nach dem Öffnen der Bahnschranken, gefährdet. Unter Berücksichtigung der absehbaren zukünftigen Verkehrsentwicklung werde sich diese Situation ohne die Beseitigung des Bahnüberganges noch weiter verschärfen. Um dieser Gefährdungssituation entgegenzutreten und dauerhaft eine sichere und leistungsfähige Verkehrsverbindung zu schaffen, habe der Vorhabenträger sich dazu entschlossen, den Bahnübergang durch eine höhenfreie Unterführung zu ersetzen. Die örtlichen Zwangspunkte erforderten dabei eine Umfahrung der vorhandenen Bebauung und eine Verschiebung der Einmündung der K 27(neu) in die L 507.

77

Die Klägerin verkenne dieses Planungsziel, wenn sie darauf hinweise, dass die Baumaßnahme nicht zu einer Reduzierung der Verkehrsströme und damit nicht zur Lösung der eigentlichen Verkehrsproblematik führen würde. Anders als die Klägerin hier vorgebe, habe die Beseitigung des BÜ 220 in Berghausen keine innerörtliche Verkehrsentlastung zum Ziel. Eine Reduzierung des Verkehrsaufkommens lasse sich mit dieser Maßnahme richtigerweise nicht verwirklichen. Dementsprechend habe der Vorhabenträger der Planung zur Bahnübergangsbeseitigung konsequenter Weise auch niemals eine solche Zielsetzung beigemessen. Stattdessen sei die Baumaßnahme darauf angelegt, die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs im Bereich des o.g. Bahnüberganges zu gewährleisten und zu verbessern.

78

Die durch die Planung entstehenden Mehr- bzw. Umwege seien verhältnismäßig und zumutbar. Die Verbindung zur Ortslage werde ohne unverhältnismäßige Umwege wiederhergestellt. Die (fuß- und radläufige) Wegeverbindung zur Ortsmitte werde zwar insbesondere für die Anwohner der „Dudenhofer Straße" länger. Gleichzeitig werde aber der Weg für die nahe der Umfahrungsstrecke wohnenden Anlieger im Baugebiet „Holzweg" je nach Zielort (eventuell) sogar verkürzt. Den verlängerten Fahrwegen für die Umfahrungsstrecke der neuen Trasse der Kreisstraße stünden überdies auch die entfallenden Wartezeiten vor geschlossener Bahnschranke gegenüber.

79

Die Planung verstoße auch nicht gegen das Abwägungsgebot. Das Vorhaben werde von einem hinreichenden öffentlichen Interesse getragen. Dieses leite sich maßgeblich aus den bestehenden Verkehrsverhältnissen im Bereich des Bahnüberganges 220 und der nahegelegenen Einmündung L 507/K 27 ab. Die Staubildungen und die Rückstauungen bei geschlossener Bahnschranke beeinträchtigten die Sicherheit und auch die Leichtigkeit des Verkehrs auf den beiden klassifizierten Straßen. Vorzugswürdige Alternativen, bei denen diese Verkehrsverhältnisse vorrangig hätten verbessert werden können als durch die Beseitigung des Bahnüberganges mit der Herstellung einer höhenfreien, Kreuzung und der Umfahrungsstrecke seien nicht erkennbar.

80

Die Verkehrslärmuntersuchungen seien fehlerfrei erfolgt. Es liege auch kein Abwägungsmangel in Bezug auf Erschütterungen und die Belastungen durch Feinstaub sowie hinsichtlich der rückwärtigen Zugangssituation des Grundstücks der Klägerin vor. Diese nehme offenbar ein Zugangs- und Anfahrtsrecht zu ihrem rückwärtigen Gartengrundstück für sich in Anspruch, welches weder in tatsächlicher Hinsicht gegeben sei noch rechtlich bestehe.

81

Die Planung sei auch im Hinblick auf Prüfung von Planungsalternativen rechtsfehlerfrei ergangen. Zunächst sei die Alternativenprüfung vom Kontrollanspruch der Klägerin nicht erfasst. Ungeachtet dessen liege kein Abwägungsmangel vor. Insbesondere stelle die von der Klägerin thematisierte Ortsumgehungsstraße keine vorzugswürdige Variante dar.

82

In der mündlichen Verhandlung des Gerichts vom 16. November 2015 hat der Beklagte im Hinblick auf die zwischen den Beteiligten strittige Frage, ob die nähere Umgebung des Anwesens der Klägerin bauplanungsrechtlich als faktisches Mischgebiet oder faktisches allgemeines Wohngebiet zu qualifizieren sei, die Prozesserklärung abgegeben, der Klägerin – ebenso wie drei anderen Bewohnern bereits im Planfeststellungsbeschluss in der Umgebung – ergänzende passive Lärmschutzmaßnahmen zu gewähren.

83

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die von den Beteiligten zu den Gerichtsakten gereichten Schriftsätze, auf die Verwaltungsakten des Beklagten und auf die Planaufstellungsakten verwiesen. Diese Unterlagen lagen der Kammer vor und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Des Weiteren wird auf das Sitzungsprotokoll vom 16. November 2015 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

84

Die Klage ist weder mit dem im Wege der objektiven Klagehäufung (§ 44 VerwaltungsgerichtsordnungVwGO –) verfolgten Hauptantrag noch mit den beiden Hilfsanträgen begründet. Der angegriffene Planfeststellungsbeschluss leidet nicht an einem rügefähigen Rechtsfehler, der die Klägerin in ihren Rechten verletzt und die – vollständige oder teilweise – Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses, die hilfsweise erstrebte Feststellung seiner Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit oder zumindest die äußerst hilfsweise begehrte Planergänzung rechtfertigt.

85

Das erkennende Gericht ist für die Entscheidung des Rechtsstreits sachlich zuständig (I.). Die Klage ist mit ihrem Hauptantrag zwar zulässig (II.), in der Sache aber unbegründet (III.). Der Hilfsantrag zu 1) bleibt ebenso erfolglos (IV.) wie der Hilfsantrag zu 2) (V.).

I.

86

Gemäß § 45 VwGO entscheidet das Verwaltungsgericht im ersten Rechtszug über alle Streitigkeiten, für die der Verwaltungsrechtsweg offensteht. Zwar bestimmt § 48 Abs. 1 Nr. 7 VwGO, dass das Oberverwaltungsgericht im ersten Rechtszug u.a. über sämtliche Streitigkeiten, die Planfeststellungsverfahren für den Bau oder die Änderung neuer Strecken von öffentlichen Eisenbahnen betreffen, entscheidet. Die genannte Vorschrift schließt auch Vorhaben für die Aufhebung (Schließung) eines (höhengleichen) Bahnübergangs ein, sei es dass dieser ersatzlos aufgehoben wird oder durch eine Straßenunter- oder Straßenüberführung ersetzt wird (BVerwG, Beschluss vom 16. Juli 2008 – BVerwG 9 A 21.08 –, NVwZ 2009, 189; OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 23. April 2015 – OVG 12 A 1.14 –, juris).

87

Im konkreten Fall wird durch den angefochtenen Planfeststellungsbeschluss zwar auch die Beseitigung eines höhengleichen Bahnübergangs zugelassen, der gemäß § 18 AEG grundsätzlich der Planfeststellung bedarf. Der Beklagte hat jedoch das Planfeststellungsverfahren auf der Grundlage des § 5 LStrG durchgeführt. Für die Zuständigkeit ist nicht entscheidend, ob das Planfeststellungsverfahren richtigerweise auf der Grundlage des § 18 AEG hätte durchgeführt werden müssen. Maßgebend ist allein, nach welchen Verfahrensvorschriften das Planfeststellungsverfahren tatsächlich durchgeführt wurde (vgl. OVG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 10. Oktober 2013 – 2 K 98/12 –, juris). Wird der Planfeststellungsbeschluss angefochten, richtet sich das gerichtliche Verfahren nach den Vorschriften, auf deren Grundlage das Vorhaben zugelassen worden ist; das gilt insbesondere auch für die Zuständigkeit nach den §§ 45 ff. VwGO.

II.

88

Der Hauptantrag ist zulässig.

89

1. Der auf Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses des Beklagten vom 24. September 2014 in der Gestalt der Prozesserklärung vom 16. November 2015 gerichtete Antrag ist als Anfechtungsklage gemäß § 42 Abs. 1 VwGO statthaft, da der genannte Planfeststellungsbeschluss nach § 1 Landesverwaltungsverfahrensgesetz – LVwVfG – i. V. m. § 74 Abs. 1 Satz 1, § 35 Satz 2 VwVfG ein Verwaltungsakt ist. Aufgrund der in den mündlichen Verhandlung vom 16. November 2015 vom Beklagten abgegebenen Prozesserklärungen ist der veränderte Planfeststellungsbeschluss Gegenstand des gerichtlichen Verfahrens geworden (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 7./8. November 2007 – 8 C 11523/06.OVG –, DVBl 2008, 321; BVerwG, Urteil vom 21. Juni 2006 – 9 A 28.05 –, NVwZ 2007, 1407). Der Planfeststellungsbeschluss und die auf ihn bezogene Prozesserklärung bilden eine Einheit, weil sie in ihrer Gesamtheit umreißen, was erlaubt ist und gegebenenfalls von der Umgebung hingenommen werden muss (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 10. Dezember 2004 – 20 D 134/00.AK, u. a. –, juris).

90

2. Die Klägerin ist gemäß § 42 Abs. 2 VwGO klagebefugt.

91

Da das Grundstück der Klägerin aufgrund der Planung weder ganz noch zum Teil dauerhaft oder vorübergehend in Anspruch genommen werden soll, ist die Klägerin nicht von der enteignungsrechtlichen Vorwirkung des Planfeststellungsbeschlusses unmittelbar betroffen und hat damit keinen sog. Vollüberprüfungsanspruch (vgl. BVerwG, Beschluss vom 5. Februar 2015 – 9 B 1/15 –, juris m.w.N.). Als nur mittelbar – hier insbesondere durch Lärmimmissionen und Luftschadstoffe – von der Planung Betroffene kann die Klägerin lediglich die Verletzung gerade sie schützender Normen des materiellen und Verfahrensrechts sowie eine nicht ordnungsgemäße Abwägung ihrer geschützten Privatbelange rügen. Angesichts der grundsätzlichen Ausrichtung des verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes auf den Schutz subjektiv-rechtlicher Rechtspositionen hat die Klägerin indes keinen Anspruch darauf, dass die Planung insgesamt und in jeder Hinsicht auf einer fehlerfreien Abwägung beruht (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 15. Mai 2015 – 11 D 12/12.AK –, juris). Der Drittschutz beschränkt sich auf planbedingte Beeinträchtigungen, die in einem adäquat-kausalen Zusammenhang mit der Planung stehen und mehr als geringfügig sind (vgl. BVerwG, Beschluss vom 5. Februar 2015 – 9 B 1/15 –, juris; Beschluss vom 5. März 2003 – 4 B 70.02 –, NuR 2004, 520; Bay. VGH, Beschluss vom 25. Juli 2007 – 8 ZB 06.2667 –, juris).

92

Hieraus folgt zunächst, dass die Klägerin sich nicht auf die geltend gemachten naturschutzrechtlichen Mängel im Verfahren berufen kann (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 15. Mai 2015 – 11 D 12/12.AK –, juris m.w.N.). Dies gilt ebenso für die gerügten Verfahrensfehler, die Dritten gegenüber möglicherweise begangen wurden. Ebenso wenig kann die Klägerin eine insgesamt fehlerfreie Abwägung und Planung verlangen. Allerdings ist der Klägerin entgegen der Auffassung des Beklagten nicht die Berechtigung abzusprechen, die Frage der Planrechtfertigung aufzuwerfen. Sie ist nicht nur zu prüfen, wenn Dritte für das Vorhaben enteignet werden sollen, sondern immer dann, wenn das Vorhaben mit Eingriffen in ihre Rechte einhergeht (vgl. BVerwG, Beschluss vom 5. Februar 2015 – 9 B 1/15 –, juris; Urteil vom 26. April 2007 – 4 C 12.05 –, NVwZ 2007, 1074). Art. 14 Abs. 1 GG schützt den Eigentümer auch vor mittelbaren Beeinträchtigungen seines Eigentums durch ein planfeststellungsbedürftiges Vorhaben. Auch derartige Eigentumsbeeinträchtigungen müssen dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit genügen. Ein mittelbar eigentumsbetroffener Kläger kann deshalb geltend machen, dass für das beabsichtigte Vorhaben - gemessen an den Zielsetzungen des jeweiligen Fachplanungsgesetzes - kein Bedarf besteht. Nicht verlangen kann er aber weitere Aspekte der Planrechtfertigung wie die Vereinbarkeit des konkreten Zugriffs auf das Eigentum mit Art. 14 Abs. 3 GG (BVerwG, Urteil vom 9. November 2006 – 4 A 2001.06 –, NVwZ 2007, 445; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 8. Februar 2007 – 5 S 2257/05 –, NJOZ 2007, 2588).

93

3. Die Klagefrist des § 74 Abs. 1 VwGO ist eingehalten. Der Planfeststellungsbe-schluss vom 24. September 2014 wurde samt ordnungsgemäßer Rechtsbehelfsbelehrung und einer Ausfertigung des festgestellten Plans in der Zeit vom 3. November 2014 bis 17. November 2014 zu jedermanns Einsicht bei der Verbandsgemeindeverwaltung Römerberg-Dudenhofen ausgelegt. Die Bekanntmachung hierzu erfolgte in den Tageszeitungen „Speyerer Morgenpost“ und „Die Rheinpfalz“ vom 16. Oktober 2014 sowie im Staatsanzeiger vom 20. Oktober 2014. Da die Auslegungsfrist am 17. November 2014 endete, galt der Planfeststellungsbeschluss gegenüber der Klägerin mit Ablauf dieses Tages als zugestellt (§ 1 Abs. 1 LVwVfG i.V.m. § 74 Abs. 4 Satz 3 VwVfG, welcher hier bei der Planung einer Landesstraße anzuwenden ist, vgl. §§ 5 und 6 LStrG). Die Klägerin hat damit am 17. November 2014 rechtzeitig Klage erhoben.

94

4. Die übrigen Prozessvoraussetzungen sind gegeben, insbesondere bedurfte es nicht der vorherigen Durchführung eines Vorverfahrens (s. § 1 LVwVfG i.V.m. §§ 70, 74 Abs. 1 Satz 2 VwVfG). Eine Beiladung des Vorhabenträgers war nicht erforderlich, da Vorhabenträger das Land Rheinland-Pfalz ist, das zugleich die Stellung des Beklagten innehat (vgl. Bay. VGH, Beschluss vom 29. Januar 2007 – 8 B 06.2314 –, NVwZ-RR 2007, 820).

III.

95

Der Hauptantrag ist aber unbegründet. Der in Rede stehende Planfeststellungsbeschluss des Beklagten vom 24. September 2014 i.d.F. der Prozesserklärung vom 16. November 2015, bei dessen Überprüfung auf die Sach- und Rechtslage bei Erlass des Planfeststellungsbeschlusses abzustellen ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 12. August 2009 – 9 A 64/07 –, UPR 2010, 193 ; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 15. Mai 2015 – 11 D 12/12.AK –, juris), erweist sich, soweit er auf die Klage der Klägerin hin rechtlich zu kontrollieren ist, als rechtmäßig und verletzt diese nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

96

Rechtsgrundlage für den angegriffenen Planfeststellungsbeschluss ist die Vorschrift des § 5 Abs. 1 Satz 1 LStrG, der die materielle Ermächtigung zur straßen-rechtlichen Fachplanung enthält. Danach dürfen Landes- oder Kreisstraßen nur gebaut oder geändert werden, wenn der Plan vorher festgestellt ist. Mit dieser ge-setzlichen Bestimmung steht der streitgegenständliche Planfeststellungsbeschluss des Beklagten in Einklang.

97

Die für die Rechtmäßigkeitskontrolle des Gerichts maßgeblichen rechtlichen Bin-dungen der Planfeststellungsbehörde ergeben sich in formeller Hinsicht aus dem für die Planung vorgeschriebenen Verwaltungsverfahren nach den Vorschriften der § 1 LVwVfG i.V.m. §§ 72 bis 77 VwVfG. In materieller Hinsicht folgen Planungsschranken vor allem aus der behördeninternen Bindung an vorrangige Planungsentscheidungen, aus dem Erfordernis der Planrechtfertigung, aus zwingenden materiellen Rechtssätzen und aus den Anforderungen des Abwägungsgebotes, das sich sowohl auf das Abwägungsergebnis als auch auf den Abwägungsvorgang erstreckt, bei dem die maßgeblichen öffentlichen und privaten Belange ins Verhältnis gesetzt werden und eine Entscheidung darüber getroffen wird, welche Belange bevorzugt werden und welche zurücktreten.

98

Der Planfeststellungsbeschluss vom 24. September 2014 i.d.F. der Prozesserklärung vom 16. November 2015 ist weder in formeller (2.1.) noch in materieller Hinsicht (2.2.) rechtlich zu beanstanden.

99

2.1. Die Klägerin kann zunächst nicht verlangen, dass der Planfeststellungsbeschluss wegen eines durchgreifenden Verfahrensfehlers aufgehoben wird.

100

2.1.1. Der Landesbetrieb Mobilität Rheinland-Pfalz war für die Feststellung der Zulässigkeit des Vorhabens gemäß §§ 5 Abs. 1, 6 Abs. 7 LStrG i.V.m. § 49 Abs. 2 LStrG sachlich zuständig.

101

2.1.1.1. Der Beklagte hat im Zusammenhang mit der Planfeststellung für die Herstellung der Umfahrungsstrecke der K 27 mit der höhenfreien Kreuzung der Bahnlinie 3400 von Berg nach Schifferstadt in der Gemeinde Römerberg, Ortsteil Berghausen, durch ein Unterführungsbauwerk auch die Beseitigung des Bahnüberganges 220 planfestgestellt.

102

Die Beseitigung des Bahnübergangs betrifft zwar eine „Betriebsanlage einer Eisenbahn“, für die der Beklagte im Grundsatz sachlich nicht zuständig ist. Gemäß § 18 AEG dürfen Betriebsanlagen einer Eisenbahn einschließlich der Bahnfernstromleitungen nur gebaut oder geändert werden, wenn der Plan vorher festgestellt ist. Bei der Planfeststellung sind die von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange einschließlich der Umweltverträglichkeit im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigen. Für das Planfeststellungsverfahren gelten die §§ 72 bis 78 VwVfG nach Maßgabe dieses Gesetzes.

103

Zur Bestimmung der Betriebsanlagen einer Eisenbahn ist auf den Anlagenbegriff abzustellen, der durch die in § 4 Abs. 1 Eisenbahn-Bau- und BetriebsordnungEBO – enthaltene Definition näher bestimmt wird. Danach sind Bahnanlagen alle Grundstücke, Bauwerke und sonstigen Einrichtungen einer Eisenbahn, die unter Berücksichtigung der örtlichen Verhältnisse zur Abwicklung oder Sicherung des Reise- oder Güterverkehrs auf der Schiene erforderlich sind. Dazu gehören die unmittelbar augenfälligen Bahnanlagen wie Gleise, Schranken und Signale. Entscheidendes Kriterium ist unter Berücksichtigung der örtlichen Verhältnisse immer die sog. Eisenbahnbetriebsbezogenheit, d.h. die Verkehrsfunktion und der räumliche Zusammenhang mit dem Eisenbahnbetrieb (s. auch Kramer, Allgemeines Eisenbahngesetz, 1. Auflage 2012, § 2 Rn. 6).

104

Die Beseitigung eines höhengleichen Bahnübergangs und dessen Ersetzung durch eine Straßenunter- oder Straßenüberführung betrifft somit eine Betriebsanlage der Eisenbahn (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 23. April 2015 – OVG 12 A 1.14 –, juris). Dieser Vorgang ist gemäß § 18 AEG planfeststellungsbedürftig, soweit damit eine Verbesserung der Bahnstrecke – insbesondere mehr Sicherheit für den Eisenbahnverkehr – erreicht werden soll (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 12. Februar 1988 – BVerwG 4 C 54.84 –, NVwZ 1989, 153). Zuständig für die Wahrnehmung der Aufgaben der Eisenbahnverkehrsverwaltung ist gemäß § 2 Abs. 1 des Bundeseisenbahnverwaltungsgesetzes – BEVVG – das Eisenbahn-Bundesamt. Dieses entscheidet auch über Planfeststellungsbeschlüsse gemäß § 18 AEG3 Abs. 1 Nr. 1 BEVVG).

105

Dennoch handelt es sich bei dem hier umstrittenen Vorhaben nicht um die Änderung einer Betriebsanlage einer Eisenbahn nach § 18 AEG, für deren Planung allein das Eisenbahn-Bundesamt zuständig (gewesen) wäre. Zwar dient die gesamte Baumaßnahme auch dazu, den Bahnübergang 220 zu beseitigen. Gleichwohl geht es um eine Straßenbaumaßnahme, für deren Planung die Straßenverwaltung des Beklagten zuständig ist.

106

Die Zuständigkeit für ein Planfeststellungsverfahren richtet sich nach dem geplanten Vorhaben. Bestimmte Vorhaben vor allem der öffentlichen Infrastruktur werden durch Gesetz einem solchen Verfahren unterworfen, in dem ihre Zulässigkeit im Hinblick auf alle von ihnen berührten öffentlichen Belange festgestellt wird (§ 1 LVwVfG i.V.m. § 75 Abs. 1 Satz 1 VwVfG). Zu diesen Vorhaben gehören sowohl der Bau und die Änderung von Betriebsanlagen der Eisenbahn (§ 18 AEG) als auch – auf landesrechtlicher Grundlage (§ 5 LStrG) – der Bau und die Änderung von Landes- und Kreisstraßen. Über die Planfeststellung von Bahnanlagen entscheidet das Eisenbahn-Bundesamt. Für die Planung von Landesstraßen sind die Straßenbehörden des Landes zuständig.

107

Diese Regeln gelten auch für die Beantwortung der Frage nach der Zuständigkeit für die Aufhebung eines höhengleichen Bahnüberganges (BVerwG, Urteil vom 12. Februar 1988 – 4 C 55/84 –, NVwZ-RR 1988, 60). Straße und Eisenbahnanlage bilden bei einer solchen Kreuzung eine untrennbare Einheit. Baumaßnahmen an einer Kreuzung lassen sich stets als Vorhaben des Straßen- oder des Eisenbahnbaues einordnen; es geht bei ihnen jeweils um die Herstellung oder Verbesserung eines der beiden (oder beider) Verkehrswege. Damit lässt sich das für die Zuständigkeit maßgebliche Vorhaben immer einem der beiden Rechtskreise zuordnen. Soll die eine Bahnlinie höhengleich kreuzende Straße geändert werden, richtet sich die Zuständigkeit nach Straßenrecht; geht es um den Bau oder die Änderung der Eisenbahn, so gelten die eisenbahnrechtlichen Zuständigkeitsregeln. Planen beide Vorhabenträger gleichzeitig Baumaßnahmen an ihren Anlagen, dann treffen zwei Vorhaben so zusammen, dass nur eine einheitliche Entscheidung möglich ist. Für diesen Fall ist die Zuständigkeit der Planfeststellungsbehörde – bei Beteiligung eines bundesrechtlich geregelten Vorhabens – nach § 78 VwVfG zu bestimmen (BVerwG, Urteil vom 12. Februar 1988 – 4 C 55/84 –, NVwZ-RR 1988, 60).

108

Die Zuständigkeit für die Planungsentscheidung über ein Kreuzungsbauwerk hängt damit davon ab, welcher der beiden Kreuzungsbeteiligten seine Anlage ändern will. Ein „Vorhaben“ ist die in einem konkreten Plan ausgeformte Gestaltungsabsicht des Baulastträgers. Über sie hat die Planfeststellungsbehörde zu entscheiden und nach ihr richtet sich ihre Zuständigkeit. Die Belange des anderen (passiven) Kreuzungsbeteiligten sind im Planfeststellungsverfahren zu berücksichtigen. Die Funktionsfähigkeit der jeweils anderen Anlage ist durch Folgemaßnahmen im Sinne von § 75 Abs. 1 VwVfG sicherzustellen (BVerwG, Urteil vom 12. Februar 1988 – 4 C 55/84 –, NVwZ-RR 1988, 60).

109

Vorliegend hat die Straßenbauverwaltung des Beklagten das Vorhaben geplant, die Eisenbahnstraße bahnkreuzungsfrei zu gestalten. Dies reicht nach dem Gesagten aus, die Zuständigkeit der straßenrechtlichen Planfeststellungsbehörde zu begründen, die auch entschieden hat. Das Eisenbahn-Bundesamt hat hingegen nichts unternommen, um ihre Bahnanlagen im Bereich des Überganges 220 zu ändern. Ein Vorhaben, über das die nach dem Bundeseisenbahnverwaltungsgesetz zuständige Planfeststellungsbehörde zu entscheiden gehabt hätte, liegt daher nicht vor.

110

2.1.1.2. Unschädlich ist entgegen der Ansicht der Klägerin, dass der Beklagte als Anhörungs- und als Planfeststellungsbehörde tätig geworden ist (BVerwG, Urteil vom 31. Januar 2002 – 4 A 15.01 –, NVwZ 2002, 1103; VG Neustadt, Urteil vom 16. März 2013 – 4 K 177/12.NW –, juris).

111

2.1.2. Formelle Bedenken gegen die Ergänzung des Planfeststellungsbeschlusses vom 24. September 2014 in der mündlichen Verhandlung vom 16. November 2015 bestehen nicht. Zum einen war der Beklagte befugt, im gerichtlichen Verfahren bindende Prozesserklärungen abzugeben, die den Inhalt des Planfeststellungsbeschlusses ändern bzw. ergänzen (BVerwG, Beschluss vom 5. März 2003 – 4 B 70.02 –, NuR 2004, 520; s. auch BVerwG, Urteil vom 21. Juni 2006 – 9 A 28.05 –, NVwZ 2006, 1407). Zum anderen bedurfte es keines neuen Planfeststellungsverfahrens für die vorgenommene Ergänzung. Von einem solchen Verfahren kann nach § 1 LVwVfG i.V.m. § 76 Abs. 2 VwVfG bei Planänderungen von unwesentlicher Bedeutung abgesehen werden, wenn Belange anderer nicht berührt werden. Dies war hier der Fall.

112

2.1.3. Zwar ist der Planfeststellungsbeschluss insoweit verfahrensfehlerhaft zustande gekommen, als darin die persönlichen Daten der Klägerin auf den Seiten C, 26, 29, 87, 92, 96 und 107 wiedergegeben worden sind. Dies stellt entgegen der Auffassung des Beklagten einen Verstoß gegen das Recht auf informationelle Selbstbestimmung dar (s. ausführlich dazu BVerfG, Beschluss vom 24. Juli 1990 – 1 BvR 1244/87 –, NVwZ 1990, 1162). Das nach Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG geschützte allgemeine Persönlichkeitsrecht umfasst auch die Befugnis des Einzelnen, grundsätzlich nicht nur über die Preisgabe, sondern auch über die weitere Verwendung seiner persönlichen Daten zu bestimmen. Der Beklagte musste daher bei seiner Entscheidung darüber, ob und in welchem Umfang personenbezogene und nichtanonymisierte Daten der Klägerin in den Planfeststellungsbeschluss vom 24. September 2014 aufzunehmen und mit diesem öffentlich zu verbreiten waren, dem Gehalt, der Bedeutung und der Tragweite des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung Rechnung tragen. Insbesondere unter dem Gesichtspunkt des Rechtsschutzinteresses der Betroffenen ist es allein erforderlich und ausreichend, jedem Einwender die ihm zugeordnete Betriebsnummer bekannt zu geben, mit der seine in dem Planfeststellungsbeschluss aufgenommenen Daten verschlüsselt worden sind. Die Zuordnung der individuellen Einwendungen zum jeweiligen Einwender muss lediglich bestimmbar sein. Dies ist durch die Vergabe von Betriebsnummern gewährleistet (BVerfG, Beschluss vom 24. Juli 1990 – 1 BvR 1244/87 –, NVwZ 1990, 1162).

113

Der genannte Verfahrensfehler rechtfertigt gegebenenfalls die Erhebung einer Feststellungsklage mit dem Begehren, festzustellen, dass diese Verfahrensweise rechtswidrig war. Unter Umständen kommt auch eine Amtshaftungsklage vor dem Zivilgericht in Betracht. Im vorliegenden Anfechtungsverfahren ist der genannte Verfahrensfehler aber gemäß § 72 Abs. 1 Satz 1 VwVfG i.V.m. § 46 VwVfG unbeachtlich. Denn es ist offensichtlich, dass die Frage der nicht anonymisierten persönlichen Daten der Klägerin die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat (vgl. BVerwG, Beschluss vom 30. Dezember 1996 – 11 VR 25/95 –, NVwZ-RR 1997, 525).

114

2.1.4. Das Anhörungsverfahren wurde ordnungsgemäß durchgeführt (§ 1 LVwVfG i.V.m. § 73 VwVfG).

115

2.1.4.1. Die öffentliche Bekanntmachung über die Offenlegung der Planunterlagen für die Neugestaltung der K 27 erfolgte im Amtsblatt der Gemeinde Römerberg am 21. Juli 2007 (§ 73 Abs. 5 VwVfG i.V.m. § 27 der Gemeindeordnung – GemO – und § 7 der Landesverordnung zur Durchführung der Gemeindeordnung – GemODVO –). Da gesetzlich nicht vorgeschrieben, bedurfte es entgegen der Auffassung der Klägerin nicht der Auslegung der öffentlichen Bekanntmachung vom 21. Juli 2007.

116

Die Frist zur Erhebung von Einwendungen endete am 12. September 2007. In der Bekanntmachung wurde darauf hingewiesen, dass Einwendungen bis zu diesem Termin beim Landesbetrieb Mobilität Rheinland-Pfalz oder bei der Gemeindeverwaltung Römerberg erhoben werden könnten und dass nach Ablauf der Einwendungsfrist alle Einwendungen ausgeschlossen seien, die nicht auf besonderen privatrechtlichen Titeln beruhen (§ 73 Abs. 4 Satz 3 VwVfG).

117

2.1.4.2. Die Planunterlagen wurden ordnungsgemäß ausgelegt. Nach § 1 LVwVfG i.V.m. § 73 Abs. 3 Satz 1 VwVfG ist der Plan drei Wochen nach Zugang für einen Monat zur Einsicht auszulegen. Der Plan lag in den Diensträumen der Gemeindeverwaltung Römerberg in der Zeit vom 30. Juli 2007 bis 29. August 2007 zu jedermanns Ansicht aus. Die Frist zur Erhebung von Einwendungen endete am 12. September 2007. In der Bekanntmachung wurde darauf hingewiesen, dass Einwendungen bis zu diesem Termin beim Landesbetrieb Mobilität Rheinland-Pfalz Koblenz oder bei der Gemeindeverwaltung Römerberg erhoben werden können und dass nach Ablauf der Einwendungsfrist alle Einwendungen ausgeschlossen seien, die nicht auf besonderen privatrechtlichen Titeln beruhen (§ 1 LVwVfG i.V.m. § 73 Abs. 5 VwVfG).

118

2.1.4.3. Soweit die Klägerin im Zusammenhang mit der Auslegung der Planunterlagen gerügt hat, bei der Einsicht der Planunterlagen hätten lange Wartezeiten in Kauf genommen werden müssen, sobald mehrere Interessierte gleichzeitig Akteneinsicht hätten nehmen wollen, kann sie damit nicht durchdringen. Zum einen hat die Klägerin nicht dargetan, dass gerade sie – auf deren Belange es im vorliegenden Verfahren ausschließlich ankommt – davon persönlich betroffen war. Zum anderen sind bei der Auslegung der auszulegenden Unterlagen durchaus Wartezeiten in Kauf zu nehmen (näher dazu vgl. VG Augsburg, Urteil vom 11. Juli 2012 – Au 6 K 11.1381 –, juris).

119

2.1.4.4. Es kann offen bleiben, ob die – vom Beklagten nicht bestätigte – Behauptung der Klägerin zutrifft, ihrem Prozessbevollmächtigten sei erst im Akteneinsichtstermin gestattet worden, von den Planunterlagen Fotografien zu fertigen, während ihm das Anfertigen von Fotokopien weiter untersagt worden sei (näher zu der Frage, ob das Einsichtsrecht auch die Befugnis umfasst, sich Ablichtungen der Planungsunterlagen zu fertigen s. Kopp/Ramsauer, § 73 Rn. 41; Neumann in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Auflage 2014, § 73 Rn. 64; Mecking, NVwZ 1992, 316, 319). Jedenfalls wäre ein diesbezüglicher eventueller Verfahrensfehler mangels konkreter Möglichkeit einer anderen Entscheidung unbeachtlich.

120

2.1.4.5. Auch aus dem Vorwurf, dass wesentliche Unterlagen wie z.B. die „Verkehrsuntersuchung Römerberg“ des Fachbüros für Verkehrsplanung Modus Consult aus dem Jahre 2002, die Stellungnahme des Landesbetriebs Mobilität Speyer vom 10. Juni 2013 und die „Ergänzende Überprüfung der Schadstoffsituation vom 27. August 2013“ nicht ausgelegt worden seien, ergibt sich kein zur Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses führender Verfahrensfehler.

121

2.1.4.5.1. Welche Planunterlagen ausgelegt werden müssen, bestimmt sich im Rahmen des Informationszwecks nach den jeweiligen Notwendigkeiten des Einzelfalls (s. Kopp/Ramsauer, VwVfG, a.a.O., § 73 Rn. 35a f.). Nach der Rechtsprechung des BVerwG (s. z.B. Urteil vom 15. Dezember 2006 - 7 C 1.06 -, NVwZ 2007, 700), der die Kammer folgt, müssen nicht alle Unterlagen, die möglicherweise zur umfassenden Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Planung erforderlich sind, ausgelegt werden, sondern nur die das Vorhaben betreffenden Planzeichnungen sowie solche, die - aus der Sicht der potentiell Betroffenen - erforderlich sind, um den Betroffenen das Interesse, Einwendungen zu erheben, bewusst zu machen (vgl. Kopp/Ramsauer, a.a.O., § 73 Rn. 44). So können z.B. bereits die Entwürfe des Planfeststellungsbeschlusses und des Erläuterungsberichts ausreichend sein, um die eigene Betroffenheit erkennen zu können. Gutachten und Stellungnahmen Dritter sind nur dann auszulegen, wenn ohne sie die mit der Auslegung bezweckte Anstoßwirkung nicht erreicht werden kann (Kupfer/Wurster, Die Verwaltung 40 (2007), 75, 89 m.w.N.).

122

2.1.4.5.2. Hiernach war der Beklagte nicht verpflichtet, die die „Verkehrsuntersuchung Römerberg“ des Fachbüros für Verkehrsplanung Modus Consult aus dem Jahre 2002 auszulegen (vgl. BVerwG, Urteile vom 9. Juni 2010 - 9 A 20.08 -, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 208 und vom 6. Oktober 2010 – 9 A 12.09 –, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 212, S. 187; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 15. Mai 2015 – 11 D 12/12.AK –, juris). Die potentielle Betroffenheit der Klägerin ergab sich bereits aus der Art der geplanten Maßnahme und dem Trassenverlauf. Beides war für die Klägerin ohne Weiteres den ausgelegten Planunterlagen zu entnehmen. Bereits diese Informationen gab ihr ausreichend Anlass, zu prüfen, ob ihre Belange von der Planung berührt werden und ob sie deshalb im anschließenden Anhörungsverfahren Einwendungen erheben will. Um dies zu erkennen, bedurfte es nicht der Kenntnis des konkreten Inhalts der „Verkehrsuntersuchung Römerberg“ aus dem Jahre 2002. Im Übrigen wurde die „Verkehrsuntersuchung Römerberg“ mit den entsprechenden Zahlen an mehreren Stellen des ausgelegten Erläuterungsberichts vom 20. April 2007 erwähnt. Ferner floss diese auch in die ausgelegten Ergebnisse schalltechnischer Berechnungen vom 20. April 2007 ein. Es ist von der Klägerin im Übrigen weder konkret dargelegt worden noch ist es zu erkennen, dass sie durch die gewählte Verfahrensweise gehindert gewesen wären, überhaupt Einwendungen oder solche in der notwendigen inhaltlichen Tiefe zu erheben.

123

2.1.4.5.3. Auch die Stellungnahme des Landesbetriebs Mobilität Speyer vom 10. Juni 2013 und die „Ergänzende Überprüfung der Schadstoffsituation vom 27. August 2013“ hatte im Verhältnis zu den bereits ausgelegten Planunterlagen nur ergänzenden Charakter und mussten daher nicht gesondert ausgelegt werden. Im Übrigen hat die Klägerin über ihren Prozessbevollmächtigten hiervon Kenntnis erlangt, so dass ein eventuell gegebener Verfahrensfehler geheilt worden wäre.

124

2.1.4.5.4. Ebenso wenig wie eine nachträgliche Auslegung der genannten Schreiben bedurfte es der Durchführung eines neuen Anhörungsverfahrens. Nicht jedes nachträglich eingeholte Gutachten oder jede neue Stellungnahme zwingt die Planfeststellungsbehörde zu einer erneuten Anhörung (vgl. BVerwG, Urteil vom 5. Dezember 1986 – 4 C 13.85 –, BVerwGE 75, 214, 226). Die Durchführung eines erneuten Anhörungsverfahrens steht vielmehr je nach den Umständen des Einzelfalles im pflichtgemäßen Ermessen der Behörde. Fehlerhaft ist lediglich ein Vorgehen, bei dem das Schwergewicht der zu treffenden tatsächlichen Feststellungen in den Verfahrensabschnitt nach Abschluss des Anhörungsverfahrens verlagert wird. Eine solche Fallgestaltung läge etwa dann vor, wenn ein nachträglich eingeholte Gutachten Tatsachen aufzeigt, die den bisher ausgelegten oder sonst bekannt gegebenen Unterlagen nicht entnommen werden konnten und die Schlüsse auf entscheidungserhebliche, bisher unbekannte Gesichtspunkte zulassen (OVG Niedersachsen, Urteil vom 1. September 2005 – 7 KS 220/02 –, NuR 2006, 125). Es ist weder von der Klägerin vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass sich aus den von ihr genannten Unterlagen derartige Tatsachen ergeben.

125

2.1.4.5.5. Selbst wenn man aber hier von einem Verfahrensfehler infolge der Nichtauslegung der von der Klägerin genannten Unterlagen ausgehen würde, könnte sie die Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses wegen des Verfahrensfehlers nur beanspruchen, wenn sie dadurch an der rechtzeitigen Geltendmachung ihrer Belange gehindert worden wäre (BVerwG, Urteil vom 9. November 2006 – 4 A 2001.06 –, NVwZ 2007, 445). Bei einem Verfahrensfehler muss deutlich werden, inwieweit sich die mögliche Verletzung einer Verfahrensvorschrift auf materielle Rechte eines Klägers und auf die Entscheidung in der Sache ausgewirkt haben kann. Da die verfahrensrechtlichen Vorschriften über die Beteiligung Dritter am Planfeststellungsverfahren Drittschutz grundsätzlich nicht um dieser Beteiligung selbst willen, sondern nur im Hinblick auf die bestmögliche Verwirklichung der dem Beteiligungsrecht zugrundeliegenden materiell-rechtlichen Rechtspositionen gewähren, kann ein Kläger auch nur dann insoweit durch den Planfeststellungsbeschluss in seinen Rechten verletzt sein. Die hiernach erforderliche Kausalität ist nur dann zu bejahen, wenn zumindest die konkrete Möglichkeit bestanden hat, dass ohne den Verfahrensfehler die Entscheidung anders, und zwar nicht präkludierte materiell-rechtliche Rechtspositionen des Klägers begünstigend ausgefallen wäre. Dies ist dann der Fall, wenn sich aufgrund erkennbarer oder naheliegender Umstände die Möglichkeit abzeichnet, dass durch den Verfahrensfehler die behördliche Abwägung der widerstreitenden öffentlichen und privaten Belange zum Nachteil solcher Positionen des Klägers in Richtung auf eine bestimmte Entscheidung beeinflusst worden ist (OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 13. Februar 2006 – 11 D 94/03.AK – , juris). Dafür ist hier nichts ersichtlich. Die Planauslegung dient dazu, die potenziell Betroffenen über das geplante Vorhaben zu unterrichten. Diesem Zweck ist in aller Regel Genüge getan, wenn ihnen die Auslegung Anlass zur Prüfung geben kann, ob ihre Belange von der Planung berührt werden und sie im anschließenden Anhörungsverfahren zur Wahrung ihrer Rechte oder Belange Einwendungen erheben wollen. Auf die Klägerin hat die Auslegung ihre Anstoßwirkung aber nicht verfehlt.

126

2.2. Auch in materiell-rechtlicher Hinsicht ist der streitbefangene Planfeststel-lungsbeschluss nicht zu beanstanden.

127

2.2.1. Bei der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle eines Planfeststellungsbeschlusses ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (s. z.B. Urteil vom 14. Februar 1975 – IV C 21.74 –, NJW 1975, 1373) von einer umfassenden planerischen Gestaltungsfreiheit der Planfeststellungsbehörde auszugehen. Diese planerische Gestaltungsfreiheit ergibt sich aus der Erkenntnis, dass Planung ohne Gestaltungsfreiheit ein Widerspruch in sich wäre und dass deshalb die der Planfeststellungsbehörde gewährte Befugnis zur Planung einen ausgedehnten Spielraum an Gestaltungsfreiheit einschließt und einschließen muss. Allerdings ist diese Gestaltungsfreiheit nicht grenzenlos. In materieller Hinsicht folgen Planungsschranken aus dem Erfordernis einer Planrechtfertigung des konkreten Planvorhabens, aus den in gesetzlichen Vorschriften zum Ausdruck kommenden Planungsleitsätzen sowie aus den Anforderungen des sich auf den Abwägungsvorgang und das Abwägungsergebnis erstreckenden Abwägungsgebots (vgl. BVerwG, Urteil vom 14. Februar 1975 – IV C 21.74 –, NJW 1975, 1373).

128

2.2.2. Der planfestgestellten Umgehungsstraße ermangelt es zunächst nicht an der erforderlichen Planrechtfertigung.

129

2.2.2.1. Die Prüfung der Planrechtfertigung ist der gerichtlichen Abwägungskontrolle vorgelagert und von ihr zu trennen (vgl. BVerwG, Urteil vom 11. Juli 2001 – 11 C 14.00 –, NVwZ 2002, 350, 353; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 17. März 2005 – 1 C 11411/04.OVG –, BRS 69 Nr. 175). Das Erfordernis der Planrechtfertigung bildet eine praktisch nur bei groben und einigermaßen offensichtlichen Missgriffen wirksame Schranke der Planungshoheit. Es beruht auf der Erkenntnis, dass eine planerische Ermessensentscheidung ihre Rechtfertigung nicht schon in sich selbst trägt, sondern im Hinblick auf die von ihr ausgehenden bis zur Zulässigkeit der Enteignung reichenden Einwirkungen auf Rechte Dritter rechtfertigungsbedürftig ist. Nicht erforderlich ist, dass eine geplante Maßnahme erst unausweichlich ist. Maßgeblich ist vielmehr, ob das planfestgestellte Vorhaben bei objektiver Betrachtungsweise zur Verwirklichung des Planungsziels „vernünftigerweise geboten“ ist (vgl. z.B. BVerwG, Beschluss vom 23. Oktober 2014 – 9 B 29/14 –, NVwZ 2015, 79; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 1. Juli 2015 – LKRZ 2015, 389; Bay. VGH, Urteil vom 13. Oktober 2015 – 22 A 14.40037 –, juris) bzw. der Vorhabenträger die Planung aus nachvollziehbaren Gründen für erforderlich halten darf (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 8. Oktober 2012 – 5 S 203/11 –, juris m.w.N.). Die verfolgten Ziele einer straßenrechtlichen Planfeststellung für eine Landes- oder Kreisstraße müssen mit den Zielsetzungen des Landesstraßengesetzes vereinbar und geeignet sein, etwa entgegenstehende Eigentumsinteressen zu überwinden. Nicht planerisch gerechtfertigt wäre ein straßenrechtliches Vorhaben, wenn feststünde, dass sich die Null-Variante, also der Verzicht auf die neue Straße, als ebenso sinnvoll oder noch zweckmäßiger erweisen würde (vgl. BVerwG, Urteil vom 3. Mai 1988 – 4 C 26.84 –, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 74). Dagegen ist eine Straßenplanung auch dann noch vernünftigerweise geboten, wenn mit dem Vorhaben eine Verbesserung der Verkehrsverhältnisse nicht in jeder Hinsicht bzw. nur teilweise gelingt (OVG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 16. Oktober 2014 – 2 K 82/12 –, juris). Keine Frage der Planrechtfertigung, sondern eine Frage der Abwägung ist es, ob die für das Vorhaben sprechenden Gemeinwohlbelange von einem solchen Gewicht sind, dass sie das Bestandsinteresse des Eigentümers am Fortbestand seiner konkreten Eigentumsposition zu überwinden vermögen (BVerwG, Beschluss vom 23. Oktober 2014 – 9 B 29/14 –, NVwZ 2015, 79).

130

Die Planrechtfertigung unterliegt der vollständigen gerichtlichen Überprüfung (vgl. BVerwG, Urteil vom 6. Dezember 1985 – 11 C 14.00 –, NVwZ 2002, 350; OVG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 16. Oktober 2014 – 2 K 82/12 –, juris). Das bedeutet u.a., dass das Gericht eine im Planfeststellungsbeschluss angegebene Begründung für die Planrechtfertigung anders als die Planfeststellungsbehörde beurteilen kann; maßgebend ist insoweit nicht, wie die Planfeststellungsbehörde die Frage der Planrechtfertigung selbst bewertet hat, sondern ob sich nach der objektiven Rechtslage für das geplante Vorhaben vernünftige Gründe ergeben (OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 5. August 2004 – 1 A 11787/031.OVG –, ZfW 2006, 241). Bei der Bedarfsprognose, die auf der zweiten Stufe der Planrechtfertigung bedeutsam wird, kommt der zuständigen Behörde sodann ein Beurteilungsspielraum zu (Jarass, NuR 2004, 69, 70 m.w.N.).

131

2.2.2.2. Nach diesen Grundsätzen bestehen an der Planrechtfertigung des umstrittenen Planfeststellungsverfahrens entgegen der Auffassung der Kläger weder in tatsächlicher noch prognostischer Hinsicht Zweifel.

132

Die Planfeststellungsbehörde hat die gegenwärtigen Straßenverhältnisse im Planbereich zu Recht als unzureichend eingestuft (s. Seite 36 ff. des Planfeststellungsbeschlusses). Mit dem planfestgestellten Vorhaben sollen diese Verkehrsverhältnisse in der Ortsdurchfahrt der Kreisstraße 27 in Römerberg nachhaltig verbessert werden (s. dazu im Einzelnen die Ausführungen im Planfeststellungsbeschluss, Seite 57 ff. und im Erläuterungsbericht, Seite 1 ff.). Entgegen der Auffassung der Klägerin dient das Vorhaben nicht der Entlastung des innerörtlichen Verkehrs, weshalb es auf ihre diesbezüglichen Ausführungen zu einer „außerörtlichen Entlastungsstraße“ nicht ankommt.

133

Das geplante Vorhaben steht im Einklang mit § 2 Abs. 1 Eisenbahnkreuzungsgesetz – EBKrG – und § 11 Abs. 1 Satz 3 LStrG. Gemäß § 2 Abs. 1 EBKrG ist im Falle des Neubaus einer Straße die Kreuzung mit der Eisenbahn nicht höhengleich herzustellen. Nach § 11 Abs. 1 Satz 3 LStrG hat der Träger der Straßenbaulast die ihm zugewiesenen Kreisstraßen (s. § 3 Nr. 2 LStrG) einschließlich ihrer Ortsdurchfahrten (s. § 12 Abs. 6 Satz 1 LStrG) nach seiner Leistungsfähigkeit in einem dem regelmäßigen Verkehrsbedürfnis genügenden Zustand zu bauen, zu unterhalten, zu erweitern oder sonstig zu verbessern hat. Unter Beachtung dieser gesetzlichen Vorgaben ist es im konkreten Fall nicht zu beanstanden, wenn die Planfeststellungsbehörde für die Beseitigung des gegenwärtigen höhengleichen Bahnübergangs der K 27 den Bedarf für eine höhenfreie Kreuzung in Form der Unterführung sieht. Die Planfeststellungsbehörde hat die Verkehrsbelastung der K 27 im Gesamtzusammenhang mit dem vorhandenen schienengleichen Bahnübergang 220, der hohen Bahntaktung sowie den Schließzeiten von bis zu 4 Stunden pro Tag und der relativ kurzen Rückstaustrecke bis zum Einmündungsbereich der ebenfalls überdurchschnittlich stark befahrenen L 507 zutreffend als beachtlich und bewältigungsbedürftig angesehen. Nach der „Verkehrsuntersuchung Römerberg“ aus dem Jahre 2002 weist die Verkehrsbelastung der L 507 dem Analyse-Nullfall (2001) im Analysejahr 2001 unmittelbar südlich der bestehenden Einmündung der K 27 mehr als 9000 Kfz/24 h aus. Gemäß der „Verkehrsuntersuchung Römerberg – Fortschreibung 2011“ vom Juli 2013 wurde für den Analyse-Nullfall (2011) aus der aktualisierten Verkehrsuntersuchung für die L 507 unmittelbar südlich der bestehenden Einmündung der K 27 in die Landesstraße innerhalb der Ortsdurchfahrt von Römerberg ein Fahrzeugaufkommen von 8400 Kfz/24 h ermittelt. Für die K 27 zwischen der B 9 und der Einmündung in die L 507 wurde im Analyse-Nullfall 2001 der Verkehrsuntersuchung 2002 eine Verkehrsbelastung von (max.) 6400 Kfz/24 h festgestellt. Nach dem Analyse-Nullfall der Fortschreibung 2011 betrug die Verkehrsbelastung im gleichen Streckenabschnitt der Kreisstraße (max.) 6600 Kfz/ 24 h. Damit ist das Verkehrsaufkommen im Verhältnis zu anderen Kreis- und Landesstraßen überdurchschnittlich hoch.

134

Für das Jahr 2015 prognostizierte die „Verkehrsuntersuchung Römerberg“ 2002 auf der K 27 ohne die Bahnübergangsbeseitigung eine Verkehrsbelastung von (max.) 8800 Kfz/24 sowie für die L 507 ein Verkehrsaufkommen von 11600 Kfz/24 h südlich und von 7300 Kfz/24 h nördlich der Kreisstraßeneinmündung (Prognose-Nullfall). Der im Zuge der Fortschreibung 2011 ermittelte Prognose-Nullfall 2025, also der Fall, dass die Bahnübergangsbeseitigung nicht erfolgen würde, weist für das Prognosejahr 2025 auf der L 507 südlich der Einmündung der Kreisstraße eine Verkehrsbelastung von 9100 Kfz/ 24 h und nördlich der K 27 einen Gesamtverkehr von 6400 Kfz/ 24 h auf. Für die K 27 selbst wird im Prognose-Nullfall 2025 eine Verkehrsbelastung von 7500 Kfz/ 24 h prognostiziert.

135

Die Kammer hat keine Bedenken an den von der Firma Modus Consult Ulm GmbH anlässlich der Verkehrserhebungen am 8. Mai 2001 und 14. April 2011 ermittelten Zahlen. Ebenso wenig bestehen durchgreifende Zweifel an der Verkehrsprognose der genannten Firma, die sich der Beklagte zu Eigen gemacht hat. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts unterliegen Verkehrsprognosen nur eingeschränkter gerichtlicher Kontrolle. Sie sind lediglich daraufhin zu überprüfen, ob sie methodisch einwandfrei erarbeitet worden sind, nicht auf unrealistischen Annahmen beruhen und ob das Prognoseergebnis einleuchtend begründet worden ist (vgl. z.B. BVerwG, Urteil vom 10. Oktober 2012 – 9 A 19.11 –, juris; s. auch OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 1. Juli 2015 – 8 C 10494/14 –, LKRZ 2015, 389). Diesem Maßstab genügt die im Streitfall angegriffene Verkehrsprognose.

136

Im Übrigen hat die Klägerin gegen diese Zahlen keine substantiierten Einwendungen erhoben. Die Planfeststellungsbehörde hat unter Bezugnahme auf die Verkehrsuntersuchungen, die Besonderheiten der örtlichen Lage des Bahnübergangs 220 und dessen Schließzeiten von bis zu vier Stunden täglich beanstandungsfrei ein Bedürfnis für dessen Beseitigung gesehen. In dem Kreuzungsbereich L 507 und K 27 sowie der Einmündung K 27 östlich der Landesstraße erfolgen bei Schließung der Schranken teilweise lange Rückstaus, die in der Vergangenheit zu zahlreichen Unfällen geführt haben. Der Stauraum östlich des Bahnübergangs beträgt bis zu der Kreuzung L 50/ /K 27 lediglich 45 m mit der Folge, dass es in Spitzenzeiten einen Rückstau auf die L 507 gibt. Ohne noch näher auf die Gefährdung von Fußgängern, Radfahrern und Schulkindern, die ebenfalls den Bahnübergang auf der weniger als 10 m breiten Fahrbahn überqueren, einzugehen, leuchtet es ohne Weiteres ein, dass die Beseitigung des höhengleichen Bahnüberganges die Verkehrsverhältnisse im Zuge der K 27 sowie im Bereich der Einmündung K 27/ L 507 verbessert und neben der optimierten Verkehrsabwicklung (Leichtigkeit des Verkehrs) auch zu einer Verbesserung der Sicherheit für alle Verkehrsteilnehmer führt. Dies entspricht der Intention der gesetzlichen Regelungen der §§ § 2 Abs. 1 EBKrG und 11 Abs. 1 Satz 3 LStrG. Der Einwand der Klägerin, das Vorhaben führe nicht zu einer mengenmäßigen verkehrlichen Entlastung, ist daher unbeachtlich.

137

Dem planfestgestellten Vorhaben fehlt die Planrechtfertigung schließlich auch nicht im Hinblick auf die konkret planfestgestellte Variante. Alternativen sind angesichts der vorhandenen Bebauung im Umfeld des Vorhabens nicht gegeben. Ob sich bei Berücksichtigung aller gegenläufigen Belange letztlich doch die Nullvariante aufdrängte, ist keine Frage der Planrechtfertigung, sondern Gegenstand der planerischen Abwägung (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 8. Oktober 2012 – 5 S 203/11 –, juris m.w.N.).

138

2.2.3. Nicht zu prüfen war, ob das planfestgestellte Vorhaben zwingende materiell-rechtliche Rechtssätze verletzt, da die Klägerin diesbezüglich keine Einwendungen erhoben hat bzw. nicht rügeberechtigt ist.

139

2.2.4. Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss genügt auch dem in § 5 Abs. 1 Satz 2 LStrG normierten Gebot, bei der Planfeststellung die von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange einschließlich der Umweltverträglichkeit abzuwägen (fachplanerisches Abwägungsgebot).

140

2.2.4.1. Das für jede hoheitliche Planung geltende Abwägungsgebot verlangt, bezogen sowohl auf den Vorgang als auch das Ergebnis des Abwägens, dass eine Abwägung überhaupt stattfindet, dass in die Abwägung alle im konkreten Fall abwägungsbeachtlichen Belange einbezogen werden und dass weder die Bedeutung der betroffenen öffentlichen und privaten Belange verkannt noch der Ausgleich zwischen ihnen in einer Weise vorgenommen wird, die zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht (vgl. z.B. BVerwG, Beschluss vom 14. Juni 1996 - 4 A 3.96 -, NVwZ-RR 1997, 340; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 15. Mai 2015 – 11 D 12/12.AK –, juris). Innerhalb dieses Rahmens wird das Abwägungsgebot nicht verletzt, wenn sich die zur Planung ermächtigte Stelle in der Kollision zwischen verschiedenen Belangen für die Bevorzugung des einen und damit notwendig für die Zurückstellung eines anderen entscheidet. Die darin liegende Gewichtung der von der Planung berührten öffentlichen und privaten Belange ist ein wesentliches Element der planerischen Gestaltungsfreiheit und als solches der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle entzogen. Diese beschränkt sich daher auf die Frage, ob die Planfeststellungsbehörde die abwägungserheblichen Gesichtspunkte rechtlich und tatsächlich zutreffend bestimmt und ob sie - auf der Grundlage des zutreffend ermittelten Abwägungsmaterials - die Grenzen der ihr obliegenden Gewichtung eingehalten hat (ständige Rechtsprechung; vgl. z.B. BVerwG, Urteil vom 15. Januar 2004 – 4 A 11.02 –, NVwZ 2004, 732). In die Feststellung des Plans sind grundsätzlich alle Gesichtspunkte einzubeziehen, die zur möglichst optimalen Verwirklichung der Planungsaufgabe, aber auch zur Bewältigung der von dem Planvorhaben in seiner Umgebung erst aufgeworfenen Probleme von Bedeutung sind. Dieses Gebot der Problem- oder Konfliktbewältigung soll also zu einer abschließenden und ausgewogenen Planungsentscheidung führen (vgl. BVerwG, Urteil vom 23. Januar 1981 – 4 C 68.78 –, NJW 1982, 950).

141

Mängel bei der Abwägung der von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange sind gemäß § 75 Abs. 1 a Satz 1 VwVfG aber nur erheblich, wenn sie offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen sind. Ein offensichtlicher Mangel im Abwägungsvorgang liegt nicht schon dann vor, wenn Planbegründung und Aufstellungsvorgänge keinen ausdrücklichen Hinweis darauf enthalten, dass der Plangeber sich mit bestimmten Umständen abwägend befasst hat. Vielmehr kann ein offensichtlicher Mangel nur dann angenommen werden, wenn konkrete Umstände positiv und klar auf einen solchen Mangel hindeuten (s. z.B. BVerwG, Beschluss vom 20. Januar 1995 – 4 NB 43.93 –, NVwZ 1995, 692). Solche erhebliche Abwägungsmängel führen gemäß § 75 Abs. 1 a Satz 2 VwVfG im Übrigen nur dann zur Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses, wenn sie nicht durch Planergänzung oder durch ein ergänzendes Verfahren behoben werden können. Die Aufhebung oder Teilaufhebung eines Planfeststellungsbeschlusses wegen eines Abwägungsmangels setzt insbesondere voraus, dass der Mangel für die Planungsentscheidung insgesamt von so großem Gewicht ist, dass dadurch die Ausgewogenheit der Gesamtplanung oder eines abtrennbaren Planungsteils überhaupt in Frage gestellt wird. Wenn diese Schwelle nicht erreicht wird, bleibt es bei einem Anspruch auf Planergänzung (BVerwG, Beschluss vom 18. März 1998 – 11 A 55.96 –, NVwZ 1998, 1071, 1072).

142

Als nur mittelbar von dem Vorhaben Betroffene kann die Klägerin eine gerichtliche Abwägungskontrolle nur hinsichtlich ihrer eigenen Belange und - wegen der insoweit bestehenden Wechselbeziehung - der ihren Belangen gegenübergestellten, für das Vorhaben streitenden Belange verlangen. Ob andere gegen das Vorhaben sprechende Belange ordnungsgemäß berücksichtigt worden sind, kann sie dem gegenüber ebenso wenig geltend machen wie die Frage, ob Rechtsnormen beachtet wurden, die nicht ihrem Schutz zu dienen bestimmt sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 10. Oktober 2012 – 9 A 20.11 –, NVwZ 2013, 645).

143

2.2.4.2. Die an den dargelegten Grundsätzen zu messende planerische Abwägungsentscheidung des Beklagten begegnet hinsichtlich der Berücksichtigung privater Belange der Klägerin keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken.

144

2.2.4.2.1. Der Planfeststellungsbeschluss genügt zunächst den Anforderungen an die als wesentlicher Aspekt des Abwägungsgebots anzusehende Prüfung von Alternativen zu dem beantragten Vorhaben. Der Beklagte musste keine die Klägerin weniger belastende Variante ernsthaft in Betracht ziehen.

145

2.2.4.2.1.1. Zwar hat die Planfeststellungsbehörde grundsätzlich alle in Betracht kommenden Alternativen – einschließlich der Nullvariante – in den Blick zu nehmen und ihre Eignung für das geplante Projekt - zumindest grob - zu prüfen (vgl. z. B. BVerwG, Urteil vom 3. März 2011 – 9 A 8.10 –, BVerwGE 139, 150; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 1. Juli 2015 – 8 C 10494/14 –, LKRZ 2015, 389; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 8. Oktober 2012 – 5 S 203/11 –, juris). Die Bevorzugung einer bestimmten Lösung darf nicht auf einer Bewertung beruhen, die zur objektiven Gewichtigkeit der von den möglichen Alternativen betroffenen Belange außer Verhältnis steht (vgl. BVerwG, Urteil vom 9. April 2003 – 9 A 37.02 –, NVwZ 2003, 1393). Das Abwägungsgebot verpflichtet die Planungsbehörde allerdings nicht, alle von ihr zu einem bestimmten Zeitpunkt erwogenen Alternativen gleichermaßen detailliert und umfassend zu untersuchen. Vielmehr ist sie befugt, Alternativen, die ihr auf der Grundlage einer „Grobanalyse“ als weniger geeignet erscheinen, schon in einem frühen Verfahrensstadium auszuscheiden. Die Trassenwahl ist nicht schon dann abwägungsfehlerhaft, wenn sich später herausstellt, dass eine zurückgestellte Alternative ebenfalls mit guten Gründen vertretbar gewesen wäre. Es ist nicht Aufgabe des Gerichts, durch eigene Ermittlungen und Wertungen ersatzweise zu planen und sich dabei von den Erwägungen einer „besseren“ Planung leiten zu lassen (vgl. BVerwG, Urteil vom 19. Mai 1998 – 4 A 9.97 –, NVwZ 1998, 961). Ein Abwägungsfehler liegt also nicht schon dann vor, wenn für und gegen die eine wie die andere Trasse einleuchtende Gründe ins Feld geführt werden können. Die Trassenwahl ist erst dann rechtswidrig, wenn sich die verworfene Alternative unter Berücksichtigung aller abwägungserheblichen Belange eindeutig als die bessere, weil öffentliche und private Belange insgesamt schonendere darstellen würde, wenn sich mit anderen Worten diese Lösung der Behörde hätte aufdrängen müssen oder wenn der Planungsbehörde infolge einer fehlerhaften Ermittlung, Bewertung oder Gewichtung einzelner Belange ein rechtserheblicher Fehler unterlaufen ist (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 18. Juni 2007 – 9 VR 13.06 –, NuR 2007, 754; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 1. Juli 2015 – 8 C 10494/14 –, LKRZ 2015, 389).

146

2.2.4.2.1.2. Ein danach beachtlicher Rechtsfehler liegt hier nicht vor. Unschädlich ist zunächst der Umstand, dass die Planfeststellungsbehörde die Frage nach Planungsalternativen nur als Unterpunkt der Planrechtfertigung (EV., Seite 36 ff. des Planfeststellungsbeschlusses) abgehandelt hat. In der Sache hat sich die Planfeststellungsbehörde unter EV4. ausführlich mit möglichen Planungsvarianten auseinander gesetzt und ist in nicht zu beanstandender Weise zu dem Ergebnis gelangt, dass weder die Nullvariante noch andere Varianten in Betracht kommen (s. S. 45 – 47 des Planfeststellungsbeschlusses). Soweit die Klägerin geltend gemacht hat, die in den beiden Verkehrsuntersuchungen Römerberg aus den Jahren 2001 und 2011 angesprochene Umgehungsstraße westlich von Römerberg würde zu einer starken Entlastung innerhalb von Römerberg und auch am Bahnübergang 220 führen, kann sie damit nicht durchdringen. Bei diesem Projekt handelt es sich nicht um eine Planungsalternative zu der Beseitigung des Bahnübergangs 220 sondern um eine eigenständige Planung mit anderer Zweckbestimmung und Verkehrsfunktionalität. Mit der Nullvariante könnte die bei der vorliegenden Planung verfolgte Zielsetzung, nämlich die Verbesserung der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs und der Verkehrsverhältnisse im Bereich des Bahnübergangs und der Einmündung L 507/K 27 nicht erfüllt werden. Sonstige die Klägerin weniger belastende Planungsvarianten musste der Beklagte nicht ernsthaft in Betracht ziehen.

147

2.2.4.2.2. Die Abwägungsentscheidung begegnet auch hinsichtlich der Bewältigung der Verkehrslärmproblematik und einer daraus resultierenden Verletzung des Rechts der Klägerin auf fehlerfreie Abwägung keinen Bedenken.

148

Abwägungsfehler bei den Gesichtspunkten des Lärmschutzes führen im Regelfall nicht zu einer Aufhebung eines Planfeststellungsbeschlusses. Denn nach § 75 Abs. 1 a Satz 1 VwVfG sind Mängel bei der Abwägung der von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange nur dann erheblich, wenn sie offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen sind. Erhebliche Mängel bei der Abwägung oder eine Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften führen nur dann zur Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses, wenn sie nicht durch Planergänzung oder durch ein ergänzendes Verfahren behoben werden können; die §§ 45 und 46 VwVfG bleiben unberührt (§ 75 Abs. 1 a Satz 2 VwVfG.

149

Mögliche Mängel im Lärmschutzkonzept können grundsätzlich durch Schutzauflagen behoben werden und rechtfertigen deshalb in der Regel nicht die Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses sondern allein die Planergänzung, die grundsätzlich nur im Wege der Verpflichtungsklage durchsetzbar wäre (vgl. BVerwG, Beschluss vom 19. Mai 2005 – 4 VR 2000.05 –, NVwZ 2005, 940). Eine Planaufhebung kommt nur in Betracht, wenn die von dem Betroffenen beklagten Lärmschutzdefizite ausnahmsweise so gravierend wären, dass sie die Ausgewogenheit der Gesamtplanung oder eines wesentlichen Planungsteils in Frage stellen würden (OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 15. Mai 2015 – 11 D 12/12.AK –, juris m.w.N.).

150

Allerdings kann nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts in einem Fall, in dem sich ein Kläger gegen die lärmtechnische Berechnung und die darauf aufbauende Behandlung der Lärmschutzbelange mit der Begründung wendet, sie beruhten auf einer verfehlten Verkehrsprognose, in der die tatsächlich zu erwartende Verkehrsbelastung des Vorhabens weit unterschätzt worden sei, die Möglichkeit nicht von der Hand gewiesen werden, dass davon die konzeptionelle Planungsentscheidung betroffen wird; Abwägungsdefiziten aufgrund einer fehlerhaften Verkehrsprognose kann deshalb nicht durch eine Planergänzung um Schutzauflagen abgeholfen werden (vgl. z.B. BVerwG, Urteil vom 9. Juni 2010 – 9 A 20.08 –, NVwZ 2011, 177).

151

Hiervon ausgehend kann die Klägerin mit ihren Einwänden gegen die Verkehrsprognosen sowie die lärmtechnischen Berechnungen der Planfeststellungsbehörde nicht durchdringen.

152

Vor dem Hintergrund der nur eingeschränkten gerichtlichen Überprüfungsbefugnis hinsichtlich Verkehrsprognosen (s. z.B. BVerwG, Beschluss vom 15. März 2013 - 9 B 30.12 -, juris; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 1. Juli 2015 – 8 C 10494/14 –, LKRZ 2015, 389), des Umstands, dass es keine gesetzliche Vorgabe gibt, nach welchen Methoden eine Verkehrsprognose im Einzelnen zu erstellen ist (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 23. April 2014 – 9 A 25.12 –, DVBl 2014, 1400), und weil im Übrigen Verkehrsprognosen keiner Richtigkeitsgewähr unterliegen (vgl. z.B. BVerwG, Beschluss vom 28. November 2013 – 9 B 14.13 –, DVBl. 2014, 237) sowie unter Berücksichtigung des eingeschränkten Rügerechts der Klägerin besteht keine Veranlassung, in allen Einzelheiten auf die Kritikpunkte der Klägerin einzugehen. Aus der Sicht der Kammer ist nur Folgendes anzumerken:

153

Die Klägerin hat die Zahlen der Verkehrsuntersuchungen in den Jahren 2001 und 2011 im Einzelnen nicht in Zweifel gezogen. Jedoch ist sie der Ansicht, dass statt mit 5700 Kfz/24h, mit denen im Planfeststellungsbeschluss das Verkehrsaufkommen an der künftigen Einmündung der K 27 in die L 507 beschönigt worden sei, mit 7500 Kfz/24h, also 32 % mehr, gerechnet werden müsse. Zudem müssten als Folge der Bahnunterführung und der damit steigenden Verkehrsbelastung auf der L 507 südlich der künftigen Einmündung der K 27 statt 8800 Kfz/24h 9700 Kfz/24h, also 10 % mehr, in Ansatz gebracht werden. Dies führe dazu, dass die schalltechnischen Berechnungen auf unzutreffenden Annahmen beruhten.

154

Diese Einwände der Klägerin gehen jedoch ins Leere. Der Beklagte hat im Planfeststellungsbeschluss unter Heranziehung der vom Vorhabenträger erstellten Verkehrsuntersuchungen aus den Jahren 2001 und 2011 auf die „Ergebnisse schalltechnischer Berechnungen“ vom 20. April 2007 Bezug genommen und ausgeführt, dass die für das Jahr 2015 prognostizierten Verkehrszahlen aus der Verkehrsuntersuchung 2001 für die Ermittlung der Lärmbetroffenheiten mit dem Faktor 1,015 auf das Prognosejahr 2020 hochgerechnet wurden. Die verkehrlichen Eingangsdaten in die Lärmtechnische Untersuchung vom 20. April 2007 waren 9000 Kfz 24/ h auf der K 27, 7500 nördlich und 11900 Kfz/24h südlich der Einmündung der K 27 auf der L 507 (s. Seite 57 des Planfeststellungsbeschlusses). Zu dieser Berechnungsweise entschloss sich die Planfeststellungsbehörde, obwohl die in 2011 ermittelten Verkehrszahlen gegenüber den Verkehrszahlen der ursprünglichen Untersuchung aus 2001 etwas niedriger ausgefallen waren (s. Kapitel EV1 = Seite 36 ff. des Planfeststellungsbeschlusses), im Interesse der Lärmbetroffenen. Hinter diesen bei der Lärmberechnung angesetzten, aus der Verkehrsuntersuchung aus dem Jahre 2001 auf den Prognosehorizont 2020 hochgerechneten Verkehrszahlen bleiben die von der Klägerin als maßgeblich erachteten Verkehrsbelastungen von 7.500 Kfz/24h auf der K 27 und von 9.700 Kfz/24h auf der L 507 deutlich zurück. Hierauf in der mündlichen Verhandlung vom 16. November 2015 aufmerksam gemacht, hat die Klägerin auch keine substantiierten Einwendungen mehr erhoben. Dies gilt auch für den ursprünglich geltend gemachten Einwand, bei den lärmtechnischen Berechnungen seien die in der Planung befindlichen Neubaugebiete „W3“ und „W4“ der Gemeinde Römerberg nicht berücksichtigt worden.

155

Soweit die Klägerin auch im Zusammenhang mit der Lärmschutzproblematik auf die in den beiden „Verkehrsuntersuchungen Römerberg“ angesprochene westliche Ortsumgehungsstraße verwiesen hat, nach dessen Verwirklichung der Verkehr in der Ortslage von Römerberg abnehme, kann sie damit ebenfalls nicht gehört werden. Zwar müssen bereits vorhersehbare Entwicklungen im Streckennetz, die sich auf die Verkehrsmenge der planfestgestellten Strecke auswirken, von vornherein bei der Verkehrsprognose berücksichtigt und im Planfeststellungsbeschluss bewältigt werden (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 15. Mai 2015 – 11 D 12/12.AK –, juris m.w.N.). Von einer bereits „vorhersehbaren“ Entwicklung kann frühestens aber dann gesprochen werden, wenn ein Planfeststellungsverfahren eingeleitet worden ist. Ein solches konkretes Planungsstadium hatte zum Zeitpunkt des Erlasses des hier streitgegenständlichen Planfeststellungsbeschlusses die von der Klägerin genannte westliche Ortsumgehung aber nicht erreicht.

156

Die Kammer konnte daher die in der Lärmtechnischen Untersuchung vom 20. April 2007 eingeflossenen Zahlen und Prognosen ihrer weiteren Würdigung zugrunde legen.

157

Der Schutz der (Wohn)Bevölkerung vor Verkehrslärm ist ein Belang, dem eine Straßenplanung gemäß § 41 Abs. 1 Bundesimmissionsschutzgesetz – BImSchG – Rechnung zu tragen hat. Danach ist u.a. bei dem Bau oder der wesentlichen Änderung einer öffentlichen Straße unbeschadet des § 50 BImSchG sicherzustellen, dass durch diese keine schädlichen Umwelteinwirkungen durch Verkehrsgeräusche hervorgerufen werden können, die nach dem Stand der Technik vermeidbar sind. Nach der Definition des § 3 Abs. 1 BImSchG liegen schädlichen Umwelteinwirkungen vor, wenn der Lärm geeignet ist, erhebliche Belästigungen für die Nachbarschaft herbeizuführen. Maßgeblich für den Schallschutz, den die Klägerin beanspruchen kann, sind die Regelungen der §§ 41, 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG i.V.m. § 2 der 16. BImSchV. Hiernach ist beim Bau oder der wesentlichen Änderung öffentlicher Straßen grundsätzlich sicherzustellen, dass der nach § 3 der 16. BImSchV berechnete Beurteilungspegel bestimmte gebietsbezogene Immissionsgrenzwerte nicht überschreitet; dies gilt nicht, soweit die Kosten der Schutzmaßnahme außer Verhältnis zu dem angestrebten Schutzzweck stehen würden.

158

Nach § 2 Abs. 2 Satz 1 der 16. BImSchV ergibt sich die für die Festlegung der jeweiligen Immissionsgrenzwerte maßgebliche Gebietseinstufung aus den Festsetzungen in den Bebauungsplänen. Sind solche Festsetzungen – wie hier – nicht vorhanden, gelten gemäß Satz 2 der vorgenannten Bestimmung für bauliche Anlagen im Außenbereich entsprechend ihrer Schutzbedürftigkeit die Werte nach Absatz 1 Nr. 1 für Krankenhäuser, Schulen, Kurheime und Altenheime, nach Nr. 2 für reine und allgemeine Wohngebiete und Kleinsiedlungsgebiete, nach Nr. 3 für Kerngebiete, Dorfgebiete und Mischgebiete oder nach Nr. 4 für Gewerbegebiete. § 2 Abs. 1 Nr. 2 der 16. BImSchV sieht u.a. für allgemeine Wohngebiete einen Immissionsgrenzwert von 59 db(A) tagsüber und 49 dB(A) nachts vor. Für Mischgebiete bestimmt § 2 Abs. 1 Nr. 3 der 16. BImSchV u.a. für Mischgebiete einen zulässigen Immissionsgrenzwert von 64 db(A) tagsüber und 54 dB(A) nachts. Die – im Sinne einer gleichmäßigen Rechtsanwendung verbindlichen (Kämper, UPR 2015, 424, 426) – Immissionsgrenzwerte des § 2 Abs. 1 der 16. BImSchV stellen in Gebieten, die durch eine Wohnnutzung geprägt sind, sicher, dass auch zu Zeiten überdurchschnittlicher Inanspruchnahme der Straße nach dem derzeitigen Kenntnisstand Gesundheitsgefährdungen nicht zu besorgen sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 21. März 1996 – 4 A 10.95 –, NVwZ 1996, 1006).

159

Nach den „Ergebnissen schalltechnischer Berechnungen“ vom 20. April 2007 wurde für das Anwesen der Klägerin in der Germersheimer Straße 100 (Berechnungspunkt Nr. 18) ein maximaler Immissionspegel von 58,4 dB(A) am Tag und 51,4 dB(A) nachts ermittelt. Damit läge im Falle der Annahme eines allgemeinen Wohngebiets eine Überschreitung der zulässigen Immissionswerte in der Nacht vor.

160

Ob die Planfeststellungsbehörde bei ihrer Abwägungsentscheidung in Bezug auf die Grundstücke der Klägerin die richtigen Immissionsgrenzwerten für Lärm zugrunde gelegt hat, bedarf nach Abgabe der Prozesserklärung des Beklagten in der mündlichen Verhandlung vom 16. November 2015 jedoch keiner Entscheidung mehr. Im Planfeststellungsbeschluss ist der Beklagte für die im unbeplanten Innenbereich von Römerberg gelegene Wohngrundstück der Klägerin davon ausgegangen, dieses liege – in Übereinstimmung mit dem Flächennutzungsplan – in einem faktischen Mischgebiet. In einem Mischgebiet sind gemäß § 6 Abs. 2 BaunutzungsverordnungBauNVO – Wohngebäude, Geschäfts- und Bürogebäude, Einzelhandelsbetriebe, Schank- und Speisewirtschaften sowie Betriebe des Beherbergungsgewerbes, sonstige Gewerbebetriebe, Anlagen für Verwaltungen sowie für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke, Gartenbaubetriebe, Tankstellen allgemein sowie Vergnügungsstätten im Sinne des § 4a Abs. 3 Nr. 2 BauNVO in den Teilen des Gebiets, die überwiegend durch gewerbliche Nutzungen geprägt sind, ausnahmsweise zulässig. Dagegen sind in einem allgemeinen Wohngebiet nach § 4 Abs. 2 BauNVO Wohngebäude, die der Versorgung des Gebiets dienenden Läden, Schank- und Speisewirtschaften sowie nicht störenden Handwerksbetriebe, Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke allgemein sowie nach § 4 Abs. 3 BauNVO Betriebe des Beherbergungsgewerbes, sonstige nicht störende Gewerbebetriebe, Anlagen für Verwaltungen, Gartenbaubetriebe und Tankstellen ausnahmsweise zulässig.

161

Dem in der mündlichen Verhandlung vom 16. November 2015 von der Klägerin gestellten Beweisantrag, die Örtlichkeit in Augenschein zu nehmen, um feststellen zu können, dass die nähere Umgebung als faktisches allgemeines Wohngebiet zu qualifizieren sei, war mangels Entscheidungserheblichkeit nicht nachzugehen. Denn der Vertreter des Beklagten hatte in der mündlichen Verhandlung vom 16. November 2015 kurz zuvor die Prozesserklärung abgegeben, er gewähre der Klägerin – ebenso wie den drei anderen Anwesen Germersheimer Straße ..., … und … – für die von der festgestellten Planung von einer Überschreitung der Grenzwerte für allgemeine Wohngebiete in der Nacht betroffenen Räumlichkeiten passiven Lärmschutz nach Maßgabe der 16. BImSchV. Damit sind für das Wohnhaus der Klägerin aufgrund der Prozesserklärung des Beklagten nunmehr 49 dB(A) maßgebend.

162

Da sich die Klägerin als nicht enteignend Betroffene nur auf ihre geschützten Privatbelange berufen kann, und folglich nur die Lärmeinwirkungen auf ihre beiden Grundstücke maßgebend sind, sind ihre weiteren Einwendungen in Bezug auf die Verkehrslärmproblematik, die sich nicht auf ihre beiden Grundstücke bezieht, nicht entscheidungserheblich (OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 15. Mai 2015 – 11 D 12/12.AK –, juris).

163

2.2.4.2.3. Auch in Bezug auf die Belastungen durch Feinstaub hat der Beklagte im Rahmen der Abwägungsentscheidung die privaten Interessen der Klägerin hinreichend gewürdigt.

164

Ohne näher auf die vom Beklagten aufgeworfene Frage einzugehen, ob die Klägerin mit diesem Einwand ausgeschlossen ist, zeigt ihr Vortrag zu einer fehlerhaften Ermittlung und Bewertung der Luftschadstoffbelastung im Planfeststellungsbeschluss keinen zu ihren Gunsten durchgreifenden Abwägungsfehler auf.

165

Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss ist bezüglich der Luftschadstoffproblematik bereits deshalb nicht abwägungsfehlerhaft, weil die Einhaltung der Grenzwerte der 39. BImSchV – darin ist erstmals auch ein neuer Grenzwert für Feinstaubpartikel PM2.5 festgelegt worden, der ab 1. Januar 2015 einzuhalten ist – keine Rechtmäßigkeitsvoraussetzung für die Planfeststellung eines Straßenbauvorhabens ist (OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 15. Mai 2015 – 11 D 12/12.AK –, juris). Grenzwertüberschreitungen sind nach dem System der Luftreinhalteplanung (vgl. § 47 BImSchG und § 27 der 39. BImSchV) unabhängig von den Immissionsquellen zu vermeiden. Allerdings ist das Gebot der Konfliktbewältigung als Ausformung des Abwägungsgebots verletzt, wenn die Planfeststellungsbehörde das Vorhaben zulässt, obgleich absehbar ist, dass seine Verwirklichung die Möglichkeit ausschließt, die Einhaltung der Grenzwerte mit den Mitteln der Luftreinhalteplanung in einer mit der Funktion des Vorhabens zu vereinbarenden Weise zu sichern. Das ist insbesondere der Fall, wenn die von einer planfestgestellten Straße herrührenden Immissionen bereits für sich genommen die maßgeblichen Grenzwerte überschreiten. Von diesem Fall abgesehen geht der Gesetzgeber davon aus, dass sich die Einhaltung der Grenzwerte mit den Mitteln der Luftreinhalteplanung sichern lässt. Für die Annahme, dass dies nicht möglich ist, müssen deshalb besondere Umstände vorliegen (vgl. BVerwG, Urteile vom 10. Oktober 2012 – 9 A 19.11 –, NVwZ 2013, 649). Solche besonderen Umstände können sich vor allem aus ungewöhnlichen örtlichen Gegebenheiten (zentrale Verkehrsknotenpunkte, starke Schadstoffvorbelastung durch eine Vielzahl von Emittenten) ergeben (vgl. BVerwG, Urteil vom 26. Mai 2004 – 9 A 6.03 –, NVwZ 2004, 1237). Derartige besondere Umstände sind für die Gemeinde Römerberg weder geltend gemacht noch ersichtlich.

166

Hieran gemessen genügt die Planung dem Gebot der Konfliktbewältigung. Die maßgeblichen Grenzwerte der 39. BlmSchV, die auf unionsrechtlichen Vorgaben durch die Richtlinie 2008/50/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2008 über Luftqualität und saubere Luft in Europa (Abl. Nr. L 152 Seite 1) beruhen, werden nach den von der Klägerin nicht substantiiert angegriffenen Berechnungen des Beklagten für die von der Klägerin angesprochenen Feinstaubpartikel PM10 (s. § 4 Abs. 2 der 39. BImSchV) undPM2.5 (s. § 5 Abs. 2 der 39. BImSchV) deutlich unterschritten (s. im Einzelnen die ergänzende Überprüfung der Schadstoffsituation vom 27. August 2013 und die diesbezüglichen Ausführungen auf Seite 62 – 64 des Planfeststellungsbeschlusses vom 24. September 2014). Nach allen vorgenommenen Berechnungsarten wurden die Grenzwerte von 40 æg/m³ für PM10 und von 25 æg/m³ für PM2.5 am Immissionspunkt 18 (= Grundstück der Klägerin) mit maximal 18 æg/m³ für PM10 bzw. 14 æg/m³ für PM2.5 unterschritten.

167

Der streitgegenständliche Planfeststellungsbeschlusses geht daher zu Recht davon aus, dass mit der Realisierung des Vorhabens keine atypische Situation entsteht, die bereits in der Planfeststellung Maßnahmen erfordert, und weitere Maßnahmen einer Luftreinhalteplanung vorbehalten werden können (s. Seite 64 des Planfeststellungsbeschlusses).

168

2.2.4.2.4. Aus § 50 BImSchG ergeben sich für die Klägerin keine weitergehenden Ansprüche. § 50 Satz 1 BImSchG kommt in Bezug auf Verkehrslärm und sonstige Immissionen wie Feinstaub die Funktion einer Abwägungsdirektive zu (OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 15. Mai 2015 – 11 D 12/12.AK –, juris m.w.N.). Da sowohl die Immissionsgrenzwerte für Lärm als auch für Luftschadstoffe auf den Grundstücken der Klägerin eingehalten werden, folgt aus § 50 Satz 1 BImSchG kein Anspruch der Klägerin auf weitere Schutzmaßnahmen. Der allgemeine Planungsgrundsatz des § 50 BImSchG wendet sich als objektivrechtliches Gebot an die für die Planungsentscheidung zuständige Stelle; er enthält aber für den Planbetroffenen kein subjektives öffentliches Recht (OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 15. Mai 2015 – 11 D 12/12.AK –, juris).

169

2.2.4.2.5. Ein Abwägungsmangel ist auch nicht im Hinblick auf die von der Klägerin angesprochenen Belastungen durch Erschütterungen, Lärm und Staub während der Bauzeit auszumachen.

170

Die durch die Straßenbauarbeiten verursachten Lärm- und Schadstoffbe-lastungen müssen wegen ihres unregelmäßigen Entstehens nicht durch eine Lärm- bzw. Schadstoffprognose ermittelt werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 3. März 2011 – 9 A 8/10 –, NVwZ 2011, 1256). Gleiches gilt für die von der Klägerin befürchteten Erschütterungen (OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 15. Mai 2015 – 11 D 12/12.AK –, juris).

171

Der Beklagte hat im Planfeststellungsbeschluss im Hinblick auf Erschütterungen und (sonstige) Bauimmissionen und -auswirkungen zum einen unter C VI6. (Seite 21 f. des Planfeststellungsbeschlusses) verschiedene Nebenbestimmungen angeordnet, die zu einer weitgehenden Minimierung der Immissionsbelastung für die Umgebung führen und zum anderen unter EV9 und EX17 sich mit den Einwendungen der Klägerin inhaltlich auseinander gesetzt (Seite 51 und 89 des Planfeststellungsbeschlusses). Dass es dennoch zu Beeinträchtigungen kommen kann, ist unvermeidbar.

172

Durch die unter C VI6. der Nebenbestimmungen des Planfeststellungsbeschlusses geregelten Baugrunduntersuchungen und Beweissicherungen wird gewährleistet, dass Schäden an Gebäuden vermieden werden. Sollten dennoch unerwartet Schädigungen an Gebäuden auftreten, würde die Beweissicherung eine entsprechende Schadenregulierung ermöglichen. Hinsichtlich des Schutzes der Anlieger vor Erschütterungen während der Bauzeit hat der Beklagte zudem angeordnet, dass zur Vermeidung bzw. Minderung von baubedingt unzumutbaren Erschütterungen bei der Baudurchführung moderne Verdichtungstechnik zum Einsatz kommt und bei entsprechender Gefährdungslage Sicherungsmaßnahmen ergriffen werden müssen (s. Seite 21 des Planfeststellungsbeschlusses). Zur Beurteilung der Erschütterungswirkungen auf bauliche Anlagen und auf Menschen in Gebäuden hat die Planfeststellungsbehörde die DIN 4150 (Erschütterungen im Bauwesen) herangezogen, die vom Vorhabenträger zu beachten sind. In den Auflagen in Kapitel CVI6 wurde überdies auch die Beachtung der landesimmissionsschutzrechtlichen Vorgaben in Bezug auf Baulärm vorgegeben. In der Nacht dürfen Bauarbeiten nur dann ausnahmsweise durchgeführt werden, wenn dies zwingend notwendig ist und wenn die zuständige Behörde die Arbeiten zugelassen hat (S. 21 des Planfeststellungsbeschlusses). Durch den Verweis auf die zu beachtende Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Schutz gegen Baulärm – AVV Baulärm – steht fest, dass die darin festgelegten Immissionsrichtwerte, die für den Regelfall Bindungswirkung entfalten (BVerwG, Urteil vom 10. Juli 2012 – 7 A 11/11 –, NVwZ 2012, 1393) und drittschützende Wirkung haben (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 5. Februar 2015 – 10 S 2471/14 –, NVwZ-RR 2015, 650; Fricke, ZUR 2015, 597 m.w.N.), für die von den Baumaschinen und Baustellen ausgehenden Geräusche, die insoweit den unbestimmten Rechtsbegriff der „schädlichen Umwelteinwirkungen“ nach § 22 Abs. 1 Nr. 1, § 3 Abs. 1 BImSchG konkretisieren (vgl. BVerwG, Urteil vom 10. Oktober 2012 – 9 A 18/11 –, NVwZ 2013, 642; Hess. VGH, Beschluss vom 31. Mai 2011 – 9 B 1111/11 –, juris), nicht überschritten werden dürfen. Diese Feststellungen und Anordnungen der Planfeststellungsbehörde lassen Abwägungsmängel nicht erkennen.

173

2.2.4.2.6. Der weitere Einwand der Klägerin hinsichtlich eines Abwägungsausfalls bezüglich der Unterbindung einer rückwärtigen Zugangs- und Anfahrmöglichkeit zu ihrem Gartengrundstück vermag einen Abwägungsmangel ebenfalls nicht zu begründen.

174

Ohne näher darauf einzugehen, dass die Klägerin mit diesem Einwand bereits präkludiert sein dürfte, da sie erstmals in der mündlichen Verhandlung vom 16. November 2015 angegeben hat, Eigentümerin des von ihr „Gartengrundstück“ genannten Grundstücks Flurstück-Nr. … zu sein, hat sie keinen Anspruch darauf, dieses Grundstück – ebenso wie ihr Wohngrundstück Flurstück-Nr. ... – von dem nördlich gelegenen Grundstück Flurstück-Nr. ..., das heute im Eigentum der Verbandsgemeinde Römerberg-Dudenhofen steht, und offenbar bis zum heutigen Tage von den Anwohnern faktisch als Weg genutzt worden ist, anzufahren. Insbesondere vermittelt ihr der Anliegergebrauch keine aus Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG ableitbare Rechtsposition. Wie weit er gewährleistet ist, richtet sich vielmehr nach dem einschlägigen Straßenrecht, dessen Regelungsbereich das Nachbarschaftsverhältnis zwischen Straße und angrenzenden Grundstücken mit umfasst. Auf die Belange der Anlieger ist insofern in spezifischer Weise Rücksicht zu nehmen, als dieser Personenkreis in besonderem Maße auf den Gebrauch der Straße angewiesen ist. Die Zufahrt bzw. der Zugang zur Straße schafft die Grundvoraussetzungen, derer es bedarf, um an der verkehrlichen Kommunikation teilzunehmen. Ein Abwehrrecht steht dem Anlieger nur so weit zu, wie die angemessene Nutzung des Grundeigentums die Verbindung mit der Straße erfordert (vgl. BVerwG, Beschluss vom 11. Mai 1999 – 4 VR 7.99 –, juris). Die Klägerin kann ihr „Gartengrundstück“ aber jederzeit auch von der Germersheimer Straße anfahren, so dass ihr Einwand hinsichtlich der Unterbindung einer rückwärtigen Zugangs- und Anfahrmöglichkeit von vornherein unbeachtlich ist.

175

Weist die Entscheidung der Planfeststellungsbehörde zu Gunsten des Straßenneubaus im Rahmen der planerischen Gestaltungsfreiheit unter Einhaltung der Anforderungen des Abwägungsgebotes im Ergebnis daher keinen beachtlichen Abwägungsfehler auf, so war der Hauptantrag abzuweisen.

IV.

176

Der Hilfsantrag zu 1) kann ebenfalls keinen Erfolg haben.

177

1. Der Hilfsantrag zu 1) ist zulässig, insbesondere ist die Klage auf Feststellung der Rechtswidrigkeit des Planfeststellungsbeschlusses und seiner Nichtvollzieh-barkeit bis zur Behebung des Mangels als Feststellungsklage statthaft (Schmidt-Kötters in: BeckOK VwGO, Stand Oktober 2015, § 42 Rn. 9).

178

2. In der Sache ist die Feststellungsklage aber unbegründet.

179

Die Feststellung der Rechtswidrigkeit des Planfeststellungsbeschlusses und sei-ner Nichtvollziehbarkeit bis zur Behebung des Mangels kommt nur in Betracht, wenn ein erheblicher Mangel bei der Abwägung vorliegt, der durch Planergän-zung oder ein ergänzendes Verfahren behoben werden kann (s. § 1 LVwVfG i.V.m. § 75 Abs. 1 a Satz 2 VwVfG). Wie oben ausgeführt, liegt ein erheblicher Mangel in diesem Sinne hier aber nicht vor.

V.

180

Schließlich bleibt auch der Hilfsantrag zu 2) erfolglos.

181

1. Der Hilfsantrag zu 2), den Beklagten zu verpflichten, sie, die Klägerin, im Hinblick auf die in der Einwendung vom 11. September 2007 zum Planfeststellungsverfahren erhobenen Forderungen unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu bescheiden, ist als Bescheidungsklage statthaft und auch ansonsten zulässig.

182

2. In der Sache ist die Bescheidungsklage jedoch unbegründet. Die Klägerin hat insbesondere keinen Anspruch auf eine (weitere) Ergänzung des Planfeststellungsbeschlusses um Maßnahmen des aktiven oder passiven Schallschutzes über die Prozesserklärung des Beklagten in der mündlichen Verhandlung vom 16. November 2015 hinaus. Das Lärmschutzkonzept der angefochtenen Planungsentscheidung in der Gestalt der Prozesserklärung des Beklagten vom 16. November 2015 steht mit den Vorgaben der §§ 41, 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG i.V.m. § 2 der 16. BImSchV im Einklang; die Immissionsgrenzwerte sowohl für Lärm als auch für Luftschadstoffe werden auf den Grundstücken der Klägerin eingehalten. Das Vorhaben ist damit nicht zu Lasten der Klägerin abwägungsfehlerhaft und verletzt in seiner festgestellten Form keine Rechte der Klägerin.

183

Nach alledem waren die Klagen sowohl mit dem Hauptantrag als auch mit den beiden Hilfsanträgen abzuweisen.

184

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

185

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO.

186

Beschluss

187

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 30.000 € festgesetzt (§§ 52, 63 Abs. 2 Gerichtskostengesetz – GKG – i.V.m. Nrn. 34.2.1.1 und 34.2.5 2.2.2. des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit vom Juli 2014: 15.000 € je Grundstück).

188

Gegen die Festsetzung des Streitwertes steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen nach Maßgabe des § 68 Abs. 1 GKG dieBeschwerde an das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200,00 € übersteigt oder das Gericht die Beschwerde zugelassen hat.

189

Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung zur Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, eingelegt wird; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.

190

Die Beschwerde ist bei dem Verwaltungsgericht Neustadt an der Weinstraße, Robert-Stolz-Str. 20, 67433 Neustadt, schriftlich, in elektronischer Form oder zu Protokoll der Geschäftsstelle einzulegen.

191

Die elektronische Form wird durch eine qualifiziert signierte Datei gewahrt, die nach den Maßgaben der Landesverordnung über den elektronischen Rechtsverkehr in Rheinland-Pfalz (ERVLVO) vom 10. Juli 2015 (GVBl. S. 175) in der jeweils geltenden Fassung zu übermitteln ist.

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Das Verwaltungsgericht entscheidet im ersten Rechtszug über alle Streitigkeiten, für die der Verwaltungsrechtsweg offensteht.

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Bundeseisenbahnverkehrsverwaltungsgesetz - BEVVG

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Vor Erhebung einer verwaltungsgerichtlichen Klage, die einen im förmlichen Verwaltungsverfahren erlassenen Verwaltungsakt zum Gegenstand hat, bedarf es keiner Nachprüfung in einem Vorverfahren.

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(1) Der Träger des Vorhabens hat den Plan der Anhörungsbehörde zur Durchführung des Anhörungsverfahrens einzureichen. Der Plan besteht aus den Zeichnungen und Erläuterungen, die das Vorhaben, seinen Anlass und die von dem Vorhaben betroffenen Grundstücke und Anlagen erkennen lassen.

(2) Innerhalb eines Monats nach Zugang des vollständigen Plans fordert die Anhörungsbehörde die Behörden, deren Aufgabenbereich durch das Vorhaben berührt wird, zur Stellungnahme auf und veranlasst, dass der Plan in den Gemeinden, in denen sich das Vorhaben voraussichtlich auswirken wird, ausgelegt wird.

(3) Die Gemeinden nach Absatz 2 haben den Plan innerhalb von drei Wochen nach Zugang für die Dauer eines Monats zur Einsicht auszulegen. Auf eine Auslegung kann verzichtet werden, wenn der Kreis der Betroffenen und die Vereinigungen nach Absatz 4 Satz 5 bekannt sind und ihnen innerhalb angemessener Frist Gelegenheit gegeben wird, den Plan einzusehen.

(3a) Die Behörden nach Absatz 2 haben ihre Stellungnahme innerhalb einer von der Anhörungsbehörde zu setzenden Frist abzugeben, die drei Monate nicht überschreiten darf. Stellungnahmen, die nach Ablauf der Frist nach Satz 1 eingehen, sind zu berücksichtigen, wenn der Planfeststellungsbehörde die vorgebrachten Belange bekannt sind oder hätten bekannt sein müssen oder für die Rechtmäßigkeit der Entscheidung von Bedeutung sind; im Übrigen können sie berücksichtigt werden.

(4) Jeder, dessen Belange durch das Vorhaben berührt werden, kann bis zwei Wochen nach Ablauf der Auslegungsfrist schriftlich oder zur Niederschrift bei der Anhörungsbehörde oder bei der Gemeinde Einwendungen gegen den Plan erheben. Im Falle des Absatzes 3 Satz 2 bestimmt die Anhörungsbehörde die Einwendungsfrist. Mit Ablauf der Einwendungsfrist sind alle Einwendungen ausgeschlossen, die nicht auf besonderen privatrechtlichen Titeln beruhen. Hierauf ist in der Bekanntmachung der Auslegung oder bei der Bekanntgabe der Einwendungsfrist hinzuweisen. Vereinigungen, die auf Grund einer Anerkennung nach anderen Rechtsvorschriften befugt sind, Rechtsbehelfe nach der Verwaltungsgerichtsordnung gegen die Entscheidung nach § 74 einzulegen, können innerhalb der Frist nach Satz 1 Stellungnahmen zu dem Plan abgeben. Die Sätze 2 bis 4 gelten entsprechend.

(5) Die Gemeinden, in denen der Plan auszulegen ist, haben die Auslegung vorher ortsüblich bekannt zu machen. In der Bekanntmachung ist darauf hinzuweisen,

1.
wo und in welchem Zeitraum der Plan zur Einsicht ausgelegt ist;
2.
dass etwaige Einwendungen oder Stellungnahmen von Vereinigungen nach Absatz 4 Satz 5 bei den in der Bekanntmachung zu bezeichnenden Stellen innerhalb der Einwendungsfrist vorzubringen sind;
3.
dass bei Ausbleiben eines Beteiligten in dem Erörterungstermin auch ohne ihn verhandelt werden kann;
4.
dass
a)
die Personen, die Einwendungen erhoben haben, oder die Vereinigungen, die Stellungnahmen abgegeben haben, von dem Erörterungstermin durch öffentliche Bekanntmachung benachrichtigt werden können,
b)
die Zustellung der Entscheidung über die Einwendungen durch öffentliche Bekanntmachung ersetzt werden kann,
wenn mehr als 50 Benachrichtigungen oder Zustellungen vorzunehmen sind.
Nicht ortsansässige Betroffene, deren Person und Aufenthalt bekannt sind oder sich innerhalb angemessener Frist ermitteln lassen, sollen auf Veranlassung der Anhörungsbehörde von der Auslegung mit dem Hinweis nach Satz 2 benachrichtigt werden.

(6) Nach Ablauf der Einwendungsfrist hat die Anhörungsbehörde die rechtzeitig gegen den Plan erhobenen Einwendungen, die rechtzeitig abgegebenen Stellungnahmen von Vereinigungen nach Absatz 4 Satz 5 sowie die Stellungnahmen der Behörden zu dem Plan mit dem Träger des Vorhabens, den Behörden, den Betroffenen sowie denjenigen, die Einwendungen erhoben oder Stellungnahmen abgegeben haben, zu erörtern. Der Erörterungstermin ist mindestens eine Woche vorher ortsüblich bekannt zu machen. Die Behörden, der Träger des Vorhabens und diejenigen, die Einwendungen erhoben oder Stellungnahmen abgegeben haben, sind von dem Erörterungstermin zu benachrichtigen. Sind außer der Benachrichtigung der Behörden und des Trägers des Vorhabens mehr als 50 Benachrichtigungen vorzunehmen, so können diese Benachrichtigungen durch öffentliche Bekanntmachung ersetzt werden. Die öffentliche Bekanntmachung wird dadurch bewirkt, dass abweichend von Satz 2 der Erörterungstermin im amtlichen Veröffentlichungsblatt der Anhörungsbehörde und außerdem in örtlichen Tageszeitungen bekannt gemacht wird, die in dem Bereich verbreitet sind, in dem sich das Vorhaben voraussichtlich auswirken wird; maßgebend für die Frist nach Satz 2 ist die Bekanntgabe im amtlichen Veröffentlichungsblatt. Im Übrigen gelten für die Erörterung die Vorschriften über die mündliche Verhandlung im förmlichen Verwaltungsverfahren (§ 67 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 Nr. 1 und 4 und Abs. 3, § 68) entsprechend. Die Anhörungsbehörde schließt die Erörterung innerhalb von drei Monaten nach Ablauf der Einwendungsfrist ab.

(7) Abweichend von den Vorschriften des Absatzes 6 Satz 2 bis 5 kann der Erörterungstermin bereits in der Bekanntmachung nach Absatz 5 Satz 2 bestimmt werden.

(8) Soll ein ausgelegter Plan geändert werden und werden dadurch der Aufgabenbereich einer Behörde oder einer Vereinigung nach Absatz 4 Satz 5 oder Belange Dritter erstmals oder stärker als bisher berührt, so ist diesen die Änderung mitzuteilen und ihnen Gelegenheit zu Stellungnahmen und Einwendungen innerhalb von zwei Wochen zu geben; Absatz 4 Satz 3 bis 6 gilt entsprechend. Wird sich die Änderung voraussichtlich auf das Gebiet einer anderen Gemeinde auswirken, so ist der geänderte Plan in dieser Gemeinde auszulegen; die Absätze 2 bis 6 gelten entsprechend.

(9) Die Anhörungsbehörde gibt zum Ergebnis des Anhörungsverfahrens eine Stellungnahme ab und leitet diese der Planfeststellungsbehörde innerhalb eines Monats nach Abschluss der Erörterung mit dem Plan, den Stellungnahmen der Behörden und der Vereinigungen nach Absatz 4 Satz 5 sowie den nicht erledigten Einwendungen zu.

(1) Betriebsanlagen einer Eisenbahn einschließlich der Bahnfernstromleitungen dürfen nur gebaut oder geändert werden, wenn der Plan vorher festgestellt ist. Bei der Planfeststellung sind die von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange einschließlich der Umweltverträglichkeit im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigen. Für das Planfeststellungsverfahren gelten die §§ 72 bis 78 des Verwaltungsverfahrensgesetzes nach Maßgabe dieses Gesetzes. Wird eine bestehende Betriebsanlage einer Eisenbahn erneuert, liegt nur dann eine Änderung im Sinne von Satz 1 vor, wenn der Grundriss oder der Aufriss der Betriebsanlage oder beides wesentlich geändert wird. Eine wesentliche Änderung des Grundrisses oder Aufrisses einer Betriebsanlage im Sinne von Satz 4 liegt insbesondere nicht vor, wenn sie im Zuge des Wiederaufbaus nach einer Naturkatastrophe erforderlich ist, um diese vor Naturereignissen zu schützen, und in einem räumlich begrenzten Korridor entlang des Trassenverlaufs erfolgt.

(1a) Für folgende Einzelmaßnahmen, die den Bau oder die Änderung von Betriebsanlagen einer Eisenbahn vorsehen, bedarf es keiner vorherigen Planfeststellung oder Plangenehmigung, sofern keine Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung besteht:

1.
die Ausstattung einer bestehenden Bahnstrecke mit einer Oberleitung einschließlich dafür notwendiger räumlich begrenzter baulicher Anpassungen, insbesondere von Tunneln mit geringer Länge oder von Kreuzungsbauwerken,
2.
die im Rahmen der Digitalisierung einer Bahnstrecke erforderlichen Baumaßnahmen, insbesondere die Ausstattung einer Bahnstrecke mit Signal- und Sicherungstechnik des Standards European Rail Traffic Management System (ERTMS),
3.
der barrierefreie Umbau, die Erhöhung oder die Verlängerung von Bahnsteigen,
4.
die Errichtung von Lärmschutzwänden zur Lärmsanierung,
5.
die Herstellung von Überleitstellen für Gleiswechselbetriebe,
6.
die Herstellung von Gleisanschlüssen bis 2 000 Meter und von Zuführungs- und Industriestammgleisen bis 3 000 Meter.
Für die in Satz 1 Nummer 1 bis 6 genannten Einzelmaßnahmen ist keine weitere baurechtliche Zulassung erforderlich; landesrechtliche Regelungen bleiben unberührt. Werden durch das Vorhaben private oder öffentliche Belange einschließlich der Belange der Umwelt berührt, kann der Träger des Vorhabens die Feststellung des Planes nach Absatz 1 Satz 1 beantragen. Ungeachtet dessen hat sich der Träger des Vorhabens vor Durchführung einer Einzelmaßnahme im Sinne des Satzes 1 Nummer 1 und 2 durch das Bundesamt für Infrastruktur, Umweltschutz und Dienstleistungen der Bundeswehr vor der Durchführung bestätigen zu lassen, dass keine militärischen Belange entgegenstehen. Kann für das Vorhaben die Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung bestehen, hat der Träger des Vorhabens bei der Planfeststellungsbehörde den Antrag nach § 5 Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung zu stellen. Satz 1 Nummer 1 und 2 ist nur anzuwenden, wenn die zuständige Behörde feststellt, dass Vorgaben über die Errichtung und über wesentliche Änderungen von Anlagen eingehalten sind, die in einer elektrische, magnetische oder elektromagnetische Felder betreffenden und auf Grund von § 23 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, 2 und 4 in Verbindung mit § 48b des Bundes-Immissionsschutzgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 26. September 2002 erlassenen Rechtsverordnung enthalten sind.

(2) Ist das Planfeststellungsverfahren eingeleitet, kann die Planfeststellungsbehörde nach Anhörung der betroffenen Gemeinde eine vorläufige Anordnung erlassen, in der vorbereitende Maßnahmen oder Teilmaßnahmen zum Bau oder zur Änderung festgesetzt werden,

1.
soweit es sich um reversible Maßnahmen handelt,
2.
wenn an dem vorzeitigen Beginn ein öffentliches Interesse besteht,
3.
wenn mit einer Entscheidung zugunsten des Trägers des Vorhabens gerechnet werden kann und
4.
wenn die nach § 74 Absatz 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes zu berücksichtigenden Interessen gewahrt werden.
In der vorläufigen Anordnung sind die Auflagen zur Sicherung dieser Interessen und der Umfang der vorläufig zulässigen Maßnahmen festzulegen. Sie ist den anliegenden Gemeinden sowie den Beteiligten zuzustellen oder öffentlich bekannt zu machen. Sie ersetzt nicht die Planfeststellung. § 17 bleibt unberührt. Soweit die vorbereitenden Maßnahmen oder Teilmaßnahmen zum Bau oder zur Änderung durch die Planfeststellung für unzulässig erklärt sind, ordnet die Planfeststellungsbehörde gegenüber dem Träger des Vorhabens an, den früheren Zustand wiederherzustellen. Dies gilt auch, wenn der Antrag auf Planfeststellung zurückgenommen wurde. Der Betroffene ist durch den Vorhabenträger zu entschädigen, soweit die Wiederherstellung des früheren Zustands nicht möglich oder mit unverhältnismäßig hohem Aufwand verbunden oder ein Schaden eingetreten ist, der durch die Wiederherstellung des früheren Zustandes nicht ausgeglichen wird. Rechtsbehelfe gegen die vorläufige Anordnung haben keine aufschiebende Wirkung; ein Vorverfahren findet nicht statt. Betrifft die vorläufige Anordnung ein Vorhaben im Sinne des § 18e Absatz 1, ist § 18e Absatz 1 und 5 in Bezug auf Rechtsbehelfe gegen die vorläufige Anordnung entsprechend anzuwenden.

(3) Unterhaltungsmaßnahmen bedürfen keiner vorherigen Planfeststellung oder Plangenehmigung.

(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.

(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.

(1) Der Träger des Vorhabens hat den Plan der Anhörungsbehörde zur Durchführung des Anhörungsverfahrens einzureichen. Der Plan besteht aus den Zeichnungen und Erläuterungen, die das Vorhaben, seinen Anlass und die von dem Vorhaben betroffenen Grundstücke und Anlagen erkennen lassen.

(2) Innerhalb eines Monats nach Zugang des vollständigen Plans fordert die Anhörungsbehörde die Behörden, deren Aufgabenbereich durch das Vorhaben berührt wird, zur Stellungnahme auf und veranlasst, dass der Plan in den Gemeinden, in denen sich das Vorhaben voraussichtlich auswirken wird, ausgelegt wird.

(3) Die Gemeinden nach Absatz 2 haben den Plan innerhalb von drei Wochen nach Zugang für die Dauer eines Monats zur Einsicht auszulegen. Auf eine Auslegung kann verzichtet werden, wenn der Kreis der Betroffenen und die Vereinigungen nach Absatz 4 Satz 5 bekannt sind und ihnen innerhalb angemessener Frist Gelegenheit gegeben wird, den Plan einzusehen.

(3a) Die Behörden nach Absatz 2 haben ihre Stellungnahme innerhalb einer von der Anhörungsbehörde zu setzenden Frist abzugeben, die drei Monate nicht überschreiten darf. Stellungnahmen, die nach Ablauf der Frist nach Satz 1 eingehen, sind zu berücksichtigen, wenn der Planfeststellungsbehörde die vorgebrachten Belange bekannt sind oder hätten bekannt sein müssen oder für die Rechtmäßigkeit der Entscheidung von Bedeutung sind; im Übrigen können sie berücksichtigt werden.

(4) Jeder, dessen Belange durch das Vorhaben berührt werden, kann bis zwei Wochen nach Ablauf der Auslegungsfrist schriftlich oder zur Niederschrift bei der Anhörungsbehörde oder bei der Gemeinde Einwendungen gegen den Plan erheben. Im Falle des Absatzes 3 Satz 2 bestimmt die Anhörungsbehörde die Einwendungsfrist. Mit Ablauf der Einwendungsfrist sind alle Einwendungen ausgeschlossen, die nicht auf besonderen privatrechtlichen Titeln beruhen. Hierauf ist in der Bekanntmachung der Auslegung oder bei der Bekanntgabe der Einwendungsfrist hinzuweisen. Vereinigungen, die auf Grund einer Anerkennung nach anderen Rechtsvorschriften befugt sind, Rechtsbehelfe nach der Verwaltungsgerichtsordnung gegen die Entscheidung nach § 74 einzulegen, können innerhalb der Frist nach Satz 1 Stellungnahmen zu dem Plan abgeben. Die Sätze 2 bis 4 gelten entsprechend.

(5) Die Gemeinden, in denen der Plan auszulegen ist, haben die Auslegung vorher ortsüblich bekannt zu machen. In der Bekanntmachung ist darauf hinzuweisen,

1.
wo und in welchem Zeitraum der Plan zur Einsicht ausgelegt ist;
2.
dass etwaige Einwendungen oder Stellungnahmen von Vereinigungen nach Absatz 4 Satz 5 bei den in der Bekanntmachung zu bezeichnenden Stellen innerhalb der Einwendungsfrist vorzubringen sind;
3.
dass bei Ausbleiben eines Beteiligten in dem Erörterungstermin auch ohne ihn verhandelt werden kann;
4.
dass
a)
die Personen, die Einwendungen erhoben haben, oder die Vereinigungen, die Stellungnahmen abgegeben haben, von dem Erörterungstermin durch öffentliche Bekanntmachung benachrichtigt werden können,
b)
die Zustellung der Entscheidung über die Einwendungen durch öffentliche Bekanntmachung ersetzt werden kann,
wenn mehr als 50 Benachrichtigungen oder Zustellungen vorzunehmen sind.
Nicht ortsansässige Betroffene, deren Person und Aufenthalt bekannt sind oder sich innerhalb angemessener Frist ermitteln lassen, sollen auf Veranlassung der Anhörungsbehörde von der Auslegung mit dem Hinweis nach Satz 2 benachrichtigt werden.

(6) Nach Ablauf der Einwendungsfrist hat die Anhörungsbehörde die rechtzeitig gegen den Plan erhobenen Einwendungen, die rechtzeitig abgegebenen Stellungnahmen von Vereinigungen nach Absatz 4 Satz 5 sowie die Stellungnahmen der Behörden zu dem Plan mit dem Träger des Vorhabens, den Behörden, den Betroffenen sowie denjenigen, die Einwendungen erhoben oder Stellungnahmen abgegeben haben, zu erörtern. Der Erörterungstermin ist mindestens eine Woche vorher ortsüblich bekannt zu machen. Die Behörden, der Träger des Vorhabens und diejenigen, die Einwendungen erhoben oder Stellungnahmen abgegeben haben, sind von dem Erörterungstermin zu benachrichtigen. Sind außer der Benachrichtigung der Behörden und des Trägers des Vorhabens mehr als 50 Benachrichtigungen vorzunehmen, so können diese Benachrichtigungen durch öffentliche Bekanntmachung ersetzt werden. Die öffentliche Bekanntmachung wird dadurch bewirkt, dass abweichend von Satz 2 der Erörterungstermin im amtlichen Veröffentlichungsblatt der Anhörungsbehörde und außerdem in örtlichen Tageszeitungen bekannt gemacht wird, die in dem Bereich verbreitet sind, in dem sich das Vorhaben voraussichtlich auswirken wird; maßgebend für die Frist nach Satz 2 ist die Bekanntgabe im amtlichen Veröffentlichungsblatt. Im Übrigen gelten für die Erörterung die Vorschriften über die mündliche Verhandlung im förmlichen Verwaltungsverfahren (§ 67 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 Nr. 1 und 4 und Abs. 3, § 68) entsprechend. Die Anhörungsbehörde schließt die Erörterung innerhalb von drei Monaten nach Ablauf der Einwendungsfrist ab.

(7) Abweichend von den Vorschriften des Absatzes 6 Satz 2 bis 5 kann der Erörterungstermin bereits in der Bekanntmachung nach Absatz 5 Satz 2 bestimmt werden.

(8) Soll ein ausgelegter Plan geändert werden und werden dadurch der Aufgabenbereich einer Behörde oder einer Vereinigung nach Absatz 4 Satz 5 oder Belange Dritter erstmals oder stärker als bisher berührt, so ist diesen die Änderung mitzuteilen und ihnen Gelegenheit zu Stellungnahmen und Einwendungen innerhalb von zwei Wochen zu geben; Absatz 4 Satz 3 bis 6 gilt entsprechend. Wird sich die Änderung voraussichtlich auf das Gebiet einer anderen Gemeinde auswirken, so ist der geänderte Plan in dieser Gemeinde auszulegen; die Absätze 2 bis 6 gelten entsprechend.

(9) Die Anhörungsbehörde gibt zum Ergebnis des Anhörungsverfahrens eine Stellungnahme ab und leitet diese der Planfeststellungsbehörde innerhalb eines Monats nach Abschluss der Erörterung mit dem Plan, den Stellungnahmen der Behörden und der Vereinigungen nach Absatz 4 Satz 5 sowie den nicht erledigten Einwendungen zu.

Mehrere Klagebegehren können vom Kläger in einer Klage zusammen verfolgt werden, wenn sie sich gegen denselben Beklagten richten, im Zusammenhang stehen und dasselbe Gericht zuständig ist.

Das Verwaltungsgericht entscheidet im ersten Rechtszug über alle Streitigkeiten, für die der Verwaltungsrechtsweg offensteht.

(1) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet im ersten Rechtszug über sämtliche Streitigkeiten, die betreffen

1.
die Errichtung, den Betrieb, die sonstige Innehabung, die Veränderung, die Stillegung, den sicheren Einschluß und den Abbau von Anlagen im Sinne der §§ 7 und 9a Abs. 3 des Atomgesetzes,
1a.
das Bestehen und die Höhe von Ausgleichsansprüchen auf Grund der §§ 7e und 7f des Atomgesetzes,
2.
die Bearbeitung, Verarbeitung und sonstige Verwendung von Kernbrennstoffen außerhalb von Anlagen der in § 7 des Atomgesetzes bezeichneten Art (§ 9 des Atomgesetzes) und die wesentliche Abweichung oder die wesentliche Veränderung im Sinne des § 9 Abs. 1 Satz 2 des Atomgesetzes sowie die Aufbewahrung von Kernbrennstoffen außerhalb der staatlichen Verwahrung (§ 6 des Atomgesetzes),
3.
die Errichtung, den Betrieb und die Änderung von Kraftwerken mit Feuerungsanlagen für feste, flüssige und gasförmige Brennstoffe mit einer Feuerungswärmeleistung von mehr als dreihundert Megawatt,
3a.
die Errichtung, den Betrieb und die Änderung von Anlagen zur Nutzung von Windenergie an Land mit einer Gesamthöhe von mehr als 50 Metern sowie Anlagen von Windenergie auf See im Küstenmeer,
3b.
die Errichtung, den Betrieb und die Änderung von Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen im Sinne des Kraft-Wärme-Kopplungsgesetzes ab einer Feuerungswärmeleistung von 50 Megawatt,
4.
Planfeststellungsverfahren gemäß § 43 des Energiewirtschaftsgesetzes, soweit nicht die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts nach § 50 Absatz 1 Nummer 6 begründet ist,
4a.
Planfeststellungs- oder Plangenehmigungsverfahren für die Errichtung, den Betrieb und die Änderung von Einrichtungen nach § 66 Absatz 1 des Windenergie-auf-See-Gesetzes, soweit nicht die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts nach § 50 Absatz 1 Nummer 6 begründet ist,
5.
Verfahren für die Errichtung, den Betrieb und die wesentliche Änderung von ortsfesten Anlagen zur Verbrennung oder thermischen Zersetzung von Abfällen mit einer jährlichen Durchsatzleistung (effektive Leistung) von mehr als einhunderttausend Tonnen und von ortsfesten Anlagen, in denen ganz oder teilweise Abfälle im Sinne des § 48 des Kreislaufwirtschaftsgesetzes gelagert oder abgelagert werden,
6.
das Anlegen, die Erweiterung oder Änderung und den Betrieb von Verkehrsflughäfen und von Verkehrslandeplätzen mit beschränktem Bauschutzbereich,
7.
Planfeststellungsverfahren für den Bau oder die Änderung der Strecken von Straßenbahnen, Magnetschwebebahnen und von öffentlichen Eisenbahnen sowie für den Bau oder die Änderung von Rangier- und Containerbahnhöfen,
8.
Planfeststellungsverfahren für den Bau oder die Änderung von Bundesfernstraßen und Landesstraßen,
9.
Planfeststellungsverfahren für den Neubau oder den Ausbau von Bundeswasserstraßen,
10.
Planfeststellungsverfahren für Maßnahmen des öffentlichen Küsten- oder Hochwasserschutzes,
11.
Planfeststellungsverfahren nach § 68 Absatz 1 des Wasserhaushaltsgesetzes oder nach landesrechtlichen Vorschriften für die Errichtung, die Erweiterung oder die Änderung von Häfen, die für Wasserfahrzeuge mit mehr als 1 350 Tonnen Tragfähigkeit zugänglich sind, unbeschadet der Nummer 9,
12.
Planfeststellungsverfahren nach § 68 Absatz 1 des Wasserhaushaltsgesetzes für die Errichtung, die Erweiterung oder die Änderung von Wasserkraftanlagen mit einer elektrischen Nettoleistung von mehr als 100 Megawatt,
12a
Gewässerbenutzungen im Zusammenhang mit der aufgrund des Kohleverstromungsbeendigungsgesetzes vorgesehenen Einstellung von Braunkohletagebauen,
12b
Planfeststellungsverfahren für Gewässerausbauten im Zusammenhang mit der aufgrund des Kohleverstromungsbeendigungsgesetzes vorgesehenen Einstellung von Braunkohletagebauen,
13.
Planfeststellungsverfahren nach dem Bundesberggesetz,
14.
Zulassungen von
a)
Rahmenbetriebsplänen,
b)
Hauptbetriebsplänen,
c)
Sonderbetriebsplänen und
d)
Abschlussbetriebsplänen
sowie Grundabtretungsbeschlüsse, jeweils im Zusammenhang mit der aufgrund des Kohleverstromungsbeendigungsgesetzes vorgesehenen Einstellung von Braunkohletagebauen, und
15.
Planfeststellungsverfahren nach § 65 Absatz 1 in Verbindung mit Anlage 1 Nummer 19.7 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung für die Errichtung und den Betrieb oder die Änderung von Dampf- oder Warmwasserpipelines.
Satz 1 gilt auch für Streitigkeiten über Genehmigungen, die anstelle einer Planfeststellung erteilt werden, sowie für Streitigkeiten über sämtliche für das Vorhaben erforderlichen Genehmigungen und Erlaubnisse, auch soweit sie Nebeneinrichtungen betreffen, die mit ihm in einem räumlichen und betrieblichen Zusammenhang stehen. Die Länder können durch Gesetz vorschreiben, daß über Streitigkeiten, die Besitzeinweisungen in den Fällen des Satzes 1 betreffen, das Oberverwaltungsgericht im ersten Rechtszug entscheidet.

(2) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet im ersten Rechtszug ferner über Klagen gegen die von einer obersten Landesbehörde nach § 3 Abs. 2 Nr. 1 des Vereinsgesetzes ausgesprochenen Vereinsverbote und nach § 8 Abs. 2 Satz 1 des Vereinsgesetzes erlassenen Verfügungen.

(3) Abweichend von § 21e Absatz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes soll das Präsidium des Oberverwaltungsgerichts anordnen, dass ein Spruchkörper, der in einem Verfahren nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 bis 15 tätig geworden ist, für dieses nach einer Änderung der Geschäftsverteilung zuständig bleibt.

(1) Betriebsanlagen einer Eisenbahn einschließlich der Bahnfernstromleitungen dürfen nur gebaut oder geändert werden, wenn der Plan vorher festgestellt ist. Bei der Planfeststellung sind die von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange einschließlich der Umweltverträglichkeit im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigen. Für das Planfeststellungsverfahren gelten die §§ 72 bis 78 des Verwaltungsverfahrensgesetzes nach Maßgabe dieses Gesetzes. Wird eine bestehende Betriebsanlage einer Eisenbahn erneuert, liegt nur dann eine Änderung im Sinne von Satz 1 vor, wenn der Grundriss oder der Aufriss der Betriebsanlage oder beides wesentlich geändert wird. Eine wesentliche Änderung des Grundrisses oder Aufrisses einer Betriebsanlage im Sinne von Satz 4 liegt insbesondere nicht vor, wenn sie im Zuge des Wiederaufbaus nach einer Naturkatastrophe erforderlich ist, um diese vor Naturereignissen zu schützen, und in einem räumlich begrenzten Korridor entlang des Trassenverlaufs erfolgt.

(1a) Für folgende Einzelmaßnahmen, die den Bau oder die Änderung von Betriebsanlagen einer Eisenbahn vorsehen, bedarf es keiner vorherigen Planfeststellung oder Plangenehmigung, sofern keine Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung besteht:

1.
die Ausstattung einer bestehenden Bahnstrecke mit einer Oberleitung einschließlich dafür notwendiger räumlich begrenzter baulicher Anpassungen, insbesondere von Tunneln mit geringer Länge oder von Kreuzungsbauwerken,
2.
die im Rahmen der Digitalisierung einer Bahnstrecke erforderlichen Baumaßnahmen, insbesondere die Ausstattung einer Bahnstrecke mit Signal- und Sicherungstechnik des Standards European Rail Traffic Management System (ERTMS),
3.
der barrierefreie Umbau, die Erhöhung oder die Verlängerung von Bahnsteigen,
4.
die Errichtung von Lärmschutzwänden zur Lärmsanierung,
5.
die Herstellung von Überleitstellen für Gleiswechselbetriebe,
6.
die Herstellung von Gleisanschlüssen bis 2 000 Meter und von Zuführungs- und Industriestammgleisen bis 3 000 Meter.
Für die in Satz 1 Nummer 1 bis 6 genannten Einzelmaßnahmen ist keine weitere baurechtliche Zulassung erforderlich; landesrechtliche Regelungen bleiben unberührt. Werden durch das Vorhaben private oder öffentliche Belange einschließlich der Belange der Umwelt berührt, kann der Träger des Vorhabens die Feststellung des Planes nach Absatz 1 Satz 1 beantragen. Ungeachtet dessen hat sich der Träger des Vorhabens vor Durchführung einer Einzelmaßnahme im Sinne des Satzes 1 Nummer 1 und 2 durch das Bundesamt für Infrastruktur, Umweltschutz und Dienstleistungen der Bundeswehr vor der Durchführung bestätigen zu lassen, dass keine militärischen Belange entgegenstehen. Kann für das Vorhaben die Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung bestehen, hat der Träger des Vorhabens bei der Planfeststellungsbehörde den Antrag nach § 5 Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung zu stellen. Satz 1 Nummer 1 und 2 ist nur anzuwenden, wenn die zuständige Behörde feststellt, dass Vorgaben über die Errichtung und über wesentliche Änderungen von Anlagen eingehalten sind, die in einer elektrische, magnetische oder elektromagnetische Felder betreffenden und auf Grund von § 23 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, 2 und 4 in Verbindung mit § 48b des Bundes-Immissionsschutzgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 26. September 2002 erlassenen Rechtsverordnung enthalten sind.

(2) Ist das Planfeststellungsverfahren eingeleitet, kann die Planfeststellungsbehörde nach Anhörung der betroffenen Gemeinde eine vorläufige Anordnung erlassen, in der vorbereitende Maßnahmen oder Teilmaßnahmen zum Bau oder zur Änderung festgesetzt werden,

1.
soweit es sich um reversible Maßnahmen handelt,
2.
wenn an dem vorzeitigen Beginn ein öffentliches Interesse besteht,
3.
wenn mit einer Entscheidung zugunsten des Trägers des Vorhabens gerechnet werden kann und
4.
wenn die nach § 74 Absatz 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes zu berücksichtigenden Interessen gewahrt werden.
In der vorläufigen Anordnung sind die Auflagen zur Sicherung dieser Interessen und der Umfang der vorläufig zulässigen Maßnahmen festzulegen. Sie ist den anliegenden Gemeinden sowie den Beteiligten zuzustellen oder öffentlich bekannt zu machen. Sie ersetzt nicht die Planfeststellung. § 17 bleibt unberührt. Soweit die vorbereitenden Maßnahmen oder Teilmaßnahmen zum Bau oder zur Änderung durch die Planfeststellung für unzulässig erklärt sind, ordnet die Planfeststellungsbehörde gegenüber dem Träger des Vorhabens an, den früheren Zustand wiederherzustellen. Dies gilt auch, wenn der Antrag auf Planfeststellung zurückgenommen wurde. Der Betroffene ist durch den Vorhabenträger zu entschädigen, soweit die Wiederherstellung des früheren Zustands nicht möglich oder mit unverhältnismäßig hohem Aufwand verbunden oder ein Schaden eingetreten ist, der durch die Wiederherstellung des früheren Zustandes nicht ausgeglichen wird. Rechtsbehelfe gegen die vorläufige Anordnung haben keine aufschiebende Wirkung; ein Vorverfahren findet nicht statt. Betrifft die vorläufige Anordnung ein Vorhaben im Sinne des § 18e Absatz 1, ist § 18e Absatz 1 und 5 in Bezug auf Rechtsbehelfe gegen die vorläufige Anordnung entsprechend anzuwenden.

(3) Unterhaltungsmaßnahmen bedürfen keiner vorherigen Planfeststellung oder Plangenehmigung.

Tatbestand

1

Der Kläger, eine anerkannte Umwelt- und Naturschutzvereinigung, wendet sich gegen den Planfeststellungsbeschluss der Beklagten vom 10.04.2012 für den Ausbau der Eisenbahnunterführung Ernst-Reuter-Allee im Stadtgebiet der Beklagten.

2

Die Ernst-Reuter-Allee ist eine in Ost-West-Richtung verlaufende Verkehrsachse in der Innenstadt der Beklagten. Sie erstreckt sich vom Damaschkeplatz im Westen, über den eine Anbindung an den Magdeburger Ring (B 71), den Adelheidring, den Editharing sowie den Busbahnhof erfolgt, bis zur Elbquerung im Osten. Ca. 50 m östlich des Damaschkeplatzes werden die in Nord-Süd-Richtung verlaufenden Bahngleise der Beigeladenen über Brücken mit einer lichten Höhe von ca. 3,40 m über die Ernst-Reuter-Allee geführt. Zwischen den beiden Hauptsträngen der Eisenbahn befindet sich südlich der Ernst-Reuter-Allee der Kölner Platz, auf dem ca. 80 Kfz-Stellplätze angelegt sind und an dem sich ein Nebeneingang des Hauptbahnhofs befindet. Nördlich des Kölner Platz befindet sich das Gelände des – derzeit offenbar ungenutzten – Bahnpostdepots; die dortige Zufahrt auf die Ernst-Reuter-Allee ist mit Pollern abgetrennt. Östlich der Eisenbahnüberführung schließen sich in südlicher Richtung an die Ernst-Reuter-Allee die Gebäude des Hauptbahnhofs, der Willy-Brandt-Platz mit Taxi-Stand und Hauptzugang zum Hauptbahnhof sowie weiter südlich die Bahnhofstraße an, von der in östlicher Richtung die Hasselbachstraße abzweigt. Weiter östlich kreuzt die Ernst-Reuter-Allee die Otto-von-Guericke-Straße, eine in Nord-Süd-Richtung verlaufende weitere Verkehrsachse im Stadtgebiet der Beklagten. Ca. 300 m südlich dieser Kreuzung mündet die Hasselbachstraße in die Otto-von-Guericke-Straße ein.

3

Südlich der Ernst-Reuter-Allee zwischen Willy-Brand-Platz/Bahnhofstraße und Otto-von-Guericke-Straße befindet sich das „City Carré“, ein aus mehreren Gebäuden bestehendes Büro- und Einkaufszentrum mit Tiefgarage. Die Tiefgarage besteht aus zwei Teilen. Der nördliche Teil hat eine Ein- und Ausfahrt über den nördlichen Teil des Willy-Brandt-Platzes; der südliche Teil besitzt eine Ein- und Ausfahrt über die Bahnhofstraße.

4

Der Damaschkeplatz ist zentrale Umsteigestelle für mehrere Straßenbahn- und Buslinien. In der Straßenmitte der Ernst-Reuter-Allee verlaufen zwei Straßenbahngleise. In Höhe des Willy-Brandt-Platzes zweigen nach Süden Richtung Hauptbahnhof sowohl aus westlicher als auch aus östlicher Richtung jeweils zwei Gleise ab. Auch an der Kreuzung mit der Otto-von-Guericke-Straße besteht ein solcher Abzweig Richtung Süden.

5

Für den Kraftfahrzeugverkehr werden nach bestehender Verkehrsführung in West-Ost-Richtung zwischen Damaschkeplatz und Eisenbahnunterführung die beiden Geradeausspuren der Ernst-Reuter-Allee auf eine Fahrspur verflochten. Unterhalb der Eisenbahnüberführung verläuft eine Fahrspur parallel zu den Straßenbahngleisen. Ca. 50 m östlich der Eisenbahnüberführung auf Höhe des Willy-Brandt-Platzes können Taxis nach rechts auf dem Willy-Brandt-Platz abbiegen, um ihre Stände anzufahren. Zudem besteht für den Kfz-Verkehr die Möglichkeit, nach rechts in die Einfahrt des nördlichen Teils der Tiefgarage des City Carré abzubiegen; der Willy-Brandt-Platz darf hingegen nicht von Kraftfahrzeugen befahren werden. Auf Höhe der Einmündung stehen in der Ernst-Reuter-Allee in West-Ost-Richtung (wieder) zwei Fahrspuren zur Verfügung. Am Knotenpunkt mit der Otto-von-Guericke-Straße werden diese auf drei Fahrspuren mit einer Linksabbiegespur, Geradeaus- und Geradeaus-Rechtsabbiegespur aufgeweitet. In Ost-West-Richtung steht in einer Entfernung von ca. 50 m westlich des Knotenpunktes mit der Otto-von-Guericke-Straße bis zur Einmündung des Willy-Brandt-Platzes für den Verkehr eine Fahrspur zur Verfügung. Weiter westlich ist eine Linksabbiegespur in Richtung Willy-Brandt-Platz ausschließlich für Taxis angelegt. Die aus dem nördlichen Teil der Tiefgarage ausfahrenden Fahrzeuge dürfen sowohl nach rechts als auch nach links in die Ernst-Reuter-Allee abbiegen. Die Einmündung ist allerdings nicht durch Wechsellichtzeichenanlagen gesichert. Ab dem Straßenbahngleisdreieck am Willy-Brandt-Platz kann der Verkehr auf einer zweiten Fahrspur unter Mitbenutzung der Straßenbahngleise in Richtung Westen fahren. Am Damaschkeplatz stehen drei Fahrspuren als Linksabbieger-, Geradeaus- und Rechtsabbiegerspur zur Verfügung.

6

Für Radfahrer stehen in beiden Fahrtrichtungen zwischen Damaschkeplatz und Otto-von-Guericke-Straße separate Radwege neben der Fahrbahn zu Verfügung, die im Bereich von Einmündungen markiert sind. Neben den Radwegen befinden sich beidseitig ebenfalls separate Gehwege. Am Damaschkeplatz wird der Fußgängerverkehr in Nord-Süd-Richtung über einen Fußgängertunnel planfrei unter den Fahrbahnen sowie alternativ über Querungsinseln östlich der Haltestellen geführt.

7

Mit der angefochtenen Planfeststellung soll ein ca. 582 m langer Abschnitt der Ernst-Reuter-Allee durch den Bau eines zweistöckigen Rahmenbauwerkes errichtet werden, mit dem die Verkehre entflochten werden. Der Straßenbahn-, Radfahr- und Fußgängerverkehr soll auf der Ebene 0, der Kfz-Verkehr in der Ebene -1 geführt werden; ferner soll die Eisenbahnbrücken auf der Ebene +1 erneuert werden. Dabei soll eine lichte Weite von 18,50 m sowie eine lichte Höhe von 4,30 m in der Ebene 0 und von 4,50 m in der Ebene -1 entstehen. Die Trassierung der Ernst-Reuter-Allee sowie der Zufahrten Nord und Süd zum Magdeburger Ring soll im Wesentlichen dem Bestand folgen. Die Absenkung für die Unterquerung der neuen Bahnhofsbrücken soll unmittelbar östlich des Knotenpunktes mit der Olvenstedter Straße, Adelheidring, Editharing beginnen und vor dem Knoten Ernst-Reuter-Allee / Otto-von-Guericke-Straße enden. Dies hat zur Folge, dass im Bereich des Damaschkeplatzes eine Neuordnung der Nebenanlagen erfolgen muss. Die Rad- und Gehwegführung soll – entgegen dem Bestand – nun im Bereich zwischen den Stützwänden der Rampenfahrbahnen erfolgen und parallel zu den Straßenbahngleisen verlaufen. Die Planung der Ernst-Reuter-Allee im Querschnitt soll als dreistreifige Straße erfolgen. Die Fahrspurbreiten betragen in der Tunnelröhre Nord jeweils 3,25 m und die einzelne Fahrspur in der Tunnelröhre Süd 3,50 m. Im südlichen Tunnelquerschnitt soll ein Fahrstreifen als Standspur ausgebildet werden. Die Standspur soll auf Höhe der Einmündung der Tiefgarage Nord des City Carrés zu einer Ein- und Ausfahrspur werden. Der nördlich verlaufende Zweirichtungsradweg zwischen Damaschkeplatz und Brandenburger Straße soll östlich der Eisenbahnbrücken eine Querung nach Süden auf den Willy-Brandt-Platz erhalten; ab dort soll der Radweg zwischen Brandenburger Straße und Otto-von-Guericke-Straße in eine Mischverkehrsfläche entsprechend dem bestehenden Nutzungskonzept des Platzes übergehen. Im Bereich des Straßenbahngleisdreieckes Willy-Brandt-Platz sollen die Bordanlagen vollständig abgesenkt werden, um den Platzcharakter zu verdeutlichen. Die vorhandene straßenseitige Erschließung des Kölner Platzes soll mit Beginn der Bauarbeiten ersatzlos entfallen. Der Platz soll weiterhin über die Ebene 0 (unter Benutzung der Fahrbahn der Straßenbahnanlage) für die Rettungsfahrzeuge und Revisionsfahrzeuge der Städtischen Werke erreichbar sein. Von der Ebene 0 soll der Kölner Platz von der Ernst-Reuter-Allee über eine 6,50 m breite Rampe behindertengerecht und für die Befahrung mit Rettungsfahrzeugen angeschlossen werden. Im Übrigen soll der Höhenunterschied zwischen Kölner Platz und Ernst-Reuter-Allee von ca. 1,00 m über eine Treppenanlage mit 8 bis 9 Stufen überbrückt werden. Der Anschluss der Fahrbahnen an den Knotenpunkt Damaschkeplatz (Editharing, Adelheidring, Olvenstedter Straße) soll auf die vorhandenen Fahrbahnbreiten erfolgen. In der nördlichen Zufahrt stehen dann 3 Fahrspuren zur Verfügung. Die südliche Knotenpunktausfahrt des Damaschkeplatzes wird von 3 auf 2 Fahrspuren reduziert. Zur Querung der beiden Fahrbahnen von den nördlichen und südlichen Nebenanlagen in Richtung Haltestelle Damaschkeplatz werden signalisierte Fußgänger- und Radfahrerfurten errichtet. Der Taxistellplatz auf dem Willy-Brandt-Platz soll im Rahmen der Baumaßnahme nach Süden verschoben und neu ausgebildet werden. Der Taxistand wird zukünftig über die Hasselbachstraße angefahren. Die Einfahrt in den Taxistand erfolgt über die Bahnhofstraße mit Zufahrt über den vorhandenen Parkplatz von Süden. Die Einfahrten in den nördlichen Teil der Tiefgarage des City Carrés werden über die Ebene -1 ausschließlich über den südlichen Tunnel erfolgen. Die Ausfahrt aus der Tiefgarage soll nur in Richtung Otto-von-Guericke-Straße möglich sein. Im Rahmen des Ausbaus des Eisenbahnknotens Magdeburg sollen die vorhandenen Überbauten abgebrochen und von Westen nach Osten durch neue Eisenbahnüberführungen ersetzt werden. Auf der Tunneldecke in der Ebene 0 verlaufen etwa mittig die Straßenbahngleise. Planmäßiger Fahrzeugverkehr ist auf der Decke des Tunnels nicht vorhanden. Die Flächen in Ebene 0 sollen beidseits der beiden Straßenbahngleise als Fußgängerzone sowie als Radwege genutzt werden. Weiter ist die Erneuerung der Gleisanlagen zwischen dem Damaschkeplatz und dem Gleisdreieck Ernst-Reuter-Allee / Otto-von-Guericke-Straße geplant.

8

Im Anhörungsverfahren erhob der Kläger am 22.01.2011 im Wesentlichen folgende Einwendungen:

9

Es bestehe eine unzulässige Identität von Vorhabenträger, Anhörungsbehörde und Planfeststellungsbehörde.

10

Die Planung sei verfehlt, weil gegen die Ziele der Luftreinhalte- und Lärmminderungsplanung und gegen die Ziele des Innenstadtverkehrskonzepts verstoßen werde, das eigentliche Verkehrsproblem an der Kreuzung Ernst-Reuter-AlIee / Otto-von-Guericke-Straße nicht gelöst werde, die Verkehrsprobleme durch Anhebung der lichten Höhe unter der Bahnstrecke verschärft würden und – damit verbunden – das LKW-Verkehrsaufkommen erheblich gesteigert werde. Der Fußgänger- und Radverkehr werde unangemessen geführt, die Barrierefreiheit und die Dimensionierung der Entwässerung seien unzureichend.

11

Es fehle bereits an einer Planrechtfertigung. Unabhängig davon seien jedenfalls die für das Vorhaben streitenden Belange nach Maßgabe des fachplanerischen Ziels, die Straße in einem dem regelmäßigen Verkehrsbedürfnis entsprechenden Zustand zu bauen, zu erweitern oder sonst zu verbessern (§ 9 Abs.1 Satt 2 StrG LSA), abwägungsfehlerhaft gewichtet worden. Die Verkehrsuntersuchung des Vorhabenträgers gehe selbst von einer nicht ausreichenden Bedienung des motorisierten Individualverkehrs (MIV) und insbesondere einem hohen Rückstau bis weit in den geplanten Tunnel und bis zum Damaschkeplatz aus, was zu einer Verschlechterung der Verkehrssituation führe.

12

Die Variantenprüfung sei fehlerbehaftet, weil sie mehrere sich aufdrängende Varianten nicht berücksichtigt habe und bei der Bewertung einzelner Varianten offenkundige Fehlbewertungen vornehme.

13

Es fehle eine sachgerechte Verkehrsprognose. In den hierzu im Planfeststellungsverfahren vorhandenen Unterlagen ließen sich lediglich die Ergebnisse, aber keine Angaben zur bearbeitenden Stelle, deren Fachkunde, zur Methodik und zur Umlegung des Verkehrs im Prognosenetz etc. finden. Zudem enthalte die vorliegende Prognose einen deutlich zu geringen LKW-Anteil in den Prognosefällen.

14

Die Lärmschutzbelange seien fehlerhaft geprüft und abgewogen worden. Die Beklagte habe das LKW-Aufkommen stark unterschätzt. Ferner sei der Ansatz der Straßenbahnverkehrszahlen fehlerhaft und liege teils unter den heutigen Verkehrszahlen. Es fehlten die ergebnisrelevanten Eingangsdaten für die Straßenbahnlärmberechnung, und die Rechenergebnisse seien unstimmig. Die Schwelle zur Gesundheitsgefährdung werde überschritten. Aktive Lärmschutzmaßnahmen (Verkehrbeschränkungen, Lärm mindernde Fahrbahnbeläge) seien nicht geprüft worden.

15

Die Erschütterungs- und Luftschadstoffbelastungen seien fehlerhaft ermittelt und bewertet worden.

16

Die Umweltverträglichkeitsprüfung sei defizitär und fehlerbehaftet, da jede Auseinandersetzung mit Immissionsbelastungen unterhalb der Grenzwerte und mit bauzeitlichen Belastungen fehle.

17

Mit dem angefochtenen Planfeststellungsbeschluss vom 10.04.2012 stellte die Beklagte – Fachbereich Vermessungsamt und Baurecht – den Plan für den „Ausbau des Eisenbahnknotens Magdeburg – 2. Ausbaustufe, Bauabschnitt Eisenbahnüberführung Ernst-Reuter-Allee“ nach § 37 Abs. 1 StrG LSA sowie § 1 Abs. 1 Satz 1, § 5 VwVfG LSA i.V.m. §§ 72 bis 75, 78 VwVfG, § 18 AEG und § 28 Abs. 1 PBefG fest. Bezüglich Luftschadstoffimmissionen enthielt der Beschluss die Nebenbestimmung (IV 6. a), dass der Vorhabenträger vor Baubeginn der für die Luftreinhalteplanung zuständigen Behörde (Landesamt für Umweltschutz) und der Planfeststellungsbehörde einen Maßnahmenkatalog vorzulegen habe, in Folge dessen die Grenzwerte der 39. BImSchV eingehalten werden. Beispielhaft wurden allgemeine Verkehrsbeschränkungen, verkehrslenkende Maßnahmen, Fahrbahnreinigung, Durchsagen im Tunnel bei Stau zum Abschalten der Motoren, Geschwindigkeitsbegrenzungen und Maßnahmen bei Stau bzw. Umleitungen genannt. Zum Lärmschutz war dem Planfeststellungsbeschluss die Nebenbestimmung (IV 6. b) beigefügt, dass der Vorhabenträger als aktive Lärmschutzmaßnahme eine Schall absorbierende Verkleidung für den Bereich der Trogwände und an den östlichen Tunnelportalen bis zu einer Tiefe von 20 m auf der Ernst-Reuter-Allee / Nähe Büro- und Einkaufsgebäude City Carré vorzusehen habe. Den Eigentümern der Gebäude Ernst-Reuter-Allee 28 - 42 sowie 37 und 41 - 45 wurden zudem dem Grunde nach ein Anspruch auf  passive Schallschutzmaßnahmen bzw. auf Erstattung der notwendigen Aufwendungen zugesprochen. Die Einwendungen des Klägers wies die Beklagte im Wesentlichen mit folgender Begründung zurück (vgl. S. 210 ff.):

18

Die Identität von Vorhabenträger, Anhörungsbehörde und Planfeststellungsbehörde sei – unabhängig von der Frage, ob es sich um einen Belang handele, den eine anerkannter Umwelt- und Naturschutzvereinigung wie der Kläger überhaupt geltend machen könne – nicht zu beanstanden.

19

Die vom Kläger vorgetragenen Bedenken gegen die Planrechtfertigung habe die Planfeststellungsbehörde umfassend geprüft; insoweit werde auf die Ausführungen im entsprechenden Kapitel des Planfeststellungsbeschlusses verwiesen.

20

Die Ausführungen des Klägers zur Variantenauswahl seien im Rahmen der Abwägung berücksichtigt worden. Die untersuchten Varianten habe man in den Erörterungsterminen am 28.11.2011 und am 30.11.2011 ausführlich dargestellt. Nicht gefolgt werde der vom Kläger im Erörterungstermin vertretenen Auffassung, dass eine Höhe von 4,50 m für die Eisenbahnüberführung nicht gefordert werden müsse, weil eine solche Durchfahrtshöhe lediglich auf einer Richtlinie beruhe, der Vorhabenträger in diesem Bereich eine erhebliche Verkehrsabsenkung und eine Herabstufung der Straße in ihrer Bedeutung vorsehe und die Beklagte in Ausübung ihres planerischen Gestaltungsspielraums selbst festlegen könne, dass sie diese Brücke nicht für jeglichen Kfz-Verkehr, aber für jeglichen Straßenbahnverkehr freigebe. Die Funktion der Hauptverkehrsstraße mit örtlicher Bedeutung sei im verkehrlichen Leitbild der Landeshauptstadt Magdeburg festgeschrieben, so dass die Hauptverkehrsstraße auch in dieser Form im Bestand gehalten werden müsse. Damit werde es auch notwendig, eine Durchfahrtshöhe von 4,50 m zu gewährleisten. Im Planfeststellungsverfahren seien zahlreiche Rechtsgüter zu beachten, so auch die Interessen von Gewerbetreibenden und Bürgern, den Innenstadtbereich an dieser Stelle erreichen zu können. Ein Planungskonzept, das den Individualverkehr an dieser Stelle herausnehmen würde, käme mit diesen Rechtsgütern in Konflikt.

21

Zu Unrecht verweise der Kläger bezüglich der Verkehrsprognose auf einen fehlerhaften Prognosehorizont für das Jahr 2015, der den ursprünglichen Planfeststellungsunterlagen zugrunde gelegen habe. Dieser Prognosehorizont würde in den geplanten Bauzeitraum fallen und stelle damit keine geeignete Grundlage für das Planfeststellungsverfahren dar. Da die Planfeststellungsbehörde diese Auffassung geteilt habe, sei dem Vorhabenträger aufgegeben worden, die auf den Prognosehorizont 2015 abgestellte Verkehrsuntersuchung zu aktualisieren. Mit dem sodann untersuchten Prognosehorizont für das Jahr 2025 sei ein geeigneter und von der Rechtsprechung für Verkehrsuntersuchungen anerkannter Prognosehorizont gewählt worden.

22

Die Beurteilung der Zumutbarkeit von Lärmimmissionen sei nach den gesetzlichen Grundlagen (§ 41 BlmSchG i.V.m. der 16. BImSchV) vorgenommen worden. Die Berücksichtigung lärmmindernder Fahrbahnbeläge habe man im Erörterungstermin ausführlich besprochen. Im Ergebnis der Aussagen des Gutachters könnten diese Fahrbahnbeläge nicht berücksichtigt werden, weil sich diese erst bei Geschwindigkeiten über 60 km/h auswirkten, auf der Ernst-Reuter-Allee jedoch Geschwindigkeiten bis maximal 50 km/h zugelassen seien. Für die anderen im Erörterungstermin angesprochenen Beläge gebe es derzeit noch keine Langzeitversuche.

23

Den Bedenken des Klägers zur Ermittlung der zu erwartenden Erschütterungen sei nicht zu folgen. Diese sei auf der Grundlage der DIN 4150-1 sowie – für den Straßenbahnverkehr – auf der Grundlage der VDI 3837 erfolgt. Konkrete Messungen im Vorfeld der Maßnahme seien entbehrlich gewesen, weil sich nach Fertigstellung des Vorhabens die Ausbreitungssituation der Wellen aus dem Straßen- und Straßenbahnverkehr vollständig ändere. Durch die in die -1- Ebene herabgesetzte Fahrbahn mit abgegrenzten Bohrpfahlwänden und die Verlegung der Straßenbahntrasse auf die Tunnelebene änderten sich die Voraussetzungen für die zu erwartenden Erschütterungen maßgeblich. Insofern würden Messungen des derzeitigen Zustandes keine hinreichend verlässliche Grundlage für die zukünftig zu erwartenden Erschütterungen bieten. Aus diesem Grunde sei die vorgenommene Verfahrensweise, wonach vorhandene Ausbreitungsmodelle aus Messungen ermittelt und für die konkrete Bauausführung Annahmen getroffen worden seien, nicht zu beanstanden. Darüber hinaus werde darauf hingewiesen, dass erschütterungstechnische Untersuchungen zu Auswirkungen in der Bauphase ohnehin erst abschließend ermittelt und bewertet werden könnten, wenn genaue Informationen über die Art und Weise der baulichen Abläufe vorliegen. Da diese Vorgänge bisher nicht bekannt seien, weil sie erst in der Ausführungsplanung festgelegt würden, habe eine entsprechende Begutachtung nicht erfolgen können. Erhebliche Belästigungen von Menschen in Wohnungen und vergleichbar genutzten Räumen könnten durch die Einhaltung der DIN 41 50-2 vermieden werden, was durch die festgelegte Nebenbestimmung in Teil A, Kapitel IV, Punkt 3 b) sichergestellt werde.

24

Eine Bezugnahme auf die AVV Baulärm sei ausreichend, um die betroffenen Belange in der Bauphase zu schützen.

25

Die Einhaltung der Luftschadstoffgrenzwerte sei im Rahmen der Zulassung des Vorhabens beachtet, entsprechende Luftschadstoffuntersuchungen erstellt und von der Planfeststellungsbehörde ausgewertet worden. Dabei habe man festgestellt, dass die Einhaltung der Grenzwerte mit Mitteln der Luftreinhalteplanung und der Vorlage eines entsprechenden Maßnahmekataloges durch den Vorhabenträger möglich sei.

26

Die Auswirkungen des Vorhabens auf die Umwelt seien umfassend ermittelt worden. Insoweit werde auf die zusammenfassende Darstellung gemäß § 11 UVPG sowie die Bewertung gemäß § 12 UVPG unter Teil C, Kapitel IX, Punkt 5 verwiesen.

27

Der Einwand, dass § 78 VwVfG ein einheitliches Planfeststellungsverfahren gebiete und dass das eisenbahnrechtliche und das straßenbahnrechtliche Planfeststellungsverfahren einander dergestalt bedingten, dass eine nicht einheitliche Entscheidung wegen Nichtberücksichtigung der Zusammenhänge abwägungsfehlerhaft und daher rechtswidrig sei, sei nicht Gegenstand der Stellungnahme des Klägers gewesen, sondern erstmals im Rahmen des Erörterungstermins vorgebracht worden. Ungeachtet der Frage einer etwaigen Verfristung greife der Einwand, der sich auf das Planfeststellungsverfahren, welches durch das Eisenbahnbundesamt gemäß § 18 Abs. 1 AEG für den Umbau des Spurplans Mitte nahezu zeitgleich durchgeführt werde und im Januar 2011 durch die Beigeladene beantragt worden sei, nicht. Abgesehen davon, dass sich der Kläger auf eine eventuelle Unzuständigkeit der Planfeststellungsbehörde voraussichtlich nicht berufen könne und fraglich sei, ob die Verletzung des durch § 78 VwVfG für bestimmte Fälle normierten Einheitlichkeitsgebots zur Abwägungsfehlerhaftigkeit der jeweils isolierten Planteststellungsbeschlüsse führen könne, sei die Durchführung eines einheitlichen Verfahrens, das zu einer einheitlichen Planfeststellungsentscheidung führe, vorliegend nicht notwendig im Sinne des § 75 Abs. 1 VwVfG, weil planerisch erhebliche Belange des einen Verfahrens im anderen durch Verfahrensbeteiligung und durch Berücksichtigung – etwa im Rahmen planerischer Abwägung – angemessen erfasst würden.

28

Der Planfeststellungsbeschluss wurde im Amtsblatt der Beklagten vom 13.04.2012 öffentlich bekannt gemacht und dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 19.04.2012 zugestellt.

29

Am 21.05.2012, einem Montag, hat der Kläger beim Verwaltungsgericht Magdeburg Klage erhoben, das den Rechtsstreit mit Beschluss vom 14.06.2012 wegen instanzieller Unzuständigkeit an das erkennende Gericht verwiesen hat. Zur Begründung ihrer Klage wiederholt der Kläger seine im Planfeststellungsverfahren erhobenen Einwände und trägt ergänzend vor:

30

Er sei hinsichtlich aller geltend gemachten verfahrensrechtlichen und materiell-rechtlichen Mängel des Planfeststellungsbeschlusses klagebefugt. Als anerkanntem Umwelt- und Naturschutzverband stünden ihm einerseits Klagerechte auf der Grundlage des Umweltrechtsbehelfsgesetzes, andererseits Klagerechte auf der Grundlage des

31

Bundesnaturschutzgesetzes zu.

32

Der Planfeststellungsbeschluss sei bereits deshalb rechtsfehlerhaft, weil die Beklagte für die Planfeststellung nicht zuständig sei. Mit diesem Einwand sei er nicht präkludiert, da es sich um eine Rechtsfrage handele. Unabhängig davon wäre der Einwand nicht präkludiert, weil die ausgelegten Planunterlagen insoweit keinen Anlass zur Stellungnahme geboten und insoweit ihre Anstoßfunktion verfehlt hätten. Nach § 78 Abs. 1 VwVfG finde nur ein Planfeststellungsverfahren statt, wenn mehrere selbständige Vorhaben, für deren Durchführung Planfeststellungsverfahren vorgeschrieben seien, derart zusammenträfen, dass für diese Vorhaben oder für Teile von ihnen nur eine einheitliche Entscheidung möglich sei, und mindestens eines der Planfeststellungsverfahren bundes- rechtlich geregelt sei. Das Verwaltungsgericht Magdeburg sei in seinem Verweisungsbeschluss im Ergebnis zutreffend davon ausgegangen, dass die Erneuerung der Eisenbahnüberführung Anlass der planfestgestellten Planung sei und diese in das planfeststellungsbedürftige Großvorhaben „Eisenbahnknoten Magdeburg“ eingebunden sei. Die Beklagte habe dies etwa in ihrem Schriftsatz vom 21.06.2012 bestätigt und dort u.a. darauf abgestellt, dass der streitgegenständliche Planfeststellungsbeschluss sich auf den Planfeststellungsabschnitt 61.12 beziehe und das Betonbauwerk der Brücke mit einbeziehe, während der Schotterunterbau und die Gleisanlage von dem Planfeststellungsabschnitt 61.11 erfasst werde. Sie treffe dort für die Eisenbahnbrücke über die Ernst-Reuter-Allee die bemerkenswerte Aussage, dass dieses Bauwerk für sich genommen eine eigenständige Funktion besitze und nicht abhängig sei von dem beim Eisenbahn-Bundesamt noch laufenden Planfeststellungsverfahren „Spurplan Mitte“. Welche gegenüber dem Fahrweg der Eisenbahn eigenständige Funktion eine Eisenbahnbrücke haben solle, sei nicht ersichtlich.

33

Das planfestgestellte Vorhaben sei wegen verkehrlicher Überlastung nicht funktionsfähig und lasse sich damit nicht rechtfertigen. Es sei abwägungsfehlerhaft und verursache unzumutbare Lärm- und Luftschadstoffbelastungen. Die fehlende Funktionsfähigkeit ergebe sich aus der Verkehrsuntersuchung in Verbindung mit fehlender sachgerechter Prognose und Fehleinschätzungen des zu erwartenden Gesamtverkehrsaufkommens, insbesondere des LKW-Aufkommens, und einer Fehleinschätzung des Verkehrs aus dem Einkaufszentrum City Carré und des am Knotenpunkt Ernst-Reuter-Allee / Otto-von-Guericke-Straße wendenden Verkehrs. Eine methodengerechte Verkehrsprognose, die sich mit allen relevanten Eingangsparametern auseinandersetze und auf dieser Basis nach anerkannter Methodik eine künftige Verkehrsbelastung plausibel und nachvollziehbar prognostiziere, gebe es nicht. Es seien nur noch die verkehrlichen Wirkungen und die Umweltauswirkungen des 2025 gegenüber 2015 reduzierten Verkehrs untersucht worden. Alle Angaben insoweit gingen aber davon aus, dass es 2015 und von 2018 bis 2025 ein höheres Verkehrsaufkommen als 2025 gebe. Diese nach den Annahmen des Vorhabenträgers und seiner Gutachter in der Zukunft gegenüber der Prognosebelastung tatsächlich höhere zu erwartende Belastung hätte aber sowohl auf ihre verkehrlichen Auswirkungen wie auf ihre Umweltauswirkungen untersucht werden müssen. Da schon die niedrigere Belastung im Prognosezeitpunkt 2025 zu verkehrlichen Überlastungen und Immissions-Grenzwertüberschreitungen führe, müsse dies erst recht und noch einmal verstärkt für die zwischenzeitlich höhere Belastung gelten. Die Planfeststellungsbehörde habe mithin den größten Belastungs- und damit auch größten Konfliktfall gar nicht ermittelt und in die Abwägung eingeführt. Für die Fußgänger- und Radverkehre sei weder eine aktuelle Erfassung noch eine Prognose angestellt worden, obwohl bereits heute deutliche Behinderungen beider Verkehrsarten zu beobachten seien und wohl auch eingeräumt würden und obwohl diese Verkehrsströme zu einer „Behinderungssituation“ für den Kfz-Verkehr führten. In den Tabellen zur Verkehrsuntersuchung würden diese Verkehrsströme stets nur als „geschätzt“ geführt. Bei tendenziell steigendem Fußgänger- und Radverkehr verstärkten sich die Behinderungen. Das habe aufgrund fehlender Bestandserfassung und Prognose nicht berücksichtigt werden können. Auch ohne Berücksichtigung der zu erwartenden Entwicklungen würden für Fußgängerverkehrsströme teils schlechte Qualitätsstufen errechnet. In der Verkehrsuntersuchung werde unzweideutig beschrieben, dass das Vorhaben zu schlechten Verkehrszuständen führe, die für einzelne Verkehrsströme mit Qualitätsstufe „F“, für andere mit „E“ und „D“ beschrieben würden. Dabei werde gerade bei den Ausführungen zu den am kritischen Knotenpunkt wendenden Fahrzeugen deutlich, dass die Aussagen dann nicht mehr gehalten werden könnten, also noch schlechtere Verkehrszustände drohten, wenn mehr als 1 bis 2 wendende PKW oder auch nur ein LKW pro Ampelphase auftrete. Das damit aufgezeigte Problem hätte in der Planfeststellung gelöst werden müssen, sei aber einfach sehenden Auges als Unsicherheit hingenommen worden. Diese Unsicherheit könne aber zu schlechteren Verkehrszuständen als derzeit führen. Die Planfeststellung einer Situation, die verkehrlich schlechter sei als der Ist-Zustand, widerspreche dem proklamierten Ziel des Vorhabens und könne auch nicht abwägungsgerecht sein. Das Gebot der Konfliktbewältigung sei hier verletzt. Das werde auch durch einen Blick in die vorherige Fassung der Verkehrsuntersuchung bestätigt. Dort habe der Gutachter wegen der von ihm festgestellten schlechten Verkehrszustände dringend empfohlen, Varianten unter Einbeziehung der Umgestaltung des kritischen Knotenpunktes zu prüfen. Um die Bedeutung der vom Gutachter festgestellten Qualitätsstufen zu verdeutlichen, müsse das sog. HBS 2001 als allgemein anerkannte Grundlage für die Planung von Straßen herangezogen werden. Die darin genannte (schlechteste) Qualitätsstufe F sei nicht funktionstüchtig und dementsprechend auch nicht planfeststellungsfähig. Dies ergebe sich auch aus der von der Beklagten nunmehr vorgelegten Untersuchung der Fa. (...) vom Juni 2013. Erst durch die Inanspruchnahme einer derzeit noch vom Straßenbahnverkehr genutzten Fläche für eine zusätzliche Linksabbiegespur könnte eine akzeptable Verkehrsqualität gewährleistet werden. Dem stehe der angefochtene Planfeststellungsbeschluss aber entgegen.

34

Bereits im Anhörungsverfahren habe er darauf hingewiesen, dass in den Planfeststellungsunterlagen eine – hier offenkundig erforderliche – methodengerechte Verkehrsprognose fehle. Zwar werde in den einzelnen Belastungsgutachten jeweils eine bestimmte Verkehrsbelastung angenommen. Die diesen Belastungsannahmen zugrunde liegende Verkehrsprognose sei Gegenstand der Planfeststellungsunterlagen. Da eine Prognose zumindest auf ihre Schlüssigkeit und Methodengerechtigkeit zu überprüfen sei, müsse sie auch Gegenstand von Planfeststellungsunterlagen sein. Die ausgelegten Unterlagen wiesen insoweit erhebliche Defizite auf. Jedenfalls seien die angenommenen Verkehrszahlen bereits deswegen verfehlt, weil der zu erwartende erhebliche Anstieg des LKW-Aufkommens in den Belastungsdaten, die den Immissionsgutachten zugrunde liegen, nicht berücksichtigt worden sei. Die Unterführung der Ernst-Reuter-Allee unter den Eisenbahngleisen weise derzeit eine Höhe auf, die sie für größere LKW nicht nutzbar mache. In der Vergangenheit sei es daher verschiedentlich zu Problemen gekommen. Die Unterführung werde von größeren LKWs in der Regel nicht genutzt. Mit dem Vorhaben solle die lichte Höhe der Unterführung angehoben werden. Sie werde damit in vollem Umfang für alle LKW nutzbar mit der Folge, dass sich das LKW-Aufkommen bereits aus diesem Grunde voraussichtlich erheblich erhöhen werde. Dazu trage auch bei, dass mit Befahren dieser Straße drei Mautstellen umfahren werden könnten. Solange projektspezifische Prognosen des LKW-Anteils fehlten, sei von den LKW-Anteilen nach Tabelle A in Anlage 1 zur 16. BImSchV für die schalltechnische Berechnung auszugehen. Die Straße sei im Sinne der Tabelle A der Anlage 1 zur 16. BImSchV als Gemeindeverbindungsstraße einzustufen. Der LKW-Anteil sei damit mit 20 % tags und 10 % nachts anzunehmen. Die Erforderlichkeit einer methodengerechten Verkehrsprognose, die hier nicht vorliege, ergebe sich hier aus den Besonderheiten des Einzelfalls. Der Neubau der A 14 und andere verkehrliche Entwicklungen in naher Zukunft im näheren Umfeld führten zu wesentlichen Veränderungen der Verkehrsströme. Die neue Strecke der A 14 befinde sich in einem Abschnitt nördlich von Magdeburg bereits im Bau, andere Abschnitte befänden sich in der Planfeststellung. Auf absehbare Zeit werde der Verkehr der A 14 über die B 189 direkt nach Magdeburg hineingeführt, soweit es sich um Nord-Süd-Verkehr handele, da die autobahnähnlich ausgebaute B 189 den Verkehr aufnehmen müsse und die kürzeste Verbindung nach Süden durch Magdeburg führe. Das führe zu deutlichen Veränderungen im Verkehrsaufkommen. Wie sich das auf die Ernst-Reuter-Allee als Zubringer zur Innenstadt auswirke, hätte untersucht werden müssen.

35

Die zu erwartenden Verkehre aus der Tiefgarage des Einkaufszentrums und die Verkehre, die von dort nach Westen verliefen und nach der Planfeststellung bis zur Kreuzung Ernst-Reuter-Allee / Otto-von-Guericke-Straße führen und dort wenden müssten, seien aus sachlich nicht nachvollziehbaren Erwägungen und damit willkürlich falsch eingeschätzt worden. Obgleich der Vorhabenträger selbst insoweit über keine nachvollziehbaren, plausiblen und hinreichend substantiierten Untersuchungen verfüge und der Betreiber des Einkaufzentrums im Laufe des Planfeststellungsverfahrens Zahlen vorgelegt habe, die den Annahmen des Vorhabenträgers deutlich widersprächen, habe die Planfeststellungsbehörde allein die Zahlen des Vorhabenträgers als glaubwürdig gewertet. Der Betreiber des Einkaufszentrums habe mit seiner Klagebegründung ein Verkehrsgutachten mit qualifizierten Zählergebnissen vorgelegt, die er sich zu eigen mache. Im Ergebnis führe das zu folgender Schlussfolgerung: In der Spitzenstunde sei bei Annahme konstanter Verkehrszahlen mit 116 bis 168 Ausfahrten aus der Tiefgarage auf die Ernst-Reuter-Allee zu rechnen. Von diesen hätten 65 %‚ d.h. 75 bis 109 Fahrzeuge ein Fahrtziel im Westen und müssten daher an der Kreuzung Ernst-Reuter-Allee / Otto-von-Guericke-Straße wenden. Wenn nicht mehr als 2 PKW pro Ampelschaltung wenden könnten, müsste es etwa einmal pro Minute oder 50 bis 55 mal in der Stunde eine Ampelphase geben, in der diese Fahrzeuge grün hätten. Angesichts der Vielzahl der Verkehrsströme an diesem Knotenpunkt – das Phasenwechselschema der Verkehrsuntersuchung weise 10 Phasen aus – scheine das nicht möglich. Es hätte daher mit einem Szenario „auf der sicheren Seite“, zumindest aber einmal mit einem realistischen Szenario berechnet werden müssen, welche Verkehrsqualitäten sich bei den realistischerweise zu erwartenden deutlich höheren Abbiegerzahlen ergäben. Mit der unrealistisch niedrigen Annahme sei der Konflikt nicht zutreffend erfasst und habe auch gar nicht bewältigt werden können; vielmehr sei von einer noch deutlich größeren Rückstaubildung auszugehen. Der festgestellte Plan stelle daher keinen bedarfsgerechten Ausbau dar und könne nicht nach Landesstraßenrecht gerechtfertigt sein.

36

Ein nicht funktionsfähiges Verkehrsvorhaben, das sich anhand der fachplanungsrechtlichen Ziele nicht rechtfertigen lasse, könne zudem in der Abwägung kein solches Gewicht erlangen, dass es entgegenstehende Belange von Gewicht überwinden könnte. Dies seien hier öffentliche und individuelle Interessen am Schutz vor unzumutbaren Immissionen, die erheblichen Beeinträchtigungen von Anliegern und der Allgemeinheit während der gesamten Bauphase und während des späteren Betriebs. Offenkundig seien die Abwägungsfehler bereits deswegen, weil sie Gegenstand von Einwendungen und Stellungnahmen im Verfahren und der Diskussion im Erörterungstermin gewesen seien. Von Auswirkung auf das Ergebnis seien die Abwägungsfehler, weil der Planfeststellungsbeschluss ausdrücklich davon ausgehe, das Vorhaben sei im fachplanungsrechtlichen Sinne gerechtfertigt und die für das Vorhaben streitenden Belange erlangten aufgrund der Funktionsfähigkeit des Vorhabens ein hohes Gewicht und könnten entgegenstehende Belange überwinden.

37

Insbesondere der Schutz vor Luftschadstoffen sei fehlerhaft geprüft und abgewogen. Die bereits gerügten Fehler der Verkehrsprognose seien zum Gegenstand der Luftschadstoffuntersuchung gemacht worden mit der Folge, dass die zu erwartende Luftschadstoffbelastung deutlich zu niedrig angesetzt worden sei. Die Tabellen aus der Luftschadstoffuntersuchung verdeutlichten, dass von annähernd gleichbleibenden Verkehrszahlen ausgegangen worden sei. Selbst diese – deutlich zu niedrig angesetzten – Verkehrszahlen führten bereits zu einer Überschreitung der Luftschadstoffgrenzwerte. Dabei sei nicht nur die Zahl der Fahrzeuge insgesamt und besonders der LKW unterschätzt worden; hinzu komme, dass in der Luftschadstoffuntersuchung offenbar nicht die oben aus dem Verkehrsgutachten zitierten Verkehrszustände, insbesondere die für die Luftschadstoffbelastung maßgebliche Staubildung angemessen berücksichtigt worden sei. Die Grenzwertüberschreitungen seien realistischerweise höher anzusetzen als berechnet. Es sei nicht dargetan, dass das Problem überhaupt lösbar sei; denn die Grenzwertüberschreitungen lägen deutlich höher als angenommen. Damit reiche aber auch das vom Vorhabenträger dargelegte Minderungspotenzial nicht aus, um die Grenzwerte einzuhalten. Schließlich sei das vom Vorhabenträger präsentierte und der Luftschadstoffuntersuchung in ihrer letzten Fassung zugrunde gelegte Konzept zur Minderung der Belastung durch Verkehrsbeschränkungen auch nicht plausibel. Es bleibe völlig unklar, wie die vom Luftschadstoffgutachter seinen Berechnungen zugrunde gelegten deutlich niedrigeren Verkehrszahlen zustande kämen. So sei wohl nicht vorgesehen, ein Monitoring-System einzuführen, das die Anzahl der Fahrzeuge und die Luftschadstoffbelastung überwache und die Ampeln so steuere, dass nur die Menge von Fahrzeugen durch die Ernst-Reuter-Allee fahren könne, bei denen die Luftschadstoffgrenzwerte noch eingehalten werden. Die Nebenbestimmung auf S. 39 des Planfeststellungsbeschlusses löse den Konflikt nicht hinreichend. Sie sei nicht hinreichend bestimmt, wenn dort von einem vorzulegenden Maßnahmenkatalog vor Baubeginn die Rede sei und Beispiele für Maßnahmen genannt würden. Denn einige der dort beispielhaft angeführten Maßnahmen könnten im konkreten Fall kaum effektiv sein. So würden etwa Verkehrsbeschränkungen wie das häufig zur Minderung der Luftschadstoffbelastung eingesetzte Tempo 30 bei der berechneten Verkehrssituation zu keiner deutlichen Besserung führen können. Hinweise im Tunnel zum Abschalten der Motoren bei Stau seien bereits beauflagt und könnten kaum zusätzlich effektiv sein. Vor allem aber sei die Nebenbestimmung rechtlich unzulänglich. Werde dem Vorhabenträger die Konfliktlösung aufgegeben, so müsse der Baubeginn davon abhängig gemacht werden. Dazu stehe traditionell die aufschiebende Bedingung zur Verfügung. Da eine solche aber nicht habe formuliert werden sollen, bleibe unklar, welche Folgen der Planfeststellungsbeschluss an die (Nicht-) Erfüllung der Nebenbestimmung knüpfe. Auch müsste die Einhaltung der Nebenbestimmung für Verbände und Betroffene gerichtlich überprüfbar sein, was hier nicht gewährleistet sei.

38

Der Kläger beantragt,

39

den Planfeststellungsbeschluss der Beklagten vom 10.04.2012 aufzuheben,

40

hilfsweise,

41

den Planfeststellungsbeschluss der Beklagten vom 10.04.2012 für rechtswidrig und nicht vollziehbar zu erklären,

42

hilfsweise,

43

die Beklagte zu verpflichten, den Kläger im Hinblick auf die in den Einwendungen/Stellungnahmen im Planfeststellungsverfahren zum Planfeststellungsbeschluss der Beklagten vom 10.04.2012 erhobenen Forderungen unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu bescheiden.

44

Die Beklagte beantragt,

45

die Klage abzuweisen.

46

Sie trägt vor, es gebe kein gesetzliches Verbot der Identität von Anhörungsbehörde und Planfeststellungsbehörde sowie der Doppelzuständigkeit einer Behörde als Vorhabenträger und Planfeststellungsbehörde.

47

Der Einwand der fehlenden Zuständigkeit aufgrund der Regelung in § 78 VwVfG sei nicht Gegenstand des Einwendungschreibens vom 22.01.2011 gewesen, so dass der Kläger mit diesem Einwand präkludiert sei. Im Übrigen seien die Voraussetzungen des § 78 Abs. 1 VwVfG für eine einheitliche Planfeststellung bei Zusammentreffen mehrerer Vorhaben in Bezug auf das Vorhaben der Beigeladenen „Spurplan Mitte“ nicht erfüllt. Beide Bauvorhaben seien in ihrer Bauausführung getrennt durchführbar.

48

Aus der von der Eigentümerin des City Carrés erst nach der Abwägungsentscheidung durchgeführten Verkehrszählung, die in der Spitzenstunde 125 nach links in die Ernst-Reuter-Allee abbiegende Fahrzeuge ermittelt habe, lasse sich die Unrichtigkeit ihrer Prognose nicht ableiten. Selbst wenn 125 Fahrzeugen in der Spitzenstunde anzunehmen sein sollten, lasse sich durch verkehrsorganisatorische Anpassungen am Knotenpunkt Ernst-Reuter-Allee / Otto-von-Guericke-Straße und Optimierung des Signalzeitenplans eine Verkehrsqualität der Stufe „D“ erreichen. Ferner verdeutliche die gesamte Abwägung im Planfeststellungsbeschluss, dass eine veränderte Zahl der Wender zu keiner anderen Abwägung geführt hätte.

49

Die Beigeladene beantragt,

50

die Klage abzuweisen.

51

Sie schließt sich den Ausführungen der Beklagten an und trägt ergänzend vor:

52

Der Kläger könne sich auf die vermeintlich fehlende Planrechtfertigung für das streitgegenständliche Vorhaben nicht berufen. Die Feststellung, dass ein Vorhaben mit den Zielvorgaben des einschlägigen Fachrechts konform sei und sich dafür eigne, einen vorhandenen Verkehrsbedarf zu befriedigen, habe keinen unmittelbaren Bezug zur Wahrung des Umweltschutzes.

53

Unabhängig davon, dass der Kläger einen vermeintlichen Verstoß gegen § 78 VwVfG nicht gerichtlich geltend machen könne, hätten die Voraussetzungen des § 78 Abs. 1 VwVfG hinsichtlich des Eisenbahnvorhabens nicht vorgelegen, so dass es zu Recht nicht in die streitgegenständliche Planfeststellung einbezogen worden sei. Gegenstand ihres Vorhabens sei die Erneuerung und Änderung des Überführungsbauwerks der Eisenbahnüberführung. Diese solle abgerissen und auf den bestehenden Widerlagern in geänderter Form errichtet werden. Grund hierfür sei insbesondere die Baufälligkeit des bereits aus dem Jahre 1897 stammenden Bauwerks. Bedingt sei die Erneuerung zudem durch das Vorhaben Spurplan Mitte. Zwar sei die Neugestaltung der Gleisanlage – ebenso wie die Erneuerung der Eisenbahnüberführung – Teil des Gesamtvorhabens „Ausbau Eisenbahnknoten Magdeburg – 2. Ausbaustufe“. Das Gesamtvorhaben sei jedoch, wie bei Großvorhaben üblich, in verschiedene Bau- und Planfeststellungsabschnitte unterteilt. Die Neugestaltung des Überführungsbauwerks sei als Bauabschnitt 61.12 gekennzeichnet. Die Änderung der Gleisanlagen sei dem Abschnitt 61.11 zugeordnet und zusammen mit einem weiteren Vorhaben Teil eines eigenständigen Planfeststellungsverfahrens beim Eisenbahn-Bundesamt, welches unter der Bezeichnung „Knoten Magdeburg, 2. Ausbaustufe – PFA 61.11 Umbau Spurplan Mitte und PFA 61.30 Umbau Verkehrsstation – km 140,3 + 90 - km 143,4 + 00 der Strecke Potsdam-Griebnitzsee – Eilsleben (6110)“ geführt werde. Der Planfeststellungsbeschluss vom 21.01.2013 zu diesem Verfahren liege seit kurzem vor. Hinsichtlich dieses Vorhabens lägen die Voraussetzungen des § 78 Abs. 1 VwVfG schon deshalb nicht vor, weil diesbezüglich eine einheitliche Entscheidung nicht notwendig gewesen sei. Zwar erfordere die Änderung des Spurplans eine Neugestaltung der Eisenbahnüberführung sowohl hinsichtlich der Linienführung als auch in der Gradiente. Es bestünden jedoch, anders als zwischen den planfestgestellten Vorhaben, keine so engen baulichen Verflechtungen mit dem Spurplan Mitte, dass eine einheitliche Planfeststellung auch insofern erforderlich gewesen wäre. Vielmehr sei die Konfliktbewältigung zwischen dem Vorhaben Eisenbahnüberführung und dem Spurplan Mitte ohne Weiteres auch im Wege der gegenseitigen Rücksichtnahme und Abstimmung möglich gewesen. Auch handele es sich bei dem Neubau des Überführungsbauwerks nicht um eine bloße Folgemaßnahme der Spurplanänderung, da die Ausführung des neuen Überführungsbauwerks aufgrund der aufwändigen Ausrichtung an den straßen- und straßenbahnseitigen Planungen der Beklagten über eine bloße Anpassung an den zukünftigen Spurplan weit hinausgehe. Auch sei nicht erkennbar, inwiefern der Kläger gerade durch die Bildung der Abschnitte 61.12 (Eisenbahnüberführung Ernst-Reuter-Allee) und 61.11 (Spurplan Mitte) und deren Planfeststellung im Wege verschiedener Planfeststellungsverfahren eine Verkürzung seiner Rechtsschutzmöglichkeiten erfahren haben sollte. Auch die Forderung nach einer aufschiebenden Bedingung in Hinblick auf das Vorhaben Spurplan Mitte gehe daher schon im Ansatz fehl.

54

Soweit der Kläger sich auf Lärm- und Erschütterungsimmissionen des planfestgestellten Vorhabens berufe, könne sein Vortrag die mit dem Hauptantrag begehrte Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses nicht rechtfertigen. Fehlende Maßnahmen des aktiven oder passiven Immissionsschutzes, die grundsätzlich durch Schutzauflagen behoben werden könnten, begründeten nur einen Anspruch auf Planergänzung, der im Wege einer Verpflichtungsklage durchzusetzen sei. Eine Planaufhebung komme nur in Betracht, wenn das Fehlen notwendiger Schutzauflagen ausnahmsweise so großes Gewicht habe, dass davon die Ausgewogenheit der Gesamtplanung oder eines wesentlichen Planungsteils betroffen sei. Daran fehle es hier; es ergebe sich kein Anhaltspunkt für die Annahme, die Planfeststellungsbehörde hätte in Kenntnis der vom Kläger gerügten Defizite eine andere konzeptionelle Planungsentscheidung getroffen. Vielmehr setze sich die Planfeststellungsbehörde mit allen Einwendungen des Klägers detailliert auseinander und erachtet sie entweder in der Sache für nicht gerechtfertigt oder für nicht maßgebend für ihre Abwägungsentscheidung. Im Übrigen seien die Rügen des Klägers mit Blick auf vermeintlich unzulässige Lärm- und Erschütterungsimmissionen des Vorhabens auch in der Sache unbegründet. Mit seinen Rügen bezüglich der Luftqualität verkenne der Kläger, dass die Einhaltung der Grenzwerte der Verordnung über Immissionswerte für Schadstoffe in der Luft keine Rechtmäßigkeitsvoraussetzung für die Planfeststellung des Vorhabens darstelle. Die Planfeststellungsbehörde habe die Auswirkungen des Vorhabens auf die Luftqualität berücksichtigt und dafür Sorge getragen, dass die Einhaltung der Grenzwerte durch die Mittel der Luftreinhalteplanung nicht vereitelt werde. Die Rügen des Klägers, mit denen er sich auf verkehrliche Belange berufe, ließen ebenfalls den erforderlichen natur- oder umweltschutzrechtlichen Bezug vermissen. Sie seien auch in der Sache nicht berechtigt. Soweit er indirekt eine unzureichende Variantenuntersuchung rüge, verkenne er, dass er wegen seines beschränkten Klagerechts die Variantenauswahl nur insoweit angreifen könne, als sie sich auf die Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege oder des Umweltschutzes auswirken könne. In materieller Hinsicht seien die Grenzen der bei der Auswahl zwischen verschiedenen Trassenvarianten bestehenden planerischen Gestaltungsfreiheit erst dann überschritten, wenn sich eine andere als die von der Behörde gewählte Linienführung hätte aufdrängen müssen. Das sei bei keiner der vom Kläger geforderten Varianten der Fall.

55

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten und die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe

56

A. Das erkennende Gericht ist für die Entscheidung des Rechtsstreits zuständig.

57

  I. Die Zuständigkeit des Oberverwaltungsgerichts folgt allerdings entgegen der vom Verwaltungsgericht Magdeburg in seinem Verweisungsbeschluss vom 14.06.2012 vertretenen Auffassung nicht aus § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 VwGO. Danach entscheidet das Oberverwaltungsgericht im ersten Rechtszug über sämtliche Streitigkeiten, die Planfeststellungsverfahren für den Bau oder die Änderung der Strecken von Straßenbahnen, Magnetschwebebahnen und von öffentlichen Eisenbahnen sowie für den Bau  oder die Änderung von Rangier- und Containerbahnhöfen betreffen. Im konkreten Fall wird durch den angefochtenen Planfeststellungsbeschluss zwar auch der Bau von Betriebsanlagen für Straßenbahnen zugelassen, der gemäß § 28 Abs. 1 des Personenbeförderungsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 08.08.1999 (BGBl I S. 1690), zuletzt geändert durch Gesetz vom 22.11.2011 (BGBl I S. 2272), – PBefG – der Planfeststellung bedarf. Ferner ist im Planfeststellungsbeschluss u.a. § 28 Abs. 1 PBefG als Rechtsgrundlage genannt. Die Beklagte hat indes das Planfeststellungsverfahren auf der Grundlage des § 37 des Straßengesetzes für das Land Sachsen-Anhalt vom 06.07.1993 (GVBl. S. 492), zuletzt geändert durch Gesetz vom 16.03.2011 (GVBl. S. 492), – StrG LSA – durchgeführt. Sie ist im Rahmen einer Gesamtschau der aufein-andertreffenden Vorhaben (Änderung der Betriebsanlagen einer Eisenbahn, Änderung an den Straßenverkehrsanlagen, Änderung der Betriebsanlagen der Straßenbahn) in Anwendung des § 78 Abs. 2 Satz 1 VwVfG zu der Auffassung gelangt, dass die geplante Errichtung des Tunnels und die daraus resultierenden Änderungen insbesondere auch durch die Innenstadtlage den größeren Kreis öffentlich-rechtlicher Beziehungen als die Änderung der Eisenbahnbetriebsanlagen berühren wird (S. 64). Das straßenbahnrechtliche Vorhaben hat die Beklagte in diesem Zusammenhang zwar nicht erwähnt; sie hat aber deutlich zum Ausdruck gebracht, dass das Planfeststellungsverfahren auf der Grundlage des § 37 StrG LSA durchgeführt werden soll. Für die Zuständigkeit ist entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts Magdeburg nicht entscheidend, ob die Beklagte – wie das Verwaltungsgericht ausführlich zu begründen versucht hat – das Planfeststellungsverfahren richtigerweise auf der Grundlage des § 28 Abs. 1 PBefG hätte durchführen müssen, weil der Schwerpunkt des Vorhabens und damit auch der größere Kreis der öffentlich-rechtlichen Beziehungen nicht im Straßenbau, sondern im Straßenbahnbau liege. Maßgebend ist allein, nach welchen Verfahrensvorschriften das Planfeststellungsverfahren tatsächlich durchgeführt wurde. Treffen mehrere Vorhaben zusammen, für die Planfeststellungsverfahren vorgeschrieben sind, und findet für sie ein einheitliches Planfeststellungsverfahren statt (§ 6 Abs. 1 VwVfG LSA bzw. § 78 Abs. 1 VwVfG), ist zwar auch für die gerichtliche Kompetenz die Konfliktregel des § 6 Abs. 2 Satz 1 VwVfG LSA bzw. § 78 Abs. 2 VwVfG maßgeblich, nach der sich die (behördlichen) Zuständigkeiten und das Verwaltungsverfahren nach den Rechtsvorschriften über das Planfeststellungsverfahren für diejenige Anlage richten, die einen größeren Kreis öffentlich-rechtlicher Beziehungen berührt (Bier/Panzer, in: Schmidt-Aßmann/Pietzner/Ronellenfitsch, VwGO, § 48 RdNr. 9). Vorliegend ist indes schon zweifelhaft, ob es sich bei der Änderung der Straße einerseits und der (Neu-)Verlegung  der Straßenbahngleise andererseits überhaupt um (jeweils selbständige) Vorhaben im Sinne von § 6 Abs. 1 VwVfG LSA handelt. Die Selbständigkeit von Vorhaben in diesem Sinne ist nur dann gegeben, wenn diese aufgrund eigenständiger Pläne mit jeweils eigenem Planungskonzept durchgeführt werden sollen und bei denen sich die Gleichzeitigkeit nur mehr oder weniger zufällig ergibt, deren Planung nicht von dritter Seite veranlasst wird und die nicht allein Folgemaßnahmen eines anderen Vorhabens sind; keines der Vorhaben darf von dem anderen jeweils dergestalt abhängig sein, dass bei Wegfall des einen die Notwendigkeit oder Zweckmäßigkeit zur Realisierung des anderen entfällt (vgl. zu § 78 Abs. 1 VwVfG: Bonk/Neumann, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Aufl., § 78 RdNr. 6). Aber selbst wenn die Voraussetzungen des § 6 Abs. 1 VwVfG LSA bzw. § 78 Abs. 1 VwVfG gegeben sind, erfasst die Zuweisung nach § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 VwGO das gesamte einheitliche Verfahren, wenn dieses nach den Vorschriften für das zugewiesene Verfahrenabläuft; ist das zugewiesene Verfahren jedoch nicht bestimmend, verbleibt es auch insoweit bei der erstinstanzlichen Zuständigkeit des Verwaltungsgerichts (Bier/Panzer, a.a.O., Redeker/von Oertzen, VwGO, 15. Aufl., § 48 RdNr. 5). Wird der einheitliche Planfeststellungsbeschluss angefochten, richtet sich das gerichtliche Verfahren einheitlich nach den Vorschriften, auf deren Grundlage das Vorhaben zugelassen worden ist; das gilt insbesondere auch für die Zuständigkeit nach § 48 VwGO (Bonk/Neumann, a.a.O., RdNr. 18).

58

  II. Der Senat sieht sich jedoch entsprechend § 83 Satz 1 VwGO i.V.m. § 17a Abs. 2 Satz 3 GVG an die Verweisung des Verwaltungsgerichts gebunden.

59

§ 83 Satz 1 VwGO, der in Bezug auf die sachliche und örtliche Zuständigkeit der Gerichte der Verwaltungsgerichtsbarkeit u.a. auf § 17a Abs. 2 Satz 3 GVG verweist, ist als Ausdruck eines allgemeinen Rechtsgedankens auf die instanzielle Zuständigkeit entsprechend anwendbar (BVerwG, Beschl. v. 08.01.2004 – 4 B 113.03 –,  Buchholz 300 § 17a GVG Nr. 21). Gemäß § 17a Abs. 2 Satz 3 GVG ist der Beschluss, mit dem ein Gericht den Rechtsstreit an das (nach seiner Rechtsauffassung) zuständige Gericht verweist, für das Gericht, an das der Rechtsstreit verwiesen worden ist, bindend. Mit Rücksicht auf den Zweck der Vorschrift, den Kläger nicht zum Opfer eines Zuständigkeitsstreits zwischen den Gerichten zu machen, sondern den Fortgang des Verfahrens zu fördern, tritt die Bindungswirkung in aller Regel auch dann ein, wenn die Verweisung sachlich unrichtig ist (BVerwG, Urt. v. 15.03.1988 – 1 A 23.85 –, BVerwGE 79, 110). Eine Durchbrechung der gesetzlichen Bindungswirkung kommt – ausnahmsweise – nur bei schweren und offensichtlichen Rechtsverstößen in Betracht (vgl. BVerwG, Beschl. v. 01.07.2004 – 7 VR 1.04 –, NVwZ 2004, 1046). Es muss sich um „extreme Verstöße" (BVerwG, Beschl. v. 08.11.1994 – 9 AV 1.94 –, NVwZ 1995, 372) bzw. „grob fehlerhafte Verstöße“ (BVerwG, Beschl. v. 01.12.1992 – 7 A 4.92 –, NVwZ 1993, 770) handeln. Dies ist etwa dann der Fall, wenn für den Beschluss jede gesetzliche Grundlage fehlt, er also auf Willkür beruhen würde (BVerwG, Urt. v. 15.03.1988, a.a.O.), oder wenn die Entscheidung bei verständiger Würdigung der das Grundgesetz beherrschenden Gedanken (gesetzlicher Richter) nicht mehr verständlich erscheint und offensichtlich unhaltbar ist (vgl. BGH, Beschl. v. 08.07.2003 – X ARZ 138/03 –, NJW 2003, 2990, m.w.N.). Ein solcher Sachverhalt liegt hier nicht vor. Der rechtliche Ansatz des Verwaltungsgerichts, es komme bei der Bestimmung der Zuständigkeit nach § 48 Abs. 1 Nr. 7 VwGO – unabhängig davon, welches Verfahren die Behörde gewählt hat – darauf an, wo materiell der Schwerpunkt des einheitlichen Vorhabens liege, ist zwar sachlich unrichtig, jedoch nach der Einschätzung des Senats nicht im oben dargestellten Sinne grob fehlerhaft.

60

  B. Die Rüge des Klägers in der mündlichen Verhandlung vom 10.10.2013, der Senat sei nicht vorschriftsmäßig besetzt gewesen, weil an dieser mündlichen Verhandlung ein anderer ehrenamtlicher Richter teilgenommen habe als bei der ersten mündlichen Verhandlung vom 25.04.2013, greift nicht durch.

61

Gemäß § 112 VwGO kann das Urteil nur von den Richtern und ehrenamtlichen Richtern gefällt werden, die an der dem Urteil zugrunde liegenden Verhandlung teilgenommen haben. Das Tatbestandsmerkmal „dem Urteil zugrunde liegende Verhandlung", das nach § 112 VwGO den gesetzlichen Richter bestimmt, bezieht sich nur auf die letzte mündliche Verhandlung, in der das Urteil ergangen ist, hier also die Verhandlung vom 10.10.2013 (vgl. BVerwG, Beschl. v. 26.08.2013 – 9 B 13.13. Juris,  RdNr. 8, m.w.N.). Daraus folgt, dass bei einer Verhandlung an mehreren Sitzungstagen ein Richterwechsel nach Vertagung einer mündlichen Verhandlung unschädlich ist; etwas anderes gilt in der Regel bei einer bloßen Unterbrechung der mündlichen Verhandlung, wenn sich ein und dieselbe mündliche Verhandlung über mehrere Verhandlungstage (Sitzungstage) hinzieht (vgl. BFH, Beschl. v. 03.12.2010 – V B 57.10 –, BFH/NV 2011, 615, RdNr. 5 in Juris, m.w.N.). Im vorliegenden Fall ist die mündliche Verhandlung nicht lediglich unterbrochen, sondern ein neuer Verhandlungstermin anberaumt worden. Unabhängig davon ist es bei einem Richterwechsel grundsätzlich ausreichend, wenn der Berichterstatter den Sachverhalt einschließlich des Prozessverlaufs vorträgt (BVerwG, Beschl. v. 14.03.2011 – 8 B 61.10 –, ZOV 2011, 123, RdNr. 24 in Juris). Dies hat hier in der mündlichen Verhandlung vom 10.10.2013 stattgefunden. Bei diesem neuen Termin ist die vom Präsidium des Oberverwaltungsgerichts gemäß §§ 30, 34 VwGO aufgestellte Liste über die Reihenfolge in der Heranziehung der ehrenamtlichen Richter zu beachten gewesen, was hier zur Folge gehabt hat, dass nur einer der beiden ehrenamtlichen Richter, die bereits am Termin vom 25.04.2013 teilgenommen hatten, am neuen Termin hat teilnehmen dürfen.

62

  C. Die Klage hat keinen Erfolg.

63

  I. Die Klage ist allerdings zulässig; insbesondere hat der Kläger die erforderliche Klagebefugnis.

64

  1. Sie folgt aus § 2 Abs. 1 des Gesetzes über ergänzende Vorschriften zu Rechtsbehelfen in Umweltangelegenheiten nach der EG-Richtlinie 2003/35/EG vom 07.12.2006 (BGBI I S. 2816) – UmwRG. Danach kann eine nach § 3 UmwRG anerkannte inländische oder ausländische Vereinigung, ohne eine Verletzung in eigenen Rechten geltend machen zu müssen, Rechtsbehelfe nach Maßgabe der Verwaltungsgerichtsordnung gegen eine Entscheidung nach § 1 Abs. 1 Satz 1 oder deren Unterlassen einlegen, wenn die Vereinigung (1.) geltend macht, dass eine Entscheidung nach § 1 Abs. 1 Satz 1 oder deren Unterlassen Rechtsvorschriften, die dem Umweltschutz dienen und für die Entscheidung von Bedeutung sein können, widerspricht, (2.) geltend macht, in ihrem satzungsgemäßen Aufgabenbereich der Förderung der Ziele des Umweltschutzes durch die Entscheidung nach § 1 Abs. 1 Satz 1 oder deren Unterlassen berührt zu sein, und (3.) zur Beteiligung in einem Verfahren nach § 1 Absatz 1 Satz 1 berechtigt war und sie sich hierbei in der Sache gemäß den geltenden Rechtsvorschriften geäußert hat oder ihr entgegen den geltenden Rechtsvorschriften keine Gelegenheit zur Äußerung gegeben worden ist. Diese Voraussetzungen erfüllt der Kläger.

65

  1.1. Bei dem angefochtene Planfeststellungsbeschluss handelt es sich um eine Entscheidung nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwRG. Nach dieser Regelung findet dieses Gesetz Anwendung für Rechtsbehelfe gegen Entscheidungen im Sinne von § 2 Abs. 3 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung über die Zulässigkeit von Vorhaben, für die nach (a) dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung, (b) der Verordnung über die Umweltverträglichkeitsprüfung bergbaulicher Vorhaben oder (c) landesrechtlichen Vorschriften eine Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) bestehen kann.

66

Ein Planfeststellungsbeschluss ist als Entscheidung in § 2 Abs. 3 Nr. 1 UVPG genannt. Eine UVP-Pflicht besteht, wenn das Vorhaben zwingend UVP-pflichtig ist oder diese Pflicht auf Grund einer Vorprüfung im Einzelfall zu bejahen ist (vgl. Fellenberg/Schiller, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Bd. I, § 2 UmwRG RdNr. 81). Aus der Formulierung „bestehen kann“ in § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwRG ergibt sich allerdings, dass es für die Anwendbarkeit des UmwRG genügt, wenn die Möglichkeit einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung besteht (vgl. Fellenberg/Schiller, a.a.O., § 1 UmwRG, RdNr. 29, m.w.N.). Nur die Begründetheit des Rechtsbehelfs setzt das objektive Bestehen einer UVP-Pflicht voraus (§ 2 Abs. 5 Satz 2 UmwRG). Die Möglichkeit einer UVP-Pflicht ist hier zu bejahen.

67

Entgegen der Auffassung des Klägers ergibt sich allerdings eine zwingende UVP-Pflicht des Vorhabens nicht aus § 1 Abs. 1, § 2 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung im Land Sachsen-Anhalt vom 27.08.2002 (GVBl. S. 372), zuletzt geändert durch Gesetz vom 18.01.2011 (GVBl. S. 5) – UVPG LSA i.V.m. Nr. 3.1 oder Nr. 3.3 der Anlage. Nr. 3.1 der Anlage betrifft den Bau einer dem Kraftfahrzeugverkehr vorbehaltenen, nur über Anschlussstellen oder besonders geregelte Kreuzungen erreichbaren Straße, auf der insbesondere das Halten und Parken verboten ist. Die Ernst-Reuter-Allee wird (im streitigen Abschnitt) nicht dadurch zu einer solchen Straße, dass die Ebene -1 des Tunnels künftig dem Kraftfahrzeugverkehr vorbehalten bleiben soll. Unabhängig davon, ob diese Regelung auch den Umbau einer bestehenden Straße erfasst, ist die künftig im Tunnel verlaufende Straßenstrecke der Ernst-Reuter-Allee auch nach dem Umbau nicht über eine besondere Anschlussstelle oder eine „besondere“ Kreuzung erreichbar. Vielmehr bleibt der Straßenabschnitt auch künftig über die bereits bestehenden Kreuzungen an der Otto-von-Guericke-Straße und am Damasch-keplatz an das übrige Straßennetz angebunden. Nr. 3.3 der Anlage zu § 1 Abs. 1 Satz 1 UVPG LSA betrifft den Bau einer vier- oder mehrstreifigen Straße durch Verlegung oder Ausbau einer bestehenden Straße, wenn dieser geänderte Straßenabschnitt eine durchgehende Länge von 10 km oder mehr aufweist. Unabhängig davon, ob das streitige Vorhaben eine Verlegung oder Änderung in diesem Sinne darstellt, erreicht der geänderte Abschnitt jedenfalls keine Länge von 10 km.

68

Nach Nr. 3.6 der Anlage zum UVPG ist beim Bau – nicht beim Umbau – von „sonstigen“ also nicht den Nr. 3.1 bis 3.5 der Anlage unterfallenden Straßen nur eine standortbezogene Vorprüfung des Einzelfalls nach dem UVPG durchzuführen. Gemäß § 3c Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung in der Fassung der Bekanntmachung vom 24.02.2010 (BGBl I S. 94), zuletzt geändert durch Gesetz vom 24.02.2012 (BGBl I S. 212), – UVPG – i.V.m. Nr. 14.11 der Anlage 1 ist zudem lediglich beim Bau einer Bahnstrecke u.a. für Straßenbahnen eine allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls vorgesehen. Die Tatbestände der Nr. 3.6 der Anlage zum UVPG LSA und der Nr. 14.11. der Anlage 1 zum UVPG betreffen nach ihrem Wortlaut nicht die Änderung einer bereits bestehenden Straße oder Bahnstrecke für Straßenbahnen. Diese werden vielmehr von § 3e Abs. 1 UVPG erfasst, mit dem Anhang II Nr. 13, erster Anstrich der UVP-Änderungsrichtlinie (Richtlinie 97/11/EG des Rates vom 03.03.1997) umgesetzt wurde (vgl. BT-Drs. 14/4599, S. 97), der die Änderung oder Erweiterung von bereits genehmigten, durchgeführten oder in der Durchführungsphase befindlichen Projekten des Anhangs I oder II betrifft, die erhebliche nachteilige Auswirkungen auf die Umwelt haben können. Das UVP-Recht unterscheidet ausdrücklich zwischen dem (Neu-)Bau von Vorhaben und der Änderung bzw. Erweiterung vorhandener Vorhaben; die Vorhaben unterliegen jeweils unterschiedlichen Regelungen, die eine differenzierte Beurteilung der Umweltauswirkungen gestatten (vgl. OVG Bremen, Urt. v. 21.11.2006 – 1 D 79/06 –, NordÖR 2007, 119, RdNr. 68 in Juris, m.w.N.). Eine andere Auslegung des Begriffs „Bau“ ist auch nicht deshalb geboten, weil Nr. 3.2 der Anlage zum UVPG LSA im Gegensatz zu den Nr. 3.1. und 3.3. bis 3.6 der Anlage vom Bau einer „neuen“ vier- oder mehrspurigen Straße mit einer durchgehenden Länge von 5 km oder mehr die Rede ist. Die Verwendung des Wortes „neu“ dient der Abgrenzung von der Nr. 3.3 der Anlage, die den Bau einer vier- oder mehrspurigen Straße durch Verlegung oder Ausbau einer bestehenden Straße betrifft, wenn dieser geänderte Straßenabschnitt eine durchgehende Länge von 10 km oder mehr aufweist. Bei einer anderen Auslegung würde jede nur geringfügige bauliche Änderung einer bestehenden Straße bereits zu einer UVP-Pflicht führen. Eine andere Bewertung mag dann geboten sein, wenn der Umbau einer Straße oder einer Straßenbahntrasse nach Umfang und Art einem Neubau gleichkommt. Ein Projekt zur Erneuerung einer Straße, das aufgrund seines Umfangs und seiner Art einem Bau gleichkommt, kann als Projekt betrachtet werden, das sich auf einen Bau im Sinne des Anhangs II Nr. 10 Buchstabe c) und h) der UVP-Richtlinie 85/337 und der an ihre Stelle getretenen Richtlinie 2011/92/EU bezieht (vgl. EuGH, Urt. v. 25.07.2008 – C-142/07 –, Slg. 2008, I-6097, RdNr. 36). Die hier geplante Trennung des motorisierten Individualverkehrs (MIV) vom übrigen Verkehr durch Schaffung zweier getrennter Tunnelebenen bei im Wesentlichen gleich bleibender Kapazität der Flächen für den Straßen- und Straßenbahnverkehr stellt keinen solchen (Ausnahme-)Fall dar.

69

Gemäß § 2 UVPG LSA i.V.m. § 3e Abs. 1 UVPG besteht die Verpflichtung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung für die Änderung oder Erweiterung eines Vorhabens, für das als solches bereits eine UVP-Pflicht besteht, wenn (1.) in der Anlage 1 für Vorhaben der Spalte 1 angegebene Größen- oder Leistungswerte durch die Änderung oder Erweiterung selbst erreicht oder überschritten werden oder (2.) eine Vorprüfung des Einzelfalls im Sinne des § 3c Satz 1 und 3 ergibt, dass die Änderung oder Erweiterung erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben kann. Eine mögliche UVP-Pflicht lässt sich entgegen der Auffassung des Klägers nicht auf § 2 UVPG LSA i.V.m. § 3e Abs. 1 Nr. 1 UVPG stützen, da mit der geplanten Änderung der Ernst-Reuter-Allee keine für Vorhaben der Spalte 1 der Anlage zum UVPG LSA angegebenen Größen- oder Leistungswerte selbst erreicht oder überschritten werden. Als relevanter Größenwert, bei dessen Erreichen eine UVP-Pflicht für den Bau bestimmter Arten von Straßen besteht, wird in der Anlage die Länge der Straße (5 km bzw. 10 km) genannt. Mit der geplanten Änderung werden solche Größen nicht erreicht oder überschritten. Es kommt allein eine UVP-Pflicht auf der Grundlage des § 3e Abs. 1 Nr. 2 UVPG in Betracht. Die Vorschrift erfasst auch Änderungen und Erweiterungen von „Altvorhaben", für die nach früherem Recht keine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt werden musste (vgl. BVerwG, Urt. v. 13.12.2007 – 4 C 9/06 –, BVerwGE 130, 83 [89], RdNr. 29, m.w.N.). Für die Frage der UVP-Pflicht des „Grundvorhabens“ kommt es darauf an, ob dieses nach derzeitiger Gesetzeslage die Voraussetzungen erfüllt, die eine Umweltverträglichkeitsprüfung notwendig machen (vgl. Sagenstedt, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, UVPG § 3e RdNr. 10 f.; Dienes, in: Hoppe/Beckmann [Hrsg.], UVPG, 4. Aufl., § 3e RdNr. 8). Umstritten ist allerdings, ob, wenn für das „Grundvorhaben“ lediglich eine allgemeine oder standortbezogene Vorprüfung vorgesehen ist, das Änderungsvorhaben der UVP-Vorprüfungspflicht nach § 3e Abs. 1 UVPG unterfällt. Teilweise wird vertreten, dass nachträglich bezüglich des zu ändernden Vorhabens noch eine Vorprüfung nach § 3c UVPG durchgeführt werden müsse (vgl. zum Ganzen sowie verneinend: Sagenstedt, a.a.O. RdNr. 12). Der Umstand, dass die Anwendung des § 3e Abs. 1 UVPG auf zu ändernde Vorhaben, bei denen nach heutiger Rechtslage lediglich eine Vorprüfung durchzuführen wäre, streitig ist, genügt für die nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwRG vorausgesetzte Möglichkeit, dass eine UVP-Pflicht bestehen kann. Ob tatsächlich eine UVP-Pflicht besteht, ist eine Frage der Begründetheit der Klage (§ 2 Abs. 5 Satz 2 UmwRG).

70

Die Möglichkeit einer UVP-Pflicht ergibt sich ferner daraus, dass während der Bauphase Maßnahmen durchgeführt werden, die der UVP-Pflicht unterliegen können. Nach der Rechtsprechung des EuGH (Urt. v. 03.07.2008 – C-215/06 –, NuR 2008, 562 [566], RdNr. 96 ff.) besteht eine Pflicht zur Umweltverträglichkeitsprüfung nach der UVP-Richtlinie 85/8737 auch dann, wenn Anlagen, die Gegenstand eines Projekts sind, zwar weder in Anhang I noch in Anhang II der Richtlinie genannt werden, in Bauphasen aber zahlreiche Arbeiten notwendig sind, die in den Anhängen aufgeführt sind und bei ihnen mit erheblichen Auswirkungen auf die Umwelt zu rechnen ist. So erfolgt nach Abschnitt IX. Nr. 5 des Planfeststellungsbeschlusses eine bauzeitliche Wasserhaltung, die der Nr. 13.3.2 der Anlage 1 zum UVPG zuzuordnen sei. Danach ist für das Entnehmen, Zutagefördern oder Zutageleiten von Grundwasser oder Einleiten von Oberflächenwasser zum Zwecke der Grundwasseranreicherung, jeweils mit einem jährlichen Volumen an Wasser von 100 000 m3 bis weniger als 10 Mio. m3, eine allgemeine Vorprüfung durchzuführen.

71

Mit dem Einwand, dass die Belange des Lärmschutzes und des Schutzes vor Luftschadstoffen fehlerhaft abgewogen worden seien, macht der Kläger zulässigerweise geltend, dass der Planfeststellungsbeschluss Rechtsvorschriften, die dem Umweltschutz dienen und für die Entscheidung von Bedeutung sein können, namentlich immissionsschutzrechtlichen Vorschriften (§ 41 BImSchG, § 48a i.V.m der 39. BImSchV) widerspricht. Zu den Rechtsvorschriften, deren Verletzung eine Vereinigung nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 UmwRG geltend machen kann, gehören auch alle – drittschützenden – Vorschriften, die dem Schutz von Menschen vor schädlichen Immissionen zu dienen bestimmt sind. Die Klagebefugnis setzt ferner nicht voraus, dass die Rechtsvorschrift, deren Verletzung behauptet wird, ausschließlich dem Umweltschutz dient. Es genügt, wenn sie zumindest auch dem Umweltschutz zu dienen bestimmt ist. Daher kann eine Vereinigung auch geltend machen, das – drittschützende – planungsrechtliche Abwägungsgebot sei wegen unzureichender Berücksichtigung von Belangen des Umweltschutzes verletzt (BVerwG, Urt. v. 10.10.2012 – 9 A 18.11 –, BVerwGE 144, 243 [245], RdNr. 12, m.w.N.).

72

  1.2. Der Kläger macht ferner gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 2 UmwRG geltend, in seinem satzungsgemäßen Aufgabenbereich der Förderung der Ziele des Umweltschutzes durch den Planfeststellungsbeschluss berührt zu sein. Nach § 2 Nr. 2, 4 und 10 der Satzung des Klägers in der Fassung vom 09.09.2012 hat er u.a. die Aufgaben, einen wirksamen Schutz des Lebens durchzusetzen, die Umwelt vor schädlichen Einflüssen durch Schadstoffeintragungen in die Luft zu schützen sowie bei Planungen, die für Natur, Landschaft oder Umwelt des Menschen bedeutsam sind, mitzuwirken.

73

  1.3. Der Kläger war auch zur Beteiligung in einem Verfahren nach § 1 Abs. 1 Satz 1 UmwRG berechtigt.

74

Das Recht zur Beteiligung ergibt sich nicht aus dem UmwRG selbst, sondern aus dem Fachrecht (Fellenberg/Schiller, a.a.O., § 2 RdNr. 39). So sehen etwa verschiedene Fachplanungsgesetze vor, dass anerkannte Umwelt- und Naturschutzvereinigungen im Planfeststellungsverfahren zu beteiligen sind (vgl. § 10 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Satz 4 LuftVG, § 18a Nr. 2 AEG, § 17a Nr. 2 FStrG, § 14a Nr. 2 WaStrG, § 43a Nr. 2 EnWG). Ein Beteiligungsrecht in Planfeststellungsverfahren ergibt sich ferner aus § 63 Abs. 1 Nr. 3 und Abs. 2 Nr. 6 des Bundesnaturschutzgesetzes vom 29.07.2009 (BGBl I S. 2542) – BNatSchG. Die Bundesländer können zudem weitergehende Beteiligungsrechte für anerkannte Naturschutzvereinigungen vorsehen (§ 63 Abs. 2 Nr. 8 BNatSchG).

75

Zwar sehen weder das StrG LSA, nach dessen Vorschriften das Planfeststellungsverfahren hier durchgeführt wurde, noch das PBefG eine Beteiligung von anerkannten Vereinigungen im Sinne des UmwRG vor.

76

Eine Berechtigung des Klägers ergibt sich aber aus § 63 Abs. 2 Nr. 6 BNatSchG. Danach ist einer nach § 3 UmwRG von einem Land anerkannten Naturschutzvereinigung, die nach ihrer Satzung landesweit tätig ist, Gelegenheit zur Stellungnahme und zur Einsicht in die einschlägigen Sachverständigengutachten zu geben in Planfeststellungsverfahren, wenn es sich um Vorhaben im Gebiet des anerkennenden Landes handelt, die mit Eingriffen in Natur und Landschaft verbunden sind. Diese Voraussetzung erfüllt das Vorhaben.

77

Gemäß § 14 Abs. 1 BNatSchG sind Eingriffe in Natur und Landschaft im Sinne dieses Gesetzes Veränderungen der Gestalt oder Nutzung von Grundflächen oder Veränderungen des mit der belebten Bodenschicht in Verbindung stehenden Grundwasserspiegels, die die Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturhaushalts oder das Landschaftsbild erheblich beeinträchtigen können. Derartige Veränderungen können auch durch bauliche Anlagen im Innenbereich bewirkt werden (BVerwG, Urt. v. 31.08.2000 – 4 CN 6.99 –, BVerwGE 112, 41 [42], RdNr. 13 in Juris). Mit der Gestalt von Grundflächen ist deren äußeres Erscheinungsbild angesprochen, das durch geomorphologische Erscheinungen wie Berge, Hügel, Täler, fließende oder stehende Gewässer, aber auch durch seinen charakteristischen Pflanzenbewuchs wie Wälder, Schilf- und Röhrichtbestände, Hochstaudenfluren, Heiden und Grünländereien sowie Baumreihen, Büsche, Hecken, Baumgruppen oder typische Einzelbäume geprägt wird; überdies sind künstlich geschaffene Bestandteile der Landschaft und namentlich bauliche Anlagen, vorhandene Steinbrüche oder Schütthalden einzubeziehen, zumal auch sie das Erscheinungsbild der Erdoberfläche prägen (Gellermann, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, BNatSchG § 14 RdNr. 5, m.w.N.). Handlungen, Vorhaben und Maßnahmen, die eine Grundfläche in ihrem äußeren Erscheinungsbild verändern, sind als relevante Veränderungen im Sinne von § 14 Abs. 1 BNatSchG zu erachten; dazu kann auch der Neu- und Ausbau von Straßen und Schienenwegen gehören (Gellermann, a.a.O., RdNr. 6).

78

Eine „Veränderung der Grundfläche“ im Sinne von § 14 Abs. 1 BNatSchG ergibt sich hier daraus, dass mit der Baumaßnahme auch der Verlust von landschafts- bzw. stadtbildprägenden Strukturen wie Bäume, Büsche, Grünanlagen verbunden ist (vgl. den landschaftspflegerischen Begleitplan, Beiakte I – Ordner 5/7, LBP, S. 81).

79

Auch lässt das streitige Vorhaben eine Veränderung des mit der belebten Bodenschicht in Verbindung stehenden Grundwasserspiegels zu. Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss enthält die vom 01.01.2014 bis 30.06.2017 befristete wasserrechtliche Erlaubnis für die Grundwasserabsenkung im Zuge der bauzeitlichen Wasserhaltung für die Eisenbahnüberführung (S. 27 des PFB).

80

  2. Eine Klagebefugnis ergibt sich hingegen nicht aus § 64 Abs. 1 BNatSchG. Danach kann eine anerkannte Naturschutzvereinigung, soweit § 1 Absatz 3 des UmwRG nicht entgegensteht, ohne in eigenen Rechten verletzt zu sein, Rechtsbehelfe nach Maßgabe der Verwaltungsgerichtsordnung einlegen gegen Entscheidungen nach § 63 Abs. 1 Nr. 2 bis 4 und Abs. 2 Nr. 5 bis 7, wenn die Vereinigung (1.) geltend macht, dass die Entscheidung Vorschriften dieses Gesetzes, Rechtsvorschriften, die auf Grund dieses Gesetzes erlassen worden sind oder fortgelten, Naturschutzrecht der Länder oder anderen Rechtsvorschriften, die bei der Entscheidung zu beachten und zumindest auch den Belangen des Naturschutzes und der Landschaftspflege zu dienen bestimmt sind, widerspricht, (2.) in ihrem satzungsgemäßen Aufgaben- und Tätigkeitsbereich, soweit sich die Anerkennung darauf bezieht, berührt wird und (3.) zur Mitwirkung nach § 63 Absatz 1 Nummer 2 bis 4 oder Absatz 2 Nummer 5 bis 7 berechtigt war und sie sich hierbei in der Sache geäußert hat oder ihr keine Gelegenheit zur Äußerung gegeben worden ist. Der Kläger macht indes einen Verstoß gegen naturschutzrechtliche Vorschriften, die bei der Entscheidung zu beachten und zumindest auch den Belangen des Naturschutzes und der Landschaftspflege zu dienen bestimmt sind, nicht geltend.

81

  II. Die Klage ist aber nicht begründet. Der Kläger hat weder Anspruch auf die begehrte Aufhebung des streitigen Planfeststellungsbeschlusses noch darauf, den Planfeststellungsbeschluss für rechtswidrig und nicht vollziehbar zu erklären. Ebenso wenig hat er einen Anspruch auf Neubescheidung in Bezug auf die von ihm erhobenen Forderungen.

82

Soweit eine Klage auf das UmwRG gestützt wird, ist diese gemäß § 2 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 UmwRG nur begründet, soweit die Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 oder deren Unterlassen gegen Rechtsvorschriften verstößt, die dem Umweltschutz dienen und für die Entscheidung von Bedeutung sind, und der Verstoß Belange des Umweltschutzes berührt, die zu den Zielen gehören, die die Vereinigung nach ihrer Satzung fördert. § 2 Abs. 5 Satz 2 UmwRG verlangt darüber hinaus bei Entscheidungen nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UmwRG, dass eine Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung bestehen muss.

83

  1. Der angegriffene Planfeststellungsbeschluss verstößt nicht gegen Rechtsvorschriften, die dem Umweltschutz dienen und für die Entscheidung von Bedeutung sind.

84

  1.1. Der Kläger kann sich insbesondere nicht darauf berufen, dass die Beklagte für den Planfeststellungsbeschluss nicht zuständig gewesen sei, weil gemäß § 78 VwVfG ein einheitliches, das Vorhaben der Beigeladenen einbeziehendes Planfeststellungsverfahren nach dem Allgemeinen Eisenbahngesetz vom 27.12.1993 (BGBl I S. 2378, ber. BGBl 1994 I, S. 2439), zuletzt geändert durch Gesetz vom 22.12.2011 BGBl I S. 3044), – AEG – hätte durchgeführt werden müssen.

85

 1.1.1. Mit dieser Rüge ist der Kläger allerdings nicht bereits präkludiert. Eine gesetzliche Einwendungsfrist besteht nicht. Die Präklusionsvorschrift für Betroffene (§ 73 Abs. 4 Satz 1 VwVfG) gilt für anerkannte Naturschutzverbände nicht (vgl. BVerwG, Urt. v. 27.02.2003 – 4 A 59.01 –, BVerwGE 118, 15 [17], RdNr. 16 f. in Juris). Aus § 63 Abs. 1 und BNatSchG folgt zwar nicht, dass für den Verband im Verwaltungsverfahren zeitlich unbegrenzt Gelegenheit zur Stellungnahme besteht. Die Vorschriften lassen Raum für verwaltungsverfahrensrechtliche Regelungen, die es ermöglichen, Vorbringen unberücksichtigt zu lassen, das der Verband im Verwaltungsverfahren nicht geltend gemacht hat, obwohl er hierzu Gelegenheit hatte (vgl. BVerwG, Urt. v. 27.02.2003, a.a.O., RdNr. 18). Hier setzte die Beklagte dem Kläger mit Schreiben vom 01.11.2010 zwar eine Frist zur Stellungnahme bis zum 22.01.2011. Im Schriftsatz vom 22.01.2011 rügt der Kläger eine Verletzung von § 78 VwVfG nicht. Die Rüge fehlender sachlicher Zuständigkeit unterliegt jedoch nicht der Einwendungspräklusion (vgl. BVerwG, Urt. v. 14.07.2011 – 9 A 14.10 –, NVwZ 2012, 180 [181], RdNr. 12).

86

  1.1.2. Ein Verstoß gegen die verfahrensrechtliche Vorschrift des § 78 VwVfG ist vom Rügerecht des § 2 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 UmwRG indes nicht umfasst. Auf eine Verletzung des § 78 VwVfG könnte sich der Kläger allenfalls dann berufen, wenn er geltend machen könnte, mit der fehlerhaften Wahl des Verfahrens sei ihm die Möglichkeit vorenthalten worden, die Vereinbarkeit des planfestgestellten Vorhabens im Rahmen der Klage nach dem UmwRG zu unterwerfen (vgl. hierzu BVerwG, Urt. v. 18.04.1996 – 11 A 86.95 –, BVerwGE 101, 73 [77], RdNr. 27 in Juris). Dies ist aber nicht der Fall. Wie bereits dargelegt, ist die Klage nach dem UmwRG zulässig.

87

 1.1.3. Im Übrigen ist der Beklagten und dem Beigeladenen darin zu folgen, dass das Planfeststellungsverfahren für das Vorhaben „Eisenbahnüberführung Ernst-Reuter-Allee“ zu Recht auf der Grundlage der Vorschriften des § 37 StrG LSA und nicht nach den Vorschriften des AEG durchgeführt wurde und die Beklagte deshalb gemäß § 49 Abs. 2 Nr. 2 StrG LSA für die Durchführung einer Planfeststellung für dieses einheitliche, von ihr selbst geplante Vorhaben zuständig war. Das Rechtsstaatsprinzip und der Grundsatz des fairen Verfahrens schließen Identität zwischen Vorhabenträger und Planfeststellungsbehörde nicht aus, auch wenn eine organisatorische Trennung beider Funktionen, wie sie im Fachplanungsrecht üblich ist, wesentlich dazu beitragen könnte, die Gefahr und den äußeren Anschein zu vermeiden, dass der Planfeststellungsbehörde die notwendige Distanz gegenüber dem Vorhabenträger fehlt (BVerwG, Beschl. v. 09.04.1987 – 4 B 73.87 –, NVwZ 1987, 886).

88

  a) Die Voraussetzungen des § 78 Abs. 1 VwVfG für eine Einbeziehung des eisenbahnrechtlichen Vorhabens waren insoweit erfüllt, als es um das Überführungsbauwerk „Ernst-Reuter-Allee“ geht.

89

Gemäß § 78 Abs. 1 VwVfG findet, wenn mehrere selbständige Vorhaben, für deren Durchführung Planfeststellungsverfahren vorgeschrieben sind, derart zusammentreffen, dass für diese Vorhaben oder für Teile von ihnen nur eine einheitliche Entscheidung möglich ist, und mindestens eines der Planfeststellungsverfahren bundesrechtlich geregelt ist, für diese Vorhaben oder für deren Teile nur ein Planfeststellungsverfahren statt.

90

  aa) Eine solche Selbständigkeit des Überführungsbauwerks im Verhältnis zum übrigen Tunnelprojekt ist hier anzunehmen. Selbständig sind Vorhaben dann, wenn sie sachlich und funktionell nicht aufeinander bezogen sind, wenn insbesondere nicht ein Vorhaben das andere auslöst bzw. nach sich zieht; ist Letzteres der Fall, liegt in der Regel eine Folgemaßnahme vor, die von der Konzentrationswirkung des § 75 Abs. 1 VwVfG erfasst wird (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 13. Aufl., RdNr. 6). Folgemaßnahmen sind zu treffen, um die Probleme zu lösen, die durch das Vorhaben für die Funktionsfähigkeit der anderen Anlagen entstehen; Folgemaßnahmen dürfen über Anschluss und Anpassung nicht wesentlich hinausgehen (BVerwG, Beschl. v. 13.10.2007 – 9 B 103.09 –, NVwZ 2010, 1244 [1245], RdNr. 4 in Juris, m.w.N.). Hiernach handelt es sich beim Bau eines Straßentunnels mit Trennung vom Straßenbahn-, Radfahrer- und Fußgängerverkehr nicht lediglich um eine Folgemaßnahme der notwendigen Erneuerung der Eisenbahnüberführung, weil sie wesentlich über die bloße Anpassung der vorhandenen Straße an die erneuerte Brücke hinausgeht.

91

  bb) Es besteht auch die Notwendigkeit einer einheitlichen Entscheidung in Bezug auf die beiden Vorhaben.

92

  a) Abzustellen ist allerdings nur auf das Überführungsbauwerk, nicht auf den gesamten Ausbau der 2. Stufe des Eisenbahnknotens Magdeburg (Spurplan Mitte). Der Ausbau des Eisenbahnknotens Magdeburg ist in mehrere Bauabschnitte aufgeteilt. Die Neugestaltung des Überführungsbauwerks gehört zum Abschnitt 61.12, während die Änderung der Gleisanlagen dem Abschnitt 61.11 (Umbau Spurplan Mitte, Bf Magdeburg Hbf) zugeordnet ist, für den das Eisenbahnbundesamt ein eigenes Planfeststellungsverfahren durchgeführt hat (vgl. den Erläuterungsbericht zur Planfeststellung Eisenbahnknoten Magdeburg – 2. Ausbaustufe, PFA 61.11 Spurplan Mitte, PFA 61.30 Umbau Verkehrsstation, S. 3, Ziff. 1.2).

93

Diese Abschnittsbildung ist rechtlich nicht zu beanstanden, insbesondere begegnet es keinen Bedenken, dass im hier maßgeblichen Bereich der Eisenbahnüberführung eine vertikale Abschnittsbildung dergestalt erfolgte, dass zwischen dem Überführungsbauwerk einerseits und den darüber verlaufenden Gleisanlagen andererseits getrennt wurde (vgl. Planunterlage „Nur zur Information“ 2.2 in Ordner 1/7).

94

Die Rechtsfigur der Abschnittsbildung bei der Planung von Verkehrswegen stellt eine richterrechtlich anerkannte Ausprägung des fachplanerischen Abwägungsgebots dar. Ihr liegt die Erwägung zugrunde, dass angesichts vielfältiger Schwierigkeiten, die mit einer detaillierten Streckenplanung verbunden sind, die Planungsträger ein planerisches Gesamtkonzept häufig nur in Teilabschnitten verwirklichen können. Dementsprechend ist die Aufspaltung eines Gesamtvorhabens in Teilabschnitte grundsätzlich zulässig. Sie stellt sich als ein Instrument der planerischen Problembewältigung dar (vgl. zum Ganzen: BVerwG, Beschl. v. 23.11.2007 – 9 B 38.07 –, NuR 2008, 176 [178], RdNr. 20. m.w.N.). Da für die Abschnittsbildung die planerische Gestaltungsfreiheit des Vorhabenträgers gilt, sind im Einzelfall sehr unterschiedliche Lösungen statthaft, soweit sie auf sachlich vertretbaren Erwägungen beruhen (vgl. Vallendar, in: Beck’scher Kommentar zum AEG, § 18 RdNr. 146). Im Einzelfall können auch einzelne Bauwerke, wie z.B. ein Tunnel oder eine Brücke, zulässigerweise einen Abschnitt bilden (vgl. BVerwG, Beschl. v. 02.02.1996 – 4 A 42.95 –, NVwZ 1996, 905 [906], RdNr. 14 in Juris; Vallendar, a.a.O., m.w.N.). So lässt sich die Bildung eines eigenen Abschnitts für eine Brücke zulässigerweise damit begründen, dass eine baufällige alte Brücke entlastet und daher die neue Brücke zügig fertig gestellt werden müsse (BVerwG, Beschl. v. 02.02.1996, a.a.O.). Gebilligt hat die Rechtsprechung auch eine Plangenehmigung, die während eines noch nicht abgeschlossenen Planfeststellungsverfahrens für den mehrgleisigen Ausbau einer Eisenbahn-Bestandsstrecke zwecks deren Elektrifizierung erlassen worden war, um im Interesse einer Verkürzung der Fahrzeiten eine Zwischenlösung auf den Weg zu bringen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 27.08.1996 – 11 VR 10.96 –, NVwZ-RR 1997, 208).

95

Die Teilplanung darf sich allerdings nicht soweit verselbständigen, dass von der Gesamtplanung ausgelöste Probleme voraussichtlich unbewältigt bleiben. Dass die Folgen für die weitere Planung in den Blick genommen werden müssen, läuft aber nicht darauf hinaus, dass bereits im Rahmen der Planfeststellung für einen Teilabschnitt mit derselben Prüfungsintensität der Frage nach den Auswirkungen auf nachfolgende Planabschnitte oder gar auf das Gesamtvorhaben nachzugehen wäre. Andernfalls würden die Vorteile, die eine Abschnittsbildung im Interesse nicht nur einer praktikablen und effektiv handhabbaren, sondern auch einer leichter überschaubaren Planung rechtfertigen, wieder zunichte gemacht. Erforderlich, aber auch ausreichend ist eine Vorausschau auf nachfolgende Abschnitte nach der Art eines (abwägungsbegrenzenden) „vorläufigen positiven Gesamturteils". Eine Prognose für die nachfolgenden Abschnitte muss ergeben, dass der Verwirklichung des Vorhabens keine von vornherein unüberwindlichen Hindernisse entgegenstehen (vgl. zum Ganzen: BVerwG, Beschl. v. 23.11.2007, a.a.O., m.w.N.). Die Bildung eines Abschnitts für ein Brückenbauwerk kann durch sachliche Erwägungen gerechtfertigt sein (vgl. BVerwG, Beschl. v. 02.02.1996, a.a.O.).

96

Hiernach begegnet die Abschnittsbildung keinen rechtlichen Bedenken. Die Beigeladene hat hierzu vorgetragen, dass die Abschnittsbildung gerade aufgrund der Verflechtung des Neubaus der Eisenbahnüberführung mit dem streitigen Vorhaben des Straßen- und Straßenbahnbaus gerechtfertigt sei. Im o.g. Erläuterungsbericht heißt es hierzu u.a.:

97

„Die räumliche Ausdehnung des Vorhabens Ausbau Eisenbahnknoten Magdeburg reicht über das Stadtzentrum von Magdeburg sowie die Stadteile Herrenkrug, Neustadt, Stadtfeld Ost, Sudenburg, Buckau, Leipziger Straße, Hopfengarten, Salbke und Westerhüsen sowie bis zu der an das Stadtgebiet Magdeburgs angrenzenden Gemeinde Biederitz und der Stadt Schönebeck (Elbe). Der Umbaubereich hat somit eine maximale Gesamtlänge von etwa 25 km.

98

Genauso wie die große räumliche Ausdehnung sind auch komplexe technische und verkehrliche Abhängigkeiten beim Umbau zu berücksichtigen.

99

So wird z.B. im Zusammenhang mit den Ersatzneubauten von Eisenbahnüberführungen das Verlangen des Straßenbaulastträgers berücksichtigt, so dass die verkehrlichen Verhältnisse der unterführten Straße verbessert werden kann. Hierfür können alle abgestimmten planerischen Grundlagen sowie die exakte terminliche Einordnung der einzelnen Maßnahmen jedoch nicht zeitgleich vorgelegt werden...

100

Aufgrund der vielfältigen Anforderungen und Betroffenheiten in Folge der Umbaumaßnahmen und der unterschiedlichen beteiligten Behörden und Stellen wird das Vorhaben in übersichtliche Planfeststellungsabschnitte gegliedert:

101

- PFA 01 BA 1201 Südwestlicher Bahnhofskopf Mittelspannungsring Teil A

102

- PFA 21 Erneuerung EÜ Ehle

103

- PFA 31 Integration Bf Schönebeck-Salzelmen in das ESTW-A

104

- PFA 40 Maßnahmen Bf MD-Neustadt, Maßnahmen Bf Magdeburg Hbf

105

- PFA 50 Maßnahmen Bf MD-Buckau und Bft MD-Fermersleben

106

- PFA 61.11 Umbau Spurplan Mitte, Bf Magdeburg Hbf

107

  PFA 61.12 Erneuerung EÜ Ernst-Reuter-Allee (DB AG)

108

  PFA 61.20 Mittelspannungsring Teil B

109

  PFA 61.30 Umbau Verkehrsstation, Bf Magdeburg Hbf, Anlagen DB Station
  & Service

110

- PFA 70 Magdeburg Hbf Umbau Spurplan Nord, Ersatzneubau EÜ Lorenz-
  weg, Ersatzneubau EÜ Walter-Rathenau-Straße, Mittelspannungsring Teil
  C

111

- PFA 80 Magdeburg Hbf Umbau Spurplan Süd, Ersatzneubau EÜ Hallische
  Straße

112

- PFA 90 Ersatzneubau EÜ Erich-Weinert-Straße

113

Für die Erneuerung EÜ Ernst-Reuter-Allee wird eine gesonderte Planrechtsunterlage erstellt, da im Zusammenhang mit dem Abschluss von Kreuzungsmaßnahmen für die Ersatzneubauten der Eisenbahnüberführungen das Verlangen der Landeshauptstadt Magdeburg und der Magdeburger Verkehrsbetriebe zu berücksichtigen sind. Durch eine Trennung der beiden Planrechtsverfahren kann das Risiko einer terminlichen Beeinflussung der beiden Verfahren untereinander minimiert werden. Während das Planrechtsverfahren für den Spurplan Mitte durch das Eisenbahn-Bundesamt durchgeführt wird, führt die Landeshauptstadt Magdeburg das Planrechtsverfahren für die Erneuerung der EÜ Ernst-Reuter-Allee durch. Diese Maßnahmen werden in der vorliegenden Unterlage zur Information mit dargestellt...

114

Die in den einzelnen Abschnitten erzielten betrieblichen Verbesserungen werden erst mit dem Endzustand wirksam. Dennoch werden die Abschnittgrenzen so gewählt, dass die errichteten Anlagen in vollem Umfang nutzbar werden.

115

In allen Abschnitten wird auf den Endzustand Bezug genommen, so dass der jeweils zu behandelnde Abschnitt und der Zusammenhang zur Gesamtmaßnahme für die Betroffenen erkennbar bleibt.“

116

Es ist auch nicht ersichtlich, dass aufgrund der Teilplanung von der Gesamtplanung ausgelöste Probleme voraussichtlich unbewältigt bleiben.

117

  ß) In Bezug auf die Eisenbahnüberführung und das übrige Tunnelbauwerk kann nur eine einheitliche Entscheidung getroffen werden.

118

Die in dieser Vorschrift angeordnete Kompetenzverlagerung auf die für das eine Vorhaben an sich nicht zuständige Planfeststellungsbehörde setzt einen nicht sinnvoll trennbaren Sachzusammenhang zwischen den beiden Vorhaben voraus. Können planerisch erhebliche Belange des einen Verfahrens in dem anderen durch Verfahrensbeteiligung und durch Berücksichtigung im Rahmen planerischer Abwägung angemessen erfasst werden, entfällt dieser Zusammenhang. Eine im Sinne des § 78 Abs. 1 VwVfG notwendig einheitliche Entscheidung ist mit anderen Worten (nur) dann geboten, wenn jeder der Vorhabenträger zur sachgerechten Verwirklichung seines Planungskonzepts darauf angewiesen ist, dass über die Zulassung der zusammentreffenden Vorhaben nur in einem Verfahren entschieden werden kann. Ein nur materielles Interesse an der planerischen Koordination verschiedener Belange rechtfertigt hingegen für sich nicht, die gesetzliche Verfahrenszuständigkeit zu ändern. Danach hängt es stets ganz wesentlich von den Umständen des Einzelfalls ab, ob der in § 78 Abs. 1 VwVfG zum Ausdruck kommende Grundsatz der Problembewältigung eine einheitliche planerische Entscheidung für mehrere räumlich und zeitlich zusammentreffende selbständige Vorhaben fordert, oder ob die gebotene Koordinierung mittels verfahrensmäßiger und inhaltlicher Abstimmung auch ohne förmliche Zusammenführung der Verfahren und damit unter Wahrung der gesetzlichen Zuständigkeitsordnung möglich ist. Ein gemeinsamer Kreuzungspunkt zweier Vorhaben mag hierbei im Einzelfall für die Anwendung des  § 78 Abs. 1 VwVfG ausreichen, führt aber nicht notwendig dazu. Ein erhöhter planerischer Koordinierungsbedarf, der eine Kompetenzverlagerung erzwingt, wird in der Praxis eine Ausnahme bleiben (vgl. zum Ganzen: BVerwG, Beschl. v. 04.08.2004 – 9 VR 13.04 –, NVwZ 2004, 1500 [1501], RdNr. 5 in Juris, m.w.N.). Bei Verkehrsbauten ist indes eine räumliche Überschneidung der Trassen ein starkes Indiz für die Anwendbarkeit von § 78 VwVfG (BVerwG, Beschl. v. 28.11.1995 – 11 VR 38.95 –, NVwZ 1996, 389 [390], RdNr. 39 in Juris).

119

Hiernach ist eine einheitliche Entscheidung geboten. Im Bereich der Eisenbahnüberführung sind die Vorhaben in einer Weise miteinander verflochten, dass zur Koordinierung eine bloße Verfahrensbeteiligung und die wechselseitige Rücksichtnahme im Rahmen der planerischen Abwägung nicht ausgereicht hätten. Für die Ausgestaltung der Überführung kamen mehrere Varianten in Betracht, die sich vor allem in der Höhenlage der Straße unterschieden, insbesondere auch im Überschneidungsbereich. Von der Variantenwahl sind eine Reihe teils gegenläufiger Belange berührt; die Ausgestaltung erforderte mithin eine die jeweiligen Vor- und Nachteile berücksichtigende Abwägung, die nur durch eine einheitliche Entscheidung geleistet werden konnte.

120

  b) Sind – wie hier – die Voraussetzungen des § 78 Abs. 1 VwVfG erfüllt, richten sich gemäß § 78 Abs. 2 VwVfG Zuständigkeiten und Verfahren nach den Rechtsvorschriften über das Planfeststellungsverfahren, das für diejenige Anlage vorgeschrieben ist, die einen größeren Kreis öffentlich-rechtlicher Beziehungen berührt. Bestehen Zweifel, welche Rechtsvorschrift anzuwenden ist, so führen, falls nach den in Betracht kommenden Rechtsvorschriften eine Bundesbehörde und eine Landesbehörde zuständig sind und sich die obersten Bundes- und Landesbehörden nicht einigen, die Bundesregierung und die Landesregierung das Einvernehmen darüber herbei, welche Rechtsvorschrift anzuwenden ist. Anhaltspunkte dafür, welches Vorhaben danach maßgeblich ist, sind die quantitativen und qualitativen Auswirkungen des Vorhabens, Bedeutung, Größe, Kapazität usw. des Vorhabens, die Art, Nachhaltigkeit und Gefährlichkeit usw. der Auswirkungen der Anlage, die Zahl der von den Auswirkungen des Vorhabens Betroffenen bzw. am Verfahren beteiligten Personen, die Größe des erfassten bzw. betroffenen Gebietes, die Bedeutung und das Gewicht der betroffenen öffentlichen und privaten Belange, insbesondere auch das öffentliche Interesse an der Durchführung des Vorhabens und der betroffenen öffentlichen Interessen und subjektiven Rechte sowie die Zuordnung dieser Interessen oder Rechte auf Grund des insoweit anzuwendenden Rechts zu einem bestimmten Verwaltungsgebiet (Kopp/Ramsauer, a.a.O., § 78 RdNr. 9). Der größere Kreis öffentlich-rechtlicher Beziehungen wird hiernach durch das Straßen- und Straßenbahnvorhaben berührt, da die Ernst-Reuter-Allee bis zur Otto-von-Guericke-Straße wesentlich umgestaltet werden soll, während die Eisenbahnüberführung bereits vorhanden war und lediglich – auf bestehenden Widerlagern – erneuert werden soll.

121

  1.2. Der Kläger kann seine Klage nicht mit Erfolg darauf stützen, dass  der Planung die erforderliche Rechtfertigung fehle.

122

Fraglich ist bereits, ob sich ein anerkannter Umwelt- und Naturschutzverband im Rahmen einer Klage nach dem UmwRG überhaupt auf eine fehlende Planrechtfertigung berufen kann. Gemäß § 2 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 UmwRG können solche Rügen, die keinen Bezug zu umweltrechtlichen Belangen aufweisen, der Klage von Vereinigungen nicht zum Erfolg verhelfen. Es spricht einiges dafür, dass auch Art. 11 Abs. 1 der UVP-RL bei zulässigen Klagen von Vereinigungen gegen Entscheidungen über die Zulassung von Vorhaben, die einer Umweltverträglichkeitsprüfung zu unterziehen sind, keine umfassende gerichtliche Kontrolle der Rechtmäßigkeit gebietet (BVerwG, Urt. v. 10.10.2012 – 9 A 18.11 –, a.a.O. RdNr. 18; vgl. auch zur naturschutzrechtlichen Verbandsklage: BVerwG, Beschl. v. 01.07.2003 – 4 VR 1.03. 4 A 1.03 –, Buchholz 406.400 § 61 BNatSchG 2002 Nr. 3, RdNr. 8 f. in Juris). Dies bedarf jedoch vorliegend keiner abschließenden Klärung, weil die Planrechtfertigung gegeben ist.

123

  a) Ein Planungsvorhaben ist dann gerechtfertigt, wenn sich das Vorhaben – gemessen an den Zielsetzungen des anzuwendenden Fachplanungsgesetzes – insgesamt als vernünftigerweise geboten erweist (vgl. BVerwG, Beschl. v. 15.07.2005 – 9 VR 39.04 –, Juris, RdNr. 6). Die Frage der Planrechtfertigung unterliegt zwar der vollen gerichtlichen Überprüfung. Gleichwohl ist die Planrechtfertigung eine praktisch nur bei groben und einigermaßen offensichtlichen Missgriffen wirksame Schranke der Planungshoheit (BVerwG, Urt. v. 11.07.2001 – 11 C 14.00 –, BVerwGE 114, 364 [372], RdNr. 32 in Juris). Einen solchen planerischen Missgriff stellt das streitige Vorhaben nicht dar.

124

  aa) Das hier anzuwendende StrG LSA bestimmt in seinem § 9 Abs. 1 Satz 2, dass die Träger der Straßenbaulast nach ihrer Leistungsfähigkeit die Straßen in einem dem regelmäßigen Verkehrsbedürfnis genügenden Zustand zu bauen, zu unterhalten, zu erweitern oder sonst zu verbessern haben; dabei sind die sonstigen öffentlichen Belange, insbesondere des Fußgänger-, Radfahrer- und Behindertenverkehrs sowie des öffentlichen Personennahverkehrs einschließlich des Umwelt- und Naturschutzes, zu berücksichtigen.

125

Die Beklagte hat sich zur Rechtfertigung des Vorhabens im Planfeststellungsbeschluss (S. 83 ff.) unter Bezugnahme auf die o.g. Zielsetzungen des StrG LSA u.a. darauf gestützt, dass die Eisenbahnunterführung an der Ernst-Reuter-Allee einen räumlichen Engpass für alle Verkehrsarten darstelle und mit der Entflechtung und Trennung zwischen motorisiertem Individualverkehr (MIV) und den Verkehrsarten des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) stattfinde, so dass sich die Verkehrssicherheit im Bereich Damaschkeplatz / Brandenburger Straße besonders für den ÖPNV und den Radverkehr verbessere. Durch die Schaffung einer separaten Einbiegespur in die Tiefgarage des City Carrés, einer separaten Ausbiegespur aus der Tiefgarage, einer durchgängigen Fahrspur stadteinwärts sowie von zwei durchgängigen Fahrspuren stadtauswärts sollen sich die Rückstauerscheinungen stadtauswärts minimieren. Derzeit sei die Eisenbahnüberführung Ernst-Reuter-Allee ab der Otto-von-Guericke-Straße   in ca. 70 m Länge stadtauswärts zweispurig. Danach verlaufe die Straße bis zum WilIy-Brandt-Platz einspurig und weite sich dann als überbreite Fahrspur unter Nutzung der Straßenbahngleise für eine Fahrspur auf. Nach Ziffer 6.1.1.3 der Richtlinien für die Anlage von Stadtstraßen, Ausgabe 2006 (RASt 06) müssten Fahrbahnbreiten in Hauptverkehrsstraßen entsprechend der Kraftfahrzeugstärke und Nutzung der Kraftfahrzeugart in der Regel 6,50 m betragen. Da die vorhandene Breite mit 4,90 m bis 5,25 m für zwei regelrechte Fahrspurbreiten zu schmal sei, könne diese nicht zweispurig markiert werden. Eine separate Einbiege- und Ausbiegespur für die Tiefgarage des City Carrés bestehe derzeit nicht. Zurzeit würden zudem die Verkehrsräume für den MIV, den ÖPNV sowie für Radfahrer und Fußgänger auf einer Ebene genutzt, was mit der Maßnahme entsprechend geändert werden solle. Ferner führe die Veränderung der Straßenentwässerung auch zu einer Verkehrsverbesserung. Denn bei extremen Starkregenereignissen bestehe häufig das Problem der Überflutung der Ernst-Reuter-Allee im Bereich der Eisenbahnüberführung. Dieses Überflutungsrisiko werde durch die neuen Entwässerungsanlagen vermieden, da der neue Entwässerungskanal außerhalb des herzustellenden Bauwerkes auf der Nordseite errichtet werde.

126

Auf Grund der Zusammenballung der Verkehrsräume für Radfahrer, Fußgänger, Straßenverkehr und Straßenbahnverkehr bestehe zudem ein hohes Konfliktpotenzial mit entsprechendem Sicherheitsrisiko für die Verkehrsteilnehmer. Im Bereich der geplanten Baumaßnahme sei es nach der Unfallstatistik der Jahre 2009 bis 2011 zu 57 Unfällen zwischen PKWs und Radfahrern, zu 4 Unfällen mit PKWs und Fußgängern sowie zu 7 Unfällen zwischen LKWs und Radfahrern gekommen. Bei der Unfallkonstellation PKW / Radfahrer seien u. a. folgende Verstöße begangen worden:

127

6 % verbotswidrige Benutzung einer (Richtungs-)Fahrbahn bzw. anderer Straßenteile

128

60 % Nichtbeachten der die Vorfahrt regelnden Verkehrszeichen

129

4 % Missachten der Verkehrsregelung durch Polizeibeamte oder Lichtzeichen

130

28 % Fehler beim Abbiegen.

131

Hinsichtlich der Unfallschwere bei Unfällen von Radfahrern mit motorisierten Verkehrsteilnehmern seien von 2009 bis 2011 insgesamt 4 schwerverletzte und 48 leichtverletzte Verkehrsteilnehmer registriert worden. Das Vorhaben ermögliche durch eine klare Trennung des Kfz-Verkehrs von den anderen Verkehrsarten, Unfallschwerpunkte und Konfliktpunkte zu vermeiden und die Unfallzahlen zu reduzieren. Für die Ausfahrt aus der Tiefgarage des City Carrés auf die Ernst-Reuter-Allee in Richtung Damaschkeplatz (Linksabbieger) lägen folgende Unfallzahlen vor:

132

2008: 2 Unfälle

133

2009: 7 Unfälle

134

2010: 2 Unfälle, davon 1 x vorfahrtsberechtigte Straßenbahn nach links

135

2011: 5 Unfälle.

136

Dieser Kollisionspunkt werde mit der geplanten Variante reduziert, da ein Linksabbiegen dann nicht mehr möglich sei. An dieser Stelle könne nur noch ein Rechtsabbiegen erfolgen.

137

Die Beklagte hat weiter darauf abgestellt, dass die Erreichbarkeit des Hauptbahnhofs für Fußgänger, Radfahrer sowie mit den Fahrzeugen des ÖPNV erheblich verbessert werde. Die derzeitige Linienführung der Radwege auf der Südseite des Damaschkeplatzes bis zum Knoten Ernst-Reuter-Allee / Otto-von-Guericke-Straße   quere drei autobelastete Kreuzungspunkte (Auf- und Abfahrt Magdeburger Ring, Kölner Platz, Willy-Brandt-Platz), die eine hohe Aufmerksamkeit des Radfahrers erforderten und damit zurzeit einen Zeitverlust und ein erhöhtes Unfallrisiko mit sich brächten. Die geplante Radwegeführung unter den Eisenbahnbrücken durch die Entflechtung der Fahrspuren (ÖPNV und MIV) trage wesentlich zur Erhöhung der Verkehrssicherheit bei. Auch am Willy-Brandt-Platz werde die Querung der Straßenbahnlinien gegenüber dem Bestand (Querung des Gleisdreiecks, der Taxi- und Parkhaus-Zufahrten) deutlich vereinfacht und dadurch für den Radfahrer und Fußgänger sicherer.

138

Diese Erwägungen halten der auf grobe Missgriffe beschränkten rechtlichen Prüfung stand. Die vom Kläger hiergegen vorgebrachten Argumente führen zu keiner anderen Beurteilung.

139

Er kann insbesondere nicht mit dem Einwand durchdringen, dass die geplante Straßenführung den Anforderungen an die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs nicht gerecht werde, weil einzelne Ströme des zukünftigen Tunnels, insbesondere der Fahrverkehr in Richtung Westen, bereits bei Errichtung des Tunnels an der Leistungsgrenze operierten und daher mit der Qualitätsstufe F einzuordnen seien. Einem Rückstau stadtauswärts soll gerade dadurch Abhilfe geschaffen werden, dass mit dem geplanten Vorhaben stadtauswärts nunmehr durchgängig zwei Fahrspuren geschaffen werden. Auch wenn sich die Rückstausituation – wovon auch die Beklagte ausgeht – in Richtung Osten stadteinwärts durch das geplante Vorhaben nach Lage der Dinge nicht verbessern dürfte, weil in dieser Richtung dem Kraftfahrzeugverkehr weiterhin nur eine durchgängige Fahrspur zur Verfügung steht, wird dadurch die Planrechtfertigung nicht in Frage gestellt. Eine Straßenplanung ist auch dann noch vernünftigerweise geboten, wenn mit dem Vorhaben eine Verbesserung der Verkehrsverhältnisse nicht in jeder Hinsicht bzw. nur teilweise gelingt. Daher kommt es für die Frage der Planrechtfertigung nicht darauf an, ob die vom Kläger angegriffene Verkehrsprognose in Bezug auf die aus dem nördlichen Teil der Tiefgarage des City Carrés ausfahrenden und am Knotenpunkt Ernst-Reuter-Allee / Otto-von-Guericke-Straße wendenden Kraftfahrzeuge tragfähig ist. Die Frage, inwieweit eine alternative Straßenplanung besser geeignet wäre, die innerstädtischen Verkehrprobleme zu lösen, ist keine Frage der Planrechtfertigung, sondern der Abwägung der verschiedenen in Betracht kommenden Varianten.

140

  b) Da das Planungsvorhaben die Änderung bestehender Straßenbahnanlagen beinhaltet, waren auch die Zielsetzungen zu beachten, wie sie in § 8 Abs. 3 PBefG in der im Zeitpunkt der Planungsentscheidung geltenden Fassung vom 27.04.2002 (BGBl I S. 1467) beschrieben sind. Danach hat die Genehmigungsbehörde im Zusammenwirken mit dem Aufgabenträger des öffentlichen Personennahverkehrs (Aufgabenträger) und mit den Verkehrsunternehmen im Interesse einer ausreichenden Bedienung der Bevölkerung mit Verkehrsleistungen im öffentlichen Personennahverkehr sowie einer wirtschaftlichen Verkehrsgestaltung für eine Integration der Nahverkehrsbedienung, insbesondere für Verkehrskooperationen, für die Abstimmung oder den Verbund der Beförderungsentgelte und für die Abstimmung der Fahrpläne, zu sorgen. Sie hat dabei einen vom Aufgabenträger beschlossenen Nahverkehrsplan zu berücksichtigen, der vorhandene Verkehrsstrukturen beachtet, unter Mitwirkung der vorhandenen Unternehmer zustande gekommen ist und nicht zur Ungleichbehandlung von Unternehmern führt. Der Nahverkehrsplan hat die Belange behinderter und anderer Menschen mit Mobilitätsbeeinträchtigung mit dem Ziel zu berücksichtigen, für die Nutzung des öffentlichen Personennahverkehrs eine möglichst weitreichende Barrierefreiheit zu erreichen.

141

Hierzu hat die Beklagte angeführt (S. 86 f. des PFB), dass sich die Erforderlichkeit des Vorhabens aus Sicht des ÖPNV nicht ausschließlich daraus ergebe, dass das Vorhaben in dem Nahverkehrsplan vorgesehen sei. Die Erforderlichkeit ergebe sich aber aus der Steigerung der Leistungsfähigkeit und der Attraktivität des Nahverkehrs innerhalb von Magdeburg. Mit der Schaffung eines barrierefreien erreichbaren Umsteigepunktes am Kölner Platz könne das beschlossene Ziel aus dem Verkehrskonzept Innenstadt, mit der Verbesserung der Umsteigebeziehungen zwischen Fern-, Regional-, S-Bahn, ZOB und Straßenbahn sowie Straßenbahnlinien untereinander, mit dieser Maßnahme umgesetzt werden.

142

  c) Der Umstand, dass die Beklagte im Rahmen der Planrechtfertigung neben diesen Zielstellungen weitere Gesichtspunkte angeführt hat, die für sich gesehen die Straßenplanung nicht rechtfertigen mögen, lässt die nach den Zielsetzungen des StrG LSA und des PBefG gegebene Rechtfertigung der Planung nicht entfallen.

143

  d) Dem Vorhaben fehlt die erforderliche Rechtfertigung auch nicht deshalb, weil es mangels Finanzierung nicht realisierbar wäre.

144

Einem Vorhaben, dessen Realisierung aus finanziellen Gründen ausgeschlossen ist, fehlt zwar die Planrechtfertigung. Dies bedeutet indessen nicht, dass die Art der Finanzierung Regelungsgegenstand des Planfeststellungsbeschlusses ist. Das insoweit zu beachtende Haushaltsrecht bindet die mit der Haushalts- und Wirtschaftsführung sowie deren Kontrolle befassten Stellen des Staates; es entfaltet aber grundsätzlich keine Außenwirksamkeit zwischen Verwaltung und Bürger, die im Rahmen der den Fachplanungsbehörden überantworteten Planungsaufgaben zu beachten wäre. Die Planfeststellungsbehörden haben lediglich vorausschauend zu beurteilen, ob dem Vorhaben unüberwindliche finanzielle Schranken entgegenstehen. Stehen die notwendigen Mittel schon bereit, so ist diesem Erfordernis Genüge getan, ohne dass fachplanungsrechtlich hinterfragt werden müsste, ob die zugrunde liegenden Finanzierungsentscheidungen haushaltsrechtlichen Vorgaben entsprechen (BVerwG, Beschl. v. 15.01.2008 – 9 B 7.07 –, NVwZ 2008, 675 [678], RdNr. 24; Urt. v. 20.05.1999 – 4 A 12.98 –, BauR 1999, 1156 [1157], RdNr. 43 in Juris). Solche  unüberwindlichen finanziellen Schranken sind nicht ersichtlich.

145

Die Planrechtfertigung hängt auch nicht davon ab, ob das Vorhaben dem Gebot der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit (§ 6 Abs. 1 HGrG, § 7 Abs 1 LHO LSA) entspricht, der finanzielle Aufwand also in einem angemessenen Verhältnis zu der beabsichtigten Verbesserung der Straße und des ÖPNV steht. Unabhängig davon, dass – wie bereits dargelegt – das Haushaltsrecht nur die mit der Haushalts- und Wirtschaftsführung sowie deren Kontrolle befassten Stellen des Staates bindet und grundsätzlich keine Außenwirksamkeit zwischen Verwaltung und Bürger entfaltet, die im Rahmen der den Fachplanungsbehörden überantworteten Planungsaufgaben zu beachten wäre, ist das Gebot der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit von seinem Inhalt her nicht geeignet, der Planung die Rechtfertigung zu entziehen. Es verlangt lediglich, ein bestimmtes Ziel mit dem geringst möglichen Einsatz von Mitteln zu erreichen; das Ziel selbst kann deshalb nicht unter Berufung auf das Gebot mit dem Argument in Frage gestellt werden, die Verkehrsverhältnisse würden auch durch eine kostengünstigere Lösung verbessert (vgl. OVG Bremen, Urt. v. 18.02.2010 – 1 D 599/08 –, Juris, RdNr. 55, m.w.N.).

146

  1.3. Die angefochtene Planfeststellung lässt auch keinen offensichtlichen erheblichen Abwägungsfehler erkennen, den der Kläger im Rahmen des § 2 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 UmwRG rügen kann.

147

Gemäß § 37 Abs. 1 Satz 4 StrG LSA sind bei der Planfeststellung die von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange einschließlich der Umweltverträglichkeit abzuwägen.

148

Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Urt. v. 19.08.2004 – 4 A 9.04 – Juris, RdNr. 15) verlangt das Abwägungsgebot, dass – erstens – eine Abwägung überhaupt stattfindet, dass – zweitens – in die Abwägung an Belangen eingestellt wird, was nach Lage der Dinge in sie eingestellt werden muss, und dass –  drittens – weder die Bedeutung der betroffenen öffentlichen und privaten Belange verkannt noch der Ausgleich zwischen ihnen in einer Weise vorgenommen wird, die zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht. Innerhalb des so gezogenen Abwägungsrahmens wird das Abwägungsgebot jedoch nicht verletzt, wenn sich die zur Planung ermächtigte Stelle in Kollision zwischen verschiedenen Belangen für die Bevorzugung des einen und damit notwendigerweise für die Zurückstellung eines anderen entscheidet. Die darin liegende Gewichtung der von der Planung berührten öffentlichen und privaten Belange ist vielmehr im Gegenteil ein wesentliches Element der planerischen Gestaltungsfreiheit und als solches der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle entzogen. Diese beschränkt sich im Rahmen des Abwägungsgebots daher auf die Frage, ob die Planfeststellungsbehörde die abwägungserheblichen Gesichtspunkte rechtlich und tatsächlich zutreffend bestimmt hat und ob sie - auf der Grundlage des derart zutreffend ermittelten Abwägungsmaterials - die aufgezeigten Grenzen der ihr obliegenden Gewichtung eingehalten hat. Bei Anwendung dieser Grundsätze ist das streitige Vorhaben nicht zu beanstanden.

149

  1.3.1. Einen Abwägungsfehler kann der Kläger nicht damit begründen, dass die konzipierte Planung den verkehrlichen Anforderungen nicht gerecht werde, insbesondere weil der aus der nördlichen Tiefgarage des City Carrés ausfahrende Verkehr zur Qualitätsstufe F an der Kreuzung Ernst-Reuter-Allee / Otto-von-Guericke-Straße   führe. Dies ist kein Belang, deren Nichtbeachtung ein anerkannter Natur- und Umweltschutzverband im Rahmen des § 2 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 UmwRG rügen kann.

150

  1.3.2. Die Abwägung der Immissionsschutzbelange begegnet keinen durchgreifenden Bedenken.

151

  a) Der Kläger kann nicht mit dem Einwand durchdringen, das Vorhaben verursache unzumutbare Luftschadstoffbelastungen, überschreite insbesondere die maßgeblichen Grenzwerte der 39. BImSchV.

152

  aa) Eine Überschreitung dieser Grenzwerte würde die Abwägungsentscheidung der Beklagten von vornherein dann nicht in Frage stellen, wenn sich durch das streitige Vorhaben keine Verschlechterung der Belastung mit relevanten Luftschadstoffen ergäbe. Eine in der Planfeststellung zu befolgende grundrechtliche Pflicht, Schutzvorkehrungen zu treffen, setzt eine Kausalität zwischen dem Bau bzw. der Änderung des Verkehrswegs und der gesundheitsgefährdenden Verkehrsbelastung voraus; eine Pflicht, gesundheitlich bedenkliche Immissionslagen bei Gelegenheit der Planfeststellung zu sanieren, besteht hingegen nicht (BVerwG, Beschl. v. 15.01.2008, a.a.O., S 676). Führt ein Planvorhaben im Vergleich zu dem Zustand des Verkehrsweges, der ohne die Planung bestünde, zu keiner Verschlechterung der Immissionssituation für die Nachbarschaft, so braucht die Planfeststellungsbehörde die Immissionsproblematik im Rahmen der Abwägung grundsätzlich nicht aufzugreifen, und zwar unabhängig von der Höhe der Immissionsbelastung; selbst grundrechtlich bedenkliche Belastungswerte bilden nicht stets, sondern nur dann die Grundlage einer in der Planfeststellung zu berücksichtigenden Schutzpflicht, wenn sie dem planfestgestellten Vorhaben zuzurechnen sind (vgl. zu Lärmimmissionen: BVerwG, Urt. v. 09.07.2008 – 9 A 5.07 –, NVwZ 2009, 50 [51], RdNr. 17). Trägt das planfestgestellte Vorhaben nur geringfügig zu einer Erhöhung der Luftschadstoffe bei, handelt die Planfeststellungsbehörde ohne Rechtsfehler, wenn sie den Vorhabenträger nicht zu Maßnahmen verpflichtet, die praktisch auf eine Sanierung hinauslaufen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 16.10.2001 – 4 VR 20.01, 4 A 42.4 A 42.01 –, NVwZ 2002, 726 [727], RdNr. 15 in Juris).

153

Es ist bereits zweifelhaft, ob das streitige Vorhaben zu einer mehr als nur geringfügigen Verschlechterung bezüglich der Belastung der Nachbarschaft mit Luftschadstoffen führt.

154

Abzustellen ist darauf, inwieweit sich die maßgeblichen Emissionen im Fall der Realisierung des Tunnelvorhabens (Prognose-Planfall) im Vergleich zum bisherigen Zustand der Straße (Prognose-Nullfall) unterscheiden. Da die in der 39. BImSchV festgelegten Luftschadstoffgrenzwerte dem Schutz der menschlichen Gesundheit dienen, ist entscheidend, ob sie in der konkreten Schadstoffsituation, der Menschen an bestimmten Stellen ausgesetzt sind, eingehalten werden, und nicht, ob dies im Gesamtgebiet flächendeckend oder im Durchschnitt der Fall ist (BVerwG, Urt. v. 10.10.2012 – 9 A 19.11 –, NVwZ 2013, 649 [654], RdNr. 41; Urt. v. 26.05.2004 – 9 A 6.03 –, BVerwGE 121, 57 [60], RdNr. 22 in Juris).

155

Die Beklagte hat sich hinsichtlich der Auswirkungen ihrer Planung durch Luftschadstoffe auf Luftschadstoffuntersuchungen der ISU Plan vom Juni 2010 und vom August 2011 sowie die ergänzende Untersuchung vom Dezember 2011 (Beiakte H, Planunterlage 11.3) gestützt (vgl. S. 147 f. des PFB), in der die Kfz-bedingte Luftschadstoffbelastung von Stickstoffdioxid (NO2) und Feinstaub (PM10 und PM2,5) für die Analyse 2007, den Prognose-Nullfall (ohne Tunnelbau) 2015 und 2025 und den Prognose-Planfall (mit Tunnelbau) 2015 und 2025 erstellt wurden. Die Beklagte hat nach der Abwägungsentscheidung eine weitere ergänzende Untersuchung vom April 2012 (Beiakte Q, Bl. 5 ff.) erstellen lassen, die den Prognose-Planfall 2018 (Jahr der voraussichtlichen Fertigstellung) mit verkehrslenkenden Maßnahmen zum Gegenstand hat. Die Untersuchungen vom Juni 2010 und vom August 2011 gehen davon aus, dass beim Betrieb von Kraftfahrzeugen eine Vielzahl von Schadstoffen emittiert wird, die sowohl in ihrer Menge als auch Bedeutung sehr unterschiedlich sind. Im Vergleich zu den Immissionsgrenzwerten der 39. BImSchV seien die Konzentrationen der Schadstoffe Stickstoffdioxid (NO2) und Feinstaub (PM10 und PM2,5) im Straßenverkehr am höchsten. Die Konzentrationen für Schadstoffe wie Kohlenmonoxid (CO), Schwefeldioxid (SO2), Blei usw. lägen im Vergleich zu den gesetzlichen Grenzwerten wesentlich niedriger. Für Ruß existiere nach der Aufhebung der 23. BImSchV kein Beurteilungswert mehr. Die Untersuchung beschränke sich daher auf die Betrachtung von NO2, PM10 und PM2,5. Daran ist nichts zu erinnern. Ergänzend hat die Beklagte im Planfeststellungsbeschluss darauf verwiesen (vgl. S. 150 des PFB), dass es auch aus Sicht des Landesamtes für Umweltschutz nach dessen Stellungnahme völlig ausreichend sei, sich bei der Ermittlung und Bewertung der lufthygienischen Situation auf NO2 und Feinstaub zu konzentrieren, da nur für diese Komponenten eine Grenzwertrelevanz bestehe. Auf die weiteren Ausführungen (S. 150 f. des PFB), insbesondere auch zur sicheren Einhaltung des für Benzol geltenden Grenzwerts von 5 µg/m³, kann verwiesen werden.

156

Nach den Untersuchungen vom Juni 2010 und August 2011 treten in der Analyse 2007 im Untersuchungsraum auf allen Hauptverkehrsstraßen (Magdeburger Ring, Ernst-Reuter-Allee, Otto-von-Guericke-Straße, Adelheidring) NO2-Immissionen von über 40 µg/m³ im Jahresmittel auf. Damit werde der seit 2010 geltende Grenzwert für das NO2-Jahresmittel (§ 3 Abs. 2 der 39. BImSchV a.F.) überschritten. Lediglich auf den Nebenstraßen (Maybachstraße, Bahnhofstraße) sei die NO2-Belastung deutlich geringer. Nach der Untersuchung vom Juni 2010 sollen die NO2-Immissionen unter Berücksichtigung der geringeren verkehrlichen und regionalen Emissionen im Prognose-Nullfall 2015 sowie im Prognose-Planfall 2015 etwas abnehmen, so dass der Grenzwert von 40 µg/m³ im Jahresmittel an der Ernst-Reuter-Allee nicht mehr überschritten werde. Die NO2-Belastung nehme jedoch im Prognose-Planfall 2015 aufgrund der zusätzlichen Emissionen an der Tunnelausfahrt Südost im Bereich des City Carrés deutlich zu und erreiche dort ähnliche Werte wie in der Analyse 2007. Die PM10- und PM2,5-Immissionen lägen im Aufenthaltsbereich von Fußgängern (Gehwegbereich) entlang der Ernst-Reuter-Allee ebenso wie an allen anderen Straßen des Untersuchungsgebiets in allen drei Untersuchungsfällen unter dem Immissionsgrenzwert für das Jahresmittel von 40 µg/m³ für PM10 (§ 4 Abs. 2 der 39. BImSchV a.F.) und 20 µg/m³ für PM2,5 (§ 5 Abs. 2 der 39. BImSchV a.F.). Die PM10- und PM2,5-Konzentration seien lediglich in der Analyse 2007 und im Prognose-Nullfall 2015 unterhalb der Eisenbahnunterführung sowie im Prognose-Planfall 2015 an der Tunnelausfahrt Südost so hoch, dass es dort zu Überschreitungen kommen könnte. Der Äquivalentwert von 30 µg/m³ zur Beurteilung der Überschreitungsfähigkeit des PM10-Tagesmittelwerts werde in der Analyse 2007 und in den beiden Prognosefällen 2015 im Untersuchungsraum eingehalten. Nach der Untersuchung vom August 2011 nehmen im Prognose-Nullfall 2025 sowie im Prognose-Planfall 2025 die NO2-Immissionen unter Berücksichtigung der geringeren verkehrlichen und regionalen Emissionen deutlich ab, so dass der Grenzwert von 40 µg/m³ im Jahresmittel an der Ernst-Reuter-Allee nicht mehr überschritten werde. Auch die erhöhten Emissionen an den Tunnelausfahrten, besonders an der Tunnelausfahrt Südost im Bereich des City Carrés, führten im Prognose-Planfall 2025 nicht zu Grenzwertüberschreitungen. Die PM10- und PM2,5-Immissionen lägen im Aufenthaltsbereich von Fußgängern (Gehwegbereich) entlang der Ernst-Reuter-Allee ebenso wie an allen anderen Straßen des Untersuchungsgebiets in allen drei Untersuchungsfällen unter dem Immissionsgrenzwert für das Jahresmittel von 40 µg/m³ für PM10 und 25 µg/m³ für PM2,5. Der Äquivalentwert von 30 µg/m³ zur Beurteilung der Überschreitungsfähigkeit des PM10-Tagesmittelwerts werde in beiden Prognosefällen 2025 im Aufenthaltsbereich von Fußgängern (Gehwegbereich) eingehalten. Die ergänzende Untersuchung berücksichtigt zusätzlich den Umstand, dass im Bereich der Tunnelzufahrten und -ausfahrten Längsneigungen von +8,1 % bis -10,5 % geplant sind, in den Luftschadstoffuntersuchungen jedoch von Längsneigungen von +/- 6 % ausgegangen wurde (vgl. S. 148 des PFB). Im Ergebnis wurde in der ergänzenden Untersuchung vom Dezember 2011 festgestellt, dass der Jahresmittelwert der NO2-Emissionen im Prognose-Planfall 2025 II am Damaschkeplatz sowie an der Ernst-Reuter-Allee im Bereich des City Carrés nicht überschritten werde. Der Immissionsgrenzwert von 40 µg/m³ für PM10 liege im Bereich des City Carrés zwar höher als am Damaschkeplatz, aber auch dort werde der Grenzwert nicht überschritten. Der Grenzwert von 25 µg/m³ für PM2,5 werde unterschritten. Beim Vergleich der Prognose-Planfälle in den vorigen Untersuchungen sei für NO2 erkennbar, dass der Einfluss der höheren Emissionen durch die extrapolierten Längsneigungen zu einer um 1 bis 4 µg/m³ erhöhten Konzentration führe, auf die PM10- und PM2,5-Konzentration aber keine Auswirkungen habe. Nach der ergänzenden Untersuchung vom April 2012 werden im Prognose-Planfall 2018 mit verkehrslenkenden Maßnahmen (Durchfahrtsverbot für LKW >3,5 t durch den Tunnel, Umleitung von 4.286 Kfz vom südlichen Magdeburger Ring und der Maybachstraße über den Magdeburger Ring, die Walther-Rathenau-Straße, die Erzberger Straße und die Otto-von-Guericke-Straße in die Innenstadt) die Grenzwerte der 39. BImSchV eingehalten. Die Grenzwerte für NO2 werden danach im Prognose-Nullfall und im Prognose-Planfall 2018 im Bereich Damaschkeplatz und Ernst-Reuter-Allee im Bereich des City Carrés überschritten. Mit den verkehrslenkenden Maßnahmen werden die Grenzwerte sicher eingehalten. Die Grenzwerte für PM10 und PM 2,5 werden in allen drei Fällen eingehalten.

157

Nach der Tabelle 12 der Luftschadstoffuntersuchung vom Juni 2010 (S. 29) ergibt sich in Bezug auf eine mögliche Veränderung der Belastung mit den hier relevanten Luftschadstoffen durch das streitige Vorhaben im Jahresmittel folgendes Bild:

158

 Untersuchungsfall

 Luftschadstoff

 Damaschkeplatz

 Ernst-Reuter-Allee

 Analyse 2007

 Stickstoffdioxid NO2

 44 - 46 µg/m³

 47 - 49 µg/m³

        

 Feinstaub PM10

 27 - 28 µg/m³

 29 - 30 µg/m³

        

 Feinstaub PM2,5

 17 - 18 µg/m³

 19 - 20 µg/m³

 Prognose-Nullfall 2015

 Stickstoffdioxid NO2

 32 - 34 µg/m³

 44 - 46 µg/m³

        

 Feinstaub PM10

 27 - 28 µg/m³

 29 - 30 µg/m³

        

 Feinstaub PM2,5

 15 - 16 µg/m³

 15 - 16 µg/m³

 Prognose-Planfall 2015

 Stickstoffdioxid NO2

 29 - 31 µg/m³

 47 - 49 µg/m³

        

 Feinstaub PM10

 27 - 28 µg/m³

 29 - 30 µg/m³

        

 Feinstaub PM2,5

 15 - 16 µg/m³

 15 - 16 µg/m³

159

Nach der Tabelle 13 der Luftschadstoffuntersuchung vom August 2011 (S. 30) ergibt sich in Bezug auf eine mögliche Veränderung der Belastung mit den hier relevanten Luftschadstoffen durch das streitige Vorhaben im Jahresmittel folgendes Bild:

160

 Untersuchungsfall

 Luftschadstoff

 Damaschkeplatz

 Ernst-Reuter-Allee

 Analyse 2007

 Stickstoffdioxid NO2

 44 - 46 µg/m³

 47 - 49 µg/m³

        

 Feinstaub PM10

 27 - 28 µg/m³

 29 - 30 µg/m³

        

 Feinstaub PM2,5

 17 - 18 µg/m³

 19 - 20 µg/m³

 Prognose-Nullfall 2025

 Stickstoffdioxid NO2

 25 - 26 µg/m³

 29 - 33 µg/m³

        

 Feinstaub PM10

 24 - 25 µg/m³

 27 - 29 µg/m³

        

 Feinstaub PM2,5

 14 - 15 µg/m³

 15 µg/m³

 Prognose-Planfall 2025

 Stickstoffdioxid NO2

 24 - 25 µg/m³

 31 - 33 µg/m³

        

 Feinstaub PM10

 24 - 25 µg/m³

 27 - 30 µg/m³

        

 Feinstaub PM2,5

 14 - 15 µg/m³

 15 µg/m³

161

In der ergänzenden Luftschadstoffuntersuchung vom Dezember 2011, die die erhöhten Emissionen aufgrund der Längsneigungen der Tunnelausfahrten berücksichtigt, werden die zu erwartenden Luftschadstoffe wie folgt dargestellt (Tabelle 6, S. 15):

162

 Untersuchungsfall

 Luftschadstoff

 Damaschkeplatz

 Ernst-Reuter-Allee

 Prognose-Planfall 2025 II

 Stickstoffdioxid NO2

 25 - 26 µg/m³

 35 - 37 µg/m³

        

 Feinstaub PM10

 24 - 25 µg/m³

 27 - 30 µg/m³

        

 Feinstaub PM2,5

 14 - 15 µg/m³

 15 µg/m³

163

In der ergänzenden Luftschadstoffuntersuchung vom April 2012 (Beiakte Q), in der die Belastung für das prognostizierte Jahr der Fertigstellung 2018 unter Berücksichtigung der Verkehrszahlen 2015 ermittelt wurden, werden die zu erwartenden Luftschadstoffe wie folgt dargestellt (Tabelle 9, S. 22):

164

 Untersuchungsfall

 Luftschadstoff

 Damaschkeplatz

 Ernst-Reuter-Allee

 Prognose-Nullfall 2018

 Stickstoffdioxid NO2

 28 - 30 µg/m³

 39 - 41 µg/m³

        

 Feinstaub PM10

 24 - 25 µg/m³

 28 - 30 µg/m³

        

 Feinstaub PM2,5

 15 - 16 µg/m³

 16 µg/m³

 Prognose-Planfall 2018

 Stickstoffdioxid NO2

 28 - 30 µg/m³

 43 - 46 µg/m³

        

 Feinstaub PM10

 23 - 24 µg/m³

 29 - 30 µg/m³

        

 Feinstaub PM2,5

 15 - 16 µg/m³

 16 µg/m³

 Prognose-Planfall 2018
mit Verkehrslenkenden Maßnahmen

 Stickstoffdioxid NO2

 28 - 30 µg/m³

 34 - 37 µg/m³

        

 Feinstaub PM10

 23 - 24 µg/m³

 26 - 27 µg/m³

        

 Feinstaub PM2,5

 15 - 16 µg/m³

 16 µg/m³

165

Daraus wird ersichtlich, dass durch das Vorhaben zwar im Bereich der Messstation an der Ernst-Reuter-Allee eine Erhöhung der Immissionen im Prognose-Planfall 2025 II für Stickstoffdioxid NO2 um 5 bis 6 µg/m³ und für Feinstaub PM10 von maximal 1 µg/m³ und im Prognose-Planfall 2018 ohne verkehrslenkende Maßnahmen für Stickstoffdioxid NO2 um 4 bis 5 µg/m³ und für Feinstaub PM10 von maximal 1 µg/m³ zu erwarten ist, die Immissionsgesamtbelastung sich insgesamt aber nur geringfügig verändert. Dies erlaubt weiter den Schluss, dass unabhängig von den jeweils zugrunde gelegten Verkehrszahlen und möglichen verkehrslenkenden Maßnahmen das Vorhaben die Belastung mit Luftschadstoffen nur unwesentlich verändert.

166

  bb) Auch wenn die Verschlechterung bei der Belastung mit Luftschadstoffen (NO2) nicht mehr als geringfügig anzusehen sein sollte, würden die dargestellten Grenzwertüberschreitungen nicht zur Fehlerhaftigkeit der Abwägungsentscheidung führen.

167

Die Einhaltung der Grenzwerte der 39. BImSchV ist auch bei einer Verschlechterung der Situation keine Rechtmäßigkeitsvoraussetzung für die Planfeststellung des Straßenbauvorhabens, weil Grenzwertüberschreitungen nach dem System der Luftreinhalteplanung (vgl. § 47 BImSchG, § 27 der 39. BImSchV) unabhängig von den Immissionsquellen zu vermeiden sind. Zwar ist das Gebot der Konfliktbewältigung als Ausformung des Abwägungsgebots verletzt, wenn die Planfeststellungsbehörde das Vorhaben zulässt, obgleich absehbar ist, dass seine Verwirklichung die Möglichkeit ausschließt, die Einhaltung der Grenzwerte mit den Mitteln der Luftreinhalteplanung in einer mit der Funktion des Vorhabens zu vereinbarenden Weise zu sichern. Das ist insbesondere der Fall, wenn die von einer planfestgestellten Straße herrührenden Immissionen bereits für sich genommen die maßgeblichen Grenzwerte überschreiten. Von diesem Fall abgesehen geht der Gesetzgeber davon aus, dass sich die Einhaltung der Grenzwerte mit den Mitteln der Luftreinhalteplanung sichern lässt. Für die Annahme, dass dies nicht möglich ist, müssen deshalb besondere Umstände vorliegen (vgl. zum Ganzen: BVerwG, Urt. v. 10.10.2012 – 9 A 19.11 –, a.a.O., RdNr. 38, m.w.N. – Neubau der Bundesautobahn A 100; vgl. auch Urt. v. 23.02.2005 – 4 A 5.04 –, BVerwGE 123, 23 [28 f.], RdNr. 28, Neubau der Bundesautobahn A 72). Derartige Umstände können sich vor allem aus ungewöhnlichen örtlichen Gegebenheiten (zentrale Verkehrsknotenpunkte, starke Schadstoffvorbelastung durch eine Vielzahl von Emittenten) ergeben, die sich der Planfeststellungsbehörde auf der Grundlage des Anhörungsverfahrens, insbesondere der Beteiligung der zuständigen Fachbehörden, erschließen (BVerwG, Urt. v. 23.02.2005, a.a.O.). Gemessen daran genügt die Planung dem Gebot der Konfliktbewältigung.

168

Wie oben bereits dargelegt, ist eine Überschreitung der relevanten Grenzwerte der 39. BImSchV nur in Bezug auf Stickstoffdioxid (NO2) festzustellen. Der prognostizierte Wert liegt nach der letzten Luftschadstoffuntersuchung vom April 2012 nur im Prognose-Planfall 2018 und Prognose-Planfall 2015 mit 43 - 46 bzw. 44 - 46 µg/m³ über dem Grenzwert von 40 µg/m³. Der Gutachter hat in den jeweiligen Luftschadstoffuntersuchungen insbesondere darauf hingewiesen, dass sich die PM10- sowie PM2,5-Immissionen zum größten Teil aus der Hintergrundbelastung und bei PM10 zusätzlich aus den Emissionen aus Aufwirbelung und Abrieb, aber nicht aus den motorbedingten Emissionen (PM2,5-Anteil) zusammensetzten. Anders sehe dies bei Stickstoffdioxid (NO2) aus; in der Nähe des City Carrés resultiere die NO2-Konzentration zur Hälfte aus dem Verkehr.

169

Aus den Luftschadstoffuntersuchungen folgt, dass die von der Straße herrührenden NO2-Immissionen für sich genommen die maßgeblichen Grenzwerte nicht überschreiten. Die Vorbelastung mit Stickstoffdioxid (NO2) wurde für den Prognose-Planfall 2025 mit 20 µg/m³ und für den Prognose-Planfall 2018 mit 18 µg/m³ angegeben.

170

Es darf davon ausgegangen werden, dass sich die Einhaltung der Grenzwerte mit den Mitteln der Luftreinhalteplanung sichern lässt. Die Konfliktbewältigung kann auch darin bestehen, dass die Planfeststellungsbehörde die endgültige Problemlösung einem spezialisierten und verbindlichen, auf gesetzlichen Regelungen beruhenden Verfahren überlässt (BVerwG, Urt. v. 12.08.2009 – 9 A 64.07 –, BVerwGE 134, 308 [330], RdNr. 107). Dies bedeutet nicht, dass bereits im Planfeststellungsbeschluss konkrete Maßnahmen angeordnet werden müssen. Es genügt, wenn im Planfeststellungsbeschluss geeignete Maßnahmen genannt werden (vgl. BVerwG, Urt. v. 10.10.2012 – 9 A 19.11 – a.a.O., RdNr. 39). Die Beklagte hat im angefochtenen Planfeststellungsbeschluss in der Nebenbestimmung IV 6 a (S. 39) angeordnet, dass der Vorhabenträger vor Baubeginn der für die Luftreinhalteplanung zuständigen Behörde und der Planfeststellungsbehörde einen Maßnahmekatalog vorzulegen habe, in Folge dessen die Grenzwerte der 39. BImSchV eingehalten werden. Dieser Maßnahmekatalog könne beispielsweise allgemeine Verkehrsbeschränkungen, verkehrslenkende Maßnahmen, Fahrbahnreinigungen, Durchsagen im Tunnel bei Stau zum Abschalten der Motoren, Geschwindigkeitsbegrenzungen und Maßnahmen bei Stau bzw. Umleitungen beinhalten. Es bestehen keine konkreten Anhaltspunkte dafür, dass solche Maßnahmen mit der Funktion des Vorhabens nicht vereinbar oder untauglich sind. Darüber hinaus hat die Beklagte im angefochtenen Planfeststellungsbeschluss dargelegt, dass das Vorhaben zwar noch nicht in dem am 02.08.2011 aufgestellten Luftreinhalteplan einbezogen worden sei, bei einer erneuten Überprüfung der Situation dieser aber entsprechend ergänzt werden müsse. Im Rahmen des bereits in Umsetzung befindlichen Luftreinhalteplans würden unterschiedliche Szenarien vorgeschlagen, die als konkrete Maßnahmen u.a. die Förderung des nicht motorisierten Verkehrs, den Erhalt eines leistungsfähigen ÖPNV bei einer Steigerung seiner Attraktivität sowie die Einrichtung einer Umweltzone ab dem 01.09.2011 enthielten. Als im Rahmen des vorgeschriebenen Maßnahmekatalogs zu prüfende Minderungsmaßnahmen kämen Geschwindigkeitsbegrenzung, Förderung alternativer Verkehrsmittel, Verbesserung des Verkehrsflusses, Fahrbahnreinigung, Reduzierung des Schwerlastverkehrsanteils, allgemeine Verkehrsbeschränkungen und verkehrslenkende Maßnahmen in Betracht. Der Umstand, dass das streitige Vorhaben noch nicht in den Luftreinhalteplan aufgenommen wurde, begründet nicht die Annahme, dass sich mit diesen Maßnahmen die Grenzwerte der 39. BImSchV nicht einhalten lassen. Die Geeignetheit von Maßnahmen der Luftreinhalteplanung liegt gerade dann nahe, wenn – wie hier – Bestandstrassen oder Straßen in bereits stark mit Luftschadstoffen belasteten Gebieten ausgebaut werden, weil für die Luftreinhalteplanung ein breites Spektrum vorhabenunabhängiger Maßnahmen zur Verfügung steht (z.B. allgemeine Verkehrsbeschränkungen; Auflagen für emittierende Anlagen; Planungsvorgaben), mit deren Hilfe Schadstoffbelastungen nicht nur reduziert, sondern auch kompensiert werden können (vgl. BVerwG, Urt. v. 26.05.2004, a.a.O., S. 63 f., RdNr. 28 in Juris).

171

Dem entsprechend hat der Senat auch den Beweisantrag des Klägers abgelehnt, der darauf abzielt, Beweis darüber zu erheben, dass im Prognoseplanfall 2025 mit Luftschadstoffgrenzwertüberschreitungen zu rechnen ist, die nicht durch Verkehrslenkungsmaßnahmen bewältigt werden können, welche nicht wiederum zu unzumutbaren (grenzwertüberschreitenden) Luftschadstoffbelastungen auf anderen Innenstadtstraßen in Magdeburg führen. Denn verkehrslenkende Maßnahmen stellen – wie oben erörtert – lediglich ein Mittel aus dem Spektrum einer Vielzahl von Maßnahmen dar, mit denen Überschreitungen der Grenzwerte der 39. BImSchV reduziert bzw. kompensiert werden können. Es ist insbesondere nicht ersichtlich, dass die Verwirklichung des Tunnelprojekts es von vorn herein ausschließt, dass die Grenzwerte der 39. BImSchV eingehalten werden können. Dabei ist in Rechnung zu stellen, dass auch bei Beibehaltung des bisherigen Ausbauzustands der Ernst-Reuter-Allee, also ohne den streitigen Tunnelbau, Anstrengungen unternommen werden müssen, damit die in der 39. BImSchV vorgegebenen Grenzwerte eingehalten werden.

172

  cc) Die Luftschadstoffuntersuchungen wären zwar dann keine geeignete Entscheidungsgrundlagen bei der Abwägung gewesen, wenn die Verkehrsprognose des Stadtplanungsamts der Beklagten, deren Ergebnisse in den Tabellen 5 bis 7 der Luftschadstoffuntersuchungen vom Juni 2010 und August 2011 sowie in den Tabellen 2 bis 4 der Untersuchung vom April 2012 dargestellt sind, keine geeignete Grundlage darstellen würden, um anhand der darin aufgeführten Verkehrszahlen den Schadstoffausstoß zu ermitteln. Dies lässt sich aber nicht feststellen.

173

Verkehrsprognosen unterliegen nur eingeschränkter gerichtlicher Kontrolle; sie sind lediglich daraufhin zu überprüfen, ob sie methodisch einwandfrei erarbeitet worden sind, nicht auf unrealistischen Annahmen beruhen und ob das Prognoseergebnis einleuchtend begründet worden ist (BVerwG, Urt. v. 10.10.2012 – 9 A 19.11 –, a.a.O., RdNr. 21, m.w.N.). Eine gesetzliche Vorgabe, nach welchen Methoden eine Verkehrsprognose im Einzelnen zu erstellen ist, gibt es nicht; eine aktuelle Zählung ist nicht zwingend erforderlich, vielmehr kann die Verkehrsstärke auch nach den in der Straßenplanung gebräuchlichen Modell- und Trendprognosen bestimmt werden (BVerwG, Beschl. v. 15.03.2013 – 9 B 30.12 –, Juris, RdNr. 10, m.w.N.). Die angegriffene Verkehrsprognose genügt noch diesem Maßstab.

174

  (1) Die Beklagte hat dem Prozessbevollmächtigten des Klägers bereits mit Datum vom 17.01.2012 Unterlagen zur Verfügung gestellt, in denen die Methodik der Erstellung der Verkehrsprognose 2025 erläutert wurde (vgl. S. 184 ff. der Beiakte O). In der Anlage (S. 186 ff. der Beiakte O) heißt es:

175

„Die bisher verwendete Prognose 2015-Matrix für den Individualverkehr besteht aus zwei Verkehrsnachfragematrizen:

176

einer PKW-Matrix und

177

einer LKW-Matrix,

178

welche im Zuge einer Verkehrsumlegung über die Software VISUM auf das Straßennetz entsprechend des Quell- und Zielverkehrsaufkommens je Verkehrszelle umgelegt werden. Mit dieser Umlegung wird der durchschnittliche Tagesverkehr (DTV) je Straßenabschnitt ermittelt. Die PKW-Matrix basiert auf einer Datengrundlage von 1996, welche 2004 durch ein an Hand der Befragung des Systems repräsentativer Verkehrsbefragungen (SrV) 2003 festgestelltes erhöhtes Verkehrsaufkommen im motorisierten Individualverkehr (MIV) kalibriert wurde. Die LKW-Matrix wurde im Zusammenhang mit der Einrichtung einer Umweltzone in Magdeburg 2007 für den Istfall 2007 auf Basis von Verkehrszählungen innerhalb des Stadtgebietes der Landeshauptstadt Magdeburg erstellt und daraus ableitend zum Jahreswechsel 2008/09 über die Verkehrsnachfrage-Methode für die Prognose 2015 ermittelt.

179

Eine Weiterqualifizierung dieser Prognose 2015 für den Zeithorizont 2025 wurde aufgrund der Beibehaltung einer gewissen Vergleichbarkeit zwischen den einzelnen Prognosehorizonten in einer entsprechenden Form vorgenommen, da die Prognose 2015 mit der Umlegung nur im DTV nicht mehr den heutigen differenzierten Anforderungen bezüglich immissionsrechtlicher, signaltechnischer und netzmodellmethodischer Belange entsprechen kann.

180

Abgeleitet aus diesen Gründen wurde für die Prognose 2025 angenommen, dass sich das Mobilitätsverhalten der Bürger nicht verändern wird und die Arbeits- sowie Einkaufsstandorte im Stadtgebiet im Wesentlichen beibehalten bleiben. Durch die differenzierte demografische Entwicklung in den einzelnen Verkehrszellen werden sich jedoch veränderte Verkehrsbeziehungen ergeben. Daher bildete die Bevölkerungsvorausschau des Amtes für Statistik für den Zeithorizont 2025 die Grundlage für die Prognose 2025, zumal die Vorausschau auf Basis der statistischen Bezirke und somit im Wesentlichen auf Basis der Verkehrszellen erstellt werden konnte. Hieraus erfolgte die Ermittlung der Quell- und Zielverkehrsaufkommen im Personenbinnenverkehr je Verkehrszelle. Das Verkehrsaufkommen des einstrahlenden Quell-Ziel-Verkehrs und des LKW-Verkehrs blieben hierbei unverändert.

181

Über VISUM werden die jeweiligen Quell- und Zielverkehrsanteile (Binnen-, Quelle-Ziel- und Außenverkehr) entsprechend auf das jeweilige Straßennetzmodell umgelegt. Es erfolgte zunächst eine Umlegung des Istfalls 2011 auf das derzeit vorhandene Straßennetz. Die Straßen im Netzmodell wurden entsprechend ihrer Verkehrsbedeutung und in Anlehnung an über Verkehrszählungen ermittelten Belegungen mit unterschiedlichen Streckenkennwerten bewertet.

182

Für den Prognose-NulIfall 2025 erfolgte eine Umlegung der Prognosematrizen 2025 auf das derzeit vorhandene Straßennetz, um somit die möglichen Entwicklungen des Kfz-Verkehrs (Zu- bzw. Abnahme des Kfz-Verkehrs) verdeutlichen zu können. Dazu sind die Streckenkennwerte nicht verändert worden. Bezogen auf das Bauvorhaben EÜ ERA sind die Verkehrseinschränkungen entlang der Ernst-Reuter-Allee zwischen Damaschkeplatz und Knoten ‚Weinarkade’ unverändert geblieben.“

183

Beigefügt waren eine Liste der Eingangsdaten im Personennahverkehr (Einwohner) 2011 und 2025 sowie eine Aufstellung des Quell- und Zielverkehrsaufkommens je Verkehrszelle im Istfall 2011 und im Prognosefall 2025, die vom Stadtplanungsamt der Beklagten unter Datum vom 04.07.2011 erstellt wurde (Unterlage 15.1, Ordner 6/6, sowie Bl. 317, 319 GA). Die Zahlen in den Tabelle 6 und 7 der Luftschadstoffuntersuchungen stimmen mit den Daten in der Aufstellung des Quell- und Zielverkehrsaufkommens (PKW-Verkehrsaufkommen [grün] und LKW-Verkehrsaufkommen [blau]) überein.

184

  (2) Die Beklagte hat die Ergebnisse der Verkehrsprognose anhand der „Methodik der Verkehrsmodellierung 2025“ vom 14.06.2013 näher erläutert.

185

Verwendet worden sei die Verkehrsplanungssoftware PTV-Visum der PTV Group, die den Standard in Deutschland darstelle. Die Software sei im Rahmen des Wartungsvertrages ständig aktualisiert worden. Das Verkehrsmodell, welches für das streitige Planfeststellungsverfahren zugrunde gelegt wurde, habe auf einer Vielzahl von Eingangsdaten basiert, die sich in drei Kategorien wie folgt zusammenfassen ließen:

186

1. Kategorie: Strukturdaten

187

Einwohner (Ist 2007 und Prognose 2015)

188

unterteilt nach verhaltenshomogenen Gruppen, verkehrszellenfein, 1996 und 2003

189

Quelle: Amt für Statistik der Landeshauptstadt Magdeburg

190

• Arbeitsplätze (Ist 2007 und Prognose 2015)

191

ermittelt über Nettoflächen der Betriebe und branchenorientiert sowie verkehrszellenfein 1996 und 2003

192

Quelle: Stadtplanungsamt der Landeshauptstadt Magdeburg (Flächennutzungsplan)

193

• Ausbildungsplätze (Ist 2007 und Prognose 2015)

194

unterteilt nach Kita, Schulen, Hochschule und Universität, 2003

195

Quelle: Amt für Statistik und Schulverwaltungsamt der Landeshauptstadt Magdeburg

196

• Verkaufsraumflächen (Ist 2007 und Prognose 2015)

197

ermittelt über Netto-Verkaufsraumflächen und verkehrszellenfein 1996 und 2007 Quelle: Stadtplanungsamt der Landeshauptstadt Magdeburg (Märktekonzept)

198

• Besucher je Freizeiteinrichtungen (Ist 2007 und Prognose 2015)

199

ermittelt über durchschnittliche Besucherzahlen und verkehrszellenfein 2003 Quelle: Amt für Statistik der Landeshauptstadt Magdeburg

200

• Kordonbefragung Stadt-Umland-Beziehungen 1994 (Ist 2007 und Prognose 2015)

201

Quelle: Stadtplanungsamt der Landeshauptstadt Magdeburg

202

• LKW-Matrix für den Istfall 2007

203

verkehrszellenfein, auf Basis von Verkehrszählungen 2004 - 2006 im Stadtgebiet von Magdeburg

204

Quelle: Büro IVV Aachen/Berlin im Auftrage des Landes Sachsen-Anhalt

205

• LKW-Matrix für die Prognose 2015

206

verkehrszellenfein, auf Basis des Istfalls 2007

207

Quelle: Büro Verkehr Bonn/ Graz/ Weimar im Auftrage des Stadtplanungsamtes

208

2. Kategorie: Netzdaten

209

• Streckenkennwerte entsprechend der verkehrlichen Bedeutung, der Kfz-Kapazität [Kfz/d], der Anzahl der Kfz-Spuren je Richtung und der zulässigen Höchstgeschwindigkeit [km/h]

210

• Knotenkennwerte (-typen), unterteilt nach LSA-Knoten und ungeregelten Knoten (Haupt- und Nebenstraßennetz, gleichrangige Knoten)

211

• Abbiegekenndaten

212

Quelle: PTV Visum und Stadtplanungsamt

213

(Verkehrliches Leitbild 1993 bzw. Beiplan des Flächennutzungsplanes 2000)

214

• Gliederung des Stadtgebietes nach Statistischen Bezirken

215

Quelle: Amt für Statistik der Landeshauptstadt Magdeburg, 1996 und 2003

216

3. Kategorie: Verhaltensdaten

217

• spezifisches Verkehrsaufkommen je Person und Verkehrsart (Modal Split)

218

• Wegeketten je Person und Verkehrsart

219

Quelle: PTV Visum und Technische Universität Dresden (für SrV-Daten 1994, 2003 und 2008)

220

Das Verkehrsmodell habe im Jahr 2007 242 Verkehrszellen umfasst, davon seien 223 städtische Verkehrszellen dargestellt, und 19 hätten sich in den unmittelbaren Nahbereich des Umlandes erstreckt. Die gegebenen Verflechtungen des Gebiets der Beklagten mit dem Umland seien über die Ergebnisse der Kordonbefragung ermittelt worden. An allen Zufahrtstraßen sei nach dem Woher, dem Wohin und dem Zweck gefragt worden. Bezogen auf das Gebiet der Beklagten habe die Ortsangabe möglichst stadtteilfein, auf das nähere Umland gemeindefein und außerhalb des Umlandes kreisfein sein sollen. Der Quelle-Ziel- und der Durchgangsverkehr sei damit bezogen auf Magdeburg erfasst worden; so genannte Außenverkehre seien dagegen nicht erfasst und deshalb auch nicht Bestandteil des Netzmodells der Landeshauptstadt Magdeburg gewesen.

221

Im Stadtgebiet hätten die Verkehrszellen im Wesentlichen den statistischen Bezirken des Amtes für Statistik entsprochen. Bei der Gliederung des Stadtgebietes nach statistischen Bezirken habe die überwiegende Nutzungsart (Wohn-, Misch-, Gewerbegebiete, Großeinkaufmärkte oder großräumige Freiflächen) je statistischen Bezirkes im Vordergrund gestanden. Einige dieser statistischen Bezirke seien jedoch aufgrund der verkehrlichen Struktur für eine Verkehrszelle zu groß gewesen und seien daher in weitere Verkehrszellen unterteilt worden, wie z.B. alle statistischen Bezirke der Altstadt, von Neu Olvenstedt und Neustädter Feld. Darüber hinaus seien statistische Bezirke mit ausschließlich gewerblicher Nutzung wie z.B. Gewerbegebiet Nord, Sülzegrund und Beyendorfer Grund aus gleichem Grund in mehrere Verkehrszellen unterteilt worden. Die teilweise nochmalige Unterteilung einiger statistischer Bezirke sei notwendig geworden, um eine realitätsnahe Widerspiegelung der tatsächlich ermittelten Verkehrsbelastungen einiger Hauptnetzstraßen in diesen statistischen Bezirken zu ermöglichen. Neben den Angaben aus Statistiken des Amtes für Statistik seien Daten aus dem Flächennutzungsplan sowie aus dem Märktekonzept der Landeshauptstadt Magdeburg verkehrszellenfein abgeleitet und eingebaut worden. Das modellierte Straßennetz habe alle Hauptverkehrs- und Sammelstraßen sowie ausgewählte Anliegerstraßen erfasst. Sie seien entsprechend ihrer verkehrlichen Bedeutung (anbaufreie Strecken- bzw. planfreie Knoten, überörtliche, regionale und städtische Verbindungsfunktion u.a.) und ihres Ausbauzustandes (straßenbegleitendes Parken, Straßenbahn in Fahrbahnniveau, Häufigkeit einmündender Anliegerstraßen u.a.), ebenso auch die Knotenpunkte nach ihrer Funktion (LSA-geregelte, vorfahrtsgeregelte, gleichrangige Knoten, Bahnübergänge, Kreisverkehre) bewertet worden.

222

Dem Verkehrsmodell hätten personenbezogene Verhaltensdaten zugrunde gelegen, die mit den Erkenntnissen und Kennwerten aus repräsentativen empirischen Untersuchungen – System repräsentativer Verkehrsbefragung, TU Dresden (SrV) – entsprechend abgeglichen worden seien. Außerdem hätten diese Erhebungen Anhaltspunkte für die Überprüfung des Modells gebildet (z.B. Fahrtweitenverteilung, unterschiedlicher Modal Split [Verteilung des Transportaufkommens auf verschiedene Verkehrsmittel] in Abhängigkeit von der Länge des zurückgelegten Weges).

223

Die Verkehrsnachfragematrix für den Kfz-Verkehr sei 1996 über VISEM ermittelt worden. Im Jahr 2003 sei im Zuge der Erarbeitung des ÖPNV-Konzeptes eine weitere Verkehrsnachfragematrix erstellt worden, wobei in der weiter vertiefenden Kalibrierung der Schwerpunkt im ÖV-Modell gelegen habe. Das ÖV-Modell sei durch die PTV AG Berlin erstellt und anhand der ÖPNV-Erhebung kalibriert worden. Eine unmittelbare Verknüpfung der beiden Verkehrsnetze (IV-Modell und ÖV-Modell) habe aufgrund unterschiedlicher Bezugskennwerte nicht erfolgreich umgesetzt werden können. Jedoch sei ein Abgleich der beiden Nachfragematrizen im Kfz-Verkehr (1996 und 2003) erfolgt. Im Rahmen der Fortschreibung des Nahverkehrsplanes sei 2009 durch den Auftragnehmer ISUP GmbH eine Aktualisierung und Kalibrierung des Istfalls im ÖV-Modell anhand der Daten aus der Verkehrserhebung im Vorfeld der Gründung des marego-Verkehrsverbundes 2005 erfolgt. Die Prognose im ÖV-Modell für den Planungshorizont 2015 sei durch den Auftragnehmer unter Berücksichtigung veränderter Linienführungen von Bus und Straßenbahn gemäß dem vorgesehenen Umsetzungsstand entsprechend erarbeitet worden. Da mittelfristig von einer stabilen Bevölkerungsentwicklung bis 2015 habe ausgegangen werden können, sei die Verkehrsnachfrage des lst-Zustandes des ÖV-Modells in die Prognose 2015 eingegangen.

224

Die LKW-Matrix für den Istfall 2007 im IV-Modell sei vom Büro IVV Aachen / Berlin im Auftrag des Landes Sachsen-Anhalt im Zuge von Untersuchungen zur Einrichtung einer Umweltzone in Magdeburg erstellt und der Beklagten zur weiteren Nutzung bereitgestellt worden. Auf Basis dieser Daten sei Ende 2008 / Anfang 2009 eine LKW-Matrix für die Prognose 2015 abgeleitet worden. Grundlage hierfür sei die vom Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS) herausgegebene „Prognose der deutschlandweiten Verkehrsverflechtungen 2025 [ITB/ BVU 2007]“ gewesen.

225

In das Verkehrsmodell des Kfz-Verkehrs seien folgende Netzmodelle und Matrizen eingepflegt worden:

226

• IV-Netzmodell für den Istfall 2007

227

• IV-Netzmodell für die Prognose 2015

228

• Nachfragematrix PKW-Verkehr für den Istfall 2007

229

• Nachfragematrix PKW-Verkehr für die Prognose 2015

230

• Nachfragematrix LKW-Verkehr für den Istfall 2007

231

• Nachfragematrix LKW-Verkehr für die Prognose 2015.

232

Die Kalibrierung des IV-Netzmodells sei jährlich punktuell anhand von Verkehrszählungen erfolgt. Ebenfalls eingearbeitet worden seien Verkehrsfreigaben von Verkehrsanlagen und verkehrsorganisatorische Veränderungen (veränderte Hauptstraßenführungen, Anpassung von LSA-Programmen, Geschwindigkeiten etc.). Sei das Verkehrsmodell im Istfall in der Lage gewesen, das Verkehrsgeschehen im Ist-Zustand realitätsnah abzubilden (Abgleich mit Fahrtweitenverteilungen, entfernungsabhängigem Modal Split und Daten aus den laufenden Verkehrszählungen), so habe es als kalibriert gegolten und die Grundlage für die Verkehrsprognose 2015 dargestellt.

233

Das kalibrierte IV-Netzmodell im Istfall sei um die nach damaligem Kenntnisstand zu erwartenden bzw. gesicherten Maßnahmen laut des verkehrlichen Leitbildes und des Flächennutzungsplans ergänzt worden. Unter Beachtung dieser Ergänzungen stelle sich das für 2015 prognostizierte IV-Netz wie folgt dar:

234

• Komplettierung des Knotens Magdeburger Ring / Brenneckestraße

235

• Komplettierung des Knotens Magdeburger Ring / Lemsdorfer Weg

236

• Verlängerung / Durchbindung der Grabower Straße, der Burger Straße und der Straße „Am Hansehafen“ im Gewerbegebiet „Rothensee“ einschließlich einer gewerblichen Ansiedlung in diesem Gebiet

237

• Neubau der Eisenbahnüberführung Ernst-Reuter-Allee (EÜ ERA)

238

• Ausbau der Berliner Chaussee (B 1) als vierstreifige Straße.

239

Im Rahmen des streitigen Planfeststellungsverfahrens sei Ende 2010 / Anfang 2011 ersichtlich geworden, dass der Prognosehorizont 2015 in Bezug zum absehbaren Fertigstellungstermin des Bauvorhabens nicht mehr ausgereicht habe. Daher sei vom Vorhabenträger eine Verkehrsprognose 2025 angefordert worden. Die Ergebnisse dieser Verkehrsprognose sollten Bestandteil des streitigen  Planfeststellungsverfahrens werden.

240

Für die Weiterqualifizierung des bisherigen Netzmodells für den Zeithorizont 2025 seien folgende Eingangsdaten in Anlehnung an die drei Kategorien erfasst und entsprechend eingepflegt worden:

241

1. Kategorie: Strukturdaten

242

• Einwohner (Ist 2011 und Prognose 2025)

243

unterteilt nach verhaltenshomogenen Gruppen, verkehrszellenfein

244

Quelle: Amt für Statistik der Landeshauptstadt Magdeburg, 2010

245

2. Kategorie: Netzdaten

246

• Übernahme der Netzdaten (Ist 2007 und Prognose 2025) und Aktualisierung dieser Daten auf dem Stand 2011 durch Einfügen weiterer Widerstände im Netz (LSA-geregelte Straßenquerungen der Straßenbahn, Fußgänger-LSA und Bahnübergänge)

247

• Erhöhung der Anzahl städtischer Verkehrszellen von 223 auf 234 Verkehrszellen (Ist 2007 und Prognose 2025) durch Aggregieren bestimmter vorhandener Verkehrszellen, wie z.B. in den Stadtteilen Neue Neustadt, Neustädter See, Leipziger Straße, Hopfengarten, Buckau und Salbke. Die Anzahl der Verkehrszellen im Umland blieb mit 19 Verkehrszellen unverändert.

248

Quelle: Stadtplanungsamt der Landeshauptstadt Magdeburg, 2011

249

3. Kategorie: Verhaltensdaten

250

• Beibehaltung der Verhaltensdaten je Verkehrszelle (Modal Split, Wegeketten je Person und Verkehrsart)

251

Quelle: Stadtplanungsamt der Landeshauptstadt Magdeburg, 2011.

252

Weitere aktuelle verkehrszellenfeine Daten zur Arbeitsplatzverteilung, zu Verkaufsraumflächen, zu Freizeiteinrichtungen bzw. zur städtebaulichen Entwicklung sowohl für den Istfall 2011 als auch für die Prognose 2025 seien wie folgt in die Verkehrsprognose 2025 eingeflossen:

253

> Keine Ausweisung neuer Wohnbaugebiete im Außenbereich. Vielmehr sieht die Überarbeitung des Flächennutzungsplanes vor, im ostelbischen Bereich vormals im Flächennutzungsplan ausgewiesene Wohngebiete herauszunehmen. Am Stadtrand sollen allenfalls Arrondierungsflächen noch für Wohngebiete zur Verfügung stehen.

254

Innerstädtische Wohnbauprojekte werden auch in Bereichen ausgewiesen, auf denen vormals ein Rückbau erfolgt ist. Beispiele hierfür sind u.a. die Bereiche Rennebogen, Düppler Grund und Bruno-Krayl-Ring. Mithin findet hier lediglich ein Austausch von Wohnformen statt. Dies führt zwar zu Veränderungen der Anzahl der dort Wohnenden, gleichwohl nicht zu grundsätzlichen neuen Ausrichtungen.

255

> Beibehaltung des gegenwärtigen Status der Flächen von Industrie- und Gewerbegebieten. Der Status des Jahres 2006 hat fortzugelten, wonach keine neuen Industrie- und Gewerbegebiete ausgewiesen werden sollen, sofern diese nicht vollständig besiedelt sind. Das folgt aus Ziff. 4.9 des Regionalen Entwicklungsplans der Region Magdeburg. Wesentliche Zuwächse im Wirtschaftsverkehr ergeben sich vor allem im Norden der Stadt aus der Entwicklung des Hansehafens und des Industrie- und Logistikzentrums. Die übrigen Industrie- und Gewerbestandorte verbleiben mit Ausnahme des Bereichs SKET / Freie Straße

256

im vorhandenen Bestand.

257

> Beibehaltung des gegenwärtigen Status der räumlichen Verteilung der Einkaufs- und Freizeitstandorte. Die räumliche Entwicklung im Einzelhandel wurde mit der Erweiterung des ECE-Standortes „Allee Center“ im Jahr 2006 abgeschlossen. Auf der Grundlage des bestehenden Märktekonzeptes ist eine Ausweitung des Einzelhandels nur in begrenztem Umfang möglich, da die Landeshauptstadt Magdeburg mit 2,5 m² Verkaufsfläche je Einwohner bereits einen sehr hohen Spitzenwert innehat. Auch die beiden peripheren Sondergebiete „Flora-Park“ und „Börde-Park“ sind in ihrer Entwicklung weitestgehend abgeschlossen, so dass hier insgesamt von einem Bestand auszugehen ist.

258

> Berücksichtigung der Entwicklung des spezifischen Verkehrsaufkommens im MIV von 1,65 Fa/P+d (2003) auf 1,45 Fa/P+d (2008).

259

In Auswertung dieser Ausgangslage sei festgehalten worden, dass die für die Prognose 2015 getroffenen Annahmen zu den Struktur- und Netzdaten mit Ausnahme der Einwohnerentwicklung auch für die Verkehrsprognose 2025 anzuwenden seien. Für die Einwohnerentwicklung sei die vom Amt für Statistik der Landeshauptstadt Magdeburg erstellte Bevölkerungsvorausschau bis 2025 herangezogen worden. Die Beibehaltung der Verkehrszellen entsprechend der überwiegenden Nutzungsart (Wohn-, Misch-, Gewerbegebiete, Großeinkaufmärkte oder großräumige Freiflächen) und der Netzstruktur (Straßennetz) habe diese Anpassung erleichtert und ermögliche eine Vergleichbarkeit zum Istfall 2007 bzw. zur Prognose 2015.

260

Grundlage für die Bevölkerungsvorausschau habe die 5. Regionalisierte Bevölkerungsprognose des Statistischen Landesamtes Sachsen-Anhalt gebildet. Aufbauend auf dieser stadtgenauen Prognose sei erstmals mittels eines Trendszenarios die Bevölkerungsentwicklung verkehrszellenfein innerhalb des Stadtgebietes erstellt worden, dessen Grundlage die Wanderungsbewegungen, die Geburten- und Sterbeentwicklungen je statistischem Bezirk der letzten fünf Jahre gewesen seien. Die in der Prognose der deutschlandweiten Verkehrsverflechtungen herausgearbeiteten Entwicklungen im Personen- und im Straßengüterverkehr seien berücksichtigt worden, wenn diese in einem direkten Zusammenhang zu Magdeburg gestanden hätten. Des Weiteren seien einige statistische Bezirke nochmals unterteilt worden, um somit eine realitätsnähere Widerspiegelung zu den tatsächlich ermittelten Verkehrsbelastungen einiger Haupt- netz- und wichtiger Durchgangsstraßen im Nebennetz in diesen statistischen Bezirken zu ermöglichen. Das bisher modellierte Straßennetz sei im Wesentlichen übernommen und durch Einfügen von Widerständen weiter verfeinert worden. Diese Verfeinerungen seien sowohl jeweils im Istfall als auch im Prognosenetz entsprechend berücksichtigt. Ausgehend vom gegenwärtigen Kenntnisstand zur städtebaulichen und verkehrlichen Entwicklung in der Landeshauptstadt Magdeburg bis 2025 sei das prognostizierte IV-Netz wie folgt erweitert worden:

261

• Neubau der Erschließungsstraßen im SKET-Areal „Freie Straße“ einschließlich einer gewerblichen Ansiedlung in diesem Gebiet

262

• Neubau der Elbbrücken des verlängerten Strombrückenzuges.

263

Ausgehend von den Ergebnissen der SrV 2008 zum Modal Split habe zum damaligen Zeitpunkt keine Reduzierung aller Kfz-Fahrten im Magdeburger Binnenverkehr für den Prognosehorizont 2025 abgeleitet werden können. Der Anteil des Motorisierten Individualverkehrs je Person und Tag (MIV) sei von 1991 bis 2003 stetig angestiegen und habe 2008 einen leichten Rückgang aufgewiesen. Die Summe aller Kfz-Fahrten im Magdeburger Binnenverkehr sei in diesem Zeitraum wegen des Rückganges der Einwohnerzahl dagegen konstant geblieben. Aus dem bisher einmaligen Rückgang des MIV-Anteils habe nach damaligem Kenntnisstand kein Rückschluss auf eine Trendwende im Verkehrsverhalten der Magdeburger Bürger abgeleitet werden können. Daher habe man angenommen, dass das Verkehrsverhalten der Bürger bis 2025 unverändert bleiben würde.

264

Da die Einteilung der Verkehrszellen im Stadtgebiet im Laufe der Zeit immer noch als homogen bezeichnet werden könne, seien für die Ermittlung der Quell- und Zielverkehre nur die Verkehrszellen innerhalb der Stadt herangezogen worden, die eine überwiegende Nutzungsart des Wohnens aufwiesen. Die Ermittlung dieser Verkehre im personengebundenen Binnenverkehr sei in Anlehnung an die Entwicklung der Bevölkerungsvorausschau und unter Beachtung der Homogenität in der Nutzungsart der jeweiligen Verkehrszellen erfolgt. Eine Zunahme der Bevölkerung je Verkehrszelle habe auch eine anteilige Zunahme der Quell- und Zielverkehre je Verkehrszelle innerhalb der Stadt bedeutet. Außerhalb der Stadt liegende Verkehrszellen sowie die fahrzeugbezogenen LKW-Matrizen seien unverändert geblieben.

265

Zum Zeitpunkt der Erstellung des Verkehrsmodells der Beklagten im Jahr 1996 habe es keine Bundesautobahn A 14 gegeben. Der damalige Quelle-Ziel- und der Durchgangsverkehr hätten sich auf die damals nach Magdeburg radial zufließenden Bundes-, Landes- und Gemeindestraßen orientiert. Über die 1994 durchgeführte Kordonbefragung an allen Radialstraßen (woher, wohin und zu welchem Zweck) habe ein hinreichend genaues Abbild dieser Verkehre ermittelt werden können. Mit der Eröffnung der BAB A 14 im Jahr 2000 habe eine Verkehrsverlagerung aus dem Stadtgebiet auf diese neue Trasse eingesetzt. Sie habe vor allem den regionalen Quelle-Ziel- und überörtlichen Durchgangsverkehr umfasst. Durch diese Verkehrsverlagerung auf die BAB A 14 seien im Zuge des Magdeburger Ringes sehr große Kapazitäten freigesetzt worden, die wiederum durch den Binnenverkehr hätten besetzt werden können. Dies zeigten einerseits die weiterhin hohen Verkehrsbelastungen auf dem Magdeburger Ring, aber auch die flächenhafte Verkehrsentlastung des Straßenhauptnetzes im Stadtgebiet. In der Folgezeit sei bis 2007 zwar ein deutlich geringeres Maß an Verkehrsverlagerungen festzustellen. Vor allem im Zuge der BAB A 14, des Magdeburger Ringes und der B 1 hätten weitere Verkehrszunahmen und im übrigen Stadtgebiet demgegenüber flächenhafte Verkehrsentlastungen realisiert werden können. Im Rahmen der ständigen Aktualisierung der Istfälle hätten diese Entwicklungen hinreichend genau widergespiegelt werden können. Es sei auch ersichtlich geworden, dass sich die Istfälle 1996 bis 2007 bezüglich der Bündelung der Verkehrsströme auf die Hauptverkehrsstraßen und der flächenhaften Verkehrsentlastung des übrigen Netzes immer mehr der Prognose 2015 näherten. Das im Rahmen dieser Aktualisierung kalibrierte Kfz-Verkehrsmodell habe somit eine hinreichend genaue Grundlage für die Verkehrsprognose 2015 gebildet, welche somit ständig dem Baufortschritt der Verkehrsanlagen und der zwischenzeitlich realisierten Ansiedlungen von Wohn- und Gewerbegebieten sowie großflächigen Einkaufsmärkten angepasst worden sei.

266

Auch nach 2007 sei das Verkehrsmodell im Istfall und in der Prognose 2015 entsprechend den zuvor genannten Rahmenbedingungen projektbezogen weiterentwickelt worden. Das Kfz-Verkehrsmodell im Istfall habe somit hinreichend genau die erfassten Verkehrsbelastungen im Straßenhauptnetz der Stadt widergespiegelt und habe daher als Grundlage für eine Verkehrsprognose 2025 für die Landeshauptstadt Magdeburg herangezogen werden können.

267

Im Rahmen der Erstellung der Verkehrsprognose 2025 sei zunächst voranzustellen gewesen, dass ein unmittelbares Zusammenfügen des städtischen Verkehrsmodells mit dem Verkehrsmodell des Landes Sachsen-Anhalt aufgrund der verschiedenartigen Bezugskennwerte nicht möglich gewesen sei. Die im Landesverkehrswegeplan von Sachsen-Anhalt enthaltenen geplanten Verkehrsbauvorhaben im Umland von Magdeburg, wie z.B. die Nord-Verlängerung der BAB A 14, einschließlich der Neu-Anbindung der B 71n an die BAB A 14; die Südumfahrung von Schönebeck im Zuge der B 246a, seien der Beklagten der Lage nach bekannt. Auswirkungen dieser Baumaßnahmen auf den innerstädtischen Verkehr der Landeshauptstadt Magdeburg hätten nicht unmittelbar abgeleitet werden können. Mit der Nord-Verlängerung der BAB A 14 werde bspw. eine Entflechtung der Verkehre auf der B 189 zwischen Stendal und Magdeburg sowie auf der B 71 zwischen Haldensleben und Magdeburg dahingehend einhergehen, dass zukünftig zwei Trassen zwischen Magdeburg und Stendal bzw. Haldensleben zur Verfügung stehen werden. Weiträumige überörtliche Verkehre würden somit eher die A 14 und der Quelle-Ziel-Verkehr würde im Nahbereich von Magdeburg eher die B 189 bzw. B 71 nutzen.

268

Aus verkehrsplanerischer Sicht sei die Annahme getroffen worden, dass die aus der baulichen Umsetzung dieser Maßnahmen resultierenden verkehrlichen Auswirkungen in besonderem Maße die Verkehre entlang der neu angelegten Trassen außerhalb von Magdeburg betreffen. Denn die BAB A 14 führe schon heute längs am Stadtgebiet von Magdeburg im Norden bis nach Dahlenwarsleben vorbei. Die Verkehre würden einerseits über die BAB A 14 – wie schon jetzt – tangential an Magdeburg vorbeifließen und andererseits würde der Quelle-Ziel-Verkehr in Höhe der Stadtgrenze wieder über bereits bestehende Trassen nach und von Magdeburg fließen. Diese Quelle-Ziel-Verkehre seien somit in die Netzmodellierung entsprechend eingeflossen.

269

Des Weiteren hätten konkrete, auf die Landeshauptstadt Magdeburg ableitbare Informationen zum zeitlichen Bauablauf der Nord-Verlängerung der BAB A 14 sowie zu Zwischenzuständen bei abschnittsweisen Verkehrsfreigaben der BAB A 14 weder 2007 noch 2011 zur Verfügung gestanden. Zum Zeitpunkt der Modellierung habe man daher davon ausgehen können, dass die vorrangig in der Nord-Süd-Relation ausgerichteten Verkehre der BAB A 14 keinen mess- bzw. modellierbaren Einfluss auf die vorrangig städtisch orientierten Ost-West-Verkehre entlang der Ernst-Reuter-Allee ausüben würden. Ebenso sei ersichtlich geworden, dass aus den im Rahmen der „Prognose der deutschlandweiten Verkehrsverflechtungen 2025“ und der „Verkehrlichen Überprüfung der Straßenbauprojekte im Bedarfsplan für die Bundesfernstraßen 2004“ erstellten Szenarien keine unmittelbare Übernahme der für die Landeshauptstadt Magdeburg relevanten Daten ableitbar gewesen seien.

270

In Auswertung der Konzeptionen zur Stadtentwicklung (Flächennutzungsplan, Verkehrliches Leitbild, Märktekonzept, Stadtumbaukonzept, Nahverkehrskonzeption u.a.) könne zusammengefasst werden, dass die bisher verankerten Ziele der Stadtentwicklung auch über das Jahr 2015 im Wesentlichen weiter verfolgt werden.

271

Schwerpunkte hierfür lägen somit:

272

> in der weiteren Verdichtung innenstadtnaher Wohnbereiche wie z.B. in der Alten und Neuen Neustadt, in Brückfeld, in Cracau, in Buckau, in Sudenburg und in Stadtfeld

273

> in der weiteren Ansiedlung von Industrie und Gewerbe in den Gewerbegebieten Nord, Sülzegrund und Beyendorfer Grund sowie in derzeit brachliegenden Industriebrachen, wie z.B. „SKET-Areal“

274

> in der Beibehaltung der bisher geschaffenen großflächigen Einkaufsmärkte „Am Pfahlberg“, Florapark“ und Bördepark sowie des Einkaufsbereiches Ernst-Reuter-Allee / Breiter Weg

275

> in der Aufrechthaltung der Universitäts- und Hochschulstandorte in der Innenstadt und im Herrenkrug.

276

Neben diesen Schwerpunkten der Stadtentwicklung habe die prognostizierte Bevölkerungsentwicklung in der Landeshauptstadt Magdeburg und im näheren Umland der Landeshauptstadt einen erheblichen Einfluss gehabt. Nach Angaben des Statistischen Landesamtes des Landes Sachsen-Anhalt sei eine Bevölkerungsentwicklung von 2011 auf 2025 landesweit von -15,8 %‚ in den Landkreisen Börde von -16,3 %‚ Salzlandkreis von -20,1 % und Jerichower Land von -18,9 % sowie stadtfein für die Landeshauptstadt Magdeburg von -2,3 % zu erwarten. Während landesweit und in den drei Landkreisen ein stetiger Rückgang prognostiziert worden sei, habe die Bevölkerung der Landeshauptstadt bis 2015 leicht auf 232.500 Einwohner (EW) ansteigen sollen, bis 2020 leicht auf 230.700 EW zurückgehen und ab 2020 bis 2025 auf 225.600 EW etwas stärker abnehmen sollen. Auf dieser Basis habe 2011 das Amt für Statistik der Beklagten verkehrszellenfein die Bevölkerungsvorausschau erstellt. Unter Beachtung der im Trendszenario fortgeschriebenen Eckpunkte (Geburtenrate, Sterberate, Wanderungssaldo zwischen den statistischen Bezirken u.a.) könne verkehrszellenfein eine Entwicklung eintreten, bei der im innenstadtnahen Bereich der Stadt die Einwohnerzahl sich erhöhe und in einigen sich in Randlage befindlichen Stadtteilen die Einwohnerzahl sehr deutlich abnehmen werde. Die Bevölkerungsvorausschau sei auf Basis der Bevölkerung mit Hauptwohnsitz erfolgt. Somit sei bei der Ermittlung der Bevölkerungsvorausschau unterstellt worden, dass die Anteile der Personen mit Zweitwohnsitz in den jeweiligen Stadtteilen von derzeit 2,2 % aller wohnberechtigten Einwohner unverändert bleiben werden und damit die Ungenauigkeit in der Ermittlung der Quelle- und Ziel-Verkehre je Verkehrszelle nur marginal beeinflussen. Die Entwicklung entspreche damit im Wesentlichen der städtebaulichen Zielstellung – der weiteren Verdichtung der inneren Stadtteile des sogenannten 1. Rings sowie des Stadtzentrums. Durch diese deutlich differenzierten Strukturänderungen in den einzelnen Verkehrszellen könnten sich ebenso deutlich veränderte Verkehrsbeziehungen ergeben. Die Umlegung der mit diesen Annahmen erstellten IV-Nachfragematrix 2025 auf das vorhandene Straßennetz (Prognose-NuIlfall) und auf das geplante Verkehrsnetz 2025 (Prognose-Planfall) habe deutlich gemacht, dass es infolge der o.g. Entwicklung zu einem leichten Aufwuchs der Verkehrsbelastung auf einigen innenstadtnahen Hauptverkehrsstraßen kommen könne. Mit diesem Aufwuchs würde die Leistungsfähigkeit des Hauptverkehrsstraßennetzes der Stadt nicht beeinträchtigt werden. Es würde damit kein Verdrängen in das Straßennebennetz stattfinden. Die in die Prognose 2025 einbezogenen Verkehrsbaumaßnahmen dienten u.a. der weiteren Bündelung des Kfz-Verkehrs auf das Hauptverkehrsstraßennetz. In Bezug auf die beiden anstehenden Großvorhaben in der Innenstadt – Eisenbahnüberführung Ernst-Reuter-Allee und Neubau der Elbbrücken – seien keine Verlagerungen des MIV modellseitig erkennbar geworden.

277

  (3.) Der Kläger vermag nicht mit dem Einwand durchzudringen, eine schlüssige Verkehrsprognose sei nicht Gegenstand von Planfeststellungsunterlagen gewesen, vielmehr wiesen die ausgelegten Unterlagen erhebliche Defizite auf. Zwar lässt sich allein anhand der in den vorliegenden Planfeststellungsunterlagen enthaltenen Angaben nicht nachvollziehen, wie das Stadtplanungsamt der Beklagten zu den in der Verkehrsprognose dargestellten Ergebnissen gelangte. Es wird im Wesentlichen nur das Ergebnis der Auswertung mitgeteilt. Jedoch führt allein eine unzureichende Dokumentation der Ermittlung des prognostizierten Verkehrsaufkommens nicht zu einem relevanten Rechtsfehler. Den einschlägigen Normen kann keine Rechtspflicht zur umfassenden Dokumentation der zugrunde liegenden Untersuchungen entnommen werden. Der Behörde ist es daher nicht verwehrt, die Plausibilität der für die Planung maßgeblichen Untersuchungsergebnisse nachträglich aufzuzeigen (vgl. BVerwG, Urt. v. 10.10.2012 – 9 A 19.11 –, a.a.O., RdNr. 29).

278

  (4.) Auch unter Berücksichtigung der im Verfahren 2 K 99/12 von der dortigen Klägerin vorgelegten Stellungnahme des IVV vom August 2013 sind methodische Fehler oder unrealistische Annahmen bei der Erstellung der Verkehrsprognose nicht erkennbar.

279

  (4.1.) Insbesondere kann nicht davon ausgegangen werden, dass die angenommenen Verkehrszahlen bereits deswegen verfehlt sind, weil ein erheblicher Anstieg des LKW-Aufkommens zu erwarten wäre, der in den Belastungsdaten, die insbesondere den Immissionsgutachten zugrunde liegen, nicht berücksichtigt wurde.

280

Dem Kläger ist zwar darin beizupflichten, dass zur Berechnung von LKW-Anteilen auf die Tabelle A in Anlage 1 zur 16. BImSchV zurückgegriffen werden kann, solange geeignete projektspezifische Prognosen des LKW-Anteils fehlen (vgl. BVerwG, Urt. v. 10.10.2012 – 9 A 19.11 –, a.a.O., RdNr. 28). Allerdings ist entgegen seiner Annahme die Ernst-Reuter-Allee nicht – auch nicht nach Vergrößerung der Durchfahrtshöhe von 3,40 m auf 4,50 m – als Gemeindeverbindungsstraße einzustufen mit der Folge, dass bei Anwendung der Tabelle A der Anlage 1 zur 16. BImSchV der LKW Anteil mit 20 % tags und 10 % nachts anzusetzen wäre. Eine Gemeindeverbindungsstraße ist dadurch gekennzeichnet, dass sie überwiegend dem nachbarlichen Verkehr zwischen Gemeinden oder dem weiteren Anschluss von Gemeinden oder räumlich getrennten Ortsteilen an überörtliche Verkehrswege dienen oder zu dienen bestimmt sind (vgl. § 3 Abs. 1 Nr. 3 StrG LSA). Auch wenn die zulässige Gesamthöhe für Kraftfahrzeuge gemäß § 32 Abs. 2 StVZO 4,00 m beträgt, so dass nach einer Vergrößerung der Durchfahrtshöhe von 3,40 m auf 4,50 m künftig auch mehr größere LKWs die Eisenbahnunterführung nutzen können als zuvor, ist nicht ersichtlich, dass die in der Innenstadt liegende Ernst-Reuter-Allee deshalb überwiegend dem nachbarlichen Verkehr zu anderen Gemeinden dienen soll. Mit der Sanierung der Eisenbahnunterführung will die Beklagte eine Durchfahrtshöhe von 4,50 m deshalb gewährleisten, weil dies der Richtlinie für die Anlage von Stadtstraßen – Ausgabe 2006 (RASt 06) entspricht. Die Richtlinien für die Anlage von Straßen bringen die anerkannten Regeln für die Anlage von Straßen zum Aus

281

druck; ausgehend hiervon wird eine Straßenplanung, die sich an den Vorgaben dieser Richtlinien orientiert, nur in besonderen Ausnahmefällen gegen das fachplanerische Abwägungsgebot verstoßen (vgl. zu den Richtlinien für die Anlage von Straßen [RAS] BVerwG, Urt. v. 30.05.2012 – 9 A 35.10 –, NVwZ 2013, 147 [152], RdNr. 43, m.w.N.). Die Tabelle A der Anlage 1 zur 16. BImSchV geht davon aus, dass bei Gemeindestraßen von einem Anteil für LKWs mit über 2,8 t zulässigem Gesamtgewicht von tagsüber 10 % und nachts 3 % zu rechnen ist. Unter Anwendung eines von der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) genannten Umrechnungsfaktors von 1,17 (vgl. hierzu BVerwG, Urt. v. 10.10.2012 – 9 A 19.11 –, a.a.O., RdNr. 30) läge der LKW-Anteil > 3,5 t nachts bei 2,56 % und tags bei ca. 8,55 %, durchschnittlich also bei 5,56 %.

282

Die Beklagte hat indes den LKW-Anteil projektbezogen ermittelt, so dass nicht auf die Tabelle A in Anlage 1 zur 16. BImSchV zurückgegriffen werden muss.

283

Die Möglichkeit, bestimmte Werte auf der Grundlage geeigneter projektbezogener Untersuchungsergebnisse heranzuziehen, soll – wie die verwerteten Daten, Tabellen und Korrekturwerte der Anlage 1 zu  § 3 der 16. BImSchV – Erfahrungswissen nutzbar machen. Daher ist es erforderlich, aber auch ausreichend, entsprechende Erkenntnisse empirisch (auf Erfahrung beruhend) zu ermitteln, auszuwerten und in wissenschaftlich korrekter Weise Schlussfolgerungen für die zu beurteilende Situation zu ziehen. Dagegen muss das erarbeitete Erfahrungswissen nicht zugleich mathematisch zwingende Schlussfolgerungen erlauben (vgl. zum Ganzen: BVerwG, Urt. v. 11.01.2001 – 4 A 13.99 –, NVwZ 2001, 1154 [1157], RdNr. 70 in Juris).

284

Die Beklagte hat für die Ermittlung der zu erwartenden LKW-Anteile als wesentliche Grundlage Erfahrungswissen aus der Nutzung der bereits bestehenden und befahrenen Straße herangezogen. Sie hat insoweit auf eine LKW-Matrix für den Istfall 2007 im IV-Modell zurückgegriffen, die vom Büro (…) im Auftrag des Landes Sachsen-Anhalt im Zuge von Untersuchungen zur Einrichtung einer Umweltzone in Magdeburg auf der Basis von Verkehrszählungen innerhalb des Stadtgebietes erstellt worden war. Der LKW-Anteil betrug für die Analyse 2007 im streitigen Abschnitt der Ernst-Reuter-Allee zwischen 0,8 und 1,8 % und durchschnittlich ca. 1,5 % (vgl. Tabelle 5 der Luftschadstoffuntersuchung, S. 16). Nach der „Datenzusammenstellung und Erläuterung zu den Anforderungen der ISU Plan Berlin EÜ Ernst-Reuter-Allee, Bewertung der Umweltauswirkungen gemäß § 12 UVPG“ vom 24.07.2008 beinhaltete der Istfall 2007 sowohl die Verkehrsbelastung im Kfz-Verkehr als auch anteilig den LKW-Verkehr über 24 Stunden (DTV). Die Prognosen beinhalteten dagegen die Verkehrsbelastung nur im Kfz-Verkehr. Eine Unterteilung des Kfz-Verkehrs in LKW- und übrigen Kfz-Verkehr habe nicht vorgenommen werden können, weil eine Unterscheidung zwischen Kfz- und LKW-Verkehr nach dem Netzmodell VISUM nicht vorhanden sei.

285

Für den Null- und Planfall der Prognosen wurden deshalb auf der Grundlage der vom Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS) herausgegebenen „Prognose der deutschlandweiten Verkehrsverflechtungen 2025“ der vom 14.11.2007 (http://www.dlr.de/cs/Portaldata/10/Resources/dokumente/daten_berichte/FE_96_857_2005_Verflechtungsprognose_2025_Gesamtbericht_20071114.pdf) die LKW-Anteile ermittelt. Nach dieser – wissenschaftlichen Maßstäben genügenden – Untersuchung (vgl. S. 208) ist für den Prognosezeitraum 2025 mit einer Steigerung des LKW-Nahverkehrs von 3 %, des Güterfernverkehrs von 55 % und des gesamten LKW-Verkehrs von 27 % zu rechnen. Legt man die Steigerungsrate für den gesamten LKW-Verkehr (von 27 %) zugrunde, ergäbe sich für den hier vorhandenen Abschnitt ein LKW-Anteil von maximal ca. 2,3 %. Gleichwohl hat das Ingenieurbüro Dr. Brenner für die Luftschadstoffuntersuchung einen LKW-Anteil von 5 % zugrunde gelegt, um „auf der sicheren Seite“ zu sein, obwohl sich nach dessen Einschätzung der Schwerverkehrsanteil eher zwischen 2 und 4 % bewege (vgl. die Ausführungen im Erörterungstermin vom 09.01.2012 (S. 75 der Niederschrift, Bl. 142 der Beiakte P). Der Anteil von 5 % wurde der Luftschadstoffuntersuchung zugrunde gelegt.

286

Angesichts des bislang geringen LKW-Anteils auf der Ernst-Reuter-Allee von durchschnittlich 1,5 % bis 1,6 % und maximal 1,8 %, der für den Ist-Fall 2007 ermittelt wurde, erscheint es deshalb jedenfalls vertretbar, für die Prognosefälle 2018 und 2025 einen Anteil von 5 % des DTV anzusetzen. Auch in Anbetracht der Vergrößerung der Durchfahrtshöhe von 3,40 m auf 4,50 m begegnet die Bemessung des LKW-Anteils mit 5 % keinen durchgreifenden Bedenken. Die Befürchtung, dass das LKW-Aufkommen in der Ernst-Reuter-Allee nach Vergrößerung der Durchfahrtshöhe durch große LKW mit einer Höhe von mehr als 3,40 m in größerem Umfang als angenommen gesteigert werde, hat das Ingenieurbüro Dr. Brenner bereits im Erörterungstermin vom 09.01.2012 (S. 76 der Niederschrift, Bl. 143 der Beiakte P) in nachvollziehbarer Weise entkräftet. Er hat hierzu ausgeführt, dass es wesentlich attraktivere Stellen gebe, die Innenstadt zu durchfahren. Das Stadtzentrum sei dadurch gekennzeichnet, dass dort viele Lichtsignalanlagen vorhanden seien, die für den Durchgangsverkehr behindernd wirkten. Es sei zwar so etwas wie eine kleine Koordinierung mit enthalten, aber diese orientiere sich eher an der Straßenbahn und weniger am Kfz-Verkehr. Das bedeute, dass auch LKW-Fahrer, denen regelmäßig wenig Zeit zur Verfügung stehe, insbesondere im Berufsverkehr die Innenstadt nicht zügig, sondern nur unter Behinderungen durchfahren könnten. Der meiste Verkehr, der in die Innenstadt hineinfahre, sei Zielverkehr. Es gebe eine wesentlich leistungsfähigere Straßenführung im Stadtgebiet über den sogenannten City-Ring, an dem auch die Bundesstraße B 1 maßgeblich beteiligt sei. Ein LKW-Fahrer, der auf dieser Tangente aus Richtung Süden oder Norden ankomme und in Richtung Osten fahren wolle, komme viel besser voran, wenn er an der Albert-Vater-Straße (B 1) abfahre. Weitere Lkws, die sich bereits auf der Bundesstraße B 1 befänden, wären zeitlich wesentlich schlechter gestellt, wenn sie die B 1 irgendwo verließen, um das Zentrum zu kreuzen und dann irgendwo wieder auf die B 1 zu fahren.

287

  (4.2.) Die Verkehrsprognose ist auch nicht deshalb fehlerhaft, weil sie die teilweise bereits im Bau befindliche und im Übrigen geplante Nordverlängerung der Bundesautobahn A 14 sowie andere verkehrliche Entwicklungen in naher Zukunft im Umfeld der Stadt Magdeburg unberücksichtigt lässt. Für die Annahme des Klägers, auf absehbare Zeit werde der Verkehr der A 14 über die B 189 direkt nach Magdeburg hineingeführt, bestehen keine belastbaren Anhaltspunkte.

288

Die Beklagte hat hierzu ausgeführt, Auswirkungen der im Landesverkehrswegeplan von Sachsen-Anhalt enthaltenen geplanten Verkehrsbauvorhaben im Umland von Magdeburg wie z.B. die Nord-Verlängerung der BAB A 14 einschließlich der Neu-Anbindung der B 71n an die BAB A 14 oder die Südumfahrung von Schönebeck im Zuge der B 246a auf den innerstädtischen Verkehr hätten nicht unmittelbar abgeleitet werden können. Mit der Nord-Verlängerung der BAB A 14 werde bspw. eine Entflechtung der Verkehre auf der B 189 zwischen Stendal und Magdeburg sowie auf der B 71 zwischen Haldensleben und Magdeburg dahingehend einhergehen, dass zukünftig zwei Trassen zwischen Magdeburg und Stendal bzw. Haldensleben zur Verfügung stehen werden. Weiträumige überörtliche Verkehre würden somit eher die A 14 und der Quelle-Ziel-Verkehr würde im Nahbereich von Magdeburg eher die B 189 bzw. B 71 nutzen. Aus verkehrsplanerischer Sicht sei die Annahme getroffen worden, dass die aus der baulichen Umsetzung dieser Maßnahmen resultierenden verkehrlichen Auswirkungen in besonderem Maße die Verkehre entlang der neu angelegten Trassen außerhalb von Magdeburg betreffen. Denn die BAB A 14 führe schon heute längs am Stadtgebiet von Magdeburg im Norden bis nach Dahlenwarsleben vorbei. Die Verkehre würden einerseits über die BAB A 14 – wie schon jetzt – tangential an Magdeburg vorbeifließen und andererseits würde der Quelle-Ziel-Verkehr in Höhe der Stadtgrenze wieder über bereits bestehende Trassen nach und von Magdeburg fließen. Diese Quelle-Ziel-Verkehre seien somit in die Netzmodellierung entsprechend eingeflossen. Des Weiteren hätten konkrete, auf die Landeshauptstadt Magdeburg ableitbare Informationen zum zeitlichen Bauablauf der Nord-Verlängerung der BAB A 14 sowie zu Zwischenzuständen bei abschnittsweisen Verkehrsfreigaben der BAB A 14 weder 2007 noch 2011 zur Verfügung gestanden. Zum Zeitpunkt der Modellierung habe man daher davon ausgehen können, dass die vorrangig in der Nord-Süd-Relation ausgerichteten Verkehre der BAB A 14 keinen mess- bzw. modellierbaren Einfluss auf die vorrangig städtisch orientierten Ost-West-Verkehre entlang der Ernst-Reuter-Allee ausüben würden. Ebenso sei ersichtlich geworden, dass aus den im Rahmen der „Prognose der deutschlandweiten Verkehrsverflechtungen 2025“ und der „Verkehrlichen Überprüfung der Straßenbauprojekte im Bedarfsplan für die Bundesfernstraßen 2004“ erstellten Szenarien keine unmittelbare Übernahme der für die Landeshauptstadt Magdeburg relevanten Daten ableitbar gewesen seien. Dies alles erscheint plausibel, so dass nicht zu beanstanden ist, dass ein überörtliches Verkehrsmodell, insbesondere das Verkehrsmodell des Landes Sachsen-Anhalt, keinen Eingang in das Verkehrsmodell der Beklagten gefunden hat. Hinzu kommt, dass nach den von der Beklagten zitierten Angaben des Statistischen Landesamts des Landes Sachsen-Anhalt mit einer Abnahme der Bevölkerungsentwicklung insbesondere im Umland der Beklagten zu rechnen ist. Der Rückgang soll im Landkreis Börde bei -16,3 %, im Salzlandkreis bei  -20,1 % und im Landkreis Jerichower Land bei -18,9 % liegen.

289

Der Annahme, dass die Veränderungen bei den überörtlichen Straßen keine messbaren Auswirkungen auf den innerstädtischen Verkehr haben, steht auch nicht entgegen, dass nach den Ausführungen der Beklagten mit der Eröffnung der A 14 im Jahr 2000 eine Verkehrsverlagerung aus dem Stadtgebiet auf diese neue Trasse eingesetzt habe, die vor allem den regionalen Quelle-Ziel- und überörtlichen Durchgangsverkehr umfasst habe, wodurch im Zuge des Magdeburger Ringes sehr große Kapazitäten freigesetzt worden seien, die wiederum durch den Binnenverkehr hätten besetzt werden können. Diese Verlagerung beruhte darauf, dass die A 14 in ihrer heutigen Ausdehnung längs am Stadtgebiet von Magdeburg im Norden bis nach Dahlenwarsleben vorbeiführt, so dass die Verkehre heute über die BAB A 14 tangential an Magdeburg vorbeifließen. Mit der Nordverlängerung der A 14 ist eine solche Verlagerung nicht verbunden.

290

Auch wenn LKW-Fahrer beabsichtigen sollten, die Autobahn zur Umgehung von Mautstellen zu verlassen, erschiene nicht plausibel, weshalb solche (Fern-)Verkehre als Ausweichstrecke gerade eine Route über die Ernst-Reuter-Allee und nicht über andere, zur Durchfahrt besser geeignete Straßen im Stadtgebiet der Beklagten nutzen sollten. Insoweit kann auf die oben bereits dargestellten schlüssigen Ausführungen des Ingenieurbüros Dr. Brenner im Erörterungstermin vom 09.01.2012 verwiesen werden.

291

  (4.3.) Die Verkehrsprognose ist auch nicht deshalb zu beanstanden, weil – wie in der Beschlussvorlage der Beklagten vom 10.04.2012 (Drucksache DS0130/12) ausgeführt – das System repräsentativer Verkehrsbefragungen (SrV) in Magdeburg wie auch in anderen Städten bei einer Befragung von nur 1.000 Einwohnern nicht für eine qualifizierte stadtspezifische Auswertung genüge, sodass für die Befragung 2013 mindestens 1.500 Einwohner nach dem Zufallsprinzip befragt werden sollten. Diese Einschätzung bedeutet nicht, dass die Ergebnisse einer solchen Befragung von nur 1.000 Einwohnern für die Verkehrsprognose völlig unbrauchbar waren. Da eine andere – bessere – Grundlage im Zeitpunkt der Erstellung der Prognose nicht zur Verfügung stand, kann die Verwendung der SrV 2008 nicht als methodisch fehlerhaft erachtet werden.

292

Ferner ist es vertretbar, dass die Beklagte auf der Grundlage der bisherigen Befragungen eine Reduzierung des spezifischen Verkehrsaufkommens im MIV von 1,65 Fa/P+d (2003) auf 1,45 Fa/P+d (2008)“ – also um ca. 12 % – angenommen hat, auch wenn der Rückgang der Bevölkerung geringer ist. Diese Faktoren ergeben sich aus der „Entwicklung des durchschnittlichen Verkehrsaufkommens in der Landeshauptstadt Magdeburg (ohne auswärtigen Quelle-Ziel-Verkehr – SrV 1982 - 2008)“ (Anlage 7 zur Methodik der Verkehrsmodellierung 2025) jeweils durch Division der Gesamteinwohnerzahl durch das Verkehrsaufkommen (Anzahl der Fahrten). Soweit davon die Rede ist, dass die Summe aller Kfz-Fahrten im Magdeburger Binnenverkehr in diesem Zeitraum wegen des Rückgangs der Einwohnerzahl „dagegen“ konstant geblieben sei, ist darin kein Widerspruch zu sehen. Der MIV ist nur ein Teil der „Summe aller Kfz-Fahrten“.

293

  (4.4.) Unrealistisch ist auch nicht die Annahme der Beklagten, dass das – bei der SrV 2008 ermittelte – Verkehrsverhalten der Bürger bis 2025 unverändert bleibe. Die gegenteilige Annahme, dass bei konstanter Einwohnerzahl aufgrund sinkender Haushaltsgrößen sowie Veränderungen im Freizeitverhalten und bei der Mobilität von Senioren, eher mit einer Zunahme des Verkehrsaufkommens gerechnet werden müsse, ist nicht zwingend.

294

  (4.5.) Die Verkehrsprognose wird als Grundlage für die Luftschadstoffuntersuchung auch nicht dadurch in Frage gestellt, dass die Beklagte die zu erwartende Zahl der aus der Tiefgarage des City Carrés mit Ziel Richtung Westen ausfahrenden Fahrzeuge möglicherweise zu gering angesetzt hat. Insoweit mag sich die Frage stellen, ob der Kontenpunkt Ernst-Reuter-Allee / Otto-von-Guericke-Straße auch bei einer höheren Zahl die erforderliche Leistungsfähigkeit besitzt, um diese Fahrzeuge dort wenden zu lassen. Auf die der Luftschadstoffuntersuchung zugrunde gelegten Verkehrsmengen hat dies aber nur einen marginalen Einfluss. Im Verhältnis zu dem gesamten prognostizierten Aufkommen in diesem Abschnitt von zwischen 10.000 und 15.000 Kraftfahrzeugen am Tag fällt nicht maßgeblich ins Gewicht, ob aus der nördlichen Tiefgaragenzufahrt – wie vom Verkehrsgutachter angenommen – in Spitzenstunden 55 oder – wie eine andere Verkehrszählung ergeben hat – 125 Fahrzeuge mit Ziel Richtung Westen ausfahren. Zudem hängt die verkehrliche Belastung des Knotens Ernst-Reuter-Allee / Otto-von-Guericke-Straße auch davon ab, wie sich die Tiefgaragennutzer nach Wegfall der Linksabbiegemöglichkeit an der nördlichen Tiefgaragenausfahrt künftig verhalten werden, insbesondere ob sie an der Kreuzung Ernst-Reuter-Allee / Otto-von-Guericke-Straße wenden oder aufgrund der verkehrlichen Situation andere Abfahrtsmöglichkeiten nutzen werden. Dieses zukünftige Verkehrsverhalten hängt u.a. davon ab, ob die Beklagte künftig überhaupt ein Linksabbiegen an der genannten Kreuzung verkehrsrechtlich zulässt. Zudem besteht die Möglichkeit, die Ausfahrt aus der Tiefgarage durch verkehrliche Maßnahmen wie Lichtzeichenanlagen zu regeln.

295

  (4.6.) Der Verkehrsprognose kann schließlich nicht entgegengehalten werden, es fehle an einer ausreichenden Kalibrierung, insbesondere weil keine hinreichend differenzierten Daten und keine ausreichende Dokumentation verschiedener Parameter vorlägen, die die Güte des Verkehrsmodells belegten. Entsprechendes gilt für den Vorwurf, das Verkehrsmodell der Beklagten entspreche in mancherlei Hinsicht nicht den gängigen Standards in der Verkehrsplanung. Die von der Beklagten vorgelegte Netzeichnung Verkehrsmodell Magdeburg der PTV Planung Transport Verkehr AG vom 29.06.2005 belegt, dass eine Kalibrierung des Quell-Ziel-Verkehrs Straße, des Binnenverkehrs Straße sowie des Öffentlichen Verkehrs stattfand. Dass es (mittlerweile) möglich sein mag, genauere Verkehrsmodelle zu erstellen, deren Ergebnisse auf mehr Eingangsdaten beruhen, führt nicht dazu, dass die Verkehrsprognose der Beklagten als methodisch fehlerhaft anzusehen wäre. Auch der Umstand, dass die Beklagte nur den Durchgangsverkehr und den Ziel-Quell-Verkehr des nahen Umlandes sowie den Binnenverkehr, nicht aber die sonstigen Außenverkehre für die Beurteilung der Belastung der innerstädtischen Straßen einbezogen hat, stellt keinen methodischen Fehler dar. Aufgrund der geringen Bedeutung darf er vernachlässigt werden. Ebenso wenig ist methodisch zu beanstanden, dass die Beklagte bezüglich des Umlandes nur 19 Verkehrszellen zugrunde gelegt hat. Unterschiedliche methodische Ansätze sind, jedenfalls solange sich kein allgemein anerkannter fachlicher Standard durchgesetzt hat, ebenso hinzunehmen wie Unterschiede bei der Einschätzung von Ausmaß und Entstehungsgrund des induzierten Verkehrs; völlig deckungsgleiche Ansichten sind in der wissenschaftlichen Diskussion von vornherein nicht zu erwarten (vgl. BVerwG, Urt. v. 09.06.2010 – 9 A 20.09 –, NVwZ 2011, 177 [181], RdNr. 66).

296

  dd) Selbst wenn die Luftschadstoffuntersuchungen, insbesondere aufgrund von Mängeln der ihnen zugrunde liegenden Verkehrsprognose, keine geeignete Abwägungsgrundlage gewesen sein sollten, würde dieser Abwägungsmangel weder zur Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses noch zur Feststellung von dessen Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit führen, weil sie auf das Abwägungsergebnis nicht von Einfluss gewesen sind (§ 37 Abs. 9 Satz 1 StrG LSA).

297

Ergebnisrelevanz in diesem Sinne liegt vor, wenn nach den Umständen des Falles die konkrete Möglichkeit besteht, dass ohne den Abwägungsmangel eine andere Entscheidung getroffen worden wäre; eine nur abstrakte Möglichkeit einer anderen Entscheidung genügt nicht (vgl. BVerwG, Urt. v. 24.11.2011 – 9 A 23.10 –, BVerwGE 141, 171 [191], RdNr. 68, m.w.N.).

298

Ausgehend davon läge hier kein ergebnisrelevanter Abwägungsmangel vor. Bei realistischer Beurteilung der maßgeblichen Erwägungen der Beklagten ist auszuschließen, dass auch bei einem höheren Verkehrsaufkommen als prognostiziert, insbesondere höherer LKW-Anteile, und einer damit einhergehenden deutlicheren Überschreitung der Grenzwerte der 39. BImSchV, insbesondere bei Stickstoffdioxid (NO2), die Entscheidung anders ausgefallen wäre, insbesondere nicht in dem Sinne, dass die Null-Variante gewählt worden wäre, bei der die bisherige Verkehrsführung beibehalten bliebe. Die Auswahl der Tunnelvariante ließe auch bei Berücksichtigung des nicht unerheblichen Gewichts des Schutzes der Bevölkerung vor Luftschadstoffen keine Fehlgewichtung im Sinne einer Abwägungsdisproportionalität erkennen. Dabei ist in Rechnung zu stellen, dass auch bei einem (deutlich) höheren Verkehrsaufkommen als demjenigen, der in der Verkehrsprognose für den Planfall 2025 und in der Luftschadstoffuntersuchung vom April 2012 für den Planfall 2018 angenommen wurde, sowohl bei der Nullvariante als auch bei der Tunnelvariante mit einer ähnlichen Schadstoffbelastung zu rechnen wäre. Der wesentliche Unterschied zwischen beiden Varianten besteht darin, dass bei der Tunnellösung an den Tunnelportalen, insbesondere am südöstlichen Portal, mit einer höheren Belastung durch NO2 zu rechnen ist als bei der Nullvariante an diesen Stellen, während sich diese Belastung bei der Tunnellösung dort verringert, wo die Straße unterirdisch verläuft.

299

  b) Fehler bei der Ermittlung und Bewertung der vom Vorhaben zu erwartenden Lärmbelastungen sind ebenfalls nicht ersichtlich.

300

Nach der schalltechnischen Untersuchung der Fa. ISU Plan vom August 2011 (Beiakte N – Ordner 4/7, Unterlage 11.1, Abschnitt 4 S. 12 f.) liegen für insgesamt neun Gebäude im Bereich zwischen Bahnhofstraße und Otto-von-Guericke-Straße Überschreitungen der Immissionsgrenzwerte nach § 2 der 16. BImSchV vor. Als aktive Lärmschutzmaßnahme sei in den Berechnungen eine Schall absorbierende Verkleidung für die Bereiche der Trogwände und an den beiden östlichen Tunnelportalen bis zu einer Tiefe von 20 m auf der Ernst-Reuter-Allee (Nähe City Carré) bereits berücksichtigt, um die Lärmbelästigungen in der Nähe des City Carrés zu begrenzen. Dies sei bei der Ausführungsplanung zu beachten. Diese Ergebnisse resultierten aus der Betrachtung der Summenpegel von Straße und Schiene (hier Straßenbahn). Für die betroffenen Gebäude werde ein Schutz durch passive Lärmschutzmaßnahmen an den Gebäuden vorgeschlagen. Aktive Lärmschutzmaßnahmen schieden aus, da der notwendige Raum zur Errichtung von aktiven Lärmschutzmaßnahmen in Form von Lärmschutzwänden bzw. -wällen im Bereich der Ernst-Reuter-Allee nicht gegeben sei.

301

Auf dieser Grundlage hat die Beklagte im Planfeststellungsbeschluss in der Nebenbestimmung in Teil A, Kapitel IV Punkt 6 b (S. 49 des PFB) geregelt, dass die Eigentümer näher bezeichneter Gebäude in der Ernst-Reuter-Allee Anspruch auf passiven Schallschutz haben. Dies ist nicht zu beanstanden.

302

Die auch der schalltechnischen Untersuchung zugrunde liegende Verkehrsprognose ist aus den oben bereits dargestellten Gründen nicht zu beanstanden. Auch diese Untersuchung geht von dem aus den bereits dargelegten Gründen nicht zu beanstandenden LKW-Anteil von 5 % aus.

303

  c) Abwägungsfehler liegen schließlich in Bezug auf die durch das Vorhaben zu erwartenden Erschütterungen nicht vor.

304

Für die Frage, ob die von einem Vorhaben ausgehenden Erschütterungen zumutbar sind, können die Anhaltswerte der DIN 4150-2 herangezogen werden. Die DIN 4150-2 ist zwar als technisches Regelwerk keine Rechtsnorm und deswegen für die gerichtliche Überprüfung der Zumutbarkeit von Erschütterungen nicht bindend; in ihr kommt aber naturwissenschaftlich-technischer Sachverstand zum Ausdruck (BVerwG, Beschl. v. 25.05.2005 – 9 B 41.04 –, Juris, RdNr. 30, m.w.N).

305

Nach dem Gutachten des Sachverständigen- und Ingenieurbüros (...) GbR vom 26.09.2008 (Beiakte H,- Ordner 4/7a, Unterlage 11.2) werden die Anhaltswerte der DIN 4150-2 in den Gebäuden außerhalb des Bereiches der Tunneldecke sicher unterschritten. Es bestehe keine Gefahr einer unzulässigen Belästigung tags und für die bewohnten Gebäude auch nachts. Für die Gebäude Ernst-Reuter-Allee 42 und 40, City Carré Bereich 5, und das Schulungszentrum der Bahn unmittelbar neben dem Tunnel ergäben sich infolge des ungünstigen Berechnungsansatzes für die Ausbreitung der Straßenbahnerschütterungen in der Tunneldecke und die größere Erschütterungswirkung durch die Weichen höhere KB-Werte, als es die DIN 4150-2 zulasse. Für das Gebäude Ernst-Reuter-Allee 40, das als einziges Wohngebäude betroffen sei, gelte diese Aussage auch für die Nacht. Die Wahrscheinlichkeit für diese Überschreitungen sei gering. Deshalb hat der Gutachter nahegelegt, trotzdem zu überlegen, ob insbesondere im Bereich der Weichen, die mit der Tunnelplatte verbunden sind, eine erschütterungsmindernde Maßnahme in Gestalt eines Masse-Feder-Systems eingeplant werden müsse. Der Einsatz eines solchen Masse-Feder-Systems ist indes im kritischen Bereich des Gleisdreiecks an der Einmündung des Willy-Brandt-Platzes vorgesehen (vgl. Beiakte L - Ordner 6/7, Unterlage 15.2.27 sowie S. 160 des PFB).

306

Das Gutachten ist nicht deshalb fehlerhaft, weil keine Messungen an benachbarten Gebäuden durchgeführt wurden. Zwar werden bei der Prüfung der Zumutbarkeit von Erschütterungen für Menschen grundsätzlich Messungen durchgeführt, womit die konkreten Parameter berücksichtigt werden können. Dies stellt auch der Gutachter im Abschnitt 4.1 „Vorbemerkungen“ voran (vgl. S. 4 des Gutachtens). Nach seiner Darstellung erfolgten im vorliegenden Fall aber deshalb keine Messungen, weil auf Grund der geometrischen Verhältnisse die Veränderungen hinsichtlich der Erschütterungswirkung nur gering seien. Eine Besonderheit stelle der Tunnel dar, der in seinem Hauptteil aber sehr weit von der Bebauung entfernt sei. Die Prognose müsse daher auf Grund von Analogieschlüssen mit ähnlichen Verhältnissen erfolgen. Der Gutachter erstellte seine Prognose im Folgenden bezüglich des Straßenbahnverkehrs auf der Grundlage von Erschütterungsmessungen, die u.a. im Bereich von Gebäudefundamenten neben einer auf einer festen Fahrbahn verlegten Straßenbahntrasse in Leipzig durchgeführt worden seien. Ergänzt würden diese Unterlagen durch Erfahrungen aus Emissions- und Immissionsmessungen bei Eisenbahnverkehr (vgl. Abschnitt 4.2.2. auf S. 7 f. des Gutachtens). Die gesamte Vorausberechnung beruhe auf Einzelergebnissen bzw. Verallgemeinerungen. Es werde deshalb ein Sicherheitswert sv (1,7) als Faktor zur Berechnung der Maximal-Terzschnelle am Immissionsort berücksichtigt.

307

Im angefochtenen Planfeststellungsbeschluss hat die Beklagte die Einwendungen des Klägers in Bezug auf fehlende Erschütterungsmessungen im Vorfeld der Maßnahme mit dem Hinweis darauf zurückgewiesen, dass sich nach Fertigstellung des Vorhabens die Ausbreitungssituation der Wellen aus dem Straßen- und Straßenbahnverkehr vollständig ändere. Durch die in der -1-Ebene herabgesetzten abgegrenzten Betonpfahlwände und die Verlegung der Straßenbahntrasse auf die Tunnelebene änderten sich die Voraussetzungen für die zu erwartenden Erschütterungen maßgeblich; insofern würden Messungen des derzeitigen Zustandes keine hinreichend verlässliche Grundlage für die zukünftig zu erwartenden Erschütterungen bieten. Diese Erwägungen, die der Kläger im Klageverfahren nicht mehr in Zweifel gezogen hat, begegnen keinen durchgreifenden Bedenken.

308

  2. Selbst wenn der angefochtene Planfeststellungsbeschluss gegen dem Umweltschutz dienende und für die Entscheidung bedeutsame Rechtsvorschriften verstoßen sollte, hätte die auf das UmwRG gestützte Klage keinen Erfolg. Die in § 2 Abs. 5 Satz 2 UmwRG normierte Voraussetzung, dass eine Pflicht zur Umweltverträglichkeitsprüfung bestehen muss, ist hier nicht erfüllt.

309

  2.1. Wie oben (I.1.) bereits dargelegt, ist nach der hier allein maßgeblichen Nr. 3.6 der Anlage zum UVPG LSA beim Bau – nicht beim Umbau – von „sonstigen“ also nicht den Nr. 3.1 bis 3.5 unterfallenden Straßen nur eine standortbezogene Vorprüfung des Einzelfalls nach dem UVPG durchzuführen. Nach § 3c Abs. 1 Satz 1 UVPG i.V.m. Nr. 14.11 der Anlage 1 ist zudem beim Bau einer Bahnstrecke u.a. für Straßenbahnen eine allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls vorgesehen. Nur wenn – anders als hier –  der Umbau der Straße oder Straßenbahntrasse nach Umfang und Art einem Neubau gleichkommt, kann eine andere Beurteilung geboten sein. Bei der Änderung von „Altvorhaben“, für die nach früherem Recht keine UVP durchgeführt wurde, besteht gemäß § 2 UVPG LSA i.V.m. § 3e Abs. 1 Nr. 2 Halbsatz 1 UVPG die Verpflichtung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung, wenn bereits für das Altvorhaben nach den heute geltenden Rechtsvorschriften eine UVP-Pflicht bestand, und eine Vorprüfung des Einzelfalls im Sinne des § 3c Satz 1 und 3 UVPG ergibt, dass die Änderung oder Erweiterung erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben kann.

310

Die bei der Klagebefugnis noch offen gebliebene – umstrittene – Frage, ob das Änderungsvorhaben der UVP-Vorprüfungspflicht nach § 3e Abs. 1 Nr. 2 UVPG auch dann unterfällt, wenn für das „Grundvorhaben“ – wie hier – lediglich eine standortbezogene Vorprüfung vorgesehen ist, verneint der Senat. Teilweise wird zwar die Auffassung vertreten, dass nachträglich bezüglich des zu ändernden Vorhabens noch eine Vorprüfung nach § 3c UVPG durchgeführt werden müsse (vgl. zum Ganzen sowie verneinend: Sagenstedt, a.a.O. RdNr. 12). Gegen eine solche nachträgliche Prüfung spricht aber, dass eine retrospektive Vorprüfung des zu ändernden Vorhabens überaus kompliziert wäre und der Wortlaut der Norm ausdrücklich von einer „bereits bestehenden“ UVP-Pflicht spricht.

311

Eine UVP-Pflicht ergibt sich auch nicht daraus, dass während der Bauphase nach Abschnitt IX. Nr. 5 des Planfeststellungsbeschlusses eine bauzeitliche Wasserhaltung erfolgt, die die Beklagte der Nr. 13.3.2 der Anlage 1 zum UVPG zugeordnet hat. Die Beklagte ist bei der von ihr insoweit vorgenommenen allgemeinen Vorprüfung nach Anhörung der Umweltbehörden zu dem Ergebnis gelangt, dass erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen nicht zu erwarten sind, so dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung für die bauzeitliche Wasserhaltung entbehrlich ist. Bedenken gegen diese Einschätzung sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.

312

Ohne Belang ist, dass die Beklagte gemäß § 37 Abs. 1 Satz 4 StrG LSA bei der Planfeststellung materiell im Rahmen der Abwägung (vgl. hierzu BVerwG, Urt. v. 09.07.2003 – 9 VR 1.03 –, Juris, m.w.N.) die Umweltverträglichkeit des Vorhabens insgesamt geprüft hat. § 2 Abs. 5 Satz 2 UmwRG stellt für die Begründetheit einer Klage nach dem UmwRG allein darauf ab, ob nach dem UVPG, der Verordnung über die Umweltverträglichkeitsprüfung bergbaulicher Vorhaben oder landesrechtlichen Vorschriften eine Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung tatsächlich besteht.

313

  2.2. Dieses Ergebnis verstößt auch nicht gegen europarechtliche Vorgaben, insbesondere nicht gegen Art. 11 der Richtlinie 2011/92/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13.12.2011 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten (UVP-RL) oder Art. 9 Abs. 2 und 3 des Übereinkommens über den Zugang zu Informationen, die Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten (Aarhus-Übereinkommen).

314

  2.2.1. Nach Art. 11 Abs. 1 der Richtlinie 2011/92/EU stellen die Mitgliedstaaten im Rahmen ihrer innerstaatlichen Rechtsvorschriften sicher, dass Mitglieder der betroffenen Öffentlichkeit, die a) ein ausreichendes Interesse haben oder alternativ b) eine Rechtsverletzung geltend machen, sofern das Verwaltungsverfahrensrecht bzw. Verwaltungsprozessrecht eines Mitgliedstaats dies als Voraussetzung erfordert, Zugang zu einem Überprüfungsverfahren vor einem Gericht oder einer anderen auf gesetzlicher Grundlage geschaffenen unabhängigen und unparteiischen Stelle haben, um die materiellrechtliche und verfahrensrechtliche Rechtmäßigkeit von Entscheidungen, Handlungen oder Unterlassungen anzufechten, für die die Bestimmungen dieser Richtlinie über die Öffentlichkeitsbeteiligung gelten. Das durch Art. 11 der Richtlinie 2011/92/EU vermittelte Klagerecht beschränkt sich auf Zulassungsentscheidungen für UVP-pflichtige Vorhaben. Gegenstand dieser Richtlinie ist nach deren Art. 1 Abs. 1 die Umweltverträglichkeitsprüfung bei öffentlichen und privaten Projekten, die möglicherweise erhebliche Auswirkungen auf die Umwelt haben. Dem entsprechend begegnet es auch keinen Bedenken, wenn der Gesetzgeber für die Begründetheit einer Klage nach dem UmwRG verlangt, dass eine Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung bestehen muss.

315

  2.2.2. Entsprechendes gilt für Art. 9 Abs. 2 des Aarhus-Übereinkommens. Danach stellt jede Vertragspartei im Rahmen ihrer innerstaatlichen Rechtsvorschriften sicher, dass Mitglieder der betroffenen Öffentlichkeit, die ein ausreichendes Interesse haben oder alternativ eine Rechtsverletzung geltend machen, sofern das Verwaltungsprozessrecht einer Vertragspartei dies als Voraussetzung erfordert, Zugang zu einem Überprüfungsverfahren vor einem Gericht und/oder einer anderen auf gesetzlicher Grundlage geschaffenen unabhängigen und unparteiischen Stelle haben, um die materiell-rechtliche und verfahrensrechtliche Rechtmäßigkeit von Entscheidungen, Handlungen oder Unterlassungen anzufechten, für die Art. 6 und – sofern dies nach dem jeweiligen innerstaatlichen Recht vorgesehen ist und unbeschadet des Absatzes 3 – sonstige einschlägige Bestimmungen dieses Übereinkommens gelten. Art. 6 des Aarhus-Übereinkommens betrifft nach dessen Abs. 1 Buchstabe a) zunächst Entscheidungen über die Zulassung der in Anhang I aufgeführten geplanten Tätigkeiten. Dazu gehört das hier in Rede stehende Vorhaben nicht; es gehört insbesondere nicht zu den in Absatz 8 des Anhangs I genannten Verkehrswegevorhaben. Nach Art. 6 Abs. 1 Buchstabe b) des Aarhus-Übereinkommens wendet jede Vertragspartei diesen Artikel in Übereinstimmung mit innerstaatlichem Recht auch bei Entscheidungen über nicht in Anhang I aufgeführte geplante Tätigkeiten an, die eine erhebliche Auswirkung auf die Umwelt haben können; zu diesem Zweck bestimmen die Vertragsparteien, ob dieser Artikel Anwendung auf eine derartige geplante Tätigkeit findet. Ein Recht, dass die anerkannten Naturschutzverbände auch bei den nicht im Anhang I aufgeführten Verfahren die volle Überprüfung der Rechtmäßigkeit solcher Entscheidungen verlangen können, ergibt sich daraus gerade nicht. Das Aarhus-Übereinkommen eröffnet den Zugang zu einem gerichtlichen Überprüfungsverfahren in Art. 9 Abs. 2 i.V.m. Art. 6 nur für Entscheidungen über die in Anhang I aufgeführten Tätigkeiten (BVerwG, Beschl. v. 07.10.2009 – 7 B 28.09 –, BImSchG-Rspr § 19 Nr. 6, RdNr. 13 in Juris). Die Umsetzung des Aarhus-Übereinkommens erfolgte durch eine Anpassung des europäischen Rechts an diese Konvention, u.a. mittels der Öffentlichkeitsbeteiligungs-Richtlinie (vgl. Art. 1 der Richtlinie), mit der insbesondere die UVP-Richtlinie und die Richtlinie 96/61/EG (IVU-Richtlinie) geändert wurden (vgl. Art. 3 und 4 der Öffentlichkeitsbeteiligungs-Richtlinie); aufgrund dieser Änderungen kann sich gemäß Art. 10 a UVP-RL und Art. 15 a der IVU-Richtlinie ein Mitwirkungsrecht und ein Klagerecht von Naturschutzverbänden nur für solche Vorhaben ergeben, die dem Anwendungsbereich der UVP-Richtlinie oder der IVU-Richtlinie unterfallen (vgl. BayVGH, Urt. v. 03.04.2009 – 22 BV 07.1709 –, NuR 2009, 434 [437], RdNr. 30). Dies ist – wie bereits dargelegt – nicht der Fall.

316

Aus Art. 9 Abs. 3 des Aarhus-Übereinkommens folgt kein anderes Ergebnis. Eine unmittelbare Anwendung dieser Norm scheitert schon daran, dass die Vorschrift keine hinreichend bestimmte Regelung enthält (vgl. EuGH, Urt. V. 08.03.2011 – C-240/09 –, NVwZ 2011, 673, RdNr. 45). Zwar ist der nationale Richter gehalten, das nationale Recht im Hinblick auf die Gewährleistung eines effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes so auszulegen, dass es so weit wie möglich im Einklang mit den in Art. 9 Abs. 3 des Übereinkommens von Aarhus festgelegten Zielen steht (EuGH, Urt. v. 08.03.2011, a.a.O.). Unabhängig davon, ob das deutsche Recht überhaupt einer Auslegung zugänglich ist, nach der in den vom EuGH genannten Fällen eine Klage- bzw. Antragsbefugnis unabhängig etwa vom Vorliegen der Voraussetzungen des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes besteht (vgl. hierzu NdsOVG, Beschl. v. 30.07.2013 – 12 MN 300/12 – Juris, RdNr. 18, m.w.N.), folgt daraus nicht, dass die anerkannten Umwelt- und Naturschutzverbände die Prüfung der Vereinbarkeit eines Vorhabens mit sämtlichen nationalen umweltrechtlichen Vorschriften unabhängig von der UVP-Pflicht des Vorhabens verlangen können.

317

  III. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht der Billigkeit im Sinne von § 162 Abs. 3 VwGO, die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen für erstattungsfähig zu erklären, da sie einen Sachantrag gestellt und sich damit dem Kostenrisiko des § 154 Abs. 3 VwGO ausgesetzt hat.

318

  IV. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 709 Sätze 1 und 2, 708 Nr. 11 ZPO.

319

  V. Die Revision wird nicht zugelassen, da die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht gegeben sind.


(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.

(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.

(1) Die Planfeststellungsbehörde stellt den Plan fest (Planfeststellungsbeschluss). Die Vorschriften über die Entscheidung und die Anfechtung der Entscheidung im förmlichen Verwaltungsverfahren (§§ 69 und 70) sind anzuwenden.

(2) Im Planfeststellungsbeschluss entscheidet die Planfeststellungsbehörde über die Einwendungen, über die bei der Erörterung vor der Anhörungsbehörde keine Einigung erzielt worden ist. Sie hat dem Träger des Vorhabens Vorkehrungen oder die Errichtung und Unterhaltung von Anlagen aufzuerlegen, die zum Wohl der Allgemeinheit oder zur Vermeidung nachteiliger Wirkungen auf Rechte anderer erforderlich sind. Sind solche Vorkehrungen oder Anlagen untunlich oder mit dem Vorhaben unvereinbar, so hat der Betroffene Anspruch auf angemessene Entschädigung in Geld.

(3) Soweit eine abschließende Entscheidung noch nicht möglich ist, ist diese im Planfeststellungsbeschluss vorzubehalten; dem Träger des Vorhabens ist dabei aufzugeben, noch fehlende oder von der Planfeststellungsbehörde bestimmte Unterlagen rechtzeitig vorzulegen.

(4) Der Planfeststellungsbeschluss ist dem Träger des Vorhabens, denjenigen, über deren Einwendungen entschieden worden ist, und den Vereinigungen, über deren Stellungnahmen entschieden worden ist, zuzustellen. Eine Ausfertigung des Beschlusses ist mit einer Rechtsbehelfsbelehrung und einer Ausfertigung des festgestellten Plans in den Gemeinden zwei Wochen zur Einsicht auszulegen; der Ort und die Zeit der Auslegung sind ortsüblich bekannt zu machen. Mit dem Ende der Auslegungsfrist gilt der Beschluss gegenüber den übrigen Betroffenen als zugestellt; darauf ist in der Bekanntmachung hinzuweisen.

(5) Sind außer an den Träger des Vorhabens mehr als 50 Zustellungen nach Absatz 4 vorzunehmen, so können diese Zustellungen durch öffentliche Bekanntmachung ersetzt werden. Die öffentliche Bekanntmachung wird dadurch bewirkt, dass der verfügende Teil des Planfeststellungsbeschlusses, die Rechtsbehelfsbelehrung und ein Hinweis auf die Auslegung nach Absatz 4 Satz 2 im amtlichen Veröffentlichungsblatt der zuständigen Behörde und außerdem in örtlichen Tageszeitungen bekannt gemacht werden, die in dem Bereich verbreitet sind, in dem sich das Vorhaben voraussichtlich auswirken wird; auf Auflagen ist hinzuweisen. Mit dem Ende der Auslegungsfrist gilt der Beschluss den Betroffenen und denjenigen gegenüber, die Einwendungen erhoben haben, als zugestellt; hierauf ist in der Bekanntmachung hinzuweisen. Nach der öffentlichen Bekanntmachung kann der Planfeststellungsbeschluss bis zum Ablauf der Rechtsbehelfsfrist von den Betroffenen und von denjenigen, die Einwendungen erhoben haben, schriftlich oder elektronisch angefordert werden; hierauf ist in der Bekanntmachung gleichfalls hinzuweisen.

(6) An Stelle eines Planfeststellungsbeschlusses kann eine Plangenehmigung erteilt werden, wenn

1.
Rechte anderer nicht oder nur unwesentlich beeinträchtigt werden oder die Betroffenen sich mit der Inanspruchnahme ihres Eigentums oder eines anderen Rechts schriftlich einverstanden erklärt haben,
2.
mit den Trägern öffentlicher Belange, deren Aufgabenbereich berührt wird, das Benehmen hergestellt worden ist und
3.
nicht andere Rechtsvorschriften eine Öffentlichkeitsbeteiligung vorschreiben, die den Anforderungen des § 73 Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 bis 7 entsprechen muss.
Die Plangenehmigung hat die Rechtswirkungen der Planfeststellung; auf ihre Erteilung sind die Vorschriften über das Planfeststellungsverfahren nicht anzuwenden; davon ausgenommen sind Absatz 4 Satz 1 und Absatz 5, die entsprechend anzuwenden sind. Vor Erhebung einer verwaltungsgerichtlichen Klage bedarf es keiner Nachprüfung in einem Vorverfahren. § 75 Abs. 4 gilt entsprechend.

(7) Planfeststellung und Plangenehmigung entfallen in Fällen von unwesentlicher Bedeutung. Diese liegen vor, wenn

1.
andere öffentliche Belange nicht berührt sind oder die erforderlichen behördlichen Entscheidungen vorliegen und sie dem Plan nicht entgegenstehen,
2.
Rechte anderer nicht beeinflusst werden oder mit den vom Plan Betroffenen entsprechende Vereinbarungen getroffen worden sind und
3.
nicht andere Rechtsvorschriften eine Öffentlichkeitsbeteiligung vorschreiben, die den Anforderungen des § 73 Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 bis 7 entsprechen muss.

Verwaltungsakt ist jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalls auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist. Allgemeinverfügung ist ein Verwaltungsakt, der sich an einen nach allgemeinen Merkmalen bestimmten oder bestimmbaren Personenkreis richtet oder die öffentlich-rechtliche Eigenschaft einer Sache oder ihre Benutzung durch die Allgemeinheit betrifft.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.

(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.

Gründe

1

Die auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) gestützte Beschwerde bleibt ohne Erfolg.

2

1. Die Kläger, die Beeinträchtigungen ihrer Gewerbebetriebe durch ein planfestgestelltes Vorhaben geltend machen - sogenannte mittelbar Betroffene -, möchten rechtsgrundsätzlich geklärt wissen,

ob eine Einschränkung des Prüfungsmaßstabes auf eigene Belange des betroffenen Klägers im Rahmen des Abwägungsgebotes erfolgen darf, obwohl der Wortlaut des § 17 Satz 2 FStrG die Berücksichtigung der öffentlichen und privaten Belange verlangt.

3

Diese Frage rechtfertigt die Zulassung der Revision nicht, weil sie ohne Weiteres anhand des Gesetzes und bereits vorliegender Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts beantwortet werden kann.

4

Danach hat nur ein von der enteignungsrechtlichen Vorwirkung des Planfeststellungsbeschlusses unmittelbar Betroffener (vgl. § 9 Abs. 2 FStrG) Anspruch auf gerichtliche Überprüfung des Plans auch auf seine objektive Rechtmäßigkeit (sog. Vollüberprüfungsanspruch), soweit der geltend gemachte Fehler für die Eigentumsbetroffenheit kausal ist (stRspr, vgl. nur BVerwG, Urteile vom 10. Oktober 2012 - 9 A 19.11 - Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 228 Rn. 13 und vom 24. November 2011 - 9 A 23.10 - BVerwGE 141, 171 Rn. 13).

5

Demgegenüber können enteignungsrechtlich nicht Betroffene - wie hier die Kläger, deren Grundstücke von der Planung nicht in Anspruch genommen werden - nur die Verletzung gerade sie schützender Normen des materiellen und Verfahrensrechts sowie eine nicht ordnungsgemäße Abwägung ihrer geschützten Privatbelange rügen, nicht aber eine insgesamt fehlerfreie Abwägung und Planung verlangen (stRspr, vgl. BVerwG, Urteil vom 10. Oktober 2012 - 9 A 19.11 - Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 228 Rn. 14). Die Rügebefugnis umfasst wegen der insoweit bestehenden Wechselbeziehung auch eine Überprüfung der den Privatbelangen gegenüber gestellten, für das Vorhaben streitenden öffentlichen Belange. Dementsprechend hat hier das Oberverwaltungsgericht auch die für das Vorhaben sprechende Planrechtfertigung näher untersucht. Ob allerdings andere gegen das Vorhaben sprechende Belange ordnungsgemäß berücksichtigt worden sind, können mittelbar Betroffene ebenso wenig geltend machen wie die Frage, ob Rechtsnormen beachtet wurden, die nicht ihrem Schutz zu dienen bestimmt sind (BVerwG, Urteile vom 13. Mai 2009 - 9 A 71.07 - juris Rn. 47, vom 24. November 2010 - 9 A 13.09 - BVerwGE 138, 226 Rn. 25 und 54 und vom 10. Oktober 2012 - 9 A 20.11 - Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 229 Rn. 11).

6

Entgegen der Auffassung der Kläger widerspricht dieser unterschiedliche Prüfungsmaßstab nicht der in § 17 Satz 2 FStrG vorgeschriebenen umfassenden Pflicht zur Berücksichtigung aller von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange (sowie der Umweltverträglichkeit). Denn diese Vorschrift legt (objektiv-rechtlich) fest, welche Belange die Planfeststellungsbehörde bei ihrer Entscheidung zu beachten hat; sie verhält sich aber nicht zu der Frage des gerichtlichen Prüfungsmaßstabs bzw. Prüfungsumfangs. Soweit die Kläger unter Berufung auf ältere Literatur (Hoppe/Schlarmann/Buchner, Rechtsschutz bei der Planung von Straßen und anderen Verkehrsanlagen, 3. Aufl. 2001, Rn. 427) einwenden, wegen der Komplexität des Abwägungsvorgangs sei eine Differenzierung zwischen eigenen Belangen und Fremdbelangen nicht möglich, übersehen sie zum einen, dass die den privaten Belangen gegenüber gestellten öffentlichen Belange durchaus gerichtlich überprüft werden (s.o.), im Übrigen zeigen sie weder weiteren grundsätzlichen Klärungsbedarf auf noch erläutern sie, welche Relevanz der aufgeworfenen Frage im vorliegenden Fall zukommen soll.

7

2. Auch die Frage,

ab welchem Grad der Ungeeignetheit/ Geeignetheit eine Planungsvariante vom Vorhabenträger frühzeitig verworfen werden darf,

rechtfertigt die Zulassung der Revision nicht. Auch diese Frage lässt sich ohne Weiteres auf der Grundlage der bisherigen Rechtsprechung beantworten.

8

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts müssen bei der Zusammenstellung des Abwägungsmaterials alle ernsthaft in Betracht kommenden Alternativlösungen berücksichtigt werden und mit der ihnen zukommenden Bedeutung in die vergleichende Prüfung der von den möglichen Alternativen jeweils berührten öffentlichen und privaten Belange eingehen. Die Planfeststellungsbehörde braucht den Sachverhalt dabei nur so weit zu klären, wie dies für eine sachgerechte Entscheidung und eine zweckmäßige Gestaltung des Verfahrens erforderlich ist; Alternativen, die ihr aufgrund einer Grobanalyse als weniger geeignet erscheinen, darf sie schon in einem frühen Verfahrensstadium ausscheiden. Ergibt sich dagegen nicht bereits bei einer Grobanalyse des Abwägungsmaterials die Vorzugswürdigkeit einer Trasse, so muss die Behörde die dann noch ernsthaft in Betracht kommenden Trassenalternativen im weiteren Planungsverfahren detaillierter untersuchen und vergleichen. Die Grenzen der planerischen Gestaltungsfreiheit bei der Trassenwahl sind erst dann überschritten, wenn eine andere als die gewählte Trassenführung sich unter Berücksichtigung aller abwägungserheblichen Belange eindeutig als die bessere, weil öffentliche und private Belange insgesamt schonendere, hätte aufdrängen müssen oder wenn der Planfeststellungsbehörde infolge einer fehlerhaften Ermittlung, Bewertung oder Gewichtung einzelner Belange ein rechtserheblicher Fehler unterlaufen ist (vgl. nur BVerwG, Urteil vom 6. November 2013 - 9 A 9.12 - Buchholz 11 Art. 28 GG Nr. 165 Rn. 27).

9

Dass diese allgemeinen Grundsätze weiterer Klärung bedürfen, zeigen die Kläger nicht auf; ob die Voraussetzungen im konkreten Fall eingehalten wurden, ist eine Frage des Einzelfalles.

10

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, § 173 VwGO i.V.m. § 100 Abs. 1 ZPO, die Streitwertfestsetzung auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG.

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens je zur Hälfte.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung jeweils in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.


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Gründe

1

Die auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) gestützte Beschwerde bleibt ohne Erfolg.

2

1. Die Kläger, die Beeinträchtigungen ihrer Gewerbebetriebe durch ein planfestgestelltes Vorhaben geltend machen - sogenannte mittelbar Betroffene -, möchten rechtsgrundsätzlich geklärt wissen,

ob eine Einschränkung des Prüfungsmaßstabes auf eigene Belange des betroffenen Klägers im Rahmen des Abwägungsgebotes erfolgen darf, obwohl der Wortlaut des § 17 Satz 2 FStrG die Berücksichtigung der öffentlichen und privaten Belange verlangt.

3

Diese Frage rechtfertigt die Zulassung der Revision nicht, weil sie ohne Weiteres anhand des Gesetzes und bereits vorliegender Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts beantwortet werden kann.

4

Danach hat nur ein von der enteignungsrechtlichen Vorwirkung des Planfeststellungsbeschlusses unmittelbar Betroffener (vgl. § 9 Abs. 2 FStrG) Anspruch auf gerichtliche Überprüfung des Plans auch auf seine objektive Rechtmäßigkeit (sog. Vollüberprüfungsanspruch), soweit der geltend gemachte Fehler für die Eigentumsbetroffenheit kausal ist (stRspr, vgl. nur BVerwG, Urteile vom 10. Oktober 2012 - 9 A 19.11 - Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 228 Rn. 13 und vom 24. November 2011 - 9 A 23.10 - BVerwGE 141, 171 Rn. 13).

5

Demgegenüber können enteignungsrechtlich nicht Betroffene - wie hier die Kläger, deren Grundstücke von der Planung nicht in Anspruch genommen werden - nur die Verletzung gerade sie schützender Normen des materiellen und Verfahrensrechts sowie eine nicht ordnungsgemäße Abwägung ihrer geschützten Privatbelange rügen, nicht aber eine insgesamt fehlerfreie Abwägung und Planung verlangen (stRspr, vgl. BVerwG, Urteil vom 10. Oktober 2012 - 9 A 19.11 - Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 228 Rn. 14). Die Rügebefugnis umfasst wegen der insoweit bestehenden Wechselbeziehung auch eine Überprüfung der den Privatbelangen gegenüber gestellten, für das Vorhaben streitenden öffentlichen Belange. Dementsprechend hat hier das Oberverwaltungsgericht auch die für das Vorhaben sprechende Planrechtfertigung näher untersucht. Ob allerdings andere gegen das Vorhaben sprechende Belange ordnungsgemäß berücksichtigt worden sind, können mittelbar Betroffene ebenso wenig geltend machen wie die Frage, ob Rechtsnormen beachtet wurden, die nicht ihrem Schutz zu dienen bestimmt sind (BVerwG, Urteile vom 13. Mai 2009 - 9 A 71.07 - juris Rn. 47, vom 24. November 2010 - 9 A 13.09 - BVerwGE 138, 226 Rn. 25 und 54 und vom 10. Oktober 2012 - 9 A 20.11 - Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 229 Rn. 11).

6

Entgegen der Auffassung der Kläger widerspricht dieser unterschiedliche Prüfungsmaßstab nicht der in § 17 Satz 2 FStrG vorgeschriebenen umfassenden Pflicht zur Berücksichtigung aller von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange (sowie der Umweltverträglichkeit). Denn diese Vorschrift legt (objektiv-rechtlich) fest, welche Belange die Planfeststellungsbehörde bei ihrer Entscheidung zu beachten hat; sie verhält sich aber nicht zu der Frage des gerichtlichen Prüfungsmaßstabs bzw. Prüfungsumfangs. Soweit die Kläger unter Berufung auf ältere Literatur (Hoppe/Schlarmann/Buchner, Rechtsschutz bei der Planung von Straßen und anderen Verkehrsanlagen, 3. Aufl. 2001, Rn. 427) einwenden, wegen der Komplexität des Abwägungsvorgangs sei eine Differenzierung zwischen eigenen Belangen und Fremdbelangen nicht möglich, übersehen sie zum einen, dass die den privaten Belangen gegenüber gestellten öffentlichen Belange durchaus gerichtlich überprüft werden (s.o.), im Übrigen zeigen sie weder weiteren grundsätzlichen Klärungsbedarf auf noch erläutern sie, welche Relevanz der aufgeworfenen Frage im vorliegenden Fall zukommen soll.

7

2. Auch die Frage,

ab welchem Grad der Ungeeignetheit/ Geeignetheit eine Planungsvariante vom Vorhabenträger frühzeitig verworfen werden darf,

rechtfertigt die Zulassung der Revision nicht. Auch diese Frage lässt sich ohne Weiteres auf der Grundlage der bisherigen Rechtsprechung beantworten.

8

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts müssen bei der Zusammenstellung des Abwägungsmaterials alle ernsthaft in Betracht kommenden Alternativlösungen berücksichtigt werden und mit der ihnen zukommenden Bedeutung in die vergleichende Prüfung der von den möglichen Alternativen jeweils berührten öffentlichen und privaten Belange eingehen. Die Planfeststellungsbehörde braucht den Sachverhalt dabei nur so weit zu klären, wie dies für eine sachgerechte Entscheidung und eine zweckmäßige Gestaltung des Verfahrens erforderlich ist; Alternativen, die ihr aufgrund einer Grobanalyse als weniger geeignet erscheinen, darf sie schon in einem frühen Verfahrensstadium ausscheiden. Ergibt sich dagegen nicht bereits bei einer Grobanalyse des Abwägungsmaterials die Vorzugswürdigkeit einer Trasse, so muss die Behörde die dann noch ernsthaft in Betracht kommenden Trassenalternativen im weiteren Planungsverfahren detaillierter untersuchen und vergleichen. Die Grenzen der planerischen Gestaltungsfreiheit bei der Trassenwahl sind erst dann überschritten, wenn eine andere als die gewählte Trassenführung sich unter Berücksichtigung aller abwägungserheblichen Belange eindeutig als die bessere, weil öffentliche und private Belange insgesamt schonendere, hätte aufdrängen müssen oder wenn der Planfeststellungsbehörde infolge einer fehlerhaften Ermittlung, Bewertung oder Gewichtung einzelner Belange ein rechtserheblicher Fehler unterlaufen ist (vgl. nur BVerwG, Urteil vom 6. November 2013 - 9 A 9.12 - Buchholz 11 Art. 28 GG Nr. 165 Rn. 27).

9

Dass diese allgemeinen Grundsätze weiterer Klärung bedürfen, zeigen die Kläger nicht auf; ob die Voraussetzungen im konkreten Fall eingehalten wurden, ist eine Frage des Einzelfalles.

10

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, § 173 VwGO i.V.m. § 100 Abs. 1 ZPO, die Streitwertfestsetzung auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG.

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens je zur Hälfte.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung jeweils in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.


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Gründe

1

Die auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) gestützte Beschwerde bleibt ohne Erfolg.

2

1. Die Kläger, die Beeinträchtigungen ihrer Gewerbebetriebe durch ein planfestgestelltes Vorhaben geltend machen - sogenannte mittelbar Betroffene -, möchten rechtsgrundsätzlich geklärt wissen,

ob eine Einschränkung des Prüfungsmaßstabes auf eigene Belange des betroffenen Klägers im Rahmen des Abwägungsgebotes erfolgen darf, obwohl der Wortlaut des § 17 Satz 2 FStrG die Berücksichtigung der öffentlichen und privaten Belange verlangt.

3

Diese Frage rechtfertigt die Zulassung der Revision nicht, weil sie ohne Weiteres anhand des Gesetzes und bereits vorliegender Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts beantwortet werden kann.

4

Danach hat nur ein von der enteignungsrechtlichen Vorwirkung des Planfeststellungsbeschlusses unmittelbar Betroffener (vgl. § 9 Abs. 2 FStrG) Anspruch auf gerichtliche Überprüfung des Plans auch auf seine objektive Rechtmäßigkeit (sog. Vollüberprüfungsanspruch), soweit der geltend gemachte Fehler für die Eigentumsbetroffenheit kausal ist (stRspr, vgl. nur BVerwG, Urteile vom 10. Oktober 2012 - 9 A 19.11 - Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 228 Rn. 13 und vom 24. November 2011 - 9 A 23.10 - BVerwGE 141, 171 Rn. 13).

5

Demgegenüber können enteignungsrechtlich nicht Betroffene - wie hier die Kläger, deren Grundstücke von der Planung nicht in Anspruch genommen werden - nur die Verletzung gerade sie schützender Normen des materiellen und Verfahrensrechts sowie eine nicht ordnungsgemäße Abwägung ihrer geschützten Privatbelange rügen, nicht aber eine insgesamt fehlerfreie Abwägung und Planung verlangen (stRspr, vgl. BVerwG, Urteil vom 10. Oktober 2012 - 9 A 19.11 - Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 228 Rn. 14). Die Rügebefugnis umfasst wegen der insoweit bestehenden Wechselbeziehung auch eine Überprüfung der den Privatbelangen gegenüber gestellten, für das Vorhaben streitenden öffentlichen Belange. Dementsprechend hat hier das Oberverwaltungsgericht auch die für das Vorhaben sprechende Planrechtfertigung näher untersucht. Ob allerdings andere gegen das Vorhaben sprechende Belange ordnungsgemäß berücksichtigt worden sind, können mittelbar Betroffene ebenso wenig geltend machen wie die Frage, ob Rechtsnormen beachtet wurden, die nicht ihrem Schutz zu dienen bestimmt sind (BVerwG, Urteile vom 13. Mai 2009 - 9 A 71.07 - juris Rn. 47, vom 24. November 2010 - 9 A 13.09 - BVerwGE 138, 226 Rn. 25 und 54 und vom 10. Oktober 2012 - 9 A 20.11 - Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 229 Rn. 11).

6

Entgegen der Auffassung der Kläger widerspricht dieser unterschiedliche Prüfungsmaßstab nicht der in § 17 Satz 2 FStrG vorgeschriebenen umfassenden Pflicht zur Berücksichtigung aller von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange (sowie der Umweltverträglichkeit). Denn diese Vorschrift legt (objektiv-rechtlich) fest, welche Belange die Planfeststellungsbehörde bei ihrer Entscheidung zu beachten hat; sie verhält sich aber nicht zu der Frage des gerichtlichen Prüfungsmaßstabs bzw. Prüfungsumfangs. Soweit die Kläger unter Berufung auf ältere Literatur (Hoppe/Schlarmann/Buchner, Rechtsschutz bei der Planung von Straßen und anderen Verkehrsanlagen, 3. Aufl. 2001, Rn. 427) einwenden, wegen der Komplexität des Abwägungsvorgangs sei eine Differenzierung zwischen eigenen Belangen und Fremdbelangen nicht möglich, übersehen sie zum einen, dass die den privaten Belangen gegenüber gestellten öffentlichen Belange durchaus gerichtlich überprüft werden (s.o.), im Übrigen zeigen sie weder weiteren grundsätzlichen Klärungsbedarf auf noch erläutern sie, welche Relevanz der aufgeworfenen Frage im vorliegenden Fall zukommen soll.

7

2. Auch die Frage,

ab welchem Grad der Ungeeignetheit/ Geeignetheit eine Planungsvariante vom Vorhabenträger frühzeitig verworfen werden darf,

rechtfertigt die Zulassung der Revision nicht. Auch diese Frage lässt sich ohne Weiteres auf der Grundlage der bisherigen Rechtsprechung beantworten.

8

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts müssen bei der Zusammenstellung des Abwägungsmaterials alle ernsthaft in Betracht kommenden Alternativlösungen berücksichtigt werden und mit der ihnen zukommenden Bedeutung in die vergleichende Prüfung der von den möglichen Alternativen jeweils berührten öffentlichen und privaten Belange eingehen. Die Planfeststellungsbehörde braucht den Sachverhalt dabei nur so weit zu klären, wie dies für eine sachgerechte Entscheidung und eine zweckmäßige Gestaltung des Verfahrens erforderlich ist; Alternativen, die ihr aufgrund einer Grobanalyse als weniger geeignet erscheinen, darf sie schon in einem frühen Verfahrensstadium ausscheiden. Ergibt sich dagegen nicht bereits bei einer Grobanalyse des Abwägungsmaterials die Vorzugswürdigkeit einer Trasse, so muss die Behörde die dann noch ernsthaft in Betracht kommenden Trassenalternativen im weiteren Planungsverfahren detaillierter untersuchen und vergleichen. Die Grenzen der planerischen Gestaltungsfreiheit bei der Trassenwahl sind erst dann überschritten, wenn eine andere als die gewählte Trassenführung sich unter Berücksichtigung aller abwägungserheblichen Belange eindeutig als die bessere, weil öffentliche und private Belange insgesamt schonendere, hätte aufdrängen müssen oder wenn der Planfeststellungsbehörde infolge einer fehlerhaften Ermittlung, Bewertung oder Gewichtung einzelner Belange ein rechtserheblicher Fehler unterlaufen ist (vgl. nur BVerwG, Urteil vom 6. November 2013 - 9 A 9.12 - Buchholz 11 Art. 28 GG Nr. 165 Rn. 27).

9

Dass diese allgemeinen Grundsätze weiterer Klärung bedürfen, zeigen die Kläger nicht auf; ob die Voraussetzungen im konkreten Fall eingehalten wurden, ist eine Frage des Einzelfalles.

10

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, § 173 VwGO i.V.m. § 100 Abs. 1 ZPO, die Streitwertfestsetzung auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG.

(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.

(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.

Tenor

Die Klagen werden abgewiesen.

Die Klägerin zu 7 sowie, jeweils als Gesamtschuldner, die Kläger zu 1 und 2 und die Kläger zu 3 bis 6 tragen je ein Drittel der Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Kläger wenden sich gegen den Planfeststellungsbeschluss des Eisenbahn-Bundesamts, Außenstelle Karlsruhe/Stuttgart, vom 19.08.2005 für den Umbau des Bahnknotens Stuttgart „Projekt Stuttgart 21“ im Planfeststellungsabschnitt 1.2 (Fildertunnel) von Bahn-km + 0,4+32,0 bis Bahn-km + 10,0+ 30,0.
Das Projekt „Stuttgart 21“ (künftig: „S 21“) steht im Zusammenhang mit dem Aus- und Neubau der Verbindung Stuttgart - Ulm - Augsburg für den Hochgeschwindigkeitsbetrieb im Netz europäischer Magistralen. Für diese Verbindung ist im Bedarfsplan für die Bundesschienenwege ein vordringlicher Bedarf festgestellt. „S 21“ ist in sieben Planfeststellungsabschnitte aufgeteilt. Zentraler Bestandteil ist ein neuer Hauptbahnhof (Abschnitt 1.1). Er soll an die Stelle des bestehenden 16-gleisigen Kopfbahnhofs als achtgleisiger, tiefer gelegter und gegenüber der bisherigen Gleisanlage um 90° aus der Tal-Längsrichtung in die Tal-Querrichtung gedrehter Durchgangsbahnhof treten. Der hierzu am 28.01.2005 ergangene Planfeststellungsbeschluss ist bestandskräftig geworden (vgl. Senatsurt. v. 06.04.2006 - 5 S 596/05 -, - 5 S 847/05 - und - 5 S 848/05 -). Der neue Hauptbahnhof wird durch unterirdische Zulaufstrecken aus Zuffenhausen und aus Bad Cannstatt (Abschnitt 1.5, bestandskräftig planfestgestellt) sowie aus Untertürkheim (Abschnitt 1.6a) und durch den 9,5 km langen „Fildertunnel“ (Abschnitt 1.2) angebunden. Mit den neuen Tunnelstrecken in den Abschnitten 1.5 und 1.6a und einer neuen Neckarbrücke bei Bad Cannstatt entsteht eine Ringstrecke. Die bisher vorhandenen Abstell- und Wartungsanlagen am Rand des Rosensteinparks werden in den Güterbahnhof Untertürkheim verlegt (Abschnitt 1.6b). Auf diese Weise werden im Stuttgarter Talkessel etwa 100 ha Bahnflächen für eine andere städtebauliche Nutzung frei. Ab dem „Fildertunnel“ verläuft die Neubaustrecke neben der Autobahn A 8. Beim Landesflughafen wird eine zweigleisige „Station Neubaustrecke“ errichtet; die etwa 150 m südlich gelegene unterirdische S-Bahn-Station „Flughafen“ wird zur Station „Terminalbereich“ umgebaut, an der auch Züge des Fern- und des Regionalverkehrs halten können. Beide Stationen bilden den „Filderbahnhof/Flughafen“. Die von Böblingen kommende Gäubahn wird über die „Rohrer Kurve“ zur Station „Terminalbereich“ und weiter durch den Fildertunnel geführt. Im Osten setzt sich die Neubaustrecke bis zum Neckartal bei Wendlingen fort (Abschnitt 1.4). Mit der nach Süden abgehenden „Wendlinger Kurve“ wird der Regionalverkehr Richtung Reutlingen angeschlossen. Anschließend beginnt mit der Neckarbrücke der Neubauabschnitt Wendlingen - Ulm, deren Teilabschnitt 2.1c Kirchheim/Weilheim - Aichelberg mit Beschluss vom 13.08.1999 bestandskräftig planfestgestellt wurde (vgl. Senatsurteile v. 28.01.2002 - 5 S 2426/99 und 5 S 2328/99 - Juris).
Der Planfeststellungsabschnitt 1.2 liegt insgesamt auf dem Gebiet der Landeshauptstadt Stuttgart. Er schließt am Übergang von der offenen zur bergmännischen Bauweise auf Höhe der Urbanstraße an den Abschnitt 1.1 an und umfasst hier den südlichen Anfahrbereich des Hauptbahnhofs („Südkopf“) mit insgesamt vier Zulaufgleisen aus und in Richtung Landesflughafen/Ulm und aus und in Richtung Untertürkheim. Die Trasse verläuft zunächst in zwei zweigleisigen Tunnelröhren. Zu Beginn beträgt die Überdeckung des Tunnelfirsts 9 m. Bis zur Gerokstraße nimmt sie auf 72 m zu. Unter dem Stadtteil Gablenberg wird bei Bahn-km 0,6+56 bis Bahn-km 0,7+20 ein Verzweigungsbauwerk für die Zuführungsstrecken in Richtung Ober- und Untertürkheim errichtet (Abschnitt 1.6). Nach Süden verläuft die Trasse nun in zwei eingleisigen Tunnelröhren. Mit einer Überdeckung von bis zu mehr als 200 m passiert sie den Fernsehturm, dann mit abnehmender Überdeckung die Stadtteile Degerloch und Hoffeld, die Bundesstraße B 27, das Klärwerk Möhringen und das Gewerbegebiet „Fasanenhof Ost“. Sodann schwenkt sie nach Osten und erreicht beim Echterdinger Ei die A 8. Von da ab („Filderportal“) wird sie bis zum Ende des Abschnitts kurz vor dem Hattenbach in zwei eingleisigen Trogbauwerken geführt.
Für den Rohbau des Fildertunnels ist eine Bauzeit von fünf Jahren geplant. Die Bauarbeiten sollen zeitgleich von den Anfahrgruben „Hauptbahnhof Süd“ und „Filderportal“ sowie - in beide Richtungen - von dem „Zwischenangriff Sigmaringer Straße“ aus erfolgen. Der Angriffspunkt liegt in Stuttgart-Degerloch in einer Tiefe von etwa 120 m. Der zu ihm führende Stollen ist etwa 1.275 m lang. Er beginnt unmittelbar westlich der B 27 südlich von Stuttgart-Degerloch und nördlich von Stuttgart-Möhringen. Dort - zwischen der B 27 und der Sigmaringer Straße - soll auch die Baustelle auf einer Fläche von etwa 17.500 m², die zur Zeit landwirtschaftlich genutzt wird, eingerichtet werden. Auf dieser Fläche werden u.a. bis zu 8.100 cbm Ausbruchmaterial zwischengelagert und bis zu 900 cbm Beton produziert sowie Baumaterial gelagert. An der Südseite und an der Westseite soll ein Erdwall die Baustelle abschirmen. Eine 115 m lange Rampe führt im Einschnitt zum bergmännischen Anschlag des Zugangsstollens unmittelbar südwestlich der B 27. Erreicht werden kann die Baustelle von der B 27 aus über eine Rampe, die in die Tränkestraße mündet, und von dort aus über den Bruno-Jacoby-Weg und die Sigmaringer Straße. Der von der Baustelle abfahrende Verkehr erreicht die B 27 über eine Behelfszufahrt unmittelbar. Beide Rampen sind nicht für den öffentlichen Verkehr vorgesehen. Nach Fertigstellung des Fildertunnels werden die Stollen verfüllt und im Bereich der Baustelleneinrichtungsfläche und der Zu- und Abfahrten der frühere Zustand soweit als möglich wiederhergestellt.
Den Klägern zu 1 und 2 und den Klägern zu 3 bis 6 gehört je ein Wohngrundstück an der Sigmaringer Straße, etwa 300 bis 350 m von der Baustelle entfernt und von dieser durch die in Dammlage geführte B 27 getrennt. Nördlich und südlich schließen sich wenige weitere Wohngrundstücke an. Festsetzungen über die Art der baulichen Nutzung gibt es für die Wohngrundstücke nicht. Zur B 27 hin sind die Grundstücke nach den Angaben der Beteiligten wie in einem Mischgebiet genutzt. Nach Südwesten, Westen und Norden schließen sich rein gewerbliche Nutzungen an. Unmittelbar östlich der Wohnhauszeile ist eine große Feuerwehrwache untergebracht; die Einsatzfahrzeuge erreichen die Sigmaringer Straße und die B 27 über den Bruno-Jacoby-Weg. Nördlich der erwähnten Reihenhauszeile folgen ebenfalls gewerbliche Nutzungen. Westlich, auf der anderen Seite der Sigmaringer Straße, befinden sich eine große Schule sowie ein Kindergarten. Die von der Beigeladenen im Planaufstellungsverfahren in Auftrag gegebene Schalltechnische Untersuchung prognostiziert für das der Baustelleneinrichtungsfläche nächstgelegene Wohngebäude an der Sigmaringer Straße einen Baulärmpegel von knapp 49 dB(A) nachts.
Der Inhaber der Klägerin zu 7, einer Firma für Sanitär, Heizung und Flaschnerei, ist Eigentümer des Grundstücks Flst.Nr. .../8 der Gemarkung Degerloch. Das Grundstück wird von dem zum Zwischenangriff führenden Stollen bei Bau-km= 0+300 in einer Tiefe von etwa 26 m unterfahren. Zur Sicherung des Tunnelbau- und -betriebsrechts soll für die Dauer der (Gesamt-)Bauzeit eine Grunddienstbarkeit in das Grundbuch eingetragen werden.
Erste Planungsüberlegungen im Jahr 1988 gingen zunächst von einer Beibehaltung des Kopfbahnhofs aus. Diese Überlegungen wurden später um einen Durchgangsbahnhof für den Fernverkehr ergänzt. Daraus entstanden die Rahmenkonzeption „H“ und letztlich das Projekt „S 21“. Im Raumordnungsverfahren entwickelte ein Bündnis von Verkehrs- und Umweltverbänden („UMKEHR“) die Planungsalternativen „LEAN“ (Modernisierung des Kopfbahnhofs) und „KOMBI“ (Modernisierung des Kopfbahnhofs und Errichtung eines nahegelegenen unterirdischen Durchgangsbahnhofs) mit dem Ziel, einen Integralen Taktfahrplan („Schweiz-Takt“) für den Fern- und den Regionalverkehr am Hauptbahnhof Stuttgart zu ermöglichen. Dieses Ziel verfolgte auch die „Variante UMKEHR/Architekturforum“, die eine Modernisierung des Kopfbahnhofs mit 14 Gleisen und eine Rückgewinnung von Bahnflächen für die städtebauliche Entwicklung erstrebte. Im November 1995 schlossen die Deutsche Bahn AG, die Bundesrepublik Deutschland, das Land Baden-Württemberg, der Verband Region Stuttgart und die Landeshauptstadt Stuttgart eine Rahmenvereinbarung zur Finanzierung, zum Inhalt und zur zeitlichen Entwicklung von „S 21“. Das Regierungspräsidium Stuttgart stellte als höhere Raumordnungsbehörde mit Beurteilung vom 10.09.1997 die grundsätzliche raumordnerische Verträglichkeit von „S 21“ fest.
Dem Planfeststellungsbeschluss liegt folgendes Verfahren zu Grunde: Am 17.12.2001 beantragte die Beigeladene, vertreten durch die DB Projekt GmbH Stuttgart 21 (später durch die DB Projekte Süd GmbH), das Planfeststellungsverfahren. Auf Antrag des Eisenbahn-Bundesamts (künftig: Behörde) vom 22.10.2002 leitete das Regierungspräsidium Stuttgart (künftig: Regierungspräsidium) das Anhörungsverfahren ein. Die eingereichten Planunterlagen sahen zwei Zwischenangriffe zum Tunnelbau („Weidachtal“ und „Sillenbuch“) vor. Sie lagen einschließlich der Unterlagen für die Umweltverträglichkeitsprüfung in der Zeit vom 04.11. bis 03.12.2002 in Stuttgart (und in Leinfelden-Echterdingen) nach vorausgegangener Bekanntmachung im Amtsblatt der Landeshauptstadt Stuttgart vom 31.10.2002 öffentlich aus. Das Regierungspräsidium gab den Trägern öffentlicher Belange und den anerkannten Naturschutzverbänden mit Schreiben vom 04.11.2002 Gelegenheit zur Stellungnahme bis 15.03.2003.
Insgesamt äußerten sich etwa 2.700 private Einwender. Der Erörterungstermin fand (zusammen mit dem Erörterungstermin zum Planfeststellungsabschnitt 1.1) vom 07. bis 11.04.2003 nach vorausgegangener öffentlicher Bekanntmachung statt. Dabei wurde die Beigeladene verpflichtet, die Variantenuntersuchung zu überarbeiten und insbesondere die vom Naturschutzbund Deutschland e.V. vorgeschlagene Variante nur eines Zwischenangriffs im Bereich der Sigmaringer Straße/B 27 zwischen den Stadtteilen Degerloch und Möhringen in die Betrachtung einzubeziehen. Auf Antrag der Beigeladenen vom 25.08.2003 gingen eine Reihe von Änderungen, u.a. eine planerisch optimierte Beschränkung der Zwischenangriffe auf den Standort „Sigmaringer Straße“, in das Verfahren ein. Die geänderten Planunterlagen lagen vom 27.10. bis 26.11.2003 bei der Landeshauptstadt Stuttgart öffentlich aus. Die betroffenen Behörden und sonstigen Träger öffentlicher Belange erhielten mit Schreiben vom 22.10.2003 Gelegenheit zur Stellungnahme.
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Die Kläger - mit Ausnahme der Klägerin zu 3 - erhoben am 04. und 09.12.2003 gleichlautende Einwendungen und trugen insoweit vor: Für den Zwischenangriff dürfe kein 24-Stunden-Betrieb vorausgesetzt werden. Die Emissionswerte und -zeiten nach der AVV Baulärm müssten eingehalten werden. Zu prüfen sei, ob wegen der Dauer der Maßnahme nicht sogar die immissionsschutzrechtlichen Vorschriften für Gewerbelärm eingehalten werden müssten. Würde für den Zwischenangriff „Sigmaringer Straße“ ebenfalls von einem 13-Stunden-Betrieb ausgegangen, fiele der Vergleich eher zu Gunsten der Variante „Hoffeld“ aus. Anders als bei den Varianten „Wernhaldenklinge“ und „TWS-Brücke“ sei beim Zwischenangriff „Sigmaringer Straße“ der Ausbauzustand der Straße nicht berücksichtigt worden. Es sei zu bezweifeln, ob bei der Änderung der Planunterlagen alle notwendigen geologischen Erkenntnisse vorgelegen hätten. Die Frage, wie Probleme bei den Vortriebsarbeiten zeitlich kompensiert werden könnten, sei von großer wirtschaftlicher Bedeutung. Nicht klar sei, wie lange der Rückbau und die Wiederverfüllung des Zwischenangriffs dauerten. Dafür seien mindestens eineinhalb Jahre zusätzlich zur Gesamtbauzeit von sieben Jahren anzusetzen. Es fehlten Aussagen zu den Lärm- und Staubimmissionen sowie den Erschütterungen, die vom Lkw-Verkehr ausgingen. Diese seien zu den Immissionen zu addieren, die vom Baulogistikfeld ausgingen. Es fehle eine Aussage dazu, wie die Nachtruhe der Anwohner der Sigmaringer Straße gesichert werde, wenn die Baustelle im 24-Stunden-Betrieb laufe. Schließlich würden die Lkw im Abstand von 5 m an ihren Häusern vorbeifahren. Es müsse berücksichtigt werden, dass die Lkw an der Einmündung Tränkestraße/Bruno-Jacoby-Weg und in der davor verlaufenden Kurve des Bruno-Jacoby-Wegs herabgebremst und dann wieder mit Vollgas anfahren würden. Der dadurch entstehende Lärm verstärke sich im Bereich der Unterführung B 27/Sigmaringer Straße. Die genannten Straßen erlitten in kürzester Zeit Schäden durch den Lkw-Verkehr. Es entstünde eine waschbrettartige Oberfläche mit der Folge, dass die leere Mulde eines Kippfahrzeugs gegen den Rahmen schlage. Am Baulogistikfeld fehlten Lärmschutzwälle nach Norden und Osten. An der Lichtsignalanlage Einmündung B 27/Sigmaringer Straße werde es zu Staus kommen, die zusätzlichen Lärm bewirkten. Erschütterungen, die vom Baulogistikfeld und vom Verkehr im Baulogistiktunnel ausgingen, müssten minimiert werden. Sichergestellt werden müsse, dass nur der Baustellenverkehr und nicht auch Schleichverkehr die vorgesehene Abfahrtsrampe von der B 27 nutze. Es seien keine Maßnahmen dargestellt, die verhinderten, dass bei starken Regenfällen Schlämmmaterial auf die Sigmaringer Straße gewaschen werde und dort den übrigen Verkehr, insbesondere Zweiradfahrer, gefährde. Die in der Nähe stationierte Feuerwehr werde durch den Baustellenverkehr stark behindert. Der Lkw-Verkehr ziehe durch Erschütterungen die Substanz der Gebäude in Mitleidenschaft. Empfindliche datentechnische Anlagen könnten beeinträchtigt werden. Es werde vorgeschlagen, das Baulogistikfeld nach Süden zu verschieben und die Ab- und Auffahrten von und zu der B 27 anders zu gestalten. Abschließend regten sie die Nullvariante an und trugen vor: Es sei der Vorhabenträgerin zuzumuten, eine um zwei Jahre längere Bauzeit in Kauf zu nehmen. Im Übrigen nahmen sie Bezug auf die Einwendungen des Bundes Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) zu den Planfeststellungsabschnitten 1.1, 1.2, 1.5 und 1.6a, soweit sie den Änderungsantrag zu dem Planfeststellungsabschnitt 1.2 beträfen.
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Die Klägerin zu 7 trug ferner bereits am 27.11.2003 vor: Der Tunnel solle unter ihrem Gebäude geführt werden. Bei den Probebohrungen seien die Geräusche so laut gewesen, dass eine Kommunikation nicht mehr möglich gewesen sei. Eine Belästigung sei auch bei einem Lkw-Betrieb über 24 Stunden hinweg zu erwarten. Durch die Zunahme des Verkehrs auf der Tränkestraße, dem Bruno-Jacoby-Weg und der Sigmaringer Straße werde es zu Staus kommen, die ihren Betrieb beeinträchtigten. Die Gebäudesicherheit würde wegen der Veränderung des Grundwasserspiegels gefährdet. Es gebe auch immissionsbedingte gesundheitliche Bedenken. Es müsse ein Gutachten zu Geräuschen und Immissionsgrenzen vorgelegt werden, weil es sich um ein Gewerbemischgebiet handele. Es sei zu überprüfen, ob ein Zwischenangriff, der nur der Zeitersparnis diene, überhaupt notwendig und wirtschaftlich sei.
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Am 08. und 09.03.2004 fand ein erneuter Erörterungstermin statt, beschränkt auf die von den Planänderungen betroffenen und nachträglich von der Gesamtplanung unterrichteten Eigentümer. Anschließend äußerte sich der Kläger zu 4 nochmals gegenüber dem Regierungspräsidium. In seiner abschließenden Stellungnahme vom 29.06.2004 befürwortete das Regierungspräsidium die Planung und bestätigte deren Einklang mit Umweltbelangen.
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Im November 2003 hatten der Verkehrsclub Deutschland, die im Bündnis „UMKEHR“ zusammengeschlossenen Umwelt- und Verkehrsverbände sowie die Bürgerinitiative „Leben in Stuttgart: Kein Stuttgart 21“ ein gemeinsames, aus den erwähnten und im Erörterungstermin diskutierten Alternativen fortentwickeltes Konzept „Kopfbahnhof 21“ (künftig: „K 21“) vorgelegt. Es hat zum Ziel, die Leistungsfähigkeit des Bahnknotens Stuttgart durch die weitgehende Entmischung von Fernverkehr, Regionalverkehr und S-Bahn-Verkehr in einem modernisierten Kopfbahnhof zu steigern. Hierzu werden dessen 16 Gleise in vier Gruppen mit je vier Gleisen neu geordnet. Jeder Gleisgruppe wird ein Streckengleis zugeordnet. Die Trennung und gesonderte Zuführung von Fern-, Regional- und S-Bahn-Zügen erfolgen im Nordbahnhof und im Bahnhof Bad Cannstatt, die dafür umgebaut werden. Zur Entlastung des Abschnitts Hauptbahnhof - Bad Cannstatt und zur Entmischung der Verkehrsarten werden zwei weitere Zulaufgleise von Bad Cannstatt gebaut. Der Fernverkehr Richtung Ulm/München und Tübingen/Zürich wird bis Esslingen-Mettingen auf den alten Gleisen und von dort durch einen Tunnel auf die Filderebene geführt, wo die Strecke bei Scharnhausen in die Neubaustrecke gemäß „S 21“ übergeht. Der westlich gelegene Landesflughafen wird über eine Abzweigung (Stichstrecke) angebunden („Scharnhauser Dreieck“). Wie bei „S 21“ werden der Regional- und der Fernverkehr aus Richtung Böblingen/Zürich mit der „Rohrer Kurve“ und der „Wendlinger Schleife“ an den Landesflughafen angebunden. Die Gäubahnstrecke bleibt als Zufahrt zum Kopfbahnhof erhalten. Als Gesamtkosten für eine Modernisierung des Kopfbahnhofs wurden 305 Mio EUR angegeben.
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Mit dem angefochtenen Beschluss vom 19.08.2005 stellte die Behörde den Plan mit Änderungen und nach Maßgabe von Zusagen, Nebenbestimmungen sowie wasserrechtlichen Erlaubnissen und Befreiungen fest. Als Zusage ist aufgenommen, dass die Beigeladene im Rahmen einer detaillierten Ausführungsplanung die konkret zu erwartenden Beeinträchtigungen durch baubedingte Immissionen sowie die sich daraus ergebenden Maßnahmen nachweisen wird (Nr. 3.2.3). Daneben enthält der Planfeststellungsbeschluss Nebenbestimmungen u.a. zu baubedingtem Luftschall und zu baubedingten Erschütterungswirkungen (2.2.1 bis 2.2.11). Danach hat die Beigeladene sicherzustellen, dass in allen Bereichen die Bestimmungen der AVV Baulärm vom 19.08.1970 eingehalten werden (Nr. 2.2.1). Sie wird ferner verpflichtet, der Behörde rechtzeitig vor Baubeginn auf der Grundlage der Schalltechnischen Untersuchung zum Baubetrieb (Anlage 16.2) für die Baugruben, Baubetriebsflächen und Baustraßen schalltechnische Detailgutachten vorzulegen (Nr. 2.2.4); dementsprechend behält sich die Behörde die Entscheidung über konkrete Schutzmaßnahmen auf Grundlage der Detailgutachten vor (Nr. 2.2.6). Die Beigeladene wird verpflichtet, grundsätzlich für den Bereich des Baulärms aktive Schutzmaßnahmen und Minimierungsmaßnahmen an den Emissionsquellen vorrangig in Betracht zu ziehen und umzusetzen. Sofern sich solche Immissionskonflikte nicht vollständig ausschließen lassen, besteht ein Anspruch der Betroffenen auf passiven Lärmschutz dem Grunde nach. Passive Lärmschutzmaßnahmen sind für alle schutzwürdigen Räume vorzusehen, für die eine Überschreitung der Richtwerte der AVV Baulärm, Stand August 1970, Ziff. 3, um mehr als 5 dB(A) für einen Zeitraum von mehr als zwei Monaten prognostiziert wird (Nr. 2.2.7). Sind (weitergehende) Schutzmaßnahmen technisch nicht möglich oder mit verhältnismäßigem Aufwand nicht realisierbar, hat die Beigeladene den Betroffenen für die Beeinträchtigung von Wohnräumen eine angemessene Entschädigung in Geld zu zahlen (Nr. 2.2.9). Zum Schutz vor Baulärm sind (neben den aufgrund von Detailgutachten im Einzelnen festzulegenden Schutzmaßnahmen) die Bauaktivitäten auf sämtlichen Bauflächen so zu konzipieren, dass geräuschintensive Tätigkeiten in größtmöglichem Abstand zu der umliegenden Wohnbebauung stattfinden (Nr. 2.2.10 dritter Spiegelstrich). Am Zwischenangriff „Sigmaringer Straße“ ist im Zeitraum von 22.00 bis 6.00 Uhr kein Lkw-Verkehr zur Baustelle zulässig; hiervon sind Materialtransporte zur Baustelle ausgeschlossen (Nr. 2.2.10 vierter Spiegelstrich). Im Bereich von Büronutzungen sind die Rammarbeiten möglichst auf die Rand-Bürozeiten (vor 9.00 bzw. nach 16.00 Uhr) zu konzentrieren; Zeitpunkt und Dauer der Arbeiten sind mitzuteilen; sollte für die Dauer der Bauarbeiten eine sinnvolle Nutzung des Gebäudes nicht gewährleistet sein, ist den Betroffenen eine angemessene Entschädigung in Geld zu zahlen (Nr. 2.2.11, vierter Spiegelstrich). Bei Sprengarbeiten ist eine Einhaltung der Anhaltswerte der DIN 4150 Teil 2 und 3 durch geeignete Wahl der Sprengparameter sicherzustellen. Diese sind auf der Grundlage sprengtechnischer Gutachten festzulegen und entsprechend der Beweissicherungsmessungen während der Bauzeit den tatsächlichen Verhältnissen anzupassen (Nr. 2.2.11 sechster Spiegelstrich).
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Mit Blick auf den Standort des Zwischenangriffs „Sigmaringer Straße“ wird in der Begründung des Planfeststellungsbeschlusses ausgeführt: Die grundsätzliche Notwendigkeit von Zwischenangriffen ergebe sich aus der durchschnittlichen täglichen Vortriebsgeschwindigkeit im Fildertunnel und der angestrebten Rohbauzeit von fünf Jahren. Bei einem Vergleich der am besten geeigneten Standorte der drei Varianten: (Variante A: zwei Zwischenangriffspunkte mit zwei Baustelleneinrichtungsflächen, Variante B: zwei Zwischenangriffspunkte mit gemeinsamer Baustelleneinrichtungsfläche für die zwei Zwischenangriffsstollen: Variante C: ein Zwischenangriffspunkt mit einer Baustelleneinrichtungsfläche und einem Zwischenangriffsstollen) erweise sich der Zwischenangriff „Sigmaringer Straße“ insgesamt als vorzugswürdig. Im Vergleich zum Standort „Ohnholdwald“ gebe es keine signifikanten Unterschiede hinsichtlich der wirtschaftlichen und der terminlichen Ziele. Der Standort „Sigmaringer Straße“ habe Kostenvorteile durch die kürzere Stollenlänge; diese würden aber durch höhere Kosten für die Unterfahrung der B 27 mit dem Zwischenangriffsstollen und für die Erhöhung der Vortriebsleistung aufgezehrt. Der Standort „Sigmaringer Straße“ biete aber deutliche Vorteile bei der logistischen Abwicklung, weil die Baustelleneinrichtungsfläche in beide Richtungen an die B 27 angeschlossen werden könne. Nur dort könnte die eine Hälfte des Baustellenverkehrs unmittelbar auf die B 27 und die andere Hälfte auf kurzem
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Weg über den Anschluss an die Tränkestraße geführt werden. Vorteile habe dieser Standort auch hinsichtlich der Schutzgüter nach dem Umweltverträglichkeitsgesetz. Unter allen Standorten käme es beim Standort „Ohnholdwald“ zu den massivsten Eingriffen in Flora und Fauna. Die Baustelleneinrichtungsfläche müsste auf einer ökologisch wertvollen Windbruchfläche angeordnet werden und würde irreparable Schäden verursachen. Ferner hätte der Standort, wenn auch insgesamt vergleichsweise geringfügige, Beeinträchtigungen beim Schutzgut Mensch. Betroffen wäre insoweit ein 250 m entfernt liegender Aussiedlerhof. - Die Wohnbebauung entlang der Sigmaringer Straße und die dort vorhandene Schule (International School of Stuttgart) einschließlich Kindergarten seien insoweit zwar stärker betroffen. Ihre Schutzwürdigkeit sei aber gemindert, weil sie in einem vorwiegend gewerblich genutzten Gebiet lägen und bereits heute einer erheblichen Verkehrs- und Lärmbelastung seitens der Sigmaringer Straße und der B 27 ausgesetzt seien. Die Eingriffe in privates Eigentum am Standort „Sigmaringer Straße“ seien von geringerem Gewicht, weil sie nur während der Bauzeit bestünden. Am Ergebnis ändere sich nichts, wenn man die Bedingungen der Variante C auf die anderen Standorte übertrage. - Eine Verlagerung des Baustellenzielverkehrs aus dem Gebiet „Tränke“ heraus durch unmittelbare Anbindung der Baustelleneinrichtungsfläche mittels einer Unterführung der B 27 wäre unverhältnismäßig. Sie wäre mit Mehrkosten von 1,2 Mio. EUR verbunden. Es müsste dabei in weitere private Flächen eingegriffen werden.
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Am Zwischenangriff „Sigmaringer Straße“ komme es zu Baulärmimmissionen, die im Vergleich zu denen am „Südkopf“ weniger kritisch seien; die Beurteilungspegel lägen aber bis zu 9 dB(A) über den Richtwerten der AVV Baulärm für allgemeine Wohngebiete. Deshalb seien auch insoweit in die Nebenbestimmungen Verfahrensregelungen aufgenommen worden. Grundsätzlich falle der Schwerlastverkehr, der von der B 27 kommend durch das Gebiet „Tränke“ fahre, zwar nicht unter diesen Maßnahmenkatalog, weil er über den öffentlichen Straßenraum abgewickelt werde und dem Gemeingebrauch unterfalle. Er sei weder Baustellenlärm im Sinne der AVV Baulärm noch sei er nach der 16. BImSchV zu beurteilen. Die Belästigungen durch den nächtlichen Schwerlastverkehr seien aber so gravierend, dass als Nebenbestimmung ein Nachtfahrverbot für den Lkw-Zielverkehr (von 22 bis 6 Uhr) geboten sei. - Eventuell eintretende und auf das Vorhaben zurückzuführende Gebäudeschäden würden über ein umfangreiches Beweissicherungsverfahren erfasst und nach zivilrechtlichen Regeln ersetzt.
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Zu dem Vorhaben im Allgemeinen wird ausgeführt: Das Projekt „S 21“ sei als Gesamtvorhaben zum Wohl der Allgemeinheit vernünftigerweise geboten. Mit ihm verfolge die Vorhabenträgerin u.a. die Ziele, die Neubaustrecke und den Bahnknoten Stuttgart in das europäische Hochgeschwindigkeitsnetz einzubinden, die Streckenleistungsfähigkeit des Korridors Stuttgart - Ulm durch Trennung von schnellem und langsamem Verkehr zu erhöhen, die Verkehrsanbindung im Regional- und im Fernverkehr in Bezug auf Bedienungshäufigkeit und kürzere Reisezeiten zu verbessern, den Landesflughafen Stuttgart und die Region Filder anzubinden, die Anbindung der Regionen Neckar-Alb und Ulm/Neu-Ulm zu verbessern, die Betriebsabläufe zu optimieren, eine Zwischenstufe des Integralen Taktfahrplans (ITF) zu beachten, die zentrale Verkehrsfunktion innerhalb der Landeshauptstadt Stuttgart zu erhalten und zu stärken und das Empfangsgebäude des Stuttgarter Hauptbahnhofs an veränderte Vorstellungen der Reisenden anzupassen. Verfolgt würden auch die weiteren Ziele, städtebauliche Entwicklungsmöglichkeiten in der Landeshauptstadt Stuttgart zu schaffen sowie die Lärmbelastung im Stuttgarter Talkessel und die Trennwirkung der Bahnanlagen in der Innenstadt zu vermindern. Diese Ziele entsprächen den übergeordneten Zielen der Verkehrspolitik im Bundesverkehrswegeplan 2003 und im Generalverkehrsplan des Landes Baden-Württemberg. Zu diesen gehöre es auch, nachhaltige Raum- und Siedlungsstrukturen zu fördern, Lärmemissionen zu reduzieren und die Wechselwirkungen zwischen raumordnerischen, wirtschaftlichen, umweltschützenden und gesamtgesellschaftlichen Zielen zu berücksichtigen. Eine integrierte Verkehrspolitik verfolge auch der Verband Region Stuttgart. Auch er spreche sich im Regionalplan 1998 und im Regionalverkehrsplan für „S 21“ aus. „S 21“ werde die bis zum Jahr 2015 zu erwartende Verkehrsnachfrage befriedigen können. Das ergebe sich aus der im Laufe des Planfeststellungsverfahrens fortgeschriebenen Verkehrsprognose („Betriebsszenario 2003“), welche den Bundesverkehrswegeplan 2003 berücksichtige.
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Es gebe keine Alternative zu „S 21“ insgesamt und für den planfestgestellten Abschnitt, durch die sich die mit der Planung angestrebten Ziele genauso gut unter geringeren Eingriffen in öffentliche und private Belange verwirklichen ließen. Werde, was zahlreiche Alternativen bzw. Varianten vorsähen, der Kopfbahnhof beibehalten, so würde zwar im Stadtbereich in zahlreiche öffentliche und private Belange in geringerem Umfang eingegriffen, nämlich in das Grundwasser, insbesondere in das Mineral- und Heilwasservorkommen, in die Umweltschutzgüter Tiere und Pflanzen, Boden sowie Luft und Klima, in Belange des Denkmalschutzes und in die Belange Privater, denen ganz oder teilweise Grundeigentum entzogen werde bzw. die von den Auswirkungen des Bau- und Bahnbetriebs betroffen seien. Auch sei die Alternative „LEAN“ deutlich kostengünstiger als „S 21“. Schließlich gehe die Vorhabenträgerin davon aus, dass ihr Betriebsprogramm bei Beibehaltung des Kopfbahnhofs ebenfalls bewältigt werden könne, allerdings in schlechterer Betriebsqualität und ohne weitere Reserven. Bei Beibehaltung des Kopfbahnhofs sei allerdings eine direkte Anbindung des Landesflughafens und der Filderregion an den Fernverkehr nicht möglich. Die mit der Alternative „LEAN“ vorgesehene Stichstrecke zum Landesflughafen führe zu erheblichen Reisezeitverlusten. Außerdem ließen sich nur mit „S 21“ die „weiteren Ziele“ der Stadtentwicklung erreichen.
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Der verfügende Teil des Planfeststellungsbeschlusses wurde am 15.09.2005 auszugsweise öffentlich bekannt gemacht. Eine Ausfertigung des festgestellten Plans lag vom 26.09. bis einschließlich 10.10.2005 zur allgemeinen Einsicht im Stadtplanungsamt der Landeshauptstadt Stuttgart aus.
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Die Kläger haben am 09.11.2005 Klage erhoben und diese am 19.12.2005begründet. Sie tragen vor:
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Als eindeutig bessere Alternative zum Zwischenangriff „Sigmaringer Straße“ dränge sich der Standort „Ohnholdwald“ auf. Von dort aus könnten Stollen zu zwei Zwischenangriffen getrieben werden. Dieser Standort sei über die Ohnholdstraße (K 9507) und die Epplestraße auf vergleichsweise kurzem Weg an die B 27 angeschlossen. Der Planfeststellungsbeschluss übersehe die funktionellen Vorteile dieses Standorts, überbewerte die dort gelegene ökologische Windbruchfläche und unterbewerte die Betroffenheit der Menschen am Standort „Sigmaringer Straße“. Der Standort „Ohnholdwald“ habe den funktionellen Vorteil, dass bei ihm rund um die Uhr gearbeitet werden könne, während am Standort „Sigmaringer Straße“ aufgrund der im Planfeststellungsbeschluss vorgenommenen Beschränkung ein Nachtbetrieb nicht zulässig sei. Die ökologische Wertigkeit der Windbruchfläche sei bei weitem nicht so hoch wie die eines in Jahrzehnten gewachsenen Waldes. Nach Abschluss der Arbeiten, die nur acht Jahre dauern sollten, könne die Windbruchfläche rekultiviert und auch aus dem umgebenden Waldbestand heraus vollwertig regeneriert werden. Den Anwohnern der „Sigmaringer Straße“ sei eine Überschreitung des Nachtgrenzwerts der AVV Baulärm für allgemeine Wohngebiete um bis zu 9 dB(A) nicht zuzumuten. Sie seien auch durch den Verkehrslärm der von der B 27 zur Baustelle abfahrenden Lkw erheblich betroffen. Ohnehin belaste der von der B 27 ausgehende Verkehrslärm die Anwohner der Sigmaringer Straße nachts mit über 60 dB(A) gesundheitsgefährdend. Hinzu komme Verkehrslärm von der Sigmaringer Straße und der Tränkestraße. Beim Standort „Ohnholdwald“ könne der gesamte Verkehr außerhalb geschlossener Bebauung abgewickelt werden. Insgesamt ergebe sich daraus, dass beide Standorte gleich geeignet seien. Während aber beim Standort „Sigmaringer Straße“ privates Grundeigentum im Umfang von 1 ha in Anspruch genommen werden müsse, stünden die für den Standort „Ohnholdwald“ benötigten Flächen im Eigentum der öffentlichen Hand.
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Abwägungsfehlerhaft sei weiter, dass der Planfeststellungsbeschluss eine Verschiebung des Zwischenangriffs „Sigmaringer Straße“ nach Süden ablehne. Dadurch würde die Klägerin zu 7 in ihren Rechten verletzt. Bei einer Verschiebung müssten ihr Betriebsgebäude und das Gebäude auf dem Nachbargrundstück nicht unterfahren werden. Die Zufahrt zur Baustelleneinrichtungsfläche könne auch mit einer Unterführung unter der B 27 erfolgen. Wegen der größeren Entfernung zur Wohnbebauung würde sich dabei die Lärmsituation für die Anlieger insbesondere zur Nachtzeit verbessern. Der Bau einer Unterführung werde wegen Mehrkosten von 1,2 Mio EUR und wegen zusätzlicher Eingriffe in privates Grundeigentum als unverhältnismäßig verworfen; die insoweit in Frage kommenden Flächen könnten aber nicht allzu groß sein. Den angegebenen Mehrkosten stehe gegenüber, dass der Bau nur eines Zwischenangriffs weitaus größere Einsparungen bringe. Berücksichtigt habe die Behörde auch nicht, dass beim Bau einer Unterführung unter der B 27 Kosten für die provisorische Zufahrt „Tränkestraße“ und für die Instandsetzung der Strecke Tränkestraße/Bruno-Jacoby-Weg/Sigmaringer Straße nach Abschluss der Bauarbeiten nicht anfielen.
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Abwägungsfehlerhaft sei der Planfeststellungsbeschluss ferner, weil er sich nicht hinreichend mit dem gebotenen Schutz der Kläger zu 1 bis 6 vor dem Baustellenlärm auseinandersetze. Der gemäß der AVV Baulärm für allgemeine Wohngebiete maßgebliche Immissionsrichtwert von 40 dB(A) nachts werde beim Gebäude Sigmaringer Straße 240 um 8,9 dB(A) überschritten. Von vergleichbaren Werten sei für die Kläger zu 1 bis 6 auszugehen. Zu Unrecht nehme der Planfeststellungsbeschluss an, dass der Richtwert von 40 dB(A) nach Nr. 4.1 der AVV Baulärm um bis zu 5 dB(A) überschritten werden dürfe. Für im Wege der Prognose ermittelte Beurteilungspegel gelte dies nicht. Mit dieser Problematik, die nur eine Beschränkung der Bauarbeiten auf die Tagzeit löse, befasse sich der Planfeststellungsbeschluss nicht. Er weise nur an anderer Stelle darauf hin, dass sich eine Verzögerung des Baus des Fildertunnels auf den Zeitpunkt der Inbetriebnahme des neu gestalteten Bahnknotens und damit auch auf die Wirtschaftlichkeit des Vorhabens auswirke. Er erörtere auch nicht die Frage aktiver oder passiver Schallschutzmaßnahmen für die Kläger. Insbesondere äußere er sich nicht dazu, aus welchen Gründen passive Schallschutzmaßnahmen an den Wohnhäusern der Kläger zu 1 bis 6 untunlich oder mit dem Vorhaben unvereinbar seien.
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Abwägungsfehlerhaft sei schließlich, dass der Planfeststellungsbeschluss das Betriebsgebäude der Klägerin zu 7 nicht ausreichend vor Erschütterungen schütze. Geschützt werden müsse dieses vor Auswirkungen in der Vortriebsphase auch dann, wenn sie auf wenige Tage beschränkt seien. Soweit der Planfeststellungsbeschluss ein Beweissicherungsverfahren vorsehe, reiche dies nicht aus. Erforderlich seien verhältnismäßige technische Vorkehrungen, hier ein sorgfältig vorgenommener Vortrieb, um erschütterungsbedingte Schäden zu vermeiden.
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Zur Gesamtplanung von „S 21“ führen die Kläger aus:
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Es fehle an einer Planrechtfertigung, weil die Finanzierung des Vorhabens nicht gesichert sei. Bei Erlass des Planfeststellungsbeschlusses habe für das insgesamt 2,8 Mia EUR teure Projekt „S 21“ eine Finanzierungslücke von mindestens 300 Mio EUR bestanden. Die Beigeladene werde diese Lücke nicht schließen können oder wollen, zumal sie die Planung unter den Vorbehalt ihrer Wirtschaftlichkeit gestellt habe und diese u. a. auch vom Bundesrechnungshof bezweifelt werde. Auch im Übrigen sei das Vorhaben nicht vernünftigerweise geboten. Auch mit „K 21“ könne das von der Beigeladenen vorgesehene Betriebsprogramm gefahren werden. Die im Planfeststellungsbeschluss angeführten „weiteren Ziele“ (städtebauliche Entwicklungsmöglichkeiten, Verminderung des Lärms und der Trennwirkung) könnten die Planung nicht rechtfertigen, weil es sich dabei nicht um Ziele im Sinne des Allgemeinen Eisenbahngesetzes und von Art. 87e Abs. 4 Satz 1 GG handele. Für die Minderung des Eisenbahnlärms gelte dies auch deshalb, weil er im Straßenverkehrslärm untergehe. „S 21“ führe nicht zu einer langfristig leistungsfähigen Schieneninfrastruktur, weil Züge mit Dieseltraktion den Durchgangsbahnhof mangels ausreichender Entlüftung und Brandsicherheit in den Tunnelstrecken nicht anfahren könnten. Dies verstoße auch gegen das Diskriminierungsverbot des § 14 Abs. 1 AEG; denn es gebe in Deutschland Eisenbahnunternehmen, die ausschließlich über Züge mit Dieseltraktion verfügten. Außerdem könne entgegen § 14 Abs. 1 Satz 3 AEG und im Widerspruch zum Generalverkehrsplan des Landes den Anforderungen eines Integralen Taktfahrplans nicht ohne Abstriche entsprochen werden.
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Es lägen erhebliche Abwägungsmängel vor. Die Modernisierung des Kopfbahnhofs dränge sich als eindeutig bessere Alternative auf. Dem Konzept „K 21“ könne nicht entgegen gehalten werden, dass es mit „S 21“ schlechterdings unvereinbar sei und deshalb als Alternative ausscheide. Die Entscheidung der Beigeladenen für ein bestimmtes „Funktionsprinzip“ lasse sich nur anhand der damit verfolgten verkehrlichen Ziele rechtfertigen. Nur mit „K 21“ werde eine langfristig leistungsfähige Schieneninfrastruktur geschaffen, weil „S 21“ keinen Verkehr mit Dieselfahrzeugen und keinen Integralen Taktfahrplan ermögliche. Nur „K 21“ erlaube die gleichzeitige Verknüpfung von acht Linien. Die Berechnungen der Beigeladenen zur Ausdehnung der Taktknoten bei „K 21" seien unzutreffend. Vollknoten zur vollen und zur halben Stunde seien bei „K 21" möglich. „K 21" sei so wesentlich leistungsfähiger als „S 21". Ein achtgleisiger Durchgangsbahnhof sei auch im Übrigen nicht ausreichend. Das habe der von der Beigeladenen beigezogene Gutachter zunächst selbst so gesehen. Die seinen Stellungnahmen zugrunde liegenden Annahmen träfen in der Wirklichkeit nicht zu. Zu Unrecht sehe der Planfeststellungsbeschluss bei der Optimierung der Betriebsabläufe Nachteile bei „K 21“. Bei „K 21“ könne aus allen Richtungen kreuzungsfrei ein- und ausgefahren werden. Kein Zug müsse im Ring fahren, um in die gewünschte Richtung zu gelangen. Im Kopfbahnhof könnten Züge abgestellt werden, bei „S 21“ fielen zudem täglich 450 Fahrkilometer für Fahrten in den Abstellbahnhof Untertürkheim an mit Kosten von mindestens 680.000 EUR/Jahr. Die angenommene Flexibilisierung des Verkehrs werde nur eingeschränkt erreicht. Teilweise könnten die Züge nur in einer Richtung in den Ring einfahren. Auf allen Zulaufstrecken werde es weiter Mischverkehr geben. Bei „K 21“ bedürfe es über die vorgesehenen neuen Fahrstraßen und Überwerfungsbauwerke hinaus keiner weiteren Bauwerke. Auch wegen seiner Bahnsteigkapazität sei „K 21“ überlegen. Bei „S 21“ wirkten sich Störungen im S-Bahn-Verkehr stärker aus, weil S-Bahn-Züge den Hauptbahnhof nicht mehr anfahren könnten. Wegen der größeren Beanspruchung sei die Störanfälligkeit der (vergleichsweise wenigen) Weichen bei „S 21“ höher. Bei „S 21“ führe jedes „Durchrutschen“ im Hauptbahnhof zu Fahrwegausschlüssen. Bei „S 21“ seien die Folgen im Falle eines Schadens an der Oberleitung oder an einem Zugfahrzeug schwerer. - Das Planungsziel der Anpassung des bestehenden Empfangsgebäudes an die veränderten Vorstellungen der Reisenden lasse sich nur mit erheblichem Aufwand erreichen. Nur bei „K 21“ sei (über den Nordausgang) ein ebenerdiger Zugang zu allen Gleisen gegeben. Nur hier seien die Kunden nicht auf das mit hohen Betriebskosten verbundene Funktionieren von Aufzügen und Rolltreppen angewiesen. „K 21" sei „S 21“ auch sonst überlegen. Die Bauzeiten seien bei „K 21“ nicht länger. „K 21“ wirke sich während der Bauzeit deutlich weniger auf die Menschen im Umfeld und den Autoverkehr aus. Der Bahnhof könne unabhängig vom Bau der Neubaustrecke und stufenweise umgebaut werden. Zu Unrecht werde für „K 21“ angenommen, es komme im Gleisvorfeld zu Fahrstraßenkonflikten (bei der Einschleifung der Gäubahn). Bei „K 21" bedürfe die Zufahrtsstrecke Bad Cannstatt - Esslingen-Mettingen keiner Ertüchtigung. Das Filstal könne unmittelbar an den Landesflughafen angeschlossen werden. Eines zusätzlichen Bahnhofs am Flughafen bedürfe es nicht, weil die Gäubahn beibehalten werde. „K 21“ sei auf der Strecke bis Wendlingen auch fahrdynamisch besser. Vom Durchgangsbahnhof bis zum Landesflughafen müssten die Züge auf einer Strecke von 10 km etwa 170 Höhenmeter überwinden und dabei zu Beginn stark beschleunigen und am Ende stark bremsen. Das führe zu hohem Verschleiß und Energieverbrauch. Demgegenüber müssten vom modernisierten Kopfbahnhof aus nur etwa 110 Höhenmeter bei einer mehrere Kilometer langen, fast ebenen Anlaufstrecke durch das Neckartal bewältigt werden. „K 21“ verknüpfe die Eisenbahn besser mit anderen Verkehrsträgern. Dies gelte für die Anbindung des Landesflughafens an die umliegenden Landkreise und Regionen. Die Bedeutung einer Anbindung des Fernverkehrs an den Landesflughafen werde bei „S 21“ überschätzt; die insoweit zu erwartenden Fahrgastzahlen seien vergleichsweise gering. Die weitaus meisten Nutzer des Landesflughafens würden aus den umliegenden Regionen und Landkreisen mit Zügen des Regionalverkehrs bzw. mit der S-Bahn kommen. Bei den Reisezeiten hielten sich beide Alternativen die Waage. Dies liege auch daran, dass bei „K 21“ der Fern- und der Regionalverkehr unmittelbar im Flughafenterminal angebunden würden, was den Fußweg für die Reisenden gegenüber „S 21“ um 5 min verkürze. Auch könne bei „K 21“ am selben Bahnhof auf alle Verbindungsarten umgestiegen werden. „K 21“ sei bei der Anbindung des Landesflughafens kostengünstiger, biete außerdem eine Reihe weiterer betrieblicher und verkehrlicher Vorteile und führe entgegen der Annahme im Planfeststellungsbeschluss nicht zu Nachteilen für Reisende der Gäubahn. Unterschätzt habe der Planfeststellungsbeschluss auch die Nachteile von „S 21“ für die Verknüpfung mit dem Busverkehr. Insoweit müsse auch der Bedarf des privaten Busreiseverkehrs berücksichtigt werden. Zu Unrecht nehme der Planfeststellungsbeschluss für den Regionalverkehr an, dass nicht alle Züge im Kopfbahnhof „durchgebunden“ werden könnten. Auch im Blick auf die Erhaltung und Stärkung der zentralen Verkehrsfunktion innerhalb der Landeshauptstadt sei „K 21“ aus den vorstehend ausgeführten Gründen vorzugswürdig.
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Bei „S 21“ komme es zu fast doppelt so starken Eingriffen in das Grundeigentum. Bei den Eingriffen in Natur und Landschaft hebe der Planfeststellungsbeschluss nur auf ihre Ausgleichbarkeit ab, nicht aber darauf, dass sie bei „S 21“ wesentlich stärker seien. Insbesondere sei bei „K 21“ der 5 ha umfassende Eingriff in den Mittleren Schlossgarten nicht erforderlich. Es bedürfe hierbei auch keines 15 Befreiungen von der Heilquellenschutzverordnung umfassenden, teuren Schutzkonzepts für das Grund- und Mineralwasser. Bei „S 21“ gehe das offene Gleisvorfeld verloren, über das der nächtliche Kaltluftstrom Richtung Neckartal verlaufe. Es entstünde zudem im Mittleren Schlossgarten ein im Schnitt 8 m hoher Querriegel, der als Kaltluftbremse wirke. Auch die bei „S 21“ erforderlich werdende Verlegung des Wartungsbahnhofs nach Untertürkheim und die Aufweitung der Bahnhöfe in Heilbronn, Aalen und Tübingen seien mit Eingriffen verbunden, wozu noch keine Untersuchungen vorlägen. Als Beispiel könne dafür die Ausweitung des Güterumschlagzentrums Kornwestheim dienen, die wegen der Aufgabe der Güterbahngleise (Fläche „A 1“) am Hauptbahnhof Stuttgart erforderlich geworden sei. „S 21“ führe anders als „K 21“ zu erheblichen Eingriffen in denkmalgeschützte Gebäude und Anlagen. Für die Stadtentwicklung biete „S 21“ zwar deutliche Vorteile. Die Verringerung des Bahnlärms als Folge von „S 21“ wiege aber nur gering, weil der Straßenlärm im Talkessel von Stuttgart vorherrsche; ohnehin werde die S-Bahn auch bei „S 21“ zwischen dem neuen Halt „Mittnachtstraße“ und dem „Pragtunnel“ weiterhin oberirdisch fahren. Es ergäben sich erhebliche Nachteile von „S 21“ für das Stadtbild durch den entstehenden Hügel im Mittleren Schlossgarten, den Abriss der Seitenflügel des Bonatzgebäudes, den Teilabbruch des ehemaligen Bahndirektionsgebäudes und den Abbruch von Gleisanlagen. Der Planfeststellungsbeschluss befasse sich nicht mit den Vorteilen von „K 21“ beim Brand- und Katastrophenschutz sowie bei Anschlägen. Auch bei Unglücksfällen habe „K 21“ Vorteile gegenüber „S 21“ hinsichtlich Fluchtmöglichkeiten und Rettungsarbeiten. Bei „K 21“ seien die Bauarbeiten mit geringeren Nachteilen für die Umgebung und für den öffentlichen Straßenverkehr verbunden. Bei „K 21“ könnten sämtliche Arbeiten auf bahneigenem Gelände ausgeführt werden. Bei „S 21“ werde insbesondere die Feinstaubproblematik im Talkessel verschärft.
30 
„K 21“ sei allein aus Kostengründen eindeutig vorzugswürdig. Die Gesamtkosten einschließlich der Anbindung an die Neubaustrecke und der Anbindung des Flughafens mit „Rohrer Kurve“ betrügen für die Modernisierung des Kopfbahnhofs maximal 464,71 Mio EUR und bei „K 21“ insgesamt 1,078 Mia EUR (mit Sicherheitsreserven allenfalls 1,2 Mia EUR) und seien damit wesentlich geringer als die Kosten von „S 21“ von mindestens 2,8 Mia EUR. Im Planfeststellungsbeschluss würden zu Unrecht zahlreiche bisher unterlassene Instandhaltungsmaßnahmen wie die Sanierung des Brückenzugs unter Gleis 16 oder der Neckarbrücke den Kosten von „K 21“ zugerechnet. Unterhaltungsrückstände seien wie im Eisenbahnkreuzungsrecht oder im Denkmalschutzrecht dem Unterhaltungspflichtigen anzulasten. Die Beigeladene komme bei „K 21“ auch deshalb zu wesentlich höheren Kosten, weil sie gleichsam von einem Neubau des Kopfbahnhofs ausgehe. Die von der Beigeladenen angenommenen Risikozuschläge seien überhöht.
31 
In der mündlichen Verhandlung haben die Kläger unter Würdigung der Senatsurteile zum Planfeststellungsabschnitt 1.1 und im Hinblick auf die Klageerwiderung ihr Vorbringen vertieft und dabei auch auf das Vorbringen des Klägers im Verfahren 5 S 2224/05 (Schriftsatz vom 23.10.2006) Bezug genommen:
32 
Der Senat sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Einschätzung der finanziellen Realisierbarkeit des Vorhabens einen Zeithorizont voraussetze. Dies gelte nur, wenn der Vorhabenträger der öffentlichen Hand angehöre, nicht aber bei der Antragsplanung eines Privaten, die nicht auf Grund von gesetzlichen oder administrativen Programmen verwirklicht werde. Der Wirtschaftlichkeitsvorbehalt solle dazu dienen zu ermitteln, in welchem Umfang die Partner der Finanzierungs-Rahmenvereinbarung vom 07.11.1995 Kosten übernehmen würden. Dass eine Antragsplanung erst scheitern solle, wenn ihre Finanzierung ausgeschlossen sei oder ihr unüberwindbare finanzielle Schranken entgegenstünden, bedeute eine unzulässige Beweislastumkehr zu Lasten desjenigen, in dessen (Grund-)Rechte durch die Planung eingegriffen werde. Es treffe nicht zu, dass nach höchstrichterlicher und obergerichtlicher Rechtsprechung die Schaffung städtebaulicher Entwicklungsmöglichkeiten und die Minderung von Verkehrslärm zulässige Ziele der eisenbahnrechtlichen Fachplanung seien. Hinsichtlich des Ziels einer Lärmminderung bestehe auch deshalb kein fachplanerisches Bedürfnis, weil diese wegen der Vorbelastung des Stuttgarter Talkessels durch den Gesamtlärm nur lokal und dort jeweils nur gering sei. Der Senat habe verkannt, dass mit dem geplanten Durchgangsbahnhof ein wichtiger Teil der Eisenbahninfrastruktur von der Betriebsart „Dieseltraktion“ ausgeschlossen und dass dies rechtswidrig sei. § 14 Abs. 1 Satz 3 AEG a.F. erfordere das Vorhalten einer Infrastruktur, die den Anforderungen eines Integralen Taktfahrplans gerecht werde. "K 21" dränge sich als eindeutig bessere Alternative zu „S 21“ auf. Dabei sei auch das deutlich unterschiedliche Maß der unmittelbaren Beanspruchung privater Flächen von Bedeutung. Fehlerhaft berücksichtigt worden seien u.a. auch die Belange des Naturschutzes, des Brand- und Katastrophenschutzes und der Kosten, die bei "K 21" erheblich geringer seien.
33 
Die Kläger zu 1 bis 6 beantragen,
34 
den Planfeststellungsbeschluss des Eisenbahn-Bundesamts vom 19. August 2005 für den Umbau des Bahnknotens Stuttgart im Planfeststellungsabschnitt 1.2 (Fildertunnel) aufzuheben,
35 
hilfsweise, die Beklagte - Eisenbahn-Bundesamt - zu verpflichten, den Planfeststellungsbeschluss entsprechend der Rechtsauffassung des Gerichts dahingehend zu ergänzen, dass die zum Schutz der Kläger erforderlichen Maßnahmen gegen Lärm getroffen werden.
36 
Die Klägerin zu 7 beantragt,
37 
den Planfeststellungsbeschluss des Eisenbahn-Bundesamts vom 19. August 2005 für den Umbau des Bahnknotens Stuttgart im Planfeststellungsabschnitt 1.2 (Fildertunnel)aufzuheben,
38 
hilfsweise, den Planfeststellungsbeschluss hinsichtlich des Zwischenangriffs Sigmaringer Straße aufzuheben;
39 
weiter hilfsweise, die Beklagte - Eisenbahn-Bundesamt - zu verpflichten, den Planfeststellungsbeschluss entsprechend der Rechtsauffassung des Gerichts dahingehend zu ergänzen, dass die zum Schutz der Klägerin erforderlichen Maßnahmen gegen Erschütterungen getroffen werden.
40 
Die Beklagte und die Beigeladene beantragen,
41 
die Klagen abzuweisen.
42 
Die Beigeladene trägt vor:
43 
Der Zwischenangriff „Sigmaringer Straße“ sei erforderlich, um den Fildertunnel innerhalb von fünf Jahren im Rohbau einschließlich des Einbaus der Innenschale fertigzustellen. Damit sollten die Investitionen sobald als möglich nutzbar gemacht werden. Zugleich sollten die Auswirkungen auf die Schutzgüter nach dem Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz und die Betroffenheiten Dritter möglichst begrenzt werden. Ohne Zwischenangriffe würde sich die Bauzeit um 20 Monate verlängern. Die Kläger seien mit ihrem Vorbringen zum Standort „Ohnholdwald“ ausgeschlossen, weil sie bei ihren Einwendungen im Planfeststellungsverfahren nur die Varianten „Hoffeld“ bzw. „Wernhaldenklinge“ als vorzugswürdig herausgestellt hätten. Unabhängig hiervon gelte: Der Standort „Ohnholdwald“ sei für die Baustelleneinrichtung eines Zwischenangriffs weniger geeignet als der Standort „Sigmaringer Straße“. Beim Standort „Ohnholdwald“ seien zwei Zwischenangriffspunkte mit je einem Zwischenangriffsstollen und nur eine Baueinrichtungsfläche vorgesehen. Diese seien rund 190 m länger als die Zwischenangriffsstollen anderer Alternativen (mit ebenfalls zwei Zwischenangriffspunkten und -stollen). Die verkehrliche Anbindung des Standorts „Ohnholdwald“ sei problematisch, weil der Knotenbereich „Epplestraße/B 27“ an der Grenze seiner Leistungsfähigkeit liege, was wegen der bei zwei Zwischenangriffsstollen höheren Lkw-Zahl als nachteilig beurteilt worden sei. Gegenüber der Alternative „Sillenbuch-Mitte“ mit „Weidachtal“ mit zwei Zwischenangriffspunkten und zwei Baustelleneinrichtungsflächen sei der Standort „Ohnholdwald“ deutlich schlechter beurteilt worden. Die ökologische Betroffenheit des Standorts „Ohnholdwald“ sei erheblich, weil auf der betroffenen Windwurffläche standortangepasste und differenzierte Folgebestände entstanden seien, die einen entsprechenden Schutz verlangten. Aufgrund dieser Überlegungen habe man eine Alternative mit nur einem Zwischenangriffspunkt und nur einem Zwischenangriffsstollen erwogen. Dabei habe sich der Zwischenangriffspunkt „Sigmaringer Straße“ als der geeignetste herausgestellt. Ihm gelinge eine unmittelbare Verkehrsanbindung an die B 27. Die ökologischen Eingriffe beträfen nur landwirtschaftliche Flächen. Die Länge des Zwischenangriffsstollen beim Standort „Sigmaringer Straße“ betrage etwa 1.250 m, die Länge der beiden Zwischenangriffsstollen beim Standort „Ohnholdwald“ betrügen 1.710 m und 900 m. Damit sei der Standort „Sigmaringer Straße“ bautechnisch und ökologisch allen anderen Standorten deutlich überlegen. Zutreffend sei, dass es beim Standort „Sigmaringer Straße“ zu mehr Betroffenheiten von Grundstücksnutzern komme. Diese seien aber zumutbar und würden durch Schutzauflagen auf ein Mindestmaß reduziert. Eine Verschiebung der Baustelleneinrichtungsfläche nach Süden sei abgewogen und verworfen worden, weil sich dadurch der Zwischenangriffsstollen deutlich verlängern würde und man an die Grenze eines wirtschaftlich und terminlich vertretbaren Umfangs geraten würde. Ferner wären erhebliche Eingriffe in das Straßenverkehrsgefüge erforderlich, da nicht nur die vorhandene Unterführung unter die B 27 zur Epplestraße erreicht werden müsste, sondern auch noch die Feldwegeverbindungen über die Sigmaringer Straße an die B 27 ausgebaut werden müssten. Hierdurch würden sich die Eingriffe in Privateigentum deutlich erhöhen. - Die Kläger würden die Systematik der AVV Baulärm verkennen. Nr. 3.1 der Vorschrift enthalte keine Grenz-, sondern Richtwerte. Ihre Überschreitung führe noch nicht dazu, dass Maßnahmen zur Geräuschminderung zu ergreifen seien. Dies sei erst der Fall, wenn die Richtwerte um mehr als 5 dB(A) überschritten wären. Erst dadurch werde die fachplanungsrechtliche Zumutbarkeits- oder Auflagenschwelle markiert. Im Übrigen werde die Zumutbarkeitsschwelle durch die Vorbelastung der Grundstücke der Kläger zu 1 bis 6 erhöht. Dort gebe es wegen der Nähe zur B 27 auch zur Nachtzeit ganz erhebliche Verkehrslärmimmissionen. Sie könne nicht verpflichtet werden, im Hinblick auf den Baustellenlärm ein Immissionsniveau einzuhalten, das deutlich unter der verkehrsbedingten Vorbelastung liege. Vor diesem Hintergrund werde das entsprechende Schutzkonzept des Planfeststellungsbeschlusses dem Abwägungsgebot gerecht. Die wahre Belastung der Kläger zu 1 bis 6 aufgrund der Bautätigkeit werde sich erst aufgrund der ihr aufgegebenen Detailgutachten erweisen. Ggf. würden ihr dann von der Behörde weitere aktive Schallschutzmaßnahmen auf der Baubetriebsfläche auferlegt. Reichten diese nicht aus, hätten die Kläger zu 1 bis 6 ggf. Anspruch auf Ersatz für ihre Aufwendungen für passive Schallschutzmaßnahmen an ihren Gebäuden, wobei sie eigentlich wegen der Vorbelastung durch die B 27 bereits entsprechend ausgerüstet sein müssten. Für verbleibende unzumutbare Belastungen - etwa des Außenwohnbereichs - könne außerdem ein Anspruch auf Geldentschädigung bestehen. Unbegründet sei die Befürchtung der Klägerin zu 7, ihr Betriebsgebäude sei nicht ausreichend vor Erschütterungen geschützt. Die nachträglich eingeholte „Tunnelbautechnische Stellungnahme zur Unterfahrung des Gebäudes ...“ vom Januar 2006 lasse nur geringe vortriebsbedingte Senkungen und kleinere Senkungsdifferenzen und damit nicht nennenswerte Setzungen erwarten.
44 
Die Gesamtplanung des Projekts Stuttgart 21 sei gerechtfertigt. Die Finanzierbarkeit des Vorhabens sei jedenfalls nicht ausgeschlossen. Sie sei schon jetzt weitgehend durch den Abschluss einer Rahmenvereinbarung mit Bund, Land und weiteren Beteiligten gesichert; außerdem könne mit einer erheblichen Förderung von „S 21“ durch die Europäische Union gerechnet werden. Die Umgestaltung des Bahnknotens Stuttgart sei auch im Übrigen vernünftigerweise geboten. In welcher Form die Umgestaltung erfolge, sei keine Frage der Planrechtfertigung, sondern der gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbaren Abwägung. Zu Unrecht würden die im Planfeststellungsbeschluss angeführten „weiteren Ziele“ als nicht geeignet angesehen, die Planung zu rechtfertigen. Ein Vorhaben der Fachplanung sei grundsätzlich gerechtfertigt, wenn es den Zielen des jeweiligen Fachplanungsgesetzes entspreche und im Hinblick darauf, dass privates Eigentum in Anspruch genommen werden solle, zum Wohle der Allgemeinheit objektiv geboten sei. Dementsprechend habe der Gesetzgeber den öffentlichen Eisenbahnen aufgetragen, in Übereinstimmung mit dem allgemeinen Wohl und dem öffentlichen Verkehrsbedürfnis ihr Netz auszubauen und der Entwicklung anzupassen. Ziele im Sinne der Planrechtfertigung seien daher alle im Rahmen des Fachgesetzes zulässigerweise verfolgbaren Gemeinwohlbelange. Auch Art. 87e Abs. 4 Satz 1 GG messe beim Ausbau und Erhalt des Schienennetzes den Verkehrsbedürfnissen zwar eine besondere, aber keine alleinige Bedeutung für das Allgemeinwohl bei. In diesen Rahmen fügten sich die im Planfeststellungsbeschluss angeführten „weiteren Ziele“ ein. Auch der eisenbahnrechtlichen Fachplanung sei der Ausgleich von Raumnutzungskonflikten aufgetragen. Sie sei insbesondere aufgerufen, die Entwicklungsmöglichkeiten einer Stadt sowenig wie möglich zu behindern. Eisenbahninfrastrukturvorhaben stünden häufig in einem einfachgesetzlich durch § 38 BauGB markierten Spannungsverhältnis zur gemeindlichen Planungshoheit. Es sei deshalb ein legitimes Planungsziel eines eisenbahnrechtlichen Vorhabens, diese Spannungen zu reduzieren und den Gemeinden Flächen zurückzugeben, die in früherer Zeit für Eisenbahnanlagen beansprucht worden seien. Dies mache auch § 23 AEG n. F. deutlich. Deshalb könne aus den legitimen Planungszielen weder das Ziel der Schaffung von städtebaulichen Entwicklungsmöglichkeiten noch die Aufhebung der trennenden Wirkung von Bahnanlagen ausgegrenzt werden. Erst recht gelte dies für das Ziel, Eisenbahnanlagen so zu planen, dass keine neuen Lärmbelastungen entstünden und vorhandene reduziert würden. Der Eisenbahnlärm habe im Stuttgarter Talkessel einen nicht unerheblichen Anteil am Gesamtlärm. Im Bereich des Rosensteinparks überwiege er sogar den Straßenlärm. Auch in den Halbhöhenlagen setze er sich durch. „S 21“ ermögliche zudem den Verzicht auf die Gäubahn und führe deshalb auch entlang ihrer Strecke zur Lärmminderung.
45 
Zweifel an der Leistungsfähigkeit des modernen Durchgangsbahnhofs seien nicht begründet. Richtig sei, dass der Einsatz von dieselbetriebenen Zügen im Regelbetrieb nicht zulässig sei. Hierfür seien aber nicht die Tunnelstrecken entscheidend, sondern ausschließlich die Verhältnisse in der Bahnhofshalle. Dort würde es beim Regeleinsatz von Dieselzugfahrzeugen zu Überschreitungen der Grenzwerte der 23. BImSchV kommen. Im Einzelfall sei der Dieselbetrieb freilich auch in der Bahnhofshalle nicht ausgeschlossen. Im Übrigen sei davon auszugehen, dass bei Inbetriebnahme des Bahnhofs Dieselzugfahrzeuge mit Katalysatoren und Rußfiltern ausgerüstet seien und sie deshalb uneingeschränkt auch in der Bahnhofshalle eingesetzt werden könnten. Ungeachtet dessen liege im Ausschluss von Dieselzugfahrzeugen im Regelbetrieb kein Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot des § 14 Abs. 1 AEG, da er alle Eisenbahnverkehrsunternehmen gleichermaßen betreffe und die Vorschrift nicht verbiete, technische Mindestanforderungen an Fahrzeuge zu stellen. Es treffe auch nicht zu, dass eine langfristig leistungsfähige Schieneninfrastruktur nur dann vorliege, wenn der auszubauende Teil des Netzes den Anforderungen eines Integralen Taktverkehrs auf der Grundlage eines Integralen Taktfahrplans ohne Abstriche gerecht werde. Der Integrale Taktverkehr stelle ein in der Abwägung zu berücksichtigendes Verkehrsangebot dar, aber keine zwingende Vorgabe für die Planung in dem Sinne, dass ein solcher Taktverkehr bevorzugt zu ermöglichen sei. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus § 14 Abs. 1 Satz 3 AEG. Ein Vollknoten des Integralen Taktverkehrs sei weder in einem Durchgangsbahnhof noch in einem Kopfbahnhof sinnvoll.
46 
Erhebliche Abwägungsmängel lägen nicht vor. „K 21“ scheide als Alternative von vornherein aus, weil mit dieser Konzeption einer „Sackgasse mit Umwegen“ wesentliche Planungsziele, nämlich die Direktanbindung des Landesflughafens und der Neuen Messe, die Rückgabe von Bahnflächen in die Planungshoheit der Landeshauptstadt und die Entlastung des Talkessels von Lärm nicht erreicht würden. Sie müsse sich als Vorhabenträgerin kein von ihr nicht gewolltes Funktionsprinzip aufdrängen lassen. Unabhängig hiervon hätte sich der Behörde jedenfalls nicht die Erkenntnis aufdrängen müssen, dass sich die mit der Planung angestrebten Ziele unter geringeren Opfern an entgegenstehenden öffentlichen und privaten Belangen verwirklichen ließen. „K 21“ beschreibe zwar eine grundsätzlich mögliche Abwicklung des Eisenbahnverkehrs im Knoten Stuttgart. Das Projekt ließe sich aber nur mit weit größerem Aufwand verwirklichen als angegeben. Ein Großteil der Bahnanlagen im Gleisvorfeld und auf den Zulaufstrecken, auch solche, an die bislang nicht gedacht worden sei, müsste „unter Betrieb“ und damit in wesentlich längerer Bauzeit gleichsam neu gebaut werden, um den Fern-, den Regional- und den S-Bahn-Verkehr zu entmischen und Fahrstraßenausschlüsse zu vermeiden. Durch den Verzicht auf zentrale Baulogistikflächen bei „K 21" würde der Straßenverkehr durch den Baustellenverkehr während der gesamten Bauzeit gestört. Die bei „K 21“ vorgesehenen Maßnahmen würden zu keiner vollständigen Entmischung der Verkehre führen. Insbesondere würden die S-Bahn-Gleise im Zulauf auf den Hauptbahnhof nicht vollständig dem S-Bahn-Verkehr überlassen. Der in „K 21“ einbezogene Abschnitt Hauptbahnhof - Esslingen-Mettingen könne wegen der beengten räumlichen Verhältnisse im Neckartal nicht zur Hochgeschwindigkeitsstrecke ertüchtigt werden und reiche zwischen Untertürkheim und Esslingen-Mettingen für zusätzlichen Verkehr nicht aus. Die Anbindung des Flughafens „im Nebenschluss“ erfordere den Bau eines Gleisdreiecks bei Scharnhausen und Denkendorf. Zugleich müsse auch im Neckartal bei Esslingen-Mettingen ein weiteres Gleisdreieck errichtet werden. Am Flughafen sei wegen der erforderlichen Bahnsteiglänge ein neuer Kopfbahnhof für den Fernverkehr 150 m nördlich der bestehenden S-Bahn-Station notwendig. Anders als bei „S 21“ müsse die Gäubahn zwischen Hauptbahnhof und Flughafen aufrecht erhalten werden. Eine Modernisierung des Kopfbahnhofs koste nicht nur 350 Mio EUR, sondern mehr als 1,155 Mia EUR. Hinzu kämen die Kosten für die Neubaustrecke Bad Cannstatt - Esslingen-Mettingen - Wendlingen und für die Vervollständigung des Netzes einschließlich der Flughafenanbindung mit einem erforderlichen weiteren Fernbahnhof als Kopfbahnhof am Flughafen in Höhe von insgesamt 1,421 Mia EUR. Insgesamt betrügen die Kosten von „K 21“ somit 2,576 Mia EUR gegenüber 2,81 Mia EUR für „S 21“. - Hinsichtlich der verkehrlichen Ziele sei „S 21“ der Konzeption „K 21“ vielfach überlegen. Nur mit dem Durchgangsbahnhof werde eine langfristig leistungsfähige Schieneninfrastruktur geschaffen. Daran ändere die Beschränkung der Dieseltraktion nichts. Die Verwirklichung eines Integralen Taktfahrplans sei weder rechtlich geboten noch sinnvoll. Bei der Vielzahl von in einen Großknoten einfahrenden Linien sei ein Integraler Taktfahrplan nur um den Preis von langen Wartezeiten (bis zu 26 bzw. 28 statt bis zu 14 Minuten) vor allem der untergeordneten Linien möglich. Außerdem könne bei „S 21“ auf den Strecken bis zu den Zwischenknoten das Bedienungsangebot erheblich verbessert werden. Das für „S 21“ vorgesehene Bedienungskonzept sei eindeutig besser als ein Vollknoten. Es bündele den Regionalverkehr beim 30-Minuten-Takt viertelstündlich zu je 4 Regionalzug-Einheiten (beim Stundentakt halbstündlich). Die Überlegungen zur Gestaltung eines Vollknotens ließen wichtige Prämissen außer Acht und seien letztlich undurchführbar. Auch sei eine bedarfsgerechte Ausdünnung des Zugangebots in Zeiten mit geringer Verkehrsnachfrage deutlich schwieriger. Ein Durchgangsbahnhof mit acht Gleisen sei ausreichend und verfüge selbst in Spitzenstunden über größere Reserven als die maßgeblichen Zulaufstrecken. Gegebenenfalls könnten, wenn auch technisch aufwändig, zwei gegenwärtig unwirtschaftliche weitere Gleise gelegt werden. Sie habe die Leistungsfähigkeit und das Leistungsverhalten des Durchgangsbahnhofs mit anerkannten verkehrswissenschaftlichen Methoden untersuchen lassen. Eine neuere Untersuchung des Verkehrswissenschaftlichen Instituts Stuttgart bestätige die Erkenntnisse ihrer Gutachter zu „S 21“ und „K 21“. „K 21“ sei auch fahrdynamisch nicht besser. Der wegen geringfügiger größerer Höhenunterschiede erforderliche höhere Energieverbrauch und Verschleiß könne künftig durch weiterentwickelte Verfahren zur Energierückspeisung gemindert werden. Zudem seien bei „K 21“ längere Wege zurückzulegen und könne auf der Strecke zwischen Hauptbahnhof und Esslingen-Mettingen die Geschwindigkeit nicht nennenswert erhöht werden. Entscheidend sei ohnehin, dass „K 21“ den Landesflughafen und die Neue Messe weder direkt noch überhaupt sinnvoll anbinde. Die Direktanbindung des Landesflughafens folge europarechtlichen Vorgaben. Sie komme auch der Neuen Messe zugute. Auch diese und der Filderraum sollten an den Fernverkehr angebunden werden. Fernzüge aus Richtung Ulm könnten nicht über die Gäubahnstrecke zum Hauptbahnhof geführt werden, weil der S-Bahn-Bahnhof Flughafen dafür nicht ausreiche. Zudem müsse die Filderbahn auf diese Weise zusätzlichen Verkehr aufnehmen, ohne dass Lärmschutzansprüche der Anwohner entstünden. Die ermittelten Fahrgastpotenziale seien erheblich. Insoweit werde bei "K 21" von falschen Zahlen ausgegangen. Fehlerhaft ermittelt würden von den Befürwortern die Reisezeiten im Vergleich. Bei „K 21“ könnten sie nicht kürzer sein als bei „S 21“. Nicht richtig sei, dass die Verknüpfung mit dem Zentralen Omnibusbahnhof ersatzlos entfalle. Die Landeshauptstadt Stuttgart werde in sachgerechter Weise für die Anbindung privater Fernreiselinien Ersatz schaffen. Im Übrigen sei dies eine Frage von untergeordneter Bedeutung für die Alternativenentscheidung. Nicht richtig sei, dass das Planungsziel der Verbesserung der Verkehrsanbindung im Regional- und im Personenfernverkehr von beiden Alternativen gleichermaßen erreicht werde. Die von „K 21“ angestrebte „Durchbindung“ aller Regionalzüge bei Beseitigung aller Fahrwegausschlüsse lasse sich nur durch einen immensen bautechnischen Aufwand erreichen. Für die Verbindung von Tübingen/Reutlingen nach Stuttgart-Hauptbahnhof verlängere sich die Reisezeit bei „K 21“ gegenüber „S 21“ um 7 bzw. um 9 min. Im Übrigen schlage das nachteilige Konzept der Flughafenanbindung bei „K 21“ auf alle Relationen durch. Deutlich überlegen sei „S 21“ auch im Blick auf die Erhaltung und Stärkung der zentralen Verkehrsfunktion innerhalb von Stuttgart. Sämtliche Anbindungen öffentlicher Verkehrsmittel an den Hauptbahnhof würden bei „S 21“ erhalten. Zudem würden im neuen Durchgangsbahnhof die Umsteigewege und die Wege in die Innenstadt erheblich kürzer. Nur „S 21“ gelinge es, die Betriebsabläufe zu optimieren und damit über die Bewältigung des unterstellten Betriebsprogramms hinaus Leistungssteigerungen anzubieten. Der Ringverkehr ermögliche eine flexible Betriebsweise. Fahrstraßenausschlüsse durch wendende Züge und zeitaufwändige Rangierbewegungen entfielen. Der Durchgangsbahnhof könne sehr wohl aus allen Richtungen angefahren und verlassen werden. Längeren Fahrstrecken zum neuen Wartungsbahnhof stehe eine künftig geringere Zahl von Rangierfahrten gegenüber. Der auch künftig gegebene Mischverkehr mit Regionalzügen auf den Zulaufstrecken aus Richtung Ulm und Tübingen behindere den Fernverkehr nicht. Die Betriebsverhältnisse der S-Bahn verbesserten sich bei „S 21“ wesentlich. Es entfalle der noch bestehende Mischverkehr im Zulauf auf den Hauptbahnhof. Bei „S 21“ seien Störanfälligkeiten nicht größer und könnten Betriebsstörungen flexibler behoben werden. „K 21“ benötige deutlich mehr Weichen (96 statt 46) und sei so im Unterhalt aufwändiger. Auch bei „S 21“ könnten Wartungs- und Instandsetzungsarbeiten in die jeweiligen Betriebsabläufe integriert werden. „S 21“ sei kundenfreundlicher, weil der gedrehte Durchgangsbahnhof den Reisenden kürzere Wege biete.
47 
Fehlerfrei sei die Abwägung auch mit Blick auf die Eingriffe in Natur und Landschaft. Dabei habe die Behörde die von einer Modernisierung des Kopfbahnhofs ausgehenden Beeinträchtigungen der Schutzgüter Tiere und Pflanzen im Gleisvorfeld sogar zu gering geachtet. Auch könne ihr nicht angelastet werden, dass die Landeshauptstadt Stuttgart nach erfolgter Rückgabe des Gleisvorfelds mit ihrer städtebaulichen Konzeption die dort vorhandenen Trockenbiotope beeinträchtige. Auch bei „K 21“ würden die Trockenbiotope im Gleisvorfeld erheblich verkleinert. Sie entstünden auch nicht ohne Weiteres neu. Der Umstand, dass der Planfeststellungsbeschluss umfangreiche Regelungen zu Eingriffen in den Wasserhaushalt enthalte, spreche nicht für einen unangemessenen Aufwand insoweit, zumal da es sich im Wesentlichen um Befreiungen handele, die im Zusammenhang mit baubegleitenden Vorsorgemaßnahmen notwendig würden. Im Übrigen komme auch „K 21“ nicht ohne Eingriffe in die Grundwasser- und Mineralwasserschutzschichten aus. Nicht richtig sei, dass durch den Wegfall der Eisenbahnverkehrsanlagen im alten Gleisvorfeld Freiflächen verloren gingen. Dies geschehe erst im Zuge der städtebaulichen Entwicklung durch die Landeshauptstadt Stuttgart. Im Übrigen seien die klimatologischen Folgen des Vorhabens umfassend untersucht und nennenswerte direkte oder indirekte Auswirkungen ausgeschlossen worden. Die neue Bahnhofshalle werde im Mittleren Schlossgarten nicht als solche in Erscheinung treten, weil sie mit Erde überdeckt werde. Sichtbar blieben nur die Lichtaugen und die Zugangsbauwerke. Das neue Gelände im Mittleren Schlossgarten werde höchstens 5 m höher liegen. Ein ausreichender landschaftspflegerischer Ausgleich sei vorgesehen. Es würden nicht nur der Mittlere Schlossgarten neu gestaltet, sondern darüber hinaus bislang versiegelte bzw. überbaute Flächen einbezogen. Ausgleichsmaßnahmen für die Baumaßnahmen am Wartungsbahnhof in Bad Cannstatt oder für Baumaßnahmen in anderen Städten seien nicht Gegenstand dieses Planfeststellungsverfahrens. Unvermeidbar sei bei „S 21“ der umfangreichere Eingriff in denkmalgeschützte Gebäude und Sachgesamtheiten. Die notwendigen Eingriffe erreichten aber kein solches Gewicht, dass sie auf die Gesamtabwägung entscheidenden Einfluss gewinnen könnten. Von hoher Bedeutung sei der Vorteil von „S 21“ für die städtebauliche Entwicklung von Stuttgart. Dies gelte für die Rückgabe frei werdender ehemaliger Eisenbahnflächen wie auch für die Befreiung von Eisenbahnlärm. „S 21“ genüge den Brand- und Katastrophenschutzanforderungen. Somit komme diesem Gesichtspunkt keine entscheidende Bedeutung für die Alternativenentscheidung zu. Im Übrigen treffe es nicht zu, dass Tunnelstrecken gefährlicher seien als oberirdische Strecken. Dies sei allenfalls bei Brandfällen richtig. Insoweit seien jedoch umfangreiche Sicherheitsmaßnahmen vorgesehen. Betriebliche Behinderungen infolge von Unglücksereignissen im Tunnel träten nicht ein und seien im Übrigen für die Abwägung nicht erheblich. Richtig sei, dass „S 21“ zu größeren Beeinträchtigungen der umliegenden städtischen Bereiche, insbesondere durch Lärm und Erschütterungen, führe. Die insoweit von ihr vorgelegten Untersuchungen enthielten freilich „obere Abschätzungen“. Die Auswirkungen auf den Straßenverkehr in der Innenstadt von Stuttgart würden durch eine Reihe von Vorkehrungen minimiert. Im Übrigen würden bei „K 21“ die Auswirkungen auf den Verkehr unterschätzt. Bei „K 21“ komme es zu erheblichen Beeinträchtigungen des Schienenverkehrs mit der Folge, dass die Bauzeit statt acht etwa zwölf Jahre betragen werde. Die mit dem Tunnelbau verbundenen Beeinträchtigungen würden im Übrigen bei „K 21“ jedenfalls teilweise nach Esslingen-Mettingen und Denkendorf verlagert.
48 
Ein wesentlicher Kostenunterschied bestehe zwischen beiden Alternativen nicht. Bei „K 21“ müssten auch die Kosten für den Ersatz abgängiger Anlagenteile berücksichtigt werden. Außerdem erreiche „K 21“ maßgebliche und legitime Planungsziele der Beigeladenen nicht oder nur in deutlich schlechterer Qualität. Unabhängig hiervon sei zu fragen, ob ein Vorhabenträger gehindert sein könne, eine aufwändige Konzeption zu verfolgen, um seine Planungsziele optimal zu erreichen.
49 
Die Beklagte verteidigt den angefochtenen Planfeststellungsbeschluss und nimmt im Einzelnen auf ihn Bezug. Weiter trägt sie vor: Die Klägerin zu 3 sei mit ihren Einwendungen ausgeschlossen, da sie solche im Anschluss an die öffentliche Auslegung des Planentwurfs nicht erhoben habe. Ob das Vorhaben von der Beigeladenen aus Eigen- oder aus Fremdmitteln finanziert werde, sei unerheblich. Die Beigeladene habe die Verwirklichung des Vorhabens auch nicht unter einen Finanzierungs- sondern unter einen Wirtschaftlichkeitsvorbehalt gestellt. Es würden mit dem Vorhaben hinreichend viele fachplanungsrechtliche Ziele verfolgt. Zu diesen gehörten auch die angestrebte Minderung der Verkehrslärmbelastung im Stuttgarter Talkessel und die Schaffung städtebaulicher Entwicklungsmöglichkeiten. Letztere diene auch der Vermeidung von Siedlungsdruck im Umland und bewirke eine Verminderung der Siedlungsströme, wodurch auch das Verkehrssystem Schiene entlastet werde. Darin liege zumindest eine mittelbare eisenbahnverkehrliche Zielsetzung. "K 21" habe sich nicht als eindeutig bessere Alternative aufgedrängt. - Abwägungsfehlerfrei sei auch die Entscheidung für den Zwischenangriff „Sigmaringer Straße“. Der Standort „Ohnholdwald“ habe sich nicht als eindeutig bessere Alternative aufgedrängt. Dieser habe keine funktionellen Vorteile. Nur bei dem Standort „Sigmaringer Straße“ sei eine direkte Auffahrt auf die B 27 möglich. Die ökologische Bedeutung des im Übrigen von den Umweltverbänden eingebrachten Standorts „Ohnholdwald“ sei richtig eingeschätzt worden. Auch die Betroffenheit der Anwohner an der Sigmaringer Straße sei richtig bewertet worden. Unzumutbaren Lärmbeeinträchtigungen werde durch ein umfangreiches Schutzkonzept begegnet. Zu berücksichtigen sei auch, dass die Schutzwürdigkeit des allgemeinen Wohngebiets, in dem die Kläger zu 1 bis 6 wohnten, durch angrenzende Misch- und Gewerbegebiete gemindert sei. Vorzuziehen sei der Standort „Ohnholdwald“ auch nicht deshalb, weil er im Eigentum der öffentlichen Hand stehe; denn er sei nicht gleich geeignet. Der Standort der Baustelleneinrichtungsfläche sei nicht nach Süden zu verschieben. Es sei unerheblich, dass diese Möglichkeit im Planfeststellungsbeschluss nicht erörtert werde. Ein Vorteil für die Kläger zu 1 bis 6 ergebe sich nur, wenn der Lkw-Verkehr nicht durch das Gebiet „Tränke“ geführt und stattdessen eine Unterführung von der Baustelleneinrichtungsfläche zum Anschluss an die B 27 gebaut werde. - Die Kläger zu 1 bis 6 erhielten einen ausreichenden Schutz vor Baulärm. Eine Grundrechtsbeeinträchtigung der Kläger sei insoweit nicht zu erwarten. Es sei legitim, als Maßstab für die Bestimmung der Zumutbarkeit des Lkw-Lärms die insoweit nicht unmittelbar einschlägige AVV Baulärm heranzuziehen, wobei sich nach dieser ein Handlungsbedarf erst bei Überschreitung der Richtwerte um mehr als 5 dB(A) ergebe. Es sei nicht zu beanstanden, dass der Nachtbetrieb auf der Baustelle nicht ausgeschlossen worden sei. Die mit einem Nachtbetrieb erreichte Verkürzung der Bauzeit diene dem Gemeinwohl und komme auch den Klägern zu Gute. Am Betriebsgebäude der Klägerin zu 7 komme es zu keinen erschütterungsbedingten Schäden.
50 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Schriftsätze der Beteiligten und der zur Sache gehörenden Gerichts- und Behördenakten, die Gegenstand der mündliche Verhandlung gewesen sind, verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
51 
Die sachliche Zuständigkeit des erkennenden Gerichtshofs folgt aus § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 VwGO. Danach entscheidet das Oberverwaltungsgericht im ersten Rechtszug über sämtliche Streitigkeiten, die Planfeststellungsverfahren für den Bau oder die Änderung neuer Strecken von Straßenbahnen, Magnetschwebebahnen und von öffentlichen Eisenbahnen sowie für den Bau oder die Änderung von Rangier- und Containerbahnhöfen betreffen.
52 
Nicht berührt wird die sachliche Zuständigkeit des erkennenden Gerichtshofs durch Art. 9 Nr. 2b des Gesetzes zur Beschleunigung von Planungsverfahren für Infrastrukturvorhaben vom 09.12.2006 (BGBl. I S. 2833). Mit dieser Vorschrift ist § 50 Abs. 1 VwGO als Nr. 6 die Bestimmung angefügt worden, dass das Bundesverwaltungsgericht im ersten und letzten Rechtszug über sämtliche Streitigkeiten entscheidet, die Planfeststellungsverfahren und Plangenehmigungsverfahren für Vorhaben betreffen, die u.a. in dem Allgemeinen Eisenbahngesetz bezeichnet sind. § 18e AEG, eingefügt durch Art. 1 Nr. 2 des erwähnten Beschleunigungsgesetzes, bestimmt insoweit, dass § 50 Abs. 1 Nr. 5 (hierbei handelt es sich um ein Redaktionsversehen, gemeint ist ersichtlich Nr. 6) VwGO für Vorhaben im Sinne des § 18 Abs. 1 AEG gilt (also für planfeststellungsbedürftige Vorhaben), soweit diese Schienenwege betreffen, die u.a. wegen ihres sonstigen internationalen Bezuges (Nr. 4) oder der besonderen Funktion zur Beseitigung schwerwiegender Verkehrsengpässe (Nr. 5) in der Anlage aufgeführt sind. Die durch Art. 1 Nr. 6 des Beschleunigungsgesetzes eingefügte Anlage (zu § 18e Abs. 1 AEG) führt dabei unter Nr. 19 das Vorhaben „ABS/NBS Stuttgart - Ulm - Augsburg“ auf. In Satz 3 der Vorbemerkung der Anlage heißt es jedoch, dass die Schienenwege jeweils an den Knotenpunkten beginnen und enden, an dem sie mit dem bestehenden Netz verbunden sind. Ob und ggf. inwieweit das Projekt „Stuttgart 21“ danach nicht von Nr. 19 der Anlage zu § 18e AEG und damit von § 50 Abs. 1 Nr. 6 VwGO 2006 erfasst wird, weil es sich um einen Neubau des Eisenbahnknotens Stuttgart handelt (vgl. dazu auch Senatsurt. v. 06.04.2006 - 5 S 848/05 - UA S. 25 unter Hinweis auf BVerwG, Urt. v. 23.10.2002 - 9 A 22.01 - Buchholz 442.09 § 18 AEG Nr. 55 zum Knoten Berlin), kann der Senat offen lassen. Denn § 50 Abs. 1 Nr. 6 VwGO 2006 ist gemäß Art. 15 des erwähnten Beschleunigungsgesetzes erst am 17.12.2006 und damit nach Rechtshängigkeit der Streitsache in Kraft getreten. Die sachliche Zuständigkeit der Oberverwaltungsgerichte in bei ihnen anhängig gewordenen Klageverfahren im Sinne von § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 VwGO wird davon nicht berührt (§ 83 Satz 1 VwGO i.V.m. § 17 Abs. 1 GVG; Eyermann/Rennert, VwGO, 12. Aufl., § 41 Rdnr. 9 m.w.N.).
53 
Die Klagen sind mit den Haupt- und Hilfsanträgen zulässig, aber nicht begründet. Der Planfeststellungsbeschluss leidet an keinem erheblichen Rechtsfehler, der seine vollständige oder teilweise Aufhebung, die Feststellung seiner Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit oder zumindest im Umfang der Hilfsanträge seine Ergänzung erfordern würde (§ 113 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 5 VwGO, § 20 Abs. 7 AEG).
54 
Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist der Zeitpunkt des Erlasses des Planfeststellungsbeschlusses vom 19.08.2005. Anzuwenden ist das Allgemeine Eisenbahngesetz (AEG) vom 27.12.1993 (BGBl. I S. 2396) in der Fassung von Art. 1 des Vierten Gesetzes zur Änderung eisenbahnrechtlicher Vorschriften vom 03.08.2005 (BGBl. I S. 2270), berichtigt am 11.08.2005 (BGBl. I S. 2420), die im Vergleich zu der für den Planfeststellungsabschnitt 1.1 maßgeblichen Fassung gemäß dem Gesetz zur Änderung eisenbahnrechtlicher Vorschriften hinsichtlich der Regelung der Interoperabilität des transeuropäischen Eisenbahnsystems vom 27.12.2004 (BGBl. I S. 3833) freilich keine für die Beurteilung des hier angefochtenen Planfeststellungsbeschlusses wesentlichen Änderungen enthält.
55 
1. Der Senat unterzieht den Planfeststellungsbeschluss einer umfassenden objektiv-rechtlichen Prüfung. Von dieser Prüfung ausgenommen sind nur Rechtsmängel, die für die enteignende Inanspruchnahme eines Grundstücks nicht kausal sind (BVerwG, Beschl. v. 10.07.1995 - 4 B 94.95 - NVwZ-RR 1996, 188).
56 
Der Planfeststellungsbeschluss hat zwar für die Kläger zu 1 bis 6 keine enteignungsrechtliche Vorwirkung (§ 22 Abs. 1 Satz 2 AEG), weil sie von dem planfestgestellten Vorhaben nur mittelbar betroffen sind. Fraglich ist auch, ob die Klägerin zu 7 unmittelbar in ihrem Eigentum betroffen wird. Zwar soll ihr Grundstück gemäß dem planfestgestellten Grunderwerbsverzeichnis mit einer Grunddienstbarkeit zur Sicherung des Tunnelbau- und -betriebsrechts belastet werden. Dies gilt aber nur für die Dauer der Bauzeit (vgl. Senatsurt. v. 11.02.2004 - 5 S 402/03 - UA S. 22). Außerdem hat die Klägerin zu 7 d i e - s e Eigentumsbetroffenheit vor Ablauf der Einwendungsfrist im Planfeststellungsverfahren nicht ausdrücklich und konkret geltend gemacht (vgl. § 20 Abs. 2 Satz 1 AEG; vgl. BVerwG, Urt. v. 24.09.2003 - 9 A 69.02 < Anhalter Bahn > NVwZ 2004, 340; Senatsurt. v. 11.02.2004 - 5 S 387/03 - < Rheintalbahn > UA. S. 31 und v. 06.04.2006 - 5 S 847/05 - <“Stuttgart 21“, Abschnitt 1.1> UA. S. 26). Die von der Klägerin zu 7 geltend gemachte Gefahr von Geländesenkungen und dadurch bewirkter Schäden an ihrem Wohngebäude stellt sich demgegenüber, wie etwaige vom Baubetrieb ausgelöste Erschütterungen, nur als eine mittelbare Eigentumsbetroffenheit dar.
57 
Als allein mittelbar Betroffene könnten die Kläger eine gerichtliche Kontrolle des Planfeststellungsbeschlusses aber nur in eingeschränktem Umfang beanspruchen. Hierzu gehören im Rahmen der Planrechtfertigung die fachplanerische Zielkonformität des Vorhabens (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.03.2006 - 4 A 1075.04 - Rdnr. 182 ff., so auch de Witt, LKV 2006, 5; enger noch BVerwG, Urt. v. 08.07.1998 - 11 A 30.97 - Buchholz 442.09 § 20 AEG Nr. 21 = NVwZ 1999, 70 sowie im Anschluss hieran Se-natsurt. v. 03.02.2006 - 5 S 1451/05 -) sowie die Vorzugswürdigkeit einer die Belange des mittelbar Betroffenen geringer beeinträchtigenden Alternative (vgl. Senatsurt. v. 18.07.2003 - 5 S 723/02 - Juris), nicht aber weitere Aspekte der Planrechtfertigung wie die Vereinbarkeit des konkreten Zugriffs auf das Eigentum mit Art. 14 Abs. 3 GG (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.03.2006 - 4 A 1075.04 - < Flughafen Berlin-Schönefeld > Rdnr. 184) sowie die Gesamtabwägung (vgl. BVerwG, Beschl. v. 16.01.2007 - 9 B 14.06 - Rdnr. 18 ff.).
58 
Gleichwohl gibt der Senat die Ergebnisse seiner umfassenden objektiv-rechtlichen Prüfung in den Verfahren anderer Kläger, die durch den angefochtenen Planfeststellungsbeschluss mit enteignungsrechtlicher Vorwirkung betroffen sind, im Folgenden wieder.
59 
Die Klage der Klägerin zu 3 ist allerdings schon deshalb abzuweisen, weil sie selbst keine Einwendungen erhoben hat. Aus den Einwendungen der weiteren Bewohner (oder Eigentümer) des Anwesens Sigmaringer Straße geht nicht hervor, dass sie auch für die Klägerin zu 3 Einwendungen erhoben haben.
60 
Die umfassende objektiv-rechtliche Prüfung ergibt, dass das Vorhaben planerisch gerechtfertigt (2.) und hinsichtlich Alternativen (3.) wie auch insgesamt (4.) fehlerfrei abgewogen ist. Auch die geltend gemachten Planergänzungsansprüche bestehen nicht (5. und 6.). Soweit die Kläger zur Begründung ihrer Anträge im Wesentlichen dem Vorbringen der Kläger im Verfahren wegen des Planfeststellungsabschnitt 1.1 (Talquerung mit neuem Hauptbahnhof) folgen, ergibt sich dies aus den Entscheidungsgründen der dazu ergangenen rechtskräftigen Urteile des Senats vom 06.04.2006 (- 5 S 596/05 -, - 5 S 847/05 - und 5 S 848/05 -), die deshalb im Folgenden wiederholt und mit Blick auf die Kritik der Kläger hieran ergänzt werden.
61 
2. Das Vorhaben der Modernisierung und des Ausbaus des Eisenbahnknotens Stuttgart ist von einer gemäß § 18 Abs. 1 Satz 2 AEG geforderten Planrechtfertigung getragen. Es entspricht den Zielen, welche der Ermächtigung zur Planfeststellung für Betriebsanlagen einer Eisenbahn in § 18 Abs. 1 AEG zu Grunde liegen. Es ist ferner zum Wohl der Allgemeinheit (vgl. Art. 14 Abs. 3 GG) objektiv erforderlich in dem Sinne, dass es gemessen an den Planungszielen vernünftigerweise geboten ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 14.2.1975 - IV C 21.74 - BVerwGE 48, 56 < B 42 >). Erforderlich ist eine Eisenbahnplanung, wenn das Vorhaben (den) fachplanerischen Zielen, hier des Allgemeinen Eisenbahngesetzes, entspricht (fachplanerische Zielkonformität) und wenn die mit dem Vorhaben verfolgten öffentlichen Interessen generell geeignet sind, entgegenstehende Eigentumsrechte zu überwinden. Ob das Wohl der Allgemeinheit (Art. 14 Abs. 3 GG) den Zugriff auf das einzelne Grundstück letztlich erfordert, hängt von der weiteren planerischen Konkretisierung des Vorhabens in der Planfeststellung ab und entscheidet sich deshalb (erst) in der planerischen Abwägung, in der das Vorhaben konkrete Gestalt annimmt (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.03.2006 - 4 A 1075.04 - < Flughafen Berlin-Schönefeld > Rdnr. 180 ff. m.w.N.)
62 
2.1 Dass für einen Umbau des Eisenbahnverkehrsknotens Stuttgart ein verkehrlicher Bedarf besteht und dieser deshalb an sich aus den im Planfeststellungsbeschluss aufgeführten verkehrlichen Gründen - dies sind u.a. die Bereitstellung einer langfristig leistungsfähigen Schieneninfrastruktur des Bundes, die Einbindung der Neubaustrecke und des Bahnknotens in das europäische Hochgeschwindigkeitsnetz, die Erhöhung der Streckenleistungsfähigkeit des Korridors Stuttgart - Ulm durch Trennung von schnellem und langsamem Verkehr, die Verbesserung der Verkehrsanbindung im Regional- und im Personenfernverkehr, die Verknüpfung mit dem Landesflughafen Stuttgart und die Anbindung der Region Filder - planerisch gerechtfertigt ist, steht außer Streit (vgl. auch BVerwG, Urt. v. 27.07.1990 - 4 C 26.87 - < Schnellbahntrasse Mannheim - Stuttgart > Buchholz 442.8 § 36 BBahnG Nr. 18 = NVwZ 1991, 120 = VBlBW 1991, 11; Senatsurt. v. 28.01.2002 - 5 S 2426/99 - < NBS Stuttgart - Augsburg > Juris). Der Senat kann somit die im Planfeststellungsverfahren zwischen der Beigeladenen und der Beklagten noch umstrittene und später seitens der Bundesregierung im Sinne der Kläger geklärte Frage offen lassen, ob sich eine planerische Rechtfertigung des Vorhabens schon daraus ergibt, dass die „ABS/NBS Stuttgart - Ulm - Augsburg“ in Anlage 1 (Bedarfsplan) zu § 1 BSchwAG unter Abschnitt 1a (Vordringlicher Bedarf, laufende und fest disponierte Vorhaben) als Nr. 20 aufgeführt ist und damit gemäß § 1 Abs. 2 des BSchwAG in der maßgeblichen Fassung des Änderungsgesetzes vom 15.09.2004 (BGBl. I S. 2322) die Feststellung eines Bedarfs im Bedarfsplan für die Planfeststellung gemäß § 18 AEG verbindlich ist. Zweifelhaft und wohl zu verneinen ist dies, weil der Neubau bzw. Ausbau des Eisenbahnknotens Stuttgart in Abschnitt 1a (Vordringlicher Bedarf - Laufende und fest disponierte Vorhaben) bei den in Nr. 27 näher bezeichneten Knoten nicht aufgeführt ist und allenfalls dem unter Abschnitt 1b (Vordringlicher Bedarf - Neue Vorhaben) in Nr. 28 unter dem Vorbehalt des Nachweises der Wirtschaftlichkeit oder dem in Abschnitt 2 (Weitere Vorhaben) in Nr. 10 angeführten Ausbau nicht benannter Knoten zugeordnet werden könnte (vgl. auch Abb. 7 auf S. 73 des Bundesverkehrswegeplans 2003 vom 02.07.2003). Dass Abschnitt 1a Nr. 20 des Bedarfsplans nicht auch den Knoten Stuttgart umfasst, legt auch die in dem von der Bundesregierung am 02.07.2003 beschlossenen Bundesverkehrswegeplan enthaltene Beschreibung des entsprechenden Maßnahmenumfangs nahe, die lautet: „NBS Stuttgart - Ulm für 250 km/h einschließlich Einbindung in den Knoten Stuttgart; ...“, der Knoten Stuttgart selbst ist davon wohl nicht umfasst (vgl. auch, zum Knoten Berlin, BVerwG, Urt. v. 23.10.2002 - 9 A 22.01 - Buchholz 442.09 § 18 AEG Nr. 55).
63 
2.2 Zu Recht führt der Planfeststellungsbeschluss als „weitere“ die Planung rechtfertigende Ziele die Schaffung von städtebaulichen Entwicklungsmöglichkeiten in der Landeshauptstadt Stuttgart, die Verminderung der Lärmbelastung im Stuttgarter Talkessel und die Verminderung der Trennwirkung der Bahnanlagen in der Innenstadt an. Entgegen der Auffassung der Kläger ist es zulässig, mit einer eisenbahnrechtlichen Planfeststellung auch andere als spezifisch verkehrliche Ziele zu verfolgen, etwa eine Minderung des Eisenbahnlärms oder - bei einer Verlegung von Betriebsanlagen der Eisenbahn - auch die Schaffung städtebaulicher Entwicklungsmöglichkeiten.
64 
§ 18 Abs. 1 AEG enthält insoweit keine Beschränkung. Die Ziele einer Planung von Betriebsanlagen einer Eisenbahn nennt das Gesetz in dieser Vorschrift nicht. Sie werden auch an anderer Stelle des Allgemeinen Eisenbahngesetzes nicht bezeichnet. Es versteht sich freilich von selbst, dass eine eisenbahnrechtliche Planfeststellung den Zielen dienen darf, zu deren Zweck das Allgemeine Eisenbahngesetz erlassen worden ist; dies sind insbesondere die Gewährleistung eines sicheren Betriebs der Eisenbahn und eines attraktiven Verkehrsangebotes auf der Schiene (vgl. § 1 Abs. 1 Satz 1 AEG) sowie das Ziel bester Verkehrsbedienung (vgl. § 1 Abs. 3 AEG).
65 
Dies kommt auch in Art. 87e Abs. 4 GG zum Ausdruck, wonach der Bund gewährleistet, dass dem Wohl der Allgemeinheit, insbesondere den Verkehrsbedürfnissen, u.a. beim Ausbau und Erhalt des Schienennetzes der Eisenbahnen des Bundes Rechnung getragen wird. Allerdings zwingt der Umstand, dass diese Gewährleistung das Wohl der Allgemeinheit insgesamt umfasst und insoweit Verkehrsbedürfnisse als insbesondere zu berücksichtigenden Belang hervorhebt, noch nicht zu dem Schluss, Art. 87e Abs. 4 GG nehme auch die in § 18 ff. AEG einfachgesetzlich geregelte und u.a. unter dem Vorbehalt des Art. 14 Abs. 3 GG stehende Zulässigkeit einer Planfeststellung in den Blick. Mehr spricht dafür, die Bestimmung im Zusammenhang mit der in Art. 87e Abs. 3 GG normierten Privatisierung der Eisenbahnen des Bundes zu interpretieren, nämlich als Verpflichtung, beim Ausbau und Erhalt des Schienennetzes Allgemeinwohlbelange zu wahren.
66 
2.2.1 Freilich ist eine Verringerung von Verkehrslärm neben spezifisch verkehrlichen Gesichtspunkten von der Rechtsprechung schon immer als ein wichtiges Ziel der Verkehrswegeplanung anerkannt und so insbesondere die Verlegung von Straßen und Bahnstrecken aus Ortschaften in den Außenbereich gerechtfertigt worden (vgl. Senatsurt. 22.05.1987 - 5 S 1765/86 - < Schnellbahntrasse Mannheim - Stuttgart > a.a.O. und hierzu BVerwG, Urt. v. 27.07.1990 - 4 C 26.87 - a.a.O.); dasselbe gilt für luftverkehrsrechtliche Planfeststellungsverfahren (BVerwG, Urt. v. 05.12.1986 - 4 C 13.85 - BVerwGE 75, 214 < Flughafen München II >; Urt. v. 16.03.2006 - 4 A 1075.04 - < Flughafen Berlin-Schönefeld > Rdnr. 187 ff.).
67 
2.2.2 Mit einer eisenbahnrechtlichen Planfeststellung, die die Verlegung von Bahnanlagen zum Inhalt hat, dürfen aber auch städtebauliche Ziele wie die Schaffung von städtebaulichen Entwicklungsflächen und die Beseitigung der Trennwirkung von Bahnanlagen verfolgt werden. Dies ergibt sich schon daraus, dass die Gemeinden wegen des Planungsvorbehalts gemäß § 38 Satz 1 BauGB gehindert sind, als Träger der Bauleitplanung auf bisher für Bahnbetriebszwecke genutzten Flächen ihre städtebaulichen Ziele umzusetzen, solange diese Flächen nicht freigestellt werden (vgl. § 23 AEG und BVerwG, Urt. v. 23.10.2002 - 9 A 22.01 - Buchholz 442.09 § 18 AEG Nr. 55). Denn dieser Umstand kann nicht dazu führen, dass auch die bis zu diesem Zeitpunkt allein zuständige Planfeststellungsbehörde entsprechende städtebauliche Ziele zur Legitimation der Planung von Eisenbahninfrastrukturanlagen nicht neben verkehrlichen Gesichtspunkten heranziehen darf.
68 
Die Rechtsprechung hat im Übrigen schon bisher Planungsziele anerkannt, die weder verkehrlicher Art noch - wie Verkehrslärm - verkehrlich bedingt waren. Zwar hat das Bundesverwaltungsgericht zunächst einschränkend formuliert, die Voraussetzungen für die Planrechtfertigung seien erfüllt, wenn die Planung den Zielsetzungen des Fachplanungsgesetzes, also nicht nur z.B. der Arbeitsbeschaffung, der Aufwertung bestimmter Liegenschaften oder einem Prestigebedürfnis, diene und wenn die mit dem konkreten Vorhaben verfolgten öffentlichen Interessen generell geeignet seien, etwa entgegen stehende Eigentumsrechte zu überwinden (BVerwG, Urt. v. 22.03.1985 - 4 C 15.83 - < B 16 neu > a.a.O.). In jüngerer Zeit hat es aber auch die zivile Mitbenutzung eines Militärflughafens als „vernünftigerweise geboten“ beurteilt, wenn diese dazu diente, eine wirtschaftsschwache Region an den Luftverkehr anzuschließen und somit regionale Strukturhilfe (als Angebotsplanung) geleistet werde (BVerwG, Urt. v. 11.07.2001 - 11 C 14.00 - < Flugplatz Bitburg >; dies offen lassend noch BVerwG, Urt. v. 06.12.1985 - 4 C 59.82 a.a.O.; zweifelnd noch BVerwG, Urt. v. 24.11.1989 - 4 C 41.88 - < Hochrheinautobahn > BVerwGE 84, 123). Auch allgemein hat das Bundesverwaltungsgericht die Offenheit einer Fachplanung für (fach-)fremde Ziele umschrieben, indem es ausgeführt hat, eine Flughafenplanung sei gerechtfertigt, wenn für das Vorhaben nach Maßgabe der vom Luftverkehrsgesetz verfolgten Ziele einschließlich sonstiger gesetzlicher Entscheidungen ein Bedürfnis bestehe, die geplante Maßnahme unter diesem Blickwinkel also objektiv erforderlich sei (BVerwG, Urt. v. 08.07.1998 - 11 A 53.97 - < Flughafen Erfurt > a.a.O.). Ähnlich wird in der Literatur geäußert, dass die Ableitung der Planrechtfertigung aus den gesetzlichen Zielen der Fachplanung zu kurz greife (Berkemann, in: Ziekow, Flughafenplanung, 2002, S. 139; de Witt, Planrechtfertigung, LKV 2006, 5 < 7 >, Steinberg u.a., Fachplanung, 3. Aufl. 2000, § 3 Rdnr. 49). Dieses Verständnis steht jedenfalls bei der Verlegung von Verkehrsanlagen nicht im Widerspruch dazu, dass Art. 14 Abs. 3 GG eine mit einer Planfeststellung regelmäßig verbundene Enteignung nur zum Wohle der Allgemeinheit erlaubt und dass städtebauliche Planungen - anders als etwa ein eisenbahnrechtlicher Planfeststellungsbeschluss (vgl. § 22 AEG) - in der Regel (vgl. aber § 169 Abs. 3 BauGB und hierzu BVerfG, Kammerbeschl. v. 04.07.2002 - 1 BvR 390/01 - NVwZ 2003, 71) keine enteignungsrechtliche Vorwirkung haben. Zwar beruht das Erfordernis der planerischen Rechtfertigung von Verkehrswegen darauf, dass, soweit eine Planungsentscheidung sich auf ein Vorhaben bezieht, für das privater Grundbesitz notfalls im Enteignungswege in Anspruch genommen werden soll, zugleich ihre Übereinstimmung mit den Zielen eines Gesetzes festgestellt werden muss, das die Enteignung vorsieht und damit die nach diesem Gesetz zulässigen Vorhaben generell den eine Enteignung legitimierenden Gemeinwohlaufgaben zuordnet (BVerwG, Urt. v. 22.03.1985 - 4 C 15.83 - BVerwGE 71, 166 < B 16 neu >). So wird in der Rechtsprechung auch, sofern das jeweilige Fachgesetz - wie das Allgemeine Eisenbahngesetz - die Ziele der Planung unzureichend beschreibt, danach gefragt, für welche Zwecke eine Enteignung auf der Grundlage eines Planfeststellungsbeschlusses zulässig ist (BVerwG, Urt. v. 11.07.2001 - 11 C 14.00 - < Flugplatz Bitburg > a.a.O.). Insoweit darf jedoch nicht außer Acht gelassen werden, dass bei der Verlegung von Eisenbahnbetriebsanlagen auch und ggf. sogar vorwiegend aus städtebaulichen Gründen Privateigentum nur für die Errichtung der neuen Betriebsanlagen und ggf. für notwendige Folgemaßnahmen im Sinne von § 75 Abs. 1 Satz 1 VwVfG in Anspruch genommen wird, nicht aber für die ebenfalls verfolgten städtebauliche Zwecke. Für diese werden die bisher zu verkehrlichen Zwecken genutzten Flächen lediglich frei. In welcher Weise sie städtebaulich genutzt werden, wird im fachplanerischen Planfeststellungsverfahren nicht geregelt. Die städtebauliche (Anschluss-)Planung auf diesen Flächen bleibt nach deren Freistellung von Bahnbetriebszwecken der Gemeinde vorbehalten. Eine enteignungsrechtliche Vorwirkung hat ein Planfeststellungsbeschluss insoweit nicht.
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2.2.3 Ginge man dagegen davon aus, dass die „weiteren Ziele“ die Planung nicht rechtfertigen könnten, wäre dies zudem auf dieser Stufe der rechtlichen Prüfung unbeachtlich. Denn zur Planrechtfertigung reichten die angeführten verkehrlichen Ziele jedenfalls aus. Insoweit wäre der Senat nicht an die weitere Ziele nennende Begründung des Planfeststellungsbeschlusses gebunden (vgl. BVerwG, Urt. v. 24.11.1989 - 4 C 41.88 - BVerwGE 84, 123 < Hochrheinautobahn >, a.A. noch Senatsurt. v. 15.12.1987 - 5 S 3279/86 -).
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2.3 Gemessen an den Planungszielen ist das Vorhaben vernünftigerweise geboten. Dabei ist im Rahmen der Planrechtfertigung nicht zu prüfen, inwiefern die festgestellte Planung (Antrags-Trasse) die verfolgten Ziele erreicht. Denn die Prüfung der Planrechtfertigung darf nicht mit der Prüfung der Abwägung vermengt werden. Sie ist ihr vielmehr vorgelagert (BVerwG, Urt. v. 11.07.2001 - 11 C 14.00 - < Flugplatz Bitburg > a.a.O.).
71 
Die Antragsplanung ist kein planerischer Missgriff. Insoweit wird geltend gemacht, das (Haupt-)Ziel, eine langfristig leistungsfähige Schieneninfrastruktur des Bundes zu schaffen, werde mit der Antragsplanung verfehlt, weil der tiefer gelegte Durchgangsbahnhof keine ausreichende Kapazität aufweise, Züge mit Dieseltraktion im Regelbetrieb nicht zugelassen seien und weil mit „S 21“ keine Vollstufe eines Integralen Taktfahrplans verwirklicht werden könne. Dem vermag der Senat nicht zu folgen.
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2.3.1 Der Einwand einer nicht ausreichenden Kapazität des achtgleisigen Durchgangsbahnhofs greift in diesem Zusammenhang nicht durch. Insoweit wird der Sache nach nicht in Zweifel gezogen, dass der nach Maßgabe des Betriebsszenarios 2003 mit dem Prognosehorizont des Jahres 2015 zu erwartende Verkehr von einem achtgleisigen Durchgangsbahnhof bewältigt werden kann. Die Einwände gegen die Leistungsfähigkeit des Durchgangsbahnhofs beziehen sich vielmehr auf eine weiter in der Zukunft mögliche Zunahme des Verkehrs (Betriebsszenario E), die nach Auffassung der Beigeladenen und der Beklagten vom achtgleisigen Durchgangsbahnhof ebenfalls bewältigt werden kann, sowie auf eine in noch fernerer Zukunft liegende weitere Verkehrszunahme, die ggf. eine grundsätzlich mögliche, aber aufwändige Erweiterung des Durchgangsbahnhofs auf zehn Gleise erfordern könnte. Ein solcher Einwand, der sich auf einen nicht verlässlich prognostizierbaren verkehrlichen Bedarf gründet, kann allenfalls im Rahmen der Alternativenprüfung von Belang sein.
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2.3.2 Als planerischer Missgriff ist auch nicht zu werten, dass der geplante Durchgangsbahnhof beim gegenwärtigen Stand der (Abgasvermeidungs- und -minderungs-)Technik aus immissionsschutzrechtlichen Gründen nicht von Zügen mit Dieseltraktion befahren werden kann. Eisenbahninfrastrukturanlagen dürfen auch dann geändert oder neu errichtet werden, wenn sie künftig nicht (mehr) von Zügen mit Dieseltraktion genutzt werden können. Etwas anderes ergibt sich nicht aus § 14 Abs. 1 Satz 1 bis 3 AEG i.d.F. von Art. 1 Nr. 10 des Dritten Gesetzes zur Änderung eisenbahnrechtlicher Vorschriften vom 03.08.2005 (BGBl. I S. 2270). Danach sind Eisenbahninfrastrukturunternehmen verpflichtet, die diskriminierungsfreie Benutzung der von ihnen betriebenen Eisenbahninfrastruktur und die diskriminierungsfreie Erbringung der von ihnen angebotenen Leistungen in dem durch eine auf Grund des § 26 Abs. 1 Nr. 6, 7 und Abs. 4 Nr. 1 ergangenen Rechtsverordnung bestimmten Umfang zu gewähren. Dabei ist der vertaktete oder ins Netz eingebundene Verkehr angemessen zu berücksichtigen. Betreiber der Schienenwege sind nach Maßgabe dieser Verordnung zusätzlich verpflichtet, einen Mindestumfang an Leistungen zu erbringen und die von ihnen betriebenen Schienenwege sowie die Steuerungs- und Sicherungssysteme zur Nutzung bereitzustellen. Mit diesen Bestimmungen wird jedoch nur der Zugang zur Eisenbahninfrastruktur geregelt, nicht aber deren Errichtung oder Änderung. In welcher Weise Eisenbahninfrastrukturunternehmen die diskriminierungsfreie Benutzung ihrer Eisenbahninfrastruktur zu gewährleisten haben, ergibt sich (für den maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses des Planfeststellungsbeschlusses) aus § 3 der Verordnung über die diskriminierungsfreie Benutzung der Eisenbahninfrastruktur und über die Grundsätze zur Erhebung von Entgelt für die Benutzung der Eisenbahninfrastruktur (Eisenbahninfrastruktur-Benutzungsverordnung - EIBV) i.d.F. von Art. 1 der Verordnung zum Erlass und zur Änderung eisenbahnrechtlicher Vorschriften vom 03.06.2005 (BGBl. I S. 1566). Nach § 3 Abs. 1 EIBV sind Eisenbahninfrastrukturunternehmen verpflichtet, die Benutzung der von ihnen betriebenen Serviceeinrichtungen diskriminierungsfrei zu gewähren sowie die damit verbundenen Leistungen und die in Anlage 1 Nr. 2 beschriebenen Leistungen, wenn sie zu ihrem Geschäftsbetrieb gehören, diskriminierungsfrei zu erbringen. Betreiber der Schienenwege sind zusätzlich verpflichtet, die von ihnen betriebenen Schienenwege, die zugehörigen Steuer- und Sicherungssysteme sowie die zugehörigen Anlagen zur streckenbezogenen Versorgung mit Fahrstrom zur Nutzung bereitzustellen, Zugtrassen nach Maßgabe dieser Verordnung zuzuweisen und die in Anlage 1 Nr. 1 beschriebenen Leistungen zu erbringen. Auch daraus kann jedoch nicht gefolgert werden, die Errichtung oder Änderung von Eisenbahnbetriebsanlagen müsse jedem Eisenbahnverkehrsunternehmen (vgl. auch § 3 Abs. 1 Nr. 2 AEG) eine Nutzung mit jeder Antriebsart ermöglichen. Eine entsprechende Anwendung des Diskriminierungsverbots des § 14 Abs. 1 Satz 1 bis 3 AEG auf die Planfeststellung von Eisenbahninfrastrukturanlagen kommt allenfalls für den Fall in Betracht, dass die Errichtung oder Änderung einer Schieneninfrastruktur auf den Ausschluss bestimmter Verkehrsunternehmen abzielt. Ein solcher Fall liegt aber nicht vor. Denn die Einschränkung der Betriebsart diskriminiert nicht einzelne Eisenbahnverkehrsunternehmen, sondern gilt für alle Unternehmen gleichermaßen. Soweit auf ein Unternehmen des Schienenpersonennahverkehrs im Land hingewiesen wird, das nur über Züge mit Dieseltraktion verfüge, könnte dieses, wollte es die Verbindung nach Stuttgart weiterhin bedienen, sich Züge mit elektrischem Antrieb beschaffen. Zwar wäre es dann gezwungen, für eine Verbindung aus seinem nicht elektrifizierten Netz zum neuen Hauptbahnhof Stuttgart einen Wechsel der Zugmaschine bzw. ein Umsteigen vorzusehen. Dabei wäre es aber in keiner anderen Lage als ein Unternehmen, welches dieselbe Verbindung anbieten wollte, aber nur über Züge mit elektrischem Antrieb verfügt. Mit anderen Worten: Die Errichtung von Eisenbahnbetriebsanlagen, die von Dieselfahrzeugen nicht im Regelbetrieb genutzt werden können, ist sowenig diskriminierend wie umgekehrt die Errichtung von nicht elektrifizierten Strecken. Im Übrigen könnte ein insoweit etwa anzunehmender Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot die Planung nicht als Missgriff erscheinen lassen, weil ein, wenn auch aufwändiger, nachträglicher Einbau von (zusätzlichen) Lüftungsanlagen technisch möglich ist und zudem erwartet werden kann, dass es bis zu einer Inbetriebnahme des Durchgangsbahnhofs abgasarme Dieseltriebfahrzeuge gibt und somit die entsprechende Beschränkung aufgehoben werden kann.
74 
2.3.3 Die planerische Rechtfertigung scheitert ferner nicht daran, dass im geplanten achtgleisigen Durchgangsbahnhof eine Vollstufe eines Integralen Taktfahrplans in dem Sinne, dass ein Umsteigen von (nahezu) sämtlichen zum Hauptbahnhof führenden oder von ihm abgehenden Verbindungen zur gleichen (vollen oder gar halben) Stunde möglich ist, nicht verwirklicht werden kann. Auch insoweit stellt „S 21“ keinen planerischen Missgriff dar. Unstreitig entspricht die Antragsplanung dem selbst vorgegebenen Ziel einer „Beachtung der Zwischenstufe des Integralen Taktfahrplans“ in der Weise, dass auf den acht Gleisen ein Integraler Taktfahrplan für bis zu vier Verbindungen (in beide Richtungen) verwirklicht werden kann. Dabei soll es sich um einen planerischen Missgriff handeln, weil § 14 Abs. 1 Satz 2 AEG (wohl im Sinne eines Planungsleitsatzes) das Gebot enthalte, eine Vollstufe des Integralen Taktfahrplans zu gewährleisten. Hingewiesen wird insoweit auch auf den Generalverkehrsplans des Landes, demzufolge ein vertaktetes Regionalverkehrsangebot angestrebt werde, das je nach Nachfrage im Ein- oder Zwei-Stunden-Takt erfolgen solle. Dieser Beurteilung vermag der Senat nicht zu folgen. § 14 Abs. 1 Satz 2 AEG bestimmt nur, dass die Eisenbahninfrastrukturunternehmen bei der Vergabe der Eisenbahninfrastrukturkapazitäten vertakteten oder ins Netz eingebundenen Verkehr angemessen zu berücksichtigen haben. Damit wird klargestellt und hervorgehoben, dass ein sachlicher Grund für eine diskriminierungsfreie Versagung der Zulassung darin liegen kann, dass ein hinzukommender Verkehr einen bestehenden Takt verdrängt oder stört (Kramer, in: Das Deutsche Bundesrecht, § 14 AEG S. 87). Eisenbahninfrastrukturunternehmen sind danach aber nicht verpflichtet, bei der Änderung oder der Errichtung neuer Eisenbahninfrastrukturanlagen zu gewährleisten, dass ein (voller) Integraler Taktfahrplan möglich bleibt oder ermöglicht wird. Erst recht enthält diese Vorschrift keine Pflicht (oder setzt sie voraus), an jedem Eisenbahnknoten eine Vollstufe eines Integralen Taktfahrplans (zum Beispiel jeweils für den Personenfernverkehr und für den Regionalverkehr) oder gar einen vollkommenen Integralen Taktfahrplan aller Verbindungen ungeachtet unter Umständen entgegenstehender örtlicher Verhältnisse zu ermöglichen.
75 
2.3.4 Vernünftigerweise geboten ist die Antragsplanung auch hinsichtlich der „weiteren Ziele“ der Planung. Dies bedarf hinsichtlich der städtebaulichen Ziele keiner Darlegung. Das Ziel, Eisenbahnlärm zu verringern, kann sinnvollerweise auch verfolgt werden, wenn dieser Gesundheitsgefährdungs- bzw. Sanierungsgrenzwerte noch nicht überschreitet. Es reicht insoweit aus, dass der Eisenbahnlärm nicht nur unerheblich abnimmt. Dies ist hier der Fall und wirkt sich günstig auf die Gesamtlärmbelastung im Stuttgarter Talkessel aus. Es ist zwar richtig, dass in einzelnen Bereichen nahe dem Gleisvorfeld des Kopfbahnhofs der Straßenverkehr so stark vorherrscht, dass der Eisenbahnbetriebslärm dort für den gemäß den Vorschriften der 16. BImSchV ermittelten Gesamtlärmpegel nicht erheblich ist. Aus der (ergänzenden) Schalltechnischen Untersuchung vom 14.06.1999 (Planordner 17a), insbesondere der als Anlage IV beigefügten Karte, ergibt sich jedoch, dass die Antragsplanung eine Reduzierung der Gesamtlärmpegel insbesondere im Mittleren und im Unteren Schlossgarten, aber auch in der Halbhöhenlage am Südkopf, um bis zu 4 dB(A) bewirken wird.
76 
2.4 Der Antragsplanung fehlt die notwendige planerische Rechtfertigung schließlich nicht deshalb, weil ihre Finanzierung noch nicht abschließend geklärt ist. Insoweit ist in rechtlicher Hinsicht von Folgendem auszugehen: Eine ab der Auslegung der Planunterlagen mit Eingriffen in das Privateigentum (Veränderungssperre, Vorkaufsrecht, § 19 AEG) verbundene Planung, die zu verwirklichen nicht beabsichtigt oder die objektiv nicht realisierungsfähig ist, ist rechtswidrig. Daher darf im Zeitpunkt der Planfeststellung nicht ausgeschlossen sein, dass das Vorhaben auch verwirklicht werden wird. Insoweit kann die Realisierung eines Vorhabens auch an dem Fehlen der erforderlichen Finanzmittel scheitern. Diese Einschätzung setzt einen Zeithorizont voraus. Insofern kann (auch) für das planungsrechtliche Vollzugshindernis der mangelnden Finanzierbarkeit des Vorhabens auf den gesetzlich bestimmten Zeitrahmen für den Beginn der Durchführung des Plans von bis zu zehn Jahren ab Eintritt der Unanfechtbarkeit des Planfeststellungsbeschlusses (§ 20 Abs. 4 Satz 1 AEG) abgestellt werden, in dem die Unsicherheiten einer Plandurchführung längstens als zumutbar erscheinen und von den Planbetroffenen hinzunehmen sind (vgl. BVerwG, Urt. v. 20.05.1999 - 4 A 12.98 - NVwZ 2000, 555; Urt. v. 16.03.2006 - 4 A 1075.04 - < Flughafen Berlin-Schönefeld > Rdnr. 198 ff.; Senatsurt. v. 08.07.2002 - 5 S 2715/03 - Juris - und v. 02.11.2004 - 5 S 1063/04 - UPR 2005, 118; vgl. auch, eine Finanzierbarkeit des Neubaus eines Abschnitts einer Bundesstraße als Umgehungsstraße verneinend, OVG Koblenz, Urt. v. 12.05.2005 - 1 C 11472/04 - NuR 2006, 54 m.w.N.).
77 
In diesem Sinne ist die Finanzierung der Antragsplanung nicht ausgeschlossen. Zwar kann für ihre Finanzierbarkeit nicht im Sinne eines Indizes auf den Bundesverkehrswegeplan bzw. den Bedarfsplan der Eisenbahnen des Bundes verwiesen werden (vgl. BVerwG, Urt. v. 22.04.2004 - 4 A 32.02 - BVerwGE 120, 87; Urt. v. 18.03.2004 - 4 CN 4.03 - BVerwGE 120, 239 = NVwZ 2004, 856); denn der Umbau des Knotens Stuttgart ist dort - wie oben dargelegt - jedenfalls nicht ausdrücklich aufgeführt. Im Übrigen steht fest, dass die Beklagte nur einen Teil der Kosten von „S 21“ tragen wird. Für eine Finanzierbarkeit der Antragsplanung spricht aber, dass die Beklagte, die Beigeladene, das Land Baden-Württemberg, die Landeshauptstadt Stuttgart und der Verband Region Stuttgart in § 3 der Rahmenvereinbarung vom 07.11.1995 ausgehend von Gesamtkosten für „S 21“ von 4,893 Mia DM (Preisstand 01/93) die Finanzierung aufgeteilt haben und dass im Zeitpunkt des Erlasses des angefochtenen Planfeststellungsbeschlusses nicht anzunehmen war, dass einer der Träger den vorgesehenen Betrag aus den dort genannten Finanzierungstiteln nicht würde erbringen können oder wollen. Hingewiesen wird insoweit auf eine Finanzierungslücke von mindestens 300 Mio EUR gegenüber später prognostizierten Kosten von 2,594 Mia EUR hin, die u.a. auf Nebenbestimmungen des Planfeststellungsbeschlusses, auf künftige Mindererlöse der Deutschen Bahn AG wegen abnehmender Zugzahlen und auf Mindererlöse bei der Veräußerung der Bahnflächen zurückgeführt werden. Auch die Beigeladene geht nunmehr von Kosten der Antragsplanung von 2,8 Mia EUR aus. Ungeachtet der Frage, ob sich diese Entwicklung bereits im maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses des Planfeststellungsbeschlusses abgezeichnet hat, liegt es nicht fern, dass die Finanzierungsträger im Interesse des nicht nur verkehrlich bedeutsamen Vorhabens bereit sein werden, die ggf. notwendigen zusätzlichen Mittel aufzubringen.
78 
Dass die Beigeladene im Anschluss an eine Bestandskraft des angefochtenen Planfeststellungsbeschlusses bzw. der weiter erforderlichen Planfeststellungsbeschlüsse das Gesamtvorhaben einer erneuten Wirtschaftlichkeitsprüfung (Kosten-Nutzen-Analyse) unterwerfen will, entspricht den Anforderungen des Bedarfsplans für die Bundesschienenwege an den Ausbau von unbenannten Knoten in Abschnitt 1b Nr. 28 der Anlage zu § 1 BSchwAG (vgl. dort Fußnote 5) und schließt die Finanzierbarkeit des Vorhabens nicht aus, sondern lässt sie - wie die angeführte Kritik des Bundesrechnungshofs insoweit - allenfalls als offen erscheinen. Auf eine unzulässige Vorratsplanung kann insoweit nicht geschlossen werden. Eine solche läge nur vor, wenn sich für den Zeitpunkt des Erlasses des Planfeststellungsbeschlusses feststellen ließe, dass die Beigeladene mit dem Vorhaben nicht innerhalb von zehn Jahren nach Eintritt der Bestandskraft des Planfeststellungsbeschlusses beginnen könnte oder wollte. Dafür ist aber nichts ersichtlich. Dagegen spricht insbesondere auch, dass die Beigeladene in der Folge für die weiteren Planabschnitte das Planfeststellungsverfahren beantragt hat und diese Verfahren, soweit sie nicht bereits abgeschlossen sind, weiter betrieben werden (vgl. auch BVerwG, Urt. v. 16.03.2006 - 4 A 1075.04 - < Flughafen Berlin-Schönefeld > Rdnr. 201).
79 
3. Rechtsfehlerfrei gelangt der Planfeststellungsbeschluss im Rahmen der Abwägung der von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange einschließlich der Umweltverträglichkeit gemäß § 18 Abs. 1 Satz 2 AEG zu dem Ergebnis, dass sich „K 21" nicht als eindeutig vorzugswürdige Alternative zu „S 21“ aufgedrängt hat (vgl. BVerwG, Urt. v. 09.06.2004 - 9 A 11.03 - < Michendorf > a.a.O.).
80 
3.1 Insoweit hält es der Senat bereits für zweifelhaft, dass „K 21" überhaupt eine Alternative zu „S 21“ ist. Dagegen könnte sprechen, dass „K 21" das verkehrliche Ziel einer Direktanbindung des Landesflughafens an die Neubaustrecke nicht erreicht, sondern sich insoweit mit einer von der Neubaustrecke beim geplanten „Scharnhauser Dreieck“ abgehenden Stichstrecke und mit einer Weiterfahrmöglichkeit über die Gleise der auch von der S-Bahn befahrenen Filderbahn und sodann der Gäubahn zum Kopfbahnhof behilft. Die Beigeladene bezeichnet „K 21“ deshalb auch als eine andere Grundkonzeption, nicht zuletzt vor dem Hintergrund der Einbindung des Vorhabens in ein europäisches Hochgeschwindigkeitsnetz gemäß der Entscheidung Nr. 1692/96/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23.07.1996 über gemeinschaftliche Leitlinien für den Aufbau eines transeuropäischen Verkehrsnetzes (ABl. L 228 vom 09.09.1996 S. 1, berichtigt ABl. L 15 vom 17.01.1997 S. 1). Außerdem erreicht „K 21" das (wohl eher nachrangige) Ziel einer Lärmminderung bestenfalls durch Rückbau von Teilen des Abstellbahnhofs und Führung des S-Bahn-Verkehrs durch einen neuen Rosensteintunnel. Vor allem aber vermag „K 21" zu dem gewichtigen weiteren Ziel der Schaffung von städtebaulichen Entwicklungsflächen nur wenig beizutragen, da die vorhandenen Eisenbahninfrastrukturanlagen im Wesentlichen weiterhin benötigt und deshalb allenfalls vergleichsweise geringe Flächen freigegeben würden.
81 
Der Senat kann die Frage der Alternativeneignung von „K 21" offen lassen, weil sich „K 21" gegenüber „S 21“ jedenfalls nicht als eindeutig vorzugswürdig aufdrängt. Dies gilt unabhängig davon, ob - wie oben ausgeführt - die erörterten „weiteren Ziele“ die Planung (ergänzend zu den verkehrlichen Zielen) zu rechtfertigen vermögen; denn die Frage, inwieweit diese Ziele durch die Antragsplanung bzw. die Alternative „K 21" erreicht werden, ist jedenfalls beim Vergleich der Alternativen erheblich.
82 
3.2 Ohne Erfolg wenden sich die Kläger gegen die im Rahmen der Variantenprüfung erfolgte Beurteilung des Planfeststellungsbeschlusses, der achtgleisige Durchgangsbahnhof sei ausreichend und zukunftssicher bemessen, weil der Verkehr gemäß dem Betriebsszenario 2003 (mit dem Prognosehorizont 2015) dort mit einer guten bis sehr guten Betriebsqualität abgewickelt werden könne.
83 
3.2.1 Der Planfeststellungsbeschluss gründet sich insoweit auf das vom (früheren) Leiter des Verkehrswissenschaftlichen Instituts der Rheinisch-Westfälische Technischen Hochschule Aachen Prof. Dr.-Ing. Sch. verfasste eisenbahnbetriebswissenschaftliche Gutachten „Stuttgart 21, ergänzende betriebliche Untersuchungen, Teil 3“ vom Oktober 1997 mit der Ergänzung „Leistungsverhalten der Fahrstraßenknoten im Knotenbereich Stuttgart 21 für die verschiedenen Ausbauoptionen“ vom 27.10.1997 in Verbindung mit den „Entgegnungen auf die Einwendungen gegen das Projekt Stuttgart 21“ vom 21.02.2003. Weitere fachliche Grundlage bilden die „Ergänzenden betrieblichen Untersuchungen, Teil II: Kapazität des geplanten Stuttgarter Hauptbahnhofs und seiner Zulaufstrecken“, 1997, von Prof. Dr.-Ing. H., damals Leiter des Verkehrswissenschaftlichen Instituts an der Universität Stuttgart. Diesen Gutachten liegt zwar als Verkehrsprognose das Betriebsprogramm 2010+x,2015 zu Grunde, während die Planfeststellungsunterlagen in der Folge dem Bundesverkehrswegeplan 2003 mit dem darauf beruhenden Betriebsszenario 2003 (ebenfalls mit dem Prognosehorizont 2015) angepasst worden sind. Indes ist der künftige Verkehrsbedarf (in der Hauptverkehrszeit) unverändert geblieben; die Bedarfsprognose ist daher unter den Beteiligten nicht streitig (und gibt auch dem Senat nicht zu Bedenken Anlass).
84 
Das Gutachten von Prof. Dr.-Ing. Sch. beruht einerseits auf einer Berechnung der Leistungsfähigkeit des Durchgangsbahnhofs in der gegebenen Netzstruktur von Stuttgart unter Einbeziehung wahrscheinlichkeitstheoretischer Verfahren, ergänzt durch Simulationen des Leistungsverhaltens unter Zugrundelegung bestimmter an der Verkehrsprognose und an festgelegten Betriebsprogrammen orientierter Fahrpläne. Demzufolge reicht der achtgleisige Durchgangsbahnhof für abgestimmte Betriebsprogramme mit 32 bis 35 Gleisbelegungen pro Stunde aus, während das Betriebsszenario A nur durchschnittlich 25,5 Gleisbelegungen je Stunde der Hauptverkehrszeit (14 bis 18 Uhr) erwarten lässt. Insoweit ist es nachvollziehbar, dass der Gutachter Prof. Dr.-Ing. Sch. dem achtgleisigen Durchgangsbahnhof zusammenfassend für das Betriebsszenario A eine „gute bis sehr gute Betriebsqualität“ bescheinigt. Selbst nach Maßgabe des Szenarios E erwartet der Gutachter eine „noch gute“ Betriebsqualität. Dieses Szenario berücksichtigt eine in fernerer Zukunft liegende Verdichtung des Takts der Fernverkehrslinien Zürich - Nürnberg, Hamburg - München und Paris - Wien von zwei auf eine Stunde bei konstanter Bedienungshäufigkeit sowie die Durchbindung diverser Regionallinien mit 39 Gleisbelegungen je Stunde. Engpässe treten auch in diesem jenseits des Prognosehorizonts liegenden Fall im Übrigen nicht im oder unmittelbar vor dem Durchgangsbahnhof, sondern bereits (und nur) auf den Zulaufstrecken auf. Für die Zugzahlen des Szenarios A und weit darüber hinaus reicht die zweigleisige Verbindung Stuttgart-Hauptbahnhof - Zuffenhausen aus. Selbst bei einem künftigen viergleisigen Ausbau des Pragtunnels mit einer direkten Verbindung („T-Spange“) nach Bad Cannstatt („Option P“) würde nach Beurteilung des Gutachters der achtgleisige Durchgangsbahnhof dem Verkehr noch gewachsen sein, weil dann einige (bis zu vier) der von Norden kommenden Züge über Bad Cannstatt und den „Südkopf“ in den Hauptbahnhof geführt werden könnten. Bestätigt hat der Gutachter Prof. Dr.-Ing. Sch. die Leistungsfähigkeit des Durchgangsbahnhofs auch für den Fall einer Spitzenbelastung auf der nach der gegebenen Netzstruktur am höchsten belasteten Zufahrtsstrecke von Norden. Insoweit ist die Zahl der einfahrenden Züge durch die Beschränkungen im Zulauf von Zuffenhausen (Pragtunnel) und die vorgelagerten Netzknoten sowie durch die Signal- und Zugbeeinflussungstechnik und die zum Auffangen kleinerer Verspätungen erforderliche „Pufferzeit“ auf der Strecke von 0,95 min auf 19 Züge je Stunde beschränkt, für die vier Bahnsteiggleise zur Verfügung stehen (4,75 Züge je Gleis), woraus eine Gleisbelegung von um 50 % folgt; der Gutachter Prof. Dr.-Ing. Sch. hat in der mündlichen Verhandlung zum Planfeststellungsabschnitt 1.1 dementsprechend geäußert, dies sei genau die (rechnerische) Gleisbelegung, wie sie in anderen vergleichbaren Durchgangsbahnhöfen vorhanden sei. Insgesamt kommt er damit zu dem Ergebnis, dass der gesamte Knoten für das maßgebliche Betriebsszenario A „homogen dimensioniert“ sei. Eine Überlastung des achtgleisigen Durchgangsbahnhofs könne erst eintreten, wenn die Zulaufsituation über die Option P hinaus verbessert werde, woran jedoch in den nächsten fünfzig Jahren nicht zu denken sei. Eine entsprechende Nachfrage könne gegenwärtig nicht vorhergesehen werden. Nur eine Verbesserung des Zulaufs, welche es erlaube, die von Norden kommenden Linien unabhängig voneinander in den Durchgangsbahnhof zu führen, erfordere dessen Erweiterung auf zehn Gleise; eine solche Erweiterung sei im Übrigen, wenn auch mit beträchtlichem Aufwand, möglich. Diesen Befund haben beide Gutachter im Erörterungstermin im Verwaltungsverfahren und auch in der mündlichen Verhandlung zum Planfeststellungsabschnitt 1.1 vor dem Senat nachvollziehbar erläutert. Der Gutachter Prof. Dr.-Ing. Sch. hat ihn ferner in seinen Stellungnahmen vom 07.06.2005 und vom 10.02.2006 in den Klageverfahren wegen des Planfeststellungsabschnitts 1.1 mit Blick auf die dort erhobenen Einwendungen bekräftigt. Die insoweit erhobenen und im Klageverfahren schließlich noch offen gebliebenen Einwände dagegen greifen nicht durch.
85 
3.2.2 Soweit zur Begründung auf Äußerungen des Gutachters Prof. Dr.-Ing. Sch. vom November 1994 „Kapazität des geplanten Bahnhofs Stuttgart Hbf Tief im Vergleich mit dem bestehenden Kopfbahnhof“ und dabei insbesondere darauf hingewiesen wird, der Gutachter habe in dem Kapitel „Versuch einer zukunftssicheren Bemessung“ zusammenfassend festgestellt, für eine zukunftssichere Bemessung sollten fünf Bahnsteiggleise je Richtung vorgesehen werden, wird nicht erkannt, dass in diesem Kapitel die besondere Zulaufsituation im Knoten Stuttgart unberücksichtigt geblieben ist. Sie ist dadurch gekennzeichnet, dass die Züge, die sich auf verschiedenen Strecken dem Hauptbahnhof Stuttgart nähern, insbesondere beim Zulauf von Westen und von Norden, auf ein Gleis zusammengeführt werden und so nur hintereinander und nicht gleichzeitig in den Durchgangsbahnhof einfahren können. Dem Gutachter ging es in dem erwähnten Kapitel nur darum, abzuschätzen, ob die Kapazität eines achtgleisigen Durchgangsbahnhofs bei einer Vollauslastung der anschließenden Strecken und bei einer Beseitigung der Engstellen nicht nur im zweigleisigen Pragtunnel, sondern auch in den vorgelagerten Knoten, durch den in ferner Zukunft möglicherweise in Betracht kommenden Bau mehrerer neuer paralleler Strecken bis zum Durchgangsbahnhof, also bei einer (weitgehend) knotenfreien Anfahrbarkeit des Durchgangsbahnhofs, ausreichen würde. Nur unter diesen Bedingungen hat er einen für Durchgangsbahnhöfe hohen Variationskoeffizienten für die Streuung der Ankünfte, welche zu längeren Fahrbahnausschlüssen im Gleisvorfeld führen, von 0,85 angesetzt und einen achtgleisigen Durchgangsbahnhof für Stuttgart als nicht zukunftssicher (mit Blick auf eine mögliche Entwicklung bis zur Mitte des 21. Jahrhunderts) bezeichnet. Eine insoweit vorausgesetzte und vielleicht in ferner Zukunft mögliche Beseitigung der Engstellen im Zulauf auf den Knoten Stuttgart ist aber weder geplant noch absehbar. Deshalb hat der Gutachter schon in seinem Gutachten 1994 abschließend einen achtgleisigen Durchgangsbahnhof für Stuttgart als wirtschaftlich optimal bemessen beurteilt. Diese Bewertung hat er in seinem Gutachten 1997 bestätigt, dem entsprechend den Rahmenbedingungen eines gereihten Zulaufs in den Bahnhof für die Streuung der Ankünfte Variationskoeffizienten von nur noch 0,69 (Gleisgruppe 1 bis 4) bzw. 0,55 (Gleisgruppe 5 bis 8) zu Grunde liegen.
86 
3.2.3 Nicht zu folgen vermag der Senat ferner dem Einwand, der Gutachter sei bei seiner Berechnung der Leistungsfähigkeit des Durchgangsbahnhofs von zu geringen Mindesthaltezeiten und damit von einer zu geringen Gleisbelegungszeit ausgegangen. Mindesthaltezeiten sind die für das Ein- und Aussteigen der Passagiere notwendigen Haltezeiten und nicht die fahrplanmäßigen Haltezeiten, die insbesondere bei einem Taktfahrplan wesentlich länger sein können. Es wird darauf hingewiesen, der Gutachter habe 1994 angenommen, eine mittlere Mindesthaltezeit von 2 min zzgl. 0,2 min Abfertigungszeit reiche nicht aus. Insoweit trifft es zwar zu, dass der Gutachter in dem erwähnten Kapitel über den „Versuch einer zukunftssicheren Bemessung“ die mittlere Mindesthaltezeit (einschließlich Abfertigungszeit) auf 3 min angesetzt und dies zu der Beurteilung eines achtgleisigen Durchgangsbahnhof als nicht zukunftssicher beigetragen hat. Der Gutachter hat im gerichtlichen Verfahren jedoch überzeugend erläutert, dass er die Mindesthaltezeit nur deshalb auf 3 min bemessen hat, um im Wege einer Sensivitätsrechnung aufzuzeigen, unter welchen Voraussetzungen (Ausbau der Zulaufstrecken und damit hoher Variationskoeffizient für die Ankunft der Züge, sehr hohe mittlere Mindesthaltezeiten) ein achtgleisiger Durchgangsbahnhof an seine Grenzen stoße. Soweit unabhängig hiervon jedenfalls für ICE-3-Züge eine Mindesthaltezeit von 2,0 min und eine Abfertigungszeit von 0,2 min für zu gering gehalten wird - in der mündlichen Verhandlung zum Planfeststellungsabschnitt 1.1 wurde insoweit eine Mindesthaltezeit von 2,5 bis 2,6 min genannt und auf allgemeine Erfahrungen verwiesen -, kann dahin stehen, ob der Gutachter insoweit von den Sollhaltezeiten der Deutschen Bahn ausgehen durfte, welche nach den Angaben des für die Beigeladene ebenfalls tätigen Gutachters Prof. Dr.-Ing. M., gegenwärtiger Leiter des Verkehrswissenschaftlichen Instituts Stuttgart GmbH, gemäß der Richtlinie 405.0102 der Deutschen Bahn AG in Durchgangsbahnhöfen im Fernverkehr 2,0 min und im Nahverkehr 1,0 min betragen. Bezogen haben sich die Gutachter Prof. Dr.-Ing. Sch. und Prof. Dr.-Ing. H. nämlich nicht nur auf diese Sollhaltezeiten, sondern auch auf eine Auswertung von Fahrplänen des Schienenpersonenfernverkehrs (Ergänzende betriebliche Untersuchungen, Teil II, 1997, S. 54 ff.), welche durchschnittliche Haltezeiten von ICE, IC und IR ohne Wende-(Kopf-)Bahnhöfe von 2,02 min mit kürzesten Haltezeiten von 1,90 min für ICE und 1,95 min für IC ergeben hat. Ohne Weiteres lässt sich die Annahme durchschnittlicher Haltezeiten für die Bemessungsberechnung freilich nicht auf diese Zahlen stützen, da es sich im Grunde ebenfalls um Sollhaltezeiten handelt, welche die Deutsche Bahn im Übrigen unlängst zur Verringerung von Verspätungen im Netz (teilweise) angehoben hat, so dass sich unter Berücksichtigung der neuen fahrplanmäßigen Haltezeiten höhere Durchschnittswerte ergeben müssten. Im Übrigen können durchschnittliche Mindesthaltezeiten für Durchgangsbahnhöfe nicht einfach auf größere Bahnhöfe wie den Hauptbahnhof Stuttgart übertragen werden. Diesem Umstand wird im Bemessungsgutachten von Prof. Dr.-Ing. Sch. aus dem Jahr 1997 aber Rechnung getragen, indem für alle Zugarten einschließlich des Regionalverkehrs eine durchschnittliche Mindesthaltezeit von 2,0 min angenommen wird. Zudem hat Prof. Dr.-Ing. Sch. in der mündlichen Verhandlung zum Planfeststellungsabschnitt 1.1 nochmals betont, dass er bei der von ihm zur Überprüfung der rechnerischen Bemessung (mit Mindesthaltezeiten von 2,0 min) angestellten Simulation des Betriebs im Durchgangsbahnhof die durchschnittliche Haltezeit aller Züge (einschließlich Abfertigungszeit) sicherheitshalber mit 2,5 min angenommen hat; diese Simulation habe die rechnerischen Ergebnisse bestätigt.
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Dass wegen im Hauptbahnhof Stuttgart endender Züge höhere durchschnittliche Mindesthaltezeiten im Durchgangsbahnhof anzunehmen wären, gar solche, wie sie etwa nach Maßgabe der erwähnten Richtlinie der Deutschen Bahn allgemein in Kopfbahnhöfen gelten, trifft nicht zu. Die Beigeladene hat überzeugend darauf hingewiesen, dass im Durchgangsbahnhof fahrplanmäßig endende Züge letztlich durchfahrende Züge sind, weil sie sodann in den Abstellbahnhof Untertürkheim weiterfahren. Die dagegen gerichteten Einwände sind für die Bemessung der Mindesthaltezeiten unerheblich. Es kann der Beigeladenen nicht vorgegeben werden, für endende Züge längere Mindesthaltezeiten vorzusehen bzw. zu berücksichtigen, um dem Zugpersonal im Durchgangsbahnhof Gelegenheit zu geben, nach eingeschlafenen Passagieren oder vergessenen Gegenständen zu suchen.
88 
In der mündlichen Verhandlung zum Planfeststellungsabschnitt 1.1 bestätigt hat der Gutachter Prof. Dr.-Ing. Sch. ferner, dass die Bedeutung der Mindesthaltezeiten (einschließlich der Abfertigungszeiten) für die Bemessung des Durchgangsbahnhofs von deutlich geringerem Gewicht ist als die (zutreffende) Annahme eines vergleichsweise niedrigen, an der besonderen (kanalisierten) Zulaufsituation ausgerichteten Variationskoeffizienten. Im Übrigen ist die Mindesthaltezeit (einschließlich der Abfertigungszeit) nur ein Element der ein Mehrfaches betragenden, für die Bemessung maßgeblichen Belegungszeit der jeweiligen Gleise; ihre Erhöhung um wenige Zehntelminuten kann an der Gleisbelegung und damit an der ausreichenden Bemessung des Durchgangsbahnhofs mit acht Gleisen angesichts der vorhandenen Leistungsreserven nichts Entscheidendes ändern.
89 
3.2.4 Soweit vorgetragen wird, bei der Bemessung des Durchgangsbahnhofs seien Wartezeiten bei der Einfahrt in den Bahnhof nicht berücksichtigt worden, die entstünden, wenn ein Zug infolge von Behinderungen auf der Strecke (Baustellen, Signalstörungen) sich verspätet dem Bahnhof nähere und entweder anderen Zügen den Vortritt lassen müsse oder diese an einer fahrplanmäßigen Einfahrt hindere, hat der Gutachter Prof. Dr.-Ing. Sch. einleuchtend darauf hingewiesen, dass diese Verspätungszeiten grundsätzlich den jeweiligen Einfädelungspunkt in die Zufahrts-Trasse und nicht den Durchgangsbahnhof belasten. Mit einer solchen (Ur-)Verspätung den Einfädelungspunkt passierende Züge werden auf dem Zufahrtsgleis zum Bahnhof in den Verkehrsstrom eingereiht und so gleichsam vertaktet. Sie können deshalb bei der Einfahrt in den Bahnhof andere Züge nicht mehr behindern bzw. von ihnen behindert werden.
90 
Bis zur Ausfahrt entstehende (weitere) Zeiten des Wartens (für den verspätet eingefahrenen Zug bzw. für fahrplangerechte Züge, die dem verspätet eingefahrenen Zug bei der Ausfahrt den Vorrang lassen müssen) auf das Freiwerden der Trasse hat der Gutachter Prof. Dr.-Ing. Sch. nach seinen Angaben bei der Untersuchung der Fahrstraßenknoten und bei der Simulation des Leistungsverhaltens exakt ermittelt und den Gleisbelegungszeiten zugeschlagen. Sie führen im Übrigen auch nicht zu wesentlich längeren Haltezeiten (im umfassenderen Sinn von Gleisbelegungszeiten). Denn die Gefahr, dass bei einer nicht fahrplanmäßigen Ausfahrzeit infolge verspäteten Eintreffens Fahrbahnausschlüsse und so zusätzliche Wartezeiten entstehen, ist eher gering, weil die gegenseitige Vertretbarkeit der Gleise im Durchgangsbahnhof es zulässt, dass mehrere Züge gleichzeitig ausfahren.
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3.2.5 Synchronisationszeiten (Zeiten, die nachrangige Züge auf verspätete Züge warten sollen) hat der Gutachter Prof. Dr.-Ing. Sch. nach seinen Angaben mit bis zu 10 min bei der Simulation berücksichtigt. Dies ist nicht zu beanstanden zumal da ein Fahrplan, dessen Gestaltung nicht die technisch mögliche geringste Fahrzeit zugrunde liegt, es zulässt, Verspätungen im Regelfall bis zum nächsten Knoten aufzuholen. Vor allem kann zur Vermeidung von Folgeverspätungen im Netz bestimmt werden, dass Anschlusszüge grundsätzlich nicht auf verspätete Züge warten.
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3.2.6 Nicht zu beanstanden ist auch, dass der Gutachter für die Bemessungsberechnung und für die Simulation Gleisvorbelegungszeiten von 2 min angenommen hat. Dabei handelt es sich um die Zeiten, die dafür anfallen, dass das fahrplanmäßig bestimmte Gleis für einen verspäteten Zug freigehalten wird; Züge, die nach Ablauf der Vorbelegungszeit einfahren, erhalten ggf. ein anderes Gleis zugewiesen mit der Folge, dass zusteigende Kunden den Bahnsteig wechseln müssen. Der Gutachter hat zwar in der mündlichen Verhandlung zum Planfeststellungsabschnitt 1.1 eingeräumt, dass eine Vorbelegungszeit von 2 min an der unteren Grenze liege und dass für die Erstellung von Grundfahrplänen mit bis zu 5 min Vorbelegungszeit gerechnet werde. Er hat aber zugleich betont, dass z.B. für den Hauptbahnhof Köln mit einer Vorbelegungszeit von 2 min gerechnet worden sei und dass allgemein für die rechnerische Bemessung und auch die Simulation des Leistungsverhaltens - methodisch zulässig - von einem Wert an der unteren Grenze ausgegangen werden dürfe.
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3.2.7 Die Plausibilität der Bemessungsberechnung und -simulation haben die Kläger mit dem Hinweis bezweifelt, dass heute alle hochbelasteten Knoten über mehr als zwei Bahnsteiggleise je Zulaufgleis verfügten. Dem substantiierten Widerspruch der Beigeladenen ist nicht mehr entgegengetreten worden. Dasselbe gilt für die Einwände, der Gutachter habe außer Acht gelassen, dass von Norden kommende Züge wegen der Weichenradien im Gleisvorfeld und wegen der Steigung im Bahnhof von etwa 1,5 % nur mit verminderter Geschwindigkeit ein- und ausfahren könnten.
94 
3.2.8 Geklärt ist des Weiteren der Einwand, die Nähe der Weichen am „Nordkopf“ und am „Südkopf“ zu den Bahnsteigen schließe aus Sicherheitsgründen eine Zugausfahrt aus, wenn ein anderer Zug in dieselbe Richtung in den Durchgangsbahnhof einfahre mit der Folge, dass die Gleisbelegungszeiten größer bemessen werden müssten; Grund hierfür sei die Gefahr des Durchrutschens von Zügen in den Weichenbereich. Überzeugend hat die Beigeladene insoweit auf den Stand der Technik hingewiesen, welche die Gefahr des Durchrutschens begrenze und einen international üblichen Sicherheitsbereich von 50 m als ausreichend erscheinen lasse. Dies gelte auch für Züge, die nur über konventionelle HV-Signalsysteme mit induktiver Zugsicherung verfügten.
95 
3.2.9 Soweit geltend gemacht wird, bei der Bemessung des Durchgangsbahnhofs sei für eine Doppelbelegung von Bahnsteiggleisen durch jeweils zwei Regionalzüge von zu hohen Zufahrtgeschwindigkeiten für den zweiten Zug ausgegangen worden, hat der Gutachter überzeugend ausgeführt, durch die Doppelbelegung würden bis zu 2,7 min Gleisbelegungszeit eingespart. Eine Einsparung von Gleisbelegungszeit insoweit ziehen auch die Kläger, die sie zuletzt auf 1,7 min berechnet haben, nicht mehr grundsätzlich in Zweifel.
96 
3.2.10 Soweit ein Bahnhof in Tieflage nebst zuführenden Tunnelstrecken als besonders störanfällig bewertet wird und insoweit Reserven für erforderlich gehalten werden, handelt es sich nicht mehr um eine Frage, die die Leistungsfähigkeit des Bahnhofs an sich betrifft. Im Übrigen hat die Beigeladene überzeugend aufgezeigt, dass die Erfahrungen beim (teilweise) vergleichbaren Flughafen-Bahnhof Frankfurt insoweit nicht negativ seien, was insbesondere daran liege, dass die Zufahrtsgleise im Tunnel vor Witterungseinflüssen geschützt sind. Hinzu komme, dass der Zulauf auf den Tunnelstrecken jeweils auf zwei Gleisen erfolge, die sich bei Störungen vertreten könnten, und außerdem der bei „S 21“ mögliche Kreisverkehr zusätzliche Ausweichmöglichkeiten schaffe.
97 
3.2.11 Die - zumal im Vergleich zum Kopfbahnhof überlegene - Aufnahmefähigkeit des Durchgangsbahnhofs auch für einen in fernerer Zukunft liegenden Bedarf und seine ebenfalls überlegene Fähigkeit zum Abbau von Verspätungen, jeweils unter den gegebene Verhältnissen im Netzknoten Stuttgart, werden durch den von der Beigeladenen in den Klageverfahren wegen des Planfeststellungsabschnitts 1.1 vorgelegten „Vergleich der Leistungsfähigkeiten und des Leistungsverhaltens des neuen Durchgangsbahnhofs (S 21) und einer Variante des umgestalteten Kopfbahnhofs (K 21)“, Stand 2005, von Prof. Dr.-Ing. M., Leiter des Verkehrswissenschaftlichen Instituts Stuttgart GmbH, bestätigt. Der Vergleich ergibt bei dem gewählten Simulationsverfahren für das Leistungsverhalten, welches durch auftretende, wie oben beschrieben nicht in den Fahrplan eingearbeitete außerplanmäßige Wartezeiten bei Steigerung der Zugzahlen gekennzeichnet ist, einen eindeutigen Vorteil des Durchgangsbahnhofs. Sein optimaler Leistungsbereich liegt bei 41 bis 50 Zügen je Stunde und fällt danach langsam ab. Dagegen beschränkt sich der optimale Leistungsbereich des Kopfbahnhofs auf nur 28 bis 38 Zügen je Stunde; die Leistungskurve fällt zudem danach schnell ab. Beide Bahnhöfe sind somit in der Lage, auch die Zugzahlen des Betriebsszenarios A und des Szenarios E zu bewältigen. Bei einer weiteren Steigerung der Zugzahlen in fernerer Zukunft stößt aber nur der Kopfbahnhof rasch an Grenzen.
98 
Bedeutung schon für die Szenarien A und E hat diese Betrachtung zudem und aktuell für Fälle, in denen viele Züge verspätet in den Hauptbahnhof einfahren. Denn hierbei gelingt es im Durchgangsbahnhof wesentlich schneller, solche vielfachen Verspätungen abzubauen. Grund dafür ist, dass Züge, die (zunächst) in gleicher Richtung ausfahren, den Durchgangsbahnhof eher gleichzeitig verlassen können als den Kopfbahnhof. Denn im Kopfbahnhof wird die Möglichkeit gleichzeitiger Ausfahrt durch die zur Vermeidung von Fahrbahnausschlüssen sinnvollerweise errichteten Überwerfungsbauwerke eingeschränkt.
99 
Soweit gegen diesen Vergleich eingewandt wird, der Gutachter sei für den Kopfbahnhof von längeren Mindesthaltezeiten als im Durchgangsbahnhof ausgegangen, kann auch hier offen bleiben, ob insoweit die unterschiedlichen Sollhaltezeiten der Beigeladenen für Durchgangsbahnhöfe und Kopfbahnhöfe zu Grunde gelegt werden dürfen, wofür der Gutachter technische und mit Blick auf den vom Zugführer im Kopfbahnhof zurückzulegenden Weg arbeitsrechtliche Gründe angeführt hat. Denn er hat jedenfalls nachvollziehbar bestätigt, dass sich die Kurve des Leistungsverhaltens des Kopfbahnhofs bei gleichen Haltezeiten zwar verschiebt, sich aber in der Form nicht wesentlich ändert, es somit dabei bleibt, dass die Aufnahmefähigkeit des Durchgangsbahnhofs größer ist, nach dem optimalen Bereich langsamer abnimmt und deshalb auch im Kopfbahnhof ein Verspätungsabbau weniger gut gelingt als in einem Durchgangsbahnhof.
100 
3.3 "K 21" drängt sich auch nicht deshalb als eindeutig vorzugswürdig auf, weil ein modernisierter Kopfbahnhof bessere Möglichkeiten biete, einen Integralen Taktfahrplan in weitgehendem Umfang zu verwirklichen.
101 
Insoweit kann offen bleiben, ob die Auffassung der Beigeladenen zutrifft, sie habe das entsprechende Ziel der Planung zulässigerweise auf die Beachtung einer Zwischenstufe des Integralen Taktfahrplans beschränken dürfen, so dass eine darüber hinausgehende Tauglichkeit von "K 21" für einen Integralen Taktfahrplan im Alternativenvergleich unbeachtlich sei. Denn jedenfalls erscheint die Möglichkeit, einen weitergehenden Integralen Taktfahrplan zu verwirklichen, unter den Bedingungen des Netzknotens Stuttgart nicht als ein wesentlicher Vorteil von "K 21" gegenüber „S 21“.
102 
Wie bereits im Rahmen der Prüfung der Planrechtfertigung ausgeführt, ist der Beigeladenen und der Beklagten nicht etwa im Sinne eines Planungsleitsatzes aufgegeben, Eisenbahninfrastrukturmaßnahmen mit dem Ziel zu planen bzw. zu ermöglichen, einen möglichst umfassenden Integralen Taktfahrplan zu gewährleisten. Insoweit gibt es auch kein Optimierungsgebot, welches andere verkehrliche Ziele zurückdrängen könnte. Dass dies für große Knoten mit der Netzstruktur Stuttgarts auch nicht sinnvoll wäre, hat der Gutachter Prof. Dr.-Ing. H. in seinen „Ergänzenden betrieblichen Untersuchungen, Teil I: Integraler Taktfahrplan Betriebsprogramm für Stuttgart 21“, 1997, sowie in seiner Stellungnahme zur Klagebegründung in den Verfahren wegen des Planfeststellungsabschnitts 1.1 vom 01.06.2005 überzeugend aufgezeigt. Bei einem Netzknoten der Größe Stuttgarts mit einer Vielzahl zulaufender Strecken, welche weit vor dem Hauptbahnhof gebündelt werden, ist ein vollständiger Integraler Taktfahrplan, der im Hauptbahnhof zu bestimmten Taktzeiten das Umsteigen jeweils von und auf sämtliche fünfzehn oder mehr Fern- und Regionalverbindungen erlaubt, nicht möglich, jedenfalls nicht sinnvoll, weil für einzelne Linien zu lange Haltezeiten am Bahnsteig (beim Zulauf aus Norden von Zuffenhausen von bis zu 28 min) entstehen. Die dagegen erhobenen Einwände greifen nicht durch.
103 
Soweit im Sinne einer theoretischen Betrachtung verdeutlicht werden soll, dass unter Einhaltung bestimmter Bedingungen die Haltezeiten und damit die Ausdehnung des Taktknotens gegenüber der Darstellung des Gutachters deutlich verkürzt werden könnten (beim Zulauf von Zuffenhausen auf 18 bzw. 19 min) und deshalb sogar ein vollkommener Integraler Taktfahrplan für 15 Linien des Fern- und des Regionalverkehrs im modernisierten Kopfbahnhof möglich sei, vermag dem der Senat nicht zu folgen. Ungeachtet des Umstands, dass den jeweiligen Darstellungen der Kläger und von Prof. Dr.-Ing. H. für einen vollkommenen Integralen Taktfahrplan im Kopfbahnhof nicht genau dieselben Fahrwege zu Grunde liegen, wird eine Verringerung der Haltezeiten nur bei „K 21“ erreicht, indem er das von Prof. Dr.-Ing. H. als grundlegend bezeichnete und zur Erhaltung eines Taktfahrplans in den entfernteren Nachbarknoten wesentliche Symmetrieprinzip verlässt, einige Züge zur gleichen Zeit ein- bzw. ausfahren lässt, was im Kopfbahnhof Stuttgart nur auf einem Gleis für die Gegenrichtung möglich ist und von der Beigeladenen grundsätzlich aus Sicherheitserwägungen und wegen der Störungsanfälligkeit für den Regelbetrieb abgelehnt wird, und indem er die Abfahrtszeiten von 3 min auf 2 min verkürzt, wogegen die Beigeladene begründet einwendet, dass bei einem so geringen Ausfahrtsabstand geringe Verspätungen eines Zuges bei anderen Zügen zu Folgeverspätungen (auch im Netz) führen müssten. Soweit in der mündlichen Verhandlung wegen des Planfeststellungsabschnitts 1.1 darauf verwiesen worden ist, dass in der Schweiz im Abstand von 2 min aus Kopfbahnhöfen ausgefahren werde, braucht der Senat nicht zu klären, ob dies zutrifft und ggf. auf Besonderheiten beruht. Denn für den Alternativenvergleich sind die im Inland üblichen Bedingungen zu Grunde zu legen, von denen zu erwarten ist, dass sie im maßgeblichen Prognosehorizont gelten. Wenn aus Sicherheitsgründen und zur Vermeidung von Störungen im Betrieb insoweit längere Regelfolgezeiten für ausfahrende Züge als in anderen Staaten bestehen, ist dies hinzunehmen.
104 
Auch der allgemeine Hinweis auf die Verwirklichung eines Integralen Taktfahrplans in der Schweiz, insbesondere im Kopfbahnhof Zürich, vermag die Beurteilung des Gutachters Prof. Dr.-Ing. H. nicht zu erschüttern. Dieser ebenso wie Prof. Dr.-Ing. M. haben darauf hingewiesen, dass auch in der Schweiz ein vollständiger Integraler Taktfahrplan nur an ausgewählten Knoten besteht, wobei der Knoten Zürich insoweit bevorzugt werde. Im Übrigen ist gerichtsbekannt und von Prof. Dr.-Ing. M. in der mündlichen Verhandlung wegen des Planfeststellungsabschnitts 1.1 erwähnt worden, dass geplant ist, den Hauptbahnhof Zürich durch den Bau eines (zusätzlichen) Durchgangsbahnhofs zu entlasten.
105 
Der dennoch bleibenden Möglichkeit, im modernisierten Kopfbahnhof einen weitergehenden Integralen Taktfahrplan zu verwirklichen als im achtgleisigen Durchgangsbahnhof gemäß der Antragsplanung, in dem gleichzeitig nur vier Linien (in beide Richtungen) zur gleichen Zeit halten können, hält die Beigeladene als wesentlichen Nachteil entgegen, dass die Vertaktung bestimmter Linien im Kopfbahnhof, wie sie bei „S 21“ möglich sei, bei „K 21" nicht gelinge, weil die Züge in den Außenknoten nicht zu Taktzeiten abfahren könnten. Dies wird nicht substantiiert bestritten. Im Übrigen sind die Haltezeiten auch bei der Verknüpfung von nur vier Linien im Kopfbahnhof länger als im Durchgangsbahnhof und nehmen mit jeder weiteren Linie zu. Wird der Fahrplan jeweils getrennt für den Regionalverkehr und den Fernverkehr voll vertaktet, ergeben sich auch hier jeweils teilweise längere Wartezeiten für die Weiterfahrenden bzw. die Umsteigenden.
106 
3.4 Deutlich überlegen ist „S 21“ auch hinsichtlich der Anbindung des Landesflughafens, der Neuen Messe und der Filderregion.
107 
Dies gilt auch dann, wenn man nicht mit der Beigeladenen davon ausgeht, dass der Anbindung des Landesflughafens an die Neubaustrecke wegen des Berücksichtigungsgebots in § 3 Abs. 2 Satz 2 BSchwAG und der Entscheidung Nr. 1692/96/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23.07.1996 über gemeinschaftliche Leitlinien für den Aufbau eines transeuropäischen Verkehrsnetzes (ABl. L 228 vom 09.09.1996 S. 1, berichtigt ABl. L 15 vom 17.01.1997 S. 1) eine ausschlaggebende Bedeutung zukommt, weil nach deren Anhang II Abschnitt 3 als Infrastrukturmaßnahme von gemeinsamem Interesse jedes der die im Anhang I genannten Verbindungen, darunter auch die Verbindung Mannheim - Stuttgart - Ulm, betreffende Vorhaben gilt, das sich auf die Verknüpfung mit den Netzen anderer Verkehrsträger bezieht. Denn letztlich erkennen auch die Befürworter von „K 21“ die Bedeutung der Einbindung des Landesflughafens in das transeuropäische Netz mit dem Anschluss an die Neubaustrecke an, indem "K 21" den Landesflughafen über eine Stichstrecke vom „Scharnhauser Dreieck“ her erschließt und die Züge, die den Landesflughafen von der Neubaustrecke von Osten her anfahren, dort nicht wenden, sondern über die Gleise der Filderbahn und der Gäubahn in den Kopfbahnhof fahren sollen. Aus diesem Grund braucht der Senat auch nicht der Frage nachzugehen, ob die Zahl der Reisenden, die mit Zügen des Regional- und des Fernverkehrs zum Landesflughafen gelangen, hinreichend groß ist, um dessen Anbindung an die Neubaustrecke zu rechtfertigen und ihr in der Abwägung ein großes Gewicht zu geben. Vor allem erschöpft sich die Bedeutung des bei „S 21“ aus zwei Stationen bestehenden Filderbahnhofs/Landesflughafen nicht in der Erschließung des Landesflughafens durch den Regional- und den Fernverkehr für Besucher, Beschäftigte und Fluggäste. Vielmehr kommt ihm nach der Zahl der künftigen Benutzer eine in etwa gleichrangige Bedeutung für die Neue Messe, für die Filderregion und als den Hauptbahnhof Stuttgart entlastende Umsteigestation für den Fern- und den Regionalverkehr zu. Die Auswertung der Fahrgastströme gemäß dem Gutachten der Firma Intraplan und des Verkehrswissenschaftlichen Instituts der Universität Stuttgart vom August 1999 ergibt eine Gesamtnutzerzahl der beiden Bahnstationen von 36.130 Personen/Tag ohne Messe und von 49.640 Personen/Tag mit Messe (am 2. Veranstaltungstag).
108 
Die somit letztlich unstreitig an sich vorteilhafte und für die Modernisierung des Netzknotens Stuttgart wesentliche Anbindung des Landesflughafens, der Neuen Messe und der Filderregion gelingt „S 21“ deutlich besser. „S 21“ erweitert die Haltemöglichkeiten am Landesflughafen bzw. an der Neuen Messe für den Fern- und den Regionalverkehr für den künftigen Bedarf. „K 21" will sich demgegenüber mit der vorhandenen S-Bahn-Station „Terminalbereich“ zufrieden geben, die jedoch wie die folgende Strecke über die Filderbahn und die Gäubahn zum Kopfbahnhof in ihrer Aufnahmefähigkeit auf bis zu 9 Züge je Richtung beschränkt ist; halten könnten, neben der S-Bahn etwa der IC Zürich - Stuttgart und die Züge von zwei zusätzlichen Regionalverbindungen. Die von der Beigeladenen genannte Zahl von 13 bis 14 Zügen je Richtung kann dort jedoch nicht bewältigt werden. Der Streckenteil bis zum Kopfbahnhof genügt im Übrigen schon wegen der Streckenführung nicht den Anforderungen an einen Hochgeschwindigkeitsbetrieb und führt zudem durch Wohnbebauung. Schließlich müsste die S-Bahn-Station aus der insoweit maßgeblichen Sicht der Beigeladenen für den Halt von ICE-3-Zügen in Doppeltraktion mit einer Länge von 400 m ausgebaut werden, da die vorhandenen Bahnsteige hierfür nicht ausreichen. Dies wäre jedoch nicht bzw. nur mit hohem Aufwand möglich, weil die S-Bahn-Station „Terminalbereich“ unter dem Terminal errichtet ist. Bei einem Verzicht auf diesen Ausbau könnten am Landesflughafen nur kurze ICE-Züge halten; eine solche Beschränkung braucht die Beigeladene nicht hinzunehmen, auch wenn sie plant, dass nur jeder dritte Fernzug der Verbindung Mannheim - Ulm am Landesflughafen halten soll.
109 
Hinzu kommt: Bei "K 21" ergeben sich für den Fernverkehr Mannheim - Ulm, aber auch für den Regionalverkehr, deutlich längere Fahrzeiten für die Züge, die am Landesflughafen halten und nicht über das „Scharnhauser Dreieck“ auf der Neubaustrecke über Esslingen-Mettingen zum Kopfbahnhof gelangen. Die Nachteile bei den Fahrtzeiten können im Alternativenvergleich nicht mit der Erwägung ausgeglichen oder gemindert werden, die „Station Neubaustrecke“ liege von der zum Regional- und Fernbahnhof erweiterten S-Bahn-Station „Flughafen“ etwa 150 m entfernt und die an der „Station Neubaustrecke“ ankommenden Reisenden hätten zum Terminal einen Fußweg von 250 m zurückzulegen, für den sie mindestens 5 min benötigten, welche den Fahrzeiten im Vergleich mit denen von „S 21“ zuzuschlagen seien. Denn dieser Fußwegnachteil besteht nur in bestimmten Fällen, wird aber etwa für an der „Station Neubaustrecke“ ankommende Reisende, deren Ziel die unmittelbar angrenzenden Neuen Messe ist, zum Vorteil. Auch für Umsteiger vom motorisierten Individualverkehr auf den Regional- und den Fernverkehr kann die „Station Neubaustrecke“ je nach Lage der notwendigen Parkplätze einen Fußwegvorteil begründen. Im Übrigen wäre bei einer Einbeziehung von Fußwegen in einem umfassenden Vergleich der Reisezeiten auch zu berücksichtigen, dass der Kopfbahnhof bei Bahnsteiglängen von über 400 m seinerseits Fußwegnachteile gegenüber „S 21“ aufweist. Fahrtzeitennachteile ergeben sich zudem auch für die nicht am Landesflughafen haltenden Züge, weil die Strecke über Esslingen-Mettingen zum Kopfbahnhof länger ist als die Strecke durch den „Fildertunnel“ zum Durchgangsbahnhof und weil die Züge nicht vergleichsweise schnell in den Kopfbahnhof einfahren können und dort längere Haltezeiten haben.
110 
3.5 In nicht zu beanstandender Weise hat der Planfeststellungsbeschluss dem Umstand, dass die Antragsplanung keinen Ersatz für den Zentralen Omnibusbahnhof am Hauptbahnhof vorsieht, dessen Flächen zunächst der Baulogistik dienen und dann dem Schlosspark zugeschlagen werden, keine erhebliche Bedeutung im Alternativenvergleich beigemessen. Denn ob die Landeshauptstadt Stuttgart in der Nähe eines neuen Hauptbahnhofs einen neuen Zentralen Omnibusbahnhof vorsieht, obliegt allein ihr als Trägerin der Bauleitplanung. Soweit am Zentralen Omnibusbahnhof auch öffentliche Linien halten, werden für diese auch am Durchgangsbahnhof Haltestellen vorgesehen. Mit Blick auf die den vorhandenen Zentralen Omnibusbahnhof ganz überwiegend nutzenden privaten Buslinien in andere europäische Staaten erscheint die Nähe zum Hauptbahnhof im Übrigen nicht ohne Weiteres als wesentlicher Umstand. Die Beigeladene weist insoweit darauf hin, dass die Reisenden häufig von Angehörigen oder Bekannten mit dem Pkw dorthin gebracht werden. Insofern könnte auch ein sonstiger, Parkmöglichkeiten und die Erreichbarkeit mit dem öffentlichen Personennahverkehr bietender Standort sinnvoll sein, auch zur Entflechtung des Verkehrs in der Umgebung des Hauptbahnhofs.
111 
3.6 Dass „K 21" anders als „S 21“ uneingeschränkt den Regelbetrieb mit Dieseltriebfahrzeugen im Hauptbahnhof zulässt, ist zwar ein gewisser, aber nicht mit großem Gewicht in die Abwägung einzustellender Vorteil. Es ist fraglich, ob insoweit künftig überhaupt eine Nachfrage bestehen wird; nicht fernliegend ist überdies, dass die entsprechenden Beschränkungen für den Durchgangsbahnhof aufgrund der technischen Entwicklung abgasärmerer Fahrzeuge entfallen werden. Ebensowenig können für den Alternativenvergleich fahrdynamische und damit Energie- und Kostengesichtspunkte entscheidend (neben anderem) ins Gewicht fallen, die sich daraus ergeben, dass bei „S 21“ alle Züge durch den Fildertunnel auf vergleichsweise kurzer Strecke den Aufstieg zum Filderbahnhof/Landesflughafen bewältigen müssen, während bei „K 21" der Anstieg insgesamt flacher verläuft und für die Züge, die nicht am Landesflughafen halten, auch geringer ist, weil das „Scharnhauser Dreieck“ nicht dieselbe Höhe über NN erreicht.
112 
3.7 Auch der Senat hält die betriebliche Flexibilität, die der in eine Ringstrecke eingebettete Durchgangsbahnhof ermöglicht, für einen wesentlichen Vorteil von „S 21“. Es ist zwar richtig, dass die Antragsplanung es nicht zulässt, auf allen Zulaufstrecken in beide Richtungen in den Ring einzufahren. Ausgeschlossen ist dies bei der Anfahrt aus dem Fildertunnel, die nur zum Durchgangsbahnhof, aber nicht nach Bad Cannstatt erfolgen kann; aus Zuffenhausen würde die variable Einfahrt in den Ring den Bau der „T-Spange“ nach Bad Cannstatt voraussetzen. Dennoch besteht diese Möglichkeit an einigen Knoten des Rings und schafft so die Voraussetzungen für einen im Regelfall und bei Störungen variablen Betrieb. Diesen Vorteil bietet ein modernisierter Kopfbahnhof auch dann nicht, wenn sämtliche Fahrstraßenausschlüsse durch Überwerfungsbauwerke beseitigt sind, weil sich die geringe Zahl der Gleise für die Ausfahrt und die fehlende gegenseitige Vertretbarkeit nicht ändern. Dabei führen gerade die zur Vermeidung von Fahrstraßenausschlüssen sinnvollen Überwerfungsbauwerke, wie Prof. Dr.-Ing. M. in der mündlichen Verhandlung wegen des Planfeststellungsabschnitts 1.1 überzeugend ausgeführt hat, dazu, dass die Flexibilität des vorhandenen Kopfbahnhofs eingeschränkt wird. Unerheblich erscheint in diesem Zusammenhang der Einwand, die Beibehaltung des Kopfbahnhofs biete wegen der Nähe des vorhandenen Abstellbahnhofs Vorteile. Denn die Flexibilität von „S 21“ wird nicht dadurch eingeschränkt, dass der Abstellbahnhof Untertürkheim vom Durchgangsbahnhof 2,3 km entfernt ist, zumal die Züge auf dieser Strecke schneller fahren können als im Kopfbahnhof und der neue Abstellbahnhof so gebaut werden kann, dass dort weniger Fahrwege anfallen. Insoweit muss der Senat deshalb nicht dem weiteren Vorbringen der Beigeladenen nachgehen, dass bei „S 21“ ohnehin mehr Regionalzüge durchgebunden bzw. bis nach Bad Cannstatt geführt werden könnten, so dass sie den neuen Abstellbahnhof gar nicht oder auf kürzerer Strecke anfahren würden.
113 
Auch unter dem Gesichtspunkt einer Entmischung der Eisenbahnverkehrsarten erscheint „K 21" der Antragsplanung gegenüber nicht als vorzugswürdig. Es wird insoweit darauf hingewiesen, dass die Leistungsfähigkeit des Fildertunnels eingeschränkt sei, weil er sowohl vom Fern- als auch vom Regionalverkehr befahren werde. Die Nutzung durch beide Verkehrsarten ändert aber nichts daran, dass die Leistungsfähigkeit des Fildertunnels, die mit 10,5 Zügen/Stunde angenommen wird, für die Betriebsszenarien A und E ausreicht und auch die weitere Zukunftsfähigkeit von „S 21“ nicht ausschließt, weil der Zulauf aus dieser Richtung auch dann geringer sein wird als der von Westen und Norden. In der Zahl von 10,5 Züge/Stunde kommt im Übrigen der in der mündlichen Verhandlung erörterte Umstand zum Ausdruck, dass die Züge dort mit unterschiedlicher Geschwindigkeit fahren, je nachdem, ob es sich um Regional- oder um Fernverkehrszüge handelt und ob diese von Ulm kommend direkt zum Durchgangsbahnhof gelangen oder am Filderbahnhof/Landes-flughafen halten. „S 21“ gelingt die Entmischung vom S-Bahn-Verkehr dagegen im Regelbetrieb vollständig; die S-Bahn soll nur im Störungsfall den Durchgangsbahnhof und den Fildertunnel benutzen können. Erreicht wird von „S 21“ im Übrigen eine Entmischung der Verkehre, weil der Fernverkehr auf der Strecke Stuttgart - Ulm nicht mehr über Bad Cannstatt auf der auch vom Güterverkehr stark beanspruchten Neckartaltrasse geführt werden muss. Dies ist bei „K 21" bis Esslingen-Mettingen jedoch der Fall. Außerdem kommt es bei „K 21“ auf der Filderbahn- und auf der Gäutalbahnstrecke zu einer insbesondere den Fernverkehr behindernden zusätzlichen Mischung der Verkehre, bei „S 21“ ist dies nur für den Streckenteil zwischen Rohr und dem Landesflughafen und nur für Fern- und Regionalverbindungen über Böblingen der Fall.
114 
In diesem Zusammenhang ist für den Alternativenvergleich auch der von der Beigeladenen im Klagverfahren vorgelegte, oben erwähnte „Vergleich der Leistungsfähigkeiten und des Leistungsverhaltens des neuen Durchgangsbahnhofs (S 21) und einer Variante des umgestalteten Kopfbahnhofs (K 21) im Rahmen der Neugestaltung des Stuttgarter Hauptbahnhofes“, 2005, von Prof. Dr.-Ing. M. von Bedeutung. Darin wird aufgrund einer Betriebssimulation auch die Störungsempfindlichkeit beider Alternativen anhand von 200 gestörten Fahrplänen überprüft. Für „S 21“ ergab sich ein „gutes“ Verspätungsniveau, für „K 21" ein nur mangelhaftes. Methodische Einwände gegen dieses Beurteilungsverfahren werden nicht erhoben. Eingewendet wird lediglich, dass für den Kopfbahnhof zu hohe Mindesthaltezeiten angenommen würden. Nach den überzeugenden Angaben des Gutachters in der mündlichen Verhandlung wegen des Planfeststellungsabschnitts 1.1 beruht der nur mangelhafte Verspätungsabbau bei „K 21“ jedoch nicht ausschlaggebend auf diesen Mindesthaltezeiten, sondern darauf, dass - wie oben ausgeführt - der Durchgangsbahnhof flexibler ist als der Kopfbahnhof.
115 
3.8 Soweit „K 21" als eindeutig vorzugswürdig dargestellt wird, weil in einem modernisierten Kopfbahnhof Störungen des S-Bahn-Betriebs aufgefangen werden könnten, nicht aber im Durchgangsbahnhof bei „S 21“, erscheint dieser Gesichtspunkt dem Senat nicht als wesentlich. Der Gutachter Prof. Dr.-Ing. M., auf dessen in den Klageverfahren wegen des Planfeststellungsabschnitts 1.1 vorgelegte Stellungnahme vom 02.06.2005 die Beigeladene insoweit Bezug nimmt, hat nämlich zutreffend bemerkt, dass die S-Bahn in Stuttgart eine sehr hohe Pünktlichkeit von über 98% aufweist, eventuell gegebene Engpässe, insbesondere im am stärksten belasteten S-Bahn-Tunnel unter dem Hauptbahnhof, vorrangig im eigenen Streckennetz behoben werden müssten und mit vergleichsweise geringem Aufwand behoben werden könnten und dass eine außerplanmäßige Mitbenutzung des Kopfbahnhofs durch die S-Bahn dort zu Betriebsstörungen führen kann. Der Planfeststellungsbeschluss geht dennoch davon aus, dass eine entsprechende Eignung im Alternativenvergleich erheblich sein könne, nimmt aber an, dass bei „S 21“ die S-Bahn durch den Durchgangsbahnhof und den Fildertunnel zum Landesflughafen geführt werden könnte, und verweist außerdem auf die geplante neue S-Bahn-Haltestelle „Mittnachtstraße“, die ein Wendegleis erhalten soll. Die Beigeladene sieht es im Übrigen nachvollziehbar als Vorteil an, dass im Störungsfall der mögliche Übergang der S-Bahn in den Ringverkehr für die Fern- und die Regionalbahn weiter außen liegt, weil so auch Störungen auf den dazwischen liegenden Strecken aufgefangen werden könnten; demgegenüber wird eingewandt, die Nähe der maßgeblichen letzten Weiche der S-Bahn zum Kopfbahnhof lasse eine schnellere Reaktion auf Störungen im am ehesten überlasteten S-Bahn-Tunnel zu. Die unterschiedlichen Standpunkte machen bereits deutlich, dass die Konzepte der Beteiligten zur Nutzung der Fernbahn- und der Regionalbahngleise bei S-Bahn-Störungen je nach Art und Ort der Störung jeweils Vor- und Nachteile bieten, so dass jedenfalls ein eindeutiges Überwiegen von „K 21" auch insoweit nicht festgestellt werden kann.
116 
Im Übrigen ist der Einwand, in diesem Zusammenhang beachtliche Störungen im S-Bahn-Betrieb kämen sehr viel häufiger als drei bis viermal im Jahr vor, nicht substantiiert belegt worden. Zwar hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers im Verfahren 5 S 847/05 berichtet, dass allein von ihm benutzte S-Bahn-Züge im letzten halben Jahr etwa zehnmal vor dem S-Bahn-Tunnel aus dem Fahrstrom genommen, in den Kopfbahnhof geführt und erst zur Rückfahrt wieder in den Taktverkehr eingegliedert worden seien. Dass dies häufiger vorkommt, entspricht auch der Erfahrung des Klägers in jenem Verfahren, der Leiter des Hauptbahnhofs Stuttgart war. Jedoch steht für solche Fälle, in denen ein Auflaufen von Zügen im S-Bahn-Tunnel durch die Ausgliederung (nur) eines Zuges behoben werden kann, bei „S 21“ gerade das Wendegleis an der neuen S-Bahn-Station „Mittnachtstraße“ zur Verfügung. Dass den betroffenen Fahrgästen insoweit angesonnen wird, bis zur nahe gelegenen Stadtbahnstation (U 12) zu gehen, um von dort zu ihrem Ziel in der Innenstadt zu gelangen, während sie bei einer Umleitung in den Kopfbahnhof diesem Ziel näher kommen, erscheint in der Abwägung nicht als erheblich, zumal zusätzlich die Möglichkeit besteht, die betroffenen S-Bahn-Züge bis in den Durchgangsbahnhof zu führen, von wo aus die Fahrgäste ebenfalls auf die Stadtbahn umsteigen oder ihr Ziel in der Innenstadt (auf kürzerem Weg als im Kopfbahnhof) erreichen können.
117 
Auch die Einwände zur Störungsanfälligkeit von „S 21“ aus sonstigen Gründen und zu den entsprechenden Vorzügen von „K 21" sind letztlich unerheblich. Grundsätzlich sind solche Erwägungen im Alternativenvergleich unbeachtlich, wenn die Antragsplanung, ggf. in Verbindung mit von der Planfeststellungsbehörde auferlegten Nebenbestimmungen im Planfeststellungsbeschluss, den durch eine bestimmte Bauweise entstehenden besonderen Gefahren durch Sicherheitsvorkehrungen Rechnung trägt. Dass dies nicht in ausreichendem Umfang geschehen sei, wird nicht substantiiert vorgetragen.
118 
3.9 Unstreitig erreicht die Antragsplanung das „weitere Ziel“ der Gewinnung städtebaulicher Entwicklungsflächen in weitaus größerem Ausmaß als „K 21". Bei dieser werden lediglich kleinere (Abstell-)Flächen im Äußeren Nordbahnhof und im jetzigen Abstellbahnhof frei, wobei für letztere unklar ist, inwieweit sie überhaupt einer sinnvollen anderen städtebaulichen Nutzung zugeführt werden könnten. Unerheblich ist insoweit, dass „K 21" auf die im Bereich des früheren Stückgutbahnhofs gelegene Fläche „A 1“ verzichten kann. Denn diese Fläche benötigt auch „S 21“ nicht. Sie ist überdies bereits eisenbahnrechtlich entwidmet und teilweise bebaut. Zugleich erreicht nur „S 21“ eine Beseitigung der Trennwirkung der Bahnanlagen im Stuttgarter Talkessel. Unerheblich für den Alternativenvergleich ist, in welcher Weise die freiwerdenden Fläche (möglicherweise oder voraussichtlich) künftig baulich genutzt werden.
119 
3.10 Zumindest im Ergebnis rechtsfehlerfrei bezieht der Planfeststellungsbeschluss auch alle sonstigen wesentlichen Gesichtspunkte in den Alternativenvergleich ein. Die Beklagte hat insbesondere nicht verkannt, dass „S 21“, auch während der langen Bauzeit, mit erheblichen Eingriffen verbunden ist, die insbesondere Kulturdenkmale, das Stadtbild, Natur und Landschaft, das Grund-, Heil- und Mineralwasservorkommen sowie privates Eigentum betreffen und die bei "K 21" als einer (erweiterten) Beibehaltungsalternative (naturgemäß) teilweise geringer ausfallen. Der Senat vermag sich insoweit insbesondere nicht dem Einwand anzuschließen, der Planfeststellungsbeschluss zum Abschnitt 1.1 schätze die Eingriffe in Natur und Landschaft falsch ein, weil er davon ausgehe, dass diese ausgeglichen bzw. durch Ersatzmaßnahmen kompensiert würden. In der entsprechenden Formulierung des Planfeststellungsbeschlusses kommt nicht etwa zum Ausdruck, dass die Behörde die Eingriffe insoweit als unerheblich oder gering bewertet habe. Vielmehr versteht der Senat sie dahin, dass der Planfeststellungsbeschluss darauf hinweisen will, die in der Umweltverträglichkeitsprüfung sorgfältig ermittelten und bewerteten Eingriffe würden (überwiegend) mit einem Zugewinn an unversiegelter Fläche im Innenstadtbereich an Ort und Stelle ausgeglichen und im Übrigen durch Ersatzmaßnahmen (im Mussenbachtal) kompensiert. Dies hat im Alternativenvergleich durchaus Gewicht. Dasselbe gilt etwa für die Eingriffe in Schutzschichten für das Grund- und Mineralwasser und das entsprechende, umfassende Schutzkonzept im Planfeststellungsbeschluss. Dass dieses nicht ausreichend wäre, wird nicht substantiiert geltend gemacht. Sofern der Behörde insoweit Fehlgewichtungen unterlaufen sein sollten, bestünde jedenfalls nach dem Verlauf der Planung und nach dem Inhalt der Akten nicht die konkrete Möglichkeit, dass der Alternativenvergleich im Rahmen der Abwägung gegen „S 21“ ausgefallen wäre (vgl. § 20 Abs. 7 Satz 1 AEG).
120 
3.11 Rechtlich unbedenklich ist, dass im Planfeststellungsbeschluss ausgeführt wird, die Kosten des Projekts stellten insoweit einen öffentlichen Belang dar, als die Finanzierungsbeiträge der öffentlichen Hand dem Gebot der wirtschaftlichen und sparsamen Haushaltsführung unterlägen; insoweit bestehe aber ein politischer Handlungs- und Entscheidungsspielraum der Geldgeber, der nicht Gegenstand des Planfeststellungsverfahrens sei.
121 
Zwar kann nach der Rechtsprechung zu den von einem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belangen, die bei der fachplanerischen Abwägung zu berücksichtigen sind, auch das Interesse an einer kostengünstigen Lösung gehören. Es kann - wegen des Gebots der sparsamen und wirtschaftlichen Mittelverwendung (vgl. § 7 Abs. 1 Satz 1 BHO) - als gegenläufiger Belang zum Interesse eines Grundstückseigentümers, nicht enteignend in Anspruch genommen zu werden, berücksichtigt werden und auch für die Auswahl unter mehreren Trassenvarianten ausschlaggebend sein (BVerwG, Beschl. v. 30.09.1998 - 4 VR 9.98 - Buchholz 407.4 § 17 FStrG m.w.N.; Urt. v. 31.01.2002 - 4 A 15.01 - (Wakenitzniederung) Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 168 = NVwZ 2002, 1103). Vor diesem Hintergrund stellt es zum Beispiel keinen Abwägungsmangel dar, wenn die Planfeststellungsbehörde davon absieht, zur Vermeidung nachteiliger Wirkungen auf Rechte anderer eine wesentliche Änderung des Vorhabens zu verlangen, die von dessen Träger unverhältnismäßige, nicht mehr vertretbare Aufwendungen erfordern würde. Bei welcher Höhe dies anzunehmen ist, kann grundsätzlich nicht losgelöst von der objektiven Gewichtigkeit der zu schützenden, vom Vorhaben nachteilig betroffenen Belange beurteilt werden und bestimmt sich nach den Umständen des Einzelfalls (BVerwG, Urt. v. 31.01.2001 - 11 A 6.00 - < Berliner Ring-S-Bahn > Buchholz 316 § 74 VwVfG Nr. 56 = NVwZ-RR 2001, 352). Dementsprechend kann sich eine Planfeststellungsbehörde im Rahmen der Alternativenprüfung aus Kostengründen „als zentralem Argument“ für die Trasse einer Antragsplanung, etwa einer Ortsumgehung, entscheiden, obwohl diese im Hinblick auf Eingriffe in Natur und Landschaft und die Betroffenheit landwirtschaftlicher Betriebe erheblich nachteiliger ist als eine insoweit schonendere, aber erhebliche teurere Variante (vgl. Senatsurt. v. 14.12.2000 - 5 S 2716/99 - < B 29 - Mögglingen > VBlBW 2001, 362 zu einer geforderten Tunnellösung; Senatsurt. v. 11.02.2004 - 5 S 384/03 - < Rheintalbahn > UA S. 103 ff. zur geforderten Tieferlegung einer Bahntrasse zur Minderung der Zerschneidungswirkung in geschlossener Ortslage). Dieser Rechtsprechung liegen aber jeweils Fälle zu Grunde, in denen ein Vorhabenträger der behaupteten Vorzugswürdigkeit einer Alternativtrasse mit dem Argument entgegengetreten ist, diese sei deutlich teurer als die Trasse der Antragsplanung. Insoweit ist ein Kostenvorteil für abwägungserheblich zugunsten einer Antragsplanung gehalten worden, weil es im öffentlichen Interesse liegt, dass der Vorhabenträger Verkehrswege kostengünstig baut (vgl. auch § 41 Abs. 2 BImSchG).
122 
Der Alternativenvergleich zwischen „S 21“ und „K 21“ hat indes vom umgekehrten Sachverhalt auszugehen, nämlich von der Frage, ob die Planfeststellungsbehörde die aufwändigere Antragsplanung ablehnen darf, wenn es eine kostengünstige Alternative gibt und ob dies auch dann gilt, wenn die Alternativlösung nicht alle legitimen Ziele der Planung gleichermaßen erreicht. Der Senat verneint diese Frage, jedenfalls auf der Grundlage der im Rahmen der Überprüfung der Planrechtfertigung (oben Nr. 2) getroffenen Beurteilung, dass „K 21“ legitime Planungsziele verfehlt. Denn ob sich eine Alternative als eindeutig vorzugswürdig erweist, ist allein im Hinblick auf die Verwirklichung der Planungsziele und die sonstigen bei der Abwägung zu berücksichtigenden öffentlichen und privaten Belange zu beurteilen. Zu diesen gehören die Kosten des beantragten Vorhabens grundsätzlich nicht; die Prüfung des Kosten-Nutzen-Verhältnisses obliegt vielmehr ausschließlich dem Vorhabenträger und den sich an der Finanzierung beteiligenden Körperschaften im Rahmen ihrer Finanz- bzw. Haushaltsverantwortung (vgl., jedoch zur Planrechtfertigung, BVerwG, Urt. v. 08.07.1998 - 11 A 30.97 - Buchholz 442.09 § 20 AEG Nr. 21 = NVwZ 1999, 70). Insoweit steht gerade nicht in Frage, ob dem Vorhabenträger eine teurere Alternative zum Schutz von Belangen Dritter aufgedrängt werden darf, sondern ob der Vorhabenträger und die ggf. an der Finanzierung Beteiligten bereit sind, für die von ihnen erkannten Vorteile der Antragsplanung mehr Geld aufzuwenden. Dies unterstreicht auch die Überlegung, dass die Kosten eines Vorhabens ohnehin nur grob anhand der festgestellten Planungsunterlagen, im Übrigen aber erst anhand der dem Planfeststellungsbeschluss nachfolgenden Ausführungsplanung, welche zum Beispiel in erheblichem Umfang erst die technische und baugestalterische Ausstattung festlegt, zuverlässig ermittelt werden können.
123 
Der angestellte Kostenvergleich muss aber auch deshalb nicht der Alternativenprüfung im Rahmen der Abwägung zu Grunde gelegt werden, weil er nicht berücksichtigt und auch nicht berücksichtigen kann, dass „S 21“ Vorteile wie die Schaffung von städtebaulichen Entwicklungsmöglichkeiten am Rande der Stuttgarter Innenstadt, den Anschluss der Filderregion, des Landesflughafens und der Neuen Messe an das transeuropäische Netz, eine vollständig neue Eisenbahninfrastruktur im gesamten Eisenbahnknoten Stuttgart sowie erleichterte Betriebsbedingungen hat. Diese Vorteile erklären, weshalb sich neben den für die Errichtung von Eisenbahninfrastrukturanlagen Verantwortlichen, der Beigeladenen und der Beklagten, auch das Land Baden-Württemberg, die Landeshauptstadt Stuttgart und der Verband Region Stuttgart bzw. die Flughafen-Gesellschaft an den Kosten für „S 21“ beteiligen. Sie sind jedenfalls teilweise nicht nach herkömmlichen Maßstäben einer Kosten-Nutzen-Analyse für einen Verkehrsweg in Geld zu beziffern. Dass die - unterstellt höheren - Kosten von „S 21“ das Vorhaben unter diesen Gesichtspunkten haushalterisch rechtfertigen können, ist im Übrigen nicht ausgeschlossen oder auch nur fernliegend.
124 
Dennoch hat sich die Behörde im Planfeststellungsbeschluss zu den Kosten im Alternativenvergleich geäußert, wenn auch „nur wegen der breiten Diskussion“ und nur in überschlägiger Form. Diese Äußerungen erfassen insbesondere nicht die nach dem Erörterungstermin vorgestellte Fortentwicklung der Alternativen zu „K 21". Ob sie den rechtlichen Maßstäben für einen Kostenvergleich im allgemeinen (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 14.12.2000 - 5 S 2716/99 - a.a.O.) entsprechen, kann deshalb offen bleiben. Jedenfalls lässt sich ihnen aber entnehmen, dass die Behörde eine erhebliche Kostendifferenz zwischen „S 21“ und den Alternativen annimmt, etwa für die Alternative „LEAN“ Kosten von mindestens 1,6 Mia EUR, und mithin zugesteht, dass diese deutlich kostengünstiger als die Antragsplanung sind. Sie bemerkt allerdings auch, dass alle Alternativen umso teurer würden, je mehr sie die (verkehrlichen) Ziele der Planung im gleichen Umfang wie „S 21“, insbesondere einen vollwertigen Anschluss des Landesflughafens, der Neuen Messe und der Filderregion erreichen wollten. Diese Ausführungen machen deutlich, dass sich die erwähnten Alternativen (gerade bei einer weiteren Optimierung) aus der Sicht der Behörde auch aus Kostengründen nicht als eindeutig vorzugswürdig aufdrängen würden. Daraus ergibt sich, dass eine Fehleinschätzung der Kosten jedenfalls in einem weiten Rahmen keinen beachtlichen Abwägungsmangel begründen könnte (vgl. § 20 Abs. 7 Satz 1 AEG). Denn eine konkrete Möglichkeit, dass die Behörde bei einer anderen Einschätzung der Kosten zu einem anderen Ergebnis gekommen wäre, ist nach diesen Ausführungen gerade nicht ersichtlich.
125 
Der Unterschied der Kosten von „K 21" zu „S 21“ (2,81 Mia EUR) ist im Übrigen nicht so groß, wie behauptet wird. Insoweit kann dahinstehen, ob die Berechnungen der Beigeladenen insgesamt zutreffen, nach denen für „K 21" Kosten von 2,576 Mia EUR anfallen. Denn es ist nicht zweifelhaft, dass die Kosten für „K 21" in einer Ausführung, wie sie die Beigeladene für erforderlich halten darf, weil es ihr obliegt, eine Alternative zu optimieren und anhand der nach ihren Maßstäben erforderlichen Trassierungsparametern zu gestalten (BVerwG, Urt. v. 09.06.2004 - 9 A 11.03 < Michendorf > BVerwGE 121, 72 = NVwZ 2004, 795), weit jenseits des von den Befürwortern von „K 21“ angenommenen Betrags von bis zu 1,2 Mia EUR liegen. So können etwa die Kosten nicht außer Acht gelassen werden, die bei einer notwendig gewordenen (ggf. rückständigen) Sanierung von Überwerfungsbauwerken und Brücken entstünden; denn sie fielen bei „K 21“ tatsächlich an (vgl. Senatsurt. v. 11.02.2004 - 5 S 384/03 - a.a.O. UA S. 103). Nicht zu beanstanden ist jedenfalls im Grundsatz auch, dass die Beigeladene für das Bauen unter laufendem Betrieb für einzelne Anlagenteile deutlich höhere Zuschläge vorsieht, auch wenn nicht ausgeschlossen erscheint, dass durch eine Nutzung der Reserven des Kopfbahnhofs entsprechende Behinderungen und Verzögerungen der Bauarbeiten teilweise vermieden werden könnten. Dass bei „K 21“ zum Beispiel die Kosten für die Errichtung von Signalanlagen im Kopfbahnhof deutlich zu niedrig angesetzt sind, weil der Abstellbahnhof ganz außer Betracht geblieben ist, hat die mündliche Verhandlung wegen des Planfeststellungsabschnitts 1.1 ergeben. Deutlich höhere Kosten darf die Beigeladene aber auch für den Anschluss des Landesflughafens, der Neuen Messe und der Filderregion ansetzen. Sie muss sich bei einer Planung im Sinne von „K 21" nicht darauf verweisen lassen, auf eine Ertüchtigung der Gäubahnstrecke auch für die Aufnahme des Fernbahnverkehrs Mannheim - Ulm (soweit die Züge am Landesflughafen halten) oder auf einen Ausbau der S-Bahn-Station „Terminalbereich“ und auf den Bau des Filderbahnhofs zu verzichten. Zumindest müssten bei „K 21" die Kosten für eine Erweiterung der S-Bahn-Station „Terminalbereich“ mit den von der Beigeladenen üblicherweise für einen Fernbahnhof solcher Bedeutung für erforderlich gehaltenen Merkmalen, insbesondere einer ausreichenden Kapazität und Bahnsteiglänge, einbezogen werden. Es erscheint auch angesichts der von der Beigeladenen nach Kostenrichtwerten geschätzten Kosten nicht als zwingend, dass der von der Bundesrepublik Deutschland zugesagte Finanzierungsanteil von 453 Mio EUR ausreichte, den bei „K 21" geplanten Anschluss an die Neubaustrecke durch das Neckartal und den bei Esslingen-Mettingen beginnenden Tunnel bis Wendlingen zu errichten.
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4. Aus denselben Gründen ergibt sich, dass die Gesamtabwägung aller öffentlichen und privaten Belange zu Gunsten der Antragsplanung von „S 21“ rechtlich nicht zu beanstanden ist. Insbesondere sind die zahlreichen betroffenen öffentlichen und privaten Belange nicht in einer Weise zum Ausgleich gebracht worden, die zu ihrer objektiven Gewichtigkeit außer Verhältnis stünde; darauf ist die gerichtliche Prüfung des Abwägungsergebnisses aber beschränkt (BVerwG, Urt. v. 12.12.1969 - 4 C 105.66 - BVerwGE 34, 301; Urt. v. 05.07.1974 - 4 C 50.72 - BVerwGE 45, 309). Dies gilt auch für die Abwägung der Belange hinsichtlich des Zwischenangriffs „Sigmaringer Straße“.
127 
5. Fehlerfrei abgewogen hat die Beklagte dabei insbesondere die von allen Klägern geltend gemachte Betroffenheit durch Baulärm. Deshalb steht den Klägern insoweit auch nicht der hilfsweise erhobene Anspruch auf Planergänzung zu.
128 
5.1 Das schalltechnische Konzept zum Schutz gegen den vom Betrieb der Baustelle ausgehenden Lärm ergibt sich aus den Teilnummern von Nr. 2.2 der Nebenbestimmungen zum Planfeststellungsbeschluss. Die Vorhabenträgerin hat sicherzustellen, dass in allen Bereichen die Bestimmungen der AVV Baulärm eingehalten werden (Nr. 2.2.1). Aktive Schallschutzmaßnahmen werden ihr im Folgenden nur wenige und überwiegend in allgemeiner Form auferlegt (Nr. 2.2.7 und 2.2.10, dritter bis sechster Abschnitt). Dabei geht der Planfeststellungsbeschluss davon aus, dass die schalltechnische Untersuchung die maximal zu erwartenden Lärmpegel an den Immissionspunkten nach dem Prinzip der oberen Abschätzung bestimmt. Er behält sich deshalb die ggf. erforderlich werdende Anordnung konkreter aktiver Schallschutzmaßnahmen für den Fall vor, dass sie nach Vorlage der rechtzeitig vor Baubeginn zu fertigenden schalltechnischen Detailgutachten erforderlich sind (Nr. 2.2.4 und 2.2.6). Der Verfasser der Schallschutztechnischen Untersuchung Dipl.-Phys. F. hat in der mündlichen Verhandlung des Senats plausibel erläutert, dass diese Detailgutachten von wesentlich genaueren Parametern ausgehen können, etwa hinsichtlich der Emissionen der konkret eingesetzten Maschinen, des Orts ihrer Aufstellung oder der bis dahin näher geklärten, abgestimmten Betriebsabläufe. Ergänzend werden im Planfeststellungsbeschluss für alle schutzwürdigen Räume mit bestimmten Maßgaben passive Schallschutzmaßnahmen angeordnet (Nr. 2.2.7 Absatz 2 und 3) und für den Fall, dass weitergehende Schutzmaßnahmen technisch nicht möglich oder mit verhältnismäßigem Aufwand nicht verwirklichbar sind, der Vorhabenträgerin aufgegeben, eine angemessene Entschädigung in Geld zu zahlen.
129 
5.2 Rechtliche Grundlage für dieses Schutzkonzept ist in Ermangelung einer speziellen gesetzlichen Regelung für die Zumutbarkeit von Baustellenlärm § 74 Abs. 2 Satz 2 und 3 VwVfG. Danach hat die Planfeststellungsbehörde dem Träger des Vorhabens Vorkehrungen oder die Errichtung und Unterhaltung von Anlagen aufzuerlegen, die zum Wohl der Allgemeinheit oder zur Vermeidung nachteiliger Wirkungen auf Rechte anderer erforderlich sind. Sind solche Vorkehrungen oder Anlagen untunlich oder mit dem Vorhaben unvereinbar, so hat der Betroffene Anspruch auf angemessene Entschädigung in Geld.
130 
Ob aktive oder passive Schallschutzmaßnahmen nach diesen Maßstäben erforderlich sind, beurteilt sich nach § 22 BImSchG. Die dort bestimmten Betreiberpflichten setzen schädliche Umwelteinwirkungen voraus. Dies sind Immissionen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen (§ 3 BImSchG).
131 
Zur Feststellung der Schädlichkeit von Baustellenlärm kann auf die TA Lärm auch dann nicht zurückgegriffen werden, wenn eine Baustelle - wie hier - über mehrere Jahre hinweg rund um die Uhr betrieben wird (dabei kann außer Acht bleiben, dass der Betrieb der Baustelle während des Aufbaus, des Baus des Stollens zum Zwischenangriff, der eigentlichen Arbeiten am Zwischenangriff, des Ausbaus des im Rohbau erstellten Fildertunnels und schließlich des Rückbaus des Zwischenangriffsstollens über die Jahre hinweg unterschiedlich intensiv sein wird). Denn vom Anwendungsbereich der TA Lärm sind Anlagen im Sinne des Bundesimmissionsschutzgesetzes auf Baustellen ausdrücklich ausgeschlossen (Nr. 1f TA Lärm). Offensichtlich sollte es insoweit bei der Anwendbarkeit der (wesentlich älteren) sachnäheren Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Schutz gegen Baulärm (Geräuschimmissionen - AVV Baulärm - vom 19.08.1970, Beil. zum BAnz Nr. 160 v. 01.09.1970) bleiben, die gemäß § 66 Abs. 2 BImSchG weiter maßgeblich ist (vgl. Bayer. VG München, Urt. v. 07.11.2005 - M 8 K 05.1908 - Juris Rdnr. 29 ff.), auch wenn sie dazu gleich - noch einem anderen Ansatz als die TA Lärm folgt. Diese auch für Großbaustellen geltende Ausnahme von der TA Lärm ist auch bei einer an §§ 22, 3 BImSchG zu orientierenden materiellen Betrachtung nicht zu beanstanden: Zwischen Baustellen- und Gewerbelärm bestehen typischerweise erhebliche Unterschiede. Wesentlich ist vor allem, dass auch der von einer über mehrere Jahre hinweg betriebenen Baustelle ausgehende Lärm, anders als ein nach der TA Lärm zugelassener Gewerbelärm, zeitlich begrenzt ist und jedem Grundstückseigentümer und erst Recht dem Träger eines im öffentlichen Interesse stehenden (Groß-)Vorhabens die Möglichkeit zustehen muss, seine ansonsten zulässigen Vorhaben unter auch ihm zumutbaren Bedingungen zu verwirklichen.
132 
5.3 Es ist nicht zu beanstanden, dass das gemäß § 74 Abs. 2 Satz 2 und 3 VwVfG gebotene Konzept zum Schutz vor Baulärm sich an den Richt- und Maßnahmewerten der AVV Baulärm orientiert.
133 
Insoweit ist vorweg zu bemerken, dass Nr. 2.2.1 der Nebenbestimmungen zum Planfeststellungsbeschluss lediglich klarstellend bestimmt, dass die Beigeladene sicherzustellen hat, dass in allen Bereichen die Bestimmungen der AVV Baulärm eingehalten werden; denn die AVV Baulärm gilt insoweit unmittelbar. Sie erschöpft sich jedoch in Bestimmungen für den Betrieb von Baumaschinen auf Baustellen einschließlich der dort betriebenen Kraftfahrzeuge und regelt insoweit bestimmte Maßnahmen (Nr. 2.1 und 2.2 AVV Baulärm), die dem umfassenderen Regelungsprogramm des § 74 Abs. 2 Satz 2 und 3 VwVfG nicht genügen.
134 
Die Maßgeblichkeit der AVV Baulärm für das planfestgestellte Konzept zum Schutz vor Baulärm ergibt sich vielmehr aus Nr. 2.2.7 Absatz 2 und 3 der Nebenbestimmungen des Planfeststellungsbeschlusses sowie aus den einschlägigen Ausführungen in seiner Begründung. Dass insoweit die AVV Baulärm zur Ausfüllung der Vorgaben des § 74 Abs. 2 Satz 2 und 3 VwVfG i.V.m. § 22 BImSchG herangezogen werden kann, ist in der Rechtsprechung des Senats anerkannt (Urt. v. 07.06.1989 - 5 S 3040/87 - NVwZ-RR 1990, 227, Juris, Rdnr. 27).
135 
5.4 Ohne Erfolg beanstanden die Kläger, dass der Planfeststellungsbeschluss als Schutzniveau nicht die „Richtwerte“ von Nr. 3.1.1 der AVV Baulärm zu Grunde legt, sondern die Anordnung von Maßnahmen des aktiven und passiven Lärmschutzes davon abhängig macht (vgl. Nebenbestimmung Nr. 2.7.7 zweiter Absatz), dass der für das jeweilige Baugebiet geltende Richtwert um mehr als 5 dB(A) für einen Zeitraum von mehr als 2 Monaten überschritten wird.
136 
Denn diese Bestimmung des Schutzniveaus entspricht der inneren Systematik der AVV Baulärm. Bei ihrer Anwendung legt erst der Zuschlag von 5 dB(A) auf die in Nr. 3.1.1 festgesetzten Richtwerte die Maßnahmenschwelle fest. Dies ergibt sich aus Nr. 4.1 AVV Baulärm, wonach Maßnahmen zur Minderung der Geräusche nur angeordnet werden, wenn der nach Nr. 6 auf der Grundlage von Messungen ermittelte Beurteilungspegel den Immissionsrichtwert um mehr als 5 dB(A) überschreitet. Dieser in der AVV Baulärm als Voraussetzung für die Anordnung von Maßnahmen bestimmte Zuschlag ist nicht deshalb außer Betracht zu lassen, weil das hier planfestgestellte Schallschutzkonzept prognostizierte und nicht gemessene Pegel zu Grunde legt. Allerdings geht die AVV Baulärm von gemessenen Werten aus (vgl. Nr. 6 sowie Anlage 2.1). Bei ihrer nur entsprechenden Anwendung im Rahmen eines Schallschutzkonzepts gemäß § 74 Abs. 2 Satz 2 und 3 VwVfG hindert dieser Umstand aber nicht (dies machen die Kläger auch nicht geltend), auf Prognosen beruhende Beurteilungspegel für maßgeblich zu erklären. Dies kommt den Betroffenen im Übrigen sogar zu Gute, weil dies die Voraussetzung dafür ist, dass bereits bei Baubeginn die Schallschutzmaßnahmen ins Werk gesetzt werden können. Überdies ist die Berücksichtigung des Zuschlags von 5 dB(A) bei auf der Grundlage von Prognosen ermittelten Beurteilungspegeln auch sachlich gerechtfertigt. Dieser Zuschlag beruht bei Messungen - dies hat Dipl.-Phys. F. in der mündlichen Verhandlung bestätigt - vor allem darauf, dass Baustellenlärm, je nach Intensität der eingesetzten Maschinen und Fahrzeuge, schwer zu erfassen ist. Der Sache nach wirkt er sich wie ein Messabschlag zu Gunsten des Bauunternehmers aus. Ein solcher Messabschlag, dort um jeweils 3 dB(A), ist auch in anderen Regelwerken anerkannt (Nr. 1.6 Abs. 2 der 18. BImSchV und Nr. 6.9 TA Lärm 1998). Er gründet sich jeweils zu einem geringeren Teil auf mögliche Messinstrumentenfehler, vorwiegend aber auf die Berücksichtigung bestimmter Einflussgrößen und anderer Ursachen für Messungenauigkeiten (vgl. dazu Feldhaus/Tegeder, Verwirrung um den Messabschlag der TA Lärm, UPR 2005, 208 ff., insbesondere unter Nr. 2 m.w.N.). Wie Dipl.-Phys. F. in der mündlichen Verhandlung bestätigt hat, sind sie bei Baulärm besonders groß und gehen in die Bestimmung von Beurteilungspegeln auf der Grundlage von Berechnungen nicht ein. Letztere haben ohnehin nach dem Prinzip der oberen Abschätzung zu erfolgen, so dass auf der Grundlage von Messungen (mit Messabschlag) gewonnene Beurteilungspegel regelmäßig hinter den durch Berechnungen ermittelten Werten zurückbleiben. Letztlich mag in den vergleichsweise hohen Zuschlag zu den Richtwerten nach 4.1 AVV Baulärm auch eingegangen sein, dass Baulärm typischerweise, anders als Gewerbelärm oder der von Sportanlagen ausgehende Lärm, nicht auf Dauer entsteht (vgl. auch die weiteren, von der täglichen Betriebszeit abhängigen Korrekturen gemäß Nr. 6.7.1 AVV Baulärm). Zu Recht weist die Beigeladene in diesem Zusammenhang ferner darauf hin, dass die Richtwerte gemäß Nr. 3.1.1 AVV Baulärm (ohne Erhöhung gemäß Nr. 4.1) keinen aus höherrangigem Recht ableitbaren oder sonst zwingend zu berücksichtigenden Grenzwert beschreiben, der die Zumutbarkeitsgrenze im Sinne von § 74 Abs. 2 Satz 2 und 3 VwVfG i.V.m. § 22 BImSchG festlegt.
137 
Aus Nr. 5.1 Abs. 3 TA Lärm 1998 ergibt sich nichts Anderes. Diese Vorschrift befasst sich mit immissionsschutzrechtlichen Anforderungen an bestehende Anlagen und legt, insoweit allerdings ähnlich Nr. 4.1 AVV Baulärm, fest, dass - neben weiteren Voraussetzungen - erst bei Überschreitung der Richtwerte um 5 dB(A) eingeschritten werden darf. Auch dies erhellt, dass in einem bestimmten Interesse - hier des Bestandsinteresses - höhere Richtwerte als sonst angesetzt werden dürfen (solange keine konkret gesundheitsgefährdenden Zustände eintreten).
138 
5.5 Nur am Rande bemerkt der Senat, dass bei dieser Sachlage nicht zu erwarten ist, dass die vor Baubeginn zu erstellenden Detailgutachten auf der Grundlage der angeordneten aktiven Lärmschutzmaßnahmen zu Beurteilungspegeln in Bezug auf besonders geschützte Räume der Wohnhäuser der Kläger zu 1 bis 6 führen werden, welche Maßnahmen des passiven Lärmschutzes zu deren Gunsten erforderten.
139 
Zu Recht geht die Beigeladene nunmehr, anders noch als bei Erstellung der (ergänzenden) Schallschutztechnischen Untersuchung, davon aus, dass die Kläger zu 1 bis 6 nicht den Schutz für ein allgemeines Wohngebiet beanspruchen können. Dabei kann der Senat offen lassen, ob es sich bei den wenigen Wohngrundstücken an der Sigmaringer Straße - die Kläger zu 1 bis 6 haben in der mündlichen Verhandlung auch noch auf weitere Wohngebäude bei der benachbarten Feuerwache hingewiesen - um ein faktisches allgemeines Wohngebiet handelt oder ob sie zu einer stark von gewerblichen Nutzungen geprägten Gemengelage gehören. Denn jedenfalls ist die Schutzwürdigkeit dieser vergleichsweise kleinen Fläche durch die gewerbliche Nutzung in der Umgebung, westlich der Sigmaringer Straße, sowie durch den Verkehrslärm, der von der B 27 und der Sigmaringer Straße Tag und Nacht in starkem Umfang ausgeht, ganz erheblich vorbelastet. Insoweit hat Dipl.-Phys. F. in der mündlichen Verhandlung unter Hinweis auf seine Angaben in der Schallschutztechnischen Untersuchung plausibel bekräftigt, dass der Beurteilungspegel des durch die Baustelle bedingten Lärms bei den Häusern an der Sigmaringer Straße um 10 dB(A) geringer ist, als der des allgemeinen Verkehrslärms und deshalb weitgehend in diesem untergehen wird.
140 
Hieraus folgt: Selbst wenn die angeordneten Detailprognosen, was eher unwahrscheinlich ist, ergäben, dass der in der Schallschutztechnischen Untersuchung prognostizierte höchste Beurteilungspegel von 48,9 dB(A) nachts an dem der Baustelle am nächsten gelegenen Wohnhaus an der Sigmaringer Straße erreicht würde, wäre die Grenze zur Anordnung von Maßnahmen nicht überschritten, weil die Kläger nur den Schutz eines Mischgebiets, also die Einhaltung eines Beurteilungspegels von 45 dB(A), beanspruchen können und dies auch nur dann, wenn - wegen des Zuschlags entsprechend Nr. 4.1 AVV Baulärm - ein Beurteilungspegel von 50 dB(A) überschritten wird. Hinzu kommt, dass die Wohnhäuser der Kläger zu 1 bis 6 teilweise von dem zur Baustelle nächstgelegenen Wohnhaus geschützt werden, was trotz der Größe der Baustelle etwas geringere Beurteilungspegel für ihr Haus erwarten lässt.
141 
5.6 Auch hinsichtlich des Zu- und Abfahrtsverkehrs können die Kläger keine weitergehenden Schutzmaßnahmen beanspruchen. Mit Nr. 2.2.10, vierter Spiegelstrich der Nebenbestimmungen zum Planfeststellungsbeschluss wird festgelegt, dass am Zwischenangriff „Sigmaringer Straße“ zwischen 22 Uhr und 6.00 Uhr kein Lkw-Verkehr zur Baustelle, ausgenommen Materialtransporte, zulässig ist. Der verbleibende Lkw-Verkehr führt nach den Erläuterungen von Dipl.-Phys. F. an dem unmittelbar an der Einmündung des Bruno-Jacoby-Wegs in die Sigmaringer Straße gelegenen Wohngrundstück auch nachts zu einer Erhöhung des Beurteilungspegels um allenfalls 0,4 dB(A). Das haben die Kläger substantiiert nicht in Zweifel gezogen. Eine erhebliche Erhöhung der allgemeinen Verkehrslärmbelastung, die an dieser Stelle bis zu 60 dB(A) beträgt, liegt darin nicht.
142 
6. Fehlerfrei abgewogen hat die Beklagte ferner die von der Klägerin zu 7 geltend gemachte Betroffenheit durch baubedingte Erschütterungen und Senkungen.
143 
6.1 Baubedingten Erschütterungen beugt der Planfeststellungsbeschluss mit einer Reihe von Nebenbestimmungen vor (Nr. 2.11). Er berücksichtigt insbesondere den von der Klägerin zu 7 im Verwaltungsverfahren erhobenen Einwand, die Büronutzung könnte beeinträchtigt werden. Nr. 2.11, vierter Spiegelstrich, beschränkt Rammarbeiten, die ohnehin im Bereich des Grundstücks der Klägerin zu 7 nur wenige Tage dauern können, zeitlich auf Rand-Bürozeiten, schreibt Erschütterungsmessungen zur Vermeidung von edv-Systemausfällen vor und fordert, dass bei Sprengarbeiten bestimmte Anhaltswerte der DIN 4150 Teil 2 und 3 durch geeignete Wahl der Sprengparameter sicherzustellen sind. Weshalb alle diese Vorkehrungen bei den gegebenen Untergrundverhältnissen und einer Überdeckung von etwa 26 m nicht ausreichend sein sollten, legt die Klägerin zu 7 nicht dar.
144 
6.2 Ebensowenig ist ersichtlich, warum bei den gegebenen Bodenverhältnissen und dem (im Vergleich zu den Röhren des Fildertunnels selbst) erheblich geringeren Querschnitt des Zwischenangriffsstollens zusätzliche besondere Maßnahmen zum Schutz vor Senkungen erforderlich sein sollten. Auch insoweit hat die Klägerin zu 7 ihr Vorbringen nicht hinreichend substantiiert. Insbesondere hat sie die nachvollziehbare ergänzende geologische Stellungnahme von Prof. Dr.-Ing. W. vom 13.01.2006 nicht bezweifelt.
145 
7. Rechtlich nicht zu beanstanden ist schließlich die Entscheidung der Beigeladenen, unter den untersuchten Alternativen und Varianten für einen Zwischenangriff den Standort „Sigmaringer Straße“ auszuwählen. Abwägungsmängel sind auch insoweit nicht ersichtlich (§ 18 Abs. 1 Satz 2 AEG). Deshalb hat auch der erste, auf eine Teilaufhebung des Planfeststellungsbeschlusses im Bereich des Zwischenangriffs „Sigmaringer Straße“ beschränkte Aufhebungsantrag keinen Erfolg (wobei eine Teilung des Planfeststellungsbeschlusses insoweit wohl ohnehin nicht möglich wäre, weil die Planung des Gesamtprojekts „Fildertunnel“, so wie sie abgewogen worden ist, den Zwischenangriff „Sigmaringer Straße“ und dabei insbesondere die durch ihn bewirkte Verkürzung der Bauzeit voraussetzt).
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7.1 Mit ihren Einwänden zu Alternativen für einen Zwischenangriff sind die Kläger (bis auf die Klägerin zu 3) entgegen der Auffassung der Beigeladenen wohl nicht ausgeschlossen. Es trifft zwar zu, dass sie in ihren Einwendungsschreiben nur die Alternativen „Hoffeld“ und „Wernhaldenklinge“ erwähnen, Dieses Vorbringen, verbunden mit der Geltendmachung bestimmter Betroffenheiten (Baulärm, baubedingte Erschütterungen) dürfte aber hinreichend gewesen sein, um die Alternativenprüfung durch das Gericht in vollem Umfang - auch für weitere Alternativen - zu eröffnen (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 27.09.2006 - 8 S 967/05 - UA S. 15).
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7.2 Die Kläger behaupten selbst nicht, der Standort „Ohnholdwald“ sei eindeutig vorzugswürdig. Sie führen vielmehr zusammenfassend aus, insgesamt wiesen beide Standorte die gleiche Eignung auf. Auch dies trifft jedoch nicht zu. Dagegen, dass sich die Alternative „Ohnholdwald“ gegenüber dem Standort „Sigmaringer Straße“ als eindeutig vorzugswürdig aufdrängte, sprechen ihre klaren Nachteile, welche die Kläger nicht überzeugend in Zweifel gezogen haben: die sehr viel längere und beim Anschluss an die B 27 problematische Verkehrsanbindung und die Zerstörung der ökologisch wertvollen Windbruchfläche. Ihnen gegenüber steht die Inanspruchnahme einer stadtnahen Ackerfläche zwischen zwei stark befahrenen Straßen. Es steht auch nicht außer Verhältnis, dass die Beigeladene am Standort „Sigmaringer Straße“ den gewichtigeren Betroffenheiten des beim Schutzgut Mensch keine ausschlaggebende Bedeutung beigemessen hat, weil diese, wie oben ausgeführt, durch das planfestgestellte Konzept zum Schutz vor Baulärm stark gemildert und passive Lärmschutzmaßnahmen voraussichtlich gar nicht oder allenfalls in geringem Umfang erforderlich werden. Mangels hinreichend substantiierter Einwände der Kläger bedarf dies keiner Darlegung im Einzelnen.
148 
7.3 Aber auch soweit die Kläger vor allem (oder nur noch allein) unter Verweis auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts einwenden, dass eine Planung abwägungsfehlerhaft sei, wenn an Stelle eines Grundstücks eines Privaten ein im Rahmen der planerischen Konzeption gleich geeignetes Grundstück der öffentlichen Hand zur Verfügung stehe (so u.a. BVerwG, Urt. v. 06.06.2002 - 4 CN 6.01 - NVwZ 2002, 1506), überzeugt den Senat nicht. Denn die erwähnte Rechtsprechung bezieht sich auf Fälle, in denen sich ein durch eine Planung unmittelbar betroffener Eigentümer gegen die Inanspruchnahme gerade seines Grundstücks für Allgemeinwohlbelange wendet, obwohl eine gleichermaßen den Planungszielen entsprechende Alternative auf Grundstücken der öffentlichen Hand (und zwar des Planungsträgers) verwirklicht werden könnte. Der vorliegende Fall weicht davon signifikant ab. Der oder die Eigentümer der Grundstücke, die für die planfestgestellte Baustelleneinrichtungsfläche und seine Erschließung benötigt werden, sind mit der Inanspruchnahme einverstanden. Das mindert das Gewicht dieser Eigentümerbelange in der Abwägung erheblich (vgl. Senatsurt. v. 05.04.1990 - 5 S 2119/89 - NVwZ-RR 1991, 61 und v. 02.11.2004 - 5 S 1063/04 -; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 26.01.2005 - 8 S 1674/03 -< Westtangente Pforzheim > UPR 2005, 319 < nur Leitsatz > und hierzu BVerwG, Beschl. v. 22.09.2005 - 9 B 13.05 - NuR 2006, 571). Eine unmittelbare Grundstücksbetroffenheit könnte allenfalls, wie eingangs im Zusammenhang mit dem Umfang der gerichtlichen Prüfung ausgeführt, die Klägerin zu 7 geltend machen. Ihre Betroffenheit ist aber auf die Eintragung einer Grunddienstbarkeit für den zeitlich beschränkten Bau und Betrieb des Zwischenangriffsstollens beschränkt (und zudem, wie schon ausgeführt, insoweit nicht ausdrücklich angewandt worden). Bei einer solchen vergleichsweise geringfügigen Eigentumsbeeinträchtigung hat der Eigentümerbelang im Alternativenvergleich nicht das Gewicht wie in den oben dargestellten Fällen. Aus diesen Gründen musste der Senat auch nicht der Frage nachgehen, ob die Beigeladene und die Beklagte im Rahmen der Abwägung von (gleichwertigen) Alternativen überhaupt darauf verwiesen werden können, dass die Flächen eines Standorts im Eigentum eines (anderen) Hoheitsträgers stehen. Außerdem sind die Standorte, wie oben dargelegt, nicht gleich geeignet.
149 
7.4 Auch der Verzicht auf die Verschiebung der Baustellenfläche entlang der B 27 nach Süden ist nicht fehlerhaft. Diese Möglichkeit wird im Planfeststellungsbeschluss nicht ausdrücklich erörtert. Die Beigeladene weist aber zutreffend auf Nr. 4.2.2.3 (Zwischenangriff „Sigmaringer Straße Süd“) der Anlage 13.1 der planfestgestellten Unterlagen hin, in der eine ähnliche Lösung mit nachvollziehbaren Erwägungen abgelehnt wurde. Eine Verschiebung der Baustelleneinrichtungsfläche führte zu weiteren Eigentumsbetroffenheiten, sowie größeren Lärmbeeinträchtigungen für das evangelische Waldheim, ergäbe eine schwierigere Zufahrtssituation und hätte zusätzliche Eingriffe in Vegetationsflächen zur Folge. Es ist auch nicht ersichtlich, wie bei dieser Variante der Baustellenzufahrtsverkehr angebunden werden sollte. Im Übrigen könnte eine nicht unerhebliche Verschiebung nach Süden auch zunehmend die Wohnbebauung von Möhringen tangieren (vgl. Tabelle auf S. 9 der Anlage 13.1). Auch bliebe es bei dem von den Klägern zu 1 bis 6 als besonders nachteilig empfundenen Lkw-Zufahrtsverkehr durch das Gebiet „Tränke“.
150 
7.5 Der Lkw-Zufahrtsverkehr durch das Gebiet „Tränke“ entfiele zwar, wenn die Zufahrt zur Baustelleneinrichtungsfläche am geplanten Standort oder weiter südlich unmittelbar über eine neu zu bauenden Unterführung unter der B 27 erfolgte. Gegen diese Variante führt der Planfeststellungsbeschluss jedoch erhebliche Mehrkosten von 1,2 Mio EUR an. Diese lassen sich nicht, wie die Kläger vortragen, mit Mehrkosten für eine Sanierung der Straßen im Gebiet „Tränke“ nach Beendigung der Baumaßnahmen oder gar mit dem sich aus der Verkürzung der Gesamtbauzeit des Fildertunnels ergebenden Kostenvorteil des Standorts „Sigmaringer Straße“ überhaupt verrechnen. Denn die Kosten einer ggf. erforderlich werdenden Sanierung der Straßen im Gebiet „Tränke“ nach Beendigung der Bauarbeiten hat der Träger der Straßenbaulast und nicht die Beigeladene zu tragen und die sich aus dem Zwischenangriff „Sigmaringer Straße“ ergebende Kostenersparnis fällt sowohl beim planfestgestellten Standort wie auch bei der Variante „Unterführung“ an.
151 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1, § 159 Satz 1 und 2 und § 162 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 100 Abs. 1 ZPO.
152 
Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 132 Abs. 2 VwGO).
153 
Beschluss
154 
Der Streitwert wird - nach Rücknahme der Klage durch die früheren Kläger zu 7 und 8 und Trennung der Verfahren insoweit sowie abweichend von der vorläufigen Streitwertbestimmung im Beschluss vom 11.11.2006 - gemäß § 39 Abs. 1, § 52 Abs. 1 GKG endgültig auf 60.000 EUR festgesetzt. Dabei geht der Senat davon aus, dass die Kläger zu 1 und 2 sowie die Kläger zu 3 bis 6 eine zwar nur mittelbare, aber überdurchschnittlich starke Betroffenheit jeweils in Bezug auf ihr Wohngrundstück geltend gemacht haben; er bemisst den Streitwert deshalb insoweit mit jeweils 20.000 EUR. Die Klägerin zu 7 ist zwar teilweise anders betroffen; dies rechtfertigt aber keinen höheren Streitwert (vgl. Nr. 34.2 und 2.2.2 des Streitwertkatalogs 2004, NVwZ 2004, 1327).
155 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
51 
Die sachliche Zuständigkeit des erkennenden Gerichtshofs folgt aus § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 VwGO. Danach entscheidet das Oberverwaltungsgericht im ersten Rechtszug über sämtliche Streitigkeiten, die Planfeststellungsverfahren für den Bau oder die Änderung neuer Strecken von Straßenbahnen, Magnetschwebebahnen und von öffentlichen Eisenbahnen sowie für den Bau oder die Änderung von Rangier- und Containerbahnhöfen betreffen.
52 
Nicht berührt wird die sachliche Zuständigkeit des erkennenden Gerichtshofs durch Art. 9 Nr. 2b des Gesetzes zur Beschleunigung von Planungsverfahren für Infrastrukturvorhaben vom 09.12.2006 (BGBl. I S. 2833). Mit dieser Vorschrift ist § 50 Abs. 1 VwGO als Nr. 6 die Bestimmung angefügt worden, dass das Bundesverwaltungsgericht im ersten und letzten Rechtszug über sämtliche Streitigkeiten entscheidet, die Planfeststellungsverfahren und Plangenehmigungsverfahren für Vorhaben betreffen, die u.a. in dem Allgemeinen Eisenbahngesetz bezeichnet sind. § 18e AEG, eingefügt durch Art. 1 Nr. 2 des erwähnten Beschleunigungsgesetzes, bestimmt insoweit, dass § 50 Abs. 1 Nr. 5 (hierbei handelt es sich um ein Redaktionsversehen, gemeint ist ersichtlich Nr. 6) VwGO für Vorhaben im Sinne des § 18 Abs. 1 AEG gilt (also für planfeststellungsbedürftige Vorhaben), soweit diese Schienenwege betreffen, die u.a. wegen ihres sonstigen internationalen Bezuges (Nr. 4) oder der besonderen Funktion zur Beseitigung schwerwiegender Verkehrsengpässe (Nr. 5) in der Anlage aufgeführt sind. Die durch Art. 1 Nr. 6 des Beschleunigungsgesetzes eingefügte Anlage (zu § 18e Abs. 1 AEG) führt dabei unter Nr. 19 das Vorhaben „ABS/NBS Stuttgart - Ulm - Augsburg“ auf. In Satz 3 der Vorbemerkung der Anlage heißt es jedoch, dass die Schienenwege jeweils an den Knotenpunkten beginnen und enden, an dem sie mit dem bestehenden Netz verbunden sind. Ob und ggf. inwieweit das Projekt „Stuttgart 21“ danach nicht von Nr. 19 der Anlage zu § 18e AEG und damit von § 50 Abs. 1 Nr. 6 VwGO 2006 erfasst wird, weil es sich um einen Neubau des Eisenbahnknotens Stuttgart handelt (vgl. dazu auch Senatsurt. v. 06.04.2006 - 5 S 848/05 - UA S. 25 unter Hinweis auf BVerwG, Urt. v. 23.10.2002 - 9 A 22.01 - Buchholz 442.09 § 18 AEG Nr. 55 zum Knoten Berlin), kann der Senat offen lassen. Denn § 50 Abs. 1 Nr. 6 VwGO 2006 ist gemäß Art. 15 des erwähnten Beschleunigungsgesetzes erst am 17.12.2006 und damit nach Rechtshängigkeit der Streitsache in Kraft getreten. Die sachliche Zuständigkeit der Oberverwaltungsgerichte in bei ihnen anhängig gewordenen Klageverfahren im Sinne von § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 VwGO wird davon nicht berührt (§ 83 Satz 1 VwGO i.V.m. § 17 Abs. 1 GVG; Eyermann/Rennert, VwGO, 12. Aufl., § 41 Rdnr. 9 m.w.N.).
53 
Die Klagen sind mit den Haupt- und Hilfsanträgen zulässig, aber nicht begründet. Der Planfeststellungsbeschluss leidet an keinem erheblichen Rechtsfehler, der seine vollständige oder teilweise Aufhebung, die Feststellung seiner Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit oder zumindest im Umfang der Hilfsanträge seine Ergänzung erfordern würde (§ 113 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 5 VwGO, § 20 Abs. 7 AEG).
54 
Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist der Zeitpunkt des Erlasses des Planfeststellungsbeschlusses vom 19.08.2005. Anzuwenden ist das Allgemeine Eisenbahngesetz (AEG) vom 27.12.1993 (BGBl. I S. 2396) in der Fassung von Art. 1 des Vierten Gesetzes zur Änderung eisenbahnrechtlicher Vorschriften vom 03.08.2005 (BGBl. I S. 2270), berichtigt am 11.08.2005 (BGBl. I S. 2420), die im Vergleich zu der für den Planfeststellungsabschnitt 1.1 maßgeblichen Fassung gemäß dem Gesetz zur Änderung eisenbahnrechtlicher Vorschriften hinsichtlich der Regelung der Interoperabilität des transeuropäischen Eisenbahnsystems vom 27.12.2004 (BGBl. I S. 3833) freilich keine für die Beurteilung des hier angefochtenen Planfeststellungsbeschlusses wesentlichen Änderungen enthält.
55 
1. Der Senat unterzieht den Planfeststellungsbeschluss einer umfassenden objektiv-rechtlichen Prüfung. Von dieser Prüfung ausgenommen sind nur Rechtsmängel, die für die enteignende Inanspruchnahme eines Grundstücks nicht kausal sind (BVerwG, Beschl. v. 10.07.1995 - 4 B 94.95 - NVwZ-RR 1996, 188).
56 
Der Planfeststellungsbeschluss hat zwar für die Kläger zu 1 bis 6 keine enteignungsrechtliche Vorwirkung (§ 22 Abs. 1 Satz 2 AEG), weil sie von dem planfestgestellten Vorhaben nur mittelbar betroffen sind. Fraglich ist auch, ob die Klägerin zu 7 unmittelbar in ihrem Eigentum betroffen wird. Zwar soll ihr Grundstück gemäß dem planfestgestellten Grunderwerbsverzeichnis mit einer Grunddienstbarkeit zur Sicherung des Tunnelbau- und -betriebsrechts belastet werden. Dies gilt aber nur für die Dauer der Bauzeit (vgl. Senatsurt. v. 11.02.2004 - 5 S 402/03 - UA S. 22). Außerdem hat die Klägerin zu 7 d i e - s e Eigentumsbetroffenheit vor Ablauf der Einwendungsfrist im Planfeststellungsverfahren nicht ausdrücklich und konkret geltend gemacht (vgl. § 20 Abs. 2 Satz 1 AEG; vgl. BVerwG, Urt. v. 24.09.2003 - 9 A 69.02 < Anhalter Bahn > NVwZ 2004, 340; Senatsurt. v. 11.02.2004 - 5 S 387/03 - < Rheintalbahn > UA. S. 31 und v. 06.04.2006 - 5 S 847/05 - <“Stuttgart 21“, Abschnitt 1.1> UA. S. 26). Die von der Klägerin zu 7 geltend gemachte Gefahr von Geländesenkungen und dadurch bewirkter Schäden an ihrem Wohngebäude stellt sich demgegenüber, wie etwaige vom Baubetrieb ausgelöste Erschütterungen, nur als eine mittelbare Eigentumsbetroffenheit dar.
57 
Als allein mittelbar Betroffene könnten die Kläger eine gerichtliche Kontrolle des Planfeststellungsbeschlusses aber nur in eingeschränktem Umfang beanspruchen. Hierzu gehören im Rahmen der Planrechtfertigung die fachplanerische Zielkonformität des Vorhabens (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.03.2006 - 4 A 1075.04 - Rdnr. 182 ff., so auch de Witt, LKV 2006, 5; enger noch BVerwG, Urt. v. 08.07.1998 - 11 A 30.97 - Buchholz 442.09 § 20 AEG Nr. 21 = NVwZ 1999, 70 sowie im Anschluss hieran Se-natsurt. v. 03.02.2006 - 5 S 1451/05 -) sowie die Vorzugswürdigkeit einer die Belange des mittelbar Betroffenen geringer beeinträchtigenden Alternative (vgl. Senatsurt. v. 18.07.2003 - 5 S 723/02 - Juris), nicht aber weitere Aspekte der Planrechtfertigung wie die Vereinbarkeit des konkreten Zugriffs auf das Eigentum mit Art. 14 Abs. 3 GG (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.03.2006 - 4 A 1075.04 - < Flughafen Berlin-Schönefeld > Rdnr. 184) sowie die Gesamtabwägung (vgl. BVerwG, Beschl. v. 16.01.2007 - 9 B 14.06 - Rdnr. 18 ff.).
58 
Gleichwohl gibt der Senat die Ergebnisse seiner umfassenden objektiv-rechtlichen Prüfung in den Verfahren anderer Kläger, die durch den angefochtenen Planfeststellungsbeschluss mit enteignungsrechtlicher Vorwirkung betroffen sind, im Folgenden wieder.
59 
Die Klage der Klägerin zu 3 ist allerdings schon deshalb abzuweisen, weil sie selbst keine Einwendungen erhoben hat. Aus den Einwendungen der weiteren Bewohner (oder Eigentümer) des Anwesens Sigmaringer Straße geht nicht hervor, dass sie auch für die Klägerin zu 3 Einwendungen erhoben haben.
60 
Die umfassende objektiv-rechtliche Prüfung ergibt, dass das Vorhaben planerisch gerechtfertigt (2.) und hinsichtlich Alternativen (3.) wie auch insgesamt (4.) fehlerfrei abgewogen ist. Auch die geltend gemachten Planergänzungsansprüche bestehen nicht (5. und 6.). Soweit die Kläger zur Begründung ihrer Anträge im Wesentlichen dem Vorbringen der Kläger im Verfahren wegen des Planfeststellungsabschnitt 1.1 (Talquerung mit neuem Hauptbahnhof) folgen, ergibt sich dies aus den Entscheidungsgründen der dazu ergangenen rechtskräftigen Urteile des Senats vom 06.04.2006 (- 5 S 596/05 -, - 5 S 847/05 - und 5 S 848/05 -), die deshalb im Folgenden wiederholt und mit Blick auf die Kritik der Kläger hieran ergänzt werden.
61 
2. Das Vorhaben der Modernisierung und des Ausbaus des Eisenbahnknotens Stuttgart ist von einer gemäß § 18 Abs. 1 Satz 2 AEG geforderten Planrechtfertigung getragen. Es entspricht den Zielen, welche der Ermächtigung zur Planfeststellung für Betriebsanlagen einer Eisenbahn in § 18 Abs. 1 AEG zu Grunde liegen. Es ist ferner zum Wohl der Allgemeinheit (vgl. Art. 14 Abs. 3 GG) objektiv erforderlich in dem Sinne, dass es gemessen an den Planungszielen vernünftigerweise geboten ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 14.2.1975 - IV C 21.74 - BVerwGE 48, 56 < B 42 >). Erforderlich ist eine Eisenbahnplanung, wenn das Vorhaben (den) fachplanerischen Zielen, hier des Allgemeinen Eisenbahngesetzes, entspricht (fachplanerische Zielkonformität) und wenn die mit dem Vorhaben verfolgten öffentlichen Interessen generell geeignet sind, entgegenstehende Eigentumsrechte zu überwinden. Ob das Wohl der Allgemeinheit (Art. 14 Abs. 3 GG) den Zugriff auf das einzelne Grundstück letztlich erfordert, hängt von der weiteren planerischen Konkretisierung des Vorhabens in der Planfeststellung ab und entscheidet sich deshalb (erst) in der planerischen Abwägung, in der das Vorhaben konkrete Gestalt annimmt (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.03.2006 - 4 A 1075.04 - < Flughafen Berlin-Schönefeld > Rdnr. 180 ff. m.w.N.)
62 
2.1 Dass für einen Umbau des Eisenbahnverkehrsknotens Stuttgart ein verkehrlicher Bedarf besteht und dieser deshalb an sich aus den im Planfeststellungsbeschluss aufgeführten verkehrlichen Gründen - dies sind u.a. die Bereitstellung einer langfristig leistungsfähigen Schieneninfrastruktur des Bundes, die Einbindung der Neubaustrecke und des Bahnknotens in das europäische Hochgeschwindigkeitsnetz, die Erhöhung der Streckenleistungsfähigkeit des Korridors Stuttgart - Ulm durch Trennung von schnellem und langsamem Verkehr, die Verbesserung der Verkehrsanbindung im Regional- und im Personenfernverkehr, die Verknüpfung mit dem Landesflughafen Stuttgart und die Anbindung der Region Filder - planerisch gerechtfertigt ist, steht außer Streit (vgl. auch BVerwG, Urt. v. 27.07.1990 - 4 C 26.87 - < Schnellbahntrasse Mannheim - Stuttgart > Buchholz 442.8 § 36 BBahnG Nr. 18 = NVwZ 1991, 120 = VBlBW 1991, 11; Senatsurt. v. 28.01.2002 - 5 S 2426/99 - < NBS Stuttgart - Augsburg > Juris). Der Senat kann somit die im Planfeststellungsverfahren zwischen der Beigeladenen und der Beklagten noch umstrittene und später seitens der Bundesregierung im Sinne der Kläger geklärte Frage offen lassen, ob sich eine planerische Rechtfertigung des Vorhabens schon daraus ergibt, dass die „ABS/NBS Stuttgart - Ulm - Augsburg“ in Anlage 1 (Bedarfsplan) zu § 1 BSchwAG unter Abschnitt 1a (Vordringlicher Bedarf, laufende und fest disponierte Vorhaben) als Nr. 20 aufgeführt ist und damit gemäß § 1 Abs. 2 des BSchwAG in der maßgeblichen Fassung des Änderungsgesetzes vom 15.09.2004 (BGBl. I S. 2322) die Feststellung eines Bedarfs im Bedarfsplan für die Planfeststellung gemäß § 18 AEG verbindlich ist. Zweifelhaft und wohl zu verneinen ist dies, weil der Neubau bzw. Ausbau des Eisenbahnknotens Stuttgart in Abschnitt 1a (Vordringlicher Bedarf - Laufende und fest disponierte Vorhaben) bei den in Nr. 27 näher bezeichneten Knoten nicht aufgeführt ist und allenfalls dem unter Abschnitt 1b (Vordringlicher Bedarf - Neue Vorhaben) in Nr. 28 unter dem Vorbehalt des Nachweises der Wirtschaftlichkeit oder dem in Abschnitt 2 (Weitere Vorhaben) in Nr. 10 angeführten Ausbau nicht benannter Knoten zugeordnet werden könnte (vgl. auch Abb. 7 auf S. 73 des Bundesverkehrswegeplans 2003 vom 02.07.2003). Dass Abschnitt 1a Nr. 20 des Bedarfsplans nicht auch den Knoten Stuttgart umfasst, legt auch die in dem von der Bundesregierung am 02.07.2003 beschlossenen Bundesverkehrswegeplan enthaltene Beschreibung des entsprechenden Maßnahmenumfangs nahe, die lautet: „NBS Stuttgart - Ulm für 250 km/h einschließlich Einbindung in den Knoten Stuttgart; ...“, der Knoten Stuttgart selbst ist davon wohl nicht umfasst (vgl. auch, zum Knoten Berlin, BVerwG, Urt. v. 23.10.2002 - 9 A 22.01 - Buchholz 442.09 § 18 AEG Nr. 55).
63 
2.2 Zu Recht führt der Planfeststellungsbeschluss als „weitere“ die Planung rechtfertigende Ziele die Schaffung von städtebaulichen Entwicklungsmöglichkeiten in der Landeshauptstadt Stuttgart, die Verminderung der Lärmbelastung im Stuttgarter Talkessel und die Verminderung der Trennwirkung der Bahnanlagen in der Innenstadt an. Entgegen der Auffassung der Kläger ist es zulässig, mit einer eisenbahnrechtlichen Planfeststellung auch andere als spezifisch verkehrliche Ziele zu verfolgen, etwa eine Minderung des Eisenbahnlärms oder - bei einer Verlegung von Betriebsanlagen der Eisenbahn - auch die Schaffung städtebaulicher Entwicklungsmöglichkeiten.
64 
§ 18 Abs. 1 AEG enthält insoweit keine Beschränkung. Die Ziele einer Planung von Betriebsanlagen einer Eisenbahn nennt das Gesetz in dieser Vorschrift nicht. Sie werden auch an anderer Stelle des Allgemeinen Eisenbahngesetzes nicht bezeichnet. Es versteht sich freilich von selbst, dass eine eisenbahnrechtliche Planfeststellung den Zielen dienen darf, zu deren Zweck das Allgemeine Eisenbahngesetz erlassen worden ist; dies sind insbesondere die Gewährleistung eines sicheren Betriebs der Eisenbahn und eines attraktiven Verkehrsangebotes auf der Schiene (vgl. § 1 Abs. 1 Satz 1 AEG) sowie das Ziel bester Verkehrsbedienung (vgl. § 1 Abs. 3 AEG).
65 
Dies kommt auch in Art. 87e Abs. 4 GG zum Ausdruck, wonach der Bund gewährleistet, dass dem Wohl der Allgemeinheit, insbesondere den Verkehrsbedürfnissen, u.a. beim Ausbau und Erhalt des Schienennetzes der Eisenbahnen des Bundes Rechnung getragen wird. Allerdings zwingt der Umstand, dass diese Gewährleistung das Wohl der Allgemeinheit insgesamt umfasst und insoweit Verkehrsbedürfnisse als insbesondere zu berücksichtigenden Belang hervorhebt, noch nicht zu dem Schluss, Art. 87e Abs. 4 GG nehme auch die in § 18 ff. AEG einfachgesetzlich geregelte und u.a. unter dem Vorbehalt des Art. 14 Abs. 3 GG stehende Zulässigkeit einer Planfeststellung in den Blick. Mehr spricht dafür, die Bestimmung im Zusammenhang mit der in Art. 87e Abs. 3 GG normierten Privatisierung der Eisenbahnen des Bundes zu interpretieren, nämlich als Verpflichtung, beim Ausbau und Erhalt des Schienennetzes Allgemeinwohlbelange zu wahren.
66 
2.2.1 Freilich ist eine Verringerung von Verkehrslärm neben spezifisch verkehrlichen Gesichtspunkten von der Rechtsprechung schon immer als ein wichtiges Ziel der Verkehrswegeplanung anerkannt und so insbesondere die Verlegung von Straßen und Bahnstrecken aus Ortschaften in den Außenbereich gerechtfertigt worden (vgl. Senatsurt. 22.05.1987 - 5 S 1765/86 - < Schnellbahntrasse Mannheim - Stuttgart > a.a.O. und hierzu BVerwG, Urt. v. 27.07.1990 - 4 C 26.87 - a.a.O.); dasselbe gilt für luftverkehrsrechtliche Planfeststellungsverfahren (BVerwG, Urt. v. 05.12.1986 - 4 C 13.85 - BVerwGE 75, 214 < Flughafen München II >; Urt. v. 16.03.2006 - 4 A 1075.04 - < Flughafen Berlin-Schönefeld > Rdnr. 187 ff.).
67 
2.2.2 Mit einer eisenbahnrechtlichen Planfeststellung, die die Verlegung von Bahnanlagen zum Inhalt hat, dürfen aber auch städtebauliche Ziele wie die Schaffung von städtebaulichen Entwicklungsflächen und die Beseitigung der Trennwirkung von Bahnanlagen verfolgt werden. Dies ergibt sich schon daraus, dass die Gemeinden wegen des Planungsvorbehalts gemäß § 38 Satz 1 BauGB gehindert sind, als Träger der Bauleitplanung auf bisher für Bahnbetriebszwecke genutzten Flächen ihre städtebaulichen Ziele umzusetzen, solange diese Flächen nicht freigestellt werden (vgl. § 23 AEG und BVerwG, Urt. v. 23.10.2002 - 9 A 22.01 - Buchholz 442.09 § 18 AEG Nr. 55). Denn dieser Umstand kann nicht dazu führen, dass auch die bis zu diesem Zeitpunkt allein zuständige Planfeststellungsbehörde entsprechende städtebauliche Ziele zur Legitimation der Planung von Eisenbahninfrastrukturanlagen nicht neben verkehrlichen Gesichtspunkten heranziehen darf.
68 
Die Rechtsprechung hat im Übrigen schon bisher Planungsziele anerkannt, die weder verkehrlicher Art noch - wie Verkehrslärm - verkehrlich bedingt waren. Zwar hat das Bundesverwaltungsgericht zunächst einschränkend formuliert, die Voraussetzungen für die Planrechtfertigung seien erfüllt, wenn die Planung den Zielsetzungen des Fachplanungsgesetzes, also nicht nur z.B. der Arbeitsbeschaffung, der Aufwertung bestimmter Liegenschaften oder einem Prestigebedürfnis, diene und wenn die mit dem konkreten Vorhaben verfolgten öffentlichen Interessen generell geeignet seien, etwa entgegen stehende Eigentumsrechte zu überwinden (BVerwG, Urt. v. 22.03.1985 - 4 C 15.83 - < B 16 neu > a.a.O.). In jüngerer Zeit hat es aber auch die zivile Mitbenutzung eines Militärflughafens als „vernünftigerweise geboten“ beurteilt, wenn diese dazu diente, eine wirtschaftsschwache Region an den Luftverkehr anzuschließen und somit regionale Strukturhilfe (als Angebotsplanung) geleistet werde (BVerwG, Urt. v. 11.07.2001 - 11 C 14.00 - < Flugplatz Bitburg >; dies offen lassend noch BVerwG, Urt. v. 06.12.1985 - 4 C 59.82 a.a.O.; zweifelnd noch BVerwG, Urt. v. 24.11.1989 - 4 C 41.88 - < Hochrheinautobahn > BVerwGE 84, 123). Auch allgemein hat das Bundesverwaltungsgericht die Offenheit einer Fachplanung für (fach-)fremde Ziele umschrieben, indem es ausgeführt hat, eine Flughafenplanung sei gerechtfertigt, wenn für das Vorhaben nach Maßgabe der vom Luftverkehrsgesetz verfolgten Ziele einschließlich sonstiger gesetzlicher Entscheidungen ein Bedürfnis bestehe, die geplante Maßnahme unter diesem Blickwinkel also objektiv erforderlich sei (BVerwG, Urt. v. 08.07.1998 - 11 A 53.97 - < Flughafen Erfurt > a.a.O.). Ähnlich wird in der Literatur geäußert, dass die Ableitung der Planrechtfertigung aus den gesetzlichen Zielen der Fachplanung zu kurz greife (Berkemann, in: Ziekow, Flughafenplanung, 2002, S. 139; de Witt, Planrechtfertigung, LKV 2006, 5 < 7 >, Steinberg u.a., Fachplanung, 3. Aufl. 2000, § 3 Rdnr. 49). Dieses Verständnis steht jedenfalls bei der Verlegung von Verkehrsanlagen nicht im Widerspruch dazu, dass Art. 14 Abs. 3 GG eine mit einer Planfeststellung regelmäßig verbundene Enteignung nur zum Wohle der Allgemeinheit erlaubt und dass städtebauliche Planungen - anders als etwa ein eisenbahnrechtlicher Planfeststellungsbeschluss (vgl. § 22 AEG) - in der Regel (vgl. aber § 169 Abs. 3 BauGB und hierzu BVerfG, Kammerbeschl. v. 04.07.2002 - 1 BvR 390/01 - NVwZ 2003, 71) keine enteignungsrechtliche Vorwirkung haben. Zwar beruht das Erfordernis der planerischen Rechtfertigung von Verkehrswegen darauf, dass, soweit eine Planungsentscheidung sich auf ein Vorhaben bezieht, für das privater Grundbesitz notfalls im Enteignungswege in Anspruch genommen werden soll, zugleich ihre Übereinstimmung mit den Zielen eines Gesetzes festgestellt werden muss, das die Enteignung vorsieht und damit die nach diesem Gesetz zulässigen Vorhaben generell den eine Enteignung legitimierenden Gemeinwohlaufgaben zuordnet (BVerwG, Urt. v. 22.03.1985 - 4 C 15.83 - BVerwGE 71, 166 < B 16 neu >). So wird in der Rechtsprechung auch, sofern das jeweilige Fachgesetz - wie das Allgemeine Eisenbahngesetz - die Ziele der Planung unzureichend beschreibt, danach gefragt, für welche Zwecke eine Enteignung auf der Grundlage eines Planfeststellungsbeschlusses zulässig ist (BVerwG, Urt. v. 11.07.2001 - 11 C 14.00 - < Flugplatz Bitburg > a.a.O.). Insoweit darf jedoch nicht außer Acht gelassen werden, dass bei der Verlegung von Eisenbahnbetriebsanlagen auch und ggf. sogar vorwiegend aus städtebaulichen Gründen Privateigentum nur für die Errichtung der neuen Betriebsanlagen und ggf. für notwendige Folgemaßnahmen im Sinne von § 75 Abs. 1 Satz 1 VwVfG in Anspruch genommen wird, nicht aber für die ebenfalls verfolgten städtebauliche Zwecke. Für diese werden die bisher zu verkehrlichen Zwecken genutzten Flächen lediglich frei. In welcher Weise sie städtebaulich genutzt werden, wird im fachplanerischen Planfeststellungsverfahren nicht geregelt. Die städtebauliche (Anschluss-)Planung auf diesen Flächen bleibt nach deren Freistellung von Bahnbetriebszwecken der Gemeinde vorbehalten. Eine enteignungsrechtliche Vorwirkung hat ein Planfeststellungsbeschluss insoweit nicht.
69 
2.2.3 Ginge man dagegen davon aus, dass die „weiteren Ziele“ die Planung nicht rechtfertigen könnten, wäre dies zudem auf dieser Stufe der rechtlichen Prüfung unbeachtlich. Denn zur Planrechtfertigung reichten die angeführten verkehrlichen Ziele jedenfalls aus. Insoweit wäre der Senat nicht an die weitere Ziele nennende Begründung des Planfeststellungsbeschlusses gebunden (vgl. BVerwG, Urt. v. 24.11.1989 - 4 C 41.88 - BVerwGE 84, 123 < Hochrheinautobahn >, a.A. noch Senatsurt. v. 15.12.1987 - 5 S 3279/86 -).
70 
2.3 Gemessen an den Planungszielen ist das Vorhaben vernünftigerweise geboten. Dabei ist im Rahmen der Planrechtfertigung nicht zu prüfen, inwiefern die festgestellte Planung (Antrags-Trasse) die verfolgten Ziele erreicht. Denn die Prüfung der Planrechtfertigung darf nicht mit der Prüfung der Abwägung vermengt werden. Sie ist ihr vielmehr vorgelagert (BVerwG, Urt. v. 11.07.2001 - 11 C 14.00 - < Flugplatz Bitburg > a.a.O.).
71 
Die Antragsplanung ist kein planerischer Missgriff. Insoweit wird geltend gemacht, das (Haupt-)Ziel, eine langfristig leistungsfähige Schieneninfrastruktur des Bundes zu schaffen, werde mit der Antragsplanung verfehlt, weil der tiefer gelegte Durchgangsbahnhof keine ausreichende Kapazität aufweise, Züge mit Dieseltraktion im Regelbetrieb nicht zugelassen seien und weil mit „S 21“ keine Vollstufe eines Integralen Taktfahrplans verwirklicht werden könne. Dem vermag der Senat nicht zu folgen.
72 
2.3.1 Der Einwand einer nicht ausreichenden Kapazität des achtgleisigen Durchgangsbahnhofs greift in diesem Zusammenhang nicht durch. Insoweit wird der Sache nach nicht in Zweifel gezogen, dass der nach Maßgabe des Betriebsszenarios 2003 mit dem Prognosehorizont des Jahres 2015 zu erwartende Verkehr von einem achtgleisigen Durchgangsbahnhof bewältigt werden kann. Die Einwände gegen die Leistungsfähigkeit des Durchgangsbahnhofs beziehen sich vielmehr auf eine weiter in der Zukunft mögliche Zunahme des Verkehrs (Betriebsszenario E), die nach Auffassung der Beigeladenen und der Beklagten vom achtgleisigen Durchgangsbahnhof ebenfalls bewältigt werden kann, sowie auf eine in noch fernerer Zukunft liegende weitere Verkehrszunahme, die ggf. eine grundsätzlich mögliche, aber aufwändige Erweiterung des Durchgangsbahnhofs auf zehn Gleise erfordern könnte. Ein solcher Einwand, der sich auf einen nicht verlässlich prognostizierbaren verkehrlichen Bedarf gründet, kann allenfalls im Rahmen der Alternativenprüfung von Belang sein.
73 
2.3.2 Als planerischer Missgriff ist auch nicht zu werten, dass der geplante Durchgangsbahnhof beim gegenwärtigen Stand der (Abgasvermeidungs- und -minderungs-)Technik aus immissionsschutzrechtlichen Gründen nicht von Zügen mit Dieseltraktion befahren werden kann. Eisenbahninfrastrukturanlagen dürfen auch dann geändert oder neu errichtet werden, wenn sie künftig nicht (mehr) von Zügen mit Dieseltraktion genutzt werden können. Etwas anderes ergibt sich nicht aus § 14 Abs. 1 Satz 1 bis 3 AEG i.d.F. von Art. 1 Nr. 10 des Dritten Gesetzes zur Änderung eisenbahnrechtlicher Vorschriften vom 03.08.2005 (BGBl. I S. 2270). Danach sind Eisenbahninfrastrukturunternehmen verpflichtet, die diskriminierungsfreie Benutzung der von ihnen betriebenen Eisenbahninfrastruktur und die diskriminierungsfreie Erbringung der von ihnen angebotenen Leistungen in dem durch eine auf Grund des § 26 Abs. 1 Nr. 6, 7 und Abs. 4 Nr. 1 ergangenen Rechtsverordnung bestimmten Umfang zu gewähren. Dabei ist der vertaktete oder ins Netz eingebundene Verkehr angemessen zu berücksichtigen. Betreiber der Schienenwege sind nach Maßgabe dieser Verordnung zusätzlich verpflichtet, einen Mindestumfang an Leistungen zu erbringen und die von ihnen betriebenen Schienenwege sowie die Steuerungs- und Sicherungssysteme zur Nutzung bereitzustellen. Mit diesen Bestimmungen wird jedoch nur der Zugang zur Eisenbahninfrastruktur geregelt, nicht aber deren Errichtung oder Änderung. In welcher Weise Eisenbahninfrastrukturunternehmen die diskriminierungsfreie Benutzung ihrer Eisenbahninfrastruktur zu gewährleisten haben, ergibt sich (für den maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses des Planfeststellungsbeschlusses) aus § 3 der Verordnung über die diskriminierungsfreie Benutzung der Eisenbahninfrastruktur und über die Grundsätze zur Erhebung von Entgelt für die Benutzung der Eisenbahninfrastruktur (Eisenbahninfrastruktur-Benutzungsverordnung - EIBV) i.d.F. von Art. 1 der Verordnung zum Erlass und zur Änderung eisenbahnrechtlicher Vorschriften vom 03.06.2005 (BGBl. I S. 1566). Nach § 3 Abs. 1 EIBV sind Eisenbahninfrastrukturunternehmen verpflichtet, die Benutzung der von ihnen betriebenen Serviceeinrichtungen diskriminierungsfrei zu gewähren sowie die damit verbundenen Leistungen und die in Anlage 1 Nr. 2 beschriebenen Leistungen, wenn sie zu ihrem Geschäftsbetrieb gehören, diskriminierungsfrei zu erbringen. Betreiber der Schienenwege sind zusätzlich verpflichtet, die von ihnen betriebenen Schienenwege, die zugehörigen Steuer- und Sicherungssysteme sowie die zugehörigen Anlagen zur streckenbezogenen Versorgung mit Fahrstrom zur Nutzung bereitzustellen, Zugtrassen nach Maßgabe dieser Verordnung zuzuweisen und die in Anlage 1 Nr. 1 beschriebenen Leistungen zu erbringen. Auch daraus kann jedoch nicht gefolgert werden, die Errichtung oder Änderung von Eisenbahnbetriebsanlagen müsse jedem Eisenbahnverkehrsunternehmen (vgl. auch § 3 Abs. 1 Nr. 2 AEG) eine Nutzung mit jeder Antriebsart ermöglichen. Eine entsprechende Anwendung des Diskriminierungsverbots des § 14 Abs. 1 Satz 1 bis 3 AEG auf die Planfeststellung von Eisenbahninfrastrukturanlagen kommt allenfalls für den Fall in Betracht, dass die Errichtung oder Änderung einer Schieneninfrastruktur auf den Ausschluss bestimmter Verkehrsunternehmen abzielt. Ein solcher Fall liegt aber nicht vor. Denn die Einschränkung der Betriebsart diskriminiert nicht einzelne Eisenbahnverkehrsunternehmen, sondern gilt für alle Unternehmen gleichermaßen. Soweit auf ein Unternehmen des Schienenpersonennahverkehrs im Land hingewiesen wird, das nur über Züge mit Dieseltraktion verfüge, könnte dieses, wollte es die Verbindung nach Stuttgart weiterhin bedienen, sich Züge mit elektrischem Antrieb beschaffen. Zwar wäre es dann gezwungen, für eine Verbindung aus seinem nicht elektrifizierten Netz zum neuen Hauptbahnhof Stuttgart einen Wechsel der Zugmaschine bzw. ein Umsteigen vorzusehen. Dabei wäre es aber in keiner anderen Lage als ein Unternehmen, welches dieselbe Verbindung anbieten wollte, aber nur über Züge mit elektrischem Antrieb verfügt. Mit anderen Worten: Die Errichtung von Eisenbahnbetriebsanlagen, die von Dieselfahrzeugen nicht im Regelbetrieb genutzt werden können, ist sowenig diskriminierend wie umgekehrt die Errichtung von nicht elektrifizierten Strecken. Im Übrigen könnte ein insoweit etwa anzunehmender Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot die Planung nicht als Missgriff erscheinen lassen, weil ein, wenn auch aufwändiger, nachträglicher Einbau von (zusätzlichen) Lüftungsanlagen technisch möglich ist und zudem erwartet werden kann, dass es bis zu einer Inbetriebnahme des Durchgangsbahnhofs abgasarme Dieseltriebfahrzeuge gibt und somit die entsprechende Beschränkung aufgehoben werden kann.
74 
2.3.3 Die planerische Rechtfertigung scheitert ferner nicht daran, dass im geplanten achtgleisigen Durchgangsbahnhof eine Vollstufe eines Integralen Taktfahrplans in dem Sinne, dass ein Umsteigen von (nahezu) sämtlichen zum Hauptbahnhof führenden oder von ihm abgehenden Verbindungen zur gleichen (vollen oder gar halben) Stunde möglich ist, nicht verwirklicht werden kann. Auch insoweit stellt „S 21“ keinen planerischen Missgriff dar. Unstreitig entspricht die Antragsplanung dem selbst vorgegebenen Ziel einer „Beachtung der Zwischenstufe des Integralen Taktfahrplans“ in der Weise, dass auf den acht Gleisen ein Integraler Taktfahrplan für bis zu vier Verbindungen (in beide Richtungen) verwirklicht werden kann. Dabei soll es sich um einen planerischen Missgriff handeln, weil § 14 Abs. 1 Satz 2 AEG (wohl im Sinne eines Planungsleitsatzes) das Gebot enthalte, eine Vollstufe des Integralen Taktfahrplans zu gewährleisten. Hingewiesen wird insoweit auch auf den Generalverkehrsplans des Landes, demzufolge ein vertaktetes Regionalverkehrsangebot angestrebt werde, das je nach Nachfrage im Ein- oder Zwei-Stunden-Takt erfolgen solle. Dieser Beurteilung vermag der Senat nicht zu folgen. § 14 Abs. 1 Satz 2 AEG bestimmt nur, dass die Eisenbahninfrastrukturunternehmen bei der Vergabe der Eisenbahninfrastrukturkapazitäten vertakteten oder ins Netz eingebundenen Verkehr angemessen zu berücksichtigen haben. Damit wird klargestellt und hervorgehoben, dass ein sachlicher Grund für eine diskriminierungsfreie Versagung der Zulassung darin liegen kann, dass ein hinzukommender Verkehr einen bestehenden Takt verdrängt oder stört (Kramer, in: Das Deutsche Bundesrecht, § 14 AEG S. 87). Eisenbahninfrastrukturunternehmen sind danach aber nicht verpflichtet, bei der Änderung oder der Errichtung neuer Eisenbahninfrastrukturanlagen zu gewährleisten, dass ein (voller) Integraler Taktfahrplan möglich bleibt oder ermöglicht wird. Erst recht enthält diese Vorschrift keine Pflicht (oder setzt sie voraus), an jedem Eisenbahnknoten eine Vollstufe eines Integralen Taktfahrplans (zum Beispiel jeweils für den Personenfernverkehr und für den Regionalverkehr) oder gar einen vollkommenen Integralen Taktfahrplan aller Verbindungen ungeachtet unter Umständen entgegenstehender örtlicher Verhältnisse zu ermöglichen.
75 
2.3.4 Vernünftigerweise geboten ist die Antragsplanung auch hinsichtlich der „weiteren Ziele“ der Planung. Dies bedarf hinsichtlich der städtebaulichen Ziele keiner Darlegung. Das Ziel, Eisenbahnlärm zu verringern, kann sinnvollerweise auch verfolgt werden, wenn dieser Gesundheitsgefährdungs- bzw. Sanierungsgrenzwerte noch nicht überschreitet. Es reicht insoweit aus, dass der Eisenbahnlärm nicht nur unerheblich abnimmt. Dies ist hier der Fall und wirkt sich günstig auf die Gesamtlärmbelastung im Stuttgarter Talkessel aus. Es ist zwar richtig, dass in einzelnen Bereichen nahe dem Gleisvorfeld des Kopfbahnhofs der Straßenverkehr so stark vorherrscht, dass der Eisenbahnbetriebslärm dort für den gemäß den Vorschriften der 16. BImSchV ermittelten Gesamtlärmpegel nicht erheblich ist. Aus der (ergänzenden) Schalltechnischen Untersuchung vom 14.06.1999 (Planordner 17a), insbesondere der als Anlage IV beigefügten Karte, ergibt sich jedoch, dass die Antragsplanung eine Reduzierung der Gesamtlärmpegel insbesondere im Mittleren und im Unteren Schlossgarten, aber auch in der Halbhöhenlage am Südkopf, um bis zu 4 dB(A) bewirken wird.
76 
2.4 Der Antragsplanung fehlt die notwendige planerische Rechtfertigung schließlich nicht deshalb, weil ihre Finanzierung noch nicht abschließend geklärt ist. Insoweit ist in rechtlicher Hinsicht von Folgendem auszugehen: Eine ab der Auslegung der Planunterlagen mit Eingriffen in das Privateigentum (Veränderungssperre, Vorkaufsrecht, § 19 AEG) verbundene Planung, die zu verwirklichen nicht beabsichtigt oder die objektiv nicht realisierungsfähig ist, ist rechtswidrig. Daher darf im Zeitpunkt der Planfeststellung nicht ausgeschlossen sein, dass das Vorhaben auch verwirklicht werden wird. Insoweit kann die Realisierung eines Vorhabens auch an dem Fehlen der erforderlichen Finanzmittel scheitern. Diese Einschätzung setzt einen Zeithorizont voraus. Insofern kann (auch) für das planungsrechtliche Vollzugshindernis der mangelnden Finanzierbarkeit des Vorhabens auf den gesetzlich bestimmten Zeitrahmen für den Beginn der Durchführung des Plans von bis zu zehn Jahren ab Eintritt der Unanfechtbarkeit des Planfeststellungsbeschlusses (§ 20 Abs. 4 Satz 1 AEG) abgestellt werden, in dem die Unsicherheiten einer Plandurchführung längstens als zumutbar erscheinen und von den Planbetroffenen hinzunehmen sind (vgl. BVerwG, Urt. v. 20.05.1999 - 4 A 12.98 - NVwZ 2000, 555; Urt. v. 16.03.2006 - 4 A 1075.04 - < Flughafen Berlin-Schönefeld > Rdnr. 198 ff.; Senatsurt. v. 08.07.2002 - 5 S 2715/03 - Juris - und v. 02.11.2004 - 5 S 1063/04 - UPR 2005, 118; vgl. auch, eine Finanzierbarkeit des Neubaus eines Abschnitts einer Bundesstraße als Umgehungsstraße verneinend, OVG Koblenz, Urt. v. 12.05.2005 - 1 C 11472/04 - NuR 2006, 54 m.w.N.).
77 
In diesem Sinne ist die Finanzierung der Antragsplanung nicht ausgeschlossen. Zwar kann für ihre Finanzierbarkeit nicht im Sinne eines Indizes auf den Bundesverkehrswegeplan bzw. den Bedarfsplan der Eisenbahnen des Bundes verwiesen werden (vgl. BVerwG, Urt. v. 22.04.2004 - 4 A 32.02 - BVerwGE 120, 87; Urt. v. 18.03.2004 - 4 CN 4.03 - BVerwGE 120, 239 = NVwZ 2004, 856); denn der Umbau des Knotens Stuttgart ist dort - wie oben dargelegt - jedenfalls nicht ausdrücklich aufgeführt. Im Übrigen steht fest, dass die Beklagte nur einen Teil der Kosten von „S 21“ tragen wird. Für eine Finanzierbarkeit der Antragsplanung spricht aber, dass die Beklagte, die Beigeladene, das Land Baden-Württemberg, die Landeshauptstadt Stuttgart und der Verband Region Stuttgart in § 3 der Rahmenvereinbarung vom 07.11.1995 ausgehend von Gesamtkosten für „S 21“ von 4,893 Mia DM (Preisstand 01/93) die Finanzierung aufgeteilt haben und dass im Zeitpunkt des Erlasses des angefochtenen Planfeststellungsbeschlusses nicht anzunehmen war, dass einer der Träger den vorgesehenen Betrag aus den dort genannten Finanzierungstiteln nicht würde erbringen können oder wollen. Hingewiesen wird insoweit auf eine Finanzierungslücke von mindestens 300 Mio EUR gegenüber später prognostizierten Kosten von 2,594 Mia EUR hin, die u.a. auf Nebenbestimmungen des Planfeststellungsbeschlusses, auf künftige Mindererlöse der Deutschen Bahn AG wegen abnehmender Zugzahlen und auf Mindererlöse bei der Veräußerung der Bahnflächen zurückgeführt werden. Auch die Beigeladene geht nunmehr von Kosten der Antragsplanung von 2,8 Mia EUR aus. Ungeachtet der Frage, ob sich diese Entwicklung bereits im maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses des Planfeststellungsbeschlusses abgezeichnet hat, liegt es nicht fern, dass die Finanzierungsträger im Interesse des nicht nur verkehrlich bedeutsamen Vorhabens bereit sein werden, die ggf. notwendigen zusätzlichen Mittel aufzubringen.
78 
Dass die Beigeladene im Anschluss an eine Bestandskraft des angefochtenen Planfeststellungsbeschlusses bzw. der weiter erforderlichen Planfeststellungsbeschlüsse das Gesamtvorhaben einer erneuten Wirtschaftlichkeitsprüfung (Kosten-Nutzen-Analyse) unterwerfen will, entspricht den Anforderungen des Bedarfsplans für die Bundesschienenwege an den Ausbau von unbenannten Knoten in Abschnitt 1b Nr. 28 der Anlage zu § 1 BSchwAG (vgl. dort Fußnote 5) und schließt die Finanzierbarkeit des Vorhabens nicht aus, sondern lässt sie - wie die angeführte Kritik des Bundesrechnungshofs insoweit - allenfalls als offen erscheinen. Auf eine unzulässige Vorratsplanung kann insoweit nicht geschlossen werden. Eine solche läge nur vor, wenn sich für den Zeitpunkt des Erlasses des Planfeststellungsbeschlusses feststellen ließe, dass die Beigeladene mit dem Vorhaben nicht innerhalb von zehn Jahren nach Eintritt der Bestandskraft des Planfeststellungsbeschlusses beginnen könnte oder wollte. Dafür ist aber nichts ersichtlich. Dagegen spricht insbesondere auch, dass die Beigeladene in der Folge für die weiteren Planabschnitte das Planfeststellungsverfahren beantragt hat und diese Verfahren, soweit sie nicht bereits abgeschlossen sind, weiter betrieben werden (vgl. auch BVerwG, Urt. v. 16.03.2006 - 4 A 1075.04 - < Flughafen Berlin-Schönefeld > Rdnr. 201).
79 
3. Rechtsfehlerfrei gelangt der Planfeststellungsbeschluss im Rahmen der Abwägung der von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange einschließlich der Umweltverträglichkeit gemäß § 18 Abs. 1 Satz 2 AEG zu dem Ergebnis, dass sich „K 21" nicht als eindeutig vorzugswürdige Alternative zu „S 21“ aufgedrängt hat (vgl. BVerwG, Urt. v. 09.06.2004 - 9 A 11.03 - < Michendorf > a.a.O.).
80 
3.1 Insoweit hält es der Senat bereits für zweifelhaft, dass „K 21" überhaupt eine Alternative zu „S 21“ ist. Dagegen könnte sprechen, dass „K 21" das verkehrliche Ziel einer Direktanbindung des Landesflughafens an die Neubaustrecke nicht erreicht, sondern sich insoweit mit einer von der Neubaustrecke beim geplanten „Scharnhauser Dreieck“ abgehenden Stichstrecke und mit einer Weiterfahrmöglichkeit über die Gleise der auch von der S-Bahn befahrenen Filderbahn und sodann der Gäubahn zum Kopfbahnhof behilft. Die Beigeladene bezeichnet „K 21“ deshalb auch als eine andere Grundkonzeption, nicht zuletzt vor dem Hintergrund der Einbindung des Vorhabens in ein europäisches Hochgeschwindigkeitsnetz gemäß der Entscheidung Nr. 1692/96/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23.07.1996 über gemeinschaftliche Leitlinien für den Aufbau eines transeuropäischen Verkehrsnetzes (ABl. L 228 vom 09.09.1996 S. 1, berichtigt ABl. L 15 vom 17.01.1997 S. 1). Außerdem erreicht „K 21" das (wohl eher nachrangige) Ziel einer Lärmminderung bestenfalls durch Rückbau von Teilen des Abstellbahnhofs und Führung des S-Bahn-Verkehrs durch einen neuen Rosensteintunnel. Vor allem aber vermag „K 21" zu dem gewichtigen weiteren Ziel der Schaffung von städtebaulichen Entwicklungsflächen nur wenig beizutragen, da die vorhandenen Eisenbahninfrastrukturanlagen im Wesentlichen weiterhin benötigt und deshalb allenfalls vergleichsweise geringe Flächen freigegeben würden.
81 
Der Senat kann die Frage der Alternativeneignung von „K 21" offen lassen, weil sich „K 21" gegenüber „S 21“ jedenfalls nicht als eindeutig vorzugswürdig aufdrängt. Dies gilt unabhängig davon, ob - wie oben ausgeführt - die erörterten „weiteren Ziele“ die Planung (ergänzend zu den verkehrlichen Zielen) zu rechtfertigen vermögen; denn die Frage, inwieweit diese Ziele durch die Antragsplanung bzw. die Alternative „K 21" erreicht werden, ist jedenfalls beim Vergleich der Alternativen erheblich.
82 
3.2 Ohne Erfolg wenden sich die Kläger gegen die im Rahmen der Variantenprüfung erfolgte Beurteilung des Planfeststellungsbeschlusses, der achtgleisige Durchgangsbahnhof sei ausreichend und zukunftssicher bemessen, weil der Verkehr gemäß dem Betriebsszenario 2003 (mit dem Prognosehorizont 2015) dort mit einer guten bis sehr guten Betriebsqualität abgewickelt werden könne.
83 
3.2.1 Der Planfeststellungsbeschluss gründet sich insoweit auf das vom (früheren) Leiter des Verkehrswissenschaftlichen Instituts der Rheinisch-Westfälische Technischen Hochschule Aachen Prof. Dr.-Ing. Sch. verfasste eisenbahnbetriebswissenschaftliche Gutachten „Stuttgart 21, ergänzende betriebliche Untersuchungen, Teil 3“ vom Oktober 1997 mit der Ergänzung „Leistungsverhalten der Fahrstraßenknoten im Knotenbereich Stuttgart 21 für die verschiedenen Ausbauoptionen“ vom 27.10.1997 in Verbindung mit den „Entgegnungen auf die Einwendungen gegen das Projekt Stuttgart 21“ vom 21.02.2003. Weitere fachliche Grundlage bilden die „Ergänzenden betrieblichen Untersuchungen, Teil II: Kapazität des geplanten Stuttgarter Hauptbahnhofs und seiner Zulaufstrecken“, 1997, von Prof. Dr.-Ing. H., damals Leiter des Verkehrswissenschaftlichen Instituts an der Universität Stuttgart. Diesen Gutachten liegt zwar als Verkehrsprognose das Betriebsprogramm 2010+x,2015 zu Grunde, während die Planfeststellungsunterlagen in der Folge dem Bundesverkehrswegeplan 2003 mit dem darauf beruhenden Betriebsszenario 2003 (ebenfalls mit dem Prognosehorizont 2015) angepasst worden sind. Indes ist der künftige Verkehrsbedarf (in der Hauptverkehrszeit) unverändert geblieben; die Bedarfsprognose ist daher unter den Beteiligten nicht streitig (und gibt auch dem Senat nicht zu Bedenken Anlass).
84 
Das Gutachten von Prof. Dr.-Ing. Sch. beruht einerseits auf einer Berechnung der Leistungsfähigkeit des Durchgangsbahnhofs in der gegebenen Netzstruktur von Stuttgart unter Einbeziehung wahrscheinlichkeitstheoretischer Verfahren, ergänzt durch Simulationen des Leistungsverhaltens unter Zugrundelegung bestimmter an der Verkehrsprognose und an festgelegten Betriebsprogrammen orientierter Fahrpläne. Demzufolge reicht der achtgleisige Durchgangsbahnhof für abgestimmte Betriebsprogramme mit 32 bis 35 Gleisbelegungen pro Stunde aus, während das Betriebsszenario A nur durchschnittlich 25,5 Gleisbelegungen je Stunde der Hauptverkehrszeit (14 bis 18 Uhr) erwarten lässt. Insoweit ist es nachvollziehbar, dass der Gutachter Prof. Dr.-Ing. Sch. dem achtgleisigen Durchgangsbahnhof zusammenfassend für das Betriebsszenario A eine „gute bis sehr gute Betriebsqualität“ bescheinigt. Selbst nach Maßgabe des Szenarios E erwartet der Gutachter eine „noch gute“ Betriebsqualität. Dieses Szenario berücksichtigt eine in fernerer Zukunft liegende Verdichtung des Takts der Fernverkehrslinien Zürich - Nürnberg, Hamburg - München und Paris - Wien von zwei auf eine Stunde bei konstanter Bedienungshäufigkeit sowie die Durchbindung diverser Regionallinien mit 39 Gleisbelegungen je Stunde. Engpässe treten auch in diesem jenseits des Prognosehorizonts liegenden Fall im Übrigen nicht im oder unmittelbar vor dem Durchgangsbahnhof, sondern bereits (und nur) auf den Zulaufstrecken auf. Für die Zugzahlen des Szenarios A und weit darüber hinaus reicht die zweigleisige Verbindung Stuttgart-Hauptbahnhof - Zuffenhausen aus. Selbst bei einem künftigen viergleisigen Ausbau des Pragtunnels mit einer direkten Verbindung („T-Spange“) nach Bad Cannstatt („Option P“) würde nach Beurteilung des Gutachters der achtgleisige Durchgangsbahnhof dem Verkehr noch gewachsen sein, weil dann einige (bis zu vier) der von Norden kommenden Züge über Bad Cannstatt und den „Südkopf“ in den Hauptbahnhof geführt werden könnten. Bestätigt hat der Gutachter Prof. Dr.-Ing. Sch. die Leistungsfähigkeit des Durchgangsbahnhofs auch für den Fall einer Spitzenbelastung auf der nach der gegebenen Netzstruktur am höchsten belasteten Zufahrtsstrecke von Norden. Insoweit ist die Zahl der einfahrenden Züge durch die Beschränkungen im Zulauf von Zuffenhausen (Pragtunnel) und die vorgelagerten Netzknoten sowie durch die Signal- und Zugbeeinflussungstechnik und die zum Auffangen kleinerer Verspätungen erforderliche „Pufferzeit“ auf der Strecke von 0,95 min auf 19 Züge je Stunde beschränkt, für die vier Bahnsteiggleise zur Verfügung stehen (4,75 Züge je Gleis), woraus eine Gleisbelegung von um 50 % folgt; der Gutachter Prof. Dr.-Ing. Sch. hat in der mündlichen Verhandlung zum Planfeststellungsabschnitt 1.1 dementsprechend geäußert, dies sei genau die (rechnerische) Gleisbelegung, wie sie in anderen vergleichbaren Durchgangsbahnhöfen vorhanden sei. Insgesamt kommt er damit zu dem Ergebnis, dass der gesamte Knoten für das maßgebliche Betriebsszenario A „homogen dimensioniert“ sei. Eine Überlastung des achtgleisigen Durchgangsbahnhofs könne erst eintreten, wenn die Zulaufsituation über die Option P hinaus verbessert werde, woran jedoch in den nächsten fünfzig Jahren nicht zu denken sei. Eine entsprechende Nachfrage könne gegenwärtig nicht vorhergesehen werden. Nur eine Verbesserung des Zulaufs, welche es erlaube, die von Norden kommenden Linien unabhängig voneinander in den Durchgangsbahnhof zu führen, erfordere dessen Erweiterung auf zehn Gleise; eine solche Erweiterung sei im Übrigen, wenn auch mit beträchtlichem Aufwand, möglich. Diesen Befund haben beide Gutachter im Erörterungstermin im Verwaltungsverfahren und auch in der mündlichen Verhandlung zum Planfeststellungsabschnitt 1.1 vor dem Senat nachvollziehbar erläutert. Der Gutachter Prof. Dr.-Ing. Sch. hat ihn ferner in seinen Stellungnahmen vom 07.06.2005 und vom 10.02.2006 in den Klageverfahren wegen des Planfeststellungsabschnitts 1.1 mit Blick auf die dort erhobenen Einwendungen bekräftigt. Die insoweit erhobenen und im Klageverfahren schließlich noch offen gebliebenen Einwände dagegen greifen nicht durch.
85 
3.2.2 Soweit zur Begründung auf Äußerungen des Gutachters Prof. Dr.-Ing. Sch. vom November 1994 „Kapazität des geplanten Bahnhofs Stuttgart Hbf Tief im Vergleich mit dem bestehenden Kopfbahnhof“ und dabei insbesondere darauf hingewiesen wird, der Gutachter habe in dem Kapitel „Versuch einer zukunftssicheren Bemessung“ zusammenfassend festgestellt, für eine zukunftssichere Bemessung sollten fünf Bahnsteiggleise je Richtung vorgesehen werden, wird nicht erkannt, dass in diesem Kapitel die besondere Zulaufsituation im Knoten Stuttgart unberücksichtigt geblieben ist. Sie ist dadurch gekennzeichnet, dass die Züge, die sich auf verschiedenen Strecken dem Hauptbahnhof Stuttgart nähern, insbesondere beim Zulauf von Westen und von Norden, auf ein Gleis zusammengeführt werden und so nur hintereinander und nicht gleichzeitig in den Durchgangsbahnhof einfahren können. Dem Gutachter ging es in dem erwähnten Kapitel nur darum, abzuschätzen, ob die Kapazität eines achtgleisigen Durchgangsbahnhofs bei einer Vollauslastung der anschließenden Strecken und bei einer Beseitigung der Engstellen nicht nur im zweigleisigen Pragtunnel, sondern auch in den vorgelagerten Knoten, durch den in ferner Zukunft möglicherweise in Betracht kommenden Bau mehrerer neuer paralleler Strecken bis zum Durchgangsbahnhof, also bei einer (weitgehend) knotenfreien Anfahrbarkeit des Durchgangsbahnhofs, ausreichen würde. Nur unter diesen Bedingungen hat er einen für Durchgangsbahnhöfe hohen Variationskoeffizienten für die Streuung der Ankünfte, welche zu längeren Fahrbahnausschlüssen im Gleisvorfeld führen, von 0,85 angesetzt und einen achtgleisigen Durchgangsbahnhof für Stuttgart als nicht zukunftssicher (mit Blick auf eine mögliche Entwicklung bis zur Mitte des 21. Jahrhunderts) bezeichnet. Eine insoweit vorausgesetzte und vielleicht in ferner Zukunft mögliche Beseitigung der Engstellen im Zulauf auf den Knoten Stuttgart ist aber weder geplant noch absehbar. Deshalb hat der Gutachter schon in seinem Gutachten 1994 abschließend einen achtgleisigen Durchgangsbahnhof für Stuttgart als wirtschaftlich optimal bemessen beurteilt. Diese Bewertung hat er in seinem Gutachten 1997 bestätigt, dem entsprechend den Rahmenbedingungen eines gereihten Zulaufs in den Bahnhof für die Streuung der Ankünfte Variationskoeffizienten von nur noch 0,69 (Gleisgruppe 1 bis 4) bzw. 0,55 (Gleisgruppe 5 bis 8) zu Grunde liegen.
86 
3.2.3 Nicht zu folgen vermag der Senat ferner dem Einwand, der Gutachter sei bei seiner Berechnung der Leistungsfähigkeit des Durchgangsbahnhofs von zu geringen Mindesthaltezeiten und damit von einer zu geringen Gleisbelegungszeit ausgegangen. Mindesthaltezeiten sind die für das Ein- und Aussteigen der Passagiere notwendigen Haltezeiten und nicht die fahrplanmäßigen Haltezeiten, die insbesondere bei einem Taktfahrplan wesentlich länger sein können. Es wird darauf hingewiesen, der Gutachter habe 1994 angenommen, eine mittlere Mindesthaltezeit von 2 min zzgl. 0,2 min Abfertigungszeit reiche nicht aus. Insoweit trifft es zwar zu, dass der Gutachter in dem erwähnten Kapitel über den „Versuch einer zukunftssicheren Bemessung“ die mittlere Mindesthaltezeit (einschließlich Abfertigungszeit) auf 3 min angesetzt und dies zu der Beurteilung eines achtgleisigen Durchgangsbahnhof als nicht zukunftssicher beigetragen hat. Der Gutachter hat im gerichtlichen Verfahren jedoch überzeugend erläutert, dass er die Mindesthaltezeit nur deshalb auf 3 min bemessen hat, um im Wege einer Sensivitätsrechnung aufzuzeigen, unter welchen Voraussetzungen (Ausbau der Zulaufstrecken und damit hoher Variationskoeffizient für die Ankunft der Züge, sehr hohe mittlere Mindesthaltezeiten) ein achtgleisiger Durchgangsbahnhof an seine Grenzen stoße. Soweit unabhängig hiervon jedenfalls für ICE-3-Züge eine Mindesthaltezeit von 2,0 min und eine Abfertigungszeit von 0,2 min für zu gering gehalten wird - in der mündlichen Verhandlung zum Planfeststellungsabschnitt 1.1 wurde insoweit eine Mindesthaltezeit von 2,5 bis 2,6 min genannt und auf allgemeine Erfahrungen verwiesen -, kann dahin stehen, ob der Gutachter insoweit von den Sollhaltezeiten der Deutschen Bahn ausgehen durfte, welche nach den Angaben des für die Beigeladene ebenfalls tätigen Gutachters Prof. Dr.-Ing. M., gegenwärtiger Leiter des Verkehrswissenschaftlichen Instituts Stuttgart GmbH, gemäß der Richtlinie 405.0102 der Deutschen Bahn AG in Durchgangsbahnhöfen im Fernverkehr 2,0 min und im Nahverkehr 1,0 min betragen. Bezogen haben sich die Gutachter Prof. Dr.-Ing. Sch. und Prof. Dr.-Ing. H. nämlich nicht nur auf diese Sollhaltezeiten, sondern auch auf eine Auswertung von Fahrplänen des Schienenpersonenfernverkehrs (Ergänzende betriebliche Untersuchungen, Teil II, 1997, S. 54 ff.), welche durchschnittliche Haltezeiten von ICE, IC und IR ohne Wende-(Kopf-)Bahnhöfe von 2,02 min mit kürzesten Haltezeiten von 1,90 min für ICE und 1,95 min für IC ergeben hat. Ohne Weiteres lässt sich die Annahme durchschnittlicher Haltezeiten für die Bemessungsberechnung freilich nicht auf diese Zahlen stützen, da es sich im Grunde ebenfalls um Sollhaltezeiten handelt, welche die Deutsche Bahn im Übrigen unlängst zur Verringerung von Verspätungen im Netz (teilweise) angehoben hat, so dass sich unter Berücksichtigung der neuen fahrplanmäßigen Haltezeiten höhere Durchschnittswerte ergeben müssten. Im Übrigen können durchschnittliche Mindesthaltezeiten für Durchgangsbahnhöfe nicht einfach auf größere Bahnhöfe wie den Hauptbahnhof Stuttgart übertragen werden. Diesem Umstand wird im Bemessungsgutachten von Prof. Dr.-Ing. Sch. aus dem Jahr 1997 aber Rechnung getragen, indem für alle Zugarten einschließlich des Regionalverkehrs eine durchschnittliche Mindesthaltezeit von 2,0 min angenommen wird. Zudem hat Prof. Dr.-Ing. Sch. in der mündlichen Verhandlung zum Planfeststellungsabschnitt 1.1 nochmals betont, dass er bei der von ihm zur Überprüfung der rechnerischen Bemessung (mit Mindesthaltezeiten von 2,0 min) angestellten Simulation des Betriebs im Durchgangsbahnhof die durchschnittliche Haltezeit aller Züge (einschließlich Abfertigungszeit) sicherheitshalber mit 2,5 min angenommen hat; diese Simulation habe die rechnerischen Ergebnisse bestätigt.
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Dass wegen im Hauptbahnhof Stuttgart endender Züge höhere durchschnittliche Mindesthaltezeiten im Durchgangsbahnhof anzunehmen wären, gar solche, wie sie etwa nach Maßgabe der erwähnten Richtlinie der Deutschen Bahn allgemein in Kopfbahnhöfen gelten, trifft nicht zu. Die Beigeladene hat überzeugend darauf hingewiesen, dass im Durchgangsbahnhof fahrplanmäßig endende Züge letztlich durchfahrende Züge sind, weil sie sodann in den Abstellbahnhof Untertürkheim weiterfahren. Die dagegen gerichteten Einwände sind für die Bemessung der Mindesthaltezeiten unerheblich. Es kann der Beigeladenen nicht vorgegeben werden, für endende Züge längere Mindesthaltezeiten vorzusehen bzw. zu berücksichtigen, um dem Zugpersonal im Durchgangsbahnhof Gelegenheit zu geben, nach eingeschlafenen Passagieren oder vergessenen Gegenständen zu suchen.
88 
In der mündlichen Verhandlung zum Planfeststellungsabschnitt 1.1 bestätigt hat der Gutachter Prof. Dr.-Ing. Sch. ferner, dass die Bedeutung der Mindesthaltezeiten (einschließlich der Abfertigungszeiten) für die Bemessung des Durchgangsbahnhofs von deutlich geringerem Gewicht ist als die (zutreffende) Annahme eines vergleichsweise niedrigen, an der besonderen (kanalisierten) Zulaufsituation ausgerichteten Variationskoeffizienten. Im Übrigen ist die Mindesthaltezeit (einschließlich der Abfertigungszeit) nur ein Element der ein Mehrfaches betragenden, für die Bemessung maßgeblichen Belegungszeit der jeweiligen Gleise; ihre Erhöhung um wenige Zehntelminuten kann an der Gleisbelegung und damit an der ausreichenden Bemessung des Durchgangsbahnhofs mit acht Gleisen angesichts der vorhandenen Leistungsreserven nichts Entscheidendes ändern.
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3.2.4 Soweit vorgetragen wird, bei der Bemessung des Durchgangsbahnhofs seien Wartezeiten bei der Einfahrt in den Bahnhof nicht berücksichtigt worden, die entstünden, wenn ein Zug infolge von Behinderungen auf der Strecke (Baustellen, Signalstörungen) sich verspätet dem Bahnhof nähere und entweder anderen Zügen den Vortritt lassen müsse oder diese an einer fahrplanmäßigen Einfahrt hindere, hat der Gutachter Prof. Dr.-Ing. Sch. einleuchtend darauf hingewiesen, dass diese Verspätungszeiten grundsätzlich den jeweiligen Einfädelungspunkt in die Zufahrts-Trasse und nicht den Durchgangsbahnhof belasten. Mit einer solchen (Ur-)Verspätung den Einfädelungspunkt passierende Züge werden auf dem Zufahrtsgleis zum Bahnhof in den Verkehrsstrom eingereiht und so gleichsam vertaktet. Sie können deshalb bei der Einfahrt in den Bahnhof andere Züge nicht mehr behindern bzw. von ihnen behindert werden.
90 
Bis zur Ausfahrt entstehende (weitere) Zeiten des Wartens (für den verspätet eingefahrenen Zug bzw. für fahrplangerechte Züge, die dem verspätet eingefahrenen Zug bei der Ausfahrt den Vorrang lassen müssen) auf das Freiwerden der Trasse hat der Gutachter Prof. Dr.-Ing. Sch. nach seinen Angaben bei der Untersuchung der Fahrstraßenknoten und bei der Simulation des Leistungsverhaltens exakt ermittelt und den Gleisbelegungszeiten zugeschlagen. Sie führen im Übrigen auch nicht zu wesentlich längeren Haltezeiten (im umfassenderen Sinn von Gleisbelegungszeiten). Denn die Gefahr, dass bei einer nicht fahrplanmäßigen Ausfahrzeit infolge verspäteten Eintreffens Fahrbahnausschlüsse und so zusätzliche Wartezeiten entstehen, ist eher gering, weil die gegenseitige Vertretbarkeit der Gleise im Durchgangsbahnhof es zulässt, dass mehrere Züge gleichzeitig ausfahren.
91 
3.2.5 Synchronisationszeiten (Zeiten, die nachrangige Züge auf verspätete Züge warten sollen) hat der Gutachter Prof. Dr.-Ing. Sch. nach seinen Angaben mit bis zu 10 min bei der Simulation berücksichtigt. Dies ist nicht zu beanstanden zumal da ein Fahrplan, dessen Gestaltung nicht die technisch mögliche geringste Fahrzeit zugrunde liegt, es zulässt, Verspätungen im Regelfall bis zum nächsten Knoten aufzuholen. Vor allem kann zur Vermeidung von Folgeverspätungen im Netz bestimmt werden, dass Anschlusszüge grundsätzlich nicht auf verspätete Züge warten.
92 
3.2.6 Nicht zu beanstanden ist auch, dass der Gutachter für die Bemessungsberechnung und für die Simulation Gleisvorbelegungszeiten von 2 min angenommen hat. Dabei handelt es sich um die Zeiten, die dafür anfallen, dass das fahrplanmäßig bestimmte Gleis für einen verspäteten Zug freigehalten wird; Züge, die nach Ablauf der Vorbelegungszeit einfahren, erhalten ggf. ein anderes Gleis zugewiesen mit der Folge, dass zusteigende Kunden den Bahnsteig wechseln müssen. Der Gutachter hat zwar in der mündlichen Verhandlung zum Planfeststellungsabschnitt 1.1 eingeräumt, dass eine Vorbelegungszeit von 2 min an der unteren Grenze liege und dass für die Erstellung von Grundfahrplänen mit bis zu 5 min Vorbelegungszeit gerechnet werde. Er hat aber zugleich betont, dass z.B. für den Hauptbahnhof Köln mit einer Vorbelegungszeit von 2 min gerechnet worden sei und dass allgemein für die rechnerische Bemessung und auch die Simulation des Leistungsverhaltens - methodisch zulässig - von einem Wert an der unteren Grenze ausgegangen werden dürfe.
93 
3.2.7 Die Plausibilität der Bemessungsberechnung und -simulation haben die Kläger mit dem Hinweis bezweifelt, dass heute alle hochbelasteten Knoten über mehr als zwei Bahnsteiggleise je Zulaufgleis verfügten. Dem substantiierten Widerspruch der Beigeladenen ist nicht mehr entgegengetreten worden. Dasselbe gilt für die Einwände, der Gutachter habe außer Acht gelassen, dass von Norden kommende Züge wegen der Weichenradien im Gleisvorfeld und wegen der Steigung im Bahnhof von etwa 1,5 % nur mit verminderter Geschwindigkeit ein- und ausfahren könnten.
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3.2.8 Geklärt ist des Weiteren der Einwand, die Nähe der Weichen am „Nordkopf“ und am „Südkopf“ zu den Bahnsteigen schließe aus Sicherheitsgründen eine Zugausfahrt aus, wenn ein anderer Zug in dieselbe Richtung in den Durchgangsbahnhof einfahre mit der Folge, dass die Gleisbelegungszeiten größer bemessen werden müssten; Grund hierfür sei die Gefahr des Durchrutschens von Zügen in den Weichenbereich. Überzeugend hat die Beigeladene insoweit auf den Stand der Technik hingewiesen, welche die Gefahr des Durchrutschens begrenze und einen international üblichen Sicherheitsbereich von 50 m als ausreichend erscheinen lasse. Dies gelte auch für Züge, die nur über konventionelle HV-Signalsysteme mit induktiver Zugsicherung verfügten.
95 
3.2.9 Soweit geltend gemacht wird, bei der Bemessung des Durchgangsbahnhofs sei für eine Doppelbelegung von Bahnsteiggleisen durch jeweils zwei Regionalzüge von zu hohen Zufahrtgeschwindigkeiten für den zweiten Zug ausgegangen worden, hat der Gutachter überzeugend ausgeführt, durch die Doppelbelegung würden bis zu 2,7 min Gleisbelegungszeit eingespart. Eine Einsparung von Gleisbelegungszeit insoweit ziehen auch die Kläger, die sie zuletzt auf 1,7 min berechnet haben, nicht mehr grundsätzlich in Zweifel.
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3.2.10 Soweit ein Bahnhof in Tieflage nebst zuführenden Tunnelstrecken als besonders störanfällig bewertet wird und insoweit Reserven für erforderlich gehalten werden, handelt es sich nicht mehr um eine Frage, die die Leistungsfähigkeit des Bahnhofs an sich betrifft. Im Übrigen hat die Beigeladene überzeugend aufgezeigt, dass die Erfahrungen beim (teilweise) vergleichbaren Flughafen-Bahnhof Frankfurt insoweit nicht negativ seien, was insbesondere daran liege, dass die Zufahrtsgleise im Tunnel vor Witterungseinflüssen geschützt sind. Hinzu komme, dass der Zulauf auf den Tunnelstrecken jeweils auf zwei Gleisen erfolge, die sich bei Störungen vertreten könnten, und außerdem der bei „S 21“ mögliche Kreisverkehr zusätzliche Ausweichmöglichkeiten schaffe.
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3.2.11 Die - zumal im Vergleich zum Kopfbahnhof überlegene - Aufnahmefähigkeit des Durchgangsbahnhofs auch für einen in fernerer Zukunft liegenden Bedarf und seine ebenfalls überlegene Fähigkeit zum Abbau von Verspätungen, jeweils unter den gegebene Verhältnissen im Netzknoten Stuttgart, werden durch den von der Beigeladenen in den Klageverfahren wegen des Planfeststellungsabschnitts 1.1 vorgelegten „Vergleich der Leistungsfähigkeiten und des Leistungsverhaltens des neuen Durchgangsbahnhofs (S 21) und einer Variante des umgestalteten Kopfbahnhofs (K 21)“, Stand 2005, von Prof. Dr.-Ing. M., Leiter des Verkehrswissenschaftlichen Instituts Stuttgart GmbH, bestätigt. Der Vergleich ergibt bei dem gewählten Simulationsverfahren für das Leistungsverhalten, welches durch auftretende, wie oben beschrieben nicht in den Fahrplan eingearbeitete außerplanmäßige Wartezeiten bei Steigerung der Zugzahlen gekennzeichnet ist, einen eindeutigen Vorteil des Durchgangsbahnhofs. Sein optimaler Leistungsbereich liegt bei 41 bis 50 Zügen je Stunde und fällt danach langsam ab. Dagegen beschränkt sich der optimale Leistungsbereich des Kopfbahnhofs auf nur 28 bis 38 Zügen je Stunde; die Leistungskurve fällt zudem danach schnell ab. Beide Bahnhöfe sind somit in der Lage, auch die Zugzahlen des Betriebsszenarios A und des Szenarios E zu bewältigen. Bei einer weiteren Steigerung der Zugzahlen in fernerer Zukunft stößt aber nur der Kopfbahnhof rasch an Grenzen.
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Bedeutung schon für die Szenarien A und E hat diese Betrachtung zudem und aktuell für Fälle, in denen viele Züge verspätet in den Hauptbahnhof einfahren. Denn hierbei gelingt es im Durchgangsbahnhof wesentlich schneller, solche vielfachen Verspätungen abzubauen. Grund dafür ist, dass Züge, die (zunächst) in gleicher Richtung ausfahren, den Durchgangsbahnhof eher gleichzeitig verlassen können als den Kopfbahnhof. Denn im Kopfbahnhof wird die Möglichkeit gleichzeitiger Ausfahrt durch die zur Vermeidung von Fahrbahnausschlüssen sinnvollerweise errichteten Überwerfungsbauwerke eingeschränkt.
99 
Soweit gegen diesen Vergleich eingewandt wird, der Gutachter sei für den Kopfbahnhof von längeren Mindesthaltezeiten als im Durchgangsbahnhof ausgegangen, kann auch hier offen bleiben, ob insoweit die unterschiedlichen Sollhaltezeiten der Beigeladenen für Durchgangsbahnhöfe und Kopfbahnhöfe zu Grunde gelegt werden dürfen, wofür der Gutachter technische und mit Blick auf den vom Zugführer im Kopfbahnhof zurückzulegenden Weg arbeitsrechtliche Gründe angeführt hat. Denn er hat jedenfalls nachvollziehbar bestätigt, dass sich die Kurve des Leistungsverhaltens des Kopfbahnhofs bei gleichen Haltezeiten zwar verschiebt, sich aber in der Form nicht wesentlich ändert, es somit dabei bleibt, dass die Aufnahmefähigkeit des Durchgangsbahnhofs größer ist, nach dem optimalen Bereich langsamer abnimmt und deshalb auch im Kopfbahnhof ein Verspätungsabbau weniger gut gelingt als in einem Durchgangsbahnhof.
100 
3.3 "K 21" drängt sich auch nicht deshalb als eindeutig vorzugswürdig auf, weil ein modernisierter Kopfbahnhof bessere Möglichkeiten biete, einen Integralen Taktfahrplan in weitgehendem Umfang zu verwirklichen.
101 
Insoweit kann offen bleiben, ob die Auffassung der Beigeladenen zutrifft, sie habe das entsprechende Ziel der Planung zulässigerweise auf die Beachtung einer Zwischenstufe des Integralen Taktfahrplans beschränken dürfen, so dass eine darüber hinausgehende Tauglichkeit von "K 21" für einen Integralen Taktfahrplan im Alternativenvergleich unbeachtlich sei. Denn jedenfalls erscheint die Möglichkeit, einen weitergehenden Integralen Taktfahrplan zu verwirklichen, unter den Bedingungen des Netzknotens Stuttgart nicht als ein wesentlicher Vorteil von "K 21" gegenüber „S 21“.
102 
Wie bereits im Rahmen der Prüfung der Planrechtfertigung ausgeführt, ist der Beigeladenen und der Beklagten nicht etwa im Sinne eines Planungsleitsatzes aufgegeben, Eisenbahninfrastrukturmaßnahmen mit dem Ziel zu planen bzw. zu ermöglichen, einen möglichst umfassenden Integralen Taktfahrplan zu gewährleisten. Insoweit gibt es auch kein Optimierungsgebot, welches andere verkehrliche Ziele zurückdrängen könnte. Dass dies für große Knoten mit der Netzstruktur Stuttgarts auch nicht sinnvoll wäre, hat der Gutachter Prof. Dr.-Ing. H. in seinen „Ergänzenden betrieblichen Untersuchungen, Teil I: Integraler Taktfahrplan Betriebsprogramm für Stuttgart 21“, 1997, sowie in seiner Stellungnahme zur Klagebegründung in den Verfahren wegen des Planfeststellungsabschnitts 1.1 vom 01.06.2005 überzeugend aufgezeigt. Bei einem Netzknoten der Größe Stuttgarts mit einer Vielzahl zulaufender Strecken, welche weit vor dem Hauptbahnhof gebündelt werden, ist ein vollständiger Integraler Taktfahrplan, der im Hauptbahnhof zu bestimmten Taktzeiten das Umsteigen jeweils von und auf sämtliche fünfzehn oder mehr Fern- und Regionalverbindungen erlaubt, nicht möglich, jedenfalls nicht sinnvoll, weil für einzelne Linien zu lange Haltezeiten am Bahnsteig (beim Zulauf aus Norden von Zuffenhausen von bis zu 28 min) entstehen. Die dagegen erhobenen Einwände greifen nicht durch.
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Soweit im Sinne einer theoretischen Betrachtung verdeutlicht werden soll, dass unter Einhaltung bestimmter Bedingungen die Haltezeiten und damit die Ausdehnung des Taktknotens gegenüber der Darstellung des Gutachters deutlich verkürzt werden könnten (beim Zulauf von Zuffenhausen auf 18 bzw. 19 min) und deshalb sogar ein vollkommener Integraler Taktfahrplan für 15 Linien des Fern- und des Regionalverkehrs im modernisierten Kopfbahnhof möglich sei, vermag dem der Senat nicht zu folgen. Ungeachtet des Umstands, dass den jeweiligen Darstellungen der Kläger und von Prof. Dr.-Ing. H. für einen vollkommenen Integralen Taktfahrplan im Kopfbahnhof nicht genau dieselben Fahrwege zu Grunde liegen, wird eine Verringerung der Haltezeiten nur bei „K 21“ erreicht, indem er das von Prof. Dr.-Ing. H. als grundlegend bezeichnete und zur Erhaltung eines Taktfahrplans in den entfernteren Nachbarknoten wesentliche Symmetrieprinzip verlässt, einige Züge zur gleichen Zeit ein- bzw. ausfahren lässt, was im Kopfbahnhof Stuttgart nur auf einem Gleis für die Gegenrichtung möglich ist und von der Beigeladenen grundsätzlich aus Sicherheitserwägungen und wegen der Störungsanfälligkeit für den Regelbetrieb abgelehnt wird, und indem er die Abfahrtszeiten von 3 min auf 2 min verkürzt, wogegen die Beigeladene begründet einwendet, dass bei einem so geringen Ausfahrtsabstand geringe Verspätungen eines Zuges bei anderen Zügen zu Folgeverspätungen (auch im Netz) führen müssten. Soweit in der mündlichen Verhandlung wegen des Planfeststellungsabschnitts 1.1 darauf verwiesen worden ist, dass in der Schweiz im Abstand von 2 min aus Kopfbahnhöfen ausgefahren werde, braucht der Senat nicht zu klären, ob dies zutrifft und ggf. auf Besonderheiten beruht. Denn für den Alternativenvergleich sind die im Inland üblichen Bedingungen zu Grunde zu legen, von denen zu erwarten ist, dass sie im maßgeblichen Prognosehorizont gelten. Wenn aus Sicherheitsgründen und zur Vermeidung von Störungen im Betrieb insoweit längere Regelfolgezeiten für ausfahrende Züge als in anderen Staaten bestehen, ist dies hinzunehmen.
104 
Auch der allgemeine Hinweis auf die Verwirklichung eines Integralen Taktfahrplans in der Schweiz, insbesondere im Kopfbahnhof Zürich, vermag die Beurteilung des Gutachters Prof. Dr.-Ing. H. nicht zu erschüttern. Dieser ebenso wie Prof. Dr.-Ing. M. haben darauf hingewiesen, dass auch in der Schweiz ein vollständiger Integraler Taktfahrplan nur an ausgewählten Knoten besteht, wobei der Knoten Zürich insoweit bevorzugt werde. Im Übrigen ist gerichtsbekannt und von Prof. Dr.-Ing. M. in der mündlichen Verhandlung wegen des Planfeststellungsabschnitts 1.1 erwähnt worden, dass geplant ist, den Hauptbahnhof Zürich durch den Bau eines (zusätzlichen) Durchgangsbahnhofs zu entlasten.
105 
Der dennoch bleibenden Möglichkeit, im modernisierten Kopfbahnhof einen weitergehenden Integralen Taktfahrplan zu verwirklichen als im achtgleisigen Durchgangsbahnhof gemäß der Antragsplanung, in dem gleichzeitig nur vier Linien (in beide Richtungen) zur gleichen Zeit halten können, hält die Beigeladene als wesentlichen Nachteil entgegen, dass die Vertaktung bestimmter Linien im Kopfbahnhof, wie sie bei „S 21“ möglich sei, bei „K 21" nicht gelinge, weil die Züge in den Außenknoten nicht zu Taktzeiten abfahren könnten. Dies wird nicht substantiiert bestritten. Im Übrigen sind die Haltezeiten auch bei der Verknüpfung von nur vier Linien im Kopfbahnhof länger als im Durchgangsbahnhof und nehmen mit jeder weiteren Linie zu. Wird der Fahrplan jeweils getrennt für den Regionalverkehr und den Fernverkehr voll vertaktet, ergeben sich auch hier jeweils teilweise längere Wartezeiten für die Weiterfahrenden bzw. die Umsteigenden.
106 
3.4 Deutlich überlegen ist „S 21“ auch hinsichtlich der Anbindung des Landesflughafens, der Neuen Messe und der Filderregion.
107 
Dies gilt auch dann, wenn man nicht mit der Beigeladenen davon ausgeht, dass der Anbindung des Landesflughafens an die Neubaustrecke wegen des Berücksichtigungsgebots in § 3 Abs. 2 Satz 2 BSchwAG und der Entscheidung Nr. 1692/96/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23.07.1996 über gemeinschaftliche Leitlinien für den Aufbau eines transeuropäischen Verkehrsnetzes (ABl. L 228 vom 09.09.1996 S. 1, berichtigt ABl. L 15 vom 17.01.1997 S. 1) eine ausschlaggebende Bedeutung zukommt, weil nach deren Anhang II Abschnitt 3 als Infrastrukturmaßnahme von gemeinsamem Interesse jedes der die im Anhang I genannten Verbindungen, darunter auch die Verbindung Mannheim - Stuttgart - Ulm, betreffende Vorhaben gilt, das sich auf die Verknüpfung mit den Netzen anderer Verkehrsträger bezieht. Denn letztlich erkennen auch die Befürworter von „K 21“ die Bedeutung der Einbindung des Landesflughafens in das transeuropäische Netz mit dem Anschluss an die Neubaustrecke an, indem "K 21" den Landesflughafen über eine Stichstrecke vom „Scharnhauser Dreieck“ her erschließt und die Züge, die den Landesflughafen von der Neubaustrecke von Osten her anfahren, dort nicht wenden, sondern über die Gleise der Filderbahn und der Gäubahn in den Kopfbahnhof fahren sollen. Aus diesem Grund braucht der Senat auch nicht der Frage nachzugehen, ob die Zahl der Reisenden, die mit Zügen des Regional- und des Fernverkehrs zum Landesflughafen gelangen, hinreichend groß ist, um dessen Anbindung an die Neubaustrecke zu rechtfertigen und ihr in der Abwägung ein großes Gewicht zu geben. Vor allem erschöpft sich die Bedeutung des bei „S 21“ aus zwei Stationen bestehenden Filderbahnhofs/Landesflughafen nicht in der Erschließung des Landesflughafens durch den Regional- und den Fernverkehr für Besucher, Beschäftigte und Fluggäste. Vielmehr kommt ihm nach der Zahl der künftigen Benutzer eine in etwa gleichrangige Bedeutung für die Neue Messe, für die Filderregion und als den Hauptbahnhof Stuttgart entlastende Umsteigestation für den Fern- und den Regionalverkehr zu. Die Auswertung der Fahrgastströme gemäß dem Gutachten der Firma Intraplan und des Verkehrswissenschaftlichen Instituts der Universität Stuttgart vom August 1999 ergibt eine Gesamtnutzerzahl der beiden Bahnstationen von 36.130 Personen/Tag ohne Messe und von 49.640 Personen/Tag mit Messe (am 2. Veranstaltungstag).
108 
Die somit letztlich unstreitig an sich vorteilhafte und für die Modernisierung des Netzknotens Stuttgart wesentliche Anbindung des Landesflughafens, der Neuen Messe und der Filderregion gelingt „S 21“ deutlich besser. „S 21“ erweitert die Haltemöglichkeiten am Landesflughafen bzw. an der Neuen Messe für den Fern- und den Regionalverkehr für den künftigen Bedarf. „K 21" will sich demgegenüber mit der vorhandenen S-Bahn-Station „Terminalbereich“ zufrieden geben, die jedoch wie die folgende Strecke über die Filderbahn und die Gäubahn zum Kopfbahnhof in ihrer Aufnahmefähigkeit auf bis zu 9 Züge je Richtung beschränkt ist; halten könnten, neben der S-Bahn etwa der IC Zürich - Stuttgart und die Züge von zwei zusätzlichen Regionalverbindungen. Die von der Beigeladenen genannte Zahl von 13 bis 14 Zügen je Richtung kann dort jedoch nicht bewältigt werden. Der Streckenteil bis zum Kopfbahnhof genügt im Übrigen schon wegen der Streckenführung nicht den Anforderungen an einen Hochgeschwindigkeitsbetrieb und führt zudem durch Wohnbebauung. Schließlich müsste die S-Bahn-Station aus der insoweit maßgeblichen Sicht der Beigeladenen für den Halt von ICE-3-Zügen in Doppeltraktion mit einer Länge von 400 m ausgebaut werden, da die vorhandenen Bahnsteige hierfür nicht ausreichen. Dies wäre jedoch nicht bzw. nur mit hohem Aufwand möglich, weil die S-Bahn-Station „Terminalbereich“ unter dem Terminal errichtet ist. Bei einem Verzicht auf diesen Ausbau könnten am Landesflughafen nur kurze ICE-Züge halten; eine solche Beschränkung braucht die Beigeladene nicht hinzunehmen, auch wenn sie plant, dass nur jeder dritte Fernzug der Verbindung Mannheim - Ulm am Landesflughafen halten soll.
109 
Hinzu kommt: Bei "K 21" ergeben sich für den Fernverkehr Mannheim - Ulm, aber auch für den Regionalverkehr, deutlich längere Fahrzeiten für die Züge, die am Landesflughafen halten und nicht über das „Scharnhauser Dreieck“ auf der Neubaustrecke über Esslingen-Mettingen zum Kopfbahnhof gelangen. Die Nachteile bei den Fahrtzeiten können im Alternativenvergleich nicht mit der Erwägung ausgeglichen oder gemindert werden, die „Station Neubaustrecke“ liege von der zum Regional- und Fernbahnhof erweiterten S-Bahn-Station „Flughafen“ etwa 150 m entfernt und die an der „Station Neubaustrecke“ ankommenden Reisenden hätten zum Terminal einen Fußweg von 250 m zurückzulegen, für den sie mindestens 5 min benötigten, welche den Fahrzeiten im Vergleich mit denen von „S 21“ zuzuschlagen seien. Denn dieser Fußwegnachteil besteht nur in bestimmten Fällen, wird aber etwa für an der „Station Neubaustrecke“ ankommende Reisende, deren Ziel die unmittelbar angrenzenden Neuen Messe ist, zum Vorteil. Auch für Umsteiger vom motorisierten Individualverkehr auf den Regional- und den Fernverkehr kann die „Station Neubaustrecke“ je nach Lage der notwendigen Parkplätze einen Fußwegvorteil begründen. Im Übrigen wäre bei einer Einbeziehung von Fußwegen in einem umfassenden Vergleich der Reisezeiten auch zu berücksichtigen, dass der Kopfbahnhof bei Bahnsteiglängen von über 400 m seinerseits Fußwegnachteile gegenüber „S 21“ aufweist. Fahrtzeitennachteile ergeben sich zudem auch für die nicht am Landesflughafen haltenden Züge, weil die Strecke über Esslingen-Mettingen zum Kopfbahnhof länger ist als die Strecke durch den „Fildertunnel“ zum Durchgangsbahnhof und weil die Züge nicht vergleichsweise schnell in den Kopfbahnhof einfahren können und dort längere Haltezeiten haben.
110 
3.5 In nicht zu beanstandender Weise hat der Planfeststellungsbeschluss dem Umstand, dass die Antragsplanung keinen Ersatz für den Zentralen Omnibusbahnhof am Hauptbahnhof vorsieht, dessen Flächen zunächst der Baulogistik dienen und dann dem Schlosspark zugeschlagen werden, keine erhebliche Bedeutung im Alternativenvergleich beigemessen. Denn ob die Landeshauptstadt Stuttgart in der Nähe eines neuen Hauptbahnhofs einen neuen Zentralen Omnibusbahnhof vorsieht, obliegt allein ihr als Trägerin der Bauleitplanung. Soweit am Zentralen Omnibusbahnhof auch öffentliche Linien halten, werden für diese auch am Durchgangsbahnhof Haltestellen vorgesehen. Mit Blick auf die den vorhandenen Zentralen Omnibusbahnhof ganz überwiegend nutzenden privaten Buslinien in andere europäische Staaten erscheint die Nähe zum Hauptbahnhof im Übrigen nicht ohne Weiteres als wesentlicher Umstand. Die Beigeladene weist insoweit darauf hin, dass die Reisenden häufig von Angehörigen oder Bekannten mit dem Pkw dorthin gebracht werden. Insofern könnte auch ein sonstiger, Parkmöglichkeiten und die Erreichbarkeit mit dem öffentlichen Personennahverkehr bietender Standort sinnvoll sein, auch zur Entflechtung des Verkehrs in der Umgebung des Hauptbahnhofs.
111 
3.6 Dass „K 21" anders als „S 21“ uneingeschränkt den Regelbetrieb mit Dieseltriebfahrzeugen im Hauptbahnhof zulässt, ist zwar ein gewisser, aber nicht mit großem Gewicht in die Abwägung einzustellender Vorteil. Es ist fraglich, ob insoweit künftig überhaupt eine Nachfrage bestehen wird; nicht fernliegend ist überdies, dass die entsprechenden Beschränkungen für den Durchgangsbahnhof aufgrund der technischen Entwicklung abgasärmerer Fahrzeuge entfallen werden. Ebensowenig können für den Alternativenvergleich fahrdynamische und damit Energie- und Kostengesichtspunkte entscheidend (neben anderem) ins Gewicht fallen, die sich daraus ergeben, dass bei „S 21“ alle Züge durch den Fildertunnel auf vergleichsweise kurzer Strecke den Aufstieg zum Filderbahnhof/Landesflughafen bewältigen müssen, während bei „K 21" der Anstieg insgesamt flacher verläuft und für die Züge, die nicht am Landesflughafen halten, auch geringer ist, weil das „Scharnhauser Dreieck“ nicht dieselbe Höhe über NN erreicht.
112 
3.7 Auch der Senat hält die betriebliche Flexibilität, die der in eine Ringstrecke eingebettete Durchgangsbahnhof ermöglicht, für einen wesentlichen Vorteil von „S 21“. Es ist zwar richtig, dass die Antragsplanung es nicht zulässt, auf allen Zulaufstrecken in beide Richtungen in den Ring einzufahren. Ausgeschlossen ist dies bei der Anfahrt aus dem Fildertunnel, die nur zum Durchgangsbahnhof, aber nicht nach Bad Cannstatt erfolgen kann; aus Zuffenhausen würde die variable Einfahrt in den Ring den Bau der „T-Spange“ nach Bad Cannstatt voraussetzen. Dennoch besteht diese Möglichkeit an einigen Knoten des Rings und schafft so die Voraussetzungen für einen im Regelfall und bei Störungen variablen Betrieb. Diesen Vorteil bietet ein modernisierter Kopfbahnhof auch dann nicht, wenn sämtliche Fahrstraßenausschlüsse durch Überwerfungsbauwerke beseitigt sind, weil sich die geringe Zahl der Gleise für die Ausfahrt und die fehlende gegenseitige Vertretbarkeit nicht ändern. Dabei führen gerade die zur Vermeidung von Fahrstraßenausschlüssen sinnvollen Überwerfungsbauwerke, wie Prof. Dr.-Ing. M. in der mündlichen Verhandlung wegen des Planfeststellungsabschnitts 1.1 überzeugend ausgeführt hat, dazu, dass die Flexibilität des vorhandenen Kopfbahnhofs eingeschränkt wird. Unerheblich erscheint in diesem Zusammenhang der Einwand, die Beibehaltung des Kopfbahnhofs biete wegen der Nähe des vorhandenen Abstellbahnhofs Vorteile. Denn die Flexibilität von „S 21“ wird nicht dadurch eingeschränkt, dass der Abstellbahnhof Untertürkheim vom Durchgangsbahnhof 2,3 km entfernt ist, zumal die Züge auf dieser Strecke schneller fahren können als im Kopfbahnhof und der neue Abstellbahnhof so gebaut werden kann, dass dort weniger Fahrwege anfallen. Insoweit muss der Senat deshalb nicht dem weiteren Vorbringen der Beigeladenen nachgehen, dass bei „S 21“ ohnehin mehr Regionalzüge durchgebunden bzw. bis nach Bad Cannstatt geführt werden könnten, so dass sie den neuen Abstellbahnhof gar nicht oder auf kürzerer Strecke anfahren würden.
113 
Auch unter dem Gesichtspunkt einer Entmischung der Eisenbahnverkehrsarten erscheint „K 21" der Antragsplanung gegenüber nicht als vorzugswürdig. Es wird insoweit darauf hingewiesen, dass die Leistungsfähigkeit des Fildertunnels eingeschränkt sei, weil er sowohl vom Fern- als auch vom Regionalverkehr befahren werde. Die Nutzung durch beide Verkehrsarten ändert aber nichts daran, dass die Leistungsfähigkeit des Fildertunnels, die mit 10,5 Zügen/Stunde angenommen wird, für die Betriebsszenarien A und E ausreicht und auch die weitere Zukunftsfähigkeit von „S 21“ nicht ausschließt, weil der Zulauf aus dieser Richtung auch dann geringer sein wird als der von Westen und Norden. In der Zahl von 10,5 Züge/Stunde kommt im Übrigen der in der mündlichen Verhandlung erörterte Umstand zum Ausdruck, dass die Züge dort mit unterschiedlicher Geschwindigkeit fahren, je nachdem, ob es sich um Regional- oder um Fernverkehrszüge handelt und ob diese von Ulm kommend direkt zum Durchgangsbahnhof gelangen oder am Filderbahnhof/Landes-flughafen halten. „S 21“ gelingt die Entmischung vom S-Bahn-Verkehr dagegen im Regelbetrieb vollständig; die S-Bahn soll nur im Störungsfall den Durchgangsbahnhof und den Fildertunnel benutzen können. Erreicht wird von „S 21“ im Übrigen eine Entmischung der Verkehre, weil der Fernverkehr auf der Strecke Stuttgart - Ulm nicht mehr über Bad Cannstatt auf der auch vom Güterverkehr stark beanspruchten Neckartaltrasse geführt werden muss. Dies ist bei „K 21" bis Esslingen-Mettingen jedoch der Fall. Außerdem kommt es bei „K 21“ auf der Filderbahn- und auf der Gäutalbahnstrecke zu einer insbesondere den Fernverkehr behindernden zusätzlichen Mischung der Verkehre, bei „S 21“ ist dies nur für den Streckenteil zwischen Rohr und dem Landesflughafen und nur für Fern- und Regionalverbindungen über Böblingen der Fall.
114 
In diesem Zusammenhang ist für den Alternativenvergleich auch der von der Beigeladenen im Klagverfahren vorgelegte, oben erwähnte „Vergleich der Leistungsfähigkeiten und des Leistungsverhaltens des neuen Durchgangsbahnhofs (S 21) und einer Variante des umgestalteten Kopfbahnhofs (K 21) im Rahmen der Neugestaltung des Stuttgarter Hauptbahnhofes“, 2005, von Prof. Dr.-Ing. M. von Bedeutung. Darin wird aufgrund einer Betriebssimulation auch die Störungsempfindlichkeit beider Alternativen anhand von 200 gestörten Fahrplänen überprüft. Für „S 21“ ergab sich ein „gutes“ Verspätungsniveau, für „K 21" ein nur mangelhaftes. Methodische Einwände gegen dieses Beurteilungsverfahren werden nicht erhoben. Eingewendet wird lediglich, dass für den Kopfbahnhof zu hohe Mindesthaltezeiten angenommen würden. Nach den überzeugenden Angaben des Gutachters in der mündlichen Verhandlung wegen des Planfeststellungsabschnitts 1.1 beruht der nur mangelhafte Verspätungsabbau bei „K 21“ jedoch nicht ausschlaggebend auf diesen Mindesthaltezeiten, sondern darauf, dass - wie oben ausgeführt - der Durchgangsbahnhof flexibler ist als der Kopfbahnhof.
115 
3.8 Soweit „K 21" als eindeutig vorzugswürdig dargestellt wird, weil in einem modernisierten Kopfbahnhof Störungen des S-Bahn-Betriebs aufgefangen werden könnten, nicht aber im Durchgangsbahnhof bei „S 21“, erscheint dieser Gesichtspunkt dem Senat nicht als wesentlich. Der Gutachter Prof. Dr.-Ing. M., auf dessen in den Klageverfahren wegen des Planfeststellungsabschnitts 1.1 vorgelegte Stellungnahme vom 02.06.2005 die Beigeladene insoweit Bezug nimmt, hat nämlich zutreffend bemerkt, dass die S-Bahn in Stuttgart eine sehr hohe Pünktlichkeit von über 98% aufweist, eventuell gegebene Engpässe, insbesondere im am stärksten belasteten S-Bahn-Tunnel unter dem Hauptbahnhof, vorrangig im eigenen Streckennetz behoben werden müssten und mit vergleichsweise geringem Aufwand behoben werden könnten und dass eine außerplanmäßige Mitbenutzung des Kopfbahnhofs durch die S-Bahn dort zu Betriebsstörungen führen kann. Der Planfeststellungsbeschluss geht dennoch davon aus, dass eine entsprechende Eignung im Alternativenvergleich erheblich sein könne, nimmt aber an, dass bei „S 21“ die S-Bahn durch den Durchgangsbahnhof und den Fildertunnel zum Landesflughafen geführt werden könnte, und verweist außerdem auf die geplante neue S-Bahn-Haltestelle „Mittnachtstraße“, die ein Wendegleis erhalten soll. Die Beigeladene sieht es im Übrigen nachvollziehbar als Vorteil an, dass im Störungsfall der mögliche Übergang der S-Bahn in den Ringverkehr für die Fern- und die Regionalbahn weiter außen liegt, weil so auch Störungen auf den dazwischen liegenden Strecken aufgefangen werden könnten; demgegenüber wird eingewandt, die Nähe der maßgeblichen letzten Weiche der S-Bahn zum Kopfbahnhof lasse eine schnellere Reaktion auf Störungen im am ehesten überlasteten S-Bahn-Tunnel zu. Die unterschiedlichen Standpunkte machen bereits deutlich, dass die Konzepte der Beteiligten zur Nutzung der Fernbahn- und der Regionalbahngleise bei S-Bahn-Störungen je nach Art und Ort der Störung jeweils Vor- und Nachteile bieten, so dass jedenfalls ein eindeutiges Überwiegen von „K 21" auch insoweit nicht festgestellt werden kann.
116 
Im Übrigen ist der Einwand, in diesem Zusammenhang beachtliche Störungen im S-Bahn-Betrieb kämen sehr viel häufiger als drei bis viermal im Jahr vor, nicht substantiiert belegt worden. Zwar hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers im Verfahren 5 S 847/05 berichtet, dass allein von ihm benutzte S-Bahn-Züge im letzten halben Jahr etwa zehnmal vor dem S-Bahn-Tunnel aus dem Fahrstrom genommen, in den Kopfbahnhof geführt und erst zur Rückfahrt wieder in den Taktverkehr eingegliedert worden seien. Dass dies häufiger vorkommt, entspricht auch der Erfahrung des Klägers in jenem Verfahren, der Leiter des Hauptbahnhofs Stuttgart war. Jedoch steht für solche Fälle, in denen ein Auflaufen von Zügen im S-Bahn-Tunnel durch die Ausgliederung (nur) eines Zuges behoben werden kann, bei „S 21“ gerade das Wendegleis an der neuen S-Bahn-Station „Mittnachtstraße“ zur Verfügung. Dass den betroffenen Fahrgästen insoweit angesonnen wird, bis zur nahe gelegenen Stadtbahnstation (U 12) zu gehen, um von dort zu ihrem Ziel in der Innenstadt zu gelangen, während sie bei einer Umleitung in den Kopfbahnhof diesem Ziel näher kommen, erscheint in der Abwägung nicht als erheblich, zumal zusätzlich die Möglichkeit besteht, die betroffenen S-Bahn-Züge bis in den Durchgangsbahnhof zu führen, von wo aus die Fahrgäste ebenfalls auf die Stadtbahn umsteigen oder ihr Ziel in der Innenstadt (auf kürzerem Weg als im Kopfbahnhof) erreichen können.
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Auch die Einwände zur Störungsanfälligkeit von „S 21“ aus sonstigen Gründen und zu den entsprechenden Vorzügen von „K 21" sind letztlich unerheblich. Grundsätzlich sind solche Erwägungen im Alternativenvergleich unbeachtlich, wenn die Antragsplanung, ggf. in Verbindung mit von der Planfeststellungsbehörde auferlegten Nebenbestimmungen im Planfeststellungsbeschluss, den durch eine bestimmte Bauweise entstehenden besonderen Gefahren durch Sicherheitsvorkehrungen Rechnung trägt. Dass dies nicht in ausreichendem Umfang geschehen sei, wird nicht substantiiert vorgetragen.
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3.9 Unstreitig erreicht die Antragsplanung das „weitere Ziel“ der Gewinnung städtebaulicher Entwicklungsflächen in weitaus größerem Ausmaß als „K 21". Bei dieser werden lediglich kleinere (Abstell-)Flächen im Äußeren Nordbahnhof und im jetzigen Abstellbahnhof frei, wobei für letztere unklar ist, inwieweit sie überhaupt einer sinnvollen anderen städtebaulichen Nutzung zugeführt werden könnten. Unerheblich ist insoweit, dass „K 21" auf die im Bereich des früheren Stückgutbahnhofs gelegene Fläche „A 1“ verzichten kann. Denn diese Fläche benötigt auch „S 21“ nicht. Sie ist überdies bereits eisenbahnrechtlich entwidmet und teilweise bebaut. Zugleich erreicht nur „S 21“ eine Beseitigung der Trennwirkung der Bahnanlagen im Stuttgarter Talkessel. Unerheblich für den Alternativenvergleich ist, in welcher Weise die freiwerdenden Fläche (möglicherweise oder voraussichtlich) künftig baulich genutzt werden.
119 
3.10 Zumindest im Ergebnis rechtsfehlerfrei bezieht der Planfeststellungsbeschluss auch alle sonstigen wesentlichen Gesichtspunkte in den Alternativenvergleich ein. Die Beklagte hat insbesondere nicht verkannt, dass „S 21“, auch während der langen Bauzeit, mit erheblichen Eingriffen verbunden ist, die insbesondere Kulturdenkmale, das Stadtbild, Natur und Landschaft, das Grund-, Heil- und Mineralwasservorkommen sowie privates Eigentum betreffen und die bei "K 21" als einer (erweiterten) Beibehaltungsalternative (naturgemäß) teilweise geringer ausfallen. Der Senat vermag sich insoweit insbesondere nicht dem Einwand anzuschließen, der Planfeststellungsbeschluss zum Abschnitt 1.1 schätze die Eingriffe in Natur und Landschaft falsch ein, weil er davon ausgehe, dass diese ausgeglichen bzw. durch Ersatzmaßnahmen kompensiert würden. In der entsprechenden Formulierung des Planfeststellungsbeschlusses kommt nicht etwa zum Ausdruck, dass die Behörde die Eingriffe insoweit als unerheblich oder gering bewertet habe. Vielmehr versteht der Senat sie dahin, dass der Planfeststellungsbeschluss darauf hinweisen will, die in der Umweltverträglichkeitsprüfung sorgfältig ermittelten und bewerteten Eingriffe würden (überwiegend) mit einem Zugewinn an unversiegelter Fläche im Innenstadtbereich an Ort und Stelle ausgeglichen und im Übrigen durch Ersatzmaßnahmen (im Mussenbachtal) kompensiert. Dies hat im Alternativenvergleich durchaus Gewicht. Dasselbe gilt etwa für die Eingriffe in Schutzschichten für das Grund- und Mineralwasser und das entsprechende, umfassende Schutzkonzept im Planfeststellungsbeschluss. Dass dieses nicht ausreichend wäre, wird nicht substantiiert geltend gemacht. Sofern der Behörde insoweit Fehlgewichtungen unterlaufen sein sollten, bestünde jedenfalls nach dem Verlauf der Planung und nach dem Inhalt der Akten nicht die konkrete Möglichkeit, dass der Alternativenvergleich im Rahmen der Abwägung gegen „S 21“ ausgefallen wäre (vgl. § 20 Abs. 7 Satz 1 AEG).
120 
3.11 Rechtlich unbedenklich ist, dass im Planfeststellungsbeschluss ausgeführt wird, die Kosten des Projekts stellten insoweit einen öffentlichen Belang dar, als die Finanzierungsbeiträge der öffentlichen Hand dem Gebot der wirtschaftlichen und sparsamen Haushaltsführung unterlägen; insoweit bestehe aber ein politischer Handlungs- und Entscheidungsspielraum der Geldgeber, der nicht Gegenstand des Planfeststellungsverfahrens sei.
121 
Zwar kann nach der Rechtsprechung zu den von einem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belangen, die bei der fachplanerischen Abwägung zu berücksichtigen sind, auch das Interesse an einer kostengünstigen Lösung gehören. Es kann - wegen des Gebots der sparsamen und wirtschaftlichen Mittelverwendung (vgl. § 7 Abs. 1 Satz 1 BHO) - als gegenläufiger Belang zum Interesse eines Grundstückseigentümers, nicht enteignend in Anspruch genommen zu werden, berücksichtigt werden und auch für die Auswahl unter mehreren Trassenvarianten ausschlaggebend sein (BVerwG, Beschl. v. 30.09.1998 - 4 VR 9.98 - Buchholz 407.4 § 17 FStrG m.w.N.; Urt. v. 31.01.2002 - 4 A 15.01 - (Wakenitzniederung) Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 168 = NVwZ 2002, 1103). Vor diesem Hintergrund stellt es zum Beispiel keinen Abwägungsmangel dar, wenn die Planfeststellungsbehörde davon absieht, zur Vermeidung nachteiliger Wirkungen auf Rechte anderer eine wesentliche Änderung des Vorhabens zu verlangen, die von dessen Träger unverhältnismäßige, nicht mehr vertretbare Aufwendungen erfordern würde. Bei welcher Höhe dies anzunehmen ist, kann grundsätzlich nicht losgelöst von der objektiven Gewichtigkeit der zu schützenden, vom Vorhaben nachteilig betroffenen Belange beurteilt werden und bestimmt sich nach den Umständen des Einzelfalls (BVerwG, Urt. v. 31.01.2001 - 11 A 6.00 - < Berliner Ring-S-Bahn > Buchholz 316 § 74 VwVfG Nr. 56 = NVwZ-RR 2001, 352). Dementsprechend kann sich eine Planfeststellungsbehörde im Rahmen der Alternativenprüfung aus Kostengründen „als zentralem Argument“ für die Trasse einer Antragsplanung, etwa einer Ortsumgehung, entscheiden, obwohl diese im Hinblick auf Eingriffe in Natur und Landschaft und die Betroffenheit landwirtschaftlicher Betriebe erheblich nachteiliger ist als eine insoweit schonendere, aber erhebliche teurere Variante (vgl. Senatsurt. v. 14.12.2000 - 5 S 2716/99 - < B 29 - Mögglingen > VBlBW 2001, 362 zu einer geforderten Tunnellösung; Senatsurt. v. 11.02.2004 - 5 S 384/03 - < Rheintalbahn > UA S. 103 ff. zur geforderten Tieferlegung einer Bahntrasse zur Minderung der Zerschneidungswirkung in geschlossener Ortslage). Dieser Rechtsprechung liegen aber jeweils Fälle zu Grunde, in denen ein Vorhabenträger der behaupteten Vorzugswürdigkeit einer Alternativtrasse mit dem Argument entgegengetreten ist, diese sei deutlich teurer als die Trasse der Antragsplanung. Insoweit ist ein Kostenvorteil für abwägungserheblich zugunsten einer Antragsplanung gehalten worden, weil es im öffentlichen Interesse liegt, dass der Vorhabenträger Verkehrswege kostengünstig baut (vgl. auch § 41 Abs. 2 BImSchG).
122 
Der Alternativenvergleich zwischen „S 21“ und „K 21“ hat indes vom umgekehrten Sachverhalt auszugehen, nämlich von der Frage, ob die Planfeststellungsbehörde die aufwändigere Antragsplanung ablehnen darf, wenn es eine kostengünstige Alternative gibt und ob dies auch dann gilt, wenn die Alternativlösung nicht alle legitimen Ziele der Planung gleichermaßen erreicht. Der Senat verneint diese Frage, jedenfalls auf der Grundlage der im Rahmen der Überprüfung der Planrechtfertigung (oben Nr. 2) getroffenen Beurteilung, dass „K 21“ legitime Planungsziele verfehlt. Denn ob sich eine Alternative als eindeutig vorzugswürdig erweist, ist allein im Hinblick auf die Verwirklichung der Planungsziele und die sonstigen bei der Abwägung zu berücksichtigenden öffentlichen und privaten Belange zu beurteilen. Zu diesen gehören die Kosten des beantragten Vorhabens grundsätzlich nicht; die Prüfung des Kosten-Nutzen-Verhältnisses obliegt vielmehr ausschließlich dem Vorhabenträger und den sich an der Finanzierung beteiligenden Körperschaften im Rahmen ihrer Finanz- bzw. Haushaltsverantwortung (vgl., jedoch zur Planrechtfertigung, BVerwG, Urt. v. 08.07.1998 - 11 A 30.97 - Buchholz 442.09 § 20 AEG Nr. 21 = NVwZ 1999, 70). Insoweit steht gerade nicht in Frage, ob dem Vorhabenträger eine teurere Alternative zum Schutz von Belangen Dritter aufgedrängt werden darf, sondern ob der Vorhabenträger und die ggf. an der Finanzierung Beteiligten bereit sind, für die von ihnen erkannten Vorteile der Antragsplanung mehr Geld aufzuwenden. Dies unterstreicht auch die Überlegung, dass die Kosten eines Vorhabens ohnehin nur grob anhand der festgestellten Planungsunterlagen, im Übrigen aber erst anhand der dem Planfeststellungsbeschluss nachfolgenden Ausführungsplanung, welche zum Beispiel in erheblichem Umfang erst die technische und baugestalterische Ausstattung festlegt, zuverlässig ermittelt werden können.
123 
Der angestellte Kostenvergleich muss aber auch deshalb nicht der Alternativenprüfung im Rahmen der Abwägung zu Grunde gelegt werden, weil er nicht berücksichtigt und auch nicht berücksichtigen kann, dass „S 21“ Vorteile wie die Schaffung von städtebaulichen Entwicklungsmöglichkeiten am Rande der Stuttgarter Innenstadt, den Anschluss der Filderregion, des Landesflughafens und der Neuen Messe an das transeuropäische Netz, eine vollständig neue Eisenbahninfrastruktur im gesamten Eisenbahnknoten Stuttgart sowie erleichterte Betriebsbedingungen hat. Diese Vorteile erklären, weshalb sich neben den für die Errichtung von Eisenbahninfrastrukturanlagen Verantwortlichen, der Beigeladenen und der Beklagten, auch das Land Baden-Württemberg, die Landeshauptstadt Stuttgart und der Verband Region Stuttgart bzw. die Flughafen-Gesellschaft an den Kosten für „S 21“ beteiligen. Sie sind jedenfalls teilweise nicht nach herkömmlichen Maßstäben einer Kosten-Nutzen-Analyse für einen Verkehrsweg in Geld zu beziffern. Dass die - unterstellt höheren - Kosten von „S 21“ das Vorhaben unter diesen Gesichtspunkten haushalterisch rechtfertigen können, ist im Übrigen nicht ausgeschlossen oder auch nur fernliegend.
124 
Dennoch hat sich die Behörde im Planfeststellungsbeschluss zu den Kosten im Alternativenvergleich geäußert, wenn auch „nur wegen der breiten Diskussion“ und nur in überschlägiger Form. Diese Äußerungen erfassen insbesondere nicht die nach dem Erörterungstermin vorgestellte Fortentwicklung der Alternativen zu „K 21". Ob sie den rechtlichen Maßstäben für einen Kostenvergleich im allgemeinen (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 14.12.2000 - 5 S 2716/99 - a.a.O.) entsprechen, kann deshalb offen bleiben. Jedenfalls lässt sich ihnen aber entnehmen, dass die Behörde eine erhebliche Kostendifferenz zwischen „S 21“ und den Alternativen annimmt, etwa für die Alternative „LEAN“ Kosten von mindestens 1,6 Mia EUR, und mithin zugesteht, dass diese deutlich kostengünstiger als die Antragsplanung sind. Sie bemerkt allerdings auch, dass alle Alternativen umso teurer würden, je mehr sie die (verkehrlichen) Ziele der Planung im gleichen Umfang wie „S 21“, insbesondere einen vollwertigen Anschluss des Landesflughafens, der Neuen Messe und der Filderregion erreichen wollten. Diese Ausführungen machen deutlich, dass sich die erwähnten Alternativen (gerade bei einer weiteren Optimierung) aus der Sicht der Behörde auch aus Kostengründen nicht als eindeutig vorzugswürdig aufdrängen würden. Daraus ergibt sich, dass eine Fehleinschätzung der Kosten jedenfalls in einem weiten Rahmen keinen beachtlichen Abwägungsmangel begründen könnte (vgl. § 20 Abs. 7 Satz 1 AEG). Denn eine konkrete Möglichkeit, dass die Behörde bei einer anderen Einschätzung der Kosten zu einem anderen Ergebnis gekommen wäre, ist nach diesen Ausführungen gerade nicht ersichtlich.
125 
Der Unterschied der Kosten von „K 21" zu „S 21“ (2,81 Mia EUR) ist im Übrigen nicht so groß, wie behauptet wird. Insoweit kann dahinstehen, ob die Berechnungen der Beigeladenen insgesamt zutreffen, nach denen für „K 21" Kosten von 2,576 Mia EUR anfallen. Denn es ist nicht zweifelhaft, dass die Kosten für „K 21" in einer Ausführung, wie sie die Beigeladene für erforderlich halten darf, weil es ihr obliegt, eine Alternative zu optimieren und anhand der nach ihren Maßstäben erforderlichen Trassierungsparametern zu gestalten (BVerwG, Urt. v. 09.06.2004 - 9 A 11.03 < Michendorf > BVerwGE 121, 72 = NVwZ 2004, 795), weit jenseits des von den Befürwortern von „K 21“ angenommenen Betrags von bis zu 1,2 Mia EUR liegen. So können etwa die Kosten nicht außer Acht gelassen werden, die bei einer notwendig gewordenen (ggf. rückständigen) Sanierung von Überwerfungsbauwerken und Brücken entstünden; denn sie fielen bei „K 21“ tatsächlich an (vgl. Senatsurt. v. 11.02.2004 - 5 S 384/03 - a.a.O. UA S. 103). Nicht zu beanstanden ist jedenfalls im Grundsatz auch, dass die Beigeladene für das Bauen unter laufendem Betrieb für einzelne Anlagenteile deutlich höhere Zuschläge vorsieht, auch wenn nicht ausgeschlossen erscheint, dass durch eine Nutzung der Reserven des Kopfbahnhofs entsprechende Behinderungen und Verzögerungen der Bauarbeiten teilweise vermieden werden könnten. Dass bei „K 21“ zum Beispiel die Kosten für die Errichtung von Signalanlagen im Kopfbahnhof deutlich zu niedrig angesetzt sind, weil der Abstellbahnhof ganz außer Betracht geblieben ist, hat die mündliche Verhandlung wegen des Planfeststellungsabschnitts 1.1 ergeben. Deutlich höhere Kosten darf die Beigeladene aber auch für den Anschluss des Landesflughafens, der Neuen Messe und der Filderregion ansetzen. Sie muss sich bei einer Planung im Sinne von „K 21" nicht darauf verweisen lassen, auf eine Ertüchtigung der Gäubahnstrecke auch für die Aufnahme des Fernbahnverkehrs Mannheim - Ulm (soweit die Züge am Landesflughafen halten) oder auf einen Ausbau der S-Bahn-Station „Terminalbereich“ und auf den Bau des Filderbahnhofs zu verzichten. Zumindest müssten bei „K 21" die Kosten für eine Erweiterung der S-Bahn-Station „Terminalbereich“ mit den von der Beigeladenen üblicherweise für einen Fernbahnhof solcher Bedeutung für erforderlich gehaltenen Merkmalen, insbesondere einer ausreichenden Kapazität und Bahnsteiglänge, einbezogen werden. Es erscheint auch angesichts der von der Beigeladenen nach Kostenrichtwerten geschätzten Kosten nicht als zwingend, dass der von der Bundesrepublik Deutschland zugesagte Finanzierungsanteil von 453 Mio EUR ausreichte, den bei „K 21" geplanten Anschluss an die Neubaustrecke durch das Neckartal und den bei Esslingen-Mettingen beginnenden Tunnel bis Wendlingen zu errichten.
126 
4. Aus denselben Gründen ergibt sich, dass die Gesamtabwägung aller öffentlichen und privaten Belange zu Gunsten der Antragsplanung von „S 21“ rechtlich nicht zu beanstanden ist. Insbesondere sind die zahlreichen betroffenen öffentlichen und privaten Belange nicht in einer Weise zum Ausgleich gebracht worden, die zu ihrer objektiven Gewichtigkeit außer Verhältnis stünde; darauf ist die gerichtliche Prüfung des Abwägungsergebnisses aber beschränkt (BVerwG, Urt. v. 12.12.1969 - 4 C 105.66 - BVerwGE 34, 301; Urt. v. 05.07.1974 - 4 C 50.72 - BVerwGE 45, 309). Dies gilt auch für die Abwägung der Belange hinsichtlich des Zwischenangriffs „Sigmaringer Straße“.
127 
5. Fehlerfrei abgewogen hat die Beklagte dabei insbesondere die von allen Klägern geltend gemachte Betroffenheit durch Baulärm. Deshalb steht den Klägern insoweit auch nicht der hilfsweise erhobene Anspruch auf Planergänzung zu.
128 
5.1 Das schalltechnische Konzept zum Schutz gegen den vom Betrieb der Baustelle ausgehenden Lärm ergibt sich aus den Teilnummern von Nr. 2.2 der Nebenbestimmungen zum Planfeststellungsbeschluss. Die Vorhabenträgerin hat sicherzustellen, dass in allen Bereichen die Bestimmungen der AVV Baulärm eingehalten werden (Nr. 2.2.1). Aktive Schallschutzmaßnahmen werden ihr im Folgenden nur wenige und überwiegend in allgemeiner Form auferlegt (Nr. 2.2.7 und 2.2.10, dritter bis sechster Abschnitt). Dabei geht der Planfeststellungsbeschluss davon aus, dass die schalltechnische Untersuchung die maximal zu erwartenden Lärmpegel an den Immissionspunkten nach dem Prinzip der oberen Abschätzung bestimmt. Er behält sich deshalb die ggf. erforderlich werdende Anordnung konkreter aktiver Schallschutzmaßnahmen für den Fall vor, dass sie nach Vorlage der rechtzeitig vor Baubeginn zu fertigenden schalltechnischen Detailgutachten erforderlich sind (Nr. 2.2.4 und 2.2.6). Der Verfasser der Schallschutztechnischen Untersuchung Dipl.-Phys. F. hat in der mündlichen Verhandlung des Senats plausibel erläutert, dass diese Detailgutachten von wesentlich genaueren Parametern ausgehen können, etwa hinsichtlich der Emissionen der konkret eingesetzten Maschinen, des Orts ihrer Aufstellung oder der bis dahin näher geklärten, abgestimmten Betriebsabläufe. Ergänzend werden im Planfeststellungsbeschluss für alle schutzwürdigen Räume mit bestimmten Maßgaben passive Schallschutzmaßnahmen angeordnet (Nr. 2.2.7 Absatz 2 und 3) und für den Fall, dass weitergehende Schutzmaßnahmen technisch nicht möglich oder mit verhältnismäßigem Aufwand nicht verwirklichbar sind, der Vorhabenträgerin aufgegeben, eine angemessene Entschädigung in Geld zu zahlen.
129 
5.2 Rechtliche Grundlage für dieses Schutzkonzept ist in Ermangelung einer speziellen gesetzlichen Regelung für die Zumutbarkeit von Baustellenlärm § 74 Abs. 2 Satz 2 und 3 VwVfG. Danach hat die Planfeststellungsbehörde dem Träger des Vorhabens Vorkehrungen oder die Errichtung und Unterhaltung von Anlagen aufzuerlegen, die zum Wohl der Allgemeinheit oder zur Vermeidung nachteiliger Wirkungen auf Rechte anderer erforderlich sind. Sind solche Vorkehrungen oder Anlagen untunlich oder mit dem Vorhaben unvereinbar, so hat der Betroffene Anspruch auf angemessene Entschädigung in Geld.
130 
Ob aktive oder passive Schallschutzmaßnahmen nach diesen Maßstäben erforderlich sind, beurteilt sich nach § 22 BImSchG. Die dort bestimmten Betreiberpflichten setzen schädliche Umwelteinwirkungen voraus. Dies sind Immissionen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen (§ 3 BImSchG).
131 
Zur Feststellung der Schädlichkeit von Baustellenlärm kann auf die TA Lärm auch dann nicht zurückgegriffen werden, wenn eine Baustelle - wie hier - über mehrere Jahre hinweg rund um die Uhr betrieben wird (dabei kann außer Acht bleiben, dass der Betrieb der Baustelle während des Aufbaus, des Baus des Stollens zum Zwischenangriff, der eigentlichen Arbeiten am Zwischenangriff, des Ausbaus des im Rohbau erstellten Fildertunnels und schließlich des Rückbaus des Zwischenangriffsstollens über die Jahre hinweg unterschiedlich intensiv sein wird). Denn vom Anwendungsbereich der TA Lärm sind Anlagen im Sinne des Bundesimmissionsschutzgesetzes auf Baustellen ausdrücklich ausgeschlossen (Nr. 1f TA Lärm). Offensichtlich sollte es insoweit bei der Anwendbarkeit der (wesentlich älteren) sachnäheren Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Schutz gegen Baulärm (Geräuschimmissionen - AVV Baulärm - vom 19.08.1970, Beil. zum BAnz Nr. 160 v. 01.09.1970) bleiben, die gemäß § 66 Abs. 2 BImSchG weiter maßgeblich ist (vgl. Bayer. VG München, Urt. v. 07.11.2005 - M 8 K 05.1908 - Juris Rdnr. 29 ff.), auch wenn sie dazu gleich - noch einem anderen Ansatz als die TA Lärm folgt. Diese auch für Großbaustellen geltende Ausnahme von der TA Lärm ist auch bei einer an §§ 22, 3 BImSchG zu orientierenden materiellen Betrachtung nicht zu beanstanden: Zwischen Baustellen- und Gewerbelärm bestehen typischerweise erhebliche Unterschiede. Wesentlich ist vor allem, dass auch der von einer über mehrere Jahre hinweg betriebenen Baustelle ausgehende Lärm, anders als ein nach der TA Lärm zugelassener Gewerbelärm, zeitlich begrenzt ist und jedem Grundstückseigentümer und erst Recht dem Träger eines im öffentlichen Interesse stehenden (Groß-)Vorhabens die Möglichkeit zustehen muss, seine ansonsten zulässigen Vorhaben unter auch ihm zumutbaren Bedingungen zu verwirklichen.
132 
5.3 Es ist nicht zu beanstanden, dass das gemäß § 74 Abs. 2 Satz 2 und 3 VwVfG gebotene Konzept zum Schutz vor Baulärm sich an den Richt- und Maßnahmewerten der AVV Baulärm orientiert.
133 
Insoweit ist vorweg zu bemerken, dass Nr. 2.2.1 der Nebenbestimmungen zum Planfeststellungsbeschluss lediglich klarstellend bestimmt, dass die Beigeladene sicherzustellen hat, dass in allen Bereichen die Bestimmungen der AVV Baulärm eingehalten werden; denn die AVV Baulärm gilt insoweit unmittelbar. Sie erschöpft sich jedoch in Bestimmungen für den Betrieb von Baumaschinen auf Baustellen einschließlich der dort betriebenen Kraftfahrzeuge und regelt insoweit bestimmte Maßnahmen (Nr. 2.1 und 2.2 AVV Baulärm), die dem umfassenderen Regelungsprogramm des § 74 Abs. 2 Satz 2 und 3 VwVfG nicht genügen.
134 
Die Maßgeblichkeit der AVV Baulärm für das planfestgestellte Konzept zum Schutz vor Baulärm ergibt sich vielmehr aus Nr. 2.2.7 Absatz 2 und 3 der Nebenbestimmungen des Planfeststellungsbeschlusses sowie aus den einschlägigen Ausführungen in seiner Begründung. Dass insoweit die AVV Baulärm zur Ausfüllung der Vorgaben des § 74 Abs. 2 Satz 2 und 3 VwVfG i.V.m. § 22 BImSchG herangezogen werden kann, ist in der Rechtsprechung des Senats anerkannt (Urt. v. 07.06.1989 - 5 S 3040/87 - NVwZ-RR 1990, 227, Juris, Rdnr. 27).
135 
5.4 Ohne Erfolg beanstanden die Kläger, dass der Planfeststellungsbeschluss als Schutzniveau nicht die „Richtwerte“ von Nr. 3.1.1 der AVV Baulärm zu Grunde legt, sondern die Anordnung von Maßnahmen des aktiven und passiven Lärmschutzes davon abhängig macht (vgl. Nebenbestimmung Nr. 2.7.7 zweiter Absatz), dass der für das jeweilige Baugebiet geltende Richtwert um mehr als 5 dB(A) für einen Zeitraum von mehr als 2 Monaten überschritten wird.
136 
Denn diese Bestimmung des Schutzniveaus entspricht der inneren Systematik der AVV Baulärm. Bei ihrer Anwendung legt erst der Zuschlag von 5 dB(A) auf die in Nr. 3.1.1 festgesetzten Richtwerte die Maßnahmenschwelle fest. Dies ergibt sich aus Nr. 4.1 AVV Baulärm, wonach Maßnahmen zur Minderung der Geräusche nur angeordnet werden, wenn der nach Nr. 6 auf der Grundlage von Messungen ermittelte Beurteilungspegel den Immissionsrichtwert um mehr als 5 dB(A) überschreitet. Dieser in der AVV Baulärm als Voraussetzung für die Anordnung von Maßnahmen bestimmte Zuschlag ist nicht deshalb außer Betracht zu lassen, weil das hier planfestgestellte Schallschutzkonzept prognostizierte und nicht gemessene Pegel zu Grunde legt. Allerdings geht die AVV Baulärm von gemessenen Werten aus (vgl. Nr. 6 sowie Anlage 2.1). Bei ihrer nur entsprechenden Anwendung im Rahmen eines Schallschutzkonzepts gemäß § 74 Abs. 2 Satz 2 und 3 VwVfG hindert dieser Umstand aber nicht (dies machen die Kläger auch nicht geltend), auf Prognosen beruhende Beurteilungspegel für maßgeblich zu erklären. Dies kommt den Betroffenen im Übrigen sogar zu Gute, weil dies die Voraussetzung dafür ist, dass bereits bei Baubeginn die Schallschutzmaßnahmen ins Werk gesetzt werden können. Überdies ist die Berücksichtigung des Zuschlags von 5 dB(A) bei auf der Grundlage von Prognosen ermittelten Beurteilungspegeln auch sachlich gerechtfertigt. Dieser Zuschlag beruht bei Messungen - dies hat Dipl.-Phys. F. in der mündlichen Verhandlung bestätigt - vor allem darauf, dass Baustellenlärm, je nach Intensität der eingesetzten Maschinen und Fahrzeuge, schwer zu erfassen ist. Der Sache nach wirkt er sich wie ein Messabschlag zu Gunsten des Bauunternehmers aus. Ein solcher Messabschlag, dort um jeweils 3 dB(A), ist auch in anderen Regelwerken anerkannt (Nr. 1.6 Abs. 2 der 18. BImSchV und Nr. 6.9 TA Lärm 1998). Er gründet sich jeweils zu einem geringeren Teil auf mögliche Messinstrumentenfehler, vorwiegend aber auf die Berücksichtigung bestimmter Einflussgrößen und anderer Ursachen für Messungenauigkeiten (vgl. dazu Feldhaus/Tegeder, Verwirrung um den Messabschlag der TA Lärm, UPR 2005, 208 ff., insbesondere unter Nr. 2 m.w.N.). Wie Dipl.-Phys. F. in der mündlichen Verhandlung bestätigt hat, sind sie bei Baulärm besonders groß und gehen in die Bestimmung von Beurteilungspegeln auf der Grundlage von Berechnungen nicht ein. Letztere haben ohnehin nach dem Prinzip der oberen Abschätzung zu erfolgen, so dass auf der Grundlage von Messungen (mit Messabschlag) gewonnene Beurteilungspegel regelmäßig hinter den durch Berechnungen ermittelten Werten zurückbleiben. Letztlich mag in den vergleichsweise hohen Zuschlag zu den Richtwerten nach 4.1 AVV Baulärm auch eingegangen sein, dass Baulärm typischerweise, anders als Gewerbelärm oder der von Sportanlagen ausgehende Lärm, nicht auf Dauer entsteht (vgl. auch die weiteren, von der täglichen Betriebszeit abhängigen Korrekturen gemäß Nr. 6.7.1 AVV Baulärm). Zu Recht weist die Beigeladene in diesem Zusammenhang ferner darauf hin, dass die Richtwerte gemäß Nr. 3.1.1 AVV Baulärm (ohne Erhöhung gemäß Nr. 4.1) keinen aus höherrangigem Recht ableitbaren oder sonst zwingend zu berücksichtigenden Grenzwert beschreiben, der die Zumutbarkeitsgrenze im Sinne von § 74 Abs. 2 Satz 2 und 3 VwVfG i.V.m. § 22 BImSchG festlegt.
137 
Aus Nr. 5.1 Abs. 3 TA Lärm 1998 ergibt sich nichts Anderes. Diese Vorschrift befasst sich mit immissionsschutzrechtlichen Anforderungen an bestehende Anlagen und legt, insoweit allerdings ähnlich Nr. 4.1 AVV Baulärm, fest, dass - neben weiteren Voraussetzungen - erst bei Überschreitung der Richtwerte um 5 dB(A) eingeschritten werden darf. Auch dies erhellt, dass in einem bestimmten Interesse - hier des Bestandsinteresses - höhere Richtwerte als sonst angesetzt werden dürfen (solange keine konkret gesundheitsgefährdenden Zustände eintreten).
138 
5.5 Nur am Rande bemerkt der Senat, dass bei dieser Sachlage nicht zu erwarten ist, dass die vor Baubeginn zu erstellenden Detailgutachten auf der Grundlage der angeordneten aktiven Lärmschutzmaßnahmen zu Beurteilungspegeln in Bezug auf besonders geschützte Räume der Wohnhäuser der Kläger zu 1 bis 6 führen werden, welche Maßnahmen des passiven Lärmschutzes zu deren Gunsten erforderten.
139 
Zu Recht geht die Beigeladene nunmehr, anders noch als bei Erstellung der (ergänzenden) Schallschutztechnischen Untersuchung, davon aus, dass die Kläger zu 1 bis 6 nicht den Schutz für ein allgemeines Wohngebiet beanspruchen können. Dabei kann der Senat offen lassen, ob es sich bei den wenigen Wohngrundstücken an der Sigmaringer Straße - die Kläger zu 1 bis 6 haben in der mündlichen Verhandlung auch noch auf weitere Wohngebäude bei der benachbarten Feuerwache hingewiesen - um ein faktisches allgemeines Wohngebiet handelt oder ob sie zu einer stark von gewerblichen Nutzungen geprägten Gemengelage gehören. Denn jedenfalls ist die Schutzwürdigkeit dieser vergleichsweise kleinen Fläche durch die gewerbliche Nutzung in der Umgebung, westlich der Sigmaringer Straße, sowie durch den Verkehrslärm, der von der B 27 und der Sigmaringer Straße Tag und Nacht in starkem Umfang ausgeht, ganz erheblich vorbelastet. Insoweit hat Dipl.-Phys. F. in der mündlichen Verhandlung unter Hinweis auf seine Angaben in der Schallschutztechnischen Untersuchung plausibel bekräftigt, dass der Beurteilungspegel des durch die Baustelle bedingten Lärms bei den Häusern an der Sigmaringer Straße um 10 dB(A) geringer ist, als der des allgemeinen Verkehrslärms und deshalb weitgehend in diesem untergehen wird.
140 
Hieraus folgt: Selbst wenn die angeordneten Detailprognosen, was eher unwahrscheinlich ist, ergäben, dass der in der Schallschutztechnischen Untersuchung prognostizierte höchste Beurteilungspegel von 48,9 dB(A) nachts an dem der Baustelle am nächsten gelegenen Wohnhaus an der Sigmaringer Straße erreicht würde, wäre die Grenze zur Anordnung von Maßnahmen nicht überschritten, weil die Kläger nur den Schutz eines Mischgebiets, also die Einhaltung eines Beurteilungspegels von 45 dB(A), beanspruchen können und dies auch nur dann, wenn - wegen des Zuschlags entsprechend Nr. 4.1 AVV Baulärm - ein Beurteilungspegel von 50 dB(A) überschritten wird. Hinzu kommt, dass die Wohnhäuser der Kläger zu 1 bis 6 teilweise von dem zur Baustelle nächstgelegenen Wohnhaus geschützt werden, was trotz der Größe der Baustelle etwas geringere Beurteilungspegel für ihr Haus erwarten lässt.
141 
5.6 Auch hinsichtlich des Zu- und Abfahrtsverkehrs können die Kläger keine weitergehenden Schutzmaßnahmen beanspruchen. Mit Nr. 2.2.10, vierter Spiegelstrich der Nebenbestimmungen zum Planfeststellungsbeschluss wird festgelegt, dass am Zwischenangriff „Sigmaringer Straße“ zwischen 22 Uhr und 6.00 Uhr kein Lkw-Verkehr zur Baustelle, ausgenommen Materialtransporte, zulässig ist. Der verbleibende Lkw-Verkehr führt nach den Erläuterungen von Dipl.-Phys. F. an dem unmittelbar an der Einmündung des Bruno-Jacoby-Wegs in die Sigmaringer Straße gelegenen Wohngrundstück auch nachts zu einer Erhöhung des Beurteilungspegels um allenfalls 0,4 dB(A). Das haben die Kläger substantiiert nicht in Zweifel gezogen. Eine erhebliche Erhöhung der allgemeinen Verkehrslärmbelastung, die an dieser Stelle bis zu 60 dB(A) beträgt, liegt darin nicht.
142 
6. Fehlerfrei abgewogen hat die Beklagte ferner die von der Klägerin zu 7 geltend gemachte Betroffenheit durch baubedingte Erschütterungen und Senkungen.
143 
6.1 Baubedingten Erschütterungen beugt der Planfeststellungsbeschluss mit einer Reihe von Nebenbestimmungen vor (Nr. 2.11). Er berücksichtigt insbesondere den von der Klägerin zu 7 im Verwaltungsverfahren erhobenen Einwand, die Büronutzung könnte beeinträchtigt werden. Nr. 2.11, vierter Spiegelstrich, beschränkt Rammarbeiten, die ohnehin im Bereich des Grundstücks der Klägerin zu 7 nur wenige Tage dauern können, zeitlich auf Rand-Bürozeiten, schreibt Erschütterungsmessungen zur Vermeidung von edv-Systemausfällen vor und fordert, dass bei Sprengarbeiten bestimmte Anhaltswerte der DIN 4150 Teil 2 und 3 durch geeignete Wahl der Sprengparameter sicherzustellen sind. Weshalb alle diese Vorkehrungen bei den gegebenen Untergrundverhältnissen und einer Überdeckung von etwa 26 m nicht ausreichend sein sollten, legt die Klägerin zu 7 nicht dar.
144 
6.2 Ebensowenig ist ersichtlich, warum bei den gegebenen Bodenverhältnissen und dem (im Vergleich zu den Röhren des Fildertunnels selbst) erheblich geringeren Querschnitt des Zwischenangriffsstollens zusätzliche besondere Maßnahmen zum Schutz vor Senkungen erforderlich sein sollten. Auch insoweit hat die Klägerin zu 7 ihr Vorbringen nicht hinreichend substantiiert. Insbesondere hat sie die nachvollziehbare ergänzende geologische Stellungnahme von Prof. Dr.-Ing. W. vom 13.01.2006 nicht bezweifelt.
145 
7. Rechtlich nicht zu beanstanden ist schließlich die Entscheidung der Beigeladenen, unter den untersuchten Alternativen und Varianten für einen Zwischenangriff den Standort „Sigmaringer Straße“ auszuwählen. Abwägungsmängel sind auch insoweit nicht ersichtlich (§ 18 Abs. 1 Satz 2 AEG). Deshalb hat auch der erste, auf eine Teilaufhebung des Planfeststellungsbeschlusses im Bereich des Zwischenangriffs „Sigmaringer Straße“ beschränkte Aufhebungsantrag keinen Erfolg (wobei eine Teilung des Planfeststellungsbeschlusses insoweit wohl ohnehin nicht möglich wäre, weil die Planung des Gesamtprojekts „Fildertunnel“, so wie sie abgewogen worden ist, den Zwischenangriff „Sigmaringer Straße“ und dabei insbesondere die durch ihn bewirkte Verkürzung der Bauzeit voraussetzt).
146 
7.1 Mit ihren Einwänden zu Alternativen für einen Zwischenangriff sind die Kläger (bis auf die Klägerin zu 3) entgegen der Auffassung der Beigeladenen wohl nicht ausgeschlossen. Es trifft zwar zu, dass sie in ihren Einwendungsschreiben nur die Alternativen „Hoffeld“ und „Wernhaldenklinge“ erwähnen, Dieses Vorbringen, verbunden mit der Geltendmachung bestimmter Betroffenheiten (Baulärm, baubedingte Erschütterungen) dürfte aber hinreichend gewesen sein, um die Alternativenprüfung durch das Gericht in vollem Umfang - auch für weitere Alternativen - zu eröffnen (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 27.09.2006 - 8 S 967/05 - UA S. 15).
147 
7.2 Die Kläger behaupten selbst nicht, der Standort „Ohnholdwald“ sei eindeutig vorzugswürdig. Sie führen vielmehr zusammenfassend aus, insgesamt wiesen beide Standorte die gleiche Eignung auf. Auch dies trifft jedoch nicht zu. Dagegen, dass sich die Alternative „Ohnholdwald“ gegenüber dem Standort „Sigmaringer Straße“ als eindeutig vorzugswürdig aufdrängte, sprechen ihre klaren Nachteile, welche die Kläger nicht überzeugend in Zweifel gezogen haben: die sehr viel längere und beim Anschluss an die B 27 problematische Verkehrsanbindung und die Zerstörung der ökologisch wertvollen Windbruchfläche. Ihnen gegenüber steht die Inanspruchnahme einer stadtnahen Ackerfläche zwischen zwei stark befahrenen Straßen. Es steht auch nicht außer Verhältnis, dass die Beigeladene am Standort „Sigmaringer Straße“ den gewichtigeren Betroffenheiten des beim Schutzgut Mensch keine ausschlaggebende Bedeutung beigemessen hat, weil diese, wie oben ausgeführt, durch das planfestgestellte Konzept zum Schutz vor Baulärm stark gemildert und passive Lärmschutzmaßnahmen voraussichtlich gar nicht oder allenfalls in geringem Umfang erforderlich werden. Mangels hinreichend substantiierter Einwände der Kläger bedarf dies keiner Darlegung im Einzelnen.
148 
7.3 Aber auch soweit die Kläger vor allem (oder nur noch allein) unter Verweis auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts einwenden, dass eine Planung abwägungsfehlerhaft sei, wenn an Stelle eines Grundstücks eines Privaten ein im Rahmen der planerischen Konzeption gleich geeignetes Grundstück der öffentlichen Hand zur Verfügung stehe (so u.a. BVerwG, Urt. v. 06.06.2002 - 4 CN 6.01 - NVwZ 2002, 1506), überzeugt den Senat nicht. Denn die erwähnte Rechtsprechung bezieht sich auf Fälle, in denen sich ein durch eine Planung unmittelbar betroffener Eigentümer gegen die Inanspruchnahme gerade seines Grundstücks für Allgemeinwohlbelange wendet, obwohl eine gleichermaßen den Planungszielen entsprechende Alternative auf Grundstücken der öffentlichen Hand (und zwar des Planungsträgers) verwirklicht werden könnte. Der vorliegende Fall weicht davon signifikant ab. Der oder die Eigentümer der Grundstücke, die für die planfestgestellte Baustelleneinrichtungsfläche und seine Erschließung benötigt werden, sind mit der Inanspruchnahme einverstanden. Das mindert das Gewicht dieser Eigentümerbelange in der Abwägung erheblich (vgl. Senatsurt. v. 05.04.1990 - 5 S 2119/89 - NVwZ-RR 1991, 61 und v. 02.11.2004 - 5 S 1063/04 -; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 26.01.2005 - 8 S 1674/03 -< Westtangente Pforzheim > UPR 2005, 319 < nur Leitsatz > und hierzu BVerwG, Beschl. v. 22.09.2005 - 9 B 13.05 - NuR 2006, 571). Eine unmittelbare Grundstücksbetroffenheit könnte allenfalls, wie eingangs im Zusammenhang mit dem Umfang der gerichtlichen Prüfung ausgeführt, die Klägerin zu 7 geltend machen. Ihre Betroffenheit ist aber auf die Eintragung einer Grunddienstbarkeit für den zeitlich beschränkten Bau und Betrieb des Zwischenangriffsstollens beschränkt (und zudem, wie schon ausgeführt, insoweit nicht ausdrücklich angewandt worden). Bei einer solchen vergleichsweise geringfügigen Eigentumsbeeinträchtigung hat der Eigentümerbelang im Alternativenvergleich nicht das Gewicht wie in den oben dargestellten Fällen. Aus diesen Gründen musste der Senat auch nicht der Frage nachgehen, ob die Beigeladene und die Beklagte im Rahmen der Abwägung von (gleichwertigen) Alternativen überhaupt darauf verwiesen werden können, dass die Flächen eines Standorts im Eigentum eines (anderen) Hoheitsträgers stehen. Außerdem sind die Standorte, wie oben dargelegt, nicht gleich geeignet.
149 
7.4 Auch der Verzicht auf die Verschiebung der Baustellenfläche entlang der B 27 nach Süden ist nicht fehlerhaft. Diese Möglichkeit wird im Planfeststellungsbeschluss nicht ausdrücklich erörtert. Die Beigeladene weist aber zutreffend auf Nr. 4.2.2.3 (Zwischenangriff „Sigmaringer Straße Süd“) der Anlage 13.1 der planfestgestellten Unterlagen hin, in der eine ähnliche Lösung mit nachvollziehbaren Erwägungen abgelehnt wurde. Eine Verschiebung der Baustelleneinrichtungsfläche führte zu weiteren Eigentumsbetroffenheiten, sowie größeren Lärmbeeinträchtigungen für das evangelische Waldheim, ergäbe eine schwierigere Zufahrtssituation und hätte zusätzliche Eingriffe in Vegetationsflächen zur Folge. Es ist auch nicht ersichtlich, wie bei dieser Variante der Baustellenzufahrtsverkehr angebunden werden sollte. Im Übrigen könnte eine nicht unerhebliche Verschiebung nach Süden auch zunehmend die Wohnbebauung von Möhringen tangieren (vgl. Tabelle auf S. 9 der Anlage 13.1). Auch bliebe es bei dem von den Klägern zu 1 bis 6 als besonders nachteilig empfundenen Lkw-Zufahrtsverkehr durch das Gebiet „Tränke“.
150 
7.5 Der Lkw-Zufahrtsverkehr durch das Gebiet „Tränke“ entfiele zwar, wenn die Zufahrt zur Baustelleneinrichtungsfläche am geplanten Standort oder weiter südlich unmittelbar über eine neu zu bauenden Unterführung unter der B 27 erfolgte. Gegen diese Variante führt der Planfeststellungsbeschluss jedoch erhebliche Mehrkosten von 1,2 Mio EUR an. Diese lassen sich nicht, wie die Kläger vortragen, mit Mehrkosten für eine Sanierung der Straßen im Gebiet „Tränke“ nach Beendigung der Baumaßnahmen oder gar mit dem sich aus der Verkürzung der Gesamtbauzeit des Fildertunnels ergebenden Kostenvorteil des Standorts „Sigmaringer Straße“ überhaupt verrechnen. Denn die Kosten einer ggf. erforderlich werdenden Sanierung der Straßen im Gebiet „Tränke“ nach Beendigung der Bauarbeiten hat der Träger der Straßenbaulast und nicht die Beigeladene zu tragen und die sich aus dem Zwischenangriff „Sigmaringer Straße“ ergebende Kostenersparnis fällt sowohl beim planfestgestellten Standort wie auch bei der Variante „Unterführung“ an.
151 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1, § 159 Satz 1 und 2 und § 162 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 100 Abs. 1 ZPO.
152 
Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 132 Abs. 2 VwGO).
153 
Beschluss
154 
Der Streitwert wird - nach Rücknahme der Klage durch die früheren Kläger zu 7 und 8 und Trennung der Verfahren insoweit sowie abweichend von der vorläufigen Streitwertbestimmung im Beschluss vom 11.11.2006 - gemäß § 39 Abs. 1, § 52 Abs. 1 GKG endgültig auf 60.000 EUR festgesetzt. Dabei geht der Senat davon aus, dass die Kläger zu 1 und 2 sowie die Kläger zu 3 bis 6 eine zwar nur mittelbare, aber überdurchschnittlich starke Betroffenheit jeweils in Bezug auf ihr Wohngrundstück geltend gemacht haben; er bemisst den Streitwert deshalb insoweit mit jeweils 20.000 EUR. Die Klägerin zu 7 ist zwar teilweise anders betroffen; dies rechtfertigt aber keinen höheren Streitwert (vgl. Nr. 34.2 und 2.2.2 des Streitwertkatalogs 2004, NVwZ 2004, 1327).
155 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Die Anfechtungsklage muß innerhalb eines Monats nach Zustellung des Widerspruchsbescheids erhoben werden. Ist nach § 68 ein Widerspruchsbescheid nicht erforderlich, so muß die Klage innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Verwaltungsakts erhoben werden.

(2) Für die Verpflichtungsklage gilt Absatz 1 entsprechend, wenn der Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts abgelehnt worden ist.

(1) Die Planfeststellungsbehörde stellt den Plan fest (Planfeststellungsbeschluss). Die Vorschriften über die Entscheidung und die Anfechtung der Entscheidung im förmlichen Verwaltungsverfahren (§§ 69 und 70) sind anzuwenden.

(2) Im Planfeststellungsbeschluss entscheidet die Planfeststellungsbehörde über die Einwendungen, über die bei der Erörterung vor der Anhörungsbehörde keine Einigung erzielt worden ist. Sie hat dem Träger des Vorhabens Vorkehrungen oder die Errichtung und Unterhaltung von Anlagen aufzuerlegen, die zum Wohl der Allgemeinheit oder zur Vermeidung nachteiliger Wirkungen auf Rechte anderer erforderlich sind. Sind solche Vorkehrungen oder Anlagen untunlich oder mit dem Vorhaben unvereinbar, so hat der Betroffene Anspruch auf angemessene Entschädigung in Geld.

(3) Soweit eine abschließende Entscheidung noch nicht möglich ist, ist diese im Planfeststellungsbeschluss vorzubehalten; dem Träger des Vorhabens ist dabei aufzugeben, noch fehlende oder von der Planfeststellungsbehörde bestimmte Unterlagen rechtzeitig vorzulegen.

(4) Der Planfeststellungsbeschluss ist dem Träger des Vorhabens, denjenigen, über deren Einwendungen entschieden worden ist, und den Vereinigungen, über deren Stellungnahmen entschieden worden ist, zuzustellen. Eine Ausfertigung des Beschlusses ist mit einer Rechtsbehelfsbelehrung und einer Ausfertigung des festgestellten Plans in den Gemeinden zwei Wochen zur Einsicht auszulegen; der Ort und die Zeit der Auslegung sind ortsüblich bekannt zu machen. Mit dem Ende der Auslegungsfrist gilt der Beschluss gegenüber den übrigen Betroffenen als zugestellt; darauf ist in der Bekanntmachung hinzuweisen.

(5) Sind außer an den Träger des Vorhabens mehr als 50 Zustellungen nach Absatz 4 vorzunehmen, so können diese Zustellungen durch öffentliche Bekanntmachung ersetzt werden. Die öffentliche Bekanntmachung wird dadurch bewirkt, dass der verfügende Teil des Planfeststellungsbeschlusses, die Rechtsbehelfsbelehrung und ein Hinweis auf die Auslegung nach Absatz 4 Satz 2 im amtlichen Veröffentlichungsblatt der zuständigen Behörde und außerdem in örtlichen Tageszeitungen bekannt gemacht werden, die in dem Bereich verbreitet sind, in dem sich das Vorhaben voraussichtlich auswirken wird; auf Auflagen ist hinzuweisen. Mit dem Ende der Auslegungsfrist gilt der Beschluss den Betroffenen und denjenigen gegenüber, die Einwendungen erhoben haben, als zugestellt; hierauf ist in der Bekanntmachung hinzuweisen. Nach der öffentlichen Bekanntmachung kann der Planfeststellungsbeschluss bis zum Ablauf der Rechtsbehelfsfrist von den Betroffenen und von denjenigen, die Einwendungen erhoben haben, schriftlich oder elektronisch angefordert werden; hierauf ist in der Bekanntmachung gleichfalls hinzuweisen.

(6) An Stelle eines Planfeststellungsbeschlusses kann eine Plangenehmigung erteilt werden, wenn

1.
Rechte anderer nicht oder nur unwesentlich beeinträchtigt werden oder die Betroffenen sich mit der Inanspruchnahme ihres Eigentums oder eines anderen Rechts schriftlich einverstanden erklärt haben,
2.
mit den Trägern öffentlicher Belange, deren Aufgabenbereich berührt wird, das Benehmen hergestellt worden ist und
3.
nicht andere Rechtsvorschriften eine Öffentlichkeitsbeteiligung vorschreiben, die den Anforderungen des § 73 Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 bis 7 entsprechen muss.
Die Plangenehmigung hat die Rechtswirkungen der Planfeststellung; auf ihre Erteilung sind die Vorschriften über das Planfeststellungsverfahren nicht anzuwenden; davon ausgenommen sind Absatz 4 Satz 1 und Absatz 5, die entsprechend anzuwenden sind. Vor Erhebung einer verwaltungsgerichtlichen Klage bedarf es keiner Nachprüfung in einem Vorverfahren. § 75 Abs. 4 gilt entsprechend.

(7) Planfeststellung und Plangenehmigung entfallen in Fällen von unwesentlicher Bedeutung. Diese liegen vor, wenn

1.
andere öffentliche Belange nicht berührt sind oder die erforderlichen behördlichen Entscheidungen vorliegen und sie dem Plan nicht entgegenstehen,
2.
Rechte anderer nicht beeinflusst werden oder mit den vom Plan Betroffenen entsprechende Vereinbarungen getroffen worden sind und
3.
nicht andere Rechtsvorschriften eine Öffentlichkeitsbeteiligung vorschreiben, die den Anforderungen des § 73 Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 bis 7 entsprechen muss.

Vor Erhebung einer verwaltungsgerichtlichen Klage, die einen im förmlichen Verwaltungsverfahren erlassenen Verwaltungsakt zum Gegenstand hat, bedarf es keiner Nachprüfung in einem Vorverfahren.

(1) Die Planfeststellungsbehörde stellt den Plan fest (Planfeststellungsbeschluss). Die Vorschriften über die Entscheidung und die Anfechtung der Entscheidung im förmlichen Verwaltungsverfahren (§§ 69 und 70) sind anzuwenden.

(2) Im Planfeststellungsbeschluss entscheidet die Planfeststellungsbehörde über die Einwendungen, über die bei der Erörterung vor der Anhörungsbehörde keine Einigung erzielt worden ist. Sie hat dem Träger des Vorhabens Vorkehrungen oder die Errichtung und Unterhaltung von Anlagen aufzuerlegen, die zum Wohl der Allgemeinheit oder zur Vermeidung nachteiliger Wirkungen auf Rechte anderer erforderlich sind. Sind solche Vorkehrungen oder Anlagen untunlich oder mit dem Vorhaben unvereinbar, so hat der Betroffene Anspruch auf angemessene Entschädigung in Geld.

(3) Soweit eine abschließende Entscheidung noch nicht möglich ist, ist diese im Planfeststellungsbeschluss vorzubehalten; dem Träger des Vorhabens ist dabei aufzugeben, noch fehlende oder von der Planfeststellungsbehörde bestimmte Unterlagen rechtzeitig vorzulegen.

(4) Der Planfeststellungsbeschluss ist dem Träger des Vorhabens, denjenigen, über deren Einwendungen entschieden worden ist, und den Vereinigungen, über deren Stellungnahmen entschieden worden ist, zuzustellen. Eine Ausfertigung des Beschlusses ist mit einer Rechtsbehelfsbelehrung und einer Ausfertigung des festgestellten Plans in den Gemeinden zwei Wochen zur Einsicht auszulegen; der Ort und die Zeit der Auslegung sind ortsüblich bekannt zu machen. Mit dem Ende der Auslegungsfrist gilt der Beschluss gegenüber den übrigen Betroffenen als zugestellt; darauf ist in der Bekanntmachung hinzuweisen.

(5) Sind außer an den Träger des Vorhabens mehr als 50 Zustellungen nach Absatz 4 vorzunehmen, so können diese Zustellungen durch öffentliche Bekanntmachung ersetzt werden. Die öffentliche Bekanntmachung wird dadurch bewirkt, dass der verfügende Teil des Planfeststellungsbeschlusses, die Rechtsbehelfsbelehrung und ein Hinweis auf die Auslegung nach Absatz 4 Satz 2 im amtlichen Veröffentlichungsblatt der zuständigen Behörde und außerdem in örtlichen Tageszeitungen bekannt gemacht werden, die in dem Bereich verbreitet sind, in dem sich das Vorhaben voraussichtlich auswirken wird; auf Auflagen ist hinzuweisen. Mit dem Ende der Auslegungsfrist gilt der Beschluss den Betroffenen und denjenigen gegenüber, die Einwendungen erhoben haben, als zugestellt; hierauf ist in der Bekanntmachung hinzuweisen. Nach der öffentlichen Bekanntmachung kann der Planfeststellungsbeschluss bis zum Ablauf der Rechtsbehelfsfrist von den Betroffenen und von denjenigen, die Einwendungen erhoben haben, schriftlich oder elektronisch angefordert werden; hierauf ist in der Bekanntmachung gleichfalls hinzuweisen.

(6) An Stelle eines Planfeststellungsbeschlusses kann eine Plangenehmigung erteilt werden, wenn

1.
Rechte anderer nicht oder nur unwesentlich beeinträchtigt werden oder die Betroffenen sich mit der Inanspruchnahme ihres Eigentums oder eines anderen Rechts schriftlich einverstanden erklärt haben,
2.
mit den Trägern öffentlicher Belange, deren Aufgabenbereich berührt wird, das Benehmen hergestellt worden ist und
3.
nicht andere Rechtsvorschriften eine Öffentlichkeitsbeteiligung vorschreiben, die den Anforderungen des § 73 Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 bis 7 entsprechen muss.
Die Plangenehmigung hat die Rechtswirkungen der Planfeststellung; auf ihre Erteilung sind die Vorschriften über das Planfeststellungsverfahren nicht anzuwenden; davon ausgenommen sind Absatz 4 Satz 1 und Absatz 5, die entsprechend anzuwenden sind. Vor Erhebung einer verwaltungsgerichtlichen Klage bedarf es keiner Nachprüfung in einem Vorverfahren. § 75 Abs. 4 gilt entsprechend.

(7) Planfeststellung und Plangenehmigung entfallen in Fällen von unwesentlicher Bedeutung. Diese liegen vor, wenn

1.
andere öffentliche Belange nicht berührt sind oder die erforderlichen behördlichen Entscheidungen vorliegen und sie dem Plan nicht entgegenstehen,
2.
Rechte anderer nicht beeinflusst werden oder mit den vom Plan Betroffenen entsprechende Vereinbarungen getroffen worden sind und
3.
nicht andere Rechtsvorschriften eine Öffentlichkeitsbeteiligung vorschreiben, die den Anforderungen des § 73 Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 bis 7 entsprechen muss.

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens je zur Hälfte.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung jeweils in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.


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(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Betriebsanlagen einer Eisenbahn einschließlich der Bahnfernstromleitungen dürfen nur gebaut oder geändert werden, wenn der Plan vorher festgestellt ist. Bei der Planfeststellung sind die von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange einschließlich der Umweltverträglichkeit im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigen. Für das Planfeststellungsverfahren gelten die §§ 72 bis 78 des Verwaltungsverfahrensgesetzes nach Maßgabe dieses Gesetzes. Wird eine bestehende Betriebsanlage einer Eisenbahn erneuert, liegt nur dann eine Änderung im Sinne von Satz 1 vor, wenn der Grundriss oder der Aufriss der Betriebsanlage oder beides wesentlich geändert wird. Eine wesentliche Änderung des Grundrisses oder Aufrisses einer Betriebsanlage im Sinne von Satz 4 liegt insbesondere nicht vor, wenn sie im Zuge des Wiederaufbaus nach einer Naturkatastrophe erforderlich ist, um diese vor Naturereignissen zu schützen, und in einem räumlich begrenzten Korridor entlang des Trassenverlaufs erfolgt.

(1a) Für folgende Einzelmaßnahmen, die den Bau oder die Änderung von Betriebsanlagen einer Eisenbahn vorsehen, bedarf es keiner vorherigen Planfeststellung oder Plangenehmigung, sofern keine Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung besteht:

1.
die Ausstattung einer bestehenden Bahnstrecke mit einer Oberleitung einschließlich dafür notwendiger räumlich begrenzter baulicher Anpassungen, insbesondere von Tunneln mit geringer Länge oder von Kreuzungsbauwerken,
2.
die im Rahmen der Digitalisierung einer Bahnstrecke erforderlichen Baumaßnahmen, insbesondere die Ausstattung einer Bahnstrecke mit Signal- und Sicherungstechnik des Standards European Rail Traffic Management System (ERTMS),
3.
der barrierefreie Umbau, die Erhöhung oder die Verlängerung von Bahnsteigen,
4.
die Errichtung von Lärmschutzwänden zur Lärmsanierung,
5.
die Herstellung von Überleitstellen für Gleiswechselbetriebe,
6.
die Herstellung von Gleisanschlüssen bis 2 000 Meter und von Zuführungs- und Industriestammgleisen bis 3 000 Meter.
Für die in Satz 1 Nummer 1 bis 6 genannten Einzelmaßnahmen ist keine weitere baurechtliche Zulassung erforderlich; landesrechtliche Regelungen bleiben unberührt. Werden durch das Vorhaben private oder öffentliche Belange einschließlich der Belange der Umwelt berührt, kann der Träger des Vorhabens die Feststellung des Planes nach Absatz 1 Satz 1 beantragen. Ungeachtet dessen hat sich der Träger des Vorhabens vor Durchführung einer Einzelmaßnahme im Sinne des Satzes 1 Nummer 1 und 2 durch das Bundesamt für Infrastruktur, Umweltschutz und Dienstleistungen der Bundeswehr vor der Durchführung bestätigen zu lassen, dass keine militärischen Belange entgegenstehen. Kann für das Vorhaben die Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung bestehen, hat der Träger des Vorhabens bei der Planfeststellungsbehörde den Antrag nach § 5 Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung zu stellen. Satz 1 Nummer 1 und 2 ist nur anzuwenden, wenn die zuständige Behörde feststellt, dass Vorgaben über die Errichtung und über wesentliche Änderungen von Anlagen eingehalten sind, die in einer elektrische, magnetische oder elektromagnetische Felder betreffenden und auf Grund von § 23 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, 2 und 4 in Verbindung mit § 48b des Bundes-Immissionsschutzgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 26. September 2002 erlassenen Rechtsverordnung enthalten sind.

(2) Ist das Planfeststellungsverfahren eingeleitet, kann die Planfeststellungsbehörde nach Anhörung der betroffenen Gemeinde eine vorläufige Anordnung erlassen, in der vorbereitende Maßnahmen oder Teilmaßnahmen zum Bau oder zur Änderung festgesetzt werden,

1.
soweit es sich um reversible Maßnahmen handelt,
2.
wenn an dem vorzeitigen Beginn ein öffentliches Interesse besteht,
3.
wenn mit einer Entscheidung zugunsten des Trägers des Vorhabens gerechnet werden kann und
4.
wenn die nach § 74 Absatz 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes zu berücksichtigenden Interessen gewahrt werden.
In der vorläufigen Anordnung sind die Auflagen zur Sicherung dieser Interessen und der Umfang der vorläufig zulässigen Maßnahmen festzulegen. Sie ist den anliegenden Gemeinden sowie den Beteiligten zuzustellen oder öffentlich bekannt zu machen. Sie ersetzt nicht die Planfeststellung. § 17 bleibt unberührt. Soweit die vorbereitenden Maßnahmen oder Teilmaßnahmen zum Bau oder zur Änderung durch die Planfeststellung für unzulässig erklärt sind, ordnet die Planfeststellungsbehörde gegenüber dem Träger des Vorhabens an, den früheren Zustand wiederherzustellen. Dies gilt auch, wenn der Antrag auf Planfeststellung zurückgenommen wurde. Der Betroffene ist durch den Vorhabenträger zu entschädigen, soweit die Wiederherstellung des früheren Zustands nicht möglich oder mit unverhältnismäßig hohem Aufwand verbunden oder ein Schaden eingetreten ist, der durch die Wiederherstellung des früheren Zustandes nicht ausgeglichen wird. Rechtsbehelfe gegen die vorläufige Anordnung haben keine aufschiebende Wirkung; ein Vorverfahren findet nicht statt. Betrifft die vorläufige Anordnung ein Vorhaben im Sinne des § 18e Absatz 1, ist § 18e Absatz 1 und 5 in Bezug auf Rechtsbehelfe gegen die vorläufige Anordnung entsprechend anzuwenden.

(3) Unterhaltungsmaßnahmen bedürfen keiner vorherigen Planfeststellung oder Plangenehmigung.

(1) Bahnanlagen sind alle Grundstücke, Bauwerke und sonstigen Einrichtungen einer Eisenbahn, die unter Berücksichtigung der örtlichen Verhältnisse zur Abwicklung oder Sicherung des Reise- oder Güterverkehrs auf der Schiene erforderlich sind. Dazu gehören auch Nebenbetriebsanlagen sowie sonstige Anlagen einer Eisenbahn, die das Be- und Entladen sowie den Zu- und Abgang ermöglichen oder fördern. Es gibt Bahnanlagen der Bahnhöfe, der freien Strecke und sonstige Bahnanlagen. Fahrzeuge gehören nicht zu den Bahnanlagen.

(2) Bahnhöfe sind Bahnanlagen mit mindestens einer Weiche, wo Züge beginnen, enden, ausweichen oder wenden dürfen. Als Grenze zwischen den Bahnhöfen und der freien Strecke gelten im allgemeinen die Einfahrsignale oder Trapeztafeln, sonst die Einfahrweichen.

(3) Blockstrecken sind Gleisabschnitte, in die ein Zug nur einfahren darf, wenn sie frei von Fahrzeugen sind.

(4) Blockstellen sind Bahnanlagen, die eine Blockstrecke begrenzen. Eine Blockstelle kann zugleich als Bahnhof, Abzweigstelle, Überleitstelle, Anschlußstelle, Haltepunkt, Haltestelle oder Deckungsstelle eingerichtet sein.

(5) Abzweigstellen sind Blockstellen der freien Strecke, wo Züge von einer Strecke auf eine andere Strecke übergehen können.

(6) Überleitstellen sind Blockstellen der freien Strecke, wo Züge auf ein anderes Gleis derselben Strecke übergehen können.

(7) Anschlußstellen sind Bahnanlagen der freien Strecke, wo Züge ein angeschlossenes Gleis als Rangierfahrt befahren können, ohne daß die Blockstrecke für einen anderen Zug freigegeben wird. Ausweichanschlußstellen sind Anschlußstellen, bei denen die Blockstrecke für einen anderen Zug freigegeben werden kann.

(8) Haltepunkte sind Bahnanlagen ohne Weichen, wo Züge planmäßig halten, beginnen oder enden dürfen.

(9) Haltestellen sind Abzweigstellen oder Anschlußstellen, die mit einem Haltepunkt örtlich verbunden sind.

(10) Deckungsstellen sind Bahnanlagen der freien Strecke, die den Bahnbetrieb insbesondere an beweglichen Brücken, Kreuzungen von Bahnen, Gleisverschlingungen und Baustellen sichern.

(11) Hauptgleise sind die von Zügen planmäßig befahrenen Gleise. Durchgehende Hauptgleise sind die Hauptgleise der freien Strecke und ihre Fortsetzung in den Bahnhöfen. Alle übrigen Gleise sind Nebengleise.

(1) Betriebsanlagen einer Eisenbahn einschließlich der Bahnfernstromleitungen dürfen nur gebaut oder geändert werden, wenn der Plan vorher festgestellt ist. Bei der Planfeststellung sind die von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange einschließlich der Umweltverträglichkeit im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigen. Für das Planfeststellungsverfahren gelten die §§ 72 bis 78 des Verwaltungsverfahrensgesetzes nach Maßgabe dieses Gesetzes. Wird eine bestehende Betriebsanlage einer Eisenbahn erneuert, liegt nur dann eine Änderung im Sinne von Satz 1 vor, wenn der Grundriss oder der Aufriss der Betriebsanlage oder beides wesentlich geändert wird. Eine wesentliche Änderung des Grundrisses oder Aufrisses einer Betriebsanlage im Sinne von Satz 4 liegt insbesondere nicht vor, wenn sie im Zuge des Wiederaufbaus nach einer Naturkatastrophe erforderlich ist, um diese vor Naturereignissen zu schützen, und in einem räumlich begrenzten Korridor entlang des Trassenverlaufs erfolgt.

(1a) Für folgende Einzelmaßnahmen, die den Bau oder die Änderung von Betriebsanlagen einer Eisenbahn vorsehen, bedarf es keiner vorherigen Planfeststellung oder Plangenehmigung, sofern keine Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung besteht:

1.
die Ausstattung einer bestehenden Bahnstrecke mit einer Oberleitung einschließlich dafür notwendiger räumlich begrenzter baulicher Anpassungen, insbesondere von Tunneln mit geringer Länge oder von Kreuzungsbauwerken,
2.
die im Rahmen der Digitalisierung einer Bahnstrecke erforderlichen Baumaßnahmen, insbesondere die Ausstattung einer Bahnstrecke mit Signal- und Sicherungstechnik des Standards European Rail Traffic Management System (ERTMS),
3.
der barrierefreie Umbau, die Erhöhung oder die Verlängerung von Bahnsteigen,
4.
die Errichtung von Lärmschutzwänden zur Lärmsanierung,
5.
die Herstellung von Überleitstellen für Gleiswechselbetriebe,
6.
die Herstellung von Gleisanschlüssen bis 2 000 Meter und von Zuführungs- und Industriestammgleisen bis 3 000 Meter.
Für die in Satz 1 Nummer 1 bis 6 genannten Einzelmaßnahmen ist keine weitere baurechtliche Zulassung erforderlich; landesrechtliche Regelungen bleiben unberührt. Werden durch das Vorhaben private oder öffentliche Belange einschließlich der Belange der Umwelt berührt, kann der Träger des Vorhabens die Feststellung des Planes nach Absatz 1 Satz 1 beantragen. Ungeachtet dessen hat sich der Träger des Vorhabens vor Durchführung einer Einzelmaßnahme im Sinne des Satzes 1 Nummer 1 und 2 durch das Bundesamt für Infrastruktur, Umweltschutz und Dienstleistungen der Bundeswehr vor der Durchführung bestätigen zu lassen, dass keine militärischen Belange entgegenstehen. Kann für das Vorhaben die Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung bestehen, hat der Träger des Vorhabens bei der Planfeststellungsbehörde den Antrag nach § 5 Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung zu stellen. Satz 1 Nummer 1 und 2 ist nur anzuwenden, wenn die zuständige Behörde feststellt, dass Vorgaben über die Errichtung und über wesentliche Änderungen von Anlagen eingehalten sind, die in einer elektrische, magnetische oder elektromagnetische Felder betreffenden und auf Grund von § 23 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, 2 und 4 in Verbindung mit § 48b des Bundes-Immissionsschutzgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 26. September 2002 erlassenen Rechtsverordnung enthalten sind.

(2) Ist das Planfeststellungsverfahren eingeleitet, kann die Planfeststellungsbehörde nach Anhörung der betroffenen Gemeinde eine vorläufige Anordnung erlassen, in der vorbereitende Maßnahmen oder Teilmaßnahmen zum Bau oder zur Änderung festgesetzt werden,

1.
soweit es sich um reversible Maßnahmen handelt,
2.
wenn an dem vorzeitigen Beginn ein öffentliches Interesse besteht,
3.
wenn mit einer Entscheidung zugunsten des Trägers des Vorhabens gerechnet werden kann und
4.
wenn die nach § 74 Absatz 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes zu berücksichtigenden Interessen gewahrt werden.
In der vorläufigen Anordnung sind die Auflagen zur Sicherung dieser Interessen und der Umfang der vorläufig zulässigen Maßnahmen festzulegen. Sie ist den anliegenden Gemeinden sowie den Beteiligten zuzustellen oder öffentlich bekannt zu machen. Sie ersetzt nicht die Planfeststellung. § 17 bleibt unberührt. Soweit die vorbereitenden Maßnahmen oder Teilmaßnahmen zum Bau oder zur Änderung durch die Planfeststellung für unzulässig erklärt sind, ordnet die Planfeststellungsbehörde gegenüber dem Träger des Vorhabens an, den früheren Zustand wiederherzustellen. Dies gilt auch, wenn der Antrag auf Planfeststellung zurückgenommen wurde. Der Betroffene ist durch den Vorhabenträger zu entschädigen, soweit die Wiederherstellung des früheren Zustands nicht möglich oder mit unverhältnismäßig hohem Aufwand verbunden oder ein Schaden eingetreten ist, der durch die Wiederherstellung des früheren Zustandes nicht ausgeglichen wird. Rechtsbehelfe gegen die vorläufige Anordnung haben keine aufschiebende Wirkung; ein Vorverfahren findet nicht statt. Betrifft die vorläufige Anordnung ein Vorhaben im Sinne des § 18e Absatz 1, ist § 18e Absatz 1 und 5 in Bezug auf Rechtsbehelfe gegen die vorläufige Anordnung entsprechend anzuwenden.

(3) Unterhaltungsmaßnahmen bedürfen keiner vorherigen Planfeststellung oder Plangenehmigung.

(1) Dem Eisenbahn-Bundesamt obliegen folgende Aufgaben, soweit nicht die in § 4 Abs. 1 bezeichnete Behörde zuständig ist:

1.
die Planfeststellung für Betriebsanlagen der Eisenbahnen des Bundes,
2.
die Eisenbahnaufsicht,
3.
die Bauaufsicht für Betriebsanlagen der Eisenbahnen des Bundes,
4.
Erteilung und Widerruf einer Betriebsgenehmigung,
5.
die Ausübung hoheitlicher Befugnisse sowie von Aufsichts- und Mitwirkungsrechten nach Maßgabe anderer Gesetze und Verordnungen,
6.
die Vorbereitung und Durchführung von Vereinbarungen gemäß § 9 des Bundesschienenwegeausbaugesetzes,
7.
die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens der Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP-Pflicht) nach § 5 Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung in Verbindung mit § 18 Absatz 1a Satz 5 des Allgemeinen Eisenbahngesetzes,
8.
die Bewilligung von Bundesmitteln zur Förderung des Schienenverkehrs und zur Förderung der Kombination des Schienenverkehrs mit anderen Verkehrsarten.
Soweit diese Aufgaben vom Verwaltungsbereich des Bundeseisenbahnvermögens im Sinne des § 3 Abs. 1 Nr. 2 des Gesetzes zur Zusammenführung und Neugliederung der Bundeseisenbahnen wahrgenommen worden sind, gehen diese Aufgaben mit der Errichtung des Eisenbahn-Bundesamts auf dieses Amt über.

(1a) Das Eisenbahn-Bundesamt ist die Sicherheitsbehörde nach § 5 Absatz 1d Satz 2 und Absatz 1e Satz 2 des Allgemeinen Eisenbahngesetzes, die mit den Aufgaben der Eisenbahnsicherheit im Sinne des Rechts der Europäischen Gemeinschaften oder der Europäischen Union betraut ist.

(2) Für die Durchführung von Planfeststellungsverfahren im Bereich der Eisenbahnen des Bundes ist das Eisenbahn-Bundesamt Planfeststellungs- und Anhörungsbehörde.

(3) Das Eisenbahn-Bundesamt nimmt die Landeseisenbahnaufsicht und die Befugnis zur Erteilung von Genehmigungen auf der Grundlage einer Vereinbarung mit einem Land nach dessen Weisung und auf dessen Rechnung wahr.

(4) (weggefallen)

(1) Betriebsanlagen einer Eisenbahn einschließlich der Bahnfernstromleitungen dürfen nur gebaut oder geändert werden, wenn der Plan vorher festgestellt ist. Bei der Planfeststellung sind die von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange einschließlich der Umweltverträglichkeit im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigen. Für das Planfeststellungsverfahren gelten die §§ 72 bis 78 des Verwaltungsverfahrensgesetzes nach Maßgabe dieses Gesetzes. Wird eine bestehende Betriebsanlage einer Eisenbahn erneuert, liegt nur dann eine Änderung im Sinne von Satz 1 vor, wenn der Grundriss oder der Aufriss der Betriebsanlage oder beides wesentlich geändert wird. Eine wesentliche Änderung des Grundrisses oder Aufrisses einer Betriebsanlage im Sinne von Satz 4 liegt insbesondere nicht vor, wenn sie im Zuge des Wiederaufbaus nach einer Naturkatastrophe erforderlich ist, um diese vor Naturereignissen zu schützen, und in einem räumlich begrenzten Korridor entlang des Trassenverlaufs erfolgt.

(1a) Für folgende Einzelmaßnahmen, die den Bau oder die Änderung von Betriebsanlagen einer Eisenbahn vorsehen, bedarf es keiner vorherigen Planfeststellung oder Plangenehmigung, sofern keine Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung besteht:

1.
die Ausstattung einer bestehenden Bahnstrecke mit einer Oberleitung einschließlich dafür notwendiger räumlich begrenzter baulicher Anpassungen, insbesondere von Tunneln mit geringer Länge oder von Kreuzungsbauwerken,
2.
die im Rahmen der Digitalisierung einer Bahnstrecke erforderlichen Baumaßnahmen, insbesondere die Ausstattung einer Bahnstrecke mit Signal- und Sicherungstechnik des Standards European Rail Traffic Management System (ERTMS),
3.
der barrierefreie Umbau, die Erhöhung oder die Verlängerung von Bahnsteigen,
4.
die Errichtung von Lärmschutzwänden zur Lärmsanierung,
5.
die Herstellung von Überleitstellen für Gleiswechselbetriebe,
6.
die Herstellung von Gleisanschlüssen bis 2 000 Meter und von Zuführungs- und Industriestammgleisen bis 3 000 Meter.
Für die in Satz 1 Nummer 1 bis 6 genannten Einzelmaßnahmen ist keine weitere baurechtliche Zulassung erforderlich; landesrechtliche Regelungen bleiben unberührt. Werden durch das Vorhaben private oder öffentliche Belange einschließlich der Belange der Umwelt berührt, kann der Träger des Vorhabens die Feststellung des Planes nach Absatz 1 Satz 1 beantragen. Ungeachtet dessen hat sich der Träger des Vorhabens vor Durchführung einer Einzelmaßnahme im Sinne des Satzes 1 Nummer 1 und 2 durch das Bundesamt für Infrastruktur, Umweltschutz und Dienstleistungen der Bundeswehr vor der Durchführung bestätigen zu lassen, dass keine militärischen Belange entgegenstehen. Kann für das Vorhaben die Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung bestehen, hat der Träger des Vorhabens bei der Planfeststellungsbehörde den Antrag nach § 5 Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung zu stellen. Satz 1 Nummer 1 und 2 ist nur anzuwenden, wenn die zuständige Behörde feststellt, dass Vorgaben über die Errichtung und über wesentliche Änderungen von Anlagen eingehalten sind, die in einer elektrische, magnetische oder elektromagnetische Felder betreffenden und auf Grund von § 23 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, 2 und 4 in Verbindung mit § 48b des Bundes-Immissionsschutzgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 26. September 2002 erlassenen Rechtsverordnung enthalten sind.

(2) Ist das Planfeststellungsverfahren eingeleitet, kann die Planfeststellungsbehörde nach Anhörung der betroffenen Gemeinde eine vorläufige Anordnung erlassen, in der vorbereitende Maßnahmen oder Teilmaßnahmen zum Bau oder zur Änderung festgesetzt werden,

1.
soweit es sich um reversible Maßnahmen handelt,
2.
wenn an dem vorzeitigen Beginn ein öffentliches Interesse besteht,
3.
wenn mit einer Entscheidung zugunsten des Trägers des Vorhabens gerechnet werden kann und
4.
wenn die nach § 74 Absatz 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes zu berücksichtigenden Interessen gewahrt werden.
In der vorläufigen Anordnung sind die Auflagen zur Sicherung dieser Interessen und der Umfang der vorläufig zulässigen Maßnahmen festzulegen. Sie ist den anliegenden Gemeinden sowie den Beteiligten zuzustellen oder öffentlich bekannt zu machen. Sie ersetzt nicht die Planfeststellung. § 17 bleibt unberührt. Soweit die vorbereitenden Maßnahmen oder Teilmaßnahmen zum Bau oder zur Änderung durch die Planfeststellung für unzulässig erklärt sind, ordnet die Planfeststellungsbehörde gegenüber dem Träger des Vorhabens an, den früheren Zustand wiederherzustellen. Dies gilt auch, wenn der Antrag auf Planfeststellung zurückgenommen wurde. Der Betroffene ist durch den Vorhabenträger zu entschädigen, soweit die Wiederherstellung des früheren Zustands nicht möglich oder mit unverhältnismäßig hohem Aufwand verbunden oder ein Schaden eingetreten ist, der durch die Wiederherstellung des früheren Zustandes nicht ausgeglichen wird. Rechtsbehelfe gegen die vorläufige Anordnung haben keine aufschiebende Wirkung; ein Vorverfahren findet nicht statt. Betrifft die vorläufige Anordnung ein Vorhaben im Sinne des § 18e Absatz 1, ist § 18e Absatz 1 und 5 in Bezug auf Rechtsbehelfe gegen die vorläufige Anordnung entsprechend anzuwenden.

(3) Unterhaltungsmaßnahmen bedürfen keiner vorherigen Planfeststellung oder Plangenehmigung.

(1) Durch die Planfeststellung wird die Zulässigkeit des Vorhabens einschließlich der notwendigen Folgemaßnahmen an anderen Anlagen im Hinblick auf alle von ihm berührten öffentlichen Belange festgestellt; neben der Planfeststellung sind andere behördliche Entscheidungen, insbesondere öffentlich-rechtliche Genehmigungen, Verleihungen, Erlaubnisse, Bewilligungen, Zustimmungen und Planfeststellungen nicht erforderlich. Durch die Planfeststellung werden alle öffentlich-rechtlichen Beziehungen zwischen dem Träger des Vorhabens und den durch den Plan Betroffenen rechtsgestaltend geregelt.

(1a) Mängel bei der Abwägung der von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange sind nur erheblich, wenn sie offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen sind. Erhebliche Mängel bei der Abwägung oder eine Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften führen nur dann zur Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses oder der Plangenehmigung, wenn sie nicht durch Planergänzung oder durch ein ergänzendes Verfahren behoben werden können; die §§ 45 und 46 bleiben unberührt.

(2) Ist der Planfeststellungsbeschluss unanfechtbar geworden, so sind Ansprüche auf Unterlassung des Vorhabens, auf Beseitigung oder Änderung der Anlagen oder auf Unterlassung ihrer Benutzung ausgeschlossen. Treten nicht voraussehbare Wirkungen des Vorhabens oder der dem festgestellten Plan entsprechenden Anlagen auf das Recht eines anderen erst nach Unanfechtbarkeit des Plans auf, so kann der Betroffene Vorkehrungen oder die Errichtung und Unterhaltung von Anlagen verlangen, welche die nachteiligen Wirkungen ausschließen. Sie sind dem Träger des Vorhabens durch Beschluss der Planfeststellungsbehörde aufzuerlegen. Sind solche Vorkehrungen oder Anlagen untunlich oder mit dem Vorhaben unvereinbar, so richtet sich der Anspruch auf angemessene Entschädigung in Geld. Werden Vorkehrungen oder Anlagen im Sinne des Satzes 2 notwendig, weil nach Abschluss des Planfeststellungsverfahrens auf einem benachbarten Grundstück Veränderungen eingetreten sind, so hat die hierdurch entstehenden Kosten der Eigentümer des benachbarten Grundstücks zu tragen, es sei denn, dass die Veränderungen durch natürliche Ereignisse oder höhere Gewalt verursacht worden sind; Satz 4 ist nicht anzuwenden.

(3) Anträge, mit denen Ansprüche auf Herstellung von Einrichtungen oder auf angemessene Entschädigung nach Absatz 2 Satz 2 und 4 geltend gemacht werden, sind schriftlich an die Planfeststellungsbehörde zu richten. Sie sind nur innerhalb von drei Jahren nach dem Zeitpunkt zulässig, zu dem der Betroffene von den nachteiligen Wirkungen des dem unanfechtbar festgestellten Plan entsprechenden Vorhabens oder der Anlage Kenntnis erhalten hat; sie sind ausgeschlossen, wenn nach Herstellung des dem Plan entsprechenden Zustands 30 Jahre verstrichen sind.

(4) Wird mit der Durchführung des Plans nicht innerhalb von fünf Jahren nach Eintritt der Unanfechtbarkeit begonnen, so tritt er außer Kraft. Als Beginn der Durchführung des Plans gilt jede erstmals nach außen erkennbare Tätigkeit von mehr als nur geringfügiger Bedeutung zur plangemäßen Verwirklichung des Vorhabens; eine spätere Unterbrechung der Verwirklichung des Vorhabens berührt den Beginn der Durchführung nicht.

(1) Betriebsanlagen einer Eisenbahn einschließlich der Bahnfernstromleitungen dürfen nur gebaut oder geändert werden, wenn der Plan vorher festgestellt ist. Bei der Planfeststellung sind die von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange einschließlich der Umweltverträglichkeit im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigen. Für das Planfeststellungsverfahren gelten die §§ 72 bis 78 des Verwaltungsverfahrensgesetzes nach Maßgabe dieses Gesetzes. Wird eine bestehende Betriebsanlage einer Eisenbahn erneuert, liegt nur dann eine Änderung im Sinne von Satz 1 vor, wenn der Grundriss oder der Aufriss der Betriebsanlage oder beides wesentlich geändert wird. Eine wesentliche Änderung des Grundrisses oder Aufrisses einer Betriebsanlage im Sinne von Satz 4 liegt insbesondere nicht vor, wenn sie im Zuge des Wiederaufbaus nach einer Naturkatastrophe erforderlich ist, um diese vor Naturereignissen zu schützen, und in einem räumlich begrenzten Korridor entlang des Trassenverlaufs erfolgt.

(1a) Für folgende Einzelmaßnahmen, die den Bau oder die Änderung von Betriebsanlagen einer Eisenbahn vorsehen, bedarf es keiner vorherigen Planfeststellung oder Plangenehmigung, sofern keine Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung besteht:

1.
die Ausstattung einer bestehenden Bahnstrecke mit einer Oberleitung einschließlich dafür notwendiger räumlich begrenzter baulicher Anpassungen, insbesondere von Tunneln mit geringer Länge oder von Kreuzungsbauwerken,
2.
die im Rahmen der Digitalisierung einer Bahnstrecke erforderlichen Baumaßnahmen, insbesondere die Ausstattung einer Bahnstrecke mit Signal- und Sicherungstechnik des Standards European Rail Traffic Management System (ERTMS),
3.
der barrierefreie Umbau, die Erhöhung oder die Verlängerung von Bahnsteigen,
4.
die Errichtung von Lärmschutzwänden zur Lärmsanierung,
5.
die Herstellung von Überleitstellen für Gleiswechselbetriebe,
6.
die Herstellung von Gleisanschlüssen bis 2 000 Meter und von Zuführungs- und Industriestammgleisen bis 3 000 Meter.
Für die in Satz 1 Nummer 1 bis 6 genannten Einzelmaßnahmen ist keine weitere baurechtliche Zulassung erforderlich; landesrechtliche Regelungen bleiben unberührt. Werden durch das Vorhaben private oder öffentliche Belange einschließlich der Belange der Umwelt berührt, kann der Träger des Vorhabens die Feststellung des Planes nach Absatz 1 Satz 1 beantragen. Ungeachtet dessen hat sich der Träger des Vorhabens vor Durchführung einer Einzelmaßnahme im Sinne des Satzes 1 Nummer 1 und 2 durch das Bundesamt für Infrastruktur, Umweltschutz und Dienstleistungen der Bundeswehr vor der Durchführung bestätigen zu lassen, dass keine militärischen Belange entgegenstehen. Kann für das Vorhaben die Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung bestehen, hat der Träger des Vorhabens bei der Planfeststellungsbehörde den Antrag nach § 5 Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung zu stellen. Satz 1 Nummer 1 und 2 ist nur anzuwenden, wenn die zuständige Behörde feststellt, dass Vorgaben über die Errichtung und über wesentliche Änderungen von Anlagen eingehalten sind, die in einer elektrische, magnetische oder elektromagnetische Felder betreffenden und auf Grund von § 23 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, 2 und 4 in Verbindung mit § 48b des Bundes-Immissionsschutzgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 26. September 2002 erlassenen Rechtsverordnung enthalten sind.

(2) Ist das Planfeststellungsverfahren eingeleitet, kann die Planfeststellungsbehörde nach Anhörung der betroffenen Gemeinde eine vorläufige Anordnung erlassen, in der vorbereitende Maßnahmen oder Teilmaßnahmen zum Bau oder zur Änderung festgesetzt werden,

1.
soweit es sich um reversible Maßnahmen handelt,
2.
wenn an dem vorzeitigen Beginn ein öffentliches Interesse besteht,
3.
wenn mit einer Entscheidung zugunsten des Trägers des Vorhabens gerechnet werden kann und
4.
wenn die nach § 74 Absatz 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes zu berücksichtigenden Interessen gewahrt werden.
In der vorläufigen Anordnung sind die Auflagen zur Sicherung dieser Interessen und der Umfang der vorläufig zulässigen Maßnahmen festzulegen. Sie ist den anliegenden Gemeinden sowie den Beteiligten zuzustellen oder öffentlich bekannt zu machen. Sie ersetzt nicht die Planfeststellung. § 17 bleibt unberührt. Soweit die vorbereitenden Maßnahmen oder Teilmaßnahmen zum Bau oder zur Änderung durch die Planfeststellung für unzulässig erklärt sind, ordnet die Planfeststellungsbehörde gegenüber dem Träger des Vorhabens an, den früheren Zustand wiederherzustellen. Dies gilt auch, wenn der Antrag auf Planfeststellung zurückgenommen wurde. Der Betroffene ist durch den Vorhabenträger zu entschädigen, soweit die Wiederherstellung des früheren Zustands nicht möglich oder mit unverhältnismäßig hohem Aufwand verbunden oder ein Schaden eingetreten ist, der durch die Wiederherstellung des früheren Zustandes nicht ausgeglichen wird. Rechtsbehelfe gegen die vorläufige Anordnung haben keine aufschiebende Wirkung; ein Vorverfahren findet nicht statt. Betrifft die vorläufige Anordnung ein Vorhaben im Sinne des § 18e Absatz 1, ist § 18e Absatz 1 und 5 in Bezug auf Rechtsbehelfe gegen die vorläufige Anordnung entsprechend anzuwenden.

(3) Unterhaltungsmaßnahmen bedürfen keiner vorherigen Planfeststellung oder Plangenehmigung.

(1) Treffen mehrere selbständige Vorhaben, für deren Durchführung Planfeststellungsverfahren vorgeschrieben sind, derart zusammen, dass für diese Vorhaben oder für Teile von ihnen nur eine einheitliche Entscheidung möglich ist, und ist mindestens eines der Planfeststellungsverfahren bundesrechtlich geregelt, so findet für diese Vorhaben oder für deren Teile nur ein Planfeststellungsverfahren statt.

(2) Zuständigkeiten und Verfahren richten sich nach den Rechtsvorschriften über das Planfeststellungsverfahren, das für diejenige Anlage vorgeschrieben ist, die einen größeren Kreis öffentlich-rechtlicher Beziehungen berührt. Bestehen Zweifel, welche Rechtsvorschrift anzuwenden ist, so entscheidet, falls nach den in Betracht kommenden Rechtsvorschriften mehrere Bundesbehörden in den Geschäftsbereichen mehrerer oberster Bundesbehörden zuständig sind, die Bundesregierung, sonst die zuständige oberste Bundesbehörde. Bestehen Zweifel, welche Rechtsvorschrift anzuwenden ist, und sind nach den in Betracht kommenden Rechtsvorschriften eine Bundesbehörde und eine Landesbehörde zuständig, so führen, falls sich die obersten Bundes- und Landesbehörden nicht einigen, die Bundesregierung und die Landesregierung das Einvernehmen darüber herbei, welche Rechtsvorschrift anzuwenden ist.

(1) Durch die Planfeststellung wird die Zulässigkeit des Vorhabens einschließlich der notwendigen Folgemaßnahmen an anderen Anlagen im Hinblick auf alle von ihm berührten öffentlichen Belange festgestellt; neben der Planfeststellung sind andere behördliche Entscheidungen, insbesondere öffentlich-rechtliche Genehmigungen, Verleihungen, Erlaubnisse, Bewilligungen, Zustimmungen und Planfeststellungen nicht erforderlich. Durch die Planfeststellung werden alle öffentlich-rechtlichen Beziehungen zwischen dem Träger des Vorhabens und den durch den Plan Betroffenen rechtsgestaltend geregelt.

(1a) Mängel bei der Abwägung der von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange sind nur erheblich, wenn sie offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen sind. Erhebliche Mängel bei der Abwägung oder eine Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften führen nur dann zur Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses oder der Plangenehmigung, wenn sie nicht durch Planergänzung oder durch ein ergänzendes Verfahren behoben werden können; die §§ 45 und 46 bleiben unberührt.

(2) Ist der Planfeststellungsbeschluss unanfechtbar geworden, so sind Ansprüche auf Unterlassung des Vorhabens, auf Beseitigung oder Änderung der Anlagen oder auf Unterlassung ihrer Benutzung ausgeschlossen. Treten nicht voraussehbare Wirkungen des Vorhabens oder der dem festgestellten Plan entsprechenden Anlagen auf das Recht eines anderen erst nach Unanfechtbarkeit des Plans auf, so kann der Betroffene Vorkehrungen oder die Errichtung und Unterhaltung von Anlagen verlangen, welche die nachteiligen Wirkungen ausschließen. Sie sind dem Träger des Vorhabens durch Beschluss der Planfeststellungsbehörde aufzuerlegen. Sind solche Vorkehrungen oder Anlagen untunlich oder mit dem Vorhaben unvereinbar, so richtet sich der Anspruch auf angemessene Entschädigung in Geld. Werden Vorkehrungen oder Anlagen im Sinne des Satzes 2 notwendig, weil nach Abschluss des Planfeststellungsverfahrens auf einem benachbarten Grundstück Veränderungen eingetreten sind, so hat die hierdurch entstehenden Kosten der Eigentümer des benachbarten Grundstücks zu tragen, es sei denn, dass die Veränderungen durch natürliche Ereignisse oder höhere Gewalt verursacht worden sind; Satz 4 ist nicht anzuwenden.

(3) Anträge, mit denen Ansprüche auf Herstellung von Einrichtungen oder auf angemessene Entschädigung nach Absatz 2 Satz 2 und 4 geltend gemacht werden, sind schriftlich an die Planfeststellungsbehörde zu richten. Sie sind nur innerhalb von drei Jahren nach dem Zeitpunkt zulässig, zu dem der Betroffene von den nachteiligen Wirkungen des dem unanfechtbar festgestellten Plan entsprechenden Vorhabens oder der Anlage Kenntnis erhalten hat; sie sind ausgeschlossen, wenn nach Herstellung des dem Plan entsprechenden Zustands 30 Jahre verstrichen sind.

(4) Wird mit der Durchführung des Plans nicht innerhalb von fünf Jahren nach Eintritt der Unanfechtbarkeit begonnen, so tritt er außer Kraft. Als Beginn der Durchführung des Plans gilt jede erstmals nach außen erkennbare Tätigkeit von mehr als nur geringfügiger Bedeutung zur plangemäßen Verwirklichung des Vorhabens; eine spätere Unterbrechung der Verwirklichung des Vorhabens berührt den Beginn der Durchführung nicht.

(1) Soll vor Fertigstellung des Vorhabens der festgestellte Plan geändert werden, bedarf es eines neuen Planfeststellungsverfahrens.

(2) Bei Planänderungen von unwesentlicher Bedeutung kann die Planfeststellungsbehörde von einem neuen Planfeststellungsverfahren absehen, wenn die Belange anderer nicht berührt werden oder wenn die Betroffenen der Änderung zugestimmt haben.

(3) Führt die Planfeststellungsbehörde in den Fällen des Absatzes 2 oder in anderen Fällen einer Planänderung von unwesentlicher Bedeutung ein Planfeststellungsverfahren durch, so bedarf es keines Anhörungsverfahrens und keiner öffentlichen Bekanntgabe des Planfeststellungsbeschlusses.

(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.

(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.

(1) Ist ein Planfeststellungsverfahren durch Rechtsvorschrift angeordnet, so gelten hierfür die §§ 73 bis 78 und, soweit sich aus ihnen nichts Abweichendes ergibt, die übrigen Vorschriften dieses Gesetzes; die §§ 51 und 71a bis 71e sind nicht anzuwenden, § 29 ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass Akteneinsicht nach pflichtgemäßem Ermessen zu gewähren ist.

(2) Die Mitteilung nach § 17 Abs. 2 Satz 2 und die Aufforderung nach § 17 Abs. 4 Satz 2 sind im Planfeststellungsverfahren öffentlich bekannt zu machen. Die öffentliche Bekanntmachung wird dadurch bewirkt, dass die Behörde die Mitteilung oder die Aufforderung in ihrem amtlichen Veröffentlichungsblatt und außerdem in örtlichen Tageszeitungen, die in dem Bereich verbreitet sind, in dem sich das Vorhaben voraussichtlich auswirken wird, bekannt macht.

Die Aufhebung eines Verwaltungsaktes, der nicht nach § 44 nichtig ist, kann nicht allein deshalb beansprucht werden, weil er unter Verletzung von Vorschriften über das Verfahren, die Form oder die örtliche Zuständigkeit zustande gekommen ist, wenn offensichtlich ist, dass die Verletzung die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat.

(1) Der Träger des Vorhabens hat den Plan der Anhörungsbehörde zur Durchführung des Anhörungsverfahrens einzureichen. Der Plan besteht aus den Zeichnungen und Erläuterungen, die das Vorhaben, seinen Anlass und die von dem Vorhaben betroffenen Grundstücke und Anlagen erkennen lassen.

(2) Innerhalb eines Monats nach Zugang des vollständigen Plans fordert die Anhörungsbehörde die Behörden, deren Aufgabenbereich durch das Vorhaben berührt wird, zur Stellungnahme auf und veranlasst, dass der Plan in den Gemeinden, in denen sich das Vorhaben voraussichtlich auswirken wird, ausgelegt wird.

(3) Die Gemeinden nach Absatz 2 haben den Plan innerhalb von drei Wochen nach Zugang für die Dauer eines Monats zur Einsicht auszulegen. Auf eine Auslegung kann verzichtet werden, wenn der Kreis der Betroffenen und die Vereinigungen nach Absatz 4 Satz 5 bekannt sind und ihnen innerhalb angemessener Frist Gelegenheit gegeben wird, den Plan einzusehen.

(3a) Die Behörden nach Absatz 2 haben ihre Stellungnahme innerhalb einer von der Anhörungsbehörde zu setzenden Frist abzugeben, die drei Monate nicht überschreiten darf. Stellungnahmen, die nach Ablauf der Frist nach Satz 1 eingehen, sind zu berücksichtigen, wenn der Planfeststellungsbehörde die vorgebrachten Belange bekannt sind oder hätten bekannt sein müssen oder für die Rechtmäßigkeit der Entscheidung von Bedeutung sind; im Übrigen können sie berücksichtigt werden.

(4) Jeder, dessen Belange durch das Vorhaben berührt werden, kann bis zwei Wochen nach Ablauf der Auslegungsfrist schriftlich oder zur Niederschrift bei der Anhörungsbehörde oder bei der Gemeinde Einwendungen gegen den Plan erheben. Im Falle des Absatzes 3 Satz 2 bestimmt die Anhörungsbehörde die Einwendungsfrist. Mit Ablauf der Einwendungsfrist sind alle Einwendungen ausgeschlossen, die nicht auf besonderen privatrechtlichen Titeln beruhen. Hierauf ist in der Bekanntmachung der Auslegung oder bei der Bekanntgabe der Einwendungsfrist hinzuweisen. Vereinigungen, die auf Grund einer Anerkennung nach anderen Rechtsvorschriften befugt sind, Rechtsbehelfe nach der Verwaltungsgerichtsordnung gegen die Entscheidung nach § 74 einzulegen, können innerhalb der Frist nach Satz 1 Stellungnahmen zu dem Plan abgeben. Die Sätze 2 bis 4 gelten entsprechend.

(5) Die Gemeinden, in denen der Plan auszulegen ist, haben die Auslegung vorher ortsüblich bekannt zu machen. In der Bekanntmachung ist darauf hinzuweisen,

1.
wo und in welchem Zeitraum der Plan zur Einsicht ausgelegt ist;
2.
dass etwaige Einwendungen oder Stellungnahmen von Vereinigungen nach Absatz 4 Satz 5 bei den in der Bekanntmachung zu bezeichnenden Stellen innerhalb der Einwendungsfrist vorzubringen sind;
3.
dass bei Ausbleiben eines Beteiligten in dem Erörterungstermin auch ohne ihn verhandelt werden kann;
4.
dass
a)
die Personen, die Einwendungen erhoben haben, oder die Vereinigungen, die Stellungnahmen abgegeben haben, von dem Erörterungstermin durch öffentliche Bekanntmachung benachrichtigt werden können,
b)
die Zustellung der Entscheidung über die Einwendungen durch öffentliche Bekanntmachung ersetzt werden kann,
wenn mehr als 50 Benachrichtigungen oder Zustellungen vorzunehmen sind.
Nicht ortsansässige Betroffene, deren Person und Aufenthalt bekannt sind oder sich innerhalb angemessener Frist ermitteln lassen, sollen auf Veranlassung der Anhörungsbehörde von der Auslegung mit dem Hinweis nach Satz 2 benachrichtigt werden.

(6) Nach Ablauf der Einwendungsfrist hat die Anhörungsbehörde die rechtzeitig gegen den Plan erhobenen Einwendungen, die rechtzeitig abgegebenen Stellungnahmen von Vereinigungen nach Absatz 4 Satz 5 sowie die Stellungnahmen der Behörden zu dem Plan mit dem Träger des Vorhabens, den Behörden, den Betroffenen sowie denjenigen, die Einwendungen erhoben oder Stellungnahmen abgegeben haben, zu erörtern. Der Erörterungstermin ist mindestens eine Woche vorher ortsüblich bekannt zu machen. Die Behörden, der Träger des Vorhabens und diejenigen, die Einwendungen erhoben oder Stellungnahmen abgegeben haben, sind von dem Erörterungstermin zu benachrichtigen. Sind außer der Benachrichtigung der Behörden und des Trägers des Vorhabens mehr als 50 Benachrichtigungen vorzunehmen, so können diese Benachrichtigungen durch öffentliche Bekanntmachung ersetzt werden. Die öffentliche Bekanntmachung wird dadurch bewirkt, dass abweichend von Satz 2 der Erörterungstermin im amtlichen Veröffentlichungsblatt der Anhörungsbehörde und außerdem in örtlichen Tageszeitungen bekannt gemacht wird, die in dem Bereich verbreitet sind, in dem sich das Vorhaben voraussichtlich auswirken wird; maßgebend für die Frist nach Satz 2 ist die Bekanntgabe im amtlichen Veröffentlichungsblatt. Im Übrigen gelten für die Erörterung die Vorschriften über die mündliche Verhandlung im förmlichen Verwaltungsverfahren (§ 67 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 Nr. 1 und 4 und Abs. 3, § 68) entsprechend. Die Anhörungsbehörde schließt die Erörterung innerhalb von drei Monaten nach Ablauf der Einwendungsfrist ab.

(7) Abweichend von den Vorschriften des Absatzes 6 Satz 2 bis 5 kann der Erörterungstermin bereits in der Bekanntmachung nach Absatz 5 Satz 2 bestimmt werden.

(8) Soll ein ausgelegter Plan geändert werden und werden dadurch der Aufgabenbereich einer Behörde oder einer Vereinigung nach Absatz 4 Satz 5 oder Belange Dritter erstmals oder stärker als bisher berührt, so ist diesen die Änderung mitzuteilen und ihnen Gelegenheit zu Stellungnahmen und Einwendungen innerhalb von zwei Wochen zu geben; Absatz 4 Satz 3 bis 6 gilt entsprechend. Wird sich die Änderung voraussichtlich auf das Gebiet einer anderen Gemeinde auswirken, so ist der geänderte Plan in dieser Gemeinde auszulegen; die Absätze 2 bis 6 gelten entsprechend.

(9) Die Anhörungsbehörde gibt zum Ergebnis des Anhörungsverfahrens eine Stellungnahme ab und leitet diese der Planfeststellungsbehörde innerhalb eines Monats nach Abschluss der Erörterung mit dem Plan, den Stellungnahmen der Behörden und der Vereinigungen nach Absatz 4 Satz 5 sowie den nicht erledigten Einwendungen zu.

(1) Bundesfernstraßen dürfen nur gebaut oder geändert werden, wenn der Plan vorher festgestellt ist. Eine Änderung liegt vor, wenn eine Bundesfernstraße

1.
um einen oder mehrere durchgehende Fahrstreifen für den Kraftfahrzeugverkehr baulich erweitert wird oder
2.
in sonstiger Weise erheblich baulich umgestaltet wird.
Eine Änderung im Sinne von Satz 2 liegt insbesondere nicht vor, wenn sie im Zuge des Wiederaufbaus nach einer Naturkatastrophe erforderlich ist, um die Bundesfernstraße vor Naturereignissen zu schützen, und in einem räumlich begrenzten Korridor entlang des Trassenverlaufs erfolgt. Bei der Planfeststellung sind die von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange einschließlich der Umweltverträglichkeit im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigen. Für das Planfeststellungsverfahren gelten die §§ 72 bis 78 des Verwaltungsverfahrensgesetzes nach Maßgabe dieses Gesetzes. Die Maßgaben gelten entsprechend, soweit das Verfahren landesrechtlich durch ein Verwaltungsverfahrensgesetz geregelt ist.

(2) Ist das Planfeststellungsverfahren eingeleitet, kann die Planfeststellungsbehörde nach Anhörung der betroffenen Gemeinde eine vorläufige Anordnung erlassen, in der vorbereitende Maßnahmen oder Teilmaßnahmen zum Bau oder zur Änderung festgesetzt werden,

1.
soweit es sich um reversible Maßnahmen handelt,
2.
wenn an dem vorzeitigen Beginn ein öffentliches Interesse besteht,
3.
wenn mit einer Entscheidung zugunsten des Trägers des Vorhabens gerechnet werden kann und
4.
wenn die nach § 74 Absatz 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes zu berücksichtigenden Interessen gewahrt werden.
In der vorläufigen Anordnung sind die Auflagen zur Sicherung dieser Interessen und der Umfang der vorläufig zulässigen Maßnahmen festzulegen. Sie ist den anliegenden Gemeinden sowie den Beteiligten zuzustellen oder ortsüblich bekannt zu machen. Sie ersetzt nicht die Planfeststellung. § 16a bleibt unberührt. Soweit die vorbereitenden Maßnahmen oder Teilmaßnahmen zum Bau oder zur Änderung durch die Planfeststellung für unzulässig erklärt sind, ordnet die Planfeststellungsbehörde gegenüber dem Träger des Vorhabens an, den früheren Zustand wiederherzustellen. Dies gilt auch, wenn der Antrag auf Planfeststellung zurückgenommen wurde. Der Betroffene ist durch den Träger der Straßenbaulast zu entschädigen, soweit die Wiederherstellung des früheren Zustands nicht möglich oder mit unverhältnismäßig hohem Aufwand verbunden oder ein Schaden eingetreten ist, der durch die Wiederherstellung des früheren Zustandes nicht ausgeglichen wird. Rechtsbehelfe gegen die vorläufige Anordnung haben keine aufschiebende Wirkung; ein Vorverfahren findet nicht statt. Betrifft die vorläufige Anordnung ein Vorhaben im Sinne des § 17e Absatz 1, ist § 17e Absatz 1 und 5 in Bezug auf Rechtsbehelfe gegen die vorläufige Anordnung entsprechend anzuwenden.

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens je zur Hälfte.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung jeweils in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.


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Gründe

1

Die auf die Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache und der Divergenz (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 und 2 VwGO) gestützte Beschwerde kann keinen Erfolg haben.

2

1. Die Rechtssache hat nicht die grundsätzliche Bedeutung, die ihr der Kläger beimisst.

3

Der Kläger möchte rechtsgrundsätzlich geklärt wissen,

ob die Planrechtfertigung für die nachträgliche Zulassung bzw. Anordnung aktiver Schallschutzmaßnahmen bei unveränderter verkehrlicher Funktion und Leistungsfähigkeit der Straße auch dann gegeben sein kann, wenn damit weder ein Vorbehalt aus einem Ausgangsplanfeststellungsbeschluss abgearbeitet wird, noch die Voraussetzungen für nachträgliche Schutzauflagen gemäß § 75 Abs. 2 Satz 2 Verwaltungsverfahrensgesetz gegeben sind, noch Lärmbeeinträchtigungen entgegengewirkt werden soll, die aktuell oder nach dem jeweiligen Prognosehorizont im Bereich bzw. jenseits der Sanierungsgrenzwerte entsprechend Ziff. 37.1 VLärmSchR 97 liegen, und für die Verwirklichung der Maßnahme auf privates Grundeigentum i.S.d. Art. 14 Abs. 1 GG zugegriffen werden muss bzw. ob angesichts der Unanwendbarkeit der §§ 41 ff. BImSchG i.V.m. der 16. BImSchV die Planrechtfertigung für solche Maßnahmen nicht prinzipiell ausscheidet.

4

Diese Fragen rechtfertigen die Zulassung der Revision nicht, weil sie ohne Weiteres anhand des Gesetzes und bereits vorliegender Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts beantwortet werden können. Das rechtliche Erfordernis einer Planrechtfertigung ergibt sich aus der Erwägung, dass eine hoheitliche Planung wegen der von ihr ausgehenden Auswirkungen auf die Rechte Dritter ihre Rechtfertigung nicht schon in sich trägt. Die Planrechtfertigung dient damit dem Zweck, Vorhaben, die nicht mit den Zielen des jeweiligen Fachrechts in Einklang stehen, bereits auf einer der Abwägung vorgelagerten und einer vollen gerichtlichen Überprüfung unterliegenden Stufe auszuscheiden. Sie stellt eine praktisch nur bei groben und einigermaßen offensichtlichen Missgriffen wirksame Schranke der Planungshoheit dar (Urteil vom 11. Juli 2001 - BVerwG 11 C 14.00 - BVerwGE 114, 364 <372 f.> = Buchholz 442.40 § 8 LuftVG Nr. 19 S. 17 m.w.N.). Eine straßenrechtliche Planung hat daher Bestand, wenn sie auf die Verwirklichung der mit dem einschlägigen Fachgesetz generell verfolgten öffentlichen Belange ausgerichtet und vernünftigerweise geboten ist (Urteil vom 7. Juli 1978 - BVerwG 4 C 79.76 u.a. - BVerwGE 56, 110 <118 f.> = Buchholz 442.40 § 8 Nr. 2 S. 7 f.).

5

Die von dem Träger der Straßenbaulast an einer Bundesfernstraße errichteten Lärmschutzwände sind Bestandteile der Bundesfernstraße (§ 1 Abs. 4 Nr. 1 FStrG) und unterliegen daher dem Planfeststellungsvorbehalt des § 17 Satz 1 FStrG. Sie sind vom eigentlichen Vorhaben nicht isoliert zu betrachten, sondern stehen in einem untrennbaren planungsrechtlichen Zusammenhang mit diesem, und zwar auch dann, wenn sie erst nach Bestandskraft des ursprünglichen Planfeststellungsbeschlusses in einem der Lärmsanierung dienenden Planänderungsverfahren planfestgestellt und errichtet werden (vgl. Urteil vom 14. September 1992 - BVerwG 4 C 34 - 38.89 - BVerwGE 91, 17 <19> = Buchholz 316 § 74 VwVfG Nr. 18 S. 24 f.). Daraus folgt, dass der Planänderungsbeschluss, der nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts dem ursprünglichen Planfeststellungsbeschluss anwächst und mit diesem zu einem einzigen Plan in der durch den Änderungsbeschluss erreichten Gestalt verschmilzt (Urteile vom 9. Juni 2010 - BVerwG 9 A 25.09 - Buchholz 316 § 76 VwVfG Nr. 19 Rn. 24, vom 18. März 2009 - BVerwG 9 A 31.07 - Buchholz 310 § 74 VwGO Nr. 15 Rn. 23 f. und vom 8. Januar 2014 - BVerwG 9 A 4.13 - NVwZ 2014, 1008 Rn. 15), an der Planrechtfertigung des ursprünglichen Planfeststellungsbeschlusses teilnimmt. Einer gesteigerten Form der Rechtfertigung, etwa im Sinne einer Erforderlichkeit eines Änderungsvorhabens, bedarf es daher bei nachträglich planfestgestellten Lärmschutzwänden nicht (Urteil vom 14. September 1992 a.a.O. S. 29 ).

6

Keine Frage der Planrechtfertigung, sondern eine Frage der Abwägung ist es dagegen, ob die für das Vorhaben sprechenden Gemeinwohlbelange von einem solchen Gewicht sind, dass sie das Bestandsinteresse des Eigentümers am Fortbestand seiner konkreten Eigentumsposition zu überwinden vermögen (vgl. Urteil vom 24. November 2011 - BVerwG 9 A 23.10 - BVerwGE 141, 171 = Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 219 jeweils Rn. 64 ff., 67). Entgegen der Auffassung der Beschwerde gelten die vorgenannten Grundsätze auch in den Fällen, in denen der Träger der Straßenbaulast unterhalb der Schwellenwerte für drohende Gesundheitsgefahren „freiwillig“ Lärmschutzmaßnahmen ergreift. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist jede mehr als nur geringfügig zunehmende Lärmbetroffenheit von Anwohnern eines auszubauenden Verkehrswegs in die Abwägung der Planfeststellungsbehörde einzustellen. Dies gilt auch dann, wenn sie unterhalb der Schwelle der Unzumutbarkeit bleibt und deshalb keine Schutzansprüche auslöst (Urteile vom 20. Mai 1998 - BVerwG 11 C 3.97 - Buchholz 406.25 § 41 BImSchG Nr. 18 S. 50 m.w.N. und vom 23. November 2005 - BVerwG 9 A 28.04 - BVerwGE 124, 334 <345> = Buchholz 406.25 § 41 BImSchG Nr. 45 Rn. 45). Für nachträgliche Planänderungen, die bei bestehenden Verkehrswegen mit dem Ziel einer Reduzierung der von diesen ausgehenden Lärmbetroffenheiten vorgenommen werden, kann nichts anderes gelten.

7

Auch die Frage,

ob bei einem Abwägungsausfall nicht stets von einer Erheblichkeit des Abwägungsmangels auszugehen ist,

rechtfertigt die Zulassung der Revision nicht. Auch diese Frage lässt sich ohne Weiteres auf der Grundlage der bisherigen Rechtsprechung beantworten. Ergebnisrelevanz i.S.d. § 17e Abs. 6 FStrG liegt vor, wenn nach den Umständen des Falles die konkrete Möglichkeit besteht, dass ohne den Abwägungsmangel eine andere Entscheidung getroffen worden wäre; eine nur abstrakte Möglichkeit einer anderen Entscheidung genügt nicht. Insoweit ist der Abwägungsvorgang in all seinen Phasen in den Blick zu nehmen (Urteile vom 21. März 1996 - BVerwG 4 C 19.94 - BVerwGE 100, 370 <379 f.> und vom 24. November 2011 a.a.O. Rn. 68). Danach kann auch für den Fall, dass sich die Planfeststellungsbehörde - wie hier - fälschlicherweise rechtlich zur Einleitung eines Planfeststellungsverfahrens verpflichtet sah, eine Fehlerheilung in Betracht kommen. Dem steht nicht die Aussage des 7. Senats des Bundesverwaltungsgerichts in seinem Hinweisbeschluss vom 11. Juli 2013 - BVerwG 7 A 20.11 - (DVBl 2013, 1453 Rn. 12) entgegen, wonach ein Abwägungsausfall dann erheblich ist und eine Prüfung der Ergebnisrelevanz ausscheidet, wenn eine vorgeschriebene fachplanerische Abwägung völlig fehlt. Eine vergleichbare Situation eines Totalausfalls der Abwägung, in der das Gericht „als Ersatzplaner“ selbst abzuwägen hätte, ist im vorliegenden Fall offensichtlich nicht gegeben. Ausweislich des angefochtenen Urteils (UA Rn. 33) hat die Planfeststellungsbehörde die für die Errichtung der Lärmschutzwand erforderliche Abwägung der für und gegen das Vorhaben sprechenden Belange vorgenommen und eine eigene Abwägungsentscheidung getroffen. Dass sie hierbei aufgrund der angenommenen Verpflichtung zur Einleitung eines Planänderungsverfahrens die betroffenen Belange bei ihrer Abwägungsentscheidung unzutreffend bewertet und gewichtet hätte, wird von der Beschwerde nicht dargetan, hierfür ist auch sonst nichts ersichtlich; ein solcher Abwägungsmangel - sein Vorliegen unterstellt - würde im Übrigen einen Fehler darstellen, der von der Regelung des § 17e Abs. 6 FStrG a.F. erfasst wird.

8

Die Frage,

ob es mit dem Gleichheitsgrundsatz vereinbar ist, dass bei der Abarbeitung von Lärmschutzvorbehalten an einer Bundesstraße auch für solche Streckenabschnitte, für die kein Vorbehalt besteht, aktive Lärmschutzmaßnahmen zu Lasten des betroffenen Grundstückseigentümers in gleicher Dimensionierung vorgenommen werden, während an anderen Bundesfernstraßen Lärmschutzmaßnahmen gänzlich unterbleiben oder nur nach Maßgabe der Richtlinien für Lärmsanierung vorgenommen werden,

rechtfertigt die Zulassung der Revision ebenfalls nicht. Soweit die Frage auf der Grundlage der vom Oberverwaltungsgericht getroffenen und von der Beschwerde nicht angegriffenen Feststellungen einer generellen und abstrakten Klärung zugänglich ist, fehlt es an jeder Darlegung (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO), warum sie sich nicht auf der Grundlage der bereits zu Art. 3 GG vorliegenden umfangreichen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts beantworten ließe und inwiefern der vorliegende Rechtsstreit Gelegenheit zur Weiterentwicklung der höchstrichterlichen Rechtsprechung geben könnte.

9

2. Auch die Divergenzrügen (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) greifen nicht durch.

10

Soweit die Beschwerde hinsichtlich der Planrechtfertigung eine Abweichung des angegriffenen Urteils von der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geltend macht, ist eine solche aus den oben zu 1. dargelegten Gründen nicht gegeben.

11

Eine weitere Abweichung von der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sieht die Beschwerde in der Abhandlung der Grundrechtsbetroffenheit des Klägers durch das Oberverwaltungsgericht. Eine Divergenz besteht jedoch auch insoweit nicht. Ein abstrakter Rechtssatz, dass die freiwillige Ergänzung von Lärmschutzmaßnahmen unabhängig vom ursprünglichen Planfeststellungsbeschluss zu beurteilen und eine absolute Grenze erreicht ist, wenn sich die planfestgestellte Maßnahme zu Lasten anderer Anlieger auswirkt, lässt sich dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 9. Februar 1995 - BVerwG 4 C 26.93 - (BVerwGE 97, 367 <372 f.> = Buchholz 406.25 § 41 BImSchG Nr. 7 S. 6) nicht entnehmen. Die Aussage des Bundesverwaltungsgerichts, dass das Gebot der Gleichbehandlung verletzt würde, wenn die staatliche Maßnahme, die zum Vorteil des einen bestimmt ist, dem anderen zusätzliche Nachteile aufbürdet, bezieht sich erkennbar auf die Umstände des damals zu entscheidenden Falles. Dieser war dadurch gekennzeichnet, dass die vorgesehene Lärmsanierung an der Westseite der Bundesstraße wegen der mit der Lärmschutzwand verbundenen Reflexionen zu einer Erhöhung der Lärmbelastung an der östlichen Straßenseite geführt hätte. Für diese Fallgestaltung hat das Bundesverwaltungsgericht den Rechtssatz aufgestellt, dass die Lärmsanierung für die einen Straßenanlieger nicht zu einer Verschlechterung der Lärmsituation für andere Straßenanlieger führen dürfe. Eine vergleichbare Fallkonstellation ist hier nicht gegeben. Dass auch für die Durchführung einer Lärmsanierung nach rechtsfehlerfreier Abwägung der betroffenen öffentlichen und privaten Belange in Rechte Dritter eingegriffen werden kann, ist bereits zu der entsprechenden Grundsatzrüge unter 1. ausgeführt worden. Hierauf wird verwiesen.

12

Eine Abweichung von der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts besteht nach Auffassung der Beschwerde ferner darin, dass das Oberverwaltungsgericht von einer Maßgeblichkeit der Immissionsgrenzwerte gemäß der Lärmschutzverordnung (16. BImSchV) ausgegangen sei (UA Rn. 31), während nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 9. Februar 1995 - BVerwG 4 C 26.93 - (a.a.O. S. 373 und S. 7) die Grenzwerte der Verkehrslärmschutzverordnung nur im Fall einer Änderung einer Straße i.S.d. § 41 Abs. 1 BImSchG Anwendung finden könnten. Eine Divergenz ergibt sich hieraus jedoch nicht. Denn aus der von dem Kläger angeführten Passage der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts geht hervor, dass die Werte der Lärmschutzverordnung auch dann, wenn keine Änderung einer Straße vorliegt, als Orientierungswerte Anwendung finden können. Nichts anderes hat das Oberverwaltungsgericht zum Ausdruck gebracht, wenn es auf die Überschreitung der maßgeblichen Grenzwerte der Lärmschutzverordnung abstellt und ausführt, dass die Lärmbetroffenen zwar keinen Anspruch auf Lärmschutz aus dem Vorbehalt im ursprünglichen Planfeststellungsbeschluss haben, die Beklagte in dieser Situation aber befugt gewesen sei, den Planfeststellungsbeschluss zu ändern und um aktive Lärmschutzmaßnahmen zu ergänzen.

13

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG.

Gründe

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

22 A 14.40037

Im Namen des Volkes

Urteil

vom 13. Oktober 2015

22. Senat

Sachgebietsschlüssel: 480

Hauptpunkte:

Widerruf des Einverständnisses mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung; eisenbahnrechtliche Planfeststellung; Auflassung eines Bahnübergangs und Schaffung einer Ersatzzuwegung; Anliegerin eines Bahnübergangs mit beidseits der Bahnstrecke gelegenen Grundstücken; Verlust der fußläufigen direkten Wegebeziehung; Verweis auf Ersatzzuwegung; Festsetzung einer Ausgleichszahlung für einen ansonsten unzumutbaren Mehrweg; getrennte Planfeststellung für mehrere Bahnübergänge.

Rechtsquellen:

Leitsätze:

In der Verwaltungsstreitsache

...

gegen

...

vertreten durch das ...-Bundesamt, Außenstelle M., A-str. ..., M.,

- Beklagte -

beigeladen: ...

vertreten durch den Vorstand, ...

bevollmächtigt: Rechtsanwälte ...

wegen eisenbahnrechtlicher Planfeststellung;

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 22. Senat, durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Schenk, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Demling, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Dietz ohne weitere mündliche Verhandlung am 13. Oktober 2015

folgendes Urteil:

I.

Die Klage wird abgewiesen.

II.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Kostengläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin wendet sich als Anliegerin gegen die Beseitigung eines Bahnübergangs.

Auf Antrag der Beigeladenen stellte das Eisenbahnbundesamt (im Folgenden: EBA) mit streitgegenständlichem Planfeststellungsbeschluss (im Folgenden: PFB) vom 22. September 2014 für die Bahnstrecke ... L. - B. ... das Vorhaben Rückbau des Bahnübergangs in Bahn-km ... „W.“ und Rückbau des Bahnübergangs in Bahn-km ... „T.“ mit ersatzweisem Ausbau eines vorhandenen Längsweges zum Bahnübergang in Bahn-km ... „O.“ fest. Bereits mit Plangenehmigung vom 13. Dezember 2010 war die Erneuerung eines weiteren höhengleichen Bahnübergangs in Bahn-km ... „M.“ plangenehmigt worden (VGH-Akte Bl. 93 ff.).

Die Strecke ist nach der Vorhabensbeschreibung (PFB S. 14 f.) eingleisig und elektrifiziert und verläuft am Anwesen der Klägerin in west-östlicher Richtung. Nördlich der Bahnstrecke verläuft im Abstand von ca. 400 m etwa parallel die BAB A ..., südlich etwa in demselben Abstand parallel die St ... Die Klägerin ist mit ihrem südlich des Bahnübergangs in Bahn-km ... „W.“ gelegenen Wohnanwesen Fl.Nr. 469 und den Grundstücken Fl.Nrn. 460/3 und 469 der Gemarkung O. sowie ihren nördlich der Bahnstrecke gelegenen Garten- und Freizeitgrundstücken Fl.Nrn. 473 und 475 derselben Gemarkung Anliegerin der K.-straße, eines asphaltierten Wegs, der die Bahnlinie an diesem Bahnübergang höhengleich kreuzt. Der Bahnübergang ist durch eine Anrufschranke (elektrische Vollschrankenanlage mit Selbstbedienungseinrichtungen) technisch gesichert. Lichtzeichen sind nicht angebracht. Dieser Bahnübergang soll aufgelassen und als Ersatz ein zur Bahnstrecke parallel verlaufender öffentlicher Feld- und Waldweg von Bahn-km ... bis ... (FlNrn. 1046, 1046/1, 1047 der Gemarkung O.) zum westlich gelegenen Bahnübergang in Bahn-km ... „O.“ ausgebaut werden (PFB, S. 14).

Die Klägerin hat zunächst Einwendungen gegen die Planung und später Klage gegen den Planfeststellungsbeschluss erhoben mit dem Antrag:

Der Planfeststellungsbeschluss vom 22. September 2014 wird insoweit aufgehoben, als darin der Rückbau des Bahnübergangs „W...“ in Bahn-km ... festgestellt wird.

Hilfsweise wird beantragt festzustellen, dass der Planfeststellungsbeschluss vom 22. September 2014 rechtswidrig ist und nicht vollzogen werden darf, soweit er den Rückbau des Bahnübergangs „W...“ in Bahn-km ... feststellt.

Die Klägerin macht im Wesentlichen den Verlust der fußläufig direkten Verbindung von ihrem südlich der Bahnstrecke gelegenen Wohnanwesen Fl.Nr. 469 über den Bahnübergang zu ihren nördlich gelegenen Garten- und Freizeitgrundstücken Fl.Nrn. 473 und 475 geltend. Rechtsmissbräuchlich sei die Aufspaltung der Vorhaben in die isolierte Erneuerung eines vergleichbaren Bahnübergangs in Bahn-km ... „M.“ (Plangenehmigung vom 13.12.2010, VGH-Akte Bl. 93 ff.) und die jetzt planfestgestellte Auflassung u. a. ihres benachbarten Bahnübergangs, statt alle drei Bahnübergänge einer Vergleichsbetrachtung und einheitlichen Entscheidung zuzuführen. Die Auflassung zwinge sie zu unzumutbaren Umwegen; der geplante Ersatzweg nördlich der Bahnlinie sei nicht öffentlich gewidmet und nicht befahrbar.

Die Beklagte und die Beigeladene beantragen jeweils, die Klage abzuweisen.

Sie tragen im Wesentlichen vor, die Klägerin habe keinen eigentumsrechtlich geschützten Anspruch auf Erhalt der für sie günstigen Verkehrsbeziehung. Ihre Belange seien ordnungsgemäß abgewogen worden. Die unterschiedliche formelle und materielle Behandlung der Bahnübergänge sei sachlich gerechtfertigt, denn der zu erneuernde Bahnübergang in Bahn-km ... sei die einzige Zuwegung eines landwirtschaftlichen Wohn- und Betriebsanwesens. Im Falle seiner Auflassung hätten Ersatzwege zulasten Dritter mit erheblichen, außer Verhältnis zur geringen verkehrlichen Bedeutung des Bahnübergangs stehenden Kosten geschaffen werden müssen, während die rings um den Bahnübergang in Bahn-km ... gelegenen Grundstücke der Klägerin durch ein vorhandenes Wegenetz erschlossen seien. Die Umwege für die Klägerin würden durch eine Nutzungsentschädigung abgegolten (Nr. A. 4.10.3 des PFB S. 12); der geplante Ersatzweg sei öffentlich gewidmet und werde ausgebaut.

Am 19. Juni 2015 verhandelte der Verwaltungsgerichtshof mündlich. Darin erklärten sich die Beteiligten mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren einverstanden und baten, diese erst nach der Entscheidung über die Klage der Gemeinde im Parallelverfahren (BayVGH, U.v. 23.6.2015 - 22 A 14.40036) zu treffen, um den Beteiligten noch Gespräche über einen Grundstückskauf zu ermöglichen. Der Verwaltungsgerichtshof beschloss daraufhin, im schriftlichen Verfahren zu entscheiden (Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 19.6.2015, VGH-Akte Bl. 277 f.).

Nach Scheitern dieser Gespräche und Wechsel ihres Bevollmächtigten beantragte die Klägerin, den Beschluss über eine Entscheidung im schriftlichen Verfahren aufzuheben. Sie trug vor, der Bahnübergang in Bahn-km ... sei nicht mit Holzbohlen belegt, sondern entspreche dem neuesten Stand der Technik, die Grundstücke des nördlich geplanten Ersatzwegs seien nicht gewidmet und mangels Befestigung nicht befahrbar, ihre nördlichen Grundstücke seien landwirtschaftlichen Nutzflächen gleichzustellen, und die Klägerin verliere ein altrechtliches Überfahrtsrecht.

Die Beklagte und die Beigeladene traten dem Antrag entgegen; die Beigeladene legte Widmungsnachweise für die Wegegrundstücke FlNrn. 1046, 1046/1, 1047 vor.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird Bezug genommen auf die Gerichts- und die beigezogenen Behördenakten und die Niederschrift über die mündliche Verhandlung.

Entscheidungsgründe:

I. Über die Klage kann gemäß § 101 Abs. 2 VwGO ohne weitere mündliche Verhandlung entschieden werden, da die Beteiligten sich mit einer solchen Verfahrensgestaltung einverstanden erklärt haben (Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 19.6.2015, VGH-Akte Bl. 277) und der im Schriftsatz der Klägerbevollmächtigten vom 28. August 2015 erfolgte Widerruf des Einverständnisses unwirksam ist.

Es kann dahinstehen, ob ein solcher Widerruf überhaupt zulässig ist (vgl. BVerwG, B.v. 19.5.2015 - 3 B 7/15 - juris Rn. 4 m. w. N.), da eine mündliche Verhandlung ungeachtet eines erklärten Verzichts im Hinblick auf den Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs für erforderlich erachtet wird, wenn sich die Prozesslage wesentlich geändert hat und dies von der Verzichtserklärung nicht erfasst wird, also die Voraussetzungen gegeben sind, unter denen sonst nach § 128 Abs. 2 Satz 1 ZPO ein Widerruf erlaubt wird (BVerwG, B.v. 19.5.2015 - 3 B 7/15 - juris Rn. 4). Die Voraussetzungen einer solchen Änderung ergeben sich jedoch aus den Einwänden der Klägerin (Belegung des Bahnübergangs „W...“ nicht mit Holzbohlen, fehlende Widmung und Befahrbarkeit des Ersatzwegs, entfallende Wendemöglichkeit für Fahrzeuge, Einstufung der nördlichen Grundstücke, Überfahrtsrecht) nicht.

Wie der Bahnübergang tatsächlich belegt ist, ist nicht entscheidungserheblich. Die Widmung der Ersatzweggrundstücke als öffentliche Wege entspricht den vom Verwaltungsgerichtshof und den Beteiligten insofern bisher zugrunde gelegten Feststellungen im Planfeststellungsbeschluss (PFB S. 14) und wird durch die von der Beigeladenen vorgelegten Widmungsunterlagen allenfalls zusätzlich bestätigt (VGH-Akte Bl. 313 ff.). Ihre derzeitige Befahrbarkeit ist nicht entscheidungserheblich, denn sie sollen erst im Vollzug des strittigen Planfeststellungsbeschlusses ausgebaut werden (PFB S. 14) Die entfallende südliche Wendemöglichkeit für Fahrzeuge ist keine nach Schluss der mündlichen Verhandlung eingetretene Tatsache, sondern war den Beteiligten in dieser Verhandlung bereits bekannt (vgl. Schriftsatz der Klägerbevollmächtigten vom 17.12.2014, VGH-Akte Bl. 72/87) und motivierte gerade die Gespräche über einen etwaigen Grundstückskauf. Die Einstufung der nördlichen Grundstücke der Klägerin und ihrer Nutzungsart war ebenfalls Gegenstand der mündlichen Verhandlung (Niederschrift a. a. O., VGH-Akte Bl. 276) und ist eine vom Verwaltungsgerichtshof zu beurteilende Wertungsfrage; sie betrifft keine nachträglich eingetretene Tatsache. Ein altrechtliches Überfahrtsrecht hat die Klägerin nach der mündlichen Verhandlung nur behauptet, aber nicht durch entsprechenden neuen Tatsachenvortrag substantiiert; zudem wäre sie damit präkludiert (dazu II.2. a)). Es kann also nicht davon gesprochen werden, mit den von der Klägerin angeführten Umständen sei gleichsam die „Geschäftsgrundlage“ für die Zustimmung zu einer Entscheidung ohne weitere mündliche Verhandlung weggefallen.

Dies gilt erst recht für das der mündlichen Verhandlung zeitlich nachfolgende Urteil im Parallelverfahren (BayVGH, U.v. 23.6.2015 - 22 A 14.40036), denn mit Blick auf dessen Erlass haben die Beteiligten hier dem schriftlichen Verfahren zugestimmt, um nach Ergehen der Parallelentscheidung eventuelle Chancen eines Grundstückserwerbs durch die Klägerin südlich der Bahnstrecke nutzen zu können. Die Klageabweisung im Parallelverfahren und das Scheitern der Grundstücksverhandlungen hielten sich im Rahmen des bisherigen Prozessverlaufs und der Thematik, zu deren Abklärung der Übergang ins schriftliche Verfahren erfolgt ist.

II. Die Anfechtungsklage ist im Haupt- und im Hilfsantrag unbegründet, weil der angefochtene Planfeststellungsbeschluss vom 22. September 2014 nicht rechtswidrig ist und die Klägerin nicht in ihren Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Gegenstand der Anfechtungsklage ist der Planfeststellungsbeschluss des EBA vom 22. September 2014 nur hinsichtlich der Auflassung des Bahnübergangs in Bahn-km ... „W.“. Die Auflassung des Bahnübergangs in Bahn-km ... „T.“ wird nicht angegriffen. Die Klägerin geht insofern von der rechtlichen Teilbarkeit des planfestgestellten Vorhabens aus. Dagegen wurden Bedenken weder von den anderen Beteiligten geltend gemacht, noch sind solche Bedenken für den Verwaltungsgerichtshof erkennbar.

Im Hinblick darauf, dass die Klägerin nicht durch eine enteignungsrechtliche Vorwirkung des angefochtenen Planfeststellungsbeschlusses nach § 22 Abs. 2 AEG betroffen ist, hat sie keinen Anspruch auf umfassende objektiv-rechtliche Planprüfung, sondern kann sich nur auf das Fehlen der Planrechtfertigung oder auf eine Verletzung des Abwägungsgebots durch eine mangelnde Berücksichtigung oder Fehlgewichtung ihrer Belange berufen (vgl. BayVGH, U.v. 7.10.2009 - 22 A 09.40002 - juris Rn. 18 m. w. N.). Eine Enteignungsbetroffenheit liegt auch nicht im Hinblick auf ein altrechtliches Überfahrtsrecht vor, weil ein solches nicht nachweisbar ist.

1. Die Planrechtfertigung liegt vor.

Die eisenbahnrechtliche Planung ist rechtfertigungsbedürftig und hat nach dem Allgemeinen Eisenbahngesetz nur Bestand, wenn sie gemessen an den Zielen des Fachplanungsgesetzes erforderlich, d. h. vernünftigerweise geboten ist (st. Rspr., vgl. BayVGH, U.v. 24.1.2011 - 22 A 09.40045 u. a. - Rn. 43 m. w. N.). Hier liegen die Voraussetzungen einer derartigen Planrechtfertigung vor.

Die Planfeststellungsbehörde weist zutreffend darauf hin (PFB S. 19 f., 46), dass die Auflassung des strittigen Bahnübergangs zur Erhöhung der Verkehrssicherheit auf der Schiene beiträgt. Jeder höhengleiche Kreuzungspunkt von Straße und Schiene stellt grundsätzlich ein erhöhtes Gefahrenpotential dar. Dies kommt auch in den Regelungen des § 2 Abs. 1 Eisenbahnkreuzungsgesetz (EKreuzG) und § 12 Abs. 1 Eisenbahn-Bau- und Betriebsordnung (EBO) zum Ausdruck. Neue Kreuzungen von Eisenbahnen und Straßen sind danach grundsätzlich als Überführungen herzustellen. Im vorliegenden Fall kommt hinzu, dass die mit der Auflassung einhergehende Reduzierung der potentiellen Störungsstellen zu einer Beschleunigung des Eisenbahnverkehrs und damit zu einer Verbesserung der Attraktivität des öffentlichen Schienenverkehrs beiträgt, zumal wenn die Streckengeschwindigkeit von 140 km/h auf 160 km/h angehoben werden kann. Diese Erhöhung ist trotz der Beibehaltung der anderen Bahnübergänge möglich, wenn diese - wie geplant - mit automatischen Schranken statt der vorhandenen Anrufschranken ausgerüstet werden (PFB S. 20).

2. Die Klägerin ist auch nicht in ihrem Recht auf gerechte Abwägung (§ 18 Satz 2 AEG) verletzt.

Die fachplanerische Abwägung nach § 18 Satz 2 AEG verlangt, dass erstens eine Abwägung überhaupt stattfindet, zweitens alle abwägungserheblichen Belange in die Abwägung eingestellt werden, drittens die Bedeutung der eingestellten Belange richtig erkannt wird und viertens zwischen konkurrierenden Belangen ein sachgerechter Ausgleich gefunden wird; zur Sammlung des Abwägungsmaterials gehört auch die Ermittlung etwaiger Planungsalternativen einschließlich der „Null-Variante“ (vgl. BayVGH, U.v. 27.11.2012 - 22 A 09.40034 - Rn. 29 f. m. w. N.). Eine Alternativenprüfung ist freilich nicht schon dann fehlerhaft, wenn die tatsächlich gefundene Lösung nicht zwingend ist; vielmehr muss sie sich objektiv als unverhältnismäßig erweisen, weil die mit der Planung angestrebten Ziele unter geringeren Opfern an entgegenstehenden öffentlichen und privaten Belangen zu verwirklichen wären. Andererseits dürfen nach einer Art Grobanalyse bereits in einem frühen Planungsstadium solche Planungsalternativen ausgeschieden werden, die nicht ernsthaft in Betracht kommen. Die Planfeststellungsbehörde muss insofern die vom Vorhabensträger aufgrund seiner Gestaltungsfreiheit getroffene Abwägungsentscheidung - als planerische Entscheidung - abwägend nachvollziehen; sie darf und braucht nicht selbst zu planen, und sie hat kein Versagungsermessen, wenn das Vorhaben den strikten Vorgaben und dem Abwägungsgebot genügt. Die nachzuvollziehende Abwägung ist ein - unter Beachtung der in § 75 Abs. 1a Satz 1 VwVfG normierten Beschränkungen auf offensichtliche und das Abwägungsergebnis beeinflussende Fehler - gerichtlich voll überprüfbarer Vorgang der Rechtsanwendung (BVerwG, U.v. 19.7.2001 - 4 C 4.00 - BVerwGE 115, 17 ff., juris Rn. 18 ff.).

Gemessen an diesen Kriterien hat das EBA die Interessen der Klägerin im Rahmen der Abwägung nach § 18 Satz 2 AEG ohne abwägungserhebliche Fehler berücksichtigt und gewichtet.

a) Zutreffend geht das EBA davon aus, dass der Klägerin - auch aus dem Anliegergebrauch - kein Recht auf Beibehaltung des Bahnübergangs zusteht.

Der Anliegergebrauch gewährt auch unter Berücksichtigung des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG keinen Schutz vor Wegfall einer bestimmten Wegeverbindung. Hat eine Planung die Verschlechterung der für ein Grundstück bisher bestehenden günstigen Verkehrsverhältnisse zur Folge, so wird der Anlieger dadurch in aller Regel nicht in seinen Rechten verletzt (BVerwG, U.v. 28.1.2004 - 9 A 27/03 - NVwZ 2004, 990; BVerwG, U.v. 21.12.2005 - 9 A 12/05 - NVwZ 2006, 603; BayVGH, U.v. 7.10.2009 - 22 A 09.40002 - juris Rn. 24). Dies ist hier der Fall. Ein Vertrauen in den Fortbestand einer bestimmten Verkehrslage ist regelmäßig kein für die Fachplanung unüberwindlicher Belang. Der strittige Bahnübergang stellt für die Klägerin lediglich eine günstige Verkehrslage als kürzeste Verbindung zwischen ihrem Wohnanwesen und ihren Garten- und Freizeitgrundstücken dar.

Hinsichtlich eines neuerdings behaupteten altrechtlichen Überfahrts- oder Übergangsrechts hat die Klägerin sachlich ihre Behauptung nicht belegt. Aus den Verfahrensakten ergeben sich auch sonst keine Hinweise auf ein solches Recht. Abgesehen davon ist die Klägerin mit diesem Vortrag materiell präkludiert. Die formellen Voraussetzungen für eine Präklusion liegen vor. Die Planunterlagen lagen im Gemeindegebiet des Marktes E... vom 23. November 2009 bis 22. Dezember 2009 zur Einsichtnahme aus. Somit waren Einwendungen bis zwei Wochen nach Ablauf der Auslegungsfrist nach § 18 Satz 3 AEG i.V. mit § 73 Abs. 4 Satz 1 VwVfG zu erheben, worüber durch öffentliche Bekanntmachung belehrt worden war (vgl. Mitteilung des Marktes E... vom 9. November 2009, Verfahrensordner EBA). Einwände gegen die Geeignetheit der Planunterlagen als Voraussetzung einer hierauf bezogenen Präklusion sind weder erhoben noch sonst ersichtlich. Die materiellen Voraussetzungen einer Präklusion liegen für den behaupteten Belang einer altrechtlichen Rechtsposition vor, da die Klägerin auch nicht in ihrem Einwendungsschreiben vom 16. Dezember 2009 hierzu Einwände erhoben hatte. Daraus folgt ein materiell-rechtlicher Rechtsverlust (vgl. BVerwG, B.v. 12.2.1996 - 4 A 38/95 - NVwZ 1997, 171/172; BVerwG, U.v. 24.5.1996 - 4 A 38/95 - NVwZ 1997, 489; BayVGH, U.v. 4.4.2013 - 22 A 12.40048 - UPR 2013, 312/313 Rn. 21; BayVGH, U.v. 23.6.2015 - 22 A 14.40036 - Rn. 25). Zudem wäre auch die Klagebegründungsfrist des § 18e Abs. 5 AEG nicht eingehalten und würde der Verwaltungsgerichtshof verspätetes Vorbringen zu einem altrechtlichen Überfahrts- oder Übergangsrecht, hinsichtlich dessen die Verspätung - wie hier - nicht genügend entschuldigt wäre, zurückweisen (§ 87b Abs. 3 VwGO).

b) Hat die Klägerin danach kein selbstständiges Recht auf Aufrechterhaltung der ihr günstigen Bahnüberquerung, so heißt dies nicht, dass ihre Anliegerinteressen rechtlich in keiner Weise zu Buche schlagen. Die mit der Beseitigung des strittigen Bahnübergangs verbundenen Erschwernisse ihres Weges zu ihren jenseits der Bahnstrecke gelegenen Grundstücken sind vielmehr im Rahmen der fachplanerischen Abwägung nach § 18 Satz 2 AEG entsprechend ihrem Gewicht zu berücksichtigen (vgl. BayVGH, U.v. 7.10.2009 - 22 A 09.40002 - Rn. 18 m. w. N.). Hiervon ist das EBA zutreffend ausgegangen (PFB S. 45 ff.).

aa) Das EBA ist ohne Abwägungsfehler davon ausgegangen, dass die von der Klägerin in der Alternativenprüfung geforderte Nullvariante einer Beibehaltung des derzeitigen Zustands wegen der Gefahren für den Eisenbahn- und Straßenverkehr und die Alternative einer Ertüchtigung des Bahnübergangs mit moderner Sicherheitstechnik wegen der unverhältnismäßig hohen Kosten nicht in Betracht kommen.

Hierbei ist zu berücksichtigen, dass die Variantenauswahl als Abwägungsentscheidung nur begrenzt auf erhebliche Abwägungsmängel hin gerichtlicher Kontrolle zugänglich ist. Die Grenze der planerischen Gestaltungsfreiheit ist erst dann überschritten, wenn eine alternative Variante sich unter Berücksichtigung aller abwägungserheblichen Belange als eindeutig vorzugswürdig aufdrängt oder wenn der Planfeststellungsbehörde infolge einer fehlerhaften Ermittlung, Bewertung oder Gewichtung einzelner Belange ein rechtserheblicher Fehler unterlaufen ist. Erheblich sind Abwägungsmängel dabei nach § 75 Abs. 1a Satz 1 VwVfG nur, wenn sie offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen sind (vgl. BayVGH, U.v. 24.1.2011 - 22 A 09.40045 u. a. - Rn. 48 m. w. N.; BayVGH, U.v. 20.5.2014 - 22 A 12.40062 - Rn. 36). Solche Abwägungsmängel sind in diesem Zusammenhang nicht erkennbar und von der Klägerin auch nicht aufgezeigt worden.

Zur Nullvariante einer Beibehaltung des Status quo hat das EBA überzeugend ausgeführt, die hier installierten Anrufschranken mit Selbstbedienungseinrichtung seien ursprünglich im Rahmen eines Pilotprojekts durch eine Ausnahmegenehmigung zugelassen worden, doch habe nicht sichergestellt werden können, dass Benutzer des Bahnübergangs an der Selbstbedienungseinheit stehen blieben, wenn die Schranken noch vom vorherigen Benutzer offen stünden. Schlössen sich die Schranken, während der nachfolgende Verkehr in den Bahnübergang einfahre, könne die Selbstbedienungseinrichtung nicht mehr betätigt und der Bahnübergang nicht mehr geräumt werden, so dass es zwangsläufig zu einem Unfall komme. Zudem könnten die Anrufschranken nicht in die geplante neue Stellwerkstechnik eingebunden werden. Daher sei entweder eine Ausrüstung des betreffenden Bahnübergangs mit automatischen Schranken oder seine Auflassung erforderlich, um die Gesamtstrecke in ihrer Streckengeschwindigkeit von 140 km/h auf 160 km/h zu beschleunigen (PFB S. 20, 22).

Zu Recht ist das EBA der Variante einer Aufrüstung des Bahnübergangs in Bahn-km ... mit einer dem gegenwärtigen Stand der Technik entsprechenden Sicherungsanlage angesichts seiner geringen verkehrlichen Bedeutung nicht näher getreten, weil dies wirtschaftlich nicht vertretbar wäre und die Gefahrenquelle der höhengleichen Kreuzung auch bei verbesserter Technik fortbestehe (PFB S. 21 f.), insbesondere der nötige Räumbereich südlich nicht herstellbar sei (vgl. Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 19.6.2015, VGH-Akte Bl. 276 f.). Die Beigeladene hat hierzu Verkehrszählungsdaten aus dem Jahr 2011 vorgelegt, wonach der Bahnübergang von 20 bis 30 Fahrzeugen täglich benutzt werde und seine verkehrliche Bedeutung daher gering sei (VGH-Akte Bl. 228, 231 ff.).

Soweit die Klägerin darauf hinweist, mit einem Planfeststellungsbeschluss vom 14. April 1993 (VGH-Akte Bl. 210) sei eine Ertüchtigung dieses Bahnübergangs mit Halbschranken bereits genehmigt worden, hat die Beklagte gezeigt, dass diese Lösung nicht umgesetzt worden ist und die Planung heute ein anderes Planungsziel verfolgt. In diesem Sinne ist der Planfeststellungsbeschluss nach § 36 BBahnG a. F. vom 14. April 1993, der ausweislich seiner Begründung auf eine Novellierung der Eisenbahn-Bau- und Betriebsordnung hin erging und damit - anders als das streitgegenständliche Vorhaben - vorrangig der Sicherung des Bahnübergangs und nicht der Ertüchtigung der Bahnstrecke für schnelleren Zugverkehr durch Anhebung der Streckengeschwindigkeit sowie einer wirtschaftlicheren Bedienung der Verbindungen diente, mittlerweile außer Kraft getreten (vgl. § 75 Abs. 4 VwVfG). Ob die Klägerin mit dem Vortrag zum Planfeststellungsbeschluss vom 14. April 1993 wegen Präklusion nach § 18e Abs. 5 AEG ausgeschlossen ist, wie die Beigeladene meint, kann mangels Entscheidungserheblichkeit offen bleiben.

Gleiches gilt auch für die Variante einer Einbahnstraßenregelung unter Ertüchtigung des Feldwegenetzes oder einer zusätzlich vorgeschalteten Ampelanlage, für welche zudem die räumlichen Voraussetzungen fehlen (PFB S. 22). Auch eine Umlaufsperre als Querungsmöglichkeit nur für Fußgänger musste sich dem EBA schon wegen der dann nur noch verringerten erlaubten Streckengeschwindigkeit von 120 km/h statt bisher von 140 km/h nicht aufdrängen (PFB S. 22); zudem beseitigt auch sie die Gefahrenquelle der höhengleichen Kreuzung nicht.

Die Alternative einer Straßenüberführung westlich der K.-straße statt dieses Bahnübergangs scheitert am fehlenden und vom Eigentümer nicht zur Verfügung gestellten Grundstück; eine Realisierung östlich der K.-straße verursachte nach Angaben des EBA geschätzte Kosten von mindestens 1 Mio. Euro. Zudem wäre eine Straßenüberführung aufgrund der Steigung und des fehlenden Gehweges eher für den motorisierten Verkehr geeignet, der jedoch ebenso gut über den geplanten Ersatzweg geführt werden könnte, so dass die erwarteten Kosten den zu erwartenden Nutzen weit überstiegen (PFB S. 24 f., 55).

bb) Kein Abwägungsfehler liegt auch in der von der Klägerin als fehlerhaft gerügten Aufspaltung in die isolierte Plangenehmigung für die Erneuerung des Bahnübergangs in Bahn-km ... einerseits und die hier strittige Planfeststellung andererseits.

Die Klägerin ist durch die vorgenommene Aufspaltung in zwei getrennte Verfahren nicht in ihren Rechten verletzt, auch nicht in ihrem Anspruch auf sachgerechte Abwägung nach § 18 Satz 2 AEG. Bei der Auflassung oder Erneuerung von Bahnübergängen handelt es sich grundsätzlich um voneinander getrennte Vorhaben (Betriebsanlagen), die voneinander unabhängig verwirklicht werden können und sollen. Dem steht nicht entgegen, dass sich das EBA von der Beigeladenen eine Art Gesamtplanung hat vorlegen lassen (vgl. Anlage 4 der Unterlagen zum strittigen PFB). Ein solches Gesamtkonzept macht aus dem gesamten von ihm erfassten Bereich nicht ein einziges Vorhaben (eine einzige Betriebsanlage). Demgemäß enthält Anlage 4 der Unterlagen zum strittigen PFB zutreffend den Vermerk: „nur zur Information“. Jeder Bahnübergang kann und soll grundsätzlich unabhängig von anderen Bahnübergängen modernisiert oder aufgelassen werden dürfen, weil jeder einzelne von ihnen eine singuläre Gefahrenquelle für die Verkehrssicherheit darstellt, nicht erst im Zusammenwirken mit den übrigen Bahnübergängen. Insofern ist die Sach- und Rechtslage vergleichbar der Durchführung von Hochwasserschutzmaßnahmen in einer Gemeinde beim Vorliegen eines umfassenden Hochwasserschutzkonzepts für die am gleichen Fluss liegenden Gemeinden (vgl. VGH BW, B.v. 23.9.2014 - 3 S 784/14 - NuR 2015, 488/489). Ungeachtet dessen hat die Planfeststellungsbehörde zwar die Möglichkeit, mehrere selbstständige Vorhaben in einem Planfeststellungsbeschluss zu behandeln, auch wenn die Voraussetzungen des § 78 VwVfG nicht gegeben sind. Rechte Dritter bestehen diesbezüglich aber nicht (vgl. BayVGH, B.v. 24.9.2015 - 8 CS 15.2026 - Rn. 12).

Selbst wenn man bei allen Bahnübergängen an einer Eisenbahnstrecke von einem einheitlichen Vorhaben, einer einheitlichen Betriebsanlage ausginge, würde sich im Ergebnis nichts ändern. Dann wären nämlich die Grundsätze für die planerische Abschnittsbildung anzuwenden.

Dritte haben grundsätzlich kein Recht darauf, dass über die Zulassung eines Vorhabens insgesamt, vollständig und abschließend in einem einzigen Bescheid entschieden wird. Eine Abschnittsbildung kann aber Rechte Dritter verletzen, wenn die abschnittsweise Planfeststellung dem Grundsatz umfassender Problembewältigung durch das Gesamtvorhaben nicht gerecht wird oder wenn ein Streckenabschnitt der eigenen sachlichen Rechtfertigung vor dem Hintergrund der Gesamtplanung entbehrt oder den durch Art. 19 Abs. 4 GG gewährleisteten Rechtsschutz faktisch unmöglich macht (vgl. BVerwG, U.v. 10.4.1997 - 4 C 5.96 - BVerwGE 104, 236/243; BVerwG, U.v. 19.5.1998 - 4 A 9.97 - BVerwGE 107, 1/14 f.; BVerwG, U.v. 18.7.2013 - 7 A 4/12 - juris Rn. 50). Gegen diese Anforderungen hat das EBA nicht verstoßen.

Die getrennte Planfeststellung für beide Bahnübergänge nimmt der Klägerin nicht ihren durch Art. 19 Abs. 4 GG gewährleisteten Rechtsschutz, denn durch die Erneuerung des Bahnübergangs in Bahn-km... wird sie nicht - auch nicht mittelbar - belastet oder in eigenen Rechten verletzt, während sie gegen die sie berührende streitgegenständliche Auflassung des Bahnübergangs in Bahn-km ... vollen Rechtsschutz genießt. Eine willkürlich unterschiedliche Behandlung zweier vergleichbarer Bahnübergänge kann in jedem Fall eingewandt, vom EBA gewürdigt und vom Verwaltungsgerichtshof geprüft werden. Die Problembewältigung wird durch die getrennte Behandlung nicht erschwert; jeder Bahnübergang kann für sich betrachtet werden. Eine eigene sachliche Rechtfertigung liegt in der Beseitigung einer Gefahrenquelle.

cc) Die von der Klägerin geltend gemachten Erschwernisse ihres Zugangs zu den nördlich der Bahnstrecke gelegenen Grundstücken wiegen nach abwägungsfehlerfreier Einschätzung des EBA nicht so schwer, dass sie eine Beibehaltung des Bahnübergangs erforderlich machten.

Das EBA hat den wesentlich verlängerten Zugang zu den Garten- und Freizeitgrundstücken nördlich der Bahnstrecke für unzumutbar gehalten (PFB S. 14), aber den Nachteil mit der Festsetzung einer Ausgleichszahlung in Höhe des Bodenwerts der Grundstücke (vgl. Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 19.6.2015, VGH-Akte Bl. 275 Rückseite) für verhältnismäßig gehalten. Ob diese Einschätzung als ohne finanziellen Verhältnismäßigkeitsausgleich unzumutbar rechtlich zutreffend ist, kann offen bleiben. Ein etwaiger Fehler wäre auf das Abwägungsergebnis nicht von Einfluss und somit rechtlich unerheblich gewesen (§ 75 Abs. 1a Satz 1 VwVfG). Jedenfalls im Zusammenhang mit dem finanziellen Verhältnismäßigkeitsausgleich kann nicht von Unzumutbarkeit ausgegangen werden.

Die Klägerin ist nicht aus betrieblichen Gründen auf die Nutzung ihrer nördlich gelegenen Grundstücke angewiesen, sondern lediglich zur Erholung und Haushaltung (Gemüse- und Obstanbau, Brennholz- und Kompostlagerung, VGH-Akte Bl. 74), wodurch ihr Belang von geringerem Gewicht ist. Denn dürfen auf die betriebliche Nutzung ihrer über einen Bahnübergang erschlossenen Grundstücke existenziell angewiesene Landwirte auf neue Wegeverbindungen zu ihren Betriebsgrundstücken verwiesen werden, soweit diese trotz der damit verbundenen Umwege zumutbar sind, und müssen verbleibende Nachteile wie zusätzliche Kostenbelastungen und etwaige Minderungen des Verkehrswerts der Hofstelle oder der zu bewirtschaftenden Grundstücke im Rahmen der Sozialbindung des Eigentums entschädigungslos hingenommen werden (vgl. BayVGH, U.v. 7.10.2009 - 22 A 09.40002 - Rn. 26), so kann im Ergebnis für die nicht betrieblich betroffene Klägerin nichts Anderes gelten. Die Nachteile einer Änderung der bisherigen günstigen Verkehrslage sind hinzunehmen, wenn die Grundstücke eine anderweitige ausreichende Verbindung zu dem öffentlichen Wegenetz besitzen. Dies ist der Fall, denn ein Ersatzweg ist nicht erst ausreichend, wenn er der bisherigen Zuwegung in allen Belangen mindestens gleichwertig ist. Ausreichend ist vielmehr eine nach den jeweiligen Umständen zumutbare Erreichbarkeit (BVerwG, U.v. 21.12.2005 - 9 A 12/05 - NVwZ 2006, 603 ff.).

Zutreffend ist die Rechtsauffassung des EBA, dass eine Umweglänge von rund 2.000 m einfache Strecke (PFB S. 57) als solche nicht unzumutbar ist. Die Zumutbarkeit der Umwegstrecken unter dem Gesichtspunkt der Verkehrssicherheit ist nicht nur ein Belang des Allgemeinwohls, sondern auch ein der Rechtssphäre der Klägerin zuzurechnender Belang, da sie als Verkehrsteilnehmerin von erhöhten Unfallgefahren auf dem Umweg betroffen wäre (vgl. BayVGH, U.v. 7.10.2009 - 22 A 09.40002 - Rn. 28). Der Umweg ist aber aus diesem Grund nicht unzumutbar, selbst wenn das Einbiegen in die Staatsstraße St ... Verkehrsgefahren hervorrufen kann, wenn gleichzeitig die vom höhengleichen, nicht mehr aktueller Sicherheitstechnik entsprechenden Bahnübergang ausgehenden Verkehrsgefahren im Gegenzug entfallen, wie das EBA gewürdigt hat (PFB S. 56 f.). Eine solche Bewertung ist nicht zu beanstanden, wenn bisher bestehende Gefährdungen für den Straßenverkehr entfallen und zum anderen künftig eintretende Gefährdungen für den Straßenverkehr weder im Vergleich zu jenen noch für sich genommen besonderes Gewicht haben (vgl. BayVGH, U.v. 7.10.2009 - 22 A 09.40002 - Rn. 29), wie es hier der Fall ist. Dass der als Ersatz vorgesehene Bahnübergang eine Tonnagebeschränkung auf 8 t Gesamtgewicht der Fahrzeuge hat, der entfallende Bahnübergang aber nicht, wie die Klägerin geltend macht (VGH-Akte Bl. 88), bedeutet keine Unzumutbarkeit des Umwegs für die Klägerin, denn sie hat nicht aufgezeigt, dass sie für die Nutzung ihrer nördlich gelegenen Grundstücke auf die Benutzung von schwereren Fahrzeugen angewiesen wäre. Dass Lieferanten mit schweren Fahrzeugen möglicherweise diesen Umweg nicht nutzen können, ist kein von der Klägerin geltend zu machender Belang. Anlieferungen zu ihren Grundstücken können von Süden oder Norden bis an die Grundstücke der Klägerin hin erfolgen, wenn auch ggf. mit einem großräumigeren Umweg.

Zur Forderung der Klägerin nach einer Wendemöglichkeit hat das EBA zu Recht darauf hingewiesen, dass die K...straße bereits jetzt als Sackgasse beschildert ist und der Bahnübergang von Fahrzeugen mit einer Gesamtlänge von mehr als 8 m nicht befahren werden darf, also die Wendemöglichkeit auch nur für kürzere Fahrzeuge ausgelegt sein muss. Auch das Müllfahrzeug dürfe wegen seiner Fahrzeuglänge von 9,45 m den Bahnübergang und die K...straße bereits jetzt nicht befahren, so dass sich die verkehrliche Erschließung nicht verschlechtere. Die Anlage einer weiteren Wendefläche sei nicht erforderlich (PFB S. 54). Sollten die Grundstücke der Klägerin bisher unter Missachtung der Längenbeschränkung angefahren worden sein, wie die Beigeladene vorhält (VGH-Akte Bl. 160), ändert sich diese Bewertung nicht. Denn eine unter Verstoß gegen verkehrsordnungsrechtliche Beschränkungen tatsächlich ausgeübte Nutzung eines Bahnübergangs oder Weges kann nicht als abwägungserheblich angesehen werden.

dd) Die Abwägungsentscheidung des EBA enthält auch keine willkürliche Ungleichbehandlung (Art. 3 Abs. 1 GG), wenn man die Ertüchtigung des Bahnübergangs „M.“ in Betracht zieht:

Zunächst ist die Erschließung und räumliche Lage der Grundstücke unterschiedlich: Der Bahnübergang in Bahn-km ... ist für das nördlich gelegene landwirtschaftliche Wohn- und Betriebsanwesen die einzige Querungsmöglichkeit nach Süden mit Anschluss an das öffentliche Straßennetz und die Staatsstraße St ... Dem gegenüber hat die Klägerin für ihr südlich der Bahnstrecke gelegenes Wohngrundstück Fl.Nr. 469 und ihre südlich gelegenen Grundstücke Fl. Nrn. 460/3 und 470 die Zuwegung über den südlichen Teil der K-straße und für ihre nördlich der Bahnstrecke gelegenen Garten- und Freizeitgrundstücke Fl.Nrn. 473 und 475 eine Zuwegung über den nördlichen Teil der K-straße als Teil des öffentlichen Straßennetzes. Der Bahnübergang in Bahn-km ... bietet ihr zusätzlich noch den direkten und von ihr genutzten Zugang vom südlich gelegenen Wohngrundstück zu ihren nördlich gelegenen Garten- und Freizeitgrundstücken. Demgemäß verlören die Betroffenen bei einer Auflassung des Bahnübergangs in Bahn-km ... ihre einzige Verbindung zum öffentlichen Straßennetz, während die Klägerin bei der planfestgestellten Auflassung des Bahnübergangs in Bahn-km ... lediglich einen direkten Zugang zu ihren unbewohnten Grundstücken verliert.

Zudem kann eine Ersatzzuwegung für die Anlieger des Bahnübergangs in Bahn-km ... nur wesentlich aufwändiger hergestellt werden als für die Klägerin bei der planfestgestellten Auflassung des Bahnübergangs in Bahn-km .... Wie die Beigeladene ausführt, kann ein Ersatzweg nördlich des Bahnübergangs in Bahn-km ... nicht ohne weiteres hergestellt werden, weil nur ein - nicht durchgängig gewidmeter - Gras- und Grünweg existiert (vgl. Schriftsatz der Beigeladenen vom 1.6.2015, VGH-Akte Bl. 226/230 und Email vom 9.6.2015 mit Anlagen, Schriftsatz der Klägerin vom 15.6.2015, VGH-Akte Bl. 257/260 f. mit Anlagen), während der als Ersatzweg für die Klägerin vorgesehene Weg auf den Grundstücken Fl.Nrn. 1046, 1046/1 und 1047 bereits angelegt und durchgängig gewidmet ist (vgl. Schriftsätze der Beigeladenen vom 11.9.2015 und 25.9.2015 mit Anlagen). Baulich müsste an Stelle des Bahnübergangs in Bahn-km ... möglicherweise die straßenbegleitende westliche Grabenverrohrung der Kreisstraße ... zur Querung des M.baches durch schwere landwirtschaftliche Fahrzeuge erst als Brücke ertüchtigt und jedenfalls der Gras- und Grünweg als Ersatzweg befestigt und hergestellt werden. Dem gegenüber kann der zu den nördlich der Bahnstrecke gelegenen Garten- und Freizeitgrundstücken der Klägerin führende Feldweg entsprechend der Planfeststellung ausgebaut werden.

Schließlich kann bei einer Ertüchtigung des Bahnübergangs in Bahn-km ... „M.“ auch ein erforderlicher 25 m langer und 5,50 m breiter Räumbereich im Kreuzungsbereich durch Verbreiterung der Straße hergestellt werden, während dies am Bahnübergang in Bahn-km ... nicht ohne Inanspruchnahme der Anliegergrundstücke an der K...straße möglich ist, wie auch die Klägerin einräumt (vgl. Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 19.6.2015, VGH-Akte Bl. 276 f.).

Angesichts der unterschiedlichen Situation beider Bahnübergänge liegen rechtfertigende Gründe für ihre unterschiedliche Behandlung vor.

Kosten: § 154 Abs. 1, § 162 Abs. 3 VwGO.

Vorläufige Vollstreckbarkeit: § 167 Abs. 2 VwGO, § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

Nichtzulassung der Revision: § 132 Abs. 2 VwGO.

Rechtsmittelbelehrung

Nach § 133 VwGO kann die Nichtzulassung der Revision durch Beschwerde zum Bundesverwaltungsgericht in Leipzig angefochten werden. Die Beschwerde ist beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (in München Hausanschrift: Ludwigstraße 23, 80539 München; Postfachanschrift: Postfach 34 01 48, 80098 München; in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach) innerhalb eines Monats nach Zustellung dieser Entscheidung einzulegen und innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieser Entscheidung zu begründen. Die Beschwerde muss die angefochtene Entscheidung bezeichnen. In der Beschwerdebegründung muss die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts, von der die Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.

Vor dem Bundesverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer in Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und Rechtslehrern an den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Hochschulen mit Befähigung zum Richteramt nur die in § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen. Für die in § 67 Abs. 4 Satz 5 VwGO genannten Angelegenheiten (u. a. Verfahren mit Bezügen zu Dienst- und Arbeitsverhältnissen) sind auch die dort bezeichneten Organisationen und juristischen Personen als Bevollmächtigte zugelassen. Sie müssen in Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht durch Personen mit der Befähigung zum Richteramt handeln.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf 15.000 Euro festgesetzt (§ 52 Abs. 1 GKG i. V. m. Nr. 34.2, 2.2.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013).

Tenor

Die Berufungen der Kläger gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 29. Juli 2010 - 8 K 2721/08 - werden zurückgewiesen.

Von den Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Klägerin zu 1 15/36, der Kläger zu 2 17/36 und die Klägerinnen zu 3 und 4 je 1/18 mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen, der diese auf sich behält.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Kläger wenden sich gegen den Planfeststellungbeschluss für den (teilweisen) Neubau der Kreisstraße K 7725 - Südumfahrung Kehlen - sowie den Umbau der Knotenpunkte zwischen der B 30 und der L 333.
Der Kläger zu 2 ist Eigentümer der im Ortsteil Gunzenhaus (Süd) der Gemeinde Meckenbeuren gelegenen Grundstücke Flst. Nr. 525 und 525/1 (...straße ...). Das letztere Grundstück ist mit einem Wohngebäude nebst Doppelgarage bebaut, das der Kläger zu 2 mit der Klägerin zu 1 bewohnt. Das angrenzende Grundstück Flst. Nr. 525 ist mit einem Nebengebäude (Holzlager, Stall, Carport) bebaut. Die K 7725 wird künftig statt bislang 700 bis 800 m nur mehr in einem Abstand von ca. 145 bzw. 115 m an diesen Gebäuden vorbeiführen.
Die Klägerinnen zu 3 und 4 sind zusammen mit dem Kläger zu 2 Mitglieder einer Erbengemeinschaft und als solche Gesamthandseigentümer des Grundstücks Flst. Nr. 528, welches teilweise als Erdbeerpflanzung verpachtet ist und im Übrigen als Streuobstwiese genutzt wird. Das 7.715 m2 große Grundstück wird durch das Straßenbauvorhaben (einschließlich des landschaftspflegerischen Begleitplans) teilweise dauernd (3.217 m2) und teilweise vorübergehend (546 m2) in Anspruch genommen.
Unter dem 29.06.2006 leitete das Regierungspräsidium Tübingen auf Antrag des Landkreises Bodenseekreis das Planfeststellungsverfahren für den Neubau der Südumfahrung Kehlen als „K 7725 neu“ und den Umbau des Knotenpunktes B 30/L 333 ein.
Nachdem den Trägern öffentlicher Belange und den anerkannten Naturschutzverbänden Gelegenheit gegeben worden war, zu dem Plan bis zum 02.10.2006 Stellung zu nehmen, wurde in den „Gemeindenachrichten Gemeinde Meckenbeuren“ am 08.07.2006 amtlich bekannt gemacht, dass die Planunterlagen vom 10.07. bis 09.08.2006 im Rathaus während der Dienststunden zur allgemeinen Einsichtnahme auslägen. Jeder könne bis spätestens zwei Wochen nach Ablauf der Auslegungsfrist - bis einschließlich zum Mittwoch, 23.08.2006 - bei der Gemeinde oder beim Regierungspräsidium Tübingen Einwendungen gegen den Plan schriftlich oder zur Niederschrift erheben. Die Einwendung müsse innerhalb der Einwendungsfrist den geltend gemachten Belang und das Maß seiner Beeinträchtigung erkennen lassen. Mit Ablauf der Einwendungsfrist seien alle Einwendungen ausgeschlossen, die nicht auf besonderen privatrechtlichen Titeln beruhten.
Mit am 23.08.2006 eingegangenen Anwaltsschreiben vom 23.08.2006 erhoben die Kläger im Wesentlichen folgende Einwendungen: Ihr Grundstück dürfe nur in Anspruch genommen werden, wenn sämtliche Belange rechtsfehlerfrei ermittelt und abgewogen seien; dies sei nicht der Fall. Die Lärmbelastung für ihre Grundstücke rühre derzeit von nur 26 Fahrzeugbewegungen her, weshalb die Wohnqualität bislang nur sehr wenig durch Straßenverkehrslärm beeinträchtigt sei. Eine Vorbelastung bestehe nur aufgrund der nördlich verlaufenden Eisenbahnstrecke Ulm - Friedrichshafen und des westlich gelegenen Flughafens. Dass die besondere Lärmsituation im Bereich des nahegelegenen Brückenbauwerks ermittelt worden sei, sei nicht ersichtlich. Unklar sei, ob, was allein sachgerecht sei, bei Bestimmung der Immissionsrichtwerte von einem Wohngebiet ausgegangen worden sei. Die erhebliche Vorbelastung sei bei der Lärmberechnung völlig außer Acht gelassen worden, obwohl aufgrund der eintretenden Gesamtbelastung die Grenze zur Gesundheitsbeeinträchtigung überschritten werde. Jedenfalls seien Auflagen vorzusehen, aufgrund denen auf nicht prognostizierte, erhöhte Immissionsbelastungen mit aktiven und passiven Schallschutzmaßnahmen reagiert werden könne. Ein Eingriff in das Landschaftsbild und den Erholungswert der Landschaft, insbesondere in den Naherholungsbereich und das Erholungsgelände von Gerbertshaus dürfe nur erfolgen, wenn es keine Alternativen gebe. Durch die Straße werde auch die historische Bindung an den Hauptort Kehlen zerschnitten. Eine Neuplanung sei schließlich gar nicht erforderlich. Bei Realisierung der B 30 neu würde Kehlen ohnehin entlastet. Auch sonst gebe es eine wesentlich geeignetere Variante. Auf der Höhe des Ortsteils Lochbrücken könne etwa außerhalb des bewohnten Gebiets eine Stichstraße zum nördlichen Teil des Flughafens und entweder auf dem Flughafengelände selbst oder an diesem entlang zum Messegelände geführt werden. Auf diese Weise könnten auch der Flughafen und das neue Industriegebiet angeschlossen werden; vor allem würden eine Zerschneidung des Landschaftsbildes und der Siedlungsstruktur sowie ein Erwerb von Naherholungsraum vermieden und Gunzenhaus würde keiner zusätzlichen Lärmbelastung ausgesetzt. Ob die geplante Ortsumfahrung tatsächlich zu einer Entlastung Kehlens führen werde, sei ohnehin zweifelhaft, da sie einen wesentlichen Umweg bedeuten würde.
Die Klägerinnen zu 3 und 4 machten mit nahezu gleichlautenden, am 22.08.2008 eingegangen Schreiben vom 11. bzw. 20.08.2006 im Wesentlichen noch geltend: Sie wendeten sich nicht nur gegen die unmittelbare Inanspruchnahme ihres Grundstücks Flst. Nr. 528, sondern auch gegen die von den zukünftig zu erwartenden Schallemissionen ausgehenden Beeinträchtigungen ihrer Gesundheit, ihres Haus- und Wohneigentums und der landwirtschaftlichen Nutzung jenes Grundstücks. Sie seien als Bürgerinnen des Ortsteils Gerbertshaus dramatischen Auswirkungen des steigenden Verkehrsaufkommens, der Veränderung der landwirtschaftlichen Nutzflächen und einer damit möglicherweise einhergehenden Änderung des lokalen Klimas ausgesetzt. Eine Beeinträchtigung des Naherholungsgebiets im Bereich der Schussen und des Erholungsgeländes in Gerbertshaus sei nicht hinnehmbar. Auch der gewährte Lärmschutz sei unzureichend, da es zu einer nicht akzeptablen Zunahme der Lärmbelastung komme. Schon jetzt sei der Lärm durch den Flug- und Zeppelinbetrieb, die Triebwerksprobeläufe, die zunehmenden Start- und Landebewegungen sowie den Bodenlärm durch den Straßen- und Eisenbahnverkehr unerträglich. Die Belastung erreiche in der Summe nunmehr ein erheblich störendes, teilweise sogar gesundheitsrelevantes Maß. Die geplante Trasse passe nicht ins Landschaftsbild und trenne das Ortsbild. Gutachten und Prognosen, die die Erhöhung des Verkehrsaufkommens durch die geplante Erweiterung der Messe, die Fertigstellung der B 31, die Erweiterung des Flugplatzes Friedrichshafen sowie den Bau der geplanten B 30 neu berücksichtigten, gebe es nicht. Zur Gewährleistung eines wirksamen Immissionsschutzes müssten die kurz-, mittel- und langfristigen Verkehrszahlen prognostiziert werden. Insofern sei der Bau der Südumfahrung zumindest bis zur Fertigstellung der B 30 neu zurückzustellen. Die erstellten Prognosen seien unrealistisch, berücksichtige man die im Gemeindeblatt veröffentlichten Geschwindigkeitskontrollen an der K 7725. Bislang sei nur die gerade durch die Südumfahrung zu erwartende Mehrbelastung in den Blick genommen worden, wobei die Auswirkungen der Brücke möglicherweise unberücksichtigt geblieben seien. Der Ortsteil Gunzenhaus müsse jedenfalls als Wohngebiet berücksichtigt werden. Schließlich seien sie es gewohnt, zur Nachtzeit bei offenem Fenster zu schlafen. Alternative Vorschläge, wie die direkte Anbindung der Messe Friedrichshafen via Flugplatz („Shuttlestraße" über die bestehende Brücke) auf den Seewald Kreisverkehr, seien nicht weiter verfolgt worden. Die Vervielfachung des Verkehrsaufkommens werde den Verkehrswert ihrer Hausgrundstücke und ihres Grundbesitzes mindern. Auch werde die Nutzbarkeit der Außenbereiche stark eingeschränkt. Es müsse geregelt werden, welche Rechte ihnen als Eigentümer von Wohngrundstücken zustünden, sollten die Vorgaben im Planfeststellungsbeschluss nicht eingehalten werden. Erforderlich sei eine „Schallgarantie“, die sicherstelle, dass ihnen auch ein in der Umweltmedizin künftig erkannter und von der Gesetzgebung oder Rechtsprechung anerkannter erhöhter Schallschutz zu Gute komme. Die durch Gewährung von (passivem) Schallschutz nicht ausgleichbaren Nachteile für die Nutzung ihres Wohneigentums müssten durch eine angemessene Entschädigung ausgeglichen werden.
Im Rahmen der Erörterungsverhandlung am 20.12.2007 wies der Kläger zu 2 auf die relativ große Verkehrsmenge aus dem Raum Friedrichshafen hin und lehnte die Planung als eine mit 15 Millionen Euro zu teure Notlösung ab. Eine kleine Lösung von der Lochbrücke am Flughafen entlang zur Messe für etwa 2 Millionen Euro reiche völlig aus. Nach Fertigstellung der B 30 neu möge geprüft werden, ob die Ortsumgehung Kehlen noch benötigt werde.
Am 26.09.2008 erließ das Regierungspräsidium Tübingen den Planfeststellungsbeschluss "für den Neubau der K 7725 - Südumfahrung Kehlen - sowie den Umbau der Knotenpunkte zwischen der B 30 und L 333". Zur Begründung wurde u. a. angeführt: Die Planung sei von einer ausreichenden Rechtfertigung getragen, da sie im vordringlichen Bedarf des Kreisstraßenausbauprogramms des Bodenseekreises enthalten sei und im Einklang mit den übergeordneten Planungskonzepten des Landes, des Landkreises und der Gemeinden stehe. Die Ortsdurchfahrt Kehlen sei stark belastet. Die Straße habe eine regionale und überregionale Verbindungsfunktion, die sich im Zuge des geplanten Baus der B 30 neu und der Südumfahrung Tettnang noch verstärke. Hinzu komme, dass bei Messeveranstaltungen in Friedrichshafen ein erheblicher zusätzlicher Verkehr aufgenommen werden müsse. Die Ortsdurchfahrt Kehlen habe einen unsteten Verlauf bei einer geringen Fahrbahnbreite, die Gehwege seien zum Teil sehr schmal. Am bestehenden Bahnübergang und an der Einmündung in die B 30 komme es jetzt schon regelmäßig zum Rückstau. Die Verkehrsuntersuchung prognostiziere für das Jahr 2015 eine Verkehrsmenge von 13.900 Kfz/24 h bei einem Schwerverkehrsanteil von 1.000 Fahrzeugen. Diese Belastung überfordere ersichtlich die bestehende Ortsdurchfahrt. Hinzu komme, dass die Straße als Zubringer für die geplante B 30 dienen solle, womit eine weitere Erhöhung des Verkehrsaufkommens zu erwarten sei. Durch die geplante Straße werde eine Entlastung von 67 % für die Ortsdurchfahrt prognostiziert. Insofern führe sie zu einer erheblichen Verbesserung der Lebensqualität der dortigen Bevölkerung. Der unter Hinweis auf zu erwartenden Schleichverkehr bezweifelte Entlastungseffekt könne nicht ernsthaft in Frage gestellt werden. Der Bau der B 30 neu führe noch nicht zu einer Entlastung der Ortsdurchfahrt, vielmehr werde sich die Verkehrsbedeutung und -belastung des Zubringers K 7725 dadurch noch erhöhen. Die eine Verkehrszunahme prognostizierende Verkehrsuntersuchung sei für den Untersuchungsraum nicht zu beanstanden. Die Gutachter hätten sich detailliert mit den Entwicklungen des maßgeblichen Untersuchungsraums auseinandergesetzt, für den aufgrund der Einwohnerzahl, des Freizeitwerts und der Wirtschaftskraft eine überdurchschnittliche Entwicklung zu erwarten sei. Tragender Aspekt der Planung sei nicht zuletzt die Verkehrssicherheit. Das Unfallgeschehen in der Ortsdurchfahrt und im Einmündungsbereich in die B 30 spiegle die unbefriedigende Leistungsfähigkeit der Strecke wieder.
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Was etwaige Alternativen anbelange, sei die Südumfahrung im Vergleich zu den zwei geprüften Nordumfahrungen die günstigste Lösung. Auch die vorgeschlagene Trasse in Anlehnung an die "Shuttlebus"-Verbindung zwischen Flughafen und Messe sei untersucht worden. Es spreche viel dafür, dass diese Verkehrsführung schon keine Alternative zur beantragten Südumfahrung, sondern ein anderes Verkehrsprojekt darstelle, mit dem wesentliche Ziele der Planung nicht erreicht werden könnten. Der Vorschlag dränge sich jedenfalls nicht als die bessere Alternative auf. Die entsprechende Trassenführung decke sich nicht mit der langfristig in der Raumschaft verfolgten Netzkonzeption mit B 30 neu, B 31 neu und B 467 neu. Nur wenn die K 7725 neu gezielt auf den Anschluss bei Hirschlatt geführt werde und der Verkehr nicht den Umweg über die Messe nehmen müsse, könne die volle verkehrliche Wirksamkeit dieser Gesamtkonzeption erreicht werden. Der Messeverkehr verursache zwar zeitweise ein hohes Aufkommen, mache jedoch übers Jahr gesehen nicht den maßgebenden Verkehrsanteil aus. Deswegen sei die Netzkonzeption nicht vorrangig daran auszurichten. Mit zunehmender „Umwegigkeit" der Trasse nehme der bezweckte Entlastungseffekt für die Ortsdurchfahrt ab; eine ortsnahe Führung bewirke deutlich mehr als eine nach Süden abgesetzte Linienführung. Eine Trasse als Ausbaumaßnahme auf der bereits bestehenden Flughafenstraße sei nicht geeignet, da dies keine öffentliche Straße sei und ein reiner Ausbau nicht geeignet wäre, überörtlichen Verkehr aufzunehmen. Damit wäre nur ein Neubau außerhalb des Flughafenbereichs denkbar, der zudem sicherheitstechnische Vorgaben einhalten müsse. Im Hinblick auf die Anflugbefeuerung komme im Randbereich nur ein Straßenverlauf in kostenaufwendiger Tunnel- oder zumindest Tieflage in Betracht. Ein Brückenbauwerk über die Bahn mit der für eine Elektrifizierung notwendigen Höhe und entsprechenden „Anrampungen" sei nicht realisierbar. Zudem würde ein Anschluss an die K 7726 auf Höhe der Messe zu einer Behinderung der Verkehrsflüsse an Messetagen führen, was der Neubau der K 7725 neu gerade verhindern solle. Eine Trassierung auf die Anschlussstelle bei Hirschlatt führe schließlich zu massiven Belastungen des Siedlungsbereichs von Gerberts-haus und stelle einen erheblichen Eingriff in das Waldgebiet "Großes Moos" dar. Dies führe zu unvermeidbaren artenschutzrechtlichen Konflikten, welche allenfalls dann hingenommen werden könnten, wenn es keine zumutbare Alternative gäbe. Eine solche sei mit der planfestgestellten Trasse jedoch gerade vorhanden. Gegen eine Unterquerung von Bahn, Schussen bzw. Flughafenstraße spreche nicht zuletzt, dass sie erfahrungsgemäß ein Vielfaches an Kosten verursache. Angesichts der zumutbaren Südumfahrung hätte eine solche daher bereits wegen des schlechten Kosten-/Nutzenverhältnisses als unwirtschaftlich ausgeschieden werden dürfen.
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Zum Verkehrslärmschutz wurde u.a. ausgeführt, dass die für Wohngebiete maßgeblichen Grenzwerte von 59/49 dB(A) Tag/Nacht nicht überschritten werden dürften. Die Ortsteile Gunzenhaus und Siglishofen sowie das Gehöft Sch. seien als Wohngebiet angesehen worden. Dem Lärmgutachten habe eine Verkehrsuntersuchung vom Januar 2006 mit dem Prognosehorizont 2015/ 2020 zugrunde gelegen, wobei der schalltechnischen Berechnung im Sinne einer "worst-case"-Betrachtung der ungünstigste Lastfall (C 2) zugrunde gelegt worden sei. Die Verkehrsuntersuchung sei methodisch richtig erstellt und inhaltlich nachvollziehbar. Die B 31 neu im Abschnitt Friedrichshafen-Immenstaad sei berücksichtigt worden; im Übrigen seien von dort nur untergeordnete Auswirkungen zu erwarten. Auch von der Entwicklung der Fluggastzahlen am Flughafen seien keine erheblichen Auswirkungen auf das Verkehrsaufkommen der K 7725 neu zu erwarten, da das Passagierwachstum im Wesentlichen aus Österreich und der Schweiz erwartet werde. Im Übrigen habe der Flughafenverkehr ohnehin nur untergeordneten Einfluss auf den maßgeblichen Jahresmittelwert. Die Lärmberechnung sei durch Ermittlung eines Beurteilungspegels in einem Berechnungsverfahren vorzunehmen. Die Methode nach der Richtlinie für den Lärmschutz an Straßen (RLS-90) gewährleiste zuverlässige Ergebnisse und sei von der Rechtsprechung bestätigt. Die Lärmberechnungen, an denen zu zweifeln kein Anlass bestehe, hätten ergeben, dass zur Einhaltung der Grenzwerte Lärmschutzmaßnahmen notwendig seien. Erforderlich sei auf der Ostseite der K 7725 neu ein Lärmschutzwall mit einer Höhe von 1,5 m über der Gradiente bis zum Brückenbauwerk, von wo er in einen 1,5 m hohen massiven Spritzschutz übergehe. Außerdem umfasse die Planung näher bezeichnete Lärmschutzmaßnahmen für bestimmte Streckenabschnitte. Damit könne die Lärmbelastung im Bereich Gunzenhaus um weitere 4 dB(A) reduziert werden und seien für alle Gebäude die Orientierungswerte der DIN 18005 für allgemeine Wohngebiete eingehalten. Dem Einwand, dass bei offenem Fenster geschlafen und eine Störung des Schlafs durch den Verkehrslärm bis hin zur Gesundheitsgefährdung befürchtet werde, sei entgegenzuhalten, dass die Grenzwerte an den maßgeblichen Messpunkten vor den Fenstern durchgängig eingehalten seien. Unzumutbare oder gar gesundheitsgefährdende Beeinträchtigungen seien nicht zu erkennen. Zwar seien auch Gärten, Terrassen und Balkone schutzwürdig, jedoch gelte dies nur tagsüber. Nach den Lärmberechnungen würden die Immissionsgrenzwerte indes deutlich unterschritten. Zwar sei eine Vorbelastung durch andere Verkehrsanlagen grundsätzlich nicht im Sinne eines Summenpegels zu berücksichtigen, jedoch verhalte es sich dann anders, wenn die Gesamtlärmbelastung den Grad einer Gesundheitsgefährdung erreiche oder in die Substanz des Eigentums eingreife. Beides komme unter Berücksichtigung des derzeitigen Standes der Lärmwirkungsforschung aber erst ab einem Außendauerschallpegel von etwa 70 dB(A) bzw. 60 dB(A) in Frage. Nach der ergänzenden Stellungnahme zur Gesamtlärmsituation sei eine Gesamtbelastung im gesundheitsgefährdenden Bereich jedoch nicht zu erwarten. Bei Einhaltung der strengen Werte der DIN 18005 habe die K 7725 neu nur einen untergeordneten Einfluss. Auch die unter Berücksichtigung des Fluglärms ermittelte Größenordnung der Gesamtlärmbelastung von 64 bis 67 dB(A) am Tag und 56 dB(A) in der Nacht liege noch deutlich unter den Werten, ab denen die Rechtsprechung eine Gesundheitsgefährdung für denkbar halte. Eine erhebliche (negative) Veränderung der Lärmsituation durch Abweichung der tatsächlichen Verkehrssituation von der Prognose durch die B 30 infolge der Maßnahme sei nicht zu erwarten. Gegebenenfalls führe dies zu Nachbesserungs- oder Entschädigungsansprüchen.
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Was die befürchtete soziale Trennwirkung anbelange, stelle der Straßenbau zwar eine Zäsur im Ortsbild von Gunzenhaus bzw. Kehlen dar. Aufgrund der Brücke über Bahn und Schussen blieben jedoch die relevanten Wegeverbindungen erhalten.
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Gegen den ihrem Prozessbevollmächtigten am 07.10.2008 zugestellten Planfeststellungsbeschluss haben die Kläger am 06.11.2008 beim Verwaltungsgericht Sigmaringen Klage erhoben. Zur Begründung haben die Kläger im Wesentlichen wie folgt vorgetragen: Aufgrund der enteignungsrechtlichen Vorwirkung könnten die Kläger zu 2 bis 4 als Eigentümer des Grundstücks Flst. Nr. 528 eine umfassende Überprüfung des Planfeststellungsbeschlusses beanspruchen. Eine materielle Präklusion greife nicht, da sie Einwendungen erhoben hätten. Für die nur mittelbar eigentumsbetroffenen Kläger zu 1 und 2 werde sich die Lärm- und Schadstoffsituation grundlegend ändern. Die Auswahl der Trassenvarianten sei unzureichend. Mit der sogenannten „Shuttlebus-Trasse" habe sich der Vorhabenträger zunächst überhaupt nicht befasst, obwohl diese sich als die bessere Variante aufdränge, weil sie außerhalb bewohnter Gebiete verlaufe. Warum mit ihr nicht die volle verkehr-liche Wirksamkeit erreicht werden könnte, sei nicht verständlich, zumal sie auch keinen Umweg, sondern eine sinnvolle Ergänzung der geplanten Messezufahrt darstelle. Auch im Planfeststellungsbeschluss werde diese Variante nur unzureichend behandelt. Diese müsse auch nicht zwingend in das Waldgebiet „Großes Moos“ eingreifen. Der Eingriff in das Landschaftsbild sei ebenso wie der Eingriff in die Natur grundsätzlich zu unterlassen. Auch eine ausreichende Kompensation sei nicht vorgesehen. So sei die Maßnahme 2.1 für den vorgesehenen Zweck ungeeignet. Auch die mit der Maßnahme 9 verbundenen Maßnahmen, welche u. a. als Ersatz für die Beeinträchtigung des Landschaftsbildes vorgesehen seien, seien unzureichend. Die Fläche sei bereits zu klein. Die „Bähwiesen“ befänden sich mit ihrer extensiven Nutzung ohnehin bereits in einem sehr guten Zustand. Hinsichtlich der Zerschneidung der Siedlungsstruktur habe keine sachgerechte Abwägung stattgefunden.
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Der Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Der Planfeststellungsbeschluss habe sich auch mit der „Shuttle-Trasse" eingehend auseinandergesetzt. Diese stelle jedoch ein völlig anderes Verkehrsprojekt dar. So sehe sie eine Linienführung an völlig anderer Stelle vor und sei nicht am zentralen Ziel der Planung, nämlich der Entlastung der Ortsdurchfahrt Kehlens, ausgerichtet. Jedenfalls sei sie nicht die eindeutig bessere Variante. Die Belastungen würden lediglich verlagert. Es seien im Übrigen nicht nur die Grenzwerte nach der 16. BImSchV eingehalten, vielmehr seien sogar die strengeren Orientierungswerte nach der DIN 18005 der Planung zugrundegelegt worden. Da die Flughafenstraße ungeeignet sei, den überörtlichen Verkehr aufzunehmen, wäre außerhalb des Flughafenbereichs ein Straßenneubau erforderlich. Dieser führte jedoch zu einem erheblichen Eingriff in Natur und Landschaft und müsste den sicherheitstechnischen Belangen des Flughafens untergeordnet werden. Hinzu komme die Problematik des Eingriffs in das hochwertige Waldgebiet „Großes Moos“. Im Hinblick auf den Eingriff ins Landschaftsbild und die naturschutzrechtlichen Belange seien die Kläger ohnehin präkludiert. Allenfalls seien weitere Ausgleichs- oder Ersatzmaßnahmen zu entwickeln, die sich jedoch auf die Kläger nicht auswirkten. Die Frage der Zerschneidung der Siedlungsstruktur („soziale Trennwirkung") sei im Planfeststellungsbeschluss abgehandelt worden. Das Wohnhaus der Kläger sei schon bisher Emissionen der angrenzenden Bahnstrecke, des Flughafens und der naheliegenden B 30 ausgesetzt gewesen. Durch den Neubau der Kreisstraße erfahre die Lärmsituation daher keine grundlegende Änderung. Eine Erhöhung der Schallschutzwände um weitere 1 - 2 m führte lediglich zu einer kaum mehr wahrnehmbaren Reduzierung der Emissionspegel um 1,2 bis 1,8 dB(A). Zugleich würden Flächen und Kosten um 40 bis 80 % zunehmen, was unverhältnismäßig sei. Auf dem Brückenbauwerk sei zudem fraglich, ob sich eine Erhöhung noch in das Orts- und Landschaftsbild integrieren ließe. Auch seien Beeinträchtigungen des Vogelflugs zu besorgen.
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Abschließend haben die Kläger geltend gemacht, dass es mehrere geeignetere Trassen gebe. Hierzu haben sie zunächst auf eine Variante 1 mit Querung der Start- und Landebahn des Flughafens mittels einer Unterführung sowie eine Variante 2 verwiesen, die am Rande des Flughafengeländes verliefe. Schließlich lasse das Straßenbauvorhaben die Planungen der Gemeinde Meckenbeuren unberücksichtigt. So solle die Ortsdurchfahrt neu trassiert werden. Nicht zuletzt deshalb dränge sich die Variante 3 geradezu auf. Mit ihr würde letztlich eine schlüssige Straßenführung geschaffen. Die planfestgestellte Variante stehe auch in Widerspruch zum Lärmaktionsplan.
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Mit Urteil vom 29.07.2010 hat das Verwaltungsgericht die Klagen (Az.: 8 K 2721/08) abgewiesen. Hierzu hat es im Wesentlichen ausgeführt: Die auf eine Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses gerichteten Hauptanträge seien unbegründet. Mit ihren Rügen betreffend einen nicht kompensierten Eingriff in den Naturhaushalt seien die Kläger auch insoweit, als sie wegen des unmittelbaren Eingriffs in die Substanz ihres Eigentums betroffen seien, ausgeschlossen. Daran habe sich auch mit der Novellierung des § 37 Abs. 9 Satz 1 StrG nichts geändert. Dies gelte auch für solche Umstände, welche von der Planfeststellungsbehörde von Amts wegen oder aufgrund von Einwendungen Dritter zu berücksichtigen gewesen seien. Im Übrigen hätte auch die Beachtung naturschutzrechtlicher Belange nicht dazu geführt, dass von der Maßnahme insgesamt abgesehen oder die Trassenführung im Bereich ihrer Grundstücke verändert worden wäre. Vielmehr hätten die behaupteten naturschutzrechtlichen Mängel durch eine schlichte Planergänzung behoben werden können. Ob auch die mit der Klage vorgebrachte Rüge, der Eingriff in das Landschaftsbild sei nicht kompensiert, präkludiert sei, habe offen bleiben können. Allerdings dürfte die Frage eines entsprechenden Ausgleichs bzw. Ersatzes im Einwendungsschreiben schon nicht hinreichend "thematisiert" worden sein. Jedenfalls habe nur eine entsprechend pauschale Prüfung erwartet werden können.
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Dem planfestgestellten Neubau der K 7725 fehle es auch nicht an der erforderlichen Planrechtfertigung. Ob die Kläger zu 1 und 2, soweit sie nur mittelbar (durch Lärm) betroffen seien, deren Fehlen überhaupt rügen könnten, könne dahinstehen. Denn das Vorhaben sei gemessen an den Zielen des Straßengesetzes jedenfalls "vernünftigerweise" geboten gewesen. Relevante Ziele der Planung einer Kreisstraße seien auch die Entlastung von Orts-durchfahrten und die Erhöhung der Verkehrssicherheit. Bereits der Blick auf die Übersichtskarte zeige, dass jedenfalls der Verkehr aus dem Bereich Lindau/Kressbronn/Langenargen/Tettnang, welcher Friedrichshafen umfahren und dies künftig auch nicht über die B 31 neu tun und/oder ins Hinterland Friedrichshafens bzw. den Raum Hagnau/Meersburg/Überlingen gelangen wolle, die K 7725 neu nutzen und damit die Ortsdurchfahrt meiden werde. Entsprechendes gelte für den Verkehr in umgekehrter Richtung. Eine Entlastung der Ortsdurchfahrt trete schließlich nach Aussage des Verkehrsgutachters auch ohne die B 30 neu ein. Da diese lediglich bei Hirschlatt an die K 7725 anknüpfe, würde die Ortsdurchfahrt durch die Zubringerfunktion für Meckenbeuren stark belastet. Werde eine relevante Entlastung der Ortsdurchfahrt erreicht und bedürfe der gegenwärtige Zustand im Hinblick auf die Verkehrssicherheit der Abhilfe, könnten bereits in Trassenführung und Ausbauzustand begründete und im laufenden Betrieb erkennbare Verkehrsgefahren die Planung rechtfertigen, ohne dass es auf eine Verkehrszählung ankomme. Unabhängig davon gehe der Angriff gegen die Verkehrsprognose fehl. Die von den Klägern anlässlich von Geschwindigkeitsmessungen am 11.12.2006 und 21.11.2007 gezählten Fahrzeugmengen seien nicht repräsentativ. Auch sei nicht dargetan, dass eine zu hohe Ausgangsbelastung die Prognose für 2015 unrichtig mache.
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Die Vorgehensweise nach der Verkehrslärmschutzverordnung sei nicht zu beanstanden. Da die Lärmberechnungen für die K 7725 als solche nicht in Zweifel gezogen worden seien, seien diese zugrundelegt worden. Die Verkehrslärmuntersuchung vom 12.01.2006 sei zum Ergebnis gekommen, dass die K 7725 mit den im Planfeststellungsbeschluss festgelegten Lärmschutzmaßnahmen für die Siedlungsbereiche der Kläger in Gunzenhaus-Süd zu Lärmwerten von höchstens 55/45 dB(A) führe. Damit seien sowohl die Grenzwerte nach der Verkehrslärmschutzverordnung als auch die Werte der DIN 18005-1 für Wohngebiete eingehalten. Eine (teilweise) Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses käme ohnehin nur in Betracht, wenn das zum Schutz der Nachbarschaft entwickelte Lärmschutzkonzept derart defizitär sei, dass die Ausgewogenheit der Planung insgesamt oder in einem abtrennbaren Planungsteil in Frage gestellt sei. Ansonsten bestehe allenfalls ein Anspruch auf Planergänzung. Soweit sich die Klägerinnen zu 3 und 4 - zumal unsub-stantiiert - auf die eingeschränkte Nutzbarkeit ihres Grundstücks berufen hätten, sei dem entgegenzuhalten, dass ihr Außenbereichsgrundstück kein Außenwohnbereich sei. Außerdem sei im Außenbereich ein höheres Maß an Verkehrsimmissionen zumutbar. Seien die Grenzwerte der Verkehrslärmschutzverordnung eingehalten, sei die Zumutbarkeitsgrenze nicht überschritten. Auch sei die allgemeine Lärmerwartung im Außenbereich sehr viel höher. Im Übrigen liege die Terrasse des Wohnhauses nach Süden, also nicht direkt zur Trasse hin, welche in ihrer kürzesten Entfernung östlich verlaufe. Zwar gehöre zur angemessenen Befriedigung der Wohnbedürfnisse grundsätzlich auch die Möglichkeit des Schlafens bei gekipptem Fenster. Der typische Dämmwert eines gekippten Fensters betrage jedoch nach gefestigter Auffassung 15 dB(A), sodass sich für die Kläger zu 1 und 2 Innenpegel von nachts allenfalls 30 dB(A) ergäben. Die Schwelle zur Gesundheitsgefährdung sei daher nicht erreicht. Nach den genehmigten Plänen lägen zur Straßentrasse hin ohnehin nur zwei Fenster, nämlich in der Küche im Erdgeschoss und in einem nicht zum Schlafen bestimmten Zimmer im Obergeschoss. Die nach Norden hin ausgerichteten Schlafraumfenster seien von der Straße noch weiter entfernt. Problematischer erscheine die Gesamtbelastung durch Bahn-, Straßen- und Fluglärm, doch ergebe sich auch daraus kein Rechtsfehler zu Lasten der Kläger. Nach den Rasterlärmkarten des Lärmaktionsplans ergebe sich für die Grundstücke der Kläger als Summe der vorhandenen Lärmquellen B 30, Eisenbahn und Flughafen eine Belastung von 65/55 dB(A), wobei die Eisenbahn mit 63/54 dB(A) und der Flughafen (nach der Lärmkonturenkarte Flughafen) mit 61/55 dB(A) anzusetzen seien. Dies ergebe mit den Werten der K 7725 neu von 55/45 dB(A) insgesamt 66/56 dB(A). Die Steigerung durch das planfestgestellte Vorhaben liege danach im nicht hörbaren Bereich. Damit gingen vom planfestgestellten Vorhaben keine zusätzlichen nachteiligen Auswirkungen aus. Auch fehle es insofern an der Kausalität zwischen dem Bau der K 7725 neu und einer Gesundheitsgefährdung beim Schlafen bei gekipptem Fenster, als solches schon bisher nicht zumutbar gewesen sei. Eine Pflicht, gesundheitlich bedenkliche Immissionslagen bei Gelegenheit der Planfeststellung zu sanieren, bestehe nicht. Den erst Ende 2009 „im Grobkonzept" gebilligten und erst im Herbst 2010 „stehenden" Lärmaktionsplan habe die Planfeststellungsbehörde noch nicht berücksichtigen müssen. Unabhängig davon sei auch kein Widerspruch zu diesem ersichtlich.
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Der Planfeststellungsbeschluss leide auch unter keinem Abwägungsfehler. Zutreffend sei die Lärmbetroffenheit der Anwohner in die Abwägung eingestellt worden. Sie habe jedoch rechtsfehlerfrei gegenüber den Vorteilen der gewählten Trasse geringer gewichtet werden dürfen, nachdem es nur zu zumutbaren Beeinträchtigungen komme. Auch bei der Trassenauswahl seien Abwägungsfehler nicht zu erkennen. Die Grenzen der planerischen Gestaltungsfreiheit seien erst überschritten, wenn eine andere als die gewählte Variante sich unter Berücksichtigung aller abwägungserheblichen Belange eindeutig als die bessere, weil öffentliche und private Belange insgesamt schonendere Lösung hätte darstellen und insoweit aufdrängen müssen. Dies sei auch im Hinblick auf die von den Klägern vorgebrachten alternativen Trassen nicht der Fall. Diese hätten wohl schon deshalb ausgeschieden werden können, weil sie auf ein anderes Projekt hinausliefen. Die in zulässiger Weise verfolgten Ziele könnten mit ihnen nicht mehr verwirklicht werden. Denn eine Entlastung der Ortsdurchfahrt Kehlen vom Verkehr auf der B 30 alt aus Norden und Nordosten, der nördlich von Friedrichshafen in Richtung Westen verlaufe, könne so nicht erfolgen, da die alternative Trasse südöstlich von Gerbertshaus einen erheblichen Umweg bedeutete. Gleiches gelte für den Verkehr in umgekehrter Richtung. Hinzu komme die im Planfeststellungsbeschluss angesprochene Gesamtkonzeption, die damit verfehlt würde. Eine Verknüpfung mit der K 7726 neu im Bereich der Messe führte zudem an Messetagen zu einer Überlagerung von Messeverkehr, örtlichem, überörtlichem und regionalem Verkehr an einem der Hauptverteiler für die Messeparkierung. Jedenfalls sei eine alternative Trasse südlich der planfestgestellten Trasse nicht die eindeutig bessere Lösung. Dass die Lärmbelastung für die Anwohner geringer wäre, treffe ohnehin nur auf die zuletzt angesprochene Variante 1 (Unterquerung des Flughafengeländes) zu. Für die ebenfalls noch angesprochene Variante 2 treffe dies nur auf die Kläger selbst und die Bewohner von Gunzenhaus Süd und Nord sowie Siglishofen zu; stattdessen würden die Anwohner in Lochbrücke und Gerbertshaus westlich der Schussen bzw. K 7727 erstmals und vergleichbar belastet. Die Flugplatzringstraße liege schließlich im Sicherheitsbereich des Flughafens und diene der Kontrolle sowie im Unglücksfall der freien Zufahrt von Rettungskräften. Bereits der Messe-Shuttle-Betrieb unterliege strengen Sicherheitsauflagen. Weder in Linienführung, Unterbau, Querschnitt, Radien noch in der Quer- und Längsneigung genüge diese den zwingenden Mindestanforderungen an eine Straße mit überörtlichem Verkehr. Insofern wäre jedenfalls ein Neubau erforderlich. Was die vorgeschlagene Unterquerung der Eisenbahn bzw. des Flughafengeländes betreffe, bedürfte es einer technisch ausgesprochen anspruchsvollen und extrem teuren Lösung. Neben verkehrstechnischen Umständen dürften im Rahmen von Alternativprüfungen aber auch finanzielle Erwägungen eingestellt und als ausschlaggebend bewertet werden. Nicht zuletzt kollidierten die Trassen-varianten, welche einen Anschluss an die K 7726 neu (Messezufahrt Nord) im Bereich der Messe vorsähen, mit der dortigen Bebauungsplanung. Werde in der weiteren Führung der Alternativtrassen der Anschluss an die Messe vermieden, müsste die Trasse durch das Waldgebiet „Großes Moos“ geführt werden, was gravierende, vor allem naturschutzrechtliche Konflikte zur Folge hätte. Die zuletzt und erstmals vorgeschlagene Variante 3 lehne sich an die bereits untersuchte "ortsferne Nordumfahrung" an. Nachdem sich die Kläger im Einwendungsverfahren hierzu nicht geäußert hätten, seien sie wohl bereits materiell präkludiert. Im Übrigen habe sich der Planfeststellungsbeschluss mit der „ortsfernen Nordumfahrung“ substantiiert auseinandergesetzt und sie aus vertretbaren Gründen verworfen.
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Dass die K 7725 die Siedlungsstruktur zerschneide, habe der Planfeststellungsbeschluss erkannt, jedoch darauf verwiesen, dass die relevanten Wegeverbindungen aufrechterhalten blieben. Eine unzumutbare Verlängerung der Straßenverbindung zum Hauptort Kehlen sei nicht zu erkennen. Die „psychologische" Betroffenheit durch ein Gefühl des „Abgeschnittenseins“ könne in der Abwägung überwunden werden.
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Ob das hilfsweise, erstmals in der mündlichen Verhandlung verfolgte Verpflichtungsbegehren auf Lärmschutz nach § 87b VwGO zurückgewiesen werden könnte, könne dahinstehen. Jedenfalls liege mangels unzumutbarer Lärmbeeinträchtigungen kein Rechtsfehler zu Lasten der Kläger vor.
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Gegen dieses, ihnen am 29.12.2010 zugestellte Urteil haben die Kläger am 20.01.2011 Berufung zum Verwaltungsgerichtshof eingelegt. Innerhalb der ihnen bis zum 28.03.2011 verlängerten Berufungsbegründungsfrist haben die Kläger ihre Berufung wie folgt begründet: Den Klägern zu 2 bis 4 stehe aufgrund der unmittelbaren Inanspruchnahme ihres Grundstücks Flst. Nr. 528 ein sog. Vollüberprüfungsanspruch zu. Aufgrund der mittelbaren Betroffenheit der Grundstücke Flst. Nrn. 525 und 525/1 könnten auch die Kläger zu 1 und 2 eine Überprüfung der planerischen Abwägung insoweit verlangen, als ihr Interesse berührt sei, nicht durch nachteilige Wirkungen in der Nutzung ihres Grundstücks beeinträchtigt zu werden. Zu Unrecht gehe das Verwaltungsgericht davon aus, dass sie mit Einwendungen hinsichtlich eines Eingriffs in die Natur und insoweit erforderlicher Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen präkludiert seien. Einwendungen müssten nur erkennen lassen, in welcher Hinsicht Bedenken gegen die in Aussicht genommene Planfeststellung bestünden. Eine rechtliche Qualifizierung des tatsächlichen Vorbringens sei nicht erforderlich. Die Begriffe „Natur“ und „Landschaft“ würden häufig gleichbedeutend oder in der Weise verwendet, dass mit der Verwendung des einen zugleich der Bedeutungsinhalt des anderen transportiert werden solle. Auch der Gesetzgeber verwende die Begriffe stets als Paar, was verdeutliche, wie eng beide miteinander verzahnt seien und wie weit sich ihr Bedeutungsinhalt überschneide. Ihre Kritik an den Eingriffen in die Landschaft sei daher auch als Einwendung gegen Eingriffe in die Natur zu verstehen gewesen. Insofern seien auch die Eingriffe in die Natur bzw. die aus diesem Grund festgelegten Ausgleichsmaßnahmen zu überprüfen gewesen. Eingriffe in die Natur im engeren Sinne seien indes nicht ausreichend kompensiert worden. Die für die Maßnahme 2.1 vorgesehene Fläche erweise sich aufgrund ihrer Nähe zum Straßenkörper als ungeeignet. Insbesondere im Hinblick auf „fliegende Insekten“ sei eine Störung zu besorgen. Mit dem Grundstück Flst. Nr. 456 und den angrenzenden Grundstücken hätte auch eine wesentlich geeignetere Ausgleichsfläche zur Verfügung gestanden. Außerdem würden insgesamt 10,75 ha mit über 54 dB(A) verlärmt. Insofern könne eine Revierbildung durch Brutvogelarten nicht mehr stattfinden. Die im Rahmen der Maßnahme 9 für Ersatzmaßnahmen vorgesehenen „Bähwiesen“ befänden sich bereits in einem „sehr guten Zustand extensiver Nutzung“. Bei sachgerechter Bewertung hätte auch nicht nur eine schlichte Planergänzung vorgenommen, sondern von dem Projekt insgesamt Abstand genommen werden müssen. Zumindest wäre eine Durchführung an anderer Stelle angezeigt gewesen. Dies gelte jedenfalls im Hinblick auf die weiteren Fehler des Planfeststellungsbeschlusses. Auch die gerügten Eingriffe in die Landschaft seien nicht ausreichend kompensiert worden. Selbst wenn ihr Vorbringen insoweit zu pauschal gewesen sein sollte, sei vor dem Hintergrund des ihnen teilweise zustehenden Vollüberprüfungsanspruchs und der Bedeutung des betroffenen Grundrechts jedenfalls eine genauere Prüfung vorzunehmen, ob die Eingriffe ausreichend ausgeglichen bzw. ersetzt worden seien. Abgesehen davon hätten sie den Kern des Problems - die Beeinträchtigung des Erholungswerts der Landschaft - durchaus angesprochen. Dies habe auch impliziert, dass die vorgesehenen Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen unzureichend seien. Denn bei ausreichenden Maßnahmen wäre der Erholungswert gerade nicht beeinträchtigt worden. Die mit der Maßnahme 9 verbundenen Ersatzmaßnahmen seien auch insofern unzureichend, als sie einerseits als Ersatz für das Landschaftsbild herangezogen würden, andererseits Eingriffe in die Natur kompensiert werden sollten. Auch sei eine Fläche von 0,66 ha im Hinblick auf eine Neuversiegelung von 3,41 ha viel zu klein. Schließlich werde das Gebiet durch das Planvorhaben zerschnitten, sodass Spaziergänger die Landschaft nicht mehr zur Erholung nutzen könnten. Das Missverhältnis zwischen den beanstandeten Eingriffen und der Maßnahme 9 sei offensichtlich.
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Dem Vorhaben fehle es auch an der erforderliche Planrechtfertigung. Es führe zu mehr Problemen, als es lösen könne. Insbesondere könne der erwartete Entlastungseffekt nicht eintreten. Auch sei das prognostizierte Verkehrsaufkommen fehlerhaft ermittelt worden. Mit dem Vorhaben würden viele gleich gelagerte Probleme geschaffen, da eine Belastung der ähnlich stark bewohnten Orte Holzreute, Hirschlatt, Ailingen, Ittenhausen, Berg und Unterraderach in Kauf genommen werde. Ein Entlastungswert von 67 % für Kehlen erscheine überhöht. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts werde die K 7725 nicht wie erwartet angenommen. So sei zu erwarten, dass, um etwa die B 467 zu erreichen, bei Untereschach auf die B 30 neu aufgefahren und nicht die Abzweigung bei Hirschlatt genutzt werde. Auch sei zweifelhaft, dass Verkehrsteilnehmer, die von Norden her nach Meckenbeuren gelangen wollten, die B 30 neu nutzten, zumal bei Brochenzell keine Abzweigung vorgesehen sei. Auch Maßnahmen zur Umgestaltung der Ortsdurchfahrt seien augenscheinlich nicht beabsichtigt, sodass es dort weiterhin zu Schleichverkehr komme. Fraglich sei auch, ob sich die Situation hinsichtlich der Verkehrssituation tatsächlich verbesserte. Durch die Südumfahrung entstünden vielmehr neue Gefahren. Insofern komme es durchaus auf eine Verkehrszählung an. Schon die für 2005 ermittelte Verkehrsmenge von 6.900 Kfz/Tag sei nicht korrekt ermittelt. So seien am 11.12.2006 (Montag) zwischen 12.48 und 15.09 Uhr lediglich 727 Kraftfahrzeuge, am 19.04.2007 (Donnerstag) zwischen 06.45 und 10.43 Uhr 1.557 Kraftfahrzeuge und am 21.11.2007 (Mittwoch) zwischen 07.00 und 10.30 Uhr lediglich 1.061 Kraftfahrzeuge gezählt werden. Insofern seien auch die auf dieser Grundlage prognostizierten Verkehrszahlen für 2015 bzw. 2020 zu hoch. Hinzu komme, dass nach einem Bericht in der „Schwäbischen Zeitung“ vom 15.03.2011 die Westtrasse der B 30 im Hinblick auf artenschutzrechtliche Bedenken offenbar nicht mehr realisiert werden solle. Werde indes die Osttrasse der B 30 neu realisiert, änderten sich sämtliche Verkehrsströme und sei die K 7725 nicht mehr erforderlich. Entsprechend dem Rechtsgedanken des § 51 LVwVfG müsse diese nachträgliche Änderung der Sachlage berücksichtigt werden. Die folge auch aus der enteignungsrechtlichen Vorwirkung des Planfeststellungsbeschlusses.
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Auch die Zerschneidung der Siedlungsstruktur sei vom Verwaltungsgericht fehlerhaft gewürdigt worden. Bereits der Planfeststellungsbeschluss habe sich damit nur unzureichend befasst. Es könne nicht nur auf den Mobilitätsgesichtspunkt abgestellt werden. Vielmehr dürften auch das psychologische Moment - das Gefühl des „Abgehängtseins“ - und der städtebauliche Aspekt nicht außer Betracht bleiben. Die vorgesehenen Maßnahmen führten ebenso wie die Ausbaubreite der Straße zu einer unübersehbaren Abtrennung des Ortsteils vom Zentrum, wo sich viele für die örtliche Gemeinschaft bedeutsame Orte befänden.
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Sollten die Verkehrsmengen hingegen zutreffend ermittelt worden sein, wären die ergriffenen Lärmschutzmaßnahmen bei weitem nicht ausreichend. So wären sie nunmehr einer Gesundheitsgefährdung ausgesetzt. Aus dem Lärmaktionsplan gehe hervor, dass die Grundstücke der Kläger zu 1 und 2 schon jetzt einem Dauerschallpegel von insgesamt 65 dB(A) tags und 55 dB(A) nachts ausgesetzt seien. Werde die K 7725 neu gebaut, erhöhe sich der Dauerschallpegel auf insgesamt 66 dB(A) tags und 56 dB(A) nachts. Die von der Rechtsprechung bislang für eine Gesundheitsgefährdung angenommene Grenze bei 70 dB(A) bzw. 60 dB(A) sei nach den neueren Erkenntnissen der Lärmwirkungsforschung jedenfalls zu hoch angesetzt; vielmehr seien nach gesicherter wissenschaftlicher Erkenntnis deutlich niedrigere Werte anzusetzen. Teilweise werde die Grenze am Ohr des Schläfers bei 30 dB(A) angesetzt, was bei geschlossenem Fenster einem Außenpegel von 50 dB(A) entspreche. Dieser sei bereits jetzt überschritten. Da der Schutz vor unzumutbarem Lärm auch die Erhaltung oder Herstellung einer ausreichenden Luftzufuhr umfasse, gehöre zur angemessenen Befriedigung der Wohnbedürfnisse auch das Schlafen bei gekipptem Fenster. Dies setze Außenpegel von maximal 45 dB(A) voraus. Bei einer entsprechenden Grenzwertüberschreitung dürfe ihnen auch die Vorbelastung nicht entgegengehalten werden. Vielmehr sei eine Lärmsanierung geboten. Teilweise werde bereits eine Dauerbelastung oberhalb von 60 dB(A) als gesundheitsbeeinträchtigend angesehen, wobei schon ab 45 dB(A) nachts Änderungen der Schlafstadien mit entsprechenden Auswirkungen auf das vegetative Nervensystem festzustellen seien. Bereits 1999 sei vom Sachverständigenrat für Umweltfragen ein Dauerschallpegel von 65 dB(A) tags als Grenzwert für lärmbedingte Herzinfarktrisiken angenommen worden. Nachts sei ein Wert von 55 dB(A) als maßgeblich angesehen worden, weil lärmbedingte Schlafstörungen schon deutlich unterhalb der Aufwachschwelle von 60 dB(A) festzustellen seien. Darauf, dass eine Erhöhung um nur 1 dB(A) unterhalb der „Hörbarkeitsschwelle“ liege, dürfe nicht abgehoben werden; auch eine solche Erhöhung könne durchaus noch wahrgenommen werden. Doch auch dann, wenn man an den überkommenen Grenzwerten für eine Gesundheitsgefährdung festhalte, wären doch die Grenzwerte nach der 16. BImSchV überschritten. Nach der Abrundungssatzung der Gemeinde Meckenbeuren vom 14.10.1980 lägen die Grundstücke der Kläger zu 1 und 2 im Innenbereich. Nachdem sich in Gunzenhaus lediglich Wohngebäude befänden, liege es nahe, nicht nur von einem allgemeinen, sondern einem reinen Wohngebiet auszugehen. Dann wären der Abwägung aber nicht die korrekten Orientierungswerte (50 dB(A) bzw. 40 dB(A)) zugrundegelegt worden. Insofern liege eine beachtliche Fehleinschätzung vor. Die Lärmbelastung auf ihrem Wohngrundstück überschreite zudem die Grenzwerte nach der 16. BImSchV. Die eingeschränkte Nutzbarkeit ihrer Außenwohnbereiche habe nicht näher konkretisiert werden müssen. Die Ergebnisse der Lärmberechnung als solche stellten sie nicht in Frage. Diese habe jedoch zu Unrecht nicht die von anderen Quellen verursachte Lärmbelastung berücksichtigt. Eine solche sei auch durch die 16. BImSchV nicht ausgeschlossen. Nur eine summative Betrachtungsweise sei überhaupt geeignet den Schutzauftrag des Bundesimmissionsschutzgesetzes zu erfüllen. Soweit die 16. BImSchV im Hinblick auf eine gewichtige Gesamtbelastung hinter den Vorgaben des § 41 BImSchG zurückbleibe, müsse unmittelbar auf diese Vorschrift zurückgegriffen werden. Auch geringe Lärmzunahmen seien beachtlich und müssten zu einer Lärmsanierung führen, wenn Grenzwerte bereits erreicht bzw. weit überschritten seien. Die Situation würde sich noch verschärfen, wenn es tatsächlich zu einer Erweiterung der Nachtflüge komme. Jedenfalls müssten auf engem Raum befindliche Lärmquellen zusammengefasst berücksichtigt werden und zwar auch dann, wenn sie nicht durch dasselbe Regelwerk erfasst würden. Dafür spreche auch die Umgebungslärmrichtlinie. Abgesehen davon seien die Regelungen der 16. BImSchV in einem atypischen Fall ohnehin nicht anwendbar. Auch hier seien Verkehrsbelastungen absehbar, die wegen besonderer örtlicher Gegebenheiten oder mit Rücksicht auf die in der 16. BImSchV bestimmten Lärmgrenzwerte und ihrer bewussten Pauschalierung erkennbar in ihrer Belastungsintensität nicht angemessen erfasst würden. Aufgrund der neuen Geräuschquelle werde die Nutzung ihrer Außenwohnbereiche nunmehr endgültig unmöglich. Auch ihr Außenbereichsgrundstück wäre nicht mehr zur Erholung nutzbar.
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Der Planfeststellungsbeschluss habe sich auch nicht hinreichend mit alternativen Streckenführungen auseinandergesetzt. Bei sachgerechter Abwägung wäre jedoch jede der von ihnen aufgezeigten Varianten zielführender gewesen. Dies gelte insbesondere für die „Shuttlebus-Variante und die Variante „Nordumfahrung“. Insoweit werde auf ihr erstinstanzliches Vorbringen Bezug genommen. Auch bei Zugrundelegung der Varianten 1 und 2 könnte durch einen entsprechenden Anschluss an die B 30 neu sowie eine entsprechende Streckenführung eine Entlastung der Ortsdurchfahrt erreicht werden. So könnten die im Hinblick auf den Messeverkehr befürchteten Störungen im Verkehrsablauf durch eine entsprechende Ausbaugestaltung mit intelligenten Verkehrsleitsystemen verhindert werden. Bei entsprechenden Sicherungsmaßnahmen könnte eine Straße durchaus am Flughafengelände vorbeigeführt werden. Mit dieser könnte dann auch das neue Gewerbegebiet „Lochbrücke“ erschlossen werden. Mit der vorgeschlagenen Nordumfahrung seien sie nicht präkludiert, nachdem sie mehrfach auf vorzuziehende Trassenvarianten hingewiesen hätten. Die „ortsferne Nordumfahrung“ sei zu Unrecht verworfen worden. Zwar würden dann andere Orte belastet, doch seien es weniger und vergleichsweise unbelastete Orte.
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Die Kläger beantragen,
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das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 29. Juli 2010 - 8 K 2721/08 zu ändern und den Planfeststellungsbeschluss des Regierungspräsidiums Tübingen vom 26. September 2008 für den Neubau der K 7725 - Südumfahrung Kehlen - sowie den Umbau der Knotenpunkte zwischen der B 30 und der L 333 aufzuheben,
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hilfsweise den Beklagten zu verpflichten, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts über die Ergänzung des Planfeststellungsbeschlusses des Regierungspräsidiums Tübingen vom 26. September 2008 um weitere dem Schutz ihres Grundeigentums bzw. ihrer Gesundheit dienende Vorkehrungen gegen Lärm neu zu entscheiden.
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Der Beklagte beantragt,
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die Berufungen abzuweisen.
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Hierzu führt das Regierungspräsidium im Wesentlichen aus: Die Klägerin zu 1 sei nicht eigentumsbetroffen, da sie nicht Eigentümerin der Flurstücke Nrn. 525 und 525/1 sei. Mit ihren Einwendungen hinsichtlich der Kompensation eines Eingriffs in die Natur seien die Kläger präkludiert. Die Planfeststellungsbehörde müsse zumindest erkennen können, womit sie sich näher auseinander setzen solle. Aufgrund ihrer Einwendung - Eingriff in das Landschaftsbild und einen Naherholungsbereich - habe es nicht nahe gelegen, sich qualifiziert mit etwaigen Mängeln der gesamten naturschutzrechtlichen Kompensation auseinanderzusetzen. Vielmehr habe die Planfeststellungsbehörde davon ausgehen dürfen, dass sich die Einwendung auf das Vorhandensein von Alternativtrassen bezogen habe. Dass sich die Planfeststellungsbehörde für die umweltverträglichste Variante entschieden habe, sei nicht zu beanstanden. Jedenfalls habe aufgrund der Formulierung der Einwendung kein Anlass bestanden, sich qualifiziert mit der Kompensation von Beeinträchtigungen der Natur auseinanderzusetzen. Auch in der Sache greife ihr Einwand nicht durch. Eine umfassende objektiv-rechtliche Prüfung im Hinblick auf die enteignungsrechtlichen Vorwirkungen sei nur geboten, wenn der geltend gemachte Rechtsfehler kausal für die enteignende Grundstücksinanspruchnahme wäre. Im Übrigen scheide eine Berufung auf Mängel im naturschutzfachlichen Kompensationskonzept von vornherein aus, da die Kläger mit ihren Wohngrundstücken nur mittelbar betroffen seien. Für die eigentumsrechtliche Inanspruchnahme seien die beanstandeten Maßnahmen jedoch nicht kausal gewesen. So würden sie lediglich für die gar nicht beanstandete LBP-Maßnahme 3.1a in Anspruch genommen. Auch wenn die von ihnen beanstandeten Maßnahmen naturschutzrechtlich unzulässig wären, wären im Wege der Planergänzung lediglich weitere Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen zu entwickeln. An der eigentumsrechtlichen Betroffenheit der Kläger änderte sich nichts. Dies gelte auch mit Blick auf angebliche weitere Fehler. Denn solche lägen nicht vor. Unabhängig davon sei bereits im Planfeststellungsbeschluss ausgeführt worden, dass die angegriffenen LBP-Maßnahmen zur Kompensation der durch den Eingriff entstehenden Beeinträchtigungen geeignet seien und auch keine anderen Flächen zur Verfügung gestanden hätten. Dieser Hinweis habe mangels einer substantiierten Einwendung jedenfalls genügt. Die Kläger hätten zudem übersehen, dass es sich bei den angegriffenen Maßnahmen 2.1 und 9 um multifunktionale Maßnahmen handle, die teilweise in Zusammenhang mit anderen Kompensationsmaßnahmen zu sehen seien. So diene die Maßnahme 2.1 u.a. der Entwicklung störungsunempfindlicher bodengebundener Arten. Eine Kompensation erheblicher vorhabenbedingter Beeinträchtigungen für störungsempfindliche Brutvogelarten sei mit diese Maßnahme nicht angestrebt worden. Auf eine Verlärmung dieses Bereiches komme es insofern nicht an. Ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko für „fliegende Insekten“ sei nicht zu erkennen. Das Flurstück Nr. 456 sei schon deshalb zur naturschutzrechtlichen Kompensation ungeeignet, weil es mit einem Wohngebäude bebaut und von solchen umgeben sei. Gleiches gelte für die umliegenden Grundstücke. Auch wenn dies anders wäre, wäre von der Maßnahme nicht abgesehen worden. Die für die LBP-Maßnahme 9 vorgesehenen Flächen („Bähwiesen") seien seinerzeit noch als Dauergrünland genutzt worden. Mit der Maßnahme 9 sei demgegenüber eine Extensivierung angestrebt worden. Auch sei entlang des Tegelbaches die natürliche Eigenentwicklung des Uferbewuchses (Hochstauden) verfolgt worden. Auch insoweit habe Aufwertungspotential bestanden. Darüber hinaus sei die Maßnahme aufgrund der erstrebten Verbesserung der Lebensraumfunktionen der Tegelbachaue geeignet, die Barrierewirkung der neuen Straße zu kompensieren, indem sie den sich dort erstreckenden Verbundkorridor stärke. Fehl gehe der Hinweis auf den Umfang dieser Maßnahme und die demgegenüber mit dem Vorhaben einhergehende Neuversiegelung. Die Kläger übersähen, dass mit der wenn auch multifunktional ausgerichteten Maßnahme 9 keineswegs die durch die Neuversiegelung eintretende bodenrechtliche Beeinträchtigung oder gar sämtliche Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft ausgeglichen werden sollten. Diese stelle vielmehr nur einen Teil der boden- und naturschutzfachlichen Kompensation dar. Auch was die angeblich fehlende Kompensation der Beeinträchtigung der Landschaft anbelange, seien die Kläger mit ihrem Vorbringen insoweit präkludiert, als sie nicht deutlich genug zum Ausdruck gebracht hätten, dass sich die Planfeststellungsbehörde auch mit dem rechtfertigenden Kompensationskonzept auseinandersetzen solle. Ausreichende Kompensationsmaßnahmen führten keineswegs zum Wegfall einer erheblichen Beeinträchtigung der Landschaft, sondern glichen diese lediglich gleichartig oder gleichwertig aus. Jedenfalls käme auch hier nur eine Planergänzung in Betracht, ohne dass dadurch die unmittelbare Inanspruchnahme ihres Außenbereichsgrundstücks entfiele. Im Übrigen hätten die Kläger in ihrer ursprünglichen Einwendung lediglich pauschal auf das Schutzgut Landschaftsbild und den Erholungswert der Landschaft verwiesen, ohne darzulegen, inwiefern die festgesetzten Kompensationsmaßnahmen ungeeignet wären. Insofern genüge, dass die Kompensation der Beeinträchtigungen dargestellt, auf die Erläuterungen des LBP verwiesen und feststellt worden sei, dass die Maßnahmen insgesamt geeignet seien. Die Beeinträchtigung sei auch tatsächlich ausgeglichen. So sehe der LBP neben Vermeidungs- und Minimierungsmaßnahmen umfangreiche Bepflanzungs- und Eingrünungsmaßnahmen und die Anlage naturraumtypischer Strukturen als Ersatz vor. Die Maßnahme 9 werde insofern durch weitere Kompensationsmaßnahmen ergänzt. Die Wegebeziehungen blieben schließlich erhalten. Aufgrund eingebauter Querungsmöglichkeiten könnten Spazierrouten ohne große Umwege weiterhin genutzt werden.
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Der Planung fehle auch nicht die notwendige Planrechtfertigung. Inwiefern mit der Südumfahrung Kehlen eine gegenüber dem Planungsnullfall höhere Belastung der Ortschaften Holzreute, Hirschlatt, Ailingen, Ittenhausen, Berg und Unterraderach einhergehen solle, sei nicht zu erkennen. Dies werde auch durch die Verkehrsuntersuchung 2006 bestätigt. Die Argumentation der Kläger, dass die K 7725 neu nicht erwartungsgemäß angenommen würde, überzeuge nicht. So sei für den von Österreich kommenden und nach Norden fahrenden Verkehr die Strecke über die B 467 wegen der vielen Ortsdurchfahrten gegenüber der neuen Strecke wesentlich unattraktiver. Für den von Norden in Richtung Tettnang (und anschließend weiter süd- oder südöstlich) fahrenden Verkehr gelte nichts anderes. Auch mit dem Vorbringen, wonach der von Norden nach Reute, Buch oder Meckenbeuren ausgerichtete Verkehr nach wie vor die kürzere Strecke über die B 30 alt nutzen werde, könnten die Kläger die Planrechtfertigung nicht in Frage stellen. So erscheine die B 30 neu wegen der fehlenden Ortsdurchfahrten durchaus attraktiver, zumal für den von Norden nach Reute oder Buch gerichteten Verkehr, da diese Ortschaften näher an der Anschlussstelle Hirschlatt lägen. Die Verkehrsuntersuchung gehe auch keineswegs davon aus, dass sich sämtliche Verkehre im Umkreis von Kehlen künftig an der Südumfahrung Kehlen zur B 30 neu orientierten, vielmehr seien in dem erstellten Netzmodell auch mögliche alternative Fahrtrouten über die B 30 und die B 467 berücksichtigt wurden. Auch mit den erstmals in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht erwähnten Zahlen aus verschiedenen Geschwindigkeitsmessungen könnten die Kläger die Richtigkeit der Verkehrsuntersuchung nicht in Zweifel ziehen. Auf eine Verkehrszählung komme es schon nicht entscheidend an, weil sich die Planrechtfertigung jedenfalls aus dem Bedürfnis an einer Erhöhung der Verkehrssicherheit in der Ortsdurchfahrt Kehlen ergebe. Dass sich infolge der Südumfahrung andere Unfallschwerpunkte ergäben, überzeuge nicht. Die Verkehrsuntersuchungen 1996/1997 und 2001 hätten schließlich für die Ermittlung der maßgeblichen Verkehrsbelastungen der Ortsdurchfahrt Kehlen auf die Verkehrsdaten der Verkehrsentwicklungspläne Meckenbeuren und Tettnang und des Gesamtverkehrsplans Friedrichshafen zurückgegriffen. Darüber hinaus seien die Daten des Generalverkehrsplanes Mittleres Schussental und der Verkehrsuntersuchungen Mittleres Schussental B 30 neu/B 32/B 33, B 30 neu, BA IV und B 30 neu, Ravensburg-Süd BA VI herangezogen worden. Die danach ermittelten Verkehrsdaten seien Grundlage für die berechneten Prognosefälle gewesen. Damit hätten zeitnahe Daten aus detaillierten Erhebungen und damit eine ausreichende Datengrundlage zur Erstellung der Verkehrsprognose zur Verfügung gestanden. Anhaltspunkte dafür, dass die Daten der Verkehrsentwicklungspläne ihrerseits fehlerhaft ermittelt worden sein könnten, lägen nicht vor. Aus diesen Daten sei die Verkehrsbelastung für die verschiedene Planfälle unter Berücksichtigung kommunaler Entwicklungsdaten sowie der 1996 prognostizierten, allgemeinen Zuwachsraten zur Mobilitäts- und Motorisierungsentwicklung zunächst auf den Prognosehorizont 2010 hoch gerechnet, dann später mehrfach angepasst und zuletzt auf den Prognosehorizont 2015/2020 fortgeschrieben worden. Hinzu komme, dass als repräsentative Erhebungstage die Wochentage Dienstag, Mittwoch und Donnerstag in den Monaten außerhalb der Winter- und Sommerferienzeit gälten und die maßgebliche Hauptverkehrslast zwischen 15 und 19 Uhr liege. Insofern könnten von vornherein nur die Verkehrszahlen vom 19.04.2007 vergleichend herangezogen werden. Da in der Zeit von 6 bis 10 Uhr etwa 20 bis 25% des Tagesverkehrs erfasst würden, ergäbe sich für den 19.04.2007 eine Tagesverkehrsmenge von rund 6.200 bis 7.800 Kfz/24 h. Dies entspreche der für das Jahr 2005 zugrundegelegten Verkehrsmenge von ca. 6.900 Kfz/24 h. Abgesehen davon, dass es sich im Übrigen um nicht repräsentative Tage handle, ließen sich allein daraus noch keine Zweifel an der prognostizierten Entlastung herleiten. Denn die Prognoseparameter und die Verteilung der Verkehrsströme blieben hiervon unberührt, so dass sich lediglich niedrigere Ausgangsbelastungen und niedrigere Prognosebelastungen ergäben. Die erreichbare Entlastungswirkung beruhe aber vorrangig auf der Verteilung der Verkehrsströme unter bestimmten Modellbedingungen. Auf diese hätten die Ausgangsdaten keinen Einfluss. Die errechnete Entlastung der Ortsdurchfahrt bliebe danach auch bei Zugrundelegung niedrigerer Ausgangszahlen gleich. Insofern wirkten sich zu hohe Ausgangsdaten lediglich auf die Verkehrsbedeutung der Ortsdurchfahrt aus. Diese bzw. die starke Belastung der Ortsdurchfahrt sei jedoch unstreitig.
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Dass von einer Westtrassierung der B 30 neu nicht mehr ausgegangen werden könnte, lasse sich dem Bericht in der „Schwäbischen Zeitung“ vom 15.03.2011 nicht entnehmen. Richtig sei nur, dass inzwischen bekannt sei, dass eine Westtrassierung zu artenschutzrechtlichen Betroffenheiten führe. Wie sich diese auswirkten und ob sich ggf. eine Osttrassierung nunmehr als bessere Alternative darstelle, sei noch nicht abschließend geklärt. Doch auch dann, wenn die Westtrasse der B 30 neu nicht mehr realisiert würde, bliebe die Planrechtfertigung für die K 7725 unberührt. Grundlage für das planfestgestellte Vorhaben sei die heute schon bestehende Verbindungs- und Zubringerfunktion der Ortsdurchfahrt Kehlen und die damit für die Ortschaft einhergehenden Belastungen. Ein Verkehrsbedürfnis für eine Ortsumfahrung bestünde auch dann, wenn die Westtrasse der B 30 neu entfalle. Denn die Belastung der Ortsdurchfahrt sei auch so zu hoch. Auch blieben die Verkehrsbeziehungen von Nordwesten nach Südosten und umgekehrt auch so erhalten. Hinzu komme, dass die K 7725 neu weiterhin Zubringerfunktion für die K 7726 neu (Messezufahrt Nord) habe.
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Dass die Südumfahrung zu einer deutlichen Zäsur im Ortsbild führe, sei keineswegs verkannt worden. Jedoch seien Maßnahmen vorgesehen, die die Trennwirkung minderten. So sei etwa die Querung der Bahnlinie und der Schussen mittels einer Feldbrücke vorgesehen, so dass die Zugänglichkeit zur Schussen erhalten bleibe und auch das Landschaftsbild geschont werde. Auch blieben die relevanten Wegebeziehungen zwischen Gunzenhaus und Kehlen erhalten. Soweit noch Beeinträchtigungen verblieben, habe der Planfeststellungsbeschluss diese zu Recht für zumutbar gehalten.
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Auch die Ausführungen zum Lärmschutz könnten den Klagen nicht zum Erfolg verhelfen. Entgegen der Auffassung der Kläger blieben die Regelungen der 16. BImSchV keineswegs hinter den Vorgaben des § 41 BImSchG zurück. Auch übersähen sie, dass die Grenzwerte der 16. BlmSchV nur innerhalb ihres Anwendungsbereichs zu beachten seien und bei der Beurteilung von Lärmschutzansprüchen wegen einer etwa entstehenden Gesundheitsgefährdung oder bei einem unmittelbaren Rückgriff auf § 41 Abs. 1 BlmSchG außer Betracht bleiben müssten. Auch wenn der Verordnungsgeber aufgrund neuerer wissenschaftlicher Erkenntnisse gehalten gewesen wäre, im Berechnungsverfahren nach der 16. BlmSchV Summenpegel zu berücksichtigen, bedeutete dies noch nicht, dass er auch die bisherigen Grenzwerte übernommen hätte. Für die unterschiedlichen Verkehrswege im Raum Kehlen/Meckenbeu-ren gebe es weder eine einheitliche Planung noch liege ein gemeinsames Konzept vor. Dass alle auf einem engen Raum befindlichen Lärmquellen im Rahmen eines Schutzanspruches nach § 41 Abs. 1 BlmSchG zusammengefasst berücksichtigt werden müssten, ergebe sich auch nicht aus der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts. Der Hinweis auf die Umgebungslärmrichtlinie führe aufgrund deren Zielrichtung ebenfalls nicht weiter. Insbesondere ließen sich weder ihr noch den Ausführungsbestimmungen in §§ 47a ff. BImSchG verbindliche Grenzwerte entnehmen. Maßgeblich blieben für einen Lärmschutzanspruch der Berufungskläger daher allein die von der K 7725 neu ausgehenden Verkehrsgeräusche. Soweit die Kläger geltend machten, dass im Rahmen der allgemeinen fachplanerischen Abwägung die Orientierungswerte der DIN 18005 für reine Wohngebiete zu berücksichtigen gewesen wären, führe dies auf keinen beachtlichen Fehler. Die DIN 18005 enthalte lediglich Orientierungswerte für den städtebaulichen Bereich. Ein Anspruch auf Schallschutzmaßnahmen ergebe sich aus ihnen schon nicht gegen den städtebaulichen Planungsträger. Stelle die DIN 18005 kein für den Straßenbaulastträger verbindliches Regelwerk dar, könne ihre Nichtberücksichtigung auch keinen erheblichen Abwägungsfehler begründen. Eine Einstufung von Gunzenhaus als reines Wohngebiet liege zudem eher fern, da das Gebiet nicht durch reine Wohnbebauung geprägt und zumindest ein Gewerbebetrieb vorhanden sei.
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Für die Kläger ergebe sich aufgrund der im Rahmen der fachplanungsrechtlichen Zumutbarkeitsgrenze zu berücksichtigenden angemessenen Befriedigung der Wohnbedürfnisse auch kein zusätzlicher Lärmschutzanspruch. Diesen Belang hätten sie im Verwaltungsverfahren schon nicht bzw. nicht ausreichend konkret vorgebracht. Hierfür habe ihr Hinweis auf die eingeschränkte Nutzbarkeit ihrer Außenwohnbereiche sowie darauf, es „gewohnt“ zu sein, bei geöffnetem Fenster zu schlafen, nicht genügt. Denn ein solches Vorbringen lasse nicht erkennen, warum ihnen ein Schlafen bei geschlossenem Fenster nicht zugemutet werden könnte. Insoweit wäre auch ein bestimmter Innenschallpegel, ab dem nachhaltige Störungen des Nachtschlafes (Gesundheitsgefährdung) angenommen werden könnten, noch nicht allgemein anerkannt. Unter Berücksichtigung des Schalldämmwertes eines gekippten Fensters wäre im Übrigen der unterste in der Rechtsprechung genannte Innenschallpegel eingehalten. Auch für ihr Grundstück im Außenbereich stünde ihnen kein ergänzender Lärmschutzanspruch zu. Ein Anspruch auf ergänzenden Lärmschutz bestehe auch nicht ausnahmsweise im Hinblick auf die bereits bestehenden Geräuschvorbelastungen. Die von der Rechtsprechung anerkannten Dauerschallpegel, ab denen eine Gesundheitsbeeinträchtigung im Sinne des Art. 2 Abs.2 GG oder eine Gefährdung des nach Art. 14 GG garantierten Eigentums angenommen werde, würden nicht erreicht oder gar überschritten. Die nicht angegriffenen Berechnungen des Gutachters ergäben genäherte Gesamtlärmpegel aller vorhandener Verkehrsquellen von 66 dB(A) tags und 56 dB(A) nachts. Diese lägen deutlich unter den in der Rechtsprechung als Grenze zur Gesundheitsgefährdung anerkannten Außendauerschallpegeln von 70 bis 75 dB(A) tags und 60 bis 65 dB(A) nachts. Diese Werte seien auch nicht aufgrund gesicherter neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse anzupassen. Zwar verwiesen die Kläger auf einige Studien, die bereits Dauerschallpegel von 60 bis 65 dB(A) tags und Innenschallpegel von 30 bis 45 dB(A) als gesundheitsgefährdend einstuften, jedoch zeige gerade die Bandbreite der dargestellten Untersuchungsergebnisse, dass ein neuer wissenschaftlicher Konsens zur lärmbedingten Gesundheitsgefährdung bislang noch nicht habe erzielt werden können. Ein neuer wissenschaftlicher Standard sei erst erreicht, wenn sich in der Forschung ein neuer Grundkonsens abzeichne. Insofern genüge nicht, dass Einigkeit darin bestünde, dass Gesundheitsbeeinträchtigungen nicht erst ab einem Summenpegel von 70 dB(A) tagsüber und 60 dB(A) nachts, sondern bereits bei deutlich niedrigeren Werten anzunehmen seien.
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Vom grundgesetzlich garantierten Gesundheitsschutz sei demgegenüber nicht umfasst, auch bei Berücksichtigung des bestehenden Gesamtlärms bei geöffnetem Fenster schlafen zu können. Denn die Schwelle zur Gesundheitsgefährdung sei von der fachplanungsrechtlichen Zumutbarkeitsgrenze zu unterscheiden. Hierbei sei zu berücksichtigen, dass die Kläger aufgrund der Vorbelastung durch die bestehenden Verkehrswege bereits heute nicht bei geöffnetem Fenster schlafen könnten. Berücksichtige man ferner, dass die hinzutretende Lärmbelastung den Gesamtlärm lediglich um etwa 1 dB(A) erhöhe, liefe eine Verpflichtung des Vorhabenträgers zu ergänzenden Schallschutzmaßnahmen auf eine nicht verhältnismäßige Lärmsanierung bestehender Verkehrswege Dritter hinaus. Eine Lärmsanierung komme allenfalls dann in Betracht, wenn bereits die Vorbelastungen die Schwelle zur Eigentums- oder Gesundheitsverletzung erreichten. Da hier die anerkannten Grenzwerte zur Eigentums- und Gesundheitsverletzung weder durch die bestehenden Vorbelastungen noch bei Berücksichtigung des planfestgestellten Vorhabens überschritten würden, bestehe auch kein Anspruch auf eine Lärmsanierung.
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Die Kläger könnten auch nicht im Hinblick auf einen atypischen Ausnahmefall erweiterten Lärmschutz nach § 41 Abs. 1 BlmSchG verlangen. Allein auf das Vorhandensein von Summenpegeln könne hierbei jedenfalls nicht abgestellt werden, da deren Nichtberücksichtigung bei der Berechnung der maßgeblichen Grenzwerte bereits in der 16. BlmSchV angelegt sei. Es müssten daher weitere Umstände hinzutreten, die die Gesamtlärmbelastung unzumutbar erscheinen ließen. Auch aus der vorliegenden Summationswirkung folge kein atypischer Sonderfall, da die Werte, ab denen mit Gesundheitsgefahren zu rechnen sei, durch die hier ermittelten Gesamtlärmpegel deutlich unterschritten würden und der K 7725 neu in Bezug auf die bereits bestehenden Verkehrswege nur ein untergeordneter Einfluss auf die Gesamtlärmbelastung zukomme. Schallspitzen des Bahn- und Flugverkehrs könnten schließlich von vornherein nicht auf einen atypischen Sonderfall führen.
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Ein Anspruch auf ergänzende Lärmschutzmaßnahmen ergebe sich auch nicht aufgrund der allgemeinen fachplanerischen Abwägung. Nachdem mit den geplanten Schallschutzmaßnahmen die Grenzwerte der 16. BlmSchV eingehalten seien und der Gesamtlärmpegel lediglich eine Erhöhung von etwa 1 dB(A) erfahre, habe es auch keiner ausführlichen Begründung bedurft. Die Lärmsituation der Kläger werde sich durch den Bau der K 7725 neu auch nicht grundlegend ändern. So werde der Lärmschwerpunkt in Gunzenhaus und Gerbertshaus eindeutig beim Schienenverkehrslärm gesehen. Aufgrund der geplanten Lärmschutzwände sei schließlich gesichert, dass ihr Wohngrundstück ausgehend von der K 7725 neu lediglich einem Dauerschallpegel von 55 dB(A) tags und 45 dB(A) nachts ausgesetzt sei. Auch wenn man berücksichtige, dass die Kläger bereits durch geringe Lärmsteigerungen beeinträchtigt sein könnten, komme es lediglich zu einer unwesentlichen, im Ergebnis zumutbaren Änderung. Ausgehend von den Wertungen der 16. BlmSchV und den von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen zur Gesundheitsgefährdung ließen sich auch die Außenwohnbereiche weiterhin wie bisher nutzen.
41 
Der Planfeststellungsbeschluss habe sich auch mit alternativen Trassenführungen hinreichend auseinandergesetzt. Weder mit den von den Klägern vorgeschlagenen Varianten 1 und 2 noch mit der „Shuttlebus“-Variante lasse sich indes das Planziel erreichen, die Ortsdurchfahrt Kehlen unter gleichzeitiger Verbesserung der Verkehrssicherheit effektiv und nachhaltig zu entlasten. Auch der vorgeschlagene Ausbau mit entsprechenden Verkehrsleitsystemen rechtfertige kein anderes Ergebnis. Einem solchen Streckenausbau, der entsprechenden Raum beanspruchte, stünden im Hinblick auf das Waldgebiet „Großes Moos" naturschutzfachliche Belange und die Belange der Messe entgegen. Schließlich müssten noch weitere Umwege in Kauf genommen werden. Jedenfalls drängten sich die Alternativtrassen nicht als vorzugswürdigere Varianten auf. Der Vergleich mit dem Flughafen Mannheim gehe fehl, da unberücksichtigt bleibe, dass im Rahmen der „Shuttlebus“-Variante" auch noch die Bahnlinie und die dahinter liegende K 7791 mittels eines Brückenbauwerks gequert werden müssten, was aufgrund der sicherheitstechnischen Vorgaben nicht möglich sei. Eine Realisierung in Tunnel- oder Tieflage komme aufgrund der höheren Kosten jedoch nicht in Betracht. Auch stünden verschiedene Zwangspunkte, die notwendige Linienführung und verschiedene Entwurfsparameter entgegen. Eine andere Linienführung griffe zwangsläufig in das Waldgebiet „Großes Moos" ein und bedingte eine höhere Flächenversiegelung, wodurch sich neue unvermeidbare naturschutzfachliche und artenschutzfachliche Konflikte ergäben. Schließlich würde die Lärmbetroffenheit in Richtung Gerbertshaus und Großbuch verlagert. Hinsichtlich der nunmehr vorgeschlagenen Nordumfahrung seien die Kläger präkludiert. Diese dränge sich auch nicht als vorzugswürdigere Lösung auf. Gegen diese spreche nicht zuletzt deren geringere Umwelt- bzw. Siedlungsverträglichkeit.
42 
Die Kläger haben daraufhin im Wesentlichen noch wie folgt vorgetragen: Auch wenn die Klägerin zu 1 nicht Eigentümerin der Grundstücke Flst. Nrn. 525 und 525/1 sei, könne sie doch eine Gefährdung ihrer Gesundheit geltend machen. Was die angeblich fehlende Kausalität der beanstandeten Ausgleichs- bzw. Ersatzmaßnahmen anbelange, stelle sich die Frage, ob nicht eine derart enge Vernetzung der einzelnen Maßnahmen untereinander vorliege, dass die Rechtswidrigkeit der einen auch Auswirkungen auf die anderen hätte. Stünden keine anderen Flächen zur Verfügung, bliebe der Eingriff gegebenenfalls unkompensiert, womit der Planfeststellungsbeschluss insgesamt rechtswidrig sei. Die Multifunktionalität der Maßnahme dürfe nicht dazu führen, dass die geringe Größe der Ausgleichsfläche übersehen werde. Einer derart anspruchsvollen Aufgabenstellung sei eine kleine Fläche eben nur begrenzt zugänglich. Der Hinweis, dass die bestehenden Wegebeziehungen aufrecht erhalten blieben, gehe fehl. Den Reiz eines Spaziergangs mache gerade die umgebende Landschaft aus. Auch gehöre zu einem als angenehm empfundenen Spaziergang, dass er nicht durch Umwege unterbrochen werde. Insofern eigneten sich die bisherigen Wege eben nicht mehr als Spazierwege. Die sie umgebende Landschaft habe ihren Erholungswert verloren.
43 
Aufgrund des zusätzlichen Verkehrsaufkommens würden auch die an der K 7725 liegenden Orte einer höheren Belastung ausgesetzt. Soweit der Beklagte die Verbesserung der Verkehrssicherheit in der Ortsdurchfahrt für die Planrechtfertigung ausreichen lasse, könne ihm nicht gefolgt werden. Auch hier bedürfe es einer belastbaren Verkehrsprognose. Eine nur niedrigere Entlastung würde immerhin die Frage aufwerfen, ob das Planvorhaben dann noch gerechtfertigt sei. Insofern komme es durchaus auf die absoluten Verkehrszahlen an. Mit der Aufgabe der Westtrassierung der B 30 neu entfiele schließlich die Planrechtfertigung. Auch drängten sich dann erst recht die alternativen Trassenführungen auf. Insofern wäre sinnvollerweise eine Streckenführung zu wählen, die von einer Ost- oder Westtrassierung der B 30 neu unabhängig wäre und zugleich eine Zubringerfunktion für die K 7126 neu erfüllen könnte.
44 
Der Beklagte verkenne bei der Lärmschutzproblematik, dass die Definition des Begriffs der „schädlichen Umwelteinwirkungen" in § 3 Abs. 1 und 2 BlmSchG auch im Rahmen der Anwendung des § 41 Abs. 1 BImSchG Geltung beanspruche. Schütze die 16. BImSchV lediglich vor schädlichen Verkehrsgeräuschen einer neu zu errichtenden Straße, aber nicht vor der damit einhergehenden gesamten Geräuschentwicklung, sei ein direkter Rückgriff auf § 41 Abs. 1 i.V.m. § 3 Abs. 1 BlmSchG geboten. Eine Gesamtlärmbetrachtung führe indes dazu, dass die nach der 16. BlmSchV zulässigen Immissionsgrenzwerte überschritten seien. Diese könnten, da es jeweils um schädliche Umwelteinwirkungen gehe, auch im Rahmen der gebotenen Gesamtlärmbetrachtung herangezogen werden. Da der Schutz vor unzumutbarem Lärm auch die Erhaltung oder Herstellung einer ausreichenden Luftzufuhr umfasse, gehöre zur angemessenen Befriedigung der Wohnbedürfnisse auch die Möglichkeit, bei gekipptem Fenster zu schlafen. Da ein allgemein anerkanntes Wohnbedürfnis in Rede stehe, sei hierzu kein weiteres Sachvorbringen erforderlich. Bei der gebotenen Gesamtbetrachtung werde der notwendige Innenraumpegel überschritten. Auch ihr Außenbereichsgrundstück dürfe seine Eignung für einen dortigen Aufenthalt nicht verlieren. Es bestehe schließlich durchaus ein neuer wissenschaftlicher Grundkonsens darin, dass zumindest ein Wert von 65 dB(A) tagsüber zu einer schädlichen Gesundheitsbeeinträchtigung führe. So sähen alle vorgelegten Studien einen Dauerschallpegel von 65 dB(A) tagsüber als schädlich an. Die Gesamtlärmbelastung auf ihrem Wohngrundstück liege jedoch unstreitig darüber. Insofern liege durchaus eine atypische Konstellation vor.
45 
Entgegen der Auffassung des Beklagten könnten mit einem ausreichend durchdachten Verkehrsleitsystem durchaus die gewünschten Effekte erzielt werden, ohne dass diese infolge einer Überlagerung mit dem Messeverkehr wieder entfielen. Naturschutzfachliche Belange seien auch bei der planfestgestellten Streckenführung betroffen. Bei einer entsprechenden Beschilderung und anderen verkehrsleitenden Maßnahmen, wie einer Herabstufung von Straßen, könnten die Verkehrsteilnehmer durchaus zum Fahren von Umwegen gebracht werden. Die gegen die „Shuttlebus“-Variante" vorgebrachten sicherheitstechnischen Bedenken überzeugten nicht. Etwaige unvermeidbare natur-, insbesondere artenschutzfachliche Konflikte wären gegebenenfalls im Rahmen der Abwägung zu lösen. Es könne nicht angehen, unbelastete Gebiete unbelastet zu lassen und stark vorbelastete Gebiete bis zur Unzumutbarkeit weiter zu belasten. Inwiefern die Konflikte mit der vorhandenen Siedlungsnutzung bei der geplanten Südumfahrung weniger schwerwiegend als bei der Nordumfahrung sein sollten, sei nicht zu erkennen.
46 
Der Beigeladene hat sich im Verfahren nicht geäußert.
47 
Der Senat hat die mündliche Verhandlung vom 11.09.2012 unterbrochen und auf den 08.10.2012 vertagt, um dem beklagten Land Gelegenheit zu geben, die dem Planfeststellungbeschluss zugrundeliegende Stellungnahme der Modus Consult Ulm GmbH zur Gesamtlärmsituation vom 26.05.2008 von dem zuständigen Diplomingenieur plausibilisieren und ergänzen zu lassen. Auf die daraufhin erstellte „Konkretisierende und ergänzende Stellungnahme zur Gesamtlärmsituation“ vom 24./25.09.2012 wird Bezug genommen (AS 283 ff.).
48 
Dem Senat liegen die das straßenrechtliche Planfeststellungsverfahren und das Grundstück des Klägers zu 2 betreffenden Behördenakten sowie die beim Verwaltungsgericht angefallenen Akten vor. Auf diese wird wegen weiterer Einzelheiten ebenso verwiesen wie auf die angefallenen Senatsakten.

Entscheidungsgründe

 
49 
Die Berufungen der Kläger zu 1 bis 4 sind zulässig. Sie wurden insbesondere innerhalb der einmonatigen Berufungsfrist des § 124a Abs. 2 Satz 1 VwGO eingelegt und innerhalb der auf rechtzeitigen Antrag bis zum 28.03.2011 verlängerten Berufungsbegründungsfrist begründet. Das Rubrum war im Hinblick auf das bisherige Verfahren und die zweifelhafte Beteiligungsfähigkeit der aus den Klägern zu 2 bis 4 gebildeten Erbengemeinschaft (vgl. hierzu VGH Bad.-Württ., Urt. v. 25.09.2007 - 3 S 1492/06 -, VBlBW 2008, 24 m.w.N.) sachdienlich zu berichtigen.
50 
Die Berufungen haben jedoch keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat die Klagen zu Recht in vollem Umfang abgewiesen.
I.
51 
Die Kläger haben innerhalb der einmonatigen Klagefrist allerdings zulässigerweise gegen den Planfeststellungsbeschluss des Regierungspräsidiums Tübingen vom 26.09.2008 Klage erhoben. Aufgrund des umfassenden, die Bestandskraft insgesamt hindernden Aufhebungsantrags sind auch die hilfsweise in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht gestellten Verpflichtungsanträge, die nunmehr sachdienlich als Bescheidungsanträge gefasst sind, noch rechtzeitig erhoben. Insofern kann dahinstehen, ob diese bereits in dem Aufhebungsbegehren enthalten waren (vgl. § 88 VwGO; hierzu BVerwG, Beschl. v. 10.07.1995 - 4 B 94.95 -, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 103). Eine zulässige, weil sachdienliche Klageänderung lag jedenfalls vor (vgl. § 91 VwGO).
52 
Sämtlichen Klägern stand und steht - sowohl für das Anfechtungs- als auch das Verpflichtungsbegehren - die erforderliche Klagebefugnis zur Seite (vgl. § 42 Abs. 2 VwGO).
53 
Bei der Klägerin zu 1 folgt dies aus ihrer möglichen Beeinträchtigung ihrer Gesundheit (vgl. Art. 2 Abs. 2 GG) als Bewohnerin der Wohngrundstücke Flst. Nrn. 525 u. 525/1, beim Kläger zu 2 aus einer möglichen Beeinträchtigung seines Grundeigentums (vgl. Art. 14 Abs. 1 GG) an eben diesen Grundstücken. So machen die Kläger zu 1 und 2 geltend, infolge des zusätzlichen Straßenverkehrslärms in ihrer Gesundheit bzw. in ihrem Recht auf Nutzung dieser dem Vorhaben benachbarten Wohngrundstücke verletzt zu sein.
54 
Dass die maßgeblichen Beurteilungspegel (bei Berücksichtigung der geplanten Lärmschutzmaßnahmen, vgl. die entsprechenden Lagepläne ) nicht nur unterhalb der Grenzwerte des § 2 Abs. 1 Nr. 2 der 16. BImSchV (59 dB(A) bzw. 49 dB(A)) liegen, sondern gar die niedrigeren Orientierungswerte der DIN 18005 für Allgemeine Wohngebiete von 55 dB(A) bzw. 45 dB(A) einhalten (vgl. die Lärmuntersuchung Modus Consult Ulm GmbH v. 21.01.2006, Anlage 5), ändert nichts. Denn im Hinblick auf die Zunahme des Gesamtlärms erscheint nicht von vornherein ausgeschlossen, dass die Kläger zu 1 und 2 aufgrund der Auswirkungen des planfestgestellten Vorhabens nunmehr (erstmals) einer gesundheitsgefährdenden Gesamtlärmbelastung ausgesetzt sein könnten. Zwar wird sich bei einer Überlagerung des Fluglärms mit dem Straßenverkehrslärm im Bereich der K 7725 allenfalls eine Belastung von 64 dB(A) am Tage und 56 dB(A) in der Nacht ergeben (vgl. die Stellungnahme Modus Consult Ulm GmbH zur Gesamtlärmsituation v. 26.05.2008), jedoch blieb der Schienenverkehrslärm bei dieser Berechnung unberücksichtigt. Dieser war seinerzeit nicht ermittelt worden, weil verallgemeinernd unterstellt worden war, dass sich der Einfluss der K 7725 neu bei den für jenen anzusetzenden Werten ohnehin nicht mehr bemerkbar mache. Auch wenn die zusätzliche Berücksichtigung des Schienenverkehrslärms - bei den im Bereich des vom Schienenweg weiter entfernt liegenden Grundstücks des Klägers zu 2 allenfalls in Betracht zu ziehenden Schallpegelunterschieden - kaum dazu führen konnte, dass die Schwelle von 70 dB(A) am Tage und 60 dB(A) in der Nacht überschritten würde, lässt sich vor dem Hintergrund der von den Klägern angeführten Ergebnisse aus der Lärmwirkungsforschung doch nicht von vornherein von der Hand weisen, dass nunmehr von einer bereits gesundheitsgefährdenden Wirkung auszugehen sein könnte. Dies könnte wiederum zu einer anderen Bewertung der planfestgestellten Trasse im Rahmen der Variantenprüfung, auf einen strikten Lärmsanierungsanspruch oder - im Hinblick auf eine immerhin abwägungserhebliche Erhöhung des Gesamtlärms - zu einer Verletzung des Abwägungsgebots zu ihrem Nachteil führen. Zudem haben die Kläger die der Lärmuntersuchung zugrundeliegende Verkehrsuntersuchung mit umfangreichem Vorbringen in Zweifel gezogen und machen eine höhere Schutzwürdigkeit ihres Wohngebiets geltend. Eine Verletzung des Abwägungsgebots zu ihren Lasten lässt sich - unabhängig von einer etwaigen gesundheitsgefährdenden Wirkung - nicht zuletzt auch im Hinblick auf den nach dem Entwurf der VDI-Richtlinie 3722 Blatt 2 (Februar 2007) errechneten effektbezogenen Substitutionspegel LES von 66 - 67 dB(A) (vgl. die Stellungnahme Modus Consult Ulm GmbH zur Gesamtlärmsituation v. 26.05.2008) nicht ohne Weiteres von der Hand weisen.
55 
Im Hinblick auf das in ihrem Gesamthandseigentum stehende Außenbereichsgrundstück Flst. Nr. 528 sind die Kläger zu 2 bis 4 schon deshalb klagebefugt, weil dieses (teilweise) dauernd bzw. vorübergehend unmittelbar in Anspruch genommen werden soll und sich nicht von vornherein ausschließen lässt, dass die zugunsten der planfestgestellten Variante getroffene Entscheidung unter einem zur Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses führenden Fehler leidet.
II.
56 
Die Klagen haben jedoch in der Sache keinen Erfolg.
57 
1. Dies gilt zunächst für die in erster Linie auf eine Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses gerichteten Hauptanträge.
58 
Der Planfeststellungsbeschluss leidet zu Lasten der Kläger an keinem erheblichen Rechtsfehler, der seine vollständige oder teilweise Aufhebung oder zumindest die Feststellung seiner teilweisen Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit erforderte (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO, § 75 Abs. 1a Satz 2 LVwVfG; hierzu BVerwG, Urt. v. 21.03.1996 - 4 C 19.94 -, BVerwGE 100, 370, Beschl. v. 01.04.1998 - 11 VR 13.97 -, Buchholz 310 § 80 VwGO Nr. 63).
59 
Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist der Zeitpunkt des Erlasses des Planfeststellungsbeschlusses vom 26.09.2008. Anzuwenden ist das Straßengesetz für Baden-Württemberg (StrG) i.d.F. v. 11.05.1992 (GBl. S. 330, ber. S.683), zul. geänd. durch Art. 4 Siebte AnpassungsVO v. 25.04.2007 (GBl. 252).
60 
Die Kläger zu 1 und 2, die im Hinblick auf die von dem Vorhaben ausgehenden Immissionswirkungen auf das Wohngrundstück Flst. Nrn. 525 und 525/1 lediglich mittelbar in ihrer Gesundheit bzw. in ihrem Eigentum betroffen sind, können eine Überprüfung des Planfeststellungsbeschlusses insoweit nur auf die Einhaltung drittschützender Vorschriften einschließlich des Gebots gerechter Abwägung (gerade ihrer abwägungserheblichen Belange) beanspruchen.
61 
Als mit enteignungsrechtlicher Vorwirkung Betroffene haben die Kläger zu 2 bis 4 darüber hinaus - allerdings nur im Hinblick auf das unmittelbar in Anspruch genommenen Außenbereichsgrundstück Flst. Nr. 528 - grundsätzlich Anspruch auf eine umfassende objektiv-rechtliche Planprüfung; d.h. sie können die Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses bereits dann verlangen, wenn dieser nicht „gesetzmäßig“ (Art. 14 Abs. 4 GG), also rechtswidrig ist. Dabei kommt es nicht darauf an, ob der rechtliche Mangel gerade auf der Verletzung von Vorschriften beruht, die Belange des betroffenen Grundstückseigentümers schützen (vgl. BVerwG, Urt. v. 28.02.1996 - 4 A 27.95 -, NVwZ 1996, 1011). Ausgenommen hiervon sind nur Rechtsmängel, die für die enteignende Inanspruchnahme gerade ihres Außenbereichsgrundstücks Flst. Nr. 528 nicht kausal sind (vgl. BVerwG, Beschl. v. 10.07.1995 - 4 B 94.95 -, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 103).
62 
Schließlich sind auch die mit enteignungsrechtlicher Vorwirkung Planbetroffenen im gerichtlichen Verfahren an der Geltendmachung solcher Mängel gehindert, hinsichtlich deren sie materiell präkludiert sind (vgl. Senat, Urt. v. 09.10.2000 - 5 S 1883/99 -, VBlBW 2001, 278; BVerwG, Urt. v. 24.05.1996 - 4 A 38.95 -, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 119).
63 
a) Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss leidet - soweit ersichtlich - unter keinen - zu seiner Aufhebung führenden - Verfahrensfehlern. Solche haben die Kläger auch nicht geltend gemacht.
64 
b) Auch in materiell-rechtlicher Hinsicht kann der Planfeststellungsbeschluss nicht beanstandet werden. Das planfestgestellte Vorhaben ist erforderlich (aa) und verstößt weder gegen striktes Recht (bb) noch gegen das Abwägungsgebot (cc).
65 
aa) Entgegen der Auffassung der Kläger ist das Planvorhaben von der (im Hinblick auf die dem Planfeststellungsbeschluss zukommende enteignungsrechtliche Vorwirkung, vgl. § 40 StrG) erforderlichen Planrechtfertigung getragen. Diese unterliegt jedenfalls im Hinblick auf die entsprechenden, rechtzeitig erhobenen Einwendungen der enteignungsbetroffenen Kläger zu 2 bis 4 der Überprüfung (vgl. BVerwG, Urt. v. 24.11.2011 - 9 A 24.10 -; anders BVerwG, Urt. v. 26.04.2007 - 4 C 12.05 -, BVerwGE 128, 358: auch auf die Rüge mittelbar - durch Immissionen - Betroffener).
66 
Die Planrechtfertigung ist nur dann gegeben, wenn das Vorhaben aus Gründen des Gemeinwohls objektiv erforderlich ist. Dies ist allerdings nicht erst bei einem unabweisbaren Bedürfnis der Fall, vielmehr muss das Vorhaben lediglich gemessen an den Zielen des jeweils zugrundeliegenden Fachplanungsgesetzes „vernünftigerweise“ geboten sein (vgl. BVerwG, Beschl. v. 29.11.1995 - 11 VR 15.95 -, Buchholz 442.09 § 18 AEG Nr. 7) bzw. muss der Vorhabenträger im Hinblick auf diese Ziele die Planung aus nachvollziehbaren Gründen für erforderlich halten dürfen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 15.09.1995 - 11 VR 16.95 -, Buchholz 442.09 § 18 AEG Nr. 6; Urt. v. 27.07.1990 - 4 C 26.87 -, Buchholz 442.08 § 36 BBahnG Nr. 18); gesetzliche Ziele sind dabei alle im Rahmen des jeweiligen Fachgesetzes zulässigerweise verfolgbaren Ziele. Insofern stellt die Planrechtfertigung „eine praktisch nur bei groben und einigermaßen offensichtlichen Missgriffen wirksame Schranke der Planungshoheit“ dar. Nicht planerisch gerechtfertigt ist allerdings auch ein Vorhaben, wenn feststeht, dass sich die Null-Variante als ebenso sinnvoll oder noch zweckmäßiger erweisen würde (vgl. BVerwG, Urt. v. 03.05.1988 - 4 C 26.84 -, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 74). Da das Vorliegen der erforderlichen Planrechtfertigung eine Rechtsfrage betrifft, die der vollen gerichtlichen Überprüfung unterliegt, ist letztere auch nicht auf die Überprüfung der im Planfeststellungsbeschluss hierfür gegebenen Begründung beschränkt (vgl. BVerwG, Urt. v. 11.07.2001 - 11 C 14.00 -, BVerwGE 114, 364).
67 
Maßgebliches Fachplanungsgesetz für das in Rede stehende Straßenbauvorhaben ist das Straßengesetz für Baden-Württemberg i.d.F. vom 11.05.1992 (GBl. S. 330, ber. S. 683). Nach Maßgabe der von ihm allgemein verfolgten Ziele besteht ein Bedürfnis für die planfestgestellte Ortsumfahrung, was bereits der - wenn auch für die Planfeststellung und das gerichtliche Verfahren nicht verbindliche - Umstand nahelegt, dass die Maßnahme im Kreisstraßenausbauprogramm des Bodenseekreises als Vorhaben des vordringlichen Bedarfs ausgewiesen ist. Ein entsprechendes Bedürfnis für die Baumaßnahme folgt ohne Weiteres daraus, dass mit ihr die stark belastete Ortsdurchfahrt der Kreisstraße in Kehlen beseitigt und so die Leistungsfähigkeit der vorwiegend dem überörtlichen Verkehr innerhalb des Bodenseekreises dienenden K 7725 verbessert (vgl. § 3 Abs. 1 Nr. 2 StrG; BVerwG, Urt. v. 06.12.1985 - 4 C 59.82 -, BVerwGE 72, 282), der innerörtliche Verkehr (im Bereich dieser Ortsdurchfahrt) bzw. die Ortslage Kehlens vom Durchgangsverkehr weitgehend entlastet (vgl. hierzu BVerwG, Urt. v. 14.07.2011 - 9 A 14.10 -, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 218; auch Senat, Urt. v. 23.04.1981 - 5 S 2342/80 -, ESVGH 31, 196) und nicht zuletzt die Verkehrssicherheit auf der K 7725 im Bereich der Maßnahme erhöht wird (vgl. BVerwG, Urt. v. 06.12.1985, a.a.O., Urt. v. 03.05.1988 - 4 C 26.84 -, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 74).
68 
Soweit die Kläger mit ihrem Hinweis auf einen - ohne Umgestaltung der Ortsdurchfahrt - zu erwartenden „Schleichverkehr“ die im Anschluss an das Verkehrsgutachten vom 11.01.2005 angenommene Entlastung bzw. deren Umfang von 67 % im Bereich der (bisherigen) Ortsdurchfahrt Kehlen bezweifeln, lassen sich ihrem Vorbringen keine überzeugenden Gründe entnehmen, die eine solche Entlastung dem Grunde nach in Frage stellten. Auch wenn die Ausgangsbelastung zu hoch angesetzt sein sollte, führte dies allenfalls zu einer geringeren Entlastungswirkung. Davon, dass diese im Hinblick auf die von den Klägern angeführten Verkehrszählungen überhaupt nicht mehr ins Gewicht fallen könnte, kann jedenfalls nicht ausgegangen werden. So haben der Beklagte und der in der mündlichen Verhandlung gehörte Vertreter der Modus Consult Ulm GmbH überzeugend dargelegt, dass, weil nur repräsentative Verkehrstage maßgeblich sind, allenfalls die Verkehrszahlen vom 19.04.2007 herangezogen werden könnten, die jedoch bei einer Hochrechnung auf den ganzen Tag in etwa dieselbe Verkehrsmenge ergäben (6.200 bis 7.800 Kfz/24 h), die auch der Verkehrsuntersuchung für 2005 zugrundegelegt worden war (ca. 6.900 Kfz/24 h). Insbesondere leuchtet ohne Weiteres ein, dass Verkehrszählungen anlässlich von Geschwindigkeitsmessungen schon aufgrund ihrer gänzlich anderen Funktion in vorliegendem Zusammenhang allenfalls geringe Aussagekraft zukommt. So machen Geschwindigkeitsmessungen von vornherein nur in Zeiten Sinn, in denen die Verkehrsdichte überhaupt ein schnelleres Fahren zulässt.
69 
Dass mit der geplanten B 30 neu ohnehin bereits eine (vergleichbare) Entlastung der Ortsdurchfahrt Kehlen verbunden wäre, ist nicht zu erkennen, da sich an der Verbindungs-, insbesondere Zubringerfunktion der K 7725 nichts änderte. Es ist ohne Weiteres nachvollziehbar, dass sich diese entsprechend der auf die Verkehrsuntersuchung gestützte Annahme im Planfeststellungsbeschluss sogar noch verstärkte (vgl. deren Zusammenfassung, S. 10).
70 
Die Leistungsfähigkeit der K 7725 erhöhte sich schließlich unabhängig von der angenommenen Entlastung im Bereich der (bisherigen) Ortsdurchfahrt. Dies folgt bereits aus der Beseitigung der den überörtlichen Verkehr schon aufgrund ihres unsteten Verlaufs, ihrer geringen Fahrbahnbreite und des dortigen Bahnübergangs (durch Rückstauungen) beeinträchtigenden Ortsdurchfahrt der Kreisstraße (vgl. BVerwG, Urt. v. 22.03.1985 - 4 C 15.83 -, BVerwGE 71, 166). Ein Verkehrsbedürfnis für eine leistungsfähigere K 7725 folgt ohne Weiteres aus der derzeit schon hohen Verkehrsbelastung der K 7725 und der Verkehrsprognose für 2015 bzw. 2020, die für alle überprüften Planungsfälle von einer Gesamtbelastung von mindestens 13.000 Kfz/24 h ausgeht (vgl. Verkehrsuntersuchung, S. 6 u. 9).
71 
Dass ein entsprechendes Verkehrsbedürfnis gerade auch für die Südumfahrung besteht, ergibt sich ohne Weiteres aus der für sie für den Planungsfall C 2 prognostizierten künftigen Gesamtbelastung von ca. 17.600 Kfz/24 h (für 2015) bzw. ca. 18.200 Kfz/24 h (für 2020). Inwiefern diese Annahme auf einer fehlerhaften Prognose beruhte, erschließt sich nicht. Selbst dann, wenn sich die Verkehrsbelastung für die K 7725 neu gegenüber der K 7725 alt nicht wesentlich erhöhen sollte, stellte dies das für eine Erhöhung der Leistungsfähigkeit erforderliche Verkehrsbedürfnis nicht in Frage. Dafür, dass die Südumfahrung entgegen dem Verkehrsgutachten überhaupt nicht angenommen und insofern weiterhin die durch Kehlen führende K 7725 alt genutzt würde, lassen sich dem Vorbringen der Kläger keine überzeugenden Gründe entnehmen. Insbesondere ist nicht nachvollziehbar, warum die K 7725 neu nicht genutzt werden sollte, um über die B 30 neu die B 467 zu erreichen. Dass es - je nach Abfahrts- und Zielort - auch andere Verkehrsbeziehungen gibt, die nicht über die K 7725 neu führen, steht außer Frage und vermag ein Verkehrsbedürfnis für die K 7725 neu - wie bisher für die K 7725 alt - nicht in Frage zu stellen. Nichts anderes gilt, soweit die Kläger anzweifeln, ob Meckenbeuren von Norden anfahrende Verkehrsteilnehmer die B 30 nutzen.
72 
Auch die Verkehrssicherheit auf der K 7725 erhöhte sich unabhängig von der angenommenen Entlastung der Ortsdurchfahrt vom überörtlichen Verkehr, da sich jedenfalls die auf Trassenführung und Ausbauzustand im Bereich der Ortsdurchfahrt und im Einmündungsbereich in die B 30 zurückzuführende Unfallhäufigkeit verringerte. Der Verweis auf an anderer Stelle neu entstehende Gefahren stellt letztlich eine Spekulation der Kläger dar; daran vermag auch ihr Hinweis auf schwere Verkehrsunfälle auf anderen Ortsumfahrungen nichts zu ändern. Ein besonderes Verkehrsbedürfnis für die K 7725 neu, insbesondere die Südumfahrung, müsste insofern, da sich der mit der Straßenplanung verbundene Eingriff in privates Grundeigentum schon mit konkreten Sicherheitsanforderungen hinreichend rechtfertigen ließe, noch nicht einmal ohne Weiteres nachgewiesen werden (vgl. BVerwG, Urt. v. 03.05.1988, a.a.O.; Urt. v. 22.03.1985, a.a.O.; BVerwGE 72, 282). Von einem entsprechenden Verkehrsbedürfnis ist allerdings - wie ausgeführt - ohne Weiteres auszugehen.
73 
Ob sich bei Berücksichtigung aller gegenläufigen Belange (insbesondere des Interesses der Anwohner, von weiteren Verkehrslärmwirkungen verschont zu bleiben sowie der Belange des Natur- und Landschaftsschutzes) letztlich doch die Nullvariante oder eine von den Klägern favorisierte Variante als die bessere Lösung aufdrängte, ist schließlich keine Frage der Planrechtfertigung, sondern Gegenstand der planerischen Abwägung (vgl. BVerwG, Urt. v. 10.04.1997 - 4 C 5.96 -, BVerwGE 104, 236). Insoweit wird auf die Ausführungen unter cc) verwiesen.
74 
Soweit die Kläger die Planrechtfertigung für das Straßenbauvorhaben schließlich mit zwischenzeitlich erkannten artenschutzrechtlichen Problemen im Bereich der geplanten West-Trasse der B 30 neu in Frage zu stellen versuchen, geht dies von vornherein fehl. Abgesehen davon, dass artenschutzrechtliche Probleme nicht dazu führen müssen, dass von der bisherigen Planung der B 30 neu abgesehen und stattdessen auf die Osttrasse ausgewichen würde, ist maßgeblicher Zeitpunkt auch für das Vorliegen der Planrechtfertigung der Erlass des Planfeststellungsbeschlusses. Der Hinweis der Kläger auf § 51 LVwVfG (Wiederaufgreifen des Verfahrens) geht insofern fehl, zumal diese Vorschrift in einem Planfeststellungsverfahren ohnehin keine Anwendung findet (vgl. § 72 Abs. 1 LVwVfG). Abgesehen davon besteht für die mit der Planung verfolgten Ziele - Erhöhung der Leistungsfähigkeit und Verkehrssicherheit der K 7725 sowie Entlastung Kehlens im Bereich der Ortsdurchfahrt von überörtlichem Verkehr - auch unabhängig von der Planung der B 30 neu ein Bedürfnis.
75 
bb) Das planfestgestellte Vorhaben verletzt, soweit dies überhaupt zu prüfen war, auch keine zwingenden materiellen Rechtssätze.
76 
aaa) Auf einen etwaigen Verstoß gegen die naturschutzrechtliche Eingriffsregelung (vgl. § 21 LNatSchG) können sich die Kläger allerdings - auch soweit ihnen ein Vollprüfungsanspruch zusteht - nicht berufen.
77 
Zu Recht ist das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, dass auch die ent-eignungsbetroffenen Kläger zu 2 bis 4 eine Überprüfung der im Planfeststellungsbeschluss festgesetzten Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen nicht beanspruchen können, da sie entsprechende Einwendungen gegen den Plan trotz des Hinweises auf diese Rechtsfolge in den „Gemeindenachrichten“ vom 08.07.2006 nicht erhoben haben. Dass der Hinweis nach seinem Wortlaut auf § 73 Abs. 4 LVwVfG und nicht auf die speziellere Regelung in § 37 Abs. 9 StrG Bezug nahm, ist ohne Belang, nachdem keine auf besonderen privatrechtlichen Titeln beruhende Einwendungen in Rede stehen.
78 
Nach § 37 Abs. 9 Satz 1 StrG sind im Planfeststellungsverfahren Einwendungen gegen den Plan nach Ablauf der Einwendungsfrist ausgeschlossen; hierauf ist in der Bekanntmachung der Auslegung oder bei der Bekanntgabe der Einwendungsfrist hinzuweisen. Hierbei handelt es sich, wovon auch das Verwaltungsgericht ausgegangen ist, nicht nur um eine formelle, sondern um eine materielle Präklusion, die auch im gerichtlichen Verfahren zu beachten ist (vgl. Lorenz/Will, StrGBW, Handkomm., 2. A. 2005, § 37 Rn. 68; noch offen gelassen von VGH Bad.-Württ., Urt. v. 05.10.2006 - 8 S 967/05 -, ESVGH 124). Dies folgt bereits aus dem Wortlaut der Vorschrift. Dieser beschränkt sich nicht auf die Normierung einer Einwendungsfrist, gegebenenfalls ergänzt um einen Hinweis, dass (lediglich) die rechtzeitig erhobenen Einwendungen gegen den Plan zu erörtern sind (vgl. § 18 Abs. 3 u. 4 Satz 1 FStrG i.d.F. v. 06.08.1953 bzw. § 18 Abs. 4 u.6 FStrG i.d.F. v. 01.07.1974), sondern spricht eindeutig von einem Einwendungsausschluss nach Ablauf der Einwendungsfrist. Diese Wortwahl entspricht vergleichbaren Präklusionsregelungen (vgl. § 73 Abs. 4 Satz 3 LVwVfG, § 17 Abs. 4 Satz 1 FStrG) und weist zweifelsfrei auf eine materielle Präklusion hin. Hinzu kommt, dass in § 39 Abs. 9 Satz 2 StrG als Voraussetzung für einen solchen Ausschluss geregelt ist, dass auf diese Rechtsfolge in der Bekanntmachung der Auslegung oder bei der Bekanntgabe der Einwendungsfrist hinzuweisen ist. Der Umstand, dass die Vorschrift mit den Worten „Im Planfeststellungsverfahren“ beginnt, ändert daran nichts, mag dies für sich genommen auch einen gegenteiligen Schluss nicht von vornherein ausgeschlossen erscheinen lassen (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 05.10.2006, a.a.O.). Denn damit sollte ersichtlich nur klargestellt werden, dass lediglich in einem Planfeststellungsverfahren - und nicht in einem Plangenehmigungsverfahren - nicht erhobene Einwendungen einer Ausschlusswirkung unterliegen. Wäre mit den Worten „Im Planfeststellungsverfahren“ demgegenüber eine Begrenzung der Ausschlusswirkung auf das weitere Planfeststellungsverfahren beabsichtigt gewesen, wäre eine solche Einschränkung anders, nämlich vor dem Wort „ausgeschlossen“ zum Ausdruck zu bringen gewesen. Zu Beginn der Vorschrift haben diese Worte indes die gleiche Bedeutung wie „bei einem Planfeststellungsverfahren“. Für eine solche Auslegung sprechen nicht zuletzt Sinn und Zweck der Vorschrift, Rechts- und Investitionssicherheit (insbesondere für den Vorhabenträger, vgl. BVerwG, Beschl. v. 11.11.2009 - 4 B 57.09 -, Buchholz 406.254 URG Nr. 1) zu schaffen und die bereits mit dem Genehmigungsverfahrensbeschleunigungsgesetz verfolgte Verfahrensbeschleunigung zu gewährleisten. Dass der Einwendungsausschluss in § 37 Abs. 9 Satz 1 StrG gleichwohl hinter den bisherigen, bereits eine materielle Präklusion enthaltenden Regelungen in § 37 Abs. 13 StrG und § 73 Abs. 4 Satz 3 LVwVfG zurückbleiben und entgegen der allgemeinen Tendenz zur materiellen Präklusion im Fachplanungsrecht (vgl. Rieder, Fachplanung und materielle Präklusion, 2004, S. 111) nur noch im Verwaltungsverfahren und nicht mehr für das gerichtliche Verfahren gelten sollte, erscheint demgegenüber fernliegend. Ausweislich der Gesetzgebungsmotive (vgl. hierzu LT-Drucks. 13/1227, S. 58) war mit der Novellierung tatsächlich auch keine Einschränkung gegenüber der in § 73 Abs. 4 Satz 3 LVwVfG enthaltenen Regelung, sondern gerade eine Erweiterung auf solche Einwendungen beabsichtigt, die auf privatrechtlichen Titeln beruhen. Insofern hat sich mit der Novellierung des § 37 Abs. 9 Satz 1 StrG an der bisherigen, eine materielle Präklusion vorsehenden Rechtslage nichts geändert.
79 
Die Präklusion erstreckt sich - auch bei den enteignungsbetroffenen Klägern zu 2 bis 4 - grundsätzlich auch auf solche rechtlichen oder tatsächlichen Umstände, die die Planfeststellungsbehörde unabhängig von etwaigen Einwendungen Betroffener von Amts wegen zu berücksichtigen hatte (vgl. BVerwG, Beschl. v. 01.04.2005 - 9 VR 5.05 -, juris, Rn. 5; OVG Bremen, Urt. v. 13.01.2005 - 1 D 224/04 -, juris Rn. 58). Der erweiterten Einwendungsbefugnis entspricht insofern auch eine erhöhte Mitwirkungslast (vgl. Senat, Urt. v. 09.10.2000, a.a.O., Rieder, a.a.O., S. 178).
80 
Zur Vermeidung des Einwendungsausschlusses müssen Einwendungen - auch solche gegen objektiv-rechtliche (öffentliche Belange) - erkennen lassen, in welcher Hinsicht Bedenken gegen die in Aussicht genommene Planung - aus Sicht des Einwenders - bestehen könnten; das Vorbringen muss so konkret sein, dass die Planfeststellungsbehörde erkennen kann, in welcher Weise sie bestimmte Belange einer näheren Betrachtung unterziehen soll bzw. was sie konkret bedenken soll (vgl. Senat, Urt. v. 09.10.2000, a.a.O.; BVerwG, Beschl. v. 12.02.1996 - 4 A 38.95 -, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 109). Der Betroffene muss zumindest in groben Zügen - gegebenenfalls unter Hinweis auf spezielle, gerade ihn betreffende Gesichtspunkte (vgl. Steinberg, a.a.O., § 2 Rn. 133) - darlegen, welche Beeinträchtigungen befürchtet werden, ohne dies allerdings begründen zu müssen (vgl. BVerfG, Beschl. v.08.07.1982 - 2 BvR 1187/80 - BVerfGE 61, 82; BVerwG, Beschl. v. 12.02.1996 - 4 VR 19.95 - Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 109 S. 78; Urt. v. 30.01.2008 - 9 A 27.06 -, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 195).
81 
Dem können die Kläger nicht entgegenhalten, sie hätten insofern auch gegen die Ausgleich- und Ersatzmaßnahmen Einwendungen erhoben, weil sie mit der gerügten, „nicht hinnehmbaren“ Beeinträchtigung des Landschaftsbildes und des Erholungswerts der Landschaft, insbesondere des Naherholungsgebiets sowie des Erholungsgeländes um Gerbertshaus die gesamte Problematik betreffend Eingriffe in Natur- und Landschaftsschutz einschließlich der hierzu vorgesehenen Kompensationsregelungen thematisiert hätten. Auch wenn die Begriffe Natur und Landschaft für sich genommen nach ihrem Bedeutungsinhalt nicht genau gegeneinander abzugrenzen sein sollten, bezogen sich die Einwendungen der Kläger doch allein auf das Landschaftsbild bzw. die Trennung des Ortsbildes und den Erholungswert der Landschaft (vgl. hierzu auch Dürr, in: Kodal, StraßenR, 7. A., S. 1295) und zwar mit der Zielrichtung, dass in dieses Schutzgut nur eingegriffen werden dürfe, wenn an anderer Stelle keine alternative Trasse zur Verfügung stehe, was nach ihrer Auffassung jedoch der Fall sei. Damit sollte im Hinblick auf das zweifellos betroffene „hohe Schutzgut“ der Landschaft die Entscheidung zugunsten der planfestgestellten Trasse im Rahmen der Variantenprüfung und nicht die Vermeid-barkeit eines Eingriffs i. S. des § 21 Abs. 1 NatSchG, bei der lediglich nach Alternativen an gleicher Stelle zu fragen ist, und schon gar nicht die ausreichende Kompensation der mit ihr verbundenen unvermeidbaren Beeinträchtigungen in Frage gestellt werden (vgl. § 21 Abs. 2 NatSchG); unabhängig davon änderte eine ausreichende Kompensation an den beanstandeten Beeinträchtigungen nichts.
82 
Im Übrigen wäre auch nicht ersichtlich, inwiefern ein im Hinblick auf die angeblich ungeeigneten Maßnahmen 2.1 und 9 (für die das Grundstück der Kläger - anders als für die Maßnahme 3.1a - auch nicht teilweise in Anspruch genommen werden muss) verbliebenes Defizit im Bereich der Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen, nicht nur zu einer Planergänzung (um weitere Maßnahmen an anderer Stelle und ggf. einer Ausgleichsabgabe), sondern entsprechend dem Hauptantrag der Kläger zu 2 bis 4 zu einer Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses führen könnte. Dies setzte voraus, dass es im Gesamtplanungsgeflecht derart schwer wöge, um von der planfestgestellten Maßnahme insgesamt abzusehen oder die Trassenführung doch im Bereich des unmittelbar in Anspruch genommenen Außenbereichsgrundstücks Flst. Nr. 528 zu verändern (vgl. BVerwG, Urt. v. 28.02.1996 - 4 A 27.95 -, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 110; Senat, Urt. v. 09.10.2000, a.a.O.). Überzeugende Gründe hierfür lassen sich auch dem Berufungsvorbringen nicht entnehmen, zumal die Kläger gerade auf angeblich vorhandene geeignetere Ausgleichsflächen (Flst. Nr. 456 u. a.) verwiesen haben. Mit der beanstandeten Ausgleichsmaßnahme 2.1 („Optimierung der „Weite Wiesen“) soll schließlich eine Extensivierung und Entwicklung von Grünlandbeständen, insbesondere des feuchten und nassen Spektrums sowie eine Förderung standortgemäßer Vegetationsbestände (Hochstauden, Röhricht, Großseggenried) erreicht werden. Warum solches aufgrund der Straßennähe und Lärmexposition der vorgesehenen Fläche nicht möglich sein sollte, erschließt sich nicht, mag die damit u.a. verfolgte (weitere) Zielsetzung, die Lebensraumfunktionen zu verbessern und die Arten- und Lebensgemeinschaften extensiv genutzter Grünlandkomplexe zu fördern (vgl. hierzu das entsprechende Maßnahmenblatt im Landschaftspflegerischen Begleitplan, S. 104 f.), auch nicht in jeder Hinsicht optimal erreicht werden können. Insofern hat ein Vertreter der „Entwicklungs- und Freiraumplanung Eberhard + Partner GbR“ in der mündlichen Verhandlung überzeugend darauf hingewiesen, dass sich die vegetationsmäßige und faunistische Aufwertung dieses grundwassernahen Bereichs gar nicht auf Wiesenvögel beziehe. Die Insektenfauna sei schließlich gegenüber den Störwirkungen einer Straße relativ tolerant.
83 
Was die weitere Rüge der Kläger anbelangt, die Ersatzmaßnahme 9 sei im Hinblick auf die verschiedenen mit ihr verfolgten Zwecke schon aufgrund ihrer geringen Größe viel zu klein, greift auch dies nicht durch. So ist nicht zu erkennen, warum mit der Extensivierung der landwirtschaftlichen Nutzung und der Entwicklung artenreicher Grünlandbestände sowie der regelmäßigen Pflege der Sukzessionsfläche entlang des Tegelbachs nicht gleichzeitig die Bodenfunktionen optimiert und stabilisiert, das Retentionsvermögen der Tegel-bachaue verbessert, stoffliche Einträge reduziert und die dortigen Lebensraumfunktionen verbessert werden könnten (vgl. hierzu das entsprechende Maßnahmenblatt im Landschaftspflegerischen Begleitplan, S. 116 f.). Ein Vertreter der „Entwicklungs- und Freiraumplanung Eberhard + Partner GbR“ hat den Klägern schließlich in der mündlichen Verhandlung überzeugend entgegengehalten, dass die Maßnahme 9 im Zusammenhang mit den Maßnahmen 2.1 und 8 zu sehen sei und diese lediglich ergänzen sollte. Entgegen der Auffassung der Kläger könnten auch die „Bähwiesen“ durchaus noch weiter aufgewertet werden. Auf einen die Maßnahme insgesamt oder doch die Trassenführung im Bereich ihres Außenbereichsgrundstücks in Frage stellenden Fehler hätte freilich auch dieser Einwand kaum führen können. Dagegen spricht nicht zuletzt die auch von den Klägern, wenn auch mit anderer Zielrichtung hervorgehobene geringe Größe der Fläche. Bei ihrem Vorwurf, der Eingriff in die Landschaft, insbesondere in das Landschaftsbild sei nicht ausreichend kompensiert, übersehen die Kläger, dass sich das planfestgestellte Maßnahmenkonzept nicht in den beiden beanstandeten Maßnahmen erschöpft, sondern sich aus insgesamt 9 bzw. 12 Einzelmaßnahmen zusammensetzt. Dass gleichwohl ein Defizit verbliebe, haben die Kläger auch im gerichtlichen Verfahren nicht in nachvollziehbarer Weise aufgezeigt.
84 
bbb) Soweit die Kläger geltend machen, dass die fachplanungsrechtliche Zumutbarkeitsgrenze nach § 74 Abs. 2 Satz 2 LVwVfG überschritten sei, weil die aus ihrer Sicht maßgeblichen Summenpegel die auch in diesem Fall einschlägigen Immissionsgrenzwerte nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 der 16. BImSchV überstiegen, wird zwar ein Verstoß gegen zwingende Vorschriften des verkehrsbezogenen Immissionsschutzrechts (§§ 41 ff. BImSchG, 16. BImSchV) geltend gemacht. Auf eine Planaufhebung führte dies jedoch auch dann nicht, wenn der Einwand zuträfe. Vielmehr bestünde auch bei unzureichender Lärmvorsorge grundsätzlich nur ein Anspruch auf Planergänzung. Eine Planaufhebung käme erst dann in Betracht, wenn das Fehlen entsprechender Schutzauflagen - ausnahmsweise - von so großem Gewicht sein könnte, dass die Ausgewogenheit der Planung insgesamt in Frage gestellt wäre (vgl. Senatsurt. v. 09.10.2000, a.a.O.; BVerwG, Urt. v. 18.04.1996 - 11 A 86.95 -, NVwZ 1996, 901), mithin erst dann wenn gleichzeitig gegen das fachplanungsrechtliche Abwägungsgebot verstoßen worden wäre (dazu sogleich).
85 
Anderes gilt auch nicht im Hinblick auf das Vorbringen der Kläger zu 1 und 2 mit der höheren Gesamtlärmbelastung von insgesamt 66 dB(A) am Tage und 56 dB(A) in der Nacht erstmals einer nach Art. 2 Abs. 2 GG verfassungswidrigen Gesundheitsgefährdung ausgesetzt zu sein. Denn auch dann, wenn die Schwelle zur Gesundheitsgefährdung nunmehr überschritten sein sollte, führte dies allenfalls aufgrund eines möglicherweise beachtlichen Abwägungsfehlers im Rahmen der Variantenprüfung auf eine Planaufhebung. Anderenfalls verbliebe es auch insoweit bei einem Planergänzungsanspruch, mit dem die Kläger allenfalls weitere (hier durchaus im Wege aktiven wie passiven Schallschutz mögliche) Schutzvorkehrungen bzw. Entschädigungen, gegebenenfalls auch eine zu entschädigende Übernahme des Grundstücks verlangen könnten.
86 
ccc) Dass infolge des planfestgestellten Vorhabens Lärmaktionspläne nach § 47d BImSchG von den hierfür zuständigen Behörden sinnvollerweise nicht mehr aufgestellt werden könnten, ist weder dargetan noch sonst ersichtlich. Der inzwischen im Entwurf vorliegende Lärmaktionsplan für die Gemeinde Meckenbeuren dürfte im Übrigen das Gegenteil belegen.
87 
cc) Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss verstößt auch nicht in einer zu seiner Aufhebung führenden Weise gegen das fachplanerische Abwägungsgebot des § 37 Abs. 5 Satz 1 StrG. Nach dieser Vorschrift sind bei der Planfeststellung die von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange einschließlich der Umweltverträglichkeit im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigen. Insoweit ist die gerichtliche Kontrolle darauf beschränkt, ob eine Abwägung überhaupt stattgefunden hat, ob an Belangen eingestellt worden ist, was nach Lage der Dinge eingestellt werden musste, ob die Bedeutung der betroffenen öffentlichen und privaten Belange verkannt und ob der Ausgleich zwischen ihnen in einer Weise vorgenommen worden ist, der zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht. Innerhalb des so gezogenen Rahmens wird das Abwägungsgebot nicht verletzt, wenn sich die Behörde in der Kollision zwischen verschiedenen Belangen für die Bevorzugung des einen und damit notwendigerweise für die Zurückstellung eines anderen Belangs entscheidet (vgl. hierzu grundlegend BVerwG, Urt. v. 14.02.1975 - IV C 21.74 - BVerwGE 48, 56). Dabei sind gemäß § 75 Abs. 1a Satz 1 LVwVfG Mängel bei der Abwägung der von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange nur erheblich, wenn sie offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen sind (vgl. hierzu BVerwG, Beschl. v. 16.08.1995 - 4 B 92.95 -, a.a.O.).
88 
Die Entscheidung der Planfeststellungsbehörde, den Plan für den Neubau der K 7725 als Südumgehung von Kehlen auch im Hinblick auf die zusätzlichen Lärmwirkungen zum Nachteil der Kläger zu 1 und 2 und die Inanspruchnahme des Grundstücks der Kläger zu 2 bis 4 festzustellen, lässt einen relevanten Abwägungsfehler nicht erkennen. Insbesondere musste sie einer anderen Variante nicht den Vorzug geben. Dass sich die Kläger innerhalb der Einwendungsfrist noch nicht zu allen, von ihnen nunmehr für vorzugswürdig gehaltenen Varianten geäußert hatten, führt nicht dazu, dass sie insoweit mit ihren Einwand ausgeschlossen wären, dass im Hinblick auf die von ihnen beanstandeten Beeinträchtigungen von Landschaft, Ortsbild, Gesundheit und Eigentum eine andere Variante vorzuziehen gewesen wäre.
89 
Kommen Alternativlösungen ernsthaft in Betracht, so hat die Planungsbehörde sie zwar als Teil des Abwägungsmaterials mit der ihnen objektiv zukommenden Bedeutung in die vergleichende Prüfung der von den möglichen Varianten jeweils berührten öffentlichen und privaten Belange unter Einschluss des Gesichtspunkts der Umweltverträglichkeit einzubeziehen. Sie ist indes nicht verpflichtet, die Variantenprüfung bis zuletzt offen zu halten und alle von ihr zu einem bestimmten Zeitpunkt erwogenen Alternativen gleichermaßen detailliert und umfassend zu untersuchen. Auch im Bereich der Planungsalternativen braucht sie den Sachverhalt nur soweit aufzuklären, wie dies für eine sachgerechte Trassenwahl und eine zweckmäßige Gestaltung des Verfahrens erforderlich ist. Sie ist befugt, eine Alternative, die ihr auf der Grundlage einer Grobanalyse als weniger geeignet erscheint, schon in einem frühen Verfahrensstadium auszuscheiden. Verfährt sie in dieser Weise, so handelt sie abwägungsfehlerhaft nicht schon dann, wenn sich herausstellt, dass die von ihr verworfene Lösung ebenfalls mit guten Gründen vertretbar gewesen wäre, sondern erst, wenn sich ihr diese Lösung als die vorzugswürdige hätte aufdrängen müssen (vgl. BVerwG, Urt. v. 25.01.1996 - 4 C 5.95 -, BVerwGE 100, 238, Beschl. v. 24.09.1997 - 4 VR 21.96 - NVwZ-RR 1998, 297 u. Urt. v. 26.03.1998 - 4 A 7.97 -, UPR 1998, 382). Solches ist hier nicht der Fall.
90 
Soweit im Planfeststellungsbeschluss der „Südumfahrung“ der Vorzug gegenüber den beiden Nordumfahrungen gegeben wurde, ist dies ohne Weiteres nachvollziehbar. So würde die ortsnahe Nordumgehung an der Verkehrsbelastung zwischen der Bahnlinie und der bestehenden B 30 nichts ändern bzw. diese gar noch verstärken, wodurch der dortige Schul-, Sport und Freizeitbetrieb beeinträchtigt wäre. Auch führte die ortsnahe Nordumgehung zu einer geringeren Entlastung der Ortsdurchfahrt Kehlen. Bei der ortsfernen Nordumfahrung ergäbe sich schließlich eine hohe Verkehrsbelastung im Bereich zwischen Meckenbeuren und Buch bzw. auf den entsprechenden Verbindungsstraßen, was sich auf den dortigen Siedlungs- und Entwicklungsschwerpunkt nachteilig auswirkte. Auch wäre sie aufgrund ihrer Länge die unwirtschaftlichste Lösung. Demgegenüber erbringt die insoweit günstigere „Südumfahrung“ eine gute (nicht „beste“, so aber die Verkehrsuntersuchung, S. 7) und zugleich durchgängige Entlastung. Auch lässt sich mit ihr als „Zubringer“ für den Raum südöstlich von Meckenbeuren die langfristig verfolgte Verkehrskonzeption umsetzen, die Verkehrsbeziehungen im Zuge der B 30 neu und der K 7725 neu in Verbindung mit der langfristig geplanten B 467 neu zu bündeln. Schließlich hatte sich die „Südumfahrung“ nach der Umweltverträglichkeitsstudie auch als die umweltverträglichste Variante erwiesen (vgl. zum Ganzen, Planfeststellungsbeschluss, S. 17; Verkehrsuntersuchung, S. 7 f.; Erläuterungsbericht, S. 9 ff.).
91 
Vor diesem Hintergrund erweist sich die von den Klägern zuletzt favorisierte Variante 3 ersichtlich nicht als vorzugswürdig, da sie im Wesentlichen der ortsfernen Nordumgehung entspricht und insofern dieselben Nachteile mit sich brächte.
92 
Soweit die Kläger demgegenüber auf die sog. „Shuttlebus“-Variante bzw. die Varianten 1 und 2 verweisen (vgl. VG-Akten, AS 183), liefen diese letztlich auf ein anderes Projekt hinaus; insofern brauchte sich der Vorhabenträger auf diese von vornherein nicht verweisen zu lassen. Darauf haben zu Recht bereits die Planfeststellungsbehörde und das Verwaltungsgericht hingewiesen. Schon das mit der planfestgestellten Variante verfolgte wesentliche Ziel einer Entlastung der Ortsdurchfahrt Kehlen ließe sich mit diesen weiter entfernten, deutlich nach Süden abgesetzten Varianten allenfalls unzureichend erreichen. Soweit die Kläger im Berufungsverfahren noch geltend machen, dass sich bei einem entsprechenden Anschluss an die B 30 neu sowie bei einer entsprechenden Streckenführung bzw. mittels Verkehrsleitsystemen durchaus eine (vergleichbare) Entlastung der Ortsdurchfahrt erreichen ließe, setzte dies weitere umfangreiche, gegebenenfalls raumbeanspruchende Maßnahmen (auch anderer Behörden) voraus, die schon im Hinblick auf die in Kauf zu nehmenden Umwege kaum gewährleisteten, dass sich der beabsichtigte Entlastungseffekt einstellte.
93 
Hinzu kommt, dass sich das weitere - langfristige - Ziel einer Bündelung der Verkehrsbeziehungen im Zuge der verfolgten Netzkonzeption (B 30 neu, B 31 neu und B 467 neu) überhaupt nicht erreichen ließe. So wird im Planfeststellungsbeschluss überzeugend ausgeführt, dass die Verkehrsbeziehungen im nördlichen Bodenseeraum in Ost/West-Richtung über die B 31 neu und in Nord/Süd-Richtung über die B 30 neu sowie langfristig über eine B 467 neu geführt werden sollen und dem Anschuss an die B 30 neu bei Hirschlatt eine wichtige Verteilerfunktion zukomme, auf den die K 7725 neu als Zubringer (für den Raum südöstlich von Meckenbeuren) gezielt geführt werden müsse. Dies ist bei den von den Klägern vorgeschlagenen Varianten 1 und 2 jedoch nicht der Fall, weil diese einen Umweg über die Messe Friedrichshafen nehmen. Auch brächte der mit diesen Varianten verbundene Anschluss an die K 7726 auf Höhe der Messe keinen Vorteil („Ergänzung der geplanten Messezufahrt“), sondern den erheblichen Nachteil mit sich, dass der Verkehrsfluss an Messetagen behindert würde, was mit der planfestgestellten „Südumfahrung“ gerade verhindert werden sollte.
94 
Abgesehen davon schnitten die beiden Varianten auch in wirtschaftlicher Hinsicht keineswegs besser ab, da ein bloßer Ausbau der im Luftsicherheitsbereich belegenen Flughafenstraße aus nachvollziehbaren Gründen ausscheiden dürfte. Dass sowohl ein Neubau entlang des Flughafengeländes (Variante 2) als auch eine Stichstraße (Variante 1) nicht zuletzt im Hinblick auf die flugsicherheitstechnischen Vorgaben und die jedenfalls im unmittelbaren Randbereich des Flughafens erforderliche Führung in Tunnel- oder zumindest Tieflage kostenaufwändiger wären, leuchtet ohne Weiteres ein. Dies gilt erst Recht für die letztlich nur im Wege einer Untertunnelung realisierbare Variante 1.
95 
Würde indes abweichend von den vorgeschlagenen Varianten ausgehend von der B 30 entlang des Flughafens eine Trassierung unmittelbar auf die Anschlussstelle bei Hirschlatt vorgenommen, brächte dies Belastungen für den Siedlungsbereich von Gerbertshaus bzw. von Großbuch mit sich, so dass sich die Lärmbetroffenheiten lediglich verschöben. Auch ist ohne weiteres nachvollziehbar, dass es dann zu Beeinträchtigungen des Waldgebiets „Großes Moos“ käme, wodurch sich erhebliche, möglicherweise nicht überwindbare artenschutzrechtliche Probleme ergäben, die sich bei der „Südumfahrung“ so nicht stellten.
96 
Auch die von den Klägern angeführten - unbestreitbaren - Nachteile der planfestgestellten Variante können aufgrund des ihnen zukommenden Gewichts nicht dazu führen, dass der Vorhabenträger stattdessen auf die weniger geeignete, die Planungsziele nur unvollkommen erreichende ortsferne Nordumgehung ausweichen oder gar von dem Vorhaben insgesamt Abstand nehmen müsste (sog. „Nullvariante“).
97 
Insbesondere der von den Klägern für unvertretbar gehaltene Eingriff in das Landschaftsbild ändert nichts daran, dass die „Südumgehung“ gleichwohl die umweltverträglichste Variante darstellt. Die Beeinträchtigung dieses Belangs wurde von der Planfeststellungsbehörde auch durch entsprechende Maßnahmen (Feldbrücke, nicht zu hohe Lärmschutzwände) gering gehalten und schließlich auch durch entsprechende Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen kompensiert. Mit ihren Einwendungen gegen diese Maßnahmen sind die Kläger zudem - wie bereits ausgeführt - ausgeschlossen. Soweit die Kläger in diesem Zusammenhang auf den Eingriff in die Landschaft in ihrer Erholungsfunktion verweisen, ist auch dieser nicht von solchem Gewicht, dass er die Planung in Frage stellte, zumal die Planfeststellungsbehörde diesem Belang durchaus Rechnung getragen hat, indem die Wegeverbindungen weitgehend aufrechterhalten wurden. Nichts anderes gilt für den Einwand der Kläger, dass die „historische“ Bindung an den Hauptort Kehlen zerschnitten würde und bei ihnen ein „Gefühl des Abgeschnittenseins“ entstünde.
98 
Soweit die Kläger auf eine - im Hinblick auf die künftige Gesamtlärmbelastung - völlig unzureichende Lärmvorsorge verweisen, rechtfertigt auch dies keine andere Beurteilung, nachdem die Planfeststellungsbehörde im Ergebnis zu Recht davon ausging, dass auch die Kläger zu 1 und 2 auch bei einer Gesamtlärmbetrachtung nicht annähernd Lärmwirkungen ausgesetzt sind, die die grundrechtliche Zumutbarkeitsschwelle – d. h. die enteignungsrechtliche Zumutbarkeitsschwelle oder die in rechtlicher Würdigung der Lärmwirkungsforschung zu bestimmende Schwelle der Gesundheitsgefährdung - überschreiten. Ausgehend davon kann jedenfalls nicht beanstandet werden, dass Lärmschutzbelange nicht zum Anlass genommen wurden, von der planfestgestellten „Südumfahrung“ Abstand zu nehmen.
99 
Die grundrechtliche Zumutbarkeitsschwelle wird vom Bundesverwaltungsgericht für Wohngebiete grundsätzlich erst bei einem äquivalenten Dauerschallpegel von 70 dB(A) tags und 60 dB(A) nachts angenommen (vgl. BVerwG, Urt. v. 07.03.2007, - 9 C 2.06 -, BVerwGE 128, 177, Urt. v. 13.05.2009 - 9 A 72.07 -, BVerwGE 134, 45; Urt. v. 15.12.2011 – 7 A 11.10. -, UPR 2012, 301). Dass diese bei einer Gesamtlärmbetrachtung erreicht würde, lässt sich indes nach derzeitigem wissenschaftlichem Erkenntnisstand nicht feststellen.
100 
Zwar war der Schienenverkehrslärm bei der entsprechenden Abschätzung bzw. „Annäherung“ in der Stellungnahme Modus Consult Ulm GmbH vom 26.05.2008 noch nicht berücksichtigt worden. Vor dem Hintergrund der inzwischen mitgeteilten, nach § 3 der 16. BImSchV berechneten Beurteilungspegel für die Südbahn hätten sich jedoch auch bei einer zusätzlichen Überlagerung mit dem Schienenverkehrslärm für das Wohngebäude des Klägers zu 2 nur geringfügig höhere Summenpegel ergeben, nämlich maximal 63,5 dB(A) tags und 56,5 dB(A) nachts anstatt bis zu 62 dB(A) tags und 56 dB(A) nachts (vgl. die konkretisierende und ergänzende Stellungnahme Modus Consult Ulm GmbH zur Gesamtlärmsituation vom 24./25.09.2012 und die bereits der Stellungnahme vom 26.05.2008 beigefügte Anlage 2). Zwar ermöglichen diese Werte nur eine ungefähre Abschätzung, da äquivalente Dauerschallpegel unterschiedlicher Verkehrsquellenarten nicht ohne Weiteres energetisch addiert werden können dürften. Jedoch sind sie von dem als kritisch angesehenen Bereich noch deutlich entfernt, sodass von ihnen durchaus annäherungsweise ausgegangen werden konnte. Der in der Stellungnahme vom 26.05.2008 nach dem Entwurf der VDI-Richtlinie 3722-2 berechnete effektbezogene Substitutionspegel LES von 66 - 67 dB(A) tags steht dem nicht entgegen. Denn dieser kann nicht an den oben genannten Werten gemessen werden, da er maßgeblich durch ein „Belästigungsurteil“ Betroffener bestimmt wird (vgl. hierzu die Stellungnahme Modus Consult Ulm GmbH v. 26.05.2008; auch den 2. Entwurf, Feb. 2009, der VDI-Richtlinie 3722-2 mit Kommentar Windelbergs, http://www.iazd.uni-hannover.de/~windelberg/search/laerm/wi3722_2.pdf). Dies bedeutet freilich nicht, dass diesem Wert im Rahmen der Abwägung keinerlei Bedeutung zukäme (vgl. dazu sogleich).
101 
Dass das Regierungspräsidium Tübingen mit der seinem Planfeststellungsbeschluss zugrundegelegten Stellungnahme vom 26.05.2008 jedenfalls nicht zu niedrige Werte angesetzt hatte, wird letztlich durch die nachträglich - im Wege energetischer Addition - vorgenommene Gesamtlärm„berechnung“ vom 25.09.2012 bestätigt, wonach sich in dem der Planung - gleichsam als worst case - maßgeblich zugrundegelegten Planungsfall C 2 (mit B 30 neu) vor dem Wohngebäude des Klägers zu 2 maximale Gesamtpegel von (lediglich) 61,0 dB(A) bzw. 54,3 dB(A) ergaben, mithin Werte, die auch nicht annähernd die grundrechtliche Zumutbarkeitsschwelle erreichen. Die gegenüber der bisheriger Stellungnahme niedrigeren Werte beruhen im Wesentlichen darauf, dass für den Flughafen Friedrichshafen nunmehr aktuellere Lärmkonturen der Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg zugrunde gelegt wurden, denen zufolge das Grundstück des Klägers zu 2 (deutlich) außerhalb der 60 bzw. 55 dB(A)-Lärmkontur liegt, sodass dieses bei einer Extrapolation lediglich noch fluglärmbedingten äquivalenten Dauerschallpegeln von 56 dB(A) tags und 47 dB(A) nachts ausgesetzt ist. Schließlich werden die kritischen Werte von 70 bzw. 60 dB(A) selbst von den (in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht dem Lärmaktionsplan entnommenen, aufgrund der Umgebungslärmrichtlinie 2002/49/EG bzw. nach Maßgabe des § 5 der 34. BImSchV berechneten (Gesamt-)Lärmindizes Lden von 66 dB(A) bzw. Lnight von 56 dB(A) nicht erreicht (vgl. http://www.meckenbeuren.de/aktuell/lap.html?tx_skcalendar_pi1%5Boffset%5D=1543618800&tx_skcalendar_pi1%5Bcategory%5D=6&tx_skcalendar_pi1%5Bview%5D=thumbmonth). Der Mittelungspegel Lden konnte freilich nicht ohne Weiteres herangezogen werden, da er auf der Mittelung über 24 Stunden mit einer unterschiedlichen Gewichtung der Zeitbereiche Tag, Abend und Nacht beruhte (vgl. § 1 Abs. 2 der 34. BImSchV).
102 
Soweit das Regierungspräsidium Tübingen aus Kausalitätserwägungen die noch etwas niedrigeren Werte im Planungsfall C 20 (60,6 dB(A) tags und 54 dB(A) nachts) heranziehen will, kann dem nicht gefolgt werden. Zwar dürften die angestellten Kausalitätserwägungen zutreffen, da die B 30 neu (West) und die K 7725 neu - Südumfahrung - nicht in einem engen konzeptionellen und räumlichen Zusammenhang stehen dürften (vgl. BVerwG, Urt. v. 23.11.2005 - 9 A 28.04 -, BVerwGE 124, 334). Jedoch wurde der planerischen Abwägung gleichwohl durchgehend der Planungsfall C 2 als maßgebliches Szenario zugrunde gelegt (vgl. hierzu bereits die Verkehrsuntersuchung Modus Consult Ulm GmbH v. 11.01.2006, S. 6; Lärmuntersuchung Modus Consult v. 23.01.2006, S. 7), sodass dieses - zur Vermeidung eines Abwägungsfehlers - auch in vorliegendem Zusammenhang maßgebend sein muss. Insofern kommt es auf die Gesamtlärmwerte für den Planungsfall C 2 (mit B 30 neu Westtrasse und K 7725 neu Ortsumfahrung Kehlen), Prognose-horizont 2020, an (vgl. S. 9 der konkretisierenden und ergänzenden Stellungnahme v. 24./25.09.2012). Die für den Planungsfall C 2 „plus“ berechneten Gesamtlärmwerte können demgegenüber nicht herangezogen werden, da bei diesen die im Planungsfall C 2 eintretende Entlastung auf der B 30 alt (Bestandstrasse) nicht berücksichtigt ist.
103 
Auch wenn man die  e n t e i g n u n g s r e c h t l i c h e  Zumutbarkeitsschwelle im Hinblick auf die inzwischen (2010) um 3 dB(A) reduzierten Auslösewerte für die Lärmsanierung an Fernstraßen in der Baulast der Bundes (vgl. hierzu BT-Drs. 17/5077, 17/8505), die 2011 auch für Landesstraßen in der Baulast des Landes übernommen wurden (vgl. LUBW, Übersicht Grenzwerte, Erl. 1, http://www.lubw.baden-wuerttemberg.de/servlet/is/50516/?print=true) bereits bei 67 dB(A) tags und 57 dB(A) nachts ansetzen wollte, wären nach den obigen Ausführungen auch diese Werte, die freilich für eine Gesamtlärmbelastung keine Geltung beanspruchen können, noch nicht erreicht.
104 
Dass schließlich aufgrund neuerer, bislang unberücksichtigt gebliebener Erkenntnisse aus der Lärmwirkungsforschung gleichwohl bereits die Schwelle zur  G e s u n d h e i t s g e f ä h r d u n g  - und damit möglicherweise auch die enteignungsrechtliche Zumutbarkeitsschwelle - überschritten sein könnte, lässt sich ebenso wenig feststellen. Für diese sind nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. BVerwG, Urt. v. 07.03.2007, a.a.O.) letztlich die Innenraumpegel in der Nacht entscheidend; nach dem (bis zum Jahre 2000) erreichten Stand der Lärmwirkungsforschung sollen Dauerschallpegel am Ohr einer schlafenden Person in einem Bereich zwischen 30 und 35 dB(A) und Pegelspitzen in der Größenordnung von 40 dB(A) nicht überschritten werden. Dafür, dass dies bei den Klägern zu 1 und 2 - unter Zugrundelegung einer auch (alten) Einfachfenstern zukommenden schalldämmenden Wirkung von ca. 25 dB(A) (vgl. Kötz, Baulicher Schallschutz gegen Verkehrslärm - Wissenswertes über die Schalldämmung von Fenstern; OVG Berlin, Urt. v. 09.05.2003 - OVG 6 A 8.03 -, OVGBe 24, 206: mindestens 24 dB(A)) der Fall wäre, ist weder dargetan noch sonst ersichtlich. Dass die in einer durch Flug-, Schienen- und Straßenverkehrslärm erheblich vorbelasteten Umgebung anzutreffende Fenstersubstanz einen niedrigeren Dämmwert aufweisen könnte (vgl. BVerwG, Urt. v. 27.10.1998, a.a.O.), ist nicht anzunehmen. Mit einem entsprechenden Vorbringen wären die Kläger zu 1 und 2 inzwischen auch ausgeschlossen (vgl. BVerwG, Urt. v. 27.10.1998 - 11 A 1.97 -, BVerwGE 107, 313). Dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 16.03.2006 - 4 A 1001.04 - (Buchholz 11 Art 28 GG Nr. 145), wonach sich durch ein geschlossenes Fenster, je nach dessen Qualität, eine Dämmwirkung von 20 dB(A) oder mehr erzielen lasse, kann nicht entnommen werden, dass bei der Beurteilung der gesundheitsgefährdenden Wirkung von Lärm das Mindestschalldämmmaß eines Fensters zugrundezulegen wäre. Ist - mangels gegenteiliger Hinweise - auch beim Wohngebäude des Klägers zu 2 ein Schalldämmmaß von ca. 25 dB(A) anzunehmen, wären zwar ausgehend von einem (nach zwischenzeitlicher Erkenntnis ohnehin zu hoch angesetzten) Summenpegel von 56,5 dB(A) die von den Klägern eingeforderten Werte von maximal 30 dB(A) am Ohr des Schläfers um 1,5 dB(A) überschritten. Dass bereits damit und nicht erst bei Innenpegeln oberhalb von 35 dB(A) die Grenze zur Gesundheitsgefährdung überschritten wäre, kann jedoch auch vor dem Hintergrund der von den Klägern angeführten, keineswegs einhelligen wissenschaftlichen Meinungen nicht ausgegangen werden; diese waren zudem überwiegend bereits veröffentlicht, als das Bundesverwaltungsgericht in neuerer Zeit über die gesundheitsgefährdende Wirkung von Verkehrslärm zu entscheiden und die bisher angenommene grundrechtliche Zumutbarkeitsschwelle erneut bestätigt hatte (vgl. insbes. Urt. v. 07.03.2007, a.a.O.; Urt. v. 13.05.2009, a.a.O.).
105 
Dass das Regierungspräsidium die nächtliche Gesamtlärmwirkung mit dem seiner Beurteilung zugrundegelegten Wert von 56 dB(A) im Ergebnis nicht unterschätzt hat, wird letztlich durch den aus dem Lärmaktionsplan ablesbaren, lediglich auf die Nacht bezogenen Lnight-Wert bestätigt. Denn dieser Gesamt-Lärmindex weist ebenfalls einen Wert von 56 dB(A) auf und unterscheidet sich insofern - zumindest im vorliegenden Fall - von der Größenordnung her nicht von dem in der Stellungnahme vom 26.05.2008 ermittelten Gesamtlärmpegel, der sich aus einer Überlagerung des Fluglärms mit dem nach § 3 der 16. BImSchV ermittelten Straßenverkehrslärm ergab. Hinzu kommt, dass die Schlafräume der Kläger zu 1 und 2 nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts nach Norden ausgerichtet sind, sodass sie der maximalen Gesamtlärmbelastung im Südosten des Wohngebäudes nicht ausgesetzt sind.
106 
Soweit die Kläger geltend machen, dass sie die Möglichkeit haben müssten, bei geöffneten bzw. gekippten Fenstern zu schlafen, übersehen sie, dass dies zwar bei der Einhaltung der fachplanungsrechtlichen Zumutbarkeitsgrenze, nicht aber bei der Einhaltung der grundrechtlichen Zumutbarkeitsgrenze im Hinblick auf eine Gesamtlärmbelastung gilt. So gehört zu den Schutzgütern, denen bei Bestimmung der fachplanungsrechtlichen Zumutbarkeit Rechnung zu tragen ist, zwar auch die "angemessene Befriedigung der Wohnbedürfnisse", die auch die Möglichkeit störungsfreien Schlafens umfasst (vgl. BVerwG, Urt. v. 21.05.1976 - 4 C 80.74 -, BVerwGE 51, 15, 33 u. Urt. v. 29.01.1991 - 4 C 51.89 - BVerwGE 87, 332 <373>); ist dies wegen der Lärmbelastung, die von einem bestimmten Vorhaben ausgeht, nicht möglich, sind angemessene Wohnverhältnisse nur bei Einbau technischer Belüftungseinrichtungen gewahrt. Diese Einschätzung liegt auch der Vorschrift des § 2 Abs. 1 Satz 2 der 24. BImSchV zugrunde. Danach gehört zu den Schallschutzmaßnahmen auch der Einbau von Lüftungsmaßnahmen in Räumen, die überwiegend zum Schlafen benutzt werden. Dies bedeutet jedoch nicht, dass hiervon auch dann auszugehen wäre, wenn die gesundheitsgefährdende Wirkung einer nicht vom Anwendungsbereich der 16. BImSchV erfassten Gesamtlärmbelastung zu beurteilen ist. Eine entsprechende allgemeingültige Aussage wäre auch nicht gerechtfertigt. Einen (zumal grundrechtlich abgesicherten) Anspruch auf Schlafen bei offenem bzw. gekippten Fenster gibt es ersichtlich nicht (vgl. OVG Berlin, Urt. v. 09.05.2003 - 6 A 8.03 -, OVG BE 24, 206; HessVGH, Urt. v. 03.06.2004, a.a.O.). Während es manche Menschen bevorzugen, die Fenster in ihren Schlafräumen nachts geschlossen zu halten, haben andere das gegenteilige Bedürfnis. Ob es den Klägern zu 1 und 2 im Hinblick auf die gesundheitliche Bedeutung des Raumklimas nicht zugemutet werden kann, bei geschlossenen Fenstern zu schlafen, hängt deshalb von den Umständen des Einzelfalles ab. Da sie mit ihren Einwendungen im Verwaltungsverfahren nicht geltend gemacht haben, auf die nächtliche Belüftung ihres Schlafraums durch ein gekipptes oder leicht geöffnetes Fenster a n g e w i e s e n zu sein, kann hiervon auch im gerichtlichen Verfahren nicht ausgegangen werden (vgl. BVerwG, Urt. v. 23.10.2002 - 9 A 22.01 -, Buchholz 442.09 § 18 AEG Nr. 55). Auf das Vorbringen der Klägerinnen zu 3 und 4, das sich offenbar auf deren nicht streitgegenständliche Wohngrundstücke an anderer Stelle bezog, kann insoweit nicht abgehoben werden. Abgesehen davon haben sie auch nur eingewandt, es „gewohnt“ zu sein, zur Nachtzeit bei offenem Fenster zu schlafen.
107 
Dass schließlich im Hinblick auf die Wohnnutzung am Tage von einer Gesundheitsgefährdung auszugehen gewesen wäre, ist ebenso wenig ersichtlich. Es war zwar unschädlich, dass die Kläger auf die Nutzung ihrer Außenwohnbereiche nicht gesondert hingewiesen haben, da diese von den geltend gemachten Beeinträchtigungen der Wohnnutzung ersichtlich mitbetroffen sind. Auch wenn im Hinblick auf die von den Klägern angeführten Meinungen aus jüngerer Zeit die Grenze zur Gesundheitsgefährdung nunmehr bereits bei niedrigeren Werten als 70 dB(A) tags und 60 dB(A) nachts anzusetzen wäre, ließe sich noch immer nicht feststellen, dass bereits ein Schwellenwert von 65 dB(A) tagsüber nach dem derzeitigem Stand der Lärmwirkungsforschung die Grenze beschriebe, oberhalb derer das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 GG) der Nachbarn jedenfalls verletzt wäre. Soweit immer wieder ein Schwellenwert von 65 dB(A) genannt wird, wird dieser im Wesentlichen mit einem erhöhten Risiko für Herz-Kreislauferkrankungen begründet (vgl. hierzu www.umweltbundes-amt.de/verkehr/laerm/strassen-und-schienen-verkehr.htm ). Ab wann die Zunahme eines solchen (ggf. zu vermeidenden) Risikos einem körperlichen Eingriff gleichzusetzen ist (vgl. BVerfG, Beschl. v. 30.11.1988 - 1 BvR 1301 -, BVerfGE 79, 174; Beschl. v. 29.07.2009 - 1 BvR 1606/08), lässt sich indessen zumal vor dem Hintergrund keineswegs einhelliger Meinungen nach wie vor nicht allgemein bestimmen. Dem entsprechend hat das Bundesverwaltungsgericht auch in neueren Entscheidungen (vgl. Beschl. v. 07.05.2008 - 4 A 1009.07 u. a. -, Buchholz 316 § 74 VwVfG Nr. 74) Dauerschallpegel (außen) von 65,7 dB(A) tags vor dem Hintergrund der einem Gebäude auch ohne zusätzliche Schallschutzeinrichtungen zukommenden Dämmwirkung als noch nicht gesundheitsgefährdend angesehen. Der Senat vermag nicht zu erkennen, inwiefern inzwischen eine andere Beurteilung gerechtfertigt sein könnte. Von höheren Gesamtpegeln als 65 dB(A) kann hier ohnehin nicht ausgegangen werden. Dass schließlich der über 24 Stunden gemittelte Gesamtpegel Lden einen Wert von immerhin 66 dB(A) aufweist, rechtfertigt schon deshalb keine andere Beurteilung, da er von der stärkeren Gewichtung der Nachtzeit mitbestimmt wird. Hinzu kommt, dass ein Lden von 65 dB(A) lediglich den Auslösewert für die Lärmaktionsplanung zur Vermeidung von Gesundheitsgefährdungen darstellt (vgl. http://www.umweltbundesamt.de/laermprobleme/ulr. html), woraus noch nicht folgt, dass jenseits dieses Werts bereits von einer einem körperlichen Eingriff gleichzusetzenden Gesundheitsgefährdung auszugehen wäre. Auch im Hinblick auf die Außenwohnbereiche kann nichts anderes gelten. Vorliegend kommt hinzu, dass es sich bei den errechneten Werten um Maximalpegel handelt, die lediglich südöstlich am Wohngebäude des Klägers zu 2 auftreten, sodass ohnehin nur ein Teil der Außenwohnbereiche von den maximalen Werten betroffen wird. Auch ist die allgemeine Lärmerwartung im Außenwohnbereich von vornherein sehr viel höher (vgl. Senat, Urt. v. 28.03.1996 - 5 S 1338/95 -, NVwZ-RR 1997, 85). Das landwirtschaftlich genutzte Außenbereichsgrundstück der Kläger zu 2 bis 4 stellt demgegenüber schon keinen Außen w o h n bereich dar.
108 
Soweit die Kläger noch geltend machen, eine Reihe von Ortschaften werde durch den Neubau der K 7725 noch stärker belastet, ist solches nicht zu erkennen; vielmehr wären diese auch im Prognosenullfall von der allgemeinen Verkehrszunahme auf einer (nicht geänderten) K 7725 betroffen.
109 
2. Auch die hilfsweise geltend gemachten Bescheidungsanträge haben keinen Erfolg.
110 
a) Den Klägern stehen nach Maßgabe der 16. BImSchV keine (weiteren) Lärmschutzansprüche zu (§§ 41, 42, 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG i.V.m. § 1 Abs. 1, § 2 Abs. 1 Nr. 2 der 16. BImSchV).
111 
Allerdings findet die 16. BImSchV auf den planfestgestellten Neubau der K 7725 - Südumfahrung Kehlen - Anwendung. Ob es sich bei dem Umbau der Knotenpunkte (Anlage von zwei Bypässen) zwischen der B 30 und der L 333 um eine wesentliche Änderung i. S. des § 1 Abs. 1 u. 2 Nr. 2 der 16. BImSchV handeln könnte, kann hier dahinstehen, da den Klägern als Nachbarn (in einem räumlich begrenzten Bereich, vgl. Storost in: Ule/Laubinger/Repkewitz, BImSchG, Komm., § 41 Rn. C 19) (weiterer) Lärmschutz allenfalls im Hinblick auf die Neubaustrecke zu gewähren wäre. Weitergehenden Lärmschutz können die Kläger jedoch nicht verlangen, weil die Immissionsgrenzwerte für reine und allgemeine Wohngebiete von 59 dB(A) am Tage und 49 dB(A) in der Nacht (vgl. § 2 Abs. 1 Nr. 2 der 16. BImSchV) bei Berücksichtigung der vorgesehenen (aktiven) Lärmschutzmaßnahmen eingehalten sind.
112 
Dafür, dass die maßgeblichen Beurteilungspegel in der Lärmuntersuchung vom 12.01.2006 nicht entsprechend der Anlage 1 zur 16. BImSchV bzw. der dort in Bezug genommenen RLS-90 berechnet, insbesondere topographische Gegebenheiten und bauliche Maßnahmen nicht berücksichtigt worden wären, liegen keine Hinweise vor. Ebenso wenig bestehen Anhaltspunkte, dass die zugrundeliegende prognostizierte durchschnittliche tägliche Verkehrsstärke (DTV) zu gering angesetzt worden wäre. Denn im Sinne einer worst-case-Betrachtung wurde der Planungsfall C 2 zugrunde gelegt, der den ungünstigsten Lastfall im Bereich der K 7725 neu darstellt. Hierbei wurde auch die B 31 neu im Abschnitt Friedrichshafen - Immenstaad sowie der Messezubringer Süd und Nord (K 7726 neu) berücksichtigt (vgl. Verkehrsuntersuchung, S. 4). Dass von der Entwicklung der Fluggastzahlen am Flughafen Friedrichshafen keine erheblichen Auswirkungen auf das Verkehrsaufkommen auf der K 7725, insbesondere die sich daraus ergebende durchschnittliche tägliche Verkehrsstärke (DTV) zu erwarten sind, wurde im Planfeststellungsbeschluss nachvollziehbar dargelegt.
113 
Dass die Beurteilungspegel unabhängig von der tatsächlich vorhandenen oder zugelassenen Vorbelastung lediglich auf den zu bauenden Verkehrsweg bezogen wurden, entspricht schließlich den Vorgaben des § 41 BImSchG und der 16. BImSchV; es kommt mithin nur auf den Lärm an, der gerade von dem zu bauenden (oder zu ändernden) Verkehrsweg ausgeht. Lärm, der nicht gerade auf der zu bauenden oder zu ändernden Strecke entsteht, wird von der Verkehrslärmschutzverordnung nicht berücksichtigt (vgl. zum Ganzen BVerwG, Urt. v. 23.02.2005 - 4 A 4.04 -, BVerwGE 123, 37 <45>; Urt. v. 17.03.2005 - 4 A 18.04 -, BVerwGE 123, 152 <155>). Die Berücksichtigung anderer Lärmquellen durch die Bildung eines Summenpegels kommt im Rahmen der Anwendung der 16. BImSchV entgegen der Auffassung der Kläger nicht in Betracht; solche können daher auch nicht anhand der Immissionsgrenzwerte der 16. BImSchV beurteilt werden.
114 
Aus der - auf eine Lärmminderungsplanung zielenden - Umgebungslärmrichtlinie 2002/49/EG vom 25.06.2002 bzw. der 34. BImSchV lässt sich für die Beurteilung der Lärmauswirkungen des planfestgestellten Vorhabens, insbesondere hinsichtlich der Einhaltung bestimmter Grenzwerte grundsätzlich nichts herleiten (vgl. hierzu BVerwG, Beschl. v. 14.05.2008 - 4 B 43.07 -; Urt. v. 13.10.2011 - 4 A 4000.09 - jeweils zum Fluglärm).
115 
Weitergehende Lärmschutzansprüche ergeben sich auch nicht unmittelbar aus § 41 Abs. 1 BImSchG, wonach u.a. „bei dem Bau“ oder der wesentlichen Änderung öffentlicher Straßen sicherzustellen ist, dass „durch diese“ keine „schädlichen Umwelteinwirkungen“ hervorgerufen werden, die nach dem Stand der Technik vermeidbar sind. Der Tatbestand der Vorschrift reicht nicht weiter als die 16. BImSchV, die nach § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG zur Durchführung des § 41 und des § 42 Abs. 1 und 2 BImSchG erlassen worden ist. Die in § 2 Abs. 1 Nr. 4 BImSchG enthaltene Einschränkung, dass die Vorschriften des Bundes-Immissionsschutzgesetzes für den Bau öffentlicher Straßen und Schienenwege nur „nach Maßgabe der §§ 41 bis 43" gelten, bedeutet schließlich eine Abkehr von dem für genehmigungsbedürftige Anlagen geltenden Grundsatz, dass eine solche Anlage nicht errichtet oder betrieben werden darf, wenn unter Einbeziehung der Vorbelastung durch bereits vorhandene Anlagen schädliche Umwelteinwirkungen hervorgerufen werden können (vgl. § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG). Anders als für gewerbliche Anlagen regelt das BImSchG den Immissionsschutz für Verkehrsanlagen nicht umfassend, sondern nur für einen Teilausschnitt (vgl. BVerwG, Urt. v. 21.03.1996 - 4 C 9.95 -, a.a.O.; Urt. v. 23.02.2005, a.a.O.). Insofern geht auch der Hinweis der Kläger auf den (umfassenderen) Begriff der „schädlichen Umwelteinwirkungen“ in § 3 Abs. 1 BImSchG fehl. Soweit sich die Kläger insoweit auf das Urteil des Senats vom 13.03.1996 - 5 S 1743/95 - berufen, wonach in atypischen Sonderfällen Verkehrsgeräusche auch unterhalb der Lärmgrenzwerte des § 2 Abs. 1 der 16. BImSchV zu schädlichen Umwelteinwirkungen i. S. des § 41 BImSchG führen könnten, ist ihnen entgegenzuhalten, dass der Senat - im Hinblick auf die gegenteilige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Urt. v. 21.03.1996 - 4 C 9.95 -, BVerwGE 101, 1) - hieran schon im Urteil vom 28.01.2002 - 5 S 2328/99 - (BImSch-Rspr. § 41 Nr. 71) nicht mehr festgehalten hat, soweit keine Gesamtbelastung in Rede steht, die den Grad einer mit der Schutzpflicht nach Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG unvereinbaren Gesundheitsgefährdung erreicht oder in die Substanz des Eigentums i. S. des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG eingreift. Aber auch in Fällen, in denen aus Gründen des Grundrechtsschutzes die zusätzliche Berücksichtigung anderer Lärmquellen durch die Bildung eines Summenpegels geboten sein kann (vgl. BVerwG, Beschl. v. 24.11.2010 - 4 BN 28.10 -, BRS 76 Nr. 19, Urt. v. 21.03.1996, a.a.O.), bedürfte es keines Rückgriffs auf § 41 Abs. 1 BImSchG; vielmehr ergäbe sich ein entsprechender Lärmschutzanspruch bereits aus dem Abwägungsgebot in Verbindung mit den sich aus den Grundrechten ergebenden Schutzpflichten. Wie bereits ausgeführt, führen die vom Neubau der K 7725 ausgehenden Lärmwirkungen auf dem Grundstück des Klägers zu 2 jedoch an keiner Stelle zu Gesamtlärmwerten, die in Wohngebieten ein aus Sicht des Grundrechtsschutzes kritisches Maß erreichten.
116 
Auch ein Rückgriff auf die allgemeine Regelung des § 74 Abs. 2 Satz 2 LVwVfG kommt neben dem Lärmschutzsystem, das in den §§ 41 ff. BImSchG normiert ist, inhaltlich (materiell) lediglich nach Maßgabe des § 42 Abs. 2 Satz 2 BImSchG in Betracht (vgl. BVerwG, Urt. v. 09.02.1995 - 4 C 26.93 -, BVerwGE 97, 367 <371>), sodass die Kläger auch aus dieser Regelung nichts für sich herleiten können.
117 
b) Die Kläger können schließlich auch nicht verlangen, dass die Planfeststellungsbehörde ihnen im Hinblick auf eine mit Gesundheitsrisiken verbundene künftige Gesamtlärmbelastung weitergehenden vorsorgenden Lärmschutz gewährt bzw. insoweit ihr Planungsermessen erneut ausübt. So sind die einen weitergehenden Lärmschutz versagenden Erwägungen der Planfeststellungsbehörde nicht zu beanstanden. Mit diesen wird den gesundheitlichen Belangen der Kläger (zu 1 und 2) ausreichend Rechnung getragen. Zutreffend wurde hierbei darauf abgehoben, dass dem gerade von der K 7725 neu ausgehenden Verkehrslärm bereits ein umfassendes Lärmschutzkonzept entgegengesetzt werde. Mit diesem würden sogar die - hier nicht einschlägigen - städtebaulichen Orientierungswerte nach der DIN 18005 - 55 dB(A) tags und 45 dB(A) nachts - für allgemeine Wohngebiete eingehalten; auch sei der K 7725 vor dem Hintergrund der Bahnstrecke, des Flughafens und der B 30 ohnehin nur ein untergeordneter Einfluss auf die Gesamtlärmbelastung beizumessen. Dies gelte umso mehr, als sie lediglich zu einer nicht hörbaren Erhöhung von allenfalls 1 dB(A) führe (vgl. hierzu die nachträgliche Berechnung, wonach der Gesamtlärm sogar nur um 0,5 dB(A) erhöht wird). Hinzu komme, dass eine etwaige Erhöhung der Lärmschutzwände zu einer kaum mehr wahrnehmbaren Reduzierung der Emissionspegel führte und insofern die hierfür aufzuwendenden Kosten außer Verhältnis zum angestrebten Erfolg stünden (vgl. § 41 Abs. 2 BImSchG); auch wären zunehmend öffentliche Belange - wie das Orts- und Landschaftsbild sowie Naturschutzbelange - nachteilig betroffen.
118 
In diesem Zusammenhang kann zwar durchaus auch nach dem Entwurf der VDI-Richtline 3722-2 oder aufgrund der Umgebungsrichtlinie bzw. der 34. BImSchV berechneten Werten Bedeutung zukommen, weil sie im Einzelfall die - von den Klägern auch im vorliegenden Fall geltend gemachte - Belästigungs- bzw. Störwirkung besser erkennen lassen. Jedoch bestand hier auch insofern keine Veranlassung, weitergehenden Lärmschutz zu gewähren. Die Lärmindizes Lden und Lnight lagen seinerzeit nicht vor, sodass sie von der Planfeststellungsbehörde auch nicht berücksichtigt werden konnten. Abgesehen davon wird der Auslösewert von 65 dB(A) nur um 1 dB(A) am Tage überschritten. Der in der Stellungnahme Modus Consult Ulm GmbH vom 26.05.2008 nach dem Entwurf der VDI-Richtlinie 3722-2 errechnete effektbezogene Substitutionspegel LES von 66 - 67 dB(A) mag zwar auf den ersten Blick Anlass zu weitergehendem Lärmschutz gegeben haben, doch beträgt der Anteil der Kreisstraße - auch ohne die Wirkungen des Schienenverkehrslärms - lediglich 0,3 dB(A) (vgl. die konkretisierende und ergänzende Stellungnahme Modus Consult Ulm GmbH v. 24./25.09.2012), sodass letztlich kein Anlass bestand, die maßgeblich durch den Fluglärm bestimmte, durch Maximalpegel geprägte Belästigungswirkung zu reduzieren. Mehr als eine Beseitigung der gerade von dem planfestgestellten Straßenbauvorhaben des Landkreises ausgehenden Lärmwirkungen hätten die Kläger auch bei einer gesundheitsgefährdenden Gesamtlärmbelastung nicht verlangen können (vgl. hierzu aber auch HessVGH, Urt. v. 03.06.2004 - 12 A 1118/01, 12 A 1521/01 -, NVwZ-RR 2005, 805: lediglich in einem einheitlichen Verfahren gegenüber allen Emittenten). Eine Pflicht zur Verbesserung der vorgefundenen Situation obliegt der Planfeststellungsbehörde nicht (vgl. BVerwG, Urt. v. 23.06.1989 - 4 B 100.89 -, UPR 198, 432 f.; Urt. v. 28.10.1989 - 11 A 3.98 -, NVwZ 1999, 539), zumal dies hier auf eine dem Vorhabenträger unzumutbare Lärmsanierung von Verkehrswegen (des Bundes) bzw. -anlagen Dritter (Flughafen Friedrichshafen) hinausliefe.
119 
Soweit die Kläger im Hinblick auf künftige weitergehende Erkenntnisse aus der Lärmwirkungsforschung abgesichert sein wollen, sind sie auf die Geltendmachung nachträglicher Schutzvorkehrungen zu verweisen. Denn von nicht voraussehbaren Wirkungen des Vorhabens i. S. des § 75 Abs. 2 Satz 2 LVwVfG ist auch dann auszugehen, wenn die Schädlichkeit oder Gefährlichkeit von Auswirkungen aufgrund neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse nunmehr anders zu beurteilen ist (vgl. vgl. BVerwG, Beschl. v. 13.07.1989 - 7 B 188.88 -, Buchholz 451.171 AtG Nr. 31; Urt. v. 19.12.1985 - 7 C 65.82 -, BVerwGE 72, 312).
120 
Ebenso wenig können die Kläger weitere Schutzvorkehrungen deshalb verlangen, weil vor dem Hintergrund der mit dem Lärmschutzkonzept verfolgten Ziel, die Einhaltung der Orientierungswerte nach der DIN 18005 für Wohngebiete zu gewährleisten, für ihre Grundstücke tatsächlich die Orientierungswerte für reine Wohngebiete einschlägig gewesen wären. Abgesehen davon, dass durchaus zweifelhaft erscheint, ob es sich bei dem im Wege einer Abrundungssatzung in den Innenbereich einbezogenen Ortsteil, der im Flächen-nutzungsplan nach wie vor als Mischbaufläche dargestellt ist, um ein reines Wohngebiet i. S. des § 3 BauNVO handelte, ist nicht ersichtlich, dass die Planfeststellungsbehörde ungeachtet dessen, dass diese Werte ohnehin nicht für die Straßenplanung verbindlich sind, die jeweils einschlägigen Werte hätte gewährleisten wollen. Vielmehr sollten im Hinblick auf die Wohnnutzung in Gunzenhaus gerade die Werte für ein allgemeines Wohngebiet gewährleistet werden. Insofern verhält es sich anders als in den Fällen, die etwa den Entscheidungen des Senats vom 08.03.2005 - 5 S 551/02 - (UPR 2005, 442) sowie vom 27.10.2010 - 5 S 1292/10 - zugrundelagen.
121 
Nach alldem sind die Berufungen sämtlicher Kläger zurückzuweisen. Die Kostenentscheidung bestimmt sich nach den §§ 154 Abs.2, 159 Satz 1, 162 Abs. 3 VwGO (vgl. zur Kostenaufteilung die Gründe des verwaltungsgerichtlichen Streitwertbeschlusses v. 11.11.2008 - 2721/08 -). Die außergerichtlichen Kosten des beigeladenen Landkreises, der keinen Antrag gestellt hat, behält dieser auf sich.
122 
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.
123 
Beschluss vom 8. Oktober 2012
124 
Der Streitwert wird auch für das Berufungsverfahren ungeachtet dessen auf EUR 18.500,-- (EUR 15.000,-- + EUR 3.500,-- <„für die Erbengemeinschaft“>) festgesetzt (vgl. VG Sig., Beschl. v. 11.11.2008 - 2 K 2721/08 -, AS 36), dass die Kläger zu 1 und 2 aufgrund (nunmehr erkannter) unterschiedlicher Betroffenheiten (Eigentum, Gesundheit) nicht mehr in Rechtsgemeinschaft klagen. So ist deren Begehren wirtschaftlich gesehen nach wie vor auf dasselbe Ziel gerichtet.
125 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
49 
Die Berufungen der Kläger zu 1 bis 4 sind zulässig. Sie wurden insbesondere innerhalb der einmonatigen Berufungsfrist des § 124a Abs. 2 Satz 1 VwGO eingelegt und innerhalb der auf rechtzeitigen Antrag bis zum 28.03.2011 verlängerten Berufungsbegründungsfrist begründet. Das Rubrum war im Hinblick auf das bisherige Verfahren und die zweifelhafte Beteiligungsfähigkeit der aus den Klägern zu 2 bis 4 gebildeten Erbengemeinschaft (vgl. hierzu VGH Bad.-Württ., Urt. v. 25.09.2007 - 3 S 1492/06 -, VBlBW 2008, 24 m.w.N.) sachdienlich zu berichtigen.
50 
Die Berufungen haben jedoch keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat die Klagen zu Recht in vollem Umfang abgewiesen.
I.
51 
Die Kläger haben innerhalb der einmonatigen Klagefrist allerdings zulässigerweise gegen den Planfeststellungsbeschluss des Regierungspräsidiums Tübingen vom 26.09.2008 Klage erhoben. Aufgrund des umfassenden, die Bestandskraft insgesamt hindernden Aufhebungsantrags sind auch die hilfsweise in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht gestellten Verpflichtungsanträge, die nunmehr sachdienlich als Bescheidungsanträge gefasst sind, noch rechtzeitig erhoben. Insofern kann dahinstehen, ob diese bereits in dem Aufhebungsbegehren enthalten waren (vgl. § 88 VwGO; hierzu BVerwG, Beschl. v. 10.07.1995 - 4 B 94.95 -, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 103). Eine zulässige, weil sachdienliche Klageänderung lag jedenfalls vor (vgl. § 91 VwGO).
52 
Sämtlichen Klägern stand und steht - sowohl für das Anfechtungs- als auch das Verpflichtungsbegehren - die erforderliche Klagebefugnis zur Seite (vgl. § 42 Abs. 2 VwGO).
53 
Bei der Klägerin zu 1 folgt dies aus ihrer möglichen Beeinträchtigung ihrer Gesundheit (vgl. Art. 2 Abs. 2 GG) als Bewohnerin der Wohngrundstücke Flst. Nrn. 525 u. 525/1, beim Kläger zu 2 aus einer möglichen Beeinträchtigung seines Grundeigentums (vgl. Art. 14 Abs. 1 GG) an eben diesen Grundstücken. So machen die Kläger zu 1 und 2 geltend, infolge des zusätzlichen Straßenverkehrslärms in ihrer Gesundheit bzw. in ihrem Recht auf Nutzung dieser dem Vorhaben benachbarten Wohngrundstücke verletzt zu sein.
54 
Dass die maßgeblichen Beurteilungspegel (bei Berücksichtigung der geplanten Lärmschutzmaßnahmen, vgl. die entsprechenden Lagepläne ) nicht nur unterhalb der Grenzwerte des § 2 Abs. 1 Nr. 2 der 16. BImSchV (59 dB(A) bzw. 49 dB(A)) liegen, sondern gar die niedrigeren Orientierungswerte der DIN 18005 für Allgemeine Wohngebiete von 55 dB(A) bzw. 45 dB(A) einhalten (vgl. die Lärmuntersuchung Modus Consult Ulm GmbH v. 21.01.2006, Anlage 5), ändert nichts. Denn im Hinblick auf die Zunahme des Gesamtlärms erscheint nicht von vornherein ausgeschlossen, dass die Kläger zu 1 und 2 aufgrund der Auswirkungen des planfestgestellten Vorhabens nunmehr (erstmals) einer gesundheitsgefährdenden Gesamtlärmbelastung ausgesetzt sein könnten. Zwar wird sich bei einer Überlagerung des Fluglärms mit dem Straßenverkehrslärm im Bereich der K 7725 allenfalls eine Belastung von 64 dB(A) am Tage und 56 dB(A) in der Nacht ergeben (vgl. die Stellungnahme Modus Consult Ulm GmbH zur Gesamtlärmsituation v. 26.05.2008), jedoch blieb der Schienenverkehrslärm bei dieser Berechnung unberücksichtigt. Dieser war seinerzeit nicht ermittelt worden, weil verallgemeinernd unterstellt worden war, dass sich der Einfluss der K 7725 neu bei den für jenen anzusetzenden Werten ohnehin nicht mehr bemerkbar mache. Auch wenn die zusätzliche Berücksichtigung des Schienenverkehrslärms - bei den im Bereich des vom Schienenweg weiter entfernt liegenden Grundstücks des Klägers zu 2 allenfalls in Betracht zu ziehenden Schallpegelunterschieden - kaum dazu führen konnte, dass die Schwelle von 70 dB(A) am Tage und 60 dB(A) in der Nacht überschritten würde, lässt sich vor dem Hintergrund der von den Klägern angeführten Ergebnisse aus der Lärmwirkungsforschung doch nicht von vornherein von der Hand weisen, dass nunmehr von einer bereits gesundheitsgefährdenden Wirkung auszugehen sein könnte. Dies könnte wiederum zu einer anderen Bewertung der planfestgestellten Trasse im Rahmen der Variantenprüfung, auf einen strikten Lärmsanierungsanspruch oder - im Hinblick auf eine immerhin abwägungserhebliche Erhöhung des Gesamtlärms - zu einer Verletzung des Abwägungsgebots zu ihrem Nachteil führen. Zudem haben die Kläger die der Lärmuntersuchung zugrundeliegende Verkehrsuntersuchung mit umfangreichem Vorbringen in Zweifel gezogen und machen eine höhere Schutzwürdigkeit ihres Wohngebiets geltend. Eine Verletzung des Abwägungsgebots zu ihren Lasten lässt sich - unabhängig von einer etwaigen gesundheitsgefährdenden Wirkung - nicht zuletzt auch im Hinblick auf den nach dem Entwurf der VDI-Richtlinie 3722 Blatt 2 (Februar 2007) errechneten effektbezogenen Substitutionspegel LES von 66 - 67 dB(A) (vgl. die Stellungnahme Modus Consult Ulm GmbH zur Gesamtlärmsituation v. 26.05.2008) nicht ohne Weiteres von der Hand weisen.
55 
Im Hinblick auf das in ihrem Gesamthandseigentum stehende Außenbereichsgrundstück Flst. Nr. 528 sind die Kläger zu 2 bis 4 schon deshalb klagebefugt, weil dieses (teilweise) dauernd bzw. vorübergehend unmittelbar in Anspruch genommen werden soll und sich nicht von vornherein ausschließen lässt, dass die zugunsten der planfestgestellten Variante getroffene Entscheidung unter einem zur Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses führenden Fehler leidet.
II.
56 
Die Klagen haben jedoch in der Sache keinen Erfolg.
57 
1. Dies gilt zunächst für die in erster Linie auf eine Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses gerichteten Hauptanträge.
58 
Der Planfeststellungsbeschluss leidet zu Lasten der Kläger an keinem erheblichen Rechtsfehler, der seine vollständige oder teilweise Aufhebung oder zumindest die Feststellung seiner teilweisen Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit erforderte (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO, § 75 Abs. 1a Satz 2 LVwVfG; hierzu BVerwG, Urt. v. 21.03.1996 - 4 C 19.94 -, BVerwGE 100, 370, Beschl. v. 01.04.1998 - 11 VR 13.97 -, Buchholz 310 § 80 VwGO Nr. 63).
59 
Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist der Zeitpunkt des Erlasses des Planfeststellungsbeschlusses vom 26.09.2008. Anzuwenden ist das Straßengesetz für Baden-Württemberg (StrG) i.d.F. v. 11.05.1992 (GBl. S. 330, ber. S.683), zul. geänd. durch Art. 4 Siebte AnpassungsVO v. 25.04.2007 (GBl. 252).
60 
Die Kläger zu 1 und 2, die im Hinblick auf die von dem Vorhaben ausgehenden Immissionswirkungen auf das Wohngrundstück Flst. Nrn. 525 und 525/1 lediglich mittelbar in ihrer Gesundheit bzw. in ihrem Eigentum betroffen sind, können eine Überprüfung des Planfeststellungsbeschlusses insoweit nur auf die Einhaltung drittschützender Vorschriften einschließlich des Gebots gerechter Abwägung (gerade ihrer abwägungserheblichen Belange) beanspruchen.
61 
Als mit enteignungsrechtlicher Vorwirkung Betroffene haben die Kläger zu 2 bis 4 darüber hinaus - allerdings nur im Hinblick auf das unmittelbar in Anspruch genommenen Außenbereichsgrundstück Flst. Nr. 528 - grundsätzlich Anspruch auf eine umfassende objektiv-rechtliche Planprüfung; d.h. sie können die Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses bereits dann verlangen, wenn dieser nicht „gesetzmäßig“ (Art. 14 Abs. 4 GG), also rechtswidrig ist. Dabei kommt es nicht darauf an, ob der rechtliche Mangel gerade auf der Verletzung von Vorschriften beruht, die Belange des betroffenen Grundstückseigentümers schützen (vgl. BVerwG, Urt. v. 28.02.1996 - 4 A 27.95 -, NVwZ 1996, 1011). Ausgenommen hiervon sind nur Rechtsmängel, die für die enteignende Inanspruchnahme gerade ihres Außenbereichsgrundstücks Flst. Nr. 528 nicht kausal sind (vgl. BVerwG, Beschl. v. 10.07.1995 - 4 B 94.95 -, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 103).
62 
Schließlich sind auch die mit enteignungsrechtlicher Vorwirkung Planbetroffenen im gerichtlichen Verfahren an der Geltendmachung solcher Mängel gehindert, hinsichtlich deren sie materiell präkludiert sind (vgl. Senat, Urt. v. 09.10.2000 - 5 S 1883/99 -, VBlBW 2001, 278; BVerwG, Urt. v. 24.05.1996 - 4 A 38.95 -, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 119).
63 
a) Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss leidet - soweit ersichtlich - unter keinen - zu seiner Aufhebung führenden - Verfahrensfehlern. Solche haben die Kläger auch nicht geltend gemacht.
64 
b) Auch in materiell-rechtlicher Hinsicht kann der Planfeststellungsbeschluss nicht beanstandet werden. Das planfestgestellte Vorhaben ist erforderlich (aa) und verstößt weder gegen striktes Recht (bb) noch gegen das Abwägungsgebot (cc).
65 
aa) Entgegen der Auffassung der Kläger ist das Planvorhaben von der (im Hinblick auf die dem Planfeststellungsbeschluss zukommende enteignungsrechtliche Vorwirkung, vgl. § 40 StrG) erforderlichen Planrechtfertigung getragen. Diese unterliegt jedenfalls im Hinblick auf die entsprechenden, rechtzeitig erhobenen Einwendungen der enteignungsbetroffenen Kläger zu 2 bis 4 der Überprüfung (vgl. BVerwG, Urt. v. 24.11.2011 - 9 A 24.10 -; anders BVerwG, Urt. v. 26.04.2007 - 4 C 12.05 -, BVerwGE 128, 358: auch auf die Rüge mittelbar - durch Immissionen - Betroffener).
66 
Die Planrechtfertigung ist nur dann gegeben, wenn das Vorhaben aus Gründen des Gemeinwohls objektiv erforderlich ist. Dies ist allerdings nicht erst bei einem unabweisbaren Bedürfnis der Fall, vielmehr muss das Vorhaben lediglich gemessen an den Zielen des jeweils zugrundeliegenden Fachplanungsgesetzes „vernünftigerweise“ geboten sein (vgl. BVerwG, Beschl. v. 29.11.1995 - 11 VR 15.95 -, Buchholz 442.09 § 18 AEG Nr. 7) bzw. muss der Vorhabenträger im Hinblick auf diese Ziele die Planung aus nachvollziehbaren Gründen für erforderlich halten dürfen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 15.09.1995 - 11 VR 16.95 -, Buchholz 442.09 § 18 AEG Nr. 6; Urt. v. 27.07.1990 - 4 C 26.87 -, Buchholz 442.08 § 36 BBahnG Nr. 18); gesetzliche Ziele sind dabei alle im Rahmen des jeweiligen Fachgesetzes zulässigerweise verfolgbaren Ziele. Insofern stellt die Planrechtfertigung „eine praktisch nur bei groben und einigermaßen offensichtlichen Missgriffen wirksame Schranke der Planungshoheit“ dar. Nicht planerisch gerechtfertigt ist allerdings auch ein Vorhaben, wenn feststeht, dass sich die Null-Variante als ebenso sinnvoll oder noch zweckmäßiger erweisen würde (vgl. BVerwG, Urt. v. 03.05.1988 - 4 C 26.84 -, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 74). Da das Vorliegen der erforderlichen Planrechtfertigung eine Rechtsfrage betrifft, die der vollen gerichtlichen Überprüfung unterliegt, ist letztere auch nicht auf die Überprüfung der im Planfeststellungsbeschluss hierfür gegebenen Begründung beschränkt (vgl. BVerwG, Urt. v. 11.07.2001 - 11 C 14.00 -, BVerwGE 114, 364).
67 
Maßgebliches Fachplanungsgesetz für das in Rede stehende Straßenbauvorhaben ist das Straßengesetz für Baden-Württemberg i.d.F. vom 11.05.1992 (GBl. S. 330, ber. S. 683). Nach Maßgabe der von ihm allgemein verfolgten Ziele besteht ein Bedürfnis für die planfestgestellte Ortsumfahrung, was bereits der - wenn auch für die Planfeststellung und das gerichtliche Verfahren nicht verbindliche - Umstand nahelegt, dass die Maßnahme im Kreisstraßenausbauprogramm des Bodenseekreises als Vorhaben des vordringlichen Bedarfs ausgewiesen ist. Ein entsprechendes Bedürfnis für die Baumaßnahme folgt ohne Weiteres daraus, dass mit ihr die stark belastete Ortsdurchfahrt der Kreisstraße in Kehlen beseitigt und so die Leistungsfähigkeit der vorwiegend dem überörtlichen Verkehr innerhalb des Bodenseekreises dienenden K 7725 verbessert (vgl. § 3 Abs. 1 Nr. 2 StrG; BVerwG, Urt. v. 06.12.1985 - 4 C 59.82 -, BVerwGE 72, 282), der innerörtliche Verkehr (im Bereich dieser Ortsdurchfahrt) bzw. die Ortslage Kehlens vom Durchgangsverkehr weitgehend entlastet (vgl. hierzu BVerwG, Urt. v. 14.07.2011 - 9 A 14.10 -, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 218; auch Senat, Urt. v. 23.04.1981 - 5 S 2342/80 -, ESVGH 31, 196) und nicht zuletzt die Verkehrssicherheit auf der K 7725 im Bereich der Maßnahme erhöht wird (vgl. BVerwG, Urt. v. 06.12.1985, a.a.O., Urt. v. 03.05.1988 - 4 C 26.84 -, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 74).
68 
Soweit die Kläger mit ihrem Hinweis auf einen - ohne Umgestaltung der Ortsdurchfahrt - zu erwartenden „Schleichverkehr“ die im Anschluss an das Verkehrsgutachten vom 11.01.2005 angenommene Entlastung bzw. deren Umfang von 67 % im Bereich der (bisherigen) Ortsdurchfahrt Kehlen bezweifeln, lassen sich ihrem Vorbringen keine überzeugenden Gründe entnehmen, die eine solche Entlastung dem Grunde nach in Frage stellten. Auch wenn die Ausgangsbelastung zu hoch angesetzt sein sollte, führte dies allenfalls zu einer geringeren Entlastungswirkung. Davon, dass diese im Hinblick auf die von den Klägern angeführten Verkehrszählungen überhaupt nicht mehr ins Gewicht fallen könnte, kann jedenfalls nicht ausgegangen werden. So haben der Beklagte und der in der mündlichen Verhandlung gehörte Vertreter der Modus Consult Ulm GmbH überzeugend dargelegt, dass, weil nur repräsentative Verkehrstage maßgeblich sind, allenfalls die Verkehrszahlen vom 19.04.2007 herangezogen werden könnten, die jedoch bei einer Hochrechnung auf den ganzen Tag in etwa dieselbe Verkehrsmenge ergäben (6.200 bis 7.800 Kfz/24 h), die auch der Verkehrsuntersuchung für 2005 zugrundegelegt worden war (ca. 6.900 Kfz/24 h). Insbesondere leuchtet ohne Weiteres ein, dass Verkehrszählungen anlässlich von Geschwindigkeitsmessungen schon aufgrund ihrer gänzlich anderen Funktion in vorliegendem Zusammenhang allenfalls geringe Aussagekraft zukommt. So machen Geschwindigkeitsmessungen von vornherein nur in Zeiten Sinn, in denen die Verkehrsdichte überhaupt ein schnelleres Fahren zulässt.
69 
Dass mit der geplanten B 30 neu ohnehin bereits eine (vergleichbare) Entlastung der Ortsdurchfahrt Kehlen verbunden wäre, ist nicht zu erkennen, da sich an der Verbindungs-, insbesondere Zubringerfunktion der K 7725 nichts änderte. Es ist ohne Weiteres nachvollziehbar, dass sich diese entsprechend der auf die Verkehrsuntersuchung gestützte Annahme im Planfeststellungsbeschluss sogar noch verstärkte (vgl. deren Zusammenfassung, S. 10).
70 
Die Leistungsfähigkeit der K 7725 erhöhte sich schließlich unabhängig von der angenommenen Entlastung im Bereich der (bisherigen) Ortsdurchfahrt. Dies folgt bereits aus der Beseitigung der den überörtlichen Verkehr schon aufgrund ihres unsteten Verlaufs, ihrer geringen Fahrbahnbreite und des dortigen Bahnübergangs (durch Rückstauungen) beeinträchtigenden Ortsdurchfahrt der Kreisstraße (vgl. BVerwG, Urt. v. 22.03.1985 - 4 C 15.83 -, BVerwGE 71, 166). Ein Verkehrsbedürfnis für eine leistungsfähigere K 7725 folgt ohne Weiteres aus der derzeit schon hohen Verkehrsbelastung der K 7725 und der Verkehrsprognose für 2015 bzw. 2020, die für alle überprüften Planungsfälle von einer Gesamtbelastung von mindestens 13.000 Kfz/24 h ausgeht (vgl. Verkehrsuntersuchung, S. 6 u. 9).
71 
Dass ein entsprechendes Verkehrsbedürfnis gerade auch für die Südumfahrung besteht, ergibt sich ohne Weiteres aus der für sie für den Planungsfall C 2 prognostizierten künftigen Gesamtbelastung von ca. 17.600 Kfz/24 h (für 2015) bzw. ca. 18.200 Kfz/24 h (für 2020). Inwiefern diese Annahme auf einer fehlerhaften Prognose beruhte, erschließt sich nicht. Selbst dann, wenn sich die Verkehrsbelastung für die K 7725 neu gegenüber der K 7725 alt nicht wesentlich erhöhen sollte, stellte dies das für eine Erhöhung der Leistungsfähigkeit erforderliche Verkehrsbedürfnis nicht in Frage. Dafür, dass die Südumfahrung entgegen dem Verkehrsgutachten überhaupt nicht angenommen und insofern weiterhin die durch Kehlen führende K 7725 alt genutzt würde, lassen sich dem Vorbringen der Kläger keine überzeugenden Gründe entnehmen. Insbesondere ist nicht nachvollziehbar, warum die K 7725 neu nicht genutzt werden sollte, um über die B 30 neu die B 467 zu erreichen. Dass es - je nach Abfahrts- und Zielort - auch andere Verkehrsbeziehungen gibt, die nicht über die K 7725 neu führen, steht außer Frage und vermag ein Verkehrsbedürfnis für die K 7725 neu - wie bisher für die K 7725 alt - nicht in Frage zu stellen. Nichts anderes gilt, soweit die Kläger anzweifeln, ob Meckenbeuren von Norden anfahrende Verkehrsteilnehmer die B 30 nutzen.
72 
Auch die Verkehrssicherheit auf der K 7725 erhöhte sich unabhängig von der angenommenen Entlastung der Ortsdurchfahrt vom überörtlichen Verkehr, da sich jedenfalls die auf Trassenführung und Ausbauzustand im Bereich der Ortsdurchfahrt und im Einmündungsbereich in die B 30 zurückzuführende Unfallhäufigkeit verringerte. Der Verweis auf an anderer Stelle neu entstehende Gefahren stellt letztlich eine Spekulation der Kläger dar; daran vermag auch ihr Hinweis auf schwere Verkehrsunfälle auf anderen Ortsumfahrungen nichts zu ändern. Ein besonderes Verkehrsbedürfnis für die K 7725 neu, insbesondere die Südumfahrung, müsste insofern, da sich der mit der Straßenplanung verbundene Eingriff in privates Grundeigentum schon mit konkreten Sicherheitsanforderungen hinreichend rechtfertigen ließe, noch nicht einmal ohne Weiteres nachgewiesen werden (vgl. BVerwG, Urt. v. 03.05.1988, a.a.O.; Urt. v. 22.03.1985, a.a.O.; BVerwGE 72, 282). Von einem entsprechenden Verkehrsbedürfnis ist allerdings - wie ausgeführt - ohne Weiteres auszugehen.
73 
Ob sich bei Berücksichtigung aller gegenläufigen Belange (insbesondere des Interesses der Anwohner, von weiteren Verkehrslärmwirkungen verschont zu bleiben sowie der Belange des Natur- und Landschaftsschutzes) letztlich doch die Nullvariante oder eine von den Klägern favorisierte Variante als die bessere Lösung aufdrängte, ist schließlich keine Frage der Planrechtfertigung, sondern Gegenstand der planerischen Abwägung (vgl. BVerwG, Urt. v. 10.04.1997 - 4 C 5.96 -, BVerwGE 104, 236). Insoweit wird auf die Ausführungen unter cc) verwiesen.
74 
Soweit die Kläger die Planrechtfertigung für das Straßenbauvorhaben schließlich mit zwischenzeitlich erkannten artenschutzrechtlichen Problemen im Bereich der geplanten West-Trasse der B 30 neu in Frage zu stellen versuchen, geht dies von vornherein fehl. Abgesehen davon, dass artenschutzrechtliche Probleme nicht dazu führen müssen, dass von der bisherigen Planung der B 30 neu abgesehen und stattdessen auf die Osttrasse ausgewichen würde, ist maßgeblicher Zeitpunkt auch für das Vorliegen der Planrechtfertigung der Erlass des Planfeststellungsbeschlusses. Der Hinweis der Kläger auf § 51 LVwVfG (Wiederaufgreifen des Verfahrens) geht insofern fehl, zumal diese Vorschrift in einem Planfeststellungsverfahren ohnehin keine Anwendung findet (vgl. § 72 Abs. 1 LVwVfG). Abgesehen davon besteht für die mit der Planung verfolgten Ziele - Erhöhung der Leistungsfähigkeit und Verkehrssicherheit der K 7725 sowie Entlastung Kehlens im Bereich der Ortsdurchfahrt von überörtlichem Verkehr - auch unabhängig von der Planung der B 30 neu ein Bedürfnis.
75 
bb) Das planfestgestellte Vorhaben verletzt, soweit dies überhaupt zu prüfen war, auch keine zwingenden materiellen Rechtssätze.
76 
aaa) Auf einen etwaigen Verstoß gegen die naturschutzrechtliche Eingriffsregelung (vgl. § 21 LNatSchG) können sich die Kläger allerdings - auch soweit ihnen ein Vollprüfungsanspruch zusteht - nicht berufen.
77 
Zu Recht ist das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, dass auch die ent-eignungsbetroffenen Kläger zu 2 bis 4 eine Überprüfung der im Planfeststellungsbeschluss festgesetzten Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen nicht beanspruchen können, da sie entsprechende Einwendungen gegen den Plan trotz des Hinweises auf diese Rechtsfolge in den „Gemeindenachrichten“ vom 08.07.2006 nicht erhoben haben. Dass der Hinweis nach seinem Wortlaut auf § 73 Abs. 4 LVwVfG und nicht auf die speziellere Regelung in § 37 Abs. 9 StrG Bezug nahm, ist ohne Belang, nachdem keine auf besonderen privatrechtlichen Titeln beruhende Einwendungen in Rede stehen.
78 
Nach § 37 Abs. 9 Satz 1 StrG sind im Planfeststellungsverfahren Einwendungen gegen den Plan nach Ablauf der Einwendungsfrist ausgeschlossen; hierauf ist in der Bekanntmachung der Auslegung oder bei der Bekanntgabe der Einwendungsfrist hinzuweisen. Hierbei handelt es sich, wovon auch das Verwaltungsgericht ausgegangen ist, nicht nur um eine formelle, sondern um eine materielle Präklusion, die auch im gerichtlichen Verfahren zu beachten ist (vgl. Lorenz/Will, StrGBW, Handkomm., 2. A. 2005, § 37 Rn. 68; noch offen gelassen von VGH Bad.-Württ., Urt. v. 05.10.2006 - 8 S 967/05 -, ESVGH 124). Dies folgt bereits aus dem Wortlaut der Vorschrift. Dieser beschränkt sich nicht auf die Normierung einer Einwendungsfrist, gegebenenfalls ergänzt um einen Hinweis, dass (lediglich) die rechtzeitig erhobenen Einwendungen gegen den Plan zu erörtern sind (vgl. § 18 Abs. 3 u. 4 Satz 1 FStrG i.d.F. v. 06.08.1953 bzw. § 18 Abs. 4 u.6 FStrG i.d.F. v. 01.07.1974), sondern spricht eindeutig von einem Einwendungsausschluss nach Ablauf der Einwendungsfrist. Diese Wortwahl entspricht vergleichbaren Präklusionsregelungen (vgl. § 73 Abs. 4 Satz 3 LVwVfG, § 17 Abs. 4 Satz 1 FStrG) und weist zweifelsfrei auf eine materielle Präklusion hin. Hinzu kommt, dass in § 39 Abs. 9 Satz 2 StrG als Voraussetzung für einen solchen Ausschluss geregelt ist, dass auf diese Rechtsfolge in der Bekanntmachung der Auslegung oder bei der Bekanntgabe der Einwendungsfrist hinzuweisen ist. Der Umstand, dass die Vorschrift mit den Worten „Im Planfeststellungsverfahren“ beginnt, ändert daran nichts, mag dies für sich genommen auch einen gegenteiligen Schluss nicht von vornherein ausgeschlossen erscheinen lassen (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 05.10.2006, a.a.O.). Denn damit sollte ersichtlich nur klargestellt werden, dass lediglich in einem Planfeststellungsverfahren - und nicht in einem Plangenehmigungsverfahren - nicht erhobene Einwendungen einer Ausschlusswirkung unterliegen. Wäre mit den Worten „Im Planfeststellungsverfahren“ demgegenüber eine Begrenzung der Ausschlusswirkung auf das weitere Planfeststellungsverfahren beabsichtigt gewesen, wäre eine solche Einschränkung anders, nämlich vor dem Wort „ausgeschlossen“ zum Ausdruck zu bringen gewesen. Zu Beginn der Vorschrift haben diese Worte indes die gleiche Bedeutung wie „bei einem Planfeststellungsverfahren“. Für eine solche Auslegung sprechen nicht zuletzt Sinn und Zweck der Vorschrift, Rechts- und Investitionssicherheit (insbesondere für den Vorhabenträger, vgl. BVerwG, Beschl. v. 11.11.2009 - 4 B 57.09 -, Buchholz 406.254 URG Nr. 1) zu schaffen und die bereits mit dem Genehmigungsverfahrensbeschleunigungsgesetz verfolgte Verfahrensbeschleunigung zu gewährleisten. Dass der Einwendungsausschluss in § 37 Abs. 9 Satz 1 StrG gleichwohl hinter den bisherigen, bereits eine materielle Präklusion enthaltenden Regelungen in § 37 Abs. 13 StrG und § 73 Abs. 4 Satz 3 LVwVfG zurückbleiben und entgegen der allgemeinen Tendenz zur materiellen Präklusion im Fachplanungsrecht (vgl. Rieder, Fachplanung und materielle Präklusion, 2004, S. 111) nur noch im Verwaltungsverfahren und nicht mehr für das gerichtliche Verfahren gelten sollte, erscheint demgegenüber fernliegend. Ausweislich der Gesetzgebungsmotive (vgl. hierzu LT-Drucks. 13/1227, S. 58) war mit der Novellierung tatsächlich auch keine Einschränkung gegenüber der in § 73 Abs. 4 Satz 3 LVwVfG enthaltenen Regelung, sondern gerade eine Erweiterung auf solche Einwendungen beabsichtigt, die auf privatrechtlichen Titeln beruhen. Insofern hat sich mit der Novellierung des § 37 Abs. 9 Satz 1 StrG an der bisherigen, eine materielle Präklusion vorsehenden Rechtslage nichts geändert.
79 
Die Präklusion erstreckt sich - auch bei den enteignungsbetroffenen Klägern zu 2 bis 4 - grundsätzlich auch auf solche rechtlichen oder tatsächlichen Umstände, die die Planfeststellungsbehörde unabhängig von etwaigen Einwendungen Betroffener von Amts wegen zu berücksichtigen hatte (vgl. BVerwG, Beschl. v. 01.04.2005 - 9 VR 5.05 -, juris, Rn. 5; OVG Bremen, Urt. v. 13.01.2005 - 1 D 224/04 -, juris Rn. 58). Der erweiterten Einwendungsbefugnis entspricht insofern auch eine erhöhte Mitwirkungslast (vgl. Senat, Urt. v. 09.10.2000, a.a.O., Rieder, a.a.O., S. 178).
80 
Zur Vermeidung des Einwendungsausschlusses müssen Einwendungen - auch solche gegen objektiv-rechtliche (öffentliche Belange) - erkennen lassen, in welcher Hinsicht Bedenken gegen die in Aussicht genommene Planung - aus Sicht des Einwenders - bestehen könnten; das Vorbringen muss so konkret sein, dass die Planfeststellungsbehörde erkennen kann, in welcher Weise sie bestimmte Belange einer näheren Betrachtung unterziehen soll bzw. was sie konkret bedenken soll (vgl. Senat, Urt. v. 09.10.2000, a.a.O.; BVerwG, Beschl. v. 12.02.1996 - 4 A 38.95 -, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 109). Der Betroffene muss zumindest in groben Zügen - gegebenenfalls unter Hinweis auf spezielle, gerade ihn betreffende Gesichtspunkte (vgl. Steinberg, a.a.O., § 2 Rn. 133) - darlegen, welche Beeinträchtigungen befürchtet werden, ohne dies allerdings begründen zu müssen (vgl. BVerfG, Beschl. v.08.07.1982 - 2 BvR 1187/80 - BVerfGE 61, 82; BVerwG, Beschl. v. 12.02.1996 - 4 VR 19.95 - Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 109 S. 78; Urt. v. 30.01.2008 - 9 A 27.06 -, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 195).
81 
Dem können die Kläger nicht entgegenhalten, sie hätten insofern auch gegen die Ausgleich- und Ersatzmaßnahmen Einwendungen erhoben, weil sie mit der gerügten, „nicht hinnehmbaren“ Beeinträchtigung des Landschaftsbildes und des Erholungswerts der Landschaft, insbesondere des Naherholungsgebiets sowie des Erholungsgeländes um Gerbertshaus die gesamte Problematik betreffend Eingriffe in Natur- und Landschaftsschutz einschließlich der hierzu vorgesehenen Kompensationsregelungen thematisiert hätten. Auch wenn die Begriffe Natur und Landschaft für sich genommen nach ihrem Bedeutungsinhalt nicht genau gegeneinander abzugrenzen sein sollten, bezogen sich die Einwendungen der Kläger doch allein auf das Landschaftsbild bzw. die Trennung des Ortsbildes und den Erholungswert der Landschaft (vgl. hierzu auch Dürr, in: Kodal, StraßenR, 7. A., S. 1295) und zwar mit der Zielrichtung, dass in dieses Schutzgut nur eingegriffen werden dürfe, wenn an anderer Stelle keine alternative Trasse zur Verfügung stehe, was nach ihrer Auffassung jedoch der Fall sei. Damit sollte im Hinblick auf das zweifellos betroffene „hohe Schutzgut“ der Landschaft die Entscheidung zugunsten der planfestgestellten Trasse im Rahmen der Variantenprüfung und nicht die Vermeid-barkeit eines Eingriffs i. S. des § 21 Abs. 1 NatSchG, bei der lediglich nach Alternativen an gleicher Stelle zu fragen ist, und schon gar nicht die ausreichende Kompensation der mit ihr verbundenen unvermeidbaren Beeinträchtigungen in Frage gestellt werden (vgl. § 21 Abs. 2 NatSchG); unabhängig davon änderte eine ausreichende Kompensation an den beanstandeten Beeinträchtigungen nichts.
82 
Im Übrigen wäre auch nicht ersichtlich, inwiefern ein im Hinblick auf die angeblich ungeeigneten Maßnahmen 2.1 und 9 (für die das Grundstück der Kläger - anders als für die Maßnahme 3.1a - auch nicht teilweise in Anspruch genommen werden muss) verbliebenes Defizit im Bereich der Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen, nicht nur zu einer Planergänzung (um weitere Maßnahmen an anderer Stelle und ggf. einer Ausgleichsabgabe), sondern entsprechend dem Hauptantrag der Kläger zu 2 bis 4 zu einer Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses führen könnte. Dies setzte voraus, dass es im Gesamtplanungsgeflecht derart schwer wöge, um von der planfestgestellten Maßnahme insgesamt abzusehen oder die Trassenführung doch im Bereich des unmittelbar in Anspruch genommenen Außenbereichsgrundstücks Flst. Nr. 528 zu verändern (vgl. BVerwG, Urt. v. 28.02.1996 - 4 A 27.95 -, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 110; Senat, Urt. v. 09.10.2000, a.a.O.). Überzeugende Gründe hierfür lassen sich auch dem Berufungsvorbringen nicht entnehmen, zumal die Kläger gerade auf angeblich vorhandene geeignetere Ausgleichsflächen (Flst. Nr. 456 u. a.) verwiesen haben. Mit der beanstandeten Ausgleichsmaßnahme 2.1 („Optimierung der „Weite Wiesen“) soll schließlich eine Extensivierung und Entwicklung von Grünlandbeständen, insbesondere des feuchten und nassen Spektrums sowie eine Förderung standortgemäßer Vegetationsbestände (Hochstauden, Röhricht, Großseggenried) erreicht werden. Warum solches aufgrund der Straßennähe und Lärmexposition der vorgesehenen Fläche nicht möglich sein sollte, erschließt sich nicht, mag die damit u.a. verfolgte (weitere) Zielsetzung, die Lebensraumfunktionen zu verbessern und die Arten- und Lebensgemeinschaften extensiv genutzter Grünlandkomplexe zu fördern (vgl. hierzu das entsprechende Maßnahmenblatt im Landschaftspflegerischen Begleitplan, S. 104 f.), auch nicht in jeder Hinsicht optimal erreicht werden können. Insofern hat ein Vertreter der „Entwicklungs- und Freiraumplanung Eberhard + Partner GbR“ in der mündlichen Verhandlung überzeugend darauf hingewiesen, dass sich die vegetationsmäßige und faunistische Aufwertung dieses grundwassernahen Bereichs gar nicht auf Wiesenvögel beziehe. Die Insektenfauna sei schließlich gegenüber den Störwirkungen einer Straße relativ tolerant.
83 
Was die weitere Rüge der Kläger anbelangt, die Ersatzmaßnahme 9 sei im Hinblick auf die verschiedenen mit ihr verfolgten Zwecke schon aufgrund ihrer geringen Größe viel zu klein, greift auch dies nicht durch. So ist nicht zu erkennen, warum mit der Extensivierung der landwirtschaftlichen Nutzung und der Entwicklung artenreicher Grünlandbestände sowie der regelmäßigen Pflege der Sukzessionsfläche entlang des Tegelbachs nicht gleichzeitig die Bodenfunktionen optimiert und stabilisiert, das Retentionsvermögen der Tegel-bachaue verbessert, stoffliche Einträge reduziert und die dortigen Lebensraumfunktionen verbessert werden könnten (vgl. hierzu das entsprechende Maßnahmenblatt im Landschaftspflegerischen Begleitplan, S. 116 f.). Ein Vertreter der „Entwicklungs- und Freiraumplanung Eberhard + Partner GbR“ hat den Klägern schließlich in der mündlichen Verhandlung überzeugend entgegengehalten, dass die Maßnahme 9 im Zusammenhang mit den Maßnahmen 2.1 und 8 zu sehen sei und diese lediglich ergänzen sollte. Entgegen der Auffassung der Kläger könnten auch die „Bähwiesen“ durchaus noch weiter aufgewertet werden. Auf einen die Maßnahme insgesamt oder doch die Trassenführung im Bereich ihres Außenbereichsgrundstücks in Frage stellenden Fehler hätte freilich auch dieser Einwand kaum führen können. Dagegen spricht nicht zuletzt die auch von den Klägern, wenn auch mit anderer Zielrichtung hervorgehobene geringe Größe der Fläche. Bei ihrem Vorwurf, der Eingriff in die Landschaft, insbesondere in das Landschaftsbild sei nicht ausreichend kompensiert, übersehen die Kläger, dass sich das planfestgestellte Maßnahmenkonzept nicht in den beiden beanstandeten Maßnahmen erschöpft, sondern sich aus insgesamt 9 bzw. 12 Einzelmaßnahmen zusammensetzt. Dass gleichwohl ein Defizit verbliebe, haben die Kläger auch im gerichtlichen Verfahren nicht in nachvollziehbarer Weise aufgezeigt.
84 
bbb) Soweit die Kläger geltend machen, dass die fachplanungsrechtliche Zumutbarkeitsgrenze nach § 74 Abs. 2 Satz 2 LVwVfG überschritten sei, weil die aus ihrer Sicht maßgeblichen Summenpegel die auch in diesem Fall einschlägigen Immissionsgrenzwerte nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 der 16. BImSchV überstiegen, wird zwar ein Verstoß gegen zwingende Vorschriften des verkehrsbezogenen Immissionsschutzrechts (§§ 41 ff. BImSchG, 16. BImSchV) geltend gemacht. Auf eine Planaufhebung führte dies jedoch auch dann nicht, wenn der Einwand zuträfe. Vielmehr bestünde auch bei unzureichender Lärmvorsorge grundsätzlich nur ein Anspruch auf Planergänzung. Eine Planaufhebung käme erst dann in Betracht, wenn das Fehlen entsprechender Schutzauflagen - ausnahmsweise - von so großem Gewicht sein könnte, dass die Ausgewogenheit der Planung insgesamt in Frage gestellt wäre (vgl. Senatsurt. v. 09.10.2000, a.a.O.; BVerwG, Urt. v. 18.04.1996 - 11 A 86.95 -, NVwZ 1996, 901), mithin erst dann wenn gleichzeitig gegen das fachplanungsrechtliche Abwägungsgebot verstoßen worden wäre (dazu sogleich).
85 
Anderes gilt auch nicht im Hinblick auf das Vorbringen der Kläger zu 1 und 2 mit der höheren Gesamtlärmbelastung von insgesamt 66 dB(A) am Tage und 56 dB(A) in der Nacht erstmals einer nach Art. 2 Abs. 2 GG verfassungswidrigen Gesundheitsgefährdung ausgesetzt zu sein. Denn auch dann, wenn die Schwelle zur Gesundheitsgefährdung nunmehr überschritten sein sollte, führte dies allenfalls aufgrund eines möglicherweise beachtlichen Abwägungsfehlers im Rahmen der Variantenprüfung auf eine Planaufhebung. Anderenfalls verbliebe es auch insoweit bei einem Planergänzungsanspruch, mit dem die Kläger allenfalls weitere (hier durchaus im Wege aktiven wie passiven Schallschutz mögliche) Schutzvorkehrungen bzw. Entschädigungen, gegebenenfalls auch eine zu entschädigende Übernahme des Grundstücks verlangen könnten.
86 
ccc) Dass infolge des planfestgestellten Vorhabens Lärmaktionspläne nach § 47d BImSchG von den hierfür zuständigen Behörden sinnvollerweise nicht mehr aufgestellt werden könnten, ist weder dargetan noch sonst ersichtlich. Der inzwischen im Entwurf vorliegende Lärmaktionsplan für die Gemeinde Meckenbeuren dürfte im Übrigen das Gegenteil belegen.
87 
cc) Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss verstößt auch nicht in einer zu seiner Aufhebung führenden Weise gegen das fachplanerische Abwägungsgebot des § 37 Abs. 5 Satz 1 StrG. Nach dieser Vorschrift sind bei der Planfeststellung die von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange einschließlich der Umweltverträglichkeit im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigen. Insoweit ist die gerichtliche Kontrolle darauf beschränkt, ob eine Abwägung überhaupt stattgefunden hat, ob an Belangen eingestellt worden ist, was nach Lage der Dinge eingestellt werden musste, ob die Bedeutung der betroffenen öffentlichen und privaten Belange verkannt und ob der Ausgleich zwischen ihnen in einer Weise vorgenommen worden ist, der zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht. Innerhalb des so gezogenen Rahmens wird das Abwägungsgebot nicht verletzt, wenn sich die Behörde in der Kollision zwischen verschiedenen Belangen für die Bevorzugung des einen und damit notwendigerweise für die Zurückstellung eines anderen Belangs entscheidet (vgl. hierzu grundlegend BVerwG, Urt. v. 14.02.1975 - IV C 21.74 - BVerwGE 48, 56). Dabei sind gemäß § 75 Abs. 1a Satz 1 LVwVfG Mängel bei der Abwägung der von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange nur erheblich, wenn sie offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen sind (vgl. hierzu BVerwG, Beschl. v. 16.08.1995 - 4 B 92.95 -, a.a.O.).
88 
Die Entscheidung der Planfeststellungsbehörde, den Plan für den Neubau der K 7725 als Südumgehung von Kehlen auch im Hinblick auf die zusätzlichen Lärmwirkungen zum Nachteil der Kläger zu 1 und 2 und die Inanspruchnahme des Grundstücks der Kläger zu 2 bis 4 festzustellen, lässt einen relevanten Abwägungsfehler nicht erkennen. Insbesondere musste sie einer anderen Variante nicht den Vorzug geben. Dass sich die Kläger innerhalb der Einwendungsfrist noch nicht zu allen, von ihnen nunmehr für vorzugswürdig gehaltenen Varianten geäußert hatten, führt nicht dazu, dass sie insoweit mit ihren Einwand ausgeschlossen wären, dass im Hinblick auf die von ihnen beanstandeten Beeinträchtigungen von Landschaft, Ortsbild, Gesundheit und Eigentum eine andere Variante vorzuziehen gewesen wäre.
89 
Kommen Alternativlösungen ernsthaft in Betracht, so hat die Planungsbehörde sie zwar als Teil des Abwägungsmaterials mit der ihnen objektiv zukommenden Bedeutung in die vergleichende Prüfung der von den möglichen Varianten jeweils berührten öffentlichen und privaten Belange unter Einschluss des Gesichtspunkts der Umweltverträglichkeit einzubeziehen. Sie ist indes nicht verpflichtet, die Variantenprüfung bis zuletzt offen zu halten und alle von ihr zu einem bestimmten Zeitpunkt erwogenen Alternativen gleichermaßen detailliert und umfassend zu untersuchen. Auch im Bereich der Planungsalternativen braucht sie den Sachverhalt nur soweit aufzuklären, wie dies für eine sachgerechte Trassenwahl und eine zweckmäßige Gestaltung des Verfahrens erforderlich ist. Sie ist befugt, eine Alternative, die ihr auf der Grundlage einer Grobanalyse als weniger geeignet erscheint, schon in einem frühen Verfahrensstadium auszuscheiden. Verfährt sie in dieser Weise, so handelt sie abwägungsfehlerhaft nicht schon dann, wenn sich herausstellt, dass die von ihr verworfene Lösung ebenfalls mit guten Gründen vertretbar gewesen wäre, sondern erst, wenn sich ihr diese Lösung als die vorzugswürdige hätte aufdrängen müssen (vgl. BVerwG, Urt. v. 25.01.1996 - 4 C 5.95 -, BVerwGE 100, 238, Beschl. v. 24.09.1997 - 4 VR 21.96 - NVwZ-RR 1998, 297 u. Urt. v. 26.03.1998 - 4 A 7.97 -, UPR 1998, 382). Solches ist hier nicht der Fall.
90 
Soweit im Planfeststellungsbeschluss der „Südumfahrung“ der Vorzug gegenüber den beiden Nordumfahrungen gegeben wurde, ist dies ohne Weiteres nachvollziehbar. So würde die ortsnahe Nordumgehung an der Verkehrsbelastung zwischen der Bahnlinie und der bestehenden B 30 nichts ändern bzw. diese gar noch verstärken, wodurch der dortige Schul-, Sport und Freizeitbetrieb beeinträchtigt wäre. Auch führte die ortsnahe Nordumgehung zu einer geringeren Entlastung der Ortsdurchfahrt Kehlen. Bei der ortsfernen Nordumfahrung ergäbe sich schließlich eine hohe Verkehrsbelastung im Bereich zwischen Meckenbeuren und Buch bzw. auf den entsprechenden Verbindungsstraßen, was sich auf den dortigen Siedlungs- und Entwicklungsschwerpunkt nachteilig auswirkte. Auch wäre sie aufgrund ihrer Länge die unwirtschaftlichste Lösung. Demgegenüber erbringt die insoweit günstigere „Südumfahrung“ eine gute (nicht „beste“, so aber die Verkehrsuntersuchung, S. 7) und zugleich durchgängige Entlastung. Auch lässt sich mit ihr als „Zubringer“ für den Raum südöstlich von Meckenbeuren die langfristig verfolgte Verkehrskonzeption umsetzen, die Verkehrsbeziehungen im Zuge der B 30 neu und der K 7725 neu in Verbindung mit der langfristig geplanten B 467 neu zu bündeln. Schließlich hatte sich die „Südumfahrung“ nach der Umweltverträglichkeitsstudie auch als die umweltverträglichste Variante erwiesen (vgl. zum Ganzen, Planfeststellungsbeschluss, S. 17; Verkehrsuntersuchung, S. 7 f.; Erläuterungsbericht, S. 9 ff.).
91 
Vor diesem Hintergrund erweist sich die von den Klägern zuletzt favorisierte Variante 3 ersichtlich nicht als vorzugswürdig, da sie im Wesentlichen der ortsfernen Nordumgehung entspricht und insofern dieselben Nachteile mit sich brächte.
92 
Soweit die Kläger demgegenüber auf die sog. „Shuttlebus“-Variante bzw. die Varianten 1 und 2 verweisen (vgl. VG-Akten, AS 183), liefen diese letztlich auf ein anderes Projekt hinaus; insofern brauchte sich der Vorhabenträger auf diese von vornherein nicht verweisen zu lassen. Darauf haben zu Recht bereits die Planfeststellungsbehörde und das Verwaltungsgericht hingewiesen. Schon das mit der planfestgestellten Variante verfolgte wesentliche Ziel einer Entlastung der Ortsdurchfahrt Kehlen ließe sich mit diesen weiter entfernten, deutlich nach Süden abgesetzten Varianten allenfalls unzureichend erreichen. Soweit die Kläger im Berufungsverfahren noch geltend machen, dass sich bei einem entsprechenden Anschluss an die B 30 neu sowie bei einer entsprechenden Streckenführung bzw. mittels Verkehrsleitsystemen durchaus eine (vergleichbare) Entlastung der Ortsdurchfahrt erreichen ließe, setzte dies weitere umfangreiche, gegebenenfalls raumbeanspruchende Maßnahmen (auch anderer Behörden) voraus, die schon im Hinblick auf die in Kauf zu nehmenden Umwege kaum gewährleisteten, dass sich der beabsichtigte Entlastungseffekt einstellte.
93 
Hinzu kommt, dass sich das weitere - langfristige - Ziel einer Bündelung der Verkehrsbeziehungen im Zuge der verfolgten Netzkonzeption (B 30 neu, B 31 neu und B 467 neu) überhaupt nicht erreichen ließe. So wird im Planfeststellungsbeschluss überzeugend ausgeführt, dass die Verkehrsbeziehungen im nördlichen Bodenseeraum in Ost/West-Richtung über die B 31 neu und in Nord/Süd-Richtung über die B 30 neu sowie langfristig über eine B 467 neu geführt werden sollen und dem Anschuss an die B 30 neu bei Hirschlatt eine wichtige Verteilerfunktion zukomme, auf den die K 7725 neu als Zubringer (für den Raum südöstlich von Meckenbeuren) gezielt geführt werden müsse. Dies ist bei den von den Klägern vorgeschlagenen Varianten 1 und 2 jedoch nicht der Fall, weil diese einen Umweg über die Messe Friedrichshafen nehmen. Auch brächte der mit diesen Varianten verbundene Anschluss an die K 7726 auf Höhe der Messe keinen Vorteil („Ergänzung der geplanten Messezufahrt“), sondern den erheblichen Nachteil mit sich, dass der Verkehrsfluss an Messetagen behindert würde, was mit der planfestgestellten „Südumfahrung“ gerade verhindert werden sollte.
94 
Abgesehen davon schnitten die beiden Varianten auch in wirtschaftlicher Hinsicht keineswegs besser ab, da ein bloßer Ausbau der im Luftsicherheitsbereich belegenen Flughafenstraße aus nachvollziehbaren Gründen ausscheiden dürfte. Dass sowohl ein Neubau entlang des Flughafengeländes (Variante 2) als auch eine Stichstraße (Variante 1) nicht zuletzt im Hinblick auf die flugsicherheitstechnischen Vorgaben und die jedenfalls im unmittelbaren Randbereich des Flughafens erforderliche Führung in Tunnel- oder zumindest Tieflage kostenaufwändiger wären, leuchtet ohne Weiteres ein. Dies gilt erst Recht für die letztlich nur im Wege einer Untertunnelung realisierbare Variante 1.
95 
Würde indes abweichend von den vorgeschlagenen Varianten ausgehend von der B 30 entlang des Flughafens eine Trassierung unmittelbar auf die Anschlussstelle bei Hirschlatt vorgenommen, brächte dies Belastungen für den Siedlungsbereich von Gerbertshaus bzw. von Großbuch mit sich, so dass sich die Lärmbetroffenheiten lediglich verschöben. Auch ist ohne weiteres nachvollziehbar, dass es dann zu Beeinträchtigungen des Waldgebiets „Großes Moos“ käme, wodurch sich erhebliche, möglicherweise nicht überwindbare artenschutzrechtliche Probleme ergäben, die sich bei der „Südumfahrung“ so nicht stellten.
96 
Auch die von den Klägern angeführten - unbestreitbaren - Nachteile der planfestgestellten Variante können aufgrund des ihnen zukommenden Gewichts nicht dazu führen, dass der Vorhabenträger stattdessen auf die weniger geeignete, die Planungsziele nur unvollkommen erreichende ortsferne Nordumgehung ausweichen oder gar von dem Vorhaben insgesamt Abstand nehmen müsste (sog. „Nullvariante“).
97 
Insbesondere der von den Klägern für unvertretbar gehaltene Eingriff in das Landschaftsbild ändert nichts daran, dass die „Südumgehung“ gleichwohl die umweltverträglichste Variante darstellt. Die Beeinträchtigung dieses Belangs wurde von der Planfeststellungsbehörde auch durch entsprechende Maßnahmen (Feldbrücke, nicht zu hohe Lärmschutzwände) gering gehalten und schließlich auch durch entsprechende Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen kompensiert. Mit ihren Einwendungen gegen diese Maßnahmen sind die Kläger zudem - wie bereits ausgeführt - ausgeschlossen. Soweit die Kläger in diesem Zusammenhang auf den Eingriff in die Landschaft in ihrer Erholungsfunktion verweisen, ist auch dieser nicht von solchem Gewicht, dass er die Planung in Frage stellte, zumal die Planfeststellungsbehörde diesem Belang durchaus Rechnung getragen hat, indem die Wegeverbindungen weitgehend aufrechterhalten wurden. Nichts anderes gilt für den Einwand der Kläger, dass die „historische“ Bindung an den Hauptort Kehlen zerschnitten würde und bei ihnen ein „Gefühl des Abgeschnittenseins“ entstünde.
98 
Soweit die Kläger auf eine - im Hinblick auf die künftige Gesamtlärmbelastung - völlig unzureichende Lärmvorsorge verweisen, rechtfertigt auch dies keine andere Beurteilung, nachdem die Planfeststellungsbehörde im Ergebnis zu Recht davon ausging, dass auch die Kläger zu 1 und 2 auch bei einer Gesamtlärmbetrachtung nicht annähernd Lärmwirkungen ausgesetzt sind, die die grundrechtliche Zumutbarkeitsschwelle – d. h. die enteignungsrechtliche Zumutbarkeitsschwelle oder die in rechtlicher Würdigung der Lärmwirkungsforschung zu bestimmende Schwelle der Gesundheitsgefährdung - überschreiten. Ausgehend davon kann jedenfalls nicht beanstandet werden, dass Lärmschutzbelange nicht zum Anlass genommen wurden, von der planfestgestellten „Südumfahrung“ Abstand zu nehmen.
99 
Die grundrechtliche Zumutbarkeitsschwelle wird vom Bundesverwaltungsgericht für Wohngebiete grundsätzlich erst bei einem äquivalenten Dauerschallpegel von 70 dB(A) tags und 60 dB(A) nachts angenommen (vgl. BVerwG, Urt. v. 07.03.2007, - 9 C 2.06 -, BVerwGE 128, 177, Urt. v. 13.05.2009 - 9 A 72.07 -, BVerwGE 134, 45; Urt. v. 15.12.2011 – 7 A 11.10. -, UPR 2012, 301). Dass diese bei einer Gesamtlärmbetrachtung erreicht würde, lässt sich indes nach derzeitigem wissenschaftlichem Erkenntnisstand nicht feststellen.
100 
Zwar war der Schienenverkehrslärm bei der entsprechenden Abschätzung bzw. „Annäherung“ in der Stellungnahme Modus Consult Ulm GmbH vom 26.05.2008 noch nicht berücksichtigt worden. Vor dem Hintergrund der inzwischen mitgeteilten, nach § 3 der 16. BImSchV berechneten Beurteilungspegel für die Südbahn hätten sich jedoch auch bei einer zusätzlichen Überlagerung mit dem Schienenverkehrslärm für das Wohngebäude des Klägers zu 2 nur geringfügig höhere Summenpegel ergeben, nämlich maximal 63,5 dB(A) tags und 56,5 dB(A) nachts anstatt bis zu 62 dB(A) tags und 56 dB(A) nachts (vgl. die konkretisierende und ergänzende Stellungnahme Modus Consult Ulm GmbH zur Gesamtlärmsituation vom 24./25.09.2012 und die bereits der Stellungnahme vom 26.05.2008 beigefügte Anlage 2). Zwar ermöglichen diese Werte nur eine ungefähre Abschätzung, da äquivalente Dauerschallpegel unterschiedlicher Verkehrsquellenarten nicht ohne Weiteres energetisch addiert werden können dürften. Jedoch sind sie von dem als kritisch angesehenen Bereich noch deutlich entfernt, sodass von ihnen durchaus annäherungsweise ausgegangen werden konnte. Der in der Stellungnahme vom 26.05.2008 nach dem Entwurf der VDI-Richtlinie 3722-2 berechnete effektbezogene Substitutionspegel LES von 66 - 67 dB(A) tags steht dem nicht entgegen. Denn dieser kann nicht an den oben genannten Werten gemessen werden, da er maßgeblich durch ein „Belästigungsurteil“ Betroffener bestimmt wird (vgl. hierzu die Stellungnahme Modus Consult Ulm GmbH v. 26.05.2008; auch den 2. Entwurf, Feb. 2009, der VDI-Richtlinie 3722-2 mit Kommentar Windelbergs, http://www.iazd.uni-hannover.de/~windelberg/search/laerm/wi3722_2.pdf). Dies bedeutet freilich nicht, dass diesem Wert im Rahmen der Abwägung keinerlei Bedeutung zukäme (vgl. dazu sogleich).
101 
Dass das Regierungspräsidium Tübingen mit der seinem Planfeststellungsbeschluss zugrundegelegten Stellungnahme vom 26.05.2008 jedenfalls nicht zu niedrige Werte angesetzt hatte, wird letztlich durch die nachträglich - im Wege energetischer Addition - vorgenommene Gesamtlärm„berechnung“ vom 25.09.2012 bestätigt, wonach sich in dem der Planung - gleichsam als worst case - maßgeblich zugrundegelegten Planungsfall C 2 (mit B 30 neu) vor dem Wohngebäude des Klägers zu 2 maximale Gesamtpegel von (lediglich) 61,0 dB(A) bzw. 54,3 dB(A) ergaben, mithin Werte, die auch nicht annähernd die grundrechtliche Zumutbarkeitsschwelle erreichen. Die gegenüber der bisheriger Stellungnahme niedrigeren Werte beruhen im Wesentlichen darauf, dass für den Flughafen Friedrichshafen nunmehr aktuellere Lärmkonturen der Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg zugrunde gelegt wurden, denen zufolge das Grundstück des Klägers zu 2 (deutlich) außerhalb der 60 bzw. 55 dB(A)-Lärmkontur liegt, sodass dieses bei einer Extrapolation lediglich noch fluglärmbedingten äquivalenten Dauerschallpegeln von 56 dB(A) tags und 47 dB(A) nachts ausgesetzt ist. Schließlich werden die kritischen Werte von 70 bzw. 60 dB(A) selbst von den (in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht dem Lärmaktionsplan entnommenen, aufgrund der Umgebungslärmrichtlinie 2002/49/EG bzw. nach Maßgabe des § 5 der 34. BImSchV berechneten (Gesamt-)Lärmindizes Lden von 66 dB(A) bzw. Lnight von 56 dB(A) nicht erreicht (vgl. http://www.meckenbeuren.de/aktuell/lap.html?tx_skcalendar_pi1%5Boffset%5D=1543618800&tx_skcalendar_pi1%5Bcategory%5D=6&tx_skcalendar_pi1%5Bview%5D=thumbmonth). Der Mittelungspegel Lden konnte freilich nicht ohne Weiteres herangezogen werden, da er auf der Mittelung über 24 Stunden mit einer unterschiedlichen Gewichtung der Zeitbereiche Tag, Abend und Nacht beruhte (vgl. § 1 Abs. 2 der 34. BImSchV).
102 
Soweit das Regierungspräsidium Tübingen aus Kausalitätserwägungen die noch etwas niedrigeren Werte im Planungsfall C 20 (60,6 dB(A) tags und 54 dB(A) nachts) heranziehen will, kann dem nicht gefolgt werden. Zwar dürften die angestellten Kausalitätserwägungen zutreffen, da die B 30 neu (West) und die K 7725 neu - Südumfahrung - nicht in einem engen konzeptionellen und räumlichen Zusammenhang stehen dürften (vgl. BVerwG, Urt. v. 23.11.2005 - 9 A 28.04 -, BVerwGE 124, 334). Jedoch wurde der planerischen Abwägung gleichwohl durchgehend der Planungsfall C 2 als maßgebliches Szenario zugrunde gelegt (vgl. hierzu bereits die Verkehrsuntersuchung Modus Consult Ulm GmbH v. 11.01.2006, S. 6; Lärmuntersuchung Modus Consult v. 23.01.2006, S. 7), sodass dieses - zur Vermeidung eines Abwägungsfehlers - auch in vorliegendem Zusammenhang maßgebend sein muss. Insofern kommt es auf die Gesamtlärmwerte für den Planungsfall C 2 (mit B 30 neu Westtrasse und K 7725 neu Ortsumfahrung Kehlen), Prognose-horizont 2020, an (vgl. S. 9 der konkretisierenden und ergänzenden Stellungnahme v. 24./25.09.2012). Die für den Planungsfall C 2 „plus“ berechneten Gesamtlärmwerte können demgegenüber nicht herangezogen werden, da bei diesen die im Planungsfall C 2 eintretende Entlastung auf der B 30 alt (Bestandstrasse) nicht berücksichtigt ist.
103 
Auch wenn man die  e n t e i g n u n g s r e c h t l i c h e  Zumutbarkeitsschwelle im Hinblick auf die inzwischen (2010) um 3 dB(A) reduzierten Auslösewerte für die Lärmsanierung an Fernstraßen in der Baulast der Bundes (vgl. hierzu BT-Drs. 17/5077, 17/8505), die 2011 auch für Landesstraßen in der Baulast des Landes übernommen wurden (vgl. LUBW, Übersicht Grenzwerte, Erl. 1, http://www.lubw.baden-wuerttemberg.de/servlet/is/50516/?print=true) bereits bei 67 dB(A) tags und 57 dB(A) nachts ansetzen wollte, wären nach den obigen Ausführungen auch diese Werte, die freilich für eine Gesamtlärmbelastung keine Geltung beanspruchen können, noch nicht erreicht.
104 
Dass schließlich aufgrund neuerer, bislang unberücksichtigt gebliebener Erkenntnisse aus der Lärmwirkungsforschung gleichwohl bereits die Schwelle zur  G e s u n d h e i t s g e f ä h r d u n g  - und damit möglicherweise auch die enteignungsrechtliche Zumutbarkeitsschwelle - überschritten sein könnte, lässt sich ebenso wenig feststellen. Für diese sind nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. BVerwG, Urt. v. 07.03.2007, a.a.O.) letztlich die Innenraumpegel in der Nacht entscheidend; nach dem (bis zum Jahre 2000) erreichten Stand der Lärmwirkungsforschung sollen Dauerschallpegel am Ohr einer schlafenden Person in einem Bereich zwischen 30 und 35 dB(A) und Pegelspitzen in der Größenordnung von 40 dB(A) nicht überschritten werden. Dafür, dass dies bei den Klägern zu 1 und 2 - unter Zugrundelegung einer auch (alten) Einfachfenstern zukommenden schalldämmenden Wirkung von ca. 25 dB(A) (vgl. Kötz, Baulicher Schallschutz gegen Verkehrslärm - Wissenswertes über die Schalldämmung von Fenstern; OVG Berlin, Urt. v. 09.05.2003 - OVG 6 A 8.03 -, OVGBe 24, 206: mindestens 24 dB(A)) der Fall wäre, ist weder dargetan noch sonst ersichtlich. Dass die in einer durch Flug-, Schienen- und Straßenverkehrslärm erheblich vorbelasteten Umgebung anzutreffende Fenstersubstanz einen niedrigeren Dämmwert aufweisen könnte (vgl. BVerwG, Urt. v. 27.10.1998, a.a.O.), ist nicht anzunehmen. Mit einem entsprechenden Vorbringen wären die Kläger zu 1 und 2 inzwischen auch ausgeschlossen (vgl. BVerwG, Urt. v. 27.10.1998 - 11 A 1.97 -, BVerwGE 107, 313). Dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 16.03.2006 - 4 A 1001.04 - (Buchholz 11 Art 28 GG Nr. 145), wonach sich durch ein geschlossenes Fenster, je nach dessen Qualität, eine Dämmwirkung von 20 dB(A) oder mehr erzielen lasse, kann nicht entnommen werden, dass bei der Beurteilung der gesundheitsgefährdenden Wirkung von Lärm das Mindestschalldämmmaß eines Fensters zugrundezulegen wäre. Ist - mangels gegenteiliger Hinweise - auch beim Wohngebäude des Klägers zu 2 ein Schalldämmmaß von ca. 25 dB(A) anzunehmen, wären zwar ausgehend von einem (nach zwischenzeitlicher Erkenntnis ohnehin zu hoch angesetzten) Summenpegel von 56,5 dB(A) die von den Klägern eingeforderten Werte von maximal 30 dB(A) am Ohr des Schläfers um 1,5 dB(A) überschritten. Dass bereits damit und nicht erst bei Innenpegeln oberhalb von 35 dB(A) die Grenze zur Gesundheitsgefährdung überschritten wäre, kann jedoch auch vor dem Hintergrund der von den Klägern angeführten, keineswegs einhelligen wissenschaftlichen Meinungen nicht ausgegangen werden; diese waren zudem überwiegend bereits veröffentlicht, als das Bundesverwaltungsgericht in neuerer Zeit über die gesundheitsgefährdende Wirkung von Verkehrslärm zu entscheiden und die bisher angenommene grundrechtliche Zumutbarkeitsschwelle erneut bestätigt hatte (vgl. insbes. Urt. v. 07.03.2007, a.a.O.; Urt. v. 13.05.2009, a.a.O.).
105 
Dass das Regierungspräsidium die nächtliche Gesamtlärmwirkung mit dem seiner Beurteilung zugrundegelegten Wert von 56 dB(A) im Ergebnis nicht unterschätzt hat, wird letztlich durch den aus dem Lärmaktionsplan ablesbaren, lediglich auf die Nacht bezogenen Lnight-Wert bestätigt. Denn dieser Gesamt-Lärmindex weist ebenfalls einen Wert von 56 dB(A) auf und unterscheidet sich insofern - zumindest im vorliegenden Fall - von der Größenordnung her nicht von dem in der Stellungnahme vom 26.05.2008 ermittelten Gesamtlärmpegel, der sich aus einer Überlagerung des Fluglärms mit dem nach § 3 der 16. BImSchV ermittelten Straßenverkehrslärm ergab. Hinzu kommt, dass die Schlafräume der Kläger zu 1 und 2 nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts nach Norden ausgerichtet sind, sodass sie der maximalen Gesamtlärmbelastung im Südosten des Wohngebäudes nicht ausgesetzt sind.
106 
Soweit die Kläger geltend machen, dass sie die Möglichkeit haben müssten, bei geöffneten bzw. gekippten Fenstern zu schlafen, übersehen sie, dass dies zwar bei der Einhaltung der fachplanungsrechtlichen Zumutbarkeitsgrenze, nicht aber bei der Einhaltung der grundrechtlichen Zumutbarkeitsgrenze im Hinblick auf eine Gesamtlärmbelastung gilt. So gehört zu den Schutzgütern, denen bei Bestimmung der fachplanungsrechtlichen Zumutbarkeit Rechnung zu tragen ist, zwar auch die "angemessene Befriedigung der Wohnbedürfnisse", die auch die Möglichkeit störungsfreien Schlafens umfasst (vgl. BVerwG, Urt. v. 21.05.1976 - 4 C 80.74 -, BVerwGE 51, 15, 33 u. Urt. v. 29.01.1991 - 4 C 51.89 - BVerwGE 87, 332 <373>); ist dies wegen der Lärmbelastung, die von einem bestimmten Vorhaben ausgeht, nicht möglich, sind angemessene Wohnverhältnisse nur bei Einbau technischer Belüftungseinrichtungen gewahrt. Diese Einschätzung liegt auch der Vorschrift des § 2 Abs. 1 Satz 2 der 24. BImSchV zugrunde. Danach gehört zu den Schallschutzmaßnahmen auch der Einbau von Lüftungsmaßnahmen in Räumen, die überwiegend zum Schlafen benutzt werden. Dies bedeutet jedoch nicht, dass hiervon auch dann auszugehen wäre, wenn die gesundheitsgefährdende Wirkung einer nicht vom Anwendungsbereich der 16. BImSchV erfassten Gesamtlärmbelastung zu beurteilen ist. Eine entsprechende allgemeingültige Aussage wäre auch nicht gerechtfertigt. Einen (zumal grundrechtlich abgesicherten) Anspruch auf Schlafen bei offenem bzw. gekippten Fenster gibt es ersichtlich nicht (vgl. OVG Berlin, Urt. v. 09.05.2003 - 6 A 8.03 -, OVG BE 24, 206; HessVGH, Urt. v. 03.06.2004, a.a.O.). Während es manche Menschen bevorzugen, die Fenster in ihren Schlafräumen nachts geschlossen zu halten, haben andere das gegenteilige Bedürfnis. Ob es den Klägern zu 1 und 2 im Hinblick auf die gesundheitliche Bedeutung des Raumklimas nicht zugemutet werden kann, bei geschlossenen Fenstern zu schlafen, hängt deshalb von den Umständen des Einzelfalles ab. Da sie mit ihren Einwendungen im Verwaltungsverfahren nicht geltend gemacht haben, auf die nächtliche Belüftung ihres Schlafraums durch ein gekipptes oder leicht geöffnetes Fenster a n g e w i e s e n zu sein, kann hiervon auch im gerichtlichen Verfahren nicht ausgegangen werden (vgl. BVerwG, Urt. v. 23.10.2002 - 9 A 22.01 -, Buchholz 442.09 § 18 AEG Nr. 55). Auf das Vorbringen der Klägerinnen zu 3 und 4, das sich offenbar auf deren nicht streitgegenständliche Wohngrundstücke an anderer Stelle bezog, kann insoweit nicht abgehoben werden. Abgesehen davon haben sie auch nur eingewandt, es „gewohnt“ zu sein, zur Nachtzeit bei offenem Fenster zu schlafen.
107 
Dass schließlich im Hinblick auf die Wohnnutzung am Tage von einer Gesundheitsgefährdung auszugehen gewesen wäre, ist ebenso wenig ersichtlich. Es war zwar unschädlich, dass die Kläger auf die Nutzung ihrer Außenwohnbereiche nicht gesondert hingewiesen haben, da diese von den geltend gemachten Beeinträchtigungen der Wohnnutzung ersichtlich mitbetroffen sind. Auch wenn im Hinblick auf die von den Klägern angeführten Meinungen aus jüngerer Zeit die Grenze zur Gesundheitsgefährdung nunmehr bereits bei niedrigeren Werten als 70 dB(A) tags und 60 dB(A) nachts anzusetzen wäre, ließe sich noch immer nicht feststellen, dass bereits ein Schwellenwert von 65 dB(A) tagsüber nach dem derzeitigem Stand der Lärmwirkungsforschung die Grenze beschriebe, oberhalb derer das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 GG) der Nachbarn jedenfalls verletzt wäre. Soweit immer wieder ein Schwellenwert von 65 dB(A) genannt wird, wird dieser im Wesentlichen mit einem erhöhten Risiko für Herz-Kreislauferkrankungen begründet (vgl. hierzu www.umweltbundes-amt.de/verkehr/laerm/strassen-und-schienen-verkehr.htm ). Ab wann die Zunahme eines solchen (ggf. zu vermeidenden) Risikos einem körperlichen Eingriff gleichzusetzen ist (vgl. BVerfG, Beschl. v. 30.11.1988 - 1 BvR 1301 -, BVerfGE 79, 174; Beschl. v. 29.07.2009 - 1 BvR 1606/08), lässt sich indessen zumal vor dem Hintergrund keineswegs einhelliger Meinungen nach wie vor nicht allgemein bestimmen. Dem entsprechend hat das Bundesverwaltungsgericht auch in neueren Entscheidungen (vgl. Beschl. v. 07.05.2008 - 4 A 1009.07 u. a. -, Buchholz 316 § 74 VwVfG Nr. 74) Dauerschallpegel (außen) von 65,7 dB(A) tags vor dem Hintergrund der einem Gebäude auch ohne zusätzliche Schallschutzeinrichtungen zukommenden Dämmwirkung als noch nicht gesundheitsgefährdend angesehen. Der Senat vermag nicht zu erkennen, inwiefern inzwischen eine andere Beurteilung gerechtfertigt sein könnte. Von höheren Gesamtpegeln als 65 dB(A) kann hier ohnehin nicht ausgegangen werden. Dass schließlich der über 24 Stunden gemittelte Gesamtpegel Lden einen Wert von immerhin 66 dB(A) aufweist, rechtfertigt schon deshalb keine andere Beurteilung, da er von der stärkeren Gewichtung der Nachtzeit mitbestimmt wird. Hinzu kommt, dass ein Lden von 65 dB(A) lediglich den Auslösewert für die Lärmaktionsplanung zur Vermeidung von Gesundheitsgefährdungen darstellt (vgl. http://www.umweltbundesamt.de/laermprobleme/ulr. html), woraus noch nicht folgt, dass jenseits dieses Werts bereits von einer einem körperlichen Eingriff gleichzusetzenden Gesundheitsgefährdung auszugehen wäre. Auch im Hinblick auf die Außenwohnbereiche kann nichts anderes gelten. Vorliegend kommt hinzu, dass es sich bei den errechneten Werten um Maximalpegel handelt, die lediglich südöstlich am Wohngebäude des Klägers zu 2 auftreten, sodass ohnehin nur ein Teil der Außenwohnbereiche von den maximalen Werten betroffen wird. Auch ist die allgemeine Lärmerwartung im Außenwohnbereich von vornherein sehr viel höher (vgl. Senat, Urt. v. 28.03.1996 - 5 S 1338/95 -, NVwZ-RR 1997, 85). Das landwirtschaftlich genutzte Außenbereichsgrundstück der Kläger zu 2 bis 4 stellt demgegenüber schon keinen Außen w o h n bereich dar.
108 
Soweit die Kläger noch geltend machen, eine Reihe von Ortschaften werde durch den Neubau der K 7725 noch stärker belastet, ist solches nicht zu erkennen; vielmehr wären diese auch im Prognosenullfall von der allgemeinen Verkehrszunahme auf einer (nicht geänderten) K 7725 betroffen.
109 
2. Auch die hilfsweise geltend gemachten Bescheidungsanträge haben keinen Erfolg.
110 
a) Den Klägern stehen nach Maßgabe der 16. BImSchV keine (weiteren) Lärmschutzansprüche zu (§§ 41, 42, 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG i.V.m. § 1 Abs. 1, § 2 Abs. 1 Nr. 2 der 16. BImSchV).
111 
Allerdings findet die 16. BImSchV auf den planfestgestellten Neubau der K 7725 - Südumfahrung Kehlen - Anwendung. Ob es sich bei dem Umbau der Knotenpunkte (Anlage von zwei Bypässen) zwischen der B 30 und der L 333 um eine wesentliche Änderung i. S. des § 1 Abs. 1 u. 2 Nr. 2 der 16. BImSchV handeln könnte, kann hier dahinstehen, da den Klägern als Nachbarn (in einem räumlich begrenzten Bereich, vgl. Storost in: Ule/Laubinger/Repkewitz, BImSchG, Komm., § 41 Rn. C 19) (weiterer) Lärmschutz allenfalls im Hinblick auf die Neubaustrecke zu gewähren wäre. Weitergehenden Lärmschutz können die Kläger jedoch nicht verlangen, weil die Immissionsgrenzwerte für reine und allgemeine Wohngebiete von 59 dB(A) am Tage und 49 dB(A) in der Nacht (vgl. § 2 Abs. 1 Nr. 2 der 16. BImSchV) bei Berücksichtigung der vorgesehenen (aktiven) Lärmschutzmaßnahmen eingehalten sind.
112 
Dafür, dass die maßgeblichen Beurteilungspegel in der Lärmuntersuchung vom 12.01.2006 nicht entsprechend der Anlage 1 zur 16. BImSchV bzw. der dort in Bezug genommenen RLS-90 berechnet, insbesondere topographische Gegebenheiten und bauliche Maßnahmen nicht berücksichtigt worden wären, liegen keine Hinweise vor. Ebenso wenig bestehen Anhaltspunkte, dass die zugrundeliegende prognostizierte durchschnittliche tägliche Verkehrsstärke (DTV) zu gering angesetzt worden wäre. Denn im Sinne einer worst-case-Betrachtung wurde der Planungsfall C 2 zugrunde gelegt, der den ungünstigsten Lastfall im Bereich der K 7725 neu darstellt. Hierbei wurde auch die B 31 neu im Abschnitt Friedrichshafen - Immenstaad sowie der Messezubringer Süd und Nord (K 7726 neu) berücksichtigt (vgl. Verkehrsuntersuchung, S. 4). Dass von der Entwicklung der Fluggastzahlen am Flughafen Friedrichshafen keine erheblichen Auswirkungen auf das Verkehrsaufkommen auf der K 7725, insbesondere die sich daraus ergebende durchschnittliche tägliche Verkehrsstärke (DTV) zu erwarten sind, wurde im Planfeststellungsbeschluss nachvollziehbar dargelegt.
113 
Dass die Beurteilungspegel unabhängig von der tatsächlich vorhandenen oder zugelassenen Vorbelastung lediglich auf den zu bauenden Verkehrsweg bezogen wurden, entspricht schließlich den Vorgaben des § 41 BImSchG und der 16. BImSchV; es kommt mithin nur auf den Lärm an, der gerade von dem zu bauenden (oder zu ändernden) Verkehrsweg ausgeht. Lärm, der nicht gerade auf der zu bauenden oder zu ändernden Strecke entsteht, wird von der Verkehrslärmschutzverordnung nicht berücksichtigt (vgl. zum Ganzen BVerwG, Urt. v. 23.02.2005 - 4 A 4.04 -, BVerwGE 123, 37 <45>; Urt. v. 17.03.2005 - 4 A 18.04 -, BVerwGE 123, 152 <155>). Die Berücksichtigung anderer Lärmquellen durch die Bildung eines Summenpegels kommt im Rahmen der Anwendung der 16. BImSchV entgegen der Auffassung der Kläger nicht in Betracht; solche können daher auch nicht anhand der Immissionsgrenzwerte der 16. BImSchV beurteilt werden.
114 
Aus der - auf eine Lärmminderungsplanung zielenden - Umgebungslärmrichtlinie 2002/49/EG vom 25.06.2002 bzw. der 34. BImSchV lässt sich für die Beurteilung der Lärmauswirkungen des planfestgestellten Vorhabens, insbesondere hinsichtlich der Einhaltung bestimmter Grenzwerte grundsätzlich nichts herleiten (vgl. hierzu BVerwG, Beschl. v. 14.05.2008 - 4 B 43.07 -; Urt. v. 13.10.2011 - 4 A 4000.09 - jeweils zum Fluglärm).
115 
Weitergehende Lärmschutzansprüche ergeben sich auch nicht unmittelbar aus § 41 Abs. 1 BImSchG, wonach u.a. „bei dem Bau“ oder der wesentlichen Änderung öffentlicher Straßen sicherzustellen ist, dass „durch diese“ keine „schädlichen Umwelteinwirkungen“ hervorgerufen werden, die nach dem Stand der Technik vermeidbar sind. Der Tatbestand der Vorschrift reicht nicht weiter als die 16. BImSchV, die nach § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG zur Durchführung des § 41 und des § 42 Abs. 1 und 2 BImSchG erlassen worden ist. Die in § 2 Abs. 1 Nr. 4 BImSchG enthaltene Einschränkung, dass die Vorschriften des Bundes-Immissionsschutzgesetzes für den Bau öffentlicher Straßen und Schienenwege nur „nach Maßgabe der §§ 41 bis 43" gelten, bedeutet schließlich eine Abkehr von dem für genehmigungsbedürftige Anlagen geltenden Grundsatz, dass eine solche Anlage nicht errichtet oder betrieben werden darf, wenn unter Einbeziehung der Vorbelastung durch bereits vorhandene Anlagen schädliche Umwelteinwirkungen hervorgerufen werden können (vgl. § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG). Anders als für gewerbliche Anlagen regelt das BImSchG den Immissionsschutz für Verkehrsanlagen nicht umfassend, sondern nur für einen Teilausschnitt (vgl. BVerwG, Urt. v. 21.03.1996 - 4 C 9.95 -, a.a.O.; Urt. v. 23.02.2005, a.a.O.). Insofern geht auch der Hinweis der Kläger auf den (umfassenderen) Begriff der „schädlichen Umwelteinwirkungen“ in § 3 Abs. 1 BImSchG fehl. Soweit sich die Kläger insoweit auf das Urteil des Senats vom 13.03.1996 - 5 S 1743/95 - berufen, wonach in atypischen Sonderfällen Verkehrsgeräusche auch unterhalb der Lärmgrenzwerte des § 2 Abs. 1 der 16. BImSchV zu schädlichen Umwelteinwirkungen i. S. des § 41 BImSchG führen könnten, ist ihnen entgegenzuhalten, dass der Senat - im Hinblick auf die gegenteilige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Urt. v. 21.03.1996 - 4 C 9.95 -, BVerwGE 101, 1) - hieran schon im Urteil vom 28.01.2002 - 5 S 2328/99 - (BImSch-Rspr. § 41 Nr. 71) nicht mehr festgehalten hat, soweit keine Gesamtbelastung in Rede steht, die den Grad einer mit der Schutzpflicht nach Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG unvereinbaren Gesundheitsgefährdung erreicht oder in die Substanz des Eigentums i. S. des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG eingreift. Aber auch in Fällen, in denen aus Gründen des Grundrechtsschutzes die zusätzliche Berücksichtigung anderer Lärmquellen durch die Bildung eines Summenpegels geboten sein kann (vgl. BVerwG, Beschl. v. 24.11.2010 - 4 BN 28.10 -, BRS 76 Nr. 19, Urt. v. 21.03.1996, a.a.O.), bedürfte es keines Rückgriffs auf § 41 Abs. 1 BImSchG; vielmehr ergäbe sich ein entsprechender Lärmschutzanspruch bereits aus dem Abwägungsgebot in Verbindung mit den sich aus den Grundrechten ergebenden Schutzpflichten. Wie bereits ausgeführt, führen die vom Neubau der K 7725 ausgehenden Lärmwirkungen auf dem Grundstück des Klägers zu 2 jedoch an keiner Stelle zu Gesamtlärmwerten, die in Wohngebieten ein aus Sicht des Grundrechtsschutzes kritisches Maß erreichten.
116 
Auch ein Rückgriff auf die allgemeine Regelung des § 74 Abs. 2 Satz 2 LVwVfG kommt neben dem Lärmschutzsystem, das in den §§ 41 ff. BImSchG normiert ist, inhaltlich (materiell) lediglich nach Maßgabe des § 42 Abs. 2 Satz 2 BImSchG in Betracht (vgl. BVerwG, Urt. v. 09.02.1995 - 4 C 26.93 -, BVerwGE 97, 367 <371>), sodass die Kläger auch aus dieser Regelung nichts für sich herleiten können.
117 
b) Die Kläger können schließlich auch nicht verlangen, dass die Planfeststellungsbehörde ihnen im Hinblick auf eine mit Gesundheitsrisiken verbundene künftige Gesamtlärmbelastung weitergehenden vorsorgenden Lärmschutz gewährt bzw. insoweit ihr Planungsermessen erneut ausübt. So sind die einen weitergehenden Lärmschutz versagenden Erwägungen der Planfeststellungsbehörde nicht zu beanstanden. Mit diesen wird den gesundheitlichen Belangen der Kläger (zu 1 und 2) ausreichend Rechnung getragen. Zutreffend wurde hierbei darauf abgehoben, dass dem gerade von der K 7725 neu ausgehenden Verkehrslärm bereits ein umfassendes Lärmschutzkonzept entgegengesetzt werde. Mit diesem würden sogar die - hier nicht einschlägigen - städtebaulichen Orientierungswerte nach der DIN 18005 - 55 dB(A) tags und 45 dB(A) nachts - für allgemeine Wohngebiete eingehalten; auch sei der K 7725 vor dem Hintergrund der Bahnstrecke, des Flughafens und der B 30 ohnehin nur ein untergeordneter Einfluss auf die Gesamtlärmbelastung beizumessen. Dies gelte umso mehr, als sie lediglich zu einer nicht hörbaren Erhöhung von allenfalls 1 dB(A) führe (vgl. hierzu die nachträgliche Berechnung, wonach der Gesamtlärm sogar nur um 0,5 dB(A) erhöht wird). Hinzu komme, dass eine etwaige Erhöhung der Lärmschutzwände zu einer kaum mehr wahrnehmbaren Reduzierung der Emissionspegel führte und insofern die hierfür aufzuwendenden Kosten außer Verhältnis zum angestrebten Erfolg stünden (vgl. § 41 Abs. 2 BImSchG); auch wären zunehmend öffentliche Belange - wie das Orts- und Landschaftsbild sowie Naturschutzbelange - nachteilig betroffen.
118 
In diesem Zusammenhang kann zwar durchaus auch nach dem Entwurf der VDI-Richtline 3722-2 oder aufgrund der Umgebungsrichtlinie bzw. der 34. BImSchV berechneten Werten Bedeutung zukommen, weil sie im Einzelfall die - von den Klägern auch im vorliegenden Fall geltend gemachte - Belästigungs- bzw. Störwirkung besser erkennen lassen. Jedoch bestand hier auch insofern keine Veranlassung, weitergehenden Lärmschutz zu gewähren. Die Lärmindizes Lden und Lnight lagen seinerzeit nicht vor, sodass sie von der Planfeststellungsbehörde auch nicht berücksichtigt werden konnten. Abgesehen davon wird der Auslösewert von 65 dB(A) nur um 1 dB(A) am Tage überschritten. Der in der Stellungnahme Modus Consult Ulm GmbH vom 26.05.2008 nach dem Entwurf der VDI-Richtlinie 3722-2 errechnete effektbezogene Substitutionspegel LES von 66 - 67 dB(A) mag zwar auf den ersten Blick Anlass zu weitergehendem Lärmschutz gegeben haben, doch beträgt der Anteil der Kreisstraße - auch ohne die Wirkungen des Schienenverkehrslärms - lediglich 0,3 dB(A) (vgl. die konkretisierende und ergänzende Stellungnahme Modus Consult Ulm GmbH v. 24./25.09.2012), sodass letztlich kein Anlass bestand, die maßgeblich durch den Fluglärm bestimmte, durch Maximalpegel geprägte Belästigungswirkung zu reduzieren. Mehr als eine Beseitigung der gerade von dem planfestgestellten Straßenbauvorhaben des Landkreises ausgehenden Lärmwirkungen hätten die Kläger auch bei einer gesundheitsgefährdenden Gesamtlärmbelastung nicht verlangen können (vgl. hierzu aber auch HessVGH, Urt. v. 03.06.2004 - 12 A 1118/01, 12 A 1521/01 -, NVwZ-RR 2005, 805: lediglich in einem einheitlichen Verfahren gegenüber allen Emittenten). Eine Pflicht zur Verbesserung der vorgefundenen Situation obliegt der Planfeststellungsbehörde nicht (vgl. BVerwG, Urt. v. 23.06.1989 - 4 B 100.89 -, UPR 198, 432 f.; Urt. v. 28.10.1989 - 11 A 3.98 -, NVwZ 1999, 539), zumal dies hier auf eine dem Vorhabenträger unzumutbare Lärmsanierung von Verkehrswegen (des Bundes) bzw. -anlagen Dritter (Flughafen Friedrichshafen) hinausliefe.
119 
Soweit die Kläger im Hinblick auf künftige weitergehende Erkenntnisse aus der Lärmwirkungsforschung abgesichert sein wollen, sind sie auf die Geltendmachung nachträglicher Schutzvorkehrungen zu verweisen. Denn von nicht voraussehbaren Wirkungen des Vorhabens i. S. des § 75 Abs. 2 Satz 2 LVwVfG ist auch dann auszugehen, wenn die Schädlichkeit oder Gefährlichkeit von Auswirkungen aufgrund neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse nunmehr anders zu beurteilen ist (vgl. vgl. BVerwG, Beschl. v. 13.07.1989 - 7 B 188.88 -, Buchholz 451.171 AtG Nr. 31; Urt. v. 19.12.1985 - 7 C 65.82 -, BVerwGE 72, 312).
120 
Ebenso wenig können die Kläger weitere Schutzvorkehrungen deshalb verlangen, weil vor dem Hintergrund der mit dem Lärmschutzkonzept verfolgten Ziel, die Einhaltung der Orientierungswerte nach der DIN 18005 für Wohngebiete zu gewährleisten, für ihre Grundstücke tatsächlich die Orientierungswerte für reine Wohngebiete einschlägig gewesen wären. Abgesehen davon, dass durchaus zweifelhaft erscheint, ob es sich bei dem im Wege einer Abrundungssatzung in den Innenbereich einbezogenen Ortsteil, der im Flächen-nutzungsplan nach wie vor als Mischbaufläche dargestellt ist, um ein reines Wohngebiet i. S. des § 3 BauNVO handelte, ist nicht ersichtlich, dass die Planfeststellungsbehörde ungeachtet dessen, dass diese Werte ohnehin nicht für die Straßenplanung verbindlich sind, die jeweils einschlägigen Werte hätte gewährleisten wollen. Vielmehr sollten im Hinblick auf die Wohnnutzung in Gunzenhaus gerade die Werte für ein allgemeines Wohngebiet gewährleistet werden. Insofern verhält es sich anders als in den Fällen, die etwa den Entscheidungen des Senats vom 08.03.2005 - 5 S 551/02 - (UPR 2005, 442) sowie vom 27.10.2010 - 5 S 1292/10 - zugrundelagen.
121 
Nach alldem sind die Berufungen sämtlicher Kläger zurückzuweisen. Die Kostenentscheidung bestimmt sich nach den §§ 154 Abs.2, 159 Satz 1, 162 Abs. 3 VwGO (vgl. zur Kostenaufteilung die Gründe des verwaltungsgerichtlichen Streitwertbeschlusses v. 11.11.2008 - 2721/08 -). Die außergerichtlichen Kosten des beigeladenen Landkreises, der keinen Antrag gestellt hat, behält dieser auf sich.
122 
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.
123 
Beschluss vom 8. Oktober 2012
124 
Der Streitwert wird auch für das Berufungsverfahren ungeachtet dessen auf EUR 18.500,-- (EUR 15.000,-- + EUR 3.500,-- <„für die Erbengemeinschaft“>) festgesetzt (vgl. VG Sig., Beschl. v. 11.11.2008 - 2 K 2721/08 -, AS 36), dass die Kläger zu 1 und 2 aufgrund (nunmehr erkannter) unterschiedlicher Betroffenheiten (Eigentum, Gesundheit) nicht mehr in Rechtsgemeinschaft klagen. So ist deren Begehren wirtschaftlich gesehen nach wie vor auf dasselbe Ziel gerichtet.
125 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Bundesfernstraßen dürfen nur gebaut oder geändert werden, wenn der Plan vorher festgestellt ist. Eine Änderung liegt vor, wenn eine Bundesfernstraße

1.
um einen oder mehrere durchgehende Fahrstreifen für den Kraftfahrzeugverkehr baulich erweitert wird oder
2.
in sonstiger Weise erheblich baulich umgestaltet wird.
Eine Änderung im Sinne von Satz 2 liegt insbesondere nicht vor, wenn sie im Zuge des Wiederaufbaus nach einer Naturkatastrophe erforderlich ist, um die Bundesfernstraße vor Naturereignissen zu schützen, und in einem räumlich begrenzten Korridor entlang des Trassenverlaufs erfolgt. Bei der Planfeststellung sind die von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange einschließlich der Umweltverträglichkeit im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigen. Für das Planfeststellungsverfahren gelten die §§ 72 bis 78 des Verwaltungsverfahrensgesetzes nach Maßgabe dieses Gesetzes. Die Maßgaben gelten entsprechend, soweit das Verfahren landesrechtlich durch ein Verwaltungsverfahrensgesetz geregelt ist.

(2) Ist das Planfeststellungsverfahren eingeleitet, kann die Planfeststellungsbehörde nach Anhörung der betroffenen Gemeinde eine vorläufige Anordnung erlassen, in der vorbereitende Maßnahmen oder Teilmaßnahmen zum Bau oder zur Änderung festgesetzt werden,

1.
soweit es sich um reversible Maßnahmen handelt,
2.
wenn an dem vorzeitigen Beginn ein öffentliches Interesse besteht,
3.
wenn mit einer Entscheidung zugunsten des Trägers des Vorhabens gerechnet werden kann und
4.
wenn die nach § 74 Absatz 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes zu berücksichtigenden Interessen gewahrt werden.
In der vorläufigen Anordnung sind die Auflagen zur Sicherung dieser Interessen und der Umfang der vorläufig zulässigen Maßnahmen festzulegen. Sie ist den anliegenden Gemeinden sowie den Beteiligten zuzustellen oder ortsüblich bekannt zu machen. Sie ersetzt nicht die Planfeststellung. § 16a bleibt unberührt. Soweit die vorbereitenden Maßnahmen oder Teilmaßnahmen zum Bau oder zur Änderung durch die Planfeststellung für unzulässig erklärt sind, ordnet die Planfeststellungsbehörde gegenüber dem Träger des Vorhabens an, den früheren Zustand wiederherzustellen. Dies gilt auch, wenn der Antrag auf Planfeststellung zurückgenommen wurde. Der Betroffene ist durch den Träger der Straßenbaulast zu entschädigen, soweit die Wiederherstellung des früheren Zustands nicht möglich oder mit unverhältnismäßig hohem Aufwand verbunden oder ein Schaden eingetreten ist, der durch die Wiederherstellung des früheren Zustandes nicht ausgeglichen wird. Rechtsbehelfe gegen die vorläufige Anordnung haben keine aufschiebende Wirkung; ein Vorverfahren findet nicht statt. Betrifft die vorläufige Anordnung ein Vorhaben im Sinne des § 17e Absatz 1, ist § 17e Absatz 1 und 5 in Bezug auf Rechtsbehelfe gegen die vorläufige Anordnung entsprechend anzuwenden.

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich gegen einen Planfeststellungsbeschluss, der den Umbau des plangleichen (höhengleichen) Knotenpunktes der Bundesstraße B 80 / Kreisstraße K 2147 (Knoten am Friedhof) zu einem planfreien (höhenfreien) Knotenpunkt als halbes Kleeblatt zum Gegenstand hat.

2

Die B 80 beginnt in der Stadt Halle und führt in westliche Richtung über die Lutherstadt Eisleben weiter nach Thüringen, das südliche Niedersachen und Nordhessen. Die K 2147 („T Landstraße“) führt vom Ort Zscherben im Südwesten zum Knotenpunkt mit der B 80 und als kommunale Straße weiter zur „E Straße“ im Ortsteil N der Stadt Halle. Unmittelbar südlich des Knotens in westlicher Richtung befinden sich die Zuwegung und der Parkplatz des Friedhofs Halle-Neustadt. Der Knotenpunkt soll in seiner Lage bezogen auf das Straßennetz unverändert bleiben. Zur Herstellung der planfreien Gestaltung des Kontenpunkts soll die K 2147 bzw. die kommunale Straße „Teutschenthaler Landstraße“ über die B 80 geführt und über Ausfahrtsrampen an die jeweiligen Richtungsfahrbahnen Eisleben und Halle, die mit Aus- und Einfädelspuren versehen werden, angebunden werden. Im Zuge der Überführung soll ein einseitiger gemeinsamer Geh-/Radweg im Zweirichtungsverkehr errichtet werden, der eine durchgängige Verbindung zwischen der Ortslage Nietleben bis zum Friedhof schafft. Des Weiteren soll das Wegenetz, insbesondere die Zufahrten zur vorhandenen Wohnbebauung, angepasst werden.

3

Am 15.09.2009 beantragte der Landesbetrieb Bau Sachsen-Anhalt, Niederlassung Süd (im Folgenden: LBB), als Vorhabenträger die Durchführung eines Planfeststellungsverfahrens für das Bauvorhaben. Zur Notwendigkeit der Baumaßnahme führte er (vgl. S. 7 ff. des 1. Erläuterungsberichts, Beiakte A – Mappe 1) u.a. aus, der Ausbau des Knotens sei aufgrund der mangelhaften Verkehrsverhältnisse, fehlender Fahrbeziehungen, der fehlenden Verkehrssicherheit und des Zustandes der Verkehrsflächen veranlasst worden. Der Knotenpunkt sei ein Unfallschwerpunkt. Im Rahmen der Vorplanung seien Varianten zur Knotenpunktgestaltung erarbeitet worden, die sowohl plangleiche als auch planfreie Lösungen variierend beinhalteten. Eine plangleiche Lösung sei auf Grund der Verkehrssicherheit und Leistungsfähigkeit nicht möglich. Unter Berücksichtigung von Zwangspunkten – insbesondere die Lage des B-Plan-Gebietes Nr. 2 „Granauer Berg“ – komme die vorliegende Variante zum Tragen. In die Vorplanung seien Ergebnisse verkehrstechnischer Untersuchungen eingeflossen. Die Planung des Knotenpunktes sei zudem in Abstimmung mit den Belangen der Stadt Halle erfolgt. Die fußläufige Verbindung zwischen der Ortslage N und dem Friedhof sei zu gewährleisten und die Wegebeziehungen zu optimieren.

4

Die Planunterlagen wurden nach Bekanntmachung im Amtsblatt der Stadt Halle vom 11.11.2009 in der Zeit vom 16.11.2009 bis zum 15.12.2009 ausgelegt. Aufgrund der Betriebsferien der Stadtverwaltung wurde der Auslegungszeitraum bis zum 08.01.2010 verlängert; darauf wurde im Amtsblatt der Stadt Halle vom 09.12.2009 hingewiesen.

5

Der Kläger hat als Inhaber eines landwirtschaftlichen Betriebes mit Vertrag vom 15.08.2008, der (zunächst) bis zum 30.09.2026 läuft und sich bei nicht fristgerechter Kündigung um 3 Jahre verlängert, Ackerflächen nördlich der B 80 und westlich der Eislebener Straße (Gemarkung A-Stadt, Flur A, Flurstücke 11 und 12) im Umfang von ca. 2 ha gepachtet, die durch das Bauvorhaben zu einem erheblichen Teil in Anspruch genommen werden.

6

Der Kläger erhob im Aufstellungsverfahren mit Schreiben vom 20.01.2010 folgende Einwendungen: Es sei auch bundespolitisches Ziel, den Verbrauch von landwirtschaftlichen Flächen für Bauzwecke zu reduzieren. Bei der nordwestlich der Kreuzung gelegenen Fläche handele es sich um bestes ertragreiches Ackerland, das es zu erhalten gelte. Für das Linksabbiegen aus Richtung Westen (Eisleben) sei eine Linksabbiegerspur völlig ausreichend und wesentlich kostengünstiger. Die Linksabbiegerspur aus Richtung Osten (Halle) nach Zscherben zeige, dass diese Lösung völlig ausreichend und deutlich kostengünstiger sei als das hier in Rede stehende Brückenbauwerk. Verkehrspolitisches Ziel müsse es aus Sicherheits- und Lärmschutzgründen auch sein, den Verkehr auf der B 80 zu beruhigen bzw. zu verlangsamen. Durch das Brückenbauwerk werde das Gegenteil erreicht. Die Fahrgeschwindigkeiten würden sich erhöhen und die Unfallzahlen in diesem Bereich im Falle der Brückenlösung steigen. Weiterhin werde die Verkehrsbelastung in der Ortslage N erheblich zunehmen; dadurch würden dort die Lärmbelastung und die Aufwendungen für die Straßeninstandhaltung deutlich erhöht. Ziel müsse es aber sein, den Verkehr in den bewohnten Ortslagen so gut wie möglich zu reduzieren. Auch stelle das gewaltige Bauwerk einen ganz erheblichen Eingriff in die Landschaft dar. Trotz der geplanten Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen komme es zu einem erheblichen Eingriff in die Ökosysteme. Darüber hinaus führe das geplante Brückenbauwerk nicht nur in der Bauphase zu erheblichen Belastungen für die direkten Anwohner und zu einer erheblichen Wertminderung der angrenzenden Grundstücke. Zu berücksichtigen sei auch, dass sein landwirtschaftlicher Betrieb bereits durch den Weiterbau der Bundesautobahn A 143 von erheblichem Flächenverlust betroffen sei. Aufgrund des zusätzlichen Flächenverlusts durch das hier geplante Bauvorhaben sei zu prüfen, ob sein Betrieb in seiner Existenz bedroht sei. Weiterhin sei zu prüfen, ob das Verkehrsgutachten, das Grundlage der bisherigen Planungen sei, die Veränderungen im Verkehrsfluss die durch die Fertigstellung der A 38 wie der in absehbarer Zeit erfolgenden Fertigstellung der L 164n und den in der Planfeststellung befindlichen Weiterbau der A 143 entstehen, ausreichend berücksichtigt habe. Augenscheinlich sei heute schon festzustellen, dass allein durch die Fertigstellung der A 38 der Verkehr auf der B 80 nachgelassen habe. Auch deshalb sei davon auszugehen, dass Linksabbiegerspuren für diese Kreuzung ausreichend seien.

7

Hierzu nahm der LBB mit Schreiben vom 15.04.2010 u.a. wie folgt Stellung (Beiakte F, Bl. 817 ff.): Die vorhandene Lichtsignalanlage (LSA) am streitigen Knoten überschreite in der vorliegenden Form seine Leistungsfähigkeit, d.h. der Knoten sei bereits ausgelastet bzw. überlastet. Im Rahmen der Vorplanung seien unterschiedliche Varianten untersucht worden, auch der Ausbau der Kreuzung mit LSA, Linksabbiegespuren, Rechtsabbiegestreifen bzw. Ausfahrkeilen und Dreiecksinseln. Die verkehrstechnische Berechnung habe ergeben, dass bei dieser Variante in der Prognose für 2015 bzw. 2020 ebenfalls eine Überlastung auftreten werde. Die topographischen Verhältnisse, die Längsneigung und die Sichtverhältnisse aus Richtung Eisleben kommend, erforderten Einschränkungen hinsichtlich der fahrbaren Geschwindigkeit am Knoten. Der Knoten sei erst sehr spät zu erkennen und werde zudem infolge der vorhandenen Streckencharakteristik vom Verkehrsteilnehmer nicht erwartet. Im Zuge der B 80 – von der Anschlussstelle der Bundesautobahn A 38 bis in die Innenstadt (Knoten Vstraße) – sei er der einzige plangleiche Knoten. Die benannte Problematik hinsichtlich Topographie, Sicht und Geschwindigkeit spiegele sich in der Unfallstatistik wider. Dadurch stelle der Knoten in der vorliegenden Form einen Unfallschwerpunkt dar, der mit dem Bau der Brücke beseitigt werde. Die B 80 sei nach den Richtlinien der integrierten Netzgestaltung (RIN) als großräumige Straßenverbindung (LS 1) eingestuft und auch Autobahnzubringer. Damit liege in diesem Fall das verkehrspolitische Ziel nicht in einer Verkehrsberuhigung, sondern in der Sicherung der Verkehrssicherheit und Leistungsfähigkeit entsprechend der maßgebenden Verbindungsfunktion. Für das geplante Vorhaben sei eine schalltechnische Untersuchung sowie eine Luftschadstoffuntersuchung erstellt worden. Nach der schalltechnischen Untersuchung liege keine wesentliche Änderung einer Straße im Sinne von § 1 der 16. BImSchV vor. In der Schadstoffsituation sei im Ergebnis festgestellt worden, dass die ermittelten Immissionen unterhalb der vom Gesetzgeber festgelegten kritischen Werte liegen. Die Eingriffe in die Landschaft und die Ökosysteme seien im Rahmen eines landschaftspflegerischen Begleitplanes und eines artenschutzrechtlichen Fachbeitrages bewertet worden; entsprechende Maßnahmen würden vorgesehen. Für die Berechnung der Leistungsfähigkeit des Knotens sei die Prognose IV bzw. V der Stadt Halle herangezogen worden (für den Prognosehorizont 2015 bzw. 2020), die sowohl die A 143 (mit und ohne Fertigstellung bis zur A 14) als auch den Ausbau der Osttangente bis zur B 100 berücksichtigten. Für die B 80 sei ein Rückgang der Verkehrsbelastung nicht zu erwarten.

8

Im Erörterungstermin am 28.07.2010 führte der Kläger ergänzend aus, er rege an, einen Kreisverkehr anzulegen; solche Anlagen hätten sich in der Vergangenheit immer wieder als ausgesprochen leistungsfähig erwiesen. Im Rahmen der Planfeststellung und Verwirklichung des vorgesehenen Lückenabschnittes der A 143 habe er mit einem erheblichen Verlust landwirtschaftlicher Flächen zu rechnen; die beiden Vorhaben seien im Zusammenhang zu betrachten. Die gegebene mangelhafte Verkehrssicherheit der Kreuzung sei auch durch eine stärkere verkehrspolizeiliche Überwachung in den Griff zu bekommen.

9

Mit dem angefochtenen Planfeststellungsbeschluss vom 29.03.2012 stellte der Beklagte den Plan für den Ausbau der B 80 / K 2147 – Knoten am Friedhof – fest.

10

In der Begründung heißt es, der Ausbau des Knotenpunktes sei aus Gründen des Gemeinwohls objektiv notwendig. Der jetzige Zustand dieses Knotenpunktes entspreche in keiner Weise den verkehrlichen Erfordernissen. Die Verkehrsverhältnisse seien mangelhaft. Fehlende Fahrbeziehungen, fehlende Verkehrssicherheit und ein schlechter Zustand der Verkehrsflächen hätte den Knotenpunkt zu einem Unfallschwerpunkt werden lassen. Der vorhandene plangleiche Knoten sei überlastet; er besitze trotz der vorhandenen Lichtzeichenanlage nicht die Leistungsfähigkeit, den auftretenden Verkehr störungsfrei abzuwickeln. Zu Zeiten der Verkehrsspitzen träten regelmäßig und unvermeidlich Rückstaus auf. Dies sei angesichts der gegebenen schwierigen topographischen Verhältnisse nicht hinnehmbar. Insbesondere für Verkehrsteilnehmer, die aus Richtung Eisleben kommen, sei der Knoten erst sehr spät zu erkennen, zudem werde er aufgrund der Streckencharakteristik in der Form nicht erwartet. Der Knoten sei im Zuge der B 80 zwischen der Anschlussstelle zur A 143 und der Innenstadt Halle der einzige plangleiche Knoten. Bereits deshalb dränge es sich auf, auch ihn höhenungleich auszugestalten und so den übrigen Knoten im Trassenverlauf anzupassen.

11

Eine Optimierung des bestehenden höhengleichen Knotenpunktes sei auf Grund der räumlich-topographischen Bedingungen nicht mehr möglich. Diesen Befund belegten auch die herangezogenen Verkehrsprognosen. Für die Betrachtung der im Rahmen der Vorplanung zu entwickelnden Knotenpunktvarianten und zur Berechnung deren Leistungsfähigkeit sei die Prognose IV (Individualverkehr) der Stadt Halle herangezogen worden. Sie berücksichtige den Horizont 2015. Trotz eines allgemein erwarteten Rückganges der Verkehrsbelastung, sei für die B 80 in diesem Bereich ein Anstieg zu erwarten. Die Prognose weise für den Knoten eine Belastung von 35.402 Kfz/24h aus. In der Spitzenstunde betrage der DTV der Prognose 2.981 Kfz/h. Im Zuge des Planungsverlaufes sei ein Abgleich mit den aktuellen Daten der Prognose 2020 der Stadt Halle erfolgt. Hierbei würden zwei Fälle unterschieden: Belastung mit Fertigstellung der BAB 143 (Weiterführung von der B 80, NK 4537 039 bis zur Anbindung an die BAB 14 nördlich von Halle) und ohne BAB 143. Im Vergleich ergäben sich folgende Daten:

12

Prognosehorizont

DTV [Kfz/24h]

Spitzenstunde [Kfz/h]

2015   

35.402

2.981 

2020 mit A 143

32.742

2.853 

2020 ohne A 143

38.202

3.313 

13

Dabei sei auf der Basis der Prognosen für 2015 und ergänzend für 2020 – sowohl mit als auch ohne A 143 – die Leistungsfähigkeit der Varianten ermittelt worden. Die verkehrstechnische Untersuchung (Unterlage 15.1) sei fortgeschrieben worden. Aus den Prognosedaten werde deutlich, dass die Verkehrsbelastung des Knotens selbst unter den günstigen Bedingungen auch zukünftig – insbesondere zu den Spitzenzeiten – so groß sein werde, dass ohne bauliche Veränderung die heutige Überlastungssituation fortbestehen werde.

14

Die Einwände des Klägers wurden mit folgender Begründung zurückgewiesen: Mit dem Einwand, im Hinblick auf den Flächenbedarf beim Weiterbau der A 143 sehe er die Existenz seines landwirtschaftlichen Betriebes gefährdet, könne der Kläger erst in demjenigen Planfeststellungsverfahren Gehör finden, in welchem die Existenzgefährdung tatsächlich eintrete. Im Übrigen habe er seinen diesbezüglichen Einwand auch nicht hinreichend präzisiert. Der von ihm vorgeschlagene Ausbau des vorhandenen Knotens mittels einer Linksabbiegespur in Richtung N brächte, wie sich bei der im Vorfeld der Planung vorgenommen verkehrstechnischen Berechnung ergeben habe, nicht die gebotene Erhöhung der Leistungsfähigkeit des Knotens mit sich. Überhaupt sei eine Optimierung des bestehenden höhengleichen Knotenpunktes bereits auf Grund der räumlich-topographischen und visuellen Bedingungen nicht mehr möglich. Für Verkehrsteilnehmer, die aus Richtung Eisleben kommen, sei der Knoten erst sehr spät zu erkennen, zudem werde er aufgrund der Streckencharakteristik in der Form auch nicht erwartet. Der Knoten sei im Zuge der B 80 zwischen der Anschlussstelle zur A 143 und der Innenstadt von Halle der einzige plangleiche Knoten. Bereits deshalb dränge es sich auf, auch ihn höhenungleich auszugestalten und so den übrigen Knoten im Trassenverlauf anzupassen. Auch der ins Spiel gebrachte Kreisverkehr würde die für 2015 bzw. 2020 prognostizierte Überlastung nicht verhindern. Ein solcher sei zwar im Prinzip leistungsfähiger als eine Ampelkreuzung. Wenn aber, wie hier, die Verkehrsbelastung der zuführenden Äste stark voneinander differiere, sei die Anlegung eines Kreisverkehres kein geeignetes Mittel, den Verkehrsfluss zu fördern. Hinzu komme, dass die Unübersichtlichkeit des Knotens das Unfallrisiko noch erhöhen würde.

15

Der Planfeststellungsbeschluss wurde dem Kläger am 14.04.2012 zugestellt.

16

Am 14.05.2012 hat der Kläger Klage erhoben, zu deren Begründung er Folgendes vorträgt:

17

Bereits am 18.05.2005 sei der Planfeststellungsbeschluss für den Neubau der A 143 nördlich des Knotens mit der B 80 ergangen. Diesen habe zwar das Bundesverwaltungsgericht mit Urteil vom 17.01.2007 aufgehoben. Das Vorhaben werde aber weiter betrieben. Seit Oktober 2009 laufe das dazu erforderliche ergänzende Verfahren. Nach den bisher bekannten Unterlagen würden seinem Betrieb mit einer landwirtschaftlichen Nutzfläche von 4.030.253 m² für den Neubau dieses Abschnitts der A 143 ca. 52.112 m² Pachtflächen und ca. 85 m² Eigentumsflächen auf Dauer entzogen. Zudem würden etwa 147.409 m² Eigentumsflächen mit einer Dienstbarkeit belastet, so dass seinem Betrieb faktisch Flächen von insgesamt ca. 199.606 m² verloren gingen. Aufgrund der beiden Vorhaben – Knotenausbau B 80 / K 2147 und Neubau der A 143 – sei der von ihm zugezogene Sachverständige zu der Einschätzung gelangt, dass sich für beide Maßnahmen ein Produktionsflächenverlust für den Betrieb von insgesamt ca. 219.606 m² (21,9606 ha) ergebe, was ca. 5,45 % der von ihm landwirtschaftlich genutzten Fläche entspreche. Zu diesen beiden Vorhaben komme noch ein drittes Vorhaben hinzu, das unter Beanspruchung von 9 bis 10 ha seiner Pachtflächen realisiert werden solle. Aktuell betreibe die Gemeinde S. in ihrem Ortsteil (…) auf bisherigen Ackerflächen die Ausweisung und Erschließung eines neuen, mehrere Hektar umfassenden Gewerbegebiets im nördlichen Anschluss an die B 80 und im westlichen Anschluss an die neue A 143. Im Ergebnis dieser Planungen stünden ihm zukünftig noch weniger Betriebsflächen. Eine Existenzgefährdung sei dennoch im Verfahren nicht geprüft worden.

18

Es fehle zudem an der Planrechtfertigung des Vorhabens. Die der Planung zu Grunde liegenden Verkehrsprognosen gingen von einer Steigerung des Verkehrs zwischen den Jahren 2010 und 2015 um 70 % aus, ohne dass dafür irgendeine plausible Erklärung geliefert würde. Tatsächlich sei vielmehr von einem künftigen kontinuierlichen Rückgang des Verkehrs auszugehen. Die Technische Universität Dresden (Fakultät Verkehrswissenschaften, Institut für Verkehrsplanung und Straßenverkehr) sei zu der Einschätzung gelangt, dass der vorliegenden Planung ein traditioneller und im Rahmen der verwendeten Denkstrukturen konsistenter und rein verkehrstechnischer Ansatz zugrunde liege, der zwar typisch sei und in den vergangenen Jahrzehnten fast überall in Deutschland angetroffen worden sei, der aber wissenschaftlich betrachtet schon lange als völlig überholt gelte. Bedingt durch den demografischen Wandel sei von einer in den nächsten Jahren kontinuierlich erheblich sinkenden Verkehrsstärke im Bereich des Knotenpunktes auszugehen. Zur Einschätzung der demografischen Entwicklung im Einzugsgebiet des geplanten Vorhabens seien die Prognosen des zuständigen Ministeriums für Landesentwicklung und Verkehr des Landes Sachsen-Anhalt heranzuziehen. Von diesem Bevölkerungsrückgang seien insbesondere die im hier zu betrachtenden Abschnitt der B 80 erschlossene Stadt Halle/Saale (-10,0 %) sowie der Landkreis Mansfeld-Südharz (-27,7 %) und der Saalekreis (-17,9 %) betroffen. Die Altersklassen, die hohe Aktivitätsraten aufweisen und im Erwerbsprozess stehen, nähmen ständig ab. Dies belege eine vom Bundesministerium für Bildung, Forschung und Technologie in Auftrag gegebene Studie der Projektgruppe INVERMO an der Universität Karlsruhe. Für die Zukunft sei damit von einer dramatischen Reduzierung der täglichen Wege insgesamt in Deutschland, insbesondere derjenigen mit dem PKW auszugehen. Die von der Bundesanstalt für Straßenwesen regelmäßig durchgeführten Zählungen an Bundesstraßen zeigten bereits diese Trendwende hin zu einer Abnahme der Verkehrsstärke. Dies gelte gerade auch in Sachsen-Anhalt, etwa im Abgleich der Prognosen für die A 38, bei der im Jahr 2010 anstelle der in der Planfeststellung prognostizierten 55.000 Fahrzeuge pro Tag tatsächlich nur 25.000 täglich gezählt worden seien. Im Bereich des streitigen Knotenpunktes B 80 / K 2147 komme hinzu, dass es durch die künftige Inbetriebnahme der derzeit im Planfeststellungsverfahren befindlichen Abschnitts der A 143 zu einer signifikanten Entlastung der B 80 in diesem Bereich kommen werde. Davon gehe auch die Planfeststellung selbst aus. Allerdings seien die Prognosezahlen insgesamt völlig unrealistisch hoch angegeben, weshalb auch bezüglich der Auswirkungen der A 143 von einem erheblich höheren Rückgang ausgegangen werden müsse. Völlig unberücksichtigt geblieben seien der Bau der L 164n vom Knotenpunkt A 143 / L 164n bis in das Gewerbegebiet Halle-Neustadt bzw. von Halle-Neustadt auf die L 173. Nach der Freigabe dieser Straße im Oktober 2011 sei der Verkehr am streitigen Knoten bereits erheblich zurückgegangen. Mit der zukünftigen Freigabe des noch in Planung befindlichen neuen Abschnitts der A 143 werde eine zusätzliche ganz erhebliche Entlastung verbunden sein. Die fortlaufend durchgeführten Verkehrszählungen könnten zur Überprüfung der Prognosezahlen herangezogen werden. Ausgehend von der tatsächlich wesentlich geringeren Verkehrsbelastung des Knotens als in der Planfeststellung angenommen sowie der künftig sogar noch erheblich weiter zurückgehenden Verkehrsbelastung fehle auch den Überlegungen zu Alternativen und zur künftigen Unfallsituation die planerische Grundlage.

19

Der Kläger beantragt,

20

den Planfeststellungsbeschluss des Beklagten vom 29.03.2012 für das Vorhaben „Ausbau der B 80 / K 2147 – Knoten am Friedhof“ aufzuheben.

21

Der Beklagte beantragt,

22

die Klage abzuweisen.

23

Er trägt vor, die Planrechtfertigung ergebe sich bereits daraus, dass der Vorhaben- und Straßenbaulastträger zur verkehrsgerechten Herstellung einer vorhandenen Bundesstraße verpflichtet sei. Die Defizite des vorhandenen Knotens und deren Folgen seien im Planfeststellungsbeschluss in den Ausführungen zur Planrechtfertigung ausführlich beschrieben. Die Beseitigung des letzten plangleichen Knotens der B 80 zwischen dem Anschluss der A 143 und der Einfahrt nach Halle am Rennbahnkreuz entspreche den Vorgaben der Richtlinien für die Anlage von Straßen – Netzgestaltung (RAS – N 1988), die für zweibahnige Straßen der Kategorie A 1 (wozu die B 80 hier gehöre) und A II wegen der Einheitlichkeit der Streckencharakteristik generell planfreie Knoten empfehlen. Die Unfallträchtigkeit des vorhandenen Knotens ergebe sich aus der vorgelegten Analyse des Unfallgeschehens der Polizei Halle vom 10.08.2012.

24

Die vom Kläger vertretene These vom Verkehrsrückgang aufgrund Bevölkerungsrückganges und überproportionalem Rückgang der Erwerbsfähigen werde durch die von ihm angeführte Studie „Mobilität in Deutschland 2008“ in der Gesamtschau nicht belegt. Die Erhebungen der 5. Regionalisierten Bevölkerungsprognose des Landes Sachsen-Anhalt (5. RBP) ergäben für Halle einen geringeren Zuwachs der Altersgruppe „65 und älter“ im Vergleich zum Landesdurchschnitt. Zur Mobilität habe die Studie u.a. die Aussage getroffen, dass das bei etwa gleichbleibender Bevölkerung etwas wachsende Verkehrsaufkommen wesentlich auf eine stärker ausgeprägte Mobilität der heutigen Senioren zurückzuführen sei. Sie seien aktiver als frühere Generationen in diesem Alter und nutzten, nicht zuletzt aufgrund ihrer bisherigen Verkehrssozialisation, häufiger das Auto. Der Pkw bleibe das wichtigste Verkehrsmittel.

25

Auch die Erwartung eines Verkehrsrückganges durch Realisierung paralleler Straßenvorhaben, könne dem Vorhaben nicht die Rechtfertigung nehmen. Die Fertigstellung der A 143 sei bei der Ermittlung der Verkehrsprognose im Projekt für 2020 mit eingeflossen, allerdings mit der Einschränkung, dass zum Planungszeitpunkt nur die 4. Regionalisierte Bevölkerungsprognose (4. RBP) bekannt gewesen sei. Zwar sei die Entlastung der B 80 durch den Bau der L 164n noch nicht berücksichtigt worden; jedoch trete eine Entlastung nur für Fahrbeziehungen in Richtung Süden (über die A 143 zur A 38 Richtung Leipzig) ein. Das Verkehrsplanungsbüro (P.) habe die Grundlagen für die Berechnung der Verkehrserhebung der Stadt Halle zur Verfügung gestellt, die in die verkehrstechnische Untersuchung eingeflossen seien. Die (P.) habe eine neue Berechnung unter Berücksichtigung der 5. RBP sowie aller bis 2025 geplanten Straßenbauvorhaben für den Großraum Halle erarbeitet. Zum Zeitpunkt der Erstellung der Planunterlagen seien alle verfügbaren aktuellen Verkehrszahlen verwendet worden. Insbesondere seien in die Berechnung die Prognoseentwicklungen für 2015 und 2020 aus dem Verkehrsmodell der Stadt Halle eingeflossen. Der Hinweis des Klägers auf die Dauerzählstelle Bennstedt sei ohne Belang, da diese Zählung westlich der A 143 zwischen den Abzweigen Bennstedt und Langenbogen erfolge und nicht den stadteinwärts fließenden Verkehr nach Halle erfasse.

26

Die wichtigste Begründung des Planungsauftrages sei indes die Beseitigung des Unfallschwerpunktes. So seien nach Auskunft der Unfallkommission der Stadt Halle allein in den letzten vier Jahren trotz zwischenzeitlich aufgestellter Vorblinkanlage 34 Unfälle mit 13 Verletzten aufgetreten. Die Polizei Halle habe für die Jahre 2008 bis 2011 dem Bereich des Knotens sogar 59 Unfälle mit 8 Schwerverletzten und 22 Leichtverletzten zugeordnet. In der Berechnung der Leistungsfähigkeit werde deutlich, dass ein lichtsignalgeregelter Knoten mit Linksabbiegspuren nicht ausreiche und nur die Verkehrsqualitätsstufe „F“ erreiche. Eine überschlägige Neuberechnung der Leistungsfähigkeit des Knotens mit den nun für 2025 verminderten Belegungszahlen weise an vier Fahrspuren zwar gerade noch eine Verkehrsqualitätsstufe „D“ mit einem Sättigungsgrad von 94 % aus und tendiere damit schon sehr zur Qualitätsstufe „E“. Neben der reinen Orientierung auf die Belegungszahlen dürften aber auch die Sicherheitsaspekte auf Grund der geometrischen Gegebenheiten vor Ort und der vorhandenen Neigungs- und Sichtverhältnisse nicht außer Acht gelassen werden. Sie seien die ausschlaggebenden Faktoren für die an dieser Stelle auftretende Unfallhäufigkeit. Nur wenn die Konfliktpunkte „kreuzender bzw. linksabbiegender Verkehr“ und „haltender Verkehr an der Lichtzeichenanlage“ beseitigt seien, könne von einem Sicherheitszugewinn an diesem Knotenpunkt gesprochen werden.

27

Angesichts einer Größe des klägerischen Betriebes von ca. 403 ha habe keine Veranlassung bestanden, in eine nähere Prüfung einzutreten, ob der durch das Vorhaben bewirkte Verlust von Betriebsflächen im Umfang von ca. 2 ha Existenz gefährdende Auswirkungen auf den Betrieb des Klägers habe. Sollte die Flächeninanspruchnahme im Planfeststellungsverfahren zum Neubau der A 143 eine Existenzgefährdung auslösen, sei die solchermaßen drohende Schädigung des Betriebs im Kontext dieses Planfeststellungsverfahrens abzuwenden. Eine andere Beurteilung käme nur dann in Betracht, wenn die Verluste im laufenden Verfahren ob ihres Umfanges den Betrieb derart nahe an die Grenze zur Existenzgefährdung heranführen würden, dass bereits ein vergleichsweise geringer Flächenverlust im Rahmen eines schon abzusehenden weiteren Planfeststellungsbeschlusses zur Grenzüberschreitung führen müsste. Da nach den Angaben des Klägers aber nur knapp 10% der erwarteten Flächenverluste auf die streitgegenständliche Planung entfielen, sei nicht zu befürchten, dass der Verlust von ca. 2 ha Pachtland bereits irreparable Fakten schaffe. Hinzu komme, dass im vorliegenden Planfeststellungsverfahren die Inanspruchnahme für die Baumaßnahme selbst erfolge, während im Planfeststellungsverfahren zur A 143 sie allein der Durchführung von Ausgleichs- bzw. Ersatzmaßnahmen dienen solle. Da sich das Planfeststellungsverfahren zur A 143 noch einige Zeit hinziehen werde und noch nicht mit Gewissheit vorherzusehen sei, ob das dortige Schutzkonzept unverändert bleibe, erscheine es wenig sinnvoll, das hiesige Verwaltungsstreitverfahren mit den Imponderabilien eines anderen Planfeststellungsverfahrens zu belasten.

28

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten und die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe

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Die Klage hat keinen Erfolg.

30

I. Die Klage ist zwar zulässig, insbesondere, ist der Kläger klagebefugt (§ 42 Abs. 2 VwGO). Er kann geltend machen, durch das planfestgestellte Vorhaben, insbesondere die (dauerhafte) Inanspruchnahme von ihm gepachteter landwirtschaftlich genutzter Flächen in seinen Rechten verletzt zu sein (vgl. BVerwG, Urt. v. 01.09.1997 – 4 A 36.96 –, BVerwGE 105, 178 [179 ff.], RdNr. 25 ff. in juris).

31

II. Die Klage ist aber nicht begründet. Der Kläger hat weder einen Anspruch auf die begehrte Aufhebung des streitigen Planfeststellungsbeschlusses noch auf die – im Aufhebungsantrag als minus enthaltene (vgl. BVerwG, Urt. v. 09.06.2004 - 9 A 11.03 -, BVerwGE 121, 72, RdNr. 35 in juris) – Feststellung, dass der Planfeststellungsbeschluss rechtswidrig und deshalb nicht vollziehbar ist.

32

1. Formelle Mängel des Planfeststellungsbeschlusses sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.

33

2. Auch erhebliche materielle Mängel, die zur Aufhebung oder Feststellung der Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit des Planfeststellungsbeschlusses führen, lassen sich nicht feststellen.

34

Dem Planfeststellungsbeschluss kommt, da er Grundlage der nachfolgenden Enteignung ist, eine enteignungsrechtliche Vorwirkung zu. Da ein auf der Grundlage der §§ 535 ff. BGB begründetes Rechtsverhältnis nach den einschlägigen privatrechtlichen Vorschriften Bestandsschutz genießt und deshalb die Qualität von Eigentum im Sinne des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG hat (BVerwG, Urt. v. 01.09.1997, a.a.O., RdNr. 26, m.w.N.), haben nicht nur die von der Planung betroffenen Grundstückseigentümer, sondern auch Pächter von Grundstücken, die für das Vorhaben benötigt werden, Anspruch auf gerichtliche Überprüfung des Planfeststellungsbeschlusses auf seine objektive Rechtmäßigkeit (sog. Vollüberprüfungsanspruch), soweit der geltend gemachte Fehler für die Inanspruchnahme der Grundstücke kausal ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 10.10.2012 – 9 A 19.11 – NVwZ 2013, 649, RdNr. 13).

35

2.1. Der angegriffenen Planung fehlt es nicht an der erforderlichen Rechtfertigung. Insbesondere kann der Kläger in diesem Zusammenhang nicht mit Erfolg einwenden, die Beibehaltung einer höhengleichen Kreuzung oder das Anlegen eines Kreisverkehrs wären ausreichend gewesen.

36

Ein Planungsvorhaben ist dann gerechtfertigt, wenn sich das Vorhaben – gemessen an den Zielsetzungen des anzuwendenden Fachplanungsgesetzes – insgesamt als vernünftigerweise geboten erweist (BVerwG, Beschl. v. 15.07.2005 – 9 VR 39.04 –, juris, RdNr. 6, Beschl. v. 25.02.2014 – 7 B 24.13 –, juris RdNr. 9). Die Frage der Planrechtfertigung unterliegt zwar der vollen gerichtlichen Überprüfung. Gleichwohl ist die Planrechtfertigung eine praktisch nur bei groben und einigermaßen offensichtlichen Missgriffen wirksame Schranke der Planungshoheit (BVerwG, Urt. v. 11.07.2001 – 11 C 14.00 –, BVerwGE 114, 364 [372], RdNr. 32 in Juris). Einen solchen planerischen Missgriff stellt das streitige Vorhaben nicht dar.

37

2.1.1. Der Erforderlichkeit der geplanten Maßnahme steht nicht entgegen, dass sie im Bedarfsplan für Bundesfernstraßen nicht ausgewiesen ist. Auch an Bundesfernstraßen, deren Ausbau in dem Bedarfsplan nicht oder erst in einer späteren Dringlichkeitsstufe vorgesehen ist, können einzelne Verbesserungsmaßnahmen, d.h. Maßnahmen von geringer örtlicher Ausdehnung wie Kurvenbegradigungen, Änderungen oder Beseitigungen von Bahnübergängen, Fahrbahnverbreiterungen und kleine Ortsumgehungen, notwendig werden (BVerwG, Beschl. v. 15.05.2001 – 4 B 32.01 –, NVwZ 2001, 1163 [1164], RdNr. 8 in juris).

38

2.1.2. Gemäß § 3 Abs. 1 Satz 2 FStrG haben die Träger der Straßenbaulast nach ihrer Leistungsfähigkeit die Bundesfernstraßen in einem dem regelmäßigen Verkehrsbedürfnis genügenden Zustand zu bauen, zu unterhalten, zu erweitern oder sonst zu verbessern; dabei sind die sonstigen öffentlichen Belange einschließlich des Umweltschutzes sowie behinderter und anderer Menschen mit Mobilitätsbeeinträchtigung mit dem Ziel, möglichst weitreichende Barrierefreiheit zu erreichen, zu berücksichtigen. Eine Straßenplanung ist auch dann noch vernünftigerweise geboten, wenn mit dem Vorhaben eine Verbesserung der Verkehrsverhältnisse nicht in jeder Hinsicht bzw. nur teilweise gelingt (Urt. d. Senats v. 10.10.2013 – 2 K 99/12 –, juris, RdNr. 128).

39

Gemessen an diesen Zielsetzungen lässt sich ein konkretes Bedürfnis für das Vorhaben feststellen. Mit dem geplanten Umbau des Knotenpunktes soll dessen Leistungsfähigkeit, insbesondere der Verkehrsfluss auf der B 80 und die Sicherheit der Verkehrsteilnehmer verbessert werden.

40

Dem kann der Kläger nicht mit Erfolg entgegen halten, die der Planung zu Grunde liegenden Verkehrsprognosen, die von einer Steigerung des Verkehrs zwischen den Jahren 2010 und 2015 ausgehe, sei fehlerhaft bzw. beruhe auf einem veralteten Ansatz, so dass auch den Überlegungen zu Alternativen und zur künftigen Unfallsituation die Grundlage fehle. Selbst wenn keine Zunahme sondern ein Rückgang des motorisierten Verkehrs anzunehmen sein sollte, würde allein die Entschärfung des Knotens als Unfallschwerpunkt die Planung rechtfertigen.

41

Der Beklagte hat im Planfeststellungsbeschluss zwar auch darauf abgestellt, dass nach der vorliegenden Verkehrsuntersuchung die Leistungsfähigkeit des Knotens nicht mehr gewährleistet sei. Er hat den Plan maßgeblich aber auch damit gerechtfertigt, dass eine Umgestaltung aus Gründen der Verkehrssicherheit geboten sei. Er hat im Einzelnen dargelegt, weshalb die Verkehrsverhältnisse am Knoten mangelhaft sind (vgl. S. 19 f. des Planfeststellungsbeschlusses). Fehlende Fahrbeziehungen, fehlende Verkehrssicherheit und ein schlechter Zustand der Verkehrsflächen hätten den Knotenpunkt zu einem Unfallschwerpunkt werden lassen. Neben der fehlenden Linksabbiegespur aus Richtung Eisleben fehlten auch Rechtsabbiegestreifen bzw. Ausfahrkeile, Dreiecksinseln und Fahrbahnteiler in den untergeordneten Knotenpunktzufahrten. Vielfach bögen Verkehrsteilnehmer, die eigentlich links abbiegen wollten, zunächst nach rechts in Richtung Z ab, wendeten im Bereich des angrenzenden Parkplatzes und querten dann die B 80. Dadurch würden Verkehrssicherheit und Leistungsfähigkeit sowohl in der Knotenpunktzufahrt als auch auf dem Parkplatz erheblich beeinträchtigt. Die bauliche Ausgestaltung der Linksabbiegespur aus Richtung Halle entspreche nicht den geltenden Richtlinien. Eckausrundungen seien unzureichend ausgebildet. Die untergeordneten Knotenpunktzufahrten genügten hinsichtlich Querschnitt, Flächenangebot und Oberflächenbeschaffenheit (Kopfsteinpflaster) weder den heutigen Anforderungen des motorisierten Verkehrs, noch böten sie Radfahrern und Fußgängern Fahrkomfort und Sicherheit. Der südwestlich an den Knoten angrenzende Parkplatz des Friedhofs Halle-Neustadt diene zugleich als Halte- und Wendepunkt zweier Buslinien des ÖPNV. Eine Einfahrt in den Haltebereich sei für die Busse beider Linien nur über die nördliche, im unmittelbaren Knotenpunktbereich gelegene Parkplatzeinfahrt möglich. Die Busse des ÖPNV könnten nur im Zuge der Grünphase der untergeordneten Knotenarme in den Haltebereich ein- und ausfahren, woraus sich Behinderungen und Zeitverluste ergäben. Zudem überlagerten sich die Ein- und Ausfahrtbereiche mit dem Aufstellbereich der Linkseinbieger in der Knotenpunktzufahrt. Der vorhandene plangleiche Knoten sei überlastet; er besitze trotz der vorhandenen Lichtzeichenanlage nicht die Leistungsfähigkeit, den auftretenden Verkehr störungsfrei abzuwickeln. Zu Zeiten der Verkehrsspitzen träten regelmäßig und unvermeidlich Rückstaus auf. Dies sei angesichts der gegebenen schwierigen topographischen Verhältnisse nicht hinnehmbar. Insbesondere für Verkehrsteilnehmer, die aus Richtung Eisleben kommen, sei der Knoten erst sehr spät zu erkennen, zudem werde er aufgrund der Streckencharakteristik in der Form auch nicht erwartet. Es liege somit auf der Hand, dass die gegenwärtige Ausgestaltung des Knotens wesentlicher Grund für die festgestellte Unfallhäufung sei.

42

Dass es sich bei dem Knoten in seinem derzeitigen Ausbauzustand um einen Unfallschwerpunkt handelt, jedenfalls soweit es die Fahrbahn der B 80 in Richtung Halle anbetrifft, hat der Beklagte durch einen Bericht der Polizeidirektion Sachsen-Anhalt Süd vom 10.08.2012 untermauert. Darin heißt es, dass diese Fahrbahn durch eine sehr hohe Zahl von Auffahrunfällen vor der LZA gekennzeichnet gewesen sei. Im Jahr 2005 hätten sich stadteinwärts in dem langgezogenen Staubereich vor der LZA 18 Verkehrsunfälle mit sechs verletzten Personen ereignet. Nachdem in den Folgejahren ein Vorblinker, der das Rotlicht der nachfolgenden Kreuzung angezeigt habe, in Betrieb genommen worden sei, seien die Auffahr- und Geschwindigkeitsunfälle zwar gesunken. Dennoch habe die Zahl der Unfälle in den Jahren 2008 bis 2011 in beiden Richtungen der B 80 zwischen 11 und 15 gelegen. In der mündlichen Verhandlung hat der Beklagte ferner dargelegt, dass die Gefahr von Auffahrunfällen auf der B 80 in Richtung Halle vor der Kreuzung wegen der topografischen Verhältnisse gerade auch während der dort laufenden Grünphase bestehe, weil eine Rechtsabbiegespur fehle. Diese Art von Unfällen lässt sich mit einer planfreien Kreuzung vermeiden. Für die Annahme des Klägers im Verwaltungsverfahren, durch die höhere Geschwindigkeit auf den Straßen nach dem geplanten Ausbau des Knotens werde die Zahl der Unfälle steigen, bestehen keinerlei Anhaltspunkte, insbesondere weil auch im weiteren Verlauf der B 80 stadteinwärts bis zum Rennbahnkreuz nur planfreie Knoten vorhanden sind.

43

Dass eine Umgestaltung des Knotens überhaupt aus Gründen der Verkehrssicherheit erforderlich ist, hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung letztlich nicht (mehr) in Frage gestellt. Er kann die Planrechtfertigung nicht mit dem Einwand in Frage stellen, es gebe bessere oder zumindest ebenso geeignete Varianten, um die vom Beklagten aufgezeigten verkehrlichen Probleme in den Griff zu bekommen, bei denen deutlich weniger (landwirtschaftlich genutzte) Flächen in Anspruch genommen werden müssten. Die Frage, inwieweit es bauliche Alternativen zu der vom Beklagten gewählten Lösung gibt, um die verkehrlichen Probleme am streitigen Knoten zu lösen, betrifft nicht die Planrechtfertigung, sondern die Abwägung der verschiedenen in Betracht kommenden Varianten (Urt. d. Senats v. 10.10.2013, a.a.O., RdNr. 128).

44

2.2. Die Planfeststellung weist auch keinen offensichtlichen, für die Betroffenheit des Klägers erheblichen Abwägungsmangel auf, der auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen ist.

45

Gemäß § 17 Abs. 1 Satz 2 FStrG sind bei der Planfeststellung von Bundesfernstraßen die von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Urt. v. 19.08.2004 – 4 A 9.04 –, juris, RdNr. 15) verlangt das Abwägungsgebot, dass – erstens – eine Abwägung überhaupt stattfindet, dass – zweitens – in die Abwägung an Belangen eingestellt wird, was nach Lage der Dinge in sie eingestellt werden muss, und dass – drittens – weder die Bedeutung der betroffenen öffentlichen und privaten Belange verkannt noch der Ausgleich zwischen ihnen in einer Weise vorgenommen wird, die zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht. Innerhalb des so gezogenen Abwägungsrahmens wird das Abwägungsgebot jedoch nicht verletzt, wenn sich die zur Planung ermächtigte Stelle in Kollision zwischen verschiedenen Belangen für die Bevorzugung des einen und damit notwendigerweise für die Zurückstellung eines anderen entscheidet. Die darin liegende Gewichtung der von der Planung berührten öffentlichen und privaten Belange ist vielmehr im Gegenteil ein wesentliches Element der planerischen Gestaltungsfreiheit und als solches der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle entzogen. Diese beschränkt sich im Rahmen des Abwägungsgebots daher auf die Frage, ob die Planfeststellungsbehörde die abwägungserheblichen Gesichtspunkte rechtlich und tatsächlich zutreffend bestimmt hat und ob sie – auf der Grundlage des derart zutreffend ermittelten Abwägungsmaterials – die aufgezeigten Grenzen der ihr obliegenden Gewichtung eingehalten hat.

46

2.2.1. In Anwendung dieser Grundsätze ist das streitige Vorhaben im Ergebnis nicht zu beanstanden. Der Planfeststellungsbeschluss leidet zwar wegen einer unzureichenden Variantenprüfung an einem die Belange des Klägers berührenden Abwägungsmangel; dieser ist aber letztlich unerheblich.

47

2.2.1.1. Als Betroffener kann der Kläger auch die Vorzugswürdigkeit einer seine Belange geringer beeinträchtigenden Alternative rügen (vgl. Urt. d. Senats v. 10.10.2013, a.a.O., RdNr. 138; VGH BW, Urt. v. 08.02.2007 – 5 S 2257/05 –, ZUR 2007, 427, RdNr. 57 in juris). Die Planfeststellungsbehörde muss Alternativlösungen als Teil des Abwägungsmaterials mit der ihnen objektiv zukommenden Bedeutung in die vergleichende Prüfung der von den möglichen Varianten jeweils berührten öffentlichen und privaten Belange einbeziehen (BVerwG, Urt. v. 22.12.2004 – 9 A 9.04 –, juris, RdNr. 22, m.w.N.). Das Abwägungsgebot bezieht sich auch auf ernsthaft in Betracht kommende Trassenalternativen; sie müssen untersucht und im Verhältnis zueinander gewichtet werden; die Bevorzugung einer bestimmten Lösung darf nicht auf einer Bewertung beruhen, die zur objektiven Gewichtigkeit der von den möglichen Alternativen betroffenen Belange außer Verhältnis steht (BVerwG, Urt. v. 09.04.2003 – 9 A 37.02 –, NVwZ 2003, 1393], RdNr. 22 in juris, m.w.N.). Dabei braucht die Planfeststellungsbehörde den Sachverhalt in Bezug auf Planungsalternativen nur zu klären, soweit dies für eine sachgerechte Entscheidung notwendig ist. Sie ist insbesondere befugt, Alternativen, die ihr auf der Grundlage einer Grobanalyse als weniger geeignet erscheinen, schon in einem frühen Verfahrensstadium auszuscheiden (vgl. BVerwG, Beschl. v. 24.01.2012 – 7 VR 13.11 [7 A 22.11] –, DVBl 2012, 1102). Die Grenzen der planerischen Gestaltungsfreiheit bei der Auswahl zwischen verschiedenen Trassenvarianten sind erst dann überschritten, wenn eine andere als die gewählte Linienführung sich unter Berücksichtigung aller abwägungserheblichen Belange eindeutig als die bessere, weil öffentliche und private Belange insgesamt schonendere darstellen würde, wenn sich mit anderen Worten diese Lösung der Behörde hätte aufdrängen müssen (BVerwG, Urt. v. 09.06.2004 – 9 A 11.03 –, juris, RdNr. 57, m.w.N.).

48

Gemessen daran hält die Variantenauswahl des Beklagten im Ergebnis der rechtlichen Prüfung stand, auch wenn beim Abwägungsvorgang nicht alle abwägungserheblichen Belange in den Blick genommen wurden.

49

Im Planfeststellungsantrag stellte der LBB im 1. Erläuterungsbericht verschiedene Varianten dar (Beiakte A, Unterlage 1, S. 19 ff. des Berichts). Dabei zeigte er zunächst folgende nicht berücksichtigte Varianten auf:

50

Variante 0

51

Im Rahmen der Eingrenzung möglicher Varianten wurde ein bestandsnaher Ausbau des Knotens mit den notwendigen baulichen Erweiterungen (Abbiegespuren) untersucht. Bei dieser Variante wird der Kreuzungswinkel beibehalten (ca. 118,5 gon). Infolge dessen ergeben sich gegenüber Variante 0+ ungünstigere Parameter für die Signalisierung durch die resultierende Lage der Haltelinien, der Standorte der Signalgeber, der Querungsbedingungen für Fußgänger, sowie das Ein- und Abbiegen. Im Vergleich mit der Variante 0+ ergeben sich keine Vorteile hinsichtlich Verkehrssicherheit und Verkehrsablauf (Leistungsfähigkeit), so dass die Variante 0 nicht weiter berücksichtigt wurde.

52

Variante A

53

Variante A beinhaltete eine Überführung der untergeordneten Knotenpunktzufahrten im Zuge der vorhandenen Trassierung der K 2147 und der kommunalen Straße. Der Kreuzungswinkel des Bauwerkes lässt sich so optimieren, und die Verkehrsflächen liegen im Bereich der vorhandenen Trassen. In Anbetracht der zu berücksichtigenden Zwangspunkte wird diese Variante jedoch nicht weiter verfolgt. Ein Anbinden des Parkplatzes, des Friedhofes und der anliegenden Grundstücke, sowie die Erschließung der Grundstücke sind mit unverhältnismäßig hohem Aufwand verbunden. Zudem wären Eingriffe in die vorhandene Bebauung notwendig bzw. wesentliche Beeinträchtigungen durch die Lage der Anrampung zur Bebauung zu verzeichnen. Aus den vorgenannten Gründen und der fehlenden Wirtschaftlichkeit, wurde die Variante A in der weiteren Planung nicht berücksichtigt.

54

Variante B

55

Diese Variante sieht ein Absenken der B 80 im Zuge einer Unterführung unter die untergeordneten Knotenpunktzufahrten vor. Ähnlich der Variante A können hierbei vorhandene Verkehrsflächen genutzt und der Kreuzungswinkel des Bauwerkes optimiert werden. Im Gegensatz dazu sind jedoch erhebliche Aufwendungen und nachteilige Auswirkungen durch das Absenken der B 80 zu verzeichnen, was zudem unverhältnismäßig hohe Kosten verursacht. Die Variante wurde in der weiteren Planung auf Grund der fehlenden Wirtschaftlichkeit infolge des hohen bautechnischen Aufwandes und der wesentlichen Eingriffe in das Umfeld (z.B. Friedhof) nicht berücksichtigt.

56

Variante C

57

Ein Zwangspunkt ist der Friedhof mit dem im Bereich des Knotens vorhandenen Parkplatz und dem Haltepunkt des ÖPNV. Deren Lage kann infolge der vorhandenen Bebauung und der Gesamtsituation im weiteren Umfeld nicht wesentlich verändert werden. Veränderungen im Rahmen der Planungen der Stadt Halle zur Umgestaltung der Zufahrtsituation für den Friedhof und dessen Parkplatz beschränken sich auf die bisher durch den Parkplatz genutzte Fläche. Um die vorgesehene Planung für die Umgestaltung des Friedhofes zu berücksichtigen, wären Eingriffe durch den Umbau des Knotenpunktes zu vermeiden. Demzufolge wäre die Lage des Knotens soweit zu korrigieren, dass Eingriffe in die Flächen des Friedhofes bzw. des Parkplatzes (mit Haltepunkt für ÖPNV) vermieden werden. Dadurch wäre ein Verschwenken der B 80 erforderlich, damit die für den Knoten notwendigen Verkehrsflächen außerhalb der für die geplante Umgestaltung des Friedhofes benötigten Fläche liegen. Auf Grund der fehlenden Vorteile und der wesentlich höheren Kosten und Eingriffsbestände in das Umfeld gegenüber der Variante 0+, wurde die Variante C in der Planung nicht weiter betrachtet.

58

Näher untersucht wurden dann zwei Varianten (0+ und 1), von denen der LBB letztlich für die Variante 1 bevorzugte. Hierzu heißt es im Erläuterungsbericht (S. 20 ff.):

59

Variante 0+; Knotenpunkt der Grundform II:

60

Kreuzung einer 2-bahnigen mit einer 2-streifigen Straße.

61

a) übergeordnete Fahrbahn

62

Die übergeordnete Fahrbahn ist die 2-bahnige B 80. Infolge der Einordnung der zusätzlichen Linksabbiegespur in der westlichen Knotenpunktzufahrt (Richtungsfahrbahn Halle) ist der Mittelstreifen zu verziehen. In der westlichen Knotenpunktzufahrt wird zusätzlich zur Linksabbiegespur eine Rechtsabbiegespur vorgesehen. Analog wird in der östlichen Knotenpunktzufahrt die vorhandene Linksabbiegespur ausgebaut und eine Rechtsabbiegespur angebaut. Infolge der zusätzlichen Linksabbiegespur in der westlichen Knotenpunktzufahrt, ist die Richtungsfahrbahn Eisleben entsprechend zu verziehen. Die Trassierung der Richtungsfahrbahn Halle wird beibehalten, an die sich die Trassierung der Richtungsfahrbahn Eisleben grundsätzlich anlehnt. Die resultierende Länge der Baustrecke im Bereich der B 80 beträgt ca. 500 m.

63

b) untergeordnete Knotenpunktzufahrten

64

Die untergeordneten Knotenpunktzufahrten sind durchgehend trassiert. Um bessere Bedingungen für die Querung durch Fußgänger und Radfahrer zu erreichen, die Lage der Haltlinien und die Standorte der Signalgeber zu optimieren, werden die Knotenpunktzufahrten abgekröpft und kreuzen im Winkel von 100 gon die übergeordnete Fahrbahn. Zur Erhöhung der Leistungsfähigkeit sind auch in den untergeordneten Knotenpunktzufahrten Linksabbiegespuren erforderlich. Die Baugrenze der nördlichen Knotenpunktzufahrt liegt ca. 130 m hinter dem Knotenpunkt. Die Baulänge der untergeordneten Knotenpunktzufahrten beträgt ca. 322 m.

65

Beeinflussung anderer Verkehrsplanungen sowie sonstiger raumbedeutsamer Planungen

66

Im Bereich der südlichen Knotenpunktzufahrt, der K 2147 (Teutschenthaler Landstraße) ist der Friedhof Neustadt mit seinem Parkplatz anzubinden. Im Bereich des Parkplatzes befindet sich der Haltepunkt für 2 Buslinien, die sowohl aus nördlicher als auch aus südlicher Richtung kommend in den Parkplatz einfahren und dort wenden. Zukünftig ist auch das Friedhofsgelände über diese Zufahrt zu erschließen, da die bisherige Zufahrt im Bereich der Eckausrundung am Knoten zurückgebaut werden muss. Die Planungen der Stadt Halle zur Friedhofserweiterung sind noch nicht abgeschlossen. Die nördliche Knotenpunktzufahrt tangiert geringfügig den südwestlichen Bereich des B-Plan-Gebietes Nr. 2 „Granauer Berg“. Die Bauleitplanung ist dahingehend zu korrigieren.

67

Flächenbilanz

68

Der notwendige Grunderwerb beläuft sich auf Grund der Verlagerung des Knotenpunktes auf ca. 1.100 m².

69

Flächenbilanz:

70

aufzunehmende befestigte Flächen [m²]

8.250 

Neue Verkehrsflächen [m²]

9.630 

Differenz [m²]

1.380 

71

Die Flächenbilanz berücksichtigt nur die befestigten Flächen. Bankette und Böschungen sowie Grünflächen sind nicht berücksichtigt.

72

Variante 1

73

Linienführung - Verlauf der Trassen (Knotenpunktzufahrten) Variante 1; planfreier Knotenpunkt, symmetrisches halbes Kleeblatt

74

Kreuzung einer 2-bahnigen mit einer 2-streifigen Straße.

75

a) übergeordnete Fahrbahn

76

Die übergeordnete Fahrbahn ist die 2-bahnige B 80. Die Trassierung der beiden Richtungsfahrbahnen wird beibehalten. Die im Bereich der Richtungsfahrbahn Eisleben vorhandene Linksabbiegespur wird zurückgebaut. Deren Fläche kann für den Lückenschluss des Mittelstreifens genutzt werden. Die resultierende Gesamtlänge der Baustrecke im Bereich der B 80 beträgt ca. 682 m.

77

b) untergeordnete Fahrbahn

78

Der Bauanfang der untergeordneten Fahrbahn liegt ca. 200 m südlich der B 80. Die bis dahin geradlinig verlaufende K 2147 verlässt die vorhandene Trasse der Teutschenthaler Landstraße und führt – die östlich liegende Ackerfläche anschneidend – durch die südlich der B 80 vorhandene bewaldete Fläche. Nach etwa 200 m wird sie über die B 80 überführt. Nördlich der B 80 verläuft die Trasse über landwirtschaftlich genutzte Fläche und mündet westlich des Gutes „Granau“ in die Eislebener Straße ein. Die Trassenlänge der untergeordneten Fahrbahn beträgt ca. 700 m.

79

Ingenieurbauwerke

80

Im Zuge der planfreien Lösung wird die Kreisstraße über die Bundesstraße durch ein Brückenbauwerk überführt...

81

Knotenpunkte, Einmündungen, Zufahrten

82

Grundsätzlich werden alle vorhandenen Grundstücksanbindungen und vorhandenen Zufahrten wieder hergestellt. Durch die Verlagerung der untergeordneten Fahrbahn und die planfreie Knotenpunktform werden weitere Knotenpunkte notwendig:

83

• Teilknoten Süd im Bereich der K 2147

84

• Teilknoten Nord im Bereich der untergeordneten Fahrbahn

85

• Einmündung Eislebener Straße im Bereich der untergeordneten Fahrbahn

86

Über diesen Knoten werden auch die im Bereich der kommunalen Straße liegenden Grundstücke (ehemalige nördliche Knotenpunktzufahrt) an das Straßennetz angebunden. Die bisherige nördliche Knotenpunktzufahrt wird zwischen B 80 und der letzten Grundstückszufahrt zurückgebaut. Alle Knotenpunkte sind unsignalisiert. Die Anbindung der Grundstücke westlich der K 2147 erfolgt zum einen über den Teilknoten Süd sowie separate Anbindungen der Zufahrten an die K 2147.

87

Beeinflussung anderer Verkehrsplanungen sowie sonstiger raumbedeutsamer Planungen

88

Mit der gewählten Linienführung der untergeordneten Fahrbahn werden die Belange des Planungsstandes zur Umgestaltung der Friedhofsanlage berücksichtigt. Die Anbindung ist gewährleistet und bietet unabhängig von der Knotenpunktgestaltung Freiraum zur Gestaltung der Friedhofsanlage.

89

Nördlich der B 80 befindet sich das B-Plan-Gebiet Nr. 2 Granauer Berg“. Die Trassierung der untergeordneten Fahrbahn durchschneidet in Anlehnung der geplanten Verkehrsflächen den Geltungsbereich des B-Planes. Ohne erheblichen Eingriff in den B-Plan ist die Variante nicht umsetzbar.

90

Einflüsse gefährdender Anlagen auf den Knotenpunkt

91

Östlich des Teilknoten Süd befinden sich Anlagen der Energieversorgung Halle. Das vorhandene Gebäude (ehemalige Gasreglerstation) wird zurückgebaut. Vorhandene Schieber der Leitung (GH DN 300) liegen im Bereich des östlichen Knotenpunktarmes des Teilknoten Süd. Die Leitung quert die B 80 auf Höhe des geplanten Brückenbauwerkes und weist im weiteren Verlauf Schnittpunkte mit der geplanten Trassenführung auf bzw. verläuft im geplanten Trassenbereich. Eine Umverlegung ist erforderlich.

92

Flächenbilanz

93

Der notwendige Grunderwerb beläuft sich auf Grund der Verlagerung des Knotenpunktes ca. 12.400 m².

94

Flächenbilanz:

95

aufzunehmende befestigte Flächen [m²]

4.860 

Neue Verkehrsflächen [m²]

18.300

Differenz {m²]

13.440

96

Die Flächenbilanz berücksichtigt nur die befestigten Flächen. Bankette und Böschungen sowie Grünflächen sind nicht berücksichtigt.

97

Gewählte Linie

98

Die verkehrstechnische Untersuchung im Rahmen der Vorplanung (Unterlage 15.1) hat gezeigt, dass der Knotenpunkt im Bestand seine Leistungsfähigkeit überschreitet. Im Ergebnis sind bauliche Veränderungen in Form zusätzlicher Abbiegespuren zur Gewährleistung aller Fahrbeziehungen für einen sicheren Verkehrsablauf und die Verkehrssicherheit erforderlich. Auf Grund der sich darstellenden Situation ist eine Verbesserung im Bestand ohne bauliche Veränderung nicht möglich. Infolge des prognostizierten Verkehrsaufkommens ist auch im Rahmen einer plangleichen Lösung eine hohe Auslastung gegeben. Selbst bei einer Optimierung der Lichtsignalanlage und der Berücksichtigung notwendiger baulicher Veränderungen (Abbiegespuren) ist der Knotenpunkt in den Spitzenverkehrszeiten an der Grenze seiner Leistungsfähigkeit. Des Weiteren sind Eingriffe in den Bereich des Parkplatzes vor dem Friedhof infolge der baulichen Erweiterung der Knotenpunktzufahrten notwendig. Die Gestaltungsmöglichkeiten im Rahmen der Planungen der Stadt Halle für die Erweiterung des Friedhofes würden dadurch eingeschränkt werden. Die Behinderungen für den ÖPNV (Ein- und Abbiegevorgänge im Bereich der Aufstellflächen der Knotenpunktzufahrt) und die damit verbundenen Beeinträchtigungen des Verkehrsablaufes werden durch eine plangleiche Knotenpunktlösung nicht eliminiert. Die Lichtsignalanlage wirkt sich wesentlich auf die Betriebskosten aus. Die Knotenpunktgestaltung entspricht zudem nicht den aus der Streckencharakteristik resultierenden Anforderungen, die aus der Zuordnung der B 80 zur Kategorie A 1 und nach RAS-K-1, Tabelle 2 grundsätzlich für 2-bahnige Querschnitte als Betriebsmerkmal eine planfreie Knotenpunktform erfordern. Die mit dem Bauvorhaben verbundenen Eingriffe in den Naturhaushalt und das Landschaftsbild sind kompensierbar. Beeinträchtigungen für das Schutzgut Mensch werden weitestgehend vermieden. Die Umsetzung der Variante ist ohne grundlegende Änderung des B-Planes möglich. Im Zuge der Vorplanung wurden die durch die Projektwirkungen Lärm und Schadstoffe auf das Schutzgut Mensch ausgehenden Beeinträchtigungen der Wohnfunktion untersucht. Lärmbeeinträchtigungen der entfernt liegenden Wohnbebauung von Halle-Neustadt, als auch Gefährdungen bzw. Beeinträchtigungen von Schutzgebieten im Untersuchungsraum (z.B. FFH-Gebiet, § 37-Biotope) sind bei allen Varianten ausgeschlossen. Das Abrücken der Teutschenthaler Landstraße von der vorhandenen Bebauung, wirkt sich insgesamt positiv aus. Hinsichtlich der Verkehrssicherheit und des Verkehrsablaufes ist festzuhalten, dass die planfreie Knotenpunktgestaltung eine sehr gute Leistungsfähigkeit mit ausreichend Spielraum für eine Steigerung des Verkehrsaufkommens aufweist und eine optimale Lösung darstellt. Des Weiteren ergeben sich Vorteile für die Anbindung des Friedhofes und des Haltepunktes des ÖPNV. Die negativen Auswirkungen durch Ein- und Abbiegevorgänge in den Bereich des Parkplatzes werden eliminiert. Durch das Abrücken der Trasse von der bisherigen Lage der K 2147 werden die Flächen des Parkplatzes und der Zufahrt zum Friedhof nicht beansprucht und Gestaltungsmöglichkeiten im Rahmen der Planungen der Stadt Halle zur Friedhofserweiterung nicht eingeschränkt. Auf Grund der Aspekte der Verkehrssicherheit und des Verkehrsablaufes (Leistungsfähigkeit) ist grundsätzlich einer planfreien Lösung der Vorrang einzuräumen. Die damit verbundenen Eingriffe in Natur und Umwelt sind beherrschbar und wirken sich nicht negativ auf die zu berücksichtigenden Schutzgebiete aus. Beeinträchtigungen des Schutzgutes Mensch werden auf ein Minimum reduziert. In Verbindung mit der angestrebten Verbesserung der Verkehrssicherheit und des Verkehrsablaufs stellt die vorliegende Variante eine wirtschaftliche Lösung zur Umsetzung der Zielstellung dar.

99

Diesen Ausführungen lässt sich entnehmen, dass neben der planfestgestellten Variante 1 auch die Variante 0+, die zu einem deutlich geringeren Flächenverbrauch führen würde, als Alternativlösung ernsthaft in Betracht zu ziehen war. Der Beklagte hat indes im Rahmen der Abwägung keine vergleichende Prüfung der beiden näher untersuchten Varianten 0+ und 1 unter Berücksichtigung des Interesses des Klägers an einer möglichst geringen Flächeninanspruchnahme vorgenommen. Die Frage, ob auch ein plangleicher Ausbau des Knotens (Variante 0+) den verkehrlichen Anforderungen gerecht wird, hat er zwar im Rahmen der Planrechtfertigung erörtert. Damit ist aber dem Abwägungsgebot nicht Genüge getan. Denn bei der Abwägung müssen die Vorzüge, die eine bestimmte Variante gegenüber anderen Varianten bietet, mit anderen Belangen, hier insbesondere mit dem berechtigten Interesse des Klägers, von einem Entzug landwirtschaftlicher Flächen so weit wie möglich verschont zu bleiben, abzuwägen. Daran fehlt es hier.

100

Hinzu kommt, dass die Annahme des Beklagten, der Variante 1 sei auch wegen der fehlenden Leistungsfähigkeit des Knotens bei Umsetzung der Variante 0+ der Vorzug zu geben, auf einer Verkehrsprognose beruhte, die bereits im Zeitpunkt der Abwägungsentscheidung nicht mehr uneingeschränkt verwertbar gewesen sein dürfte.

101

Der Planfeststellungsbeschluss stützt sich hinsichtlich der Verkehrsqualität der verschiedenen Varianten auf die vom LBB in Auftrag gegebene verkehrstechnische Untersuchung der Fa. (U.), Beratende Ingenieure, vom 27.03.2006 mit Fortschreibung Prognose 2020 vom 31.03.2009 (Beiakte B, Unterlage 15.1, S. 3 ff.). Zur Bestimmung der Verkehrsmengen wurde zunächst darauf verwiesen, dass der LBB am 27.04.2005 in den Zeitbereichen von 6.00 bis 10.00 Uhr sowie von 15.00 bis 19.00 Uhr Verkehrszählungen durchgeführt habe. Danach habe die Gesamtbelastung des Knotenpunktes in der Spitzestunde (von 15.30 bis 16.30 Uhr) 3.068 PKW-E/h betragen. Zur Beurteilung der zu erwartenden Verkehrsqualität seien zukünftige Verkehrszunahmen berücksichtigt worden. Insoweit stützte sich die Untersuchung auf eine Verkehrsprognose der Stadt Halle für den Prognosefall IV 2015, die über ein Verkehrsmodell verfüge, das die zukünftige Entwicklung in der Stadt Halle und im Umland abbilde. Die Prognosebelastungen des DTV (durchschnittliches tägliches Verkehrsaufkommen) 2015 seien für den Prognosefall 2020 um zwei Planfälle mit und ohne Fertigstellung der A 143 erweitert worden. Für den Knotenpunkt lägen Querschnittsbelastungen sowie Strombelastungen des DTV zum Prognosehorizont 2020 vor. Hinsichtlich der Variante 0+ kam die Untersuchung zu dem Ergebnis (vgl. S. 9 f.), dass der baulich und phasentechnisch verbesserte niveaugleiche Knoten unter den Prognosebelastungen 2015 an der Grenze seiner Leistungsfähigkeit liege und unter den Prognosebelastungen 2020 überlastet sei.

102

Soweit der Kläger bemängelt, der Verkehrsprognose liege ein rein verkehrstechnischer Ansatz zugrunde, der zwar typisch und in den vergangenen Jahrzehnten fast überall in Deutschland angetroffen worden sei, aber wissenschaftlich betrachtet schon lange als völlig überholt gelte, vermag er damit allerdings ebenso wenig durchzudringen wie mit seinem Einwand, aufgrund des demografischen Wandels sei von einer in den nächsten Jahren kontinuierlich erheblich sinkenden Verkehrsstärke im Bereich des Knotenpunktes auszugehen. Verkehrsprognosen unterliegen nur eingeschränkter gerichtlicher Kontrolle; sie sind lediglich daraufhin zu überprüfen, ob sie methodisch einwandfrei erarbeitet worden sind, nicht auf unrealistischen Annahmen beruhen und ob das Prognoseergebnis einleuchtend begründet worden ist (BVerwG, Urt. v. 10.10.2012, a.a.O., [S. 650], RdNr. 21, m.w.N.). Eine gesetzliche Vorgabe, nach welchen Methoden eine Verkehrsprognose im Einzelnen zu erstellen ist, gibt es nicht; eine aktuelle Zählung ist nicht zwingend erforderlich, vielmehr kann die Verkehrsstärke auch nach den in der Straßenplanung gebräuchlichen Modell- und Trendprognosen bestimmt werden (BVerwG, Beschl. v. 15.03.2013 – 9 B 30.12 –, juris, RdNr. 10, m.w.N.).

103

Nicht von der Hand zu weisen ist hingegen der Einwand des Klägers, die verkehrstechnische Untersuchung und die ihr zugrunde liegende Verkehrsprognose berücksichtigten nicht, dass im Oktober 2011 die L 164n freigegeben wurde, die vom Gewerbegebiet Halle-Neustadt zum Knotenpunkt A 143 / L 164n und weiter zur L 173 führt. Die Freigabe hat zu einer deutlichen Verringerung der Verkehrsbelastung zwischen dem streitigen Knoten und der Anschlussstelle der B 80 an die A 143 geführt. Darauf deuten insbesondere die von der Stadt Halle in den Jahren 2009 und 2012 durchgeführten Verkehrszählungen an der B 80 in Höhe der Rohr- und Fußgängerbrücke hin, die der Senat von der Stadt Halle angefordert hat. Während bei den im Oktober 2009 durchgeführten Zählungen ein Verkehrsaufkommen an Werktagen von 27.939 bis 29.801 Fahrzeugen festgestellt wurde, lag das Verkehrsaufkommen nach den Zählungen im Oktober 2012 an Werktagen bei nur noch 23.426 bis 26.388 Fahrzeugen. Nach der von der Stadt Halle hierzu gegebenen Erläuterung könnte die Abnahme der Verkehre daraus resultieren, dass die „Autobahnanschlussstelle Weststraße“ eröffnet wurde und sie im Oktober 2012 eine Belegung von ca. 6.800 Kraftfahrzeugen aufgewiesen habe – mit steigender Tendenz. Ein vergleichbares Bild ergibt sich aus der mit der Klageerwiderung vorgelegten Stellungnahme der (P.) Group, in der auf das im Auftrag der (D.) erstellte Gutachten „BAB A 143, AD Halle-Nord bis AD Halle-Süd, VKE 4224“ vom 01.03.2012 verwiesen wird. Danach weisen die Ergebnisse der Modellrechnungen für den Querschnitt der B 80 zwischen der Anschlussstelle Halle-Neustadt – Stadtgrenze Halle / westlich der K 2147 einen DTVw von 29.000 KfZ/24h aus. Für den Planfall mit realisierter A 143 wurde für diesen Bereich ein DTVw von 23.500 KfZ/24h prognostiziert. Dem gegenüber geht der Planfeststellungsbeschluss – offenbar in Anlehnung an frühere Verkehrsprognosen der Stadt Halle – noch von einem DTV von 35.402 für das Jahr 2015 und von 32.742 bei Fertigstellung der A 143 bzw. von 38.202 Fahrzeugen ohne Fertigstellung der A 143 für das Jahr 2020 aus. Bereits die von Stadt Halle in ihrer Prognose vom 06.08.2010 für das Jahr 2025 (Bl. 640 der Verwaltungsvorgänge, Beiakte E) berechneten Zahlen liegen unter denen der vorausgegangenen Prognosen. Darin wird die Verkehrsbelastung auf der B 80 in Höhe des streitigen Knotens für das Jahr 2025 bei Fertigstellung der A 143 auf insgesamt 28.720 Fahrzeuge und ohne Fertigstellung der A 143 auf insgesamt 35.040 Fahrzeuge geschätzt. Weder der Planfeststellungsbeschluss selbst noch die ihm zugrunde liegende verkehrstechnische Untersuchung setzen sich mit dem – nach Lage der Dinge vorhersehbaren – Entlastungseffekt auseinander, der durch die Freigabe der L 164n eingetreten ist. Der Beklagte hat in seiner Klageerwiderung vom 03.09.2012 selbst eingeräumt, dass die Entlastung der B 80 durch die L 164n noch nicht berücksichtigt worden sei.

104

2.2.1.2. Der aufgezeigte Abwägungsmangel ist aber gemäß § 17e Abs. 6 Satz 1 FStrG unerheblich, weil er auf das Abwägungsergebnis nicht von Einfluss gewesen ist.

105

Ergebnisrelevanz in diesem Sinne liegt vor, wenn nach den Umständen des Falles die konkrete Möglichkeit besteht, dass ohne den Abwägungsmangel eine andere Entscheidung getroffen worden wäre; eine nur abstrakte Möglichkeit einer anderen Entscheidung genügt nicht. Insoweit ist der Abwägungsvorgang in allen seinen Phasen in den Blick zu nehmen. Dabei kann die Möglichkeit einer anderen Entscheidung nur dann verneint werden, wenn der konkret vorliegende Abwägungsfehler weggedacht werden kann, ohne dass auf einer nachfolgenden Stufe der Abwägung ein weiterer Mangel erwächst, auf dem die angegriffene Entscheidung beruhen kann. Besteht der Abwägungsmangel etwa in der fehlerhaften Berücksichtigung eines abwägungserheblichen Belangs und ergeben sich keine konkreten Anhaltspunkte, dass die Planfeststellungsbehörde ohne diesen Mangel zu einem anderen Abwägungsergebnis gelangt wäre, ist also zusätzlich zu prüfen, ob die auf der nachfolgenden Stufe gebotene Abwägung im engeren Sinne – das Ins-Verhältnis-Setzen der gegenläufigen Belange – das Abwägungsergebnis auch dann rechtfertigen würde, wenn der auf der vorhergehenden Stufe unterlaufene Mangel unterblieben wäre. Dabei ist der Maßstab der realistischen Beurteilung der maßgeblichen Erwägungen der Planfeststellungsbehörde anzulegen (BVerwG, Beschl. v. 19.12.2013 – 9 B 44.13 –, NVwZ 2014, 365, RdNr. 4).

106

Hiervon ausgehend ist im vorliegenden Fall eine Ergebnisrelevanz des festgestellten Abwägungsmangels zu verneinen.

107

a) Es ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass der Beklagte zu einer anderen Variantenauswahl gelangt wäre, wenn er im Rahmen der Abwägung eine vergleichende Prüfung der Varianten 0+ und 1 unter Berücksichtigung des Interesses des Klägers an einer möglichst geringen Flächeninanspruchnahme vorgenommen und dabei den durch die Freigabe der 164n bewirkten Entlastungseffekt bei der künftigen Verkehrsbelastung berücksichtigt hätte.

108

Bereits im Erläuterungsbericht zur Planung hatte der LBB dargelegt, aus welchen Gründen allein der Variante 1 der Vorzug zu geben sei. Der Beklagte hat sich im Planfeststellungsbeschluss – wenn auch im Rahmen der Planrechtfertigung – dieser Einschätzung angeschlossen und betont (S. 20 des PFB), schon weil der Knoten im Zuge der B 80 zwischen der Anschlussstelle zur A 143 und der Innenstadt Halle der einzige plangleiche Knoten sei, dränge es sich auf, auch ihn höhengleich auszugestalten. Auch sei eine Optimierung des bestehenden höhengleichen Knotenpunktes auf Grund der räumlich-topographischen Bedingungen nicht mehr möglich. Auch wenn die Verkehrsbelastung des Knotens wegen der Freigabe der L 164n um ca. 6.800 Fahrzeuge geringer ausfällt als noch in der verkehrstechnischen Untersuchung des Ingenieurbüros (U.) vom 31.03.2009 angenommen, kann nicht ernsthaft angenommen werden, dass sich der Beklagte bei Berücksichtigung des Entlastungseffekts der neuen Straße für eine andere Variante, insbesondere die Variante 0+ entschieden hätte. Das vom Beklagten angestrebte Maß an Verkehrssicherheit wäre auch im Fall einer in diesem Umfang verminderten Verkehrsbelastung nur durch einen planfreien Knoten zu erreichen. In der Klageerwiderung hat er auf die vom Ingenieurbüro (U.) auf der Grundlage der abgeminderten Belegungszahlen für das Jahr 2025 errechnete Strombelastung vom 27.08.2012 (Anlage 3) verwiesen, nach der die Leistungsfähigkeit des Knotens an vier Fahrspuren gerade noch eine Verkehrsqualitätsstufe „D“ mit einem Sättigungsgrad von 94 % ausweise und damit schon sehr zur Qualitätsstufe „E“ tendiere. Ferner hat er in der Klageerwiderung nochmals betont, dass insbesondere die geometrischen Gegebenheiten vor Ort und die vorhandenen Neigungs- und Sichtverhältnisse zu berücksichtigen seien und nur dann von einem Sicherheitszugewinn an diesem Knoten gesprochen werden könne, wenn die Konfliktpunkte „kreuzender bzw. linksabbiegender Verkehr“ und „haltender Verkehr“ an der Lichtzeichenanlage beseitigt seien.

109

b) Die gebotene Abwägung im engeren Sinne – das Ins-Verhältnis-Setzen der gegenläufigen Belange – würde das Abwägungsergebnis bei realistischer Beurteilung der maßgeblichen Erwägungen des Beklagten auch dann rechtfertigen, wenn dem Beklagten der aufgezeigte Mangel nicht unterlaufen wäre. Der von ihm hervorgehobene höhere Zugewinn an Verkehrssicherheit würde – auch bei Berücksichtigung der durch die Freigabe der 164n verringerten Verkehrsbelastung des Knotens – die Bevorzugung eines planfreien Knotens (Variante 1) gegenüber dem bloßen Ausbau des plangleichen Knotens (Variante 0+) trotz des damit verbundenen höheren Flächenverbrauchs rechtfertigen. Der Senat teilt die Einschätzung des Beklagten, dass insbesondere die geometrischen Gegebenheiten vor Ort und die vorhandenen Neigungs- und Sichtverhältnisse für die vom Beklagten ausgewählte Variante sprechen. Dem Kläger ist zwar darin beizupflichten, dass die Verkehrssicherheit auch bei Beibehaltung der plangleichen Kreuzung durch die Herstellung von Links- und Rechtsabbiegespuren sowie durch straßenverkehrsrechtliche Maßnahmen wie Geschwindigkeitsbeschränkungen und -kontrollen gegenüber dem jetzigen Zustand (weiter) verbessert werden könnte. Damit wäre aber eine Erhöhung der Verkehrssicherheit nicht im gleichen Maße gewährleistet wie bei der vorgesehenen Herstellung eines planfreien Knotens. Ferner darf in Rechnung gestellt werden, dass der planfreie Knoten eine deutlich höhere Leistungsfähigkeit besitzt als der plangleiche Knoten in Gestalt der Variante 0+. Nach der verkehrtechnischen Untersuchung des Ingenieurbüros (U.) vom 31.03.2009 (Seite 9 f., Anlagen 5.1 und 5.2) wird – bei Zugrundelegung der ursprünglichen Verkehrsprognose ohne Berücksichtigung der L 164n – im Fall der Verwirklichung der Variante 1 an den beiden Teilknotenpunkten Nord und Süd für die einzelnen Verkehrsströme ganz überwiegend die Qualitätsstufe A und im Übrigen die Qualitätsstufe B erreicht. Dem gegenüber werden – wie bereits dargelegt – nach der Neuberechnung des Ingenieurbüros auch unter Berücksichtigung der verminderten Verkehrsbelastung durch die L 164n bei einem plangleichen Ausbau des Knotens in einzelnen Fahrströmen deutlich schlechtere Qualitätsstufen erreicht. Hinzu kommt die vom LBB bei seiner Variantenprüfung vorgetragene Erwägung, dass bei einem plangleichen Ausbau durch die erforderlichen Eingriffe im Bereich des Friedhofs die Gestaltungsmöglichkeiten der Stadt Halle für die Erweiterung des Friedhofs eingeschränkt und die Behinderungen für den ÖPNV und die damit verbundenen Beeinträchtigungen des Verkehrsablaufes durch eine plangleiche Knotenpunktlösung nicht ausgeräumt werden. Die Erreichung der vom Beklagten angestrebten Ziele steht damit bei der gebotenen Gesamtschau der in die Abwägung einzustellenden Belange nicht außer Verhältnis zu dem gegenüber der Variante 0+ deutlich höheren Flächenverbrauch. Der Vorschlag des Klägers, einen Kreisverkehr einzurichten, hat der Beklagte mit der nachvollziehbaren Begründung verworfen, dass eine solche Lösung bei einer vierspurig ausgebauten Bundesstraße wie die B 80 in fraglichen Bereich wesentliche Nachteile habe, insbesondere weil ein Kreisverkehr bei einer sehr unterschiedlichen Verkehrsbelastung der zuführenden Äste kein geeignetes Mittel sei, um den Verkehrsfluss zu fördern, und die Unübersichtlichkeit des Knotens das Unfallrisiko noch erhöhen würde.

110

2.2.2. Weitere Abwägungsmängel, die der Anfechtungsklage zum Erfolg verhelfen könnten, sind nicht erkennbar.

111

Die vom Kläger geltend gemachte Existenzgefährdung seines landwirtschaftlichen Betriebs ist in einer den rechtlichen Anforderungen genügenden Weise berücksichtigt worden.

112

Macht ein von der enteignungsrechtlichen Vorwirkung eines straßenrechtlichen Planfeststellungsbeschlusses Betroffener geltend, durch das Vorhaben werde sein landwirtschaftlicher Betrieb in seiner Existenz gefährdet oder gar vernichtet, gehört dieser Einwand zu den Belangen, mit denen sich die Planfeststellungsbehörde im Rahmen der Abwägung der von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange grundsätzlich auseinandersetzen muss. Zeichnet sich eine solche Gefährdung ernsthaft ab, darf die Planfeststellungsbehörde nicht die Augen vor der Tragweite ihrer Entscheidung verschließen. Zur Klärung der Frage, ob ein landwirtschaftlicher Betrieb infolge des planfestzustellenden Vorhabens in seiner Existenz gefährdet oder gar vernichtet zu werden droht, werden Vorhabenträger oder Planfeststellungsbehörde zwar regelmäßig einer Begutachtung des Betriebs durch einen landwirtschaftlichen Sachverständigen bedürfen. Nach allgemeiner, durch solche Sachverständigengutachten belegter Erfahrung kann dabei aber ein Verlust an Eigentumsflächen oder von langfristig gesicherten Pachtflächen in einer Größenordnung von bis zu fünf Prozent der Betriebsfläche einen gesunden landwirtschaftlichen (Vollerwerbs-)Betrieb in der Regel nicht gefährden. Deshalb kann die Planfeststellungsbehörde regelmäßig bei einer Landinanspruchnahme bis zu diesem Anhaltswert ohne Einholung eines landwirtschaftlichen Sachverständigengutachtens davon ausgehen, dass eine vorhabenbedingte Existenzgefährdung oder -vernichtung des betroffenen landwirtschaftlichen Vollerwerbsbetriebs nicht eintritt (vgl. zum Ganzen BVerwG, Urt. v. 14.04.2010 – 9 A 13.08 –, BVerwGE 136, 332 [338], RdNr. 26 f., m.w.N.).

113

Gemessen daran, musste der Beklagte eine mögliche Existenzgefährdung des klägerischen Betriebes durch die Inanspruchnahme der vom Kläger angegebenen Pachtflächen von ca. 20.000 m² nicht (näher) untersuchen. Denn diese Flächen entsprechen nur einem Anteil von etwa 0,5 % der gesamten Betriebsfläche von 4.030.253 m².

114

Eine andere Beurteilung folgt auch nicht daraus, dass dem Betrieb des Klägers im Fall des Weiterbaus der A 143 (Westumfahrung Halle) voraussichtlich weitere Eigentums- und Pachtflächen auf Dauer entzogen werden.

115

Zwar mag bei einem landwirtschaftliche Betrieb, der von mehreren Bauvorhaben betroffen ist, die zwar jeweils für sich genommen wegen der Unterschreitung der 5 %-Grenze nicht, wegen der Flächeninanspruchnahme insgesamt aber möglicherweise zu einer Gefährdung der Existenz des Betriebes führen, im Ergebnis eine Gesamtbetrachtung geboten sein. Dies bedeutet aber nicht, dass eine Existenzgefährdung, die durch die Inanspruchnahme weiterer Flächen aufgrund eines erst noch folgenden Planfeststellungsbeschlusses möglich erscheint, bereits bei der Abwägung im Rahmen des zuerst durchgeführten Planfeststellungsverfahrens einzustellen ist.

116

Bei der Prüfung der Rechtmäßigkeit eines Planfeststellungsbeschlusses für einen Planungsabschnitt haben solche Betroffenheiten des Klägers grundsätzlich außer Betracht zu bleiben, die sich erst aufgrund weiterer Planfeststellungsbeschlüsse für Folgeabschnitte ergeben, sofern diese weiteren Planfeststellungsbeschlüsse nach dem für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses des angefochtenen Planfeststellungsbeschlusses ergehen (BVerwG, Beschl. v. 14.07.2009 – 9 VR 20.04 –, juris, RdNr. 18, m.w.N.). Ein landwirtschaftlicher Betrieb kann nicht mit Erfolg geltend machen, es sei bereits jetzt erkennbar, dass er durch spätere Planfeststellungsbeschlüsse für andere Planungsabschnitte weitere Nutzflächen verlieren und jedenfalls dann sein Betrieb in Gefahr geraten werde, wenn in dem für die Prüfung der Rechtmäßigkeit des Planfeststellungsbeschlusses grundsätzlich maßgeblichen Zeitpunkt seines Erlasses Planfeststellungsbeschlüsse für weitere Planungsabschnitte noch nicht ergangen sind (vgl. BVerwG, Urt. v. 17.08.2004 – 9 A 1.03 –, NuR 2005, 177 [178], RdNr. 28, m.w.N.). Soweit eine etwaige künftige Belastung mit weiteren Maßnahmen noch nicht verbindlich feststeht, braucht sie weder als allgemeines Zumutbarkeitskriterium noch in ihrer Kumulation mit der streitgegenständlichen Maßnahme im Hinblick auf eine sich möglicherweise dann ergebende Betriebsgefährdung berücksichtigt zu werden; vielmehr wird dann in den zeitlich nachfolgenden Planfeststellungsbeschlüssen in der Regel die bereits erfolgte Belastung des landwirtschaftlichen Betriebs in den Blick zu nehmen sein, weil der Betroffene durch die abschnittsweise Planung unter Rechtsschutzgesichtspunkten nicht schlechter gestellt werden darf als er stünde, wenn sämtliche durch das Gesamtvorhaben bedingten Belastungen für seinen Betrieb auf einmal ihm gegenüber auf ihre Rechtmäßigkeit zu prüfen wären (BVerwG, Urt. v. 17.08.2004, a.a.O.). Der Betroffene kann mithin eine etwaige Existenzgefährdung nicht schon im Vorgriff auf geplante Beeinträchtigungen in einem weiteren Abschnitt geltend machen, sondern unter Einbeziehung von Flächeninanspruchnahmen in früheren Planfeststellungsabschnitten erst gegenüber dem Planfeststellungsbeschluss für diesen Folgeabschnitt (BVerwG, Beschl. v. 14.07.2009, a.a.O.).

117

Diese Grundsätze sind entsprechend für die Fälle heranzuziehen, in denen der landwirtschaftliche Betrieb nicht durch mehrere Planungsabschnitte eines Bauvorhabens sondern durch zeitlich aufeinander folgende unterschiedliche Bauvorhaben, die in räumlicher Nähe zueinander stehen, betroffen ist. Dies gilt insbesondere dann, wenn – wie hier – der Flächenverlust im zuerst durchgeführten Planfeststellungsverfahren deutlich unter der 5 %-Grenze (hier ca. 0,5 %) liegt und der wesentliche Entzug landwirtschaftlich genutzter Flächen (hier ca. 4,95 %) erst durch das noch folgende Planfeststellungsverfahren eintritt. Der Beklagte weist im Übrigen zu Recht darauf hin, dass ungeachtet des vorangegangenen und vom Bundesverwaltungsgericht beanstandeten Planfeststellungsverfahrens bezüglich des „Lückenschlusses“ der A 143 derzeit noch keine sichere Aussage darüber getroffen werden kann, ob es nach Abschluss des derzeit noch laufenden ergänzenden Verfahrens nach § 17e Abs. 6 Satz 2 FStrG nach Abwägung der Belange des Klägers letztlich dabei bleibt, dass seinem Betrieb Flächen in der Größenordnung von 199.606 m² (für Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen) dauerhaft entzogen werden.

118

Soweit der Kläger einwendet, ein weiterer Flächenverlust sei wegen der von der Gemeinde S. beabsichtigten Aufstellung eines Bebauungsplans für ein Gewerbegebiet an der A 143 im Bereich der Anbindung an die B 80 (Anschlussstelle Halle-Neustadt) zu erwarten, lässt sich damit ein Abwägungsmangel schon deshalb nicht begründen, weil dieser Umstand im Planfeststellungsverfahren vom Kläger nicht vorgetragen wurde und für den Beklagten im maßgeblichen Zeitpunkt der Abwägungsentscheidung auch nicht ersichtlich war. Im Übrigen wäre der Beklagte nach den oben dargestellten Grundsätzen nicht verpflichtet gewesen, weitere mögliche Flächenverluste durch die beabsichtigte Bauleitplanung der Gemeinde S. und eine sich daraus möglicherweise ergebende Verschärfung der betrieblichen Verhältnisse in seine Abwägung einzustellen.

119

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

120

IV. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

121

V. Die Revision wird nicht zugelassen, da die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht gegeben sind.


Gründe

1

Die auf die Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache und der Divergenz (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 und 2 VwGO) gestützte Beschwerde kann keinen Erfolg haben.

2

1. Die Rechtssache hat nicht die grundsätzliche Bedeutung, die ihr der Kläger beimisst.

3

Der Kläger möchte rechtsgrundsätzlich geklärt wissen,

ob die Planrechtfertigung für die nachträgliche Zulassung bzw. Anordnung aktiver Schallschutzmaßnahmen bei unveränderter verkehrlicher Funktion und Leistungsfähigkeit der Straße auch dann gegeben sein kann, wenn damit weder ein Vorbehalt aus einem Ausgangsplanfeststellungsbeschluss abgearbeitet wird, noch die Voraussetzungen für nachträgliche Schutzauflagen gemäß § 75 Abs. 2 Satz 2 Verwaltungsverfahrensgesetz gegeben sind, noch Lärmbeeinträchtigungen entgegengewirkt werden soll, die aktuell oder nach dem jeweiligen Prognosehorizont im Bereich bzw. jenseits der Sanierungsgrenzwerte entsprechend Ziff. 37.1 VLärmSchR 97 liegen, und für die Verwirklichung der Maßnahme auf privates Grundeigentum i.S.d. Art. 14 Abs. 1 GG zugegriffen werden muss bzw. ob angesichts der Unanwendbarkeit der §§ 41 ff. BImSchG i.V.m. der 16. BImSchV die Planrechtfertigung für solche Maßnahmen nicht prinzipiell ausscheidet.

4

Diese Fragen rechtfertigen die Zulassung der Revision nicht, weil sie ohne Weiteres anhand des Gesetzes und bereits vorliegender Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts beantwortet werden können. Das rechtliche Erfordernis einer Planrechtfertigung ergibt sich aus der Erwägung, dass eine hoheitliche Planung wegen der von ihr ausgehenden Auswirkungen auf die Rechte Dritter ihre Rechtfertigung nicht schon in sich trägt. Die Planrechtfertigung dient damit dem Zweck, Vorhaben, die nicht mit den Zielen des jeweiligen Fachrechts in Einklang stehen, bereits auf einer der Abwägung vorgelagerten und einer vollen gerichtlichen Überprüfung unterliegenden Stufe auszuscheiden. Sie stellt eine praktisch nur bei groben und einigermaßen offensichtlichen Missgriffen wirksame Schranke der Planungshoheit dar (Urteil vom 11. Juli 2001 - BVerwG 11 C 14.00 - BVerwGE 114, 364 <372 f.> = Buchholz 442.40 § 8 LuftVG Nr. 19 S. 17 m.w.N.). Eine straßenrechtliche Planung hat daher Bestand, wenn sie auf die Verwirklichung der mit dem einschlägigen Fachgesetz generell verfolgten öffentlichen Belange ausgerichtet und vernünftigerweise geboten ist (Urteil vom 7. Juli 1978 - BVerwG 4 C 79.76 u.a. - BVerwGE 56, 110 <118 f.> = Buchholz 442.40 § 8 Nr. 2 S. 7 f.).

5

Die von dem Träger der Straßenbaulast an einer Bundesfernstraße errichteten Lärmschutzwände sind Bestandteile der Bundesfernstraße (§ 1 Abs. 4 Nr. 1 FStrG) und unterliegen daher dem Planfeststellungsvorbehalt des § 17 Satz 1 FStrG. Sie sind vom eigentlichen Vorhaben nicht isoliert zu betrachten, sondern stehen in einem untrennbaren planungsrechtlichen Zusammenhang mit diesem, und zwar auch dann, wenn sie erst nach Bestandskraft des ursprünglichen Planfeststellungsbeschlusses in einem der Lärmsanierung dienenden Planänderungsverfahren planfestgestellt und errichtet werden (vgl. Urteil vom 14. September 1992 - BVerwG 4 C 34 - 38.89 - BVerwGE 91, 17 <19> = Buchholz 316 § 74 VwVfG Nr. 18 S. 24 f.). Daraus folgt, dass der Planänderungsbeschluss, der nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts dem ursprünglichen Planfeststellungsbeschluss anwächst und mit diesem zu einem einzigen Plan in der durch den Änderungsbeschluss erreichten Gestalt verschmilzt (Urteile vom 9. Juni 2010 - BVerwG 9 A 25.09 - Buchholz 316 § 76 VwVfG Nr. 19 Rn. 24, vom 18. März 2009 - BVerwG 9 A 31.07 - Buchholz 310 § 74 VwGO Nr. 15 Rn. 23 f. und vom 8. Januar 2014 - BVerwG 9 A 4.13 - NVwZ 2014, 1008 Rn. 15), an der Planrechtfertigung des ursprünglichen Planfeststellungsbeschlusses teilnimmt. Einer gesteigerten Form der Rechtfertigung, etwa im Sinne einer Erforderlichkeit eines Änderungsvorhabens, bedarf es daher bei nachträglich planfestgestellten Lärmschutzwänden nicht (Urteil vom 14. September 1992 a.a.O. S. 29 ).

6

Keine Frage der Planrechtfertigung, sondern eine Frage der Abwägung ist es dagegen, ob die für das Vorhaben sprechenden Gemeinwohlbelange von einem solchen Gewicht sind, dass sie das Bestandsinteresse des Eigentümers am Fortbestand seiner konkreten Eigentumsposition zu überwinden vermögen (vgl. Urteil vom 24. November 2011 - BVerwG 9 A 23.10 - BVerwGE 141, 171 = Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 219 jeweils Rn. 64 ff., 67). Entgegen der Auffassung der Beschwerde gelten die vorgenannten Grundsätze auch in den Fällen, in denen der Träger der Straßenbaulast unterhalb der Schwellenwerte für drohende Gesundheitsgefahren „freiwillig“ Lärmschutzmaßnahmen ergreift. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist jede mehr als nur geringfügig zunehmende Lärmbetroffenheit von Anwohnern eines auszubauenden Verkehrswegs in die Abwägung der Planfeststellungsbehörde einzustellen. Dies gilt auch dann, wenn sie unterhalb der Schwelle der Unzumutbarkeit bleibt und deshalb keine Schutzansprüche auslöst (Urteile vom 20. Mai 1998 - BVerwG 11 C 3.97 - Buchholz 406.25 § 41 BImSchG Nr. 18 S. 50 m.w.N. und vom 23. November 2005 - BVerwG 9 A 28.04 - BVerwGE 124, 334 <345> = Buchholz 406.25 § 41 BImSchG Nr. 45 Rn. 45). Für nachträgliche Planänderungen, die bei bestehenden Verkehrswegen mit dem Ziel einer Reduzierung der von diesen ausgehenden Lärmbetroffenheiten vorgenommen werden, kann nichts anderes gelten.

7

Auch die Frage,

ob bei einem Abwägungsausfall nicht stets von einer Erheblichkeit des Abwägungsmangels auszugehen ist,

rechtfertigt die Zulassung der Revision nicht. Auch diese Frage lässt sich ohne Weiteres auf der Grundlage der bisherigen Rechtsprechung beantworten. Ergebnisrelevanz i.S.d. § 17e Abs. 6 FStrG liegt vor, wenn nach den Umständen des Falles die konkrete Möglichkeit besteht, dass ohne den Abwägungsmangel eine andere Entscheidung getroffen worden wäre; eine nur abstrakte Möglichkeit einer anderen Entscheidung genügt nicht. Insoweit ist der Abwägungsvorgang in all seinen Phasen in den Blick zu nehmen (Urteile vom 21. März 1996 - BVerwG 4 C 19.94 - BVerwGE 100, 370 <379 f.> und vom 24. November 2011 a.a.O. Rn. 68). Danach kann auch für den Fall, dass sich die Planfeststellungsbehörde - wie hier - fälschlicherweise rechtlich zur Einleitung eines Planfeststellungsverfahrens verpflichtet sah, eine Fehlerheilung in Betracht kommen. Dem steht nicht die Aussage des 7. Senats des Bundesverwaltungsgerichts in seinem Hinweisbeschluss vom 11. Juli 2013 - BVerwG 7 A 20.11 - (DVBl 2013, 1453 Rn. 12) entgegen, wonach ein Abwägungsausfall dann erheblich ist und eine Prüfung der Ergebnisrelevanz ausscheidet, wenn eine vorgeschriebene fachplanerische Abwägung völlig fehlt. Eine vergleichbare Situation eines Totalausfalls der Abwägung, in der das Gericht „als Ersatzplaner“ selbst abzuwägen hätte, ist im vorliegenden Fall offensichtlich nicht gegeben. Ausweislich des angefochtenen Urteils (UA Rn. 33) hat die Planfeststellungsbehörde die für die Errichtung der Lärmschutzwand erforderliche Abwägung der für und gegen das Vorhaben sprechenden Belange vorgenommen und eine eigene Abwägungsentscheidung getroffen. Dass sie hierbei aufgrund der angenommenen Verpflichtung zur Einleitung eines Planänderungsverfahrens die betroffenen Belange bei ihrer Abwägungsentscheidung unzutreffend bewertet und gewichtet hätte, wird von der Beschwerde nicht dargetan, hierfür ist auch sonst nichts ersichtlich; ein solcher Abwägungsmangel - sein Vorliegen unterstellt - würde im Übrigen einen Fehler darstellen, der von der Regelung des § 17e Abs. 6 FStrG a.F. erfasst wird.

8

Die Frage,

ob es mit dem Gleichheitsgrundsatz vereinbar ist, dass bei der Abarbeitung von Lärmschutzvorbehalten an einer Bundesstraße auch für solche Streckenabschnitte, für die kein Vorbehalt besteht, aktive Lärmschutzmaßnahmen zu Lasten des betroffenen Grundstückseigentümers in gleicher Dimensionierung vorgenommen werden, während an anderen Bundesfernstraßen Lärmschutzmaßnahmen gänzlich unterbleiben oder nur nach Maßgabe der Richtlinien für Lärmsanierung vorgenommen werden,

rechtfertigt die Zulassung der Revision ebenfalls nicht. Soweit die Frage auf der Grundlage der vom Oberverwaltungsgericht getroffenen und von der Beschwerde nicht angegriffenen Feststellungen einer generellen und abstrakten Klärung zugänglich ist, fehlt es an jeder Darlegung (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO), warum sie sich nicht auf der Grundlage der bereits zu Art. 3 GG vorliegenden umfangreichen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts beantworten ließe und inwiefern der vorliegende Rechtsstreit Gelegenheit zur Weiterentwicklung der höchstrichterlichen Rechtsprechung geben könnte.

9

2. Auch die Divergenzrügen (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) greifen nicht durch.

10

Soweit die Beschwerde hinsichtlich der Planrechtfertigung eine Abweichung des angegriffenen Urteils von der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geltend macht, ist eine solche aus den oben zu 1. dargelegten Gründen nicht gegeben.

11

Eine weitere Abweichung von der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sieht die Beschwerde in der Abhandlung der Grundrechtsbetroffenheit des Klägers durch das Oberverwaltungsgericht. Eine Divergenz besteht jedoch auch insoweit nicht. Ein abstrakter Rechtssatz, dass die freiwillige Ergänzung von Lärmschutzmaßnahmen unabhängig vom ursprünglichen Planfeststellungsbeschluss zu beurteilen und eine absolute Grenze erreicht ist, wenn sich die planfestgestellte Maßnahme zu Lasten anderer Anlieger auswirkt, lässt sich dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 9. Februar 1995 - BVerwG 4 C 26.93 - (BVerwGE 97, 367 <372 f.> = Buchholz 406.25 § 41 BImSchG Nr. 7 S. 6) nicht entnehmen. Die Aussage des Bundesverwaltungsgerichts, dass das Gebot der Gleichbehandlung verletzt würde, wenn die staatliche Maßnahme, die zum Vorteil des einen bestimmt ist, dem anderen zusätzliche Nachteile aufbürdet, bezieht sich erkennbar auf die Umstände des damals zu entscheidenden Falles. Dieser war dadurch gekennzeichnet, dass die vorgesehene Lärmsanierung an der Westseite der Bundesstraße wegen der mit der Lärmschutzwand verbundenen Reflexionen zu einer Erhöhung der Lärmbelastung an der östlichen Straßenseite geführt hätte. Für diese Fallgestaltung hat das Bundesverwaltungsgericht den Rechtssatz aufgestellt, dass die Lärmsanierung für die einen Straßenanlieger nicht zu einer Verschlechterung der Lärmsituation für andere Straßenanlieger führen dürfe. Eine vergleichbare Fallkonstellation ist hier nicht gegeben. Dass auch für die Durchführung einer Lärmsanierung nach rechtsfehlerfreier Abwägung der betroffenen öffentlichen und privaten Belange in Rechte Dritter eingegriffen werden kann, ist bereits zu der entsprechenden Grundsatzrüge unter 1. ausgeführt worden. Hierauf wird verwiesen.

12

Eine Abweichung von der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts besteht nach Auffassung der Beschwerde ferner darin, dass das Oberverwaltungsgericht von einer Maßgeblichkeit der Immissionsgrenzwerte gemäß der Lärmschutzverordnung (16. BImSchV) ausgegangen sei (UA Rn. 31), während nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 9. Februar 1995 - BVerwG 4 C 26.93 - (a.a.O. S. 373 und S. 7) die Grenzwerte der Verkehrslärmschutzverordnung nur im Fall einer Änderung einer Straße i.S.d. § 41 Abs. 1 BImSchG Anwendung finden könnten. Eine Divergenz ergibt sich hieraus jedoch nicht. Denn aus der von dem Kläger angeführten Passage der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts geht hervor, dass die Werte der Lärmschutzverordnung auch dann, wenn keine Änderung einer Straße vorliegt, als Orientierungswerte Anwendung finden können. Nichts anderes hat das Oberverwaltungsgericht zum Ausdruck gebracht, wenn es auf die Überschreitung der maßgeblichen Grenzwerte der Lärmschutzverordnung abstellt und ausführt, dass die Lärmbetroffenen zwar keinen Anspruch auf Lärmschutz aus dem Vorbehalt im ursprünglichen Planfeststellungsbeschluss haben, die Beklagte in dieser Situation aber befugt gewesen sei, den Planfeststellungsbeschluss zu ändern und um aktive Lärmschutzmaßnahmen zu ergänzen.

13

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG.

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich gegen einen Planfeststellungsbeschluss, der den Umbau des plangleichen (höhengleichen) Knotenpunktes der Bundesstraße B 80 / Kreisstraße K 2147 (Knoten am Friedhof) zu einem planfreien (höhenfreien) Knotenpunkt als halbes Kleeblatt zum Gegenstand hat.

2

Die B 80 beginnt in der Stadt Halle und führt in westliche Richtung über die Lutherstadt Eisleben weiter nach Thüringen, das südliche Niedersachen und Nordhessen. Die K 2147 („T Landstraße“) führt vom Ort Zscherben im Südwesten zum Knotenpunkt mit der B 80 und als kommunale Straße weiter zur „E Straße“ im Ortsteil N der Stadt Halle. Unmittelbar südlich des Knotens in westlicher Richtung befinden sich die Zuwegung und der Parkplatz des Friedhofs Halle-Neustadt. Der Knotenpunkt soll in seiner Lage bezogen auf das Straßennetz unverändert bleiben. Zur Herstellung der planfreien Gestaltung des Kontenpunkts soll die K 2147 bzw. die kommunale Straße „Teutschenthaler Landstraße“ über die B 80 geführt und über Ausfahrtsrampen an die jeweiligen Richtungsfahrbahnen Eisleben und Halle, die mit Aus- und Einfädelspuren versehen werden, angebunden werden. Im Zuge der Überführung soll ein einseitiger gemeinsamer Geh-/Radweg im Zweirichtungsverkehr errichtet werden, der eine durchgängige Verbindung zwischen der Ortslage Nietleben bis zum Friedhof schafft. Des Weiteren soll das Wegenetz, insbesondere die Zufahrten zur vorhandenen Wohnbebauung, angepasst werden.

3

Am 15.09.2009 beantragte der Landesbetrieb Bau Sachsen-Anhalt, Niederlassung Süd (im Folgenden: LBB), als Vorhabenträger die Durchführung eines Planfeststellungsverfahrens für das Bauvorhaben. Zur Notwendigkeit der Baumaßnahme führte er (vgl. S. 7 ff. des 1. Erläuterungsberichts, Beiakte A – Mappe 1) u.a. aus, der Ausbau des Knotens sei aufgrund der mangelhaften Verkehrsverhältnisse, fehlender Fahrbeziehungen, der fehlenden Verkehrssicherheit und des Zustandes der Verkehrsflächen veranlasst worden. Der Knotenpunkt sei ein Unfallschwerpunkt. Im Rahmen der Vorplanung seien Varianten zur Knotenpunktgestaltung erarbeitet worden, die sowohl plangleiche als auch planfreie Lösungen variierend beinhalteten. Eine plangleiche Lösung sei auf Grund der Verkehrssicherheit und Leistungsfähigkeit nicht möglich. Unter Berücksichtigung von Zwangspunkten – insbesondere die Lage des B-Plan-Gebietes Nr. 2 „Granauer Berg“ – komme die vorliegende Variante zum Tragen. In die Vorplanung seien Ergebnisse verkehrstechnischer Untersuchungen eingeflossen. Die Planung des Knotenpunktes sei zudem in Abstimmung mit den Belangen der Stadt Halle erfolgt. Die fußläufige Verbindung zwischen der Ortslage N und dem Friedhof sei zu gewährleisten und die Wegebeziehungen zu optimieren.

4

Die Planunterlagen wurden nach Bekanntmachung im Amtsblatt der Stadt Halle vom 11.11.2009 in der Zeit vom 16.11.2009 bis zum 15.12.2009 ausgelegt. Aufgrund der Betriebsferien der Stadtverwaltung wurde der Auslegungszeitraum bis zum 08.01.2010 verlängert; darauf wurde im Amtsblatt der Stadt Halle vom 09.12.2009 hingewiesen.

5

Der Kläger hat als Inhaber eines landwirtschaftlichen Betriebes mit Vertrag vom 15.08.2008, der (zunächst) bis zum 30.09.2026 läuft und sich bei nicht fristgerechter Kündigung um 3 Jahre verlängert, Ackerflächen nördlich der B 80 und westlich der Eislebener Straße (Gemarkung A-Stadt, Flur A, Flurstücke 11 und 12) im Umfang von ca. 2 ha gepachtet, die durch das Bauvorhaben zu einem erheblichen Teil in Anspruch genommen werden.

6

Der Kläger erhob im Aufstellungsverfahren mit Schreiben vom 20.01.2010 folgende Einwendungen: Es sei auch bundespolitisches Ziel, den Verbrauch von landwirtschaftlichen Flächen für Bauzwecke zu reduzieren. Bei der nordwestlich der Kreuzung gelegenen Fläche handele es sich um bestes ertragreiches Ackerland, das es zu erhalten gelte. Für das Linksabbiegen aus Richtung Westen (Eisleben) sei eine Linksabbiegerspur völlig ausreichend und wesentlich kostengünstiger. Die Linksabbiegerspur aus Richtung Osten (Halle) nach Zscherben zeige, dass diese Lösung völlig ausreichend und deutlich kostengünstiger sei als das hier in Rede stehende Brückenbauwerk. Verkehrspolitisches Ziel müsse es aus Sicherheits- und Lärmschutzgründen auch sein, den Verkehr auf der B 80 zu beruhigen bzw. zu verlangsamen. Durch das Brückenbauwerk werde das Gegenteil erreicht. Die Fahrgeschwindigkeiten würden sich erhöhen und die Unfallzahlen in diesem Bereich im Falle der Brückenlösung steigen. Weiterhin werde die Verkehrsbelastung in der Ortslage N erheblich zunehmen; dadurch würden dort die Lärmbelastung und die Aufwendungen für die Straßeninstandhaltung deutlich erhöht. Ziel müsse es aber sein, den Verkehr in den bewohnten Ortslagen so gut wie möglich zu reduzieren. Auch stelle das gewaltige Bauwerk einen ganz erheblichen Eingriff in die Landschaft dar. Trotz der geplanten Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen komme es zu einem erheblichen Eingriff in die Ökosysteme. Darüber hinaus führe das geplante Brückenbauwerk nicht nur in der Bauphase zu erheblichen Belastungen für die direkten Anwohner und zu einer erheblichen Wertminderung der angrenzenden Grundstücke. Zu berücksichtigen sei auch, dass sein landwirtschaftlicher Betrieb bereits durch den Weiterbau der Bundesautobahn A 143 von erheblichem Flächenverlust betroffen sei. Aufgrund des zusätzlichen Flächenverlusts durch das hier geplante Bauvorhaben sei zu prüfen, ob sein Betrieb in seiner Existenz bedroht sei. Weiterhin sei zu prüfen, ob das Verkehrsgutachten, das Grundlage der bisherigen Planungen sei, die Veränderungen im Verkehrsfluss die durch die Fertigstellung der A 38 wie der in absehbarer Zeit erfolgenden Fertigstellung der L 164n und den in der Planfeststellung befindlichen Weiterbau der A 143 entstehen, ausreichend berücksichtigt habe. Augenscheinlich sei heute schon festzustellen, dass allein durch die Fertigstellung der A 38 der Verkehr auf der B 80 nachgelassen habe. Auch deshalb sei davon auszugehen, dass Linksabbiegerspuren für diese Kreuzung ausreichend seien.

7

Hierzu nahm der LBB mit Schreiben vom 15.04.2010 u.a. wie folgt Stellung (Beiakte F, Bl. 817 ff.): Die vorhandene Lichtsignalanlage (LSA) am streitigen Knoten überschreite in der vorliegenden Form seine Leistungsfähigkeit, d.h. der Knoten sei bereits ausgelastet bzw. überlastet. Im Rahmen der Vorplanung seien unterschiedliche Varianten untersucht worden, auch der Ausbau der Kreuzung mit LSA, Linksabbiegespuren, Rechtsabbiegestreifen bzw. Ausfahrkeilen und Dreiecksinseln. Die verkehrstechnische Berechnung habe ergeben, dass bei dieser Variante in der Prognose für 2015 bzw. 2020 ebenfalls eine Überlastung auftreten werde. Die topographischen Verhältnisse, die Längsneigung und die Sichtverhältnisse aus Richtung Eisleben kommend, erforderten Einschränkungen hinsichtlich der fahrbaren Geschwindigkeit am Knoten. Der Knoten sei erst sehr spät zu erkennen und werde zudem infolge der vorhandenen Streckencharakteristik vom Verkehrsteilnehmer nicht erwartet. Im Zuge der B 80 – von der Anschlussstelle der Bundesautobahn A 38 bis in die Innenstadt (Knoten Vstraße) – sei er der einzige plangleiche Knoten. Die benannte Problematik hinsichtlich Topographie, Sicht und Geschwindigkeit spiegele sich in der Unfallstatistik wider. Dadurch stelle der Knoten in der vorliegenden Form einen Unfallschwerpunkt dar, der mit dem Bau der Brücke beseitigt werde. Die B 80 sei nach den Richtlinien der integrierten Netzgestaltung (RIN) als großräumige Straßenverbindung (LS 1) eingestuft und auch Autobahnzubringer. Damit liege in diesem Fall das verkehrspolitische Ziel nicht in einer Verkehrsberuhigung, sondern in der Sicherung der Verkehrssicherheit und Leistungsfähigkeit entsprechend der maßgebenden Verbindungsfunktion. Für das geplante Vorhaben sei eine schalltechnische Untersuchung sowie eine Luftschadstoffuntersuchung erstellt worden. Nach der schalltechnischen Untersuchung liege keine wesentliche Änderung einer Straße im Sinne von § 1 der 16. BImSchV vor. In der Schadstoffsituation sei im Ergebnis festgestellt worden, dass die ermittelten Immissionen unterhalb der vom Gesetzgeber festgelegten kritischen Werte liegen. Die Eingriffe in die Landschaft und die Ökosysteme seien im Rahmen eines landschaftspflegerischen Begleitplanes und eines artenschutzrechtlichen Fachbeitrages bewertet worden; entsprechende Maßnahmen würden vorgesehen. Für die Berechnung der Leistungsfähigkeit des Knotens sei die Prognose IV bzw. V der Stadt Halle herangezogen worden (für den Prognosehorizont 2015 bzw. 2020), die sowohl die A 143 (mit und ohne Fertigstellung bis zur A 14) als auch den Ausbau der Osttangente bis zur B 100 berücksichtigten. Für die B 80 sei ein Rückgang der Verkehrsbelastung nicht zu erwarten.

8

Im Erörterungstermin am 28.07.2010 führte der Kläger ergänzend aus, er rege an, einen Kreisverkehr anzulegen; solche Anlagen hätten sich in der Vergangenheit immer wieder als ausgesprochen leistungsfähig erwiesen. Im Rahmen der Planfeststellung und Verwirklichung des vorgesehenen Lückenabschnittes der A 143 habe er mit einem erheblichen Verlust landwirtschaftlicher Flächen zu rechnen; die beiden Vorhaben seien im Zusammenhang zu betrachten. Die gegebene mangelhafte Verkehrssicherheit der Kreuzung sei auch durch eine stärkere verkehrspolizeiliche Überwachung in den Griff zu bekommen.

9

Mit dem angefochtenen Planfeststellungsbeschluss vom 29.03.2012 stellte der Beklagte den Plan für den Ausbau der B 80 / K 2147 – Knoten am Friedhof – fest.

10

In der Begründung heißt es, der Ausbau des Knotenpunktes sei aus Gründen des Gemeinwohls objektiv notwendig. Der jetzige Zustand dieses Knotenpunktes entspreche in keiner Weise den verkehrlichen Erfordernissen. Die Verkehrsverhältnisse seien mangelhaft. Fehlende Fahrbeziehungen, fehlende Verkehrssicherheit und ein schlechter Zustand der Verkehrsflächen hätte den Knotenpunkt zu einem Unfallschwerpunkt werden lassen. Der vorhandene plangleiche Knoten sei überlastet; er besitze trotz der vorhandenen Lichtzeichenanlage nicht die Leistungsfähigkeit, den auftretenden Verkehr störungsfrei abzuwickeln. Zu Zeiten der Verkehrsspitzen träten regelmäßig und unvermeidlich Rückstaus auf. Dies sei angesichts der gegebenen schwierigen topographischen Verhältnisse nicht hinnehmbar. Insbesondere für Verkehrsteilnehmer, die aus Richtung Eisleben kommen, sei der Knoten erst sehr spät zu erkennen, zudem werde er aufgrund der Streckencharakteristik in der Form nicht erwartet. Der Knoten sei im Zuge der B 80 zwischen der Anschlussstelle zur A 143 und der Innenstadt Halle der einzige plangleiche Knoten. Bereits deshalb dränge es sich auf, auch ihn höhenungleich auszugestalten und so den übrigen Knoten im Trassenverlauf anzupassen.

11

Eine Optimierung des bestehenden höhengleichen Knotenpunktes sei auf Grund der räumlich-topographischen Bedingungen nicht mehr möglich. Diesen Befund belegten auch die herangezogenen Verkehrsprognosen. Für die Betrachtung der im Rahmen der Vorplanung zu entwickelnden Knotenpunktvarianten und zur Berechnung deren Leistungsfähigkeit sei die Prognose IV (Individualverkehr) der Stadt Halle herangezogen worden. Sie berücksichtige den Horizont 2015. Trotz eines allgemein erwarteten Rückganges der Verkehrsbelastung, sei für die B 80 in diesem Bereich ein Anstieg zu erwarten. Die Prognose weise für den Knoten eine Belastung von 35.402 Kfz/24h aus. In der Spitzenstunde betrage der DTV der Prognose 2.981 Kfz/h. Im Zuge des Planungsverlaufes sei ein Abgleich mit den aktuellen Daten der Prognose 2020 der Stadt Halle erfolgt. Hierbei würden zwei Fälle unterschieden: Belastung mit Fertigstellung der BAB 143 (Weiterführung von der B 80, NK 4537 039 bis zur Anbindung an die BAB 14 nördlich von Halle) und ohne BAB 143. Im Vergleich ergäben sich folgende Daten:

12

Prognosehorizont

DTV [Kfz/24h]

Spitzenstunde [Kfz/h]

2015   

35.402

2.981 

2020 mit A 143

32.742

2.853 

2020 ohne A 143

38.202

3.313 

13

Dabei sei auf der Basis der Prognosen für 2015 und ergänzend für 2020 – sowohl mit als auch ohne A 143 – die Leistungsfähigkeit der Varianten ermittelt worden. Die verkehrstechnische Untersuchung (Unterlage 15.1) sei fortgeschrieben worden. Aus den Prognosedaten werde deutlich, dass die Verkehrsbelastung des Knotens selbst unter den günstigen Bedingungen auch zukünftig – insbesondere zu den Spitzenzeiten – so groß sein werde, dass ohne bauliche Veränderung die heutige Überlastungssituation fortbestehen werde.

14

Die Einwände des Klägers wurden mit folgender Begründung zurückgewiesen: Mit dem Einwand, im Hinblick auf den Flächenbedarf beim Weiterbau der A 143 sehe er die Existenz seines landwirtschaftlichen Betriebes gefährdet, könne der Kläger erst in demjenigen Planfeststellungsverfahren Gehör finden, in welchem die Existenzgefährdung tatsächlich eintrete. Im Übrigen habe er seinen diesbezüglichen Einwand auch nicht hinreichend präzisiert. Der von ihm vorgeschlagene Ausbau des vorhandenen Knotens mittels einer Linksabbiegespur in Richtung N brächte, wie sich bei der im Vorfeld der Planung vorgenommen verkehrstechnischen Berechnung ergeben habe, nicht die gebotene Erhöhung der Leistungsfähigkeit des Knotens mit sich. Überhaupt sei eine Optimierung des bestehenden höhengleichen Knotenpunktes bereits auf Grund der räumlich-topographischen und visuellen Bedingungen nicht mehr möglich. Für Verkehrsteilnehmer, die aus Richtung Eisleben kommen, sei der Knoten erst sehr spät zu erkennen, zudem werde er aufgrund der Streckencharakteristik in der Form auch nicht erwartet. Der Knoten sei im Zuge der B 80 zwischen der Anschlussstelle zur A 143 und der Innenstadt von Halle der einzige plangleiche Knoten. Bereits deshalb dränge es sich auf, auch ihn höhenungleich auszugestalten und so den übrigen Knoten im Trassenverlauf anzupassen. Auch der ins Spiel gebrachte Kreisverkehr würde die für 2015 bzw. 2020 prognostizierte Überlastung nicht verhindern. Ein solcher sei zwar im Prinzip leistungsfähiger als eine Ampelkreuzung. Wenn aber, wie hier, die Verkehrsbelastung der zuführenden Äste stark voneinander differiere, sei die Anlegung eines Kreisverkehres kein geeignetes Mittel, den Verkehrsfluss zu fördern. Hinzu komme, dass die Unübersichtlichkeit des Knotens das Unfallrisiko noch erhöhen würde.

15

Der Planfeststellungsbeschluss wurde dem Kläger am 14.04.2012 zugestellt.

16

Am 14.05.2012 hat der Kläger Klage erhoben, zu deren Begründung er Folgendes vorträgt:

17

Bereits am 18.05.2005 sei der Planfeststellungsbeschluss für den Neubau der A 143 nördlich des Knotens mit der B 80 ergangen. Diesen habe zwar das Bundesverwaltungsgericht mit Urteil vom 17.01.2007 aufgehoben. Das Vorhaben werde aber weiter betrieben. Seit Oktober 2009 laufe das dazu erforderliche ergänzende Verfahren. Nach den bisher bekannten Unterlagen würden seinem Betrieb mit einer landwirtschaftlichen Nutzfläche von 4.030.253 m² für den Neubau dieses Abschnitts der A 143 ca. 52.112 m² Pachtflächen und ca. 85 m² Eigentumsflächen auf Dauer entzogen. Zudem würden etwa 147.409 m² Eigentumsflächen mit einer Dienstbarkeit belastet, so dass seinem Betrieb faktisch Flächen von insgesamt ca. 199.606 m² verloren gingen. Aufgrund der beiden Vorhaben – Knotenausbau B 80 / K 2147 und Neubau der A 143 – sei der von ihm zugezogene Sachverständige zu der Einschätzung gelangt, dass sich für beide Maßnahmen ein Produktionsflächenverlust für den Betrieb von insgesamt ca. 219.606 m² (21,9606 ha) ergebe, was ca. 5,45 % der von ihm landwirtschaftlich genutzten Fläche entspreche. Zu diesen beiden Vorhaben komme noch ein drittes Vorhaben hinzu, das unter Beanspruchung von 9 bis 10 ha seiner Pachtflächen realisiert werden solle. Aktuell betreibe die Gemeinde S. in ihrem Ortsteil (…) auf bisherigen Ackerflächen die Ausweisung und Erschließung eines neuen, mehrere Hektar umfassenden Gewerbegebiets im nördlichen Anschluss an die B 80 und im westlichen Anschluss an die neue A 143. Im Ergebnis dieser Planungen stünden ihm zukünftig noch weniger Betriebsflächen. Eine Existenzgefährdung sei dennoch im Verfahren nicht geprüft worden.

18

Es fehle zudem an der Planrechtfertigung des Vorhabens. Die der Planung zu Grunde liegenden Verkehrsprognosen gingen von einer Steigerung des Verkehrs zwischen den Jahren 2010 und 2015 um 70 % aus, ohne dass dafür irgendeine plausible Erklärung geliefert würde. Tatsächlich sei vielmehr von einem künftigen kontinuierlichen Rückgang des Verkehrs auszugehen. Die Technische Universität Dresden (Fakultät Verkehrswissenschaften, Institut für Verkehrsplanung und Straßenverkehr) sei zu der Einschätzung gelangt, dass der vorliegenden Planung ein traditioneller und im Rahmen der verwendeten Denkstrukturen konsistenter und rein verkehrstechnischer Ansatz zugrunde liege, der zwar typisch sei und in den vergangenen Jahrzehnten fast überall in Deutschland angetroffen worden sei, der aber wissenschaftlich betrachtet schon lange als völlig überholt gelte. Bedingt durch den demografischen Wandel sei von einer in den nächsten Jahren kontinuierlich erheblich sinkenden Verkehrsstärke im Bereich des Knotenpunktes auszugehen. Zur Einschätzung der demografischen Entwicklung im Einzugsgebiet des geplanten Vorhabens seien die Prognosen des zuständigen Ministeriums für Landesentwicklung und Verkehr des Landes Sachsen-Anhalt heranzuziehen. Von diesem Bevölkerungsrückgang seien insbesondere die im hier zu betrachtenden Abschnitt der B 80 erschlossene Stadt Halle/Saale (-10,0 %) sowie der Landkreis Mansfeld-Südharz (-27,7 %) und der Saalekreis (-17,9 %) betroffen. Die Altersklassen, die hohe Aktivitätsraten aufweisen und im Erwerbsprozess stehen, nähmen ständig ab. Dies belege eine vom Bundesministerium für Bildung, Forschung und Technologie in Auftrag gegebene Studie der Projektgruppe INVERMO an der Universität Karlsruhe. Für die Zukunft sei damit von einer dramatischen Reduzierung der täglichen Wege insgesamt in Deutschland, insbesondere derjenigen mit dem PKW auszugehen. Die von der Bundesanstalt für Straßenwesen regelmäßig durchgeführten Zählungen an Bundesstraßen zeigten bereits diese Trendwende hin zu einer Abnahme der Verkehrsstärke. Dies gelte gerade auch in Sachsen-Anhalt, etwa im Abgleich der Prognosen für die A 38, bei der im Jahr 2010 anstelle der in der Planfeststellung prognostizierten 55.000 Fahrzeuge pro Tag tatsächlich nur 25.000 täglich gezählt worden seien. Im Bereich des streitigen Knotenpunktes B 80 / K 2147 komme hinzu, dass es durch die künftige Inbetriebnahme der derzeit im Planfeststellungsverfahren befindlichen Abschnitts der A 143 zu einer signifikanten Entlastung der B 80 in diesem Bereich kommen werde. Davon gehe auch die Planfeststellung selbst aus. Allerdings seien die Prognosezahlen insgesamt völlig unrealistisch hoch angegeben, weshalb auch bezüglich der Auswirkungen der A 143 von einem erheblich höheren Rückgang ausgegangen werden müsse. Völlig unberücksichtigt geblieben seien der Bau der L 164n vom Knotenpunkt A 143 / L 164n bis in das Gewerbegebiet Halle-Neustadt bzw. von Halle-Neustadt auf die L 173. Nach der Freigabe dieser Straße im Oktober 2011 sei der Verkehr am streitigen Knoten bereits erheblich zurückgegangen. Mit der zukünftigen Freigabe des noch in Planung befindlichen neuen Abschnitts der A 143 werde eine zusätzliche ganz erhebliche Entlastung verbunden sein. Die fortlaufend durchgeführten Verkehrszählungen könnten zur Überprüfung der Prognosezahlen herangezogen werden. Ausgehend von der tatsächlich wesentlich geringeren Verkehrsbelastung des Knotens als in der Planfeststellung angenommen sowie der künftig sogar noch erheblich weiter zurückgehenden Verkehrsbelastung fehle auch den Überlegungen zu Alternativen und zur künftigen Unfallsituation die planerische Grundlage.

19

Der Kläger beantragt,

20

den Planfeststellungsbeschluss des Beklagten vom 29.03.2012 für das Vorhaben „Ausbau der B 80 / K 2147 – Knoten am Friedhof“ aufzuheben.

21

Der Beklagte beantragt,

22

die Klage abzuweisen.

23

Er trägt vor, die Planrechtfertigung ergebe sich bereits daraus, dass der Vorhaben- und Straßenbaulastträger zur verkehrsgerechten Herstellung einer vorhandenen Bundesstraße verpflichtet sei. Die Defizite des vorhandenen Knotens und deren Folgen seien im Planfeststellungsbeschluss in den Ausführungen zur Planrechtfertigung ausführlich beschrieben. Die Beseitigung des letzten plangleichen Knotens der B 80 zwischen dem Anschluss der A 143 und der Einfahrt nach Halle am Rennbahnkreuz entspreche den Vorgaben der Richtlinien für die Anlage von Straßen – Netzgestaltung (RAS – N 1988), die für zweibahnige Straßen der Kategorie A 1 (wozu die B 80 hier gehöre) und A II wegen der Einheitlichkeit der Streckencharakteristik generell planfreie Knoten empfehlen. Die Unfallträchtigkeit des vorhandenen Knotens ergebe sich aus der vorgelegten Analyse des Unfallgeschehens der Polizei Halle vom 10.08.2012.

24

Die vom Kläger vertretene These vom Verkehrsrückgang aufgrund Bevölkerungsrückganges und überproportionalem Rückgang der Erwerbsfähigen werde durch die von ihm angeführte Studie „Mobilität in Deutschland 2008“ in der Gesamtschau nicht belegt. Die Erhebungen der 5. Regionalisierten Bevölkerungsprognose des Landes Sachsen-Anhalt (5. RBP) ergäben für Halle einen geringeren Zuwachs der Altersgruppe „65 und älter“ im Vergleich zum Landesdurchschnitt. Zur Mobilität habe die Studie u.a. die Aussage getroffen, dass das bei etwa gleichbleibender Bevölkerung etwas wachsende Verkehrsaufkommen wesentlich auf eine stärker ausgeprägte Mobilität der heutigen Senioren zurückzuführen sei. Sie seien aktiver als frühere Generationen in diesem Alter und nutzten, nicht zuletzt aufgrund ihrer bisherigen Verkehrssozialisation, häufiger das Auto. Der Pkw bleibe das wichtigste Verkehrsmittel.

25

Auch die Erwartung eines Verkehrsrückganges durch Realisierung paralleler Straßenvorhaben, könne dem Vorhaben nicht die Rechtfertigung nehmen. Die Fertigstellung der A 143 sei bei der Ermittlung der Verkehrsprognose im Projekt für 2020 mit eingeflossen, allerdings mit der Einschränkung, dass zum Planungszeitpunkt nur die 4. Regionalisierte Bevölkerungsprognose (4. RBP) bekannt gewesen sei. Zwar sei die Entlastung der B 80 durch den Bau der L 164n noch nicht berücksichtigt worden; jedoch trete eine Entlastung nur für Fahrbeziehungen in Richtung Süden (über die A 143 zur A 38 Richtung Leipzig) ein. Das Verkehrsplanungsbüro (P.) habe die Grundlagen für die Berechnung der Verkehrserhebung der Stadt Halle zur Verfügung gestellt, die in die verkehrstechnische Untersuchung eingeflossen seien. Die (P.) habe eine neue Berechnung unter Berücksichtigung der 5. RBP sowie aller bis 2025 geplanten Straßenbauvorhaben für den Großraum Halle erarbeitet. Zum Zeitpunkt der Erstellung der Planunterlagen seien alle verfügbaren aktuellen Verkehrszahlen verwendet worden. Insbesondere seien in die Berechnung die Prognoseentwicklungen für 2015 und 2020 aus dem Verkehrsmodell der Stadt Halle eingeflossen. Der Hinweis des Klägers auf die Dauerzählstelle Bennstedt sei ohne Belang, da diese Zählung westlich der A 143 zwischen den Abzweigen Bennstedt und Langenbogen erfolge und nicht den stadteinwärts fließenden Verkehr nach Halle erfasse.

26

Die wichtigste Begründung des Planungsauftrages sei indes die Beseitigung des Unfallschwerpunktes. So seien nach Auskunft der Unfallkommission der Stadt Halle allein in den letzten vier Jahren trotz zwischenzeitlich aufgestellter Vorblinkanlage 34 Unfälle mit 13 Verletzten aufgetreten. Die Polizei Halle habe für die Jahre 2008 bis 2011 dem Bereich des Knotens sogar 59 Unfälle mit 8 Schwerverletzten und 22 Leichtverletzten zugeordnet. In der Berechnung der Leistungsfähigkeit werde deutlich, dass ein lichtsignalgeregelter Knoten mit Linksabbiegspuren nicht ausreiche und nur die Verkehrsqualitätsstufe „F“ erreiche. Eine überschlägige Neuberechnung der Leistungsfähigkeit des Knotens mit den nun für 2025 verminderten Belegungszahlen weise an vier Fahrspuren zwar gerade noch eine Verkehrsqualitätsstufe „D“ mit einem Sättigungsgrad von 94 % aus und tendiere damit schon sehr zur Qualitätsstufe „E“. Neben der reinen Orientierung auf die Belegungszahlen dürften aber auch die Sicherheitsaspekte auf Grund der geometrischen Gegebenheiten vor Ort und der vorhandenen Neigungs- und Sichtverhältnisse nicht außer Acht gelassen werden. Sie seien die ausschlaggebenden Faktoren für die an dieser Stelle auftretende Unfallhäufigkeit. Nur wenn die Konfliktpunkte „kreuzender bzw. linksabbiegender Verkehr“ und „haltender Verkehr an der Lichtzeichenanlage“ beseitigt seien, könne von einem Sicherheitszugewinn an diesem Knotenpunkt gesprochen werden.

27

Angesichts einer Größe des klägerischen Betriebes von ca. 403 ha habe keine Veranlassung bestanden, in eine nähere Prüfung einzutreten, ob der durch das Vorhaben bewirkte Verlust von Betriebsflächen im Umfang von ca. 2 ha Existenz gefährdende Auswirkungen auf den Betrieb des Klägers habe. Sollte die Flächeninanspruchnahme im Planfeststellungsverfahren zum Neubau der A 143 eine Existenzgefährdung auslösen, sei die solchermaßen drohende Schädigung des Betriebs im Kontext dieses Planfeststellungsverfahrens abzuwenden. Eine andere Beurteilung käme nur dann in Betracht, wenn die Verluste im laufenden Verfahren ob ihres Umfanges den Betrieb derart nahe an die Grenze zur Existenzgefährdung heranführen würden, dass bereits ein vergleichsweise geringer Flächenverlust im Rahmen eines schon abzusehenden weiteren Planfeststellungsbeschlusses zur Grenzüberschreitung führen müsste. Da nach den Angaben des Klägers aber nur knapp 10% der erwarteten Flächenverluste auf die streitgegenständliche Planung entfielen, sei nicht zu befürchten, dass der Verlust von ca. 2 ha Pachtland bereits irreparable Fakten schaffe. Hinzu komme, dass im vorliegenden Planfeststellungsverfahren die Inanspruchnahme für die Baumaßnahme selbst erfolge, während im Planfeststellungsverfahren zur A 143 sie allein der Durchführung von Ausgleichs- bzw. Ersatzmaßnahmen dienen solle. Da sich das Planfeststellungsverfahren zur A 143 noch einige Zeit hinziehen werde und noch nicht mit Gewissheit vorherzusehen sei, ob das dortige Schutzkonzept unverändert bleibe, erscheine es wenig sinnvoll, das hiesige Verwaltungsstreitverfahren mit den Imponderabilien eines anderen Planfeststellungsverfahrens zu belasten.

28

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten und die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe

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Die Klage hat keinen Erfolg.

30

I. Die Klage ist zwar zulässig, insbesondere, ist der Kläger klagebefugt (§ 42 Abs. 2 VwGO). Er kann geltend machen, durch das planfestgestellte Vorhaben, insbesondere die (dauerhafte) Inanspruchnahme von ihm gepachteter landwirtschaftlich genutzter Flächen in seinen Rechten verletzt zu sein (vgl. BVerwG, Urt. v. 01.09.1997 – 4 A 36.96 –, BVerwGE 105, 178 [179 ff.], RdNr. 25 ff. in juris).

31

II. Die Klage ist aber nicht begründet. Der Kläger hat weder einen Anspruch auf die begehrte Aufhebung des streitigen Planfeststellungsbeschlusses noch auf die – im Aufhebungsantrag als minus enthaltene (vgl. BVerwG, Urt. v. 09.06.2004 - 9 A 11.03 -, BVerwGE 121, 72, RdNr. 35 in juris) – Feststellung, dass der Planfeststellungsbeschluss rechtswidrig und deshalb nicht vollziehbar ist.

32

1. Formelle Mängel des Planfeststellungsbeschlusses sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.

33

2. Auch erhebliche materielle Mängel, die zur Aufhebung oder Feststellung der Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit des Planfeststellungsbeschlusses führen, lassen sich nicht feststellen.

34

Dem Planfeststellungsbeschluss kommt, da er Grundlage der nachfolgenden Enteignung ist, eine enteignungsrechtliche Vorwirkung zu. Da ein auf der Grundlage der §§ 535 ff. BGB begründetes Rechtsverhältnis nach den einschlägigen privatrechtlichen Vorschriften Bestandsschutz genießt und deshalb die Qualität von Eigentum im Sinne des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG hat (BVerwG, Urt. v. 01.09.1997, a.a.O., RdNr. 26, m.w.N.), haben nicht nur die von der Planung betroffenen Grundstückseigentümer, sondern auch Pächter von Grundstücken, die für das Vorhaben benötigt werden, Anspruch auf gerichtliche Überprüfung des Planfeststellungsbeschlusses auf seine objektive Rechtmäßigkeit (sog. Vollüberprüfungsanspruch), soweit der geltend gemachte Fehler für die Inanspruchnahme der Grundstücke kausal ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 10.10.2012 – 9 A 19.11 – NVwZ 2013, 649, RdNr. 13).

35

2.1. Der angegriffenen Planung fehlt es nicht an der erforderlichen Rechtfertigung. Insbesondere kann der Kläger in diesem Zusammenhang nicht mit Erfolg einwenden, die Beibehaltung einer höhengleichen Kreuzung oder das Anlegen eines Kreisverkehrs wären ausreichend gewesen.

36

Ein Planungsvorhaben ist dann gerechtfertigt, wenn sich das Vorhaben – gemessen an den Zielsetzungen des anzuwendenden Fachplanungsgesetzes – insgesamt als vernünftigerweise geboten erweist (BVerwG, Beschl. v. 15.07.2005 – 9 VR 39.04 –, juris, RdNr. 6, Beschl. v. 25.02.2014 – 7 B 24.13 –, juris RdNr. 9). Die Frage der Planrechtfertigung unterliegt zwar der vollen gerichtlichen Überprüfung. Gleichwohl ist die Planrechtfertigung eine praktisch nur bei groben und einigermaßen offensichtlichen Missgriffen wirksame Schranke der Planungshoheit (BVerwG, Urt. v. 11.07.2001 – 11 C 14.00 –, BVerwGE 114, 364 [372], RdNr. 32 in Juris). Einen solchen planerischen Missgriff stellt das streitige Vorhaben nicht dar.

37

2.1.1. Der Erforderlichkeit der geplanten Maßnahme steht nicht entgegen, dass sie im Bedarfsplan für Bundesfernstraßen nicht ausgewiesen ist. Auch an Bundesfernstraßen, deren Ausbau in dem Bedarfsplan nicht oder erst in einer späteren Dringlichkeitsstufe vorgesehen ist, können einzelne Verbesserungsmaßnahmen, d.h. Maßnahmen von geringer örtlicher Ausdehnung wie Kurvenbegradigungen, Änderungen oder Beseitigungen von Bahnübergängen, Fahrbahnverbreiterungen und kleine Ortsumgehungen, notwendig werden (BVerwG, Beschl. v. 15.05.2001 – 4 B 32.01 –, NVwZ 2001, 1163 [1164], RdNr. 8 in juris).

38

2.1.2. Gemäß § 3 Abs. 1 Satz 2 FStrG haben die Träger der Straßenbaulast nach ihrer Leistungsfähigkeit die Bundesfernstraßen in einem dem regelmäßigen Verkehrsbedürfnis genügenden Zustand zu bauen, zu unterhalten, zu erweitern oder sonst zu verbessern; dabei sind die sonstigen öffentlichen Belange einschließlich des Umweltschutzes sowie behinderter und anderer Menschen mit Mobilitätsbeeinträchtigung mit dem Ziel, möglichst weitreichende Barrierefreiheit zu erreichen, zu berücksichtigen. Eine Straßenplanung ist auch dann noch vernünftigerweise geboten, wenn mit dem Vorhaben eine Verbesserung der Verkehrsverhältnisse nicht in jeder Hinsicht bzw. nur teilweise gelingt (Urt. d. Senats v. 10.10.2013 – 2 K 99/12 –, juris, RdNr. 128).

39

Gemessen an diesen Zielsetzungen lässt sich ein konkretes Bedürfnis für das Vorhaben feststellen. Mit dem geplanten Umbau des Knotenpunktes soll dessen Leistungsfähigkeit, insbesondere der Verkehrsfluss auf der B 80 und die Sicherheit der Verkehrsteilnehmer verbessert werden.

40

Dem kann der Kläger nicht mit Erfolg entgegen halten, die der Planung zu Grunde liegenden Verkehrsprognosen, die von einer Steigerung des Verkehrs zwischen den Jahren 2010 und 2015 ausgehe, sei fehlerhaft bzw. beruhe auf einem veralteten Ansatz, so dass auch den Überlegungen zu Alternativen und zur künftigen Unfallsituation die Grundlage fehle. Selbst wenn keine Zunahme sondern ein Rückgang des motorisierten Verkehrs anzunehmen sein sollte, würde allein die Entschärfung des Knotens als Unfallschwerpunkt die Planung rechtfertigen.

41

Der Beklagte hat im Planfeststellungsbeschluss zwar auch darauf abgestellt, dass nach der vorliegenden Verkehrsuntersuchung die Leistungsfähigkeit des Knotens nicht mehr gewährleistet sei. Er hat den Plan maßgeblich aber auch damit gerechtfertigt, dass eine Umgestaltung aus Gründen der Verkehrssicherheit geboten sei. Er hat im Einzelnen dargelegt, weshalb die Verkehrsverhältnisse am Knoten mangelhaft sind (vgl. S. 19 f. des Planfeststellungsbeschlusses). Fehlende Fahrbeziehungen, fehlende Verkehrssicherheit und ein schlechter Zustand der Verkehrsflächen hätten den Knotenpunkt zu einem Unfallschwerpunkt werden lassen. Neben der fehlenden Linksabbiegespur aus Richtung Eisleben fehlten auch Rechtsabbiegestreifen bzw. Ausfahrkeile, Dreiecksinseln und Fahrbahnteiler in den untergeordneten Knotenpunktzufahrten. Vielfach bögen Verkehrsteilnehmer, die eigentlich links abbiegen wollten, zunächst nach rechts in Richtung Z ab, wendeten im Bereich des angrenzenden Parkplatzes und querten dann die B 80. Dadurch würden Verkehrssicherheit und Leistungsfähigkeit sowohl in der Knotenpunktzufahrt als auch auf dem Parkplatz erheblich beeinträchtigt. Die bauliche Ausgestaltung der Linksabbiegespur aus Richtung Halle entspreche nicht den geltenden Richtlinien. Eckausrundungen seien unzureichend ausgebildet. Die untergeordneten Knotenpunktzufahrten genügten hinsichtlich Querschnitt, Flächenangebot und Oberflächenbeschaffenheit (Kopfsteinpflaster) weder den heutigen Anforderungen des motorisierten Verkehrs, noch böten sie Radfahrern und Fußgängern Fahrkomfort und Sicherheit. Der südwestlich an den Knoten angrenzende Parkplatz des Friedhofs Halle-Neustadt diene zugleich als Halte- und Wendepunkt zweier Buslinien des ÖPNV. Eine Einfahrt in den Haltebereich sei für die Busse beider Linien nur über die nördliche, im unmittelbaren Knotenpunktbereich gelegene Parkplatzeinfahrt möglich. Die Busse des ÖPNV könnten nur im Zuge der Grünphase der untergeordneten Knotenarme in den Haltebereich ein- und ausfahren, woraus sich Behinderungen und Zeitverluste ergäben. Zudem überlagerten sich die Ein- und Ausfahrtbereiche mit dem Aufstellbereich der Linkseinbieger in der Knotenpunktzufahrt. Der vorhandene plangleiche Knoten sei überlastet; er besitze trotz der vorhandenen Lichtzeichenanlage nicht die Leistungsfähigkeit, den auftretenden Verkehr störungsfrei abzuwickeln. Zu Zeiten der Verkehrsspitzen träten regelmäßig und unvermeidlich Rückstaus auf. Dies sei angesichts der gegebenen schwierigen topographischen Verhältnisse nicht hinnehmbar. Insbesondere für Verkehrsteilnehmer, die aus Richtung Eisleben kommen, sei der Knoten erst sehr spät zu erkennen, zudem werde er aufgrund der Streckencharakteristik in der Form auch nicht erwartet. Es liege somit auf der Hand, dass die gegenwärtige Ausgestaltung des Knotens wesentlicher Grund für die festgestellte Unfallhäufung sei.

42

Dass es sich bei dem Knoten in seinem derzeitigen Ausbauzustand um einen Unfallschwerpunkt handelt, jedenfalls soweit es die Fahrbahn der B 80 in Richtung Halle anbetrifft, hat der Beklagte durch einen Bericht der Polizeidirektion Sachsen-Anhalt Süd vom 10.08.2012 untermauert. Darin heißt es, dass diese Fahrbahn durch eine sehr hohe Zahl von Auffahrunfällen vor der LZA gekennzeichnet gewesen sei. Im Jahr 2005 hätten sich stadteinwärts in dem langgezogenen Staubereich vor der LZA 18 Verkehrsunfälle mit sechs verletzten Personen ereignet. Nachdem in den Folgejahren ein Vorblinker, der das Rotlicht der nachfolgenden Kreuzung angezeigt habe, in Betrieb genommen worden sei, seien die Auffahr- und Geschwindigkeitsunfälle zwar gesunken. Dennoch habe die Zahl der Unfälle in den Jahren 2008 bis 2011 in beiden Richtungen der B 80 zwischen 11 und 15 gelegen. In der mündlichen Verhandlung hat der Beklagte ferner dargelegt, dass die Gefahr von Auffahrunfällen auf der B 80 in Richtung Halle vor der Kreuzung wegen der topografischen Verhältnisse gerade auch während der dort laufenden Grünphase bestehe, weil eine Rechtsabbiegespur fehle. Diese Art von Unfällen lässt sich mit einer planfreien Kreuzung vermeiden. Für die Annahme des Klägers im Verwaltungsverfahren, durch die höhere Geschwindigkeit auf den Straßen nach dem geplanten Ausbau des Knotens werde die Zahl der Unfälle steigen, bestehen keinerlei Anhaltspunkte, insbesondere weil auch im weiteren Verlauf der B 80 stadteinwärts bis zum Rennbahnkreuz nur planfreie Knoten vorhanden sind.

43

Dass eine Umgestaltung des Knotens überhaupt aus Gründen der Verkehrssicherheit erforderlich ist, hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung letztlich nicht (mehr) in Frage gestellt. Er kann die Planrechtfertigung nicht mit dem Einwand in Frage stellen, es gebe bessere oder zumindest ebenso geeignete Varianten, um die vom Beklagten aufgezeigten verkehrlichen Probleme in den Griff zu bekommen, bei denen deutlich weniger (landwirtschaftlich genutzte) Flächen in Anspruch genommen werden müssten. Die Frage, inwieweit es bauliche Alternativen zu der vom Beklagten gewählten Lösung gibt, um die verkehrlichen Probleme am streitigen Knoten zu lösen, betrifft nicht die Planrechtfertigung, sondern die Abwägung der verschiedenen in Betracht kommenden Varianten (Urt. d. Senats v. 10.10.2013, a.a.O., RdNr. 128).

44

2.2. Die Planfeststellung weist auch keinen offensichtlichen, für die Betroffenheit des Klägers erheblichen Abwägungsmangel auf, der auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen ist.

45

Gemäß § 17 Abs. 1 Satz 2 FStrG sind bei der Planfeststellung von Bundesfernstraßen die von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Urt. v. 19.08.2004 – 4 A 9.04 –, juris, RdNr. 15) verlangt das Abwägungsgebot, dass – erstens – eine Abwägung überhaupt stattfindet, dass – zweitens – in die Abwägung an Belangen eingestellt wird, was nach Lage der Dinge in sie eingestellt werden muss, und dass – drittens – weder die Bedeutung der betroffenen öffentlichen und privaten Belange verkannt noch der Ausgleich zwischen ihnen in einer Weise vorgenommen wird, die zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht. Innerhalb des so gezogenen Abwägungsrahmens wird das Abwägungsgebot jedoch nicht verletzt, wenn sich die zur Planung ermächtigte Stelle in Kollision zwischen verschiedenen Belangen für die Bevorzugung des einen und damit notwendigerweise für die Zurückstellung eines anderen entscheidet. Die darin liegende Gewichtung der von der Planung berührten öffentlichen und privaten Belange ist vielmehr im Gegenteil ein wesentliches Element der planerischen Gestaltungsfreiheit und als solches der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle entzogen. Diese beschränkt sich im Rahmen des Abwägungsgebots daher auf die Frage, ob die Planfeststellungsbehörde die abwägungserheblichen Gesichtspunkte rechtlich und tatsächlich zutreffend bestimmt hat und ob sie – auf der Grundlage des derart zutreffend ermittelten Abwägungsmaterials – die aufgezeigten Grenzen der ihr obliegenden Gewichtung eingehalten hat.

46

2.2.1. In Anwendung dieser Grundsätze ist das streitige Vorhaben im Ergebnis nicht zu beanstanden. Der Planfeststellungsbeschluss leidet zwar wegen einer unzureichenden Variantenprüfung an einem die Belange des Klägers berührenden Abwägungsmangel; dieser ist aber letztlich unerheblich.

47

2.2.1.1. Als Betroffener kann der Kläger auch die Vorzugswürdigkeit einer seine Belange geringer beeinträchtigenden Alternative rügen (vgl. Urt. d. Senats v. 10.10.2013, a.a.O., RdNr. 138; VGH BW, Urt. v. 08.02.2007 – 5 S 2257/05 –, ZUR 2007, 427, RdNr. 57 in juris). Die Planfeststellungsbehörde muss Alternativlösungen als Teil des Abwägungsmaterials mit der ihnen objektiv zukommenden Bedeutung in die vergleichende Prüfung der von den möglichen Varianten jeweils berührten öffentlichen und privaten Belange einbeziehen (BVerwG, Urt. v. 22.12.2004 – 9 A 9.04 –, juris, RdNr. 22, m.w.N.). Das Abwägungsgebot bezieht sich auch auf ernsthaft in Betracht kommende Trassenalternativen; sie müssen untersucht und im Verhältnis zueinander gewichtet werden; die Bevorzugung einer bestimmten Lösung darf nicht auf einer Bewertung beruhen, die zur objektiven Gewichtigkeit der von den möglichen Alternativen betroffenen Belange außer Verhältnis steht (BVerwG, Urt. v. 09.04.2003 – 9 A 37.02 –, NVwZ 2003, 1393], RdNr. 22 in juris, m.w.N.). Dabei braucht die Planfeststellungsbehörde den Sachverhalt in Bezug auf Planungsalternativen nur zu klären, soweit dies für eine sachgerechte Entscheidung notwendig ist. Sie ist insbesondere befugt, Alternativen, die ihr auf der Grundlage einer Grobanalyse als weniger geeignet erscheinen, schon in einem frühen Verfahrensstadium auszuscheiden (vgl. BVerwG, Beschl. v. 24.01.2012 – 7 VR 13.11 [7 A 22.11] –, DVBl 2012, 1102). Die Grenzen der planerischen Gestaltungsfreiheit bei der Auswahl zwischen verschiedenen Trassenvarianten sind erst dann überschritten, wenn eine andere als die gewählte Linienführung sich unter Berücksichtigung aller abwägungserheblichen Belange eindeutig als die bessere, weil öffentliche und private Belange insgesamt schonendere darstellen würde, wenn sich mit anderen Worten diese Lösung der Behörde hätte aufdrängen müssen (BVerwG, Urt. v. 09.06.2004 – 9 A 11.03 –, juris, RdNr. 57, m.w.N.).

48

Gemessen daran hält die Variantenauswahl des Beklagten im Ergebnis der rechtlichen Prüfung stand, auch wenn beim Abwägungsvorgang nicht alle abwägungserheblichen Belange in den Blick genommen wurden.

49

Im Planfeststellungsantrag stellte der LBB im 1. Erläuterungsbericht verschiedene Varianten dar (Beiakte A, Unterlage 1, S. 19 ff. des Berichts). Dabei zeigte er zunächst folgende nicht berücksichtigte Varianten auf:

50

Variante 0

51

Im Rahmen der Eingrenzung möglicher Varianten wurde ein bestandsnaher Ausbau des Knotens mit den notwendigen baulichen Erweiterungen (Abbiegespuren) untersucht. Bei dieser Variante wird der Kreuzungswinkel beibehalten (ca. 118,5 gon). Infolge dessen ergeben sich gegenüber Variante 0+ ungünstigere Parameter für die Signalisierung durch die resultierende Lage der Haltelinien, der Standorte der Signalgeber, der Querungsbedingungen für Fußgänger, sowie das Ein- und Abbiegen. Im Vergleich mit der Variante 0+ ergeben sich keine Vorteile hinsichtlich Verkehrssicherheit und Verkehrsablauf (Leistungsfähigkeit), so dass die Variante 0 nicht weiter berücksichtigt wurde.

52

Variante A

53

Variante A beinhaltete eine Überführung der untergeordneten Knotenpunktzufahrten im Zuge der vorhandenen Trassierung der K 2147 und der kommunalen Straße. Der Kreuzungswinkel des Bauwerkes lässt sich so optimieren, und die Verkehrsflächen liegen im Bereich der vorhandenen Trassen. In Anbetracht der zu berücksichtigenden Zwangspunkte wird diese Variante jedoch nicht weiter verfolgt. Ein Anbinden des Parkplatzes, des Friedhofes und der anliegenden Grundstücke, sowie die Erschließung der Grundstücke sind mit unverhältnismäßig hohem Aufwand verbunden. Zudem wären Eingriffe in die vorhandene Bebauung notwendig bzw. wesentliche Beeinträchtigungen durch die Lage der Anrampung zur Bebauung zu verzeichnen. Aus den vorgenannten Gründen und der fehlenden Wirtschaftlichkeit, wurde die Variante A in der weiteren Planung nicht berücksichtigt.

54

Variante B

55

Diese Variante sieht ein Absenken der B 80 im Zuge einer Unterführung unter die untergeordneten Knotenpunktzufahrten vor. Ähnlich der Variante A können hierbei vorhandene Verkehrsflächen genutzt und der Kreuzungswinkel des Bauwerkes optimiert werden. Im Gegensatz dazu sind jedoch erhebliche Aufwendungen und nachteilige Auswirkungen durch das Absenken der B 80 zu verzeichnen, was zudem unverhältnismäßig hohe Kosten verursacht. Die Variante wurde in der weiteren Planung auf Grund der fehlenden Wirtschaftlichkeit infolge des hohen bautechnischen Aufwandes und der wesentlichen Eingriffe in das Umfeld (z.B. Friedhof) nicht berücksichtigt.

56

Variante C

57

Ein Zwangspunkt ist der Friedhof mit dem im Bereich des Knotens vorhandenen Parkplatz und dem Haltepunkt des ÖPNV. Deren Lage kann infolge der vorhandenen Bebauung und der Gesamtsituation im weiteren Umfeld nicht wesentlich verändert werden. Veränderungen im Rahmen der Planungen der Stadt Halle zur Umgestaltung der Zufahrtsituation für den Friedhof und dessen Parkplatz beschränken sich auf die bisher durch den Parkplatz genutzte Fläche. Um die vorgesehene Planung für die Umgestaltung des Friedhofes zu berücksichtigen, wären Eingriffe durch den Umbau des Knotenpunktes zu vermeiden. Demzufolge wäre die Lage des Knotens soweit zu korrigieren, dass Eingriffe in die Flächen des Friedhofes bzw. des Parkplatzes (mit Haltepunkt für ÖPNV) vermieden werden. Dadurch wäre ein Verschwenken der B 80 erforderlich, damit die für den Knoten notwendigen Verkehrsflächen außerhalb der für die geplante Umgestaltung des Friedhofes benötigten Fläche liegen. Auf Grund der fehlenden Vorteile und der wesentlich höheren Kosten und Eingriffsbestände in das Umfeld gegenüber der Variante 0+, wurde die Variante C in der Planung nicht weiter betrachtet.

58

Näher untersucht wurden dann zwei Varianten (0+ und 1), von denen der LBB letztlich für die Variante 1 bevorzugte. Hierzu heißt es im Erläuterungsbericht (S. 20 ff.):

59

Variante 0+; Knotenpunkt der Grundform II:

60

Kreuzung einer 2-bahnigen mit einer 2-streifigen Straße.

61

a) übergeordnete Fahrbahn

62

Die übergeordnete Fahrbahn ist die 2-bahnige B 80. Infolge der Einordnung der zusätzlichen Linksabbiegespur in der westlichen Knotenpunktzufahrt (Richtungsfahrbahn Halle) ist der Mittelstreifen zu verziehen. In der westlichen Knotenpunktzufahrt wird zusätzlich zur Linksabbiegespur eine Rechtsabbiegespur vorgesehen. Analog wird in der östlichen Knotenpunktzufahrt die vorhandene Linksabbiegespur ausgebaut und eine Rechtsabbiegespur angebaut. Infolge der zusätzlichen Linksabbiegespur in der westlichen Knotenpunktzufahrt, ist die Richtungsfahrbahn Eisleben entsprechend zu verziehen. Die Trassierung der Richtungsfahrbahn Halle wird beibehalten, an die sich die Trassierung der Richtungsfahrbahn Eisleben grundsätzlich anlehnt. Die resultierende Länge der Baustrecke im Bereich der B 80 beträgt ca. 500 m.

63

b) untergeordnete Knotenpunktzufahrten

64

Die untergeordneten Knotenpunktzufahrten sind durchgehend trassiert. Um bessere Bedingungen für die Querung durch Fußgänger und Radfahrer zu erreichen, die Lage der Haltlinien und die Standorte der Signalgeber zu optimieren, werden die Knotenpunktzufahrten abgekröpft und kreuzen im Winkel von 100 gon die übergeordnete Fahrbahn. Zur Erhöhung der Leistungsfähigkeit sind auch in den untergeordneten Knotenpunktzufahrten Linksabbiegespuren erforderlich. Die Baugrenze der nördlichen Knotenpunktzufahrt liegt ca. 130 m hinter dem Knotenpunkt. Die Baulänge der untergeordneten Knotenpunktzufahrten beträgt ca. 322 m.

65

Beeinflussung anderer Verkehrsplanungen sowie sonstiger raumbedeutsamer Planungen

66

Im Bereich der südlichen Knotenpunktzufahrt, der K 2147 (Teutschenthaler Landstraße) ist der Friedhof Neustadt mit seinem Parkplatz anzubinden. Im Bereich des Parkplatzes befindet sich der Haltepunkt für 2 Buslinien, die sowohl aus nördlicher als auch aus südlicher Richtung kommend in den Parkplatz einfahren und dort wenden. Zukünftig ist auch das Friedhofsgelände über diese Zufahrt zu erschließen, da die bisherige Zufahrt im Bereich der Eckausrundung am Knoten zurückgebaut werden muss. Die Planungen der Stadt Halle zur Friedhofserweiterung sind noch nicht abgeschlossen. Die nördliche Knotenpunktzufahrt tangiert geringfügig den südwestlichen Bereich des B-Plan-Gebietes Nr. 2 „Granauer Berg“. Die Bauleitplanung ist dahingehend zu korrigieren.

67

Flächenbilanz

68

Der notwendige Grunderwerb beläuft sich auf Grund der Verlagerung des Knotenpunktes auf ca. 1.100 m².

69

Flächenbilanz:

70

aufzunehmende befestigte Flächen [m²]

8.250 

Neue Verkehrsflächen [m²]

9.630 

Differenz [m²]

1.380 

71

Die Flächenbilanz berücksichtigt nur die befestigten Flächen. Bankette und Böschungen sowie Grünflächen sind nicht berücksichtigt.

72

Variante 1

73

Linienführung - Verlauf der Trassen (Knotenpunktzufahrten) Variante 1; planfreier Knotenpunkt, symmetrisches halbes Kleeblatt

74

Kreuzung einer 2-bahnigen mit einer 2-streifigen Straße.

75

a) übergeordnete Fahrbahn

76

Die übergeordnete Fahrbahn ist die 2-bahnige B 80. Die Trassierung der beiden Richtungsfahrbahnen wird beibehalten. Die im Bereich der Richtungsfahrbahn Eisleben vorhandene Linksabbiegespur wird zurückgebaut. Deren Fläche kann für den Lückenschluss des Mittelstreifens genutzt werden. Die resultierende Gesamtlänge der Baustrecke im Bereich der B 80 beträgt ca. 682 m.

77

b) untergeordnete Fahrbahn

78

Der Bauanfang der untergeordneten Fahrbahn liegt ca. 200 m südlich der B 80. Die bis dahin geradlinig verlaufende K 2147 verlässt die vorhandene Trasse der Teutschenthaler Landstraße und führt – die östlich liegende Ackerfläche anschneidend – durch die südlich der B 80 vorhandene bewaldete Fläche. Nach etwa 200 m wird sie über die B 80 überführt. Nördlich der B 80 verläuft die Trasse über landwirtschaftlich genutzte Fläche und mündet westlich des Gutes „Granau“ in die Eislebener Straße ein. Die Trassenlänge der untergeordneten Fahrbahn beträgt ca. 700 m.

79

Ingenieurbauwerke

80

Im Zuge der planfreien Lösung wird die Kreisstraße über die Bundesstraße durch ein Brückenbauwerk überführt...

81

Knotenpunkte, Einmündungen, Zufahrten

82

Grundsätzlich werden alle vorhandenen Grundstücksanbindungen und vorhandenen Zufahrten wieder hergestellt. Durch die Verlagerung der untergeordneten Fahrbahn und die planfreie Knotenpunktform werden weitere Knotenpunkte notwendig:

83

• Teilknoten Süd im Bereich der K 2147

84

• Teilknoten Nord im Bereich der untergeordneten Fahrbahn

85

• Einmündung Eislebener Straße im Bereich der untergeordneten Fahrbahn

86

Über diesen Knoten werden auch die im Bereich der kommunalen Straße liegenden Grundstücke (ehemalige nördliche Knotenpunktzufahrt) an das Straßennetz angebunden. Die bisherige nördliche Knotenpunktzufahrt wird zwischen B 80 und der letzten Grundstückszufahrt zurückgebaut. Alle Knotenpunkte sind unsignalisiert. Die Anbindung der Grundstücke westlich der K 2147 erfolgt zum einen über den Teilknoten Süd sowie separate Anbindungen der Zufahrten an die K 2147.

87

Beeinflussung anderer Verkehrsplanungen sowie sonstiger raumbedeutsamer Planungen

88

Mit der gewählten Linienführung der untergeordneten Fahrbahn werden die Belange des Planungsstandes zur Umgestaltung der Friedhofsanlage berücksichtigt. Die Anbindung ist gewährleistet und bietet unabhängig von der Knotenpunktgestaltung Freiraum zur Gestaltung der Friedhofsanlage.

89

Nördlich der B 80 befindet sich das B-Plan-Gebiet Nr. 2 Granauer Berg“. Die Trassierung der untergeordneten Fahrbahn durchschneidet in Anlehnung der geplanten Verkehrsflächen den Geltungsbereich des B-Planes. Ohne erheblichen Eingriff in den B-Plan ist die Variante nicht umsetzbar.

90

Einflüsse gefährdender Anlagen auf den Knotenpunkt

91

Östlich des Teilknoten Süd befinden sich Anlagen der Energieversorgung Halle. Das vorhandene Gebäude (ehemalige Gasreglerstation) wird zurückgebaut. Vorhandene Schieber der Leitung (GH DN 300) liegen im Bereich des östlichen Knotenpunktarmes des Teilknoten Süd. Die Leitung quert die B 80 auf Höhe des geplanten Brückenbauwerkes und weist im weiteren Verlauf Schnittpunkte mit der geplanten Trassenführung auf bzw. verläuft im geplanten Trassenbereich. Eine Umverlegung ist erforderlich.

92

Flächenbilanz

93

Der notwendige Grunderwerb beläuft sich auf Grund der Verlagerung des Knotenpunktes ca. 12.400 m².

94

Flächenbilanz:

95

aufzunehmende befestigte Flächen [m²]

4.860 

Neue Verkehrsflächen [m²]

18.300

Differenz {m²]

13.440

96

Die Flächenbilanz berücksichtigt nur die befestigten Flächen. Bankette und Böschungen sowie Grünflächen sind nicht berücksichtigt.

97

Gewählte Linie

98

Die verkehrstechnische Untersuchung im Rahmen der Vorplanung (Unterlage 15.1) hat gezeigt, dass der Knotenpunkt im Bestand seine Leistungsfähigkeit überschreitet. Im Ergebnis sind bauliche Veränderungen in Form zusätzlicher Abbiegespuren zur Gewährleistung aller Fahrbeziehungen für einen sicheren Verkehrsablauf und die Verkehrssicherheit erforderlich. Auf Grund der sich darstellenden Situation ist eine Verbesserung im Bestand ohne bauliche Veränderung nicht möglich. Infolge des prognostizierten Verkehrsaufkommens ist auch im Rahmen einer plangleichen Lösung eine hohe Auslastung gegeben. Selbst bei einer Optimierung der Lichtsignalanlage und der Berücksichtigung notwendiger baulicher Veränderungen (Abbiegespuren) ist der Knotenpunkt in den Spitzenverkehrszeiten an der Grenze seiner Leistungsfähigkeit. Des Weiteren sind Eingriffe in den Bereich des Parkplatzes vor dem Friedhof infolge der baulichen Erweiterung der Knotenpunktzufahrten notwendig. Die Gestaltungsmöglichkeiten im Rahmen der Planungen der Stadt Halle für die Erweiterung des Friedhofes würden dadurch eingeschränkt werden. Die Behinderungen für den ÖPNV (Ein- und Abbiegevorgänge im Bereich der Aufstellflächen der Knotenpunktzufahrt) und die damit verbundenen Beeinträchtigungen des Verkehrsablaufes werden durch eine plangleiche Knotenpunktlösung nicht eliminiert. Die Lichtsignalanlage wirkt sich wesentlich auf die Betriebskosten aus. Die Knotenpunktgestaltung entspricht zudem nicht den aus der Streckencharakteristik resultierenden Anforderungen, die aus der Zuordnung der B 80 zur Kategorie A 1 und nach RAS-K-1, Tabelle 2 grundsätzlich für 2-bahnige Querschnitte als Betriebsmerkmal eine planfreie Knotenpunktform erfordern. Die mit dem Bauvorhaben verbundenen Eingriffe in den Naturhaushalt und das Landschaftsbild sind kompensierbar. Beeinträchtigungen für das Schutzgut Mensch werden weitestgehend vermieden. Die Umsetzung der Variante ist ohne grundlegende Änderung des B-Planes möglich. Im Zuge der Vorplanung wurden die durch die Projektwirkungen Lärm und Schadstoffe auf das Schutzgut Mensch ausgehenden Beeinträchtigungen der Wohnfunktion untersucht. Lärmbeeinträchtigungen der entfernt liegenden Wohnbebauung von Halle-Neustadt, als auch Gefährdungen bzw. Beeinträchtigungen von Schutzgebieten im Untersuchungsraum (z.B. FFH-Gebiet, § 37-Biotope) sind bei allen Varianten ausgeschlossen. Das Abrücken der Teutschenthaler Landstraße von der vorhandenen Bebauung, wirkt sich insgesamt positiv aus. Hinsichtlich der Verkehrssicherheit und des Verkehrsablaufes ist festzuhalten, dass die planfreie Knotenpunktgestaltung eine sehr gute Leistungsfähigkeit mit ausreichend Spielraum für eine Steigerung des Verkehrsaufkommens aufweist und eine optimale Lösung darstellt. Des Weiteren ergeben sich Vorteile für die Anbindung des Friedhofes und des Haltepunktes des ÖPNV. Die negativen Auswirkungen durch Ein- und Abbiegevorgänge in den Bereich des Parkplatzes werden eliminiert. Durch das Abrücken der Trasse von der bisherigen Lage der K 2147 werden die Flächen des Parkplatzes und der Zufahrt zum Friedhof nicht beansprucht und Gestaltungsmöglichkeiten im Rahmen der Planungen der Stadt Halle zur Friedhofserweiterung nicht eingeschränkt. Auf Grund der Aspekte der Verkehrssicherheit und des Verkehrsablaufes (Leistungsfähigkeit) ist grundsätzlich einer planfreien Lösung der Vorrang einzuräumen. Die damit verbundenen Eingriffe in Natur und Umwelt sind beherrschbar und wirken sich nicht negativ auf die zu berücksichtigenden Schutzgebiete aus. Beeinträchtigungen des Schutzgutes Mensch werden auf ein Minimum reduziert. In Verbindung mit der angestrebten Verbesserung der Verkehrssicherheit und des Verkehrsablaufs stellt die vorliegende Variante eine wirtschaftliche Lösung zur Umsetzung der Zielstellung dar.

99

Diesen Ausführungen lässt sich entnehmen, dass neben der planfestgestellten Variante 1 auch die Variante 0+, die zu einem deutlich geringeren Flächenverbrauch führen würde, als Alternativlösung ernsthaft in Betracht zu ziehen war. Der Beklagte hat indes im Rahmen der Abwägung keine vergleichende Prüfung der beiden näher untersuchten Varianten 0+ und 1 unter Berücksichtigung des Interesses des Klägers an einer möglichst geringen Flächeninanspruchnahme vorgenommen. Die Frage, ob auch ein plangleicher Ausbau des Knotens (Variante 0+) den verkehrlichen Anforderungen gerecht wird, hat er zwar im Rahmen der Planrechtfertigung erörtert. Damit ist aber dem Abwägungsgebot nicht Genüge getan. Denn bei der Abwägung müssen die Vorzüge, die eine bestimmte Variante gegenüber anderen Varianten bietet, mit anderen Belangen, hier insbesondere mit dem berechtigten Interesse des Klägers, von einem Entzug landwirtschaftlicher Flächen so weit wie möglich verschont zu bleiben, abzuwägen. Daran fehlt es hier.

100

Hinzu kommt, dass die Annahme des Beklagten, der Variante 1 sei auch wegen der fehlenden Leistungsfähigkeit des Knotens bei Umsetzung der Variante 0+ der Vorzug zu geben, auf einer Verkehrsprognose beruhte, die bereits im Zeitpunkt der Abwägungsentscheidung nicht mehr uneingeschränkt verwertbar gewesen sein dürfte.

101

Der Planfeststellungsbeschluss stützt sich hinsichtlich der Verkehrsqualität der verschiedenen Varianten auf die vom LBB in Auftrag gegebene verkehrstechnische Untersuchung der Fa. (U.), Beratende Ingenieure, vom 27.03.2006 mit Fortschreibung Prognose 2020 vom 31.03.2009 (Beiakte B, Unterlage 15.1, S. 3 ff.). Zur Bestimmung der Verkehrsmengen wurde zunächst darauf verwiesen, dass der LBB am 27.04.2005 in den Zeitbereichen von 6.00 bis 10.00 Uhr sowie von 15.00 bis 19.00 Uhr Verkehrszählungen durchgeführt habe. Danach habe die Gesamtbelastung des Knotenpunktes in der Spitzestunde (von 15.30 bis 16.30 Uhr) 3.068 PKW-E/h betragen. Zur Beurteilung der zu erwartenden Verkehrsqualität seien zukünftige Verkehrszunahmen berücksichtigt worden. Insoweit stützte sich die Untersuchung auf eine Verkehrsprognose der Stadt Halle für den Prognosefall IV 2015, die über ein Verkehrsmodell verfüge, das die zukünftige Entwicklung in der Stadt Halle und im Umland abbilde. Die Prognosebelastungen des DTV (durchschnittliches tägliches Verkehrsaufkommen) 2015 seien für den Prognosefall 2020 um zwei Planfälle mit und ohne Fertigstellung der A 143 erweitert worden. Für den Knotenpunkt lägen Querschnittsbelastungen sowie Strombelastungen des DTV zum Prognosehorizont 2020 vor. Hinsichtlich der Variante 0+ kam die Untersuchung zu dem Ergebnis (vgl. S. 9 f.), dass der baulich und phasentechnisch verbesserte niveaugleiche Knoten unter den Prognosebelastungen 2015 an der Grenze seiner Leistungsfähigkeit liege und unter den Prognosebelastungen 2020 überlastet sei.

102

Soweit der Kläger bemängelt, der Verkehrsprognose liege ein rein verkehrstechnischer Ansatz zugrunde, der zwar typisch und in den vergangenen Jahrzehnten fast überall in Deutschland angetroffen worden sei, aber wissenschaftlich betrachtet schon lange als völlig überholt gelte, vermag er damit allerdings ebenso wenig durchzudringen wie mit seinem Einwand, aufgrund des demografischen Wandels sei von einer in den nächsten Jahren kontinuierlich erheblich sinkenden Verkehrsstärke im Bereich des Knotenpunktes auszugehen. Verkehrsprognosen unterliegen nur eingeschränkter gerichtlicher Kontrolle; sie sind lediglich daraufhin zu überprüfen, ob sie methodisch einwandfrei erarbeitet worden sind, nicht auf unrealistischen Annahmen beruhen und ob das Prognoseergebnis einleuchtend begründet worden ist (BVerwG, Urt. v. 10.10.2012, a.a.O., [S. 650], RdNr. 21, m.w.N.). Eine gesetzliche Vorgabe, nach welchen Methoden eine Verkehrsprognose im Einzelnen zu erstellen ist, gibt es nicht; eine aktuelle Zählung ist nicht zwingend erforderlich, vielmehr kann die Verkehrsstärke auch nach den in der Straßenplanung gebräuchlichen Modell- und Trendprognosen bestimmt werden (BVerwG, Beschl. v. 15.03.2013 – 9 B 30.12 –, juris, RdNr. 10, m.w.N.).

103

Nicht von der Hand zu weisen ist hingegen der Einwand des Klägers, die verkehrstechnische Untersuchung und die ihr zugrunde liegende Verkehrsprognose berücksichtigten nicht, dass im Oktober 2011 die L 164n freigegeben wurde, die vom Gewerbegebiet Halle-Neustadt zum Knotenpunkt A 143 / L 164n und weiter zur L 173 führt. Die Freigabe hat zu einer deutlichen Verringerung der Verkehrsbelastung zwischen dem streitigen Knoten und der Anschlussstelle der B 80 an die A 143 geführt. Darauf deuten insbesondere die von der Stadt Halle in den Jahren 2009 und 2012 durchgeführten Verkehrszählungen an der B 80 in Höhe der Rohr- und Fußgängerbrücke hin, die der Senat von der Stadt Halle angefordert hat. Während bei den im Oktober 2009 durchgeführten Zählungen ein Verkehrsaufkommen an Werktagen von 27.939 bis 29.801 Fahrzeugen festgestellt wurde, lag das Verkehrsaufkommen nach den Zählungen im Oktober 2012 an Werktagen bei nur noch 23.426 bis 26.388 Fahrzeugen. Nach der von der Stadt Halle hierzu gegebenen Erläuterung könnte die Abnahme der Verkehre daraus resultieren, dass die „Autobahnanschlussstelle Weststraße“ eröffnet wurde und sie im Oktober 2012 eine Belegung von ca. 6.800 Kraftfahrzeugen aufgewiesen habe – mit steigender Tendenz. Ein vergleichbares Bild ergibt sich aus der mit der Klageerwiderung vorgelegten Stellungnahme der (P.) Group, in der auf das im Auftrag der (D.) erstellte Gutachten „BAB A 143, AD Halle-Nord bis AD Halle-Süd, VKE 4224“ vom 01.03.2012 verwiesen wird. Danach weisen die Ergebnisse der Modellrechnungen für den Querschnitt der B 80 zwischen der Anschlussstelle Halle-Neustadt – Stadtgrenze Halle / westlich der K 2147 einen DTVw von 29.000 KfZ/24h aus. Für den Planfall mit realisierter A 143 wurde für diesen Bereich ein DTVw von 23.500 KfZ/24h prognostiziert. Dem gegenüber geht der Planfeststellungsbeschluss – offenbar in Anlehnung an frühere Verkehrsprognosen der Stadt Halle – noch von einem DTV von 35.402 für das Jahr 2015 und von 32.742 bei Fertigstellung der A 143 bzw. von 38.202 Fahrzeugen ohne Fertigstellung der A 143 für das Jahr 2020 aus. Bereits die von Stadt Halle in ihrer Prognose vom 06.08.2010 für das Jahr 2025 (Bl. 640 der Verwaltungsvorgänge, Beiakte E) berechneten Zahlen liegen unter denen der vorausgegangenen Prognosen. Darin wird die Verkehrsbelastung auf der B 80 in Höhe des streitigen Knotens für das Jahr 2025 bei Fertigstellung der A 143 auf insgesamt 28.720 Fahrzeuge und ohne Fertigstellung der A 143 auf insgesamt 35.040 Fahrzeuge geschätzt. Weder der Planfeststellungsbeschluss selbst noch die ihm zugrunde liegende verkehrstechnische Untersuchung setzen sich mit dem – nach Lage der Dinge vorhersehbaren – Entlastungseffekt auseinander, der durch die Freigabe der L 164n eingetreten ist. Der Beklagte hat in seiner Klageerwiderung vom 03.09.2012 selbst eingeräumt, dass die Entlastung der B 80 durch die L 164n noch nicht berücksichtigt worden sei.

104

2.2.1.2. Der aufgezeigte Abwägungsmangel ist aber gemäß § 17e Abs. 6 Satz 1 FStrG unerheblich, weil er auf das Abwägungsergebnis nicht von Einfluss gewesen ist.

105

Ergebnisrelevanz in diesem Sinne liegt vor, wenn nach den Umständen des Falles die konkrete Möglichkeit besteht, dass ohne den Abwägungsmangel eine andere Entscheidung getroffen worden wäre; eine nur abstrakte Möglichkeit einer anderen Entscheidung genügt nicht. Insoweit ist der Abwägungsvorgang in allen seinen Phasen in den Blick zu nehmen. Dabei kann die Möglichkeit einer anderen Entscheidung nur dann verneint werden, wenn der konkret vorliegende Abwägungsfehler weggedacht werden kann, ohne dass auf einer nachfolgenden Stufe der Abwägung ein weiterer Mangel erwächst, auf dem die angegriffene Entscheidung beruhen kann. Besteht der Abwägungsmangel etwa in der fehlerhaften Berücksichtigung eines abwägungserheblichen Belangs und ergeben sich keine konkreten Anhaltspunkte, dass die Planfeststellungsbehörde ohne diesen Mangel zu einem anderen Abwägungsergebnis gelangt wäre, ist also zusätzlich zu prüfen, ob die auf der nachfolgenden Stufe gebotene Abwägung im engeren Sinne – das Ins-Verhältnis-Setzen der gegenläufigen Belange – das Abwägungsergebnis auch dann rechtfertigen würde, wenn der auf der vorhergehenden Stufe unterlaufene Mangel unterblieben wäre. Dabei ist der Maßstab der realistischen Beurteilung der maßgeblichen Erwägungen der Planfeststellungsbehörde anzulegen (BVerwG, Beschl. v. 19.12.2013 – 9 B 44.13 –, NVwZ 2014, 365, RdNr. 4).

106

Hiervon ausgehend ist im vorliegenden Fall eine Ergebnisrelevanz des festgestellten Abwägungsmangels zu verneinen.

107

a) Es ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass der Beklagte zu einer anderen Variantenauswahl gelangt wäre, wenn er im Rahmen der Abwägung eine vergleichende Prüfung der Varianten 0+ und 1 unter Berücksichtigung des Interesses des Klägers an einer möglichst geringen Flächeninanspruchnahme vorgenommen und dabei den durch die Freigabe der 164n bewirkten Entlastungseffekt bei der künftigen Verkehrsbelastung berücksichtigt hätte.

108

Bereits im Erläuterungsbericht zur Planung hatte der LBB dargelegt, aus welchen Gründen allein der Variante 1 der Vorzug zu geben sei. Der Beklagte hat sich im Planfeststellungsbeschluss – wenn auch im Rahmen der Planrechtfertigung – dieser Einschätzung angeschlossen und betont (S. 20 des PFB), schon weil der Knoten im Zuge der B 80 zwischen der Anschlussstelle zur A 143 und der Innenstadt Halle der einzige plangleiche Knoten sei, dränge es sich auf, auch ihn höhengleich auszugestalten. Auch sei eine Optimierung des bestehenden höhengleichen Knotenpunktes auf Grund der räumlich-topographischen Bedingungen nicht mehr möglich. Auch wenn die Verkehrsbelastung des Knotens wegen der Freigabe der L 164n um ca. 6.800 Fahrzeuge geringer ausfällt als noch in der verkehrstechnischen Untersuchung des Ingenieurbüros (U.) vom 31.03.2009 angenommen, kann nicht ernsthaft angenommen werden, dass sich der Beklagte bei Berücksichtigung des Entlastungseffekts der neuen Straße für eine andere Variante, insbesondere die Variante 0+ entschieden hätte. Das vom Beklagten angestrebte Maß an Verkehrssicherheit wäre auch im Fall einer in diesem Umfang verminderten Verkehrsbelastung nur durch einen planfreien Knoten zu erreichen. In der Klageerwiderung hat er auf die vom Ingenieurbüro (U.) auf der Grundlage der abgeminderten Belegungszahlen für das Jahr 2025 errechnete Strombelastung vom 27.08.2012 (Anlage 3) verwiesen, nach der die Leistungsfähigkeit des Knotens an vier Fahrspuren gerade noch eine Verkehrsqualitätsstufe „D“ mit einem Sättigungsgrad von 94 % ausweise und damit schon sehr zur Qualitätsstufe „E“ tendiere. Ferner hat er in der Klageerwiderung nochmals betont, dass insbesondere die geometrischen Gegebenheiten vor Ort und die vorhandenen Neigungs- und Sichtverhältnisse zu berücksichtigen seien und nur dann von einem Sicherheitszugewinn an diesem Knoten gesprochen werden könne, wenn die Konfliktpunkte „kreuzender bzw. linksabbiegender Verkehr“ und „haltender Verkehr“ an der Lichtzeichenanlage beseitigt seien.

109

b) Die gebotene Abwägung im engeren Sinne – das Ins-Verhältnis-Setzen der gegenläufigen Belange – würde das Abwägungsergebnis bei realistischer Beurteilung der maßgeblichen Erwägungen des Beklagten auch dann rechtfertigen, wenn dem Beklagten der aufgezeigte Mangel nicht unterlaufen wäre. Der von ihm hervorgehobene höhere Zugewinn an Verkehrssicherheit würde – auch bei Berücksichtigung der durch die Freigabe der 164n verringerten Verkehrsbelastung des Knotens – die Bevorzugung eines planfreien Knotens (Variante 1) gegenüber dem bloßen Ausbau des plangleichen Knotens (Variante 0+) trotz des damit verbundenen höheren Flächenverbrauchs rechtfertigen. Der Senat teilt die Einschätzung des Beklagten, dass insbesondere die geometrischen Gegebenheiten vor Ort und die vorhandenen Neigungs- und Sichtverhältnisse für die vom Beklagten ausgewählte Variante sprechen. Dem Kläger ist zwar darin beizupflichten, dass die Verkehrssicherheit auch bei Beibehaltung der plangleichen Kreuzung durch die Herstellung von Links- und Rechtsabbiegespuren sowie durch straßenverkehrsrechtliche Maßnahmen wie Geschwindigkeitsbeschränkungen und -kontrollen gegenüber dem jetzigen Zustand (weiter) verbessert werden könnte. Damit wäre aber eine Erhöhung der Verkehrssicherheit nicht im gleichen Maße gewährleistet wie bei der vorgesehenen Herstellung eines planfreien Knotens. Ferner darf in Rechnung gestellt werden, dass der planfreie Knoten eine deutlich höhere Leistungsfähigkeit besitzt als der plangleiche Knoten in Gestalt der Variante 0+. Nach der verkehrtechnischen Untersuchung des Ingenieurbüros (U.) vom 31.03.2009 (Seite 9 f., Anlagen 5.1 und 5.2) wird – bei Zugrundelegung der ursprünglichen Verkehrsprognose ohne Berücksichtigung der L 164n – im Fall der Verwirklichung der Variante 1 an den beiden Teilknotenpunkten Nord und Süd für die einzelnen Verkehrsströme ganz überwiegend die Qualitätsstufe A und im Übrigen die Qualitätsstufe B erreicht. Dem gegenüber werden – wie bereits dargelegt – nach der Neuberechnung des Ingenieurbüros auch unter Berücksichtigung der verminderten Verkehrsbelastung durch die L 164n bei einem plangleichen Ausbau des Knotens in einzelnen Fahrströmen deutlich schlechtere Qualitätsstufen erreicht. Hinzu kommt die vom LBB bei seiner Variantenprüfung vorgetragene Erwägung, dass bei einem plangleichen Ausbau durch die erforderlichen Eingriffe im Bereich des Friedhofs die Gestaltungsmöglichkeiten der Stadt Halle für die Erweiterung des Friedhofs eingeschränkt und die Behinderungen für den ÖPNV und die damit verbundenen Beeinträchtigungen des Verkehrsablaufes durch eine plangleiche Knotenpunktlösung nicht ausgeräumt werden. Die Erreichung der vom Beklagten angestrebten Ziele steht damit bei der gebotenen Gesamtschau der in die Abwägung einzustellenden Belange nicht außer Verhältnis zu dem gegenüber der Variante 0+ deutlich höheren Flächenverbrauch. Der Vorschlag des Klägers, einen Kreisverkehr einzurichten, hat der Beklagte mit der nachvollziehbaren Begründung verworfen, dass eine solche Lösung bei einer vierspurig ausgebauten Bundesstraße wie die B 80 in fraglichen Bereich wesentliche Nachteile habe, insbesondere weil ein Kreisverkehr bei einer sehr unterschiedlichen Verkehrsbelastung der zuführenden Äste kein geeignetes Mittel sei, um den Verkehrsfluss zu fördern, und die Unübersichtlichkeit des Knotens das Unfallrisiko noch erhöhen würde.

110

2.2.2. Weitere Abwägungsmängel, die der Anfechtungsklage zum Erfolg verhelfen könnten, sind nicht erkennbar.

111

Die vom Kläger geltend gemachte Existenzgefährdung seines landwirtschaftlichen Betriebs ist in einer den rechtlichen Anforderungen genügenden Weise berücksichtigt worden.

112

Macht ein von der enteignungsrechtlichen Vorwirkung eines straßenrechtlichen Planfeststellungsbeschlusses Betroffener geltend, durch das Vorhaben werde sein landwirtschaftlicher Betrieb in seiner Existenz gefährdet oder gar vernichtet, gehört dieser Einwand zu den Belangen, mit denen sich die Planfeststellungsbehörde im Rahmen der Abwägung der von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange grundsätzlich auseinandersetzen muss. Zeichnet sich eine solche Gefährdung ernsthaft ab, darf die Planfeststellungsbehörde nicht die Augen vor der Tragweite ihrer Entscheidung verschließen. Zur Klärung der Frage, ob ein landwirtschaftlicher Betrieb infolge des planfestzustellenden Vorhabens in seiner Existenz gefährdet oder gar vernichtet zu werden droht, werden Vorhabenträger oder Planfeststellungsbehörde zwar regelmäßig einer Begutachtung des Betriebs durch einen landwirtschaftlichen Sachverständigen bedürfen. Nach allgemeiner, durch solche Sachverständigengutachten belegter Erfahrung kann dabei aber ein Verlust an Eigentumsflächen oder von langfristig gesicherten Pachtflächen in einer Größenordnung von bis zu fünf Prozent der Betriebsfläche einen gesunden landwirtschaftlichen (Vollerwerbs-)Betrieb in der Regel nicht gefährden. Deshalb kann die Planfeststellungsbehörde regelmäßig bei einer Landinanspruchnahme bis zu diesem Anhaltswert ohne Einholung eines landwirtschaftlichen Sachverständigengutachtens davon ausgehen, dass eine vorhabenbedingte Existenzgefährdung oder -vernichtung des betroffenen landwirtschaftlichen Vollerwerbsbetriebs nicht eintritt (vgl. zum Ganzen BVerwG, Urt. v. 14.04.2010 – 9 A 13.08 –, BVerwGE 136, 332 [338], RdNr. 26 f., m.w.N.).

113

Gemessen daran, musste der Beklagte eine mögliche Existenzgefährdung des klägerischen Betriebes durch die Inanspruchnahme der vom Kläger angegebenen Pachtflächen von ca. 20.000 m² nicht (näher) untersuchen. Denn diese Flächen entsprechen nur einem Anteil von etwa 0,5 % der gesamten Betriebsfläche von 4.030.253 m².

114

Eine andere Beurteilung folgt auch nicht daraus, dass dem Betrieb des Klägers im Fall des Weiterbaus der A 143 (Westumfahrung Halle) voraussichtlich weitere Eigentums- und Pachtflächen auf Dauer entzogen werden.

115

Zwar mag bei einem landwirtschaftliche Betrieb, der von mehreren Bauvorhaben betroffen ist, die zwar jeweils für sich genommen wegen der Unterschreitung der 5 %-Grenze nicht, wegen der Flächeninanspruchnahme insgesamt aber möglicherweise zu einer Gefährdung der Existenz des Betriebes führen, im Ergebnis eine Gesamtbetrachtung geboten sein. Dies bedeutet aber nicht, dass eine Existenzgefährdung, die durch die Inanspruchnahme weiterer Flächen aufgrund eines erst noch folgenden Planfeststellungsbeschlusses möglich erscheint, bereits bei der Abwägung im Rahmen des zuerst durchgeführten Planfeststellungsverfahrens einzustellen ist.

116

Bei der Prüfung der Rechtmäßigkeit eines Planfeststellungsbeschlusses für einen Planungsabschnitt haben solche Betroffenheiten des Klägers grundsätzlich außer Betracht zu bleiben, die sich erst aufgrund weiterer Planfeststellungsbeschlüsse für Folgeabschnitte ergeben, sofern diese weiteren Planfeststellungsbeschlüsse nach dem für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses des angefochtenen Planfeststellungsbeschlusses ergehen (BVerwG, Beschl. v. 14.07.2009 – 9 VR 20.04 –, juris, RdNr. 18, m.w.N.). Ein landwirtschaftlicher Betrieb kann nicht mit Erfolg geltend machen, es sei bereits jetzt erkennbar, dass er durch spätere Planfeststellungsbeschlüsse für andere Planungsabschnitte weitere Nutzflächen verlieren und jedenfalls dann sein Betrieb in Gefahr geraten werde, wenn in dem für die Prüfung der Rechtmäßigkeit des Planfeststellungsbeschlusses grundsätzlich maßgeblichen Zeitpunkt seines Erlasses Planfeststellungsbeschlüsse für weitere Planungsabschnitte noch nicht ergangen sind (vgl. BVerwG, Urt. v. 17.08.2004 – 9 A 1.03 –, NuR 2005, 177 [178], RdNr. 28, m.w.N.). Soweit eine etwaige künftige Belastung mit weiteren Maßnahmen noch nicht verbindlich feststeht, braucht sie weder als allgemeines Zumutbarkeitskriterium noch in ihrer Kumulation mit der streitgegenständlichen Maßnahme im Hinblick auf eine sich möglicherweise dann ergebende Betriebsgefährdung berücksichtigt zu werden; vielmehr wird dann in den zeitlich nachfolgenden Planfeststellungsbeschlüssen in der Regel die bereits erfolgte Belastung des landwirtschaftlichen Betriebs in den Blick zu nehmen sein, weil der Betroffene durch die abschnittsweise Planung unter Rechtsschutzgesichtspunkten nicht schlechter gestellt werden darf als er stünde, wenn sämtliche durch das Gesamtvorhaben bedingten Belastungen für seinen Betrieb auf einmal ihm gegenüber auf ihre Rechtmäßigkeit zu prüfen wären (BVerwG, Urt. v. 17.08.2004, a.a.O.). Der Betroffene kann mithin eine etwaige Existenzgefährdung nicht schon im Vorgriff auf geplante Beeinträchtigungen in einem weiteren Abschnitt geltend machen, sondern unter Einbeziehung von Flächeninanspruchnahmen in früheren Planfeststellungsabschnitten erst gegenüber dem Planfeststellungsbeschluss für diesen Folgeabschnitt (BVerwG, Beschl. v. 14.07.2009, a.a.O.).

117

Diese Grundsätze sind entsprechend für die Fälle heranzuziehen, in denen der landwirtschaftliche Betrieb nicht durch mehrere Planungsabschnitte eines Bauvorhabens sondern durch zeitlich aufeinander folgende unterschiedliche Bauvorhaben, die in räumlicher Nähe zueinander stehen, betroffen ist. Dies gilt insbesondere dann, wenn – wie hier – der Flächenverlust im zuerst durchgeführten Planfeststellungsverfahren deutlich unter der 5 %-Grenze (hier ca. 0,5 %) liegt und der wesentliche Entzug landwirtschaftlich genutzter Flächen (hier ca. 4,95 %) erst durch das noch folgende Planfeststellungsverfahren eintritt. Der Beklagte weist im Übrigen zu Recht darauf hin, dass ungeachtet des vorangegangenen und vom Bundesverwaltungsgericht beanstandeten Planfeststellungsverfahrens bezüglich des „Lückenschlusses“ der A 143 derzeit noch keine sichere Aussage darüber getroffen werden kann, ob es nach Abschluss des derzeit noch laufenden ergänzenden Verfahrens nach § 17e Abs. 6 Satz 2 FStrG nach Abwägung der Belange des Klägers letztlich dabei bleibt, dass seinem Betrieb Flächen in der Größenordnung von 199.606 m² (für Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen) dauerhaft entzogen werden.

118

Soweit der Kläger einwendet, ein weiterer Flächenverlust sei wegen der von der Gemeinde S. beabsichtigten Aufstellung eines Bebauungsplans für ein Gewerbegebiet an der A 143 im Bereich der Anbindung an die B 80 (Anschlussstelle Halle-Neustadt) zu erwarten, lässt sich damit ein Abwägungsmangel schon deshalb nicht begründen, weil dieser Umstand im Planfeststellungsverfahren vom Kläger nicht vorgetragen wurde und für den Beklagten im maßgeblichen Zeitpunkt der Abwägungsentscheidung auch nicht ersichtlich war. Im Übrigen wäre der Beklagte nach den oben dargestellten Grundsätzen nicht verpflichtet gewesen, weitere mögliche Flächenverluste durch die beabsichtigte Bauleitplanung der Gemeinde S. und eine sich daraus möglicherweise ergebende Verschärfung der betrieblichen Verhältnisse in seine Abwägung einzustellen.

119

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

120

IV. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

121

V. Die Revision wird nicht zugelassen, da die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht gegeben sind.


(1) Neue Kreuzungen von Eisenbahnen und Straßen, die nach der Beschaffenheit ihrer Fahrbahn geeignet und dazu bestimmt sind, einen allgemeinen Kraftfahrzeugverkehr aufzunehmen, sind als Überführungen herzustellen.

(2) In Einzelfällen, insbesondere bei schwachem Verkehr, kann die Anordnungsbehörde Ausnahmen zulassen. Dabei kann angeordnet werden, welche Sicherungsmaßnahmen an der Kreuzung mindestens zu treffen sind.

(3) Eine Kreuzung im Sinne des Absatzes 1 ist neu, wenn einer der beiden Verkehrswege oder beide Verkehrswege neu angelegt werden.

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich als anerkannter Umweltverein gegen den fernstraßenrechtlichen Planfeststellungsbeschluss des Beklagten für den vierstreifigen Ausbau der Bundesstraße Nr. 10 (B 10) zwischen Godramstein und der Bundesautobahn A 65 (BAB A 65; Anschlussstelle Landau-Nord).

2

Die B 10 führt als überregionale West-Ost-Verkehrsverbindung im Südwesten Deutschlands in mehreren Teilstrecken von der saarländischen Stadt Lebach bis zur Gemeinde Neusäß bei Augsburg, wo sie an der B 300 endet. Auf rheinland-pfälzischem Gebiet verläuft sie ab der Anschlussstelle Pirmasens-Staffelhof der BAB A 8/A 62 in östlicher Richtung über rund 43 km weitgehend durch den Pfälzer Wald bis zur Anschlussstelle Landau-Nord der BAB A 65. Die früher zweistreifig durch die anliegenden Ortschaften geführte Bundesstraße wurde in den 1980-er-Jahren aus den Ortsdurchfahrten heraus auf Umgehungsstraßen verlegt. Zwischen Hinterweidenthal und Rinnthal sowie von Queichheimbach bis Landau wurde in den 1990er-Jahren teilweise ein dritter Fahrstreifen angebaut. Auf dem Teilstück zwischen Rinnthal und Annweiler verläuft die B 10 zweistreifig durch vier Tunnel, und zwar (von West nach Ost) den Kostenfelstunnel, den Staufertunnel, den Löwenherztunnel und den Barbarossatunnel.

3

Sowohl in der Bundesverkehrswegeplanung als auch auf landesplanerischer Ebene ist ein durchgehender vierstreifiger Ausbau der B 10 zwischen Pirmasens und Landau vorgesehen, so im Bundesverkehrswegeplan 2003 (BVWP 2003) und im seit 2008 gültigen Landesentwicklungsprogramm IV (LEP IV) als Ziel der Landesplanung (Z 150). Der (derzeit noch gültige) Bedarfsplan für die Bundesfernstraßen gemäß Anlage 1 zu § 1 des Fernstraßenausbaugesetzes (FStrAbG) in der Fassung des 5. Änderungsgesetzes vom 4. Oktober 2004 (BGBl. I, 2574) - im Folgenden: Bedarfsplan 2004 - stuft dabei die einzelnen Bau- und Planungsabschnitte in unterschiedliche Dringlichkeitsstufen ein: Der westlichste Streckenteil zwischen der Anschlussstelle (AS) Pirmasens an der BAB A 8/A 62 und Hinterweidenthal ist durchgehend als „vordringlicher Bedarf“ ausgewiesen, die Teilstrecke zwischen Hinterweidenthal und Rinnthal als „weiterer Bedarf mit Planungsrecht (WB*)“, die Teilstrecke von Rinnthal bis zur AS Queichheimbach (Annweiler) als „weiterer Bedarf (WB)“ und die östlichste Teilstrecke von der AS Queichheimbach bis zur BAB 65, zu der der vom angegriffenen Planfeststellungsbeschluss umfasste Abschnitt zählt, wiederum als „weiterer Bedarf mit Planungsrecht (WB*)“.

4

Von den im „vordringlichen Bedarf“ ausgewiesenen Teilstrecken ist der vierstreifige Ausbau im westlichsten Verlauf zwischen Pirmasens und der B 270 bereits seit längerer Zeit abgeschlossen und die B 10 vierstreifig für den Verkehr freigegeben; für die sich östlich anschließenden Planungsabschnitte zwischen der B 270 und der sog. Walmersbacher Kuppe liegen bestandskräftige Planfeststellungsbeschlüsse vor; auch diese Teilabschnitte sind inzwischen baulich abgeschlossen und für den Verkehr freigegeben worden; im letzten als „vorrangig“ eingestuften Abschnitt zwischen Walmersbach und Hinterweidenthal laufen aufgrund eines bestandskräftigen Planfeststellungsbeschlusses derzeit noch die Bauarbeiten.

5

Der als „WB*“ eingestufte Abschnitt zwischen Hinterweidenthal und Rinnthal wurde vom Vorhabenträger zwischenzeitlich in zwei Unterabschnitte (Hinterweidenthal - Hauenstein und Hauenstein - Rinnthal) unterteilt; für den Unterabschnitt Hinterweidenthal - Hauenstein wurde dem Vorhabenträger ein Planungsauftrag erteilt. Hingegen werden im als WB eingestuften Abschnitt von Rinnthal bis zur AS Queichheimbach bisher nur planerische Vorüberlegungen betrieben, während für die als „WB*“ eingestuften, aber nicht vom angefochtenen Planfeststellungsbeschluss umfassten Abschnitte zwischen der AS Queichheimbach und Godramstein die Einholung der sog. RE-Genehmigung beim Bundesverkehrsministerium vorbereitet wird bzw. teilweise schon eingeleitet ist.

6

In dem vom angefochtenen Planfeststellungsbeschluss umfassten Abschnitt ist die B 10 derzeit als dreistreifige Kraftfahrstraße mit wechselnden Überholmöglichkeiten und einem Ausbauquerschnitt RQ 15,5 ausgebaut. Zwischen Bau-km 0+400 und Bau-km 0+830 quert die B 10 die Niederung des Flusses Queich mittels eines Brückenbauwerks. Die Queichniederung ist Teilgebiet des großräumigen FFH-Gebietes „Biosphärenreservat Pfälzerwald“ (6812-301) mit einer Gesamtgebietsgröße von 35.997 ha, das auf Grund einer Entscheidung der EU-Kommission vom 7. Dezember 2004 in die Liste der Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung aufgenommen worden ist.

7

Da ein durchgehender vierstreifiger Ausbau der B 10 bis Landau in der Öffentlichkeit umstritten ist, wurde in den Jahren 2004/2005 auf Betreiben der Landesregierung ein erstes Mediationsverfahren durchgeführt, das jedoch im Februar 2005 für gescheitert erklärt wurde.

8

Im März 2007 wurde das Planfeststellungsverfahren für den Ausbauabschnitt zwischen Godramstein und der Anschlussstelle Landau-Nord der BAB 65 eingeleitet. In der Zeit vom 2. April 2007 bis zum 2. Mai 2007 wurden die Planunterlagen zu jedermanns Einsicht bei der Stadtverwaltung Landau und bei den Verbandsgemeindeverwaltungen Landau-Land und Annweiler am Trifels ausgelegt. Mit Schreiben vom 15. Mai 2007, das am 16. Mai 2007 einging, erhob der Kläger Einwendungen gegen die Planung. Darin rügte er im Hinblick auf die Betroffenheit des FFH-Gebiets 6812-301 insbesondere eine unzureichende Bestandsermittlung der Pflanzen- und Tierwelt, eine zu enge Abgrenzung des Untersuchungsgebiets hinsichtlich der Auswirkungen des Vorhabens, eine mangelhafte Darstellung bau- und betriebsbedingter Auswirkungen, eine unzureichende Abarbeitung der Betroffenheit erhaltungszielbestimmender Schmetterlingsarten sowie das Fehlen einer „Dach-FFH-Verträglichkeitsprüfung“ für den vierspurigen Ausbau der Gesamtstrecke zwischen Pirmasens und Landau; ferner machte er artenschutzrechtliche Bedenken geltend und äußerte sich auch kritisch zu einzelnen Vermeidungs-, Minderungs- und Ersatzmaßnahmen. Schließlich zweifelte er die Prognose der künftigen Verkehrsbelastung und die Gewichtung der verkehrlichen gegenüber den Umweltbelangen an. Mit weiterem Schreiben vom 15. Mai 2007 legte er eine „Fachtechnische Stellungnahme“ des Büros für angewandten Umweltschutz (BAU) vor und machte sich deren Inhalt zu Eigen. Mit weiterem Schreiben vom 17. September 2010 machte der Kläger von der ihm eingeräumten Möglichkeit Gebrauch, zu zwei dem Vorhabenträger am 7. Juni 2010 vorgelegten, überarbeiteten artenschutzrechtlichen Gutachten ergänzend Stellung zu nehmen.

9

Mit Planfeststellungsbeschluss des Landesbetriebs Mobilität (LBM) vom 22. September 2010 wurde der Plan für den vierstreifigen Ausbau der B 10 zwischen Godramstein und der A 65 festgestellt. Der Planfeststellungsbereich erstreckt sich auf die Gemarkungen Godramstein, Nußdorf, Dammheim und Arzheim. Er umfasst den vierstreifigen Ausbau der B 10 von Bau-km ca. 0+100 bis Bau-km ca. 4+200; ferner schließt er den Ausbau bzw. die Herstellung diverser, im Einzelnen aufgeführter Anschlussstellen an Kreisstraßen, von Brückenbauwerken, von Regenrückhaltebecken sowie von Lärmschutzwällen und -wänden, die Anpassung des vorhandenen Wirtschaftswegenetzes sowie die Ausweisung von landespflegerischen, wasserwirtschaftlichen und schallschutztechnischen Maßnahmen ein. Die festgestellten Ausbaupläne sehen im planfestgestellten Bereich einen Ausbau mit dem Sonderquerschnitt SQ 26 (gemäß den „Richtlinien für die Anlage von Straßen - Teil Querschnitt; Abkürzung: RAS-Q“) vor, d. h. mit einer Gesamtbreite von 26 m wie beim Regelquerschnitt RQ 26, die sich zusammensetzt aus je zwei Fahrstreifen pro Fahrtrichtung mit einer Breite von 3,50 m, Randstreifen von 0,50 m und Banketten von je 1,50 m, wobei jedoch die Standstreifen um je 0,50 m breiter ausgebildet sind und daher eine Breite von je 2,50 m erreichen, während der Mittelstreifen nur eine Breite von 2,00 m statt 3.00 m erhält. Die breitere Anlage der Standstreifen wird mit dem zu erwartenden hohen LKW-Anteil begründet, um die Möglichkeit des Abstellens breiterer Fahrzeuge zu schaffen. Der Anbau des neuen Fahrstreifens soll vom Baubeginn bis Bau-km ca. 0+650 auf der Südseite und ab ca. Bau-km 0+650 bis zum Bauende auf der Nordseite erfolgen, und zwar mit Rücksicht auf das in diesem Bereich südlich der B 10 gelegene Wohngebiet „Schützenhof“ sowie zur Vermeidung des Verlustes in der Queichniederung auf der nördlichen Seite vorhandener, älterer Gehölzbestände. Im Bereich der Überquerung der Queichniederung soll die Richtungsfahrbahn Pirmasens-Landau auf einem neu zu errichtenden Brückenbauwerk in einem Abstand von ca. 10 m zum vorhandenen Brückenbauwerk verlaufen. In seinem verfügenden Teil enthält der Planfeststellungbeschluss die vorsorgliche Erteilung von Ausnahmen sowie höchstvorsorglich von Befreiungen von den artenschutzrechtlichen Verbotstatbeständen des § 44 Abs. 1 BNatSchG für eine Reihe im einzelnen aufgeführter Tierarten des Anhangs IV der FFH-Richtlinie und für diverse europäische Vogelarten; ferner werden dem Straßenbaulastträger aus Naturschutzgründen eine Vielzahl von Vermeidungs-, Minimierungs- und Kompensationsmaßnahmen zur Beachtung im Zuge der Bauausführung auferlegt.

10

Zu den festgestellten Planunterlagen zählen insbesondere:

11

- Allgemein verständliche Zusammenfassung gemäß § 6 UVPG

12

- Fachbeitrag Naturschutz mit Ergänzung nach UVPG - Erläuterungsbericht - inklusive Maßnahmenverzeichnis.

13

Als Anlagen sind dem Planfeststellungsbeschluss u. a. beigefügt:

14

- Fachbeitrag Artenschutz - Streng geschützte Arten -

15

- Fachbeitrag Artenschutz - Besonders geschützte Arten -

16

- FFH-Verträglichkeitsprüfung.

17

Der Planfeststellungsbeschluss wurde dem Kläger am 19. November 2010 zugestellt.

18

Zur Begründung seiner am 20. Dezember 2010 erhobenen Klage macht der Kläger im Wesentlichen Folgendes geltend:

19

Seine Klage sei zulässig, insbesondere sei er klagebefugt. Seine Klagebefugnis ergebe sich aus dem naturschutzrechtlichen Verbandsklagerecht gemäß § 64 des Bundesnaturschutzgesetzes (BNatSchG), ferner auch aus §§ 2 Abs. 1 und 4 Abs. 1 des Umweltrechtsbehelfsgesetzes (UmwRG). Darüber hinaus folge die Klagebefugnis unmittelbar aus Art. 10a der Richtlinie 85/337/EWG in der Fassung der Richtlinie 2003/35/EG (jetzt: Art. 11 der Richtlinie 2011/92/EU) mit der Folge, dass er eine umfassende Überprüfung des angefochtenen Planfeststellungsbeschlusses auf seine Vereinbarkeit mit allen einschlägigen Rechtsvorschriften – nicht nur solchen, die i. S. v. § 2 Abs. 1 und Abs. 5 UmwRG dem Umweltschutz dienen – beanspruchen könne, denn diese Einschränkung stehe mit dem Unionsrecht nicht im Einklang.

20

Seine Klage sei auch begründet. Denn der angefochtene Planfeststellungsbeschluss verstoße in formell- und in materiell-rechtlicher Hinsicht gegen höherrangiges Recht.

21

Er leide zunächst an einem erheblichen Verfahrensfehler, weil eine nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung (Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz - UVPG) erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung nicht ordnungsgemäß durchgeführt worden sei. Da dem planfestgestellten Ausbau in dem streitgegenständlichen Abschnitt das Konzept eines vierstreifigen Ausbaus der B 10 zwischen Pirmasens und Landau zugrunde liege, hätte die Umweltverträglichkeitsprüfung nicht allein auf die isolierte Betrachtung der Auswirkungen des Vorhabens in dem im Planfeststellungsbeschluss im Übersichtslageplan skizzierten Wirkungsbereich beschränkt werden dürfen, sondern es hätte - unter Berücksichtigung der §§ 2 Abs. 1 und 3b Abs. 2 UVPG - einer übergreifenden Umweltverträglichkeitsprüfung (sog. Dach-UVP) für die gesamte projektierte Ausbaustrecke bedurft. Zudem fehle es an einer Übersicht über die wichtigsten, vom Vorhabenträger geprüften anderweitigen Lösungsmöglichkeiten und an der Angabe der Auswahlgründe im Hinblick auf die belastenden Umweltauswirkungen i. S. v. § 6 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 UVPG.

22

In materiell-rechtlicher Hinsicht sei der Planfeststellungsbeschluss aufzuheben, weil es dem planfestgestellten Straßenprojekt an der erforderlichen Planrechtfertigung fehle. Dies folge bereits daraus, dass im Zeitpunkt der Planfeststellung unter der gebotenen vorausschauenden Beurteilung, ob dem geplanten Bauvorhaben unüberwindbare finanzielle Schranken entgegenstehen würden, eine Verwirklichung des Projekts innerhalb des nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung zur Verfügung stehenden Zeitrahmens von zehn Jahren wegen fehlender Finanzmittel ausgeschlossen erscheine und es sich deshalb um eine verfrühte, vernünftigerweise nicht gebotene bloße „Vorratsplanung“ handele. In rechtlicher Hinsicht beruhe dies auf dem Umstand, dass das Vorhaben nur in die Kategorie des „Weiteren Bedarfs mit Planungsrecht“ eingestuft sei. Dies habe zur Folge, dass die Finanzierung des planfestgestellten Abschnitts aus tatsächlichen Gründen ausgeschlossen erscheine, weil sich das Vorhaben gegen die zahlreichen Maßnahmen des vordringlichen Bedarfs, die noch nicht begonnen wurden, weil ihre Finanzierung nicht sichergestellt sei, nicht werde durchsetzen können. Die Schaffung eines solchen „Baurechtsvorrats“ als Grundlage für Eingriffe in Rechtspositionen Dritter sei aber verfassungswidrig.

23

Darüber hinaus fehle es auch deshalb an der Planrechtfertigung, weil die Bedarfsfeststellung im konkreten Fall fehlerhaft sei: Der Planung liege eine Verkehrsuntersuchung zugrunde, die nicht geeignet sei, den konkreten Bedarf für einen vierstreifigen Ausbau der B 10 sachgerecht zu belegen. Wie sich im Einzelnen aus den von ihm eingeholten und zu den Gerichtsakten gereichten gutachterlichen Stellungnahmen des Büros R. ergebe, sei die der Planung zugrunde gelegte Verkehrsuntersuchung von M. methodisch mangelhaft und beruhe auf fehlerhaften Grundlagendaten.

24

Ferner liege der Planung eine fehlerhafte Abschnittsbildung zugrunde: Durch den Ausbau der B 10 im planfestgestellten Abschnitt werde es westlich davon zu einer ähnlich hohen Überschreitung der Kapazität wie derzeit im planfestgestellten Abschnitt kommen, was zu schwerwiegenden Gefahrensituationen, aber auch zu ständigen Stausituationen insbesondere in den Tunnelabschnitten durch die Reduzierung des Querschnitts von zwei auf nur eine Spur je Richtung führen werde. Die mit der Planfeststellung vollzogene Abschnittsbildung führe mithin zu Folgekonflikten, die in der Abwägung nicht bewältigt worden seien, obwohl der Planfeststellung eine Verkehrsuntersuchung für die Gesamtstrecke der B 10 zwischen Landau und Pirmasens zugrunde liege und die Folgekonflikte daher erkennbar gewesen seien.

25

Der Planfeststellungsbeschluss verstoße zudem in mehrfacher Hinsicht gegen Vorschriften des Naturschutzrechts:

26

So führe die Planung zu erheblichen Beeinträchtigungen des FFH-Gebiets „Biosphärenreservat Pfälzerwald“ in seinen für die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck maßgeblichen Bestandsteilen, ohne dass die Voraussetzungen für die Erteilung einer Ausnahme gegeben seien. Es sei schon davon auszugehen, dass es im Bereich der Queichniederung drei Flächenbiotope gebe, die nach ihrer Beschreibung und Charakteristik dem prioritären Lebensraumtyp 91 E0* („Weichholzauen“) entsprächen. Der Eingriff hätte daher nur unter den Voraussetzungen des § 34 Abs. 4 BNatSchG zugelassen werden dürfen. Da Gründe nach § 34 Abs. 4 Satz 1 BNatSchG nicht ersichtlich seien, hätte eine Projektzulassung erst nach Einholung einer positiven Stellungnahme der EU-Kommission erfolgen dürfen. Darüber hinaus führe die Planung zu erheblichen Beeinträchtigungen der Lebensräume der erhaltungszielbestimmenden Schmetterlingsarten Großer Feuerfalter (Lycaena dispar) und Dunkler Wiesenknopf-Ameisenbläuling (Maculinea nausithous), und zwar durch die Verstärkung bereits bestehender Zerschneidungs- und Barrierewirkungen des Brückenbauwerks infolge seiner Erweiterung um eine zweite Brücke. Dies werde aufgrund der bereits angespannten Situation der beiden Arten im Gebiet zu einer gravierenden Verschlechterung ihres Erhaltungszustands und damit zu einer erheblichen Beeinträchtigung des Gebiets in seinen Erhaltungszielen führen. Die Voraussetzungen für die deshalb erforderliche Abweichungszulassung des Projekts seien indessen vom Beklagten nicht hinreichend dargelegt worden: Wegen der methodischen Fehlerhaftigkeit und mangelnden Belastbarkeit der der Planung zugrunde gelegten Verkehrsprognose fehle es an einer Darlegung „zwingender Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses“; auch die Alternativenprüfung genüge nicht den Anforderungen; schließlich seien die außerhalb des FFH-Gebiets vorgesehenen Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen zur Wahrung der Kohärenz des FFH-Gebiets nicht geeignet.

27

Der Planfeststellungsbeschluss genüge auch nicht den Anforderungen des besonderen Artenschutzrechts. Aus den eingeholten artenschutzrechtlichen Fachbeiträgen ergäben sich keine hinreichenden Hinweise auf Größe und Raumanspruch der jeweiligen lokalen Populationen der betroffenen Arten, weshalb eine Beurteilung, ob vereinzelte Tötungen von Individuen dieser Arten zu negativen Auswirkungen auf die jeweilige lokale Population führen, nicht möglich seien. Deshalb seien auch keine Aussagen zu etwaigen Ausnahmen oder Befreiungen möglich, zumal deren Voraussetzungen, insbesondere zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses, nach dem bereits Ausgeführten ohnehin nicht zu begründen seien. Die Unkenntnis populationsbezogener Daten schlage auch auf die im Planfeststellungsbeschluss vorgesehene und auch dringend gebotene Auflage der Errichtung einer Überflughilfe für Vögel und Fledermäuse durch; denn nach dieser Auflage solle die optimale Ausgestaltung der Überflughilfe erst im Vorfeld der Baumaßnahmen mit Hilfe von Untersuchungen durch Fledermausexperten eruiert werden, womit letztlich eine nachträgliche Bestandsaufnahme angeordnet werde. Gerade in Bezug auf Fledermäuse finde im Übrigen nur eine Betrachtung von Hypothesen statt, ohne dass eine sachgerechte Konfliktlösung bewerkstelligt und eine hinreichende Abwägung bei der Ausnahme- und Befreiungsentscheidung vorgenommen worden sei.

28

Schließlich leide der Planfeststellungsbeschluss auch an einer mangelhaften Kompensation der durch das Vorhaben bewirkten Eingriffe in Natur und Landschaft, weil selbst die Kompensation der Eingriffe, die von der Planfeststellung anerkannt worden seien, in unzulässiger Weise nicht abschließend gesichert worden sei. So sei die Sicherung der Maßnahmen 2.4 E AB („Erweiterung Bachuferwald an der Queich“) und 3.2 E AB („Extensivierung Uferrandstreifen an der Queich“) offenbar nicht gegeben. Denn hinsichtlich dieser auf als berechtigt anerkannte Einwände an eine andere Stelle zu verlegenden landespflegerischen Maßnahmen seien der neue Standort der Maßnahmen und deren Ausgestaltung noch mit der Oberen Naturschutzbehörde abzustimmen. Außerdem sei aus der in derselben Regelung des Planfeststellungsbeschlusses enthaltenen weiteren Auflage, in diesem Zusammenhang auch den Verlust von ca. 400 qm Gehölzfläche und von ca. 150 qm Röhricht bzw. Staudenflur zu kompensieren, zu schließen, dass sich dahinter offenbar ein weiterer, bisher nicht offengelegter Eingriff in Natur und Landschaft verberge.

29

Letztendlich kranke der Planfeststellungsbeschluss an einer fehlerhaften Gesamtabwägung: Das Gebot der gerechten Abwägung der betroffenen Belange sei verletzt, weil infolge der mangelhaften Verkehrsprognose und der nur unzureichenden sonstigen Begründung nicht fehlerfrei bestimmt worden sei, welches Gewicht den für das Vorhaben sprechenden verkehrlichen Belangen im Verhältnis zur Gewichtigkeit der Eingriffe in die Rechtssphäre einer Vielzahl von Betroffenen sowie in eine Vielzahl von Belangen des Umweltschutzes zukomme.

30

Der Kläger beantragt,

31

1. den Planfeststellungsbeschluss für den vierstreifigen Ausbau der Bundesstraße Nr. 10 (B 10) zwischen Godramstein und der Bundesautobahn A 65 (BAB 65; Anschlussstelle Landau-Nord) aufzuheben.

32

2. hilfsweise den Planfeststellungsbeschluss für rechtswidrig und nicht vollziehbar zu erklären.

33

Der Beklagte beantragt,

34

die Klage abzuweisen.

35

Er tritt der Klagebegründung im Einzelnen entgegen und trägt hierzu insbesondere vor:

36

Die Klagebefugnis des Klägers ergebe sich ausschließlich aus § 2 Abs. 1 UmwRG mit der Folge, dass ihm kein „Vollüberprüfungsanspruch“ zustehe, sondern seine Rügebefugnis auf die Geltendmachung von Verstößen gegen dem Umweltschutz dienende Vorschriften beschränkt sei. Zudem sei er mit wesentlichen Teilen seines Vorbringens mangels hinreichender Geltendmachung im Rahmen der Öffentlichkeitsbeteiligung gemäß § 17a Nr. 7 FStrG präkludiert.

37

Unabhängig davon sei der Planfeststellungsbeschluss in jeder Hinsicht rechtmäßig ergangen:

38

Verfahrensmängel in Bezug auf die UVP lägen nicht vor. Insbesondere habe es keiner übergreifenden „Dach-UVP“ bedurft; vielmehr sei eine förmliche UVP nur für den konkreten Planfeststellungsabschnitt geboten gewesen; im Übrigen habe die Planfeststellungsbehörde - unabhängig von der Frage, ob sie dazu im Rahmen eines bloßen Ausbauvorhabens einer bestehenden Fernstraße überhaupt verpflichtet gewesen sei - hinreichend in den Blick genommen, dass der planfestgestellte Abschnitt verkehrspolitisch Teil eines Gesamtvorhabens des vierstreifigen Ausbaus der B 10 zwischen Pirmasens und Landau sei. Sie habe dabei zum einen die eigenständige Verkehrsbedeutung des planfestgestellten Abschnitts - auch für den Fall, dass die Verwirklichung weiterer Planungsabschnitte aus noch nicht absehbaren Gründen scheitern sollte - dargestellt und zum anderen begründet, dass der Verwirklichung des weiteren Ausbaus der B 10 zwischen Godramstein und Pirmasens aus heutiger Sicht keine unüberwindbaren Hindernisse entgegenstünden, insbesondere nicht im Hinblick auf die Umweltverträglichkeit.

39

Der Planfeststellungsbeschluss stehe auch mit allen einschlägigen materiell-rechtlichen Vorschriften im Einklang:

40

Das Vorhaben verfüge mit der gesetzlichen Bedarfsfeststellung als „Weiterer Bedarf mit Planungsrecht“ über eine hinreichende Planrechtfertigung. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Bedarfsausweisung im Bedarfsplan 2004 seien nicht angezeigt. Denn es sei weder ersichtlich, dass die Bedarfsfeststellung seinerzeit fehlerhaft erfolgt sei, noch in irgendeiner Weise erkennbar, dass sie nachträglich obsolet geworden sein könnte. Es liege auch keine unzulässige Vorratsplanung infolge unmöglicher Finanzierung vor. Vielmehr hätten sowohl das Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Stadtentwicklung als auch das rheinland-pfälzische Verkehrsministerium gegenüber dem Landesbetrieb Mobilität (LBM) erklärt, dass bei Vorliegen endgültigen Baurechts die Finanzierung der vorliegend planfestgestellten Maßnahme - ggf. im Austausch mit einer anderen Maßnahme des Vordringlichen Bedarfs im Gebiet von Rheinland-Pfalz - sichergestellt werden solle.

41

Mit der Geltendmachung angeblicher Mängel der für die Planung erstellten Verkehrsprognose könne die gesetzliche Bedarfsfeststellung ohnehin nicht in Frage gestellt werden. Im Übrigen lägen die vom Kläger unter Berufung auf Stellungnahmen von R. behaupteten Fehler der Verkehrsprognose nicht vor, wie sich im Einzelnen aus den zu den Gerichtsakten gereichten Auseinandersetzungen des Büros M. mit den Kritikpunkten ergebe. Schließlich habe aber auch R. eingeräumt, dass es keineswegs an jeglichem Bedarf für einen vierstreifigen Ausbau in dem planfestgestellten Abschnitt fehle, sondern gehe selbst von einer aktuellen Verkehrsbelastung dieses Streckenabschnitts in einer Größenordnung aus, die nach den einschlägigen Richtlinien (RAS-Q, RAA) schon jetzt einen vierstreifigen Ausbau - sogar mit einem Regelquerschnitt von RQ 28 - rechtfertige.

42

Das planfestgestellte Straßenausbauvorhaben sei auch mit allen naturschutzrechtlichen Vorschriften vereinbar. Namentlich genüge es den Anforderungen des FFH-Gebietsschutzes. Erhebliche Beeinträchtigungen der Erhaltungsziele und maßgeblichen Bestandteile des FFH-Gebiets „Biosphärenreservat Pfälzer Wald“ seien nicht zu befürchten. So habe eine Nachprüfung in Form einer nochmaligen Begehung und Augenscheineinnahme durch den Dipl.-Biologen H. im Frühjahr 2010 sowie dessen weitere, zu den Gerichtsakten gereichte Stellungnahme vom 6. April 2011 nochmals bestätigt, dass es im Einwirkungsbereich des Vorhabens kein Vorkommen des prioritären Lebensraumtyps (LRT) 91 E0* gebe, da die dort vorhandenen Vegetationsstrukturen die Kriterien für einen LRT 91 E0* nicht erfüllten. Das Vorhaben führe auch nicht zu erheblichen Beeinträchtigungen erhaltungszielbestimmender Schmetterlingsarten: Wie sich aus den zu den Gerichtsakten gereichten Stellungnahmen des Dipl.-Biologen H. vom 6. April 2011 und vom 25. Januar 2015 ergebe, habe eine nochmalige Überprüfung vor Ort bestätigt, dass weiterhin schon keine Lebensraumpotentiale für die Arten Heller Wiesenknopf-Ameisenbläuling und Großer Feuerfalter im Wirkraum des Vorhabens vorhanden seien und der Dunkle Wiesenknopf-Ameisenbläuling (DWAB) im Bereich des Queichtals zwar vereinzelt nachgewiesen sei, aber die nächsten Fundorte nördlich der B 10 weit außerhalb des Wirkraums des Vorhabens gelegen und insbesondere die für die Falterart bedeutsamen Vorkommen der Hauptfutterpflanze im Eingriffsbereich nicht vorhanden seien. Auch die befürchteten Zerschneidungs- bzw. Barriereeffekte würden von dem Vorhaben nicht ausgehen: Durch den bloßen Anbau eines zusätzlichen Brückenbauwerks für die künftige Richtungsfahrbahn Pirmasens - Landau würden keine zusätzlichen Zerschneidungs- oder Barriereeffekte hervorgerufen, die über die heute bestehenden Belastungen hinausgingen. Denn für das neue Bauwerk sei eine größere Überspannung des Gewässers vorgesehen und zwischen den Brücken verbleibe künftig ein Abstand von 10 m, der eine ausreichende Belichtung und Besonnung ermögliche. Hierdurch werde dem Effekt eines längeren dunklen Tunnels begegnet. Zudem werde es sowohl aufgrund der vorhandenen Vegetationsstrukturen als auch aufgrund des Verhaltens der Art DWAB nicht zu einem nennenswerten Austausch zwischen vorhandenen Populationen innerhalb der Queichaue kommen; vielmehr seien die nördlich und südlich der Queichtalbrücke vorhandenen Teil-Populationen für sich eigenständig und überlebensfähig.

43

Selbst wenn man aber von einer erheblichen Beeinträchtigung des FFH-Gebiets ausgehe, habe die im Planfeststellungsbeschluss rein vorsorglich durchgeführte Ausnahmeprüfung gemäß § 34 Abs. 3 BNatSchG ergeben, dass das Vorhaben auch im Wege einer Ausnahme- bzw. Abweichungsprüfung zulässig sei. Denn der Ausbau der B 10 im planfestgestellten Abschnitt sei aus zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses geboten, was sich insbesondere aus den Gründen für die gesetzliche Bedarfsfeststellung ergebe; zumutbare Alternativen, mit denen das Projekt ohne oder mit geringeren Eingriffen in das FFH-Gebiet zu verwirklichen wäre, seien nicht ersichtlich; zudem seien die im Falle einer Abweichungszulassung erforderlichen Kohärenzsicherungsmaßnahmen in Gestalt einer Vielzahl von Vermeidungs-, Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen vorgesehen worden, durch die die Kohärenz des Natura-2000-Netzes gewahrt bleibe.

44

Der Planfeststellungsbeschluss stehe des Weiteren mit dem Artenschutzrecht in jeder Hinsicht im Einklang. Insbesondere beruhe die Planung auf artenschutzrechtlichen Untersuchungen, die weder hinsichtlich der Ermittlungstiefe noch im Hinblick auf das methodische Vorgehen Mängel aufwiesen. Zudem lägen die Voraussetzungen für eine vorsorgliche Ausnahme- bzw. Befreiungserteilung vor. Ferner treffe die Kritik des Klägers an dem angeordneten Monitoring durch Fledermausexperten zur Absicherung der genauen Anforderungen an die Überflughilfen für Fledermäuse in keiner Weise zu.

45

Der Planfeststellungsbeschluss erweise sich schließlich auch im Hinblick auf die naturschutzrechtliche Eingriffsregelung nicht als fehlerhaft. Insbesondere könne keine Rede davon sein, dass es an einer hinreichenden Sicherung der Umsetzung einzelner Maßnahmen fehle. Mit der Anordnung, dass der neue Standort der Maßnahmen 2.4 E AB und 3.2 E AB und deren Ausgestaltung mit der Oberen Naturschutzbehörde abzustimmen seien und die Realisierbarkeit der Maßnahmen am neuen Standort der Planfeststellungsbehörde gegenüber vor Baubeginn nachzuweisen sei, sei vielmehr gewährleistet, dass durch die Verlegung an einen anderen Standort keine quantitativen oder qualitativen Einbußen hinsichtlich der Kompensationsziele beider Maßnahmen aufträten und die Baumaßnahme nicht ohne die Ersatzmaßnahmen ausgeführt werden dürfe.

46

Der Planfeststellungsbeschluss genüge letztendlich auch dem in § 17 FStrG normierten Gebot, bei der Planfeststellung die von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange einschließlich der Umweltverträglichkeit im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigen und dabei erkennbar gewordene Konflikte zu bewältigen. Insbesondere sei die Sorge unbegründet, dass der vierstreifige Ausbau im planfestgestellten Abschnitt zwangsläufig zu Verkehrsproblemen in den nicht ausgebauten Tunnelabschnitten zwischen Annweiler und Rinnthal infolge der dortigen Reduzierung von zwei auf nur eine Fahrspur pro Richtung führen werde, die nur mit einem sofortigen durchgängigen vierstreifigen Ausbau der Gesamtstrecke zwischen Pirmasens und Landau vermieden werden könnten. Vielmehr werde der Ausbau im jetzt planfestgestellten Abschnitt nach dem Ergebnis der Verkehrsuntersuchungen von M. keine nennenswerten verkehrlichen Auswirkungen auf die B 10 westlich von Godramstein und damit auch nicht auf die Leistungsfähigkeit der Tunnel bei Annweiler haben. Es könne schließlich auch keine Rede davon sein, dass die vom Kläger behaupteten Mängel der Verkehrsprognose eine fehlerhafte Gesamtabwägung der von dem Vorhaben betroffenen Belange, namentlich eine fehlerhafte Gewichtung der Verkehrsimmissionsbelastung zur Folge gehabt hätten. Abgesehen davon, dass die behaupteten Mängel nicht vorlägen, habe die Verkehrsprognose von M. im Hinblick auf die Ermittlung und Bewertung der beim vierspurigen Ausbau zu erwartenden Immissionsbelastungen den Charakter einer „Worst-Case-Betrachtung“: Die Planfeststellungsbehörde habe sich im Bestreben um einen alle Auswirkungen um- und erfassenden Schutzansatz an der nach der Verkehrsprognose größtmöglichen Verkehrsbelastung der B 10 orientiert, nämlich am Planungsfall 4 (durchgängiger vierstreifiger Ausbau der B 10 zwischen Pirmasens und Landau). Auf diese Weise sei sichergestellt, dass bereits im angefochtenen Planfeststellungsbeschluss für den Abschnitt Godramstein - Landau ein am Planungsfall 4 ausgerichtetes Lärmschutzkonzept entwickelt und planfestgestellt worden sei. Es sei nicht ersichtlich, dass bei dieser Vorgehensweise die verkehrlichen Auswirkungen des Vorhabens unterschätzt worden sein könnten. Im Übrigen werde vom Kläger gerade umgekehrt der Vorwurf erhoben, es sei von zu hohen Verkehrszahlen, d. h. von überhöhten Erwartungen hinsichtlich des künftigen Verkehrsaufkommens ausgegangen worden. Infolgedessen seien die vom Kläger behaupteten Mängel der Verkehrsprognose von vornherein ungeeignet, eine fehlerhafte Gewichtung der Verkehrsimmissionsbelastung - im Sinne einer „Unterschätzung“ - zu begründen.

47

Mit Rücksicht auf ein von der Landesregierung initiiertes zweites Mediationsverfahren wurde das gerichtliche Verfahren mit Zustimmung der Beteiligten durch Beschluss des Senats vom 22. Juni 2011 gemäß §§ 173 VwGO, 251 ZPO zum Ruhen gebracht. Nach dem Scheitern auch des zweiten Mediationsverfahrens wurde das gerichtliche Verfahren durch Senatsbeschluss vom 27. Mai 2014 wiederaufgenommen und fortgeführt.

48

Die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes ergeben sich aus den Gerichtsakten und den beigezogenen Akten des Planfeststellungsverfahrens, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

Entscheidungsgründe

49

Die Klage ist zulässig (I.), bleibt jedoch in der Sache ohne Erfolg (II.).

50

I. Die Klage ist zulässig, insbesondere ist der Kläger klagebefugt. Seine Klagebefugnis ergibt sich allerdings ausschließlich aus § 2 Abs. 1 des Gesetzes über ergänzende Vorschriften zu Rechtsbehelfen in Umweltangelegenheiten nach der EG-Richtlinie 2003/35/EG (Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz – UmwRG –) in der Fassung der Bekanntmachung vom 8. April 2013 (BGBl. I, Seite 753). Soweit der Kläger in der Klagebegründung vom 31. Januar 2011 noch die Auffassung vertreten hatte, er könne seine Klagebefugnis außer aus § 2 Abs. 1 UmwRG auch aus § 64 des Gesetzes über Naturschutz und Landschaftspflege (Bundesnaturschutzgesetz – BNatSchG) herleiten, trifft dies inzwischen nicht mehr zu:

51

Nach § 1 Abs. 3 UmwRG in der Fassung der Bekanntmachung vom 8. April 2013 wird § 64 Abs. 1 BNatSchG nicht angewendet, soweit in Planfeststellungsverfahren, die § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 oder 2 UmwRG unterfallen, Rechtsbehelfe nach diesem Gesetz eröffnet sind. Für planfeststellungspflichtige Vorhaben, die – wie hier – nach Maßgabe des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 oder 2 UmwRG von Umweltverbänden angefochten werden können, gilt daher nunmehr ein Vorrang der umweltrechtlichen Verbandsklage (vgl. dazu bereits Fellenberg/Schiller, UmwRG, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, 65. EL April 2012, § 1 UmwRG, Rdnr. 66 a.E.). Zwar galt im Zeitpunkt der Klageerhebung am 22. Dezember 2010 noch § 64 Abs. 1 BNatSchG in der Fassung vom 1. März 2010, wonach anerkannte Naturschutzvereine „neben den Rechtsbehelfen nach § 2 UmwRG“ Rechtsbehelfe nach Maßgabe des § 64 BNatSchG einlegen konnten (und zwar gemäß §§ 64 Abs. 1, 63 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG auch gegen Planfeststellungsbeschlüsse); auch erhielt § 1 UmwRG in der Fassung vom 1. März 2010 noch keine Vorrangregelung zu Gunsten der umweltrechtlichen Verbandsklage (vgl. zur bisherigen Anwendbarkeit der beiden Verbandsklagebestimmungen nebeneinander Fellenberg/Schiller, a.a.O.). Doch ergibt sich aus der Übergangsregelung des § 5 Abs. 4 UmwRG in der Fassung der Bekanntmachung vom 8. April 2013, dass Rechtsbehelfsverfahren nach § 2 UmwRG, die – wie hier – am 12. Mai 2011 anhängig waren und am 29. Januar 2013 noch nicht rechtskräftig abgeschlossen worden sind, nach den Vorschriften des UmwRG in der ab dem 29. Januar 2013 geltenden Fassung zu Ende zu führen sind. Parallel dazu ist § 64 Abs. 1 Satz 1 BNatSchG dahin neu gefasst worden, dass anerkannte Naturschutzvereinigungen Rechtsbehelfe nach Maßgabe des § 64 nur noch erheben können, „soweit § 1 Abs. 3 UmwRG nicht entgegensteht“. Folglich kann sich der Kläger zur Begründung seiner Klagebefugnis inzwischen nicht mehr zusätzlich auf § 64 BNatSchG berufen.

52

Soweit der Kläger seine Klagebefugnis darüber hinaus auch aus einer unmittelbaren Anwendung von Art. 10a der Richtlinie 85/337/EWG in der Fassung der Richtlinie 2003/35/EG (jetzt: Art. 11 der Richtlinie 2011/92/EU) mit der Folge ableiten will, dass sich seine Rügebefugnis über die in § 2 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 5 UmwRG normierte Vereinbarkeit der angegriffenen Entscheidung mit dem Umweltschutz dienenden Rechtsvorschriften hinaus auf deren Vereinbarkeit mit allen einschlägigen Rechtsvorschriften erstreckt, ihm also auf diesem Wege ein „Vollüberprüfungsanspruch“ zusteht, kann dem nicht gefolgt werden. Entgegen der Ansicht des Klägers ergibt sich namentlich nicht aus der sog. „Trianel“-Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes (Urteil vom 12. Mai 2011 - Rs.C-115/09 -, NVwZ 2011, 801 ff.), dass § 2 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 5 UmwRG auch insoweit, als sie für Umweltverbandsklagen sowohl die Klagebefugnis als auch den Überprüfungsanspruch in der Begründetheit auf die Geltendmachung bzw. das Vorliegen von Verstößen gegen den Umweltschutz dienende Vorschriften beschränken, gegen Art. 10a der Richtlinie 85/337/EWG (jetzt: Art. 11 der Richtlinie 2011/92/EU) verstoßen, weshalb diese Vorschrift insoweit Anwendungsvorrang genießen müsse mit der Folge einer entsprechenden Erweiterung der Klage- und Rügebefugnis. Vielmehr hat das Bundesverwaltungsgericht in mehreren nach der Trianel-Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes ergangenen Entscheidungen die Rechtsauffassung bestätigt, dass die EuGH-Entscheidung für eine solche Annahme nichts hergibt (vgl. insbesondere BVerwG, Urteil vom 24. Oktober 2013 – 7 C 36/11 –, BVerwGE 148, 155 und juris, Rn. 23 ff., m.w.N.). Dem schließt sich der Senat an.

53

II. Die Klage ist jedoch mit dem Haupt- und Hilfsantrag unbegründet. Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss verstößt unter keinem der geltend gemachten Gesichtspunkte gegen dem Umweltschutz dienende Vorschriften im Sinne von § 2 Abs. 1 UmwRG. Er steht vielmehr mit allen einschlägigen Vorschriften, die – zumindest auch – dem Umweltschutz zu dienen bestimmt sind, im Einklang (zum Prüfungsumfang bei der Umweltverbandsklage und zum diesem korrespondierenden, beschränkten Überprüfungsanspruch nach dem UmwRG vgl. auch das Senatsurteil vom 14. Oktober 2014 – 8 C 10233/14.OVG –, NVwZ-RR 2015, 205 und juris, Rn. 39 ff.). Dies gilt sowohl für dem Umweltschutz dienende Verfahrensvorschriften (1.) als auch für Vorschriften des materiellen Umweltrechts (2.).

54

1. Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss begegnet zunächst in formell-rechtlicher Hinsicht keinen Bedenken, sondern steht mit den einschlägigen, dem Umweltschutz dienenden Verfahrensvorschriften im Einklang. Namentlich liegt kein Verstoß gegen Verfahrensanforderungen des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 24. Februar 2010 (BGBl. I, Seite 94) vor.

55

So kann der Kläger mit seinem Einwand, die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) hätte nicht auf den Bereich des planfestgestellten Ausbauabschnitts der B 10 beschränkt werden dürfen, sondern es hätte einer übergreifenden Ermittlung und Bewertung der Umweltauswirkungen für den Bereich des insgesamt projektierten Ausbaus der B 10 zwischen Pirmasens und der BAB A 65 bedurft (sog. „Dach-UVP“), nicht durchdringen.

56

Es spricht schon viel dafür, dass der Kläger mit seinem Vorbringen zur formellen Rechtswidrigkeit des Planfeststellungsbeschlusses wegen fehlerhafter Durchführung der UVP, insbesondere wegen Fehlens einer sog. Dach-UVP, bereits gemäß § 17a Nr. 7 des Bundesfernstraßengesetzes (FStrG) (jetzt: § 73 Abs. 4 Satz 3 VwVfG) präkludiert ist. Denn er hat in den beiden Einwendungsschreiben vom 15. Mai 2007 Fragen der ordnungsgemäßen Durchführung der UVP nicht einmal ansatzweise thematisiert. Vielmehr werden dort nur naturschutzfachliche Belange des FFH-Gebiets- und des Artenschutzes sowie Mängel bei den Vermeidungs-, Minderungs- und Ersatzmaßnahmen und daneben noch sonstige (materielle) Umweltfragen in Bezug auf die verkehrlichen Belange abgehandelt. Lediglich im Zusammenhang mit dem FFH-Gebietsschutz wird das Fehlen einer „vollständigen FFH-Verträglichkeitsprüfung des gesamten Planungsvorhabens Ausbau der B 10 zwischen Pirmasens und Landau (sog. Dach-FFH-Verträglichkeitsprüfung)“ gerügt. Ferner taucht der Gesichtspunkt, der vierspurige Ausbauzustand zwischen Pirmasens und Landau müsse „auch die Grundlage der Konfliktanalyse bilden“, woran es „besonders unter dem Aspekt der FFH-Verträglichkeit fehle“, noch einmal in Teil III.1 des Einwendungsschreibens auf, aber ebenfalls ohne jegliche Thematisierung des UVP-Rechts. Damit dürfte der Kläger den gesteigerten Anforderungen an die Substantiierung von Einwendungen, die nach der Rechtsprechung bei Naturschutzvereinigungen und Umweltverbänden gegenüber Einwendungen Privater zu stellen sind (vgl. dazu insbesondere BVerwG, Urteil vom 14. Juli 2011 – 9 A 12.10 –, BVerwGE 140, 149 und juris, Rn. 19 ff.), nicht genügt haben. Vielmehr wäre von einem Umweltverband zu erwarten gewesen, dass er seiner Mitwirkungslast, Angaben dazu zu machen, welches umweltrechtliche Schutzgut betroffen ist und in welcher Beziehung diesem aus seiner Sicht Beeinträchtigungen drohen (vgl. dazu z. B. BVerwG, Beschluss vom 23. November 2007 – 9 B 38.07 –, NuR 2008, Seite 176 und juris, Rn. 31), im Bewusstsein der grundlegend unterschiedlichen Strukturen und Bedeutung des UVP-Rechts einerseits (formelle Anforderungen an die Verfahrensgestaltung) und des FFH-Gebiets- sowie des Artenschutzrechts andererseits (materielle Anforderungen als zwingendes Recht) durch entsprechend thematisch differenzierende Angaben Rechnung trägt (vgl. zu den Anforderungen an die Rüge einer fehlerhaften UVP als selbständigem Verfahrensfehler auch BVerwG, Beschluss vom 11. August 2006 – 9 VR 5/06 –, NVwZ 2006, 1170 und juris, Rn. 11). Daran dürfte es vorliegend fehlen. Am Vorliegen der weiteren Voraussetzungen einer Präklusion nach § 17a Nr. 7 FStrG bestehen im Übrigen keine Zweifel. Schließlich besteht derzeit auch kein Anlass, die Anwendbarkeit der Präklusionsbestimmung des § 17a Nr. 7 FStrG auf Naturschutzverbände bzw. Umweltvereinigungen unionsrechtlich grundsätzlich in Frage zu stellen (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 14. Juli 2011 – 9 A 14.10 –, NuR 2010, 52 und juris, Rn. 21 ff.).

57

Unabhängig von der Frage der Präklusion ist die Forderung des Klägers nach Durchführung einer sog. Dach-UVP jedenfalls in der Sache nicht begründet:

58

In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist seit langem grundsätzlich geklärt, dass bei einer abschnittsweisen Planfeststellung einer Bundesfernstraße die förmliche UVP nur für den jeweiligen Abschnitt durchzuführen ist: Einer UVP ist das Projekt zu unterziehen, für das im Sinne von Art. 2 Abs. 1 der UVP-Richtlinie die Erteilung einer Genehmigung beantragt worden ist. Das EU-Recht wirkt nicht auf die materiell-rechtlichen Anforderungen des einzelstaatlichen Zulassungsrechts ein. Eröffnet das Recht des jeweiligen Mitgliedstaates die Möglichkeit, ein Gesamtprojekt aufzuspalten und in mehreren Teilschritten auszuführen, so bildet den Bezugspunkt der UVP das konkrete Projekt, für das ein Antrag gestellt worden ist. Demnach ist bei einer abschnittsweisen Planung der Abschnitt, über den in einem Verfahren entschieden wird, zugleich das Vorhaben, das der UVP unterliegt (vgl. zum Ganzen z. B. BVerwG, Urteil vom 10. April 1997 – 4 C 5/96 –, BVerwGE 104, 326 und juris, Rn. 24, sowie Urteil vom 28. Februar 1996 – 4 A 27/95 –, UPR 1996, 270 und juris, Rn. 30, jeweils m.w.N.). Ob die Abschnittsbildung zulässig ist, richtet sich nicht nach dem UVP-Recht, sondern nach dem materiellen Planungsrecht, vorliegend nach § 17 Abs. 1 Satz 2 FStrG, da auch die Anforderungen an die Abschnittsbildung über das Abwägungsgebot gesteuert werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 10. April 1997, a.a.O., Rn. 25).

59

Danach bedarf es keiner vorgezogenen förmlichen UVP für die nachfolgenden Abschnitte; ausreichend ist vielmehr die Prognose, dass der Verwirklichung des Vorhabens in den nachfolgenden Abschnitten keine von vornherein unüberwindliche Hindernisse entgegenstehen (vgl. BVerwG, Urteil vom 28. Februar 1996, a.a.O., Rn. 30 m.w.N.).

60

Entgegen der Ansicht des Klägers folgt vorliegend auch nicht ausnahmsweise etwas anderes aus den §§ 2 Abs. 1 Satz 4, 3b Abs. 2 oder 13 Abs. 1 Satz 2 UVPG:

61

Wie das Bundesverwaltungsgericht bereits entschieden hat, enthält § 2 Abs. 1 Satz 4 UVPG eine Regelung nur für den Fall, dass über die Zulässigkeiteines Vorhabens im Rahmen mehrerer Verfahren entschieden wird; dann sind die in den verschiedenen Verfahren durchgeführten Teilprüfungen zu einer Gesamtbewertung zusammen zu fassen; davon zu unterscheiden ist der – auch hier vorliegende – Fall der Planfeststellung eines Abschnitts einer Bundesfernstraße (vgl. BVerwG, Urteil vom 28. Februar 1996, a.a.O., Rn. 30).

62

Die Regelung des § 3b Abs. 2 Satz 1 UVPG für „kumulierende Vorhaben“ setzt voraus, dass die mehreren Vorhaben derselben Art von demselben oder den mehreren Trägerngleichzeitig verwirklicht werden sollen; gemeint ist damit eine zeitlich parallele Vorhabenverwirklichung (vgl. Dienes, in: Hoppe/Bergmann, UVPG, 4. Aufl. 2012, § 3b, Rn. 24). Daran fehlt es offensichtlich bei der sukzessiven Verwirklichung des Ausbaus einer Bundesfernstraße in mehreren, räumlich und zeitlich aufeinander folgenden Abschnitten.

63

Schließlich ist auch anerkannt, dass es sich bei der abschnittsweisen Planfeststellung von Bundesfernstraßen nicht um „Teilzulassungen“ im Sinne von § 13 UVPG handelt. Da die einzelnen Abschnitte bei der abschnittsweisen Planfeststellung einer Fernstraße als selbständige Vorhaben anzusehen sind, wird über sie nicht im Rahmen einer Teilzulassung entschieden, so dass § 13 UVPG keine Anwendung findet (so zutreffend z. B. Schieferdecker, in: Hoppe/Bergmann, UVPG, 4. Aufl. 2012, § 13, Rn. 15 und Fußnote 25, unter Hinweis auf BVerwG, Urteil vom 10. April 1997 – 4 C 5/96 –, a.a.O., Rn. 24). Damit besteht hier insbesondere nicht das Erfordernis einer vorläufigen Erstreckung der UVP „auf die nach dem jeweiligen Planungsstand erkennbaren Umweltauswirkungen des Gesamtvorhabens“ nach § 13 Abs. 1 Satz 2 UVPG.

64

Somit ist vorliegend UVP-rechtlich nur zu fordern, dass die Planfeststellungsbehörde eine Prognose angestellt hat, dass der Verwirklichung des Vorhabens in den nachfolgenden Abschnitten in Bezug auf die Umweltauswirkungen keine von vornherein unüberwindlichen Hindernisse entgegenstehen. Ob die insoweit vom Beklagten vorgebrachten Zweifel daran, ob diese Vorgabe der Rechtsprechung außer auf den Neubau einer Fernstraße in Abschnitten auch auf den – hier in allen Abschnitten des Gesamtprojekts gegebenen – Ausbau einer vorhandenen Fernstraße Anwendung finden kann, zu Recht bestehen, kann im Ergebnis offen bleiben. Denn im Planfeststellungsbeschluss ist an mehreren Stellen in hinreichender Weise in den Blick genommen worden, dass der planfestgestellte Abschnitt verkehrspolitisch Teil eines Gesamtvorhabens des vierspurigen Ausbaus der B 10 zwischen Pirmasens und Landau ist. Zum einen wurde im Rahmen der Erläuterungen der Planungskonzeption (Seite 89 ff. des Planfeststellungsbeschlusses) ausführlich dargestellt, dass einerseits der planfestgestellte Planungsabschnitt eine eigenständige Verkehrsbedeutung auch für den Fall haben wird, dass die Verwirklichung der weiteren Planungsabschnitte – entgegen der politischen Absicht aus nicht absehbaren Gründen – scheitern sollte, aber andererseits der Verwirklichung des weiteren Ausbaus der B 10 im Bereich zwischen Godramstein und Pirmasens aus heutiger Sicht keine unüberwindbaren Hindernisse entgegenstehen, insbesondere nicht im Hinblick auf die Umweltverträglichkeit. Zum anderen wurde auch speziell in Auseinandersetzung mit Forderungen von Einwendern, namentlich des Klägers, nach Durchführung einer sog. Dach-FFH-Verträglichkeitsprüfung für die gesamte Ausbaustrecke zwischen Pirmasens und Landau ausgeführt, dass einerseits für den Bereich zwischen Pirmasens und Hinterweidenthal bereits bestandskräftiges Baurecht vorliege, mit dem für diesen Teilbereich u. a. auch die FFH-Verträglichkeit positiv festgestellt worden sei, und andererseits aus heutiger Sicht auch nichts dafür ersichtlich sei, dass ein späterer vierstreifiger Ausbau in den noch nicht planfestgestellten Teilbereichen zwischen Hinterweidenthal und Godramstein unter FFH-Gesichtspunkten vor unüberwindlichen Hindernissen stehen würde (vgl. Seite 182 des Planfeststellungsbeschlusses). Damit ist den Anforderungen der Rechtsprechung an die Prognose der Realisierungsfähigkeit des Gesamtvorhabens genüge getan worden.

65

Auch unter den weiteren vom Kläger angesprochenen Gesichtspunkten sind Verstöße gegen Verfahrensvorschriften des UVPG nicht festzustellen.

66

So kann der Rüge des Klägers, die Planunterlagen hätten keine den Anforderungen des § 6 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 UVPG genügende „Übersicht über geprüfte anderweitige Lösungsmöglichkeiten“ enthalten, nicht gefolgt werden. Dabei ist zu sehen, dass diese Vorschrift – als rein formell-rechtliche Anforderung an den Inhalt der vom Vorhabenträger zur Prüfung seines Antrags vorzulegenden Unterlagen – lediglich verlangt, dass der Vorhabenträger die von ihm tatsächlich geprüften anderweitigen Lösungsmöglichkeiten und seine Auswahlgründe im Hinblick auf die Umweltauswirkungen des Vorhabens in einer Übersicht darstellt; die Bestimmung begründet hingegen keinerlei Pflicht zur Prüfung von Vorhabenalternativen. Vielmehr ergibt sich die Notwendigkeit, die verschiedenen sich anbietenden oder sich aufdrängenden Standortalternativen oder Durchführungsvarianten auf ihre jeweilige Umweltverträglichkeit hin zu untersuchen, aus dem jeweiligen Fachrecht, im Falle einer fernstraßenrechtlichen Planung also aus § 17 Abs. 1 Satz 2 FStrG als Anforderung des Abwägungsgebots (vgl. Kment, in: Hoppe/Beckmann, UVPG, 4. Aufl. 2012, § 6, Rn. 21, m.w.N.). Diesen rein formellen Anforderungen des § 6 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 UVPG ist mit der in der „allgemein verständlichen Zusammenfassung gemäß § 6 UVPG“ enthaltenen Übersicht „III. Geprüfte Vorhabenvarianten und wesentliche Auswahlgründe“ (vgl. Planordner I, Planunterlage 1.2, Seite 9 ff.) genüge getan worden.

67

Soweit der Kläger darüber hinaus noch rügen will, dass es an einer den Anforderungen des § 11 UVPG genügenden „zusammenfassenden Darstellung der Umweltauswirkungen des Vorhabens“ fehle, kann dem schließlich ebenfalls nicht gefolgt werden. Nach § 11 Satz 1 UVPG hat die zuständige Behörde auf der Grundlage der Unterlagen nach § 6, der behördlichen Stellungnahmen nach §§ 7 und 8 soweit der Äußerungen der betroffenen Öffentlichkeit nach den §§ 8 und 9a eine zusammenfassende Darstellung der Umweltauswirkungen des Vorhabens sowie der Maßnahmen, mit denen erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen vermieden, vermindert oder ausgeglichen werden, zu erarbeiten, einschließlich der Ersatzmaßnahmen bei nicht ausgleichbaren, aber vorrangigen Eingriffen in Natur und Landschaft; nach § 11 Satz 3 kann diese zusammenfassende Darstellung in der Begründung der Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens erfolgen (vgl. dazu BVerwG, Beschluss vom 10. Oktober 2006 – 9 B 27/05 –, UPR 2007, 33 und juris, Rn. 17). Davon hat der Beklagte hier Gebrauch gemacht und die zusammenfassende Darstellung in den Planfeststellungsbeschluss integriert (vgl. dessen Seite 171). Dabei begegnet es keinen durchgreifenden Bedenken, dass in der zusammenfassenden Darstellung weitestgehend auf die „allgemein verständliche Zusammenfassung“ nach § 6 UVPG in der Planunterlage 1.2, Seite 9 ff. (Planordner I), Bezug genommen wird, nachdem diese - wie ausgeführt - den formellen Anforderungen des § 6 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 UVPG entspricht und darüber hinaus auch alle inhaltlichen Anforderungen des § 11 Satz 1 UVPG erfüllt, und der Planfeststellungsbeschluss ergänzend feststellt, dass im Anhörungsverfahren keine weiteren wesentlich neuen Gesichtspunkte in Bezug auf die Einschätzung der Umweltverträglichkeit des Vorhabens vorgebracht worden seien.

68

2. Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss leidet des Weiteren an keinem materiellen Rechtsfehler, den der Kläger mit der Folge einer vollständigen oder teilweisen Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses oder der Feststellung seiner Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit geltend machen kann.

69

a. So mangelt es der streitigen Fernstraßenplanung nicht an der erforderlichen Planrechtfertigung.

70

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts setzt die Zulässigkeit einer (z. B. Straßen-)Planung, die Voraussetzung für Eingriffe in Rechte oder eine Enteignung sein soll, voraus, dass das jeweilige Vorhaben durch vernünftige Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt ist, d. h. nach Maßgabe der vom jeweiligen Fachplanungsgesetz allgemein verfolgten Ziele „vernünftigerweise geboten“ ist (vgl. z. B. BVerwG, Urteil vom 5. Dezember 1986 – 4 C 13/85 –, BVerwGE 75, 214, 232 f.; siehe auch z. B. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 1. Februar 2001 – 1 C 10626/00.OVG –, ESOVGRP, Seite 13). Bei der Planfeststellung für den Neu- oder Ausbau einer Bundesfernstraße ist von einer Planrechtfertigung auszugehen, wenn das Vorhaben in den Bedarfsplan für Bundesfernstraßen nach dem Gesetz über den Ausbau der Bundesfernstraßen (Fernstraßenausbaugesetz – FStrAbG – in der Fassung vom 20. Januar 2005, BGBl. I, 201) aufgenommen ist. Denn nach § 1 Abs. 2 FStrG entsprechen die in den Bedarfsplan aufgenommenen Bau- und Ausbauvorhaben den Zielsetzungen des § 1 Abs. 1 FStrG. Die Feststellung des Bedarfs ist danach für die Linienbestimmung nach § 16 FStrG und für die Planfeststellung nach § 17 FStrG verbindlich; sie ist so auch als Belang in der Abwägung zu berücksichtigen; die zeichnerische Darstellung des Bedarfsplans zum Fernstraßenausbaugesetz bindet hinsichtlich der Dimensionierung als zwei- oder vierstreifige Bundesstraße und im Hinblick auf die dort erkennbare Netzverknüpfung; diese Bindungen gelten auch für das gerichtliche Verfahren (ständige Rechtsprechung; vgl. z. B. BVerwG, Urteil vom 19. März 2003 – 9 A 33/02 –, DVBl. 2003, 1069 und juris, Rn. 23 m.w. Rechtsprechungsnachweisen; ebenso z. B. Senatsurteil vom 28. August 2013 -8 C 1036/13.OVG –, Seite 8 des Urteilsabdrucks, m.w.N.).

71

Die gesetzliche Bedarfsfeststellung ist allein an den Vorgaben des Verfassungsrechts zu messen. Danach beschränkt sich die gerichtliche Kontrolle auf die Frage, ob bei der Festlegung des Gesetzgebers die weit gesteckten Grenzen des gesetzgeberischen Ermessens überschritten wurden. Dies ist nur dann der Fall, wenn die Feststellung des Bedarfs evident unsachlich ist, wenn es also für das Vorhaben offenkundig keinerlei Bedarf gibt, der die Annahmen des Gesetzgebers rechtfertigen könnte, weil es etwa für die Aufnahme des Vorhabens in den Bedarfsplan im Hinblick auf die bestehende oder künftig zu erwartende Verkehrsbelastung oder auf die verkehrliche Erschließung eines zu entwickelnden Raumes an jeglicher Notwendigkeit fehlte oder wenn sich die Verhältnisse seit der Bedarfsentscheidung des Gesetzgebers so grundlegend gewandelt hätten, dass das angestrebte Planungsziel unter keinen Umständen auch nur annähernd erreicht werden könnte (ständige Rechtsprechung; vgl. z. B. BVerwG, Beschluss vom 16. Januar 2007 – 9 B 14.06 –, NVwZ 2007, 462 und juris, Rn. 7 sowie Urteil vom 3. Mai 2013 – 9 A 16/12 -, BVerwGE 146, 254 und juris, Rn. 21, m.w.N.).

72

Nach Maßgabe dieser Grundsätze steht die Planrechtfertigung des Vorhabens des vierstreifigen Ausbaus der B 10 im planfestgestellten Abschnitt außer Frage.

73

Daher kann offen bleiben, ob das Erfordernis der Planrechtfertigung auf die Klage eines anerkannten Umweltvereins im Rahmen von dessen nach § 2 Abs. 1 Nr. 5, Abs. 5 UmwRG eingeschränkter Rügebefugnis überhaupt zu prüfen ist (streitig; zum Meinungsstand vgl. z. B. Fellenberg/Schiller, a.a.O., § 2 UmwRG, Rn. 15, m.w.N.; verneinend BVerwG, Beschluss vom 1. Juli 2003 – 4 VR 1/03, 4 A 1/04 A 1/03 –, juris, Rn. 7; offengelassen in der Rechtsprechung des 9. Senats des Bundesverwaltungsgerichts zu § 64 BNatSchG, vgl. zuletzt die Urteil vom 3. Mai 2013, a.a.O., Rn. 17 und vom 8. Januar 2014 – 9 A 4/13 -, BVerwGE 149, 31 und juris, Rn. 30; siehe auch Senatsurteil vom 11. Februar 2009 – 8 C 10435/08.OVG –, NuR 2009, Seite 636 und juris, Rn. 23).

74

Die Planrechtfertigung des Vorhabens folgt aus der gesetzlichen Bedarfsfeststellung. Das Vorhaben des vierstreifigen Ausbaus der B 10 im Abschnitt zwischen der BAB A 65 und Godramstein ist – ebenso wie die sich westlich anschließenden Abschnitte bis Hinterweidenthal – im Bedarfsplan für die Bundesfernstraßen, der gemäß § 1 Abs. 1 FStrAbG (in der Fassung des 5. Änderungsgesetzes vom 4. Oktober 2004, BGBl. I, 2574) diesem Gesetz als Anlage beigefügt ist, enthalten und nach § 2 FStrAbG der Stufe „Weiterer Bedarf mit Planungsrecht (WB*)“ zugeordnet (vgl. die grafische Darstellung in der Anlage zum Fernstraßenausbaugesetz, veröffentlicht im Anlagenband 2004 zum Bundesgesetzblatt 2004, BGBl. I A-2004). Die Bedeutung der Einstufung „Weiterer Bedarf mit Planungsrecht (WB*)“ wird im Gesetz bzw. im Bedarfsplan nicht näher erläutert. Aus der Begründung des Entwurfs eines 5. Gesetzes zur Änderung des Fernstraßenausbaugesetzes ergibt sich Folgendes: „Der Weitere Bedarf (WB) enthält Vorhaben, deren gesamtwirtschaftliche Vorteilhaftigkeit nachgewiesen ist, deren Investitionsvolumen aber den Finanzrahmen bis 2015 überschreitet. Die Projektplanung darf deshalb nur in begründeten Ausnahmefällen mit Einwilligung des Bundesministeriums für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen aufgenommen oder weiterbetrieben werden. In begründeten Fällen kann die Planung von Projekten des Weiteren Bedarfs aufgrund dieses Gesetzes aufgenommen bzw. weiterbetrieben werden. Dies kann aufgrund der netzkonzeptionellen Bedeutung oder wegen des Zusammenhangs mit benachbarten Projekten der Stufe Vordringlicher Bedarf erforderlich sein. Diese Vorhaben sind als Weiterer Bedarf mit Planungsrecht besonders gekennzeichnet (WB*)“ (vgl. BT-Drs. 15/1657, Seite 21).

75

Die Argumente des Klägers, mit denen er die aus der gesetzlichen Bedarfsfeststellung folgende Planrechtfertigung in Frage stellen will, sind sämtlich nicht stichhaltig.

76

Zunächst kann der Auffassung des Klägers nicht gefolgt werden, dass die Einstufung in die Kategorie WB* eine „graduelle Minderwertigkeit“ der gesetzlichen Bedarfsfeststellung bedeute, etwa mit der Folge, dass diese Einstufung nur zu Vorplanungen, aber nicht zur verbindlichen Schaffung von Baurecht ermächtige. Dagegen spricht bereits, dass § 1 Abs. 2 FStrAbG nicht zwischen den Stufen der Bedarfsfeststellung differenziert, sondern für alle in den Bedarfsplan aufgenommenen Bau- und Ausbauvorhaben die Entsprechung mit den Zielvorstellungen des § 1 Abs. 1 FStrG konstatiert (§ 1 Abs. 2 Satz 1 FStrAbG) und darüber hinaus die Feststellung des Bedarfs generell als für die Linienbestimmung und Planfeststellung verbindlich erklärt (§ 1 Abs. 2 Satz 2 FStrAbG). Hieraus folgt, dass die Feststellung als „Vorhaben des Weiteren Bedarfs“ in gleicher Weise verbindlich ist wie jede andere Bedarfsfeststellung (so auch BayVGH, Urteil vom 19. Juli 2006 - 8 A 06.40015 -, juris, Rn. 43 f und Beschluss vom 13. Juli 2009 –8 CS 09.1388 –, juris, Rn. 15). Darüber hinaus folgt aus der zitierten Begründung des Gesetzentwurfs, dass den als WB* gekennzeichneten Vorhaben gegenüber den nur als WB eingestuften Vorhaben – für die aber immerhin auch die „gesamtwirtschaftliche Vorteilhaftigkeit“ als „nachgewiesen“ angesehen wird – insoweit ein Vorrang zukommt, als sie „aufgrund ihrer netzkonzeptionellen Bedeutung“ oder wegen ihres „Zusammenhangs mit benachbarten Projekten des vordringlichen Bedarfs … aufgenommen bzw. weiterbetrieben“ werden dürfen (vgl. BT-Drs. 15/1657, a.a.O.). Wie die Bundesregierung hierzu in ihrer Gegenäußerung zur Stellungnahme des Bundesrates klargestellt hat, bedeutet dies, dass bei den Maßnahmen des WB* den Ländern die Möglichkeit eingeräumt ist, „die Projektplanung bis zur Erlangung des Baurechts zu betreiben“ (vgl. BT-Drs. 15/1803, Seite 2). Dies kann aus dem Zusammenhang nur so verstanden werden, dass das Planfeststellungsverfahren vollständig zum Zwecke der Erlangung von Baurecht durchzuführen ist. Eine unzulässige „Vorratsplanung“ kann darin nicht gesehen werden. Letztlich führt jede Planfeststellung - auch bei Vorhaben des Vordringlichen Bedarfs - in gewisser Weise zu einer Schaffung von Baurecht „auf Vorrat“, da das Gebrauchmachen von dem geschaffenen Baurecht durch den Vorhabenträger sich aus vielfältigen Gründen noch verzögern kann. Dem hat der Gesetzgeber dadurch Rechnung getragen, dass er dem Vorhabenträger nach § 17c Nr. 1 FStrG eine Frist von 10 Jahren nach Eintritt der Unanfechtbarkeit des Planfeststellungsbeschlusses für den Beginn der Ausführungen des Plans einräumt, die auf Antrag noch um bis zu 5 Jahre verlängert werden kann, ohne dabei zwischen Vorhaben des Vordringlichen und solchen des Weiteren Bedarfs zu differenzieren. Ein Unterschied besteht allerdings insofern, als § 17e Abs. 2 FStrG die aufschiebende Wirkung von Anfechtungsklagen nur bei Vorhaben des Vordringlichen Bedarfs entfallen lässt. Doch wird dadurch zugleich bestätigt, dass auch die Vorhaben des Weiteren Bedarfs planfeststellungsfähig sind und diese auch bei ihnen zur Schaffung von vollziehbarem Baurecht führt.

77

Anders, als der Kläger dies zu unternehmen versucht, kann die gesetzliche Bedarfsfeststellung auch durch die Geltendmachung von Mängeln der für die konkrete Planung erstellten Verkehrsprognose nicht in Frage gestellt werden.

78

Wie das Bundesverwaltungsgericht in jüngster Zeit mehrfach entschieden hat, ist das Vorbringen, die der Planfeststellung zugrunde gelegte Verkehrsprognose sei methodisch fehlerhaft und die prognostizierten Verkehrszahlen seien unrealistisch, schon grundsätzlich nicht geeignet, die Grundlagen der gesetzlichen Bedarfsfeststellung und -überprüfung in Frage zu stellen (vgl. BVerwG, Urteil vom 3. Mai 2013, a.a.O., Rn. 22 ff. sowie Urteil vom 8. Januar 2014, a.a.O., Rn. 35 f). Da die gesetzliche Bedarfsfeststellung durch die Prognose künftiger Verkehrsströme beeinflusst wird, zielt die in § 1 Abs. 2 FStrAbG angeordnete Bindungswirkung darauf ab, dass straßenrechtlichen Planfeststellungsverfahren und damit ebenso einen anschließenden Verwaltungsprozess von einem Gutachterstreit über die „richtigere“ Verkehrsprognose zu entlasten. Dieser Zweck des § 1 Abs. 2 FStrAbG schließt es somit aus, den Abwägungsvorgang, den der Gesetzgeber auf dieser Stufe vollzogen hat, unter dem Blickwinkel fachlich zu überprüfen, ob eine Verkehrsprognose vorzugwürdig sein könnte; entscheidend ist vielmehr allein, ob das Ergebnis der Normsetzung den anzulegenden verfassungsrechtlichen Maßstäben genügt (vgl. BVerwG, Urteil vom 3. Mai 2013, a.a.O., Rn. 24, m.w.N.).

79

Somit beschränkt sich auch vorliegend die verwaltungsgerichtliche Prüfung darauf, ob der Gesetzgeber bei der normativen Bedarfsfeststellung die Grenzen des ihm zustehenden Ermessens überschritten hat. Dies setzt nach ständiger Rechtsprechung voraus, dass die Bedarfsfeststellung evident unsachlich ist, weil es für die Aufnahme des Vorhabens in den Bedarfsplan im Hinblick auf die bestehende oder künftig zu erwartende Verkehrsbelastung eines zu entwickelnden Raumes an jeglicher Notwendigkeit fehlt oder sich die Verhältnisse der Bedarfsentscheidung des Gesetzgebers so grundlegend gewandelt haben, dass das angestrebte Planungsziel unter keinen Umständen auch nur annähernd erreicht werden kann (vgl. z. B. BVerwG, Urteil vom 8. Januar 2014, a.a.O., Rn. 34, m.w.N.). Davon kann vorliegend keine Rede sein.

80

Vielmehr sind die vom Kläger zur Gerichtsakte gereichten Stellungnahmen von R., mit denen methodische Mängel der projektbezogenen Verkehrsprognose von M. gerügt werden, nicht geeignet, die gesetzliche Bedarfsfeststellung in Zweifel zu ziehen. Zum einen würden die behaupteten Mängel der projektbezogenen Prognose – ihr Vorliegen unterstellt – schon keine Rückschlüsse auf die den Bedarfsplan und dessen Überprüfung zugrunde liegenden Verkehrsprognosen zulassen. Denn der Bundesverkehrswegeplanung und der gesetzlichen Bedarfsfeststellung 2004 lag eine Prognose der bundesweiten Verkehrsverflechtungen bezogen auf das Jahr 2015 zugrunde, deren Kernstück deutschlandweite räumliche Verflechtungsmatrizen in Personen- und Güterverkehr bilden (vgl. BVerwG, Urteil vom 3. Mai 2013, a.a.O., Rn. 23, m.w.N.). Diese Prognose über die zukünftige Verkehrsentwicklung ist gemäß dem in § 4 Satz 1 FStrAbG enthaltenen Prüfauftrag im Jahre 2010 durch das Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Stadtentwicklung überprüft worden. Die Überprüfung ist auf der Grundlage eines Vergleichs der bei der Aufstellung des Bedarfsplans 2004 herangezogenen bundesweiten Verkehrsprognose 2015 mit der insbesondere die demografischen Leitdaten berücksichtigenden bundesweiten Verkehrsprognose 2025 auf der Ebene des Bundes, der Bundesländer und von Teilregionen zu dem Ergebnis gelangt, dass die seinerzeit festgestellten Bedarfseinstufungen für die Bundesfernstraßen auch bei Ansatz der aktuellen Verkehrsentwicklung gelten (vgl. auch dazu BVerwG, Urteil vom 3. Mai 2013, a.a.O., Rn. 23). Demnach besteht kein Anlass für die Annahme, dass sich die seinerzeit der Bewertung zugrunde gelegten verkehrlichen Rahmenbedingungen so grundlegend geändert haben, dass der Projektbedarf grundsätzlich in Frage gestellt werden müsste.

81

Zum anderen weist der Beklagte zutreffend darauf hin, dass es auch nach den Stellungnahmen von R. keineswegs an jeglichem Bedarf für einen vierstreifigen Ausbau des in Rede stehenden Planungsabschnitts fehlt. Im Gegenteil: Auch in den Stellungnahmen von R. wird von einer aktuellen Verkehrsbelastung im Jahre 2009 auf der B 10 im Bereich von Godramstein in Höhe von rund 29.000 Kraftfahrzeugen/24 Stunden ausgegangen, was in etwa der von M. für den Analyse-Null-Fall des Jahres 2004 ermittelten aktuellen Verkehrsbelastung im Streckenabschnitt zwischen Birkweiler und der A 65 entspricht und auch nur unwesentlich unter dem inzwischen von M. für das Jahr 2013 festgestellten Verkehrsaufkommen in diesem Bereich liegt. Damit übersteigt die aktuelle Verkehrsbelastung die für den gegenwärtigen Ausbauquerschnitt RQ 15,5 nach den „Richtlinien für die Anlage von Straßen – Teil: Querschnitt“ (RAS-Q) maßgebliche Obergrenze der Verkehrsstärke von ca. 23.000 Kfz/24 h bereits derzeit ganz erheblich, weshalb es nach den grundsätzlich unbestrittenen Angaben im Planfeststellungsbeschluss (S. 93) schon in der heutigen Situation besonders in den Spitzenzeiten zu Kolonnenbildungen in den nicht für Überholvorgänge freigegebenen Fahrtrichtungen, teilweise auch zu Staubildungen kommt; der hierdurch erzeugte Überholdruck verleitet zudem zu einem risikoreicheren Fahren in den für Überholvorgänge freigegebenen Streckenabschnitten, mit entsprechend erhöhter Unfallgefahr. Zudem geht R. nicht etwa von einem deutlichen Rückgang der Verkehrsbelastung bis zu einem Prognosehorizont 2020 oder 2030 aus, sondern rechnet lediglich mit einer Stagnation auf dem aktuellen Niveau. Damit würde aber bereits die – im Wesentlichen unstreitige – aktuelle Verkehrsbelastung im Bereich des planfestgestellten Abschnitts nach den einschlägigen Regelwerken für die Anlage von Bundesfernstraßen einen vierstreifigen Ausbau rechtfertigen, und zwar nach den seit dem Jahre 2008 angewendeten „Richtlinien für die Anlage von Autobahnen (RAA)“, die auch Regelquerschnitte für autobahnähnliche Straßen (sog. Entwurfsklasse 2) umfassen, zumindest mit einem Regelquerschnitt RQ 28 (Gesamtbreite 28 m) für autobahnähnliche Straßen mit einer Kapazität von bis zu 30.000 Fahrzeugen pro Tag. Demgegenüber soll vorliegend der vierstreifige Ausbau zwischen der A 65 und Godramstein aufgrund örtlicher Gegebenheiten sogar nur mit einem Sonderquerschnitt SQ 26 (Gesamtbreite 26 m; gegenüber dem Regelquerschnitt RQ 26 schmalerer Mittelstreifen, aber breiterer Randstreifen, vgl. dazu im Einzelnen Seite 105 ff. des Planfeststellungsbeschlusses) erfolgen. Wenn aber bereits die aktuelle Verkehrsbelastung nach den anerkannten Regelwerken einen vierstreifigen Ausbau – sogar mit einem größeren Regelquerschnitt – rechtfertigt und selbst nach den vom Kläger für richtig erachteten Verkehrsprognosen nicht mit einem wesentlichen Rückgang der Verkehrsbelastung, sondern zumindest mit einer Stagnation zu rechnen ist, kann keine Rede davon sein, dass es im Hinblick auf die bestehende oder künftig zu erwartende Verkehrsbelastung für die Aufnahme des Vorhabens in den Bedarfsplan an jeglicher Notwendigkeit fehlen könnte oder das angestrebte Planungsziel infolge einer grundlegenden Wandlung der Verhältnisse seit der Bedarfsfeststellung des Gesetzgebers unter keinen Umständen mehr auch nur annähernd erreichbar erscheint (vgl. zu diesen Maßstäben auch insoweit BVerwG, Urteil vom 3. Mai 2013, a.a.O., Rn. 21 ff.).

82

Es kann schließlich auch nicht festgestellt werden, dass dem Vorhaben die Planrechtfertigung deshalb fehlt, weil die Finanzierbarkeit des planfestgestellten Ausbaus der B 10 im Abschnitt zwischen der A 65 und Godramstein ausgeschlossen erscheint.

83

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts fehlt einem Vorhaben die Planrechtfertigung auch dann, wenn es wegen mangelnder Finanzierbarkeit objektiv nicht realisierungsfähig ist und sich daher als unzulässige „verfrühte Planung“ erweist (vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Mai 1999 – 4 A 12/98 –, UPR 1999, 355 und juris, Rn. 44 f; Urteil vom 15. Januar 2004 – 4 A 11/02 –, BVerwGE 120, 1 und juris, Rn. 24; Beschluss vom 21. März 2006 – 9 B 18/05 –, juris, Rn. 2 f sowie Beschluss vom 28. Dezember 2009 – 9 B 26/09 –, NuR 2010, 191 und juris, Rn. 4, m.w.N.). Dies bedeutet sogleich, dass die Planrechtfertigung nur dann zu verneinen ist, wenn die Finanzierbarkeit eines Vorhabens innerhalb eines überschaubaren Zeitrahmens (nach dem früheren § 17 Abs. 7 FStrG 10 Jahre, nach dem jetzigen § 17c Nr. 1 FStrG einschließlich der Verlängerungsmöglichkeit maximal 15 Jahre) ausgeschlossen erscheint.

84

Dafür, dass vorliegend die Finanzierbarkeit des vierstreifigen Ausbaus der B 10 im planfestgestellten Abschnitt innerhalb eines Zeithorizonts, der mindestens 10, eventuell sogar 15 Jahre, gerechnet ab dem Zeitpunkt des Erlasses des Planfeststellungsbeschlusses (hier also ab dem 22. September 2010, also mindestens bis September 2020), beträgt, ausgeschlossen erscheint, bestehen keine zureichenden Anhaltspunkte. Insbesondere ergeben sich dafür aus den vom Kläger ins Feld geführten Äußerungen der Bundesregierung in der Bundestagsdrucksache 17/2792 vom 24. August 2008 keine entscheidenden Gesichtspunkte, da dort lediglich ausgeführt wird, dass in der Vergangenheit keine Finanzmittel in Straßenbauprojekte des Weiteren Bedarfs geflossen seien. Demgegenüber verweist der Beklagte überzeugend darauf, dass für das konkret angefochtene Planungsvorhaben sowohl das Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Stadtentwicklung als auch das rheinland-pfälzische Verkehrsministerium gegenüber dem Landesbetrieb Mobilität (LBM) erklärt haben, dass bei Vorliegen endgültigen Baurechts die Finanzierung der hier planfestgestellten Maßnahme des Weiteren Bedarfs mit Planungsrecht (WG*) – ggf. auch gegen Austausch mit einer anderen Maßnahme des Vordringlichen Bedarfs im Gebiet von Rheinland-Pfalz – sichergestellt werden soll. Für die Annahme, dass damit die Finanzierbarkeit des Vorhabens jedenfalls nicht ausgeschlossen erscheint, reicht dies aus.

85

b. Das planfestgestellte Vorhaben steht auch mit den zwingenden Vorschriften des europäischen und nationalen Naturschutzrechts im Einklang.

86

Das Vorhaben führt nicht zu erheblichen Beeinträchtigungen der Erhaltungsziele oder des Schutzzwecks des FFH-Gebiets „Biosphärenreservat Pfälzerwald“; zumindest liegen die Voraussetzungen für eine Abweichungszulassung vor (aa.). Darüber hinaus sind keine Verstöße gegen Vorschriften des besonderen Artenschutzrechts gegeben (bb.). Es kann schließlich auch nicht festgestellt werden, dass die vorgesehene Kompensation vorhabenbedingter Eingriffe in Natur und Landschaft Defizite aufweist (cc.).

87

aa. Dem Planfeststellungsbeschluss kann zunächst nicht mit Erfolg entgegengehalten werden, das Vorhaben führe zu erheblichen Beeinträchtigungen des FFH-Gebiets „Biosphärenreservat Pfälzerwald“, ohne dass die Voraussetzungen für eine Abweichungszulassung gegeben wären, und verstoße deshalb gegen § 34 BNatSchG.

88

Entgegen der Ansicht des Klägers kann bereits keine erhebliche Beeinträchtigung der Erhaltungsziele oder des Schutzzwecks des FFH-Gebiets 6812 – 301 „Biosphärenreservat Pfälzerwald“ festgestellt werden. Nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BNatSchG sind Projekte vor ihrer Zulassung oder Durchführung auf ihre Verträglichkeit mit den Erhaltungszielen eines Natura 2000-Gebiets zu überprüfen, wenn sie einzeln oder im Zusammenwirken mit anderen Projekten oder Plänen geeignet sind, dass Gebiet erheblich zu beeinträchtigen, und nicht unmittelbar der Verwaltung des Gebiets dienen. Ergibt die Prüfung der Verträglichkeit, dass das Projekt zu erheblichen Beeinträchtigungen des Gebiets in seinen für die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck maßgeblichen Bestandteilen führen kann, ist es gemäß § 34 Abs. 2 BNatSchG unzulässig.

89

Vorliegend bedurfte das planfestgestellte Vorhaben der Durchführung einer Verträglichkeitsprüfung i.S.v. § 34 Abs. 1 Satz 1 BNatSchG. Denn die B 10 quert in dem vom angefochtenen Planfeststellungsbeschluss umfassten Abschnitt zwischen Bau-Km ca. 0 + 400 und Bau-Km ca. 0 + 830 die Niederung des Flusses Queich mittels eines Brückenbauwerks, das im Zuge der geplanten Erweiterung um einen weiteren Fahrstreifen für die Richtungsfahrbahn Pirmasens – Landau um ein neu zu errichtendes Brückenbauwerk in einem Abstand von bis zu etwa 10 m zum vorhandenen Brückenbauwerk ergänzt werden soll. Bei der Queichniederung handelt es sich um einen aus dem eigentlichen Kerngebiet des FFH-Gebiets 6812 – 301 herausragenden, östlichen Ausläufer am äußersten Rand des Schutzgebiets. Das FFH-Gebiet hat hier eine durchschnittliche Breitenausdehnung von ca. 300 bis 500 m (vgl. die Darstellung in der in den Planunterlagen befindlichen FFH-Verträglichkeitsprüfung, Planordner 1, Anlage 12.4, S. 6 ff.). Wie sich aus der Darstellung der „Wirkfaktoren“ in der FFH-Verträglichkeitsprüfung (a.a.O., S. 19) ergibt, sind mit dem Vorhaben bau- und anlagebedingte Eingriffe sowie betriebsbedingte Wirkfaktoren verbunden, die sich auf die Erhaltungsziele und die für sie maßgeblichen Gebietsbestandsteile auswirken können.

90

Die deshalb im Zuge des Planfeststellungsverfahren durchgeführte FFH-Verträglichkeitsprüfung gelangte jedoch zu dem Ergebnis, dass eine erhebliche Beeinträchtigung des FFH-Gebiets in seinen für die Erhaltungsziele und den Schutzzweck maßgeblichen Bestandteilen bei Berücksichtigung im Einzelnen benannter Maßnahmen zur Schadensbegrenzung ausgeschlossen werden könne; dieser Einschätzung hat sich der Planfeststellungsbeschluss (S. 153 ff.) angeschlossen.

91

In der Klagebegründung hat der Kläger – wie zuvor im Kern bereits in seinem Einwendungsschreiben vom 15. Mai 2007, weshalb eine Präklusion seines Vorbringens in Bezug auf das FFH-Gebietsschutzrecht nicht in Betracht kommt – das Ergebnis der FFH-Verträglichkeitsprüfung unter folgenden Gesichtspunkten angegriffen: Die FFH-Verträglichkeitsprüfung unterliege einer Fehleinschätzung bezüglich eines Vorkommens des prioritären Lebensraumtyps (LRT) 91E0* im Eingriffsraum des Vorhabens; eine vorhabenbedingte erhebliche Beeinträchtigung potentieller Lebensräume von erhaltungszielbestimmenden Schmetterlingsarten sei nicht berücksichtigt worden; es habe einer übergreifenden „Dach-FFH-Verträglichkeitsprüfung“ unter Berücksichtigung der Gesamtstrecke Pirmasens – Landau bedurft; die aus seiner Sicht danach erforderliche Ausnahmeprüfung nach § 34 Abs. 3 BNatSchG genüge nicht den strengen Anforderungen.

92

Der Auffassung des Klägers kann indessen unter keinen der angeführten Gesichtspunkte gefolgt werden. Das Ergebnis der FFH-Verträglichkeitsprüfung ist vielmehr rechtlich nicht zu beanstanden.

93

Klarstellend ist zunächst darauf hinzuweisen, dass der Umstand, dass das geplante Vorhaben mit einer zusätzlichen Flächeninanspruchnahme in der Bachaue und deren Umfeld verbunden ist (vgl. dazu die FFH-Verträglichkeitsprüfung, a.a.O., S. 29), für sich gesehen noch keine erhebliche Beeinträchtigung des FFH-Gebiets in seinen Erhaltungszielen oder seinem Schutzzweck begründet. Wie sich aus § 34 Abs. 2 BNatSchG ergibt, ist nicht jede Inanspruchnahme von Flächen, die zu einem FFH-Gebiet gehören, zwangsläufig als erhebliche Beeinträchtigung des Gebiets zu werten; es kommt vielmehr darauf an, ob das Projekt zu erheblichen Beeinträchtigungen des Gebiets in seinen für die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck maßgeblichen Bestandteilen führen kann. Dementsprechend stellt das Bundesverwaltungsgericht in seiner Rechtsprechung bei baubedingten Flächenverlusten darauf ab, ob sie mit unmittelbaren oder mittelbaren Einwirkungen auf erhaltungszielbestimmende Lebensraumtypen verbunden sind; dabei ist grundsätzlich jeder vorhabenbedingte Verlust von Flächen eines Lebensraumtyps der Anlage I der Habitatrichtlinie als erheblich zu werten, es sei denn, er hätte lediglich Bagatellcharakter (vgl. z.B. BVerwG, Urteil vom 13. Mai 2009 – 9 A 73.07 –, NuR 2009, 711 und juris, Rn. 49, unter Hinweis auf BVerwG, Urteil vom 12. März 2008 – 9 A 9.06 –, BVerwGE 130, 299 und juris, Rn. 124 ff.). Daraus folgt, dass vorhabenbedingte Flächenverluste dann in der Regel keine erhebliche Beeinträchtigung des Gebiets in seinen für die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck maßgeblichen Bestandteilen darstellen, wenn es sich nicht um unmittelbare Verluste von Flächen eines erhaltungszielbestimmenden Lebensraumtyps handelt und sich sonstige Flächenverluste auch nicht mittelbar nachteilig auf Vorkommen eines erhaltungszielbestimmenden Lebensraumtyps auswirken können.

94

Für eine unmittelbare oder mittelbare Beeinträchtigung von Flächen eines erhaltungszielbestimmenden Lebensraumtyps durch das Vorhaben ist indessen vorliegend nichts ersichtlich.

95

Soweit der Kläger in der Klagebegründung vom 31. Januar 2011 noch vorgetragen hat, im Eingriffsbereich des Vorhabens gebe es – entgegen der Annahme in der FFH-Verträglichkeitsprüfung – größere Bestände des erhaltungszielbestimmenden Lebensraumtyps 91E0*, in die durch die Brückenanlage mit einem Flächenbedarf von weit mehr als 1 ha eingegriffen werde, kann dem nicht gefolgt werden. Zum Beleg seiner Behauptungen hatte der Kläger auf Angaben zu drei Biotopen im Landschaftsinformationssystem der Naturschutzverwaltung Rheinland-Pfalz, auf Datenblätter zur Biotopkartierung sowie auf eine sog. HPNV-Kartierung verwiesen. Da es sich bei dem LRT 91E0* (Weichholzauen) um einen prioritären Lebensraumtyp handelt, hätte eine vorhabenbedingte Beeinträchtigung von Vorkommen dieses Lebensraumtyps zur Folge, dass die besonderen Anforderungen des § 34 Abs. 4 BNatSchG an eine Abweichungszulassung (ggf. Einholung einer Stellungnahme der Europäischen Kommission) vorliegen müssten.

96

Die Behauptung des Klägers ist indessen als widerlegt anzusehen. Bereits die in den Planunterlagen befindliche FFH-Verträglichkeitsprüfung hatte sich mit der Frage des Vorkommens des LRT 91E0* im Einwirkungsbereich des Vorhabens befasst und ein Vorkommen von Beständen dieses Lebensraumtyps eindeutig ausgeschlossen; dabei wurde maßgeblich darauf abgestellt, dass es sich bei den im Plangebiet anzutreffenden Gehölzstrukturen nur um schmale Ufergehölzsäume handele (vgl. FFH-Verträglichkeitsprüfung, a.a.O., S. 12). Aufgrund des Vorbringens des Klägers in seinem Einwendungsschreiben, ein Teil der anlagebedingt beeinträchtigten Gehölzbestände sei doch dem prioritären LRT 91E0* zuzuordnen, hatte sich der Beklagte veranlasst besehen, im Frühjahr 2010 eine Nachprüfung in Form einer nochmaligen Begehung und Augenscheineinnahme durch den Dipl.-Biologen H. vom Büro S. durchführen zu lassen, bei der ebenfalls keine Hinweise auf das Vorhandensein von diesem Lebensraumtyp zuzuordnen Vegetationsbeständen festgestellt wurden (vgl. die Stellungnahme des Dipl.-Biologen H. zu den naturschutzfachlichen Einwendungen des Klägers vom 7. Juni 2010, Ordner „Gutachten und ergänzende Stellungnahmen“, Nr. 6, S. 40 f.); dabei wurde ergänzend ausgeführt, dass es sich nur um ein- bis zweireihige Ufergehölze ohne Auwaldcharakter und unterhalb der Mindestgröße von 2.500 m² handele, die dem relevanten Biotoptyp nicht zuzuordnen seien.

97

In Reaktion auf das Vorbringen in der Klagebegründung hat der Beklagte schließlich eine weitere fachliche Stellungnahme des Dipl.-Biologen H. vom 6. April 2011 vorgelegt (Anlage 7 zum Schriftsatz des Beklagten vom 3. Juni 2011). Darin wird im Einzelnen begründet, weshalb die vom Kläger herangezogenen Biotopkartierungen usw. gerade keinen Rückschluss auf das Vorhandensein von Beständen des LRT 91E0* zulassen und weshalb die Kriterien hierfür von den festgestellten Vegetationsstrukturen nicht erfüllt werden. Diesen ergänzenden Feststellungen ist der Kläger im weiteren Verlauf des gerichtlichen Verfahrens nicht mehr entgegengetreten; er ist vielmehr namentlich in seinen Schriftsätzen vom 31. Oktober 2014 und vom 30. März 2015 sowie auch in der mündlichen Verhandlung des Senats auf das Thema nicht mehr weiter eingegangen, so dass schon fraglich erscheint, ob er seine Behauptungen zum Vorkommen der LRT 91E0* nach Vorlage der Stellungnahme vom 6. April 2011 noch aufrechterhalten will. Jedenfalls ist aus Sicht des Senats eine Betroffenheit eines Vorkommens dieses Lebensraumtyps im Einwirkungsbereich des Vorhabens durch den Beklagten nachvollziehbar und schlüssig, unter Berücksichtigung der besten verfügbaren wissenschaftlichen Erkenntnisse ausgeschlossen worden, ohne dass der Kläger den Feststellungen des Dipl.-Biologen H. konkrete eigene abweichende Erkenntnisse entgegenzusetzen vermocht hat. Namentlich stehen die Feststellungen des Dipl.-Biologen H., dass die im Einwirkungsbereich des Vorhabens anzutreffenden Vegetationsstrukturen mangels einer intakten Überflutungsaue, wegen des nur lückigen Charakters der in Frage kommenden Gehölzbestände, bei denen die Lücken stellenweise größer als eine Baumlänge sind, sowie mangels eines für diesen Lebensraumtyp charakteristischen Artenspektrums der Krautschicht nicht dem LRT 91E0* entsprechen, im Einklang mit den im Datenblatt zum Lebensraumtyp 91E0* des Bundesamtes für Naturschutz formulierten Anforderungen an die Feststellung von Vorkommen dieses Lebensraumtyps (vgl. die Internetseite des Bundesamtes für Naturschutz, www.bfn.de/0316typ91e0.html). Denn danach sind insbesondere lückige, fragmentierte Bestände, bei denen die Lücken zwischen den einzelnen Bäumen größer als die Baumhöhe sind, als Baumreihen zu werten und nicht als Bestände des LRT 91E0* zu erfassen.

98

Anders, als der Kläger meint, führt das planfestgestellte Vorhaben auch nicht zu erheblichen Beeinträchtigungen erhaltungszielbestimmender Schmetterlingsarten.

99

Nachdem er bereits im Einwendungsschreiben eine definitive Zerstörung von Lebensräumen der Schmetterlingsarten „Großer Feuerfalter“ (Lycaena Dispar) und „Dunkler Wiesenknopf-Ameisenbläuling“ (Maculinea Nausithous) durch das Vorhaben geltend gemacht hatte, hat der Kläger im gerichtlichen Verfahren im Wesentlichen vorgebracht, das Vorhaben führe zur erheblichen Beeinträchtigung von (jedenfalls potentiellen) Lebensräumen der Schmetterlingsarten „Großer Feuerfalter“ und „Dunkler Wiesenknopf-Ameisenbläuling“, und zwar durch die Verstärkung bereits bestehender Zerschneidungs- und Barrierewirkungen des Brückenbauwerks infolge seiner Erweiterung um eine zweite Brücke, was aufgrund der bereits angespannten Situation der beiden Arten im Gebiet zu einer gravierenden Verschlechterung ihres Erhaltungszustandes und damit zu einer erheblichen Beeinträchtigung des Gebiets in seinen Erhaltungszielen führen werde. Zwar hat der Kläger eingeräumt, dass im unmittelbaren Trassenbereich, soweit dieser das FFH-Gebiet quert, kein geeigneter Lebensraum für die beiden Falterarten vorhanden sei; doch gebe es im Queichtal sowohl nördlich als auch südlich der B 10 Flächen, die für beide Arten geeignet seien und auf deren Verfügbarkeit bzw. Erreichbarkeit es für die Überlebensfähigkeit der Metapopulationen der beiden Arten ankomme. Darüber hinaus sei die Brücken- oder Trittsteinfunktion der betroffenen FFH-Gebietsteile für den großräumigen Zugang von der Rheinebene zum Pfälzer Wald zu beachten, weshalb sich deren Beeinträchtigung durch das Vorhaben auf das Ökoverbundsystem „Natura 2000“ insgesamt auswirke und deshalb im Rahmen der Ausnahmeprüfung nach § 34 Abs. 3 BNatSchG hohe Anforderungen zu stellen seien.

100

Der Planfeststellungsbeschluss hat sich in Auseinandersetzung mit dem entsprechenden Einwendungsvorbringen des Klägers mit den beiden Schmetterlingsarten befasst und unter Bezugnahme auf die der FFH-Verträglichkeitsprüfung zugrunde gelegten faunistischen Erhebungen sowie den „Fachbeitrag Artenschutz“ ausgeführt, dass es für Lebensräume der Art „Großer Feuerfalter“ keine Nachweise und für geeignete Habitate des Dunklen Wiesenknopf-Ameisenbläulings nur Nachweise außerhalb des Wirkbereichs der B 10 gebe, was auch durch aktuelle Überprüfungen im April 2010 bestätigt worden sei; höchst vorsorglich wurde für beide Arten in Kapitel A VI des Planfeststellungsbeschlusses eine Ausnahmegenehmigung nach § 45 Abs. 7 BNatSchG erteilt; zudem – so wird weiter ausgeführt – würden beide Arten auch von der (vorsorglichen) Ausnahmezulassung nach § 34 Abs. 3 BNatSchG erfasst.

101

Im gerichtlichen Verfahren hat der Beklagte eine weitere Stellungnahme des Dipl.-Biologen H. vom 6. April 2011 vorgelegt (Anlage 7 zum Schriftsatz des Beklagten vom 3. Juni 2011). Danach hat eine weitere Überprüfung vor Ort ergeben, dass weiterhin keine Lebensraumpotentiale für die Arten Heller Wiesenknopf-Ameisenbläuling und Großer Feuerfalter im Wirkraum des Vorhabens vorhanden seien und der Dunkle Wiesenknopf-Ameisenbläuling im Bereich des Queichtals zwar vereinzelt nachgewiesen sei; doch seien die nächsten Fundorte nördlich der B 10 weit außerhalb des Wirkraums gelegen und insbesondere seien die für die Falterart bedeutsamen Vorkommen der Hauptfutterpflanze im Eingriffsbereich nicht vorhanden. In einer weiteren Stellungnahme vom 26. Januar 2015, die als Anlage 8 zum Schriftsatz des Beklagten vom 18. Februar 2015 zu den Gerichtsakten gereicht wurde, hat der Dipl.-Biologe H. zur Frage von erheblichen Beeinträchtigungen der beiden erhaltungszielbestimmenden Falterarten die vorliegenden Erkenntnisse wie folgt zusammengefasst: Für die Art Dunkler Wiesenknopf-Ameisenbläuling könne zunächst eine Zerschneidung bedeutsamer Teillebensräume infolge der Verwirklichung des planfestgestellten Vorhabens ausgeschlossen werden. Es sei zwar davon auszugehen, dass jeweils nördlich und südlich der B 10 eine Teilpopulation bestehe, da die Art als sehr standorttreu gelte. Zudem seien große Flächenanteile durch Gehölzbestände abgeriegelt, was einen ständigen Austausch zwischen den Teilflächen beidseits der B 10 nicht erwarten lasse. Ein Überfliegen von größeren Gehölzen sei nur ausnahmsweise anzunehmen. Die Tiere orientierten sich an der Blütenvegetation der Krautschicht und breiteten sich über Offenlandbestände und Säume aus. Dabei seien die Lebensstätten immer eng an das Vorkommen der essenziellen Futterpflanze – Großer Wiesenknopf – gebunden. Hauptflugorte seien Saumstandorte mit Wiesenknopf, wie Grabenränder, Böschungen, Dämme oder Feuchtbrachen sowie in Randbereichen von Mähwiesen. Die Hauptgefährdung der lokalen Population im Talraum der Queich bestehe in der fehlenden Nutzung oder einer ungünstigen Nutzung von Grünland. Zudem seien viele Standorte zwischenzeitlich von Neophyten dominiert. Grundsätzlich sei aber ein Austausch zwischen den beiden Teilräumen denkbar, da für die Art häufige Flugdistanzen von 1 bis 3 km bestätigt worden seien. Für das Projektgebiet sei dabei ein möglicher Austausch insbesondere durch den breiten Korridor mit Staudenfluren entlang der Bahnlinie zu vermuten. Ein zweiter Korridor bestehe potentiell entlang des Queichtalweges, allerdings fehlten hierzu aktuell geeignete Flächen mit Vorkommen der Futterpflanze Großer Wiesenknopf. Mit dem geplanten Vorhaben würden diese möglichen Korridore in ihrer Funktionsfähigkeit nicht verändert: Das vorhandene Bauwerk zur Bahnüberführung bleibe unverändert erhalten. Das daneben neu mit Abstand zu errichtende Bahnbauwerk erhalte aufgrund der großen lichten Weite des vorhandenen Bauwerks in Bodennähe die gleichen Abmessungen. Das bestehende Bauwerk zur Queichquerung der B 10 bleibe ebenfalls unverändert. Das zweite Bauwerk erhalte in Bodennähe eine größere lichte Weite. Es sei daher mit hoher Wahrscheinlichkeit anzunehmen, dass bei einer möglichen Nutzung der bahnbegleitenden bzw. gewässerbegleitenden Saumstrukturen durch die Falterart eine Teilverschattung durch ein zweites Bauwerk keine Rolle spielen werde. Darüber hinaus sei für diese Art ein erhebliches Kollisionsrisiko mit signifikanten Auswirkungen auf die Population der Art nicht gegeben. Denn die Bundesstraße verbleibe wie bisher in einer Dammlage mit breiten Böschungen, die vollständig bepflanzt werden. Dieser Heckenriegel verhindere das ungewollte Einfliegen in den Straßenraum, da Einzeltiere damit zum Überfliegen gezwungen würden. Dies werde aber nach allen bisherigen Kenntnissen zur Ausbreitungsökologie der Art nur in ganz seltenen Fällen vorkommen, da der Dunkle Wiesenknopf-Ameisenbläuling stark strukturgebunden in der Krautvegetation fliege. Auch für die Art Großer Feuerfalter sei eine Zerschneidung bedeutsamer Teillebensräume auszuschließen. Für das Queichtal zwischen Landau und Annweiler sei aus mehrjährigen Studien belegt, dass der Falter nur zeitweise den Talraum besiedele. Lokales bis regionales Aussterben und anschließende Wiederbesiedelung seien mehrfach beobachtet worden, so dass auf einen großen Flächenbedarf für langfristig überlebende Vorkommen geschlossen werde. Die Art werde indessen als sehr flugfähig und mobil eingestuft; dabei sei anzunehmen, dass die Art bei einem möglichen Ausbreitungsflug in jedem Fall eine Orientierung an Blütenpflanzen der Krautschicht suche. Auch ein erhebliches Kollisionsrisiko mit signifikanten Auswirkungen auf die Population dieser Art sei nicht gegeben. Zwar sei ein Überfliegen des gehölzbestandenen Straßendammes potentiell möglich, stelle aber eher die Ausnahme dar. Die Strukturbindung an die Blütenfarben bzw. an die Nektarpflanzen führe dazu, dass auch die Ausbreitungsflüge in der überwiegenden Mehrzahl auf Höhe der Krautschicht erfolgten. Im Falle der Queichbrücke sei daher ein Unterfliegen der Brücke zu postulieren, falls dieser Korridor von der Art überhaupt beflogen werden sollte. Diese Erkenntnisse hat der Gutachter bei seiner ergänzenden Anhörung in der mündlichen Verhandlung anhand zur Gerichtsakte gereichter Karten und Luftbilder nochmals erläutert.

102

Danach teilt der Senat die Auffassung des Beklagten, dass nach Abschluss der Verträglichkeitsprüfung und mehrfacher Überprüfung ihres Ergebnisses durch aktualisierende Begutachtungen kein vernünftiger Zweifel verbleibt, dass erhebliche Beeinträchtigungen des FFH-Gebiets im Hinblick auf die genannten erhaltungszielbestimmenden Schmetterlingsarten ausgeschlossen erscheinen.

103

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sind Maßstab für die Erheblichkeit von Gebietsbeeinträchtigungen i.S.v. § 34 Abs. 2 BNatSchG die für das Gebiet maßgeblichen Erhaltungsziele, also die Festlegungen zur Erhaltung oder Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands der in dem FFH-Gebiet vorkommenden Lebensräume und Arten nach den Anhängen I und II der Habitat-Richtlinie (vgl. z.B. BVerwG, Beschluss vom 10. November 2009 – 9 B 28.09 –, DVBl. 2010, 176 und juris, Rn. 3, m.w.N.). Danach waren hier mögliche Auswirkungen des Vorhabens auf den Erhaltungszustand der drei Schmetterlingsarten „Großer Feuerfalter“, „Dunkler Wiesenknopf-Ameisenbläuling“ und „Großer Mohrbläuling“ (= Heller Wiesenknopf-Ameisenbläuling) im Rahmen der FFH-Verträglichkeitsprüfung zu prüfen, da alle drei Arten in der Anlage I zu § 25 Abs. 2 des Landesnaturschutzgesetzes als maßgebliche Gebietsbestandteile benannt sind und darüber hinaus in der Landesverordnung über die Erhaltungsziele in den Natura 2000-Gebieten (GVBl. 2009, S. 4, 17) als eines der Erhaltungsziele für das FFH-Gebiet „Biosphärenreservat Pfälzerwald“ auch folgendes Ziel benannt wird: „Erhaltung oder Wiederherstellung von nicht intensiv genutzten Mähwiesensystemen, u.a. mit Pfeifengraswiesen und Borstgrasrasen, auch als Lebensräume für Schmetterlinge (insbesondere Maculinea ssp. und Lychaena dispar).“ Zu den Anforderungen an die ordnungsgemäße Durchführung einer FFH-Verträglichkeitsprüfung hat das Bundesverwaltungsgericht in ebenfalls ständiger Rechtsprechung insbesondere ausgeführt: Die Verträglichkeitsprüfung erfordere eine Einzelfallbeurteilung, bei der in einem ersten Schritt eine sorgfältige Bestandserfassung und –bewertung der von dem Projekt betroffenen maßgeblichen Gebietsbestandteile zu erfolgen habe; sodann seien die Einwirkungen zu ermitteln und naturschutzfachlich zu bewerten; ein Projekt ist danach zulässig, wenn nach Abschluss der Verträglichkeitsprüfung kein vernünftiger Zweifel verbleibt, dass erhebliche Beeinträchtigungen vermieden werden; dies setzt die Ausschöpfung aller einschlägigen wissenschaftlichen Mittel und Quellen voraus, wobei es zulässig ist, mit Prognosewahrscheinlichkeiten und Schätzungen zu arbeiten, soweit auch bei Ausschöpfung der einschlägigen Erkenntnismittel nicht ausräumbare Unsicherheiten über Wirkungszusammenhänge verbleiben, sofern dies kenntlich gemacht und begründet wird; dabei können auch Schutz- und Kompensationsmaßnahmen zugunsten des Projekts berücksichtigt werden, sofern sie sicherstellen, dass erhebliche Beeinträchtigungen verhindert werden (vgl. zum Ganzen z.B. BVerwG, Urteil vom 12. März 2008, a.a.O., Rn. 68 und 94).

104

Diesen Anforderungen ist vorliegend in Bezug auf die erhaltungszielbestimmenden Schmetterlingsarten in vollem Umfang Rechnung getragen worden. Wie zuletzt in der ergänzenden fachlichen Beurteilung des Gutachters H. vom 25. Januar 2015 aufgrund abermaliger Begehung und Überprüfung der Vegetationsstrukturen unter gleichzeitiger Auswertung der einschlägigen Fachliteratur überzeugend zusammengefasst wurde, gibt es zum einen keine Nachweise für Populationen des Großen Feuerfalters in den Talwiesen zwischen Godramstein und Landau, sondern nur eine Vermutung für das Einfliegen von Einzelexemplaren aus benachbarten Populationen, die aufgrund ihrer Mobilität aber auch größere Entfernungen mit Hindernissen überwinden können. Demgegenüber muss der Helle Wiesenknopf-Ameisenbläuling in den Talwiesen zwischen Godramstein und Landau wie wohl im gesamten Naturraum Pfälzerwald inzwischen als ausgestorben gelten. Der Dunkle Wiesenknopf-Ameisenbläuling kommt zwar in den Talwiesen zwischen Godramstein und Landau noch vor, doch beschränkt sich das Vorkommen auf drei Fundorte, die weit außerhalb des Eingriffsraumes des Vorhabens, nämlich mehr als 400 m von der B 10-Trasse entfernt liegen, wobei es sich um auf natürliche Weise (Gehölzriegel) abgeschottete, aber selbstständig lebensfähige Metapopulationen handelt, zwischen denen aufgrund der geringen Mobilität der Art kein nennenswerter Austausch stattfindet. Falls überhaupt, werden für Wanderungen von Einzelexemplaren nicht der Bereich der B 10-Querung des Queichtals, sondern kleinere Taleinschnitte (Bahnlinie, Wirtschaftsweg) genutzt, die ein Wandern entlang geeigneter Saumstrukturen ermöglichen. Danach erscheinen dem Senat die Schlussfolgerungen der Gutachter der FFH-Verträglichkeitsprüfung, dass erhebliche Beeinträchtigungen des FFH-Gebiets in seinen auf die genannten Schmetterlingsarten bezogenen Erhaltungszielen ausgeschlossen erscheinen, weil weder Lebensräume der Schmetterlinge im Einwirkungsbereich des Vorhabens vorhanden sind noch durch das Vorhaben für die Arten relevante Zerschneidungs- oder Barriereeffekte bewirkt werden und auch keine signifikante Erhöhung des Kollisionsrisikos gegeben ist, in jeder Hinsicht überzeugend. Sie beruhen auf einer sorgfältigen Bestandserfassung und -bewertung, wurden unter Ausschöpfung aller verfügbaren wissenschaftlichen Erkenntnisse getroffen und unter Inanspruchnahme der fachlichen Einschätzungsprärogative nachvollziehbar begründet. Der Kläger hat demgegenüber keine auf einer überlegenen Fachkunde beruhenden konkreten abweichenden Erkenntnisse hinsichtlich des Vorkommens und des Verhaltens der maßgeblichen Falterarten im Queichtal für sich in Anspruch genommen, die Anlass für eine abweichende Beurteilung der Wirkungen des Vorhabens auf die genannten erhaltungszielbestimmenden Falterarten oder für eine abermalige Begutachtung sein könnten.

105

Zweifel an der Einschätzung im angefochtenen Planfeststellungsbeschluss, dass das Vorhaben nicht zu erheblichen Beeinträchtigungen des FFH-Gebiets in seinen für die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck maßgeblichen Bestandteilen führen kann, sind schließlich auch nicht deshalb angebracht, weil keine abschnittsübergreifende sog. Dach-FFH-Verträglichkeitsprüfung durchgeführt wurde.

106

Der vom Kläger bereits in seinem Einwendungsschreiben geforderten Dach-FFH-Verträglichkeitsprüfung für das gesamte Planungsvorhaben des Ausbaus der B 10 zwischen Pirmasens und Landau bedurfte es nicht. Als „Projekt“ i.S.v. § 34 Abs. 1 BNatSchG, das auf seine Verträglichkeit mit den Erhaltungszielen eines Natura-2000-Gebiets zu überprüfen ist, ist bei fernstraßenrechtlichen Bau- oder Ausbauvorhaben der zulässigerweise gebildete Planungsabschnitt, der Gegenstand des festgestellten Plans ist, anzusehen, hier also der vierstreifige Ausbau der B 10 im Abschnitt zwischen Godramstein und der A 65. Insoweit gilt das zum Projektbegriff im UVP-Recht oben bereits Ausgeführte hier entsprechend. Nur dieser Abschnitt hat daher Gegenstand der FFH-Verträglichkeitsprüfung zu sein. Ergänzend ist gemäß § 34 Abs. 1 Satz 1, 1. Halbsatz BNatSchG lediglich noch zu prüfen, ob das Projekt eventuell (wenn nicht einzeln, so doch) im Zusammenwirken mit anderen Projekten oder Plänen geeignet ist, das Gebiet erheblich zu beeinträchtigen. Diese Frage ist in der FFH-Verträglichkeitsprüfung im Planaufstellungsverfahren untersucht und eindeutig verneint worden (vgl. Planordner 2, Planunterlage 12.4, S. 27 f.), ohne dass dies vom Kläger konkret in Frage gestellt worden ist.

107

Danach bleibt festzuhalten, dass nach dem überzeugenden Ergebnis der mehrfach überprüften und ergänzten FFH-Verträglichkeitsprüfung eine erhebliche Beeinträchtigung von Erhaltungszielen des FFH-Gebiets – zumal unter den vom Kläger vorrangig geltend gemachten Gesichtspunkten der Beeinträchtigung zweier Schmetterlingsarten – hinreichend sicher ausgeschlossen werden kann, das Vorhaben also als FFH-verträglich einzustufen ist. Einer Abweichungszulassung nach § 34 Abs. 3 BNatSchG bedurfte es danach nicht.

108

Unabhängig davon begegnet aber auch die im Planfeststellungsbeschluss (S. 161 ff.) rein vorsorglich durchgeführte Ausnahmeprüfung keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken:

109

Nach § 34 Abs. 3 BNatSchG darf ein Projekt abweichend vom Abs. 2 nur zugelassen oder durchgeführt werden, soweit es aus zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses, einschließlich solcher sozialer oder wirtschaftlicher Art, notwendig ist (Nr. 1) und zumutbare Alternativen, den mit dem Projekt verfolgten Zweck an anderer Stelle ohne oder mit geringeren Beeinträchtigungen zu erreichen, nicht gegeben sind (Nr. 2). Soll ein Projekt nach Abs. 3 zugelassen oder durchgeführt werden, sind zudem die zur Sicherung des Zusammenhangs des Netzes „Natura 2000“ notwendigen Maßnahmen vorzusehen (§ 34 Abs. 5 BNatSchG).

110

Unterstellt, das planfestgestellte Vorhaben würde doch zu erheblichen Beeinträchtigungen von Erhaltungszielen des FFH-Gebiets führen, etwa – was allenfalls in Betracht zu ziehen wäre – unter dem Gesichtspunkt von Zerschneidungs- bzw. Barrierewirkungen in Bezug auf Austauschbeziehungen zwischen Teilpopulationen des Großen Feuerfalters und des Dunklen Wiesenknopf-Ameisenbläulings, so lägen jedenfalls die Voraussetzungen für eine Abweichungszulassung nach den genannten Vorschriften vor:

111

Das Vorhaben des vierstreifigen Ausbaus der B 10 zwischen Godramstein und der Autobahn A 65 wäre in diesem Falle zunächst als aus zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses notwendig anzusehen. Insoweit hat der Planfeststellungsbeschluss in nicht zu beanstandender Weise die gesetzliche Bedarfsfeststellung und die weiteren, zur Erforderlichkeit der Ausbaumaßnahme angeführten Gründe, insbesondere das Ziel der Erhöhung der Verkehrssicherheit, ins Feld geführt. In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass die gesetzliche Bedarfsfeststellung einem Planvorhaben einen besonderen Stellenwert verleiht, der in der Interessenabwägung mit hohem Gewicht zu Buche schlägt (vgl. z. B. BVerwG, Urteil vom 12. März 2008, a.a.O., Rn. 159, m.w.N.). Wie oben bereits ausgeführt, kommt dabei der Einstufung in den Weiteren Bedarf mit Planungsrecht keine „graduelle Minderwertigkeit“ zu; vielmehr entspricht auch ein solches Vorhaben den Zielvorstellungen des § 1 Abs. 1 Fernstraßengesetz, ihm kommt nur bei der konkreten Bereitstellung finanzieller Mittel ein grundsätzlicher Nachrang gegenüber Vorhaben des „Vordringlichen Bedarfs“ zu, der aber die Gewichtigkeit der mit ihm verfolgten Planungsziele als zwingende öffentliche Interessen nicht entscheidend mindert. Der Planfeststellungsbeschluss hat auch eine konkrete „bipolare Abwägung“ zwischen den für das Vorhaben sprechenden Gründen des öffentlichen Interesses und dem Integrationsinteresse des FFH-Gebietes vorgenommen (vgl. auch dazu: BVerwG, Urteil vom 12. März 2008, a.a.O., Rn. 154 und 165) und ist ohne erkennbaren Abwägungsfehler zu dem Ergebnis gelangt, dass die für das Vorhaben sprechenden Gründe die (wenn überhaupt) allenfalls geringfügigen Beeinträchtigungen des Habitatschutzes klar überwiegen. Auf die Frage, ob die Verkehrsprognose methodisch und im Ergebnis in jeder Hinsicht beanstandungsfrei ist, kommt es auch hier angesichts des Gewichts der gesetzlichen Bedarfsfeststellung und der bereits im Ist-Zustand bestehenden hohen Verkehrsbelastung, die – wie ausgeführt – allein schon einen vierstreifigen Ausbau rechtfertigen würde, letztlich nicht an.

112

Der Planfeststellungsbeschluss hat auch eine nicht zu beanstandende Alternativenprüfung vorgenommen, die zutreffend zu dem Ergebnis gelangt ist, dass es keine zumutbaren Alternativen gibt, den mit dem Projekt verfolgten Zweck an anderer Stelle oder mit geringeren Beeinträchtigungen des Habitatschutzes zu erreichen. Dabei hat er sich an der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts orientiert, wonach eine Alternativlösung i.S.v. § 34 Abs. 3 Nr. 2 BNatSchG voraussetzt, dass sich die zulässigerweise verfolgten Planungsziele trotz gegebenenfalls hinnehmbarer Abstriche auch mit ihr erreichen lassen (vgl. z.B. BVerwG, Urteil vom 12. März 2008, a.a.O., Rn. 170, m.w.N.). Da alle denkbaren Trassenalternativen jenseits einer bloßen Erweiterung der bestehenden dreistreifigen B 10 um eine weitere Fahrspur, also namentlich Neubautrassen, zwangsläufig mit wesentlich gravierenderen Eingriffen in Natur und Landschaft verbunden wären und daher von vorneherein ausscheiden, waren letztlich nur Varianten der gewählten Trasse (Anbau im Norden oder im Süden) näher zu erörtern. Der Planfeststellungsbeschluss hat insoweit in jeder Hinsicht überzeugend dargelegt, dass mit dem ausgewählten alternierenden Anbau sowohl die Belange des Habitatschutzes als auch andere Umweltbelange die größtmögliche Schonung erfahren. Dies ist vom Kläger nicht substantiiert in Frage gestellt worden.

113

Der Planfeststellungsbeschluss sieht schließlich auch in ausreichendem Umfang Vermeidungs-, Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen vor, die bei Unterstellung einer (allenfalls geringfügig) die Schwelle der Erheblichkeit übersteigenden Beeinträchtigung von Erhaltungszielen des FFH-Gebiets geeignet erscheinen, den Schutz der globalen Kohärenz des Natura 2000-Netzes sicherzustellen. Dabei hat er sich an den diesbezüglichen Grundsätzen der Rechtsprechung orientiert; diesen zufolge ist es Aufgabe der Kohärenzsicherungsmaßnahmen, die zu dem Projekt hinzutreten, die Funktionseinbuße für die Erhaltungsziele zu kompensieren (vgl. z.B. BVerwG, Urteil vom 13. Mai 2009 – 9 A 73.07 –, NuR 2009, 711 und juris, Rn. 69, m.w.N.). Dabei ist der Funktionsbezug das maßgebliche Kriterium insbesondere auch zur Bestimmung des notwendigen räumlichen und zeitlichen Zusammenhangs zwischen Gebietsbeeinträchtigung und Kohärenzsicherung. Der Ausgleich muss aber nicht notwendig unmittelbar am Ort der Beeinträchtigung erfolgen, sondern es genügt, dass die Einbuße ersetzt wird, die das Gebiet hinsichtlich seiner Funktion für die biogeografische Verteilung der beeinträchtigten Lebensräume und Arten erleidet. In zeitlicher Hinsicht muss mindestens sichergestellt sein, dass das Gebiet unter dem Aspekt des beeinträchtigten Erhaltungsziels nicht irreversibel geschädigt wird. Ist das gewährleistet, lässt sich die Beeinträchtigung aber – wie im Regelfall – nicht zeitnah ausgleichen, so ist es hinnehmbar, wenn die Kohärenzsicherungsmaßnahmen rechtzeitig bis zur Vollendung des Vorhabens ergriffen werden, die Funktionseinbuße hingegen erst auf längere Sicht wettgemacht wird. Dabei ist die Eignung einer Kohärenzsicherungsmaßnahme ausschließlich nach naturschutzfachlichen Maßstäben zu beurteilen, wobei der Planfeststellungsbehörde eine naturschutzfachliche Einschätzungsprärogative zukommt (vgl. zum Ganzen insbesondere BVerwG, Urteil vom 12. März 2008, a.a.O., Rn. 200 ff.).

114

Hieran orientiert hat der Planfeststellungsbeschluss im Einzelnen dargelegt, inwiefern bestimmten der vorgesehenen Maßnahmen – unabhängig davon, ob sie innerhalb oder außerhalb des FFH-Gebiets vorgenommen werden sollen – positive Auswirkungen auf das FFH-Gebiet attestiert werden können, indem sie zu einer Aufwertung von Lebensräumen für erhaltungszielbestimmende Arten (namentlich Fledermäuse, Schmetterlinge) führen oder als Vermeidungsmaßnahmen zum Beispiel Kollisionsrisiken für solchen Arten mindern. Die vom Kläger an der Eignung oder Wirksamkeit einzelner Maßnahmen geäußerten Zweifel sind teilweise irrelevant, soweit sie sich etwa auf eine Kompensation von Beeinträchtigungen des Lebensraumtyps 91E0* beziehen, da ein Vorkommen dieses Lebensraumtyps im Wirkraum der Planung ausgeschlossen werden konnte. Im Übrigen ist ihnen der Beklagte überzeugend entgegengetreten.

115

bb. Des Weiteren lässt der Planfeststellungsbeschluss im Hinblick auf die Anforderungen des europäischen und nationalen Artenschutzrechts keine Defizite erkennen. Namentlich stehen der Verwirklichung des planfestgestellten Vorhabens die zwingenden Regelungen der §§ 44 ff. BNatSchG in Bezug auf besonders geschützte Arten nicht entgegen.

116

Nach den in § 44 BNatSchG normierten Verbotstatbeständen, bei deren Erfüllung ein Vorhaben grundsätzlich unzulässig ist, ist es insbesondere verboten, wildlebenden Tieren der besonders geschützten Arten nachzustellen, sie zu fangen, zu verletzen oder zu töten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören (Nr. 1), wildlebende Tiere der streng geschützten Arten und der europäischen Vogelarten während der Fortpflanzungs-, Aufzucht-, Mauser-, Überwinterungs- und Wanderungszeiten erheblich zu stören, wobei eine erhebliche Störung nur vorliegt, wenn sich durch die Störung der Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art verschlechtert (Nr. 2), und Fortpflanzungs- oder Ruhestätten der wildlebenden Tiere der besonders geschützten Arten aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören (Nr. 3). Für Vorhaben, die – wie das in Rede stehende fernstraßenrechtliche Ausbauvorhaben (vgl. dazu unten unter cc.) – einen nach Maßgabe des § 15 BNatSchG zulässigen Eingriff in Natur und Landschaft darstellen, trifft § 44 Abs. 5 BNatSchG ergänzende Regelungen: Bei solchen Vorhaben liegt gemäß § 44 Abs. 5 Satz 2, wenn in Anhang IV a der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführte Tierarten, europäische Vogelarten oder in einer Rechtsverordnung nach § 54 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG aufgeführte Arten betroffen sind, ein Verstoß gegen das Verbot des Abs. 1 Nr. 1 und im Hinblick auf damit verbundene unvermeidbare Beeinträchtigungen wildlebender Tiere auch gegen das Verbot des Abs. 1 Nr. 1 nicht vor, soweit die ökologische Funktion der von dem Eingriff oder Vorhaben betroffenen Fortpflanzungs- oder Ruhestätten im räumlichen Zusammenhang weiterhin erfüllt wird.

117

Diesen Anforderungen hat der angefochtene Planfeststellungsbeschluss hinreichend Rechnung getragen.

118

Der Planfeststellungsbeschluss handelt die Vereinbarkeit des Vorhabens mit dem europäischen und nationalen Artenschutzrecht umfassend ab und gelangt – gestützt im Wesentlichen auf die im Planfeststellungsverfahren eingeholten und mehrfach überarbeiteten beiden Fachbeiträge „Streng geschützte Arten“ (Planordner 2, Anlage 12.3.1) sowie „Besonders geschützte Arten“ (Planordner 2, Anlage 12.3.2) – zu folgenden Ergebnissen: Unter Berücksichtigung der konkreten Ausgestaltung der Baumaßnahme, der in der Planung enthaltenen naturschutzfachlichen Maßnahmen, der naturschutzfachlichen Bewertungen der Sachverständigen sowie der im Planfeststellungsbeschluss getroffenen Regelungen komme es nicht zur Erfüllung von Verbotstatbeständen des § 44 Abs. 1 i.V.m. Abs. 5 BNatSchG im Hinblick auf Arten des Anhangs IV der FFH-Richtlinie oder im Hinblick auf europäische Vogelarten. Insbesondere führe das planfestgestellte Vorhaben bau-, anlagen- und betriebsbedingt nicht zur Beschädigung oder Zerstörung von Ruhe- und Fortpflanzungsstätten dieser Arten, deren ökologische Funktion im räumlichen Zusammenhang nicht gewahrt werde; ebenso wenig würden erhebliche Störungen i.S.v. § 44 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG verursacht; schließlich würden auch keine Tötungen i.S.v. § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG ausgelöst. Die Voraussetzungen der dennoch dem Vorhabenträger vorsorglich erteilten Ausnahmegenehmigungen nach § 45 Abs. 7 BNatSchG sowie höchstvorsorglich erteilten Befreiung nach § 67 BNatSchG lägen jedoch vor; namentlich stritten für die Baumaßnahme zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses und es gebe für das Vorhaben in seiner konkreten Ausgestaltung auch keine zumutbaren Planungsalternativen und eine Verschlechterung des Erhaltungszustands der Populationen der im Planbereich vorkommenden besonders geschützten Arten sei nicht zu erwarten.

119

Nachdem der Kläger in seinem Einwendungsschreiben noch umfangreichere artenschutzrechtliche Einwendungen erhoben hatte, hat er im gerichtlichen Verfahren – neben Rechtsausführungen – von diesen Einwendungen im Wesentlichen nur noch folgende konkrete Gesichtspunkte weiterverfolgt: Aus dem Fachbeitrag Planunterlage 12.3.2 ergäben sich keine hinreichenden Hinweise auf Größe und Raumanspruch der jeweiligen lokalen Populationen, weshalb eine Beurteilung, ob vereinzelte Tötungen von Tieren zu negativen Auswirkungen auf die jeweilige lokale Population führen, nicht möglich sei. Deshalb seien auch keine Aussagen zu etwaigen Ausnahmen oder Befreiungen möglich, zumal deren Voraussetzungen aus klägerischer Sicht ohnehin nicht zu begründen seien. Die Unkenntnis populationsbezogener Daten schlage auch auf die in Kapitel C II 1, 4. Spiegelstrich des Planfeststellungsbeschlusses vorgesehene Auflage der Errichtung einer ohnehin dringend gebotenen Überflughilfe für Vögel und Fledermäuse durch; denn nach Kapitel C II 1, 5. Spiegelstrich solle die optimale Ausgestaltung der Überflughilfen erst im Vorfeld der Baumaßnahmen mit Hilfe von Untersuchungen durch Fledermausexperten eruiert werden, womit letztlich eine nachträgliche Bestandserhebung angeordnet werde. Gerade im Bereich der Fledermäuse finde nur eine Betrachtung von Hypothesen statt, ohne dass eine sachgerechte Konfliktlösung bewerkstelligt und eine hinreichende Abwägung bei der Ausnahme und Befreiungsentscheidung vorgenommen worden sei.

120

Diese Ausführungen des Klägers sind jedoch nicht geeignet, artenschutzrechtliche Defizite des Planfeststellungsbeschlusses zu begründen:

121

Zunächst sind aus Sicht des Senats keine Zweifel daran veranlasst, dass die Ermittlung und Bestandsaufnahme der im Wirkraum des Vorhabens vorhandenen Tierarten den Anforderungen der Rechtsprechung an Art und Umfang, Methodik und Untersuchungstiefe erforderlicher fachgutachterlicher Untersuchungen entspricht. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts setzt die Prüfung, ob einem Planvorhaben artenschutzrechtliche Verbotstatbestände entgegenstehen, eine ausreichende Ermittlung und Bestandsaufnahme der im Trassenbereich vorhandenen Tierarten und ihrer Lebensräume voraus. Dabei muss jedoch kein lückenloses Arteninventar erstellt werden; lassen bestimmte Vegetationsstrukturen sichere Rückschlüsse auf die faunistische Ausstattung zu, kann es vielmehr mit der gezielten Erhebung der insoweit maßgeblichen repräsentativen Daten sein Bewenden haben. Um die Planfeststellungsbehörde in die Lage zu versetzen, die tatbestandlichen Voraussetzungen der Verbotstatbestände zu überprüfen, benötigt sie aber jedenfalls Daten, denen sich in Bezug auf das Plangebiet die Häufigkeit und Verteilung der geschützten Arten sowie deren Lebensstätten entnehmen lassen (vgl. zum Ganzen z.B. BVerwG, Urteil vom 9. Juli 2008 – 9 A 14.07 –, BVerwGE 131, 274 und juris, Rn. 54, m.w.N.). Die artenschutzrechtliche Prüfung hat bei der Erfassung und Bewertung möglicher Betroffenheiten nach ausschließlich wissenschaftlichen Kriterien zu erfolgen, wobei der Planfeststellungsbehörde insoweit eine naturschutzfachliche Einschätzungsprärogative zusteht (vgl. BVerwG, Urteil vom 9. Juli 2008, a.a.O., Rn. 64 f.).

122

Danach kann hier festgestellt werden, dass die beiden Fachbeiträge Artenschutz – insbesondere in der letzten, an den § 44 ff. BNatSchG i.d.F. vom 29.Juli 2009 orientierten Überarbeitung vom August 2010 – umfassende Darstellungen der im Wirkraum der Planung aufgrund der naturräumlichen Verhältnisse und der Vegetationsausstattung zu erwartenden, besonders und streng geschützten Tier- (und Pflanzen-)Arten enthalten, die sowohl auf einer Auswertung einschlägiger Datenbanken und Fachliteratur als auch auf eigenen Erhebungen bei mehreren Begehungen beruhen. Hinsichtlich jeder Art werden Angaben zu deren (gegebenenfalls nur potentiellem) Vorkommen im Untersuchungsgebiet sowie – darauf beruhend – zum Erhaltungszustand der lokalen Population gemacht. Sodann wird für jede Art deren anlage-, bau- und betriebsbedingte Betroffenheit dargestellt und es werden artspezifische Vermeidungsmaßnahmen hinsichtlich des Tötungsverbots des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG vorgeschlagen. Zusätzlich erfolgt jeweils eine Prognose und Bewertung hinsichtlich der Schädigungstatbestände des § 44 Abs. 1 Nr. 3 und der Störungsverbotstatbestände nach § 44 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG. Dabei gelangt die Untersuchung jeweils zu dem Ergebnis, dass die artenschutzrechtlichen Verbotstatbestände bei Berücksichtigung der im Einzelnen benannten Vermeidungs- und Schadensbegrenzungsmaßnahmen nicht erfüllt werden. Unabhängig davon werden vorsorglich naturschutzfachliche Gründe für eine Ausnahmeerteilung nach § 45 Abs. 7 BNatSchG benannt, wonach in allen Fällen keine (weitere) Verschlechterung des (günstigen oder teilweise auch ungünstigen) Erhaltungszustands der jeweiligen lokalen Population zu erwarten sei. Rechtserhebliche Defizite sind insoweit nicht erkennbar und werden auch vom Kläger nicht substantiiert – etwa unter Hinweis auf abweichende naturschutzfachliche Erkenntnisse – dargelegt.

123

Soweit der Kläger Angaben über die Größe und den Raumanspruch der jeweiligen lokalen Population vermisst, bleibt zu sehen, dass nach der Rechtsprechung gerade kein lückenloses Arteninventar zu erstellen ist, soweit – wie hier – bestimmte Vegetationsstrukturen sichere Rückschlüsse auf die faunistische Ausstattung zulassen. Ebenso wenig bedarf es einer flächendeckenden Individuen- oder Fortpflanzungsstättenzählung, zumal im Einwirkungsbereich der Planung ohnehin aufgrund der starken Vorbelastung durch die vorhandene Straße die meisten Anhang IV-Arten mangels Attraktivität des Umfelds nur allenfalls potentiell vorkommen, während bei den tatsächlich vorkommenden europäischen Vogelarten ubiquitäre Allerweltsarten dominieren.

124

Was schließlich die Kritik des Klägers an dem in Kapitel C II. Nr. 1, 5. Spiegelstrich des Planfeststellungsbeschlusses angeordneten Monitoring durch Fledermausexperten zur Absicherung der genauen Anforderungen an die Überflughilfen für Fledermausarten angeht, kann keine Rede davon sein, dass hier eine nachträgliche Bestandserhebung zur Ausräumung von Defiziten der Bestandsermittlung im Planfeststellungsverfahren angeordnet würde. Wie dargelegt sind Defizite der Bestandsermittlung und -bewertung in Bezug auf keine der potentiell vorkommenden Anhang IV-Arten einschließlich der Fledermäuse feststellbar. Vielmehr handelt es sich bei der Monitoringauflage um eine vorsorgliche Maßnahme im Rahmen eines Risikomanagements, um etwaigen Veränderungen des Fledermausartenspektrums im Untersuchungsraum bis zur baulichen Umsetzung des Vorhabens durch genauere Gestaltung der Überflughilfen aufgrund aktualisierter Bestandserfassungen möglichst optimal Rechnung tragen zu können. Dies steht im Einklang mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung (vgl. z.B. BVerwG, Urteil vom 12. August 2009 – 9 A 64.07 –, BVerwGE 134, 308 und juris, Rn. 92).

125

Ist danach die Schlussfolgerung des Planfeststellungsbeschlusses, dass die Planung unter Berücksichtigung der konkreten Ausgestaltung der Baumaßnahme, der in der Planung enthaltenen naturschutzfachlichen Maßnahmen sowie der im Planfeststellungsbeschluss getroffenen Regelungen nicht zur Erfüllung artenschutzrechtlicher Verbotstatbestände in Bezug auf Anhang IV- und europäische Vogelarten führen wird, nicht zu beanstanden, so hätte es an sich der (vorsorglichen) Erteilung von artenschutzrechtlichen Ausnahmegenehmigungen und sogar Befreiungen nach Kapitel A VI. des Planfeststellungsbeschlusses nicht bedurft. Indessen bestehen aber auch keine Zweifel daran, dass die Voraussetzungen des § 45 Abs. 7 BNatSchG für eine Ausnahmeerteilung vorliegen, da aus den bereits in der habitatschutzrechtlichen Ausnahmeprüfung genannten Gründen zum einen zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses i.S.v. § 45 Abs. 7 Satz 1 Nr. 5 BNatSchG für das Vorhaben streiten und zum anderen zumutbare Alternativen i.S.v. § 45 Abs. 7 Satz 3, 1. Halbsatz BNatSchG nicht gegeben sind. Darüber hinaus ist in den artenschutzrechtlichen Fachbeiträgen für jede (potentiell) betroffene Art überzeugend dargestellt worden, dass sich der Erhaltungszustand der Population auch bei einzelnen Verlusten von Individuen der Art nicht weiter verschlechtern wird (§ 45 Abs. 7 Satz 2, 2. Halbsatz BNatSchG).

126

cc. Der Planfeststellungsbeschluss steht schließlich auch mit der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung gemäß §§ 14 ff. BNatSchG im Einklang.

127

Da die Verwirklichung des planfestgestellten Straßenausbauvorhabens nach der Darstellung in dem zu den Planunterlagen zählenden Fachbeitrag Naturschutz (Planordner 2, Anlage 12.0, S. 38 ff.) mit einer Vielzahl von bau-, anlage- und betriebsbedingten Auswirkungen auf Natur und Landschaft verbunden ist, die als Eingriffe i.S.v. § 14 Abs. 1 BNatSchG zu werten sind, sieht der Planfeststellungsbeschluss in seinem verfügenden Teil eine große Zahl von Vermeidungs-, Minimierungs- und Kompensationsmaßnahmen vor, die neben gebiets- und artenschutzrechtlichen Zielsetzungen auch (zum Teil multifunktional) dem Eingriffsausgleich dienen und dem Straßenbaulastträger zur Beachtung und Durchführung auferlegt werden (vgl. Kapitel C, II., Nr. 1 des Planfeststellungsbeschlusses). Darüber hinaus werden in Kapitel C, II., Nrn. 2 bis 4 bestimmte landespflegerische Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen konkret festgelegt. Ferner enthält der Planfeststellungsbeschluss in Kapitel C, II., Nrn. 5 bis 9 weitere Regelungen mit teilweisem Bezug zur Eingriffsregelung. In der Begründung des Planfeststellungsbeschlusses (S. 149 bis 252) wird näher erläutert, inwiefern den Anforderungen der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung Genüge getan wurde; das Konzept zur Vermeidung, zum Ausgleich und zum Ersatz von Eingriffen beruht auf den im Planfeststellungsverfahren vom Büro S. erstellten „Fachbeitrag Naturschutz“ (Planordner 2, Anlage 12, mit Erläuterungsbericht 12.0 nebst Anhang I „Maßnahmenverzeichnis“).

128

Während der Kläger im Einwendungsschreiben vom 15. Mai 2007 sich noch ausführlicher mit den vorgesehenen Eingriffen in Natur und Landschaft auseinandergesetzt und eine Reihe aus seiner Sicht bestehende Defizite gerügt hatte, hat er im gerichtlichen Verfahren das Eingriffs- und Ausgleichskonzept des Planfeststellungsbeschlusses nicht grundsätzlich, sondern nur noch punktuell unter folgenden zwei Gesichtspunkten angegriffen: Zum einen hat er die Regelung in Kapitel C, II., Nr. 2 des Planfeststellungsbeschlusses aufgegriffen, nach der die landespflegerischen Maßnahmen 2.4 E AB (Erweiterung Bachuferwald an der Queich, ca. 1.500 m²) und 3.2 E AB (Extensivierung Uferrandstreifen an der Queich, ca. 1.200 m²) – auf als berechtigt anerkannte Einwendung u.a. des Klägers – an eine andere Stelle verlegt werden sollen, wobei der neue Standort der Maßnahmen und deren Ausgestaltung mit der oberen Naturschutzbehörde abzustimmen sind. Insoweit rügt der Kläger, dass es an einer hinreichenden tatsächlichen und rechtlichen Sicherung der beiden Maßnahmen fehle. Zum anderen schließt der Kläger aus der in derselben Regelung des Planfeststellungsbeschlusses enthaltenen weiteren Auflage, dass „in diesem Zusammenhang … auch der Verlust von ca. 400 m² Gehölzfläche sowie von ca. 150 m² Röhricht-Staudenflur zu kompensieren“ sei, dass sich dahinter ein weiterer, bisher nicht offengelegter Eingriff in Natur und Landschaft verberge. Hieraus folgert der Kläger, dass der Planfeststellungsbeschluss nicht den gesetzlichen Anforderungen an die Kompensation gemäß § 17 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 BNatSchG genüge und auch deshalb rechtswidrig sei.

129

Die Kritik des Klägers ist auch in diesen beiden Punkten nicht stichhaltig:

130

Entgegen der Annahme des Klägers bestehen zunächst keine durchgreifenden Bedenken daran, dass die Umsetzung der Maßnahmen 2.4 E AB und 3.2 E AB auch nach Aufgabe des bisher vorgesehenen Standorts (Parzelle 1704/2) wegen festgestellter mangelnder Eignung in ausreichender Weise gesichert ist. Wie der Beklagte überzeugend ausgeführt hat, sind die Maßnahmen zum einen inhaltlich durch Aufnahme in den landespflegerischen Begleitplan und dessen Einbeziehung in die festgestellten Planunterlagen hinreichend bestimmt; durch Verfügung gemäß Kapitel B Nr. 7 des Planfeststellungsbeschlusses ist dem Vorhabenträger der Eingriffsausgleich nach Maßnahme des landespflegerischen Begleitplans auch verbindlich auferlegt worden. Mit der Anordnung in Kapitel C II., Nr. 2 Satz 2 und 3, wonach der neue Standort der Maßnahmen und deren Ausgestaltung mit der Oberen Naturschutzbehörde abzustimmen und die Realisierbarkeit der Maßnahme am neuen Standort der Planfeststellungsbehörde gegenüber vor Baubeginn nachzuweisen ist, erscheint hinreichend gewährleistet, dass durch die Verlegung an einen anderen Standort keine quantitativen oder qualitativen Einbußen hinsichtlich der in den Planunterlagen beschriebenen Kompensationsziele beider Maßnahmen auftreten werden und die Baumaßnahme auch nicht ohne die Ersatzmaßnahmen ausgeführt werden darf. Die in Kapitel C II. Nr. 2 vorgesehene Möglichkeit, die beiden landespflegerischen Maßnahmen in Abstimmung mit der Oberen Naturschutzbehörde auf anderen als den im landespflegerischen Begleitplan ursprünglich dafür vorgesehenen Flächen zu verwirklichen, ist im Übrigen als Planvorbehalt gemäß § 74 Abs. 3 VwVfG zulässig (vgl. dazu OVG RP, Urteil vom 10. März 2009 – 8 C 10435/08.OVG –, NuR 2009, S. 636 und juris, Rn. 92, m.w.N.).

131

Ebenso wenig ist die Auflagenregelung in Kapitel C II. Nr. 2, Satz 4 zu beanstanden. Wie der Beklagte nachvollziehbar dargelegt hat, handelt es sich bei dem dort angesprochenen Verlust von ca. 400 m² Gehölzfläche sowie von ca. 150 m² Röhricht bzw. Staudenflur um ein zusätzliches Kompensationsdefizit, das erst aufgrund einer Überprüfung früherer Vegetationskartierungen bei einer Begehung im März 2010 durch den Dipl.-Biologen H. festgestellt worden ist. Es kann dem Planfeststellungsbeschluss nicht mit Erfolg vorgehalten werden, dass insoweit ein nachträglich festgestelltes Kompensationsdefizit offengelegt wird, nachdem gleichzeitig dem sich daraus ergebenden zusätzlichen Kompensationsbedarf durch die angesprochene Auflage Rechnung getragen wird.

132

Da im Übrigen Defizite des Eingriffs-Ausgleichskonzepts des Planfeststellungsbeschlusses vom Kläger nicht mehr konkret gerügt werden und auch aus Sicht des Senats in keiner Weise ersichtlich sind, steht der Planfeststellungsbeschluss auch mit den Anforderungen der §§ 14 ff. BNatSchG insgesamt im Einklang.

133

c. Letztendlich genügt der angegriffene Planfeststellungsbeschluss auch den Anforderungen des fachplanerischen Abwägungsgebots.

134

Nach § 17 Satz 2 FStrG sind bei der Planfeststellung für den Ausbau einer Bundesfernstraße die von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange einschließlich der Umweltverträglichkeit im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigen.

135

Auch in Bezug auf die Vereinbarkeit des Planfeststellungsbeschlusses mit § 17 Satz 2 FStrG ist daran festzuhalten, dass es sich bei dem Abwägungsgebot nur insoweit um eine „dem Umweltschutz dienende Vorschrift“ im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 1 UmwRG handelt, als es sich auf die abwägungsbeachtlichen Belange des Umweltschutzes bezieht (vgl. z. B. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 14. Oktober 2010 – 8 C 10233/14.OVG –, a.a.O., Rdnr. 39, unter Hinweis auf Fellenberg/Schiller, a.a.O., § 2 UmwRG, Rdnr. 16, m.w.N.). Das Rügerecht des Klägers ist daher darauf beschränkt, Abwägungsfehler in Bezug auf die abwägungserheblichen Belange des Umweltschutzes geltend zu machen.

136

Der Planfeststellungsbeschluss leidet indessen an keinem Abwägungsfehler, der sich – zumindest mittelbar – auf die von der Planung berührten Umweltbelange auswirken könnte.

137

aa. Der Planfeststellungsbeschluss genügt zunächst den Anforderungen an die als wesentlicher Aspekt des Abwägungsgebots anzusehende Prüfung von Alternativen zu dem beantragten Vorhaben, und zwar namentlich im Hinblick auf etwaige die betroffenen Umweltbelange schonendere Alternativlösungen, was der Kläger als Umweltverein gemäß § 2 Abs. 1 UmwRG allein rügen kann.

138

Grundsätzlich hat die Planfeststellungsbehörde alle in Betracht kommenden Alternativen – einschließlich der Nullvariante – in den Blick zu nehmen und ihre Eignung für das geplante Projekt - zumindest grob - zu prüfen (vgl. z. B. BVerwG, Urteil vom 3. März 2011 – 9 A 8.10 –, BVerwGE 139, 150 und juris, Rn. 65, sowie Urteil vom 24. November 2010 – 9 A 13.09 –, BVerwGE 138, 225 und juris, Rn. 62).

139

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts handelt eine Planfeststellungsbehörde bei der Prüfung von Alternativen für ein fernstraßenrechtliches Ausbauvorhaben nicht schon dann fehlerhaft, wenn eine andere als die von ihr bevorzugte Trassenführung ebenfalls mit guten Gründen vertretbar gewesen wäre. Die Grenze der planerischen Gestaltungsfreiheit bei der Auswahl zwischen verschiedenen Trassenvarianten ist erst dann überschritten, wenn eine alternative Linienführung sich unter Berücksichtigung aller abwägungserheblichen Belange eindeutig als die bessere, weil öffentliche und private Belange insgesamt schonendere darstellen würde, wenn sich mit anderen Worten diese Lösung der Behörde hätte aufdrängen müssen. Dabei ist die Behörde allerdings nicht verpflichtet, die Variantenprüfung bis zuletzt offen zu halten und alle von ihr zu einem bestimmten Zeitpunkt erwogenen oder ihr vorgeschlagenen Alternativen gleichermaßen detailliert und umfassend zu untersuchen. Auch im Bereich der Planungsalternativen braucht sie den Sachverhalt nur so weit aufzuklären, wie dies für eine sachgerechte Entscheidung und eine zweckmäßige Gestaltung des Verfahrens erforderlich ist. Sie ist befugt, eine Alternative, die ihr auf der Grundlage einer Grobanalyse als weniger geeignet erscheint, schon in einem frühen Verfahrensstadium auszuscheiden. Ein Abwägungsfehler liegt auch in diesem Fall erst vor, wenn sich die nicht näher untersuchte Lösung der Behörde hätte aufdrängen müssen (vgl. BVerwG, Urteil vom 19. Juli 2008 - 9 A 14.07 -, BVerwGE 131, 274 und juris, Rn. 135, m.w.N.).

140

Gemessen an diesen Maßstäben ist der angefochtene Planfeststellungsbeschluss nicht zu beanstanden. Er enthält zunächst in Kapitel E IV. 5. im Zusammenhang mit der Planrechtfertigung unter „Planungsvarianten“ eine sehr weit gefasste Auseinandersetzung mit Planungsalternativen einschließlich der „Nullvariante“ sowie einer Verbesserung des öffentlichen Personennahverkehrs (Ausbau der Queichtalbahn) und einer Verlagerung von Lkw-Transitverkehren auf die Schiene als theoretisch denkbaren Alternativen im weitesten Sinne, wobei beides mit Blick auf die gesetzliche Bedarfsfeststellung für einen vierstreifigen Ausbau der B 10 als nicht planungszielkonform verworfen wird. Daneben setzt sich der Planfeststellungsbeschluss in diesem Zusammenhang mit von der Einwenderseite ins Spiel gebrachten Ausbauvarianten (Beibehaltung des dreistreifigen Querschnitts mit Verbesserungen der Verkehrsführung, Wahl eines Querschnitts ohne Standstreifen etc.) auseinander und verwirft auch diese unter Hinweis auf ihre Unvereinbarkeit mit den Anforderungen an die Verkehrssicherheit. Schließlich wird die Wahl der Vorzugsvariante - Anbau eines weiteren Fahrstreifens an die bestehende Bundesstraße - als die die betroffenen Umwelt- und privaten Eigentumsbelange insgesamt schonendste Ausbauvariante begründet; die Wahl des konkreten Ausbauquerschnitts SQ 26 wird in Kapitel E. V. 1. nochmals eingehend erläutert. Im Übrigen wird im Rahmen der vorsorglichen Abweichungsprüfung im Habitatschutzrecht sowie der vorsorglichen Ausnahmeerteilung im Artenschutzrecht bei der Frage nach zumutbaren Alternativen auf diese Ausführungen zu den Planungsvarianten verwiesen.

141

Der Kläger hat im gerichtlichen Verfahren das Thema „Alternativenprüfung“ nur noch punktuell und eher kursorisch angesprochen. So hat er im Zusammenhang mit der Kritik an der Verkehrsprognose von M. die fehlende Berechnung eines „echten Prognose-Nullfalls (kein Ausbau des planfestgestellten Abschnitts)“ gerügt. Ferner hat er im Zusammenhang mit seinem Vortrag zur Notwendigkeit und zu den Anforderungen einer habitatschutzrechtlichen Abweichungsprüfung eher pauschal vorgetragen, der Nachweis des Fehlens einer zumutbaren Alternative mit geringeren oder keinen Beeinträchtigungen sei „ganz sicher nicht erbracht worden“, insbesondere fehle es an einer Prüfung, ob nicht auch eine Trasse in schmalerer Ausführung zur Querung des FFH-Gebietes möglich sei.

142

Diese Kritikpunkte treffen nicht zu. So beinhalten die Verkehrsuntersuchungen von M., die der Planung zugrunde gelegt wurden, auch Prognosen für den sog. „Analyse-Nullfall“; darüber hinaus wurde in der im gerichtlichen Verfahren vorgelegten ergänzenden Verkehrsuntersuchung vom 20. März 2014 (Verkehrsanalyse 2013/Verkehrsprognose 2030) auch ein Analyse-Nullfall untersucht, der nur den Verzicht auf den planfestgestellten Abschnitt umfasst. Im Übrigen ergibt sich bereits aus dem oben Gesagten, dass sich der Planfeststellungsbeschluss auch mit anderen Ausbauvarianten einschließlich geringerer Ausbauquerschnitte eingehend auseinander gesetzt hat. Es ist jedenfalls nichts dafür ersichtlich, dass die Erwägungen des Planfeststellungsbeschlusses zu den Planungsvarianten den – gegenüber den Anforderungen z. B. des § 34 Abs. 3 Nr. 2 BNatSchG weniger strengen – Maßgaben der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Alternativenprüfung im Rahmen der fachplanerischen Abwägung nicht genügen könnten. Insbesondere ist weder konkret vorgetragen worden noch sonst ersichtlich, dass der Planfeststellungsbeschluss bei der Zusammenstellung des Abwägungsmaterials eine ernsthaft in Betracht kommende Alternativlösung unberücksichtigt gelassen oder nicht mit der ihr zukommenden Bedeutung in die vergleichende Prüfung der von den möglichen Alternativen jeweils berührten öffentlichen und privaten Belange eingestellt hat. Ebenso wenig lässt sich feststellen, dass eine andere als die gewählte Trassenführung und Ausbauvariante (vierspuriger Ausbau, alternierend an der Nord- und Südseite der bestehenden Trasse, mit einem Ausbauquerschnitt SQ 26) sich unter Berücksichtigung aller abwägungserheblichen Belange als die bessere, weil öffentliche und private Belange insgesamt schonendere hätte aufdrängen müssen. Namentlich ist dem Beklagten darin beizupflichten, dass die sog. Nullvariante von vornherein mangels Eignung zur Verwirklichung der sich aus der gesetzlichen Planfeststellung ergebenden Planungsziele auszuscheiden hat und verkehrspolitisch andersartige Konzepte (z. B. Ausbau der Queichtalbahn und Verlagerung von Lkw-Transitverkehr auf die Schiene) ebenfalls vor diesem Hintergrund außer Betracht zu bleiben haben.

143

bb. Auch die Bildung eines Planungsabschnitts für den Ausbau der Teilstrecke der B 10 zwischen Godramstein und der A 65 ist Ergebnis einer fehlerfreien Abwägung. Daher kann offen bleiben, inwieweit Einwendungen gegen die Abschnittsbildung überhaupt von der Rügebefugnis des Klägers gemäß § 2 Abs. 1 UmwRG umfasst werden.

144

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist die Bildung von Planungsabschnitten, z. B. bei einem Straßenbauvorhaben, als Ausprägung des fachplanerischen Abwägungsgebots grundsätzlich zulässig, weil Streckenvorhaben ab einer gewissen Länge aus praktischen Gründen nicht in einem Verfahren geprüft und planfestgestellt werden können. Sie stellt daher ein Instrument der planerischen Problembewältigung dar; doch darf sich die Teilplanung nicht soweit verselbständigen, dass von der Gesamtplanung ausgelöste Probleme voraussichtlich ungelöst bleiben. Erforderlich, aber auch ausreichend ist eine Vorausschau auf nachfolgende Abschnitte nach Art eines „vorläufigen positiven Gesamturteils“: Eine Prognose für die nachfolgenden Abschnitte muss ergeben, dass der Verwirklichung des (Gesamt-)Vorhabens keine von vornherein unüberwindlichen Hindernisse entgegenstehen (vgl. z. B. BVerwG, Beschluss vom 23. November 2007 – 9 B 38.07 –, NuR 2008, 276 und juris, Rn. 20, m.w.N.). Vor dem Hintergrund der beabsichtigten Gesamtplanung muss der Teilabschnitt zudem eine eigenständige - wenn auch nicht in vollem Umfang die ihm in der Gesamtplanung zugedachte - Verkehrsfunktion für den Fall haben, dass sich das Gesamtkonzept der Planung im Nachhinein als nicht realisierbar erweist (vgl. BVerwG, Urteil vom 21. März 1996 – 4 C 19/94 -, BVerwGE 100, 370 und juris, Rn. 48; siehe auch Urteil vom 24. November 2010 – 9 A 13.09 –, BVerwGE 138, 226 und juris, Rn. 69).

145

Gemessen an diesen Grundsätzen unterliegt die Abschnittsbildung vorliegend keinen durchgreifenden Bedenken. Im Planfeststellungsbeschluss werden die Gründe für die Abschnittsbildung im Zusammenhang mit den Ausführungen zur Planungskonzeption (Seite 90 ff. des Planfeststellungsbeschlusses) näher erläutert. Danach kommt dem Abschnitt zwischen der A 65 und Godramstein ein eigenständiger Verkehrswert auch unabhängig von der Gesamtstrecke zu, weil der vierstreifige Ausbau dieser Teilstrecke zu einer Verbesserung der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs in diesem Teilbereich führen wird, da der neu herzustellende Bereich an vorhandene Straßen angebunden ist und daher eine durchgängige Verkehrsführung erreicht werde. Dabei stünden Entlastungswirkungen für das innerörtliche Verkehrsnetz der Stadt Landau allerdings nicht im Vordergrund, obwohl davon auszugehen sei, dass sich auch auf verschiedenen Straßen im Stadtbereich durchaus Verkehrsentlastungen einstellen werden. Im Übrigen sei auch die weitere Voraussetzung einer Abschnittsbildung, dass in den weiteren Abschnitten keine unüberwindbaren Hindernisse für die Realisierung zu erwarten seien, zu bejahen, und zwar sowohl im Hinblick auf die Finanzierbarkeit des Ausbaus der Tunnelabschnitte als auch hinsichtlich der dort zu erwartenden Verkehrsbelastung; die Frage, ob in den Folgeabschnitten darüber hinaus unüberwindliche naturschutzrechtliche Hindernisse zu erwarten sind, wird im Planfeststellungsbeschluss gesondert im Zusammenhang mit den Einwendungen des Klägers zur sog. Dach-FFH-Verträglichkeitsprüfung erörtert und im Ergebnis verneint (vgl. Seite 282 des Planfeststellungsbeschlusses).

146

Auch aus Sicht des Senats unterliegt zunächst keinem ernstlichen Zweifel, dass dem planfestgestellten Abschnitt aus den im Planfeststellungsbeschluss genannten Gründen eine eigenständige Verkehrsfunktion - selbst für den Fall eines Scheiterns des Gesamtprojekts im Nachhinein - zukommt. Dies folgt zum einen aus der jetzt schon bestehenden, im Grundsatz unstreitigen hohen Verkehrsbelastung des Abschnitts, die spürbare Verbesserungen der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs durch einen – richtlinienkonformen – vierspurigen Ausbau mehr als wahrscheinlich macht, zum anderen aus dem Umstand, dass es sich um den bloßen Ausbau (in Form des Anbaus einer weiteren Fahrspur) eines bereits bestehenden, schon dreistreifig ausgebauten Teilstücks einer Bundesstraße handelt, das allseitig an das bestehende Verkehrsnetz angebunden ist, so dass auch bei Scheitern der im westlichen Anschluss geplanten Folgeabschnitte keinesfalls die Entstehung eines sog. „Planungstorsos“ zu befürchten ist. Darüber hinaus ist im Rahmen der Erörterung der Frage der Notwendigkeit einer sog. „Dach-UVP“ oben bereits geklärt worden, dass die Planfeststellungsbehörde im Rahmen der von ihr anzustellenden Prognose in nicht zu beanstandender Weise feststellen konnte, dass der Verwirklichung des Vorhabens in den nachfolgenden Abschnitten jedenfalls in Bezug auf die Umweltauswirkungen keine von vornherein unüberwindlich erscheinenden Hindernisse entgegenstehen.

147

cc. Entgegen der Ansicht des Klägers steht der Planfeststellungsbeschluss auch im Hinblick auf die Belastung der - bis auf weiteres - nur zweispurigen Tunnelstrecken im Teilstück der B 10 zwischen Annweiler und Rinnthal mit dem Gebot planerischer Konfliktbewältigung im Einklang. Dabei kann offen bleiben, ob das diesbezügliche Vorbringen des Klägers im gerichtlichen Verfahren mangels hinreichender Thematisierung in seinem Einwendungsschreiben vom 15. Mai 2007 nicht bereits präkludiert ist, nachdem er dort das Thema „Konfliktbewältigung im Hinblick auf Folgekonflikte in nachfolgenden Ausbauabschnitten“ nur sehr allgemein – ohne ausdrücklichen Bezug zu den Tunnelstrecken – angesprochen hatte.

148

In rechtlicher Hinsicht ist das vom Kläger angesprochene Gebot der Problem- bzw. Konfliktbewältigung ein anerkannter Abwägungsgrundsatz: Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist die Planfeststellungsbehörde grundsätzlich gehalten, alle Probleme, die sich durch das Planvorhaben ergeben, bzw. alle Konflikte, die durch die Planungsentscheidung geschaffen werden, im Planfeststellungsbeschluss zu bewältigen; dabei kann die Konfliktbewältigung auch darin bestehen, dass die Planfeststellungsbehörde die endgültige Problemlösung einem spezialisierten und verbindlichen, auf gesetzlicher Regelung beruhenden Verfahren überlässt (vgl. z. B. BVerwG, Beschluss vom 2. September 2010 – 9 B 11/10 –, NuR 2010, 799 und juris, Rn. 20 sowie Urteil vom 12. August 2009 – 9 A 64/07 –, BVerwGE 134, 308 und juris, Rn. 107, jeweils m.w.N.).

149

Indessen handelt es sich bei den vom Kläger behaupteten Folgekonflikten in den Tunnelstrecken zwischen Annweiler und Rinnthal tatsächlich nicht um solche Konflikte bzw. Probleme, die durch die konkret in Rede stehende Planungsentscheidung – den vierstreifigen Ausbau der B 10 im Abschnitt zwischen Godramstein und der A 65 – (bereits) aufgeworfen werden, und zwar weder im Hinblick auf die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs im Bereich der Tunnelstrecken, noch hinsichtlich einer steigenden Belastung der umliegenden Gemeinden sowie von Natur und Landschaft in diesem Bereich durch Verkehrsimmissionen (was der Kläger als Umweltverband im Rahmen seines beschränkten Rügerechts wohl ohnehin allein geltend machen könnte). Vielmehr erweist sich das diesbezügliche Vorbringen des Klägers als bereits in sich widersprüchlich und daher als unschlüssig: Während der Kläger im Übrigen –namentlich zum Bestreiten der Planrechtfertigung sowie im Habitatschutzrecht zum Bestreiten der FFH-Verträglichkeit des Vorhabens – stets geltend macht, die der konkreten Planung zugrunde gelegten Verkehrsuntersuchungen von M. seien aufgrund fehlerhafter Methodik und nicht mehr zutreffender Datengrundlagen zu einer erheblichen Überschätzung der künftigen Verkehrsbelastung auf der (gesamten) B 10 zwischen Pirmasens und Landau gelangt, trägt er im vorliegenden Zusammenhang vor, ausgehend von den „als zutreffend unterstellten“ Aussagen der Verkehrsuntersuchung von M. komme es zu ungelösten Folgekonflikten der abschnittsweisen Ausbauplanung in den Tunnelstrecken, weil diese zu schwerwiegenden Gefahrensituationen infolge einer Kapazitätsüberschreitung in den Tunnelstrecken führe. Dem kann jedoch nicht gefolgt werden: Gerade wenn man die Aussagen der Verkehrsuntersuchungen von M. als richtig unterstellt, geben sie für die Annahme einer nennenswerten Steigerung der Verkehrsbelastung unmittelbar westlich von Godramstein und damit erst recht für eine solche in den noch weiter westlich gelegenen Tunnelstrecken als Folge des Ausbaus im Abschnitt zwischen Godramstein und der A 65 nichts her. Wie sich aus der vom Beklagten im gerichtlichen Verfahren vorgelegten ergänzenden Verkehrsuntersuchung von M. vom 21. Januar 2010 ergibt, mit der als weiterer Planungsfall die Auswirkungen eines vierstreifigen Ausbaus der B 10 in den bereits fertiggestellten Abschnitten zwischen Pirmasens und Hinterweidenthal sowie zusätzlich im vorliegend in Rede stehenden Abschnitt zwischen Godramstein und der A 65 bezogen auf den Planungshorizont 2020 untersucht werden, ist als Folge des (zusätzlichen) Ausbaus lediglich im Abschnitt zwischen Godramstein und der A 65 in den westlich von Godramstein gelegenen Abschnitten insgesamt keine weitere Verkehrsbündelung oder großräumige Verkehrsverlagerung zu erwarten; vielmehr wird als Folge dieser Ausbaustufe westlich von Godramstein eine nur geringe Verkehrszunahme von 300 Kraftfahrzeugen je 24 Stunden (+ 1 %) im Durchgangsverkehr prognostiziert (vgl. dazu die Anlage 1 zum Schriftsatz des Beklagten vom 3. Juni 2011, dortige Seite 4). In einer weiteren Stellungnahme von M. vom 17. November 2011 (Anlage 2 zum Schriftsatz des Beklagten vom 3. Juni 2011, dortige Seite 11 f) wird dieser sehr geringe Verlagerungseffekt eines Ausbaus im planfestgestellten Abschnitt damit begründet, dass sich in Höhe Annweiler (Wilgartswiesen) schon bisher eine Verkehrsscheide bezüglich der Orientierung der Verkehrsteilnehmer einerseits in Richtung Pirmasens, andererseits in Richtung Landau befinde, mit der Folge, dass an dieser Stelle die niedrigsten Verkehrsbelastungen im Zuge der B 10 vorhanden seien und von dort aus in Richtung Westen bzw. in Richtung der A 65 kontinuierlich zunähmen. Grundsätzlich gehen die der Planung zugrunde gelegten Verkehrsuntersuchungen von M. aus den Jahren 2004 und 2005 von einer Verkehrsbelastung im Jahre 2020 im Bereich der zweistreifigen Tunnelstrecken bei Zugrundelegung der Planungsfälle 1 und 2 im Umfang von rund 21.000 bzw. 25.000 Kraftfahrzeugen je 24 Stunden aus. Nach den Vorgaben der einschlägigen Richtlinien für die Sicherheit in Tunnelstrecken (HBS 2001) sei bei dieser Durchflussmenge die Leistungsfähigkeit der Tunnel - lediglich einhergehend mit einer Reduzierung der mittleren Pkw-Reisegeschwindigkeit von 80 auf 65 km/h - gegeben. Legt man diese Einschätzungen von M. - wie vom Kläger in diesem Zusammenhang unterstellt - als richtig zu Grunde, so kann keine Rede davon sein, dass es infolge der als zutreffend unterstellten Aussagen der Verkehrsuntersuchungen zu ungelösten Folgekonflikten der angefochtenen Ausbauplanung in den Tunnelstrecken in Gestalt von zusätzlichen Gefahrensituationen und erheblich ansteigenden Verkehrsimmissionen infolge planungsbedingter Kapazitätsüberschreitungen im Bereich der vier Tunnel kommen wird. Dies gilt im Übrigen erst recht, wenn die Verkehrsuntersuchungen, wie vom Kläger in anderen Zusammenhängen behauptet, von erheblich zu hohen Prognosezahlen sowohl für den jetzt planfestgestellten Abschnitt als auch für die gesamten künftigen Ausbaustrecken ausgegangen sein sollten. Denn in der logischen Konsequenz dieses Vorbringens müsste von geringeren Verkehrsverlagerungen infolge des Ausbaus im planfestgestellten Abschnitt in den westlich von Godramstein befindlichen Teilstrecken und damit auch in den Tunnelstrecken ausgegangen werden.

150

Unabhängig davon erscheinen dem Senat die Einschätzungen von M., dass es infolge des vierstreifigen Ausbaus der B 10 in dem nur wenige Kilometer umfassenden Abschnitt zwischen der A 65 und Godramstein (noch) nicht zu nennenswerten Verkehrssteigerungen westlich von Godramstein und damit erst recht nicht zu Lasten der Tunnelstrecken zwischen Annweiler und Rinnthal kommen wird, plausibel und nachvollziehbar begründet. Sie beruhen auf der aus den Ergebnissen der Verkehrszählungen und Verkehrsteilnehmerbefragungen abgeleiteten Feststellung, dass sich bei Annweiler eine „Verkehrsscheide“ bezüglich der Orientierung der Verkehrsteilnehmer einerseits in Richtung Pirmasens und andererseits in Richtung Landau befindet, als deren Folge die Verkehrsbelastung von dieser Stelle aus, an der sie am niedrigsten im gesamten Verlauf der B 10 ist, kontinuierlich in Richtung Westen und in Richtung Osten zunimmt. Diese Grundausrichtung der regionalen Verkehrsströme im Analyse-Nullfall wird auch vom Kläger und dem von ihm beauftragten Unternehmen R. nicht in Frage gestellt. Hiervon ausgehend erscheint es aber naheliegend, dass der vorliegend in Rede stehende vierspurige Ausbau zwischen Godramstein und der A 65 in erster Linie Entlastungswirkungen im Straßennetz rund um die Stadt Landau haben wird und deshalb zu nennenswerten Verkehrsverlagerungen nur aus dem - teilweise nahezu parallellaufenden (wie die K 13) - nachgeordneten Straßennetz in und um Landau auf den ausgebauten Abschnitt führen wird. Hingegen erscheint die Annahme, es könnte bereits als Folge des vierstreifigen Ausbaus nur zwischen der A 65 und Godramstein dauerhaft zu erheblichen Verkehrsverlagerungen des regionalen und sogar des überregionalen Verkehrs (einschließlich des Güterschwerverkehrs) in westlicher Richtung über das vorläufige Ausbauende bei Godramstein hinaus bis zu den Tunnelstrecken kommen, eher fernliegend. Das Problem einer möglichen Überlastung der Tunnelstrecken würde sich vielmehr voraussichtlich erst und nur dann stellen, wenn alle weiteren Teilstrecken zwischen Godramstein und Pirmasens bis auf die Tunnelstrecken vierspurig ausgebaut würden und nur diese dauerhaft unverändert zweispurig blieben. Ein solches Szenario ist indessen in den längerfristigen Ausbauplanungen des Bundes gerade nicht vorgesehen. Vielmehr sieht der von M. in der Verkehrsuntersuchung 2004/2005 untersuchte Planungsfall 4 (Ausbau der Gesamtstrecke zwischen Pirmasens und der A 65) auch den vierstreifigen Ausbau der Tunnelstrecken vor.

151

dd. Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss lässt des Weiteren im Hinblick auf die abwägungsfehlerfreie Berücksichtigung sonstiger Belange des Umweltschutzes, namentlich des Schutzes vor Verkehrsimmissionen, keinerlei Defizite erkennen.

152

Es ist anerkannt, dass insbesondere Aspekte des Lärmschutzes – über die Beachtung der Vorgaben des zwingenden Rechts (§ 41 des Bundesimmissionsschutzgesetzes - BImSchG) hinaus – auch zusätzlich im Rahmen des fachplanerischen Abwägungsgebots zu berücksichtigen sind (vgl. z. B. BVerwG, Urteil vom 17. März 2005 – 4 A 18/04 –, BVerwGE 123, 152 und juris, Rn. 18). Nichts anderes gilt für sonstige, vom Betrieb eines planfestgestellten Straßenneu- oder -ausbauvorhabens ausgehende Immissionen (Luftschadstoffe, Vibrationen; vgl. dazu z. B. BVerwG, Urteil vom 12. August 2008 – 9 A 64/07 –, BVerwGE 134, 308 und juris, Rn. 107). Da sich das Abwägungsgebot des § 17 Satz 2 FStrG insoweit auf Umweltbelange bezieht, umfasst das Rügerecht eines anerkannten Umweltverbands auch die Geltendmachung diesbezüglicher Abwägungsfehler.

153

Vorliegend sind Zweifel an der Bewältigung der planungsbedingten Verkehrsimmissionsproblematik durch den angefochtenen Planfeststellungsbeschluss weder im Hinblick auf die Vorgaben des § 41 BImSchG noch hinsichtlich der diesbezüglichen Anforderungen des Abwägungsgebots angebracht, insbesondere auch vom Kläger nicht näher thematisiert worden.

154

Das im Planfeststellungsbeschluss in Kapitel E VII. dargestellte Lärmschutzkonzept stützt sich auf schalltechnische Berechnungen, die gemäß Teil A. VIII., Nr. 28 des Planfeststellungsbeschlusses Bestandteil der festgestellten Planunterlagen sind. Bei der Ermittlung der Beurteilungspegel wurde auf die Verkehrszahlen des Planungsfalls 4 der Verkehrsprognose abgestellt, d. h. auf die Verkehrszahlen eines durchgehenden vierstreifigen Ausbaus der B 10 zwischen der A 62/A 8 (bei Pirmasens) und der A 65 (bei Landau). Aus immissionstechnischer Sicht wurde also eine „Worst-Case-Betrachtung“ vorgenommen und nicht lediglich die prognostizierten Verkehrszahlen infolge des (zunächst) alleinigen Ausbaus des planfestgestellten Abschnitts, sondern die nach dem künftigen Ausbau der Gesamtstrecke prognostizierten maximalen Verkehrszahlen zugrunde gelegt und zu Gunsten der Betroffenen daran orientierte Lärmschutzmaßnahmen vorgesehen. Diese umfassen u. a. entsprechend dimensionierte Lärmschutzwälle und -wände südlich der B 10 zum Schutz der Wohnbebauung „Schützenhof“ sowie am südöstlichen Ortsrand von Godramstein. Weitergehende Forderungen von Einwendern, z. B. nach Lärmschutz im Bereich des Naherholungsgebiets „Reiterwiesen“ oder nach Einbau sog. Flüsterasphalts werden zurückgewiesen. Der Planfeststellungsbeschluss setzt sich auch mit Fragen des Lärmschutzes infolge von Verkehrszunahmen im weiteren Straßennetz sowie mit der Problematik von Summenpegeln auseinander und gelangt in der Gesamtabwägung zum Lärmschutz zu dem Ergebnis, dass die an den einzelnen Immissionsorten verbleibenden Immissionsbeeinträchtigungen hinzunehmen seien. Die Lärmschutzmaßnahmen sind dem Straßenbaulastträger in Kapitel C. V. des Planfeststellungsbeschlusses im Einzelnen auferlegt worden.

155

In Kapitel E. VIII. setzt sich der Planfeststellungsbeschluss auch mit der zu erwartenden Luftschadstoffbelastung auseinander und gelangt auf der Grundlage von Planfällen aus der Verkehrsuntersuchung von M. sowie gestützt auf ein Luftschadstoffgutachten zu dem Ergebnis, dass ausbaubedingt – unter Zugrundelegung der prognostizierten Verkehrsentwicklung des planfestgestellten Ausbauabschnitts, aber auch der verkehrlichen Auswirkungen im nachgeordneten Verkehrsnetz – keine wesentlichen Veränderungen der Schadstoffbelastung zu erwarten seien und insbesondere die gesetzlich vorgegebenen Grenzwerte an allen untersuchten Immissionsorten in Wohnbereichen unterschritten werden.

156

In der Klagebegründung wird die Frage des Immissionsschutzes, insbesondere des Lärmschutzes, nur dahingehend angesprochen, dass sich aus den behaupteten Mängeln der Verkehrsprognose auch erhebliche Abwägungsmängel in Bezug auf die Gewichtung von Umweltbelangen ergäben, z. B. in Bezug auf den Lärmschutz. Konkrete Rügen in Bezug auf das Lärmschutzkonzept enthält die Klagebegründung nicht; andere Verkehrsimmissionen, etwa Luftschadstoffe, werden nicht näher angesprochen. Mit seinem Vorbringen, die von ihm angenommenen Mängel der Verkehrsprognose hätten erhebliche Abwägungsmängel in Bezug auf die Gewichtung von Umweltbelangen, namentlich eine Fehlgewichtung der Lärmschutzbelange, zur Folge gehabt, vermag der Kläger indessen nicht durchzudringen.

157

Zwar setzt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts eine ordnungsgemäße Untersuchung der von einem Straßenbauvorhaben voraussichtlich ausgehenden Geräuschimmissionen voraus, dass die Lärmprognose bzw. die ihr zugrunde liegende Verkehrsprognose mit den zu ihrer Zeit verfügbaren Erkenntnismitteln unter Beachtung der für sie erheblichen Umstände methodisch fachgerecht erstellt worden ist, wobei die Überprüfungsbefugnis des Gerichts sich allein auf die Wahl einer geeigneten fachspezifischen Methode, die zutreffende Ermittlung des der Prognose zugrunde liegenden Sachverhalts und darauf erstreckt, ob das Ergebnis einleuchtend begründet worden ist (vgl. z. B. BVerwG, Beschluss vom 23. Juni 2009 – 9 VR 1.09 –, NVwZ-RR 2009, 753 und Rn. 14). Zugleich hat das Bundesverwaltungsgericht aber deutlich gemacht, dass es, soweit es um die Frage einer Fehlgewichtung der Lärmimmissionsbelastung zu Lasten Dritter geht, nur auf solche Mängel einer Lärm- bzw. Verkehrsprognose ankommen kann, die eine Unterschätzung der Verkehrsentwicklung und damit der mit ihr verbundenen Verkehrsimmissionsbelastung zur Folge haben (vgl. BVerwG, Urteil vom 18. März 2009 – 9 A 39.07 –, BVerwGE 133, 239 und juris, Rn. 104 f).

158

Vor diesem Hintergrund erweist sich das Vorbringen des Klägers, die von ihm behaupteten Mängel der Verkehrsprognose hätten auch erhebliche Abwägungsmängel in Bezug auf die Gewichtung der betroffenen Umweltbelange, „insbesondere auch des Schutzes vor Lärmimmissionen und Luftschadstoffen“ (so etwa in seinem Schriftsatz vom 30. März 2015), zur Folge gehabt, als ungeeignet zur Begründung von Abwägungsmängeln, die im Sinne von § 17e Abs. 6 Satz 1 FStrG erheblich, weil auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen sein könnten. Wie im Planfeststellungsbeschluss überzeugend dargestellt, hat die der Planung zugrunde gelegte Verkehrsprognose von M. im Hinblick auf die Ermittlung und Bewertung der beim vierspurigen Ausbau des planfestgestellten Abschnitts zu erwartenden Verkehrslärmimmissionsbelastungen den Charakter einer „Worst-Case-Betrachtung“, weil sich die Planfeststellungsbehörde bei der Ausgestaltung ihres Lärmschutzkonzepts an der nach der Verkehrsprognose größtmöglichen Verkehrsbelastung der B 10 orientiert hat, nämlich am Planungsfall 4 der Verkehrsuntersuchung 2004/2005, der einen durchgängigen vierstreifigen Ausbau der B 10 zwischen Pirmasens und der A 65 voraussetzt. Auf diese Weise ist sichergestellt worden, dass bereits im angefochtenen Planfeststellungsbeschluss für den Abschnitt zwischen Godramstein und der A 65 ein am Planungsfall 4 ausgerichtetes Lärmschutzkonzept entwickelt und planfestgestellt worden ist. Es ist nicht ersichtlich, dass bei dieser Vorgehensweise die Auswirkungen des Vorhabens in Bezug auf Verkehrsimmissionen unterschätzt worden sein könnten. Dies wäre umgekehrt nur vorstellbar, wenn der Planfeststellungsbeschluss von einer zu geringen Verkehrsbelastung ausgegangen wäre. Ein solches Szenario wird indessen vom Kläger nicht vorgetragen; vielmehr erhebt er stets umgekehrt den Vorwurf, es sei von zu hohen Erwartungen hinsichtlich des künftigen Verkehrsaufkommens ausgegangen worden. Die vom Kläger insoweit behaupteten Mängel der der Planung zugrunde gelegten Verkehrsprognose sind aber von vornherein nicht geeignet, eine fehlerhafte Gewichtung der Verkehrsimmissionsbelastung im Sinne einer in diesem Zusammenhang allein relevanten Unterschätzung zu begründen. Daher kommt es auch hier auf die Berechtigung der Detailrügen des Klägers in Bezug auf die Verkehrsuntersuchungen von M. nicht an.

159

ee. Anders, als der Kläger meint, leidet der angefochtene Planfeststellungsbeschluss schließlich auch nicht an einer fehlerhaften Gesamtabwägung.

160

Der Planfeststellungsbeschluss begegnet vielmehr auch unter dem Gesichtspunkt der Gesamtabwägung aller betroffenen öffentlichen und privaten Belange keinen Bedenken. Die Planfeststellungsbehörde ist ohne Abwägungsfehler davon ausgegangen, dass die für das Vorhaben sprechenden verkehrlichen Belange angesichts der gesetzlichen Bedarfsfeststellung und der den vierstreifigen Ausbau bereits rechtfertigenden Ist-Belastung des planfestgestellten Abschnitts einerseits, des nicht zu beanstandenden umfassenden Maßnahmenkonzepts zur Vermeidung, Minderung oder Kompensation von Eingriffen in die Umwelt, aber auch von Beeinträchtigungen privater Dritter namentlich durch Verkehrsimmissionen andererseits die mit dem Vorhaben verbundenen verbleibenden Beeinträchtigungen deutlich überwiegen.

161

Der Kläger versucht, unter dem Aspekt einer fehlerhaften Gesamtabwägung eine Verletzung des Gebots gerechter Abwägung aller betroffenen privaten und öffentlichen Belange gemäß § 17 Satz 2 FStrG daraus herzuleiten, dass die aus seiner Sicht mangelhafte Verkehrsprognose zu einer Abwägungsdisproportionalität geführt habe, weil nicht fehlerfrei bestimmt worden sei, welches Gewicht den für das Vorhaben sprechenden verkehrlichen Belangen im Verhältnis zur Gewichtung der Eingriffe in die Rechtssphäre einer Vielzahl von Betroffenen sowie in eine Vielzahl von Belangen des Umweltschutzes zukomme.

162

Dem kann nicht gefolgt werden. Es erscheint bereits zweifelhaft, ob der Kläger, nachdem seine Kritik an Methodik und Datengrundlage der Verkehrsuntersuchungen von M. – wie dargelegt – weder im Zusammenhang mit der Planrechtfertigung noch im Rahmen des Habitat- und Artenschutzrechtes durchgreift, im Rahmen seines nach § 2 Abs. 1 UmwRG eingeschränkten Rügerechts befugt ist, angebliche Mängel der Verkehrsprognose unter dem Aspekt fehlerhafter Gesamtabwägung gleichsam losgelöst von der Darlegung negativer Auswirkungen auf konkrete Umweltbelange geltend zu machen. Jedenfalls sind nach Überzeugung des Senats durchgreifende Bedenken an Methodik, Datengrundlage und Begründung des Prognoseergebnisses der der Planung zugrundeliegenden Verkehrsuntersuchungen nicht veranlasst.

163

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts unterliegen Verkehrsprognosen nur eingeschränkter gerichtlicher Kontrolle: Sie sind lediglich darauf zu überprüfen, ob sie methodisch einwandfrei erarbeitet worden sind, nicht auf unrealistischen Annahmen beruhen und ob das Prognoseergebnis einleuchtend begründet worden ist (vgl. z.B. BVerwG, Beschluss vom 15. März 2013 – 9 B 30.12 –, juris, Rn. 10 und Urteil vom 18. März 2009 – 9 A 39.07 –, BVerwGE 133, 239 und juris, Rn. 105 sowie Urteil vom 9. Juni 2010 – 9 A 20.08 –, NuR 2010, 870 und juris, Rn. 73, jeweils m.w.N.).

164

Zwar greift der Kläger die im Auftrag des Vorhabenträgers erstellten Verkehrsuntersuchungen von M. unter Bezugnahme auf diverse Stellungnahmen des Büros R. unter allen diesen Gesichtspunkten detailliert an, so insbesondere in den Schriftsätzen vom 31. Januar 2011 unter Bezugnahme auf eine als Anlage 5 hierzu vorgelegte Stellungnahme von R. vom Januar 2011, und im Schriftsatz vom 31. Oktober 2014 unter Bezugnahme auf weitere Stellungnahmen von R. vom Februar 2011, vom Juli 2014 und vom September 2014. Der Beklagte ist seinerseits allen Kritikpunkten eingehend unter Vorlage von Erwiderungen und ergänzenden Stellungnahmen insbesondere von M. und dem Landesbetrieb Mobilität entgegengetreten; dabei hat er auf aus seiner Sicht bestehende gravierende Fehler von R. hingewiesen, so namentlich mit Schriftsatz vom 3. Juni 2011, unter Bezugnahme auf die als Anlagen 5 und 6 zu diesem vorgelegten Stellungnahmen von M. vom 17. März 2011, mit Schriftsatz vom 22. März 2011 unter Bezugnahme auf die als Anlagen 5 und 6 hierzu vorgelegten Stellungnahmen des LBM vom 1. April 2011; schließlich mit Schriftsatz vom 18. Februar 2015, unter Bezugnahme auf weitere Stellungnahmen des LBM, von M. und von V..

165

Vor dem Hintergrund der nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nur sehr eingeschränkten gerichtlichen Überprüfungsbefugnis hinsichtlich Verkehrsprognosen, des Umstands, dass es nach dieser Rechtsprechung ohnehin keine gesetzliche Vorgabe gibt, nach welchen Methoden eine Verkehrsprognose im Einzelnen zu erstellen ist (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 23. April 2014 – 9 A 25.12 –, BVerwGE 149, 289 und juris, Rn. 30), und weil im Übrigen Verkehrsprognosen – wie alle Verkehrsprognosen – keiner Richtigkeitsgewähr unterliegen (vgl. z.B. BVerwG, Beschluss vom 28. November 2013 – 9 B 14.13 –, DVBl. 2014, 237 und juris, Rn. 7) sowie unter Berücksichtigung des eingeschränkten Rügerechts des Klägers besteht indessen keine Veranlassung, in allen Einzelheiten auf die Kritikpunkte des Klägers und des von ihm beauftragten Büros R. einzugehen. Dies widerspräche nicht zuletzt auch der vom Bundesverwaltungsgericht betonten Absicht des Gesetzgebers, mit der gesetzlichen Bedarfsfeststellung auch einen nachfolgenden Verwaltungsprozess von einem Gutachterstreit über die „richtigere“ Verkehrsprognose zu entlasten (vgl. BVerwG, Urteil vom 3. Mai 2013, a.a.O., Rn. 24).

166

Vielmehr sind aus Sicht des Senats nur die nachfolgenden Feststellungen veranlasst: Das vom Vorhabenträger mit der Erstellung der Verkehrsuntersuchungen beauftragte Büro M. hat namentlich in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 19. Januar 2015 (vorgelegt als Anlage 10 zum Schriftsatz des Beklagten vom 18. Februar 2015) noch einmal – unter Vertiefung der in den Verkehrsuntersuchungen 2004/2005 und 2013 hierzu bereits enthaltenen Angaben – die Methodik der von ihr erstellten Verkehrsuntersuchungen näher erläutert. Die danach im Wesentlichen auf empirischen Erhebungen (Verkehrszählungen, Verkehrsteilnehmerbefragungen, Ermittlungen zur siedlungsstrukturellen Entwicklung etc.) beruhende Methodik der Erstellung einer Verkehrsuntersuchung wird, wie der Beklagte und der Vertreter von M. unwidersprochen dargelegt haben, seit Jahrzehnten angewandt und hat sich – wie Vergleiche früherer Prognoseergebnisse mit der tatsächlichen Verkehrsentwicklung belegt haben – im Wesentlichen bewährt. Demgegenüber haben der Kläger und die Vertreter von R. auch in der mündlichen Verhandlung nicht konkret darzulegen vermocht, dass und in welcher Hinsicht die von ihnen favorisierte sog. synthetische Vorgehensweise im konkreten Planungsfall zu in relevantem Umfang abweichenden Prognoseergebnissen geführt hätte.

167

Bestehen danach keine durchgreifenden Bedenken an der methodischen Erarbeitung der der Planung zugrunde gelegten Verkehrsuntersuchungen, so ist im Übrigen aus Sicht des Senats auch nicht ersichtlich oder vom Kläger nachvollziehbar dargelegt worden, dass die Verkehrsprognosen in ergebnisrelevantem Umfang auf unrealistischen Annahmen beruhen könnten oder weshalb das Prognoseergebnis nicht einleuchtend begründet worden sein sollte.

168

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

169

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten beruht auf §§ 167 VwGO, 708 ff. ZPO.

170

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil Gründe der in § 132 Abs. 2 VwGO bezeichneten Art nicht vorliegen.

Beschluss

171

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 25.000,00 € festgesetzt (§ 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 34.4 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013, abgedruckt in LKRZ 2014, 169).

(1) Neue Kreuzungen von Eisenbahnen und Straßen, die nach der Beschaffenheit ihrer Fahrbahn geeignet und dazu bestimmt sind, einen allgemeinen Kraftfahrzeugverkehr aufzunehmen, sind als Überführungen herzustellen.

(2) In Einzelfällen, insbesondere bei schwachem Verkehr, kann die Anordnungsbehörde Ausnahmen zulassen. Dabei kann angeordnet werden, welche Sicherungsmaßnahmen an der Kreuzung mindestens zu treffen sind.

(3) Eine Kreuzung im Sinne des Absatzes 1 ist neu, wenn einer der beiden Verkehrswege oder beide Verkehrswege neu angelegt werden.

Tenor

Die Berufungen der Kläger gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 29. Juli 2010 - 8 K 2721/08 - werden zurückgewiesen.

Von den Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Klägerin zu 1 15/36, der Kläger zu 2 17/36 und die Klägerinnen zu 3 und 4 je 1/18 mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen, der diese auf sich behält.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Kläger wenden sich gegen den Planfeststellungbeschluss für den (teilweisen) Neubau der Kreisstraße K 7725 - Südumfahrung Kehlen - sowie den Umbau der Knotenpunkte zwischen der B 30 und der L 333.
Der Kläger zu 2 ist Eigentümer der im Ortsteil Gunzenhaus (Süd) der Gemeinde Meckenbeuren gelegenen Grundstücke Flst. Nr. 525 und 525/1 (...straße ...). Das letztere Grundstück ist mit einem Wohngebäude nebst Doppelgarage bebaut, das der Kläger zu 2 mit der Klägerin zu 1 bewohnt. Das angrenzende Grundstück Flst. Nr. 525 ist mit einem Nebengebäude (Holzlager, Stall, Carport) bebaut. Die K 7725 wird künftig statt bislang 700 bis 800 m nur mehr in einem Abstand von ca. 145 bzw. 115 m an diesen Gebäuden vorbeiführen.
Die Klägerinnen zu 3 und 4 sind zusammen mit dem Kläger zu 2 Mitglieder einer Erbengemeinschaft und als solche Gesamthandseigentümer des Grundstücks Flst. Nr. 528, welches teilweise als Erdbeerpflanzung verpachtet ist und im Übrigen als Streuobstwiese genutzt wird. Das 7.715 m2 große Grundstück wird durch das Straßenbauvorhaben (einschließlich des landschaftspflegerischen Begleitplans) teilweise dauernd (3.217 m2) und teilweise vorübergehend (546 m2) in Anspruch genommen.
Unter dem 29.06.2006 leitete das Regierungspräsidium Tübingen auf Antrag des Landkreises Bodenseekreis das Planfeststellungsverfahren für den Neubau der Südumfahrung Kehlen als „K 7725 neu“ und den Umbau des Knotenpunktes B 30/L 333 ein.
Nachdem den Trägern öffentlicher Belange und den anerkannten Naturschutzverbänden Gelegenheit gegeben worden war, zu dem Plan bis zum 02.10.2006 Stellung zu nehmen, wurde in den „Gemeindenachrichten Gemeinde Meckenbeuren“ am 08.07.2006 amtlich bekannt gemacht, dass die Planunterlagen vom 10.07. bis 09.08.2006 im Rathaus während der Dienststunden zur allgemeinen Einsichtnahme auslägen. Jeder könne bis spätestens zwei Wochen nach Ablauf der Auslegungsfrist - bis einschließlich zum Mittwoch, 23.08.2006 - bei der Gemeinde oder beim Regierungspräsidium Tübingen Einwendungen gegen den Plan schriftlich oder zur Niederschrift erheben. Die Einwendung müsse innerhalb der Einwendungsfrist den geltend gemachten Belang und das Maß seiner Beeinträchtigung erkennen lassen. Mit Ablauf der Einwendungsfrist seien alle Einwendungen ausgeschlossen, die nicht auf besonderen privatrechtlichen Titeln beruhten.
Mit am 23.08.2006 eingegangenen Anwaltsschreiben vom 23.08.2006 erhoben die Kläger im Wesentlichen folgende Einwendungen: Ihr Grundstück dürfe nur in Anspruch genommen werden, wenn sämtliche Belange rechtsfehlerfrei ermittelt und abgewogen seien; dies sei nicht der Fall. Die Lärmbelastung für ihre Grundstücke rühre derzeit von nur 26 Fahrzeugbewegungen her, weshalb die Wohnqualität bislang nur sehr wenig durch Straßenverkehrslärm beeinträchtigt sei. Eine Vorbelastung bestehe nur aufgrund der nördlich verlaufenden Eisenbahnstrecke Ulm - Friedrichshafen und des westlich gelegenen Flughafens. Dass die besondere Lärmsituation im Bereich des nahegelegenen Brückenbauwerks ermittelt worden sei, sei nicht ersichtlich. Unklar sei, ob, was allein sachgerecht sei, bei Bestimmung der Immissionsrichtwerte von einem Wohngebiet ausgegangen worden sei. Die erhebliche Vorbelastung sei bei der Lärmberechnung völlig außer Acht gelassen worden, obwohl aufgrund der eintretenden Gesamtbelastung die Grenze zur Gesundheitsbeeinträchtigung überschritten werde. Jedenfalls seien Auflagen vorzusehen, aufgrund denen auf nicht prognostizierte, erhöhte Immissionsbelastungen mit aktiven und passiven Schallschutzmaßnahmen reagiert werden könne. Ein Eingriff in das Landschaftsbild und den Erholungswert der Landschaft, insbesondere in den Naherholungsbereich und das Erholungsgelände von Gerbertshaus dürfe nur erfolgen, wenn es keine Alternativen gebe. Durch die Straße werde auch die historische Bindung an den Hauptort Kehlen zerschnitten. Eine Neuplanung sei schließlich gar nicht erforderlich. Bei Realisierung der B 30 neu würde Kehlen ohnehin entlastet. Auch sonst gebe es eine wesentlich geeignetere Variante. Auf der Höhe des Ortsteils Lochbrücken könne etwa außerhalb des bewohnten Gebiets eine Stichstraße zum nördlichen Teil des Flughafens und entweder auf dem Flughafengelände selbst oder an diesem entlang zum Messegelände geführt werden. Auf diese Weise könnten auch der Flughafen und das neue Industriegebiet angeschlossen werden; vor allem würden eine Zerschneidung des Landschaftsbildes und der Siedlungsstruktur sowie ein Erwerb von Naherholungsraum vermieden und Gunzenhaus würde keiner zusätzlichen Lärmbelastung ausgesetzt. Ob die geplante Ortsumfahrung tatsächlich zu einer Entlastung Kehlens führen werde, sei ohnehin zweifelhaft, da sie einen wesentlichen Umweg bedeuten würde.
Die Klägerinnen zu 3 und 4 machten mit nahezu gleichlautenden, am 22.08.2008 eingegangen Schreiben vom 11. bzw. 20.08.2006 im Wesentlichen noch geltend: Sie wendeten sich nicht nur gegen die unmittelbare Inanspruchnahme ihres Grundstücks Flst. Nr. 528, sondern auch gegen die von den zukünftig zu erwartenden Schallemissionen ausgehenden Beeinträchtigungen ihrer Gesundheit, ihres Haus- und Wohneigentums und der landwirtschaftlichen Nutzung jenes Grundstücks. Sie seien als Bürgerinnen des Ortsteils Gerbertshaus dramatischen Auswirkungen des steigenden Verkehrsaufkommens, der Veränderung der landwirtschaftlichen Nutzflächen und einer damit möglicherweise einhergehenden Änderung des lokalen Klimas ausgesetzt. Eine Beeinträchtigung des Naherholungsgebiets im Bereich der Schussen und des Erholungsgeländes in Gerbertshaus sei nicht hinnehmbar. Auch der gewährte Lärmschutz sei unzureichend, da es zu einer nicht akzeptablen Zunahme der Lärmbelastung komme. Schon jetzt sei der Lärm durch den Flug- und Zeppelinbetrieb, die Triebwerksprobeläufe, die zunehmenden Start- und Landebewegungen sowie den Bodenlärm durch den Straßen- und Eisenbahnverkehr unerträglich. Die Belastung erreiche in der Summe nunmehr ein erheblich störendes, teilweise sogar gesundheitsrelevantes Maß. Die geplante Trasse passe nicht ins Landschaftsbild und trenne das Ortsbild. Gutachten und Prognosen, die die Erhöhung des Verkehrsaufkommens durch die geplante Erweiterung der Messe, die Fertigstellung der B 31, die Erweiterung des Flugplatzes Friedrichshafen sowie den Bau der geplanten B 30 neu berücksichtigten, gebe es nicht. Zur Gewährleistung eines wirksamen Immissionsschutzes müssten die kurz-, mittel- und langfristigen Verkehrszahlen prognostiziert werden. Insofern sei der Bau der Südumfahrung zumindest bis zur Fertigstellung der B 30 neu zurückzustellen. Die erstellten Prognosen seien unrealistisch, berücksichtige man die im Gemeindeblatt veröffentlichten Geschwindigkeitskontrollen an der K 7725. Bislang sei nur die gerade durch die Südumfahrung zu erwartende Mehrbelastung in den Blick genommen worden, wobei die Auswirkungen der Brücke möglicherweise unberücksichtigt geblieben seien. Der Ortsteil Gunzenhaus müsse jedenfalls als Wohngebiet berücksichtigt werden. Schließlich seien sie es gewohnt, zur Nachtzeit bei offenem Fenster zu schlafen. Alternative Vorschläge, wie die direkte Anbindung der Messe Friedrichshafen via Flugplatz („Shuttlestraße" über die bestehende Brücke) auf den Seewald Kreisverkehr, seien nicht weiter verfolgt worden. Die Vervielfachung des Verkehrsaufkommens werde den Verkehrswert ihrer Hausgrundstücke und ihres Grundbesitzes mindern. Auch werde die Nutzbarkeit der Außenbereiche stark eingeschränkt. Es müsse geregelt werden, welche Rechte ihnen als Eigentümer von Wohngrundstücken zustünden, sollten die Vorgaben im Planfeststellungsbeschluss nicht eingehalten werden. Erforderlich sei eine „Schallgarantie“, die sicherstelle, dass ihnen auch ein in der Umweltmedizin künftig erkannter und von der Gesetzgebung oder Rechtsprechung anerkannter erhöhter Schallschutz zu Gute komme. Die durch Gewährung von (passivem) Schallschutz nicht ausgleichbaren Nachteile für die Nutzung ihres Wohneigentums müssten durch eine angemessene Entschädigung ausgeglichen werden.
Im Rahmen der Erörterungsverhandlung am 20.12.2007 wies der Kläger zu 2 auf die relativ große Verkehrsmenge aus dem Raum Friedrichshafen hin und lehnte die Planung als eine mit 15 Millionen Euro zu teure Notlösung ab. Eine kleine Lösung von der Lochbrücke am Flughafen entlang zur Messe für etwa 2 Millionen Euro reiche völlig aus. Nach Fertigstellung der B 30 neu möge geprüft werden, ob die Ortsumgehung Kehlen noch benötigt werde.
Am 26.09.2008 erließ das Regierungspräsidium Tübingen den Planfeststellungsbeschluss "für den Neubau der K 7725 - Südumfahrung Kehlen - sowie den Umbau der Knotenpunkte zwischen der B 30 und L 333". Zur Begründung wurde u. a. angeführt: Die Planung sei von einer ausreichenden Rechtfertigung getragen, da sie im vordringlichen Bedarf des Kreisstraßenausbauprogramms des Bodenseekreises enthalten sei und im Einklang mit den übergeordneten Planungskonzepten des Landes, des Landkreises und der Gemeinden stehe. Die Ortsdurchfahrt Kehlen sei stark belastet. Die Straße habe eine regionale und überregionale Verbindungsfunktion, die sich im Zuge des geplanten Baus der B 30 neu und der Südumfahrung Tettnang noch verstärke. Hinzu komme, dass bei Messeveranstaltungen in Friedrichshafen ein erheblicher zusätzlicher Verkehr aufgenommen werden müsse. Die Ortsdurchfahrt Kehlen habe einen unsteten Verlauf bei einer geringen Fahrbahnbreite, die Gehwege seien zum Teil sehr schmal. Am bestehenden Bahnübergang und an der Einmündung in die B 30 komme es jetzt schon regelmäßig zum Rückstau. Die Verkehrsuntersuchung prognostiziere für das Jahr 2015 eine Verkehrsmenge von 13.900 Kfz/24 h bei einem Schwerverkehrsanteil von 1.000 Fahrzeugen. Diese Belastung überfordere ersichtlich die bestehende Ortsdurchfahrt. Hinzu komme, dass die Straße als Zubringer für die geplante B 30 dienen solle, womit eine weitere Erhöhung des Verkehrsaufkommens zu erwarten sei. Durch die geplante Straße werde eine Entlastung von 67 % für die Ortsdurchfahrt prognostiziert. Insofern führe sie zu einer erheblichen Verbesserung der Lebensqualität der dortigen Bevölkerung. Der unter Hinweis auf zu erwartenden Schleichverkehr bezweifelte Entlastungseffekt könne nicht ernsthaft in Frage gestellt werden. Der Bau der B 30 neu führe noch nicht zu einer Entlastung der Ortsdurchfahrt, vielmehr werde sich die Verkehrsbedeutung und -belastung des Zubringers K 7725 dadurch noch erhöhen. Die eine Verkehrszunahme prognostizierende Verkehrsuntersuchung sei für den Untersuchungsraum nicht zu beanstanden. Die Gutachter hätten sich detailliert mit den Entwicklungen des maßgeblichen Untersuchungsraums auseinandergesetzt, für den aufgrund der Einwohnerzahl, des Freizeitwerts und der Wirtschaftskraft eine überdurchschnittliche Entwicklung zu erwarten sei. Tragender Aspekt der Planung sei nicht zuletzt die Verkehrssicherheit. Das Unfallgeschehen in der Ortsdurchfahrt und im Einmündungsbereich in die B 30 spiegle die unbefriedigende Leistungsfähigkeit der Strecke wieder.
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Was etwaige Alternativen anbelange, sei die Südumfahrung im Vergleich zu den zwei geprüften Nordumfahrungen die günstigste Lösung. Auch die vorgeschlagene Trasse in Anlehnung an die "Shuttlebus"-Verbindung zwischen Flughafen und Messe sei untersucht worden. Es spreche viel dafür, dass diese Verkehrsführung schon keine Alternative zur beantragten Südumfahrung, sondern ein anderes Verkehrsprojekt darstelle, mit dem wesentliche Ziele der Planung nicht erreicht werden könnten. Der Vorschlag dränge sich jedenfalls nicht als die bessere Alternative auf. Die entsprechende Trassenführung decke sich nicht mit der langfristig in der Raumschaft verfolgten Netzkonzeption mit B 30 neu, B 31 neu und B 467 neu. Nur wenn die K 7725 neu gezielt auf den Anschluss bei Hirschlatt geführt werde und der Verkehr nicht den Umweg über die Messe nehmen müsse, könne die volle verkehrliche Wirksamkeit dieser Gesamtkonzeption erreicht werden. Der Messeverkehr verursache zwar zeitweise ein hohes Aufkommen, mache jedoch übers Jahr gesehen nicht den maßgebenden Verkehrsanteil aus. Deswegen sei die Netzkonzeption nicht vorrangig daran auszurichten. Mit zunehmender „Umwegigkeit" der Trasse nehme der bezweckte Entlastungseffekt für die Ortsdurchfahrt ab; eine ortsnahe Führung bewirke deutlich mehr als eine nach Süden abgesetzte Linienführung. Eine Trasse als Ausbaumaßnahme auf der bereits bestehenden Flughafenstraße sei nicht geeignet, da dies keine öffentliche Straße sei und ein reiner Ausbau nicht geeignet wäre, überörtlichen Verkehr aufzunehmen. Damit wäre nur ein Neubau außerhalb des Flughafenbereichs denkbar, der zudem sicherheitstechnische Vorgaben einhalten müsse. Im Hinblick auf die Anflugbefeuerung komme im Randbereich nur ein Straßenverlauf in kostenaufwendiger Tunnel- oder zumindest Tieflage in Betracht. Ein Brückenbauwerk über die Bahn mit der für eine Elektrifizierung notwendigen Höhe und entsprechenden „Anrampungen" sei nicht realisierbar. Zudem würde ein Anschluss an die K 7726 auf Höhe der Messe zu einer Behinderung der Verkehrsflüsse an Messetagen führen, was der Neubau der K 7725 neu gerade verhindern solle. Eine Trassierung auf die Anschlussstelle bei Hirschlatt führe schließlich zu massiven Belastungen des Siedlungsbereichs von Gerberts-haus und stelle einen erheblichen Eingriff in das Waldgebiet "Großes Moos" dar. Dies führe zu unvermeidbaren artenschutzrechtlichen Konflikten, welche allenfalls dann hingenommen werden könnten, wenn es keine zumutbare Alternative gäbe. Eine solche sei mit der planfestgestellten Trasse jedoch gerade vorhanden. Gegen eine Unterquerung von Bahn, Schussen bzw. Flughafenstraße spreche nicht zuletzt, dass sie erfahrungsgemäß ein Vielfaches an Kosten verursache. Angesichts der zumutbaren Südumfahrung hätte eine solche daher bereits wegen des schlechten Kosten-/Nutzenverhältnisses als unwirtschaftlich ausgeschieden werden dürfen.
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Zum Verkehrslärmschutz wurde u.a. ausgeführt, dass die für Wohngebiete maßgeblichen Grenzwerte von 59/49 dB(A) Tag/Nacht nicht überschritten werden dürften. Die Ortsteile Gunzenhaus und Siglishofen sowie das Gehöft Sch. seien als Wohngebiet angesehen worden. Dem Lärmgutachten habe eine Verkehrsuntersuchung vom Januar 2006 mit dem Prognosehorizont 2015/ 2020 zugrunde gelegen, wobei der schalltechnischen Berechnung im Sinne einer "worst-case"-Betrachtung der ungünstigste Lastfall (C 2) zugrunde gelegt worden sei. Die Verkehrsuntersuchung sei methodisch richtig erstellt und inhaltlich nachvollziehbar. Die B 31 neu im Abschnitt Friedrichshafen-Immenstaad sei berücksichtigt worden; im Übrigen seien von dort nur untergeordnete Auswirkungen zu erwarten. Auch von der Entwicklung der Fluggastzahlen am Flughafen seien keine erheblichen Auswirkungen auf das Verkehrsaufkommen der K 7725 neu zu erwarten, da das Passagierwachstum im Wesentlichen aus Österreich und der Schweiz erwartet werde. Im Übrigen habe der Flughafenverkehr ohnehin nur untergeordneten Einfluss auf den maßgeblichen Jahresmittelwert. Die Lärmberechnung sei durch Ermittlung eines Beurteilungspegels in einem Berechnungsverfahren vorzunehmen. Die Methode nach der Richtlinie für den Lärmschutz an Straßen (RLS-90) gewährleiste zuverlässige Ergebnisse und sei von der Rechtsprechung bestätigt. Die Lärmberechnungen, an denen zu zweifeln kein Anlass bestehe, hätten ergeben, dass zur Einhaltung der Grenzwerte Lärmschutzmaßnahmen notwendig seien. Erforderlich sei auf der Ostseite der K 7725 neu ein Lärmschutzwall mit einer Höhe von 1,5 m über der Gradiente bis zum Brückenbauwerk, von wo er in einen 1,5 m hohen massiven Spritzschutz übergehe. Außerdem umfasse die Planung näher bezeichnete Lärmschutzmaßnahmen für bestimmte Streckenabschnitte. Damit könne die Lärmbelastung im Bereich Gunzenhaus um weitere 4 dB(A) reduziert werden und seien für alle Gebäude die Orientierungswerte der DIN 18005 für allgemeine Wohngebiete eingehalten. Dem Einwand, dass bei offenem Fenster geschlafen und eine Störung des Schlafs durch den Verkehrslärm bis hin zur Gesundheitsgefährdung befürchtet werde, sei entgegenzuhalten, dass die Grenzwerte an den maßgeblichen Messpunkten vor den Fenstern durchgängig eingehalten seien. Unzumutbare oder gar gesundheitsgefährdende Beeinträchtigungen seien nicht zu erkennen. Zwar seien auch Gärten, Terrassen und Balkone schutzwürdig, jedoch gelte dies nur tagsüber. Nach den Lärmberechnungen würden die Immissionsgrenzwerte indes deutlich unterschritten. Zwar sei eine Vorbelastung durch andere Verkehrsanlagen grundsätzlich nicht im Sinne eines Summenpegels zu berücksichtigen, jedoch verhalte es sich dann anders, wenn die Gesamtlärmbelastung den Grad einer Gesundheitsgefährdung erreiche oder in die Substanz des Eigentums eingreife. Beides komme unter Berücksichtigung des derzeitigen Standes der Lärmwirkungsforschung aber erst ab einem Außendauerschallpegel von etwa 70 dB(A) bzw. 60 dB(A) in Frage. Nach der ergänzenden Stellungnahme zur Gesamtlärmsituation sei eine Gesamtbelastung im gesundheitsgefährdenden Bereich jedoch nicht zu erwarten. Bei Einhaltung der strengen Werte der DIN 18005 habe die K 7725 neu nur einen untergeordneten Einfluss. Auch die unter Berücksichtigung des Fluglärms ermittelte Größenordnung der Gesamtlärmbelastung von 64 bis 67 dB(A) am Tag und 56 dB(A) in der Nacht liege noch deutlich unter den Werten, ab denen die Rechtsprechung eine Gesundheitsgefährdung für denkbar halte. Eine erhebliche (negative) Veränderung der Lärmsituation durch Abweichung der tatsächlichen Verkehrssituation von der Prognose durch die B 30 infolge der Maßnahme sei nicht zu erwarten. Gegebenenfalls führe dies zu Nachbesserungs- oder Entschädigungsansprüchen.
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Was die befürchtete soziale Trennwirkung anbelange, stelle der Straßenbau zwar eine Zäsur im Ortsbild von Gunzenhaus bzw. Kehlen dar. Aufgrund der Brücke über Bahn und Schussen blieben jedoch die relevanten Wegeverbindungen erhalten.
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Gegen den ihrem Prozessbevollmächtigten am 07.10.2008 zugestellten Planfeststellungsbeschluss haben die Kläger am 06.11.2008 beim Verwaltungsgericht Sigmaringen Klage erhoben. Zur Begründung haben die Kläger im Wesentlichen wie folgt vorgetragen: Aufgrund der enteignungsrechtlichen Vorwirkung könnten die Kläger zu 2 bis 4 als Eigentümer des Grundstücks Flst. Nr. 528 eine umfassende Überprüfung des Planfeststellungsbeschlusses beanspruchen. Eine materielle Präklusion greife nicht, da sie Einwendungen erhoben hätten. Für die nur mittelbar eigentumsbetroffenen Kläger zu 1 und 2 werde sich die Lärm- und Schadstoffsituation grundlegend ändern. Die Auswahl der Trassenvarianten sei unzureichend. Mit der sogenannten „Shuttlebus-Trasse" habe sich der Vorhabenträger zunächst überhaupt nicht befasst, obwohl diese sich als die bessere Variante aufdränge, weil sie außerhalb bewohnter Gebiete verlaufe. Warum mit ihr nicht die volle verkehr-liche Wirksamkeit erreicht werden könnte, sei nicht verständlich, zumal sie auch keinen Umweg, sondern eine sinnvolle Ergänzung der geplanten Messezufahrt darstelle. Auch im Planfeststellungsbeschluss werde diese Variante nur unzureichend behandelt. Diese müsse auch nicht zwingend in das Waldgebiet „Großes Moos“ eingreifen. Der Eingriff in das Landschaftsbild sei ebenso wie der Eingriff in die Natur grundsätzlich zu unterlassen. Auch eine ausreichende Kompensation sei nicht vorgesehen. So sei die Maßnahme 2.1 für den vorgesehenen Zweck ungeeignet. Auch die mit der Maßnahme 9 verbundenen Maßnahmen, welche u. a. als Ersatz für die Beeinträchtigung des Landschaftsbildes vorgesehen seien, seien unzureichend. Die Fläche sei bereits zu klein. Die „Bähwiesen“ befänden sich mit ihrer extensiven Nutzung ohnehin bereits in einem sehr guten Zustand. Hinsichtlich der Zerschneidung der Siedlungsstruktur habe keine sachgerechte Abwägung stattgefunden.
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Der Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Der Planfeststellungsbeschluss habe sich auch mit der „Shuttle-Trasse" eingehend auseinandergesetzt. Diese stelle jedoch ein völlig anderes Verkehrsprojekt dar. So sehe sie eine Linienführung an völlig anderer Stelle vor und sei nicht am zentralen Ziel der Planung, nämlich der Entlastung der Ortsdurchfahrt Kehlens, ausgerichtet. Jedenfalls sei sie nicht die eindeutig bessere Variante. Die Belastungen würden lediglich verlagert. Es seien im Übrigen nicht nur die Grenzwerte nach der 16. BImSchV eingehalten, vielmehr seien sogar die strengeren Orientierungswerte nach der DIN 18005 der Planung zugrundegelegt worden. Da die Flughafenstraße ungeeignet sei, den überörtlichen Verkehr aufzunehmen, wäre außerhalb des Flughafenbereichs ein Straßenneubau erforderlich. Dieser führte jedoch zu einem erheblichen Eingriff in Natur und Landschaft und müsste den sicherheitstechnischen Belangen des Flughafens untergeordnet werden. Hinzu komme die Problematik des Eingriffs in das hochwertige Waldgebiet „Großes Moos“. Im Hinblick auf den Eingriff ins Landschaftsbild und die naturschutzrechtlichen Belange seien die Kläger ohnehin präkludiert. Allenfalls seien weitere Ausgleichs- oder Ersatzmaßnahmen zu entwickeln, die sich jedoch auf die Kläger nicht auswirkten. Die Frage der Zerschneidung der Siedlungsstruktur („soziale Trennwirkung") sei im Planfeststellungsbeschluss abgehandelt worden. Das Wohnhaus der Kläger sei schon bisher Emissionen der angrenzenden Bahnstrecke, des Flughafens und der naheliegenden B 30 ausgesetzt gewesen. Durch den Neubau der Kreisstraße erfahre die Lärmsituation daher keine grundlegende Änderung. Eine Erhöhung der Schallschutzwände um weitere 1 - 2 m führte lediglich zu einer kaum mehr wahrnehmbaren Reduzierung der Emissionspegel um 1,2 bis 1,8 dB(A). Zugleich würden Flächen und Kosten um 40 bis 80 % zunehmen, was unverhältnismäßig sei. Auf dem Brückenbauwerk sei zudem fraglich, ob sich eine Erhöhung noch in das Orts- und Landschaftsbild integrieren ließe. Auch seien Beeinträchtigungen des Vogelflugs zu besorgen.
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Abschließend haben die Kläger geltend gemacht, dass es mehrere geeignetere Trassen gebe. Hierzu haben sie zunächst auf eine Variante 1 mit Querung der Start- und Landebahn des Flughafens mittels einer Unterführung sowie eine Variante 2 verwiesen, die am Rande des Flughafengeländes verliefe. Schließlich lasse das Straßenbauvorhaben die Planungen der Gemeinde Meckenbeuren unberücksichtigt. So solle die Ortsdurchfahrt neu trassiert werden. Nicht zuletzt deshalb dränge sich die Variante 3 geradezu auf. Mit ihr würde letztlich eine schlüssige Straßenführung geschaffen. Die planfestgestellte Variante stehe auch in Widerspruch zum Lärmaktionsplan.
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Mit Urteil vom 29.07.2010 hat das Verwaltungsgericht die Klagen (Az.: 8 K 2721/08) abgewiesen. Hierzu hat es im Wesentlichen ausgeführt: Die auf eine Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses gerichteten Hauptanträge seien unbegründet. Mit ihren Rügen betreffend einen nicht kompensierten Eingriff in den Naturhaushalt seien die Kläger auch insoweit, als sie wegen des unmittelbaren Eingriffs in die Substanz ihres Eigentums betroffen seien, ausgeschlossen. Daran habe sich auch mit der Novellierung des § 37 Abs. 9 Satz 1 StrG nichts geändert. Dies gelte auch für solche Umstände, welche von der Planfeststellungsbehörde von Amts wegen oder aufgrund von Einwendungen Dritter zu berücksichtigen gewesen seien. Im Übrigen hätte auch die Beachtung naturschutzrechtlicher Belange nicht dazu geführt, dass von der Maßnahme insgesamt abgesehen oder die Trassenführung im Bereich ihrer Grundstücke verändert worden wäre. Vielmehr hätten die behaupteten naturschutzrechtlichen Mängel durch eine schlichte Planergänzung behoben werden können. Ob auch die mit der Klage vorgebrachte Rüge, der Eingriff in das Landschaftsbild sei nicht kompensiert, präkludiert sei, habe offen bleiben können. Allerdings dürfte die Frage eines entsprechenden Ausgleichs bzw. Ersatzes im Einwendungsschreiben schon nicht hinreichend "thematisiert" worden sein. Jedenfalls habe nur eine entsprechend pauschale Prüfung erwartet werden können.
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Dem planfestgestellten Neubau der K 7725 fehle es auch nicht an der erforderlichen Planrechtfertigung. Ob die Kläger zu 1 und 2, soweit sie nur mittelbar (durch Lärm) betroffen seien, deren Fehlen überhaupt rügen könnten, könne dahinstehen. Denn das Vorhaben sei gemessen an den Zielen des Straßengesetzes jedenfalls "vernünftigerweise" geboten gewesen. Relevante Ziele der Planung einer Kreisstraße seien auch die Entlastung von Orts-durchfahrten und die Erhöhung der Verkehrssicherheit. Bereits der Blick auf die Übersichtskarte zeige, dass jedenfalls der Verkehr aus dem Bereich Lindau/Kressbronn/Langenargen/Tettnang, welcher Friedrichshafen umfahren und dies künftig auch nicht über die B 31 neu tun und/oder ins Hinterland Friedrichshafens bzw. den Raum Hagnau/Meersburg/Überlingen gelangen wolle, die K 7725 neu nutzen und damit die Ortsdurchfahrt meiden werde. Entsprechendes gelte für den Verkehr in umgekehrter Richtung. Eine Entlastung der Ortsdurchfahrt trete schließlich nach Aussage des Verkehrsgutachters auch ohne die B 30 neu ein. Da diese lediglich bei Hirschlatt an die K 7725 anknüpfe, würde die Ortsdurchfahrt durch die Zubringerfunktion für Meckenbeuren stark belastet. Werde eine relevante Entlastung der Ortsdurchfahrt erreicht und bedürfe der gegenwärtige Zustand im Hinblick auf die Verkehrssicherheit der Abhilfe, könnten bereits in Trassenführung und Ausbauzustand begründete und im laufenden Betrieb erkennbare Verkehrsgefahren die Planung rechtfertigen, ohne dass es auf eine Verkehrszählung ankomme. Unabhängig davon gehe der Angriff gegen die Verkehrsprognose fehl. Die von den Klägern anlässlich von Geschwindigkeitsmessungen am 11.12.2006 und 21.11.2007 gezählten Fahrzeugmengen seien nicht repräsentativ. Auch sei nicht dargetan, dass eine zu hohe Ausgangsbelastung die Prognose für 2015 unrichtig mache.
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Die Vorgehensweise nach der Verkehrslärmschutzverordnung sei nicht zu beanstanden. Da die Lärmberechnungen für die K 7725 als solche nicht in Zweifel gezogen worden seien, seien diese zugrundelegt worden. Die Verkehrslärmuntersuchung vom 12.01.2006 sei zum Ergebnis gekommen, dass die K 7725 mit den im Planfeststellungsbeschluss festgelegten Lärmschutzmaßnahmen für die Siedlungsbereiche der Kläger in Gunzenhaus-Süd zu Lärmwerten von höchstens 55/45 dB(A) führe. Damit seien sowohl die Grenzwerte nach der Verkehrslärmschutzverordnung als auch die Werte der DIN 18005-1 für Wohngebiete eingehalten. Eine (teilweise) Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses käme ohnehin nur in Betracht, wenn das zum Schutz der Nachbarschaft entwickelte Lärmschutzkonzept derart defizitär sei, dass die Ausgewogenheit der Planung insgesamt oder in einem abtrennbaren Planungsteil in Frage gestellt sei. Ansonsten bestehe allenfalls ein Anspruch auf Planergänzung. Soweit sich die Klägerinnen zu 3 und 4 - zumal unsub-stantiiert - auf die eingeschränkte Nutzbarkeit ihres Grundstücks berufen hätten, sei dem entgegenzuhalten, dass ihr Außenbereichsgrundstück kein Außenwohnbereich sei. Außerdem sei im Außenbereich ein höheres Maß an Verkehrsimmissionen zumutbar. Seien die Grenzwerte der Verkehrslärmschutzverordnung eingehalten, sei die Zumutbarkeitsgrenze nicht überschritten. Auch sei die allgemeine Lärmerwartung im Außenbereich sehr viel höher. Im Übrigen liege die Terrasse des Wohnhauses nach Süden, also nicht direkt zur Trasse hin, welche in ihrer kürzesten Entfernung östlich verlaufe. Zwar gehöre zur angemessenen Befriedigung der Wohnbedürfnisse grundsätzlich auch die Möglichkeit des Schlafens bei gekipptem Fenster. Der typische Dämmwert eines gekippten Fensters betrage jedoch nach gefestigter Auffassung 15 dB(A), sodass sich für die Kläger zu 1 und 2 Innenpegel von nachts allenfalls 30 dB(A) ergäben. Die Schwelle zur Gesundheitsgefährdung sei daher nicht erreicht. Nach den genehmigten Plänen lägen zur Straßentrasse hin ohnehin nur zwei Fenster, nämlich in der Küche im Erdgeschoss und in einem nicht zum Schlafen bestimmten Zimmer im Obergeschoss. Die nach Norden hin ausgerichteten Schlafraumfenster seien von der Straße noch weiter entfernt. Problematischer erscheine die Gesamtbelastung durch Bahn-, Straßen- und Fluglärm, doch ergebe sich auch daraus kein Rechtsfehler zu Lasten der Kläger. Nach den Rasterlärmkarten des Lärmaktionsplans ergebe sich für die Grundstücke der Kläger als Summe der vorhandenen Lärmquellen B 30, Eisenbahn und Flughafen eine Belastung von 65/55 dB(A), wobei die Eisenbahn mit 63/54 dB(A) und der Flughafen (nach der Lärmkonturenkarte Flughafen) mit 61/55 dB(A) anzusetzen seien. Dies ergebe mit den Werten der K 7725 neu von 55/45 dB(A) insgesamt 66/56 dB(A). Die Steigerung durch das planfestgestellte Vorhaben liege danach im nicht hörbaren Bereich. Damit gingen vom planfestgestellten Vorhaben keine zusätzlichen nachteiligen Auswirkungen aus. Auch fehle es insofern an der Kausalität zwischen dem Bau der K 7725 neu und einer Gesundheitsgefährdung beim Schlafen bei gekipptem Fenster, als solches schon bisher nicht zumutbar gewesen sei. Eine Pflicht, gesundheitlich bedenkliche Immissionslagen bei Gelegenheit der Planfeststellung zu sanieren, bestehe nicht. Den erst Ende 2009 „im Grobkonzept" gebilligten und erst im Herbst 2010 „stehenden" Lärmaktionsplan habe die Planfeststellungsbehörde noch nicht berücksichtigen müssen. Unabhängig davon sei auch kein Widerspruch zu diesem ersichtlich.
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Der Planfeststellungsbeschluss leide auch unter keinem Abwägungsfehler. Zutreffend sei die Lärmbetroffenheit der Anwohner in die Abwägung eingestellt worden. Sie habe jedoch rechtsfehlerfrei gegenüber den Vorteilen der gewählten Trasse geringer gewichtet werden dürfen, nachdem es nur zu zumutbaren Beeinträchtigungen komme. Auch bei der Trassenauswahl seien Abwägungsfehler nicht zu erkennen. Die Grenzen der planerischen Gestaltungsfreiheit seien erst überschritten, wenn eine andere als die gewählte Variante sich unter Berücksichtigung aller abwägungserheblichen Belange eindeutig als die bessere, weil öffentliche und private Belange insgesamt schonendere Lösung hätte darstellen und insoweit aufdrängen müssen. Dies sei auch im Hinblick auf die von den Klägern vorgebrachten alternativen Trassen nicht der Fall. Diese hätten wohl schon deshalb ausgeschieden werden können, weil sie auf ein anderes Projekt hinausliefen. Die in zulässiger Weise verfolgten Ziele könnten mit ihnen nicht mehr verwirklicht werden. Denn eine Entlastung der Ortsdurchfahrt Kehlen vom Verkehr auf der B 30 alt aus Norden und Nordosten, der nördlich von Friedrichshafen in Richtung Westen verlaufe, könne so nicht erfolgen, da die alternative Trasse südöstlich von Gerbertshaus einen erheblichen Umweg bedeutete. Gleiches gelte für den Verkehr in umgekehrter Richtung. Hinzu komme die im Planfeststellungsbeschluss angesprochene Gesamtkonzeption, die damit verfehlt würde. Eine Verknüpfung mit der K 7726 neu im Bereich der Messe führte zudem an Messetagen zu einer Überlagerung von Messeverkehr, örtlichem, überörtlichem und regionalem Verkehr an einem der Hauptverteiler für die Messeparkierung. Jedenfalls sei eine alternative Trasse südlich der planfestgestellten Trasse nicht die eindeutig bessere Lösung. Dass die Lärmbelastung für die Anwohner geringer wäre, treffe ohnehin nur auf die zuletzt angesprochene Variante 1 (Unterquerung des Flughafengeländes) zu. Für die ebenfalls noch angesprochene Variante 2 treffe dies nur auf die Kläger selbst und die Bewohner von Gunzenhaus Süd und Nord sowie Siglishofen zu; stattdessen würden die Anwohner in Lochbrücke und Gerbertshaus westlich der Schussen bzw. K 7727 erstmals und vergleichbar belastet. Die Flugplatzringstraße liege schließlich im Sicherheitsbereich des Flughafens und diene der Kontrolle sowie im Unglücksfall der freien Zufahrt von Rettungskräften. Bereits der Messe-Shuttle-Betrieb unterliege strengen Sicherheitsauflagen. Weder in Linienführung, Unterbau, Querschnitt, Radien noch in der Quer- und Längsneigung genüge diese den zwingenden Mindestanforderungen an eine Straße mit überörtlichem Verkehr. Insofern wäre jedenfalls ein Neubau erforderlich. Was die vorgeschlagene Unterquerung der Eisenbahn bzw. des Flughafengeländes betreffe, bedürfte es einer technisch ausgesprochen anspruchsvollen und extrem teuren Lösung. Neben verkehrstechnischen Umständen dürften im Rahmen von Alternativprüfungen aber auch finanzielle Erwägungen eingestellt und als ausschlaggebend bewertet werden. Nicht zuletzt kollidierten die Trassen-varianten, welche einen Anschluss an die K 7726 neu (Messezufahrt Nord) im Bereich der Messe vorsähen, mit der dortigen Bebauungsplanung. Werde in der weiteren Führung der Alternativtrassen der Anschluss an die Messe vermieden, müsste die Trasse durch das Waldgebiet „Großes Moos“ geführt werden, was gravierende, vor allem naturschutzrechtliche Konflikte zur Folge hätte. Die zuletzt und erstmals vorgeschlagene Variante 3 lehne sich an die bereits untersuchte "ortsferne Nordumfahrung" an. Nachdem sich die Kläger im Einwendungsverfahren hierzu nicht geäußert hätten, seien sie wohl bereits materiell präkludiert. Im Übrigen habe sich der Planfeststellungsbeschluss mit der „ortsfernen Nordumfahrung“ substantiiert auseinandergesetzt und sie aus vertretbaren Gründen verworfen.
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Dass die K 7725 die Siedlungsstruktur zerschneide, habe der Planfeststellungsbeschluss erkannt, jedoch darauf verwiesen, dass die relevanten Wegeverbindungen aufrechterhalten blieben. Eine unzumutbare Verlängerung der Straßenverbindung zum Hauptort Kehlen sei nicht zu erkennen. Die „psychologische" Betroffenheit durch ein Gefühl des „Abgeschnittenseins“ könne in der Abwägung überwunden werden.
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Ob das hilfsweise, erstmals in der mündlichen Verhandlung verfolgte Verpflichtungsbegehren auf Lärmschutz nach § 87b VwGO zurückgewiesen werden könnte, könne dahinstehen. Jedenfalls liege mangels unzumutbarer Lärmbeeinträchtigungen kein Rechtsfehler zu Lasten der Kläger vor.
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Gegen dieses, ihnen am 29.12.2010 zugestellte Urteil haben die Kläger am 20.01.2011 Berufung zum Verwaltungsgerichtshof eingelegt. Innerhalb der ihnen bis zum 28.03.2011 verlängerten Berufungsbegründungsfrist haben die Kläger ihre Berufung wie folgt begründet: Den Klägern zu 2 bis 4 stehe aufgrund der unmittelbaren Inanspruchnahme ihres Grundstücks Flst. Nr. 528 ein sog. Vollüberprüfungsanspruch zu. Aufgrund der mittelbaren Betroffenheit der Grundstücke Flst. Nrn. 525 und 525/1 könnten auch die Kläger zu 1 und 2 eine Überprüfung der planerischen Abwägung insoweit verlangen, als ihr Interesse berührt sei, nicht durch nachteilige Wirkungen in der Nutzung ihres Grundstücks beeinträchtigt zu werden. Zu Unrecht gehe das Verwaltungsgericht davon aus, dass sie mit Einwendungen hinsichtlich eines Eingriffs in die Natur und insoweit erforderlicher Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen präkludiert seien. Einwendungen müssten nur erkennen lassen, in welcher Hinsicht Bedenken gegen die in Aussicht genommene Planfeststellung bestünden. Eine rechtliche Qualifizierung des tatsächlichen Vorbringens sei nicht erforderlich. Die Begriffe „Natur“ und „Landschaft“ würden häufig gleichbedeutend oder in der Weise verwendet, dass mit der Verwendung des einen zugleich der Bedeutungsinhalt des anderen transportiert werden solle. Auch der Gesetzgeber verwende die Begriffe stets als Paar, was verdeutliche, wie eng beide miteinander verzahnt seien und wie weit sich ihr Bedeutungsinhalt überschneide. Ihre Kritik an den Eingriffen in die Landschaft sei daher auch als Einwendung gegen Eingriffe in die Natur zu verstehen gewesen. Insofern seien auch die Eingriffe in die Natur bzw. die aus diesem Grund festgelegten Ausgleichsmaßnahmen zu überprüfen gewesen. Eingriffe in die Natur im engeren Sinne seien indes nicht ausreichend kompensiert worden. Die für die Maßnahme 2.1 vorgesehene Fläche erweise sich aufgrund ihrer Nähe zum Straßenkörper als ungeeignet. Insbesondere im Hinblick auf „fliegende Insekten“ sei eine Störung zu besorgen. Mit dem Grundstück Flst. Nr. 456 und den angrenzenden Grundstücken hätte auch eine wesentlich geeignetere Ausgleichsfläche zur Verfügung gestanden. Außerdem würden insgesamt 10,75 ha mit über 54 dB(A) verlärmt. Insofern könne eine Revierbildung durch Brutvogelarten nicht mehr stattfinden. Die im Rahmen der Maßnahme 9 für Ersatzmaßnahmen vorgesehenen „Bähwiesen“ befänden sich bereits in einem „sehr guten Zustand extensiver Nutzung“. Bei sachgerechter Bewertung hätte auch nicht nur eine schlichte Planergänzung vorgenommen, sondern von dem Projekt insgesamt Abstand genommen werden müssen. Zumindest wäre eine Durchführung an anderer Stelle angezeigt gewesen. Dies gelte jedenfalls im Hinblick auf die weiteren Fehler des Planfeststellungsbeschlusses. Auch die gerügten Eingriffe in die Landschaft seien nicht ausreichend kompensiert worden. Selbst wenn ihr Vorbringen insoweit zu pauschal gewesen sein sollte, sei vor dem Hintergrund des ihnen teilweise zustehenden Vollüberprüfungsanspruchs und der Bedeutung des betroffenen Grundrechts jedenfalls eine genauere Prüfung vorzunehmen, ob die Eingriffe ausreichend ausgeglichen bzw. ersetzt worden seien. Abgesehen davon hätten sie den Kern des Problems - die Beeinträchtigung des Erholungswerts der Landschaft - durchaus angesprochen. Dies habe auch impliziert, dass die vorgesehenen Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen unzureichend seien. Denn bei ausreichenden Maßnahmen wäre der Erholungswert gerade nicht beeinträchtigt worden. Die mit der Maßnahme 9 verbundenen Ersatzmaßnahmen seien auch insofern unzureichend, als sie einerseits als Ersatz für das Landschaftsbild herangezogen würden, andererseits Eingriffe in die Natur kompensiert werden sollten. Auch sei eine Fläche von 0,66 ha im Hinblick auf eine Neuversiegelung von 3,41 ha viel zu klein. Schließlich werde das Gebiet durch das Planvorhaben zerschnitten, sodass Spaziergänger die Landschaft nicht mehr zur Erholung nutzen könnten. Das Missverhältnis zwischen den beanstandeten Eingriffen und der Maßnahme 9 sei offensichtlich.
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Dem Vorhaben fehle es auch an der erforderliche Planrechtfertigung. Es führe zu mehr Problemen, als es lösen könne. Insbesondere könne der erwartete Entlastungseffekt nicht eintreten. Auch sei das prognostizierte Verkehrsaufkommen fehlerhaft ermittelt worden. Mit dem Vorhaben würden viele gleich gelagerte Probleme geschaffen, da eine Belastung der ähnlich stark bewohnten Orte Holzreute, Hirschlatt, Ailingen, Ittenhausen, Berg und Unterraderach in Kauf genommen werde. Ein Entlastungswert von 67 % für Kehlen erscheine überhöht. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts werde die K 7725 nicht wie erwartet angenommen. So sei zu erwarten, dass, um etwa die B 467 zu erreichen, bei Untereschach auf die B 30 neu aufgefahren und nicht die Abzweigung bei Hirschlatt genutzt werde. Auch sei zweifelhaft, dass Verkehrsteilnehmer, die von Norden her nach Meckenbeuren gelangen wollten, die B 30 neu nutzten, zumal bei Brochenzell keine Abzweigung vorgesehen sei. Auch Maßnahmen zur Umgestaltung der Ortsdurchfahrt seien augenscheinlich nicht beabsichtigt, sodass es dort weiterhin zu Schleichverkehr komme. Fraglich sei auch, ob sich die Situation hinsichtlich der Verkehrssituation tatsächlich verbesserte. Durch die Südumfahrung entstünden vielmehr neue Gefahren. Insofern komme es durchaus auf eine Verkehrszählung an. Schon die für 2005 ermittelte Verkehrsmenge von 6.900 Kfz/Tag sei nicht korrekt ermittelt. So seien am 11.12.2006 (Montag) zwischen 12.48 und 15.09 Uhr lediglich 727 Kraftfahrzeuge, am 19.04.2007 (Donnerstag) zwischen 06.45 und 10.43 Uhr 1.557 Kraftfahrzeuge und am 21.11.2007 (Mittwoch) zwischen 07.00 und 10.30 Uhr lediglich 1.061 Kraftfahrzeuge gezählt werden. Insofern seien auch die auf dieser Grundlage prognostizierten Verkehrszahlen für 2015 bzw. 2020 zu hoch. Hinzu komme, dass nach einem Bericht in der „Schwäbischen Zeitung“ vom 15.03.2011 die Westtrasse der B 30 im Hinblick auf artenschutzrechtliche Bedenken offenbar nicht mehr realisiert werden solle. Werde indes die Osttrasse der B 30 neu realisiert, änderten sich sämtliche Verkehrsströme und sei die K 7725 nicht mehr erforderlich. Entsprechend dem Rechtsgedanken des § 51 LVwVfG müsse diese nachträgliche Änderung der Sachlage berücksichtigt werden. Die folge auch aus der enteignungsrechtlichen Vorwirkung des Planfeststellungsbeschlusses.
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Auch die Zerschneidung der Siedlungsstruktur sei vom Verwaltungsgericht fehlerhaft gewürdigt worden. Bereits der Planfeststellungsbeschluss habe sich damit nur unzureichend befasst. Es könne nicht nur auf den Mobilitätsgesichtspunkt abgestellt werden. Vielmehr dürften auch das psychologische Moment - das Gefühl des „Abgehängtseins“ - und der städtebauliche Aspekt nicht außer Betracht bleiben. Die vorgesehenen Maßnahmen führten ebenso wie die Ausbaubreite der Straße zu einer unübersehbaren Abtrennung des Ortsteils vom Zentrum, wo sich viele für die örtliche Gemeinschaft bedeutsame Orte befänden.
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Sollten die Verkehrsmengen hingegen zutreffend ermittelt worden sein, wären die ergriffenen Lärmschutzmaßnahmen bei weitem nicht ausreichend. So wären sie nunmehr einer Gesundheitsgefährdung ausgesetzt. Aus dem Lärmaktionsplan gehe hervor, dass die Grundstücke der Kläger zu 1 und 2 schon jetzt einem Dauerschallpegel von insgesamt 65 dB(A) tags und 55 dB(A) nachts ausgesetzt seien. Werde die K 7725 neu gebaut, erhöhe sich der Dauerschallpegel auf insgesamt 66 dB(A) tags und 56 dB(A) nachts. Die von der Rechtsprechung bislang für eine Gesundheitsgefährdung angenommene Grenze bei 70 dB(A) bzw. 60 dB(A) sei nach den neueren Erkenntnissen der Lärmwirkungsforschung jedenfalls zu hoch angesetzt; vielmehr seien nach gesicherter wissenschaftlicher Erkenntnis deutlich niedrigere Werte anzusetzen. Teilweise werde die Grenze am Ohr des Schläfers bei 30 dB(A) angesetzt, was bei geschlossenem Fenster einem Außenpegel von 50 dB(A) entspreche. Dieser sei bereits jetzt überschritten. Da der Schutz vor unzumutbarem Lärm auch die Erhaltung oder Herstellung einer ausreichenden Luftzufuhr umfasse, gehöre zur angemessenen Befriedigung der Wohnbedürfnisse auch das Schlafen bei gekipptem Fenster. Dies setze Außenpegel von maximal 45 dB(A) voraus. Bei einer entsprechenden Grenzwertüberschreitung dürfe ihnen auch die Vorbelastung nicht entgegengehalten werden. Vielmehr sei eine Lärmsanierung geboten. Teilweise werde bereits eine Dauerbelastung oberhalb von 60 dB(A) als gesundheitsbeeinträchtigend angesehen, wobei schon ab 45 dB(A) nachts Änderungen der Schlafstadien mit entsprechenden Auswirkungen auf das vegetative Nervensystem festzustellen seien. Bereits 1999 sei vom Sachverständigenrat für Umweltfragen ein Dauerschallpegel von 65 dB(A) tags als Grenzwert für lärmbedingte Herzinfarktrisiken angenommen worden. Nachts sei ein Wert von 55 dB(A) als maßgeblich angesehen worden, weil lärmbedingte Schlafstörungen schon deutlich unterhalb der Aufwachschwelle von 60 dB(A) festzustellen seien. Darauf, dass eine Erhöhung um nur 1 dB(A) unterhalb der „Hörbarkeitsschwelle“ liege, dürfe nicht abgehoben werden; auch eine solche Erhöhung könne durchaus noch wahrgenommen werden. Doch auch dann, wenn man an den überkommenen Grenzwerten für eine Gesundheitsgefährdung festhalte, wären doch die Grenzwerte nach der 16. BImSchV überschritten. Nach der Abrundungssatzung der Gemeinde Meckenbeuren vom 14.10.1980 lägen die Grundstücke der Kläger zu 1 und 2 im Innenbereich. Nachdem sich in Gunzenhaus lediglich Wohngebäude befänden, liege es nahe, nicht nur von einem allgemeinen, sondern einem reinen Wohngebiet auszugehen. Dann wären der Abwägung aber nicht die korrekten Orientierungswerte (50 dB(A) bzw. 40 dB(A)) zugrundegelegt worden. Insofern liege eine beachtliche Fehleinschätzung vor. Die Lärmbelastung auf ihrem Wohngrundstück überschreite zudem die Grenzwerte nach der 16. BImSchV. Die eingeschränkte Nutzbarkeit ihrer Außenwohnbereiche habe nicht näher konkretisiert werden müssen. Die Ergebnisse der Lärmberechnung als solche stellten sie nicht in Frage. Diese habe jedoch zu Unrecht nicht die von anderen Quellen verursachte Lärmbelastung berücksichtigt. Eine solche sei auch durch die 16. BImSchV nicht ausgeschlossen. Nur eine summative Betrachtungsweise sei überhaupt geeignet den Schutzauftrag des Bundesimmissionsschutzgesetzes zu erfüllen. Soweit die 16. BImSchV im Hinblick auf eine gewichtige Gesamtbelastung hinter den Vorgaben des § 41 BImSchG zurückbleibe, müsse unmittelbar auf diese Vorschrift zurückgegriffen werden. Auch geringe Lärmzunahmen seien beachtlich und müssten zu einer Lärmsanierung führen, wenn Grenzwerte bereits erreicht bzw. weit überschritten seien. Die Situation würde sich noch verschärfen, wenn es tatsächlich zu einer Erweiterung der Nachtflüge komme. Jedenfalls müssten auf engem Raum befindliche Lärmquellen zusammengefasst berücksichtigt werden und zwar auch dann, wenn sie nicht durch dasselbe Regelwerk erfasst würden. Dafür spreche auch die Umgebungslärmrichtlinie. Abgesehen davon seien die Regelungen der 16. BImSchV in einem atypischen Fall ohnehin nicht anwendbar. Auch hier seien Verkehrsbelastungen absehbar, die wegen besonderer örtlicher Gegebenheiten oder mit Rücksicht auf die in der 16. BImSchV bestimmten Lärmgrenzwerte und ihrer bewussten Pauschalierung erkennbar in ihrer Belastungsintensität nicht angemessen erfasst würden. Aufgrund der neuen Geräuschquelle werde die Nutzung ihrer Außenwohnbereiche nunmehr endgültig unmöglich. Auch ihr Außenbereichsgrundstück wäre nicht mehr zur Erholung nutzbar.
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Der Planfeststellungsbeschluss habe sich auch nicht hinreichend mit alternativen Streckenführungen auseinandergesetzt. Bei sachgerechter Abwägung wäre jedoch jede der von ihnen aufgezeigten Varianten zielführender gewesen. Dies gelte insbesondere für die „Shuttlebus-Variante und die Variante „Nordumfahrung“. Insoweit werde auf ihr erstinstanzliches Vorbringen Bezug genommen. Auch bei Zugrundelegung der Varianten 1 und 2 könnte durch einen entsprechenden Anschluss an die B 30 neu sowie eine entsprechende Streckenführung eine Entlastung der Ortsdurchfahrt erreicht werden. So könnten die im Hinblick auf den Messeverkehr befürchteten Störungen im Verkehrsablauf durch eine entsprechende Ausbaugestaltung mit intelligenten Verkehrsleitsystemen verhindert werden. Bei entsprechenden Sicherungsmaßnahmen könnte eine Straße durchaus am Flughafengelände vorbeigeführt werden. Mit dieser könnte dann auch das neue Gewerbegebiet „Lochbrücke“ erschlossen werden. Mit der vorgeschlagenen Nordumfahrung seien sie nicht präkludiert, nachdem sie mehrfach auf vorzuziehende Trassenvarianten hingewiesen hätten. Die „ortsferne Nordumfahrung“ sei zu Unrecht verworfen worden. Zwar würden dann andere Orte belastet, doch seien es weniger und vergleichsweise unbelastete Orte.
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Die Kläger beantragen,
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das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 29. Juli 2010 - 8 K 2721/08 zu ändern und den Planfeststellungsbeschluss des Regierungspräsidiums Tübingen vom 26. September 2008 für den Neubau der K 7725 - Südumfahrung Kehlen - sowie den Umbau der Knotenpunkte zwischen der B 30 und der L 333 aufzuheben,
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hilfsweise den Beklagten zu verpflichten, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts über die Ergänzung des Planfeststellungsbeschlusses des Regierungspräsidiums Tübingen vom 26. September 2008 um weitere dem Schutz ihres Grundeigentums bzw. ihrer Gesundheit dienende Vorkehrungen gegen Lärm neu zu entscheiden.
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Der Beklagte beantragt,
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die Berufungen abzuweisen.
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Hierzu führt das Regierungspräsidium im Wesentlichen aus: Die Klägerin zu 1 sei nicht eigentumsbetroffen, da sie nicht Eigentümerin der Flurstücke Nrn. 525 und 525/1 sei. Mit ihren Einwendungen hinsichtlich der Kompensation eines Eingriffs in die Natur seien die Kläger präkludiert. Die Planfeststellungsbehörde müsse zumindest erkennen können, womit sie sich näher auseinander setzen solle. Aufgrund ihrer Einwendung - Eingriff in das Landschaftsbild und einen Naherholungsbereich - habe es nicht nahe gelegen, sich qualifiziert mit etwaigen Mängeln der gesamten naturschutzrechtlichen Kompensation auseinanderzusetzen. Vielmehr habe die Planfeststellungsbehörde davon ausgehen dürfen, dass sich die Einwendung auf das Vorhandensein von Alternativtrassen bezogen habe. Dass sich die Planfeststellungsbehörde für die umweltverträglichste Variante entschieden habe, sei nicht zu beanstanden. Jedenfalls habe aufgrund der Formulierung der Einwendung kein Anlass bestanden, sich qualifiziert mit der Kompensation von Beeinträchtigungen der Natur auseinanderzusetzen. Auch in der Sache greife ihr Einwand nicht durch. Eine umfassende objektiv-rechtliche Prüfung im Hinblick auf die enteignungsrechtlichen Vorwirkungen sei nur geboten, wenn der geltend gemachte Rechtsfehler kausal für die enteignende Grundstücksinanspruchnahme wäre. Im Übrigen scheide eine Berufung auf Mängel im naturschutzfachlichen Kompensationskonzept von vornherein aus, da die Kläger mit ihren Wohngrundstücken nur mittelbar betroffen seien. Für die eigentumsrechtliche Inanspruchnahme seien die beanstandeten Maßnahmen jedoch nicht kausal gewesen. So würden sie lediglich für die gar nicht beanstandete LBP-Maßnahme 3.1a in Anspruch genommen. Auch wenn die von ihnen beanstandeten Maßnahmen naturschutzrechtlich unzulässig wären, wären im Wege der Planergänzung lediglich weitere Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen zu entwickeln. An der eigentumsrechtlichen Betroffenheit der Kläger änderte sich nichts. Dies gelte auch mit Blick auf angebliche weitere Fehler. Denn solche lägen nicht vor. Unabhängig davon sei bereits im Planfeststellungsbeschluss ausgeführt worden, dass die angegriffenen LBP-Maßnahmen zur Kompensation der durch den Eingriff entstehenden Beeinträchtigungen geeignet seien und auch keine anderen Flächen zur Verfügung gestanden hätten. Dieser Hinweis habe mangels einer substantiierten Einwendung jedenfalls genügt. Die Kläger hätten zudem übersehen, dass es sich bei den angegriffenen Maßnahmen 2.1 und 9 um multifunktionale Maßnahmen handle, die teilweise in Zusammenhang mit anderen Kompensationsmaßnahmen zu sehen seien. So diene die Maßnahme 2.1 u.a. der Entwicklung störungsunempfindlicher bodengebundener Arten. Eine Kompensation erheblicher vorhabenbedingter Beeinträchtigungen für störungsempfindliche Brutvogelarten sei mit diese Maßnahme nicht angestrebt worden. Auf eine Verlärmung dieses Bereiches komme es insofern nicht an. Ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko für „fliegende Insekten“ sei nicht zu erkennen. Das Flurstück Nr. 456 sei schon deshalb zur naturschutzrechtlichen Kompensation ungeeignet, weil es mit einem Wohngebäude bebaut und von solchen umgeben sei. Gleiches gelte für die umliegenden Grundstücke. Auch wenn dies anders wäre, wäre von der Maßnahme nicht abgesehen worden. Die für die LBP-Maßnahme 9 vorgesehenen Flächen („Bähwiesen") seien seinerzeit noch als Dauergrünland genutzt worden. Mit der Maßnahme 9 sei demgegenüber eine Extensivierung angestrebt worden. Auch sei entlang des Tegelbaches die natürliche Eigenentwicklung des Uferbewuchses (Hochstauden) verfolgt worden. Auch insoweit habe Aufwertungspotential bestanden. Darüber hinaus sei die Maßnahme aufgrund der erstrebten Verbesserung der Lebensraumfunktionen der Tegelbachaue geeignet, die Barrierewirkung der neuen Straße zu kompensieren, indem sie den sich dort erstreckenden Verbundkorridor stärke. Fehl gehe der Hinweis auf den Umfang dieser Maßnahme und die demgegenüber mit dem Vorhaben einhergehende Neuversiegelung. Die Kläger übersähen, dass mit der wenn auch multifunktional ausgerichteten Maßnahme 9 keineswegs die durch die Neuversiegelung eintretende bodenrechtliche Beeinträchtigung oder gar sämtliche Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft ausgeglichen werden sollten. Diese stelle vielmehr nur einen Teil der boden- und naturschutzfachlichen Kompensation dar. Auch was die angeblich fehlende Kompensation der Beeinträchtigung der Landschaft anbelange, seien die Kläger mit ihrem Vorbringen insoweit präkludiert, als sie nicht deutlich genug zum Ausdruck gebracht hätten, dass sich die Planfeststellungsbehörde auch mit dem rechtfertigenden Kompensationskonzept auseinandersetzen solle. Ausreichende Kompensationsmaßnahmen führten keineswegs zum Wegfall einer erheblichen Beeinträchtigung der Landschaft, sondern glichen diese lediglich gleichartig oder gleichwertig aus. Jedenfalls käme auch hier nur eine Planergänzung in Betracht, ohne dass dadurch die unmittelbare Inanspruchnahme ihres Außenbereichsgrundstücks entfiele. Im Übrigen hätten die Kläger in ihrer ursprünglichen Einwendung lediglich pauschal auf das Schutzgut Landschaftsbild und den Erholungswert der Landschaft verwiesen, ohne darzulegen, inwiefern die festgesetzten Kompensationsmaßnahmen ungeeignet wären. Insofern genüge, dass die Kompensation der Beeinträchtigungen dargestellt, auf die Erläuterungen des LBP verwiesen und feststellt worden sei, dass die Maßnahmen insgesamt geeignet seien. Die Beeinträchtigung sei auch tatsächlich ausgeglichen. So sehe der LBP neben Vermeidungs- und Minimierungsmaßnahmen umfangreiche Bepflanzungs- und Eingrünungsmaßnahmen und die Anlage naturraumtypischer Strukturen als Ersatz vor. Die Maßnahme 9 werde insofern durch weitere Kompensationsmaßnahmen ergänzt. Die Wegebeziehungen blieben schließlich erhalten. Aufgrund eingebauter Querungsmöglichkeiten könnten Spazierrouten ohne große Umwege weiterhin genutzt werden.
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Der Planung fehle auch nicht die notwendige Planrechtfertigung. Inwiefern mit der Südumfahrung Kehlen eine gegenüber dem Planungsnullfall höhere Belastung der Ortschaften Holzreute, Hirschlatt, Ailingen, Ittenhausen, Berg und Unterraderach einhergehen solle, sei nicht zu erkennen. Dies werde auch durch die Verkehrsuntersuchung 2006 bestätigt. Die Argumentation der Kläger, dass die K 7725 neu nicht erwartungsgemäß angenommen würde, überzeuge nicht. So sei für den von Österreich kommenden und nach Norden fahrenden Verkehr die Strecke über die B 467 wegen der vielen Ortsdurchfahrten gegenüber der neuen Strecke wesentlich unattraktiver. Für den von Norden in Richtung Tettnang (und anschließend weiter süd- oder südöstlich) fahrenden Verkehr gelte nichts anderes. Auch mit dem Vorbringen, wonach der von Norden nach Reute, Buch oder Meckenbeuren ausgerichtete Verkehr nach wie vor die kürzere Strecke über die B 30 alt nutzen werde, könnten die Kläger die Planrechtfertigung nicht in Frage stellen. So erscheine die B 30 neu wegen der fehlenden Ortsdurchfahrten durchaus attraktiver, zumal für den von Norden nach Reute oder Buch gerichteten Verkehr, da diese Ortschaften näher an der Anschlussstelle Hirschlatt lägen. Die Verkehrsuntersuchung gehe auch keineswegs davon aus, dass sich sämtliche Verkehre im Umkreis von Kehlen künftig an der Südumfahrung Kehlen zur B 30 neu orientierten, vielmehr seien in dem erstellten Netzmodell auch mögliche alternative Fahrtrouten über die B 30 und die B 467 berücksichtigt wurden. Auch mit den erstmals in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht erwähnten Zahlen aus verschiedenen Geschwindigkeitsmessungen könnten die Kläger die Richtigkeit der Verkehrsuntersuchung nicht in Zweifel ziehen. Auf eine Verkehrszählung komme es schon nicht entscheidend an, weil sich die Planrechtfertigung jedenfalls aus dem Bedürfnis an einer Erhöhung der Verkehrssicherheit in der Ortsdurchfahrt Kehlen ergebe. Dass sich infolge der Südumfahrung andere Unfallschwerpunkte ergäben, überzeuge nicht. Die Verkehrsuntersuchungen 1996/1997 und 2001 hätten schließlich für die Ermittlung der maßgeblichen Verkehrsbelastungen der Ortsdurchfahrt Kehlen auf die Verkehrsdaten der Verkehrsentwicklungspläne Meckenbeuren und Tettnang und des Gesamtverkehrsplans Friedrichshafen zurückgegriffen. Darüber hinaus seien die Daten des Generalverkehrsplanes Mittleres Schussental und der Verkehrsuntersuchungen Mittleres Schussental B 30 neu/B 32/B 33, B 30 neu, BA IV und B 30 neu, Ravensburg-Süd BA VI herangezogen worden. Die danach ermittelten Verkehrsdaten seien Grundlage für die berechneten Prognosefälle gewesen. Damit hätten zeitnahe Daten aus detaillierten Erhebungen und damit eine ausreichende Datengrundlage zur Erstellung der Verkehrsprognose zur Verfügung gestanden. Anhaltspunkte dafür, dass die Daten der Verkehrsentwicklungspläne ihrerseits fehlerhaft ermittelt worden sein könnten, lägen nicht vor. Aus diesen Daten sei die Verkehrsbelastung für die verschiedene Planfälle unter Berücksichtigung kommunaler Entwicklungsdaten sowie der 1996 prognostizierten, allgemeinen Zuwachsraten zur Mobilitäts- und Motorisierungsentwicklung zunächst auf den Prognosehorizont 2010 hoch gerechnet, dann später mehrfach angepasst und zuletzt auf den Prognosehorizont 2015/2020 fortgeschrieben worden. Hinzu komme, dass als repräsentative Erhebungstage die Wochentage Dienstag, Mittwoch und Donnerstag in den Monaten außerhalb der Winter- und Sommerferienzeit gälten und die maßgebliche Hauptverkehrslast zwischen 15 und 19 Uhr liege. Insofern könnten von vornherein nur die Verkehrszahlen vom 19.04.2007 vergleichend herangezogen werden. Da in der Zeit von 6 bis 10 Uhr etwa 20 bis 25% des Tagesverkehrs erfasst würden, ergäbe sich für den 19.04.2007 eine Tagesverkehrsmenge von rund 6.200 bis 7.800 Kfz/24 h. Dies entspreche der für das Jahr 2005 zugrundegelegten Verkehrsmenge von ca. 6.900 Kfz/24 h. Abgesehen davon, dass es sich im Übrigen um nicht repräsentative Tage handle, ließen sich allein daraus noch keine Zweifel an der prognostizierten Entlastung herleiten. Denn die Prognoseparameter und die Verteilung der Verkehrsströme blieben hiervon unberührt, so dass sich lediglich niedrigere Ausgangsbelastungen und niedrigere Prognosebelastungen ergäben. Die erreichbare Entlastungswirkung beruhe aber vorrangig auf der Verteilung der Verkehrsströme unter bestimmten Modellbedingungen. Auf diese hätten die Ausgangsdaten keinen Einfluss. Die errechnete Entlastung der Ortsdurchfahrt bliebe danach auch bei Zugrundelegung niedrigerer Ausgangszahlen gleich. Insofern wirkten sich zu hohe Ausgangsdaten lediglich auf die Verkehrsbedeutung der Ortsdurchfahrt aus. Diese bzw. die starke Belastung der Ortsdurchfahrt sei jedoch unstreitig.
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Dass von einer Westtrassierung der B 30 neu nicht mehr ausgegangen werden könnte, lasse sich dem Bericht in der „Schwäbischen Zeitung“ vom 15.03.2011 nicht entnehmen. Richtig sei nur, dass inzwischen bekannt sei, dass eine Westtrassierung zu artenschutzrechtlichen Betroffenheiten führe. Wie sich diese auswirkten und ob sich ggf. eine Osttrassierung nunmehr als bessere Alternative darstelle, sei noch nicht abschließend geklärt. Doch auch dann, wenn die Westtrasse der B 30 neu nicht mehr realisiert würde, bliebe die Planrechtfertigung für die K 7725 unberührt. Grundlage für das planfestgestellte Vorhaben sei die heute schon bestehende Verbindungs- und Zubringerfunktion der Ortsdurchfahrt Kehlen und die damit für die Ortschaft einhergehenden Belastungen. Ein Verkehrsbedürfnis für eine Ortsumfahrung bestünde auch dann, wenn die Westtrasse der B 30 neu entfalle. Denn die Belastung der Ortsdurchfahrt sei auch so zu hoch. Auch blieben die Verkehrsbeziehungen von Nordwesten nach Südosten und umgekehrt auch so erhalten. Hinzu komme, dass die K 7725 neu weiterhin Zubringerfunktion für die K 7726 neu (Messezufahrt Nord) habe.
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Dass die Südumfahrung zu einer deutlichen Zäsur im Ortsbild führe, sei keineswegs verkannt worden. Jedoch seien Maßnahmen vorgesehen, die die Trennwirkung minderten. So sei etwa die Querung der Bahnlinie und der Schussen mittels einer Feldbrücke vorgesehen, so dass die Zugänglichkeit zur Schussen erhalten bleibe und auch das Landschaftsbild geschont werde. Auch blieben die relevanten Wegebeziehungen zwischen Gunzenhaus und Kehlen erhalten. Soweit noch Beeinträchtigungen verblieben, habe der Planfeststellungsbeschluss diese zu Recht für zumutbar gehalten.
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Auch die Ausführungen zum Lärmschutz könnten den Klagen nicht zum Erfolg verhelfen. Entgegen der Auffassung der Kläger blieben die Regelungen der 16. BImSchV keineswegs hinter den Vorgaben des § 41 BImSchG zurück. Auch übersähen sie, dass die Grenzwerte der 16. BlmSchV nur innerhalb ihres Anwendungsbereichs zu beachten seien und bei der Beurteilung von Lärmschutzansprüchen wegen einer etwa entstehenden Gesundheitsgefährdung oder bei einem unmittelbaren Rückgriff auf § 41 Abs. 1 BlmSchG außer Betracht bleiben müssten. Auch wenn der Verordnungsgeber aufgrund neuerer wissenschaftlicher Erkenntnisse gehalten gewesen wäre, im Berechnungsverfahren nach der 16. BlmSchV Summenpegel zu berücksichtigen, bedeutete dies noch nicht, dass er auch die bisherigen Grenzwerte übernommen hätte. Für die unterschiedlichen Verkehrswege im Raum Kehlen/Meckenbeu-ren gebe es weder eine einheitliche Planung noch liege ein gemeinsames Konzept vor. Dass alle auf einem engen Raum befindlichen Lärmquellen im Rahmen eines Schutzanspruches nach § 41 Abs. 1 BlmSchG zusammengefasst berücksichtigt werden müssten, ergebe sich auch nicht aus der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts. Der Hinweis auf die Umgebungslärmrichtlinie führe aufgrund deren Zielrichtung ebenfalls nicht weiter. Insbesondere ließen sich weder ihr noch den Ausführungsbestimmungen in §§ 47a ff. BImSchG verbindliche Grenzwerte entnehmen. Maßgeblich blieben für einen Lärmschutzanspruch der Berufungskläger daher allein die von der K 7725 neu ausgehenden Verkehrsgeräusche. Soweit die Kläger geltend machten, dass im Rahmen der allgemeinen fachplanerischen Abwägung die Orientierungswerte der DIN 18005 für reine Wohngebiete zu berücksichtigen gewesen wären, führe dies auf keinen beachtlichen Fehler. Die DIN 18005 enthalte lediglich Orientierungswerte für den städtebaulichen Bereich. Ein Anspruch auf Schallschutzmaßnahmen ergebe sich aus ihnen schon nicht gegen den städtebaulichen Planungsträger. Stelle die DIN 18005 kein für den Straßenbaulastträger verbindliches Regelwerk dar, könne ihre Nichtberücksichtigung auch keinen erheblichen Abwägungsfehler begründen. Eine Einstufung von Gunzenhaus als reines Wohngebiet liege zudem eher fern, da das Gebiet nicht durch reine Wohnbebauung geprägt und zumindest ein Gewerbebetrieb vorhanden sei.
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Für die Kläger ergebe sich aufgrund der im Rahmen der fachplanungsrechtlichen Zumutbarkeitsgrenze zu berücksichtigenden angemessenen Befriedigung der Wohnbedürfnisse auch kein zusätzlicher Lärmschutzanspruch. Diesen Belang hätten sie im Verwaltungsverfahren schon nicht bzw. nicht ausreichend konkret vorgebracht. Hierfür habe ihr Hinweis auf die eingeschränkte Nutzbarkeit ihrer Außenwohnbereiche sowie darauf, es „gewohnt“ zu sein, bei geöffnetem Fenster zu schlafen, nicht genügt. Denn ein solches Vorbringen lasse nicht erkennen, warum ihnen ein Schlafen bei geschlossenem Fenster nicht zugemutet werden könnte. Insoweit wäre auch ein bestimmter Innenschallpegel, ab dem nachhaltige Störungen des Nachtschlafes (Gesundheitsgefährdung) angenommen werden könnten, noch nicht allgemein anerkannt. Unter Berücksichtigung des Schalldämmwertes eines gekippten Fensters wäre im Übrigen der unterste in der Rechtsprechung genannte Innenschallpegel eingehalten. Auch für ihr Grundstück im Außenbereich stünde ihnen kein ergänzender Lärmschutzanspruch zu. Ein Anspruch auf ergänzenden Lärmschutz bestehe auch nicht ausnahmsweise im Hinblick auf die bereits bestehenden Geräuschvorbelastungen. Die von der Rechtsprechung anerkannten Dauerschallpegel, ab denen eine Gesundheitsbeeinträchtigung im Sinne des Art. 2 Abs.2 GG oder eine Gefährdung des nach Art. 14 GG garantierten Eigentums angenommen werde, würden nicht erreicht oder gar überschritten. Die nicht angegriffenen Berechnungen des Gutachters ergäben genäherte Gesamtlärmpegel aller vorhandener Verkehrsquellen von 66 dB(A) tags und 56 dB(A) nachts. Diese lägen deutlich unter den in der Rechtsprechung als Grenze zur Gesundheitsgefährdung anerkannten Außendauerschallpegeln von 70 bis 75 dB(A) tags und 60 bis 65 dB(A) nachts. Diese Werte seien auch nicht aufgrund gesicherter neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse anzupassen. Zwar verwiesen die Kläger auf einige Studien, die bereits Dauerschallpegel von 60 bis 65 dB(A) tags und Innenschallpegel von 30 bis 45 dB(A) als gesundheitsgefährdend einstuften, jedoch zeige gerade die Bandbreite der dargestellten Untersuchungsergebnisse, dass ein neuer wissenschaftlicher Konsens zur lärmbedingten Gesundheitsgefährdung bislang noch nicht habe erzielt werden können. Ein neuer wissenschaftlicher Standard sei erst erreicht, wenn sich in der Forschung ein neuer Grundkonsens abzeichne. Insofern genüge nicht, dass Einigkeit darin bestünde, dass Gesundheitsbeeinträchtigungen nicht erst ab einem Summenpegel von 70 dB(A) tagsüber und 60 dB(A) nachts, sondern bereits bei deutlich niedrigeren Werten anzunehmen seien.
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Vom grundgesetzlich garantierten Gesundheitsschutz sei demgegenüber nicht umfasst, auch bei Berücksichtigung des bestehenden Gesamtlärms bei geöffnetem Fenster schlafen zu können. Denn die Schwelle zur Gesundheitsgefährdung sei von der fachplanungsrechtlichen Zumutbarkeitsgrenze zu unterscheiden. Hierbei sei zu berücksichtigen, dass die Kläger aufgrund der Vorbelastung durch die bestehenden Verkehrswege bereits heute nicht bei geöffnetem Fenster schlafen könnten. Berücksichtige man ferner, dass die hinzutretende Lärmbelastung den Gesamtlärm lediglich um etwa 1 dB(A) erhöhe, liefe eine Verpflichtung des Vorhabenträgers zu ergänzenden Schallschutzmaßnahmen auf eine nicht verhältnismäßige Lärmsanierung bestehender Verkehrswege Dritter hinaus. Eine Lärmsanierung komme allenfalls dann in Betracht, wenn bereits die Vorbelastungen die Schwelle zur Eigentums- oder Gesundheitsverletzung erreichten. Da hier die anerkannten Grenzwerte zur Eigentums- und Gesundheitsverletzung weder durch die bestehenden Vorbelastungen noch bei Berücksichtigung des planfestgestellten Vorhabens überschritten würden, bestehe auch kein Anspruch auf eine Lärmsanierung.
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Die Kläger könnten auch nicht im Hinblick auf einen atypischen Ausnahmefall erweiterten Lärmschutz nach § 41 Abs. 1 BlmSchG verlangen. Allein auf das Vorhandensein von Summenpegeln könne hierbei jedenfalls nicht abgestellt werden, da deren Nichtberücksichtigung bei der Berechnung der maßgeblichen Grenzwerte bereits in der 16. BlmSchV angelegt sei. Es müssten daher weitere Umstände hinzutreten, die die Gesamtlärmbelastung unzumutbar erscheinen ließen. Auch aus der vorliegenden Summationswirkung folge kein atypischer Sonderfall, da die Werte, ab denen mit Gesundheitsgefahren zu rechnen sei, durch die hier ermittelten Gesamtlärmpegel deutlich unterschritten würden und der K 7725 neu in Bezug auf die bereits bestehenden Verkehrswege nur ein untergeordneter Einfluss auf die Gesamtlärmbelastung zukomme. Schallspitzen des Bahn- und Flugverkehrs könnten schließlich von vornherein nicht auf einen atypischen Sonderfall führen.
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Ein Anspruch auf ergänzende Lärmschutzmaßnahmen ergebe sich auch nicht aufgrund der allgemeinen fachplanerischen Abwägung. Nachdem mit den geplanten Schallschutzmaßnahmen die Grenzwerte der 16. BlmSchV eingehalten seien und der Gesamtlärmpegel lediglich eine Erhöhung von etwa 1 dB(A) erfahre, habe es auch keiner ausführlichen Begründung bedurft. Die Lärmsituation der Kläger werde sich durch den Bau der K 7725 neu auch nicht grundlegend ändern. So werde der Lärmschwerpunkt in Gunzenhaus und Gerbertshaus eindeutig beim Schienenverkehrslärm gesehen. Aufgrund der geplanten Lärmschutzwände sei schließlich gesichert, dass ihr Wohngrundstück ausgehend von der K 7725 neu lediglich einem Dauerschallpegel von 55 dB(A) tags und 45 dB(A) nachts ausgesetzt sei. Auch wenn man berücksichtige, dass die Kläger bereits durch geringe Lärmsteigerungen beeinträchtigt sein könnten, komme es lediglich zu einer unwesentlichen, im Ergebnis zumutbaren Änderung. Ausgehend von den Wertungen der 16. BlmSchV und den von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen zur Gesundheitsgefährdung ließen sich auch die Außenwohnbereiche weiterhin wie bisher nutzen.
41 
Der Planfeststellungsbeschluss habe sich auch mit alternativen Trassenführungen hinreichend auseinandergesetzt. Weder mit den von den Klägern vorgeschlagenen Varianten 1 und 2 noch mit der „Shuttlebus“-Variante lasse sich indes das Planziel erreichen, die Ortsdurchfahrt Kehlen unter gleichzeitiger Verbesserung der Verkehrssicherheit effektiv und nachhaltig zu entlasten. Auch der vorgeschlagene Ausbau mit entsprechenden Verkehrsleitsystemen rechtfertige kein anderes Ergebnis. Einem solchen Streckenausbau, der entsprechenden Raum beanspruchte, stünden im Hinblick auf das Waldgebiet „Großes Moos" naturschutzfachliche Belange und die Belange der Messe entgegen. Schließlich müssten noch weitere Umwege in Kauf genommen werden. Jedenfalls drängten sich die Alternativtrassen nicht als vorzugswürdigere Varianten auf. Der Vergleich mit dem Flughafen Mannheim gehe fehl, da unberücksichtigt bleibe, dass im Rahmen der „Shuttlebus“-Variante" auch noch die Bahnlinie und die dahinter liegende K 7791 mittels eines Brückenbauwerks gequert werden müssten, was aufgrund der sicherheitstechnischen Vorgaben nicht möglich sei. Eine Realisierung in Tunnel- oder Tieflage komme aufgrund der höheren Kosten jedoch nicht in Betracht. Auch stünden verschiedene Zwangspunkte, die notwendige Linienführung und verschiedene Entwurfsparameter entgegen. Eine andere Linienführung griffe zwangsläufig in das Waldgebiet „Großes Moos" ein und bedingte eine höhere Flächenversiegelung, wodurch sich neue unvermeidbare naturschutzfachliche und artenschutzfachliche Konflikte ergäben. Schließlich würde die Lärmbetroffenheit in Richtung Gerbertshaus und Großbuch verlagert. Hinsichtlich der nunmehr vorgeschlagenen Nordumfahrung seien die Kläger präkludiert. Diese dränge sich auch nicht als vorzugswürdigere Lösung auf. Gegen diese spreche nicht zuletzt deren geringere Umwelt- bzw. Siedlungsverträglichkeit.
42 
Die Kläger haben daraufhin im Wesentlichen noch wie folgt vorgetragen: Auch wenn die Klägerin zu 1 nicht Eigentümerin der Grundstücke Flst. Nrn. 525 und 525/1 sei, könne sie doch eine Gefährdung ihrer Gesundheit geltend machen. Was die angeblich fehlende Kausalität der beanstandeten Ausgleichs- bzw. Ersatzmaßnahmen anbelange, stelle sich die Frage, ob nicht eine derart enge Vernetzung der einzelnen Maßnahmen untereinander vorliege, dass die Rechtswidrigkeit der einen auch Auswirkungen auf die anderen hätte. Stünden keine anderen Flächen zur Verfügung, bliebe der Eingriff gegebenenfalls unkompensiert, womit der Planfeststellungsbeschluss insgesamt rechtswidrig sei. Die Multifunktionalität der Maßnahme dürfe nicht dazu führen, dass die geringe Größe der Ausgleichsfläche übersehen werde. Einer derart anspruchsvollen Aufgabenstellung sei eine kleine Fläche eben nur begrenzt zugänglich. Der Hinweis, dass die bestehenden Wegebeziehungen aufrecht erhalten blieben, gehe fehl. Den Reiz eines Spaziergangs mache gerade die umgebende Landschaft aus. Auch gehöre zu einem als angenehm empfundenen Spaziergang, dass er nicht durch Umwege unterbrochen werde. Insofern eigneten sich die bisherigen Wege eben nicht mehr als Spazierwege. Die sie umgebende Landschaft habe ihren Erholungswert verloren.
43 
Aufgrund des zusätzlichen Verkehrsaufkommens würden auch die an der K 7725 liegenden Orte einer höheren Belastung ausgesetzt. Soweit der Beklagte die Verbesserung der Verkehrssicherheit in der Ortsdurchfahrt für die Planrechtfertigung ausreichen lasse, könne ihm nicht gefolgt werden. Auch hier bedürfe es einer belastbaren Verkehrsprognose. Eine nur niedrigere Entlastung würde immerhin die Frage aufwerfen, ob das Planvorhaben dann noch gerechtfertigt sei. Insofern komme es durchaus auf die absoluten Verkehrszahlen an. Mit der Aufgabe der Westtrassierung der B 30 neu entfiele schließlich die Planrechtfertigung. Auch drängten sich dann erst recht die alternativen Trassenführungen auf. Insofern wäre sinnvollerweise eine Streckenführung zu wählen, die von einer Ost- oder Westtrassierung der B 30 neu unabhängig wäre und zugleich eine Zubringerfunktion für die K 7126 neu erfüllen könnte.
44 
Der Beklagte verkenne bei der Lärmschutzproblematik, dass die Definition des Begriffs der „schädlichen Umwelteinwirkungen" in § 3 Abs. 1 und 2 BlmSchG auch im Rahmen der Anwendung des § 41 Abs. 1 BImSchG Geltung beanspruche. Schütze die 16. BImSchV lediglich vor schädlichen Verkehrsgeräuschen einer neu zu errichtenden Straße, aber nicht vor der damit einhergehenden gesamten Geräuschentwicklung, sei ein direkter Rückgriff auf § 41 Abs. 1 i.V.m. § 3 Abs. 1 BlmSchG geboten. Eine Gesamtlärmbetrachtung führe indes dazu, dass die nach der 16. BlmSchV zulässigen Immissionsgrenzwerte überschritten seien. Diese könnten, da es jeweils um schädliche Umwelteinwirkungen gehe, auch im Rahmen der gebotenen Gesamtlärmbetrachtung herangezogen werden. Da der Schutz vor unzumutbarem Lärm auch die Erhaltung oder Herstellung einer ausreichenden Luftzufuhr umfasse, gehöre zur angemessenen Befriedigung der Wohnbedürfnisse auch die Möglichkeit, bei gekipptem Fenster zu schlafen. Da ein allgemein anerkanntes Wohnbedürfnis in Rede stehe, sei hierzu kein weiteres Sachvorbringen erforderlich. Bei der gebotenen Gesamtbetrachtung werde der notwendige Innenraumpegel überschritten. Auch ihr Außenbereichsgrundstück dürfe seine Eignung für einen dortigen Aufenthalt nicht verlieren. Es bestehe schließlich durchaus ein neuer wissenschaftlicher Grundkonsens darin, dass zumindest ein Wert von 65 dB(A) tagsüber zu einer schädlichen Gesundheitsbeeinträchtigung führe. So sähen alle vorgelegten Studien einen Dauerschallpegel von 65 dB(A) tagsüber als schädlich an. Die Gesamtlärmbelastung auf ihrem Wohngrundstück liege jedoch unstreitig darüber. Insofern liege durchaus eine atypische Konstellation vor.
45 
Entgegen der Auffassung des Beklagten könnten mit einem ausreichend durchdachten Verkehrsleitsystem durchaus die gewünschten Effekte erzielt werden, ohne dass diese infolge einer Überlagerung mit dem Messeverkehr wieder entfielen. Naturschutzfachliche Belange seien auch bei der planfestgestellten Streckenführung betroffen. Bei einer entsprechenden Beschilderung und anderen verkehrsleitenden Maßnahmen, wie einer Herabstufung von Straßen, könnten die Verkehrsteilnehmer durchaus zum Fahren von Umwegen gebracht werden. Die gegen die „Shuttlebus“-Variante" vorgebrachten sicherheitstechnischen Bedenken überzeugten nicht. Etwaige unvermeidbare natur-, insbesondere artenschutzfachliche Konflikte wären gegebenenfalls im Rahmen der Abwägung zu lösen. Es könne nicht angehen, unbelastete Gebiete unbelastet zu lassen und stark vorbelastete Gebiete bis zur Unzumutbarkeit weiter zu belasten. Inwiefern die Konflikte mit der vorhandenen Siedlungsnutzung bei der geplanten Südumfahrung weniger schwerwiegend als bei der Nordumfahrung sein sollten, sei nicht zu erkennen.
46 
Der Beigeladene hat sich im Verfahren nicht geäußert.
47 
Der Senat hat die mündliche Verhandlung vom 11.09.2012 unterbrochen und auf den 08.10.2012 vertagt, um dem beklagten Land Gelegenheit zu geben, die dem Planfeststellungbeschluss zugrundeliegende Stellungnahme der Modus Consult Ulm GmbH zur Gesamtlärmsituation vom 26.05.2008 von dem zuständigen Diplomingenieur plausibilisieren und ergänzen zu lassen. Auf die daraufhin erstellte „Konkretisierende und ergänzende Stellungnahme zur Gesamtlärmsituation“ vom 24./25.09.2012 wird Bezug genommen (AS 283 ff.).
48 
Dem Senat liegen die das straßenrechtliche Planfeststellungsverfahren und das Grundstück des Klägers zu 2 betreffenden Behördenakten sowie die beim Verwaltungsgericht angefallenen Akten vor. Auf diese wird wegen weiterer Einzelheiten ebenso verwiesen wie auf die angefallenen Senatsakten.

Entscheidungsgründe

 
49 
Die Berufungen der Kläger zu 1 bis 4 sind zulässig. Sie wurden insbesondere innerhalb der einmonatigen Berufungsfrist des § 124a Abs. 2 Satz 1 VwGO eingelegt und innerhalb der auf rechtzeitigen Antrag bis zum 28.03.2011 verlängerten Berufungsbegründungsfrist begründet. Das Rubrum war im Hinblick auf das bisherige Verfahren und die zweifelhafte Beteiligungsfähigkeit der aus den Klägern zu 2 bis 4 gebildeten Erbengemeinschaft (vgl. hierzu VGH Bad.-Württ., Urt. v. 25.09.2007 - 3 S 1492/06 -, VBlBW 2008, 24 m.w.N.) sachdienlich zu berichtigen.
50 
Die Berufungen haben jedoch keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat die Klagen zu Recht in vollem Umfang abgewiesen.
I.
51 
Die Kläger haben innerhalb der einmonatigen Klagefrist allerdings zulässigerweise gegen den Planfeststellungsbeschluss des Regierungspräsidiums Tübingen vom 26.09.2008 Klage erhoben. Aufgrund des umfassenden, die Bestandskraft insgesamt hindernden Aufhebungsantrags sind auch die hilfsweise in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht gestellten Verpflichtungsanträge, die nunmehr sachdienlich als Bescheidungsanträge gefasst sind, noch rechtzeitig erhoben. Insofern kann dahinstehen, ob diese bereits in dem Aufhebungsbegehren enthalten waren (vgl. § 88 VwGO; hierzu BVerwG, Beschl. v. 10.07.1995 - 4 B 94.95 -, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 103). Eine zulässige, weil sachdienliche Klageänderung lag jedenfalls vor (vgl. § 91 VwGO).
52 
Sämtlichen Klägern stand und steht - sowohl für das Anfechtungs- als auch das Verpflichtungsbegehren - die erforderliche Klagebefugnis zur Seite (vgl. § 42 Abs. 2 VwGO).
53 
Bei der Klägerin zu 1 folgt dies aus ihrer möglichen Beeinträchtigung ihrer Gesundheit (vgl. Art. 2 Abs. 2 GG) als Bewohnerin der Wohngrundstücke Flst. Nrn. 525 u. 525/1, beim Kläger zu 2 aus einer möglichen Beeinträchtigung seines Grundeigentums (vgl. Art. 14 Abs. 1 GG) an eben diesen Grundstücken. So machen die Kläger zu 1 und 2 geltend, infolge des zusätzlichen Straßenverkehrslärms in ihrer Gesundheit bzw. in ihrem Recht auf Nutzung dieser dem Vorhaben benachbarten Wohngrundstücke verletzt zu sein.
54 
Dass die maßgeblichen Beurteilungspegel (bei Berücksichtigung der geplanten Lärmschutzmaßnahmen, vgl. die entsprechenden Lagepläne ) nicht nur unterhalb der Grenzwerte des § 2 Abs. 1 Nr. 2 der 16. BImSchV (59 dB(A) bzw. 49 dB(A)) liegen, sondern gar die niedrigeren Orientierungswerte der DIN 18005 für Allgemeine Wohngebiete von 55 dB(A) bzw. 45 dB(A) einhalten (vgl. die Lärmuntersuchung Modus Consult Ulm GmbH v. 21.01.2006, Anlage 5), ändert nichts. Denn im Hinblick auf die Zunahme des Gesamtlärms erscheint nicht von vornherein ausgeschlossen, dass die Kläger zu 1 und 2 aufgrund der Auswirkungen des planfestgestellten Vorhabens nunmehr (erstmals) einer gesundheitsgefährdenden Gesamtlärmbelastung ausgesetzt sein könnten. Zwar wird sich bei einer Überlagerung des Fluglärms mit dem Straßenverkehrslärm im Bereich der K 7725 allenfalls eine Belastung von 64 dB(A) am Tage und 56 dB(A) in der Nacht ergeben (vgl. die Stellungnahme Modus Consult Ulm GmbH zur Gesamtlärmsituation v. 26.05.2008), jedoch blieb der Schienenverkehrslärm bei dieser Berechnung unberücksichtigt. Dieser war seinerzeit nicht ermittelt worden, weil verallgemeinernd unterstellt worden war, dass sich der Einfluss der K 7725 neu bei den für jenen anzusetzenden Werten ohnehin nicht mehr bemerkbar mache. Auch wenn die zusätzliche Berücksichtigung des Schienenverkehrslärms - bei den im Bereich des vom Schienenweg weiter entfernt liegenden Grundstücks des Klägers zu 2 allenfalls in Betracht zu ziehenden Schallpegelunterschieden - kaum dazu führen konnte, dass die Schwelle von 70 dB(A) am Tage und 60 dB(A) in der Nacht überschritten würde, lässt sich vor dem Hintergrund der von den Klägern angeführten Ergebnisse aus der Lärmwirkungsforschung doch nicht von vornherein von der Hand weisen, dass nunmehr von einer bereits gesundheitsgefährdenden Wirkung auszugehen sein könnte. Dies könnte wiederum zu einer anderen Bewertung der planfestgestellten Trasse im Rahmen der Variantenprüfung, auf einen strikten Lärmsanierungsanspruch oder - im Hinblick auf eine immerhin abwägungserhebliche Erhöhung des Gesamtlärms - zu einer Verletzung des Abwägungsgebots zu ihrem Nachteil führen. Zudem haben die Kläger die der Lärmuntersuchung zugrundeliegende Verkehrsuntersuchung mit umfangreichem Vorbringen in Zweifel gezogen und machen eine höhere Schutzwürdigkeit ihres Wohngebiets geltend. Eine Verletzung des Abwägungsgebots zu ihren Lasten lässt sich - unabhängig von einer etwaigen gesundheitsgefährdenden Wirkung - nicht zuletzt auch im Hinblick auf den nach dem Entwurf der VDI-Richtlinie 3722 Blatt 2 (Februar 2007) errechneten effektbezogenen Substitutionspegel LES von 66 - 67 dB(A) (vgl. die Stellungnahme Modus Consult Ulm GmbH zur Gesamtlärmsituation v. 26.05.2008) nicht ohne Weiteres von der Hand weisen.
55 
Im Hinblick auf das in ihrem Gesamthandseigentum stehende Außenbereichsgrundstück Flst. Nr. 528 sind die Kläger zu 2 bis 4 schon deshalb klagebefugt, weil dieses (teilweise) dauernd bzw. vorübergehend unmittelbar in Anspruch genommen werden soll und sich nicht von vornherein ausschließen lässt, dass die zugunsten der planfestgestellten Variante getroffene Entscheidung unter einem zur Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses führenden Fehler leidet.
II.
56 
Die Klagen haben jedoch in der Sache keinen Erfolg.
57 
1. Dies gilt zunächst für die in erster Linie auf eine Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses gerichteten Hauptanträge.
58 
Der Planfeststellungsbeschluss leidet zu Lasten der Kläger an keinem erheblichen Rechtsfehler, der seine vollständige oder teilweise Aufhebung oder zumindest die Feststellung seiner teilweisen Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit erforderte (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO, § 75 Abs. 1a Satz 2 LVwVfG; hierzu BVerwG, Urt. v. 21.03.1996 - 4 C 19.94 -, BVerwGE 100, 370, Beschl. v. 01.04.1998 - 11 VR 13.97 -, Buchholz 310 § 80 VwGO Nr. 63).
59 
Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist der Zeitpunkt des Erlasses des Planfeststellungsbeschlusses vom 26.09.2008. Anzuwenden ist das Straßengesetz für Baden-Württemberg (StrG) i.d.F. v. 11.05.1992 (GBl. S. 330, ber. S.683), zul. geänd. durch Art. 4 Siebte AnpassungsVO v. 25.04.2007 (GBl. 252).
60 
Die Kläger zu 1 und 2, die im Hinblick auf die von dem Vorhaben ausgehenden Immissionswirkungen auf das Wohngrundstück Flst. Nrn. 525 und 525/1 lediglich mittelbar in ihrer Gesundheit bzw. in ihrem Eigentum betroffen sind, können eine Überprüfung des Planfeststellungsbeschlusses insoweit nur auf die Einhaltung drittschützender Vorschriften einschließlich des Gebots gerechter Abwägung (gerade ihrer abwägungserheblichen Belange) beanspruchen.
61 
Als mit enteignungsrechtlicher Vorwirkung Betroffene haben die Kläger zu 2 bis 4 darüber hinaus - allerdings nur im Hinblick auf das unmittelbar in Anspruch genommenen Außenbereichsgrundstück Flst. Nr. 528 - grundsätzlich Anspruch auf eine umfassende objektiv-rechtliche Planprüfung; d.h. sie können die Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses bereits dann verlangen, wenn dieser nicht „gesetzmäßig“ (Art. 14 Abs. 4 GG), also rechtswidrig ist. Dabei kommt es nicht darauf an, ob der rechtliche Mangel gerade auf der Verletzung von Vorschriften beruht, die Belange des betroffenen Grundstückseigentümers schützen (vgl. BVerwG, Urt. v. 28.02.1996 - 4 A 27.95 -, NVwZ 1996, 1011). Ausgenommen hiervon sind nur Rechtsmängel, die für die enteignende Inanspruchnahme gerade ihres Außenbereichsgrundstücks Flst. Nr. 528 nicht kausal sind (vgl. BVerwG, Beschl. v. 10.07.1995 - 4 B 94.95 -, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 103).
62 
Schließlich sind auch die mit enteignungsrechtlicher Vorwirkung Planbetroffenen im gerichtlichen Verfahren an der Geltendmachung solcher Mängel gehindert, hinsichtlich deren sie materiell präkludiert sind (vgl. Senat, Urt. v. 09.10.2000 - 5 S 1883/99 -, VBlBW 2001, 278; BVerwG, Urt. v. 24.05.1996 - 4 A 38.95 -, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 119).
63 
a) Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss leidet - soweit ersichtlich - unter keinen - zu seiner Aufhebung führenden - Verfahrensfehlern. Solche haben die Kläger auch nicht geltend gemacht.
64 
b) Auch in materiell-rechtlicher Hinsicht kann der Planfeststellungsbeschluss nicht beanstandet werden. Das planfestgestellte Vorhaben ist erforderlich (aa) und verstößt weder gegen striktes Recht (bb) noch gegen das Abwägungsgebot (cc).
65 
aa) Entgegen der Auffassung der Kläger ist das Planvorhaben von der (im Hinblick auf die dem Planfeststellungsbeschluss zukommende enteignungsrechtliche Vorwirkung, vgl. § 40 StrG) erforderlichen Planrechtfertigung getragen. Diese unterliegt jedenfalls im Hinblick auf die entsprechenden, rechtzeitig erhobenen Einwendungen der enteignungsbetroffenen Kläger zu 2 bis 4 der Überprüfung (vgl. BVerwG, Urt. v. 24.11.2011 - 9 A 24.10 -; anders BVerwG, Urt. v. 26.04.2007 - 4 C 12.05 -, BVerwGE 128, 358: auch auf die Rüge mittelbar - durch Immissionen - Betroffener).
66 
Die Planrechtfertigung ist nur dann gegeben, wenn das Vorhaben aus Gründen des Gemeinwohls objektiv erforderlich ist. Dies ist allerdings nicht erst bei einem unabweisbaren Bedürfnis der Fall, vielmehr muss das Vorhaben lediglich gemessen an den Zielen des jeweils zugrundeliegenden Fachplanungsgesetzes „vernünftigerweise“ geboten sein (vgl. BVerwG, Beschl. v. 29.11.1995 - 11 VR 15.95 -, Buchholz 442.09 § 18 AEG Nr. 7) bzw. muss der Vorhabenträger im Hinblick auf diese Ziele die Planung aus nachvollziehbaren Gründen für erforderlich halten dürfen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 15.09.1995 - 11 VR 16.95 -, Buchholz 442.09 § 18 AEG Nr. 6; Urt. v. 27.07.1990 - 4 C 26.87 -, Buchholz 442.08 § 36 BBahnG Nr. 18); gesetzliche Ziele sind dabei alle im Rahmen des jeweiligen Fachgesetzes zulässigerweise verfolgbaren Ziele. Insofern stellt die Planrechtfertigung „eine praktisch nur bei groben und einigermaßen offensichtlichen Missgriffen wirksame Schranke der Planungshoheit“ dar. Nicht planerisch gerechtfertigt ist allerdings auch ein Vorhaben, wenn feststeht, dass sich die Null-Variante als ebenso sinnvoll oder noch zweckmäßiger erweisen würde (vgl. BVerwG, Urt. v. 03.05.1988 - 4 C 26.84 -, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 74). Da das Vorliegen der erforderlichen Planrechtfertigung eine Rechtsfrage betrifft, die der vollen gerichtlichen Überprüfung unterliegt, ist letztere auch nicht auf die Überprüfung der im Planfeststellungsbeschluss hierfür gegebenen Begründung beschränkt (vgl. BVerwG, Urt. v. 11.07.2001 - 11 C 14.00 -, BVerwGE 114, 364).
67 
Maßgebliches Fachplanungsgesetz für das in Rede stehende Straßenbauvorhaben ist das Straßengesetz für Baden-Württemberg i.d.F. vom 11.05.1992 (GBl. S. 330, ber. S. 683). Nach Maßgabe der von ihm allgemein verfolgten Ziele besteht ein Bedürfnis für die planfestgestellte Ortsumfahrung, was bereits der - wenn auch für die Planfeststellung und das gerichtliche Verfahren nicht verbindliche - Umstand nahelegt, dass die Maßnahme im Kreisstraßenausbauprogramm des Bodenseekreises als Vorhaben des vordringlichen Bedarfs ausgewiesen ist. Ein entsprechendes Bedürfnis für die Baumaßnahme folgt ohne Weiteres daraus, dass mit ihr die stark belastete Ortsdurchfahrt der Kreisstraße in Kehlen beseitigt und so die Leistungsfähigkeit der vorwiegend dem überörtlichen Verkehr innerhalb des Bodenseekreises dienenden K 7725 verbessert (vgl. § 3 Abs. 1 Nr. 2 StrG; BVerwG, Urt. v. 06.12.1985 - 4 C 59.82 -, BVerwGE 72, 282), der innerörtliche Verkehr (im Bereich dieser Ortsdurchfahrt) bzw. die Ortslage Kehlens vom Durchgangsverkehr weitgehend entlastet (vgl. hierzu BVerwG, Urt. v. 14.07.2011 - 9 A 14.10 -, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 218; auch Senat, Urt. v. 23.04.1981 - 5 S 2342/80 -, ESVGH 31, 196) und nicht zuletzt die Verkehrssicherheit auf der K 7725 im Bereich der Maßnahme erhöht wird (vgl. BVerwG, Urt. v. 06.12.1985, a.a.O., Urt. v. 03.05.1988 - 4 C 26.84 -, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 74).
68 
Soweit die Kläger mit ihrem Hinweis auf einen - ohne Umgestaltung der Ortsdurchfahrt - zu erwartenden „Schleichverkehr“ die im Anschluss an das Verkehrsgutachten vom 11.01.2005 angenommene Entlastung bzw. deren Umfang von 67 % im Bereich der (bisherigen) Ortsdurchfahrt Kehlen bezweifeln, lassen sich ihrem Vorbringen keine überzeugenden Gründe entnehmen, die eine solche Entlastung dem Grunde nach in Frage stellten. Auch wenn die Ausgangsbelastung zu hoch angesetzt sein sollte, führte dies allenfalls zu einer geringeren Entlastungswirkung. Davon, dass diese im Hinblick auf die von den Klägern angeführten Verkehrszählungen überhaupt nicht mehr ins Gewicht fallen könnte, kann jedenfalls nicht ausgegangen werden. So haben der Beklagte und der in der mündlichen Verhandlung gehörte Vertreter der Modus Consult Ulm GmbH überzeugend dargelegt, dass, weil nur repräsentative Verkehrstage maßgeblich sind, allenfalls die Verkehrszahlen vom 19.04.2007 herangezogen werden könnten, die jedoch bei einer Hochrechnung auf den ganzen Tag in etwa dieselbe Verkehrsmenge ergäben (6.200 bis 7.800 Kfz/24 h), die auch der Verkehrsuntersuchung für 2005 zugrundegelegt worden war (ca. 6.900 Kfz/24 h). Insbesondere leuchtet ohne Weiteres ein, dass Verkehrszählungen anlässlich von Geschwindigkeitsmessungen schon aufgrund ihrer gänzlich anderen Funktion in vorliegendem Zusammenhang allenfalls geringe Aussagekraft zukommt. So machen Geschwindigkeitsmessungen von vornherein nur in Zeiten Sinn, in denen die Verkehrsdichte überhaupt ein schnelleres Fahren zulässt.
69 
Dass mit der geplanten B 30 neu ohnehin bereits eine (vergleichbare) Entlastung der Ortsdurchfahrt Kehlen verbunden wäre, ist nicht zu erkennen, da sich an der Verbindungs-, insbesondere Zubringerfunktion der K 7725 nichts änderte. Es ist ohne Weiteres nachvollziehbar, dass sich diese entsprechend der auf die Verkehrsuntersuchung gestützte Annahme im Planfeststellungsbeschluss sogar noch verstärkte (vgl. deren Zusammenfassung, S. 10).
70 
Die Leistungsfähigkeit der K 7725 erhöhte sich schließlich unabhängig von der angenommenen Entlastung im Bereich der (bisherigen) Ortsdurchfahrt. Dies folgt bereits aus der Beseitigung der den überörtlichen Verkehr schon aufgrund ihres unsteten Verlaufs, ihrer geringen Fahrbahnbreite und des dortigen Bahnübergangs (durch Rückstauungen) beeinträchtigenden Ortsdurchfahrt der Kreisstraße (vgl. BVerwG, Urt. v. 22.03.1985 - 4 C 15.83 -, BVerwGE 71, 166). Ein Verkehrsbedürfnis für eine leistungsfähigere K 7725 folgt ohne Weiteres aus der derzeit schon hohen Verkehrsbelastung der K 7725 und der Verkehrsprognose für 2015 bzw. 2020, die für alle überprüften Planungsfälle von einer Gesamtbelastung von mindestens 13.000 Kfz/24 h ausgeht (vgl. Verkehrsuntersuchung, S. 6 u. 9).
71 
Dass ein entsprechendes Verkehrsbedürfnis gerade auch für die Südumfahrung besteht, ergibt sich ohne Weiteres aus der für sie für den Planungsfall C 2 prognostizierten künftigen Gesamtbelastung von ca. 17.600 Kfz/24 h (für 2015) bzw. ca. 18.200 Kfz/24 h (für 2020). Inwiefern diese Annahme auf einer fehlerhaften Prognose beruhte, erschließt sich nicht. Selbst dann, wenn sich die Verkehrsbelastung für die K 7725 neu gegenüber der K 7725 alt nicht wesentlich erhöhen sollte, stellte dies das für eine Erhöhung der Leistungsfähigkeit erforderliche Verkehrsbedürfnis nicht in Frage. Dafür, dass die Südumfahrung entgegen dem Verkehrsgutachten überhaupt nicht angenommen und insofern weiterhin die durch Kehlen führende K 7725 alt genutzt würde, lassen sich dem Vorbringen der Kläger keine überzeugenden Gründe entnehmen. Insbesondere ist nicht nachvollziehbar, warum die K 7725 neu nicht genutzt werden sollte, um über die B 30 neu die B 467 zu erreichen. Dass es - je nach Abfahrts- und Zielort - auch andere Verkehrsbeziehungen gibt, die nicht über die K 7725 neu führen, steht außer Frage und vermag ein Verkehrsbedürfnis für die K 7725 neu - wie bisher für die K 7725 alt - nicht in Frage zu stellen. Nichts anderes gilt, soweit die Kläger anzweifeln, ob Meckenbeuren von Norden anfahrende Verkehrsteilnehmer die B 30 nutzen.
72 
Auch die Verkehrssicherheit auf der K 7725 erhöhte sich unabhängig von der angenommenen Entlastung der Ortsdurchfahrt vom überörtlichen Verkehr, da sich jedenfalls die auf Trassenführung und Ausbauzustand im Bereich der Ortsdurchfahrt und im Einmündungsbereich in die B 30 zurückzuführende Unfallhäufigkeit verringerte. Der Verweis auf an anderer Stelle neu entstehende Gefahren stellt letztlich eine Spekulation der Kläger dar; daran vermag auch ihr Hinweis auf schwere Verkehrsunfälle auf anderen Ortsumfahrungen nichts zu ändern. Ein besonderes Verkehrsbedürfnis für die K 7725 neu, insbesondere die Südumfahrung, müsste insofern, da sich der mit der Straßenplanung verbundene Eingriff in privates Grundeigentum schon mit konkreten Sicherheitsanforderungen hinreichend rechtfertigen ließe, noch nicht einmal ohne Weiteres nachgewiesen werden (vgl. BVerwG, Urt. v. 03.05.1988, a.a.O.; Urt. v. 22.03.1985, a.a.O.; BVerwGE 72, 282). Von einem entsprechenden Verkehrsbedürfnis ist allerdings - wie ausgeführt - ohne Weiteres auszugehen.
73 
Ob sich bei Berücksichtigung aller gegenläufigen Belange (insbesondere des Interesses der Anwohner, von weiteren Verkehrslärmwirkungen verschont zu bleiben sowie der Belange des Natur- und Landschaftsschutzes) letztlich doch die Nullvariante oder eine von den Klägern favorisierte Variante als die bessere Lösung aufdrängte, ist schließlich keine Frage der Planrechtfertigung, sondern Gegenstand der planerischen Abwägung (vgl. BVerwG, Urt. v. 10.04.1997 - 4 C 5.96 -, BVerwGE 104, 236). Insoweit wird auf die Ausführungen unter cc) verwiesen.
74 
Soweit die Kläger die Planrechtfertigung für das Straßenbauvorhaben schließlich mit zwischenzeitlich erkannten artenschutzrechtlichen Problemen im Bereich der geplanten West-Trasse der B 30 neu in Frage zu stellen versuchen, geht dies von vornherein fehl. Abgesehen davon, dass artenschutzrechtliche Probleme nicht dazu führen müssen, dass von der bisherigen Planung der B 30 neu abgesehen und stattdessen auf die Osttrasse ausgewichen würde, ist maßgeblicher Zeitpunkt auch für das Vorliegen der Planrechtfertigung der Erlass des Planfeststellungsbeschlusses. Der Hinweis der Kläger auf § 51 LVwVfG (Wiederaufgreifen des Verfahrens) geht insofern fehl, zumal diese Vorschrift in einem Planfeststellungsverfahren ohnehin keine Anwendung findet (vgl. § 72 Abs. 1 LVwVfG). Abgesehen davon besteht für die mit der Planung verfolgten Ziele - Erhöhung der Leistungsfähigkeit und Verkehrssicherheit der K 7725 sowie Entlastung Kehlens im Bereich der Ortsdurchfahrt von überörtlichem Verkehr - auch unabhängig von der Planung der B 30 neu ein Bedürfnis.
75 
bb) Das planfestgestellte Vorhaben verletzt, soweit dies überhaupt zu prüfen war, auch keine zwingenden materiellen Rechtssätze.
76 
aaa) Auf einen etwaigen Verstoß gegen die naturschutzrechtliche Eingriffsregelung (vgl. § 21 LNatSchG) können sich die Kläger allerdings - auch soweit ihnen ein Vollprüfungsanspruch zusteht - nicht berufen.
77 
Zu Recht ist das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, dass auch die ent-eignungsbetroffenen Kläger zu 2 bis 4 eine Überprüfung der im Planfeststellungsbeschluss festgesetzten Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen nicht beanspruchen können, da sie entsprechende Einwendungen gegen den Plan trotz des Hinweises auf diese Rechtsfolge in den „Gemeindenachrichten“ vom 08.07.2006 nicht erhoben haben. Dass der Hinweis nach seinem Wortlaut auf § 73 Abs. 4 LVwVfG und nicht auf die speziellere Regelung in § 37 Abs. 9 StrG Bezug nahm, ist ohne Belang, nachdem keine auf besonderen privatrechtlichen Titeln beruhende Einwendungen in Rede stehen.
78 
Nach § 37 Abs. 9 Satz 1 StrG sind im Planfeststellungsverfahren Einwendungen gegen den Plan nach Ablauf der Einwendungsfrist ausgeschlossen; hierauf ist in der Bekanntmachung der Auslegung oder bei der Bekanntgabe der Einwendungsfrist hinzuweisen. Hierbei handelt es sich, wovon auch das Verwaltungsgericht ausgegangen ist, nicht nur um eine formelle, sondern um eine materielle Präklusion, die auch im gerichtlichen Verfahren zu beachten ist (vgl. Lorenz/Will, StrGBW, Handkomm., 2. A. 2005, § 37 Rn. 68; noch offen gelassen von VGH Bad.-Württ., Urt. v. 05.10.2006 - 8 S 967/05 -, ESVGH 124). Dies folgt bereits aus dem Wortlaut der Vorschrift. Dieser beschränkt sich nicht auf die Normierung einer Einwendungsfrist, gegebenenfalls ergänzt um einen Hinweis, dass (lediglich) die rechtzeitig erhobenen Einwendungen gegen den Plan zu erörtern sind (vgl. § 18 Abs. 3 u. 4 Satz 1 FStrG i.d.F. v. 06.08.1953 bzw. § 18 Abs. 4 u.6 FStrG i.d.F. v. 01.07.1974), sondern spricht eindeutig von einem Einwendungsausschluss nach Ablauf der Einwendungsfrist. Diese Wortwahl entspricht vergleichbaren Präklusionsregelungen (vgl. § 73 Abs. 4 Satz 3 LVwVfG, § 17 Abs. 4 Satz 1 FStrG) und weist zweifelsfrei auf eine materielle Präklusion hin. Hinzu kommt, dass in § 39 Abs. 9 Satz 2 StrG als Voraussetzung für einen solchen Ausschluss geregelt ist, dass auf diese Rechtsfolge in der Bekanntmachung der Auslegung oder bei der Bekanntgabe der Einwendungsfrist hinzuweisen ist. Der Umstand, dass die Vorschrift mit den Worten „Im Planfeststellungsverfahren“ beginnt, ändert daran nichts, mag dies für sich genommen auch einen gegenteiligen Schluss nicht von vornherein ausgeschlossen erscheinen lassen (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 05.10.2006, a.a.O.). Denn damit sollte ersichtlich nur klargestellt werden, dass lediglich in einem Planfeststellungsverfahren - und nicht in einem Plangenehmigungsverfahren - nicht erhobene Einwendungen einer Ausschlusswirkung unterliegen. Wäre mit den Worten „Im Planfeststellungsverfahren“ demgegenüber eine Begrenzung der Ausschlusswirkung auf das weitere Planfeststellungsverfahren beabsichtigt gewesen, wäre eine solche Einschränkung anders, nämlich vor dem Wort „ausgeschlossen“ zum Ausdruck zu bringen gewesen. Zu Beginn der Vorschrift haben diese Worte indes die gleiche Bedeutung wie „bei einem Planfeststellungsverfahren“. Für eine solche Auslegung sprechen nicht zuletzt Sinn und Zweck der Vorschrift, Rechts- und Investitionssicherheit (insbesondere für den Vorhabenträger, vgl. BVerwG, Beschl. v. 11.11.2009 - 4 B 57.09 -, Buchholz 406.254 URG Nr. 1) zu schaffen und die bereits mit dem Genehmigungsverfahrensbeschleunigungsgesetz verfolgte Verfahrensbeschleunigung zu gewährleisten. Dass der Einwendungsausschluss in § 37 Abs. 9 Satz 1 StrG gleichwohl hinter den bisherigen, bereits eine materielle Präklusion enthaltenden Regelungen in § 37 Abs. 13 StrG und § 73 Abs. 4 Satz 3 LVwVfG zurückbleiben und entgegen der allgemeinen Tendenz zur materiellen Präklusion im Fachplanungsrecht (vgl. Rieder, Fachplanung und materielle Präklusion, 2004, S. 111) nur noch im Verwaltungsverfahren und nicht mehr für das gerichtliche Verfahren gelten sollte, erscheint demgegenüber fernliegend. Ausweislich der Gesetzgebungsmotive (vgl. hierzu LT-Drucks. 13/1227, S. 58) war mit der Novellierung tatsächlich auch keine Einschränkung gegenüber der in § 73 Abs. 4 Satz 3 LVwVfG enthaltenen Regelung, sondern gerade eine Erweiterung auf solche Einwendungen beabsichtigt, die auf privatrechtlichen Titeln beruhen. Insofern hat sich mit der Novellierung des § 37 Abs. 9 Satz 1 StrG an der bisherigen, eine materielle Präklusion vorsehenden Rechtslage nichts geändert.
79 
Die Präklusion erstreckt sich - auch bei den enteignungsbetroffenen Klägern zu 2 bis 4 - grundsätzlich auch auf solche rechtlichen oder tatsächlichen Umstände, die die Planfeststellungsbehörde unabhängig von etwaigen Einwendungen Betroffener von Amts wegen zu berücksichtigen hatte (vgl. BVerwG, Beschl. v. 01.04.2005 - 9 VR 5.05 -, juris, Rn. 5; OVG Bremen, Urt. v. 13.01.2005 - 1 D 224/04 -, juris Rn. 58). Der erweiterten Einwendungsbefugnis entspricht insofern auch eine erhöhte Mitwirkungslast (vgl. Senat, Urt. v. 09.10.2000, a.a.O., Rieder, a.a.O., S. 178).
80 
Zur Vermeidung des Einwendungsausschlusses müssen Einwendungen - auch solche gegen objektiv-rechtliche (öffentliche Belange) - erkennen lassen, in welcher Hinsicht Bedenken gegen die in Aussicht genommene Planung - aus Sicht des Einwenders - bestehen könnten; das Vorbringen muss so konkret sein, dass die Planfeststellungsbehörde erkennen kann, in welcher Weise sie bestimmte Belange einer näheren Betrachtung unterziehen soll bzw. was sie konkret bedenken soll (vgl. Senat, Urt. v. 09.10.2000, a.a.O.; BVerwG, Beschl. v. 12.02.1996 - 4 A 38.95 -, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 109). Der Betroffene muss zumindest in groben Zügen - gegebenenfalls unter Hinweis auf spezielle, gerade ihn betreffende Gesichtspunkte (vgl. Steinberg, a.a.O., § 2 Rn. 133) - darlegen, welche Beeinträchtigungen befürchtet werden, ohne dies allerdings begründen zu müssen (vgl. BVerfG, Beschl. v.08.07.1982 - 2 BvR 1187/80 - BVerfGE 61, 82; BVerwG, Beschl. v. 12.02.1996 - 4 VR 19.95 - Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 109 S. 78; Urt. v. 30.01.2008 - 9 A 27.06 -, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 195).
81 
Dem können die Kläger nicht entgegenhalten, sie hätten insofern auch gegen die Ausgleich- und Ersatzmaßnahmen Einwendungen erhoben, weil sie mit der gerügten, „nicht hinnehmbaren“ Beeinträchtigung des Landschaftsbildes und des Erholungswerts der Landschaft, insbesondere des Naherholungsgebiets sowie des Erholungsgeländes um Gerbertshaus die gesamte Problematik betreffend Eingriffe in Natur- und Landschaftsschutz einschließlich der hierzu vorgesehenen Kompensationsregelungen thematisiert hätten. Auch wenn die Begriffe Natur und Landschaft für sich genommen nach ihrem Bedeutungsinhalt nicht genau gegeneinander abzugrenzen sein sollten, bezogen sich die Einwendungen der Kläger doch allein auf das Landschaftsbild bzw. die Trennung des Ortsbildes und den Erholungswert der Landschaft (vgl. hierzu auch Dürr, in: Kodal, StraßenR, 7. A., S. 1295) und zwar mit der Zielrichtung, dass in dieses Schutzgut nur eingegriffen werden dürfe, wenn an anderer Stelle keine alternative Trasse zur Verfügung stehe, was nach ihrer Auffassung jedoch der Fall sei. Damit sollte im Hinblick auf das zweifellos betroffene „hohe Schutzgut“ der Landschaft die Entscheidung zugunsten der planfestgestellten Trasse im Rahmen der Variantenprüfung und nicht die Vermeid-barkeit eines Eingriffs i. S. des § 21 Abs. 1 NatSchG, bei der lediglich nach Alternativen an gleicher Stelle zu fragen ist, und schon gar nicht die ausreichende Kompensation der mit ihr verbundenen unvermeidbaren Beeinträchtigungen in Frage gestellt werden (vgl. § 21 Abs. 2 NatSchG); unabhängig davon änderte eine ausreichende Kompensation an den beanstandeten Beeinträchtigungen nichts.
82 
Im Übrigen wäre auch nicht ersichtlich, inwiefern ein im Hinblick auf die angeblich ungeeigneten Maßnahmen 2.1 und 9 (für die das Grundstück der Kläger - anders als für die Maßnahme 3.1a - auch nicht teilweise in Anspruch genommen werden muss) verbliebenes Defizit im Bereich der Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen, nicht nur zu einer Planergänzung (um weitere Maßnahmen an anderer Stelle und ggf. einer Ausgleichsabgabe), sondern entsprechend dem Hauptantrag der Kläger zu 2 bis 4 zu einer Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses führen könnte. Dies setzte voraus, dass es im Gesamtplanungsgeflecht derart schwer wöge, um von der planfestgestellten Maßnahme insgesamt abzusehen oder die Trassenführung doch im Bereich des unmittelbar in Anspruch genommenen Außenbereichsgrundstücks Flst. Nr. 528 zu verändern (vgl. BVerwG, Urt. v. 28.02.1996 - 4 A 27.95 -, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 110; Senat, Urt. v. 09.10.2000, a.a.O.). Überzeugende Gründe hierfür lassen sich auch dem Berufungsvorbringen nicht entnehmen, zumal die Kläger gerade auf angeblich vorhandene geeignetere Ausgleichsflächen (Flst. Nr. 456 u. a.) verwiesen haben. Mit der beanstandeten Ausgleichsmaßnahme 2.1 („Optimierung der „Weite Wiesen“) soll schließlich eine Extensivierung und Entwicklung von Grünlandbeständen, insbesondere des feuchten und nassen Spektrums sowie eine Förderung standortgemäßer Vegetationsbestände (Hochstauden, Röhricht, Großseggenried) erreicht werden. Warum solches aufgrund der Straßennähe und Lärmexposition der vorgesehenen Fläche nicht möglich sein sollte, erschließt sich nicht, mag die damit u.a. verfolgte (weitere) Zielsetzung, die Lebensraumfunktionen zu verbessern und die Arten- und Lebensgemeinschaften extensiv genutzter Grünlandkomplexe zu fördern (vgl. hierzu das entsprechende Maßnahmenblatt im Landschaftspflegerischen Begleitplan, S. 104 f.), auch nicht in jeder Hinsicht optimal erreicht werden können. Insofern hat ein Vertreter der „Entwicklungs- und Freiraumplanung Eberhard + Partner GbR“ in der mündlichen Verhandlung überzeugend darauf hingewiesen, dass sich die vegetationsmäßige und faunistische Aufwertung dieses grundwassernahen Bereichs gar nicht auf Wiesenvögel beziehe. Die Insektenfauna sei schließlich gegenüber den Störwirkungen einer Straße relativ tolerant.
83 
Was die weitere Rüge der Kläger anbelangt, die Ersatzmaßnahme 9 sei im Hinblick auf die verschiedenen mit ihr verfolgten Zwecke schon aufgrund ihrer geringen Größe viel zu klein, greift auch dies nicht durch. So ist nicht zu erkennen, warum mit der Extensivierung der landwirtschaftlichen Nutzung und der Entwicklung artenreicher Grünlandbestände sowie der regelmäßigen Pflege der Sukzessionsfläche entlang des Tegelbachs nicht gleichzeitig die Bodenfunktionen optimiert und stabilisiert, das Retentionsvermögen der Tegel-bachaue verbessert, stoffliche Einträge reduziert und die dortigen Lebensraumfunktionen verbessert werden könnten (vgl. hierzu das entsprechende Maßnahmenblatt im Landschaftspflegerischen Begleitplan, S. 116 f.). Ein Vertreter der „Entwicklungs- und Freiraumplanung Eberhard + Partner GbR“ hat den Klägern schließlich in der mündlichen Verhandlung überzeugend entgegengehalten, dass die Maßnahme 9 im Zusammenhang mit den Maßnahmen 2.1 und 8 zu sehen sei und diese lediglich ergänzen sollte. Entgegen der Auffassung der Kläger könnten auch die „Bähwiesen“ durchaus noch weiter aufgewertet werden. Auf einen die Maßnahme insgesamt oder doch die Trassenführung im Bereich ihres Außenbereichsgrundstücks in Frage stellenden Fehler hätte freilich auch dieser Einwand kaum führen können. Dagegen spricht nicht zuletzt die auch von den Klägern, wenn auch mit anderer Zielrichtung hervorgehobene geringe Größe der Fläche. Bei ihrem Vorwurf, der Eingriff in die Landschaft, insbesondere in das Landschaftsbild sei nicht ausreichend kompensiert, übersehen die Kläger, dass sich das planfestgestellte Maßnahmenkonzept nicht in den beiden beanstandeten Maßnahmen erschöpft, sondern sich aus insgesamt 9 bzw. 12 Einzelmaßnahmen zusammensetzt. Dass gleichwohl ein Defizit verbliebe, haben die Kläger auch im gerichtlichen Verfahren nicht in nachvollziehbarer Weise aufgezeigt.
84 
bbb) Soweit die Kläger geltend machen, dass die fachplanungsrechtliche Zumutbarkeitsgrenze nach § 74 Abs. 2 Satz 2 LVwVfG überschritten sei, weil die aus ihrer Sicht maßgeblichen Summenpegel die auch in diesem Fall einschlägigen Immissionsgrenzwerte nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 der 16. BImSchV überstiegen, wird zwar ein Verstoß gegen zwingende Vorschriften des verkehrsbezogenen Immissionsschutzrechts (§§ 41 ff. BImSchG, 16. BImSchV) geltend gemacht. Auf eine Planaufhebung führte dies jedoch auch dann nicht, wenn der Einwand zuträfe. Vielmehr bestünde auch bei unzureichender Lärmvorsorge grundsätzlich nur ein Anspruch auf Planergänzung. Eine Planaufhebung käme erst dann in Betracht, wenn das Fehlen entsprechender Schutzauflagen - ausnahmsweise - von so großem Gewicht sein könnte, dass die Ausgewogenheit der Planung insgesamt in Frage gestellt wäre (vgl. Senatsurt. v. 09.10.2000, a.a.O.; BVerwG, Urt. v. 18.04.1996 - 11 A 86.95 -, NVwZ 1996, 901), mithin erst dann wenn gleichzeitig gegen das fachplanungsrechtliche Abwägungsgebot verstoßen worden wäre (dazu sogleich).
85 
Anderes gilt auch nicht im Hinblick auf das Vorbringen der Kläger zu 1 und 2 mit der höheren Gesamtlärmbelastung von insgesamt 66 dB(A) am Tage und 56 dB(A) in der Nacht erstmals einer nach Art. 2 Abs. 2 GG verfassungswidrigen Gesundheitsgefährdung ausgesetzt zu sein. Denn auch dann, wenn die Schwelle zur Gesundheitsgefährdung nunmehr überschritten sein sollte, führte dies allenfalls aufgrund eines möglicherweise beachtlichen Abwägungsfehlers im Rahmen der Variantenprüfung auf eine Planaufhebung. Anderenfalls verbliebe es auch insoweit bei einem Planergänzungsanspruch, mit dem die Kläger allenfalls weitere (hier durchaus im Wege aktiven wie passiven Schallschutz mögliche) Schutzvorkehrungen bzw. Entschädigungen, gegebenenfalls auch eine zu entschädigende Übernahme des Grundstücks verlangen könnten.
86 
ccc) Dass infolge des planfestgestellten Vorhabens Lärmaktionspläne nach § 47d BImSchG von den hierfür zuständigen Behörden sinnvollerweise nicht mehr aufgestellt werden könnten, ist weder dargetan noch sonst ersichtlich. Der inzwischen im Entwurf vorliegende Lärmaktionsplan für die Gemeinde Meckenbeuren dürfte im Übrigen das Gegenteil belegen.
87 
cc) Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss verstößt auch nicht in einer zu seiner Aufhebung führenden Weise gegen das fachplanerische Abwägungsgebot des § 37 Abs. 5 Satz 1 StrG. Nach dieser Vorschrift sind bei der Planfeststellung die von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange einschließlich der Umweltverträglichkeit im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigen. Insoweit ist die gerichtliche Kontrolle darauf beschränkt, ob eine Abwägung überhaupt stattgefunden hat, ob an Belangen eingestellt worden ist, was nach Lage der Dinge eingestellt werden musste, ob die Bedeutung der betroffenen öffentlichen und privaten Belange verkannt und ob der Ausgleich zwischen ihnen in einer Weise vorgenommen worden ist, der zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht. Innerhalb des so gezogenen Rahmens wird das Abwägungsgebot nicht verletzt, wenn sich die Behörde in der Kollision zwischen verschiedenen Belangen für die Bevorzugung des einen und damit notwendigerweise für die Zurückstellung eines anderen Belangs entscheidet (vgl. hierzu grundlegend BVerwG, Urt. v. 14.02.1975 - IV C 21.74 - BVerwGE 48, 56). Dabei sind gemäß § 75 Abs. 1a Satz 1 LVwVfG Mängel bei der Abwägung der von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange nur erheblich, wenn sie offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen sind (vgl. hierzu BVerwG, Beschl. v. 16.08.1995 - 4 B 92.95 -, a.a.O.).
88 
Die Entscheidung der Planfeststellungsbehörde, den Plan für den Neubau der K 7725 als Südumgehung von Kehlen auch im Hinblick auf die zusätzlichen Lärmwirkungen zum Nachteil der Kläger zu 1 und 2 und die Inanspruchnahme des Grundstücks der Kläger zu 2 bis 4 festzustellen, lässt einen relevanten Abwägungsfehler nicht erkennen. Insbesondere musste sie einer anderen Variante nicht den Vorzug geben. Dass sich die Kläger innerhalb der Einwendungsfrist noch nicht zu allen, von ihnen nunmehr für vorzugswürdig gehaltenen Varianten geäußert hatten, führt nicht dazu, dass sie insoweit mit ihren Einwand ausgeschlossen wären, dass im Hinblick auf die von ihnen beanstandeten Beeinträchtigungen von Landschaft, Ortsbild, Gesundheit und Eigentum eine andere Variante vorzuziehen gewesen wäre.
89 
Kommen Alternativlösungen ernsthaft in Betracht, so hat die Planungsbehörde sie zwar als Teil des Abwägungsmaterials mit der ihnen objektiv zukommenden Bedeutung in die vergleichende Prüfung der von den möglichen Varianten jeweils berührten öffentlichen und privaten Belange unter Einschluss des Gesichtspunkts der Umweltverträglichkeit einzubeziehen. Sie ist indes nicht verpflichtet, die Variantenprüfung bis zuletzt offen zu halten und alle von ihr zu einem bestimmten Zeitpunkt erwogenen Alternativen gleichermaßen detailliert und umfassend zu untersuchen. Auch im Bereich der Planungsalternativen braucht sie den Sachverhalt nur soweit aufzuklären, wie dies für eine sachgerechte Trassenwahl und eine zweckmäßige Gestaltung des Verfahrens erforderlich ist. Sie ist befugt, eine Alternative, die ihr auf der Grundlage einer Grobanalyse als weniger geeignet erscheint, schon in einem frühen Verfahrensstadium auszuscheiden. Verfährt sie in dieser Weise, so handelt sie abwägungsfehlerhaft nicht schon dann, wenn sich herausstellt, dass die von ihr verworfene Lösung ebenfalls mit guten Gründen vertretbar gewesen wäre, sondern erst, wenn sich ihr diese Lösung als die vorzugswürdige hätte aufdrängen müssen (vgl. BVerwG, Urt. v. 25.01.1996 - 4 C 5.95 -, BVerwGE 100, 238, Beschl. v. 24.09.1997 - 4 VR 21.96 - NVwZ-RR 1998, 297 u. Urt. v. 26.03.1998 - 4 A 7.97 -, UPR 1998, 382). Solches ist hier nicht der Fall.
90 
Soweit im Planfeststellungsbeschluss der „Südumfahrung“ der Vorzug gegenüber den beiden Nordumfahrungen gegeben wurde, ist dies ohne Weiteres nachvollziehbar. So würde die ortsnahe Nordumgehung an der Verkehrsbelastung zwischen der Bahnlinie und der bestehenden B 30 nichts ändern bzw. diese gar noch verstärken, wodurch der dortige Schul-, Sport und Freizeitbetrieb beeinträchtigt wäre. Auch führte die ortsnahe Nordumgehung zu einer geringeren Entlastung der Ortsdurchfahrt Kehlen. Bei der ortsfernen Nordumfahrung ergäbe sich schließlich eine hohe Verkehrsbelastung im Bereich zwischen Meckenbeuren und Buch bzw. auf den entsprechenden Verbindungsstraßen, was sich auf den dortigen Siedlungs- und Entwicklungsschwerpunkt nachteilig auswirkte. Auch wäre sie aufgrund ihrer Länge die unwirtschaftlichste Lösung. Demgegenüber erbringt die insoweit günstigere „Südumfahrung“ eine gute (nicht „beste“, so aber die Verkehrsuntersuchung, S. 7) und zugleich durchgängige Entlastung. Auch lässt sich mit ihr als „Zubringer“ für den Raum südöstlich von Meckenbeuren die langfristig verfolgte Verkehrskonzeption umsetzen, die Verkehrsbeziehungen im Zuge der B 30 neu und der K 7725 neu in Verbindung mit der langfristig geplanten B 467 neu zu bündeln. Schließlich hatte sich die „Südumfahrung“ nach der Umweltverträglichkeitsstudie auch als die umweltverträglichste Variante erwiesen (vgl. zum Ganzen, Planfeststellungsbeschluss, S. 17; Verkehrsuntersuchung, S. 7 f.; Erläuterungsbericht, S. 9 ff.).
91 
Vor diesem Hintergrund erweist sich die von den Klägern zuletzt favorisierte Variante 3 ersichtlich nicht als vorzugswürdig, da sie im Wesentlichen der ortsfernen Nordumgehung entspricht und insofern dieselben Nachteile mit sich brächte.
92 
Soweit die Kläger demgegenüber auf die sog. „Shuttlebus“-Variante bzw. die Varianten 1 und 2 verweisen (vgl. VG-Akten, AS 183), liefen diese letztlich auf ein anderes Projekt hinaus; insofern brauchte sich der Vorhabenträger auf diese von vornherein nicht verweisen zu lassen. Darauf haben zu Recht bereits die Planfeststellungsbehörde und das Verwaltungsgericht hingewiesen. Schon das mit der planfestgestellten Variante verfolgte wesentliche Ziel einer Entlastung der Ortsdurchfahrt Kehlen ließe sich mit diesen weiter entfernten, deutlich nach Süden abgesetzten Varianten allenfalls unzureichend erreichen. Soweit die Kläger im Berufungsverfahren noch geltend machen, dass sich bei einem entsprechenden Anschluss an die B 30 neu sowie bei einer entsprechenden Streckenführung bzw. mittels Verkehrsleitsystemen durchaus eine (vergleichbare) Entlastung der Ortsdurchfahrt erreichen ließe, setzte dies weitere umfangreiche, gegebenenfalls raumbeanspruchende Maßnahmen (auch anderer Behörden) voraus, die schon im Hinblick auf die in Kauf zu nehmenden Umwege kaum gewährleisteten, dass sich der beabsichtigte Entlastungseffekt einstellte.
93 
Hinzu kommt, dass sich das weitere - langfristige - Ziel einer Bündelung der Verkehrsbeziehungen im Zuge der verfolgten Netzkonzeption (B 30 neu, B 31 neu und B 467 neu) überhaupt nicht erreichen ließe. So wird im Planfeststellungsbeschluss überzeugend ausgeführt, dass die Verkehrsbeziehungen im nördlichen Bodenseeraum in Ost/West-Richtung über die B 31 neu und in Nord/Süd-Richtung über die B 30 neu sowie langfristig über eine B 467 neu geführt werden sollen und dem Anschuss an die B 30 neu bei Hirschlatt eine wichtige Verteilerfunktion zukomme, auf den die K 7725 neu als Zubringer (für den Raum südöstlich von Meckenbeuren) gezielt geführt werden müsse. Dies ist bei den von den Klägern vorgeschlagenen Varianten 1 und 2 jedoch nicht der Fall, weil diese einen Umweg über die Messe Friedrichshafen nehmen. Auch brächte der mit diesen Varianten verbundene Anschluss an die K 7726 auf Höhe der Messe keinen Vorteil („Ergänzung der geplanten Messezufahrt“), sondern den erheblichen Nachteil mit sich, dass der Verkehrsfluss an Messetagen behindert würde, was mit der planfestgestellten „Südumfahrung“ gerade verhindert werden sollte.
94 
Abgesehen davon schnitten die beiden Varianten auch in wirtschaftlicher Hinsicht keineswegs besser ab, da ein bloßer Ausbau der im Luftsicherheitsbereich belegenen Flughafenstraße aus nachvollziehbaren Gründen ausscheiden dürfte. Dass sowohl ein Neubau entlang des Flughafengeländes (Variante 2) als auch eine Stichstraße (Variante 1) nicht zuletzt im Hinblick auf die flugsicherheitstechnischen Vorgaben und die jedenfalls im unmittelbaren Randbereich des Flughafens erforderliche Führung in Tunnel- oder zumindest Tieflage kostenaufwändiger wären, leuchtet ohne Weiteres ein. Dies gilt erst Recht für die letztlich nur im Wege einer Untertunnelung realisierbare Variante 1.
95 
Würde indes abweichend von den vorgeschlagenen Varianten ausgehend von der B 30 entlang des Flughafens eine Trassierung unmittelbar auf die Anschlussstelle bei Hirschlatt vorgenommen, brächte dies Belastungen für den Siedlungsbereich von Gerbertshaus bzw. von Großbuch mit sich, so dass sich die Lärmbetroffenheiten lediglich verschöben. Auch ist ohne weiteres nachvollziehbar, dass es dann zu Beeinträchtigungen des Waldgebiets „Großes Moos“ käme, wodurch sich erhebliche, möglicherweise nicht überwindbare artenschutzrechtliche Probleme ergäben, die sich bei der „Südumfahrung“ so nicht stellten.
96 
Auch die von den Klägern angeführten - unbestreitbaren - Nachteile der planfestgestellten Variante können aufgrund des ihnen zukommenden Gewichts nicht dazu führen, dass der Vorhabenträger stattdessen auf die weniger geeignete, die Planungsziele nur unvollkommen erreichende ortsferne Nordumgehung ausweichen oder gar von dem Vorhaben insgesamt Abstand nehmen müsste (sog. „Nullvariante“).
97 
Insbesondere der von den Klägern für unvertretbar gehaltene Eingriff in das Landschaftsbild ändert nichts daran, dass die „Südumgehung“ gleichwohl die umweltverträglichste Variante darstellt. Die Beeinträchtigung dieses Belangs wurde von der Planfeststellungsbehörde auch durch entsprechende Maßnahmen (Feldbrücke, nicht zu hohe Lärmschutzwände) gering gehalten und schließlich auch durch entsprechende Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen kompensiert. Mit ihren Einwendungen gegen diese Maßnahmen sind die Kläger zudem - wie bereits ausgeführt - ausgeschlossen. Soweit die Kläger in diesem Zusammenhang auf den Eingriff in die Landschaft in ihrer Erholungsfunktion verweisen, ist auch dieser nicht von solchem Gewicht, dass er die Planung in Frage stellte, zumal die Planfeststellungsbehörde diesem Belang durchaus Rechnung getragen hat, indem die Wegeverbindungen weitgehend aufrechterhalten wurden. Nichts anderes gilt für den Einwand der Kläger, dass die „historische“ Bindung an den Hauptort Kehlen zerschnitten würde und bei ihnen ein „Gefühl des Abgeschnittenseins“ entstünde.
98 
Soweit die Kläger auf eine - im Hinblick auf die künftige Gesamtlärmbelastung - völlig unzureichende Lärmvorsorge verweisen, rechtfertigt auch dies keine andere Beurteilung, nachdem die Planfeststellungsbehörde im Ergebnis zu Recht davon ausging, dass auch die Kläger zu 1 und 2 auch bei einer Gesamtlärmbetrachtung nicht annähernd Lärmwirkungen ausgesetzt sind, die die grundrechtliche Zumutbarkeitsschwelle – d. h. die enteignungsrechtliche Zumutbarkeitsschwelle oder die in rechtlicher Würdigung der Lärmwirkungsforschung zu bestimmende Schwelle der Gesundheitsgefährdung - überschreiten. Ausgehend davon kann jedenfalls nicht beanstandet werden, dass Lärmschutzbelange nicht zum Anlass genommen wurden, von der planfestgestellten „Südumfahrung“ Abstand zu nehmen.
99 
Die grundrechtliche Zumutbarkeitsschwelle wird vom Bundesverwaltungsgericht für Wohngebiete grundsätzlich erst bei einem äquivalenten Dauerschallpegel von 70 dB(A) tags und 60 dB(A) nachts angenommen (vgl. BVerwG, Urt. v. 07.03.2007, - 9 C 2.06 -, BVerwGE 128, 177, Urt. v. 13.05.2009 - 9 A 72.07 -, BVerwGE 134, 45; Urt. v. 15.12.2011 – 7 A 11.10. -, UPR 2012, 301). Dass diese bei einer Gesamtlärmbetrachtung erreicht würde, lässt sich indes nach derzeitigem wissenschaftlichem Erkenntnisstand nicht feststellen.
100 
Zwar war der Schienenverkehrslärm bei der entsprechenden Abschätzung bzw. „Annäherung“ in der Stellungnahme Modus Consult Ulm GmbH vom 26.05.2008 noch nicht berücksichtigt worden. Vor dem Hintergrund der inzwischen mitgeteilten, nach § 3 der 16. BImSchV berechneten Beurteilungspegel für die Südbahn hätten sich jedoch auch bei einer zusätzlichen Überlagerung mit dem Schienenverkehrslärm für das Wohngebäude des Klägers zu 2 nur geringfügig höhere Summenpegel ergeben, nämlich maximal 63,5 dB(A) tags und 56,5 dB(A) nachts anstatt bis zu 62 dB(A) tags und 56 dB(A) nachts (vgl. die konkretisierende und ergänzende Stellungnahme Modus Consult Ulm GmbH zur Gesamtlärmsituation vom 24./25.09.2012 und die bereits der Stellungnahme vom 26.05.2008 beigefügte Anlage 2). Zwar ermöglichen diese Werte nur eine ungefähre Abschätzung, da äquivalente Dauerschallpegel unterschiedlicher Verkehrsquellenarten nicht ohne Weiteres energetisch addiert werden können dürften. Jedoch sind sie von dem als kritisch angesehenen Bereich noch deutlich entfernt, sodass von ihnen durchaus annäherungsweise ausgegangen werden konnte. Der in der Stellungnahme vom 26.05.2008 nach dem Entwurf der VDI-Richtlinie 3722-2 berechnete effektbezogene Substitutionspegel LES von 66 - 67 dB(A) tags steht dem nicht entgegen. Denn dieser kann nicht an den oben genannten Werten gemessen werden, da er maßgeblich durch ein „Belästigungsurteil“ Betroffener bestimmt wird (vgl. hierzu die Stellungnahme Modus Consult Ulm GmbH v. 26.05.2008; auch den 2. Entwurf, Feb. 2009, der VDI-Richtlinie 3722-2 mit Kommentar Windelbergs, http://www.iazd.uni-hannover.de/~windelberg/search/laerm/wi3722_2.pdf). Dies bedeutet freilich nicht, dass diesem Wert im Rahmen der Abwägung keinerlei Bedeutung zukäme (vgl. dazu sogleich).
101 
Dass das Regierungspräsidium Tübingen mit der seinem Planfeststellungsbeschluss zugrundegelegten Stellungnahme vom 26.05.2008 jedenfalls nicht zu niedrige Werte angesetzt hatte, wird letztlich durch die nachträglich - im Wege energetischer Addition - vorgenommene Gesamtlärm„berechnung“ vom 25.09.2012 bestätigt, wonach sich in dem der Planung - gleichsam als worst case - maßgeblich zugrundegelegten Planungsfall C 2 (mit B 30 neu) vor dem Wohngebäude des Klägers zu 2 maximale Gesamtpegel von (lediglich) 61,0 dB(A) bzw. 54,3 dB(A) ergaben, mithin Werte, die auch nicht annähernd die grundrechtliche Zumutbarkeitsschwelle erreichen. Die gegenüber der bisheriger Stellungnahme niedrigeren Werte beruhen im Wesentlichen darauf, dass für den Flughafen Friedrichshafen nunmehr aktuellere Lärmkonturen der Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg zugrunde gelegt wurden, denen zufolge das Grundstück des Klägers zu 2 (deutlich) außerhalb der 60 bzw. 55 dB(A)-Lärmkontur liegt, sodass dieses bei einer Extrapolation lediglich noch fluglärmbedingten äquivalenten Dauerschallpegeln von 56 dB(A) tags und 47 dB(A) nachts ausgesetzt ist. Schließlich werden die kritischen Werte von 70 bzw. 60 dB(A) selbst von den (in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht dem Lärmaktionsplan entnommenen, aufgrund der Umgebungslärmrichtlinie 2002/49/EG bzw. nach Maßgabe des § 5 der 34. BImSchV berechneten (Gesamt-)Lärmindizes Lden von 66 dB(A) bzw. Lnight von 56 dB(A) nicht erreicht (vgl. http://www.meckenbeuren.de/aktuell/lap.html?tx_skcalendar_pi1%5Boffset%5D=1543618800&tx_skcalendar_pi1%5Bcategory%5D=6&tx_skcalendar_pi1%5Bview%5D=thumbmonth). Der Mittelungspegel Lden konnte freilich nicht ohne Weiteres herangezogen werden, da er auf der Mittelung über 24 Stunden mit einer unterschiedlichen Gewichtung der Zeitbereiche Tag, Abend und Nacht beruhte (vgl. § 1 Abs. 2 der 34. BImSchV).
102 
Soweit das Regierungspräsidium Tübingen aus Kausalitätserwägungen die noch etwas niedrigeren Werte im Planungsfall C 20 (60,6 dB(A) tags und 54 dB(A) nachts) heranziehen will, kann dem nicht gefolgt werden. Zwar dürften die angestellten Kausalitätserwägungen zutreffen, da die B 30 neu (West) und die K 7725 neu - Südumfahrung - nicht in einem engen konzeptionellen und räumlichen Zusammenhang stehen dürften (vgl. BVerwG, Urt. v. 23.11.2005 - 9 A 28.04 -, BVerwGE 124, 334). Jedoch wurde der planerischen Abwägung gleichwohl durchgehend der Planungsfall C 2 als maßgebliches Szenario zugrunde gelegt (vgl. hierzu bereits die Verkehrsuntersuchung Modus Consult Ulm GmbH v. 11.01.2006, S. 6; Lärmuntersuchung Modus Consult v. 23.01.2006, S. 7), sodass dieses - zur Vermeidung eines Abwägungsfehlers - auch in vorliegendem Zusammenhang maßgebend sein muss. Insofern kommt es auf die Gesamtlärmwerte für den Planungsfall C 2 (mit B 30 neu Westtrasse und K 7725 neu Ortsumfahrung Kehlen), Prognose-horizont 2020, an (vgl. S. 9 der konkretisierenden und ergänzenden Stellungnahme v. 24./25.09.2012). Die für den Planungsfall C 2 „plus“ berechneten Gesamtlärmwerte können demgegenüber nicht herangezogen werden, da bei diesen die im Planungsfall C 2 eintretende Entlastung auf der B 30 alt (Bestandstrasse) nicht berücksichtigt ist.
103 
Auch wenn man die  e n t e i g n u n g s r e c h t l i c h e  Zumutbarkeitsschwelle im Hinblick auf die inzwischen (2010) um 3 dB(A) reduzierten Auslösewerte für die Lärmsanierung an Fernstraßen in der Baulast der Bundes (vgl. hierzu BT-Drs. 17/5077, 17/8505), die 2011 auch für Landesstraßen in der Baulast des Landes übernommen wurden (vgl. LUBW, Übersicht Grenzwerte, Erl. 1, http://www.lubw.baden-wuerttemberg.de/servlet/is/50516/?print=true) bereits bei 67 dB(A) tags und 57 dB(A) nachts ansetzen wollte, wären nach den obigen Ausführungen auch diese Werte, die freilich für eine Gesamtlärmbelastung keine Geltung beanspruchen können, noch nicht erreicht.
104 
Dass schließlich aufgrund neuerer, bislang unberücksichtigt gebliebener Erkenntnisse aus der Lärmwirkungsforschung gleichwohl bereits die Schwelle zur  G e s u n d h e i t s g e f ä h r d u n g  - und damit möglicherweise auch die enteignungsrechtliche Zumutbarkeitsschwelle - überschritten sein könnte, lässt sich ebenso wenig feststellen. Für diese sind nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. BVerwG, Urt. v. 07.03.2007, a.a.O.) letztlich die Innenraumpegel in der Nacht entscheidend; nach dem (bis zum Jahre 2000) erreichten Stand der Lärmwirkungsforschung sollen Dauerschallpegel am Ohr einer schlafenden Person in einem Bereich zwischen 30 und 35 dB(A) und Pegelspitzen in der Größenordnung von 40 dB(A) nicht überschritten werden. Dafür, dass dies bei den Klägern zu 1 und 2 - unter Zugrundelegung einer auch (alten) Einfachfenstern zukommenden schalldämmenden Wirkung von ca. 25 dB(A) (vgl. Kötz, Baulicher Schallschutz gegen Verkehrslärm - Wissenswertes über die Schalldämmung von Fenstern; OVG Berlin, Urt. v. 09.05.2003 - OVG 6 A 8.03 -, OVGBe 24, 206: mindestens 24 dB(A)) der Fall wäre, ist weder dargetan noch sonst ersichtlich. Dass die in einer durch Flug-, Schienen- und Straßenverkehrslärm erheblich vorbelasteten Umgebung anzutreffende Fenstersubstanz einen niedrigeren Dämmwert aufweisen könnte (vgl. BVerwG, Urt. v. 27.10.1998, a.a.O.), ist nicht anzunehmen. Mit einem entsprechenden Vorbringen wären die Kläger zu 1 und 2 inzwischen auch ausgeschlossen (vgl. BVerwG, Urt. v. 27.10.1998 - 11 A 1.97 -, BVerwGE 107, 313). Dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 16.03.2006 - 4 A 1001.04 - (Buchholz 11 Art 28 GG Nr. 145), wonach sich durch ein geschlossenes Fenster, je nach dessen Qualität, eine Dämmwirkung von 20 dB(A) oder mehr erzielen lasse, kann nicht entnommen werden, dass bei der Beurteilung der gesundheitsgefährdenden Wirkung von Lärm das Mindestschalldämmmaß eines Fensters zugrundezulegen wäre. Ist - mangels gegenteiliger Hinweise - auch beim Wohngebäude des Klägers zu 2 ein Schalldämmmaß von ca. 25 dB(A) anzunehmen, wären zwar ausgehend von einem (nach zwischenzeitlicher Erkenntnis ohnehin zu hoch angesetzten) Summenpegel von 56,5 dB(A) die von den Klägern eingeforderten Werte von maximal 30 dB(A) am Ohr des Schläfers um 1,5 dB(A) überschritten. Dass bereits damit und nicht erst bei Innenpegeln oberhalb von 35 dB(A) die Grenze zur Gesundheitsgefährdung überschritten wäre, kann jedoch auch vor dem Hintergrund der von den Klägern angeführten, keineswegs einhelligen wissenschaftlichen Meinungen nicht ausgegangen werden; diese waren zudem überwiegend bereits veröffentlicht, als das Bundesverwaltungsgericht in neuerer Zeit über die gesundheitsgefährdende Wirkung von Verkehrslärm zu entscheiden und die bisher angenommene grundrechtliche Zumutbarkeitsschwelle erneut bestätigt hatte (vgl. insbes. Urt. v. 07.03.2007, a.a.O.; Urt. v. 13.05.2009, a.a.O.).
105 
Dass das Regierungspräsidium die nächtliche Gesamtlärmwirkung mit dem seiner Beurteilung zugrundegelegten Wert von 56 dB(A) im Ergebnis nicht unterschätzt hat, wird letztlich durch den aus dem Lärmaktionsplan ablesbaren, lediglich auf die Nacht bezogenen Lnight-Wert bestätigt. Denn dieser Gesamt-Lärmindex weist ebenfalls einen Wert von 56 dB(A) auf und unterscheidet sich insofern - zumindest im vorliegenden Fall - von der Größenordnung her nicht von dem in der Stellungnahme vom 26.05.2008 ermittelten Gesamtlärmpegel, der sich aus einer Überlagerung des Fluglärms mit dem nach § 3 der 16. BImSchV ermittelten Straßenverkehrslärm ergab. Hinzu kommt, dass die Schlafräume der Kläger zu 1 und 2 nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts nach Norden ausgerichtet sind, sodass sie der maximalen Gesamtlärmbelastung im Südosten des Wohngebäudes nicht ausgesetzt sind.
106 
Soweit die Kläger geltend machen, dass sie die Möglichkeit haben müssten, bei geöffneten bzw. gekippten Fenstern zu schlafen, übersehen sie, dass dies zwar bei der Einhaltung der fachplanungsrechtlichen Zumutbarkeitsgrenze, nicht aber bei der Einhaltung der grundrechtlichen Zumutbarkeitsgrenze im Hinblick auf eine Gesamtlärmbelastung gilt. So gehört zu den Schutzgütern, denen bei Bestimmung der fachplanungsrechtlichen Zumutbarkeit Rechnung zu tragen ist, zwar auch die "angemessene Befriedigung der Wohnbedürfnisse", die auch die Möglichkeit störungsfreien Schlafens umfasst (vgl. BVerwG, Urt. v. 21.05.1976 - 4 C 80.74 -, BVerwGE 51, 15, 33 u. Urt. v. 29.01.1991 - 4 C 51.89 - BVerwGE 87, 332 <373>); ist dies wegen der Lärmbelastung, die von einem bestimmten Vorhaben ausgeht, nicht möglich, sind angemessene Wohnverhältnisse nur bei Einbau technischer Belüftungseinrichtungen gewahrt. Diese Einschätzung liegt auch der Vorschrift des § 2 Abs. 1 Satz 2 der 24. BImSchV zugrunde. Danach gehört zu den Schallschutzmaßnahmen auch der Einbau von Lüftungsmaßnahmen in Räumen, die überwiegend zum Schlafen benutzt werden. Dies bedeutet jedoch nicht, dass hiervon auch dann auszugehen wäre, wenn die gesundheitsgefährdende Wirkung einer nicht vom Anwendungsbereich der 16. BImSchV erfassten Gesamtlärmbelastung zu beurteilen ist. Eine entsprechende allgemeingültige Aussage wäre auch nicht gerechtfertigt. Einen (zumal grundrechtlich abgesicherten) Anspruch auf Schlafen bei offenem bzw. gekippten Fenster gibt es ersichtlich nicht (vgl. OVG Berlin, Urt. v. 09.05.2003 - 6 A 8.03 -, OVG BE 24, 206; HessVGH, Urt. v. 03.06.2004, a.a.O.). Während es manche Menschen bevorzugen, die Fenster in ihren Schlafräumen nachts geschlossen zu halten, haben andere das gegenteilige Bedürfnis. Ob es den Klägern zu 1 und 2 im Hinblick auf die gesundheitliche Bedeutung des Raumklimas nicht zugemutet werden kann, bei geschlossenen Fenstern zu schlafen, hängt deshalb von den Umständen des Einzelfalles ab. Da sie mit ihren Einwendungen im Verwaltungsverfahren nicht geltend gemacht haben, auf die nächtliche Belüftung ihres Schlafraums durch ein gekipptes oder leicht geöffnetes Fenster a n g e w i e s e n zu sein, kann hiervon auch im gerichtlichen Verfahren nicht ausgegangen werden (vgl. BVerwG, Urt. v. 23.10.2002 - 9 A 22.01 -, Buchholz 442.09 § 18 AEG Nr. 55). Auf das Vorbringen der Klägerinnen zu 3 und 4, das sich offenbar auf deren nicht streitgegenständliche Wohngrundstücke an anderer Stelle bezog, kann insoweit nicht abgehoben werden. Abgesehen davon haben sie auch nur eingewandt, es „gewohnt“ zu sein, zur Nachtzeit bei offenem Fenster zu schlafen.
107 
Dass schließlich im Hinblick auf die Wohnnutzung am Tage von einer Gesundheitsgefährdung auszugehen gewesen wäre, ist ebenso wenig ersichtlich. Es war zwar unschädlich, dass die Kläger auf die Nutzung ihrer Außenwohnbereiche nicht gesondert hingewiesen haben, da diese von den geltend gemachten Beeinträchtigungen der Wohnnutzung ersichtlich mitbetroffen sind. Auch wenn im Hinblick auf die von den Klägern angeführten Meinungen aus jüngerer Zeit die Grenze zur Gesundheitsgefährdung nunmehr bereits bei niedrigeren Werten als 70 dB(A) tags und 60 dB(A) nachts anzusetzen wäre, ließe sich noch immer nicht feststellen, dass bereits ein Schwellenwert von 65 dB(A) tagsüber nach dem derzeitigem Stand der Lärmwirkungsforschung die Grenze beschriebe, oberhalb derer das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 GG) der Nachbarn jedenfalls verletzt wäre. Soweit immer wieder ein Schwellenwert von 65 dB(A) genannt wird, wird dieser im Wesentlichen mit einem erhöhten Risiko für Herz-Kreislauferkrankungen begründet (vgl. hierzu www.umweltbundes-amt.de/verkehr/laerm/strassen-und-schienen-verkehr.htm ). Ab wann die Zunahme eines solchen (ggf. zu vermeidenden) Risikos einem körperlichen Eingriff gleichzusetzen ist (vgl. BVerfG, Beschl. v. 30.11.1988 - 1 BvR 1301 -, BVerfGE 79, 174; Beschl. v. 29.07.2009 - 1 BvR 1606/08), lässt sich indessen zumal vor dem Hintergrund keineswegs einhelliger Meinungen nach wie vor nicht allgemein bestimmen. Dem entsprechend hat das Bundesverwaltungsgericht auch in neueren Entscheidungen (vgl. Beschl. v. 07.05.2008 - 4 A 1009.07 u. a. -, Buchholz 316 § 74 VwVfG Nr. 74) Dauerschallpegel (außen) von 65,7 dB(A) tags vor dem Hintergrund der einem Gebäude auch ohne zusätzliche Schallschutzeinrichtungen zukommenden Dämmwirkung als noch nicht gesundheitsgefährdend angesehen. Der Senat vermag nicht zu erkennen, inwiefern inzwischen eine andere Beurteilung gerechtfertigt sein könnte. Von höheren Gesamtpegeln als 65 dB(A) kann hier ohnehin nicht ausgegangen werden. Dass schließlich der über 24 Stunden gemittelte Gesamtpegel Lden einen Wert von immerhin 66 dB(A) aufweist, rechtfertigt schon deshalb keine andere Beurteilung, da er von der stärkeren Gewichtung der Nachtzeit mitbestimmt wird. Hinzu kommt, dass ein Lden von 65 dB(A) lediglich den Auslösewert für die Lärmaktionsplanung zur Vermeidung von Gesundheitsgefährdungen darstellt (vgl. http://www.umweltbundesamt.de/laermprobleme/ulr. html), woraus noch nicht folgt, dass jenseits dieses Werts bereits von einer einem körperlichen Eingriff gleichzusetzenden Gesundheitsgefährdung auszugehen wäre. Auch im Hinblick auf die Außenwohnbereiche kann nichts anderes gelten. Vorliegend kommt hinzu, dass es sich bei den errechneten Werten um Maximalpegel handelt, die lediglich südöstlich am Wohngebäude des Klägers zu 2 auftreten, sodass ohnehin nur ein Teil der Außenwohnbereiche von den maximalen Werten betroffen wird. Auch ist die allgemeine Lärmerwartung im Außenwohnbereich von vornherein sehr viel höher (vgl. Senat, Urt. v. 28.03.1996 - 5 S 1338/95 -, NVwZ-RR 1997, 85). Das landwirtschaftlich genutzte Außenbereichsgrundstück der Kläger zu 2 bis 4 stellt demgegenüber schon keinen Außen w o h n bereich dar.
108 
Soweit die Kläger noch geltend machen, eine Reihe von Ortschaften werde durch den Neubau der K 7725 noch stärker belastet, ist solches nicht zu erkennen; vielmehr wären diese auch im Prognosenullfall von der allgemeinen Verkehrszunahme auf einer (nicht geänderten) K 7725 betroffen.
109 
2. Auch die hilfsweise geltend gemachten Bescheidungsanträge haben keinen Erfolg.
110 
a) Den Klägern stehen nach Maßgabe der 16. BImSchV keine (weiteren) Lärmschutzansprüche zu (§§ 41, 42, 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG i.V.m. § 1 Abs. 1, § 2 Abs. 1 Nr. 2 der 16. BImSchV).
111 
Allerdings findet die 16. BImSchV auf den planfestgestellten Neubau der K 7725 - Südumfahrung Kehlen - Anwendung. Ob es sich bei dem Umbau der Knotenpunkte (Anlage von zwei Bypässen) zwischen der B 30 und der L 333 um eine wesentliche Änderung i. S. des § 1 Abs. 1 u. 2 Nr. 2 der 16. BImSchV handeln könnte, kann hier dahinstehen, da den Klägern als Nachbarn (in einem räumlich begrenzten Bereich, vgl. Storost in: Ule/Laubinger/Repkewitz, BImSchG, Komm., § 41 Rn. C 19) (weiterer) Lärmschutz allenfalls im Hinblick auf die Neubaustrecke zu gewähren wäre. Weitergehenden Lärmschutz können die Kläger jedoch nicht verlangen, weil die Immissionsgrenzwerte für reine und allgemeine Wohngebiete von 59 dB(A) am Tage und 49 dB(A) in der Nacht (vgl. § 2 Abs. 1 Nr. 2 der 16. BImSchV) bei Berücksichtigung der vorgesehenen (aktiven) Lärmschutzmaßnahmen eingehalten sind.
112 
Dafür, dass die maßgeblichen Beurteilungspegel in der Lärmuntersuchung vom 12.01.2006 nicht entsprechend der Anlage 1 zur 16. BImSchV bzw. der dort in Bezug genommenen RLS-90 berechnet, insbesondere topographische Gegebenheiten und bauliche Maßnahmen nicht berücksichtigt worden wären, liegen keine Hinweise vor. Ebenso wenig bestehen Anhaltspunkte, dass die zugrundeliegende prognostizierte durchschnittliche tägliche Verkehrsstärke (DTV) zu gering angesetzt worden wäre. Denn im Sinne einer worst-case-Betrachtung wurde der Planungsfall C 2 zugrunde gelegt, der den ungünstigsten Lastfall im Bereich der K 7725 neu darstellt. Hierbei wurde auch die B 31 neu im Abschnitt Friedrichshafen - Immenstaad sowie der Messezubringer Süd und Nord (K 7726 neu) berücksichtigt (vgl. Verkehrsuntersuchung, S. 4). Dass von der Entwicklung der Fluggastzahlen am Flughafen Friedrichshafen keine erheblichen Auswirkungen auf das Verkehrsaufkommen auf der K 7725, insbesondere die sich daraus ergebende durchschnittliche tägliche Verkehrsstärke (DTV) zu erwarten sind, wurde im Planfeststellungsbeschluss nachvollziehbar dargelegt.
113 
Dass die Beurteilungspegel unabhängig von der tatsächlich vorhandenen oder zugelassenen Vorbelastung lediglich auf den zu bauenden Verkehrsweg bezogen wurden, entspricht schließlich den Vorgaben des § 41 BImSchG und der 16. BImSchV; es kommt mithin nur auf den Lärm an, der gerade von dem zu bauenden (oder zu ändernden) Verkehrsweg ausgeht. Lärm, der nicht gerade auf der zu bauenden oder zu ändernden Strecke entsteht, wird von der Verkehrslärmschutzverordnung nicht berücksichtigt (vgl. zum Ganzen BVerwG, Urt. v. 23.02.2005 - 4 A 4.04 -, BVerwGE 123, 37 <45>; Urt. v. 17.03.2005 - 4 A 18.04 -, BVerwGE 123, 152 <155>). Die Berücksichtigung anderer Lärmquellen durch die Bildung eines Summenpegels kommt im Rahmen der Anwendung der 16. BImSchV entgegen der Auffassung der Kläger nicht in Betracht; solche können daher auch nicht anhand der Immissionsgrenzwerte der 16. BImSchV beurteilt werden.
114 
Aus der - auf eine Lärmminderungsplanung zielenden - Umgebungslärmrichtlinie 2002/49/EG vom 25.06.2002 bzw. der 34. BImSchV lässt sich für die Beurteilung der Lärmauswirkungen des planfestgestellten Vorhabens, insbesondere hinsichtlich der Einhaltung bestimmter Grenzwerte grundsätzlich nichts herleiten (vgl. hierzu BVerwG, Beschl. v. 14.05.2008 - 4 B 43.07 -; Urt. v. 13.10.2011 - 4 A 4000.09 - jeweils zum Fluglärm).
115 
Weitergehende Lärmschutzansprüche ergeben sich auch nicht unmittelbar aus § 41 Abs. 1 BImSchG, wonach u.a. „bei dem Bau“ oder der wesentlichen Änderung öffentlicher Straßen sicherzustellen ist, dass „durch diese“ keine „schädlichen Umwelteinwirkungen“ hervorgerufen werden, die nach dem Stand der Technik vermeidbar sind. Der Tatbestand der Vorschrift reicht nicht weiter als die 16. BImSchV, die nach § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG zur Durchführung des § 41 und des § 42 Abs. 1 und 2 BImSchG erlassen worden ist. Die in § 2 Abs. 1 Nr. 4 BImSchG enthaltene Einschränkung, dass die Vorschriften des Bundes-Immissionsschutzgesetzes für den Bau öffentlicher Straßen und Schienenwege nur „nach Maßgabe der §§ 41 bis 43" gelten, bedeutet schließlich eine Abkehr von dem für genehmigungsbedürftige Anlagen geltenden Grundsatz, dass eine solche Anlage nicht errichtet oder betrieben werden darf, wenn unter Einbeziehung der Vorbelastung durch bereits vorhandene Anlagen schädliche Umwelteinwirkungen hervorgerufen werden können (vgl. § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG). Anders als für gewerbliche Anlagen regelt das BImSchG den Immissionsschutz für Verkehrsanlagen nicht umfassend, sondern nur für einen Teilausschnitt (vgl. BVerwG, Urt. v. 21.03.1996 - 4 C 9.95 -, a.a.O.; Urt. v. 23.02.2005, a.a.O.). Insofern geht auch der Hinweis der Kläger auf den (umfassenderen) Begriff der „schädlichen Umwelteinwirkungen“ in § 3 Abs. 1 BImSchG fehl. Soweit sich die Kläger insoweit auf das Urteil des Senats vom 13.03.1996 - 5 S 1743/95 - berufen, wonach in atypischen Sonderfällen Verkehrsgeräusche auch unterhalb der Lärmgrenzwerte des § 2 Abs. 1 der 16. BImSchV zu schädlichen Umwelteinwirkungen i. S. des § 41 BImSchG führen könnten, ist ihnen entgegenzuhalten, dass der Senat - im Hinblick auf die gegenteilige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Urt. v. 21.03.1996 - 4 C 9.95 -, BVerwGE 101, 1) - hieran schon im Urteil vom 28.01.2002 - 5 S 2328/99 - (BImSch-Rspr. § 41 Nr. 71) nicht mehr festgehalten hat, soweit keine Gesamtbelastung in Rede steht, die den Grad einer mit der Schutzpflicht nach Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG unvereinbaren Gesundheitsgefährdung erreicht oder in die Substanz des Eigentums i. S. des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG eingreift. Aber auch in Fällen, in denen aus Gründen des Grundrechtsschutzes die zusätzliche Berücksichtigung anderer Lärmquellen durch die Bildung eines Summenpegels geboten sein kann (vgl. BVerwG, Beschl. v. 24.11.2010 - 4 BN 28.10 -, BRS 76 Nr. 19, Urt. v. 21.03.1996, a.a.O.), bedürfte es keines Rückgriffs auf § 41 Abs. 1 BImSchG; vielmehr ergäbe sich ein entsprechender Lärmschutzanspruch bereits aus dem Abwägungsgebot in Verbindung mit den sich aus den Grundrechten ergebenden Schutzpflichten. Wie bereits ausgeführt, führen die vom Neubau der K 7725 ausgehenden Lärmwirkungen auf dem Grundstück des Klägers zu 2 jedoch an keiner Stelle zu Gesamtlärmwerten, die in Wohngebieten ein aus Sicht des Grundrechtsschutzes kritisches Maß erreichten.
116 
Auch ein Rückgriff auf die allgemeine Regelung des § 74 Abs. 2 Satz 2 LVwVfG kommt neben dem Lärmschutzsystem, das in den §§ 41 ff. BImSchG normiert ist, inhaltlich (materiell) lediglich nach Maßgabe des § 42 Abs. 2 Satz 2 BImSchG in Betracht (vgl. BVerwG, Urt. v. 09.02.1995 - 4 C 26.93 -, BVerwGE 97, 367 <371>), sodass die Kläger auch aus dieser Regelung nichts für sich herleiten können.
117 
b) Die Kläger können schließlich auch nicht verlangen, dass die Planfeststellungsbehörde ihnen im Hinblick auf eine mit Gesundheitsrisiken verbundene künftige Gesamtlärmbelastung weitergehenden vorsorgenden Lärmschutz gewährt bzw. insoweit ihr Planungsermessen erneut ausübt. So sind die einen weitergehenden Lärmschutz versagenden Erwägungen der Planfeststellungsbehörde nicht zu beanstanden. Mit diesen wird den gesundheitlichen Belangen der Kläger (zu 1 und 2) ausreichend Rechnung getragen. Zutreffend wurde hierbei darauf abgehoben, dass dem gerade von der K 7725 neu ausgehenden Verkehrslärm bereits ein umfassendes Lärmschutzkonzept entgegengesetzt werde. Mit diesem würden sogar die - hier nicht einschlägigen - städtebaulichen Orientierungswerte nach der DIN 18005 - 55 dB(A) tags und 45 dB(A) nachts - für allgemeine Wohngebiete eingehalten; auch sei der K 7725 vor dem Hintergrund der Bahnstrecke, des Flughafens und der B 30 ohnehin nur ein untergeordneter Einfluss auf die Gesamtlärmbelastung beizumessen. Dies gelte umso mehr, als sie lediglich zu einer nicht hörbaren Erhöhung von allenfalls 1 dB(A) führe (vgl. hierzu die nachträgliche Berechnung, wonach der Gesamtlärm sogar nur um 0,5 dB(A) erhöht wird). Hinzu komme, dass eine etwaige Erhöhung der Lärmschutzwände zu einer kaum mehr wahrnehmbaren Reduzierung der Emissionspegel führte und insofern die hierfür aufzuwendenden Kosten außer Verhältnis zum angestrebten Erfolg stünden (vgl. § 41 Abs. 2 BImSchG); auch wären zunehmend öffentliche Belange - wie das Orts- und Landschaftsbild sowie Naturschutzbelange - nachteilig betroffen.
118 
In diesem Zusammenhang kann zwar durchaus auch nach dem Entwurf der VDI-Richtline 3722-2 oder aufgrund der Umgebungsrichtlinie bzw. der 34. BImSchV berechneten Werten Bedeutung zukommen, weil sie im Einzelfall die - von den Klägern auch im vorliegenden Fall geltend gemachte - Belästigungs- bzw. Störwirkung besser erkennen lassen. Jedoch bestand hier auch insofern keine Veranlassung, weitergehenden Lärmschutz zu gewähren. Die Lärmindizes Lden und Lnight lagen seinerzeit nicht vor, sodass sie von der Planfeststellungsbehörde auch nicht berücksichtigt werden konnten. Abgesehen davon wird der Auslösewert von 65 dB(A) nur um 1 dB(A) am Tage überschritten. Der in der Stellungnahme Modus Consult Ulm GmbH vom 26.05.2008 nach dem Entwurf der VDI-Richtlinie 3722-2 errechnete effektbezogene Substitutionspegel LES von 66 - 67 dB(A) mag zwar auf den ersten Blick Anlass zu weitergehendem Lärmschutz gegeben haben, doch beträgt der Anteil der Kreisstraße - auch ohne die Wirkungen des Schienenverkehrslärms - lediglich 0,3 dB(A) (vgl. die konkretisierende und ergänzende Stellungnahme Modus Consult Ulm GmbH v. 24./25.09.2012), sodass letztlich kein Anlass bestand, die maßgeblich durch den Fluglärm bestimmte, durch Maximalpegel geprägte Belästigungswirkung zu reduzieren. Mehr als eine Beseitigung der gerade von dem planfestgestellten Straßenbauvorhaben des Landkreises ausgehenden Lärmwirkungen hätten die Kläger auch bei einer gesundheitsgefährdenden Gesamtlärmbelastung nicht verlangen können (vgl. hierzu aber auch HessVGH, Urt. v. 03.06.2004 - 12 A 1118/01, 12 A 1521/01 -, NVwZ-RR 2005, 805: lediglich in einem einheitlichen Verfahren gegenüber allen Emittenten). Eine Pflicht zur Verbesserung der vorgefundenen Situation obliegt der Planfeststellungsbehörde nicht (vgl. BVerwG, Urt. v. 23.06.1989 - 4 B 100.89 -, UPR 198, 432 f.; Urt. v. 28.10.1989 - 11 A 3.98 -, NVwZ 1999, 539), zumal dies hier auf eine dem Vorhabenträger unzumutbare Lärmsanierung von Verkehrswegen (des Bundes) bzw. -anlagen Dritter (Flughafen Friedrichshafen) hinausliefe.
119 
Soweit die Kläger im Hinblick auf künftige weitergehende Erkenntnisse aus der Lärmwirkungsforschung abgesichert sein wollen, sind sie auf die Geltendmachung nachträglicher Schutzvorkehrungen zu verweisen. Denn von nicht voraussehbaren Wirkungen des Vorhabens i. S. des § 75 Abs. 2 Satz 2 LVwVfG ist auch dann auszugehen, wenn die Schädlichkeit oder Gefährlichkeit von Auswirkungen aufgrund neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse nunmehr anders zu beurteilen ist (vgl. vgl. BVerwG, Beschl. v. 13.07.1989 - 7 B 188.88 -, Buchholz 451.171 AtG Nr. 31; Urt. v. 19.12.1985 - 7 C 65.82 -, BVerwGE 72, 312).
120 
Ebenso wenig können die Kläger weitere Schutzvorkehrungen deshalb verlangen, weil vor dem Hintergrund der mit dem Lärmschutzkonzept verfolgten Ziel, die Einhaltung der Orientierungswerte nach der DIN 18005 für Wohngebiete zu gewährleisten, für ihre Grundstücke tatsächlich die Orientierungswerte für reine Wohngebiete einschlägig gewesen wären. Abgesehen davon, dass durchaus zweifelhaft erscheint, ob es sich bei dem im Wege einer Abrundungssatzung in den Innenbereich einbezogenen Ortsteil, der im Flächen-nutzungsplan nach wie vor als Mischbaufläche dargestellt ist, um ein reines Wohngebiet i. S. des § 3 BauNVO handelte, ist nicht ersichtlich, dass die Planfeststellungsbehörde ungeachtet dessen, dass diese Werte ohnehin nicht für die Straßenplanung verbindlich sind, die jeweils einschlägigen Werte hätte gewährleisten wollen. Vielmehr sollten im Hinblick auf die Wohnnutzung in Gunzenhaus gerade die Werte für ein allgemeines Wohngebiet gewährleistet werden. Insofern verhält es sich anders als in den Fällen, die etwa den Entscheidungen des Senats vom 08.03.2005 - 5 S 551/02 - (UPR 2005, 442) sowie vom 27.10.2010 - 5 S 1292/10 - zugrundelagen.
121 
Nach alldem sind die Berufungen sämtlicher Kläger zurückzuweisen. Die Kostenentscheidung bestimmt sich nach den §§ 154 Abs.2, 159 Satz 1, 162 Abs. 3 VwGO (vgl. zur Kostenaufteilung die Gründe des verwaltungsgerichtlichen Streitwertbeschlusses v. 11.11.2008 - 2721/08 -). Die außergerichtlichen Kosten des beigeladenen Landkreises, der keinen Antrag gestellt hat, behält dieser auf sich.
122 
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.
123 
Beschluss vom 8. Oktober 2012
124 
Der Streitwert wird auch für das Berufungsverfahren ungeachtet dessen auf EUR 18.500,-- (EUR 15.000,-- + EUR 3.500,-- <„für die Erbengemeinschaft“>) festgesetzt (vgl. VG Sig., Beschl. v. 11.11.2008 - 2 K 2721/08 -, AS 36), dass die Kläger zu 1 und 2 aufgrund (nunmehr erkannter) unterschiedlicher Betroffenheiten (Eigentum, Gesundheit) nicht mehr in Rechtsgemeinschaft klagen. So ist deren Begehren wirtschaftlich gesehen nach wie vor auf dasselbe Ziel gerichtet.
125 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
49 
Die Berufungen der Kläger zu 1 bis 4 sind zulässig. Sie wurden insbesondere innerhalb der einmonatigen Berufungsfrist des § 124a Abs. 2 Satz 1 VwGO eingelegt und innerhalb der auf rechtzeitigen Antrag bis zum 28.03.2011 verlängerten Berufungsbegründungsfrist begründet. Das Rubrum war im Hinblick auf das bisherige Verfahren und die zweifelhafte Beteiligungsfähigkeit der aus den Klägern zu 2 bis 4 gebildeten Erbengemeinschaft (vgl. hierzu VGH Bad.-Württ., Urt. v. 25.09.2007 - 3 S 1492/06 -, VBlBW 2008, 24 m.w.N.) sachdienlich zu berichtigen.
50 
Die Berufungen haben jedoch keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat die Klagen zu Recht in vollem Umfang abgewiesen.
I.
51 
Die Kläger haben innerhalb der einmonatigen Klagefrist allerdings zulässigerweise gegen den Planfeststellungsbeschluss des Regierungspräsidiums Tübingen vom 26.09.2008 Klage erhoben. Aufgrund des umfassenden, die Bestandskraft insgesamt hindernden Aufhebungsantrags sind auch die hilfsweise in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht gestellten Verpflichtungsanträge, die nunmehr sachdienlich als Bescheidungsanträge gefasst sind, noch rechtzeitig erhoben. Insofern kann dahinstehen, ob diese bereits in dem Aufhebungsbegehren enthalten waren (vgl. § 88 VwGO; hierzu BVerwG, Beschl. v. 10.07.1995 - 4 B 94.95 -, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 103). Eine zulässige, weil sachdienliche Klageänderung lag jedenfalls vor (vgl. § 91 VwGO).
52 
Sämtlichen Klägern stand und steht - sowohl für das Anfechtungs- als auch das Verpflichtungsbegehren - die erforderliche Klagebefugnis zur Seite (vgl. § 42 Abs. 2 VwGO).
53 
Bei der Klägerin zu 1 folgt dies aus ihrer möglichen Beeinträchtigung ihrer Gesundheit (vgl. Art. 2 Abs. 2 GG) als Bewohnerin der Wohngrundstücke Flst. Nrn. 525 u. 525/1, beim Kläger zu 2 aus einer möglichen Beeinträchtigung seines Grundeigentums (vgl. Art. 14 Abs. 1 GG) an eben diesen Grundstücken. So machen die Kläger zu 1 und 2 geltend, infolge des zusätzlichen Straßenverkehrslärms in ihrer Gesundheit bzw. in ihrem Recht auf Nutzung dieser dem Vorhaben benachbarten Wohngrundstücke verletzt zu sein.
54 
Dass die maßgeblichen Beurteilungspegel (bei Berücksichtigung der geplanten Lärmschutzmaßnahmen, vgl. die entsprechenden Lagepläne ) nicht nur unterhalb der Grenzwerte des § 2 Abs. 1 Nr. 2 der 16. BImSchV (59 dB(A) bzw. 49 dB(A)) liegen, sondern gar die niedrigeren Orientierungswerte der DIN 18005 für Allgemeine Wohngebiete von 55 dB(A) bzw. 45 dB(A) einhalten (vgl. die Lärmuntersuchung Modus Consult Ulm GmbH v. 21.01.2006, Anlage 5), ändert nichts. Denn im Hinblick auf die Zunahme des Gesamtlärms erscheint nicht von vornherein ausgeschlossen, dass die Kläger zu 1 und 2 aufgrund der Auswirkungen des planfestgestellten Vorhabens nunmehr (erstmals) einer gesundheitsgefährdenden Gesamtlärmbelastung ausgesetzt sein könnten. Zwar wird sich bei einer Überlagerung des Fluglärms mit dem Straßenverkehrslärm im Bereich der K 7725 allenfalls eine Belastung von 64 dB(A) am Tage und 56 dB(A) in der Nacht ergeben (vgl. die Stellungnahme Modus Consult Ulm GmbH zur Gesamtlärmsituation v. 26.05.2008), jedoch blieb der Schienenverkehrslärm bei dieser Berechnung unberücksichtigt. Dieser war seinerzeit nicht ermittelt worden, weil verallgemeinernd unterstellt worden war, dass sich der Einfluss der K 7725 neu bei den für jenen anzusetzenden Werten ohnehin nicht mehr bemerkbar mache. Auch wenn die zusätzliche Berücksichtigung des Schienenverkehrslärms - bei den im Bereich des vom Schienenweg weiter entfernt liegenden Grundstücks des Klägers zu 2 allenfalls in Betracht zu ziehenden Schallpegelunterschieden - kaum dazu führen konnte, dass die Schwelle von 70 dB(A) am Tage und 60 dB(A) in der Nacht überschritten würde, lässt sich vor dem Hintergrund der von den Klägern angeführten Ergebnisse aus der Lärmwirkungsforschung doch nicht von vornherein von der Hand weisen, dass nunmehr von einer bereits gesundheitsgefährdenden Wirkung auszugehen sein könnte. Dies könnte wiederum zu einer anderen Bewertung der planfestgestellten Trasse im Rahmen der Variantenprüfung, auf einen strikten Lärmsanierungsanspruch oder - im Hinblick auf eine immerhin abwägungserhebliche Erhöhung des Gesamtlärms - zu einer Verletzung des Abwägungsgebots zu ihrem Nachteil führen. Zudem haben die Kläger die der Lärmuntersuchung zugrundeliegende Verkehrsuntersuchung mit umfangreichem Vorbringen in Zweifel gezogen und machen eine höhere Schutzwürdigkeit ihres Wohngebiets geltend. Eine Verletzung des Abwägungsgebots zu ihren Lasten lässt sich - unabhängig von einer etwaigen gesundheitsgefährdenden Wirkung - nicht zuletzt auch im Hinblick auf den nach dem Entwurf der VDI-Richtlinie 3722 Blatt 2 (Februar 2007) errechneten effektbezogenen Substitutionspegel LES von 66 - 67 dB(A) (vgl. die Stellungnahme Modus Consult Ulm GmbH zur Gesamtlärmsituation v. 26.05.2008) nicht ohne Weiteres von der Hand weisen.
55 
Im Hinblick auf das in ihrem Gesamthandseigentum stehende Außenbereichsgrundstück Flst. Nr. 528 sind die Kläger zu 2 bis 4 schon deshalb klagebefugt, weil dieses (teilweise) dauernd bzw. vorübergehend unmittelbar in Anspruch genommen werden soll und sich nicht von vornherein ausschließen lässt, dass die zugunsten der planfestgestellten Variante getroffene Entscheidung unter einem zur Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses führenden Fehler leidet.
II.
56 
Die Klagen haben jedoch in der Sache keinen Erfolg.
57 
1. Dies gilt zunächst für die in erster Linie auf eine Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses gerichteten Hauptanträge.
58 
Der Planfeststellungsbeschluss leidet zu Lasten der Kläger an keinem erheblichen Rechtsfehler, der seine vollständige oder teilweise Aufhebung oder zumindest die Feststellung seiner teilweisen Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit erforderte (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO, § 75 Abs. 1a Satz 2 LVwVfG; hierzu BVerwG, Urt. v. 21.03.1996 - 4 C 19.94 -, BVerwGE 100, 370, Beschl. v. 01.04.1998 - 11 VR 13.97 -, Buchholz 310 § 80 VwGO Nr. 63).
59 
Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist der Zeitpunkt des Erlasses des Planfeststellungsbeschlusses vom 26.09.2008. Anzuwenden ist das Straßengesetz für Baden-Württemberg (StrG) i.d.F. v. 11.05.1992 (GBl. S. 330, ber. S.683), zul. geänd. durch Art. 4 Siebte AnpassungsVO v. 25.04.2007 (GBl. 252).
60 
Die Kläger zu 1 und 2, die im Hinblick auf die von dem Vorhaben ausgehenden Immissionswirkungen auf das Wohngrundstück Flst. Nrn. 525 und 525/1 lediglich mittelbar in ihrer Gesundheit bzw. in ihrem Eigentum betroffen sind, können eine Überprüfung des Planfeststellungsbeschlusses insoweit nur auf die Einhaltung drittschützender Vorschriften einschließlich des Gebots gerechter Abwägung (gerade ihrer abwägungserheblichen Belange) beanspruchen.
61 
Als mit enteignungsrechtlicher Vorwirkung Betroffene haben die Kläger zu 2 bis 4 darüber hinaus - allerdings nur im Hinblick auf das unmittelbar in Anspruch genommenen Außenbereichsgrundstück Flst. Nr. 528 - grundsätzlich Anspruch auf eine umfassende objektiv-rechtliche Planprüfung; d.h. sie können die Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses bereits dann verlangen, wenn dieser nicht „gesetzmäßig“ (Art. 14 Abs. 4 GG), also rechtswidrig ist. Dabei kommt es nicht darauf an, ob der rechtliche Mangel gerade auf der Verletzung von Vorschriften beruht, die Belange des betroffenen Grundstückseigentümers schützen (vgl. BVerwG, Urt. v. 28.02.1996 - 4 A 27.95 -, NVwZ 1996, 1011). Ausgenommen hiervon sind nur Rechtsmängel, die für die enteignende Inanspruchnahme gerade ihres Außenbereichsgrundstücks Flst. Nr. 528 nicht kausal sind (vgl. BVerwG, Beschl. v. 10.07.1995 - 4 B 94.95 -, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 103).
62 
Schließlich sind auch die mit enteignungsrechtlicher Vorwirkung Planbetroffenen im gerichtlichen Verfahren an der Geltendmachung solcher Mängel gehindert, hinsichtlich deren sie materiell präkludiert sind (vgl. Senat, Urt. v. 09.10.2000 - 5 S 1883/99 -, VBlBW 2001, 278; BVerwG, Urt. v. 24.05.1996 - 4 A 38.95 -, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 119).
63 
a) Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss leidet - soweit ersichtlich - unter keinen - zu seiner Aufhebung führenden - Verfahrensfehlern. Solche haben die Kläger auch nicht geltend gemacht.
64 
b) Auch in materiell-rechtlicher Hinsicht kann der Planfeststellungsbeschluss nicht beanstandet werden. Das planfestgestellte Vorhaben ist erforderlich (aa) und verstößt weder gegen striktes Recht (bb) noch gegen das Abwägungsgebot (cc).
65 
aa) Entgegen der Auffassung der Kläger ist das Planvorhaben von der (im Hinblick auf die dem Planfeststellungsbeschluss zukommende enteignungsrechtliche Vorwirkung, vgl. § 40 StrG) erforderlichen Planrechtfertigung getragen. Diese unterliegt jedenfalls im Hinblick auf die entsprechenden, rechtzeitig erhobenen Einwendungen der enteignungsbetroffenen Kläger zu 2 bis 4 der Überprüfung (vgl. BVerwG, Urt. v. 24.11.2011 - 9 A 24.10 -; anders BVerwG, Urt. v. 26.04.2007 - 4 C 12.05 -, BVerwGE 128, 358: auch auf die Rüge mittelbar - durch Immissionen - Betroffener).
66 
Die Planrechtfertigung ist nur dann gegeben, wenn das Vorhaben aus Gründen des Gemeinwohls objektiv erforderlich ist. Dies ist allerdings nicht erst bei einem unabweisbaren Bedürfnis der Fall, vielmehr muss das Vorhaben lediglich gemessen an den Zielen des jeweils zugrundeliegenden Fachplanungsgesetzes „vernünftigerweise“ geboten sein (vgl. BVerwG, Beschl. v. 29.11.1995 - 11 VR 15.95 -, Buchholz 442.09 § 18 AEG Nr. 7) bzw. muss der Vorhabenträger im Hinblick auf diese Ziele die Planung aus nachvollziehbaren Gründen für erforderlich halten dürfen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 15.09.1995 - 11 VR 16.95 -, Buchholz 442.09 § 18 AEG Nr. 6; Urt. v. 27.07.1990 - 4 C 26.87 -, Buchholz 442.08 § 36 BBahnG Nr. 18); gesetzliche Ziele sind dabei alle im Rahmen des jeweiligen Fachgesetzes zulässigerweise verfolgbaren Ziele. Insofern stellt die Planrechtfertigung „eine praktisch nur bei groben und einigermaßen offensichtlichen Missgriffen wirksame Schranke der Planungshoheit“ dar. Nicht planerisch gerechtfertigt ist allerdings auch ein Vorhaben, wenn feststeht, dass sich die Null-Variante als ebenso sinnvoll oder noch zweckmäßiger erweisen würde (vgl. BVerwG, Urt. v. 03.05.1988 - 4 C 26.84 -, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 74). Da das Vorliegen der erforderlichen Planrechtfertigung eine Rechtsfrage betrifft, die der vollen gerichtlichen Überprüfung unterliegt, ist letztere auch nicht auf die Überprüfung der im Planfeststellungsbeschluss hierfür gegebenen Begründung beschränkt (vgl. BVerwG, Urt. v. 11.07.2001 - 11 C 14.00 -, BVerwGE 114, 364).
67 
Maßgebliches Fachplanungsgesetz für das in Rede stehende Straßenbauvorhaben ist das Straßengesetz für Baden-Württemberg i.d.F. vom 11.05.1992 (GBl. S. 330, ber. S. 683). Nach Maßgabe der von ihm allgemein verfolgten Ziele besteht ein Bedürfnis für die planfestgestellte Ortsumfahrung, was bereits der - wenn auch für die Planfeststellung und das gerichtliche Verfahren nicht verbindliche - Umstand nahelegt, dass die Maßnahme im Kreisstraßenausbauprogramm des Bodenseekreises als Vorhaben des vordringlichen Bedarfs ausgewiesen ist. Ein entsprechendes Bedürfnis für die Baumaßnahme folgt ohne Weiteres daraus, dass mit ihr die stark belastete Ortsdurchfahrt der Kreisstraße in Kehlen beseitigt und so die Leistungsfähigkeit der vorwiegend dem überörtlichen Verkehr innerhalb des Bodenseekreises dienenden K 7725 verbessert (vgl. § 3 Abs. 1 Nr. 2 StrG; BVerwG, Urt. v. 06.12.1985 - 4 C 59.82 -, BVerwGE 72, 282), der innerörtliche Verkehr (im Bereich dieser Ortsdurchfahrt) bzw. die Ortslage Kehlens vom Durchgangsverkehr weitgehend entlastet (vgl. hierzu BVerwG, Urt. v. 14.07.2011 - 9 A 14.10 -, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 218; auch Senat, Urt. v. 23.04.1981 - 5 S 2342/80 -, ESVGH 31, 196) und nicht zuletzt die Verkehrssicherheit auf der K 7725 im Bereich der Maßnahme erhöht wird (vgl. BVerwG, Urt. v. 06.12.1985, a.a.O., Urt. v. 03.05.1988 - 4 C 26.84 -, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 74).
68 
Soweit die Kläger mit ihrem Hinweis auf einen - ohne Umgestaltung der Ortsdurchfahrt - zu erwartenden „Schleichverkehr“ die im Anschluss an das Verkehrsgutachten vom 11.01.2005 angenommene Entlastung bzw. deren Umfang von 67 % im Bereich der (bisherigen) Ortsdurchfahrt Kehlen bezweifeln, lassen sich ihrem Vorbringen keine überzeugenden Gründe entnehmen, die eine solche Entlastung dem Grunde nach in Frage stellten. Auch wenn die Ausgangsbelastung zu hoch angesetzt sein sollte, führte dies allenfalls zu einer geringeren Entlastungswirkung. Davon, dass diese im Hinblick auf die von den Klägern angeführten Verkehrszählungen überhaupt nicht mehr ins Gewicht fallen könnte, kann jedenfalls nicht ausgegangen werden. So haben der Beklagte und der in der mündlichen Verhandlung gehörte Vertreter der Modus Consult Ulm GmbH überzeugend dargelegt, dass, weil nur repräsentative Verkehrstage maßgeblich sind, allenfalls die Verkehrszahlen vom 19.04.2007 herangezogen werden könnten, die jedoch bei einer Hochrechnung auf den ganzen Tag in etwa dieselbe Verkehrsmenge ergäben (6.200 bis 7.800 Kfz/24 h), die auch der Verkehrsuntersuchung für 2005 zugrundegelegt worden war (ca. 6.900 Kfz/24 h). Insbesondere leuchtet ohne Weiteres ein, dass Verkehrszählungen anlässlich von Geschwindigkeitsmessungen schon aufgrund ihrer gänzlich anderen Funktion in vorliegendem Zusammenhang allenfalls geringe Aussagekraft zukommt. So machen Geschwindigkeitsmessungen von vornherein nur in Zeiten Sinn, in denen die Verkehrsdichte überhaupt ein schnelleres Fahren zulässt.
69 
Dass mit der geplanten B 30 neu ohnehin bereits eine (vergleichbare) Entlastung der Ortsdurchfahrt Kehlen verbunden wäre, ist nicht zu erkennen, da sich an der Verbindungs-, insbesondere Zubringerfunktion der K 7725 nichts änderte. Es ist ohne Weiteres nachvollziehbar, dass sich diese entsprechend der auf die Verkehrsuntersuchung gestützte Annahme im Planfeststellungsbeschluss sogar noch verstärkte (vgl. deren Zusammenfassung, S. 10).
70 
Die Leistungsfähigkeit der K 7725 erhöhte sich schließlich unabhängig von der angenommenen Entlastung im Bereich der (bisherigen) Ortsdurchfahrt. Dies folgt bereits aus der Beseitigung der den überörtlichen Verkehr schon aufgrund ihres unsteten Verlaufs, ihrer geringen Fahrbahnbreite und des dortigen Bahnübergangs (durch Rückstauungen) beeinträchtigenden Ortsdurchfahrt der Kreisstraße (vgl. BVerwG, Urt. v. 22.03.1985 - 4 C 15.83 -, BVerwGE 71, 166). Ein Verkehrsbedürfnis für eine leistungsfähigere K 7725 folgt ohne Weiteres aus der derzeit schon hohen Verkehrsbelastung der K 7725 und der Verkehrsprognose für 2015 bzw. 2020, die für alle überprüften Planungsfälle von einer Gesamtbelastung von mindestens 13.000 Kfz/24 h ausgeht (vgl. Verkehrsuntersuchung, S. 6 u. 9).
71 
Dass ein entsprechendes Verkehrsbedürfnis gerade auch für die Südumfahrung besteht, ergibt sich ohne Weiteres aus der für sie für den Planungsfall C 2 prognostizierten künftigen Gesamtbelastung von ca. 17.600 Kfz/24 h (für 2015) bzw. ca. 18.200 Kfz/24 h (für 2020). Inwiefern diese Annahme auf einer fehlerhaften Prognose beruhte, erschließt sich nicht. Selbst dann, wenn sich die Verkehrsbelastung für die K 7725 neu gegenüber der K 7725 alt nicht wesentlich erhöhen sollte, stellte dies das für eine Erhöhung der Leistungsfähigkeit erforderliche Verkehrsbedürfnis nicht in Frage. Dafür, dass die Südumfahrung entgegen dem Verkehrsgutachten überhaupt nicht angenommen und insofern weiterhin die durch Kehlen führende K 7725 alt genutzt würde, lassen sich dem Vorbringen der Kläger keine überzeugenden Gründe entnehmen. Insbesondere ist nicht nachvollziehbar, warum die K 7725 neu nicht genutzt werden sollte, um über die B 30 neu die B 467 zu erreichen. Dass es - je nach Abfahrts- und Zielort - auch andere Verkehrsbeziehungen gibt, die nicht über die K 7725 neu führen, steht außer Frage und vermag ein Verkehrsbedürfnis für die K 7725 neu - wie bisher für die K 7725 alt - nicht in Frage zu stellen. Nichts anderes gilt, soweit die Kläger anzweifeln, ob Meckenbeuren von Norden anfahrende Verkehrsteilnehmer die B 30 nutzen.
72 
Auch die Verkehrssicherheit auf der K 7725 erhöhte sich unabhängig von der angenommenen Entlastung der Ortsdurchfahrt vom überörtlichen Verkehr, da sich jedenfalls die auf Trassenführung und Ausbauzustand im Bereich der Ortsdurchfahrt und im Einmündungsbereich in die B 30 zurückzuführende Unfallhäufigkeit verringerte. Der Verweis auf an anderer Stelle neu entstehende Gefahren stellt letztlich eine Spekulation der Kläger dar; daran vermag auch ihr Hinweis auf schwere Verkehrsunfälle auf anderen Ortsumfahrungen nichts zu ändern. Ein besonderes Verkehrsbedürfnis für die K 7725 neu, insbesondere die Südumfahrung, müsste insofern, da sich der mit der Straßenplanung verbundene Eingriff in privates Grundeigentum schon mit konkreten Sicherheitsanforderungen hinreichend rechtfertigen ließe, noch nicht einmal ohne Weiteres nachgewiesen werden (vgl. BVerwG, Urt. v. 03.05.1988, a.a.O.; Urt. v. 22.03.1985, a.a.O.; BVerwGE 72, 282). Von einem entsprechenden Verkehrsbedürfnis ist allerdings - wie ausgeführt - ohne Weiteres auszugehen.
73 
Ob sich bei Berücksichtigung aller gegenläufigen Belange (insbesondere des Interesses der Anwohner, von weiteren Verkehrslärmwirkungen verschont zu bleiben sowie der Belange des Natur- und Landschaftsschutzes) letztlich doch die Nullvariante oder eine von den Klägern favorisierte Variante als die bessere Lösung aufdrängte, ist schließlich keine Frage der Planrechtfertigung, sondern Gegenstand der planerischen Abwägung (vgl. BVerwG, Urt. v. 10.04.1997 - 4 C 5.96 -, BVerwGE 104, 236). Insoweit wird auf die Ausführungen unter cc) verwiesen.
74 
Soweit die Kläger die Planrechtfertigung für das Straßenbauvorhaben schließlich mit zwischenzeitlich erkannten artenschutzrechtlichen Problemen im Bereich der geplanten West-Trasse der B 30 neu in Frage zu stellen versuchen, geht dies von vornherein fehl. Abgesehen davon, dass artenschutzrechtliche Probleme nicht dazu führen müssen, dass von der bisherigen Planung der B 30 neu abgesehen und stattdessen auf die Osttrasse ausgewichen würde, ist maßgeblicher Zeitpunkt auch für das Vorliegen der Planrechtfertigung der Erlass des Planfeststellungsbeschlusses. Der Hinweis der Kläger auf § 51 LVwVfG (Wiederaufgreifen des Verfahrens) geht insofern fehl, zumal diese Vorschrift in einem Planfeststellungsverfahren ohnehin keine Anwendung findet (vgl. § 72 Abs. 1 LVwVfG). Abgesehen davon besteht für die mit der Planung verfolgten Ziele - Erhöhung der Leistungsfähigkeit und Verkehrssicherheit der K 7725 sowie Entlastung Kehlens im Bereich der Ortsdurchfahrt von überörtlichem Verkehr - auch unabhängig von der Planung der B 30 neu ein Bedürfnis.
75 
bb) Das planfestgestellte Vorhaben verletzt, soweit dies überhaupt zu prüfen war, auch keine zwingenden materiellen Rechtssätze.
76 
aaa) Auf einen etwaigen Verstoß gegen die naturschutzrechtliche Eingriffsregelung (vgl. § 21 LNatSchG) können sich die Kläger allerdings - auch soweit ihnen ein Vollprüfungsanspruch zusteht - nicht berufen.
77 
Zu Recht ist das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, dass auch die ent-eignungsbetroffenen Kläger zu 2 bis 4 eine Überprüfung der im Planfeststellungsbeschluss festgesetzten Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen nicht beanspruchen können, da sie entsprechende Einwendungen gegen den Plan trotz des Hinweises auf diese Rechtsfolge in den „Gemeindenachrichten“ vom 08.07.2006 nicht erhoben haben. Dass der Hinweis nach seinem Wortlaut auf § 73 Abs. 4 LVwVfG und nicht auf die speziellere Regelung in § 37 Abs. 9 StrG Bezug nahm, ist ohne Belang, nachdem keine auf besonderen privatrechtlichen Titeln beruhende Einwendungen in Rede stehen.
78 
Nach § 37 Abs. 9 Satz 1 StrG sind im Planfeststellungsverfahren Einwendungen gegen den Plan nach Ablauf der Einwendungsfrist ausgeschlossen; hierauf ist in der Bekanntmachung der Auslegung oder bei der Bekanntgabe der Einwendungsfrist hinzuweisen. Hierbei handelt es sich, wovon auch das Verwaltungsgericht ausgegangen ist, nicht nur um eine formelle, sondern um eine materielle Präklusion, die auch im gerichtlichen Verfahren zu beachten ist (vgl. Lorenz/Will, StrGBW, Handkomm., 2. A. 2005, § 37 Rn. 68; noch offen gelassen von VGH Bad.-Württ., Urt. v. 05.10.2006 - 8 S 967/05 -, ESVGH 124). Dies folgt bereits aus dem Wortlaut der Vorschrift. Dieser beschränkt sich nicht auf die Normierung einer Einwendungsfrist, gegebenenfalls ergänzt um einen Hinweis, dass (lediglich) die rechtzeitig erhobenen Einwendungen gegen den Plan zu erörtern sind (vgl. § 18 Abs. 3 u. 4 Satz 1 FStrG i.d.F. v. 06.08.1953 bzw. § 18 Abs. 4 u.6 FStrG i.d.F. v. 01.07.1974), sondern spricht eindeutig von einem Einwendungsausschluss nach Ablauf der Einwendungsfrist. Diese Wortwahl entspricht vergleichbaren Präklusionsregelungen (vgl. § 73 Abs. 4 Satz 3 LVwVfG, § 17 Abs. 4 Satz 1 FStrG) und weist zweifelsfrei auf eine materielle Präklusion hin. Hinzu kommt, dass in § 39 Abs. 9 Satz 2 StrG als Voraussetzung für einen solchen Ausschluss geregelt ist, dass auf diese Rechtsfolge in der Bekanntmachung der Auslegung oder bei der Bekanntgabe der Einwendungsfrist hinzuweisen ist. Der Umstand, dass die Vorschrift mit den Worten „Im Planfeststellungsverfahren“ beginnt, ändert daran nichts, mag dies für sich genommen auch einen gegenteiligen Schluss nicht von vornherein ausgeschlossen erscheinen lassen (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 05.10.2006, a.a.O.). Denn damit sollte ersichtlich nur klargestellt werden, dass lediglich in einem Planfeststellungsverfahren - und nicht in einem Plangenehmigungsverfahren - nicht erhobene Einwendungen einer Ausschlusswirkung unterliegen. Wäre mit den Worten „Im Planfeststellungsverfahren“ demgegenüber eine Begrenzung der Ausschlusswirkung auf das weitere Planfeststellungsverfahren beabsichtigt gewesen, wäre eine solche Einschränkung anders, nämlich vor dem Wort „ausgeschlossen“ zum Ausdruck zu bringen gewesen. Zu Beginn der Vorschrift haben diese Worte indes die gleiche Bedeutung wie „bei einem Planfeststellungsverfahren“. Für eine solche Auslegung sprechen nicht zuletzt Sinn und Zweck der Vorschrift, Rechts- und Investitionssicherheit (insbesondere für den Vorhabenträger, vgl. BVerwG, Beschl. v. 11.11.2009 - 4 B 57.09 -, Buchholz 406.254 URG Nr. 1) zu schaffen und die bereits mit dem Genehmigungsverfahrensbeschleunigungsgesetz verfolgte Verfahrensbeschleunigung zu gewährleisten. Dass der Einwendungsausschluss in § 37 Abs. 9 Satz 1 StrG gleichwohl hinter den bisherigen, bereits eine materielle Präklusion enthaltenden Regelungen in § 37 Abs. 13 StrG und § 73 Abs. 4 Satz 3 LVwVfG zurückbleiben und entgegen der allgemeinen Tendenz zur materiellen Präklusion im Fachplanungsrecht (vgl. Rieder, Fachplanung und materielle Präklusion, 2004, S. 111) nur noch im Verwaltungsverfahren und nicht mehr für das gerichtliche Verfahren gelten sollte, erscheint demgegenüber fernliegend. Ausweislich der Gesetzgebungsmotive (vgl. hierzu LT-Drucks. 13/1227, S. 58) war mit der Novellierung tatsächlich auch keine Einschränkung gegenüber der in § 73 Abs. 4 Satz 3 LVwVfG enthaltenen Regelung, sondern gerade eine Erweiterung auf solche Einwendungen beabsichtigt, die auf privatrechtlichen Titeln beruhen. Insofern hat sich mit der Novellierung des § 37 Abs. 9 Satz 1 StrG an der bisherigen, eine materielle Präklusion vorsehenden Rechtslage nichts geändert.
79 
Die Präklusion erstreckt sich - auch bei den enteignungsbetroffenen Klägern zu 2 bis 4 - grundsätzlich auch auf solche rechtlichen oder tatsächlichen Umstände, die die Planfeststellungsbehörde unabhängig von etwaigen Einwendungen Betroffener von Amts wegen zu berücksichtigen hatte (vgl. BVerwG, Beschl. v. 01.04.2005 - 9 VR 5.05 -, juris, Rn. 5; OVG Bremen, Urt. v. 13.01.2005 - 1 D 224/04 -, juris Rn. 58). Der erweiterten Einwendungsbefugnis entspricht insofern auch eine erhöhte Mitwirkungslast (vgl. Senat, Urt. v. 09.10.2000, a.a.O., Rieder, a.a.O., S. 178).
80 
Zur Vermeidung des Einwendungsausschlusses müssen Einwendungen - auch solche gegen objektiv-rechtliche (öffentliche Belange) - erkennen lassen, in welcher Hinsicht Bedenken gegen die in Aussicht genommene Planung - aus Sicht des Einwenders - bestehen könnten; das Vorbringen muss so konkret sein, dass die Planfeststellungsbehörde erkennen kann, in welcher Weise sie bestimmte Belange einer näheren Betrachtung unterziehen soll bzw. was sie konkret bedenken soll (vgl. Senat, Urt. v. 09.10.2000, a.a.O.; BVerwG, Beschl. v. 12.02.1996 - 4 A 38.95 -, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 109). Der Betroffene muss zumindest in groben Zügen - gegebenenfalls unter Hinweis auf spezielle, gerade ihn betreffende Gesichtspunkte (vgl. Steinberg, a.a.O., § 2 Rn. 133) - darlegen, welche Beeinträchtigungen befürchtet werden, ohne dies allerdings begründen zu müssen (vgl. BVerfG, Beschl. v.08.07.1982 - 2 BvR 1187/80 - BVerfGE 61, 82; BVerwG, Beschl. v. 12.02.1996 - 4 VR 19.95 - Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 109 S. 78; Urt. v. 30.01.2008 - 9 A 27.06 -, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 195).
81 
Dem können die Kläger nicht entgegenhalten, sie hätten insofern auch gegen die Ausgleich- und Ersatzmaßnahmen Einwendungen erhoben, weil sie mit der gerügten, „nicht hinnehmbaren“ Beeinträchtigung des Landschaftsbildes und des Erholungswerts der Landschaft, insbesondere des Naherholungsgebiets sowie des Erholungsgeländes um Gerbertshaus die gesamte Problematik betreffend Eingriffe in Natur- und Landschaftsschutz einschließlich der hierzu vorgesehenen Kompensationsregelungen thematisiert hätten. Auch wenn die Begriffe Natur und Landschaft für sich genommen nach ihrem Bedeutungsinhalt nicht genau gegeneinander abzugrenzen sein sollten, bezogen sich die Einwendungen der Kläger doch allein auf das Landschaftsbild bzw. die Trennung des Ortsbildes und den Erholungswert der Landschaft (vgl. hierzu auch Dürr, in: Kodal, StraßenR, 7. A., S. 1295) und zwar mit der Zielrichtung, dass in dieses Schutzgut nur eingegriffen werden dürfe, wenn an anderer Stelle keine alternative Trasse zur Verfügung stehe, was nach ihrer Auffassung jedoch der Fall sei. Damit sollte im Hinblick auf das zweifellos betroffene „hohe Schutzgut“ der Landschaft die Entscheidung zugunsten der planfestgestellten Trasse im Rahmen der Variantenprüfung und nicht die Vermeid-barkeit eines Eingriffs i. S. des § 21 Abs. 1 NatSchG, bei der lediglich nach Alternativen an gleicher Stelle zu fragen ist, und schon gar nicht die ausreichende Kompensation der mit ihr verbundenen unvermeidbaren Beeinträchtigungen in Frage gestellt werden (vgl. § 21 Abs. 2 NatSchG); unabhängig davon änderte eine ausreichende Kompensation an den beanstandeten Beeinträchtigungen nichts.
82 
Im Übrigen wäre auch nicht ersichtlich, inwiefern ein im Hinblick auf die angeblich ungeeigneten Maßnahmen 2.1 und 9 (für die das Grundstück der Kläger - anders als für die Maßnahme 3.1a - auch nicht teilweise in Anspruch genommen werden muss) verbliebenes Defizit im Bereich der Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen, nicht nur zu einer Planergänzung (um weitere Maßnahmen an anderer Stelle und ggf. einer Ausgleichsabgabe), sondern entsprechend dem Hauptantrag der Kläger zu 2 bis 4 zu einer Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses führen könnte. Dies setzte voraus, dass es im Gesamtplanungsgeflecht derart schwer wöge, um von der planfestgestellten Maßnahme insgesamt abzusehen oder die Trassenführung doch im Bereich des unmittelbar in Anspruch genommenen Außenbereichsgrundstücks Flst. Nr. 528 zu verändern (vgl. BVerwG, Urt. v. 28.02.1996 - 4 A 27.95 -, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 110; Senat, Urt. v. 09.10.2000, a.a.O.). Überzeugende Gründe hierfür lassen sich auch dem Berufungsvorbringen nicht entnehmen, zumal die Kläger gerade auf angeblich vorhandene geeignetere Ausgleichsflächen (Flst. Nr. 456 u. a.) verwiesen haben. Mit der beanstandeten Ausgleichsmaßnahme 2.1 („Optimierung der „Weite Wiesen“) soll schließlich eine Extensivierung und Entwicklung von Grünlandbeständen, insbesondere des feuchten und nassen Spektrums sowie eine Förderung standortgemäßer Vegetationsbestände (Hochstauden, Röhricht, Großseggenried) erreicht werden. Warum solches aufgrund der Straßennähe und Lärmexposition der vorgesehenen Fläche nicht möglich sein sollte, erschließt sich nicht, mag die damit u.a. verfolgte (weitere) Zielsetzung, die Lebensraumfunktionen zu verbessern und die Arten- und Lebensgemeinschaften extensiv genutzter Grünlandkomplexe zu fördern (vgl. hierzu das entsprechende Maßnahmenblatt im Landschaftspflegerischen Begleitplan, S. 104 f.), auch nicht in jeder Hinsicht optimal erreicht werden können. Insofern hat ein Vertreter der „Entwicklungs- und Freiraumplanung Eberhard + Partner GbR“ in der mündlichen Verhandlung überzeugend darauf hingewiesen, dass sich die vegetationsmäßige und faunistische Aufwertung dieses grundwassernahen Bereichs gar nicht auf Wiesenvögel beziehe. Die Insektenfauna sei schließlich gegenüber den Störwirkungen einer Straße relativ tolerant.
83 
Was die weitere Rüge der Kläger anbelangt, die Ersatzmaßnahme 9 sei im Hinblick auf die verschiedenen mit ihr verfolgten Zwecke schon aufgrund ihrer geringen Größe viel zu klein, greift auch dies nicht durch. So ist nicht zu erkennen, warum mit der Extensivierung der landwirtschaftlichen Nutzung und der Entwicklung artenreicher Grünlandbestände sowie der regelmäßigen Pflege der Sukzessionsfläche entlang des Tegelbachs nicht gleichzeitig die Bodenfunktionen optimiert und stabilisiert, das Retentionsvermögen der Tegel-bachaue verbessert, stoffliche Einträge reduziert und die dortigen Lebensraumfunktionen verbessert werden könnten (vgl. hierzu das entsprechende Maßnahmenblatt im Landschaftspflegerischen Begleitplan, S. 116 f.). Ein Vertreter der „Entwicklungs- und Freiraumplanung Eberhard + Partner GbR“ hat den Klägern schließlich in der mündlichen Verhandlung überzeugend entgegengehalten, dass die Maßnahme 9 im Zusammenhang mit den Maßnahmen 2.1 und 8 zu sehen sei und diese lediglich ergänzen sollte. Entgegen der Auffassung der Kläger könnten auch die „Bähwiesen“ durchaus noch weiter aufgewertet werden. Auf einen die Maßnahme insgesamt oder doch die Trassenführung im Bereich ihres Außenbereichsgrundstücks in Frage stellenden Fehler hätte freilich auch dieser Einwand kaum führen können. Dagegen spricht nicht zuletzt die auch von den Klägern, wenn auch mit anderer Zielrichtung hervorgehobene geringe Größe der Fläche. Bei ihrem Vorwurf, der Eingriff in die Landschaft, insbesondere in das Landschaftsbild sei nicht ausreichend kompensiert, übersehen die Kläger, dass sich das planfestgestellte Maßnahmenkonzept nicht in den beiden beanstandeten Maßnahmen erschöpft, sondern sich aus insgesamt 9 bzw. 12 Einzelmaßnahmen zusammensetzt. Dass gleichwohl ein Defizit verbliebe, haben die Kläger auch im gerichtlichen Verfahren nicht in nachvollziehbarer Weise aufgezeigt.
84 
bbb) Soweit die Kläger geltend machen, dass die fachplanungsrechtliche Zumutbarkeitsgrenze nach § 74 Abs. 2 Satz 2 LVwVfG überschritten sei, weil die aus ihrer Sicht maßgeblichen Summenpegel die auch in diesem Fall einschlägigen Immissionsgrenzwerte nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 der 16. BImSchV überstiegen, wird zwar ein Verstoß gegen zwingende Vorschriften des verkehrsbezogenen Immissionsschutzrechts (§§ 41 ff. BImSchG, 16. BImSchV) geltend gemacht. Auf eine Planaufhebung führte dies jedoch auch dann nicht, wenn der Einwand zuträfe. Vielmehr bestünde auch bei unzureichender Lärmvorsorge grundsätzlich nur ein Anspruch auf Planergänzung. Eine Planaufhebung käme erst dann in Betracht, wenn das Fehlen entsprechender Schutzauflagen - ausnahmsweise - von so großem Gewicht sein könnte, dass die Ausgewogenheit der Planung insgesamt in Frage gestellt wäre (vgl. Senatsurt. v. 09.10.2000, a.a.O.; BVerwG, Urt. v. 18.04.1996 - 11 A 86.95 -, NVwZ 1996, 901), mithin erst dann wenn gleichzeitig gegen das fachplanungsrechtliche Abwägungsgebot verstoßen worden wäre (dazu sogleich).
85 
Anderes gilt auch nicht im Hinblick auf das Vorbringen der Kläger zu 1 und 2 mit der höheren Gesamtlärmbelastung von insgesamt 66 dB(A) am Tage und 56 dB(A) in der Nacht erstmals einer nach Art. 2 Abs. 2 GG verfassungswidrigen Gesundheitsgefährdung ausgesetzt zu sein. Denn auch dann, wenn die Schwelle zur Gesundheitsgefährdung nunmehr überschritten sein sollte, führte dies allenfalls aufgrund eines möglicherweise beachtlichen Abwägungsfehlers im Rahmen der Variantenprüfung auf eine Planaufhebung. Anderenfalls verbliebe es auch insoweit bei einem Planergänzungsanspruch, mit dem die Kläger allenfalls weitere (hier durchaus im Wege aktiven wie passiven Schallschutz mögliche) Schutzvorkehrungen bzw. Entschädigungen, gegebenenfalls auch eine zu entschädigende Übernahme des Grundstücks verlangen könnten.
86 
ccc) Dass infolge des planfestgestellten Vorhabens Lärmaktionspläne nach § 47d BImSchG von den hierfür zuständigen Behörden sinnvollerweise nicht mehr aufgestellt werden könnten, ist weder dargetan noch sonst ersichtlich. Der inzwischen im Entwurf vorliegende Lärmaktionsplan für die Gemeinde Meckenbeuren dürfte im Übrigen das Gegenteil belegen.
87 
cc) Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss verstößt auch nicht in einer zu seiner Aufhebung führenden Weise gegen das fachplanerische Abwägungsgebot des § 37 Abs. 5 Satz 1 StrG. Nach dieser Vorschrift sind bei der Planfeststellung die von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange einschließlich der Umweltverträglichkeit im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigen. Insoweit ist die gerichtliche Kontrolle darauf beschränkt, ob eine Abwägung überhaupt stattgefunden hat, ob an Belangen eingestellt worden ist, was nach Lage der Dinge eingestellt werden musste, ob die Bedeutung der betroffenen öffentlichen und privaten Belange verkannt und ob der Ausgleich zwischen ihnen in einer Weise vorgenommen worden ist, der zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht. Innerhalb des so gezogenen Rahmens wird das Abwägungsgebot nicht verletzt, wenn sich die Behörde in der Kollision zwischen verschiedenen Belangen für die Bevorzugung des einen und damit notwendigerweise für die Zurückstellung eines anderen Belangs entscheidet (vgl. hierzu grundlegend BVerwG, Urt. v. 14.02.1975 - IV C 21.74 - BVerwGE 48, 56). Dabei sind gemäß § 75 Abs. 1a Satz 1 LVwVfG Mängel bei der Abwägung der von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange nur erheblich, wenn sie offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen sind (vgl. hierzu BVerwG, Beschl. v. 16.08.1995 - 4 B 92.95 -, a.a.O.).
88 
Die Entscheidung der Planfeststellungsbehörde, den Plan für den Neubau der K 7725 als Südumgehung von Kehlen auch im Hinblick auf die zusätzlichen Lärmwirkungen zum Nachteil der Kläger zu 1 und 2 und die Inanspruchnahme des Grundstücks der Kläger zu 2 bis 4 festzustellen, lässt einen relevanten Abwägungsfehler nicht erkennen. Insbesondere musste sie einer anderen Variante nicht den Vorzug geben. Dass sich die Kläger innerhalb der Einwendungsfrist noch nicht zu allen, von ihnen nunmehr für vorzugswürdig gehaltenen Varianten geäußert hatten, führt nicht dazu, dass sie insoweit mit ihren Einwand ausgeschlossen wären, dass im Hinblick auf die von ihnen beanstandeten Beeinträchtigungen von Landschaft, Ortsbild, Gesundheit und Eigentum eine andere Variante vorzuziehen gewesen wäre.
89 
Kommen Alternativlösungen ernsthaft in Betracht, so hat die Planungsbehörde sie zwar als Teil des Abwägungsmaterials mit der ihnen objektiv zukommenden Bedeutung in die vergleichende Prüfung der von den möglichen Varianten jeweils berührten öffentlichen und privaten Belange unter Einschluss des Gesichtspunkts der Umweltverträglichkeit einzubeziehen. Sie ist indes nicht verpflichtet, die Variantenprüfung bis zuletzt offen zu halten und alle von ihr zu einem bestimmten Zeitpunkt erwogenen Alternativen gleichermaßen detailliert und umfassend zu untersuchen. Auch im Bereich der Planungsalternativen braucht sie den Sachverhalt nur soweit aufzuklären, wie dies für eine sachgerechte Trassenwahl und eine zweckmäßige Gestaltung des Verfahrens erforderlich ist. Sie ist befugt, eine Alternative, die ihr auf der Grundlage einer Grobanalyse als weniger geeignet erscheint, schon in einem frühen Verfahrensstadium auszuscheiden. Verfährt sie in dieser Weise, so handelt sie abwägungsfehlerhaft nicht schon dann, wenn sich herausstellt, dass die von ihr verworfene Lösung ebenfalls mit guten Gründen vertretbar gewesen wäre, sondern erst, wenn sich ihr diese Lösung als die vorzugswürdige hätte aufdrängen müssen (vgl. BVerwG, Urt. v. 25.01.1996 - 4 C 5.95 -, BVerwGE 100, 238, Beschl. v. 24.09.1997 - 4 VR 21.96 - NVwZ-RR 1998, 297 u. Urt. v. 26.03.1998 - 4 A 7.97 -, UPR 1998, 382). Solches ist hier nicht der Fall.
90 
Soweit im Planfeststellungsbeschluss der „Südumfahrung“ der Vorzug gegenüber den beiden Nordumfahrungen gegeben wurde, ist dies ohne Weiteres nachvollziehbar. So würde die ortsnahe Nordumgehung an der Verkehrsbelastung zwischen der Bahnlinie und der bestehenden B 30 nichts ändern bzw. diese gar noch verstärken, wodurch der dortige Schul-, Sport und Freizeitbetrieb beeinträchtigt wäre. Auch führte die ortsnahe Nordumgehung zu einer geringeren Entlastung der Ortsdurchfahrt Kehlen. Bei der ortsfernen Nordumfahrung ergäbe sich schließlich eine hohe Verkehrsbelastung im Bereich zwischen Meckenbeuren und Buch bzw. auf den entsprechenden Verbindungsstraßen, was sich auf den dortigen Siedlungs- und Entwicklungsschwerpunkt nachteilig auswirkte. Auch wäre sie aufgrund ihrer Länge die unwirtschaftlichste Lösung. Demgegenüber erbringt die insoweit günstigere „Südumfahrung“ eine gute (nicht „beste“, so aber die Verkehrsuntersuchung, S. 7) und zugleich durchgängige Entlastung. Auch lässt sich mit ihr als „Zubringer“ für den Raum südöstlich von Meckenbeuren die langfristig verfolgte Verkehrskonzeption umsetzen, die Verkehrsbeziehungen im Zuge der B 30 neu und der K 7725 neu in Verbindung mit der langfristig geplanten B 467 neu zu bündeln. Schließlich hatte sich die „Südumfahrung“ nach der Umweltverträglichkeitsstudie auch als die umweltverträglichste Variante erwiesen (vgl. zum Ganzen, Planfeststellungsbeschluss, S. 17; Verkehrsuntersuchung, S. 7 f.; Erläuterungsbericht, S. 9 ff.).
91 
Vor diesem Hintergrund erweist sich die von den Klägern zuletzt favorisierte Variante 3 ersichtlich nicht als vorzugswürdig, da sie im Wesentlichen der ortsfernen Nordumgehung entspricht und insofern dieselben Nachteile mit sich brächte.
92 
Soweit die Kläger demgegenüber auf die sog. „Shuttlebus“-Variante bzw. die Varianten 1 und 2 verweisen (vgl. VG-Akten, AS 183), liefen diese letztlich auf ein anderes Projekt hinaus; insofern brauchte sich der Vorhabenträger auf diese von vornherein nicht verweisen zu lassen. Darauf haben zu Recht bereits die Planfeststellungsbehörde und das Verwaltungsgericht hingewiesen. Schon das mit der planfestgestellten Variante verfolgte wesentliche Ziel einer Entlastung der Ortsdurchfahrt Kehlen ließe sich mit diesen weiter entfernten, deutlich nach Süden abgesetzten Varianten allenfalls unzureichend erreichen. Soweit die Kläger im Berufungsverfahren noch geltend machen, dass sich bei einem entsprechenden Anschluss an die B 30 neu sowie bei einer entsprechenden Streckenführung bzw. mittels Verkehrsleitsystemen durchaus eine (vergleichbare) Entlastung der Ortsdurchfahrt erreichen ließe, setzte dies weitere umfangreiche, gegebenenfalls raumbeanspruchende Maßnahmen (auch anderer Behörden) voraus, die schon im Hinblick auf die in Kauf zu nehmenden Umwege kaum gewährleisteten, dass sich der beabsichtigte Entlastungseffekt einstellte.
93 
Hinzu kommt, dass sich das weitere - langfristige - Ziel einer Bündelung der Verkehrsbeziehungen im Zuge der verfolgten Netzkonzeption (B 30 neu, B 31 neu und B 467 neu) überhaupt nicht erreichen ließe. So wird im Planfeststellungsbeschluss überzeugend ausgeführt, dass die Verkehrsbeziehungen im nördlichen Bodenseeraum in Ost/West-Richtung über die B 31 neu und in Nord/Süd-Richtung über die B 30 neu sowie langfristig über eine B 467 neu geführt werden sollen und dem Anschuss an die B 30 neu bei Hirschlatt eine wichtige Verteilerfunktion zukomme, auf den die K 7725 neu als Zubringer (für den Raum südöstlich von Meckenbeuren) gezielt geführt werden müsse. Dies ist bei den von den Klägern vorgeschlagenen Varianten 1 und 2 jedoch nicht der Fall, weil diese einen Umweg über die Messe Friedrichshafen nehmen. Auch brächte der mit diesen Varianten verbundene Anschluss an die K 7726 auf Höhe der Messe keinen Vorteil („Ergänzung der geplanten Messezufahrt“), sondern den erheblichen Nachteil mit sich, dass der Verkehrsfluss an Messetagen behindert würde, was mit der planfestgestellten „Südumfahrung“ gerade verhindert werden sollte.
94 
Abgesehen davon schnitten die beiden Varianten auch in wirtschaftlicher Hinsicht keineswegs besser ab, da ein bloßer Ausbau der im Luftsicherheitsbereich belegenen Flughafenstraße aus nachvollziehbaren Gründen ausscheiden dürfte. Dass sowohl ein Neubau entlang des Flughafengeländes (Variante 2) als auch eine Stichstraße (Variante 1) nicht zuletzt im Hinblick auf die flugsicherheitstechnischen Vorgaben und die jedenfalls im unmittelbaren Randbereich des Flughafens erforderliche Führung in Tunnel- oder zumindest Tieflage kostenaufwändiger wären, leuchtet ohne Weiteres ein. Dies gilt erst Recht für die letztlich nur im Wege einer Untertunnelung realisierbare Variante 1.
95 
Würde indes abweichend von den vorgeschlagenen Varianten ausgehend von der B 30 entlang des Flughafens eine Trassierung unmittelbar auf die Anschlussstelle bei Hirschlatt vorgenommen, brächte dies Belastungen für den Siedlungsbereich von Gerbertshaus bzw. von Großbuch mit sich, so dass sich die Lärmbetroffenheiten lediglich verschöben. Auch ist ohne weiteres nachvollziehbar, dass es dann zu Beeinträchtigungen des Waldgebiets „Großes Moos“ käme, wodurch sich erhebliche, möglicherweise nicht überwindbare artenschutzrechtliche Probleme ergäben, die sich bei der „Südumfahrung“ so nicht stellten.
96 
Auch die von den Klägern angeführten - unbestreitbaren - Nachteile der planfestgestellten Variante können aufgrund des ihnen zukommenden Gewichts nicht dazu führen, dass der Vorhabenträger stattdessen auf die weniger geeignete, die Planungsziele nur unvollkommen erreichende ortsferne Nordumgehung ausweichen oder gar von dem Vorhaben insgesamt Abstand nehmen müsste (sog. „Nullvariante“).
97 
Insbesondere der von den Klägern für unvertretbar gehaltene Eingriff in das Landschaftsbild ändert nichts daran, dass die „Südumgehung“ gleichwohl die umweltverträglichste Variante darstellt. Die Beeinträchtigung dieses Belangs wurde von der Planfeststellungsbehörde auch durch entsprechende Maßnahmen (Feldbrücke, nicht zu hohe Lärmschutzwände) gering gehalten und schließlich auch durch entsprechende Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen kompensiert. Mit ihren Einwendungen gegen diese Maßnahmen sind die Kläger zudem - wie bereits ausgeführt - ausgeschlossen. Soweit die Kläger in diesem Zusammenhang auf den Eingriff in die Landschaft in ihrer Erholungsfunktion verweisen, ist auch dieser nicht von solchem Gewicht, dass er die Planung in Frage stellte, zumal die Planfeststellungsbehörde diesem Belang durchaus Rechnung getragen hat, indem die Wegeverbindungen weitgehend aufrechterhalten wurden. Nichts anderes gilt für den Einwand der Kläger, dass die „historische“ Bindung an den Hauptort Kehlen zerschnitten würde und bei ihnen ein „Gefühl des Abgeschnittenseins“ entstünde.
98 
Soweit die Kläger auf eine - im Hinblick auf die künftige Gesamtlärmbelastung - völlig unzureichende Lärmvorsorge verweisen, rechtfertigt auch dies keine andere Beurteilung, nachdem die Planfeststellungsbehörde im Ergebnis zu Recht davon ausging, dass auch die Kläger zu 1 und 2 auch bei einer Gesamtlärmbetrachtung nicht annähernd Lärmwirkungen ausgesetzt sind, die die grundrechtliche Zumutbarkeitsschwelle – d. h. die enteignungsrechtliche Zumutbarkeitsschwelle oder die in rechtlicher Würdigung der Lärmwirkungsforschung zu bestimmende Schwelle der Gesundheitsgefährdung - überschreiten. Ausgehend davon kann jedenfalls nicht beanstandet werden, dass Lärmschutzbelange nicht zum Anlass genommen wurden, von der planfestgestellten „Südumfahrung“ Abstand zu nehmen.
99 
Die grundrechtliche Zumutbarkeitsschwelle wird vom Bundesverwaltungsgericht für Wohngebiete grundsätzlich erst bei einem äquivalenten Dauerschallpegel von 70 dB(A) tags und 60 dB(A) nachts angenommen (vgl. BVerwG, Urt. v. 07.03.2007, - 9 C 2.06 -, BVerwGE 128, 177, Urt. v. 13.05.2009 - 9 A 72.07 -, BVerwGE 134, 45; Urt. v. 15.12.2011 – 7 A 11.10. -, UPR 2012, 301). Dass diese bei einer Gesamtlärmbetrachtung erreicht würde, lässt sich indes nach derzeitigem wissenschaftlichem Erkenntnisstand nicht feststellen.
100 
Zwar war der Schienenverkehrslärm bei der entsprechenden Abschätzung bzw. „Annäherung“ in der Stellungnahme Modus Consult Ulm GmbH vom 26.05.2008 noch nicht berücksichtigt worden. Vor dem Hintergrund der inzwischen mitgeteilten, nach § 3 der 16. BImSchV berechneten Beurteilungspegel für die Südbahn hätten sich jedoch auch bei einer zusätzlichen Überlagerung mit dem Schienenverkehrslärm für das Wohngebäude des Klägers zu 2 nur geringfügig höhere Summenpegel ergeben, nämlich maximal 63,5 dB(A) tags und 56,5 dB(A) nachts anstatt bis zu 62 dB(A) tags und 56 dB(A) nachts (vgl. die konkretisierende und ergänzende Stellungnahme Modus Consult Ulm GmbH zur Gesamtlärmsituation vom 24./25.09.2012 und die bereits der Stellungnahme vom 26.05.2008 beigefügte Anlage 2). Zwar ermöglichen diese Werte nur eine ungefähre Abschätzung, da äquivalente Dauerschallpegel unterschiedlicher Verkehrsquellenarten nicht ohne Weiteres energetisch addiert werden können dürften. Jedoch sind sie von dem als kritisch angesehenen Bereich noch deutlich entfernt, sodass von ihnen durchaus annäherungsweise ausgegangen werden konnte. Der in der Stellungnahme vom 26.05.2008 nach dem Entwurf der VDI-Richtlinie 3722-2 berechnete effektbezogene Substitutionspegel LES von 66 - 67 dB(A) tags steht dem nicht entgegen. Denn dieser kann nicht an den oben genannten Werten gemessen werden, da er maßgeblich durch ein „Belästigungsurteil“ Betroffener bestimmt wird (vgl. hierzu die Stellungnahme Modus Consult Ulm GmbH v. 26.05.2008; auch den 2. Entwurf, Feb. 2009, der VDI-Richtlinie 3722-2 mit Kommentar Windelbergs, http://www.iazd.uni-hannover.de/~windelberg/search/laerm/wi3722_2.pdf). Dies bedeutet freilich nicht, dass diesem Wert im Rahmen der Abwägung keinerlei Bedeutung zukäme (vgl. dazu sogleich).
101 
Dass das Regierungspräsidium Tübingen mit der seinem Planfeststellungsbeschluss zugrundegelegten Stellungnahme vom 26.05.2008 jedenfalls nicht zu niedrige Werte angesetzt hatte, wird letztlich durch die nachträglich - im Wege energetischer Addition - vorgenommene Gesamtlärm„berechnung“ vom 25.09.2012 bestätigt, wonach sich in dem der Planung - gleichsam als worst case - maßgeblich zugrundegelegten Planungsfall C 2 (mit B 30 neu) vor dem Wohngebäude des Klägers zu 2 maximale Gesamtpegel von (lediglich) 61,0 dB(A) bzw. 54,3 dB(A) ergaben, mithin Werte, die auch nicht annähernd die grundrechtliche Zumutbarkeitsschwelle erreichen. Die gegenüber der bisheriger Stellungnahme niedrigeren Werte beruhen im Wesentlichen darauf, dass für den Flughafen Friedrichshafen nunmehr aktuellere Lärmkonturen der Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg zugrunde gelegt wurden, denen zufolge das Grundstück des Klägers zu 2 (deutlich) außerhalb der 60 bzw. 55 dB(A)-Lärmkontur liegt, sodass dieses bei einer Extrapolation lediglich noch fluglärmbedingten äquivalenten Dauerschallpegeln von 56 dB(A) tags und 47 dB(A) nachts ausgesetzt ist. Schließlich werden die kritischen Werte von 70 bzw. 60 dB(A) selbst von den (in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht dem Lärmaktionsplan entnommenen, aufgrund der Umgebungslärmrichtlinie 2002/49/EG bzw. nach Maßgabe des § 5 der 34. BImSchV berechneten (Gesamt-)Lärmindizes Lden von 66 dB(A) bzw. Lnight von 56 dB(A) nicht erreicht (vgl. http://www.meckenbeuren.de/aktuell/lap.html?tx_skcalendar_pi1%5Boffset%5D=1543618800&tx_skcalendar_pi1%5Bcategory%5D=6&tx_skcalendar_pi1%5Bview%5D=thumbmonth). Der Mittelungspegel Lden konnte freilich nicht ohne Weiteres herangezogen werden, da er auf der Mittelung über 24 Stunden mit einer unterschiedlichen Gewichtung der Zeitbereiche Tag, Abend und Nacht beruhte (vgl. § 1 Abs. 2 der 34. BImSchV).
102 
Soweit das Regierungspräsidium Tübingen aus Kausalitätserwägungen die noch etwas niedrigeren Werte im Planungsfall C 20 (60,6 dB(A) tags und 54 dB(A) nachts) heranziehen will, kann dem nicht gefolgt werden. Zwar dürften die angestellten Kausalitätserwägungen zutreffen, da die B 30 neu (West) und die K 7725 neu - Südumfahrung - nicht in einem engen konzeptionellen und räumlichen Zusammenhang stehen dürften (vgl. BVerwG, Urt. v. 23.11.2005 - 9 A 28.04 -, BVerwGE 124, 334). Jedoch wurde der planerischen Abwägung gleichwohl durchgehend der Planungsfall C 2 als maßgebliches Szenario zugrunde gelegt (vgl. hierzu bereits die Verkehrsuntersuchung Modus Consult Ulm GmbH v. 11.01.2006, S. 6; Lärmuntersuchung Modus Consult v. 23.01.2006, S. 7), sodass dieses - zur Vermeidung eines Abwägungsfehlers - auch in vorliegendem Zusammenhang maßgebend sein muss. Insofern kommt es auf die Gesamtlärmwerte für den Planungsfall C 2 (mit B 30 neu Westtrasse und K 7725 neu Ortsumfahrung Kehlen), Prognose-horizont 2020, an (vgl. S. 9 der konkretisierenden und ergänzenden Stellungnahme v. 24./25.09.2012). Die für den Planungsfall C 2 „plus“ berechneten Gesamtlärmwerte können demgegenüber nicht herangezogen werden, da bei diesen die im Planungsfall C 2 eintretende Entlastung auf der B 30 alt (Bestandstrasse) nicht berücksichtigt ist.
103 
Auch wenn man die  e n t e i g n u n g s r e c h t l i c h e  Zumutbarkeitsschwelle im Hinblick auf die inzwischen (2010) um 3 dB(A) reduzierten Auslösewerte für die Lärmsanierung an Fernstraßen in der Baulast der Bundes (vgl. hierzu BT-Drs. 17/5077, 17/8505), die 2011 auch für Landesstraßen in der Baulast des Landes übernommen wurden (vgl. LUBW, Übersicht Grenzwerte, Erl. 1, http://www.lubw.baden-wuerttemberg.de/servlet/is/50516/?print=true) bereits bei 67 dB(A) tags und 57 dB(A) nachts ansetzen wollte, wären nach den obigen Ausführungen auch diese Werte, die freilich für eine Gesamtlärmbelastung keine Geltung beanspruchen können, noch nicht erreicht.
104 
Dass schließlich aufgrund neuerer, bislang unberücksichtigt gebliebener Erkenntnisse aus der Lärmwirkungsforschung gleichwohl bereits die Schwelle zur  G e s u n d h e i t s g e f ä h r d u n g  - und damit möglicherweise auch die enteignungsrechtliche Zumutbarkeitsschwelle - überschritten sein könnte, lässt sich ebenso wenig feststellen. Für diese sind nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. BVerwG, Urt. v. 07.03.2007, a.a.O.) letztlich die Innenraumpegel in der Nacht entscheidend; nach dem (bis zum Jahre 2000) erreichten Stand der Lärmwirkungsforschung sollen Dauerschallpegel am Ohr einer schlafenden Person in einem Bereich zwischen 30 und 35 dB(A) und Pegelspitzen in der Größenordnung von 40 dB(A) nicht überschritten werden. Dafür, dass dies bei den Klägern zu 1 und 2 - unter Zugrundelegung einer auch (alten) Einfachfenstern zukommenden schalldämmenden Wirkung von ca. 25 dB(A) (vgl. Kötz, Baulicher Schallschutz gegen Verkehrslärm - Wissenswertes über die Schalldämmung von Fenstern; OVG Berlin, Urt. v. 09.05.2003 - OVG 6 A 8.03 -, OVGBe 24, 206: mindestens 24 dB(A)) der Fall wäre, ist weder dargetan noch sonst ersichtlich. Dass die in einer durch Flug-, Schienen- und Straßenverkehrslärm erheblich vorbelasteten Umgebung anzutreffende Fenstersubstanz einen niedrigeren Dämmwert aufweisen könnte (vgl. BVerwG, Urt. v. 27.10.1998, a.a.O.), ist nicht anzunehmen. Mit einem entsprechenden Vorbringen wären die Kläger zu 1 und 2 inzwischen auch ausgeschlossen (vgl. BVerwG, Urt. v. 27.10.1998 - 11 A 1.97 -, BVerwGE 107, 313). Dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 16.03.2006 - 4 A 1001.04 - (Buchholz 11 Art 28 GG Nr. 145), wonach sich durch ein geschlossenes Fenster, je nach dessen Qualität, eine Dämmwirkung von 20 dB(A) oder mehr erzielen lasse, kann nicht entnommen werden, dass bei der Beurteilung der gesundheitsgefährdenden Wirkung von Lärm das Mindestschalldämmmaß eines Fensters zugrundezulegen wäre. Ist - mangels gegenteiliger Hinweise - auch beim Wohngebäude des Klägers zu 2 ein Schalldämmmaß von ca. 25 dB(A) anzunehmen, wären zwar ausgehend von einem (nach zwischenzeitlicher Erkenntnis ohnehin zu hoch angesetzten) Summenpegel von 56,5 dB(A) die von den Klägern eingeforderten Werte von maximal 30 dB(A) am Ohr des Schläfers um 1,5 dB(A) überschritten. Dass bereits damit und nicht erst bei Innenpegeln oberhalb von 35 dB(A) die Grenze zur Gesundheitsgefährdung überschritten wäre, kann jedoch auch vor dem Hintergrund der von den Klägern angeführten, keineswegs einhelligen wissenschaftlichen Meinungen nicht ausgegangen werden; diese waren zudem überwiegend bereits veröffentlicht, als das Bundesverwaltungsgericht in neuerer Zeit über die gesundheitsgefährdende Wirkung von Verkehrslärm zu entscheiden und die bisher angenommene grundrechtliche Zumutbarkeitsschwelle erneut bestätigt hatte (vgl. insbes. Urt. v. 07.03.2007, a.a.O.; Urt. v. 13.05.2009, a.a.O.).
105 
Dass das Regierungspräsidium die nächtliche Gesamtlärmwirkung mit dem seiner Beurteilung zugrundegelegten Wert von 56 dB(A) im Ergebnis nicht unterschätzt hat, wird letztlich durch den aus dem Lärmaktionsplan ablesbaren, lediglich auf die Nacht bezogenen Lnight-Wert bestätigt. Denn dieser Gesamt-Lärmindex weist ebenfalls einen Wert von 56 dB(A) auf und unterscheidet sich insofern - zumindest im vorliegenden Fall - von der Größenordnung her nicht von dem in der Stellungnahme vom 26.05.2008 ermittelten Gesamtlärmpegel, der sich aus einer Überlagerung des Fluglärms mit dem nach § 3 der 16. BImSchV ermittelten Straßenverkehrslärm ergab. Hinzu kommt, dass die Schlafräume der Kläger zu 1 und 2 nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts nach Norden ausgerichtet sind, sodass sie der maximalen Gesamtlärmbelastung im Südosten des Wohngebäudes nicht ausgesetzt sind.
106 
Soweit die Kläger geltend machen, dass sie die Möglichkeit haben müssten, bei geöffneten bzw. gekippten Fenstern zu schlafen, übersehen sie, dass dies zwar bei der Einhaltung der fachplanungsrechtlichen Zumutbarkeitsgrenze, nicht aber bei der Einhaltung der grundrechtlichen Zumutbarkeitsgrenze im Hinblick auf eine Gesamtlärmbelastung gilt. So gehört zu den Schutzgütern, denen bei Bestimmung der fachplanungsrechtlichen Zumutbarkeit Rechnung zu tragen ist, zwar auch die "angemessene Befriedigung der Wohnbedürfnisse", die auch die Möglichkeit störungsfreien Schlafens umfasst (vgl. BVerwG, Urt. v. 21.05.1976 - 4 C 80.74 -, BVerwGE 51, 15, 33 u. Urt. v. 29.01.1991 - 4 C 51.89 - BVerwGE 87, 332 <373>); ist dies wegen der Lärmbelastung, die von einem bestimmten Vorhaben ausgeht, nicht möglich, sind angemessene Wohnverhältnisse nur bei Einbau technischer Belüftungseinrichtungen gewahrt. Diese Einschätzung liegt auch der Vorschrift des § 2 Abs. 1 Satz 2 der 24. BImSchV zugrunde. Danach gehört zu den Schallschutzmaßnahmen auch der Einbau von Lüftungsmaßnahmen in Räumen, die überwiegend zum Schlafen benutzt werden. Dies bedeutet jedoch nicht, dass hiervon auch dann auszugehen wäre, wenn die gesundheitsgefährdende Wirkung einer nicht vom Anwendungsbereich der 16. BImSchV erfassten Gesamtlärmbelastung zu beurteilen ist. Eine entsprechende allgemeingültige Aussage wäre auch nicht gerechtfertigt. Einen (zumal grundrechtlich abgesicherten) Anspruch auf Schlafen bei offenem bzw. gekippten Fenster gibt es ersichtlich nicht (vgl. OVG Berlin, Urt. v. 09.05.2003 - 6 A 8.03 -, OVG BE 24, 206; HessVGH, Urt. v. 03.06.2004, a.a.O.). Während es manche Menschen bevorzugen, die Fenster in ihren Schlafräumen nachts geschlossen zu halten, haben andere das gegenteilige Bedürfnis. Ob es den Klägern zu 1 und 2 im Hinblick auf die gesundheitliche Bedeutung des Raumklimas nicht zugemutet werden kann, bei geschlossenen Fenstern zu schlafen, hängt deshalb von den Umständen des Einzelfalles ab. Da sie mit ihren Einwendungen im Verwaltungsverfahren nicht geltend gemacht haben, auf die nächtliche Belüftung ihres Schlafraums durch ein gekipptes oder leicht geöffnetes Fenster a n g e w i e s e n zu sein, kann hiervon auch im gerichtlichen Verfahren nicht ausgegangen werden (vgl. BVerwG, Urt. v. 23.10.2002 - 9 A 22.01 -, Buchholz 442.09 § 18 AEG Nr. 55). Auf das Vorbringen der Klägerinnen zu 3 und 4, das sich offenbar auf deren nicht streitgegenständliche Wohngrundstücke an anderer Stelle bezog, kann insoweit nicht abgehoben werden. Abgesehen davon haben sie auch nur eingewandt, es „gewohnt“ zu sein, zur Nachtzeit bei offenem Fenster zu schlafen.
107 
Dass schließlich im Hinblick auf die Wohnnutzung am Tage von einer Gesundheitsgefährdung auszugehen gewesen wäre, ist ebenso wenig ersichtlich. Es war zwar unschädlich, dass die Kläger auf die Nutzung ihrer Außenwohnbereiche nicht gesondert hingewiesen haben, da diese von den geltend gemachten Beeinträchtigungen der Wohnnutzung ersichtlich mitbetroffen sind. Auch wenn im Hinblick auf die von den Klägern angeführten Meinungen aus jüngerer Zeit die Grenze zur Gesundheitsgefährdung nunmehr bereits bei niedrigeren Werten als 70 dB(A) tags und 60 dB(A) nachts anzusetzen wäre, ließe sich noch immer nicht feststellen, dass bereits ein Schwellenwert von 65 dB(A) tagsüber nach dem derzeitigem Stand der Lärmwirkungsforschung die Grenze beschriebe, oberhalb derer das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 GG) der Nachbarn jedenfalls verletzt wäre. Soweit immer wieder ein Schwellenwert von 65 dB(A) genannt wird, wird dieser im Wesentlichen mit einem erhöhten Risiko für Herz-Kreislauferkrankungen begründet (vgl. hierzu www.umweltbundes-amt.de/verkehr/laerm/strassen-und-schienen-verkehr.htm ). Ab wann die Zunahme eines solchen (ggf. zu vermeidenden) Risikos einem körperlichen Eingriff gleichzusetzen ist (vgl. BVerfG, Beschl. v. 30.11.1988 - 1 BvR 1301 -, BVerfGE 79, 174; Beschl. v. 29.07.2009 - 1 BvR 1606/08), lässt sich indessen zumal vor dem Hintergrund keineswegs einhelliger Meinungen nach wie vor nicht allgemein bestimmen. Dem entsprechend hat das Bundesverwaltungsgericht auch in neueren Entscheidungen (vgl. Beschl. v. 07.05.2008 - 4 A 1009.07 u. a. -, Buchholz 316 § 74 VwVfG Nr. 74) Dauerschallpegel (außen) von 65,7 dB(A) tags vor dem Hintergrund der einem Gebäude auch ohne zusätzliche Schallschutzeinrichtungen zukommenden Dämmwirkung als noch nicht gesundheitsgefährdend angesehen. Der Senat vermag nicht zu erkennen, inwiefern inzwischen eine andere Beurteilung gerechtfertigt sein könnte. Von höheren Gesamtpegeln als 65 dB(A) kann hier ohnehin nicht ausgegangen werden. Dass schließlich der über 24 Stunden gemittelte Gesamtpegel Lden einen Wert von immerhin 66 dB(A) aufweist, rechtfertigt schon deshalb keine andere Beurteilung, da er von der stärkeren Gewichtung der Nachtzeit mitbestimmt wird. Hinzu kommt, dass ein Lden von 65 dB(A) lediglich den Auslösewert für die Lärmaktionsplanung zur Vermeidung von Gesundheitsgefährdungen darstellt (vgl. http://www.umweltbundesamt.de/laermprobleme/ulr. html), woraus noch nicht folgt, dass jenseits dieses Werts bereits von einer einem körperlichen Eingriff gleichzusetzenden Gesundheitsgefährdung auszugehen wäre. Auch im Hinblick auf die Außenwohnbereiche kann nichts anderes gelten. Vorliegend kommt hinzu, dass es sich bei den errechneten Werten um Maximalpegel handelt, die lediglich südöstlich am Wohngebäude des Klägers zu 2 auftreten, sodass ohnehin nur ein Teil der Außenwohnbereiche von den maximalen Werten betroffen wird. Auch ist die allgemeine Lärmerwartung im Außenwohnbereich von vornherein sehr viel höher (vgl. Senat, Urt. v. 28.03.1996 - 5 S 1338/95 -, NVwZ-RR 1997, 85). Das landwirtschaftlich genutzte Außenbereichsgrundstück der Kläger zu 2 bis 4 stellt demgegenüber schon keinen Außen w o h n bereich dar.
108 
Soweit die Kläger noch geltend machen, eine Reihe von Ortschaften werde durch den Neubau der K 7725 noch stärker belastet, ist solches nicht zu erkennen; vielmehr wären diese auch im Prognosenullfall von der allgemeinen Verkehrszunahme auf einer (nicht geänderten) K 7725 betroffen.
109 
2. Auch die hilfsweise geltend gemachten Bescheidungsanträge haben keinen Erfolg.
110 
a) Den Klägern stehen nach Maßgabe der 16. BImSchV keine (weiteren) Lärmschutzansprüche zu (§§ 41, 42, 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG i.V.m. § 1 Abs. 1, § 2 Abs. 1 Nr. 2 der 16. BImSchV).
111 
Allerdings findet die 16. BImSchV auf den planfestgestellten Neubau der K 7725 - Südumfahrung Kehlen - Anwendung. Ob es sich bei dem Umbau der Knotenpunkte (Anlage von zwei Bypässen) zwischen der B 30 und der L 333 um eine wesentliche Änderung i. S. des § 1 Abs. 1 u. 2 Nr. 2 der 16. BImSchV handeln könnte, kann hier dahinstehen, da den Klägern als Nachbarn (in einem räumlich begrenzten Bereich, vgl. Storost in: Ule/Laubinger/Repkewitz, BImSchG, Komm., § 41 Rn. C 19) (weiterer) Lärmschutz allenfalls im Hinblick auf die Neubaustrecke zu gewähren wäre. Weitergehenden Lärmschutz können die Kläger jedoch nicht verlangen, weil die Immissionsgrenzwerte für reine und allgemeine Wohngebiete von 59 dB(A) am Tage und 49 dB(A) in der Nacht (vgl. § 2 Abs. 1 Nr. 2 der 16. BImSchV) bei Berücksichtigung der vorgesehenen (aktiven) Lärmschutzmaßnahmen eingehalten sind.
112 
Dafür, dass die maßgeblichen Beurteilungspegel in der Lärmuntersuchung vom 12.01.2006 nicht entsprechend der Anlage 1 zur 16. BImSchV bzw. der dort in Bezug genommenen RLS-90 berechnet, insbesondere topographische Gegebenheiten und bauliche Maßnahmen nicht berücksichtigt worden wären, liegen keine Hinweise vor. Ebenso wenig bestehen Anhaltspunkte, dass die zugrundeliegende prognostizierte durchschnittliche tägliche Verkehrsstärke (DTV) zu gering angesetzt worden wäre. Denn im Sinne einer worst-case-Betrachtung wurde der Planungsfall C 2 zugrunde gelegt, der den ungünstigsten Lastfall im Bereich der K 7725 neu darstellt. Hierbei wurde auch die B 31 neu im Abschnitt Friedrichshafen - Immenstaad sowie der Messezubringer Süd und Nord (K 7726 neu) berücksichtigt (vgl. Verkehrsuntersuchung, S. 4). Dass von der Entwicklung der Fluggastzahlen am Flughafen Friedrichshafen keine erheblichen Auswirkungen auf das Verkehrsaufkommen auf der K 7725, insbesondere die sich daraus ergebende durchschnittliche tägliche Verkehrsstärke (DTV) zu erwarten sind, wurde im Planfeststellungsbeschluss nachvollziehbar dargelegt.
113 
Dass die Beurteilungspegel unabhängig von der tatsächlich vorhandenen oder zugelassenen Vorbelastung lediglich auf den zu bauenden Verkehrsweg bezogen wurden, entspricht schließlich den Vorgaben des § 41 BImSchG und der 16. BImSchV; es kommt mithin nur auf den Lärm an, der gerade von dem zu bauenden (oder zu ändernden) Verkehrsweg ausgeht. Lärm, der nicht gerade auf der zu bauenden oder zu ändernden Strecke entsteht, wird von der Verkehrslärmschutzverordnung nicht berücksichtigt (vgl. zum Ganzen BVerwG, Urt. v. 23.02.2005 - 4 A 4.04 -, BVerwGE 123, 37 <45>; Urt. v. 17.03.2005 - 4 A 18.04 -, BVerwGE 123, 152 <155>). Die Berücksichtigung anderer Lärmquellen durch die Bildung eines Summenpegels kommt im Rahmen der Anwendung der 16. BImSchV entgegen der Auffassung der Kläger nicht in Betracht; solche können daher auch nicht anhand der Immissionsgrenzwerte der 16. BImSchV beurteilt werden.
114 
Aus der - auf eine Lärmminderungsplanung zielenden - Umgebungslärmrichtlinie 2002/49/EG vom 25.06.2002 bzw. der 34. BImSchV lässt sich für die Beurteilung der Lärmauswirkungen des planfestgestellten Vorhabens, insbesondere hinsichtlich der Einhaltung bestimmter Grenzwerte grundsätzlich nichts herleiten (vgl. hierzu BVerwG, Beschl. v. 14.05.2008 - 4 B 43.07 -; Urt. v. 13.10.2011 - 4 A 4000.09 - jeweils zum Fluglärm).
115 
Weitergehende Lärmschutzansprüche ergeben sich auch nicht unmittelbar aus § 41 Abs. 1 BImSchG, wonach u.a. „bei dem Bau“ oder der wesentlichen Änderung öffentlicher Straßen sicherzustellen ist, dass „durch diese“ keine „schädlichen Umwelteinwirkungen“ hervorgerufen werden, die nach dem Stand der Technik vermeidbar sind. Der Tatbestand der Vorschrift reicht nicht weiter als die 16. BImSchV, die nach § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG zur Durchführung des § 41 und des § 42 Abs. 1 und 2 BImSchG erlassen worden ist. Die in § 2 Abs. 1 Nr. 4 BImSchG enthaltene Einschränkung, dass die Vorschriften des Bundes-Immissionsschutzgesetzes für den Bau öffentlicher Straßen und Schienenwege nur „nach Maßgabe der §§ 41 bis 43" gelten, bedeutet schließlich eine Abkehr von dem für genehmigungsbedürftige Anlagen geltenden Grundsatz, dass eine solche Anlage nicht errichtet oder betrieben werden darf, wenn unter Einbeziehung der Vorbelastung durch bereits vorhandene Anlagen schädliche Umwelteinwirkungen hervorgerufen werden können (vgl. § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG). Anders als für gewerbliche Anlagen regelt das BImSchG den Immissionsschutz für Verkehrsanlagen nicht umfassend, sondern nur für einen Teilausschnitt (vgl. BVerwG, Urt. v. 21.03.1996 - 4 C 9.95 -, a.a.O.; Urt. v. 23.02.2005, a.a.O.). Insofern geht auch der Hinweis der Kläger auf den (umfassenderen) Begriff der „schädlichen Umwelteinwirkungen“ in § 3 Abs. 1 BImSchG fehl. Soweit sich die Kläger insoweit auf das Urteil des Senats vom 13.03.1996 - 5 S 1743/95 - berufen, wonach in atypischen Sonderfällen Verkehrsgeräusche auch unterhalb der Lärmgrenzwerte des § 2 Abs. 1 der 16. BImSchV zu schädlichen Umwelteinwirkungen i. S. des § 41 BImSchG führen könnten, ist ihnen entgegenzuhalten, dass der Senat - im Hinblick auf die gegenteilige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Urt. v. 21.03.1996 - 4 C 9.95 -, BVerwGE 101, 1) - hieran schon im Urteil vom 28.01.2002 - 5 S 2328/99 - (BImSch-Rspr. § 41 Nr. 71) nicht mehr festgehalten hat, soweit keine Gesamtbelastung in Rede steht, die den Grad einer mit der Schutzpflicht nach Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG unvereinbaren Gesundheitsgefährdung erreicht oder in die Substanz des Eigentums i. S. des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG eingreift. Aber auch in Fällen, in denen aus Gründen des Grundrechtsschutzes die zusätzliche Berücksichtigung anderer Lärmquellen durch die Bildung eines Summenpegels geboten sein kann (vgl. BVerwG, Beschl. v. 24.11.2010 - 4 BN 28.10 -, BRS 76 Nr. 19, Urt. v. 21.03.1996, a.a.O.), bedürfte es keines Rückgriffs auf § 41 Abs. 1 BImSchG; vielmehr ergäbe sich ein entsprechender Lärmschutzanspruch bereits aus dem Abwägungsgebot in Verbindung mit den sich aus den Grundrechten ergebenden Schutzpflichten. Wie bereits ausgeführt, führen die vom Neubau der K 7725 ausgehenden Lärmwirkungen auf dem Grundstück des Klägers zu 2 jedoch an keiner Stelle zu Gesamtlärmwerten, die in Wohngebieten ein aus Sicht des Grundrechtsschutzes kritisches Maß erreichten.
116 
Auch ein Rückgriff auf die allgemeine Regelung des § 74 Abs. 2 Satz 2 LVwVfG kommt neben dem Lärmschutzsystem, das in den §§ 41 ff. BImSchG normiert ist, inhaltlich (materiell) lediglich nach Maßgabe des § 42 Abs. 2 Satz 2 BImSchG in Betracht (vgl. BVerwG, Urt. v. 09.02.1995 - 4 C 26.93 -, BVerwGE 97, 367 <371>), sodass die Kläger auch aus dieser Regelung nichts für sich herleiten können.
117 
b) Die Kläger können schließlich auch nicht verlangen, dass die Planfeststellungsbehörde ihnen im Hinblick auf eine mit Gesundheitsrisiken verbundene künftige Gesamtlärmbelastung weitergehenden vorsorgenden Lärmschutz gewährt bzw. insoweit ihr Planungsermessen erneut ausübt. So sind die einen weitergehenden Lärmschutz versagenden Erwägungen der Planfeststellungsbehörde nicht zu beanstanden. Mit diesen wird den gesundheitlichen Belangen der Kläger (zu 1 und 2) ausreichend Rechnung getragen. Zutreffend wurde hierbei darauf abgehoben, dass dem gerade von der K 7725 neu ausgehenden Verkehrslärm bereits ein umfassendes Lärmschutzkonzept entgegengesetzt werde. Mit diesem würden sogar die - hier nicht einschlägigen - städtebaulichen Orientierungswerte nach der DIN 18005 - 55 dB(A) tags und 45 dB(A) nachts - für allgemeine Wohngebiete eingehalten; auch sei der K 7725 vor dem Hintergrund der Bahnstrecke, des Flughafens und der B 30 ohnehin nur ein untergeordneter Einfluss auf die Gesamtlärmbelastung beizumessen. Dies gelte umso mehr, als sie lediglich zu einer nicht hörbaren Erhöhung von allenfalls 1 dB(A) führe (vgl. hierzu die nachträgliche Berechnung, wonach der Gesamtlärm sogar nur um 0,5 dB(A) erhöht wird). Hinzu komme, dass eine etwaige Erhöhung der Lärmschutzwände zu einer kaum mehr wahrnehmbaren Reduzierung der Emissionspegel führte und insofern die hierfür aufzuwendenden Kosten außer Verhältnis zum angestrebten Erfolg stünden (vgl. § 41 Abs. 2 BImSchG); auch wären zunehmend öffentliche Belange - wie das Orts- und Landschaftsbild sowie Naturschutzbelange - nachteilig betroffen.
118 
In diesem Zusammenhang kann zwar durchaus auch nach dem Entwurf der VDI-Richtline 3722-2 oder aufgrund der Umgebungsrichtlinie bzw. der 34. BImSchV berechneten Werten Bedeutung zukommen, weil sie im Einzelfall die - von den Klägern auch im vorliegenden Fall geltend gemachte - Belästigungs- bzw. Störwirkung besser erkennen lassen. Jedoch bestand hier auch insofern keine Veranlassung, weitergehenden Lärmschutz zu gewähren. Die Lärmindizes Lden und Lnight lagen seinerzeit nicht vor, sodass sie von der Planfeststellungsbehörde auch nicht berücksichtigt werden konnten. Abgesehen davon wird der Auslösewert von 65 dB(A) nur um 1 dB(A) am Tage überschritten. Der in der Stellungnahme Modus Consult Ulm GmbH vom 26.05.2008 nach dem Entwurf der VDI-Richtlinie 3722-2 errechnete effektbezogene Substitutionspegel LES von 66 - 67 dB(A) mag zwar auf den ersten Blick Anlass zu weitergehendem Lärmschutz gegeben haben, doch beträgt der Anteil der Kreisstraße - auch ohne die Wirkungen des Schienenverkehrslärms - lediglich 0,3 dB(A) (vgl. die konkretisierende und ergänzende Stellungnahme Modus Consult Ulm GmbH v. 24./25.09.2012), sodass letztlich kein Anlass bestand, die maßgeblich durch den Fluglärm bestimmte, durch Maximalpegel geprägte Belästigungswirkung zu reduzieren. Mehr als eine Beseitigung der gerade von dem planfestgestellten Straßenbauvorhaben des Landkreises ausgehenden Lärmwirkungen hätten die Kläger auch bei einer gesundheitsgefährdenden Gesamtlärmbelastung nicht verlangen können (vgl. hierzu aber auch HessVGH, Urt. v. 03.06.2004 - 12 A 1118/01, 12 A 1521/01 -, NVwZ-RR 2005, 805: lediglich in einem einheitlichen Verfahren gegenüber allen Emittenten). Eine Pflicht zur Verbesserung der vorgefundenen Situation obliegt der Planfeststellungsbehörde nicht (vgl. BVerwG, Urt. v. 23.06.1989 - 4 B 100.89 -, UPR 198, 432 f.; Urt. v. 28.10.1989 - 11 A 3.98 -, NVwZ 1999, 539), zumal dies hier auf eine dem Vorhabenträger unzumutbare Lärmsanierung von Verkehrswegen (des Bundes) bzw. -anlagen Dritter (Flughafen Friedrichshafen) hinausliefe.
119 
Soweit die Kläger im Hinblick auf künftige weitergehende Erkenntnisse aus der Lärmwirkungsforschung abgesichert sein wollen, sind sie auf die Geltendmachung nachträglicher Schutzvorkehrungen zu verweisen. Denn von nicht voraussehbaren Wirkungen des Vorhabens i. S. des § 75 Abs. 2 Satz 2 LVwVfG ist auch dann auszugehen, wenn die Schädlichkeit oder Gefährlichkeit von Auswirkungen aufgrund neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse nunmehr anders zu beurteilen ist (vgl. vgl. BVerwG, Beschl. v. 13.07.1989 - 7 B 188.88 -, Buchholz 451.171 AtG Nr. 31; Urt. v. 19.12.1985 - 7 C 65.82 -, BVerwGE 72, 312).
120 
Ebenso wenig können die Kläger weitere Schutzvorkehrungen deshalb verlangen, weil vor dem Hintergrund der mit dem Lärmschutzkonzept verfolgten Ziel, die Einhaltung der Orientierungswerte nach der DIN 18005 für Wohngebiete zu gewährleisten, für ihre Grundstücke tatsächlich die Orientierungswerte für reine Wohngebiete einschlägig gewesen wären. Abgesehen davon, dass durchaus zweifelhaft erscheint, ob es sich bei dem im Wege einer Abrundungssatzung in den Innenbereich einbezogenen Ortsteil, der im Flächen-nutzungsplan nach wie vor als Mischbaufläche dargestellt ist, um ein reines Wohngebiet i. S. des § 3 BauNVO handelte, ist nicht ersichtlich, dass die Planfeststellungsbehörde ungeachtet dessen, dass diese Werte ohnehin nicht für die Straßenplanung verbindlich sind, die jeweils einschlägigen Werte hätte gewährleisten wollen. Vielmehr sollten im Hinblick auf die Wohnnutzung in Gunzenhaus gerade die Werte für ein allgemeines Wohngebiet gewährleistet werden. Insofern verhält es sich anders als in den Fällen, die etwa den Entscheidungen des Senats vom 08.03.2005 - 5 S 551/02 - (UPR 2005, 442) sowie vom 27.10.2010 - 5 S 1292/10 - zugrundelagen.
121 
Nach alldem sind die Berufungen sämtlicher Kläger zurückzuweisen. Die Kostenentscheidung bestimmt sich nach den §§ 154 Abs.2, 159 Satz 1, 162 Abs. 3 VwGO (vgl. zur Kostenaufteilung die Gründe des verwaltungsgerichtlichen Streitwertbeschlusses v. 11.11.2008 - 2721/08 -). Die außergerichtlichen Kosten des beigeladenen Landkreises, der keinen Antrag gestellt hat, behält dieser auf sich.
122 
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.
123 
Beschluss vom 8. Oktober 2012
124 
Der Streitwert wird auch für das Berufungsverfahren ungeachtet dessen auf EUR 18.500,-- (EUR 15.000,-- + EUR 3.500,-- <„für die Erbengemeinschaft“>) festgesetzt (vgl. VG Sig., Beschl. v. 11.11.2008 - 2 K 2721/08 -, AS 36), dass die Kläger zu 1 und 2 aufgrund (nunmehr erkannter) unterschiedlicher Betroffenheiten (Eigentum, Gesundheit) nicht mehr in Rechtsgemeinschaft klagen. So ist deren Begehren wirtschaftlich gesehen nach wie vor auf dasselbe Ziel gerichtet.
125 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens je zur Hälfte.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung jeweils in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.


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Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich als anerkannter Umweltverein gegen den fernstraßenrechtlichen Planfeststellungsbeschluss des Beklagten für den vierstreifigen Ausbau der Bundesstraße Nr. 10 (B 10) zwischen Godramstein und der Bundesautobahn A 65 (BAB A 65; Anschlussstelle Landau-Nord).

2

Die B 10 führt als überregionale West-Ost-Verkehrsverbindung im Südwesten Deutschlands in mehreren Teilstrecken von der saarländischen Stadt Lebach bis zur Gemeinde Neusäß bei Augsburg, wo sie an der B 300 endet. Auf rheinland-pfälzischem Gebiet verläuft sie ab der Anschlussstelle Pirmasens-Staffelhof der BAB A 8/A 62 in östlicher Richtung über rund 43 km weitgehend durch den Pfälzer Wald bis zur Anschlussstelle Landau-Nord der BAB A 65. Die früher zweistreifig durch die anliegenden Ortschaften geführte Bundesstraße wurde in den 1980-er-Jahren aus den Ortsdurchfahrten heraus auf Umgehungsstraßen verlegt. Zwischen Hinterweidenthal und Rinnthal sowie von Queichheimbach bis Landau wurde in den 1990er-Jahren teilweise ein dritter Fahrstreifen angebaut. Auf dem Teilstück zwischen Rinnthal und Annweiler verläuft die B 10 zweistreifig durch vier Tunnel, und zwar (von West nach Ost) den Kostenfelstunnel, den Staufertunnel, den Löwenherztunnel und den Barbarossatunnel.

3

Sowohl in der Bundesverkehrswegeplanung als auch auf landesplanerischer Ebene ist ein durchgehender vierstreifiger Ausbau der B 10 zwischen Pirmasens und Landau vorgesehen, so im Bundesverkehrswegeplan 2003 (BVWP 2003) und im seit 2008 gültigen Landesentwicklungsprogramm IV (LEP IV) als Ziel der Landesplanung (Z 150). Der (derzeit noch gültige) Bedarfsplan für die Bundesfernstraßen gemäß Anlage 1 zu § 1 des Fernstraßenausbaugesetzes (FStrAbG) in der Fassung des 5. Änderungsgesetzes vom 4. Oktober 2004 (BGBl. I, 2574) - im Folgenden: Bedarfsplan 2004 - stuft dabei die einzelnen Bau- und Planungsabschnitte in unterschiedliche Dringlichkeitsstufen ein: Der westlichste Streckenteil zwischen der Anschlussstelle (AS) Pirmasens an der BAB A 8/A 62 und Hinterweidenthal ist durchgehend als „vordringlicher Bedarf“ ausgewiesen, die Teilstrecke zwischen Hinterweidenthal und Rinnthal als „weiterer Bedarf mit Planungsrecht (WB*)“, die Teilstrecke von Rinnthal bis zur AS Queichheimbach (Annweiler) als „weiterer Bedarf (WB)“ und die östlichste Teilstrecke von der AS Queichheimbach bis zur BAB 65, zu der der vom angegriffenen Planfeststellungsbeschluss umfasste Abschnitt zählt, wiederum als „weiterer Bedarf mit Planungsrecht (WB*)“.

4

Von den im „vordringlichen Bedarf“ ausgewiesenen Teilstrecken ist der vierstreifige Ausbau im westlichsten Verlauf zwischen Pirmasens und der B 270 bereits seit längerer Zeit abgeschlossen und die B 10 vierstreifig für den Verkehr freigegeben; für die sich östlich anschließenden Planungsabschnitte zwischen der B 270 und der sog. Walmersbacher Kuppe liegen bestandskräftige Planfeststellungsbeschlüsse vor; auch diese Teilabschnitte sind inzwischen baulich abgeschlossen und für den Verkehr freigegeben worden; im letzten als „vorrangig“ eingestuften Abschnitt zwischen Walmersbach und Hinterweidenthal laufen aufgrund eines bestandskräftigen Planfeststellungsbeschlusses derzeit noch die Bauarbeiten.

5

Der als „WB*“ eingestufte Abschnitt zwischen Hinterweidenthal und Rinnthal wurde vom Vorhabenträger zwischenzeitlich in zwei Unterabschnitte (Hinterweidenthal - Hauenstein und Hauenstein - Rinnthal) unterteilt; für den Unterabschnitt Hinterweidenthal - Hauenstein wurde dem Vorhabenträger ein Planungsauftrag erteilt. Hingegen werden im als WB eingestuften Abschnitt von Rinnthal bis zur AS Queichheimbach bisher nur planerische Vorüberlegungen betrieben, während für die als „WB*“ eingestuften, aber nicht vom angefochtenen Planfeststellungsbeschluss umfassten Abschnitte zwischen der AS Queichheimbach und Godramstein die Einholung der sog. RE-Genehmigung beim Bundesverkehrsministerium vorbereitet wird bzw. teilweise schon eingeleitet ist.

6

In dem vom angefochtenen Planfeststellungsbeschluss umfassten Abschnitt ist die B 10 derzeit als dreistreifige Kraftfahrstraße mit wechselnden Überholmöglichkeiten und einem Ausbauquerschnitt RQ 15,5 ausgebaut. Zwischen Bau-km 0+400 und Bau-km 0+830 quert die B 10 die Niederung des Flusses Queich mittels eines Brückenbauwerks. Die Queichniederung ist Teilgebiet des großräumigen FFH-Gebietes „Biosphärenreservat Pfälzerwald“ (6812-301) mit einer Gesamtgebietsgröße von 35.997 ha, das auf Grund einer Entscheidung der EU-Kommission vom 7. Dezember 2004 in die Liste der Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung aufgenommen worden ist.

7

Da ein durchgehender vierstreifiger Ausbau der B 10 bis Landau in der Öffentlichkeit umstritten ist, wurde in den Jahren 2004/2005 auf Betreiben der Landesregierung ein erstes Mediationsverfahren durchgeführt, das jedoch im Februar 2005 für gescheitert erklärt wurde.

8

Im März 2007 wurde das Planfeststellungsverfahren für den Ausbauabschnitt zwischen Godramstein und der Anschlussstelle Landau-Nord der BAB 65 eingeleitet. In der Zeit vom 2. April 2007 bis zum 2. Mai 2007 wurden die Planunterlagen zu jedermanns Einsicht bei der Stadtverwaltung Landau und bei den Verbandsgemeindeverwaltungen Landau-Land und Annweiler am Trifels ausgelegt. Mit Schreiben vom 15. Mai 2007, das am 16. Mai 2007 einging, erhob der Kläger Einwendungen gegen die Planung. Darin rügte er im Hinblick auf die Betroffenheit des FFH-Gebiets 6812-301 insbesondere eine unzureichende Bestandsermittlung der Pflanzen- und Tierwelt, eine zu enge Abgrenzung des Untersuchungsgebiets hinsichtlich der Auswirkungen des Vorhabens, eine mangelhafte Darstellung bau- und betriebsbedingter Auswirkungen, eine unzureichende Abarbeitung der Betroffenheit erhaltungszielbestimmender Schmetterlingsarten sowie das Fehlen einer „Dach-FFH-Verträglichkeitsprüfung“ für den vierspurigen Ausbau der Gesamtstrecke zwischen Pirmasens und Landau; ferner machte er artenschutzrechtliche Bedenken geltend und äußerte sich auch kritisch zu einzelnen Vermeidungs-, Minderungs- und Ersatzmaßnahmen. Schließlich zweifelte er die Prognose der künftigen Verkehrsbelastung und die Gewichtung der verkehrlichen gegenüber den Umweltbelangen an. Mit weiterem Schreiben vom 15. Mai 2007 legte er eine „Fachtechnische Stellungnahme“ des Büros für angewandten Umweltschutz (BAU) vor und machte sich deren Inhalt zu Eigen. Mit weiterem Schreiben vom 17. September 2010 machte der Kläger von der ihm eingeräumten Möglichkeit Gebrauch, zu zwei dem Vorhabenträger am 7. Juni 2010 vorgelegten, überarbeiteten artenschutzrechtlichen Gutachten ergänzend Stellung zu nehmen.

9

Mit Planfeststellungsbeschluss des Landesbetriebs Mobilität (LBM) vom 22. September 2010 wurde der Plan für den vierstreifigen Ausbau der B 10 zwischen Godramstein und der A 65 festgestellt. Der Planfeststellungsbereich erstreckt sich auf die Gemarkungen Godramstein, Nußdorf, Dammheim und Arzheim. Er umfasst den vierstreifigen Ausbau der B 10 von Bau-km ca. 0+100 bis Bau-km ca. 4+200; ferner schließt er den Ausbau bzw. die Herstellung diverser, im Einzelnen aufgeführter Anschlussstellen an Kreisstraßen, von Brückenbauwerken, von Regenrückhaltebecken sowie von Lärmschutzwällen und -wänden, die Anpassung des vorhandenen Wirtschaftswegenetzes sowie die Ausweisung von landespflegerischen, wasserwirtschaftlichen und schallschutztechnischen Maßnahmen ein. Die festgestellten Ausbaupläne sehen im planfestgestellten Bereich einen Ausbau mit dem Sonderquerschnitt SQ 26 (gemäß den „Richtlinien für die Anlage von Straßen - Teil Querschnitt; Abkürzung: RAS-Q“) vor, d. h. mit einer Gesamtbreite von 26 m wie beim Regelquerschnitt RQ 26, die sich zusammensetzt aus je zwei Fahrstreifen pro Fahrtrichtung mit einer Breite von 3,50 m, Randstreifen von 0,50 m und Banketten von je 1,50 m, wobei jedoch die Standstreifen um je 0,50 m breiter ausgebildet sind und daher eine Breite von je 2,50 m erreichen, während der Mittelstreifen nur eine Breite von 2,00 m statt 3.00 m erhält. Die breitere Anlage der Standstreifen wird mit dem zu erwartenden hohen LKW-Anteil begründet, um die Möglichkeit des Abstellens breiterer Fahrzeuge zu schaffen. Der Anbau des neuen Fahrstreifens soll vom Baubeginn bis Bau-km ca. 0+650 auf der Südseite und ab ca. Bau-km 0+650 bis zum Bauende auf der Nordseite erfolgen, und zwar mit Rücksicht auf das in diesem Bereich südlich der B 10 gelegene Wohngebiet „Schützenhof“ sowie zur Vermeidung des Verlustes in der Queichniederung auf der nördlichen Seite vorhandener, älterer Gehölzbestände. Im Bereich der Überquerung der Queichniederung soll die Richtungsfahrbahn Pirmasens-Landau auf einem neu zu errichtenden Brückenbauwerk in einem Abstand von ca. 10 m zum vorhandenen Brückenbauwerk verlaufen. In seinem verfügenden Teil enthält der Planfeststellungbeschluss die vorsorgliche Erteilung von Ausnahmen sowie höchstvorsorglich von Befreiungen von den artenschutzrechtlichen Verbotstatbeständen des § 44 Abs. 1 BNatSchG für eine Reihe im einzelnen aufgeführter Tierarten des Anhangs IV der FFH-Richtlinie und für diverse europäische Vogelarten; ferner werden dem Straßenbaulastträger aus Naturschutzgründen eine Vielzahl von Vermeidungs-, Minimierungs- und Kompensationsmaßnahmen zur Beachtung im Zuge der Bauausführung auferlegt.

10

Zu den festgestellten Planunterlagen zählen insbesondere:

11

- Allgemein verständliche Zusammenfassung gemäß § 6 UVPG

12

- Fachbeitrag Naturschutz mit Ergänzung nach UVPG - Erläuterungsbericht - inklusive Maßnahmenverzeichnis.

13

Als Anlagen sind dem Planfeststellungsbeschluss u. a. beigefügt:

14

- Fachbeitrag Artenschutz - Streng geschützte Arten -

15

- Fachbeitrag Artenschutz - Besonders geschützte Arten -

16

- FFH-Verträglichkeitsprüfung.

17

Der Planfeststellungsbeschluss wurde dem Kläger am 19. November 2010 zugestellt.

18

Zur Begründung seiner am 20. Dezember 2010 erhobenen Klage macht der Kläger im Wesentlichen Folgendes geltend:

19

Seine Klage sei zulässig, insbesondere sei er klagebefugt. Seine Klagebefugnis ergebe sich aus dem naturschutzrechtlichen Verbandsklagerecht gemäß § 64 des Bundesnaturschutzgesetzes (BNatSchG), ferner auch aus §§ 2 Abs. 1 und 4 Abs. 1 des Umweltrechtsbehelfsgesetzes (UmwRG). Darüber hinaus folge die Klagebefugnis unmittelbar aus Art. 10a der Richtlinie 85/337/EWG in der Fassung der Richtlinie 2003/35/EG (jetzt: Art. 11 der Richtlinie 2011/92/EU) mit der Folge, dass er eine umfassende Überprüfung des angefochtenen Planfeststellungsbeschlusses auf seine Vereinbarkeit mit allen einschlägigen Rechtsvorschriften – nicht nur solchen, die i. S. v. § 2 Abs. 1 und Abs. 5 UmwRG dem Umweltschutz dienen – beanspruchen könne, denn diese Einschränkung stehe mit dem Unionsrecht nicht im Einklang.

20

Seine Klage sei auch begründet. Denn der angefochtene Planfeststellungsbeschluss verstoße in formell- und in materiell-rechtlicher Hinsicht gegen höherrangiges Recht.

21

Er leide zunächst an einem erheblichen Verfahrensfehler, weil eine nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung (Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz - UVPG) erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung nicht ordnungsgemäß durchgeführt worden sei. Da dem planfestgestellten Ausbau in dem streitgegenständlichen Abschnitt das Konzept eines vierstreifigen Ausbaus der B 10 zwischen Pirmasens und Landau zugrunde liege, hätte die Umweltverträglichkeitsprüfung nicht allein auf die isolierte Betrachtung der Auswirkungen des Vorhabens in dem im Planfeststellungsbeschluss im Übersichtslageplan skizzierten Wirkungsbereich beschränkt werden dürfen, sondern es hätte - unter Berücksichtigung der §§ 2 Abs. 1 und 3b Abs. 2 UVPG - einer übergreifenden Umweltverträglichkeitsprüfung (sog. Dach-UVP) für die gesamte projektierte Ausbaustrecke bedurft. Zudem fehle es an einer Übersicht über die wichtigsten, vom Vorhabenträger geprüften anderweitigen Lösungsmöglichkeiten und an der Angabe der Auswahlgründe im Hinblick auf die belastenden Umweltauswirkungen i. S. v. § 6 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 UVPG.

22

In materiell-rechtlicher Hinsicht sei der Planfeststellungsbeschluss aufzuheben, weil es dem planfestgestellten Straßenprojekt an der erforderlichen Planrechtfertigung fehle. Dies folge bereits daraus, dass im Zeitpunkt der Planfeststellung unter der gebotenen vorausschauenden Beurteilung, ob dem geplanten Bauvorhaben unüberwindbare finanzielle Schranken entgegenstehen würden, eine Verwirklichung des Projekts innerhalb des nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung zur Verfügung stehenden Zeitrahmens von zehn Jahren wegen fehlender Finanzmittel ausgeschlossen erscheine und es sich deshalb um eine verfrühte, vernünftigerweise nicht gebotene bloße „Vorratsplanung“ handele. In rechtlicher Hinsicht beruhe dies auf dem Umstand, dass das Vorhaben nur in die Kategorie des „Weiteren Bedarfs mit Planungsrecht“ eingestuft sei. Dies habe zur Folge, dass die Finanzierung des planfestgestellten Abschnitts aus tatsächlichen Gründen ausgeschlossen erscheine, weil sich das Vorhaben gegen die zahlreichen Maßnahmen des vordringlichen Bedarfs, die noch nicht begonnen wurden, weil ihre Finanzierung nicht sichergestellt sei, nicht werde durchsetzen können. Die Schaffung eines solchen „Baurechtsvorrats“ als Grundlage für Eingriffe in Rechtspositionen Dritter sei aber verfassungswidrig.

23

Darüber hinaus fehle es auch deshalb an der Planrechtfertigung, weil die Bedarfsfeststellung im konkreten Fall fehlerhaft sei: Der Planung liege eine Verkehrsuntersuchung zugrunde, die nicht geeignet sei, den konkreten Bedarf für einen vierstreifigen Ausbau der B 10 sachgerecht zu belegen. Wie sich im Einzelnen aus den von ihm eingeholten und zu den Gerichtsakten gereichten gutachterlichen Stellungnahmen des Büros R. ergebe, sei die der Planung zugrunde gelegte Verkehrsuntersuchung von M. methodisch mangelhaft und beruhe auf fehlerhaften Grundlagendaten.

24

Ferner liege der Planung eine fehlerhafte Abschnittsbildung zugrunde: Durch den Ausbau der B 10 im planfestgestellten Abschnitt werde es westlich davon zu einer ähnlich hohen Überschreitung der Kapazität wie derzeit im planfestgestellten Abschnitt kommen, was zu schwerwiegenden Gefahrensituationen, aber auch zu ständigen Stausituationen insbesondere in den Tunnelabschnitten durch die Reduzierung des Querschnitts von zwei auf nur eine Spur je Richtung führen werde. Die mit der Planfeststellung vollzogene Abschnittsbildung führe mithin zu Folgekonflikten, die in der Abwägung nicht bewältigt worden seien, obwohl der Planfeststellung eine Verkehrsuntersuchung für die Gesamtstrecke der B 10 zwischen Landau und Pirmasens zugrunde liege und die Folgekonflikte daher erkennbar gewesen seien.

25

Der Planfeststellungsbeschluss verstoße zudem in mehrfacher Hinsicht gegen Vorschriften des Naturschutzrechts:

26

So führe die Planung zu erheblichen Beeinträchtigungen des FFH-Gebiets „Biosphärenreservat Pfälzerwald“ in seinen für die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck maßgeblichen Bestandsteilen, ohne dass die Voraussetzungen für die Erteilung einer Ausnahme gegeben seien. Es sei schon davon auszugehen, dass es im Bereich der Queichniederung drei Flächenbiotope gebe, die nach ihrer Beschreibung und Charakteristik dem prioritären Lebensraumtyp 91 E0* („Weichholzauen“) entsprächen. Der Eingriff hätte daher nur unter den Voraussetzungen des § 34 Abs. 4 BNatSchG zugelassen werden dürfen. Da Gründe nach § 34 Abs. 4 Satz 1 BNatSchG nicht ersichtlich seien, hätte eine Projektzulassung erst nach Einholung einer positiven Stellungnahme der EU-Kommission erfolgen dürfen. Darüber hinaus führe die Planung zu erheblichen Beeinträchtigungen der Lebensräume der erhaltungszielbestimmenden Schmetterlingsarten Großer Feuerfalter (Lycaena dispar) und Dunkler Wiesenknopf-Ameisenbläuling (Maculinea nausithous), und zwar durch die Verstärkung bereits bestehender Zerschneidungs- und Barrierewirkungen des Brückenbauwerks infolge seiner Erweiterung um eine zweite Brücke. Dies werde aufgrund der bereits angespannten Situation der beiden Arten im Gebiet zu einer gravierenden Verschlechterung ihres Erhaltungszustands und damit zu einer erheblichen Beeinträchtigung des Gebiets in seinen Erhaltungszielen führen. Die Voraussetzungen für die deshalb erforderliche Abweichungszulassung des Projekts seien indessen vom Beklagten nicht hinreichend dargelegt worden: Wegen der methodischen Fehlerhaftigkeit und mangelnden Belastbarkeit der der Planung zugrunde gelegten Verkehrsprognose fehle es an einer Darlegung „zwingender Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses“; auch die Alternativenprüfung genüge nicht den Anforderungen; schließlich seien die außerhalb des FFH-Gebiets vorgesehenen Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen zur Wahrung der Kohärenz des FFH-Gebiets nicht geeignet.

27

Der Planfeststellungsbeschluss genüge auch nicht den Anforderungen des besonderen Artenschutzrechts. Aus den eingeholten artenschutzrechtlichen Fachbeiträgen ergäben sich keine hinreichenden Hinweise auf Größe und Raumanspruch der jeweiligen lokalen Populationen der betroffenen Arten, weshalb eine Beurteilung, ob vereinzelte Tötungen von Individuen dieser Arten zu negativen Auswirkungen auf die jeweilige lokale Population führen, nicht möglich seien. Deshalb seien auch keine Aussagen zu etwaigen Ausnahmen oder Befreiungen möglich, zumal deren Voraussetzungen, insbesondere zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses, nach dem bereits Ausgeführten ohnehin nicht zu begründen seien. Die Unkenntnis populationsbezogener Daten schlage auch auf die im Planfeststellungsbeschluss vorgesehene und auch dringend gebotene Auflage der Errichtung einer Überflughilfe für Vögel und Fledermäuse durch; denn nach dieser Auflage solle die optimale Ausgestaltung der Überflughilfe erst im Vorfeld der Baumaßnahmen mit Hilfe von Untersuchungen durch Fledermausexperten eruiert werden, womit letztlich eine nachträgliche Bestandsaufnahme angeordnet werde. Gerade in Bezug auf Fledermäuse finde im Übrigen nur eine Betrachtung von Hypothesen statt, ohne dass eine sachgerechte Konfliktlösung bewerkstelligt und eine hinreichende Abwägung bei der Ausnahme- und Befreiungsentscheidung vorgenommen worden sei.

28

Schließlich leide der Planfeststellungsbeschluss auch an einer mangelhaften Kompensation der durch das Vorhaben bewirkten Eingriffe in Natur und Landschaft, weil selbst die Kompensation der Eingriffe, die von der Planfeststellung anerkannt worden seien, in unzulässiger Weise nicht abschließend gesichert worden sei. So sei die Sicherung der Maßnahmen 2.4 E AB („Erweiterung Bachuferwald an der Queich“) und 3.2 E AB („Extensivierung Uferrandstreifen an der Queich“) offenbar nicht gegeben. Denn hinsichtlich dieser auf als berechtigt anerkannte Einwände an eine andere Stelle zu verlegenden landespflegerischen Maßnahmen seien der neue Standort der Maßnahmen und deren Ausgestaltung noch mit der Oberen Naturschutzbehörde abzustimmen. Außerdem sei aus der in derselben Regelung des Planfeststellungsbeschlusses enthaltenen weiteren Auflage, in diesem Zusammenhang auch den Verlust von ca. 400 qm Gehölzfläche und von ca. 150 qm Röhricht bzw. Staudenflur zu kompensieren, zu schließen, dass sich dahinter offenbar ein weiterer, bisher nicht offengelegter Eingriff in Natur und Landschaft verberge.

29

Letztendlich kranke der Planfeststellungsbeschluss an einer fehlerhaften Gesamtabwägung: Das Gebot der gerechten Abwägung der betroffenen Belange sei verletzt, weil infolge der mangelhaften Verkehrsprognose und der nur unzureichenden sonstigen Begründung nicht fehlerfrei bestimmt worden sei, welches Gewicht den für das Vorhaben sprechenden verkehrlichen Belangen im Verhältnis zur Gewichtigkeit der Eingriffe in die Rechtssphäre einer Vielzahl von Betroffenen sowie in eine Vielzahl von Belangen des Umweltschutzes zukomme.

30

Der Kläger beantragt,

31

1. den Planfeststellungsbeschluss für den vierstreifigen Ausbau der Bundesstraße Nr. 10 (B 10) zwischen Godramstein und der Bundesautobahn A 65 (BAB 65; Anschlussstelle Landau-Nord) aufzuheben.

32

2. hilfsweise den Planfeststellungsbeschluss für rechtswidrig und nicht vollziehbar zu erklären.

33

Der Beklagte beantragt,

34

die Klage abzuweisen.

35

Er tritt der Klagebegründung im Einzelnen entgegen und trägt hierzu insbesondere vor:

36

Die Klagebefugnis des Klägers ergebe sich ausschließlich aus § 2 Abs. 1 UmwRG mit der Folge, dass ihm kein „Vollüberprüfungsanspruch“ zustehe, sondern seine Rügebefugnis auf die Geltendmachung von Verstößen gegen dem Umweltschutz dienende Vorschriften beschränkt sei. Zudem sei er mit wesentlichen Teilen seines Vorbringens mangels hinreichender Geltendmachung im Rahmen der Öffentlichkeitsbeteiligung gemäß § 17a Nr. 7 FStrG präkludiert.

37

Unabhängig davon sei der Planfeststellungsbeschluss in jeder Hinsicht rechtmäßig ergangen:

38

Verfahrensmängel in Bezug auf die UVP lägen nicht vor. Insbesondere habe es keiner übergreifenden „Dach-UVP“ bedurft; vielmehr sei eine förmliche UVP nur für den konkreten Planfeststellungsabschnitt geboten gewesen; im Übrigen habe die Planfeststellungsbehörde - unabhängig von der Frage, ob sie dazu im Rahmen eines bloßen Ausbauvorhabens einer bestehenden Fernstraße überhaupt verpflichtet gewesen sei - hinreichend in den Blick genommen, dass der planfestgestellte Abschnitt verkehrspolitisch Teil eines Gesamtvorhabens des vierstreifigen Ausbaus der B 10 zwischen Pirmasens und Landau sei. Sie habe dabei zum einen die eigenständige Verkehrsbedeutung des planfestgestellten Abschnitts - auch für den Fall, dass die Verwirklichung weiterer Planungsabschnitte aus noch nicht absehbaren Gründen scheitern sollte - dargestellt und zum anderen begründet, dass der Verwirklichung des weiteren Ausbaus der B 10 zwischen Godramstein und Pirmasens aus heutiger Sicht keine unüberwindbaren Hindernisse entgegenstünden, insbesondere nicht im Hinblick auf die Umweltverträglichkeit.

39

Der Planfeststellungsbeschluss stehe auch mit allen einschlägigen materiell-rechtlichen Vorschriften im Einklang:

40

Das Vorhaben verfüge mit der gesetzlichen Bedarfsfeststellung als „Weiterer Bedarf mit Planungsrecht“ über eine hinreichende Planrechtfertigung. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Bedarfsausweisung im Bedarfsplan 2004 seien nicht angezeigt. Denn es sei weder ersichtlich, dass die Bedarfsfeststellung seinerzeit fehlerhaft erfolgt sei, noch in irgendeiner Weise erkennbar, dass sie nachträglich obsolet geworden sein könnte. Es liege auch keine unzulässige Vorratsplanung infolge unmöglicher Finanzierung vor. Vielmehr hätten sowohl das Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Stadtentwicklung als auch das rheinland-pfälzische Verkehrsministerium gegenüber dem Landesbetrieb Mobilität (LBM) erklärt, dass bei Vorliegen endgültigen Baurechts die Finanzierung der vorliegend planfestgestellten Maßnahme - ggf. im Austausch mit einer anderen Maßnahme des Vordringlichen Bedarfs im Gebiet von Rheinland-Pfalz - sichergestellt werden solle.

41

Mit der Geltendmachung angeblicher Mängel der für die Planung erstellten Verkehrsprognose könne die gesetzliche Bedarfsfeststellung ohnehin nicht in Frage gestellt werden. Im Übrigen lägen die vom Kläger unter Berufung auf Stellungnahmen von R. behaupteten Fehler der Verkehrsprognose nicht vor, wie sich im Einzelnen aus den zu den Gerichtsakten gereichten Auseinandersetzungen des Büros M. mit den Kritikpunkten ergebe. Schließlich habe aber auch R. eingeräumt, dass es keineswegs an jeglichem Bedarf für einen vierstreifigen Ausbau in dem planfestgestellten Abschnitt fehle, sondern gehe selbst von einer aktuellen Verkehrsbelastung dieses Streckenabschnitts in einer Größenordnung aus, die nach den einschlägigen Richtlinien (RAS-Q, RAA) schon jetzt einen vierstreifigen Ausbau - sogar mit einem Regelquerschnitt von RQ 28 - rechtfertige.

42

Das planfestgestellte Straßenausbauvorhaben sei auch mit allen naturschutzrechtlichen Vorschriften vereinbar. Namentlich genüge es den Anforderungen des FFH-Gebietsschutzes. Erhebliche Beeinträchtigungen der Erhaltungsziele und maßgeblichen Bestandteile des FFH-Gebiets „Biosphärenreservat Pfälzer Wald“ seien nicht zu befürchten. So habe eine Nachprüfung in Form einer nochmaligen Begehung und Augenscheineinnahme durch den Dipl.-Biologen H. im Frühjahr 2010 sowie dessen weitere, zu den Gerichtsakten gereichte Stellungnahme vom 6. April 2011 nochmals bestätigt, dass es im Einwirkungsbereich des Vorhabens kein Vorkommen des prioritären Lebensraumtyps (LRT) 91 E0* gebe, da die dort vorhandenen Vegetationsstrukturen die Kriterien für einen LRT 91 E0* nicht erfüllten. Das Vorhaben führe auch nicht zu erheblichen Beeinträchtigungen erhaltungszielbestimmender Schmetterlingsarten: Wie sich aus den zu den Gerichtsakten gereichten Stellungnahmen des Dipl.-Biologen H. vom 6. April 2011 und vom 25. Januar 2015 ergebe, habe eine nochmalige Überprüfung vor Ort bestätigt, dass weiterhin schon keine Lebensraumpotentiale für die Arten Heller Wiesenknopf-Ameisenbläuling und Großer Feuerfalter im Wirkraum des Vorhabens vorhanden seien und der Dunkle Wiesenknopf-Ameisenbläuling (DWAB) im Bereich des Queichtals zwar vereinzelt nachgewiesen sei, aber die nächsten Fundorte nördlich der B 10 weit außerhalb des Wirkraums des Vorhabens gelegen und insbesondere die für die Falterart bedeutsamen Vorkommen der Hauptfutterpflanze im Eingriffsbereich nicht vorhanden seien. Auch die befürchteten Zerschneidungs- bzw. Barriereeffekte würden von dem Vorhaben nicht ausgehen: Durch den bloßen Anbau eines zusätzlichen Brückenbauwerks für die künftige Richtungsfahrbahn Pirmasens - Landau würden keine zusätzlichen Zerschneidungs- oder Barriereeffekte hervorgerufen, die über die heute bestehenden Belastungen hinausgingen. Denn für das neue Bauwerk sei eine größere Überspannung des Gewässers vorgesehen und zwischen den Brücken verbleibe künftig ein Abstand von 10 m, der eine ausreichende Belichtung und Besonnung ermögliche. Hierdurch werde dem Effekt eines längeren dunklen Tunnels begegnet. Zudem werde es sowohl aufgrund der vorhandenen Vegetationsstrukturen als auch aufgrund des Verhaltens der Art DWAB nicht zu einem nennenswerten Austausch zwischen vorhandenen Populationen innerhalb der Queichaue kommen; vielmehr seien die nördlich und südlich der Queichtalbrücke vorhandenen Teil-Populationen für sich eigenständig und überlebensfähig.

43

Selbst wenn man aber von einer erheblichen Beeinträchtigung des FFH-Gebiets ausgehe, habe die im Planfeststellungsbeschluss rein vorsorglich durchgeführte Ausnahmeprüfung gemäß § 34 Abs. 3 BNatSchG ergeben, dass das Vorhaben auch im Wege einer Ausnahme- bzw. Abweichungsprüfung zulässig sei. Denn der Ausbau der B 10 im planfestgestellten Abschnitt sei aus zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses geboten, was sich insbesondere aus den Gründen für die gesetzliche Bedarfsfeststellung ergebe; zumutbare Alternativen, mit denen das Projekt ohne oder mit geringeren Eingriffen in das FFH-Gebiet zu verwirklichen wäre, seien nicht ersichtlich; zudem seien die im Falle einer Abweichungszulassung erforderlichen Kohärenzsicherungsmaßnahmen in Gestalt einer Vielzahl von Vermeidungs-, Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen vorgesehen worden, durch die die Kohärenz des Natura-2000-Netzes gewahrt bleibe.

44

Der Planfeststellungsbeschluss stehe des Weiteren mit dem Artenschutzrecht in jeder Hinsicht im Einklang. Insbesondere beruhe die Planung auf artenschutzrechtlichen Untersuchungen, die weder hinsichtlich der Ermittlungstiefe noch im Hinblick auf das methodische Vorgehen Mängel aufwiesen. Zudem lägen die Voraussetzungen für eine vorsorgliche Ausnahme- bzw. Befreiungserteilung vor. Ferner treffe die Kritik des Klägers an dem angeordneten Monitoring durch Fledermausexperten zur Absicherung der genauen Anforderungen an die Überflughilfen für Fledermäuse in keiner Weise zu.

45

Der Planfeststellungsbeschluss erweise sich schließlich auch im Hinblick auf die naturschutzrechtliche Eingriffsregelung nicht als fehlerhaft. Insbesondere könne keine Rede davon sein, dass es an einer hinreichenden Sicherung der Umsetzung einzelner Maßnahmen fehle. Mit der Anordnung, dass der neue Standort der Maßnahmen 2.4 E AB und 3.2 E AB und deren Ausgestaltung mit der Oberen Naturschutzbehörde abzustimmen seien und die Realisierbarkeit der Maßnahmen am neuen Standort der Planfeststellungsbehörde gegenüber vor Baubeginn nachzuweisen sei, sei vielmehr gewährleistet, dass durch die Verlegung an einen anderen Standort keine quantitativen oder qualitativen Einbußen hinsichtlich der Kompensationsziele beider Maßnahmen aufträten und die Baumaßnahme nicht ohne die Ersatzmaßnahmen ausgeführt werden dürfe.

46

Der Planfeststellungsbeschluss genüge letztendlich auch dem in § 17 FStrG normierten Gebot, bei der Planfeststellung die von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange einschließlich der Umweltverträglichkeit im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigen und dabei erkennbar gewordene Konflikte zu bewältigen. Insbesondere sei die Sorge unbegründet, dass der vierstreifige Ausbau im planfestgestellten Abschnitt zwangsläufig zu Verkehrsproblemen in den nicht ausgebauten Tunnelabschnitten zwischen Annweiler und Rinnthal infolge der dortigen Reduzierung von zwei auf nur eine Fahrspur pro Richtung führen werde, die nur mit einem sofortigen durchgängigen vierstreifigen Ausbau der Gesamtstrecke zwischen Pirmasens und Landau vermieden werden könnten. Vielmehr werde der Ausbau im jetzt planfestgestellten Abschnitt nach dem Ergebnis der Verkehrsuntersuchungen von M. keine nennenswerten verkehrlichen Auswirkungen auf die B 10 westlich von Godramstein und damit auch nicht auf die Leistungsfähigkeit der Tunnel bei Annweiler haben. Es könne schließlich auch keine Rede davon sein, dass die vom Kläger behaupteten Mängel der Verkehrsprognose eine fehlerhafte Gesamtabwägung der von dem Vorhaben betroffenen Belange, namentlich eine fehlerhafte Gewichtung der Verkehrsimmissionsbelastung zur Folge gehabt hätten. Abgesehen davon, dass die behaupteten Mängel nicht vorlägen, habe die Verkehrsprognose von M. im Hinblick auf die Ermittlung und Bewertung der beim vierspurigen Ausbau zu erwartenden Immissionsbelastungen den Charakter einer „Worst-Case-Betrachtung“: Die Planfeststellungsbehörde habe sich im Bestreben um einen alle Auswirkungen um- und erfassenden Schutzansatz an der nach der Verkehrsprognose größtmöglichen Verkehrsbelastung der B 10 orientiert, nämlich am Planungsfall 4 (durchgängiger vierstreifiger Ausbau der B 10 zwischen Pirmasens und Landau). Auf diese Weise sei sichergestellt, dass bereits im angefochtenen Planfeststellungsbeschluss für den Abschnitt Godramstein - Landau ein am Planungsfall 4 ausgerichtetes Lärmschutzkonzept entwickelt und planfestgestellt worden sei. Es sei nicht ersichtlich, dass bei dieser Vorgehensweise die verkehrlichen Auswirkungen des Vorhabens unterschätzt worden sein könnten. Im Übrigen werde vom Kläger gerade umgekehrt der Vorwurf erhoben, es sei von zu hohen Verkehrszahlen, d. h. von überhöhten Erwartungen hinsichtlich des künftigen Verkehrsaufkommens ausgegangen worden. Infolgedessen seien die vom Kläger behaupteten Mängel der Verkehrsprognose von vornherein ungeeignet, eine fehlerhafte Gewichtung der Verkehrsimmissionsbelastung - im Sinne einer „Unterschätzung“ - zu begründen.

47

Mit Rücksicht auf ein von der Landesregierung initiiertes zweites Mediationsverfahren wurde das gerichtliche Verfahren mit Zustimmung der Beteiligten durch Beschluss des Senats vom 22. Juni 2011 gemäß §§ 173 VwGO, 251 ZPO zum Ruhen gebracht. Nach dem Scheitern auch des zweiten Mediationsverfahrens wurde das gerichtliche Verfahren durch Senatsbeschluss vom 27. Mai 2014 wiederaufgenommen und fortgeführt.

48

Die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes ergeben sich aus den Gerichtsakten und den beigezogenen Akten des Planfeststellungsverfahrens, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

Entscheidungsgründe

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Die Klage ist zulässig (I.), bleibt jedoch in der Sache ohne Erfolg (II.).

50

I. Die Klage ist zulässig, insbesondere ist der Kläger klagebefugt. Seine Klagebefugnis ergibt sich allerdings ausschließlich aus § 2 Abs. 1 des Gesetzes über ergänzende Vorschriften zu Rechtsbehelfen in Umweltangelegenheiten nach der EG-Richtlinie 2003/35/EG (Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz – UmwRG –) in der Fassung der Bekanntmachung vom 8. April 2013 (BGBl. I, Seite 753). Soweit der Kläger in der Klagebegründung vom 31. Januar 2011 noch die Auffassung vertreten hatte, er könne seine Klagebefugnis außer aus § 2 Abs. 1 UmwRG auch aus § 64 des Gesetzes über Naturschutz und Landschaftspflege (Bundesnaturschutzgesetz – BNatSchG) herleiten, trifft dies inzwischen nicht mehr zu:

51

Nach § 1 Abs. 3 UmwRG in der Fassung der Bekanntmachung vom 8. April 2013 wird § 64 Abs. 1 BNatSchG nicht angewendet, soweit in Planfeststellungsverfahren, die § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 oder 2 UmwRG unterfallen, Rechtsbehelfe nach diesem Gesetz eröffnet sind. Für planfeststellungspflichtige Vorhaben, die – wie hier – nach Maßgabe des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 oder 2 UmwRG von Umweltverbänden angefochten werden können, gilt daher nunmehr ein Vorrang der umweltrechtlichen Verbandsklage (vgl. dazu bereits Fellenberg/Schiller, UmwRG, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, 65. EL April 2012, § 1 UmwRG, Rdnr. 66 a.E.). Zwar galt im Zeitpunkt der Klageerhebung am 22. Dezember 2010 noch § 64 Abs. 1 BNatSchG in der Fassung vom 1. März 2010, wonach anerkannte Naturschutzvereine „neben den Rechtsbehelfen nach § 2 UmwRG“ Rechtsbehelfe nach Maßgabe des § 64 BNatSchG einlegen konnten (und zwar gemäß §§ 64 Abs. 1, 63 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG auch gegen Planfeststellungsbeschlüsse); auch erhielt § 1 UmwRG in der Fassung vom 1. März 2010 noch keine Vorrangregelung zu Gunsten der umweltrechtlichen Verbandsklage (vgl. zur bisherigen Anwendbarkeit der beiden Verbandsklagebestimmungen nebeneinander Fellenberg/Schiller, a.a.O.). Doch ergibt sich aus der Übergangsregelung des § 5 Abs. 4 UmwRG in der Fassung der Bekanntmachung vom 8. April 2013, dass Rechtsbehelfsverfahren nach § 2 UmwRG, die – wie hier – am 12. Mai 2011 anhängig waren und am 29. Januar 2013 noch nicht rechtskräftig abgeschlossen worden sind, nach den Vorschriften des UmwRG in der ab dem 29. Januar 2013 geltenden Fassung zu Ende zu führen sind. Parallel dazu ist § 64 Abs. 1 Satz 1 BNatSchG dahin neu gefasst worden, dass anerkannte Naturschutzvereinigungen Rechtsbehelfe nach Maßgabe des § 64 nur noch erheben können, „soweit § 1 Abs. 3 UmwRG nicht entgegensteht“. Folglich kann sich der Kläger zur Begründung seiner Klagebefugnis inzwischen nicht mehr zusätzlich auf § 64 BNatSchG berufen.

52

Soweit der Kläger seine Klagebefugnis darüber hinaus auch aus einer unmittelbaren Anwendung von Art. 10a der Richtlinie 85/337/EWG in der Fassung der Richtlinie 2003/35/EG (jetzt: Art. 11 der Richtlinie 2011/92/EU) mit der Folge ableiten will, dass sich seine Rügebefugnis über die in § 2 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 5 UmwRG normierte Vereinbarkeit der angegriffenen Entscheidung mit dem Umweltschutz dienenden Rechtsvorschriften hinaus auf deren Vereinbarkeit mit allen einschlägigen Rechtsvorschriften erstreckt, ihm also auf diesem Wege ein „Vollüberprüfungsanspruch“ zusteht, kann dem nicht gefolgt werden. Entgegen der Ansicht des Klägers ergibt sich namentlich nicht aus der sog. „Trianel“-Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes (Urteil vom 12. Mai 2011 - Rs.C-115/09 -, NVwZ 2011, 801 ff.), dass § 2 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 5 UmwRG auch insoweit, als sie für Umweltverbandsklagen sowohl die Klagebefugnis als auch den Überprüfungsanspruch in der Begründetheit auf die Geltendmachung bzw. das Vorliegen von Verstößen gegen den Umweltschutz dienende Vorschriften beschränken, gegen Art. 10a der Richtlinie 85/337/EWG (jetzt: Art. 11 der Richtlinie 2011/92/EU) verstoßen, weshalb diese Vorschrift insoweit Anwendungsvorrang genießen müsse mit der Folge einer entsprechenden Erweiterung der Klage- und Rügebefugnis. Vielmehr hat das Bundesverwaltungsgericht in mehreren nach der Trianel-Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes ergangenen Entscheidungen die Rechtsauffassung bestätigt, dass die EuGH-Entscheidung für eine solche Annahme nichts hergibt (vgl. insbesondere BVerwG, Urteil vom 24. Oktober 2013 – 7 C 36/11 –, BVerwGE 148, 155 und juris, Rn. 23 ff., m.w.N.). Dem schließt sich der Senat an.

53

II. Die Klage ist jedoch mit dem Haupt- und Hilfsantrag unbegründet. Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss verstößt unter keinem der geltend gemachten Gesichtspunkte gegen dem Umweltschutz dienende Vorschriften im Sinne von § 2 Abs. 1 UmwRG. Er steht vielmehr mit allen einschlägigen Vorschriften, die – zumindest auch – dem Umweltschutz zu dienen bestimmt sind, im Einklang (zum Prüfungsumfang bei der Umweltverbandsklage und zum diesem korrespondierenden, beschränkten Überprüfungsanspruch nach dem UmwRG vgl. auch das Senatsurteil vom 14. Oktober 2014 – 8 C 10233/14.OVG –, NVwZ-RR 2015, 205 und juris, Rn. 39 ff.). Dies gilt sowohl für dem Umweltschutz dienende Verfahrensvorschriften (1.) als auch für Vorschriften des materiellen Umweltrechts (2.).

54

1. Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss begegnet zunächst in formell-rechtlicher Hinsicht keinen Bedenken, sondern steht mit den einschlägigen, dem Umweltschutz dienenden Verfahrensvorschriften im Einklang. Namentlich liegt kein Verstoß gegen Verfahrensanforderungen des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 24. Februar 2010 (BGBl. I, Seite 94) vor.

55

So kann der Kläger mit seinem Einwand, die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) hätte nicht auf den Bereich des planfestgestellten Ausbauabschnitts der B 10 beschränkt werden dürfen, sondern es hätte einer übergreifenden Ermittlung und Bewertung der Umweltauswirkungen für den Bereich des insgesamt projektierten Ausbaus der B 10 zwischen Pirmasens und der BAB A 65 bedurft (sog. „Dach-UVP“), nicht durchdringen.

56

Es spricht schon viel dafür, dass der Kläger mit seinem Vorbringen zur formellen Rechtswidrigkeit des Planfeststellungsbeschlusses wegen fehlerhafter Durchführung der UVP, insbesondere wegen Fehlens einer sog. Dach-UVP, bereits gemäß § 17a Nr. 7 des Bundesfernstraßengesetzes (FStrG) (jetzt: § 73 Abs. 4 Satz 3 VwVfG) präkludiert ist. Denn er hat in den beiden Einwendungsschreiben vom 15. Mai 2007 Fragen der ordnungsgemäßen Durchführung der UVP nicht einmal ansatzweise thematisiert. Vielmehr werden dort nur naturschutzfachliche Belange des FFH-Gebiets- und des Artenschutzes sowie Mängel bei den Vermeidungs-, Minderungs- und Ersatzmaßnahmen und daneben noch sonstige (materielle) Umweltfragen in Bezug auf die verkehrlichen Belange abgehandelt. Lediglich im Zusammenhang mit dem FFH-Gebietsschutz wird das Fehlen einer „vollständigen FFH-Verträglichkeitsprüfung des gesamten Planungsvorhabens Ausbau der B 10 zwischen Pirmasens und Landau (sog. Dach-FFH-Verträglichkeitsprüfung)“ gerügt. Ferner taucht der Gesichtspunkt, der vierspurige Ausbauzustand zwischen Pirmasens und Landau müsse „auch die Grundlage der Konfliktanalyse bilden“, woran es „besonders unter dem Aspekt der FFH-Verträglichkeit fehle“, noch einmal in Teil III.1 des Einwendungsschreibens auf, aber ebenfalls ohne jegliche Thematisierung des UVP-Rechts. Damit dürfte der Kläger den gesteigerten Anforderungen an die Substantiierung von Einwendungen, die nach der Rechtsprechung bei Naturschutzvereinigungen und Umweltverbänden gegenüber Einwendungen Privater zu stellen sind (vgl. dazu insbesondere BVerwG, Urteil vom 14. Juli 2011 – 9 A 12.10 –, BVerwGE 140, 149 und juris, Rn. 19 ff.), nicht genügt haben. Vielmehr wäre von einem Umweltverband zu erwarten gewesen, dass er seiner Mitwirkungslast, Angaben dazu zu machen, welches umweltrechtliche Schutzgut betroffen ist und in welcher Beziehung diesem aus seiner Sicht Beeinträchtigungen drohen (vgl. dazu z. B. BVerwG, Beschluss vom 23. November 2007 – 9 B 38.07 –, NuR 2008, Seite 176 und juris, Rn. 31), im Bewusstsein der grundlegend unterschiedlichen Strukturen und Bedeutung des UVP-Rechts einerseits (formelle Anforderungen an die Verfahrensgestaltung) und des FFH-Gebiets- sowie des Artenschutzrechts andererseits (materielle Anforderungen als zwingendes Recht) durch entsprechend thematisch differenzierende Angaben Rechnung trägt (vgl. zu den Anforderungen an die Rüge einer fehlerhaften UVP als selbständigem Verfahrensfehler auch BVerwG, Beschluss vom 11. August 2006 – 9 VR 5/06 –, NVwZ 2006, 1170 und juris, Rn. 11). Daran dürfte es vorliegend fehlen. Am Vorliegen der weiteren Voraussetzungen einer Präklusion nach § 17a Nr. 7 FStrG bestehen im Übrigen keine Zweifel. Schließlich besteht derzeit auch kein Anlass, die Anwendbarkeit der Präklusionsbestimmung des § 17a Nr. 7 FStrG auf Naturschutzverbände bzw. Umweltvereinigungen unionsrechtlich grundsätzlich in Frage zu stellen (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 14. Juli 2011 – 9 A 14.10 –, NuR 2010, 52 und juris, Rn. 21 ff.).

57

Unabhängig von der Frage der Präklusion ist die Forderung des Klägers nach Durchführung einer sog. Dach-UVP jedenfalls in der Sache nicht begründet:

58

In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist seit langem grundsätzlich geklärt, dass bei einer abschnittsweisen Planfeststellung einer Bundesfernstraße die förmliche UVP nur für den jeweiligen Abschnitt durchzuführen ist: Einer UVP ist das Projekt zu unterziehen, für das im Sinne von Art. 2 Abs. 1 der UVP-Richtlinie die Erteilung einer Genehmigung beantragt worden ist. Das EU-Recht wirkt nicht auf die materiell-rechtlichen Anforderungen des einzelstaatlichen Zulassungsrechts ein. Eröffnet das Recht des jeweiligen Mitgliedstaates die Möglichkeit, ein Gesamtprojekt aufzuspalten und in mehreren Teilschritten auszuführen, so bildet den Bezugspunkt der UVP das konkrete Projekt, für das ein Antrag gestellt worden ist. Demnach ist bei einer abschnittsweisen Planung der Abschnitt, über den in einem Verfahren entschieden wird, zugleich das Vorhaben, das der UVP unterliegt (vgl. zum Ganzen z. B. BVerwG, Urteil vom 10. April 1997 – 4 C 5/96 –, BVerwGE 104, 326 und juris, Rn. 24, sowie Urteil vom 28. Februar 1996 – 4 A 27/95 –, UPR 1996, 270 und juris, Rn. 30, jeweils m.w.N.). Ob die Abschnittsbildung zulässig ist, richtet sich nicht nach dem UVP-Recht, sondern nach dem materiellen Planungsrecht, vorliegend nach § 17 Abs. 1 Satz 2 FStrG, da auch die Anforderungen an die Abschnittsbildung über das Abwägungsgebot gesteuert werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 10. April 1997, a.a.O., Rn. 25).

59

Danach bedarf es keiner vorgezogenen förmlichen UVP für die nachfolgenden Abschnitte; ausreichend ist vielmehr die Prognose, dass der Verwirklichung des Vorhabens in den nachfolgenden Abschnitten keine von vornherein unüberwindliche Hindernisse entgegenstehen (vgl. BVerwG, Urteil vom 28. Februar 1996, a.a.O., Rn. 30 m.w.N.).

60

Entgegen der Ansicht des Klägers folgt vorliegend auch nicht ausnahmsweise etwas anderes aus den §§ 2 Abs. 1 Satz 4, 3b Abs. 2 oder 13 Abs. 1 Satz 2 UVPG:

61

Wie das Bundesverwaltungsgericht bereits entschieden hat, enthält § 2 Abs. 1 Satz 4 UVPG eine Regelung nur für den Fall, dass über die Zulässigkeiteines Vorhabens im Rahmen mehrerer Verfahren entschieden wird; dann sind die in den verschiedenen Verfahren durchgeführten Teilprüfungen zu einer Gesamtbewertung zusammen zu fassen; davon zu unterscheiden ist der – auch hier vorliegende – Fall der Planfeststellung eines Abschnitts einer Bundesfernstraße (vgl. BVerwG, Urteil vom 28. Februar 1996, a.a.O., Rn. 30).

62

Die Regelung des § 3b Abs. 2 Satz 1 UVPG für „kumulierende Vorhaben“ setzt voraus, dass die mehreren Vorhaben derselben Art von demselben oder den mehreren Trägerngleichzeitig verwirklicht werden sollen; gemeint ist damit eine zeitlich parallele Vorhabenverwirklichung (vgl. Dienes, in: Hoppe/Bergmann, UVPG, 4. Aufl. 2012, § 3b, Rn. 24). Daran fehlt es offensichtlich bei der sukzessiven Verwirklichung des Ausbaus einer Bundesfernstraße in mehreren, räumlich und zeitlich aufeinander folgenden Abschnitten.

63

Schließlich ist auch anerkannt, dass es sich bei der abschnittsweisen Planfeststellung von Bundesfernstraßen nicht um „Teilzulassungen“ im Sinne von § 13 UVPG handelt. Da die einzelnen Abschnitte bei der abschnittsweisen Planfeststellung einer Fernstraße als selbständige Vorhaben anzusehen sind, wird über sie nicht im Rahmen einer Teilzulassung entschieden, so dass § 13 UVPG keine Anwendung findet (so zutreffend z. B. Schieferdecker, in: Hoppe/Bergmann, UVPG, 4. Aufl. 2012, § 13, Rn. 15 und Fußnote 25, unter Hinweis auf BVerwG, Urteil vom 10. April 1997 – 4 C 5/96 –, a.a.O., Rn. 24). Damit besteht hier insbesondere nicht das Erfordernis einer vorläufigen Erstreckung der UVP „auf die nach dem jeweiligen Planungsstand erkennbaren Umweltauswirkungen des Gesamtvorhabens“ nach § 13 Abs. 1 Satz 2 UVPG.

64

Somit ist vorliegend UVP-rechtlich nur zu fordern, dass die Planfeststellungsbehörde eine Prognose angestellt hat, dass der Verwirklichung des Vorhabens in den nachfolgenden Abschnitten in Bezug auf die Umweltauswirkungen keine von vornherein unüberwindlichen Hindernisse entgegenstehen. Ob die insoweit vom Beklagten vorgebrachten Zweifel daran, ob diese Vorgabe der Rechtsprechung außer auf den Neubau einer Fernstraße in Abschnitten auch auf den – hier in allen Abschnitten des Gesamtprojekts gegebenen – Ausbau einer vorhandenen Fernstraße Anwendung finden kann, zu Recht bestehen, kann im Ergebnis offen bleiben. Denn im Planfeststellungsbeschluss ist an mehreren Stellen in hinreichender Weise in den Blick genommen worden, dass der planfestgestellte Abschnitt verkehrspolitisch Teil eines Gesamtvorhabens des vierspurigen Ausbaus der B 10 zwischen Pirmasens und Landau ist. Zum einen wurde im Rahmen der Erläuterungen der Planungskonzeption (Seite 89 ff. des Planfeststellungsbeschlusses) ausführlich dargestellt, dass einerseits der planfestgestellte Planungsabschnitt eine eigenständige Verkehrsbedeutung auch für den Fall haben wird, dass die Verwirklichung der weiteren Planungsabschnitte – entgegen der politischen Absicht aus nicht absehbaren Gründen – scheitern sollte, aber andererseits der Verwirklichung des weiteren Ausbaus der B 10 im Bereich zwischen Godramstein und Pirmasens aus heutiger Sicht keine unüberwindbaren Hindernisse entgegenstehen, insbesondere nicht im Hinblick auf die Umweltverträglichkeit. Zum anderen wurde auch speziell in Auseinandersetzung mit Forderungen von Einwendern, namentlich des Klägers, nach Durchführung einer sog. Dach-FFH-Verträglichkeitsprüfung für die gesamte Ausbaustrecke zwischen Pirmasens und Landau ausgeführt, dass einerseits für den Bereich zwischen Pirmasens und Hinterweidenthal bereits bestandskräftiges Baurecht vorliege, mit dem für diesen Teilbereich u. a. auch die FFH-Verträglichkeit positiv festgestellt worden sei, und andererseits aus heutiger Sicht auch nichts dafür ersichtlich sei, dass ein späterer vierstreifiger Ausbau in den noch nicht planfestgestellten Teilbereichen zwischen Hinterweidenthal und Godramstein unter FFH-Gesichtspunkten vor unüberwindlichen Hindernissen stehen würde (vgl. Seite 182 des Planfeststellungsbeschlusses). Damit ist den Anforderungen der Rechtsprechung an die Prognose der Realisierungsfähigkeit des Gesamtvorhabens genüge getan worden.

65

Auch unter den weiteren vom Kläger angesprochenen Gesichtspunkten sind Verstöße gegen Verfahrensvorschriften des UVPG nicht festzustellen.

66

So kann der Rüge des Klägers, die Planunterlagen hätten keine den Anforderungen des § 6 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 UVPG genügende „Übersicht über geprüfte anderweitige Lösungsmöglichkeiten“ enthalten, nicht gefolgt werden. Dabei ist zu sehen, dass diese Vorschrift – als rein formell-rechtliche Anforderung an den Inhalt der vom Vorhabenträger zur Prüfung seines Antrags vorzulegenden Unterlagen – lediglich verlangt, dass der Vorhabenträger die von ihm tatsächlich geprüften anderweitigen Lösungsmöglichkeiten und seine Auswahlgründe im Hinblick auf die Umweltauswirkungen des Vorhabens in einer Übersicht darstellt; die Bestimmung begründet hingegen keinerlei Pflicht zur Prüfung von Vorhabenalternativen. Vielmehr ergibt sich die Notwendigkeit, die verschiedenen sich anbietenden oder sich aufdrängenden Standortalternativen oder Durchführungsvarianten auf ihre jeweilige Umweltverträglichkeit hin zu untersuchen, aus dem jeweiligen Fachrecht, im Falle einer fernstraßenrechtlichen Planung also aus § 17 Abs. 1 Satz 2 FStrG als Anforderung des Abwägungsgebots (vgl. Kment, in: Hoppe/Beckmann, UVPG, 4. Aufl. 2012, § 6, Rn. 21, m.w.N.). Diesen rein formellen Anforderungen des § 6 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 UVPG ist mit der in der „allgemein verständlichen Zusammenfassung gemäß § 6 UVPG“ enthaltenen Übersicht „III. Geprüfte Vorhabenvarianten und wesentliche Auswahlgründe“ (vgl. Planordner I, Planunterlage 1.2, Seite 9 ff.) genüge getan worden.

67

Soweit der Kläger darüber hinaus noch rügen will, dass es an einer den Anforderungen des § 11 UVPG genügenden „zusammenfassenden Darstellung der Umweltauswirkungen des Vorhabens“ fehle, kann dem schließlich ebenfalls nicht gefolgt werden. Nach § 11 Satz 1 UVPG hat die zuständige Behörde auf der Grundlage der Unterlagen nach § 6, der behördlichen Stellungnahmen nach §§ 7 und 8 soweit der Äußerungen der betroffenen Öffentlichkeit nach den §§ 8 und 9a eine zusammenfassende Darstellung der Umweltauswirkungen des Vorhabens sowie der Maßnahmen, mit denen erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen vermieden, vermindert oder ausgeglichen werden, zu erarbeiten, einschließlich der Ersatzmaßnahmen bei nicht ausgleichbaren, aber vorrangigen Eingriffen in Natur und Landschaft; nach § 11 Satz 3 kann diese zusammenfassende Darstellung in der Begründung der Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens erfolgen (vgl. dazu BVerwG, Beschluss vom 10. Oktober 2006 – 9 B 27/05 –, UPR 2007, 33 und juris, Rn. 17). Davon hat der Beklagte hier Gebrauch gemacht und die zusammenfassende Darstellung in den Planfeststellungsbeschluss integriert (vgl. dessen Seite 171). Dabei begegnet es keinen durchgreifenden Bedenken, dass in der zusammenfassenden Darstellung weitestgehend auf die „allgemein verständliche Zusammenfassung“ nach § 6 UVPG in der Planunterlage 1.2, Seite 9 ff. (Planordner I), Bezug genommen wird, nachdem diese - wie ausgeführt - den formellen Anforderungen des § 6 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 UVPG entspricht und darüber hinaus auch alle inhaltlichen Anforderungen des § 11 Satz 1 UVPG erfüllt, und der Planfeststellungsbeschluss ergänzend feststellt, dass im Anhörungsverfahren keine weiteren wesentlich neuen Gesichtspunkte in Bezug auf die Einschätzung der Umweltverträglichkeit des Vorhabens vorgebracht worden seien.

68

2. Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss leidet des Weiteren an keinem materiellen Rechtsfehler, den der Kläger mit der Folge einer vollständigen oder teilweisen Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses oder der Feststellung seiner Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit geltend machen kann.

69

a. So mangelt es der streitigen Fernstraßenplanung nicht an der erforderlichen Planrechtfertigung.

70

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts setzt die Zulässigkeit einer (z. B. Straßen-)Planung, die Voraussetzung für Eingriffe in Rechte oder eine Enteignung sein soll, voraus, dass das jeweilige Vorhaben durch vernünftige Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt ist, d. h. nach Maßgabe der vom jeweiligen Fachplanungsgesetz allgemein verfolgten Ziele „vernünftigerweise geboten“ ist (vgl. z. B. BVerwG, Urteil vom 5. Dezember 1986 – 4 C 13/85 –, BVerwGE 75, 214, 232 f.; siehe auch z. B. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 1. Februar 2001 – 1 C 10626/00.OVG –, ESOVGRP, Seite 13). Bei der Planfeststellung für den Neu- oder Ausbau einer Bundesfernstraße ist von einer Planrechtfertigung auszugehen, wenn das Vorhaben in den Bedarfsplan für Bundesfernstraßen nach dem Gesetz über den Ausbau der Bundesfernstraßen (Fernstraßenausbaugesetz – FStrAbG – in der Fassung vom 20. Januar 2005, BGBl. I, 201) aufgenommen ist. Denn nach § 1 Abs. 2 FStrG entsprechen die in den Bedarfsplan aufgenommenen Bau- und Ausbauvorhaben den Zielsetzungen des § 1 Abs. 1 FStrG. Die Feststellung des Bedarfs ist danach für die Linienbestimmung nach § 16 FStrG und für die Planfeststellung nach § 17 FStrG verbindlich; sie ist so auch als Belang in der Abwägung zu berücksichtigen; die zeichnerische Darstellung des Bedarfsplans zum Fernstraßenausbaugesetz bindet hinsichtlich der Dimensionierung als zwei- oder vierstreifige Bundesstraße und im Hinblick auf die dort erkennbare Netzverknüpfung; diese Bindungen gelten auch für das gerichtliche Verfahren (ständige Rechtsprechung; vgl. z. B. BVerwG, Urteil vom 19. März 2003 – 9 A 33/02 –, DVBl. 2003, 1069 und juris, Rn. 23 m.w. Rechtsprechungsnachweisen; ebenso z. B. Senatsurteil vom 28. August 2013 -8 C 1036/13.OVG –, Seite 8 des Urteilsabdrucks, m.w.N.).

71

Die gesetzliche Bedarfsfeststellung ist allein an den Vorgaben des Verfassungsrechts zu messen. Danach beschränkt sich die gerichtliche Kontrolle auf die Frage, ob bei der Festlegung des Gesetzgebers die weit gesteckten Grenzen des gesetzgeberischen Ermessens überschritten wurden. Dies ist nur dann der Fall, wenn die Feststellung des Bedarfs evident unsachlich ist, wenn es also für das Vorhaben offenkundig keinerlei Bedarf gibt, der die Annahmen des Gesetzgebers rechtfertigen könnte, weil es etwa für die Aufnahme des Vorhabens in den Bedarfsplan im Hinblick auf die bestehende oder künftig zu erwartende Verkehrsbelastung oder auf die verkehrliche Erschließung eines zu entwickelnden Raumes an jeglicher Notwendigkeit fehlte oder wenn sich die Verhältnisse seit der Bedarfsentscheidung des Gesetzgebers so grundlegend gewandelt hätten, dass das angestrebte Planungsziel unter keinen Umständen auch nur annähernd erreicht werden könnte (ständige Rechtsprechung; vgl. z. B. BVerwG, Beschluss vom 16. Januar 2007 – 9 B 14.06 –, NVwZ 2007, 462 und juris, Rn. 7 sowie Urteil vom 3. Mai 2013 – 9 A 16/12 -, BVerwGE 146, 254 und juris, Rn. 21, m.w.N.).

72

Nach Maßgabe dieser Grundsätze steht die Planrechtfertigung des Vorhabens des vierstreifigen Ausbaus der B 10 im planfestgestellten Abschnitt außer Frage.

73

Daher kann offen bleiben, ob das Erfordernis der Planrechtfertigung auf die Klage eines anerkannten Umweltvereins im Rahmen von dessen nach § 2 Abs. 1 Nr. 5, Abs. 5 UmwRG eingeschränkter Rügebefugnis überhaupt zu prüfen ist (streitig; zum Meinungsstand vgl. z. B. Fellenberg/Schiller, a.a.O., § 2 UmwRG, Rn. 15, m.w.N.; verneinend BVerwG, Beschluss vom 1. Juli 2003 – 4 VR 1/03, 4 A 1/04 A 1/03 –, juris, Rn. 7; offengelassen in der Rechtsprechung des 9. Senats des Bundesverwaltungsgerichts zu § 64 BNatSchG, vgl. zuletzt die Urteil vom 3. Mai 2013, a.a.O., Rn. 17 und vom 8. Januar 2014 – 9 A 4/13 -, BVerwGE 149, 31 und juris, Rn. 30; siehe auch Senatsurteil vom 11. Februar 2009 – 8 C 10435/08.OVG –, NuR 2009, Seite 636 und juris, Rn. 23).

74

Die Planrechtfertigung des Vorhabens folgt aus der gesetzlichen Bedarfsfeststellung. Das Vorhaben des vierstreifigen Ausbaus der B 10 im Abschnitt zwischen der BAB A 65 und Godramstein ist – ebenso wie die sich westlich anschließenden Abschnitte bis Hinterweidenthal – im Bedarfsplan für die Bundesfernstraßen, der gemäß § 1 Abs. 1 FStrAbG (in der Fassung des 5. Änderungsgesetzes vom 4. Oktober 2004, BGBl. I, 2574) diesem Gesetz als Anlage beigefügt ist, enthalten und nach § 2 FStrAbG der Stufe „Weiterer Bedarf mit Planungsrecht (WB*)“ zugeordnet (vgl. die grafische Darstellung in der Anlage zum Fernstraßenausbaugesetz, veröffentlicht im Anlagenband 2004 zum Bundesgesetzblatt 2004, BGBl. I A-2004). Die Bedeutung der Einstufung „Weiterer Bedarf mit Planungsrecht (WB*)“ wird im Gesetz bzw. im Bedarfsplan nicht näher erläutert. Aus der Begründung des Entwurfs eines 5. Gesetzes zur Änderung des Fernstraßenausbaugesetzes ergibt sich Folgendes: „Der Weitere Bedarf (WB) enthält Vorhaben, deren gesamtwirtschaftliche Vorteilhaftigkeit nachgewiesen ist, deren Investitionsvolumen aber den Finanzrahmen bis 2015 überschreitet. Die Projektplanung darf deshalb nur in begründeten Ausnahmefällen mit Einwilligung des Bundesministeriums für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen aufgenommen oder weiterbetrieben werden. In begründeten Fällen kann die Planung von Projekten des Weiteren Bedarfs aufgrund dieses Gesetzes aufgenommen bzw. weiterbetrieben werden. Dies kann aufgrund der netzkonzeptionellen Bedeutung oder wegen des Zusammenhangs mit benachbarten Projekten der Stufe Vordringlicher Bedarf erforderlich sein. Diese Vorhaben sind als Weiterer Bedarf mit Planungsrecht besonders gekennzeichnet (WB*)“ (vgl. BT-Drs. 15/1657, Seite 21).

75

Die Argumente des Klägers, mit denen er die aus der gesetzlichen Bedarfsfeststellung folgende Planrechtfertigung in Frage stellen will, sind sämtlich nicht stichhaltig.

76

Zunächst kann der Auffassung des Klägers nicht gefolgt werden, dass die Einstufung in die Kategorie WB* eine „graduelle Minderwertigkeit“ der gesetzlichen Bedarfsfeststellung bedeute, etwa mit der Folge, dass diese Einstufung nur zu Vorplanungen, aber nicht zur verbindlichen Schaffung von Baurecht ermächtige. Dagegen spricht bereits, dass § 1 Abs. 2 FStrAbG nicht zwischen den Stufen der Bedarfsfeststellung differenziert, sondern für alle in den Bedarfsplan aufgenommenen Bau- und Ausbauvorhaben die Entsprechung mit den Zielvorstellungen des § 1 Abs. 1 FStrG konstatiert (§ 1 Abs. 2 Satz 1 FStrAbG) und darüber hinaus die Feststellung des Bedarfs generell als für die Linienbestimmung und Planfeststellung verbindlich erklärt (§ 1 Abs. 2 Satz 2 FStrAbG). Hieraus folgt, dass die Feststellung als „Vorhaben des Weiteren Bedarfs“ in gleicher Weise verbindlich ist wie jede andere Bedarfsfeststellung (so auch BayVGH, Urteil vom 19. Juli 2006 - 8 A 06.40015 -, juris, Rn. 43 f und Beschluss vom 13. Juli 2009 –8 CS 09.1388 –, juris, Rn. 15). Darüber hinaus folgt aus der zitierten Begründung des Gesetzentwurfs, dass den als WB* gekennzeichneten Vorhaben gegenüber den nur als WB eingestuften Vorhaben – für die aber immerhin auch die „gesamtwirtschaftliche Vorteilhaftigkeit“ als „nachgewiesen“ angesehen wird – insoweit ein Vorrang zukommt, als sie „aufgrund ihrer netzkonzeptionellen Bedeutung“ oder wegen ihres „Zusammenhangs mit benachbarten Projekten des vordringlichen Bedarfs … aufgenommen bzw. weiterbetrieben“ werden dürfen (vgl. BT-Drs. 15/1657, a.a.O.). Wie die Bundesregierung hierzu in ihrer Gegenäußerung zur Stellungnahme des Bundesrates klargestellt hat, bedeutet dies, dass bei den Maßnahmen des WB* den Ländern die Möglichkeit eingeräumt ist, „die Projektplanung bis zur Erlangung des Baurechts zu betreiben“ (vgl. BT-Drs. 15/1803, Seite 2). Dies kann aus dem Zusammenhang nur so verstanden werden, dass das Planfeststellungsverfahren vollständig zum Zwecke der Erlangung von Baurecht durchzuführen ist. Eine unzulässige „Vorratsplanung“ kann darin nicht gesehen werden. Letztlich führt jede Planfeststellung - auch bei Vorhaben des Vordringlichen Bedarfs - in gewisser Weise zu einer Schaffung von Baurecht „auf Vorrat“, da das Gebrauchmachen von dem geschaffenen Baurecht durch den Vorhabenträger sich aus vielfältigen Gründen noch verzögern kann. Dem hat der Gesetzgeber dadurch Rechnung getragen, dass er dem Vorhabenträger nach § 17c Nr. 1 FStrG eine Frist von 10 Jahren nach Eintritt der Unanfechtbarkeit des Planfeststellungsbeschlusses für den Beginn der Ausführungen des Plans einräumt, die auf Antrag noch um bis zu 5 Jahre verlängert werden kann, ohne dabei zwischen Vorhaben des Vordringlichen und solchen des Weiteren Bedarfs zu differenzieren. Ein Unterschied besteht allerdings insofern, als § 17e Abs. 2 FStrG die aufschiebende Wirkung von Anfechtungsklagen nur bei Vorhaben des Vordringlichen Bedarfs entfallen lässt. Doch wird dadurch zugleich bestätigt, dass auch die Vorhaben des Weiteren Bedarfs planfeststellungsfähig sind und diese auch bei ihnen zur Schaffung von vollziehbarem Baurecht führt.

77

Anders, als der Kläger dies zu unternehmen versucht, kann die gesetzliche Bedarfsfeststellung auch durch die Geltendmachung von Mängeln der für die konkrete Planung erstellten Verkehrsprognose nicht in Frage gestellt werden.

78

Wie das Bundesverwaltungsgericht in jüngster Zeit mehrfach entschieden hat, ist das Vorbringen, die der Planfeststellung zugrunde gelegte Verkehrsprognose sei methodisch fehlerhaft und die prognostizierten Verkehrszahlen seien unrealistisch, schon grundsätzlich nicht geeignet, die Grundlagen der gesetzlichen Bedarfsfeststellung und -überprüfung in Frage zu stellen (vgl. BVerwG, Urteil vom 3. Mai 2013, a.a.O., Rn. 22 ff. sowie Urteil vom 8. Januar 2014, a.a.O., Rn. 35 f). Da die gesetzliche Bedarfsfeststellung durch die Prognose künftiger Verkehrsströme beeinflusst wird, zielt die in § 1 Abs. 2 FStrAbG angeordnete Bindungswirkung darauf ab, dass straßenrechtlichen Planfeststellungsverfahren und damit ebenso einen anschließenden Verwaltungsprozess von einem Gutachterstreit über die „richtigere“ Verkehrsprognose zu entlasten. Dieser Zweck des § 1 Abs. 2 FStrAbG schließt es somit aus, den Abwägungsvorgang, den der Gesetzgeber auf dieser Stufe vollzogen hat, unter dem Blickwinkel fachlich zu überprüfen, ob eine Verkehrsprognose vorzugwürdig sein könnte; entscheidend ist vielmehr allein, ob das Ergebnis der Normsetzung den anzulegenden verfassungsrechtlichen Maßstäben genügt (vgl. BVerwG, Urteil vom 3. Mai 2013, a.a.O., Rn. 24, m.w.N.).

79

Somit beschränkt sich auch vorliegend die verwaltungsgerichtliche Prüfung darauf, ob der Gesetzgeber bei der normativen Bedarfsfeststellung die Grenzen des ihm zustehenden Ermessens überschritten hat. Dies setzt nach ständiger Rechtsprechung voraus, dass die Bedarfsfeststellung evident unsachlich ist, weil es für die Aufnahme des Vorhabens in den Bedarfsplan im Hinblick auf die bestehende oder künftig zu erwartende Verkehrsbelastung eines zu entwickelnden Raumes an jeglicher Notwendigkeit fehlt oder sich die Verhältnisse der Bedarfsentscheidung des Gesetzgebers so grundlegend gewandelt haben, dass das angestrebte Planungsziel unter keinen Umständen auch nur annähernd erreicht werden kann (vgl. z. B. BVerwG, Urteil vom 8. Januar 2014, a.a.O., Rn. 34, m.w.N.). Davon kann vorliegend keine Rede sein.

80

Vielmehr sind die vom Kläger zur Gerichtsakte gereichten Stellungnahmen von R., mit denen methodische Mängel der projektbezogenen Verkehrsprognose von M. gerügt werden, nicht geeignet, die gesetzliche Bedarfsfeststellung in Zweifel zu ziehen. Zum einen würden die behaupteten Mängel der projektbezogenen Prognose – ihr Vorliegen unterstellt – schon keine Rückschlüsse auf die den Bedarfsplan und dessen Überprüfung zugrunde liegenden Verkehrsprognosen zulassen. Denn der Bundesverkehrswegeplanung und der gesetzlichen Bedarfsfeststellung 2004 lag eine Prognose der bundesweiten Verkehrsverflechtungen bezogen auf das Jahr 2015 zugrunde, deren Kernstück deutschlandweite räumliche Verflechtungsmatrizen in Personen- und Güterverkehr bilden (vgl. BVerwG, Urteil vom 3. Mai 2013, a.a.O., Rn. 23, m.w.N.). Diese Prognose über die zukünftige Verkehrsentwicklung ist gemäß dem in § 4 Satz 1 FStrAbG enthaltenen Prüfauftrag im Jahre 2010 durch das Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Stadtentwicklung überprüft worden. Die Überprüfung ist auf der Grundlage eines Vergleichs der bei der Aufstellung des Bedarfsplans 2004 herangezogenen bundesweiten Verkehrsprognose 2015 mit der insbesondere die demografischen Leitdaten berücksichtigenden bundesweiten Verkehrsprognose 2025 auf der Ebene des Bundes, der Bundesländer und von Teilregionen zu dem Ergebnis gelangt, dass die seinerzeit festgestellten Bedarfseinstufungen für die Bundesfernstraßen auch bei Ansatz der aktuellen Verkehrsentwicklung gelten (vgl. auch dazu BVerwG, Urteil vom 3. Mai 2013, a.a.O., Rn. 23). Demnach besteht kein Anlass für die Annahme, dass sich die seinerzeit der Bewertung zugrunde gelegten verkehrlichen Rahmenbedingungen so grundlegend geändert haben, dass der Projektbedarf grundsätzlich in Frage gestellt werden müsste.

81

Zum anderen weist der Beklagte zutreffend darauf hin, dass es auch nach den Stellungnahmen von R. keineswegs an jeglichem Bedarf für einen vierstreifigen Ausbau des in Rede stehenden Planungsabschnitts fehlt. Im Gegenteil: Auch in den Stellungnahmen von R. wird von einer aktuellen Verkehrsbelastung im Jahre 2009 auf der B 10 im Bereich von Godramstein in Höhe von rund 29.000 Kraftfahrzeugen/24 Stunden ausgegangen, was in etwa der von M. für den Analyse-Null-Fall des Jahres 2004 ermittelten aktuellen Verkehrsbelastung im Streckenabschnitt zwischen Birkweiler und der A 65 entspricht und auch nur unwesentlich unter dem inzwischen von M. für das Jahr 2013 festgestellten Verkehrsaufkommen in diesem Bereich liegt. Damit übersteigt die aktuelle Verkehrsbelastung die für den gegenwärtigen Ausbauquerschnitt RQ 15,5 nach den „Richtlinien für die Anlage von Straßen – Teil: Querschnitt“ (RAS-Q) maßgebliche Obergrenze der Verkehrsstärke von ca. 23.000 Kfz/24 h bereits derzeit ganz erheblich, weshalb es nach den grundsätzlich unbestrittenen Angaben im Planfeststellungsbeschluss (S. 93) schon in der heutigen Situation besonders in den Spitzenzeiten zu Kolonnenbildungen in den nicht für Überholvorgänge freigegebenen Fahrtrichtungen, teilweise auch zu Staubildungen kommt; der hierdurch erzeugte Überholdruck verleitet zudem zu einem risikoreicheren Fahren in den für Überholvorgänge freigegebenen Streckenabschnitten, mit entsprechend erhöhter Unfallgefahr. Zudem geht R. nicht etwa von einem deutlichen Rückgang der Verkehrsbelastung bis zu einem Prognosehorizont 2020 oder 2030 aus, sondern rechnet lediglich mit einer Stagnation auf dem aktuellen Niveau. Damit würde aber bereits die – im Wesentlichen unstreitige – aktuelle Verkehrsbelastung im Bereich des planfestgestellten Abschnitts nach den einschlägigen Regelwerken für die Anlage von Bundesfernstraßen einen vierstreifigen Ausbau rechtfertigen, und zwar nach den seit dem Jahre 2008 angewendeten „Richtlinien für die Anlage von Autobahnen (RAA)“, die auch Regelquerschnitte für autobahnähnliche Straßen (sog. Entwurfsklasse 2) umfassen, zumindest mit einem Regelquerschnitt RQ 28 (Gesamtbreite 28 m) für autobahnähnliche Straßen mit einer Kapazität von bis zu 30.000 Fahrzeugen pro Tag. Demgegenüber soll vorliegend der vierstreifige Ausbau zwischen der A 65 und Godramstein aufgrund örtlicher Gegebenheiten sogar nur mit einem Sonderquerschnitt SQ 26 (Gesamtbreite 26 m; gegenüber dem Regelquerschnitt RQ 26 schmalerer Mittelstreifen, aber breiterer Randstreifen, vgl. dazu im Einzelnen Seite 105 ff. des Planfeststellungsbeschlusses) erfolgen. Wenn aber bereits die aktuelle Verkehrsbelastung nach den anerkannten Regelwerken einen vierstreifigen Ausbau – sogar mit einem größeren Regelquerschnitt – rechtfertigt und selbst nach den vom Kläger für richtig erachteten Verkehrsprognosen nicht mit einem wesentlichen Rückgang der Verkehrsbelastung, sondern zumindest mit einer Stagnation zu rechnen ist, kann keine Rede davon sein, dass es im Hinblick auf die bestehende oder künftig zu erwartende Verkehrsbelastung für die Aufnahme des Vorhabens in den Bedarfsplan an jeglicher Notwendigkeit fehlen könnte oder das angestrebte Planungsziel infolge einer grundlegenden Wandlung der Verhältnisse seit der Bedarfsfeststellung des Gesetzgebers unter keinen Umständen mehr auch nur annähernd erreichbar erscheint (vgl. zu diesen Maßstäben auch insoweit BVerwG, Urteil vom 3. Mai 2013, a.a.O., Rn. 21 ff.).

82

Es kann schließlich auch nicht festgestellt werden, dass dem Vorhaben die Planrechtfertigung deshalb fehlt, weil die Finanzierbarkeit des planfestgestellten Ausbaus der B 10 im Abschnitt zwischen der A 65 und Godramstein ausgeschlossen erscheint.

83

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts fehlt einem Vorhaben die Planrechtfertigung auch dann, wenn es wegen mangelnder Finanzierbarkeit objektiv nicht realisierungsfähig ist und sich daher als unzulässige „verfrühte Planung“ erweist (vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Mai 1999 – 4 A 12/98 –, UPR 1999, 355 und juris, Rn. 44 f; Urteil vom 15. Januar 2004 – 4 A 11/02 –, BVerwGE 120, 1 und juris, Rn. 24; Beschluss vom 21. März 2006 – 9 B 18/05 –, juris, Rn. 2 f sowie Beschluss vom 28. Dezember 2009 – 9 B 26/09 –, NuR 2010, 191 und juris, Rn. 4, m.w.N.). Dies bedeutet sogleich, dass die Planrechtfertigung nur dann zu verneinen ist, wenn die Finanzierbarkeit eines Vorhabens innerhalb eines überschaubaren Zeitrahmens (nach dem früheren § 17 Abs. 7 FStrG 10 Jahre, nach dem jetzigen § 17c Nr. 1 FStrG einschließlich der Verlängerungsmöglichkeit maximal 15 Jahre) ausgeschlossen erscheint.

84

Dafür, dass vorliegend die Finanzierbarkeit des vierstreifigen Ausbaus der B 10 im planfestgestellten Abschnitt innerhalb eines Zeithorizonts, der mindestens 10, eventuell sogar 15 Jahre, gerechnet ab dem Zeitpunkt des Erlasses des Planfeststellungsbeschlusses (hier also ab dem 22. September 2010, also mindestens bis September 2020), beträgt, ausgeschlossen erscheint, bestehen keine zureichenden Anhaltspunkte. Insbesondere ergeben sich dafür aus den vom Kläger ins Feld geführten Äußerungen der Bundesregierung in der Bundestagsdrucksache 17/2792 vom 24. August 2008 keine entscheidenden Gesichtspunkte, da dort lediglich ausgeführt wird, dass in der Vergangenheit keine Finanzmittel in Straßenbauprojekte des Weiteren Bedarfs geflossen seien. Demgegenüber verweist der Beklagte überzeugend darauf, dass für das konkret angefochtene Planungsvorhaben sowohl das Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Stadtentwicklung als auch das rheinland-pfälzische Verkehrsministerium gegenüber dem Landesbetrieb Mobilität (LBM) erklärt haben, dass bei Vorliegen endgültigen Baurechts die Finanzierung der hier planfestgestellten Maßnahme des Weiteren Bedarfs mit Planungsrecht (WG*) – ggf. auch gegen Austausch mit einer anderen Maßnahme des Vordringlichen Bedarfs im Gebiet von Rheinland-Pfalz – sichergestellt werden soll. Für die Annahme, dass damit die Finanzierbarkeit des Vorhabens jedenfalls nicht ausgeschlossen erscheint, reicht dies aus.

85

b. Das planfestgestellte Vorhaben steht auch mit den zwingenden Vorschriften des europäischen und nationalen Naturschutzrechts im Einklang.

86

Das Vorhaben führt nicht zu erheblichen Beeinträchtigungen der Erhaltungsziele oder des Schutzzwecks des FFH-Gebiets „Biosphärenreservat Pfälzerwald“; zumindest liegen die Voraussetzungen für eine Abweichungszulassung vor (aa.). Darüber hinaus sind keine Verstöße gegen Vorschriften des besonderen Artenschutzrechts gegeben (bb.). Es kann schließlich auch nicht festgestellt werden, dass die vorgesehene Kompensation vorhabenbedingter Eingriffe in Natur und Landschaft Defizite aufweist (cc.).

87

aa. Dem Planfeststellungsbeschluss kann zunächst nicht mit Erfolg entgegengehalten werden, das Vorhaben führe zu erheblichen Beeinträchtigungen des FFH-Gebiets „Biosphärenreservat Pfälzerwald“, ohne dass die Voraussetzungen für eine Abweichungszulassung gegeben wären, und verstoße deshalb gegen § 34 BNatSchG.

88

Entgegen der Ansicht des Klägers kann bereits keine erhebliche Beeinträchtigung der Erhaltungsziele oder des Schutzzwecks des FFH-Gebiets 6812 – 301 „Biosphärenreservat Pfälzerwald“ festgestellt werden. Nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BNatSchG sind Projekte vor ihrer Zulassung oder Durchführung auf ihre Verträglichkeit mit den Erhaltungszielen eines Natura 2000-Gebiets zu überprüfen, wenn sie einzeln oder im Zusammenwirken mit anderen Projekten oder Plänen geeignet sind, dass Gebiet erheblich zu beeinträchtigen, und nicht unmittelbar der Verwaltung des Gebiets dienen. Ergibt die Prüfung der Verträglichkeit, dass das Projekt zu erheblichen Beeinträchtigungen des Gebiets in seinen für die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck maßgeblichen Bestandteilen führen kann, ist es gemäß § 34 Abs. 2 BNatSchG unzulässig.

89

Vorliegend bedurfte das planfestgestellte Vorhaben der Durchführung einer Verträglichkeitsprüfung i.S.v. § 34 Abs. 1 Satz 1 BNatSchG. Denn die B 10 quert in dem vom angefochtenen Planfeststellungsbeschluss umfassten Abschnitt zwischen Bau-Km ca. 0 + 400 und Bau-Km ca. 0 + 830 die Niederung des Flusses Queich mittels eines Brückenbauwerks, das im Zuge der geplanten Erweiterung um einen weiteren Fahrstreifen für die Richtungsfahrbahn Pirmasens – Landau um ein neu zu errichtendes Brückenbauwerk in einem Abstand von bis zu etwa 10 m zum vorhandenen Brückenbauwerk ergänzt werden soll. Bei der Queichniederung handelt es sich um einen aus dem eigentlichen Kerngebiet des FFH-Gebiets 6812 – 301 herausragenden, östlichen Ausläufer am äußersten Rand des Schutzgebiets. Das FFH-Gebiet hat hier eine durchschnittliche Breitenausdehnung von ca. 300 bis 500 m (vgl. die Darstellung in der in den Planunterlagen befindlichen FFH-Verträglichkeitsprüfung, Planordner 1, Anlage 12.4, S. 6 ff.). Wie sich aus der Darstellung der „Wirkfaktoren“ in der FFH-Verträglichkeitsprüfung (a.a.O., S. 19) ergibt, sind mit dem Vorhaben bau- und anlagebedingte Eingriffe sowie betriebsbedingte Wirkfaktoren verbunden, die sich auf die Erhaltungsziele und die für sie maßgeblichen Gebietsbestandsteile auswirken können.

90

Die deshalb im Zuge des Planfeststellungsverfahren durchgeführte FFH-Verträglichkeitsprüfung gelangte jedoch zu dem Ergebnis, dass eine erhebliche Beeinträchtigung des FFH-Gebiets in seinen für die Erhaltungsziele und den Schutzzweck maßgeblichen Bestandteilen bei Berücksichtigung im Einzelnen benannter Maßnahmen zur Schadensbegrenzung ausgeschlossen werden könne; dieser Einschätzung hat sich der Planfeststellungsbeschluss (S. 153 ff.) angeschlossen.

91

In der Klagebegründung hat der Kläger – wie zuvor im Kern bereits in seinem Einwendungsschreiben vom 15. Mai 2007, weshalb eine Präklusion seines Vorbringens in Bezug auf das FFH-Gebietsschutzrecht nicht in Betracht kommt – das Ergebnis der FFH-Verträglichkeitsprüfung unter folgenden Gesichtspunkten angegriffen: Die FFH-Verträglichkeitsprüfung unterliege einer Fehleinschätzung bezüglich eines Vorkommens des prioritären Lebensraumtyps (LRT) 91E0* im Eingriffsraum des Vorhabens; eine vorhabenbedingte erhebliche Beeinträchtigung potentieller Lebensräume von erhaltungszielbestimmenden Schmetterlingsarten sei nicht berücksichtigt worden; es habe einer übergreifenden „Dach-FFH-Verträglichkeitsprüfung“ unter Berücksichtigung der Gesamtstrecke Pirmasens – Landau bedurft; die aus seiner Sicht danach erforderliche Ausnahmeprüfung nach § 34 Abs. 3 BNatSchG genüge nicht den strengen Anforderungen.

92

Der Auffassung des Klägers kann indessen unter keinen der angeführten Gesichtspunkte gefolgt werden. Das Ergebnis der FFH-Verträglichkeitsprüfung ist vielmehr rechtlich nicht zu beanstanden.

93

Klarstellend ist zunächst darauf hinzuweisen, dass der Umstand, dass das geplante Vorhaben mit einer zusätzlichen Flächeninanspruchnahme in der Bachaue und deren Umfeld verbunden ist (vgl. dazu die FFH-Verträglichkeitsprüfung, a.a.O., S. 29), für sich gesehen noch keine erhebliche Beeinträchtigung des FFH-Gebiets in seinen Erhaltungszielen oder seinem Schutzzweck begründet. Wie sich aus § 34 Abs. 2 BNatSchG ergibt, ist nicht jede Inanspruchnahme von Flächen, die zu einem FFH-Gebiet gehören, zwangsläufig als erhebliche Beeinträchtigung des Gebiets zu werten; es kommt vielmehr darauf an, ob das Projekt zu erheblichen Beeinträchtigungen des Gebiets in seinen für die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck maßgeblichen Bestandteilen führen kann. Dementsprechend stellt das Bundesverwaltungsgericht in seiner Rechtsprechung bei baubedingten Flächenverlusten darauf ab, ob sie mit unmittelbaren oder mittelbaren Einwirkungen auf erhaltungszielbestimmende Lebensraumtypen verbunden sind; dabei ist grundsätzlich jeder vorhabenbedingte Verlust von Flächen eines Lebensraumtyps der Anlage I der Habitatrichtlinie als erheblich zu werten, es sei denn, er hätte lediglich Bagatellcharakter (vgl. z.B. BVerwG, Urteil vom 13. Mai 2009 – 9 A 73.07 –, NuR 2009, 711 und juris, Rn. 49, unter Hinweis auf BVerwG, Urteil vom 12. März 2008 – 9 A 9.06 –, BVerwGE 130, 299 und juris, Rn. 124 ff.). Daraus folgt, dass vorhabenbedingte Flächenverluste dann in der Regel keine erhebliche Beeinträchtigung des Gebiets in seinen für die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck maßgeblichen Bestandteilen darstellen, wenn es sich nicht um unmittelbare Verluste von Flächen eines erhaltungszielbestimmenden Lebensraumtyps handelt und sich sonstige Flächenverluste auch nicht mittelbar nachteilig auf Vorkommen eines erhaltungszielbestimmenden Lebensraumtyps auswirken können.

94

Für eine unmittelbare oder mittelbare Beeinträchtigung von Flächen eines erhaltungszielbestimmenden Lebensraumtyps durch das Vorhaben ist indessen vorliegend nichts ersichtlich.

95

Soweit der Kläger in der Klagebegründung vom 31. Januar 2011 noch vorgetragen hat, im Eingriffsbereich des Vorhabens gebe es – entgegen der Annahme in der FFH-Verträglichkeitsprüfung – größere Bestände des erhaltungszielbestimmenden Lebensraumtyps 91E0*, in die durch die Brückenanlage mit einem Flächenbedarf von weit mehr als 1 ha eingegriffen werde, kann dem nicht gefolgt werden. Zum Beleg seiner Behauptungen hatte der Kläger auf Angaben zu drei Biotopen im Landschaftsinformationssystem der Naturschutzverwaltung Rheinland-Pfalz, auf Datenblätter zur Biotopkartierung sowie auf eine sog. HPNV-Kartierung verwiesen. Da es sich bei dem LRT 91E0* (Weichholzauen) um einen prioritären Lebensraumtyp handelt, hätte eine vorhabenbedingte Beeinträchtigung von Vorkommen dieses Lebensraumtyps zur Folge, dass die besonderen Anforderungen des § 34 Abs. 4 BNatSchG an eine Abweichungszulassung (ggf. Einholung einer Stellungnahme der Europäischen Kommission) vorliegen müssten.

96

Die Behauptung des Klägers ist indessen als widerlegt anzusehen. Bereits die in den Planunterlagen befindliche FFH-Verträglichkeitsprüfung hatte sich mit der Frage des Vorkommens des LRT 91E0* im Einwirkungsbereich des Vorhabens befasst und ein Vorkommen von Beständen dieses Lebensraumtyps eindeutig ausgeschlossen; dabei wurde maßgeblich darauf abgestellt, dass es sich bei den im Plangebiet anzutreffenden Gehölzstrukturen nur um schmale Ufergehölzsäume handele (vgl. FFH-Verträglichkeitsprüfung, a.a.O., S. 12). Aufgrund des Vorbringens des Klägers in seinem Einwendungsschreiben, ein Teil der anlagebedingt beeinträchtigten Gehölzbestände sei doch dem prioritären LRT 91E0* zuzuordnen, hatte sich der Beklagte veranlasst besehen, im Frühjahr 2010 eine Nachprüfung in Form einer nochmaligen Begehung und Augenscheineinnahme durch den Dipl.-Biologen H. vom Büro S. durchführen zu lassen, bei der ebenfalls keine Hinweise auf das Vorhandensein von diesem Lebensraumtyp zuzuordnen Vegetationsbeständen festgestellt wurden (vgl. die Stellungnahme des Dipl.-Biologen H. zu den naturschutzfachlichen Einwendungen des Klägers vom 7. Juni 2010, Ordner „Gutachten und ergänzende Stellungnahmen“, Nr. 6, S. 40 f.); dabei wurde ergänzend ausgeführt, dass es sich nur um ein- bis zweireihige Ufergehölze ohne Auwaldcharakter und unterhalb der Mindestgröße von 2.500 m² handele, die dem relevanten Biotoptyp nicht zuzuordnen seien.

97

In Reaktion auf das Vorbringen in der Klagebegründung hat der Beklagte schließlich eine weitere fachliche Stellungnahme des Dipl.-Biologen H. vom 6. April 2011 vorgelegt (Anlage 7 zum Schriftsatz des Beklagten vom 3. Juni 2011). Darin wird im Einzelnen begründet, weshalb die vom Kläger herangezogenen Biotopkartierungen usw. gerade keinen Rückschluss auf das Vorhandensein von Beständen des LRT 91E0* zulassen und weshalb die Kriterien hierfür von den festgestellten Vegetationsstrukturen nicht erfüllt werden. Diesen ergänzenden Feststellungen ist der Kläger im weiteren Verlauf des gerichtlichen Verfahrens nicht mehr entgegengetreten; er ist vielmehr namentlich in seinen Schriftsätzen vom 31. Oktober 2014 und vom 30. März 2015 sowie auch in der mündlichen Verhandlung des Senats auf das Thema nicht mehr weiter eingegangen, so dass schon fraglich erscheint, ob er seine Behauptungen zum Vorkommen der LRT 91E0* nach Vorlage der Stellungnahme vom 6. April 2011 noch aufrechterhalten will. Jedenfalls ist aus Sicht des Senats eine Betroffenheit eines Vorkommens dieses Lebensraumtyps im Einwirkungsbereich des Vorhabens durch den Beklagten nachvollziehbar und schlüssig, unter Berücksichtigung der besten verfügbaren wissenschaftlichen Erkenntnisse ausgeschlossen worden, ohne dass der Kläger den Feststellungen des Dipl.-Biologen H. konkrete eigene abweichende Erkenntnisse entgegenzusetzen vermocht hat. Namentlich stehen die Feststellungen des Dipl.-Biologen H., dass die im Einwirkungsbereich des Vorhabens anzutreffenden Vegetationsstrukturen mangels einer intakten Überflutungsaue, wegen des nur lückigen Charakters der in Frage kommenden Gehölzbestände, bei denen die Lücken stellenweise größer als eine Baumlänge sind, sowie mangels eines für diesen Lebensraumtyp charakteristischen Artenspektrums der Krautschicht nicht dem LRT 91E0* entsprechen, im Einklang mit den im Datenblatt zum Lebensraumtyp 91E0* des Bundesamtes für Naturschutz formulierten Anforderungen an die Feststellung von Vorkommen dieses Lebensraumtyps (vgl. die Internetseite des Bundesamtes für Naturschutz, www.bfn.de/0316typ91e0.html). Denn danach sind insbesondere lückige, fragmentierte Bestände, bei denen die Lücken zwischen den einzelnen Bäumen größer als die Baumhöhe sind, als Baumreihen zu werten und nicht als Bestände des LRT 91E0* zu erfassen.

98

Anders, als der Kläger meint, führt das planfestgestellte Vorhaben auch nicht zu erheblichen Beeinträchtigungen erhaltungszielbestimmender Schmetterlingsarten.

99

Nachdem er bereits im Einwendungsschreiben eine definitive Zerstörung von Lebensräumen der Schmetterlingsarten „Großer Feuerfalter“ (Lycaena Dispar) und „Dunkler Wiesenknopf-Ameisenbläuling“ (Maculinea Nausithous) durch das Vorhaben geltend gemacht hatte, hat der Kläger im gerichtlichen Verfahren im Wesentlichen vorgebracht, das Vorhaben führe zur erheblichen Beeinträchtigung von (jedenfalls potentiellen) Lebensräumen der Schmetterlingsarten „Großer Feuerfalter“ und „Dunkler Wiesenknopf-Ameisenbläuling“, und zwar durch die Verstärkung bereits bestehender Zerschneidungs- und Barrierewirkungen des Brückenbauwerks infolge seiner Erweiterung um eine zweite Brücke, was aufgrund der bereits angespannten Situation der beiden Arten im Gebiet zu einer gravierenden Verschlechterung ihres Erhaltungszustandes und damit zu einer erheblichen Beeinträchtigung des Gebiets in seinen Erhaltungszielen führen werde. Zwar hat der Kläger eingeräumt, dass im unmittelbaren Trassenbereich, soweit dieser das FFH-Gebiet quert, kein geeigneter Lebensraum für die beiden Falterarten vorhanden sei; doch gebe es im Queichtal sowohl nördlich als auch südlich der B 10 Flächen, die für beide Arten geeignet seien und auf deren Verfügbarkeit bzw. Erreichbarkeit es für die Überlebensfähigkeit der Metapopulationen der beiden Arten ankomme. Darüber hinaus sei die Brücken- oder Trittsteinfunktion der betroffenen FFH-Gebietsteile für den großräumigen Zugang von der Rheinebene zum Pfälzer Wald zu beachten, weshalb sich deren Beeinträchtigung durch das Vorhaben auf das Ökoverbundsystem „Natura 2000“ insgesamt auswirke und deshalb im Rahmen der Ausnahmeprüfung nach § 34 Abs. 3 BNatSchG hohe Anforderungen zu stellen seien.

100

Der Planfeststellungsbeschluss hat sich in Auseinandersetzung mit dem entsprechenden Einwendungsvorbringen des Klägers mit den beiden Schmetterlingsarten befasst und unter Bezugnahme auf die der FFH-Verträglichkeitsprüfung zugrunde gelegten faunistischen Erhebungen sowie den „Fachbeitrag Artenschutz“ ausgeführt, dass es für Lebensräume der Art „Großer Feuerfalter“ keine Nachweise und für geeignete Habitate des Dunklen Wiesenknopf-Ameisenbläulings nur Nachweise außerhalb des Wirkbereichs der B 10 gebe, was auch durch aktuelle Überprüfungen im April 2010 bestätigt worden sei; höchst vorsorglich wurde für beide Arten in Kapitel A VI des Planfeststellungsbeschlusses eine Ausnahmegenehmigung nach § 45 Abs. 7 BNatSchG erteilt; zudem – so wird weiter ausgeführt – würden beide Arten auch von der (vorsorglichen) Ausnahmezulassung nach § 34 Abs. 3 BNatSchG erfasst.

101

Im gerichtlichen Verfahren hat der Beklagte eine weitere Stellungnahme des Dipl.-Biologen H. vom 6. April 2011 vorgelegt (Anlage 7 zum Schriftsatz des Beklagten vom 3. Juni 2011). Danach hat eine weitere Überprüfung vor Ort ergeben, dass weiterhin keine Lebensraumpotentiale für die Arten Heller Wiesenknopf-Ameisenbläuling und Großer Feuerfalter im Wirkraum des Vorhabens vorhanden seien und der Dunkle Wiesenknopf-Ameisenbläuling im Bereich des Queichtals zwar vereinzelt nachgewiesen sei; doch seien die nächsten Fundorte nördlich der B 10 weit außerhalb des Wirkraums gelegen und insbesondere seien die für die Falterart bedeutsamen Vorkommen der Hauptfutterpflanze im Eingriffsbereich nicht vorhanden. In einer weiteren Stellungnahme vom 26. Januar 2015, die als Anlage 8 zum Schriftsatz des Beklagten vom 18. Februar 2015 zu den Gerichtsakten gereicht wurde, hat der Dipl.-Biologe H. zur Frage von erheblichen Beeinträchtigungen der beiden erhaltungszielbestimmenden Falterarten die vorliegenden Erkenntnisse wie folgt zusammengefasst: Für die Art Dunkler Wiesenknopf-Ameisenbläuling könne zunächst eine Zerschneidung bedeutsamer Teillebensräume infolge der Verwirklichung des planfestgestellten Vorhabens ausgeschlossen werden. Es sei zwar davon auszugehen, dass jeweils nördlich und südlich der B 10 eine Teilpopulation bestehe, da die Art als sehr standorttreu gelte. Zudem seien große Flächenanteile durch Gehölzbestände abgeriegelt, was einen ständigen Austausch zwischen den Teilflächen beidseits der B 10 nicht erwarten lasse. Ein Überfliegen von größeren Gehölzen sei nur ausnahmsweise anzunehmen. Die Tiere orientierten sich an der Blütenvegetation der Krautschicht und breiteten sich über Offenlandbestände und Säume aus. Dabei seien die Lebensstätten immer eng an das Vorkommen der essenziellen Futterpflanze – Großer Wiesenknopf – gebunden. Hauptflugorte seien Saumstandorte mit Wiesenknopf, wie Grabenränder, Böschungen, Dämme oder Feuchtbrachen sowie in Randbereichen von Mähwiesen. Die Hauptgefährdung der lokalen Population im Talraum der Queich bestehe in der fehlenden Nutzung oder einer ungünstigen Nutzung von Grünland. Zudem seien viele Standorte zwischenzeitlich von Neophyten dominiert. Grundsätzlich sei aber ein Austausch zwischen den beiden Teilräumen denkbar, da für die Art häufige Flugdistanzen von 1 bis 3 km bestätigt worden seien. Für das Projektgebiet sei dabei ein möglicher Austausch insbesondere durch den breiten Korridor mit Staudenfluren entlang der Bahnlinie zu vermuten. Ein zweiter Korridor bestehe potentiell entlang des Queichtalweges, allerdings fehlten hierzu aktuell geeignete Flächen mit Vorkommen der Futterpflanze Großer Wiesenknopf. Mit dem geplanten Vorhaben würden diese möglichen Korridore in ihrer Funktionsfähigkeit nicht verändert: Das vorhandene Bauwerk zur Bahnüberführung bleibe unverändert erhalten. Das daneben neu mit Abstand zu errichtende Bahnbauwerk erhalte aufgrund der großen lichten Weite des vorhandenen Bauwerks in Bodennähe die gleichen Abmessungen. Das bestehende Bauwerk zur Queichquerung der B 10 bleibe ebenfalls unverändert. Das zweite Bauwerk erhalte in Bodennähe eine größere lichte Weite. Es sei daher mit hoher Wahrscheinlichkeit anzunehmen, dass bei einer möglichen Nutzung der bahnbegleitenden bzw. gewässerbegleitenden Saumstrukturen durch die Falterart eine Teilverschattung durch ein zweites Bauwerk keine Rolle spielen werde. Darüber hinaus sei für diese Art ein erhebliches Kollisionsrisiko mit signifikanten Auswirkungen auf die Population der Art nicht gegeben. Denn die Bundesstraße verbleibe wie bisher in einer Dammlage mit breiten Böschungen, die vollständig bepflanzt werden. Dieser Heckenriegel verhindere das ungewollte Einfliegen in den Straßenraum, da Einzeltiere damit zum Überfliegen gezwungen würden. Dies werde aber nach allen bisherigen Kenntnissen zur Ausbreitungsökologie der Art nur in ganz seltenen Fällen vorkommen, da der Dunkle Wiesenknopf-Ameisenbläuling stark strukturgebunden in der Krautvegetation fliege. Auch für die Art Großer Feuerfalter sei eine Zerschneidung bedeutsamer Teillebensräume auszuschließen. Für das Queichtal zwischen Landau und Annweiler sei aus mehrjährigen Studien belegt, dass der Falter nur zeitweise den Talraum besiedele. Lokales bis regionales Aussterben und anschließende Wiederbesiedelung seien mehrfach beobachtet worden, so dass auf einen großen Flächenbedarf für langfristig überlebende Vorkommen geschlossen werde. Die Art werde indessen als sehr flugfähig und mobil eingestuft; dabei sei anzunehmen, dass die Art bei einem möglichen Ausbreitungsflug in jedem Fall eine Orientierung an Blütenpflanzen der Krautschicht suche. Auch ein erhebliches Kollisionsrisiko mit signifikanten Auswirkungen auf die Population dieser Art sei nicht gegeben. Zwar sei ein Überfliegen des gehölzbestandenen Straßendammes potentiell möglich, stelle aber eher die Ausnahme dar. Die Strukturbindung an die Blütenfarben bzw. an die Nektarpflanzen führe dazu, dass auch die Ausbreitungsflüge in der überwiegenden Mehrzahl auf Höhe der Krautschicht erfolgten. Im Falle der Queichbrücke sei daher ein Unterfliegen der Brücke zu postulieren, falls dieser Korridor von der Art überhaupt beflogen werden sollte. Diese Erkenntnisse hat der Gutachter bei seiner ergänzenden Anhörung in der mündlichen Verhandlung anhand zur Gerichtsakte gereichter Karten und Luftbilder nochmals erläutert.

102

Danach teilt der Senat die Auffassung des Beklagten, dass nach Abschluss der Verträglichkeitsprüfung und mehrfacher Überprüfung ihres Ergebnisses durch aktualisierende Begutachtungen kein vernünftiger Zweifel verbleibt, dass erhebliche Beeinträchtigungen des FFH-Gebiets im Hinblick auf die genannten erhaltungszielbestimmenden Schmetterlingsarten ausgeschlossen erscheinen.

103

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sind Maßstab für die Erheblichkeit von Gebietsbeeinträchtigungen i.S.v. § 34 Abs. 2 BNatSchG die für das Gebiet maßgeblichen Erhaltungsziele, also die Festlegungen zur Erhaltung oder Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands der in dem FFH-Gebiet vorkommenden Lebensräume und Arten nach den Anhängen I und II der Habitat-Richtlinie (vgl. z.B. BVerwG, Beschluss vom 10. November 2009 – 9 B 28.09 –, DVBl. 2010, 176 und juris, Rn. 3, m.w.N.). Danach waren hier mögliche Auswirkungen des Vorhabens auf den Erhaltungszustand der drei Schmetterlingsarten „Großer Feuerfalter“, „Dunkler Wiesenknopf-Ameisenbläuling“ und „Großer Mohrbläuling“ (= Heller Wiesenknopf-Ameisenbläuling) im Rahmen der FFH-Verträglichkeitsprüfung zu prüfen, da alle drei Arten in der Anlage I zu § 25 Abs. 2 des Landesnaturschutzgesetzes als maßgebliche Gebietsbestandteile benannt sind und darüber hinaus in der Landesverordnung über die Erhaltungsziele in den Natura 2000-Gebieten (GVBl. 2009, S. 4, 17) als eines der Erhaltungsziele für das FFH-Gebiet „Biosphärenreservat Pfälzerwald“ auch folgendes Ziel benannt wird: „Erhaltung oder Wiederherstellung von nicht intensiv genutzten Mähwiesensystemen, u.a. mit Pfeifengraswiesen und Borstgrasrasen, auch als Lebensräume für Schmetterlinge (insbesondere Maculinea ssp. und Lychaena dispar).“ Zu den Anforderungen an die ordnungsgemäße Durchführung einer FFH-Verträglichkeitsprüfung hat das Bundesverwaltungsgericht in ebenfalls ständiger Rechtsprechung insbesondere ausgeführt: Die Verträglichkeitsprüfung erfordere eine Einzelfallbeurteilung, bei der in einem ersten Schritt eine sorgfältige Bestandserfassung und –bewertung der von dem Projekt betroffenen maßgeblichen Gebietsbestandteile zu erfolgen habe; sodann seien die Einwirkungen zu ermitteln und naturschutzfachlich zu bewerten; ein Projekt ist danach zulässig, wenn nach Abschluss der Verträglichkeitsprüfung kein vernünftiger Zweifel verbleibt, dass erhebliche Beeinträchtigungen vermieden werden; dies setzt die Ausschöpfung aller einschlägigen wissenschaftlichen Mittel und Quellen voraus, wobei es zulässig ist, mit Prognosewahrscheinlichkeiten und Schätzungen zu arbeiten, soweit auch bei Ausschöpfung der einschlägigen Erkenntnismittel nicht ausräumbare Unsicherheiten über Wirkungszusammenhänge verbleiben, sofern dies kenntlich gemacht und begründet wird; dabei können auch Schutz- und Kompensationsmaßnahmen zugunsten des Projekts berücksichtigt werden, sofern sie sicherstellen, dass erhebliche Beeinträchtigungen verhindert werden (vgl. zum Ganzen z.B. BVerwG, Urteil vom 12. März 2008, a.a.O., Rn. 68 und 94).

104

Diesen Anforderungen ist vorliegend in Bezug auf die erhaltungszielbestimmenden Schmetterlingsarten in vollem Umfang Rechnung getragen worden. Wie zuletzt in der ergänzenden fachlichen Beurteilung des Gutachters H. vom 25. Januar 2015 aufgrund abermaliger Begehung und Überprüfung der Vegetationsstrukturen unter gleichzeitiger Auswertung der einschlägigen Fachliteratur überzeugend zusammengefasst wurde, gibt es zum einen keine Nachweise für Populationen des Großen Feuerfalters in den Talwiesen zwischen Godramstein und Landau, sondern nur eine Vermutung für das Einfliegen von Einzelexemplaren aus benachbarten Populationen, die aufgrund ihrer Mobilität aber auch größere Entfernungen mit Hindernissen überwinden können. Demgegenüber muss der Helle Wiesenknopf-Ameisenbläuling in den Talwiesen zwischen Godramstein und Landau wie wohl im gesamten Naturraum Pfälzerwald inzwischen als ausgestorben gelten. Der Dunkle Wiesenknopf-Ameisenbläuling kommt zwar in den Talwiesen zwischen Godramstein und Landau noch vor, doch beschränkt sich das Vorkommen auf drei Fundorte, die weit außerhalb des Eingriffsraumes des Vorhabens, nämlich mehr als 400 m von der B 10-Trasse entfernt liegen, wobei es sich um auf natürliche Weise (Gehölzriegel) abgeschottete, aber selbstständig lebensfähige Metapopulationen handelt, zwischen denen aufgrund der geringen Mobilität der Art kein nennenswerter Austausch stattfindet. Falls überhaupt, werden für Wanderungen von Einzelexemplaren nicht der Bereich der B 10-Querung des Queichtals, sondern kleinere Taleinschnitte (Bahnlinie, Wirtschaftsweg) genutzt, die ein Wandern entlang geeigneter Saumstrukturen ermöglichen. Danach erscheinen dem Senat die Schlussfolgerungen der Gutachter der FFH-Verträglichkeitsprüfung, dass erhebliche Beeinträchtigungen des FFH-Gebiets in seinen auf die genannten Schmetterlingsarten bezogenen Erhaltungszielen ausgeschlossen erscheinen, weil weder Lebensräume der Schmetterlinge im Einwirkungsbereich des Vorhabens vorhanden sind noch durch das Vorhaben für die Arten relevante Zerschneidungs- oder Barriereeffekte bewirkt werden und auch keine signifikante Erhöhung des Kollisionsrisikos gegeben ist, in jeder Hinsicht überzeugend. Sie beruhen auf einer sorgfältigen Bestandserfassung und -bewertung, wurden unter Ausschöpfung aller verfügbaren wissenschaftlichen Erkenntnisse getroffen und unter Inanspruchnahme der fachlichen Einschätzungsprärogative nachvollziehbar begründet. Der Kläger hat demgegenüber keine auf einer überlegenen Fachkunde beruhenden konkreten abweichenden Erkenntnisse hinsichtlich des Vorkommens und des Verhaltens der maßgeblichen Falterarten im Queichtal für sich in Anspruch genommen, die Anlass für eine abweichende Beurteilung der Wirkungen des Vorhabens auf die genannten erhaltungszielbestimmenden Falterarten oder für eine abermalige Begutachtung sein könnten.

105

Zweifel an der Einschätzung im angefochtenen Planfeststellungsbeschluss, dass das Vorhaben nicht zu erheblichen Beeinträchtigungen des FFH-Gebiets in seinen für die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck maßgeblichen Bestandteilen führen kann, sind schließlich auch nicht deshalb angebracht, weil keine abschnittsübergreifende sog. Dach-FFH-Verträglichkeitsprüfung durchgeführt wurde.

106

Der vom Kläger bereits in seinem Einwendungsschreiben geforderten Dach-FFH-Verträglichkeitsprüfung für das gesamte Planungsvorhaben des Ausbaus der B 10 zwischen Pirmasens und Landau bedurfte es nicht. Als „Projekt“ i.S.v. § 34 Abs. 1 BNatSchG, das auf seine Verträglichkeit mit den Erhaltungszielen eines Natura-2000-Gebiets zu überprüfen ist, ist bei fernstraßenrechtlichen Bau- oder Ausbauvorhaben der zulässigerweise gebildete Planungsabschnitt, der Gegenstand des festgestellten Plans ist, anzusehen, hier also der vierstreifige Ausbau der B 10 im Abschnitt zwischen Godramstein und der A 65. Insoweit gilt das zum Projektbegriff im UVP-Recht oben bereits Ausgeführte hier entsprechend. Nur dieser Abschnitt hat daher Gegenstand der FFH-Verträglichkeitsprüfung zu sein. Ergänzend ist gemäß § 34 Abs. 1 Satz 1, 1. Halbsatz BNatSchG lediglich noch zu prüfen, ob das Projekt eventuell (wenn nicht einzeln, so doch) im Zusammenwirken mit anderen Projekten oder Plänen geeignet ist, das Gebiet erheblich zu beeinträchtigen. Diese Frage ist in der FFH-Verträglichkeitsprüfung im Planaufstellungsverfahren untersucht und eindeutig verneint worden (vgl. Planordner 2, Planunterlage 12.4, S. 27 f.), ohne dass dies vom Kläger konkret in Frage gestellt worden ist.

107

Danach bleibt festzuhalten, dass nach dem überzeugenden Ergebnis der mehrfach überprüften und ergänzten FFH-Verträglichkeitsprüfung eine erhebliche Beeinträchtigung von Erhaltungszielen des FFH-Gebiets – zumal unter den vom Kläger vorrangig geltend gemachten Gesichtspunkten der Beeinträchtigung zweier Schmetterlingsarten – hinreichend sicher ausgeschlossen werden kann, das Vorhaben also als FFH-verträglich einzustufen ist. Einer Abweichungszulassung nach § 34 Abs. 3 BNatSchG bedurfte es danach nicht.

108

Unabhängig davon begegnet aber auch die im Planfeststellungsbeschluss (S. 161 ff.) rein vorsorglich durchgeführte Ausnahmeprüfung keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken:

109

Nach § 34 Abs. 3 BNatSchG darf ein Projekt abweichend vom Abs. 2 nur zugelassen oder durchgeführt werden, soweit es aus zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses, einschließlich solcher sozialer oder wirtschaftlicher Art, notwendig ist (Nr. 1) und zumutbare Alternativen, den mit dem Projekt verfolgten Zweck an anderer Stelle ohne oder mit geringeren Beeinträchtigungen zu erreichen, nicht gegeben sind (Nr. 2). Soll ein Projekt nach Abs. 3 zugelassen oder durchgeführt werden, sind zudem die zur Sicherung des Zusammenhangs des Netzes „Natura 2000“ notwendigen Maßnahmen vorzusehen (§ 34 Abs. 5 BNatSchG).

110

Unterstellt, das planfestgestellte Vorhaben würde doch zu erheblichen Beeinträchtigungen von Erhaltungszielen des FFH-Gebiets führen, etwa – was allenfalls in Betracht zu ziehen wäre – unter dem Gesichtspunkt von Zerschneidungs- bzw. Barrierewirkungen in Bezug auf Austauschbeziehungen zwischen Teilpopulationen des Großen Feuerfalters und des Dunklen Wiesenknopf-Ameisenbläulings, so lägen jedenfalls die Voraussetzungen für eine Abweichungszulassung nach den genannten Vorschriften vor:

111

Das Vorhaben des vierstreifigen Ausbaus der B 10 zwischen Godramstein und der Autobahn A 65 wäre in diesem Falle zunächst als aus zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses notwendig anzusehen. Insoweit hat der Planfeststellungsbeschluss in nicht zu beanstandender Weise die gesetzliche Bedarfsfeststellung und die weiteren, zur Erforderlichkeit der Ausbaumaßnahme angeführten Gründe, insbesondere das Ziel der Erhöhung der Verkehrssicherheit, ins Feld geführt. In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass die gesetzliche Bedarfsfeststellung einem Planvorhaben einen besonderen Stellenwert verleiht, der in der Interessenabwägung mit hohem Gewicht zu Buche schlägt (vgl. z. B. BVerwG, Urteil vom 12. März 2008, a.a.O., Rn. 159, m.w.N.). Wie oben bereits ausgeführt, kommt dabei der Einstufung in den Weiteren Bedarf mit Planungsrecht keine „graduelle Minderwertigkeit“ zu; vielmehr entspricht auch ein solches Vorhaben den Zielvorstellungen des § 1 Abs. 1 Fernstraßengesetz, ihm kommt nur bei der konkreten Bereitstellung finanzieller Mittel ein grundsätzlicher Nachrang gegenüber Vorhaben des „Vordringlichen Bedarfs“ zu, der aber die Gewichtigkeit der mit ihm verfolgten Planungsziele als zwingende öffentliche Interessen nicht entscheidend mindert. Der Planfeststellungsbeschluss hat auch eine konkrete „bipolare Abwägung“ zwischen den für das Vorhaben sprechenden Gründen des öffentlichen Interesses und dem Integrationsinteresse des FFH-Gebietes vorgenommen (vgl. auch dazu: BVerwG, Urteil vom 12. März 2008, a.a.O., Rn. 154 und 165) und ist ohne erkennbaren Abwägungsfehler zu dem Ergebnis gelangt, dass die für das Vorhaben sprechenden Gründe die (wenn überhaupt) allenfalls geringfügigen Beeinträchtigungen des Habitatschutzes klar überwiegen. Auf die Frage, ob die Verkehrsprognose methodisch und im Ergebnis in jeder Hinsicht beanstandungsfrei ist, kommt es auch hier angesichts des Gewichts der gesetzlichen Bedarfsfeststellung und der bereits im Ist-Zustand bestehenden hohen Verkehrsbelastung, die – wie ausgeführt – allein schon einen vierstreifigen Ausbau rechtfertigen würde, letztlich nicht an.

112

Der Planfeststellungsbeschluss hat auch eine nicht zu beanstandende Alternativenprüfung vorgenommen, die zutreffend zu dem Ergebnis gelangt ist, dass es keine zumutbaren Alternativen gibt, den mit dem Projekt verfolgten Zweck an anderer Stelle oder mit geringeren Beeinträchtigungen des Habitatschutzes zu erreichen. Dabei hat er sich an der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts orientiert, wonach eine Alternativlösung i.S.v. § 34 Abs. 3 Nr. 2 BNatSchG voraussetzt, dass sich die zulässigerweise verfolgten Planungsziele trotz gegebenenfalls hinnehmbarer Abstriche auch mit ihr erreichen lassen (vgl. z.B. BVerwG, Urteil vom 12. März 2008, a.a.O., Rn. 170, m.w.N.). Da alle denkbaren Trassenalternativen jenseits einer bloßen Erweiterung der bestehenden dreistreifigen B 10 um eine weitere Fahrspur, also namentlich Neubautrassen, zwangsläufig mit wesentlich gravierenderen Eingriffen in Natur und Landschaft verbunden wären und daher von vorneherein ausscheiden, waren letztlich nur Varianten der gewählten Trasse (Anbau im Norden oder im Süden) näher zu erörtern. Der Planfeststellungsbeschluss hat insoweit in jeder Hinsicht überzeugend dargelegt, dass mit dem ausgewählten alternierenden Anbau sowohl die Belange des Habitatschutzes als auch andere Umweltbelange die größtmögliche Schonung erfahren. Dies ist vom Kläger nicht substantiiert in Frage gestellt worden.

113

Der Planfeststellungsbeschluss sieht schließlich auch in ausreichendem Umfang Vermeidungs-, Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen vor, die bei Unterstellung einer (allenfalls geringfügig) die Schwelle der Erheblichkeit übersteigenden Beeinträchtigung von Erhaltungszielen des FFH-Gebiets geeignet erscheinen, den Schutz der globalen Kohärenz des Natura 2000-Netzes sicherzustellen. Dabei hat er sich an den diesbezüglichen Grundsätzen der Rechtsprechung orientiert; diesen zufolge ist es Aufgabe der Kohärenzsicherungsmaßnahmen, die zu dem Projekt hinzutreten, die Funktionseinbuße für die Erhaltungsziele zu kompensieren (vgl. z.B. BVerwG, Urteil vom 13. Mai 2009 – 9 A 73.07 –, NuR 2009, 711 und juris, Rn. 69, m.w.N.). Dabei ist der Funktionsbezug das maßgebliche Kriterium insbesondere auch zur Bestimmung des notwendigen räumlichen und zeitlichen Zusammenhangs zwischen Gebietsbeeinträchtigung und Kohärenzsicherung. Der Ausgleich muss aber nicht notwendig unmittelbar am Ort der Beeinträchtigung erfolgen, sondern es genügt, dass die Einbuße ersetzt wird, die das Gebiet hinsichtlich seiner Funktion für die biogeografische Verteilung der beeinträchtigten Lebensräume und Arten erleidet. In zeitlicher Hinsicht muss mindestens sichergestellt sein, dass das Gebiet unter dem Aspekt des beeinträchtigten Erhaltungsziels nicht irreversibel geschädigt wird. Ist das gewährleistet, lässt sich die Beeinträchtigung aber – wie im Regelfall – nicht zeitnah ausgleichen, so ist es hinnehmbar, wenn die Kohärenzsicherungsmaßnahmen rechtzeitig bis zur Vollendung des Vorhabens ergriffen werden, die Funktionseinbuße hingegen erst auf längere Sicht wettgemacht wird. Dabei ist die Eignung einer Kohärenzsicherungsmaßnahme ausschließlich nach naturschutzfachlichen Maßstäben zu beurteilen, wobei der Planfeststellungsbehörde eine naturschutzfachliche Einschätzungsprärogative zukommt (vgl. zum Ganzen insbesondere BVerwG, Urteil vom 12. März 2008, a.a.O., Rn. 200 ff.).

114

Hieran orientiert hat der Planfeststellungsbeschluss im Einzelnen dargelegt, inwiefern bestimmten der vorgesehenen Maßnahmen – unabhängig davon, ob sie innerhalb oder außerhalb des FFH-Gebiets vorgenommen werden sollen – positive Auswirkungen auf das FFH-Gebiet attestiert werden können, indem sie zu einer Aufwertung von Lebensräumen für erhaltungszielbestimmende Arten (namentlich Fledermäuse, Schmetterlinge) führen oder als Vermeidungsmaßnahmen zum Beispiel Kollisionsrisiken für solchen Arten mindern. Die vom Kläger an der Eignung oder Wirksamkeit einzelner Maßnahmen geäußerten Zweifel sind teilweise irrelevant, soweit sie sich etwa auf eine Kompensation von Beeinträchtigungen des Lebensraumtyps 91E0* beziehen, da ein Vorkommen dieses Lebensraumtyps im Wirkraum der Planung ausgeschlossen werden konnte. Im Übrigen ist ihnen der Beklagte überzeugend entgegengetreten.

115

bb. Des Weiteren lässt der Planfeststellungsbeschluss im Hinblick auf die Anforderungen des europäischen und nationalen Artenschutzrechts keine Defizite erkennen. Namentlich stehen der Verwirklichung des planfestgestellten Vorhabens die zwingenden Regelungen der §§ 44 ff. BNatSchG in Bezug auf besonders geschützte Arten nicht entgegen.

116

Nach den in § 44 BNatSchG normierten Verbotstatbeständen, bei deren Erfüllung ein Vorhaben grundsätzlich unzulässig ist, ist es insbesondere verboten, wildlebenden Tieren der besonders geschützten Arten nachzustellen, sie zu fangen, zu verletzen oder zu töten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören (Nr. 1), wildlebende Tiere der streng geschützten Arten und der europäischen Vogelarten während der Fortpflanzungs-, Aufzucht-, Mauser-, Überwinterungs- und Wanderungszeiten erheblich zu stören, wobei eine erhebliche Störung nur vorliegt, wenn sich durch die Störung der Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art verschlechtert (Nr. 2), und Fortpflanzungs- oder Ruhestätten der wildlebenden Tiere der besonders geschützten Arten aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören (Nr. 3). Für Vorhaben, die – wie das in Rede stehende fernstraßenrechtliche Ausbauvorhaben (vgl. dazu unten unter cc.) – einen nach Maßgabe des § 15 BNatSchG zulässigen Eingriff in Natur und Landschaft darstellen, trifft § 44 Abs. 5 BNatSchG ergänzende Regelungen: Bei solchen Vorhaben liegt gemäß § 44 Abs. 5 Satz 2, wenn in Anhang IV a der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführte Tierarten, europäische Vogelarten oder in einer Rechtsverordnung nach § 54 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG aufgeführte Arten betroffen sind, ein Verstoß gegen das Verbot des Abs. 1 Nr. 1 und im Hinblick auf damit verbundene unvermeidbare Beeinträchtigungen wildlebender Tiere auch gegen das Verbot des Abs. 1 Nr. 1 nicht vor, soweit die ökologische Funktion der von dem Eingriff oder Vorhaben betroffenen Fortpflanzungs- oder Ruhestätten im räumlichen Zusammenhang weiterhin erfüllt wird.

117

Diesen Anforderungen hat der angefochtene Planfeststellungsbeschluss hinreichend Rechnung getragen.

118

Der Planfeststellungsbeschluss handelt die Vereinbarkeit des Vorhabens mit dem europäischen und nationalen Artenschutzrecht umfassend ab und gelangt – gestützt im Wesentlichen auf die im Planfeststellungsverfahren eingeholten und mehrfach überarbeiteten beiden Fachbeiträge „Streng geschützte Arten“ (Planordner 2, Anlage 12.3.1) sowie „Besonders geschützte Arten“ (Planordner 2, Anlage 12.3.2) – zu folgenden Ergebnissen: Unter Berücksichtigung der konkreten Ausgestaltung der Baumaßnahme, der in der Planung enthaltenen naturschutzfachlichen Maßnahmen, der naturschutzfachlichen Bewertungen der Sachverständigen sowie der im Planfeststellungsbeschluss getroffenen Regelungen komme es nicht zur Erfüllung von Verbotstatbeständen des § 44 Abs. 1 i.V.m. Abs. 5 BNatSchG im Hinblick auf Arten des Anhangs IV der FFH-Richtlinie oder im Hinblick auf europäische Vogelarten. Insbesondere führe das planfestgestellte Vorhaben bau-, anlagen- und betriebsbedingt nicht zur Beschädigung oder Zerstörung von Ruhe- und Fortpflanzungsstätten dieser Arten, deren ökologische Funktion im räumlichen Zusammenhang nicht gewahrt werde; ebenso wenig würden erhebliche Störungen i.S.v. § 44 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG verursacht; schließlich würden auch keine Tötungen i.S.v. § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG ausgelöst. Die Voraussetzungen der dennoch dem Vorhabenträger vorsorglich erteilten Ausnahmegenehmigungen nach § 45 Abs. 7 BNatSchG sowie höchstvorsorglich erteilten Befreiung nach § 67 BNatSchG lägen jedoch vor; namentlich stritten für die Baumaßnahme zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses und es gebe für das Vorhaben in seiner konkreten Ausgestaltung auch keine zumutbaren Planungsalternativen und eine Verschlechterung des Erhaltungszustands der Populationen der im Planbereich vorkommenden besonders geschützten Arten sei nicht zu erwarten.

119

Nachdem der Kläger in seinem Einwendungsschreiben noch umfangreichere artenschutzrechtliche Einwendungen erhoben hatte, hat er im gerichtlichen Verfahren – neben Rechtsausführungen – von diesen Einwendungen im Wesentlichen nur noch folgende konkrete Gesichtspunkte weiterverfolgt: Aus dem Fachbeitrag Planunterlage 12.3.2 ergäben sich keine hinreichenden Hinweise auf Größe und Raumanspruch der jeweiligen lokalen Populationen, weshalb eine Beurteilung, ob vereinzelte Tötungen von Tieren zu negativen Auswirkungen auf die jeweilige lokale Population führen, nicht möglich sei. Deshalb seien auch keine Aussagen zu etwaigen Ausnahmen oder Befreiungen möglich, zumal deren Voraussetzungen aus klägerischer Sicht ohnehin nicht zu begründen seien. Die Unkenntnis populationsbezogener Daten schlage auch auf die in Kapitel C II 1, 4. Spiegelstrich des Planfeststellungsbeschlusses vorgesehene Auflage der Errichtung einer ohnehin dringend gebotenen Überflughilfe für Vögel und Fledermäuse durch; denn nach Kapitel C II 1, 5. Spiegelstrich solle die optimale Ausgestaltung der Überflughilfen erst im Vorfeld der Baumaßnahmen mit Hilfe von Untersuchungen durch Fledermausexperten eruiert werden, womit letztlich eine nachträgliche Bestandserhebung angeordnet werde. Gerade im Bereich der Fledermäuse finde nur eine Betrachtung von Hypothesen statt, ohne dass eine sachgerechte Konfliktlösung bewerkstelligt und eine hinreichende Abwägung bei der Ausnahme und Befreiungsentscheidung vorgenommen worden sei.

120

Diese Ausführungen des Klägers sind jedoch nicht geeignet, artenschutzrechtliche Defizite des Planfeststellungsbeschlusses zu begründen:

121

Zunächst sind aus Sicht des Senats keine Zweifel daran veranlasst, dass die Ermittlung und Bestandsaufnahme der im Wirkraum des Vorhabens vorhandenen Tierarten den Anforderungen der Rechtsprechung an Art und Umfang, Methodik und Untersuchungstiefe erforderlicher fachgutachterlicher Untersuchungen entspricht. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts setzt die Prüfung, ob einem Planvorhaben artenschutzrechtliche Verbotstatbestände entgegenstehen, eine ausreichende Ermittlung und Bestandsaufnahme der im Trassenbereich vorhandenen Tierarten und ihrer Lebensräume voraus. Dabei muss jedoch kein lückenloses Arteninventar erstellt werden; lassen bestimmte Vegetationsstrukturen sichere Rückschlüsse auf die faunistische Ausstattung zu, kann es vielmehr mit der gezielten Erhebung der insoweit maßgeblichen repräsentativen Daten sein Bewenden haben. Um die Planfeststellungsbehörde in die Lage zu versetzen, die tatbestandlichen Voraussetzungen der Verbotstatbestände zu überprüfen, benötigt sie aber jedenfalls Daten, denen sich in Bezug auf das Plangebiet die Häufigkeit und Verteilung der geschützten Arten sowie deren Lebensstätten entnehmen lassen (vgl. zum Ganzen z.B. BVerwG, Urteil vom 9. Juli 2008 – 9 A 14.07 –, BVerwGE 131, 274 und juris, Rn. 54, m.w.N.). Die artenschutzrechtliche Prüfung hat bei der Erfassung und Bewertung möglicher Betroffenheiten nach ausschließlich wissenschaftlichen Kriterien zu erfolgen, wobei der Planfeststellungsbehörde insoweit eine naturschutzfachliche Einschätzungsprärogative zusteht (vgl. BVerwG, Urteil vom 9. Juli 2008, a.a.O., Rn. 64 f.).

122

Danach kann hier festgestellt werden, dass die beiden Fachbeiträge Artenschutz – insbesondere in der letzten, an den § 44 ff. BNatSchG i.d.F. vom 29.Juli 2009 orientierten Überarbeitung vom August 2010 – umfassende Darstellungen der im Wirkraum der Planung aufgrund der naturräumlichen Verhältnisse und der Vegetationsausstattung zu erwartenden, besonders und streng geschützten Tier- (und Pflanzen-)Arten enthalten, die sowohl auf einer Auswertung einschlägiger Datenbanken und Fachliteratur als auch auf eigenen Erhebungen bei mehreren Begehungen beruhen. Hinsichtlich jeder Art werden Angaben zu deren (gegebenenfalls nur potentiellem) Vorkommen im Untersuchungsgebiet sowie – darauf beruhend – zum Erhaltungszustand der lokalen Population gemacht. Sodann wird für jede Art deren anlage-, bau- und betriebsbedingte Betroffenheit dargestellt und es werden artspezifische Vermeidungsmaßnahmen hinsichtlich des Tötungsverbots des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG vorgeschlagen. Zusätzlich erfolgt jeweils eine Prognose und Bewertung hinsichtlich der Schädigungstatbestände des § 44 Abs. 1 Nr. 3 und der Störungsverbotstatbestände nach § 44 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG. Dabei gelangt die Untersuchung jeweils zu dem Ergebnis, dass die artenschutzrechtlichen Verbotstatbestände bei Berücksichtigung der im Einzelnen benannten Vermeidungs- und Schadensbegrenzungsmaßnahmen nicht erfüllt werden. Unabhängig davon werden vorsorglich naturschutzfachliche Gründe für eine Ausnahmeerteilung nach § 45 Abs. 7 BNatSchG benannt, wonach in allen Fällen keine (weitere) Verschlechterung des (günstigen oder teilweise auch ungünstigen) Erhaltungszustands der jeweiligen lokalen Population zu erwarten sei. Rechtserhebliche Defizite sind insoweit nicht erkennbar und werden auch vom Kläger nicht substantiiert – etwa unter Hinweis auf abweichende naturschutzfachliche Erkenntnisse – dargelegt.

123

Soweit der Kläger Angaben über die Größe und den Raumanspruch der jeweiligen lokalen Population vermisst, bleibt zu sehen, dass nach der Rechtsprechung gerade kein lückenloses Arteninventar zu erstellen ist, soweit – wie hier – bestimmte Vegetationsstrukturen sichere Rückschlüsse auf die faunistische Ausstattung zulassen. Ebenso wenig bedarf es einer flächendeckenden Individuen- oder Fortpflanzungsstättenzählung, zumal im Einwirkungsbereich der Planung ohnehin aufgrund der starken Vorbelastung durch die vorhandene Straße die meisten Anhang IV-Arten mangels Attraktivität des Umfelds nur allenfalls potentiell vorkommen, während bei den tatsächlich vorkommenden europäischen Vogelarten ubiquitäre Allerweltsarten dominieren.

124

Was schließlich die Kritik des Klägers an dem in Kapitel C II. Nr. 1, 5. Spiegelstrich des Planfeststellungsbeschlusses angeordneten Monitoring durch Fledermausexperten zur Absicherung der genauen Anforderungen an die Überflughilfen für Fledermausarten angeht, kann keine Rede davon sein, dass hier eine nachträgliche Bestandserhebung zur Ausräumung von Defiziten der Bestandsermittlung im Planfeststellungsverfahren angeordnet würde. Wie dargelegt sind Defizite der Bestandsermittlung und -bewertung in Bezug auf keine der potentiell vorkommenden Anhang IV-Arten einschließlich der Fledermäuse feststellbar. Vielmehr handelt es sich bei der Monitoringauflage um eine vorsorgliche Maßnahme im Rahmen eines Risikomanagements, um etwaigen Veränderungen des Fledermausartenspektrums im Untersuchungsraum bis zur baulichen Umsetzung des Vorhabens durch genauere Gestaltung der Überflughilfen aufgrund aktualisierter Bestandserfassungen möglichst optimal Rechnung tragen zu können. Dies steht im Einklang mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung (vgl. z.B. BVerwG, Urteil vom 12. August 2009 – 9 A 64.07 –, BVerwGE 134, 308 und juris, Rn. 92).

125

Ist danach die Schlussfolgerung des Planfeststellungsbeschlusses, dass die Planung unter Berücksichtigung der konkreten Ausgestaltung der Baumaßnahme, der in der Planung enthaltenen naturschutzfachlichen Maßnahmen sowie der im Planfeststellungsbeschluss getroffenen Regelungen nicht zur Erfüllung artenschutzrechtlicher Verbotstatbestände in Bezug auf Anhang IV- und europäische Vogelarten führen wird, nicht zu beanstanden, so hätte es an sich der (vorsorglichen) Erteilung von artenschutzrechtlichen Ausnahmegenehmigungen und sogar Befreiungen nach Kapitel A VI. des Planfeststellungsbeschlusses nicht bedurft. Indessen bestehen aber auch keine Zweifel daran, dass die Voraussetzungen des § 45 Abs. 7 BNatSchG für eine Ausnahmeerteilung vorliegen, da aus den bereits in der habitatschutzrechtlichen Ausnahmeprüfung genannten Gründen zum einen zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses i.S.v. § 45 Abs. 7 Satz 1 Nr. 5 BNatSchG für das Vorhaben streiten und zum anderen zumutbare Alternativen i.S.v. § 45 Abs. 7 Satz 3, 1. Halbsatz BNatSchG nicht gegeben sind. Darüber hinaus ist in den artenschutzrechtlichen Fachbeiträgen für jede (potentiell) betroffene Art überzeugend dargestellt worden, dass sich der Erhaltungszustand der Population auch bei einzelnen Verlusten von Individuen der Art nicht weiter verschlechtern wird (§ 45 Abs. 7 Satz 2, 2. Halbsatz BNatSchG).

126

cc. Der Planfeststellungsbeschluss steht schließlich auch mit der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung gemäß §§ 14 ff. BNatSchG im Einklang.

127

Da die Verwirklichung des planfestgestellten Straßenausbauvorhabens nach der Darstellung in dem zu den Planunterlagen zählenden Fachbeitrag Naturschutz (Planordner 2, Anlage 12.0, S. 38 ff.) mit einer Vielzahl von bau-, anlage- und betriebsbedingten Auswirkungen auf Natur und Landschaft verbunden ist, die als Eingriffe i.S.v. § 14 Abs. 1 BNatSchG zu werten sind, sieht der Planfeststellungsbeschluss in seinem verfügenden Teil eine große Zahl von Vermeidungs-, Minimierungs- und Kompensationsmaßnahmen vor, die neben gebiets- und artenschutzrechtlichen Zielsetzungen auch (zum Teil multifunktional) dem Eingriffsausgleich dienen und dem Straßenbaulastträger zur Beachtung und Durchführung auferlegt werden (vgl. Kapitel C, II., Nr. 1 des Planfeststellungsbeschlusses). Darüber hinaus werden in Kapitel C, II., Nrn. 2 bis 4 bestimmte landespflegerische Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen konkret festgelegt. Ferner enthält der Planfeststellungsbeschluss in Kapitel C, II., Nrn. 5 bis 9 weitere Regelungen mit teilweisem Bezug zur Eingriffsregelung. In der Begründung des Planfeststellungsbeschlusses (S. 149 bis 252) wird näher erläutert, inwiefern den Anforderungen der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung Genüge getan wurde; das Konzept zur Vermeidung, zum Ausgleich und zum Ersatz von Eingriffen beruht auf den im Planfeststellungsverfahren vom Büro S. erstellten „Fachbeitrag Naturschutz“ (Planordner 2, Anlage 12, mit Erläuterungsbericht 12.0 nebst Anhang I „Maßnahmenverzeichnis“).

128

Während der Kläger im Einwendungsschreiben vom 15. Mai 2007 sich noch ausführlicher mit den vorgesehenen Eingriffen in Natur und Landschaft auseinandergesetzt und eine Reihe aus seiner Sicht bestehende Defizite gerügt hatte, hat er im gerichtlichen Verfahren das Eingriffs- und Ausgleichskonzept des Planfeststellungsbeschlusses nicht grundsätzlich, sondern nur noch punktuell unter folgenden zwei Gesichtspunkten angegriffen: Zum einen hat er die Regelung in Kapitel C, II., Nr. 2 des Planfeststellungsbeschlusses aufgegriffen, nach der die landespflegerischen Maßnahmen 2.4 E AB (Erweiterung Bachuferwald an der Queich, ca. 1.500 m²) und 3.2 E AB (Extensivierung Uferrandstreifen an der Queich, ca. 1.200 m²) – auf als berechtigt anerkannte Einwendung u.a. des Klägers – an eine andere Stelle verlegt werden sollen, wobei der neue Standort der Maßnahmen und deren Ausgestaltung mit der oberen Naturschutzbehörde abzustimmen sind. Insoweit rügt der Kläger, dass es an einer hinreichenden tatsächlichen und rechtlichen Sicherung der beiden Maßnahmen fehle. Zum anderen schließt der Kläger aus der in derselben Regelung des Planfeststellungsbeschlusses enthaltenen weiteren Auflage, dass „in diesem Zusammenhang … auch der Verlust von ca. 400 m² Gehölzfläche sowie von ca. 150 m² Röhricht-Staudenflur zu kompensieren“ sei, dass sich dahinter ein weiterer, bisher nicht offengelegter Eingriff in Natur und Landschaft verberge. Hieraus folgert der Kläger, dass der Planfeststellungsbeschluss nicht den gesetzlichen Anforderungen an die Kompensation gemäß § 17 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 BNatSchG genüge und auch deshalb rechtswidrig sei.

129

Die Kritik des Klägers ist auch in diesen beiden Punkten nicht stichhaltig:

130

Entgegen der Annahme des Klägers bestehen zunächst keine durchgreifenden Bedenken daran, dass die Umsetzung der Maßnahmen 2.4 E AB und 3.2 E AB auch nach Aufgabe des bisher vorgesehenen Standorts (Parzelle 1704/2) wegen festgestellter mangelnder Eignung in ausreichender Weise gesichert ist. Wie der Beklagte überzeugend ausgeführt hat, sind die Maßnahmen zum einen inhaltlich durch Aufnahme in den landespflegerischen Begleitplan und dessen Einbeziehung in die festgestellten Planunterlagen hinreichend bestimmt; durch Verfügung gemäß Kapitel B Nr. 7 des Planfeststellungsbeschlusses ist dem Vorhabenträger der Eingriffsausgleich nach Maßnahme des landespflegerischen Begleitplans auch verbindlich auferlegt worden. Mit der Anordnung in Kapitel C II., Nr. 2 Satz 2 und 3, wonach der neue Standort der Maßnahmen und deren Ausgestaltung mit der Oberen Naturschutzbehörde abzustimmen und die Realisierbarkeit der Maßnahme am neuen Standort der Planfeststellungsbehörde gegenüber vor Baubeginn nachzuweisen ist, erscheint hinreichend gewährleistet, dass durch die Verlegung an einen anderen Standort keine quantitativen oder qualitativen Einbußen hinsichtlich der in den Planunterlagen beschriebenen Kompensationsziele beider Maßnahmen auftreten werden und die Baumaßnahme auch nicht ohne die Ersatzmaßnahmen ausgeführt werden darf. Die in Kapitel C II. Nr. 2 vorgesehene Möglichkeit, die beiden landespflegerischen Maßnahmen in Abstimmung mit der Oberen Naturschutzbehörde auf anderen als den im landespflegerischen Begleitplan ursprünglich dafür vorgesehenen Flächen zu verwirklichen, ist im Übrigen als Planvorbehalt gemäß § 74 Abs. 3 VwVfG zulässig (vgl. dazu OVG RP, Urteil vom 10. März 2009 – 8 C 10435/08.OVG –, NuR 2009, S. 636 und juris, Rn. 92, m.w.N.).

131

Ebenso wenig ist die Auflagenregelung in Kapitel C II. Nr. 2, Satz 4 zu beanstanden. Wie der Beklagte nachvollziehbar dargelegt hat, handelt es sich bei dem dort angesprochenen Verlust von ca. 400 m² Gehölzfläche sowie von ca. 150 m² Röhricht bzw. Staudenflur um ein zusätzliches Kompensationsdefizit, das erst aufgrund einer Überprüfung früherer Vegetationskartierungen bei einer Begehung im März 2010 durch den Dipl.-Biologen H. festgestellt worden ist. Es kann dem Planfeststellungsbeschluss nicht mit Erfolg vorgehalten werden, dass insoweit ein nachträglich festgestelltes Kompensationsdefizit offengelegt wird, nachdem gleichzeitig dem sich daraus ergebenden zusätzlichen Kompensationsbedarf durch die angesprochene Auflage Rechnung getragen wird.

132

Da im Übrigen Defizite des Eingriffs-Ausgleichskonzepts des Planfeststellungsbeschlusses vom Kläger nicht mehr konkret gerügt werden und auch aus Sicht des Senats in keiner Weise ersichtlich sind, steht der Planfeststellungsbeschluss auch mit den Anforderungen der §§ 14 ff. BNatSchG insgesamt im Einklang.

133

c. Letztendlich genügt der angegriffene Planfeststellungsbeschluss auch den Anforderungen des fachplanerischen Abwägungsgebots.

134

Nach § 17 Satz 2 FStrG sind bei der Planfeststellung für den Ausbau einer Bundesfernstraße die von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange einschließlich der Umweltverträglichkeit im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigen.

135

Auch in Bezug auf die Vereinbarkeit des Planfeststellungsbeschlusses mit § 17 Satz 2 FStrG ist daran festzuhalten, dass es sich bei dem Abwägungsgebot nur insoweit um eine „dem Umweltschutz dienende Vorschrift“ im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 1 UmwRG handelt, als es sich auf die abwägungsbeachtlichen Belange des Umweltschutzes bezieht (vgl. z. B. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 14. Oktober 2010 – 8 C 10233/14.OVG –, a.a.O., Rdnr. 39, unter Hinweis auf Fellenberg/Schiller, a.a.O., § 2 UmwRG, Rdnr. 16, m.w.N.). Das Rügerecht des Klägers ist daher darauf beschränkt, Abwägungsfehler in Bezug auf die abwägungserheblichen Belange des Umweltschutzes geltend zu machen.

136

Der Planfeststellungsbeschluss leidet indessen an keinem Abwägungsfehler, der sich – zumindest mittelbar – auf die von der Planung berührten Umweltbelange auswirken könnte.

137

aa. Der Planfeststellungsbeschluss genügt zunächst den Anforderungen an die als wesentlicher Aspekt des Abwägungsgebots anzusehende Prüfung von Alternativen zu dem beantragten Vorhaben, und zwar namentlich im Hinblick auf etwaige die betroffenen Umweltbelange schonendere Alternativlösungen, was der Kläger als Umweltverein gemäß § 2 Abs. 1 UmwRG allein rügen kann.

138

Grundsätzlich hat die Planfeststellungsbehörde alle in Betracht kommenden Alternativen – einschließlich der Nullvariante – in den Blick zu nehmen und ihre Eignung für das geplante Projekt - zumindest grob - zu prüfen (vgl. z. B. BVerwG, Urteil vom 3. März 2011 – 9 A 8.10 –, BVerwGE 139, 150 und juris, Rn. 65, sowie Urteil vom 24. November 2010 – 9 A 13.09 –, BVerwGE 138, 225 und juris, Rn. 62).

139

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts handelt eine Planfeststellungsbehörde bei der Prüfung von Alternativen für ein fernstraßenrechtliches Ausbauvorhaben nicht schon dann fehlerhaft, wenn eine andere als die von ihr bevorzugte Trassenführung ebenfalls mit guten Gründen vertretbar gewesen wäre. Die Grenze der planerischen Gestaltungsfreiheit bei der Auswahl zwischen verschiedenen Trassenvarianten ist erst dann überschritten, wenn eine alternative Linienführung sich unter Berücksichtigung aller abwägungserheblichen Belange eindeutig als die bessere, weil öffentliche und private Belange insgesamt schonendere darstellen würde, wenn sich mit anderen Worten diese Lösung der Behörde hätte aufdrängen müssen. Dabei ist die Behörde allerdings nicht verpflichtet, die Variantenprüfung bis zuletzt offen zu halten und alle von ihr zu einem bestimmten Zeitpunkt erwogenen oder ihr vorgeschlagenen Alternativen gleichermaßen detailliert und umfassend zu untersuchen. Auch im Bereich der Planungsalternativen braucht sie den Sachverhalt nur so weit aufzuklären, wie dies für eine sachgerechte Entscheidung und eine zweckmäßige Gestaltung des Verfahrens erforderlich ist. Sie ist befugt, eine Alternative, die ihr auf der Grundlage einer Grobanalyse als weniger geeignet erscheint, schon in einem frühen Verfahrensstadium auszuscheiden. Ein Abwägungsfehler liegt auch in diesem Fall erst vor, wenn sich die nicht näher untersuchte Lösung der Behörde hätte aufdrängen müssen (vgl. BVerwG, Urteil vom 19. Juli 2008 - 9 A 14.07 -, BVerwGE 131, 274 und juris, Rn. 135, m.w.N.).

140

Gemessen an diesen Maßstäben ist der angefochtene Planfeststellungsbeschluss nicht zu beanstanden. Er enthält zunächst in Kapitel E IV. 5. im Zusammenhang mit der Planrechtfertigung unter „Planungsvarianten“ eine sehr weit gefasste Auseinandersetzung mit Planungsalternativen einschließlich der „Nullvariante“ sowie einer Verbesserung des öffentlichen Personennahverkehrs (Ausbau der Queichtalbahn) und einer Verlagerung von Lkw-Transitverkehren auf die Schiene als theoretisch denkbaren Alternativen im weitesten Sinne, wobei beides mit Blick auf die gesetzliche Bedarfsfeststellung für einen vierstreifigen Ausbau der B 10 als nicht planungszielkonform verworfen wird. Daneben setzt sich der Planfeststellungsbeschluss in diesem Zusammenhang mit von der Einwenderseite ins Spiel gebrachten Ausbauvarianten (Beibehaltung des dreistreifigen Querschnitts mit Verbesserungen der Verkehrsführung, Wahl eines Querschnitts ohne Standstreifen etc.) auseinander und verwirft auch diese unter Hinweis auf ihre Unvereinbarkeit mit den Anforderungen an die Verkehrssicherheit. Schließlich wird die Wahl der Vorzugsvariante - Anbau eines weiteren Fahrstreifens an die bestehende Bundesstraße - als die die betroffenen Umwelt- und privaten Eigentumsbelange insgesamt schonendste Ausbauvariante begründet; die Wahl des konkreten Ausbauquerschnitts SQ 26 wird in Kapitel E. V. 1. nochmals eingehend erläutert. Im Übrigen wird im Rahmen der vorsorglichen Abweichungsprüfung im Habitatschutzrecht sowie der vorsorglichen Ausnahmeerteilung im Artenschutzrecht bei der Frage nach zumutbaren Alternativen auf diese Ausführungen zu den Planungsvarianten verwiesen.

141

Der Kläger hat im gerichtlichen Verfahren das Thema „Alternativenprüfung“ nur noch punktuell und eher kursorisch angesprochen. So hat er im Zusammenhang mit der Kritik an der Verkehrsprognose von M. die fehlende Berechnung eines „echten Prognose-Nullfalls (kein Ausbau des planfestgestellten Abschnitts)“ gerügt. Ferner hat er im Zusammenhang mit seinem Vortrag zur Notwendigkeit und zu den Anforderungen einer habitatschutzrechtlichen Abweichungsprüfung eher pauschal vorgetragen, der Nachweis des Fehlens einer zumutbaren Alternative mit geringeren oder keinen Beeinträchtigungen sei „ganz sicher nicht erbracht worden“, insbesondere fehle es an einer Prüfung, ob nicht auch eine Trasse in schmalerer Ausführung zur Querung des FFH-Gebietes möglich sei.

142

Diese Kritikpunkte treffen nicht zu. So beinhalten die Verkehrsuntersuchungen von M., die der Planung zugrunde gelegt wurden, auch Prognosen für den sog. „Analyse-Nullfall“; darüber hinaus wurde in der im gerichtlichen Verfahren vorgelegten ergänzenden Verkehrsuntersuchung vom 20. März 2014 (Verkehrsanalyse 2013/Verkehrsprognose 2030) auch ein Analyse-Nullfall untersucht, der nur den Verzicht auf den planfestgestellten Abschnitt umfasst. Im Übrigen ergibt sich bereits aus dem oben Gesagten, dass sich der Planfeststellungsbeschluss auch mit anderen Ausbauvarianten einschließlich geringerer Ausbauquerschnitte eingehend auseinander gesetzt hat. Es ist jedenfalls nichts dafür ersichtlich, dass die Erwägungen des Planfeststellungsbeschlusses zu den Planungsvarianten den – gegenüber den Anforderungen z. B. des § 34 Abs. 3 Nr. 2 BNatSchG weniger strengen – Maßgaben der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Alternativenprüfung im Rahmen der fachplanerischen Abwägung nicht genügen könnten. Insbesondere ist weder konkret vorgetragen worden noch sonst ersichtlich, dass der Planfeststellungsbeschluss bei der Zusammenstellung des Abwägungsmaterials eine ernsthaft in Betracht kommende Alternativlösung unberücksichtigt gelassen oder nicht mit der ihr zukommenden Bedeutung in die vergleichende Prüfung der von den möglichen Alternativen jeweils berührten öffentlichen und privaten Belange eingestellt hat. Ebenso wenig lässt sich feststellen, dass eine andere als die gewählte Trassenführung und Ausbauvariante (vierspuriger Ausbau, alternierend an der Nord- und Südseite der bestehenden Trasse, mit einem Ausbauquerschnitt SQ 26) sich unter Berücksichtigung aller abwägungserheblichen Belange als die bessere, weil öffentliche und private Belange insgesamt schonendere hätte aufdrängen müssen. Namentlich ist dem Beklagten darin beizupflichten, dass die sog. Nullvariante von vornherein mangels Eignung zur Verwirklichung der sich aus der gesetzlichen Planfeststellung ergebenden Planungsziele auszuscheiden hat und verkehrspolitisch andersartige Konzepte (z. B. Ausbau der Queichtalbahn und Verlagerung von Lkw-Transitverkehr auf die Schiene) ebenfalls vor diesem Hintergrund außer Betracht zu bleiben haben.

143

bb. Auch die Bildung eines Planungsabschnitts für den Ausbau der Teilstrecke der B 10 zwischen Godramstein und der A 65 ist Ergebnis einer fehlerfreien Abwägung. Daher kann offen bleiben, inwieweit Einwendungen gegen die Abschnittsbildung überhaupt von der Rügebefugnis des Klägers gemäß § 2 Abs. 1 UmwRG umfasst werden.

144

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist die Bildung von Planungsabschnitten, z. B. bei einem Straßenbauvorhaben, als Ausprägung des fachplanerischen Abwägungsgebots grundsätzlich zulässig, weil Streckenvorhaben ab einer gewissen Länge aus praktischen Gründen nicht in einem Verfahren geprüft und planfestgestellt werden können. Sie stellt daher ein Instrument der planerischen Problembewältigung dar; doch darf sich die Teilplanung nicht soweit verselbständigen, dass von der Gesamtplanung ausgelöste Probleme voraussichtlich ungelöst bleiben. Erforderlich, aber auch ausreichend ist eine Vorausschau auf nachfolgende Abschnitte nach Art eines „vorläufigen positiven Gesamturteils“: Eine Prognose für die nachfolgenden Abschnitte muss ergeben, dass der Verwirklichung des (Gesamt-)Vorhabens keine von vornherein unüberwindlichen Hindernisse entgegenstehen (vgl. z. B. BVerwG, Beschluss vom 23. November 2007 – 9 B 38.07 –, NuR 2008, 276 und juris, Rn. 20, m.w.N.). Vor dem Hintergrund der beabsichtigten Gesamtplanung muss der Teilabschnitt zudem eine eigenständige - wenn auch nicht in vollem Umfang die ihm in der Gesamtplanung zugedachte - Verkehrsfunktion für den Fall haben, dass sich das Gesamtkonzept der Planung im Nachhinein als nicht realisierbar erweist (vgl. BVerwG, Urteil vom 21. März 1996 – 4 C 19/94 -, BVerwGE 100, 370 und juris, Rn. 48; siehe auch Urteil vom 24. November 2010 – 9 A 13.09 –, BVerwGE 138, 226 und juris, Rn. 69).

145

Gemessen an diesen Grundsätzen unterliegt die Abschnittsbildung vorliegend keinen durchgreifenden Bedenken. Im Planfeststellungsbeschluss werden die Gründe für die Abschnittsbildung im Zusammenhang mit den Ausführungen zur Planungskonzeption (Seite 90 ff. des Planfeststellungsbeschlusses) näher erläutert. Danach kommt dem Abschnitt zwischen der A 65 und Godramstein ein eigenständiger Verkehrswert auch unabhängig von der Gesamtstrecke zu, weil der vierstreifige Ausbau dieser Teilstrecke zu einer Verbesserung der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs in diesem Teilbereich führen wird, da der neu herzustellende Bereich an vorhandene Straßen angebunden ist und daher eine durchgängige Verkehrsführung erreicht werde. Dabei stünden Entlastungswirkungen für das innerörtliche Verkehrsnetz der Stadt Landau allerdings nicht im Vordergrund, obwohl davon auszugehen sei, dass sich auch auf verschiedenen Straßen im Stadtbereich durchaus Verkehrsentlastungen einstellen werden. Im Übrigen sei auch die weitere Voraussetzung einer Abschnittsbildung, dass in den weiteren Abschnitten keine unüberwindbaren Hindernisse für die Realisierung zu erwarten seien, zu bejahen, und zwar sowohl im Hinblick auf die Finanzierbarkeit des Ausbaus der Tunnelabschnitte als auch hinsichtlich der dort zu erwartenden Verkehrsbelastung; die Frage, ob in den Folgeabschnitten darüber hinaus unüberwindliche naturschutzrechtliche Hindernisse zu erwarten sind, wird im Planfeststellungsbeschluss gesondert im Zusammenhang mit den Einwendungen des Klägers zur sog. Dach-FFH-Verträglichkeitsprüfung erörtert und im Ergebnis verneint (vgl. Seite 282 des Planfeststellungsbeschlusses).

146

Auch aus Sicht des Senats unterliegt zunächst keinem ernstlichen Zweifel, dass dem planfestgestellten Abschnitt aus den im Planfeststellungsbeschluss genannten Gründen eine eigenständige Verkehrsfunktion - selbst für den Fall eines Scheiterns des Gesamtprojekts im Nachhinein - zukommt. Dies folgt zum einen aus der jetzt schon bestehenden, im Grundsatz unstreitigen hohen Verkehrsbelastung des Abschnitts, die spürbare Verbesserungen der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs durch einen – richtlinienkonformen – vierspurigen Ausbau mehr als wahrscheinlich macht, zum anderen aus dem Umstand, dass es sich um den bloßen Ausbau (in Form des Anbaus einer weiteren Fahrspur) eines bereits bestehenden, schon dreistreifig ausgebauten Teilstücks einer Bundesstraße handelt, das allseitig an das bestehende Verkehrsnetz angebunden ist, so dass auch bei Scheitern der im westlichen Anschluss geplanten Folgeabschnitte keinesfalls die Entstehung eines sog. „Planungstorsos“ zu befürchten ist. Darüber hinaus ist im Rahmen der Erörterung der Frage der Notwendigkeit einer sog. „Dach-UVP“ oben bereits geklärt worden, dass die Planfeststellungsbehörde im Rahmen der von ihr anzustellenden Prognose in nicht zu beanstandender Weise feststellen konnte, dass der Verwirklichung des Vorhabens in den nachfolgenden Abschnitten jedenfalls in Bezug auf die Umweltauswirkungen keine von vornherein unüberwindlich erscheinenden Hindernisse entgegenstehen.

147

cc. Entgegen der Ansicht des Klägers steht der Planfeststellungsbeschluss auch im Hinblick auf die Belastung der - bis auf weiteres - nur zweispurigen Tunnelstrecken im Teilstück der B 10 zwischen Annweiler und Rinnthal mit dem Gebot planerischer Konfliktbewältigung im Einklang. Dabei kann offen bleiben, ob das diesbezügliche Vorbringen des Klägers im gerichtlichen Verfahren mangels hinreichender Thematisierung in seinem Einwendungsschreiben vom 15. Mai 2007 nicht bereits präkludiert ist, nachdem er dort das Thema „Konfliktbewältigung im Hinblick auf Folgekonflikte in nachfolgenden Ausbauabschnitten“ nur sehr allgemein – ohne ausdrücklichen Bezug zu den Tunnelstrecken – angesprochen hatte.

148

In rechtlicher Hinsicht ist das vom Kläger angesprochene Gebot der Problem- bzw. Konfliktbewältigung ein anerkannter Abwägungsgrundsatz: Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist die Planfeststellungsbehörde grundsätzlich gehalten, alle Probleme, die sich durch das Planvorhaben ergeben, bzw. alle Konflikte, die durch die Planungsentscheidung geschaffen werden, im Planfeststellungsbeschluss zu bewältigen; dabei kann die Konfliktbewältigung auch darin bestehen, dass die Planfeststellungsbehörde die endgültige Problemlösung einem spezialisierten und verbindlichen, auf gesetzlicher Regelung beruhenden Verfahren überlässt (vgl. z. B. BVerwG, Beschluss vom 2. September 2010 – 9 B 11/10 –, NuR 2010, 799 und juris, Rn. 20 sowie Urteil vom 12. August 2009 – 9 A 64/07 –, BVerwGE 134, 308 und juris, Rn. 107, jeweils m.w.N.).

149

Indessen handelt es sich bei den vom Kläger behaupteten Folgekonflikten in den Tunnelstrecken zwischen Annweiler und Rinnthal tatsächlich nicht um solche Konflikte bzw. Probleme, die durch die konkret in Rede stehende Planungsentscheidung – den vierstreifigen Ausbau der B 10 im Abschnitt zwischen Godramstein und der A 65 – (bereits) aufgeworfen werden, und zwar weder im Hinblick auf die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs im Bereich der Tunnelstrecken, noch hinsichtlich einer steigenden Belastung der umliegenden Gemeinden sowie von Natur und Landschaft in diesem Bereich durch Verkehrsimmissionen (was der Kläger als Umweltverband im Rahmen seines beschränkten Rügerechts wohl ohnehin allein geltend machen könnte). Vielmehr erweist sich das diesbezügliche Vorbringen des Klägers als bereits in sich widersprüchlich und daher als unschlüssig: Während der Kläger im Übrigen –namentlich zum Bestreiten der Planrechtfertigung sowie im Habitatschutzrecht zum Bestreiten der FFH-Verträglichkeit des Vorhabens – stets geltend macht, die der konkreten Planung zugrunde gelegten Verkehrsuntersuchungen von M. seien aufgrund fehlerhafter Methodik und nicht mehr zutreffender Datengrundlagen zu einer erheblichen Überschätzung der künftigen Verkehrsbelastung auf der (gesamten) B 10 zwischen Pirmasens und Landau gelangt, trägt er im vorliegenden Zusammenhang vor, ausgehend von den „als zutreffend unterstellten“ Aussagen der Verkehrsuntersuchung von M. komme es zu ungelösten Folgekonflikten der abschnittsweisen Ausbauplanung in den Tunnelstrecken, weil diese zu schwerwiegenden Gefahrensituationen infolge einer Kapazitätsüberschreitung in den Tunnelstrecken führe. Dem kann jedoch nicht gefolgt werden: Gerade wenn man die Aussagen der Verkehrsuntersuchungen von M. als richtig unterstellt, geben sie für die Annahme einer nennenswerten Steigerung der Verkehrsbelastung unmittelbar westlich von Godramstein und damit erst recht für eine solche in den noch weiter westlich gelegenen Tunnelstrecken als Folge des Ausbaus im Abschnitt zwischen Godramstein und der A 65 nichts her. Wie sich aus der vom Beklagten im gerichtlichen Verfahren vorgelegten ergänzenden Verkehrsuntersuchung von M. vom 21. Januar 2010 ergibt, mit der als weiterer Planungsfall die Auswirkungen eines vierstreifigen Ausbaus der B 10 in den bereits fertiggestellten Abschnitten zwischen Pirmasens und Hinterweidenthal sowie zusätzlich im vorliegend in Rede stehenden Abschnitt zwischen Godramstein und der A 65 bezogen auf den Planungshorizont 2020 untersucht werden, ist als Folge des (zusätzlichen) Ausbaus lediglich im Abschnitt zwischen Godramstein und der A 65 in den westlich von Godramstein gelegenen Abschnitten insgesamt keine weitere Verkehrsbündelung oder großräumige Verkehrsverlagerung zu erwarten; vielmehr wird als Folge dieser Ausbaustufe westlich von Godramstein eine nur geringe Verkehrszunahme von 300 Kraftfahrzeugen je 24 Stunden (+ 1 %) im Durchgangsverkehr prognostiziert (vgl. dazu die Anlage 1 zum Schriftsatz des Beklagten vom 3. Juni 2011, dortige Seite 4). In einer weiteren Stellungnahme von M. vom 17. November 2011 (Anlage 2 zum Schriftsatz des Beklagten vom 3. Juni 2011, dortige Seite 11 f) wird dieser sehr geringe Verlagerungseffekt eines Ausbaus im planfestgestellten Abschnitt damit begründet, dass sich in Höhe Annweiler (Wilgartswiesen) schon bisher eine Verkehrsscheide bezüglich der Orientierung der Verkehrsteilnehmer einerseits in Richtung Pirmasens, andererseits in Richtung Landau befinde, mit der Folge, dass an dieser Stelle die niedrigsten Verkehrsbelastungen im Zuge der B 10 vorhanden seien und von dort aus in Richtung Westen bzw. in Richtung der A 65 kontinuierlich zunähmen. Grundsätzlich gehen die der Planung zugrunde gelegten Verkehrsuntersuchungen von M. aus den Jahren 2004 und 2005 von einer Verkehrsbelastung im Jahre 2020 im Bereich der zweistreifigen Tunnelstrecken bei Zugrundelegung der Planungsfälle 1 und 2 im Umfang von rund 21.000 bzw. 25.000 Kraftfahrzeugen je 24 Stunden aus. Nach den Vorgaben der einschlägigen Richtlinien für die Sicherheit in Tunnelstrecken (HBS 2001) sei bei dieser Durchflussmenge die Leistungsfähigkeit der Tunnel - lediglich einhergehend mit einer Reduzierung der mittleren Pkw-Reisegeschwindigkeit von 80 auf 65 km/h - gegeben. Legt man diese Einschätzungen von M. - wie vom Kläger in diesem Zusammenhang unterstellt - als richtig zu Grunde, so kann keine Rede davon sein, dass es infolge der als zutreffend unterstellten Aussagen der Verkehrsuntersuchungen zu ungelösten Folgekonflikten der angefochtenen Ausbauplanung in den Tunnelstrecken in Gestalt von zusätzlichen Gefahrensituationen und erheblich ansteigenden Verkehrsimmissionen infolge planungsbedingter Kapazitätsüberschreitungen im Bereich der vier Tunnel kommen wird. Dies gilt im Übrigen erst recht, wenn die Verkehrsuntersuchungen, wie vom Kläger in anderen Zusammenhängen behauptet, von erheblich zu hohen Prognosezahlen sowohl für den jetzt planfestgestellten Abschnitt als auch für die gesamten künftigen Ausbaustrecken ausgegangen sein sollten. Denn in der logischen Konsequenz dieses Vorbringens müsste von geringeren Verkehrsverlagerungen infolge des Ausbaus im planfestgestellten Abschnitt in den westlich von Godramstein befindlichen Teilstrecken und damit auch in den Tunnelstrecken ausgegangen werden.

150

Unabhängig davon erscheinen dem Senat die Einschätzungen von M., dass es infolge des vierstreifigen Ausbaus der B 10 in dem nur wenige Kilometer umfassenden Abschnitt zwischen der A 65 und Godramstein (noch) nicht zu nennenswerten Verkehrssteigerungen westlich von Godramstein und damit erst recht nicht zu Lasten der Tunnelstrecken zwischen Annweiler und Rinnthal kommen wird, plausibel und nachvollziehbar begründet. Sie beruhen auf der aus den Ergebnissen der Verkehrszählungen und Verkehrsteilnehmerbefragungen abgeleiteten Feststellung, dass sich bei Annweiler eine „Verkehrsscheide“ bezüglich der Orientierung der Verkehrsteilnehmer einerseits in Richtung Pirmasens und andererseits in Richtung Landau befindet, als deren Folge die Verkehrsbelastung von dieser Stelle aus, an der sie am niedrigsten im gesamten Verlauf der B 10 ist, kontinuierlich in Richtung Westen und in Richtung Osten zunimmt. Diese Grundausrichtung der regionalen Verkehrsströme im Analyse-Nullfall wird auch vom Kläger und dem von ihm beauftragten Unternehmen R. nicht in Frage gestellt. Hiervon ausgehend erscheint es aber naheliegend, dass der vorliegend in Rede stehende vierspurige Ausbau zwischen Godramstein und der A 65 in erster Linie Entlastungswirkungen im Straßennetz rund um die Stadt Landau haben wird und deshalb zu nennenswerten Verkehrsverlagerungen nur aus dem - teilweise nahezu parallellaufenden (wie die K 13) - nachgeordneten Straßennetz in und um Landau auf den ausgebauten Abschnitt führen wird. Hingegen erscheint die Annahme, es könnte bereits als Folge des vierstreifigen Ausbaus nur zwischen der A 65 und Godramstein dauerhaft zu erheblichen Verkehrsverlagerungen des regionalen und sogar des überregionalen Verkehrs (einschließlich des Güterschwerverkehrs) in westlicher Richtung über das vorläufige Ausbauende bei Godramstein hinaus bis zu den Tunnelstrecken kommen, eher fernliegend. Das Problem einer möglichen Überlastung der Tunnelstrecken würde sich vielmehr voraussichtlich erst und nur dann stellen, wenn alle weiteren Teilstrecken zwischen Godramstein und Pirmasens bis auf die Tunnelstrecken vierspurig ausgebaut würden und nur diese dauerhaft unverändert zweispurig blieben. Ein solches Szenario ist indessen in den längerfristigen Ausbauplanungen des Bundes gerade nicht vorgesehen. Vielmehr sieht der von M. in der Verkehrsuntersuchung 2004/2005 untersuchte Planungsfall 4 (Ausbau der Gesamtstrecke zwischen Pirmasens und der A 65) auch den vierstreifigen Ausbau der Tunnelstrecken vor.

151

dd. Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss lässt des Weiteren im Hinblick auf die abwägungsfehlerfreie Berücksichtigung sonstiger Belange des Umweltschutzes, namentlich des Schutzes vor Verkehrsimmissionen, keinerlei Defizite erkennen.

152

Es ist anerkannt, dass insbesondere Aspekte des Lärmschutzes – über die Beachtung der Vorgaben des zwingenden Rechts (§ 41 des Bundesimmissionsschutzgesetzes - BImSchG) hinaus – auch zusätzlich im Rahmen des fachplanerischen Abwägungsgebots zu berücksichtigen sind (vgl. z. B. BVerwG, Urteil vom 17. März 2005 – 4 A 18/04 –, BVerwGE 123, 152 und juris, Rn. 18). Nichts anderes gilt für sonstige, vom Betrieb eines planfestgestellten Straßenneu- oder -ausbauvorhabens ausgehende Immissionen (Luftschadstoffe, Vibrationen; vgl. dazu z. B. BVerwG, Urteil vom 12. August 2008 – 9 A 64/07 –, BVerwGE 134, 308 und juris, Rn. 107). Da sich das Abwägungsgebot des § 17 Satz 2 FStrG insoweit auf Umweltbelange bezieht, umfasst das Rügerecht eines anerkannten Umweltverbands auch die Geltendmachung diesbezüglicher Abwägungsfehler.

153

Vorliegend sind Zweifel an der Bewältigung der planungsbedingten Verkehrsimmissionsproblematik durch den angefochtenen Planfeststellungsbeschluss weder im Hinblick auf die Vorgaben des § 41 BImSchG noch hinsichtlich der diesbezüglichen Anforderungen des Abwägungsgebots angebracht, insbesondere auch vom Kläger nicht näher thematisiert worden.

154

Das im Planfeststellungsbeschluss in Kapitel E VII. dargestellte Lärmschutzkonzept stützt sich auf schalltechnische Berechnungen, die gemäß Teil A. VIII., Nr. 28 des Planfeststellungsbeschlusses Bestandteil der festgestellten Planunterlagen sind. Bei der Ermittlung der Beurteilungspegel wurde auf die Verkehrszahlen des Planungsfalls 4 der Verkehrsprognose abgestellt, d. h. auf die Verkehrszahlen eines durchgehenden vierstreifigen Ausbaus der B 10 zwischen der A 62/A 8 (bei Pirmasens) und der A 65 (bei Landau). Aus immissionstechnischer Sicht wurde also eine „Worst-Case-Betrachtung“ vorgenommen und nicht lediglich die prognostizierten Verkehrszahlen infolge des (zunächst) alleinigen Ausbaus des planfestgestellten Abschnitts, sondern die nach dem künftigen Ausbau der Gesamtstrecke prognostizierten maximalen Verkehrszahlen zugrunde gelegt und zu Gunsten der Betroffenen daran orientierte Lärmschutzmaßnahmen vorgesehen. Diese umfassen u. a. entsprechend dimensionierte Lärmschutzwälle und -wände südlich der B 10 zum Schutz der Wohnbebauung „Schützenhof“ sowie am südöstlichen Ortsrand von Godramstein. Weitergehende Forderungen von Einwendern, z. B. nach Lärmschutz im Bereich des Naherholungsgebiets „Reiterwiesen“ oder nach Einbau sog. Flüsterasphalts werden zurückgewiesen. Der Planfeststellungsbeschluss setzt sich auch mit Fragen des Lärmschutzes infolge von Verkehrszunahmen im weiteren Straßennetz sowie mit der Problematik von Summenpegeln auseinander und gelangt in der Gesamtabwägung zum Lärmschutz zu dem Ergebnis, dass die an den einzelnen Immissionsorten verbleibenden Immissionsbeeinträchtigungen hinzunehmen seien. Die Lärmschutzmaßnahmen sind dem Straßenbaulastträger in Kapitel C. V. des Planfeststellungsbeschlusses im Einzelnen auferlegt worden.

155

In Kapitel E. VIII. setzt sich der Planfeststellungsbeschluss auch mit der zu erwartenden Luftschadstoffbelastung auseinander und gelangt auf der Grundlage von Planfällen aus der Verkehrsuntersuchung von M. sowie gestützt auf ein Luftschadstoffgutachten zu dem Ergebnis, dass ausbaubedingt – unter Zugrundelegung der prognostizierten Verkehrsentwicklung des planfestgestellten Ausbauabschnitts, aber auch der verkehrlichen Auswirkungen im nachgeordneten Verkehrsnetz – keine wesentlichen Veränderungen der Schadstoffbelastung zu erwarten seien und insbesondere die gesetzlich vorgegebenen Grenzwerte an allen untersuchten Immissionsorten in Wohnbereichen unterschritten werden.

156

In der Klagebegründung wird die Frage des Immissionsschutzes, insbesondere des Lärmschutzes, nur dahingehend angesprochen, dass sich aus den behaupteten Mängeln der Verkehrsprognose auch erhebliche Abwägungsmängel in Bezug auf die Gewichtung von Umweltbelangen ergäben, z. B. in Bezug auf den Lärmschutz. Konkrete Rügen in Bezug auf das Lärmschutzkonzept enthält die Klagebegründung nicht; andere Verkehrsimmissionen, etwa Luftschadstoffe, werden nicht näher angesprochen. Mit seinem Vorbringen, die von ihm angenommenen Mängel der Verkehrsprognose hätten erhebliche Abwägungsmängel in Bezug auf die Gewichtung von Umweltbelangen, namentlich eine Fehlgewichtung der Lärmschutzbelange, zur Folge gehabt, vermag der Kläger indessen nicht durchzudringen.

157

Zwar setzt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts eine ordnungsgemäße Untersuchung der von einem Straßenbauvorhaben voraussichtlich ausgehenden Geräuschimmissionen voraus, dass die Lärmprognose bzw. die ihr zugrunde liegende Verkehrsprognose mit den zu ihrer Zeit verfügbaren Erkenntnismitteln unter Beachtung der für sie erheblichen Umstände methodisch fachgerecht erstellt worden ist, wobei die Überprüfungsbefugnis des Gerichts sich allein auf die Wahl einer geeigneten fachspezifischen Methode, die zutreffende Ermittlung des der Prognose zugrunde liegenden Sachverhalts und darauf erstreckt, ob das Ergebnis einleuchtend begründet worden ist (vgl. z. B. BVerwG, Beschluss vom 23. Juni 2009 – 9 VR 1.09 –, NVwZ-RR 2009, 753 und Rn. 14). Zugleich hat das Bundesverwaltungsgericht aber deutlich gemacht, dass es, soweit es um die Frage einer Fehlgewichtung der Lärmimmissionsbelastung zu Lasten Dritter geht, nur auf solche Mängel einer Lärm- bzw. Verkehrsprognose ankommen kann, die eine Unterschätzung der Verkehrsentwicklung und damit der mit ihr verbundenen Verkehrsimmissionsbelastung zur Folge haben (vgl. BVerwG, Urteil vom 18. März 2009 – 9 A 39.07 –, BVerwGE 133, 239 und juris, Rn. 104 f).

158

Vor diesem Hintergrund erweist sich das Vorbringen des Klägers, die von ihm behaupteten Mängel der Verkehrsprognose hätten auch erhebliche Abwägungsmängel in Bezug auf die Gewichtung der betroffenen Umweltbelange, „insbesondere auch des Schutzes vor Lärmimmissionen und Luftschadstoffen“ (so etwa in seinem Schriftsatz vom 30. März 2015), zur Folge gehabt, als ungeeignet zur Begründung von Abwägungsmängeln, die im Sinne von § 17e Abs. 6 Satz 1 FStrG erheblich, weil auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen sein könnten. Wie im Planfeststellungsbeschluss überzeugend dargestellt, hat die der Planung zugrunde gelegte Verkehrsprognose von M. im Hinblick auf die Ermittlung und Bewertung der beim vierspurigen Ausbau des planfestgestellten Abschnitts zu erwartenden Verkehrslärmimmissionsbelastungen den Charakter einer „Worst-Case-Betrachtung“, weil sich die Planfeststellungsbehörde bei der Ausgestaltung ihres Lärmschutzkonzepts an der nach der Verkehrsprognose größtmöglichen Verkehrsbelastung der B 10 orientiert hat, nämlich am Planungsfall 4 der Verkehrsuntersuchung 2004/2005, der einen durchgängigen vierstreifigen Ausbau der B 10 zwischen Pirmasens und der A 65 voraussetzt. Auf diese Weise ist sichergestellt worden, dass bereits im angefochtenen Planfeststellungsbeschluss für den Abschnitt zwischen Godramstein und der A 65 ein am Planungsfall 4 ausgerichtetes Lärmschutzkonzept entwickelt und planfestgestellt worden ist. Es ist nicht ersichtlich, dass bei dieser Vorgehensweise die Auswirkungen des Vorhabens in Bezug auf Verkehrsimmissionen unterschätzt worden sein könnten. Dies wäre umgekehrt nur vorstellbar, wenn der Planfeststellungsbeschluss von einer zu geringen Verkehrsbelastung ausgegangen wäre. Ein solches Szenario wird indessen vom Kläger nicht vorgetragen; vielmehr erhebt er stets umgekehrt den Vorwurf, es sei von zu hohen Erwartungen hinsichtlich des künftigen Verkehrsaufkommens ausgegangen worden. Die vom Kläger insoweit behaupteten Mängel der der Planung zugrunde gelegten Verkehrsprognose sind aber von vornherein nicht geeignet, eine fehlerhafte Gewichtung der Verkehrsimmissionsbelastung im Sinne einer in diesem Zusammenhang allein relevanten Unterschätzung zu begründen. Daher kommt es auch hier auf die Berechtigung der Detailrügen des Klägers in Bezug auf die Verkehrsuntersuchungen von M. nicht an.

159

ee. Anders, als der Kläger meint, leidet der angefochtene Planfeststellungsbeschluss schließlich auch nicht an einer fehlerhaften Gesamtabwägung.

160

Der Planfeststellungsbeschluss begegnet vielmehr auch unter dem Gesichtspunkt der Gesamtabwägung aller betroffenen öffentlichen und privaten Belange keinen Bedenken. Die Planfeststellungsbehörde ist ohne Abwägungsfehler davon ausgegangen, dass die für das Vorhaben sprechenden verkehrlichen Belange angesichts der gesetzlichen Bedarfsfeststellung und der den vierstreifigen Ausbau bereits rechtfertigenden Ist-Belastung des planfestgestellten Abschnitts einerseits, des nicht zu beanstandenden umfassenden Maßnahmenkonzepts zur Vermeidung, Minderung oder Kompensation von Eingriffen in die Umwelt, aber auch von Beeinträchtigungen privater Dritter namentlich durch Verkehrsimmissionen andererseits die mit dem Vorhaben verbundenen verbleibenden Beeinträchtigungen deutlich überwiegen.

161

Der Kläger versucht, unter dem Aspekt einer fehlerhaften Gesamtabwägung eine Verletzung des Gebots gerechter Abwägung aller betroffenen privaten und öffentlichen Belange gemäß § 17 Satz 2 FStrG daraus herzuleiten, dass die aus seiner Sicht mangelhafte Verkehrsprognose zu einer Abwägungsdisproportionalität geführt habe, weil nicht fehlerfrei bestimmt worden sei, welches Gewicht den für das Vorhaben sprechenden verkehrlichen Belangen im Verhältnis zur Gewichtung der Eingriffe in die Rechtssphäre einer Vielzahl von Betroffenen sowie in eine Vielzahl von Belangen des Umweltschutzes zukomme.

162

Dem kann nicht gefolgt werden. Es erscheint bereits zweifelhaft, ob der Kläger, nachdem seine Kritik an Methodik und Datengrundlage der Verkehrsuntersuchungen von M. – wie dargelegt – weder im Zusammenhang mit der Planrechtfertigung noch im Rahmen des Habitat- und Artenschutzrechtes durchgreift, im Rahmen seines nach § 2 Abs. 1 UmwRG eingeschränkten Rügerechts befugt ist, angebliche Mängel der Verkehrsprognose unter dem Aspekt fehlerhafter Gesamtabwägung gleichsam losgelöst von der Darlegung negativer Auswirkungen auf konkrete Umweltbelange geltend zu machen. Jedenfalls sind nach Überzeugung des Senats durchgreifende Bedenken an Methodik, Datengrundlage und Begründung des Prognoseergebnisses der der Planung zugrundeliegenden Verkehrsuntersuchungen nicht veranlasst.

163

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts unterliegen Verkehrsprognosen nur eingeschränkter gerichtlicher Kontrolle: Sie sind lediglich darauf zu überprüfen, ob sie methodisch einwandfrei erarbeitet worden sind, nicht auf unrealistischen Annahmen beruhen und ob das Prognoseergebnis einleuchtend begründet worden ist (vgl. z.B. BVerwG, Beschluss vom 15. März 2013 – 9 B 30.12 –, juris, Rn. 10 und Urteil vom 18. März 2009 – 9 A 39.07 –, BVerwGE 133, 239 und juris, Rn. 105 sowie Urteil vom 9. Juni 2010 – 9 A 20.08 –, NuR 2010, 870 und juris, Rn. 73, jeweils m.w.N.).

164

Zwar greift der Kläger die im Auftrag des Vorhabenträgers erstellten Verkehrsuntersuchungen von M. unter Bezugnahme auf diverse Stellungnahmen des Büros R. unter allen diesen Gesichtspunkten detailliert an, so insbesondere in den Schriftsätzen vom 31. Januar 2011 unter Bezugnahme auf eine als Anlage 5 hierzu vorgelegte Stellungnahme von R. vom Januar 2011, und im Schriftsatz vom 31. Oktober 2014 unter Bezugnahme auf weitere Stellungnahmen von R. vom Februar 2011, vom Juli 2014 und vom September 2014. Der Beklagte ist seinerseits allen Kritikpunkten eingehend unter Vorlage von Erwiderungen und ergänzenden Stellungnahmen insbesondere von M. und dem Landesbetrieb Mobilität entgegengetreten; dabei hat er auf aus seiner Sicht bestehende gravierende Fehler von R. hingewiesen, so namentlich mit Schriftsatz vom 3. Juni 2011, unter Bezugnahme auf die als Anlagen 5 und 6 zu diesem vorgelegten Stellungnahmen von M. vom 17. März 2011, mit Schriftsatz vom 22. März 2011 unter Bezugnahme auf die als Anlagen 5 und 6 hierzu vorgelegten Stellungnahmen des LBM vom 1. April 2011; schließlich mit Schriftsatz vom 18. Februar 2015, unter Bezugnahme auf weitere Stellungnahmen des LBM, von M. und von V..

165

Vor dem Hintergrund der nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nur sehr eingeschränkten gerichtlichen Überprüfungsbefugnis hinsichtlich Verkehrsprognosen, des Umstands, dass es nach dieser Rechtsprechung ohnehin keine gesetzliche Vorgabe gibt, nach welchen Methoden eine Verkehrsprognose im Einzelnen zu erstellen ist (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 23. April 2014 – 9 A 25.12 –, BVerwGE 149, 289 und juris, Rn. 30), und weil im Übrigen Verkehrsprognosen – wie alle Verkehrsprognosen – keiner Richtigkeitsgewähr unterliegen (vgl. z.B. BVerwG, Beschluss vom 28. November 2013 – 9 B 14.13 –, DVBl. 2014, 237 und juris, Rn. 7) sowie unter Berücksichtigung des eingeschränkten Rügerechts des Klägers besteht indessen keine Veranlassung, in allen Einzelheiten auf die Kritikpunkte des Klägers und des von ihm beauftragten Büros R. einzugehen. Dies widerspräche nicht zuletzt auch der vom Bundesverwaltungsgericht betonten Absicht des Gesetzgebers, mit der gesetzlichen Bedarfsfeststellung auch einen nachfolgenden Verwaltungsprozess von einem Gutachterstreit über die „richtigere“ Verkehrsprognose zu entlasten (vgl. BVerwG, Urteil vom 3. Mai 2013, a.a.O., Rn. 24).

166

Vielmehr sind aus Sicht des Senats nur die nachfolgenden Feststellungen veranlasst: Das vom Vorhabenträger mit der Erstellung der Verkehrsuntersuchungen beauftragte Büro M. hat namentlich in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 19. Januar 2015 (vorgelegt als Anlage 10 zum Schriftsatz des Beklagten vom 18. Februar 2015) noch einmal – unter Vertiefung der in den Verkehrsuntersuchungen 2004/2005 und 2013 hierzu bereits enthaltenen Angaben – die Methodik der von ihr erstellten Verkehrsuntersuchungen näher erläutert. Die danach im Wesentlichen auf empirischen Erhebungen (Verkehrszählungen, Verkehrsteilnehmerbefragungen, Ermittlungen zur siedlungsstrukturellen Entwicklung etc.) beruhende Methodik der Erstellung einer Verkehrsuntersuchung wird, wie der Beklagte und der Vertreter von M. unwidersprochen dargelegt haben, seit Jahrzehnten angewandt und hat sich – wie Vergleiche früherer Prognoseergebnisse mit der tatsächlichen Verkehrsentwicklung belegt haben – im Wesentlichen bewährt. Demgegenüber haben der Kläger und die Vertreter von R. auch in der mündlichen Verhandlung nicht konkret darzulegen vermocht, dass und in welcher Hinsicht die von ihnen favorisierte sog. synthetische Vorgehensweise im konkreten Planungsfall zu in relevantem Umfang abweichenden Prognoseergebnissen geführt hätte.

167

Bestehen danach keine durchgreifenden Bedenken an der methodischen Erarbeitung der der Planung zugrunde gelegten Verkehrsuntersuchungen, so ist im Übrigen aus Sicht des Senats auch nicht ersichtlich oder vom Kläger nachvollziehbar dargelegt worden, dass die Verkehrsprognosen in ergebnisrelevantem Umfang auf unrealistischen Annahmen beruhen könnten oder weshalb das Prognoseergebnis nicht einleuchtend begründet worden sein sollte.

168

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

169

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten beruht auf §§ 167 VwGO, 708 ff. ZPO.

170

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil Gründe der in § 132 Abs. 2 VwGO bezeichneten Art nicht vorliegen.

Beschluss

171

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 25.000,00 € festgesetzt (§ 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 34.4 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013, abgedruckt in LKRZ 2014, 169).

Tenor

Die Berufungen der Kläger gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 29. Juli 2010 - 8 K 2721/08 - werden zurückgewiesen.

Von den Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Klägerin zu 1 15/36, der Kläger zu 2 17/36 und die Klägerinnen zu 3 und 4 je 1/18 mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen, der diese auf sich behält.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Kläger wenden sich gegen den Planfeststellungbeschluss für den (teilweisen) Neubau der Kreisstraße K 7725 - Südumfahrung Kehlen - sowie den Umbau der Knotenpunkte zwischen der B 30 und der L 333.
Der Kläger zu 2 ist Eigentümer der im Ortsteil Gunzenhaus (Süd) der Gemeinde Meckenbeuren gelegenen Grundstücke Flst. Nr. 525 und 525/1 (...straße ...). Das letztere Grundstück ist mit einem Wohngebäude nebst Doppelgarage bebaut, das der Kläger zu 2 mit der Klägerin zu 1 bewohnt. Das angrenzende Grundstück Flst. Nr. 525 ist mit einem Nebengebäude (Holzlager, Stall, Carport) bebaut. Die K 7725 wird künftig statt bislang 700 bis 800 m nur mehr in einem Abstand von ca. 145 bzw. 115 m an diesen Gebäuden vorbeiführen.
Die Klägerinnen zu 3 und 4 sind zusammen mit dem Kläger zu 2 Mitglieder einer Erbengemeinschaft und als solche Gesamthandseigentümer des Grundstücks Flst. Nr. 528, welches teilweise als Erdbeerpflanzung verpachtet ist und im Übrigen als Streuobstwiese genutzt wird. Das 7.715 m2 große Grundstück wird durch das Straßenbauvorhaben (einschließlich des landschaftspflegerischen Begleitplans) teilweise dauernd (3.217 m2) und teilweise vorübergehend (546 m2) in Anspruch genommen.
Unter dem 29.06.2006 leitete das Regierungspräsidium Tübingen auf Antrag des Landkreises Bodenseekreis das Planfeststellungsverfahren für den Neubau der Südumfahrung Kehlen als „K 7725 neu“ und den Umbau des Knotenpunktes B 30/L 333 ein.
Nachdem den Trägern öffentlicher Belange und den anerkannten Naturschutzverbänden Gelegenheit gegeben worden war, zu dem Plan bis zum 02.10.2006 Stellung zu nehmen, wurde in den „Gemeindenachrichten Gemeinde Meckenbeuren“ am 08.07.2006 amtlich bekannt gemacht, dass die Planunterlagen vom 10.07. bis 09.08.2006 im Rathaus während der Dienststunden zur allgemeinen Einsichtnahme auslägen. Jeder könne bis spätestens zwei Wochen nach Ablauf der Auslegungsfrist - bis einschließlich zum Mittwoch, 23.08.2006 - bei der Gemeinde oder beim Regierungspräsidium Tübingen Einwendungen gegen den Plan schriftlich oder zur Niederschrift erheben. Die Einwendung müsse innerhalb der Einwendungsfrist den geltend gemachten Belang und das Maß seiner Beeinträchtigung erkennen lassen. Mit Ablauf der Einwendungsfrist seien alle Einwendungen ausgeschlossen, die nicht auf besonderen privatrechtlichen Titeln beruhten.
Mit am 23.08.2006 eingegangenen Anwaltsschreiben vom 23.08.2006 erhoben die Kläger im Wesentlichen folgende Einwendungen: Ihr Grundstück dürfe nur in Anspruch genommen werden, wenn sämtliche Belange rechtsfehlerfrei ermittelt und abgewogen seien; dies sei nicht der Fall. Die Lärmbelastung für ihre Grundstücke rühre derzeit von nur 26 Fahrzeugbewegungen her, weshalb die Wohnqualität bislang nur sehr wenig durch Straßenverkehrslärm beeinträchtigt sei. Eine Vorbelastung bestehe nur aufgrund der nördlich verlaufenden Eisenbahnstrecke Ulm - Friedrichshafen und des westlich gelegenen Flughafens. Dass die besondere Lärmsituation im Bereich des nahegelegenen Brückenbauwerks ermittelt worden sei, sei nicht ersichtlich. Unklar sei, ob, was allein sachgerecht sei, bei Bestimmung der Immissionsrichtwerte von einem Wohngebiet ausgegangen worden sei. Die erhebliche Vorbelastung sei bei der Lärmberechnung völlig außer Acht gelassen worden, obwohl aufgrund der eintretenden Gesamtbelastung die Grenze zur Gesundheitsbeeinträchtigung überschritten werde. Jedenfalls seien Auflagen vorzusehen, aufgrund denen auf nicht prognostizierte, erhöhte Immissionsbelastungen mit aktiven und passiven Schallschutzmaßnahmen reagiert werden könne. Ein Eingriff in das Landschaftsbild und den Erholungswert der Landschaft, insbesondere in den Naherholungsbereich und das Erholungsgelände von Gerbertshaus dürfe nur erfolgen, wenn es keine Alternativen gebe. Durch die Straße werde auch die historische Bindung an den Hauptort Kehlen zerschnitten. Eine Neuplanung sei schließlich gar nicht erforderlich. Bei Realisierung der B 30 neu würde Kehlen ohnehin entlastet. Auch sonst gebe es eine wesentlich geeignetere Variante. Auf der Höhe des Ortsteils Lochbrücken könne etwa außerhalb des bewohnten Gebiets eine Stichstraße zum nördlichen Teil des Flughafens und entweder auf dem Flughafengelände selbst oder an diesem entlang zum Messegelände geführt werden. Auf diese Weise könnten auch der Flughafen und das neue Industriegebiet angeschlossen werden; vor allem würden eine Zerschneidung des Landschaftsbildes und der Siedlungsstruktur sowie ein Erwerb von Naherholungsraum vermieden und Gunzenhaus würde keiner zusätzlichen Lärmbelastung ausgesetzt. Ob die geplante Ortsumfahrung tatsächlich zu einer Entlastung Kehlens führen werde, sei ohnehin zweifelhaft, da sie einen wesentlichen Umweg bedeuten würde.
Die Klägerinnen zu 3 und 4 machten mit nahezu gleichlautenden, am 22.08.2008 eingegangen Schreiben vom 11. bzw. 20.08.2006 im Wesentlichen noch geltend: Sie wendeten sich nicht nur gegen die unmittelbare Inanspruchnahme ihres Grundstücks Flst. Nr. 528, sondern auch gegen die von den zukünftig zu erwartenden Schallemissionen ausgehenden Beeinträchtigungen ihrer Gesundheit, ihres Haus- und Wohneigentums und der landwirtschaftlichen Nutzung jenes Grundstücks. Sie seien als Bürgerinnen des Ortsteils Gerbertshaus dramatischen Auswirkungen des steigenden Verkehrsaufkommens, der Veränderung der landwirtschaftlichen Nutzflächen und einer damit möglicherweise einhergehenden Änderung des lokalen Klimas ausgesetzt. Eine Beeinträchtigung des Naherholungsgebiets im Bereich der Schussen und des Erholungsgeländes in Gerbertshaus sei nicht hinnehmbar. Auch der gewährte Lärmschutz sei unzureichend, da es zu einer nicht akzeptablen Zunahme der Lärmbelastung komme. Schon jetzt sei der Lärm durch den Flug- und Zeppelinbetrieb, die Triebwerksprobeläufe, die zunehmenden Start- und Landebewegungen sowie den Bodenlärm durch den Straßen- und Eisenbahnverkehr unerträglich. Die Belastung erreiche in der Summe nunmehr ein erheblich störendes, teilweise sogar gesundheitsrelevantes Maß. Die geplante Trasse passe nicht ins Landschaftsbild und trenne das Ortsbild. Gutachten und Prognosen, die die Erhöhung des Verkehrsaufkommens durch die geplante Erweiterung der Messe, die Fertigstellung der B 31, die Erweiterung des Flugplatzes Friedrichshafen sowie den Bau der geplanten B 30 neu berücksichtigten, gebe es nicht. Zur Gewährleistung eines wirksamen Immissionsschutzes müssten die kurz-, mittel- und langfristigen Verkehrszahlen prognostiziert werden. Insofern sei der Bau der Südumfahrung zumindest bis zur Fertigstellung der B 30 neu zurückzustellen. Die erstellten Prognosen seien unrealistisch, berücksichtige man die im Gemeindeblatt veröffentlichten Geschwindigkeitskontrollen an der K 7725. Bislang sei nur die gerade durch die Südumfahrung zu erwartende Mehrbelastung in den Blick genommen worden, wobei die Auswirkungen der Brücke möglicherweise unberücksichtigt geblieben seien. Der Ortsteil Gunzenhaus müsse jedenfalls als Wohngebiet berücksichtigt werden. Schließlich seien sie es gewohnt, zur Nachtzeit bei offenem Fenster zu schlafen. Alternative Vorschläge, wie die direkte Anbindung der Messe Friedrichshafen via Flugplatz („Shuttlestraße" über die bestehende Brücke) auf den Seewald Kreisverkehr, seien nicht weiter verfolgt worden. Die Vervielfachung des Verkehrsaufkommens werde den Verkehrswert ihrer Hausgrundstücke und ihres Grundbesitzes mindern. Auch werde die Nutzbarkeit der Außenbereiche stark eingeschränkt. Es müsse geregelt werden, welche Rechte ihnen als Eigentümer von Wohngrundstücken zustünden, sollten die Vorgaben im Planfeststellungsbeschluss nicht eingehalten werden. Erforderlich sei eine „Schallgarantie“, die sicherstelle, dass ihnen auch ein in der Umweltmedizin künftig erkannter und von der Gesetzgebung oder Rechtsprechung anerkannter erhöhter Schallschutz zu Gute komme. Die durch Gewährung von (passivem) Schallschutz nicht ausgleichbaren Nachteile für die Nutzung ihres Wohneigentums müssten durch eine angemessene Entschädigung ausgeglichen werden.
Im Rahmen der Erörterungsverhandlung am 20.12.2007 wies der Kläger zu 2 auf die relativ große Verkehrsmenge aus dem Raum Friedrichshafen hin und lehnte die Planung als eine mit 15 Millionen Euro zu teure Notlösung ab. Eine kleine Lösung von der Lochbrücke am Flughafen entlang zur Messe für etwa 2 Millionen Euro reiche völlig aus. Nach Fertigstellung der B 30 neu möge geprüft werden, ob die Ortsumgehung Kehlen noch benötigt werde.
Am 26.09.2008 erließ das Regierungspräsidium Tübingen den Planfeststellungsbeschluss "für den Neubau der K 7725 - Südumfahrung Kehlen - sowie den Umbau der Knotenpunkte zwischen der B 30 und L 333". Zur Begründung wurde u. a. angeführt: Die Planung sei von einer ausreichenden Rechtfertigung getragen, da sie im vordringlichen Bedarf des Kreisstraßenausbauprogramms des Bodenseekreises enthalten sei und im Einklang mit den übergeordneten Planungskonzepten des Landes, des Landkreises und der Gemeinden stehe. Die Ortsdurchfahrt Kehlen sei stark belastet. Die Straße habe eine regionale und überregionale Verbindungsfunktion, die sich im Zuge des geplanten Baus der B 30 neu und der Südumfahrung Tettnang noch verstärke. Hinzu komme, dass bei Messeveranstaltungen in Friedrichshafen ein erheblicher zusätzlicher Verkehr aufgenommen werden müsse. Die Ortsdurchfahrt Kehlen habe einen unsteten Verlauf bei einer geringen Fahrbahnbreite, die Gehwege seien zum Teil sehr schmal. Am bestehenden Bahnübergang und an der Einmündung in die B 30 komme es jetzt schon regelmäßig zum Rückstau. Die Verkehrsuntersuchung prognostiziere für das Jahr 2015 eine Verkehrsmenge von 13.900 Kfz/24 h bei einem Schwerverkehrsanteil von 1.000 Fahrzeugen. Diese Belastung überfordere ersichtlich die bestehende Ortsdurchfahrt. Hinzu komme, dass die Straße als Zubringer für die geplante B 30 dienen solle, womit eine weitere Erhöhung des Verkehrsaufkommens zu erwarten sei. Durch die geplante Straße werde eine Entlastung von 67 % für die Ortsdurchfahrt prognostiziert. Insofern führe sie zu einer erheblichen Verbesserung der Lebensqualität der dortigen Bevölkerung. Der unter Hinweis auf zu erwartenden Schleichverkehr bezweifelte Entlastungseffekt könne nicht ernsthaft in Frage gestellt werden. Der Bau der B 30 neu führe noch nicht zu einer Entlastung der Ortsdurchfahrt, vielmehr werde sich die Verkehrsbedeutung und -belastung des Zubringers K 7725 dadurch noch erhöhen. Die eine Verkehrszunahme prognostizierende Verkehrsuntersuchung sei für den Untersuchungsraum nicht zu beanstanden. Die Gutachter hätten sich detailliert mit den Entwicklungen des maßgeblichen Untersuchungsraums auseinandergesetzt, für den aufgrund der Einwohnerzahl, des Freizeitwerts und der Wirtschaftskraft eine überdurchschnittliche Entwicklung zu erwarten sei. Tragender Aspekt der Planung sei nicht zuletzt die Verkehrssicherheit. Das Unfallgeschehen in der Ortsdurchfahrt und im Einmündungsbereich in die B 30 spiegle die unbefriedigende Leistungsfähigkeit der Strecke wieder.
10 
Was etwaige Alternativen anbelange, sei die Südumfahrung im Vergleich zu den zwei geprüften Nordumfahrungen die günstigste Lösung. Auch die vorgeschlagene Trasse in Anlehnung an die "Shuttlebus"-Verbindung zwischen Flughafen und Messe sei untersucht worden. Es spreche viel dafür, dass diese Verkehrsführung schon keine Alternative zur beantragten Südumfahrung, sondern ein anderes Verkehrsprojekt darstelle, mit dem wesentliche Ziele der Planung nicht erreicht werden könnten. Der Vorschlag dränge sich jedenfalls nicht als die bessere Alternative auf. Die entsprechende Trassenführung decke sich nicht mit der langfristig in der Raumschaft verfolgten Netzkonzeption mit B 30 neu, B 31 neu und B 467 neu. Nur wenn die K 7725 neu gezielt auf den Anschluss bei Hirschlatt geführt werde und der Verkehr nicht den Umweg über die Messe nehmen müsse, könne die volle verkehrliche Wirksamkeit dieser Gesamtkonzeption erreicht werden. Der Messeverkehr verursache zwar zeitweise ein hohes Aufkommen, mache jedoch übers Jahr gesehen nicht den maßgebenden Verkehrsanteil aus. Deswegen sei die Netzkonzeption nicht vorrangig daran auszurichten. Mit zunehmender „Umwegigkeit" der Trasse nehme der bezweckte Entlastungseffekt für die Ortsdurchfahrt ab; eine ortsnahe Führung bewirke deutlich mehr als eine nach Süden abgesetzte Linienführung. Eine Trasse als Ausbaumaßnahme auf der bereits bestehenden Flughafenstraße sei nicht geeignet, da dies keine öffentliche Straße sei und ein reiner Ausbau nicht geeignet wäre, überörtlichen Verkehr aufzunehmen. Damit wäre nur ein Neubau außerhalb des Flughafenbereichs denkbar, der zudem sicherheitstechnische Vorgaben einhalten müsse. Im Hinblick auf die Anflugbefeuerung komme im Randbereich nur ein Straßenverlauf in kostenaufwendiger Tunnel- oder zumindest Tieflage in Betracht. Ein Brückenbauwerk über die Bahn mit der für eine Elektrifizierung notwendigen Höhe und entsprechenden „Anrampungen" sei nicht realisierbar. Zudem würde ein Anschluss an die K 7726 auf Höhe der Messe zu einer Behinderung der Verkehrsflüsse an Messetagen führen, was der Neubau der K 7725 neu gerade verhindern solle. Eine Trassierung auf die Anschlussstelle bei Hirschlatt führe schließlich zu massiven Belastungen des Siedlungsbereichs von Gerberts-haus und stelle einen erheblichen Eingriff in das Waldgebiet "Großes Moos" dar. Dies führe zu unvermeidbaren artenschutzrechtlichen Konflikten, welche allenfalls dann hingenommen werden könnten, wenn es keine zumutbare Alternative gäbe. Eine solche sei mit der planfestgestellten Trasse jedoch gerade vorhanden. Gegen eine Unterquerung von Bahn, Schussen bzw. Flughafenstraße spreche nicht zuletzt, dass sie erfahrungsgemäß ein Vielfaches an Kosten verursache. Angesichts der zumutbaren Südumfahrung hätte eine solche daher bereits wegen des schlechten Kosten-/Nutzenverhältnisses als unwirtschaftlich ausgeschieden werden dürfen.
11 
Zum Verkehrslärmschutz wurde u.a. ausgeführt, dass die für Wohngebiete maßgeblichen Grenzwerte von 59/49 dB(A) Tag/Nacht nicht überschritten werden dürften. Die Ortsteile Gunzenhaus und Siglishofen sowie das Gehöft Sch. seien als Wohngebiet angesehen worden. Dem Lärmgutachten habe eine Verkehrsuntersuchung vom Januar 2006 mit dem Prognosehorizont 2015/ 2020 zugrunde gelegen, wobei der schalltechnischen Berechnung im Sinne einer "worst-case"-Betrachtung der ungünstigste Lastfall (C 2) zugrunde gelegt worden sei. Die Verkehrsuntersuchung sei methodisch richtig erstellt und inhaltlich nachvollziehbar. Die B 31 neu im Abschnitt Friedrichshafen-Immenstaad sei berücksichtigt worden; im Übrigen seien von dort nur untergeordnete Auswirkungen zu erwarten. Auch von der Entwicklung der Fluggastzahlen am Flughafen seien keine erheblichen Auswirkungen auf das Verkehrsaufkommen der K 7725 neu zu erwarten, da das Passagierwachstum im Wesentlichen aus Österreich und der Schweiz erwartet werde. Im Übrigen habe der Flughafenverkehr ohnehin nur untergeordneten Einfluss auf den maßgeblichen Jahresmittelwert. Die Lärmberechnung sei durch Ermittlung eines Beurteilungspegels in einem Berechnungsverfahren vorzunehmen. Die Methode nach der Richtlinie für den Lärmschutz an Straßen (RLS-90) gewährleiste zuverlässige Ergebnisse und sei von der Rechtsprechung bestätigt. Die Lärmberechnungen, an denen zu zweifeln kein Anlass bestehe, hätten ergeben, dass zur Einhaltung der Grenzwerte Lärmschutzmaßnahmen notwendig seien. Erforderlich sei auf der Ostseite der K 7725 neu ein Lärmschutzwall mit einer Höhe von 1,5 m über der Gradiente bis zum Brückenbauwerk, von wo er in einen 1,5 m hohen massiven Spritzschutz übergehe. Außerdem umfasse die Planung näher bezeichnete Lärmschutzmaßnahmen für bestimmte Streckenabschnitte. Damit könne die Lärmbelastung im Bereich Gunzenhaus um weitere 4 dB(A) reduziert werden und seien für alle Gebäude die Orientierungswerte der DIN 18005 für allgemeine Wohngebiete eingehalten. Dem Einwand, dass bei offenem Fenster geschlafen und eine Störung des Schlafs durch den Verkehrslärm bis hin zur Gesundheitsgefährdung befürchtet werde, sei entgegenzuhalten, dass die Grenzwerte an den maßgeblichen Messpunkten vor den Fenstern durchgängig eingehalten seien. Unzumutbare oder gar gesundheitsgefährdende Beeinträchtigungen seien nicht zu erkennen. Zwar seien auch Gärten, Terrassen und Balkone schutzwürdig, jedoch gelte dies nur tagsüber. Nach den Lärmberechnungen würden die Immissionsgrenzwerte indes deutlich unterschritten. Zwar sei eine Vorbelastung durch andere Verkehrsanlagen grundsätzlich nicht im Sinne eines Summenpegels zu berücksichtigen, jedoch verhalte es sich dann anders, wenn die Gesamtlärmbelastung den Grad einer Gesundheitsgefährdung erreiche oder in die Substanz des Eigentums eingreife. Beides komme unter Berücksichtigung des derzeitigen Standes der Lärmwirkungsforschung aber erst ab einem Außendauerschallpegel von etwa 70 dB(A) bzw. 60 dB(A) in Frage. Nach der ergänzenden Stellungnahme zur Gesamtlärmsituation sei eine Gesamtbelastung im gesundheitsgefährdenden Bereich jedoch nicht zu erwarten. Bei Einhaltung der strengen Werte der DIN 18005 habe die K 7725 neu nur einen untergeordneten Einfluss. Auch die unter Berücksichtigung des Fluglärms ermittelte Größenordnung der Gesamtlärmbelastung von 64 bis 67 dB(A) am Tag und 56 dB(A) in der Nacht liege noch deutlich unter den Werten, ab denen die Rechtsprechung eine Gesundheitsgefährdung für denkbar halte. Eine erhebliche (negative) Veränderung der Lärmsituation durch Abweichung der tatsächlichen Verkehrssituation von der Prognose durch die B 30 infolge der Maßnahme sei nicht zu erwarten. Gegebenenfalls führe dies zu Nachbesserungs- oder Entschädigungsansprüchen.
12 
Was die befürchtete soziale Trennwirkung anbelange, stelle der Straßenbau zwar eine Zäsur im Ortsbild von Gunzenhaus bzw. Kehlen dar. Aufgrund der Brücke über Bahn und Schussen blieben jedoch die relevanten Wegeverbindungen erhalten.
13 
Gegen den ihrem Prozessbevollmächtigten am 07.10.2008 zugestellten Planfeststellungsbeschluss haben die Kläger am 06.11.2008 beim Verwaltungsgericht Sigmaringen Klage erhoben. Zur Begründung haben die Kläger im Wesentlichen wie folgt vorgetragen: Aufgrund der enteignungsrechtlichen Vorwirkung könnten die Kläger zu 2 bis 4 als Eigentümer des Grundstücks Flst. Nr. 528 eine umfassende Überprüfung des Planfeststellungsbeschlusses beanspruchen. Eine materielle Präklusion greife nicht, da sie Einwendungen erhoben hätten. Für die nur mittelbar eigentumsbetroffenen Kläger zu 1 und 2 werde sich die Lärm- und Schadstoffsituation grundlegend ändern. Die Auswahl der Trassenvarianten sei unzureichend. Mit der sogenannten „Shuttlebus-Trasse" habe sich der Vorhabenträger zunächst überhaupt nicht befasst, obwohl diese sich als die bessere Variante aufdränge, weil sie außerhalb bewohnter Gebiete verlaufe. Warum mit ihr nicht die volle verkehr-liche Wirksamkeit erreicht werden könnte, sei nicht verständlich, zumal sie auch keinen Umweg, sondern eine sinnvolle Ergänzung der geplanten Messezufahrt darstelle. Auch im Planfeststellungsbeschluss werde diese Variante nur unzureichend behandelt. Diese müsse auch nicht zwingend in das Waldgebiet „Großes Moos“ eingreifen. Der Eingriff in das Landschaftsbild sei ebenso wie der Eingriff in die Natur grundsätzlich zu unterlassen. Auch eine ausreichende Kompensation sei nicht vorgesehen. So sei die Maßnahme 2.1 für den vorgesehenen Zweck ungeeignet. Auch die mit der Maßnahme 9 verbundenen Maßnahmen, welche u. a. als Ersatz für die Beeinträchtigung des Landschaftsbildes vorgesehen seien, seien unzureichend. Die Fläche sei bereits zu klein. Die „Bähwiesen“ befänden sich mit ihrer extensiven Nutzung ohnehin bereits in einem sehr guten Zustand. Hinsichtlich der Zerschneidung der Siedlungsstruktur habe keine sachgerechte Abwägung stattgefunden.
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Der Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Der Planfeststellungsbeschluss habe sich auch mit der „Shuttle-Trasse" eingehend auseinandergesetzt. Diese stelle jedoch ein völlig anderes Verkehrsprojekt dar. So sehe sie eine Linienführung an völlig anderer Stelle vor und sei nicht am zentralen Ziel der Planung, nämlich der Entlastung der Ortsdurchfahrt Kehlens, ausgerichtet. Jedenfalls sei sie nicht die eindeutig bessere Variante. Die Belastungen würden lediglich verlagert. Es seien im Übrigen nicht nur die Grenzwerte nach der 16. BImSchV eingehalten, vielmehr seien sogar die strengeren Orientierungswerte nach der DIN 18005 der Planung zugrundegelegt worden. Da die Flughafenstraße ungeeignet sei, den überörtlichen Verkehr aufzunehmen, wäre außerhalb des Flughafenbereichs ein Straßenneubau erforderlich. Dieser führte jedoch zu einem erheblichen Eingriff in Natur und Landschaft und müsste den sicherheitstechnischen Belangen des Flughafens untergeordnet werden. Hinzu komme die Problematik des Eingriffs in das hochwertige Waldgebiet „Großes Moos“. Im Hinblick auf den Eingriff ins Landschaftsbild und die naturschutzrechtlichen Belange seien die Kläger ohnehin präkludiert. Allenfalls seien weitere Ausgleichs- oder Ersatzmaßnahmen zu entwickeln, die sich jedoch auf die Kläger nicht auswirkten. Die Frage der Zerschneidung der Siedlungsstruktur („soziale Trennwirkung") sei im Planfeststellungsbeschluss abgehandelt worden. Das Wohnhaus der Kläger sei schon bisher Emissionen der angrenzenden Bahnstrecke, des Flughafens und der naheliegenden B 30 ausgesetzt gewesen. Durch den Neubau der Kreisstraße erfahre die Lärmsituation daher keine grundlegende Änderung. Eine Erhöhung der Schallschutzwände um weitere 1 - 2 m führte lediglich zu einer kaum mehr wahrnehmbaren Reduzierung der Emissionspegel um 1,2 bis 1,8 dB(A). Zugleich würden Flächen und Kosten um 40 bis 80 % zunehmen, was unverhältnismäßig sei. Auf dem Brückenbauwerk sei zudem fraglich, ob sich eine Erhöhung noch in das Orts- und Landschaftsbild integrieren ließe. Auch seien Beeinträchtigungen des Vogelflugs zu besorgen.
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Abschließend haben die Kläger geltend gemacht, dass es mehrere geeignetere Trassen gebe. Hierzu haben sie zunächst auf eine Variante 1 mit Querung der Start- und Landebahn des Flughafens mittels einer Unterführung sowie eine Variante 2 verwiesen, die am Rande des Flughafengeländes verliefe. Schließlich lasse das Straßenbauvorhaben die Planungen der Gemeinde Meckenbeuren unberücksichtigt. So solle die Ortsdurchfahrt neu trassiert werden. Nicht zuletzt deshalb dränge sich die Variante 3 geradezu auf. Mit ihr würde letztlich eine schlüssige Straßenführung geschaffen. Die planfestgestellte Variante stehe auch in Widerspruch zum Lärmaktionsplan.
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Mit Urteil vom 29.07.2010 hat das Verwaltungsgericht die Klagen (Az.: 8 K 2721/08) abgewiesen. Hierzu hat es im Wesentlichen ausgeführt: Die auf eine Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses gerichteten Hauptanträge seien unbegründet. Mit ihren Rügen betreffend einen nicht kompensierten Eingriff in den Naturhaushalt seien die Kläger auch insoweit, als sie wegen des unmittelbaren Eingriffs in die Substanz ihres Eigentums betroffen seien, ausgeschlossen. Daran habe sich auch mit der Novellierung des § 37 Abs. 9 Satz 1 StrG nichts geändert. Dies gelte auch für solche Umstände, welche von der Planfeststellungsbehörde von Amts wegen oder aufgrund von Einwendungen Dritter zu berücksichtigen gewesen seien. Im Übrigen hätte auch die Beachtung naturschutzrechtlicher Belange nicht dazu geführt, dass von der Maßnahme insgesamt abgesehen oder die Trassenführung im Bereich ihrer Grundstücke verändert worden wäre. Vielmehr hätten die behaupteten naturschutzrechtlichen Mängel durch eine schlichte Planergänzung behoben werden können. Ob auch die mit der Klage vorgebrachte Rüge, der Eingriff in das Landschaftsbild sei nicht kompensiert, präkludiert sei, habe offen bleiben können. Allerdings dürfte die Frage eines entsprechenden Ausgleichs bzw. Ersatzes im Einwendungsschreiben schon nicht hinreichend "thematisiert" worden sein. Jedenfalls habe nur eine entsprechend pauschale Prüfung erwartet werden können.
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Dem planfestgestellten Neubau der K 7725 fehle es auch nicht an der erforderlichen Planrechtfertigung. Ob die Kläger zu 1 und 2, soweit sie nur mittelbar (durch Lärm) betroffen seien, deren Fehlen überhaupt rügen könnten, könne dahinstehen. Denn das Vorhaben sei gemessen an den Zielen des Straßengesetzes jedenfalls "vernünftigerweise" geboten gewesen. Relevante Ziele der Planung einer Kreisstraße seien auch die Entlastung von Orts-durchfahrten und die Erhöhung der Verkehrssicherheit. Bereits der Blick auf die Übersichtskarte zeige, dass jedenfalls der Verkehr aus dem Bereich Lindau/Kressbronn/Langenargen/Tettnang, welcher Friedrichshafen umfahren und dies künftig auch nicht über die B 31 neu tun und/oder ins Hinterland Friedrichshafens bzw. den Raum Hagnau/Meersburg/Überlingen gelangen wolle, die K 7725 neu nutzen und damit die Ortsdurchfahrt meiden werde. Entsprechendes gelte für den Verkehr in umgekehrter Richtung. Eine Entlastung der Ortsdurchfahrt trete schließlich nach Aussage des Verkehrsgutachters auch ohne die B 30 neu ein. Da diese lediglich bei Hirschlatt an die K 7725 anknüpfe, würde die Ortsdurchfahrt durch die Zubringerfunktion für Meckenbeuren stark belastet. Werde eine relevante Entlastung der Ortsdurchfahrt erreicht und bedürfe der gegenwärtige Zustand im Hinblick auf die Verkehrssicherheit der Abhilfe, könnten bereits in Trassenführung und Ausbauzustand begründete und im laufenden Betrieb erkennbare Verkehrsgefahren die Planung rechtfertigen, ohne dass es auf eine Verkehrszählung ankomme. Unabhängig davon gehe der Angriff gegen die Verkehrsprognose fehl. Die von den Klägern anlässlich von Geschwindigkeitsmessungen am 11.12.2006 und 21.11.2007 gezählten Fahrzeugmengen seien nicht repräsentativ. Auch sei nicht dargetan, dass eine zu hohe Ausgangsbelastung die Prognose für 2015 unrichtig mache.
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Die Vorgehensweise nach der Verkehrslärmschutzverordnung sei nicht zu beanstanden. Da die Lärmberechnungen für die K 7725 als solche nicht in Zweifel gezogen worden seien, seien diese zugrundelegt worden. Die Verkehrslärmuntersuchung vom 12.01.2006 sei zum Ergebnis gekommen, dass die K 7725 mit den im Planfeststellungsbeschluss festgelegten Lärmschutzmaßnahmen für die Siedlungsbereiche der Kläger in Gunzenhaus-Süd zu Lärmwerten von höchstens 55/45 dB(A) führe. Damit seien sowohl die Grenzwerte nach der Verkehrslärmschutzverordnung als auch die Werte der DIN 18005-1 für Wohngebiete eingehalten. Eine (teilweise) Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses käme ohnehin nur in Betracht, wenn das zum Schutz der Nachbarschaft entwickelte Lärmschutzkonzept derart defizitär sei, dass die Ausgewogenheit der Planung insgesamt oder in einem abtrennbaren Planungsteil in Frage gestellt sei. Ansonsten bestehe allenfalls ein Anspruch auf Planergänzung. Soweit sich die Klägerinnen zu 3 und 4 - zumal unsub-stantiiert - auf die eingeschränkte Nutzbarkeit ihres Grundstücks berufen hätten, sei dem entgegenzuhalten, dass ihr Außenbereichsgrundstück kein Außenwohnbereich sei. Außerdem sei im Außenbereich ein höheres Maß an Verkehrsimmissionen zumutbar. Seien die Grenzwerte der Verkehrslärmschutzverordnung eingehalten, sei die Zumutbarkeitsgrenze nicht überschritten. Auch sei die allgemeine Lärmerwartung im Außenbereich sehr viel höher. Im Übrigen liege die Terrasse des Wohnhauses nach Süden, also nicht direkt zur Trasse hin, welche in ihrer kürzesten Entfernung östlich verlaufe. Zwar gehöre zur angemessenen Befriedigung der Wohnbedürfnisse grundsätzlich auch die Möglichkeit des Schlafens bei gekipptem Fenster. Der typische Dämmwert eines gekippten Fensters betrage jedoch nach gefestigter Auffassung 15 dB(A), sodass sich für die Kläger zu 1 und 2 Innenpegel von nachts allenfalls 30 dB(A) ergäben. Die Schwelle zur Gesundheitsgefährdung sei daher nicht erreicht. Nach den genehmigten Plänen lägen zur Straßentrasse hin ohnehin nur zwei Fenster, nämlich in der Küche im Erdgeschoss und in einem nicht zum Schlafen bestimmten Zimmer im Obergeschoss. Die nach Norden hin ausgerichteten Schlafraumfenster seien von der Straße noch weiter entfernt. Problematischer erscheine die Gesamtbelastung durch Bahn-, Straßen- und Fluglärm, doch ergebe sich auch daraus kein Rechtsfehler zu Lasten der Kläger. Nach den Rasterlärmkarten des Lärmaktionsplans ergebe sich für die Grundstücke der Kläger als Summe der vorhandenen Lärmquellen B 30, Eisenbahn und Flughafen eine Belastung von 65/55 dB(A), wobei die Eisenbahn mit 63/54 dB(A) und der Flughafen (nach der Lärmkonturenkarte Flughafen) mit 61/55 dB(A) anzusetzen seien. Dies ergebe mit den Werten der K 7725 neu von 55/45 dB(A) insgesamt 66/56 dB(A). Die Steigerung durch das planfestgestellte Vorhaben liege danach im nicht hörbaren Bereich. Damit gingen vom planfestgestellten Vorhaben keine zusätzlichen nachteiligen Auswirkungen aus. Auch fehle es insofern an der Kausalität zwischen dem Bau der K 7725 neu und einer Gesundheitsgefährdung beim Schlafen bei gekipptem Fenster, als solches schon bisher nicht zumutbar gewesen sei. Eine Pflicht, gesundheitlich bedenkliche Immissionslagen bei Gelegenheit der Planfeststellung zu sanieren, bestehe nicht. Den erst Ende 2009 „im Grobkonzept" gebilligten und erst im Herbst 2010 „stehenden" Lärmaktionsplan habe die Planfeststellungsbehörde noch nicht berücksichtigen müssen. Unabhängig davon sei auch kein Widerspruch zu diesem ersichtlich.
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Der Planfeststellungsbeschluss leide auch unter keinem Abwägungsfehler. Zutreffend sei die Lärmbetroffenheit der Anwohner in die Abwägung eingestellt worden. Sie habe jedoch rechtsfehlerfrei gegenüber den Vorteilen der gewählten Trasse geringer gewichtet werden dürfen, nachdem es nur zu zumutbaren Beeinträchtigungen komme. Auch bei der Trassenauswahl seien Abwägungsfehler nicht zu erkennen. Die Grenzen der planerischen Gestaltungsfreiheit seien erst überschritten, wenn eine andere als die gewählte Variante sich unter Berücksichtigung aller abwägungserheblichen Belange eindeutig als die bessere, weil öffentliche und private Belange insgesamt schonendere Lösung hätte darstellen und insoweit aufdrängen müssen. Dies sei auch im Hinblick auf die von den Klägern vorgebrachten alternativen Trassen nicht der Fall. Diese hätten wohl schon deshalb ausgeschieden werden können, weil sie auf ein anderes Projekt hinausliefen. Die in zulässiger Weise verfolgten Ziele könnten mit ihnen nicht mehr verwirklicht werden. Denn eine Entlastung der Ortsdurchfahrt Kehlen vom Verkehr auf der B 30 alt aus Norden und Nordosten, der nördlich von Friedrichshafen in Richtung Westen verlaufe, könne so nicht erfolgen, da die alternative Trasse südöstlich von Gerbertshaus einen erheblichen Umweg bedeutete. Gleiches gelte für den Verkehr in umgekehrter Richtung. Hinzu komme die im Planfeststellungsbeschluss angesprochene Gesamtkonzeption, die damit verfehlt würde. Eine Verknüpfung mit der K 7726 neu im Bereich der Messe führte zudem an Messetagen zu einer Überlagerung von Messeverkehr, örtlichem, überörtlichem und regionalem Verkehr an einem der Hauptverteiler für die Messeparkierung. Jedenfalls sei eine alternative Trasse südlich der planfestgestellten Trasse nicht die eindeutig bessere Lösung. Dass die Lärmbelastung für die Anwohner geringer wäre, treffe ohnehin nur auf die zuletzt angesprochene Variante 1 (Unterquerung des Flughafengeländes) zu. Für die ebenfalls noch angesprochene Variante 2 treffe dies nur auf die Kläger selbst und die Bewohner von Gunzenhaus Süd und Nord sowie Siglishofen zu; stattdessen würden die Anwohner in Lochbrücke und Gerbertshaus westlich der Schussen bzw. K 7727 erstmals und vergleichbar belastet. Die Flugplatzringstraße liege schließlich im Sicherheitsbereich des Flughafens und diene der Kontrolle sowie im Unglücksfall der freien Zufahrt von Rettungskräften. Bereits der Messe-Shuttle-Betrieb unterliege strengen Sicherheitsauflagen. Weder in Linienführung, Unterbau, Querschnitt, Radien noch in der Quer- und Längsneigung genüge diese den zwingenden Mindestanforderungen an eine Straße mit überörtlichem Verkehr. Insofern wäre jedenfalls ein Neubau erforderlich. Was die vorgeschlagene Unterquerung der Eisenbahn bzw. des Flughafengeländes betreffe, bedürfte es einer technisch ausgesprochen anspruchsvollen und extrem teuren Lösung. Neben verkehrstechnischen Umständen dürften im Rahmen von Alternativprüfungen aber auch finanzielle Erwägungen eingestellt und als ausschlaggebend bewertet werden. Nicht zuletzt kollidierten die Trassen-varianten, welche einen Anschluss an die K 7726 neu (Messezufahrt Nord) im Bereich der Messe vorsähen, mit der dortigen Bebauungsplanung. Werde in der weiteren Führung der Alternativtrassen der Anschluss an die Messe vermieden, müsste die Trasse durch das Waldgebiet „Großes Moos“ geführt werden, was gravierende, vor allem naturschutzrechtliche Konflikte zur Folge hätte. Die zuletzt und erstmals vorgeschlagene Variante 3 lehne sich an die bereits untersuchte "ortsferne Nordumfahrung" an. Nachdem sich die Kläger im Einwendungsverfahren hierzu nicht geäußert hätten, seien sie wohl bereits materiell präkludiert. Im Übrigen habe sich der Planfeststellungsbeschluss mit der „ortsfernen Nordumfahrung“ substantiiert auseinandergesetzt und sie aus vertretbaren Gründen verworfen.
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Dass die K 7725 die Siedlungsstruktur zerschneide, habe der Planfeststellungsbeschluss erkannt, jedoch darauf verwiesen, dass die relevanten Wegeverbindungen aufrechterhalten blieben. Eine unzumutbare Verlängerung der Straßenverbindung zum Hauptort Kehlen sei nicht zu erkennen. Die „psychologische" Betroffenheit durch ein Gefühl des „Abgeschnittenseins“ könne in der Abwägung überwunden werden.
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Ob das hilfsweise, erstmals in der mündlichen Verhandlung verfolgte Verpflichtungsbegehren auf Lärmschutz nach § 87b VwGO zurückgewiesen werden könnte, könne dahinstehen. Jedenfalls liege mangels unzumutbarer Lärmbeeinträchtigungen kein Rechtsfehler zu Lasten der Kläger vor.
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Gegen dieses, ihnen am 29.12.2010 zugestellte Urteil haben die Kläger am 20.01.2011 Berufung zum Verwaltungsgerichtshof eingelegt. Innerhalb der ihnen bis zum 28.03.2011 verlängerten Berufungsbegründungsfrist haben die Kläger ihre Berufung wie folgt begründet: Den Klägern zu 2 bis 4 stehe aufgrund der unmittelbaren Inanspruchnahme ihres Grundstücks Flst. Nr. 528 ein sog. Vollüberprüfungsanspruch zu. Aufgrund der mittelbaren Betroffenheit der Grundstücke Flst. Nrn. 525 und 525/1 könnten auch die Kläger zu 1 und 2 eine Überprüfung der planerischen Abwägung insoweit verlangen, als ihr Interesse berührt sei, nicht durch nachteilige Wirkungen in der Nutzung ihres Grundstücks beeinträchtigt zu werden. Zu Unrecht gehe das Verwaltungsgericht davon aus, dass sie mit Einwendungen hinsichtlich eines Eingriffs in die Natur und insoweit erforderlicher Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen präkludiert seien. Einwendungen müssten nur erkennen lassen, in welcher Hinsicht Bedenken gegen die in Aussicht genommene Planfeststellung bestünden. Eine rechtliche Qualifizierung des tatsächlichen Vorbringens sei nicht erforderlich. Die Begriffe „Natur“ und „Landschaft“ würden häufig gleichbedeutend oder in der Weise verwendet, dass mit der Verwendung des einen zugleich der Bedeutungsinhalt des anderen transportiert werden solle. Auch der Gesetzgeber verwende die Begriffe stets als Paar, was verdeutliche, wie eng beide miteinander verzahnt seien und wie weit sich ihr Bedeutungsinhalt überschneide. Ihre Kritik an den Eingriffen in die Landschaft sei daher auch als Einwendung gegen Eingriffe in die Natur zu verstehen gewesen. Insofern seien auch die Eingriffe in die Natur bzw. die aus diesem Grund festgelegten Ausgleichsmaßnahmen zu überprüfen gewesen. Eingriffe in die Natur im engeren Sinne seien indes nicht ausreichend kompensiert worden. Die für die Maßnahme 2.1 vorgesehene Fläche erweise sich aufgrund ihrer Nähe zum Straßenkörper als ungeeignet. Insbesondere im Hinblick auf „fliegende Insekten“ sei eine Störung zu besorgen. Mit dem Grundstück Flst. Nr. 456 und den angrenzenden Grundstücken hätte auch eine wesentlich geeignetere Ausgleichsfläche zur Verfügung gestanden. Außerdem würden insgesamt 10,75 ha mit über 54 dB(A) verlärmt. Insofern könne eine Revierbildung durch Brutvogelarten nicht mehr stattfinden. Die im Rahmen der Maßnahme 9 für Ersatzmaßnahmen vorgesehenen „Bähwiesen“ befänden sich bereits in einem „sehr guten Zustand extensiver Nutzung“. Bei sachgerechter Bewertung hätte auch nicht nur eine schlichte Planergänzung vorgenommen, sondern von dem Projekt insgesamt Abstand genommen werden müssen. Zumindest wäre eine Durchführung an anderer Stelle angezeigt gewesen. Dies gelte jedenfalls im Hinblick auf die weiteren Fehler des Planfeststellungsbeschlusses. Auch die gerügten Eingriffe in die Landschaft seien nicht ausreichend kompensiert worden. Selbst wenn ihr Vorbringen insoweit zu pauschal gewesen sein sollte, sei vor dem Hintergrund des ihnen teilweise zustehenden Vollüberprüfungsanspruchs und der Bedeutung des betroffenen Grundrechts jedenfalls eine genauere Prüfung vorzunehmen, ob die Eingriffe ausreichend ausgeglichen bzw. ersetzt worden seien. Abgesehen davon hätten sie den Kern des Problems - die Beeinträchtigung des Erholungswerts der Landschaft - durchaus angesprochen. Dies habe auch impliziert, dass die vorgesehenen Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen unzureichend seien. Denn bei ausreichenden Maßnahmen wäre der Erholungswert gerade nicht beeinträchtigt worden. Die mit der Maßnahme 9 verbundenen Ersatzmaßnahmen seien auch insofern unzureichend, als sie einerseits als Ersatz für das Landschaftsbild herangezogen würden, andererseits Eingriffe in die Natur kompensiert werden sollten. Auch sei eine Fläche von 0,66 ha im Hinblick auf eine Neuversiegelung von 3,41 ha viel zu klein. Schließlich werde das Gebiet durch das Planvorhaben zerschnitten, sodass Spaziergänger die Landschaft nicht mehr zur Erholung nutzen könnten. Das Missverhältnis zwischen den beanstandeten Eingriffen und der Maßnahme 9 sei offensichtlich.
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Dem Vorhaben fehle es auch an der erforderliche Planrechtfertigung. Es führe zu mehr Problemen, als es lösen könne. Insbesondere könne der erwartete Entlastungseffekt nicht eintreten. Auch sei das prognostizierte Verkehrsaufkommen fehlerhaft ermittelt worden. Mit dem Vorhaben würden viele gleich gelagerte Probleme geschaffen, da eine Belastung der ähnlich stark bewohnten Orte Holzreute, Hirschlatt, Ailingen, Ittenhausen, Berg und Unterraderach in Kauf genommen werde. Ein Entlastungswert von 67 % für Kehlen erscheine überhöht. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts werde die K 7725 nicht wie erwartet angenommen. So sei zu erwarten, dass, um etwa die B 467 zu erreichen, bei Untereschach auf die B 30 neu aufgefahren und nicht die Abzweigung bei Hirschlatt genutzt werde. Auch sei zweifelhaft, dass Verkehrsteilnehmer, die von Norden her nach Meckenbeuren gelangen wollten, die B 30 neu nutzten, zumal bei Brochenzell keine Abzweigung vorgesehen sei. Auch Maßnahmen zur Umgestaltung der Ortsdurchfahrt seien augenscheinlich nicht beabsichtigt, sodass es dort weiterhin zu Schleichverkehr komme. Fraglich sei auch, ob sich die Situation hinsichtlich der Verkehrssituation tatsächlich verbesserte. Durch die Südumfahrung entstünden vielmehr neue Gefahren. Insofern komme es durchaus auf eine Verkehrszählung an. Schon die für 2005 ermittelte Verkehrsmenge von 6.900 Kfz/Tag sei nicht korrekt ermittelt. So seien am 11.12.2006 (Montag) zwischen 12.48 und 15.09 Uhr lediglich 727 Kraftfahrzeuge, am 19.04.2007 (Donnerstag) zwischen 06.45 und 10.43 Uhr 1.557 Kraftfahrzeuge und am 21.11.2007 (Mittwoch) zwischen 07.00 und 10.30 Uhr lediglich 1.061 Kraftfahrzeuge gezählt werden. Insofern seien auch die auf dieser Grundlage prognostizierten Verkehrszahlen für 2015 bzw. 2020 zu hoch. Hinzu komme, dass nach einem Bericht in der „Schwäbischen Zeitung“ vom 15.03.2011 die Westtrasse der B 30 im Hinblick auf artenschutzrechtliche Bedenken offenbar nicht mehr realisiert werden solle. Werde indes die Osttrasse der B 30 neu realisiert, änderten sich sämtliche Verkehrsströme und sei die K 7725 nicht mehr erforderlich. Entsprechend dem Rechtsgedanken des § 51 LVwVfG müsse diese nachträgliche Änderung der Sachlage berücksichtigt werden. Die folge auch aus der enteignungsrechtlichen Vorwirkung des Planfeststellungsbeschlusses.
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Auch die Zerschneidung der Siedlungsstruktur sei vom Verwaltungsgericht fehlerhaft gewürdigt worden. Bereits der Planfeststellungsbeschluss habe sich damit nur unzureichend befasst. Es könne nicht nur auf den Mobilitätsgesichtspunkt abgestellt werden. Vielmehr dürften auch das psychologische Moment - das Gefühl des „Abgehängtseins“ - und der städtebauliche Aspekt nicht außer Betracht bleiben. Die vorgesehenen Maßnahmen führten ebenso wie die Ausbaubreite der Straße zu einer unübersehbaren Abtrennung des Ortsteils vom Zentrum, wo sich viele für die örtliche Gemeinschaft bedeutsame Orte befänden.
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Sollten die Verkehrsmengen hingegen zutreffend ermittelt worden sein, wären die ergriffenen Lärmschutzmaßnahmen bei weitem nicht ausreichend. So wären sie nunmehr einer Gesundheitsgefährdung ausgesetzt. Aus dem Lärmaktionsplan gehe hervor, dass die Grundstücke der Kläger zu 1 und 2 schon jetzt einem Dauerschallpegel von insgesamt 65 dB(A) tags und 55 dB(A) nachts ausgesetzt seien. Werde die K 7725 neu gebaut, erhöhe sich der Dauerschallpegel auf insgesamt 66 dB(A) tags und 56 dB(A) nachts. Die von der Rechtsprechung bislang für eine Gesundheitsgefährdung angenommene Grenze bei 70 dB(A) bzw. 60 dB(A) sei nach den neueren Erkenntnissen der Lärmwirkungsforschung jedenfalls zu hoch angesetzt; vielmehr seien nach gesicherter wissenschaftlicher Erkenntnis deutlich niedrigere Werte anzusetzen. Teilweise werde die Grenze am Ohr des Schläfers bei 30 dB(A) angesetzt, was bei geschlossenem Fenster einem Außenpegel von 50 dB(A) entspreche. Dieser sei bereits jetzt überschritten. Da der Schutz vor unzumutbarem Lärm auch die Erhaltung oder Herstellung einer ausreichenden Luftzufuhr umfasse, gehöre zur angemessenen Befriedigung der Wohnbedürfnisse auch das Schlafen bei gekipptem Fenster. Dies setze Außenpegel von maximal 45 dB(A) voraus. Bei einer entsprechenden Grenzwertüberschreitung dürfe ihnen auch die Vorbelastung nicht entgegengehalten werden. Vielmehr sei eine Lärmsanierung geboten. Teilweise werde bereits eine Dauerbelastung oberhalb von 60 dB(A) als gesundheitsbeeinträchtigend angesehen, wobei schon ab 45 dB(A) nachts Änderungen der Schlafstadien mit entsprechenden Auswirkungen auf das vegetative Nervensystem festzustellen seien. Bereits 1999 sei vom Sachverständigenrat für Umweltfragen ein Dauerschallpegel von 65 dB(A) tags als Grenzwert für lärmbedingte Herzinfarktrisiken angenommen worden. Nachts sei ein Wert von 55 dB(A) als maßgeblich angesehen worden, weil lärmbedingte Schlafstörungen schon deutlich unterhalb der Aufwachschwelle von 60 dB(A) festzustellen seien. Darauf, dass eine Erhöhung um nur 1 dB(A) unterhalb der „Hörbarkeitsschwelle“ liege, dürfe nicht abgehoben werden; auch eine solche Erhöhung könne durchaus noch wahrgenommen werden. Doch auch dann, wenn man an den überkommenen Grenzwerten für eine Gesundheitsgefährdung festhalte, wären doch die Grenzwerte nach der 16. BImSchV überschritten. Nach der Abrundungssatzung der Gemeinde Meckenbeuren vom 14.10.1980 lägen die Grundstücke der Kläger zu 1 und 2 im Innenbereich. Nachdem sich in Gunzenhaus lediglich Wohngebäude befänden, liege es nahe, nicht nur von einem allgemeinen, sondern einem reinen Wohngebiet auszugehen. Dann wären der Abwägung aber nicht die korrekten Orientierungswerte (50 dB(A) bzw. 40 dB(A)) zugrundegelegt worden. Insofern liege eine beachtliche Fehleinschätzung vor. Die Lärmbelastung auf ihrem Wohngrundstück überschreite zudem die Grenzwerte nach der 16. BImSchV. Die eingeschränkte Nutzbarkeit ihrer Außenwohnbereiche habe nicht näher konkretisiert werden müssen. Die Ergebnisse der Lärmberechnung als solche stellten sie nicht in Frage. Diese habe jedoch zu Unrecht nicht die von anderen Quellen verursachte Lärmbelastung berücksichtigt. Eine solche sei auch durch die 16. BImSchV nicht ausgeschlossen. Nur eine summative Betrachtungsweise sei überhaupt geeignet den Schutzauftrag des Bundesimmissionsschutzgesetzes zu erfüllen. Soweit die 16. BImSchV im Hinblick auf eine gewichtige Gesamtbelastung hinter den Vorgaben des § 41 BImSchG zurückbleibe, müsse unmittelbar auf diese Vorschrift zurückgegriffen werden. Auch geringe Lärmzunahmen seien beachtlich und müssten zu einer Lärmsanierung führen, wenn Grenzwerte bereits erreicht bzw. weit überschritten seien. Die Situation würde sich noch verschärfen, wenn es tatsächlich zu einer Erweiterung der Nachtflüge komme. Jedenfalls müssten auf engem Raum befindliche Lärmquellen zusammengefasst berücksichtigt werden und zwar auch dann, wenn sie nicht durch dasselbe Regelwerk erfasst würden. Dafür spreche auch die Umgebungslärmrichtlinie. Abgesehen davon seien die Regelungen der 16. BImSchV in einem atypischen Fall ohnehin nicht anwendbar. Auch hier seien Verkehrsbelastungen absehbar, die wegen besonderer örtlicher Gegebenheiten oder mit Rücksicht auf die in der 16. BImSchV bestimmten Lärmgrenzwerte und ihrer bewussten Pauschalierung erkennbar in ihrer Belastungsintensität nicht angemessen erfasst würden. Aufgrund der neuen Geräuschquelle werde die Nutzung ihrer Außenwohnbereiche nunmehr endgültig unmöglich. Auch ihr Außenbereichsgrundstück wäre nicht mehr zur Erholung nutzbar.
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Der Planfeststellungsbeschluss habe sich auch nicht hinreichend mit alternativen Streckenführungen auseinandergesetzt. Bei sachgerechter Abwägung wäre jedoch jede der von ihnen aufgezeigten Varianten zielführender gewesen. Dies gelte insbesondere für die „Shuttlebus-Variante und die Variante „Nordumfahrung“. Insoweit werde auf ihr erstinstanzliches Vorbringen Bezug genommen. Auch bei Zugrundelegung der Varianten 1 und 2 könnte durch einen entsprechenden Anschluss an die B 30 neu sowie eine entsprechende Streckenführung eine Entlastung der Ortsdurchfahrt erreicht werden. So könnten die im Hinblick auf den Messeverkehr befürchteten Störungen im Verkehrsablauf durch eine entsprechende Ausbaugestaltung mit intelligenten Verkehrsleitsystemen verhindert werden. Bei entsprechenden Sicherungsmaßnahmen könnte eine Straße durchaus am Flughafengelände vorbeigeführt werden. Mit dieser könnte dann auch das neue Gewerbegebiet „Lochbrücke“ erschlossen werden. Mit der vorgeschlagenen Nordumfahrung seien sie nicht präkludiert, nachdem sie mehrfach auf vorzuziehende Trassenvarianten hingewiesen hätten. Die „ortsferne Nordumfahrung“ sei zu Unrecht verworfen worden. Zwar würden dann andere Orte belastet, doch seien es weniger und vergleichsweise unbelastete Orte.
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Die Kläger beantragen,
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das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 29. Juli 2010 - 8 K 2721/08 zu ändern und den Planfeststellungsbeschluss des Regierungspräsidiums Tübingen vom 26. September 2008 für den Neubau der K 7725 - Südumfahrung Kehlen - sowie den Umbau der Knotenpunkte zwischen der B 30 und der L 333 aufzuheben,
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hilfsweise den Beklagten zu verpflichten, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts über die Ergänzung des Planfeststellungsbeschlusses des Regierungspräsidiums Tübingen vom 26. September 2008 um weitere dem Schutz ihres Grundeigentums bzw. ihrer Gesundheit dienende Vorkehrungen gegen Lärm neu zu entscheiden.
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Der Beklagte beantragt,
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die Berufungen abzuweisen.
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Hierzu führt das Regierungspräsidium im Wesentlichen aus: Die Klägerin zu 1 sei nicht eigentumsbetroffen, da sie nicht Eigentümerin der Flurstücke Nrn. 525 und 525/1 sei. Mit ihren Einwendungen hinsichtlich der Kompensation eines Eingriffs in die Natur seien die Kläger präkludiert. Die Planfeststellungsbehörde müsse zumindest erkennen können, womit sie sich näher auseinander setzen solle. Aufgrund ihrer Einwendung - Eingriff in das Landschaftsbild und einen Naherholungsbereich - habe es nicht nahe gelegen, sich qualifiziert mit etwaigen Mängeln der gesamten naturschutzrechtlichen Kompensation auseinanderzusetzen. Vielmehr habe die Planfeststellungsbehörde davon ausgehen dürfen, dass sich die Einwendung auf das Vorhandensein von Alternativtrassen bezogen habe. Dass sich die Planfeststellungsbehörde für die umweltverträglichste Variante entschieden habe, sei nicht zu beanstanden. Jedenfalls habe aufgrund der Formulierung der Einwendung kein Anlass bestanden, sich qualifiziert mit der Kompensation von Beeinträchtigungen der Natur auseinanderzusetzen. Auch in der Sache greife ihr Einwand nicht durch. Eine umfassende objektiv-rechtliche Prüfung im Hinblick auf die enteignungsrechtlichen Vorwirkungen sei nur geboten, wenn der geltend gemachte Rechtsfehler kausal für die enteignende Grundstücksinanspruchnahme wäre. Im Übrigen scheide eine Berufung auf Mängel im naturschutzfachlichen Kompensationskonzept von vornherein aus, da die Kläger mit ihren Wohngrundstücken nur mittelbar betroffen seien. Für die eigentumsrechtliche Inanspruchnahme seien die beanstandeten Maßnahmen jedoch nicht kausal gewesen. So würden sie lediglich für die gar nicht beanstandete LBP-Maßnahme 3.1a in Anspruch genommen. Auch wenn die von ihnen beanstandeten Maßnahmen naturschutzrechtlich unzulässig wären, wären im Wege der Planergänzung lediglich weitere Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen zu entwickeln. An der eigentumsrechtlichen Betroffenheit der Kläger änderte sich nichts. Dies gelte auch mit Blick auf angebliche weitere Fehler. Denn solche lägen nicht vor. Unabhängig davon sei bereits im Planfeststellungsbeschluss ausgeführt worden, dass die angegriffenen LBP-Maßnahmen zur Kompensation der durch den Eingriff entstehenden Beeinträchtigungen geeignet seien und auch keine anderen Flächen zur Verfügung gestanden hätten. Dieser Hinweis habe mangels einer substantiierten Einwendung jedenfalls genügt. Die Kläger hätten zudem übersehen, dass es sich bei den angegriffenen Maßnahmen 2.1 und 9 um multifunktionale Maßnahmen handle, die teilweise in Zusammenhang mit anderen Kompensationsmaßnahmen zu sehen seien. So diene die Maßnahme 2.1 u.a. der Entwicklung störungsunempfindlicher bodengebundener Arten. Eine Kompensation erheblicher vorhabenbedingter Beeinträchtigungen für störungsempfindliche Brutvogelarten sei mit diese Maßnahme nicht angestrebt worden. Auf eine Verlärmung dieses Bereiches komme es insofern nicht an. Ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko für „fliegende Insekten“ sei nicht zu erkennen. Das Flurstück Nr. 456 sei schon deshalb zur naturschutzrechtlichen Kompensation ungeeignet, weil es mit einem Wohngebäude bebaut und von solchen umgeben sei. Gleiches gelte für die umliegenden Grundstücke. Auch wenn dies anders wäre, wäre von der Maßnahme nicht abgesehen worden. Die für die LBP-Maßnahme 9 vorgesehenen Flächen („Bähwiesen") seien seinerzeit noch als Dauergrünland genutzt worden. Mit der Maßnahme 9 sei demgegenüber eine Extensivierung angestrebt worden. Auch sei entlang des Tegelbaches die natürliche Eigenentwicklung des Uferbewuchses (Hochstauden) verfolgt worden. Auch insoweit habe Aufwertungspotential bestanden. Darüber hinaus sei die Maßnahme aufgrund der erstrebten Verbesserung der Lebensraumfunktionen der Tegelbachaue geeignet, die Barrierewirkung der neuen Straße zu kompensieren, indem sie den sich dort erstreckenden Verbundkorridor stärke. Fehl gehe der Hinweis auf den Umfang dieser Maßnahme und die demgegenüber mit dem Vorhaben einhergehende Neuversiegelung. Die Kläger übersähen, dass mit der wenn auch multifunktional ausgerichteten Maßnahme 9 keineswegs die durch die Neuversiegelung eintretende bodenrechtliche Beeinträchtigung oder gar sämtliche Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft ausgeglichen werden sollten. Diese stelle vielmehr nur einen Teil der boden- und naturschutzfachlichen Kompensation dar. Auch was die angeblich fehlende Kompensation der Beeinträchtigung der Landschaft anbelange, seien die Kläger mit ihrem Vorbringen insoweit präkludiert, als sie nicht deutlich genug zum Ausdruck gebracht hätten, dass sich die Planfeststellungsbehörde auch mit dem rechtfertigenden Kompensationskonzept auseinandersetzen solle. Ausreichende Kompensationsmaßnahmen führten keineswegs zum Wegfall einer erheblichen Beeinträchtigung der Landschaft, sondern glichen diese lediglich gleichartig oder gleichwertig aus. Jedenfalls käme auch hier nur eine Planergänzung in Betracht, ohne dass dadurch die unmittelbare Inanspruchnahme ihres Außenbereichsgrundstücks entfiele. Im Übrigen hätten die Kläger in ihrer ursprünglichen Einwendung lediglich pauschal auf das Schutzgut Landschaftsbild und den Erholungswert der Landschaft verwiesen, ohne darzulegen, inwiefern die festgesetzten Kompensationsmaßnahmen ungeeignet wären. Insofern genüge, dass die Kompensation der Beeinträchtigungen dargestellt, auf die Erläuterungen des LBP verwiesen und feststellt worden sei, dass die Maßnahmen insgesamt geeignet seien. Die Beeinträchtigung sei auch tatsächlich ausgeglichen. So sehe der LBP neben Vermeidungs- und Minimierungsmaßnahmen umfangreiche Bepflanzungs- und Eingrünungsmaßnahmen und die Anlage naturraumtypischer Strukturen als Ersatz vor. Die Maßnahme 9 werde insofern durch weitere Kompensationsmaßnahmen ergänzt. Die Wegebeziehungen blieben schließlich erhalten. Aufgrund eingebauter Querungsmöglichkeiten könnten Spazierrouten ohne große Umwege weiterhin genutzt werden.
33 
Der Planung fehle auch nicht die notwendige Planrechtfertigung. Inwiefern mit der Südumfahrung Kehlen eine gegenüber dem Planungsnullfall höhere Belastung der Ortschaften Holzreute, Hirschlatt, Ailingen, Ittenhausen, Berg und Unterraderach einhergehen solle, sei nicht zu erkennen. Dies werde auch durch die Verkehrsuntersuchung 2006 bestätigt. Die Argumentation der Kläger, dass die K 7725 neu nicht erwartungsgemäß angenommen würde, überzeuge nicht. So sei für den von Österreich kommenden und nach Norden fahrenden Verkehr die Strecke über die B 467 wegen der vielen Ortsdurchfahrten gegenüber der neuen Strecke wesentlich unattraktiver. Für den von Norden in Richtung Tettnang (und anschließend weiter süd- oder südöstlich) fahrenden Verkehr gelte nichts anderes. Auch mit dem Vorbringen, wonach der von Norden nach Reute, Buch oder Meckenbeuren ausgerichtete Verkehr nach wie vor die kürzere Strecke über die B 30 alt nutzen werde, könnten die Kläger die Planrechtfertigung nicht in Frage stellen. So erscheine die B 30 neu wegen der fehlenden Ortsdurchfahrten durchaus attraktiver, zumal für den von Norden nach Reute oder Buch gerichteten Verkehr, da diese Ortschaften näher an der Anschlussstelle Hirschlatt lägen. Die Verkehrsuntersuchung gehe auch keineswegs davon aus, dass sich sämtliche Verkehre im Umkreis von Kehlen künftig an der Südumfahrung Kehlen zur B 30 neu orientierten, vielmehr seien in dem erstellten Netzmodell auch mögliche alternative Fahrtrouten über die B 30 und die B 467 berücksichtigt wurden. Auch mit den erstmals in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht erwähnten Zahlen aus verschiedenen Geschwindigkeitsmessungen könnten die Kläger die Richtigkeit der Verkehrsuntersuchung nicht in Zweifel ziehen. Auf eine Verkehrszählung komme es schon nicht entscheidend an, weil sich die Planrechtfertigung jedenfalls aus dem Bedürfnis an einer Erhöhung der Verkehrssicherheit in der Ortsdurchfahrt Kehlen ergebe. Dass sich infolge der Südumfahrung andere Unfallschwerpunkte ergäben, überzeuge nicht. Die Verkehrsuntersuchungen 1996/1997 und 2001 hätten schließlich für die Ermittlung der maßgeblichen Verkehrsbelastungen der Ortsdurchfahrt Kehlen auf die Verkehrsdaten der Verkehrsentwicklungspläne Meckenbeuren und Tettnang und des Gesamtverkehrsplans Friedrichshafen zurückgegriffen. Darüber hinaus seien die Daten des Generalverkehrsplanes Mittleres Schussental und der Verkehrsuntersuchungen Mittleres Schussental B 30 neu/B 32/B 33, B 30 neu, BA IV und B 30 neu, Ravensburg-Süd BA VI herangezogen worden. Die danach ermittelten Verkehrsdaten seien Grundlage für die berechneten Prognosefälle gewesen. Damit hätten zeitnahe Daten aus detaillierten Erhebungen und damit eine ausreichende Datengrundlage zur Erstellung der Verkehrsprognose zur Verfügung gestanden. Anhaltspunkte dafür, dass die Daten der Verkehrsentwicklungspläne ihrerseits fehlerhaft ermittelt worden sein könnten, lägen nicht vor. Aus diesen Daten sei die Verkehrsbelastung für die verschiedene Planfälle unter Berücksichtigung kommunaler Entwicklungsdaten sowie der 1996 prognostizierten, allgemeinen Zuwachsraten zur Mobilitäts- und Motorisierungsentwicklung zunächst auf den Prognosehorizont 2010 hoch gerechnet, dann später mehrfach angepasst und zuletzt auf den Prognosehorizont 2015/2020 fortgeschrieben worden. Hinzu komme, dass als repräsentative Erhebungstage die Wochentage Dienstag, Mittwoch und Donnerstag in den Monaten außerhalb der Winter- und Sommerferienzeit gälten und die maßgebliche Hauptverkehrslast zwischen 15 und 19 Uhr liege. Insofern könnten von vornherein nur die Verkehrszahlen vom 19.04.2007 vergleichend herangezogen werden. Da in der Zeit von 6 bis 10 Uhr etwa 20 bis 25% des Tagesverkehrs erfasst würden, ergäbe sich für den 19.04.2007 eine Tagesverkehrsmenge von rund 6.200 bis 7.800 Kfz/24 h. Dies entspreche der für das Jahr 2005 zugrundegelegten Verkehrsmenge von ca. 6.900 Kfz/24 h. Abgesehen davon, dass es sich im Übrigen um nicht repräsentative Tage handle, ließen sich allein daraus noch keine Zweifel an der prognostizierten Entlastung herleiten. Denn die Prognoseparameter und die Verteilung der Verkehrsströme blieben hiervon unberührt, so dass sich lediglich niedrigere Ausgangsbelastungen und niedrigere Prognosebelastungen ergäben. Die erreichbare Entlastungswirkung beruhe aber vorrangig auf der Verteilung der Verkehrsströme unter bestimmten Modellbedingungen. Auf diese hätten die Ausgangsdaten keinen Einfluss. Die errechnete Entlastung der Ortsdurchfahrt bliebe danach auch bei Zugrundelegung niedrigerer Ausgangszahlen gleich. Insofern wirkten sich zu hohe Ausgangsdaten lediglich auf die Verkehrsbedeutung der Ortsdurchfahrt aus. Diese bzw. die starke Belastung der Ortsdurchfahrt sei jedoch unstreitig.
34 
Dass von einer Westtrassierung der B 30 neu nicht mehr ausgegangen werden könnte, lasse sich dem Bericht in der „Schwäbischen Zeitung“ vom 15.03.2011 nicht entnehmen. Richtig sei nur, dass inzwischen bekannt sei, dass eine Westtrassierung zu artenschutzrechtlichen Betroffenheiten führe. Wie sich diese auswirkten und ob sich ggf. eine Osttrassierung nunmehr als bessere Alternative darstelle, sei noch nicht abschließend geklärt. Doch auch dann, wenn die Westtrasse der B 30 neu nicht mehr realisiert würde, bliebe die Planrechtfertigung für die K 7725 unberührt. Grundlage für das planfestgestellte Vorhaben sei die heute schon bestehende Verbindungs- und Zubringerfunktion der Ortsdurchfahrt Kehlen und die damit für die Ortschaft einhergehenden Belastungen. Ein Verkehrsbedürfnis für eine Ortsumfahrung bestünde auch dann, wenn die Westtrasse der B 30 neu entfalle. Denn die Belastung der Ortsdurchfahrt sei auch so zu hoch. Auch blieben die Verkehrsbeziehungen von Nordwesten nach Südosten und umgekehrt auch so erhalten. Hinzu komme, dass die K 7725 neu weiterhin Zubringerfunktion für die K 7726 neu (Messezufahrt Nord) habe.
35 
Dass die Südumfahrung zu einer deutlichen Zäsur im Ortsbild führe, sei keineswegs verkannt worden. Jedoch seien Maßnahmen vorgesehen, die die Trennwirkung minderten. So sei etwa die Querung der Bahnlinie und der Schussen mittels einer Feldbrücke vorgesehen, so dass die Zugänglichkeit zur Schussen erhalten bleibe und auch das Landschaftsbild geschont werde. Auch blieben die relevanten Wegebeziehungen zwischen Gunzenhaus und Kehlen erhalten. Soweit noch Beeinträchtigungen verblieben, habe der Planfeststellungsbeschluss diese zu Recht für zumutbar gehalten.
36 
Auch die Ausführungen zum Lärmschutz könnten den Klagen nicht zum Erfolg verhelfen. Entgegen der Auffassung der Kläger blieben die Regelungen der 16. BImSchV keineswegs hinter den Vorgaben des § 41 BImSchG zurück. Auch übersähen sie, dass die Grenzwerte der 16. BlmSchV nur innerhalb ihres Anwendungsbereichs zu beachten seien und bei der Beurteilung von Lärmschutzansprüchen wegen einer etwa entstehenden Gesundheitsgefährdung oder bei einem unmittelbaren Rückgriff auf § 41 Abs. 1 BlmSchG außer Betracht bleiben müssten. Auch wenn der Verordnungsgeber aufgrund neuerer wissenschaftlicher Erkenntnisse gehalten gewesen wäre, im Berechnungsverfahren nach der 16. BlmSchV Summenpegel zu berücksichtigen, bedeutete dies noch nicht, dass er auch die bisherigen Grenzwerte übernommen hätte. Für die unterschiedlichen Verkehrswege im Raum Kehlen/Meckenbeu-ren gebe es weder eine einheitliche Planung noch liege ein gemeinsames Konzept vor. Dass alle auf einem engen Raum befindlichen Lärmquellen im Rahmen eines Schutzanspruches nach § 41 Abs. 1 BlmSchG zusammengefasst berücksichtigt werden müssten, ergebe sich auch nicht aus der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts. Der Hinweis auf die Umgebungslärmrichtlinie führe aufgrund deren Zielrichtung ebenfalls nicht weiter. Insbesondere ließen sich weder ihr noch den Ausführungsbestimmungen in §§ 47a ff. BImSchG verbindliche Grenzwerte entnehmen. Maßgeblich blieben für einen Lärmschutzanspruch der Berufungskläger daher allein die von der K 7725 neu ausgehenden Verkehrsgeräusche. Soweit die Kläger geltend machten, dass im Rahmen der allgemeinen fachplanerischen Abwägung die Orientierungswerte der DIN 18005 für reine Wohngebiete zu berücksichtigen gewesen wären, führe dies auf keinen beachtlichen Fehler. Die DIN 18005 enthalte lediglich Orientierungswerte für den städtebaulichen Bereich. Ein Anspruch auf Schallschutzmaßnahmen ergebe sich aus ihnen schon nicht gegen den städtebaulichen Planungsträger. Stelle die DIN 18005 kein für den Straßenbaulastträger verbindliches Regelwerk dar, könne ihre Nichtberücksichtigung auch keinen erheblichen Abwägungsfehler begründen. Eine Einstufung von Gunzenhaus als reines Wohngebiet liege zudem eher fern, da das Gebiet nicht durch reine Wohnbebauung geprägt und zumindest ein Gewerbebetrieb vorhanden sei.
37 
Für die Kläger ergebe sich aufgrund der im Rahmen der fachplanungsrechtlichen Zumutbarkeitsgrenze zu berücksichtigenden angemessenen Befriedigung der Wohnbedürfnisse auch kein zusätzlicher Lärmschutzanspruch. Diesen Belang hätten sie im Verwaltungsverfahren schon nicht bzw. nicht ausreichend konkret vorgebracht. Hierfür habe ihr Hinweis auf die eingeschränkte Nutzbarkeit ihrer Außenwohnbereiche sowie darauf, es „gewohnt“ zu sein, bei geöffnetem Fenster zu schlafen, nicht genügt. Denn ein solches Vorbringen lasse nicht erkennen, warum ihnen ein Schlafen bei geschlossenem Fenster nicht zugemutet werden könnte. Insoweit wäre auch ein bestimmter Innenschallpegel, ab dem nachhaltige Störungen des Nachtschlafes (Gesundheitsgefährdung) angenommen werden könnten, noch nicht allgemein anerkannt. Unter Berücksichtigung des Schalldämmwertes eines gekippten Fensters wäre im Übrigen der unterste in der Rechtsprechung genannte Innenschallpegel eingehalten. Auch für ihr Grundstück im Außenbereich stünde ihnen kein ergänzender Lärmschutzanspruch zu. Ein Anspruch auf ergänzenden Lärmschutz bestehe auch nicht ausnahmsweise im Hinblick auf die bereits bestehenden Geräuschvorbelastungen. Die von der Rechtsprechung anerkannten Dauerschallpegel, ab denen eine Gesundheitsbeeinträchtigung im Sinne des Art. 2 Abs.2 GG oder eine Gefährdung des nach Art. 14 GG garantierten Eigentums angenommen werde, würden nicht erreicht oder gar überschritten. Die nicht angegriffenen Berechnungen des Gutachters ergäben genäherte Gesamtlärmpegel aller vorhandener Verkehrsquellen von 66 dB(A) tags und 56 dB(A) nachts. Diese lägen deutlich unter den in der Rechtsprechung als Grenze zur Gesundheitsgefährdung anerkannten Außendauerschallpegeln von 70 bis 75 dB(A) tags und 60 bis 65 dB(A) nachts. Diese Werte seien auch nicht aufgrund gesicherter neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse anzupassen. Zwar verwiesen die Kläger auf einige Studien, die bereits Dauerschallpegel von 60 bis 65 dB(A) tags und Innenschallpegel von 30 bis 45 dB(A) als gesundheitsgefährdend einstuften, jedoch zeige gerade die Bandbreite der dargestellten Untersuchungsergebnisse, dass ein neuer wissenschaftlicher Konsens zur lärmbedingten Gesundheitsgefährdung bislang noch nicht habe erzielt werden können. Ein neuer wissenschaftlicher Standard sei erst erreicht, wenn sich in der Forschung ein neuer Grundkonsens abzeichne. Insofern genüge nicht, dass Einigkeit darin bestünde, dass Gesundheitsbeeinträchtigungen nicht erst ab einem Summenpegel von 70 dB(A) tagsüber und 60 dB(A) nachts, sondern bereits bei deutlich niedrigeren Werten anzunehmen seien.
38 
Vom grundgesetzlich garantierten Gesundheitsschutz sei demgegenüber nicht umfasst, auch bei Berücksichtigung des bestehenden Gesamtlärms bei geöffnetem Fenster schlafen zu können. Denn die Schwelle zur Gesundheitsgefährdung sei von der fachplanungsrechtlichen Zumutbarkeitsgrenze zu unterscheiden. Hierbei sei zu berücksichtigen, dass die Kläger aufgrund der Vorbelastung durch die bestehenden Verkehrswege bereits heute nicht bei geöffnetem Fenster schlafen könnten. Berücksichtige man ferner, dass die hinzutretende Lärmbelastung den Gesamtlärm lediglich um etwa 1 dB(A) erhöhe, liefe eine Verpflichtung des Vorhabenträgers zu ergänzenden Schallschutzmaßnahmen auf eine nicht verhältnismäßige Lärmsanierung bestehender Verkehrswege Dritter hinaus. Eine Lärmsanierung komme allenfalls dann in Betracht, wenn bereits die Vorbelastungen die Schwelle zur Eigentums- oder Gesundheitsverletzung erreichten. Da hier die anerkannten Grenzwerte zur Eigentums- und Gesundheitsverletzung weder durch die bestehenden Vorbelastungen noch bei Berücksichtigung des planfestgestellten Vorhabens überschritten würden, bestehe auch kein Anspruch auf eine Lärmsanierung.
39 
Die Kläger könnten auch nicht im Hinblick auf einen atypischen Ausnahmefall erweiterten Lärmschutz nach § 41 Abs. 1 BlmSchG verlangen. Allein auf das Vorhandensein von Summenpegeln könne hierbei jedenfalls nicht abgestellt werden, da deren Nichtberücksichtigung bei der Berechnung der maßgeblichen Grenzwerte bereits in der 16. BlmSchV angelegt sei. Es müssten daher weitere Umstände hinzutreten, die die Gesamtlärmbelastung unzumutbar erscheinen ließen. Auch aus der vorliegenden Summationswirkung folge kein atypischer Sonderfall, da die Werte, ab denen mit Gesundheitsgefahren zu rechnen sei, durch die hier ermittelten Gesamtlärmpegel deutlich unterschritten würden und der K 7725 neu in Bezug auf die bereits bestehenden Verkehrswege nur ein untergeordneter Einfluss auf die Gesamtlärmbelastung zukomme. Schallspitzen des Bahn- und Flugverkehrs könnten schließlich von vornherein nicht auf einen atypischen Sonderfall führen.
40 
Ein Anspruch auf ergänzende Lärmschutzmaßnahmen ergebe sich auch nicht aufgrund der allgemeinen fachplanerischen Abwägung. Nachdem mit den geplanten Schallschutzmaßnahmen die Grenzwerte der 16. BlmSchV eingehalten seien und der Gesamtlärmpegel lediglich eine Erhöhung von etwa 1 dB(A) erfahre, habe es auch keiner ausführlichen Begründung bedurft. Die Lärmsituation der Kläger werde sich durch den Bau der K 7725 neu auch nicht grundlegend ändern. So werde der Lärmschwerpunkt in Gunzenhaus und Gerbertshaus eindeutig beim Schienenverkehrslärm gesehen. Aufgrund der geplanten Lärmschutzwände sei schließlich gesichert, dass ihr Wohngrundstück ausgehend von der K 7725 neu lediglich einem Dauerschallpegel von 55 dB(A) tags und 45 dB(A) nachts ausgesetzt sei. Auch wenn man berücksichtige, dass die Kläger bereits durch geringe Lärmsteigerungen beeinträchtigt sein könnten, komme es lediglich zu einer unwesentlichen, im Ergebnis zumutbaren Änderung. Ausgehend von den Wertungen der 16. BlmSchV und den von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen zur Gesundheitsgefährdung ließen sich auch die Außenwohnbereiche weiterhin wie bisher nutzen.
41 
Der Planfeststellungsbeschluss habe sich auch mit alternativen Trassenführungen hinreichend auseinandergesetzt. Weder mit den von den Klägern vorgeschlagenen Varianten 1 und 2 noch mit der „Shuttlebus“-Variante lasse sich indes das Planziel erreichen, die Ortsdurchfahrt Kehlen unter gleichzeitiger Verbesserung der Verkehrssicherheit effektiv und nachhaltig zu entlasten. Auch der vorgeschlagene Ausbau mit entsprechenden Verkehrsleitsystemen rechtfertige kein anderes Ergebnis. Einem solchen Streckenausbau, der entsprechenden Raum beanspruchte, stünden im Hinblick auf das Waldgebiet „Großes Moos" naturschutzfachliche Belange und die Belange der Messe entgegen. Schließlich müssten noch weitere Umwege in Kauf genommen werden. Jedenfalls drängten sich die Alternativtrassen nicht als vorzugswürdigere Varianten auf. Der Vergleich mit dem Flughafen Mannheim gehe fehl, da unberücksichtigt bleibe, dass im Rahmen der „Shuttlebus“-Variante" auch noch die Bahnlinie und die dahinter liegende K 7791 mittels eines Brückenbauwerks gequert werden müssten, was aufgrund der sicherheitstechnischen Vorgaben nicht möglich sei. Eine Realisierung in Tunnel- oder Tieflage komme aufgrund der höheren Kosten jedoch nicht in Betracht. Auch stünden verschiedene Zwangspunkte, die notwendige Linienführung und verschiedene Entwurfsparameter entgegen. Eine andere Linienführung griffe zwangsläufig in das Waldgebiet „Großes Moos" ein und bedingte eine höhere Flächenversiegelung, wodurch sich neue unvermeidbare naturschutzfachliche und artenschutzfachliche Konflikte ergäben. Schließlich würde die Lärmbetroffenheit in Richtung Gerbertshaus und Großbuch verlagert. Hinsichtlich der nunmehr vorgeschlagenen Nordumfahrung seien die Kläger präkludiert. Diese dränge sich auch nicht als vorzugswürdigere Lösung auf. Gegen diese spreche nicht zuletzt deren geringere Umwelt- bzw. Siedlungsverträglichkeit.
42 
Die Kläger haben daraufhin im Wesentlichen noch wie folgt vorgetragen: Auch wenn die Klägerin zu 1 nicht Eigentümerin der Grundstücke Flst. Nrn. 525 und 525/1 sei, könne sie doch eine Gefährdung ihrer Gesundheit geltend machen. Was die angeblich fehlende Kausalität der beanstandeten Ausgleichs- bzw. Ersatzmaßnahmen anbelange, stelle sich die Frage, ob nicht eine derart enge Vernetzung der einzelnen Maßnahmen untereinander vorliege, dass die Rechtswidrigkeit der einen auch Auswirkungen auf die anderen hätte. Stünden keine anderen Flächen zur Verfügung, bliebe der Eingriff gegebenenfalls unkompensiert, womit der Planfeststellungsbeschluss insgesamt rechtswidrig sei. Die Multifunktionalität der Maßnahme dürfe nicht dazu führen, dass die geringe Größe der Ausgleichsfläche übersehen werde. Einer derart anspruchsvollen Aufgabenstellung sei eine kleine Fläche eben nur begrenzt zugänglich. Der Hinweis, dass die bestehenden Wegebeziehungen aufrecht erhalten blieben, gehe fehl. Den Reiz eines Spaziergangs mache gerade die umgebende Landschaft aus. Auch gehöre zu einem als angenehm empfundenen Spaziergang, dass er nicht durch Umwege unterbrochen werde. Insofern eigneten sich die bisherigen Wege eben nicht mehr als Spazierwege. Die sie umgebende Landschaft habe ihren Erholungswert verloren.
43 
Aufgrund des zusätzlichen Verkehrsaufkommens würden auch die an der K 7725 liegenden Orte einer höheren Belastung ausgesetzt. Soweit der Beklagte die Verbesserung der Verkehrssicherheit in der Ortsdurchfahrt für die Planrechtfertigung ausreichen lasse, könne ihm nicht gefolgt werden. Auch hier bedürfe es einer belastbaren Verkehrsprognose. Eine nur niedrigere Entlastung würde immerhin die Frage aufwerfen, ob das Planvorhaben dann noch gerechtfertigt sei. Insofern komme es durchaus auf die absoluten Verkehrszahlen an. Mit der Aufgabe der Westtrassierung der B 30 neu entfiele schließlich die Planrechtfertigung. Auch drängten sich dann erst recht die alternativen Trassenführungen auf. Insofern wäre sinnvollerweise eine Streckenführung zu wählen, die von einer Ost- oder Westtrassierung der B 30 neu unabhängig wäre und zugleich eine Zubringerfunktion für die K 7126 neu erfüllen könnte.
44 
Der Beklagte verkenne bei der Lärmschutzproblematik, dass die Definition des Begriffs der „schädlichen Umwelteinwirkungen" in § 3 Abs. 1 und 2 BlmSchG auch im Rahmen der Anwendung des § 41 Abs. 1 BImSchG Geltung beanspruche. Schütze die 16. BImSchV lediglich vor schädlichen Verkehrsgeräuschen einer neu zu errichtenden Straße, aber nicht vor der damit einhergehenden gesamten Geräuschentwicklung, sei ein direkter Rückgriff auf § 41 Abs. 1 i.V.m. § 3 Abs. 1 BlmSchG geboten. Eine Gesamtlärmbetrachtung führe indes dazu, dass die nach der 16. BlmSchV zulässigen Immissionsgrenzwerte überschritten seien. Diese könnten, da es jeweils um schädliche Umwelteinwirkungen gehe, auch im Rahmen der gebotenen Gesamtlärmbetrachtung herangezogen werden. Da der Schutz vor unzumutbarem Lärm auch die Erhaltung oder Herstellung einer ausreichenden Luftzufuhr umfasse, gehöre zur angemessenen Befriedigung der Wohnbedürfnisse auch die Möglichkeit, bei gekipptem Fenster zu schlafen. Da ein allgemein anerkanntes Wohnbedürfnis in Rede stehe, sei hierzu kein weiteres Sachvorbringen erforderlich. Bei der gebotenen Gesamtbetrachtung werde der notwendige Innenraumpegel überschritten. Auch ihr Außenbereichsgrundstück dürfe seine Eignung für einen dortigen Aufenthalt nicht verlieren. Es bestehe schließlich durchaus ein neuer wissenschaftlicher Grundkonsens darin, dass zumindest ein Wert von 65 dB(A) tagsüber zu einer schädlichen Gesundheitsbeeinträchtigung führe. So sähen alle vorgelegten Studien einen Dauerschallpegel von 65 dB(A) tagsüber als schädlich an. Die Gesamtlärmbelastung auf ihrem Wohngrundstück liege jedoch unstreitig darüber. Insofern liege durchaus eine atypische Konstellation vor.
45 
Entgegen der Auffassung des Beklagten könnten mit einem ausreichend durchdachten Verkehrsleitsystem durchaus die gewünschten Effekte erzielt werden, ohne dass diese infolge einer Überlagerung mit dem Messeverkehr wieder entfielen. Naturschutzfachliche Belange seien auch bei der planfestgestellten Streckenführung betroffen. Bei einer entsprechenden Beschilderung und anderen verkehrsleitenden Maßnahmen, wie einer Herabstufung von Straßen, könnten die Verkehrsteilnehmer durchaus zum Fahren von Umwegen gebracht werden. Die gegen die „Shuttlebus“-Variante" vorgebrachten sicherheitstechnischen Bedenken überzeugten nicht. Etwaige unvermeidbare natur-, insbesondere artenschutzfachliche Konflikte wären gegebenenfalls im Rahmen der Abwägung zu lösen. Es könne nicht angehen, unbelastete Gebiete unbelastet zu lassen und stark vorbelastete Gebiete bis zur Unzumutbarkeit weiter zu belasten. Inwiefern die Konflikte mit der vorhandenen Siedlungsnutzung bei der geplanten Südumfahrung weniger schwerwiegend als bei der Nordumfahrung sein sollten, sei nicht zu erkennen.
46 
Der Beigeladene hat sich im Verfahren nicht geäußert.
47 
Der Senat hat die mündliche Verhandlung vom 11.09.2012 unterbrochen und auf den 08.10.2012 vertagt, um dem beklagten Land Gelegenheit zu geben, die dem Planfeststellungbeschluss zugrundeliegende Stellungnahme der Modus Consult Ulm GmbH zur Gesamtlärmsituation vom 26.05.2008 von dem zuständigen Diplomingenieur plausibilisieren und ergänzen zu lassen. Auf die daraufhin erstellte „Konkretisierende und ergänzende Stellungnahme zur Gesamtlärmsituation“ vom 24./25.09.2012 wird Bezug genommen (AS 283 ff.).
48 
Dem Senat liegen die das straßenrechtliche Planfeststellungsverfahren und das Grundstück des Klägers zu 2 betreffenden Behördenakten sowie die beim Verwaltungsgericht angefallenen Akten vor. Auf diese wird wegen weiterer Einzelheiten ebenso verwiesen wie auf die angefallenen Senatsakten.

Entscheidungsgründe

 
49 
Die Berufungen der Kläger zu 1 bis 4 sind zulässig. Sie wurden insbesondere innerhalb der einmonatigen Berufungsfrist des § 124a Abs. 2 Satz 1 VwGO eingelegt und innerhalb der auf rechtzeitigen Antrag bis zum 28.03.2011 verlängerten Berufungsbegründungsfrist begründet. Das Rubrum war im Hinblick auf das bisherige Verfahren und die zweifelhafte Beteiligungsfähigkeit der aus den Klägern zu 2 bis 4 gebildeten Erbengemeinschaft (vgl. hierzu VGH Bad.-Württ., Urt. v. 25.09.2007 - 3 S 1492/06 -, VBlBW 2008, 24 m.w.N.) sachdienlich zu berichtigen.
50 
Die Berufungen haben jedoch keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat die Klagen zu Recht in vollem Umfang abgewiesen.
I.
51 
Die Kläger haben innerhalb der einmonatigen Klagefrist allerdings zulässigerweise gegen den Planfeststellungsbeschluss des Regierungspräsidiums Tübingen vom 26.09.2008 Klage erhoben. Aufgrund des umfassenden, die Bestandskraft insgesamt hindernden Aufhebungsantrags sind auch die hilfsweise in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht gestellten Verpflichtungsanträge, die nunmehr sachdienlich als Bescheidungsanträge gefasst sind, noch rechtzeitig erhoben. Insofern kann dahinstehen, ob diese bereits in dem Aufhebungsbegehren enthalten waren (vgl. § 88 VwGO; hierzu BVerwG, Beschl. v. 10.07.1995 - 4 B 94.95 -, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 103). Eine zulässige, weil sachdienliche Klageänderung lag jedenfalls vor (vgl. § 91 VwGO).
52 
Sämtlichen Klägern stand und steht - sowohl für das Anfechtungs- als auch das Verpflichtungsbegehren - die erforderliche Klagebefugnis zur Seite (vgl. § 42 Abs. 2 VwGO).
53 
Bei der Klägerin zu 1 folgt dies aus ihrer möglichen Beeinträchtigung ihrer Gesundheit (vgl. Art. 2 Abs. 2 GG) als Bewohnerin der Wohngrundstücke Flst. Nrn. 525 u. 525/1, beim Kläger zu 2 aus einer möglichen Beeinträchtigung seines Grundeigentums (vgl. Art. 14 Abs. 1 GG) an eben diesen Grundstücken. So machen die Kläger zu 1 und 2 geltend, infolge des zusätzlichen Straßenverkehrslärms in ihrer Gesundheit bzw. in ihrem Recht auf Nutzung dieser dem Vorhaben benachbarten Wohngrundstücke verletzt zu sein.
54 
Dass die maßgeblichen Beurteilungspegel (bei Berücksichtigung der geplanten Lärmschutzmaßnahmen, vgl. die entsprechenden Lagepläne ) nicht nur unterhalb der Grenzwerte des § 2 Abs. 1 Nr. 2 der 16. BImSchV (59 dB(A) bzw. 49 dB(A)) liegen, sondern gar die niedrigeren Orientierungswerte der DIN 18005 für Allgemeine Wohngebiete von 55 dB(A) bzw. 45 dB(A) einhalten (vgl. die Lärmuntersuchung Modus Consult Ulm GmbH v. 21.01.2006, Anlage 5), ändert nichts. Denn im Hinblick auf die Zunahme des Gesamtlärms erscheint nicht von vornherein ausgeschlossen, dass die Kläger zu 1 und 2 aufgrund der Auswirkungen des planfestgestellten Vorhabens nunmehr (erstmals) einer gesundheitsgefährdenden Gesamtlärmbelastung ausgesetzt sein könnten. Zwar wird sich bei einer Überlagerung des Fluglärms mit dem Straßenverkehrslärm im Bereich der K 7725 allenfalls eine Belastung von 64 dB(A) am Tage und 56 dB(A) in der Nacht ergeben (vgl. die Stellungnahme Modus Consult Ulm GmbH zur Gesamtlärmsituation v. 26.05.2008), jedoch blieb der Schienenverkehrslärm bei dieser Berechnung unberücksichtigt. Dieser war seinerzeit nicht ermittelt worden, weil verallgemeinernd unterstellt worden war, dass sich der Einfluss der K 7725 neu bei den für jenen anzusetzenden Werten ohnehin nicht mehr bemerkbar mache. Auch wenn die zusätzliche Berücksichtigung des Schienenverkehrslärms - bei den im Bereich des vom Schienenweg weiter entfernt liegenden Grundstücks des Klägers zu 2 allenfalls in Betracht zu ziehenden Schallpegelunterschieden - kaum dazu führen konnte, dass die Schwelle von 70 dB(A) am Tage und 60 dB(A) in der Nacht überschritten würde, lässt sich vor dem Hintergrund der von den Klägern angeführten Ergebnisse aus der Lärmwirkungsforschung doch nicht von vornherein von der Hand weisen, dass nunmehr von einer bereits gesundheitsgefährdenden Wirkung auszugehen sein könnte. Dies könnte wiederum zu einer anderen Bewertung der planfestgestellten Trasse im Rahmen der Variantenprüfung, auf einen strikten Lärmsanierungsanspruch oder - im Hinblick auf eine immerhin abwägungserhebliche Erhöhung des Gesamtlärms - zu einer Verletzung des Abwägungsgebots zu ihrem Nachteil führen. Zudem haben die Kläger die der Lärmuntersuchung zugrundeliegende Verkehrsuntersuchung mit umfangreichem Vorbringen in Zweifel gezogen und machen eine höhere Schutzwürdigkeit ihres Wohngebiets geltend. Eine Verletzung des Abwägungsgebots zu ihren Lasten lässt sich - unabhängig von einer etwaigen gesundheitsgefährdenden Wirkung - nicht zuletzt auch im Hinblick auf den nach dem Entwurf der VDI-Richtlinie 3722 Blatt 2 (Februar 2007) errechneten effektbezogenen Substitutionspegel LES von 66 - 67 dB(A) (vgl. die Stellungnahme Modus Consult Ulm GmbH zur Gesamtlärmsituation v. 26.05.2008) nicht ohne Weiteres von der Hand weisen.
55 
Im Hinblick auf das in ihrem Gesamthandseigentum stehende Außenbereichsgrundstück Flst. Nr. 528 sind die Kläger zu 2 bis 4 schon deshalb klagebefugt, weil dieses (teilweise) dauernd bzw. vorübergehend unmittelbar in Anspruch genommen werden soll und sich nicht von vornherein ausschließen lässt, dass die zugunsten der planfestgestellten Variante getroffene Entscheidung unter einem zur Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses führenden Fehler leidet.
II.
56 
Die Klagen haben jedoch in der Sache keinen Erfolg.
57 
1. Dies gilt zunächst für die in erster Linie auf eine Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses gerichteten Hauptanträge.
58 
Der Planfeststellungsbeschluss leidet zu Lasten der Kläger an keinem erheblichen Rechtsfehler, der seine vollständige oder teilweise Aufhebung oder zumindest die Feststellung seiner teilweisen Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit erforderte (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO, § 75 Abs. 1a Satz 2 LVwVfG; hierzu BVerwG, Urt. v. 21.03.1996 - 4 C 19.94 -, BVerwGE 100, 370, Beschl. v. 01.04.1998 - 11 VR 13.97 -, Buchholz 310 § 80 VwGO Nr. 63).
59 
Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist der Zeitpunkt des Erlasses des Planfeststellungsbeschlusses vom 26.09.2008. Anzuwenden ist das Straßengesetz für Baden-Württemberg (StrG) i.d.F. v. 11.05.1992 (GBl. S. 330, ber. S.683), zul. geänd. durch Art. 4 Siebte AnpassungsVO v. 25.04.2007 (GBl. 252).
60 
Die Kläger zu 1 und 2, die im Hinblick auf die von dem Vorhaben ausgehenden Immissionswirkungen auf das Wohngrundstück Flst. Nrn. 525 und 525/1 lediglich mittelbar in ihrer Gesundheit bzw. in ihrem Eigentum betroffen sind, können eine Überprüfung des Planfeststellungsbeschlusses insoweit nur auf die Einhaltung drittschützender Vorschriften einschließlich des Gebots gerechter Abwägung (gerade ihrer abwägungserheblichen Belange) beanspruchen.
61 
Als mit enteignungsrechtlicher Vorwirkung Betroffene haben die Kläger zu 2 bis 4 darüber hinaus - allerdings nur im Hinblick auf das unmittelbar in Anspruch genommenen Außenbereichsgrundstück Flst. Nr. 528 - grundsätzlich Anspruch auf eine umfassende objektiv-rechtliche Planprüfung; d.h. sie können die Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses bereits dann verlangen, wenn dieser nicht „gesetzmäßig“ (Art. 14 Abs. 4 GG), also rechtswidrig ist. Dabei kommt es nicht darauf an, ob der rechtliche Mangel gerade auf der Verletzung von Vorschriften beruht, die Belange des betroffenen Grundstückseigentümers schützen (vgl. BVerwG, Urt. v. 28.02.1996 - 4 A 27.95 -, NVwZ 1996, 1011). Ausgenommen hiervon sind nur Rechtsmängel, die für die enteignende Inanspruchnahme gerade ihres Außenbereichsgrundstücks Flst. Nr. 528 nicht kausal sind (vgl. BVerwG, Beschl. v. 10.07.1995 - 4 B 94.95 -, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 103).
62 
Schließlich sind auch die mit enteignungsrechtlicher Vorwirkung Planbetroffenen im gerichtlichen Verfahren an der Geltendmachung solcher Mängel gehindert, hinsichtlich deren sie materiell präkludiert sind (vgl. Senat, Urt. v. 09.10.2000 - 5 S 1883/99 -, VBlBW 2001, 278; BVerwG, Urt. v. 24.05.1996 - 4 A 38.95 -, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 119).
63 
a) Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss leidet - soweit ersichtlich - unter keinen - zu seiner Aufhebung führenden - Verfahrensfehlern. Solche haben die Kläger auch nicht geltend gemacht.
64 
b) Auch in materiell-rechtlicher Hinsicht kann der Planfeststellungsbeschluss nicht beanstandet werden. Das planfestgestellte Vorhaben ist erforderlich (aa) und verstößt weder gegen striktes Recht (bb) noch gegen das Abwägungsgebot (cc).
65 
aa) Entgegen der Auffassung der Kläger ist das Planvorhaben von der (im Hinblick auf die dem Planfeststellungsbeschluss zukommende enteignungsrechtliche Vorwirkung, vgl. § 40 StrG) erforderlichen Planrechtfertigung getragen. Diese unterliegt jedenfalls im Hinblick auf die entsprechenden, rechtzeitig erhobenen Einwendungen der enteignungsbetroffenen Kläger zu 2 bis 4 der Überprüfung (vgl. BVerwG, Urt. v. 24.11.2011 - 9 A 24.10 -; anders BVerwG, Urt. v. 26.04.2007 - 4 C 12.05 -, BVerwGE 128, 358: auch auf die Rüge mittelbar - durch Immissionen - Betroffener).
66 
Die Planrechtfertigung ist nur dann gegeben, wenn das Vorhaben aus Gründen des Gemeinwohls objektiv erforderlich ist. Dies ist allerdings nicht erst bei einem unabweisbaren Bedürfnis der Fall, vielmehr muss das Vorhaben lediglich gemessen an den Zielen des jeweils zugrundeliegenden Fachplanungsgesetzes „vernünftigerweise“ geboten sein (vgl. BVerwG, Beschl. v. 29.11.1995 - 11 VR 15.95 -, Buchholz 442.09 § 18 AEG Nr. 7) bzw. muss der Vorhabenträger im Hinblick auf diese Ziele die Planung aus nachvollziehbaren Gründen für erforderlich halten dürfen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 15.09.1995 - 11 VR 16.95 -, Buchholz 442.09 § 18 AEG Nr. 6; Urt. v. 27.07.1990 - 4 C 26.87 -, Buchholz 442.08 § 36 BBahnG Nr. 18); gesetzliche Ziele sind dabei alle im Rahmen des jeweiligen Fachgesetzes zulässigerweise verfolgbaren Ziele. Insofern stellt die Planrechtfertigung „eine praktisch nur bei groben und einigermaßen offensichtlichen Missgriffen wirksame Schranke der Planungshoheit“ dar. Nicht planerisch gerechtfertigt ist allerdings auch ein Vorhaben, wenn feststeht, dass sich die Null-Variante als ebenso sinnvoll oder noch zweckmäßiger erweisen würde (vgl. BVerwG, Urt. v. 03.05.1988 - 4 C 26.84 -, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 74). Da das Vorliegen der erforderlichen Planrechtfertigung eine Rechtsfrage betrifft, die der vollen gerichtlichen Überprüfung unterliegt, ist letztere auch nicht auf die Überprüfung der im Planfeststellungsbeschluss hierfür gegebenen Begründung beschränkt (vgl. BVerwG, Urt. v. 11.07.2001 - 11 C 14.00 -, BVerwGE 114, 364).
67 
Maßgebliches Fachplanungsgesetz für das in Rede stehende Straßenbauvorhaben ist das Straßengesetz für Baden-Württemberg i.d.F. vom 11.05.1992 (GBl. S. 330, ber. S. 683). Nach Maßgabe der von ihm allgemein verfolgten Ziele besteht ein Bedürfnis für die planfestgestellte Ortsumfahrung, was bereits der - wenn auch für die Planfeststellung und das gerichtliche Verfahren nicht verbindliche - Umstand nahelegt, dass die Maßnahme im Kreisstraßenausbauprogramm des Bodenseekreises als Vorhaben des vordringlichen Bedarfs ausgewiesen ist. Ein entsprechendes Bedürfnis für die Baumaßnahme folgt ohne Weiteres daraus, dass mit ihr die stark belastete Ortsdurchfahrt der Kreisstraße in Kehlen beseitigt und so die Leistungsfähigkeit der vorwiegend dem überörtlichen Verkehr innerhalb des Bodenseekreises dienenden K 7725 verbessert (vgl. § 3 Abs. 1 Nr. 2 StrG; BVerwG, Urt. v. 06.12.1985 - 4 C 59.82 -, BVerwGE 72, 282), der innerörtliche Verkehr (im Bereich dieser Ortsdurchfahrt) bzw. die Ortslage Kehlens vom Durchgangsverkehr weitgehend entlastet (vgl. hierzu BVerwG, Urt. v. 14.07.2011 - 9 A 14.10 -, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 218; auch Senat, Urt. v. 23.04.1981 - 5 S 2342/80 -, ESVGH 31, 196) und nicht zuletzt die Verkehrssicherheit auf der K 7725 im Bereich der Maßnahme erhöht wird (vgl. BVerwG, Urt. v. 06.12.1985, a.a.O., Urt. v. 03.05.1988 - 4 C 26.84 -, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 74).
68 
Soweit die Kläger mit ihrem Hinweis auf einen - ohne Umgestaltung der Ortsdurchfahrt - zu erwartenden „Schleichverkehr“ die im Anschluss an das Verkehrsgutachten vom 11.01.2005 angenommene Entlastung bzw. deren Umfang von 67 % im Bereich der (bisherigen) Ortsdurchfahrt Kehlen bezweifeln, lassen sich ihrem Vorbringen keine überzeugenden Gründe entnehmen, die eine solche Entlastung dem Grunde nach in Frage stellten. Auch wenn die Ausgangsbelastung zu hoch angesetzt sein sollte, führte dies allenfalls zu einer geringeren Entlastungswirkung. Davon, dass diese im Hinblick auf die von den Klägern angeführten Verkehrszählungen überhaupt nicht mehr ins Gewicht fallen könnte, kann jedenfalls nicht ausgegangen werden. So haben der Beklagte und der in der mündlichen Verhandlung gehörte Vertreter der Modus Consult Ulm GmbH überzeugend dargelegt, dass, weil nur repräsentative Verkehrstage maßgeblich sind, allenfalls die Verkehrszahlen vom 19.04.2007 herangezogen werden könnten, die jedoch bei einer Hochrechnung auf den ganzen Tag in etwa dieselbe Verkehrsmenge ergäben (6.200 bis 7.800 Kfz/24 h), die auch der Verkehrsuntersuchung für 2005 zugrundegelegt worden war (ca. 6.900 Kfz/24 h). Insbesondere leuchtet ohne Weiteres ein, dass Verkehrszählungen anlässlich von Geschwindigkeitsmessungen schon aufgrund ihrer gänzlich anderen Funktion in vorliegendem Zusammenhang allenfalls geringe Aussagekraft zukommt. So machen Geschwindigkeitsmessungen von vornherein nur in Zeiten Sinn, in denen die Verkehrsdichte überhaupt ein schnelleres Fahren zulässt.
69 
Dass mit der geplanten B 30 neu ohnehin bereits eine (vergleichbare) Entlastung der Ortsdurchfahrt Kehlen verbunden wäre, ist nicht zu erkennen, da sich an der Verbindungs-, insbesondere Zubringerfunktion der K 7725 nichts änderte. Es ist ohne Weiteres nachvollziehbar, dass sich diese entsprechend der auf die Verkehrsuntersuchung gestützte Annahme im Planfeststellungsbeschluss sogar noch verstärkte (vgl. deren Zusammenfassung, S. 10).
70 
Die Leistungsfähigkeit der K 7725 erhöhte sich schließlich unabhängig von der angenommenen Entlastung im Bereich der (bisherigen) Ortsdurchfahrt. Dies folgt bereits aus der Beseitigung der den überörtlichen Verkehr schon aufgrund ihres unsteten Verlaufs, ihrer geringen Fahrbahnbreite und des dortigen Bahnübergangs (durch Rückstauungen) beeinträchtigenden Ortsdurchfahrt der Kreisstraße (vgl. BVerwG, Urt. v. 22.03.1985 - 4 C 15.83 -, BVerwGE 71, 166). Ein Verkehrsbedürfnis für eine leistungsfähigere K 7725 folgt ohne Weiteres aus der derzeit schon hohen Verkehrsbelastung der K 7725 und der Verkehrsprognose für 2015 bzw. 2020, die für alle überprüften Planungsfälle von einer Gesamtbelastung von mindestens 13.000 Kfz/24 h ausgeht (vgl. Verkehrsuntersuchung, S. 6 u. 9).
71 
Dass ein entsprechendes Verkehrsbedürfnis gerade auch für die Südumfahrung besteht, ergibt sich ohne Weiteres aus der für sie für den Planungsfall C 2 prognostizierten künftigen Gesamtbelastung von ca. 17.600 Kfz/24 h (für 2015) bzw. ca. 18.200 Kfz/24 h (für 2020). Inwiefern diese Annahme auf einer fehlerhaften Prognose beruhte, erschließt sich nicht. Selbst dann, wenn sich die Verkehrsbelastung für die K 7725 neu gegenüber der K 7725 alt nicht wesentlich erhöhen sollte, stellte dies das für eine Erhöhung der Leistungsfähigkeit erforderliche Verkehrsbedürfnis nicht in Frage. Dafür, dass die Südumfahrung entgegen dem Verkehrsgutachten überhaupt nicht angenommen und insofern weiterhin die durch Kehlen führende K 7725 alt genutzt würde, lassen sich dem Vorbringen der Kläger keine überzeugenden Gründe entnehmen. Insbesondere ist nicht nachvollziehbar, warum die K 7725 neu nicht genutzt werden sollte, um über die B 30 neu die B 467 zu erreichen. Dass es - je nach Abfahrts- und Zielort - auch andere Verkehrsbeziehungen gibt, die nicht über die K 7725 neu führen, steht außer Frage und vermag ein Verkehrsbedürfnis für die K 7725 neu - wie bisher für die K 7725 alt - nicht in Frage zu stellen. Nichts anderes gilt, soweit die Kläger anzweifeln, ob Meckenbeuren von Norden anfahrende Verkehrsteilnehmer die B 30 nutzen.
72 
Auch die Verkehrssicherheit auf der K 7725 erhöhte sich unabhängig von der angenommenen Entlastung der Ortsdurchfahrt vom überörtlichen Verkehr, da sich jedenfalls die auf Trassenführung und Ausbauzustand im Bereich der Ortsdurchfahrt und im Einmündungsbereich in die B 30 zurückzuführende Unfallhäufigkeit verringerte. Der Verweis auf an anderer Stelle neu entstehende Gefahren stellt letztlich eine Spekulation der Kläger dar; daran vermag auch ihr Hinweis auf schwere Verkehrsunfälle auf anderen Ortsumfahrungen nichts zu ändern. Ein besonderes Verkehrsbedürfnis für die K 7725 neu, insbesondere die Südumfahrung, müsste insofern, da sich der mit der Straßenplanung verbundene Eingriff in privates Grundeigentum schon mit konkreten Sicherheitsanforderungen hinreichend rechtfertigen ließe, noch nicht einmal ohne Weiteres nachgewiesen werden (vgl. BVerwG, Urt. v. 03.05.1988, a.a.O.; Urt. v. 22.03.1985, a.a.O.; BVerwGE 72, 282). Von einem entsprechenden Verkehrsbedürfnis ist allerdings - wie ausgeführt - ohne Weiteres auszugehen.
73 
Ob sich bei Berücksichtigung aller gegenläufigen Belange (insbesondere des Interesses der Anwohner, von weiteren Verkehrslärmwirkungen verschont zu bleiben sowie der Belange des Natur- und Landschaftsschutzes) letztlich doch die Nullvariante oder eine von den Klägern favorisierte Variante als die bessere Lösung aufdrängte, ist schließlich keine Frage der Planrechtfertigung, sondern Gegenstand der planerischen Abwägung (vgl. BVerwG, Urt. v. 10.04.1997 - 4 C 5.96 -, BVerwGE 104, 236). Insoweit wird auf die Ausführungen unter cc) verwiesen.
74 
Soweit die Kläger die Planrechtfertigung für das Straßenbauvorhaben schließlich mit zwischenzeitlich erkannten artenschutzrechtlichen Problemen im Bereich der geplanten West-Trasse der B 30 neu in Frage zu stellen versuchen, geht dies von vornherein fehl. Abgesehen davon, dass artenschutzrechtliche Probleme nicht dazu führen müssen, dass von der bisherigen Planung der B 30 neu abgesehen und stattdessen auf die Osttrasse ausgewichen würde, ist maßgeblicher Zeitpunkt auch für das Vorliegen der Planrechtfertigung der Erlass des Planfeststellungsbeschlusses. Der Hinweis der Kläger auf § 51 LVwVfG (Wiederaufgreifen des Verfahrens) geht insofern fehl, zumal diese Vorschrift in einem Planfeststellungsverfahren ohnehin keine Anwendung findet (vgl. § 72 Abs. 1 LVwVfG). Abgesehen davon besteht für die mit der Planung verfolgten Ziele - Erhöhung der Leistungsfähigkeit und Verkehrssicherheit der K 7725 sowie Entlastung Kehlens im Bereich der Ortsdurchfahrt von überörtlichem Verkehr - auch unabhängig von der Planung der B 30 neu ein Bedürfnis.
75 
bb) Das planfestgestellte Vorhaben verletzt, soweit dies überhaupt zu prüfen war, auch keine zwingenden materiellen Rechtssätze.
76 
aaa) Auf einen etwaigen Verstoß gegen die naturschutzrechtliche Eingriffsregelung (vgl. § 21 LNatSchG) können sich die Kläger allerdings - auch soweit ihnen ein Vollprüfungsanspruch zusteht - nicht berufen.
77 
Zu Recht ist das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, dass auch die ent-eignungsbetroffenen Kläger zu 2 bis 4 eine Überprüfung der im Planfeststellungsbeschluss festgesetzten Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen nicht beanspruchen können, da sie entsprechende Einwendungen gegen den Plan trotz des Hinweises auf diese Rechtsfolge in den „Gemeindenachrichten“ vom 08.07.2006 nicht erhoben haben. Dass der Hinweis nach seinem Wortlaut auf § 73 Abs. 4 LVwVfG und nicht auf die speziellere Regelung in § 37 Abs. 9 StrG Bezug nahm, ist ohne Belang, nachdem keine auf besonderen privatrechtlichen Titeln beruhende Einwendungen in Rede stehen.
78 
Nach § 37 Abs. 9 Satz 1 StrG sind im Planfeststellungsverfahren Einwendungen gegen den Plan nach Ablauf der Einwendungsfrist ausgeschlossen; hierauf ist in der Bekanntmachung der Auslegung oder bei der Bekanntgabe der Einwendungsfrist hinzuweisen. Hierbei handelt es sich, wovon auch das Verwaltungsgericht ausgegangen ist, nicht nur um eine formelle, sondern um eine materielle Präklusion, die auch im gerichtlichen Verfahren zu beachten ist (vgl. Lorenz/Will, StrGBW, Handkomm., 2. A. 2005, § 37 Rn. 68; noch offen gelassen von VGH Bad.-Württ., Urt. v. 05.10.2006 - 8 S 967/05 -, ESVGH 124). Dies folgt bereits aus dem Wortlaut der Vorschrift. Dieser beschränkt sich nicht auf die Normierung einer Einwendungsfrist, gegebenenfalls ergänzt um einen Hinweis, dass (lediglich) die rechtzeitig erhobenen Einwendungen gegen den Plan zu erörtern sind (vgl. § 18 Abs. 3 u. 4 Satz 1 FStrG i.d.F. v. 06.08.1953 bzw. § 18 Abs. 4 u.6 FStrG i.d.F. v. 01.07.1974), sondern spricht eindeutig von einem Einwendungsausschluss nach Ablauf der Einwendungsfrist. Diese Wortwahl entspricht vergleichbaren Präklusionsregelungen (vgl. § 73 Abs. 4 Satz 3 LVwVfG, § 17 Abs. 4 Satz 1 FStrG) und weist zweifelsfrei auf eine materielle Präklusion hin. Hinzu kommt, dass in § 39 Abs. 9 Satz 2 StrG als Voraussetzung für einen solchen Ausschluss geregelt ist, dass auf diese Rechtsfolge in der Bekanntmachung der Auslegung oder bei der Bekanntgabe der Einwendungsfrist hinzuweisen ist. Der Umstand, dass die Vorschrift mit den Worten „Im Planfeststellungsverfahren“ beginnt, ändert daran nichts, mag dies für sich genommen auch einen gegenteiligen Schluss nicht von vornherein ausgeschlossen erscheinen lassen (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 05.10.2006, a.a.O.). Denn damit sollte ersichtlich nur klargestellt werden, dass lediglich in einem Planfeststellungsverfahren - und nicht in einem Plangenehmigungsverfahren - nicht erhobene Einwendungen einer Ausschlusswirkung unterliegen. Wäre mit den Worten „Im Planfeststellungsverfahren“ demgegenüber eine Begrenzung der Ausschlusswirkung auf das weitere Planfeststellungsverfahren beabsichtigt gewesen, wäre eine solche Einschränkung anders, nämlich vor dem Wort „ausgeschlossen“ zum Ausdruck zu bringen gewesen. Zu Beginn der Vorschrift haben diese Worte indes die gleiche Bedeutung wie „bei einem Planfeststellungsverfahren“. Für eine solche Auslegung sprechen nicht zuletzt Sinn und Zweck der Vorschrift, Rechts- und Investitionssicherheit (insbesondere für den Vorhabenträger, vgl. BVerwG, Beschl. v. 11.11.2009 - 4 B 57.09 -, Buchholz 406.254 URG Nr. 1) zu schaffen und die bereits mit dem Genehmigungsverfahrensbeschleunigungsgesetz verfolgte Verfahrensbeschleunigung zu gewährleisten. Dass der Einwendungsausschluss in § 37 Abs. 9 Satz 1 StrG gleichwohl hinter den bisherigen, bereits eine materielle Präklusion enthaltenden Regelungen in § 37 Abs. 13 StrG und § 73 Abs. 4 Satz 3 LVwVfG zurückbleiben und entgegen der allgemeinen Tendenz zur materiellen Präklusion im Fachplanungsrecht (vgl. Rieder, Fachplanung und materielle Präklusion, 2004, S. 111) nur noch im Verwaltungsverfahren und nicht mehr für das gerichtliche Verfahren gelten sollte, erscheint demgegenüber fernliegend. Ausweislich der Gesetzgebungsmotive (vgl. hierzu LT-Drucks. 13/1227, S. 58) war mit der Novellierung tatsächlich auch keine Einschränkung gegenüber der in § 73 Abs. 4 Satz 3 LVwVfG enthaltenen Regelung, sondern gerade eine Erweiterung auf solche Einwendungen beabsichtigt, die auf privatrechtlichen Titeln beruhen. Insofern hat sich mit der Novellierung des § 37 Abs. 9 Satz 1 StrG an der bisherigen, eine materielle Präklusion vorsehenden Rechtslage nichts geändert.
79 
Die Präklusion erstreckt sich - auch bei den enteignungsbetroffenen Klägern zu 2 bis 4 - grundsätzlich auch auf solche rechtlichen oder tatsächlichen Umstände, die die Planfeststellungsbehörde unabhängig von etwaigen Einwendungen Betroffener von Amts wegen zu berücksichtigen hatte (vgl. BVerwG, Beschl. v. 01.04.2005 - 9 VR 5.05 -, juris, Rn. 5; OVG Bremen, Urt. v. 13.01.2005 - 1 D 224/04 -, juris Rn. 58). Der erweiterten Einwendungsbefugnis entspricht insofern auch eine erhöhte Mitwirkungslast (vgl. Senat, Urt. v. 09.10.2000, a.a.O., Rieder, a.a.O., S. 178).
80 
Zur Vermeidung des Einwendungsausschlusses müssen Einwendungen - auch solche gegen objektiv-rechtliche (öffentliche Belange) - erkennen lassen, in welcher Hinsicht Bedenken gegen die in Aussicht genommene Planung - aus Sicht des Einwenders - bestehen könnten; das Vorbringen muss so konkret sein, dass die Planfeststellungsbehörde erkennen kann, in welcher Weise sie bestimmte Belange einer näheren Betrachtung unterziehen soll bzw. was sie konkret bedenken soll (vgl. Senat, Urt. v. 09.10.2000, a.a.O.; BVerwG, Beschl. v. 12.02.1996 - 4 A 38.95 -, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 109). Der Betroffene muss zumindest in groben Zügen - gegebenenfalls unter Hinweis auf spezielle, gerade ihn betreffende Gesichtspunkte (vgl. Steinberg, a.a.O., § 2 Rn. 133) - darlegen, welche Beeinträchtigungen befürchtet werden, ohne dies allerdings begründen zu müssen (vgl. BVerfG, Beschl. v.08.07.1982 - 2 BvR 1187/80 - BVerfGE 61, 82; BVerwG, Beschl. v. 12.02.1996 - 4 VR 19.95 - Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 109 S. 78; Urt. v. 30.01.2008 - 9 A 27.06 -, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 195).
81 
Dem können die Kläger nicht entgegenhalten, sie hätten insofern auch gegen die Ausgleich- und Ersatzmaßnahmen Einwendungen erhoben, weil sie mit der gerügten, „nicht hinnehmbaren“ Beeinträchtigung des Landschaftsbildes und des Erholungswerts der Landschaft, insbesondere des Naherholungsgebiets sowie des Erholungsgeländes um Gerbertshaus die gesamte Problematik betreffend Eingriffe in Natur- und Landschaftsschutz einschließlich der hierzu vorgesehenen Kompensationsregelungen thematisiert hätten. Auch wenn die Begriffe Natur und Landschaft für sich genommen nach ihrem Bedeutungsinhalt nicht genau gegeneinander abzugrenzen sein sollten, bezogen sich die Einwendungen der Kläger doch allein auf das Landschaftsbild bzw. die Trennung des Ortsbildes und den Erholungswert der Landschaft (vgl. hierzu auch Dürr, in: Kodal, StraßenR, 7. A., S. 1295) und zwar mit der Zielrichtung, dass in dieses Schutzgut nur eingegriffen werden dürfe, wenn an anderer Stelle keine alternative Trasse zur Verfügung stehe, was nach ihrer Auffassung jedoch der Fall sei. Damit sollte im Hinblick auf das zweifellos betroffene „hohe Schutzgut“ der Landschaft die Entscheidung zugunsten der planfestgestellten Trasse im Rahmen der Variantenprüfung und nicht die Vermeid-barkeit eines Eingriffs i. S. des § 21 Abs. 1 NatSchG, bei der lediglich nach Alternativen an gleicher Stelle zu fragen ist, und schon gar nicht die ausreichende Kompensation der mit ihr verbundenen unvermeidbaren Beeinträchtigungen in Frage gestellt werden (vgl. § 21 Abs. 2 NatSchG); unabhängig davon änderte eine ausreichende Kompensation an den beanstandeten Beeinträchtigungen nichts.
82 
Im Übrigen wäre auch nicht ersichtlich, inwiefern ein im Hinblick auf die angeblich ungeeigneten Maßnahmen 2.1 und 9 (für die das Grundstück der Kläger - anders als für die Maßnahme 3.1a - auch nicht teilweise in Anspruch genommen werden muss) verbliebenes Defizit im Bereich der Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen, nicht nur zu einer Planergänzung (um weitere Maßnahmen an anderer Stelle und ggf. einer Ausgleichsabgabe), sondern entsprechend dem Hauptantrag der Kläger zu 2 bis 4 zu einer Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses führen könnte. Dies setzte voraus, dass es im Gesamtplanungsgeflecht derart schwer wöge, um von der planfestgestellten Maßnahme insgesamt abzusehen oder die Trassenführung doch im Bereich des unmittelbar in Anspruch genommenen Außenbereichsgrundstücks Flst. Nr. 528 zu verändern (vgl. BVerwG, Urt. v. 28.02.1996 - 4 A 27.95 -, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 110; Senat, Urt. v. 09.10.2000, a.a.O.). Überzeugende Gründe hierfür lassen sich auch dem Berufungsvorbringen nicht entnehmen, zumal die Kläger gerade auf angeblich vorhandene geeignetere Ausgleichsflächen (Flst. Nr. 456 u. a.) verwiesen haben. Mit der beanstandeten Ausgleichsmaßnahme 2.1 („Optimierung der „Weite Wiesen“) soll schließlich eine Extensivierung und Entwicklung von Grünlandbeständen, insbesondere des feuchten und nassen Spektrums sowie eine Förderung standortgemäßer Vegetationsbestände (Hochstauden, Röhricht, Großseggenried) erreicht werden. Warum solches aufgrund der Straßennähe und Lärmexposition der vorgesehenen Fläche nicht möglich sein sollte, erschließt sich nicht, mag die damit u.a. verfolgte (weitere) Zielsetzung, die Lebensraumfunktionen zu verbessern und die Arten- und Lebensgemeinschaften extensiv genutzter Grünlandkomplexe zu fördern (vgl. hierzu das entsprechende Maßnahmenblatt im Landschaftspflegerischen Begleitplan, S. 104 f.), auch nicht in jeder Hinsicht optimal erreicht werden können. Insofern hat ein Vertreter der „Entwicklungs- und Freiraumplanung Eberhard + Partner GbR“ in der mündlichen Verhandlung überzeugend darauf hingewiesen, dass sich die vegetationsmäßige und faunistische Aufwertung dieses grundwassernahen Bereichs gar nicht auf Wiesenvögel beziehe. Die Insektenfauna sei schließlich gegenüber den Störwirkungen einer Straße relativ tolerant.
83 
Was die weitere Rüge der Kläger anbelangt, die Ersatzmaßnahme 9 sei im Hinblick auf die verschiedenen mit ihr verfolgten Zwecke schon aufgrund ihrer geringen Größe viel zu klein, greift auch dies nicht durch. So ist nicht zu erkennen, warum mit der Extensivierung der landwirtschaftlichen Nutzung und der Entwicklung artenreicher Grünlandbestände sowie der regelmäßigen Pflege der Sukzessionsfläche entlang des Tegelbachs nicht gleichzeitig die Bodenfunktionen optimiert und stabilisiert, das Retentionsvermögen der Tegel-bachaue verbessert, stoffliche Einträge reduziert und die dortigen Lebensraumfunktionen verbessert werden könnten (vgl. hierzu das entsprechende Maßnahmenblatt im Landschaftspflegerischen Begleitplan, S. 116 f.). Ein Vertreter der „Entwicklungs- und Freiraumplanung Eberhard + Partner GbR“ hat den Klägern schließlich in der mündlichen Verhandlung überzeugend entgegengehalten, dass die Maßnahme 9 im Zusammenhang mit den Maßnahmen 2.1 und 8 zu sehen sei und diese lediglich ergänzen sollte. Entgegen der Auffassung der Kläger könnten auch die „Bähwiesen“ durchaus noch weiter aufgewertet werden. Auf einen die Maßnahme insgesamt oder doch die Trassenführung im Bereich ihres Außenbereichsgrundstücks in Frage stellenden Fehler hätte freilich auch dieser Einwand kaum führen können. Dagegen spricht nicht zuletzt die auch von den Klägern, wenn auch mit anderer Zielrichtung hervorgehobene geringe Größe der Fläche. Bei ihrem Vorwurf, der Eingriff in die Landschaft, insbesondere in das Landschaftsbild sei nicht ausreichend kompensiert, übersehen die Kläger, dass sich das planfestgestellte Maßnahmenkonzept nicht in den beiden beanstandeten Maßnahmen erschöpft, sondern sich aus insgesamt 9 bzw. 12 Einzelmaßnahmen zusammensetzt. Dass gleichwohl ein Defizit verbliebe, haben die Kläger auch im gerichtlichen Verfahren nicht in nachvollziehbarer Weise aufgezeigt.
84 
bbb) Soweit die Kläger geltend machen, dass die fachplanungsrechtliche Zumutbarkeitsgrenze nach § 74 Abs. 2 Satz 2 LVwVfG überschritten sei, weil die aus ihrer Sicht maßgeblichen Summenpegel die auch in diesem Fall einschlägigen Immissionsgrenzwerte nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 der 16. BImSchV überstiegen, wird zwar ein Verstoß gegen zwingende Vorschriften des verkehrsbezogenen Immissionsschutzrechts (§§ 41 ff. BImSchG, 16. BImSchV) geltend gemacht. Auf eine Planaufhebung führte dies jedoch auch dann nicht, wenn der Einwand zuträfe. Vielmehr bestünde auch bei unzureichender Lärmvorsorge grundsätzlich nur ein Anspruch auf Planergänzung. Eine Planaufhebung käme erst dann in Betracht, wenn das Fehlen entsprechender Schutzauflagen - ausnahmsweise - von so großem Gewicht sein könnte, dass die Ausgewogenheit der Planung insgesamt in Frage gestellt wäre (vgl. Senatsurt. v. 09.10.2000, a.a.O.; BVerwG, Urt. v. 18.04.1996 - 11 A 86.95 -, NVwZ 1996, 901), mithin erst dann wenn gleichzeitig gegen das fachplanungsrechtliche Abwägungsgebot verstoßen worden wäre (dazu sogleich).
85 
Anderes gilt auch nicht im Hinblick auf das Vorbringen der Kläger zu 1 und 2 mit der höheren Gesamtlärmbelastung von insgesamt 66 dB(A) am Tage und 56 dB(A) in der Nacht erstmals einer nach Art. 2 Abs. 2 GG verfassungswidrigen Gesundheitsgefährdung ausgesetzt zu sein. Denn auch dann, wenn die Schwelle zur Gesundheitsgefährdung nunmehr überschritten sein sollte, führte dies allenfalls aufgrund eines möglicherweise beachtlichen Abwägungsfehlers im Rahmen der Variantenprüfung auf eine Planaufhebung. Anderenfalls verbliebe es auch insoweit bei einem Planergänzungsanspruch, mit dem die Kläger allenfalls weitere (hier durchaus im Wege aktiven wie passiven Schallschutz mögliche) Schutzvorkehrungen bzw. Entschädigungen, gegebenenfalls auch eine zu entschädigende Übernahme des Grundstücks verlangen könnten.
86 
ccc) Dass infolge des planfestgestellten Vorhabens Lärmaktionspläne nach § 47d BImSchG von den hierfür zuständigen Behörden sinnvollerweise nicht mehr aufgestellt werden könnten, ist weder dargetan noch sonst ersichtlich. Der inzwischen im Entwurf vorliegende Lärmaktionsplan für die Gemeinde Meckenbeuren dürfte im Übrigen das Gegenteil belegen.
87 
cc) Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss verstößt auch nicht in einer zu seiner Aufhebung führenden Weise gegen das fachplanerische Abwägungsgebot des § 37 Abs. 5 Satz 1 StrG. Nach dieser Vorschrift sind bei der Planfeststellung die von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange einschließlich der Umweltverträglichkeit im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigen. Insoweit ist die gerichtliche Kontrolle darauf beschränkt, ob eine Abwägung überhaupt stattgefunden hat, ob an Belangen eingestellt worden ist, was nach Lage der Dinge eingestellt werden musste, ob die Bedeutung der betroffenen öffentlichen und privaten Belange verkannt und ob der Ausgleich zwischen ihnen in einer Weise vorgenommen worden ist, der zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht. Innerhalb des so gezogenen Rahmens wird das Abwägungsgebot nicht verletzt, wenn sich die Behörde in der Kollision zwischen verschiedenen Belangen für die Bevorzugung des einen und damit notwendigerweise für die Zurückstellung eines anderen Belangs entscheidet (vgl. hierzu grundlegend BVerwG, Urt. v. 14.02.1975 - IV C 21.74 - BVerwGE 48, 56). Dabei sind gemäß § 75 Abs. 1a Satz 1 LVwVfG Mängel bei der Abwägung der von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange nur erheblich, wenn sie offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen sind (vgl. hierzu BVerwG, Beschl. v. 16.08.1995 - 4 B 92.95 -, a.a.O.).
88 
Die Entscheidung der Planfeststellungsbehörde, den Plan für den Neubau der K 7725 als Südumgehung von Kehlen auch im Hinblick auf die zusätzlichen Lärmwirkungen zum Nachteil der Kläger zu 1 und 2 und die Inanspruchnahme des Grundstücks der Kläger zu 2 bis 4 festzustellen, lässt einen relevanten Abwägungsfehler nicht erkennen. Insbesondere musste sie einer anderen Variante nicht den Vorzug geben. Dass sich die Kläger innerhalb der Einwendungsfrist noch nicht zu allen, von ihnen nunmehr für vorzugswürdig gehaltenen Varianten geäußert hatten, führt nicht dazu, dass sie insoweit mit ihren Einwand ausgeschlossen wären, dass im Hinblick auf die von ihnen beanstandeten Beeinträchtigungen von Landschaft, Ortsbild, Gesundheit und Eigentum eine andere Variante vorzuziehen gewesen wäre.
89 
Kommen Alternativlösungen ernsthaft in Betracht, so hat die Planungsbehörde sie zwar als Teil des Abwägungsmaterials mit der ihnen objektiv zukommenden Bedeutung in die vergleichende Prüfung der von den möglichen Varianten jeweils berührten öffentlichen und privaten Belange unter Einschluss des Gesichtspunkts der Umweltverträglichkeit einzubeziehen. Sie ist indes nicht verpflichtet, die Variantenprüfung bis zuletzt offen zu halten und alle von ihr zu einem bestimmten Zeitpunkt erwogenen Alternativen gleichermaßen detailliert und umfassend zu untersuchen. Auch im Bereich der Planungsalternativen braucht sie den Sachverhalt nur soweit aufzuklären, wie dies für eine sachgerechte Trassenwahl und eine zweckmäßige Gestaltung des Verfahrens erforderlich ist. Sie ist befugt, eine Alternative, die ihr auf der Grundlage einer Grobanalyse als weniger geeignet erscheint, schon in einem frühen Verfahrensstadium auszuscheiden. Verfährt sie in dieser Weise, so handelt sie abwägungsfehlerhaft nicht schon dann, wenn sich herausstellt, dass die von ihr verworfene Lösung ebenfalls mit guten Gründen vertretbar gewesen wäre, sondern erst, wenn sich ihr diese Lösung als die vorzugswürdige hätte aufdrängen müssen (vgl. BVerwG, Urt. v. 25.01.1996 - 4 C 5.95 -, BVerwGE 100, 238, Beschl. v. 24.09.1997 - 4 VR 21.96 - NVwZ-RR 1998, 297 u. Urt. v. 26.03.1998 - 4 A 7.97 -, UPR 1998, 382). Solches ist hier nicht der Fall.
90 
Soweit im Planfeststellungsbeschluss der „Südumfahrung“ der Vorzug gegenüber den beiden Nordumfahrungen gegeben wurde, ist dies ohne Weiteres nachvollziehbar. So würde die ortsnahe Nordumgehung an der Verkehrsbelastung zwischen der Bahnlinie und der bestehenden B 30 nichts ändern bzw. diese gar noch verstärken, wodurch der dortige Schul-, Sport und Freizeitbetrieb beeinträchtigt wäre. Auch führte die ortsnahe Nordumgehung zu einer geringeren Entlastung der Ortsdurchfahrt Kehlen. Bei der ortsfernen Nordumfahrung ergäbe sich schließlich eine hohe Verkehrsbelastung im Bereich zwischen Meckenbeuren und Buch bzw. auf den entsprechenden Verbindungsstraßen, was sich auf den dortigen Siedlungs- und Entwicklungsschwerpunkt nachteilig auswirkte. Auch wäre sie aufgrund ihrer Länge die unwirtschaftlichste Lösung. Demgegenüber erbringt die insoweit günstigere „Südumfahrung“ eine gute (nicht „beste“, so aber die Verkehrsuntersuchung, S. 7) und zugleich durchgängige Entlastung. Auch lässt sich mit ihr als „Zubringer“ für den Raum südöstlich von Meckenbeuren die langfristig verfolgte Verkehrskonzeption umsetzen, die Verkehrsbeziehungen im Zuge der B 30 neu und der K 7725 neu in Verbindung mit der langfristig geplanten B 467 neu zu bündeln. Schließlich hatte sich die „Südumfahrung“ nach der Umweltverträglichkeitsstudie auch als die umweltverträglichste Variante erwiesen (vgl. zum Ganzen, Planfeststellungsbeschluss, S. 17; Verkehrsuntersuchung, S. 7 f.; Erläuterungsbericht, S. 9 ff.).
91 
Vor diesem Hintergrund erweist sich die von den Klägern zuletzt favorisierte Variante 3 ersichtlich nicht als vorzugswürdig, da sie im Wesentlichen der ortsfernen Nordumgehung entspricht und insofern dieselben Nachteile mit sich brächte.
92 
Soweit die Kläger demgegenüber auf die sog. „Shuttlebus“-Variante bzw. die Varianten 1 und 2 verweisen (vgl. VG-Akten, AS 183), liefen diese letztlich auf ein anderes Projekt hinaus; insofern brauchte sich der Vorhabenträger auf diese von vornherein nicht verweisen zu lassen. Darauf haben zu Recht bereits die Planfeststellungsbehörde und das Verwaltungsgericht hingewiesen. Schon das mit der planfestgestellten Variante verfolgte wesentliche Ziel einer Entlastung der Ortsdurchfahrt Kehlen ließe sich mit diesen weiter entfernten, deutlich nach Süden abgesetzten Varianten allenfalls unzureichend erreichen. Soweit die Kläger im Berufungsverfahren noch geltend machen, dass sich bei einem entsprechenden Anschluss an die B 30 neu sowie bei einer entsprechenden Streckenführung bzw. mittels Verkehrsleitsystemen durchaus eine (vergleichbare) Entlastung der Ortsdurchfahrt erreichen ließe, setzte dies weitere umfangreiche, gegebenenfalls raumbeanspruchende Maßnahmen (auch anderer Behörden) voraus, die schon im Hinblick auf die in Kauf zu nehmenden Umwege kaum gewährleisteten, dass sich der beabsichtigte Entlastungseffekt einstellte.
93 
Hinzu kommt, dass sich das weitere - langfristige - Ziel einer Bündelung der Verkehrsbeziehungen im Zuge der verfolgten Netzkonzeption (B 30 neu, B 31 neu und B 467 neu) überhaupt nicht erreichen ließe. So wird im Planfeststellungsbeschluss überzeugend ausgeführt, dass die Verkehrsbeziehungen im nördlichen Bodenseeraum in Ost/West-Richtung über die B 31 neu und in Nord/Süd-Richtung über die B 30 neu sowie langfristig über eine B 467 neu geführt werden sollen und dem Anschuss an die B 30 neu bei Hirschlatt eine wichtige Verteilerfunktion zukomme, auf den die K 7725 neu als Zubringer (für den Raum südöstlich von Meckenbeuren) gezielt geführt werden müsse. Dies ist bei den von den Klägern vorgeschlagenen Varianten 1 und 2 jedoch nicht der Fall, weil diese einen Umweg über die Messe Friedrichshafen nehmen. Auch brächte der mit diesen Varianten verbundene Anschluss an die K 7726 auf Höhe der Messe keinen Vorteil („Ergänzung der geplanten Messezufahrt“), sondern den erheblichen Nachteil mit sich, dass der Verkehrsfluss an Messetagen behindert würde, was mit der planfestgestellten „Südumfahrung“ gerade verhindert werden sollte.
94 
Abgesehen davon schnitten die beiden Varianten auch in wirtschaftlicher Hinsicht keineswegs besser ab, da ein bloßer Ausbau der im Luftsicherheitsbereich belegenen Flughafenstraße aus nachvollziehbaren Gründen ausscheiden dürfte. Dass sowohl ein Neubau entlang des Flughafengeländes (Variante 2) als auch eine Stichstraße (Variante 1) nicht zuletzt im Hinblick auf die flugsicherheitstechnischen Vorgaben und die jedenfalls im unmittelbaren Randbereich des Flughafens erforderliche Führung in Tunnel- oder zumindest Tieflage kostenaufwändiger wären, leuchtet ohne Weiteres ein. Dies gilt erst Recht für die letztlich nur im Wege einer Untertunnelung realisierbare Variante 1.
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Würde indes abweichend von den vorgeschlagenen Varianten ausgehend von der B 30 entlang des Flughafens eine Trassierung unmittelbar auf die Anschlussstelle bei Hirschlatt vorgenommen, brächte dies Belastungen für den Siedlungsbereich von Gerbertshaus bzw. von Großbuch mit sich, so dass sich die Lärmbetroffenheiten lediglich verschöben. Auch ist ohne weiteres nachvollziehbar, dass es dann zu Beeinträchtigungen des Waldgebiets „Großes Moos“ käme, wodurch sich erhebliche, möglicherweise nicht überwindbare artenschutzrechtliche Probleme ergäben, die sich bei der „Südumfahrung“ so nicht stellten.
96 
Auch die von den Klägern angeführten - unbestreitbaren - Nachteile der planfestgestellten Variante können aufgrund des ihnen zukommenden Gewichts nicht dazu führen, dass der Vorhabenträger stattdessen auf die weniger geeignete, die Planungsziele nur unvollkommen erreichende ortsferne Nordumgehung ausweichen oder gar von dem Vorhaben insgesamt Abstand nehmen müsste (sog. „Nullvariante“).
97 
Insbesondere der von den Klägern für unvertretbar gehaltene Eingriff in das Landschaftsbild ändert nichts daran, dass die „Südumgehung“ gleichwohl die umweltverträglichste Variante darstellt. Die Beeinträchtigung dieses Belangs wurde von der Planfeststellungsbehörde auch durch entsprechende Maßnahmen (Feldbrücke, nicht zu hohe Lärmschutzwände) gering gehalten und schließlich auch durch entsprechende Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen kompensiert. Mit ihren Einwendungen gegen diese Maßnahmen sind die Kläger zudem - wie bereits ausgeführt - ausgeschlossen. Soweit die Kläger in diesem Zusammenhang auf den Eingriff in die Landschaft in ihrer Erholungsfunktion verweisen, ist auch dieser nicht von solchem Gewicht, dass er die Planung in Frage stellte, zumal die Planfeststellungsbehörde diesem Belang durchaus Rechnung getragen hat, indem die Wegeverbindungen weitgehend aufrechterhalten wurden. Nichts anderes gilt für den Einwand der Kläger, dass die „historische“ Bindung an den Hauptort Kehlen zerschnitten würde und bei ihnen ein „Gefühl des Abgeschnittenseins“ entstünde.
98 
Soweit die Kläger auf eine - im Hinblick auf die künftige Gesamtlärmbelastung - völlig unzureichende Lärmvorsorge verweisen, rechtfertigt auch dies keine andere Beurteilung, nachdem die Planfeststellungsbehörde im Ergebnis zu Recht davon ausging, dass auch die Kläger zu 1 und 2 auch bei einer Gesamtlärmbetrachtung nicht annähernd Lärmwirkungen ausgesetzt sind, die die grundrechtliche Zumutbarkeitsschwelle – d. h. die enteignungsrechtliche Zumutbarkeitsschwelle oder die in rechtlicher Würdigung der Lärmwirkungsforschung zu bestimmende Schwelle der Gesundheitsgefährdung - überschreiten. Ausgehend davon kann jedenfalls nicht beanstandet werden, dass Lärmschutzbelange nicht zum Anlass genommen wurden, von der planfestgestellten „Südumfahrung“ Abstand zu nehmen.
99 
Die grundrechtliche Zumutbarkeitsschwelle wird vom Bundesverwaltungsgericht für Wohngebiete grundsätzlich erst bei einem äquivalenten Dauerschallpegel von 70 dB(A) tags und 60 dB(A) nachts angenommen (vgl. BVerwG, Urt. v. 07.03.2007, - 9 C 2.06 -, BVerwGE 128, 177, Urt. v. 13.05.2009 - 9 A 72.07 -, BVerwGE 134, 45; Urt. v. 15.12.2011 – 7 A 11.10. -, UPR 2012, 301). Dass diese bei einer Gesamtlärmbetrachtung erreicht würde, lässt sich indes nach derzeitigem wissenschaftlichem Erkenntnisstand nicht feststellen.
100 
Zwar war der Schienenverkehrslärm bei der entsprechenden Abschätzung bzw. „Annäherung“ in der Stellungnahme Modus Consult Ulm GmbH vom 26.05.2008 noch nicht berücksichtigt worden. Vor dem Hintergrund der inzwischen mitgeteilten, nach § 3 der 16. BImSchV berechneten Beurteilungspegel für die Südbahn hätten sich jedoch auch bei einer zusätzlichen Überlagerung mit dem Schienenverkehrslärm für das Wohngebäude des Klägers zu 2 nur geringfügig höhere Summenpegel ergeben, nämlich maximal 63,5 dB(A) tags und 56,5 dB(A) nachts anstatt bis zu 62 dB(A) tags und 56 dB(A) nachts (vgl. die konkretisierende und ergänzende Stellungnahme Modus Consult Ulm GmbH zur Gesamtlärmsituation vom 24./25.09.2012 und die bereits der Stellungnahme vom 26.05.2008 beigefügte Anlage 2). Zwar ermöglichen diese Werte nur eine ungefähre Abschätzung, da äquivalente Dauerschallpegel unterschiedlicher Verkehrsquellenarten nicht ohne Weiteres energetisch addiert werden können dürften. Jedoch sind sie von dem als kritisch angesehenen Bereich noch deutlich entfernt, sodass von ihnen durchaus annäherungsweise ausgegangen werden konnte. Der in der Stellungnahme vom 26.05.2008 nach dem Entwurf der VDI-Richtlinie 3722-2 berechnete effektbezogene Substitutionspegel LES von 66 - 67 dB(A) tags steht dem nicht entgegen. Denn dieser kann nicht an den oben genannten Werten gemessen werden, da er maßgeblich durch ein „Belästigungsurteil“ Betroffener bestimmt wird (vgl. hierzu die Stellungnahme Modus Consult Ulm GmbH v. 26.05.2008; auch den 2. Entwurf, Feb. 2009, der VDI-Richtlinie 3722-2 mit Kommentar Windelbergs, http://www.iazd.uni-hannover.de/~windelberg/search/laerm/wi3722_2.pdf). Dies bedeutet freilich nicht, dass diesem Wert im Rahmen der Abwägung keinerlei Bedeutung zukäme (vgl. dazu sogleich).
101 
Dass das Regierungspräsidium Tübingen mit der seinem Planfeststellungsbeschluss zugrundegelegten Stellungnahme vom 26.05.2008 jedenfalls nicht zu niedrige Werte angesetzt hatte, wird letztlich durch die nachträglich - im Wege energetischer Addition - vorgenommene Gesamtlärm„berechnung“ vom 25.09.2012 bestätigt, wonach sich in dem der Planung - gleichsam als worst case - maßgeblich zugrundegelegten Planungsfall C 2 (mit B 30 neu) vor dem Wohngebäude des Klägers zu 2 maximale Gesamtpegel von (lediglich) 61,0 dB(A) bzw. 54,3 dB(A) ergaben, mithin Werte, die auch nicht annähernd die grundrechtliche Zumutbarkeitsschwelle erreichen. Die gegenüber der bisheriger Stellungnahme niedrigeren Werte beruhen im Wesentlichen darauf, dass für den Flughafen Friedrichshafen nunmehr aktuellere Lärmkonturen der Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg zugrunde gelegt wurden, denen zufolge das Grundstück des Klägers zu 2 (deutlich) außerhalb der 60 bzw. 55 dB(A)-Lärmkontur liegt, sodass dieses bei einer Extrapolation lediglich noch fluglärmbedingten äquivalenten Dauerschallpegeln von 56 dB(A) tags und 47 dB(A) nachts ausgesetzt ist. Schließlich werden die kritischen Werte von 70 bzw. 60 dB(A) selbst von den (in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht dem Lärmaktionsplan entnommenen, aufgrund der Umgebungslärmrichtlinie 2002/49/EG bzw. nach Maßgabe des § 5 der 34. BImSchV berechneten (Gesamt-)Lärmindizes Lden von 66 dB(A) bzw. Lnight von 56 dB(A) nicht erreicht (vgl. http://www.meckenbeuren.de/aktuell/lap.html?tx_skcalendar_pi1%5Boffset%5D=1543618800&tx_skcalendar_pi1%5Bcategory%5D=6&tx_skcalendar_pi1%5Bview%5D=thumbmonth). Der Mittelungspegel Lden konnte freilich nicht ohne Weiteres herangezogen werden, da er auf der Mittelung über 24 Stunden mit einer unterschiedlichen Gewichtung der Zeitbereiche Tag, Abend und Nacht beruhte (vgl. § 1 Abs. 2 der 34. BImSchV).
102 
Soweit das Regierungspräsidium Tübingen aus Kausalitätserwägungen die noch etwas niedrigeren Werte im Planungsfall C 20 (60,6 dB(A) tags und 54 dB(A) nachts) heranziehen will, kann dem nicht gefolgt werden. Zwar dürften die angestellten Kausalitätserwägungen zutreffen, da die B 30 neu (West) und die K 7725 neu - Südumfahrung - nicht in einem engen konzeptionellen und räumlichen Zusammenhang stehen dürften (vgl. BVerwG, Urt. v. 23.11.2005 - 9 A 28.04 -, BVerwGE 124, 334). Jedoch wurde der planerischen Abwägung gleichwohl durchgehend der Planungsfall C 2 als maßgebliches Szenario zugrunde gelegt (vgl. hierzu bereits die Verkehrsuntersuchung Modus Consult Ulm GmbH v. 11.01.2006, S. 6; Lärmuntersuchung Modus Consult v. 23.01.2006, S. 7), sodass dieses - zur Vermeidung eines Abwägungsfehlers - auch in vorliegendem Zusammenhang maßgebend sein muss. Insofern kommt es auf die Gesamtlärmwerte für den Planungsfall C 2 (mit B 30 neu Westtrasse und K 7725 neu Ortsumfahrung Kehlen), Prognose-horizont 2020, an (vgl. S. 9 der konkretisierenden und ergänzenden Stellungnahme v. 24./25.09.2012). Die für den Planungsfall C 2 „plus“ berechneten Gesamtlärmwerte können demgegenüber nicht herangezogen werden, da bei diesen die im Planungsfall C 2 eintretende Entlastung auf der B 30 alt (Bestandstrasse) nicht berücksichtigt ist.
103 
Auch wenn man die  e n t e i g n u n g s r e c h t l i c h e  Zumutbarkeitsschwelle im Hinblick auf die inzwischen (2010) um 3 dB(A) reduzierten Auslösewerte für die Lärmsanierung an Fernstraßen in der Baulast der Bundes (vgl. hierzu BT-Drs. 17/5077, 17/8505), die 2011 auch für Landesstraßen in der Baulast des Landes übernommen wurden (vgl. LUBW, Übersicht Grenzwerte, Erl. 1, http://www.lubw.baden-wuerttemberg.de/servlet/is/50516/?print=true) bereits bei 67 dB(A) tags und 57 dB(A) nachts ansetzen wollte, wären nach den obigen Ausführungen auch diese Werte, die freilich für eine Gesamtlärmbelastung keine Geltung beanspruchen können, noch nicht erreicht.
104 
Dass schließlich aufgrund neuerer, bislang unberücksichtigt gebliebener Erkenntnisse aus der Lärmwirkungsforschung gleichwohl bereits die Schwelle zur  G e s u n d h e i t s g e f ä h r d u n g  - und damit möglicherweise auch die enteignungsrechtliche Zumutbarkeitsschwelle - überschritten sein könnte, lässt sich ebenso wenig feststellen. Für diese sind nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. BVerwG, Urt. v. 07.03.2007, a.a.O.) letztlich die Innenraumpegel in der Nacht entscheidend; nach dem (bis zum Jahre 2000) erreichten Stand der Lärmwirkungsforschung sollen Dauerschallpegel am Ohr einer schlafenden Person in einem Bereich zwischen 30 und 35 dB(A) und Pegelspitzen in der Größenordnung von 40 dB(A) nicht überschritten werden. Dafür, dass dies bei den Klägern zu 1 und 2 - unter Zugrundelegung einer auch (alten) Einfachfenstern zukommenden schalldämmenden Wirkung von ca. 25 dB(A) (vgl. Kötz, Baulicher Schallschutz gegen Verkehrslärm - Wissenswertes über die Schalldämmung von Fenstern; OVG Berlin, Urt. v. 09.05.2003 - OVG 6 A 8.03 -, OVGBe 24, 206: mindestens 24 dB(A)) der Fall wäre, ist weder dargetan noch sonst ersichtlich. Dass die in einer durch Flug-, Schienen- und Straßenverkehrslärm erheblich vorbelasteten Umgebung anzutreffende Fenstersubstanz einen niedrigeren Dämmwert aufweisen könnte (vgl. BVerwG, Urt. v. 27.10.1998, a.a.O.), ist nicht anzunehmen. Mit einem entsprechenden Vorbringen wären die Kläger zu 1 und 2 inzwischen auch ausgeschlossen (vgl. BVerwG, Urt. v. 27.10.1998 - 11 A 1.97 -, BVerwGE 107, 313). Dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 16.03.2006 - 4 A 1001.04 - (Buchholz 11 Art 28 GG Nr. 145), wonach sich durch ein geschlossenes Fenster, je nach dessen Qualität, eine Dämmwirkung von 20 dB(A) oder mehr erzielen lasse, kann nicht entnommen werden, dass bei der Beurteilung der gesundheitsgefährdenden Wirkung von Lärm das Mindestschalldämmmaß eines Fensters zugrundezulegen wäre. Ist - mangels gegenteiliger Hinweise - auch beim Wohngebäude des Klägers zu 2 ein Schalldämmmaß von ca. 25 dB(A) anzunehmen, wären zwar ausgehend von einem (nach zwischenzeitlicher Erkenntnis ohnehin zu hoch angesetzten) Summenpegel von 56,5 dB(A) die von den Klägern eingeforderten Werte von maximal 30 dB(A) am Ohr des Schläfers um 1,5 dB(A) überschritten. Dass bereits damit und nicht erst bei Innenpegeln oberhalb von 35 dB(A) die Grenze zur Gesundheitsgefährdung überschritten wäre, kann jedoch auch vor dem Hintergrund der von den Klägern angeführten, keineswegs einhelligen wissenschaftlichen Meinungen nicht ausgegangen werden; diese waren zudem überwiegend bereits veröffentlicht, als das Bundesverwaltungsgericht in neuerer Zeit über die gesundheitsgefährdende Wirkung von Verkehrslärm zu entscheiden und die bisher angenommene grundrechtliche Zumutbarkeitsschwelle erneut bestätigt hatte (vgl. insbes. Urt. v. 07.03.2007, a.a.O.; Urt. v. 13.05.2009, a.a.O.).
105 
Dass das Regierungspräsidium die nächtliche Gesamtlärmwirkung mit dem seiner Beurteilung zugrundegelegten Wert von 56 dB(A) im Ergebnis nicht unterschätzt hat, wird letztlich durch den aus dem Lärmaktionsplan ablesbaren, lediglich auf die Nacht bezogenen Lnight-Wert bestätigt. Denn dieser Gesamt-Lärmindex weist ebenfalls einen Wert von 56 dB(A) auf und unterscheidet sich insofern - zumindest im vorliegenden Fall - von der Größenordnung her nicht von dem in der Stellungnahme vom 26.05.2008 ermittelten Gesamtlärmpegel, der sich aus einer Überlagerung des Fluglärms mit dem nach § 3 der 16. BImSchV ermittelten Straßenverkehrslärm ergab. Hinzu kommt, dass die Schlafräume der Kläger zu 1 und 2 nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts nach Norden ausgerichtet sind, sodass sie der maximalen Gesamtlärmbelastung im Südosten des Wohngebäudes nicht ausgesetzt sind.
106 
Soweit die Kläger geltend machen, dass sie die Möglichkeit haben müssten, bei geöffneten bzw. gekippten Fenstern zu schlafen, übersehen sie, dass dies zwar bei der Einhaltung der fachplanungsrechtlichen Zumutbarkeitsgrenze, nicht aber bei der Einhaltung der grundrechtlichen Zumutbarkeitsgrenze im Hinblick auf eine Gesamtlärmbelastung gilt. So gehört zu den Schutzgütern, denen bei Bestimmung der fachplanungsrechtlichen Zumutbarkeit Rechnung zu tragen ist, zwar auch die "angemessene Befriedigung der Wohnbedürfnisse", die auch die Möglichkeit störungsfreien Schlafens umfasst (vgl. BVerwG, Urt. v. 21.05.1976 - 4 C 80.74 -, BVerwGE 51, 15, 33 u. Urt. v. 29.01.1991 - 4 C 51.89 - BVerwGE 87, 332 <373>); ist dies wegen der Lärmbelastung, die von einem bestimmten Vorhaben ausgeht, nicht möglich, sind angemessene Wohnverhältnisse nur bei Einbau technischer Belüftungseinrichtungen gewahrt. Diese Einschätzung liegt auch der Vorschrift des § 2 Abs. 1 Satz 2 der 24. BImSchV zugrunde. Danach gehört zu den Schallschutzmaßnahmen auch der Einbau von Lüftungsmaßnahmen in Räumen, die überwiegend zum Schlafen benutzt werden. Dies bedeutet jedoch nicht, dass hiervon auch dann auszugehen wäre, wenn die gesundheitsgefährdende Wirkung einer nicht vom Anwendungsbereich der 16. BImSchV erfassten Gesamtlärmbelastung zu beurteilen ist. Eine entsprechende allgemeingültige Aussage wäre auch nicht gerechtfertigt. Einen (zumal grundrechtlich abgesicherten) Anspruch auf Schlafen bei offenem bzw. gekippten Fenster gibt es ersichtlich nicht (vgl. OVG Berlin, Urt. v. 09.05.2003 - 6 A 8.03 -, OVG BE 24, 206; HessVGH, Urt. v. 03.06.2004, a.a.O.). Während es manche Menschen bevorzugen, die Fenster in ihren Schlafräumen nachts geschlossen zu halten, haben andere das gegenteilige Bedürfnis. Ob es den Klägern zu 1 und 2 im Hinblick auf die gesundheitliche Bedeutung des Raumklimas nicht zugemutet werden kann, bei geschlossenen Fenstern zu schlafen, hängt deshalb von den Umständen des Einzelfalles ab. Da sie mit ihren Einwendungen im Verwaltungsverfahren nicht geltend gemacht haben, auf die nächtliche Belüftung ihres Schlafraums durch ein gekipptes oder leicht geöffnetes Fenster a n g e w i e s e n zu sein, kann hiervon auch im gerichtlichen Verfahren nicht ausgegangen werden (vgl. BVerwG, Urt. v. 23.10.2002 - 9 A 22.01 -, Buchholz 442.09 § 18 AEG Nr. 55). Auf das Vorbringen der Klägerinnen zu 3 und 4, das sich offenbar auf deren nicht streitgegenständliche Wohngrundstücke an anderer Stelle bezog, kann insoweit nicht abgehoben werden. Abgesehen davon haben sie auch nur eingewandt, es „gewohnt“ zu sein, zur Nachtzeit bei offenem Fenster zu schlafen.
107 
Dass schließlich im Hinblick auf die Wohnnutzung am Tage von einer Gesundheitsgefährdung auszugehen gewesen wäre, ist ebenso wenig ersichtlich. Es war zwar unschädlich, dass die Kläger auf die Nutzung ihrer Außenwohnbereiche nicht gesondert hingewiesen haben, da diese von den geltend gemachten Beeinträchtigungen der Wohnnutzung ersichtlich mitbetroffen sind. Auch wenn im Hinblick auf die von den Klägern angeführten Meinungen aus jüngerer Zeit die Grenze zur Gesundheitsgefährdung nunmehr bereits bei niedrigeren Werten als 70 dB(A) tags und 60 dB(A) nachts anzusetzen wäre, ließe sich noch immer nicht feststellen, dass bereits ein Schwellenwert von 65 dB(A) tagsüber nach dem derzeitigem Stand der Lärmwirkungsforschung die Grenze beschriebe, oberhalb derer das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 GG) der Nachbarn jedenfalls verletzt wäre. Soweit immer wieder ein Schwellenwert von 65 dB(A) genannt wird, wird dieser im Wesentlichen mit einem erhöhten Risiko für Herz-Kreislauferkrankungen begründet (vgl. hierzu www.umweltbundes-amt.de/verkehr/laerm/strassen-und-schienen-verkehr.htm ). Ab wann die Zunahme eines solchen (ggf. zu vermeidenden) Risikos einem körperlichen Eingriff gleichzusetzen ist (vgl. BVerfG, Beschl. v. 30.11.1988 - 1 BvR 1301 -, BVerfGE 79, 174; Beschl. v. 29.07.2009 - 1 BvR 1606/08), lässt sich indessen zumal vor dem Hintergrund keineswegs einhelliger Meinungen nach wie vor nicht allgemein bestimmen. Dem entsprechend hat das Bundesverwaltungsgericht auch in neueren Entscheidungen (vgl. Beschl. v. 07.05.2008 - 4 A 1009.07 u. a. -, Buchholz 316 § 74 VwVfG Nr. 74) Dauerschallpegel (außen) von 65,7 dB(A) tags vor dem Hintergrund der einem Gebäude auch ohne zusätzliche Schallschutzeinrichtungen zukommenden Dämmwirkung als noch nicht gesundheitsgefährdend angesehen. Der Senat vermag nicht zu erkennen, inwiefern inzwischen eine andere Beurteilung gerechtfertigt sein könnte. Von höheren Gesamtpegeln als 65 dB(A) kann hier ohnehin nicht ausgegangen werden. Dass schließlich der über 24 Stunden gemittelte Gesamtpegel Lden einen Wert von immerhin 66 dB(A) aufweist, rechtfertigt schon deshalb keine andere Beurteilung, da er von der stärkeren Gewichtung der Nachtzeit mitbestimmt wird. Hinzu kommt, dass ein Lden von 65 dB(A) lediglich den Auslösewert für die Lärmaktionsplanung zur Vermeidung von Gesundheitsgefährdungen darstellt (vgl. http://www.umweltbundesamt.de/laermprobleme/ulr. html), woraus noch nicht folgt, dass jenseits dieses Werts bereits von einer einem körperlichen Eingriff gleichzusetzenden Gesundheitsgefährdung auszugehen wäre. Auch im Hinblick auf die Außenwohnbereiche kann nichts anderes gelten. Vorliegend kommt hinzu, dass es sich bei den errechneten Werten um Maximalpegel handelt, die lediglich südöstlich am Wohngebäude des Klägers zu 2 auftreten, sodass ohnehin nur ein Teil der Außenwohnbereiche von den maximalen Werten betroffen wird. Auch ist die allgemeine Lärmerwartung im Außenwohnbereich von vornherein sehr viel höher (vgl. Senat, Urt. v. 28.03.1996 - 5 S 1338/95 -, NVwZ-RR 1997, 85). Das landwirtschaftlich genutzte Außenbereichsgrundstück der Kläger zu 2 bis 4 stellt demgegenüber schon keinen Außen w o h n bereich dar.
108 
Soweit die Kläger noch geltend machen, eine Reihe von Ortschaften werde durch den Neubau der K 7725 noch stärker belastet, ist solches nicht zu erkennen; vielmehr wären diese auch im Prognosenullfall von der allgemeinen Verkehrszunahme auf einer (nicht geänderten) K 7725 betroffen.
109 
2. Auch die hilfsweise geltend gemachten Bescheidungsanträge haben keinen Erfolg.
110 
a) Den Klägern stehen nach Maßgabe der 16. BImSchV keine (weiteren) Lärmschutzansprüche zu (§§ 41, 42, 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG i.V.m. § 1 Abs. 1, § 2 Abs. 1 Nr. 2 der 16. BImSchV).
111 
Allerdings findet die 16. BImSchV auf den planfestgestellten Neubau der K 7725 - Südumfahrung Kehlen - Anwendung. Ob es sich bei dem Umbau der Knotenpunkte (Anlage von zwei Bypässen) zwischen der B 30 und der L 333 um eine wesentliche Änderung i. S. des § 1 Abs. 1 u. 2 Nr. 2 der 16. BImSchV handeln könnte, kann hier dahinstehen, da den Klägern als Nachbarn (in einem räumlich begrenzten Bereich, vgl. Storost in: Ule/Laubinger/Repkewitz, BImSchG, Komm., § 41 Rn. C 19) (weiterer) Lärmschutz allenfalls im Hinblick auf die Neubaustrecke zu gewähren wäre. Weitergehenden Lärmschutz können die Kläger jedoch nicht verlangen, weil die Immissionsgrenzwerte für reine und allgemeine Wohngebiete von 59 dB(A) am Tage und 49 dB(A) in der Nacht (vgl. § 2 Abs. 1 Nr. 2 der 16. BImSchV) bei Berücksichtigung der vorgesehenen (aktiven) Lärmschutzmaßnahmen eingehalten sind.
112 
Dafür, dass die maßgeblichen Beurteilungspegel in der Lärmuntersuchung vom 12.01.2006 nicht entsprechend der Anlage 1 zur 16. BImSchV bzw. der dort in Bezug genommenen RLS-90 berechnet, insbesondere topographische Gegebenheiten und bauliche Maßnahmen nicht berücksichtigt worden wären, liegen keine Hinweise vor. Ebenso wenig bestehen Anhaltspunkte, dass die zugrundeliegende prognostizierte durchschnittliche tägliche Verkehrsstärke (DTV) zu gering angesetzt worden wäre. Denn im Sinne einer worst-case-Betrachtung wurde der Planungsfall C 2 zugrunde gelegt, der den ungünstigsten Lastfall im Bereich der K 7725 neu darstellt. Hierbei wurde auch die B 31 neu im Abschnitt Friedrichshafen - Immenstaad sowie der Messezubringer Süd und Nord (K 7726 neu) berücksichtigt (vgl. Verkehrsuntersuchung, S. 4). Dass von der Entwicklung der Fluggastzahlen am Flughafen Friedrichshafen keine erheblichen Auswirkungen auf das Verkehrsaufkommen auf der K 7725, insbesondere die sich daraus ergebende durchschnittliche tägliche Verkehrsstärke (DTV) zu erwarten sind, wurde im Planfeststellungsbeschluss nachvollziehbar dargelegt.
113 
Dass die Beurteilungspegel unabhängig von der tatsächlich vorhandenen oder zugelassenen Vorbelastung lediglich auf den zu bauenden Verkehrsweg bezogen wurden, entspricht schließlich den Vorgaben des § 41 BImSchG und der 16. BImSchV; es kommt mithin nur auf den Lärm an, der gerade von dem zu bauenden (oder zu ändernden) Verkehrsweg ausgeht. Lärm, der nicht gerade auf der zu bauenden oder zu ändernden Strecke entsteht, wird von der Verkehrslärmschutzverordnung nicht berücksichtigt (vgl. zum Ganzen BVerwG, Urt. v. 23.02.2005 - 4 A 4.04 -, BVerwGE 123, 37 <45>; Urt. v. 17.03.2005 - 4 A 18.04 -, BVerwGE 123, 152 <155>). Die Berücksichtigung anderer Lärmquellen durch die Bildung eines Summenpegels kommt im Rahmen der Anwendung der 16. BImSchV entgegen der Auffassung der Kläger nicht in Betracht; solche können daher auch nicht anhand der Immissionsgrenzwerte der 16. BImSchV beurteilt werden.
114 
Aus der - auf eine Lärmminderungsplanung zielenden - Umgebungslärmrichtlinie 2002/49/EG vom 25.06.2002 bzw. der 34. BImSchV lässt sich für die Beurteilung der Lärmauswirkungen des planfestgestellten Vorhabens, insbesondere hinsichtlich der Einhaltung bestimmter Grenzwerte grundsätzlich nichts herleiten (vgl. hierzu BVerwG, Beschl. v. 14.05.2008 - 4 B 43.07 -; Urt. v. 13.10.2011 - 4 A 4000.09 - jeweils zum Fluglärm).
115 
Weitergehende Lärmschutzansprüche ergeben sich auch nicht unmittelbar aus § 41 Abs. 1 BImSchG, wonach u.a. „bei dem Bau“ oder der wesentlichen Änderung öffentlicher Straßen sicherzustellen ist, dass „durch diese“ keine „schädlichen Umwelteinwirkungen“ hervorgerufen werden, die nach dem Stand der Technik vermeidbar sind. Der Tatbestand der Vorschrift reicht nicht weiter als die 16. BImSchV, die nach § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG zur Durchführung des § 41 und des § 42 Abs. 1 und 2 BImSchG erlassen worden ist. Die in § 2 Abs. 1 Nr. 4 BImSchG enthaltene Einschränkung, dass die Vorschriften des Bundes-Immissionsschutzgesetzes für den Bau öffentlicher Straßen und Schienenwege nur „nach Maßgabe der §§ 41 bis 43" gelten, bedeutet schließlich eine Abkehr von dem für genehmigungsbedürftige Anlagen geltenden Grundsatz, dass eine solche Anlage nicht errichtet oder betrieben werden darf, wenn unter Einbeziehung der Vorbelastung durch bereits vorhandene Anlagen schädliche Umwelteinwirkungen hervorgerufen werden können (vgl. § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG). Anders als für gewerbliche Anlagen regelt das BImSchG den Immissionsschutz für Verkehrsanlagen nicht umfassend, sondern nur für einen Teilausschnitt (vgl. BVerwG, Urt. v. 21.03.1996 - 4 C 9.95 -, a.a.O.; Urt. v. 23.02.2005, a.a.O.). Insofern geht auch der Hinweis der Kläger auf den (umfassenderen) Begriff der „schädlichen Umwelteinwirkungen“ in § 3 Abs. 1 BImSchG fehl. Soweit sich die Kläger insoweit auf das Urteil des Senats vom 13.03.1996 - 5 S 1743/95 - berufen, wonach in atypischen Sonderfällen Verkehrsgeräusche auch unterhalb der Lärmgrenzwerte des § 2 Abs. 1 der 16. BImSchV zu schädlichen Umwelteinwirkungen i. S. des § 41 BImSchG führen könnten, ist ihnen entgegenzuhalten, dass der Senat - im Hinblick auf die gegenteilige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Urt. v. 21.03.1996 - 4 C 9.95 -, BVerwGE 101, 1) - hieran schon im Urteil vom 28.01.2002 - 5 S 2328/99 - (BImSch-Rspr. § 41 Nr. 71) nicht mehr festgehalten hat, soweit keine Gesamtbelastung in Rede steht, die den Grad einer mit der Schutzpflicht nach Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG unvereinbaren Gesundheitsgefährdung erreicht oder in die Substanz des Eigentums i. S. des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG eingreift. Aber auch in Fällen, in denen aus Gründen des Grundrechtsschutzes die zusätzliche Berücksichtigung anderer Lärmquellen durch die Bildung eines Summenpegels geboten sein kann (vgl. BVerwG, Beschl. v. 24.11.2010 - 4 BN 28.10 -, BRS 76 Nr. 19, Urt. v. 21.03.1996, a.a.O.), bedürfte es keines Rückgriffs auf § 41 Abs. 1 BImSchG; vielmehr ergäbe sich ein entsprechender Lärmschutzanspruch bereits aus dem Abwägungsgebot in Verbindung mit den sich aus den Grundrechten ergebenden Schutzpflichten. Wie bereits ausgeführt, führen die vom Neubau der K 7725 ausgehenden Lärmwirkungen auf dem Grundstück des Klägers zu 2 jedoch an keiner Stelle zu Gesamtlärmwerten, die in Wohngebieten ein aus Sicht des Grundrechtsschutzes kritisches Maß erreichten.
116 
Auch ein Rückgriff auf die allgemeine Regelung des § 74 Abs. 2 Satz 2 LVwVfG kommt neben dem Lärmschutzsystem, das in den §§ 41 ff. BImSchG normiert ist, inhaltlich (materiell) lediglich nach Maßgabe des § 42 Abs. 2 Satz 2 BImSchG in Betracht (vgl. BVerwG, Urt. v. 09.02.1995 - 4 C 26.93 -, BVerwGE 97, 367 <371>), sodass die Kläger auch aus dieser Regelung nichts für sich herleiten können.
117 
b) Die Kläger können schließlich auch nicht verlangen, dass die Planfeststellungsbehörde ihnen im Hinblick auf eine mit Gesundheitsrisiken verbundene künftige Gesamtlärmbelastung weitergehenden vorsorgenden Lärmschutz gewährt bzw. insoweit ihr Planungsermessen erneut ausübt. So sind die einen weitergehenden Lärmschutz versagenden Erwägungen der Planfeststellungsbehörde nicht zu beanstanden. Mit diesen wird den gesundheitlichen Belangen der Kläger (zu 1 und 2) ausreichend Rechnung getragen. Zutreffend wurde hierbei darauf abgehoben, dass dem gerade von der K 7725 neu ausgehenden Verkehrslärm bereits ein umfassendes Lärmschutzkonzept entgegengesetzt werde. Mit diesem würden sogar die - hier nicht einschlägigen - städtebaulichen Orientierungswerte nach der DIN 18005 - 55 dB(A) tags und 45 dB(A) nachts - für allgemeine Wohngebiete eingehalten; auch sei der K 7725 vor dem Hintergrund der Bahnstrecke, des Flughafens und der B 30 ohnehin nur ein untergeordneter Einfluss auf die Gesamtlärmbelastung beizumessen. Dies gelte umso mehr, als sie lediglich zu einer nicht hörbaren Erhöhung von allenfalls 1 dB(A) führe (vgl. hierzu die nachträgliche Berechnung, wonach der Gesamtlärm sogar nur um 0,5 dB(A) erhöht wird). Hinzu komme, dass eine etwaige Erhöhung der Lärmschutzwände zu einer kaum mehr wahrnehmbaren Reduzierung der Emissionspegel führte und insofern die hierfür aufzuwendenden Kosten außer Verhältnis zum angestrebten Erfolg stünden (vgl. § 41 Abs. 2 BImSchG); auch wären zunehmend öffentliche Belange - wie das Orts- und Landschaftsbild sowie Naturschutzbelange - nachteilig betroffen.
118 
In diesem Zusammenhang kann zwar durchaus auch nach dem Entwurf der VDI-Richtline 3722-2 oder aufgrund der Umgebungsrichtlinie bzw. der 34. BImSchV berechneten Werten Bedeutung zukommen, weil sie im Einzelfall die - von den Klägern auch im vorliegenden Fall geltend gemachte - Belästigungs- bzw. Störwirkung besser erkennen lassen. Jedoch bestand hier auch insofern keine Veranlassung, weitergehenden Lärmschutz zu gewähren. Die Lärmindizes Lden und Lnight lagen seinerzeit nicht vor, sodass sie von der Planfeststellungsbehörde auch nicht berücksichtigt werden konnten. Abgesehen davon wird der Auslösewert von 65 dB(A) nur um 1 dB(A) am Tage überschritten. Der in der Stellungnahme Modus Consult Ulm GmbH vom 26.05.2008 nach dem Entwurf der VDI-Richtlinie 3722-2 errechnete effektbezogene Substitutionspegel LES von 66 - 67 dB(A) mag zwar auf den ersten Blick Anlass zu weitergehendem Lärmschutz gegeben haben, doch beträgt der Anteil der Kreisstraße - auch ohne die Wirkungen des Schienenverkehrslärms - lediglich 0,3 dB(A) (vgl. die konkretisierende und ergänzende Stellungnahme Modus Consult Ulm GmbH v. 24./25.09.2012), sodass letztlich kein Anlass bestand, die maßgeblich durch den Fluglärm bestimmte, durch Maximalpegel geprägte Belästigungswirkung zu reduzieren. Mehr als eine Beseitigung der gerade von dem planfestgestellten Straßenbauvorhaben des Landkreises ausgehenden Lärmwirkungen hätten die Kläger auch bei einer gesundheitsgefährdenden Gesamtlärmbelastung nicht verlangen können (vgl. hierzu aber auch HessVGH, Urt. v. 03.06.2004 - 12 A 1118/01, 12 A 1521/01 -, NVwZ-RR 2005, 805: lediglich in einem einheitlichen Verfahren gegenüber allen Emittenten). Eine Pflicht zur Verbesserung der vorgefundenen Situation obliegt der Planfeststellungsbehörde nicht (vgl. BVerwG, Urt. v. 23.06.1989 - 4 B 100.89 -, UPR 198, 432 f.; Urt. v. 28.10.1989 - 11 A 3.98 -, NVwZ 1999, 539), zumal dies hier auf eine dem Vorhabenträger unzumutbare Lärmsanierung von Verkehrswegen (des Bundes) bzw. -anlagen Dritter (Flughafen Friedrichshafen) hinausliefe.
119 
Soweit die Kläger im Hinblick auf künftige weitergehende Erkenntnisse aus der Lärmwirkungsforschung abgesichert sein wollen, sind sie auf die Geltendmachung nachträglicher Schutzvorkehrungen zu verweisen. Denn von nicht voraussehbaren Wirkungen des Vorhabens i. S. des § 75 Abs. 2 Satz 2 LVwVfG ist auch dann auszugehen, wenn die Schädlichkeit oder Gefährlichkeit von Auswirkungen aufgrund neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse nunmehr anders zu beurteilen ist (vgl. vgl. BVerwG, Beschl. v. 13.07.1989 - 7 B 188.88 -, Buchholz 451.171 AtG Nr. 31; Urt. v. 19.12.1985 - 7 C 65.82 -, BVerwGE 72, 312).
120 
Ebenso wenig können die Kläger weitere Schutzvorkehrungen deshalb verlangen, weil vor dem Hintergrund der mit dem Lärmschutzkonzept verfolgten Ziel, die Einhaltung der Orientierungswerte nach der DIN 18005 für Wohngebiete zu gewährleisten, für ihre Grundstücke tatsächlich die Orientierungswerte für reine Wohngebiete einschlägig gewesen wären. Abgesehen davon, dass durchaus zweifelhaft erscheint, ob es sich bei dem im Wege einer Abrundungssatzung in den Innenbereich einbezogenen Ortsteil, der im Flächen-nutzungsplan nach wie vor als Mischbaufläche dargestellt ist, um ein reines Wohngebiet i. S. des § 3 BauNVO handelte, ist nicht ersichtlich, dass die Planfeststellungsbehörde ungeachtet dessen, dass diese Werte ohnehin nicht für die Straßenplanung verbindlich sind, die jeweils einschlägigen Werte hätte gewährleisten wollen. Vielmehr sollten im Hinblick auf die Wohnnutzung in Gunzenhaus gerade die Werte für ein allgemeines Wohngebiet gewährleistet werden. Insofern verhält es sich anders als in den Fällen, die etwa den Entscheidungen des Senats vom 08.03.2005 - 5 S 551/02 - (UPR 2005, 442) sowie vom 27.10.2010 - 5 S 1292/10 - zugrundelagen.
121 
Nach alldem sind die Berufungen sämtlicher Kläger zurückzuweisen. Die Kostenentscheidung bestimmt sich nach den §§ 154 Abs.2, 159 Satz 1, 162 Abs. 3 VwGO (vgl. zur Kostenaufteilung die Gründe des verwaltungsgerichtlichen Streitwertbeschlusses v. 11.11.2008 - 2721/08 -). Die außergerichtlichen Kosten des beigeladenen Landkreises, der keinen Antrag gestellt hat, behält dieser auf sich.
122 
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.
123 
Beschluss vom 8. Oktober 2012
124 
Der Streitwert wird auch für das Berufungsverfahren ungeachtet dessen auf EUR 18.500,-- (EUR 15.000,-- + EUR 3.500,-- <„für die Erbengemeinschaft“>) festgesetzt (vgl. VG Sig., Beschl. v. 11.11.2008 - 2 K 2721/08 -, AS 36), dass die Kläger zu 1 und 2 aufgrund (nunmehr erkannter) unterschiedlicher Betroffenheiten (Eigentum, Gesundheit) nicht mehr in Rechtsgemeinschaft klagen. So ist deren Begehren wirtschaftlich gesehen nach wie vor auf dasselbe Ziel gerichtet.
125 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
49 
Die Berufungen der Kläger zu 1 bis 4 sind zulässig. Sie wurden insbesondere innerhalb der einmonatigen Berufungsfrist des § 124a Abs. 2 Satz 1 VwGO eingelegt und innerhalb der auf rechtzeitigen Antrag bis zum 28.03.2011 verlängerten Berufungsbegründungsfrist begründet. Das Rubrum war im Hinblick auf das bisherige Verfahren und die zweifelhafte Beteiligungsfähigkeit der aus den Klägern zu 2 bis 4 gebildeten Erbengemeinschaft (vgl. hierzu VGH Bad.-Württ., Urt. v. 25.09.2007 - 3 S 1492/06 -, VBlBW 2008, 24 m.w.N.) sachdienlich zu berichtigen.
50 
Die Berufungen haben jedoch keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat die Klagen zu Recht in vollem Umfang abgewiesen.
I.
51 
Die Kläger haben innerhalb der einmonatigen Klagefrist allerdings zulässigerweise gegen den Planfeststellungsbeschluss des Regierungspräsidiums Tübingen vom 26.09.2008 Klage erhoben. Aufgrund des umfassenden, die Bestandskraft insgesamt hindernden Aufhebungsantrags sind auch die hilfsweise in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht gestellten Verpflichtungsanträge, die nunmehr sachdienlich als Bescheidungsanträge gefasst sind, noch rechtzeitig erhoben. Insofern kann dahinstehen, ob diese bereits in dem Aufhebungsbegehren enthalten waren (vgl. § 88 VwGO; hierzu BVerwG, Beschl. v. 10.07.1995 - 4 B 94.95 -, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 103). Eine zulässige, weil sachdienliche Klageänderung lag jedenfalls vor (vgl. § 91 VwGO).
52 
Sämtlichen Klägern stand und steht - sowohl für das Anfechtungs- als auch das Verpflichtungsbegehren - die erforderliche Klagebefugnis zur Seite (vgl. § 42 Abs. 2 VwGO).
53 
Bei der Klägerin zu 1 folgt dies aus ihrer möglichen Beeinträchtigung ihrer Gesundheit (vgl. Art. 2 Abs. 2 GG) als Bewohnerin der Wohngrundstücke Flst. Nrn. 525 u. 525/1, beim Kläger zu 2 aus einer möglichen Beeinträchtigung seines Grundeigentums (vgl. Art. 14 Abs. 1 GG) an eben diesen Grundstücken. So machen die Kläger zu 1 und 2 geltend, infolge des zusätzlichen Straßenverkehrslärms in ihrer Gesundheit bzw. in ihrem Recht auf Nutzung dieser dem Vorhaben benachbarten Wohngrundstücke verletzt zu sein.
54 
Dass die maßgeblichen Beurteilungspegel (bei Berücksichtigung der geplanten Lärmschutzmaßnahmen, vgl. die entsprechenden Lagepläne ) nicht nur unterhalb der Grenzwerte des § 2 Abs. 1 Nr. 2 der 16. BImSchV (59 dB(A) bzw. 49 dB(A)) liegen, sondern gar die niedrigeren Orientierungswerte der DIN 18005 für Allgemeine Wohngebiete von 55 dB(A) bzw. 45 dB(A) einhalten (vgl. die Lärmuntersuchung Modus Consult Ulm GmbH v. 21.01.2006, Anlage 5), ändert nichts. Denn im Hinblick auf die Zunahme des Gesamtlärms erscheint nicht von vornherein ausgeschlossen, dass die Kläger zu 1 und 2 aufgrund der Auswirkungen des planfestgestellten Vorhabens nunmehr (erstmals) einer gesundheitsgefährdenden Gesamtlärmbelastung ausgesetzt sein könnten. Zwar wird sich bei einer Überlagerung des Fluglärms mit dem Straßenverkehrslärm im Bereich der K 7725 allenfalls eine Belastung von 64 dB(A) am Tage und 56 dB(A) in der Nacht ergeben (vgl. die Stellungnahme Modus Consult Ulm GmbH zur Gesamtlärmsituation v. 26.05.2008), jedoch blieb der Schienenverkehrslärm bei dieser Berechnung unberücksichtigt. Dieser war seinerzeit nicht ermittelt worden, weil verallgemeinernd unterstellt worden war, dass sich der Einfluss der K 7725 neu bei den für jenen anzusetzenden Werten ohnehin nicht mehr bemerkbar mache. Auch wenn die zusätzliche Berücksichtigung des Schienenverkehrslärms - bei den im Bereich des vom Schienenweg weiter entfernt liegenden Grundstücks des Klägers zu 2 allenfalls in Betracht zu ziehenden Schallpegelunterschieden - kaum dazu führen konnte, dass die Schwelle von 70 dB(A) am Tage und 60 dB(A) in der Nacht überschritten würde, lässt sich vor dem Hintergrund der von den Klägern angeführten Ergebnisse aus der Lärmwirkungsforschung doch nicht von vornherein von der Hand weisen, dass nunmehr von einer bereits gesundheitsgefährdenden Wirkung auszugehen sein könnte. Dies könnte wiederum zu einer anderen Bewertung der planfestgestellten Trasse im Rahmen der Variantenprüfung, auf einen strikten Lärmsanierungsanspruch oder - im Hinblick auf eine immerhin abwägungserhebliche Erhöhung des Gesamtlärms - zu einer Verletzung des Abwägungsgebots zu ihrem Nachteil führen. Zudem haben die Kläger die der Lärmuntersuchung zugrundeliegende Verkehrsuntersuchung mit umfangreichem Vorbringen in Zweifel gezogen und machen eine höhere Schutzwürdigkeit ihres Wohngebiets geltend. Eine Verletzung des Abwägungsgebots zu ihren Lasten lässt sich - unabhängig von einer etwaigen gesundheitsgefährdenden Wirkung - nicht zuletzt auch im Hinblick auf den nach dem Entwurf der VDI-Richtlinie 3722 Blatt 2 (Februar 2007) errechneten effektbezogenen Substitutionspegel LES von 66 - 67 dB(A) (vgl. die Stellungnahme Modus Consult Ulm GmbH zur Gesamtlärmsituation v. 26.05.2008) nicht ohne Weiteres von der Hand weisen.
55 
Im Hinblick auf das in ihrem Gesamthandseigentum stehende Außenbereichsgrundstück Flst. Nr. 528 sind die Kläger zu 2 bis 4 schon deshalb klagebefugt, weil dieses (teilweise) dauernd bzw. vorübergehend unmittelbar in Anspruch genommen werden soll und sich nicht von vornherein ausschließen lässt, dass die zugunsten der planfestgestellten Variante getroffene Entscheidung unter einem zur Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses führenden Fehler leidet.
II.
56 
Die Klagen haben jedoch in der Sache keinen Erfolg.
57 
1. Dies gilt zunächst für die in erster Linie auf eine Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses gerichteten Hauptanträge.
58 
Der Planfeststellungsbeschluss leidet zu Lasten der Kläger an keinem erheblichen Rechtsfehler, der seine vollständige oder teilweise Aufhebung oder zumindest die Feststellung seiner teilweisen Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit erforderte (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO, § 75 Abs. 1a Satz 2 LVwVfG; hierzu BVerwG, Urt. v. 21.03.1996 - 4 C 19.94 -, BVerwGE 100, 370, Beschl. v. 01.04.1998 - 11 VR 13.97 -, Buchholz 310 § 80 VwGO Nr. 63).
59 
Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist der Zeitpunkt des Erlasses des Planfeststellungsbeschlusses vom 26.09.2008. Anzuwenden ist das Straßengesetz für Baden-Württemberg (StrG) i.d.F. v. 11.05.1992 (GBl. S. 330, ber. S.683), zul. geänd. durch Art. 4 Siebte AnpassungsVO v. 25.04.2007 (GBl. 252).
60 
Die Kläger zu 1 und 2, die im Hinblick auf die von dem Vorhaben ausgehenden Immissionswirkungen auf das Wohngrundstück Flst. Nrn. 525 und 525/1 lediglich mittelbar in ihrer Gesundheit bzw. in ihrem Eigentum betroffen sind, können eine Überprüfung des Planfeststellungsbeschlusses insoweit nur auf die Einhaltung drittschützender Vorschriften einschließlich des Gebots gerechter Abwägung (gerade ihrer abwägungserheblichen Belange) beanspruchen.
61 
Als mit enteignungsrechtlicher Vorwirkung Betroffene haben die Kläger zu 2 bis 4 darüber hinaus - allerdings nur im Hinblick auf das unmittelbar in Anspruch genommenen Außenbereichsgrundstück Flst. Nr. 528 - grundsätzlich Anspruch auf eine umfassende objektiv-rechtliche Planprüfung; d.h. sie können die Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses bereits dann verlangen, wenn dieser nicht „gesetzmäßig“ (Art. 14 Abs. 4 GG), also rechtswidrig ist. Dabei kommt es nicht darauf an, ob der rechtliche Mangel gerade auf der Verletzung von Vorschriften beruht, die Belange des betroffenen Grundstückseigentümers schützen (vgl. BVerwG, Urt. v. 28.02.1996 - 4 A 27.95 -, NVwZ 1996, 1011). Ausgenommen hiervon sind nur Rechtsmängel, die für die enteignende Inanspruchnahme gerade ihres Außenbereichsgrundstücks Flst. Nr. 528 nicht kausal sind (vgl. BVerwG, Beschl. v. 10.07.1995 - 4 B 94.95 -, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 103).
62 
Schließlich sind auch die mit enteignungsrechtlicher Vorwirkung Planbetroffenen im gerichtlichen Verfahren an der Geltendmachung solcher Mängel gehindert, hinsichtlich deren sie materiell präkludiert sind (vgl. Senat, Urt. v. 09.10.2000 - 5 S 1883/99 -, VBlBW 2001, 278; BVerwG, Urt. v. 24.05.1996 - 4 A 38.95 -, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 119).
63 
a) Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss leidet - soweit ersichtlich - unter keinen - zu seiner Aufhebung führenden - Verfahrensfehlern. Solche haben die Kläger auch nicht geltend gemacht.
64 
b) Auch in materiell-rechtlicher Hinsicht kann der Planfeststellungsbeschluss nicht beanstandet werden. Das planfestgestellte Vorhaben ist erforderlich (aa) und verstößt weder gegen striktes Recht (bb) noch gegen das Abwägungsgebot (cc).
65 
aa) Entgegen der Auffassung der Kläger ist das Planvorhaben von der (im Hinblick auf die dem Planfeststellungsbeschluss zukommende enteignungsrechtliche Vorwirkung, vgl. § 40 StrG) erforderlichen Planrechtfertigung getragen. Diese unterliegt jedenfalls im Hinblick auf die entsprechenden, rechtzeitig erhobenen Einwendungen der enteignungsbetroffenen Kläger zu 2 bis 4 der Überprüfung (vgl. BVerwG, Urt. v. 24.11.2011 - 9 A 24.10 -; anders BVerwG, Urt. v. 26.04.2007 - 4 C 12.05 -, BVerwGE 128, 358: auch auf die Rüge mittelbar - durch Immissionen - Betroffener).
66 
Die Planrechtfertigung ist nur dann gegeben, wenn das Vorhaben aus Gründen des Gemeinwohls objektiv erforderlich ist. Dies ist allerdings nicht erst bei einem unabweisbaren Bedürfnis der Fall, vielmehr muss das Vorhaben lediglich gemessen an den Zielen des jeweils zugrundeliegenden Fachplanungsgesetzes „vernünftigerweise“ geboten sein (vgl. BVerwG, Beschl. v. 29.11.1995 - 11 VR 15.95 -, Buchholz 442.09 § 18 AEG Nr. 7) bzw. muss der Vorhabenträger im Hinblick auf diese Ziele die Planung aus nachvollziehbaren Gründen für erforderlich halten dürfen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 15.09.1995 - 11 VR 16.95 -, Buchholz 442.09 § 18 AEG Nr. 6; Urt. v. 27.07.1990 - 4 C 26.87 -, Buchholz 442.08 § 36 BBahnG Nr. 18); gesetzliche Ziele sind dabei alle im Rahmen des jeweiligen Fachgesetzes zulässigerweise verfolgbaren Ziele. Insofern stellt die Planrechtfertigung „eine praktisch nur bei groben und einigermaßen offensichtlichen Missgriffen wirksame Schranke der Planungshoheit“ dar. Nicht planerisch gerechtfertigt ist allerdings auch ein Vorhaben, wenn feststeht, dass sich die Null-Variante als ebenso sinnvoll oder noch zweckmäßiger erweisen würde (vgl. BVerwG, Urt. v. 03.05.1988 - 4 C 26.84 -, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 74). Da das Vorliegen der erforderlichen Planrechtfertigung eine Rechtsfrage betrifft, die der vollen gerichtlichen Überprüfung unterliegt, ist letztere auch nicht auf die Überprüfung der im Planfeststellungsbeschluss hierfür gegebenen Begründung beschränkt (vgl. BVerwG, Urt. v. 11.07.2001 - 11 C 14.00 -, BVerwGE 114, 364).
67 
Maßgebliches Fachplanungsgesetz für das in Rede stehende Straßenbauvorhaben ist das Straßengesetz für Baden-Württemberg i.d.F. vom 11.05.1992 (GBl. S. 330, ber. S. 683). Nach Maßgabe der von ihm allgemein verfolgten Ziele besteht ein Bedürfnis für die planfestgestellte Ortsumfahrung, was bereits der - wenn auch für die Planfeststellung und das gerichtliche Verfahren nicht verbindliche - Umstand nahelegt, dass die Maßnahme im Kreisstraßenausbauprogramm des Bodenseekreises als Vorhaben des vordringlichen Bedarfs ausgewiesen ist. Ein entsprechendes Bedürfnis für die Baumaßnahme folgt ohne Weiteres daraus, dass mit ihr die stark belastete Ortsdurchfahrt der Kreisstraße in Kehlen beseitigt und so die Leistungsfähigkeit der vorwiegend dem überörtlichen Verkehr innerhalb des Bodenseekreises dienenden K 7725 verbessert (vgl. § 3 Abs. 1 Nr. 2 StrG; BVerwG, Urt. v. 06.12.1985 - 4 C 59.82 -, BVerwGE 72, 282), der innerörtliche Verkehr (im Bereich dieser Ortsdurchfahrt) bzw. die Ortslage Kehlens vom Durchgangsverkehr weitgehend entlastet (vgl. hierzu BVerwG, Urt. v. 14.07.2011 - 9 A 14.10 -, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 218; auch Senat, Urt. v. 23.04.1981 - 5 S 2342/80 -, ESVGH 31, 196) und nicht zuletzt die Verkehrssicherheit auf der K 7725 im Bereich der Maßnahme erhöht wird (vgl. BVerwG, Urt. v. 06.12.1985, a.a.O., Urt. v. 03.05.1988 - 4 C 26.84 -, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 74).
68 
Soweit die Kläger mit ihrem Hinweis auf einen - ohne Umgestaltung der Ortsdurchfahrt - zu erwartenden „Schleichverkehr“ die im Anschluss an das Verkehrsgutachten vom 11.01.2005 angenommene Entlastung bzw. deren Umfang von 67 % im Bereich der (bisherigen) Ortsdurchfahrt Kehlen bezweifeln, lassen sich ihrem Vorbringen keine überzeugenden Gründe entnehmen, die eine solche Entlastung dem Grunde nach in Frage stellten. Auch wenn die Ausgangsbelastung zu hoch angesetzt sein sollte, führte dies allenfalls zu einer geringeren Entlastungswirkung. Davon, dass diese im Hinblick auf die von den Klägern angeführten Verkehrszählungen überhaupt nicht mehr ins Gewicht fallen könnte, kann jedenfalls nicht ausgegangen werden. So haben der Beklagte und der in der mündlichen Verhandlung gehörte Vertreter der Modus Consult Ulm GmbH überzeugend dargelegt, dass, weil nur repräsentative Verkehrstage maßgeblich sind, allenfalls die Verkehrszahlen vom 19.04.2007 herangezogen werden könnten, die jedoch bei einer Hochrechnung auf den ganzen Tag in etwa dieselbe Verkehrsmenge ergäben (6.200 bis 7.800 Kfz/24 h), die auch der Verkehrsuntersuchung für 2005 zugrundegelegt worden war (ca. 6.900 Kfz/24 h). Insbesondere leuchtet ohne Weiteres ein, dass Verkehrszählungen anlässlich von Geschwindigkeitsmessungen schon aufgrund ihrer gänzlich anderen Funktion in vorliegendem Zusammenhang allenfalls geringe Aussagekraft zukommt. So machen Geschwindigkeitsmessungen von vornherein nur in Zeiten Sinn, in denen die Verkehrsdichte überhaupt ein schnelleres Fahren zulässt.
69 
Dass mit der geplanten B 30 neu ohnehin bereits eine (vergleichbare) Entlastung der Ortsdurchfahrt Kehlen verbunden wäre, ist nicht zu erkennen, da sich an der Verbindungs-, insbesondere Zubringerfunktion der K 7725 nichts änderte. Es ist ohne Weiteres nachvollziehbar, dass sich diese entsprechend der auf die Verkehrsuntersuchung gestützte Annahme im Planfeststellungsbeschluss sogar noch verstärkte (vgl. deren Zusammenfassung, S. 10).
70 
Die Leistungsfähigkeit der K 7725 erhöhte sich schließlich unabhängig von der angenommenen Entlastung im Bereich der (bisherigen) Ortsdurchfahrt. Dies folgt bereits aus der Beseitigung der den überörtlichen Verkehr schon aufgrund ihres unsteten Verlaufs, ihrer geringen Fahrbahnbreite und des dortigen Bahnübergangs (durch Rückstauungen) beeinträchtigenden Ortsdurchfahrt der Kreisstraße (vgl. BVerwG, Urt. v. 22.03.1985 - 4 C 15.83 -, BVerwGE 71, 166). Ein Verkehrsbedürfnis für eine leistungsfähigere K 7725 folgt ohne Weiteres aus der derzeit schon hohen Verkehrsbelastung der K 7725 und der Verkehrsprognose für 2015 bzw. 2020, die für alle überprüften Planungsfälle von einer Gesamtbelastung von mindestens 13.000 Kfz/24 h ausgeht (vgl. Verkehrsuntersuchung, S. 6 u. 9).
71 
Dass ein entsprechendes Verkehrsbedürfnis gerade auch für die Südumfahrung besteht, ergibt sich ohne Weiteres aus der für sie für den Planungsfall C 2 prognostizierten künftigen Gesamtbelastung von ca. 17.600 Kfz/24 h (für 2015) bzw. ca. 18.200 Kfz/24 h (für 2020). Inwiefern diese Annahme auf einer fehlerhaften Prognose beruhte, erschließt sich nicht. Selbst dann, wenn sich die Verkehrsbelastung für die K 7725 neu gegenüber der K 7725 alt nicht wesentlich erhöhen sollte, stellte dies das für eine Erhöhung der Leistungsfähigkeit erforderliche Verkehrsbedürfnis nicht in Frage. Dafür, dass die Südumfahrung entgegen dem Verkehrsgutachten überhaupt nicht angenommen und insofern weiterhin die durch Kehlen führende K 7725 alt genutzt würde, lassen sich dem Vorbringen der Kläger keine überzeugenden Gründe entnehmen. Insbesondere ist nicht nachvollziehbar, warum die K 7725 neu nicht genutzt werden sollte, um über die B 30 neu die B 467 zu erreichen. Dass es - je nach Abfahrts- und Zielort - auch andere Verkehrsbeziehungen gibt, die nicht über die K 7725 neu führen, steht außer Frage und vermag ein Verkehrsbedürfnis für die K 7725 neu - wie bisher für die K 7725 alt - nicht in Frage zu stellen. Nichts anderes gilt, soweit die Kläger anzweifeln, ob Meckenbeuren von Norden anfahrende Verkehrsteilnehmer die B 30 nutzen.
72 
Auch die Verkehrssicherheit auf der K 7725 erhöhte sich unabhängig von der angenommenen Entlastung der Ortsdurchfahrt vom überörtlichen Verkehr, da sich jedenfalls die auf Trassenführung und Ausbauzustand im Bereich der Ortsdurchfahrt und im Einmündungsbereich in die B 30 zurückzuführende Unfallhäufigkeit verringerte. Der Verweis auf an anderer Stelle neu entstehende Gefahren stellt letztlich eine Spekulation der Kläger dar; daran vermag auch ihr Hinweis auf schwere Verkehrsunfälle auf anderen Ortsumfahrungen nichts zu ändern. Ein besonderes Verkehrsbedürfnis für die K 7725 neu, insbesondere die Südumfahrung, müsste insofern, da sich der mit der Straßenplanung verbundene Eingriff in privates Grundeigentum schon mit konkreten Sicherheitsanforderungen hinreichend rechtfertigen ließe, noch nicht einmal ohne Weiteres nachgewiesen werden (vgl. BVerwG, Urt. v. 03.05.1988, a.a.O.; Urt. v. 22.03.1985, a.a.O.; BVerwGE 72, 282). Von einem entsprechenden Verkehrsbedürfnis ist allerdings - wie ausgeführt - ohne Weiteres auszugehen.
73 
Ob sich bei Berücksichtigung aller gegenläufigen Belange (insbesondere des Interesses der Anwohner, von weiteren Verkehrslärmwirkungen verschont zu bleiben sowie der Belange des Natur- und Landschaftsschutzes) letztlich doch die Nullvariante oder eine von den Klägern favorisierte Variante als die bessere Lösung aufdrängte, ist schließlich keine Frage der Planrechtfertigung, sondern Gegenstand der planerischen Abwägung (vgl. BVerwG, Urt. v. 10.04.1997 - 4 C 5.96 -, BVerwGE 104, 236). Insoweit wird auf die Ausführungen unter cc) verwiesen.
74 
Soweit die Kläger die Planrechtfertigung für das Straßenbauvorhaben schließlich mit zwischenzeitlich erkannten artenschutzrechtlichen Problemen im Bereich der geplanten West-Trasse der B 30 neu in Frage zu stellen versuchen, geht dies von vornherein fehl. Abgesehen davon, dass artenschutzrechtliche Probleme nicht dazu führen müssen, dass von der bisherigen Planung der B 30 neu abgesehen und stattdessen auf die Osttrasse ausgewichen würde, ist maßgeblicher Zeitpunkt auch für das Vorliegen der Planrechtfertigung der Erlass des Planfeststellungsbeschlusses. Der Hinweis der Kläger auf § 51 LVwVfG (Wiederaufgreifen des Verfahrens) geht insofern fehl, zumal diese Vorschrift in einem Planfeststellungsverfahren ohnehin keine Anwendung findet (vgl. § 72 Abs. 1 LVwVfG). Abgesehen davon besteht für die mit der Planung verfolgten Ziele - Erhöhung der Leistungsfähigkeit und Verkehrssicherheit der K 7725 sowie Entlastung Kehlens im Bereich der Ortsdurchfahrt von überörtlichem Verkehr - auch unabhängig von der Planung der B 30 neu ein Bedürfnis.
75 
bb) Das planfestgestellte Vorhaben verletzt, soweit dies überhaupt zu prüfen war, auch keine zwingenden materiellen Rechtssätze.
76 
aaa) Auf einen etwaigen Verstoß gegen die naturschutzrechtliche Eingriffsregelung (vgl. § 21 LNatSchG) können sich die Kläger allerdings - auch soweit ihnen ein Vollprüfungsanspruch zusteht - nicht berufen.
77 
Zu Recht ist das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, dass auch die ent-eignungsbetroffenen Kläger zu 2 bis 4 eine Überprüfung der im Planfeststellungsbeschluss festgesetzten Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen nicht beanspruchen können, da sie entsprechende Einwendungen gegen den Plan trotz des Hinweises auf diese Rechtsfolge in den „Gemeindenachrichten“ vom 08.07.2006 nicht erhoben haben. Dass der Hinweis nach seinem Wortlaut auf § 73 Abs. 4 LVwVfG und nicht auf die speziellere Regelung in § 37 Abs. 9 StrG Bezug nahm, ist ohne Belang, nachdem keine auf besonderen privatrechtlichen Titeln beruhende Einwendungen in Rede stehen.
78 
Nach § 37 Abs. 9 Satz 1 StrG sind im Planfeststellungsverfahren Einwendungen gegen den Plan nach Ablauf der Einwendungsfrist ausgeschlossen; hierauf ist in der Bekanntmachung der Auslegung oder bei der Bekanntgabe der Einwendungsfrist hinzuweisen. Hierbei handelt es sich, wovon auch das Verwaltungsgericht ausgegangen ist, nicht nur um eine formelle, sondern um eine materielle Präklusion, die auch im gerichtlichen Verfahren zu beachten ist (vgl. Lorenz/Will, StrGBW, Handkomm., 2. A. 2005, § 37 Rn. 68; noch offen gelassen von VGH Bad.-Württ., Urt. v. 05.10.2006 - 8 S 967/05 -, ESVGH 124). Dies folgt bereits aus dem Wortlaut der Vorschrift. Dieser beschränkt sich nicht auf die Normierung einer Einwendungsfrist, gegebenenfalls ergänzt um einen Hinweis, dass (lediglich) die rechtzeitig erhobenen Einwendungen gegen den Plan zu erörtern sind (vgl. § 18 Abs. 3 u. 4 Satz 1 FStrG i.d.F. v. 06.08.1953 bzw. § 18 Abs. 4 u.6 FStrG i.d.F. v. 01.07.1974), sondern spricht eindeutig von einem Einwendungsausschluss nach Ablauf der Einwendungsfrist. Diese Wortwahl entspricht vergleichbaren Präklusionsregelungen (vgl. § 73 Abs. 4 Satz 3 LVwVfG, § 17 Abs. 4 Satz 1 FStrG) und weist zweifelsfrei auf eine materielle Präklusion hin. Hinzu kommt, dass in § 39 Abs. 9 Satz 2 StrG als Voraussetzung für einen solchen Ausschluss geregelt ist, dass auf diese Rechtsfolge in der Bekanntmachung der Auslegung oder bei der Bekanntgabe der Einwendungsfrist hinzuweisen ist. Der Umstand, dass die Vorschrift mit den Worten „Im Planfeststellungsverfahren“ beginnt, ändert daran nichts, mag dies für sich genommen auch einen gegenteiligen Schluss nicht von vornherein ausgeschlossen erscheinen lassen (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 05.10.2006, a.a.O.). Denn damit sollte ersichtlich nur klargestellt werden, dass lediglich in einem Planfeststellungsverfahren - und nicht in einem Plangenehmigungsverfahren - nicht erhobene Einwendungen einer Ausschlusswirkung unterliegen. Wäre mit den Worten „Im Planfeststellungsverfahren“ demgegenüber eine Begrenzung der Ausschlusswirkung auf das weitere Planfeststellungsverfahren beabsichtigt gewesen, wäre eine solche Einschränkung anders, nämlich vor dem Wort „ausgeschlossen“ zum Ausdruck zu bringen gewesen. Zu Beginn der Vorschrift haben diese Worte indes die gleiche Bedeutung wie „bei einem Planfeststellungsverfahren“. Für eine solche Auslegung sprechen nicht zuletzt Sinn und Zweck der Vorschrift, Rechts- und Investitionssicherheit (insbesondere für den Vorhabenträger, vgl. BVerwG, Beschl. v. 11.11.2009 - 4 B 57.09 -, Buchholz 406.254 URG Nr. 1) zu schaffen und die bereits mit dem Genehmigungsverfahrensbeschleunigungsgesetz verfolgte Verfahrensbeschleunigung zu gewährleisten. Dass der Einwendungsausschluss in § 37 Abs. 9 Satz 1 StrG gleichwohl hinter den bisherigen, bereits eine materielle Präklusion enthaltenden Regelungen in § 37 Abs. 13 StrG und § 73 Abs. 4 Satz 3 LVwVfG zurückbleiben und entgegen der allgemeinen Tendenz zur materiellen Präklusion im Fachplanungsrecht (vgl. Rieder, Fachplanung und materielle Präklusion, 2004, S. 111) nur noch im Verwaltungsverfahren und nicht mehr für das gerichtliche Verfahren gelten sollte, erscheint demgegenüber fernliegend. Ausweislich der Gesetzgebungsmotive (vgl. hierzu LT-Drucks. 13/1227, S. 58) war mit der Novellierung tatsächlich auch keine Einschränkung gegenüber der in § 73 Abs. 4 Satz 3 LVwVfG enthaltenen Regelung, sondern gerade eine Erweiterung auf solche Einwendungen beabsichtigt, die auf privatrechtlichen Titeln beruhen. Insofern hat sich mit der Novellierung des § 37 Abs. 9 Satz 1 StrG an der bisherigen, eine materielle Präklusion vorsehenden Rechtslage nichts geändert.
79 
Die Präklusion erstreckt sich - auch bei den enteignungsbetroffenen Klägern zu 2 bis 4 - grundsätzlich auch auf solche rechtlichen oder tatsächlichen Umstände, die die Planfeststellungsbehörde unabhängig von etwaigen Einwendungen Betroffener von Amts wegen zu berücksichtigen hatte (vgl. BVerwG, Beschl. v. 01.04.2005 - 9 VR 5.05 -, juris, Rn. 5; OVG Bremen, Urt. v. 13.01.2005 - 1 D 224/04 -, juris Rn. 58). Der erweiterten Einwendungsbefugnis entspricht insofern auch eine erhöhte Mitwirkungslast (vgl. Senat, Urt. v. 09.10.2000, a.a.O., Rieder, a.a.O., S. 178).
80 
Zur Vermeidung des Einwendungsausschlusses müssen Einwendungen - auch solche gegen objektiv-rechtliche (öffentliche Belange) - erkennen lassen, in welcher Hinsicht Bedenken gegen die in Aussicht genommene Planung - aus Sicht des Einwenders - bestehen könnten; das Vorbringen muss so konkret sein, dass die Planfeststellungsbehörde erkennen kann, in welcher Weise sie bestimmte Belange einer näheren Betrachtung unterziehen soll bzw. was sie konkret bedenken soll (vgl. Senat, Urt. v. 09.10.2000, a.a.O.; BVerwG, Beschl. v. 12.02.1996 - 4 A 38.95 -, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 109). Der Betroffene muss zumindest in groben Zügen - gegebenenfalls unter Hinweis auf spezielle, gerade ihn betreffende Gesichtspunkte (vgl. Steinberg, a.a.O., § 2 Rn. 133) - darlegen, welche Beeinträchtigungen befürchtet werden, ohne dies allerdings begründen zu müssen (vgl. BVerfG, Beschl. v.08.07.1982 - 2 BvR 1187/80 - BVerfGE 61, 82; BVerwG, Beschl. v. 12.02.1996 - 4 VR 19.95 - Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 109 S. 78; Urt. v. 30.01.2008 - 9 A 27.06 -, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 195).
81 
Dem können die Kläger nicht entgegenhalten, sie hätten insofern auch gegen die Ausgleich- und Ersatzmaßnahmen Einwendungen erhoben, weil sie mit der gerügten, „nicht hinnehmbaren“ Beeinträchtigung des Landschaftsbildes und des Erholungswerts der Landschaft, insbesondere des Naherholungsgebiets sowie des Erholungsgeländes um Gerbertshaus die gesamte Problematik betreffend Eingriffe in Natur- und Landschaftsschutz einschließlich der hierzu vorgesehenen Kompensationsregelungen thematisiert hätten. Auch wenn die Begriffe Natur und Landschaft für sich genommen nach ihrem Bedeutungsinhalt nicht genau gegeneinander abzugrenzen sein sollten, bezogen sich die Einwendungen der Kläger doch allein auf das Landschaftsbild bzw. die Trennung des Ortsbildes und den Erholungswert der Landschaft (vgl. hierzu auch Dürr, in: Kodal, StraßenR, 7. A., S. 1295) und zwar mit der Zielrichtung, dass in dieses Schutzgut nur eingegriffen werden dürfe, wenn an anderer Stelle keine alternative Trasse zur Verfügung stehe, was nach ihrer Auffassung jedoch der Fall sei. Damit sollte im Hinblick auf das zweifellos betroffene „hohe Schutzgut“ der Landschaft die Entscheidung zugunsten der planfestgestellten Trasse im Rahmen der Variantenprüfung und nicht die Vermeid-barkeit eines Eingriffs i. S. des § 21 Abs. 1 NatSchG, bei der lediglich nach Alternativen an gleicher Stelle zu fragen ist, und schon gar nicht die ausreichende Kompensation der mit ihr verbundenen unvermeidbaren Beeinträchtigungen in Frage gestellt werden (vgl. § 21 Abs. 2 NatSchG); unabhängig davon änderte eine ausreichende Kompensation an den beanstandeten Beeinträchtigungen nichts.
82 
Im Übrigen wäre auch nicht ersichtlich, inwiefern ein im Hinblick auf die angeblich ungeeigneten Maßnahmen 2.1 und 9 (für die das Grundstück der Kläger - anders als für die Maßnahme 3.1a - auch nicht teilweise in Anspruch genommen werden muss) verbliebenes Defizit im Bereich der Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen, nicht nur zu einer Planergänzung (um weitere Maßnahmen an anderer Stelle und ggf. einer Ausgleichsabgabe), sondern entsprechend dem Hauptantrag der Kläger zu 2 bis 4 zu einer Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses führen könnte. Dies setzte voraus, dass es im Gesamtplanungsgeflecht derart schwer wöge, um von der planfestgestellten Maßnahme insgesamt abzusehen oder die Trassenführung doch im Bereich des unmittelbar in Anspruch genommenen Außenbereichsgrundstücks Flst. Nr. 528 zu verändern (vgl. BVerwG, Urt. v. 28.02.1996 - 4 A 27.95 -, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 110; Senat, Urt. v. 09.10.2000, a.a.O.). Überzeugende Gründe hierfür lassen sich auch dem Berufungsvorbringen nicht entnehmen, zumal die Kläger gerade auf angeblich vorhandene geeignetere Ausgleichsflächen (Flst. Nr. 456 u. a.) verwiesen haben. Mit der beanstandeten Ausgleichsmaßnahme 2.1 („Optimierung der „Weite Wiesen“) soll schließlich eine Extensivierung und Entwicklung von Grünlandbeständen, insbesondere des feuchten und nassen Spektrums sowie eine Förderung standortgemäßer Vegetationsbestände (Hochstauden, Röhricht, Großseggenried) erreicht werden. Warum solches aufgrund der Straßennähe und Lärmexposition der vorgesehenen Fläche nicht möglich sein sollte, erschließt sich nicht, mag die damit u.a. verfolgte (weitere) Zielsetzung, die Lebensraumfunktionen zu verbessern und die Arten- und Lebensgemeinschaften extensiv genutzter Grünlandkomplexe zu fördern (vgl. hierzu das entsprechende Maßnahmenblatt im Landschaftspflegerischen Begleitplan, S. 104 f.), auch nicht in jeder Hinsicht optimal erreicht werden können. Insofern hat ein Vertreter der „Entwicklungs- und Freiraumplanung Eberhard + Partner GbR“ in der mündlichen Verhandlung überzeugend darauf hingewiesen, dass sich die vegetationsmäßige und faunistische Aufwertung dieses grundwassernahen Bereichs gar nicht auf Wiesenvögel beziehe. Die Insektenfauna sei schließlich gegenüber den Störwirkungen einer Straße relativ tolerant.
83 
Was die weitere Rüge der Kläger anbelangt, die Ersatzmaßnahme 9 sei im Hinblick auf die verschiedenen mit ihr verfolgten Zwecke schon aufgrund ihrer geringen Größe viel zu klein, greift auch dies nicht durch. So ist nicht zu erkennen, warum mit der Extensivierung der landwirtschaftlichen Nutzung und der Entwicklung artenreicher Grünlandbestände sowie der regelmäßigen Pflege der Sukzessionsfläche entlang des Tegelbachs nicht gleichzeitig die Bodenfunktionen optimiert und stabilisiert, das Retentionsvermögen der Tegel-bachaue verbessert, stoffliche Einträge reduziert und die dortigen Lebensraumfunktionen verbessert werden könnten (vgl. hierzu das entsprechende Maßnahmenblatt im Landschaftspflegerischen Begleitplan, S. 116 f.). Ein Vertreter der „Entwicklungs- und Freiraumplanung Eberhard + Partner GbR“ hat den Klägern schließlich in der mündlichen Verhandlung überzeugend entgegengehalten, dass die Maßnahme 9 im Zusammenhang mit den Maßnahmen 2.1 und 8 zu sehen sei und diese lediglich ergänzen sollte. Entgegen der Auffassung der Kläger könnten auch die „Bähwiesen“ durchaus noch weiter aufgewertet werden. Auf einen die Maßnahme insgesamt oder doch die Trassenführung im Bereich ihres Außenbereichsgrundstücks in Frage stellenden Fehler hätte freilich auch dieser Einwand kaum führen können. Dagegen spricht nicht zuletzt die auch von den Klägern, wenn auch mit anderer Zielrichtung hervorgehobene geringe Größe der Fläche. Bei ihrem Vorwurf, der Eingriff in die Landschaft, insbesondere in das Landschaftsbild sei nicht ausreichend kompensiert, übersehen die Kläger, dass sich das planfestgestellte Maßnahmenkonzept nicht in den beiden beanstandeten Maßnahmen erschöpft, sondern sich aus insgesamt 9 bzw. 12 Einzelmaßnahmen zusammensetzt. Dass gleichwohl ein Defizit verbliebe, haben die Kläger auch im gerichtlichen Verfahren nicht in nachvollziehbarer Weise aufgezeigt.
84 
bbb) Soweit die Kläger geltend machen, dass die fachplanungsrechtliche Zumutbarkeitsgrenze nach § 74 Abs. 2 Satz 2 LVwVfG überschritten sei, weil die aus ihrer Sicht maßgeblichen Summenpegel die auch in diesem Fall einschlägigen Immissionsgrenzwerte nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 der 16. BImSchV überstiegen, wird zwar ein Verstoß gegen zwingende Vorschriften des verkehrsbezogenen Immissionsschutzrechts (§§ 41 ff. BImSchG, 16. BImSchV) geltend gemacht. Auf eine Planaufhebung führte dies jedoch auch dann nicht, wenn der Einwand zuträfe. Vielmehr bestünde auch bei unzureichender Lärmvorsorge grundsätzlich nur ein Anspruch auf Planergänzung. Eine Planaufhebung käme erst dann in Betracht, wenn das Fehlen entsprechender Schutzauflagen - ausnahmsweise - von so großem Gewicht sein könnte, dass die Ausgewogenheit der Planung insgesamt in Frage gestellt wäre (vgl. Senatsurt. v. 09.10.2000, a.a.O.; BVerwG, Urt. v. 18.04.1996 - 11 A 86.95 -, NVwZ 1996, 901), mithin erst dann wenn gleichzeitig gegen das fachplanungsrechtliche Abwägungsgebot verstoßen worden wäre (dazu sogleich).
85 
Anderes gilt auch nicht im Hinblick auf das Vorbringen der Kläger zu 1 und 2 mit der höheren Gesamtlärmbelastung von insgesamt 66 dB(A) am Tage und 56 dB(A) in der Nacht erstmals einer nach Art. 2 Abs. 2 GG verfassungswidrigen Gesundheitsgefährdung ausgesetzt zu sein. Denn auch dann, wenn die Schwelle zur Gesundheitsgefährdung nunmehr überschritten sein sollte, führte dies allenfalls aufgrund eines möglicherweise beachtlichen Abwägungsfehlers im Rahmen der Variantenprüfung auf eine Planaufhebung. Anderenfalls verbliebe es auch insoweit bei einem Planergänzungsanspruch, mit dem die Kläger allenfalls weitere (hier durchaus im Wege aktiven wie passiven Schallschutz mögliche) Schutzvorkehrungen bzw. Entschädigungen, gegebenenfalls auch eine zu entschädigende Übernahme des Grundstücks verlangen könnten.
86 
ccc) Dass infolge des planfestgestellten Vorhabens Lärmaktionspläne nach § 47d BImSchG von den hierfür zuständigen Behörden sinnvollerweise nicht mehr aufgestellt werden könnten, ist weder dargetan noch sonst ersichtlich. Der inzwischen im Entwurf vorliegende Lärmaktionsplan für die Gemeinde Meckenbeuren dürfte im Übrigen das Gegenteil belegen.
87 
cc) Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss verstößt auch nicht in einer zu seiner Aufhebung führenden Weise gegen das fachplanerische Abwägungsgebot des § 37 Abs. 5 Satz 1 StrG. Nach dieser Vorschrift sind bei der Planfeststellung die von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange einschließlich der Umweltverträglichkeit im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigen. Insoweit ist die gerichtliche Kontrolle darauf beschränkt, ob eine Abwägung überhaupt stattgefunden hat, ob an Belangen eingestellt worden ist, was nach Lage der Dinge eingestellt werden musste, ob die Bedeutung der betroffenen öffentlichen und privaten Belange verkannt und ob der Ausgleich zwischen ihnen in einer Weise vorgenommen worden ist, der zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht. Innerhalb des so gezogenen Rahmens wird das Abwägungsgebot nicht verletzt, wenn sich die Behörde in der Kollision zwischen verschiedenen Belangen für die Bevorzugung des einen und damit notwendigerweise für die Zurückstellung eines anderen Belangs entscheidet (vgl. hierzu grundlegend BVerwG, Urt. v. 14.02.1975 - IV C 21.74 - BVerwGE 48, 56). Dabei sind gemäß § 75 Abs. 1a Satz 1 LVwVfG Mängel bei der Abwägung der von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange nur erheblich, wenn sie offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen sind (vgl. hierzu BVerwG, Beschl. v. 16.08.1995 - 4 B 92.95 -, a.a.O.).
88 
Die Entscheidung der Planfeststellungsbehörde, den Plan für den Neubau der K 7725 als Südumgehung von Kehlen auch im Hinblick auf die zusätzlichen Lärmwirkungen zum Nachteil der Kläger zu 1 und 2 und die Inanspruchnahme des Grundstücks der Kläger zu 2 bis 4 festzustellen, lässt einen relevanten Abwägungsfehler nicht erkennen. Insbesondere musste sie einer anderen Variante nicht den Vorzug geben. Dass sich die Kläger innerhalb der Einwendungsfrist noch nicht zu allen, von ihnen nunmehr für vorzugswürdig gehaltenen Varianten geäußert hatten, führt nicht dazu, dass sie insoweit mit ihren Einwand ausgeschlossen wären, dass im Hinblick auf die von ihnen beanstandeten Beeinträchtigungen von Landschaft, Ortsbild, Gesundheit und Eigentum eine andere Variante vorzuziehen gewesen wäre.
89 
Kommen Alternativlösungen ernsthaft in Betracht, so hat die Planungsbehörde sie zwar als Teil des Abwägungsmaterials mit der ihnen objektiv zukommenden Bedeutung in die vergleichende Prüfung der von den möglichen Varianten jeweils berührten öffentlichen und privaten Belange unter Einschluss des Gesichtspunkts der Umweltverträglichkeit einzubeziehen. Sie ist indes nicht verpflichtet, die Variantenprüfung bis zuletzt offen zu halten und alle von ihr zu einem bestimmten Zeitpunkt erwogenen Alternativen gleichermaßen detailliert und umfassend zu untersuchen. Auch im Bereich der Planungsalternativen braucht sie den Sachverhalt nur soweit aufzuklären, wie dies für eine sachgerechte Trassenwahl und eine zweckmäßige Gestaltung des Verfahrens erforderlich ist. Sie ist befugt, eine Alternative, die ihr auf der Grundlage einer Grobanalyse als weniger geeignet erscheint, schon in einem frühen Verfahrensstadium auszuscheiden. Verfährt sie in dieser Weise, so handelt sie abwägungsfehlerhaft nicht schon dann, wenn sich herausstellt, dass die von ihr verworfene Lösung ebenfalls mit guten Gründen vertretbar gewesen wäre, sondern erst, wenn sich ihr diese Lösung als die vorzugswürdige hätte aufdrängen müssen (vgl. BVerwG, Urt. v. 25.01.1996 - 4 C 5.95 -, BVerwGE 100, 238, Beschl. v. 24.09.1997 - 4 VR 21.96 - NVwZ-RR 1998, 297 u. Urt. v. 26.03.1998 - 4 A 7.97 -, UPR 1998, 382). Solches ist hier nicht der Fall.
90 
Soweit im Planfeststellungsbeschluss der „Südumfahrung“ der Vorzug gegenüber den beiden Nordumfahrungen gegeben wurde, ist dies ohne Weiteres nachvollziehbar. So würde die ortsnahe Nordumgehung an der Verkehrsbelastung zwischen der Bahnlinie und der bestehenden B 30 nichts ändern bzw. diese gar noch verstärken, wodurch der dortige Schul-, Sport und Freizeitbetrieb beeinträchtigt wäre. Auch führte die ortsnahe Nordumgehung zu einer geringeren Entlastung der Ortsdurchfahrt Kehlen. Bei der ortsfernen Nordumfahrung ergäbe sich schließlich eine hohe Verkehrsbelastung im Bereich zwischen Meckenbeuren und Buch bzw. auf den entsprechenden Verbindungsstraßen, was sich auf den dortigen Siedlungs- und Entwicklungsschwerpunkt nachteilig auswirkte. Auch wäre sie aufgrund ihrer Länge die unwirtschaftlichste Lösung. Demgegenüber erbringt die insoweit günstigere „Südumfahrung“ eine gute (nicht „beste“, so aber die Verkehrsuntersuchung, S. 7) und zugleich durchgängige Entlastung. Auch lässt sich mit ihr als „Zubringer“ für den Raum südöstlich von Meckenbeuren die langfristig verfolgte Verkehrskonzeption umsetzen, die Verkehrsbeziehungen im Zuge der B 30 neu und der K 7725 neu in Verbindung mit der langfristig geplanten B 467 neu zu bündeln. Schließlich hatte sich die „Südumfahrung“ nach der Umweltverträglichkeitsstudie auch als die umweltverträglichste Variante erwiesen (vgl. zum Ganzen, Planfeststellungsbeschluss, S. 17; Verkehrsuntersuchung, S. 7 f.; Erläuterungsbericht, S. 9 ff.).
91 
Vor diesem Hintergrund erweist sich die von den Klägern zuletzt favorisierte Variante 3 ersichtlich nicht als vorzugswürdig, da sie im Wesentlichen der ortsfernen Nordumgehung entspricht und insofern dieselben Nachteile mit sich brächte.
92 
Soweit die Kläger demgegenüber auf die sog. „Shuttlebus“-Variante bzw. die Varianten 1 und 2 verweisen (vgl. VG-Akten, AS 183), liefen diese letztlich auf ein anderes Projekt hinaus; insofern brauchte sich der Vorhabenträger auf diese von vornherein nicht verweisen zu lassen. Darauf haben zu Recht bereits die Planfeststellungsbehörde und das Verwaltungsgericht hingewiesen. Schon das mit der planfestgestellten Variante verfolgte wesentliche Ziel einer Entlastung der Ortsdurchfahrt Kehlen ließe sich mit diesen weiter entfernten, deutlich nach Süden abgesetzten Varianten allenfalls unzureichend erreichen. Soweit die Kläger im Berufungsverfahren noch geltend machen, dass sich bei einem entsprechenden Anschluss an die B 30 neu sowie bei einer entsprechenden Streckenführung bzw. mittels Verkehrsleitsystemen durchaus eine (vergleichbare) Entlastung der Ortsdurchfahrt erreichen ließe, setzte dies weitere umfangreiche, gegebenenfalls raumbeanspruchende Maßnahmen (auch anderer Behörden) voraus, die schon im Hinblick auf die in Kauf zu nehmenden Umwege kaum gewährleisteten, dass sich der beabsichtigte Entlastungseffekt einstellte.
93 
Hinzu kommt, dass sich das weitere - langfristige - Ziel einer Bündelung der Verkehrsbeziehungen im Zuge der verfolgten Netzkonzeption (B 30 neu, B 31 neu und B 467 neu) überhaupt nicht erreichen ließe. So wird im Planfeststellungsbeschluss überzeugend ausgeführt, dass die Verkehrsbeziehungen im nördlichen Bodenseeraum in Ost/West-Richtung über die B 31 neu und in Nord/Süd-Richtung über die B 30 neu sowie langfristig über eine B 467 neu geführt werden sollen und dem Anschuss an die B 30 neu bei Hirschlatt eine wichtige Verteilerfunktion zukomme, auf den die K 7725 neu als Zubringer (für den Raum südöstlich von Meckenbeuren) gezielt geführt werden müsse. Dies ist bei den von den Klägern vorgeschlagenen Varianten 1 und 2 jedoch nicht der Fall, weil diese einen Umweg über die Messe Friedrichshafen nehmen. Auch brächte der mit diesen Varianten verbundene Anschluss an die K 7726 auf Höhe der Messe keinen Vorteil („Ergänzung der geplanten Messezufahrt“), sondern den erheblichen Nachteil mit sich, dass der Verkehrsfluss an Messetagen behindert würde, was mit der planfestgestellten „Südumfahrung“ gerade verhindert werden sollte.
94 
Abgesehen davon schnitten die beiden Varianten auch in wirtschaftlicher Hinsicht keineswegs besser ab, da ein bloßer Ausbau der im Luftsicherheitsbereich belegenen Flughafenstraße aus nachvollziehbaren Gründen ausscheiden dürfte. Dass sowohl ein Neubau entlang des Flughafengeländes (Variante 2) als auch eine Stichstraße (Variante 1) nicht zuletzt im Hinblick auf die flugsicherheitstechnischen Vorgaben und die jedenfalls im unmittelbaren Randbereich des Flughafens erforderliche Führung in Tunnel- oder zumindest Tieflage kostenaufwändiger wären, leuchtet ohne Weiteres ein. Dies gilt erst Recht für die letztlich nur im Wege einer Untertunnelung realisierbare Variante 1.
95 
Würde indes abweichend von den vorgeschlagenen Varianten ausgehend von der B 30 entlang des Flughafens eine Trassierung unmittelbar auf die Anschlussstelle bei Hirschlatt vorgenommen, brächte dies Belastungen für den Siedlungsbereich von Gerbertshaus bzw. von Großbuch mit sich, so dass sich die Lärmbetroffenheiten lediglich verschöben. Auch ist ohne weiteres nachvollziehbar, dass es dann zu Beeinträchtigungen des Waldgebiets „Großes Moos“ käme, wodurch sich erhebliche, möglicherweise nicht überwindbare artenschutzrechtliche Probleme ergäben, die sich bei der „Südumfahrung“ so nicht stellten.
96 
Auch die von den Klägern angeführten - unbestreitbaren - Nachteile der planfestgestellten Variante können aufgrund des ihnen zukommenden Gewichts nicht dazu führen, dass der Vorhabenträger stattdessen auf die weniger geeignete, die Planungsziele nur unvollkommen erreichende ortsferne Nordumgehung ausweichen oder gar von dem Vorhaben insgesamt Abstand nehmen müsste (sog. „Nullvariante“).
97 
Insbesondere der von den Klägern für unvertretbar gehaltene Eingriff in das Landschaftsbild ändert nichts daran, dass die „Südumgehung“ gleichwohl die umweltverträglichste Variante darstellt. Die Beeinträchtigung dieses Belangs wurde von der Planfeststellungsbehörde auch durch entsprechende Maßnahmen (Feldbrücke, nicht zu hohe Lärmschutzwände) gering gehalten und schließlich auch durch entsprechende Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen kompensiert. Mit ihren Einwendungen gegen diese Maßnahmen sind die Kläger zudem - wie bereits ausgeführt - ausgeschlossen. Soweit die Kläger in diesem Zusammenhang auf den Eingriff in die Landschaft in ihrer Erholungsfunktion verweisen, ist auch dieser nicht von solchem Gewicht, dass er die Planung in Frage stellte, zumal die Planfeststellungsbehörde diesem Belang durchaus Rechnung getragen hat, indem die Wegeverbindungen weitgehend aufrechterhalten wurden. Nichts anderes gilt für den Einwand der Kläger, dass die „historische“ Bindung an den Hauptort Kehlen zerschnitten würde und bei ihnen ein „Gefühl des Abgeschnittenseins“ entstünde.
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Soweit die Kläger auf eine - im Hinblick auf die künftige Gesamtlärmbelastung - völlig unzureichende Lärmvorsorge verweisen, rechtfertigt auch dies keine andere Beurteilung, nachdem die Planfeststellungsbehörde im Ergebnis zu Recht davon ausging, dass auch die Kläger zu 1 und 2 auch bei einer Gesamtlärmbetrachtung nicht annähernd Lärmwirkungen ausgesetzt sind, die die grundrechtliche Zumutbarkeitsschwelle – d. h. die enteignungsrechtliche Zumutbarkeitsschwelle oder die in rechtlicher Würdigung der Lärmwirkungsforschung zu bestimmende Schwelle der Gesundheitsgefährdung - überschreiten. Ausgehend davon kann jedenfalls nicht beanstandet werden, dass Lärmschutzbelange nicht zum Anlass genommen wurden, von der planfestgestellten „Südumfahrung“ Abstand zu nehmen.
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Die grundrechtliche Zumutbarkeitsschwelle wird vom Bundesverwaltungsgericht für Wohngebiete grundsätzlich erst bei einem äquivalenten Dauerschallpegel von 70 dB(A) tags und 60 dB(A) nachts angenommen (vgl. BVerwG, Urt. v. 07.03.2007, - 9 C 2.06 -, BVerwGE 128, 177, Urt. v. 13.05.2009 - 9 A 72.07 -, BVerwGE 134, 45; Urt. v. 15.12.2011 – 7 A 11.10. -, UPR 2012, 301). Dass diese bei einer Gesamtlärmbetrachtung erreicht würde, lässt sich indes nach derzeitigem wissenschaftlichem Erkenntnisstand nicht feststellen.
100 
Zwar war der Schienenverkehrslärm bei der entsprechenden Abschätzung bzw. „Annäherung“ in der Stellungnahme Modus Consult Ulm GmbH vom 26.05.2008 noch nicht berücksichtigt worden. Vor dem Hintergrund der inzwischen mitgeteilten, nach § 3 der 16. BImSchV berechneten Beurteilungspegel für die Südbahn hätten sich jedoch auch bei einer zusätzlichen Überlagerung mit dem Schienenverkehrslärm für das Wohngebäude des Klägers zu 2 nur geringfügig höhere Summenpegel ergeben, nämlich maximal 63,5 dB(A) tags und 56,5 dB(A) nachts anstatt bis zu 62 dB(A) tags und 56 dB(A) nachts (vgl. die konkretisierende und ergänzende Stellungnahme Modus Consult Ulm GmbH zur Gesamtlärmsituation vom 24./25.09.2012 und die bereits der Stellungnahme vom 26.05.2008 beigefügte Anlage 2). Zwar ermöglichen diese Werte nur eine ungefähre Abschätzung, da äquivalente Dauerschallpegel unterschiedlicher Verkehrsquellenarten nicht ohne Weiteres energetisch addiert werden können dürften. Jedoch sind sie von dem als kritisch angesehenen Bereich noch deutlich entfernt, sodass von ihnen durchaus annäherungsweise ausgegangen werden konnte. Der in der Stellungnahme vom 26.05.2008 nach dem Entwurf der VDI-Richtlinie 3722-2 berechnete effektbezogene Substitutionspegel LES von 66 - 67 dB(A) tags steht dem nicht entgegen. Denn dieser kann nicht an den oben genannten Werten gemessen werden, da er maßgeblich durch ein „Belästigungsurteil“ Betroffener bestimmt wird (vgl. hierzu die Stellungnahme Modus Consult Ulm GmbH v. 26.05.2008; auch den 2. Entwurf, Feb. 2009, der VDI-Richtlinie 3722-2 mit Kommentar Windelbergs, http://www.iazd.uni-hannover.de/~windelberg/search/laerm/wi3722_2.pdf). Dies bedeutet freilich nicht, dass diesem Wert im Rahmen der Abwägung keinerlei Bedeutung zukäme (vgl. dazu sogleich).
101 
Dass das Regierungspräsidium Tübingen mit der seinem Planfeststellungsbeschluss zugrundegelegten Stellungnahme vom 26.05.2008 jedenfalls nicht zu niedrige Werte angesetzt hatte, wird letztlich durch die nachträglich - im Wege energetischer Addition - vorgenommene Gesamtlärm„berechnung“ vom 25.09.2012 bestätigt, wonach sich in dem der Planung - gleichsam als worst case - maßgeblich zugrundegelegten Planungsfall C 2 (mit B 30 neu) vor dem Wohngebäude des Klägers zu 2 maximale Gesamtpegel von (lediglich) 61,0 dB(A) bzw. 54,3 dB(A) ergaben, mithin Werte, die auch nicht annähernd die grundrechtliche Zumutbarkeitsschwelle erreichen. Die gegenüber der bisheriger Stellungnahme niedrigeren Werte beruhen im Wesentlichen darauf, dass für den Flughafen Friedrichshafen nunmehr aktuellere Lärmkonturen der Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg zugrunde gelegt wurden, denen zufolge das Grundstück des Klägers zu 2 (deutlich) außerhalb der 60 bzw. 55 dB(A)-Lärmkontur liegt, sodass dieses bei einer Extrapolation lediglich noch fluglärmbedingten äquivalenten Dauerschallpegeln von 56 dB(A) tags und 47 dB(A) nachts ausgesetzt ist. Schließlich werden die kritischen Werte von 70 bzw. 60 dB(A) selbst von den (in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht dem Lärmaktionsplan entnommenen, aufgrund der Umgebungslärmrichtlinie 2002/49/EG bzw. nach Maßgabe des § 5 der 34. BImSchV berechneten (Gesamt-)Lärmindizes Lden von 66 dB(A) bzw. Lnight von 56 dB(A) nicht erreicht (vgl. http://www.meckenbeuren.de/aktuell/lap.html?tx_skcalendar_pi1%5Boffset%5D=1543618800&tx_skcalendar_pi1%5Bcategory%5D=6&tx_skcalendar_pi1%5Bview%5D=thumbmonth). Der Mittelungspegel Lden konnte freilich nicht ohne Weiteres herangezogen werden, da er auf der Mittelung über 24 Stunden mit einer unterschiedlichen Gewichtung der Zeitbereiche Tag, Abend und Nacht beruhte (vgl. § 1 Abs. 2 der 34. BImSchV).
102 
Soweit das Regierungspräsidium Tübingen aus Kausalitätserwägungen die noch etwas niedrigeren Werte im Planungsfall C 20 (60,6 dB(A) tags und 54 dB(A) nachts) heranziehen will, kann dem nicht gefolgt werden. Zwar dürften die angestellten Kausalitätserwägungen zutreffen, da die B 30 neu (West) und die K 7725 neu - Südumfahrung - nicht in einem engen konzeptionellen und räumlichen Zusammenhang stehen dürften (vgl. BVerwG, Urt. v. 23.11.2005 - 9 A 28.04 -, BVerwGE 124, 334). Jedoch wurde der planerischen Abwägung gleichwohl durchgehend der Planungsfall C 2 als maßgebliches Szenario zugrunde gelegt (vgl. hierzu bereits die Verkehrsuntersuchung Modus Consult Ulm GmbH v. 11.01.2006, S. 6; Lärmuntersuchung Modus Consult v. 23.01.2006, S. 7), sodass dieses - zur Vermeidung eines Abwägungsfehlers - auch in vorliegendem Zusammenhang maßgebend sein muss. Insofern kommt es auf die Gesamtlärmwerte für den Planungsfall C 2 (mit B 30 neu Westtrasse und K 7725 neu Ortsumfahrung Kehlen), Prognose-horizont 2020, an (vgl. S. 9 der konkretisierenden und ergänzenden Stellungnahme v. 24./25.09.2012). Die für den Planungsfall C 2 „plus“ berechneten Gesamtlärmwerte können demgegenüber nicht herangezogen werden, da bei diesen die im Planungsfall C 2 eintretende Entlastung auf der B 30 alt (Bestandstrasse) nicht berücksichtigt ist.
103 
Auch wenn man die  e n t e i g n u n g s r e c h t l i c h e  Zumutbarkeitsschwelle im Hinblick auf die inzwischen (2010) um 3 dB(A) reduzierten Auslösewerte für die Lärmsanierung an Fernstraßen in der Baulast der Bundes (vgl. hierzu BT-Drs. 17/5077, 17/8505), die 2011 auch für Landesstraßen in der Baulast des Landes übernommen wurden (vgl. LUBW, Übersicht Grenzwerte, Erl. 1, http://www.lubw.baden-wuerttemberg.de/servlet/is/50516/?print=true) bereits bei 67 dB(A) tags und 57 dB(A) nachts ansetzen wollte, wären nach den obigen Ausführungen auch diese Werte, die freilich für eine Gesamtlärmbelastung keine Geltung beanspruchen können, noch nicht erreicht.
104 
Dass schließlich aufgrund neuerer, bislang unberücksichtigt gebliebener Erkenntnisse aus der Lärmwirkungsforschung gleichwohl bereits die Schwelle zur  G e s u n d h e i t s g e f ä h r d u n g  - und damit möglicherweise auch die enteignungsrechtliche Zumutbarkeitsschwelle - überschritten sein könnte, lässt sich ebenso wenig feststellen. Für diese sind nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. BVerwG, Urt. v. 07.03.2007, a.a.O.) letztlich die Innenraumpegel in der Nacht entscheidend; nach dem (bis zum Jahre 2000) erreichten Stand der Lärmwirkungsforschung sollen Dauerschallpegel am Ohr einer schlafenden Person in einem Bereich zwischen 30 und 35 dB(A) und Pegelspitzen in der Größenordnung von 40 dB(A) nicht überschritten werden. Dafür, dass dies bei den Klägern zu 1 und 2 - unter Zugrundelegung einer auch (alten) Einfachfenstern zukommenden schalldämmenden Wirkung von ca. 25 dB(A) (vgl. Kötz, Baulicher Schallschutz gegen Verkehrslärm - Wissenswertes über die Schalldämmung von Fenstern; OVG Berlin, Urt. v. 09.05.2003 - OVG 6 A 8.03 -, OVGBe 24, 206: mindestens 24 dB(A)) der Fall wäre, ist weder dargetan noch sonst ersichtlich. Dass die in einer durch Flug-, Schienen- und Straßenverkehrslärm erheblich vorbelasteten Umgebung anzutreffende Fenstersubstanz einen niedrigeren Dämmwert aufweisen könnte (vgl. BVerwG, Urt. v. 27.10.1998, a.a.O.), ist nicht anzunehmen. Mit einem entsprechenden Vorbringen wären die Kläger zu 1 und 2 inzwischen auch ausgeschlossen (vgl. BVerwG, Urt. v. 27.10.1998 - 11 A 1.97 -, BVerwGE 107, 313). Dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 16.03.2006 - 4 A 1001.04 - (Buchholz 11 Art 28 GG Nr. 145), wonach sich durch ein geschlossenes Fenster, je nach dessen Qualität, eine Dämmwirkung von 20 dB(A) oder mehr erzielen lasse, kann nicht entnommen werden, dass bei der Beurteilung der gesundheitsgefährdenden Wirkung von Lärm das Mindestschalldämmmaß eines Fensters zugrundezulegen wäre. Ist - mangels gegenteiliger Hinweise - auch beim Wohngebäude des Klägers zu 2 ein Schalldämmmaß von ca. 25 dB(A) anzunehmen, wären zwar ausgehend von einem (nach zwischenzeitlicher Erkenntnis ohnehin zu hoch angesetzten) Summenpegel von 56,5 dB(A) die von den Klägern eingeforderten Werte von maximal 30 dB(A) am Ohr des Schläfers um 1,5 dB(A) überschritten. Dass bereits damit und nicht erst bei Innenpegeln oberhalb von 35 dB(A) die Grenze zur Gesundheitsgefährdung überschritten wäre, kann jedoch auch vor dem Hintergrund der von den Klägern angeführten, keineswegs einhelligen wissenschaftlichen Meinungen nicht ausgegangen werden; diese waren zudem überwiegend bereits veröffentlicht, als das Bundesverwaltungsgericht in neuerer Zeit über die gesundheitsgefährdende Wirkung von Verkehrslärm zu entscheiden und die bisher angenommene grundrechtliche Zumutbarkeitsschwelle erneut bestätigt hatte (vgl. insbes. Urt. v. 07.03.2007, a.a.O.; Urt. v. 13.05.2009, a.a.O.).
105 
Dass das Regierungspräsidium die nächtliche Gesamtlärmwirkung mit dem seiner Beurteilung zugrundegelegten Wert von 56 dB(A) im Ergebnis nicht unterschätzt hat, wird letztlich durch den aus dem Lärmaktionsplan ablesbaren, lediglich auf die Nacht bezogenen Lnight-Wert bestätigt. Denn dieser Gesamt-Lärmindex weist ebenfalls einen Wert von 56 dB(A) auf und unterscheidet sich insofern - zumindest im vorliegenden Fall - von der Größenordnung her nicht von dem in der Stellungnahme vom 26.05.2008 ermittelten Gesamtlärmpegel, der sich aus einer Überlagerung des Fluglärms mit dem nach § 3 der 16. BImSchV ermittelten Straßenverkehrslärm ergab. Hinzu kommt, dass die Schlafräume der Kläger zu 1 und 2 nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts nach Norden ausgerichtet sind, sodass sie der maximalen Gesamtlärmbelastung im Südosten des Wohngebäudes nicht ausgesetzt sind.
106 
Soweit die Kläger geltend machen, dass sie die Möglichkeit haben müssten, bei geöffneten bzw. gekippten Fenstern zu schlafen, übersehen sie, dass dies zwar bei der Einhaltung der fachplanungsrechtlichen Zumutbarkeitsgrenze, nicht aber bei der Einhaltung der grundrechtlichen Zumutbarkeitsgrenze im Hinblick auf eine Gesamtlärmbelastung gilt. So gehört zu den Schutzgütern, denen bei Bestimmung der fachplanungsrechtlichen Zumutbarkeit Rechnung zu tragen ist, zwar auch die "angemessene Befriedigung der Wohnbedürfnisse", die auch die Möglichkeit störungsfreien Schlafens umfasst (vgl. BVerwG, Urt. v. 21.05.1976 - 4 C 80.74 -, BVerwGE 51, 15, 33 u. Urt. v. 29.01.1991 - 4 C 51.89 - BVerwGE 87, 332 <373>); ist dies wegen der Lärmbelastung, die von einem bestimmten Vorhaben ausgeht, nicht möglich, sind angemessene Wohnverhältnisse nur bei Einbau technischer Belüftungseinrichtungen gewahrt. Diese Einschätzung liegt auch der Vorschrift des § 2 Abs. 1 Satz 2 der 24. BImSchV zugrunde. Danach gehört zu den Schallschutzmaßnahmen auch der Einbau von Lüftungsmaßnahmen in Räumen, die überwiegend zum Schlafen benutzt werden. Dies bedeutet jedoch nicht, dass hiervon auch dann auszugehen wäre, wenn die gesundheitsgefährdende Wirkung einer nicht vom Anwendungsbereich der 16. BImSchV erfassten Gesamtlärmbelastung zu beurteilen ist. Eine entsprechende allgemeingültige Aussage wäre auch nicht gerechtfertigt. Einen (zumal grundrechtlich abgesicherten) Anspruch auf Schlafen bei offenem bzw. gekippten Fenster gibt es ersichtlich nicht (vgl. OVG Berlin, Urt. v. 09.05.2003 - 6 A 8.03 -, OVG BE 24, 206; HessVGH, Urt. v. 03.06.2004, a.a.O.). Während es manche Menschen bevorzugen, die Fenster in ihren Schlafräumen nachts geschlossen zu halten, haben andere das gegenteilige Bedürfnis. Ob es den Klägern zu 1 und 2 im Hinblick auf die gesundheitliche Bedeutung des Raumklimas nicht zugemutet werden kann, bei geschlossenen Fenstern zu schlafen, hängt deshalb von den Umständen des Einzelfalles ab. Da sie mit ihren Einwendungen im Verwaltungsverfahren nicht geltend gemacht haben, auf die nächtliche Belüftung ihres Schlafraums durch ein gekipptes oder leicht geöffnetes Fenster a n g e w i e s e n zu sein, kann hiervon auch im gerichtlichen Verfahren nicht ausgegangen werden (vgl. BVerwG, Urt. v. 23.10.2002 - 9 A 22.01 -, Buchholz 442.09 § 18 AEG Nr. 55). Auf das Vorbringen der Klägerinnen zu 3 und 4, das sich offenbar auf deren nicht streitgegenständliche Wohngrundstücke an anderer Stelle bezog, kann insoweit nicht abgehoben werden. Abgesehen davon haben sie auch nur eingewandt, es „gewohnt“ zu sein, zur Nachtzeit bei offenem Fenster zu schlafen.
107 
Dass schließlich im Hinblick auf die Wohnnutzung am Tage von einer Gesundheitsgefährdung auszugehen gewesen wäre, ist ebenso wenig ersichtlich. Es war zwar unschädlich, dass die Kläger auf die Nutzung ihrer Außenwohnbereiche nicht gesondert hingewiesen haben, da diese von den geltend gemachten Beeinträchtigungen der Wohnnutzung ersichtlich mitbetroffen sind. Auch wenn im Hinblick auf die von den Klägern angeführten Meinungen aus jüngerer Zeit die Grenze zur Gesundheitsgefährdung nunmehr bereits bei niedrigeren Werten als 70 dB(A) tags und 60 dB(A) nachts anzusetzen wäre, ließe sich noch immer nicht feststellen, dass bereits ein Schwellenwert von 65 dB(A) tagsüber nach dem derzeitigem Stand der Lärmwirkungsforschung die Grenze beschriebe, oberhalb derer das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 GG) der Nachbarn jedenfalls verletzt wäre. Soweit immer wieder ein Schwellenwert von 65 dB(A) genannt wird, wird dieser im Wesentlichen mit einem erhöhten Risiko für Herz-Kreislauferkrankungen begründet (vgl. hierzu www.umweltbundes-amt.de/verkehr/laerm/strassen-und-schienen-verkehr.htm ). Ab wann die Zunahme eines solchen (ggf. zu vermeidenden) Risikos einem körperlichen Eingriff gleichzusetzen ist (vgl. BVerfG, Beschl. v. 30.11.1988 - 1 BvR 1301 -, BVerfGE 79, 174; Beschl. v. 29.07.2009 - 1 BvR 1606/08), lässt sich indessen zumal vor dem Hintergrund keineswegs einhelliger Meinungen nach wie vor nicht allgemein bestimmen. Dem entsprechend hat das Bundesverwaltungsgericht auch in neueren Entscheidungen (vgl. Beschl. v. 07.05.2008 - 4 A 1009.07 u. a. -, Buchholz 316 § 74 VwVfG Nr. 74) Dauerschallpegel (außen) von 65,7 dB(A) tags vor dem Hintergrund der einem Gebäude auch ohne zusätzliche Schallschutzeinrichtungen zukommenden Dämmwirkung als noch nicht gesundheitsgefährdend angesehen. Der Senat vermag nicht zu erkennen, inwiefern inzwischen eine andere Beurteilung gerechtfertigt sein könnte. Von höheren Gesamtpegeln als 65 dB(A) kann hier ohnehin nicht ausgegangen werden. Dass schließlich der über 24 Stunden gemittelte Gesamtpegel Lden einen Wert von immerhin 66 dB(A) aufweist, rechtfertigt schon deshalb keine andere Beurteilung, da er von der stärkeren Gewichtung der Nachtzeit mitbestimmt wird. Hinzu kommt, dass ein Lden von 65 dB(A) lediglich den Auslösewert für die Lärmaktionsplanung zur Vermeidung von Gesundheitsgefährdungen darstellt (vgl. http://www.umweltbundesamt.de/laermprobleme/ulr. html), woraus noch nicht folgt, dass jenseits dieses Werts bereits von einer einem körperlichen Eingriff gleichzusetzenden Gesundheitsgefährdung auszugehen wäre. Auch im Hinblick auf die Außenwohnbereiche kann nichts anderes gelten. Vorliegend kommt hinzu, dass es sich bei den errechneten Werten um Maximalpegel handelt, die lediglich südöstlich am Wohngebäude des Klägers zu 2 auftreten, sodass ohnehin nur ein Teil der Außenwohnbereiche von den maximalen Werten betroffen wird. Auch ist die allgemeine Lärmerwartung im Außenwohnbereich von vornherein sehr viel höher (vgl. Senat, Urt. v. 28.03.1996 - 5 S 1338/95 -, NVwZ-RR 1997, 85). Das landwirtschaftlich genutzte Außenbereichsgrundstück der Kläger zu 2 bis 4 stellt demgegenüber schon keinen Außen w o h n bereich dar.
108 
Soweit die Kläger noch geltend machen, eine Reihe von Ortschaften werde durch den Neubau der K 7725 noch stärker belastet, ist solches nicht zu erkennen; vielmehr wären diese auch im Prognosenullfall von der allgemeinen Verkehrszunahme auf einer (nicht geänderten) K 7725 betroffen.
109 
2. Auch die hilfsweise geltend gemachten Bescheidungsanträge haben keinen Erfolg.
110 
a) Den Klägern stehen nach Maßgabe der 16. BImSchV keine (weiteren) Lärmschutzansprüche zu (§§ 41, 42, 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG i.V.m. § 1 Abs. 1, § 2 Abs. 1 Nr. 2 der 16. BImSchV).
111 
Allerdings findet die 16. BImSchV auf den planfestgestellten Neubau der K 7725 - Südumfahrung Kehlen - Anwendung. Ob es sich bei dem Umbau der Knotenpunkte (Anlage von zwei Bypässen) zwischen der B 30 und der L 333 um eine wesentliche Änderung i. S. des § 1 Abs. 1 u. 2 Nr. 2 der 16. BImSchV handeln könnte, kann hier dahinstehen, da den Klägern als Nachbarn (in einem räumlich begrenzten Bereich, vgl. Storost in: Ule/Laubinger/Repkewitz, BImSchG, Komm., § 41 Rn. C 19) (weiterer) Lärmschutz allenfalls im Hinblick auf die Neubaustrecke zu gewähren wäre. Weitergehenden Lärmschutz können die Kläger jedoch nicht verlangen, weil die Immissionsgrenzwerte für reine und allgemeine Wohngebiete von 59 dB(A) am Tage und 49 dB(A) in der Nacht (vgl. § 2 Abs. 1 Nr. 2 der 16. BImSchV) bei Berücksichtigung der vorgesehenen (aktiven) Lärmschutzmaßnahmen eingehalten sind.
112 
Dafür, dass die maßgeblichen Beurteilungspegel in der Lärmuntersuchung vom 12.01.2006 nicht entsprechend der Anlage 1 zur 16. BImSchV bzw. der dort in Bezug genommenen RLS-90 berechnet, insbesondere topographische Gegebenheiten und bauliche Maßnahmen nicht berücksichtigt worden wären, liegen keine Hinweise vor. Ebenso wenig bestehen Anhaltspunkte, dass die zugrundeliegende prognostizierte durchschnittliche tägliche Verkehrsstärke (DTV) zu gering angesetzt worden wäre. Denn im Sinne einer worst-case-Betrachtung wurde der Planungsfall C 2 zugrunde gelegt, der den ungünstigsten Lastfall im Bereich der K 7725 neu darstellt. Hierbei wurde auch die B 31 neu im Abschnitt Friedrichshafen - Immenstaad sowie der Messezubringer Süd und Nord (K 7726 neu) berücksichtigt (vgl. Verkehrsuntersuchung, S. 4). Dass von der Entwicklung der Fluggastzahlen am Flughafen Friedrichshafen keine erheblichen Auswirkungen auf das Verkehrsaufkommen auf der K 7725, insbesondere die sich daraus ergebende durchschnittliche tägliche Verkehrsstärke (DTV) zu erwarten sind, wurde im Planfeststellungsbeschluss nachvollziehbar dargelegt.
113 
Dass die Beurteilungspegel unabhängig von der tatsächlich vorhandenen oder zugelassenen Vorbelastung lediglich auf den zu bauenden Verkehrsweg bezogen wurden, entspricht schließlich den Vorgaben des § 41 BImSchG und der 16. BImSchV; es kommt mithin nur auf den Lärm an, der gerade von dem zu bauenden (oder zu ändernden) Verkehrsweg ausgeht. Lärm, der nicht gerade auf der zu bauenden oder zu ändernden Strecke entsteht, wird von der Verkehrslärmschutzverordnung nicht berücksichtigt (vgl. zum Ganzen BVerwG, Urt. v. 23.02.2005 - 4 A 4.04 -, BVerwGE 123, 37 <45>; Urt. v. 17.03.2005 - 4 A 18.04 -, BVerwGE 123, 152 <155>). Die Berücksichtigung anderer Lärmquellen durch die Bildung eines Summenpegels kommt im Rahmen der Anwendung der 16. BImSchV entgegen der Auffassung der Kläger nicht in Betracht; solche können daher auch nicht anhand der Immissionsgrenzwerte der 16. BImSchV beurteilt werden.
114 
Aus der - auf eine Lärmminderungsplanung zielenden - Umgebungslärmrichtlinie 2002/49/EG vom 25.06.2002 bzw. der 34. BImSchV lässt sich für die Beurteilung der Lärmauswirkungen des planfestgestellten Vorhabens, insbesondere hinsichtlich der Einhaltung bestimmter Grenzwerte grundsätzlich nichts herleiten (vgl. hierzu BVerwG, Beschl. v. 14.05.2008 - 4 B 43.07 -; Urt. v. 13.10.2011 - 4 A 4000.09 - jeweils zum Fluglärm).
115 
Weitergehende Lärmschutzansprüche ergeben sich auch nicht unmittelbar aus § 41 Abs. 1 BImSchG, wonach u.a. „bei dem Bau“ oder der wesentlichen Änderung öffentlicher Straßen sicherzustellen ist, dass „durch diese“ keine „schädlichen Umwelteinwirkungen“ hervorgerufen werden, die nach dem Stand der Technik vermeidbar sind. Der Tatbestand der Vorschrift reicht nicht weiter als die 16. BImSchV, die nach § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG zur Durchführung des § 41 und des § 42 Abs. 1 und 2 BImSchG erlassen worden ist. Die in § 2 Abs. 1 Nr. 4 BImSchG enthaltene Einschränkung, dass die Vorschriften des Bundes-Immissionsschutzgesetzes für den Bau öffentlicher Straßen und Schienenwege nur „nach Maßgabe der §§ 41 bis 43" gelten, bedeutet schließlich eine Abkehr von dem für genehmigungsbedürftige Anlagen geltenden Grundsatz, dass eine solche Anlage nicht errichtet oder betrieben werden darf, wenn unter Einbeziehung der Vorbelastung durch bereits vorhandene Anlagen schädliche Umwelteinwirkungen hervorgerufen werden können (vgl. § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG). Anders als für gewerbliche Anlagen regelt das BImSchG den Immissionsschutz für Verkehrsanlagen nicht umfassend, sondern nur für einen Teilausschnitt (vgl. BVerwG, Urt. v. 21.03.1996 - 4 C 9.95 -, a.a.O.; Urt. v. 23.02.2005, a.a.O.). Insofern geht auch der Hinweis der Kläger auf den (umfassenderen) Begriff der „schädlichen Umwelteinwirkungen“ in § 3 Abs. 1 BImSchG fehl. Soweit sich die Kläger insoweit auf das Urteil des Senats vom 13.03.1996 - 5 S 1743/95 - berufen, wonach in atypischen Sonderfällen Verkehrsgeräusche auch unterhalb der Lärmgrenzwerte des § 2 Abs. 1 der 16. BImSchV zu schädlichen Umwelteinwirkungen i. S. des § 41 BImSchG führen könnten, ist ihnen entgegenzuhalten, dass der Senat - im Hinblick auf die gegenteilige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Urt. v. 21.03.1996 - 4 C 9.95 -, BVerwGE 101, 1) - hieran schon im Urteil vom 28.01.2002 - 5 S 2328/99 - (BImSch-Rspr. § 41 Nr. 71) nicht mehr festgehalten hat, soweit keine Gesamtbelastung in Rede steht, die den Grad einer mit der Schutzpflicht nach Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG unvereinbaren Gesundheitsgefährdung erreicht oder in die Substanz des Eigentums i. S. des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG eingreift. Aber auch in Fällen, in denen aus Gründen des Grundrechtsschutzes die zusätzliche Berücksichtigung anderer Lärmquellen durch die Bildung eines Summenpegels geboten sein kann (vgl. BVerwG, Beschl. v. 24.11.2010 - 4 BN 28.10 -, BRS 76 Nr. 19, Urt. v. 21.03.1996, a.a.O.), bedürfte es keines Rückgriffs auf § 41 Abs. 1 BImSchG; vielmehr ergäbe sich ein entsprechender Lärmschutzanspruch bereits aus dem Abwägungsgebot in Verbindung mit den sich aus den Grundrechten ergebenden Schutzpflichten. Wie bereits ausgeführt, führen die vom Neubau der K 7725 ausgehenden Lärmwirkungen auf dem Grundstück des Klägers zu 2 jedoch an keiner Stelle zu Gesamtlärmwerten, die in Wohngebieten ein aus Sicht des Grundrechtsschutzes kritisches Maß erreichten.
116 
Auch ein Rückgriff auf die allgemeine Regelung des § 74 Abs. 2 Satz 2 LVwVfG kommt neben dem Lärmschutzsystem, das in den §§ 41 ff. BImSchG normiert ist, inhaltlich (materiell) lediglich nach Maßgabe des § 42 Abs. 2 Satz 2 BImSchG in Betracht (vgl. BVerwG, Urt. v. 09.02.1995 - 4 C 26.93 -, BVerwGE 97, 367 <371>), sodass die Kläger auch aus dieser Regelung nichts für sich herleiten können.
117 
b) Die Kläger können schließlich auch nicht verlangen, dass die Planfeststellungsbehörde ihnen im Hinblick auf eine mit Gesundheitsrisiken verbundene künftige Gesamtlärmbelastung weitergehenden vorsorgenden Lärmschutz gewährt bzw. insoweit ihr Planungsermessen erneut ausübt. So sind die einen weitergehenden Lärmschutz versagenden Erwägungen der Planfeststellungsbehörde nicht zu beanstanden. Mit diesen wird den gesundheitlichen Belangen der Kläger (zu 1 und 2) ausreichend Rechnung getragen. Zutreffend wurde hierbei darauf abgehoben, dass dem gerade von der K 7725 neu ausgehenden Verkehrslärm bereits ein umfassendes Lärmschutzkonzept entgegengesetzt werde. Mit diesem würden sogar die - hier nicht einschlägigen - städtebaulichen Orientierungswerte nach der DIN 18005 - 55 dB(A) tags und 45 dB(A) nachts - für allgemeine Wohngebiete eingehalten; auch sei der K 7725 vor dem Hintergrund der Bahnstrecke, des Flughafens und der B 30 ohnehin nur ein untergeordneter Einfluss auf die Gesamtlärmbelastung beizumessen. Dies gelte umso mehr, als sie lediglich zu einer nicht hörbaren Erhöhung von allenfalls 1 dB(A) führe (vgl. hierzu die nachträgliche Berechnung, wonach der Gesamtlärm sogar nur um 0,5 dB(A) erhöht wird). Hinzu komme, dass eine etwaige Erhöhung der Lärmschutzwände zu einer kaum mehr wahrnehmbaren Reduzierung der Emissionspegel führte und insofern die hierfür aufzuwendenden Kosten außer Verhältnis zum angestrebten Erfolg stünden (vgl. § 41 Abs. 2 BImSchG); auch wären zunehmend öffentliche Belange - wie das Orts- und Landschaftsbild sowie Naturschutzbelange - nachteilig betroffen.
118 
In diesem Zusammenhang kann zwar durchaus auch nach dem Entwurf der VDI-Richtline 3722-2 oder aufgrund der Umgebungsrichtlinie bzw. der 34. BImSchV berechneten Werten Bedeutung zukommen, weil sie im Einzelfall die - von den Klägern auch im vorliegenden Fall geltend gemachte - Belästigungs- bzw. Störwirkung besser erkennen lassen. Jedoch bestand hier auch insofern keine Veranlassung, weitergehenden Lärmschutz zu gewähren. Die Lärmindizes Lden und Lnight lagen seinerzeit nicht vor, sodass sie von der Planfeststellungsbehörde auch nicht berücksichtigt werden konnten. Abgesehen davon wird der Auslösewert von 65 dB(A) nur um 1 dB(A) am Tage überschritten. Der in der Stellungnahme Modus Consult Ulm GmbH vom 26.05.2008 nach dem Entwurf der VDI-Richtlinie 3722-2 errechnete effektbezogene Substitutionspegel LES von 66 - 67 dB(A) mag zwar auf den ersten Blick Anlass zu weitergehendem Lärmschutz gegeben haben, doch beträgt der Anteil der Kreisstraße - auch ohne die Wirkungen des Schienenverkehrslärms - lediglich 0,3 dB(A) (vgl. die konkretisierende und ergänzende Stellungnahme Modus Consult Ulm GmbH v. 24./25.09.2012), sodass letztlich kein Anlass bestand, die maßgeblich durch den Fluglärm bestimmte, durch Maximalpegel geprägte Belästigungswirkung zu reduzieren. Mehr als eine Beseitigung der gerade von dem planfestgestellten Straßenbauvorhaben des Landkreises ausgehenden Lärmwirkungen hätten die Kläger auch bei einer gesundheitsgefährdenden Gesamtlärmbelastung nicht verlangen können (vgl. hierzu aber auch HessVGH, Urt. v. 03.06.2004 - 12 A 1118/01, 12 A 1521/01 -, NVwZ-RR 2005, 805: lediglich in einem einheitlichen Verfahren gegenüber allen Emittenten). Eine Pflicht zur Verbesserung der vorgefundenen Situation obliegt der Planfeststellungsbehörde nicht (vgl. BVerwG, Urt. v. 23.06.1989 - 4 B 100.89 -, UPR 198, 432 f.; Urt. v. 28.10.1989 - 11 A 3.98 -, NVwZ 1999, 539), zumal dies hier auf eine dem Vorhabenträger unzumutbare Lärmsanierung von Verkehrswegen (des Bundes) bzw. -anlagen Dritter (Flughafen Friedrichshafen) hinausliefe.
119 
Soweit die Kläger im Hinblick auf künftige weitergehende Erkenntnisse aus der Lärmwirkungsforschung abgesichert sein wollen, sind sie auf die Geltendmachung nachträglicher Schutzvorkehrungen zu verweisen. Denn von nicht voraussehbaren Wirkungen des Vorhabens i. S. des § 75 Abs. 2 Satz 2 LVwVfG ist auch dann auszugehen, wenn die Schädlichkeit oder Gefährlichkeit von Auswirkungen aufgrund neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse nunmehr anders zu beurteilen ist (vgl. vgl. BVerwG, Beschl. v. 13.07.1989 - 7 B 188.88 -, Buchholz 451.171 AtG Nr. 31; Urt. v. 19.12.1985 - 7 C 65.82 -, BVerwGE 72, 312).
120 
Ebenso wenig können die Kläger weitere Schutzvorkehrungen deshalb verlangen, weil vor dem Hintergrund der mit dem Lärmschutzkonzept verfolgten Ziel, die Einhaltung der Orientierungswerte nach der DIN 18005 für Wohngebiete zu gewährleisten, für ihre Grundstücke tatsächlich die Orientierungswerte für reine Wohngebiete einschlägig gewesen wären. Abgesehen davon, dass durchaus zweifelhaft erscheint, ob es sich bei dem im Wege einer Abrundungssatzung in den Innenbereich einbezogenen Ortsteil, der im Flächen-nutzungsplan nach wie vor als Mischbaufläche dargestellt ist, um ein reines Wohngebiet i. S. des § 3 BauNVO handelte, ist nicht ersichtlich, dass die Planfeststellungsbehörde ungeachtet dessen, dass diese Werte ohnehin nicht für die Straßenplanung verbindlich sind, die jeweils einschlägigen Werte hätte gewährleisten wollen. Vielmehr sollten im Hinblick auf die Wohnnutzung in Gunzenhaus gerade die Werte für ein allgemeines Wohngebiet gewährleistet werden. Insofern verhält es sich anders als in den Fällen, die etwa den Entscheidungen des Senats vom 08.03.2005 - 5 S 551/02 - (UPR 2005, 442) sowie vom 27.10.2010 - 5 S 1292/10 - zugrundelagen.
121 
Nach alldem sind die Berufungen sämtlicher Kläger zurückzuweisen. Die Kostenentscheidung bestimmt sich nach den §§ 154 Abs.2, 159 Satz 1, 162 Abs. 3 VwGO (vgl. zur Kostenaufteilung die Gründe des verwaltungsgerichtlichen Streitwertbeschlusses v. 11.11.2008 - 2721/08 -). Die außergerichtlichen Kosten des beigeladenen Landkreises, der keinen Antrag gestellt hat, behält dieser auf sich.
122 
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.
123 
Beschluss vom 8. Oktober 2012
124 
Der Streitwert wird auch für das Berufungsverfahren ungeachtet dessen auf EUR 18.500,-- (EUR 15.000,-- + EUR 3.500,-- <„für die Erbengemeinschaft“>) festgesetzt (vgl. VG Sig., Beschl. v. 11.11.2008 - 2 K 2721/08 -, AS 36), dass die Kläger zu 1 und 2 aufgrund (nunmehr erkannter) unterschiedlicher Betroffenheiten (Eigentum, Gesundheit) nicht mehr in Rechtsgemeinschaft klagen. So ist deren Begehren wirtschaftlich gesehen nach wie vor auf dasselbe Ziel gerichtet.
125 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich als anerkannter Umweltverein gegen den fernstraßenrechtlichen Planfeststellungsbeschluss des Beklagten für den vierstreifigen Ausbau der Bundesstraße Nr. 10 (B 10) zwischen Godramstein und der Bundesautobahn A 65 (BAB A 65; Anschlussstelle Landau-Nord).

2

Die B 10 führt als überregionale West-Ost-Verkehrsverbindung im Südwesten Deutschlands in mehreren Teilstrecken von der saarländischen Stadt Lebach bis zur Gemeinde Neusäß bei Augsburg, wo sie an der B 300 endet. Auf rheinland-pfälzischem Gebiet verläuft sie ab der Anschlussstelle Pirmasens-Staffelhof der BAB A 8/A 62 in östlicher Richtung über rund 43 km weitgehend durch den Pfälzer Wald bis zur Anschlussstelle Landau-Nord der BAB A 65. Die früher zweistreifig durch die anliegenden Ortschaften geführte Bundesstraße wurde in den 1980-er-Jahren aus den Ortsdurchfahrten heraus auf Umgehungsstraßen verlegt. Zwischen Hinterweidenthal und Rinnthal sowie von Queichheimbach bis Landau wurde in den 1990er-Jahren teilweise ein dritter Fahrstreifen angebaut. Auf dem Teilstück zwischen Rinnthal und Annweiler verläuft die B 10 zweistreifig durch vier Tunnel, und zwar (von West nach Ost) den Kostenfelstunnel, den Staufertunnel, den Löwenherztunnel und den Barbarossatunnel.

3

Sowohl in der Bundesverkehrswegeplanung als auch auf landesplanerischer Ebene ist ein durchgehender vierstreifiger Ausbau der B 10 zwischen Pirmasens und Landau vorgesehen, so im Bundesverkehrswegeplan 2003 (BVWP 2003) und im seit 2008 gültigen Landesentwicklungsprogramm IV (LEP IV) als Ziel der Landesplanung (Z 150). Der (derzeit noch gültige) Bedarfsplan für die Bundesfernstraßen gemäß Anlage 1 zu § 1 des Fernstraßenausbaugesetzes (FStrAbG) in der Fassung des 5. Änderungsgesetzes vom 4. Oktober 2004 (BGBl. I, 2574) - im Folgenden: Bedarfsplan 2004 - stuft dabei die einzelnen Bau- und Planungsabschnitte in unterschiedliche Dringlichkeitsstufen ein: Der westlichste Streckenteil zwischen der Anschlussstelle (AS) Pirmasens an der BAB A 8/A 62 und Hinterweidenthal ist durchgehend als „vordringlicher Bedarf“ ausgewiesen, die Teilstrecke zwischen Hinterweidenthal und Rinnthal als „weiterer Bedarf mit Planungsrecht (WB*)“, die Teilstrecke von Rinnthal bis zur AS Queichheimbach (Annweiler) als „weiterer Bedarf (WB)“ und die östlichste Teilstrecke von der AS Queichheimbach bis zur BAB 65, zu der der vom angegriffenen Planfeststellungsbeschluss umfasste Abschnitt zählt, wiederum als „weiterer Bedarf mit Planungsrecht (WB*)“.

4

Von den im „vordringlichen Bedarf“ ausgewiesenen Teilstrecken ist der vierstreifige Ausbau im westlichsten Verlauf zwischen Pirmasens und der B 270 bereits seit längerer Zeit abgeschlossen und die B 10 vierstreifig für den Verkehr freigegeben; für die sich östlich anschließenden Planungsabschnitte zwischen der B 270 und der sog. Walmersbacher Kuppe liegen bestandskräftige Planfeststellungsbeschlüsse vor; auch diese Teilabschnitte sind inzwischen baulich abgeschlossen und für den Verkehr freigegeben worden; im letzten als „vorrangig“ eingestuften Abschnitt zwischen Walmersbach und Hinterweidenthal laufen aufgrund eines bestandskräftigen Planfeststellungsbeschlusses derzeit noch die Bauarbeiten.

5

Der als „WB*“ eingestufte Abschnitt zwischen Hinterweidenthal und Rinnthal wurde vom Vorhabenträger zwischenzeitlich in zwei Unterabschnitte (Hinterweidenthal - Hauenstein und Hauenstein - Rinnthal) unterteilt; für den Unterabschnitt Hinterweidenthal - Hauenstein wurde dem Vorhabenträger ein Planungsauftrag erteilt. Hingegen werden im als WB eingestuften Abschnitt von Rinnthal bis zur AS Queichheimbach bisher nur planerische Vorüberlegungen betrieben, während für die als „WB*“ eingestuften, aber nicht vom angefochtenen Planfeststellungsbeschluss umfassten Abschnitte zwischen der AS Queichheimbach und Godramstein die Einholung der sog. RE-Genehmigung beim Bundesverkehrsministerium vorbereitet wird bzw. teilweise schon eingeleitet ist.

6

In dem vom angefochtenen Planfeststellungsbeschluss umfassten Abschnitt ist die B 10 derzeit als dreistreifige Kraftfahrstraße mit wechselnden Überholmöglichkeiten und einem Ausbauquerschnitt RQ 15,5 ausgebaut. Zwischen Bau-km 0+400 und Bau-km 0+830 quert die B 10 die Niederung des Flusses Queich mittels eines Brückenbauwerks. Die Queichniederung ist Teilgebiet des großräumigen FFH-Gebietes „Biosphärenreservat Pfälzerwald“ (6812-301) mit einer Gesamtgebietsgröße von 35.997 ha, das auf Grund einer Entscheidung der EU-Kommission vom 7. Dezember 2004 in die Liste der Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung aufgenommen worden ist.

7

Da ein durchgehender vierstreifiger Ausbau der B 10 bis Landau in der Öffentlichkeit umstritten ist, wurde in den Jahren 2004/2005 auf Betreiben der Landesregierung ein erstes Mediationsverfahren durchgeführt, das jedoch im Februar 2005 für gescheitert erklärt wurde.

8

Im März 2007 wurde das Planfeststellungsverfahren für den Ausbauabschnitt zwischen Godramstein und der Anschlussstelle Landau-Nord der BAB 65 eingeleitet. In der Zeit vom 2. April 2007 bis zum 2. Mai 2007 wurden die Planunterlagen zu jedermanns Einsicht bei der Stadtverwaltung Landau und bei den Verbandsgemeindeverwaltungen Landau-Land und Annweiler am Trifels ausgelegt. Mit Schreiben vom 15. Mai 2007, das am 16. Mai 2007 einging, erhob der Kläger Einwendungen gegen die Planung. Darin rügte er im Hinblick auf die Betroffenheit des FFH-Gebiets 6812-301 insbesondere eine unzureichende Bestandsermittlung der Pflanzen- und Tierwelt, eine zu enge Abgrenzung des Untersuchungsgebiets hinsichtlich der Auswirkungen des Vorhabens, eine mangelhafte Darstellung bau- und betriebsbedingter Auswirkungen, eine unzureichende Abarbeitung der Betroffenheit erhaltungszielbestimmender Schmetterlingsarten sowie das Fehlen einer „Dach-FFH-Verträglichkeitsprüfung“ für den vierspurigen Ausbau der Gesamtstrecke zwischen Pirmasens und Landau; ferner machte er artenschutzrechtliche Bedenken geltend und äußerte sich auch kritisch zu einzelnen Vermeidungs-, Minderungs- und Ersatzmaßnahmen. Schließlich zweifelte er die Prognose der künftigen Verkehrsbelastung und die Gewichtung der verkehrlichen gegenüber den Umweltbelangen an. Mit weiterem Schreiben vom 15. Mai 2007 legte er eine „Fachtechnische Stellungnahme“ des Büros für angewandten Umweltschutz (BAU) vor und machte sich deren Inhalt zu Eigen. Mit weiterem Schreiben vom 17. September 2010 machte der Kläger von der ihm eingeräumten Möglichkeit Gebrauch, zu zwei dem Vorhabenträger am 7. Juni 2010 vorgelegten, überarbeiteten artenschutzrechtlichen Gutachten ergänzend Stellung zu nehmen.

9

Mit Planfeststellungsbeschluss des Landesbetriebs Mobilität (LBM) vom 22. September 2010 wurde der Plan für den vierstreifigen Ausbau der B 10 zwischen Godramstein und der A 65 festgestellt. Der Planfeststellungsbereich erstreckt sich auf die Gemarkungen Godramstein, Nußdorf, Dammheim und Arzheim. Er umfasst den vierstreifigen Ausbau der B 10 von Bau-km ca. 0+100 bis Bau-km ca. 4+200; ferner schließt er den Ausbau bzw. die Herstellung diverser, im Einzelnen aufgeführter Anschlussstellen an Kreisstraßen, von Brückenbauwerken, von Regenrückhaltebecken sowie von Lärmschutzwällen und -wänden, die Anpassung des vorhandenen Wirtschaftswegenetzes sowie die Ausweisung von landespflegerischen, wasserwirtschaftlichen und schallschutztechnischen Maßnahmen ein. Die festgestellten Ausbaupläne sehen im planfestgestellten Bereich einen Ausbau mit dem Sonderquerschnitt SQ 26 (gemäß den „Richtlinien für die Anlage von Straßen - Teil Querschnitt; Abkürzung: RAS-Q“) vor, d. h. mit einer Gesamtbreite von 26 m wie beim Regelquerschnitt RQ 26, die sich zusammensetzt aus je zwei Fahrstreifen pro Fahrtrichtung mit einer Breite von 3,50 m, Randstreifen von 0,50 m und Banketten von je 1,50 m, wobei jedoch die Standstreifen um je 0,50 m breiter ausgebildet sind und daher eine Breite von je 2,50 m erreichen, während der Mittelstreifen nur eine Breite von 2,00 m statt 3.00 m erhält. Die breitere Anlage der Standstreifen wird mit dem zu erwartenden hohen LKW-Anteil begründet, um die Möglichkeit des Abstellens breiterer Fahrzeuge zu schaffen. Der Anbau des neuen Fahrstreifens soll vom Baubeginn bis Bau-km ca. 0+650 auf der Südseite und ab ca. Bau-km 0+650 bis zum Bauende auf der Nordseite erfolgen, und zwar mit Rücksicht auf das in diesem Bereich südlich der B 10 gelegene Wohngebiet „Schützenhof“ sowie zur Vermeidung des Verlustes in der Queichniederung auf der nördlichen Seite vorhandener, älterer Gehölzbestände. Im Bereich der Überquerung der Queichniederung soll die Richtungsfahrbahn Pirmasens-Landau auf einem neu zu errichtenden Brückenbauwerk in einem Abstand von ca. 10 m zum vorhandenen Brückenbauwerk verlaufen. In seinem verfügenden Teil enthält der Planfeststellungbeschluss die vorsorgliche Erteilung von Ausnahmen sowie höchstvorsorglich von Befreiungen von den artenschutzrechtlichen Verbotstatbeständen des § 44 Abs. 1 BNatSchG für eine Reihe im einzelnen aufgeführter Tierarten des Anhangs IV der FFH-Richtlinie und für diverse europäische Vogelarten; ferner werden dem Straßenbaulastträger aus Naturschutzgründen eine Vielzahl von Vermeidungs-, Minimierungs- und Kompensationsmaßnahmen zur Beachtung im Zuge der Bauausführung auferlegt.

10

Zu den festgestellten Planunterlagen zählen insbesondere:

11

- Allgemein verständliche Zusammenfassung gemäß § 6 UVPG

12

- Fachbeitrag Naturschutz mit Ergänzung nach UVPG - Erläuterungsbericht - inklusive Maßnahmenverzeichnis.

13

Als Anlagen sind dem Planfeststellungsbeschluss u. a. beigefügt:

14

- Fachbeitrag Artenschutz - Streng geschützte Arten -

15

- Fachbeitrag Artenschutz - Besonders geschützte Arten -

16

- FFH-Verträglichkeitsprüfung.

17

Der Planfeststellungsbeschluss wurde dem Kläger am 19. November 2010 zugestellt.

18

Zur Begründung seiner am 20. Dezember 2010 erhobenen Klage macht der Kläger im Wesentlichen Folgendes geltend:

19

Seine Klage sei zulässig, insbesondere sei er klagebefugt. Seine Klagebefugnis ergebe sich aus dem naturschutzrechtlichen Verbandsklagerecht gemäß § 64 des Bundesnaturschutzgesetzes (BNatSchG), ferner auch aus §§ 2 Abs. 1 und 4 Abs. 1 des Umweltrechtsbehelfsgesetzes (UmwRG). Darüber hinaus folge die Klagebefugnis unmittelbar aus Art. 10a der Richtlinie 85/337/EWG in der Fassung der Richtlinie 2003/35/EG (jetzt: Art. 11 der Richtlinie 2011/92/EU) mit der Folge, dass er eine umfassende Überprüfung des angefochtenen Planfeststellungsbeschlusses auf seine Vereinbarkeit mit allen einschlägigen Rechtsvorschriften – nicht nur solchen, die i. S. v. § 2 Abs. 1 und Abs. 5 UmwRG dem Umweltschutz dienen – beanspruchen könne, denn diese Einschränkung stehe mit dem Unionsrecht nicht im Einklang.

20

Seine Klage sei auch begründet. Denn der angefochtene Planfeststellungsbeschluss verstoße in formell- und in materiell-rechtlicher Hinsicht gegen höherrangiges Recht.

21

Er leide zunächst an einem erheblichen Verfahrensfehler, weil eine nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung (Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz - UVPG) erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung nicht ordnungsgemäß durchgeführt worden sei. Da dem planfestgestellten Ausbau in dem streitgegenständlichen Abschnitt das Konzept eines vierstreifigen Ausbaus der B 10 zwischen Pirmasens und Landau zugrunde liege, hätte die Umweltverträglichkeitsprüfung nicht allein auf die isolierte Betrachtung der Auswirkungen des Vorhabens in dem im Planfeststellungsbeschluss im Übersichtslageplan skizzierten Wirkungsbereich beschränkt werden dürfen, sondern es hätte - unter Berücksichtigung der §§ 2 Abs. 1 und 3b Abs. 2 UVPG - einer übergreifenden Umweltverträglichkeitsprüfung (sog. Dach-UVP) für die gesamte projektierte Ausbaustrecke bedurft. Zudem fehle es an einer Übersicht über die wichtigsten, vom Vorhabenträger geprüften anderweitigen Lösungsmöglichkeiten und an der Angabe der Auswahlgründe im Hinblick auf die belastenden Umweltauswirkungen i. S. v. § 6 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 UVPG.

22

In materiell-rechtlicher Hinsicht sei der Planfeststellungsbeschluss aufzuheben, weil es dem planfestgestellten Straßenprojekt an der erforderlichen Planrechtfertigung fehle. Dies folge bereits daraus, dass im Zeitpunkt der Planfeststellung unter der gebotenen vorausschauenden Beurteilung, ob dem geplanten Bauvorhaben unüberwindbare finanzielle Schranken entgegenstehen würden, eine Verwirklichung des Projekts innerhalb des nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung zur Verfügung stehenden Zeitrahmens von zehn Jahren wegen fehlender Finanzmittel ausgeschlossen erscheine und es sich deshalb um eine verfrühte, vernünftigerweise nicht gebotene bloße „Vorratsplanung“ handele. In rechtlicher Hinsicht beruhe dies auf dem Umstand, dass das Vorhaben nur in die Kategorie des „Weiteren Bedarfs mit Planungsrecht“ eingestuft sei. Dies habe zur Folge, dass die Finanzierung des planfestgestellten Abschnitts aus tatsächlichen Gründen ausgeschlossen erscheine, weil sich das Vorhaben gegen die zahlreichen Maßnahmen des vordringlichen Bedarfs, die noch nicht begonnen wurden, weil ihre Finanzierung nicht sichergestellt sei, nicht werde durchsetzen können. Die Schaffung eines solchen „Baurechtsvorrats“ als Grundlage für Eingriffe in Rechtspositionen Dritter sei aber verfassungswidrig.

23

Darüber hinaus fehle es auch deshalb an der Planrechtfertigung, weil die Bedarfsfeststellung im konkreten Fall fehlerhaft sei: Der Planung liege eine Verkehrsuntersuchung zugrunde, die nicht geeignet sei, den konkreten Bedarf für einen vierstreifigen Ausbau der B 10 sachgerecht zu belegen. Wie sich im Einzelnen aus den von ihm eingeholten und zu den Gerichtsakten gereichten gutachterlichen Stellungnahmen des Büros R. ergebe, sei die der Planung zugrunde gelegte Verkehrsuntersuchung von M. methodisch mangelhaft und beruhe auf fehlerhaften Grundlagendaten.

24

Ferner liege der Planung eine fehlerhafte Abschnittsbildung zugrunde: Durch den Ausbau der B 10 im planfestgestellten Abschnitt werde es westlich davon zu einer ähnlich hohen Überschreitung der Kapazität wie derzeit im planfestgestellten Abschnitt kommen, was zu schwerwiegenden Gefahrensituationen, aber auch zu ständigen Stausituationen insbesondere in den Tunnelabschnitten durch die Reduzierung des Querschnitts von zwei auf nur eine Spur je Richtung führen werde. Die mit der Planfeststellung vollzogene Abschnittsbildung führe mithin zu Folgekonflikten, die in der Abwägung nicht bewältigt worden seien, obwohl der Planfeststellung eine Verkehrsuntersuchung für die Gesamtstrecke der B 10 zwischen Landau und Pirmasens zugrunde liege und die Folgekonflikte daher erkennbar gewesen seien.

25

Der Planfeststellungsbeschluss verstoße zudem in mehrfacher Hinsicht gegen Vorschriften des Naturschutzrechts:

26

So führe die Planung zu erheblichen Beeinträchtigungen des FFH-Gebiets „Biosphärenreservat Pfälzerwald“ in seinen für die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck maßgeblichen Bestandsteilen, ohne dass die Voraussetzungen für die Erteilung einer Ausnahme gegeben seien. Es sei schon davon auszugehen, dass es im Bereich der Queichniederung drei Flächenbiotope gebe, die nach ihrer Beschreibung und Charakteristik dem prioritären Lebensraumtyp 91 E0* („Weichholzauen“) entsprächen. Der Eingriff hätte daher nur unter den Voraussetzungen des § 34 Abs. 4 BNatSchG zugelassen werden dürfen. Da Gründe nach § 34 Abs. 4 Satz 1 BNatSchG nicht ersichtlich seien, hätte eine Projektzulassung erst nach Einholung einer positiven Stellungnahme der EU-Kommission erfolgen dürfen. Darüber hinaus führe die Planung zu erheblichen Beeinträchtigungen der Lebensräume der erhaltungszielbestimmenden Schmetterlingsarten Großer Feuerfalter (Lycaena dispar) und Dunkler Wiesenknopf-Ameisenbläuling (Maculinea nausithous), und zwar durch die Verstärkung bereits bestehender Zerschneidungs- und Barrierewirkungen des Brückenbauwerks infolge seiner Erweiterung um eine zweite Brücke. Dies werde aufgrund der bereits angespannten Situation der beiden Arten im Gebiet zu einer gravierenden Verschlechterung ihres Erhaltungszustands und damit zu einer erheblichen Beeinträchtigung des Gebiets in seinen Erhaltungszielen führen. Die Voraussetzungen für die deshalb erforderliche Abweichungszulassung des Projekts seien indessen vom Beklagten nicht hinreichend dargelegt worden: Wegen der methodischen Fehlerhaftigkeit und mangelnden Belastbarkeit der der Planung zugrunde gelegten Verkehrsprognose fehle es an einer Darlegung „zwingender Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses“; auch die Alternativenprüfung genüge nicht den Anforderungen; schließlich seien die außerhalb des FFH-Gebiets vorgesehenen Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen zur Wahrung der Kohärenz des FFH-Gebiets nicht geeignet.

27

Der Planfeststellungsbeschluss genüge auch nicht den Anforderungen des besonderen Artenschutzrechts. Aus den eingeholten artenschutzrechtlichen Fachbeiträgen ergäben sich keine hinreichenden Hinweise auf Größe und Raumanspruch der jeweiligen lokalen Populationen der betroffenen Arten, weshalb eine Beurteilung, ob vereinzelte Tötungen von Individuen dieser Arten zu negativen Auswirkungen auf die jeweilige lokale Population führen, nicht möglich seien. Deshalb seien auch keine Aussagen zu etwaigen Ausnahmen oder Befreiungen möglich, zumal deren Voraussetzungen, insbesondere zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses, nach dem bereits Ausgeführten ohnehin nicht zu begründen seien. Die Unkenntnis populationsbezogener Daten schlage auch auf die im Planfeststellungsbeschluss vorgesehene und auch dringend gebotene Auflage der Errichtung einer Überflughilfe für Vögel und Fledermäuse durch; denn nach dieser Auflage solle die optimale Ausgestaltung der Überflughilfe erst im Vorfeld der Baumaßnahmen mit Hilfe von Untersuchungen durch Fledermausexperten eruiert werden, womit letztlich eine nachträgliche Bestandsaufnahme angeordnet werde. Gerade in Bezug auf Fledermäuse finde im Übrigen nur eine Betrachtung von Hypothesen statt, ohne dass eine sachgerechte Konfliktlösung bewerkstelligt und eine hinreichende Abwägung bei der Ausnahme- und Befreiungsentscheidung vorgenommen worden sei.

28

Schließlich leide der Planfeststellungsbeschluss auch an einer mangelhaften Kompensation der durch das Vorhaben bewirkten Eingriffe in Natur und Landschaft, weil selbst die Kompensation der Eingriffe, die von der Planfeststellung anerkannt worden seien, in unzulässiger Weise nicht abschließend gesichert worden sei. So sei die Sicherung der Maßnahmen 2.4 E AB („Erweiterung Bachuferwald an der Queich“) und 3.2 E AB („Extensivierung Uferrandstreifen an der Queich“) offenbar nicht gegeben. Denn hinsichtlich dieser auf als berechtigt anerkannte Einwände an eine andere Stelle zu verlegenden landespflegerischen Maßnahmen seien der neue Standort der Maßnahmen und deren Ausgestaltung noch mit der Oberen Naturschutzbehörde abzustimmen. Außerdem sei aus der in derselben Regelung des Planfeststellungsbeschlusses enthaltenen weiteren Auflage, in diesem Zusammenhang auch den Verlust von ca. 400 qm Gehölzfläche und von ca. 150 qm Röhricht bzw. Staudenflur zu kompensieren, zu schließen, dass sich dahinter offenbar ein weiterer, bisher nicht offengelegter Eingriff in Natur und Landschaft verberge.

29

Letztendlich kranke der Planfeststellungsbeschluss an einer fehlerhaften Gesamtabwägung: Das Gebot der gerechten Abwägung der betroffenen Belange sei verletzt, weil infolge der mangelhaften Verkehrsprognose und der nur unzureichenden sonstigen Begründung nicht fehlerfrei bestimmt worden sei, welches Gewicht den für das Vorhaben sprechenden verkehrlichen Belangen im Verhältnis zur Gewichtigkeit der Eingriffe in die Rechtssphäre einer Vielzahl von Betroffenen sowie in eine Vielzahl von Belangen des Umweltschutzes zukomme.

30

Der Kläger beantragt,

31

1. den Planfeststellungsbeschluss für den vierstreifigen Ausbau der Bundesstraße Nr. 10 (B 10) zwischen Godramstein und der Bundesautobahn A 65 (BAB 65; Anschlussstelle Landau-Nord) aufzuheben.

32

2. hilfsweise den Planfeststellungsbeschluss für rechtswidrig und nicht vollziehbar zu erklären.

33

Der Beklagte beantragt,

34

die Klage abzuweisen.

35

Er tritt der Klagebegründung im Einzelnen entgegen und trägt hierzu insbesondere vor:

36

Die Klagebefugnis des Klägers ergebe sich ausschließlich aus § 2 Abs. 1 UmwRG mit der Folge, dass ihm kein „Vollüberprüfungsanspruch“ zustehe, sondern seine Rügebefugnis auf die Geltendmachung von Verstößen gegen dem Umweltschutz dienende Vorschriften beschränkt sei. Zudem sei er mit wesentlichen Teilen seines Vorbringens mangels hinreichender Geltendmachung im Rahmen der Öffentlichkeitsbeteiligung gemäß § 17a Nr. 7 FStrG präkludiert.

37

Unabhängig davon sei der Planfeststellungsbeschluss in jeder Hinsicht rechtmäßig ergangen:

38

Verfahrensmängel in Bezug auf die UVP lägen nicht vor. Insbesondere habe es keiner übergreifenden „Dach-UVP“ bedurft; vielmehr sei eine förmliche UVP nur für den konkreten Planfeststellungsabschnitt geboten gewesen; im Übrigen habe die Planfeststellungsbehörde - unabhängig von der Frage, ob sie dazu im Rahmen eines bloßen Ausbauvorhabens einer bestehenden Fernstraße überhaupt verpflichtet gewesen sei - hinreichend in den Blick genommen, dass der planfestgestellte Abschnitt verkehrspolitisch Teil eines Gesamtvorhabens des vierstreifigen Ausbaus der B 10 zwischen Pirmasens und Landau sei. Sie habe dabei zum einen die eigenständige Verkehrsbedeutung des planfestgestellten Abschnitts - auch für den Fall, dass die Verwirklichung weiterer Planungsabschnitte aus noch nicht absehbaren Gründen scheitern sollte - dargestellt und zum anderen begründet, dass der Verwirklichung des weiteren Ausbaus der B 10 zwischen Godramstein und Pirmasens aus heutiger Sicht keine unüberwindbaren Hindernisse entgegenstünden, insbesondere nicht im Hinblick auf die Umweltverträglichkeit.

39

Der Planfeststellungsbeschluss stehe auch mit allen einschlägigen materiell-rechtlichen Vorschriften im Einklang:

40

Das Vorhaben verfüge mit der gesetzlichen Bedarfsfeststellung als „Weiterer Bedarf mit Planungsrecht“ über eine hinreichende Planrechtfertigung. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Bedarfsausweisung im Bedarfsplan 2004 seien nicht angezeigt. Denn es sei weder ersichtlich, dass die Bedarfsfeststellung seinerzeit fehlerhaft erfolgt sei, noch in irgendeiner Weise erkennbar, dass sie nachträglich obsolet geworden sein könnte. Es liege auch keine unzulässige Vorratsplanung infolge unmöglicher Finanzierung vor. Vielmehr hätten sowohl das Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Stadtentwicklung als auch das rheinland-pfälzische Verkehrsministerium gegenüber dem Landesbetrieb Mobilität (LBM) erklärt, dass bei Vorliegen endgültigen Baurechts die Finanzierung der vorliegend planfestgestellten Maßnahme - ggf. im Austausch mit einer anderen Maßnahme des Vordringlichen Bedarfs im Gebiet von Rheinland-Pfalz - sichergestellt werden solle.

41

Mit der Geltendmachung angeblicher Mängel der für die Planung erstellten Verkehrsprognose könne die gesetzliche Bedarfsfeststellung ohnehin nicht in Frage gestellt werden. Im Übrigen lägen die vom Kläger unter Berufung auf Stellungnahmen von R. behaupteten Fehler der Verkehrsprognose nicht vor, wie sich im Einzelnen aus den zu den Gerichtsakten gereichten Auseinandersetzungen des Büros M. mit den Kritikpunkten ergebe. Schließlich habe aber auch R. eingeräumt, dass es keineswegs an jeglichem Bedarf für einen vierstreifigen Ausbau in dem planfestgestellten Abschnitt fehle, sondern gehe selbst von einer aktuellen Verkehrsbelastung dieses Streckenabschnitts in einer Größenordnung aus, die nach den einschlägigen Richtlinien (RAS-Q, RAA) schon jetzt einen vierstreifigen Ausbau - sogar mit einem Regelquerschnitt von RQ 28 - rechtfertige.

42

Das planfestgestellte Straßenausbauvorhaben sei auch mit allen naturschutzrechtlichen Vorschriften vereinbar. Namentlich genüge es den Anforderungen des FFH-Gebietsschutzes. Erhebliche Beeinträchtigungen der Erhaltungsziele und maßgeblichen Bestandteile des FFH-Gebiets „Biosphärenreservat Pfälzer Wald“ seien nicht zu befürchten. So habe eine Nachprüfung in Form einer nochmaligen Begehung und Augenscheineinnahme durch den Dipl.-Biologen H. im Frühjahr 2010 sowie dessen weitere, zu den Gerichtsakten gereichte Stellungnahme vom 6. April 2011 nochmals bestätigt, dass es im Einwirkungsbereich des Vorhabens kein Vorkommen des prioritären Lebensraumtyps (LRT) 91 E0* gebe, da die dort vorhandenen Vegetationsstrukturen die Kriterien für einen LRT 91 E0* nicht erfüllten. Das Vorhaben führe auch nicht zu erheblichen Beeinträchtigungen erhaltungszielbestimmender Schmetterlingsarten: Wie sich aus den zu den Gerichtsakten gereichten Stellungnahmen des Dipl.-Biologen H. vom 6. April 2011 und vom 25. Januar 2015 ergebe, habe eine nochmalige Überprüfung vor Ort bestätigt, dass weiterhin schon keine Lebensraumpotentiale für die Arten Heller Wiesenknopf-Ameisenbläuling und Großer Feuerfalter im Wirkraum des Vorhabens vorhanden seien und der Dunkle Wiesenknopf-Ameisenbläuling (DWAB) im Bereich des Queichtals zwar vereinzelt nachgewiesen sei, aber die nächsten Fundorte nördlich der B 10 weit außerhalb des Wirkraums des Vorhabens gelegen und insbesondere die für die Falterart bedeutsamen Vorkommen der Hauptfutterpflanze im Eingriffsbereich nicht vorhanden seien. Auch die befürchteten Zerschneidungs- bzw. Barriereeffekte würden von dem Vorhaben nicht ausgehen: Durch den bloßen Anbau eines zusätzlichen Brückenbauwerks für die künftige Richtungsfahrbahn Pirmasens - Landau würden keine zusätzlichen Zerschneidungs- oder Barriereeffekte hervorgerufen, die über die heute bestehenden Belastungen hinausgingen. Denn für das neue Bauwerk sei eine größere Überspannung des Gewässers vorgesehen und zwischen den Brücken verbleibe künftig ein Abstand von 10 m, der eine ausreichende Belichtung und Besonnung ermögliche. Hierdurch werde dem Effekt eines längeren dunklen Tunnels begegnet. Zudem werde es sowohl aufgrund der vorhandenen Vegetationsstrukturen als auch aufgrund des Verhaltens der Art DWAB nicht zu einem nennenswerten Austausch zwischen vorhandenen Populationen innerhalb der Queichaue kommen; vielmehr seien die nördlich und südlich der Queichtalbrücke vorhandenen Teil-Populationen für sich eigenständig und überlebensfähig.

43

Selbst wenn man aber von einer erheblichen Beeinträchtigung des FFH-Gebiets ausgehe, habe die im Planfeststellungsbeschluss rein vorsorglich durchgeführte Ausnahmeprüfung gemäß § 34 Abs. 3 BNatSchG ergeben, dass das Vorhaben auch im Wege einer Ausnahme- bzw. Abweichungsprüfung zulässig sei. Denn der Ausbau der B 10 im planfestgestellten Abschnitt sei aus zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses geboten, was sich insbesondere aus den Gründen für die gesetzliche Bedarfsfeststellung ergebe; zumutbare Alternativen, mit denen das Projekt ohne oder mit geringeren Eingriffen in das FFH-Gebiet zu verwirklichen wäre, seien nicht ersichtlich; zudem seien die im Falle einer Abweichungszulassung erforderlichen Kohärenzsicherungsmaßnahmen in Gestalt einer Vielzahl von Vermeidungs-, Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen vorgesehen worden, durch die die Kohärenz des Natura-2000-Netzes gewahrt bleibe.

44

Der Planfeststellungsbeschluss stehe des Weiteren mit dem Artenschutzrecht in jeder Hinsicht im Einklang. Insbesondere beruhe die Planung auf artenschutzrechtlichen Untersuchungen, die weder hinsichtlich der Ermittlungstiefe noch im Hinblick auf das methodische Vorgehen Mängel aufwiesen. Zudem lägen die Voraussetzungen für eine vorsorgliche Ausnahme- bzw. Befreiungserteilung vor. Ferner treffe die Kritik des Klägers an dem angeordneten Monitoring durch Fledermausexperten zur Absicherung der genauen Anforderungen an die Überflughilfen für Fledermäuse in keiner Weise zu.

45

Der Planfeststellungsbeschluss erweise sich schließlich auch im Hinblick auf die naturschutzrechtliche Eingriffsregelung nicht als fehlerhaft. Insbesondere könne keine Rede davon sein, dass es an einer hinreichenden Sicherung der Umsetzung einzelner Maßnahmen fehle. Mit der Anordnung, dass der neue Standort der Maßnahmen 2.4 E AB und 3.2 E AB und deren Ausgestaltung mit der Oberen Naturschutzbehörde abzustimmen seien und die Realisierbarkeit der Maßnahmen am neuen Standort der Planfeststellungsbehörde gegenüber vor Baubeginn nachzuweisen sei, sei vielmehr gewährleistet, dass durch die Verlegung an einen anderen Standort keine quantitativen oder qualitativen Einbußen hinsichtlich der Kompensationsziele beider Maßnahmen aufträten und die Baumaßnahme nicht ohne die Ersatzmaßnahmen ausgeführt werden dürfe.

46

Der Planfeststellungsbeschluss genüge letztendlich auch dem in § 17 FStrG normierten Gebot, bei der Planfeststellung die von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange einschließlich der Umweltverträglichkeit im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigen und dabei erkennbar gewordene Konflikte zu bewältigen. Insbesondere sei die Sorge unbegründet, dass der vierstreifige Ausbau im planfestgestellten Abschnitt zwangsläufig zu Verkehrsproblemen in den nicht ausgebauten Tunnelabschnitten zwischen Annweiler und Rinnthal infolge der dortigen Reduzierung von zwei auf nur eine Fahrspur pro Richtung führen werde, die nur mit einem sofortigen durchgängigen vierstreifigen Ausbau der Gesamtstrecke zwischen Pirmasens und Landau vermieden werden könnten. Vielmehr werde der Ausbau im jetzt planfestgestellten Abschnitt nach dem Ergebnis der Verkehrsuntersuchungen von M. keine nennenswerten verkehrlichen Auswirkungen auf die B 10 westlich von Godramstein und damit auch nicht auf die Leistungsfähigkeit der Tunnel bei Annweiler haben. Es könne schließlich auch keine Rede davon sein, dass die vom Kläger behaupteten Mängel der Verkehrsprognose eine fehlerhafte Gesamtabwägung der von dem Vorhaben betroffenen Belange, namentlich eine fehlerhafte Gewichtung der Verkehrsimmissionsbelastung zur Folge gehabt hätten. Abgesehen davon, dass die behaupteten Mängel nicht vorlägen, habe die Verkehrsprognose von M. im Hinblick auf die Ermittlung und Bewertung der beim vierspurigen Ausbau zu erwartenden Immissionsbelastungen den Charakter einer „Worst-Case-Betrachtung“: Die Planfeststellungsbehörde habe sich im Bestreben um einen alle Auswirkungen um- und erfassenden Schutzansatz an der nach der Verkehrsprognose größtmöglichen Verkehrsbelastung der B 10 orientiert, nämlich am Planungsfall 4 (durchgängiger vierstreifiger Ausbau der B 10 zwischen Pirmasens und Landau). Auf diese Weise sei sichergestellt, dass bereits im angefochtenen Planfeststellungsbeschluss für den Abschnitt Godramstein - Landau ein am Planungsfall 4 ausgerichtetes Lärmschutzkonzept entwickelt und planfestgestellt worden sei. Es sei nicht ersichtlich, dass bei dieser Vorgehensweise die verkehrlichen Auswirkungen des Vorhabens unterschätzt worden sein könnten. Im Übrigen werde vom Kläger gerade umgekehrt der Vorwurf erhoben, es sei von zu hohen Verkehrszahlen, d. h. von überhöhten Erwartungen hinsichtlich des künftigen Verkehrsaufkommens ausgegangen worden. Infolgedessen seien die vom Kläger behaupteten Mängel der Verkehrsprognose von vornherein ungeeignet, eine fehlerhafte Gewichtung der Verkehrsimmissionsbelastung - im Sinne einer „Unterschätzung“ - zu begründen.

47

Mit Rücksicht auf ein von der Landesregierung initiiertes zweites Mediationsverfahren wurde das gerichtliche Verfahren mit Zustimmung der Beteiligten durch Beschluss des Senats vom 22. Juni 2011 gemäß §§ 173 VwGO, 251 ZPO zum Ruhen gebracht. Nach dem Scheitern auch des zweiten Mediationsverfahrens wurde das gerichtliche Verfahren durch Senatsbeschluss vom 27. Mai 2014 wiederaufgenommen und fortgeführt.

48

Die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes ergeben sich aus den Gerichtsakten und den beigezogenen Akten des Planfeststellungsverfahrens, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

Entscheidungsgründe

49

Die Klage ist zulässig (I.), bleibt jedoch in der Sache ohne Erfolg (II.).

50

I. Die Klage ist zulässig, insbesondere ist der Kläger klagebefugt. Seine Klagebefugnis ergibt sich allerdings ausschließlich aus § 2 Abs. 1 des Gesetzes über ergänzende Vorschriften zu Rechtsbehelfen in Umweltangelegenheiten nach der EG-Richtlinie 2003/35/EG (Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz – UmwRG –) in der Fassung der Bekanntmachung vom 8. April 2013 (BGBl. I, Seite 753). Soweit der Kläger in der Klagebegründung vom 31. Januar 2011 noch die Auffassung vertreten hatte, er könne seine Klagebefugnis außer aus § 2 Abs. 1 UmwRG auch aus § 64 des Gesetzes über Naturschutz und Landschaftspflege (Bundesnaturschutzgesetz – BNatSchG) herleiten, trifft dies inzwischen nicht mehr zu:

51

Nach § 1 Abs. 3 UmwRG in der Fassung der Bekanntmachung vom 8. April 2013 wird § 64 Abs. 1 BNatSchG nicht angewendet, soweit in Planfeststellungsverfahren, die § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 oder 2 UmwRG unterfallen, Rechtsbehelfe nach diesem Gesetz eröffnet sind. Für planfeststellungspflichtige Vorhaben, die – wie hier – nach Maßgabe des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 oder 2 UmwRG von Umweltverbänden angefochten werden können, gilt daher nunmehr ein Vorrang der umweltrechtlichen Verbandsklage (vgl. dazu bereits Fellenberg/Schiller, UmwRG, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, 65. EL April 2012, § 1 UmwRG, Rdnr. 66 a.E.). Zwar galt im Zeitpunkt der Klageerhebung am 22. Dezember 2010 noch § 64 Abs. 1 BNatSchG in der Fassung vom 1. März 2010, wonach anerkannte Naturschutzvereine „neben den Rechtsbehelfen nach § 2 UmwRG“ Rechtsbehelfe nach Maßgabe des § 64 BNatSchG einlegen konnten (und zwar gemäß §§ 64 Abs. 1, 63 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG auch gegen Planfeststellungsbeschlüsse); auch erhielt § 1 UmwRG in der Fassung vom 1. März 2010 noch keine Vorrangregelung zu Gunsten der umweltrechtlichen Verbandsklage (vgl. zur bisherigen Anwendbarkeit der beiden Verbandsklagebestimmungen nebeneinander Fellenberg/Schiller, a.a.O.). Doch ergibt sich aus der Übergangsregelung des § 5 Abs. 4 UmwRG in der Fassung der Bekanntmachung vom 8. April 2013, dass Rechtsbehelfsverfahren nach § 2 UmwRG, die – wie hier – am 12. Mai 2011 anhängig waren und am 29. Januar 2013 noch nicht rechtskräftig abgeschlossen worden sind, nach den Vorschriften des UmwRG in der ab dem 29. Januar 2013 geltenden Fassung zu Ende zu führen sind. Parallel dazu ist § 64 Abs. 1 Satz 1 BNatSchG dahin neu gefasst worden, dass anerkannte Naturschutzvereinigungen Rechtsbehelfe nach Maßgabe des § 64 nur noch erheben können, „soweit § 1 Abs. 3 UmwRG nicht entgegensteht“. Folglich kann sich der Kläger zur Begründung seiner Klagebefugnis inzwischen nicht mehr zusätzlich auf § 64 BNatSchG berufen.

52

Soweit der Kläger seine Klagebefugnis darüber hinaus auch aus einer unmittelbaren Anwendung von Art. 10a der Richtlinie 85/337/EWG in der Fassung der Richtlinie 2003/35/EG (jetzt: Art. 11 der Richtlinie 2011/92/EU) mit der Folge ableiten will, dass sich seine Rügebefugnis über die in § 2 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 5 UmwRG normierte Vereinbarkeit der angegriffenen Entscheidung mit dem Umweltschutz dienenden Rechtsvorschriften hinaus auf deren Vereinbarkeit mit allen einschlägigen Rechtsvorschriften erstreckt, ihm also auf diesem Wege ein „Vollüberprüfungsanspruch“ zusteht, kann dem nicht gefolgt werden. Entgegen der Ansicht des Klägers ergibt sich namentlich nicht aus der sog. „Trianel“-Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes (Urteil vom 12. Mai 2011 - Rs.C-115/09 -, NVwZ 2011, 801 ff.), dass § 2 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 5 UmwRG auch insoweit, als sie für Umweltverbandsklagen sowohl die Klagebefugnis als auch den Überprüfungsanspruch in der Begründetheit auf die Geltendmachung bzw. das Vorliegen von Verstößen gegen den Umweltschutz dienende Vorschriften beschränken, gegen Art. 10a der Richtlinie 85/337/EWG (jetzt: Art. 11 der Richtlinie 2011/92/EU) verstoßen, weshalb diese Vorschrift insoweit Anwendungsvorrang genießen müsse mit der Folge einer entsprechenden Erweiterung der Klage- und Rügebefugnis. Vielmehr hat das Bundesverwaltungsgericht in mehreren nach der Trianel-Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes ergangenen Entscheidungen die Rechtsauffassung bestätigt, dass die EuGH-Entscheidung für eine solche Annahme nichts hergibt (vgl. insbesondere BVerwG, Urteil vom 24. Oktober 2013 – 7 C 36/11 –, BVerwGE 148, 155 und juris, Rn. 23 ff., m.w.N.). Dem schließt sich der Senat an.

53

II. Die Klage ist jedoch mit dem Haupt- und Hilfsantrag unbegründet. Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss verstößt unter keinem der geltend gemachten Gesichtspunkte gegen dem Umweltschutz dienende Vorschriften im Sinne von § 2 Abs. 1 UmwRG. Er steht vielmehr mit allen einschlägigen Vorschriften, die – zumindest auch – dem Umweltschutz zu dienen bestimmt sind, im Einklang (zum Prüfungsumfang bei der Umweltverbandsklage und zum diesem korrespondierenden, beschränkten Überprüfungsanspruch nach dem UmwRG vgl. auch das Senatsurteil vom 14. Oktober 2014 – 8 C 10233/14.OVG –, NVwZ-RR 2015, 205 und juris, Rn. 39 ff.). Dies gilt sowohl für dem Umweltschutz dienende Verfahrensvorschriften (1.) als auch für Vorschriften des materiellen Umweltrechts (2.).

54

1. Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss begegnet zunächst in formell-rechtlicher Hinsicht keinen Bedenken, sondern steht mit den einschlägigen, dem Umweltschutz dienenden Verfahrensvorschriften im Einklang. Namentlich liegt kein Verstoß gegen Verfahrensanforderungen des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 24. Februar 2010 (BGBl. I, Seite 94) vor.

55

So kann der Kläger mit seinem Einwand, die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) hätte nicht auf den Bereich des planfestgestellten Ausbauabschnitts der B 10 beschränkt werden dürfen, sondern es hätte einer übergreifenden Ermittlung und Bewertung der Umweltauswirkungen für den Bereich des insgesamt projektierten Ausbaus der B 10 zwischen Pirmasens und der BAB A 65 bedurft (sog. „Dach-UVP“), nicht durchdringen.

56

Es spricht schon viel dafür, dass der Kläger mit seinem Vorbringen zur formellen Rechtswidrigkeit des Planfeststellungsbeschlusses wegen fehlerhafter Durchführung der UVP, insbesondere wegen Fehlens einer sog. Dach-UVP, bereits gemäß § 17a Nr. 7 des Bundesfernstraßengesetzes (FStrG) (jetzt: § 73 Abs. 4 Satz 3 VwVfG) präkludiert ist. Denn er hat in den beiden Einwendungsschreiben vom 15. Mai 2007 Fragen der ordnungsgemäßen Durchführung der UVP nicht einmal ansatzweise thematisiert. Vielmehr werden dort nur naturschutzfachliche Belange des FFH-Gebiets- und des Artenschutzes sowie Mängel bei den Vermeidungs-, Minderungs- und Ersatzmaßnahmen und daneben noch sonstige (materielle) Umweltfragen in Bezug auf die verkehrlichen Belange abgehandelt. Lediglich im Zusammenhang mit dem FFH-Gebietsschutz wird das Fehlen einer „vollständigen FFH-Verträglichkeitsprüfung des gesamten Planungsvorhabens Ausbau der B 10 zwischen Pirmasens und Landau (sog. Dach-FFH-Verträglichkeitsprüfung)“ gerügt. Ferner taucht der Gesichtspunkt, der vierspurige Ausbauzustand zwischen Pirmasens und Landau müsse „auch die Grundlage der Konfliktanalyse bilden“, woran es „besonders unter dem Aspekt der FFH-Verträglichkeit fehle“, noch einmal in Teil III.1 des Einwendungsschreibens auf, aber ebenfalls ohne jegliche Thematisierung des UVP-Rechts. Damit dürfte der Kläger den gesteigerten Anforderungen an die Substantiierung von Einwendungen, die nach der Rechtsprechung bei Naturschutzvereinigungen und Umweltverbänden gegenüber Einwendungen Privater zu stellen sind (vgl. dazu insbesondere BVerwG, Urteil vom 14. Juli 2011 – 9 A 12.10 –, BVerwGE 140, 149 und juris, Rn. 19 ff.), nicht genügt haben. Vielmehr wäre von einem Umweltverband zu erwarten gewesen, dass er seiner Mitwirkungslast, Angaben dazu zu machen, welches umweltrechtliche Schutzgut betroffen ist und in welcher Beziehung diesem aus seiner Sicht Beeinträchtigungen drohen (vgl. dazu z. B. BVerwG, Beschluss vom 23. November 2007 – 9 B 38.07 –, NuR 2008, Seite 176 und juris, Rn. 31), im Bewusstsein der grundlegend unterschiedlichen Strukturen und Bedeutung des UVP-Rechts einerseits (formelle Anforderungen an die Verfahrensgestaltung) und des FFH-Gebiets- sowie des Artenschutzrechts andererseits (materielle Anforderungen als zwingendes Recht) durch entsprechend thematisch differenzierende Angaben Rechnung trägt (vgl. zu den Anforderungen an die Rüge einer fehlerhaften UVP als selbständigem Verfahrensfehler auch BVerwG, Beschluss vom 11. August 2006 – 9 VR 5/06 –, NVwZ 2006, 1170 und juris, Rn. 11). Daran dürfte es vorliegend fehlen. Am Vorliegen der weiteren Voraussetzungen einer Präklusion nach § 17a Nr. 7 FStrG bestehen im Übrigen keine Zweifel. Schließlich besteht derzeit auch kein Anlass, die Anwendbarkeit der Präklusionsbestimmung des § 17a Nr. 7 FStrG auf Naturschutzverbände bzw. Umweltvereinigungen unionsrechtlich grundsätzlich in Frage zu stellen (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 14. Juli 2011 – 9 A 14.10 –, NuR 2010, 52 und juris, Rn. 21 ff.).

57

Unabhängig von der Frage der Präklusion ist die Forderung des Klägers nach Durchführung einer sog. Dach-UVP jedenfalls in der Sache nicht begründet:

58

In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist seit langem grundsätzlich geklärt, dass bei einer abschnittsweisen Planfeststellung einer Bundesfernstraße die förmliche UVP nur für den jeweiligen Abschnitt durchzuführen ist: Einer UVP ist das Projekt zu unterziehen, für das im Sinne von Art. 2 Abs. 1 der UVP-Richtlinie die Erteilung einer Genehmigung beantragt worden ist. Das EU-Recht wirkt nicht auf die materiell-rechtlichen Anforderungen des einzelstaatlichen Zulassungsrechts ein. Eröffnet das Recht des jeweiligen Mitgliedstaates die Möglichkeit, ein Gesamtprojekt aufzuspalten und in mehreren Teilschritten auszuführen, so bildet den Bezugspunkt der UVP das konkrete Projekt, für das ein Antrag gestellt worden ist. Demnach ist bei einer abschnittsweisen Planung der Abschnitt, über den in einem Verfahren entschieden wird, zugleich das Vorhaben, das der UVP unterliegt (vgl. zum Ganzen z. B. BVerwG, Urteil vom 10. April 1997 – 4 C 5/96 –, BVerwGE 104, 326 und juris, Rn. 24, sowie Urteil vom 28. Februar 1996 – 4 A 27/95 –, UPR 1996, 270 und juris, Rn. 30, jeweils m.w.N.). Ob die Abschnittsbildung zulässig ist, richtet sich nicht nach dem UVP-Recht, sondern nach dem materiellen Planungsrecht, vorliegend nach § 17 Abs. 1 Satz 2 FStrG, da auch die Anforderungen an die Abschnittsbildung über das Abwägungsgebot gesteuert werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 10. April 1997, a.a.O., Rn. 25).

59

Danach bedarf es keiner vorgezogenen förmlichen UVP für die nachfolgenden Abschnitte; ausreichend ist vielmehr die Prognose, dass der Verwirklichung des Vorhabens in den nachfolgenden Abschnitten keine von vornherein unüberwindliche Hindernisse entgegenstehen (vgl. BVerwG, Urteil vom 28. Februar 1996, a.a.O., Rn. 30 m.w.N.).

60

Entgegen der Ansicht des Klägers folgt vorliegend auch nicht ausnahmsweise etwas anderes aus den §§ 2 Abs. 1 Satz 4, 3b Abs. 2 oder 13 Abs. 1 Satz 2 UVPG:

61

Wie das Bundesverwaltungsgericht bereits entschieden hat, enthält § 2 Abs. 1 Satz 4 UVPG eine Regelung nur für den Fall, dass über die Zulässigkeiteines Vorhabens im Rahmen mehrerer Verfahren entschieden wird; dann sind die in den verschiedenen Verfahren durchgeführten Teilprüfungen zu einer Gesamtbewertung zusammen zu fassen; davon zu unterscheiden ist der – auch hier vorliegende – Fall der Planfeststellung eines Abschnitts einer Bundesfernstraße (vgl. BVerwG, Urteil vom 28. Februar 1996, a.a.O., Rn. 30).

62

Die Regelung des § 3b Abs. 2 Satz 1 UVPG für „kumulierende Vorhaben“ setzt voraus, dass die mehreren Vorhaben derselben Art von demselben oder den mehreren Trägerngleichzeitig verwirklicht werden sollen; gemeint ist damit eine zeitlich parallele Vorhabenverwirklichung (vgl. Dienes, in: Hoppe/Bergmann, UVPG, 4. Aufl. 2012, § 3b, Rn. 24). Daran fehlt es offensichtlich bei der sukzessiven Verwirklichung des Ausbaus einer Bundesfernstraße in mehreren, räumlich und zeitlich aufeinander folgenden Abschnitten.

63

Schließlich ist auch anerkannt, dass es sich bei der abschnittsweisen Planfeststellung von Bundesfernstraßen nicht um „Teilzulassungen“ im Sinne von § 13 UVPG handelt. Da die einzelnen Abschnitte bei der abschnittsweisen Planfeststellung einer Fernstraße als selbständige Vorhaben anzusehen sind, wird über sie nicht im Rahmen einer Teilzulassung entschieden, so dass § 13 UVPG keine Anwendung findet (so zutreffend z. B. Schieferdecker, in: Hoppe/Bergmann, UVPG, 4. Aufl. 2012, § 13, Rn. 15 und Fußnote 25, unter Hinweis auf BVerwG, Urteil vom 10. April 1997 – 4 C 5/96 –, a.a.O., Rn. 24). Damit besteht hier insbesondere nicht das Erfordernis einer vorläufigen Erstreckung der UVP „auf die nach dem jeweiligen Planungsstand erkennbaren Umweltauswirkungen des Gesamtvorhabens“ nach § 13 Abs. 1 Satz 2 UVPG.

64

Somit ist vorliegend UVP-rechtlich nur zu fordern, dass die Planfeststellungsbehörde eine Prognose angestellt hat, dass der Verwirklichung des Vorhabens in den nachfolgenden Abschnitten in Bezug auf die Umweltauswirkungen keine von vornherein unüberwindlichen Hindernisse entgegenstehen. Ob die insoweit vom Beklagten vorgebrachten Zweifel daran, ob diese Vorgabe der Rechtsprechung außer auf den Neubau einer Fernstraße in Abschnitten auch auf den – hier in allen Abschnitten des Gesamtprojekts gegebenen – Ausbau einer vorhandenen Fernstraße Anwendung finden kann, zu Recht bestehen, kann im Ergebnis offen bleiben. Denn im Planfeststellungsbeschluss ist an mehreren Stellen in hinreichender Weise in den Blick genommen worden, dass der planfestgestellte Abschnitt verkehrspolitisch Teil eines Gesamtvorhabens des vierspurigen Ausbaus der B 10 zwischen Pirmasens und Landau ist. Zum einen wurde im Rahmen der Erläuterungen der Planungskonzeption (Seite 89 ff. des Planfeststellungsbeschlusses) ausführlich dargestellt, dass einerseits der planfestgestellte Planungsabschnitt eine eigenständige Verkehrsbedeutung auch für den Fall haben wird, dass die Verwirklichung der weiteren Planungsabschnitte – entgegen der politischen Absicht aus nicht absehbaren Gründen – scheitern sollte, aber andererseits der Verwirklichung des weiteren Ausbaus der B 10 im Bereich zwischen Godramstein und Pirmasens aus heutiger Sicht keine unüberwindbaren Hindernisse entgegenstehen, insbesondere nicht im Hinblick auf die Umweltverträglichkeit. Zum anderen wurde auch speziell in Auseinandersetzung mit Forderungen von Einwendern, namentlich des Klägers, nach Durchführung einer sog. Dach-FFH-Verträglichkeitsprüfung für die gesamte Ausbaustrecke zwischen Pirmasens und Landau ausgeführt, dass einerseits für den Bereich zwischen Pirmasens und Hinterweidenthal bereits bestandskräftiges Baurecht vorliege, mit dem für diesen Teilbereich u. a. auch die FFH-Verträglichkeit positiv festgestellt worden sei, und andererseits aus heutiger Sicht auch nichts dafür ersichtlich sei, dass ein späterer vierstreifiger Ausbau in den noch nicht planfestgestellten Teilbereichen zwischen Hinterweidenthal und Godramstein unter FFH-Gesichtspunkten vor unüberwindlichen Hindernissen stehen würde (vgl. Seite 182 des Planfeststellungsbeschlusses). Damit ist den Anforderungen der Rechtsprechung an die Prognose der Realisierungsfähigkeit des Gesamtvorhabens genüge getan worden.

65

Auch unter den weiteren vom Kläger angesprochenen Gesichtspunkten sind Verstöße gegen Verfahrensvorschriften des UVPG nicht festzustellen.

66

So kann der Rüge des Klägers, die Planunterlagen hätten keine den Anforderungen des § 6 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 UVPG genügende „Übersicht über geprüfte anderweitige Lösungsmöglichkeiten“ enthalten, nicht gefolgt werden. Dabei ist zu sehen, dass diese Vorschrift – als rein formell-rechtliche Anforderung an den Inhalt der vom Vorhabenträger zur Prüfung seines Antrags vorzulegenden Unterlagen – lediglich verlangt, dass der Vorhabenträger die von ihm tatsächlich geprüften anderweitigen Lösungsmöglichkeiten und seine Auswahlgründe im Hinblick auf die Umweltauswirkungen des Vorhabens in einer Übersicht darstellt; die Bestimmung begründet hingegen keinerlei Pflicht zur Prüfung von Vorhabenalternativen. Vielmehr ergibt sich die Notwendigkeit, die verschiedenen sich anbietenden oder sich aufdrängenden Standortalternativen oder Durchführungsvarianten auf ihre jeweilige Umweltverträglichkeit hin zu untersuchen, aus dem jeweiligen Fachrecht, im Falle einer fernstraßenrechtlichen Planung also aus § 17 Abs. 1 Satz 2 FStrG als Anforderung des Abwägungsgebots (vgl. Kment, in: Hoppe/Beckmann, UVPG, 4. Aufl. 2012, § 6, Rn. 21, m.w.N.). Diesen rein formellen Anforderungen des § 6 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 UVPG ist mit der in der „allgemein verständlichen Zusammenfassung gemäß § 6 UVPG“ enthaltenen Übersicht „III. Geprüfte Vorhabenvarianten und wesentliche Auswahlgründe“ (vgl. Planordner I, Planunterlage 1.2, Seite 9 ff.) genüge getan worden.

67

Soweit der Kläger darüber hinaus noch rügen will, dass es an einer den Anforderungen des § 11 UVPG genügenden „zusammenfassenden Darstellung der Umweltauswirkungen des Vorhabens“ fehle, kann dem schließlich ebenfalls nicht gefolgt werden. Nach § 11 Satz 1 UVPG hat die zuständige Behörde auf der Grundlage der Unterlagen nach § 6, der behördlichen Stellungnahmen nach §§ 7 und 8 soweit der Äußerungen der betroffenen Öffentlichkeit nach den §§ 8 und 9a eine zusammenfassende Darstellung der Umweltauswirkungen des Vorhabens sowie der Maßnahmen, mit denen erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen vermieden, vermindert oder ausgeglichen werden, zu erarbeiten, einschließlich der Ersatzmaßnahmen bei nicht ausgleichbaren, aber vorrangigen Eingriffen in Natur und Landschaft; nach § 11 Satz 3 kann diese zusammenfassende Darstellung in der Begründung der Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens erfolgen (vgl. dazu BVerwG, Beschluss vom 10. Oktober 2006 – 9 B 27/05 –, UPR 2007, 33 und juris, Rn. 17). Davon hat der Beklagte hier Gebrauch gemacht und die zusammenfassende Darstellung in den Planfeststellungsbeschluss integriert (vgl. dessen Seite 171). Dabei begegnet es keinen durchgreifenden Bedenken, dass in der zusammenfassenden Darstellung weitestgehend auf die „allgemein verständliche Zusammenfassung“ nach § 6 UVPG in der Planunterlage 1.2, Seite 9 ff. (Planordner I), Bezug genommen wird, nachdem diese - wie ausgeführt - den formellen Anforderungen des § 6 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 UVPG entspricht und darüber hinaus auch alle inhaltlichen Anforderungen des § 11 Satz 1 UVPG erfüllt, und der Planfeststellungsbeschluss ergänzend feststellt, dass im Anhörungsverfahren keine weiteren wesentlich neuen Gesichtspunkte in Bezug auf die Einschätzung der Umweltverträglichkeit des Vorhabens vorgebracht worden seien.

68

2. Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss leidet des Weiteren an keinem materiellen Rechtsfehler, den der Kläger mit der Folge einer vollständigen oder teilweisen Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses oder der Feststellung seiner Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit geltend machen kann.

69

a. So mangelt es der streitigen Fernstraßenplanung nicht an der erforderlichen Planrechtfertigung.

70

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts setzt die Zulässigkeit einer (z. B. Straßen-)Planung, die Voraussetzung für Eingriffe in Rechte oder eine Enteignung sein soll, voraus, dass das jeweilige Vorhaben durch vernünftige Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt ist, d. h. nach Maßgabe der vom jeweiligen Fachplanungsgesetz allgemein verfolgten Ziele „vernünftigerweise geboten“ ist (vgl. z. B. BVerwG, Urteil vom 5. Dezember 1986 – 4 C 13/85 –, BVerwGE 75, 214, 232 f.; siehe auch z. B. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 1. Februar 2001 – 1 C 10626/00.OVG –, ESOVGRP, Seite 13). Bei der Planfeststellung für den Neu- oder Ausbau einer Bundesfernstraße ist von einer Planrechtfertigung auszugehen, wenn das Vorhaben in den Bedarfsplan für Bundesfernstraßen nach dem Gesetz über den Ausbau der Bundesfernstraßen (Fernstraßenausbaugesetz – FStrAbG – in der Fassung vom 20. Januar 2005, BGBl. I, 201) aufgenommen ist. Denn nach § 1 Abs. 2 FStrG entsprechen die in den Bedarfsplan aufgenommenen Bau- und Ausbauvorhaben den Zielsetzungen des § 1 Abs. 1 FStrG. Die Feststellung des Bedarfs ist danach für die Linienbestimmung nach § 16 FStrG und für die Planfeststellung nach § 17 FStrG verbindlich; sie ist so auch als Belang in der Abwägung zu berücksichtigen; die zeichnerische Darstellung des Bedarfsplans zum Fernstraßenausbaugesetz bindet hinsichtlich der Dimensionierung als zwei- oder vierstreifige Bundesstraße und im Hinblick auf die dort erkennbare Netzverknüpfung; diese Bindungen gelten auch für das gerichtliche Verfahren (ständige Rechtsprechung; vgl. z. B. BVerwG, Urteil vom 19. März 2003 – 9 A 33/02 –, DVBl. 2003, 1069 und juris, Rn. 23 m.w. Rechtsprechungsnachweisen; ebenso z. B. Senatsurteil vom 28. August 2013 -8 C 1036/13.OVG –, Seite 8 des Urteilsabdrucks, m.w.N.).

71

Die gesetzliche Bedarfsfeststellung ist allein an den Vorgaben des Verfassungsrechts zu messen. Danach beschränkt sich die gerichtliche Kontrolle auf die Frage, ob bei der Festlegung des Gesetzgebers die weit gesteckten Grenzen des gesetzgeberischen Ermessens überschritten wurden. Dies ist nur dann der Fall, wenn die Feststellung des Bedarfs evident unsachlich ist, wenn es also für das Vorhaben offenkundig keinerlei Bedarf gibt, der die Annahmen des Gesetzgebers rechtfertigen könnte, weil es etwa für die Aufnahme des Vorhabens in den Bedarfsplan im Hinblick auf die bestehende oder künftig zu erwartende Verkehrsbelastung oder auf die verkehrliche Erschließung eines zu entwickelnden Raumes an jeglicher Notwendigkeit fehlte oder wenn sich die Verhältnisse seit der Bedarfsentscheidung des Gesetzgebers so grundlegend gewandelt hätten, dass das angestrebte Planungsziel unter keinen Umständen auch nur annähernd erreicht werden könnte (ständige Rechtsprechung; vgl. z. B. BVerwG, Beschluss vom 16. Januar 2007 – 9 B 14.06 –, NVwZ 2007, 462 und juris, Rn. 7 sowie Urteil vom 3. Mai 2013 – 9 A 16/12 -, BVerwGE 146, 254 und juris, Rn. 21, m.w.N.).

72

Nach Maßgabe dieser Grundsätze steht die Planrechtfertigung des Vorhabens des vierstreifigen Ausbaus der B 10 im planfestgestellten Abschnitt außer Frage.

73

Daher kann offen bleiben, ob das Erfordernis der Planrechtfertigung auf die Klage eines anerkannten Umweltvereins im Rahmen von dessen nach § 2 Abs. 1 Nr. 5, Abs. 5 UmwRG eingeschränkter Rügebefugnis überhaupt zu prüfen ist (streitig; zum Meinungsstand vgl. z. B. Fellenberg/Schiller, a.a.O., § 2 UmwRG, Rn. 15, m.w.N.; verneinend BVerwG, Beschluss vom 1. Juli 2003 – 4 VR 1/03, 4 A 1/04 A 1/03 –, juris, Rn. 7; offengelassen in der Rechtsprechung des 9. Senats des Bundesverwaltungsgerichts zu § 64 BNatSchG, vgl. zuletzt die Urteil vom 3. Mai 2013, a.a.O., Rn. 17 und vom 8. Januar 2014 – 9 A 4/13 -, BVerwGE 149, 31 und juris, Rn. 30; siehe auch Senatsurteil vom 11. Februar 2009 – 8 C 10435/08.OVG –, NuR 2009, Seite 636 und juris, Rn. 23).

74

Die Planrechtfertigung des Vorhabens folgt aus der gesetzlichen Bedarfsfeststellung. Das Vorhaben des vierstreifigen Ausbaus der B 10 im Abschnitt zwischen der BAB A 65 und Godramstein ist – ebenso wie die sich westlich anschließenden Abschnitte bis Hinterweidenthal – im Bedarfsplan für die Bundesfernstraßen, der gemäß § 1 Abs. 1 FStrAbG (in der Fassung des 5. Änderungsgesetzes vom 4. Oktober 2004, BGBl. I, 2574) diesem Gesetz als Anlage beigefügt ist, enthalten und nach § 2 FStrAbG der Stufe „Weiterer Bedarf mit Planungsrecht (WB*)“ zugeordnet (vgl. die grafische Darstellung in der Anlage zum Fernstraßenausbaugesetz, veröffentlicht im Anlagenband 2004 zum Bundesgesetzblatt 2004, BGBl. I A-2004). Die Bedeutung der Einstufung „Weiterer Bedarf mit Planungsrecht (WB*)“ wird im Gesetz bzw. im Bedarfsplan nicht näher erläutert. Aus der Begründung des Entwurfs eines 5. Gesetzes zur Änderung des Fernstraßenausbaugesetzes ergibt sich Folgendes: „Der Weitere Bedarf (WB) enthält Vorhaben, deren gesamtwirtschaftliche Vorteilhaftigkeit nachgewiesen ist, deren Investitionsvolumen aber den Finanzrahmen bis 2015 überschreitet. Die Projektplanung darf deshalb nur in begründeten Ausnahmefällen mit Einwilligung des Bundesministeriums für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen aufgenommen oder weiterbetrieben werden. In begründeten Fällen kann die Planung von Projekten des Weiteren Bedarfs aufgrund dieses Gesetzes aufgenommen bzw. weiterbetrieben werden. Dies kann aufgrund der netzkonzeptionellen Bedeutung oder wegen des Zusammenhangs mit benachbarten Projekten der Stufe Vordringlicher Bedarf erforderlich sein. Diese Vorhaben sind als Weiterer Bedarf mit Planungsrecht besonders gekennzeichnet (WB*)“ (vgl. BT-Drs. 15/1657, Seite 21).

75

Die Argumente des Klägers, mit denen er die aus der gesetzlichen Bedarfsfeststellung folgende Planrechtfertigung in Frage stellen will, sind sämtlich nicht stichhaltig.

76

Zunächst kann der Auffassung des Klägers nicht gefolgt werden, dass die Einstufung in die Kategorie WB* eine „graduelle Minderwertigkeit“ der gesetzlichen Bedarfsfeststellung bedeute, etwa mit der Folge, dass diese Einstufung nur zu Vorplanungen, aber nicht zur verbindlichen Schaffung von Baurecht ermächtige. Dagegen spricht bereits, dass § 1 Abs. 2 FStrAbG nicht zwischen den Stufen der Bedarfsfeststellung differenziert, sondern für alle in den Bedarfsplan aufgenommenen Bau- und Ausbauvorhaben die Entsprechung mit den Zielvorstellungen des § 1 Abs. 1 FStrG konstatiert (§ 1 Abs. 2 Satz 1 FStrAbG) und darüber hinaus die Feststellung des Bedarfs generell als für die Linienbestimmung und Planfeststellung verbindlich erklärt (§ 1 Abs. 2 Satz 2 FStrAbG). Hieraus folgt, dass die Feststellung als „Vorhaben des Weiteren Bedarfs“ in gleicher Weise verbindlich ist wie jede andere Bedarfsfeststellung (so auch BayVGH, Urteil vom 19. Juli 2006 - 8 A 06.40015 -, juris, Rn. 43 f und Beschluss vom 13. Juli 2009 –8 CS 09.1388 –, juris, Rn. 15). Darüber hinaus folgt aus der zitierten Begründung des Gesetzentwurfs, dass den als WB* gekennzeichneten Vorhaben gegenüber den nur als WB eingestuften Vorhaben – für die aber immerhin auch die „gesamtwirtschaftliche Vorteilhaftigkeit“ als „nachgewiesen“ angesehen wird – insoweit ein Vorrang zukommt, als sie „aufgrund ihrer netzkonzeptionellen Bedeutung“ oder wegen ihres „Zusammenhangs mit benachbarten Projekten des vordringlichen Bedarfs … aufgenommen bzw. weiterbetrieben“ werden dürfen (vgl. BT-Drs. 15/1657, a.a.O.). Wie die Bundesregierung hierzu in ihrer Gegenäußerung zur Stellungnahme des Bundesrates klargestellt hat, bedeutet dies, dass bei den Maßnahmen des WB* den Ländern die Möglichkeit eingeräumt ist, „die Projektplanung bis zur Erlangung des Baurechts zu betreiben“ (vgl. BT-Drs. 15/1803, Seite 2). Dies kann aus dem Zusammenhang nur so verstanden werden, dass das Planfeststellungsverfahren vollständig zum Zwecke der Erlangung von Baurecht durchzuführen ist. Eine unzulässige „Vorratsplanung“ kann darin nicht gesehen werden. Letztlich führt jede Planfeststellung - auch bei Vorhaben des Vordringlichen Bedarfs - in gewisser Weise zu einer Schaffung von Baurecht „auf Vorrat“, da das Gebrauchmachen von dem geschaffenen Baurecht durch den Vorhabenträger sich aus vielfältigen Gründen noch verzögern kann. Dem hat der Gesetzgeber dadurch Rechnung getragen, dass er dem Vorhabenträger nach § 17c Nr. 1 FStrG eine Frist von 10 Jahren nach Eintritt der Unanfechtbarkeit des Planfeststellungsbeschlusses für den Beginn der Ausführungen des Plans einräumt, die auf Antrag noch um bis zu 5 Jahre verlängert werden kann, ohne dabei zwischen Vorhaben des Vordringlichen und solchen des Weiteren Bedarfs zu differenzieren. Ein Unterschied besteht allerdings insofern, als § 17e Abs. 2 FStrG die aufschiebende Wirkung von Anfechtungsklagen nur bei Vorhaben des Vordringlichen Bedarfs entfallen lässt. Doch wird dadurch zugleich bestätigt, dass auch die Vorhaben des Weiteren Bedarfs planfeststellungsfähig sind und diese auch bei ihnen zur Schaffung von vollziehbarem Baurecht führt.

77

Anders, als der Kläger dies zu unternehmen versucht, kann die gesetzliche Bedarfsfeststellung auch durch die Geltendmachung von Mängeln der für die konkrete Planung erstellten Verkehrsprognose nicht in Frage gestellt werden.

78

Wie das Bundesverwaltungsgericht in jüngster Zeit mehrfach entschieden hat, ist das Vorbringen, die der Planfeststellung zugrunde gelegte Verkehrsprognose sei methodisch fehlerhaft und die prognostizierten Verkehrszahlen seien unrealistisch, schon grundsätzlich nicht geeignet, die Grundlagen der gesetzlichen Bedarfsfeststellung und -überprüfung in Frage zu stellen (vgl. BVerwG, Urteil vom 3. Mai 2013, a.a.O., Rn. 22 ff. sowie Urteil vom 8. Januar 2014, a.a.O., Rn. 35 f). Da die gesetzliche Bedarfsfeststellung durch die Prognose künftiger Verkehrsströme beeinflusst wird, zielt die in § 1 Abs. 2 FStrAbG angeordnete Bindungswirkung darauf ab, dass straßenrechtlichen Planfeststellungsverfahren und damit ebenso einen anschließenden Verwaltungsprozess von einem Gutachterstreit über die „richtigere“ Verkehrsprognose zu entlasten. Dieser Zweck des § 1 Abs. 2 FStrAbG schließt es somit aus, den Abwägungsvorgang, den der Gesetzgeber auf dieser Stufe vollzogen hat, unter dem Blickwinkel fachlich zu überprüfen, ob eine Verkehrsprognose vorzugwürdig sein könnte; entscheidend ist vielmehr allein, ob das Ergebnis der Normsetzung den anzulegenden verfassungsrechtlichen Maßstäben genügt (vgl. BVerwG, Urteil vom 3. Mai 2013, a.a.O., Rn. 24, m.w.N.).

79

Somit beschränkt sich auch vorliegend die verwaltungsgerichtliche Prüfung darauf, ob der Gesetzgeber bei der normativen Bedarfsfeststellung die Grenzen des ihm zustehenden Ermessens überschritten hat. Dies setzt nach ständiger Rechtsprechung voraus, dass die Bedarfsfeststellung evident unsachlich ist, weil es für die Aufnahme des Vorhabens in den Bedarfsplan im Hinblick auf die bestehende oder künftig zu erwartende Verkehrsbelastung eines zu entwickelnden Raumes an jeglicher Notwendigkeit fehlt oder sich die Verhältnisse der Bedarfsentscheidung des Gesetzgebers so grundlegend gewandelt haben, dass das angestrebte Planungsziel unter keinen Umständen auch nur annähernd erreicht werden kann (vgl. z. B. BVerwG, Urteil vom 8. Januar 2014, a.a.O., Rn. 34, m.w.N.). Davon kann vorliegend keine Rede sein.

80

Vielmehr sind die vom Kläger zur Gerichtsakte gereichten Stellungnahmen von R., mit denen methodische Mängel der projektbezogenen Verkehrsprognose von M. gerügt werden, nicht geeignet, die gesetzliche Bedarfsfeststellung in Zweifel zu ziehen. Zum einen würden die behaupteten Mängel der projektbezogenen Prognose – ihr Vorliegen unterstellt – schon keine Rückschlüsse auf die den Bedarfsplan und dessen Überprüfung zugrunde liegenden Verkehrsprognosen zulassen. Denn der Bundesverkehrswegeplanung und der gesetzlichen Bedarfsfeststellung 2004 lag eine Prognose der bundesweiten Verkehrsverflechtungen bezogen auf das Jahr 2015 zugrunde, deren Kernstück deutschlandweite räumliche Verflechtungsmatrizen in Personen- und Güterverkehr bilden (vgl. BVerwG, Urteil vom 3. Mai 2013, a.a.O., Rn. 23, m.w.N.). Diese Prognose über die zukünftige Verkehrsentwicklung ist gemäß dem in § 4 Satz 1 FStrAbG enthaltenen Prüfauftrag im Jahre 2010 durch das Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Stadtentwicklung überprüft worden. Die Überprüfung ist auf der Grundlage eines Vergleichs der bei der Aufstellung des Bedarfsplans 2004 herangezogenen bundesweiten Verkehrsprognose 2015 mit der insbesondere die demografischen Leitdaten berücksichtigenden bundesweiten Verkehrsprognose 2025 auf der Ebene des Bundes, der Bundesländer und von Teilregionen zu dem Ergebnis gelangt, dass die seinerzeit festgestellten Bedarfseinstufungen für die Bundesfernstraßen auch bei Ansatz der aktuellen Verkehrsentwicklung gelten (vgl. auch dazu BVerwG, Urteil vom 3. Mai 2013, a.a.O., Rn. 23). Demnach besteht kein Anlass für die Annahme, dass sich die seinerzeit der Bewertung zugrunde gelegten verkehrlichen Rahmenbedingungen so grundlegend geändert haben, dass der Projektbedarf grundsätzlich in Frage gestellt werden müsste.

81

Zum anderen weist der Beklagte zutreffend darauf hin, dass es auch nach den Stellungnahmen von R. keineswegs an jeglichem Bedarf für einen vierstreifigen Ausbau des in Rede stehenden Planungsabschnitts fehlt. Im Gegenteil: Auch in den Stellungnahmen von R. wird von einer aktuellen Verkehrsbelastung im Jahre 2009 auf der B 10 im Bereich von Godramstein in Höhe von rund 29.000 Kraftfahrzeugen/24 Stunden ausgegangen, was in etwa der von M. für den Analyse-Null-Fall des Jahres 2004 ermittelten aktuellen Verkehrsbelastung im Streckenabschnitt zwischen Birkweiler und der A 65 entspricht und auch nur unwesentlich unter dem inzwischen von M. für das Jahr 2013 festgestellten Verkehrsaufkommen in diesem Bereich liegt. Damit übersteigt die aktuelle Verkehrsbelastung die für den gegenwärtigen Ausbauquerschnitt RQ 15,5 nach den „Richtlinien für die Anlage von Straßen – Teil: Querschnitt“ (RAS-Q) maßgebliche Obergrenze der Verkehrsstärke von ca. 23.000 Kfz/24 h bereits derzeit ganz erheblich, weshalb es nach den grundsätzlich unbestrittenen Angaben im Planfeststellungsbeschluss (S. 93) schon in der heutigen Situation besonders in den Spitzenzeiten zu Kolonnenbildungen in den nicht für Überholvorgänge freigegebenen Fahrtrichtungen, teilweise auch zu Staubildungen kommt; der hierdurch erzeugte Überholdruck verleitet zudem zu einem risikoreicheren Fahren in den für Überholvorgänge freigegebenen Streckenabschnitten, mit entsprechend erhöhter Unfallgefahr. Zudem geht R. nicht etwa von einem deutlichen Rückgang der Verkehrsbelastung bis zu einem Prognosehorizont 2020 oder 2030 aus, sondern rechnet lediglich mit einer Stagnation auf dem aktuellen Niveau. Damit würde aber bereits die – im Wesentlichen unstreitige – aktuelle Verkehrsbelastung im Bereich des planfestgestellten Abschnitts nach den einschlägigen Regelwerken für die Anlage von Bundesfernstraßen einen vierstreifigen Ausbau rechtfertigen, und zwar nach den seit dem Jahre 2008 angewendeten „Richtlinien für die Anlage von Autobahnen (RAA)“, die auch Regelquerschnitte für autobahnähnliche Straßen (sog. Entwurfsklasse 2) umfassen, zumindest mit einem Regelquerschnitt RQ 28 (Gesamtbreite 28 m) für autobahnähnliche Straßen mit einer Kapazität von bis zu 30.000 Fahrzeugen pro Tag. Demgegenüber soll vorliegend der vierstreifige Ausbau zwischen der A 65 und Godramstein aufgrund örtlicher Gegebenheiten sogar nur mit einem Sonderquerschnitt SQ 26 (Gesamtbreite 26 m; gegenüber dem Regelquerschnitt RQ 26 schmalerer Mittelstreifen, aber breiterer Randstreifen, vgl. dazu im Einzelnen Seite 105 ff. des Planfeststellungsbeschlusses) erfolgen. Wenn aber bereits die aktuelle Verkehrsbelastung nach den anerkannten Regelwerken einen vierstreifigen Ausbau – sogar mit einem größeren Regelquerschnitt – rechtfertigt und selbst nach den vom Kläger für richtig erachteten Verkehrsprognosen nicht mit einem wesentlichen Rückgang der Verkehrsbelastung, sondern zumindest mit einer Stagnation zu rechnen ist, kann keine Rede davon sein, dass es im Hinblick auf die bestehende oder künftig zu erwartende Verkehrsbelastung für die Aufnahme des Vorhabens in den Bedarfsplan an jeglicher Notwendigkeit fehlen könnte oder das angestrebte Planungsziel infolge einer grundlegenden Wandlung der Verhältnisse seit der Bedarfsfeststellung des Gesetzgebers unter keinen Umständen mehr auch nur annähernd erreichbar erscheint (vgl. zu diesen Maßstäben auch insoweit BVerwG, Urteil vom 3. Mai 2013, a.a.O., Rn. 21 ff.).

82

Es kann schließlich auch nicht festgestellt werden, dass dem Vorhaben die Planrechtfertigung deshalb fehlt, weil die Finanzierbarkeit des planfestgestellten Ausbaus der B 10 im Abschnitt zwischen der A 65 und Godramstein ausgeschlossen erscheint.

83

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts fehlt einem Vorhaben die Planrechtfertigung auch dann, wenn es wegen mangelnder Finanzierbarkeit objektiv nicht realisierungsfähig ist und sich daher als unzulässige „verfrühte Planung“ erweist (vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Mai 1999 – 4 A 12/98 –, UPR 1999, 355 und juris, Rn. 44 f; Urteil vom 15. Januar 2004 – 4 A 11/02 –, BVerwGE 120, 1 und juris, Rn. 24; Beschluss vom 21. März 2006 – 9 B 18/05 –, juris, Rn. 2 f sowie Beschluss vom 28. Dezember 2009 – 9 B 26/09 –, NuR 2010, 191 und juris, Rn. 4, m.w.N.). Dies bedeutet sogleich, dass die Planrechtfertigung nur dann zu verneinen ist, wenn die Finanzierbarkeit eines Vorhabens innerhalb eines überschaubaren Zeitrahmens (nach dem früheren § 17 Abs. 7 FStrG 10 Jahre, nach dem jetzigen § 17c Nr. 1 FStrG einschließlich der Verlängerungsmöglichkeit maximal 15 Jahre) ausgeschlossen erscheint.

84

Dafür, dass vorliegend die Finanzierbarkeit des vierstreifigen Ausbaus der B 10 im planfestgestellten Abschnitt innerhalb eines Zeithorizonts, der mindestens 10, eventuell sogar 15 Jahre, gerechnet ab dem Zeitpunkt des Erlasses des Planfeststellungsbeschlusses (hier also ab dem 22. September 2010, also mindestens bis September 2020), beträgt, ausgeschlossen erscheint, bestehen keine zureichenden Anhaltspunkte. Insbesondere ergeben sich dafür aus den vom Kläger ins Feld geführten Äußerungen der Bundesregierung in der Bundestagsdrucksache 17/2792 vom 24. August 2008 keine entscheidenden Gesichtspunkte, da dort lediglich ausgeführt wird, dass in der Vergangenheit keine Finanzmittel in Straßenbauprojekte des Weiteren Bedarfs geflossen seien. Demgegenüber verweist der Beklagte überzeugend darauf, dass für das konkret angefochtene Planungsvorhaben sowohl das Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Stadtentwicklung als auch das rheinland-pfälzische Verkehrsministerium gegenüber dem Landesbetrieb Mobilität (LBM) erklärt haben, dass bei Vorliegen endgültigen Baurechts die Finanzierung der hier planfestgestellten Maßnahme des Weiteren Bedarfs mit Planungsrecht (WG*) – ggf. auch gegen Austausch mit einer anderen Maßnahme des Vordringlichen Bedarfs im Gebiet von Rheinland-Pfalz – sichergestellt werden soll. Für die Annahme, dass damit die Finanzierbarkeit des Vorhabens jedenfalls nicht ausgeschlossen erscheint, reicht dies aus.

85

b. Das planfestgestellte Vorhaben steht auch mit den zwingenden Vorschriften des europäischen und nationalen Naturschutzrechts im Einklang.

86

Das Vorhaben führt nicht zu erheblichen Beeinträchtigungen der Erhaltungsziele oder des Schutzzwecks des FFH-Gebiets „Biosphärenreservat Pfälzerwald“; zumindest liegen die Voraussetzungen für eine Abweichungszulassung vor (aa.). Darüber hinaus sind keine Verstöße gegen Vorschriften des besonderen Artenschutzrechts gegeben (bb.). Es kann schließlich auch nicht festgestellt werden, dass die vorgesehene Kompensation vorhabenbedingter Eingriffe in Natur und Landschaft Defizite aufweist (cc.).

87

aa. Dem Planfeststellungsbeschluss kann zunächst nicht mit Erfolg entgegengehalten werden, das Vorhaben führe zu erheblichen Beeinträchtigungen des FFH-Gebiets „Biosphärenreservat Pfälzerwald“, ohne dass die Voraussetzungen für eine Abweichungszulassung gegeben wären, und verstoße deshalb gegen § 34 BNatSchG.

88

Entgegen der Ansicht des Klägers kann bereits keine erhebliche Beeinträchtigung der Erhaltungsziele oder des Schutzzwecks des FFH-Gebiets 6812 – 301 „Biosphärenreservat Pfälzerwald“ festgestellt werden. Nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BNatSchG sind Projekte vor ihrer Zulassung oder Durchführung auf ihre Verträglichkeit mit den Erhaltungszielen eines Natura 2000-Gebiets zu überprüfen, wenn sie einzeln oder im Zusammenwirken mit anderen Projekten oder Plänen geeignet sind, dass Gebiet erheblich zu beeinträchtigen, und nicht unmittelbar der Verwaltung des Gebiets dienen. Ergibt die Prüfung der Verträglichkeit, dass das Projekt zu erheblichen Beeinträchtigungen des Gebiets in seinen für die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck maßgeblichen Bestandteilen führen kann, ist es gemäß § 34 Abs. 2 BNatSchG unzulässig.

89

Vorliegend bedurfte das planfestgestellte Vorhaben der Durchführung einer Verträglichkeitsprüfung i.S.v. § 34 Abs. 1 Satz 1 BNatSchG. Denn die B 10 quert in dem vom angefochtenen Planfeststellungsbeschluss umfassten Abschnitt zwischen Bau-Km ca. 0 + 400 und Bau-Km ca. 0 + 830 die Niederung des Flusses Queich mittels eines Brückenbauwerks, das im Zuge der geplanten Erweiterung um einen weiteren Fahrstreifen für die Richtungsfahrbahn Pirmasens – Landau um ein neu zu errichtendes Brückenbauwerk in einem Abstand von bis zu etwa 10 m zum vorhandenen Brückenbauwerk ergänzt werden soll. Bei der Queichniederung handelt es sich um einen aus dem eigentlichen Kerngebiet des FFH-Gebiets 6812 – 301 herausragenden, östlichen Ausläufer am äußersten Rand des Schutzgebiets. Das FFH-Gebiet hat hier eine durchschnittliche Breitenausdehnung von ca. 300 bis 500 m (vgl. die Darstellung in der in den Planunterlagen befindlichen FFH-Verträglichkeitsprüfung, Planordner 1, Anlage 12.4, S. 6 ff.). Wie sich aus der Darstellung der „Wirkfaktoren“ in der FFH-Verträglichkeitsprüfung (a.a.O., S. 19) ergibt, sind mit dem Vorhaben bau- und anlagebedingte Eingriffe sowie betriebsbedingte Wirkfaktoren verbunden, die sich auf die Erhaltungsziele und die für sie maßgeblichen Gebietsbestandsteile auswirken können.

90

Die deshalb im Zuge des Planfeststellungsverfahren durchgeführte FFH-Verträglichkeitsprüfung gelangte jedoch zu dem Ergebnis, dass eine erhebliche Beeinträchtigung des FFH-Gebiets in seinen für die Erhaltungsziele und den Schutzzweck maßgeblichen Bestandteilen bei Berücksichtigung im Einzelnen benannter Maßnahmen zur Schadensbegrenzung ausgeschlossen werden könne; dieser Einschätzung hat sich der Planfeststellungsbeschluss (S. 153 ff.) angeschlossen.

91

In der Klagebegründung hat der Kläger – wie zuvor im Kern bereits in seinem Einwendungsschreiben vom 15. Mai 2007, weshalb eine Präklusion seines Vorbringens in Bezug auf das FFH-Gebietsschutzrecht nicht in Betracht kommt – das Ergebnis der FFH-Verträglichkeitsprüfung unter folgenden Gesichtspunkten angegriffen: Die FFH-Verträglichkeitsprüfung unterliege einer Fehleinschätzung bezüglich eines Vorkommens des prioritären Lebensraumtyps (LRT) 91E0* im Eingriffsraum des Vorhabens; eine vorhabenbedingte erhebliche Beeinträchtigung potentieller Lebensräume von erhaltungszielbestimmenden Schmetterlingsarten sei nicht berücksichtigt worden; es habe einer übergreifenden „Dach-FFH-Verträglichkeitsprüfung“ unter Berücksichtigung der Gesamtstrecke Pirmasens – Landau bedurft; die aus seiner Sicht danach erforderliche Ausnahmeprüfung nach § 34 Abs. 3 BNatSchG genüge nicht den strengen Anforderungen.

92

Der Auffassung des Klägers kann indessen unter keinen der angeführten Gesichtspunkte gefolgt werden. Das Ergebnis der FFH-Verträglichkeitsprüfung ist vielmehr rechtlich nicht zu beanstanden.

93

Klarstellend ist zunächst darauf hinzuweisen, dass der Umstand, dass das geplante Vorhaben mit einer zusätzlichen Flächeninanspruchnahme in der Bachaue und deren Umfeld verbunden ist (vgl. dazu die FFH-Verträglichkeitsprüfung, a.a.O., S. 29), für sich gesehen noch keine erhebliche Beeinträchtigung des FFH-Gebiets in seinen Erhaltungszielen oder seinem Schutzzweck begründet. Wie sich aus § 34 Abs. 2 BNatSchG ergibt, ist nicht jede Inanspruchnahme von Flächen, die zu einem FFH-Gebiet gehören, zwangsläufig als erhebliche Beeinträchtigung des Gebiets zu werten; es kommt vielmehr darauf an, ob das Projekt zu erheblichen Beeinträchtigungen des Gebiets in seinen für die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck maßgeblichen Bestandteilen führen kann. Dementsprechend stellt das Bundesverwaltungsgericht in seiner Rechtsprechung bei baubedingten Flächenverlusten darauf ab, ob sie mit unmittelbaren oder mittelbaren Einwirkungen auf erhaltungszielbestimmende Lebensraumtypen verbunden sind; dabei ist grundsätzlich jeder vorhabenbedingte Verlust von Flächen eines Lebensraumtyps der Anlage I der Habitatrichtlinie als erheblich zu werten, es sei denn, er hätte lediglich Bagatellcharakter (vgl. z.B. BVerwG, Urteil vom 13. Mai 2009 – 9 A 73.07 –, NuR 2009, 711 und juris, Rn. 49, unter Hinweis auf BVerwG, Urteil vom 12. März 2008 – 9 A 9.06 –, BVerwGE 130, 299 und juris, Rn. 124 ff.). Daraus folgt, dass vorhabenbedingte Flächenverluste dann in der Regel keine erhebliche Beeinträchtigung des Gebiets in seinen für die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck maßgeblichen Bestandteilen darstellen, wenn es sich nicht um unmittelbare Verluste von Flächen eines erhaltungszielbestimmenden Lebensraumtyps handelt und sich sonstige Flächenverluste auch nicht mittelbar nachteilig auf Vorkommen eines erhaltungszielbestimmenden Lebensraumtyps auswirken können.

94

Für eine unmittelbare oder mittelbare Beeinträchtigung von Flächen eines erhaltungszielbestimmenden Lebensraumtyps durch das Vorhaben ist indessen vorliegend nichts ersichtlich.

95

Soweit der Kläger in der Klagebegründung vom 31. Januar 2011 noch vorgetragen hat, im Eingriffsbereich des Vorhabens gebe es – entgegen der Annahme in der FFH-Verträglichkeitsprüfung – größere Bestände des erhaltungszielbestimmenden Lebensraumtyps 91E0*, in die durch die Brückenanlage mit einem Flächenbedarf von weit mehr als 1 ha eingegriffen werde, kann dem nicht gefolgt werden. Zum Beleg seiner Behauptungen hatte der Kläger auf Angaben zu drei Biotopen im Landschaftsinformationssystem der Naturschutzverwaltung Rheinland-Pfalz, auf Datenblätter zur Biotopkartierung sowie auf eine sog. HPNV-Kartierung verwiesen. Da es sich bei dem LRT 91E0* (Weichholzauen) um einen prioritären Lebensraumtyp handelt, hätte eine vorhabenbedingte Beeinträchtigung von Vorkommen dieses Lebensraumtyps zur Folge, dass die besonderen Anforderungen des § 34 Abs. 4 BNatSchG an eine Abweichungszulassung (ggf. Einholung einer Stellungnahme der Europäischen Kommission) vorliegen müssten.

96

Die Behauptung des Klägers ist indessen als widerlegt anzusehen. Bereits die in den Planunterlagen befindliche FFH-Verträglichkeitsprüfung hatte sich mit der Frage des Vorkommens des LRT 91E0* im Einwirkungsbereich des Vorhabens befasst und ein Vorkommen von Beständen dieses Lebensraumtyps eindeutig ausgeschlossen; dabei wurde maßgeblich darauf abgestellt, dass es sich bei den im Plangebiet anzutreffenden Gehölzstrukturen nur um schmale Ufergehölzsäume handele (vgl. FFH-Verträglichkeitsprüfung, a.a.O., S. 12). Aufgrund des Vorbringens des Klägers in seinem Einwendungsschreiben, ein Teil der anlagebedingt beeinträchtigten Gehölzbestände sei doch dem prioritären LRT 91E0* zuzuordnen, hatte sich der Beklagte veranlasst besehen, im Frühjahr 2010 eine Nachprüfung in Form einer nochmaligen Begehung und Augenscheineinnahme durch den Dipl.-Biologen H. vom Büro S. durchführen zu lassen, bei der ebenfalls keine Hinweise auf das Vorhandensein von diesem Lebensraumtyp zuzuordnen Vegetationsbeständen festgestellt wurden (vgl. die Stellungnahme des Dipl.-Biologen H. zu den naturschutzfachlichen Einwendungen des Klägers vom 7. Juni 2010, Ordner „Gutachten und ergänzende Stellungnahmen“, Nr. 6, S. 40 f.); dabei wurde ergänzend ausgeführt, dass es sich nur um ein- bis zweireihige Ufergehölze ohne Auwaldcharakter und unterhalb der Mindestgröße von 2.500 m² handele, die dem relevanten Biotoptyp nicht zuzuordnen seien.

97

In Reaktion auf das Vorbringen in der Klagebegründung hat der Beklagte schließlich eine weitere fachliche Stellungnahme des Dipl.-Biologen H. vom 6. April 2011 vorgelegt (Anlage 7 zum Schriftsatz des Beklagten vom 3. Juni 2011). Darin wird im Einzelnen begründet, weshalb die vom Kläger herangezogenen Biotopkartierungen usw. gerade keinen Rückschluss auf das Vorhandensein von Beständen des LRT 91E0* zulassen und weshalb die Kriterien hierfür von den festgestellten Vegetationsstrukturen nicht erfüllt werden. Diesen ergänzenden Feststellungen ist der Kläger im weiteren Verlauf des gerichtlichen Verfahrens nicht mehr entgegengetreten; er ist vielmehr namentlich in seinen Schriftsätzen vom 31. Oktober 2014 und vom 30. März 2015 sowie auch in der mündlichen Verhandlung des Senats auf das Thema nicht mehr weiter eingegangen, so dass schon fraglich erscheint, ob er seine Behauptungen zum Vorkommen der LRT 91E0* nach Vorlage der Stellungnahme vom 6. April 2011 noch aufrechterhalten will. Jedenfalls ist aus Sicht des Senats eine Betroffenheit eines Vorkommens dieses Lebensraumtyps im Einwirkungsbereich des Vorhabens durch den Beklagten nachvollziehbar und schlüssig, unter Berücksichtigung der besten verfügbaren wissenschaftlichen Erkenntnisse ausgeschlossen worden, ohne dass der Kläger den Feststellungen des Dipl.-Biologen H. konkrete eigene abweichende Erkenntnisse entgegenzusetzen vermocht hat. Namentlich stehen die Feststellungen des Dipl.-Biologen H., dass die im Einwirkungsbereich des Vorhabens anzutreffenden Vegetationsstrukturen mangels einer intakten Überflutungsaue, wegen des nur lückigen Charakters der in Frage kommenden Gehölzbestände, bei denen die Lücken stellenweise größer als eine Baumlänge sind, sowie mangels eines für diesen Lebensraumtyp charakteristischen Artenspektrums der Krautschicht nicht dem LRT 91E0* entsprechen, im Einklang mit den im Datenblatt zum Lebensraumtyp 91E0* des Bundesamtes für Naturschutz formulierten Anforderungen an die Feststellung von Vorkommen dieses Lebensraumtyps (vgl. die Internetseite des Bundesamtes für Naturschutz, www.bfn.de/0316typ91e0.html). Denn danach sind insbesondere lückige, fragmentierte Bestände, bei denen die Lücken zwischen den einzelnen Bäumen größer als die Baumhöhe sind, als Baumreihen zu werten und nicht als Bestände des LRT 91E0* zu erfassen.

98

Anders, als der Kläger meint, führt das planfestgestellte Vorhaben auch nicht zu erheblichen Beeinträchtigungen erhaltungszielbestimmender Schmetterlingsarten.

99

Nachdem er bereits im Einwendungsschreiben eine definitive Zerstörung von Lebensräumen der Schmetterlingsarten „Großer Feuerfalter“ (Lycaena Dispar) und „Dunkler Wiesenknopf-Ameisenbläuling“ (Maculinea Nausithous) durch das Vorhaben geltend gemacht hatte, hat der Kläger im gerichtlichen Verfahren im Wesentlichen vorgebracht, das Vorhaben führe zur erheblichen Beeinträchtigung von (jedenfalls potentiellen) Lebensräumen der Schmetterlingsarten „Großer Feuerfalter“ und „Dunkler Wiesenknopf-Ameisenbläuling“, und zwar durch die Verstärkung bereits bestehender Zerschneidungs- und Barrierewirkungen des Brückenbauwerks infolge seiner Erweiterung um eine zweite Brücke, was aufgrund der bereits angespannten Situation der beiden Arten im Gebiet zu einer gravierenden Verschlechterung ihres Erhaltungszustandes und damit zu einer erheblichen Beeinträchtigung des Gebiets in seinen Erhaltungszielen führen werde. Zwar hat der Kläger eingeräumt, dass im unmittelbaren Trassenbereich, soweit dieser das FFH-Gebiet quert, kein geeigneter Lebensraum für die beiden Falterarten vorhanden sei; doch gebe es im Queichtal sowohl nördlich als auch südlich der B 10 Flächen, die für beide Arten geeignet seien und auf deren Verfügbarkeit bzw. Erreichbarkeit es für die Überlebensfähigkeit der Metapopulationen der beiden Arten ankomme. Darüber hinaus sei die Brücken- oder Trittsteinfunktion der betroffenen FFH-Gebietsteile für den großräumigen Zugang von der Rheinebene zum Pfälzer Wald zu beachten, weshalb sich deren Beeinträchtigung durch das Vorhaben auf das Ökoverbundsystem „Natura 2000“ insgesamt auswirke und deshalb im Rahmen der Ausnahmeprüfung nach § 34 Abs. 3 BNatSchG hohe Anforderungen zu stellen seien.

100

Der Planfeststellungsbeschluss hat sich in Auseinandersetzung mit dem entsprechenden Einwendungsvorbringen des Klägers mit den beiden Schmetterlingsarten befasst und unter Bezugnahme auf die der FFH-Verträglichkeitsprüfung zugrunde gelegten faunistischen Erhebungen sowie den „Fachbeitrag Artenschutz“ ausgeführt, dass es für Lebensräume der Art „Großer Feuerfalter“ keine Nachweise und für geeignete Habitate des Dunklen Wiesenknopf-Ameisenbläulings nur Nachweise außerhalb des Wirkbereichs der B 10 gebe, was auch durch aktuelle Überprüfungen im April 2010 bestätigt worden sei; höchst vorsorglich wurde für beide Arten in Kapitel A VI des Planfeststellungsbeschlusses eine Ausnahmegenehmigung nach § 45 Abs. 7 BNatSchG erteilt; zudem – so wird weiter ausgeführt – würden beide Arten auch von der (vorsorglichen) Ausnahmezulassung nach § 34 Abs. 3 BNatSchG erfasst.

101

Im gerichtlichen Verfahren hat der Beklagte eine weitere Stellungnahme des Dipl.-Biologen H. vom 6. April 2011 vorgelegt (Anlage 7 zum Schriftsatz des Beklagten vom 3. Juni 2011). Danach hat eine weitere Überprüfung vor Ort ergeben, dass weiterhin keine Lebensraumpotentiale für die Arten Heller Wiesenknopf-Ameisenbläuling und Großer Feuerfalter im Wirkraum des Vorhabens vorhanden seien und der Dunkle Wiesenknopf-Ameisenbläuling im Bereich des Queichtals zwar vereinzelt nachgewiesen sei; doch seien die nächsten Fundorte nördlich der B 10 weit außerhalb des Wirkraums gelegen und insbesondere seien die für die Falterart bedeutsamen Vorkommen der Hauptfutterpflanze im Eingriffsbereich nicht vorhanden. In einer weiteren Stellungnahme vom 26. Januar 2015, die als Anlage 8 zum Schriftsatz des Beklagten vom 18. Februar 2015 zu den Gerichtsakten gereicht wurde, hat der Dipl.-Biologe H. zur Frage von erheblichen Beeinträchtigungen der beiden erhaltungszielbestimmenden Falterarten die vorliegenden Erkenntnisse wie folgt zusammengefasst: Für die Art Dunkler Wiesenknopf-Ameisenbläuling könne zunächst eine Zerschneidung bedeutsamer Teillebensräume infolge der Verwirklichung des planfestgestellten Vorhabens ausgeschlossen werden. Es sei zwar davon auszugehen, dass jeweils nördlich und südlich der B 10 eine Teilpopulation bestehe, da die Art als sehr standorttreu gelte. Zudem seien große Flächenanteile durch Gehölzbestände abgeriegelt, was einen ständigen Austausch zwischen den Teilflächen beidseits der B 10 nicht erwarten lasse. Ein Überfliegen von größeren Gehölzen sei nur ausnahmsweise anzunehmen. Die Tiere orientierten sich an der Blütenvegetation der Krautschicht und breiteten sich über Offenlandbestände und Säume aus. Dabei seien die Lebensstätten immer eng an das Vorkommen der essenziellen Futterpflanze – Großer Wiesenknopf – gebunden. Hauptflugorte seien Saumstandorte mit Wiesenknopf, wie Grabenränder, Böschungen, Dämme oder Feuchtbrachen sowie in Randbereichen von Mähwiesen. Die Hauptgefährdung der lokalen Population im Talraum der Queich bestehe in der fehlenden Nutzung oder einer ungünstigen Nutzung von Grünland. Zudem seien viele Standorte zwischenzeitlich von Neophyten dominiert. Grundsätzlich sei aber ein Austausch zwischen den beiden Teilräumen denkbar, da für die Art häufige Flugdistanzen von 1 bis 3 km bestätigt worden seien. Für das Projektgebiet sei dabei ein möglicher Austausch insbesondere durch den breiten Korridor mit Staudenfluren entlang der Bahnlinie zu vermuten. Ein zweiter Korridor bestehe potentiell entlang des Queichtalweges, allerdings fehlten hierzu aktuell geeignete Flächen mit Vorkommen der Futterpflanze Großer Wiesenknopf. Mit dem geplanten Vorhaben würden diese möglichen Korridore in ihrer Funktionsfähigkeit nicht verändert: Das vorhandene Bauwerk zur Bahnüberführung bleibe unverändert erhalten. Das daneben neu mit Abstand zu errichtende Bahnbauwerk erhalte aufgrund der großen lichten Weite des vorhandenen Bauwerks in Bodennähe die gleichen Abmessungen. Das bestehende Bauwerk zur Queichquerung der B 10 bleibe ebenfalls unverändert. Das zweite Bauwerk erhalte in Bodennähe eine größere lichte Weite. Es sei daher mit hoher Wahrscheinlichkeit anzunehmen, dass bei einer möglichen Nutzung der bahnbegleitenden bzw. gewässerbegleitenden Saumstrukturen durch die Falterart eine Teilverschattung durch ein zweites Bauwerk keine Rolle spielen werde. Darüber hinaus sei für diese Art ein erhebliches Kollisionsrisiko mit signifikanten Auswirkungen auf die Population der Art nicht gegeben. Denn die Bundesstraße verbleibe wie bisher in einer Dammlage mit breiten Böschungen, die vollständig bepflanzt werden. Dieser Heckenriegel verhindere das ungewollte Einfliegen in den Straßenraum, da Einzeltiere damit zum Überfliegen gezwungen würden. Dies werde aber nach allen bisherigen Kenntnissen zur Ausbreitungsökologie der Art nur in ganz seltenen Fällen vorkommen, da der Dunkle Wiesenknopf-Ameisenbläuling stark strukturgebunden in der Krautvegetation fliege. Auch für die Art Großer Feuerfalter sei eine Zerschneidung bedeutsamer Teillebensräume auszuschließen. Für das Queichtal zwischen Landau und Annweiler sei aus mehrjährigen Studien belegt, dass der Falter nur zeitweise den Talraum besiedele. Lokales bis regionales Aussterben und anschließende Wiederbesiedelung seien mehrfach beobachtet worden, so dass auf einen großen Flächenbedarf für langfristig überlebende Vorkommen geschlossen werde. Die Art werde indessen als sehr flugfähig und mobil eingestuft; dabei sei anzunehmen, dass die Art bei einem möglichen Ausbreitungsflug in jedem Fall eine Orientierung an Blütenpflanzen der Krautschicht suche. Auch ein erhebliches Kollisionsrisiko mit signifikanten Auswirkungen auf die Population dieser Art sei nicht gegeben. Zwar sei ein Überfliegen des gehölzbestandenen Straßendammes potentiell möglich, stelle aber eher die Ausnahme dar. Die Strukturbindung an die Blütenfarben bzw. an die Nektarpflanzen führe dazu, dass auch die Ausbreitungsflüge in der überwiegenden Mehrzahl auf Höhe der Krautschicht erfolgten. Im Falle der Queichbrücke sei daher ein Unterfliegen der Brücke zu postulieren, falls dieser Korridor von der Art überhaupt beflogen werden sollte. Diese Erkenntnisse hat der Gutachter bei seiner ergänzenden Anhörung in der mündlichen Verhandlung anhand zur Gerichtsakte gereichter Karten und Luftbilder nochmals erläutert.

102

Danach teilt der Senat die Auffassung des Beklagten, dass nach Abschluss der Verträglichkeitsprüfung und mehrfacher Überprüfung ihres Ergebnisses durch aktualisierende Begutachtungen kein vernünftiger Zweifel verbleibt, dass erhebliche Beeinträchtigungen des FFH-Gebiets im Hinblick auf die genannten erhaltungszielbestimmenden Schmetterlingsarten ausgeschlossen erscheinen.

103

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sind Maßstab für die Erheblichkeit von Gebietsbeeinträchtigungen i.S.v. § 34 Abs. 2 BNatSchG die für das Gebiet maßgeblichen Erhaltungsziele, also die Festlegungen zur Erhaltung oder Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands der in dem FFH-Gebiet vorkommenden Lebensräume und Arten nach den Anhängen I und II der Habitat-Richtlinie (vgl. z.B. BVerwG, Beschluss vom 10. November 2009 – 9 B 28.09 –, DVBl. 2010, 176 und juris, Rn. 3, m.w.N.). Danach waren hier mögliche Auswirkungen des Vorhabens auf den Erhaltungszustand der drei Schmetterlingsarten „Großer Feuerfalter“, „Dunkler Wiesenknopf-Ameisenbläuling“ und „Großer Mohrbläuling“ (= Heller Wiesenknopf-Ameisenbläuling) im Rahmen der FFH-Verträglichkeitsprüfung zu prüfen, da alle drei Arten in der Anlage I zu § 25 Abs. 2 des Landesnaturschutzgesetzes als maßgebliche Gebietsbestandteile benannt sind und darüber hinaus in der Landesverordnung über die Erhaltungsziele in den Natura 2000-Gebieten (GVBl. 2009, S. 4, 17) als eines der Erhaltungsziele für das FFH-Gebiet „Biosphärenreservat Pfälzerwald“ auch folgendes Ziel benannt wird: „Erhaltung oder Wiederherstellung von nicht intensiv genutzten Mähwiesensystemen, u.a. mit Pfeifengraswiesen und Borstgrasrasen, auch als Lebensräume für Schmetterlinge (insbesondere Maculinea ssp. und Lychaena dispar).“ Zu den Anforderungen an die ordnungsgemäße Durchführung einer FFH-Verträglichkeitsprüfung hat das Bundesverwaltungsgericht in ebenfalls ständiger Rechtsprechung insbesondere ausgeführt: Die Verträglichkeitsprüfung erfordere eine Einzelfallbeurteilung, bei der in einem ersten Schritt eine sorgfältige Bestandserfassung und –bewertung der von dem Projekt betroffenen maßgeblichen Gebietsbestandteile zu erfolgen habe; sodann seien die Einwirkungen zu ermitteln und naturschutzfachlich zu bewerten; ein Projekt ist danach zulässig, wenn nach Abschluss der Verträglichkeitsprüfung kein vernünftiger Zweifel verbleibt, dass erhebliche Beeinträchtigungen vermieden werden; dies setzt die Ausschöpfung aller einschlägigen wissenschaftlichen Mittel und Quellen voraus, wobei es zulässig ist, mit Prognosewahrscheinlichkeiten und Schätzungen zu arbeiten, soweit auch bei Ausschöpfung der einschlägigen Erkenntnismittel nicht ausräumbare Unsicherheiten über Wirkungszusammenhänge verbleiben, sofern dies kenntlich gemacht und begründet wird; dabei können auch Schutz- und Kompensationsmaßnahmen zugunsten des Projekts berücksichtigt werden, sofern sie sicherstellen, dass erhebliche Beeinträchtigungen verhindert werden (vgl. zum Ganzen z.B. BVerwG, Urteil vom 12. März 2008, a.a.O., Rn. 68 und 94).

104

Diesen Anforderungen ist vorliegend in Bezug auf die erhaltungszielbestimmenden Schmetterlingsarten in vollem Umfang Rechnung getragen worden. Wie zuletzt in der ergänzenden fachlichen Beurteilung des Gutachters H. vom 25. Januar 2015 aufgrund abermaliger Begehung und Überprüfung der Vegetationsstrukturen unter gleichzeitiger Auswertung der einschlägigen Fachliteratur überzeugend zusammengefasst wurde, gibt es zum einen keine Nachweise für Populationen des Großen Feuerfalters in den Talwiesen zwischen Godramstein und Landau, sondern nur eine Vermutung für das Einfliegen von Einzelexemplaren aus benachbarten Populationen, die aufgrund ihrer Mobilität aber auch größere Entfernungen mit Hindernissen überwinden können. Demgegenüber muss der Helle Wiesenknopf-Ameisenbläuling in den Talwiesen zwischen Godramstein und Landau wie wohl im gesamten Naturraum Pfälzerwald inzwischen als ausgestorben gelten. Der Dunkle Wiesenknopf-Ameisenbläuling kommt zwar in den Talwiesen zwischen Godramstein und Landau noch vor, doch beschränkt sich das Vorkommen auf drei Fundorte, die weit außerhalb des Eingriffsraumes des Vorhabens, nämlich mehr als 400 m von der B 10-Trasse entfernt liegen, wobei es sich um auf natürliche Weise (Gehölzriegel) abgeschottete, aber selbstständig lebensfähige Metapopulationen handelt, zwischen denen aufgrund der geringen Mobilität der Art kein nennenswerter Austausch stattfindet. Falls überhaupt, werden für Wanderungen von Einzelexemplaren nicht der Bereich der B 10-Querung des Queichtals, sondern kleinere Taleinschnitte (Bahnlinie, Wirtschaftsweg) genutzt, die ein Wandern entlang geeigneter Saumstrukturen ermöglichen. Danach erscheinen dem Senat die Schlussfolgerungen der Gutachter der FFH-Verträglichkeitsprüfung, dass erhebliche Beeinträchtigungen des FFH-Gebiets in seinen auf die genannten Schmetterlingsarten bezogenen Erhaltungszielen ausgeschlossen erscheinen, weil weder Lebensräume der Schmetterlinge im Einwirkungsbereich des Vorhabens vorhanden sind noch durch das Vorhaben für die Arten relevante Zerschneidungs- oder Barriereeffekte bewirkt werden und auch keine signifikante Erhöhung des Kollisionsrisikos gegeben ist, in jeder Hinsicht überzeugend. Sie beruhen auf einer sorgfältigen Bestandserfassung und -bewertung, wurden unter Ausschöpfung aller verfügbaren wissenschaftlichen Erkenntnisse getroffen und unter Inanspruchnahme der fachlichen Einschätzungsprärogative nachvollziehbar begründet. Der Kläger hat demgegenüber keine auf einer überlegenen Fachkunde beruhenden konkreten abweichenden Erkenntnisse hinsichtlich des Vorkommens und des Verhaltens der maßgeblichen Falterarten im Queichtal für sich in Anspruch genommen, die Anlass für eine abweichende Beurteilung der Wirkungen des Vorhabens auf die genannten erhaltungszielbestimmenden Falterarten oder für eine abermalige Begutachtung sein könnten.

105

Zweifel an der Einschätzung im angefochtenen Planfeststellungsbeschluss, dass das Vorhaben nicht zu erheblichen Beeinträchtigungen des FFH-Gebiets in seinen für die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck maßgeblichen Bestandteilen führen kann, sind schließlich auch nicht deshalb angebracht, weil keine abschnittsübergreifende sog. Dach-FFH-Verträglichkeitsprüfung durchgeführt wurde.

106

Der vom Kläger bereits in seinem Einwendungsschreiben geforderten Dach-FFH-Verträglichkeitsprüfung für das gesamte Planungsvorhaben des Ausbaus der B 10 zwischen Pirmasens und Landau bedurfte es nicht. Als „Projekt“ i.S.v. § 34 Abs. 1 BNatSchG, das auf seine Verträglichkeit mit den Erhaltungszielen eines Natura-2000-Gebiets zu überprüfen ist, ist bei fernstraßenrechtlichen Bau- oder Ausbauvorhaben der zulässigerweise gebildete Planungsabschnitt, der Gegenstand des festgestellten Plans ist, anzusehen, hier also der vierstreifige Ausbau der B 10 im Abschnitt zwischen Godramstein und der A 65. Insoweit gilt das zum Projektbegriff im UVP-Recht oben bereits Ausgeführte hier entsprechend. Nur dieser Abschnitt hat daher Gegenstand der FFH-Verträglichkeitsprüfung zu sein. Ergänzend ist gemäß § 34 Abs. 1 Satz 1, 1. Halbsatz BNatSchG lediglich noch zu prüfen, ob das Projekt eventuell (wenn nicht einzeln, so doch) im Zusammenwirken mit anderen Projekten oder Plänen geeignet ist, das Gebiet erheblich zu beeinträchtigen. Diese Frage ist in der FFH-Verträglichkeitsprüfung im Planaufstellungsverfahren untersucht und eindeutig verneint worden (vgl. Planordner 2, Planunterlage 12.4, S. 27 f.), ohne dass dies vom Kläger konkret in Frage gestellt worden ist.

107

Danach bleibt festzuhalten, dass nach dem überzeugenden Ergebnis der mehrfach überprüften und ergänzten FFH-Verträglichkeitsprüfung eine erhebliche Beeinträchtigung von Erhaltungszielen des FFH-Gebiets – zumal unter den vom Kläger vorrangig geltend gemachten Gesichtspunkten der Beeinträchtigung zweier Schmetterlingsarten – hinreichend sicher ausgeschlossen werden kann, das Vorhaben also als FFH-verträglich einzustufen ist. Einer Abweichungszulassung nach § 34 Abs. 3 BNatSchG bedurfte es danach nicht.

108

Unabhängig davon begegnet aber auch die im Planfeststellungsbeschluss (S. 161 ff.) rein vorsorglich durchgeführte Ausnahmeprüfung keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken:

109

Nach § 34 Abs. 3 BNatSchG darf ein Projekt abweichend vom Abs. 2 nur zugelassen oder durchgeführt werden, soweit es aus zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses, einschließlich solcher sozialer oder wirtschaftlicher Art, notwendig ist (Nr. 1) und zumutbare Alternativen, den mit dem Projekt verfolgten Zweck an anderer Stelle ohne oder mit geringeren Beeinträchtigungen zu erreichen, nicht gegeben sind (Nr. 2). Soll ein Projekt nach Abs. 3 zugelassen oder durchgeführt werden, sind zudem die zur Sicherung des Zusammenhangs des Netzes „Natura 2000“ notwendigen Maßnahmen vorzusehen (§ 34 Abs. 5 BNatSchG).

110

Unterstellt, das planfestgestellte Vorhaben würde doch zu erheblichen Beeinträchtigungen von Erhaltungszielen des FFH-Gebiets führen, etwa – was allenfalls in Betracht zu ziehen wäre – unter dem Gesichtspunkt von Zerschneidungs- bzw. Barrierewirkungen in Bezug auf Austauschbeziehungen zwischen Teilpopulationen des Großen Feuerfalters und des Dunklen Wiesenknopf-Ameisenbläulings, so lägen jedenfalls die Voraussetzungen für eine Abweichungszulassung nach den genannten Vorschriften vor:

111

Das Vorhaben des vierstreifigen Ausbaus der B 10 zwischen Godramstein und der Autobahn A 65 wäre in diesem Falle zunächst als aus zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses notwendig anzusehen. Insoweit hat der Planfeststellungsbeschluss in nicht zu beanstandender Weise die gesetzliche Bedarfsfeststellung und die weiteren, zur Erforderlichkeit der Ausbaumaßnahme angeführten Gründe, insbesondere das Ziel der Erhöhung der Verkehrssicherheit, ins Feld geführt. In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass die gesetzliche Bedarfsfeststellung einem Planvorhaben einen besonderen Stellenwert verleiht, der in der Interessenabwägung mit hohem Gewicht zu Buche schlägt (vgl. z. B. BVerwG, Urteil vom 12. März 2008, a.a.O., Rn. 159, m.w.N.). Wie oben bereits ausgeführt, kommt dabei der Einstufung in den Weiteren Bedarf mit Planungsrecht keine „graduelle Minderwertigkeit“ zu; vielmehr entspricht auch ein solches Vorhaben den Zielvorstellungen des § 1 Abs. 1 Fernstraßengesetz, ihm kommt nur bei der konkreten Bereitstellung finanzieller Mittel ein grundsätzlicher Nachrang gegenüber Vorhaben des „Vordringlichen Bedarfs“ zu, der aber die Gewichtigkeit der mit ihm verfolgten Planungsziele als zwingende öffentliche Interessen nicht entscheidend mindert. Der Planfeststellungsbeschluss hat auch eine konkrete „bipolare Abwägung“ zwischen den für das Vorhaben sprechenden Gründen des öffentlichen Interesses und dem Integrationsinteresse des FFH-Gebietes vorgenommen (vgl. auch dazu: BVerwG, Urteil vom 12. März 2008, a.a.O., Rn. 154 und 165) und ist ohne erkennbaren Abwägungsfehler zu dem Ergebnis gelangt, dass die für das Vorhaben sprechenden Gründe die (wenn überhaupt) allenfalls geringfügigen Beeinträchtigungen des Habitatschutzes klar überwiegen. Auf die Frage, ob die Verkehrsprognose methodisch und im Ergebnis in jeder Hinsicht beanstandungsfrei ist, kommt es auch hier angesichts des Gewichts der gesetzlichen Bedarfsfeststellung und der bereits im Ist-Zustand bestehenden hohen Verkehrsbelastung, die – wie ausgeführt – allein schon einen vierstreifigen Ausbau rechtfertigen würde, letztlich nicht an.

112

Der Planfeststellungsbeschluss hat auch eine nicht zu beanstandende Alternativenprüfung vorgenommen, die zutreffend zu dem Ergebnis gelangt ist, dass es keine zumutbaren Alternativen gibt, den mit dem Projekt verfolgten Zweck an anderer Stelle oder mit geringeren Beeinträchtigungen des Habitatschutzes zu erreichen. Dabei hat er sich an der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts orientiert, wonach eine Alternativlösung i.S.v. § 34 Abs. 3 Nr. 2 BNatSchG voraussetzt, dass sich die zulässigerweise verfolgten Planungsziele trotz gegebenenfalls hinnehmbarer Abstriche auch mit ihr erreichen lassen (vgl. z.B. BVerwG, Urteil vom 12. März 2008, a.a.O., Rn. 170, m.w.N.). Da alle denkbaren Trassenalternativen jenseits einer bloßen Erweiterung der bestehenden dreistreifigen B 10 um eine weitere Fahrspur, also namentlich Neubautrassen, zwangsläufig mit wesentlich gravierenderen Eingriffen in Natur und Landschaft verbunden wären und daher von vorneherein ausscheiden, waren letztlich nur Varianten der gewählten Trasse (Anbau im Norden oder im Süden) näher zu erörtern. Der Planfeststellungsbeschluss hat insoweit in jeder Hinsicht überzeugend dargelegt, dass mit dem ausgewählten alternierenden Anbau sowohl die Belange des Habitatschutzes als auch andere Umweltbelange die größtmögliche Schonung erfahren. Dies ist vom Kläger nicht substantiiert in Frage gestellt worden.

113

Der Planfeststellungsbeschluss sieht schließlich auch in ausreichendem Umfang Vermeidungs-, Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen vor, die bei Unterstellung einer (allenfalls geringfügig) die Schwelle der Erheblichkeit übersteigenden Beeinträchtigung von Erhaltungszielen des FFH-Gebiets geeignet erscheinen, den Schutz der globalen Kohärenz des Natura 2000-Netzes sicherzustellen. Dabei hat er sich an den diesbezüglichen Grundsätzen der Rechtsprechung orientiert; diesen zufolge ist es Aufgabe der Kohärenzsicherungsmaßnahmen, die zu dem Projekt hinzutreten, die Funktionseinbuße für die Erhaltungsziele zu kompensieren (vgl. z.B. BVerwG, Urteil vom 13. Mai 2009 – 9 A 73.07 –, NuR 2009, 711 und juris, Rn. 69, m.w.N.). Dabei ist der Funktionsbezug das maßgebliche Kriterium insbesondere auch zur Bestimmung des notwendigen räumlichen und zeitlichen Zusammenhangs zwischen Gebietsbeeinträchtigung und Kohärenzsicherung. Der Ausgleich muss aber nicht notwendig unmittelbar am Ort der Beeinträchtigung erfolgen, sondern es genügt, dass die Einbuße ersetzt wird, die das Gebiet hinsichtlich seiner Funktion für die biogeografische Verteilung der beeinträchtigten Lebensräume und Arten erleidet. In zeitlicher Hinsicht muss mindestens sichergestellt sein, dass das Gebiet unter dem Aspekt des beeinträchtigten Erhaltungsziels nicht irreversibel geschädigt wird. Ist das gewährleistet, lässt sich die Beeinträchtigung aber – wie im Regelfall – nicht zeitnah ausgleichen, so ist es hinnehmbar, wenn die Kohärenzsicherungsmaßnahmen rechtzeitig bis zur Vollendung des Vorhabens ergriffen werden, die Funktionseinbuße hingegen erst auf längere Sicht wettgemacht wird. Dabei ist die Eignung einer Kohärenzsicherungsmaßnahme ausschließlich nach naturschutzfachlichen Maßstäben zu beurteilen, wobei der Planfeststellungsbehörde eine naturschutzfachliche Einschätzungsprärogative zukommt (vgl. zum Ganzen insbesondere BVerwG, Urteil vom 12. März 2008, a.a.O., Rn. 200 ff.).

114

Hieran orientiert hat der Planfeststellungsbeschluss im Einzelnen dargelegt, inwiefern bestimmten der vorgesehenen Maßnahmen – unabhängig davon, ob sie innerhalb oder außerhalb des FFH-Gebiets vorgenommen werden sollen – positive Auswirkungen auf das FFH-Gebiet attestiert werden können, indem sie zu einer Aufwertung von Lebensräumen für erhaltungszielbestimmende Arten (namentlich Fledermäuse, Schmetterlinge) führen oder als Vermeidungsmaßnahmen zum Beispiel Kollisionsrisiken für solchen Arten mindern. Die vom Kläger an der Eignung oder Wirksamkeit einzelner Maßnahmen geäußerten Zweifel sind teilweise irrelevant, soweit sie sich etwa auf eine Kompensation von Beeinträchtigungen des Lebensraumtyps 91E0* beziehen, da ein Vorkommen dieses Lebensraumtyps im Wirkraum der Planung ausgeschlossen werden konnte. Im Übrigen ist ihnen der Beklagte überzeugend entgegengetreten.

115

bb. Des Weiteren lässt der Planfeststellungsbeschluss im Hinblick auf die Anforderungen des europäischen und nationalen Artenschutzrechts keine Defizite erkennen. Namentlich stehen der Verwirklichung des planfestgestellten Vorhabens die zwingenden Regelungen der §§ 44 ff. BNatSchG in Bezug auf besonders geschützte Arten nicht entgegen.

116

Nach den in § 44 BNatSchG normierten Verbotstatbeständen, bei deren Erfüllung ein Vorhaben grundsätzlich unzulässig ist, ist es insbesondere verboten, wildlebenden Tieren der besonders geschützten Arten nachzustellen, sie zu fangen, zu verletzen oder zu töten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören (Nr. 1), wildlebende Tiere der streng geschützten Arten und der europäischen Vogelarten während der Fortpflanzungs-, Aufzucht-, Mauser-, Überwinterungs- und Wanderungszeiten erheblich zu stören, wobei eine erhebliche Störung nur vorliegt, wenn sich durch die Störung der Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art verschlechtert (Nr. 2), und Fortpflanzungs- oder Ruhestätten der wildlebenden Tiere der besonders geschützten Arten aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören (Nr. 3). Für Vorhaben, die – wie das in Rede stehende fernstraßenrechtliche Ausbauvorhaben (vgl. dazu unten unter cc.) – einen nach Maßgabe des § 15 BNatSchG zulässigen Eingriff in Natur und Landschaft darstellen, trifft § 44 Abs. 5 BNatSchG ergänzende Regelungen: Bei solchen Vorhaben liegt gemäß § 44 Abs. 5 Satz 2, wenn in Anhang IV a der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführte Tierarten, europäische Vogelarten oder in einer Rechtsverordnung nach § 54 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG aufgeführte Arten betroffen sind, ein Verstoß gegen das Verbot des Abs. 1 Nr. 1 und im Hinblick auf damit verbundene unvermeidbare Beeinträchtigungen wildlebender Tiere auch gegen das Verbot des Abs. 1 Nr. 1 nicht vor, soweit die ökologische Funktion der von dem Eingriff oder Vorhaben betroffenen Fortpflanzungs- oder Ruhestätten im räumlichen Zusammenhang weiterhin erfüllt wird.

117

Diesen Anforderungen hat der angefochtene Planfeststellungsbeschluss hinreichend Rechnung getragen.

118

Der Planfeststellungsbeschluss handelt die Vereinbarkeit des Vorhabens mit dem europäischen und nationalen Artenschutzrecht umfassend ab und gelangt – gestützt im Wesentlichen auf die im Planfeststellungsverfahren eingeholten und mehrfach überarbeiteten beiden Fachbeiträge „Streng geschützte Arten“ (Planordner 2, Anlage 12.3.1) sowie „Besonders geschützte Arten“ (Planordner 2, Anlage 12.3.2) – zu folgenden Ergebnissen: Unter Berücksichtigung der konkreten Ausgestaltung der Baumaßnahme, der in der Planung enthaltenen naturschutzfachlichen Maßnahmen, der naturschutzfachlichen Bewertungen der Sachverständigen sowie der im Planfeststellungsbeschluss getroffenen Regelungen komme es nicht zur Erfüllung von Verbotstatbeständen des § 44 Abs. 1 i.V.m. Abs. 5 BNatSchG im Hinblick auf Arten des Anhangs IV der FFH-Richtlinie oder im Hinblick auf europäische Vogelarten. Insbesondere führe das planfestgestellte Vorhaben bau-, anlagen- und betriebsbedingt nicht zur Beschädigung oder Zerstörung von Ruhe- und Fortpflanzungsstätten dieser Arten, deren ökologische Funktion im räumlichen Zusammenhang nicht gewahrt werde; ebenso wenig würden erhebliche Störungen i.S.v. § 44 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG verursacht; schließlich würden auch keine Tötungen i.S.v. § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG ausgelöst. Die Voraussetzungen der dennoch dem Vorhabenträger vorsorglich erteilten Ausnahmegenehmigungen nach § 45 Abs. 7 BNatSchG sowie höchstvorsorglich erteilten Befreiung nach § 67 BNatSchG lägen jedoch vor; namentlich stritten für die Baumaßnahme zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses und es gebe für das Vorhaben in seiner konkreten Ausgestaltung auch keine zumutbaren Planungsalternativen und eine Verschlechterung des Erhaltungszustands der Populationen der im Planbereich vorkommenden besonders geschützten Arten sei nicht zu erwarten.

119

Nachdem der Kläger in seinem Einwendungsschreiben noch umfangreichere artenschutzrechtliche Einwendungen erhoben hatte, hat er im gerichtlichen Verfahren – neben Rechtsausführungen – von diesen Einwendungen im Wesentlichen nur noch folgende konkrete Gesichtspunkte weiterverfolgt: Aus dem Fachbeitrag Planunterlage 12.3.2 ergäben sich keine hinreichenden Hinweise auf Größe und Raumanspruch der jeweiligen lokalen Populationen, weshalb eine Beurteilung, ob vereinzelte Tötungen von Tieren zu negativen Auswirkungen auf die jeweilige lokale Population führen, nicht möglich sei. Deshalb seien auch keine Aussagen zu etwaigen Ausnahmen oder Befreiungen möglich, zumal deren Voraussetzungen aus klägerischer Sicht ohnehin nicht zu begründen seien. Die Unkenntnis populationsbezogener Daten schlage auch auf die in Kapitel C II 1, 4. Spiegelstrich des Planfeststellungsbeschlusses vorgesehene Auflage der Errichtung einer ohnehin dringend gebotenen Überflughilfe für Vögel und Fledermäuse durch; denn nach Kapitel C II 1, 5. Spiegelstrich solle die optimale Ausgestaltung der Überflughilfen erst im Vorfeld der Baumaßnahmen mit Hilfe von Untersuchungen durch Fledermausexperten eruiert werden, womit letztlich eine nachträgliche Bestandserhebung angeordnet werde. Gerade im Bereich der Fledermäuse finde nur eine Betrachtung von Hypothesen statt, ohne dass eine sachgerechte Konfliktlösung bewerkstelligt und eine hinreichende Abwägung bei der Ausnahme und Befreiungsentscheidung vorgenommen worden sei.

120

Diese Ausführungen des Klägers sind jedoch nicht geeignet, artenschutzrechtliche Defizite des Planfeststellungsbeschlusses zu begründen:

121

Zunächst sind aus Sicht des Senats keine Zweifel daran veranlasst, dass die Ermittlung und Bestandsaufnahme der im Wirkraum des Vorhabens vorhandenen Tierarten den Anforderungen der Rechtsprechung an Art und Umfang, Methodik und Untersuchungstiefe erforderlicher fachgutachterlicher Untersuchungen entspricht. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts setzt die Prüfung, ob einem Planvorhaben artenschutzrechtliche Verbotstatbestände entgegenstehen, eine ausreichende Ermittlung und Bestandsaufnahme der im Trassenbereich vorhandenen Tierarten und ihrer Lebensräume voraus. Dabei muss jedoch kein lückenloses Arteninventar erstellt werden; lassen bestimmte Vegetationsstrukturen sichere Rückschlüsse auf die faunistische Ausstattung zu, kann es vielmehr mit der gezielten Erhebung der insoweit maßgeblichen repräsentativen Daten sein Bewenden haben. Um die Planfeststellungsbehörde in die Lage zu versetzen, die tatbestandlichen Voraussetzungen der Verbotstatbestände zu überprüfen, benötigt sie aber jedenfalls Daten, denen sich in Bezug auf das Plangebiet die Häufigkeit und Verteilung der geschützten Arten sowie deren Lebensstätten entnehmen lassen (vgl. zum Ganzen z.B. BVerwG, Urteil vom 9. Juli 2008 – 9 A 14.07 –, BVerwGE 131, 274 und juris, Rn. 54, m.w.N.). Die artenschutzrechtliche Prüfung hat bei der Erfassung und Bewertung möglicher Betroffenheiten nach ausschließlich wissenschaftlichen Kriterien zu erfolgen, wobei der Planfeststellungsbehörde insoweit eine naturschutzfachliche Einschätzungsprärogative zusteht (vgl. BVerwG, Urteil vom 9. Juli 2008, a.a.O., Rn. 64 f.).

122

Danach kann hier festgestellt werden, dass die beiden Fachbeiträge Artenschutz – insbesondere in der letzten, an den § 44 ff. BNatSchG i.d.F. vom 29.Juli 2009 orientierten Überarbeitung vom August 2010 – umfassende Darstellungen der im Wirkraum der Planung aufgrund der naturräumlichen Verhältnisse und der Vegetationsausstattung zu erwartenden, besonders und streng geschützten Tier- (und Pflanzen-)Arten enthalten, die sowohl auf einer Auswertung einschlägiger Datenbanken und Fachliteratur als auch auf eigenen Erhebungen bei mehreren Begehungen beruhen. Hinsichtlich jeder Art werden Angaben zu deren (gegebenenfalls nur potentiellem) Vorkommen im Untersuchungsgebiet sowie – darauf beruhend – zum Erhaltungszustand der lokalen Population gemacht. Sodann wird für jede Art deren anlage-, bau- und betriebsbedingte Betroffenheit dargestellt und es werden artspezifische Vermeidungsmaßnahmen hinsichtlich des Tötungsverbots des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG vorgeschlagen. Zusätzlich erfolgt jeweils eine Prognose und Bewertung hinsichtlich der Schädigungstatbestände des § 44 Abs. 1 Nr. 3 und der Störungsverbotstatbestände nach § 44 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG. Dabei gelangt die Untersuchung jeweils zu dem Ergebnis, dass die artenschutzrechtlichen Verbotstatbestände bei Berücksichtigung der im Einzelnen benannten Vermeidungs- und Schadensbegrenzungsmaßnahmen nicht erfüllt werden. Unabhängig davon werden vorsorglich naturschutzfachliche Gründe für eine Ausnahmeerteilung nach § 45 Abs. 7 BNatSchG benannt, wonach in allen Fällen keine (weitere) Verschlechterung des (günstigen oder teilweise auch ungünstigen) Erhaltungszustands der jeweiligen lokalen Population zu erwarten sei. Rechtserhebliche Defizite sind insoweit nicht erkennbar und werden auch vom Kläger nicht substantiiert – etwa unter Hinweis auf abweichende naturschutzfachliche Erkenntnisse – dargelegt.

123

Soweit der Kläger Angaben über die Größe und den Raumanspruch der jeweiligen lokalen Population vermisst, bleibt zu sehen, dass nach der Rechtsprechung gerade kein lückenloses Arteninventar zu erstellen ist, soweit – wie hier – bestimmte Vegetationsstrukturen sichere Rückschlüsse auf die faunistische Ausstattung zulassen. Ebenso wenig bedarf es einer flächendeckenden Individuen- oder Fortpflanzungsstättenzählung, zumal im Einwirkungsbereich der Planung ohnehin aufgrund der starken Vorbelastung durch die vorhandene Straße die meisten Anhang IV-Arten mangels Attraktivität des Umfelds nur allenfalls potentiell vorkommen, während bei den tatsächlich vorkommenden europäischen Vogelarten ubiquitäre Allerweltsarten dominieren.

124

Was schließlich die Kritik des Klägers an dem in Kapitel C II. Nr. 1, 5. Spiegelstrich des Planfeststellungsbeschlusses angeordneten Monitoring durch Fledermausexperten zur Absicherung der genauen Anforderungen an die Überflughilfen für Fledermausarten angeht, kann keine Rede davon sein, dass hier eine nachträgliche Bestandserhebung zur Ausräumung von Defiziten der Bestandsermittlung im Planfeststellungsverfahren angeordnet würde. Wie dargelegt sind Defizite der Bestandsermittlung und -bewertung in Bezug auf keine der potentiell vorkommenden Anhang IV-Arten einschließlich der Fledermäuse feststellbar. Vielmehr handelt es sich bei der Monitoringauflage um eine vorsorgliche Maßnahme im Rahmen eines Risikomanagements, um etwaigen Veränderungen des Fledermausartenspektrums im Untersuchungsraum bis zur baulichen Umsetzung des Vorhabens durch genauere Gestaltung der Überflughilfen aufgrund aktualisierter Bestandserfassungen möglichst optimal Rechnung tragen zu können. Dies steht im Einklang mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung (vgl. z.B. BVerwG, Urteil vom 12. August 2009 – 9 A 64.07 –, BVerwGE 134, 308 und juris, Rn. 92).

125

Ist danach die Schlussfolgerung des Planfeststellungsbeschlusses, dass die Planung unter Berücksichtigung der konkreten Ausgestaltung der Baumaßnahme, der in der Planung enthaltenen naturschutzfachlichen Maßnahmen sowie der im Planfeststellungsbeschluss getroffenen Regelungen nicht zur Erfüllung artenschutzrechtlicher Verbotstatbestände in Bezug auf Anhang IV- und europäische Vogelarten führen wird, nicht zu beanstanden, so hätte es an sich der (vorsorglichen) Erteilung von artenschutzrechtlichen Ausnahmegenehmigungen und sogar Befreiungen nach Kapitel A VI. des Planfeststellungsbeschlusses nicht bedurft. Indessen bestehen aber auch keine Zweifel daran, dass die Voraussetzungen des § 45 Abs. 7 BNatSchG für eine Ausnahmeerteilung vorliegen, da aus den bereits in der habitatschutzrechtlichen Ausnahmeprüfung genannten Gründen zum einen zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses i.S.v. § 45 Abs. 7 Satz 1 Nr. 5 BNatSchG für das Vorhaben streiten und zum anderen zumutbare Alternativen i.S.v. § 45 Abs. 7 Satz 3, 1. Halbsatz BNatSchG nicht gegeben sind. Darüber hinaus ist in den artenschutzrechtlichen Fachbeiträgen für jede (potentiell) betroffene Art überzeugend dargestellt worden, dass sich der Erhaltungszustand der Population auch bei einzelnen Verlusten von Individuen der Art nicht weiter verschlechtern wird (§ 45 Abs. 7 Satz 2, 2. Halbsatz BNatSchG).

126

cc. Der Planfeststellungsbeschluss steht schließlich auch mit der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung gemäß §§ 14 ff. BNatSchG im Einklang.

127

Da die Verwirklichung des planfestgestellten Straßenausbauvorhabens nach der Darstellung in dem zu den Planunterlagen zählenden Fachbeitrag Naturschutz (Planordner 2, Anlage 12.0, S. 38 ff.) mit einer Vielzahl von bau-, anlage- und betriebsbedingten Auswirkungen auf Natur und Landschaft verbunden ist, die als Eingriffe i.S.v. § 14 Abs. 1 BNatSchG zu werten sind, sieht der Planfeststellungsbeschluss in seinem verfügenden Teil eine große Zahl von Vermeidungs-, Minimierungs- und Kompensationsmaßnahmen vor, die neben gebiets- und artenschutzrechtlichen Zielsetzungen auch (zum Teil multifunktional) dem Eingriffsausgleich dienen und dem Straßenbaulastträger zur Beachtung und Durchführung auferlegt werden (vgl. Kapitel C, II., Nr. 1 des Planfeststellungsbeschlusses). Darüber hinaus werden in Kapitel C, II., Nrn. 2 bis 4 bestimmte landespflegerische Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen konkret festgelegt. Ferner enthält der Planfeststellungsbeschluss in Kapitel C, II., Nrn. 5 bis 9 weitere Regelungen mit teilweisem Bezug zur Eingriffsregelung. In der Begründung des Planfeststellungsbeschlusses (S. 149 bis 252) wird näher erläutert, inwiefern den Anforderungen der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung Genüge getan wurde; das Konzept zur Vermeidung, zum Ausgleich und zum Ersatz von Eingriffen beruht auf den im Planfeststellungsverfahren vom Büro S. erstellten „Fachbeitrag Naturschutz“ (Planordner 2, Anlage 12, mit Erläuterungsbericht 12.0 nebst Anhang I „Maßnahmenverzeichnis“).

128

Während der Kläger im Einwendungsschreiben vom 15. Mai 2007 sich noch ausführlicher mit den vorgesehenen Eingriffen in Natur und Landschaft auseinandergesetzt und eine Reihe aus seiner Sicht bestehende Defizite gerügt hatte, hat er im gerichtlichen Verfahren das Eingriffs- und Ausgleichskonzept des Planfeststellungsbeschlusses nicht grundsätzlich, sondern nur noch punktuell unter folgenden zwei Gesichtspunkten angegriffen: Zum einen hat er die Regelung in Kapitel C, II., Nr. 2 des Planfeststellungsbeschlusses aufgegriffen, nach der die landespflegerischen Maßnahmen 2.4 E AB (Erweiterung Bachuferwald an der Queich, ca. 1.500 m²) und 3.2 E AB (Extensivierung Uferrandstreifen an der Queich, ca. 1.200 m²) – auf als berechtigt anerkannte Einwendung u.a. des Klägers – an eine andere Stelle verlegt werden sollen, wobei der neue Standort der Maßnahmen und deren Ausgestaltung mit der oberen Naturschutzbehörde abzustimmen sind. Insoweit rügt der Kläger, dass es an einer hinreichenden tatsächlichen und rechtlichen Sicherung der beiden Maßnahmen fehle. Zum anderen schließt der Kläger aus der in derselben Regelung des Planfeststellungsbeschlusses enthaltenen weiteren Auflage, dass „in diesem Zusammenhang … auch der Verlust von ca. 400 m² Gehölzfläche sowie von ca. 150 m² Röhricht-Staudenflur zu kompensieren“ sei, dass sich dahinter ein weiterer, bisher nicht offengelegter Eingriff in Natur und Landschaft verberge. Hieraus folgert der Kläger, dass der Planfeststellungsbeschluss nicht den gesetzlichen Anforderungen an die Kompensation gemäß § 17 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 BNatSchG genüge und auch deshalb rechtswidrig sei.

129

Die Kritik des Klägers ist auch in diesen beiden Punkten nicht stichhaltig:

130

Entgegen der Annahme des Klägers bestehen zunächst keine durchgreifenden Bedenken daran, dass die Umsetzung der Maßnahmen 2.4 E AB und 3.2 E AB auch nach Aufgabe des bisher vorgesehenen Standorts (Parzelle 1704/2) wegen festgestellter mangelnder Eignung in ausreichender Weise gesichert ist. Wie der Beklagte überzeugend ausgeführt hat, sind die Maßnahmen zum einen inhaltlich durch Aufnahme in den landespflegerischen Begleitplan und dessen Einbeziehung in die festgestellten Planunterlagen hinreichend bestimmt; durch Verfügung gemäß Kapitel B Nr. 7 des Planfeststellungsbeschlusses ist dem Vorhabenträger der Eingriffsausgleich nach Maßnahme des landespflegerischen Begleitplans auch verbindlich auferlegt worden. Mit der Anordnung in Kapitel C II., Nr. 2 Satz 2 und 3, wonach der neue Standort der Maßnahmen und deren Ausgestaltung mit der Oberen Naturschutzbehörde abzustimmen und die Realisierbarkeit der Maßnahme am neuen Standort der Planfeststellungsbehörde gegenüber vor Baubeginn nachzuweisen ist, erscheint hinreichend gewährleistet, dass durch die Verlegung an einen anderen Standort keine quantitativen oder qualitativen Einbußen hinsichtlich der in den Planunterlagen beschriebenen Kompensationsziele beider Maßnahmen auftreten werden und die Baumaßnahme auch nicht ohne die Ersatzmaßnahmen ausgeführt werden darf. Die in Kapitel C II. Nr. 2 vorgesehene Möglichkeit, die beiden landespflegerischen Maßnahmen in Abstimmung mit der Oberen Naturschutzbehörde auf anderen als den im landespflegerischen Begleitplan ursprünglich dafür vorgesehenen Flächen zu verwirklichen, ist im Übrigen als Planvorbehalt gemäß § 74 Abs. 3 VwVfG zulässig (vgl. dazu OVG RP, Urteil vom 10. März 2009 – 8 C 10435/08.OVG –, NuR 2009, S. 636 und juris, Rn. 92, m.w.N.).

131

Ebenso wenig ist die Auflagenregelung in Kapitel C II. Nr. 2, Satz 4 zu beanstanden. Wie der Beklagte nachvollziehbar dargelegt hat, handelt es sich bei dem dort angesprochenen Verlust von ca. 400 m² Gehölzfläche sowie von ca. 150 m² Röhricht bzw. Staudenflur um ein zusätzliches Kompensationsdefizit, das erst aufgrund einer Überprüfung früherer Vegetationskartierungen bei einer Begehung im März 2010 durch den Dipl.-Biologen H. festgestellt worden ist. Es kann dem Planfeststellungsbeschluss nicht mit Erfolg vorgehalten werden, dass insoweit ein nachträglich festgestelltes Kompensationsdefizit offengelegt wird, nachdem gleichzeitig dem sich daraus ergebenden zusätzlichen Kompensationsbedarf durch die angesprochene Auflage Rechnung getragen wird.

132

Da im Übrigen Defizite des Eingriffs-Ausgleichskonzepts des Planfeststellungsbeschlusses vom Kläger nicht mehr konkret gerügt werden und auch aus Sicht des Senats in keiner Weise ersichtlich sind, steht der Planfeststellungsbeschluss auch mit den Anforderungen der §§ 14 ff. BNatSchG insgesamt im Einklang.

133

c. Letztendlich genügt der angegriffene Planfeststellungsbeschluss auch den Anforderungen des fachplanerischen Abwägungsgebots.

134

Nach § 17 Satz 2 FStrG sind bei der Planfeststellung für den Ausbau einer Bundesfernstraße die von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange einschließlich der Umweltverträglichkeit im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigen.

135

Auch in Bezug auf die Vereinbarkeit des Planfeststellungsbeschlusses mit § 17 Satz 2 FStrG ist daran festzuhalten, dass es sich bei dem Abwägungsgebot nur insoweit um eine „dem Umweltschutz dienende Vorschrift“ im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 1 UmwRG handelt, als es sich auf die abwägungsbeachtlichen Belange des Umweltschutzes bezieht (vgl. z. B. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 14. Oktober 2010 – 8 C 10233/14.OVG –, a.a.O., Rdnr. 39, unter Hinweis auf Fellenberg/Schiller, a.a.O., § 2 UmwRG, Rdnr. 16, m.w.N.). Das Rügerecht des Klägers ist daher darauf beschränkt, Abwägungsfehler in Bezug auf die abwägungserheblichen Belange des Umweltschutzes geltend zu machen.

136

Der Planfeststellungsbeschluss leidet indessen an keinem Abwägungsfehler, der sich – zumindest mittelbar – auf die von der Planung berührten Umweltbelange auswirken könnte.

137

aa. Der Planfeststellungsbeschluss genügt zunächst den Anforderungen an die als wesentlicher Aspekt des Abwägungsgebots anzusehende Prüfung von Alternativen zu dem beantragten Vorhaben, und zwar namentlich im Hinblick auf etwaige die betroffenen Umweltbelange schonendere Alternativlösungen, was der Kläger als Umweltverein gemäß § 2 Abs. 1 UmwRG allein rügen kann.

138

Grundsätzlich hat die Planfeststellungsbehörde alle in Betracht kommenden Alternativen – einschließlich der Nullvariante – in den Blick zu nehmen und ihre Eignung für das geplante Projekt - zumindest grob - zu prüfen (vgl. z. B. BVerwG, Urteil vom 3. März 2011 – 9 A 8.10 –, BVerwGE 139, 150 und juris, Rn. 65, sowie Urteil vom 24. November 2010 – 9 A 13.09 –, BVerwGE 138, 225 und juris, Rn. 62).

139

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts handelt eine Planfeststellungsbehörde bei der Prüfung von Alternativen für ein fernstraßenrechtliches Ausbauvorhaben nicht schon dann fehlerhaft, wenn eine andere als die von ihr bevorzugte Trassenführung ebenfalls mit guten Gründen vertretbar gewesen wäre. Die Grenze der planerischen Gestaltungsfreiheit bei der Auswahl zwischen verschiedenen Trassenvarianten ist erst dann überschritten, wenn eine alternative Linienführung sich unter Berücksichtigung aller abwägungserheblichen Belange eindeutig als die bessere, weil öffentliche und private Belange insgesamt schonendere darstellen würde, wenn sich mit anderen Worten diese Lösung der Behörde hätte aufdrängen müssen. Dabei ist die Behörde allerdings nicht verpflichtet, die Variantenprüfung bis zuletzt offen zu halten und alle von ihr zu einem bestimmten Zeitpunkt erwogenen oder ihr vorgeschlagenen Alternativen gleichermaßen detailliert und umfassend zu untersuchen. Auch im Bereich der Planungsalternativen braucht sie den Sachverhalt nur so weit aufzuklären, wie dies für eine sachgerechte Entscheidung und eine zweckmäßige Gestaltung des Verfahrens erforderlich ist. Sie ist befugt, eine Alternative, die ihr auf der Grundlage einer Grobanalyse als weniger geeignet erscheint, schon in einem frühen Verfahrensstadium auszuscheiden. Ein Abwägungsfehler liegt auch in diesem Fall erst vor, wenn sich die nicht näher untersuchte Lösung der Behörde hätte aufdrängen müssen (vgl. BVerwG, Urteil vom 19. Juli 2008 - 9 A 14.07 -, BVerwGE 131, 274 und juris, Rn. 135, m.w.N.).

140

Gemessen an diesen Maßstäben ist der angefochtene Planfeststellungsbeschluss nicht zu beanstanden. Er enthält zunächst in Kapitel E IV. 5. im Zusammenhang mit der Planrechtfertigung unter „Planungsvarianten“ eine sehr weit gefasste Auseinandersetzung mit Planungsalternativen einschließlich der „Nullvariante“ sowie einer Verbesserung des öffentlichen Personennahverkehrs (Ausbau der Queichtalbahn) und einer Verlagerung von Lkw-Transitverkehren auf die Schiene als theoretisch denkbaren Alternativen im weitesten Sinne, wobei beides mit Blick auf die gesetzliche Bedarfsfeststellung für einen vierstreifigen Ausbau der B 10 als nicht planungszielkonform verworfen wird. Daneben setzt sich der Planfeststellungsbeschluss in diesem Zusammenhang mit von der Einwenderseite ins Spiel gebrachten Ausbauvarianten (Beibehaltung des dreistreifigen Querschnitts mit Verbesserungen der Verkehrsführung, Wahl eines Querschnitts ohne Standstreifen etc.) auseinander und verwirft auch diese unter Hinweis auf ihre Unvereinbarkeit mit den Anforderungen an die Verkehrssicherheit. Schließlich wird die Wahl der Vorzugsvariante - Anbau eines weiteren Fahrstreifens an die bestehende Bundesstraße - als die die betroffenen Umwelt- und privaten Eigentumsbelange insgesamt schonendste Ausbauvariante begründet; die Wahl des konkreten Ausbauquerschnitts SQ 26 wird in Kapitel E. V. 1. nochmals eingehend erläutert. Im Übrigen wird im Rahmen der vorsorglichen Abweichungsprüfung im Habitatschutzrecht sowie der vorsorglichen Ausnahmeerteilung im Artenschutzrecht bei der Frage nach zumutbaren Alternativen auf diese Ausführungen zu den Planungsvarianten verwiesen.

141

Der Kläger hat im gerichtlichen Verfahren das Thema „Alternativenprüfung“ nur noch punktuell und eher kursorisch angesprochen. So hat er im Zusammenhang mit der Kritik an der Verkehrsprognose von M. die fehlende Berechnung eines „echten Prognose-Nullfalls (kein Ausbau des planfestgestellten Abschnitts)“ gerügt. Ferner hat er im Zusammenhang mit seinem Vortrag zur Notwendigkeit und zu den Anforderungen einer habitatschutzrechtlichen Abweichungsprüfung eher pauschal vorgetragen, der Nachweis des Fehlens einer zumutbaren Alternative mit geringeren oder keinen Beeinträchtigungen sei „ganz sicher nicht erbracht worden“, insbesondere fehle es an einer Prüfung, ob nicht auch eine Trasse in schmalerer Ausführung zur Querung des FFH-Gebietes möglich sei.

142

Diese Kritikpunkte treffen nicht zu. So beinhalten die Verkehrsuntersuchungen von M., die der Planung zugrunde gelegt wurden, auch Prognosen für den sog. „Analyse-Nullfall“; darüber hinaus wurde in der im gerichtlichen Verfahren vorgelegten ergänzenden Verkehrsuntersuchung vom 20. März 2014 (Verkehrsanalyse 2013/Verkehrsprognose 2030) auch ein Analyse-Nullfall untersucht, der nur den Verzicht auf den planfestgestellten Abschnitt umfasst. Im Übrigen ergibt sich bereits aus dem oben Gesagten, dass sich der Planfeststellungsbeschluss auch mit anderen Ausbauvarianten einschließlich geringerer Ausbauquerschnitte eingehend auseinander gesetzt hat. Es ist jedenfalls nichts dafür ersichtlich, dass die Erwägungen des Planfeststellungsbeschlusses zu den Planungsvarianten den – gegenüber den Anforderungen z. B. des § 34 Abs. 3 Nr. 2 BNatSchG weniger strengen – Maßgaben der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Alternativenprüfung im Rahmen der fachplanerischen Abwägung nicht genügen könnten. Insbesondere ist weder konkret vorgetragen worden noch sonst ersichtlich, dass der Planfeststellungsbeschluss bei der Zusammenstellung des Abwägungsmaterials eine ernsthaft in Betracht kommende Alternativlösung unberücksichtigt gelassen oder nicht mit der ihr zukommenden Bedeutung in die vergleichende Prüfung der von den möglichen Alternativen jeweils berührten öffentlichen und privaten Belange eingestellt hat. Ebenso wenig lässt sich feststellen, dass eine andere als die gewählte Trassenführung und Ausbauvariante (vierspuriger Ausbau, alternierend an der Nord- und Südseite der bestehenden Trasse, mit einem Ausbauquerschnitt SQ 26) sich unter Berücksichtigung aller abwägungserheblichen Belange als die bessere, weil öffentliche und private Belange insgesamt schonendere hätte aufdrängen müssen. Namentlich ist dem Beklagten darin beizupflichten, dass die sog. Nullvariante von vornherein mangels Eignung zur Verwirklichung der sich aus der gesetzlichen Planfeststellung ergebenden Planungsziele auszuscheiden hat und verkehrspolitisch andersartige Konzepte (z. B. Ausbau der Queichtalbahn und Verlagerung von Lkw-Transitverkehr auf die Schiene) ebenfalls vor diesem Hintergrund außer Betracht zu bleiben haben.

143

bb. Auch die Bildung eines Planungsabschnitts für den Ausbau der Teilstrecke der B 10 zwischen Godramstein und der A 65 ist Ergebnis einer fehlerfreien Abwägung. Daher kann offen bleiben, inwieweit Einwendungen gegen die Abschnittsbildung überhaupt von der Rügebefugnis des Klägers gemäß § 2 Abs. 1 UmwRG umfasst werden.

144

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist die Bildung von Planungsabschnitten, z. B. bei einem Straßenbauvorhaben, als Ausprägung des fachplanerischen Abwägungsgebots grundsätzlich zulässig, weil Streckenvorhaben ab einer gewissen Länge aus praktischen Gründen nicht in einem Verfahren geprüft und planfestgestellt werden können. Sie stellt daher ein Instrument der planerischen Problembewältigung dar; doch darf sich die Teilplanung nicht soweit verselbständigen, dass von der Gesamtplanung ausgelöste Probleme voraussichtlich ungelöst bleiben. Erforderlich, aber auch ausreichend ist eine Vorausschau auf nachfolgende Abschnitte nach Art eines „vorläufigen positiven Gesamturteils“: Eine Prognose für die nachfolgenden Abschnitte muss ergeben, dass der Verwirklichung des (Gesamt-)Vorhabens keine von vornherein unüberwindlichen Hindernisse entgegenstehen (vgl. z. B. BVerwG, Beschluss vom 23. November 2007 – 9 B 38.07 –, NuR 2008, 276 und juris, Rn. 20, m.w.N.). Vor dem Hintergrund der beabsichtigten Gesamtplanung muss der Teilabschnitt zudem eine eigenständige - wenn auch nicht in vollem Umfang die ihm in der Gesamtplanung zugedachte - Verkehrsfunktion für den Fall haben, dass sich das Gesamtkonzept der Planung im Nachhinein als nicht realisierbar erweist (vgl. BVerwG, Urteil vom 21. März 1996 – 4 C 19/94 -, BVerwGE 100, 370 und juris, Rn. 48; siehe auch Urteil vom 24. November 2010 – 9 A 13.09 –, BVerwGE 138, 226 und juris, Rn. 69).

145

Gemessen an diesen Grundsätzen unterliegt die Abschnittsbildung vorliegend keinen durchgreifenden Bedenken. Im Planfeststellungsbeschluss werden die Gründe für die Abschnittsbildung im Zusammenhang mit den Ausführungen zur Planungskonzeption (Seite 90 ff. des Planfeststellungsbeschlusses) näher erläutert. Danach kommt dem Abschnitt zwischen der A 65 und Godramstein ein eigenständiger Verkehrswert auch unabhängig von der Gesamtstrecke zu, weil der vierstreifige Ausbau dieser Teilstrecke zu einer Verbesserung der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs in diesem Teilbereich führen wird, da der neu herzustellende Bereich an vorhandene Straßen angebunden ist und daher eine durchgängige Verkehrsführung erreicht werde. Dabei stünden Entlastungswirkungen für das innerörtliche Verkehrsnetz der Stadt Landau allerdings nicht im Vordergrund, obwohl davon auszugehen sei, dass sich auch auf verschiedenen Straßen im Stadtbereich durchaus Verkehrsentlastungen einstellen werden. Im Übrigen sei auch die weitere Voraussetzung einer Abschnittsbildung, dass in den weiteren Abschnitten keine unüberwindbaren Hindernisse für die Realisierung zu erwarten seien, zu bejahen, und zwar sowohl im Hinblick auf die Finanzierbarkeit des Ausbaus der Tunnelabschnitte als auch hinsichtlich der dort zu erwartenden Verkehrsbelastung; die Frage, ob in den Folgeabschnitten darüber hinaus unüberwindliche naturschutzrechtliche Hindernisse zu erwarten sind, wird im Planfeststellungsbeschluss gesondert im Zusammenhang mit den Einwendungen des Klägers zur sog. Dach-FFH-Verträglichkeitsprüfung erörtert und im Ergebnis verneint (vgl. Seite 282 des Planfeststellungsbeschlusses).

146

Auch aus Sicht des Senats unterliegt zunächst keinem ernstlichen Zweifel, dass dem planfestgestellten Abschnitt aus den im Planfeststellungsbeschluss genannten Gründen eine eigenständige Verkehrsfunktion - selbst für den Fall eines Scheiterns des Gesamtprojekts im Nachhinein - zukommt. Dies folgt zum einen aus der jetzt schon bestehenden, im Grundsatz unstreitigen hohen Verkehrsbelastung des Abschnitts, die spürbare Verbesserungen der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs durch einen – richtlinienkonformen – vierspurigen Ausbau mehr als wahrscheinlich macht, zum anderen aus dem Umstand, dass es sich um den bloßen Ausbau (in Form des Anbaus einer weiteren Fahrspur) eines bereits bestehenden, schon dreistreifig ausgebauten Teilstücks einer Bundesstraße handelt, das allseitig an das bestehende Verkehrsnetz angebunden ist, so dass auch bei Scheitern der im westlichen Anschluss geplanten Folgeabschnitte keinesfalls die Entstehung eines sog. „Planungstorsos“ zu befürchten ist. Darüber hinaus ist im Rahmen der Erörterung der Frage der Notwendigkeit einer sog. „Dach-UVP“ oben bereits geklärt worden, dass die Planfeststellungsbehörde im Rahmen der von ihr anzustellenden Prognose in nicht zu beanstandender Weise feststellen konnte, dass der Verwirklichung des Vorhabens in den nachfolgenden Abschnitten jedenfalls in Bezug auf die Umweltauswirkungen keine von vornherein unüberwindlich erscheinenden Hindernisse entgegenstehen.

147

cc. Entgegen der Ansicht des Klägers steht der Planfeststellungsbeschluss auch im Hinblick auf die Belastung der - bis auf weiteres - nur zweispurigen Tunnelstrecken im Teilstück der B 10 zwischen Annweiler und Rinnthal mit dem Gebot planerischer Konfliktbewältigung im Einklang. Dabei kann offen bleiben, ob das diesbezügliche Vorbringen des Klägers im gerichtlichen Verfahren mangels hinreichender Thematisierung in seinem Einwendungsschreiben vom 15. Mai 2007 nicht bereits präkludiert ist, nachdem er dort das Thema „Konfliktbewältigung im Hinblick auf Folgekonflikte in nachfolgenden Ausbauabschnitten“ nur sehr allgemein – ohne ausdrücklichen Bezug zu den Tunnelstrecken – angesprochen hatte.

148

In rechtlicher Hinsicht ist das vom Kläger angesprochene Gebot der Problem- bzw. Konfliktbewältigung ein anerkannter Abwägungsgrundsatz: Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist die Planfeststellungsbehörde grundsätzlich gehalten, alle Probleme, die sich durch das Planvorhaben ergeben, bzw. alle Konflikte, die durch die Planungsentscheidung geschaffen werden, im Planfeststellungsbeschluss zu bewältigen; dabei kann die Konfliktbewältigung auch darin bestehen, dass die Planfeststellungsbehörde die endgültige Problemlösung einem spezialisierten und verbindlichen, auf gesetzlicher Regelung beruhenden Verfahren überlässt (vgl. z. B. BVerwG, Beschluss vom 2. September 2010 – 9 B 11/10 –, NuR 2010, 799 und juris, Rn. 20 sowie Urteil vom 12. August 2009 – 9 A 64/07 –, BVerwGE 134, 308 und juris, Rn. 107, jeweils m.w.N.).

149

Indessen handelt es sich bei den vom Kläger behaupteten Folgekonflikten in den Tunnelstrecken zwischen Annweiler und Rinnthal tatsächlich nicht um solche Konflikte bzw. Probleme, die durch die konkret in Rede stehende Planungsentscheidung – den vierstreifigen Ausbau der B 10 im Abschnitt zwischen Godramstein und der A 65 – (bereits) aufgeworfen werden, und zwar weder im Hinblick auf die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs im Bereich der Tunnelstrecken, noch hinsichtlich einer steigenden Belastung der umliegenden Gemeinden sowie von Natur und Landschaft in diesem Bereich durch Verkehrsimmissionen (was der Kläger als Umweltverband im Rahmen seines beschränkten Rügerechts wohl ohnehin allein geltend machen könnte). Vielmehr erweist sich das diesbezügliche Vorbringen des Klägers als bereits in sich widersprüchlich und daher als unschlüssig: Während der Kläger im Übrigen –namentlich zum Bestreiten der Planrechtfertigung sowie im Habitatschutzrecht zum Bestreiten der FFH-Verträglichkeit des Vorhabens – stets geltend macht, die der konkreten Planung zugrunde gelegten Verkehrsuntersuchungen von M. seien aufgrund fehlerhafter Methodik und nicht mehr zutreffender Datengrundlagen zu einer erheblichen Überschätzung der künftigen Verkehrsbelastung auf der (gesamten) B 10 zwischen Pirmasens und Landau gelangt, trägt er im vorliegenden Zusammenhang vor, ausgehend von den „als zutreffend unterstellten“ Aussagen der Verkehrsuntersuchung von M. komme es zu ungelösten Folgekonflikten der abschnittsweisen Ausbauplanung in den Tunnelstrecken, weil diese zu schwerwiegenden Gefahrensituationen infolge einer Kapazitätsüberschreitung in den Tunnelstrecken führe. Dem kann jedoch nicht gefolgt werden: Gerade wenn man die Aussagen der Verkehrsuntersuchungen von M. als richtig unterstellt, geben sie für die Annahme einer nennenswerten Steigerung der Verkehrsbelastung unmittelbar westlich von Godramstein und damit erst recht für eine solche in den noch weiter westlich gelegenen Tunnelstrecken als Folge des Ausbaus im Abschnitt zwischen Godramstein und der A 65 nichts her. Wie sich aus der vom Beklagten im gerichtlichen Verfahren vorgelegten ergänzenden Verkehrsuntersuchung von M. vom 21. Januar 2010 ergibt, mit der als weiterer Planungsfall die Auswirkungen eines vierstreifigen Ausbaus der B 10 in den bereits fertiggestellten Abschnitten zwischen Pirmasens und Hinterweidenthal sowie zusätzlich im vorliegend in Rede stehenden Abschnitt zwischen Godramstein und der A 65 bezogen auf den Planungshorizont 2020 untersucht werden, ist als Folge des (zusätzlichen) Ausbaus lediglich im Abschnitt zwischen Godramstein und der A 65 in den westlich von Godramstein gelegenen Abschnitten insgesamt keine weitere Verkehrsbündelung oder großräumige Verkehrsverlagerung zu erwarten; vielmehr wird als Folge dieser Ausbaustufe westlich von Godramstein eine nur geringe Verkehrszunahme von 300 Kraftfahrzeugen je 24 Stunden (+ 1 %) im Durchgangsverkehr prognostiziert (vgl. dazu die Anlage 1 zum Schriftsatz des Beklagten vom 3. Juni 2011, dortige Seite 4). In einer weiteren Stellungnahme von M. vom 17. November 2011 (Anlage 2 zum Schriftsatz des Beklagten vom 3. Juni 2011, dortige Seite 11 f) wird dieser sehr geringe Verlagerungseffekt eines Ausbaus im planfestgestellten Abschnitt damit begründet, dass sich in Höhe Annweiler (Wilgartswiesen) schon bisher eine Verkehrsscheide bezüglich der Orientierung der Verkehrsteilnehmer einerseits in Richtung Pirmasens, andererseits in Richtung Landau befinde, mit der Folge, dass an dieser Stelle die niedrigsten Verkehrsbelastungen im Zuge der B 10 vorhanden seien und von dort aus in Richtung Westen bzw. in Richtung der A 65 kontinuierlich zunähmen. Grundsätzlich gehen die der Planung zugrunde gelegten Verkehrsuntersuchungen von M. aus den Jahren 2004 und 2005 von einer Verkehrsbelastung im Jahre 2020 im Bereich der zweistreifigen Tunnelstrecken bei Zugrundelegung der Planungsfälle 1 und 2 im Umfang von rund 21.000 bzw. 25.000 Kraftfahrzeugen je 24 Stunden aus. Nach den Vorgaben der einschlägigen Richtlinien für die Sicherheit in Tunnelstrecken (HBS 2001) sei bei dieser Durchflussmenge die Leistungsfähigkeit der Tunnel - lediglich einhergehend mit einer Reduzierung der mittleren Pkw-Reisegeschwindigkeit von 80 auf 65 km/h - gegeben. Legt man diese Einschätzungen von M. - wie vom Kläger in diesem Zusammenhang unterstellt - als richtig zu Grunde, so kann keine Rede davon sein, dass es infolge der als zutreffend unterstellten Aussagen der Verkehrsuntersuchungen zu ungelösten Folgekonflikten der angefochtenen Ausbauplanung in den Tunnelstrecken in Gestalt von zusätzlichen Gefahrensituationen und erheblich ansteigenden Verkehrsimmissionen infolge planungsbedingter Kapazitätsüberschreitungen im Bereich der vier Tunnel kommen wird. Dies gilt im Übrigen erst recht, wenn die Verkehrsuntersuchungen, wie vom Kläger in anderen Zusammenhängen behauptet, von erheblich zu hohen Prognosezahlen sowohl für den jetzt planfestgestellten Abschnitt als auch für die gesamten künftigen Ausbaustrecken ausgegangen sein sollten. Denn in der logischen Konsequenz dieses Vorbringens müsste von geringeren Verkehrsverlagerungen infolge des Ausbaus im planfestgestellten Abschnitt in den westlich von Godramstein befindlichen Teilstrecken und damit auch in den Tunnelstrecken ausgegangen werden.

150

Unabhängig davon erscheinen dem Senat die Einschätzungen von M., dass es infolge des vierstreifigen Ausbaus der B 10 in dem nur wenige Kilometer umfassenden Abschnitt zwischen der A 65 und Godramstein (noch) nicht zu nennenswerten Verkehrssteigerungen westlich von Godramstein und damit erst recht nicht zu Lasten der Tunnelstrecken zwischen Annweiler und Rinnthal kommen wird, plausibel und nachvollziehbar begründet. Sie beruhen auf der aus den Ergebnissen der Verkehrszählungen und Verkehrsteilnehmerbefragungen abgeleiteten Feststellung, dass sich bei Annweiler eine „Verkehrsscheide“ bezüglich der Orientierung der Verkehrsteilnehmer einerseits in Richtung Pirmasens und andererseits in Richtung Landau befindet, als deren Folge die Verkehrsbelastung von dieser Stelle aus, an der sie am niedrigsten im gesamten Verlauf der B 10 ist, kontinuierlich in Richtung Westen und in Richtung Osten zunimmt. Diese Grundausrichtung der regionalen Verkehrsströme im Analyse-Nullfall wird auch vom Kläger und dem von ihm beauftragten Unternehmen R. nicht in Frage gestellt. Hiervon ausgehend erscheint es aber naheliegend, dass der vorliegend in Rede stehende vierspurige Ausbau zwischen Godramstein und der A 65 in erster Linie Entlastungswirkungen im Straßennetz rund um die Stadt Landau haben wird und deshalb zu nennenswerten Verkehrsverlagerungen nur aus dem - teilweise nahezu parallellaufenden (wie die K 13) - nachgeordneten Straßennetz in und um Landau auf den ausgebauten Abschnitt führen wird. Hingegen erscheint die Annahme, es könnte bereits als Folge des vierstreifigen Ausbaus nur zwischen der A 65 und Godramstein dauerhaft zu erheblichen Verkehrsverlagerungen des regionalen und sogar des überregionalen Verkehrs (einschließlich des Güterschwerverkehrs) in westlicher Richtung über das vorläufige Ausbauende bei Godramstein hinaus bis zu den Tunnelstrecken kommen, eher fernliegend. Das Problem einer möglichen Überlastung der Tunnelstrecken würde sich vielmehr voraussichtlich erst und nur dann stellen, wenn alle weiteren Teilstrecken zwischen Godramstein und Pirmasens bis auf die Tunnelstrecken vierspurig ausgebaut würden und nur diese dauerhaft unverändert zweispurig blieben. Ein solches Szenario ist indessen in den längerfristigen Ausbauplanungen des Bundes gerade nicht vorgesehen. Vielmehr sieht der von M. in der Verkehrsuntersuchung 2004/2005 untersuchte Planungsfall 4 (Ausbau der Gesamtstrecke zwischen Pirmasens und der A 65) auch den vierstreifigen Ausbau der Tunnelstrecken vor.

151

dd. Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss lässt des Weiteren im Hinblick auf die abwägungsfehlerfreie Berücksichtigung sonstiger Belange des Umweltschutzes, namentlich des Schutzes vor Verkehrsimmissionen, keinerlei Defizite erkennen.

152

Es ist anerkannt, dass insbesondere Aspekte des Lärmschutzes – über die Beachtung der Vorgaben des zwingenden Rechts (§ 41 des Bundesimmissionsschutzgesetzes - BImSchG) hinaus – auch zusätzlich im Rahmen des fachplanerischen Abwägungsgebots zu berücksichtigen sind (vgl. z. B. BVerwG, Urteil vom 17. März 2005 – 4 A 18/04 –, BVerwGE 123, 152 und juris, Rn. 18). Nichts anderes gilt für sonstige, vom Betrieb eines planfestgestellten Straßenneu- oder -ausbauvorhabens ausgehende Immissionen (Luftschadstoffe, Vibrationen; vgl. dazu z. B. BVerwG, Urteil vom 12. August 2008 – 9 A 64/07 –, BVerwGE 134, 308 und juris, Rn. 107). Da sich das Abwägungsgebot des § 17 Satz 2 FStrG insoweit auf Umweltbelange bezieht, umfasst das Rügerecht eines anerkannten Umweltverbands auch die Geltendmachung diesbezüglicher Abwägungsfehler.

153

Vorliegend sind Zweifel an der Bewältigung der planungsbedingten Verkehrsimmissionsproblematik durch den angefochtenen Planfeststellungsbeschluss weder im Hinblick auf die Vorgaben des § 41 BImSchG noch hinsichtlich der diesbezüglichen Anforderungen des Abwägungsgebots angebracht, insbesondere auch vom Kläger nicht näher thematisiert worden.

154

Das im Planfeststellungsbeschluss in Kapitel E VII. dargestellte Lärmschutzkonzept stützt sich auf schalltechnische Berechnungen, die gemäß Teil A. VIII., Nr. 28 des Planfeststellungsbeschlusses Bestandteil der festgestellten Planunterlagen sind. Bei der Ermittlung der Beurteilungspegel wurde auf die Verkehrszahlen des Planungsfalls 4 der Verkehrsprognose abgestellt, d. h. auf die Verkehrszahlen eines durchgehenden vierstreifigen Ausbaus der B 10 zwischen der A 62/A 8 (bei Pirmasens) und der A 65 (bei Landau). Aus immissionstechnischer Sicht wurde also eine „Worst-Case-Betrachtung“ vorgenommen und nicht lediglich die prognostizierten Verkehrszahlen infolge des (zunächst) alleinigen Ausbaus des planfestgestellten Abschnitts, sondern die nach dem künftigen Ausbau der Gesamtstrecke prognostizierten maximalen Verkehrszahlen zugrunde gelegt und zu Gunsten der Betroffenen daran orientierte Lärmschutzmaßnahmen vorgesehen. Diese umfassen u. a. entsprechend dimensionierte Lärmschutzwälle und -wände südlich der B 10 zum Schutz der Wohnbebauung „Schützenhof“ sowie am südöstlichen Ortsrand von Godramstein. Weitergehende Forderungen von Einwendern, z. B. nach Lärmschutz im Bereich des Naherholungsgebiets „Reiterwiesen“ oder nach Einbau sog. Flüsterasphalts werden zurückgewiesen. Der Planfeststellungsbeschluss setzt sich auch mit Fragen des Lärmschutzes infolge von Verkehrszunahmen im weiteren Straßennetz sowie mit der Problematik von Summenpegeln auseinander und gelangt in der Gesamtabwägung zum Lärmschutz zu dem Ergebnis, dass die an den einzelnen Immissionsorten verbleibenden Immissionsbeeinträchtigungen hinzunehmen seien. Die Lärmschutzmaßnahmen sind dem Straßenbaulastträger in Kapitel C. V. des Planfeststellungsbeschlusses im Einzelnen auferlegt worden.

155

In Kapitel E. VIII. setzt sich der Planfeststellungsbeschluss auch mit der zu erwartenden Luftschadstoffbelastung auseinander und gelangt auf der Grundlage von Planfällen aus der Verkehrsuntersuchung von M. sowie gestützt auf ein Luftschadstoffgutachten zu dem Ergebnis, dass ausbaubedingt – unter Zugrundelegung der prognostizierten Verkehrsentwicklung des planfestgestellten Ausbauabschnitts, aber auch der verkehrlichen Auswirkungen im nachgeordneten Verkehrsnetz – keine wesentlichen Veränderungen der Schadstoffbelastung zu erwarten seien und insbesondere die gesetzlich vorgegebenen Grenzwerte an allen untersuchten Immissionsorten in Wohnbereichen unterschritten werden.

156

In der Klagebegründung wird die Frage des Immissionsschutzes, insbesondere des Lärmschutzes, nur dahingehend angesprochen, dass sich aus den behaupteten Mängeln der Verkehrsprognose auch erhebliche Abwägungsmängel in Bezug auf die Gewichtung von Umweltbelangen ergäben, z. B. in Bezug auf den Lärmschutz. Konkrete Rügen in Bezug auf das Lärmschutzkonzept enthält die Klagebegründung nicht; andere Verkehrsimmissionen, etwa Luftschadstoffe, werden nicht näher angesprochen. Mit seinem Vorbringen, die von ihm angenommenen Mängel der Verkehrsprognose hätten erhebliche Abwägungsmängel in Bezug auf die Gewichtung von Umweltbelangen, namentlich eine Fehlgewichtung der Lärmschutzbelange, zur Folge gehabt, vermag der Kläger indessen nicht durchzudringen.

157

Zwar setzt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts eine ordnungsgemäße Untersuchung der von einem Straßenbauvorhaben voraussichtlich ausgehenden Geräuschimmissionen voraus, dass die Lärmprognose bzw. die ihr zugrunde liegende Verkehrsprognose mit den zu ihrer Zeit verfügbaren Erkenntnismitteln unter Beachtung der für sie erheblichen Umstände methodisch fachgerecht erstellt worden ist, wobei die Überprüfungsbefugnis des Gerichts sich allein auf die Wahl einer geeigneten fachspezifischen Methode, die zutreffende Ermittlung des der Prognose zugrunde liegenden Sachverhalts und darauf erstreckt, ob das Ergebnis einleuchtend begründet worden ist (vgl. z. B. BVerwG, Beschluss vom 23. Juni 2009 – 9 VR 1.09 –, NVwZ-RR 2009, 753 und Rn. 14). Zugleich hat das Bundesverwaltungsgericht aber deutlich gemacht, dass es, soweit es um die Frage einer Fehlgewichtung der Lärmimmissionsbelastung zu Lasten Dritter geht, nur auf solche Mängel einer Lärm- bzw. Verkehrsprognose ankommen kann, die eine Unterschätzung der Verkehrsentwicklung und damit der mit ihr verbundenen Verkehrsimmissionsbelastung zur Folge haben (vgl. BVerwG, Urteil vom 18. März 2009 – 9 A 39.07 –, BVerwGE 133, 239 und juris, Rn. 104 f).

158

Vor diesem Hintergrund erweist sich das Vorbringen des Klägers, die von ihm behaupteten Mängel der Verkehrsprognose hätten auch erhebliche Abwägungsmängel in Bezug auf die Gewichtung der betroffenen Umweltbelange, „insbesondere auch des Schutzes vor Lärmimmissionen und Luftschadstoffen“ (so etwa in seinem Schriftsatz vom 30. März 2015), zur Folge gehabt, als ungeeignet zur Begründung von Abwägungsmängeln, die im Sinne von § 17e Abs. 6 Satz 1 FStrG erheblich, weil auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen sein könnten. Wie im Planfeststellungsbeschluss überzeugend dargestellt, hat die der Planung zugrunde gelegte Verkehrsprognose von M. im Hinblick auf die Ermittlung und Bewertung der beim vierspurigen Ausbau des planfestgestellten Abschnitts zu erwartenden Verkehrslärmimmissionsbelastungen den Charakter einer „Worst-Case-Betrachtung“, weil sich die Planfeststellungsbehörde bei der Ausgestaltung ihres Lärmschutzkonzepts an der nach der Verkehrsprognose größtmöglichen Verkehrsbelastung der B 10 orientiert hat, nämlich am Planungsfall 4 der Verkehrsuntersuchung 2004/2005, der einen durchgängigen vierstreifigen Ausbau der B 10 zwischen Pirmasens und der A 65 voraussetzt. Auf diese Weise ist sichergestellt worden, dass bereits im angefochtenen Planfeststellungsbeschluss für den Abschnitt zwischen Godramstein und der A 65 ein am Planungsfall 4 ausgerichtetes Lärmschutzkonzept entwickelt und planfestgestellt worden ist. Es ist nicht ersichtlich, dass bei dieser Vorgehensweise die Auswirkungen des Vorhabens in Bezug auf Verkehrsimmissionen unterschätzt worden sein könnten. Dies wäre umgekehrt nur vorstellbar, wenn der Planfeststellungsbeschluss von einer zu geringen Verkehrsbelastung ausgegangen wäre. Ein solches Szenario wird indessen vom Kläger nicht vorgetragen; vielmehr erhebt er stets umgekehrt den Vorwurf, es sei von zu hohen Erwartungen hinsichtlich des künftigen Verkehrsaufkommens ausgegangen worden. Die vom Kläger insoweit behaupteten Mängel der der Planung zugrunde gelegten Verkehrsprognose sind aber von vornherein nicht geeignet, eine fehlerhafte Gewichtung der Verkehrsimmissionsbelastung im Sinne einer in diesem Zusammenhang allein relevanten Unterschätzung zu begründen. Daher kommt es auch hier auf die Berechtigung der Detailrügen des Klägers in Bezug auf die Verkehrsuntersuchungen von M. nicht an.

159

ee. Anders, als der Kläger meint, leidet der angefochtene Planfeststellungsbeschluss schließlich auch nicht an einer fehlerhaften Gesamtabwägung.

160

Der Planfeststellungsbeschluss begegnet vielmehr auch unter dem Gesichtspunkt der Gesamtabwägung aller betroffenen öffentlichen und privaten Belange keinen Bedenken. Die Planfeststellungsbehörde ist ohne Abwägungsfehler davon ausgegangen, dass die für das Vorhaben sprechenden verkehrlichen Belange angesichts der gesetzlichen Bedarfsfeststellung und der den vierstreifigen Ausbau bereits rechtfertigenden Ist-Belastung des planfestgestellten Abschnitts einerseits, des nicht zu beanstandenden umfassenden Maßnahmenkonzepts zur Vermeidung, Minderung oder Kompensation von Eingriffen in die Umwelt, aber auch von Beeinträchtigungen privater Dritter namentlich durch Verkehrsimmissionen andererseits die mit dem Vorhaben verbundenen verbleibenden Beeinträchtigungen deutlich überwiegen.

161

Der Kläger versucht, unter dem Aspekt einer fehlerhaften Gesamtabwägung eine Verletzung des Gebots gerechter Abwägung aller betroffenen privaten und öffentlichen Belange gemäß § 17 Satz 2 FStrG daraus herzuleiten, dass die aus seiner Sicht mangelhafte Verkehrsprognose zu einer Abwägungsdisproportionalität geführt habe, weil nicht fehlerfrei bestimmt worden sei, welches Gewicht den für das Vorhaben sprechenden verkehrlichen Belangen im Verhältnis zur Gewichtung der Eingriffe in die Rechtssphäre einer Vielzahl von Betroffenen sowie in eine Vielzahl von Belangen des Umweltschutzes zukomme.

162

Dem kann nicht gefolgt werden. Es erscheint bereits zweifelhaft, ob der Kläger, nachdem seine Kritik an Methodik und Datengrundlage der Verkehrsuntersuchungen von M. – wie dargelegt – weder im Zusammenhang mit der Planrechtfertigung noch im Rahmen des Habitat- und Artenschutzrechtes durchgreift, im Rahmen seines nach § 2 Abs. 1 UmwRG eingeschränkten Rügerechts befugt ist, angebliche Mängel der Verkehrsprognose unter dem Aspekt fehlerhafter Gesamtabwägung gleichsam losgelöst von der Darlegung negativer Auswirkungen auf konkrete Umweltbelange geltend zu machen. Jedenfalls sind nach Überzeugung des Senats durchgreifende Bedenken an Methodik, Datengrundlage und Begründung des Prognoseergebnisses der der Planung zugrundeliegenden Verkehrsuntersuchungen nicht veranlasst.

163

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts unterliegen Verkehrsprognosen nur eingeschränkter gerichtlicher Kontrolle: Sie sind lediglich darauf zu überprüfen, ob sie methodisch einwandfrei erarbeitet worden sind, nicht auf unrealistischen Annahmen beruhen und ob das Prognoseergebnis einleuchtend begründet worden ist (vgl. z.B. BVerwG, Beschluss vom 15. März 2013 – 9 B 30.12 –, juris, Rn. 10 und Urteil vom 18. März 2009 – 9 A 39.07 –, BVerwGE 133, 239 und juris, Rn. 105 sowie Urteil vom 9. Juni 2010 – 9 A 20.08 –, NuR 2010, 870 und juris, Rn. 73, jeweils m.w.N.).

164

Zwar greift der Kläger die im Auftrag des Vorhabenträgers erstellten Verkehrsuntersuchungen von M. unter Bezugnahme auf diverse Stellungnahmen des Büros R. unter allen diesen Gesichtspunkten detailliert an, so insbesondere in den Schriftsätzen vom 31. Januar 2011 unter Bezugnahme auf eine als Anlage 5 hierzu vorgelegte Stellungnahme von R. vom Januar 2011, und im Schriftsatz vom 31. Oktober 2014 unter Bezugnahme auf weitere Stellungnahmen von R. vom Februar 2011, vom Juli 2014 und vom September 2014. Der Beklagte ist seinerseits allen Kritikpunkten eingehend unter Vorlage von Erwiderungen und ergänzenden Stellungnahmen insbesondere von M. und dem Landesbetrieb Mobilität entgegengetreten; dabei hat er auf aus seiner Sicht bestehende gravierende Fehler von R. hingewiesen, so namentlich mit Schriftsatz vom 3. Juni 2011, unter Bezugnahme auf die als Anlagen 5 und 6 zu diesem vorgelegten Stellungnahmen von M. vom 17. März 2011, mit Schriftsatz vom 22. März 2011 unter Bezugnahme auf die als Anlagen 5 und 6 hierzu vorgelegten Stellungnahmen des LBM vom 1. April 2011; schließlich mit Schriftsatz vom 18. Februar 2015, unter Bezugnahme auf weitere Stellungnahmen des LBM, von M. und von V..

165

Vor dem Hintergrund der nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nur sehr eingeschränkten gerichtlichen Überprüfungsbefugnis hinsichtlich Verkehrsprognosen, des Umstands, dass es nach dieser Rechtsprechung ohnehin keine gesetzliche Vorgabe gibt, nach welchen Methoden eine Verkehrsprognose im Einzelnen zu erstellen ist (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 23. April 2014 – 9 A 25.12 –, BVerwGE 149, 289 und juris, Rn. 30), und weil im Übrigen Verkehrsprognosen – wie alle Verkehrsprognosen – keiner Richtigkeitsgewähr unterliegen (vgl. z.B. BVerwG, Beschluss vom 28. November 2013 – 9 B 14.13 –, DVBl. 2014, 237 und juris, Rn. 7) sowie unter Berücksichtigung des eingeschränkten Rügerechts des Klägers besteht indessen keine Veranlassung, in allen Einzelheiten auf die Kritikpunkte des Klägers und des von ihm beauftragten Büros R. einzugehen. Dies widerspräche nicht zuletzt auch der vom Bundesverwaltungsgericht betonten Absicht des Gesetzgebers, mit der gesetzlichen Bedarfsfeststellung auch einen nachfolgenden Verwaltungsprozess von einem Gutachterstreit über die „richtigere“ Verkehrsprognose zu entlasten (vgl. BVerwG, Urteil vom 3. Mai 2013, a.a.O., Rn. 24).

166

Vielmehr sind aus Sicht des Senats nur die nachfolgenden Feststellungen veranlasst: Das vom Vorhabenträger mit der Erstellung der Verkehrsuntersuchungen beauftragte Büro M. hat namentlich in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 19. Januar 2015 (vorgelegt als Anlage 10 zum Schriftsatz des Beklagten vom 18. Februar 2015) noch einmal – unter Vertiefung der in den Verkehrsuntersuchungen 2004/2005 und 2013 hierzu bereits enthaltenen Angaben – die Methodik der von ihr erstellten Verkehrsuntersuchungen näher erläutert. Die danach im Wesentlichen auf empirischen Erhebungen (Verkehrszählungen, Verkehrsteilnehmerbefragungen, Ermittlungen zur siedlungsstrukturellen Entwicklung etc.) beruhende Methodik der Erstellung einer Verkehrsuntersuchung wird, wie der Beklagte und der Vertreter von M. unwidersprochen dargelegt haben, seit Jahrzehnten angewandt und hat sich – wie Vergleiche früherer Prognoseergebnisse mit der tatsächlichen Verkehrsentwicklung belegt haben – im Wesentlichen bewährt. Demgegenüber haben der Kläger und die Vertreter von R. auch in der mündlichen Verhandlung nicht konkret darzulegen vermocht, dass und in welcher Hinsicht die von ihnen favorisierte sog. synthetische Vorgehensweise im konkreten Planungsfall zu in relevantem Umfang abweichenden Prognoseergebnissen geführt hätte.

167

Bestehen danach keine durchgreifenden Bedenken an der methodischen Erarbeitung der der Planung zugrunde gelegten Verkehrsuntersuchungen, so ist im Übrigen aus Sicht des Senats auch nicht ersichtlich oder vom Kläger nachvollziehbar dargelegt worden, dass die Verkehrsprognosen in ergebnisrelevantem Umfang auf unrealistischen Annahmen beruhen könnten oder weshalb das Prognoseergebnis nicht einleuchtend begründet worden sein sollte.

168

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

169

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten beruht auf §§ 167 VwGO, 708 ff. ZPO.

170

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil Gründe der in § 132 Abs. 2 VwGO bezeichneten Art nicht vorliegen.

Beschluss

171

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 25.000,00 € festgesetzt (§ 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 34.4 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013, abgedruckt in LKRZ 2014, 169).

(1) Eine Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften, die nicht den Verwaltungsakt nach § 44 nichtig macht, ist unbeachtlich, wenn

1.
der für den Erlass des Verwaltungsaktes erforderliche Antrag nachträglich gestellt wird;
2.
die erforderliche Begründung nachträglich gegeben wird;
3.
die erforderliche Anhörung eines Beteiligten nachgeholt wird;
4.
der Beschluss eines Ausschusses, dessen Mitwirkung für den Erlass des Verwaltungsaktes erforderlich ist, nachträglich gefasst wird;
5.
die erforderliche Mitwirkung einer anderen Behörde nachgeholt wird.

(2) Handlungen nach Absatz 1 können bis zum Abschluss der letzten Tatsacheninstanz eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nachgeholt werden.

(3) Fehlt einem Verwaltungsakt die erforderliche Begründung oder ist die erforderliche Anhörung eines Beteiligten vor Erlass des Verwaltungsaktes unterblieben und ist dadurch die rechtzeitige Anfechtung des Verwaltungsaktes versäumt worden, so gilt die Versäumung der Rechtsbehelfsfrist als nicht verschuldet. Das für die Wiedereinsetzungsfrist nach § 32 Abs. 2 maßgebende Ereignis tritt im Zeitpunkt der Nachholung der unterlassenen Verfahrenshandlung ein.

Die Aufhebung eines Verwaltungsaktes, der nicht nach § 44 nichtig ist, kann nicht allein deshalb beansprucht werden, weil er unter Verletzung von Vorschriften über das Verfahren, die Form oder die örtliche Zuständigkeit zustande gekommen ist, wenn offensichtlich ist, dass die Verletzung die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat.

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens je zur Hälfte.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung jeweils in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.


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Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich als anerkannter Umweltverein gegen den fernstraßenrechtlichen Planfeststellungsbeschluss des Beklagten für den vierstreifigen Ausbau der Bundesstraße Nr. 10 (B 10) zwischen Godramstein und der Bundesautobahn A 65 (BAB A 65; Anschlussstelle Landau-Nord).

2

Die B 10 führt als überregionale West-Ost-Verkehrsverbindung im Südwesten Deutschlands in mehreren Teilstrecken von der saarländischen Stadt Lebach bis zur Gemeinde Neusäß bei Augsburg, wo sie an der B 300 endet. Auf rheinland-pfälzischem Gebiet verläuft sie ab der Anschlussstelle Pirmasens-Staffelhof der BAB A 8/A 62 in östlicher Richtung über rund 43 km weitgehend durch den Pfälzer Wald bis zur Anschlussstelle Landau-Nord der BAB A 65. Die früher zweistreifig durch die anliegenden Ortschaften geführte Bundesstraße wurde in den 1980-er-Jahren aus den Ortsdurchfahrten heraus auf Umgehungsstraßen verlegt. Zwischen Hinterweidenthal und Rinnthal sowie von Queichheimbach bis Landau wurde in den 1990er-Jahren teilweise ein dritter Fahrstreifen angebaut. Auf dem Teilstück zwischen Rinnthal und Annweiler verläuft die B 10 zweistreifig durch vier Tunnel, und zwar (von West nach Ost) den Kostenfelstunnel, den Staufertunnel, den Löwenherztunnel und den Barbarossatunnel.

3

Sowohl in der Bundesverkehrswegeplanung als auch auf landesplanerischer Ebene ist ein durchgehender vierstreifiger Ausbau der B 10 zwischen Pirmasens und Landau vorgesehen, so im Bundesverkehrswegeplan 2003 (BVWP 2003) und im seit 2008 gültigen Landesentwicklungsprogramm IV (LEP IV) als Ziel der Landesplanung (Z 150). Der (derzeit noch gültige) Bedarfsplan für die Bundesfernstraßen gemäß Anlage 1 zu § 1 des Fernstraßenausbaugesetzes (FStrAbG) in der Fassung des 5. Änderungsgesetzes vom 4. Oktober 2004 (BGBl. I, 2574) - im Folgenden: Bedarfsplan 2004 - stuft dabei die einzelnen Bau- und Planungsabschnitte in unterschiedliche Dringlichkeitsstufen ein: Der westlichste Streckenteil zwischen der Anschlussstelle (AS) Pirmasens an der BAB A 8/A 62 und Hinterweidenthal ist durchgehend als „vordringlicher Bedarf“ ausgewiesen, die Teilstrecke zwischen Hinterweidenthal und Rinnthal als „weiterer Bedarf mit Planungsrecht (WB*)“, die Teilstrecke von Rinnthal bis zur AS Queichheimbach (Annweiler) als „weiterer Bedarf (WB)“ und die östlichste Teilstrecke von der AS Queichheimbach bis zur BAB 65, zu der der vom angegriffenen Planfeststellungsbeschluss umfasste Abschnitt zählt, wiederum als „weiterer Bedarf mit Planungsrecht (WB*)“.

4

Von den im „vordringlichen Bedarf“ ausgewiesenen Teilstrecken ist der vierstreifige Ausbau im westlichsten Verlauf zwischen Pirmasens und der B 270 bereits seit längerer Zeit abgeschlossen und die B 10 vierstreifig für den Verkehr freigegeben; für die sich östlich anschließenden Planungsabschnitte zwischen der B 270 und der sog. Walmersbacher Kuppe liegen bestandskräftige Planfeststellungsbeschlüsse vor; auch diese Teilabschnitte sind inzwischen baulich abgeschlossen und für den Verkehr freigegeben worden; im letzten als „vorrangig“ eingestuften Abschnitt zwischen Walmersbach und Hinterweidenthal laufen aufgrund eines bestandskräftigen Planfeststellungsbeschlusses derzeit noch die Bauarbeiten.

5

Der als „WB*“ eingestufte Abschnitt zwischen Hinterweidenthal und Rinnthal wurde vom Vorhabenträger zwischenzeitlich in zwei Unterabschnitte (Hinterweidenthal - Hauenstein und Hauenstein - Rinnthal) unterteilt; für den Unterabschnitt Hinterweidenthal - Hauenstein wurde dem Vorhabenträger ein Planungsauftrag erteilt. Hingegen werden im als WB eingestuften Abschnitt von Rinnthal bis zur AS Queichheimbach bisher nur planerische Vorüberlegungen betrieben, während für die als „WB*“ eingestuften, aber nicht vom angefochtenen Planfeststellungsbeschluss umfassten Abschnitte zwischen der AS Queichheimbach und Godramstein die Einholung der sog. RE-Genehmigung beim Bundesverkehrsministerium vorbereitet wird bzw. teilweise schon eingeleitet ist.

6

In dem vom angefochtenen Planfeststellungsbeschluss umfassten Abschnitt ist die B 10 derzeit als dreistreifige Kraftfahrstraße mit wechselnden Überholmöglichkeiten und einem Ausbauquerschnitt RQ 15,5 ausgebaut. Zwischen Bau-km 0+400 und Bau-km 0+830 quert die B 10 die Niederung des Flusses Queich mittels eines Brückenbauwerks. Die Queichniederung ist Teilgebiet des großräumigen FFH-Gebietes „Biosphärenreservat Pfälzerwald“ (6812-301) mit einer Gesamtgebietsgröße von 35.997 ha, das auf Grund einer Entscheidung der EU-Kommission vom 7. Dezember 2004 in die Liste der Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung aufgenommen worden ist.

7

Da ein durchgehender vierstreifiger Ausbau der B 10 bis Landau in der Öffentlichkeit umstritten ist, wurde in den Jahren 2004/2005 auf Betreiben der Landesregierung ein erstes Mediationsverfahren durchgeführt, das jedoch im Februar 2005 für gescheitert erklärt wurde.

8

Im März 2007 wurde das Planfeststellungsverfahren für den Ausbauabschnitt zwischen Godramstein und der Anschlussstelle Landau-Nord der BAB 65 eingeleitet. In der Zeit vom 2. April 2007 bis zum 2. Mai 2007 wurden die Planunterlagen zu jedermanns Einsicht bei der Stadtverwaltung Landau und bei den Verbandsgemeindeverwaltungen Landau-Land und Annweiler am Trifels ausgelegt. Mit Schreiben vom 15. Mai 2007, das am 16. Mai 2007 einging, erhob der Kläger Einwendungen gegen die Planung. Darin rügte er im Hinblick auf die Betroffenheit des FFH-Gebiets 6812-301 insbesondere eine unzureichende Bestandsermittlung der Pflanzen- und Tierwelt, eine zu enge Abgrenzung des Untersuchungsgebiets hinsichtlich der Auswirkungen des Vorhabens, eine mangelhafte Darstellung bau- und betriebsbedingter Auswirkungen, eine unzureichende Abarbeitung der Betroffenheit erhaltungszielbestimmender Schmetterlingsarten sowie das Fehlen einer „Dach-FFH-Verträglichkeitsprüfung“ für den vierspurigen Ausbau der Gesamtstrecke zwischen Pirmasens und Landau; ferner machte er artenschutzrechtliche Bedenken geltend und äußerte sich auch kritisch zu einzelnen Vermeidungs-, Minderungs- und Ersatzmaßnahmen. Schließlich zweifelte er die Prognose der künftigen Verkehrsbelastung und die Gewichtung der verkehrlichen gegenüber den Umweltbelangen an. Mit weiterem Schreiben vom 15. Mai 2007 legte er eine „Fachtechnische Stellungnahme“ des Büros für angewandten Umweltschutz (BAU) vor und machte sich deren Inhalt zu Eigen. Mit weiterem Schreiben vom 17. September 2010 machte der Kläger von der ihm eingeräumten Möglichkeit Gebrauch, zu zwei dem Vorhabenträger am 7. Juni 2010 vorgelegten, überarbeiteten artenschutzrechtlichen Gutachten ergänzend Stellung zu nehmen.

9

Mit Planfeststellungsbeschluss des Landesbetriebs Mobilität (LBM) vom 22. September 2010 wurde der Plan für den vierstreifigen Ausbau der B 10 zwischen Godramstein und der A 65 festgestellt. Der Planfeststellungsbereich erstreckt sich auf die Gemarkungen Godramstein, Nußdorf, Dammheim und Arzheim. Er umfasst den vierstreifigen Ausbau der B 10 von Bau-km ca. 0+100 bis Bau-km ca. 4+200; ferner schließt er den Ausbau bzw. die Herstellung diverser, im Einzelnen aufgeführter Anschlussstellen an Kreisstraßen, von Brückenbauwerken, von Regenrückhaltebecken sowie von Lärmschutzwällen und -wänden, die Anpassung des vorhandenen Wirtschaftswegenetzes sowie die Ausweisung von landespflegerischen, wasserwirtschaftlichen und schallschutztechnischen Maßnahmen ein. Die festgestellten Ausbaupläne sehen im planfestgestellten Bereich einen Ausbau mit dem Sonderquerschnitt SQ 26 (gemäß den „Richtlinien für die Anlage von Straßen - Teil Querschnitt; Abkürzung: RAS-Q“) vor, d. h. mit einer Gesamtbreite von 26 m wie beim Regelquerschnitt RQ 26, die sich zusammensetzt aus je zwei Fahrstreifen pro Fahrtrichtung mit einer Breite von 3,50 m, Randstreifen von 0,50 m und Banketten von je 1,50 m, wobei jedoch die Standstreifen um je 0,50 m breiter ausgebildet sind und daher eine Breite von je 2,50 m erreichen, während der Mittelstreifen nur eine Breite von 2,00 m statt 3.00 m erhält. Die breitere Anlage der Standstreifen wird mit dem zu erwartenden hohen LKW-Anteil begründet, um die Möglichkeit des Abstellens breiterer Fahrzeuge zu schaffen. Der Anbau des neuen Fahrstreifens soll vom Baubeginn bis Bau-km ca. 0+650 auf der Südseite und ab ca. Bau-km 0+650 bis zum Bauende auf der Nordseite erfolgen, und zwar mit Rücksicht auf das in diesem Bereich südlich der B 10 gelegene Wohngebiet „Schützenhof“ sowie zur Vermeidung des Verlustes in der Queichniederung auf der nördlichen Seite vorhandener, älterer Gehölzbestände. Im Bereich der Überquerung der Queichniederung soll die Richtungsfahrbahn Pirmasens-Landau auf einem neu zu errichtenden Brückenbauwerk in einem Abstand von ca. 10 m zum vorhandenen Brückenbauwerk verlaufen. In seinem verfügenden Teil enthält der Planfeststellungbeschluss die vorsorgliche Erteilung von Ausnahmen sowie höchstvorsorglich von Befreiungen von den artenschutzrechtlichen Verbotstatbeständen des § 44 Abs. 1 BNatSchG für eine Reihe im einzelnen aufgeführter Tierarten des Anhangs IV der FFH-Richtlinie und für diverse europäische Vogelarten; ferner werden dem Straßenbaulastträger aus Naturschutzgründen eine Vielzahl von Vermeidungs-, Minimierungs- und Kompensationsmaßnahmen zur Beachtung im Zuge der Bauausführung auferlegt.

10

Zu den festgestellten Planunterlagen zählen insbesondere:

11

- Allgemein verständliche Zusammenfassung gemäß § 6 UVPG

12

- Fachbeitrag Naturschutz mit Ergänzung nach UVPG - Erläuterungsbericht - inklusive Maßnahmenverzeichnis.

13

Als Anlagen sind dem Planfeststellungsbeschluss u. a. beigefügt:

14

- Fachbeitrag Artenschutz - Streng geschützte Arten -

15

- Fachbeitrag Artenschutz - Besonders geschützte Arten -

16

- FFH-Verträglichkeitsprüfung.

17

Der Planfeststellungsbeschluss wurde dem Kläger am 19. November 2010 zugestellt.

18

Zur Begründung seiner am 20. Dezember 2010 erhobenen Klage macht der Kläger im Wesentlichen Folgendes geltend:

19

Seine Klage sei zulässig, insbesondere sei er klagebefugt. Seine Klagebefugnis ergebe sich aus dem naturschutzrechtlichen Verbandsklagerecht gemäß § 64 des Bundesnaturschutzgesetzes (BNatSchG), ferner auch aus §§ 2 Abs. 1 und 4 Abs. 1 des Umweltrechtsbehelfsgesetzes (UmwRG). Darüber hinaus folge die Klagebefugnis unmittelbar aus Art. 10a der Richtlinie 85/337/EWG in der Fassung der Richtlinie 2003/35/EG (jetzt: Art. 11 der Richtlinie 2011/92/EU) mit der Folge, dass er eine umfassende Überprüfung des angefochtenen Planfeststellungsbeschlusses auf seine Vereinbarkeit mit allen einschlägigen Rechtsvorschriften – nicht nur solchen, die i. S. v. § 2 Abs. 1 und Abs. 5 UmwRG dem Umweltschutz dienen – beanspruchen könne, denn diese Einschränkung stehe mit dem Unionsrecht nicht im Einklang.

20

Seine Klage sei auch begründet. Denn der angefochtene Planfeststellungsbeschluss verstoße in formell- und in materiell-rechtlicher Hinsicht gegen höherrangiges Recht.

21

Er leide zunächst an einem erheblichen Verfahrensfehler, weil eine nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung (Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz - UVPG) erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung nicht ordnungsgemäß durchgeführt worden sei. Da dem planfestgestellten Ausbau in dem streitgegenständlichen Abschnitt das Konzept eines vierstreifigen Ausbaus der B 10 zwischen Pirmasens und Landau zugrunde liege, hätte die Umweltverträglichkeitsprüfung nicht allein auf die isolierte Betrachtung der Auswirkungen des Vorhabens in dem im Planfeststellungsbeschluss im Übersichtslageplan skizzierten Wirkungsbereich beschränkt werden dürfen, sondern es hätte - unter Berücksichtigung der §§ 2 Abs. 1 und 3b Abs. 2 UVPG - einer übergreifenden Umweltverträglichkeitsprüfung (sog. Dach-UVP) für die gesamte projektierte Ausbaustrecke bedurft. Zudem fehle es an einer Übersicht über die wichtigsten, vom Vorhabenträger geprüften anderweitigen Lösungsmöglichkeiten und an der Angabe der Auswahlgründe im Hinblick auf die belastenden Umweltauswirkungen i. S. v. § 6 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 UVPG.

22

In materiell-rechtlicher Hinsicht sei der Planfeststellungsbeschluss aufzuheben, weil es dem planfestgestellten Straßenprojekt an der erforderlichen Planrechtfertigung fehle. Dies folge bereits daraus, dass im Zeitpunkt der Planfeststellung unter der gebotenen vorausschauenden Beurteilung, ob dem geplanten Bauvorhaben unüberwindbare finanzielle Schranken entgegenstehen würden, eine Verwirklichung des Projekts innerhalb des nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung zur Verfügung stehenden Zeitrahmens von zehn Jahren wegen fehlender Finanzmittel ausgeschlossen erscheine und es sich deshalb um eine verfrühte, vernünftigerweise nicht gebotene bloße „Vorratsplanung“ handele. In rechtlicher Hinsicht beruhe dies auf dem Umstand, dass das Vorhaben nur in die Kategorie des „Weiteren Bedarfs mit Planungsrecht“ eingestuft sei. Dies habe zur Folge, dass die Finanzierung des planfestgestellten Abschnitts aus tatsächlichen Gründen ausgeschlossen erscheine, weil sich das Vorhaben gegen die zahlreichen Maßnahmen des vordringlichen Bedarfs, die noch nicht begonnen wurden, weil ihre Finanzierung nicht sichergestellt sei, nicht werde durchsetzen können. Die Schaffung eines solchen „Baurechtsvorrats“ als Grundlage für Eingriffe in Rechtspositionen Dritter sei aber verfassungswidrig.

23

Darüber hinaus fehle es auch deshalb an der Planrechtfertigung, weil die Bedarfsfeststellung im konkreten Fall fehlerhaft sei: Der Planung liege eine Verkehrsuntersuchung zugrunde, die nicht geeignet sei, den konkreten Bedarf für einen vierstreifigen Ausbau der B 10 sachgerecht zu belegen. Wie sich im Einzelnen aus den von ihm eingeholten und zu den Gerichtsakten gereichten gutachterlichen Stellungnahmen des Büros R. ergebe, sei die der Planung zugrunde gelegte Verkehrsuntersuchung von M. methodisch mangelhaft und beruhe auf fehlerhaften Grundlagendaten.

24

Ferner liege der Planung eine fehlerhafte Abschnittsbildung zugrunde: Durch den Ausbau der B 10 im planfestgestellten Abschnitt werde es westlich davon zu einer ähnlich hohen Überschreitung der Kapazität wie derzeit im planfestgestellten Abschnitt kommen, was zu schwerwiegenden Gefahrensituationen, aber auch zu ständigen Stausituationen insbesondere in den Tunnelabschnitten durch die Reduzierung des Querschnitts von zwei auf nur eine Spur je Richtung führen werde. Die mit der Planfeststellung vollzogene Abschnittsbildung führe mithin zu Folgekonflikten, die in der Abwägung nicht bewältigt worden seien, obwohl der Planfeststellung eine Verkehrsuntersuchung für die Gesamtstrecke der B 10 zwischen Landau und Pirmasens zugrunde liege und die Folgekonflikte daher erkennbar gewesen seien.

25

Der Planfeststellungsbeschluss verstoße zudem in mehrfacher Hinsicht gegen Vorschriften des Naturschutzrechts:

26

So führe die Planung zu erheblichen Beeinträchtigungen des FFH-Gebiets „Biosphärenreservat Pfälzerwald“ in seinen für die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck maßgeblichen Bestandsteilen, ohne dass die Voraussetzungen für die Erteilung einer Ausnahme gegeben seien. Es sei schon davon auszugehen, dass es im Bereich der Queichniederung drei Flächenbiotope gebe, die nach ihrer Beschreibung und Charakteristik dem prioritären Lebensraumtyp 91 E0* („Weichholzauen“) entsprächen. Der Eingriff hätte daher nur unter den Voraussetzungen des § 34 Abs. 4 BNatSchG zugelassen werden dürfen. Da Gründe nach § 34 Abs. 4 Satz 1 BNatSchG nicht ersichtlich seien, hätte eine Projektzulassung erst nach Einholung einer positiven Stellungnahme der EU-Kommission erfolgen dürfen. Darüber hinaus führe die Planung zu erheblichen Beeinträchtigungen der Lebensräume der erhaltungszielbestimmenden Schmetterlingsarten Großer Feuerfalter (Lycaena dispar) und Dunkler Wiesenknopf-Ameisenbläuling (Maculinea nausithous), und zwar durch die Verstärkung bereits bestehender Zerschneidungs- und Barrierewirkungen des Brückenbauwerks infolge seiner Erweiterung um eine zweite Brücke. Dies werde aufgrund der bereits angespannten Situation der beiden Arten im Gebiet zu einer gravierenden Verschlechterung ihres Erhaltungszustands und damit zu einer erheblichen Beeinträchtigung des Gebiets in seinen Erhaltungszielen führen. Die Voraussetzungen für die deshalb erforderliche Abweichungszulassung des Projekts seien indessen vom Beklagten nicht hinreichend dargelegt worden: Wegen der methodischen Fehlerhaftigkeit und mangelnden Belastbarkeit der der Planung zugrunde gelegten Verkehrsprognose fehle es an einer Darlegung „zwingender Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses“; auch die Alternativenprüfung genüge nicht den Anforderungen; schließlich seien die außerhalb des FFH-Gebiets vorgesehenen Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen zur Wahrung der Kohärenz des FFH-Gebiets nicht geeignet.

27

Der Planfeststellungsbeschluss genüge auch nicht den Anforderungen des besonderen Artenschutzrechts. Aus den eingeholten artenschutzrechtlichen Fachbeiträgen ergäben sich keine hinreichenden Hinweise auf Größe und Raumanspruch der jeweiligen lokalen Populationen der betroffenen Arten, weshalb eine Beurteilung, ob vereinzelte Tötungen von Individuen dieser Arten zu negativen Auswirkungen auf die jeweilige lokale Population führen, nicht möglich seien. Deshalb seien auch keine Aussagen zu etwaigen Ausnahmen oder Befreiungen möglich, zumal deren Voraussetzungen, insbesondere zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses, nach dem bereits Ausgeführten ohnehin nicht zu begründen seien. Die Unkenntnis populationsbezogener Daten schlage auch auf die im Planfeststellungsbeschluss vorgesehene und auch dringend gebotene Auflage der Errichtung einer Überflughilfe für Vögel und Fledermäuse durch; denn nach dieser Auflage solle die optimale Ausgestaltung der Überflughilfe erst im Vorfeld der Baumaßnahmen mit Hilfe von Untersuchungen durch Fledermausexperten eruiert werden, womit letztlich eine nachträgliche Bestandsaufnahme angeordnet werde. Gerade in Bezug auf Fledermäuse finde im Übrigen nur eine Betrachtung von Hypothesen statt, ohne dass eine sachgerechte Konfliktlösung bewerkstelligt und eine hinreichende Abwägung bei der Ausnahme- und Befreiungsentscheidung vorgenommen worden sei.

28

Schließlich leide der Planfeststellungsbeschluss auch an einer mangelhaften Kompensation der durch das Vorhaben bewirkten Eingriffe in Natur und Landschaft, weil selbst die Kompensation der Eingriffe, die von der Planfeststellung anerkannt worden seien, in unzulässiger Weise nicht abschließend gesichert worden sei. So sei die Sicherung der Maßnahmen 2.4 E AB („Erweiterung Bachuferwald an der Queich“) und 3.2 E AB („Extensivierung Uferrandstreifen an der Queich“) offenbar nicht gegeben. Denn hinsichtlich dieser auf als berechtigt anerkannte Einwände an eine andere Stelle zu verlegenden landespflegerischen Maßnahmen seien der neue Standort der Maßnahmen und deren Ausgestaltung noch mit der Oberen Naturschutzbehörde abzustimmen. Außerdem sei aus der in derselben Regelung des Planfeststellungsbeschlusses enthaltenen weiteren Auflage, in diesem Zusammenhang auch den Verlust von ca. 400 qm Gehölzfläche und von ca. 150 qm Röhricht bzw. Staudenflur zu kompensieren, zu schließen, dass sich dahinter offenbar ein weiterer, bisher nicht offengelegter Eingriff in Natur und Landschaft verberge.

29

Letztendlich kranke der Planfeststellungsbeschluss an einer fehlerhaften Gesamtabwägung: Das Gebot der gerechten Abwägung der betroffenen Belange sei verletzt, weil infolge der mangelhaften Verkehrsprognose und der nur unzureichenden sonstigen Begründung nicht fehlerfrei bestimmt worden sei, welches Gewicht den für das Vorhaben sprechenden verkehrlichen Belangen im Verhältnis zur Gewichtigkeit der Eingriffe in die Rechtssphäre einer Vielzahl von Betroffenen sowie in eine Vielzahl von Belangen des Umweltschutzes zukomme.

30

Der Kläger beantragt,

31

1. den Planfeststellungsbeschluss für den vierstreifigen Ausbau der Bundesstraße Nr. 10 (B 10) zwischen Godramstein und der Bundesautobahn A 65 (BAB 65; Anschlussstelle Landau-Nord) aufzuheben.

32

2. hilfsweise den Planfeststellungsbeschluss für rechtswidrig und nicht vollziehbar zu erklären.

33

Der Beklagte beantragt,

34

die Klage abzuweisen.

35

Er tritt der Klagebegründung im Einzelnen entgegen und trägt hierzu insbesondere vor:

36

Die Klagebefugnis des Klägers ergebe sich ausschließlich aus § 2 Abs. 1 UmwRG mit der Folge, dass ihm kein „Vollüberprüfungsanspruch“ zustehe, sondern seine Rügebefugnis auf die Geltendmachung von Verstößen gegen dem Umweltschutz dienende Vorschriften beschränkt sei. Zudem sei er mit wesentlichen Teilen seines Vorbringens mangels hinreichender Geltendmachung im Rahmen der Öffentlichkeitsbeteiligung gemäß § 17a Nr. 7 FStrG präkludiert.

37

Unabhängig davon sei der Planfeststellungsbeschluss in jeder Hinsicht rechtmäßig ergangen:

38

Verfahrensmängel in Bezug auf die UVP lägen nicht vor. Insbesondere habe es keiner übergreifenden „Dach-UVP“ bedurft; vielmehr sei eine förmliche UVP nur für den konkreten Planfeststellungsabschnitt geboten gewesen; im Übrigen habe die Planfeststellungsbehörde - unabhängig von der Frage, ob sie dazu im Rahmen eines bloßen Ausbauvorhabens einer bestehenden Fernstraße überhaupt verpflichtet gewesen sei - hinreichend in den Blick genommen, dass der planfestgestellte Abschnitt verkehrspolitisch Teil eines Gesamtvorhabens des vierstreifigen Ausbaus der B 10 zwischen Pirmasens und Landau sei. Sie habe dabei zum einen die eigenständige Verkehrsbedeutung des planfestgestellten Abschnitts - auch für den Fall, dass die Verwirklichung weiterer Planungsabschnitte aus noch nicht absehbaren Gründen scheitern sollte - dargestellt und zum anderen begründet, dass der Verwirklichung des weiteren Ausbaus der B 10 zwischen Godramstein und Pirmasens aus heutiger Sicht keine unüberwindbaren Hindernisse entgegenstünden, insbesondere nicht im Hinblick auf die Umweltverträglichkeit.

39

Der Planfeststellungsbeschluss stehe auch mit allen einschlägigen materiell-rechtlichen Vorschriften im Einklang:

40

Das Vorhaben verfüge mit der gesetzlichen Bedarfsfeststellung als „Weiterer Bedarf mit Planungsrecht“ über eine hinreichende Planrechtfertigung. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Bedarfsausweisung im Bedarfsplan 2004 seien nicht angezeigt. Denn es sei weder ersichtlich, dass die Bedarfsfeststellung seinerzeit fehlerhaft erfolgt sei, noch in irgendeiner Weise erkennbar, dass sie nachträglich obsolet geworden sein könnte. Es liege auch keine unzulässige Vorratsplanung infolge unmöglicher Finanzierung vor. Vielmehr hätten sowohl das Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Stadtentwicklung als auch das rheinland-pfälzische Verkehrsministerium gegenüber dem Landesbetrieb Mobilität (LBM) erklärt, dass bei Vorliegen endgültigen Baurechts die Finanzierung der vorliegend planfestgestellten Maßnahme - ggf. im Austausch mit einer anderen Maßnahme des Vordringlichen Bedarfs im Gebiet von Rheinland-Pfalz - sichergestellt werden solle.

41

Mit der Geltendmachung angeblicher Mängel der für die Planung erstellten Verkehrsprognose könne die gesetzliche Bedarfsfeststellung ohnehin nicht in Frage gestellt werden. Im Übrigen lägen die vom Kläger unter Berufung auf Stellungnahmen von R. behaupteten Fehler der Verkehrsprognose nicht vor, wie sich im Einzelnen aus den zu den Gerichtsakten gereichten Auseinandersetzungen des Büros M. mit den Kritikpunkten ergebe. Schließlich habe aber auch R. eingeräumt, dass es keineswegs an jeglichem Bedarf für einen vierstreifigen Ausbau in dem planfestgestellten Abschnitt fehle, sondern gehe selbst von einer aktuellen Verkehrsbelastung dieses Streckenabschnitts in einer Größenordnung aus, die nach den einschlägigen Richtlinien (RAS-Q, RAA) schon jetzt einen vierstreifigen Ausbau - sogar mit einem Regelquerschnitt von RQ 28 - rechtfertige.

42

Das planfestgestellte Straßenausbauvorhaben sei auch mit allen naturschutzrechtlichen Vorschriften vereinbar. Namentlich genüge es den Anforderungen des FFH-Gebietsschutzes. Erhebliche Beeinträchtigungen der Erhaltungsziele und maßgeblichen Bestandteile des FFH-Gebiets „Biosphärenreservat Pfälzer Wald“ seien nicht zu befürchten. So habe eine Nachprüfung in Form einer nochmaligen Begehung und Augenscheineinnahme durch den Dipl.-Biologen H. im Frühjahr 2010 sowie dessen weitere, zu den Gerichtsakten gereichte Stellungnahme vom 6. April 2011 nochmals bestätigt, dass es im Einwirkungsbereich des Vorhabens kein Vorkommen des prioritären Lebensraumtyps (LRT) 91 E0* gebe, da die dort vorhandenen Vegetationsstrukturen die Kriterien für einen LRT 91 E0* nicht erfüllten. Das Vorhaben führe auch nicht zu erheblichen Beeinträchtigungen erhaltungszielbestimmender Schmetterlingsarten: Wie sich aus den zu den Gerichtsakten gereichten Stellungnahmen des Dipl.-Biologen H. vom 6. April 2011 und vom 25. Januar 2015 ergebe, habe eine nochmalige Überprüfung vor Ort bestätigt, dass weiterhin schon keine Lebensraumpotentiale für die Arten Heller Wiesenknopf-Ameisenbläuling und Großer Feuerfalter im Wirkraum des Vorhabens vorhanden seien und der Dunkle Wiesenknopf-Ameisenbläuling (DWAB) im Bereich des Queichtals zwar vereinzelt nachgewiesen sei, aber die nächsten Fundorte nördlich der B 10 weit außerhalb des Wirkraums des Vorhabens gelegen und insbesondere die für die Falterart bedeutsamen Vorkommen der Hauptfutterpflanze im Eingriffsbereich nicht vorhanden seien. Auch die befürchteten Zerschneidungs- bzw. Barriereeffekte würden von dem Vorhaben nicht ausgehen: Durch den bloßen Anbau eines zusätzlichen Brückenbauwerks für die künftige Richtungsfahrbahn Pirmasens - Landau würden keine zusätzlichen Zerschneidungs- oder Barriereeffekte hervorgerufen, die über die heute bestehenden Belastungen hinausgingen. Denn für das neue Bauwerk sei eine größere Überspannung des Gewässers vorgesehen und zwischen den Brücken verbleibe künftig ein Abstand von 10 m, der eine ausreichende Belichtung und Besonnung ermögliche. Hierdurch werde dem Effekt eines längeren dunklen Tunnels begegnet. Zudem werde es sowohl aufgrund der vorhandenen Vegetationsstrukturen als auch aufgrund des Verhaltens der Art DWAB nicht zu einem nennenswerten Austausch zwischen vorhandenen Populationen innerhalb der Queichaue kommen; vielmehr seien die nördlich und südlich der Queichtalbrücke vorhandenen Teil-Populationen für sich eigenständig und überlebensfähig.

43

Selbst wenn man aber von einer erheblichen Beeinträchtigung des FFH-Gebiets ausgehe, habe die im Planfeststellungsbeschluss rein vorsorglich durchgeführte Ausnahmeprüfung gemäß § 34 Abs. 3 BNatSchG ergeben, dass das Vorhaben auch im Wege einer Ausnahme- bzw. Abweichungsprüfung zulässig sei. Denn der Ausbau der B 10 im planfestgestellten Abschnitt sei aus zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses geboten, was sich insbesondere aus den Gründen für die gesetzliche Bedarfsfeststellung ergebe; zumutbare Alternativen, mit denen das Projekt ohne oder mit geringeren Eingriffen in das FFH-Gebiet zu verwirklichen wäre, seien nicht ersichtlich; zudem seien die im Falle einer Abweichungszulassung erforderlichen Kohärenzsicherungsmaßnahmen in Gestalt einer Vielzahl von Vermeidungs-, Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen vorgesehen worden, durch die die Kohärenz des Natura-2000-Netzes gewahrt bleibe.

44

Der Planfeststellungsbeschluss stehe des Weiteren mit dem Artenschutzrecht in jeder Hinsicht im Einklang. Insbesondere beruhe die Planung auf artenschutzrechtlichen Untersuchungen, die weder hinsichtlich der Ermittlungstiefe noch im Hinblick auf das methodische Vorgehen Mängel aufwiesen. Zudem lägen die Voraussetzungen für eine vorsorgliche Ausnahme- bzw. Befreiungserteilung vor. Ferner treffe die Kritik des Klägers an dem angeordneten Monitoring durch Fledermausexperten zur Absicherung der genauen Anforderungen an die Überflughilfen für Fledermäuse in keiner Weise zu.

45

Der Planfeststellungsbeschluss erweise sich schließlich auch im Hinblick auf die naturschutzrechtliche Eingriffsregelung nicht als fehlerhaft. Insbesondere könne keine Rede davon sein, dass es an einer hinreichenden Sicherung der Umsetzung einzelner Maßnahmen fehle. Mit der Anordnung, dass der neue Standort der Maßnahmen 2.4 E AB und 3.2 E AB und deren Ausgestaltung mit der Oberen Naturschutzbehörde abzustimmen seien und die Realisierbarkeit der Maßnahmen am neuen Standort der Planfeststellungsbehörde gegenüber vor Baubeginn nachzuweisen sei, sei vielmehr gewährleistet, dass durch die Verlegung an einen anderen Standort keine quantitativen oder qualitativen Einbußen hinsichtlich der Kompensationsziele beider Maßnahmen aufträten und die Baumaßnahme nicht ohne die Ersatzmaßnahmen ausgeführt werden dürfe.

46

Der Planfeststellungsbeschluss genüge letztendlich auch dem in § 17 FStrG normierten Gebot, bei der Planfeststellung die von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange einschließlich der Umweltverträglichkeit im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigen und dabei erkennbar gewordene Konflikte zu bewältigen. Insbesondere sei die Sorge unbegründet, dass der vierstreifige Ausbau im planfestgestellten Abschnitt zwangsläufig zu Verkehrsproblemen in den nicht ausgebauten Tunnelabschnitten zwischen Annweiler und Rinnthal infolge der dortigen Reduzierung von zwei auf nur eine Fahrspur pro Richtung führen werde, die nur mit einem sofortigen durchgängigen vierstreifigen Ausbau der Gesamtstrecke zwischen Pirmasens und Landau vermieden werden könnten. Vielmehr werde der Ausbau im jetzt planfestgestellten Abschnitt nach dem Ergebnis der Verkehrsuntersuchungen von M. keine nennenswerten verkehrlichen Auswirkungen auf die B 10 westlich von Godramstein und damit auch nicht auf die Leistungsfähigkeit der Tunnel bei Annweiler haben. Es könne schließlich auch keine Rede davon sein, dass die vom Kläger behaupteten Mängel der Verkehrsprognose eine fehlerhafte Gesamtabwägung der von dem Vorhaben betroffenen Belange, namentlich eine fehlerhafte Gewichtung der Verkehrsimmissionsbelastung zur Folge gehabt hätten. Abgesehen davon, dass die behaupteten Mängel nicht vorlägen, habe die Verkehrsprognose von M. im Hinblick auf die Ermittlung und Bewertung der beim vierspurigen Ausbau zu erwartenden Immissionsbelastungen den Charakter einer „Worst-Case-Betrachtung“: Die Planfeststellungsbehörde habe sich im Bestreben um einen alle Auswirkungen um- und erfassenden Schutzansatz an der nach der Verkehrsprognose größtmöglichen Verkehrsbelastung der B 10 orientiert, nämlich am Planungsfall 4 (durchgängiger vierstreifiger Ausbau der B 10 zwischen Pirmasens und Landau). Auf diese Weise sei sichergestellt, dass bereits im angefochtenen Planfeststellungsbeschluss für den Abschnitt Godramstein - Landau ein am Planungsfall 4 ausgerichtetes Lärmschutzkonzept entwickelt und planfestgestellt worden sei. Es sei nicht ersichtlich, dass bei dieser Vorgehensweise die verkehrlichen Auswirkungen des Vorhabens unterschätzt worden sein könnten. Im Übrigen werde vom Kläger gerade umgekehrt der Vorwurf erhoben, es sei von zu hohen Verkehrszahlen, d. h. von überhöhten Erwartungen hinsichtlich des künftigen Verkehrsaufkommens ausgegangen worden. Infolgedessen seien die vom Kläger behaupteten Mängel der Verkehrsprognose von vornherein ungeeignet, eine fehlerhafte Gewichtung der Verkehrsimmissionsbelastung - im Sinne einer „Unterschätzung“ - zu begründen.

47

Mit Rücksicht auf ein von der Landesregierung initiiertes zweites Mediationsverfahren wurde das gerichtliche Verfahren mit Zustimmung der Beteiligten durch Beschluss des Senats vom 22. Juni 2011 gemäß §§ 173 VwGO, 251 ZPO zum Ruhen gebracht. Nach dem Scheitern auch des zweiten Mediationsverfahrens wurde das gerichtliche Verfahren durch Senatsbeschluss vom 27. Mai 2014 wiederaufgenommen und fortgeführt.

48

Die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes ergeben sich aus den Gerichtsakten und den beigezogenen Akten des Planfeststellungsverfahrens, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

Entscheidungsgründe

49

Die Klage ist zulässig (I.), bleibt jedoch in der Sache ohne Erfolg (II.).

50

I. Die Klage ist zulässig, insbesondere ist der Kläger klagebefugt. Seine Klagebefugnis ergibt sich allerdings ausschließlich aus § 2 Abs. 1 des Gesetzes über ergänzende Vorschriften zu Rechtsbehelfen in Umweltangelegenheiten nach der EG-Richtlinie 2003/35/EG (Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz – UmwRG –) in der Fassung der Bekanntmachung vom 8. April 2013 (BGBl. I, Seite 753). Soweit der Kläger in der Klagebegründung vom 31. Januar 2011 noch die Auffassung vertreten hatte, er könne seine Klagebefugnis außer aus § 2 Abs. 1 UmwRG auch aus § 64 des Gesetzes über Naturschutz und Landschaftspflege (Bundesnaturschutzgesetz – BNatSchG) herleiten, trifft dies inzwischen nicht mehr zu:

51

Nach § 1 Abs. 3 UmwRG in der Fassung der Bekanntmachung vom 8. April 2013 wird § 64 Abs. 1 BNatSchG nicht angewendet, soweit in Planfeststellungsverfahren, die § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 oder 2 UmwRG unterfallen, Rechtsbehelfe nach diesem Gesetz eröffnet sind. Für planfeststellungspflichtige Vorhaben, die – wie hier – nach Maßgabe des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 oder 2 UmwRG von Umweltverbänden angefochten werden können, gilt daher nunmehr ein Vorrang der umweltrechtlichen Verbandsklage (vgl. dazu bereits Fellenberg/Schiller, UmwRG, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, 65. EL April 2012, § 1 UmwRG, Rdnr. 66 a.E.). Zwar galt im Zeitpunkt der Klageerhebung am 22. Dezember 2010 noch § 64 Abs. 1 BNatSchG in der Fassung vom 1. März 2010, wonach anerkannte Naturschutzvereine „neben den Rechtsbehelfen nach § 2 UmwRG“ Rechtsbehelfe nach Maßgabe des § 64 BNatSchG einlegen konnten (und zwar gemäß §§ 64 Abs. 1, 63 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG auch gegen Planfeststellungsbeschlüsse); auch erhielt § 1 UmwRG in der Fassung vom 1. März 2010 noch keine Vorrangregelung zu Gunsten der umweltrechtlichen Verbandsklage (vgl. zur bisherigen Anwendbarkeit der beiden Verbandsklagebestimmungen nebeneinander Fellenberg/Schiller, a.a.O.). Doch ergibt sich aus der Übergangsregelung des § 5 Abs. 4 UmwRG in der Fassung der Bekanntmachung vom 8. April 2013, dass Rechtsbehelfsverfahren nach § 2 UmwRG, die – wie hier – am 12. Mai 2011 anhängig waren und am 29. Januar 2013 noch nicht rechtskräftig abgeschlossen worden sind, nach den Vorschriften des UmwRG in der ab dem 29. Januar 2013 geltenden Fassung zu Ende zu führen sind. Parallel dazu ist § 64 Abs. 1 Satz 1 BNatSchG dahin neu gefasst worden, dass anerkannte Naturschutzvereinigungen Rechtsbehelfe nach Maßgabe des § 64 nur noch erheben können, „soweit § 1 Abs. 3 UmwRG nicht entgegensteht“. Folglich kann sich der Kläger zur Begründung seiner Klagebefugnis inzwischen nicht mehr zusätzlich auf § 64 BNatSchG berufen.

52

Soweit der Kläger seine Klagebefugnis darüber hinaus auch aus einer unmittelbaren Anwendung von Art. 10a der Richtlinie 85/337/EWG in der Fassung der Richtlinie 2003/35/EG (jetzt: Art. 11 der Richtlinie 2011/92/EU) mit der Folge ableiten will, dass sich seine Rügebefugnis über die in § 2 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 5 UmwRG normierte Vereinbarkeit der angegriffenen Entscheidung mit dem Umweltschutz dienenden Rechtsvorschriften hinaus auf deren Vereinbarkeit mit allen einschlägigen Rechtsvorschriften erstreckt, ihm also auf diesem Wege ein „Vollüberprüfungsanspruch“ zusteht, kann dem nicht gefolgt werden. Entgegen der Ansicht des Klägers ergibt sich namentlich nicht aus der sog. „Trianel“-Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes (Urteil vom 12. Mai 2011 - Rs.C-115/09 -, NVwZ 2011, 801 ff.), dass § 2 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 5 UmwRG auch insoweit, als sie für Umweltverbandsklagen sowohl die Klagebefugnis als auch den Überprüfungsanspruch in der Begründetheit auf die Geltendmachung bzw. das Vorliegen von Verstößen gegen den Umweltschutz dienende Vorschriften beschränken, gegen Art. 10a der Richtlinie 85/337/EWG (jetzt: Art. 11 der Richtlinie 2011/92/EU) verstoßen, weshalb diese Vorschrift insoweit Anwendungsvorrang genießen müsse mit der Folge einer entsprechenden Erweiterung der Klage- und Rügebefugnis. Vielmehr hat das Bundesverwaltungsgericht in mehreren nach der Trianel-Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes ergangenen Entscheidungen die Rechtsauffassung bestätigt, dass die EuGH-Entscheidung für eine solche Annahme nichts hergibt (vgl. insbesondere BVerwG, Urteil vom 24. Oktober 2013 – 7 C 36/11 –, BVerwGE 148, 155 und juris, Rn. 23 ff., m.w.N.). Dem schließt sich der Senat an.

53

II. Die Klage ist jedoch mit dem Haupt- und Hilfsantrag unbegründet. Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss verstößt unter keinem der geltend gemachten Gesichtspunkte gegen dem Umweltschutz dienende Vorschriften im Sinne von § 2 Abs. 1 UmwRG. Er steht vielmehr mit allen einschlägigen Vorschriften, die – zumindest auch – dem Umweltschutz zu dienen bestimmt sind, im Einklang (zum Prüfungsumfang bei der Umweltverbandsklage und zum diesem korrespondierenden, beschränkten Überprüfungsanspruch nach dem UmwRG vgl. auch das Senatsurteil vom 14. Oktober 2014 – 8 C 10233/14.OVG –, NVwZ-RR 2015, 205 und juris, Rn. 39 ff.). Dies gilt sowohl für dem Umweltschutz dienende Verfahrensvorschriften (1.) als auch für Vorschriften des materiellen Umweltrechts (2.).

54

1. Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss begegnet zunächst in formell-rechtlicher Hinsicht keinen Bedenken, sondern steht mit den einschlägigen, dem Umweltschutz dienenden Verfahrensvorschriften im Einklang. Namentlich liegt kein Verstoß gegen Verfahrensanforderungen des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 24. Februar 2010 (BGBl. I, Seite 94) vor.

55

So kann der Kläger mit seinem Einwand, die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) hätte nicht auf den Bereich des planfestgestellten Ausbauabschnitts der B 10 beschränkt werden dürfen, sondern es hätte einer übergreifenden Ermittlung und Bewertung der Umweltauswirkungen für den Bereich des insgesamt projektierten Ausbaus der B 10 zwischen Pirmasens und der BAB A 65 bedurft (sog. „Dach-UVP“), nicht durchdringen.

56

Es spricht schon viel dafür, dass der Kläger mit seinem Vorbringen zur formellen Rechtswidrigkeit des Planfeststellungsbeschlusses wegen fehlerhafter Durchführung der UVP, insbesondere wegen Fehlens einer sog. Dach-UVP, bereits gemäß § 17a Nr. 7 des Bundesfernstraßengesetzes (FStrG) (jetzt: § 73 Abs. 4 Satz 3 VwVfG) präkludiert ist. Denn er hat in den beiden Einwendungsschreiben vom 15. Mai 2007 Fragen der ordnungsgemäßen Durchführung der UVP nicht einmal ansatzweise thematisiert. Vielmehr werden dort nur naturschutzfachliche Belange des FFH-Gebiets- und des Artenschutzes sowie Mängel bei den Vermeidungs-, Minderungs- und Ersatzmaßnahmen und daneben noch sonstige (materielle) Umweltfragen in Bezug auf die verkehrlichen Belange abgehandelt. Lediglich im Zusammenhang mit dem FFH-Gebietsschutz wird das Fehlen einer „vollständigen FFH-Verträglichkeitsprüfung des gesamten Planungsvorhabens Ausbau der B 10 zwischen Pirmasens und Landau (sog. Dach-FFH-Verträglichkeitsprüfung)“ gerügt. Ferner taucht der Gesichtspunkt, der vierspurige Ausbauzustand zwischen Pirmasens und Landau müsse „auch die Grundlage der Konfliktanalyse bilden“, woran es „besonders unter dem Aspekt der FFH-Verträglichkeit fehle“, noch einmal in Teil III.1 des Einwendungsschreibens auf, aber ebenfalls ohne jegliche Thematisierung des UVP-Rechts. Damit dürfte der Kläger den gesteigerten Anforderungen an die Substantiierung von Einwendungen, die nach der Rechtsprechung bei Naturschutzvereinigungen und Umweltverbänden gegenüber Einwendungen Privater zu stellen sind (vgl. dazu insbesondere BVerwG, Urteil vom 14. Juli 2011 – 9 A 12.10 –, BVerwGE 140, 149 und juris, Rn. 19 ff.), nicht genügt haben. Vielmehr wäre von einem Umweltverband zu erwarten gewesen, dass er seiner Mitwirkungslast, Angaben dazu zu machen, welches umweltrechtliche Schutzgut betroffen ist und in welcher Beziehung diesem aus seiner Sicht Beeinträchtigungen drohen (vgl. dazu z. B. BVerwG, Beschluss vom 23. November 2007 – 9 B 38.07 –, NuR 2008, Seite 176 und juris, Rn. 31), im Bewusstsein der grundlegend unterschiedlichen Strukturen und Bedeutung des UVP-Rechts einerseits (formelle Anforderungen an die Verfahrensgestaltung) und des FFH-Gebiets- sowie des Artenschutzrechts andererseits (materielle Anforderungen als zwingendes Recht) durch entsprechend thematisch differenzierende Angaben Rechnung trägt (vgl. zu den Anforderungen an die Rüge einer fehlerhaften UVP als selbständigem Verfahrensfehler auch BVerwG, Beschluss vom 11. August 2006 – 9 VR 5/06 –, NVwZ 2006, 1170 und juris, Rn. 11). Daran dürfte es vorliegend fehlen. Am Vorliegen der weiteren Voraussetzungen einer Präklusion nach § 17a Nr. 7 FStrG bestehen im Übrigen keine Zweifel. Schließlich besteht derzeit auch kein Anlass, die Anwendbarkeit der Präklusionsbestimmung des § 17a Nr. 7 FStrG auf Naturschutzverbände bzw. Umweltvereinigungen unionsrechtlich grundsätzlich in Frage zu stellen (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 14. Juli 2011 – 9 A 14.10 –, NuR 2010, 52 und juris, Rn. 21 ff.).

57

Unabhängig von der Frage der Präklusion ist die Forderung des Klägers nach Durchführung einer sog. Dach-UVP jedenfalls in der Sache nicht begründet:

58

In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist seit langem grundsätzlich geklärt, dass bei einer abschnittsweisen Planfeststellung einer Bundesfernstraße die förmliche UVP nur für den jeweiligen Abschnitt durchzuführen ist: Einer UVP ist das Projekt zu unterziehen, für das im Sinne von Art. 2 Abs. 1 der UVP-Richtlinie die Erteilung einer Genehmigung beantragt worden ist. Das EU-Recht wirkt nicht auf die materiell-rechtlichen Anforderungen des einzelstaatlichen Zulassungsrechts ein. Eröffnet das Recht des jeweiligen Mitgliedstaates die Möglichkeit, ein Gesamtprojekt aufzuspalten und in mehreren Teilschritten auszuführen, so bildet den Bezugspunkt der UVP das konkrete Projekt, für das ein Antrag gestellt worden ist. Demnach ist bei einer abschnittsweisen Planung der Abschnitt, über den in einem Verfahren entschieden wird, zugleich das Vorhaben, das der UVP unterliegt (vgl. zum Ganzen z. B. BVerwG, Urteil vom 10. April 1997 – 4 C 5/96 –, BVerwGE 104, 326 und juris, Rn. 24, sowie Urteil vom 28. Februar 1996 – 4 A 27/95 –, UPR 1996, 270 und juris, Rn. 30, jeweils m.w.N.). Ob die Abschnittsbildung zulässig ist, richtet sich nicht nach dem UVP-Recht, sondern nach dem materiellen Planungsrecht, vorliegend nach § 17 Abs. 1 Satz 2 FStrG, da auch die Anforderungen an die Abschnittsbildung über das Abwägungsgebot gesteuert werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 10. April 1997, a.a.O., Rn. 25).

59

Danach bedarf es keiner vorgezogenen förmlichen UVP für die nachfolgenden Abschnitte; ausreichend ist vielmehr die Prognose, dass der Verwirklichung des Vorhabens in den nachfolgenden Abschnitten keine von vornherein unüberwindliche Hindernisse entgegenstehen (vgl. BVerwG, Urteil vom 28. Februar 1996, a.a.O., Rn. 30 m.w.N.).

60

Entgegen der Ansicht des Klägers folgt vorliegend auch nicht ausnahmsweise etwas anderes aus den §§ 2 Abs. 1 Satz 4, 3b Abs. 2 oder 13 Abs. 1 Satz 2 UVPG:

61

Wie das Bundesverwaltungsgericht bereits entschieden hat, enthält § 2 Abs. 1 Satz 4 UVPG eine Regelung nur für den Fall, dass über die Zulässigkeiteines Vorhabens im Rahmen mehrerer Verfahren entschieden wird; dann sind die in den verschiedenen Verfahren durchgeführten Teilprüfungen zu einer Gesamtbewertung zusammen zu fassen; davon zu unterscheiden ist der – auch hier vorliegende – Fall der Planfeststellung eines Abschnitts einer Bundesfernstraße (vgl. BVerwG, Urteil vom 28. Februar 1996, a.a.O., Rn. 30).

62

Die Regelung des § 3b Abs. 2 Satz 1 UVPG für „kumulierende Vorhaben“ setzt voraus, dass die mehreren Vorhaben derselben Art von demselben oder den mehreren Trägerngleichzeitig verwirklicht werden sollen; gemeint ist damit eine zeitlich parallele Vorhabenverwirklichung (vgl. Dienes, in: Hoppe/Bergmann, UVPG, 4. Aufl. 2012, § 3b, Rn. 24). Daran fehlt es offensichtlich bei der sukzessiven Verwirklichung des Ausbaus einer Bundesfernstraße in mehreren, räumlich und zeitlich aufeinander folgenden Abschnitten.

63

Schließlich ist auch anerkannt, dass es sich bei der abschnittsweisen Planfeststellung von Bundesfernstraßen nicht um „Teilzulassungen“ im Sinne von § 13 UVPG handelt. Da die einzelnen Abschnitte bei der abschnittsweisen Planfeststellung einer Fernstraße als selbständige Vorhaben anzusehen sind, wird über sie nicht im Rahmen einer Teilzulassung entschieden, so dass § 13 UVPG keine Anwendung findet (so zutreffend z. B. Schieferdecker, in: Hoppe/Bergmann, UVPG, 4. Aufl. 2012, § 13, Rn. 15 und Fußnote 25, unter Hinweis auf BVerwG, Urteil vom 10. April 1997 – 4 C 5/96 –, a.a.O., Rn. 24). Damit besteht hier insbesondere nicht das Erfordernis einer vorläufigen Erstreckung der UVP „auf die nach dem jeweiligen Planungsstand erkennbaren Umweltauswirkungen des Gesamtvorhabens“ nach § 13 Abs. 1 Satz 2 UVPG.

64

Somit ist vorliegend UVP-rechtlich nur zu fordern, dass die Planfeststellungsbehörde eine Prognose angestellt hat, dass der Verwirklichung des Vorhabens in den nachfolgenden Abschnitten in Bezug auf die Umweltauswirkungen keine von vornherein unüberwindlichen Hindernisse entgegenstehen. Ob die insoweit vom Beklagten vorgebrachten Zweifel daran, ob diese Vorgabe der Rechtsprechung außer auf den Neubau einer Fernstraße in Abschnitten auch auf den – hier in allen Abschnitten des Gesamtprojekts gegebenen – Ausbau einer vorhandenen Fernstraße Anwendung finden kann, zu Recht bestehen, kann im Ergebnis offen bleiben. Denn im Planfeststellungsbeschluss ist an mehreren Stellen in hinreichender Weise in den Blick genommen worden, dass der planfestgestellte Abschnitt verkehrspolitisch Teil eines Gesamtvorhabens des vierspurigen Ausbaus der B 10 zwischen Pirmasens und Landau ist. Zum einen wurde im Rahmen der Erläuterungen der Planungskonzeption (Seite 89 ff. des Planfeststellungsbeschlusses) ausführlich dargestellt, dass einerseits der planfestgestellte Planungsabschnitt eine eigenständige Verkehrsbedeutung auch für den Fall haben wird, dass die Verwirklichung der weiteren Planungsabschnitte – entgegen der politischen Absicht aus nicht absehbaren Gründen – scheitern sollte, aber andererseits der Verwirklichung des weiteren Ausbaus der B 10 im Bereich zwischen Godramstein und Pirmasens aus heutiger Sicht keine unüberwindbaren Hindernisse entgegenstehen, insbesondere nicht im Hinblick auf die Umweltverträglichkeit. Zum anderen wurde auch speziell in Auseinandersetzung mit Forderungen von Einwendern, namentlich des Klägers, nach Durchführung einer sog. Dach-FFH-Verträglichkeitsprüfung für die gesamte Ausbaustrecke zwischen Pirmasens und Landau ausgeführt, dass einerseits für den Bereich zwischen Pirmasens und Hinterweidenthal bereits bestandskräftiges Baurecht vorliege, mit dem für diesen Teilbereich u. a. auch die FFH-Verträglichkeit positiv festgestellt worden sei, und andererseits aus heutiger Sicht auch nichts dafür ersichtlich sei, dass ein späterer vierstreifiger Ausbau in den noch nicht planfestgestellten Teilbereichen zwischen Hinterweidenthal und Godramstein unter FFH-Gesichtspunkten vor unüberwindlichen Hindernissen stehen würde (vgl. Seite 182 des Planfeststellungsbeschlusses). Damit ist den Anforderungen der Rechtsprechung an die Prognose der Realisierungsfähigkeit des Gesamtvorhabens genüge getan worden.

65

Auch unter den weiteren vom Kläger angesprochenen Gesichtspunkten sind Verstöße gegen Verfahrensvorschriften des UVPG nicht festzustellen.

66

So kann der Rüge des Klägers, die Planunterlagen hätten keine den Anforderungen des § 6 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 UVPG genügende „Übersicht über geprüfte anderweitige Lösungsmöglichkeiten“ enthalten, nicht gefolgt werden. Dabei ist zu sehen, dass diese Vorschrift – als rein formell-rechtliche Anforderung an den Inhalt der vom Vorhabenträger zur Prüfung seines Antrags vorzulegenden Unterlagen – lediglich verlangt, dass der Vorhabenträger die von ihm tatsächlich geprüften anderweitigen Lösungsmöglichkeiten und seine Auswahlgründe im Hinblick auf die Umweltauswirkungen des Vorhabens in einer Übersicht darstellt; die Bestimmung begründet hingegen keinerlei Pflicht zur Prüfung von Vorhabenalternativen. Vielmehr ergibt sich die Notwendigkeit, die verschiedenen sich anbietenden oder sich aufdrängenden Standortalternativen oder Durchführungsvarianten auf ihre jeweilige Umweltverträglichkeit hin zu untersuchen, aus dem jeweiligen Fachrecht, im Falle einer fernstraßenrechtlichen Planung also aus § 17 Abs. 1 Satz 2 FStrG als Anforderung des Abwägungsgebots (vgl. Kment, in: Hoppe/Beckmann, UVPG, 4. Aufl. 2012, § 6, Rn. 21, m.w.N.). Diesen rein formellen Anforderungen des § 6 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 UVPG ist mit der in der „allgemein verständlichen Zusammenfassung gemäß § 6 UVPG“ enthaltenen Übersicht „III. Geprüfte Vorhabenvarianten und wesentliche Auswahlgründe“ (vgl. Planordner I, Planunterlage 1.2, Seite 9 ff.) genüge getan worden.

67

Soweit der Kläger darüber hinaus noch rügen will, dass es an einer den Anforderungen des § 11 UVPG genügenden „zusammenfassenden Darstellung der Umweltauswirkungen des Vorhabens“ fehle, kann dem schließlich ebenfalls nicht gefolgt werden. Nach § 11 Satz 1 UVPG hat die zuständige Behörde auf der Grundlage der Unterlagen nach § 6, der behördlichen Stellungnahmen nach §§ 7 und 8 soweit der Äußerungen der betroffenen Öffentlichkeit nach den §§ 8 und 9a eine zusammenfassende Darstellung der Umweltauswirkungen des Vorhabens sowie der Maßnahmen, mit denen erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen vermieden, vermindert oder ausgeglichen werden, zu erarbeiten, einschließlich der Ersatzmaßnahmen bei nicht ausgleichbaren, aber vorrangigen Eingriffen in Natur und Landschaft; nach § 11 Satz 3 kann diese zusammenfassende Darstellung in der Begründung der Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens erfolgen (vgl. dazu BVerwG, Beschluss vom 10. Oktober 2006 – 9 B 27/05 –, UPR 2007, 33 und juris, Rn. 17). Davon hat der Beklagte hier Gebrauch gemacht und die zusammenfassende Darstellung in den Planfeststellungsbeschluss integriert (vgl. dessen Seite 171). Dabei begegnet es keinen durchgreifenden Bedenken, dass in der zusammenfassenden Darstellung weitestgehend auf die „allgemein verständliche Zusammenfassung“ nach § 6 UVPG in der Planunterlage 1.2, Seite 9 ff. (Planordner I), Bezug genommen wird, nachdem diese - wie ausgeführt - den formellen Anforderungen des § 6 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 UVPG entspricht und darüber hinaus auch alle inhaltlichen Anforderungen des § 11 Satz 1 UVPG erfüllt, und der Planfeststellungsbeschluss ergänzend feststellt, dass im Anhörungsverfahren keine weiteren wesentlich neuen Gesichtspunkte in Bezug auf die Einschätzung der Umweltverträglichkeit des Vorhabens vorgebracht worden seien.

68

2. Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss leidet des Weiteren an keinem materiellen Rechtsfehler, den der Kläger mit der Folge einer vollständigen oder teilweisen Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses oder der Feststellung seiner Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit geltend machen kann.

69

a. So mangelt es der streitigen Fernstraßenplanung nicht an der erforderlichen Planrechtfertigung.

70

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts setzt die Zulässigkeit einer (z. B. Straßen-)Planung, die Voraussetzung für Eingriffe in Rechte oder eine Enteignung sein soll, voraus, dass das jeweilige Vorhaben durch vernünftige Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt ist, d. h. nach Maßgabe der vom jeweiligen Fachplanungsgesetz allgemein verfolgten Ziele „vernünftigerweise geboten“ ist (vgl. z. B. BVerwG, Urteil vom 5. Dezember 1986 – 4 C 13/85 –, BVerwGE 75, 214, 232 f.; siehe auch z. B. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 1. Februar 2001 – 1 C 10626/00.OVG –, ESOVGRP, Seite 13). Bei der Planfeststellung für den Neu- oder Ausbau einer Bundesfernstraße ist von einer Planrechtfertigung auszugehen, wenn das Vorhaben in den Bedarfsplan für Bundesfernstraßen nach dem Gesetz über den Ausbau der Bundesfernstraßen (Fernstraßenausbaugesetz – FStrAbG – in der Fassung vom 20. Januar 2005, BGBl. I, 201) aufgenommen ist. Denn nach § 1 Abs. 2 FStrG entsprechen die in den Bedarfsplan aufgenommenen Bau- und Ausbauvorhaben den Zielsetzungen des § 1 Abs. 1 FStrG. Die Feststellung des Bedarfs ist danach für die Linienbestimmung nach § 16 FStrG und für die Planfeststellung nach § 17 FStrG verbindlich; sie ist so auch als Belang in der Abwägung zu berücksichtigen; die zeichnerische Darstellung des Bedarfsplans zum Fernstraßenausbaugesetz bindet hinsichtlich der Dimensionierung als zwei- oder vierstreifige Bundesstraße und im Hinblick auf die dort erkennbare Netzverknüpfung; diese Bindungen gelten auch für das gerichtliche Verfahren (ständige Rechtsprechung; vgl. z. B. BVerwG, Urteil vom 19. März 2003 – 9 A 33/02 –, DVBl. 2003, 1069 und juris, Rn. 23 m.w. Rechtsprechungsnachweisen; ebenso z. B. Senatsurteil vom 28. August 2013 -8 C 1036/13.OVG –, Seite 8 des Urteilsabdrucks, m.w.N.).

71

Die gesetzliche Bedarfsfeststellung ist allein an den Vorgaben des Verfassungsrechts zu messen. Danach beschränkt sich die gerichtliche Kontrolle auf die Frage, ob bei der Festlegung des Gesetzgebers die weit gesteckten Grenzen des gesetzgeberischen Ermessens überschritten wurden. Dies ist nur dann der Fall, wenn die Feststellung des Bedarfs evident unsachlich ist, wenn es also für das Vorhaben offenkundig keinerlei Bedarf gibt, der die Annahmen des Gesetzgebers rechtfertigen könnte, weil es etwa für die Aufnahme des Vorhabens in den Bedarfsplan im Hinblick auf die bestehende oder künftig zu erwartende Verkehrsbelastung oder auf die verkehrliche Erschließung eines zu entwickelnden Raumes an jeglicher Notwendigkeit fehlte oder wenn sich die Verhältnisse seit der Bedarfsentscheidung des Gesetzgebers so grundlegend gewandelt hätten, dass das angestrebte Planungsziel unter keinen Umständen auch nur annähernd erreicht werden könnte (ständige Rechtsprechung; vgl. z. B. BVerwG, Beschluss vom 16. Januar 2007 – 9 B 14.06 –, NVwZ 2007, 462 und juris, Rn. 7 sowie Urteil vom 3. Mai 2013 – 9 A 16/12 -, BVerwGE 146, 254 und juris, Rn. 21, m.w.N.).

72

Nach Maßgabe dieser Grundsätze steht die Planrechtfertigung des Vorhabens des vierstreifigen Ausbaus der B 10 im planfestgestellten Abschnitt außer Frage.

73

Daher kann offen bleiben, ob das Erfordernis der Planrechtfertigung auf die Klage eines anerkannten Umweltvereins im Rahmen von dessen nach § 2 Abs. 1 Nr. 5, Abs. 5 UmwRG eingeschränkter Rügebefugnis überhaupt zu prüfen ist (streitig; zum Meinungsstand vgl. z. B. Fellenberg/Schiller, a.a.O., § 2 UmwRG, Rn. 15, m.w.N.; verneinend BVerwG, Beschluss vom 1. Juli 2003 – 4 VR 1/03, 4 A 1/04 A 1/03 –, juris, Rn. 7; offengelassen in der Rechtsprechung des 9. Senats des Bundesverwaltungsgerichts zu § 64 BNatSchG, vgl. zuletzt die Urteil vom 3. Mai 2013, a.a.O., Rn. 17 und vom 8. Januar 2014 – 9 A 4/13 -, BVerwGE 149, 31 und juris, Rn. 30; siehe auch Senatsurteil vom 11. Februar 2009 – 8 C 10435/08.OVG –, NuR 2009, Seite 636 und juris, Rn. 23).

74

Die Planrechtfertigung des Vorhabens folgt aus der gesetzlichen Bedarfsfeststellung. Das Vorhaben des vierstreifigen Ausbaus der B 10 im Abschnitt zwischen der BAB A 65 und Godramstein ist – ebenso wie die sich westlich anschließenden Abschnitte bis Hinterweidenthal – im Bedarfsplan für die Bundesfernstraßen, der gemäß § 1 Abs. 1 FStrAbG (in der Fassung des 5. Änderungsgesetzes vom 4. Oktober 2004, BGBl. I, 2574) diesem Gesetz als Anlage beigefügt ist, enthalten und nach § 2 FStrAbG der Stufe „Weiterer Bedarf mit Planungsrecht (WB*)“ zugeordnet (vgl. die grafische Darstellung in der Anlage zum Fernstraßenausbaugesetz, veröffentlicht im Anlagenband 2004 zum Bundesgesetzblatt 2004, BGBl. I A-2004). Die Bedeutung der Einstufung „Weiterer Bedarf mit Planungsrecht (WB*)“ wird im Gesetz bzw. im Bedarfsplan nicht näher erläutert. Aus der Begründung des Entwurfs eines 5. Gesetzes zur Änderung des Fernstraßenausbaugesetzes ergibt sich Folgendes: „Der Weitere Bedarf (WB) enthält Vorhaben, deren gesamtwirtschaftliche Vorteilhaftigkeit nachgewiesen ist, deren Investitionsvolumen aber den Finanzrahmen bis 2015 überschreitet. Die Projektplanung darf deshalb nur in begründeten Ausnahmefällen mit Einwilligung des Bundesministeriums für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen aufgenommen oder weiterbetrieben werden. In begründeten Fällen kann die Planung von Projekten des Weiteren Bedarfs aufgrund dieses Gesetzes aufgenommen bzw. weiterbetrieben werden. Dies kann aufgrund der netzkonzeptionellen Bedeutung oder wegen des Zusammenhangs mit benachbarten Projekten der Stufe Vordringlicher Bedarf erforderlich sein. Diese Vorhaben sind als Weiterer Bedarf mit Planungsrecht besonders gekennzeichnet (WB*)“ (vgl. BT-Drs. 15/1657, Seite 21).

75

Die Argumente des Klägers, mit denen er die aus der gesetzlichen Bedarfsfeststellung folgende Planrechtfertigung in Frage stellen will, sind sämtlich nicht stichhaltig.

76

Zunächst kann der Auffassung des Klägers nicht gefolgt werden, dass die Einstufung in die Kategorie WB* eine „graduelle Minderwertigkeit“ der gesetzlichen Bedarfsfeststellung bedeute, etwa mit der Folge, dass diese Einstufung nur zu Vorplanungen, aber nicht zur verbindlichen Schaffung von Baurecht ermächtige. Dagegen spricht bereits, dass § 1 Abs. 2 FStrAbG nicht zwischen den Stufen der Bedarfsfeststellung differenziert, sondern für alle in den Bedarfsplan aufgenommenen Bau- und Ausbauvorhaben die Entsprechung mit den Zielvorstellungen des § 1 Abs. 1 FStrG konstatiert (§ 1 Abs. 2 Satz 1 FStrAbG) und darüber hinaus die Feststellung des Bedarfs generell als für die Linienbestimmung und Planfeststellung verbindlich erklärt (§ 1 Abs. 2 Satz 2 FStrAbG). Hieraus folgt, dass die Feststellung als „Vorhaben des Weiteren Bedarfs“ in gleicher Weise verbindlich ist wie jede andere Bedarfsfeststellung (so auch BayVGH, Urteil vom 19. Juli 2006 - 8 A 06.40015 -, juris, Rn. 43 f und Beschluss vom 13. Juli 2009 –8 CS 09.1388 –, juris, Rn. 15). Darüber hinaus folgt aus der zitierten Begründung des Gesetzentwurfs, dass den als WB* gekennzeichneten Vorhaben gegenüber den nur als WB eingestuften Vorhaben – für die aber immerhin auch die „gesamtwirtschaftliche Vorteilhaftigkeit“ als „nachgewiesen“ angesehen wird – insoweit ein Vorrang zukommt, als sie „aufgrund ihrer netzkonzeptionellen Bedeutung“ oder wegen ihres „Zusammenhangs mit benachbarten Projekten des vordringlichen Bedarfs … aufgenommen bzw. weiterbetrieben“ werden dürfen (vgl. BT-Drs. 15/1657, a.a.O.). Wie die Bundesregierung hierzu in ihrer Gegenäußerung zur Stellungnahme des Bundesrates klargestellt hat, bedeutet dies, dass bei den Maßnahmen des WB* den Ländern die Möglichkeit eingeräumt ist, „die Projektplanung bis zur Erlangung des Baurechts zu betreiben“ (vgl. BT-Drs. 15/1803, Seite 2). Dies kann aus dem Zusammenhang nur so verstanden werden, dass das Planfeststellungsverfahren vollständig zum Zwecke der Erlangung von Baurecht durchzuführen ist. Eine unzulässige „Vorratsplanung“ kann darin nicht gesehen werden. Letztlich führt jede Planfeststellung - auch bei Vorhaben des Vordringlichen Bedarfs - in gewisser Weise zu einer Schaffung von Baurecht „auf Vorrat“, da das Gebrauchmachen von dem geschaffenen Baurecht durch den Vorhabenträger sich aus vielfältigen Gründen noch verzögern kann. Dem hat der Gesetzgeber dadurch Rechnung getragen, dass er dem Vorhabenträger nach § 17c Nr. 1 FStrG eine Frist von 10 Jahren nach Eintritt der Unanfechtbarkeit des Planfeststellungsbeschlusses für den Beginn der Ausführungen des Plans einräumt, die auf Antrag noch um bis zu 5 Jahre verlängert werden kann, ohne dabei zwischen Vorhaben des Vordringlichen und solchen des Weiteren Bedarfs zu differenzieren. Ein Unterschied besteht allerdings insofern, als § 17e Abs. 2 FStrG die aufschiebende Wirkung von Anfechtungsklagen nur bei Vorhaben des Vordringlichen Bedarfs entfallen lässt. Doch wird dadurch zugleich bestätigt, dass auch die Vorhaben des Weiteren Bedarfs planfeststellungsfähig sind und diese auch bei ihnen zur Schaffung von vollziehbarem Baurecht führt.

77

Anders, als der Kläger dies zu unternehmen versucht, kann die gesetzliche Bedarfsfeststellung auch durch die Geltendmachung von Mängeln der für die konkrete Planung erstellten Verkehrsprognose nicht in Frage gestellt werden.

78

Wie das Bundesverwaltungsgericht in jüngster Zeit mehrfach entschieden hat, ist das Vorbringen, die der Planfeststellung zugrunde gelegte Verkehrsprognose sei methodisch fehlerhaft und die prognostizierten Verkehrszahlen seien unrealistisch, schon grundsätzlich nicht geeignet, die Grundlagen der gesetzlichen Bedarfsfeststellung und -überprüfung in Frage zu stellen (vgl. BVerwG, Urteil vom 3. Mai 2013, a.a.O., Rn. 22 ff. sowie Urteil vom 8. Januar 2014, a.a.O., Rn. 35 f). Da die gesetzliche Bedarfsfeststellung durch die Prognose künftiger Verkehrsströme beeinflusst wird, zielt die in § 1 Abs. 2 FStrAbG angeordnete Bindungswirkung darauf ab, dass straßenrechtlichen Planfeststellungsverfahren und damit ebenso einen anschließenden Verwaltungsprozess von einem Gutachterstreit über die „richtigere“ Verkehrsprognose zu entlasten. Dieser Zweck des § 1 Abs. 2 FStrAbG schließt es somit aus, den Abwägungsvorgang, den der Gesetzgeber auf dieser Stufe vollzogen hat, unter dem Blickwinkel fachlich zu überprüfen, ob eine Verkehrsprognose vorzugwürdig sein könnte; entscheidend ist vielmehr allein, ob das Ergebnis der Normsetzung den anzulegenden verfassungsrechtlichen Maßstäben genügt (vgl. BVerwG, Urteil vom 3. Mai 2013, a.a.O., Rn. 24, m.w.N.).

79

Somit beschränkt sich auch vorliegend die verwaltungsgerichtliche Prüfung darauf, ob der Gesetzgeber bei der normativen Bedarfsfeststellung die Grenzen des ihm zustehenden Ermessens überschritten hat. Dies setzt nach ständiger Rechtsprechung voraus, dass die Bedarfsfeststellung evident unsachlich ist, weil es für die Aufnahme des Vorhabens in den Bedarfsplan im Hinblick auf die bestehende oder künftig zu erwartende Verkehrsbelastung eines zu entwickelnden Raumes an jeglicher Notwendigkeit fehlt oder sich die Verhältnisse der Bedarfsentscheidung des Gesetzgebers so grundlegend gewandelt haben, dass das angestrebte Planungsziel unter keinen Umständen auch nur annähernd erreicht werden kann (vgl. z. B. BVerwG, Urteil vom 8. Januar 2014, a.a.O., Rn. 34, m.w.N.). Davon kann vorliegend keine Rede sein.

80

Vielmehr sind die vom Kläger zur Gerichtsakte gereichten Stellungnahmen von R., mit denen methodische Mängel der projektbezogenen Verkehrsprognose von M. gerügt werden, nicht geeignet, die gesetzliche Bedarfsfeststellung in Zweifel zu ziehen. Zum einen würden die behaupteten Mängel der projektbezogenen Prognose – ihr Vorliegen unterstellt – schon keine Rückschlüsse auf die den Bedarfsplan und dessen Überprüfung zugrunde liegenden Verkehrsprognosen zulassen. Denn der Bundesverkehrswegeplanung und der gesetzlichen Bedarfsfeststellung 2004 lag eine Prognose der bundesweiten Verkehrsverflechtungen bezogen auf das Jahr 2015 zugrunde, deren Kernstück deutschlandweite räumliche Verflechtungsmatrizen in Personen- und Güterverkehr bilden (vgl. BVerwG, Urteil vom 3. Mai 2013, a.a.O., Rn. 23, m.w.N.). Diese Prognose über die zukünftige Verkehrsentwicklung ist gemäß dem in § 4 Satz 1 FStrAbG enthaltenen Prüfauftrag im Jahre 2010 durch das Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Stadtentwicklung überprüft worden. Die Überprüfung ist auf der Grundlage eines Vergleichs der bei der Aufstellung des Bedarfsplans 2004 herangezogenen bundesweiten Verkehrsprognose 2015 mit der insbesondere die demografischen Leitdaten berücksichtigenden bundesweiten Verkehrsprognose 2025 auf der Ebene des Bundes, der Bundesländer und von Teilregionen zu dem Ergebnis gelangt, dass die seinerzeit festgestellten Bedarfseinstufungen für die Bundesfernstraßen auch bei Ansatz der aktuellen Verkehrsentwicklung gelten (vgl. auch dazu BVerwG, Urteil vom 3. Mai 2013, a.a.O., Rn. 23). Demnach besteht kein Anlass für die Annahme, dass sich die seinerzeit der Bewertung zugrunde gelegten verkehrlichen Rahmenbedingungen so grundlegend geändert haben, dass der Projektbedarf grundsätzlich in Frage gestellt werden müsste.

81

Zum anderen weist der Beklagte zutreffend darauf hin, dass es auch nach den Stellungnahmen von R. keineswegs an jeglichem Bedarf für einen vierstreifigen Ausbau des in Rede stehenden Planungsabschnitts fehlt. Im Gegenteil: Auch in den Stellungnahmen von R. wird von einer aktuellen Verkehrsbelastung im Jahre 2009 auf der B 10 im Bereich von Godramstein in Höhe von rund 29.000 Kraftfahrzeugen/24 Stunden ausgegangen, was in etwa der von M. für den Analyse-Null-Fall des Jahres 2004 ermittelten aktuellen Verkehrsbelastung im Streckenabschnitt zwischen Birkweiler und der A 65 entspricht und auch nur unwesentlich unter dem inzwischen von M. für das Jahr 2013 festgestellten Verkehrsaufkommen in diesem Bereich liegt. Damit übersteigt die aktuelle Verkehrsbelastung die für den gegenwärtigen Ausbauquerschnitt RQ 15,5 nach den „Richtlinien für die Anlage von Straßen – Teil: Querschnitt“ (RAS-Q) maßgebliche Obergrenze der Verkehrsstärke von ca. 23.000 Kfz/24 h bereits derzeit ganz erheblich, weshalb es nach den grundsätzlich unbestrittenen Angaben im Planfeststellungsbeschluss (S. 93) schon in der heutigen Situation besonders in den Spitzenzeiten zu Kolonnenbildungen in den nicht für Überholvorgänge freigegebenen Fahrtrichtungen, teilweise auch zu Staubildungen kommt; der hierdurch erzeugte Überholdruck verleitet zudem zu einem risikoreicheren Fahren in den für Überholvorgänge freigegebenen Streckenabschnitten, mit entsprechend erhöhter Unfallgefahr. Zudem geht R. nicht etwa von einem deutlichen Rückgang der Verkehrsbelastung bis zu einem Prognosehorizont 2020 oder 2030 aus, sondern rechnet lediglich mit einer Stagnation auf dem aktuellen Niveau. Damit würde aber bereits die – im Wesentlichen unstreitige – aktuelle Verkehrsbelastung im Bereich des planfestgestellten Abschnitts nach den einschlägigen Regelwerken für die Anlage von Bundesfernstraßen einen vierstreifigen Ausbau rechtfertigen, und zwar nach den seit dem Jahre 2008 angewendeten „Richtlinien für die Anlage von Autobahnen (RAA)“, die auch Regelquerschnitte für autobahnähnliche Straßen (sog. Entwurfsklasse 2) umfassen, zumindest mit einem Regelquerschnitt RQ 28 (Gesamtbreite 28 m) für autobahnähnliche Straßen mit einer Kapazität von bis zu 30.000 Fahrzeugen pro Tag. Demgegenüber soll vorliegend der vierstreifige Ausbau zwischen der A 65 und Godramstein aufgrund örtlicher Gegebenheiten sogar nur mit einem Sonderquerschnitt SQ 26 (Gesamtbreite 26 m; gegenüber dem Regelquerschnitt RQ 26 schmalerer Mittelstreifen, aber breiterer Randstreifen, vgl. dazu im Einzelnen Seite 105 ff. des Planfeststellungsbeschlusses) erfolgen. Wenn aber bereits die aktuelle Verkehrsbelastung nach den anerkannten Regelwerken einen vierstreifigen Ausbau – sogar mit einem größeren Regelquerschnitt – rechtfertigt und selbst nach den vom Kläger für richtig erachteten Verkehrsprognosen nicht mit einem wesentlichen Rückgang der Verkehrsbelastung, sondern zumindest mit einer Stagnation zu rechnen ist, kann keine Rede davon sein, dass es im Hinblick auf die bestehende oder künftig zu erwartende Verkehrsbelastung für die Aufnahme des Vorhabens in den Bedarfsplan an jeglicher Notwendigkeit fehlen könnte oder das angestrebte Planungsziel infolge einer grundlegenden Wandlung der Verhältnisse seit der Bedarfsfeststellung des Gesetzgebers unter keinen Umständen mehr auch nur annähernd erreichbar erscheint (vgl. zu diesen Maßstäben auch insoweit BVerwG, Urteil vom 3. Mai 2013, a.a.O., Rn. 21 ff.).

82

Es kann schließlich auch nicht festgestellt werden, dass dem Vorhaben die Planrechtfertigung deshalb fehlt, weil die Finanzierbarkeit des planfestgestellten Ausbaus der B 10 im Abschnitt zwischen der A 65 und Godramstein ausgeschlossen erscheint.

83

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts fehlt einem Vorhaben die Planrechtfertigung auch dann, wenn es wegen mangelnder Finanzierbarkeit objektiv nicht realisierungsfähig ist und sich daher als unzulässige „verfrühte Planung“ erweist (vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Mai 1999 – 4 A 12/98 –, UPR 1999, 355 und juris, Rn. 44 f; Urteil vom 15. Januar 2004 – 4 A 11/02 –, BVerwGE 120, 1 und juris, Rn. 24; Beschluss vom 21. März 2006 – 9 B 18/05 –, juris, Rn. 2 f sowie Beschluss vom 28. Dezember 2009 – 9 B 26/09 –, NuR 2010, 191 und juris, Rn. 4, m.w.N.). Dies bedeutet sogleich, dass die Planrechtfertigung nur dann zu verneinen ist, wenn die Finanzierbarkeit eines Vorhabens innerhalb eines überschaubaren Zeitrahmens (nach dem früheren § 17 Abs. 7 FStrG 10 Jahre, nach dem jetzigen § 17c Nr. 1 FStrG einschließlich der Verlängerungsmöglichkeit maximal 15 Jahre) ausgeschlossen erscheint.

84

Dafür, dass vorliegend die Finanzierbarkeit des vierstreifigen Ausbaus der B 10 im planfestgestellten Abschnitt innerhalb eines Zeithorizonts, der mindestens 10, eventuell sogar 15 Jahre, gerechnet ab dem Zeitpunkt des Erlasses des Planfeststellungsbeschlusses (hier also ab dem 22. September 2010, also mindestens bis September 2020), beträgt, ausgeschlossen erscheint, bestehen keine zureichenden Anhaltspunkte. Insbesondere ergeben sich dafür aus den vom Kläger ins Feld geführten Äußerungen der Bundesregierung in der Bundestagsdrucksache 17/2792 vom 24. August 2008 keine entscheidenden Gesichtspunkte, da dort lediglich ausgeführt wird, dass in der Vergangenheit keine Finanzmittel in Straßenbauprojekte des Weiteren Bedarfs geflossen seien. Demgegenüber verweist der Beklagte überzeugend darauf, dass für das konkret angefochtene Planungsvorhaben sowohl das Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Stadtentwicklung als auch das rheinland-pfälzische Verkehrsministerium gegenüber dem Landesbetrieb Mobilität (LBM) erklärt haben, dass bei Vorliegen endgültigen Baurechts die Finanzierung der hier planfestgestellten Maßnahme des Weiteren Bedarfs mit Planungsrecht (WG*) – ggf. auch gegen Austausch mit einer anderen Maßnahme des Vordringlichen Bedarfs im Gebiet von Rheinland-Pfalz – sichergestellt werden soll. Für die Annahme, dass damit die Finanzierbarkeit des Vorhabens jedenfalls nicht ausgeschlossen erscheint, reicht dies aus.

85

b. Das planfestgestellte Vorhaben steht auch mit den zwingenden Vorschriften des europäischen und nationalen Naturschutzrechts im Einklang.

86

Das Vorhaben führt nicht zu erheblichen Beeinträchtigungen der Erhaltungsziele oder des Schutzzwecks des FFH-Gebiets „Biosphärenreservat Pfälzerwald“; zumindest liegen die Voraussetzungen für eine Abweichungszulassung vor (aa.). Darüber hinaus sind keine Verstöße gegen Vorschriften des besonderen Artenschutzrechts gegeben (bb.). Es kann schließlich auch nicht festgestellt werden, dass die vorgesehene Kompensation vorhabenbedingter Eingriffe in Natur und Landschaft Defizite aufweist (cc.).

87

aa. Dem Planfeststellungsbeschluss kann zunächst nicht mit Erfolg entgegengehalten werden, das Vorhaben führe zu erheblichen Beeinträchtigungen des FFH-Gebiets „Biosphärenreservat Pfälzerwald“, ohne dass die Voraussetzungen für eine Abweichungszulassung gegeben wären, und verstoße deshalb gegen § 34 BNatSchG.

88

Entgegen der Ansicht des Klägers kann bereits keine erhebliche Beeinträchtigung der Erhaltungsziele oder des Schutzzwecks des FFH-Gebiets 6812 – 301 „Biosphärenreservat Pfälzerwald“ festgestellt werden. Nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BNatSchG sind Projekte vor ihrer Zulassung oder Durchführung auf ihre Verträglichkeit mit den Erhaltungszielen eines Natura 2000-Gebiets zu überprüfen, wenn sie einzeln oder im Zusammenwirken mit anderen Projekten oder Plänen geeignet sind, dass Gebiet erheblich zu beeinträchtigen, und nicht unmittelbar der Verwaltung des Gebiets dienen. Ergibt die Prüfung der Verträglichkeit, dass das Projekt zu erheblichen Beeinträchtigungen des Gebiets in seinen für die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck maßgeblichen Bestandteilen führen kann, ist es gemäß § 34 Abs. 2 BNatSchG unzulässig.

89

Vorliegend bedurfte das planfestgestellte Vorhaben der Durchführung einer Verträglichkeitsprüfung i.S.v. § 34 Abs. 1 Satz 1 BNatSchG. Denn die B 10 quert in dem vom angefochtenen Planfeststellungsbeschluss umfassten Abschnitt zwischen Bau-Km ca. 0 + 400 und Bau-Km ca. 0 + 830 die Niederung des Flusses Queich mittels eines Brückenbauwerks, das im Zuge der geplanten Erweiterung um einen weiteren Fahrstreifen für die Richtungsfahrbahn Pirmasens – Landau um ein neu zu errichtendes Brückenbauwerk in einem Abstand von bis zu etwa 10 m zum vorhandenen Brückenbauwerk ergänzt werden soll. Bei der Queichniederung handelt es sich um einen aus dem eigentlichen Kerngebiet des FFH-Gebiets 6812 – 301 herausragenden, östlichen Ausläufer am äußersten Rand des Schutzgebiets. Das FFH-Gebiet hat hier eine durchschnittliche Breitenausdehnung von ca. 300 bis 500 m (vgl. die Darstellung in der in den Planunterlagen befindlichen FFH-Verträglichkeitsprüfung, Planordner 1, Anlage 12.4, S. 6 ff.). Wie sich aus der Darstellung der „Wirkfaktoren“ in der FFH-Verträglichkeitsprüfung (a.a.O., S. 19) ergibt, sind mit dem Vorhaben bau- und anlagebedingte Eingriffe sowie betriebsbedingte Wirkfaktoren verbunden, die sich auf die Erhaltungsziele und die für sie maßgeblichen Gebietsbestandsteile auswirken können.

90

Die deshalb im Zuge des Planfeststellungsverfahren durchgeführte FFH-Verträglichkeitsprüfung gelangte jedoch zu dem Ergebnis, dass eine erhebliche Beeinträchtigung des FFH-Gebiets in seinen für die Erhaltungsziele und den Schutzzweck maßgeblichen Bestandteilen bei Berücksichtigung im Einzelnen benannter Maßnahmen zur Schadensbegrenzung ausgeschlossen werden könne; dieser Einschätzung hat sich der Planfeststellungsbeschluss (S. 153 ff.) angeschlossen.

91

In der Klagebegründung hat der Kläger – wie zuvor im Kern bereits in seinem Einwendungsschreiben vom 15. Mai 2007, weshalb eine Präklusion seines Vorbringens in Bezug auf das FFH-Gebietsschutzrecht nicht in Betracht kommt – das Ergebnis der FFH-Verträglichkeitsprüfung unter folgenden Gesichtspunkten angegriffen: Die FFH-Verträglichkeitsprüfung unterliege einer Fehleinschätzung bezüglich eines Vorkommens des prioritären Lebensraumtyps (LRT) 91E0* im Eingriffsraum des Vorhabens; eine vorhabenbedingte erhebliche Beeinträchtigung potentieller Lebensräume von erhaltungszielbestimmenden Schmetterlingsarten sei nicht berücksichtigt worden; es habe einer übergreifenden „Dach-FFH-Verträglichkeitsprüfung“ unter Berücksichtigung der Gesamtstrecke Pirmasens – Landau bedurft; die aus seiner Sicht danach erforderliche Ausnahmeprüfung nach § 34 Abs. 3 BNatSchG genüge nicht den strengen Anforderungen.

92

Der Auffassung des Klägers kann indessen unter keinen der angeführten Gesichtspunkte gefolgt werden. Das Ergebnis der FFH-Verträglichkeitsprüfung ist vielmehr rechtlich nicht zu beanstanden.

93

Klarstellend ist zunächst darauf hinzuweisen, dass der Umstand, dass das geplante Vorhaben mit einer zusätzlichen Flächeninanspruchnahme in der Bachaue und deren Umfeld verbunden ist (vgl. dazu die FFH-Verträglichkeitsprüfung, a.a.O., S. 29), für sich gesehen noch keine erhebliche Beeinträchtigung des FFH-Gebiets in seinen Erhaltungszielen oder seinem Schutzzweck begründet. Wie sich aus § 34 Abs. 2 BNatSchG ergibt, ist nicht jede Inanspruchnahme von Flächen, die zu einem FFH-Gebiet gehören, zwangsläufig als erhebliche Beeinträchtigung des Gebiets zu werten; es kommt vielmehr darauf an, ob das Projekt zu erheblichen Beeinträchtigungen des Gebiets in seinen für die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck maßgeblichen Bestandteilen führen kann. Dementsprechend stellt das Bundesverwaltungsgericht in seiner Rechtsprechung bei baubedingten Flächenverlusten darauf ab, ob sie mit unmittelbaren oder mittelbaren Einwirkungen auf erhaltungszielbestimmende Lebensraumtypen verbunden sind; dabei ist grundsätzlich jeder vorhabenbedingte Verlust von Flächen eines Lebensraumtyps der Anlage I der Habitatrichtlinie als erheblich zu werten, es sei denn, er hätte lediglich Bagatellcharakter (vgl. z.B. BVerwG, Urteil vom 13. Mai 2009 – 9 A 73.07 –, NuR 2009, 711 und juris, Rn. 49, unter Hinweis auf BVerwG, Urteil vom 12. März 2008 – 9 A 9.06 –, BVerwGE 130, 299 und juris, Rn. 124 ff.). Daraus folgt, dass vorhabenbedingte Flächenverluste dann in der Regel keine erhebliche Beeinträchtigung des Gebiets in seinen für die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck maßgeblichen Bestandteilen darstellen, wenn es sich nicht um unmittelbare Verluste von Flächen eines erhaltungszielbestimmenden Lebensraumtyps handelt und sich sonstige Flächenverluste auch nicht mittelbar nachteilig auf Vorkommen eines erhaltungszielbestimmenden Lebensraumtyps auswirken können.

94

Für eine unmittelbare oder mittelbare Beeinträchtigung von Flächen eines erhaltungszielbestimmenden Lebensraumtyps durch das Vorhaben ist indessen vorliegend nichts ersichtlich.

95

Soweit der Kläger in der Klagebegründung vom 31. Januar 2011 noch vorgetragen hat, im Eingriffsbereich des Vorhabens gebe es – entgegen der Annahme in der FFH-Verträglichkeitsprüfung – größere Bestände des erhaltungszielbestimmenden Lebensraumtyps 91E0*, in die durch die Brückenanlage mit einem Flächenbedarf von weit mehr als 1 ha eingegriffen werde, kann dem nicht gefolgt werden. Zum Beleg seiner Behauptungen hatte der Kläger auf Angaben zu drei Biotopen im Landschaftsinformationssystem der Naturschutzverwaltung Rheinland-Pfalz, auf Datenblätter zur Biotopkartierung sowie auf eine sog. HPNV-Kartierung verwiesen. Da es sich bei dem LRT 91E0* (Weichholzauen) um einen prioritären Lebensraumtyp handelt, hätte eine vorhabenbedingte Beeinträchtigung von Vorkommen dieses Lebensraumtyps zur Folge, dass die besonderen Anforderungen des § 34 Abs. 4 BNatSchG an eine Abweichungszulassung (ggf. Einholung einer Stellungnahme der Europäischen Kommission) vorliegen müssten.

96

Die Behauptung des Klägers ist indessen als widerlegt anzusehen. Bereits die in den Planunterlagen befindliche FFH-Verträglichkeitsprüfung hatte sich mit der Frage des Vorkommens des LRT 91E0* im Einwirkungsbereich des Vorhabens befasst und ein Vorkommen von Beständen dieses Lebensraumtyps eindeutig ausgeschlossen; dabei wurde maßgeblich darauf abgestellt, dass es sich bei den im Plangebiet anzutreffenden Gehölzstrukturen nur um schmale Ufergehölzsäume handele (vgl. FFH-Verträglichkeitsprüfung, a.a.O., S. 12). Aufgrund des Vorbringens des Klägers in seinem Einwendungsschreiben, ein Teil der anlagebedingt beeinträchtigten Gehölzbestände sei doch dem prioritären LRT 91E0* zuzuordnen, hatte sich der Beklagte veranlasst besehen, im Frühjahr 2010 eine Nachprüfung in Form einer nochmaligen Begehung und Augenscheineinnahme durch den Dipl.-Biologen H. vom Büro S. durchführen zu lassen, bei der ebenfalls keine Hinweise auf das Vorhandensein von diesem Lebensraumtyp zuzuordnen Vegetationsbeständen festgestellt wurden (vgl. die Stellungnahme des Dipl.-Biologen H. zu den naturschutzfachlichen Einwendungen des Klägers vom 7. Juni 2010, Ordner „Gutachten und ergänzende Stellungnahmen“, Nr. 6, S. 40 f.); dabei wurde ergänzend ausgeführt, dass es sich nur um ein- bis zweireihige Ufergehölze ohne Auwaldcharakter und unterhalb der Mindestgröße von 2.500 m² handele, die dem relevanten Biotoptyp nicht zuzuordnen seien.

97

In Reaktion auf das Vorbringen in der Klagebegründung hat der Beklagte schließlich eine weitere fachliche Stellungnahme des Dipl.-Biologen H. vom 6. April 2011 vorgelegt (Anlage 7 zum Schriftsatz des Beklagten vom 3. Juni 2011). Darin wird im Einzelnen begründet, weshalb die vom Kläger herangezogenen Biotopkartierungen usw. gerade keinen Rückschluss auf das Vorhandensein von Beständen des LRT 91E0* zulassen und weshalb die Kriterien hierfür von den festgestellten Vegetationsstrukturen nicht erfüllt werden. Diesen ergänzenden Feststellungen ist der Kläger im weiteren Verlauf des gerichtlichen Verfahrens nicht mehr entgegengetreten; er ist vielmehr namentlich in seinen Schriftsätzen vom 31. Oktober 2014 und vom 30. März 2015 sowie auch in der mündlichen Verhandlung des Senats auf das Thema nicht mehr weiter eingegangen, so dass schon fraglich erscheint, ob er seine Behauptungen zum Vorkommen der LRT 91E0* nach Vorlage der Stellungnahme vom 6. April 2011 noch aufrechterhalten will. Jedenfalls ist aus Sicht des Senats eine Betroffenheit eines Vorkommens dieses Lebensraumtyps im Einwirkungsbereich des Vorhabens durch den Beklagten nachvollziehbar und schlüssig, unter Berücksichtigung der besten verfügbaren wissenschaftlichen Erkenntnisse ausgeschlossen worden, ohne dass der Kläger den Feststellungen des Dipl.-Biologen H. konkrete eigene abweichende Erkenntnisse entgegenzusetzen vermocht hat. Namentlich stehen die Feststellungen des Dipl.-Biologen H., dass die im Einwirkungsbereich des Vorhabens anzutreffenden Vegetationsstrukturen mangels einer intakten Überflutungsaue, wegen des nur lückigen Charakters der in Frage kommenden Gehölzbestände, bei denen die Lücken stellenweise größer als eine Baumlänge sind, sowie mangels eines für diesen Lebensraumtyp charakteristischen Artenspektrums der Krautschicht nicht dem LRT 91E0* entsprechen, im Einklang mit den im Datenblatt zum Lebensraumtyp 91E0* des Bundesamtes für Naturschutz formulierten Anforderungen an die Feststellung von Vorkommen dieses Lebensraumtyps (vgl. die Internetseite des Bundesamtes für Naturschutz, www.bfn.de/0316typ91e0.html). Denn danach sind insbesondere lückige, fragmentierte Bestände, bei denen die Lücken zwischen den einzelnen Bäumen größer als die Baumhöhe sind, als Baumreihen zu werten und nicht als Bestände des LRT 91E0* zu erfassen.

98

Anders, als der Kläger meint, führt das planfestgestellte Vorhaben auch nicht zu erheblichen Beeinträchtigungen erhaltungszielbestimmender Schmetterlingsarten.

99

Nachdem er bereits im Einwendungsschreiben eine definitive Zerstörung von Lebensräumen der Schmetterlingsarten „Großer Feuerfalter“ (Lycaena Dispar) und „Dunkler Wiesenknopf-Ameisenbläuling“ (Maculinea Nausithous) durch das Vorhaben geltend gemacht hatte, hat der Kläger im gerichtlichen Verfahren im Wesentlichen vorgebracht, das Vorhaben führe zur erheblichen Beeinträchtigung von (jedenfalls potentiellen) Lebensräumen der Schmetterlingsarten „Großer Feuerfalter“ und „Dunkler Wiesenknopf-Ameisenbläuling“, und zwar durch die Verstärkung bereits bestehender Zerschneidungs- und Barrierewirkungen des Brückenbauwerks infolge seiner Erweiterung um eine zweite Brücke, was aufgrund der bereits angespannten Situation der beiden Arten im Gebiet zu einer gravierenden Verschlechterung ihres Erhaltungszustandes und damit zu einer erheblichen Beeinträchtigung des Gebiets in seinen Erhaltungszielen führen werde. Zwar hat der Kläger eingeräumt, dass im unmittelbaren Trassenbereich, soweit dieser das FFH-Gebiet quert, kein geeigneter Lebensraum für die beiden Falterarten vorhanden sei; doch gebe es im Queichtal sowohl nördlich als auch südlich der B 10 Flächen, die für beide Arten geeignet seien und auf deren Verfügbarkeit bzw. Erreichbarkeit es für die Überlebensfähigkeit der Metapopulationen der beiden Arten ankomme. Darüber hinaus sei die Brücken- oder Trittsteinfunktion der betroffenen FFH-Gebietsteile für den großräumigen Zugang von der Rheinebene zum Pfälzer Wald zu beachten, weshalb sich deren Beeinträchtigung durch das Vorhaben auf das Ökoverbundsystem „Natura 2000“ insgesamt auswirke und deshalb im Rahmen der Ausnahmeprüfung nach § 34 Abs. 3 BNatSchG hohe Anforderungen zu stellen seien.

100

Der Planfeststellungsbeschluss hat sich in Auseinandersetzung mit dem entsprechenden Einwendungsvorbringen des Klägers mit den beiden Schmetterlingsarten befasst und unter Bezugnahme auf die der FFH-Verträglichkeitsprüfung zugrunde gelegten faunistischen Erhebungen sowie den „Fachbeitrag Artenschutz“ ausgeführt, dass es für Lebensräume der Art „Großer Feuerfalter“ keine Nachweise und für geeignete Habitate des Dunklen Wiesenknopf-Ameisenbläulings nur Nachweise außerhalb des Wirkbereichs der B 10 gebe, was auch durch aktuelle Überprüfungen im April 2010 bestätigt worden sei; höchst vorsorglich wurde für beide Arten in Kapitel A VI des Planfeststellungsbeschlusses eine Ausnahmegenehmigung nach § 45 Abs. 7 BNatSchG erteilt; zudem – so wird weiter ausgeführt – würden beide Arten auch von der (vorsorglichen) Ausnahmezulassung nach § 34 Abs. 3 BNatSchG erfasst.

101

Im gerichtlichen Verfahren hat der Beklagte eine weitere Stellungnahme des Dipl.-Biologen H. vom 6. April 2011 vorgelegt (Anlage 7 zum Schriftsatz des Beklagten vom 3. Juni 2011). Danach hat eine weitere Überprüfung vor Ort ergeben, dass weiterhin keine Lebensraumpotentiale für die Arten Heller Wiesenknopf-Ameisenbläuling und Großer Feuerfalter im Wirkraum des Vorhabens vorhanden seien und der Dunkle Wiesenknopf-Ameisenbläuling im Bereich des Queichtals zwar vereinzelt nachgewiesen sei; doch seien die nächsten Fundorte nördlich der B 10 weit außerhalb des Wirkraums gelegen und insbesondere seien die für die Falterart bedeutsamen Vorkommen der Hauptfutterpflanze im Eingriffsbereich nicht vorhanden. In einer weiteren Stellungnahme vom 26. Januar 2015, die als Anlage 8 zum Schriftsatz des Beklagten vom 18. Februar 2015 zu den Gerichtsakten gereicht wurde, hat der Dipl.-Biologe H. zur Frage von erheblichen Beeinträchtigungen der beiden erhaltungszielbestimmenden Falterarten die vorliegenden Erkenntnisse wie folgt zusammengefasst: Für die Art Dunkler Wiesenknopf-Ameisenbläuling könne zunächst eine Zerschneidung bedeutsamer Teillebensräume infolge der Verwirklichung des planfestgestellten Vorhabens ausgeschlossen werden. Es sei zwar davon auszugehen, dass jeweils nördlich und südlich der B 10 eine Teilpopulation bestehe, da die Art als sehr standorttreu gelte. Zudem seien große Flächenanteile durch Gehölzbestände abgeriegelt, was einen ständigen Austausch zwischen den Teilflächen beidseits der B 10 nicht erwarten lasse. Ein Überfliegen von größeren Gehölzen sei nur ausnahmsweise anzunehmen. Die Tiere orientierten sich an der Blütenvegetation der Krautschicht und breiteten sich über Offenlandbestände und Säume aus. Dabei seien die Lebensstätten immer eng an das Vorkommen der essenziellen Futterpflanze – Großer Wiesenknopf – gebunden. Hauptflugorte seien Saumstandorte mit Wiesenknopf, wie Grabenränder, Böschungen, Dämme oder Feuchtbrachen sowie in Randbereichen von Mähwiesen. Die Hauptgefährdung der lokalen Population im Talraum der Queich bestehe in der fehlenden Nutzung oder einer ungünstigen Nutzung von Grünland. Zudem seien viele Standorte zwischenzeitlich von Neophyten dominiert. Grundsätzlich sei aber ein Austausch zwischen den beiden Teilräumen denkbar, da für die Art häufige Flugdistanzen von 1 bis 3 km bestätigt worden seien. Für das Projektgebiet sei dabei ein möglicher Austausch insbesondere durch den breiten Korridor mit Staudenfluren entlang der Bahnlinie zu vermuten. Ein zweiter Korridor bestehe potentiell entlang des Queichtalweges, allerdings fehlten hierzu aktuell geeignete Flächen mit Vorkommen der Futterpflanze Großer Wiesenknopf. Mit dem geplanten Vorhaben würden diese möglichen Korridore in ihrer Funktionsfähigkeit nicht verändert: Das vorhandene Bauwerk zur Bahnüberführung bleibe unverändert erhalten. Das daneben neu mit Abstand zu errichtende Bahnbauwerk erhalte aufgrund der großen lichten Weite des vorhandenen Bauwerks in Bodennähe die gleichen Abmessungen. Das bestehende Bauwerk zur Queichquerung der B 10 bleibe ebenfalls unverändert. Das zweite Bauwerk erhalte in Bodennähe eine größere lichte Weite. Es sei daher mit hoher Wahrscheinlichkeit anzunehmen, dass bei einer möglichen Nutzung der bahnbegleitenden bzw. gewässerbegleitenden Saumstrukturen durch die Falterart eine Teilverschattung durch ein zweites Bauwerk keine Rolle spielen werde. Darüber hinaus sei für diese Art ein erhebliches Kollisionsrisiko mit signifikanten Auswirkungen auf die Population der Art nicht gegeben. Denn die Bundesstraße verbleibe wie bisher in einer Dammlage mit breiten Böschungen, die vollständig bepflanzt werden. Dieser Heckenriegel verhindere das ungewollte Einfliegen in den Straßenraum, da Einzeltiere damit zum Überfliegen gezwungen würden. Dies werde aber nach allen bisherigen Kenntnissen zur Ausbreitungsökologie der Art nur in ganz seltenen Fällen vorkommen, da der Dunkle Wiesenknopf-Ameisenbläuling stark strukturgebunden in der Krautvegetation fliege. Auch für die Art Großer Feuerfalter sei eine Zerschneidung bedeutsamer Teillebensräume auszuschließen. Für das Queichtal zwischen Landau und Annweiler sei aus mehrjährigen Studien belegt, dass der Falter nur zeitweise den Talraum besiedele. Lokales bis regionales Aussterben und anschließende Wiederbesiedelung seien mehrfach beobachtet worden, so dass auf einen großen Flächenbedarf für langfristig überlebende Vorkommen geschlossen werde. Die Art werde indessen als sehr flugfähig und mobil eingestuft; dabei sei anzunehmen, dass die Art bei einem möglichen Ausbreitungsflug in jedem Fall eine Orientierung an Blütenpflanzen der Krautschicht suche. Auch ein erhebliches Kollisionsrisiko mit signifikanten Auswirkungen auf die Population dieser Art sei nicht gegeben. Zwar sei ein Überfliegen des gehölzbestandenen Straßendammes potentiell möglich, stelle aber eher die Ausnahme dar. Die Strukturbindung an die Blütenfarben bzw. an die Nektarpflanzen führe dazu, dass auch die Ausbreitungsflüge in der überwiegenden Mehrzahl auf Höhe der Krautschicht erfolgten. Im Falle der Queichbrücke sei daher ein Unterfliegen der Brücke zu postulieren, falls dieser Korridor von der Art überhaupt beflogen werden sollte. Diese Erkenntnisse hat der Gutachter bei seiner ergänzenden Anhörung in der mündlichen Verhandlung anhand zur Gerichtsakte gereichter Karten und Luftbilder nochmals erläutert.

102

Danach teilt der Senat die Auffassung des Beklagten, dass nach Abschluss der Verträglichkeitsprüfung und mehrfacher Überprüfung ihres Ergebnisses durch aktualisierende Begutachtungen kein vernünftiger Zweifel verbleibt, dass erhebliche Beeinträchtigungen des FFH-Gebiets im Hinblick auf die genannten erhaltungszielbestimmenden Schmetterlingsarten ausgeschlossen erscheinen.

103

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sind Maßstab für die Erheblichkeit von Gebietsbeeinträchtigungen i.S.v. § 34 Abs. 2 BNatSchG die für das Gebiet maßgeblichen Erhaltungsziele, also die Festlegungen zur Erhaltung oder Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands der in dem FFH-Gebiet vorkommenden Lebensräume und Arten nach den Anhängen I und II der Habitat-Richtlinie (vgl. z.B. BVerwG, Beschluss vom 10. November 2009 – 9 B 28.09 –, DVBl. 2010, 176 und juris, Rn. 3, m.w.N.). Danach waren hier mögliche Auswirkungen des Vorhabens auf den Erhaltungszustand der drei Schmetterlingsarten „Großer Feuerfalter“, „Dunkler Wiesenknopf-Ameisenbläuling“ und „Großer Mohrbläuling“ (= Heller Wiesenknopf-Ameisenbläuling) im Rahmen der FFH-Verträglichkeitsprüfung zu prüfen, da alle drei Arten in der Anlage I zu § 25 Abs. 2 des Landesnaturschutzgesetzes als maßgebliche Gebietsbestandteile benannt sind und darüber hinaus in der Landesverordnung über die Erhaltungsziele in den Natura 2000-Gebieten (GVBl. 2009, S. 4, 17) als eines der Erhaltungsziele für das FFH-Gebiet „Biosphärenreservat Pfälzerwald“ auch folgendes Ziel benannt wird: „Erhaltung oder Wiederherstellung von nicht intensiv genutzten Mähwiesensystemen, u.a. mit Pfeifengraswiesen und Borstgrasrasen, auch als Lebensräume für Schmetterlinge (insbesondere Maculinea ssp. und Lychaena dispar).“ Zu den Anforderungen an die ordnungsgemäße Durchführung einer FFH-Verträglichkeitsprüfung hat das Bundesverwaltungsgericht in ebenfalls ständiger Rechtsprechung insbesondere ausgeführt: Die Verträglichkeitsprüfung erfordere eine Einzelfallbeurteilung, bei der in einem ersten Schritt eine sorgfältige Bestandserfassung und –bewertung der von dem Projekt betroffenen maßgeblichen Gebietsbestandteile zu erfolgen habe; sodann seien die Einwirkungen zu ermitteln und naturschutzfachlich zu bewerten; ein Projekt ist danach zulässig, wenn nach Abschluss der Verträglichkeitsprüfung kein vernünftiger Zweifel verbleibt, dass erhebliche Beeinträchtigungen vermieden werden; dies setzt die Ausschöpfung aller einschlägigen wissenschaftlichen Mittel und Quellen voraus, wobei es zulässig ist, mit Prognosewahrscheinlichkeiten und Schätzungen zu arbeiten, soweit auch bei Ausschöpfung der einschlägigen Erkenntnismittel nicht ausräumbare Unsicherheiten über Wirkungszusammenhänge verbleiben, sofern dies kenntlich gemacht und begründet wird; dabei können auch Schutz- und Kompensationsmaßnahmen zugunsten des Projekts berücksichtigt werden, sofern sie sicherstellen, dass erhebliche Beeinträchtigungen verhindert werden (vgl. zum Ganzen z.B. BVerwG, Urteil vom 12. März 2008, a.a.O., Rn. 68 und 94).

104

Diesen Anforderungen ist vorliegend in Bezug auf die erhaltungszielbestimmenden Schmetterlingsarten in vollem Umfang Rechnung getragen worden. Wie zuletzt in der ergänzenden fachlichen Beurteilung des Gutachters H. vom 25. Januar 2015 aufgrund abermaliger Begehung und Überprüfung der Vegetationsstrukturen unter gleichzeitiger Auswertung der einschlägigen Fachliteratur überzeugend zusammengefasst wurde, gibt es zum einen keine Nachweise für Populationen des Großen Feuerfalters in den Talwiesen zwischen Godramstein und Landau, sondern nur eine Vermutung für das Einfliegen von Einzelexemplaren aus benachbarten Populationen, die aufgrund ihrer Mobilität aber auch größere Entfernungen mit Hindernissen überwinden können. Demgegenüber muss der Helle Wiesenknopf-Ameisenbläuling in den Talwiesen zwischen Godramstein und Landau wie wohl im gesamten Naturraum Pfälzerwald inzwischen als ausgestorben gelten. Der Dunkle Wiesenknopf-Ameisenbläuling kommt zwar in den Talwiesen zwischen Godramstein und Landau noch vor, doch beschränkt sich das Vorkommen auf drei Fundorte, die weit außerhalb des Eingriffsraumes des Vorhabens, nämlich mehr als 400 m von der B 10-Trasse entfernt liegen, wobei es sich um auf natürliche Weise (Gehölzriegel) abgeschottete, aber selbstständig lebensfähige Metapopulationen handelt, zwischen denen aufgrund der geringen Mobilität der Art kein nennenswerter Austausch stattfindet. Falls überhaupt, werden für Wanderungen von Einzelexemplaren nicht der Bereich der B 10-Querung des Queichtals, sondern kleinere Taleinschnitte (Bahnlinie, Wirtschaftsweg) genutzt, die ein Wandern entlang geeigneter Saumstrukturen ermöglichen. Danach erscheinen dem Senat die Schlussfolgerungen der Gutachter der FFH-Verträglichkeitsprüfung, dass erhebliche Beeinträchtigungen des FFH-Gebiets in seinen auf die genannten Schmetterlingsarten bezogenen Erhaltungszielen ausgeschlossen erscheinen, weil weder Lebensräume der Schmetterlinge im Einwirkungsbereich des Vorhabens vorhanden sind noch durch das Vorhaben für die Arten relevante Zerschneidungs- oder Barriereeffekte bewirkt werden und auch keine signifikante Erhöhung des Kollisionsrisikos gegeben ist, in jeder Hinsicht überzeugend. Sie beruhen auf einer sorgfältigen Bestandserfassung und -bewertung, wurden unter Ausschöpfung aller verfügbaren wissenschaftlichen Erkenntnisse getroffen und unter Inanspruchnahme der fachlichen Einschätzungsprärogative nachvollziehbar begründet. Der Kläger hat demgegenüber keine auf einer überlegenen Fachkunde beruhenden konkreten abweichenden Erkenntnisse hinsichtlich des Vorkommens und des Verhaltens der maßgeblichen Falterarten im Queichtal für sich in Anspruch genommen, die Anlass für eine abweichende Beurteilung der Wirkungen des Vorhabens auf die genannten erhaltungszielbestimmenden Falterarten oder für eine abermalige Begutachtung sein könnten.

105

Zweifel an der Einschätzung im angefochtenen Planfeststellungsbeschluss, dass das Vorhaben nicht zu erheblichen Beeinträchtigungen des FFH-Gebiets in seinen für die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck maßgeblichen Bestandteilen führen kann, sind schließlich auch nicht deshalb angebracht, weil keine abschnittsübergreifende sog. Dach-FFH-Verträglichkeitsprüfung durchgeführt wurde.

106

Der vom Kläger bereits in seinem Einwendungsschreiben geforderten Dach-FFH-Verträglichkeitsprüfung für das gesamte Planungsvorhaben des Ausbaus der B 10 zwischen Pirmasens und Landau bedurfte es nicht. Als „Projekt“ i.S.v. § 34 Abs. 1 BNatSchG, das auf seine Verträglichkeit mit den Erhaltungszielen eines Natura-2000-Gebiets zu überprüfen ist, ist bei fernstraßenrechtlichen Bau- oder Ausbauvorhaben der zulässigerweise gebildete Planungsabschnitt, der Gegenstand des festgestellten Plans ist, anzusehen, hier also der vierstreifige Ausbau der B 10 im Abschnitt zwischen Godramstein und der A 65. Insoweit gilt das zum Projektbegriff im UVP-Recht oben bereits Ausgeführte hier entsprechend. Nur dieser Abschnitt hat daher Gegenstand der FFH-Verträglichkeitsprüfung zu sein. Ergänzend ist gemäß § 34 Abs. 1 Satz 1, 1. Halbsatz BNatSchG lediglich noch zu prüfen, ob das Projekt eventuell (wenn nicht einzeln, so doch) im Zusammenwirken mit anderen Projekten oder Plänen geeignet ist, das Gebiet erheblich zu beeinträchtigen. Diese Frage ist in der FFH-Verträglichkeitsprüfung im Planaufstellungsverfahren untersucht und eindeutig verneint worden (vgl. Planordner 2, Planunterlage 12.4, S. 27 f.), ohne dass dies vom Kläger konkret in Frage gestellt worden ist.

107

Danach bleibt festzuhalten, dass nach dem überzeugenden Ergebnis der mehrfach überprüften und ergänzten FFH-Verträglichkeitsprüfung eine erhebliche Beeinträchtigung von Erhaltungszielen des FFH-Gebiets – zumal unter den vom Kläger vorrangig geltend gemachten Gesichtspunkten der Beeinträchtigung zweier Schmetterlingsarten – hinreichend sicher ausgeschlossen werden kann, das Vorhaben also als FFH-verträglich einzustufen ist. Einer Abweichungszulassung nach § 34 Abs. 3 BNatSchG bedurfte es danach nicht.

108

Unabhängig davon begegnet aber auch die im Planfeststellungsbeschluss (S. 161 ff.) rein vorsorglich durchgeführte Ausnahmeprüfung keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken:

109

Nach § 34 Abs. 3 BNatSchG darf ein Projekt abweichend vom Abs. 2 nur zugelassen oder durchgeführt werden, soweit es aus zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses, einschließlich solcher sozialer oder wirtschaftlicher Art, notwendig ist (Nr. 1) und zumutbare Alternativen, den mit dem Projekt verfolgten Zweck an anderer Stelle ohne oder mit geringeren Beeinträchtigungen zu erreichen, nicht gegeben sind (Nr. 2). Soll ein Projekt nach Abs. 3 zugelassen oder durchgeführt werden, sind zudem die zur Sicherung des Zusammenhangs des Netzes „Natura 2000“ notwendigen Maßnahmen vorzusehen (§ 34 Abs. 5 BNatSchG).

110

Unterstellt, das planfestgestellte Vorhaben würde doch zu erheblichen Beeinträchtigungen von Erhaltungszielen des FFH-Gebiets führen, etwa – was allenfalls in Betracht zu ziehen wäre – unter dem Gesichtspunkt von Zerschneidungs- bzw. Barrierewirkungen in Bezug auf Austauschbeziehungen zwischen Teilpopulationen des Großen Feuerfalters und des Dunklen Wiesenknopf-Ameisenbläulings, so lägen jedenfalls die Voraussetzungen für eine Abweichungszulassung nach den genannten Vorschriften vor:

111

Das Vorhaben des vierstreifigen Ausbaus der B 10 zwischen Godramstein und der Autobahn A 65 wäre in diesem Falle zunächst als aus zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses notwendig anzusehen. Insoweit hat der Planfeststellungsbeschluss in nicht zu beanstandender Weise die gesetzliche Bedarfsfeststellung und die weiteren, zur Erforderlichkeit der Ausbaumaßnahme angeführten Gründe, insbesondere das Ziel der Erhöhung der Verkehrssicherheit, ins Feld geführt. In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass die gesetzliche Bedarfsfeststellung einem Planvorhaben einen besonderen Stellenwert verleiht, der in der Interessenabwägung mit hohem Gewicht zu Buche schlägt (vgl. z. B. BVerwG, Urteil vom 12. März 2008, a.a.O., Rn. 159, m.w.N.). Wie oben bereits ausgeführt, kommt dabei der Einstufung in den Weiteren Bedarf mit Planungsrecht keine „graduelle Minderwertigkeit“ zu; vielmehr entspricht auch ein solches Vorhaben den Zielvorstellungen des § 1 Abs. 1 Fernstraßengesetz, ihm kommt nur bei der konkreten Bereitstellung finanzieller Mittel ein grundsätzlicher Nachrang gegenüber Vorhaben des „Vordringlichen Bedarfs“ zu, der aber die Gewichtigkeit der mit ihm verfolgten Planungsziele als zwingende öffentliche Interessen nicht entscheidend mindert. Der Planfeststellungsbeschluss hat auch eine konkrete „bipolare Abwägung“ zwischen den für das Vorhaben sprechenden Gründen des öffentlichen Interesses und dem Integrationsinteresse des FFH-Gebietes vorgenommen (vgl. auch dazu: BVerwG, Urteil vom 12. März 2008, a.a.O., Rn. 154 und 165) und ist ohne erkennbaren Abwägungsfehler zu dem Ergebnis gelangt, dass die für das Vorhaben sprechenden Gründe die (wenn überhaupt) allenfalls geringfügigen Beeinträchtigungen des Habitatschutzes klar überwiegen. Auf die Frage, ob die Verkehrsprognose methodisch und im Ergebnis in jeder Hinsicht beanstandungsfrei ist, kommt es auch hier angesichts des Gewichts der gesetzlichen Bedarfsfeststellung und der bereits im Ist-Zustand bestehenden hohen Verkehrsbelastung, die – wie ausgeführt – allein schon einen vierstreifigen Ausbau rechtfertigen würde, letztlich nicht an.

112

Der Planfeststellungsbeschluss hat auch eine nicht zu beanstandende Alternativenprüfung vorgenommen, die zutreffend zu dem Ergebnis gelangt ist, dass es keine zumutbaren Alternativen gibt, den mit dem Projekt verfolgten Zweck an anderer Stelle oder mit geringeren Beeinträchtigungen des Habitatschutzes zu erreichen. Dabei hat er sich an der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts orientiert, wonach eine Alternativlösung i.S.v. § 34 Abs. 3 Nr. 2 BNatSchG voraussetzt, dass sich die zulässigerweise verfolgten Planungsziele trotz gegebenenfalls hinnehmbarer Abstriche auch mit ihr erreichen lassen (vgl. z.B. BVerwG, Urteil vom 12. März 2008, a.a.O., Rn. 170, m.w.N.). Da alle denkbaren Trassenalternativen jenseits einer bloßen Erweiterung der bestehenden dreistreifigen B 10 um eine weitere Fahrspur, also namentlich Neubautrassen, zwangsläufig mit wesentlich gravierenderen Eingriffen in Natur und Landschaft verbunden wären und daher von vorneherein ausscheiden, waren letztlich nur Varianten der gewählten Trasse (Anbau im Norden oder im Süden) näher zu erörtern. Der Planfeststellungsbeschluss hat insoweit in jeder Hinsicht überzeugend dargelegt, dass mit dem ausgewählten alternierenden Anbau sowohl die Belange des Habitatschutzes als auch andere Umweltbelange die größtmögliche Schonung erfahren. Dies ist vom Kläger nicht substantiiert in Frage gestellt worden.

113

Der Planfeststellungsbeschluss sieht schließlich auch in ausreichendem Umfang Vermeidungs-, Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen vor, die bei Unterstellung einer (allenfalls geringfügig) die Schwelle der Erheblichkeit übersteigenden Beeinträchtigung von Erhaltungszielen des FFH-Gebiets geeignet erscheinen, den Schutz der globalen Kohärenz des Natura 2000-Netzes sicherzustellen. Dabei hat er sich an den diesbezüglichen Grundsätzen der Rechtsprechung orientiert; diesen zufolge ist es Aufgabe der Kohärenzsicherungsmaßnahmen, die zu dem Projekt hinzutreten, die Funktionseinbuße für die Erhaltungsziele zu kompensieren (vgl. z.B. BVerwG, Urteil vom 13. Mai 2009 – 9 A 73.07 –, NuR 2009, 711 und juris, Rn. 69, m.w.N.). Dabei ist der Funktionsbezug das maßgebliche Kriterium insbesondere auch zur Bestimmung des notwendigen räumlichen und zeitlichen Zusammenhangs zwischen Gebietsbeeinträchtigung und Kohärenzsicherung. Der Ausgleich muss aber nicht notwendig unmittelbar am Ort der Beeinträchtigung erfolgen, sondern es genügt, dass die Einbuße ersetzt wird, die das Gebiet hinsichtlich seiner Funktion für die biogeografische Verteilung der beeinträchtigten Lebensräume und Arten erleidet. In zeitlicher Hinsicht muss mindestens sichergestellt sein, dass das Gebiet unter dem Aspekt des beeinträchtigten Erhaltungsziels nicht irreversibel geschädigt wird. Ist das gewährleistet, lässt sich die Beeinträchtigung aber – wie im Regelfall – nicht zeitnah ausgleichen, so ist es hinnehmbar, wenn die Kohärenzsicherungsmaßnahmen rechtzeitig bis zur Vollendung des Vorhabens ergriffen werden, die Funktionseinbuße hingegen erst auf längere Sicht wettgemacht wird. Dabei ist die Eignung einer Kohärenzsicherungsmaßnahme ausschließlich nach naturschutzfachlichen Maßstäben zu beurteilen, wobei der Planfeststellungsbehörde eine naturschutzfachliche Einschätzungsprärogative zukommt (vgl. zum Ganzen insbesondere BVerwG, Urteil vom 12. März 2008, a.a.O., Rn. 200 ff.).

114

Hieran orientiert hat der Planfeststellungsbeschluss im Einzelnen dargelegt, inwiefern bestimmten der vorgesehenen Maßnahmen – unabhängig davon, ob sie innerhalb oder außerhalb des FFH-Gebiets vorgenommen werden sollen – positive Auswirkungen auf das FFH-Gebiet attestiert werden können, indem sie zu einer Aufwertung von Lebensräumen für erhaltungszielbestimmende Arten (namentlich Fledermäuse, Schmetterlinge) führen oder als Vermeidungsmaßnahmen zum Beispiel Kollisionsrisiken für solchen Arten mindern. Die vom Kläger an der Eignung oder Wirksamkeit einzelner Maßnahmen geäußerten Zweifel sind teilweise irrelevant, soweit sie sich etwa auf eine Kompensation von Beeinträchtigungen des Lebensraumtyps 91E0* beziehen, da ein Vorkommen dieses Lebensraumtyps im Wirkraum der Planung ausgeschlossen werden konnte. Im Übrigen ist ihnen der Beklagte überzeugend entgegengetreten.

115

bb. Des Weiteren lässt der Planfeststellungsbeschluss im Hinblick auf die Anforderungen des europäischen und nationalen Artenschutzrechts keine Defizite erkennen. Namentlich stehen der Verwirklichung des planfestgestellten Vorhabens die zwingenden Regelungen der §§ 44 ff. BNatSchG in Bezug auf besonders geschützte Arten nicht entgegen.

116

Nach den in § 44 BNatSchG normierten Verbotstatbeständen, bei deren Erfüllung ein Vorhaben grundsätzlich unzulässig ist, ist es insbesondere verboten, wildlebenden Tieren der besonders geschützten Arten nachzustellen, sie zu fangen, zu verletzen oder zu töten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören (Nr. 1), wildlebende Tiere der streng geschützten Arten und der europäischen Vogelarten während der Fortpflanzungs-, Aufzucht-, Mauser-, Überwinterungs- und Wanderungszeiten erheblich zu stören, wobei eine erhebliche Störung nur vorliegt, wenn sich durch die Störung der Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art verschlechtert (Nr. 2), und Fortpflanzungs- oder Ruhestätten der wildlebenden Tiere der besonders geschützten Arten aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören (Nr. 3). Für Vorhaben, die – wie das in Rede stehende fernstraßenrechtliche Ausbauvorhaben (vgl. dazu unten unter cc.) – einen nach Maßgabe des § 15 BNatSchG zulässigen Eingriff in Natur und Landschaft darstellen, trifft § 44 Abs. 5 BNatSchG ergänzende Regelungen: Bei solchen Vorhaben liegt gemäß § 44 Abs. 5 Satz 2, wenn in Anhang IV a der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführte Tierarten, europäische Vogelarten oder in einer Rechtsverordnung nach § 54 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG aufgeführte Arten betroffen sind, ein Verstoß gegen das Verbot des Abs. 1 Nr. 1 und im Hinblick auf damit verbundene unvermeidbare Beeinträchtigungen wildlebender Tiere auch gegen das Verbot des Abs. 1 Nr. 1 nicht vor, soweit die ökologische Funktion der von dem Eingriff oder Vorhaben betroffenen Fortpflanzungs- oder Ruhestätten im räumlichen Zusammenhang weiterhin erfüllt wird.

117

Diesen Anforderungen hat der angefochtene Planfeststellungsbeschluss hinreichend Rechnung getragen.

118

Der Planfeststellungsbeschluss handelt die Vereinbarkeit des Vorhabens mit dem europäischen und nationalen Artenschutzrecht umfassend ab und gelangt – gestützt im Wesentlichen auf die im Planfeststellungsverfahren eingeholten und mehrfach überarbeiteten beiden Fachbeiträge „Streng geschützte Arten“ (Planordner 2, Anlage 12.3.1) sowie „Besonders geschützte Arten“ (Planordner 2, Anlage 12.3.2) – zu folgenden Ergebnissen: Unter Berücksichtigung der konkreten Ausgestaltung der Baumaßnahme, der in der Planung enthaltenen naturschutzfachlichen Maßnahmen, der naturschutzfachlichen Bewertungen der Sachverständigen sowie der im Planfeststellungsbeschluss getroffenen Regelungen komme es nicht zur Erfüllung von Verbotstatbeständen des § 44 Abs. 1 i.V.m. Abs. 5 BNatSchG im Hinblick auf Arten des Anhangs IV der FFH-Richtlinie oder im Hinblick auf europäische Vogelarten. Insbesondere führe das planfestgestellte Vorhaben bau-, anlagen- und betriebsbedingt nicht zur Beschädigung oder Zerstörung von Ruhe- und Fortpflanzungsstätten dieser Arten, deren ökologische Funktion im räumlichen Zusammenhang nicht gewahrt werde; ebenso wenig würden erhebliche Störungen i.S.v. § 44 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG verursacht; schließlich würden auch keine Tötungen i.S.v. § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG ausgelöst. Die Voraussetzungen der dennoch dem Vorhabenträger vorsorglich erteilten Ausnahmegenehmigungen nach § 45 Abs. 7 BNatSchG sowie höchstvorsorglich erteilten Befreiung nach § 67 BNatSchG lägen jedoch vor; namentlich stritten für die Baumaßnahme zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses und es gebe für das Vorhaben in seiner konkreten Ausgestaltung auch keine zumutbaren Planungsalternativen und eine Verschlechterung des Erhaltungszustands der Populationen der im Planbereich vorkommenden besonders geschützten Arten sei nicht zu erwarten.

119

Nachdem der Kläger in seinem Einwendungsschreiben noch umfangreichere artenschutzrechtliche Einwendungen erhoben hatte, hat er im gerichtlichen Verfahren – neben Rechtsausführungen – von diesen Einwendungen im Wesentlichen nur noch folgende konkrete Gesichtspunkte weiterverfolgt: Aus dem Fachbeitrag Planunterlage 12.3.2 ergäben sich keine hinreichenden Hinweise auf Größe und Raumanspruch der jeweiligen lokalen Populationen, weshalb eine Beurteilung, ob vereinzelte Tötungen von Tieren zu negativen Auswirkungen auf die jeweilige lokale Population führen, nicht möglich sei. Deshalb seien auch keine Aussagen zu etwaigen Ausnahmen oder Befreiungen möglich, zumal deren Voraussetzungen aus klägerischer Sicht ohnehin nicht zu begründen seien. Die Unkenntnis populationsbezogener Daten schlage auch auf die in Kapitel C II 1, 4. Spiegelstrich des Planfeststellungsbeschlusses vorgesehene Auflage der Errichtung einer ohnehin dringend gebotenen Überflughilfe für Vögel und Fledermäuse durch; denn nach Kapitel C II 1, 5. Spiegelstrich solle die optimale Ausgestaltung der Überflughilfen erst im Vorfeld der Baumaßnahmen mit Hilfe von Untersuchungen durch Fledermausexperten eruiert werden, womit letztlich eine nachträgliche Bestandserhebung angeordnet werde. Gerade im Bereich der Fledermäuse finde nur eine Betrachtung von Hypothesen statt, ohne dass eine sachgerechte Konfliktlösung bewerkstelligt und eine hinreichende Abwägung bei der Ausnahme und Befreiungsentscheidung vorgenommen worden sei.

120

Diese Ausführungen des Klägers sind jedoch nicht geeignet, artenschutzrechtliche Defizite des Planfeststellungsbeschlusses zu begründen:

121

Zunächst sind aus Sicht des Senats keine Zweifel daran veranlasst, dass die Ermittlung und Bestandsaufnahme der im Wirkraum des Vorhabens vorhandenen Tierarten den Anforderungen der Rechtsprechung an Art und Umfang, Methodik und Untersuchungstiefe erforderlicher fachgutachterlicher Untersuchungen entspricht. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts setzt die Prüfung, ob einem Planvorhaben artenschutzrechtliche Verbotstatbestände entgegenstehen, eine ausreichende Ermittlung und Bestandsaufnahme der im Trassenbereich vorhandenen Tierarten und ihrer Lebensräume voraus. Dabei muss jedoch kein lückenloses Arteninventar erstellt werden; lassen bestimmte Vegetationsstrukturen sichere Rückschlüsse auf die faunistische Ausstattung zu, kann es vielmehr mit der gezielten Erhebung der insoweit maßgeblichen repräsentativen Daten sein Bewenden haben. Um die Planfeststellungsbehörde in die Lage zu versetzen, die tatbestandlichen Voraussetzungen der Verbotstatbestände zu überprüfen, benötigt sie aber jedenfalls Daten, denen sich in Bezug auf das Plangebiet die Häufigkeit und Verteilung der geschützten Arten sowie deren Lebensstätten entnehmen lassen (vgl. zum Ganzen z.B. BVerwG, Urteil vom 9. Juli 2008 – 9 A 14.07 –, BVerwGE 131, 274 und juris, Rn. 54, m.w.N.). Die artenschutzrechtliche Prüfung hat bei der Erfassung und Bewertung möglicher Betroffenheiten nach ausschließlich wissenschaftlichen Kriterien zu erfolgen, wobei der Planfeststellungsbehörde insoweit eine naturschutzfachliche Einschätzungsprärogative zusteht (vgl. BVerwG, Urteil vom 9. Juli 2008, a.a.O., Rn. 64 f.).

122

Danach kann hier festgestellt werden, dass die beiden Fachbeiträge Artenschutz – insbesondere in der letzten, an den § 44 ff. BNatSchG i.d.F. vom 29.Juli 2009 orientierten Überarbeitung vom August 2010 – umfassende Darstellungen der im Wirkraum der Planung aufgrund der naturräumlichen Verhältnisse und der Vegetationsausstattung zu erwartenden, besonders und streng geschützten Tier- (und Pflanzen-)Arten enthalten, die sowohl auf einer Auswertung einschlägiger Datenbanken und Fachliteratur als auch auf eigenen Erhebungen bei mehreren Begehungen beruhen. Hinsichtlich jeder Art werden Angaben zu deren (gegebenenfalls nur potentiellem) Vorkommen im Untersuchungsgebiet sowie – darauf beruhend – zum Erhaltungszustand der lokalen Population gemacht. Sodann wird für jede Art deren anlage-, bau- und betriebsbedingte Betroffenheit dargestellt und es werden artspezifische Vermeidungsmaßnahmen hinsichtlich des Tötungsverbots des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG vorgeschlagen. Zusätzlich erfolgt jeweils eine Prognose und Bewertung hinsichtlich der Schädigungstatbestände des § 44 Abs. 1 Nr. 3 und der Störungsverbotstatbestände nach § 44 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG. Dabei gelangt die Untersuchung jeweils zu dem Ergebnis, dass die artenschutzrechtlichen Verbotstatbestände bei Berücksichtigung der im Einzelnen benannten Vermeidungs- und Schadensbegrenzungsmaßnahmen nicht erfüllt werden. Unabhängig davon werden vorsorglich naturschutzfachliche Gründe für eine Ausnahmeerteilung nach § 45 Abs. 7 BNatSchG benannt, wonach in allen Fällen keine (weitere) Verschlechterung des (günstigen oder teilweise auch ungünstigen) Erhaltungszustands der jeweiligen lokalen Population zu erwarten sei. Rechtserhebliche Defizite sind insoweit nicht erkennbar und werden auch vom Kläger nicht substantiiert – etwa unter Hinweis auf abweichende naturschutzfachliche Erkenntnisse – dargelegt.

123

Soweit der Kläger Angaben über die Größe und den Raumanspruch der jeweiligen lokalen Population vermisst, bleibt zu sehen, dass nach der Rechtsprechung gerade kein lückenloses Arteninventar zu erstellen ist, soweit – wie hier – bestimmte Vegetationsstrukturen sichere Rückschlüsse auf die faunistische Ausstattung zulassen. Ebenso wenig bedarf es einer flächendeckenden Individuen- oder Fortpflanzungsstättenzählung, zumal im Einwirkungsbereich der Planung ohnehin aufgrund der starken Vorbelastung durch die vorhandene Straße die meisten Anhang IV-Arten mangels Attraktivität des Umfelds nur allenfalls potentiell vorkommen, während bei den tatsächlich vorkommenden europäischen Vogelarten ubiquitäre Allerweltsarten dominieren.

124

Was schließlich die Kritik des Klägers an dem in Kapitel C II. Nr. 1, 5. Spiegelstrich des Planfeststellungsbeschlusses angeordneten Monitoring durch Fledermausexperten zur Absicherung der genauen Anforderungen an die Überflughilfen für Fledermausarten angeht, kann keine Rede davon sein, dass hier eine nachträgliche Bestandserhebung zur Ausräumung von Defiziten der Bestandsermittlung im Planfeststellungsverfahren angeordnet würde. Wie dargelegt sind Defizite der Bestandsermittlung und -bewertung in Bezug auf keine der potentiell vorkommenden Anhang IV-Arten einschließlich der Fledermäuse feststellbar. Vielmehr handelt es sich bei der Monitoringauflage um eine vorsorgliche Maßnahme im Rahmen eines Risikomanagements, um etwaigen Veränderungen des Fledermausartenspektrums im Untersuchungsraum bis zur baulichen Umsetzung des Vorhabens durch genauere Gestaltung der Überflughilfen aufgrund aktualisierter Bestandserfassungen möglichst optimal Rechnung tragen zu können. Dies steht im Einklang mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung (vgl. z.B. BVerwG, Urteil vom 12. August 2009 – 9 A 64.07 –, BVerwGE 134, 308 und juris, Rn. 92).

125

Ist danach die Schlussfolgerung des Planfeststellungsbeschlusses, dass die Planung unter Berücksichtigung der konkreten Ausgestaltung der Baumaßnahme, der in der Planung enthaltenen naturschutzfachlichen Maßnahmen sowie der im Planfeststellungsbeschluss getroffenen Regelungen nicht zur Erfüllung artenschutzrechtlicher Verbotstatbestände in Bezug auf Anhang IV- und europäische Vogelarten führen wird, nicht zu beanstanden, so hätte es an sich der (vorsorglichen) Erteilung von artenschutzrechtlichen Ausnahmegenehmigungen und sogar Befreiungen nach Kapitel A VI. des Planfeststellungsbeschlusses nicht bedurft. Indessen bestehen aber auch keine Zweifel daran, dass die Voraussetzungen des § 45 Abs. 7 BNatSchG für eine Ausnahmeerteilung vorliegen, da aus den bereits in der habitatschutzrechtlichen Ausnahmeprüfung genannten Gründen zum einen zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses i.S.v. § 45 Abs. 7 Satz 1 Nr. 5 BNatSchG für das Vorhaben streiten und zum anderen zumutbare Alternativen i.S.v. § 45 Abs. 7 Satz 3, 1. Halbsatz BNatSchG nicht gegeben sind. Darüber hinaus ist in den artenschutzrechtlichen Fachbeiträgen für jede (potentiell) betroffene Art überzeugend dargestellt worden, dass sich der Erhaltungszustand der Population auch bei einzelnen Verlusten von Individuen der Art nicht weiter verschlechtern wird (§ 45 Abs. 7 Satz 2, 2. Halbsatz BNatSchG).

126

cc. Der Planfeststellungsbeschluss steht schließlich auch mit der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung gemäß §§ 14 ff. BNatSchG im Einklang.

127

Da die Verwirklichung des planfestgestellten Straßenausbauvorhabens nach der Darstellung in dem zu den Planunterlagen zählenden Fachbeitrag Naturschutz (Planordner 2, Anlage 12.0, S. 38 ff.) mit einer Vielzahl von bau-, anlage- und betriebsbedingten Auswirkungen auf Natur und Landschaft verbunden ist, die als Eingriffe i.S.v. § 14 Abs. 1 BNatSchG zu werten sind, sieht der Planfeststellungsbeschluss in seinem verfügenden Teil eine große Zahl von Vermeidungs-, Minimierungs- und Kompensationsmaßnahmen vor, die neben gebiets- und artenschutzrechtlichen Zielsetzungen auch (zum Teil multifunktional) dem Eingriffsausgleich dienen und dem Straßenbaulastträger zur Beachtung und Durchführung auferlegt werden (vgl. Kapitel C, II., Nr. 1 des Planfeststellungsbeschlusses). Darüber hinaus werden in Kapitel C, II., Nrn. 2 bis 4 bestimmte landespflegerische Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen konkret festgelegt. Ferner enthält der Planfeststellungsbeschluss in Kapitel C, II., Nrn. 5 bis 9 weitere Regelungen mit teilweisem Bezug zur Eingriffsregelung. In der Begründung des Planfeststellungsbeschlusses (S. 149 bis 252) wird näher erläutert, inwiefern den Anforderungen der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung Genüge getan wurde; das Konzept zur Vermeidung, zum Ausgleich und zum Ersatz von Eingriffen beruht auf den im Planfeststellungsverfahren vom Büro S. erstellten „Fachbeitrag Naturschutz“ (Planordner 2, Anlage 12, mit Erläuterungsbericht 12.0 nebst Anhang I „Maßnahmenverzeichnis“).

128

Während der Kläger im Einwendungsschreiben vom 15. Mai 2007 sich noch ausführlicher mit den vorgesehenen Eingriffen in Natur und Landschaft auseinandergesetzt und eine Reihe aus seiner Sicht bestehende Defizite gerügt hatte, hat er im gerichtlichen Verfahren das Eingriffs- und Ausgleichskonzept des Planfeststellungsbeschlusses nicht grundsätzlich, sondern nur noch punktuell unter folgenden zwei Gesichtspunkten angegriffen: Zum einen hat er die Regelung in Kapitel C, II., Nr. 2 des Planfeststellungsbeschlusses aufgegriffen, nach der die landespflegerischen Maßnahmen 2.4 E AB (Erweiterung Bachuferwald an der Queich, ca. 1.500 m²) und 3.2 E AB (Extensivierung Uferrandstreifen an der Queich, ca. 1.200 m²) – auf als berechtigt anerkannte Einwendung u.a. des Klägers – an eine andere Stelle verlegt werden sollen, wobei der neue Standort der Maßnahmen und deren Ausgestaltung mit der oberen Naturschutzbehörde abzustimmen sind. Insoweit rügt der Kläger, dass es an einer hinreichenden tatsächlichen und rechtlichen Sicherung der beiden Maßnahmen fehle. Zum anderen schließt der Kläger aus der in derselben Regelung des Planfeststellungsbeschlusses enthaltenen weiteren Auflage, dass „in diesem Zusammenhang … auch der Verlust von ca. 400 m² Gehölzfläche sowie von ca. 150 m² Röhricht-Staudenflur zu kompensieren“ sei, dass sich dahinter ein weiterer, bisher nicht offengelegter Eingriff in Natur und Landschaft verberge. Hieraus folgert der Kläger, dass der Planfeststellungsbeschluss nicht den gesetzlichen Anforderungen an die Kompensation gemäß § 17 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 BNatSchG genüge und auch deshalb rechtswidrig sei.

129

Die Kritik des Klägers ist auch in diesen beiden Punkten nicht stichhaltig:

130

Entgegen der Annahme des Klägers bestehen zunächst keine durchgreifenden Bedenken daran, dass die Umsetzung der Maßnahmen 2.4 E AB und 3.2 E AB auch nach Aufgabe des bisher vorgesehenen Standorts (Parzelle 1704/2) wegen festgestellter mangelnder Eignung in ausreichender Weise gesichert ist. Wie der Beklagte überzeugend ausgeführt hat, sind die Maßnahmen zum einen inhaltlich durch Aufnahme in den landespflegerischen Begleitplan und dessen Einbeziehung in die festgestellten Planunterlagen hinreichend bestimmt; durch Verfügung gemäß Kapitel B Nr. 7 des Planfeststellungsbeschlusses ist dem Vorhabenträger der Eingriffsausgleich nach Maßnahme des landespflegerischen Begleitplans auch verbindlich auferlegt worden. Mit der Anordnung in Kapitel C II., Nr. 2 Satz 2 und 3, wonach der neue Standort der Maßnahmen und deren Ausgestaltung mit der Oberen Naturschutzbehörde abzustimmen und die Realisierbarkeit der Maßnahme am neuen Standort der Planfeststellungsbehörde gegenüber vor Baubeginn nachzuweisen ist, erscheint hinreichend gewährleistet, dass durch die Verlegung an einen anderen Standort keine quantitativen oder qualitativen Einbußen hinsichtlich der in den Planunterlagen beschriebenen Kompensationsziele beider Maßnahmen auftreten werden und die Baumaßnahme auch nicht ohne die Ersatzmaßnahmen ausgeführt werden darf. Die in Kapitel C II. Nr. 2 vorgesehene Möglichkeit, die beiden landespflegerischen Maßnahmen in Abstimmung mit der Oberen Naturschutzbehörde auf anderen als den im landespflegerischen Begleitplan ursprünglich dafür vorgesehenen Flächen zu verwirklichen, ist im Übrigen als Planvorbehalt gemäß § 74 Abs. 3 VwVfG zulässig (vgl. dazu OVG RP, Urteil vom 10. März 2009 – 8 C 10435/08.OVG –, NuR 2009, S. 636 und juris, Rn. 92, m.w.N.).

131

Ebenso wenig ist die Auflagenregelung in Kapitel C II. Nr. 2, Satz 4 zu beanstanden. Wie der Beklagte nachvollziehbar dargelegt hat, handelt es sich bei dem dort angesprochenen Verlust von ca. 400 m² Gehölzfläche sowie von ca. 150 m² Röhricht bzw. Staudenflur um ein zusätzliches Kompensationsdefizit, das erst aufgrund einer Überprüfung früherer Vegetationskartierungen bei einer Begehung im März 2010 durch den Dipl.-Biologen H. festgestellt worden ist. Es kann dem Planfeststellungsbeschluss nicht mit Erfolg vorgehalten werden, dass insoweit ein nachträglich festgestelltes Kompensationsdefizit offengelegt wird, nachdem gleichzeitig dem sich daraus ergebenden zusätzlichen Kompensationsbedarf durch die angesprochene Auflage Rechnung getragen wird.

132

Da im Übrigen Defizite des Eingriffs-Ausgleichskonzepts des Planfeststellungsbeschlusses vom Kläger nicht mehr konkret gerügt werden und auch aus Sicht des Senats in keiner Weise ersichtlich sind, steht der Planfeststellungsbeschluss auch mit den Anforderungen der §§ 14 ff. BNatSchG insgesamt im Einklang.

133

c. Letztendlich genügt der angegriffene Planfeststellungsbeschluss auch den Anforderungen des fachplanerischen Abwägungsgebots.

134

Nach § 17 Satz 2 FStrG sind bei der Planfeststellung für den Ausbau einer Bundesfernstraße die von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange einschließlich der Umweltverträglichkeit im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigen.

135

Auch in Bezug auf die Vereinbarkeit des Planfeststellungsbeschlusses mit § 17 Satz 2 FStrG ist daran festzuhalten, dass es sich bei dem Abwägungsgebot nur insoweit um eine „dem Umweltschutz dienende Vorschrift“ im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 1 UmwRG handelt, als es sich auf die abwägungsbeachtlichen Belange des Umweltschutzes bezieht (vgl. z. B. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 14. Oktober 2010 – 8 C 10233/14.OVG –, a.a.O., Rdnr. 39, unter Hinweis auf Fellenberg/Schiller, a.a.O., § 2 UmwRG, Rdnr. 16, m.w.N.). Das Rügerecht des Klägers ist daher darauf beschränkt, Abwägungsfehler in Bezug auf die abwägungserheblichen Belange des Umweltschutzes geltend zu machen.

136

Der Planfeststellungsbeschluss leidet indessen an keinem Abwägungsfehler, der sich – zumindest mittelbar – auf die von der Planung berührten Umweltbelange auswirken könnte.

137

aa. Der Planfeststellungsbeschluss genügt zunächst den Anforderungen an die als wesentlicher Aspekt des Abwägungsgebots anzusehende Prüfung von Alternativen zu dem beantragten Vorhaben, und zwar namentlich im Hinblick auf etwaige die betroffenen Umweltbelange schonendere Alternativlösungen, was der Kläger als Umweltverein gemäß § 2 Abs. 1 UmwRG allein rügen kann.

138

Grundsätzlich hat die Planfeststellungsbehörde alle in Betracht kommenden Alternativen – einschließlich der Nullvariante – in den Blick zu nehmen und ihre Eignung für das geplante Projekt - zumindest grob - zu prüfen (vgl. z. B. BVerwG, Urteil vom 3. März 2011 – 9 A 8.10 –, BVerwGE 139, 150 und juris, Rn. 65, sowie Urteil vom 24. November 2010 – 9 A 13.09 –, BVerwGE 138, 225 und juris, Rn. 62).

139

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts handelt eine Planfeststellungsbehörde bei der Prüfung von Alternativen für ein fernstraßenrechtliches Ausbauvorhaben nicht schon dann fehlerhaft, wenn eine andere als die von ihr bevorzugte Trassenführung ebenfalls mit guten Gründen vertretbar gewesen wäre. Die Grenze der planerischen Gestaltungsfreiheit bei der Auswahl zwischen verschiedenen Trassenvarianten ist erst dann überschritten, wenn eine alternative Linienführung sich unter Berücksichtigung aller abwägungserheblichen Belange eindeutig als die bessere, weil öffentliche und private Belange insgesamt schonendere darstellen würde, wenn sich mit anderen Worten diese Lösung der Behörde hätte aufdrängen müssen. Dabei ist die Behörde allerdings nicht verpflichtet, die Variantenprüfung bis zuletzt offen zu halten und alle von ihr zu einem bestimmten Zeitpunkt erwogenen oder ihr vorgeschlagenen Alternativen gleichermaßen detailliert und umfassend zu untersuchen. Auch im Bereich der Planungsalternativen braucht sie den Sachverhalt nur so weit aufzuklären, wie dies für eine sachgerechte Entscheidung und eine zweckmäßige Gestaltung des Verfahrens erforderlich ist. Sie ist befugt, eine Alternative, die ihr auf der Grundlage einer Grobanalyse als weniger geeignet erscheint, schon in einem frühen Verfahrensstadium auszuscheiden. Ein Abwägungsfehler liegt auch in diesem Fall erst vor, wenn sich die nicht näher untersuchte Lösung der Behörde hätte aufdrängen müssen (vgl. BVerwG, Urteil vom 19. Juli 2008 - 9 A 14.07 -, BVerwGE 131, 274 und juris, Rn. 135, m.w.N.).

140

Gemessen an diesen Maßstäben ist der angefochtene Planfeststellungsbeschluss nicht zu beanstanden. Er enthält zunächst in Kapitel E IV. 5. im Zusammenhang mit der Planrechtfertigung unter „Planungsvarianten“ eine sehr weit gefasste Auseinandersetzung mit Planungsalternativen einschließlich der „Nullvariante“ sowie einer Verbesserung des öffentlichen Personennahverkehrs (Ausbau der Queichtalbahn) und einer Verlagerung von Lkw-Transitverkehren auf die Schiene als theoretisch denkbaren Alternativen im weitesten Sinne, wobei beides mit Blick auf die gesetzliche Bedarfsfeststellung für einen vierstreifigen Ausbau der B 10 als nicht planungszielkonform verworfen wird. Daneben setzt sich der Planfeststellungsbeschluss in diesem Zusammenhang mit von der Einwenderseite ins Spiel gebrachten Ausbauvarianten (Beibehaltung des dreistreifigen Querschnitts mit Verbesserungen der Verkehrsführung, Wahl eines Querschnitts ohne Standstreifen etc.) auseinander und verwirft auch diese unter Hinweis auf ihre Unvereinbarkeit mit den Anforderungen an die Verkehrssicherheit. Schließlich wird die Wahl der Vorzugsvariante - Anbau eines weiteren Fahrstreifens an die bestehende Bundesstraße - als die die betroffenen Umwelt- und privaten Eigentumsbelange insgesamt schonendste Ausbauvariante begründet; die Wahl des konkreten Ausbauquerschnitts SQ 26 wird in Kapitel E. V. 1. nochmals eingehend erläutert. Im Übrigen wird im Rahmen der vorsorglichen Abweichungsprüfung im Habitatschutzrecht sowie der vorsorglichen Ausnahmeerteilung im Artenschutzrecht bei der Frage nach zumutbaren Alternativen auf diese Ausführungen zu den Planungsvarianten verwiesen.

141

Der Kläger hat im gerichtlichen Verfahren das Thema „Alternativenprüfung“ nur noch punktuell und eher kursorisch angesprochen. So hat er im Zusammenhang mit der Kritik an der Verkehrsprognose von M. die fehlende Berechnung eines „echten Prognose-Nullfalls (kein Ausbau des planfestgestellten Abschnitts)“ gerügt. Ferner hat er im Zusammenhang mit seinem Vortrag zur Notwendigkeit und zu den Anforderungen einer habitatschutzrechtlichen Abweichungsprüfung eher pauschal vorgetragen, der Nachweis des Fehlens einer zumutbaren Alternative mit geringeren oder keinen Beeinträchtigungen sei „ganz sicher nicht erbracht worden“, insbesondere fehle es an einer Prüfung, ob nicht auch eine Trasse in schmalerer Ausführung zur Querung des FFH-Gebietes möglich sei.

142

Diese Kritikpunkte treffen nicht zu. So beinhalten die Verkehrsuntersuchungen von M., die der Planung zugrunde gelegt wurden, auch Prognosen für den sog. „Analyse-Nullfall“; darüber hinaus wurde in der im gerichtlichen Verfahren vorgelegten ergänzenden Verkehrsuntersuchung vom 20. März 2014 (Verkehrsanalyse 2013/Verkehrsprognose 2030) auch ein Analyse-Nullfall untersucht, der nur den Verzicht auf den planfestgestellten Abschnitt umfasst. Im Übrigen ergibt sich bereits aus dem oben Gesagten, dass sich der Planfeststellungsbeschluss auch mit anderen Ausbauvarianten einschließlich geringerer Ausbauquerschnitte eingehend auseinander gesetzt hat. Es ist jedenfalls nichts dafür ersichtlich, dass die Erwägungen des Planfeststellungsbeschlusses zu den Planungsvarianten den – gegenüber den Anforderungen z. B. des § 34 Abs. 3 Nr. 2 BNatSchG weniger strengen – Maßgaben der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Alternativenprüfung im Rahmen der fachplanerischen Abwägung nicht genügen könnten. Insbesondere ist weder konkret vorgetragen worden noch sonst ersichtlich, dass der Planfeststellungsbeschluss bei der Zusammenstellung des Abwägungsmaterials eine ernsthaft in Betracht kommende Alternativlösung unberücksichtigt gelassen oder nicht mit der ihr zukommenden Bedeutung in die vergleichende Prüfung der von den möglichen Alternativen jeweils berührten öffentlichen und privaten Belange eingestellt hat. Ebenso wenig lässt sich feststellen, dass eine andere als die gewählte Trassenführung und Ausbauvariante (vierspuriger Ausbau, alternierend an der Nord- und Südseite der bestehenden Trasse, mit einem Ausbauquerschnitt SQ 26) sich unter Berücksichtigung aller abwägungserheblichen Belange als die bessere, weil öffentliche und private Belange insgesamt schonendere hätte aufdrängen müssen. Namentlich ist dem Beklagten darin beizupflichten, dass die sog. Nullvariante von vornherein mangels Eignung zur Verwirklichung der sich aus der gesetzlichen Planfeststellung ergebenden Planungsziele auszuscheiden hat und verkehrspolitisch andersartige Konzepte (z. B. Ausbau der Queichtalbahn und Verlagerung von Lkw-Transitverkehr auf die Schiene) ebenfalls vor diesem Hintergrund außer Betracht zu bleiben haben.

143

bb. Auch die Bildung eines Planungsabschnitts für den Ausbau der Teilstrecke der B 10 zwischen Godramstein und der A 65 ist Ergebnis einer fehlerfreien Abwägung. Daher kann offen bleiben, inwieweit Einwendungen gegen die Abschnittsbildung überhaupt von der Rügebefugnis des Klägers gemäß § 2 Abs. 1 UmwRG umfasst werden.

144

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist die Bildung von Planungsabschnitten, z. B. bei einem Straßenbauvorhaben, als Ausprägung des fachplanerischen Abwägungsgebots grundsätzlich zulässig, weil Streckenvorhaben ab einer gewissen Länge aus praktischen Gründen nicht in einem Verfahren geprüft und planfestgestellt werden können. Sie stellt daher ein Instrument der planerischen Problembewältigung dar; doch darf sich die Teilplanung nicht soweit verselbständigen, dass von der Gesamtplanung ausgelöste Probleme voraussichtlich ungelöst bleiben. Erforderlich, aber auch ausreichend ist eine Vorausschau auf nachfolgende Abschnitte nach Art eines „vorläufigen positiven Gesamturteils“: Eine Prognose für die nachfolgenden Abschnitte muss ergeben, dass der Verwirklichung des (Gesamt-)Vorhabens keine von vornherein unüberwindlichen Hindernisse entgegenstehen (vgl. z. B. BVerwG, Beschluss vom 23. November 2007 – 9 B 38.07 –, NuR 2008, 276 und juris, Rn. 20, m.w.N.). Vor dem Hintergrund der beabsichtigten Gesamtplanung muss der Teilabschnitt zudem eine eigenständige - wenn auch nicht in vollem Umfang die ihm in der Gesamtplanung zugedachte - Verkehrsfunktion für den Fall haben, dass sich das Gesamtkonzept der Planung im Nachhinein als nicht realisierbar erweist (vgl. BVerwG, Urteil vom 21. März 1996 – 4 C 19/94 -, BVerwGE 100, 370 und juris, Rn. 48; siehe auch Urteil vom 24. November 2010 – 9 A 13.09 –, BVerwGE 138, 226 und juris, Rn. 69).

145

Gemessen an diesen Grundsätzen unterliegt die Abschnittsbildung vorliegend keinen durchgreifenden Bedenken. Im Planfeststellungsbeschluss werden die Gründe für die Abschnittsbildung im Zusammenhang mit den Ausführungen zur Planungskonzeption (Seite 90 ff. des Planfeststellungsbeschlusses) näher erläutert. Danach kommt dem Abschnitt zwischen der A 65 und Godramstein ein eigenständiger Verkehrswert auch unabhängig von der Gesamtstrecke zu, weil der vierstreifige Ausbau dieser Teilstrecke zu einer Verbesserung der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs in diesem Teilbereich führen wird, da der neu herzustellende Bereich an vorhandene Straßen angebunden ist und daher eine durchgängige Verkehrsführung erreicht werde. Dabei stünden Entlastungswirkungen für das innerörtliche Verkehrsnetz der Stadt Landau allerdings nicht im Vordergrund, obwohl davon auszugehen sei, dass sich auch auf verschiedenen Straßen im Stadtbereich durchaus Verkehrsentlastungen einstellen werden. Im Übrigen sei auch die weitere Voraussetzung einer Abschnittsbildung, dass in den weiteren Abschnitten keine unüberwindbaren Hindernisse für die Realisierung zu erwarten seien, zu bejahen, und zwar sowohl im Hinblick auf die Finanzierbarkeit des Ausbaus der Tunnelabschnitte als auch hinsichtlich der dort zu erwartenden Verkehrsbelastung; die Frage, ob in den Folgeabschnitten darüber hinaus unüberwindliche naturschutzrechtliche Hindernisse zu erwarten sind, wird im Planfeststellungsbeschluss gesondert im Zusammenhang mit den Einwendungen des Klägers zur sog. Dach-FFH-Verträglichkeitsprüfung erörtert und im Ergebnis verneint (vgl. Seite 282 des Planfeststellungsbeschlusses).

146

Auch aus Sicht des Senats unterliegt zunächst keinem ernstlichen Zweifel, dass dem planfestgestellten Abschnitt aus den im Planfeststellungsbeschluss genannten Gründen eine eigenständige Verkehrsfunktion - selbst für den Fall eines Scheiterns des Gesamtprojekts im Nachhinein - zukommt. Dies folgt zum einen aus der jetzt schon bestehenden, im Grundsatz unstreitigen hohen Verkehrsbelastung des Abschnitts, die spürbare Verbesserungen der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs durch einen – richtlinienkonformen – vierspurigen Ausbau mehr als wahrscheinlich macht, zum anderen aus dem Umstand, dass es sich um den bloßen Ausbau (in Form des Anbaus einer weiteren Fahrspur) eines bereits bestehenden, schon dreistreifig ausgebauten Teilstücks einer Bundesstraße handelt, das allseitig an das bestehende Verkehrsnetz angebunden ist, so dass auch bei Scheitern der im westlichen Anschluss geplanten Folgeabschnitte keinesfalls die Entstehung eines sog. „Planungstorsos“ zu befürchten ist. Darüber hinaus ist im Rahmen der Erörterung der Frage der Notwendigkeit einer sog. „Dach-UVP“ oben bereits geklärt worden, dass die Planfeststellungsbehörde im Rahmen der von ihr anzustellenden Prognose in nicht zu beanstandender Weise feststellen konnte, dass der Verwirklichung des Vorhabens in den nachfolgenden Abschnitten jedenfalls in Bezug auf die Umweltauswirkungen keine von vornherein unüberwindlich erscheinenden Hindernisse entgegenstehen.

147

cc. Entgegen der Ansicht des Klägers steht der Planfeststellungsbeschluss auch im Hinblick auf die Belastung der - bis auf weiteres - nur zweispurigen Tunnelstrecken im Teilstück der B 10 zwischen Annweiler und Rinnthal mit dem Gebot planerischer Konfliktbewältigung im Einklang. Dabei kann offen bleiben, ob das diesbezügliche Vorbringen des Klägers im gerichtlichen Verfahren mangels hinreichender Thematisierung in seinem Einwendungsschreiben vom 15. Mai 2007 nicht bereits präkludiert ist, nachdem er dort das Thema „Konfliktbewältigung im Hinblick auf Folgekonflikte in nachfolgenden Ausbauabschnitten“ nur sehr allgemein – ohne ausdrücklichen Bezug zu den Tunnelstrecken – angesprochen hatte.

148

In rechtlicher Hinsicht ist das vom Kläger angesprochene Gebot der Problem- bzw. Konfliktbewältigung ein anerkannter Abwägungsgrundsatz: Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist die Planfeststellungsbehörde grundsätzlich gehalten, alle Probleme, die sich durch das Planvorhaben ergeben, bzw. alle Konflikte, die durch die Planungsentscheidung geschaffen werden, im Planfeststellungsbeschluss zu bewältigen; dabei kann die Konfliktbewältigung auch darin bestehen, dass die Planfeststellungsbehörde die endgültige Problemlösung einem spezialisierten und verbindlichen, auf gesetzlicher Regelung beruhenden Verfahren überlässt (vgl. z. B. BVerwG, Beschluss vom 2. September 2010 – 9 B 11/10 –, NuR 2010, 799 und juris, Rn. 20 sowie Urteil vom 12. August 2009 – 9 A 64/07 –, BVerwGE 134, 308 und juris, Rn. 107, jeweils m.w.N.).

149

Indessen handelt es sich bei den vom Kläger behaupteten Folgekonflikten in den Tunnelstrecken zwischen Annweiler und Rinnthal tatsächlich nicht um solche Konflikte bzw. Probleme, die durch die konkret in Rede stehende Planungsentscheidung – den vierstreifigen Ausbau der B 10 im Abschnitt zwischen Godramstein und der A 65 – (bereits) aufgeworfen werden, und zwar weder im Hinblick auf die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs im Bereich der Tunnelstrecken, noch hinsichtlich einer steigenden Belastung der umliegenden Gemeinden sowie von Natur und Landschaft in diesem Bereich durch Verkehrsimmissionen (was der Kläger als Umweltverband im Rahmen seines beschränkten Rügerechts wohl ohnehin allein geltend machen könnte). Vielmehr erweist sich das diesbezügliche Vorbringen des Klägers als bereits in sich widersprüchlich und daher als unschlüssig: Während der Kläger im Übrigen –namentlich zum Bestreiten der Planrechtfertigung sowie im Habitatschutzrecht zum Bestreiten der FFH-Verträglichkeit des Vorhabens – stets geltend macht, die der konkreten Planung zugrunde gelegten Verkehrsuntersuchungen von M. seien aufgrund fehlerhafter Methodik und nicht mehr zutreffender Datengrundlagen zu einer erheblichen Überschätzung der künftigen Verkehrsbelastung auf der (gesamten) B 10 zwischen Pirmasens und Landau gelangt, trägt er im vorliegenden Zusammenhang vor, ausgehend von den „als zutreffend unterstellten“ Aussagen der Verkehrsuntersuchung von M. komme es zu ungelösten Folgekonflikten der abschnittsweisen Ausbauplanung in den Tunnelstrecken, weil diese zu schwerwiegenden Gefahrensituationen infolge einer Kapazitätsüberschreitung in den Tunnelstrecken führe. Dem kann jedoch nicht gefolgt werden: Gerade wenn man die Aussagen der Verkehrsuntersuchungen von M. als richtig unterstellt, geben sie für die Annahme einer nennenswerten Steigerung der Verkehrsbelastung unmittelbar westlich von Godramstein und damit erst recht für eine solche in den noch weiter westlich gelegenen Tunnelstrecken als Folge des Ausbaus im Abschnitt zwischen Godramstein und der A 65 nichts her. Wie sich aus der vom Beklagten im gerichtlichen Verfahren vorgelegten ergänzenden Verkehrsuntersuchung von M. vom 21. Januar 2010 ergibt, mit der als weiterer Planungsfall die Auswirkungen eines vierstreifigen Ausbaus der B 10 in den bereits fertiggestellten Abschnitten zwischen Pirmasens und Hinterweidenthal sowie zusätzlich im vorliegend in Rede stehenden Abschnitt zwischen Godramstein und der A 65 bezogen auf den Planungshorizont 2020 untersucht werden, ist als Folge des (zusätzlichen) Ausbaus lediglich im Abschnitt zwischen Godramstein und der A 65 in den westlich von Godramstein gelegenen Abschnitten insgesamt keine weitere Verkehrsbündelung oder großräumige Verkehrsverlagerung zu erwarten; vielmehr wird als Folge dieser Ausbaustufe westlich von Godramstein eine nur geringe Verkehrszunahme von 300 Kraftfahrzeugen je 24 Stunden (+ 1 %) im Durchgangsverkehr prognostiziert (vgl. dazu die Anlage 1 zum Schriftsatz des Beklagten vom 3. Juni 2011, dortige Seite 4). In einer weiteren Stellungnahme von M. vom 17. November 2011 (Anlage 2 zum Schriftsatz des Beklagten vom 3. Juni 2011, dortige Seite 11 f) wird dieser sehr geringe Verlagerungseffekt eines Ausbaus im planfestgestellten Abschnitt damit begründet, dass sich in Höhe Annweiler (Wilgartswiesen) schon bisher eine Verkehrsscheide bezüglich der Orientierung der Verkehrsteilnehmer einerseits in Richtung Pirmasens, andererseits in Richtung Landau befinde, mit der Folge, dass an dieser Stelle die niedrigsten Verkehrsbelastungen im Zuge der B 10 vorhanden seien und von dort aus in Richtung Westen bzw. in Richtung der A 65 kontinuierlich zunähmen. Grundsätzlich gehen die der Planung zugrunde gelegten Verkehrsuntersuchungen von M. aus den Jahren 2004 und 2005 von einer Verkehrsbelastung im Jahre 2020 im Bereich der zweistreifigen Tunnelstrecken bei Zugrundelegung der Planungsfälle 1 und 2 im Umfang von rund 21.000 bzw. 25.000 Kraftfahrzeugen je 24 Stunden aus. Nach den Vorgaben der einschlägigen Richtlinien für die Sicherheit in Tunnelstrecken (HBS 2001) sei bei dieser Durchflussmenge die Leistungsfähigkeit der Tunnel - lediglich einhergehend mit einer Reduzierung der mittleren Pkw-Reisegeschwindigkeit von 80 auf 65 km/h - gegeben. Legt man diese Einschätzungen von M. - wie vom Kläger in diesem Zusammenhang unterstellt - als richtig zu Grunde, so kann keine Rede davon sein, dass es infolge der als zutreffend unterstellten Aussagen der Verkehrsuntersuchungen zu ungelösten Folgekonflikten der angefochtenen Ausbauplanung in den Tunnelstrecken in Gestalt von zusätzlichen Gefahrensituationen und erheblich ansteigenden Verkehrsimmissionen infolge planungsbedingter Kapazitätsüberschreitungen im Bereich der vier Tunnel kommen wird. Dies gilt im Übrigen erst recht, wenn die Verkehrsuntersuchungen, wie vom Kläger in anderen Zusammenhängen behauptet, von erheblich zu hohen Prognosezahlen sowohl für den jetzt planfestgestellten Abschnitt als auch für die gesamten künftigen Ausbaustrecken ausgegangen sein sollten. Denn in der logischen Konsequenz dieses Vorbringens müsste von geringeren Verkehrsverlagerungen infolge des Ausbaus im planfestgestellten Abschnitt in den westlich von Godramstein befindlichen Teilstrecken und damit auch in den Tunnelstrecken ausgegangen werden.

150

Unabhängig davon erscheinen dem Senat die Einschätzungen von M., dass es infolge des vierstreifigen Ausbaus der B 10 in dem nur wenige Kilometer umfassenden Abschnitt zwischen der A 65 und Godramstein (noch) nicht zu nennenswerten Verkehrssteigerungen westlich von Godramstein und damit erst recht nicht zu Lasten der Tunnelstrecken zwischen Annweiler und Rinnthal kommen wird, plausibel und nachvollziehbar begründet. Sie beruhen auf der aus den Ergebnissen der Verkehrszählungen und Verkehrsteilnehmerbefragungen abgeleiteten Feststellung, dass sich bei Annweiler eine „Verkehrsscheide“ bezüglich der Orientierung der Verkehrsteilnehmer einerseits in Richtung Pirmasens und andererseits in Richtung Landau befindet, als deren Folge die Verkehrsbelastung von dieser Stelle aus, an der sie am niedrigsten im gesamten Verlauf der B 10 ist, kontinuierlich in Richtung Westen und in Richtung Osten zunimmt. Diese Grundausrichtung der regionalen Verkehrsströme im Analyse-Nullfall wird auch vom Kläger und dem von ihm beauftragten Unternehmen R. nicht in Frage gestellt. Hiervon ausgehend erscheint es aber naheliegend, dass der vorliegend in Rede stehende vierspurige Ausbau zwischen Godramstein und der A 65 in erster Linie Entlastungswirkungen im Straßennetz rund um die Stadt Landau haben wird und deshalb zu nennenswerten Verkehrsverlagerungen nur aus dem - teilweise nahezu parallellaufenden (wie die K 13) - nachgeordneten Straßennetz in und um Landau auf den ausgebauten Abschnitt führen wird. Hingegen erscheint die Annahme, es könnte bereits als Folge des vierstreifigen Ausbaus nur zwischen der A 65 und Godramstein dauerhaft zu erheblichen Verkehrsverlagerungen des regionalen und sogar des überregionalen Verkehrs (einschließlich des Güterschwerverkehrs) in westlicher Richtung über das vorläufige Ausbauende bei Godramstein hinaus bis zu den Tunnelstrecken kommen, eher fernliegend. Das Problem einer möglichen Überlastung der Tunnelstrecken würde sich vielmehr voraussichtlich erst und nur dann stellen, wenn alle weiteren Teilstrecken zwischen Godramstein und Pirmasens bis auf die Tunnelstrecken vierspurig ausgebaut würden und nur diese dauerhaft unverändert zweispurig blieben. Ein solches Szenario ist indessen in den längerfristigen Ausbauplanungen des Bundes gerade nicht vorgesehen. Vielmehr sieht der von M. in der Verkehrsuntersuchung 2004/2005 untersuchte Planungsfall 4 (Ausbau der Gesamtstrecke zwischen Pirmasens und der A 65) auch den vierstreifigen Ausbau der Tunnelstrecken vor.

151

dd. Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss lässt des Weiteren im Hinblick auf die abwägungsfehlerfreie Berücksichtigung sonstiger Belange des Umweltschutzes, namentlich des Schutzes vor Verkehrsimmissionen, keinerlei Defizite erkennen.

152

Es ist anerkannt, dass insbesondere Aspekte des Lärmschutzes – über die Beachtung der Vorgaben des zwingenden Rechts (§ 41 des Bundesimmissionsschutzgesetzes - BImSchG) hinaus – auch zusätzlich im Rahmen des fachplanerischen Abwägungsgebots zu berücksichtigen sind (vgl. z. B. BVerwG, Urteil vom 17. März 2005 – 4 A 18/04 –, BVerwGE 123, 152 und juris, Rn. 18). Nichts anderes gilt für sonstige, vom Betrieb eines planfestgestellten Straßenneu- oder -ausbauvorhabens ausgehende Immissionen (Luftschadstoffe, Vibrationen; vgl. dazu z. B. BVerwG, Urteil vom 12. August 2008 – 9 A 64/07 –, BVerwGE 134, 308 und juris, Rn. 107). Da sich das Abwägungsgebot des § 17 Satz 2 FStrG insoweit auf Umweltbelange bezieht, umfasst das Rügerecht eines anerkannten Umweltverbands auch die Geltendmachung diesbezüglicher Abwägungsfehler.

153

Vorliegend sind Zweifel an der Bewältigung der planungsbedingten Verkehrsimmissionsproblematik durch den angefochtenen Planfeststellungsbeschluss weder im Hinblick auf die Vorgaben des § 41 BImSchG noch hinsichtlich der diesbezüglichen Anforderungen des Abwägungsgebots angebracht, insbesondere auch vom Kläger nicht näher thematisiert worden.

154

Das im Planfeststellungsbeschluss in Kapitel E VII. dargestellte Lärmschutzkonzept stützt sich auf schalltechnische Berechnungen, die gemäß Teil A. VIII., Nr. 28 des Planfeststellungsbeschlusses Bestandteil der festgestellten Planunterlagen sind. Bei der Ermittlung der Beurteilungspegel wurde auf die Verkehrszahlen des Planungsfalls 4 der Verkehrsprognose abgestellt, d. h. auf die Verkehrszahlen eines durchgehenden vierstreifigen Ausbaus der B 10 zwischen der A 62/A 8 (bei Pirmasens) und der A 65 (bei Landau). Aus immissionstechnischer Sicht wurde also eine „Worst-Case-Betrachtung“ vorgenommen und nicht lediglich die prognostizierten Verkehrszahlen infolge des (zunächst) alleinigen Ausbaus des planfestgestellten Abschnitts, sondern die nach dem künftigen Ausbau der Gesamtstrecke prognostizierten maximalen Verkehrszahlen zugrunde gelegt und zu Gunsten der Betroffenen daran orientierte Lärmschutzmaßnahmen vorgesehen. Diese umfassen u. a. entsprechend dimensionierte Lärmschutzwälle und -wände südlich der B 10 zum Schutz der Wohnbebauung „Schützenhof“ sowie am südöstlichen Ortsrand von Godramstein. Weitergehende Forderungen von Einwendern, z. B. nach Lärmschutz im Bereich des Naherholungsgebiets „Reiterwiesen“ oder nach Einbau sog. Flüsterasphalts werden zurückgewiesen. Der Planfeststellungsbeschluss setzt sich auch mit Fragen des Lärmschutzes infolge von Verkehrszunahmen im weiteren Straßennetz sowie mit der Problematik von Summenpegeln auseinander und gelangt in der Gesamtabwägung zum Lärmschutz zu dem Ergebnis, dass die an den einzelnen Immissionsorten verbleibenden Immissionsbeeinträchtigungen hinzunehmen seien. Die Lärmschutzmaßnahmen sind dem Straßenbaulastträger in Kapitel C. V. des Planfeststellungsbeschlusses im Einzelnen auferlegt worden.

155

In Kapitel E. VIII. setzt sich der Planfeststellungsbeschluss auch mit der zu erwartenden Luftschadstoffbelastung auseinander und gelangt auf der Grundlage von Planfällen aus der Verkehrsuntersuchung von M. sowie gestützt auf ein Luftschadstoffgutachten zu dem Ergebnis, dass ausbaubedingt – unter Zugrundelegung der prognostizierten Verkehrsentwicklung des planfestgestellten Ausbauabschnitts, aber auch der verkehrlichen Auswirkungen im nachgeordneten Verkehrsnetz – keine wesentlichen Veränderungen der Schadstoffbelastung zu erwarten seien und insbesondere die gesetzlich vorgegebenen Grenzwerte an allen untersuchten Immissionsorten in Wohnbereichen unterschritten werden.

156

In der Klagebegründung wird die Frage des Immissionsschutzes, insbesondere des Lärmschutzes, nur dahingehend angesprochen, dass sich aus den behaupteten Mängeln der Verkehrsprognose auch erhebliche Abwägungsmängel in Bezug auf die Gewichtung von Umweltbelangen ergäben, z. B. in Bezug auf den Lärmschutz. Konkrete Rügen in Bezug auf das Lärmschutzkonzept enthält die Klagebegründung nicht; andere Verkehrsimmissionen, etwa Luftschadstoffe, werden nicht näher angesprochen. Mit seinem Vorbringen, die von ihm angenommenen Mängel der Verkehrsprognose hätten erhebliche Abwägungsmängel in Bezug auf die Gewichtung von Umweltbelangen, namentlich eine Fehlgewichtung der Lärmschutzbelange, zur Folge gehabt, vermag der Kläger indessen nicht durchzudringen.

157

Zwar setzt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts eine ordnungsgemäße Untersuchung der von einem Straßenbauvorhaben voraussichtlich ausgehenden Geräuschimmissionen voraus, dass die Lärmprognose bzw. die ihr zugrunde liegende Verkehrsprognose mit den zu ihrer Zeit verfügbaren Erkenntnismitteln unter Beachtung der für sie erheblichen Umstände methodisch fachgerecht erstellt worden ist, wobei die Überprüfungsbefugnis des Gerichts sich allein auf die Wahl einer geeigneten fachspezifischen Methode, die zutreffende Ermittlung des der Prognose zugrunde liegenden Sachverhalts und darauf erstreckt, ob das Ergebnis einleuchtend begründet worden ist (vgl. z. B. BVerwG, Beschluss vom 23. Juni 2009 – 9 VR 1.09 –, NVwZ-RR 2009, 753 und Rn. 14). Zugleich hat das Bundesverwaltungsgericht aber deutlich gemacht, dass es, soweit es um die Frage einer Fehlgewichtung der Lärmimmissionsbelastung zu Lasten Dritter geht, nur auf solche Mängel einer Lärm- bzw. Verkehrsprognose ankommen kann, die eine Unterschätzung der Verkehrsentwicklung und damit der mit ihr verbundenen Verkehrsimmissionsbelastung zur Folge haben (vgl. BVerwG, Urteil vom 18. März 2009 – 9 A 39.07 –, BVerwGE 133, 239 und juris, Rn. 104 f).

158

Vor diesem Hintergrund erweist sich das Vorbringen des Klägers, die von ihm behaupteten Mängel der Verkehrsprognose hätten auch erhebliche Abwägungsmängel in Bezug auf die Gewichtung der betroffenen Umweltbelange, „insbesondere auch des Schutzes vor Lärmimmissionen und Luftschadstoffen“ (so etwa in seinem Schriftsatz vom 30. März 2015), zur Folge gehabt, als ungeeignet zur Begründung von Abwägungsmängeln, die im Sinne von § 17e Abs. 6 Satz 1 FStrG erheblich, weil auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen sein könnten. Wie im Planfeststellungsbeschluss überzeugend dargestellt, hat die der Planung zugrunde gelegte Verkehrsprognose von M. im Hinblick auf die Ermittlung und Bewertung der beim vierspurigen Ausbau des planfestgestellten Abschnitts zu erwartenden Verkehrslärmimmissionsbelastungen den Charakter einer „Worst-Case-Betrachtung“, weil sich die Planfeststellungsbehörde bei der Ausgestaltung ihres Lärmschutzkonzepts an der nach der Verkehrsprognose größtmöglichen Verkehrsbelastung der B 10 orientiert hat, nämlich am Planungsfall 4 der Verkehrsuntersuchung 2004/2005, der einen durchgängigen vierstreifigen Ausbau der B 10 zwischen Pirmasens und der A 65 voraussetzt. Auf diese Weise ist sichergestellt worden, dass bereits im angefochtenen Planfeststellungsbeschluss für den Abschnitt zwischen Godramstein und der A 65 ein am Planungsfall 4 ausgerichtetes Lärmschutzkonzept entwickelt und planfestgestellt worden ist. Es ist nicht ersichtlich, dass bei dieser Vorgehensweise die Auswirkungen des Vorhabens in Bezug auf Verkehrsimmissionen unterschätzt worden sein könnten. Dies wäre umgekehrt nur vorstellbar, wenn der Planfeststellungsbeschluss von einer zu geringen Verkehrsbelastung ausgegangen wäre. Ein solches Szenario wird indessen vom Kläger nicht vorgetragen; vielmehr erhebt er stets umgekehrt den Vorwurf, es sei von zu hohen Erwartungen hinsichtlich des künftigen Verkehrsaufkommens ausgegangen worden. Die vom Kläger insoweit behaupteten Mängel der der Planung zugrunde gelegten Verkehrsprognose sind aber von vornherein nicht geeignet, eine fehlerhafte Gewichtung der Verkehrsimmissionsbelastung im Sinne einer in diesem Zusammenhang allein relevanten Unterschätzung zu begründen. Daher kommt es auch hier auf die Berechtigung der Detailrügen des Klägers in Bezug auf die Verkehrsuntersuchungen von M. nicht an.

159

ee. Anders, als der Kläger meint, leidet der angefochtene Planfeststellungsbeschluss schließlich auch nicht an einer fehlerhaften Gesamtabwägung.

160

Der Planfeststellungsbeschluss begegnet vielmehr auch unter dem Gesichtspunkt der Gesamtabwägung aller betroffenen öffentlichen und privaten Belange keinen Bedenken. Die Planfeststellungsbehörde ist ohne Abwägungsfehler davon ausgegangen, dass die für das Vorhaben sprechenden verkehrlichen Belange angesichts der gesetzlichen Bedarfsfeststellung und der den vierstreifigen Ausbau bereits rechtfertigenden Ist-Belastung des planfestgestellten Abschnitts einerseits, des nicht zu beanstandenden umfassenden Maßnahmenkonzepts zur Vermeidung, Minderung oder Kompensation von Eingriffen in die Umwelt, aber auch von Beeinträchtigungen privater Dritter namentlich durch Verkehrsimmissionen andererseits die mit dem Vorhaben verbundenen verbleibenden Beeinträchtigungen deutlich überwiegen.

161

Der Kläger versucht, unter dem Aspekt einer fehlerhaften Gesamtabwägung eine Verletzung des Gebots gerechter Abwägung aller betroffenen privaten und öffentlichen Belange gemäß § 17 Satz 2 FStrG daraus herzuleiten, dass die aus seiner Sicht mangelhafte Verkehrsprognose zu einer Abwägungsdisproportionalität geführt habe, weil nicht fehlerfrei bestimmt worden sei, welches Gewicht den für das Vorhaben sprechenden verkehrlichen Belangen im Verhältnis zur Gewichtung der Eingriffe in die Rechtssphäre einer Vielzahl von Betroffenen sowie in eine Vielzahl von Belangen des Umweltschutzes zukomme.

162

Dem kann nicht gefolgt werden. Es erscheint bereits zweifelhaft, ob der Kläger, nachdem seine Kritik an Methodik und Datengrundlage der Verkehrsuntersuchungen von M. – wie dargelegt – weder im Zusammenhang mit der Planrechtfertigung noch im Rahmen des Habitat- und Artenschutzrechtes durchgreift, im Rahmen seines nach § 2 Abs. 1 UmwRG eingeschränkten Rügerechts befugt ist, angebliche Mängel der Verkehrsprognose unter dem Aspekt fehlerhafter Gesamtabwägung gleichsam losgelöst von der Darlegung negativer Auswirkungen auf konkrete Umweltbelange geltend zu machen. Jedenfalls sind nach Überzeugung des Senats durchgreifende Bedenken an Methodik, Datengrundlage und Begründung des Prognoseergebnisses der der Planung zugrundeliegenden Verkehrsuntersuchungen nicht veranlasst.

163

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts unterliegen Verkehrsprognosen nur eingeschränkter gerichtlicher Kontrolle: Sie sind lediglich darauf zu überprüfen, ob sie methodisch einwandfrei erarbeitet worden sind, nicht auf unrealistischen Annahmen beruhen und ob das Prognoseergebnis einleuchtend begründet worden ist (vgl. z.B. BVerwG, Beschluss vom 15. März 2013 – 9 B 30.12 –, juris, Rn. 10 und Urteil vom 18. März 2009 – 9 A 39.07 –, BVerwGE 133, 239 und juris, Rn. 105 sowie Urteil vom 9. Juni 2010 – 9 A 20.08 –, NuR 2010, 870 und juris, Rn. 73, jeweils m.w.N.).

164

Zwar greift der Kläger die im Auftrag des Vorhabenträgers erstellten Verkehrsuntersuchungen von M. unter Bezugnahme auf diverse Stellungnahmen des Büros R. unter allen diesen Gesichtspunkten detailliert an, so insbesondere in den Schriftsätzen vom 31. Januar 2011 unter Bezugnahme auf eine als Anlage 5 hierzu vorgelegte Stellungnahme von R. vom Januar 2011, und im Schriftsatz vom 31. Oktober 2014 unter Bezugnahme auf weitere Stellungnahmen von R. vom Februar 2011, vom Juli 2014 und vom September 2014. Der Beklagte ist seinerseits allen Kritikpunkten eingehend unter Vorlage von Erwiderungen und ergänzenden Stellungnahmen insbesondere von M. und dem Landesbetrieb Mobilität entgegengetreten; dabei hat er auf aus seiner Sicht bestehende gravierende Fehler von R. hingewiesen, so namentlich mit Schriftsatz vom 3. Juni 2011, unter Bezugnahme auf die als Anlagen 5 und 6 zu diesem vorgelegten Stellungnahmen von M. vom 17. März 2011, mit Schriftsatz vom 22. März 2011 unter Bezugnahme auf die als Anlagen 5 und 6 hierzu vorgelegten Stellungnahmen des LBM vom 1. April 2011; schließlich mit Schriftsatz vom 18. Februar 2015, unter Bezugnahme auf weitere Stellungnahmen des LBM, von M. und von V..

165

Vor dem Hintergrund der nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nur sehr eingeschränkten gerichtlichen Überprüfungsbefugnis hinsichtlich Verkehrsprognosen, des Umstands, dass es nach dieser Rechtsprechung ohnehin keine gesetzliche Vorgabe gibt, nach welchen Methoden eine Verkehrsprognose im Einzelnen zu erstellen ist (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 23. April 2014 – 9 A 25.12 –, BVerwGE 149, 289 und juris, Rn. 30), und weil im Übrigen Verkehrsprognosen – wie alle Verkehrsprognosen – keiner Richtigkeitsgewähr unterliegen (vgl. z.B. BVerwG, Beschluss vom 28. November 2013 – 9 B 14.13 –, DVBl. 2014, 237 und juris, Rn. 7) sowie unter Berücksichtigung des eingeschränkten Rügerechts des Klägers besteht indessen keine Veranlassung, in allen Einzelheiten auf die Kritikpunkte des Klägers und des von ihm beauftragten Büros R. einzugehen. Dies widerspräche nicht zuletzt auch der vom Bundesverwaltungsgericht betonten Absicht des Gesetzgebers, mit der gesetzlichen Bedarfsfeststellung auch einen nachfolgenden Verwaltungsprozess von einem Gutachterstreit über die „richtigere“ Verkehrsprognose zu entlasten (vgl. BVerwG, Urteil vom 3. Mai 2013, a.a.O., Rn. 24).

166

Vielmehr sind aus Sicht des Senats nur die nachfolgenden Feststellungen veranlasst: Das vom Vorhabenträger mit der Erstellung der Verkehrsuntersuchungen beauftragte Büro M. hat namentlich in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 19. Januar 2015 (vorgelegt als Anlage 10 zum Schriftsatz des Beklagten vom 18. Februar 2015) noch einmal – unter Vertiefung der in den Verkehrsuntersuchungen 2004/2005 und 2013 hierzu bereits enthaltenen Angaben – die Methodik der von ihr erstellten Verkehrsuntersuchungen näher erläutert. Die danach im Wesentlichen auf empirischen Erhebungen (Verkehrszählungen, Verkehrsteilnehmerbefragungen, Ermittlungen zur siedlungsstrukturellen Entwicklung etc.) beruhende Methodik der Erstellung einer Verkehrsuntersuchung wird, wie der Beklagte und der Vertreter von M. unwidersprochen dargelegt haben, seit Jahrzehnten angewandt und hat sich – wie Vergleiche früherer Prognoseergebnisse mit der tatsächlichen Verkehrsentwicklung belegt haben – im Wesentlichen bewährt. Demgegenüber haben der Kläger und die Vertreter von R. auch in der mündlichen Verhandlung nicht konkret darzulegen vermocht, dass und in welcher Hinsicht die von ihnen favorisierte sog. synthetische Vorgehensweise im konkreten Planungsfall zu in relevantem Umfang abweichenden Prognoseergebnissen geführt hätte.

167

Bestehen danach keine durchgreifenden Bedenken an der methodischen Erarbeitung der der Planung zugrunde gelegten Verkehrsuntersuchungen, so ist im Übrigen aus Sicht des Senats auch nicht ersichtlich oder vom Kläger nachvollziehbar dargelegt worden, dass die Verkehrsprognosen in ergebnisrelevantem Umfang auf unrealistischen Annahmen beruhen könnten oder weshalb das Prognoseergebnis nicht einleuchtend begründet worden sein sollte.

168

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

169

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten beruht auf §§ 167 VwGO, 708 ff. ZPO.

170

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil Gründe der in § 132 Abs. 2 VwGO bezeichneten Art nicht vorliegen.

Beschluss

171

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 25.000,00 € festgesetzt (§ 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 34.4 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013, abgedruckt in LKRZ 2014, 169).

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens je zur Hälfte.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung jeweils in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.


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Bei raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen sind die für eine bestimmte Nutzung vorgesehenen Flächen einander so zuzuordnen, dass schädliche Umwelteinwirkungen und von schweren Unfällen im Sinne des Artikels 3 Nummer 13 der Richtlinie 2012/18/EU in Betriebsbereichen hervorgerufene Auswirkungen auf die ausschließlich oder überwiegend dem Wohnen dienenden Gebiete sowie auf sonstige schutzbedürftige Gebiete, insbesondere öffentlich genutzte Gebiete, wichtige Verkehrswege, Freizeitgebiete und unter dem Gesichtspunkt des Naturschutzes besonders wertvolle oder besonders empfindliche Gebiete und öffentlich genutzte Gebäude, so weit wie möglich vermieden werden. Bei raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen in Gebieten, in denen die in Rechtsverordnungen nach § 48a Absatz 1 festgelegten Immissionsgrenzwerte und Zielwerte nicht überschritten werden, ist bei der Abwägung der betroffenen Belange die Erhaltung der bestmöglichen Luftqualität als Belang zu berücksichtigen.

(1) Schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne dieses Gesetzes sind Immissionen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen.

(2) Immissionen im Sinne dieses Gesetzes sind auf Menschen, Tiere und Pflanzen, den Boden, das Wasser, die Atmosphäre sowie Kultur- und sonstige Sachgüter einwirkende Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen, Licht, Wärme, Strahlen und ähnliche Umwelteinwirkungen.

(3) Emissionen im Sinne dieses Gesetzes sind die von einer Anlage ausgehenden Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen, Licht, Wärme, Strahlen und ähnlichen Erscheinungen.

(4) Luftverunreinigungen im Sinne dieses Gesetzes sind Veränderungen der natürlichen Zusammensetzung der Luft, insbesondere durch Rauch, Ruß, Staub, Gase, Aerosole, Dämpfe oder Geruchsstoffe.

(5) Anlagen im Sinne dieses Gesetzes sind

1.
Betriebsstätten und sonstige ortsfeste Einrichtungen,
2.
Maschinen, Geräte und sonstige ortsveränderliche technische Einrichtungen sowie Fahrzeuge, soweit sie nicht der Vorschrift des § 38 unterliegen, und
3.
Grundstücke, auf denen Stoffe gelagert oder abgelagert oder Arbeiten durchgeführt werden, die Emissionen verursachen können, ausgenommen öffentliche Verkehrswege.

(5a) Ein Betriebsbereich ist der gesamte unter der Aufsicht eines Betreibers stehende Bereich, in dem gefährliche Stoffe im Sinne des Artikels 3 Nummer 10 der Richtlinie 2012/18/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Juli 2012 zur Beherrschung der Gefahren schwerer Unfälle mit gefährlichen Stoffen, zur Änderung und anschließenden Aufhebung der Richtlinie 96/82/EG des Rates (ABl. L 197 vom 24.7.2012, S. 1) in einer oder mehreren Anlagen einschließlich gemeinsamer oder verbundener Infrastrukturen oder Tätigkeiten auch bei Lagerung im Sinne des Artikels 3 Nummer 16 der Richtlinie in den in Artikel 3 Nummer 2 oder Nummer 3 der Richtlinie bezeichneten Mengen tatsächlich vorhanden oder vorgesehen sind oder vorhanden sein werden, soweit vernünftigerweise vorhersehbar ist, dass die genannten gefährlichen Stoffe bei außer Kontrolle geratenen Prozessen anfallen; ausgenommen sind die in Artikel 2 Absatz 2 der Richtlinie 2012/18/EU angeführten Einrichtungen, Gefahren und Tätigkeiten, es sei denn, es handelt sich um eine in Artikel 2 Absatz 2 Unterabsatz 2 der Richtlinie 2012/18/EU genannte Einrichtung, Gefahr oder Tätigkeit.

(5b) Eine störfallrelevante Errichtung und ein Betrieb oder eine störfallrelevante Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs ist eine Errichtung und ein Betrieb einer Anlage, die Betriebsbereich oder Bestandteil eines Betriebsbereichs ist, oder eine Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs einschließlich der Änderung eines Lagers, eines Verfahrens oder der Art oder physikalischen Form oder der Mengen der gefährlichen Stoffe im Sinne des Artikels 3 Nummer 10 der Richtlinie 2012/18/EU, aus der sich erhebliche Auswirkungen auf die Gefahren schwerer Unfälle ergeben können. Eine störfallrelevante Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs liegt zudem vor, wenn eine Änderung dazu führen könnte, dass ein Betriebsbereich der unteren Klasse zu einem Betriebsbereich der oberen Klasse wird oder umgekehrt.

(5c) Der angemessene Sicherheitsabstand im Sinne dieses Gesetzes ist der Abstand zwischen einem Betriebsbereich oder einer Anlage, die Betriebsbereich oder Bestandteil eines Betriebsbereichs ist, und einem benachbarten Schutzobjekt, der zur gebotenen Begrenzung der Auswirkungen auf das benachbarte Schutzobjekt, welche durch schwere Unfälle im Sinne des Artikels 3 Nummer 13 der Richtlinie 2012/18/EU hervorgerufen werden können, beiträgt. Der angemessene Sicherheitsabstand ist anhand störfallspezifischer Faktoren zu ermitteln.

(5d) Benachbarte Schutzobjekte im Sinne dieses Gesetzes sind ausschließlich oder überwiegend dem Wohnen dienende Gebiete, öffentlich genutzte Gebäude und Gebiete, Freizeitgebiete, wichtige Verkehrswege und unter dem Gesichtspunkt des Naturschutzes besonders wertvolle oder besonders empfindliche Gebiete.

(6) Stand der Technik im Sinne dieses Gesetzes ist der Entwicklungsstand fortschrittlicher Verfahren, Einrichtungen oder Betriebsweisen, der die praktische Eignung einer Maßnahme zur Begrenzung von Emissionen in Luft, Wasser und Boden, zur Gewährleistung der Anlagensicherheit, zur Gewährleistung einer umweltverträglichen Abfallentsorgung oder sonst zur Vermeidung oder Verminderung von Auswirkungen auf die Umwelt zur Erreichung eines allgemein hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt gesichert erscheinen lässt. Bei der Bestimmung des Standes der Technik sind insbesondere die in der Anlage aufgeführten Kriterien zu berücksichtigen.

(6a) BVT-Merkblatt im Sinne dieses Gesetzes ist ein Dokument, das auf Grund des Informationsaustausches nach Artikel 13 der Richtlinie 2010/75/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 über Industrieemissionen (integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung) (Neufassung) (ABl. L 334 vom 17.12.2010, S. 17) für bestimmte Tätigkeiten erstellt wird und insbesondere die angewandten Techniken, die derzeitigen Emissions- und Verbrauchswerte, alle Zukunftstechniken sowie die Techniken beschreibt, die für die Festlegung der besten verfügbaren Techniken sowie der BVT-Schlussfolgerungen berücksichtigt wurden.

(6b) BVT-Schlussfolgerungen im Sinne dieses Gesetzes sind ein nach Artikel 13 Absatz 5 der Richtlinie 2010/75/EU von der Europäischen Kommission erlassenes Dokument, das die Teile eines BVT-Merkblatts mit den Schlussfolgerungen in Bezug auf Folgendes enthält:

1.
die besten verfügbaren Techniken, ihrer Beschreibung und Informationen zur Bewertung ihrer Anwendbarkeit,
2.
die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte,
3.
die zu den Nummern 1 und 2 gehörigen Überwachungsmaßnahmen,
4.
die zu den Nummern 1 und 2 gehörigen Verbrauchswerte sowie
5.
die gegebenenfalls einschlägigen Standortsanierungsmaßnahmen.

(6c) Emissionsbandbreiten im Sinne dieses Gesetzes sind die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte.

(6d) Die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte im Sinne dieses Gesetzes sind der Bereich von Emissionswerten, die unter normalen Betriebsbedingungen unter Verwendung einer besten verfügbaren Technik oder einer Kombination von besten verfügbaren Techniken entsprechend der Beschreibung in den BVT-Schlussfolgerungen erzielt werden, ausgedrückt als Mittelwert für einen vorgegebenen Zeitraum unter spezifischen Referenzbedingungen.

(6e) Zukunftstechniken im Sinne dieses Gesetzes sind neue Techniken für Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie, die bei gewerblicher Nutzung entweder ein höheres allgemeines Umweltschutzniveau oder zumindest das gleiche Umweltschutzniveau und größere Kostenersparnisse bieten könnten als der bestehende Stand der Technik.

(7) Dem Herstellen im Sinne dieses Gesetzes steht das Verarbeiten, Bearbeiten oder sonstige Behandeln, dem Einführen im Sinne dieses Gesetzes das sonstige Verbringen in den Geltungsbereich dieses Gesetzes gleich.

(8) Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie im Sinne dieses Gesetzes sind die in der Rechtsverordnung nach § 4 Absatz 1 Satz 4 gekennzeichneten Anlagen.

(9) Gefährliche Stoffe im Sinne dieses Gesetzes sind Stoffe oder Gemische gemäß Artikel 3 der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen, zur Änderung und Aufhebung der Richtlinien67/548/EWGund 1999/45/EG und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 (ABl. L 353 vom 31.12.2008, S. 1), die zuletzt durch die Verordnung (EG) Nr. 286/2011 (ABl. L 83 vom 30.3.2011, S. 1) geändert worden ist.

(10) Relevante gefährliche Stoffe im Sinne dieses Gesetzes sind gefährliche Stoffe, die in erheblichem Umfang in der Anlage verwendet, erzeugt oder freigesetzt werden und die ihrer Art nach eine Verschmutzung des Bodens oder des Grundwassers auf dem Anlagengrundstück verursachen können.

(1) Bei dem Bau oder der wesentlichen Änderung öffentlicher Straßen sowie von Eisenbahnen, Magnetschwebebahnen und Straßenbahnen ist unbeschadet des § 50 sicherzustellen, dass durch diese keine schädlichen Umwelteinwirkungen durch Verkehrsgeräusche hervorgerufen werden können, die nach dem Stand der Technik vermeidbar sind.

(2) Absatz 1 gilt nicht, soweit die Kosten der Schutzmaßnahme außer Verhältnis zu dem angestrebten Schutzzweck stehen würden.

(1) Die Bundesregierung wird ermächtigt, nach Anhörung der beteiligten Kreise (§ 51) durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die zur Durchführung des § 41 und des § 42 Absatz 1 und 2 erforderlichen Vorschriften zu erlassen, insbesondere über

1.
bestimmte Grenzwerte, die zum Schutz der Nachbarschaft vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Geräusche nicht überschritten werden dürfen, sowie über das Verfahren zur Ermittlung der Emissionen oder Immissionen,
2.
bestimmte technische Anforderungen an den Bau von Straßen, Eisenbahnen, Magnetschwebebahnen und Straßenbahnen zur Vermeidung von schädlichen Umwelteinwirkungen durch Geräusche und
3.
Art und Umfang der zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Geräusche notwendigen Schallschutzmaßnahmen an baulichen Anlagen.
Der in den Rechtsverordnungen auf Grund des Satzes 1 zur Berücksichtigung der Besonderheiten des Schienenverkehrs vorgesehene Abschlag von 5 Dezibel (A) ist ab dem 1. Januar 2015 und für Schienenbahnen, die ausschließlich der Verordnung über den Bau und Betrieb der Straßenbahnen vom 11. Dezember 1987 (BGBl. I S. 2648) unterliegen, ab dem 1. Januar 2019 nicht mehr anzuwenden, soweit zu diesem Zeitpunkt für den jeweiligen Abschnitt eines Vorhabens das Planfeststellungsverfahren noch nicht eröffnet ist und die Auslegung des Plans noch nicht öffentlich bekannt gemacht wurde. Von der Anwendung des in Satz 2 genannten Abschlags kann bereits vor dem 1. Januar 2015 abgesehen werden, wenn die damit verbundenen Mehrkosten vom Vorhabenträger oder dem Bund getragen werden.

(2) Wegen der Anforderungen nach Absatz 1 gilt § 7 Absatz 5 entsprechend.

(1) Mischgebiete dienen dem Wohnen und der Unterbringung von Gewerbebetrieben, die das Wohnen nicht wesentlich stören.

(2) Zulässig sind

1.
Wohngebäude,
2.
Geschäfts- und Bürogebäude,
3.
Einzelhandelsbetriebe, Schank- und Speisewirtschaften sowie Betriebe des Beherbergungsgewerbes,
4.
sonstige Gewerbebetriebe,
5.
Anlagen für Verwaltungen sowie für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke,
6.
Gartenbaubetriebe,
7.
Tankstellen,
8.
Vergnügungsstätten im Sinne des § 4a Absatz 3 Nummer 2 in den Teilen des Gebiets, die überwiegend durch gewerbliche Nutzungen geprägt sind.

(3) Ausnahmsweise können Vergnügungsstätten im Sinne des § 4a Absatz 3 Nummer 2 außerhalb der in Absatz 2 Nummer 8 bezeichneten Teile des Gebiets zugelassen werden.

(1) Besondere Wohngebiete sind überwiegend bebaute Gebiete, die aufgrund ausgeübter Wohnnutzung und vorhandener sonstiger in Absatz 2 genannter Anlagen eine besondere Eigenart aufweisen und in denen unter Berücksichtigung dieser Eigenart die Wohnnutzung erhalten und fortentwickelt werden soll. Besondere Wohngebiete dienen vorwiegend dem Wohnen; sie dienen auch der Unterbringung von Gewerbebetrieben und sonstigen Anlagen im Sinne der Absätze 2 und 3, soweit diese Betriebe und Anlagen nach der besonderen Eigenart des Gebiets mit der Wohnnutzung vereinbar sind.

(2) Zulässig sind

1.
Wohngebäude,
2.
Läden, Betriebe des Beherbergungsgewerbes, Schank- und Speisewirtschaften,
3.
sonstige Gewerbebetriebe,
4.
Geschäfts- und Bürogebäude,
5.
Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke.

(3) Ausnahmsweise können zugelassen werden

1.
Anlagen für zentrale Einrichtungen der Verwaltung,
2.
Vergnügungsstätten, soweit sie nicht wegen ihrer Zweckbestimmung oder ihres Umfangs nur in Kerngebieten allgemein zulässig sind,
3.
Tankstellen.

(4) Für besondere Wohngebiete oder Teile solcher Gebiete kann, wenn besondere städtebauliche Gründe dies rechtfertigen (§ 9 Absatz 3 des Baugesetzbuchs), festgesetzt werden, dass

1.
oberhalb eines im Bebauungsplan bestimmten Geschosses nur Wohnungen zulässig sind oder
2.
in Gebäuden ein im Bebauungsplan bestimmter Anteil der zulässigen Geschossfläche oder eine bestimmte Größe der Geschossfläche für Wohnungen zu verwenden ist.

(1) Allgemeine Wohngebiete dienen vorwiegend dem Wohnen.

(2) Zulässig sind

1.
Wohngebäude,
2.
die der Versorgung des Gebiets dienenden Läden, Schank- und Speisewirtschaften sowie nicht störenden Handwerksbetriebe,
3.
Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke.

(3) Ausnahmsweise können zugelassen werden

1.
Betriebe des Beherbergungsgewerbes,
2.
sonstige nicht störende Gewerbebetriebe,
3.
Anlagen für Verwaltungen,
4.
Gartenbaubetriebe,
5.
Tankstellen.

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens je zur Hälfte.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung jeweils in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.


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(1) Werden die durch eine Rechtsverordnung nach § 48a Absatz 1 festgelegten Immissionsgrenzwerte einschließlich festgelegter Toleranzmargen überschritten, hat die zuständige Behörde einen Luftreinhalteplan aufzustellen, welcher die erforderlichen Maßnahmen zur dauerhaften Verminderung von Luftverunreinigungen festlegt und den Anforderungen der Rechtsverordnung entspricht. Satz 1 gilt entsprechend, soweit eine Rechtsverordnung nach § 48a Absatz 1 zur Einhaltung von Zielwerten die Aufstellung eines Luftreinhalteplans regelt. Die Maßnahmen eines Luftreinhalteplans müssen geeignet sein, den Zeitraum einer Überschreitung von bereits einzuhaltenden Immissionsgrenzwerten so kurz wie möglich zu halten.

(2) Besteht die Gefahr, dass die durch eine Rechtsverordnung nach § 48a Absatz 1 festgelegten Alarmschwellen überschritten werden, hat die zuständige Behörde einen Plan für kurzfristig zu ergreifende Maßnahmen aufzustellen, soweit die Rechtsverordnung dies vorsieht. Besteht die Gefahr, dass durch eine Rechtsverordnung nach § 48a Absatz 1 festgelegte Immissionsgrenzwerte oder Zielwerte überschritten werden, kann die zuständige Behörde einen Plan für kurzfristig zu ergreifende Maßnahmen aufstellen, soweit die Rechtsverordnung dies vorsieht. Die im Plan festgelegten Maßnahmen müssen geeignet sein, die Gefahr der Überschreitung der Werte zu verringern oder den Zeitraum, während dessen die Werte überschritten werden, zu verkürzen. Ein Plan für kurzfristig zu ergreifende Maßnahmen kann Teil eines Luftreinhalteplans nach Absatz 1 sein.

(3) Liegen Anhaltspunkte dafür vor, dass die durch eine Rechtsverordnung nach § 48a Absatz 1a festgelegten Immissionswerte nicht eingehalten werden, oder sind in einem Untersuchungsgebiet im Sinne des § 44 Absatz 2 sonstige schädliche Umwelteinwirkungen zu erwarten, kann die zuständige Behörde einen Luftreinhalteplan aufstellen. Bei der Aufstellung dieser Pläne sind die Ziele der Raumordnung zu beachten; die Grundsätze und sonstigen Erfordernisse der Raumordnung sind zu berücksichtigen.

(4) Die Maßnahmen sind entsprechend des Verursacheranteils unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit gegen alle Emittenten zu richten, die zum Überschreiten der Immissionswerte oder in einem Untersuchungsgebiet im Sinne des § 44 Absatz 2 zu sonstigen schädlichen Umwelteinwirkungen beitragen. Werden in Plänen nach Absatz 1 oder 2 Maßnahmen im Straßenverkehr erforderlich, sind diese im Einvernehmen mit den zuständigen Straßenbau- und Straßenverkehrsbehörden festzulegen. Werden Immissionswerte hinsichtlich mehrerer Schadstoffe überschritten, ist ein alle Schadstoffe erfassender Plan aufzustellen. Werden Immissionswerte durch Emissionen überschritten, die außerhalb des Plangebiets verursacht werden, hat in den Fällen der Absätze 1 und 2 auch die dort zuständige Behörde einen Plan aufzustellen.

(4a) Verbote des Kraftfahrzeugverkehrs für Kraftfahrzeuge mit Selbstzündungsmotor kommen wegen der Überschreitung des Immissionsgrenzwertes für Stickstoffdioxid in der Regel nur in Gebieten in Betracht, in denen der Wert von 50 Mikrogramm Stickstoffdioxid pro Kubikmeter Luft im Jahresmittel überschritten worden ist. Folgende Kraftfahrzeuge sind von Verkehrsverboten ausgenommen:

1.
Kraftfahrzeuge der Schadstoffklasse Euro 6,
2.
Kraftfahrzeuge der Schadstoffklassen Euro 4 und Euro 5, sofern diese im praktischen Fahrbetrieb in entsprechender Anwendung des Artikels 2 Nummer 41 in Verbindung mit Anhang IIIa der Verordnung (EG) Nr. 692/2008 der Kommission vom 18. Juli 2008 zur Durchführung und Änderung der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates über die Typgenehmigung von Kraftfahrzeugen hinsichtlich der Emissionen von leichten Personenkraftwagen und Nutzfahrzeugen (Euro 5 und Euro 6) und über den Zugang zu Reparatur- und Wartungsinformationen für Fahrzeuge (ABl. L 199 vom 28.7.2008, S. 1), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2017/1221 (ABl. L 174 vom 7.7.2017, S. 3) geändert worden ist, weniger als 270 Milligramm Stickstoffoxide pro Kilometer ausstoßen,
3.
Kraftomnibusse mit einer Allgemeinen Betriebserlaubnis für ein Stickstoffoxid-Minderungssystem mit erhöhter Minderungsleistung, sofern die Nachrüstung finanziell aus einem öffentlichen Titel des Bundes gefördert worden ist, oder die die technischen Anforderungen erfüllen, die für diese Förderung erforderlich gewesen wären,
4.
schwere Kommunalfahrzeuge mit einer Allgemeinen Betriebserlaubnis für ein Stickstoffoxid-Minderungssystem mit erhöhter Minderungsleistung, sofern die Nachrüstung finanziell aus einem öffentlichen Titel des Bundes gefördert worden ist, oder die die technischen Anforderungen erfüllen, die für diese Förderung erforderlich gewesen wären, sowie Fahrzeuge der privaten Entsorgungswirtschaft von mehr als 3,5 Tonnen mit einer Allgemeinen Betriebserlaubnis für ein Stickstoffoxid-Minderungssystem mit erhöhter Minderungsleistung, die die technischen Anforderungen erfüllen, die für diese Förderung erforderlich gewesen wären,
5.
Handwerker- und Lieferfahrzeuge zwischen 2,8 und 7,5 Tonnen mit einer Allgemeinen Betriebserlaubnis für ein Stickstoffoxid-Minderungssystem mit erhöhter Minderungsleistung, sofern die Nachrüstung finanziell aus einem öffentlichen Titel des Bundes gefördert worden ist, oder die die technischen Anforderungen erfüllen, die für diese Förderung erforderlich gewesen wären,
6.
Kraftfahrzeuge der Schadstoffklasse Euro VI und
7.
Kraftfahrzeuge im Sinne von Anhang 3 Nummer 5, 6 und 7 der Verordnung zur Kennzeichnung der Kraftfahrzeuge mit geringem Beitrag zur Schadstoffbelastung vom 10. Oktober 2006 (BGBl. I S. 2218), die zuletzt durch Artikel 85 der Verordnung vom 31. August 2015 (BGBl. I S. 1474) geändert worden ist.
Im Einzelfall kann der Luftreinhalteplan im Fall des Satzes 2 Nummer 6 auch für diese Kraftfahrzeuge ein Verbot des Kraftfahrzeugverkehrs vorsehen, wenn die schnellstmögliche Einhaltung des Immissionsgrenzwertes für Stickstoffdioxid anderenfalls nicht sichergestellt werden kann. Weitere Ausnahmen von Verboten des Kraftfahrzeugverkehrs, insbesondere nach § 40 Absatz 1 Satz 2, können durch die zuständigen Behörden zugelassen werden. Die Vorschriften zu ergänzenden technischen Regelungen, insbesondere zu Nachrüstmaßnahmen bei Kraftfahrzeugen, im Straßenverkehrsgesetz und in der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung bleiben unberührt.

(5) Die nach den Absätzen 1 bis 4 aufzustellenden Pläne müssen den Anforderungen des § 45 Absatz 2 entsprechen. Die Öffentlichkeit ist bei der Aufstellung von Plänen nach den Absätzen 1 und 3 zu beteiligen. Die Pläne müssen für die Öffentlichkeit zugänglich sein.

(5a) Bei der Aufstellung oder Änderung von Luftreinhalteplänen nach Absatz 1 ist die Öffentlichkeit durch die zuständige Behörde zu beteiligen. Die Aufstellung oder Änderung eines Luftreinhalteplanes sowie Informationen über das Beteiligungsverfahren sind in einem amtlichen Veröffentlichungsblatt und auf andere geeignete Weise öffentlich bekannt zu machen. Der Entwurf des neuen oder geänderten Luftreinhalteplanes ist einen Monat zur Einsicht auszulegen; bis zwei Wochen nach Ablauf der Auslegungsfrist kann gegenüber der zuständigen Behörde schriftlich oder elektronisch Stellung genommen werden; der Zeitpunkt des Fristablaufs ist bei der Bekanntmachung nach Satz 2 mitzuteilen. Fristgemäß eingegangene Stellungnahmen werden von der zuständigen Behörde bei der Entscheidung über die Annahme des Plans angemessen berücksichtigt. Der aufgestellte Plan ist von der zuständigen Behörde in einem amtlichen Veröffentlichungsblatt und auf andere geeignete Weise öffentlich bekannt zu machen. In der öffentlichen Bekanntmachung sind das überplante Gebiet und eine Übersicht über die wesentlichen Maßnahmen darzustellen. Eine Ausfertigung des Plans, einschließlich einer Darstellung des Ablaufs des Beteiligungsverfahrens und der Gründe und Erwägungen, auf denen die getroffene Entscheidung beruht, wird zwei Wochen zur Einsicht ausgelegt. Dieser Absatz findet keine Anwendung, wenn es sich bei dem Luftreinhalteplan nach Absatz 1 um einen Plan handelt, für den nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung eine Strategische Umweltprüfung durchzuführen ist.

(5b) Werden nach Absatz 2 Pläne für kurzfristig zu ergreifende Maßnahmen aufgestellt, macht die zuständige Behörde der Öffentlichkeit sowohl die Ergebnisse ihrer Untersuchungen zur Durchführbarkeit und zum Inhalt solcher Pläne als auch Informationen über die Durchführung dieser Pläne zugänglich.

(6) Die Maßnahmen, die Pläne nach den Absätzen 1 bis 4 festlegen, sind durch Anordnungen oder sonstige Entscheidungen der zuständigen Träger öffentlicher Verwaltung nach diesem Gesetz oder nach anderen Rechtsvorschriften durchzusetzen. Sind in den Plänen planungsrechtliche Festlegungen vorgesehen, haben die zuständigen Planungsträger dies bei ihren Planungen zu berücksichtigen.

(7) Die Landesregierungen oder die von ihnen bestimmten Stellen werden ermächtigt, bei der Gefahr, dass Immissionsgrenzwerte überschritten werden, die eine Rechtsverordnung nach § 48a Absatz 1 festlegt, durch Rechtsverordnung vorzuschreiben, dass in näher zu bestimmenden Gebieten bestimmte

1.
ortsveränderliche Anlagen nicht betrieben werden dürfen,
2.
ortsfeste Anlagen nicht errichtet werden dürfen,
3.
ortsveränderliche oder ortsfeste Anlagen nur zu bestimmten Zeiten betrieben werden dürfen oder erhöhten betriebstechnischen Anforderungen genügen müssen,
4.
Brennstoffe in Anlagen nicht oder nur beschränkt verwendet werden dürfen,
soweit die Anlagen oder Brennstoffe geeignet sind, zur Überschreitung der Immissionswerte beizutragen. Absatz 4 Satz 1 und § 49 Absatz 3 gelten entsprechend.

(1) Der Betreiber einer genehmigungsbedürftigen Anlage ist verpflichtet, der zuständigen Behörde innerhalb einer von ihr zu setzenden Frist oder zu dem in der Rechtsverordnung nach Absatz 4 festgesetzten Zeitpunkt Angaben zu machen über Art, Menge, räumliche und zeitliche Verteilung der Luftverunreinigungen, die von der Anlage in einem bestimmten Zeitraum ausgegangen sind, sowie über die Austrittsbedingungen (Emissionserklärung); er hat die Emissionserklärung nach Maßgabe der Rechtsverordnung nach Absatz 4 entsprechend dem neuesten Stand zu ergänzen. § 52 Absatz 5 gilt sinngemäß. Satz 1 gilt nicht für Betreiber von Anlagen, von denen nur in geringem Umfang Luftverunreinigungen ausgehen können.

(2) Auf die nach Absatz 1 erlangten Kenntnisse und Unterlagen sind die §§ 93, 97, 105 Absatz 1, § 111 Absatz 5 in Verbindung mit § 105 Absatz 1 sowie § 116 Absatz 1 der Abgabenordnung nicht anzuwenden. Dies gilt nicht, soweit die Finanzbehörden die Kenntnisse für die Durchführung eines Verfahrens wegen einer Steuerstraftat sowie eines damit zusammenhängenden Besteuerungsverfahrens benötigen, an deren Verfolgung ein zwingendes öffentliches Interesse besteht, oder soweit es sich um vorsätzlich falsche Angaben des Auskunftspflichtigen oder der für ihn tätigen Personen handelt.

(3) Der Inhalt der Emissionserklärung ist Dritten auf Antrag bekannt zu geben. Einzelangaben der Emissionserklärung dürfen nicht veröffentlicht oder Dritten bekannt gegeben werden, wenn aus diesen Rückschlüsse auf Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse gezogen werden können. Bei Abgabe der Emissionserklärung hat der Betreiber der zuständigen Behörde mitzuteilen und zu begründen, welche Einzelangaben der Emissionserklärung Rückschlüsse auf Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse erlauben.

(4) Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Inhalt, Umfang, Form und Zeitpunkt der Abgabe der Emissionserklärung, das bei der Ermittlung der Emissionen einzuhaltende Verfahren und den Zeitraum, innerhalb dessen die Emissionserklärung zu ergänzen ist, zu regeln. In der Rechtsverordnung wird auch bestimmt, welche Betreiber genehmigungsbedürftiger Anlagen nach Absatz 1 Satz 3 von der Pflicht zur Abgabe einer Emissionserklärung befreit sind. Darüber hinaus kann zur Erfüllung der Pflichten aus bindenden Rechtsakten der Europäischen Gemeinschaften oder der Europäischen Union in der Rechtsverordnung vorgeschrieben werden, dass die zuständigen Behörden über die nach Landesrecht zuständige Behörde dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit zu einem festgelegten Zeitpunkt Emissionsdaten zur Verfügung stellen, die den Emissionserklärungen zu entnehmen sind.

Bei raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen sind die für eine bestimmte Nutzung vorgesehenen Flächen einander so zuzuordnen, dass schädliche Umwelteinwirkungen und von schweren Unfällen im Sinne des Artikels 3 Nummer 13 der Richtlinie 2012/18/EU in Betriebsbereichen hervorgerufene Auswirkungen auf die ausschließlich oder überwiegend dem Wohnen dienenden Gebiete sowie auf sonstige schutzbedürftige Gebiete, insbesondere öffentlich genutzte Gebiete, wichtige Verkehrswege, Freizeitgebiete und unter dem Gesichtspunkt des Naturschutzes besonders wertvolle oder besonders empfindliche Gebiete und öffentlich genutzte Gebäude, so weit wie möglich vermieden werden. Bei raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen in Gebieten, in denen die in Rechtsverordnungen nach § 48a Absatz 1 festgelegten Immissionsgrenzwerte und Zielwerte nicht überschritten werden, ist bei der Abwägung der betroffenen Belange die Erhaltung der bestmöglichen Luftqualität als Belang zu berücksichtigen.

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens je zur Hälfte.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung jeweils in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.


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Bei raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen sind die für eine bestimmte Nutzung vorgesehenen Flächen einander so zuzuordnen, dass schädliche Umwelteinwirkungen und von schweren Unfällen im Sinne des Artikels 3 Nummer 13 der Richtlinie 2012/18/EU in Betriebsbereichen hervorgerufene Auswirkungen auf die ausschließlich oder überwiegend dem Wohnen dienenden Gebiete sowie auf sonstige schutzbedürftige Gebiete, insbesondere öffentlich genutzte Gebiete, wichtige Verkehrswege, Freizeitgebiete und unter dem Gesichtspunkt des Naturschutzes besonders wertvolle oder besonders empfindliche Gebiete und öffentlich genutzte Gebäude, so weit wie möglich vermieden werden. Bei raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen in Gebieten, in denen die in Rechtsverordnungen nach § 48a Absatz 1 festgelegten Immissionsgrenzwerte und Zielwerte nicht überschritten werden, ist bei der Abwägung der betroffenen Belange die Erhaltung der bestmöglichen Luftqualität als Belang zu berücksichtigen.

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens je zur Hälfte.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung jeweils in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.


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Tatbestand

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Die Klägerinnen wenden sich gegen den Planfeststellungsbeschluss des Beklagten vom 21. Oktober 1999 für den Bau der U-Bahnlinie 5 im Bezirk Berlin-Mitte in der Fassung des 2. Änderungsbeschlusses vom 27. Juni 2011 (2. Bauabschnitt zwischen Alexanderplatz und U-Bahnhof Brandenburger Tor).

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Der Planfeststellungsbeschluss von 1999 ist in wesentlichen Teilen bereits umgesetzt worden. Der Streckenteil zwischen dem Hauptbahnhof und dem U-Bahnhof Brandenburger Tor wurde 2008 fertig gestellt und in Betrieb genommen. Im November 2008 beantragte die Beigeladene die Durchführung eines Planfeststellungsverfahrens zur 2. Änderung des Planfeststellungsbeschlusses. Die 2. Planänderung betrifft den Lückenschluss der U-Bahnlinie U5 zwischen den U-Bahnhöfen Brandenburger Tor und Alexanderplatz. Im Zuge dieser Baumaßnahme werden u.a. drei Bahnhöfe (Berliner Rathaus, Museumsinsel und Unter den Linden) errichtet. Die Gesamttunnellänge zwischen den U-Bahnhöfen Brandenburger Tor und Alexanderplatz beträgt circa 2,2 km.

3

Streitgegenständlich ist vorliegend allein die Errichtung des unterirdischen Bahnhofs Unter den Linden. Der Bahnhof wird als Kreuzungsbahnhof der U-Bahnlinien 5 und 6 gestaltet. Er befindet sich im Schnittpunkt des Boulevards Unter den Linden mit der Friedrichstraße. Im Vergleich zur Planung aus dem Jahr 1999 werden durch die 2. Planänderung der Bahnsteig der U5 nach Osten und der Bahnsteig der U6 einschließlich der südlichen Zugänge um circa 15 m nach Süden verschoben. Die Zugänge und Aufzüge im Kreuzungsbereich werden auf der Mittelpromenade Unter den Linden angeordnet; zudem wird das Bahnhofsbauwerk um einen neuen Ausgang zur Charlottenstraße erweitert. Im Gegensatz zur ursprünglichen Planung werden Baumaßnahmen auf der nördlichen Seite der Mittelpromenade Unter den Linden nicht mehr erforderlich, so dass der Verkehr während der Bauzeit über die Nordfahrbahn der Straße Unter den Linden geführt werden kann. Der Beklagte hat die Planänderung überdies zum Anlass genommen, die im Bereich der Bahnhofsbaustellen baubedingt auftretenden Beeinträchtigungen der Nachbarschaft neu zu bewerten.

4

Der Bahnhof Unter den Linden wird in vier Baufeldern teils in offener und teils in geschlossener Bauweise unterhalb der Deckelung errichtet. In der Friedrichstraße soll der Abschlussdeckel im Baufeld IV circa 10 Monate nach Baubeginn im April/Mai 2013 erstellt sein. In der Straße Unter den Linden soll der letzte Deckel im Baufeld II nach circa 15 Monaten im September 2013 verschlossen werden. Nach der Deckelung werden die Friedrichstraße und die südliche Fahrbahn der Straße Unter den Linden wieder für den Verkehr freigegeben. Die Gesamtdauer der Baumaßnahmen soll vier bis fünf Jahre betragen.

5

Die Klägerinnen sind Eigentümer bzw. Betreiber des im Kreuzungsbereich der südlichen Fahrbahn der Straße Unter den Linden mit der Friedrichstraße in unmittelbarer Nähe der Bahnhofsbaustelle gelegenen Hotels W.. Sie haben nach Auslegung der Planunterlagen fristgerecht Einwendungen erhoben. Das Hotel wurde 1985 bis 1987 errichtet, 2006 an die jetzige Eigentümerin verkauft und mit erheblichem finanziellen Aufwand modernisiert. Es verfügt über insgesamt 400 Zimmer, davon liegen 155 Zimmer zur Straße Unter den Linden und zur Friedrichstraße. Das Hotel ist nicht offiziell klassifiziert, weist aber nach den Angaben der Klägerinnen die Ausstattung eines Fünf-Sterne-Superior-Hotels auf.

6

Mit Beschluss vom 27. Juni 2011 stellte der Beklagte die Planänderung fest und wies die Einwendungen der Klägerinnen im Wesentlichen zurück. Nach der Begründung des Planänderungsbeschlusses werden sich beim Bau des Bahnhofs Unter den Linden wesentliche Beeinträchtigungen durch Baulärm ergeben, der vor allem durch den Abbruch der Fahrbahndecken, den Erdaushub, die Herstellung von Schlitzwänden und Dichtungssohlen sowie den Abbruch der Tunneldecke der U6 und die Wiederherstellung des Tunnelabschnitts im Baufeld IV verursacht wird. Die Friedrichstraße ist aufgrund der örtlichen Gegebenheiten besonders betroffen, weil der Abstand zwischen den Hausfassaden östlich und westlich der Friedrichstraße nur 22 m beträgt. Die Gesamtdauer der Phase mit den lärmrelevanten Tätigkeiten ist auf 305 Arbeitstage veranschlagt, für die Durchführung dieser Arbeiten ist ein Zeitraum von 12 Monaten vorgesehen.

7

Der Planänderungsbeschluss sieht in den Nebenbestimmungen eine Reihe von Vorkehrungen zum Immissionsschutz während der Bauarbeiten vor, u.a. den Einsatz lärmarmer Bauverfahren und Baugeräte, eine zeitliche Beschränkung der Bauarbeiten, die Verkleidung der Arkaden bis zur Deckelung der Baustelle bzw. auf Wunsch der Klägerinnen auch darüber hinaus bis zum vollständigen Abschluss der Bauarbeiten sowie ein umfassendes Monitoring zur Ermittlung und zur Dokumentation des durch die Bahnhofsbaustelle verursachten Lärms und der Erschütterungen. Ferner sind eine Beweissicherung und verschiedene sonstige Maßnahmen angeordnet worden, die die Staubentwicklung, den Spritzschutz, die Fassadenreinhaltung etc. betreffen.

8

Für gleichwohl verbleibende unzumutbare Lärmbeeinträchtigungen während der Bauzeit ist den Klägerinnen im Planänderungsbeschluss ein Entschädigungsanspruch dem Grunde nach zugesprochen worden. Für Außenwohnbereiche besteht der Entschädigungsanspruch bei einer Überschreitung von 68 dB(A), für Innenräume, sofern die oberen Anhaltswerte der VDI-Richtlinie 2719 für Innenschalldruckpegel von 40 dB(A) für Hotelzimmer und Vortragsräume sowie 50 dB(A) für Ladengeschäfte und Restaurants/Gaststätten überschritten werden.

9

Die Klägerinnen haben Ende Juli 2011 ein gegen den Planfeststellungsbeschluss vom 21. Oktober 1999 gerichtetes, ruhend gestelltes Klageverfahren wiederaufgerufen und den Planänderungsbeschluss einbezogen. Sie begehren zusätzliche aktive und passive Schallschutzmaßnahmen sowie ergänzende Regelungen zum Umfang und zu den Modalitäten der Entschädigung. Zur Begründung tragen sie im Wesentlichen vor:

10

Die fachplanerische Zumutbarkeitsschwelle sei im Planänderungsbeschluss fehlerhaft auf 68 dB(A) tags festgesetzt worden. Der Beklagte habe den Kreuzungsbereich Unter den Linden/Friedrichstraße zu Unrecht als Gebiet mit vorwiegend gewerblichen Anlagen im Sinne von Nr. 3.1.1. Buchst. b) der AVV Baulärm eingestuft. Die gewerbliche Nutzung überwiege nicht, zumal die Hotelnutzung unter dem Gesichtspunkt Schutzbedürftigkeit als Wohnnutzung anzusehen sei. Der maßgebliche Immissionsrichtwert betrage daher nicht 65, sondern nur 60 dB(A) tags. Zudem sei rechtsfehlerhaft nicht der Immissionsrichtwert, sondern der um 5 dB(A) höhere sogenannte Eingreifwert nach Nr. 4.1. der AVV Baulärm als maßgeblich erachtet worden. Der Zuschlag in Nr. 4.1. sei der bei Erlass der AVV Baulärm im Jahre 1970 noch bestehenden Messungenauigkeit geschuldet und inzwischen obsolet.

11

Bei der Bestimmung der Zumutbarkeitsschwelle sei zu Unrecht die Vorbelastung durch den Verkehrslärm einbezogen worden. Der Verkehrslärm dürfe nicht berücksichtigt werden, weil er die verfassungsrechtliche Grenze zur Gesundheitsgefährdung von 70 dB(A) tags überschreite. Zudem seien Verkehrslärm und Baulärm nicht vergleichbar. Der Informationsgehalt sei völlig verschieden, Verkehrslärm sei sozial akzeptierter. Abgesehen davon nehme die Vorbelastung durch Verkehrslärm in der Friedrichstraße zur Behrenstraße hin auf 66 dB(A) ab.

12

Die der Planfeststellung zugrunde liegende Lärmprognose sei fehlerhaft, weil darin nur auf den Baustellenlärm abgestellt und der Umgebungslärm nicht einbezogen werde. Das sei mit dem akzeptorbezogenen Ansatz des Bundes-Immissionsschutzgesetzes nicht vereinbar. Die Maschinenlärmwerte seien zu Unrecht pauschal um 3 dB(A) gemindert worden. Der Lärmprognose liege ein idealisierter Bauablauf zugrunde, die Einsatzzeiten der Baugeräte seien zu optimistisch kalkuliert. Zudem seien keine Impulszuschläge berücksichtigt worden, so dass eigentlich um 3 bis 5 dB(A) höhere Geräuschimmissionen zu erwarten seien. Kurzzeitige Geräuschspitzen würden von der AVV Baulärm "weggemittelt", insoweit fehle es im Planänderungsbeschluss an einem Maximalpegelkriterium.

13

Die Entschädigung für unzumutbare Lärmbeeinträchtigungen in Innenräumen dürfe nicht davon abhängig gemacht werden, dass im Rauminneren die oberen Anhaltswerte der VDI-Richtlinie 2719 überschritten werden. Die VDI-Richtlinie 2719 sei auf temporäre Ereignisse wie Baustellen nicht zugeschnitten. Die allein maßgebliche AVV Baulärm hebe nur auf Außenpegel ab und sehe ein einheitliches Schutzniveau für die Außen- und Innenkontaktbereiche vor. Hinzu komme, dass die Innenschallpegel zurzeit deutlich unter 40 dB(A) lägen, der Ist-Zustand also weitaus besser sei als der für die Bauzeit als zumutbar festgelegte Zustand. Die Vorhabenträgerin dürfe nicht von einer vorhandenen besseren Schalldämmung profitieren, die die Betroffenen auf eigene Kosten vorgenommen hätten.

14

Der Planänderungsbeschluss sei schließlich auch deshalb rechtswidrig, weil der Beklagte weitergehende Entschädigungsansprüche pauschal abgelehnt habe. Der Begriff der nachteiligen Wirkungen im Sinne von § 74 Abs. 2 Satz 2 VwVfG müsse weit verstanden werden. Er umfasse auch Umsatzeinbußen, Mietausfälle und andere, nicht nur physisch, sondern auch psychisch vermittelte Auswirkungen wie etwa die gerechtfertigte Furcht vor unzumutbaren Lärmbeeinträchtigungen. Touristen würden das Hotel wegen der Baustelle meiden, Stammkunden gingen verloren. Die Entschädigung müsse daher auf der Grundlage einer Gesamtbetrachtung aller baustellenbedingten Auswirkungen auf den Hotelbetrieb bemessen werden.

15

Das Hotel habe einen Buchungsvorlauf von 18 Monaten und sei durchschnittlich zwischen 60 bis 80 % ausgelastet. Mangels detaillierter Lärmprognose könne nicht im Voraus steuernd auf die Hotelbelegung eingewirkt werden. Es bleibe nur die Möglichkeit, die lärmbetroffenen Zimmer an den Straßenfronten zur Baustelle nicht mehr anzubieten. Für die Dauer der Baustelle sei ein Umsatzrückgang von 35 bis 40 % zu erwarten, das Hotel gerate damit in die Verlustzone. Die baustellenbedingten Umsatzeinbußen könnten nicht durch organisatorische Maßnahmen kompensiert werden. Zudem müsse berücksichtigt werden, dass die Beeinträchtigungen erst mit dem Abschluss aller Bauarbeiten beendet seien und auch danach noch fortwirkten.

16

In der mündlichen Verhandlung am 28. Juni 2012 hat der Beklagte den Planänderungsbeschluss teilweise berichtigt und ergänzt.

17

Die Klägerinnen beantragen,

den Beklagten zu verpflichten, den Planfeststellungsbeschluss der Senatsverwaltung für Bauen, Wohnen und Verkehr des Landes Berlin vom 21. Oktober 1999 für den Bau der U-Bahnlinie 5 in der Fassung des 2. Änderungsbeschlusses vom 27. Juni 2011 in der Gestalt der in der mündlichen Verhandlung abgegebenen Protokollerklärungen rechtzeitig vor Baubeginn wie folgt zu ändern:

1. Die Auflage A II.3.1.1. wird dahingehend präzisiert, dass nur Baumaschinen mit dem Umweltzeichen RAL-UZ 53 "Blauer Engel" oder entsprechender anderer Zertifizierungen eingesetzt werden dürfen.

2. Die Verkleidung zum Schutz der Arkaden muss gewährleisten, dass in den Arkadengängen der Immissionswert von 60 dB(A) nicht überschritten wird.

3. Der Außenbereich der Galerie und des Restaurants N. im Hotel W. zur Straße Unter den Linden ist durch Lärmschutzwände an der Baustelle so zu schützen, dass die Zumutbarkeitsgrenze auf dem Gehweg von 60 dB(A) nicht überschritten wird.

4. Die Baustelle in der Friedrichstraße ist nach Herstellung der Schlitzwände und vor weiterem Abtrag der Straßendecke einzuhausen mit einer Schalldämmung von mindestens 20 dB.

5. Die Beigeladene wird verpflichtet, der Klägerin zu 1 (G. GmbH) die Kosten für Schallschutzfenster an Hotelzimmern Unter den Linden sowie in der Friedrichstraße einschließlich Lobby, Frühstücks- und Hotelrestaurant zu erstatten, die erforderlich sind, um bei einem zulässigen Grenzwert von 60 dB(A), zulässigen Maximalpegeln von 70 dB(A) einen Innenraumpegel in den Hotelzimmern von 31 dB(A) zu gewährleisten.

6. Die Vorhabenträgerin wird verpflichtet, den Gehweg Unter den Linden vor dem Hotel während der gesamten Bauzeit täglich zu reinigen.

7. Die Auflage A II.3.1.8. wird wie folgt ergänzt: "Rechtzeitig vor Baubeginn ist die Beweissicherung gemäß Konzept der GuD vom 26. August 2010 mit den Maßnahmen S1 - S7 durchzuführen".

8. Die Beigeladene wird verpflichtet, eine Lärmprognose mit detailliertem Bauablauf für die Baufelder II - IV vorzulegen und anzugeben, wann der Immissionsrichtwert von 60 dB(A) überschritten wird und welche Maximalpegel in den einzelnen Bauabschnitten täglich zu erwarten sind.

9.

a) Zugunsten der Klägerinnen sind die durch die Baustelle verursachten Ertragseinbußen zu entschädigen, die dadurch entstehen, dass die Zimmer an der Straße Unter den Linden und in der Friedrichstraße für die Zeit vom Baubeginn bis zur Deckelung der Baugruben nicht vermietet werden. Hilfsweise falls weitere aktive und passive Schallschutzmaßnahmen angeordnet werden: Zugunsten der Klägerinnen sind die verbleibenden Ertragseinbußen in der Zeit vom Baubeginn bis zur Deckelung der Baugruben zu entschädigen.

b) Die Ertragseinbußen bis zu zwei Jahre nach Abschluss der Deckelung sind zu entschädigen.

c) Die Ertragseinbußen sind zu ermitteln durch einen öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen mit Fachkunde des Enteignungs- und Entschädigungsrechts sowie des Hotelbetriebs, der mit Zustimmung der Klägerinnen ausgewählt wurde.

d) Die Ertragseinbußen sind nach Maßgabe der Erträge des Hotels 2011 bis Baubeginn zu ermitteln. Als durch die Baustelle verursacht gilt eine Minderung des RevPar des W. im Unterschied zum RevPar des Vergleichsmarktes der Fünf-Sterne Hotels in Berlin Mitte.

e) Die Entschädigungen sind innerhalb von zwei Wochen nach Abschluss eines Monats zu ermitteln und in der ersten Woche des Folgemonats auszugleichen.

10. Den Klägerinnen sind die durch die Baustelle verursachten Mietminderungen der Ladengeschäfte und des Restaurants N. zu entschädigen. Die Angemessenheit der Entschädigung ist durch einen öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen unter Berücksichtigung des Bauablaufes und vergleichbarer Mieten jeweils nach Ablauf eines Monats zu ermitteln.

18

Der Beklagte und die Beigeladene beantragen,

die Klage abzuweisen.

19

Sie treten dem Vortrag der Klägerinnen im Einzelnen entgegen.

Entscheidungsgründe

20

Die nach der mündlichen Verhandlung am 28. Juni 2012 gewechselten Schriftsätze geben dem Senat keine Veranlassung, nach § 104 Abs. 3 Satz 2 VwGO die mündliche Verhandlung wieder zu eröffnen.

21

Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet. Die Klägerinnen haben keinen Anspruch auf die begehrten Planergänzungen. Das im Planänderungsbeschluss festgesetzte Schutz- und Entschädigungskonzept in Gestalt der in der mündlichen Verhandlung abgegebenen Protokollerklärungen ist nicht zu beanstanden. Der Beklagte hat die Betroffenheit der Klägerinnen durch die Baustelle, namentlich den Baustellenlärm, fehlerfrei abgewogen und der beigeladenen Vorhabenträgerin die zur Vermeidung nachteiliger Auswirkungen nach § 74 Abs. 2 Satz 2 VwVfG erforderlichen Schutzmaßnahmen auferlegt (1) bzw. ihnen eine Entschädigung nach § 74 Abs. 2 Satz 3 VwVfG zugesprochen (2).

22

1. Die Klägerinnen haben keinen Anspruch auf Ergänzung des Planänderungsbeschlusses um weitere Schutzvorkehrungen gegen die von der Bahnhofsbaustelle Unter den Linden ausgehenden Beeinträchtigungen durch Lärm, Staub und Erschütterungen. Das planfestgestellte Schutzkonzept beruht weder auf einer rechtsfehlerhaft zu hoch festgesetzten fachplanerischen Zumutbarkeitsschwelle (a) noch auf einer mängelbehafteten Lärmprognose (b). Die Klageanträge Nr. 1 bis 8 können daher keinen Erfolg haben (c).

23

a) Die in den Auflagen A II.3.1.1. bis 3.2.3. festgesetzten Schutzmaßnahmen finden ihre rechtliche Grundlage in § 74 Abs. 2 Satz 2 VwVfG. Danach hat die Planfeststellungsbehörde dem Träger des Vorhabens Vorkehrungen oder die Errichtung und Unterhaltung von Anlagen aufzuerlegen, die zum Wohl der Allgemeinheit oder zur Vermeidung nachteiliger Wirkungen auf Rechte anderer erforderlich sind.

24

§ 74 Abs. 2 Satz 2 VwVfG erfasst auch solche nachteiligen Wirkungen, die durch Lärm, Erschütterungen und Staub aufgrund der Bauarbeiten für das planfestgestellte Vorhaben entstehen (Beschluss vom 27. Januar 1988 - BVerwG 4 B 7.88 - Buchholz 442.01 § 29 PBefG Nr. 1 S. 1<2>). § 74 Abs. 2 Satz 2 VwVfG differenziert nicht nach den einzelnen Abschnitten zur Realisierung des Vorhabens. Die durch den Planfeststellungsbeschluss begründete Duldungspflicht des Nachbarn umfasst daher auch die während der Bauphase entstehenden Immissionen (vgl. auch BGH, Urteil vom 30. Oktober 2009 - V ZR 17/09 - MDR 2010, 142 Rn. 18).

25

aa) Ob nachteilige Wirkungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Satz 2 VwVfG vorliegen, beurteilt sich bei Baulärm nach § 22 Abs. 1, § 3 Abs. 1 BImSchG in Verbindung mit der gemäß § 66 Abs. 2 BImSchG maßgeblichen Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Schutz gegen Baulärm - AVV Baulärm - vom 19. August 1970 (Beilage zum Bundesanzeiger Nr. 160 vom 1. September 1970). Auf die TA Lärm kann selbst bei mehrjähriger Dauer einer Baustelle nicht zurückgegriffen werden; Baustellen sind vom Anwendungsbereich der TA Lärm ausdrücklich ausgeschlossen (Nr. 1 Buchst. f) TA Lärm).

26

(1) Die AVV Baulärm konkretisiert für Geräuschimmissionen von Baustellen den unbestimmten Rechtsbegriff der schädlichen Umwelteinwirkungen. Die zur Annahme der normkonkretisierenden Wirkung einer Verwaltungsvorschrift erforderlichen formellen Voraussetzungen (vgl. Urteil vom 28. Oktober 1998 - BVerwG 8 C 16.96 - BVerwGE 107, 338 = Buchholz 401.64 § 4 AbwAG Nr. 6 S. 22<25 f.>) liegen vor. Ermächtigungsgrundlage für die AVV Baulärm war § 3 Abs. 2 des Gesetzes zum Schutz gegen Baulärm vom 9. September 1965 (BGBl I S. 1214, außer Kraft getreten zum 1. April 1974). Danach erlässt die Bundesregierung zur Durchführung des Absatzes 1 nach Anhörung des technischen Ausschusses (§ 8) mit Zustimmung des Bundesrates allgemeine Verwaltungsvorschriften, insbesondere über 1. Richtwerte für die von Baumaschinen bei bestimmten Betriebsvorgängen ausgehenden Geräusche, deren Überschreiten nach dem Stand der Technik vermeidbar ist (Emissionsrichtwerte), 2. Richtwerte für die von Baustellen ausgehenden Geräuschimmissionen, bei deren Überschreiten Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen der Allgemeinheit zu besorgen sind (Immissionsrichtwerte), und 3. das Verfahren für die Messung der Geräuschemissionen und der von Baustellen ausgehenden Geräuschimmissionen. Der anzuhörende technische Ausschuss nach § 8 des Gesetzes zum Schutz gegen Baulärm setzte sich aus Vertretern verschiedener Bundesministerien und Bundesanstalten, der Landesregierungen, der Gewerkschaften, der Technischen Überwachung sowie Vertretern aus Industrie, Wirtschaft und Wissenschaft zusammen.

27

(2) Die AVV Baulärm konkretisiert das vom Normgeber für erforderlich gehaltene Schutzniveau in Nr. 3 differenzierend nach dem Gebietscharakter und nach Tages- und Nachtzeiten durch Festlegung bestimmter Immissionsrichtwerte. In Nr. 6 enthält sie Regelungen zur Ermittlung des Beurteilungspegels im Wege eines Messverfahrens. Dafür, dass die Regelungen zum Schutzniveau durch neue, gesicherte Erkenntnisse der Lärmwirkungsforschung überholt wären, ist nichts ersichtlich. Das gilt sowohl für die Gebietseinteilung der AVV Baulärm als auch für die festgelegten Immissionsrichtwerte. Zwar stimmt die Gebietszuordnung der AVV Baulärm noch mit derjenigen der Baunutzungsverordnung von 1968 überein, während neuere Regelwerke, etwa die Verkehrslärmschutzverordnung (16. BImSchV), die Sportanlagenlärmschutzverordnung (18. BImSchV) und die TA Lärm die Gebietsbezeichnungen der Baunutzungsverordnung von 1990 verwenden. Allein daraus folgt aber nicht, dass die Gebietseinteilung der AVV Baulärm nicht mehr geeignet oder zweckmäßig ist. Denn anders als bei den vorgenannten Regelwerken geht es im Anwendungsbereich der AVV Baulärm nicht um eine dauerhafte Gebietsverträglichkeit der Lärmeinwirkungen, sondern um vorübergehende Lärmeinwirkungen durch eine Baustelle. Zu deren Bewältigung reicht der gröbere Differenzierungsgrad der Gebietseinteilung der AVV Baulärm aus. Zugleich rechtfertigt der Umstand, dass Baustellenlärm - auch bei mehrjährigen Baustellen - vorübergehend ist, es auch heute noch, Immissionsrichtwerte festzulegen, die über den in verschiedenen anderen Regelwerken zu dauerhaften Lärmeinwirkungen - etwa in § 2 Abs. 2 der 18. BImSchV oder Nr. 6.1 der TA Lärm - vorgesehenen Werten liegen. Hinsichtlich der Regelungen zum Messverfahren fehlt es ebenfalls an Anhaltspunkten dafür, dass diese inzwischen derart veraltet sind, dass der Beurteilungspegel damit nicht mehr hinreichend verlässlich ermittelt werden kann. Dies gilt umso mehr, als die Bestimmungen der AVV Baulärm zum Messverfahren nicht so eng gefasst sind, dass sie etwa die Heranziehung modernerer Regelwerke (VDI-Richtlinien oder DIN-Vorschriften), die erst nach der AVV Baulärm erlassen worden sind, ausschließen.

28

Auch der Gesetzgeber ist offensichtlich davon ausgegangen, dass die AVV Baulärm trotz des seit ihrem Erlass eingetretenen Zeitablaufs nicht als überholt anzusehen ist. Der Umstand, dass er anlässlich der letzten Änderung des § 66 BImSchG durch das Gesetz zur Umsetzung der EG-Richtlinie über die Bewertung und Bekämpfung von Umgebungslärm vom 24. Juni 2005 (BGBl I S. 1794, in Kraft getreten mit Wirkung vom 30. Juni 2005; vgl. BTDrucks 15/3782 S. 10 und S. 37 f.) in § 66 Abs. 2 BImSchG bis zum Inkrafttreten von entsprechenden Rechtsverordnungen oder allgemeinen Verwaltungsvorschriften nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz die Fortgeltung der AVV Baulärm vom 19. August 1970 angeordnet hat, zeigt, dass es nach der Vorstellung des Gesetzgebers für Baustellenlärm bei der Anwendbarkeit der im Vergleich zur TA Lärm zwar wesentlich älteren, aber sachnäheren AVV Baulärm bleiben sollte (vgl. VGH Mannheim, Urteil vom 8. Februar 2007 - 5 S 2257/05 - ZuR 2007, 427, Rn. 131; Dziallas/Kullick, NZBau 2011, 544).

29

Dafür, dass der Gesetzgeber die Fortgeltung der AVV Baulärm ausdrücklich in seinen Willen aufgenommen hat, spricht zudem, dass die bis zu diesem Zeitpunkt in § 66 Abs. 2 BImSchG a.F. neben der AVV Baulärm als maßgebend aufgeführten (acht) allgemeinen Verwaltungsvorschriften zum Schutz gegen Baulärm, die wie die AVV Baulärm auf der Grundlage von § 3 Abs. 2 des Gesetzes zum Schutz gegen Baulärm erlassen worden waren und das Emissionsmessverfahren sowie Emissionsrichtwerte für verschiedene Baugeräte/-maschinen bestimmten, gestrichen wurden.

30

(3) Die in der AVV Baulärm in Nr. 3.1.1. festgelegten Immissionsrichtwerte entfalten nur für den Regelfall Bindungswirkung. Die Bindungswirkung einer normkonkretisierenden Verwaltungsvorschrift wird durch ihren Anwendungsbereich bzw. ihren Aussagegehalt bestimmt. Dabei wird die Auslegung solcher Verwaltungsvorschriften in besonderer Weise durch die Entstehungsgeschichte beeinflusst (Urteil vom 20. Dezember 1999 - BVerwG 7 C 15.98 - BVerwGE 110, 216 <219> = Buchholz 406.25 § 48 BImSchG Nr. 7 S. 2<4 f.>). Aus den Gesetzgebungsmaterialien zur Ermächtigungsgrundlage der AVV Baulärm in § 3 Abs. 2 des Gesetzes zum Schutz gegen Baulärm ergibt sich, dass der Normgeber bewusst zwischen Richtwerten und Grenzwerten differenziert hat. So enthielt etwa der Entwurf des Gesetzes (BTDrucks IV/3142 S. 1) in § 2 Abs. 3 eine Ermächtigungsgrundlage für den Erlass von allgemeinen Verwaltungsvorschriften zur Bestimmung von Immissionsrichtwerten für die von Baustellen ausgehenden Geräusche, bei deren Überschreitung Gefahren, Nachteile oder Belästigungen für die Allgemeinheit zu besorgen sind, sowie das Verfahren für die Messung der Geräuschimmissionen. Ausweislich der Begründung zu § 2 Abs. 3 war es das Anliegen des Gesetzgebers, den Verwaltungsbehörden in der Form allgemeiner Verwaltungsvorschriften Immissionsrichtwerte an die Hand zu geben, bei deren Überschreitung der Lärm der Baumaschinen in der Regel als unzumutbar anzusehen ist (BTDrucks IV/3142 S. 5). Ergänzend dazu sah § 3 Abs. 1 des Entwurfs eine Ermächtigung vor, durch Rechtsverordnung Emissionsgrenzwerte festzusetzen, die beim Betrieb von Baumaschinen auf Baustellen nicht überschritten werden dürfen, und Vorschriften über das Verfahren für die Messung der Geräuschemissionen zu erlassen. Auf Vorschlag der Bundesregierung und des Ausschusses für Gesundheitswesen wurde der Gesetzentwurf in §§ 2 und 3 dahingehend geändert, dass nicht mehr zur Festlegung von Emissionsgrenzwerten und Immissionsrichtwerten, sondern in § 3 Abs. 2 Nr. 1 und 2 zur Festlegung von Immissions- und Emissionsrichtwerten ermächtigt wurde. Zur Begründung wurde darauf verwiesen, dass die Festsetzung von Emissionsgrenzwerten durch Rechtsverordnung nicht die Möglichkeit biete, die besonderen Verhältnisse, unter denen Baumaschinen eingesetzt werden, zu berücksichtigen. Der Ausschuss schlug deshalb die Festsetzung von Richtwerten durch allgemeine Verwaltungsvorschriften vor, die eine elastischere Handhabung ermöglichten. Dabei ging er davon aus, dass die zuständigen Verwaltungsbehörden bei Überschreiten der Immissions- und Emissionsrichtwerte grundsätzlich verpflichtet sind, die notwendigen Maßnahmen zur Lärmminderung anzuordnen (BTDrucks IV/3584 S. 2).

31

Der Begriff "Immissionsrichtwert" ist danach im Anwendungsbereich der AVV Baulärm weiter zu verstehen als etwa im Anwendungsbereich der TA Lärm, die diesen Begriff in Nr. 6 ebenfalls verwendet, Überschreitungen aber nur in ausdrücklich geregelten Fällen (vgl. z.B. Nr. 3.2.1 2. bis 6. Absatz sowie Nr. 3.2.2) zulässt und ansonsten von einer strikten Pflicht zur Einhaltung der Richtwerte ausgeht, die für eine einzelfallbezogene Beurteilung der Schädlichkeitsgrenze aufgrund tatrichterlicher Würdigung keinen Raum lässt (Urteil vom 29. August 2007 - BVerwG 4 C 2.07 - BVerwGE 129, 209 = Buchholz 406.25 § 48 BImSchG Nr. 9 Rn. 12; Beschluss vom 8. November 1994 - BVerwG 7 B 73.94 - Buchholz 406.25 § 3 BImSchG Nr. 10 S. 2<3>). Dabei ist das engere Begriffsverständnis der TA Lärm schon in der Ermächtigungsgrundlage des § 48 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG angelegt, die auf "Immissionswerte, die zu dem in § 1 genannten Zweck nicht überschritten werden dürfen", abhebt. In der Ermächtigungsgrundlage in § 3 Abs. 2 des Gesetzes zum Schutz gegen Baulärm war dagegen - weniger strikt - von "Richtwerte(n) für die von Baustellen ausgehenden Geräuschimmissionen, bei deren Überschreiten Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen der Allgemeinheit zu besorgen sind", die Rede.

32

Der Normzweck der AVV Baulärm, eine gleichmäßige Rechtsanwendung sicherzustellen und damit Rechtssicherheit zu schaffen, wird auch dann nicht in Frage gestellt, wenn die Immissionsrichtwerte nur für den Regelfall als bindend betrachtet werden. Der verbleibende Spielraum für Ausnahmen von der Bindungswirkung ist eng, namentlich ist Nr. 3.1. nicht dahingehend zu verstehen, dass der gemäß Gebietszuordnung maßgebliche Immissionsrichtwert nur als Orientierungswert betrachtet und ergänzend eine Einzelfallbetrachtung angestellt wird. Da die AVV Baulärm als Maßstab für die Zumutbarkeit von Baustellenlärm auf die abstrakt bestimmte Schutzwürdigkeit von Gebieten abhebt, kommen Abweichungen vom Immissionsrichtwert nach oben vielmehr nur dann in Frage, wenn die Schutzwürdigkeit des Einwirkungsbereichs der Baustelle im konkreten Fall ausnahmsweise geringer zu bemessen ist als in den gebietsbezogen festgelegten Immissionsrichtwerten. Dies entspricht auch dem Anliegen des Gesetzgebers, die besonderen Verhältnisse berücksichtigen zu können, unter denen Baumaschinen zum Einsatz kommen (vgl. BTDrucks IV/3584 S. 2). Eine Abweichung von den Immissionsrichtwerten kann danach etwa dann in Betracht kommen, wenn im Einwirkungsbereich der Baustelle eine tatsächliche Lärmvorbelastung vorhanden ist, die über dem maßgeblichen Richtwert der AVV Baulärm liegt. Dabei ist der Begriff Vorbelastung hier nicht einschränkend in dem Sinne zu verstehen, dass nur Vorbelastungen durch andere Baustellen erfasst werden (vgl. etwa die einschränkende Definition in Nr. 2.4 1. Absatz Satz 1 TA Lärm). Maßgeblich ist vielmehr die Vorbelastung im natürlichen Wortsinn. "Nachteilige Wirkungen" im Sinne des § 74 Abs. 2 Satz 2 VwVfG gehen nur von solchen baustellenbedingten Geräuschimmissionen aus, die dem Einwirkungsbereich mit Rücksicht auf dessen durch die Gebietsart und die konkreten tatsächlichen Verhältnisse bestimmte Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit nicht mehr zugemutet werden können. Für die Gebietsart ist dabei von der bebauungsrechtlich geprägten Situation der betroffenen Grundstücke (im Einwirkungsbereich) auszugehen, für die tatsächlichen Verhältnisse spielen insbesondere Geräuschvorbelastungen eine wesentliche Rolle (vgl. Urteil vom 7. Juli 1978 - BVerwG 4 C 79.76 u.a. - BVerwGE 56, 110 <131> = Buchholz 442.40 § 8 LuftVG Nr. 2 S. 1<22>). Daraus folgt zugleich, dass eine verminderte Schutzwürdigkeit nicht schon dann angenommen werden kann, wenn es etwa um die Errichtung wichtiger Verkehrsinfrastrukturvorhaben im öffentlichen Interesse geht. Zwar mag es Planbetroffenen als Ausdruck der Sozialbindung zumutbar sein, mehr an Baulärm hinzunehmen, wenn ein Vorhaben dem allgemeinen Verkehr gewidmet ist und insofern dem Wohl der Allgemeinheit dient. Dies mit bindender Wirkung entsprechend zu regeln, muss aber dem Normgeber vorbehalten bleiben.

33

(4) Entgegen der Auffassung der Klägerinnen erstreckt sich der Anwendungsbereich der AVV Baulärm nicht auf den Schutz der Außenkontaktbereiche vor Ladengeschäften. Die AVV Baulärm zielt auf den Schutz der Nachbarschaft. Zwar war in §§ 2, 3 Abs. 2 Nr. 2 und § 5 des Gesetzes zum Schutz gegen Baulärm, auf dessen Grundlage die AVV Baulärm erlassen worden ist, nur von Gefahren, erheblichen Nachteilen oder erheblichen Belästigungen der Allgemeinheit die Rede. Aus den Materialien ergibt sich aber, dass die in der Nachbarschaft von Baustellen wohnenden oder arbeitenden Personen geschützt werden sollten (BTDrucks IV/3142 S. 5, linke Spalte und BTDrucks IV/3584 S. 1). Zur Nachbarschaft in diesem Sinne gehören nur diejenigen Personen, die sich dem Baulärm jedenfalls nicht nachhaltig entziehen können, weil sie nach ihren Lebensumständen, die durch den Wohnort, den Arbeitsplatz oder die Ausbildungsstätte vermittelt werden können, den Einwirkungen dauerhaft ausgesetzt und daher qualifiziert betroffen sind (vgl. Urteil vom 22. Oktober 1982 - BVerwG 7 C 50.78 - Buchholz 406.25 § 5 BImSchG Nr. 6 S. 17<19 f.>). Hierzu gehören etwa die Eigentümer und Bewohner der im Einwirkungsbereich gelegenen Grundstücke und alle Personen, die im Einwirkungsbereich arbeiten. Keine Nachbarn sind dagegen Personen, die sich nur zufällig bzw. gelegentlich, d.h. ohne besondere persönliche oder sachliche Bindungen, etwa aufgrund von Ausflügen oder Reisen oder als Kunden, im Einwirkungsbereich aufhalten. Solche Personen sind als "Publikum" Teil der "Allgemeinheit" (Jarass, BImSchG, 9. Aufl. 2012, § 3 Rn. 35 ff.; Kutscheidt in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Bd. III, Stand Juli 2011, § 3 Rn. 6a f.).

34

Der Schutz der Nachbarschaft erfasst auch die zum Wohnen im Freien geeigneten und bestimmten unbebauten Flächen eines Wohngrundstücks. Der Schutzgegenstand des "Wohnens" kennzeichnet einen einheitlichen Lebensvorgang, der die Nutzung des Grundstücks insgesamt umfasst (Urteil vom 29. Januar 1991 - BVerwG 4 C 51.89 - BVerwGE 87, 332 <387> = Buchholz 442.40 § 9 LuftVG Nr. 7 S. 26<52 f.>). Voraussetzung für einen Anspruch auf Schutzauflagen nach § 74 Abs. 2 Satz 2 VwVfG (bzw. einen Ausgleich in Geld nach § 74 Abs. 2 Satz 3 VwVfG) ist insoweit, dass die gebietsspezifische Zumutbarkeitsgrenze für die Lärmimmissionen überschritten wird und die konkrete Fläche wegen ihrer besonderen Funktion und Lärmbetroffenheit schutzwürdig ist (Urteile vom 11. November 1988 - BVerwG 4 C 11.87 - Buchholz 316 § 74 VwVfG Nr. 6 S. 7 und vom 19. Januar 1989 - BVerwG 7 C 77.87 - BVerwGE 81, 197 = Buchholz 406.25 § 22 BImSchG Nr. 6 S. 11).

35

Bei den Außenkontaktbereichen vor Ladengeschäften handelt es sich nicht um Flächen, die wegen ihrer besonderen Funktion und Lärmbetroffenheit schutzwürdig sind. Zwar gehört zu dem durch Art. 14 GG geschützten Bestand eines eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebs auch die besondere Lage an der Straße (Kontakt nach außen), die dem Betrieb den Zugang zur Straße sowie die Zugänglichkeit von der Straße her gewährt und dem Inhaber die Einwirkung durch Werbung auf den fließenden Verkehr und damit das Gewinnen von Laufkundschaft ermöglicht (BGH, Urteil vom 7. Juli 1980 - III ZR 32/79 - NJW 1980, 2703, Rn. 17). Der Zugang zu Ladengeschäften wird aber nicht durch den Baulärm als solchen, sondern allenfalls durch bauliche Anlagen zu dessen Abschirmung beeinträchtigt. Abweichendes folgt nicht daraus, dass - wie die Klägerinnen meinen - die Möglichkeit zur Aufnahme von Außenkontakten durch Verweilen vor den Schaufenstern durch den Baulärm behindert wird. Passanten und Laufkundschaft werden vom Baulärm nicht qualifiziert betroffen, weil sie sich - auch beim Verweilen vor Schaufenstern - nicht dauerhaft, sondern nur vorübergehend im Einwirkungsbereich des Baulärms aufhalten. Anders verhält sich dies etwa bei den Freisitzen von Restaurants und Gaststätten, die grundsätzlich zu den schutzwürdigen Außenbereichen gehören können.

36

bb) Ausgehend von den vorgenannten Maßstäben hat der Beklagte die fachplanerische Zumutbarkeitsschwelle im Sinne des § 74 Abs. 2 Satz 2 VwVfG im Ergebnis zu Recht auf 68 dB(A) tags bestimmt. Die dagegen erhobenen Einwände der Klägerinnen greifen nicht durch.

37

(1) Der Beklagte hat das Gebiet um die Bahnhofsbaustelle Unter den Linden/Friedrichstraße zutreffend als "Gebiet, in dem vorwiegend gewerbliche Anlagen untergebracht sind" nach Nr. 3.1.1. Buchst. b) der AVV Baulärm eingestuft und demgemäß im Ausgangspunkt den Immissionsrichtwert von 65 dB(A) tags zugrunde gelegt. Für die Gebietszuordnung nach Nr. 3.1.1. der AVV Baulärm, die wie oben bereits ausgeführt nicht an die Gebietseinteilung der Baunutzungsverordnung 1990 angepasst werden muss, ist nicht auf den konkreten Immissionsort, sondern - wie sich aus Nr. 3.2.2. ergibt - auf den Einwirkungsbereich der Anlage abzustellen. Der Einwirkungsbereich der Bahnhofsbaustelle Unter den Linden ist in der richterlichen Aufklärungsverfügung vom 3. April 2012 dahingehend umrissen worden, dass er das Gebiet nördlich und südlich der Straße Unter den Linden vom Kreuzungsbereich Neustädtische Kirchstraße/Unter den Linden sowie Glinkastraße/Unter den Linden jeweils bis zur Kreuzung Unter den Linden/Charlottenstraße sowie beidseits der Friedrichstraße vom Kreuzungsbereich Unter den Linden/Friedrichstraße bis zum Kreuzungsbereich Friedrichstraße/Behrenstraße (einschließlich der Gebäude Friedrichstraße 168-170 und Friedrichstraße 81-82) umfasst. Die Rüge der Klägerinnen, damit sei der Einwirkungsbereich zu eng gezogen, weil der Lärm auch in die Rosmarinstraße hineinwirke, greift schon deshalb nicht durch, weil die Rosmarinstraße zwischen dem Lindencorso und dem Rosmarin Karree verläuft und damit erfasst wird.

38

Der so bestimmte Einwirkungsbereich der Baustelle liegt nicht im Geltungsbereich eines Bebauungsplanes, so dass gemäß Nr. 3.2.3. der AVV Baulärm für die Gebietszuordnung die tatsächliche bauliche Nutzung zugrunde zu legen ist. Die tatsächliche bauliche Nutzung im Einwirkungsbereich der Baustelle ist in Anbetracht der vom Beklagten auf die Aufklärungsverfügung vom 3. April 2012 hin mit Schriftsatz vom 20. April 2012 vorgelegten Übersicht als vorwiegend gewerblich einzustufen. Die vorhandenen Gebäude werden weit überwiegend als Geschäfts- und Bürogebäude genutzt, der Anteil der Wohnnutzung ist - auch unter Berücksichtigung der im Rosmarin Karree vorhandenen Wohnungen und Apartments, die nicht zur Friedrichstraße hin gelegen sind - zahlenmäßig deutlich untergeordnet, er liegt bei maximal 20 %. Dabei ist eine Hotelnutzung entgegen der Auffassung der Klägerinnen nicht wie eine Wohnnutzung zu behandeln, sondern als gewerbliche Nutzung zu qualifizieren. Zwar mag eine Hotelnutzung im Hinblick auf Lärm schutzbedürftiger sein als andere gewerbliche Nutzungen. Gleichwohl unterscheiden sich Wohnnutzung und Beherbergungsbetrieb - wovon im Übrigen auch die von den Klägerinnen herangezogene Baunutzungsverordnung 1990 in § 3 Abs. 1 und 2 sowie § 3 Abs. 3 Nr. 1 ausgeht - grundlegend. So liegt ein Beherbergungsbetrieb in Abgrenzung zur Wohnnutzung nur dann vor, wenn Räume ständig wechselnden Gästen zum vorübergehenden Aufenthalt zur Verfügung gestellt werden, ohne dass diese dort ihren häuslichen Wirkungskreis unabhängig gestalten können (Beschluss vom 8. Mai 1989 - BVerwG 4 B 78.89 - Buchholz 406.11 § 31 BBauG/BauGB Nr. 27 S. 1<2>). Insbesondere der Gesichtspunkt des nur vorübergehenden Aufenthalts rechtfertigt die Annahme einer im Vergleich zur Wohnnutzung geminderten Schutzwürdigkeit der Hotelnutzung.

39

(2) Der Beklagte durfte den danach maßgeblichen Immissionsrichtwert von 65 dB(A) wegen der im Einwirkungsbereich der Baustelle vorhandenen tatsächlichen Vorbelastung durch Verkehrslärm um 3 dB(A) auf 68 dB(A) erhöhen.

40

Nach der messtechnischen Bestandsaufnahme der B. GmbH zur Geräusch- und Erschütterungssituation in der Umgebung der Kreuzung Unter den Linden/Friedrichstraße vom 11. November 2009 treten im Kreuzungsbereich Unter den Linden/Friedrichstraße im Bereich bis zur Traufhöhe (22 m) an Werktagen (Montag bis Samstag) während der Tageszeit gemäß AVV Baulärm (07:00 bis 20:00 Uhr) energieäquivalente Dauerschallpegel von circa 70 dB(A) auf. Dabei sind die Unterschiede zwischen den unteren und den oberen Stockwerken mit maximal 0,5 dB sehr gering. Südlich der Straße Unter den Linden nehmen die Geräuschimmissionen in der Friedrichstraße bis zur Behrenstraße hin auf 66 dB(A) ab. Die auftretenden Geräusche weisen von Tag zu Tag nur geringe Unterschiede auf, ein Einfluss der Ferienzeit auf die Messergebnisse ist nicht erkennbar. An Werktagen ist der energieäquivalente Dauerschallpegel während der Nachtzeit nur 4 dB geringer als während der Tageszeit. In den Nächten von Freitag auf Samstag sowie Samstag auf Sonntag ist ein deutliches Absinken des Geräuschniveaus erst ab circa 02.00 Uhr nachts zu beobachten. Maximalpegel von 80 dB(A) treten im Untersuchungsgebiet so häufig auf, dass sie als typische Alltagsgeräusche anzusehen sind. Auch Maximalpegel über 90 dB(A) treten im Untersuchungsgebiet an allen Tagen regelmäßig auf (S. 10).

41

Die Klägerinnen haben diese Befunde nicht in Abrede gestellt. Ihr Einwand, die Vorbelastung dürfe nicht berücksichtigt werden, weil sie wegen Überschreitung der verfassungsrechtlichen Zumutbarkeitsschwelle von 70 dB(A) rechtswidrig sei und eine Verpflichtung zur Lärmsanierung begründe, greift nicht durch. Dass die Vorbelastung durch den Verkehrslärm sich im Bereich der verfassungsrechtlichen Zumutbarkeitsgrenze von 70 dB(A) bewegt, hat - ungeachtet der Frage, ob diese Grenze auch für innerstädtische Lagen wie hier einschlägig ist - nicht zur Folge, dass die Vorbelastung keinerlei Berücksichtigung finden darf (vgl. Beschluss vom 23. Juni 1989 - BVerwG 4 B 100.89 - Buchholz 316 § 74 VwVfG Nr. 8 S. 12<13>).

42

Die Vorbelastung durch den Verkehrslärm musste nicht deshalb außer Betracht bleiben, weil Verkehrslärm und Baulärm nicht von den gleichen Lärmquellen herrühren. Wie oben ausgeführt ist der Begriff der Vorbelastung im Anwendungsbereich der AVV Baulärm im natürlichen Wortsinn zu verstehen. Darauf, von welcher Lärmquelle die tatsächliche Vorbelastung verursacht wird, kommt es daher nicht an. Folglich stellt sich auch die Frage nach der Vergleichbarkeit von Verkehrs- und Baulärm nicht.

43

Selbst wenn man dies anders sehen wollte, könnten die Klägerinnen sich vorliegend auf die mangelnde Vergleichbarkeit nicht berufen. Die Frage, ob der Geräuschcharakter des vorhandenen Verkehrslärms und des zu erwartenden Baulärms vergleichbar sind, war Gegenstand gutachterlicher Untersuchungen. Nach den gutachterlichen Stellungnahmen der B. GmbH vom 22. Juli 2010 und vom 20. Oktober 2010 ist die Vergleichbarkeit nur an den Tagen nicht gegeben, an denen beim Abbruch der Fahrbahnen ein Fugenschneider mit einer Schallleistung von 115 dB(A) sowie beim Betonieren der Tunneldecke ein Verdichter (Rüttelflasche) zum Einsatz kommt, der ein stark tonhaltiges Geräusch erzeugt, das auch bei parallelem Betrieb mit Betonmischfahrzeugen und Autobetonpumpen jederzeit wahrgenommen werden kann. Diese Tage machen nur einen geringen Anteil an den Gesamtbautagen (305) aus. Für alle anderen Bauphasen - auch die besonders lärmintensiven Bauphasen "Erstellung der Schlitzwände und Erstellung der HDI-Sohlen" - gelangen die Gutachter dagegen zu dem Ergebnis, dass die Geräusche vergleichbar seien, weil in diesen Bauphasen die Baugeräusche durch die Geräusche der Antriebsmotoren der Baugeräte bestimmt würden. Die Klägerinnen haben diese gutachterlichen Stellungnahmen nicht substantiiert in Zweifel gezogen, sondern sich damit begnügt, die Vergleichbarkeit von Bau- und Verkehrslärm pauschal zu bestreiten.

44

Schließlich ist nicht zu beanstanden, dass der Beklagte die fachplanerische Zumutbarkeitsschwelle für die Baustelle Unter den Linden/Friedrichstraße einheitlich auf 68 dB(A) bestimmt hat, obwohl - was er ausweislich der Begründung des Planänderungsbeschlusses zur Kenntnis genommen hat (S. 34) - die Vorbelastung durch den Verkehrslärm zur Behrenstraße hin von circa 70 dB(A) auf circa 66 dB(A) abnimmt. Die Zumutbarkeitsschwelle muss, zumal bei Baustellen von räumlich begrenzter Ausdehnung, weder geschossbezogen noch für jedes einzelne Gebäude gesondert festgelegt werden. Vielmehr war es vorliegend sachgerecht, einen Mittelwert zu bilden.

45

(3) Dagegen darf der nach Nr. 3.1.1. der AVV Baulärm maßgebliche Immissionsrichtwert im Planfeststellungsverfahren nicht unter Rückgriff auf den sogenannten Eingreifwert nach Nr. 4.1. noch (um bis zu) 5 dB(A) erhöht werden. Nach Nr. 4.1. sollen Maßnahmen zur Minderung der Geräusche angeordnet werden, wenn der nach Nr. 6. ermittelte Beurteilungspegel des von Baumaschinen hervorgerufenen Geräusches den Immissionsrichtwert um mehr als 5 dB(A) überschreitet. Eine ähnliche Regelung findet sich etwa in Nr. 5.1 3. Absatz TA Lärm 1998. Diese Vorschrift befasst sich mit immissionsschutzrechtlichen Anforderungen an bestehende Anlagen und legt fest, dass - neben weiteren Voraussetzungen - erst bei Überschreitung der Richtwerte um 5 dB(A) eingeschritten werden darf. Der Sache nach wirkt sich der Zuschlag in Nr. 4.1. der AVV Baulärm wie ein Messabschlag zugunsten des Bauunternehmers aus. Ein solcher Messabschlag, dort um jeweils 3 dB(A), ist auch in anderen Regelwerken anerkannt (vgl. etwa Anhang Nr. 1.6 Abs. 2 der 18. BImSchV und Nr. 6.9 TA Lärm 1998). Messabschläge sind wegen der Interdependenzen zwischen Immissionswerten und dem für ihre Ermittlung festgelegten Mess- und Beurteilungsverfahren untrennbarer Bestandteil dieser Verfahren. Sie sind trotz der Fortentwicklung der Messtechnik wegen verbleibender Unsicherheiten bei der messtechnischen Überprüfung der Einhaltung der Immissionswerte auch heute noch gerechtfertigt (vgl. Urteil vom 29. August 2007 - BVerwG 4 C 2.07 - BVerwGE 129, 209 = Buchholz 406.25 § 48 BImSchG Nr. 9 Rn. 18; Feldhaus/Tegeder, UPR 2005, 208 <209 f.>). Allerdings kommen Messabschläge bei prognostischen Einschätzungen in Genehmigungsverfahren nicht zum Tragen, weil dort nachzuweisen ist, dass die Zumutbarkeitskriterien eingehalten werden. Überträgt man diese Erwägungen auf den Eingreifwert nach Nr. 4.1. der AVV Baulärm, kann der Messabschlag bei der Bestimmung der fachplanerischen Zumutbarkeitsschwelle im Planfeststellungsverfahren keine Anwendung finden. Nach dem Wortlaut der Nr. 4.1. und ihrer systematischen Stellung innerhalb der AVV Baulärm dürfte es sich dabei vielmehr um eine Regelung handeln, die das behördliche Handlungsermessen steuern soll. Dafür spricht u.a., dass sie sich nicht im Abschnitt Nr. 6. "Ermittlung des Beurteilungspegels", sondern im Abschnitt Nr. 4. "Maßnahmen zur Minderung des Baulärms" findet.

46

(4) Der Beklagte hat eine Entschädigung für unzumutbare Lärmeinwirkungen in Innenräumen zwar von der Überschreitung der oberen Anhaltswerte der VDI-Richtlinie 2719 abhängig gemacht, was ausgehend von dem im Planänderungsbeschluss unterstellten Schalldämmmaß der Außenfassaden des Hotels (vorbehaltlich des Nachweises einer geringeren Schalldämmung) nur bei einem Außenpegel ab 71 dB(A) der Fall ist. Das führt aber nicht dazu, dass die auf einen Außenpegel von 68 dB(A) festgelegte Zumutbarkeitsschwelle damit faktisch auf 71 dB(A) erhöht wird. Der Außenpegel beschreibt den Wert, ab dem aktiver Schallschutz erforderlich wird. Hiervon ist erkennbar auch der Beklagte ausgegangen, indem er die der Beigeladenen aufgegebenen Vorkehrungen zum Schutz vor Baulärm auf diesen Wert hin ausgerichtet hat. Davon zu unterscheiden ist die Frage, unter welchen Voraussetzungen ein Anspruch auf Entschädigung für baulärmbedingte Nutzungsbeeinträchtigungen in Innenräumen besteht.

47

b) Die dem planfestgestellten Schutzkonzept zugrunde liegende Lärmprognose leidet nicht an den von den Klägerinnen geltend gemachten Mängeln.

48

aa) Die Rügen der Klägerinnen, bei der Lärmprognose sei hinsichtlich der im Katalog der 32. BImSchV aufgeführten Baumaschinen pauschal ein Geräteabschlag von 3 dB vorgenommen worden, überdies seien keine Impulszuschläge berücksichtigt und sei ein idealisierter Bauablauf zugrunde gelegt worden, greifen nicht durch.

49

Nach dem Gutachten der B. GmbH vom 2. März 2010 haben die Gutachter - den Vorgaben in I. der Anlage 5 zur AVV Baulärm entsprechend - zunächst für jede der Bauphasen, die in allen Baufeldern durchlaufen werden (Baufeldfreimachung und Abbruch der vorhandenen Straße; Erdaushub und Erstellung der Führungen für den Schlitzwandgreifer, Erstellung der Schlitzwände, Erstellung der HDI-Sohlen, Abbruch des vorhandenen Tunnels , Betonieren der Tunneldecke, Bauarbeiten unter der Tunneldecke , Wiederherstellung des Straßenpflasters ), die maßgeblichen Eingangsdaten (Geräuschemissionen der eingesetzten Baugeräte bzw. Bauverfahren, tägliche Einsatzzeiten der verwendeten Baugeräte bzw. Bauverfahren, Dauer der Bauphase, geometrische Anordnung der Baugeräte während der Bauphase) ermittelt. Aufbauend auf diesen Angaben ist für jede Bauphase ein eigenes Berechnungsfile erstellt worden. Dabei ist im Sinne einer worst-case-Annahme unterstellt worden, dass die Bauarbeiten während der im Massenlogistikkonzept beschriebenen Zeitdauer permanent stattfinden; Einrichtungszeiten für die Baustelle sowie Abbauzeiten und eventuelle Stillstandzeiten, die als Pufferzeiten in die Bauzeit mit eingerechnet sind, wurden nicht berücksichtigt (S. 25/26).

50

Die für die Berechnungen verwendeten Geräuschemissionsansätze der Baugeräte (Schallleistungspegel) sind in der Tabelle 8 des Gutachtens vom 2. März 2010 (S. 28) angegeben. In der Tabelle findet sich auch eine Autobetonpumpe mit einer Antriebsleistung von 272 kW. Der Einwand der Klägerinnen, die Hochdruckpumpe sei nicht einbezogen worden, ist daher nicht begründet. Sofern die Geräuschemissionen der eingesetzten Baumaschinen impulshaltig und/oder tonhaltig sind, ist ein entsprechender Zuschlag in der Spalte KI (Impulszuschlag) bzw. KT (Tonzuschlag) vermerkt, so für den Einsatz des Radladers beim Aufheben des Asphalts wegen der Stoßgeräusche beim Aufnehmen und Abkippen in den LKW sowie für den Einsatz des Kettenbaggers beim Abbrechen der Tunneldecke wegen der Stoßgeräusche beim Abladen in den LKW (vgl. S. 28 Tabelle 8, Spalte Bemerkungen). Hinsichtlich der Geräuschemissionen der Baugeräte geht das Gutachten davon aus, dass die Baugeräte mindestens die derzeitigen Anforderungen an das Inverkehrbringen erfüllen. Für die in der 32. BImSchV aufgeführten Baugeräte sind dies die Anforderungen gemäß EU-Richtlinie 2000/14/EG, Phase 2 (S. 26). Für die Baumaschinen, die im Katalog der 32. BImSchV aufgeführt sind, haben die Gutachter den Grenzwert für das Inverkehrbringen gemäß EU-Richtlinie 2000/14/EG, Phase 2, abzüglich 3 dB angesetzt. Für Baugeräte, die im Katalog der 32. BImSchV nicht aufgeführt werden, wurde auf verschiedene Literaturquellen zurückgegriffen (S. 27).

51

Gegen diese Verfahrensweise ist nichts zu erinnern. Die Anforderungen der EU-Richtlinie 2000/14/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Mai 2000 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über umweltbelastende Geräuschemissionen von zur Verwendung im Freien vorgesehenen Geräten und Maschinen (ABl EG Nr. L 162 S. 1), zu deren Umsetzung die 32. Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (Geräte- und Maschinenlärmschutzverordnung) - 32. BImSchV - vom 29. August 2002 (BGBl I S. 3478, zuletzt geändert durch Verordnung zur Umsetzung der EG-Richtlinien 2002/44/EG und 2003/10/EG zum Schutz der Beschäftigten vor Gefährdungen durch Lärm und Vibrationen vom 6. März 2007, BGBl I S. 261 <277>) dient, sind als garantierte Schallleistungspegel zu verstehen (vgl. Art. 3 Buchst. f der Richtlinie und § 2 Nr. 6 der 32. BImSchV). Der garantierte Schallleistungspegel liegt nach den Erläuterungen im Gutachten vom 2. März 2010 stets oberhalb des im Einsatz erzeugten Schallleistungspegels, weil er alle eventuellen Unsicherheiten (auch solche, die durch das Messverfahren bedingt sind) mit abdecken muss. Mit welchem Sicherheitszuschlag die einzelnen Hersteller rechnen, bleibe ihnen selbst überlassen. Zumindest müssten sie aber den offiziellen Wert für die Messunsicherheit des Verfahrens (3 dB) berücksichtigen. Den Messungen der Gutachter zufolge werden zum Teil wesentlich größere Unsicherheitsaufschläge bis zu 6 dB aufgeschlagen. Dies rechtfertigt es auch nach der Auffassung des Senats, von den Grenzwerten für das Inverkehrbringen gemäß EU-Richtlinie 2000/14/EG für die im Katalog der 32. BImSchV aufgeführten Baumaschinen im Rahmen der Lärmprognose 3 dB abzuziehen.

52

Worauf die Klägerinnen ihre nicht näher begründete Behauptung stützen, dass der Lärmprognose ein idealisierter Bauablauf zugrunde liege, erschließt sich nicht. Die für die jeweiligen Bauphasen zugrunde gelegten Zeiträume und Einsatzzeiten der Baumaschinen können den Tabellen Nr. 9 bis 15 des Gutachtens (S. 30 bis 36) entnommen werden. Substantielle Einwände gegen die dort angesetzten Einsatzzeiten und Zeiträume haben die Klägerinnen nicht erhoben.

53

bb) Die Lärmprognose erweist sich auch nicht deshalb als unzulänglich, weil kein Summenpegel aus Verkehrslärm und Baustellenlärm gebildet worden ist. Die AVV Baulärm enthält keine Regelung zur Berücksichtigung bereits vorhandener Geräusche bei der Ermittlung der Gesamtbelastung. Das ist mit höherrangigem Recht vereinbar. Zwar liegt dem Bundes-Immissionsschutzgesetz in § 3 Abs. 1 für die Definition der schädlichen Umwelteinwirkungen eine akzeptorbezogene Betrachtungsweise zugrunde. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist bei der Beurteilung der Zumutbarkeit von Geräuschimmissionen aber maßgeblich vom "Anlagenbezug" des Bundes-Immissionsschutzgesetzes auszugehen, wie er auch in § 22 Abs. 1 BImSchG und den daran ausgerichteten, nach Anlagenarten differenzierenden Verordnungen und Regelwerken zum Ausdruck kommt. Gesamtbetrachtungen sind nur nach Maßgabe dessen erlaubt, was gesetzliche Vorgaben und die daran anknüpfenden Regelwerke zulassen. Selbst wenn man anerkennt, dass es für die Schädlichkeit von Umwelteinwirkungen nach der Definition des § 3 Abs. 2 BImSchG nicht darauf ankommt, woher, insbesondere aus wie vielen Quellen, die zu beurteilende Beeinträchtigung stammt (vgl. Urteil vom 21. März 1996 - BVerwG 4 C 9.95 - BVerwGE 101, 1 <7> = Buchholz 406.25 § 41 BImSchG Nr. 12 S. 23<27>) und daher bei der immissionsschutzrechtlichen Beurteilung von Anlagen die vorhandene Geräuschvorbelastung grundsätzlich zu berücksichtigen ist, folgt daraus nicht, dass dem nur durch die Bildung eines alle Geräusche erfassenden Summenpegels Rechnung getragen werden kann. Das gilt selbst dann, wenn der Lärm einzelner Anlagen dominiert. Die Frage, wie der Lärmbeitrag anderer, insbesondere andersartiger Anlagen zu berücksichtigen ist, ist vielmehr vorrangig nach dem für die jeweilige Anlagenart einschlägigen Regelwerk zu beantworten. Die Bildung eines Summenpegels ist zulässig, wenn es sich um gleichartige, durch dasselbe Regelwerk erfasste Anlagen handelt (Urteil vom 16. Mai 2001 - BVerwG 7 C 16.00 - Buchholz 406.25 § 3 BImSchG Nr. 16 Rn. 12 und 16). Abweichendes gilt im Hinblick auf die verfassungsrechtliche Schutzpflicht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG dann, wenn die Gesamtbelastung der Geräuschimmissionen aus verschiedenen Lärmquellen die Grenze zur Gesundheitsgefährdung übersteigt.

54

Dafür ist hier nichts ersichtlich. Der Verkehrslärm im Bereich der Baustelle Unter den Linden/Friedrichstraße wird aufgrund der Sperrung der südlichen Fahrbahn der Straße Unter den Linden sowie der Friedrichstraße von der südlichen Fahrbahn der Straße Unter den Linden bis zur Kreuzung mit der Behrenstraße während der offenen Bauphase weitgehend entfallen. Nach dem Gutachten der B. GmbH vom 2. März 2010 ist der Anteil der Verkehrsgeräusche während der Bauphase ermittelt und in Relation zu den durch den Baubetrieb erzeugten Geräuschimmissionen gestellt worden. Danach ist ein nennenswerter Einfluss der Verkehrsgeräusche nur für die - hier nicht relevanten - Bereiche nördlich der Straße Unter den Linden (Haus der Schweiz) zu erwarten. Auch dort würde aber ein Anteil von 5 % überdurchschnittlich lauter Tage während der Bauzeit selbst bei Berücksichtigung der Verkehrsgeräusche nicht überschritten werden (S. 45 bis 48). Für den Immissionspunkt H (Ecke Friedrichstraße/Behrenstraße, Rosmarin Karree) und die dem gegenüberliegende Fassade des Hotels ist für die Bauphase ein Verkehrslärm von circa 44 dB(A) ermittelt worden (S. 47, Tabelle 25 und Anhang, letztes Blatt). Ein gesundheitsgefährdender Summenpegel ist demnach nicht zu besorgen.

55

Der Einwand der Klägerinnen, die Verkehrsbelastung auf der Behrenstraße werde während der Bauzeit aufgrund der vorgesehenen Umleitungen erheblich steigen, greift nicht durch. Abgesehen davon, dass die Behrenstraße an den der Baustelle abgewandten Fassaden des Hotels entlang verläuft, ist schon nicht substantiiert dargetan, dass es auf der Behrenstraße tatsächlich zu einer Verkehrszunahme kommt. Nach dem von der Beigeladenen mit Schriftsatz vom 14. Juni 2012 vorgelegten aktuellen Verkehrsführungskonzept vom 25. Mai 2012 wird der Fahrzeugverkehr (Kfz-Verkehr, Radverkehr, ÖPNV) mithilfe eines komplexen Umleitungssystems an den Sperrungen im Bereich Unter den Linden/Friedrichstraße vorbeigeführt. Über die Behrenstraße wird lediglich der Verkehr in Richtung Süden geführt. Für eine wesentliche Erhöhung des Verkehrs auf der Behrenstraße ist danach nichts ersichtlich.

56

cc) Weitere substantielle Einwände gegen die Lärmprognose haben die Klägerinnen nicht erhoben. Ihre Rüge, es fehle im Planänderungsbeschluss an der Festlegung eines Maximalpegelkriteriums, greift nicht durch. Die AVV Baulärm stellt für die Tagzeit auf den gemittelten Pegel ab, die Zahl der Überschreitungen eines bestimmten Maximalpegels ist nicht entscheidend. Eine Art Maximalpegelregelung findet sich in Nr. 3.1.3. der AVV Baulärm nur für die Nachtzeit. Dagegen ist nichts zu erinnern, zumal auch der von einer über mehrere Jahre hinweg betriebenen Baustelle ausgehende Lärm im Gegensatz zu Gewerbe- und Verkehrslärm zeitlich begrenzt ist und jedem Grundstückseigentümer und erst recht dem Träger eines im öffentlichen Interesse stehenden (Groß-)Vorhabens die Möglichkeit zustehen muss, seine ansonsten zulässigen Vorhaben unter auch ihm zumutbaren Bedingungen zu verwirklichen (VGH Mannheim, Urteil vom 8. Februar 2007 - 5 S 2257/05 - ZUR 2007, 427 Rn. 131; vgl. zur Zulässigkeit des Dauerschallkriteriums für die Bewertung von Fluglärm während des Tags, BVerwG, Beschluss vom 21. Januar 2008 - BVerwG 4 B 50.07 - BauR 2008, 2030).

57

Im Übrigen ergibt sich aus dem Gutachten der B. GmbH vom 2. März 2010, dass die der Lärmprognose zugrunde liegenden Berechnungen mithilfe der Prognosesoftware CADNA/A, Version 3.7, durchgeführt wurden und der Beurteilungspegel gemäß DIN-Vorschrift 45645-2 ermittelt wurde (S. 37 f.). In die Berechnungen sind die Geräuschemissionen und Einsatzzeiten der Geräte sowie die veranschlagte Dauer der Bauphase eingegangen (S. 36). Zudem sind in die Lärmprognose sowohl der über die einzelnen Bauphasen bzw. über die gesamte Bauzeit prognostizierte und gemittelte Beurteilungspegel als auch die Anzahl der Tage eingestellt worden, an denen ein Beurteilungspegel von 72 dB(A) überschritten wird (S. 11). Maximalpegel über 72 dB(A) sind damit in der Lärmprognose berücksichtigt worden.

58

c) Die im Wesentlichen auf Ergänzung des Planänderungsbeschlusses um weitere Maßnahmen des aktiven und passiven Schallschutzes gerichteten Anträge Nr. 1 bis 8 haben keinen Erfolg.

59

aa) Der Antrag Nr. 1, die Auflage A II.3.1.1. dahingehend zu ergänzen, dass nur Baumaschinen mit dem Umweltzeichen RAL-UZ 53 "Blauer Engel" oder entsprechender anderer Zertifizierung eingesetzt werden dürfen, kann schon deshalb keinen Erfolg haben, weil nach den unwidersprochen gebliebenen Angaben des Beklagten und der Beigeladenen auf der Baustelle auch Baumaschinen zum Einsatz kommen, für die es solche Umweltzeichen nicht gibt. Vor diesem Hintergrund reicht es aus, dass der Beklagte der Beigeladenen in dieser Nebenbestimmung aufgegeben hat, sicherzustellen, dass ausschließlich Bauverfahren und Baugeräte eingesetzt werden, die hinsichtlich ihrer Schall- und Erschütterungsemissionen lärmarm arbeiten. Soweit die Klägerinnen darauf verweisen, dass das von der Beigeladenen ursprünglich vorgelegte Gutachten Nr. N454113h des Ing.-Büro Dr.-Ing. M. den Einsatz geräuscharmer Baugeräte mit dem Umweltzeichen RAL-UZ 53 "Blauer Engel" empfehle, weil damit eine Reduktion um 5 bis 10 dB(A) möglich sei, folgt daraus nichts anderes. Aus dem - knapp gehaltenen - Gutachten ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass der Gutachter sich mit dem Gesichtspunkt der Verfügbarkeit solcher Baumaschinen und -geräte überhaupt näher befasst hat.

60

bb) Eine Verkleidung, die sicherstellt, dass in den Arkaden ein Beurteilungspegel von 60 dB(A) nicht überschritten wird (Antrag Nr. 2), können die Klägerinnen - von allem anderen abgesehen - schon deshalb nicht beanspruchen, weil der Beklagte die fachplanerische Zumutbarkeitsschwelle zu Recht auf 68 dB(A) festgelegt hat.

61

cc) Der Antrag Nr. 3, den Außenbereich der Galerie und des Restaurants Nante-Eck zur Straße Unter den Linden durch Lärmschutzwände an der Baustelle so zu schützen, dass auf dem Gehweg ein Beurteilungspegel von 60 dB(A) nicht überschritten wird, bleibt ebenfalls erfolglos. Die fachplanerische Zumutbarkeitsschwelle ist zu Recht auf 68 dB(A) festgesetzt worden. Die Klägerinnen haben daher ungeachtet dessen, dass Außenkontaktbereiche vor Ladengeschäften dem Anwendungsbereich der AVV Baulärm ohnehin nicht unterfallen, keinen Anspruch auf Einhaltung eines Beurteilungspegels von 60 dB(A). Hinzu kommt, dass die Aufstellung von Fassadenschutzwänden im Planaufstellungsverfahren geprüft, aber wegen des geringen Nutzens und der weit überwiegenden Nachteile sowie technischer Schwierigkeiten verworfen worden ist (S. 36 PÄB). Diese Überlegungen betreffen zwar in erster Linie die Friedrichstraße, sind aber auf die Straße Unter den Linden weitgehend übertragbar. Die Beigeladene hat im gerichtlichen Verfahren zu diesem Thema ergänzend ausgeführt, dass die Wirkung einer solchen Abschirmwand aufgrund der Reflexionen der Gebäudefassaden stark reduziert wäre. Selbst bei einer sehr hohen Abschirmwand von 8 m sei eine Geräuschreduktion von mehr als 5 dB nicht zu erreichen. Zudem seien solche Lärmschutzwände technisch nicht verfügbar. Bei der Errichtung einer so hohen, freistehenden Abschirmwand bestünden wegen auftretender Windlasten konstruktive Schwierigkeiten. In jedem Fall müssten zunächst tiefe Fundamente im Straßengrund errichtet werden. Hierfür sei im Bereich zwischen der Baustelle und den Gehwegen kein Platz. Abgesehen davon sei die Errichtung solcher Abschirmwände mit erheblichen Geräuschemissionen verbunden, die angesichts der in diesem Bereich nur während eines vergleichsweise kurzen Zeitraums auftretenden Lärmbeeinträchtigungen nicht zu rechtfertigen wären. Hiergegen haben die Klägerinnen keine substantiellen Einwände erhoben. Sie verweisen zwar auf die Empfehlung des Ing.-Büros M. im Gutachten vom 15. August 2008, mobile Schallschutzwände einzusetzen. Dieses Gutachten verhält sich aber nicht dazu, inwieweit der Einsatz mobiler Schallschutzwände vorliegend technisch überhaupt möglich und unter Lärmschutzgesichtspunkten sinnvoll wäre.

62

dd) Es kann dahinstehen, ob der Antrag Nr. 4, die Baustelle in der Friedrichstraße nach Herstellung der Schlitzwände und vor weiterem Abtrag der Straßendecke mit einer Schalldämmung von 20 dB(A) einzuhausen, schon deshalb keinen Erfolg haben kann, weil die Klägerinnen dies im Einwendungsverfahren nicht gefordert haben. Sie können eine Einhausung der Baustelle auch deshalb nicht beanspruchen, weil diese Maßnahme - sofern überhaupt technisch realisierbar - nach den von den Klägerinnen nicht bestrittenen Darlegungen des Beklagten und der Beigeladenen unverhältnismäßig wäre. Nach dem Lärm- und Erschütterungsgutachten der BeSB GmbH vom 2. März 2010 treten am lautesten Immissionsort im Mittelbereich der Friedrichstraße an maximal 16 % aller Bautage Geräuschimmissionen auf, die das derzeitige Geräuschniveau deutlich übersteigen. Vor den Fassaden in der Straße Unter den Linden sowie im Südbereich der Friedrichstraße beträgt dieser Anteil maximal circa 5 % aller Bautage. Circa die Hälfte aller überdurchschnittlich lauten Tage tritt während der Phase der Schlitzwanderstellung auf (S. 5/6). Die Einhausung würde demnach weder die längsten noch die lautesten Bauphasen erfassen. Ausgenommen blieben insbesondere die Arbeiten zur Herstellung der Schlitzwände und der HDI-Sohlen. Die hierzu eingesetzten Bohrgeräte haben eine Höhe von über 15 m und lassen sich daher nicht einhausen. Lediglich für die Herstellung der neuen Tunneldecke und die Wiederherstellung der Oberfläche käme eine Einhausung jedenfalls theoretisch in Betracht. Um das von den Klägerinnen geforderte Schalldämmmaß von 20 dB zu erzielen, müsste eine feste Abdeckung errichtet werden, die zudem stützfrei ist, weil ansonsten die Bautätigkeit behindert würde. Die Einhausung müsste eine Höhe von mindestens 6 m über Straßenniveau aufweisen, um Hebezugarbeiten zu ermöglichen. Sie würde somit die Fensterfront des ersten Obergeschosses des Hotels verdecken bzw. einschließen. Zudem müsste die Konstruktion fest im Boden verankert werden. Die im Boden zu verankernden Stützen müssten zwischen der Schlitzwand und der Fassade in die Erde eingebracht werden. Auf dem dort ohnehin nur begrenzt zur Verfügung stehenden Raum befinden sich bereits die für die Bauzeit verlegten Leitungen der Versorgungsunternehmen. Zudem müsste die Einhausung zum Großteil direkt vor Ort gefertigt (zugesägt) und dann montiert werden. Hierdurch würden genau die Schlag- und Sägegeräusche auftreten, die durch die Einhausung gerade vermieden werden sollen. Die Anzahl besonders lauter Tage würde sich durch die Arbeiten zur Errichtung der Einhausung damit voraussichtlich erhöhen. In Anbetracht dieser Umstände durfte der Beklagte eine Einhausung zu Recht verwerfen.

63

ee) Der Antrag Nr. 5, der Beigeladenen aufzugeben, der Klägerin zu 1 die Kosten für Schallschutzfenster in den Hotelzimmern, im Frühstücks- und Hotelrestaurant sowie in der Lobby zur Straße Unter den Linden und zur Friedrichstraße zu erstatten, die erforderlich sind, um bei einem zulässigen Grenzwert von 60 dB(A) und zulässigen Maximalpegeln von 70 dB(A) einen Innenpegel von 31 dB(A) zu gewährleisten, bleibt ebenfalls erfolglos. Die Klägerin zu 1 hat schon keinen Anspruch darauf, dass die Schallschutzmaßnahmen an einem Außenpegel von 60 dB(A) und einem Innenpegel von 31 dB(A) ausgerichtet werden. Zudem hat der Beklagte den Einbau von Schallschutzfenstern, der nach einer von der Beigeladenen im Verwaltungsverfahren abgegebenen Stellungnahme vom 27. August 2010 gemäß Kostenschätzung vom 18. Juni 2010 circa 1 200 000 € kosten würde, zu Recht mit der Erwägung als unverhältnismäßig verworfen, dass in den Nachtstunden keine Bautätigkeit stattfinden wird, in den Tagstunden wegen der Sperrung der Friedrichstraße die hohe Vorbelastung durch Verkehrslärm entfällt und die baubedingte Lärmbelastung sich an der Mehrzahl der Bautage wegen des bereits vorhandenen hochwertigen Schallschutzes sogar unterhalb des Niveaus der Vorbelastung durch den Verkehrslärm bewegen wird. Zudem würde der Einbau bzw. die Auswechselung von Schallschutzfenstern ebenfalls zu Beeinträchtigungen in der Nutzbarkeit der Objekte führen, die in Relation zu den erzielbaren Erfolgen gestellt werden müssten. So sei beim Hotel W. davon auszugehen, dass eine Auswechselung der Fenster zu Beeinträchtigungen führen würde, die nicht weniger schwer wögen als die verbleibenden Beeinträchtigungen ohne die Maßnahme (S. 36-38 PÄB). Diesen Erwägungen sind die Klägerinnen nicht entgegengetreten.

64

Ein Anspruch auf Erstattung der Kosten für den Einbau von Schallschutzfenstern folgt auch nicht daraus, dass nach der Stellungnahme der Akustik-Inge-nieurbüro M. GmbH vom 4. Mai 2010 der mittlere Innenpegel in den Hotelzimmern 31 dB(A) betragen soll, eine Erhöhung der Lautstärke um 3 dB(A) als wesentlich und somit störend wahrgenommen werde und ein Hotelbetrieb mit dem hier gebotenen hohen Komfort bei einem Innenpegel von mehr als 35 dB(A) nicht mehr möglich sei, zumal ein ungestörter Schlaf ein wichtiges Qualitätsmerkmal eines Hotels und lauter Baulärm zwischen 07:00 und 10:00 Uhr daher auch dann besonders störend sei, wenn der über den ganzen Tag gemittelte Beurteilungspegel von 35 dB(A) noch nicht überschritten werde. Setzt man die prognostizierte Zahl der Tage, an denen es durch den Baulärm außen vor der Fassade des Hotels lauter wird als durch den vorhandenen Verkehrslärm bzw. als 71 dB(A) (52 Tage) in Relation zu den Kosten für den Einbau von Schallschutzfenstern, die eine Beibehaltung des bisherigen Lärmniveaus in den Zimmern auch an diesen Tagen ermöglichen, erweist sich der Einbau als unverhältnismäßig. Lediglich ergänzend ist in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, dass auch die TA Lärm in Nr. 6.5 nur für Gebiete nach Nr. 6.1 Buchst. d bis f (allgemeine Wohngebiete und Kleinsiedlungsgebiete, reine Wohngebiete, Kurgebiete sowie Krankenhäuser und Pflegeanstalten) Tageszeiten mit erhöhter Empfindlichkeit vorsieht (an Werktagen 06.00-07.00 Uhr und 20.00-22.00 Uhr), die in der Tagzeit der AVV Baulärm (07.00 bis 20.00 Uhr) bereits berücksichtigt sind.

65

Die Klägerin zu 1 kann auch nicht den Ersatz der Kosten verlangen, die bei der Sanierung 2006 bis 2008 für den Einbau von Schallschutzfenstern der Klasse 3 im Lindenflügel des Hotels aufgewandt wurden. Anhaltspunkte dafür, dass die Schallschutzfenster seinerzeit nicht zum Schutz der Hotelgäste vor Verkehrslärm, sondern zur Abwehr der Lärmeinwirkungen des streitgegenständlichen Bauvorhabens eingebaut worden sind, hat die Klägerin zu 1 nicht dargetan.

66

ff) Der Antrag Nr. 6, die Beigeladene zu verpflichten, den Gehweg Unter den Linden vor dem Hotel während der gesamten Bauzeit täglich zu reinigen, bleibt erfolglos. Die Straße Unter den Linden ist in der bei Erlass des Planänderungsbeschlusses geltenden Verordnung über die Straßenreinigungsverzeichnisse und die Einteilung in Reinigungsklassen vom 29. Oktober 2009 (GVOBl Bln S. 505 <545>) im Straßenreinigungsverzeichnis A, Reinigungsklasse 1 (= 7x/Woche), verzeichnet und wird demnach täglich gereinigt. Dass diese Reinigung, die auch den Gehweg umfasst, während der Bauarbeiten unterbleibt, haben die Klägerinnen nicht vorgetragen.

67

gg) Der Antrag Nr. 7, die Auflage A II.3.1.8. dahingehend zu ergänzen, dass die Beweissicherung gemäß dem Konzept der GuD vom 26. August 2010 rechtzeitig vor Baubeginn durchzuführen ist, hat keinen Erfolg. Das Beweissicherungskonzept der GuD ist nach der Regelung in A I. des Planänderungsbeschlusses als Anlage 5 vollumfänglich planfestgestellt worden. Wie Ziff. 4.9 (S. 8/9) des Konzepts entnommen werden kann, soll eine Erstbeweissicherung hinsichtlich der Beweissicherungsarten S1 bis S6 vor Beginn der Bauarbeiten erfolgen. Dass die Beweissicherungsart S7 (visuelle Beweissicherung durch einen Sachverständigen) insoweit ausgenommen ist, begegnet keinen Bedenken, weil sie nach den Erläuterungen auf S. 8 des Konzepts im Zuge der Baumaßnahme ggf. bei besonderen Bedingungen und Schadensfällen vorgenommen werden muss, wenn andere Arten der Beweissicherung nicht bzw. nicht mehr möglich sind und es in Anbetracht des Schadens besonderen Sachverstands bedarf.

68

hh) Schließlich ist auch dem Antrag Nr. 8, der Beigeladenen aufzugeben, eine Lärmprognose mit detailliertem Bauablauf für die Baufelder II - IV vorzulegen und anzugeben, wann der Immissionsrichtwert von 60 dB(A) überschritten wird und welche Maximalpegel in den einzelnen Bauabschnitten täglich zu erwarten sind, nicht zu entsprechen. Die Klägerinnen können die Vorlage einer solchermaßen detaillierten Lärmprognose nicht verlangen. Der durch Bauarbeiten ausgelöste Lärm ist unregelmäßig und entzieht sich einer noch genaueren Prognose (vgl. Urteil vom 3. März 2011 - BVerwG 9 A 8.10 - BVerwGE 139, 150 Rn. 111 = Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 215 S. 196; VGH Kassel, Urteil vom 17. November 2011 - 2 C 2165/09.T - juris Rn. 272). Soweit möglich hat der Beklagte dem Interesse der Klägerinnen an einer frühzeitigen Information über die zu erwartenden Bauarbeiten durch die Regelung in A II.3.2.1. des Planänderungsbeschlusses Rechnung getragen.

69

2. Die im Planänderungsbeschluss in Gestalt der in der mündlichen Verhandlung abgegebenen Protokollerklärungen getroffenen Festsetzungen zum Grund (a) und zu den Bemessungsgrundlagen (b) der Entschädigung sind nicht zu beanstanden. Die weitergehenden Klageanträge Nr. 9a) bis e) und 10 sind nicht begründet (c).

70

a) Rechtsgrundlage für Entschädigungsansprüche wegen unzumutbarer Beeinträchtigungen durch die Errichtung eines planfestgestellten Vorhabens ist § 74 Abs. 2 Satz 3 VwVfG. Danach hat - sofern Vorkehrungen oder Anlagen zur Vermeidung nachteiliger Wirkungen auf Rechte anderer untunlich oder mit dem Vorhaben unvereinbar sind - der Betroffene einen Anspruch auf angemessene Entschädigung in Geld. Der Entschädigungsanspruch ist dem Grunde nach im Planfeststellungsbeschluss festzustellen, zudem sind die Bemessungsgrundlagen für die Höhe anzugeben (Urteile vom 11. November 1988 - BVerwG 4 C 11.87 - Buchholz 316 § 74 VwVfG Nr. 6 S. 7<9> und vom 31. Januar 2001 - BVerwG 11 A 6.00 - Buchholz 316 § 74 VwVfG Nr. 56 S. 20<32>).

71

aa) Der Ausgleichsanspruch nach § 74 Abs. 2 Satz 3 VwVfG gewährt einen finanziellen Ausgleich für einen anderenfalls unverhältnismäßigen Eingriff in das Eigentum. Es handelt sich dabei nicht um eine Enteignungsentschädigung, sondern um einen Ausgleichsanspruch eigener Art. § 74 Abs. 2 Satz 2 und 3 VwVfG bestimmen im Sinne des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG Inhalt und Schranken des Eigentums. Wird der Eigentümer in der Nutzung seines Grundstücks durch nachteilige Einwirkungen des Vorhabens unzumutbar gestört und können diese Störungen aus den Gründen des Satzes 3 nicht durch physisch-reale Schutzmaßnahmen ausgeglichen werden, muss der Eigentümer die Einwirkungen auf sein Eigentum trotz deren Unzumutbarkeit zwar hinnehmen, wenn in der Abwägung hinreichend gewichtige Belange des Allgemeinwohls für die Verwirklichung des Vorhabens sprechen. Die darin liegende Beschränkung seines Eigentums ist aber nur verhältnismäßig, wenn er finanziell entschädigt wird (Bonk/Neumann, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Aufl. 2008, § 74 Rn. 195 m.w.N.; vgl. BVerfG, Beschluss vom 2. März 1999 - 1 BvL 7/91 - BVerfGE 100, 226 <245 f.>).

72

Entschädigungsansprüche aus enteignendem oder enteignungsgleichem Eingriff bestehen neben dem Entschädigungsanspruch aus § 74 Abs. 2 Satz 3 VwVfG nicht. Auch für einen Anspruch aus § 906 Abs. 2 BGB bleibt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs neben den im Planfeststellungsverfahren eröffneten Rechtsbehelfen grundsätzlich kein Raum (BGH, Urteil vom 30. Oktober 2009 - V ZR 17/09 - MDR 2010, 142 ).

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bb) § 74 Abs. 2 Satz 3 VwVfG hat Surrogatcharakter. Sein Anwendungsbereich reicht nicht weiter als die Primärregelung des § 74 Abs. 2 Satz 2 VwVfG. Greift § 74 Abs. 2 Satz 2 VwVfG, der den Anspruch auf Schutzvorkehrungen regelt, tatbestandlich nicht ein, so ist auch für die Anwendung von § 74 Abs. 2 Satz 3 VwVfG kein Raum (stRspr, vgl. Urteile vom 27. Juni 2007 - BVerwG 4 A 2004.05 - BVerwGE 129, 83 ff. = Buchholz 316 § 74 VwVfG Nr. 71 Rn. 12 und vom 23. Februar 2005 - BVerwG 4 A 5.04 - BVerwGE 123, 23 = Buchholz 451.91 Europ. UmweltR Nr. 18 S. 93 <103>; BVerfG, Kammerbeschluss vom 23. Februar 2010 - 1 BvR 2736/08 - NVwZ 2010, 512 ). § 74 Abs. 2 Satz 3 VwVfG eröffnet keinen Anspruch auf einen Ausgleich aller Nachteile, die ein Planvorhaben auslöst. Auszugleichen sind nur die Nachteile, die die Grenze des Zumutbaren überschreiten und nicht durch physisch-reale Maßnahmen abgewendet werden (Bonk/Neumann, a.a.O. § 74 Rn. 197).

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Keine Schutzvorkehrungen und demgemäß auch keine Entschädigung können wegen einer Beeinträchtigung von rechtlich nicht geschützten wirtschaftlichen oder sonstigen Belangen verlangt werden, auch wenn diese bei der Abwägung grundsätzlich zu berücksichtigen sind. Derartige Belange können durch gegenläufige öffentliche Belange ohne finanziellen Ausgleich überwunden werden. Aus dem Gewährleistungsgehalt der Eigentumsgarantie lässt sich kein Recht auf bestmögliche Nutzung des Eigentums ableiten. Eine Minderung der Wirtschaftlichkeit ist grundsätzlich ebenso hinzunehmen wie eine Verschlechterung der Verwertungsaussichten. Art. 14 Abs. 1 GG schützt nicht bloße Umsatz- und Gewinnchancen und tatsächliche Gegebenheiten, auch wenn diese für das Unternehmen von erheblicher Bedeutung sind, weil sie nicht zum Bestand des eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebs gehören. Ein Eigentümer muss es grundsätzlich hinnehmen, wenn sich eine Veränderung der tatsächlichen Gegebenheiten und der damit verbundene Verlust der Lagegunst auf den Bestand des Kundenkreises negativ auswirkt. Nicht geschützt ist insbesondere der Verlust an Stammkunden und die Erhaltung einer optisch ansprechenden Umgebungsbebauung, der über die einfachgesetzlich geregelten Rechte hinausgehende Anliegergebrauch, der Fortbestand einer bestimmten Anbindung an das öffentliche Wegesystem, wenn kein besonderer Vertrauensschutz besteht, und entstehende Lagenachteile, die zu einer Minderung des Grundstückswertes führen. Auch Ertragseinbußen, z.B. durch die Furcht der Kunden vor unzumutbarem Lärm, sind nicht nach § 74 Abs. 2 Satz 3 VwVfG ersatzfähig, denn § 74 Abs. 2 Satz 2 VwVfG dient dem Schutz vor tatsächlichen und nicht vor vermeintlichen Lärmbelastungen (Urteile vom 27. Juni 2007 a.a.O. Rn. 12 ff. und vom 16. März 2006 - BVerwG 4 A 1075.04 - BVerwGE 125, 116 <260> = Buchholz 442.40 § 8 LuftVG Nr. 23 S. 2<104>; Beschlüsse vom 21. Oktober 2003 - BVerwG 4 B 93.03 - juris und vom 8. September 2004 - BVerwG 4 B 42.04 - Buchholz 316 § 74 VwVfG Nr. 66 S. 51<52 f.>).

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cc) Bei Anlegung dieser Maßstäbe hat der Beklagte den Klägerinnen eine Entschädigung dem Grunde nach zu Recht nur für die verbleibenden unzumutbaren Beeinträchtigungen durch Baulärm (und etwaige Erschütterungs- und Setzungsschäden, A II.3.1.8.), nicht aber für alle Auswirkungen der Baustelle auf den Hotelbetrieb zugesprochen. Die gegenteilige Auffassung der Klägerinnen, die Entschädigung nach § 74 Abs. 2 Satz 3 VwVfG sei als "Ausgleich für das Ertragen einer Belastung zu Gunsten einer Baumaßnahme für den öffentlichen Personennahverkehr" zu sehen, geht am gestuften Regelungskonzept des § 74 Abs. 2 Satz 2 und 3 VwVfG vorbei. Da der Ausgleichsanspruch nur der Kompensation eines gleichheitswidrigen Sonderopfers dient, muss er grundsätzlich auch nur diejenige Belastung ausgleichen, die die von der Sozialgebundenheit gerechtfertigte Belastung des Eigentums übersteigt (BVerfG, Kammerbeschluss vom 23. Februar 2010 a.a.O. Rn. 43). Die Klägerinnen übersehen, dass der Beklagte der Beigeladenen zum Schutz der Baustellenanlieger vor Beeinträchtigungen durch Baulärm, Staub und Erschütterungen entsprechend der Vorrangregelung in § 74 Abs. 2 Satz 2 VwVfG eine Reihe von Schutzvorkehrungen auferlegt hat. Dazu gehören etwa die Auflagen, lärmarme Bauverfahren und Baugeräte einzusetzen (A II.3.1.1.), die zeitliche Beschränkung der Bauarbeiten auf die Zeit zwischen 07:00 und 20:00 Uhr (A II.3.1.2.), die Arkadenverkleidung (A II.3.2.3.), die Regelungen zum Einsatz von Schlitzwandbaggern (A II.3.1.4.) und zur Schlitzwanderstellung (A II.3.2.2.) sowie zur Einhaltung der Anhaltswerte der DIN-Vorschrift 4150-2 und 3 und der VDI-Richtlinie 2719 hinsichtlich Erschütterungen und sekundärem Luftschall (A II.3.1.5.). Zudem sind Auflagen im Hinblick auf die Staubentwicklung, die Verschmutzung bzw. Reinhaltung der Fassaden, zur Fußgängerquerung Unter den Linden und zum Erscheinungsbild der Baustelle erteilt worden (A II.3.2.7. bis 3.2.10.). Schließlich hat sich der Beklagte unter A II.3.2.6.2. die Anordnung weiterer Maßnahmen für den Fall vorbehalten, dass sich nach der konkretisierten Bauablaufplanung oder den Ergebnissen der angeordneten kontinuierlichen Kontrollmessungen abzeichnet, dass der Beurteilungspegel an mehr als den prognostizierten Tagen einen Wert von 68 dB(A) überschreitet oder sich die vorgesehene Gesamtbauzeit der lärmintensiven Arbeiten (12 Monate) um mehr als einen Monat erhöht. Gleiches gilt in Bezug auf Erschütterungen und sekundären Luftschall, falls sich herausstellt, dass entgegen der Prognose die vorgegebenen Anhaltswerte nicht eingehalten werden.

76

Unzumutbare, die Grenze der Sozialbindung übersteigende nachteilige Auswirkungen werden aufgrund der getroffenen Schutzvorkehrungen im Ergebnis nur (noch) durch den Baustellenlärm ausgelöst, weil weitere Schutzauflagen zu dessen Abwehr oder Reduzierung untunlich bzw. mit dem Vorhaben unvereinbar sind. Dagegen kommt dem Umstand, dass - wie die Klägerinnen vortragen - Stammkunden und Touristen das Hotel unabhängig von der tatsächlichen Lärmbelastung durch die Baustelle schon deshalb meiden, weil es bis zur Deckelung im Umfeld einer Baustelle liegt, im Rahmen von § 74 Abs. 2 Satz 3 VwVfG keine Bedeutung zu. Dieser Effekt ließe sich durch keinerlei wie auch immer geartete Schutzmaßnahmen verhindern, namentlich stellt entgegen der Auffassung der Klägerinnen das "Unterlassen" der Baustelle keine Schutzvorkehrung im Sinne des § 74 Abs. 2 Satz 2 VwVfG dar.

77

dd) Dass der Beklagte eine Entschädigung für die Beeinträchtigung von Innenräumen dem Grunde nach davon abhängig gemacht hat, dass die oberen Anhaltswerte der VDI-Richtlinie 2719 "Schalldämmung von Fenstern und deren Zusatzeinrichtungen" für Innenschallpegel von 40 dB(A) für Hotelzimmer und Vortragsräume sowie 50 dB(A) für Restaurants/Gaststätten/Läden überschritten werden, ist nicht zu beanstanden. Abweichendes folgt nicht daraus, dass nach dem Inhalt eines in den Planunterlagen befindlichen Prüfberichts der Akustik-Ingenieurbüro M. GmbH vom 11. Dezember 2009 und einer ergänzenden Stellungnahme vom 4. Mai 2010 trotz der unterschiedlichen Fensterschalldämmungen in den Hotelzimmern (von FSSK 1 bis FSSK 3) in allen Zimmern ein Schalldruckpegel in der Größenordnung von circa 31 dB(A) gemessen worden ist.

78

Es spricht nichts dagegen, die Zumutbarkeitsgrenze für Innengeräuschpegel an den oberen Anhaltswerten der VDI-Richtlinie 2719 zu orientieren. Die VDI-Richtlinie 2719 gilt grundsätzlich nur für dauerhafte Lärmeinwirkungen, kann aber auch bei länger andauernden stationären Großbaustellen herangezogen werden. Dabei rechtfertigt es die begrenzte Dauer solcher Baustellen, sich an den oberen Anhaltswerten zu orientieren. Zwar mag der VDI-Richtlinie 2719 in Nr. 6.3 Tabelle 6 die Vorstellung zugrunde liegen, dass bei einem dauerhaften Schallschutz innerhalb der Anhaltswerte je nach Empfindlichkeit einzelner Nutzungsarten weiter differenziert werden soll. Im Hinblick auf die letztlich begrenzte Zeitdauer der sehr lauten Bauphasen konnte hier aber pauschalierend vorgegangen werden, zumal auch die Ausschöpfung der oberen Anhaltswerte der VDI-Richtlinie 2719 für die Tagzeit nicht zu unzumutbaren Zuständen führt.

79

Innenschallpegel von 40 dB(A) in Hotelzimmern und Vortragsräumen und 50 dB(A) in Gaststätten/Restaurants/Läden stellen keine unzumutbare Belastung dar. Bei Wohnnutzungen ist Schutzziel für die - hier allein relevante - Tagzeit der AVV Baulärm (07.00-20.00 Uhr), unzumutbare Kommunikationsbeeinträchtigungen im Gebäudeinneren zu vermeiden. Nach dem Stand der aktuellen Lärmwirkungsforschung sind tagsüber zur Vermeidung von Kommunikationsstörungen in geschlossenen Wohnräumen Mittelungspegel von 45 dB(A) innen einzuhalten ("Sprachverständlichkeit"; Urteil vom 16. März 2006 - BVerwG 4 A 1075.04 - BVerwGE 125, 116. = Buchholz 442.40 § 8 LuftVG Nr. 23; Reidt/Schiller, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Bd. IV, Stand Juli 2011, Vorbem. 18. BImSchV Rn. 14; Fickert/Fieseler, BauNVO, 11. Aufl. 2008, § 15 Rn. 19.1). Für Räume, die als Gaststätte, Restaurant oder Ladengeschäft genutzt werden, und deren Schutzwürdigkeit gegenüber Wohnräumen, Tagungsräumen etc. daher gemindert ist, beträgt der obere Anhaltswert der VDI-Richtlinie 2719 50 dB(A).

80

Der Einwand der Klägerinnen, der Planänderungsbeschluss gehe von zu optimistischen Schalldämmmaßen der Außenfassaden des Hotels W. aus, ist angesichts der vorgetragenen aktuellen Innenschallpegel von circa 31 dB(A) und des vorhandenen Verkehrslärms kaum nachzuvollziehen. Ungeachtet dessen übersehen die Klägerinnen, dass der Planänderungsbeschluss auch den Fall, dass die Eigentümer ein geringeres Schalldämmmaß geltend machen und nachweisen, regelt. In A II.3.2.4. ist festgelegt, dass in einem solchen Fall die entsprechend geringeren Werte zugrunde zu legen sind. Die Kosten für den Nachweis und die Einzelfalluntersuchung trägt die Vorhabenträgerin (S. 10 PÄB). Der Beklagte hat mit Schriftsatz vom 6. Juli 2012 ausdrücklich und mit bindender Wirkung für ein etwaiges Entschädigungsverfahren klargestellt, dass diese Regelung ungeachtet der in der mündlichen Verhandlung vorgenommenen Änderungen und Streichungen auf S. 42 des Planänderungsbeschlusses uneingeschränkt Anwendung findet.

81

b) Die zur Bemessung der Höhe der Entschädigung maßgeblichen Faktoren sind im Planänderungsbeschluss in Gestalt der vom Beklagten in der mündlichen Verhandlung abgegebenen Protokollerklärungen in ausreichender Weise festgelegt.

82

aa) Nach der Grundregelung in A II.3.2.4. des Planänderungsbeschlusses ist die Entschädigung zu leisten für die Beeinträchtigung von Hotelzimmern, Tagungsräumen, Restaurants, Läden und Außenwohnbereichen bezogen auf die Tage, an denen die festgelegten Pegel (68 dB(A) für Außenwohnbereiche, 40 bzw. 50 dB(A) für Innenräume) überschritten werden. Die Höhe der Entschädigung für das Hotel richtet sich gemäß der ergänzenden Regelung auf S. 42 des Planänderungsbeschlusses nach dem Ertragsausfall zwischen Baubeginn und Deckelung der Baugruben in der Friedrichstraße und der Straße Unter den Linden, der darauf zurückzuführen ist, dass es in diesem Zeitraum vor den Fassaden zur Friedrichstraße und Unter den Linden zu Überschreitungen eines Beurteilungspegels von 71 dB(A) kommt. Für vermietete Restaurants und Ladengeschäfte richtet sich die Entschädigung nach dem Maß der zulässigen Mietminderung bezogen auf die Tage, an denen vor den Fassaden zur Friedrichstraße und zur Straße Unter den Linden ein Beurteilungspegel von 81 dB(A) überschritten wird. Für den Fall, dass geringere Schalldämmmaße nachgewiesen werden, sind die entsprechend niedrigeren Werte maßgeblich (A II.3.2.4. S. 10 PÄB).

83

bb) Diese Festlegungen begegnen keinen Bedenken. Bei nur vorübergehenden Beeinträchtigungen von Gewerbebetrieben bzw. gewerblich genutzten Grundstücken durch eine Baustelle kommt es in der Regel nicht zu dauerhaften Verkehrswertminderungen, sondern zu Ertragsverlusten. Diese sind auszugleichen, soweit sie auf dem Überschreiten der Zumutbarkeitsschwelle beruhen. Dabei dürfen keine Nachteile von der Entschädigungspflicht ausgeschlossen werden, deren Entschädigung für einen adäquaten Ausgleich erforderlich ist (Bonk/Neumann, a.a.O. § 74 Rn. 198). Hierauf zielt die in der mündlichen Verhandlung in A II.3.2.4. sowie in B IV.2.1.4.3. neu eingefügte Formulierung "bezogen auf die Tage", die weiter gefasst ist als die ursprüngliche Formulierung "an den Tagen". Sie soll sicherstellen, dass Bemessungsgrundlage für die Entschädigung nicht nur die konkreten Tage sind, an denen es zu Überschreitungen der maßgeblichen Pegel gekommen ist, sondern diese Tage zu übergeordneten Zeitabschnitten in Beziehung gesetzt werden.

84

Im Hinblick auf den Hotelbetrieb als solchen ist dieser übergeordnete Zeitabschnitt der Zeitraum vom Baubeginn bis zur Deckelung (S. 42 PÄB). Diese Festlegung trägt zum einen den Besonderheiten des Hotelbetriebs, insbesondere dem notwendigen Buchungsvorlauf in allen drei Marktsegmenten, und zum anderen dem Umstand Rechnung, dass die Tage mit unzumutbaren Lärmeinwirkungen nicht mit der für eine sinnvolle Belegungsplanung erforderlichen Präzision vorausgesagt werden können. Eine Regelung, die nur auf die konkreten Tage mit Überschreitungen des Beurteilungspegels abhebt, ist daher nicht sachgerecht. Ein Hotelbetrieb ist in besonderem Maße auf eine antizipierende Planung angewiesen, auf tagesaktuelle Entwicklungen und Ereignisse in seinem Umfeld kann er - wenn überhaupt - allenfalls bedingt reagieren. Es erscheint daher als durchaus denkbar, dass eine Gesamtschau der Ergebnisse des in A II.3.2.5. angeordneten Lärmmonitorings, der dem Hotelbetrieb gemäß A II.3.2.1. übermittelten Informationen über den Bauablauf und der Entwicklung der Ertragslage des Hotels im Zeitraum vom Baubeginn bis zur Deckelung zu dem Ergebnis führt, dass eine Vermietung von zur Friedrichstraße und zur Straße Unter den Linden hin gelegenen Hotelzimmern, Tagungsräumen etc. auch an den Tagen bzw. in den Zeiträumen ohne unzumutbarem Baulärm nicht sinnvoll möglich war und dies daher an mehr als den prognostizierten 52 Tagen mit einer Überschreitung der Zumutbarkeitsschwelle zu einer Unterauslastung des Hotels geführt hat.

85

Für die vermieteten Räume (Restaurants, Ladengeschäfte, Galerie) schließt die Formulierung "bezogen auf die Tage" aus, dass die nach Maßgabe der zivilgerichtlichen Rechtsprechung bei Baulärm je nach Art und Dauer der Beeinträchtigung angemessene Mietminderung, deren Bezugsgröße in der Regel die monatsweise zu entrichtende Miete ist, im Entschädigungsverfahren auf die Tage "heruntergerechnet" wird, an denen der Baulärm die Zumutbarkeitsschwelle überschritten hat.

86

Weitergehende Festsetzungen mussten im Planfeststellungsverfahren, das von seiner Aufgabenstellung und seiner herkömmlichen Gestaltung her nicht die Voraussetzungen für eine detaillierte Berechnung von Geldentschädigungen bietet, nicht getroffen werden (Urteil vom 22. März 1985 - BVerwG 4 C 15.83 - BVerwGE 71, 166 <175> = Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 59 S. 59<67>). Es ist nicht Aufgabe der Planfeststellungsbehörde, im Planfeststellungsbeschluss Regelungen zum Ablauf des nachfolgenden Entschädigungsverfahrens oder zur methodischen Ermittlung der Entschädigungshöhe festzulegen. Das gilt umso mehr, wenn es - wie hier - um eine Entschädigung für vorübergehende Beeinträchtigungen geht. Die Angemessenheit der Entschädigung hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Dazu gehören bei vorübergehenden Beeinträchtigungen regelmäßig auch solche Umstände, die erst rückblickend nach Abschluss der Baumaßnahmen festgestellt werden können. Dies trifft vorliegend etwa auf die für die Bemessung der Entschädigung zwingend erforderliche Auswertung des Lärmmonitorings und der Entwicklung der Ertragslage des Hotels zu.

87

Die Rüge der Klägerinnen, auch mithilfe der vorgenommenen Änderungen und Ergänzungen des Planänderungsbeschlusses werde das Problem, einen Kausalzusammenhang zwischen den unzumutbaren Lärmeinwirkungen und den Ertragseinbußen feststellen zu können, nicht gelöst, sondern in das Entschädigungsverfahren verlagert, führt zu keinem anderen Ergebnis. Die Frage, inwieweit Ertragseinbußen des Hotels auf unzumutbare Lärmeinwirkungen durch die Baustelle zurückzuführen sind, kann ungeachtet methodischer Einzelfragen schlechterdings nicht unabhängig von den Ergebnissen des Lärmmonitorings und der Ertragsentwicklung des Hotels beantwortet werden. Die Entscheidung darüber kann und muss daher - sofern die Beteiligten keine Einigung erzielen - dem Entschädigungsverfahren vorbehalten bleiben (vgl. A II.3.2.4. Satz 5). Den Klägerinnen werden dadurch keine Rechte abgeschnitten.

88

c) Die mit den weitergehenden Anträgen Nr. 9 und 10 begehrten Änderungen und Ergänzungen der im Planfeststellungsbeschluss getroffenen Festlegungen zu Grund und Bemessung der Entschädigung bleiben erfolglos.

89

aa) Einen Ausgleich derjenigen Ertragseinbußen, die dadurch entstehen, dass die zur Straße Unter den Linden und zur Friedrichstraße hin gelegenen Hotelzimmer für die Zeit vom Baubeginn bis zur Deckelung der Baugruben nicht vermietet werden (Antrag Nr. 9a, 1. Variante), können die Klägerinnen nicht beanspruchen. § 74 Abs. 2 Satz 3 VwVfG gewährt einen Ausgleich nur für die Nachteile, die auf dem Überschreiten der Zumutbarkeitsschwelle beruhen.

90

Der Hilfsantrag Nr. 9a, 2. Variante, den Klägerinnen die nach Anordnung weiterer aktiver und passiver Schallschutzmaßnahmen im Zeitraum vom Baubeginn bis zur Deckelung der Baugruben verbleibenden Ertragseinbußen zu entschädigen, wird nicht relevant, weil die Klägerinnen weitere Schallschutzmaßnahmen nicht beanspruchen können (s.o. unter 1.c). Im Übrigen kann auf die Ausführungen unter aa) verwiesen werden.

91

Einen Anspruch auf Entschädigung der Ertragseinbußen bis zu zwei Jahre nach Abschluss der Deckelung (Antrag Nr. 9b) haben die Klägerinnen - von allem anderen abgesehen - schon deshalb nicht, weil das Hotel nach der Deckelung der Baugruben keinen unzumutbaren (Lärm)Beeinträchtigungen mehr ausgesetzt sein wird. Andere Nachteile werden über § 74 Abs. 2 Satz 3 VwVfG nicht ausgeglichen.

92

Die Klägerinnen können nicht verlangen, dass der Beklagte den Planfeststellungsbeschluss dahingehend ergänzt, dass die Ertragseinbußen durch einen mit ihrem Einverständnis ausgewählten Sachverständigen ermittelt werden (Antrag Nr. 9c). Ob - wofür vorliegend Einiges spricht - zum Entschädigungsverfahren ein Sachverständiger beigezogen wird, hat nicht die Planfeststellungs-, sondern die Entschädigungsbehörde zu entscheiden.

93

Die Klägerinnen können auch keine Regelung des Inhalts beanspruchen, dass als durch die Baustelle verursacht eine Minderung des RevPar des W. im Unterschied zum RevPar des Vergleichsmarktes der Fünf-Sterne-Hotels in Berlin-Mitte gilt (Antrag Nr. 9d). Dieser Antrag zielt darauf, die Methode zur Ermittlung des Ertragsausfalls im Planfeststellungsbeschluss festzulegen. Das ist nicht Aufgabe der Planfeststellungsbehörde.

94

Die Klägerinnen haben überdies keinen Anspruch darauf, dass im Planfeststellungsbeschluss geregelt wird, dass die Entschädigung monatlich ermittelt und ausgeglichen wird (Antrag Nr. 9e). Über die Modalitäten der Ermittlung, Festsetzung und der Auszahlung der Entschädigung hat nicht die Planfeststellungsbehörde zu entscheiden.

95

bb) Schließlich bleibt auch der Antrag Nr. 10, den Klägerinnen die durch die Baustelle verursachten Mietminderungen der Ladengeschäfte und des Restaurants N. zu entschädigen und die Angemessenheit der Entschädigung durch einen Sachverständigen unter Berücksichtigung des Bauablaufs und vergleichbarer Mieten jeweils nach Ablauf eines Monats zu ermitteln, erfolglos. Die Klägerinnen haben keinen Anspruch auf Ausgleich der baustellenbedingten Mietminderungen, sondern nur auf Ausgleich der aufgrund unzumutbarer Beeinträchtigungen durch Baulärm gerechtfertigten Mietminderungen. Auch insoweit ist es nicht Aufgabe der Planfeststellungsbehörde, Regelungen zum Verfahren zu treffen. Über das Maß der zulässigen Mietminderung hat zunächst die Entschädigungsbehörde zu entscheiden, die insoweit ggf. einen Sachverständigen zu Rate ziehen wird.

Tenor

1. Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 28. November 2014 - 1 K 4763/14 - geändert.

Dem Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung aufgegeben,

a) entweder die Beigeladenen zu 1 bis 3 zu verpflichten, an 14 (vierzehn) vom Landratsamt Böblingen festzusetzenden Werktagen für die Dauer des Baubetriebs Lärmmessungen (Tagesmessungen) durch einen qualifizierten Sachverständigen durchführen zu lassen und das Messprotokoll dem Landratsamt Böblingen jeweils unverzüglich zu übermitteln

oder entsprechende eigene Messungen durchzuführen oder durchführen zu lassen;

Messungen sind mit dem Landratsamt Böblingen abzustimmen; das Messverfahren der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Schutz gegen Baulärm vom 19.08.1970 (AVV Baulärm) ist zu beachten.

b) die Beigeladenen zu 1 bis 3 vorläufig zu verpflichten, die Immissionsschutzbehörde ab sofort jeweils bis spätestens freitags für die Folgewoche über die Baumaßnahmen, die Dauer und die zu erwartenden Immissionsbeeinträchtigungen aus dem Baubetrieb umfassend zu informieren,

sowie

der Immissionsschutzbehörde eine Prognose über die zu erwartende Lärmbelastung und einen Maßnahmekatalog zur Reduzierung der Schallimmissionen auf die in der Verfügung des Landratsamt Böblingen vom 19.03.2014 festgesetzten Immissionsrichtwerte unter Berücksichtigung von Nr. 4.1 AAV Baulärm i.V.m. Anlage 5 vorzulegen; Prognose und Maßnahmekatalog sind durch einen qualifizierten Sachverständigen zu erstellen;

sind lärmintensive Bauarbeiten (Bauarbeiten, bei denen Überschreitungen der Richtwerte zu erwarten sind) geplant, ist dies der Antragstellerin mitzuteilen.

c) die Bauarbeiten auf den Grundstücken ...-Straße ..., ...-...-Straße ... und ... unverzüglich vorläufig einzustellen, sofern einzelne Tagesmessungen nach Buchstabe a) oder sonstige von der zuständigen Behörde angeordnete Lärmmessungen ergeben, dass hierdurch die Immissionsrichtwerte von 60 dB(A) tags (7 bis 20 Uhr) und 45 dB(A) nachts (20 Uhr bis 7 Uhr) um mehr als 5 dB(A) überschritten werden oder die Lärmprognose nach Buchstabe b) eine entsprechende Überschreitung erwarten lässt;

die Baueinstellung ist aufzuheben, wenn die Beigeladenen zu 1 bis 3 nachweisen, dass sie geeignete Maßnahmen zur Lärmreduzierung auf die vorgeschriebenen Immissionsrichtwerte durchführen, oder nachweisen, dass eine Lärmreduzierung auf die maßgeblichen Immissionsrichtwerte nach dem Stand der Technik auch bei Ausschöpfung aller Maßnahmen nach Nr. 4.1 AVV Baulärm i.V.m. Anlage 5 nicht möglich ist (unvermeidbarer Baulärm).

Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.

2. Von den Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge tragen der Antragsgegner die Hälfte und die Beigeladenen zu 1 bis 3 jeweils 1/6.

3. Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens wird auf 15.000 EUR festgesetzt.

Gründe

 
I.
Die Antragstellerin begehrt, im Wege einer einstweiligen Anordnung gegen Baustellenlärm einzuschreiten.
Die Antragstellerin ist Mieterin einer Wohnung im 4. Obergeschoss des Gebäudes ...Straße ... in ... Unter dem 20.06.2012/ 27.02.2013 erhielten die Beigeladenen zu 1 und 2 die Baugenehmigung zum Neubau von fünf Mehrfamilienwohnhäusern mit Gemeinschaftstiefgarage und oberirdischen Stellplätzen auf den Grundstücken ...-Straße ..., ...-Straße ... und ... (Böblinger Flugfeld). Die Beigeladenen sind nach ihrem Vortrag jeweils für die Ausführung verschiedener Bauabschnitte zuständig; es besteht eine gemeinsame Projektleitung und eine gemeinsame Bauleitung. Der Bauabschnitt I befindet sich unmittelbar auf der der Wohnung der Antragstellerin gegenüberliegenden Straßenseite. Nach Baubeginn im Jahre 2013 kam es wiederholt zu Beschwerden u.a. der Antragstellerin über unzumutbare Lärmimmissionen. Daraufhin erließ das Landratsamt mehrere jeweils auf §§ 22 Abs. 1, 24 Satz 1 BImSchG gestützte und vollziehbare Anordnungen zur Minderung des Baustellenlärms. Unter anderem ordnete das Landratsamt mit Entscheidung vom 19.03.2014 an, dass die Immissionsrichtwerte der AVV Baulärm für Mischgebiete von 60 dB(A) tags (7 bis 20 Uhr) und 45 dB(A) nachts (20 Uhr bis 7 Uhr) am Immissionsort ...-Straße ... einzuhalten sind, der Betrieb von Heizgeräten zur Nachtzeit unzulässig ist und die Einhaltung der Immissionsrichtwerte gutachtlich nachzuweisen ist. Mit Entscheidung vom 23.04.2014 ordnete das Landratsamt an, dass Anlieferungen auf der Baustelle auf die Tagzeit (7 Uhr bis 20 Uhr) beschränkt sind, der Betrieb der Estrichmaschine gegenüber dem Gebäude ...-Straße ... unzulässig ist und die Einhaltung der maßgeblichen Immissionsrichtwerte gutachterlich nachzuweisen ist. Mit Entscheidung vom 21.08.2014 wurde eine Schallimmissionsmessung angeordnet. Mit Entscheidung vom 10.09.2014 verfügte das Landratsamt, dass lärmintensive Tätigkeiten nicht bzw. nur unter bestimmten, beispielhaft genannten Lärmschutzmaßnahmen (Einsatz von mobilen Lärmschutzwänden u.ä.) durchgeführt werden dürfen. Für die Nichtbefolgung der Entscheidungen vom 19.03.2014, 23.04.2014 und vom 10.09.2014 wurden jeweils Zwangsgelder in Höhe von 1.000 oder 1.500 EUR angedroht.
Im Laufe des Verfahrens wurden mehrere Schallimmissionsmessungen durch sachverständige Stellen durchgeführt, die überwiegend erhebliche Überschreitungen der Immissionsrichtwerte der AVV Lärm ergaben. Mit Stellungnahmen vom 03.03.2014, vom 11.04.2014, vom 11.06.2014 und vom 10.07.2014 gelangte die Dekra Automobil GmbH zu dem Ergebnis, dass die maßgeblichen Immissionsrichtwerte am Messtag jeweils um mehr als 5 dB(A) überschritten worden seien. Mit Stellungnahme vom 18.09.2014 teilte die Dekra mit, dass eine Messung am 28.08.2014 eine Überschreitung von 4 dB(A) ergeben habe; die Schallprognose für noch ausstehende lärmintensive Arbeiten, wie etwa den Abbruch von Betonfundamenten, lasse Überschreitungen um 7 dB(A) erwarten. Eine Schallmessung des TÜV Süd am 04.08.2014 ergab einen Mittelungspegel von 71,5 bzw. 77,7 dB(A) (Stellungnahme vom 25.09.2014). Entsprechende Ergebnisse zeigte eine Vielzahl im Auftrag der Antragstellerin durchgeführter Schallmessungen mit einem Handmessgerät.
Nachdem die Antragstellerin wiederholt Fotodokumentationen und Messprotokolle vorgelegt hatte, wonach lärmintensive Maßnahmen an der Südfassade des Bauabschnitts I ohne ausreichenden Lärmschutz durchgeführt worden waren, setzte das Landratsamt am 16.10.2014 das in der Verfügung vom 10.09.2014 angedrohte Zwangsgeld fest und drohte ein weiteres Zwangsgeld an.
In der Folgezeit legte die Antragstellerin weitere Fotodokumentationen und eidesstattliche Versicherungen über lärmintensive Tätigkeiten auf der Baustelle im November und Dezember 2014 sowie zahlreiche Messprotokolle über Lärmpegel von deutlich mehr als 70 dB(A) vor.
Am 28.10.2014 beantragte die Antragstellerin beim Verwaltungsgericht Stuttgart, den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten,
durch geeignete öffentlich-rechtliche Maßnahmen nach §§ 24, 26 BlmSchG zu verhindern, dass von der Großbaustelle auf den Grundstücken in der...-...Straße ... und ...Straße ..., Gemarkung Böblingen … Lärmimmissionen austreten, die zur Überschreitung der in der AVV Baulärm festgesetzten Immissionsrichtwerte von tagsüber (7 bis 20 Uhr) 60 dB(A) und nachts (20 bis 7 Uhr) 45 dB(A) 0,5 m vor einem geöffneten, von den Geräuschen betroffenen Fenster der Wohnung der Antragstellerin führen, und die Verfügungen vom 19.03.2014 und vom 10.09.2014 effektiv auszuführen und zu vollziehen, insbesondere durch folgende beispielhaft aufgeführte Maßnahmen:
a) sofortige vorläufige Stilllegung der Abbrucharbeiten der Kranfundamente im Bauabschnitt BA III …
b) sofortige Stilllegung lärmintensiver Arbeiten entlang der Südfassade (Bohr-, Schleif- und Sägearbeiten, Arbeiten mit Gasbrennern und Rührgeräten für Mörtel, Erdverdichtungen mit Rüttelplatten etc.) des Bauabschnitts BA I, solange bis ausreichende, dem Stand der Technik entsprechende Schallabschirmungen gemäß Anlage 5 der AVV-Baulärm angebracht sind;
10 
c) unverzüglich eigene Lärmermittlungen an 14 Werktagen am Immissionsort oder Lärmermittlungen durch geeignete Sachverständige durchführen zu lassen oder dem Betreiber der Baustelle aufzugeben, auf eigene Kosten Lärmermittlungen durch einen qualifizierten Sachverständigen durchführen zu lassen (§ 26 BlmSchG) und deren Ergebnisse in den Behördenakten zu dokumentieren;
11 
d) eine Prognose über die zu erwartende Lärmbelastung auf der Grundlage eines Maßnahmenkatalogs vorzulegen und zwar immer freitags für die Folgewoche; der Maßnahmenkatalog und die Prognose sind durch einen qualifizierten Gutachter zu erstellen oder deren Erstellung ist der Betreiberin aufzugeben (§ 26 BlmSchG) und die Prognosen und Maßnahmenkataloge sind in den Behördenakten zu dokumentieren.
12 
Nach Abschluss der Abbrucharbeiten des Kranfundaments erklärte die Antragstellerin, ihr Antrag habe sich insoweit erledigt.
13 
Mit Beschluss vom 28.11.2014 hat das Verwaltungsgericht Stuttgart den Antrag als unzulässig abgelehnt. Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt, der Antragstellerin fehle das Rechtsschutzinteresse, weil der Antragsgegner bereits geeignete Maßnahmen zum Schutz der Antragstellerin vor unzumutbarem Baulärm ergriffen habe und um deren Durchsetzung bemüht sei. Komme der Betreiber einer Anordnung nach § 24 Satz 1 BImSchG nicht nach, sei in der Regel Zwangsgeld festzusetzen. Einer Untersagung nach § 25 Abs. 1 BImSchG stehe der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz entgegen. Es sei nicht dargelegt, dass die Beigeladenen nicht willens oder in der Lage seien, den Anordnungen nach § 24 Satz 1 BImSchG nachzukommen. § 26 BImSchG komme keine drittschützende Wirkung zu.
14 
Mit der hiergegen gerichteten Beschwerde verfolgt die Antragstellerin ihr Begehren weiter. Sie führt aus, das Verwaltungsgericht habe ihren Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt, weil es nicht zur Kenntnis genommen habe, dass sie erhebliche Überschreitungen der zulässigen Lärmrichtwerte und Verstöße gegen die Anordnungen des Landratsamts am 17. und 18.11.2014 sowie am 25., 26., 27. und 28.11.2014 detailliert glaubhaft gemacht habe. Das Landratsamt sei nur unzureichend oder zu spät tätig geworden; es bestünden erhebliche Überwachungs- und Vollzugsdefizite. Es stünden noch umfangreiche lärmintensive Arbeiten aus.
15 
Der Antragsgegner und die Beigeladenen sind der Beschwerde entgegengetreten. Der Antragsgegner macht im Wesentlichen geltend, er sei bereits umfangreich tätig geworden; eine lückenlose Überwachung der Baustelle sei nicht zu leisten. Die Beigeladenen tragen im Wesentlichen vor, die Beschwerde sei mangels hinreichender Auseinandersetzung mit dem angefochtenen Beschluss bereits unzulässig. Die Arbeiten an der Südfassade des Bauabschnitts I seien weitgehend abgeschlossen.
16 
Wegen der Einzelheiten wird auf die dem Verwaltungsgerichtshof vorliegenden einschlägigen Akten des Antragsgegners und die Akten des Verwaltungsgerichts sowie die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
II.
17 
Die Beschwerde ist zulässig, insbesondere fristgerecht und in einer den Darlegungsanforderungen des § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO genügenden Weise begründet worden. Sie ist in dem im Tenor ersichtlichen Umfang auch begründet.
18 
1. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts besteht ein Rechtsschutzinteresse für den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO. Ein solches allgemeines Rechtschutzbedürfnis kann nur ausnahmsweise verneint werden, etwa wenn die begehrte einstweilige Anordnung ins Leere geht, weil die Baumaßnahmen vollständig abgeschlossen sind (vgl. BVerwG, Beschluss vom 27.01.1995 - 7 VR 16/94 - juris). So liegt es hier nicht. Die Antragstellerin hat vorgetragen, dass die Herstellung der Fassadenverkleidung entlang der Südfassade, des Vorgartenbereichs und der Eingangsbereiche sowie die Herrichtung der Ost- und Westfassade sowie die Fertigstellung der Gebäude in den Bauabschnitten II und III noch aussteht. Die Beigeladenen haben zwar geltend gemacht, dass die Arbeiten an der Südseite des Gebäudes im Bauabschnitt I weitgehend abgeschlossen seien, sind aber dem Vortrag der Antragstellerin im Hinblick auf das Ausstehen der übrigen Bauarbeiten nicht substantiiert entgegengetreten. Es kann bei der gebotenen summarischen Prüfung auch nicht davon ausgegangen werden, dass der Baulärm der Bauabschnitte II und III die Antragstellerin von vornherein nicht berührt. Sie hat vielmehr geltend gemacht, dass insbesondere die Arbeiten an den oberen Stockwerken des 14stöckigen Gebäudes im Bauabschnitt III nicht durch das näher gelegene, tiefere Gebäude im Bauabschnitt I abgeschirmt werden. Im Übrigen haben nach Aktenlage in der Vergangenheit auch Arbeiten im entfernter gelegenen Bauabschnitt III - wie etwa der Abbruch der Kranfundamente - erhebliche Lärmbelästigungen der Antragstellerin hervorgerufen. Es ist auch glaubhaft gemacht, dass es nicht ausschließlich um Arbeiten im öffentlichen Straßenraum geht.
19 
Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts kann das Rechtsschutzinteresse auch nicht deshalb verneint werden, weil die zuständige Behörde dem Begehren der Antragstellerin im Laufe des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens in vollem Umfang entsprochen hätte (zu dieser Fallkonstellation Hessischer VGH, Beschluss vom 11.10.2013 - 9 B 1989/13 - juris). Vielmehr besteht ein schutzwürdiges Interesse an einer gerichtlichen Entscheidung, weil die zuständige Behörde zwar immissionsschutzrechtliche Anordnungen zur Reduzierung von Baustellenlärm getroffen hat, ihre Eignung zwischen den Beteiligten aber gerade umstritten ist. Ob dem Betroffenen noch ein (weiterer) sicherungsfähiger Anspruch auf Einschreiten der Behörde zusteht, ist eine Frage der Begründetheit des Antrags (a.A. wohl Hessischer VGH, Beschluss vom 11.10.2013 - 9 B 1989/13 - a.a.O.). Die Verneinung eines allgemeinen Rechtsschutzbedürfnisses liegt aber auch deshalb fern, weil während des gerichtlichen Verfahrens noch fortlaufende Verstöße gegen die Anordnungen des Landratsamts vorgetragen wurden und die Antragstellerin ausdrücklich ein Vollzugsdefizit gerügt hat.
20 
2. Es kann dahinstehen, ob der angefochtene Beschluss an dem gerügten Verfahrensmangel leidet. Die von der Antragstellerin geltend gemachte Verletzung ihres rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO) führt im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nicht zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung, weil sich der Betroffene im Beschwerdeverfahren umfassend äußern kann. Der Gehörsverstoß wird mithin geheilt und wirkt sich nicht mehr auf das Ergebnis der Entscheidung des Beschwerdegerichts aus.
21 
3. Der angefochtene Beschluss ist zu ändern, weil der Antragstellerin ein Anspruch auf Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung zusteht.
22 
Nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO kann eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis ergehen, wenn diese Regelung nötig erscheint, um u.a. wesentliche Nachteile abzuwehren. Voraussetzung für den Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 VwGO ist, dass sowohl ein Anordnungsgrund als auch ein Anordnungsanspruch vorliegen (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO). Deren tatsächliche Voraussetzungen müssen zwar nicht zur Überzeugung des Gerichts feststehen, aber hinreichend wahrscheinlich („glaubhaft“) sein (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO). Ein Anordnungsgrund besteht, wenn eine vorläufige gerichtliche Entscheidung erforderlich ist, weil ein Verweis auf das Hauptsacheverfahren aus besonderen Gründen unzumutbar ist. Ein Anordnungsanspruch liegt vor, wenn der Antragsteller in der Hauptsache bei summarischer Prüfung voraussichtlich Erfolg haben wird. Welche Anforderungen an die Erfolgsaussichten zu stellen sind, hängt maßgeblich von der Schwere der dem Antragsteller drohenden Nachteile und ihrer Irreversibilität, aber auch davon ab, inwieweit durch den Erlass einer einstweiligen Anordnung die Hauptsache vorweggenommen wird. Wird durch die begehrte Maßnahme die Entscheidung in der Hauptsache insgesamt endgültig und irreversibel vorweggenommen, kann die einstweilige Anordnung nur erlassen werden, wenn ein Anordnungsanspruch mit ganz überwiegender Wahrscheinlichkeit vorliegt und für den Fall, dass die einstweilige Anordnung nicht ergeht, dem Antragsteller schwere und unzumutbare Nachteile entstünden. Dieser besonders strenge Maßstab ist hingegen abzumildern, wenn die begehrte Rechtsposition nur für den Zeitraum bis zur Hauptsacheentscheidung eingeräumt werden soll, weil sie faktisch nicht mehr rückgängig zu machen ist, während über diesen Zeitpunkt hinaus keine vollendeten Tatsachen geschaffen werden und die Rechtsstellung insoweit nur vorläufig gewährt wird. In diesem Fall können schon überwiegende Erfolgsaussichten in der Hauptsache genügen und die befürchteten wesentlichen Nachteile müssen nicht als schlechterdings unzumutbar eingestuft werden. Ist eine überwiegende Erfolgsaussicht hingegen nicht feststellbar, kann eine Regelungsanordnung nur ergehen, wenn dem Betroffenen andernfalls schwere und irreversible Nachteile, insbesondere existentielle Gefahren für Leben und Gesundheit drohen (vgl. zum Ganzen: VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 05.05.2009 - 10 S 494/09 -, m.w.N.). Das Gericht hat beim Erlass einer einstweiligen Anordnung einen weiten Ermessensspielraum (§ 123 Abs. 3 i.V.m. § 938 Abs. 1 ZPO) und ist an die Fassung des Antrags nicht gebunden (§ 88 VwGO entsprechend; vgl. Funke-Kaiser in Bader/Funke-Kaiser/Stuhlfauth/ von Albedyll, VwGO, Kommentar, 5. Auflage, § 123 Rn. 56).
23 
Nach diesem Maßstab liegen ein Anordnungsanspruch und ein Anordnungsgrund vor. Die Erfolgsaussichten in der Hauptsache überwiegen (dazu 3.1.). Der Antragstellerin ist es nicht zuzumuten, den von der Baustelle ausgehenden Lärm bis zu einer eventuellen Hauptsacheentscheidung weiter zu dulden. Die der Antragstellerin drohenden irreversiblen Nachteile und Belästigungen rechtfertigen auch eine teilweise Vorwegnahme der Hauptsache (dazu 3.2.).
24 
3.1. Die Antragstellerin hat bei der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gebotenen summarischen Betrachtung gemäß §§ 22, 24 Satz 1 BImSchG einen sicherungsfähigen Anspruch auf erneutes Einschreiten der Immissionsschutzbehörde gegen die beigeladenen Bauherrinnen. Es ist zudem überwiegend wahrscheinlich, dass ihr auch ein Rechtsanspruch auf einen vorläufigen Baustopp nach § 25 Abs. 1 BImSchG zusteht, sofern die angeordneten Maßnahmen zur Lärmermittlung eine Überschreitung der maßgeblichen Immissionsrichtwerte ergeben sollten.
25 
Nach § 22 Abs. 1 Satz 1 BImSchG sind nicht genehmigungsbedürftige Anlagen so zu betreiben, dass schädliche Umwelteinwirkungen verhindert werden, die nach dem Stand der Technik vermeidbar sind (Nr. 1) und unvermeidbare schädliche Umwelteinwirkungen auf ein Mindestmaß beschränkt werden (Nr. 2). § 3 Abs. 1 BImSchG definiert schädliche Umwelteinwirkungen als Immissionen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen. Nach § 24 Satz 1 BImSchG kann die zuständige Behörde im Einzelfall die zur Durchführung des § 22 BImSchG erforderlichen Anordnungen treffen. Kommt ein Betreiber einer Anlage einer vollziehbaren behördlichen Anordnung nach § 24 nicht nach, so kann die zuständige Behörde nach § 25 Abs. 1 BImSchG den Betrieb der Anlage ganz oder teilweise bis zur Erfüllung der Anordnung untersagen. Nach § 26 BImSchG kann die zuständige Behörde anordnen, dass der Betreiber einer nicht genehmigungsbedürftigen Anlage u.a. die Immissionen im Einwirkungsbereich der Anlage durch eine bekannt gegebene Stelle ermitteln lässt, wenn zu befürchten ist, dass durch die Anlage schädliche Umwelteinwirkungen hervorgerufen werden (Satz 1). Die zuständige Behörde ist befugt, Einzelheiten über Art und Umfang der Ermittlungen sowie über die Vorlage des Ermittlungsergebnisses vorzuschreiben (Satz 2). § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 BImSchG ist drittschützend; wird gegen die dort begründeten Pflichten verstoßen, haben Dritte daher einen Rechtsanspruch auf fehlerfreie Ausübung des der Behörde nach § 24 Satz 1 BImSchG bzw. nach § 25 Abs. 1 BImSchG zustehenden Ermessens (vgl. Jarass, BImSchG, Kommentar, 10. Auflage, § 22 Rn. 65, § 24 Rn. 23, § 25 Rn. 9 m.w.N.). Beruft sich ein Nachbar auf eine erhebliche Verletzung von Rechtsvorschriften, die dem Schutz seiner Rechte dienen, ist das Entschließungsermessen der Behörde regelmäßig auf Null reduziert. In der Regel steht der Behörde allerdings ein Auswahlermessen zu (vgl. Senatsurteil vom 04.11.2014 - 10 S 1663/11 - juris m.w.N.). Ob ein solcher Anspruch auch im Hinblick auf § 26 BImSchG besteht, ist umstritten (bejahend Jarass, a.a.O. § 26 Rn. 25, § 52 Rn. 25 ff.; ablehnend etwa Hansmann in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Kommentar, Stand August 2014, § 26 BImSchG Rn. 37).
26 
Die Baumaschinen sowie die über mehrere Monate betriebene Baustelle als solche sind nach § 3 Abs. 5 Nr. 2 und 3 BImSchG nicht genehmigungsbedürftige Anlagen im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (Jarass a.a.O. § 3 Rn. 74, § 22 Rn. 11). Für Geräuschimmissionen von Baustellen konkretisiert die Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Schutz gegen Baulärm vom 19.08.1970 (AVV Baulärm) den unbestimmten Rechtsbegriff der schädlichen Umwelteinwirkungen; der AVV Baulärm kommt dabei eine normkonkretisierende Wirkung zu (vgl. § 66 Abs. 2 BImSchG; BVerwG, Urteil vom 10.07.2012 - 7 A 11/11 - juris; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 08.02.2007 - 5 S 2257/05 - juris Rn. 131; OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 08.12.2009 - 8 B 11243/09 - juris). Nr. 3.1.1 Buchst. c) AVV Baulärm setzt als Immissionsrichtwert für das hier in Rede stehende Mischgebiet tagsüber 60 dB(A) und nachts 45 dB(A) fest. Überschreitet der nach Nr. 6 AVV Baulärm ermittelte Beurteilungspegel des von Baumaschinen hervorgerufenen Geräusches den Immissionsrichtwert um mehr als 5 dB(A), sollen gemäß Nr. 4.1 AVV Baulärm Maßnahmen zur Minderung der Geräusche angeordnet werden (sog. Eingreifrichtwert).
27 
Danach hat die Antragstellerin voraussichtlich einen sicherungsfähigen Anspruch auf Anordnung geeigneter Maßnahmen zur Begrenzung des von der Baustelle der Beigeladenen verursachten Lärms an ihrer Wohnung auf die Immissionsrichtwerte von tagsüber 60 dB(A) und nachts 45 dB(A) zuzüglich eines Eingriffszuschlags von 5 dB(A) (vgl. Hessischer VGH, Beschluss vom 11.10.2013 a.a.O.). Auch die Voraussetzungen für eine vorläufige Stilllegung der Baustelle dürften vorliegen. Dem steht nicht entgegen, dass das Landratsamt - wie der Senat nicht verkennt - im vorliegenden Fall bereits umfangreich im Interesse der Antragstellerin tätig geworden ist. Denn die durchgeführten Maßnahmen haben sich als unzureichend erwiesen.
28 
Durch zahlreiche schalltechnische Messungen ist nachgewiesen, dass die in der AVV Baulärm festgesetzten und in der Verfügung des Landratsamts vom 19.03.2014 nochmals konkretisierten Immissionsrichtwerte an der Wohnung der Antragstellerin im Laufe des Jahres 2014 vielfach beträchtlich, insbesondere über den Eingreifrichtwert nach Nr. 4.1 AVV Baulärm hinaus, überschritten wurden. Es ist ferner mit einer für das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes ausreichenden Gewissheit glaubhaft gemacht, dass auch die auf § 24 Satz1 1 BImSchG gestützte Verfügung des Landratsamts vom 10.09.2014 nicht befolgt wurde. Die Antragstellerin hat umfangreiche Fotodokumentationen über lärmintensive Tätigkeiten an der Südfassade im Bauabschnitt I noch im November und Dezember 2014 sowie entsprechende Messprotokolle vorgelegt, die auf erhebliche Immissionsrichtwertüberschreitungen hinweisen, und entsprechende eidesstattliche Versicherungen u.a. ihres Architekten vorgelegt. Der Antragsgegner hat eingeräumt, dass auch in der Zeit zwischen dem 03.12. und dem 17.12.2014 wohl gegen die Anordnung vom 10.09.2014 verstoßen worden sei. Nach Aktenlage wurden auch zuvor im Oktober und November 2014 äußerst lärmintensive Tätigkeiten wie etwa der Abbruch von Betonfundamenten durchgeführt. Ungeachtet dessen, ob die Messungen der Antragstellerin in vollem Umfang dem Messverfahren der AVV Baulärm entsprechen, werden diese Messungen jedenfalls auch von dem Antragsgegner orientierend herangezogen und als hinreichend qualifiziert und valide angesehen, um die Festsetzung von Zwangsgeldern zu begründen. Den auf § 24 Satz 1 BImSchG gestützten und sofort vollziehbaren Verfügungen des Landratsamts vom 19.03.2014 und vom 10.09.2014 wurde mithin von den Beigeladenen nicht nachgekommen. Weder diese allgemein auf die Einhaltung der Immissionsrichtwerte gerichteten Anordnungen vom 19.03.2014 und vom 10.09.2014 noch die vom Landratsamt angeordneten tätigkeitsbezogenen Messungen, die Maßnahmen des Verwaltungszwangs oder der vom Landratsamt eingerichtete „Lärm-Jour-fixe“ haben zum Erfolg geführt. Lärmminderungsmaßnahmen werden von den Beigeladenen nicht, nur ungenügend oder nur zögerlich durchgeführt. Nach Aktenlage scheint es sich auch nicht nur um Fehler einzelner Mitarbeiter zu handeln, vielmehr spricht einiges dafür, dass eine unzureichende Überwachung etwa der beauftragten Subunternehmer vorliegt. Aufgrund der ständig wechselnden Gegebenheiten auf der Baustelle und des für Außenstehende nicht vorhersehbaren Bauablaufs sind lärmintensive Arbeiten oftmals bereits beendet, bevor die Behörde anlassbezogene Maßnahmen ergreifen kann, wie etwa der Vorfall vom 28.10.2014 zeigt. Der vom Antragsgegner verfolgte tätigkeitsbezogene Ansatz hat sich mithin als nicht hinreichend wirksam erwiesen. Es spricht daher vieles dafür, dass die Behörde noch nicht hinreichend geeignete und effektive Maßnahmen zum Schutz der Anwohner vor schädlichen Lärmimmissionen ergriffen hat; insbesondere dürfte es an Anordnungen fehlen, die ihr die Möglichkeit verschaffen tätig zu werden, bevor die Anwohner den schädlichen Umwelteinwirkungen irreversibel ausgesetzt werden. Daneben dürften auch die tatbestandlichen Voraussetzungen für einen vorläufigen Baustopp vorliegen. Wie ausgeführt, wurde nach Aktenlage gegen die Verfügungen des Landratsamts vom 19.03.2014 und vom 10.09.2014 verstoßen. Hat ein Betreiber einer die Betriebsweise betreffenden Anordnung in der Vergangenheit wiederholt zuwider gehandelt, kann angenommen werden, dass er ihr auch künftig nicht nachkommt (vgl. Hansmann a.a.O. § 25 BImSchG Rn. 12, 15). Zumindest wenn die in Ziffer 1 Buchst. a) und b) des Tenors angeordneten Lärmmessungen bzw. Lärmprognosen oder sonstige sachverständige Messungen eine vermeidbare Überschreitung der maßgeblichen Immissionsrichtwerte ergeben, kann von einer Nichtbefolgung der Verfügung vom 19.03.204, je nach Sachlage auch der Verfügung vom 10.09.2014, ausgegangen werden.
29 
Schließlich liegen auch die Tatbestandsvoraussetzungen des § 26 BImSchG vor, weil nach den vorstehenden Ausführungen der begründete Verdacht besteht, dass auch derzeit noch schädliche Umwelteinwirkungen in Form von Lärm von der Baustelle ausgehen.
30 
Bei summarischer Prüfung neigt der Senat auch zu der Annahme, dass das Ermessen der Behörde im Hinblick auf ein weiteres Einschreiten nach §§ 24 Satz 1, 25 Abs. 1, 26 BImSchG auf Null reduziert ist. Im Hinblick auf die Hartnäckigkeit und Dauer der Verstöße gegen die festgesetzten Immissionsrichtwerte besteht die konkrete Gefahr, dass die Beigeladenen ihren Pflichten aus § 22 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 BImSchG i.V.m. der AVV Baulärm weiterhin nicht nachkommen. Die Antragstellerin hat Lärmbelastungen über 70 dB(A) tags über längere Zeiträume geltend gemacht und diesbezüglich eigene Lärmmessungen vorgelegt. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts können die durch die Grundrechtsordnung zum Schutze der Gesundheit und des Eigentums gezogenen Grenzen situationsbedingt bei Lärmwerten von mehr als 70 dB(A) tags und 60 dB(A) nachts überschritten sein, d.h. oberhalb dieser Werte ist der Staat regelmäßig zur Abwehr einer Gesundheitsgefährdung nach Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG und einer Eigentumsverletzung nach Art. 14 Abs. 1 GG verpflichtet (vgl. BVerwG, Urteil vom 23.04.1997 - 11 A 17/96 - juris; Urteil vom 20.05.1998 - 11 C 3/97 - juris; Beschluss vom 26.01.2000 - 4 VR 19/99 - juris mit Nachweisen zur Rspr. des BGH; Urteil vom 10.11.2004 - 9 A 67/03 - juris; Beschluss vom 30.07.2013 - 7 B 40/12 -juris). Ob diese Werte bei Anwendung des Messverfahrens der AVV Baulärm, etwa der Zeitkorrekturen, tatsächlich erreicht werden, ist offen; auch die Dekra Automobil GmbH hat jedenfalls einzelne Maximalpegel über 70 dB(A) gemessen. Es spricht zudem vieles dafür, dass bereits eine dauerhafte mittlere Lärmbelastung oberhalb eines Schwellenwerts von 60 bis 65 dB(A) tags zu physiologischen Lärmwirkungen in Form einer Aktivierung der vegetativen Funktionen des Körpers führt, wodurch auf Dauer etwa das Risiko von Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Bluthochdruck signifikant steigt (vgl. im Einzelnen Senatsurteil vom 04.11.2014 - 10 S 1663/11 – a.a.O. m.w.N.). Diese Werte wurden nach den von der Dekra Automobil GmbH auf der Grundlage der AVV Baulärm ermittelten Beurteilungspegeln regelmäßig erreicht oder überschritten. Die Antragstellerin hat auch glaubhaft gemacht, mittlerweile an Bluthochdruck zu leiden; im Übrigen ist sie den Lärmbelastungen durch die Baustelle bereits ca. 1 1/2 Jahre ausgesetzt. Die hiermit im Zusammenhang stehende Frage, ob eine konkrete Gesundheitsgefahr im immissionsschutzrechtlichen Sinne vorliegt, die die Behörde bereits nach § 25 Abs. 2 BImSchG zum Einschreiten verpflichtet würde, kann allerdings im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nicht abschließend geklärt werden und vorliegend auch dahinstehen. Denn nach den vorliegenden Messungen der Dekra Automobil GmbH, des TÜV Süd und der Antragstellerin wird jedenfalls der Eingreifrichtwert nach Nr. 4.1 Satz 1 AVV Baulärm (Immissionsrichtwert zuzüglich 5 dB(A)) regelmäßig überschritten. Der Frage, ob wegen der aus den Akten ersichtlichen erheblichen Verkehrslärmbelastung nach Nr. 4.1. Satz 3 AVV Baulärm vom Maßnahmen zur Lärmminderung abgesehen kann, erscheint im Hinblick auf die Andersartigkeit der Geräusche zweifelhaft; die Klärung dieser Frage kann aber ebenfalls nicht im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes erfolgen. Bei der gegebenen Sachlage spricht jedenfalls vieles dafür, dass die Immissionsschutzbehörde rechtlich gehalten ist, weitere Maßnahmen zu einer effektiven Durchsetzung der Rechte der Antragstellerin zu ergreifen.
31 
Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts steht der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz einer vorläufigen Stilllegung der Baustelle nach § 25 Abs. 1 BImSchG nicht entgegen. § 25 Abs. 1 BImSchG gibt der Behörde eine gegenüber dem Verwaltungszwang selbstständige und zusätzliche Sanktionsmöglichkeit, die vom Gesetzgeber nicht nachrangig ausgestaltet worden ist (vgl. Jarass a.a.O. § 25 Rn. 1, Hansmann a.a.O. § 25 Rn. 9). Zwar dürfte die Festsetzung der angedrohten Zwangsgelder die Beigeladenen weniger belasten als ein Baustopp. Gleichwohl gebietet es der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz nicht, als milderes Mittel zunächst die fraglichen Anordnungen zu vollstrecken. Ein milderes Mittel ist nur dann zu ergreifen, wenn es in gleicher Weise wie die schwerwiegendere Maßnahme zur Zweckerreichung geeignet ist. Die angedrohten und teilweise festgesetzten Maßnahmen des Verwaltungszwangs haben sich aber als unwirksam erwiesen. Das im Vergleich zum Bauvolumen zu vernachlässigende Zwangsgeld in Höhe von 1.000 bzw. 1.500 EUR ist - selbst wenn es mehrfach festgesetzt werden sollte - ersichtlich nicht geeignet, die Beigeladenen zu beeindrucken. Im Übrigen ist bei der Ausübung des Ermessens zu berücksichtigen, dass sich die Lärmimmissionen nach Ausmaß und Dauer jedenfalls im Randbereich der Gesundheitsgefährdung bewegen und die Antragstellerin den Lärmbelastungen irreversibel ausgesetzt ist. Demgegenüber kann eine vorübergehende Stilllegung ohne weiteres wieder aufgehoben werden. Die gesundheitlichen Interessen der Anwohner müssen auch nicht von vornherein gegenüber den bei einer Stilllegung beeinträchtigten wirtschaftlichen Interessen der Beigeladenen zurückstehen. Auch im Hinblick auf den erheblichen Zeitraum und die Hartnäckigkeit der Verstöße gegen die Anordnungen des Landratsamts kann ein weiteres Einschreiten voraussichtlich nicht ohne Rechtsfehler abgelehnt werden. Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz dürfte es allerdings gebieten, zunächst zu ermitteln, ob im Hinblick auf den Baufortschritt im Bauabschnitt I und die Bautätigkeit in den entfernter gelegenen Bauabschnitten II und III gegenwärtig noch Immissionsrichtwertüberschreitungen zu befürchten sind. Dem tragen die in Ziffer 1 Buchst. a) und b) des Tenors angeordneten Maßnahmen Rechnung.
32 
Die umstrittenen Fragen, ob Dritte einen Rechtsanspruch auf Überwachungsmaßnahmen nach §§ 52 Abs. 1, § 26 BImSchG haben können und ob die Befugnisnorm des § 26 BImSchG gegenüber der Regelung des § 24 Satz 1 BImSchG abschließend ist, können im vorliegenden Verfahren nicht geklärt werden. Es spricht aber vieles dafür, dass Dritte einen Anspruch auf Überwachungsmaßnahmen im Einzelfall haben, sofern ein begründeter Verdacht besteht, dass die Voraussetzungen einer auch ihrem Schutz dienenden Anordnung erfüllt sind (Jarass, a.a.O. § 52 Rn. 26, str.). Vorliegend ist die Ermittlung der gegenwärtigen Schallimmissionen im Einwirkungsbereich der Baustelle jedenfalls eine schon aus Gründen der Verhältnismäßigkeit erforderliche Voraussetzung für die Anordnung von Maßnahmen nach § 24 Satz 1 und § 25 Abs. 1 BImSchG i.V.m. der unstreitig drittschützenden Norm des § 22 Abs. 1 BImSchG. Es erscheint daher geboten, den Antragsgegner zunächst zur Klärung dieser Vorfrage zu verpflichten.
33 
3.2. Aus den vorstehenden Ausführungen ergibt sich, dass auch ein Anordnungsgrund vorliegt. Der Antragstellerin ist es nicht zuzumuten, den von der Baustelle ausgehenden Lärm, der nach derzeitigem Erkenntnistand regelmäßig die Richtwerte der AVV Baulärm deutlich überschreitet, bis zu einer eventuellen Hauptsacheentscheidung zu dulden. Wie ausgeführt, bewegen sich die Lärmimmissionen zumindest an der Grenze zur Gesundheitsgefährdung, zumal bei einem Bauzeitraum von mehr als einem Jahr nicht von einer nur vorübergehenden Belästigung gesprochen werden kann. Letztlich kann aber offen bleiben, ob die Antragstellerin eine durch den Lärm verursachte konkrete Gesundheitsgefahr glaubhaft gemacht hat. Denn Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen, hier durch Geräusche, ist nach § 22 Abs. 1 BImSchG i.V.m. § 3 Abs. 1 BImSchG nicht erst dann zu gewähren, wenn eine konkrete Gesundheitsgefahr eintritt, sondern schon dann, wenn erhebliche Belästigungen auftreten (vgl. Senatsurteil vom 04.11.2014 a.a.O.; Senatsbeschluss vom 31.01.2012 - 10 S 2361/11 -, Senatsbeschluss vom 23.02.2012 - 2428/11 -VBlBW 2012, 469). Zumindest letzteres ist aller Voraussicht nach hier der Fall. Hinzu kommt, dass die Antragstellerin - wie ausgeführt - bei dem laufenden Baustellenbetrieb irreversible Nachteile erleidet, wohingegen die Anordnungen der Immissionsschutzbehörde im Grundsatz vorläufig ergehen können. Soweit die Hauptsache faktisch vorweggenommen wird, ist dies den Beigeladenen bei Abwägung der betroffenen gegenseitigen Interessen zumutbar.
34 
3.3. Bei Anwendung des dem Senat gemäß § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 938 Abs. 1 ZPO eröffneten weiten Ermessens war deshalb die im Tenor ersichtliche einstweilige Regelung zu treffen. Der Senat verkennt nicht, dass der Behörde grundsätzlich ein Auswahlermessen hinsichtlich der durchzuführenden Maßnahmen zusteht. Bei der gegebenen Sachlage und der besonderen Eilbedürftigkeit des Falles gebietet es aber das Gebot effektiven Rechtsschutzes nach Art. 19 Abs. 4 GG, unverzüglich konkrete und vollstreckbare Anordnungen zu treffen. Andernfalls würde der Streit zwischen den Beteiligten, welche Maßnahmen im Einzelnen zur Lärmminimierung geeignet und erforderlich sind, bis auf weiteres nicht beigelegt und die Antragstellerin weiterhin rechtsschutzlos gestellt. Der gerichtliche Rechtsschutz kann sich daher nicht darauf beschränken, dass Landratsamt lediglich zur Anordnung nicht näher spezifizierter geeigneter Maßnahmen zu verpflichten.
35 
Bei der Anordnung der in Ziffer 1 des Tenors genannten Maßnahmen hat sich der Senat von folgenden Erwägungen leiten lassen:
36 
Da die derzeitige Lärmentwicklung auf der Baustelle zwischen den Beteiligten umstritten ist, erscheint es zunächst sachgerecht, Lärmmessungen über den gesamten Tageszeitraum in einer aussagekräftigen Zahl durchführen zu lassen, weil tätigkeitsbezogene punktuelle Lärmmessungen aufgrund der ständig wechselnden Bauabläufe - wie der Antragsgegner einräumt - ihren Zweck teilweise nicht erfüllt haben. Es trifft zwar zu, dass auch solche Messungen nur bedingt aussagekräftig sind, wie der Antragsgegner zu Recht einwendet. Gleichwohl erscheinen sie - zumal wenn eine Abstimmung der Messtage mit der Immissionsschutzbehörde erfolgt - repräsentativer als Einzelmessungen. Es bleibt der Behörde unbenommen, zusätzlich tätigkeitsbezogene Einzelmessungen anzuordnen oder selber durchzuführen sowie die erforderlichen Tagesmessungen über die angeordnete Anzahl hinaus fortführen zu lassen. Der Behörde dürfte allerdings ein Auswahlermessen insoweit zustehen, als sie entweder die Betreiber der Baustelle nach §§ 24 Satz 1, § 26 BImSchG zur Durchführung der erforderlichen Messungen verpflichten oder auf der Grundlage des § 52 Abs. 1 BImSchG eigene Überwachungsmaßnahmen durchführen kann (vgl. Jarass a.a.O. § 26 Rn. 3; Hansmann a.a.O. § 26 Rn. 37). Die Antragstellerin hat zu Recht auch nicht beantragt, dass die Behörde gerade nach § 26 BImSchG vorgeht.
37 
Weiter erscheint es sachgerecht, die Antragstellerin und die Immissionsschutzbehörde im Vorfeld über die zu erwartende Lärmentwicklung zu informieren und die Betreiberinnen eine Lärmprognose sowie einen Maßnahmekatalog zur Lärmminderung vorlegen zu lassen. Zwar wird in der Rechtsprechung die Auffassung vertreten, dass eine detaillierte Lärmprognose nicht verlangt werden könne (vgl. BVerwG, Urteil vom 10.07.2012 a.a.O. m.w.N.). Dies mag im Verfahren der Fachplanung gelten, nicht aber während des laufenden Baubetriebs. Der Senat verkennt nicht, dass auf einer Großbaustelle ständig wechselnde Betriebszustände bestehen. Gerade bei einer Großbaustelle sind aber die Baumaßnahmen, insbesondere der Einsatz von größeren Baumaschinen, schon aus Kostengründen detailliert zu planen, aufeinander abzustimmen und zu koordinieren; es erscheint daher bei allen Unwägbarkeiten im Bauablauf grundsätzlich zumutbar zu prognostizieren, ob und welche lärmintensiven Baumaßnahmen in der Folgewoche durchgeführt werden, und im Vorfeld entsprechende Lärmminderungsmaßnahmen sicherzustellen. Dies gibt der Antragstellerin Gelegenheit, sich auf die Lärmentwicklung im Vorfeld vorzubereiten und dem Landratsamt die Möglichkeit, sofern erforderlich, zeitnah entsprechende Anordnungen zu treffen und die Lärmentwicklung zu überwachen. Der vom Landratsamt eingerichtete Lärm-Jour-fixe mag zwar zur Lärmminderung beigetragen haben, gleichwohl ist es nach Aktenlage sowie nach den glaubhaften Darlegungen der Antragstellerin offenbar dennoch zu erheblichen Überschreitungen der maßgeblichen Immissionsrichtwerte gekommen.
38 
In Bezug auf die vorläufige Stilllegung der Baustelle bleibt der Senat hinter dem Antrag insoweit zurück, als die Antragstellerin voraussichtlich keinen entsprechenden Rechtsanspruch haben dürfte, solange die Eingreifrichtwerte nach Nr. 4.1 AVV Baulärm (Immissionsrichtwert zuzüglich 5 dB(A)) noch nicht erreicht sind. Bei (einfacher) Überschreitung der Immissionsrichtwerte nach Nr. 3.1.1 AVV Baulärm dürfte ihr voraussichtlich nur ein Anspruch auf eine pflichtgemäße Ermessensausübung zustehen. Ferner dürfte es Bedenken im Hinblick auf den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz begegnen, die unverzügliche Stilllegung der Bauarbeiten an der Südfassade unabhängig davon anzuordnen, ob nach dem Stand der Bauarbeiten noch Immissionsrichtwertüberschreitungen vorliegen oder konkret zu befürchten sind. Es erscheint daher sachgerecht, zunächst die derzeitige bzw. bevorstehende Immissionsbelastung abzuklären. Eine vorläufige Stilllegung dürfte allerdings abweichend von den von der Antragstellerin beispielhaft genannten Maßnahmen auch dann in Betracht kommen, wenn die Bautätigkeit in anderen Bauabschnitten zu unzumutbaren Immissionen führt.
39 
Lediglich ergänzend weist der Senat darauf hin, dass es bei unvermeidbarem Baulärm üblich ist, den betroffenen Anwohnern für die Zeit unzumutbarer Lärmbelastungen einen angemessenen Ersatzwohnraum anzubieten.
40 
4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 und 3, § 155 Satz 3, § 159 Satz 1 VwGO i.V.m. § 100 ZPO. Da die Antragstellerin nur zu einem geringen Teil unterlegen ist, sieht der Senat davon ab, sie an der Kostentragung zu beteiligen (§ 155 Satz 3 VwGO).
41 
Die Streitwertfestsetzung für das Beschwerdeverfahren findet ihre Grundlage in § 63 Abs. 2 und 3, § 47 sowie § 53 Abs. 2 Nr. 1 und § 52 Abs. 1 GKG in Verbindung mit den Empfehlungen in Nrn. 19.2 und 2.2.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (veröffentlicht u.a. als Sonderbeilage zur VBlBW Heft Januar 2014). Der Senat sieht davon ab, den für das Hauptsacheverfahren anzusetzenden Streitwert von 15.000 Euro für das Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes zu halbieren, weil die Hauptsache voraussichtlich vorweggenommen wird (vgl. Nr. 1.5 Satz 2 des Streitwertkatalogs). Im Hinblick auf den Baufortschritt dürfte sich das Rechtschutzbegehren der Antragstellerin bis zu einer eventuellen Hauptsacheentscheidung erledigt haben.
42 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Nicht genehmigungsbedürftige Anlagen sind so zu errichten und zu betreiben, dass

1.
schädliche Umwelteinwirkungen verhindert werden, die nach dem Stand der Technik vermeidbar sind,
2.
nach dem Stand der Technik unvermeidbare schädliche Umwelteinwirkungen auf ein Mindestmaß beschränkt werden und
3.
die beim Betrieb der Anlagen entstehenden Abfälle ordnungsgemäß beseitigt werden können.
Die Bundesregierung wird ermächtigt, nach Anhörung der beteiligten Kreise (§ 51) durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates auf Grund der Art oder Menge aller oder einzelner anfallender Abfälle die Anlagen zu bestimmen, für die die Anforderungen des § 5 Absatz 1 Nummer 3 entsprechend gelten. Für Anlagen, die nicht gewerblichen Zwecken dienen und nicht im Rahmen wirtschaftlicher Unternehmungen Verwendung finden, gilt die Verpflichtung des Satzes 1 nur, soweit sie auf die Verhinderung oder Beschränkung von schädlichen Umwelteinwirkungen durch Luftverunreinigungen, Geräusche oder von Funkanlagen ausgehende nichtionisierende Strahlen gerichtet ist.

(1a) Geräuscheinwirkungen, die von Kindertageseinrichtungen, Kinderspielplätzen und ähnlichen Einrichtungen wie beispielsweise Ballspielplätzen durch Kinder hervorgerufen werden, sind im Regelfall keine schädliche Umwelteinwirkung. Bei der Beurteilung der Geräuscheinwirkungen dürfen Immissionsgrenz- und -richtwerte nicht herangezogen werden.

(2) Weitergehende öffentlich-rechtliche Vorschriften bleiben unberührt.

(1) Schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne dieses Gesetzes sind Immissionen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen.

(2) Immissionen im Sinne dieses Gesetzes sind auf Menschen, Tiere und Pflanzen, den Boden, das Wasser, die Atmosphäre sowie Kultur- und sonstige Sachgüter einwirkende Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen, Licht, Wärme, Strahlen und ähnliche Umwelteinwirkungen.

(3) Emissionen im Sinne dieses Gesetzes sind die von einer Anlage ausgehenden Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen, Licht, Wärme, Strahlen und ähnlichen Erscheinungen.

(4) Luftverunreinigungen im Sinne dieses Gesetzes sind Veränderungen der natürlichen Zusammensetzung der Luft, insbesondere durch Rauch, Ruß, Staub, Gase, Aerosole, Dämpfe oder Geruchsstoffe.

(5) Anlagen im Sinne dieses Gesetzes sind

1.
Betriebsstätten und sonstige ortsfeste Einrichtungen,
2.
Maschinen, Geräte und sonstige ortsveränderliche technische Einrichtungen sowie Fahrzeuge, soweit sie nicht der Vorschrift des § 38 unterliegen, und
3.
Grundstücke, auf denen Stoffe gelagert oder abgelagert oder Arbeiten durchgeführt werden, die Emissionen verursachen können, ausgenommen öffentliche Verkehrswege.

(5a) Ein Betriebsbereich ist der gesamte unter der Aufsicht eines Betreibers stehende Bereich, in dem gefährliche Stoffe im Sinne des Artikels 3 Nummer 10 der Richtlinie 2012/18/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Juli 2012 zur Beherrschung der Gefahren schwerer Unfälle mit gefährlichen Stoffen, zur Änderung und anschließenden Aufhebung der Richtlinie 96/82/EG des Rates (ABl. L 197 vom 24.7.2012, S. 1) in einer oder mehreren Anlagen einschließlich gemeinsamer oder verbundener Infrastrukturen oder Tätigkeiten auch bei Lagerung im Sinne des Artikels 3 Nummer 16 der Richtlinie in den in Artikel 3 Nummer 2 oder Nummer 3 der Richtlinie bezeichneten Mengen tatsächlich vorhanden oder vorgesehen sind oder vorhanden sein werden, soweit vernünftigerweise vorhersehbar ist, dass die genannten gefährlichen Stoffe bei außer Kontrolle geratenen Prozessen anfallen; ausgenommen sind die in Artikel 2 Absatz 2 der Richtlinie 2012/18/EU angeführten Einrichtungen, Gefahren und Tätigkeiten, es sei denn, es handelt sich um eine in Artikel 2 Absatz 2 Unterabsatz 2 der Richtlinie 2012/18/EU genannte Einrichtung, Gefahr oder Tätigkeit.

(5b) Eine störfallrelevante Errichtung und ein Betrieb oder eine störfallrelevante Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs ist eine Errichtung und ein Betrieb einer Anlage, die Betriebsbereich oder Bestandteil eines Betriebsbereichs ist, oder eine Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs einschließlich der Änderung eines Lagers, eines Verfahrens oder der Art oder physikalischen Form oder der Mengen der gefährlichen Stoffe im Sinne des Artikels 3 Nummer 10 der Richtlinie 2012/18/EU, aus der sich erhebliche Auswirkungen auf die Gefahren schwerer Unfälle ergeben können. Eine störfallrelevante Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs liegt zudem vor, wenn eine Änderung dazu führen könnte, dass ein Betriebsbereich der unteren Klasse zu einem Betriebsbereich der oberen Klasse wird oder umgekehrt.

(5c) Der angemessene Sicherheitsabstand im Sinne dieses Gesetzes ist der Abstand zwischen einem Betriebsbereich oder einer Anlage, die Betriebsbereich oder Bestandteil eines Betriebsbereichs ist, und einem benachbarten Schutzobjekt, der zur gebotenen Begrenzung der Auswirkungen auf das benachbarte Schutzobjekt, welche durch schwere Unfälle im Sinne des Artikels 3 Nummer 13 der Richtlinie 2012/18/EU hervorgerufen werden können, beiträgt. Der angemessene Sicherheitsabstand ist anhand störfallspezifischer Faktoren zu ermitteln.

(5d) Benachbarte Schutzobjekte im Sinne dieses Gesetzes sind ausschließlich oder überwiegend dem Wohnen dienende Gebiete, öffentlich genutzte Gebäude und Gebiete, Freizeitgebiete, wichtige Verkehrswege und unter dem Gesichtspunkt des Naturschutzes besonders wertvolle oder besonders empfindliche Gebiete.

(6) Stand der Technik im Sinne dieses Gesetzes ist der Entwicklungsstand fortschrittlicher Verfahren, Einrichtungen oder Betriebsweisen, der die praktische Eignung einer Maßnahme zur Begrenzung von Emissionen in Luft, Wasser und Boden, zur Gewährleistung der Anlagensicherheit, zur Gewährleistung einer umweltverträglichen Abfallentsorgung oder sonst zur Vermeidung oder Verminderung von Auswirkungen auf die Umwelt zur Erreichung eines allgemein hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt gesichert erscheinen lässt. Bei der Bestimmung des Standes der Technik sind insbesondere die in der Anlage aufgeführten Kriterien zu berücksichtigen.

(6a) BVT-Merkblatt im Sinne dieses Gesetzes ist ein Dokument, das auf Grund des Informationsaustausches nach Artikel 13 der Richtlinie 2010/75/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 über Industrieemissionen (integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung) (Neufassung) (ABl. L 334 vom 17.12.2010, S. 17) für bestimmte Tätigkeiten erstellt wird und insbesondere die angewandten Techniken, die derzeitigen Emissions- und Verbrauchswerte, alle Zukunftstechniken sowie die Techniken beschreibt, die für die Festlegung der besten verfügbaren Techniken sowie der BVT-Schlussfolgerungen berücksichtigt wurden.

(6b) BVT-Schlussfolgerungen im Sinne dieses Gesetzes sind ein nach Artikel 13 Absatz 5 der Richtlinie 2010/75/EU von der Europäischen Kommission erlassenes Dokument, das die Teile eines BVT-Merkblatts mit den Schlussfolgerungen in Bezug auf Folgendes enthält:

1.
die besten verfügbaren Techniken, ihrer Beschreibung und Informationen zur Bewertung ihrer Anwendbarkeit,
2.
die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte,
3.
die zu den Nummern 1 und 2 gehörigen Überwachungsmaßnahmen,
4.
die zu den Nummern 1 und 2 gehörigen Verbrauchswerte sowie
5.
die gegebenenfalls einschlägigen Standortsanierungsmaßnahmen.

(6c) Emissionsbandbreiten im Sinne dieses Gesetzes sind die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte.

(6d) Die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte im Sinne dieses Gesetzes sind der Bereich von Emissionswerten, die unter normalen Betriebsbedingungen unter Verwendung einer besten verfügbaren Technik oder einer Kombination von besten verfügbaren Techniken entsprechend der Beschreibung in den BVT-Schlussfolgerungen erzielt werden, ausgedrückt als Mittelwert für einen vorgegebenen Zeitraum unter spezifischen Referenzbedingungen.

(6e) Zukunftstechniken im Sinne dieses Gesetzes sind neue Techniken für Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie, die bei gewerblicher Nutzung entweder ein höheres allgemeines Umweltschutzniveau oder zumindest das gleiche Umweltschutzniveau und größere Kostenersparnisse bieten könnten als der bestehende Stand der Technik.

(7) Dem Herstellen im Sinne dieses Gesetzes steht das Verarbeiten, Bearbeiten oder sonstige Behandeln, dem Einführen im Sinne dieses Gesetzes das sonstige Verbringen in den Geltungsbereich dieses Gesetzes gleich.

(8) Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie im Sinne dieses Gesetzes sind die in der Rechtsverordnung nach § 4 Absatz 1 Satz 4 gekennzeichneten Anlagen.

(9) Gefährliche Stoffe im Sinne dieses Gesetzes sind Stoffe oder Gemische gemäß Artikel 3 der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen, zur Änderung und Aufhebung der Richtlinien67/548/EWGund 1999/45/EG und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 (ABl. L 353 vom 31.12.2008, S. 1), die zuletzt durch die Verordnung (EG) Nr. 286/2011 (ABl. L 83 vom 30.3.2011, S. 1) geändert worden ist.

(10) Relevante gefährliche Stoffe im Sinne dieses Gesetzes sind gefährliche Stoffe, die in erheblichem Umfang in der Anlage verwendet, erzeugt oder freigesetzt werden und die ihrer Art nach eine Verschmutzung des Bodens oder des Grundwassers auf dem Anlagengrundstück verursachen können.

Tatbestand

1

Der Kläger, eine anerkannte Naturschutzvereinigung, wendet sich gegen den Planfeststellungsbeschluss der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung des Landes Berlin vom 29. Dezember 2010 für den Neubau der Bundesautobahn A 100 im 16. Bauabschnitt (16. BA).

2

Der rund 3,2 km lange Abschnitt, der im Bedarfsplan des Bundes mit "vordringlichem Bedarf" ausgewiesen ist, beginnt am Autobahndreieck Neukölln und soll an der Anschlussstelle Am Treptower Park im Stadtstraßennetz enden. Er soll unter anderem den Verkehr, insbesondere im Raum Neukölln und Treptow, bündeln und so diese Stadtteile und die Innenstadt vom Durchgangsverkehr entlasten. Das Vorhaben ist Teil des nach dem Stadtentwicklungsplan Verkehr und dem Flächennutzungsplan des Beklagten vorgesehenen sog. mittleren Straßenrings, der im West- und Südteil der Stadt als Stadtautobahn (A 100) bereits vorhanden ist. Die A 100 soll im Anschluss an die planfestgestellte Neubaustrecke im 17. Bauabschnitt (17. BA) bis zur Frankfurter Allee fortgeführt werden; danach soll der mittlere Ring als Stadtstraße bis zum Straßenzug Osloer Straße/Seestraße vervollständigt werden. Der 17. BA der A 100 ist im Bedarfsplan des Bundes als Vorhaben des "weiteren Bedarfs" eingestuft; ein Planfeststellungsverfahren wurde insoweit noch nicht eingeleitet.

3

Die planfestgestellte Trasse verläuft nach dem Autobahndreieck Neukölln über eine Strecke von 385 m in einem Tunnel (Tunnel Grenzallee) und daran anschließend weitgehend in Troglage mit Unterführungen kreuzender Gleisanlagen der Fern- und der S-Bahn sowie der Straßen Sonnenallee, Dieselstraße und Kiefholzstraße. Das nachgeordnete Stadtstraßennetz wird über die Anschlussstellen Sonnenallee und Am Treptower Park an die A 100 angebunden. Die Anschlussstelle Am Treptower Park stellt das Ende des 16. BA der A 100 dar, die dort in die B 96a mündet.

4

Die Unterlagen zur Planfeststellung lagen nach vorheriger ortsüblicher Bekanntmachung im Zeitraum vom 9. März bis 9. April 2009 zur Einsicht aus. Der Erörterungstermin wurde in der Zeit vom 12. bis 27. November 2009 durchgeführt. Der Kläger erhob Einwendungen gegen das Vorhaben. Mit Datum vom 29. Dezember 2010 stellte der Beklagte den Plan für den Neubau des 16. BA der A 100 fest.

5

Der Kläger wendet sich insbesondere gegen Belastungen durch vorhabenbedingte Immissionen im Umfeld der Trasse. Die für die Einschätzung der Lärm- und Schadstoffbelastungen maßgebliche Prognose der künftigen Verkehrsmengen sei ebenso fehlerhaft wie die Lufthygienische Untersuchung und die Annahme, Überschreitungen der Grenzwerte für Luftschadstoffe könnten mit Mitteln der Luftreinhalteplanung vermieden werden. Zu Unrecht sei zugunsten des Vorhabens in die Abwägung eingestellt worden, dass die Belastung mit Verkehrslärm im Stadtgebiet infolge der Bündelungswirkung der Neubaustrecke insgesamt zurückgehen werde. Zu Lasten des Vorhabens hätte berücksichtigt werden müssen, dass die Knotenpunkte Am Treptower Park/Elsenstraße und Alt Stralau/Stralauer Allee/Markgrafendamm den Verkehr künftig nicht mehr bewältigen könnten und es daher regelmäßig zu Staus mit umfangreichen Ausweichverkehren in die umliegenden Stadtstraßen kommen werde. Es hätte näher geprüft werden müssen, ob die Variante einer Halbanschlussstelle nördlich der Spree zur Vermeidung unzumutbarer Schadstoffbelastungen in der Elsenstraße vorzugswürdig sei. Die schalltechnische Untersuchung (Lärmprognose) sowie die Summenpegelbetrachtung seien fehlerhaft erfolgt und das Lärmschutzkonzept sei nicht plausibel; es hätten weitergehende Maßnahmen aktiven Schallschutzes festgesetzt werden müssen.

6

Der Kläger beantragt,

den Planfeststellungsbeschluss des Beklagten für das Bauvorhaben "Neubau der Bundesautobahn A 100 zwischen Autobahndreieck Neukölln und Anschlussstelle Am Treptower Park in den Bezirken Neukölln und Treptow-Köpenick von Berlin" vom 29. Dezember 2010 i.d.F. vom 27./28. September 2012 aufzuheben,

hilfsweise, den Beklagten unter teilweiser Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses zu verpflichten, ihn hinsichtlich des Schutzes vor Immissionen erneut zu bescheiden.

7

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

8

Er tritt dem Vorbringen des Klägers im Einzelnen entgegen.

Entscheidungsgründe

9

A. Die Klage ist nach § 42 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 2 Abs. 1 UmwRG zulässig. Danach können Umweltvereinigungen, die - wie der Kläger - nach § 3 UmwRG anerkannt sind, unabhängig von der Möglichkeit einer Verletzung in eigenen Rechten gegen Entscheidungen nach § 1 Abs. 1 Satz 1 UmwRG klagen, wenn sie geltend machen, dass die Entscheidung Rechtsvorschriften widerspricht, die dem Umweltschutz dienen, Rechte Einzelner begründen und für die Entscheidung von Bedeutung sein können. Diese Voraussetzungen liegen vor.

10

I. Der Kläger beruft sich auf die Verletzung von Rechtsvorschriften, die i.S.d. § 2 Abs. 1 Nr. 1 UmwRG "dem Umweltschutz dienen".

11

Hierzu gehören nicht nur die für die naturschutzrechtliche Klagebefugnis von Verbänden nach § 64 BNatSchG relevanten Vorschriften zum Schutz von Natur und Landschaft. Die Klagebefugnis nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 UmwRG setzt voraus, dass es um eine Entscheidung nach § 1 Abs. 1 Satz 1 UmwRG geht. Nach dieser Vorschrift findet das Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz u.a. Anwendung auf Rechtsbehelfe gegen Entscheidungen i.S.v. § 2 Abs. 3 UVPG über die Zulässigkeit von Vorhaben, für die eine Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung bestehen kann. Das entspricht den Vorgaben des Art. 11 Abs. 1 UVP-RL - Richtlinie 2011/92/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten (ABl EG 2012 Nr. L 26 S. 1), vormals Art. 10a Abs. 1 der Richtlinie 85/337/EWG des Rates vom 27. Juni 1985 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten (ABl EG Nr. L 175 S. 40) -, dessen Umsetzung das Umweltrechtsbehelfsgesetz u.a. dient (vgl. BTDrucks 16/2495 S. 7 f.). Danach stellen die Mitgliedstaaten im Rahmen ihrer innerstaatlichen Rechtsvorschriften sicher, dass Mitglieder der betroffenen Öffentlichkeit Zugang zu einem Überprüfungsverfahren haben, um die materiellrechtliche und verfahrensrechtliche Rechtmäßigkeit von Entscheidungen, Handlungen oder Unterlassungen anzufechten, für die die Bestimmungen der Richtlinie über die Öffentlichkeitsbeteiligung gelten. Diese Koppelung der Klagebefugnis an das Recht, die Umweltverträglichkeit des Vorhabens überprüfen zu lassen, spricht dafür, den Begriff des Umweltschutzes i.S.d. § 2 Abs. 1 Nr. 1 UmwRG am Begriff der Umwelt i.S.d. Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung zu orientieren, zumal auch eine Verletzung der Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung selbst nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 UmwRG rügefähig ist, wie die auf die Sachprüfung bezogene Regelung des § 4 Abs. 1 UmwRG zeigt (vgl. zum Anwendungsbereich des § 4 Abs. 1 UmwRG Urteil vom 20. Dezember 2011 - BVerwG 9 A 30.10 - Buchholz 310 § 42 Abs. 2 VwGO Nr. 33 Rn. 20 ff.). Gegenstand der Umweltverträglichkeitsprüfung ist die Ermittlung, Beschreibung und Bewertung der Auswirkungen eines Vorhabens auf die "Umwelt" (§ 1 Nr. 1 UVPG). Die Prüfung umfasst nach § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 UVPG - neben zahlreichen anderen Schutzgütern - auch die Auswirkungen auf Menschen, einschließlich der menschlichen Gesundheit.

12

Ausgehend davon gehören zu den Rechtsvorschriften, deren Verletzung eine Vereinigung nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 UmwRG geltend machen kann, auch alle - drittschützenden - Vorschriften, die dem Schutz von Menschen vor schädlichen Immissionen zu dienen bestimmt sind (vgl. VGH Mannheim, Urteil vom 20. Juli 2011 - 10 S 2102/09 - ZUR 2011, 600 <601>; OVG Münster, Urteil vom 12. Juni 2012 - 8 D 38/08.AK - NuR 2012, 722 <723> jeweils m.w.N.). Die Klagebefugnis setzt ferner nicht voraus, dass die Rechtsvorschrift, deren Verletzung behauptet wird, ausschließlich dem Umweltschutz dient. Es genügt, wenn sie zumindest auch dem Umweltschutz zu dienen bestimmt ist (vgl. BTDrucks 16/2495 S. 12; Ziekow, NVwZ 2007, 259 <262>). Daher kann eine Vereinigung auch geltend machen, das - drittschützende - planungsrechtliche Abwägungsgebot sei wegen unzureichender Berücksichtigung von Belangen des Umweltschutzes verletzt (vgl. Urteil vom 19. März 2003 - BVerwG 9 A 33.02 - Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 173 für die naturschutzrechtliche Verbandsklage; Ziekow, a.a.O.).

13

Gemessen daran besteht kein Zweifel, dass der Kläger auch die Verletzung von Rechtsvorschriften geltend macht, die i.S.d. § 2 Abs. 1 Nr. 1 UmwRG dem Umweltschutz dienen. Das gilt etwa für die Rüge eines Verstoßes gegen § 41 BImSchG i.V.m. der Verkehrslärmschutzverordnung (16. BImSchV) wegen fehlerhafter Versagung weitergehenden aktiven Schallschutzes bzw. wegen unzureichender Ermittlung des zu erwartenden Verkehrslärms infolge einer mangelbehafteten Verkehrsprognose. Bezogen auf das Abwägungsgebot nach § 17 Satz 2 FStrG beruft sich der Kläger u.a. auf eine Fehlgewichtung der Schadstoffbelastungen infolge von Mängeln bei der Lufthygienischen Untersuchung, der Verkennung einer fehlenden Leistungsfähigkeit einiger Knotenpunkte oder des Ausschlusses bestimmter Trassenalternativen.

14

II. Auch die weiteren Voraussetzungen für eine Klagebefugnis nach nationalem Recht sind gegeben.

15

1. Die o.g. Rechtsvorschriften sind drittschützend, und die behauptete Verletzung derselben ist entscheidungserheblich. Soweit sich das Vorbringen des Klägers darüber hinaus auch auf die Verletzung nicht drittschützender Vorschriften erstreckt, die aus dem Unionsrecht hervorgegangen sind und den Umweltschutz bezwecken, kommt im Übrigen die Beschränkung auf drittschützende Vorschriften wegen des Anwendungsvorrangs des Art. 11 UVP-RL nicht in Betracht (vgl. EuGH, Urteil vom 12. Mai 2011 - Rs. C-115/09, Trianel - NJW 2011, 2779 Rn. 46; vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Dezember 2011 - BVerwG 9 A 31.10 - Buchholz 406.251 § 3c UVPG Nr. 3 Rn. 21).

16

2. Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss stellt eine Entscheidung i.S.v. § 2 Abs. 3 UVPG über die Zulassung eines Vorhabens dar, für das nach § 3 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 3b Abs. 1 Satz 1 UVPG und Nr. 14.3 der Anlage 1 zu diesem Gesetz eine Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung besteht. Der Kläger ist außerdem durch den angefochtenen Planfeststellungsbeschluss in seinem satzungsgemäßen Aufgabenbereich berührt (§ 2 Abs. 1 Nr. 2 UmwRG), weil zu diesem auch die "Lärmminderung" und die Wahrung "gesunder Lebensbedingungen" gehört. Schließlich war der Kläger zur Beteiligung am Verwaltungsverfahren berechtigt (vgl. § 17a FStrG i.V.m. § 73 VwVfG) und hat gemäß den geltenden Normen rechtzeitig Einwendungen erhoben (§ 2 Abs. 1 Nr. 3 UmwRG).

17

B. Die Klage ist mit ihrem auf die Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses gerichteten Hauptantrag unbegründet.

18

Das Vorbringen des Klägers deckt sich mit dem Vorbringen der vom Vorhaben mittelbar betroffenen Privatkläger im Verfahren BVerwG 9 A 20.11. Wie den nachfolgend genannten Gründen im Urteil des Senats vom heutigen Tag zu diesem Verfahren zu entnehmen ist, bleiben sämtliche auf eine Verletzung von dem "Umweltschutz" dienende Rechtsvorschriften i.S.d. § 2 Abs. 1 Nr. 1 UmwRG bezogenen Rügen, die eine - vollständige oder teilweise - Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses oder zumindest die Feststellung seiner Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit rechtfertigen könnten, ohne Erfolg. Ob sich der Kläger auch dasjenige Vorbringen der Kläger im Verfahren BVerwG 9 A 20.11 bzw. der enteignungsbetroffenen Kläger im Verfahren BVerwG 9 A 19.11 zu eigen macht, das sich nicht auf die Verletzung von zumindest auch dem Umweltschutz dienende Rechtsvorschriften bezieht, ist fraglich. Hierzu zählt etwa der Einwand, die Planrechtfertigung liege nicht vor, weil das Vorhaben weit überwiegend der Deckung des lokalen Verkehrsbedarfs diene und damit die Zielsetzung des § 1 Abs. 1 FStrG verfehle (vgl. Beschluss vom 28. Dezember 2009 - BVerwG 9 B 26.09 - Buchholz 406.400 § 61 BNatSchG 2002 Nr. 10 Rn. 7 f.). Gemäß § 2 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 UmwRG können solche Rügen, die keinen Bezug zu umweltrechtlichen Belangen aufweisen, der Klage von Vereinigungen nicht zum Erfolg verhelfen. Es spricht einiges dafür, dass auch Art. 11 Abs. 1 der UVP-RL bei zulässigen Klagen von Vereinigungen gegen Entscheidungen über die Zulassung von Vorhaben, die einer Umweltverträglichkeitsprüfung zu unterziehen sind, keine umfassende gerichtliche Kontrolle der Rechtmäßigkeit gebietet (vgl. dazu VGH Mannheim, Urteil vom 20. Juli 2011 a.a.O. S. 603 f. und OVG Münster, Urteil vom 12. Juni 2012 a.a.O. S. 731 m.w.N.). Dies bedarf jedoch vorliegend keiner Klärung. Denn aus den nachfolgend zitierten Gründen dringen auch etwaige Rügen des Klägers, die nicht auf eine Verletzung von zumindest auch dem Umweltschutz dienende Vorschriften gerichtet sind, nicht durch:

"1. Die Planrechtfertigung ist für das Vorhaben gegeben. Es ist im Bedarfsplan für die Bundesfernstraßen zum Fernstraßenausbaugesetz i.d.F. vom 20. Januar 2005 (BGBl I S. 201) - FStrAbG - als Vorhaben des vordringlichen Bedarfs enthalten und damit gemäß § 1 Abs. 2 Satz 1 FStrAbG gemessen an der Zielsetzung des § 1 Abs. 1 FStrG vernünftigerweise geboten. Die gesetzliche Feststellung des Bedarfs kann im gerichtlichen Verfahren nur beanstandet werden, wenn sie evident unsachlich ist (stRspr; vgl. Urteil vom 12. März 2008 - BVerwG 9 A 3.06 - BVerwGE 130, 299 Rn. 43). Bei dem Bedarf muss es sich um weiträumigen Verkehr handeln (vgl. § 1 Abs. 1 Satz 1 FStrG). Das schließt die Bündelung mit anderen, lokal oder regional ausgerichteten Zielen nicht aus. Auch ist es für Planungsabschnitte in innerstädtischen oder stadtnahen Lagen nicht untypisch und besagt daher nichts über eine evident unsachliche Bedarfsfeststellung, dass der Anteil des weiträumigen Verkehrs auf einer geplanten Bundesautobahn stark hinter dem lokalen Verkehrsanteil zurückbleibt. Verfehlt wäre eine Bedarfsfeststellung vielmehr erst dann, wenn es für die fernstraßenrechtliche Planung im Hinblick auf den weiträumigen Verkehr keinerlei nachvollziehbaren Bedarf gäbe (vgl. Beschluss vom 16. Januar 2007 - BVerwG 9 B 14.06 - Buchholz 407.4 § 1 FStrG Nr. 11 Rn. 7). Das kann hier schon deshalb nicht angenommen werden, weil eine Netzverknüpfung innerhalb des Fernstraßennetzes geplant ist, nämlich zwischen der A 100 (A 113, A 115) und der Bundesstraße B 96a. Folglich wird die A 100 im 16. BA auch weiträumigen Verkehr in nennenswertem Umfang aufnehmen, wovon die Kläger im Übrigen in anderem Zusammenhang selbst ausgehen.

2. Entgegen der Auffassung der Kläger wird kein unzulässiger Zwangspunkt geschaffen. Die Rechtsprechung zur Zwangspunktsetzung dient der Gewährung effektiven Rechtsschutzes. Danach kann sich ein Eigentümer gegen eine heranrückende Planung, die sein Grundstück noch nicht unmittelbar betrifft, zur Wehr setzen, wenn ein Zwangspunkt geschaffen wird, der im weiteren Planungsverlauf zwangsläufig dazu führen muss, dass er in seinen Rechten betroffen wird (Urteil vom 25. Januar 2012 - BVerwG 9 A 6.10 - NVwZ 2012, 567 Rn. 21). Dies verkennen die Kläger, wenn sie meinen, aufgrund des Vorhabens stehe zwangsläufig fest, dass die A 100 im nachfolgenden 17. BA oberirdisch fortgeführt werde, ohne dass die insoweit berührten Belange etwa im Hinblick auf vorzugswürdige Alternativen abgewogen worden seien. Denn sie haben nicht dargelegt, dass und auf welche Weise sie selbst im Folgeabschnitt nachteilig betroffen sein könnten. Davon abgesehen gibt es auch keine Anhaltspunkte für die behauptete Zwangspunktsetzung. Das gilt auch mit Blick auf das im Rahmen der Umgestaltung des Bahnhofs Ostkreuz errichtete "Vorsorgebauwerk A 100" zur Unterquerung der Stadtbahnstrecken.

3. Die Planfeststellung weist keinen offensichtlichen, für die Betroffenheit der Kläger erheblichen Mangel der nach § 17 Satz 2 FStrG gebotenen Abwägung auf, der auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen ist und nicht durch Planergänzung behoben werden kann (§ 17e Abs. 6 FStrG).

a) Ohne Erfolg rügen die Kläger, dass die Abschnittsbildung abwägungsfehlerhaft sei. Die Abschnittsbildung ist zulässig, wenn der jeweilige Teilabschnitt eine selbständige Verkehrsfunktion besitzt und der weiteren Verwirklichung des Vorhabens keine unüberwindlichen Hindernisse entgegenstehen (vgl. Urteil vom 30. Januar 2008 - BVerwG 9 A 27.06 - NVwZ 2008, 678 Rn. 41 § 17 fstrg nr. 195>). Danach kann die Abschnittsbildung hier nicht beanstandet werden. Die planfestgestellte Trasse ist schon wegen ihrer Verknüpfung mit dem umliegenden Straßennetz kein Planungstorso, sondern dient für sich genommen dem Verkehr. Dass der Fortführung der A 100 im 17. BA unüberwindliche Hindernisse entgegenstehen könnten, ist weder dargetan noch sonst ersichtlich.

b) Die der Abwägung der Immissionsschutzbelange zugrunde gelegte Prognose der künftigen Verkehrsmenge begegnet keinen durchgreifenden Bedenken.

Verkehrsprognosen unterliegen nur eingeschränkter gerichtlicher Kontrolle. Sie sind lediglich daraufhin zu überprüfen, ob sie methodisch einwandfrei erarbeitet worden sind, nicht auf unrealistischen Annahmen beruhen und ob das Prognoseergebnis einleuchtend begründet worden ist (stRspr; vgl. Urteil vom 12. August 2009 - BVerwG 9 A 64.07 - BVerwGE 134, 308 Rn. 96). Diesem Maßstab genügt die im Streitfall angegriffene Verkehrsprognose.

aa) Der methodische Ansatz der Verkehrsprognose ist vertretbar.

Ausweislich der Objektkonkreten Verkehrsprognose 2025, der Verkehrlichen Begründung 2025 sowie den nachvollziehbaren Erläuterungen des Beklagten im gerichtlichen Verfahren wurde bei der Erstellung der Verkehrsprognose wie folgt vorgegangen: In Einklang mit Ziffer 1.2.2 des Anhangs der Richtlinien für die Anlage von Straßen, Teil: Querschnitte, Ausgabe 1996 - RAS-Q 96 wurde auf der Grundlage des vierstufigen Personenverkehrsmodells des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) eine Modellprognose erstellt, wonach der künftige Verkehr auf der einzelnen Straße als abgeleitete Größe aus Strukturdaten etwa zur Einwohner- und Beschäftigtenentwicklung sowie anhand von Zähldaten zur vorhandenen Verkehrsstärke über die Stufen Verkehrserzeugung, Verkehrsverteilung, Verkehrsaufteilung und Wegewahl ermittelt wird. Grundlage war die im Auftrag der Berliner Verkehrsbetriebe erstellte Untersuchung der auf den Personenverkehr bezogenen Nachfrage durch das DIW unter Beiziehung der Matrix des Bundes zum Fernverkehr und eigener Daten zur Entwicklung des Wirtschaftsverkehrs. Außerdem wurden die Auswirkungen berücksichtigt, die sich aus den bereits abgeschlossenen und für den Prognosezeitraum 2025 geplanten Veränderungen im Straßennetz sowie den nach dem Stadtentwicklungsplan in Berlin beabsichtigten verkehrspolitischen Maßnahmen ergeben. Die Ergebnisse der Objektkonkreten Verkehrsprognose fanden Bestätigung beim Abgleich mit den Daten der Gemeinsamen Verkehrsprognose der Länder Berlin und Brandenburg 2025 und den anlässlich der Fortschreibung des Stadtentwicklungsplans Verkehr (Stand März 2011) gewonnenen aktuellen Erkenntnissen.

Die hiergegen von den Klägern vorgebrachten Rügen dringen nicht durch. Der Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung nachvollziehbar erläutert, wie die auf die Jahre 2020 bzw. 2030 bezogene Personenverkehrsprognose des DIW methodengerecht auf den hier maßgeblichen Prognosezeitraum 2025 übertragen wurde. Er hat ferner klargestellt, dass in das Prognosemodell nicht nur die Daten zum Personenverkehr aus der Untersuchung des DIW, sondern auch aus der Matrix des Bundes entnommene Daten zum Fernverkehr sowie aus der wirtschaftlichen Entwicklung abgeleitete Annahmen zum künftigen Wirtschaftsverkehr eingespeist wurden. Auch die Bewertung bedeutsamer Änderungen im Straßenverkehrsnetz - zu denen auch das Vorhaben selbst mit dem angestrebten Bündelungseffekt zählt - lässt keine Fehler erkennen. Ausweislich der Verkehrlichen Begründung für das Vorhaben und der Angaben des Beklagten ist als bereits abgeschlossene wichtige Baumaßnahme etwa die durchgängige Fertigstellung der A 113 neu in die Prognose eingeflossen. Berücksichtigt wurde ferner der Umstand, dass mit dem Flughafen Berlin Brandenburg International (BBI) künftig ein starker Verkehrserzeuger vorhanden sein wird. Soweit die Kläger in der der Verkehrlichen Begründung als Anhang beigefügten "Liste der im Prognoseplanfall 2025 berücksichtigten Ausbaumaßnahmen im Hauptverkehrsstraßennetz in Berlin und Brandenburg" den "Ausbau der A 114 von AD Pankow bis Landesgrenze Berlin" vermissen, hat der Beklagte unwidersprochen angegeben, dass eine solche Maßnahme nicht vorgesehen sei. Was etwa einen sechsstreifigen Ausbau der A 10 außerhalb von Berlin vom Autobahndreieck (AD) Pankow bis zum AD Havelland angeht, ist weder von den Klägern hinreichend dargetan noch sonst ersichtlich, dass eine solche Maßnahme den Verkehr auf der A 100 im 16. BA nennenswert beeinflussen könnte. Soweit die Kläger u.a. in diesem Zusammenhang darauf verweisen, dass es für den aus Richtung Dresden über die A 113 kommenden Durchgangsverkehr künftig attraktiv sein könnte, durch das Stadtgebiet über die A 113 neu, die A 100 und die A 114 nach Norden in Richtung Hamburg zu fahren, vermag dies nicht zu überzeugen. Eine Fortführung der Stadtautobahn im Anschluss an den bis zur Frankfurter Allee reichenden 17. BA ist weder bis zum Prognosejahr 2025 noch überhaupt vorgesehen, vielmehr soll der nördliche Außenring von da aus weiterhin nur über Stadtstraßen zu erreichen sein. Demgegenüber kann der von Süden kommende Durchgangsverkehr über die nach Nordwesten führende Stadtautobahn und die A 111 durchgängig auf Autobahnen in Richtung Norden gelangen, ohne dass diese Strecke erheblich länger wäre.

Dass sich der Beklagte nur hinsichtlich des Fernverkehrs auf die Daten der Bundesverkehrswegeplanung gestützt hat, ist nicht zu beanstanden. Zwar wäre es in methodischer Hinsicht problematisch, für ein einzelnes Projekt von den aus bundesweiten Strukturdaten und Verkehrsuntersuchungen abgeleiteten Daten der Bundesverkehrswegeplanung zur regionalen Entwicklung ohne Rücksicht auf die Konsistenz der Strukturdatenbasis abzuweichen (vgl. Urteile vom 18. März 2009 - BVerwG 9 A 39.07 - BVerwGE 133, 239 Rn. 110 und vom 9. Juni 2010 - BVerwG 9 A 20.08 - Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 208 Rn. 76 f.). Vorliegend wurden die Informationen des Bundesverkehrswegeplans jedoch nicht nur punktuell durch aktualisierte Daten ersetzt. Vielmehr hat der Beklagte aus der Erkenntnis heraus, dass die auf eine bundesweite Anwendung zielende Bundesverkehrswegeplanung für die Prognose speziell des Verkehrs auf einer Stadtautobahn keine zureichenden Daten liefern kann, von einer Anwendung der regionalisierten Informationen der Bundesverkehrswegeplanung abgesehen und stattdessen eine eigene Modellprognose vorgenommen, die auf die besonderen Verhältnisse im Stadtgebiet abstellt und bei der zudem die konkrete städtische Verkehrspolitik Berücksichtigung gefunden hat (vgl. bereits Urteile vom 23. November 2001 - BVerwG 4 A 46.99 - Buchholz 406.25 § 43 BImSchG Nr. 19 S. 43 f. und vom 13. Dezember 2001 - BVerwG 4 A 43.99 - BeckRS 2002, 20776). Eine solche Abweichung von der Bundesverkehrswegeplanung nach Maßgabe besserer Erkenntnisse steht in Einklang mit dem Abwägungsgebot. Dass sich die Daten aus der Fernverkehrsmatrix des Bundes nicht methodengerecht in die Modellprognose des Beklagten integrieren lassen, haben die Kläger nicht geltend gemacht.

Der Ansatz eines Faktors von 0,9 zur Umrechnung der durchschnittlichen werktäglichen Verkehrsstärke (DTVw) in die für den Lärmschutz maßgebliche durchschnittliche tägliche Verkehrsstärke (DTV) begegnet keinen Bedenken. Die Kläger machen zu Unrecht geltend, dieser Faktor sei zu niedrig bemessen, weil die sonntägliche Verkehrsstärke dann nur 56 % des werktäglichen Verkehrs betrage. Der Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung klargestellt, dass der DTVw-Wert nur die Zeit von Montag bis Freitag, nicht jedoch den Samstag umfasse. Damit entspricht der Faktor von 0,9 einer sonntäglichen Verkehrsstärke von 65 % im Vergleich zum werktäglichen Verkehr, was plausibel ist.

bb) Auch der Ansatz eines Lkw-Anteils > 2,8 t am DTV (Kfz/24 h) von 7,4 % für den Tag und für die Nacht ist nicht zu beanstanden.

Nach Tabelle A der Anlage 1 zu § 3 der Verkehrslärmschutzverordnung (16. BImSchV) beträgt der maßgebende Lkw-Anteil > 2,8 t am DTV für Bundesautobahnen tags (6 bis 22 Uhr) 25 % und nachts (22 bis 6 Uhr) 45 %. Hiervon kann nach der genannten Anlage abgewichen werden, sofern "geeignete projektbezogene Untersuchungsergebnisse" vorliegen. Solche Untersuchungsergebnisse müssen auf ausreichenden empirischen Erkenntnissen beruhen, aus denen in korrekter Weise Schlussfolgerungen für die zu beurteilende Situation gezogen werden; eine mathematisch "zwingende" Beweisführung ist nicht erforderlich (vgl. Urteil vom 11. Januar 2001 - BVerwG 4 A 13.99 - Buchholz 406.25 § 43 BImSchG Nr. 16 S. 17 f.). Gemessen daran weist die Prognose des Lkw-Anteils auf dem planfestgestellten Autobahnabschnitt keine Mängel auf.

Zwar weisen die Kläger zu Recht darauf hin, dass allein anhand der in den vorliegenden Planfeststellungsunterlagen enthaltenen Angaben nicht nachvollzogen werden kann, wie der Beklagte zu den abweichenden Lkw-Anteilen gelangt ist. In der Objektkonkreten Verkehrsprognose 2025 wird lediglich berichtet, dass die künftigen Schwerverkehrsanteile auf der Grundlage von - den Pkw- und den Lkw-Verkehr gesondert ausweisenden - Zähldaten auf der A 100 ermittelt worden seien. Im Folgenden wird dann nur das Ergebnis der Auswertung mitgeteilt. Diese Angaben lassen keine Schlüssigkeitsprüfung zu. Indes führt allein eine unzureichende Dokumentation der projektbezogenen Ermittlung der Lkw-Anteile nicht zu einem relevanten Rechtsfehler. Den einschlägigen Normen kann keine Rechtspflicht zur umfassenden Dokumentation "projektbezogener Untersuchungen" i.S.d. Anlage 1 zu § 3 der 16. BImSchV entnommen werden. Der Behörde ist es daher nicht verwehrt, die Plausibilität der für die Planung maßgeblichen abweichenden projektbezogenen Untersuchungsergebnisse nachträglich aufzuzeigen. Sie geht dabei allerdings das Risiko ein, dass ihr eine solche nachträgliche Darlegung gerade auch wegen der besonderen Komplexität, die den hierbei zu beurteilenden Sachverhalten regelmäßig zu eigen ist, nicht oder nicht vollständig gelingt.

Vorliegend hat der Beklagte noch schlüssig dargetan, dass die maßgeblichen Lkw-Anteile Ergebnis einer konsistenten und methodisch vertretbaren projektbezogenen Untersuchung sind (Schriftsätze vom 6. August 2012 und vom 14. September 2012 sowie Erläuterungen seitens der Fachbehörde und der Verkehrsmanagement Zentrale Berlin - VMZ - in der mündlichen Verhandlung). Danach wurden zunächst die auf DTVw von Kfz und Lkw > 3,5 t bezogenen Zähldaten der Stadtautobahn (A 100) des Jahres 2006 ausgewertet. Für die gesamte Stadtautobahn wurde daraus ein auf DTVw bezogener Lkw-Anteil > 3,5 t von 6,8 % hergeleitet. Das Ergebnis wurde anhand der DTVw-Werte der Verkehrsmengenkarte 2005 verifiziert. Für die A 100 im Bereich des AD Neukölln, also in unmittelbarer Nähe des Vorhabens, beträgt der Lkw-Anteil > 3,5 t am DTVw nach dieser Datengrundlage 5,9 %; auch in weiteren Abschnitten der A 100 liegt der Lkw-Anteil > 3,5 t danach unterhalb des projektkonkret ermittelten Anteils von 6,8 % am DTVw. Darüber hinaus überprüfte die VMZ die Richtigkeit des Lkw-Anteils im Auftrag des Vorhabenträgers anhand der Verkehrsmengenkarte 2009 mit dem Ergebnis, dass der Lkw-Anteil > 3,5 t am DTV für die Autobahnen im direkten Bereich des Vorhabens im Mittel 5,8 % und für vergleichbare Autobahnendstücke 5,2 % (A 100 zwischen Anschlussstelle - AS - Jakob-Kaiser-Platz bis AS Beusselstraße) bzw. 5,1 % (A 114 zwischen AS Bucher Straße bis AS Pasewalker Straße) beträgt ("Analyse der aktuellen Verkehrsdaten" im Schreiben der VMZ vom 15. Dezember 2010). Zur Bestimmung des Lkw-Anteils für den Tag und die Nacht wurde auf die auf einer Auswertung von Verkehrszählungen der Jahre 1997 bis 1999 beruhende Ermittlung der "maßgebenden Lkw-Anteile p im Berliner Straßennetz" zurückgegriffen und dieser Untersuchung entnommen, dass sich die Lkw-Anteile tags und nachts auf der Berliner Stadtautobahn "nicht signifikant" unterscheiden und daher einheitlich angesetzt werden können. Die Fachbehörde verifizierte diese Erkenntnis projektkonkret anhand der Zähldaten der A 100 des Jahres 2006 mit dem Ergebnis, dass sich die Tages- und Nachtanteile des Lkw-Verkehrs auch für diesen Zeitraum nur geringfügig unterscheiden. Sodann errechnete die Fachbehörde unter Anwendung eines von der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) genannten Umrechnungsfaktors von 1,17 den Lkw-Anteil > 2,8 t am DTVw mit aufgerundet 8 %. Diesem Wert wurde ein "Sicherheitszuschlag" von 1 % hinzugerechnet, um Prognoseunsicherheiten aufzufangen. Schließlich wurde zur Ermittlung des für den Lärmschutz maßgeblichen Lkw-Anteils > 2,8 t am DTV ein aus Zählergebnissen und Erfahrungswerten abgeleiteter Umrechnungsfaktor von 0,821 für den Lkw-Anteil > 2,8 t am DTVw angesetzt, so dass der maßgebende Lkw-Anteil p nach Anlage 1 zu § 3 der 16. BImSchV 7,4 % beträgt.

Dieses Vorgehen erscheint insgesamt plausibel. Dass für die Berliner Stadtautobahn, bei der es sich nicht um eine großräumige Autobahnverbindung außerhalb bebauter Gebiete handelt, geringere Lkw-Anteile p als die in Tabelle A der Anlage 1 zu § 3 der 16. BImSchV genannten Anteile gelten müssen, liegt auf der Hand. Selbst auf Autobahnabschnitten am Rande des Stadtgebiets, bei denen die Funktion der Erschließung stark bebauter Gebiete mit entsprechend hohem Pkw-Verkehr erheblich weniger ausgeprägt ist als bei dem hier vorliegenden innerstädtischen Autobahnendstück, werden die in Tabelle A genannten Lkw-Anteile deutlich unterschritten (vgl. Urteil vom 13. Dezember 2001 - BVerwG 4 A 43.99 - BeckRS 2002, 20776: 15 % tags und 20 % nachts auf der A 113 im Abschnitt zwischen AS Stubenrauchstraße und AS Adlershof). Die Einschätzung des Beklagten, dass der für das Vorhaben angesetzte Lkw-Anteil deshalb "auf der sicheren Seite" liegt, weil er erheblich höher ist als die Zählwerte, die für vergleichbare, in das Stadtstraßennetz mündende Autobahnabschnitte ermittelt wurden, ist gut nachvollziehbar. Die Plausibilität dieser Annahme zeigt auch die vom Beklagten im gerichtlichen Verfahren eingereichte "Untersuchung zum anzusetzenden Lkw-Anteil" der Ingenieurgesellschaft H.-L. vom 12. September 2012. Danach beträgt der Lkw-Anteil p > 2,8 t am DTV bei Auswertung der Straßenverkehrszählungen der BASt aus den Jahren 2005 und 2010 für Autobahnabschnitte mit vergleichbarer Netzfunktion wie das Vorhaben im Mittel 2,6 % tags und 4,4 % nachts bzw. 2,7 % tags und 4,3 % nachts; der höchste Tagwert liegt bei 4,2 % bzw. 4,7 % (A 100, Abschnitt zwischen AS Beusselstraße und AS Jakob-Kaiser-Platz) und der höchste Nachtwert bei 6,9 % (A 102, Abschnitt zwischen AD Tempelhof und AS Gradestraße) bzw. 8 % (wiederum A 100, Abschnitt zwischen AS Beusselstraße und AS Jakob-Kaiser-Platz). Für alle Autobahnabschnitte der A 100 ermittelte der Gutachter aus den genannten Zählungen der BASt den Lkw-Anteil > 2,8 t am DTV mit 4,2 % tags und 7,4 % nachts bzw. 4,2 % tags und 6,5 % nachts. Vor diesem Hintergrund erscheint insbesondere der Ansatz eines Lkw-Anteils > 2,8 t am DTV von 7,4 % für den Tag als worst-case-Betrachtung.

Den hiergegen gerichteten Einwänden der Kläger kann nicht gefolgt werden. Soweit sie darauf verweisen, dass der Bundesverkehrswegeplan 2003 für den sechsstreifigen Neubau der A 100 von einem Lkw-Anteil von 14 % für das Jahr 2015 ausgeht, führt dies nicht weiter. Wie bereits dargelegt, durfte der Beklagte annehmen, dass die aus bundesweiten Daten auf die Regionen "umgelegten" Werte der Bundesverkehrswegeplanung die besonderen Verhältnisse im Stadtgebiet von Berlin nicht zureichend widerspiegeln und daher jedenfalls für eine projektbezogene Prognose des Verkehrs zum Zweck der Lärmschutzplanung nicht geeignet sind. Ohne Erfolg rügen die Kläger, der Beklagte habe den Lkw-Anteil lediglich aus den vorliegenden Zähldaten bestimmt, jedoch keine auf das maßgebliche Jahr 2025 bezogene Prognose des Lkw-Anteils vorgenommen. Die Vertreterin der zuständigen Fachbehörde hat in der mündlichen Verhandlung dargelegt, dass die bedeutsamen Veränderungen im Straßennetz - hier insbesondere auch die durchgängige Fertigstellung der A 113 und die Auswirkungen des künftigen Flughafens BBI - sowie die zu erwartende wirtschaftliche und demografische Entwicklung und der Bündelungseffekt der neuen Trasse der A 100 in die Prognose des Lkw-Anteils eingeflossen sind. Dass die Fachbehörde dabei zu der Einschätzung gelangt ist, der Lkw-Anteil auf den mit dem Vorhaben vergleichbaren Autobahnabschnitten werde sich bis zum Jahr 2025 nicht wesentlich ändern, belegt entgegen der Auffassung der Kläger kein methodisch fehlerhaftes Vorgehen. Der Beklagte hat zur Bestätigung dieser Einschätzung eine retrospektive Betrachtung der Zähldaten vorgenommen, wonach der Lkw-Anteil auf den Abschnitten mit vergleichbarer Netzfunktion über einen langen Zeitraum hinweg stabil geblieben sei. Das ist nicht zu beanstanden. Die Kläger begründen ihre abweichende Bewertung des künftigen Lkw-Anteils vor allem damit, dass der Durchgangsverkehr über die Neubaustrecke der A 100 auf kurzem Wege durch das Stadtgebiet von Süden nach Norden gelangen könne; es sei zu erwarten, dass gerade Lkw während der Nachtzeit diese dann nicht belastete Strecke wählten. Wie bereits ausgeführt, ist diese Einschätzung angesichts der Möglichkeit, über den westlichen mittleren Ring und die A 111 durchgängig auf Autobahnen auf den nördlichen äußeren Ring zu gelangen, nicht überzeugend. Die der Planung zugrunde gelegten Lkw-Anteile werden auch nicht durch höhere Lkw-Anteile auf der A 113 (vgl. Kleine Anfrage vom 1. März 2011, Drucks. 16/15246 des Abgeordnetenhauses Berlin) in Frage gestellt. Denn die A 113 erfüllt als stadtauswärts bzw. auf den im Westen durchgängig vorhandenen mittleren Ring führende Autobahn eine deutlich stärkere Funktion als großräumige Straßenverbindung als das planfestgestellte innerstädtische Autobahnendstück der A 100. Im Übrigen liegt der Lkw-Anteil auf dem Abschnitt zwischen dem AD Neukölln und der AS Späthstraße, der dem Vorhaben am nächsten liegt, mit einem Wert für den Lkw-Anteil > 3,5 t am DTVw von 6,9 % bzw. für den Lkw-Anteil > 2,8 t am DTV von rund 6,6 % immer noch deutlich unter dem für die A 100 im 16. BA prognostizierten Lkw-Anteil.

Die Umrechnung des Lkw-Anteils > 3,5 t in den maßgeblichen Lkw-Anteil > 2,8 t mit dem Faktor 1,17 lässt entgegen der Auffassung der Kläger ebenfalls keinen Abwägungsfehler erkennen. Zwar ist bereits geraume Zeit vergangen, seit die BASt diesen Umrechnungsfaktor aus den bundesweiten Bestandsdaten des Kraftfahrtbundesamtes abgeleitet hat. Auch hat die Vertreterin der zuständigen Fachbehörde in der mündlichen Verhandlung eingeräumt, dass es möglich gewesen wäre, den Umrechnungsfaktor anhand der zum Planungszeitpunkt vorliegenden Bestandsdaten des Kraftfahrtbundesamtes zu aktualisieren. Sie hat jedoch weiter ausgeführt, dass kein regionalisierter Umrechnungsfaktor gebildet werden könne, weil sich den auf die formale Zulassung der Fahrzeuge bezogenen Bestandsdaten des Kraftfahrtbundesamtes nicht entnehmen lasse, wie hoch der tatsächliche Anteil des Schwerlastverkehrs in Berlin sei. Daher sei der Sicherheitszuschlag von 1 % auf den Lkw-Anteil > 2,8 t am DTVw angesetzt worden, um die mit der Verwendung des bundesweiten Umrechnungsfaktors von 1,17 verbundenen Prognoseunsicherheiten aufzufangen. Ein solches Vorgehen für den Fall nicht weiter auflösbarer Unwägbarkeiten ist sachgerecht. Der Beklagte hat diese Methodik auch nicht dadurch selbst in Frage gestellt, dass die VMZ bei der Verifizierung des prognostizierten Lkw-Anteils anhand der Verkehrsmengenkarte 2009 einen Umrechnungsfaktor von 1,28 angewandt hat. Wie in der mündlichen Verhandlung deutlich wurde, ist die Verwendung des höheren Umrechnungsfaktors nicht besseren Erkenntnissen geschuldet, sondern diente angesichts der in der Fachwelt geführten Diskussion über die Richtigkeit des von der BASt vorgegebenen Faktors der Prüfung, welchen Spielraum der Sicherheitszuschlag von 1 % insoweit eröffnet. Dies zeigt das Ergebnis der Prüfung. Denn bei Ansatz eines Umrechnungsfaktors von 1,28 ergibt die Auswertung der Zähldaten aus der Verkehrsmengenkarte 2009 den für die Planung maßgeblichen Lkw-Anteil > 2,8 t am DTV von 7,4 %, wenn von einem Sicherheitszuschlag abgesehen wird.

Nicht zu beanstanden ist schließlich der Faktor von 0,821 zur Umrechnung des Lkw-Anteils > 2,8 t am DTVw in den auf DTV bezogenen Anteil. Die Kläger stützen ihre Zweifel an der Richtigkeit dieses Faktors wohl darauf, dass er von dem Faktor von 0,9 abweicht, mit dem die auf den DTVw bezogene "allgemeine" Verkehrsstärke in den DTV-Wert umgerechnet wurde. Es liegt jedoch auf der Hand, dass der Faktor zur Ermittlung des Lkw-Anteils am DTV niedriger sein muss, weil für Lkw ein Fahrverbot an Sonn- und Feiertagen gilt.

Nach allem ist es den Klägern nicht gelungen, die auf einer Einschätzung der zuständigen fachtechnischen Behörde beruhende Prognose des für den Lärmschutz maßgeblichen Lkw-Anteils zu erschüttern. Daher sieht der Senat keinen Anlass, das von den Klägern beantragte Sachverständigengutachten zum Beweis der Behauptung einzuholen, dass sich "unter Einbeziehung aller relevanten Einflussfaktoren bis zum Jahr 2025" ein höherer Lkw-Anteil > 2,8 t als 7,4 % ergebe (vgl. Urteil vom 6. Februar 1985 - BVerwG 8 C 15.84 - BVerwGE 71, 38 <45>; Beschluss vom 4. Januar 2007 - BVerwG 10 B 20.06 - Buchholz 310 § 86 Abs. 1 VwGO Nr. 353 S. 5 m.w.N.; stRspr).

c) Es ist nicht erkennbar, dass die Abwägung auf einer fehlerhaften Untersuchung und Bewertung der Schadstoffbelastungen beruht.

aa) Die Kläger sind der Auffassung, es müssten geeignete Vorkehrungen getroffen werden um sicherzustellen, dass die prognostizierten Überschreitungen der Grenzwerte der Verordnung über Luftqualitätsstandards und Emissionshöchstmengen (39. BImSchV) nicht eintreten. Dem kann nicht gefolgt werden.

Die Einhaltung der Grenzwerte der 39. BImSchV ist keine Rechtmäßigkeitsvoraussetzung für die Planfeststellung eines Straßenbauvorhabens, weil Grenzwertüberschreitungen nach dem System der Luftreinhalteplanung (vgl. § 47 BImSchG, § 27 der 39. BImSchV) unabhängig von den Immissionsquellen zu vermeiden sind. Allerdings ist das Gebot der Konfliktbewältigung als Ausformung des Abwägungsgebots verletzt, wenn die Planfeststellungsbehörde das Vorhaben zulässt, obgleich absehbar ist, dass seine Verwirklichung die Möglichkeit ausschließt, die Einhaltung der Grenzwerte mit den Mitteln der Luftreinhalteplanung in einer mit der Funktion des Vorhabens zu vereinbarenden Weise zu sichern. Das ist insbesondere der Fall, wenn die von einer planfestgestellten Straße herrührenden Immissionen bereits für sich genommen die maßgeblichen Grenzwerte überschreiten. Von diesem Fall abgesehen geht der Gesetzgeber davon aus, dass sich die Einhaltung der Grenzwerte mit den Mitteln der Luftreinhalteplanung sichern lässt. Für die Annahme, dass dies nicht möglich ist, müssen deshalb besondere Umstände vorliegen (vgl. Urteile vom 26. Mai 2004 - BVerwG 9 A 6.03 - BVerwGE 121, 57 <60 ff.> und vom 12. August 2009 - BVerwG 9 A 64.07 - BVerwGE 134, 308 Rn. 106 f.). Gemessen daran genügt die Planung dem Gebot der Konfliktbewältigung.

Dass die vorhabenbedingten Immissionen nicht bereits für sich genommen höher sind als die Grenzwerte, ist zwischen den Beteiligten unstreitig. Die Kläger meinen jedoch unter Bezugnahme auf die Stellungnahme der Immissionsschutzbehörde des Beklagten im Anhörungsverfahren vom 5. November 2009, dass die Luftreinhalteplanung in Berlin ihre Möglichkeiten bereits ausgeschöpft habe und daher nichts mehr zu einer Vermeidung der prognostizierten Grenzwertüberschreitungen beitragen könne. Dafür lässt sich indes der genannten Stellungnahme nichts entnehmen. Dort wird ausdrücklich angemerkt, dass im Falle von Grenzwertüberschreitungen verkehrliche Maßnahmen erforderlich wären. Soweit die Immissionsschutzbehörde in ihrer Stellungnahme davon ausgeht, dass solche verkehrlichen Maßnahmen nicht im Rahmen der Luftreinhalteplanung, sondern nur durch die Verkehrsbehörden vorgenommen werden können, hat sie übersehen, dass gemäß § 47 Abs. 4 Satz 2 BImSchG in Luftreinhalteplänen im Einvernehmen mit den zuständigen Straßenbau- und Straßenverkehrsbehörden auch "Maßnahmen im Straßenverkehr" festgelegt werden können (vgl. auch § 40 BImSchG). Auch sonst sind keine "besonderen Umstände" erkennbar, die eine Bewältigung von Grenzwertüberschreitungen mit den Mitteln der Luftreinhalteplanung ausnahmsweise als ausgeschlossen erscheinen lassen. Im Planfeststellungsbeschluss (S. 246) werden mehrere auf das gesamte Stadtgebiet bezogene Maßnahmen genannt, so zum Beispiel die Sperrung der Innenstadt für bestimmte Kraftfahrzeuge mit hohen Abgaswerten. Die Kläger zeigen nicht auf, dass diese Maßnahmen nicht geeignet sind, die Hintergrundbelastung im Stadtgebiet zu senken. Zudem hat der Beklagte in der mündlichen Verhandlung eine Reihe von unmittelbar auf die Trasse bezogener verkehrlicher Maßnahmen genannt wie beispielsweise eine weitere Optimierung der Lichtsignalanlagen oder die Anbringung von "Umweltmodulen", die bei bestimmten Messwerten eine Steuerung des Verkehrs zum Zweck der Abgassenkung auslösen, ferner mit den Planzielen vereinbare temporäre Beschränkungen des Lkw-Verkehrs und der Fahrgeschwindigkeit. Schließlich werden im Planfeststellungsbeschluss (S. 171) mögliche Maßnahmen zum Schutz der Innenwohnräume aufgeführt. Auch insoweit ist weder von den Klägern dargelegt noch sonst erkennbar, dass solche Maßnahmen mit der Funktion des Vorhabens nicht vereinbar oder untauglich sind.

bb) Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass bei der Beurteilung der Schadstoffbelastung kritische Bereiche ausgespart wurden.

Die in der 39. BImSchV festgelegten Luftschadstoffgrenzwerte dienen dem Schutz der menschlichen Gesundheit. Daher ist entscheidend, ob sie in der konkreten Schadstoffsituation, der Menschen an bestimmten Stellen ausgesetzt sind, eingehalten werden, und nicht, ob dies im Gesamtgebiet flächendeckend oder im Durchschnitt der Fall ist (vgl. Urteil vom 26. Mai 2004 a.a.O. S. 60 f.). Diese Anforderung erfüllt die der Planung zugrunde gelegte Lufthygienische Untersuchung (LU).

Die Kläger sind der Auffassung, nach Anlage 3 zur 39. BImSchV sei die Schadstoffbelastung nur für solche Bereiche nicht zu beurteilen, die zum Aufenthalt für Menschen nicht geeignet seien. Daher hätte nicht nur die Belastung an den Hausfassaden, sondern auch die des Luftraums über den Gehwegen ermittelt werden müssen. Gerade die am höchsten belasteten Bereiche seien somit ausgeblendet worden. Dem kann nicht gefolgt werden. Es trifft nicht zu, dass die Schadstoffbelastung für alle zum Aufenthalt von Menschen geeignete Bereiche zu berechnen ist. Zwar werden in Abschnitt A Nr. 2 Buchst. a) und c) der Anlage 3 zur 39. BImSchV bestimmte nicht dem Aufenthalt von Menschen dienende Orte genannt, für die generell keine Beurteilung der Schadstoffbelastung vorzunehmen ist. Daraus folgt indes nicht, dass alle übrigen Bereiche zu untersuchen sind. Vielmehr ist die Luftqualität an den übrigen Orten gemäß Abschnitt A Nr. 1 der Anlage 3 zur 39. BImSchV nach den in den Abschnitten B und C für die Lage der Probenahmestellen für ortsfeste Messungen festgelegten Kriterien zu beurteilen; das gilt auch, soweit die Luftqualität - wie hier - durch Modellrechnungen beurteilt wird. Nach Abschnitt B Nr. 1 Buchst. a) erster Spiegelstrich der Anlage 3 zur 39. BImSchV ist die Belastung derjenigen Bereiche zu beurteilen, "in denen die höchsten Werte auftreten, denen die Bevölkerung wahrscheinlich ... über einen Zeitraum ausgesetzt sein wird, der im Vergleich zum Mittelungszeitraum der betreffenden Immissionsgrenzwerte signifikant ist". Maßgebliches Kriterium für die Festlegung des Untersuchungsbereichs ist also das Verhältnis der Aufenthaltsdauer von Menschen zum Mittelungszeitraum des jeweils zu beurteilenden Grenzwerts; diese Aufenthaltsdauer muss einen "signifikanten" Anteil am Mittelungszeitraum ausmachen. Da die Grenzwerte dem Schutz der menschlichen Gesundheit dienen, kommt es auf die Belastung des einzelnen Menschen und damit auf dessen typische Aufenthaltsdauer an, und nicht auf den Zeitraum, in dem wechselndes Publikum vorhanden ist. Danach sind selbst bezogen auf Grenzwerte mit dem geringsten Mittelungszeitraum von einer Stunde (vgl. §§ 2 f. der 39. BImSchV) nur solche Bereiche zu untersuchen, in denen der Einzelne nicht nur für einen kurzen Moment, sondern "über einen längeren Zeitraum" Schadstoffen ausgesetzt ist (vgl. Urteil vom 26. Mai 2004 a.a.O. S. 60 f.). Die Luftqualität über Gehwegen ist mithin dann nicht zu beurteilen, wenn dort lediglich ständig wechselnder Fußgängerverkehr stattfindet. Anderes gilt abhängig vom Mittelungszeitraum des jeweiligen Grenzwerts für Gehwege, auf denen sich etwa "Schankvorgärten" von Gaststätten befinden, wie dies die Kläger für die Elsenstraße behaupten.

Unabhängig davon wurde die Luftqualität nach den unbestrittenen Angaben des Gutachters in der mündlichen Verhandlung vorliegend nicht nur bezogen auf die Hausfassaden, sondern im Rahmen einer zusätzlichen Untersuchung flächenhaft - und damit unter Einschluss der Gehwegbereiche - anhand eines mikroskaligen Ausbreitungsmodells (MISKAM) berechnet (vgl. LU S. 97 f. und ergänzende Stellungnahme der Immissionsschutzbehörde vom 5. November 2009).

cc) Zu Unrecht rügen die Kläger, sowohl die Vorbelastung (Hintergrundbelastung) mit Schadstoffen als auch die meteorologischen Verhältnisse hätten grundstücksbezogen beurteilt werden müssen.

In der Rechtsprechung des Senats ist geklärt, dass vom Vorhabenträger nicht gefordert werden kann, eigene jahrelange Messungen vorzunehmen, um die Vorbelastung an Ort und Stelle grundstücksbezogen analysieren zu können. Soweit für die Vorbelastung im Untersuchungsgebiet Messdaten nicht zur Verfügung stehen, kann daher auf über die Jahre hin erhobene Messdaten anderer geeigneter Messstationen zurückgegriffen werden. Dabei muss die Auswahl der berücksichtigten Messstationen den örtlichen Verhältnissen Rechnung tragen (vgl. Urteile vom 18. März 2009 - BVerwG 9 A 39.07 - Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 201 Rn. 126 und vom 9. Juni 2010 - BVerwG 9 A 20.08 - Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 208 Rn. 129). Nichts anderes kann gelten, soweit keine Messungen zu den für die grundstücksbezogene Beurteilung der Luftqualität relevanten lokalen Luftströmungen vorliegen. Auch insoweit kann aus vorhandenen meteorologischen Daten auf die örtlichen Verhältnisse geschlossen werden, um aufwändige Messungen vor Ort zu vermeiden.

Ausgehend davon kann die Beurteilung der Luftqualität im Untersuchungsgebiet nicht beanstandet werden. Zur Ermittlung der Vorbelastung wird in der LU (S. 15) ausgeführt, dass für das Untersuchungsgebiet selbst keine flächendeckenden Messdaten über die Luftschadstoffbelastungen vorliegen, dass die vorhandenen Hintergrundbelastungsrechnungen jedoch für Berlin räumlich differenzierte Aussagen zur Vorbelastung - auch des Untersuchungsgebiets - erlauben. Die Richtigkeit dieser vom Gutachter des Beklagten in der mündlichen Verhandlung näher erläuterten Angabe wird von den Klägern nicht substantiiert in Abrede gestellt. Soweit sie eine Verifizierung der auf diese Weise errechneten Vorbelastung im Untersuchungsgebiet durch einzelne Messungen vermissen, hat der Gutachter in der mündlichen Verhandlung dargelegt, dass solche Messungen aufwändig wären und über einen Zeitraum von mindestens einem Jahr stattfinden müssten. Dies kann vom Vorhabenträger nicht verlangt werden, zumal die Datenlage für Berlin nach den Ausführungen des Gutachters in der mündlichen Verhandlung "komfortabel" ist und relativ genaue Aussagen zur örtlichen Vorbelastung zulässt. Die im Trassenbereich vorherrschenden bodennahen Strömungen wurden ausweislich der LU (S. 20 ff.) aus einer Ausbreitungsklassenstatistik abgeleitet, die sich auf langjährige meteorologische Daten der Messstation Berlin-Grunewald stützt. Diese Werte wurden zudem an die aus klimatischen Modellrechnungen bekannten spezifischen Strömungsverhältnisse im Untersuchungsgebiet bei Inversionswetterlagen angepasst. Der Gutachter hat ergänzend in der mündlichen Verhandlung ausgeführt, dass aufgrund der homogenen Topografie vor Ort die Strömungsverhältnisse auf diese Weise relativ genau erfasst werden könnten. Von größerem Einfluss im innerstädtischen Bereich seien die Gebäudeverhältnisse, die jedoch bereits im Rahmen der Berechnungsmodelle berücksichtigt würden. Eine grundstücksbezogene Ermittlung der lokalen Strömungen würde mehrjährige Messungen an Ort und Stelle voraussetzen. Die Kläger sind diesen nachvollziehbaren Darlegungen nicht substantiiert entgegengetreten.

dd) Die Kläger weisen ferner darauf hin, dass nach der LU die Schadstoffbelastung im Bereich Elsenstraße/Am Treptower Park für den Planfall 16. BA 2025 geringer sei als für den Nullfall 2025, obwohl für den Planfall eine deutlich höhere Verkehrsbelastung erwartet werde. Daran werde die fehlende Plausibilität der LU erkennbar. Dem kann aufgrund der Erläuterungen des Gutachters des Beklagten in der mündlichen Verhandlung nicht gefolgt werden. Danach wurde ursprünglich tatsächlich angenommen, dass die Schadstoffbelastung im Planfall trotz höherer Verkehrsbelastung geringer sei, weil der Verkehrsfluss infolge der im Planfeststellungsbeschluss festgesetzten Steuerung der Lichtsignalanlagen ("Grüne Welle") besser sei als im Nullfall. Der Planfeststellung sei jedoch dann eine höhere Schadstoffbelastung im Planfall 16. BA 2025 zugrunde gelegt worden, weil die Entlastung durch den besseren Verkehrsfluss die Belastung durch den höheren Verkehr weder überwiege noch kompensiere. Dies erscheint plausibel.

Hinsichtlich der sonstigen auf die LU bezogenen Rügen der Kläger hat entweder der Gutachter in der mündlichen Verhandlung die Vertretbarkeit der LU plausibel dargelegt (insbesondere Hintergrundbelastung Benzo(a)pyren, 98-Perzentilwert, Berücksichtigung der Bebauung bei der Ausbreitungsrechnung), oder es fehlt - auch mit Blick auf die Erläuterungen in der LU - an hinreichend substantiiertem bzw. schlüssigem Vorbringen.

d) Ohne Erfolg wenden die Kläger ein, zulasten des Vorhabens hätte berücksichtigt werden müssen, dass die Knotenpunkte Am Treptower Park/Elsenstraße sowie Alt Stralau/Stralauer Allee/Markgrafendamm den prognostizierten Verkehr nicht bewältigen könnten, was erhebliche Ausweichverkehre in die umliegenden Stadtstraßen und höhere Belastungen mit Luftschadstoffen zur Folge haben werde.

Die Verkehrsabläufe im Bereich der genannten Knotenpunkte wurden im Auftrag des Beklagten fachlich untersucht. Wie der Verkehrsgutachter des Beklagten in der mündlichen Verhandlung erläuterte, liegt der Beurteilung der Leistungsfähigkeit der Knotenpunkte die im Planfeststellungsbeschluss angeordnete Koordinierung der Lichtsignalanlagen untereinander ("Grüne Welle") und der dadurch ausgelöste Verkehrsfluss zugrunde. Danach seien die Knotenpunkte leistungsfähig, was die Simulation des künftigen Verkehrs bestätigt habe. Würden die einzelnen Knotenpunkte hingegen gemäß dem vereinfachten Modell des Handbuchs für die Bemessung von Straßenverkehrsanlagen (HBS) isoliert betrachtet und eine durch Koordinierung der Lichtsignalanlagen unbeeinflusste Normalverteilung des Verkehrs unterstellt, fehle es tatsächlich an einer hinreichenden Leistungsfähigkeit. Eine solche Betrachtung werde jedoch dem tatsächlichen Zufluss des Verkehrs an den Knotenpunkten nicht gerecht, da sie die Effekte der Koordinierung der Lichtsignalanlagen ausblende.

Die im Auftrag des Bezirkes Friedrichshain-Kreuzberg erstellte und von den Klägern vorgelegte fachliche Beurteilung der Leistungsfähigkeit durch das Büro D. lässt nicht erkennen, dass die der Planfeststellung zugrunde gelegte fachtechnische Einschätzung grobe, offen erkennbare Mängel oder unlösbare Widersprüche aufweist oder von unzutreffenden sachlichen Voraussetzungen ausgeht (vgl. Urteil vom 3. März 2011 - BVerwG 9 A 8.10 - BVerwGE 139, 150 Rn. 81). Ausweislich der von den Klägern vorgelegten Untersuchung wurde jeder Knotenpunkt einzeln ohne Rücksicht auf die geplante Koordinierung der Lichtsignalanlagen betrachtet und auf dieser Grundlage deren fehlende Leistungsfähigkeit festgestellt. Daraus wird dann geschlossen, dass eine Koordinierung der Strecke nicht sinnvoll sei, weil die Leistungsfähigkeit bei einer Koordinierung im Allgemeinen weiter sinke. Diese Einschätzung beruht hinsichtlich der Berücksichtigung der angeordneten Koordination der Lichtsignalanlagen auf einem anderen methodischen Ansatz als die der Planfeststellung zugrunde gelegte Bewertung. Dass fachliche Einschätzungen bei unterschiedlicher Methodik zu unterschiedlichen Ergebnissen gelangen, versteht sich von selbst und besagt für sich genommen nichts über die Plausibilität der jeweiligen Untersuchung. Soweit die Kläger geltend machen, dass auch der Knotenpunkt A 100/Am Treptower Park nicht hinreichend leistungsfähig sei, können sie sich schon nicht auf die Untersuchung des Büros D. berufen. Dort wird die Leistungsfähigkeit dieses Knotenpunktes vielmehr ausdrücklich bejaht. Nach allem besteht kein Anlass, das von den Klägern beantragte Sachverständigengutachten zum Beweis der Behauptung einzuholen, die Knotenpunkte A 100/Am Treptower Park, Am Treptower Park/Elsenstraße und Elsenstraße/Stralauer Allee/Markgrafendamm seien im Planfall verkehrlich überlastet und könnten durch Koordinierung nicht funktionsfähig gemacht werden. Im Übrigen haben die Kläger auch nicht dargelegt, weshalb die Beweisfrage nicht bereits aufgrund der von ihnen hierzu vorgelegten fachlichen Untersuchung abschließend geklärt ist (vgl. Beschluss vom 5. Dezember 2008 - BVerwG 9 B 28.08 - Buchholz 406.25 § 50 BImSchG Nr. 6 Rn. 5).

e) In die Abwägung durfte zugunsten des Vorhabens eingehen, dass die Belastung mit Verkehrslärm in der Umgebung der Trasse durch Verlagerungen des Verkehrs aus den vom nachgeordneten Straßennetz erschlossenen dicht bewohnten Stadtgebieten auf die Stadtautobahn insgesamt zurückgehen wird. Die gegen diese Annahme gerichteten Rügen der Kläger können nicht durchdringen.

In die Modellprognose der künftigen Verkehrsbelastung wurden die wegen der vorhabenbedingt kürzeren Reisezeit zu erwartenden Verlagerungen des Verkehrs vom öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) auf den motorisierten Individualverkehr (MIV) ebenso eingespeist und damit bei der Bilanzierung des Verkehrslärms berücksichtigt wie der Umstand, dass infolge der attraktiveren Verkehrsverhältnisse die Fahrstrecken im Durchschnitt länger werden (Anteil dieses Verkehrs insgesamt etwa zwischen 2,5 % und 5 % am prognostizierten Verkehr auf dem planfestgestellten Abschnitt). Die entsprechenden nachvollziehbaren Erläuterungen der Vertreterin der zuständigen Fachbehörde haben die Kläger nicht substantiiert angegriffen. Soweit die Kläger vorbringen, die Belastungen durch das Vorhaben selbst seien nicht in die Bilanzierung einbezogen worden, übersehen sie, dass dies nach den eingehenden Darlegungen des Planfeststellungsbeschlusses (S. 167 ff.) nicht zutrifft. Bei der Abwägung wurde außerdem beachtet, dass die eine Gesundheitsgefahr durch Lärm anzeigenden Schwellenwerte infolge des Vorhabens erstmals überschritten werden können oder eine bereits hohe Vorbelastung noch erhöht werden kann.

Es ist vertretbar, diesem Aspekt deshalb kein eigenständiges Gewicht beizumessen, weil es wegen des angeordneten passiven Schallschutzes tatsächlich nicht zu Gesundheitsgefährdungen kommt (vgl. Planfeststellungsbeschluss S. 167 und 169). Zu Unrecht machen die Kläger geltend, dass bei der Lärmbilanzierung der vorhabenbedingte Verkehrszuwachs im Stadtteil Friedrichshain ausgeblendet worden sei. Nach den vorliegenden Unterlagen (Imelmann, Schalltechnischer Bericht Nr. 293.4 Ordner "Abwägungsmaterial/zusätzliche Unterlagen" S. III 2078 ff. und S. III 2083) wurden auch die Auswirkungen des Vorhabens auf das Stadtgebiet Friedrichshain untersucht und etwa für das Boxhagener Viertel ein deutlicher Anstieg des Verkehrslärms angenommen und in die Gesamtbetrachtung der durch das Vorhaben bewirkten Be- und Entlastungen einbezogen. Die Lärmbilanzierung beruht ferner nicht auf widersprüchlichen Grundannahmen zur Wahrnehmbarkeit von Lärmänderungen, vielmehr wurde ausweislich des Planfeststellungsbeschlusses (S. 165 f.) eine einheitliche Hörbarkeitsschwelle von rund 1 dB(A) zugrunde gelegt. Schließlich ist bei der Bewertung der Entlastungswirkungen nicht außer Acht gelassen worden, dass es vorhabenbedingt zu Verlagerungen vom ÖPNV auf den MIV kommen wird. Wie die Vertreterin der zuständigen Fachbehörde in der mündlichen Verhandlung unwidersprochen ausgeführt hat, werde dadurch der Erhalt und Ausbau eines leistungsfähigen und attraktiven ÖPNV nicht vereitelt, vielmehr sei vorgesehen, das System des ÖPNV im Zuge des Vorhabens zu verbessern.

f) Abwägungsfehler bei der Trassenwahl sind nicht zutage getreten.

Bei der Zusammenstellung des Abwägungsmaterials müssen alle ernsthaft in Betracht kommenden Alternativlösungen berücksichtigt werden und mit der ihnen zukommenden Bedeutung in die vergleichende Prüfung der jeweils berührten öffentlichen und privaten Belange eingehen. Die Behörde braucht den Sachverhalt dabei nur so weit zu klären, wie dies für eine sachgerechte Entscheidung und eine zweckmäßige Gestaltung des Verfahrens erforderlich ist; Alternativen, die ihr aufgrund einer Grobanalyse als weniger geeignet erscheinen, darf sie schon in einem frühen Verfahrensstadium ausscheiden. Die dann noch ernsthaft in Betracht kommenden Trassenalternativen müssen im weiteren Planungsverfahren detaillierter untersucht und verglichen werden. Die Grenzen der planerischen Gestaltungsfreiheit bei der Trassenwahl sind nur dann überschritten, wenn der Behörde beim Auswahlverfahren infolge einer fehlerhaften Ermittlung, Bewertung oder Gewichtung einzelner Belange ein rechtserheblicher Fehler unterlaufen ist oder wenn eine andere als die gewählte Trassenführung sich unter Berücksichtigung aller abwägungserheblichen Belange eindeutig als die bessere, weil öffentliche und private Belange insgesamt schonendere hätte aufdrängen müssen (vgl. Urteil vom 3. März 2011 a.a.O. Rn. 65 f.; stRspr). Gemessen an diesen Grundsätzen erweist sich die Trassenwahl nicht als fehlerhaft.

aa) Die Behörde hat die von den Klägern im gerichtlichen Verfahren im Einzelnen dargelegte Variante einer Halbanschlussstelle Am Treptower Park für den Nord-Süd-Verkehr und einer weiteren Halbanschlussstelle Stralauer Allee nördlich der Spree für den Süd-Nord-Verkehr anstelle der planfestgestellten (Voll-)Anschlussstelle Am Treptower Park im Verwaltungsverfahren keiner näheren Untersuchung unterzogen. Die Kläger sehen darin einen Abwägungsfehler. Zwar habe eine Aufspaltung des Verkehrs auf zwei Halbanschlussstellen "verkehrskonzeptionelle" Nachteile. Gleichwohl sei diese Lösung vorzugswürdig, weil so der Verkehr auf der Elsenstraße um die Hälfte verringert werde. Nur auf diese Weise sei es möglich, die dortige Stau- und Luftschadstoffproblematik zu bewältigen. Dem kann nicht gefolgt werden. Der Beklagte weist darauf hin, dass die von den Klägern vorgeschlagene Variante Umwegfahrten zur Folge hätte, weil beispielsweise aus Süden von der Anschlussstelle Sonnenallee kommende Fahrer nicht unmittelbar in Richtung Kreuzberg oder Treptow fahren könnten, sondern dazu zunächst die Spree in Richtung Norden queren müssten, um sodann nach einer Wende über die Elsenbrücke zurück in den Bereich Elsenstraße zu fahren. Dies ist auch ohne fachliche Untersuchung ohne Weiteres nachvollziehbar. Sollte der Verkehr zur Vermeidung dieses Umweges die Stadtautobahn in größerem Umfang bereits an der Anschlussstelle Sonnenallee in Richtung Kreuzberg oder Treptow verlassen, wie die Kläger wohl meinen, hätte dies den Nachteil, dass insoweit das Planziel der Verkehrsbündelung nicht erreicht würde. Es ist nicht erkennbar, dass diesen Nachteilen einigermaßen gewichtige Vorteile der Halbanschluss-Variante gegenüber stehen. Wie bereits ausgeführt, bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass der Bereich der Elsenstraße wegen fehlender Leistungsfähigkeit der Knoten Am Treptower Park/Elsenstraße und Alt Stralau/Stralauer Allee/Markgrafendamm stauträchtig ist oder dass Überschreitungen der Luftschadstoffgrenzwerte der 39. BImSchV dort nicht mit Mitteln der Luftreinhalteplanung begegnet werden kann. Soweit die Lärmgrenzwerte der 16. BImSchV oder die Schwellenwerte für gesundheitsgefährdenden Lärm überschritten werden, wird passiver Schallschutz gewährt (Planfeststellungsbeschluss S. 22 f.). Bereits aus diesen Gründen musste die Behörde die Halbanschlussstelle nicht ernsthaft in Erwägung ziehen. Im Übrigen hat der Beklagte weiter darauf hingewiesen, dass die Verkehrsflächen der Straße Alt Stralau bei weitem zu klein seien, um den Verkehr von der A 100 aufzunehmen, zu stauen und in das angrenzende Straßennetz verteilen zu können. Diesem konkreten Einwand haben die Kläger auch im nachgelassenen Schriftsatz vom 7. Oktober 2012 nicht substantiiert widersprochen. Dazu hätte umso mehr Anlass bestanden, als in der von ihnen vorgelegten fachlichen Untersuchung von D. zur Leistungsfähigkeit der besagten Knotenpunkte (S. 10) angemerkt wird, dass die Straße Alt Stralau bereits heute überlastet ist. Nach allem kann dahinstehen, ob die von den Klägern vorgeschlagene Variante außerdem in das für die Schifffahrt notwendige Lichtraumprofil der Spree eingreifen würde oder den Wegfall der für die A 100 im 17. BA vorgesehenen Anschlussstelle Markgrafendamm zur Folge hätte, wie der Beklagte meint.

bb) Auch die weiteren gegen die Alternativenprüfung vorgebrachten Einwände greifen nicht durch. Ausweislich des Planfeststellungsbeschlusses (S. 70 f.) und des Erläuterungsberichts (S. 34 ff., 38a f.) wurde die Alternativenbetrachtung der Linienbestimmung nicht ohne erneute Abwägung "übernommen", sondern nochmals eingehend mit Blick auf die aktuellen Randbedingungen überprüft. Bei der Höhe der prognostizierten Verkehrsbelastung hält sich ferner der gewählte Querschnitt der A 100 (sechsspurige Autobahn) im Rahmen der Vorgaben der einschlägigen Regelwerke. Soweit die Kläger die Vorzugswürdigkeit etwa einer Bündelung der Autobahn mit der Ringbahn bereits östlich des Unterhafens oder einer Verschwenkung der Autobahn in Richtung Ringbahn im Bereich Güterbahnhof Treptow behaupten, fehlt ihrem Vorbringen jede Substanz. Soweit sie auf die Vorzugswürdigkeit einer weiträumigen Verlegung der Trasse nach Osten oder einer Verlegung der Anschlussstelle Am Treptower Park in Richtung Puschkinallee abstellen, fehlt jede Auseinandersetzung mit den eingehenden Erwägungen, aus denen heraus diese Varianten ausgeschieden wurden (vgl. Erläuterungsbericht S. 38a f.; Planfeststellungsbeschluss S. 50, 209 und 218)."

19

C. Soweit sich die Klage auf erneute Bescheidung hinsichtlich des Schutzes vor Immissionen richtet, ist sie begründet. Die Ablehnung weitergehender Maßnahmen des aktiven Schallschutzes für die Gebäude Kiefholzstraße ... und Beermannstraße ... und ... verletzt die dem Schutz der menschlichen Gesundheit und damit dem "Umweltschutz" i.S.d. § 2 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 UmwRG dienende, Rechte Einzelner begründende und für die Planfeststellung relevante Vorschrift des § 41 BImSchG i.V.m. der 16. BImSchV.

20

I. Allerdings können die auf eine Verletzung von Vorschriften des Immissionsschutzrechts bzw. eine Fehlgewichtung immissionsschutzrechtlicher Belange gerichteten Rügen, die sich wiederum mit dem Vorbringen im Verfahren BVerwG 9 A 20.11 decken, in weitem Umfang nicht durchdringen. Insoweit wird auf die nachfolgenden Ausführungen im Urteil zum genannten Verfahren vom heutigen Tage Bezug genommen:

"1. Bei einigen Rügepunkten haben die Kläger im Klageverfahren im Wesentlichen nur ihre - pauschal gehaltenen - Einwendungen im Anhörungsverfahren wiederholt, ohne sich mit der Erörterung dieser Punkte im Planfeststellungsbeschluss bzw. in den vorliegenden Unterlagen auseinanderzusetzen. Danach gibt es etwa bei den von den Klägern aufgerufenen Themen "Beachtung des Trennungsgrundsatzes nach § 50 BImSchG" (vgl. Planfeststellungsbeschluss S. 188), "Lichtimmissionen" (vgl. Planfeststellungsbeschluss S. 250 und Ordner "Abwägungsmaterial/Zusätzliche Unterlagen" S. III 2023) und "fehlende Berücksichtigung maßgeblicher Immissionsorte" (vgl. Ordner "Abwägungsmaterial/Zusätzliche Unterlagen" S. III 1996 ff. sowie S. III 2063 ff.) keine Anhaltspunkte für einen Abwägungsmangel. Soweit die Kläger geltend machen sollten, die Lärmauswirkungen des Vorhabens auf die Stadtstraßen seien im Rahmen der Umweltverträglichkeitsprüfung "weitgehend" nicht ermittelt worden, ist dieser Einwand schon deshalb unbeachtlich, weil er angesichts der eingehenden Beschreibung der Lärmauswirkungen in der Umweltverträglichkeitsprüfung (Planfeststellungsunterlagen Bd. 7 Unterlage 16.1 S. 118 ff., insb. S. 123 ff.) jeder Substanz entbehrt. Auch der Einwand eines Teils der Kläger, vom trassenparallelen Betriebsweg könne Einsicht auf ihr Grundstück genommen werden und dessen Benutzung sei mit Lärm verbunden, geht über eine pauschale Behauptung nicht hinaus. Weshalb die Benutzung des Betriebsweges durch Fußgänger und Radfahrer sowie vereinzelt durch Betriebs- und Notfallfahrzeuge mit erheblichen Geräuscheinwirkungen auf die Anlieger der Trasse verbunden sein sollte, erschließt sich nicht. Die fehlende Einsehbarkeit stellt vorbehaltlich besonderer Einzelfallumstände, die hier weder dargetan noch ersichtlich sind, lediglich eine Chance dar, deren Vereitelung hingenommen werden muss (vgl. Urteil vom 28. Oktober 1993 - BVerwG 4 C 5.93 - Buchholz 406.19 Nachbarschutz Nr. 120 S. 114).

2. Hinsichtlich der bauzeitlichen Belastungen durch Lärm, Staub und Erschütterungen sind keine Abwägungsfehler erkennbar.

Bezogen auf den Schutz der Anlieger vor bauzeitlichem Lärm ist im Planfeststellungsbeschluss angeordnet, dass während der Bauarbeiten das Landes-Immissionsschutzgesetz Berlin, das u.a. vorschreibt, schädliche Umwelteinwirkungen soweit möglich und zumutbar zu vermeiden und die Nachtruhe nicht zu stören (§ 2 Abs. 1, § 3) sowie die Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Schutz gegen Baulärm (AVV Baulärm) in der jeweils gültigen Fassung einzuhalten sind; in der Nacht dürfen Bauarbeiten nur dann ausnahmsweise durchgeführt werden, wenn dies zwingend notwendig ist und wenn die zuständige Immissionsschutzbehörde die Arbeiten zugelassen hat (S. 21 f.). Durch den Verweis auf die Geltung der AVV Baulärm steht fest, dass deren Immissionsrichtwerte für die von den Baumaschinen und Baustellen ausgehenden Geräusche, die insoweit den unbestimmten Rechtsbegriff der "schädlichen Umwelteinwirkungen" nach § 22 Abs. 1 Nr. 1, § 3 Abs. 1 BImSchG und damit zugleich den hier nach § 17b Abs. 1 FStrG maßgeblichen unbestimmten Rechtsbegriff der "nachteiligen Wirkungen" i.S.d. § 74 Abs. 2 Satz 2 VwVfG konkretisieren (vgl. Urteil vom 10. Juli 2012 - BVerwG 7 A 11.11 - NVwZ 2012, 1393 Rn. 25 ff.), nicht überschritten werden dürfen. Außerdem ist dem Vorhabenträger aufgegeben, bei der Ausarbeitung des Verkehrskonzepts für die Bauzeit besonders auf die Freihaltung der Wohnstraßen von Umleitungs- und Baustellenverkehr in den an das Vorhaben angrenzenden Wohngebieten zu achten (S. 30).

Was die baubedingten Staubbelastungen angeht, ist der Vorhabenträger verpflichtet, den ausführenden Baufirmen im Rahmen der Vergabe Auflagen bezüglich der Vorsorge zur Minimierung der Ausbreitung von Staub (insbesondere bei Abrissarbeiten in der direkten Nähe von Wohngebäuden) und zur Sauberhaltung des angrenzenden öffentlichen Straßennetzes zu erteilen (S. 26). Darüber hinaus ist auch insoweit das Landes-Immissionsschutzgesetz Berlin maßgeblich, das in § 9 vorschreibt, die Entstehung und Ausbreitung von Stäuben u.a. bei der Errichtung von Anlagen nach Möglichkeit durch geeignete Maßnahmen zu unterbinden oder jedenfalls zu vermindern (S. 21 f.).

Hinsichtlich des Schutzes der Anlieger vor Erschütterungen während der Bauzeit ist im Planfeststellungsbeschluss angeordnet, dass zur Vermeidung bzw. Minderung von baubedingt unzumutbaren Erschütterungen bei der Baudurchführung moderne Verdichtungstechnik zum Einsatz kommt (S. 30) und bei entsprechender Gefährdungslage ein Beweissicherungsverfahren oder ein statischer Nachweis geführt oder Sicherungsmaßnahmen ergriffen werden müssen (S. 24 f.). Insoweit hat der Beklagte den Planfeststellungsbeschluss durch Protokollerklärung dahin ergänzt, dass die Vorgaben der DIN 4150 (Erschütterungen im Bauwesen) einzuhalten sind.

Die Kläger legen nicht substantiiert dar, weshalb trotz dieser Auflagen die Gefahr bestehen soll, dass es zu unzumutbaren bauzeitlichen Belastungen kommt bzw. weshalb diese Belastungen noch näher hätten ermittelt werden sollen. Sie haben ihr Vorbringen auch nicht mit Blick auf die vom Beklagten im Verfahren BVerwG 9 A 18.11 mit Schriftsatz vom 6. August 2012 als Anlage VT 3 vorgelegten Übersichtspläne des Baulogistikkonzepts mit Angabe von Entfernungen der Baustellen u.a. zu den Gebäuden Kiefholzstraße ... und Beermannstraße ... weiter konkretisiert.

3. Die der Planung zugrunde liegende Lärmprognose leidet nicht an den von den Klägern geltend gemachten Mängeln.

a) Entgegen der Auffassung der Kläger ist auch für den Bereich der Zu- und Abfahrtsrampen zur Anschlussstelle Am Treptower Park gewährleistet, dass die Schutzvorkehrungen - wie auch sonst entlang der Trasse - zugunsten der Anlieger nach dem für den Planfall 16. BA und dem Prognosefall 17. BA jeweils höheren Beurteilungspegel bemessen werden. Zwar wurden nach Angaben des Beklagten dem Schutzkonzept für diesen Bereich abweichend vom sonstigen Vorgehen nicht die eventuell höheren Beurteilungspegel im Prognosefall 17. BA zugrunde gelegt. Dies beruht jedoch nach dessen nachvollziehbaren Ausführungen darauf, dass die Trasse hier bei einer Fortführung der A 100 im 17. BA ohnehin - nach der durch Planänderung erfolgten Verlagerung der westlichen Rampe nach Osten zur Verschonung des Gebäudes Beermannstraße ... und ... in noch weiterem Umfang - baulich umgestaltet werden müsse und das Schutzkonzept insoweit aufgrund einer aktuellen schalltechnischen Untersuchung erneut festzulegen sei. Demgegenüber hätten die Schutzvorkehrungen in den übrigen Bereichen entlang der Trasse auch bei einer Realisierung des 17. BA Bestand. Jedenfalls nachdem der Beklagte in der mündlichen Verhandlung zu Protokoll erklärt hat, dass eine solche Untersuchung im Falle der Fortsetzung der A 100 im 17. BA u.a. bezogen auf die Kiefholzstraße ... und die Beermannstraße ... vorgenommen werde, ist gewährleistet, dass die worst-case-Betrachtung der Lärmbelastung auch im Falle der Kläger zu 4 bis 9 zum Zuge kommt.

b) Die Kläger rügen ferner, die lärmmindernde Wirkung des offenporigen Asphalts im Umfang von 5 dB(A) sei nicht dauerhaft gewährleistet, da im Planfeststellungsbeschluss keine Pflegemaßnahmen angeordnet worden seien. Diesem Einwand kann nicht gefolgt werden. Der Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung zu Protokoll erklärt, dass er die mit offenporigem Asphalt versehenen Fahrbahnen spätestens sechs Jahre ab Inbetriebnahme auf die akustische Wirksamkeit dieses Belages überprüfen und ggf. unverzüglich Maßnahmen zur Wiederherstellung derselben ergreifen wird; diese Überprüfung und etwaige Abhilfemaßnahmen werden in der Folgezeit im Abstand von jeweils einem Jahr wiederholt. Danach ist nicht zu beanstanden, dass bei der auf das Prognosejahr 2025 bezogenen Lärmprognose von einer lärmmindernden Wirkung des offenporigen Asphalts in Höhe von 5 dB(A) ausgegangen wurde.

Zu Unrecht meinen die Kläger, der schalltechnischen Untersuchung hätte nicht die Einhaltung der vorgeschriebenen Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h zugrunde gelegt werden dürfen. Die Planfeststellungsbehörde darf für den Regelfall davon ausgehen, dass eine Geschwindigkeitsbegrenzung eingehalten wird. Es sind auch keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass verkehrsrechtliche Ge- und Verbote gerade im Bereich der Anschlussstelle Am Treptower Park ausnahmsweise generell nicht beachtet werden (vgl. Urteil vom 20. Januar 2010 - BVerwG 9 A 22.08 - Buchholz 406.25 § 41 BImSchG Nr. 55 Rn. 39). Dass die Geschwindigkeit auf der Ein- und der Ausfahrrampe der Anschlussstelle Am Treptower Park mit nur 60 km/h angesetzt wurde, ist angesichts der Notwendigkeit, die Fahrzeuge vor der Ausfahrt in die Straße Am Treptower Park abzubremsen bzw. auf der Einfahrrampe zu beschleunigen, ohne Weiteres vertretbar. Besondere Zuschläge für die Geräuschentwicklung beim Abbremsen und Beschleunigen sind in den einschlägigen Normen nicht vorgesehen, was angesichts der Geräuschminderung durch die geringere Geschwindigkeit nachvollziehbar ist (vgl. auch VGH Mannheim, Urteil vom 9. Februar 2010 - 3 S 3064/07 - juris Rn. 99 ).

c) Es gibt keine Anhaltspunkte für eine fehlerhafte Summenpegelbetrachtung.

Ein Anspruch auf weitergehenden Schallschutz aus der verfassungsrechtlichen Schutzpflicht für Gesundheit und Eigentum besteht dann, wenn der Summenpegel sämtlicher Verkehrswege die Schwellenwerte von 70 dB(A) tags und 60 dB(A) nachts überschreitet (stRspr; vgl. Urteil vom 13. Mai 2009 - BVerwG 9 A 72.07 - BVerwGE 134, 45 Rn. 69). Dies hat der Beklagte erkannt. Entgegen der Annahme der Kläger hat er in die Summenpegelbetrachtung nicht nur die planfestgestellte A 100 und die bestehenden Bahnstrecken einbezogen (vgl. Planfeststellungsunterlagen Bd. 4 Unterlage 11.2 Anlage 3), sondern auch die vorhandenen Stadtstraßen. So waren für die festgestellten Überschreitungen der Schwellenwerte etwa im Bereich der Elsenstraße, zu deren Bewältigung der Planfeststellungsbeschluss einen Anspruch auf passiven Schallschutz vorsieht (S. 22 f.), gerade die hohe Verkehrsbelastung dieser Stadtstraße maßgeblich, neben der der Schienenverkehrslärm in den Hintergrund tritt (vgl. Ordner "Zusätzliche Unterlagen" S. IV 71 ff. und 78 ff.). Auch hinsichtlich der Wohngebäude in der Kiefholzstraße und in der Beermannstraße wurde zur Ermittlung des Summenpegels neben der Gesamtbelastung durch das Vorhaben und den Schienenverkehr auch der Verkehr auf diesen Straßen selbst betrachtet, ohne dass eine Überschreitung der Schwellenwerte festgestellt wurde (Ordner "Abwägungsmaterial/Zusätzliche Unterlagen" S. III 2065 f. und 2102 ff.). Dass die Summenpegel Planfall 16. BA/Schiene einerseits und Planfall 16. BA/Kiefholzstraße bzw. Beermannstraße andererseits gesondert betrachtet wurden, ist nicht zu beanstanden. Der Lärmgutachter des Beklagten hat in der mündlichen Verhandlung plausibel dargelegt, dass die Lärmquellen Schiene und Stadtstraße nicht gleichgerichtet auf die Wohngebäude einwirken, so dass die kritischen Immissionsorte nicht einheitlich, sondern nur nach dem jeweiligen Summenpegel bestimmt werden können, den diese Lärmquellen mit dem Vorhaben bilden. Davon abgesehen ist auch die Einschätzung des Gutachters nachvollziehbar, dass der Verkehr auf diesen Stadtstraßen ohnehin neben dem Schienenverkehr keinen Einfluss auf den Summenpegel hat, weil er in der Beermannstraße einen nur geringen Umfang aufweist und in der Kiefholzstraße im Planfall 16. BA abnehmen wird. Der Gutachter hat darauf hingewiesen, dass die Summenpegelbetrachtung daher nicht auf diese Stadtstraßen hätte erstreckt werden müssen; dies sei vielmehr nur mit Blick auf ein entsprechendes Begehren der Kläger zu 4 bis 9 geschehen.

Dass der Beklagte der Beurteilung des Schienenlärms die Betriebsprogramme der DB Netz AG mit einem Prognosehorizont 2015 zugrunde gelegt hat, begegnet keinen Bedenken im Hinblick auf die Abweichung vom hier maßgeblichen Prognosezeitraum 2025. Denn es liegt eine Erklärung der Bahnbehörde vor, wonach die Betriebsprogramme auch bis 2025 Aussagekraft hätten, weil bis dahin keine Veränderung in der Transportnachfrage vorgesehen sei. Die Kläger haben hiergegen keine substantiierten Einwände erhoben. Auf Nachfrage hat der Beklagte erklärt, dass insbesondere die Anbindung des Ostkreuzes bereits im Betriebsprogramm berücksichtigt sei.

4. Rechte der Kläger werden auch insoweit nicht berührt, als sie die Unvereinbarkeit des Vorhabens mit der Lärmminderungsplanung des Beklagten wegen Überschreitung der eine Gesundheitsgefährdung anzeigenden Schwellenwerte behaupten. Aus der Regelung der Lärmminderungsplanung in den §§ 47a ff. BImSchG ergeben sich zwar Pflichten der zuständigen Behörden zur Erarbeitung von Lärmkarten und zur Aufstellung von Lärmaktionsplänen, jedoch keine Schutzansprüche einzelner Immissionsbetroffener (vgl. Urteil vom 14. April 2010 - BVerwG 9 A 43.08 - Buchholz 406.25 § 41 BImSchG Nr. 56 Rn. 46). Im Übrigen wird passiver Schallschutz gewährt, soweit eine Überschreitung der Schwellenwerte festgestellt wurde, was - wie ausgeführt - hinsichtlich der Bewohner in der Kiefholzstraße und der Beermannstraße nicht der Fall ist."

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Hinsichtlich der zuletzt genannten Rüge ist ergänzend anzumerken: Die Vorschriften zur Lärmminderungsplanung nach §§ 47a ff. BImSchG dienen im Wesentlichen der Umsetzung der Richtlinie 2002/49/EG vom 25. Juni 2002 über die Bewertung und Bekämpfung von Umgebungslärm - Umgebungslärmrichtlinie (vgl. BRDrucks 610/04 S. 8 und BTDrucks 15/5734 S. 1). Es handelt sich somit um unionsrechtlich unterlegte Vorschriften des Umweltrechts. Aufgrund des Anwendungsvorrangs des Art. 11 UVP-RL muss deshalb die einschränkende Vorgabe, dass nur Vorschriften, die Rechte Einzelner begründen, rügefähig sind und ggf. zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung führen können (§ 2 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 UmwRG) außer Betracht bleiben (vgl. EuGH, Urteil vom 12. Mai 2011 - Rs. C-115/09, Trianel - NJW 2011, 2779 Rn. 46; BVerwG, Urteil vom 20. Dezember 2011 - BVerwG 9 A 31.10 - Buchholz 406.251 § 3c UVPG Nr. 3 Rn. 21). Es ist jedoch weder dargelegt noch ersichtlich, dass die Vorschriften der Umgebungslärmrichtlinie, die die Mitgliedstaaten zur Erstellung von Lärmkarten (Art. 7) und Aktionsplänen (Art. 8) sowie zur Information der Öffentlichkeit über Umgebungslärm und seine Auswirkungen verpflichtet, einen vorhabenbezogenen Ansatz verfolgen (vgl. BRDrucks a.a.O.; Scheidler, in: Feldhaus, Bundesimmissionsschutzrecht, Bd. 1, Teil II, Stand August 2012, Vorbemerkung vor §§ 47a bis 47f Rn. 2 f.).

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II. Die Versagung weitergehenden aktiven Schallschutzes für die Gebäude Kiefholzstraße ... und Beermannstraße ... und ... verletzt § 41 BImSchG i.V.m. der 16. BImSchV, weil sie nicht auf einer schlüssigen Kosten-Nutzen-Analyse beruht. Insoweit ist erneut über die Gewährung von Schallschutz zu entscheiden.

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1. Zur Begründung wird auf die nachfolgenden Ausführungen im Urteil vom heutigen Tage im Verfahren BVerwG 9 A 20.11 zur Stattgabe des Bescheidungsbegehrens der dortigen Kläger zu 4, 5, 8 und 9 Bezug genommen, die Inhaber von Wohnungen im Gebäude Kiefholzstraße ... sind; diese Ausführungen entsprechen den Gründen im Urteil zum Verfahren BVerwG 9 A 19.11 zur Stattgabe des Bescheidungsbegehrens der dortigen Klägerin zu 10, die Eigentümerin des Gebäudes Beermannstraße ... und ... ist:

"Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts widerspricht es den Vorgaben des § 41 BImSchG, die Unverhältnismäßigkeit der Kosten aktiven Lärmschutzes allein daraus herzuleiten, dass die nach § 42 Abs. 2 BImSchG zu leistenden Entschädigungen für passiven Lärmschutz - wie regelmäßig - erheblich niedriger wären. Vielmehr ist grundsätzlich zunächst zu untersuchen, welcher Betrag für eine die Einhaltung der Immissionsgrenzwerte vollständig sicherstellende Schutzmaßnahme aufzuwenden wäre (sog. Vollschutz). Sollte sich dieser Aufwand als unverhältnismäßig erweisen, sind - ausgehend von diesem grundsätzlich zu erzielenden Schutzniveau - schrittweise Abschläge vorzunehmen, um so die mit gerade noch verhältnismäßigem Aufwand zu leistende maximale Verbesserung der Lärmsituation zu ermitteln. Dabei sind in Baugebieten dem durch die Maßnahme insgesamt erreichbaren Schutz der Nachbarschaft grundsätzlich die hierfür insgesamt aufzuwendenden Kosten der Maßnahme gegenüberzustellen und zu bewerten (vgl. Urteile vom 15. März 2000 - BVerwG 11 A 42.97 - BVerwGE 110, 370 <390> sowie - BVerwG 11 A 46.97 - Buchholz 406.25 § 41 BImSchG Nr. 34 S. 85 und vom 13. Mai 2009 - BVerwG 9 A 72.07 - BVerwGE 134, 45 Rn. 63).

Bei welcher Relation zwischen Kosten und Nutzen die Unverhältnismäßigkeit des Aufwandes für aktiven Lärmschutz anzunehmen ist, bestimmt sich nach den Umständen des Einzelfalles (vgl. Beschluss vom 30. August 1989 - BVerwG 4 B 97.89 - Buchholz 406.25 § 41 BImSchG Nr. 5 S. 2; Urteil vom 13. Mai 2009 a.a.O. Rn. 64). Ziel der Bewertung der Kosten hinsichtlich des damit erzielbaren Lärmschutzeffekts muss eine Lärmschutzkonzeption sein, die auch unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung der Lärmbetroffenen vertretbar erscheint (vgl. Urteile vom 15. März 2000 - BVerwG 11 A 42.97 - a.a.O. S. 382, vom 24. September 2003 - BVerwG 9 A 69.02 - Buchholz 406.25 § 41 BImSchG Nr. 39 S. 103 und vom 3. März 2004 - BVerwG 9 A 15.03 - Buchholz 406.25 § 41 BImSchG Nr. 40 S. 113). Kriterien für die Bewertung des Schutzzwecks sind die Vorbelastung, die Schutzbedürftigkeit und Größe des Gebiets, das ohne ausreichenden aktiven Schallschutz von schädlichen Umwelteinwirkungen durch Verkehrsgeräusche des betreffenden Verkehrsweges betroffen wäre, die Zahl der dadurch betroffenen Personen sowie das Ausmaß der für sie prognostizierten Grenzwertüberschreitungen und des zu erwartenden Wertverlustes der betroffenen Grundstücke. Innerhalb von Baugebieten sind bei der Kosten-Nutzen-Analyse insbesondere Differenzierungen nach der Zahl der Lärmbetroffenen zulässig und geboten (Betrachtung der Kosten je Schutzfall). So wird bei einer stark verdichteten Bebauung noch eher ein nennenswerter Schutzeffekt zu erzielen sein als bei einer aufgelockerten Bebauung, die auf eine entsprechend geringe Zahl von Bewohnern schließen lässt (vgl. Urteile vom 15. März 2000 - BVerwG 11 A 42.97 - a.a.O. S. 383 und vom 13. Mai 2009 a.a.O. Rn. 64).

1. Ein schlüssiges Lärmschutzkonzept, das diesen Anforderungen genügt, ist bezogen auf das Gebäude Kiefholzstraße ... (Kläger zu 4, 5, 8 und 9) - ebenso wie auf das Gebäude Beermannstraße ... und ..., s. Urteil vom heutigen Tag in dem Verfahren BVerwG 9 A 19.11 - nicht zu erkennen. Daher ist insoweit die Annahme des Beklagten nicht nachvollziehbar, dass die Kosten für eine Schallschutzwand mit einer Höhe bzw. Abschirmwirkung (Errichtung auf der Trogoberkante) von mehr als sechs Metern außer Verhältnis zum dadurch zu erzielenden Schutz stehen.

a) Vor der in der mündlichen Verhandlung erklärten Planänderung im Bereich der Anschlussstelle Am Treptower Park mit dem Ziel einer Verschonung des Wohngebäudes Beermannstraße ... und ... ist der Beklagte davon ausgegangen, dass eine massive, hochabsorbierende Lärmschutzwand zum Schutz des Wohnkomplexes Kiefholzstraße ... und des Bereichs Beermannstraße auch über eine Höhe von sechs Metern hinaus städtebaulich verträglich sei. Von der Bewältigung weiterer Schutzfälle durch Errichtung massiver Lärmschutzwände in einer Höhe von sieben bzw. acht Metern wurde gleichwohl abgesehen, weil sich die Kosten pro geschützter Wohneinheit des Gebäudes Kiefholzstraße ... von 10 812 € (Antragsvariante) auf 11 687 € (Teilschutzvariante 127) bzw. 12 780 € (Teilschutzvariante 128) und im Bereich Beermannstraße von 4 292 € (Antragsvariante 1766) auf 6 446 € (Höhe sieben Meter) bzw. 7 060 € (Höhe acht Meter) erhöhen würden. Über eine Höhe von acht Metern hinaus sollten die untersuchten Lärmschutzvarianten mit aufwändigen transparenten Aufsätzen versehen sein. Dementsprechend erhöhten sich die Kosten pro Schutzfall für diese Varianten deutlich. Sie wurden wegen "sprunghaften" Anstiegs der Kosten und negativer städtebaulicher Wirkungen ausgeschlossen (Ordner "Abwägungsmaterial/Zusätzliche Unterlagen" S. III 2031 ff.).

Der Vertreter des Beklagten hat in der mündlichen Verhandlung bezogen auf die Kiefholzstraße ... zu Protokoll erklärt, dass das bisherige Konzept infolge der Planänderung gemäß dem Lageplan "Prüfvariante-AS Am Treptower Park" (Ordner "Abwägungsmaterial/Zusätzliche Unterlagen" S. III 1910) nicht mehr aufrechterhalten werden könne und es insbesondere aus städtebaulichen Gründen geboten sei, Lärmschutzwände nunmehr bereits ab einer Höhe von sechs Metern nicht mehr massiv, sondern nur noch mit einem transparenten Aufsatz auszugestalten. Dies habe wegen der erheblich höheren Kosten einer transparenten Ausbildung von Lärmschutzwänden zur Folge, dass eine sieben Meter hohe Lärmschutzwand (sechs Meter mit einem transparentem Aufsatz von einem Meter) einen "Kostensprung" von 4 500 € pro geschützter Wohneinheit gegenüber der Antragsvariante (Lärmschutzwand mit sechs Metern) auslöse, während die Kostensteigerung bei einer insgesamt massiv ausgebildeten Lärmschutzwand (Teilschutzvariante 127) von sieben Metern Höhe nur 875 € betrage. In der mündlichen Verhandlung hat der Beklagte hierzu weiter erläutert, dass die Bauwerke vor der Einmündung der Trassen in die Straße Am Treptower Park infolge der topografischen Verhältnisse eine von der Beermannstraße aus sichtbare Höhe von insgesamt etwa zehn Metern erreicht hätten. Nachdem die Gradienten der beiden Rampen infolge der Planänderung etwa drei Meter tiefer lägen als zuvor, sei angesichts dieser veränderten Situation eine massive Lärmschutzwand nur noch bis zu einer Höhe von sechs Metern städtebaulich verträglich.

Bezogen auf den Bereich Beermannstraße hat der Beklagte in der mündlichen Verhandlung eine Unterlage zur Abwägung zwischen aktivem und passivem Lärmschutz vorgelegt. Die Unterlage verweist darauf, dass durch die Verlegung der westlichen Zufahrtsrampe um etwa 30 Meter nach Osten die Rampen, die auf beiden Seiten durch Bauwerke "eingefasst" seien (Lärmschutzwand im Westen und bahnseitige Stützwand im Osten), nunmehr eng beieinander verliefen. Wegen dieser besonderen Verhältnisse sei es aus Gründen der Verkehrssicherheit geboten, die Lärmschutzwand über eine Höhe von sechs Metern hinaus transparent auszugestalten. Ansonsten wäre die Fahrsicherheit wegen der eng zusammenstehenden hohen Begrenzungen des Straßenraums, die ähnlich der Einfahrt in einen Tunnel bedrohlich und erdrückend wirkten, und der plötzlichen Veränderung der Situation gegenüber den vorangehenden Straßenabschnitten erheblich eingeschränkt. Die Vollschutzvariante 7011 (Höhe von maximal 15 Metern) sei auch bei Verwendung eines transparenten Aufsatzes wegen der Raumwirkung eines solchen Bauwerks als städtebaulich äußerst negativ zu bewerten. Die Kosten von 24 143 € je Schutzfall stünden erkennbar außer Verhältnis zum erzielbaren Schutzeffekt. Außerdem löse die nicht hochabsorbierende transparente Aufsatzkonstruktion Schallreflexionen aus, die insbesondere den aus dem Bahnlärm gebildeten Summenpegel erhöhten. Die weiteren Varianten einer Lärmschutzwand über sechs Meter hinaus mit transparentem Aufsatz schützten nur eine verhältnismäßig geringe Zahl von Wohneinheiten zusätzlich. Die Kosten je Schutzfall betrügen bei der Antragsvariante (massive Lärmschutzwand von sechs Metern) 8 806 €, während sie bei den höheren Varianten mit transparentem Aufsatz von 14 723 € (Lärmschutzwand von sieben Metern) bis zu 24 143 € bei der Vollschutzvariante reichten und damit unverhältnismäßig hoch seien. Ein weiterer Vorteil der ausgewählten Variante sei darin zu sehen, dass so ein städtebaulich einheitliches Gesamtbild von der Kiefholzstraße bis zur Beermannstraße gewährleistet sei.

b) Diesen Darlegungen kann kein schlüssiges Konzept für den Schutz der Gebäude Beermannstraße ... und ... sowie Kiefholzstraße ... entnommen werden, aufgrund dessen beurteilt werden kann, ob es vertretbar ist, weitergehende Maßnahmen des aktiven Schallschutzes als unverhältnismäßig auszuschließen.

aa) Allerdings sind die Erwägungen des Beklagten zur wirtschaftlichen Verhältnismäßigkeit der verschiedenen Varianten für sich genommen nicht zu beanstanden.

Bei der Ermittlung derjenigen Variante aktiven Lärmschutzes, bei der mit gerade noch verhältnismäßigem Aufwand eine maximale Verbesserung der Lärmsituation zu erzielen ist, können solche Varianten als wirtschaftlich unverhältnismäßig ausgeschieden werden, bei denen einerseits die Kosten im Vergleich zu anderen Varianten stark ansteigen, andererseits aber nur noch eine geringe Zahl von Wohneinheiten zusätzlich geschützt wird (sog. Sprungkosten; vgl. Urteil vom 15. März 2000 - BVerwG 11 A 42.97 - Buchholz 406.25 § 41 BImSchG Nr. 33 S. 80 f. ). Danach ist die Annahme des Beklagten, es sei wirtschaftlich nicht vertretbar, im Bereich der Beermannstraße ... und ... bzw. der Kiefholzstraße ... Vollschutzvarianten von Lärmschutzwänden wie auch solche über eine Höhe von sechs Metern hinaus mit transparentem Aufsatz zu errichten, an sich nicht zu beanstanden. Nach der Unterlage zur Abwägung zwischen aktivem und passivem Lärmschutz im Bereich Beermannstraße betragen die Kosten der Vollschutzvariante (Lärmschutzwand mit 15 Metern) rund 1,7 Mio. €. Das ist beinahe das Vierfache der Kosten der Antragsvariante (Lärmschutzwand mit sechs Metern) von etwa 440 000 €. Dabei können mit der Vollschutzvariante nur 28 weitere Schutzfälle bewältigt werden, was lediglich rund einem Drittel der bereits mit der Antragsvariante zu bewältigenden 86 Schutzfälle entspricht. Dementsprechend betragen die Kosten pro Schutzfall bei der Vollschutzvariante mit 24 143 € nahezu das Dreifache der bei der Antragsvariante entstehenden Kosten je Schutzfall von 8 806 €. Eine Lärmschutzwand mit einer Höhe von sieben Metern kostet wegen des aufwändigen transparenten Aufsatzes von einem Meter 736 136 € gegenüber dem Aufwand von 440 316 € für eine massive sechs Meter hohe Lärmschutzwand. Da mit der sieben Meter hohen Lärmschutzwand lediglich zwei Schutzfälle zusätzlich bewältigt werden können, steigen die Kosten je Schutzfall von 8 806 € "sprunghaft" auf 14 723 €. Dieses Missverhältnis zwischen Kostensteigerung und zusätzlich zu bewältigenden Schutzfällen besteht auch bei den jeweils um einen weiteren Meter erhöhten Lärmschutzwänden bis hin zur Vollschutzvariante. Entsprechendes gilt für den Lärmschutz der Kiefholzstraße ... (vgl. Ordner "Abwägungsmaterial/zusätzliche Unterlagen" S. III 2043). Insoweit hat der Beklagte zu Protokoll gegeben, dass die Kosten je Schutzfall bei der Antragsvariante von 10 812 € auf 15 312 € ansteigen, wenn die Lärmschutzwand mit einem transparenten Aufsatz von einem Meter auf insgesamt sieben Meter erhöht wird; demgegenüber beträgt der Anstieg der Kosten je Schutzfall bei einer vor der Planänderung als städtebaulich verträglich angesehenen massiven Lärmschutzwand mit einer Höhe von sieben Metern nur 875 €. Der Beklagte durfte daher annehmen, dass bei einer massiven sechs Meter hohen Lärmschutzwand eine maximale Verbesserung der Lärmsituation bei gerade noch vertretbaren Kosten erreicht werden kann.

Das Vorliegen wirtschaftlich nicht vertretbarer Sprungkosten kann nicht deshalb verneint werden, weil der Anstieg der Kosten je Schutzfall prozentual geringer ausfällt, wenn in den Vergleich nicht nur die Kosten der verschiedenen Lärmschutzwände selbst, sondern auch diejenigen der nach dem Lärmschutzkonzept vorgesehenen anderen Maßnahmen aktiven Schallschutzes wie die Verwendung von lärmminderndem offenporigen Asphalt oder einer absorbierenden Wandverkleidung (vgl. Planfeststellungsbeschluss S. 163) einbezogen werden. Wie ausgeführt, ist für die Prüfung der Verhältnismäßigkeit aktiven Lärmschutzes unter dem Aspekt der Sprungkosten maßgeblich, ob die Mehrkosten, die bei einer Variante im Vergleich zu anderen Varianten anfallen, in einem angemessenen Verhältnis zum Umfang des dadurch zusätzlich zu erzielenden Lärmminderungseffekts stehen. Welche Kosten in diese Wirtschaftlichkeitsbetrachtung einzustellen sind, hängt von der Reichweite der Variantenprüfung ab. Stehen bestimmte Maßnahmen aktiven Lärmschutzes nicht zur Auswahl, weil bereits aufgrund einer Grobprüfung feststeht, dass sie nicht ernsthaft in Betracht kommen (vgl. Urteil vom 15. März 2000 - BVerwG 11 A 42.97 - BVerwGE 110, 370 <388>) oder - wie hier die Verwendung offenporigen Asphalts und einer lärmmindernden Wandverkleidung - in jedem Fall ausgeführt werden sollen, ist der Aufwand für diese Maßnahmen für den Kosten-Nutzen-Vergleich der noch offenen Varianten ohne Bedeutung.

Davon zu unterscheiden ist die Frage, ob eine solche Beschränkung des Umfangs der Variantenuntersuchung an Rechtsfehlern leidet. Dafür gibt es vorliegend keine Anhaltspunkte. In diesem Zusammenhang rügen die Kläger zu 4, 5, 8 und 9, für das Gebäude Kiefholzstraße ... hätte Vollschutz durch eine Deckelung der in Troglage geführten Trasse gewährt werden müssen. Diese Maßnahme durfte vorab ausgeschieden werden, weil die Kosten hierfür von rund 18 Mio. € die Kosten für Vollschutz durch eine Kombination von Lärmschutzwand (sechs bis zehn Meter Höhe mit einem 2,5 Meter hohen transparenten Aufsatz, Kosten etwa 1,1 Mio. €), absorbierender Wandverkleidung (Kosten 110 000 €) und offenporigem Asphalt (Kosten 83 370 €) von insgesamt etwa 1,3 Mio. € bei Weitem übersteigen (Ordner "Abwägungsmaterial/zusätzliche Unterlagen" S. III 1862 f.). Eine Deckelung der Trasse ist danach offenkundig unwirtschaftlich, auch wenn in der auf die Kiefholzstraße bezogenen Kosten-Nutzen-Analyse allein der Aufwand für eine zur Gewährung von Vollschutz notwendige Lärmschutzwand mit 2,5 Mio. € beziffert wird (Ordner "Abwägungsmaterial/zusätzliche Unterlagen" S. III 2043). Angesichts der in der Untersuchung genannten relativ geringen Kosten für offenporigen Asphalt und eine absorbierende Wandverkleidung ist auch ohne Weiteres nachvollziehbar, dass diese Maßnahmen aktiven Lärmschutzes, die im Falle des offenporigen Asphalts mit einer Lärmminderung um immerhin 5 dB(A) einhergehen, keiner näheren Kosten-Nutzen-Analyse im Vergleich mit anderen Maßnahmen unterzogen wurden, sondern in jedem Falle ausgeführt werden sollen. Die Kläger haben im Übrigen kein abweichendes Lärmschutzkonzept aufgezeigt, bei dem ernsthaft in Betracht kommt, dass wegen eines günstigeren Kosten-Nutzen-Verhältnisses noch weitere Schutzfälle bis hin zum Vollschutz bei angemessenem Aufwand bewältigt werden können.

bb) Nicht hinreichend schlüssig erscheint jedoch die Begründung dafür, weshalb die Lärmschutzwand ab einer Höhe von sechs Metern nur noch mit einem - den Kostensprung verursachenden - transparenten Aufsatz versehen werden kann.

Die in der mündlichen Verhandlung überreichte Unterlage zur Abwägung zwischen aktivem und passivem Lärmschutz für den Bereich Beermannstraße stützt sich zur Begründung nicht auf die veränderte städtebauliche Situation infolge der Tieferlegung der Rampen, obwohl sich diese Veränderung nach den o.g. Angaben des Beklagten gerade hier auswirkt. Stattdessen wird maßgeblich auf den Gesichtspunkt der Verkehrssicherheit abgestellt. Die verminderte Raumwirkung der Trasse auf den Bereich Beermannstraße durch Tieferlegung der Rampen stellt auch kein weiteres Begründungselement neben dem Aspekt der Verkehrssicherheit dar. Vielmehr wird in städtebaulicher Hinsicht auf die Gewährleistung eines einheitlichen Gesamtbildes von der Kiefholzstraße bis zur Beermannstraße abgestellt. Die angeblichen Auswirkungen der Planänderung auf die städtebauliche Situation im Einzelnen erschließen sich nicht. Was den stattdessen in der Unterlage zum Lärmschutzkonzept für die Beermannstraße entscheidungstragend eingeführten Aspekt der Verkehrssicherheit anbelangt, ist nicht hinreichend plausibel dargelegt, weshalb er gebietet, dass die Lärmschutzwand in diesem Bereich ab sechs Meter Höhe transparent auszugestalten ist. Die Unterlage stellt selbst den Vergleich mit der Einfahrt in einen Tunnel auf, in der die Fahrbahnen erfahrungsgemäß ebenfalls nicht selten eng beieinander liegen. Es ist nicht erkennbar, dass die Situation unter dem Gesichtspunkt der Verkehrssicherheit im Bereich der durch eine Lärmschutzwand auf der einen und eine Stützwand auf der anderen Seite begrenzten, aber nach oben nicht "gedeckelten" Rampen der A 100 ungünstiger ist als bei Tunneln, zumal auf den Rampen ohnehin nur mit reduzierter Geschwindigkeit gefahren werden kann."

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2. Bei der nunmehr vorzunehmenden Überarbeitung bzw. Plausibilisierung des Lärmschutzkonzepts wird der Beklagte ggf. auch Stellung nehmen müssen zu dem Einwand des Klägers, entlang der ebenfalls durch bebaute Gebiete von Berlin führenden A 113 seien massive Lärmschutzwände mit einer Höhe von deutlich über sechs Metern errichtet worden. Ferner ist es angezeigt, dem Kläger die in der Abwägungsunterlage zum Lärmschutzkonzept für den Bereich Beermannstraße bezeichneten schalltechnischen Berechnungen des Büros I. vom September 2012 zu übermitteln und ggf. insoweit Einsicht in weitere Unterlagen zu geben. Dies gilt umso mehr, als die in der zu Protokoll erklärten Planänderung bezeichneten Beurteilungspegel für das Wohngebäude Beermannstraße ... und ... nicht selten um mehrere Dezibel von den Pegeln abweichen, die im Rahmen der Variantenprüfung zur Ausgestaltung der Anschlussstelle Am Treptower Park für die - der Planänderung zugrunde liegende - Prüfvariante für dieselben Immissionsorte an dem Gebäude Beermannstraße ... und ... ermittelt wurden (Ordner "Abwägungsmaterial/Zusätzliche Unterlagen" S. III 1914 ff.), worauf die Klägerin zu 10 des Verfahrens BVerwG 9 A 19.11 im nachgelassenen Schriftsatz vom 7. Oktober 2012 - neben weiteren Einwendungen etwa zur Begrenzung der Berechnungen zu Überschreitungen der Nachtgrenzwerte oder einer fehlenden Berücksichtigung entfallender Kosten des passiven Schallschutzes bei Bewältigung weiterer Schutzfälle - zu Recht hinweist. Die genannten Abweichungen lassen sich auch im Vergleich zur immissionsschutzrechtlichen Beurteilung der "Variante 2" (a.a.O. S. III 1953 ff.) feststellen, die nach Angaben des Beklagten im Schriftsatz vom 15. August 2012 "im Wesentlichen" der Prüfvariante entspricht, die Gegenstand der Planänderung war. Zwar wird in der Abwägungsunterlage ausgeführt, dass die schalltechnischen Berechnungen zur Variantenuntersuchung nur überschlägig vorgenommen worden seien. Die vorliegende Darstellung der Berechnungen für die Variantenprüfung gibt hierfür jedoch keinen Anhaltspunkt, sondern stimmt nach Inhalt und Detaillierungsgrad mit den auf das Vorhaben selbst bezogenen schalltechnischen Berechnungen überein. Somit besteht Anlass, die Abweichungen bei den Ergebnissen der schalltechnischen Berechnungen plausibel zu machen.

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3. Soweit sich der Kläger auch das Bescheidungsbegehren der Kläger zu 1, 2, 3, 6 und 7 im Verfahren BVerwG 9 A 20.11 zu eigen machen sollte, bleibt dieses Vorbringen aus den nachfolgenden Gründen im Urteil zu diesem Verfahren ohne Erfolg:

"Das Vorhaben löst für den Kläger zu 1 keine Immissionsbetroffenheit aus. Das Wohngebäude Heckmannufer ..., in dem sich seine Eigentumswohnung befindet, liegt nach den unbestrittenen Angaben des Beklagten rund 900 m vom Trassenbereich und etwa 100 m von der Schlesischen Straße entfernt in einer Nebenstraße ohne Durchgangsverkehr. Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass es infolge fehlender Leistungsfähigkeit der Knotenpunkte Am Treptower Park/Elsenstraße sowie Alt Stralau/Stralauer Allee/Markgrafendamm zu erheblichen Ausweichverkehren in der Schlesischen Straße kommen wird, die sich auf den Kläger zu 1 belastend auswirken könnten. Wie ausgeführt, bestehen hierfür keine Anhaltspunkte.

Hinsichtlich der Wohnungen der Klägerinnen zu 2 und 3 wurden unstreitig keine vorhabenbedingten Überschreitungen der Lärmgrenzwerte der 16. BImSchV ermittelt. Eine abwägungsfehlerhafte Berücksichtigung von Lärmbetroffenheiten unterhalb dieser Grenzwerte liegt nicht vor. Die Behörde hat im Planfeststellungsbeschluss (vgl. S. 223 ff.) hinreichend deutlich zu erkennen gegeben, dass der Lärmschutz auf das rechtlich Gebotene beschränkt werden soll, was nicht zu beanstanden ist (vgl. Urteil vom 20. Mai 1998 - BVerwG 11 C 3.97 - Buchholz 406.25 § 41 BImSchG Nr. 18 S. 50 f.).

Auch die Kläger zu 6 und 7 (Beermannstraße ...) sind mit dem planfestgestellten aktiven Schallschutz keinen die Lärmgrenzwerte überschreitenden Immissionen ausgesetzt. Diese Kläger können auch nicht verlangen, dass wegen der Planänderung (Verschonung des Gebäudes Beermannstraße ... und ... durch Verlegung der westlichen Zufahrtsrampe der Anschlussstelle Am Treptower Park um etwa 30 m nach Osten) eine neue schalltechnische Beurteilung vorgenommen wird. Sie weisen in der Klagebegründung vom 11. April 2011 (S. 50) selbst darauf hin, dass der Erhalt des Gebäudes Beermannstraße ... und ... ausweislich der Variantenuntersuchung zu geringeren Belastungen des Gebäudes Beermannstraße ... führt (vgl. Ordner "Abwägungsmaterial/Zusätzliche Unterlagen" S. III 1913: Abschirmwirkung des Gebäudes Beermannstraße ... und ... für die restlichen Gebäude der Beermannstraße); auch die Belastungen der Kiefholzstraße ... würden sich nach den Lärmberechnungen infolge der Verlegung der Rampe verringern. Im Übrigen liegt es auch nach den vorliegenden Plänen nahe, dass die Lärmbelastung in den genannten Bereichen durch die Planänderung verringert wird. Es ist weder nachvollziehbar dargelegt noch sonst ersichtlich, weshalb der von den Klägern kritisierte Umstand, dass die aus Anlass der Planänderung ermittelten Beurteilungspegel für das Gebäude Beermannstraße ... und ... von den im Rahmen der Variantenprüfung für dieses Gebäude ermittelten Pegel abweichen, etwas an dieser Einschätzung ändern sollte. Für die Beermannstraße ... kommt hinzu, dass sowohl die im Rahmen der Variantenprüfung für die Planänderung ermittelten Beurteilungspegel (Ordner "Abwägungsmaterial/Zusätzliche Unterlagen" S. III 1962 f.) als auch die Beurteilungspegel, die für die zunächst geplante Ausführung der Anschlussstelle Am Treptower Park festgestellt wurden (Planfeststellungsunterlagen Bd. 4 Unterlage 11.2 S. 106 f.), deutlich unterhalb der Lärmgrenzwerte der 16. BImSchV liegen."

(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.

(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.

(1) Bei dem Bau oder der wesentlichen Änderung öffentlicher Straßen sowie von Eisenbahnen, Magnetschwebebahnen und Straßenbahnen ist unbeschadet des § 50 sicherzustellen, dass durch diese keine schädlichen Umwelteinwirkungen durch Verkehrsgeräusche hervorgerufen werden können, die nach dem Stand der Technik vermeidbar sind.

(2) Absatz 1 gilt nicht, soweit die Kosten der Schutzmaßnahme außer Verhältnis zu dem angestrebten Schutzzweck stehen würden.

(1) Die Bundesregierung wird ermächtigt, nach Anhörung der beteiligten Kreise (§ 51) durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die zur Durchführung des § 41 und des § 42 Absatz 1 und 2 erforderlichen Vorschriften zu erlassen, insbesondere über

1.
bestimmte Grenzwerte, die zum Schutz der Nachbarschaft vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Geräusche nicht überschritten werden dürfen, sowie über das Verfahren zur Ermittlung der Emissionen oder Immissionen,
2.
bestimmte technische Anforderungen an den Bau von Straßen, Eisenbahnen, Magnetschwebebahnen und Straßenbahnen zur Vermeidung von schädlichen Umwelteinwirkungen durch Geräusche und
3.
Art und Umfang der zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Geräusche notwendigen Schallschutzmaßnahmen an baulichen Anlagen.
Der in den Rechtsverordnungen auf Grund des Satzes 1 zur Berücksichtigung der Besonderheiten des Schienenverkehrs vorgesehene Abschlag von 5 Dezibel (A) ist ab dem 1. Januar 2015 und für Schienenbahnen, die ausschließlich der Verordnung über den Bau und Betrieb der Straßenbahnen vom 11. Dezember 1987 (BGBl. I S. 2648) unterliegen, ab dem 1. Januar 2019 nicht mehr anzuwenden, soweit zu diesem Zeitpunkt für den jeweiligen Abschnitt eines Vorhabens das Planfeststellungsverfahren noch nicht eröffnet ist und die Auslegung des Plans noch nicht öffentlich bekannt gemacht wurde. Von der Anwendung des in Satz 2 genannten Abschlags kann bereits vor dem 1. Januar 2015 abgesehen werden, wenn die damit verbundenen Mehrkosten vom Vorhabenträger oder dem Bund getragen werden.

(2) Wegen der Anforderungen nach Absatz 1 gilt § 7 Absatz 5 entsprechend.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

(1) Gegen den Beschluss, durch den der Wert für die Gerichtsgebühren festgesetzt worden ist (§ 63 Absatz 2), findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde findet auch statt, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt. Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb der in § 63 Absatz 3 Satz 2 bestimmten Frist eingelegt wird; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. Im Fall der formlosen Mitteilung gilt der Beschluss mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gemacht. § 66 Absatz 3, 4, 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden. Die weitere Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung der Entscheidung des Beschwerdegerichts einzulegen.

(2) War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. Gegen die Ablehnung der Wiedereinsetzung findet die Beschwerde statt. Sie ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von zwei Wochen eingelegt wird. Die Frist beginnt mit der Zustellung der Entscheidung. § 66 Absatz 3 Satz 1 bis 3, Absatz 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Die Verfahren sind gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.