Verwaltungsgericht München Urteil, 07. Mai 2015 - M 17 K 13.1925
Tenor
I.
Die Klage wird abgewiesen.
II.
Die Klägerinnen haben die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckbaren Betrags.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten insbesondere über die Verpflichtung der Beklagten, mit den Klägerinnen Verträge über die entgeltliche Verbreitung ihres Programms in den Kabelnetzen der Klägerinnen zu schließen.
Die Klägerinnen betreiben Breitbandkabelnetze in ..., und ..., über die gegenwärtig rund sieben Mio. Haushalte mit Rundfunksignalen (TV und Hörfunk) versorgt werden. Die Beklagte ist eine Rundfunkanstalt des öffentlichen Rechts. Die Klägerinnen sind gesetzlich verpflichtet, Kapazitäten für die digitale und zum Teil für die analoge Verbreitung des Programms der Beklagten zur Verfügung zu stellen (sog. Must Carry-Pflicht).
Nachdem in der Vergangenheit die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten den Netzbetreibern ein Entgelt für die von diesen erbrachten Dienstleistungen und die bereitgestellte Übertragungskapazität gezahlt hatten, kündigten die Rundfunkanstalten die bestehenden Verträge zum 31. Dezember 2012 und erklärten, künftig keine Zahlungen für die Kabelverbreitung ihrer Programme zu leisten. Vor den Landgerichten in ... und ... haben die Klägerinnen Zahlungsklagen erhoben. Die Klagen wurden mit Urteilen
Mit Schriftsatz vom ... April 2013, beim Bayerischen Verwaltungsgericht München eingegangen am selben Tag, erhoben die Klägerinnen Klage und beantragten,
1. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, mit den Klägerinnen einen Vertrag über die entgeltliche (analoge und digitale) Verbreitung des Programms Bayerisches Fernsehen über die Netze der Klägerinnen zu schließen, soweit dieses Programm in diesen Netzen Must Carry-Status hat,
2. hilfsweise, festzustellen, dass die Klägerinnen nicht verpflichtet sind, das Programm Bayerisches Fernsehen in ihre Netze einzuspeisen oder über ihre Netze zu verbreiten, solange hierüber kein Vertrag geschlossen worden ist.
Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der Klage keine anderweitige Rechtshängigkeit entgegenstehe, da die vor den Landgerichten anhängig gemachten Zahlungsklagen einen anderen Streitgegenstand hätten. Der dort geltend gemachte Zahlungsanspruch gründe sich auf die kartellwidrige Abstimmung der Rundfunkanstalten, während die Klägerinnen mit vorliegender Klage die von den Umständen und der Wirksamkeit der Kündigung der Verbreitungsverträge unabhängige generelle Frage der rundfunkrechtlichen Rechte und Pflichten im Zusammenhang mit der Verbreitung der öffentlich-rechtlichen Rundfunkprogramme über die Netze der Klägerinnen adressierten. Für den Antrag zu 1. bestehe ein Feststellungsinteresse unabhängig vom Ausgang der zivilrechtlichen Verfahren. Auch wenn die Unwirksamkeit der Kündigung der Verbreitungsverträge antragsgemäß bestätigt werde, sei damit zu rechnen, dass die Rundfunkanstalten die nächste Kündigungsmöglichkeit zu nutzen versuchten. Dies gelte erst recht, wenn sie vor den Zivilgerichten obsiegen sollten. Die Klägerinnen benötigten in jedem Fall Klarheit darüber, ob sie Anspruch auf einen Vertragsschluss hätten oder die Netzkapazität „auf Widerruf“ anderen Nutzungsinteressenten entgeltlich überlassen könnten, bis die Beklagte zum erneuten Vertragsschluss bereit sei. Für den Hilfsantrag bestehe ein Feststellungsinteresse der Klägerinnen, ob sie - wie die Beklagte meine und auch öffentlich kommuniziert habe - auch im vertragslosen Zustand zur Verbreitung des Must Carry-Programms Bayerisches Fernsehen verpflichtet seien.
Die Klage sei auch begründet, da die Beklagte zum Abschluss eines Verbreitungsvertrags für die Netze der Klägerinnen verpflichtet sei. Zum Grundversorgungsauftrag der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten gehöre nicht nur die Herstellung, sondern auch die Verbreitung ihrer Programme. Das Ermessen bei der Wahl geeigneter Übertragungswege bestehe nicht uneingeschränkt im Sinne privatautonomer Willkür, sondern sei rechtlich durch den Zweck der Ermessenseinräumung determiniert. Da bis heute knapp 50% der Haushalte die Rundfunk-Programme über Kabel empfingen, sei die Verbreitung über diesen Weg für eine flächendeckende Versorgung zwingend erforderlich. Dies gelte sowohl für die analoge als auch für die digitale Verbreitung der Programme, da erst 48,2% der Kabelhaushalte die Programmsignale digital empfingen. Auch das Kriterium der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit spreche namentlich im Vergleich zur terrestrischen Rundfunkverbreitung für die Verbreitung über die Kabelnetze, denn diese sei für die Rundfunkanstalten bei weitem preisgünstiger. Die Beklagte sei daher verpflichtet, ihre Programme über die Kabelnetze zu verbreiten. Da hierfür den Rundfunkanstalten keine hoheitlichen Mittel zur Verfügung stünden, müssten sie zur Erfüllung dieser Aufgabe (zivilrechtliche) Einspeiseverträge schließen.
Dieser Verbreitungspflicht der Beklagten korrelierten auf Seiten der Klägerinnen zur Sicherung der Meinungsvielfalt öffentlich-rechtliche Pflichten bei der Belegung der Kabelkanäle. Der unionsrechtliche Rahmen für eine solche Verpflichtung werde durch Art. 31 Abs. 1 der Universaldienstrichtlinie (RL 2002/22/EG, zuletzt geändert durch die RL 2009/136/EG, im Folgenden UDRL) gesteckt. Hiernach könnten die Mitgliedstaaten den Betreibern von elektronischen Kommunikationsnetzen für bestimmte Rundfunkkanäle Übertragungspflichten auferlegen, wenn eine erhebliche Zahl von Endnutzern diese Netze als Hauptmittel zum Empfang nutze. Diese Must Carry-Verpflichtungen für die Kabelnetzbetreiber seien nach der Rechtsprechung des EuGH nur dann zumutbar, wenn sie keine unzumutbaren wirtschaftlichen Folgen hätten. Dies wäre der Fall, wenn den Netzbetreibern durch die Must Carry-Regulierung ohne Entgelt und ohne Entschädigung für einen erheblichen Teil ihrer Netzkapazität die Möglichkeit einer privatwirtschaftlichen Gestaltung genommen würde. Nach Art. 31 Abs. 2 Satz 1 UDRL stehe es den Mitgliedstaaten offen, für eine solche Verpflichtung ein angemessenes Entgelt festzulegen. Da die deutschen Gesetzgeber hiervon abgesehen hätten, bleibe es für die Bestimmung der Entgelthöhe bei einer zivilrechtlichen Ausgestaltung, die der Entgeltregulierung nach § 52d RStV unterliege. Die Must Carry-Verpflichtung der Klägerinnen stelle grundsätzlich eine Inhalts- und Schrankenbestimmung ihres Eigentums dar (Art. 14 Abs. 1 GG, Art. 17 Abs. 1 GR-Charta der EU), zu dem die Verfügungsbefugnis zu privatnützigen Zwecken gehöre. Teil der von Art. 87f Abs. 2 GG geforderten privatwirtschaftlichen Organisation der TK-Dienstleistungen sei es, für die mit Netzzugang verbundene Bereitstellung von Leistungen und Netzkapazität ein angemessenes Entgelt fordern zu können. Ebenso beschränke die Must Carry-Pflicht das Grundrecht auf Berufs- bzw. die Unternehmerfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG; Art. 16 GR-Charta der EU), die das Recht umfasse, im Gegenzug für die Gewährung eigener Leistungen durch die Begründung vertraglicher Ansprüche eine regelmäßige Einnahmequelle zu begründen. Diese Eingriffe seien nur gerechtfertigt, wenn sie verhältnismäßig seien. Auch wenn die Kabelnetzbetreiber in die Realisierung der Rundfunkfreiheit einbezogen seien, gehe damit keine Relativierung ihrer grundsätzlichen ökonomischen Freiheiten und Interessen - oder der Privatwirtschaftlichkeit im Sinne von Art. 87f Abs. 2 GG - einher. Anders als zu Zeiten des Fernmeldemonopols der Deutschen Bundespost Telekom erfüllten Kabelnetzbetreiber keinen beitragsfinanzierten öffentlichen Auftrag.
Die Rechtsbeziehung zwischen den begünstigten netzzugangsberechtigen Rundfunkveranstaltern einerseits und den Netzbetreibern andererseits sei nicht explizit gesetzlich geregelt, sondern aus einer systematischen Gesamtschau zu bestimmen. Dabei sei zu berücksichtigen, dass die Netzbetreiber als privatwirtschaftliche Unternehmen den Zugang zu ihren privaten Ressourcen von der Zahlung eines Entgelts abhängig machen könnten. Andernfalls wäre die gesetzliche Verpflichtung der Klägerinnen, bis über 80% ihrer analogen Kanäle und ein Drittel ihrer digitalen Übertragungskapazität für Rundfunkprogramme kostenlos zur Verfügung zu stellen, ersichtlich unverhältnismäßig. Etwas anderes hätten die Landesgesetzgeber nur punktuell - und damit verhältnismäßig - für die nicht-kommerziellen Offenen Kanäle in Trägerschaft der Landesmedienanstalten angeordnet. Dies sei aber etwas grundlegend anderes als ... oder ... die Erzielung von Gewinnen unter kostenfreier Inanspruchnahme von Ressourcen der Klägerinnen zu eröffnen. Auch hinsichtlich der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten gelte diese Überlegung. Diese erzielten ebenfalls Werbeeinnahmen in Abhängigkeit von der Reichweite ihrer Programme. Aber auch soweit die öffentlich-rechtlichen Programme nicht werbefinanziert seien, ändere dies nichts daran, dass die Verbreitung der Programme Teil des beitragsfinanzierten Rundfunkauftrags sei und keine originäre, insbesondere keine abgabenfinanzierte Pflicht der Netzbetreiber. Die Landesgesetzgeber hätten die Rundfunkanstalten nicht nur explizit in § 19 RStV mit der technischen Versorgung der Rundfunkhaushalte beauftragt, sondern sie zugleich mit einer Garantie der Finanzierung der hierfür erforderlichen Mittel durch Rundfunkgebühren bzw. -beiträge ausgestattet. Die Refinanzierung der Verbreitungskosten aus Beitragsmitteln entspreche auch den Vorgaben des Beihilfenkompromisses mit der Europäischen Kommission, durch den eine bedarfsgerechte Ausstattung des öffentlichen Rundfunks auch beihilferechtlich abgesichert worden sei. Die gegenteilige Position des öffentlichen Rundfunks bedeute wirtschaftlich nichts anderes als die Forderung, dass die Kabelnetzbetreiber zur Entlastung des eigenen Beitragshaushalts der Öffentlich-Rechtlichen eine Art „zweiten Rundfunkbeitrag“ bei den angeschlossenen Haushalten erheben sollten.
Gegenstand der Must Carry-Pflicht für Betreiber digitaler Plattformen sei die Verpflichtung, bestimmte Kapazitäten zu angemessenen Bedingungen anzubieten, nicht die Pflicht zur Einspeisung oder Verbreitung der Programme. Dies ergebe sich bereits aus dem Wortlaut des § 52b RStV und des § 20 Abs. 2 LMG BW sowie aus der Begründung zum Entwurf des 10. Rundfunkänderungsstaatsvertrags. Die Formulierung entspreche dem ausdrücklichen Willen der Gesetzgeber, mit der Plattformregulierung nicht die Notwendigkeit einer zivilrechtlichen Einigung der Parteien abzuschaffen, sondern lediglich bestimmten Rundfunkprogrammen einen Vorrang beim Netzzugang zu sichern.
Die Gesetzgeber hätten bei der Regulierung der Netz- und Plattformbetreiber das seit Jahrzehnten in Deutschland etablierte Transportmodell bei der Kabelverbreitung zugrunde gelegt und seien dementsprechend von einer Entgeltlichkeit der Einspeisedienstleistung ausgegangen. Es habe kein Anlass bestanden, explizite Aussagen zu einer auch bei der Must Carry-Verbreitung bestehenden Kostenpflichtigkeit zu treffen. Die Must Carry-Programme würden ausdrücklich von der Entgeltregulierung umfasst (§ 52d Satz 2 RStV), die nicht erforderlich wäre, wenn die Must Carry-Pflichten mit der Kostenlast für die Verbreitung einhergingen. Lediglich die Programme des Bürgerfunks, namentlich die „Offenen Kanäle“, seien nach den Landesmediengesetzen kostenlos in die Kabelnetze einzuspeisen. Dies bedeute im Umkehrschluss, dass alle übrigen Programmveranstalter gerade keinen Anspruch auf kostenlose Verbreitung hätten. Eine Pflicht zur kostenlosen Verbreitung sei auch nicht erforderlich, um den Gesetzeszweck, also die Verbreitung der aus Vielfaltsgründen vom Gesetzgeber mit privilegiertem Netzzugang ausgestatteten Programme, sicherzustellen. Darüber hinaus sei den öffentlichen Rundfunkanstalten die Verweigerung entgeltlicher Leistungsbeziehungen auch aus Gründen der Gleichbehandlung (Art. 3 Abs. 1 GG) nicht möglich. Die Kabelnetzbetreiber stünden den Betreibern der Infrastrukturen Satellit und Terrestrik gleich, deren Strukturen gleichermaßen zur Erfüllung des Verbreitungsauftrags der Rundfunkanstalten benötigt würden. Verzichtbar und unwirtschaftlich sei von diesen drei Verbreitungswegen, wenn überhaupt, die Terrestrik. Für die Wahrnehmung des Rundfunkauftrags sei dabei kein taugliches Differenzierungskriterium, ob ein Infrastrukturbetreiber über eine Endkundenbeziehung verfüge und Kosten dementsprechend weiterreichen könne. Würde die Kabeleinspeisung der öffentlich-rechtlichen Programme nicht (mehr) aus öffentlichen Beitragsmitteln finanziert, so sollten die Klägerinnen diese Kosten über die Anschlussentgelte der von ihnen versorgten Haushalte finanzieren. Diese Kabelhaushalte und die versorgten Betriebsstätten müssten dann mit ihren Rundfunkbeiträgen nicht nur die Kosten der terrestrischen Sendenetze der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten tragen, sondern auch noch die Verbreitungskosten der von ihnen nicht genutzten parallelen Satelliteninfrastruktur quersubventionieren, während die Satelliten- und Terrestrik-Haushalte sich umgekehrt nicht mehr an den Kosten des Zuführungsnetzes der Kabelnetzbetreiber beteiligen würden. Dass die Kabelnetzbetreiber über eine Endkundenbeziehung verfügten, besage allenfalls, dass sie eine zweite Rundfunkabgabe erheben könnten, nicht jedoch, dass sie von den Rundfunkanstalten hierzu genötigt werden dürften. Wenn die Rundfunkanstalten argumentierten, die anteiligen Kosten der Verbreitung könnten aus den Margen anderer Produkte der Klägerinnen refinanziert werden, so missbrauchten sie ihr Oligopol zulasten ihrer (jedenfalls publizistischen) Wettbewerber.
Da somit keine der Parteien ihre öffentlich-rechtliche Pflicht erfüllen könne, ohne dass ein entsprechender Vertrag geschlossen werde, ergebe sich eine wechselseitige Kontrahierungspflicht und ein entsprechender Kontrahierungsanspruch.
Die Beklagte beantragte,
die Klage abzuweisen.
Der Verwaltungsrechtsweg sei nicht eröffnet und den Klägerinnen fehle für ihren Hauptantrag angesichts der von ihnen zivilgerichtlich bereits geltend gemachten Unwirksamkeit der Kündigung der Einspeiseverträge das Feststellungsinteresse. Unterstellt, die zivilrechtlichen Klagen hätten Erfolg, weil die Gerichte die von den Klägerinnen vorrangig vertretene Unwirksamkeit der Kündigungen bestätigten, so würde der Einspeisevertrag fortbestehen. Dem Antrag auf Feststellung einer Pflicht zum Neuabschluss eines Vertrags könne deshalb nicht entsprochen werden. Das Verhalten der Klägerinnen sei damit widersprüchlich und rechtsmissbräuchlich, es fehle auch am Rechtsschutzinteresse. Die Klage verstoße auch gegen den Grundsatz der Subsidiarität der Feststellungsklage, da die Klägerinnen ihre Rechte durch eine allgemeine Leistungsklage vor den Zivilgerichten effektiver verfolgen könnten. Sie müssten insoweit die Verurteilung zur Abgabe der entsprechenden Willenserklärung vor den Zivilgerichten beantragen, wie dies teilweise auch bereits erfolgt sei. Wegen der prinzipiellen Gleichwertigkeit der Rechtswege gelte das Ziel der Prozessökonomie auch „rechtswegübergreifend“. Sowohl die zivilgerichtlichen als auch die verwaltungsgerichtlichen Verfahren beträfen ein und denselben Lebenssachverhalt zwischen denselben Parteien, denn in der Sache gehe es den Klägerinnen einzig um den auch künftigen Erhalt von Einspeiseentgelten. In allen Verfahren begründeten sie ihren Antrag insbesondere mit einer angeblich rundfunkrechtlich vorgesehenen Entgeltlichkeit einer Weiterverbreitung von Programmangeboten. Eine Identität des Streitgegenstands und damit den Einwand anderweitiger Rechtshängigkeit versuchten die Klägerinnen einzig formal dadurch zu umgehen, dass sie zivilrechtlich eine Verurteilung zum Vertragsabschluss nicht für das Programm „Bayerisches Fernsehen“ der Beklagten begehrten. Auch könne durch eine entsprechende rechtskräftige Entscheidung über diesen Antrag das Rechtsverhältnis zwischen den Parteien - anders als im Fall eines etwaigen Obsiegens vor den Verwaltungsgerichten, da dies die Frage einer etwaigen Entgelthöhe nicht kläre - langfristig befriedet werden. Den Klägerinnen fehle es an der auch im Rahmen der Feststellungsklage erforderlichen Klagebefugnis. Aus dem Grundversorgungsauftrag ergäben sich keine Rechte der Klägerinnen. Insoweit bestehe nur ein Allgemeininteresse, nicht ein Interesse einzelner Dritter. Erst recht gelte dies für die Klägerinnen, die ja nicht einmal ein Recht zur Nutzung der Programme durchsetzen wollten, sondern ein Recht auf Zahlung von Geld. Auch aus den Must Carry-Bestimmungen ergebe sich keine Möglichkeit einer subjektiven Rechtsverletzung, da diese Normen den Klägerinnen lediglich Pflichten auferlegten, aber keine Rechte begründeten. Die Klage sei zudem deshalb unzulässig, weil sie mangels bestimmten Antrags nicht ordnungsgemäß erhoben worden sei. Es bleibe völlig im Unklaren, was mit dem begehrten „Vertrag über die entgeltliche Verbreitung“ gemeint sei. Bei „entgeltlich“ handele es sich um einen gänzlich unbestimmten Begriff. Auch erhielten die Klägerinnen wertvolle Programmsignale von der Beklagten, worin ebenfalls bereits eine „Entgeltlichkeit“ liege.
Der Hauptantrag sei jedenfalls mangels Rechtsgrundlage unbegründet. Der Grundversorgungsauftrag habe keine subjektiv-rechtliche Dimension. Hierfür müsste dieser zumindest auch dem Schutz der Klägerinnen dienen, dafür sei aber nichts ersichtlich. Mit dem Grundversorgungsauftrag sollte, so das Bundesverfassungsgericht, sichergestellt werden, dass die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten für die Gesamtheit der Bevölkerung Programme anbieten, die umfassend und in der vollen Breite des klassischen Rundfunkauftrags informieren, und dass im Rahmen dieses Programmangebots Meinungsvielfalt in der verfassungsrechtlich gebotenen Weise hergestellt wird. Diesen Auftrag erfüllten die Rundfunkanstalten im Interesse der Allgemeinheit, nicht im Interesse einzelner Personen. Ein abgrenzbarer Kreis Begünstigter sei nicht zu erkennen.
Im Übrigen verpflichte der Grundversorgungsauftrag die Beklagte auch objektiv-rechtlich nicht zur Zahlung von Einspeiseentgelten. Die Entscheidung über die Verbreitungswege und -modalitäten unterfalle dem durch die Rundfunkfreiheit garantierten Autonomiebereich der ARD-Rundfunkanstalten. Dass die Aussendung des Programmsignals an die Allgemeinheit per Satellit und DVB-T und damit auch die Signalüberlassung an die Klägerinnen verfassungsrechtlich ungenügend sein solle, sei nicht einmal im Ansatz nachvollziehbar. Maßgebend sei das Ziel, die Empfangbarkeit der Signale durch die Allgemeinheit zu gewährleisten. Wie die Grundversorgung erreicht werde, sei Sache der Rundfunkanstalten als Träger der Rundfunkfreiheit und, im Rahmen seiner Ausgestaltungskompetenz, des Gesetzgebers. Die Gesetzgeber müssten sicherstellen, dass markt- und meinungsmächtige Plattformbetreiber nicht den Rezipienten die vielfaltsichernden Programme vorenthielten. Diesem Auftrag sei der Gesetzgeber nachgekommen, indem er den Kabelnetzbetreibern Must Carry-Pflichten auferlegt habe. Eine Pflicht der Rundfunkanstalten zur Zahlung von Einspeiseentgelten habe er dabei nicht normiert. Dies sei auch folgerichtig, da in der gegebenen Marktsituation eine Zahlungspflicht zu nichts anderem führe als einer Subventionierung des Geschäftsmodells der Klägerinnen, das schon von der Weiterverbreitung der werthaltigen öffentlich-rechtlichen Programme profitiere.
Auch aus dem einfach-gesetzlichen Rundfunkrecht folge keine Pflicht der Beklagten, mit den Klägerinnen einen Vertrag über die entgeltliche digitale Verbreitung abzuschließen. Aufgabe der Rundfunkanstalten sei es, für die eigene Primärverbreitung „geeignete“ Übertragungswege auszuwählen und dabei insbesondere auch den Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zu beachten. Unabhängig davon, dass § 19 RStV den Klägerinnen keine subjektiven Rechte verleihe, folge aus dieser Vorschrift keine Pflicht zur Zahlung von Einspeiseentgelten. Für die Beklagte sei bei seinen Kündigungen der Einspeiseverträge maßgebend gewesen, die Versorgung der Allgemeinheit mit seinen Programmen in seinem Sendegebiet im vorgegebenen Regulierungsrahmen möglichst marktgerecht, wirtschaftlich und sparsam sicherzustellen. Gleichzeitig habe die Beklagte davon ausgehen können, dass die zur Grundversorgung gehörenden Programme weiterhin verfügbar blieben, denn hierfür sorgten das ökonomische Eigeninteresse der Kabelnetzbetreiber und die Must Carry-Regeln. Der Nichtabschluss entgeltlicher Verbreitungsverträge sei auch marktgerecht, weil die Klägerinnen sich durch die Vermarktung ihrer Kabelprodukte an die Abnehmer bereits erfolgreich refinanzierten, sie an einer Verbreitung der Programme ein wirtschaftliches Eigeninteresse hätten und nur so eine Gleichstellung mit den über 350 anderen Festnetzbetreibern erreicht werden könne, die sich erfolgreich über die Endkundenmärkte refinanzierten.
Erst recht sei die Beklagte nicht verpflichtet, einen Vertrag über die analoge Kabelverbreitung ihres Fernsehprogramms abzuschließen. Die Beklagte habe die analoge Satellitensignalverbreitung beendet, eine Entscheidung, die durch den Gesetzgeber vorprogrammiert gewesen sei. Würde die Beklagte verpflichtet, die „Analogisierung“ ihrer Signale durch Kabelnetzbetreiber als angebliche Dienstleistung entgeltlich in Anspruch zu nehmen, verletzte dies ihre verfassungsrechtlich abgesicherte Funktionsautonomie.
Auch die Must Carry-Bestimmungen entfalteten keine subjektiv rechtliche Dimension zum Schutz der Klägerinnen. Dies ergebe sich aus Wortlaut, Systematik sowie Sinn und Zweck der Regelungen, die allein auf die Vielfaltsicherung zielten. Selbst wenn der Abschluss eines Einspeisevertrags für die Klägerinnen notwendige Voraussetzung zur Erfüllung der Must Carry-Pflichten wäre, was nicht der Fall sei, ergebe sich daraus kein Kontrahierungsanspruch. Statuiere eine Norm Pflichten, die der Verpflichtete ohne die Mitwirkung eines Dritten nicht erfüllen könne, folge daraus nicht zugleich ein Anspruch des Verpflichteten gegen den Dritten. Der Dritte müsse dann vielmehr selbstständig zur Mitwirkung verpflichtet werden.
Ein Kontrahierungsanspruch bestehe auch nicht unter Berücksichtigung der klägerischen Eigentumsgarantie und Berufsfreiheit. Die beiden Grundrechte seien zuvörderst Abwehrrechte gegenüber dem Staat. Innerhalb des Must Carry-Regimes könnten sie daher die Klägerinnen gegenüber den Landesmedienanstalten als den zur Durchsetzung des Must Carry-Regimes aufgerufenen Hoheitsträgern vor rechtswidrigen Belastungen schützen. Gegenüber der Beklagten griffen diese Abwehrrechte indes nicht. Der Eigentumsgarantie wie auch der Berufsfreiheit komme keine unmittelbare Drittwirkung dergestalt zu, dass sie Private in ihrer Freiheitsbetätigung bänden. Auch eine mittelbare Drittwirkung, die eine Berücksichtigung der Werteentscheidungen des Grundgesetzes bei der Rechtsanwendung gebiete, könne das Fehlen einer Anspruchsgrundlage nicht ersetzen. Ohnehin könnten die Grundrechte keinen Kontrahierungs- und Vergütungsanspruch begründen. Im Übrigen sei auch die Aufrechterhaltung der bisherigen Zahlungen, die Perpetuierung einer Gewinnchance, von der Eigentumsgarantie nicht erfasst.
Die Must Carry-Normen begründeten auch keine objektiv-rechtliche Verpflichtung, mit den Klägerinnen einen Vertrag über die entgeltliche digitale oder analoge Verbreitung abzuschließen. Zur Frage eines Vergütungsanspruchs verhielten sie sich nicht. Die Must Carry-Verpflichtung umfasse nicht etwa nur die Bereitstellung von Kapazität im Sinne einer bloßen Vorhaltung, sondern sie fordere die tatsächliche Einspeisung und Verbreitung der Programme über die Netze, wie sich aus Wortlaut, Systematik, Entstehungsgeschichte und Sinn und Zweck des § 52b RStV ergebe. An den Abschluss eines Einspeisevertrags oder einer Vergütungsregelung sei die Verbreitungsverpflichtung nicht geknüpft, sie sei unbedingt. § 52d RStV schütze die Programmanbieter vor unangemessenen Bedingungen, nicht aber die Kabelnetzbetreiber. Auch der Umkehrschluss zu den Offenen Kanälen trage nicht, da es sich insoweit um Rundfunk sui generis handele. Diese Auslegung entspreche auch den unionsrechtlichen Vorgaben. Unzumutbare wirtschaftliche Folgen seien für die Klägerinnen nicht im Ansatz ersichtlich. Sie erhielten bereits durch das Zurverfügungstellen der Programmsignale ein Vorprodukt von erheblichem Wert, das ihnen ihr erfolgreiches wirtschaftliches Tätigwerden auf den nachgelagerten Märkten überhaupt erst ermögliche. Nach Art. 31 Abs. 2 UDRL stehe es den Mitgliedstaaten offen, für die Erfüllung von Must Carry-Pflichten ein angemessenes Entgelt festzulegen. Der deutsche Gesetzgeber habe davon abgesehen.
§ 52b RStV sei auch ohne Anspruch auf Abschluss eines entgeltlichen Verbreitungsvertrags verfassungskonform. Die Must Carry-Regelungen seien eine zulässige Inhalts- und Schrankenbestimmung im Sinne des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG, die keine Kompensationspflicht auslöse. Das Eigentum der Klägerinnen an ihren Netzen sei von vornherein nur mit den Must Carry-Vorgaben belastet entstanden. Die bis Ende 2012 erhaltenen Einspeiseentgelte stünden dem nicht entgegen, da diese einzig auf (kündbaren) zivilrechtlichen Vereinbarungen, nicht aber auf öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen beruht hätten. Eine Kompensationspflicht lösten die Must Carry-Vorgaben auch deshalb nicht aus, weil sie die Sozialbindung des Eigentums nicht unverhältnismäßig konkretisierten. Insbesondere seien die auferlegten Pflichten angemessen. Durch die Must Carry-Verpflichtungen sei nur ein Drittel der Kapazitäten der Plattformbetreiber betroffen und diese griffen nur, wenn ein Plattformanbieter sich aus eigenem Willen dazu entscheide, Rundfunkprogramme digital weiterzuverbreiten. Dieser habe auch die Möglichkeit, bei seinen Signalabnehmern Entgelte zu erheben. Zu berücksichtigen sei auch die ausgeprägte Sozialbindung der Kabelnetze und die wirtschaftlichen Vorteile der Verbreitung der Must Carry-Programme für die Kabelnetzbetreiber. Den Klägerinnen sei im Jahr 2012 aus der Nutzbarkeit der öffentlich-rechtlichen Programme ein wirtschaftlicher Vorteil in Höhe von ... ... € erwachsen. Weniger als 1% dieser Summe sei als Rückvergütung über die urheberrechtlichen Lizenzen an die ARD zurückgeflossen. Ebenso sei nichts für einen unverhältnismäßigen Eingriff in die Berufsfreiheit der Plattformanbieter ersichtlich. Vielmehr werde den Klägerinnen ihre Berufsausübung erst durch die Überlassung der öffentlich-rechtlichen Programmsignale ermöglicht.
Die Auferlegung von Must Carry-Verpflichtungen führe nicht einmal ansatzweise zu einer Relativierung der Privatwirtschaftlichkeit, da insoweit weiterhin ganz erhebliche Spielräume freier unternehmerischer, privatwirtschaftlicher Betätigung verblieben. Dagegen würde die Auferlegung eines Kontrahierungszwangs unmittelbar in die Rundfunkfreiheit und in die Vertragsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) der Rundfunkveranstalter eingreifen. Die vom Kontrahierungszwang begünstigte Partei müsse der anderen Seite unterlegen und schutzbedürftig sein, was bei den Klägerinnen als Monopolisten nicht der Fall sei. Eine Vergütungspflicht würde zudem zu einer enormen Belastung der Allgemeinheit führen, da die Rundfunkbeiträge erheblich erhöht werden müssten, wenn künftig alle Verbreitungsunternehmen eine „Vergütungsforderung“ geltend machen könnten. Für die landesmedienrechtlichen Vorschriften zur analogen Weiterverbreitung des Programms des Bayerischen Fernsehens gelte insoweit nichts anderes. Zudem könnten die Klägerinnen die analoge Verbreitung beenden und sich auf die digitale Verbreitung konzentrieren.
Der Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG begründe ebenfalls keinen Kontrahierungs- und Vergütungsanspruch der Klägerinnen. Gerade der Umstand, dass sich die Festnetzbetreiber anders als Satelliten- und DVB-T-Betreiber über Endkundenkontakte refinanzierten, stelle ein taugliches Differenzierungskriterium dar.
Auch der Hilfsantrag sei unzulässig. Die Beklagte sei der falsche Klagegegner, da die Must Carry-Pflicht der Klägerinnen nicht gegenüber der Beklagten bestehe. Vielmehr falle die Überwachung und Durchsetzung der Must Carry-Bestimmungen in die Zuständigkeit der Landesmedienanstalten. Zwar könne eine Feststellungsklage auch im Hinblick auf sogenannte Drittrechtsverhältnisse zulässig sein, dies aber nur in Konstellationen, in denen die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses zwischen der Beklagten und einem Dritten begehrt werde, nicht, wie vorliegend, zwischen den Klägerinnen und einem Dritten. Jedenfalls fehle in derartigen Konstellationen regelmäßig das notwendige Feststellungsinteresse. Dass die Beklagte die Rechtsauffassung vertrete, aus § 52b RStV und den Must Carry-Vorschriften in den Landesmediengesetzen ergäben sich unbedingte Verbreitungspflichten der Klägerinnen, führe nicht dazu, dass diese einen unmittelbaren Anspruch für sich gegen die Klägerinnen geltend mache. Ohnehin dürfte die Vorrangigkeit der Anfechtung hoheitlicher Maßnahmen nicht durch die Feststellungsklage umgangen werden. Verletzten die Klägerinnen ihre Must Carry-Pflichten, müssten die Landesmedienanstalten dies durchsetzen. Gegen diese Verfügungen stünde den Klägerinnen der Verwaltungsrechtsweg offen.
Jedenfalls sei der Hilfsantrag unbegründet, da die Klägerinnen - unabhängig davon, ob über die Verbreitung ein Vertrag geschlossen worden sei - verpflichtet seien, das Programm Bayerisches Fernsehen in ihre Netze einzuspeisen und analog sowie digital über ihre Netze zu verbreiten, soweit diesem Must Carry-Status zukomme.
Mit Schreiben vom ... April 2014 wiederholte und vertiefte die Klägerseite ihr Vorbringen. Die Klägerinnen seien klagebefugt, da es insoweit ausreiche, dass das Bestehen des Anspruchs möglich erscheine. Dass ein Anspruch auf Gleichbehandlung nach Art. 3 Abs. 1, Art. 87f Abs. 2 GG i. V. m. §§ 11, 19 RStV und Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG, hilfsweise ein Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über einen Vertragsschluss nicht von vornherein und unter jedem Gesichtspunkt ausscheide, zeige schon der Aufwand, den die Beklagte für ihre Rechtsverteidigung treibe. Das Feststellungsinteresse sei ebenfalls gegeben, denn selbst wenn die Unwirksamkeit der Vertragskündigung vom Zivilgericht festgestellt werde, habe die Beklagte deutlich gemacht, nicht an den Einspeiseverträgen festzuhalten. Die Feststellungsklage sei auch nicht subsidiär, da die Einspeiseverträge nach Auffassung der Klägerinnen fortbestünden, so dass eine Klage auf Abgabe einer Willenserklärung gegenwärtig nicht ohne Widerspruch zum zivilgerichtlich verfolgten Zahlungsanspruch möglich sei. Der Klageantrag sei auch bestimmt genug, da eindeutig feststellbar sei, ob ein Vertrag entgeltlich sei oder nicht.
Der Antrag zu 1. sei auch begründet, da die Rundfunkanstalten bei der Wahrnehmung ihres gesetzlichen Auftrags dem allgemeinen Gleichheitssatz und der Ermessenslehre unterlägen, woraus sich Ansprüche der Klägerinnen ergäben. Die Zahl von vier Netzbetreibern, denen gegenüber die Rundfunkanstalten eine Änderung ihrer bisherigen Auswahlentscheidung zur Programmentscheidung beschlossen hätten, sei auch überschaubar. Die Einbeziehung des Verbreitungswegs Kabel sei die einzige rechtmäßige Ermessensentscheidung, der ein Anspruch auf Abschluss eines entgeltlichen Einspeisevertrags korrespondiere. Zur Erfüllung des Rundfunkauftrags sei erforderlich, dass die Programme die Zuschauer auch tatsächlich erreichten, wobei die Rundfunkanstalten nicht dazu berufen seien, die Bevölkerung zu einer anderen Infrastruktur umzudirigieren. Die Einspeisung in das Kabelnetz sei daher erforderlich, wobei die bloße Bereitstellung des Signals für Plattformbetreiber zur beliebigen Nutzung noch nicht die Empfangbarkeit für den einzelnen Beitragszahler sichere. Für diese Sicherstellung müssten die Rundfunkanstalten mit den Plattformbetreibern kooperieren. Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit sprächen klar für die Fortführung der Einspeiseverträge mit den Klägerinnen als einzige ermessensfehlerfreie Entscheidung.
Selbst wenn man nicht von einer Ermessensreduzierung auf Null ausgehe, habe die Beklagte in vielfacher Hinsicht ermessensfehlerhaft gehandelt. Sie habe ihr Ermessen nicht, zumindest nicht eigenständig ausgeübt, sondern sich der Absprache aller öffentlich-rechtlichen Rundfunkveranstalter unterworfen. Ob der Verbreitungsweg „Kabel“ notwendig sei, habe keine Rolle gespielt, so dass ein Ermessensausfall oder jedenfalls ein evidenter Ermessensfehlgebrauch vorliege. Die rechtliche Fehleinschätzung, dass die Must Carry-Pflichten eine Einspeise- und Verbreitungspflicht implizierten, bedeute zugleich einen Ermessensfehler. Die Anstalten setzten für die Durchsetzung der effektiven Verbreitung auf die Landesmedienanstalten und nähmen damit in Kauf, dass sie dies im Konfliktfall gerichtlich durchsetzen müssten, so dass die öffentlich-rechtlichen Programme unter Umständen jahrelang nicht über Kabel verbreitet würden. Auch bestimme Art. 87f GG, dass Telekommunikationsleistungen privatwirtschaftlich erbracht würden. Demnach könnten Telekommunikationsunternehmen wie die Klägerinnen selber entscheiden, wie sie ihr Geschäftsmodell aufbauen wollten, insbesondere, wie sie ihre Kosten refinanzierten. Einspeiseleistungen seien privatwirtschaftlich erbrachte Leistungen, die nur gegen Entgelt erbracht zu werden brauchten. Zu den Telekommunikationsnetzen gehörten nach § 3 Nr. 27 TKG auch die Kabelfernsehnetze. Nach Telekommunikationsrecht müsse aber kein Unternehmen, das Telekommunikationsdienstleistungen anbiete, den Zugang zu den Netzen unentgeltlich gewähren. Auch nach § 2 Rahmen-RL 2002/21/EG würden elektronische Kommunikationsdienste, wie Übertragungsdienste in Rundfunknetzen, in der Regel gegen Entgelt erbracht. Das Rundfunkrecht gebe den Must Carry-Programmveranstaltern zwar einen Anspruch auf bevorzugte, nicht aber auf kostenlose Einspeisung.
Ein Anspruch auf den begehrten Vertragsschluss oder mindestens auf ermessensfehlerfreie Entscheidung ergebe sich, wenn schon nicht aus den Normen über den Rundfunkauftrag als solchen, zumindest aus Art. 3 Abs. 1, Art. 87f Abs. 2 GG i. V. m. §§ 11, 19 RStV und Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG, selbst wenn §§ 11, 19 RStV und Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG keinen Drittschutz vermitteln sollten. Ein derivativer Teilhabeanspruch nach Art. 3 Abs. 1 GG bestehe generell, wenn einem anderen eine Leistung gewährt werde, und eine Nichtleistung eine nicht zu rechtfertigende Ungleichbehandlung darstellen würde. Auch die Anbieter anderer Plattformen unterhielten Endkundenbeziehungen, insbesondere sei die ... ... GmbH als „Plattformanbieter“ im Sinne von § 52b RStV registriert und unterliege einer noch weitergehenden Must Carry-Regulierung. Soweit der Aufbau einer Endkundenbeziehung nicht möglich sei, weil die Rundfunkanstalten die Zustimmung zur Verschlüsselung verweigerten, könnten sie sich auf diesen selbst herbeigeführten Unterschied nicht berufen. Im Übrigen könnten Endkundenbeziehungen nicht relevant sein, da diese Gestaltung Teil der privatwirtschaftlichen unternehmerischen Prärogative sei. Die Ungleichbehandlung könne auch nicht mit dem vermeintlichen eigenen ökonomischen Interesse der Klägerinnen am Programm der Beklagten gerechtfertigt werden. So seien z. B. gebietsfremde Dritte Programme mittlerweile ohne nennenswerte Reaktion der Kabelkunden ausgespeist worden. Die Beklagte liefere insoweit auch kein „Vorprodukt“, da die Vermarktung mangels Zustimmung zur Verschlüsselung ausgeschlossen sei und keine weitere „Veredelung“ erfolge. Den Klägerinnen erwachse daher auch kein Vorteil in Höhe von ... ... €. Die Beklagte profitiere dagegen von den Werbeeinnahmen des Programms „... ...“ und damit von der großen Reichweite durch das Kabelnetz. Zudem veranstalte die Beklagte Hörfunkprogramme, die zum Teil werbefinanziert seien. Auch die anderen Kabelnetzbetreiber, die sich im Übrigen hinsichtlich der Leistungen, der Kostenstrukturen und der strategischen Entscheidungen in der Regel von den Klägerinnen unterschieden und die Signale meist von den Klägerinnen oder der KDG bezögen, forderten Einspeiseverträge. Vereinzelt bezögen sie sogar entsprechende Entgelte.
Auch der Antrag zu 2. sei zulässig. Das festzustellende Rechtsverhältnis müsse nicht zwingend zwischen Kläger und Beklagtem bestehen. Voraussetzung sei nur, dass von dem festzustellenden Rechtsverhältnis auch eigene Rechte des Klägers abhingen. Ein Streit und ein entsprechendes Klärungsbedürfnis bestünden nur zwischen den Beteiligten, weil die Rundfunkanstalten unzutreffende Annahmen zu dem Verhältnis zwischen den Klägerinnen und den Landesmedienanstalten zum tragenden Ermessensgrund für die streitige Vertragsverweigerung gemacht und die unrichtigen rechtlichen Aussagen ihrer öffentlichen Kommunikation zugrunde gelegt hätten. Die Anfechtung hoheitlicher Maßnahmen der Landesmedienanstalten sei hier nicht vorrangig, da die von den Rundfunkanstalten vorsorglich geforderten Anordnungen nicht ergehen könnten und es mithin nicht zu einer Anfechtungskonstellation kommen werde. Die Klägerinnen hätten auch ein Feststellungsinteresse, da ihnen sonst nur der Weg der Ausspeisung bliebe. Die dann zu erwartende Reaktion der Rundfunkanstalten mit politischen und publizistischen Machtmitteln sowie der etwaige Vorwurf einer Ordnungswidrigkeit nach § 49 Satz 2 Nr. 9 RStV sei den Klägerinnen nicht zumutbar.
Der Antrag sei auch begründet. Für die Regelung einer unentgeltlichen Einspeisung von Must Carry-Programmen fehle dem Landesgesetzgeber die Gesetzgebungskompetenz, da diese nach Art. 73 Nr. 7 GG beim Bund liege. Im Übrigen hätten die Landesgesetzgeber den Normen die Regel der entgeltlichen Verbreitung zugrunde gelegt.
Zudem wäre eine Verpflichtung, die Must Carry-Programme unentgeltlich bereitzustellen, ein unverhältnismäßiger Eingriff in Art. 14 und Art. 12 GG. Selbst wenn Konkretisierungen der Sozialbindung des Eigentums grundsätzlich nicht ausgleichspflichtig seien, müssten sie dennoch verhältnismäßig sein. Die unentgeltliche Bereitstellung von Leistungen betreffe den Kern der privatnützigen Verwendung des Eigentums, wobei es nicht darauf ankomme, ob der Eigentümer sich an anderer Stelle oder auf andere Weise schadlos halten könne. Die fraglichen Kapazitäten könnten die Klägerinnen für andere Programme, insbesondere private HDTV-Programme, das Angebot eines noch leistungsfähigeren Breitband-Internet-Zugangs und für IP-Telefonie verwenden. Es sei auch nicht zu befürchten, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk daran gehindert würde, seine Aufgaben wahrzunehmen, zumal er eine entsprechende Finanzierung beanspruchen könne. Vor einer unangemessenen Inanspruchnahme schütze ihn § 52d RStV. Einspeiseentgelte seien auch keine Subventionierung der Entgelte für die Kabelkunden, da die Beklagte auch für andere Übertragungswege Einspeiseentgelte zahle. Die Berufsfreiheit wiederum beinhalte auch das Recht, eine regelmäßige Einnahmequelle zu begründen. Eingriffe müssten ebenfalls verhältnismäßig sein. Die Kabelnetzbetreiber würden verpflichtet, eine marktgängige unternehmerische Leistung zugunsten des öffentlichen Rundfunks anzubieten, obwohl die Unentgeltlichkeit die Meinungsvielfalt nicht fördere.
Mit Beschluss vom 2. Juni 2014
Die Beklagte wiederholte und vertiefte ihr Vorbringen daraufhin mit Schreiben vom ... November 2014 und führte vor allem aus, dass mittlerweile sechs Landgerichte und drei Oberlandesgerichte festgestellt hätten, dass die ARD-Rundfunkanstalten keinem Kontrahierungszwang unterlägen, wobei sich die Gerichte auch mit grundrechtlichen und rundfunkrechtlichen Erwägungen auseinandergesetzt hätten. Eine Klagebefugnis für den Hauptantrag ergebe sich auch nicht aus Art. 3 Abs. 1 GG, da dieser allein kein subjektives Recht auf staatliche Leistungen begründe, sondern nur bei gegebener subjektiver Rechtsbetroffenheit die Rechtsgleichheit gewährleiste. Weder der Grundversorgungsauftrag noch Art. 87f Abs. 2 Satz 1 GG führten aber zu einer subjektiven Rechtsposition der Klägerinnen. Insbesondere sei Art. 87f Abs. 2 Satz 1 GG lediglich eine Staatszielbestimmung mit objektivrechtlicher Bindungskraft. Auch der Hinweis der Klägerinnen auf die einfachgesetzliche Ausgestaltung des Telekommunikationsrechts gehe fehl, da die Beklagte nicht das Netz der Klägerinnen nutze, sondern die Klägerinnen dieses Netz für die Bereitstellung von Produkten auf dem Endkundenmarkt selbst nutzten. §§ 21ff. TKG seien zudem mangels sektorspezifischer Regulierung nicht mehr anwendbar. Auch ein Anspruch auf fehlerfreie Ermessensausübung bestehe nur, wenn ihn die einschlägige Rechtsvorschrift begründe, wobei die Regelung auch dem Interesse des Begünstigten zu dienen bestimmt sein müsse. Das Feststellungsinteresse fehle, da kein wirtschaftliches Interesse an der Verpflichtung zum Vertragsschluss bestehe, wenn der Vertrag, wie vor den Zivilgerichten geltend gemacht, ungekündigt sei. Der Feststellungsantrag sei damit bedingt durch die Abweisung der Zahlungsklagen der Klägerinnen vor den Zivilgerichten. Eine derartige außerpozessuale Bedingung führe zur Unzulässigkeit des Antrags. Ein künftiges, hypothetisches Rechtsverhältnis sei nicht vorbeugend isoliert feststellungsfähig. Eigentliches Begehren der Klägerinnen sei der Erhalt einer Zahlung; nur mit diesem zivilrechtlich verfolgten Begehren könne der Rechtsstreit abschließend befriedet werden, zumal die Zivilgerichte die Frage eines rundfunkrechtlichen Kontrahierungszwangs mitentschieden. Für die Klärung der abstrakten Teilfrage eines Kontrahierungszwangs bestehe daher auch unter Rechtsschutzgesichtspunkten kein Bedarf. Die Klage scheitere auch an der Subsidiarität der Feststellungsklage, denn diese setze voraus, dass der zivilgerichtliche Zahlungsanspruch scheitere. Vor den Zivilgerichten stehe die Frage der Entgeltlichkeit einer Programmverbreitung umfassend, auch mit rundfunkrechtlichen Fragen, zur Entscheidung.
Die Klage sei im Hauptantrag auch unbegründet, da Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG und § 19 RStV der Allgemeinheit und nicht den (Zahlungs-)Interessen der Netzbetreiber dienten. Zudem träfe ein Kontrahierungszwang die Beklagte als Träger der Rundfunkfreiheit, was eine hinreichend bestimmte gesetzliche Regelung voraussetze. Auch sei zu berücksichtigen, dass eine Erstausstrahlung der Programme über Satellit, Terrestrik und Internet und damit flächendeckend erfolge. Daneben ermöglichten die ARD-Rundfunkanstalten die Kabelweiterverbreitung der Signale. Dieser Verbreitungsstatus genüge den verfassungsrechtlichen Anforderungen des Grundversorgungsauftrags, zumal eine Weiterverbreitung durch die Klägerinnen aus ihrem wirtschaftlichen Eigeninteresse und aufgrund der Must carry-Pflichten erfolge. Insbesondere gäben das Verfassungsrecht und §§ 11, 19 RStV, Art. 2 Abs. 1 BayRG keine Verpflichtung der Rundfunkanstalten vor, mit Netzbetreibern einen Verbreitungsvertrag mit einer Entgeltzahlungspflicht abzuschließen. Es wäre nicht verhältnismäßig, wenn die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten sämtliche Lasten tragen müssten, obwohl die Programme den Festnetzbetreibern erst ihr Geschäftsmodell ermöglichten und über 350 andere Festnetzbetreiber diese ohne entgeltlichen Einspeisevertrag gewinnbringend weiterverbreiteten. Sofern Klagen von diesen Betreibern auf Entgeltzahlungen erhoben worden seien, wendeten sich diese gegen die Privilegierung der Klägerinnen. Die Verfahren seien durch klageabweisende Urteile bzw. Klagerücknahmen beendet worden. Diese Kabelnetzbetreiber hätten auch keine gänzlich andere Funktion als die Klägerinnen, da etliche auch auf den Netzebenen 2 agierten, die Rundfunksignale selbst einspeisten und teilweise überregional tätig seien. Wenn das Netz der Klägerinnen finanziert würde, obwohl die Signale denselben Zuschauern per Satellit oder DVB-T bzw. Internet zur Verfügung stünden, mutierte die Grundversorgung auf der Verbreitungsebene zur Doppel- oder Mehrfachversorgung. Den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten verbleibe eine Entscheidungsprärogative, deren Spielraum nur überschritten wäre, wenn einzig die Zahlung von Einspeiseentgelten den rechtlichen Anforderungen genügen würde, wofür nichts ersichtlich sei. Vielmehr sei nur der Nichtabschluss entgeltlicher Verbreitungsverträge markt- und auftragsgerecht, da sich die Klägerinnen refinanzieren könnten und ein wirtschaftliches Eigeninteresse an der Weiterverbreitung hätten. Da die Klägerinnen gegenüber der Beklagten keine Leistung erbringen, sondern Programminhalte nachfragten, um diese gewinnbringend zu vermarkten, bestehe auch kein Gegenleistungsanspruch. Der Nichtabschluss der Verträge entspreche allein dem Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit, da die Programme für die Zuschauer weiterhin verfügbar blieben, gleichzeitig aber die Gesamtkosten der Verbreitung deutlich reduziert würden. Die Gesamtbelastung der mit Rundfunk zu versorgenden Allgemeinheit sei möglichst gering zu halten. Eine vertragliche Verpflichtung zur Verbreitung würde neben dem wirtschaftliche Eigeninteresse und der Must Carry-Pflicht einen dritten Anreiz zur Verbreitung hinzufügen, der für die Versorgung der Haushalte nicht notwendig sei. Wenn die Must Carry-Pflicht zu einer Zahlungspflicht der Programmanbieter führen würde, würden diese schlechter gestellt gegenüber für die Vielfalt weniger bedeutenden Programmen. Dies wäre verfassungswidrig und liefe auf eine faktische Abschaffung der Must Carry-Regeln hinaus.
Mangels subjektiver Dimension folge auch aus dem Gleichheitssatz kein Kontrahierungsanspruch. Satelliten- und DVB-T-Netzbetreiber hätten nicht die Möglichkeit, sich zu refinanzieren. Sie seien technische Dienstleister, während die Klägerinnern die Signale als Vorprodukte nutzten, um sie bei ihren Abnehmern zu vermarkten. Lediglich für besondere Produktangebote seien Satellitenbetreiber Plattformanbieter und vereinnahmten Endkundenentgelte. DVB-T-Netzbetreiber unterlägen keinen den Must Carry-Pflichten entsprechenden Vorgaben, vielmehr seien die Rundfunkanstalten insoweit selbst Frequenznutzer. Die Klägerinnen seien mit Streaming-Unternehmen vergleichbar, die die Signale weitersendeten, ein eigenes Geschäft betrieben und nicht von den ARD-Rundfunkanstalten bezahlt würden. Ihnen sei die Vermarktung auch nicht untersagt, vielmehr würde eine Verschlüsselung diesen einen zweiten Vermarktungsweg eröffnen.
Hinsichtlich des Hilfsantrags wurde unter anderem ausgeführt, dass ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis voraussetze, dass zwischen den Parteien ein Meinungsstreit bestehe, aus dem heraus sich eine Seite berühme, ein bestimmtes Tun oder Unterlassen der anderen Seite verlangen zu können. Es sei aber Sache der Landesmedienanstalten, die Must Carry-Pflichten durchzusetzen. Dass die Beklagte eine Rechtsauffassung vertrete, könne nicht ausreichend sein, da die Klägerinnen ihre Klage ansonsten gegen jedermann richten könnten. Auch die Furcht vor der Reaktion der Öffentlichkeit begründe kein berechtigtes Feststellungsinteresse, vor allem nicht der Beklagten gegenüber. Aus dem Verweis auf § 49 Satz 2 Nr. 9 RStV ergebe sich ebenfalls kein derartiges Interesse. Denn vor einem bußgeldbewehrten Verstoß stehe gemäß § 52b Abs. 4 RStV eine Entscheidung der Landesmedienanstalt über die Belegung, die gegebenenfalls durch Anfechtungsklage angegriffen werden müsste. Diese Klage hätte insoweit Vorrang gegenüber der Feststellungsklage. Ansonsten würden die gesetzlichen Vorgaben zur Zuständigkeit der Landesmedienanstalten sowie zur Ausgestaltung des Verfahrens umgangen und es würde ein örtlich unzuständiges Gericht entscheiden. Schließlich sei der Antrag unzulässig, weil sich die Feststellung auf die fehlende Verpflichtung zur Einspeisung, solange kein Vertrag geschlossen wurde, bezieht. Den Bestand dieses Vertrages behaupten die Klägerinnen aber gerade in den parallelen Zivilprozessen, so dass sich die Feststellung auf eine hypothetische Sachlage beziehe. Letztlich werde der Hilfsantrag unter eine unzulässige außerprozessuale Bedingung, nämlich die Feststellung des Nichtbestehens des Einspeisevertrags in den Zivilverfahren, gestellt.
Der Antrag sei auch unbegründet. Die gesetzlichen Must Carry-Vorschriften wären überflüssig, wenn sie nur bei einer schuldrechtlichen Verpflichtung in einem Vertrag greifen würden. Insbesondere verpflichteten die Vorschriften zur Weiterverbreitung und nicht nur dazu, Kapazitäten zur Verfügung zu stellen. Das verfassungsrechtlich verankerte Ziel, die Versorgung der Rundfunkteilnehmer mit einem vielfältigen Programmangebot zu sichern, könne nur durch die Pflicht zur tatsächlichen Übertragung erreicht werden. Die Regelungen zur Weiterverbreitung sähen ihrem Wortlaut und ihrer Systematik nach klar Transport- bzw. Verbreitungspflichten vor. Dies werde auch durch die Begründungen zum 4. und 10. Rundfunkänderungsstaatsvertrag und den Sinn und Zweck der Must Carry-Bestimmungen bestätigt. Wenn diese nur zur Bereitstellung von Kapazitäten verpflichteten und die tatsächliche Inanspruchnahme über den Grundversorgungsauftrag der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten abgesichert wäre, ergäbe sich hinsichtlich der Must Carry-Verpflichtungen für die privaten Programme ein Ausgestaltungsdefizit, so dass das Vielfaltsziel leer liefe.
Die Weiterverbreitungspflicht sei auch unbedingt und nicht an den Abschluss eines Vertrags oder an die Zahlung einer Vergütung geknüpft. Denn die Voraussetzungen der Durchsetzung einer Must Carry-Plicht seien nach § 52b Abs. 4 RStV abschließend definiert und diese Vorschrift gebe für Rechtsbeziehungen zwischen Plattformbetreibern und Veranstaltern der Must Carry-Programme nichts her. Dies entspreche auch der Systematik der Vorschriften, wonach nur die für die Gewährleistung der Rundfunkfreiheit zwingend notwendigen Vorgaben definiert würden, den Normadressaten im Übrigen aber Spielräume überlassen würden. § 52d RStV und die diesbezügliche Begründung beträfen nur das „Wie“ eines Einspeiseentgelts, falls dieses vereinbart werde, verhielten sich aber zum „Ob“ nicht. Nur für Offene Kanäle sei die Unentgeltlichkeit ausdrücklich normiert, im Übrigen der Privatautonomie überlassen worden. Die Programmveranstalter und die Meinungsvielfalt hätten geschützt werden sollen, nicht aber die Plattformanbieter durch Absicherung eines Entgeltanspruchs. Dies entspreche auch Sinn und Zweck der Regelung, da die Vielfaltssicherung ansonsten davon abhinge, dass sich die Beteiligten über die wirtschaftlichen Verbreitungskonditionen einigten.
Diese Auslegung sei auch verfassungskonform. In der Festschreibung eines bestimmten Entgeltmodells läge ein intensiver Eingriff in die Berufsfreiheit der Marktakteure, ohne dass dieser geeignet, erforderlich und angemessen wäre, um die Vielfaltsziele zu erreichen. Der Kern der privatnützigen Verwendung des Eigentums sei nicht betroffen, da die Klägerinnen das streitgegenständliche Programm aus ökonomischem Eigeninteresse verbreiteten, eine Refinanzierung möglich sei und sie nicht nur den weit überwiegenden Anteil der Gesamtkapazitäten frei nutzen könnten, sondern auch 12% der Gesamtkapazität ungenutzt ließen. Auch sei zu berücksichtigen, dass der Anteil der von den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten entrichteten Einspeiseentgelte an den Gesamtumsätzen nur 1,25% betrage. Konkretisierungen der Sozialbindung des Eigentums seien grundsätzlich nicht ausgleichspflichtig, ein atypischer Fall, in dem die Auferlegung von Must Carry-Pflichten ohne Ausgleichszahlung unverhältnismäßig wäre, liege ersichtlich nicht vor. Auch ein unverhältnismäßiger Eingriff in die Berufsfreiheit des Art. 12 Abs. 1 GG liege nicht vor, da die Berufsausübung erst durch die Überlassung der Programmsignale ermöglicht werde. Den Klägerinnen sei weder eine Refinanzierung untersagt noch sei ersichtlich, dass die Must Carry-Pflichten zu wirtschaftlich nicht vertretbaren Ergebnissen führten. Der EuGH habe im Übrigen ebenfalls eine Zumutbarkeit von Must Carry-Pflichten ohne Ausgleichszahlung für möglich gehalten. Zu prüfen sei lediglich, ob der Betreiber - gegebenenfalls im Hinblick auf die Gesamtheit seiner Tätigkeiten - seine Pflichten unter wirtschaftlich vertretbaren Bedingungen erfüllen könne.
Mit Schreiben vom ... Februar 2015, ... März 2015 und ... April 2015 wiederholten, ergänzten und vertieften die Beteiligten ihr Vorbringen erneut.
In der mündlichen Verhandlung beantragte die Klägerseite,
1. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, mit den Klägerinnen einen Vertrag über die entgeltliche (analoge und digitale) Verbreitung des Programms Bayerisches Fernsehen über die Netze der Klägerinnen zu schließen, soweit dieses Programm in diesen Netzen Must Carry-Status hat,
2. hilfsweise, festzustellen, dass die Klägerinnen nicht verpflichtet sind, das Programm Bayerisches Fernsehen in ihre Netze einzuspeisen oder über ihre Netze zu verbreiten, solange hierüber kein Vertrag geschlossen worden ist,
3. hilfsweise, festzustellen, dass die Klägerinnen nicht kraft Gesetzes verpflichtet sind, das von der Beklagten veranstaltete Fernsehprogramm Bayerisches Fernsehen unentgeltlich zu verbreiten.
Die Beklagte beantragte,
die Klage abzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten sowie auf die Akten der Beklagtenseite und auf die Niederschrift der mündlichen Verhandlung vom
Gründe
I.
Die Klageänderung in Gestalt der Klageerweiterung durch den in der mündlichen Verhandlung gestellten zweiten Hilfsantrag ist gemäß § 91 VwGO zulässig. Nach dieser Vorschrift kann eine Klage geändert werden, wenn die übrigen Beteiligten einwilligen oder das Gericht die Änderung für sachdienlich hält (Abs. 1). Dabei ist die Einwilligung des Beklagten anzunehmen, wenn er sich - wie hier -, ohne ihr zu widersprechen, in einer mündlichen Verhandlung auf die geänderte Klage eingelassen hat (Abs. 2).
II.
Die Klage ist jedoch sowohl im Hauptantrag (s.u. 1.) als auch in den Hilfsanträgen (s.u. 2. und 3.) unzulässig.
1. Mit dem Hauptantrag begehren die Klägerinnen die Feststellung, dass die Beklagte verpflichtet ist, mit ihnen einen Vertrag über die entgeltliche Verbreitung des Programms Bayerisches Fernsehen über die Netze der Klägerinnen zu schließen, soweit dieses Programm in diesen Netzen Must Carry-Status hat.
Im Gegensatz zur Auffassung der Beklagten ist dieser Antrag ausreichend bestimmt (s.u. 1.1), ihm steht keine anderweitige Rechtshängigkeit entgegen (s.u. 1.2) und die Klägerinnen sind auch klagebefugt (s.u. 1.3). Jedoch fehlt den Klägerinnen das Feststellungsinteresse (s.u. 1.4) und dem Antrag steht die grundsätzliche Subsidiarität von Feststellungsklagen entgegen (s.u. 1.5).
1.1 Gemäß § 82 Abs. 1 Satz 2 VwGO muss die Klage einen bestimmten Antrag enthalten. Erforderlich, aber auch ausreichend, ist, wenn der Antrag den erhobenen Anspruch konkret bezeichnet, dadurch den Rahmen der richterlichen Entscheidungsbefugnis absteckt, Inhalt und Umfang der materiellen Rechtskraft der begehrten Entscheidung erkennen lässt, das Risiko eines Unterliegens des Klägers nicht durch vermeidbare Ungenauigkeiten auf den Beklagten abwälzt und schließlich eine Zwangsvollstreckung aus dem Urteil ohne eine Fortsetzung des Streits im Vollstreckungsverfahren erwarten lässt. Wird eine Feststellungsklage anhängig gemacht, muss für das Gericht erkennbar gemacht werden, welches Rechtsverhältnis betroffen ist (vgl. Geiger in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 82 Rn. 10 m. w. N.).
Diese Voraussetzungen sind nach Auffassung des Gerichts hier erfüllt. Insbesondere greift der Einwand der Beklagten, die Verwendung des Begriffs „entgeltlich“ sei zu unbestimmt, weil auch das kostenlose Zurverfügungstellen ihrer Programmsignale eine Art „Entgelt“ darstelle, nicht. Schon nach dem allgemeinen Sprachgebrauch ist unter „Entgelt“ regelmäßig eine monetäre Gegenleistung zu verstehen. Zumindest ist aber im Wege der Auslegung (vgl. § 88 VwGO) - unter Heranziehung der Vorgeschichte des Gerichtsverfahrens, insbesondere der bisherigen Einspeiseentgeltverträge, und der Klagebegründung - eindeutig erkennbar, dass es den Klägerinnen um die Klärung geht, ob ein Kontrahierungszwang und ein Anspruch auf Einspeiseentgelt dem Grunde nach bestehen. Sie begehren den Abschluss eines Vertrags, in dem ein von der Beklagten zu entrichtendes Einspeiseentgelt geregelt wird.
1.2 Dem Hauptantrag steht auch trotz der vor den Landgerichten ... und ... erhobenen Klagen keine anderweitige Rechtshängigkeit (§ 173 VwGO i. V. m. § 17 Abs. 1 Satz 2 GVG) entgegen.
Dies wäre der Fall, wenn die Klägerinnen denselben prozessualen Anspruch auf denselben Lebenssachverhalt (Klagegrund) stützen, was auch dann zu bejahen wäre, wenn sich aus dem Klagegrund mehrere Anspruchsgrundlagen herleiten lassen (BayVGH, B.v. 6.10.2014 - 7 C 14.1372 - juris Rn.8; vgl. a. Rennert in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 121 Rn. 23 f.).
Zwar betreffen sowohl die zivilgerichtlichen Verfahren als auch das vor dem Verwaltungsgericht München anhängige Verfahren letztlich denselben Lebenssachverhalt, da es den Klägerinnen in allen Verfahren in der Sache einzig um den auch künftigen Erhalt von Einspeiseentgelten geht. Hinzu kommt, dass sie auch vor den Zivilgerichten ihre Anträge nicht nur mit der vermeintlich kartellrechtswidrigen Absprache der Sendeanstalten bei der Kündigung der Einspeiseverträge begründen, sondern eine angebliche rundfunkrechtlich vorgesehene Entgeltlichkeit der Weiterverbreitung der Programmangebote geltend machen. Jedoch unterscheiden sich die prozessualen Ansprüche in den Verfahren. Während vor den Zivilgerichten Zahlungsklagen, d. h. Leistungsklagen, erhoben wurden, handelt es sich hier um eine reine Feststellungsklage.
1.3 Ebenso wenig greift der Einwand der Beklagten, die Klägerinnen seien nicht klagebefugt.
Gemäß § 42 Abs. 2 VwGO, der auf Feststellungsklagen entsprechend anwendbar ist (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 43 Rn. 38a m. w. N.), ist eine Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, in seinen Rechten verletzt zu sein. Es reicht dabei aus, dass eine Verletzung seiner Rechte möglich ist, d. h., die Darlegung des Klägers muss ergeben, dass nicht offensichtlich und eindeutig nach keiner Betrachtungsweise die vom Kläger behaupteten Rechte nicht bestehen oder ihm nicht zustehen können (Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 42 Rn. 93 m. w. N.).
Die Frage, ob die Kabelnetzbetreiber von den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten Einspeiseentgelte beanspruchen können, ist äußerst komplex und in der Literatur heftig umstritten. Auch wenn keine Anspruchsgrundlage ersichtlich ist, die eine derartige Entgeltzahlung ausdrücklich vorsieht, kann nicht von vorneherein ausgeschlossen werden, dass sich ein derartiger Anspruch unter Umständen aus einer verfassungskonformen Auslegung der relevanten Rechtsnormen ergeben könnte. Es kann daher nicht angenommen werden, dass den Klägerinnen die geltend gemachten Rechte „eindeutig nach keiner Betrachtungsweise“ nicht zustehen. Ob der Entgeltanspruch tatsächlich besteht, ist dagegen eine Frage der Begründetheit.
1.4 Der Hauptantrag war jedoch als unzulässig abzulehnen, weil insoweit das Feststellungsinteresse fehlt.
a) Gemäß § 43 Abs. 1 VwGO kann durch Klage unter anderem die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat. Ein Interesse ist berechtigt, wenn es rechtlicher oder schutzwürdiger tatsächlicher, insbesondere wirtschaftlicher oder ideeller Art ist (Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 43 Rn. 30 m. w. N.). Kein berechtigtes Interesse liegt dagegen grundsätzlich vor, wenn Gegenstand der Feststellungsklage ein künftiges Rechtsverhältnis ist, da insoweit die Möglichkeit „nachträglichen“ Rechtsschutzes in der Form einer Gestaltungs- oder Leistungsklage besteht (Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 43 Rn. 32).
b) Die Klägerinnen machen hier geltend, dass sie Klarheit benötigten, ob unabhängig von der Wirksamkeit der Kündigung der Einspeiseentgeltverträge generell ein Anspruch auf Abschluss eines entgeltlichen Vertrags bestehe. Denn selbst wenn die Vertragskündigungen unwirksam wären, könnte die Beklagte die dann noch fortbestehenden Einspeiseentgeltverträge zu einem späteren Termin kündigen.
aa) Es ist bereits zweifelhaft, ob es sich bei der Frage, ob die Beklagte als Rundfunkanstalt verpflichtet ist, mit den Klägerinnen als Kabelnetzbetreibern einen entgeltlichen Einspeisevertrag zu schließen, nicht um eine abstrakte Rechtsfrage handelt, die mangels feststellungsfähigem Rechtsverhältnis im Sinne von § 43 Abs. 1 VwGO einer Feststellungsklage nicht zugänglich wäre.
bb) Letztendlich kann dies hier aber dahingestellt bleiben, da das für eine Feststellungsklage erforderliche „berechtigte Interesse“ weder dem Vortrag der Klägerinnen entnommen werden kann noch ein derartiges Interesse im Hinblick auf die vor den Zivilgerichten anhängigen Klagen sonst ersichtlich ist:
Kommen die Zivilgerichte zu dem Ergebnis, dass die Vertragskündigungen unwirksam sind, bestehen die Einspeiseentgeltverträge fort, so dass die Klägerinnen auch keinen erneuten Vertragsschluss verlangen können. Sofern die Klägerseite geltend macht, bei einer Unwirksamkeit der Vertragskündigungen zum 31. Dezember 2012 könnte die Beklagte die mit den Klägerinnen geschlossenen Verträge zu einem späteren Zeitpunkt kündigen, handelt es sich um einen rein hypothetischen, künftigen Sachverhalt, so dass kein (gegenwärtig) feststellungsfähiges Rechtsverhältnis vorliegt. Im Übrigen könnten die Klägerinnen gegen eine derartige erneute Kündigung wiederum vor den Zivilgerichten klagen und insoweit vorrangige (vgl. u. 1.5) Leistungsklagen erheben.
Aber selbst wenn die Zivilgerichte von der Wirksamkeit der Kündigungen ausgehen sollten, prüfen sie im Rahmen der Zahlungsklagen zumindest inzident die von den Klägerinnen mit dem hiesigen Hauptantrag aufgeworfene Frage, ob die Beklagte zum Abschluss eines entgeltlichen Vertrags verpflichtet ist. Denn für die Frage, ob die Vertragskündigungen unwirksam sind, sind nicht nur Verstöße gegen das Kartellrecht entscheidungserheblich, sondern auch ein etwaiger rundfunkrechtlicher Kontrahierungszwang bzw. ein rundfunkrechtlicher Entgeltanspruch (vgl. z. B. LG Köln, U.v. 12.11.2014 - 90 O 86/12 - juris Rn. 62 ff.; OLG Düsseldorf, U.v. 21.5.2014 - VI-U (Kart) 16/13 u. a. - juris Rn. 46 ff.; OLG München, U.v. 28.11.2013 - U 2094/13 - juris Rn. 45 ff. zu anderen Kabelnetzbetreibern).
Welches Interesse die Klägerinnen an einer erneuten Klärung dieser Frage durch das Verwaltungsgericht haben sollten, ist nicht ersichtlich, zumal vor den Zivilgerichten eine abschließende Klärung aller Streitfragen möglich ist, während das Verwaltungsgericht z. B. über die Höhe des Einspeiseentgelts mangels Zuständigkeit für die inhaltliche Prüfung zivilgerichtlicher Verträge grundsätzlich nicht entscheiden kann.
1.5 Nach Auffassung des Gerichts steht der Zulässigkeit des Hauptantrags auch § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO entgegen.
a) Nach dieser Vorschrift kann eine Feststellung nicht begehrt werden, soweit der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können. Diese Subsidiaritätsklausel verfolgt den Zweck, den erforderlichen Rechtsschutz aus Gründen der Prozessökonomie auf ein einziges gerichtliches Verfahren zu konzentrieren. Dort, wo der Kläger sein Ziel mit einer Gestaltungs- oder Leistungsklage erreichen kann, ist die Feststellungsklage ein unnötiger Umweg, der nur zu einer nicht vollstreckbaren Feststellung führt und ein weiteres unmittelbar rechtsgestaltendes oder vollstreckbares Urteil erforderlich machen kann. Dieser Gedanke ist wegen der prinzipiellen Gleichwertigkeit der Rechtswege „rechtswegübergreifend“ und gilt somit auch, wenn die Gestaltungs- oder Leistungsklage vor dem Zivilgericht zu erheben wäre oder bereits erhoben ist (BVerwG, U.v. 12.7.2000 - 7 C 3/00 - juris Rn. 12; Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 43 Rn. 41).
b) Hier haben die Klägerinnen nicht nur die Möglichkeit, vor den Zivilgerichten eine Leistungsklage auf Zahlung von Einspeiseentgelten zu erheben, sie haben diese Zahlungsklage auch tatsächlich vor Rechtshängigkeit der verwaltungsgerichtlichen Feststellungsklage erhoben. Im Rahmen dieser Leistungsklagen wird auch - wie bereits ausgeführt (s.o. 1.4) - die hier aufgeworfene Frage der Entgeltpflicht aufgrund rundfunkrechtlicher Bestimmungen mitgeprüft. Gegenüber diesen Zahlungsklagen ist die hier anhängige Feststellungsklage subsidiär.
c) Der Einwand der Klägerinnen, dass nach ihrer Auffassung die Einspeiseentgeltverträge aufgrund der Unwirksamkeit der Kündigungen fortbestehen, so dass eine Klage auf Abgabe entsprechender Willenserklärungen zum Abschluss neuer Verträge im Widerspruch zu den Zivilklagen stünde, geht insoweit ins Leere. Zum einen sind hier gegenüber der Feststellungsklage bereits die tatsächlich vor den Zivilgerichten erhobenen Zahlungsklagen vorrangig. Zum anderen ist nicht ersichtlich, warum vor den Zivilgerichten nicht auch (hilfsweise) auf Angebotsannahme bezüglich eines neuen Vertrags geklagt werden könnte. Die Klägerinnen sind bei anderen öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten vor den Zivilgerichten entsprechend verfahren und haben (unter anderem) die Beklagte anscheinend nur deswegen nicht in diesen Hilfsantrag einbezogen, um eine doppelte Rechtshängigkeit (s.o. 1.2) zu vermeiden.
d) Eine andere rechtliche Beurteilung ergibt sich hier auch nicht daraus, dass die Beklagte eine Anstalt des öffentlichen Rechts ist. Zwar hat das Bundesverwaltungsgericht entschieden, dass bei beklagten öffentlich-rechtlichen Körperschaften oder anderen juristischen Personen des öffentlichen Rechts der Subsidiaritätsgrundsatz keine Anwendung findet. Es bedürfe der unmittelbaren Rechtsgestaltung oder des Vollstreckungsdrucks aufgrund eines Leistungs- oder Gestaltungsurteils insoweit nicht, weil diese juristischen Personen angesichts ihrer verfassungsrechtlich verankerten Bindung an Gesetz und Recht (Art. 20 Abs. 3 GG) auch eine bloße gerichtliche Feststellung beachten und die gebotenen Konsequenzen ziehen würden (BVerwG, U.v. 12.7.2000 - 7 C 3/00 - juris Rn. 16).
Zum einen gilt diese Einschränkung aber nicht, wenn - wie hier - zeitlich bereits vor der Feststellungsklage eine Leistungsklage vor dem Zivilgericht anhängig gemacht wurde. Zum anderen findet die Subsidiaritätsklausel in Fällen, in denen eine juristische Person des öffentlichen Rechts Beklagte ist, nur dann keine Anwendung, wenn die Feststellungsklage in Reichweite und Effektivität gleichwertigen Rechtsschutz bietet, was nicht der Fall ist, wenn das festzustellende Rechtsverhältnis nur ein Teilelement des Streits zwischen den Parteien bildet (BVerwG, U.v. 12.7.2000 - 7 C 3/00 - juris Rn. 16; Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 43 Rn. 43). Wie bereits ausgeführt, ist die Feststellungsklage aber gerade nicht geeignet, den Streit zwischen den Beteiligten endgültig auszuräumen, da selbst bei einer erfolgreichen Feststellungsklage etwa über die angemessene Höhe eines zukünftigen Einspeiseentgelts die Zivilgerichte zu entscheiden hätten. Der Rechtsstreit vor dem Zivilgericht gewährt damit effektiveren Rechtsschutz.
e) Schließlich rechtfertigt auch der Einwand der Klägerinnen in der mündlichen Verhandlung, die Verfahren vor den Zivilgerichten könnten sich lange hinziehen, kein Abweichen vom Subsidiaritätsgrundsatz. Insbesondere ist davon auszugehen, dass auch das verwaltungsgerichtliche Verfahren einige Zeit in Anspruch nehmen wird, da sich der Streit wohl über mehrere Instanzen erstrecken wird. Zudem ist das verwaltungsgerichtliche Verfahren noch in der ersten Instanz anhängig, während in den Zivilgerichtsverfahren schon vor einiger Zeit Berufung eingelegt wurde.
2. Auch der erste Hilfsantrag, d. h. die begehrte Feststellung, dass die Klägerinnen nicht verpflichtet sind, das Programm Bayerisches Fernsehen in ihre Netze einzuspeisen oder über ihre Netze zu verbreiten, solange hierüber kein Vertrag geschlossen worden ist, ist unzulässig.
2.1 Zwar steht dem Antrag, da keine entsprechende Feststellungsklage vor den Zivilgerichten anhängig ist, nicht § 173 VwGO i. V. m. § 17 Abs. 1 Satz 2 GVG entgegen und entgegen der Ansicht der Beklagten sind die Klägerinnen auch klagebefugt im Sinne von § 42 Abs. 2 VwGO. Auf die obigen Ausführungen (1.2, 1.3) wird insoweit Bezug genommen.
2.2 Nach Auffassung des Gerichts ist die Zulässigkeit des Hilfsantrags jedoch deswegen zu verneinen, weil kein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis vorliegt bzw. den Klägerinnen das Feststellungsinteresse im Sinne von § 43 Abs. 1 VwGO fehlt.
a) Als Rechtsverhältnis, das gemäß § 43 Abs. 1 VwGO Inhalt einer Feststellungsklage sein kann, werden die rechtlichen Beziehungen angesehen, die sich aus einem konkreten Sachverhalt aufgrund einer diesen Sachverhalt betreffenden öffentlich-rechtlichen Norm für das Verhältnis mehrerer Personen untereinander oder einer Person zu einer Sache ergeben. Ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis setzt ferner voraus, dass zwischen den Beteiligten dieses Rechtsverhältnisses ein Meinungsstreit besteht, aus dem heraus sich eine Seite berühmt, ein bestimmtes Tun oder Unterlassen der anderen Seite verlangen zu können. Kein Rechtsverhältnis stellen bloße Vorfragen oder einzelne Elemente von Rechtsverhältnissen dar, insbesondere die Frage, ob einzelne Tatbestandsmerkmale einer Norm erfüllt sind. Gleiches gilt für die Frage nach der Auslegung oder Gültigkeit einer Rechtsnorm. Da die Feststellungsklage keine allgemeine Auskunftsklage über die Rechtslage ist, können auch abstrakte Rechtsfragen ohne konkreten Sachverhalt nicht Gegenstand einer Feststellungsklage sein (Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 43 Rn. 12, 15f., 21 m. w. N.).
Auch Drittrechtsverhältnisse sind feststellungsfähig, allerdings muss das Feststellungsinteresse auch in diesen Fällen zwischen dem Kläger und der beklagten Partei bestehen (Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 43 Rn. 23, 25; Kopp/Schenke, VwGO, 19. Aufl. 2013, § 43 Rn. 16; vgl. a. VG SH,
b) Hier ist nach Auffassung des Gerichts kein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis Gegenstand des Hilfsantrags, sondern eine abstrakte Rechtsfrage. Denn letztendlich geht es den Klägerinnen darum, festgestellt zu wissen, dass keine unentgeltliche Einspeiseverpflichtung besteht, so dass Gegenstand der Klage letztendlich die Auslegung der Must Carry-Regelungen in § 52b RStV bzw. in den entsprechenden Regelungen der Landesmediengesetze ist.
c) Selbst wenn aber ein Rechtsverhältnis im Sinne von § 43 Abs. 1 VwGO vorliegen sollte, besteht dieses nicht zwischen den Klägerinnen und der Beklagten. Die Must-Carry-Regelungen in § 52b RStV und den landesrechtlichen Bestimmungen dienen primär der Vielfaltssicherung; sie bestehen nicht zugunsten bestimmter Programmveranstalter, sondern im Allgemeininteresse zur Sicherung der Meinungsvielfalt und Informationsfreiheit (vgl. Dörr, Die rechtliche Einordnung der Must Carry-Regelungen im Rundfunkrechtstaatsvertrag und in den Landesmediengesetzen, ZUM 2013, 81, 101f., 106; = B32). Über die Zulässigkeit einer Ausspeisung des Must Carry-Programms der Beklagten durch die Klägerinnen entscheiden auch allein die Landesmedienanstalten und nicht die Beklagte. Nur Erstere können etwaige aufsichtliche Maßnahmen ergreifen (vgl. § 52b Abs. 4 Satz 4, § 52f i. V. m. § 38 Abs. 2 RStV).
Aus der Satzung über die Zugangsfreiheit zu digitalen Diensten und zur Plattformregulierung gemäß § 53 RStV (Plattformsatzung) lässt sich nach Auffassung des Gerichts ebenfalls kein unmittelbares Rechtsverhältnis zwischen den Beteiligten ableiten. § 3 Abs. 2 dieser Satzung berechtigt die Beklagte nur, Zugangsdienste nachzufragen. Eine derartige Nachfrage kann aber im bloßen Zurverfügungstellen der Programmsignale an die Klägerinnen wohl schon nach dem allgemeinen Sprachgebrauch nicht gesehen werden. Letztendlich kann dies aber dahingestellt bleiben, da die Plattformsatzung lediglich den Rundfunkstaatsvertrag konkretisiert und daher keine eigenständigen Rechtsverhältnisse begründen kann.
Hinzu kommt, dass sich die Beklagte den Klägerinnen gegenüber auch keines Anspruchs berühmt, sondern lediglich ihre Rechtsauffassung vertreten hat, was für ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis allerdings nicht ausreichend sein kann (vgl. LG Bremen, U.v. 11.7.2013 - 12 O 244/12 - juris Rn. 88), da ansonsten die Klägerinnen jeden verklagen könnten, der der gleichen Meinung ist wie die Beklagte. Auch die Erwartung der Klägerseite, dass die Beklagte bei einer etwaigen Ausspeisung ihres Programms z. B. mit Pressemitteilungen oder anderen publizistischen Mitteln reagieren wird, kann aus diesem Grund kein Rechtsverhältnis im oben genannten Sinn begründen.
d) Dem Feststellungsbegehren liegt somit allenfalls (vgl. o. b) ein Rechtsverhältnis zwischen den Klägerinnen und den Landesmedienanstalten zugrunde, bei dem die Beklagte „Dritte“ ist. Für dieses Drittrechtsverhältnis fehlt den Klägerinnen aber das Feststellungsinteresse (so im Ergebnis auch: LG Bremen, U.v. 11.7.2013 - 12 O 244/12 - juris Rn. 88; LG Stuttgart, U.v. 24.1.2013 - 11 O 215/12 (Anlage B17); Interesse bezweifelt, aber letztendlich offen gelassen: OVG RhPf, B.v. 3.11.2014 - 2 E 10685/14 - juris Rn. 10):
aa) Zum einen handelt es sich in Bezug auf die Landesmedienanstalten um ein künftiges bzw. hypothetisches Rechtsverhältnis, da die Klägerinnen das Programm der Beklagten derzeit noch pflichtgemäß einspeisen, so dass schon aus diesem Grund gegenwärtig keine aufsichtlichen Maßnahmen seitens der Medienanstalten zu erwarten sind. Außerdem ist über die Frage der Wirksamkeit der Vertragskündigungen vor den Zivilgerichten noch nicht rechtskräftig entschieden, so dass die Frage, ob bei Nichtbestehen eines Vertrags eine Ausspeisung erfolgen kann, zum gegenwärtigen Zeitpunkt rein hypothetischer Natur ist. Der vor dem Verwaltungsgericht anhängige erste Hilfsantrag stellt eine Art „Vorratsklage“ dar, die nur relevant wird für den Fall, dass die Zivilgerichte entgegen der Auffassung der Klägerinnen die Wirksamkeit der Kündigung der bisherigen Einspeiseentgeltverträge bestätigen. Haben die Klägerinnen dagegen vor den Zivilgerichten Erfolg, erhalten sie weiterhin ihr vertragliches Einspeiseentgelt, so dass sich die hier aufgeworfene Frage, ob eine Ausspeisung ohne Entgeltvertrag zulässig ist, nicht stellt. Dass die Beklagte die Verträge später erneut kündigen wird, ist, wie bereits dargelegt (s.o. 1.4 b) bb), ebenfalls rein hypothetisch. Bei derartigen künftigen oder hypothetischen Rechtsverhältnissen besteht aber grundsätzlich kein berechtigtes Interesse an der Feststellung im Sinne von § 43 Abs. 1 VwGO (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 43 Rn. 31; s.a.o. 1.4 b). Dementsprechend hat auch das Landgericht Berlin (U.v. 30.4.2013 - 16 O 389/12 Kart - juris Rn. 98) für einen vergleichbaren Antrag das Feststellungsinteresse verneint.
bb) Zum anderen ist auch nicht ersichtlich, welches Interesse der Klägerinnen an der Feststellung gerade der Beklagten gegenüber besteht. Diese hat keine Aufsichts- oder Weisungskompetenzen und ein Feststellungsurteil hätte gegenüber den Landesmedienanstalten mangels Beteiligung in diesem Verfahren grundsätzlich keine Bindungswirkung (vgl. VG SH,
cc) Eine andere rechtliche Beurteilung ergibt sich auch nicht aus dem Umstand, dass eine gleichlautende Feststellungsklage gegen die Landesmedienanstalten voraussichtlich keine Aussicht auf Erfolg hätte, da diese insoweit wohl die Auffassung der Klägerinnen vertreten, so dass kein streitiges Rechtsverhältnis besteht, das feststellungsfähig wäre.
Die Klägerinnen haben jedoch die Möglichkeit, sich von den zuständigen Landesmedienanstalten eine Unbedenklichkeitsbescheinigung hinsichtlich einer beabsichtigten Ausspeisung erteilen zu lassen. Selbst wenn in den anderen Bundesländern insoweit keine dem § 5 Abs. 3 der Satzung über die Belegung von Kanälen mit in analoger Technik verbreiteten Fernsehprogrammen und Telemedien in Kabelanlagen in Bayern (Kanalbelegungssatzung) entsprechende explizite Regelung einer Unbedenklichkeitsbescheinigung bestehen sollte, wäre eine derartige Bescheinigung wohl als „Minus“ in den aufsichtsrechtlichen Befugnissen der Landesmedienanstalten (§ 52f i. V. m. § 38 Abs. 2 RStV bzw. entsprechende Regelungen der jeweiligen Landesmediennormen) enthalten. Zumindest aber könnten die Klägerinnen das Programm ausspeisen und gegen etwaige Anordnungen der Landesmedienanstalten Klage erheben. Eines vorherigen - die Landesmedienanstalten nicht bindenden - Feststellungsurteils der Beklagten gegenüber bedarf es daher für die Gewährung effektiven Rechtsschutzes nicht.
dd) Dieser vorrangigen Möglichkeit steht auch nicht entgegen, dass gemäß § 49 Abs. 1 Satz 2 Nr. 9 RStV ordnungswidrig handelt, wer entgegen § 52b RStV die erforderlichen Übertragungskapazitäten für die zu verbreitenden Programme nicht oder in nicht ausreichendem Umfang oder nicht zu den vorgesehenen Bedingungen zur Verfügung stellt. Zwar hat das Bundesverfassungsgericht (U.v. 2.3.2010 - 1 BvR 256/08 u. a. - juris Rn. 179) festgestellt, dass es in Fällen, in denen die Nichtbeachtung einer Pflicht mit Geldbuße bewehrt ist, dem Betreffenden nicht zumutbar ist, unter Verstoß gegen das Gesetz zunächst Vollzugsakte abzuwarten und hiergegen fachgerichtlichen Rechtsschutz zu suchen. Abgesehen davon, dass es in dieser Entscheidung nicht um das Feststellungsinteresse im Sinne von § 43 Abs. 1 VwGO ging, sondern um die Frage der unmittelbaren Betroffenheit durch eine gesetzliche Pflicht im Rahmen der Zulässigkeitsprüfung einer Verfassungsbeschwerde, besteht hier nach Auffassung des Gerichts nicht die Gefahr einer Ordnungswidrigkeit bei einer etwaigen Ausspeisung des Programms der Beklagten. Denn es würde an dem erforderlichen Verschulden (vgl. § 10 OWiG, § 49 Abs. 1 Satz 1 RStV) fehlen, wenn die jeweilige Landesmedienanstalt - sei es im Wege einer förmlichen Unbedenklichkeitsbescheinigung oder eines einfachen Schreibens (vgl. z. B. Schreiben der Landesanstalt für Medien Nordrhein-Westfalen v. 21.02.2012, K4; Schreiben der Landesanstalt für Kommunikation Baden-Württemberg v. 31.01.2012, K5; Schreiben der Hessischen Landesanstalt für privaten Rundfunk und neue Medien v. 07.03.2012, K6) - die Ansicht der Klägerinnen bestätigt und ausgeführt hat, dass nach ihrer Auffassung die Ausspeisung bis zu einer Entgeltzahlung zulässig ist.
2.3 Zudem steht auch hinsichtlich des ersten Hilfsantrags der Zulässigkeit der Feststellungsklage die Subsidiaritätsklausel des § 43 Abs. 2 VwGO entgegen.
a) Wie bereits ausgeführt (s.o. 2.2) könnten die Klägerinnen statt einer grundsätzlich unzulässigen vorbeugenden Feststellungsklage nachträglichen Rechtsschutz erhalten, indem sie gegen etwaige Anordnungen der Landesmedienanstalten im Falle der Ausspeisung des Programms der Beklagten Anfechtungsklage erheben. Für diese Vorrangigkeit der Anfechtungsklage spricht auch, dass ansonsten durch die Feststellungsklage letztendlich die gesetzlichen Vorgaben zur Zuständigkeit der jeweiligen Landesmedienanstalten und zum diesbezüglichen Aufsichtsverfahren umgangen würden. Auch würde mit dem Verwaltungsgericht München ein Gericht entscheiden, das für Klagen gegen Anordnungen der Landesmedienanstalten in Baden-Württemberg, Hessen und Nordrhein-Westfalen örtlich nicht zuständig wäre, was die Gefahr divergierender Rechtsprechung in sich birgt.
b) Auch der Einwand der Klägerinnen, die von den Rundfunkanstalten vorsorglich geforderten Anordnungen könnten nicht ergehen, so dass es zu keiner Anfechtungskonstellation kommen könne, greift nicht. Denn im Rahmen der Subsidiaritätsprüfung geht es nicht um mögliche vorsorgliche Anordnungen der Landesmedienanstalten auf Antrag der Beklagten, sondern um eine mit der Anfechtungsklage angreifbare Reaktion dieser Anstalten, falls die Klägerinnen unter anderem das Programm der Beklagten tatsächlich ausspeisen. Selbst wenn in diesem Fall keine Anordnungen der Landesmedienanstalten ergehen sollten, so dass eine Anfechtungsklage ausscheidet, würde dies nicht zur Zulässigkeit des Hilfsantrags führen. Vielmehr hätten die Klägerinnen dann ihr Ziel, das Programm der Beklagten ohne Entgeltzahlungen nicht in ihre Netze einspeisen zu müssen, erreicht, so dass auch aus diesem Grund das Feststellungsinteresse für den ersten Hilfsantrag fehlen würde.
c) Dem Vorrang der Anfechtungsklage steht auch nicht entgegen, dass den Klägerinnen, wie diese geltend machen, eine Ordnungswidrigkeit nach § 49 Abs. 1 Satz 2 Nr. 9 RStV nicht zuzumuten sei. Wie bereits ausgeführt (s.o. 2.2 d) dd) handeln die Klägerinnen nicht schuldhaft, wenn die Landesmedienanstalten - wie hier - die Auffassung der Klägerinnen im Vorfeld bestätigt haben.
3. Schließlich ist auch der in der mündlichen Verhandlung gestellte zweite Hilfsantrag unzulässig. Mit diesem wird die Feststellung begehrt, dass die Klägerinnen nicht kraft Gesetzes verpflichtet sind, das von der Beklagten veranstaltete Fernsehprogramm Bayerisches Fernsehen unentgeltlich zu verbreiten.
3.1 Auch diesem Antrag fehlt das Feststellungsinteresse als qualifizierte Form des Rechtsschutzbedürfnisses (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 43 Rn. 29).
Die beiden Hilfsanträge unterscheiden sich nur geringfügig, da mit ersterem das Fehlen einer generellen Verbreitungspflicht ohne Einspeisevertrag, mit Letzterem das Fehlen einer gesetzlichen Verpflichtung zu unentgeltlicher Verbreitung festgestellt werden soll.
Bereits beim ersten Hilfsantrag war festzustellen, dass dessen Gegenstand kein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis, sondern eine abstrakte Rechtsfrage ist. Diese Argumentation gilt erst recht für den zweiten Hilfsantrag, da ausdrücklich das Nichtbestehen einer gesetzlichen Verpflichtung festgestellt werden soll. Auch insoweit geht es den Klägerinnen somit um die Auslegung der Must Carry-Regelung in § 52b RStV und in den Landesmediengesetzen Baden-Württembergs, Hessens und Nordrhein-Westfalens. Eine derartige abstrakte Rechtsfrage ist aber, wie dargelegt, nicht feststellungsfähig (s.o. 2.2 a, b).
Im Übrigen hat sich die Beklagte gegenüber den Klägerinnen keines Anspruchs berühmt (s.o. 2.2 c), d) bb) und die Klägerinnen könnten die Frage der unentgeltlichen Einspeisepflicht durch die vorrangige (s.u. 3.2) Anfechtung etwaiger Anordnungen der Landesmedienanstalten bei einer Ausspeisung klären (s.o. 2.2 c) cc). Auf die Ausführungen zum ersten Hilfsantrag (s.o. 2.2) wird insoweit zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen.
3.2 Auch hinsichtlich der entgegenstehenden Subsidiarität der Feststellungsklage (§ 43 Abs. 2 VwGO) wird auf die obigen Ausführungen (2.3) verwiesen.
Statt eine grundsätzlich unzulässige vorbeugende Feststellungsklage zu erheben, könnten die Klägerinnen bei den örtlich zuständigen Verwaltungsgerichten Anfechtungsklage gegen etwaige Anordnungen der Landesmedienanstalten im Falle der Ausspeisung des streitgegenständlichen Programms erheben.
Nach alledem war die Klage mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.
ra.de-Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht München Urteil, 07. Mai 2015 - M 17 K 13.1925
Urteilsbesprechung schreiben0 Urteilsbesprechungen zu Verwaltungsgericht München Urteil, 07. Mai 2015 - M 17 K 13.1925
Referenzen - Gesetze
Referenzen - Urteile
Urteil einreichenVerwaltungsgericht München Urteil, 07. Mai 2015 - M 17 K 13.1925 zitiert oder wird zitiert von 8 Urteil(en).
(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.
(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.
(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.
(1) Nach Maßgabe eines Bundesgesetzes, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, gewährleistet der Bund im Bereich des Postwesens und der Telekommunikation flächendeckend angemessene und ausreichende Dienstleistungen.
(2) Dienstleistungen im Sinne des Absatzes 1 werden als privatwirtschaftliche Tätigkeiten durch die aus dem Sondervermögen Deutsche Bundespost hervorgegangenen Unternehmen und durch andere private Anbieter erbracht. Hoheitsaufgaben im Bereich des Postwesens und der Telekommunikation werden in bundeseigener Verwaltung ausgeführt.
(3) Unbeschadet des Absatzes 2 Satz 2 führt der Bund in der Rechtsform einer bundesunmittelbaren Anstalt des öffentlichen Rechts einzelne Aufgaben in bezug auf die aus dem Sondervermögen Deutsche Bundespost hervorgegangenen Unternehmen nach Maßgabe eines Bundesgesetzes aus.
(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.
(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.
(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.
(1) Nach Maßgabe eines Bundesgesetzes, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, gewährleistet der Bund im Bereich des Postwesens und der Telekommunikation flächendeckend angemessene und ausreichende Dienstleistungen.
(2) Dienstleistungen im Sinne des Absatzes 1 werden als privatwirtschaftliche Tätigkeiten durch die aus dem Sondervermögen Deutsche Bundespost hervorgegangenen Unternehmen und durch andere private Anbieter erbracht. Hoheitsaufgaben im Bereich des Postwesens und der Telekommunikation werden in bundeseigener Verwaltung ausgeführt.
(3) Unbeschadet des Absatzes 2 Satz 2 führt der Bund in der Rechtsform einer bundesunmittelbaren Anstalt des öffentlichen Rechts einzelne Aufgaben in bezug auf die aus dem Sondervermögen Deutsche Bundespost hervorgegangenen Unternehmen nach Maßgabe eines Bundesgesetzes aus.
(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.
(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.
(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.
(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.
(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.
(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.
(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.
(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.
(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.
(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.
(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.
(1) Nach Maßgabe eines Bundesgesetzes, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, gewährleistet der Bund im Bereich des Postwesens und der Telekommunikation flächendeckend angemessene und ausreichende Dienstleistungen.
(2) Dienstleistungen im Sinne des Absatzes 1 werden als privatwirtschaftliche Tätigkeiten durch die aus dem Sondervermögen Deutsche Bundespost hervorgegangenen Unternehmen und durch andere private Anbieter erbracht. Hoheitsaufgaben im Bereich des Postwesens und der Telekommunikation werden in bundeseigener Verwaltung ausgeführt.
(3) Unbeschadet des Absatzes 2 Satz 2 führt der Bund in der Rechtsform einer bundesunmittelbaren Anstalt des öffentlichen Rechts einzelne Aufgaben in bezug auf die aus dem Sondervermögen Deutsche Bundespost hervorgegangenen Unternehmen nach Maßgabe eines Bundesgesetzes aus.
(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.
(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.
(3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.
(1) Nach Maßgabe eines Bundesgesetzes, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, gewährleistet der Bund im Bereich des Postwesens und der Telekommunikation flächendeckend angemessene und ausreichende Dienstleistungen.
(2) Dienstleistungen im Sinne des Absatzes 1 werden als privatwirtschaftliche Tätigkeiten durch die aus dem Sondervermögen Deutsche Bundespost hervorgegangenen Unternehmen und durch andere private Anbieter erbracht. Hoheitsaufgaben im Bereich des Postwesens und der Telekommunikation werden in bundeseigener Verwaltung ausgeführt.
(3) Unbeschadet des Absatzes 2 Satz 2 führt der Bund in der Rechtsform einer bundesunmittelbaren Anstalt des öffentlichen Rechts einzelne Aufgaben in bezug auf die aus dem Sondervermögen Deutsche Bundespost hervorgegangenen Unternehmen nach Maßgabe eines Bundesgesetzes aus.
Im Sinne dieses Gesetzes ist oder sind
- 1.
"Anruf" eine über einen öffentlich zugänglichen Telekommunikationsdienst aufgebaute Verbindung, die eine zweiseitige Sprachkommunikation ermöglicht; - 2.
„Anwendungs-Programmierschnittstelle“ die Software-Schnittstelle zwischen Anwendungen, die von Sendeanstalten oder Diensteanbietern zur Verfügung gestellt werden, und den Anschlüssen in den erweiterten digitalen Fernsehempfangsgeräten für digitale Fernseh- und Rundfunkdienste; - 2a.
"Auskunftsdienste" bundesweit jederzeit telefonisch erreichbare Dienste, insbesondere des Rufnummernbereichs 118, die ausschließlich der neutralen Weitergabe von Rufnummer, Name, Anschrift sowie zusätzlichen Angaben von Telekommunikationsnutzern dienen. Die Weitervermittlung zu einem erfragten Teilnehmer oder Dienst kann Bestandteil des Auskunftsdienstes sein; - 2b.
„Baudenkmäler“ nach Landesrecht geschützte Gebäude oder Gebäudemehrheiten; - 3.
"Bestandsdaten" Daten eines Teilnehmers, die für die Begründung, inhaltliche Ausgestaltung, Änderung oder Beendigung eines Vertragsverhältnisses über Telekommunikationsdienste erhoben werden; - 4.
"beträchtliche Marktmacht" eines oder mehrerer Unternehmen gegeben, wenn die Voraussetzungen nach § 11 Absatz 1 Satz 3 und 4 vorliegen; - 4a.
„Betreiberauswahl“ der Zugang eines Teilnehmers zu den Diensten aller unmittelbar zusammengeschalteten Anbieter von öffentlich zugänglichen Telekommunikationsdiensten im Einzelwahlverfahren durch Wählen einer Kennzahl; - 4b.
„Betreibervorauswahl“ der Zugang eines Teilnehmers zu den Diensten aller unmittelbar zusammengeschalteten Anbieter von öffentlich zugänglichen Telekommunikationsdiensten durch festgelegte Vorauswahl, wobei der Teilnehmer unterschiedliche Voreinstellungen für Orts- und Fernverbindungen vornehmen kann und bei jedem Anruf die festgelegte Vorauswahl durch Wählen einer Betreiberkennzahl übergehen kann; - 5.
"Dienst mit Zusatznutzen" jeder Dienst, der die Erhebung und Verwendung von Verkehrsdaten oder Standortdaten in einem Maße erfordert, das über das für die Übermittlung einer Nachricht oder die Entgeltabrechnung dieses Vorganges erforderliche Maß hinausgeht; - 6.
"Diensteanbieter" jeder, der ganz oder teilweise geschäftsmäßig - a)
Telekommunikationsdienste erbringt oder - b)
an der Erbringung solcher Dienste mitwirkt;
- 7.
"digitales Fernsehempfangsgerät" ein Fernsehgerät mit integriertem digitalem Decoder oder ein an ein Fernsehgerät anschließbarer digitaler Decoder zur Nutzung digital übertragener Fernsehsignale, die mit Zusatzsignalen, einschließlich einer Zugangsberechtigung, angereichert sein können; - 7a.
„digitales Hochgeschwindigkeitsnetz“ ein Telekommunikationsnetz, das die Möglichkeit bietet, Datendienste mit Geschwindigkeiten von mindestens 50 Megabit pro Sekunde bereitzustellen; - 7b.
„Einzelrichtlinien“ - a)
die Richtlinie 2002/20/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. März 2002 über die Genehmigung elektronischer Kommunikationsnetze und -dienste (Genehmigungsrichtlinie) (ABl. L 108 vom 24.4.2002, S. 21), die zuletzt durch die Richtlinie 2009/140/EG (ABl. L 337 vom 18.12.2009, S. 37) geändert worden ist; - b)
die Richtlinie 2002/19/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. März 2002 über den Zugang zu elektronischen Kommunikationsnetzen und zugehörigen Einrichtungen sowie deren Zusammenschaltung (Zugangsrichtlinie) (ABl. L 108 vom 24.4.2002, S. 7), die zuletzt durch die Richtlinie 2009/140/EG (ABl. L 337 vom 18.12.2009, S. 37) geändert worden ist; - c)
die Richtlinie 2002/22/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. März 2002 über den Universaldienst und Nutzerrechte bei elektronischen Kommunikationsnetzen und -diensten (Universaldienstrichtlinie) (ABl. L 108 vom 24.4.2002, S. 51), die zuletzt durch die Richtlinie 2009/136/EG (ABl. L 337 vom 18.12.2009, S. 11) geändert worden ist; - d)
die Richtlinie 2002/58/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Juli 2002 über die Verarbeitung personenbezogener Daten und den Schutz der Privatsphäre in der elektronischen Kommunikation (Datenschutzrichtlinie für elektronische Kommunikation) (ABl. L 201 vom 31.7.2002, S. 37), die zuletzt durch die Richtlinie 2009/136/EG (ABl. L 337 vom 18.12.2009, S. 11) geändert worden ist, und - e)
die Richtlinie 2014/61/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Mai 2014 über Maßnahmen zur Reduzierung der Kosten des Ausbaus von Hochgeschwindigkeitsnetzen für die elektronische Kommunikation (Kostensenkungsrichtlinie) (ABl. L 155 vom 23.5.2014, S. 1);
- 8.
„Endnutzer“ ein Nutzer, der weder öffentliche Telekommunikationsnetze betreibt noch öffentlich zugängliche Telekommunikationsdienste erbringt; - 8a.
"entgeltfreie Telefondienste" Dienste, insbesondere des Rufnummernbereichs (0)800, bei deren Inanspruchnahme der Anrufende kein Entgelt zu entrichten hat; - 8b.
„Service-Dienste” Dienste, insbesondere des Rufnummernbereichs (0)180, die bundesweit zu einem einheitlichen Entgelt zu erreichen sind; - 9.
"Frequenznutzung" jede gewollte Aussendung oder Abstrahlung elektromagnetischer Wellen zwischen 9 kHz und 3 000 GHz zur Nutzung durch Funkdienste und andere Anwendungen elektromagnetischer Wellen; - 9a.
„Frequenzzuweisung“ die Benennung eines bestimmten Frequenzbereichs für die Nutzung durch einen oder mehrere Funkdienste oder durch andere Anwendungen elektromagnetischer Wellen, falls erforderlich mit weiteren Festlegungen; - 9b.
„gemeinsamer Zugang zum Teilnehmeranschluss“ die Bereitstellung des Zugangs zum Teilnehmeranschluss oder zum Teilabschnitt in der Weise, dass die Nutzung eines bestimmten Teils der Kapazität der Netzinfrastruktur, wie etwa eines Teils der Frequenz oder Gleichwertiges, ermöglicht wird; - 9c.
„GEREK“ das Gremium Europäischer Regulierungsstellen für elektronische Kommunikation; - 9d.
„Gerät“ eine Funkanlage, eine Telekommunikationsendeinrichtung oder eine Kombination von beiden; - 10.
"geschäftsmäßiges Erbringen von Telekommunikationsdiensten" das nachhaltige Angebot von Telekommunikation für Dritte mit oder ohne Gewinnerzielungsabsicht; - 10a.
(weggefallen) - 11.
"Kundenkarten" Karten, mit deren Hilfe Telekommunikationsverbindungen hergestellt und personenbezogene Daten erhoben werden können; - 11a.
"Kurzwahl-Datendienste" Kurzwahldienste, die der Übermittlung von nichtsprachgestützten Inhalten mittels Telekommunikation dienen und die keine Telemedien sind; - 11b.
"Kurzwahldienste" Dienste, die die Merkmale eines Premium-Dienstes haben, jedoch eine spezielle Nummernart mit kurzen Nummern nutzen; - 11c.
"Kurzwahl-Sprachdienste" Kurzwahldienste, bei denen die Kommunikation sprachgestützt erfolgt; - 11d.
"Massenverkehrs-Dienste" Dienste, insbesondere des Rufnummernbereichs (0)137, die charakterisiert sind durch ein hohes Verkehrsaufkommen in einem oder mehreren kurzen Zeitintervallen mit kurzer Belegungsdauer zu einem Ziel mit begrenzter Abfragekapazität; - 12.
"nachhaltig wettbewerbsorientierter Markt" ein Markt, auf dem der Wettbewerb so abgesichert ist, dass er ohne sektorspezifische Regulierung besteht; - 12a.
„Netzabschlusspunkt“ der physische Punkt, an dem einem Teilnehmer der Zugang zu einem Telekommunikationsnetz bereitgestellt wird; in Netzen, in denen eine Vermittlung oder Leitwegebestimmung erfolgt, wird der Netzabschlusspunkt anhand einer bestimmten Netzadresse bezeichnet, die mit der Nummer oder dem Namen eines Teilnehmers verknüpft sein kann; - 12b.
"Neuartige Dienste" Dienste, insbesondere des Rufnummernbereichs (0)12, bei denen Nummern für einen Zweck verwendet werden, für den kein anderer Rufnummernraum zur Verfügung steht; - 13.
"Nummern" Zeichenfolgen, die in Telekommunikationsnetzen Zwecken der Adressierung dienen; - 13a.
"Nummernart" die Gesamtheit aller Nummern eines Nummernraums für einen bestimmten Dienst oder eine bestimmte technische Adressierung; - 13b.
"Nummernbereich" eine für eine Nummernart bereitgestellte Teilmenge des Nummernraums; - 13c.
"Nummernraum" die Gesamtheit aller Nummern, die für eine bestimmte Art der Adressierung verwendet werden; - 13d.
"Nummernteilbereich" eine Teilmenge eines Nummernbereichs; - 14.
„Nutzer“ jede natürliche oder juristische Person, die einen öffentlich zugänglichen Telekommunikationsdienst für private oder geschäftliche Zwecke in Anspruch nimmt oder beantragt, ohne notwendigerweise Teilnehmer zu sein; - 15.
"öffentliches Münz- und Kartentelefon" ein der Allgemeinheit zur Verfügung stehendes Telefon, für dessen Nutzung als Zahlungsmittel unter anderem Münzen, Kredit- und Abbuchungskarten oder Guthabenkarten, auch solche mit Einwahlcode, verwendet werden können; - 16.
"öffentliches Telefonnetz" ein Telekommunikationsnetz, das zur Bereitstellung des öffentlich zugänglichen Telefondienstes genutzt wird und darüber hinaus weitere Dienste wie Telefax- oder Datenfernübertragung und einen funktionalen Internetzugang ermöglicht; - 16a.
„öffentliches Telekommunikationsnetz“ ein Telekommunikationsnetz, das ganz oder überwiegend der Bereitstellung öffentlich zugänglicher Telekommunikationsdienste dient, die die Übertragung von Informationen zwischen Netzabschlusspunkten ermöglichen; - 16b.
„öffentliche Versorgungsnetze“ entstehende, betriebene oder stillgelegte physische Infrastrukturen für die öffentliche Bereitstellung von - a)
Erzeugungs-, Leitungs- oder Verteilungsdiensten für - aa)
Telekommunikation, - bb)
Gas, - cc)
Elektrizität, einschließlich der Elektrizität für die öffentliche Straßenbeleuchtung, - dd)
Fernwärme oder - ee)
Wasser, ausgenommen Trinkwasser im Sinne des § 3 Nummer 1 der Trinkwasserverordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 10. März 2016 (BGBl. I S. 459), die durch Artikel 4 Absatz 21 des Gesetzes vom 18. Juli 2016 (BGBl. I S. 1666) geändert worden ist; zu den öffentlichen Versorgungsnetzen zählen auch physische Infrastrukturen zur Abwasserbehandlung und -entsorgung sowie die Kanalisationssysteme;
- b)
Verkehrsdiensten; zu diesen Infrastrukturen gehören insbesondere Schienenwege, Straßen, Wasserstraßen, Brücken, Häfen und Flugplätze;
- 17.
„öffentlich zugänglicher Telefondienst“ ein der Öffentlichkeit zur Verfügung stehender Dienst, der direkt oder indirekt über eine oder mehrere Nummern eines nationalen oder internationalen Telefonnummernplans oder eines anderen Adressierungsschemas das Führen folgender Gespräche ermöglicht: - a)
aus- und eingehende Inlandsgespräche oder - b)
aus- und eingehende Inlands- und Auslandsgespräche;
- 17a.
„öffentlich zugängliche Telekommunikationsdienste“ der Öffentlichkeit zur Verfügung stehende Telekommunikationsdienste; - 17b.
„passive Netzinfrastrukturen“ Komponenten eines Netzes, die andere Netzkomponenten aufnehmen sollen, selbst jedoch nicht zu aktiven Netzkomponenten werden; hierzu zählen zum Beispiel Fernleitungen, Leer- und Leitungsrohre, Kabelkanäle, Kontrollkammern, Einstiegsschächte, Verteilerkästen, Gebäude und Gebäudeeingänge, Antennenanlagen und Trägerstrukturen wie Türme, Ampeln und Straßenlaternen, Masten und Pfähle; Kabel, einschließlich unbeschalteter Glasfaserkabel, sind keine passiven Netzinfrastrukturen; - 17c.
"Premium-Dienste" Dienste, insbesondere der Rufnummernbereiche (0)190 und (0)900, bei denen über die Telekommunikationsdienstleistung hinaus eine weitere Dienstleistung erbracht wird, die gegenüber dem Anrufer gemeinsam mit der Telekommunikationsdienstleistung abgerechnet wird und die nicht einer anderen Nummernart zuzurechnen ist; - 18.
"Rufnummer" eine Nummer, durch deren Wahl im öffentlich zugänglichen Telefondienst eine Verbindung zu einem bestimmten Ziel aufgebaut werden kann; - 18a.
"Rufnummernbereich" eine für eine Nummernart bereitgestellte Teilmenge des Nummernraums für das öffentliche Telefonnetz; - 18b.
„Schnittstelle“ ein Netzabschlusspunkt, das heißt, der physische Anschlusspunkt, über den der Benutzer Zugang zu öffentlichen Telekommunikationsnetzen erhält; - 19.
"Standortdaten" Daten, die in einem Telekommunikationsnetz oder von einem Telekommunikationsdienst erhoben oder verwendet werden und die den Standort des Endgeräts eines Endnutzers eines öffentlich zugänglichen Telekommunikationsdienstes angeben; - 19a.
„Teilabschnitt“ eine Teilkomponente des Teilnehmeranschlusses, die den Netzabschlusspunkt am Standort des Teilnehmers mit einem Konzentrationspunkt oder einem festgelegten zwischengeschalteten Zugangspunkt des öffentlichen Festnetzes verbindet; - 20.
"Teilnehmer" jede natürliche oder juristische Person, die mit einem Anbieter von öffentlich zugänglichen Telekommunikationsdiensten einen Vertrag über die Erbringung derartiger Dienste geschlossen hat; - 21.
"Teilnehmeranschluss" die physische Verbindung, mit dem der Netzabschlusspunkt in den Räumlichkeiten des Teilnehmers mit den Hauptverteilerknoten oder mit einer gleichwertigen Einrichtung in festen öffentlichen Telefonnetzen verbunden wird; - 22.
"Telekommunikation" der technische Vorgang des Aussendens, Übermittelns und Empfangens von Signalen mittels Telekommunikationsanlagen; - 23.
"Telekommunikationsanlagen" technische Einrichtungen oder Systeme, die als Nachrichten identifizierbare elektromagnetische oder optische Signale senden, übertragen, vermitteln, empfangen, steuern oder kontrollieren können; - 24.
"Telekommunikationsdienste" in der Regel gegen Entgelt erbrachte Dienste, die ganz oder überwiegend in der Übertragung von Signalen über Telekommunikationsnetze bestehen, einschließlich Übertragungsdienste in Rundfunknetzen; - 24a.
„Telekommunikationsendeinrichtung“ eine direkt oder indirekt an die Schnittstelle eines öffentlichen Telekommunikationsnetzes angeschlossene Einrichtung zum Aussenden, Verarbeiten oder Empfangen von Nachrichten; sowohl bei direkten als auch bei indirekten Anschlüssen kann die Verbindung über elektrisch leitenden Draht, über optische Faser oder elektromagnetisch hergestellt werden; bei einem indirekten Anschluss ist zwischen der Telekommunikationsendeinrichtung und der Schnittstelle des öffentlichen Netzes ein Gerät geschaltet; - 25.
"telekommunikationsgestützte Dienste" Dienste, die keinen räumlich und zeitlich trennbaren Leistungsfluss auslösen, sondern bei denen die Inhaltsleistung noch während der Telekommunikationsverbindung erfüllt wird; - 26.
„Telekommunikationslinien“ unter- oder oberirdisch geführte Telekommunikationskabelanlagen, einschließlich ihrer zugehörigen Schalt- und Verzweigungseinrichtungen, Masten und Unterstützungen, Kabelschächte und Kabelkanalrohre, sowie weitere technische Einrichtungen, die für das Erbringen von öffentlich zugänglichen Telekommunikationsdiensten erforderlich sind; - 27.
"Telekommunikationsnetz" die Gesamtheit von Übertragungssystemen und gegebenenfalls Vermittlungs- und Leitwegeinrichtungen sowie anderweitigen Ressourcen, einschließlich der nicht aktiven Netzbestandteile, die die Übertragung von Signalen über Kabel, Funk, optische und andere elektromagnetische Einrichtungen ermöglichen, einschließlich Satellitennetzen, festen, leitungs- und paketvermittelten Netzen, einschließlich des Internets, und mobilen terrestrischen Netzen, Stromleitungssystemen, soweit sie zur Signalübertragung genutzt werden, Netzen für Hör- und Fernsehfunk sowie Kabelfernsehnetzen, unabhängig von der Art der übertragenen Information; - 27a.
„Überbau“ die nachträgliche Dopplung von Telekommunikationsinfrastrukturen durch parallele Errichtung, soweit damit dasselbe Versorgungsgebiet erschlossen werden soll; - 28.
"Übertragungsweg" Telekommunikationsanlagen in Form von Kabel- oder Funkverbindungen mit ihren übertragungstechnischen Einrichtungen als Punkt-zu-Punkt- oder Punkt-zu-Mehrpunktverbindungen mit einem bestimmten Informationsdurchsatzvermögen (Bandbreite oder Bitrate) einschließlich ihrer Abschlusseinrichtungen; - 28a.
„umfangreiche Renovierungen“ Tief- oder Hochbauarbeiten am Standort des Endnutzers, die strukturelle Veränderungen an den gesamten gebäudeinternen passiven Netzinfrastrukturen oder einem wesentlichen Teil davon umfassen; - 29.
"Unternehmen" das Unternehmen selbst oder mit ihm im Sinne des § 36 Abs. 2 und § 37 Abs. 1 und 2 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen verbundene Unternehmen; - 30.
"Verkehrsdaten" Daten, die bei der Erbringung eines Telekommunikationsdienstes erhoben, verarbeitet oder genutzt werden; - 30a.
„Verletzung des Schutzes personenbezogener Daten“ eine Verletzung der Datensicherheit, die zum Verlust, zur unrechtmäßigen Löschung, Veränderung, Speicherung, Weitergabe oder sonstigen unrechtmäßigen Verwendung personenbezogener Daten führt, die übertragen, gespeichert oder auf andere Weise im Zusammenhang mit der Bereitstellung öffentlich zugänglicher Telekommunikationsdienste verarbeitet werden sowie der unrechtmäßige Zugang zu diesen; - 30b.
„vollständig entbündelter Zugang zum Teilnehmeranschluss“ die Bereitstellung des Zugangs zum Teilnehmeranschluss oder zum Teilabschnitt in der Weise, dass die Nutzung der gesamten Kapazität der Netzinfrastruktur ermöglicht wird; - 30c.
„Warteschleife“ jede vom Nutzer eines Telekommunikationsdienstes eingesetzte Vorrichtung oder Geschäftspraxis, über die Anrufe entgegengenommen oder aufrechterhalten werden, ohne dass das Anliegen des Anrufers bearbeitet wird. Dies umfasst die Zeitspanne ab Rufaufbau vom Anschluss des Anrufers bis zu dem Zeitpunkt, an dem mit der Bearbeitung des Anliegens des Anrufers begonnen wird, gleichgültig ob dies über einen automatisierten Dialog oder durch eine persönliche Bearbeitung erfolgt. Ein automatisierter Dialog beginnt, sobald automatisiert Informationen abgefragt werden, die für die Bearbeitung des Anliegens erforderlich sind. Eine persönliche Bearbeitung des Anliegens beginnt, sobald eine natürliche Person den Anruf entgegennimmt und bearbeitet. Hierzu zählt auch die Abfrage von Informationen, die für die Bearbeitung des Anliegens erforderlich sind. Als Warteschleife ist ferner die Zeitspanne anzusehen, die anlässlich einer Weiterleitung zwischen Beendigung der vorhergehenden Bearbeitung des Anliegens und der weiteren Bearbeitung vergeht, ohne dass der Anruf technisch unterbrochen wird. Keine Warteschleife sind automatische Bandansagen, wenn die Dienstleistung für den Anrufer vor Herstellung der Verbindung erkennbar ausschließlich in einer Bandansage besteht; - 31.
"wirksamer Wettbewerb" die Abwesenheit von beträchtlicher Marktmacht im Sinne des § 11 Absatz 1 Satz 3 und 4; - 32.
„Zugang“ die Bereitstellung von Einrichtungen oder Diensten für ein anderes Unternehmen unter bestimmten Bedingungen zum Zwecke der Erbringung von Telekommunikationsdiensten, auch bei deren Verwendung zur Erbringung von Diensten der Informationsgesellschaft oder Rundfunkinhaltediensten. Dies umfasst unter anderem Folgendes: - a)
Zugang zu Netzkomponenten, einschließlich nicht aktiver Netzkomponenten, und zugehörigen Einrichtungen, wozu auch der feste oder nicht feste Anschluss von Geräten gehören kann. Dies beinhaltet insbesondere den Zugang zum Teilnehmeranschluss sowie zu Einrichtungen und Diensten, die erforderlich sind, um Dienste über den Teilnehmeranschluss zu erbringen, einschließlich des Zugangs zur Anschaltung und Ermöglichung des Anbieterwechsels des Teilnehmers und zu hierfür notwendigen Informationen und Daten und zur Entstörung; - b)
Zugang zu physischen Infrastrukturen wie Gebäuden, Leitungsrohren und Masten; - c)
Zugang zu einschlägigen Softwaresystemen, einschließlich Systemen für die Betriebsunterstützung; - d)
Zugang zu informationstechnischen Systemen oder Datenbanken für Vorbestellung, Bereitstellung, Auftragserteilung, Anforderung von Wartungs- und Instandsetzungsarbeiten sowie Abrechnung; - e)
Zugang zur Nummernumsetzung oder zu Systemen, die eine gleichwertige Funktion bieten; - f)
Zugang zu Fest- und Mobilfunknetzen, insbesondere, um Roaming zu ermöglichen; - g)
Zugang zu Zugangsberechtigungssystemen für Digitalfernsehdienste und - h)
Zugang zu Diensten für virtuelle Netze;
- 33.
"Zugangsberechtigungssysteme" technische Verfahren oder Vorrichtungen, welche die erlaubte Nutzung geschützter Rundfunkprogramme von einem Abonnement oder einer individuellen Erlaubnis abhängig machen; - 33a.
„Zugangspunkt zu passiven gebäudeinternen Netzkomponenten“ ein physischer Punkt innerhalb oder außerhalb des Gebäudes, der für Eigentümer und Betreiber öffentlicher Telekommunikationsnetze zugänglich ist und den Anschluss an die hochgeschwindigkeitsfähigen gebäudeinternen passiven Netzinfrastrukturen ermöglicht; - 33b.
„zugehörige Dienste“ diejenigen mit einem Telekommunikationsnetz oder einem Telekommunikationsdienst verbundenen Dienste, welche die Bereitstellung von Diensten über dieses Netz oder diesen Dienst ermöglichen, unterstützen oder dazu in der Lage sind. Darunter fallen unter anderem Systeme zur Nummernumsetzung oder Systeme, die eine gleichwertige Funktion bieten, Zugangsberechtigungssysteme und elektronische Programmführer sowie andere Dienste wie Dienste im Zusammenhang mit Identität, Standort und Präsenz des Nutzers; - 33c.
„zugehörige Einrichtungen“ diejenigen mit einem Telekommunikationsnetz oder einem Telekommunikationsdienst verbundenen zugehörigen Dienste, physischen Infrastrukturen und sonstigen Einrichtungen und Komponenten, welche die Bereitstellung von Diensten über dieses Netz oder diesen Dienst ermöglichen, unterstützen oder dazu in der Lage sind. Darunter fallen unter anderem Gebäude, Gebäudezugänge, Verkabelungen in Gebäuden, Antennen, Türme und andere Trägerstrukturen, Leitungsrohre, Leerrohre, Masten, Einstiegsschächte und Verteilerkästen; - 34.
"Zusammenschaltung" derjenige Zugang, der die physische und logische Verbindung öffentlicher Telekommunikationsnetze herstellt, um Nutzern eines Unternehmens die Kommunikation mit Nutzern desselben oder eines anderen Unternehmens oder die Inanspruchnahme von Diensten eines anderen Unternehmens zu ermöglichen; Dienste können von den beteiligten Parteien erbracht werden oder von anderen Parteien, die Zugang zum Netz haben. Zusammenschaltung ist ein Sonderfall des Zugangs und wird zwischen Betreibern öffentlicher Telekommunikationsnetze hergestellt.
(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.
(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.
(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.
(1) Nach Maßgabe eines Bundesgesetzes, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, gewährleistet der Bund im Bereich des Postwesens und der Telekommunikation flächendeckend angemessene und ausreichende Dienstleistungen.
(2) Dienstleistungen im Sinne des Absatzes 1 werden als privatwirtschaftliche Tätigkeiten durch die aus dem Sondervermögen Deutsche Bundespost hervorgegangenen Unternehmen und durch andere private Anbieter erbracht. Hoheitsaufgaben im Bereich des Postwesens und der Telekommunikation werden in bundeseigener Verwaltung ausgeführt.
(3) Unbeschadet des Absatzes 2 Satz 2 führt der Bund in der Rechtsform einer bundesunmittelbaren Anstalt des öffentlichen Rechts einzelne Aufgaben in bezug auf die aus dem Sondervermögen Deutsche Bundespost hervorgegangenen Unternehmen nach Maßgabe eines Bundesgesetzes aus.
(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.
(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.
(3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.
(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.
(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.
(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.
(1) Der Bund hat die ausschließliche Gesetzgebung über:
- 1.
die auswärtigen Angelegenheiten sowie die Verteidigung einschließlich des Schutzes der Zivilbevölkerung; - 2.
die Staatsangehörigkeit im Bunde; - 3.
die Freizügigkeit, das Paßwesen, das Melde- und Ausweiswesen, die Ein- und Auswanderung und die Auslieferung; - 4.
das Währungs-, Geld- und Münzwesen, Maße und Gewichte sowie die Zeitbestimmung; - 5.
die Einheit des Zoll- und Handelsgebietes, die Handels- und Schiffahrtsverträge, die Freizügigkeit des Warenverkehrs und den Waren- und Zahlungsverkehr mit dem Auslande einschließlich des Zoll- und Grenzschutzes; - 5a.
den Schutz deutschen Kulturgutes gegen Abwanderung ins Ausland; - 6.
den Luftverkehr; - 6a.
den Verkehr von Eisenbahnen, die ganz oder mehrheitlich im Eigentum des Bundes stehen (Eisenbahnen des Bundes), den Bau, die Unterhaltung und das Betreiben von Schienenwegen der Eisenbahnen des Bundes sowie die Erhebung von Entgelten für die Benutzung dieser Schienenwege; - 7.
das Postwesen und die Telekommunikation; - 8.
die Rechtsverhältnisse der im Dienste des Bundes und der bundesunmittelbaren Körperschaften des öffentlichen Rechtes stehenden Personen; - 9.
den gewerblichen Rechtsschutz, das Urheberrecht und das Verlagsrecht; - 9a.
die Abwehr von Gefahren des internationalen Terrorismus durch das Bundeskriminalpolizeiamt in Fällen, in denen eine länderübergreifende Gefahr vorliegt, die Zuständigkeit einer Landespolizeibehörde nicht erkennbar ist oder die oberste Landesbehörde um eine Übernahme ersucht; - 10.
die Zusammenarbeit des Bundes und der Länder - a)
in der Kriminalpolizei, - b)
zum Schutze der freiheitlichen demokratischen Grundordnung, des Bestandes und der Sicherheit des Bundes oder eines Landes (Verfassungsschutz) und - c)
zum Schutze gegen Bestrebungen im Bundesgebiet, die durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden,
sowie die Einrichtung eines Bundeskriminalpolizeiamtes und die internationale Verbrechensbekämpfung;
- 11.
die Statistik für Bundeszwecke; - 12.
das Waffen- und das Sprengstoffrecht; - 13.
die Versorgung der Kriegsbeschädigten und Kriegshinterbliebenen und die Fürsorge für die ehemaligen Kriegsgefangenen; - 14.
die Erzeugung und Nutzung der Kernenergie zu friedlichen Zwecken, die Errichtung und den Betrieb von Anlagen, die diesen Zwecken dienen, den Schutz gegen Gefahren, die bei Freiwerden von Kernenergie oder durch ionisierende Strahlen entstehen, und die Beseitigung radioaktiver Stoffe.
(2) Gesetze nach Absatz 1 Nr. 9a bedürfen der Zustimmung des Bundesrates.
(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.
(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.
(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.
(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.
(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.
(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.
Tenor
I.
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II.
Der Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
III.
Die weitere Beschwerde zum Bundesverwaltungsgericht wird zugelassen.
Gründe
I.
Das Verwaltungsgericht München hat - aufgrund der vom Beklagten gerügten Zulässigkeit des Rechtswegs - mit streitgegenständlichem Beschluss vom 2. Juni 201 den Verwaltungsrechtsweg vorab für eröffnet erklärt (§ 17a Abs. 3 GVG). Auf die Gründe des Beschlusses wird verwiesen.
II.
Der von den Klägerinnen vor dem Verwaltungsgericht mit dem Hauptantrag geltend gemachte Feststellungsanspruch zur Verpflichtung des Beklagten, mit den Klägerinnen einen Vertrag über die entgeltliche Verbreitung des Programms „Bayerisches Fernsehen“ über die Netze der Klägerinnen zu schließen, soweit dieses Programm in diesen Netzen „Must Carry“ - Status hat, beruht - wie die Klägerinnen vortragen -auf der öffentlichrechtlichen Verpflichtung, das Fernsehprogramm des Beklagten in die Kabelnetze der Klägerinnen einzuspeisen und zu verbreiten. Ihr Anspruch korrespondiert mit ihrer „Must Carry“ - Verpflichtung und ist, wenn er sich - wie die Klägerinnen weiter vortragen - ebenfalls rundfunkrechtlich begründen lässt, ohne weiteres als öffentlichrechtlich normierter Anspruch zu beurteilen. Die Klägerinnen weisen in diesem Zusammenhang ergänzend auf die öffentlichrechtliche Bestimmung des § 52d Satz 2 RStV hin, wonach (u. a.) die Verbreitung von Angeboten nach § 52b Abs. 1 Nr. 1 RStV (das sind u. a. die Dritten Programme des öffentlichrechtlichen Rundfunks) zu angemessenen Bedingungen zu erfolgen hat. Ob sich aus dieser oder anderen öffentlichrechtlichen Bestimmungen der von den Klägerinnen behauptete Feststellungsanspruch ergeben kann, ist eine Frage der Begründetheit der Klage, auf die es im Rahmen der Prüfung, ob der Verwaltungsrechtsweg gegeben ist, grundsätzlich nicht ankommt. Eine Ausnahme gilt nach höchstrichterlicher Rechtsprechung allenfalls dann mit der Folge, dass eine Verweisung des Rechtsstreits in Betracht kommt, wenn - im Fall einer Anspruchsnormenkonkurrenz - eine einzelne materielle Anspruchsgrundlage, für die allein der beschrittene Rechtsweg zulässig wäre, aufgrund des vorgetragenen Sachverhalts offensichtlich nicht gegeben ist (vgl. BVerwG, B. v. 15.12.1992 NVwZ 1993, 358). Eine solche offensichtliche Unbegründetheit des geltend gemachten Hauptantrags besteht - wie das Verwaltungsgericht zutreffend erkannt hat - nicht.
(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.
(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.
(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.
(1) Nach Maßgabe eines Bundesgesetzes, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, gewährleistet der Bund im Bereich des Postwesens und der Telekommunikation flächendeckend angemessene und ausreichende Dienstleistungen.
(2) Dienstleistungen im Sinne des Absatzes 1 werden als privatwirtschaftliche Tätigkeiten durch die aus dem Sondervermögen Deutsche Bundespost hervorgegangenen Unternehmen und durch andere private Anbieter erbracht. Hoheitsaufgaben im Bereich des Postwesens und der Telekommunikation werden in bundeseigener Verwaltung ausgeführt.
(3) Unbeschadet des Absatzes 2 Satz 2 führt der Bund in der Rechtsform einer bundesunmittelbaren Anstalt des öffentlichen Rechts einzelne Aufgaben in bezug auf die aus dem Sondervermögen Deutsche Bundespost hervorgegangenen Unternehmen nach Maßgabe eines Bundesgesetzes aus.
(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.
(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.
(3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.
(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.
(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.
(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.
(1) Das Urteil ergeht "Im Namen des Volkes". Es ist schriftlich abzufassen und von den Richtern, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, zu unterzeichnen. Ist ein Richter verhindert, seine Unterschrift beizufügen, so wird dies mit dem Hinderungsgrund vom Vorsitzenden oder, wenn er verhindert ist, vom dienstältesten beisitzenden Richter unter dem Urteil vermerkt. Der Unterschrift der ehrenamtlichen Richter bedarf es nicht.
(2) Das Urteil enthält
- 1.
die Bezeichnung der Beteiligten, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Bevollmächtigten nach Namen, Beruf, Wohnort und ihrer Stellung im Verfahren, - 2.
die Bezeichnung des Gerichts und die Namen der Mitglieder, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, - 3.
die Urteilsformel, - 4.
den Tatbestand, - 5.
die Entscheidungsgründe, - 6.
die Rechtsmittelbelehrung.
(3) Im Tatbestand ist der Sach- und Streitstand unter Hervorhebung der gestellten Anträge seinem wesentlichen Inhalt nach gedrängt darzustellen. Wegen der Einzelheiten soll auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen verwiesen werden, soweit sich aus ihnen der Sach- und Streitstand ausreichend ergibt.
(4) Ein Urteil, das bei der Verkündung noch nicht vollständig abgefaßt war, ist vor Ablauf von zwei Wochen, vom Tag der Verkündung an gerechnet, vollständig abgefaßt der Geschäftsstelle zu übermitteln. Kann dies ausnahmsweise nicht geschehen, so ist innerhalb dieser zwei Wochen das von den Richtern unterschriebene Urteil ohne Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung der Geschäftsstelle zu übermitteln; Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung sind alsbald nachträglich niederzulegen, von den Richtern besonders zu unterschreiben und der Geschäftsstelle zu übermitteln.
(5) Das Gericht kann von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Verwaltungsakts oder des Widerspruchsbescheids folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.
(6) Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat auf dem Urteil den Tag der Zustellung und im Falle des § 116 Abs. 1 Satz 1 den Tag der Verkündung zu vermerken und diesen Vermerk zu unterschreiben. Werden die Akten elektronisch geführt, hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle den Vermerk in einem gesonderten Dokument festzuhalten. Das Dokument ist mit dem Urteil untrennbar zu verbinden.
(1) Eine Änderung der Klage ist zulässig, wenn die übrigen Beteiligten einwilligen oder das Gericht die Änderung für sachdienlich hält.
(2) Die Einwilligung des Beklagten in die Änderung der Klage ist anzunehmen, wenn er sich, ohne ihr zu widersprechen, in einem Schriftsatz oder in einer mündlichen Verhandlung auf die geänderte Klage eingelassen hat.
(3) Die Entscheidung, daß eine Änderung der Klage nicht vorliegt oder zuzulassen sei, ist nicht selbständig anfechtbar.
(1) Die Klage muß den Kläger, den Beklagten und den Gegenstand des Klagebegehrens bezeichnen. Sie soll einen bestimmten Antrag enthalten. Die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel sollen angegeben, die angefochtene Verfügung und der Widerspruchsbescheid sollen in Abschrift beigefügt werden.
(2) Entspricht die Klage diesen Anforderungen nicht, hat der Vorsitzende oder der nach § 21g des Gerichtsverfassungsgesetzes zuständige Berufsrichter (Berichterstatter) den Kläger zu der erforderlichen Ergänzung innerhalb einer bestimmten Frist aufzufordern. Er kann dem Kläger für die Ergänzung eine Frist mit ausschließender Wirkung setzen, wenn es an einem der in Absatz 1 Satz 1 genannten Erfordernisse fehlt. Für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gilt § 60 entsprechend.
Das Gericht darf über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung der Anträge nicht gebunden.
Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a entsprechend anzuwenden, wenn die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten dies nicht ausschließen; Buch 6 der Zivilprozessordnung ist nicht anzuwenden. Die Vorschriften des Siebzehnten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes sind mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Oberverwaltungsgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundesverwaltungsgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung die Verwaltungsgerichtsordnung tritt. Gericht im Sinne des § 1062 der Zivilprozeßordnung ist das zuständige Verwaltungsgericht, Gericht im Sinne des § 1065 der Zivilprozeßordnung das zuständige Oberverwaltungsgericht.
(1) Die Zulässigkeit des beschrittenen Rechtsweges wird durch eine nach Rechtshängigkeit eintretende Veränderung der sie begründenden Umstände nicht berührt. Während der Rechtshängigkeit kann die Sache von keiner Partei anderweitig anhängig gemacht werden.
(2) Das Gericht des zulässigen Rechtsweges entscheidet den Rechtsstreit unter allen in Betracht kommenden rechtlichen Gesichtspunkten. Artikel 14 Abs. 3 Satz 4 und Artikel 34 Satz 3 des Grundgesetzes bleiben unberührt.
Tenor
I.
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II.
Der Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
III.
Die weitere Beschwerde zum Bundesverwaltungsgericht wird zugelassen.
Gründe
I.
Das Verwaltungsgericht München hat - aufgrund der vom Beklagten gerügten Zulässigkeit des Rechtswegs - mit streitgegenständlichem Beschluss vom 2. Juni 201 den Verwaltungsrechtsweg vorab für eröffnet erklärt (§ 17a Abs. 3 GVG). Auf die Gründe des Beschlusses wird verwiesen.
II.
Der von den Klägerinnen vor dem Verwaltungsgericht mit dem Hauptantrag geltend gemachte Feststellungsanspruch zur Verpflichtung des Beklagten, mit den Klägerinnen einen Vertrag über die entgeltliche Verbreitung des Programms „Bayerisches Fernsehen“ über die Netze der Klägerinnen zu schließen, soweit dieses Programm in diesen Netzen „Must Carry“ - Status hat, beruht - wie die Klägerinnen vortragen -auf der öffentlichrechtlichen Verpflichtung, das Fernsehprogramm des Beklagten in die Kabelnetze der Klägerinnen einzuspeisen und zu verbreiten. Ihr Anspruch korrespondiert mit ihrer „Must Carry“ - Verpflichtung und ist, wenn er sich - wie die Klägerinnen weiter vortragen - ebenfalls rundfunkrechtlich begründen lässt, ohne weiteres als öffentlichrechtlich normierter Anspruch zu beurteilen. Die Klägerinnen weisen in diesem Zusammenhang ergänzend auf die öffentlichrechtliche Bestimmung des § 52d Satz 2 RStV hin, wonach (u. a.) die Verbreitung von Angeboten nach § 52b Abs. 1 Nr. 1 RStV (das sind u. a. die Dritten Programme des öffentlichrechtlichen Rundfunks) zu angemessenen Bedingungen zu erfolgen hat. Ob sich aus dieser oder anderen öffentlichrechtlichen Bestimmungen der von den Klägerinnen behauptete Feststellungsanspruch ergeben kann, ist eine Frage der Begründetheit der Klage, auf die es im Rahmen der Prüfung, ob der Verwaltungsrechtsweg gegeben ist, grundsätzlich nicht ankommt. Eine Ausnahme gilt nach höchstrichterlicher Rechtsprechung allenfalls dann mit der Folge, dass eine Verweisung des Rechtsstreits in Betracht kommt, wenn - im Fall einer Anspruchsnormenkonkurrenz - eine einzelne materielle Anspruchsgrundlage, für die allein der beschrittene Rechtsweg zulässig wäre, aufgrund des vorgetragenen Sachverhalts offensichtlich nicht gegeben ist (vgl. BVerwG, B. v. 15.12.1992 NVwZ 1993, 358). Eine solche offensichtliche Unbegründetheit des geltend gemachten Hauptantrags besteht - wie das Verwaltungsgericht zutreffend erkannt hat - nicht.
(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.
(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.
(1) Durch Klage kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (Feststellungsklage).
(2) Die Feststellung kann nicht begehrt werden, soweit der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt wird.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden den Klägerinnen auferlegt.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Den Beklagten bleibt nachgelassen, die Sicherheitsleistung auch durch unwiderrufliche, selbstschuldnerische Bürgschaft eines als Steuerbürge zugelassenen Kreditinstituts zu erbringen.
1
T a t b e s t a n d
2Die Parteien streiten - u.a. unter kartellrechtlichen Gesichtspunkten - um Ansprüche im Zusammenhang mit der Einspeisung von Fernsehprogrammsignalen in Breitbandkabelnetze.
3Die Klägerinnen betreiben Breitbandkabelnetze in Nordrhein-Westfalen und Hessen, über die rund 3,6 Millionen Haushalte in Nordrhein-Westfalen und rund 1,1 Millionen Haushalte in Hessen mit Rundfunksignalen (TV und Hörfunk) versorgt werden. Neben ihrem Schwesterunternehmen Kabel BW und der Kabel Deutschland gehören sie als sogenannte Kabelregionalgesellschaften in der Nachfolge der Deutschen Bundespost Telekom (später: DTAG und KDG) zu den vier größten Kabelnetzbetreibern in Deutschland. Über ihr Breitbandkabelnetz bedienen sie die Netzebenen (NE) 3 (Signaltransport in der Fläche bzw. Straßenverteilnetz) und teilweise auch 4 ("letzte Meile", Objektanschlüsse) und bieten Endkunden (Zuschauerhaushalten) und der Wohnungswirtschaft gegen Entgelt verschiedene Kabelanschlussprodukte an, namentlich breitbandigen Internetzugang, Sprachtelefonie, Pay-TV und Video-on-demand-(Abruf-) Dienste. Ferner stellen sie nachgelagerten Netzbetreibern entgeltlich die Lieferung von Programmsignalen für die Endkundenversorgung zur Verfügung. Gegenwärtig speisen sie die Signale von über 300 Programmen, davon 267 TV-Programmen, aus Deutschland sowie dem europäischen Ausland in ihre Kabelnetze ein.
4Die Beklagten zu 2. - 10. sind die öffentlich-rechtlichen Landesrundfunkanstalten (nachfolgend: Rundfunkanstalten), die sich (gemeinsam mit der Deutschen Welle) zu der Beklagten zu 1. (nachfolgend: ARD) zusammengeschlossen haben. Die Rundfunkanstalten unterhalten eigene Programme für die Zuschauer ihrer jeweiligen Sendegebiete (sogenannte Dritte Fernsehprogramme). Darüber hinaus veranstalten sie gemäß § 11 b Abs. 1 des Rundfunkstaatsvertrages (RStV) und § 1 des ARD-Staatsvertrages (ARD-StV) gemeinsam die Fernsehprogramme "Das Erste", "tagesschau24", "Einsfestival" und "Einsplus".
5Die Beklagte zu 11. (nachfolgend: ZDF) veranstaltet gemäß § 11 b Abs. 3 RStV und § 2 Abs. 2 ZDF-Staatsvertrag (ZDF-StV) die Fernsehprogramme "Zweites Deutsches Fernsehen (ZDF)", "zdf info", "zdf.kultur" und "zdf_neo".
6Die Beklagte zu 12. (nachfolgend: DLR) ist gemäß §§ 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 DeutschlandRadioStaatsvertrag (DLR-StV) eine gemeinnützige Körperschaft des öffentlichen Rechts, in welcher die Beklagten zu 2. bis 11. mitgliedschaftlich verbunden sind. Sie hat gemäß §§ 11, 11c Abs. 3, 19 RStV in Verbindung mit § 2 Abs. 1 DLR-StV den gesetzlichen Auftrag, die öffentlich-rechtlichen Hörfunkprogramme "Deutschlandfunk", "Deutschlandradio Kultur" und "DRadio Wissen" zu veranstalten und zu verbreiten.
7Gemäß § 11b Abs. 4 Nr. 3 und 4 RStV sind die Beklagten zu 2. bis 10. sowie die Beklagte zu 11. mit der Herstellung und Verbreitung der Fernsehprogramme "PHOENIX – Der Ereignisse- und Dokumentationskanal" und "KI.KA – Der Kinderkanal" beauftragt. Darüber hinaus haben diese Beklagten gemäß § 11b Abs. 4 Nr. 1 und 2 RStV den Auftrag, unter Beteiligung öffentlich-rechtlicher europäischer Veranstalter die Fernsehprogramme "3sat" und "arte – Der Europäische Kulturkanal" herzustellen und zu verbreiten. Für das Fernsehprogramm "arte – Der Europäische Kulturkanal" sind zu diesem Zweck die Beklagte zu 13. (nachfolgend: ARTE) sowie die ARTE G.E.I.E. als deutsch-französische Gemeinschaftsunternehmen gegründet worden.
8Die Veranstalter von Rundfunk- und Fernsehprogrammen stellen ihre Programmsignale den Betreibern von Kabelnetzen in Deutschland zur Verfügung, wobei die Übertragung terrestrisch, über Satellit oder leitungsgebunden erfolgt. Die auf den genannten Wegen ausgestrahlten Signale werden von den Kabelnetzbetreibern empfangen und in die jeweilige Netzinfrastruktur zum Zwecke der Weitersendung an eigene Kabelanschlusskunden (Zuschauerhaushalte) bzw. dritte NE 4-Betreiber eingespeist. Etwa die Hälfte der Zuschauerhaushalte in Deutschland wird über Kabelanschlüsse mit Rundfunk- bzw. Fernsehprogrammen versorgt. Im übrigen erhalten sie die Programme über terrestrische Funksender, Satellit oder als IPTV über Telefonleitungen.
9Für die ihnen eingeräumten Rechte zur Kabelweitersendung leisten die Kabelnetzbetreiber an die (öffentlich-rechtlichen oder privaten) Programmveranstalter eine urheberrechtliche Vergütung (§ 20 b UrhG). Umgekehrt zahlten die öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten in der Vergangenheit den Klägerinnen und den beiden anderen großen Regionalgesellschaften, nicht jedoch den kleineren NE 4-Betreibern für die technische Dienstleistung der Einspeisung ihrer Programmsignale in die Kabelnetze ein Entgelt (Einspeise- bzw. Transportentgelt). In der Zeit bis zum 31.12.2012 erbrachten sie diese Entgelte zuletzt auf der Grundlage eines am 07.04.2008 geschlossenen Kooperationsvertrages über die Verbreitung von öffentlich-rechtlich Angeboten, deren Parteien die Klägerinnen auf der einen Seite und die in der ARD zusammengeschlossenen Rundfunkanstalten sowie ZDF, DLR und ARTE auf der anderen Seite sind.
10Bei Abschluss dieses Einspeisevertrages brachten die beteiligten Sendeanstalten zum Ausdruck, die Zahlung von Einspeiseentgelten in Zukunft einstellen zu wollen; die Klägerinnen traten dem entgegen. Hierzu ist in Nr. 7 der Präambel zum Vertrag Folgendes niedergelegt:
11"Die Vertragsparteien sind unterschiedlicher Auffassung über die Entwicklungsperspektiven sowohl der analogen und digitalen Kabelverbreitung als auch der Einspeiseentgelte.
12Die Programmveranstalter sehen einen verstärkten Wettbewerb der digitalen Verbreitungsplattformen um Inhalte und Zuschauer, in dessen Folge die Rundfunkveranstalter als Anbieter von Inhalten auftreten, die die Vermarktungsfähigkeit der Plattformangebote überhaupt erst begründen und deren Werthaltigkeit den Aufwand für den Signaltransport mindestens kompensiert. Die Programmveranstalter gehen deshalb davon aus, dass sie für die digitale Kabelverbreitung künftig keine Einspeiseentgelte mehr zahlen werden.
13Z geht davon aus, dass sich der starke Infrastrukturwettbewerb zwischen Satellit, Kabel und Terrestrick in Zukunft noch verschärfen wird. In diesem Infrastrukturwettbewerb treten sich die Parteien teilweise als Konkurrenten gegenüber, da sowohl der WDR als auch der HR als Plattformbetreiber Teile des terrestrischen Sendenetzes selber betreiben. Z geht davon aus, dass sich der Umstieg von analoger zu digitaler Verbreitungstechnik im Kabelnetz nachfrageorientiert entwickelt und neben dem Infrastrukturbetreiber auch jeder Programmveranstalter für das Gelingen eines erfolgreichen Digital-Umstiegs Verantwortung übernehmen muss. Ferner geht die Z davon aus, dass auch zukünftig für die digitale Kabelverbreitung Einspeiseentgelte zu zahlen sind, da diese Entgelte für die Telekommunikationsdienstleistung des Signaltransports erbracht werden und somit unabhängig von der Art der Signalaufbereitung (entweder in digitalen Transportströmen nach dem DVB-MPEG-2 Standard oder als analoge Schwingungen nach dem PAL-Standard) zu entrichten sind."
14Nach § 8 Nr. 1 des Einspeisevertrages war ein jährliches Einspeiseentgelt in Höhe von 16 Mio. € netto vereinbart, das die Klägerinnen aufgrund entsprechender Aufteilung von ARD, ZDF, DLR und ARTE untereinander jeweils mit 12.338.000,00 € netto gegenüber ARD, mit 2.802.000,00 € netto gegenüber ZDF, mit 260.000,00 € netto gegenüber DLR und mit 600.000,00 € netto gegenüber ARTE abrechnete. Hinzu kam ein von ARTE auf der Grundlage eines Vertrages vom 3./27.07.2009 zu entrichtendes weiteres Entgelt, und zwar an die Klägerin zu 1. in Höhe von 315.000,00 € und an die Klägerin zu 2. in Höhe von 105.000,00 €. Ferner hatte die Beklagte zu 10. (WDR) an die Klägerin zu 1. aufgrund einer am 19.04.2011 geschlossenen Vereinbarung über die regionalrichtige Verbreitung der WDR-Lokalzeiten ein zusätzliches Entgelt von 588.000,00 € zu zahlen.
15Gemäß § 11 Nr. 1 des Kooperationsvertrags war zu dessen Laufzeit Folgendes bestimmt:
16"Das Vertragsverhältnis beginnt rückwirkend zum 01.01.2008 und hat eine Laufzeit bis zum 31.12.2012. Es verlängert sich um jeweils zwölf Monate, wenn der Vertrag nicht von einer der Parteien spätestens sechs Monate vor Ablauf schriftlich gekündigt wird und die Kündigung innerhalb der Frist der anderen Partei zugeht.
17Der Vertrag bedarf zu seiner Wirksamkeit der Zustimmung der zuständigen Gremien der Parteien, die spätestens am 30. Juni 2008 mit Wirkung zum 1. Januar 2008 mitgeteilt werden müssen. Der Vertrag gilt insgesamt als nicht genehmigt, wenn nur die Genehmigung bzgl. eines einzigen Programmveranstalters nicht erfolgt ist."
18Im Frühjahr 2011 kündigten ARD und ZDF einen "Paradigmenwechsel" dergestalt an, dass künftig an die Kabelnetzbetreiber keine Einspeiseentgelte mehr gezahlt werden sollten. Bei einer Zusammenkunft der Intendanten der Rundfunkanstalten und des ZDF am 22.03.2011 in Köln stellten die Teilnehmenden Einvernehmen über die fristgerechte Kündigung der mit den Regionalgesellschaften geschlossenen Einspeiseverträge zum 31.12.2012 sowie über den Verzicht auf Bedarfsansätze für die digitale Kabeleinspeisung im Rahmen der KEF-Anmeldung für das Jahr 2013 fest.
19Das Bundeskartellamt erfuhr im Januar 2012 aus der Presse von dem "Paradigmenwechsel" und leitete daraufhin unter dem Aktenzeichen B7-20/12 ein Verfahren gegen die beteiligten Sender ein. Es wies diese darauf hin, dass seiner Ansicht nach ARD und ZDF den Transport von Programmsignalen durch Kabelnetze nachfragten, insoweit miteinander in Wettbewerb stünden und deshalb ihr Verhalten gegenüber Kabelnetzbetreibern nicht koordinieren dürften. Des Weiteren äußerte das Amt die Auffassung, dass der Entschluss, in Zukunft keine Vertragsbeziehungen mit Kabelnetzbetreibern eingehen und diesen keine Einspeiseentgelte mehr zahlen zu wollen, eine gemäß § 1 GWB verbotene Koordinierung darstelle. Diese Beurteilung vertrat die 7. Beschlussabteilung des Bundeskartellamtes mit einem an den damaligen Verfahrensbevollmächtigten der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten adressierten Schreiben vom 13.04.2012 und auch im Rahmen einer Besprechung mit Vertretern von ARD und ZDF am 16.04.2012 in Bonn. Bei dieser forderte das Amt die Sendeanstalten auf, über die zukünftige Zahlung bzw. Nichtzahlung von Einspeiseentgelten autonom und getrennt voneinander zu entscheiden und so auch bei etwaigen weiteren Verhandlungen mit Kabelnetzbetreibern zu verfahren. Die angesprochenen Sendeanstalten vertraten demgegenüber die Auffassung, ihr Verhalten sei mangels eines relevanten Wettbewerbsverhältnisses bzw. einer Nachfragebeziehung nicht kartellrechtswidrig und im übrigen - was das gemeinsame Handeln anlange - rechtlich alternativlos bzw. nach den einschlägigen rundfunkrechtlichen Regelungen sogar geboten. Gleichwohl erklärten ARD und ZDF in einem Schreiben vom 26.04.2012 gegenüber dem Bundeskartellamt, gemeinschaftliche Verhandlungen und Äußerungen in dieser Angelegenheit künftig zu unterlassen, wenngleich hinsichtlich der Kündigung des Kooperationsvertrages kein anderer Handlungsspielraum gesehen werde. Das Bundeskartellamt trat dem nicht weiter entgegen, stellte das Verfahren allerdings auch nicht ein.
20Mit Schreiben vom 14.06.2012, bei den Klägerinnen eingegangen am 15.06.2012, erklärte zunächst allein DLR gegenüber den Klägerinnen die Kündigung des Kooperationsvertrages zum 31.12.2012. Sodann kündigten alle Beklagten den Vertrag zum 31.12.2012, und zwar durch gemeinsame Erklärung von ARD, ZDF, DLR und ARTE, die auf verschiedenen Dokumenten am 18. und 19.06.2012 unterzeichnet wurde, sowie durch inhaltlich gleich lautende getrennte Schreiben der Beklagten zu 2. bis 10. vom 18., 19., 20. und 21.06.2012, allesamt bei den Klägerinnen eingegangen am 25.06.2012. Alle baten um Kündigungsbestätigung an die Beklagte zu 4. Diese Maßnahme kündigte der anwaltliche Bevollmächtigte im Verfahren vor dem Bundeskartellamt mit Schreiben vom 25.06.2012 an. Die Klägerinnen wiesen diese Kündigungen mit Schreiben vom 09.07.2012 zurück, weil sie darin eine Maßnahme sehen, durch welche ein vom Bundeskartellamt verbotenes Kartell unzulässigerweise vollzogen werde. Sodann boten sie den Beklagten zu 3., 4., 9. bis 11. mit Schreiben vom 23.08.2012 und 25.09.2012 unter Mitteilung ihrer nun auch operativen Zusammenarbeit mit KabelBW Gespräche über eine künftige Zusammenarbeit bezüglich der Kabelverbreitung der beklagtenseits veranstalteten Programme an. Die Beklagten zu 3. und 9. verwiesen in ihren Antwortschreiben darauf, dass die Thematik innerhalb der ARD federführend von der Beklagten zu 4. bearbeitet werde. Zwischen ARD bzw. ZDF und den Klägerinnen verliefen die nachfolgenden Unterredungen erfolglos, da die Zahlung eines Einspeiseentgelts beklagtenseits jeweils abgelehnt wurde.
21Seit Beginn des Jahres 2013 zahlen die Beklagten keinem Kabelnetzbetreiber (mehr) ein Einspeiseentgelt. Im Rahmen ihrer KEF-Anmeldung für die Beitragsperiode 2013-2016 brachten sie dementsprechend auch keinen Finanzbedarf für die Verbreitung über Kabelnetze mehr in Ansatz. Auch lehnten sie ein von den Klägerinnen unterbreitetes Angebot auf Abschluss eines Verbreitungsvertrages unter Zugrundelegung des Standard-Einspeisevertrags der Klägerinnen Mitte 2013 ab, indem sie darauf verwiesen, keinem Vertragsschluss näher treten zu wollen, welcher eine Entgeltlichkeit der Einspeisung vorsehe. Ihre Programmsignale stellen sie den Kabelnetzbetreibern gleichwohl unverändert über die bereits dargelegten Übertragungswege zur Verfügung. Weit überwiegend werden die Programme von den Klägerinnen auch fortgesetzt in ihr Netz eingespeist, insbesondere soweit es sich um solche mit "Must-Carry"-Status handelt. Einzelne, insbesondere die aus ihrer Sicht durch die Endverbraucher wenig frequentierten Programme, haben sie Ende 2013 ausgespeist.
22Die Klägerinnen sind der Auffassung, die Kündigung des Kooperationsvertrages vom 04.07.2008 sei bereits wegen Verstoßes gegen § 1 GWB unwirksam. Jedenfalls treffe die Beklagten eine Verpflichtung, die Klägerinnen von den Folgen des rechtswidrigen Vollzugs ihrer vorangegangenen Kartellabsprache freizuhalten. Hinsichtlich dieses Begehrens sei die Beklagte zu 1. als Gesellschaft bürgerlichen Rechts zumindest passiv legitimiert.
23Die Beklagten seien Adressaten des Kartellverbots, da sie bislang eine Verbreitungsdienstleistung der Klägerinnen in Anspruch genommen hätten, welche diese regelmäßig nur gegen Entgelt erbrächten. Damit seien sie unternehmerisch auf dem Nachfragemarkt für Einspeisedienstleistungen tätig geworden und stünden untereinander in einer Wettbewerbsbeziehung. Hieran habe sich auch nach dem 31.12.2012 nichts geändert, da die Beklagten die Einspeisedienstleistungen der Klägerinnen weiterhin nachfragten. Denn es entspreche ihrer gesetzlichen Pflicht, ihre Programme bundesweit zu verbreiten und hierbei die vorhandenen technischen Gegebenheiten zu berücksichtigen, um ihrer Grundversorgungsaufgabe gerecht zu werden. Demzufolge sei eine Einspeisung ihrer Programme in das Kabelnetz zwingend notwendig, da hierüber etwa 50% der Haushalte versorgt würden. Mit Rücksicht darauf entspreche die Verbreitung ihrer Programme über das Kabelnetz der Klägerinnen auch dem eigenen Interesse der Beklagten, die allein durch die von den Klägerinnen vermittelte Reichweite gut 191 Mio. € jährlicher Werbeeinnahmen erzielten.
24Mit ihrer Übereinkunft, ab 2013 hierfür keine Einspeiseentgelte mehr zu entrichten und hierzu den Kooperationsvertrag zu kündigen, hätten die Beklagten eine horizontale Vereinbarung über Einkaufskonditionen in Sinne von § 1 GWB getroffen und zudem gegen das Boykottverbot des § 21 GWB verstoßen. Denn das Verhalten der Beklagten bezwecke und bewirke eine Beschränkung des horizontalen Wettbewerbsverhältnisses auf dem langjährig anerkannten Nachfragemarkt für Einspeisedienstleistungen. Hierbei handele es sich um eine spürbare Einschränkung der unternehmerischen Tätigkeit auf Seiten der Klägerinnen, da die mehr als 21 TV- und 66 Radio-Programme der Beklagten etwa 20 % der für Rundfunk zur Verfügung stehenden Kapazitäten in den Netzen der Klägerinnen beanspruchten und gemeinsam einen Anteil von jeweils über 40 % am TV-Zuschauermarkt ausmachten. Der Kartellrechtsverstoß entfalte Wirkung über die Zeit etwaiger formaler Beendigung hinaus, da er nicht lediglich die Kündigung des Kooperationsvertrages, sondern darüber hinaus ein künftiges Verhalten zum Gegenstand gehabt habe und durch die KEF-Anmeldungen manifestiert worden sei. Zudem hätten die Beklagten durch ihr weiteres Verhalten gezeigt, dass sie an ihrer Übereinkunft festhielten. Jedenfalls fehle es an einer Darlegung unbeeinflusst durch die Kartellabsprache zustandegekommener Gremienbeschlüsse.
25Zu Unrecht beriefen die Beklagten sich zur Rechtfertigung ihrer Abstimmung auf deren Notwendigkeit nach rundfunkrechtlichen Vorschriften, welche allenfalls die Gemeinschaftsprogramme beträfen. Ebensowenig seien die Klägerinnen auf der Grundlage der gesetzlichen "Must-Carry"-Verpflichtung derart in die Pflicht zu nehmen, dass sie die Übertragung der Gemeinschaftsprogramme kostenlos zu erbringen hätten. Vielmehr sei der Gesetzgeber in § 52 d RStV davon ausgegangen, dass eine Entgeltregelung zwischen Kabelnetzbetreiber und Sender entsprechend der Üblichkeit getroffen werde, anderenfalls die Bestimmung verfassungsrechtlich zu beanstanden sei. Die Parteien unterlägen vielmehr einem wechselseitigen Kontrahierungszwang, wobei das Kabelbelegungsregime keine Unentgeltlichkeit der Durchleitung bedinge. Von der Entgeltlichkeit der in Anspruch genommenen Einspeisedienstleistungen seien die Beklagten auch nicht durch ihre Verpflichtung zur Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit und sonstige Vorschriften zur Rundfunkfinanzierung entbunden, zumal im Rahmen der Ermessensentscheidung die deutlich höheren Kosten der übrigen Verbreitungswege, namentlich diejenigen der Plattformbetreiber Terrestrik und Satellit, zu berücksichtigen seien. Hierdurch würden die Beitragszahler deutlich mehr belastet, als durch die Einspeisevergütungen, zumal die Kunden der Klägerinnen für ihren Kabelanschluss ohnehin schon Entgelte zu entrichten hätten und nicht zusätzlich noch durch die Beitragszahlungen zur Quersubventionierung der übrigen Übertragungswege herangezogen werden dürften.
26Die Klägerinnen sind der Auffassung, dass die Kündigung des Kooperationsvertrages und die Weigerung der Beklagten, ihre Dienstleistungen angemessen zu vergüten, jedenfalls als Verstoß der Beklagten gegen die Missbrauchs- und Diskriminierungsverbote der §§ 19 und 20 GWB zu erachten seien.
27Die Beklagten nähmen auf dem relevanten Einspeisungsmarkt als (Nachfrage-) Oligopol eine marktbeherrschende Position ein, soweit die Klägerinnen gesetzlich verpflichtet seien, "Must-Carry"-Kapazitäten für die Beklagten freizuhalten. Aufgrund des von den Beklagten an den Tag gelegten Verhaltens bestehe unter ihnen auch kein relevanter Wettbewerb, mit der Folge, dass sie in ihrer Gesamtheit im Verhältnis zu ihren Wettbewerbern eine überragende Marktstellung einnähmen. Aufgrund ihrer Sonderstellung als beitragsfinanzierte Programmveranstalter seien ihre Angebote für die Kabelnetzbetreiber zudem von wesentlicher Bedeutung, um im Wettbewerb konkurrenzfähig zu sein.
28Diese Position nutzten die Beklagten missbräuchlich aus, indem sie einerseits den entgeltlichen Einspeisevertrag mit den Klägerinnen kündigten, andererseits aber darauf spekulierten, dieselben Übertragungsleistungen der Klägerinnen wegen der eigenen klägerseitigen "Must-Carry"-Verpflichtung nunmehr unentgeltlich in Anspruch nehmen zu können, obgleich die Zahlung von Einspeiseentgelten auch bei einer Vergleichsmarktbetrachtung üblich sei. Hinzu komme ein erheblicher wirtschaftlicher Vorteil der Beklagten durch die Weiterleitung ihrer Programmsignale, da sie gut 191 Mio. € jährliche Werbeeinnahmen erzielten, welche auf die von den Klägerinnen vermittelte Reichweite der beklagtenseitigen Programme entfielen. Andererseits könnten die Klägerinnen die Programme der Beklagten nicht vermarkten, da eine Verschlüsselung nicht erlaubt sei, und müssten ihrerseits Urheberrechtsentgelte in – unstreitiger – Höhe von circa 2,8 Mio. € an die Beklagten entrichten.
29Es sei ferner diskriminierend, dass die Beklagten nur den Klägerinnen kein Entgelt zahlten, während die Übertragung per Satellit und Terrestrik nach wie vor vergütet werde. Bei der Übertragung per Kabelnetz, Satellit und Terrestrik werde derselbe Bedarf abgedeckt, nämlich die Signalübertragungsleistung. Für eine ungleiche Behandlung gebe es keinen sachlichen Grund. Dass die Klägerinnen im Gegensatz zu anderen Plattformbetreibern Endkundenbeziehungen und damit verbunden andere Einnahmemöglichkeiten hätten, begründe keine sachliche Differenzierung. Denn dies liefe auf eine Abschöpfung fremder Leistungen hinaus, da die Klägerinnen allein aufgrund eigener Anstrengungen im Verhältnis zu Dritten Entgelte erzielten.
30Ihren Hilfsantrag stützen die Klägerinnen schließlich auf einen Kontrahierungszwang, welchem die Beklagten schon aufgrund ihrer Must-Carry-Verpflichtung unterlägen. Diese seien gehalten, einen Vertrag mit den Klägerinnen zu angemessenen, marktüblichen Konditionen zu schließen, wie sie in den Standardverträgen enthalten seien. Solche Konditionen würden von allen Programmveranstaltern in Deutschland als Vertragsinhalt oder jedenfalls als Grundlage zielorientierter Verhandlungen akzeptiert. Hilfsweise seien die Konditionen durch das Gericht zu fixieren.
31Die Klägerinnen haben im Wege des Urkundenprozesses zunächst angekündigt, zu beantragen,
321. die Beklagten zu verurteilen, an die Klägerinnen als Gesamtgläubigerinnen zum 15.02.2013 folgende Beträge jeweils zuzüglich gesetzlicher Mehrwertsteuer zu zahlen: die Beklagten zu 1. bis 10. (gesamtschuldnerisch): 12.338.000,00 €; die Beklagte zu 11.: 2.800.000,00 €; die Beklagte zu 12.: 260.000,00 €; und die Beklagte zu 13.: 600.000,00 €, Zug um Zug gegen Einspeisung der Programme der Beklagten nach Maßgabe von Art. 3 und 4 in Verbindung mit Anlage 2 und 3 Ziff. 2. und 3. des Kooperationsvertrages über die Verbreitung von öffentlich rechtlichen Angeboten vom 07.04.2008 (Anlage K 1);
332. die Beklagte zu 13. zu verurteilen, an die Klägerin zu 1. weitere 315.000,00 € sowie an die Klägerin zu 2. weitere 105.000,00 € zum 15.02.2013 jeweils zuzüglich der gesetzlichen Mehrwertsteuer zu zahlen, Zug um Zug gegen Einspeisung ihrer Programme nach den Maßgaben in § 1 der undatierten "Ergänzungsvereinbarung vom Kooperationsvertrag über die Verbreitung von öffentlich-rechtlichen Angeboten vom 07.04.2008" (Anlage K 2) und § 1 der "Zweiten Ergänzungsvereinbarung zum Kooperationsvertrag über die Verbreitung von öffentlich-rechtlichen Angeboten vom 07.04.2008)" zwischen den Klägerinnen und der Beklagten zu 13. sowie der ARTE G.E.I.E. vom 07.05.2010 (Anlage K 3);
343. die Beklagte zu 10. zu verurteilen, an die Klägerin zum 1. zum 15.02.2013 weitere 588.000,00 € zuzüglich der gesetzlichen Mehrwertsteuer zu zahlen, Zug um Zug gegen Einspeisung ihrer Programme nach Maßgabe des § 1 der Vereinbarung über die regionalrichtige digitale Verbreitung von WDR Fernsehen in den Kabelnetzen von Z in NRW (Anlage K 4).
35Mit Schriftsatz vom 02.05.2013 haben die Klägerinnen sodann unter Erklärung einer teilweisen Hauptsacheerledigung im Hinblick auf ihre getrennte Rechnungsstellung ihren Antrag zu 1. umgestellt und beantragt,
36a) die Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin zu 1. folgende Beträge jeweils zuzüglich gesetzlicher Mehrwertsteuer zu zahlen: die Beklagten zu 1. bis 10. (gesamtschuldnerisch): 9.130.120,00 €; die Beklagte zu 11.: 2.370.480,00 €; die Beklagte zu 12.: 192.400,00 €; und die Beklagte zu 13.: 444.000,00 €, Zug um Zug gegen Einspeisung der Programme der Beklagten nach Maßgabe von Art. 3 und 4 in Verbindung mit Anlage 2 und 3 Ziff. 2. und 3. des Kooperationsvertrages über die Verbreitung von öffentlich rechtlichen Angeboten vom 07.04.2008 (Anlage K 1);
37b) die Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin zu 2. folgende Beträge jeweils zuzüglich gesetzlicher Mehrwertsteuer zu zahlen: die Beklagten zu 1. bis 10. (gesamtschuldnerisch): 3.207.880,00 €; die Beklagte zu 11.: 728.520,00 €; die Beklagte zu 12.: 67.600,00 €; und die Beklagte zu 13.: 156.000,00 €, Zug um Zug gegen Einspeisung der Programme der Beklagten nach Maßgabe von Art. 3 und 4 in Verbindung mit Anlage 2 und 3 Ziff. 2. und 3. des Kooperationsvertrages über die Verbreitung von öffentlich rechtlichen Angeboten vom 07.04.2008 (Anlage K 1).
38Auf Hinweis der Kammer in der mündlichen Verhandlung vom 17.05.2013 haben die Klägerinnen vom Urkundenprozess Abstand genommen und in Bezug auf ihre Zahlungsanträge zu 1. bis 3. hilfsweise beantragt,
394. die Beklagte zu verurteilen, das Angebot der Klägerinnen anzunehmen, für die Zeit ab dem 01.01.2013 über die analoge und digitale Verbreitung jedes einzelnen der in der Anlage 2 und 3 des Kooperationsvertrages (Anlage K 1) aufgeführten Programme mit Ausnahme der Programme Bayerisches Fernsehen, Hessischer Rundfunk Fernsehen, MDR Fernsehen, SWR Fernsehen, NDR Fernsehen, Erstes Deutsches Fernsehen ("DasErste"/"ARD"), WDR Fernsehen, Zweites Deutsches Fernsehen ("ZDF") jeweils einen Vertrag
40a) zu den Konditionen des Standardvertrags der Klägerinnen beigefügt als Anlage K 55 zu schließen,
41höchst hilfsweise,
42b) zudem vom Gericht festzusetzenden angemessenen Konditionen zu schließen.
43Die Beklagten beantragen,
44die Klage abzuweisen.
45Die Klage sei bereits unzulässig, da die Klägerinnen keinen Versuch unternommen hätten, entsprechend der in Art. 18 Abs. 6 des Kooperationsvertrages enthaltenen Güteklausel vor Klageerhebung eine Einigung herbeizuführen. Jedenfalls sei die gegen die Beklagte zu 1. gerichtete Klage unzulässig, weil es der Beklagten zu 1. an eigener Rechtspersönlichkeit fehle und sie deswegen auch nicht partiell parteifähig sei.
46Die Beklagten sind der Auffassung, den Kooperationsvertrag wirksam gekündigt zu haben, da dies schon aufgrund der vorgegebenen vertraglichen Struktur allein durch gemeinschaftliche Erklärung sämtlicher Beklagter möglich gewesen sei, mit der Folge, dass die Klägerinnen hieraus für ihre kartellrechtlichen Erwägungen nichts herleiten könnten. Unabhängig davon habe es einer Kündigung ohnehin nicht bedurft, da - die Rechtsauffassung der Klägerinnen unterstellt - bereits der Abschluss des Kooperationsvertrages gemäß § 1 GWB in Verbindung mit § 134 BGB nichtig gewesen sei. Jedenfalls sei die Kündigung Vorbedingung für die vom Bundeskartellamt geforderten autonomen Verhandlungen gewesen; solange die Beklagten in einem Kooperationsvertrag untereinander und mit den Klägerinnen gebunden gewesen seien, hätten sie weder unabhängig voneinander agieren noch mit den Klägerinnen frei verhandeln können.
47Nach Ansicht der Beklagten liegt auch in ihrem übrigen Verhalten anlässlich und nach der Kündigung des Kooperationsvertrages keine Kartellrechtswidrigkeit, das die Verhandlungen mit den Klägerinnen unabhängig voneinander geführt worden, allerdings letztlich daran gescheitert seien, dass beide Seiten auch unter dem Eindruck der schwebenden Rechtsstreite jeweils ihre eigenen Standpunkte in rechtlicher Hinsicht vertreten hätten. Unabhängig davon sei DLR – ebenso wie ARTE – schon gar nicht an dem Verfahren des Bundeskartellamts beteiligt gewesen und habe durch ihre unabhängige Kündigung des Kooperationsvertrages ersichtlich eigenständig gehandelt. ARTE könne zudem das Konzernprivileg für sich in Anspruch nehmen.
48Unabhängig davon seien die Beklagten ohnehin keine Adressaten der klägerseits ins Feld geführten kartellrechtlichen Bestimmungen. Aufgrund der jüngsten Marktentwicklungen bestehe jedenfalls mit Beendigung des Kooperationsvertrages keine Nachfrage der Beklagten (mehr) auf dem Einspeisemarkt. Die Funktion der Einspeiseentgelte habe ursprünglich in der finanziellen Unterstützung für den Aufbau einer flächendeckenden Breitbandkabelinfrastruktur bestanden. Mittlerweile hätten sich die technischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen allerdings derart verändert, dass die Zahlung von Entgelten nicht mehr zu rechtfertigen sei. Diese Entwicklung habe sich 2008 schon angedeutet und in der Präambel des Kooperationsvertrages ihren Niederschlag gefunden. Einerseits gebe es im digitalen Zeitalter keine Knappheitssituation mehr; zum anderen gelinge es einer Vielzahl von Netzbetreibern (über 350) erfolgreich, Programmsignale gegenüber Wohnungswirtschaft und Haushalten zu vermarkten, ohne zusätzlich Einspeiseentgelte von Rundfunkveranstaltern zu erhalten. Auch die Klägerinnen hätten seit der Einstellung der Entgeltzahlung durch die Beklagten keine spürbaren Einbrüche in ihrer Ertragssituation verzeichnet.
49Die Beklagten sind der Ansicht, dass die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten ihren gesetzlichen Grundversorgungsauftrag bereits ausreichend erfüllen, indem sie ihre Programme primär per Satellit und Terrestrik an die Allgemeinheit aussendeten. Eine Pflicht, ihre Programme auch über das Breitbandkabelnetz zu verbreiten, besteht ihrer Ansicht nach nicht. Dies gelte insbesondere im Bereich der Hörfunkprogramme ohnehin deswegen, weil aufgrund der flächendeckenden Versorgung mit Satellit und Terrestrik Austauschbarkeit bestehe. Durch die Weiterleitung der Signale erfüllten die Klägerinnen vielmehr ausschließlich ihre eigene gesetzliche Pflicht im Rahmen des "Must-Carry"-Regimes bzw. zur Förderung ihrer eigenen wirtschaftlichen Interessen, um Produkte bei Haushalten, Wohnungswirtschaft und nachgelagerten Netzbetreibern besser vermarkten zu können. Wie sehr die Klägerinnen ihre Vermarktungsstrategie verfolgten, zeige sich daran, dass sie sogar überflüssigerweise an der analogen Rundfunkverbreitung festhielten und hierzu das von der Beklagten nur noch digital zur Verfügung stellte Signal "reanalogisierten".
50Für dieses von den Klägerinnen unter Einbeziehung weiterer Dienstleistungen betriebene Vermarktungsmodell lieferten die Beklagten mit ihren Programmen wertvolle Vorprodukte. Die Beklagten ihrerseits seien hierzu aufgrund ihres Grundversorgungsauftrags verpflichtet, so dass sich die Konstellation eines beiderseits zu Gunsten der Meinungsvielfalt gesetzlich angeordneten Ausschlusses der üblichen Kräfte des Wettbewerbs ergebe. Einerseits seien die Klägerinnen gezwungen, aus ihrem Angebot – begrenzte – Kapazitäten für die Übermittlung der "Must-Carry"-Programme auszuklammern, andererseits seien die Beklagten zu einer unter Wettbewerbern unüblichen unentgeltlichen Lieferung eines Vorprodukts verpflichtet. Unter Berücksichtigung dieser Maßgaben sei die Verpflichtung der Klägerinnen zur gegebenenfalls unentgeltlichen Einspeisung der von den Beklagten zu Verfügung gestellten Programmsignale auch verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Ebensowenig falle hierbei die der Höhe nach zu vernachlässigende urheberrechtliche Vergütung durch die Klägerinnen maßgeblich ins Gewicht.
51Selbst wenn davon ausgegangen werde, dass die Beklagten Einspeisedienstleistungen der Klägerinnen nachfragten, so fehle es im Hinblick auf den Marktanteil der Beklagten an einer zumindest marktstarken Stellung, und zwar selbst dann, wenn sie entsprechend dem – unzutreffenden – Vorbringen der Klägerinnen als Oligopol zu begreifen wären. Denn hierzu sei allein auf die beklagtenseits in Anspruch genommenen Kapazitäten im Breitbandkabelnetz der Klägerinnen abzustellen. Auf den – bestrittenen – TV-Zuschauermarktanteil komme es nicht an, da dieser den Klägerinnen allenfalls ein Recht gegen die Beklagten auf freien Zugang zu deren Programmsignalen einräume, welchem die Beklagten unzweifelhaft Rechnung trügen, allerdings keinen Anspruch darauf, zusätzlich eine Einspeisevergütung zu erhalten. Schließlich bestehe eine Gegenmarktmacht der Klägerinnen als oligopolistische Anbieterinnen auf dem Einspeisemarkt. Dies zeige sich unter anderem daran, dass die Klägerinnen ganz unterschiedliche Vertrags- und Vergütungskonstruktionen verwende. Damit spiele sie ihrerseits ihre Marktmacht aus. Häufig würden Einspeiseentgelte – soweit sie überhaupt noch gezahlt würden – durch gegenläufige Zahlungsströme kompensiert, etwa bei den Programmen der großen Sendergruppen ProSiebenSat1 und RTL. Seit Januar 2010 verbreite die Klägerinnen auch die digitalen HD-Signale der Programme „Das Erste“, ZDF und ARTE, ohne hierfür von den Anstalten ein Entgelt zu verlangen.
52Demzufolge liege auch kein Verstoß gegen Missbrauchs- und Diskriminierungsverbote der §§ 19 und 20 GWB vor. Es fehle bereits an einem einheitlichen Signallieferungsmarkt. Unabhängig davon liege keine unsachgemäße Differenzierung vor, da die Situation bei der Übertragung per Satellit oder Terrestrik mit der leitungsgebundenen Übertragung durch Kabelnetze nicht vergleichbar sei. Diese Plattformanbieter hätten keine Möglichkeit, eigene Produkte auf dem Endkundenmarkt gewinnbringend anzubieten. Aufgrund ihrer zwangsläufig unverschlüsselten Verbreitung der Programmesignale fehle es an einer Endkundenbeziehung und damit an einer Möglichkeit, die Signale als Vorprodukt zur Vermarktung eigener Produkte nutzbringend zu verwerten. Ihre Leistung sei rein technischer Natur, weshalb sie auch keine Urheberrechtsvergütungen zu erbringen hätten. Unter dem Aspekt der Wirtschaftlichkeit, welchem die Beklagten verpflichtet seien, könnten die Klägerinnen die von ihr verlangten Endkundenentgelte keineswegs ausblenden. Diese Strukturen durch eine finanzielle Subventionierung der Kabelverbreitung zu manifestieren, sei nicht Sache der Beklagten.
53Ohne Erfolg führten die Klägerinnen eine Vergleichsmarktbetrachtung unter Einbeziehung des europäischen Auslands durch, denn auch dort würden gerade keine Einspeiseentgelte gezahlt.
54Bezüglich der Hilfsanträge sei schließlich schon der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten nicht eröffnet, weil die Klägerinnen über die gesetzliche "Must-Carry"-Regelung dem Staat gegenüber verpflichtet seien. Damit liege jedenfalls den Beklagten gegenüber kein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis vor.
55Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die zu den Akten gereichten Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie auf das Sitzungsprotokoll vom 17.05.2013 Bezug genommen.
56Die Kammer hat durch Verfügung der Vorsitzenden vom 11.02.2014 Hinweise erteilt, wegen deren Einzelheiten auf den Verfügungsinhalt verwiesen wird.
57E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
58A. Hauptanträge
59Mit ihren Hauptanträgen haben die Klägerinnen insgesamt keinen Erfolg.
60I.
61Die Klage ist, soweit sie sich gegen die Beklagte zu 1. (ARD) richtet, unabhängig von etwaigen Zweifeln an der Zulässigkeit des Begehrens im Hinblick auf die fragliche Parteifähigkeit der Beklagten zu 1. (dazu OLG Düsseldorf, Urteil vom 21.05.2014, Aktenzeichen VI-U (Kart) 16/13, Juris Rn. 40) jedenfalls unbegründet. Denn die Klägerinnen können aus dem Kooperationsvertrag vom 07.04.2008 gegen die Beklagte zu 1. schon deswegen keine Ansprüche herleiten, weil die ARD nicht Partei des Vertrages geworden ist. Ausweislich des Rubrums und der Unterschriften wurde dieser lediglich von den in der ARD zusammengeschlossenen Landesrundfunkanstalten sowie ZDF, DLR und ARTE mit den Klägerinnen abgeschlossen.
62Ebensowenig können die Klägerinnen aus der Kündigung des Kooperationsvertrages sowie aus hieran gegebenenfalls anknüpfenden kartellrechtlichen Erwägungen gegen die Beklagte zu 1. vorgehen, da nicht ersichtlich ist, worin ihr Interesse besteht, neben den in der ARD zusammengeschlossenen Landesrundfunkanstalten zusätzlich die ARD selbst - sollte diese zumindest teilrechtsfähig sein - in die Pflicht zu nehmen. Aus diesem Grunde vermögen sie auch aus etwaigem Verhalten der ARD im Zusammenhang mit der Kündigung des Kooperationsvertrages und den nachfolgenden Entwicklungen keine Ansprüche gegen die Beklagte zu 1. auf Zahlung von Einspeiseentgelten herzuleiten.
63II.
64Zulässigkeitsbedenken an dem gegen die übrigen Beklagten gerichteten Klagebegehren im Hinblick auf die Güteklausel in Art. 18 Abs. 6 des Kooperationsvertrages können gleichermaßen dahinstehen, da auch insoweit die Klage unbegründet ist.
65Den Klägerinnen stehen die auf der Grundlage des Kooperationsvertrages vom 07.04.2008 gegen die Beklagten zu 2. bis 13. geltend gemachten Forderungen nicht zu, da der Vertrag durch die Kündigungen zum 31.12.2012 wirksam beendet worden ist und auch kein Schadensersatzanspruch gemäß § 33 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 GWB, gerichtet auf Beseitigung des kartellrechtswidrigen Zustands, also gemäß §§ 33 Abs. 3 GWB, 249 BGB auf Wiederherstellung des Vertragsverhältnisses, besteht.
661.
67Die Kündigungserklärungen der Beklagten zu 2. bis 13. sind entgegen der Auffassung der Klägerinnen nicht bereits deswegen unbeachtlich, weil die Rundfunkanstalten rechtlich dem Grunde nach verpflichtet wären, auch nach dem 31.12.2012 die Einspeisung ihrer Programmsignale in das Kabelnetz der Klägerinnen als entgeltliche technische Dienstleistung nachzufragen.
68Tatsächlich findet eine solche Nachfrage nach Ausspruch der +Kündigungserklärungen durch die Beklagten nicht mehr statt. Dies gilt auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass sich die Beklagten zu 4. und 10. nach Bekanntgabe der von den Klägerinnen in Aussicht gestellten Ausspeisungsentscheidungen mit Schreiben vom 04.10.2012 an die Landesmedienanstalten gewandt und diese darum ersucht haben, gegenüber den Klägerinnen die Erfüllung ihrer "Must-Carry"-Verpflichtungen durchzusetzen. Hierin liegt keine Nachfrage, sondern lediglich die Einforderung der nach Ansicht der Beklagten klägerseits zu erfüllenden gesetzlichen Verpflichtung. Nichts anderes ergibt sich aus den von den Klägerinnen als Anlagen K 124 bis 126 vorgelegten Schreiben einiger Beklagter, in denen jeweils zum Ausdruck gebracht wurde, dass die Erfüllung der "Must-Carry"-Verpflichtungen erwartet und im übrigen, soweit keine Einspeiseverpflichtung besteht, die Entscheidung der Klägerinnen hingenommen werde, wenngleich, was den Beklagten unbenommen war, die betroffenen Bevölkerungskreise auf alternative Empfangsmöglichkeiten hingewiesen würden. Dies zeigt, dass die Beklagten gerade nicht beabsichtigten, aus der Androhung der Ausspeisung Konsequenzen in Form entsprechender Nachfrage bei den Klägerinnen zu ziehen, sondern alternative Lösungsmöglichkeiten in Betracht zogen.
69Es besteht auch keine Verpflichtung der Beklagten, die Einspeisedienstleistungen der Klägerinnen nachzufragen. Dies hat das OLG Düsseldorf in seinem Urteil vom 21.05.2014 (Juris Rn. 44 ff.) mit eingehender Begründung, welcher die Kammer folgt, abgelehnt.
70a)
71Nach den Ausführungen des OLG Düsseldorf im vorgenannten Urteil, wegen deren Einzelheiten zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Urteilsgründe Bezug genommen wird, hat der deutsche Gesetzgeber von der ihm gemäß Art. 31 Abs. 1 der Richtlinie 2002/22/EG - Universaldienstrichtlinie (UDRL) - eröffneten Möglichkeit Gebrauch gemacht, Kabelnetzbetreibern Übertragungspflichten aufzuerlegen. In Bezug auf die digitale Rundfunkverbreitung ergibt sich diese "Must-Carry"-Verpflichtung aus § 52 b des Rundfunkstaatsvertrags (RStV), wonach die Kabelnetzbetreiber bis zu einem Drittel ihrer Kabelbelegungskapazitäten für die Übermittlung der Signale des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zur Verfügung zu stellen haben.
72Eine gemäß Art. 31 Abs. 2 UDRL gestattete Festlegung eines angemessenen Entgelts im Falle der Überwälzung solcher Verpflichtungen findet sich im deutschen Recht dagegen nicht.
73aa)
74Insbesondere kann ein solcher Entgeltanspruch nicht aus der Regelung in § 52 d RStV hergeleitet werden, da sich diese Vorschrift in ihrer Intention ausschließlich an die Kabelnetzbetreiber selbst richtet und diesen zum Schutz der Rundfunkanbieter bei etwaiger Erhebung von Einspeiseentgelten Restriktionen auferlegt. Hieraus eine gegenläufige Verpflichtung der Rundfunkanstalten zur Entrichtung von Einspeiseentgelten herzuleiten, entbehrt somit bereits ausreichender Grundlage in Wortlaut und Zweck der Bestimmung.
75Abweichendes lässt sich entgegen der Auffassung der Klägerinnen auch nicht aus der Genese des § 52 d RStV, insbesondere der diesbezüglichen Begründung zum 10. Rundfunkänderungsstaatsvertrag (RÄndStV) herleiten. Wenn darin ausgeführt wird, dass "der Inhalt des Verbreitungsvertrages, insbesondere das zu zahlende Entgelt … wesentliche Grundlage für die tatsächliche Einspeisung eines Programms und daher entscheidender Faktor für die vielfältige Belegung der Plattform" ist, so ergibt sich nicht nur hieraus, sondern auch aus dem weiteren Kontext dieser Ausführungen, dass diese gleichermaßen allein den Schutz der Sender und keine Ansprüche der Kabelnetzbetreiber im Blick haben. Entgegen der klägerischen Darstellung wird damit weder der Vertragsschluss als solcher noch die Erhebung eines Entgelts als notwendige Voraussetzung für die Einspeisung und vielfältige Belegung der Plattform postuliert; vielmehr verdeutlicht die Begründung damit nur, dass die Konditionen eines Verbreitungsvertrages eine Schlüsselfunktion für die effiziente Einspeisung und Plattformbelebung einnehmen. Deswegen sind diese Bedingungen entsprechend der Zielrichtung des § 52 d RStV so zu gestalten, dass, wie in der Begründung weiter erörtert, eine unbillige Behinderung oder Diskriminierung von Programmanbietern durch Entgelte und Tarife verhindert wird. Auch die Begründung zum 10. RÄndStV hat damit lediglich die Ausgestaltung eines etwaigen Verbreitungsvertrages in den Blick genommen, hiermit jedoch keine Aussage dazu getroffen, ob überhaupt die Notwendigkeit für den Abschluss eines solchen Vertrages nebst Festlegung von Einspeiseentgelten besteht. Selbst wenn davon ausgegangen würde, dass der Vertragsschluss als Prämisse gesehen wurde, so lediglich im Sinne einer faktischen Annahme und nicht als zwingende Voraussetzung für die Einspeisung. Schon gar nicht findet sich darin ein solches Postulat zu Gunsten der Erhebung eines Einspeiseentgelts. Entgelte und Tarife werden in den Ausführungen der Begründung lediglich als potentielle Hindernisse der Einspeisung und nicht als Vehikel zu deren Gewährleistung begriffen.
76bb)
77Wie das Oberlandesgericht Düsseldorf in seiner Entscheidung vom 21.05.2014 (Juris Rn. 51 f.) ferner eingehend ausgeführt hat, kann bei dieser Sachlage auch kein Einspeiseentgeltanspruch aus einer Analogie zu § 5 Abs. 7 RStV abgeleitet werden, weil es bereits an einer planwidrigen Regelungslücke fehlt. Indem mit dieser Regelung bewusst verfassungsrechtlichen Bedenken durch die Festlegung einer Entgeltpflicht Rechnung getragen wurde, hat der Gesetzgeber bei der Abfassung des § 52 b und d RStV erkennbar hiervon abgesehen und lediglich Veranlassung gesehen, eine Entgeltkontrolle zu installieren, ohne jedoch zwingend eine Entgeltpflicht zu begründen.
78Die hieran klägerseits im Hinblick auf den Eigentumsschutz gemäß Art. 14 GG sowie die Berufsfreiheit gemäß Art. 12 GG erhobenen verfassungsrechtlichen Bedenken teilt die Kammer nicht. Die "Must-Carry"-Verpflichtung ist als Ausfluss der Sozialpflichtigkeit des Eigentums grundsätzlich entschädigungslos hinzunehmen. Aufgrund der Festlegung eines maximalen Umfangs der bereitzuhaltenden Kapazitäten bewegt sich die Einschränkung der Klägerinnen in ihrer Kabelbelegungsentscheidung noch in einem angemessenen Rahmen. Die Klägerinnen haben auch nicht vorgetragen, dass sie durch die Kabelbelegung zur Übertragung der Programme aus dem "Must-Carry"-Segment in ihren übrigen Kabelbelegungsmöglichkeiten nachhaltig beeinträchtigt würden. Angesichts von über 300 Programmen, die sie einspeist, davon 267 TV-Programmen, ist dergleichen auch nicht ersichtlich.
79Zudem wird den Klägerinnen im Gegenzug zur Reservierung ihrer Kabelkapazitäten ein werthaltiges Surrogat zur Verfügung gestellt, indem sie die Programmsignale - abgesehen von der zu entrichtenden Urheberrechtsvergütung - kostenlos zur Verfügung gestellt bekommen und hierdurch die Möglichkeit erhalten, diese im Rahmen ihres Gesamtangebots gewinnbringend zu vermarkten. Die Klägerinnen haben diesen Wert - jedenfalls noch in der Klageschrift, Rn. 122 ff. - auch anerkannt, indem sie - wenngleich in anderem Zusammenhang - geltend gemacht haben, die Vorenthaltung der Programme würde bei einem hierdurch auf dem TV-Zuschauer Markt erzielten Anteil von 40 % die Klägerinnen in ihrer unternehmerischen Tätigkeit spürbar beeinträchtigen.
80Soweit die Klägerinnen im Laufe des Rechtsstreits, zuletzt in ihrem Schriftsatz vom 30.09.2014, insbesondere Rn. 140 ff., insoweit andere Behauptungen aufgestellt und anhand der Einschaltquoten ein überschaubares Interesse ihrer Kunden an den Programminhalten der Beklagten vorgetragen haben, ist dies nicht nur widersprüchlich; es wird auch durch das hierzu vorgelegte Zahlenwerk widerlegt. So haben die Einschaltquoten nicht nur im Juli 2014 wegen der Übertragung der Fußball-Weltmeisterschaft in einem zweistelligen Bereich gelegen. Hierbei handelt es sich zudem um einen Umfang, der bei einem Verhältnis von 21 öffentlich-rechtlichen zu insgesamt 267 klägerseits eingespeisten TV-Programmen durchaus beachtlich ist. Unabhängig davon ist der Wert, welchen die kostenlos zur Verfügung gestellten Programmsignale für die Klägerinnen haben, nicht allein an den Einschaltquoten zu messen. Vielmehr kommt es darauf an, dass die Klägerinnen ohne diese Programme kein Vollangebot zur Verfügung stellen können. Es ist jedoch anzunehmen, dass ein beachtlicher Teil ihrer Kundschaft, der durchaus über dem Anteil der Einschaltquoten liegen kann, Wert darauf legt, das Vollprogramm zu erhalten, sei es auch nur, um gelegentlich darauf zurückgreifen zu können.
81Hieraus wird deutlich, dass die Klägerinnen durch die Möglichkeit, die ihnen zur Verfügung gestellten Programmsignale zu vermarkten, für die Bereithaltung der hierzu notwendigen - nicht annähernd dem zunächst behaupteten Zuschauer-Anteil entsprechenden - Kapazitäten mindestens kompensiert werden. Mit Rücksicht auf eine solche im Ergebnis minimierte Eingriffsintensität der Inanspruchnahme der Klägerinnen durch Reservierung von begrenzten Kabelkapazitäten bedurfte es keiner über den Vorteil der Vermarktung hinausgehenden Zubilligung eines Einspeiseentgelts zum Ausgleich verfassungswidriger Nachteile. Hierdurch unterscheidet sich der vorliegende Fall auch von demjenigen, welcher der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 26.06.2013, Aktenzeichen 6 C 1.12, zugrundeliegt.
82Soweit die Klägerinnen darüber hinaus verfassungsrechtliche Bedenken unter dem Blickwinkel des Grundsatzes der Normenklarheit und Normenwahrheit sowie der Wesentlichkeit der Regelungen im RStV geltend machen, da einerseits für die Bereitstellung von Kabelkapazitäten im Rahmen der "Must-carry"-Verpflichtung kein Entgeltanspruch festgelegt werde, andererseits aber Vorschriften zur Ausgestaltung einer vertraglichen Entgeltbestimmung in § 52 d RStV zu finden seien, vermag die Kammer ihr ebenfalls nicht zu folgen. Einer grundsätzlichen Entscheidung des Gesetzgebers dazu, ob etwaige Verbreitungspflichten unentgeltlich oder entgeltlich zu erfüllen seien, bedurfte es auch unter diesem Gesichtspunkt nicht. Die Beschränkung der Vertragsfreiheit bezüglich der Festlegung von Tarifen und Entgelten für die Einspeisung von Programmsignalen zu Gunsten einer effizienten Gewährleistung der Programmvielfalt macht auch dann Sinn, wenn von einer Entgeltlichkeit beziehungsweise einer Verpflichtung zum Abschluss eines Verbreitungsvertrages nicht zwingend ausgegangen wird. § 52 d RStV beschränkt sich auf den Fall, dass Kabelnetzbetreiber und Sender ihre Beziehung auf eine vertragliche Grundlage stellen wollen; für den vertragslosen Zustand, welcher aufgrund der gesetzlich geregelten "Must-Carry"-Verpflichtung gleichermaßen möglich und ausreichend ist, wurde keine Regelung getroffen, da insoweit kein Bedürfnis bestand, Schutzbestimmungen für die Rundfunkunternehmen zu installieren. Damit hat der Gesetzgeber auch eine grundlegende Entscheidung bezüglich der Entgeltlichkeit getroffen.
83b)
84Die Kammer schließt sich den Ausführungen des OLG Düsseldorf in seinem Urteil vom 21.05.2014 (Juris Rn. 53 ff) auch insoweit an, als aus den Rechtsgedanken der §§ 138, 242 bzw. 826 BGB gleichermaßen kein Kontrahierungszwang mit der Konsequenz von Entgeltansprüchen für die Signaleinspeisung abgeleitet werden kann. Es fehlt bereits an der für die Vertragsabschlusspflicht notwendigen Voraussetzung, dass die Sendeunternehmen bei der vom Kabelnetzbetreiber durchgeführten Einspeisung von Programmsignalen eine Leistung entgegennehmen, die billigerweise nur gegen Vergütung verlangt werden kann.
85aa)
86Schon unter Berücksichtigung der rundfunkrechtlichen Rahmenbedingungen der Einspeisung von Signalen öffentlich-rechtlicher Programmveranstalter ist dies nicht der Fall, selbst wenn davon ausgegangen wird, dass es ermessensfehlerhaft wäre, bei der Wahl der geeigneten Übertragungswege zur Erfüllung der in § 11 RStV niedergelegten Verpflichtung der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten zur Herstellung und Verbreitung ihrer Angebote die Einspeisung in das Kabelnetz auszuklammern. Dies bedeutet indes nicht, dass die Beklagten im Rahmen ihres Grundversorgungsauftrags verpflichtet wären, den Übertragungsweg der Übermittlung über die Kabelnetze zum Nachteil anderer und neuer Technologien zu manifestieren oder aktiv durch den Abschluss von Einspeiseverträgen zu unterstützen.
87So ist es entsprechend den vom OLG Düsseldorf im vorgenannten Urteil ausgeführten Überlegungen jedenfalls unter dem Gesichtspunkt, dass den Beklagten bei der Auswahl von Übertragungswegen gemäß § 11 RStV eine Ermessensausübung unter Wirtschaftlichkeits- und Sparsamkeitsgrundsätzen obliegt, nicht mehr angezeigt, Einspeiseverträge abzuschließen. Vielmehr können sich die öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten darauf beschränken, ihre Programmsignale ohne vertraglich ausgehandelte Einspeisungsverpflichtung den Kabelnetzbetreibern so zur Verfügung stellen, dass ihre Programmangebote auch den Kabelnetzkunden zugänglich sind. Dies wird dadurch gewährleistet, dass die Sender ihre Programmsignale ohne jede Verschlüsselung terrestrisch und insbesondere mittels Satellitenübertragung ausstrahlen beziehungsweise leitungsgebunden abgeben, womit die Kabelnetzbetreiber in die Lage versetzt werden, die Signale aufzunehmen und zur Weitersendung in ihre Netze einzuspeisen.
88Entgegen der Auffassung der Klägerinnen hat das OLG Düsseldorf hierzu im einzelnen nachvollziehbar ausgeführt, dass aufgrund der vorhandenen Struktur auf dem Markt der Kabeleinspeisung, welche die Beklagten pflichtgemäß bei ihrer Ermessensausübung zu berücksichtigen haben, jedenfalls seit dem Jahr 2013 von einer umfassenden, den Anforderungen an die grundrechtlich garantierten Informationsrechte hinlänglich Rechnung tragenden Versorgung der mit einem Kabelanschluss ausgestatteten Zuschauerhaushalte auszugehen ist, auch wenn keine Einspeiseverträge mit den Klägerinnen abgeschlossen werden.
89So liegt im vorliegenden Fall die Weitersendung der Programme des öffentlich-rechtlichen Rundfunks gleichermaßen im ureigenen wirtschaftlichen Interesse der Klägerinnen, da diese ihre Umsätze (mit bspw. 625 Mio. € im Jahr 2011, im Konzern sogar mit 924 Mio. €) in erster Linie aus den Entgelten ihrer Kunden für die auf den Netzebenen 3 und 4 betriebene Weitersendung von Rundfunkprogrammen und nicht aus den den Rundfunkveranstaltern abverlangten Transportentgelten von 26 Mio. € für die Einspeisung von Programmsignalen in ihre Kabelnetze erzielen. Unzweifelhaft besteht aufgrund der klägerseits selbst ins Feld geführten hohen Anteile der öffentlich-rechtlichen Programme am Zuschauermarkt sowie der weiteren, oben hierzu angeführten Gründe (Unverzichtbarkeit der öffentlich-rechtlichen Programme) auch keine realistische Möglichkeit der Kabelnetzbetreiber, ohne diese Programme ein wettbewerbsfähiges Produktangebot auf den Markt zu bringen.
90In Verbindung mit ihrer Verpflichtung aus § 52 b RStV, ihre Kabelnetzkapazitäten begrenzt und vorrangig u.a. dem Programmangebot des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zur Verfügung zu stellen, ergibt sich damit eine Situation, in welcher die Einspeisung der Programme, die dem Grundversorgungsbereich zugehören, durch die Klägerinnen sichergestellt ist, ohne dass die Beklagten über die unverschlüsselte Zurverfügungstellung ihrer Programmsignale hinaus Einspeisedienstleistungen nachfragen müssen. Hierzu sind die dann auch rechtlich nicht verpflichtet, da die Aufnahme gängiger Übertragungsformen in die Gewährleistung der Grundversorgung, wie sie in der klägerseits zitierten Rechtsprechung des BVerfG postuliert wird, nichts darüber besagt, wie die Grundversorgung insoweit von den Programmveranstaltern sicherzustellen sei. Dies liegt vielmehr in deren Ermessen und knüpft an die tatsächlichen Verhältnisse unter Berücksichtigung etwaiger Veränderungen durch die technische und wirtschaftliche Fortentwicklung an. Selbst wenn, wie die Klägerinnen annehmen, im gesetzlich geregelten "Kabelbelegungsregime" keine ausdrückliche Verpflichtung der Klägerinnen vorgesehen ist, über die Zurverfügungstellung von Kabelkapazitäten hinaus auch die Einspeisedienstleistung vorzunehmen, ergibt sich dies jedenfalls aus dem Kontext der übrigen rundfunkrechtlichen Bestimmungen, zu denen auch das Wirtschaftlichkeitsgebot zählt, welches an die vorbeschriebenen Strukturen anknüpft.
91bb)
92Zu Recht hat das OLG Düsseldorf in der vorgenannten Entscheidung auch darauf verwiesen, dass die Einspeisung der von den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten zur Verfügung gestellten Programmsignale nach dem Willen des Gesetzgebers im Interesse einer flächendeckenden Grundversorgung gerade nicht von der Zahlung eines Einspeiseentgelts abhängig gemacht worden ist (Juris Rn. 58 f.). Entgegen der von den Klägerinnen vertretenen Auffassung ist es demzufolge nicht die Verpflichtung der Beklagten, die Verbreitung ihrer Rundfunkprogramme durch den Abschluss von Verträgen unter anderem mit den Klägerinnen sicherzustellen. Dies gilt jedenfalls nicht für den "Must-Carry"-Bereich, in dem die Klägerinnen eine eigene gesetzliche Pflicht trifft, die Programme einzuspeisen. Weder bedarf es in solchen Fällen des zusätzlichen Abschlusses von Verträgen noch ist dies im Sinne einer Sicherstellung der Grundversorgung zweckmäßig.
93In der klägerseits postulierten Verpflichtung, Einspeisedienstleistungen auf vertraglicher Grundlage von den Klägerinnen in Anspruch zu nehmen, sieht die Kammer sogar ein Hindernis bei der Gewährleistung des ungehinderten Zugangs zu dem Programminhalten der Grundversorgung. Denn die zivilvertragliche Regelung der Einspeisung gegen Entgelt würde der darauf gegründeten Verpflichtung der Klägerinnen zur Vornahme der Einspeisedienstleistungen gegebenenfalls Grenzen setzen, die mit ihrer gesetzlichen "Must-Carry"-Verpflichtung nicht im Einklang stehen. Inwiefern eine vertragliche Basis für die Gewährleistung der Einspeisedienstleistungen eine stabilere rechtliche und tatsächliche Grundlage für die Verbreitung der öffentlich-rechtlichen Programme darstellen soll, obgleich hierdurch gegebenenfalls Zurückbehaltungsrechte begründet werden und Auslegungsfragen über den Umfang der Leistungen auftreten, haben die Klägerinnen nicht dargetan. Im Streitfall müsste letztlich auf die gesetzliche Regelung der "Must-Carry"-Verpflichtung zurückgegriffen werden; ein Vorteil zusätzlicher vertraglicher Regelung ist nicht ersichtlich.
94Soweit die Klägerinnen sich in diesem Zusammenhang darauf stützen, dass die Beklagte zu 13. im Verfahren vor dem OLG Karlsruhe vorgetragen habe, der "Must-Carry"-Status garantiere keineswegs, dass ein Programm auch tatsächlich eingespeist werde, beziehen sich diese Ausführungen erkennbar auf die faktische Situation der klägerseitigen Handhabung von "Must-Carry"-Programmen mit vermeintlich weniger populären Inhalten, wovon die Beklagte zu 13. in der Tat betroffen sein dürfte, da deren Programminhalte überwiegend nur einen geringeren, allerdings nicht zu vernachlässigenden Bevölkerungsteil ansprechen. Die rein tatsächliche Handhabung der Klägerinnen ohne ausreichende Beachtung der "Must-Carry"-Verpflichtung vermag indes keine Begründung dafür abzugeben, dass zu deren Vermeidung und entsprechenden Absicherung des "Must-Carry"-Status‘ zivilrechtliche Verträge abzuschließen seien.
95cc)
96Die Klägerinnen können sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass bei der Ermessensentscheidung gemäß § 19 RStV unter Beachtung des Wirtschaftlichkeits- und Sparsamkeitsgebot dem Abschluss von entgeltlichen Einspeiseverträgen mit den Klägerinnen jedenfalls deswegen der Vorzug gewähren sei, weil dies im Vergleich zur terrestrischen Verbreitung ihren Behauptungen entsprechend deutlich günstiger sei. Hierbei verkennen die Klägerinnen, dass es bei der den Beklagten obliegenden Ermessensentscheidung nicht darauf ankommt, welcher der Verbreitungswege günstiger ist, wenn einer von ihnen, nämlich die Einspeisung in das Kabelnetz, für die Beklagten kostenlos zu erlangen ist. Dies schließt zwar nicht aus, auch die Kosten der Terrestrik zu überprüfen, was nach dem Vorbringen der Klägerinnen in der Klageschrift beklagtenseits auch geschehen sein soll, jedoch können die Klägerinnen aus einer unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten gegebenenfalls verfehlten Entscheidung nicht herleiten, dass sie ihrerseits gleichermaßen verfehlt für ihre Einspeisedienstleistungen zu vergüten seien.
97Im übrigen haben die Klägerinnen nichts dazu vorgetragen, dass auf die Terrestrik vollständig verzichtet werden könnte, weil sie etwa zur Gewährleistung der Grundversorgung nicht erforderlich wäre. Dies gilt insbesondere unter Berücksichtigung der neuesten technischen Entwicklungen bei der terrestrischen Verbreitung von Einspeisevergütung.
98c)
99Ohne Einschränkung folgt die Kammer nicht zuletzt der Ansicht des Oberlandesgerichts Düsseldorf (Juris Rn. 61 ff.), dass die Rundfunkanstalten auch keine kartellrechtlich begründete Pflicht zur Nachfrage von Einspeisedienstleistungen der Klägerinnen trifft.
100aa)
101Die beklagten Sendeanstalten sind schon nicht Normadressaten des kartellrechtlichen Behinderungs- und Diskriminierungsverbots gemäß § 20 Abs. 1 bzw. Abs. 2 GWB a.F. (2005), da ihnen weder eine marktbeherrschende Stellung (§ 20 Abs. 1 GWB 2005) noch eine relative Marktmacht (§ 20 Abs. 2 GWB 2005) innewohnt.
102aaa)
103Sachlich relevant ist der Nachfragemarkt für Einspeisedienstleistungen von Programmsignalen in Breitbandkabelnetze, zu dem die Nachfrage der Sender nach einem Signaltransport per Satellit oder auf terrestrischem Weg schon deswegen nicht gerechnet werden kann, weil die Kabelnetzbetreiber eine solche Transportleistung überhaupt nicht anbieten. Eine weitergehende Fassung des sachlich relevanten Markts dahingehend, dass ein Markt der Plattformanbieter für die Verbreitung von Programmsignalen abgegrenzt würde, zu dem auch die Anbieter von Transportleistungen per Satellit oder auf terrestrischem Weg gehören würden, kommt mangels Austauschbarkeit dieser Leistungen nicht in Betracht.
104bbb)
105Bei der räumlichen Marktabgrenzung ist entsprechend den Ausführungen des Oberlandesgerichts Düsseldorf auf die Sicht der Anbieter abzustellen, so dass als potentielle Nachfrager alle Sender in Betracht kommen, die im Umfang freier Kapazitäten der Klägerinnen in deren Netz eingespeist werden könnten. Hiermit erfasst der Nachfragemarkt nicht nur das Bundesgebiet, sondern auch das europäische Ausland, weil die Klägerinnen unstreitig bereits aktuell auch Programme aus solchen Ländern in ihr Netz einspeisen.
106ccc)
107Für eine marktbeherrschende oder marktstarke Stellung der Rundfunkanstalten auf dem solchermaßen abgegrenzten Nachfragemarkt bestehen allerdings keine genügenden Anhaltspunkte, selbst wenn entsprechend der klägerseits vertretenen, allerdings nicht nachvollziehbar begründeten Auffassung davon ausgegangen würde, dass alle Beklagten in einem Oligopol miteinander verbunden sind. Auch dann ist mit Rücksicht auf den Umfang der für alle beklagten Anstalten insgesamt anfallenden technischen Einspeisedienstleistungen kein maßgebliches Nachfragemonopol feststellbar. Wird zur Bestimmung des Nachfragevolumens entsprechend den Ausführungen des Oberlandesgerichts Düsseldorf auf das Verhältnis zwischen der Anzahl der insgesamt eingespeisten Sender und dem Anteil der Beklagten hieran abgestellt, so ergibt sich bei einem derzeitigen Einspeisevolumen von insgesamt 267 TV-Programmen eine Beteiligung der Beklagten hieran, welche sich nach dem Vorbringen der Klägerinnen auf 21 TV-Programme belaufenden soll und damit im Bereich von 8 % am Gesamtaufkommen liegt. Dem entspricht die Angabe der Klägerinnen, dass die Beklagten ca. 20 % ihrer Kabelkapazitäten belegten bzw. die Angabe der Beklagten, es handele sich um 17,8 %. Die Kammer folgt auf dieser Grundlage auch der Beurteilung des OLG Düsseldorf, dass es wegen des hiernach den Klägerinnen verbleibenden hohen Ausweichpotentials nicht auf die ihnen gesetzlich auferlegte Beschränkung der Kabelbelegung ankommt, zumal im Vorbringen der Klägerinnen Angaben dazu fehlen, dass infolge der Reservierung von Kabelkapazitäten für die "Must-Carry"-Programme Kapazitätsengpässe zu verzeichnen seien. Die Anzahl von insgesamt 267 eingespeisten TV-Programmen spricht dagegen.
108Ebenso ist es auch unter Berücksichtigung der hiergegen von den Klägerinnen angeführten Argumentation unbedeutend, dass den Beklagten im "Must-Carry"-Segment ein "gesicherter Zugang" zur Verfügung steht. Eine marktbeherrschende Stellung der Beklagten kann sich hierauf nicht gründen, da die Kapazitäten der Klägerinnen insoweit ohnehin dem Wettbewerb entzogen sind. Allenfalls käme die Abgrenzung eines eigenständigen Nachfragemarkts bezüglich der Einspeisung sämtlicher "Must-Carry"-Programme in Betracht, auf dem die (öffentlich-rechtlichen und privaten) Veranstalter von Programmen mit "Must-Carry"-Status miteinander um den gesetzlich begrenzten Anteil von einem Drittel der klägerseits vorhandenen Kabelkapazitäten konkurrierten. Jedoch lässt sich auch insoweit keine marktbeherrschende Stellung der Beklagten feststellen.
109Die weiteren im vorliegenden Verfahren gleichermaßen wie in dem vom OLG Düsseldorf entschiedenen Rechtsstreit für eine marktbeherrschende oder auch nur marktstarke Stellung der Beklagten vorgebrachten Argumente lassen gleichermaßen keine entsprechenden konkret zu bemessenden Einflusspotenziale erkennen.
110Schließlich kommt es bei der Frage nach Marktbeherrschung und Marktmacht im Streitfall auf Parameter wie Zuschauermarktanteile der eingespeisten Programme und/oder darauf an, dass ein Kabelnetzbetreiber ohne die streitbefangenen Gemeinschaftsprogramme kein wettbewerbsfähiges Angebot auf den nachgelagerten Weitersendemärkten (NE 3/NE 4) abgeben kann. Denn diese Gesichtspunkte betreffen nicht den vorstehend abgegrenzten Einspeisemarkt, sondern den Markt für die Einräumung von Kabelweitersenderechten.
111bb)
112Unabhängig davon stellt sich weder die Kündigung des Kooperationsvertrages vom 07.04.2008 noch die seit 01.01.2013 praktizierte Weigerung der Rundfunkanstalten, bei den Klägerinnen eine Signaleinspeisung nachzufragen, als ein Missbrauch von Marktmacht dar. In Erwägung des Umstandes, dass die Beklagten zu 2. bis 13. schon in der Präambel zum Kooperationsvertrag zum Ausdruck gebracht hatten, künftig keine Einspeiseentgelte mehr zahlen zu wollen, war durch den Abschluss des Vertrages keine Situation eingetreten, in welcher es den Beklagten verwehrt gewesen wäre, ihren Standpunkt zu überprüfen und künftig dafür zu optieren, von ihrem Recht Gebrauch zu machen, entsprechend der gesetzlichen Entscheidung die Einspeisedienstleistungen der Klägerinnen auch ohne Vergütung in Anspruch zu nehmen. Auf die überzeugenden Ausführungen des OLG des Düsseldorf in seinem Urteil vom 21.05.2014 (Juris Rn. 79 ff.) wird ergänzend Bezug genommen.
1132.
114Die Kündigung des Kooperationsvertrages vom 04.07.2008 ist auch nicht wegen Verstoßes gegen § 1 GWB oder § 21 GWB gemäß § 134 BGB nichtig.
115a)
116Entsprechend den Ausführungen des OLG Düsseldorf in seinem Urteil vom 21.05.2014 (Juris Rn. 84) scheidet ein Verstoß gegen § 1 GWB von vornherein aus, soweit es um eine Verhaltenskoordinierung der in der ARD zusammengeschlossenen Rundfunkanstalten über die Beendigung des Kooperationsvertrages in Bezug auf die nach den Vorgaben des § 11 b Abs. 1 RStV und des § 1 ARD-RStV von den Landesrundfunkanstalten der ARD veranstalteten Gemeinschaftsprogramme geht. Aus der gemeinschaftlichen Veranstaltung dieser Programme folgt auch eine gemeinsame Verbreitungslast im Sinne des § 11 Abs. 1 RStV, denn die Veranstaltung im Sinne von § 11 b Abs. 1 RStV umfasst nach der Systematik die Herstellung und Verbreitung im Sinne von § 11 Abs. 1 RStV. Die gemeinschaftliche Verbreitung schließt jedoch eine Abstimmung über die Art und Weise des Signaltransports zur Sicherstellung der Grundversorgung ein.
117Daran vermag auch der Umstand nichts zu ändern, dass andere Programme, welche von den Landesrundfunkanstalten eigenverantwortlich veranstaltet werden, hiervon nicht erfasst sind. Unabhängig davon, dass eine Trennung zwischen beiden Programmbereichen bei deren Verbreitung schon in technischer Hinsicht zweifelhaft erscheint, ist es irrelevant, dass der Kooperationsvertrag nicht lediglich die Verbreitung von Gemeinschaftsprogrammen regelt. Denn jedenfalls soweit dies der Fall ist, war nicht nur die Abstimmung bei Abschluss des Kooperationsvertrages, sondern auch dessen koordinierte Kündigung unumgänglich und damit kartellrechtlich nicht zu beanstanden. Dies haben die Klägerinnen selbst noch in der Klageschrift, Rn. 129, eingeräumt, und ist entgegen ihrer nachfolgenden Darstellung vom Bundeskartellamt auch nicht beanstandet worden. Vielmehr blieb die mit Schreiben des anwaltlichen Bevollmächtigten in diesem Verfahren vom 26.04.2012 unter Hinweis auf fehlenden Handlungsspielraum angekündigte gemeinschaftliche Kündigung des Kooperationsvertrages ohne Widerspruch.
118Sämtliche klägerseits gerügten Verhaltensweisen, welche sich auf eine Abstimmung der in der ARD verbundenen Rundfunkanstalten beschränken, wie etwa der Verweis auf die Beklagte zu 4. zwecks Koordinierung der Verhandlungen, sind damit kartellrechtlich irrelevant.
119b)
120Kein Vorwurf eines Kartellverstoßes trifft die Rundfunkanstalten nach den weiteren Ausführungen des OLG Düsseldorf im vorgenannten Urteil vom 21. 5. 2014 ferner im Falle einer Koordinierung zwischen den ARD-Anstalten, ZDF, DLR und/oder ARTE im Hinblick auf die Kündigung des Kooperationsvertrages.
121Zwar kann den Beklagten nicht darin gefolgt werden, dass eine gemäß § 1 GWB verbotene Verhaltenskoordinierung bereits deshalb ausscheidet, weil die Klägerinnen aufgrund der "Must-Carry"-Regelungen zur Signaleinspeisung der öffentlich-rechtlichen Programme gesetzlich verpflichtet sind; denn die Beklagten zu 2. bis 13. hatten sich ungeachtet dessen durch den Abschluss des Kooperationsvertrages auf dem Nachfragemarkt der Einspeisungsdienstleistungen betätigt, woran sie durch das gesetzliche "Kabelbelegungsregime" seinerzeit, als das Wirtschaftlichkeits- und Sparsamkeitsgebot noch nicht in den Rundfunkstaatsvertrag aufgenommen worden war, auch nicht gehindert waren.
122Ein Verstoß gegen das Kartellverbot des § 1 GWB im Kontext der Kündigung ist jedoch nicht feststellbar.
123aa)
124Die Kammer folgt dem OLG Düsseldorf in seinen Ausführungen gemäß Urteil vom 21.05.2014 (Juris Rn. 88 ff.), wonach es keine gegen § 1 GWB verstoßende wettbewerbsbeschränkende Vereinbarung oder abgestimmte Verhaltensweise zwischen den ARD-Rundfunkanstalten, ZDF, DLR und/oder ARTE darstellt, wenn diese lediglich Einvernehmen über die Kündigung des Kooperationsvertrages erzielt haben.
125aaa)
126Eine wettbewerbsbeschränkende Vereinbarung über die Kündigung des Kooperationsvertrages vom 07.04.2008 liegt darin schon deswegen nicht, weil es hierzu an hinreichenden Anhaltspunkten dafür fehlt, dass die in der ARD verbundenen Rundfunkanstalten, ZDF, DLR und ARTE insgesamt oder in Teilkonstellationen eine Vereinbarung treffen wollten, welche über das im März 2011 erzielte Einvernehmen hinaus rechtliche oder tatsächliche Bindungswirkung hätte entfalten sollen.
127Dies gilt auch und gerade für die Abgabe der Kündigungserklärungen, wie insbesondere das Verhalten der Beklagten zu 12. zeigt, auf das nachfolgend noch näher eingegangen wird.
128bbb)
129Es fehlt im Kontext der Kündigungserklärungen auch an einem abgestimmten Verhalten im Sinne von § 1 GWB, sei es unter Beteiligung aller Beklagten zu 2. bis 13. oder auch nur eines Teils davon.
130Insbesondere vermag die Kammer in der Koordination der Kündigungserklärungen selbst keine relevante Abstimmung zu erkennen, da hierin entsprechend den Hinweisen der Vorsitzenden in der Verfügung vom 11.02.2014 mit Rücksicht auf die Struktur des Kooperationsvertrages lediglich eine Umsetzung der in Art. 11 Abs. 1 S. 1 niedergelegten Kündigungsregelung liegt. Entgegen der von den Klägerinnen vertretenen Auffassung ist diese Bestimmung nicht dahingehend auszulegen, dass jedem Programmveranstalter ein eigenes Kündigungsrecht zugestanden hätte, welches er ohne Abstimmung eigenständig hätte ausüben können. Bereits nach ihrem Wortlaut geht die Vertragsregelung von zwei Parteien aus, den Klägerinnen einerseits und den Beklagten zu 2. bis 13. andererseits, mit der Konsequenz, dass die Angehörigen der jeweiligen Parteien das in Art. 11 Abs. 1 S. 1 niedergelegte Kündigungsrecht nur gemeinschaftlich ausüben können, § 432 Abs. 1 S. 1 BGB. Hierbei verfängt es nicht, dass andere vertragliche Regelungen, insbesondere solche zum außerordentlichen Kündigungsrecht oder die Bestimmungen in Art. 18 Abs. 2, in den jeweiligen Kontexten auf die einzelnen Programmveranstalter abstellen. Dies zeigt nur, dass die Vertragsschließenden dort, wo es ihnen nötig erschien, eine Differenzierung zwischen den einzelnen Programmveranstaltern festlegten.
131Selbst wenn jedoch entsprechend dem Standpunkt der Klägerinnen davon auszugehen wäre, dass jedem Programmveranstalter aufgrund Art. 11 Abs. 1 des Kooperationsvertrages ein eigenes Kündigungsrecht zugestanden hätte, wäre eine Unwirksamkeit der gleichwohl gemeinschaftlich vorgenommenen Kündigung wegen Kartellverstoßes nicht ohne weiteres anzunehmen. Dies gilt bereits deswegen, weil die Rechtsfrage, wie das Kündigungsrecht ausüben sei, im Verfahren vor dem Bundeskartellamt offen geblieben und beklagtenseits mit guten Gründen dahingehend bewertet worden ist, dass nur gemeinschaftlich gekündigt werden könne. Eine Abstimmung über bestehende Handlungsalternativen liegt darin nicht.
132Unabhängig davon hätte - die Rechtsauffassung der Klägerinnen unterstellt - bereits die isolierte Kündigung durch die Beklagte zu 12. mit Wirkung für alle Beklagten dazu geführt, dass der Kooperationsvertrag bereits vor der - dann irrelevanten - gemeinschaftlichen Kündigung wirksam gekündigt gewesen ist. Hierfür kommt es nicht entscheidend darauf an, ob die Beklagte zu 12. Vertretungsmacht für die übrigen Beklagten zum Ausspruch der Kündigung hatte. Denn die Wirkung zu Gunsten aller Beklagten folgt daraus, dass nach Art. 11 Abs. 1 S. 2 des Kooperationsvertrages die Kündigung "von einer der Parteien" zur Beendigung des Vertrages führt, somit auch die Kündigung eines einzelnen Programmveranstalters hierzu ausreicht, wenn entsprechend der Lesart der Klägerinnen die Kündigung "einer der Parteien" gleichbedeutend sein soll mit derjenigen eines Programmveranstalters. Anderenfalls wäre im übrigen die Argumentation der Klägerinnen, die Beklagten hätten jeweils einzeln kündigen können, hinfällig. Denn ohne die Gesamtwirkung wäre eine solche Einzelkündigung Makulatur.
133Es ist auch nicht ersichtlich, dass diese isolierte Kündigung der Beklagten zu 12. auf der Grundlage abgestimmten Verhaltens quasi im Vorgriff auf die nachfolgenden Kündigungen aller Beklagten zu 2. bis 13. ausgesprochen worden wäre; jedenfalls aus der Abfassung des Kündigungsschreibens, welches vom Inhalt der späteren Schreiben abweicht, sowie aus dessen Kontext ergibt sich eher das Gegenteil. Ebensowenig verfangen Äußerungen des Bevollmächtigten der übrigen Beklagten im Verfahren vor dem Bundeskartellamt, die sich auf die Beklagten zu 12. und 13. beziehen. Unabhängig davon, dass jedenfalls die Beklagte zu 12. nicht erkennbar in dieses Verfahren involviert worden ist, kann aus dem Umstand, dass sie in die schriftsätzlichen Erwägungen des anwaltlichen Bevollmächtigten von ARD und ZDF einbezogen wurde, nichts für eine Kündigungsabsprache hergeleitet werden. Denn die Ausführungen, welche sich unter anderem auch mit den Beklagten zu 12. und 13. befassen, betreffen andere Sachverhalte und gerade nicht die Absprache. Im übrigen wurde das Schreiben vom 11.07.2012, auf welches die Klägerinnen sich beziehen, erst nach den Kündigungen verfasst. Da die Beklagte zu 12. an den späteren Kündigungen der übrigen Beklagten ebenfalls beteiligt war, bezieht sich die Stellungnahme des anwaltlichen Bevollmächtigten erkennbar auf diese Kündigung. Mit der bereits zuvor unter dem 14.06.2012 von der Beklagten zu 12. erklärten gesonderten Kündigung befasst sich das Schreiben gar nicht. War aber diese noch unbeeinflusst von der Absprache ausgesprochen worden, wofür der Alleingang der Beklagten zu 12. spricht, so war diese wirksam und kommt es, wie ausgeführt, auf die übrigen Kündigungen und deren etwaige Unwirksamkeit nicht mehr an.
134Aus der Abstimmung der Beklagten über die gemeinschaftliche Kündigung als solcher vermag daher kein Kartellverstoß hergeleitet zu werden. Ohne das Hinzutreten weiterer Umstände liegt in der bloßen gemeinschaftlichen Kündigung auch keine Fortführung/-wirkung der zuvor vom Bundeskartellamt Anfang 2012 gerügten Absprache, wobei insbesondere die von den Klägerinnen ins Feld geführte Entscheidung des BGH vom 25.01.1983, KZR 12/81 - Familienzeitschrift - hierfür nicht genügend hergibt. Denn es macht einen entscheidenden Unterschied, ob aufgrund einer Absprache eine Mehrzahl von Verträgen zeitgleich gekündigt wird oder ob die Kündigung lediglich einen einzelnen Vertrag betrifft, in dem auf beiden Seiten eine Mehrzahl von Unternehmen gebunden ist und der lediglich ein einheitliches Kündigungsrecht vorsieht.
135bb)
136Eine gemäß § 1 GWB relevante Abstimmung können die Klägerinnen indes auch nicht aus den weiteren von Ihnen hierzu angeführten Verhaltensweisen der Beklagten zu 2. bis 13. und Indizien herleiten.
137aaa)
138Soweit sie sich auf die Konsultationen zwischen den ARD-Rundfunkanstalten und dem ZDF im März 2011 sowie auf die im Nachgang hierzu veröffentlichten Verlautbarungen der Sendeanstalten stützen, fehlt es an hinreichenden Anhaltspunkten dafür, dass diese Handlungsweisen, soweit sie vor Durchführung des Verfahrens vor dem Bundeskartellamt stattfanden, danach fortgesetzt Wirkung entfalteten. Hierzu sind allenfalls die von den Klägerinnen für die Zeit danach angeführten Umstände von Relevanz.
139bbb)
140Allerdings ist auch insoweit entsprechend den Ausführungen in der Vorsitzendenverfügung vom 11.02.2014 vor dem Hintergrund des vorangegangenen Verfahrens vor dem Bundeskartellamt und der von einigen Beklagten eingegangenen Verpflichtung zur künftig getrennten Verhandlung mit den Klägerinnen eine fortdauernde Abstimmung des Inhalts, die Zahlung von Einspeisevergütungen zu verweigern und zu deren Umsetzung gemeinschaftlich zu kündigen, nicht allein darauf zu stützen sein, dass die Beklagten im Nachgang zur Kündigung letztlich eine Verpflichtung zur Fortführung der Entgeltzahlung abgelehnt haben. Denn es gab keinerlei Vorgaben des Bundeskartellamts bezüglich der Bandbreite der in den Verhandlungen möglicherweise einzunehmenden Positionen, so dass sich jede Beklagte auf den Standpunkt stellen konnte, entsprechend ihrer bereits bei Abschluss des Kooperationsvertrages eingenommenen Haltung nunmehr zu verfahren. Schon deswegen erscheint es zweifelhaft, ob die Äußerungen verschiedener Beklagter zur Ablehnung von Einspeisevergütungen für die Annahme fruchtbar gemacht werden können, die Kündigung des Kooperationsvertrages sei integraler Bestandteil der gemeinsamen Boykottstrategie, die im Nachgang hierzu aufgrund einer Fortwirkung des im März 2011 stattgefundenen Informationsaustauschs weiterverfolgt worden sei.
141Ohne Erfolg wenden die Klägerinnen sich in diesem Zusammenhang gegen die überzeugende Argumentation des OLG Düsseldorf in seinem Urteil vom 21.05.2014, wonach bei verständiger Würdigung aller Umstände des Streitfalls, namentlich der Androhung des Bundeskartellamts, bei der Feststellung weiterer koordinierter Verhaltensweisen ein förmliches Verfahren einzuleiten, die Entscheidung zur Beendigung des Einspeisevertrages sowie künftigen Ablehnung der Zahlung von Einspeisevergütungen das Ergebnis eines jeweils autonomen Entscheidungsprozesses in den Gremien der Rundfunkanstalten und des ZDF gewesen sind.
142Es war, wie ausgeführt, den Beklagten zu 2. bis 13. unbenommen, ihren am 22. März 2011 eingenommenen Rechtsstandpunkt zur Verpflichtung, Einspeisevergütungen zu zahlen, aufrechtzuerhalten und weiterzuverfolgen. Hierzu war die Vertragskündigung notwendige Voraussetzung sowie unter dem Gesichtspunkt des Wirtschaftlichkeits- und Sparsamkeitsgebots aus § 19 Satz 2 RStV die einzig in Betracht kommende Handlungsalternative der Sender. Denn zur Erfüllung des verfassungsrechtlichen Grundversorgungsauftrags war es, wie ausgeführt, nicht erforderlich, Einspeisedienstleistungen der Klägerinnen einzukaufen, da die Programme aus dem "Must-Carry"-Segment von den Klägerinnen ohnehin aufgrund ihrer eigenen rundfunkrechtlichen Verpflichtung einzuspeisen waren. Insoweit verbot sich sogar die Eingehung finanzieller Verpflichtungen durch den Abschluss von Einspeiseverträgen, auch aus den oben angeführten Erwägungen, dass die Sicherstellung der Grundversorgung auf gesetzlicher Grundlage am ehesten gewährleistet ist.
143Soweit die Klägerinnen behaupten, die Beklagten zu 2. bis 13. hätten ungeachtet der Intervention des Bundeskartellamts weiterhin an ihrem abgestimmten Verhalten festgehalten und zu keiner Zeit beabsichtigt, dieses aufgegeben, wird ihr Vorbringen durch die hierzu indiziell zitierten Schreiben und öffentlichen Stellungnahmen der Beklagten zu 2. bis 13. nicht hinreichend gestützt. Diese beschränken sich im wesentlichen auf die Erläuterung des von den Sendeanstalten eingenommenen Rechtsstandpunkts und die darauf fußende "Kabelstrategie". Auch einen "Paradigmenwechsel" durften die Beklagten zu 2. bis 13. weiterhin vertreten, wenn sich dieser aus entsprechender Würdigung der Rechtslage zum Kündigungszeitpunkt ergab. Unabhängig davon, dass die Programmveranstalter schon in der Präambel zum Kooperationsvertrag keinen abweichenden Rechtsstandpunkt vertreten hatten, insofern in rechtlicher Hinsicht auch kein grundlegender Wechsel zu verzeichnen war, konnte es ihnen zudem nicht verwehrt sein, bei Überprüfung der Rechtslage entsprechend ihrer - gegebenenfalls besseren - Erkenntnis zu verfahren. Demzufolge verfängt es auch nicht, dass sie die Angebote der Klägerinnen auf Abschluss eines Standardvertrages, welcher die Entgeltpflicht der Einspeisedienstleistungen vorsieht, Mitte 2013 abgelehnt haben.
144Es kommt hinzu, dass die Klägerinnen ohnehin im wesentlichen eine Koordinierung zwischen einzelnen ARD-Anstalten reklamieren, die aber, wie vorstehend bereits dargelegt, mit Rücksicht auf die notwendige Abstimmung bezüglich der Verbreitung ihrer Gemeinschaftsprogramme kartellrechtlich unbedenklich ist.
145ccc)
146Entgegen ihrer Auffassung können die Klägerinnen für ihre Behauptung, die Beklagten zu 2. bis 13. hätten ihr abgestimmtes Verhalten ungeachtet des Einschreitens des Bundeskartellamts nicht aufgegeben, keineswegs den Umstand fruchtbar machen, dass die Beklagten zu 2. bis 13. für ihre gegenteilige Behauptung, sich strikt daran gehalten zu haben, keine entsprechenden Beschlüsse und Entscheidungen ihrer Gremien vorlegen, welche eine autonome Vorgehensweise nach dem 16.04.2014 dokumentieren. Weshalb diese Gremien nach der gegenüber dem Bundeskartellamt eingegangenen Verpflichtung, etwaige Verhandlungen mit den Klägerinnen eigenständig zu betreiben, und der dieser Verpflichtung vorausgegangenen internen Willensbildung nunmehr erneut hätten hierüber hätten explizit befinden müssen, ist nicht ersichtlich. Ebensowenig bedurfte es zwingend gesonderter Gremienbeschlüsse, um sich der geprüften und erkannten Rechtslage entsprechend zu verhalten oder von Verhandlungen vollständig abzusehen. Insbesondere bestand insoweit auch keine Veranlassung aufgrund der gegenüber dem Bundeskartellamt eingegangenen Verpflichtung, da diese nicht das "Ob" von Verhandlungen, sondern mit der Vorgabe autonomer Verhandlungen lediglich deren "Wie" zum Gegenstand hatte.
147Im übrigen tragen die Klägerinnen zum Inhalt der Verwaltungsvorgänge, welche ihnen im Rahmen des Verwaltungsrechtsstreits offenbar zugänglich gemacht worden sind, nicht konkret vor, sondern unterziehen diese einer zusammenfassenden Würdigung, dass hierin kein autonomes Verhalten festzustellen sei. Hierzu hätte es indes näherer Angaben unter zumindest auszugsweiser Vorlage der Verwaltungsvorgänge bedurft.
148ddd)
149Die Klägerinnen können entgegen ihrer Auffassung auch nichts aus dem Inhalt der Anmeldung von Verbreitungsentgelten bei der KEF herleiten, wie im Urteil des OLG Düsseldorf vom 21.05.2014 bereits eingehend begründet. Allein dem Umstand, dass die Beklagten zu 2. bis 13. hierbei für die Einspeisung ihrer Signale in das Kabelnetz der Klägerinnen keinen Finanzbedarf angemeldet haben (was die Beklagte zu 12. bestreitet) besagt nichts darüber, wie diese Entscheidung zustande gekommen ist. Auch insoweit messen die Klägerinnen der von ihr behaupteten übereinstimmenden Handlungsweise der Beklagten zu 2. bis 13. eine Bedeutung bei, die ihr nicht zwingend zukommt, da die rechtlichen Rahmenbedingungen, unter denen die Beklagten zu 2. bis 13. ihren Finanzbedarf planen und anzumelden hatten, den vorstehend ausgeführten Restriktionen unterlagen. Wie dargelegt, entsprach es dem Gebot der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit, keine entgeltlichen Einspeiseverträge mehr abzuschließen. Demzufolge wäre auch die Anmeldung entsprechenden Finanzbedarfs - und sei es nur vorsorglich - verfehlt gewesen.
150cc)
151Unbeschadet der vorstehenden Erwägungen wäre ein Verstoß gegen § 1 GWB durch - unterstellt - unzureichende Abstandnahme von dem beklagtenseits vor Einschreiten des Bundeskartellamts gezeigten abgestimmten Verhalten jedenfalls deswegen kartellrechtlich irrelevant, weil nicht festzustellen ist, dass hierdurch bestehende wettbewerbliche Risiken eingeschränkt oder beseitigt worden wären. Entgegen dem Vorbringen der Klägerinnen bestanden keine Marktrisiken, welchen die Beklagten zu 2. bis 13. durch eine praktische Zusammenarbeit im Vorfeld oder im Nachgang der Kündigung des Kooperationsvertrages zu begegnen versucht haben könnten.
152Wie das OLG Düsseldorf in dem zitierten Urteil vom 21.05.2014 bereits überzeugend ausgeführt hat (Juris Rn. 96 f.), bestanden solche Risiken im Segment der "Must-Carry-Programme nicht. Insoweit war durch die gesetzliche Absicherung der unentgeltlichen Verbreitung infolge der Verpflichtung der Kabelnetzbetreiber zur Einspeisung der betreffenden Programmsignale sowohl die Kündigung des Kooperationsvertrages als auch die Weigerung, einen solchen Vertrag mit Regelungen zur entgeltlichen Einspeisung dieser Programme abzuschließen, von vornherein mit keinem wettbewerblichen Risiko verbunden. Gerade wenn sich die Rundfunkanstalten dem Vortrag der Klägerinnen entsprechend darauf verlassen konnten, dass die jeweils anderen ebenfalls die Zahlung von Einspeiseentgelten ablehnen würden, bestand kein Risiko, dessen Verhinderung einer Absprache bedurft hätte.
153Ebenso lässt sich auch im vorliegenden Fall kein relevantes wettbewerbliches Wagnis im Hinblick auf die nicht unter den "Must-Carry"-Status fallenden Programme feststellen, selbst unter Berücksichtigung des Umstandes, dass die Klägerinnen Ende 2013 einige Programme ausgelistet haben. Dies betrifft lediglich die Dritten Programme, welche nur noch in der jeweils regionalen Variante pro Kabelnetz eingespeist werden, ohne dass dies für das Programm - abgesehen von dem jeweils halbstündigen eigenen Regionalfenster pro Tag - von Bedeutung gewesen wäre und ohne dass die Beklagten zu 2. bis 10. dies zum Anlass genommen hätten, bei den Klägerinnen entsprechende entgeltliche Einspeisedienstleistungen nachzufragen.
154Erkennbar hat auch die Pressemitteilung vom 7. Januar 2013 über den Fortfall von "Zusatzleistungen" und die Angleichung der Bandbreite für die digitale Übertragung der öffentlich-rechtlichen Programme an ihren Plattformstandard zu keinen Reaktionen der Beklagten geführt, welche dahin gegangen wären, dass diese sich angesichts des aufgezeigten Szenarios veranlasst gesehen hätten, in Verhandlungen über den Fortbestand der Leistungen gegen Entgelt einzutreten. Soweit die Beklagten unter anderem durch Eingaben bei den Landesmedienanstalten die Durchsetzung der „Must-carry“-Verpflichtungen gegenüber den Klägerinnen angemahnt haben, schließt diese Reaktion es sogar aus, dass sie ein durch den Abschluss von Einspeiseverträgen zu verminderndes Wettbewerbsrisiko gesehen hätten.
155B.
156Die Hilfsanträge der Klägerinnen sind zulässig. Insbesondere ist der Zivilrechtsweg eröffnet, da die Klägerinnen ihre hilfsweise geltend gemachten Klageansprüche auf Kartellrecht stützen. Eine öffentlich-rechtliche Verpflichtung schließen sie gerade - in Anerkennung der Ausführungen des OLG Düsseldorf in seinem Urteil vom 21.05.2014 - aus (Schriftsatz vom 30.09.2014, Rn. 149 ff.).
157Die Anträge bleiben allerdings gleichfalls erfolglos, da die Beklagten, wie ausgeführt, keinem Kontraktionszwang in Bezug auf ihre Programme mit "Must-cCrry"-Status unterliegen.
158C.
159Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1, 709 S. 1, 108 ZPO.
160Streitwert: 17.008.000, 00 €
(1) Durch Klage kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (Feststellungsklage).
(2) Die Feststellung kann nicht begehrt werden, soweit der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt wird.
(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.
(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.
(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.
(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.
Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a entsprechend anzuwenden, wenn die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten dies nicht ausschließen; Buch 6 der Zivilprozessordnung ist nicht anzuwenden. Die Vorschriften des Siebzehnten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes sind mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Oberverwaltungsgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundesverwaltungsgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung die Verwaltungsgerichtsordnung tritt. Gericht im Sinne des § 1062 der Zivilprozeßordnung ist das zuständige Verwaltungsgericht, Gericht im Sinne des § 1065 der Zivilprozeßordnung das zuständige Oberverwaltungsgericht.
(1) Die Zulässigkeit des beschrittenen Rechtsweges wird durch eine nach Rechtshängigkeit eintretende Veränderung der sie begründenden Umstände nicht berührt. Während der Rechtshängigkeit kann die Sache von keiner Partei anderweitig anhängig gemacht werden.
(2) Das Gericht des zulässigen Rechtsweges entscheidet den Rechtsstreit unter allen in Betracht kommenden rechtlichen Gesichtspunkten. Artikel 14 Abs. 3 Satz 4 und Artikel 34 Satz 3 des Grundgesetzes bleiben unberührt.
(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.
(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.
(1) Durch Klage kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (Feststellungsklage).
(2) Die Feststellung kann nicht begehrt werden, soweit der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt wird.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % der zu vollstreckenden Kosten abwenden, wenn nicht vorher der Beklagte Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand
- 1
Der Kläger begehrt die Feststellung, dass auf seine Tätigkeit die Verordnung (EG) Nr. 1/2005 und § 4 der Binnenmarkt-Tierseuchenschutzverordnung (BmTierSSchV) nicht anzuwenden sind sowie die Feststellung, dass seine Tätigkeit nicht erlaubnispflichtig nach § 11 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 b) TierSchG ist.
- 2
Der Kläger ist ein gemeinnütziger eingetragener Verein mit Sitz in Schleswig-Holstein. Zweck des Vereins ist es nach § 2 Nr. 1 seiner Satzung, den Tierschutz zu fördern und aktiven Tierschutz zu leisten. In § 3 der Satzung des Klägers heißt es: „Der Verein verfolgt ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige Zwecke […]. Der Verein ist selbstlos tätig. Er verfolgt nicht in erster Linie eigenwirtschaftliche Zwecke. Mittel des Vereins dürfen nur für die satzungsmäßigen Zwecke verwendet werden. Mitglieder erhalten keine Zuwendungen aus Mitteln des Vereins. Es darf keine Person durch Ausgaben, die dem Zweck des Vereins fremd sind, oder durch unverhältnismäßig hohe Vergütungen begünstigt werden.“
- 3
Der Kläger übernimmt von Tierschutzvereinen, Tierschutzorganisationen oder Tierschützern im europäischen Ausland (insbesondere Ungarn) Hunde und vermittelt sie an Pflegestellen oder Hundehalter innerhalb der Bundesrepublik Deutschland. Der Tätigkeitsbereich des Klägers erstreckt sich unter anderem auf die Sicherstellung einer ausreichenden tierärztlichen Versorgung der aufgegriffenen Tiere sowie vorbeugende Schutzimpfungen, Aufnahme und Fütterung herrenloser Tiere, die Förderung, Betreuung und Unterstützung von Patenschaften für die Tiere. Der Kläger wird durch Mitgliedsbeiträge und Spenden unterstützt. Bei der Abgabe von Hunden wurde zunächst nach Gründung des Vereins im Jahre 2007 in der Regel eine Schutzgebühr von 250,-- € erhoben, die Gebühr beträgt gegenwärtig in der Regel 270,-- €, bei schwer zu vermittelnden Hunden wird die Gebühr im Einzelfall reduziert oder ganz auf eine Gebühr verzichtet. Der Kläger schließt Schutzverträge über die Abgabe der Hunde, die nur ein Besitzrecht, jedoch kein Eigentum vermitteln sollen. Die Hunde werden den neuen Tierhaltern im Rahmen eines Sammeltransports je nach Wohnsitz an unterschiedlichen Orten übergeben. Nach den Angaben auf der Internetpräsenz des Klägers betrug die Anzahl der vermittelten Tiere am 16. August 2011 1617 und der noch zu vermittelnden Tiere 484.
- 4
Am 07. Januar 2009 erging seitens des Beklagten ein Rundschreiben an die Veterinärbehörden der Kreise und kreisfreien Städte in Schleswig-Holstein mit dem Hinweis, dass das von dem Kläger organisierte Verbringen beziehungsweise Einführen von Heimtieren nach Deutschland nicht durch die erleichterten Bedingungen der Verordnung (EG) Nr. 998/2003 gedeckt sei, sondern den strengeren Regelungen der Vorschriften für den Handelsverkehr unterliege. Die erleichterten Vorschriften würden nur auf Tiere aus bekannter Herkunft mit einem bekannten Gesundheitsstatus zutreffen und nur für natürliche Personen gelten. Es greife außerdem die tierseuchenrechtliche Anzeige- und Registrierungspflicht nach § 4 BmTierSSchV. Das Verbringen ungeimpfter Welpen sei ausschließlich im Rahmen des Reiseverkehrs rechtens und zu den geschilderten Zwecken sei ausschließlich das Verbringen von Hunden mit einem wirksamen Tollwutimpfschutz aus den EU-Mitgliedsstaaten zulässig. Es seien bei einem Sammeltransport durch den Kläger 39 Hunde von Ungarn nach Deutschland verbracht worden und zumindest bei einem Hund sei der Gesundheits- und Impfstatus nicht einwandfrei nachvollziehbar gewesen.
- 5
Der Kläger bat den Beklagten mit anwaltlichem Schreiben vom 19. Januar 2009 unter Bezug auf das Rundschreiben um Bestätigung, dass für ihn die handelsrechtlichen Bestimmungen keine Geltung hätten. Zur Begründung führte er an, die von dem Beklagten für anwendbar gehaltenen Vorschriften setzten ein gewerbliches Handeln voraus, was bei ihm nicht gegeben sei. Er verkaufe keine Tiere und ihm fehle die erforderliche Gewinnerzielungsabsicht. Es handele sich um einen gemeinnützigen Verein, dessen jährlicher Verlust durch Mitgliedsbeiträge und Spenden ausgeglichen werde.
- 6
Der Beklagte führte mit Schreiben vom 03. Februar 2010 an den Kläger an, die Tätigkeit des Klägers sei eine Einfuhr von Tieren aus dem Ausland nach Deutschland zum Zwecke der Weitergabe an Dritte gegen Entgelt und müsse, ungeachtet der Tatsache, ob eine Gewinnerzielungsabsicht gegeben sei, als eine wirtschaftliche Tätigkeit angesehen werden. Es handele sich um ein Angebot, welches mit dem von Wirtschaftsteilnehmern konkurriere, die den gleichen Zweck verfolgten. Der Kläger führe die Tiere gezielt zur (entgeltlichen) Weitergabe an Dritte ein und biete demnach Güter auf einem bestimmten Markt an. Diese Tätigkeit unterscheide sich nicht von der Tätigkeit eines Züchters oder Händlers, die zweifelsfrei als wirtschaftlich anzusehen sei, nämlich die Beschaffung (Zukauf oder Zucht) von Tieren und deren Weitergabe gegen Entgelt (Verkauf, Handel). Zusätzlich ergebe sich für den Kläger eine Erlaubnispflicht aus § 11 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 b) TierSchG. Daran ändere auch die Auslegung des Begriffs „gewerbsmäßig“ nichts, da durch die EU-Rechtsprechung jegliches Übereignen bzw. schon alleine das Anbieten einer Ware oder Dienstleistung als eine wirtschaftliche Tätigkeit anzusehen sei. Die Heranziehung des Kriteriums der Gewinnerzielungsabsicht sei rein deklaratorisch. Da die Verordnung (EG) Nr. 1/2005 Anwendung finde, müsse das Transportunternehmen zugelassen sein und die Fahrer und Betreuer müssten nachweislich über die erforderliche Kenntnisse verfügen.
- 7
Der Kläger hat am 08. März 2010 Klage erhoben.
- 8
Er macht geltend, das für die Klage erforderliche Feststellungsinteresse ergebe sich bereits daraus, dass der Beklagte ihn in seinem Schreiben vom 07. Januar 2009 ausdrücklich genannt und sein Verhalten als nicht im Einklang mit den geltenden Bestimmungen dargestellt habe. Er sei nicht gezwungen, eine Erlaubnis nach § 11 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 b) TierSchG zu beantragen, weil eine höchstrichterliche Klärung insoweit noch nicht erfolgt und die Rechtslage daher noch unklar sei. Aus diesem Grund sei ihm auch nicht zuzumuten, die Verordnung (EG) Nr. 1/2005 zu beachten und Anzeige- und Registrierungspflichten nach § 4 BmTierSSchV zu erfüllen. An die Registrierungspflicht seien weitere Verpflichtungen geknüpft, insbesondere aus § 5 BmTierSSchV. Es bestehe ein berechtigtes Interesse an einer gerichtlichen Klärung. Da der Verstoß gegen die von dem Beklagten genannten Vorschriften bußgeld- und damit strafbewehrt sei, ergebe sich bereits daraus ein Feststellungsinteresse. Zwar habe er seine Tätigkeit im Sinne des § 4 BmTierSSchV angezeigt, um weiter seiner Tätigkeit nachgehen zu können. Dies sei jedoch weder gegenüber der zuständigen Behörde erfolgt, noch habe er eine Registrierungsnummer erhalten. Die Registrierung dürfe auch nicht erfolgen, wenn § 4 BmTierSSchV nicht greife.
- 9
Er sei außerdem weder zu Gewerbszwecken noch zur Gewinnerzielung tätig. Seine Tätigkeit sei weder ein Handeltreiben noch eine wirtschaftliche Tätigkeit oder gewerblich. Die Verordnung (EG) Nr. 1/2005 sei deshalb nicht anzuwenden, die Anzeigepflicht des § 4 BmTierSSchV greife nicht und mangels Handeltreibens sowie aufgrund fehlender Gewinnerzielungsabsicht sei die Tätigkeit nicht erlaubnispflichtig nach § 11 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 b) TierSchG.
- 10
Die Verordnung (EG) Nr. 1/2005 gelte nicht für den Transport von Tieren, der nicht in Verbindung mit einer wirtschaftlichen Tätigkeit durchgeführt werde. Nach der von dem Beklagten herangezogenen Rechtsprechung des EuGH zu dem Begriff des Unternehmers im Sinne der beihilferechtlichen Vorschriften der Art. 87 f. EGV, nach der der Begriff des Unternehmens eine wirtschaftliche Tätigkeit erfordere, sei eine wirtschaftliche Tätigkeit im Sinne des europäischen Beihilferechts jede Tätigkeit, die darin bestehe, Güter oder Dienstleistungen auf einem bestimmten Markt anzubieten. Diese Definition beziehe sich auf den Begriff der wirtschaftlichen Tätigkeit im Rahmen des Beihilferechts und könne nicht unmittelbar und ohne Differenzierung auf den Begriff der wirtschaftlichen Tätigkeit im Sinne der gegenständlichen Verordnung übertragen werden. Außerdem setze eine wirtschaftliche Tätigkeit auch nach der Rechtsprechung des EuGH zum Beihilferecht voraus, dass das Unternehmen zu Erwerbszwecken handele. Wohltätige oder karitative Einrichtungen würden nicht hierunter fallen. Ein Erwerbszweck werde nur dann verfolgt, wenn eine Kapitalrendite erstrebt werde oder ein angestrebter wirtschaftlicher Erfolg zu direkten Vorteilen der Gesellschafter beziehungsweise Mitglieder führen solle. Der EuGH habe bereits ausgeführt, dass, wenn die Tätigkeit einer juristischen Person ohne Gewinnzweck ausgeübt werde, insoweit gegenüber Unternehmen mit Gewinnzweck zu differenzieren sei, mit der Folge, dass selbst die Regelungen des Vertrages über das Wettbewerbsrecht beziehungsweise die Beihilferegelungen auf Unternehmen, denen der Gewinnzweck fehle, nicht anzuwenden seien. Zweck seiner Tätigkeit sei, die Verwirklichung der Staatszielbestimmung in Art. 20 a GG zu fördern. Organe und Mitglieder würden keine Vergütung und keinen wirtschaftlichen Vorteil erhalten. Er könne seine Aufwendungen nicht durch seine Einnahmen decken. Er verschaffe sich keine Gewinne oder Erträge und wolle dies auch nicht. Selbst wenn man annehmen würde, die Verordnung (EG) Nr. 1/2005 fände Anwendung, so müsse das Transportunternehmen nicht immer zugelassen sein, wenn Hunde transportiert würden. Dies gelte gem. Art. 7 der Verordnung lediglich für lange Beförderungen. Art. 6 Abs. 5 der Verordnung verlange auch nicht, dass die Fahrzeuge nur von Personen gefahren oder als Betreuer begleitet werden dürften, die über einen Befähigungsnachweis verfügten. Er handele auch nicht gewerbsmäßig im Sinne von § 4 BmTierSSchV.
- 11
Auch sei kein gewerbsmäßiges Handeln mit Tieren im Sinne des § 11 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 b) TierSchG gegeben, da es bereits an einem Handel fehle, weil dieser den Ankauf von Ware und den anschließenden Verkauf meine. Er kaufe jedoch keine Hunde zum anschließenden Weiterverkauf. Auch in Bezug auf diese Vorschrift fehle es darüber hinaus an der erforderlichen Gewinnerzielungsabsicht. Das Merkmal der Gewinnerzielungsabsicht sei auch nicht nur deklaratorisch. Bei § 11 TierSchG handle es sich um eine nationale Vorschrift, so dass es bezüglich der enthaltenen Tatbestandsmerkmale auch nicht auf eine europarechtliche Auslegung ankommen könne.
- 12
Der Kläger beantragt,
- 13
festzustellen, dass auf das innerhalb der Europäischen Union erfolgende Verbringen oder Verbringenlassen von Hunden in das Inland und deren Vermittlung durch den Kläger an Pflegestellen oder Hundehalter im Inland die Regelungen und Vorschriften über den Handelsverkehr mit Tieren beziehungsweise das gewerbliche Verbringen, Verbringen für den Handel, Verbringen zu Handelszwecken sowie über den Transport von Tieren in Verbindung mit einer wirtschaftlichen Tätigkeit in der Verordnung (EG) 1/2005 und § 4 der Binnenmarkt-Tierseuchenschutzverordnung (BmTierSSchV) nicht anzuwenden sind
sowie
festzustellen, dass das Verbringen oder Verbringenlassen von Hunden innerhalb der Europäischen Union und deren Vermittlung durch den Kläger an Pflegestellen oder Hundehalter im Inland nicht erlaubnispflichtig nach § 11 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 b) TierSchG ist.
- 14
Der Beklagte beantragt,
- 15
die Klage abzuweisen.
- 16
Zur Begründung führt er an, der Kläger habe seine Tätigkeit im Hinblick auf § 4 BmTierSSchV gegenüber der zuständigen Behörde angezeigt. Die Klage sei insofern unzulässig, da der Kläger nicht geltend machen könne, ihm sei nicht zuzumuten, die sich aus § 4 BmTierSSchV ergebenden Pflicht zu erfüllen.
- 17
Nachdem es bei einem der transportierten Hunde zu Unstimmigkeiten gekommen sei, habe er den Kläger darüber informiert, dass für ihn nicht die erleichterten Bestimmungen für die Einfuhr von Hunden gemäß der Verordnung (EG) Nr. 998/2003 gelten würden, sondern die strengeren Regelungen für den Handelsverkehr. Eine wirtschaftliche Tätigkeit im Sinne des Art. 1 Abs. 5 der Verordnung (EG) Nr. 1/2005 setze nicht voraus, dass ein Unternehmen zu Erwerbszwecken handle. Es werde vielmehr darauf abgestellt, ob das Angebot mit dem von Wirtschaftsteilnehmern, die den gleichen Zweck verfolgten, konkurriere oder nicht. Sei dies der Fall, sei es unerheblich, ob die Güter mit oder ohne Gewinnerzielungsabsicht angeboten würden. Der Kläger konkurriere mit anderen Anbietern auf dem Markt, zumal die Schutzgebühr im Rahmen dessen liege, was auch im Internet oder privaten Anzeigen für Hunde verlangt werde.
- 18
Im Hinblick auf § 4 BmTierSSchV belege bereits allein der Umfang der Ab- und Weitergabe von Tieren die Gewerbsmäßigkeit. Er bestreite, dass die Gebühr nicht annähernd den für die Hunde getätigten Aufwand des Klägers decke. Nach den Angaben des Klägers im Rahmen seines Internetauftritts diene das Geld nämlich auch für die Unterstützung von Projekten in Ungarn. Diese könne nur erreicht werden, wenn der Kläger auch einen Gewinn erziele. Für eine Gewinnerzielungsabsicht sei ausreichend, wenn mit einem Überschuss auch gemeinnützige Zwecke verfolgt würden. Die tatsächliche finanzielle Situation des Klägers sei für die Beurteilung der Gewerbsmäßigkeit unbeachtlich. Die Registrierung sei auch rechtmäßig erfolgt, da der Kläger gewerbsmäßig handele. Selbst wenn man gewerbsmäßiges Handeln nicht annähme, unterläge die Tätigkeit der BmTierSSchV. Denn nach Art. 1 der Verordnung (EU) Nr. 388/2010 würden die Anforderungen und Kontrollen gemäß Art. 12 Abs. 1 b) der Verordnung (EG) Nr. 998/2003 für die Verbringung von Heimtieren der in Anhang I Teile A und B der genannten Verordnung aufgeführten Arten gelten, wenn die Gesamtzahl der Tiere, die aus einem anderen Mitgliedstaat oder einem in Anhang II Teil B Abschnitt 2 der genannten Verordnung aufgeführten Drittland in einen Mitgliedstaat verbracht würden, die Zahl fünf übersteige. In Anhang I Teil A seien Hunde aufgeführt. Der Kläger habe immer mehr als fünf Hunde nach Deutschland verbracht.
- 19
Auch sei die Tätigkeit des Klägers ein Handel im Sinne des § 11 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 b) TierSchG. Die Erlaubnispflicht erstrecke sich auch auf Personen, die ausländische Hunde vermittelten und sie direkt an die inländischen Abnehmer gelangen ließen. Es sei grundsätzlich problematisch, die Gewerbsmäßigkeit im Bereich des Tierschutzes und der Tierseuchenbekämpfung von einer Gewinnerzielungsabsicht abhängig zu machen. Bundesweit werde aktuell darüber diskutiert, einen Gewerbebegriff einzuführen, der sich am Sinn und Zweck des Tierschutzgesetzes bzw. des Tierseuchenschutzes orientiere und statt einer Gewinnerzielungsabsicht lediglich eine entgeltliche Tätigkeit fordere.
- 20
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
- 21
Die Klage ist zulässig.
- 22
Nach § 43 Abs. 1 VwGO kann durch Klage die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat. Die Feststellung kann nach Absatz 2 der Vorschrift nicht begehrt werden, soweit der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können. Unter einem feststellungsfähigen Rechtsverhältnis sind die rechtlichen Beziehungen zu verstehen, die sich aus einem konkreten Sachverhalt aufgrund einer öffentlich-rechtlichen Norm für das Verhältnis von (natürlichen oder juristischen) Personen untereinander oder einer Person zu einer Sache ergeben, kraft deren einer der beteiligten Personen etwas bestimmtes tun muss, kann oder darf oder nicht zu tun braucht (BVerwG, Urteil vom 26. Januar 1996 – 8 C 19.94 – BVerwGE 100, 262). Rechtliche Beziehungen haben sich nur dann zu einem Rechtsverhältnis im Sinne des § 43 Abs. 1 VwGO verdichtet, wenn die Anwendung einer bestimmten Norm des öffentlichen Rechts auf einen bereits übersehbaren Sachverhalt streitig ist (BVerwG, Urteil vom 07. Mai 1987 – 3 C 53.85 – BVerwGE 77, 207).
- 23
Der Zulässigkeit der Feststellungsklage steht vorliegend nicht entgegen, dass Rechtsverhältnisse in diesem Sinne nicht zwischen dem Kläger und dem Beklagten, sondern lediglich zwischen dem Kläger und den für die Durchführung der streitigen Vorschriften zuständigen Behörden der Kreise und kreisfreien Städte bestehen. Zwischen den Beteiligten ist nicht nur streitig, ob für den Kläger eine Anzeigepflicht nach § 4 Satz 1 BmTierSSchV besteht, sondern in der Folge deshalb auch, ob der Kläger nach § 5 BmTierSSchV Buch über die vermittelten Hunde führen muss. Der Verstoß gegen die Buchführungspflicht stellt nach § 41 Abs. 2 Nr. 2 BmTierSSchV eine Ordnungswidrigkeit dar. Es ist zwischen den Beteiligten daneben streitig, ob der Kläger für seine Tätigkeit die Bestimmungen der Verordnung (EG) Nr. 1/2005 einhalten muss, insbesondere die Vorschriften über die Zulassung von Transportunternehmen nach Art. 6 Abs. 1 der Verordnung. Verstöße gegen die Verordnung (EG) Nr. 1/2005 stellen nach § 21 Abs. 3 Tierschutztransportverordnung (TierSchTrV) in weitem Umfang eine Ordnungswidrigkeit dar. Weiter ist zwischen den Beteiligten streitig, ob der Kläger für seine Tätigkeit einer Erlaubnis nach § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 b TierSchG bedarf. Ein Verstoß gegen die Erlaubnispflicht nach dieser Vorschrift stellt nach § 18 Abs. 1 Nr. 20 TierSchG eine Ordnungswidrigkeit dar. Der Beklagte ist weder für die Erteilung einer Genehmigung noch für die Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten nach den genannten Vorschriften zuständig. Rechtliche Beziehungen ergeben sich somit nur zwischen dem Kläger und den für die Durchführung der hier streitigen tierschutzrechtlichen und tierseuchenrechtlichen Vorschriften zuständigen Behörden der Kreise und kreisfreien Städte (§ 2 Nr. 1 f Tiersch-ZustVO, § 1 Abs. 2 AGTierSG), nur insoweit liegen feststellungsfähigen Rechtsverhältnisse vor.
- 24
Eine Feststellungsklage kann jedoch auch im Drittrechtsverhältnis zulässig sein, wenn das nach § 43 Abs. 1 VwGO erforderliche berechtigte Interesse an der begehrten Feststellung gerade gegenüber der beklagten Partei besteht (BVerwG, Urteil vom 27. Juni 1997 – 8 C 23/96 – NJW 1997,747; Urteil vom 14. April 2005 – 3 C 3/04 – NVwZ-RR 2005, 711). So liegt der Fall hier. Der Kläger hat auch angesichts drohender Verfahren wegen Verstoßes gegen bußgeldbewehrte Bestimmungen grundsätzlich ein berechtigtes Interesse daran zu klären, ob solche Verstöße vorliegen. Der Beklagte ist zuständige Fachaufsichtsbehörde für die Durchführung der streitigen tierschutzrechtlichen und tierseuchenrechtlichen Bestimmungen und insoweit gegenüber den Behörden der Kreise und kreisfreien Städte weisungsbefugt. Er ist auch bereits in der Angelegenheit des Klägers als Fachaufsichtsbehörde gegenüber den Kreisen und kreisfreien Städten etwa durch das Schreiben von 7. Januar 2009 tätig geworden. Es ist zu erwarten, dass der Beklagte einem gegen ihn in dieser Sache ergangenes rechtskräftiges Urteil auch gegenüber den zuständigen Behörden der Kreise und kreisfreien Städte hinsichtlich der hier streitigen Rechtsfragen Geltung verschaffen wird. Ein Verfahren gegen den Beklagten erspart darüber hinaus eine Vielzahl von Verfahren gegen die einzelnen Behörden der betroffenen Kreise und kreisfreien Städte.
- 25
Die Klage ist nicht begründet.
- 26
Die in Streit stehenden Vorschriften sind auf den Tätigkeitsbereich des Klägers anwendbar.
- 27
Zunächst finden die tierschutzrechtlichen Vorschriften der Verordnung (EG) Nr. 1/2005 des Rates vom 22. Dezember 2004 über den Schutz von Tieren beim Transport und damit zusammenhängenden Vorgängen sowie zur Änderung der Richtlinien 64/432/EWG und 93/119/EG und der Verordnung (EG) Nr. 1255/97 auf die Tätigkeit des Klägers Anwendung. Die Verordnung regelt nach Art. 1 Abs. 1 den Transport lebender Wirbeltiere innerhalb der Gemeinschaft, einschließlich der spezifischen Kontrollen, denen die Sendungen bei der Ankunft im Zollgebiet der Gemeinschaft oder bei dessen Verlassen von Beamten unterzogen werden.
- 28
Die Anwendung der Vorschriften dieser Verordnung ist nicht nach Art. 1 Abs. 5 der Verordnung (EG) Nr. 1/2005 ausgeschlossen. Nach dieser Vorschrift gilt die Verordnung unter anderem nicht für den Transport von Tieren, der nicht in Verbindung mit einer wirtschaftlichen Tätigkeit durchgeführt wird. Nach der Rechtsprechung des EuGH ist eine wirtschaftliche Tätigkeit jede Tätigkeit, die darin besteht, Güter oder Dienstleistungen auf einem bestimmten Markt anzubieten (EuGH, Urteil vom 10. Januar 2006 – C-222/04 – Sammlung der Rechtsprechung 2006, Seite I-00289 unter Bezug auf die Urteile vom 18. Juni 1998 – C-35/96 – Sammlung der Rechtsprechung 1998, Seite I-3851 und vom 12. Dezember 2000 – C-180/98 bis C-184/98 – Sammlung der Rechtsprechung 2000, Seite I-6451).
- 29
Vorliegend ist der Kläger in diesem Sinne wirtschaftlich tätig, da er innerhalb Deutschlands, demnach auf einem Markt, die Abgabe von Hunden gegen Entgelt, die Schutzgebühr von derzeit 270 € im Regelfall, anbietet. Im Rahmen der wirtschaftlichen Tätigkeit kommt es auch gerade nicht auf eine Gewinnerzielungsabsicht an (EuGH, Urteil vom 10. Januar 2006, a.a.O., Rn. 123,). Dies ergibt sich auch aus dem Erwägungsgrund Nr. 12 der Verordnung (EG) Nr. 1/2005. Danach beschränkt sich der Transport zu kommerziellen Zwecken nicht auf Fälle, in denen unmittelbar ein Austausch von Geld, Gütern oder Dienstleistungen erfolgt. Er schließt insbesondere auch Fälle ein, in denen direkt oder indirekt ein Gewinn entsteht bzw. angestrebt wird. Dass der Erwägungsgrund insofern durch das Wort „insbesondere“ einen Beispielsfall nennt, zeigt, dass es neben diesem Fall noch andere Fälle gibt, demnach nicht ausschließlich auf ein Gewinnstreben abzustellen ist. Dies zeigt, dass trotz fehlender Gewinnerzielungsabsicht ein Transport zu kommerziellen Zwecken angenommen werden kann.
- 30
Eine wirtschaftliche Tätigkeit des Klägers ist nicht aus dem Grunde ausgeschlossen, dass er wohltätig und karitativ handelt. Eine die wirtschaftliche Tätigkeit ausschließende soziale Tätigkeit kann nur dann angenommen werden, wenn diese nicht auf einem Markt im Wettbewerb mit anderen Wirtschaftsteilnehmern konkurriert (EuGH, Urteil vom 10. Januar 2006, a.a.O., Rn. 123). Der Kläger konkurriert mit der entgeltlichen Abgabe der Hunde jedoch mit anderen Tierschutzorganisationen sowie mit Züchtern und Händlern, die Hunde auch aus dem Ausland gegen Entgelt abgeben. Der Kläger wird im Hinblick auf die Einfuhr der Tiere nicht nur gelegentlich tätig. Vielmehr verbringt er in regelmäßigen und relativ kurzen Zeitabständen Tiere nach Deutschland. Die Tätigkeiten der Tierschutzorganisationen und Händler unterscheiden sich in dem Regelfall, in dem der Kläger die Hunde gegen ein Entgelt in Höhe von derzeit 270 € abgibt, in diesem Punkt nicht wesentlich voneinander. Dabei ist bei der Höhe des Entgeltes auch zu berücksichtigen, dass den neuen Tierhaltern lediglich ein Besitzrecht, nicht jedoch das Eigentum an den Tieren, vermittelt wird. Es besteht ein Markt, auf dem es darum geht, Hunde gegen Entgelt abzugeben. Hierbei geht es dem Kläger allein schon aufgrund der Zielrichtung seiner Tätigkeit, nämlich den Tierschutz zu gewährleisten, darum, möglichst zahlreich Tiere zu vermitteln.
- 31
Auf die Tätigkeit des Klägers ist auch die Vorschrift des § 4 BmTierSSchV anzuwenden. Nach § 4 Satz 1 Nr. 1 BmTierSSchV hat, wer gewerbsmäßig Tiere innergemeinschaftlich verbringen oder einführen will, dies vor Aufnahme der Tätigkeit der zuständigen Behörde anzuzeigen. Wer eine Tätigkeit nach § 4 Satz 1 ausübt, hat nach § 5 Satz 1 BmTierSSchV insbesondere besondere Buchführungspflichten.
- 32
Der Kläger handelt gewerbsmäßig im Sinne von § 4 Satz 1 Nr. 1 BmTierSSchV. Die Verordnung dient nach ihrer Präambel (Nr. 22) auch der Umsetzung der Richtlinie 92/65/EWG des Rates vom 13. Juli 1992 über die u. a. tierseuchenrechtlichen Bedingungen für den Handel mit Tieren, Samen, Eizellen und Embryonen in der Gemeinschaft sowie für ihre Einfuhr in die Gemeinschaft. Nach Art. 1 der Richtlinie werden mit dieser Richtlinie u. a. die Tiergesundheitsbedingungen für den Handel mit Tieren in der Gemeinschaft sowie für ihre Einfuhr in die Gemeinschaft festgelegt. Handel in diesem Sinne ist nach Art. 2 a der Richtlinie 92/65/EWG der Handel im Sinne des Artikels 2 Nr. 3 der Richtlinie 90/425/EWG. Nach dieser Vorschrift ist Handel der Warenaustausch zwischen Mitgliedstaaten.
- 33
Eine Gewinnerzielungsabsicht ist demnach nicht Voraussetzung für einen Handel in diesem Sinne. Die Registrierungspflicht des § 4 BmTierSSchV und die Buchführungspflicht des § 5 BmTierSSchV beruhen auf Art. 12 Abs. 1 der Richtlinie 92/65/EWG in Verbindung mit Art. 12 a, b der Richtlinie 90/425/EWG, wonach die Mitgliedstaaten dafür Sorge tragen, dass alle Unternehmer, die den innergemeinschaftlichen Handel mit Tieren betreiben, gehalten sind, sich auf Verlangen der zuständigen Behörde vorab in einem öffentlichen Verzeichnis registrieren zu lassen und Buch zu führen über die Lieferung und gegebenenfalls die Empfänger, sowie die weitere Bestimmung der Tiere. Die der Durchführung von Richtlinien der Europäischen Union dienenden nationalen Rechtsvorschriften sind grundsätzlich richtlinienkonform auszulegen (BVerfG, Beschluss vom 21. Dezember 2010 – 1 BvR 506/09 – zitiert nach juris). Das bedeutet für die Vorschrift des § 4 BmTierSSchV, dass der in dieser Vorschrift verwendete Begriff "gewerbsmäßig" vorliegt, wenn es sich um einen Handel im Sinne der Richtlinien 92/65/EWG handelt. Danach ist jedoch – wie beschrieben – als Handel der Austausch von wirtschaftlichen Gütern anzusehen. Die wirtschaftlichen Güter in diesem Sinne, die im Austausch stehen, stellen vorliegend auf der einen Seite das vermittelte Besitzrecht an den Hunden und auf der anderen Seite das Entgelt in Form der nicht unerheblichen Schutzgebühr dar.
- 34
Die Anwendung der Vorschriften des § 4 BmTierSSchV ist nicht durch § 1 Abs. 3 BmTierSSchV ausgeschlossen. Danach sind die Vorschriften dieser Verordnung nicht anzuwenden, soweit unmittelbar geltende Vorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Union im Anwendungsbereich dieser Verordnung inhaltsgleiche oder abweichende Anforderungen an das innergemeinschaftliche Verbringen, die Einfuhr, Durchfuhr oder Ausfuhr regeln.
- 35
Es sind hier insbesondere nicht abweichende Bestimmungen der Verordnung (EG) Nr. 998/2003 anwendbar. In dieser Verordnung werden nach Art. 1 die Veterinärbedingungen (Tiergesundheit) festgelegt, die bei der Verbringung von Heimtieren zu anderen als Handelszwecken erfüllt werden müssen, sowie die Vorschriften für die Kontrolle dieser Verbringungen. Voraussetzung für die Anwendung dieser Verordnung ist demnach eine Verbringung zu „anderen als Handelszwecken“. Wenn schon eine Verbringung zu Handelszwecken vorliegt, sind die Vorschriften der Verordnung nicht weiter anwendbar, es kommt dann insbesondere nicht auf die Definition des Begriffs "Heimtiere" in Art. 3 a der Verordnung (EG) Nr. 998/2003 an. In dieser Verordnung sind nicht etwa Ausnahmen von den Vorgaben der Richtlinie 92/65/EWG geregelt, sondern die Verordnung soll nach ihrem Erwägungsgrund Nr. 1 die Veterinärbedingungen für die Verbringung von Heimtieren zu anderen als Handelszwecken zwischen den Mitgliedstaaten und aus Drittländern durch Maßnahmen auf Gemeinschaftsebene harmonisieren. Ein solcher Harmonisierungsbedarf liegt jedoch bei einem Handel im Sinne der Richtlinie 92/65/EWG nicht vor. Liegt eine Verbringung zu Handelszwecken vor, verbleibt es bei der Anwendung der durch die vorgenannten Richtlinien geprägten nationalen Rechtsvorschriften für den Handel. Daraus ergibt sich auch, dass die Verordnung (EG) Nr. 998/2003 den Begriff des Handels insoweit nicht hat abweichend regeln wollen. Art. 3 Buchstabe a der Verordnung (EG) Nr. 998/2003 definiert lediglich in einer möglicherweise nicht nur in der deutschen Sprachfassung verunglückten Wortwahl für die Zwecke der Verordnung den Ausdruck „Heimtiere“ als Tiere der in Anhang I genannten Arten, die ihre Eigentümer oder eine andere natürliche Person, die während der Verbringung im Auftrag des Eigentümers für die Tiere verantwortlich ist, begleiten und nicht dazu bestimmt sind, Gegenstand eines Verkaufs oder eine Eigentumsübertragung zu sein. Dabei wird nicht berücksichtigt, das Ziel jedes Verkaufs eine Eigentumsübertragung ist. Letztlich geht es aber auch dieser Vorschrift darum, Tätigkeiten, die typischerweise einen Handelszweck erfüllen, von den Vorschriften für Heimtiere auszunehmen.
- 36
Nicht maßgebend für die Anwendung der Verordnung ist, ob die Tiere aus bekannter Herkunft mit einem bekannten Gesundheitsstatus stammen. Der mangelhafte oder fehlende Nachweis der Herkunft oder des Gesundheitszustands eines Tieres betrifft die Frage, ob die Bestimmungen der Art. 4 und 5 der Verordnung eingehalten worden sind. Werden diese Bedingungen nicht erfüllt, trifft die zuständige Behörde gemäß Art. 14 der Verordnung entsprechende Maßnahmen. Zu diesen Fragen gelangt man jedoch erst, wenn man die Verordnung überhaupt für anwendbar hält, was vorliegend bereits nicht der Fall ist.
- 37
Die Bestimmung des § 4 BmTierSSchV bliebe für den Kläger aber selbst dann anwendbar, wenn kein Handelszweck vorläge und es sich bei den von ihm verbrachten Tieren um Heimtiere im Sinne der Verordnung (EG) Nr. 998/2003 handeln würde. Denn nach Art. 1 der Verordnung (EU) Nr. 388/2010 zur Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 998/2003 gelten ohnehin gemäß Art. 12 Abs. 1 b) der Verordnung (EG) Nr. 998/2003 die Anforderungen und Kontrollen der Richtlinie 92/65/EWG – und damit die zu ihrer Durchführung erlassenen Vorschriften der BmTierSSchV – für die Verbringung von Heimtieren der in Anhang I Teile A und B der genannten Verordnung aufgeführten Arten, wenn die Gesamtzahl der Tiere, die aus einem anderen Mitgliedstaat oder einem in Anhang II Teil B Abschnitt 2 der genannten Verordnung aufgeführten Drittland in einen Mitgliedsstaat verbracht werden, die Zahl fünf übersteigt. In Anhang I Teil A sind Hunde und Katzen aufgeführt und der Kläger verbringt, wie aus seinem Internetauftritt ersichtlich ist, immer mehr als fünf Tiere nach Deutschland. Nach den Erwägungsgründen der Verordnung (EU) Nr. 388/2010 ist Sinn und Zweck des Art. 1 dieser Verordnung zu verhindern, dass die Verbringung zu Handelszwecken nicht in betrügerischer Absicht als Verbringung von Heimtieren zu anderen als Handelszwecken verschleiert werden kann, indem Heimtiere grundsätzlich den Anforderungen und Kontrollen der Richtlinie 92/65/EWG unterliegen, sobald die Anzahl der eingeführten Heimtiere fünf übersteigt. Die Erfahrung mit der Anwendung der Verordnung (EG) Nr. 998/2003 hatte gezeigt, dass bei der Verbringung von Heimtieren ein hohes Risiko besteht, dass diese Verbringung zu anderen als Handelszwecken verschleiert wird. Diese Praktiken sollten vermieden werden (Erwägungsgründe Nr. 5 und Nr. 6 der Verordnung (EU) Nr. 388/2010).
- 39
Nach dieser Vorschrift bedarf derjenige, der gewerbsmäßig mit Wirbeltieren handelt, der Erlaubnis der zuständigen Behörde. Es liegt bei der Tätigkeit des Klägers, soweit es um die Abgabe von Hunden gegen Entgelt geht, ein gewerbsmäßiges Handeln vor. Ein Handel liegt nicht nur bei einem Ein- und Verkauf vor, sondern findet auch statt bei Personen, die Hunde – auch aus dem Ausland – vermitteln und sie direkt an die inländischen Endabnehmer gegen Entgelt gelangen lassen. (Hirt/Maisack/Moritz, TierSchG, Kommentar, 2. Auflage, § 11 Rn. 11).
- 40
Ein Gewerbe im Sinne der gewerberechtlichen Bestimmungen ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts gegeben, bei jeder sozial nicht unwertigen (generell nicht verbotenen), auf Gewinnerzielung gerichteten und auf Dauer angelegten selbstständigen Tätigkeit, ausgenommen Urproduktion, freie Berufe und bloße Verwaltung und Nutzung eigenen Vermögens (BVerwG Urteil vom 26. Januar 1993 – 1 C 25/91 – NVwZ 1993, 775). Die Dauerhaftigkeit ist zu bejahen, wenn die Tätigkeit fortgesetzt ausgeübt wird oder jedenfalls ausgeübt werden soll. Als erstrebter Gewinn ist dabei jeder wirtschaftliche Vorteil, unmittelbar oder mittelbar, anzusehen. Dazu gehört die Vermehrung des eigenen Vermögens deutlich über den Ausgleich eigener Unkosten hinaus (Landmann/Rohwer, Gewerbeordnung, 57. Ergänzungslieferung 2010, Einleitung, Rn. 53/54, zitiert nach BeckOnline).
- 41
Eine Gewinnerzielungsabsicht im Sinne der gewerberechtlichen Bestimmungen kann auch dann vorliegen, wenn ein mittelbarer wirtschaftlicher Vorteil erstrebt wird. Dies setzt jedoch voraus, dass im Rahmen einer Gesamtbetrachtung jedenfalls in einem Teilbereich ein Gewinn erzielt werden soll (VGH Mannheim, Urteil vom 24. September 1999 – 14 S 1197/99 – Gewerbearchiv 2000, 33). Für eine gewerbliche Tätigkeit im Sinne des Gewerberechts ist die Gewinnverwendung irrelevant. Bei verbundenen Tätigkeiten muss die jeweils in Betracht kommende Tätigkeit auf ihre gewerberechtliche Zuordnung geprüft werden, eine Saldierung von Gewinn und Verlust in verschiedenen Bereichen wäre bereits eine Berücksichtigung der Gewinnverwendung. Es kann nicht darauf ankommen, ob der erzielte Gewinn in einem Teilbereich etwa für die religiöse oder weltanschauliche Zielsetzung eines Vereins verwandt werden soll (BVerwG, Urteil vom 16. Februar 1995 – 1 B 205.93 – NVwZ 1995, 473 –). Es wird die Auffassung vertreten, dass der Begriff der Gewerbsmäßigkeit im Sinne des Tierschutzgesetzes im Wesentlichen gleichbedeutend mit dem der Gewerbsmäßigkeit im Sinne des Gewerberechts ist, insbesondere also die Absicht einer Gewinnerzielung voraussetzt. (VG Stuttgart, Beschluss vom 22. Dezember 1998, - 4 K 5551/98 -; Ziff. 12.2.1.5 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz zur Durchführung des Tierschutzgesetzes vom 9. Februar 2000 – zitiert nach juris).
- 42
Die Tätigkeit des Klägers ist bereits unter Berücksichtigung dieser Rechtsauffassung als gewerblicher Handel im Sinne des Tierschutzgesetzes anzusehen, soweit es um die entgeltliche Abgabe der Hunde geht. Die Einnahmen aus der Schutzgebühr, die im Regelfall 270 € beträgt und damit durchaus die Höhe eines üblichen Verkaufspreises erreichen kann, sollen auch nach den Darstellungen der Vertreterin des Klägers in der mündlichen Verhandlung teilweise dazu dienen, die Tätigkeit des Vereins in anderen Bereichen zu ermöglichen und nicht nur die Aufwendungen für das einzelne nach Deutschland gebrachte Tier zu decken, was angesichts der Höhe der Schutzgebühr nachvollziehbar ist. Damit beabsichtigt der Kläger in diesem Teilbereich, einen Gewinn zu erzielen. Dass der Gewinn wiederum zu wohltätigen Zwecken verwandt werden soll, betrifft die Gewinnverwendungsabsicht, nicht jedoch die Gewinnerzielungsabsicht. Es liegt demnach für den Teilbereich eine Gewinnerzielungsabsicht vor, obwohl die Klägerin nachvollziehbar vorgetragen hat, dass sie insgesamt bei ihrer Tätigkeit, also bei einer Saldierung ihrer Tätigkeitsbereiche, weder einen Gewinn anstrebt noch diesen tatsächlich erzielt.
- 43
Die Kammer folgt darüber hinaus der in der Literatur vertretenen Ansicht, dass es für das Vorliegen eines gewerbsmäßigen Handelns im Sinne des Tierschutzgesetzes keiner Gewinnerzielungsabsicht bedarf (ausführlich Thümmel, Einfuhr und Verbringung von Hunden durch Tierschutzorganisationen, erweitertes Manuskript zum Vortrag am 17. September 2010 "Aktuelle Probleme des Tierschutzes“, Hannover, 16. und 17. September 2010, Fortbildungsveranstaltung der ATF-Fachgruppe Tierschutz und des Institutes für Tierhygiene, Tierschutz und Nutztierethologie der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover, 2010, S. 1-20).
- 44
Die Kammer schließt sich der Auffassung an, dass der Begriff der Gewerbsmäßigkeit im Tierschutzgesetz der Erreichung der Ziele dieses Gesetzes dienen muss. Das Tierschutzgesetz will mit dem Begriff der Gewerbsmäßigkeit die vorbeugende Kontrolle und die erhöhten Anforderungen an die verantwortlichen Personen in den Fällen festlegen, in denen durch das dauerhafte und planmäßige Handeln dieser Person bzw. ihrer Organisationen eine Vielzahl von Tieren betroffen ist. Die erhöhte Gefährlichkeit eines solchen Handelns für die Tiere tritt hier nicht erst mit der Absicht der Gewinnerzielung ein, sondern bereits mit dem Umfang der Tätigkeit, der die Überschaubarkeit eines privaten Haushalts, in dem Tiere gehalten werden, überschreitet. Lässt man die erhöhten Tierschutzanforderungen erst bei einer Gewinnerzielungsabsicht eingreifen, beeinträchtigt dies die Wirksamkeit des Tierschutzes. Zu Recht wird ausgeführt, dass ein Indiz dafür, dass ein geschäftlicher Umfang erreicht wird, der zu erhöhten Anforderungen an den Tierschutz führen muss, das Anschwellen von Kosten ist, da diese ab einem gewissen Umfang der Tätigkeit das Bedürfnis nach einer Kostenreduzierung wecken, sodass die Tätigkeit nicht mehr unentgeltlich vorgenommen wird (Thümmel, a.a.O., S. 16). Für die Gewerbsmäßigkeit im Tierschutzrecht ist es deshalb notwendig, aber auch ausreichend, dass eine selbstständige, dauerhafte und planmäßige Tätigkeit vorliegt, deren Umfang, der erhöhte tierschutzrechtliche Anforderungen notwendig werden lässt, dadurch indiziert wird, dass für die Tätigkeit ein Entgelt verlangt wird, dass die Kosten zumindest nicht unerheblich reduzieren soll (Thümmel, a.a.O., S. 17).
- 45
Eine solche am Zweck der tierschutzrechtlichen Bestimmungen orientierte Auslegung verstößt nicht gegen den Bestimmtheitsgrundsatz. Die Vorschrift des § 11 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 b TierSchG ist durch § 18 Abs. 1 Nr. 20 TierSchG bußgeldbewehrt. In solchen Fällen müssen sowohl die Bußgeldvorschrift als auch die materiellen verwaltungsrechtliche Normen in ihrer Gesamtheit hinsichtlich der Auslegung und Anwendung im Einzelfall den verschärften verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsanforderungen des Artikels 103 Abs. 2 GG genügen (BVerwG, Urteil vom 17. Dezember 2009 – 7 C 4.09 – NVwZ-RR 2010, 309, 310; Urteil vom 23. Oktober 2008 – 7 C 9.08 – NVwZ-RR 2009, 102). Art. 103 Abs. 2 GG enthält die Verpflichtung des Gesetzgebers, die Voraussetzungen der Strafbarkeit so konkret zu umschreiben, dass Tragweite und Anwendungsbereich der Straftatbestände zu erkennen sind und sich durch Auslegung ermitteln lassen. Jedermann soll vorhersehen können, welches Verhalten verboten und mit Strafe bedroht ist. Andererseits soll sichergestellt werden, dass der Gesetzgeber selbst abstrakt-generell über die Strafbarkeit entscheidet. Insoweit enthält Art. 103 Abs. 2 GG einen strengen Gesetzesvorbehalt, der es der vollziehenden und der rechtsprechenden Gewalt verwehrt, die normativen Voraussetzungen einer Bestrafung festzulegen. Prinzipiell muss der Normadressat mithin anhand der gesetzlichen Regelung voraussehen können, ob ein Verhalten strafbar ist; in Grenzfällen geht er dann, für ihn erkennbar, das Risiko einer Bestrafung ein. Beides ist nur möglich, wenn in erster Linie der für den Adressaten verstehbare Wortlaut des gesetzlichen Straftatbestandes maßgebend ist. Führt erst eine über den erkennbaren Wortsinn der Vorschrift hinausgehende Interpretation zu dem Ergebnis der Strafbarkeit eines Verhaltens, so kann dies nicht zu Lasten des Bürgers gehen. Wenn Strafvorschriften in der dargelegten Weise bestimmt sein müssen, so schließt dies nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nicht eine Verwendung von Begriffen aus, die in besonderem Maße der Deutung durch den Richter bedürfen. Auch im Strafrecht steht der Gesetzgeber vor der Notwendigkeit, bei der Ausgestaltung der Straftatbestände der Vielfalt der zu erfassenden Sachverhalte Rechnung zu tragen. Es ist wegen der Allgemeinheit und Abstraktheit von Strafnormen unvermeidlich, dass in Grenzfällen zweifelhaft sein kann, ob ein konkretes Verhalten noch unter den gesetzlichen Tatbestand fällt oder nicht. Die Strafbarkeitsvoraussetzungen sind umso präziser zu bestimmen, je schwerer die angedrohte Strafe ist (BVerfG, Urteil vom 06. Mai 1987 – 2 BvL 11/85 – BVerfGE 75, 329). Dabei ist der mögliche Wortlaut als äußerste Grenze zulässiger richterlicher Interpretation aus der Sicht des Normadressaten zu bestimmen. Für die Bestimmung des möglichen Sinns können auch dabei jedoch auch gesetzessystematische und teleologische Erwägungen von Bedeutung sein (BVerfG, Beschluss vom 16. Juni 2011 – 2 BvR 542/09 – zitiert nach juris).
- 46
Einer Berücksichtigung des Sinn und Zwecks der jeweiligen fachgesetzlichen Regelungen, hier der tierschutzrechtlichen Bestimmungen, steht der Bestimmtheitsgrundsatz deshalb nicht entgegen. Zunächst ist vorliegend zu berücksichtigen, dass die Norm des § 11 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 b TierSchG lediglich bußgeldbewehrt ist. Weiter ist zu berücksichtigen, dass die verschiedenen Gesetze den Begriff des Gewerbes nicht mit einem völlig gleichen Inhalt gebrauchen (vgl. bereits BGH, Urteil vom 07. Juli 1960 – VIII ZR 215/59 – BGHZ 33, 321; Thümmel, a.a.O., S. 14), es kann deshalb niemand schutzwürdig darauf vertrauen, dass der Gewerbebegriff in allen Rechtsbereichen wie im Gewerberecht ausgelegt wird. So kommt es etwa nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum Verbrauchsgüterkauf (§ 474 Abs. 1 BGB) und zum Begriff des Unternehmers, der in § 14 BGB als eine Person definiert wird, die beim Abschluss des Rechtsgeschäfts in Ausübung ihrer gewerblichen Tätigkeit handelt, nicht darauf an, ob ein Verkäufer mit einer in professioneller Weise betriebenen Geschäftstätigkeit Gewinn erzielen oder damit lediglich Verlust reduzieren will. Der Gewerbebegriff sei vielmehr nach objektiven Gegebenheiten auszurichten, dem habe sich auch die ältere Rechtsprechung des BGH zum handelsrechtlichen Gewerbebegriff angenähert, die den Zweck der Gewinnerzielung dahin verstanden habe, dass der Geschäftsbetrieb auf Erzielung "dauernder Einnahmen" gerichtet sei (BGH, Urteil vom 29. März 2006 – VIII ZR 173/05 – NJW 2006, 2250; vgl. dazu Thümmel, a.a.O., S. 15, 16). Vor diesem Hintergrund kann auch der Normadressat der tierschutzrechtlichen Regelungen nicht schutzwürdig erwarten, dass ein gewerbliches Handeln mit Tieren im Sinne des Tierschutzgesetzes bei der regelmäßigen Abgabe von Tieren gegen ein nicht unerhebliches Entgelt verneint wird.
- 47
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 167 Abs. 1 VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO; eine vorläufige Vollstreckung ist nur wegen der Kosten möglich.
(1) Durch Klage kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (Feststellungsklage).
(2) Die Feststellung kann nicht begehrt werden, soweit der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt wird.
Tenor
Unter Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Mainz vom 14. Juli 2014 wird auf die Beschwerde des Beklagten festgestellt, dass der Verwaltungsrechtsweg für den Klageantrag zu 1) (1. Hauptantrag) unzulässig ist. Der Rechtsstreit wird insoweit an das zuständige Landgericht Mainz verwiesen.
Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
Die Klägerinnen und der Beklagte tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens je zur Hälfte.
Die weitere Beschwerde zum Bundesverwaltungsgericht wird zugelassen.
Gründe
I.
- 1
Die Klägerinnen betreiben regionale Breitbandkabelnetze. Sie begehren mit dem 1. Hauptantrag ihrer am 30. April 2013 bei dem Verwaltungsgericht Mainz erhobenen Klage festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, mit ihnen einen Vertrag über die entgeltliche (analoge und digitale) Verbreitung des Programms des Zweiten Deutschen Fernsehens (ZDF) über ihre Netze zu schließen, soweit das Programm in diesen Netzen Must-Carry-Status hat. Mit ihrem zunächst hilfsweise und nunmehr als 2. Hauptantrag gestellten Antrag begehren die Klägerinnen ferner festzustellen, dass sie nicht verpflichtet sind, das Programm „ZDF“ in ihre Netze einzuspeisen oder über ihre Netze zu verbreiten, solange hierüber kein Vertrag geschlossen worden ist. Einen solchen privatrechtlichen Vertrag mit den Klägerinnen hatte der Beklagte, wie die übrigen Landesrundfunkanstalten auch, zum 31. Dezember 2012 gekündigt.
- 2
Das Verwaltungsgericht Mainz hat mit Beschluss vom 14. Juli 2014 auf die ausdrückliche Rüge des Beklagten gemäß § 17a Abs. 3 Satz 2 Gerichtsverfassungsgesetz – GVG – über die Zulässigkeit des Verwaltungsrechtswegs vorab entschieden und festgestellt, dass der Verwaltungsrechtsweg eröffnet ist. Hiergegen richtet sich die am 28. Juli 2014 eingelegte Beschwerde des Beklagten.
II.
- 3
Die Beschwerde ist zulässig (§ 17a Abs. 4 Satz 3 Gerichtsverfassungsgesetz – GVG –) und hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang in der Sache Erfolg. Der Ausspruch über die Zulässigkeit des beschrittenen Rechtswegs (§ 17a Abs. 3 GVG) ist rechtswidrig und auf die Beschwerde des Beklagten in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang aufzuheben, weil die Kammer für den gesamten Rechtsstreit den Verwaltungsrechtsweg für zulässig erklärt hat. Für den Klageantrag zu 1) (1. Hauptantrag) ist der Verwaltungsrechtsweg jedoch nicht eröffnet und der Rechtsstreit insoweit an das zuständige Landgericht Mainz zu verweisen (1.). Für den Klageantrag zu 2), der ursprünglich hilfsweise gestellt wurde und mit Schriftsatz vom 20. Dezember 2013 (Bl. 306 GA) schließlich unbedingt als 2. Hauptantrag gestellt wird, ist der Verwaltungsrechtsweg demgegenüber eröffnet und die Beschwerde daher in diesem Umfang zurückzuweisen (2.). Der Klageantrag zu 2) ist daher von dem Verwaltungsgericht Mainz unter neuem Aktenzeichen fortzuführen (3.).
- 4
1. Das Verfahren ist gemäß § 17a Abs. 2 GVG mit dem Klageantrag zu 1) (1. Hauptantrag) an das zuständige Landgericht Mainz zu verweisen, weil der Zivilrechtsweg eröffnet ist. Es handelt sich insoweit vorliegend gemäß § 13 GVG um eine bürgerliche Rechtsstreitigkeit.
- 5
Der Verwaltungsrechtsweg ist insoweit nicht eröffnet, da es sich nicht gemäß § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit nicht verfassungsrechtlicher Art handelt. Ob eine Streitigkeit öffentlich-rechtlich oder privatrechtlich ist, bestimmt sich nach der Natur des behaupteten Rechtsverhältnisses. Maßgeblich ist allein die wirkliche Natur des behaupteten Rechtsverhältnisses, nicht hingegen die rechtliche Qualifizierung des geltend gemachten Anspruchs durch den Kläger. Ob für dessen Klagebegehren eine Anspruchsgrundlage in Betracht kommt, die in dem beschrittenen Rechtsweg zu verfolgen ist, ist auf der Grundlage des Klageantrags und des zu seiner Begründung vorgetragenen Sachverhalts zu prüfen.
- 6
Danach liegt hier ein zivilrechtliches Rechtsverhältnis vor. Die Klägerinnen begehren die Feststellung, dass der Beklagte verpflichtet ist, mit ihnen einen Vertrag über die entgeltliche (analoge und digitale) Verbreitung des Programms „ZDF“ über die Netze der Klägerinnen zu schließen, soweit das Programm in diesen Netzen Must-Carry-Status hat. Die Beantwortung der Vorfrage, ob und ggf. unter welchen Bedingungen dieses Programm Must-Carry-Status hat, beurteilt sich zwar letztlich nach §§ 11 ff., 19, 52 ff. Rundfunkstaatsvertrag – RStV – und Art. 5 Abs. 1 Satz 2 Grundgesetz – GG – und damit nach Normen des öffentlichen Rechts. Ein Kontrahierungszwang, der entweder zur Fortgeltung der bisherigen, von der Beklagten gekündigten Verträge führen könnte oder der einen Anspruch auf Abschluss eines neuen Vertrags vermittelt, ergibt sich aber aus diesen Normen nicht (VG Köln, Beschluss vom 18. Juni 2014 – 6 K 2805/13 –, S. 3 f. d. Umdrucks; vgl. auch OLG München, Urteil vom 28. November 2013 – U 2094/13 Kart –, S. 7 d. Umdrucks; LG Köln, Urteil vom 14. März 2013 – 31 O [Kart] 466/12 –, MMR 2013, 542 ff.; insoweit zutreffend auch OVG NRW, Beschluss vom 28. Oktober 2014 – 13 E 827/14 –, S. 4 f. des Umdrucks). Diese Frage beantwortet sich vielmehr in erster Linie nach § 138, § 242, § 315, § 826 BGB und damit nach zivilrechtlichen Bestimmungen (vgl. OLG München, Urteil vom 28. November 2013 – U 2094/13 Kart –, S. 8 ff. d. Umdrucks; LG Köln, Urteil vom 14. März 2013 – 31 O [Kart] 466/12 –, MMR 2013, 542 [543 f.]; Trute/Broemel, MMR-Beilage 11/2012, 1 [24 ff.]; Fink/Keber, MMR-Beilage 2/2013, 1 [42]).
- 7
Die mittelbare Wirkung der §§ 11 ff., 19, 52 ff. RStV und von Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG führt auch nicht dazu, dass das Verhältnis zwischen den Klägerinnen und dem Beklagten von einem privatrechtlichen in ein öffentlich-rechtliches umgeformt würde (a.A. BayVGH, Beschluss vom 6. Oktober 2014 – 7 C 14.1372 –, Rn. 11 f.; HambOVG, Beschluss vom 8. Oktober 2014 – 4 So 62/14 –, S. 5 ff.; OVG NRW, Beschluss vom 28. Oktober 2014 – 13 E 827/14 –, S. 4 f. des Umdrucks; VG Hamburg, Beschluss vom 28. Mai 2014 – 17 K 1672/13 –, S. 3 f. d. Umdrucks; VG München, Beschluss vom 2. Juni 2014 – M 17 K 13.1925 –, S. 22 ff. d. Umdrucks). Die Rundfunkanstalten sind gerade nicht dem staatlichen Bereich zugeordnet. §§ 11 ff., 19, 52 ff. RStV tragen dem Rechnung, indem das Verhältnis der Rundfunkanstalten zu ihren Partnern in Bezug auf die Nutzung von Übertragungswegen jeweils vertraglich geregelt werden muss und etwaige Streitigkeiten daher auf dem Zivilrechtsweg auszutragen sind (vgl. Binder, in: Hahn/Vesting [Hrsg.], Beck’scher Kommentar zum Rundfunkrecht, 3. Aufl. 2012, § 19 Rn. 58). Etwaige Entgeltansprüche von Kabelnetzbetreibern gegenüber Rundfunkanstalten bewegen sich daher auf dieser „horizontalen Ebene“ und werden nicht etwa durch staatliche Entgeltfestsetzungen vorgenommen (Hain/Steffen/Wierny, MMR 2013, 769 [772]). Diese Grundsatzentscheidung des Gesetzgebers darf nicht durch eine Umdeutung des zivilrechtlichen Charakters der Rechtsbeziehungen zwischen den Rundfunkveranstaltern und den Kabelnetzbetreibern in ein öffentlich-rechtliches Rechtsverhältnis unterlaufen werden. Auch das „Ob“ des Vertragsschlusses bleibt daher in diesem Gleichordnungsverhältnis zwischen den Beteiligten eine zivilrechtliche Frage.
- 8
2. Für den Klageantrag zu 2) (2. Hauptantrag), mit dem die Klägerinnen die Feststellung begehren, dass sie nicht verpflichtet sind, das Programm „ZDF“ in ihre Netze einzuspeisen oder über ihre Netze zu verbreiten, solange hierüber kein Vertrag geschlossen worden ist, ist der Verwaltungsrechtsweg demgegenüber eröffnet und die Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts daher in diesem Umfang zurückzuweisen. Das Verwaltungsgericht hat insoweit zutreffend festgestellt, dass der Verwaltungsrechtsweg zulässig ist.
- 9
Die Sicherstellung der Übertragungswege und das „Ob“ ihrer Nutzung sind ein Essential der durch Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG garantierten Rundfunkfreiheit (vgl. BVerfG, Urteil vom 4. November 1986 – 1 BvF 1/84 –, BVerfGE 73, 118 [156]; Dörr, in: Festschrift für P. Kirchhof, 2013, § 69 Rn. 8). Die in dieser Konsequenz durch den Rundfunkstaatsvertrag auferlegten Must-Carry-Pflichten zur Einspeisung und Durchleitung von Angeboten mit Must-Carry-Status (§ 52b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 RStV) stehen deshalb nicht zur Disposition der Kabelnetzbetreiber und sind als in einem „Vertikalverhältnis“ auferlegte Pflichten aus den o.g. „horizontalen“ Beziehungen der Entgeltfestsetzung herausgelöst; es handelt sich insoweit in der Sache um den Kabelnetzbetreibern auferlegte hoheitliche Übertragungspflichten (Hain/Steffen/Wierny, MMR 2013, 769 [773]; a.A. wohl Fink/Keber, MMR-Beilage 2/2013, 1 [42]; dies., MMR 2014, 24 [25]). Gegen die Entscheidung einer Rundfunkanstalt, einen bestimmten Übertragungsweg zu nutzen oder nicht (mehr) zu nutzen, ist deshalb der Verwaltungsrechtsweg nach § 40 VwGO eröffnet (vgl. Binder, in: Hahn/Vesting [Hrsg.], Beck’scher Kommentar zum Rundfunkrecht, 3. Aufl. 2012, § 19 Rn. 57). Dies gilt auch für das hier erhobene Feststellungsbegehren der Klägerinnen, wonach diese Verpflichtung nur unter Bedingungen zu erfüllen sei. Die Klägerinnen begehren nämlich insoweit in der Sache die Bestimmung der Reichweite der öffentlich-rechtlichen Must-Carry-Bestimmungen (vgl. Schütz/Schreiber, MMR 2013, 544 [546]; vgl. entspr. auch OLG Stuttgart, Urteil vom 21. November 2013 – 2 U 46/13 –, S. 2 d. Umdrucks).
- 10
Ob für dieses (negative) Feststellungsbegehren ein berechtigtes Feststellungsinteresse besteht, ist aus Sicht des Senats zwar höchst zweifelhaft (vgl. auch LG Köln, Urteil vom 14. März 2013 – 31 O [Kart] 466/12 –, MMR 2013, 542 [544]), vom Beschwerdegericht aber nicht zu entscheiden, da diese Frage den Rechtsweg nicht betrifft (vgl. zu dieser Differenzierung auch OVG RP, Beschluss vom 26. Juni 2014 – 2 F 10521/14.OVG –, S. 4 d. Umdrucks).
- 11
3. Da für den Klageantrag zu 1) und den Klageantrag zu 2) unterschiedliche Rechtswege zulässig sind, sind die Verfahren zu trennen und der Klageantrag zu 2) von dem Verwaltungsgericht Mainz unter neuem Aktenzeichen fortzuführen (vgl. VG Köln, Beschluss vom 18. Juni 2014 – 6 K 2805/13 –, S. 2 d. Umdrucks; OLG Stuttgart, Urteil vom 21. November 2013 – 2 U 46/13 –, S. 2 d. Umdrucks).
- 12
4. Der Ausspruch über die Kosten folgt aus §§ 154 Abs. 2, 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Einer Festsetzung des Streitwerts bedarf es nicht, da nur eine Festgebühr anfällt (Kostenverzeichnis Nr. 5501, Anlage 1 zum Gerichtskostengesetz).
- 13
Die weitere Beschwerde zum Bundesverwaltungsgericht ist wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtsfrage zuzulassen, da die Entscheidungen der Verwaltungsgerichte zu der vorliegenden Rechtsfrage uneinheitlich sind (§ 152 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 17a Abs. 4 Sätze 4 und 5 GVG).
(1) Durch Klage kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (Feststellungsklage).
(2) Die Feststellung kann nicht begehrt werden, soweit der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt wird.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % der zu vollstreckenden Kosten abwenden, wenn nicht vorher der Beklagte Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand
- 1
Der Kläger begehrt die Feststellung, dass auf seine Tätigkeit die Verordnung (EG) Nr. 1/2005 und § 4 der Binnenmarkt-Tierseuchenschutzverordnung (BmTierSSchV) nicht anzuwenden sind sowie die Feststellung, dass seine Tätigkeit nicht erlaubnispflichtig nach § 11 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 b) TierSchG ist.
- 2
Der Kläger ist ein gemeinnütziger eingetragener Verein mit Sitz in Schleswig-Holstein. Zweck des Vereins ist es nach § 2 Nr. 1 seiner Satzung, den Tierschutz zu fördern und aktiven Tierschutz zu leisten. In § 3 der Satzung des Klägers heißt es: „Der Verein verfolgt ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige Zwecke […]. Der Verein ist selbstlos tätig. Er verfolgt nicht in erster Linie eigenwirtschaftliche Zwecke. Mittel des Vereins dürfen nur für die satzungsmäßigen Zwecke verwendet werden. Mitglieder erhalten keine Zuwendungen aus Mitteln des Vereins. Es darf keine Person durch Ausgaben, die dem Zweck des Vereins fremd sind, oder durch unverhältnismäßig hohe Vergütungen begünstigt werden.“
- 3
Der Kläger übernimmt von Tierschutzvereinen, Tierschutzorganisationen oder Tierschützern im europäischen Ausland (insbesondere Ungarn) Hunde und vermittelt sie an Pflegestellen oder Hundehalter innerhalb der Bundesrepublik Deutschland. Der Tätigkeitsbereich des Klägers erstreckt sich unter anderem auf die Sicherstellung einer ausreichenden tierärztlichen Versorgung der aufgegriffenen Tiere sowie vorbeugende Schutzimpfungen, Aufnahme und Fütterung herrenloser Tiere, die Förderung, Betreuung und Unterstützung von Patenschaften für die Tiere. Der Kläger wird durch Mitgliedsbeiträge und Spenden unterstützt. Bei der Abgabe von Hunden wurde zunächst nach Gründung des Vereins im Jahre 2007 in der Regel eine Schutzgebühr von 250,-- € erhoben, die Gebühr beträgt gegenwärtig in der Regel 270,-- €, bei schwer zu vermittelnden Hunden wird die Gebühr im Einzelfall reduziert oder ganz auf eine Gebühr verzichtet. Der Kläger schließt Schutzverträge über die Abgabe der Hunde, die nur ein Besitzrecht, jedoch kein Eigentum vermitteln sollen. Die Hunde werden den neuen Tierhaltern im Rahmen eines Sammeltransports je nach Wohnsitz an unterschiedlichen Orten übergeben. Nach den Angaben auf der Internetpräsenz des Klägers betrug die Anzahl der vermittelten Tiere am 16. August 2011 1617 und der noch zu vermittelnden Tiere 484.
- 4
Am 07. Januar 2009 erging seitens des Beklagten ein Rundschreiben an die Veterinärbehörden der Kreise und kreisfreien Städte in Schleswig-Holstein mit dem Hinweis, dass das von dem Kläger organisierte Verbringen beziehungsweise Einführen von Heimtieren nach Deutschland nicht durch die erleichterten Bedingungen der Verordnung (EG) Nr. 998/2003 gedeckt sei, sondern den strengeren Regelungen der Vorschriften für den Handelsverkehr unterliege. Die erleichterten Vorschriften würden nur auf Tiere aus bekannter Herkunft mit einem bekannten Gesundheitsstatus zutreffen und nur für natürliche Personen gelten. Es greife außerdem die tierseuchenrechtliche Anzeige- und Registrierungspflicht nach § 4 BmTierSSchV. Das Verbringen ungeimpfter Welpen sei ausschließlich im Rahmen des Reiseverkehrs rechtens und zu den geschilderten Zwecken sei ausschließlich das Verbringen von Hunden mit einem wirksamen Tollwutimpfschutz aus den EU-Mitgliedsstaaten zulässig. Es seien bei einem Sammeltransport durch den Kläger 39 Hunde von Ungarn nach Deutschland verbracht worden und zumindest bei einem Hund sei der Gesundheits- und Impfstatus nicht einwandfrei nachvollziehbar gewesen.
- 5
Der Kläger bat den Beklagten mit anwaltlichem Schreiben vom 19. Januar 2009 unter Bezug auf das Rundschreiben um Bestätigung, dass für ihn die handelsrechtlichen Bestimmungen keine Geltung hätten. Zur Begründung führte er an, die von dem Beklagten für anwendbar gehaltenen Vorschriften setzten ein gewerbliches Handeln voraus, was bei ihm nicht gegeben sei. Er verkaufe keine Tiere und ihm fehle die erforderliche Gewinnerzielungsabsicht. Es handele sich um einen gemeinnützigen Verein, dessen jährlicher Verlust durch Mitgliedsbeiträge und Spenden ausgeglichen werde.
- 6
Der Beklagte führte mit Schreiben vom 03. Februar 2010 an den Kläger an, die Tätigkeit des Klägers sei eine Einfuhr von Tieren aus dem Ausland nach Deutschland zum Zwecke der Weitergabe an Dritte gegen Entgelt und müsse, ungeachtet der Tatsache, ob eine Gewinnerzielungsabsicht gegeben sei, als eine wirtschaftliche Tätigkeit angesehen werden. Es handele sich um ein Angebot, welches mit dem von Wirtschaftsteilnehmern konkurriere, die den gleichen Zweck verfolgten. Der Kläger führe die Tiere gezielt zur (entgeltlichen) Weitergabe an Dritte ein und biete demnach Güter auf einem bestimmten Markt an. Diese Tätigkeit unterscheide sich nicht von der Tätigkeit eines Züchters oder Händlers, die zweifelsfrei als wirtschaftlich anzusehen sei, nämlich die Beschaffung (Zukauf oder Zucht) von Tieren und deren Weitergabe gegen Entgelt (Verkauf, Handel). Zusätzlich ergebe sich für den Kläger eine Erlaubnispflicht aus § 11 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 b) TierSchG. Daran ändere auch die Auslegung des Begriffs „gewerbsmäßig“ nichts, da durch die EU-Rechtsprechung jegliches Übereignen bzw. schon alleine das Anbieten einer Ware oder Dienstleistung als eine wirtschaftliche Tätigkeit anzusehen sei. Die Heranziehung des Kriteriums der Gewinnerzielungsabsicht sei rein deklaratorisch. Da die Verordnung (EG) Nr. 1/2005 Anwendung finde, müsse das Transportunternehmen zugelassen sein und die Fahrer und Betreuer müssten nachweislich über die erforderliche Kenntnisse verfügen.
- 7
Der Kläger hat am 08. März 2010 Klage erhoben.
- 8
Er macht geltend, das für die Klage erforderliche Feststellungsinteresse ergebe sich bereits daraus, dass der Beklagte ihn in seinem Schreiben vom 07. Januar 2009 ausdrücklich genannt und sein Verhalten als nicht im Einklang mit den geltenden Bestimmungen dargestellt habe. Er sei nicht gezwungen, eine Erlaubnis nach § 11 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 b) TierSchG zu beantragen, weil eine höchstrichterliche Klärung insoweit noch nicht erfolgt und die Rechtslage daher noch unklar sei. Aus diesem Grund sei ihm auch nicht zuzumuten, die Verordnung (EG) Nr. 1/2005 zu beachten und Anzeige- und Registrierungspflichten nach § 4 BmTierSSchV zu erfüllen. An die Registrierungspflicht seien weitere Verpflichtungen geknüpft, insbesondere aus § 5 BmTierSSchV. Es bestehe ein berechtigtes Interesse an einer gerichtlichen Klärung. Da der Verstoß gegen die von dem Beklagten genannten Vorschriften bußgeld- und damit strafbewehrt sei, ergebe sich bereits daraus ein Feststellungsinteresse. Zwar habe er seine Tätigkeit im Sinne des § 4 BmTierSSchV angezeigt, um weiter seiner Tätigkeit nachgehen zu können. Dies sei jedoch weder gegenüber der zuständigen Behörde erfolgt, noch habe er eine Registrierungsnummer erhalten. Die Registrierung dürfe auch nicht erfolgen, wenn § 4 BmTierSSchV nicht greife.
- 9
Er sei außerdem weder zu Gewerbszwecken noch zur Gewinnerzielung tätig. Seine Tätigkeit sei weder ein Handeltreiben noch eine wirtschaftliche Tätigkeit oder gewerblich. Die Verordnung (EG) Nr. 1/2005 sei deshalb nicht anzuwenden, die Anzeigepflicht des § 4 BmTierSSchV greife nicht und mangels Handeltreibens sowie aufgrund fehlender Gewinnerzielungsabsicht sei die Tätigkeit nicht erlaubnispflichtig nach § 11 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 b) TierSchG.
- 10
Die Verordnung (EG) Nr. 1/2005 gelte nicht für den Transport von Tieren, der nicht in Verbindung mit einer wirtschaftlichen Tätigkeit durchgeführt werde. Nach der von dem Beklagten herangezogenen Rechtsprechung des EuGH zu dem Begriff des Unternehmers im Sinne der beihilferechtlichen Vorschriften der Art. 87 f. EGV, nach der der Begriff des Unternehmens eine wirtschaftliche Tätigkeit erfordere, sei eine wirtschaftliche Tätigkeit im Sinne des europäischen Beihilferechts jede Tätigkeit, die darin bestehe, Güter oder Dienstleistungen auf einem bestimmten Markt anzubieten. Diese Definition beziehe sich auf den Begriff der wirtschaftlichen Tätigkeit im Rahmen des Beihilferechts und könne nicht unmittelbar und ohne Differenzierung auf den Begriff der wirtschaftlichen Tätigkeit im Sinne der gegenständlichen Verordnung übertragen werden. Außerdem setze eine wirtschaftliche Tätigkeit auch nach der Rechtsprechung des EuGH zum Beihilferecht voraus, dass das Unternehmen zu Erwerbszwecken handele. Wohltätige oder karitative Einrichtungen würden nicht hierunter fallen. Ein Erwerbszweck werde nur dann verfolgt, wenn eine Kapitalrendite erstrebt werde oder ein angestrebter wirtschaftlicher Erfolg zu direkten Vorteilen der Gesellschafter beziehungsweise Mitglieder führen solle. Der EuGH habe bereits ausgeführt, dass, wenn die Tätigkeit einer juristischen Person ohne Gewinnzweck ausgeübt werde, insoweit gegenüber Unternehmen mit Gewinnzweck zu differenzieren sei, mit der Folge, dass selbst die Regelungen des Vertrages über das Wettbewerbsrecht beziehungsweise die Beihilferegelungen auf Unternehmen, denen der Gewinnzweck fehle, nicht anzuwenden seien. Zweck seiner Tätigkeit sei, die Verwirklichung der Staatszielbestimmung in Art. 20 a GG zu fördern. Organe und Mitglieder würden keine Vergütung und keinen wirtschaftlichen Vorteil erhalten. Er könne seine Aufwendungen nicht durch seine Einnahmen decken. Er verschaffe sich keine Gewinne oder Erträge und wolle dies auch nicht. Selbst wenn man annehmen würde, die Verordnung (EG) Nr. 1/2005 fände Anwendung, so müsse das Transportunternehmen nicht immer zugelassen sein, wenn Hunde transportiert würden. Dies gelte gem. Art. 7 der Verordnung lediglich für lange Beförderungen. Art. 6 Abs. 5 der Verordnung verlange auch nicht, dass die Fahrzeuge nur von Personen gefahren oder als Betreuer begleitet werden dürften, die über einen Befähigungsnachweis verfügten. Er handele auch nicht gewerbsmäßig im Sinne von § 4 BmTierSSchV.
- 11
Auch sei kein gewerbsmäßiges Handeln mit Tieren im Sinne des § 11 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 b) TierSchG gegeben, da es bereits an einem Handel fehle, weil dieser den Ankauf von Ware und den anschließenden Verkauf meine. Er kaufe jedoch keine Hunde zum anschließenden Weiterverkauf. Auch in Bezug auf diese Vorschrift fehle es darüber hinaus an der erforderlichen Gewinnerzielungsabsicht. Das Merkmal der Gewinnerzielungsabsicht sei auch nicht nur deklaratorisch. Bei § 11 TierSchG handle es sich um eine nationale Vorschrift, so dass es bezüglich der enthaltenen Tatbestandsmerkmale auch nicht auf eine europarechtliche Auslegung ankommen könne.
- 12
Der Kläger beantragt,
- 13
festzustellen, dass auf das innerhalb der Europäischen Union erfolgende Verbringen oder Verbringenlassen von Hunden in das Inland und deren Vermittlung durch den Kläger an Pflegestellen oder Hundehalter im Inland die Regelungen und Vorschriften über den Handelsverkehr mit Tieren beziehungsweise das gewerbliche Verbringen, Verbringen für den Handel, Verbringen zu Handelszwecken sowie über den Transport von Tieren in Verbindung mit einer wirtschaftlichen Tätigkeit in der Verordnung (EG) 1/2005 und § 4 der Binnenmarkt-Tierseuchenschutzverordnung (BmTierSSchV) nicht anzuwenden sind
sowie
festzustellen, dass das Verbringen oder Verbringenlassen von Hunden innerhalb der Europäischen Union und deren Vermittlung durch den Kläger an Pflegestellen oder Hundehalter im Inland nicht erlaubnispflichtig nach § 11 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 b) TierSchG ist.
- 14
Der Beklagte beantragt,
- 15
die Klage abzuweisen.
- 16
Zur Begründung führt er an, der Kläger habe seine Tätigkeit im Hinblick auf § 4 BmTierSSchV gegenüber der zuständigen Behörde angezeigt. Die Klage sei insofern unzulässig, da der Kläger nicht geltend machen könne, ihm sei nicht zuzumuten, die sich aus § 4 BmTierSSchV ergebenden Pflicht zu erfüllen.
- 17
Nachdem es bei einem der transportierten Hunde zu Unstimmigkeiten gekommen sei, habe er den Kläger darüber informiert, dass für ihn nicht die erleichterten Bestimmungen für die Einfuhr von Hunden gemäß der Verordnung (EG) Nr. 998/2003 gelten würden, sondern die strengeren Regelungen für den Handelsverkehr. Eine wirtschaftliche Tätigkeit im Sinne des Art. 1 Abs. 5 der Verordnung (EG) Nr. 1/2005 setze nicht voraus, dass ein Unternehmen zu Erwerbszwecken handle. Es werde vielmehr darauf abgestellt, ob das Angebot mit dem von Wirtschaftsteilnehmern, die den gleichen Zweck verfolgten, konkurriere oder nicht. Sei dies der Fall, sei es unerheblich, ob die Güter mit oder ohne Gewinnerzielungsabsicht angeboten würden. Der Kläger konkurriere mit anderen Anbietern auf dem Markt, zumal die Schutzgebühr im Rahmen dessen liege, was auch im Internet oder privaten Anzeigen für Hunde verlangt werde.
- 18
Im Hinblick auf § 4 BmTierSSchV belege bereits allein der Umfang der Ab- und Weitergabe von Tieren die Gewerbsmäßigkeit. Er bestreite, dass die Gebühr nicht annähernd den für die Hunde getätigten Aufwand des Klägers decke. Nach den Angaben des Klägers im Rahmen seines Internetauftritts diene das Geld nämlich auch für die Unterstützung von Projekten in Ungarn. Diese könne nur erreicht werden, wenn der Kläger auch einen Gewinn erziele. Für eine Gewinnerzielungsabsicht sei ausreichend, wenn mit einem Überschuss auch gemeinnützige Zwecke verfolgt würden. Die tatsächliche finanzielle Situation des Klägers sei für die Beurteilung der Gewerbsmäßigkeit unbeachtlich. Die Registrierung sei auch rechtmäßig erfolgt, da der Kläger gewerbsmäßig handele. Selbst wenn man gewerbsmäßiges Handeln nicht annähme, unterläge die Tätigkeit der BmTierSSchV. Denn nach Art. 1 der Verordnung (EU) Nr. 388/2010 würden die Anforderungen und Kontrollen gemäß Art. 12 Abs. 1 b) der Verordnung (EG) Nr. 998/2003 für die Verbringung von Heimtieren der in Anhang I Teile A und B der genannten Verordnung aufgeführten Arten gelten, wenn die Gesamtzahl der Tiere, die aus einem anderen Mitgliedstaat oder einem in Anhang II Teil B Abschnitt 2 der genannten Verordnung aufgeführten Drittland in einen Mitgliedstaat verbracht würden, die Zahl fünf übersteige. In Anhang I Teil A seien Hunde aufgeführt. Der Kläger habe immer mehr als fünf Hunde nach Deutschland verbracht.
- 19
Auch sei die Tätigkeit des Klägers ein Handel im Sinne des § 11 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 b) TierSchG. Die Erlaubnispflicht erstrecke sich auch auf Personen, die ausländische Hunde vermittelten und sie direkt an die inländischen Abnehmer gelangen ließen. Es sei grundsätzlich problematisch, die Gewerbsmäßigkeit im Bereich des Tierschutzes und der Tierseuchenbekämpfung von einer Gewinnerzielungsabsicht abhängig zu machen. Bundesweit werde aktuell darüber diskutiert, einen Gewerbebegriff einzuführen, der sich am Sinn und Zweck des Tierschutzgesetzes bzw. des Tierseuchenschutzes orientiere und statt einer Gewinnerzielungsabsicht lediglich eine entgeltliche Tätigkeit fordere.
- 20
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
- 21
Die Klage ist zulässig.
- 22
Nach § 43 Abs. 1 VwGO kann durch Klage die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat. Die Feststellung kann nach Absatz 2 der Vorschrift nicht begehrt werden, soweit der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können. Unter einem feststellungsfähigen Rechtsverhältnis sind die rechtlichen Beziehungen zu verstehen, die sich aus einem konkreten Sachverhalt aufgrund einer öffentlich-rechtlichen Norm für das Verhältnis von (natürlichen oder juristischen) Personen untereinander oder einer Person zu einer Sache ergeben, kraft deren einer der beteiligten Personen etwas bestimmtes tun muss, kann oder darf oder nicht zu tun braucht (BVerwG, Urteil vom 26. Januar 1996 – 8 C 19.94 – BVerwGE 100, 262). Rechtliche Beziehungen haben sich nur dann zu einem Rechtsverhältnis im Sinne des § 43 Abs. 1 VwGO verdichtet, wenn die Anwendung einer bestimmten Norm des öffentlichen Rechts auf einen bereits übersehbaren Sachverhalt streitig ist (BVerwG, Urteil vom 07. Mai 1987 – 3 C 53.85 – BVerwGE 77, 207).
- 23
Der Zulässigkeit der Feststellungsklage steht vorliegend nicht entgegen, dass Rechtsverhältnisse in diesem Sinne nicht zwischen dem Kläger und dem Beklagten, sondern lediglich zwischen dem Kläger und den für die Durchführung der streitigen Vorschriften zuständigen Behörden der Kreise und kreisfreien Städte bestehen. Zwischen den Beteiligten ist nicht nur streitig, ob für den Kläger eine Anzeigepflicht nach § 4 Satz 1 BmTierSSchV besteht, sondern in der Folge deshalb auch, ob der Kläger nach § 5 BmTierSSchV Buch über die vermittelten Hunde führen muss. Der Verstoß gegen die Buchführungspflicht stellt nach § 41 Abs. 2 Nr. 2 BmTierSSchV eine Ordnungswidrigkeit dar. Es ist zwischen den Beteiligten daneben streitig, ob der Kläger für seine Tätigkeit die Bestimmungen der Verordnung (EG) Nr. 1/2005 einhalten muss, insbesondere die Vorschriften über die Zulassung von Transportunternehmen nach Art. 6 Abs. 1 der Verordnung. Verstöße gegen die Verordnung (EG) Nr. 1/2005 stellen nach § 21 Abs. 3 Tierschutztransportverordnung (TierSchTrV) in weitem Umfang eine Ordnungswidrigkeit dar. Weiter ist zwischen den Beteiligten streitig, ob der Kläger für seine Tätigkeit einer Erlaubnis nach § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 b TierSchG bedarf. Ein Verstoß gegen die Erlaubnispflicht nach dieser Vorschrift stellt nach § 18 Abs. 1 Nr. 20 TierSchG eine Ordnungswidrigkeit dar. Der Beklagte ist weder für die Erteilung einer Genehmigung noch für die Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten nach den genannten Vorschriften zuständig. Rechtliche Beziehungen ergeben sich somit nur zwischen dem Kläger und den für die Durchführung der hier streitigen tierschutzrechtlichen und tierseuchenrechtlichen Vorschriften zuständigen Behörden der Kreise und kreisfreien Städte (§ 2 Nr. 1 f Tiersch-ZustVO, § 1 Abs. 2 AGTierSG), nur insoweit liegen feststellungsfähigen Rechtsverhältnisse vor.
- 24
Eine Feststellungsklage kann jedoch auch im Drittrechtsverhältnis zulässig sein, wenn das nach § 43 Abs. 1 VwGO erforderliche berechtigte Interesse an der begehrten Feststellung gerade gegenüber der beklagten Partei besteht (BVerwG, Urteil vom 27. Juni 1997 – 8 C 23/96 – NJW 1997,747; Urteil vom 14. April 2005 – 3 C 3/04 – NVwZ-RR 2005, 711). So liegt der Fall hier. Der Kläger hat auch angesichts drohender Verfahren wegen Verstoßes gegen bußgeldbewehrte Bestimmungen grundsätzlich ein berechtigtes Interesse daran zu klären, ob solche Verstöße vorliegen. Der Beklagte ist zuständige Fachaufsichtsbehörde für die Durchführung der streitigen tierschutzrechtlichen und tierseuchenrechtlichen Bestimmungen und insoweit gegenüber den Behörden der Kreise und kreisfreien Städte weisungsbefugt. Er ist auch bereits in der Angelegenheit des Klägers als Fachaufsichtsbehörde gegenüber den Kreisen und kreisfreien Städten etwa durch das Schreiben von 7. Januar 2009 tätig geworden. Es ist zu erwarten, dass der Beklagte einem gegen ihn in dieser Sache ergangenes rechtskräftiges Urteil auch gegenüber den zuständigen Behörden der Kreise und kreisfreien Städte hinsichtlich der hier streitigen Rechtsfragen Geltung verschaffen wird. Ein Verfahren gegen den Beklagten erspart darüber hinaus eine Vielzahl von Verfahren gegen die einzelnen Behörden der betroffenen Kreise und kreisfreien Städte.
- 25
Die Klage ist nicht begründet.
- 26
Die in Streit stehenden Vorschriften sind auf den Tätigkeitsbereich des Klägers anwendbar.
- 27
Zunächst finden die tierschutzrechtlichen Vorschriften der Verordnung (EG) Nr. 1/2005 des Rates vom 22. Dezember 2004 über den Schutz von Tieren beim Transport und damit zusammenhängenden Vorgängen sowie zur Änderung der Richtlinien 64/432/EWG und 93/119/EG und der Verordnung (EG) Nr. 1255/97 auf die Tätigkeit des Klägers Anwendung. Die Verordnung regelt nach Art. 1 Abs. 1 den Transport lebender Wirbeltiere innerhalb der Gemeinschaft, einschließlich der spezifischen Kontrollen, denen die Sendungen bei der Ankunft im Zollgebiet der Gemeinschaft oder bei dessen Verlassen von Beamten unterzogen werden.
- 28
Die Anwendung der Vorschriften dieser Verordnung ist nicht nach Art. 1 Abs. 5 der Verordnung (EG) Nr. 1/2005 ausgeschlossen. Nach dieser Vorschrift gilt die Verordnung unter anderem nicht für den Transport von Tieren, der nicht in Verbindung mit einer wirtschaftlichen Tätigkeit durchgeführt wird. Nach der Rechtsprechung des EuGH ist eine wirtschaftliche Tätigkeit jede Tätigkeit, die darin besteht, Güter oder Dienstleistungen auf einem bestimmten Markt anzubieten (EuGH, Urteil vom 10. Januar 2006 – C-222/04 – Sammlung der Rechtsprechung 2006, Seite I-00289 unter Bezug auf die Urteile vom 18. Juni 1998 – C-35/96 – Sammlung der Rechtsprechung 1998, Seite I-3851 und vom 12. Dezember 2000 – C-180/98 bis C-184/98 – Sammlung der Rechtsprechung 2000, Seite I-6451).
- 29
Vorliegend ist der Kläger in diesem Sinne wirtschaftlich tätig, da er innerhalb Deutschlands, demnach auf einem Markt, die Abgabe von Hunden gegen Entgelt, die Schutzgebühr von derzeit 270 € im Regelfall, anbietet. Im Rahmen der wirtschaftlichen Tätigkeit kommt es auch gerade nicht auf eine Gewinnerzielungsabsicht an (EuGH, Urteil vom 10. Januar 2006, a.a.O., Rn. 123,). Dies ergibt sich auch aus dem Erwägungsgrund Nr. 12 der Verordnung (EG) Nr. 1/2005. Danach beschränkt sich der Transport zu kommerziellen Zwecken nicht auf Fälle, in denen unmittelbar ein Austausch von Geld, Gütern oder Dienstleistungen erfolgt. Er schließt insbesondere auch Fälle ein, in denen direkt oder indirekt ein Gewinn entsteht bzw. angestrebt wird. Dass der Erwägungsgrund insofern durch das Wort „insbesondere“ einen Beispielsfall nennt, zeigt, dass es neben diesem Fall noch andere Fälle gibt, demnach nicht ausschließlich auf ein Gewinnstreben abzustellen ist. Dies zeigt, dass trotz fehlender Gewinnerzielungsabsicht ein Transport zu kommerziellen Zwecken angenommen werden kann.
- 30
Eine wirtschaftliche Tätigkeit des Klägers ist nicht aus dem Grunde ausgeschlossen, dass er wohltätig und karitativ handelt. Eine die wirtschaftliche Tätigkeit ausschließende soziale Tätigkeit kann nur dann angenommen werden, wenn diese nicht auf einem Markt im Wettbewerb mit anderen Wirtschaftsteilnehmern konkurriert (EuGH, Urteil vom 10. Januar 2006, a.a.O., Rn. 123). Der Kläger konkurriert mit der entgeltlichen Abgabe der Hunde jedoch mit anderen Tierschutzorganisationen sowie mit Züchtern und Händlern, die Hunde auch aus dem Ausland gegen Entgelt abgeben. Der Kläger wird im Hinblick auf die Einfuhr der Tiere nicht nur gelegentlich tätig. Vielmehr verbringt er in regelmäßigen und relativ kurzen Zeitabständen Tiere nach Deutschland. Die Tätigkeiten der Tierschutzorganisationen und Händler unterscheiden sich in dem Regelfall, in dem der Kläger die Hunde gegen ein Entgelt in Höhe von derzeit 270 € abgibt, in diesem Punkt nicht wesentlich voneinander. Dabei ist bei der Höhe des Entgeltes auch zu berücksichtigen, dass den neuen Tierhaltern lediglich ein Besitzrecht, nicht jedoch das Eigentum an den Tieren, vermittelt wird. Es besteht ein Markt, auf dem es darum geht, Hunde gegen Entgelt abzugeben. Hierbei geht es dem Kläger allein schon aufgrund der Zielrichtung seiner Tätigkeit, nämlich den Tierschutz zu gewährleisten, darum, möglichst zahlreich Tiere zu vermitteln.
- 31
Auf die Tätigkeit des Klägers ist auch die Vorschrift des § 4 BmTierSSchV anzuwenden. Nach § 4 Satz 1 Nr. 1 BmTierSSchV hat, wer gewerbsmäßig Tiere innergemeinschaftlich verbringen oder einführen will, dies vor Aufnahme der Tätigkeit der zuständigen Behörde anzuzeigen. Wer eine Tätigkeit nach § 4 Satz 1 ausübt, hat nach § 5 Satz 1 BmTierSSchV insbesondere besondere Buchführungspflichten.
- 32
Der Kläger handelt gewerbsmäßig im Sinne von § 4 Satz 1 Nr. 1 BmTierSSchV. Die Verordnung dient nach ihrer Präambel (Nr. 22) auch der Umsetzung der Richtlinie 92/65/EWG des Rates vom 13. Juli 1992 über die u. a. tierseuchenrechtlichen Bedingungen für den Handel mit Tieren, Samen, Eizellen und Embryonen in der Gemeinschaft sowie für ihre Einfuhr in die Gemeinschaft. Nach Art. 1 der Richtlinie werden mit dieser Richtlinie u. a. die Tiergesundheitsbedingungen für den Handel mit Tieren in der Gemeinschaft sowie für ihre Einfuhr in die Gemeinschaft festgelegt. Handel in diesem Sinne ist nach Art. 2 a der Richtlinie 92/65/EWG der Handel im Sinne des Artikels 2 Nr. 3 der Richtlinie 90/425/EWG. Nach dieser Vorschrift ist Handel der Warenaustausch zwischen Mitgliedstaaten.
- 33
Eine Gewinnerzielungsabsicht ist demnach nicht Voraussetzung für einen Handel in diesem Sinne. Die Registrierungspflicht des § 4 BmTierSSchV und die Buchführungspflicht des § 5 BmTierSSchV beruhen auf Art. 12 Abs. 1 der Richtlinie 92/65/EWG in Verbindung mit Art. 12 a, b der Richtlinie 90/425/EWG, wonach die Mitgliedstaaten dafür Sorge tragen, dass alle Unternehmer, die den innergemeinschaftlichen Handel mit Tieren betreiben, gehalten sind, sich auf Verlangen der zuständigen Behörde vorab in einem öffentlichen Verzeichnis registrieren zu lassen und Buch zu führen über die Lieferung und gegebenenfalls die Empfänger, sowie die weitere Bestimmung der Tiere. Die der Durchführung von Richtlinien der Europäischen Union dienenden nationalen Rechtsvorschriften sind grundsätzlich richtlinienkonform auszulegen (BVerfG, Beschluss vom 21. Dezember 2010 – 1 BvR 506/09 – zitiert nach juris). Das bedeutet für die Vorschrift des § 4 BmTierSSchV, dass der in dieser Vorschrift verwendete Begriff "gewerbsmäßig" vorliegt, wenn es sich um einen Handel im Sinne der Richtlinien 92/65/EWG handelt. Danach ist jedoch – wie beschrieben – als Handel der Austausch von wirtschaftlichen Gütern anzusehen. Die wirtschaftlichen Güter in diesem Sinne, die im Austausch stehen, stellen vorliegend auf der einen Seite das vermittelte Besitzrecht an den Hunden und auf der anderen Seite das Entgelt in Form der nicht unerheblichen Schutzgebühr dar.
- 34
Die Anwendung der Vorschriften des § 4 BmTierSSchV ist nicht durch § 1 Abs. 3 BmTierSSchV ausgeschlossen. Danach sind die Vorschriften dieser Verordnung nicht anzuwenden, soweit unmittelbar geltende Vorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Union im Anwendungsbereich dieser Verordnung inhaltsgleiche oder abweichende Anforderungen an das innergemeinschaftliche Verbringen, die Einfuhr, Durchfuhr oder Ausfuhr regeln.
- 35
Es sind hier insbesondere nicht abweichende Bestimmungen der Verordnung (EG) Nr. 998/2003 anwendbar. In dieser Verordnung werden nach Art. 1 die Veterinärbedingungen (Tiergesundheit) festgelegt, die bei der Verbringung von Heimtieren zu anderen als Handelszwecken erfüllt werden müssen, sowie die Vorschriften für die Kontrolle dieser Verbringungen. Voraussetzung für die Anwendung dieser Verordnung ist demnach eine Verbringung zu „anderen als Handelszwecken“. Wenn schon eine Verbringung zu Handelszwecken vorliegt, sind die Vorschriften der Verordnung nicht weiter anwendbar, es kommt dann insbesondere nicht auf die Definition des Begriffs "Heimtiere" in Art. 3 a der Verordnung (EG) Nr. 998/2003 an. In dieser Verordnung sind nicht etwa Ausnahmen von den Vorgaben der Richtlinie 92/65/EWG geregelt, sondern die Verordnung soll nach ihrem Erwägungsgrund Nr. 1 die Veterinärbedingungen für die Verbringung von Heimtieren zu anderen als Handelszwecken zwischen den Mitgliedstaaten und aus Drittländern durch Maßnahmen auf Gemeinschaftsebene harmonisieren. Ein solcher Harmonisierungsbedarf liegt jedoch bei einem Handel im Sinne der Richtlinie 92/65/EWG nicht vor. Liegt eine Verbringung zu Handelszwecken vor, verbleibt es bei der Anwendung der durch die vorgenannten Richtlinien geprägten nationalen Rechtsvorschriften für den Handel. Daraus ergibt sich auch, dass die Verordnung (EG) Nr. 998/2003 den Begriff des Handels insoweit nicht hat abweichend regeln wollen. Art. 3 Buchstabe a der Verordnung (EG) Nr. 998/2003 definiert lediglich in einer möglicherweise nicht nur in der deutschen Sprachfassung verunglückten Wortwahl für die Zwecke der Verordnung den Ausdruck „Heimtiere“ als Tiere der in Anhang I genannten Arten, die ihre Eigentümer oder eine andere natürliche Person, die während der Verbringung im Auftrag des Eigentümers für die Tiere verantwortlich ist, begleiten und nicht dazu bestimmt sind, Gegenstand eines Verkaufs oder eine Eigentumsübertragung zu sein. Dabei wird nicht berücksichtigt, das Ziel jedes Verkaufs eine Eigentumsübertragung ist. Letztlich geht es aber auch dieser Vorschrift darum, Tätigkeiten, die typischerweise einen Handelszweck erfüllen, von den Vorschriften für Heimtiere auszunehmen.
- 36
Nicht maßgebend für die Anwendung der Verordnung ist, ob die Tiere aus bekannter Herkunft mit einem bekannten Gesundheitsstatus stammen. Der mangelhafte oder fehlende Nachweis der Herkunft oder des Gesundheitszustands eines Tieres betrifft die Frage, ob die Bestimmungen der Art. 4 und 5 der Verordnung eingehalten worden sind. Werden diese Bedingungen nicht erfüllt, trifft die zuständige Behörde gemäß Art. 14 der Verordnung entsprechende Maßnahmen. Zu diesen Fragen gelangt man jedoch erst, wenn man die Verordnung überhaupt für anwendbar hält, was vorliegend bereits nicht der Fall ist.
- 37
Die Bestimmung des § 4 BmTierSSchV bliebe für den Kläger aber selbst dann anwendbar, wenn kein Handelszweck vorläge und es sich bei den von ihm verbrachten Tieren um Heimtiere im Sinne der Verordnung (EG) Nr. 998/2003 handeln würde. Denn nach Art. 1 der Verordnung (EU) Nr. 388/2010 zur Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 998/2003 gelten ohnehin gemäß Art. 12 Abs. 1 b) der Verordnung (EG) Nr. 998/2003 die Anforderungen und Kontrollen der Richtlinie 92/65/EWG – und damit die zu ihrer Durchführung erlassenen Vorschriften der BmTierSSchV – für die Verbringung von Heimtieren der in Anhang I Teile A und B der genannten Verordnung aufgeführten Arten, wenn die Gesamtzahl der Tiere, die aus einem anderen Mitgliedstaat oder einem in Anhang II Teil B Abschnitt 2 der genannten Verordnung aufgeführten Drittland in einen Mitgliedsstaat verbracht werden, die Zahl fünf übersteigt. In Anhang I Teil A sind Hunde und Katzen aufgeführt und der Kläger verbringt, wie aus seinem Internetauftritt ersichtlich ist, immer mehr als fünf Tiere nach Deutschland. Nach den Erwägungsgründen der Verordnung (EU) Nr. 388/2010 ist Sinn und Zweck des Art. 1 dieser Verordnung zu verhindern, dass die Verbringung zu Handelszwecken nicht in betrügerischer Absicht als Verbringung von Heimtieren zu anderen als Handelszwecken verschleiert werden kann, indem Heimtiere grundsätzlich den Anforderungen und Kontrollen der Richtlinie 92/65/EWG unterliegen, sobald die Anzahl der eingeführten Heimtiere fünf übersteigt. Die Erfahrung mit der Anwendung der Verordnung (EG) Nr. 998/2003 hatte gezeigt, dass bei der Verbringung von Heimtieren ein hohes Risiko besteht, dass diese Verbringung zu anderen als Handelszwecken verschleiert wird. Diese Praktiken sollten vermieden werden (Erwägungsgründe Nr. 5 und Nr. 6 der Verordnung (EU) Nr. 388/2010).
- 39
Nach dieser Vorschrift bedarf derjenige, der gewerbsmäßig mit Wirbeltieren handelt, der Erlaubnis der zuständigen Behörde. Es liegt bei der Tätigkeit des Klägers, soweit es um die Abgabe von Hunden gegen Entgelt geht, ein gewerbsmäßiges Handeln vor. Ein Handel liegt nicht nur bei einem Ein- und Verkauf vor, sondern findet auch statt bei Personen, die Hunde – auch aus dem Ausland – vermitteln und sie direkt an die inländischen Endabnehmer gegen Entgelt gelangen lassen. (Hirt/Maisack/Moritz, TierSchG, Kommentar, 2. Auflage, § 11 Rn. 11).
- 40
Ein Gewerbe im Sinne der gewerberechtlichen Bestimmungen ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts gegeben, bei jeder sozial nicht unwertigen (generell nicht verbotenen), auf Gewinnerzielung gerichteten und auf Dauer angelegten selbstständigen Tätigkeit, ausgenommen Urproduktion, freie Berufe und bloße Verwaltung und Nutzung eigenen Vermögens (BVerwG Urteil vom 26. Januar 1993 – 1 C 25/91 – NVwZ 1993, 775). Die Dauerhaftigkeit ist zu bejahen, wenn die Tätigkeit fortgesetzt ausgeübt wird oder jedenfalls ausgeübt werden soll. Als erstrebter Gewinn ist dabei jeder wirtschaftliche Vorteil, unmittelbar oder mittelbar, anzusehen. Dazu gehört die Vermehrung des eigenen Vermögens deutlich über den Ausgleich eigener Unkosten hinaus (Landmann/Rohwer, Gewerbeordnung, 57. Ergänzungslieferung 2010, Einleitung, Rn. 53/54, zitiert nach BeckOnline).
- 41
Eine Gewinnerzielungsabsicht im Sinne der gewerberechtlichen Bestimmungen kann auch dann vorliegen, wenn ein mittelbarer wirtschaftlicher Vorteil erstrebt wird. Dies setzt jedoch voraus, dass im Rahmen einer Gesamtbetrachtung jedenfalls in einem Teilbereich ein Gewinn erzielt werden soll (VGH Mannheim, Urteil vom 24. September 1999 – 14 S 1197/99 – Gewerbearchiv 2000, 33). Für eine gewerbliche Tätigkeit im Sinne des Gewerberechts ist die Gewinnverwendung irrelevant. Bei verbundenen Tätigkeiten muss die jeweils in Betracht kommende Tätigkeit auf ihre gewerberechtliche Zuordnung geprüft werden, eine Saldierung von Gewinn und Verlust in verschiedenen Bereichen wäre bereits eine Berücksichtigung der Gewinnverwendung. Es kann nicht darauf ankommen, ob der erzielte Gewinn in einem Teilbereich etwa für die religiöse oder weltanschauliche Zielsetzung eines Vereins verwandt werden soll (BVerwG, Urteil vom 16. Februar 1995 – 1 B 205.93 – NVwZ 1995, 473 –). Es wird die Auffassung vertreten, dass der Begriff der Gewerbsmäßigkeit im Sinne des Tierschutzgesetzes im Wesentlichen gleichbedeutend mit dem der Gewerbsmäßigkeit im Sinne des Gewerberechts ist, insbesondere also die Absicht einer Gewinnerzielung voraussetzt. (VG Stuttgart, Beschluss vom 22. Dezember 1998, - 4 K 5551/98 -; Ziff. 12.2.1.5 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz zur Durchführung des Tierschutzgesetzes vom 9. Februar 2000 – zitiert nach juris).
- 42
Die Tätigkeit des Klägers ist bereits unter Berücksichtigung dieser Rechtsauffassung als gewerblicher Handel im Sinne des Tierschutzgesetzes anzusehen, soweit es um die entgeltliche Abgabe der Hunde geht. Die Einnahmen aus der Schutzgebühr, die im Regelfall 270 € beträgt und damit durchaus die Höhe eines üblichen Verkaufspreises erreichen kann, sollen auch nach den Darstellungen der Vertreterin des Klägers in der mündlichen Verhandlung teilweise dazu dienen, die Tätigkeit des Vereins in anderen Bereichen zu ermöglichen und nicht nur die Aufwendungen für das einzelne nach Deutschland gebrachte Tier zu decken, was angesichts der Höhe der Schutzgebühr nachvollziehbar ist. Damit beabsichtigt der Kläger in diesem Teilbereich, einen Gewinn zu erzielen. Dass der Gewinn wiederum zu wohltätigen Zwecken verwandt werden soll, betrifft die Gewinnverwendungsabsicht, nicht jedoch die Gewinnerzielungsabsicht. Es liegt demnach für den Teilbereich eine Gewinnerzielungsabsicht vor, obwohl die Klägerin nachvollziehbar vorgetragen hat, dass sie insgesamt bei ihrer Tätigkeit, also bei einer Saldierung ihrer Tätigkeitsbereiche, weder einen Gewinn anstrebt noch diesen tatsächlich erzielt.
- 43
Die Kammer folgt darüber hinaus der in der Literatur vertretenen Ansicht, dass es für das Vorliegen eines gewerbsmäßigen Handelns im Sinne des Tierschutzgesetzes keiner Gewinnerzielungsabsicht bedarf (ausführlich Thümmel, Einfuhr und Verbringung von Hunden durch Tierschutzorganisationen, erweitertes Manuskript zum Vortrag am 17. September 2010 "Aktuelle Probleme des Tierschutzes“, Hannover, 16. und 17. September 2010, Fortbildungsveranstaltung der ATF-Fachgruppe Tierschutz und des Institutes für Tierhygiene, Tierschutz und Nutztierethologie der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover, 2010, S. 1-20).
- 44
Die Kammer schließt sich der Auffassung an, dass der Begriff der Gewerbsmäßigkeit im Tierschutzgesetz der Erreichung der Ziele dieses Gesetzes dienen muss. Das Tierschutzgesetz will mit dem Begriff der Gewerbsmäßigkeit die vorbeugende Kontrolle und die erhöhten Anforderungen an die verantwortlichen Personen in den Fällen festlegen, in denen durch das dauerhafte und planmäßige Handeln dieser Person bzw. ihrer Organisationen eine Vielzahl von Tieren betroffen ist. Die erhöhte Gefährlichkeit eines solchen Handelns für die Tiere tritt hier nicht erst mit der Absicht der Gewinnerzielung ein, sondern bereits mit dem Umfang der Tätigkeit, der die Überschaubarkeit eines privaten Haushalts, in dem Tiere gehalten werden, überschreitet. Lässt man die erhöhten Tierschutzanforderungen erst bei einer Gewinnerzielungsabsicht eingreifen, beeinträchtigt dies die Wirksamkeit des Tierschutzes. Zu Recht wird ausgeführt, dass ein Indiz dafür, dass ein geschäftlicher Umfang erreicht wird, der zu erhöhten Anforderungen an den Tierschutz führen muss, das Anschwellen von Kosten ist, da diese ab einem gewissen Umfang der Tätigkeit das Bedürfnis nach einer Kostenreduzierung wecken, sodass die Tätigkeit nicht mehr unentgeltlich vorgenommen wird (Thümmel, a.a.O., S. 16). Für die Gewerbsmäßigkeit im Tierschutzrecht ist es deshalb notwendig, aber auch ausreichend, dass eine selbstständige, dauerhafte und planmäßige Tätigkeit vorliegt, deren Umfang, der erhöhte tierschutzrechtliche Anforderungen notwendig werden lässt, dadurch indiziert wird, dass für die Tätigkeit ein Entgelt verlangt wird, dass die Kosten zumindest nicht unerheblich reduzieren soll (Thümmel, a.a.O., S. 17).
- 45
Eine solche am Zweck der tierschutzrechtlichen Bestimmungen orientierte Auslegung verstößt nicht gegen den Bestimmtheitsgrundsatz. Die Vorschrift des § 11 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 b TierSchG ist durch § 18 Abs. 1 Nr. 20 TierSchG bußgeldbewehrt. In solchen Fällen müssen sowohl die Bußgeldvorschrift als auch die materiellen verwaltungsrechtliche Normen in ihrer Gesamtheit hinsichtlich der Auslegung und Anwendung im Einzelfall den verschärften verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsanforderungen des Artikels 103 Abs. 2 GG genügen (BVerwG, Urteil vom 17. Dezember 2009 – 7 C 4.09 – NVwZ-RR 2010, 309, 310; Urteil vom 23. Oktober 2008 – 7 C 9.08 – NVwZ-RR 2009, 102). Art. 103 Abs. 2 GG enthält die Verpflichtung des Gesetzgebers, die Voraussetzungen der Strafbarkeit so konkret zu umschreiben, dass Tragweite und Anwendungsbereich der Straftatbestände zu erkennen sind und sich durch Auslegung ermitteln lassen. Jedermann soll vorhersehen können, welches Verhalten verboten und mit Strafe bedroht ist. Andererseits soll sichergestellt werden, dass der Gesetzgeber selbst abstrakt-generell über die Strafbarkeit entscheidet. Insoweit enthält Art. 103 Abs. 2 GG einen strengen Gesetzesvorbehalt, der es der vollziehenden und der rechtsprechenden Gewalt verwehrt, die normativen Voraussetzungen einer Bestrafung festzulegen. Prinzipiell muss der Normadressat mithin anhand der gesetzlichen Regelung voraussehen können, ob ein Verhalten strafbar ist; in Grenzfällen geht er dann, für ihn erkennbar, das Risiko einer Bestrafung ein. Beides ist nur möglich, wenn in erster Linie der für den Adressaten verstehbare Wortlaut des gesetzlichen Straftatbestandes maßgebend ist. Führt erst eine über den erkennbaren Wortsinn der Vorschrift hinausgehende Interpretation zu dem Ergebnis der Strafbarkeit eines Verhaltens, so kann dies nicht zu Lasten des Bürgers gehen. Wenn Strafvorschriften in der dargelegten Weise bestimmt sein müssen, so schließt dies nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nicht eine Verwendung von Begriffen aus, die in besonderem Maße der Deutung durch den Richter bedürfen. Auch im Strafrecht steht der Gesetzgeber vor der Notwendigkeit, bei der Ausgestaltung der Straftatbestände der Vielfalt der zu erfassenden Sachverhalte Rechnung zu tragen. Es ist wegen der Allgemeinheit und Abstraktheit von Strafnormen unvermeidlich, dass in Grenzfällen zweifelhaft sein kann, ob ein konkretes Verhalten noch unter den gesetzlichen Tatbestand fällt oder nicht. Die Strafbarkeitsvoraussetzungen sind umso präziser zu bestimmen, je schwerer die angedrohte Strafe ist (BVerfG, Urteil vom 06. Mai 1987 – 2 BvL 11/85 – BVerfGE 75, 329). Dabei ist der mögliche Wortlaut als äußerste Grenze zulässiger richterlicher Interpretation aus der Sicht des Normadressaten zu bestimmen. Für die Bestimmung des möglichen Sinns können auch dabei jedoch auch gesetzessystematische und teleologische Erwägungen von Bedeutung sein (BVerfG, Beschluss vom 16. Juni 2011 – 2 BvR 542/09 – zitiert nach juris).
- 46
Einer Berücksichtigung des Sinn und Zwecks der jeweiligen fachgesetzlichen Regelungen, hier der tierschutzrechtlichen Bestimmungen, steht der Bestimmtheitsgrundsatz deshalb nicht entgegen. Zunächst ist vorliegend zu berücksichtigen, dass die Norm des § 11 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 b TierSchG lediglich bußgeldbewehrt ist. Weiter ist zu berücksichtigen, dass die verschiedenen Gesetze den Begriff des Gewerbes nicht mit einem völlig gleichen Inhalt gebrauchen (vgl. bereits BGH, Urteil vom 07. Juli 1960 – VIII ZR 215/59 – BGHZ 33, 321; Thümmel, a.a.O., S. 14), es kann deshalb niemand schutzwürdig darauf vertrauen, dass der Gewerbebegriff in allen Rechtsbereichen wie im Gewerberecht ausgelegt wird. So kommt es etwa nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum Verbrauchsgüterkauf (§ 474 Abs. 1 BGB) und zum Begriff des Unternehmers, der in § 14 BGB als eine Person definiert wird, die beim Abschluss des Rechtsgeschäfts in Ausübung ihrer gewerblichen Tätigkeit handelt, nicht darauf an, ob ein Verkäufer mit einer in professioneller Weise betriebenen Geschäftstätigkeit Gewinn erzielen oder damit lediglich Verlust reduzieren will. Der Gewerbebegriff sei vielmehr nach objektiven Gegebenheiten auszurichten, dem habe sich auch die ältere Rechtsprechung des BGH zum handelsrechtlichen Gewerbebegriff angenähert, die den Zweck der Gewinnerzielung dahin verstanden habe, dass der Geschäftsbetrieb auf Erzielung "dauernder Einnahmen" gerichtet sei (BGH, Urteil vom 29. März 2006 – VIII ZR 173/05 – NJW 2006, 2250; vgl. dazu Thümmel, a.a.O., S. 15, 16). Vor diesem Hintergrund kann auch der Normadressat der tierschutzrechtlichen Regelungen nicht schutzwürdig erwarten, dass ein gewerbliches Handeln mit Tieren im Sinne des Tierschutzgesetzes bei der regelmäßigen Abgabe von Tieren gegen ein nicht unerhebliches Entgelt verneint wird.
- 47
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 167 Abs. 1 VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO; eine vorläufige Vollstreckung ist nur wegen der Kosten möglich.
Tenor
-
Der Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit wird auf jeweils 62.500 € (in Worten: zweiundsechzigtausendfünfhundert Euro) festgesetzt.
(1) Durch Klage kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (Feststellungsklage).
(2) Die Feststellung kann nicht begehrt werden, soweit der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt wird.
Als Ordnungswidrigkeit kann nur vorsätzliches Handeln geahndet werden, außer wenn das Gesetz fahrlässiges Handeln ausdrücklich mit Geldbuße bedroht.
(1) Durch Klage kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (Feststellungsklage).
(2) Die Feststellung kann nicht begehrt werden, soweit der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt wird.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.