Landessozialgericht NRW Urteil, 16. Jan. 2014 - L 9 SO 469/13 WA
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 27.10.2011 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.
1
Tatbestand:
2Die Beteiligten streiten über die Höhe von Grundsicherungsleistungen.
3Die am 00.00.1980 geborene Klägerin leidet an einer schweren geistigen Behinderung. Bei ihr sind ein Grad der Behinderung von 100 sowie die Merkzeichen "G", "H", "RF" und "B" festgestellt. Sie ist auf Dauer nicht in der Lage, mindestens drei Stunden täglich auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt erwerbstätig zu sein. Sie ist auch nicht in der Lage, in den Bereichen Gesundheitsfürsorge, Aufenthaltsbestimmung und Vermögensangelegenheiten ihre eigenen Angelegenheiten interessengerecht selbst zu regeln. Deshalb bestellte das Amtsgericht S mit Beschluss vom 12.03.2008 die Mutter der Klägerin zu deren Betreuerin mit dem entsprechenden Aufgabenkreis.
4Die Klägerin bewohnt seit dem 01.04.2010 zusammen mit ihrer am 00.00.1961 geborenen, erwerbsfähigen Mutter und ihrem am 00.00.1988 geborenen, erwerbsfähigen Halbbruder eine ca. 75 m² große Wohnung in N. Vertragspartnerin des Mietvertrages dieser Wohnung ist allein die Mutter der Klägerin. Die monatliche Kaltmiete beträgt seitdem unverändert 360,- Euro, die Nebenkostenvorauszahlung beträgt monatlich 73,- Euro. Die Wohnung wird mit Strom beheizt (Nachtspeicherheizung), die Warmwasserversorgung erfolgt dezentral über einen Durchlauferhitzer. Die Mutter der Klägerin hatte seit dem 30.03.2011 insgesamt 198,- Euro monatlich an Vorauszahlungen für die gesamte Stromversorgung an die S AG als Stromversorger zu zahlen, wobei auf den sog. NT-Tarif monatlich 59,- Euro entfallen. Davor betrug der monatliche Abschlag 180,- Euro, wobei 100,- Euro auf den NT-Tarif entfielen. Die Mutter der Klägerin ist und war auch alleinige Vertragspartnerin des Stromversorgungsvertrages. Sowohl die Mutter der Klägerin als auch ihr Halbbruder erhielten in den Jahren 2011 und 2012 durchgehend Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II).
5Die Klägerin bezog in den Jahren 2011 und 2012 durchgehend Einkommen aus einer Tätigkeit in einer Werkstatt für behinderte Menschen (WfbM). Der Grundlohn für ihre 36,5 Wochenstunden umfassende Tätigkeit betrug konstant 84,50 Euro monatlich. Hinzu kam ein Arbeitsförderungsgeld in Höhe von 26,- Euro monatlich. Die Klägerin erhielt hiervon nach Abzug eines Beitrags zur Pflegeversicherung in Höhe von 1,28 Euro monatlich 109,22 Euro ausgezahlt. Mit Bescheid vom 26.03.2003 hatte der Landschaftsverband Westfalen-Lippe die in der WfbM entstehenden Kosten übernommen. Die Klägerin nahm nur unterbrochen durch Krankheits- und Urlaubstage wöchentlich montags bis freitags das für sie kostenlose Mittagessen in der WfbM ein. Sie erhielt ferner von ihrem Vater Kindesunterhalt in Höhe von 205,54 Euro monatlich. Das Kindergeld wurde nicht an sie weitergeleitet. Als Vermögen verfügte die Klägerin in den Jahren 2011 und 2012 lediglich über ein Sparbuch mit einem Guthaben von durchgehend unter 900,- Euro.
6Die Klägerin erhielt bis zum 31.03.2010 Leistungen der Grundsicherung bei Erwerbsminderung nach dem Vierten Kapitel des Sozialgesetzbuchs Zwölftes Buch (SGB XII) von der Stadt S, zuletzt in Höhe von 248,87 Euro monatlich. Auf ihren Antrag vom 25.02.2010 bewilligte die Beklagte ihr mit Bescheid vom 10.03.2010 Leistungen der Grundsicherung bei Erwerbsminderung für die Zeit vom 01.04.2010 bis zum 31.03.2011 in Höhe von monatlich 348,76 Euro. Bei der Berechnung der monatlichen Leistungen legte sie einen Regelsatz von 359,- Euro, einen Mehrbedarf wegen des Merkzeichens "G" in Höhe von 61,03 Euro und einen anteiligen Bedarf wegen der Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 181,73 Euro zugrunde. Als leistungsminderndes Einkommen berücksichtigte sie den Kindesunterhalt in Höhe von 205,54 Euro sowie das um Abzüge geminderte Einkommen aus der WfbM. Das insoweit anzurechnende Einkommen ermittelte die Beklagte, in dem sie nur den Grundlohn in Höhe von 84,50 Euro veranschlagte und hiervon eine Arbeitsmittelpauschale von 5,20 Euro und einen Freibetrag von 54,79 Euro abzog. Ferner kürzte die Beklagte den Regelsatz wegen des kostenlosen Mittagessens in der WfbM um monatlich 22,95 Euro, wobei sie entsprechend den im Kreis S geltenden Richtlinien pauschal 1,53 Euro für 15 Tage pro Monat ansetzte.
7Auf den Weiterbewilligungsantrag der Klägerin bewilligte die Beklagte mit Bescheid vom 02.03.2011 für die Zeit vom 01.04.2011 bis zum 31.03.2012 Grundsicherungsleistungen in unveränderter Höhe.
8Infolge der Verabschiedung und des Inkrafttretens des Gesetzes zur Ermittlung von Regelbedarfen (RBEG) und zur Änderung des SGB II und SGB XII vom 24.03.2011 zum 01.01.2011 erließ die Beklagte unter dem 25.03.2011 einen weiteren Bescheid. In diesem hob sie den Bescheid vom 02.03.2011 nach § 48 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) auf und bewilligte der Klägerin für die Zeit vom 01.01.2011 bis zum 31.03.2011 monatlich 358,44 Euro und für die Zeit vom 01.04.2011 bis zum 31.03.2012 monatlich 276,35 Euro. Zur Begründung führte sie aus, der Klägerin stehe ab dem 01.01.2011 ein Mehrbedarf wegen dezentraler Warmwasserbereitung in Höhe von 2,3% des für sie maßgeblichen Regelsatzes zu. Ab dem 01.01.2011 könne die Klägerin aber nur noch einen Regelsatz in Höhe von 291,- Euro monatlich beanspruchen, was ab dem 01.04.2011 umgesetzt werde. Für die Zeit vom 01.01.2011 bis zum 31.03.2011 werde die Verringerung des Regelsatzes nicht berücksichtigt. Im Einzelnen bewilligte die Beklagte für den Zeitraum vom 01.01.2011 bis zum 31.03.2011 bei unveränderter Leistungsberechnung im Übrigen einen Mehrbedarf wegen Schwerbehinderung und Merkzeichen "G" in Höhe von 61,88 Euro (= 17% von 364 Euro anstatt der ursprünglich insoweit bewilligten 61,03 Euro) und zusätzliche Leistungen in Höhe von 8,37 Euro monatlich wegen des Mehrbedarfs für die dezentrale Warmwasserbereitung. Für die Zeit vom 01.04.2011 bis zum 31.03.2012 legte sie einen Regelsatz von 291,- Euro monatlich, einen Mehrbedarf wegen Schwerbehinderung und Merkzeichen "G" in Höhe von 49,47 Euro (= 17% von 291,- Euro) und einen Mehrbedarf wegen dezentraler Warmwasserbereitung in Höhe von 6,69 Euro (= 2,3% von 291,- Euro) zugrunde. Das anzurechnende Einkommen verringerte sie auf insgesamt 229,59 Euro, wobei sie nunmehr einen Freibetrag von 55,25 Euro vom Werkstatteinkommen absetzte. Die Regelsatzkürzung um 22,95 Euro monatlich blieb unverändert. Der an die Klägerin persönlich gerichtete Bescheid und auch eine für die Mutter und Betreuerin bestimmte und an diese adressierte Abschrift des Bescheids wurden noch am 25.03.2011 zur Post aufgegeben.
9Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin am 18.04.2011 Widerspruch mit der Begründung ein, ihr müsse weiterhin die bisherige Regelleistung zuzüglich der Erhöhung von 5,- Euro zustehen. Im Übrigen seien nach der Gesetzesbegründung die Besonderheiten des Einzelfalls zu berücksichtigen. Die Beklagte habe das ihr zustehende Ermessen nicht ausgeübt. Sie müsse sich auch an den Kosten des Haushalts beteiligen.
10Mit einem weiteren Bescheid vom 26.04.2011 setzte die Beklagte die Leistungen der Klägerin für die Zeit vom 01.05.2011 bis zum 31.03.2012 auf monatlich 262,68 Euro herab. Dies beruhte ausschließlich auf der zum 30.03.2011 erfolgten Herabsetzung der monatlichen Vorauszahlungen im NT-Tarif der S AG auf 59,- Euro. Die Beklagte ging nunmehr von einem um 13,66 Euro niedrigeren Heizkostenbedarf der Klägerin aus. Die übrigen Regelungen, insbesondere zum Regelsatz, blieben unverändert.
11Mit Widerspruchsbescheid vom 22.07.2011 wies der Kreis S nach beratender Beteiligung sozial erfahrener Dritter den Widerspruch als unbegründet zurück. In Anwendung des Urteils des Bundessozialgerichts (BSG) vom 19.05.2009 - B 8 SO 8/08 - sei der Klägerin bislang der Regelsatz für den Haushaltsvorstand gewährt worden. Dies sei nach der zum 01.01.2011 in Kraft getretenen Neufassung des SGB XII nicht mehr möglich. Da die Klägerin im Haushalt ihrer Mutter lebe und deshalb keinen eigenen Haushalt führe, gelte für sie die Regelbedarfsstufe 3. Diese sei ab dem 01.04.2011 der Leistungsberechnung zugrunde zu legen.
12Mit Bescheiden vom 01.06.2011 und vom 11.08.2011 übernahm die Beklagte Betriebskostennachforderungen aufgrund entsprechender Abrechnungen vom 07.04.2011 und von Juli 2011. Der Regelsatz blieb jeweils unverändert.
13Die Klägerin hat am 17.08.2011 Klage beim Sozialgericht (SG) Gelsenkirchen erhoben. Sie hat ihr Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren wiederholt und ergänzend vorgetragen, der Gesetzgeber habe bei der Schaffung der Regelbedarfsstufe 3 seine verfassungsrechtlichen Pflichten zu transparenten Begründung verletzt. Außerdem liege eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung gegenüber erwerbsfähigen Haushaltsangehörigen vor, die die Regelbedarfsstufe 1 erhielten.
14Das SG hat als Antrag der Klägerin aufgenommen,
15die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 25.03.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22.07.2011 zu verurteilen, ihr Leistungen in Höhe der Regelbedarfsstufe 1 zu erbringen.
16Die Beklagte hat beantragt,
17die Klage abzuweisen.
18Sie hat auf ihre Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden Bezug genommen.
19Mit Urteil vom 27.10.2011 hat das SG die Klage im Wesentlichen unter Bezugnahme auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid abgewiesen und die Berufung zugelassen.
20Gegen dieses ihrem Prozessbevollmächtigten am 07.11.2011 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 07.12.2011 Berufung eingelegt. Sie wiederholt im Wesentlichen ihr erstinstanzliches Vorbringen.
21Die Beklagte hat der Klägerin ohne weiteren Bescheid (Verfügung vom 25.11.2011, Blatt 199 der Verwaltungsakten) ab dem 01.01.2012 höhere Leistungen auf der Grundlage eines Regelsatzes von 299,- Euro monatlich gewährt.
22Im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 16.01.2014 haben die Beteiligten zur teilweisen Erledigung des Rechtsstreits und zur Einschränkung des Streit- und Prüfungsgegenstandes folgenden Vergleich geschlossen:
231. Die Beklagte wird der Klägerin unter Abänderung des Bescheides vom 25.03.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.07.2011 und der Bescheide vom 10.03.2010 und vom 02.03.2011 im Zeitraum vom 01.01.2011 bis zum 31.03.2012 insoweit höhere Leistungen gewähren und auszahlen, als im Zeitraum vom 01.01.2011 bis zum 31.12.2011 lediglich ein Einkommen von 221,81 Euro monatlich und im Zeitraum vom 01.01.2012 bis zum 31.03.2012 lediglich ein Einkommen von 220,87 Euro monatlich leistungsmindernd angerechnet wird. Die Beklagte erklärt sich ferner bereit, den der Klägerin zustehenden Mehrbedarf nach § 30 Abs. 1 und 7 SGB XII ab dem 01.04.2011 höher festzusetzen, wenn und soweit die Klägerin nach rechtskräftigem Abschluss dieses Verfahrens einen höheren Regelbedarf beanspruchen kann.
242. Die Klägerin macht im Hinblick auf die Regelung unter 1) keine weiteren Einwände gegen die Einkommensanrechnung und die Regelsatzkürzung geltend und stellt diese jeweils unstreitig. Ferner beschränkt sie ihr Begehren dieses Verfahrens in zeitlicher Hinsicht auf den Zeitraum vom 01.01.2011 bis zum 31.03.2012 und in inhaltlicher Hinsicht auf den Regelsatz (Regelbedarf).
25Die Klägerin beantragt,
26das Urteil des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 27.10.2011 abzuändern und die Beklagte unter Änderung des Bescheides vom 25.03.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.07.2011 zu verurteilen, die Bescheide vom 10.03.2010 und 02.03.2011 abzuändern und der Klägerin für die Zeit vom 01.01.2011 bis zum 31.03.2012 einen höheren Regelbedarf nach der Regelbedarfsstufe 1 zu bewilligen.
27Die Beklagte beantragt,
28die Berufung zurückzuweisen.
29Der Senat hat die Mutter und Betreuerin der Klägerin im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 16.01.2014 befragt. Wegen des Ergebnisses dieser Befragung wird auf das Sitzungsprotokoll Bezug genommen.
30Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes nimmt der Senat auf die Prozessakte und die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten Bezug. Die Akten haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
31Entscheidungsgründe:
32Die vom SG zugelassene und auch im Übrigen zulässige Berufung ist nach der teilweisen Erledigung des Rechtsstreits durch den Vergleich vom 16.01.2014 unbegründet. Das SG hat die zulässige Klage, soweit sie nicht durch den Vergleich vom 16.01.2014 erledigt ist, im Ergebnis zu Recht abgewiesen, weil sie unbegründet ist.
33I. Die Klage ist zulässig und von der Klägerin zulässigerweise auf den Ansatz eines höheren gesetzlichen Regelsatzes nach der Regelsatzstufe 1 - unabhängig von der genauen Leistungshöhe unter Berücksichtigung des anzurechnenden Einkommens und etwaiger Regelsatzkürzungen nach § 27a Abs. 4 Satz 1 1. Alt. SGB XII - im Zeitraum vom 01.01.2011 bis zum 31.03.2012 beschränkt worden.
341. Gegenstand der Klage ist nach dem ausdrücklichen Antrag der Klägerin der Bescheid vom 25.03.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22.07.2011 (§ 95 Sozialgerichtsgesetz (SGG)). Bei dem Bescheid vom 25.03.2011 handelt es sich zum einen um einen Änderungsbescheid zum ursprünglich erlassenen Bescheid vom 02.03.2011 zu Lasten der Klägerin betreffend den Zeitraum vom 01.04.2011 bis zum 31.03.2012 (Ansatz eines niedrigeren Regelsatzes in Höhe von 291,- anstelle von bislang 359,- Euro). Zum anderen enthält der Bescheid in der Sache eine Änderung des Bescheids vom 10.03.2010 zu Gunsten der Klägerin gemäß § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB X für den Zeitraum vom 01.01.2011 bis zum 31.03.2011. Dieser Zeitraum wurde zuletzt durch den Bescheid vom 10.03.2010 geregelt. Die im Bescheid vom 10.03.2010 für die Klägerin insoweit bewilligten Leistungen wurden durch den Bescheid vom 25.03.2011 um monatlich 9,68 Euro (0,85 Euro höherer Mehrbedarf wegen Schwerbehinderung und Merkzeichen "G" und 8,37 Euro Mehrbedarf wegen dezentraler Warmwasserbereitung) angehoben.
35Nach ihrem eindeutigen Antrag in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat begehrt die Klägerin den Ansatz der Regelbedarfsstufe 1 ab dem 01.01.2011. Vor diesem Hintergrund ist statthafte Klageart eine kombinierte Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklage gemäß §§ 54 Abs. 1 Satz 1 1. und 2. Alt, Abs. 4, 56 SGG (vgl. insoweit BSG, Urt. v. 10.11.2011 - B 8 SO 18/10 R -, juris Rn. 10). Die Klägerin begehrt zum einen die noch weitergehende Korrektur des Bescheids vom 10.03.2010 für die Zeit vom 01.01.2011 bis zum 31.03.2011 gemäß § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB X dahingehend, dass auch für diesen Zeitraum die Regelbedarfsstufe 1 nach dem rückwirkend zum 01.01.2011 in Kraft getretenen Gesetzes zur Ermittlung von Regelbedarfen (RBEG) und zur Änderung des SGB II und SGB XII vom 24.03.2011 (364,- Euro) angesetzt wird. Zum anderen begehrt die Klägerin für die Zeit ab dem 01.04.2011 nicht nur das Wiederaufleben des Bescheids vom 02.03.2011 (Regelsatz in Höhe von 359,- Euro), was sie allein mit der Anfechtungsklage erreichen könnte. Vielmehr geht es ihr auch um eine Korrektur dieses Bescheides zu ihren Gunsten gemäß § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X, indem die Leistungen ab dem 01.04.2011 auf der Grundlage der Regelbedarfsstufe 1 (364,- Euro bzw. 374,- ab dem 01.01.2012) bemessen werden.
36Soweit die Beklagte durch tatsächliche Gewährung eines höheren Regelsatzes von 299,- Euro monatlich im Zeitraum vom 01.01.2012 bis zum 31.03.2012 in der Sache konkludente Änderungsbescheide für die Zeit erlassen hat, sind diese gemäß § 96 SGG Gegenstand der Klage geworden.
372. Diese Klage ist hinsichtlich des im Berufungsverfahren allein begehrten Ansatzes eines höheren gesetzlichen Regelsatzbetrages für die Zeit vom 01.01.2011 bis zum 31.03.2012 zulässig.
38Für die Zeit vom 01.01.2011 bis zum 31.03.2011 fehlt es hinsichtlich der begehrten Erhöhung des Regelsatzes nicht an der nach § 54 Abs. 1 SGG notwendigen ablehnenden Regelung durch Verwaltungsakt. Im angefochtenen Bescheid vom 25.03.2011 hat die Beklagte implizit eine im Hinblick auf die weitergehende Korrektur des Bescheids vom 10.03.2010 ablehnende Regelung im Sinne von § 31 SGB X für die Zeit vom 01.01.2011 bis zum 31.03.2011 getroffen, indem sie ausgeführt hat, eigentlich sei die Regelbedarfsstufe 3 ab dem 01.01.2011 bei der Klägerin zugrunde zu legen, jedoch verbleibe es aus Vertrauensschutzgesichtspunkten bei den ursprünglich bewilligten 359,- Euro.
39Im Hinblick auf die von der Klägerin begehrte Korrektur des Bescheids vom 02.03.2011 zu ihren Gunsten ab dem 01.04.2011 enthält der Bescheid vom 25.03.2011 ebenfalls eine ablehnende Reglung im Sinne von § 31 SGB X. Indem die Beklagte nur für den Zeitraum vom 01.01.2011 bis zum 31.03.2011 partiell höhere Leistungen bewilligt und die Leistungen der Klägerin ab dem 01.04.2011 herabgesetzt hat, hat sie zugleich entschieden, dass der Klägerin im Zeitraum vom 01.04.2011 bis zum 31.03.2012 keine höheren Leistungen als die im Bescheid vom 02.03.2011 bewilligten zustehen.
40Der angefochten Bescheid vom 25.03.2011 ist auch nicht teilweise im Sinne von § 77 SGG bindend, d.h. bestandskräftig geworden. Die anwaltlich vertretene Klägerin ist zwar in ihrer Klagebegründung irrtümlich davon ausgegangen, dass die Beklagte erst ab dem 01.05.2011 den niedrigeren Regelsatz von 291,- Euro angesetzt hat. Darin war aber bei interessengerechter Auslegung des Klagebegehrens keine Beschränkung des Klagegegenstandes in zeitlicher Hinsicht zu sehen. Die Klägerin hat vielmehr im Widerspruchsverfahren deutlich zum Ausdruck gebracht, dass sie sich nicht nur gegen des Ansatz der Regelbedarfsstufe 3 ab dem 01.05.2011 (richtig: 01.04.2011) wendet, sondern auch eine Erhöhung des Regelsatzes entsprechend der Regelbedarfsstufe 1 (364,- Euro) rückwirkend zum 01.01.2011 um 5,- Euro monatlich beansprucht. Dass sie dieses Begehren im Klageverfahren fallen gelassen hat, kann nicht angenommen werden. Vielmehr hat sie sowohl in ihrem vor dem Senat gestellten als auch in dem vom SG aufgenommenen Klageantrag ohne Einschränkung den Ansatz der Regelbedarfsstufe 1 geltend gemacht.
41Der Regelungsgehalt des Bescheids vom 25.03.2011 beschränkt sich allerdings in zeitlicher Hinsicht auf die Zeit bis zum 31.03.2012 (§ 39 Abs. 2 SGB X). Für die Zeit ab dem 01.04.2012 trifft der Bescheid keinerlei Entscheidungen. Ebenso enthält der Bescheid keinerlei Regelungen für die Zeit bis zum 31.12.2010. Konsequentermaßen hat die Klägerin deshalb ihr Begehren in zeitlicher Hinsicht auf die Zeit vom 01.01.2011 bis zum 31.03.2012 beschränkt (zur Zulässigkeit einer solchen zeitlichen Beschränkung (vgl. BSG, Urt. v. 18.03.2008 - B 8/9b SO 11/06 R -, juris Rn. 10; Urt. v. 09.06.2011 - B 8 SO 11/10 R -, juris Rn. 10).
423. In inhaltlicher Hinsicht ist die Klage auf den Ansatz eines höheren gesetzlichen Regelsatzbetrages entsprechend der Regelbedarfsstufe 1 beschränkt, ohne dass es auf die genaue Leistungshöhe unter Berücksichtigung des anzurechnenden Einkommens und vorzunehmender Regelsatzkürzungen gemäß § 27a Abs. 4 Satz 1 1. Alt. SGB XII ankommt.
43a) Die Klägerin hat nach ausführlicher Erörterung und Belehrung in dem am 16.01.2014 geschlossenen Teilerledigungsvergleich zum einen die in dem angefochtenen Bescheid vom 25.03.2011 enthaltenen Regelungen zu den Mehrbedarfen nach § 31 Abs. 1 und 7 SGB XII und zu den Leistungen für Unterkunft und Heizung gemäß § 35 SGB XII aus dem Klagebegehren ausgeklammert. Eine entsprechende Beschränkung des Streitgegenstandes ist sogar durch einseitige Prozesserklärung möglich, denn insoweit handelt es sich um selbstständige Verfügungssätze eines Bescheids über die Bewilligung von Sozialhilfeleistungen, die selbstständiger Gegenstand einer Klage sein können (vgl. BSG, Urt. v. 19.05.2009 - B 8 SO 8/08 R -, juris Rn. 13; Urt. v. 09.06.2011 - B 8 SO 1/10 R -, juris Rn. 11 zum Regelbedarf bzw. Regelsatz; BSG, Urt. v. 10.11.2011 - B 8 SO 12/10 R -, juris Rn. 11 zu Mehrbedarfen im Sinne von § 30 SGB XII; BSG, Urt. v. 14.04.2011 - B 8 SO 18/09 R -, juris Rn. 10 zu den Kosten für Unterkunft und Heizung). Dementsprechend sind die Änderungsbescheide vom 26.04.2011, 01.06.2011 und 11.08.2011, die ausschließlich die Leistungen für Unterkunft und Heizung betrafen und die übrigen Verfügungssätze des Bescheids vom 25.03.2011 unberührt gelassen haben, nicht nach §§ 86, 96 SGG Gegenstand dieser Klage geworden.
44b) Zum anderen hat die Klägerin die Einkommensanrechnung (§ 82 SGB XII) und die Kürzung des Regelsatzes wegen des kostenlos eingenommenen Mittagessens in der WfbM gemäß § 27a Abs. 4 Satz 1 1. Alt SGB XII im Vergleich vom 16.01.2014 dem Grunde und der Höhe nach unstreitig gestellt, so dass diese Gesichtspunkte nicht mehr Gegenstand der Klage und deshalb auch nicht mehr zu prüfen sind. Zwar handelt es sich insoweit um bloße Berechnungselemente, die nicht Gegenstand eines eigenständigen Verfügungssatzes sind und dementsprechend auch nicht selbstständiger Gegenstand einer Klage sein oder aus dem Klageverfahren durch einseitige Erklärung ausgeklammert werden können (vgl. BSG, Urt. v. 09.06.2011 - B 8 SO 1/10 R -, juris Rn. 11 f.; Urt. v. 09.06.2011 - B 8 SO 20/09 R -, juris Rn. 22). Eine "Ausklammerung" oder ein "Unstreitigstellen" dieser Berechnungselemente ist aber durch einen "echten" Vergleich, der ein gegenseitiges Nachgeben der Beteiligten voraussetzt, möglich (vgl. BSG, Urt. v. 20.09.2012 - B 8 SO 4/11 R -, juris Rn. 13). Einen solchen Teilerledigungsvergleich, der ausdrücklich der Einschränkung des Streit- und Prüfungsgegenstandes dient, haben die Beteiligten am 16.01.2014 nach ausführlicher Erörterung der Sach- und Rechtslage geschlossen. Ein gegenseitiges Nachgeben liegt in mehrfacher Hinsicht vor. Die Beklagte hat sich bereit erklärt, der Klägerin wegen eines niedriger anzusetzenden anzurechnenden Einkommens höhere Leistungen zu gewähren. Sie hat sich darüber hinaus für den Fall des Erfolges der Klägerin im vorliegenden Verfahren verpflichtet, die von der anzusetzenden Regelsatzhöhe abhängigen Mehrbedarfe nach § 30 Abs. 1 und 7 SGB XII höher festzusetzen. Die Klägerin hat im Gegenzug dazu ihr Begehren auf den Ansatz eines höheren Regelsatzes im Zeitraum vom 01.01.2011 bis zum 31.03.2012 beschränkt sowie auf Einwände gegen die Regelsatzkürzung und die verbleibende Einkommensanrechnung verzichtet und diese ausdrücklich unstreitig gestellt. Die Beteiligten haben damit dem Gericht die Prüfung der Einkommensanrechnung und der Regelsatzkürzung gemäß § 27a Abs. 4 Satz 1 1. Alt. SGB XII entzogen.
45II. Die Klage ist unbegründet. Die Klägerin ist durch den Bescheid vom 25.03.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22.07.2011, soweit diese nach den vorstehenden Ausführungen streitgegenständlich sind, nicht im Sinne von § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG beschwert, denn die Bescheide sind in Bezug auf den allein streitgegenständlichen Ansatz des gesetzlich vorgegebenen Regelsatzbetrages rechtmäßig. Die Klägerin hat keinen Anspruch darauf, dass die Beklagte nach § 48 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 1 SGB X die Bescheide vom 10.03.2010 und 02.03.2011 zu ihren Gunsten abändert und rückwirkend ab dem 01.01.2011 bis zum 31.03.2012 einen höheren gesetzlichen Regelsatz entsprechend der seit dem 01.01.2011 geltenden Regelbedarfsstufe 1 (364,- Euro monatlich bis zum 31.12.2011 und 374,- Euro ab dem 01.01.2012) ansetzt. Die Beklagte hat vielmehr zu Recht den Bescheid vom 02.03.2011 zu Lasten der Klägerin im Hinblick auf den anzusetzenden, gesetzlich vorgegebenen Regelsatzbetrag mit Wirkung für die Zukunft ab dem 01.04.2011 gemäß § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X abgeändert und einen Regelsatz entsprechend der Regelbedarfsstufe 3 (291,- Euro monatlich bis zum 31.12.2011 und 299,- Euro monatlich ab dem 01.01.2012) ihren Berechnungen zugrunde gelegt, und es für die Zeit vom 01.01.2011 bis zum 31.03.2011 gemäß § 137 Satz 1 SGB XII bei der mit Bescheid vom 10.03.2010 angesetzten Regelsatzhöhe von 359,- Euro belassen.
461. Ermächtigungsgrundlage für die Änderung des Bescheids vom 02.03.2011 zu Lasten der Klägerin und die Festsetzung eines Regelsatzes auf der Grundlage der Regelbedarfsstufe 3 nach dem seit dem 01.01.2011 geltenden Recht ist § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X. Danach ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung, um den es sich bei dem den Zeitraum vom 01.04.2011 bis zum 31.03.2012 regelnden Bescheid vom 02.03.2011 handelt, mit Wirkung für Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Eine lediglich für die Zukunft wirkende Aufhebung des Bescheids vom 02.03.2011 ist hier erfolgt, da der Bescheid vom 25.03.2011 lediglich den Zeitraum ab dem 01.04.2011 und damit einen Zeitraum nach seinem Erlass, d.h. seiner Bekanntgabe im Sinne von § 37 SGB X, regelt. Der Bescheid sowie seine an die Betreuerin adressierte Abschrift wurden noch am 25.03.2011 zur Post gegeben und gelten damit nach § 37 Abs. 2 Satz 1 SGB X am 28.03.2011 als bekanntgegeben. Aufgrund der auch gegenüber der Betreuerin erfolgte Bekanntgabe war diese auch wirksam.
472. Der Bescheid vom 25.03.2011 ist formell rechtmäßig.
48a) Die Beklagte war für den Erlass des Änderungsbescheids gemäß § 48 Abs. 4 Satz 1 i.V.m. § 44 Abs. 3 SGB X zuständig. Die beklagte kreisangehörige Stadt N ist und war als örtlicher Sozialhilfeträger gemäß § 97 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 1 Landesausführungsgesetz zum Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) - Sozialhilfe - für das Land Nordrhein-Westfalen (AG-SGB XII NRW) i.V.m. § 2 Ausführungsverordnung zum Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) - Sozialhilfe - des Landes Nordrhein-Westfalen (AV-SGB XII NRW) i.V.m. § 2 Abs. 1 der Satzung über die Durchführung der Aufgaben als örtlicher Träger der Sozialhilfe im Kreis S (Heranziehungssatzung) sachlich und in Anbetracht des gewöhnlichen Aufenthaltes der Klägerin in ihrem Gebiet, sowohl im Zeitpunkt des Erlasses des Bescheids vom 02.03.2011 als auch im Zeitpunkt des Erlasses des Bescheids vom 25.03.2011, gemäß § 98 Abs. 1 Satz 2 SGB XII auch örtlich zuständig.
49b) Die Klägerin ist zwar vor Erlass des Bescheids vom 25.03.2011 nicht angehört worden. Der darin liegende Verstoß gegen § 24 Abs. 1 SGB X (§ 24 Abs. 2 Nr. 5 SGB X gilt nur in Bezug auf Einkommensänderungen, vgl. Siefert, in: v. Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Aufl. 2014, § 24 Rn. 34 m.w.N.) ist jedoch durch Durchführung des Widerspruchsverfahrens geheilt worden (§ 41 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 SGB X).
50Die Heilung eines Anhörungsfehlers im Widerspruchsverfahrens setzt nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) voraus, dass (a) die Behörde dem Betroffen in dem angefochtenen Verwaltungsakt die wesentlichen Tatsachen mitteilt, auf die sie ihre Entscheidung stützt, wobei es hinsichtlich der Wesentlichkeit auf die - u.U. unzutreffende - Rechtsauffassung der Behörde ankommt, (b) dem Betroffenen Gelegenheit gegeben wird, zu den von der Behörde für entscheidungserheblich gehaltenen Tatsachen Stellung zu nehmen, wobei dies in der Regel durch die Rechtsbehelfsbelehrung des Bescheids gewährleistet ist, es sei denn, die Behörde verwertet im Widerspruchsverfahren neue Tatsachen zu Lasten des Betroffenen, und (c) die Behörde im Widerspruchsbescheid erkennen lässt, dass sie die vorgebrachten Argumente des Widerspruchsführers zur Kenntnis genommen und abgewogen hat (vgl. BSG, Urt. v. 22.10.1998 - B 7 AL 106/97 R -, juris Rn. 26; Urt. v. 13.12.2001 - B 13 RJ 67/99 R -, juris Rn. 26 ff.; Urt. v. 11.06.2003 - B 5 RJ 28/02 R -, juris Rn. 29; Schütze, in: v. Wulffen, SGB X, 7. Aufl. 2010 § 41 Rn. 15).
51Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Der ausführlich begründete Bescheid vom 25.03.2011 nennt alle wesentlichen Tatsachen, die den Beklagten dazu bewogen haben, den Regelsatz ab dem 01.04.2011 herabzusetzen. Im Widerspruchsverfahren hatte die Betreuerin der Klägerin als Bekanntgabeadressatin Gelegenheit, zu diesen Gesichtspunkten Stellung zu nehmen. In ihrem Widerspruchsbescheid ist die Beklagte auf die Ausführungen der Betreuerin im Widerspruchsverfahren eingegangen. Auf neue Tatsachen, zu denen sich die Klägerin nicht hat äußern können, hat sie ihre Entscheidung im Widerspruchsbescheid nicht gestützt.
523. Der Bescheid vom 25.03.2011 ist auch materiell rechtmäßig. Nach Erlass des Bescheids vom 02.03.2011 ist durch Erlass des Gesetzes zur Ermittlung von Regelbedarfen (RBEG) und zur Änderung des SGB II und SGB XII vom 24.03.2011 mit Wirkung zum 01.04.2011 eine wesentliche Änderung der rechtlichen Verhältnisse, die bei Erlass des Bescheids vom 02.03.2011 vorgelegen haben, eingetreten.
53a) Der Bescheid vom 02.03.2011 war im Zeitpunkt seines Erlasses hinsichtlich des allein streitgegenständlichen gesetzlich vorgegebenen Regelsatzbetrages rechtmäßig. Die Beklagte hatte zum damaligen Zeitpunkt auch für die Zeit ab dem 01.04.2011 zu Recht einen Regelsatz in Höhe von 359,- gemäß § 42 Nr. 1 SGB XII in der bis zum 31.12.2010 geltenden Fassung (SGB XII a.F.) i.V.m. § 28 Abs. 1 SGB XII a.F. und § 3 Abs. 1 Satz 2 Regelsatzverordnung (RSV) in der bis zum 31.12.2010 geltenden Fassung vom 02.03.2009 angesetzt.
54aa) Das BSG hat in ständiger Rechtsprechung zu dem bis zum 31.12.2010 geltenden Recht (§ 3 Abs. 1 und 2 RSV) die Auffassung vertreten, da bezogen auf die Minderung des Regelsatzes bzw. der Regelleistung nach dem SGB II wegen Annahme einer Haushaltsersparnis für eine unterschiedliche Behandlung zwischen der Personengruppe der SGB-XII- und SGB-II-Leistungsempfänger im Hinblick auf die identische sozialrechtliche Funktion beider Leistungen (Sicherstellung des Existenzminimums) keine sachlichen Gründe erkennbar seien, dürften normativ Einsparungen bei gemeinsamer Haushaltsführung seit dem 1.1.2005, also mit Inkrafttreten des SGB XII und des SGB II, nach Maßgabe des Gleichheitssatzes (Art 3 Abs. 1 GG) und zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen zwischen dem SGB II und dem SGB XII nur noch berücksichtigt werden, wenn die zusammenlebenden Personen bei Bedürftigkeit eine Bedarfsgemeinschaft i.S. des § 7 Abs. 3 SGB II oder eine Einsatzgemeinschaft i.S. des § 19 SGB XII bilden bzw. bilden würden. Personen, die außerhalb von Konstellationen einer Bedarfsgemeinschaft bzw. Einsatzgemeinschaft in einer reinen Haushaltsgemeinschaft mit anderen Personen lebten, seien deshalb keine Haushaltsangehörigen im Sinne von § 3 Abs. 2 RSV mit der Folge, dass bei ihnen der volle Eckregelsatz des Haushaltsvorstands gemäß § 3 Abs. 1 RSV anzusetzen sei (vgl. BSG, Urt. v. 19.05.2009 - B 8 SO 8/08 R -, juris Rn. 17 ff.; Urt. v. 09.06.2011 - B 8 SO 11/10 R -, juris Rn. 18 ff.; Urt. v. 09.06.2011 - B 8 SO 1/10 R -, juris Rn. 16 ff.).
55Nach diesen Grundsätzen war im Zeitpunkt des Erlasses des Bescheids vom 02.03.2011 in Ermangelung einer bereits zu diesem Zeitpunkt existenten Neuregelung und wegen des zunächst fortgeltenden alten Rechts auch für die Zeit ab dem 01.04.2011 zugunsten der Klägerin der Eckregelsatz für einen Haushaltsvorstand nach § 3 Abs. 1 Satz 2 RSV in Höhe von 359,- Euro anzusetzen, denn die 30jährige Klägerin bildete mit ihrer Mutter und ihrem Halbbruder weder nach Maßgabe von § 19 Abs. 2 SGB XII eine Einsatzgemeinschaft noch nach § 7 Abs. 2, Abs. 3 Nr. 4 SGB II eine Bedarfsgemeinschaft.
56bb) Ob die volljährige, auf Dauer im Sinne von § 43 Abs. 2 SGB VI voll erwerbsgeminderte und damit dem Grunde nach nach den §§ 41 ff. SGB XII leistungsberechtigte Klägerin unter Berücksichtigung von Regelsatzkürzungen und Anrechnung von Einkommen Anspruch auf Zahlung des Regelsatzes hatte, ist aufgrund des von den Beteiligten wirksam beschränkten Streitgegenstandes nicht zu prüfen. Es kann deshalb auch dahinstehen, ob und in welchem Umfang anzurechnendes Einkommen gerade auf den Regelsatz anzurechnen ist (vgl. hierzu Coseriu, in: jurisPK-SGB XII, § 19 Rn. 34) und ob zugunsten der Klägerin ein Bedarf für Unterkunft und Heizung anzuerkennen war (vgl. insoweit BSG, Urt. v. 25.08.2011 - B 8 SO 29/10 R -, juris Rn. 12 f.). Im Übrigen steht aufgrund der Regelung in Ziffer 1. des Teilerledigungsvergleichs vom 16.01.2014 fest, dass die Klägerin in jedem Fall Anspruch auf Zahlung des Regelsatzes hatte. Selbst wenn das gesamte danach anzurechnende Einkommen vom gesetzlichen Regelsatzbetrag abzuziehen wäre, verbliebe auch unter Berücksichtigung einer Minderung des Regelsatzes nach § 28 Abs. 1 Satz 2 1. Alt SGB XII in der bis zum 31.12.2010 geltenden Fassung in jedem Fall noch ein auf den Regelsatz entfallender Auszahlungsbetrag. Nach den höchstrichterlich entwickelten Grundsätzen ist es unter keinem denkbaren Gesichtspunkt möglich, das der Regelsatz wegen des kostenlosen Mittagessens in einer WfbM um 100,- Euro monatlich oder mehr zu mindern ist (vgl. zum Ganzen BSG, Urt. v. 11.12.2007 - B 8/9b SO 21/06 R -, juris Rn. 20 ff.).
57b) Durch das (rückwirkende) Inkrafttreten des Gesetzes zur Ermittlung von Regelbedarfen (RBEG) und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 24.03.2011 (BGBl I, S. 453) zum 01.01.2011 ist eine wesentliche Änderung der rechtlichen Verhältnisse im Sinne von § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X eingetreten (zur Anwendung von § 48 Abs. 1 SGB X bei rückwirkenden Rechtsänderungen vgl. Schütze, in v. Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Aufl. 2014, § 45 Rn. 31 und § 48 Rn. 10). Der Klägerin stand aufgrund dieser Neuregelung in dem Regelungszeitraum des Bescheids vom 02.03.2011 nur ein gesetzlicher Regelsatz nach der Regelbedarfsstufe 3 der Anlage zu § 28 SGB XII in der seit dem 01.01.2011 geltenden Fassung zu, und zwar vom 01.04.2011 bis zum 31.12.2011 in Höhe von 291,- Euro und vom 01.01.2012 bis zum 31.03.2012 in Höhe von 299,- Euro.
58aa) Nach § 42 Nr. 1 1. Halbsatz SGB XII in der seit dem 01.01.2011 geltenden Fassung umfassen die Leistungen der Grundsicherung bei Erwerbsminderung u.a. die Regelsätze nach den Regelbedarfsstufen der Anlage zu § 28 SGB XII. Nach § 27a Abs. 2 Satz 1 SGB XII wird der notwendige Lebensunterhalt, wie er sich aus § 27a Abs. 1 SGB XII ergibt, durch den Regelbedarf dargestellt. Dieser ist in Regelbedarfsstufen unterteilt, die bei Kindern und Jugendlichen altersbedingte Unterschiede und bei erwachsenen Personen deren Anzahl im Haushalt sowie die Führung eines Haushalts berücksichtigen (§ 27a Abs. 2 Satz 2 SGB XII). Zur Deckung der Regelbedarfe, die sich nach den Regelbedarfsstufen der Anlage zu § 28 ergeben, sind monatliche Regelsätze zu gewähren. Der Regelsatz stellt einen monatlichen Pauschalbetrag zur Bestreitung des Regelbedarfs dar, über dessen Verwendung die Leistungsberechtigten eigenverantwortlich entscheiden; dabei haben sie das Eintreten unregelmäßig anfallender Bedarfe zu berücksichtigen (§ 27a Abs. 3 SGB XII).
59Die in der Anlage zu § 28 vorgesehenen Regelbedarfsstufen entsprechen den in § 8 des Gesetzes zur Ermittlung der Regelbedarfe nach § 28 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch - Regelbedarfs-Ermittlungsgesetz - (RBEG) geregelten Regelbedarfsstufen. In der für den Zeitraum vom 01.01.2011 bis zum 31.12.2011 anwendbaren Fassung des Gesetzes zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 24.03.2011 lautet die Anlage zu § 28 SGB XII:
60Regelbedarfsstufen nach § 28 in Euro
61gültig ab 01. Januar 2011
62Regelbedarfsstufe 1 = 364 Regelbedarfsstufe 2 = 328 Regelbedarfsstufe 3 = 291 Regelbedarfsstufe 4 = 287 Regelbedarfsstufe 5 = 251 Regelbedarfsstufe 6 = 215
63Regelbedarfsstufe 1: Für eine erwachsene leistungsberechtigte Person, die als alleinstehende oder alleinerziehende Person einen eigenen Haushalt führt; dies gilt auch dann, wenn in diesem Haushalt eine oder mehrere weitere erwachsene Personen leben, die der Regelbedarfsstufe 3 zuzuordnen sind.
64Regelbedarfsstufe 2: Für jeweils zwei erwachsene Leistungsberechtigte, die als Ehegatten, Lebenspartner oder in eheähnlicher oder lebenspartnerschaftsähnlicher Gemeinschaft einen gemeinsamen Haushalt führen.
65Regelbedarfsstufe 3: Für eine erwachsene leistungsberechtigte Person, die weder einen eigenen Haushalt führt, noch als Ehegatte, Lebenspartner oder in eheähnlicher oder lebenspartnerschaftsähnlicher Gemeinschaft einen gemeinsamen Haushalt führt.
66Regelbedarfsstufe 4: Für eine leistungsberechtigte Jugendliche oder einen leistungsberechtigten Jugendlichen vom Beginn des 15. bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres.
67Regelbedarfsstufe 5: Für ein leistungsberechtigtes Kind vom Beginn des siebten bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres.
68Regelbedarfsstufe 6: Für ein leistungsberechtigtes Kind bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres.
69Durch § 2 der Regelbedarfsstufen-Fortschreibungsverordnung 2012 vom 17. Oktober 2011 (BGBl. I S. 2090) (RBSFV 2012) ist (nur) die Tabelle der Anlage zu § 28 SGB XII mit Wirkung ab dem 01.01.2012 ergänzt worden. Ab dem 01.01.2012 betrugen danach die Regelbedarfsstufe 1 374,- Euro und die Regelbedarfsstufe 3 299,- Euro.
70bb) Nach diesen einfach-rechtlichen Vorgaben ist für die Klägerin ab dem 01.04.2011 die Regelbedarfsstufe 3 anzusetzen, sodass die Beklagte zu Recht ihrer Leistungsberechnung einen Regelsatz von 291,- Euro ab dem 01.04.2011 und einen Regelsatz von 299,- Euro ab dem 01.01.2012 zugrunde gelegt hat.
71Bei volljährigen Personen ohne eigene Kinder, die, wie die Klägerin nicht mit einem verschieden- oder gleichgeschlechtlichen Partner zusammenleben, kommt es für die Abgrenzung der Regelbedarfsstufen 1 und 3 darauf an, ob sie einen "eigenen Haushalt" führen. Hintergrund dieser Regelungen ist die Annahme des Gesetzgebers, dass bei gemeinschaftlichem Wirtschaften mehrerer erwachsener Personen in einem Haushalt jedenfalls diejenigen Verbrauchsausgaben, die mit der Führung eines Haushalts verbunden sind (haushaltsgebundene Verbrauchsausgaben), wie z.B. die Ausgaben für Strom, Wohnungsausstattung und Kommunikationsausstattung, nicht proportional mit der Anzahl der im Haushalt lebenden Personen steigen, sondern Einsparungen durch gemeinsame Haushaltsführung zu berücksichtigen seien, mit der Folge, dass der zusätzliche Bedarf eines Haushalts, der durch eine hinzukommende erwachsene Person per Saldo entstehe, niedriger sein müsse als der Bedarf einer alleinstehenden Person (vgl. zum Ganzen BT-Drucks 17/4095, S. 40). Allerdings wird in den Gesetzgebungsmaterialien die Notwendigkeit einer Einzelfallprüfung betont (vgl. BT-Drucks 17/4095. S. 41 und BT-Drucks 17/3807, S. 39 f.). Ausdrücklich heißt es in dem Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales vom 02.10.2010, Voraussetzung (erg.: für den Ansatz der Regelbedarfsstufe 3) sei, dass die weitere erwachsene Person sich die vorhandene Ausstattung und Einrichtung der Wohnung mit den anderen Personen im Haushalt weitestgehend teile und sich an den für Anschaffung, Wartung und so weiter anfallenden Kosten nicht oder nur teilweise, in der Gesamtschau aber nur mit einem sehr geringen Anteil beteilige und im Ergebnis weit überwiegend die übrigen oder die übrigen erwachsenen Personen die Kosten der Haushaltsführung tragen (BT-Drucks 17/4095, S. 40). In der Literatur wird darüber hinaus erwogen, die Anwendung der Regelbedarfsstufe 3 auf Fälle zu begrenzen, in denen überhaupt kein eigener Haushalt (auch nicht in Teilen) geführt wird (so Gutzler, in: jurisPK-SGB XII, § 27a Rn. 80).
72Es kann dahinstehen, ob der zuletzt genannten Auffassung zu folgen ist. Selbst wenn man für das Führen eines eigenen Haushalts eine geringfügige Beteiligung an den haushaltsgebundenen Verbrauchsausgaben oder ein geringfügiges eigenständigen Wirtschaften genügen lässt, steht im vorliegenden Fall nach dem Ergebnis der Befragung des Senats in der mündlichen Verhandlung vom 16.01.2014 fest, dass die Klägerin tatsächlich überhaupt keinen eigenen Haushalt führt und dies auch nicht im Zeitraum vom 01.01.2011 bis zum 31.03.2012, sondern zu keinem Zeitpunkt getan hat.
73Die Mutter und Betreuerin der Klägerin hat auf Befragen des Senats ausgeführt, die Klägerin sei seit ihrer Geburt aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage gewesen, einen eigenen Haushalt zu führen. Sie habe auch nie zu Hause irgendwelche Haushaltsleistungen erbringen können und trage auch nichts zur Haushaltsführung bei. In und um den Haushalt herum erledige sie, die Mutter, alles, insbesondere Waschen, Einkaufen, Nahrung zubereiten und alles überhaupt, was denkbar nur im Haushalt anfalle. Sofern im Haushalt irgendetwas kaputt gehe, zahle sie dies aus ihren eigenen Leistungen. Ihre Tochter beteilige sich daran nicht. Sie, die Mutter, trage auch die anfallenden Kosten für Strom allein. Als sie eine neue Waschmaschine habe kaufen müssen, habe sie diese ebenfalls allein aus den ihr selbst zustehenden Mitteln bezahlt. Aus den Mitteln der Klägerin, über die sie dem Betreuungsgericht gegenüber Rechenschaft ablegen müsse, bezahle sie nur die notwendigen Neuanschaffungen, wenn persönliche Sachen der Klägerin kaputt gingen, und lege insoweit sowie für Reisen und kleinere Fahrten ihrer Tochter 25,- Euro monatlich auf ein Sparbuch zurück.
74Nach diesen Angaben, an deren Wahrheit der Senat keine Zweifel hat, hat die Klägerin zu keinem Zeitpunkt einen eigenen Haushalt in auch geringfügigem Ausmaß geführt. Hierzu wäre sie auch gar nicht in der Lage gewesen. Sie hat sich auch zu keinem Zeitpunkt an den haushaltsgebundenen Verbrauchsausgaben, insbesondere an den Anschaffungs- und Wartungskosten für Haushaltsgeräte und Einrichtungsgegenstände, beteiligt. Die ihr von der Beklagten gewährten Leistungen werden und wurden ausschließlich zur Deckung ihrer persönlichen Bedarfe verwandt. Auch unter Berücksichtigung der gesetzgeberischen Erwägungen hat sie damit (auch) im Zeitraum vom 01.01.2011 bis zum 31.03.2012 im Sinne der Regelbedarfsstufe 3 der Anlage zu § 28 SGB XII keinen "eigenen Haushalt" geführt.
75cc) Der Ansatz der Regelbedarfsstufe 1 kommt auch nicht deshalb in Betracht, weil die Klägerin, die das 25. Lebensjahr im streitgegenständlichen Zeitraum vollendet hatte, und mit ihrer Mutter und ihrem Halbbruder weder nach Maßgabe von § 19 SGB XII eine Einsatzgemeinschaft noch nach Maßgabe von § 7 Abs. 3 Nr. 4 SGB II eine Bedarfsgemeinschaft gebildet hat bzw. hätte.
76(1) Die vom BSG zu dem bis zum 31.12.2010 geltenden Recht entwickelten Grundsätze (siehe dazu oben a) aa)) sind, unabhängig davon, ob die verfassungsrechtlichen Erwägungen des BSG tragfähig und mit der grundrechtsdogmatischen Konzeption des BVerfG vereinbar sind (siehe dazu unten III. 2. a)), auf das hier anwendbare, ab dem 01.01.2011 geltende Recht nicht übertragbar (so auch, soweit ersichtlich, die ganz herrschende Meinung in Rechtsprechung und Literatur, z.B. LSG Niedersachsen-Bremen, Beschl. v. 24.10.2011 - L 8 SO 275/11 B ER -, juris Rn. 18 ff.; LSG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 18.07.2012 - L 8 SO 13/12 B ER -, juris Rn. 25 f.; SG Aachen, Urt. v. 13.12.2011 - S 20 SO 79/11 -, juris Rn. 32; Urt. v. 20.01.2012 - S 19 SO 108/11 -, juris Rn. 20; SG Potsdam, Urt. v. 27.09.2012 - S 20 SO 187/11 -, juris Rn. 17; Gutzler, in: jurisPK-SGB XII, § 27a Rn. 80). Dies folgt nicht nur aus dem Wortlaut der Anlage zu § 28 SGB XII, der auf das tatsächliche Führen oder Nichtführen eines eigenen Haushalts abstellt, sondern vor allem aus der Entstehungsgeschichte des § 8 RBEG und der Anlage zu § 28 SGB XII. Im Gesetzgebungsverfahren ist im Ausschuss für Arbeit und Soziales ausdrücklich problematisiert worden, dass die entsprechende Neuregelung gegenüber der RSV die genannte Rechtsprechung des BSG revidiere (vgl. BT-Drucks 17/4095, S. 13, 14 f.). Der Ausschuss hat dennoch an der später Gesetz gewordenen Fassung des § 8 RBEG und der Anlage zu § 28 SGB XII festgehalten und sich ausdrücklich mit der Rechtfertigung der unterschiedlichen Behandlung von haushaltsangehörigen Erwachsenen, die das 25. Lebensjahr vollendet haben, im SGB XII einerseits und im SGB II andererseits befasst (vgl. BT-Drucks 17/4095, S. 27, 40 f.). Dies macht deutlich, dass der Gesetzgeber nicht nur der verfassungsrechtlichen Argumentation des BSG eine Absage erteilen wollte, sondern der genannten Rechtsprechung des BSG durch eine Neuregelung, und zwar durch formelles Gesetz, die Grundlage entziehen wollte.
77(2) Die verfassungsrechtlichen Erwägungen des BSG könnten im Übrigen jedenfalls im vorliegenden Fall und für den streitgegenständlichen Zeitraum, was die Ebene der unmittelbaren Rechtsanwendung anbetrifft, aus methodischen Gründen sowie im Hinblick auf die grundgesetzliche Funktionenzuordnung von vornherein zu keinem anderen Ergebnis führen. Nach Art. 100 Abs. 1 GG besteht anders als nach dem bis zum 31.12.2010 geltenden Recht keine Verwerfungskompetenz der Fachgerichte, weil sich die für die Klägerin geltende Regelbedarfsstufe unmittelbar aus einem formellen Gesetz ergibt (abweichend hierzu Greiser/Stölting, DVBl. 2012, 1353 (1359 f.); SG Detmold, Urt. v. 23.05.2013 - S 16 SO 27/13 -, juris Rn. 32 ff., Revision anhängig unter B 8 SO 14/13 R).
78Dies gilt für das Jahr 2011 nicht nur für die Voraussetzungen der einzelnen Regelbedarfsstufen, sondern auch für die jeweils maßgeblichen Beträge. Vor allem handelt es sich bei der Festlegung, dass die Regelbedarfsstufe 3 lediglich 80% der Regelbedarfsstufe 1 betragen soll, um eine Grundentscheidung des parlamentarischen Gesetzgebers. Zum einen wird die für die Klägerin geltende Regelbedarfsstufe in § 8 Abs. 1 Nr. 3 RBEG definiert und vorgegeben. Das RBEG regelt zwar nur das Verfahren für die Neubestimmung der Regelbedarfe aufgrund der Sonderauswertungen der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe 2008 (vgl. § 1 RBEG). Aus der Entstehungsgeschichte der Neureglung des SGB XII ab dem 01.01.2011 und aus dem systematischen Zusammenhang mit § 28 SGB XII folgt jedoch, dass die Vorgaben des RBEG für die Bestimmung der Regelbedarfshöhe im Jahr 2011 und - unter Berücksichtigung des Fortschreibungsmechanismus nach § 28a SGB XII - auch für die folgenden Jahre bis zur erneuten Sonderauswertung der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe unmittelbar maßgeblich sein sollen. Zum anderen und vor allem ist die nach § 27a Abs. 3 Satz 1 SGB XII unmittelbar maßgebliche Anlage zu § 28 SGB XII durch ein formelles Gesetz eingeführt worden, nämlich durch Art. 3 Nr. 42 des Gesetzes zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 24.03.2011 (BGBl I, S. 453). Der Umstand, dass die Anlage zu § 28 SGB XII gemäß § 40 Satz 1 Nr. 2 SGB XII ausschließlich wegen der nach § 28a SGB XII gebotenen Fortschreibung der Regelsätze durch Rechtsverordnung geändert werden kann, macht die im Jahre 2011 geltende Fassung der Vorschrift nicht zu einer Rechtsverordnung. Unabhängig davon, dass sich die Änderungsbefugnis des Verordnungsgebers eindeutig und eingeschränkt nur auf die verfassungsrechtlich gebotene Anpassung der in der Anlage zu 28 SGB XII genannten Geldbeträge, nicht aber auf die tatbestandlichen Voraussetzungen und die Struktur der Regelbedarfsstufen bezieht, ändert die bloße Möglichkeit einer Änderung durch Rechtsverordnung nichts daran, dass die Anlage zu § 28 SGB XII in ihrer ursprünglichen, im Jahre 2011 geltenden Fassung insgesamt ein Parlamentsgesetz darstellt. Etwas anderes lässt sich auch der bisherigen Rechtsprechung des BVerfG nicht entnehmen. Das BVerfG hat unter dem Gesichtspunkt der Normenwahrheit bislang nur entschieden, dass die Änderung einer Rechtsverordnung durch ein Gesetz im formellen Sinne zulässig ist, die geänderte Rechtsverordnung jedoch nach wie vor nur den Rang einer Rechtsverordnung hat (vgl. BVerfG, Beschl. v. 13.09.2005 - 2 BvF 2/03 -, juris Rn. 205). Dass eine als formelles Gesetz erlassene Vorschrift im Hinblick auf ihre mögliche, lediglich partielle Änderung durch Rechtsverordnung von vornherein nur als Rechtsverordnung zu qualifizieren sein soll, geht aus dieser Entscheidung nicht hervor. Für eine entsprechende Auffassung enthält die bisherige Rechtsprechung des BVerfG im Gegenteil keine Grundlage.
79Die erstmalige Änderung der Anlage zu § 28 SGB XII zum 01.01.2012 durch die RBSFV 2012 hat für die Zeit ab dem 01.01.2012 nichts daran geändert, dass die Voraussetzungen für die Einstufung in Regelbedarfsstufen und die Struktur der Regelbedarfsstufen in Bezug auf die teilweise prozentual gestufte Leistungshöhe weiterhin durch ein Gesetz im formellen Sinn geregelt sind. Die RBSFV 2012 enthielt insoweit keinerlei Änderungen der Anlage zu § 28 SGB XII. Hierzu wäre der Verordnungsgeber nach § 40 Abs. 1 Nr. 2 SGB XII auch gar nicht ermächtigt gewesen. Es erfolgte lediglich - ermächtigungskonform - eine Fortschreibung der in der Anlage zu § 28 SGB XII tabellarisch aufgeführten Geldbeträge nach den Vorgaben des § 28a SGB XII. Aus verfassungsrechtlichen Grundsätzen (Normenklarheit und Normenwahrheit) ergibt sich nichts anderes. Warum eine Fortschreibung der Regelsatzbeträge und entsprechende Ergänzung der Tabelle der Anlage zu § 28 SGB XII dazu führen soll, dass die ursprünglich als formelles Gesetz eingeführte Anlage insgesamt in eine Rechtsverordnung "umgewandelt" wird, erschließt sich nicht. Unklarheiten über die Rechtsnatur der Anlage zu § 28 SGB XII können, soweit es um die Voraussetzungen der Regelbedarfsstufen und die Stufen selbst geht, nicht entstehen. Es liegt vielmehr nahe, insoweit auf die Grundsätze zur Teilbarkeit von Normen zurück zu greifen. Danach kommt es darauf an, ob sich die Anlage zu § 28 SGB XII eindeutig in einen formell-gesetzlichen und einen durch Rechtsverordnung änderbaren Teil trennen lässt. Dies ist der Fall. Allein optisch lassen sich die fortgeschriebenen Beträge von den für das Jahr 2011 geltenden Beträgen und erst Recht von den Voraussetzungen für die Einstufung trennen. Auch ohne die fortgeschriebenen Geldbeträge ergäbe die Anlage zu § 28 SGB XII einen Sinn. Die gesetzgeberische Grundentscheidungen für ein gestuftes System von Regelsätzen und die Voraussetzungen für die Einstufung bleiben durch die Fortschreibung unberührt. Dafür, dass durch den bloßen Vollzug der gesetzlichen Fortschreibungsanordnung gemäß § 28a SGB XII durch Rechtsverordnung die als formelles Gesetz eingeführte Anlage zu § 28 SGB XII insgesamt in eine Rechtsverordnung umgewandelt werden kann, gibt die Rechtsprechung des BVerfG nichts her.
80Dementsprechend hält der Senat die Annahme einer Verwerfungskompetenz der Sozialgerichte in Bezug auf die Regelbedarfsstufen der Anlage zu § 28 SGB XII (so aber SG Detmold, Urt. v. 23.05.2013 - S 16 SO 27/13 -, juris Rn. 32 ff.) auch für einen Verstoß gegen Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG, den - nach Erschöpfung des Rechtswegs - auch Sozialhilfeträger mit der Verfassungsbeschwerde geltend machen könnten.
81(3) Es ist auch unabhängig davon, ob verfassungsrechtliche Bedenken gegen den Ansatz der Regelbedarfsstufe 3 bei der Klägerin bestehen, kein Raum für eine verfassungskonforme Auslegung. Würde man, wie nach der oben wiedergegebenen Rechtsprechung des BSG zu dem bis zum 31.12.2010 geltenden Recht, das Führen eines eigenen Haushalts im Sinne der Regelbedarfsstufe 1 immer dann annehmen, wenn die in einem Haushalt zusammenlebenden Personen keine Bedarfsgemeinschaft im Sinne des § 7 Abs. 3 Nr. 4 SGB II bilden, widerspräche dies dem eindeutigen Wortlaut des Gesetzes und dem klar erkennbaren Willen des Gesetzgebers. Die Grenzen verfassungskonformer Auslegung (vgl. hierzu BVerfGE 101, 312 (329); 112, 164 (183), jeweils m.w.N.) würden dann überschritten und die Rechte des demokratisch legitimierten Gesetzgebers missachtet.
824. War die Beklagte mithin nach den vorstehenden Ausführungen nach § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X verpflichtet, den Bescheid vom 02.03.2011 für den Zeitraum vom 01.04.2011 bis zum 31.03.2012 zu Lasten der Klägerin abzuändern und einen Regelsatz in Höhe von 291,- Euro bis zum 31.12.2011 und in Höhe von 299,- Euro bis zum 31.03.2012 anzusetzen, kann die Klägerin mit ihrem Begehren, die Bescheide vom 10.03.2010 und 02.03.2011 gemäß § 48 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 1 SGB X zu ihren Gunsten abzuändern und vom 01.01.2011 bis zum 31.12.2011 einen Regelsatz von 364,- Euro und vom 01.01.2012 bis zum 31.03.2012 einen Regelsatz vom 374,- Euro anzusetzen, von vornherein nicht durchdringen. Für die Klägerin wäre eigentlich rückwirkend zum 01.01.2011 die Regelbedarfsstufe 3 anzusetzen gewesen. Einer entsprechenden Korrektur des Bescheids vom 10.03.2010 für die Zeit vom 01.01.2011 bis zum 31.03.2011 stand lediglich die Vertrauensschutzregelung des § 137 Satz 1 SGB XII entgegen, was die Beklagte auch beachtet hat.
83III. Der Senat hat sich nicht davon überzeugen können, dass die gesetzlichen Regelungen des § 8 Abs. 1 Nr. 3 RBEG und der Anlage zu § 28 SGB XII, jeweils in der Fassung des Gesetzes zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 24.03.2011, soweit sie auf die Klägerin Anwendung finden, verfassungswidrig sind. Er hat sich deshalb nicht veranlasst gesehen, das Berufungsverfahren nach Art. 100 Abs. 1 GG auszusetzen und eine Entscheidung des BVerfG einzuholen. Es spricht nach Auffassung des Senats mehr dafür als dagegen, dass die genannten gesetzlichen Regelungen über die Regelbedarfsstufe 3 nicht nur mit dem Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums aus Art. 1 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 1 GG (dazu 1.), sondern, jedenfalls in dem für eine Vorlage nach Art. 100 Abs. 1 GG maßgeblichen Fall der Klägerin (vgl. insoweit BVerfGE 61, 138 (146); 66, 100 (105 ff.); 67, 239 (244); 74, 182 (195); 93, 386 (395)), auch mit Art. 3 Abs. 1 GG (dazu 2.) und Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG (dazu 3.) vereinbar sind.
841. Von einer Verletzung des Grundrechts auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums aus Art. 1 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 1 GG ist der Senat nicht überzeugt.
85Art. 1 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 1 GG vermittelt jedem Menschen, der sich in Deutschland aufhält, einen verfassungsrechtlichen Leistungsanspruch auf die Bereitstellung derjenigen Mittel, die zur Aufrechterhaltung eines menschenwürdigen Daseins sowohl in physischer Hinsicht als auch im Hinblick auf ein Mindestmaß an Teilhabe am kulturellen und sozialen Leben unbedingt erforderlich sind, wenn und soweit ihm die notwendigen materiellen Mittel hierzu fehlen, weil sie weder aus einer Erwerbstätigkeit noch aus eigenem Vermögen noch durch Zuwendungen Dritter zu erlangen sind. Der verfassungsrechtliche Leistungsanspruch ist aber nur dem Grunde nach von der Verfassung vorgegeben und bedarf der Konkretisierung durch ein formelles Gesetz; er kann also nicht durch Richterrecht verwirklicht werden. Dem Gesetzgeber steht bei der Bestimmung des Umfangs der notwendigen Leistungen ein Gestaltungsspielraum zu, der die Beurteilung der tatsächlichen Verhältnisse ebenso umfasst wie die wertende Einschätzung des notwendigen Bedarfs. Infolge dieses Gestaltungsspielraums beschränkt sich die verfassungsrechtliche Kontrolle der Höhe von Sozialleistungen zur Sicherung einer menschenwürdigen Existenz in materieller Hinsicht darauf, ob die Leistungen evident unzureichend sind. Darüber hinaus müssen sich die Leistungen zur Sicherung einer menschenwürdigen Existenz zur Konkretisierung des grundrechtlich fundierten Anspruchs folgerichtig in einem inhaltlich transparenten und sachgerechten Verfahren nach dem tatsächlichen und jeweils aktuellen Bedarf, also realitätsgerecht bemessen, begründen lassen, wobei es nicht allein auf die Erwägungen im Gesetzgebungsverfahren ankommt, sondern maßgeblich ist, ob sich der Rechtsanspruch auf existenzsichernde Leistungen durch realitätsgerechte, schlüssige Berechnungen objektiv betrachtet sachlich differenziert begründen lässt. Die Art und die Höhe der Leistungen müssen sich mit einer Methode erklären lassen, nach der die erforderlichen Tatsachen im Wesentlichen vollständig und zutreffend ermittelt werden und nach der sich alle Berechnungsschritte mit einem nachvollziehbaren Zahlenwerk innerhalb dieses Verfahrens und dessen Strukturprinzipien im Rahmen des Vertretbaren bewegen (zum Ganzen BVerfG, Urt. v. 09.02.2010 - 1 BvL 1/09 u.a. -, juris Rn. 133 ff., und - mit der Änderung dahingehend, dass nicht nur die Begründungserwägungen im Gesetzgebungsverfahren oder im Verfassungsprozess maßgeblich sind, sondern es auf schlüssige Begründbarkeit im objektiven Sinne ankommt - Urt. v. 18.07.2012 - 1 BvL 10/10 u.a. -, juris Rn. 62 ff.).
86Nach diesen Grundsätzen vermag der Senat eine Verletzung der Klägerin in ihrem Grundrecht aus Art. 1 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 1 GG nicht zu erkennen. Insoweit kann dahinstehen, ob eine Verletzung der Klägerin in ihrem Grundrecht aus Art. 1 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 1 GG schon deshalb ausscheidet, weil sie aufgrund der ihr gerade aufgrund des vor dem Senat geschlossenen Teilerledigungsvergleichs zustehenden, verfassungsrechtlich jedenfalls nicht aufgrund von Art. 1 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 1 GG gebotenen Freibeträge tatsächlich über finanzielle Mittel verfügt, die über den Regelbedarf entsprechend der Regelbedarfsstufe 1 (364,- Euro und 374,- Euro) hinausgehen.
87In jedem Fall steht aus Sicht des Senats nicht fest, dass der Gesetzgeber bei der Einführung der Regelbedarfsstufe 3 die verfassungsrechtlichen Grenzen seines Gestaltungsspielraums überschritten hat.
88a) Der für die Klägerin anzusetzende Regelbedarf in Höhe der Regelbedarfsstufe 3, d.h. im streitgegenständlichen Zeitraum in Höhe von 291,- Euro und 299,- Euro monatlich, ist nicht evident zu niedrig. Insoweit gilt nichts anderes als für die Regelleistung für Alleinstehende, Ehepartner und Kinder bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres nach § 20 Abs. 2 und 3 Satz 1, § 28 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 SGB II in der ab dem 01.01.2005 geltenden Fassung (dazu BVerfG, Urt. v. 09.02.2010 - 1 BvL 1/09 u.a. -, juris Rn. 151 ff.). Die dortigen Erwägungen des BVerfG können auf die ab dem 01.01.2011 geltende Regelbedarfsstufe 3 übertragen werden. Die Klägerin hat zudem noch nicht einmal andeutungsweise vorgetragen, welche konkreten, existenznotwendigen Bedarfe sie mit den ihr zur Verfügung stehenden Leistungen nicht decken kann.
89Von einem evident zu niedrigen Betrag kann auch nicht deshalb ausgegangen werden, weil der Gesetzgeber den Regelbedarf für erwerbsfähige hilfebedürftige Personen, die das 25. Lebensjahr vollendet haben und mit anderen Personen in einem Haushalt leben, nach Maßgabe von § 20 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 20 Abs. 2 Satz 2, Abs. 3 und § 7 Abs. 3 Nr. 4 SGB II entsprechend der Regelbedarfsstufe 1 für das Jahr 2011 auf 364,- Euro und für das Jahr 2012 auf 374,- Euro festgesetzt hat. Diese gesetzgeberische Entscheidung ist nicht dahingehend zu verstehen, dass der Gesetzgeber der Auffassung ist, bei den genannten erwerbsfähigen Personen, die z.B. noch im Haushalt ihrer Eltern leben, sei der Betrag von 364,- Euro bzw. 374,- Euro zur Sicherung eines menschenwürdigen Existenzminimums notwendig. Vielmehr handelt es sich bei der Anerkennung eines Regelbedarfs von 364,- Euro bzw. 374,- Euro für erwerbsfähige Personen, die das 25. Lebensjahr vollendet haben, unabhängig davon, ob sie einen eigenen Haushalt führen oder nicht, um eine sozialpolitisch motivierte Entscheidung, die dem erhöhten Maß an Eigenverantwortung und wirtschaftlicher Beweglichkeit, das von erwachsenen Erwerbsfähigen ab 25 Jahren gefordert wird, Rechnung tragen soll. Die Gewährung eines Regelbedarfs gemäß der Regelbedarfsstufe 1 stellt nach dem Willen des Gesetzgebers eine "Anerkennung wirtschaftlicher Eigenständigkeit" dar (vgl. BT-Drucks 17/4095, S. 27). Der Gesetzgeber gewährt mithin erwerbsfähigen Kindern, die das 25. Lebensjahr vollendet haben und noch im Haushalt ihrer Eltern leben, aufgrund der "Systemunterschiede zwischen dem SGB II und dem SGB XII" (BT-Drucks 17/4095, S. 27) bewusst mehr, als unter Berücksichtigung der Ersparnisse bei gemeinsamem Wirtschaften an sich aus seiner Sicht zur Sicherung des menschenwürdigen Existenzminimums geboten wäre (vgl. insoweit auch BSG, Urt. v. 19.10.2010 - B 14 AS 51/09 R -, juris Rn. 18).
90b) Die Regelbedarfsstufe 3 lässt sich zudem durch realitätsgerechte, schlüssige Berechnungen objektiv betrachtet wohl noch hinreichend sachlich begründen.
91aa) Der Senat hat zunächst keinen Zweifel daran, dass die Regelbedarfsstufe 1, von der die Regelbedarfsstufe 3 durch einen pauschalen Abschlag von 20% abgeleitet ist, den verfassungsrechtlichen Vorgaben genügt. Der 14. Senat des BSG hat dies in seinem Urteil vom 12.07.2012 - B 14 AS 153/11 R -, juris Rn. 19 ff. ausführlich dargelegt. Der 4. Senat des BSG hat sich dieser Auffassung angeschlossen (Urt. v. 28.03.2013 - B 4 AS 12/12 R -, juris Rn. 21 ff.). Auch der Senat hält die Ausführungen des 14. Senats des BSG für überzeugend und nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen auf sie Bezug. Insoweit ist auch zu berücksichtigen, dass das BVerfG die gegen die zitierte Entscheidung des 14. Senats des BSG eingelegte Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen hat (Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 20.11.2012 - 1 BvR 2203/12 -), wenngleich der Senat nicht verkennt, dass der Umstand, dass es sich um eine ohne Begründung erfolgte Nichtannahmeentscheidung handelt (vgl. § 93d Abs. 1 Satz 3 Bundesverfassungsgerichtsgesetz (BVerfGG)), darauf hindeutet, dass die eingelegte Verfassungsbeschwerde, möglicherweise wegen nicht hinreichend substantiierter Begründung (§§ 23 Abs. 1 Satz 2, 92 BVerfGG), unzulässig war.
92bb) Auch die Regelbedarfsstufe 3 selbst genügt wohl noch den verfassungsrechtlichen Vorgaben.
93Der Senat verkennt nicht, dass der Bedarf von Erwachsenen, die das 25. Lebensjahr vollendet haben, keinen eigenen Haushalt führen und mit anderen Personen (Eltern oder Kindern) zusammenleben, nicht konkret aufgrund einer Sonderausauswertung der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe 2008 ermittelt worden ist (vgl. zu diesem Gesichtspunkt auch Behrend, in: jurisPK-SGB II, § 20 Rn. 91, 97; Gutzler, in: jurisPK-SGB XII, § 27a Rn. 97). Vielmehr ist im Gesetzgebungsverfahren nachvollziehbar dargelegt worden, dass eine entsprechende Ermittlung des Regelbedarfs nicht schlüssig möglich war (vgl. dazu im Einzelnen BT-Drucks 17/3404, S. 130 f.; BT-Drucks 17/4095, S. 28 f.). Die Unmöglichkeit einer Ermittlung des Regelbedarfs für die genannten Personen aufgrund des statistisch erfassten Verbrauchsverhaltens hat den Gesetzgeber jedoch nicht dazu gezwungen, auf die vorgenommene Kürzung gegenüber dem Regelbedarf für Alleinstehende zu verzichten. Vielmehr kann sich die Annahme, dass der Regelbedarf eines Erwachsenen, der mit anderen Personen in einer Haushaltsgemeinschaft lebt und mit diesen gemeinsam wirtschaftet, auf eine wohl noch hinreichende empirische Grundlage stützen.
94Das BVerfG hat zu § 20 Abs. 3 Satz 1 SGB II in der bis zum 31.12.2010 geltenden Fassung, wonach die Regelleistung z.B. bei nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten jeweils 90% der Regelleistung für Alleinstehenden betrug, entschieden, die Annahme des Gesetzgebers, dass der zur Sicherung des Existenzminimums zu deckende Bedarf für zwei Partner insgesamt 180 % des entsprechenden Bedarfs eines Alleinstehenden betrage, könne sich auf eine ausreichende empirische Grundlage stützen. Dieser Betrag beruhe auf der modifizierten Differenzrechnung des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge, die der Regelung des § 2 Abs. 3 Regelsatzverordnung 1990 zugrunde gelegen habe. Der Deutsche Verein habe diesen Wert ermittelt, indem er als Referenzgruppe Ehegatten ohne Kinder mit einem verfügbaren Nettoeinkommen über der Sozialhilfeschwelle gewählt, für sie den regelleistungsrelevanten Verbrauch entsprechend dem Verfahren wie bei einem Alleinstehenden bestimmt, d.h. nur die einzelnen Ausgabepositionen in den einzelnen Abteilungen der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe berücksichtigt habe, die auch bei einem Alleinstehenden berücksichtigt worden seien, und anschließend die Differenz zwischen den Beträgen für Ehegatten und für Alleinstehende gebildet habe. Diese Methode sei zur Bestimmung des Existenzminimums von in Bedarfsgemeinschaft lebenden Partnern ohne Kinder geeignet (BVerfG, Urt. v. 09.02.2010 - 1 BvL 1/09 u.a. -, juris Rn. 189).
95Diese Ausführungen können unmittelbar auf die für Partner geltende Regelbedarfsstufe 2 des § 8 Nr. 2 RBEG und der Anlage zu § 28 SGB XII übertragen werden. Gleiches gilt für Haushaltsgemeinschaften, in denen zwei erwachsene Personen gemeinsam wirtschaften, ohne dass sie als Ehegatten, Lebenspartner oder in eheähnlicher oder lebenspartnerschaftsähnlicher Gemeinschaft leben, wie z.B. ein Elternteil mit einem erwachsenen Kind (vgl. hierzu auch BT-Drucks 17/3404, S: 130). Denn es ist nicht ersichtlich, warum sich der Bedarf von gemeinsam wirtschaftenden Ehegatten etc. von dem Bedarf von zwei Erwachsenen, die, ohne Ehegatten etc. zu sein, miteinander leben und wirtschaften, unterscheiden soll. Ein besonderer regelbedarfsrelevanter Verbrauch, der bei minderjährigen Kindern verfassungsrechtlich geboten ist (vgl. BVerfG, Urt. v. 09.02.2010 - 1 BvL 1/09 u.a. -, juris Rn. 191 ff.), muss bei zusammen lebenden und wirtschaftenden Erwachsenen nicht gebildet werden.
96Der Gesetzgeber durfte darüber hinaus in Anbetracht der zitierten Ausführungen des BVerfG auch davon ausgehen, dass jede weitere erwachsene Person in einer aus mindestens zwei erwachsenen Personen bestehenden Haushalts- und Wirtschaftsgemeinschaft eine gegenüber dem Bedarf einer alleinstehenden Person um 20% geringeren Bedarf hat. Bei der § 2 Abs. 3 Regelsatzverordnung 1990 zugrundeliegenden modifizierten Differenzrechnung wurden zwar Haushalte mit mehr als zwei erwachsenen Personen nicht untersucht (vgl. insoweit auch BVerfG, Urt. v. 09.02.2010 - 1 BvL 1/09 u.a. -, juris Rn. 44). Es erscheint jedoch naheliegend, wenn nicht sogar offensichtlich, dass, wenn die empirisch belegte Haushaltsersparnis bei zwei zusammenlebenden Erwachsenen gegenüber zwei getrennt lebenden und wirtschaftenden alleinstehenden Personen 20% beträgt, eine weitere in die Haushalts- und Wirtschaftsgemeinschaft eintretende Person maximal einen um 20% geringeren Bedarf als eine alleinstehende Person hat. Denn die Synergieeffekte des gemeinsamen Wirtschaftens dürften bei einem Dreipersonenhaushalt noch höher ausfallen als bei einem Zweipersonenhaushalt.
97Dem Senat ist bewußt, dass diese angenommene Haushaltsersparnis auf einer Schätzung beruht. Es handelt sich jedoch in Anbetracht der Ergebnisse der modifizierten Differenzrechnung des Deutschen Vereins nicht um eine Schätzung "ins Blaue hinein". Zu berücksichtigen ist zudem, dass die Ermittlung der Regelsätze der Regelsatzverordnung 1990 u.a. aufgrund der modifizierten Differenzrechnung nach einer gänzlich anderen Methode erfolgte als die Bemessung der Regelbedarfe und Regelleistungen, die ab dem Jahre 2005 galten. Insbesondere wurde der regelsatzrelevante Verbrauch bei der erstmaligen Anwendung der Statistikmethode unter der Geltung des Bundessozialhilfegesetzes (BSHG), das in § 21 BSHG anders als das SGB II und das SGB XII auch zahlreiche Leistungen zur Deckung einmaliger Bedarfe vorsah, gänzlich anders gebildet als nunmehr nach §§ 5 und 6 RBEG. Umso bemerkenswerter ist es, dass das BVerfG zur Rechtfertigung der Regelleistungskürzung bei Ehegatten auf 180% des Bedarfs zweier alleinstehender Personen auf die Ergebnisse dieser, nunmehr fast 25 Jahre alten empirischen Untersuchung des Deutschen Vereins abgestellt hat. Dies deutet darauf hin, dass das BVerfG die vom Gesetzgeber angenommene Kostenersparnis beim Zusammenleben von Ehegatten für so offensichtlich gehalten hat, dass ihm der Rückgriff auf eine viele Jahre zuvor angewandte, gänzlich andere Methode genügt hat. Vor diesem Hintergrund vermag sich der Senat nicht davon zu überzeugen, dass die Regelbedarfsstufe 3 bei mehr als zwei zusammenlebenden erwachsenen Personen in Ermangelung einer hinreichenden empirischen Grundlage verfassungswidrig ist.
98Etwas anderes folgt auch insoweit nicht daraus, dass der Regelbedarf für erwerbsfähige Kinder, die das 25. Lebensjahr vollendet haben und keinen eigenen Haushalt führen, z.B. weil sie noch im Haushalt ihrer Eltern leben, gemäß § 20 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 20 Abs. 2 Satz 2, Abs. 3 und § 7 Abs. 3 Nr. 4 SGB II im Jahre 2011 364,- Euro und im Jahre 2012 374,- Euro monatlich betrug. Zwar darf der Gesetzgeber bei der Ausgestaltung und methodischen Bemessung existenzsichernder Leistungen nur dann zwischen Personengruppen differenzieren, wenn und soweit der Bedarf an existenznotwendigen Leistungen der einen Personengruppe von dem anderer Bedürftiger signifikant abweicht und dies folgerichtig in einem inhaltlich transparenten Verfahren anhand des tatsächlichen Bedarfs gerade dieser Gruppe belegt werden kann (BVerfG, Urt. v. 18.07.2012 - 1 BvL 10/10 u.a. -, juris Rn. 73). Ein signifikant geringerer Bedarf nicht erwerbsfähiger Kinder, die das 25. Lebensjahr vollendet haben, ist sicherlich nicht hinreichend belegt. Jedoch handelt es sich, wie bereits ausgeführt, bei der Gewährung des Regelbedarfs von 364,- Euro bzw. 374,- Euro an erwerbsfähige Kinder, die das 25. Lebensjahr vollendet haben und keinen eigenen Haushalt führen, um eine sozialpolitisch motivierte Leistung und nicht um eine verfassungsrechtlich gebotene existenzsichernde Leistung im engeren Sinne (siehe dazu oben a)). Der Gesetzgeber geht erkennbar nicht davon aus, dass erwerbsfähige Kinder, die das 25. Lebensjahr vollendet haben und keinen eigenen Haushalt führen, einen Regelbedarf von 364,- Euro bzw. 374,- Euro zur Sicherung ihres menschenwürdigen Existenzminimums benötigen. Er bewilligt ihnen vielmehr im Hinblick auf das von ihnen geforderte erhöhte Maß an Eigenverantwortung und wirtschaftlicher Beweglichkeit bewusst mehr, als unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Synergieeffekte bei gemeinsamem Wirtschaften zur Sicherung eines menschenwürdigen Existenzminimums notwendig wäre. Vor diesem Hintergrund ergeben sich im Hinblick auf die Regelbedarfsstufe 3 keine gesteigerten Begründungserfordernisse wegen der Besserstellung von erwerbsfähigen hilfebedürftigen Personen.
992. Der Ansatz der Regelbedarfsstufe 3 verletzt die Klägerin auch nicht in ihrem Grundrecht auf Gleichbehandlung nach Art. 3 Abs. 1 GG.
100a) Soweit in Rechtsprechung und Literatur ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG damit begründet oder diskutiert wird, sachliche Gründe für die Ungleichbehandlung von nicht erwerbsfähigen haushaltsangehörigen Personen, die das 25. Lebensjahr vollendet haben und nach § 27a Abs. 3 Satz 1 SGB XII i.V.m. der Anlage zu § 28 SGB XII unter die Regelbedarfsstufe 3 fallen, gegenüber entsprechenden erwerbsfähigen Personen, die nach Maßgabe von § 20 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 20 Abs. 2 Satz 2, Abs. 3 und § 7 Abs. 3 Nr. 4 SGB II im Jahre 2011 einen Regelbedarf in Höhe von 364,- Euro monatlich und im Jahr 2012 in Höhe von 374,- Euro monatlich entsprechend der Regelbedarfsstufe 1 erhalten, seien vor dem Hintergrund des identischen Zwecks der Leistungen nach dem SGB XII einerseits und nach dem SGB II andererseits, das Existenzminimum sicherzustellen, nicht ersichtlich (so Greiser/Stölting, DVBL. 2012, 1353 (1356); zum bis zum 31.12.2010 geltenden Recht in der Sache auch BSG, Urt. v. 19.05.2009 - B 8 SO 8/08 R -, juris Rn. 17 ff.; Urt. v. 09.06.2011 - B 8 SO 11/10 R -, juris Rn. 18 ff.; Urt. v. 09.06.2011 - B 8 SO 1/10 R -, juris Rn. 16 ff.; vgl. auch LSG Nordrhein-Westfalen, 06.02.2012 - L 20 SO 527/11 B -, juris Rn. 22 f.), überzeugt dies aus mehreren Gründen nicht.
101Zum einen wird übersehen, dass Art. 3 Abs. 1 GG nach der Rechtsprechung des BVerfG in Bezug auf den Umfang der zur Sicherung eines menschenwürdigen Existenzminimums notwendigen Leistungen bzw. die Bemessung des Existenzminimums keinen verfassungsrechtlichen Prüfungsmaßstab enthält; verfassungsrechtlicher Prüfungsmaßstab ist insoweit vielmehr allein Art. 1 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 1 GG (deutlich insoweit BVerfG, Urt. v. 09.02.2010 - 1 BvL 1/09 u.a. -, juris Rn. 145; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 07.07.2010 - 1 BvR 2556/09 -, juris Rn. 10; Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 29.05.2013 - 1 BvR 1083/09 -, www.bverfg.de Rn. 10, 15). Grundrechtsdogmatisch betrachtet wird Art. 3 Abs. 1 GG von dem Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums im Wege der Grundrechtskonkurrenz konsumiert, weil Art. 1 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 1 GG eine individuell bedarfsgerechte Ermittlung gebietet und damit die unterschiedliche Bemessung des Existenzminimums nur zulässt, sofern eine Personengruppe einen signifikant anderen existentiellen Bedarf aufweist als eine andere Personengruppe. Ist eine der Sicherung des Existenzminimums dienende Leistung in Übereinstimmung mit den Anforderungen des Art. 1 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 1 GG bedarfsgerecht festgesetzt worden, steht damit zugleich fest, dass die Gewährung von existenzsichernden Leistungen in anderer Höhe an eine andere Personengruppe mit einem anderen Bedarf verfassungsrechtlich gerechtfertigt ist. Eine Verletzung von Art. 3 Abs. 1 GG scheidet dann von vornherein aus (vgl. hierzu auch Aubel, in Emmenegger/Wiedmann, Linien der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, S. 273 (284 f.)). Art. 3 Abs. 1 GG kann vielmehr nur dann Prüfungsmaßstab sein, wenn und soweit der Gesetzgeber bestimmten Personen im Ergebnis mehr Leistungen gewährt, als aus seiner Sicht zur Sicherung des menschenwürdigen Existenzminimums notwendig ist, z.B. indem er bestimmte Einnahmen als leistungsminderndes Einkommen nicht berücksichtigt oder anrechnungsfrei stellt (vgl. insoweit z.B. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 07.07.2010 - 1 BvR 2556/09 -, juris Rn. 13 ff., 16 ff.; Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 16.03.2011 - 1 BvR 591/08 u.a. -, juris Rn. 30 ff.).
102Zum anderen und vor allem berücksichtigt die genannte Auffassung nicht, dass, wie bereits ausgeführt, die Gewährung eines Regelbedarfs in Höhe von 364,- Euro bzw. 374,- Euro für mindestens 25 Jahre alte erwerbsfähige Hilfebedürftige ohne eigenen Haushalt nach der Intention des Gesetzgebers nicht nur dazu dient, ein menschenwürdiges Existenzminimum sicher zu stellen, sondern bewusst darüber hinaus geht (dazu bereits oben 1. a)). Der Gesetzgeber ging auch bei dieser Personengruppe davon aus, dass aufgrund der fehlenden eigenen Haushaltsführung Ersparnisse anfallen. Er wollte jedoch die wirtschaftliche Eigenständigkeit dieser Personen anerkennen und sie, ungeachtet eines tatsächlich niedrigeren existentiellen Bedarfs, hinsichtlich des Regelbedarfs aus sozialpolitischen Gründen so behandeln, als führten sie einen eigenen Haushalt (vgl. BT-Drucks 17/4095, S. 27). Die Gewährung eines Regelbedarfs entsprechend der Regelbedarfsstufe 1 an erwerbsfähige Personen ohne eigenen Haushalt, die das 25. Lebensjahr vollendet haben, dient also partiell einem anderen Zweck als die Sozialhilfeleistungen entsprechend der Regelbedarfsstufe 3, die sich auf die Sicherung eines menschenwürdigen Existenzminimums beschränken.
103Vor diesem Hintergrund ist die unterschiedliche Behandlung der im vorliegenden Fall allein einschlägigen Vergleichsgruppen, d.h. von mindestens 25 Jahre alten erwerbsfähigen Kindern ohne eigenen Haushalt und mindestens 25 Jahre alten nicht erwerbsfähigen Personen ohne eigenen Haushalt, die jeweils mit ihren Eltern in einem Haushalt zusammen leben, durchaus an Art. 3 Abs. 1 GG zu messen, dies allerdings nur insoweit, als die Leistungen an die Gruppe der erwerbsfähigen Personen über die Sicherung des Existenzminimums hinaus gehen.
104b) Es ist mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar, dass erwerbsfähige Personen, die das 25. Lebensjahr vollendet haben und keinen eigenen Haushalt führen, sondern im Haushalt ihrer Eltern wohnen, ungeachtet der vom Gesetzgeber angenommenen Ersparnisse in Bezug auf die haushaltsbezogenen Verbrauchsausgaben den für eine alleinstehende Person vorgesehenen Regelbedarf entsprechend der Regelbedarfsstufe 1 und damit mehr erhalten, als nicht erwerbsfähige Personen, die das 25. Lebensjahr vollendet haben und ebenfalls ohne eigenen Haushalt im Haushalt ihrer Eltern leben und denen deshalb nach § 27a Abs. 3 Satz 1 i.V.m. der Anlage zu 28 SGB XII bzw. gemäß § 8 Abs. 1 Nr. 3 RBEG nur ein Regelbedarf entsprechend der Regelbedarfsstufe 3 gewährt wird. Dies gilt jedenfalls in Bezug auf solche nicht erwerbsfähigen Personen, die, wie die Klägerin, zur Führung eines eigenen Haushalts nicht in der Lage sind.
105aa) Der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG gebietet dem Normgeber, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln. Er gilt sowohl für ungleiche Belastungen als auch für ungleiche Begünstigungen. Verboten ist auch ein gleichheitswidriger Ausschluss, bei dem eine Begünstigung dem einem Personenkreis gewährt, dem anderen aber vorenthalten wird.
106Aus dem allgemeinen Gleichheitssatz ergeben sich je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen unterschiedliche Grenzen für den Gesetzgeber, die von gelockerten auf das Willkürverbot beschränkten Bindungen bis hin zu strengen Verhältnismäßigkeitserfordernissen reichen können. Differenzierungen bedürfen stets der Rechtfertigung durch Sachgründe, die dem Differenzierungsziel und dem Ausmaß der Ungleichbehandlung angemessen sind. Art. 3 Abs. 1 GG gebietet nicht nur, dass die Ungleichbehandlung an ein der Art nach sachlich gerechtfertigtes Unterscheidungskriterium anknüpft, sondern verlangt auch für das Maß der Differenzierung einen inneren Zusammenhang zwischen den vorgefundenen Verschiedenheiten und der differenzierenden Regelung, der sich als sachlich vertretbarer Unterscheidungsgesichtspunkt von hinreichendem Gewicht erweist. Der Gleichheitssatz ist dann verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten oder Normbetroffenen im Vergleich zu einer anderen anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die unterschiedliche Behandlung rechtfertigen können.
107Dabei gilt ein stufenloser am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit orientierter verfassungsrechtlicher Prüfungsmaßstab, dessen Inhalt und Grenzen sich nicht abstrakt, sondern nur nach den jeweils betroffenen unterschiedlichen Sach- und Regelungsbereichen bestimmen lassen. Eine strengere Bindung des Gesetzgebers ist insbesondere anzunehmen, wenn die Differenzierung an Persönlichkeitsmerkmale anknüpft, wobei sich die verfassungsrechtlichen Anforderungen umso mehr verschärfen, je weniger die Merkmale für den Einzelnen verfügbar sind oder je mehr sie sich denen des Art. 3 Abs. 3 GG annähern. Eine strengere Bindung des Gesetzgebers kann sich auch aus den jeweils betroffenen Freiheitsrechten ergeben. Im Übrigen hängt das Maß der Bindung unter anderem davon ab, inwieweit die Betroffenen in der Lage sind, durch ihr Verhalten die Verwirklichung der Kriterien zu beeinflussen, nach denen unterschieden wird (zum Ganzen BVerfG, Beschluss vom 21.06.2011 - 1 BvR 2035/07 -, juris Rn. 63 ff. m.w.N.).
108bb) Nach diesen Grundsätzen ist die Ungleichbehandlung, soweit sie sich zu Lasten der Klägerin auswirkt, verfassungsrechtlich gerechtfertigt. Es gilt zwar ein strenger verfassungsrechtlicher Prüfungsmaßstab, weil die Ungleichbehandlung an die Erwerbsunfähigkeit der Klägerin, die diese nicht beeinflussen kann, anknüpft. Es liegen jedoch jedenfalls in Bezug auf die auf Dauer voll erwerbsgeminderte Klägerin, die ohne entsprechende Hilfe nicht in der Lage ist, aus eigener Initiative heraus einen eigenen Haushalt zu führen, und mit ihrer Mutter zusammen lebt, auch unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes hinreichend gewichtige Sachgründe für die Gewährung eines höheren, über die Sicherung des menschenwürdigen Existenzminimums hinausgehenden Regelbedarfs an mindestens 25 Jahre alte erwerbsfähige Hilfebedürftige ohne eigenen Haushalt vor.
109Es spricht viel dafür, dass dies bereits deshalb gilt, weil auf Dauer nicht erwerbsfähige Personen, wie die Klägerin, deren eigenes Einkommen und Vermögen zur Sicherung ihres Lebensunterhalts nicht ausreicht, die ohne eigene Haushaltsführung im Haushalt ihrer Eltern leben und die Leistungen nach dem Vierten Kapitel des SGB XII beziehen, zwar nicht in Bezug auf die Höhe des gesetzlich vorgegebenen Regelbedarfs, aber in Bezug auf die Berücksichtigung des Einkommens und Vermögens ihrer Eltern besser gestellt werden als volljährige erwerbsfähige Leistungsberechtigte nach dem SGB II. So erhalten volljährige, auf Dauer nicht erwerbsfähige Personen gemäß §§ 19 Abs. 2 Satz 1, 43 Abs. 1 SGB XII grundsätzlich unabhängig vom Einkommen und Vermögen ihrer Eltern Leistungen nach dem Vierten Kapitel des SGB XII. Zwar können bestehende Unterhaltsansprüche nach § 43 Abs. 2 SGB XII a.F. Ansprüche nach dem Vierten Kapitel des SGB XII ausschließen. Dies gilt jedoch nur unter sehr engen Voraussetzungen (Widerlegung der Vermutung, dass das Einkommen der Eltern unter 100.000,- Euro im Kalenderjahr liegt). Demgegenüber wird bei erwerbsfähigen, volljährigen Kindern, die im Haushalt ihrer Eltern leben, bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres nicht nur ein Regelbedarf entsprechend der Regelbedarfsstufe 3 zugrunde gelegt (vgl. § 20 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 SGB II), sondern auch das Einkommen und Vermögen ihrer Eltern gemäß §§ 7 Abs. 3 Nr. 4, 9 Abs. 2 Satz 2 SGB II unmittelbar leistungsmindernd berücksichtigt. Ab Vollendung des 25. Lebensjahres greift immerhin noch die Unterhaltsvermutung des § 9 Abs. 5 SGB II ein. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Zuerkennung eines höheren, über die eigentliche Existenzsicherung hinausgehenden Pauschalbetrags auf der Bedarfsseite als angemessene Kompensation der Nachteile im Hinblick auf die leistungsmindernde Berücksichtigung von Einkommen und Vermögen der Eltern dar. Ob dauerhaft voll erwerbsgeminderte, mindestens 25 Jahre alte Personen, was die tatsächliche Leistungsgewährung nach Berücksichtigung des Einkommens und Vermögens der Eltern im Ergebnis anbetrifft, in ihrer Gesamtheit tatsächlich schlechter stehen als erwerbsfähige Kinder, die das 25. Lebensjahr vollendet haben und im Haushalt der Eltern leben, steht keinesfalls fest.
110In jedem Fall stellt die bei mindestens 25 Jahre alten Erwerbsfähigen regelmäßig gegebene und vom Gesetzgeber auch zu Recht unterstellte rechtliche und tatsächliche Möglichkeit, einen eigenen Hausstand durch Anmietung einer Wohnung zu begründen, einen hinreichend gewichtigen Sachgrund dafür dar, diesen Personen anders als solchen nicht erwerbsfähigen Personen, die, wie die Klägerin, nicht in der Lage sind, ohne Hilfe einen eigenen Hausstand zu begründen, auch dann einen Regelbedarf wie einem Alleinstehenden zuzubilligen, wenn diese ohne eigenen Hausstand noch im Haushalt der Eltern wohnen. Der Gewährung eines Regelbedarfs in der für Alleinstehende maßgeblichen Höhe kommt bei erwerbsfähigen Personen nämlich eine wirtschaftliche Anreiz- und Lenkungsfunktion zu, die bei Personen, die aus eigener Initiative heraus keinen eigenen Hausstand begründen können, ins Leere ginge.
111Insoweit sind die für mindestens 25 Jahre alte erwerbsfähigen Personen geltenden Regelungen des SGB II im Zusammenhang zu betrachten. Der Gesetzgeber hat die für die Zugehörigkeit zu einer Bedarfsgemeinschaft und damit auch für die Höhe des zugrunde zu legenden Regelbedarfs maßgeblichen Altersgrenzen zum 01.08.2006 bewusst von 18 Jahren auf 25 Jahre heraufgesetzt. Er wollte damit der von ihm festgestellten Tendenz entgegenwirken, dass volljährige Kinder eine eigene Wohnung anmieten und dadurch höhere Kosten für die kommunalen Träger entstehen, und zugleich den Synergieeffekten beim gemeinsamen Wirtschaften in einem Haushalt Rechnung tragen (vgl. BT-Drucks 16/688, S. 13 f.). Deswegen hat er nicht nur die Gewährung von Leistungen für Unterkunft und Heizung an Personen, die vor Vollendung des 25. Lebensjahres einen eigenen Hausstand begründet haben, davon abhängig gemacht, dass diese aus schwerwiegenden Gründen mit Zustimmung des kommunalen Trägers umgezogen sind (vgl. § 22 Abs. 2a SGB II in der vom 01.08.2006 bis zum 31.12.2010 geltenden Fassung), sondern im Falle des ungenehmigten Umzugs in eine eigene Wohnung auch die Gewährung einer um 20% gekürzten Regelleistung vorgesehen (§ 20 Abs. 2a SGB II in der vom 01.08.2006 bis zum 31.12.2010 geltenden Fassung). Diese Regelungen hat der Gesetzgeber ab dem 01.01.2011 beibehalten (vgl. §§ 20 Abs. 3, 22 Abs. 5 SGB II). Bei erwerbsfähigen Personen, die das 25. Lebensjahr vollendet haben, erkennt der Gesetzgeber damit ungeachtet ihres bereits ab Volljährigkeit gegebenen rechtlichen Könnens auch in leistungsrechtlicher Hinsicht in verfassungsrechtlich nicht zu beanstandender Weise (dazu im Einzelnen überzeugend BSG, Urt. v. 19.10.2010 - B 14 AS 51/09 R -, juris Rn. 15 ff., 18) einen Bedarf an, einen eigenen Hausstand zu begründen.
112Im Hinblick darauf ist es konsequent und wirtschaftlich betrachtet auch zwingend, den Regelbedarf für eine alleinstehende Person auch dann anzusetzen, wenn das mindestens 25 Jahre alte Kind noch bei seinen Eltern wohnt. Andernfalls würde dieses allein durch die Aussicht, einen bezogen auf das Jahr 2011 um 73,- Euro höheren Regelbedarf zu erhalten, dazu veranlasst, eine eigene Wohnung anzumieten. Dadurch würden erheblich höhere Kosten für die kommunalen Träger verursacht. Zwar steigen mit der Anmietung einer eigenen Wohnung auch die aus dem Regelbedarf zu deckenden Ausgaben, z.B. für Strom. Wenn sich das mindestens 25 Jahre alte Kind jedoch trotz Anmietung einer eigenen Wohnung weiterhin häufig bei seinen Eltern aufhielte und so die Synergieeffekte des gemeinsamen Wirtschaftens weiterhin teilweise nutzen würde, hätte es durch die Anmietung einer eigenen Wohnung wirtschaftliche Vorteile, wenn es nur dann einen Regelbedarf in der für Alleinstehende vorgesehenen Höhe erhielte. Vor diesem Hintergrund wirkt die Anerkennung des vollen Regelbedarfs für alle mindestens 25 Jahre alten Kinder, unabhängig davon, ob sie einen eigenen Hausstand begründen, höheren Kosten für den kommunalen Träger entgegen.
113Gegenüber nicht erwerbsfähigen Kindern, die, wie die Klägerin, aus eigener Initiative heraus ohne entsprechende Hilfe keinen eigenen Hausstand begründen können, ist dieser Sinn und Zweck nicht einschlägig. Vor diesem Hintergrund ist die Ungleichbehandlung zur Erreichung eines legitimen Zwecks (Ersparung von Kosten für den kommunalen Träger) geeignet und erforderlich. Sie ist selbst unter Beachtung des Umstandes, dass nicht erwerbsfähige, mindestens 25 Jahre alte Kinder, wie die Klägerin, aufgrund ihrer Behinderung nicht in der Lage sind, einen eigenen Hausstand zu begründen, auch angemessen. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass die entsprechenden behinderten Menschen Leistungen der Eingliederungshilfe nach dem Sechsten Kapitel des SGB XII erhalten, die darauf gerichtet sein können, ihnen die Begründung und das Führen eines eigenen Hausstandes zu ermöglichen (vgl. z.B. § 53, 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX). Zudem ist nach den Ausführungen zu II. 3. b) bb) in jedem Einzelfall zu prüfen, ob der behinderte Mensch tatsächlich, wie es für Annahme der Regelbedarfsstufe 3 Voraussetzung ist, keinen eigenen Haushalt führt. Härten können dadurch vermeiden werden.
1143. Eine Verletzung von Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG, wonach niemand wegen seiner Behinderung benachteiligt werden darf, liegt ebenfalls nicht vor (so aber pauschal und ohne Begründung Greiser/Stölting, DVBl. 2012, 1353 (1357); Lenze, in: LPK-SGB XII, 9. Aufl. 2012, Anh. § 28, § 8 RBEG Rn. 6).
115a) Art 3 Abs. 3 Satz 2 GG ist zunächst nicht in seiner Funktion als besonderer Gleichheitssatz (Diskriminierungsverbot) verletzt. Dass die Klägerin, die an einer nicht nur vorübergehenden, auf einem regelwidrigen geistigen Zustand beruhenden Funktionsbeeinträchtigung und damit unter einer Behinderung im Sinne von Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG leidet (vgl. hierzu BVerfG, Beschl. v. 08.10.1997 - 1 BvR 9/97 -, juris Rn. 65), anders, als wenn sie erwerbsfähig wäre, lediglich Leistungen aufgrund der Regelbedarfsstufe 3 und nicht entsprechend der Regelbedarfsstufe 1 erhält, stellt zwar nach den Ausführungen zu 2. b) bb) eine an die Erwerbsminderung und damit die Behinderung anknüpfende, direkte Ungleichbehandlung dar. Diese ist jedoch verfassungsrechtlich gerechtfertigt.
116Das Benachteiligungsverbot des Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG gilt nicht ohne jede Einschränkung. Fehlen einer Person gerade aufgrund ihrer Behinderung bestimmte geistige oder körperliche Fähigkeiten, die unerlässliche Voraussetzung für die Wahrnehmung eines Rechts sind, liegt in der Verweigerung dieses Rechts kein Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot. Eine rechtliche Schlechterstellung Behinderter ist danach jedoch nur zulässig, wenn zwingende Gründe dafür vorliegen. Die nachteiligen Auswirkungen müssen unerlässlich sein, um behinderungsbezogenen Besonderheiten Rechnung zu tragen. Dies kann beispielsweise der Fall sein, wenn dem behinderten Menschen die erforderliche Einsichts- oder Handlungsfähigkeit fehlt (vgl. BVerfG, Beschl. v. 19.01.1999 - 1 BvR 2161/94 -, juris Rn. 56).
117Nach diesen Grundsätzen liegt keine Verletzung des besonderen Diskriminierungsverbots des Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG gegenüber solchen behinderten Personen vor, die, wie die Klägerin, aufgrund ihrer geistigen Behinderung nicht dazu in der Lage sind, aus eigener Initiative heraus ohne Hilfe einen eigenen Hausstand zu begründen. Wie bereits vorstehend unter 2. b) bb) dargelegt, kann bei diesen Personen der Zweck, den der Gesetzgeber des SGB II mit der Zuerkennung eines Regelbedarfs entsprechend der Regelbedarfsstufe 1 für erwerbsfähige Kinder, die das 25. Lebensjahr vollendet haben und ohne eigenen Hausstand noch bei ihren Eltern leben, verfolgt, von vornherein nicht erreicht werden. Es liegen mithin zwingende Gründe für die Benachteiligung vor. Die Gewährung einer Regelleistung entsprechend der Regelbedarfsstufe 1 nur an erwerbsfähige junge Erwachsene ab Vollendung des 25. Lebensjahres ist unerlässlich, um behinderungsbedingten Besonderheiten Rechnung zu tragen. Härten werden durch Leistungen der Eingliederungshilfe und die bei der Anwendung der Regelbedarfsstufe 3 notwendige Einzelfallprüfung vermieden.
118bb) Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG ist darüber hinaus nicht in seiner Funktion als Förderungsgebot (vgl. insoweit Jarass, in: Jarass/Pieroth, GG, 11. Aufl. 2011, Art. 3 Rn. 142, 147) verletzt. Bei der Umsetzung dieses Förderungsauftrags kommt dem Staat ein erheblicher Spielraum nach Maßgabe des finanziell, personell, sachlich und organisatorisch Möglichen zu (vgl. BVerwG, Urt. v. 05.04.2006 - 9 C 1/05 -, juris Rn. 43 m.w.N.). Diesen hat der Gesetzgeber in Anbetracht des Zwecks der unterschiedlichen Behandlung von erwerbsfähigen und nicht erwerbsfähigen Kindern, die das 25. Lebensjahr vollendet haben, den er nach den vorstehenden Ausführungen verfolgt, nicht überschritten. Es wäre zwar ohne weiteres möglich, behinderten, mindestens 25 Jahre alten Kindern, die ohne eigene Haushaltsführung bei ihren Eltern leben, ebenfalls einen Regelbedarf wie für Alleinstehende zuzubilligen, z.B., weil sie nicht in gleichem Maße wie Erwerbsfähige Einkommen erzielen können. Von Verfassungs wegen verpflichtet ist der Gesetzgeber hierzu aber nicht. Zu berücksichtigen ist auch insoweit, dass die entsprechenden behinderten Menschen Leistungen der Eingliederungshilfe nach dem Sechsten Kapitel des SGB XII erhalten, die darauf gerichtet sein können, ihnen die Begründung und das Führen eines eigenen Hausstandes zu ermöglichen (vgl. z.B. § 53, 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX).
119IV. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG. Das lediglich geringfügige Obsiegen der Klägerin aufgrund von Ziffer 1 des Teilerledigungsvergleichs vom 16.01.2014 rechtfertigt eine Kostenbeteiligung der Beklagten nicht.
120V. Der Senat hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG) zugelassen.
ra.de-Urteilsbesprechung zu Landessozialgericht NRW Urteil, 16. Jan. 2014 - L 9 SO 469/13 WA
Urteilsbesprechung schreiben0 Urteilsbesprechungen zu Landessozialgericht NRW Urteil, 16. Jan. 2014 - L 9 SO 469/13 WA
Referenzen - Gesetze
Referenzen - Urteile
Urteil einreichenLandessozialgericht NRW Urteil, 16. Jan. 2014 - L 9 SO 469/13 WA zitiert oder wird zitiert von 14 Urteil(en).
(1) Für Personen, die
- 1.
die Altersgrenze nach § 41 Abs. 2 erreicht haben oder - 2.
die Altersgrenze nach § 41 Abs. 2 noch nicht erreicht haben und voll erwerbsgemindert nach dem Sechsten Buch sind
(2) Für werdende Mütter nach der zwölften Schwangerschaftswoche bis zum Ende des Monats, in welchen die Entbindung fällt, wird ein Mehrbedarf von 17 vom Hundert der maßgebenden Regelbedarfsstufe anerkannt, soweit nicht im Einzelfall ein abweichender Bedarf besteht.
(3) Für Personen, die mit einem oder mehreren minderjährigen Kindern zusammenleben und allein für deren Pflege und Erziehung sorgen, ist, soweit kein abweichender Bedarf besteht, ein Mehrbedarf anzuerkennen
- 1.
in Höhe von 36 vom Hundert der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28 für ein Kind unter sieben Jahren oder für zwei oder drei Kinder unter sechzehn Jahren, oder - 2.
in Höhe von 12 vom Hundert der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28 für jedes Kind, wenn die Voraussetzungen nach Nummer 1 nicht vorliegen, höchstens jedoch in Höhe von 60 vom Hundert der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28.
(4) § 42b Absatz 3 ist entsprechend anzuwenden auf Leistungsberechtigte, die das 15. Lebensjahr vollendet haben.
(5) Für Leistungsberechtigte wird ein Mehrbedarf anerkannt, wenn deren Ernährungsbedarf aus medizinischen Gründen von allgemeinen Ernährungsempfehlungen abweicht und die Aufwendungen für die Ernährung deshalb unausweichlich und in mehr als geringem Umfang oberhalb eines durchschnittlichen Bedarfs für Ernährung liegen (ernährungsbedingter Mehrbedarf). Dies gilt entsprechend für aus medizinischen Gründen erforderliche Aufwendungen für Produkte zur erhöhten Versorgung des Stoffwechsels mit bestimmten Nähr- oder Wirkstoffen, soweit hierfür keine vorrangigen Ansprüche bestehen. Die medizinischen Gründe nach den Sätzen 1 und 2 sind auf der Grundlage aktueller medizinischer und ernährungswissenschaftlicher Erkenntnisse zu bestimmen. Dabei sind auch die durchschnittlichen Mehraufwendungen zu ermitteln, die für die Höhe des anzuerkennenden ernährungsbedingten Mehrbedarfs zugrunde zu legen sind, soweit im Einzelfall kein abweichender Bedarf besteht.
(6) Die Summe des nach den Absätzen 1 bis 5 insgesamt anzuerkennenden Mehrbedarfs darf die Höhe der maßgebenden Regelbedarfsstufe nicht übersteigen.
(7) Für Leistungsberechtigte wird ein Mehrbedarf anerkannt, soweit Warmwasser durch in der Wohnung, in der besonderen Wohnform oder der sonstigen Unterkunft nach § 42a Absatz 2 installierte Vorrichtungen erzeugt wird (dezentrale Warmwassererzeugung) und denen deshalb kein Bedarf für Warmwasser nach § 35 Absatz 5 anerkannt wird. Der Mehrbedarf beträgt für jede leistungsberechtigte Person entsprechend der für sie geltenden Regelbedarfsstufe nach der Anlage zu § 28 jeweils
- 1.
2,3 Prozent der Regelbedarfsstufen 1 und 2, - 2.
1,4 Prozent der Regelbedarfsstufe 4, - 3.
1,2 Prozent der Regelbedarfsstufe 5 oder - 4.
0,8 Prozent der Regelbedarfsstufe 6.
(8) § 42b Absatz 2 ist entsprechend anzuwenden.
(9) Soweit eine Schülerin oder ein Schüler aufgrund der jeweiligen schulrechtlichen Bestimmungen oder schulischen Vorgaben Aufwendungen zur Anschaffung oder Ausleihe von Schulbüchern oder gleichstehenden Arbeitsheften hat, sind sie als Mehrbedarf anzuerkennen.
(10) Für Leistungsberechtigte wird ein Mehrbedarf anerkannt, soweit im Einzelfall ein einmaliger, unabweisbarer, besonderer Bedarf besteht, der auf keine andere Weise gedeckt werden kann und ein Darlehen nach § 37 Absatz 1 ausnahmsweise nicht zumutbar oder wegen der Art des Bedarfs nicht möglich ist.
(1) Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Der Verwaltungsakt soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit
- 1.
die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt, - 2.
der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist, - 3.
nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde, oder - 4.
der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist.
(2) Der Verwaltungsakt ist im Einzelfall mit Wirkung für die Zukunft auch dann aufzuheben, wenn der zuständige oberste Gerichtshof des Bundes in ständiger Rechtsprechung nachträglich das Recht anders auslegt als die Behörde bei Erlass des Verwaltungsaktes und sich dieses zugunsten des Berechtigten auswirkt; § 44 bleibt unberührt.
(3) Kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nach § 45 nicht zurückgenommen werden und ist eine Änderung nach Absatz 1 oder 2 zugunsten des Betroffenen eingetreten, darf die neu festzustellende Leistung nicht über den Betrag hinausgehen, wie er sich der Höhe nach ohne Berücksichtigung der Bestandskraft ergibt. Satz 1 gilt entsprechend, soweit einem rechtmäßigen begünstigenden Verwaltungsakt ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt zugrunde liegt, der nach § 45 nicht zurückgenommen werden kann.
(4) § 44 Abs. 3 und 4, § 45 Abs. 3 Satz 3 bis 5 und Abs. 4 Satz 2 gelten entsprechend. § 45 Abs. 4 Satz 2 gilt nicht im Fall des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 1.
Tenor
-
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 19. April 2010 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.
Tatbestand
- 1
-
Im Streit ist die Zahlung zusätzlicher 220,70 Euro an Kosten der Unterkunft und Heizung für den Monat März 2007 wegen einer Betriebs- und Heizkostennachforderung für das Kalenderjahr 2006.
- 2
-
Die 1982 geborene Klägerin bezieht seit dem 1.7.2005 Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII), wobei an Kosten der Unterkunft 225 Euro für Kaltmiete, 65 Euro für einen Betriebskostenvorschuss und 45 Euro für einen Heizkostenvorschuss erbracht wurden (Bescheid vom 27.8.2007 für die Zeit vom 1.1. bis 31.10.2007, mit dem Heizkosten zunächst nur in Höhe von 32,50 Euro übernommen wurden; Bescheid vom 8.10.2008, mit dem rückwirkend der Heizkostenvorschuss in voller Höhe übernommen wurde). Mit dem ersten Antrag auf Grundsicherungsleistungen hatte die Betreuerin der Klägerin am 15.6.2005 eine Erklärung mit ua folgendem Inhalt unterschrieben: "Soweit sich aus meinem Mietvertrag jährliche Nebenkostenabrechnungen ergeben, werde ich auch diese umgehend, d.h. spätestens bis zur Fälligkeit bzw. 4 Wochen nach Erhalt der Rechnung, dem Sozialamt zur Überprüfung vorlegen. Ansonsten besteht grundsätzlich kein Anspruch auf Übernahme dieser einmaligen Kosten aus Mitteln der Sozialhilfe."
- 3
-
Am 20.3.2007 erhielt die Klägerin eine Heiz- und Betriebskostenabrechnung des Vermieters für das Jahr 2006 mit einer Nachforderung für Heizkosten in Höhe von 129,82 Euro und von Nebenkosten in Höhe von 90,88 Euro. Erst am 25.9.2007 reichte die Betreuerin der Klägerin die Rechnung mit der Bitte um Erstattung der von der Klägerin mittlerweile verauslagten Kosten in Höhe von 220,70 Euro ein. Die Beklagte lehnt dies ab, weil ihr die Rechnung verspätet vorgelegt worden sei (Bescheid vom 26.9.2007; Widerspruchsbescheid vom 10.7.2008).
- 4
-
Das Sozialgericht (SG) Köln hat die Beklagte verurteilt, "den Nachzahlungsbetrag der Klägerin aus der Betriebs- und Heizkostenabrechnung für das Jahr 2006 in Höhe von 220,70 € zu übernehmen" (Urteil vom 11.3.2009); das Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen (Urteil vom 19.4.2010). Zur Begründung seiner Entscheidung hat das LSG ausgeführt, dass es sich bei der Heiz- und Betriebskostenabrechnung um einen Bedarf an Unterkunfts- und Heizkosten handele, der im Monat März 2007 entstanden und sofort fällig geworden sei. Dieser Bedarf sei nicht dadurch entfallen, dass die Rechnung beglichen worden sei, bevor ein Erstattungsantrag bei der Beklagten eingereicht worden sei. Insoweit stehe einer Leistung der Beklagten § 44 Abs 1 Satz 2 SGB XII, wonach der Bewilligungszeitraum der Grundsicherung bei einer Änderung der Leistung zugunsten des Berechtigten am Ersten des Monats beginne, in dem die Voraussetzung für die Änderung eingetreten und mitgeteilt worden sei, schon deshalb nicht entgegen, weil die Vorschrift keine einmaligen Bedarfe erfasse. Ein Ausschluss der geltend gemachten Leistungen ergebe sich auch nicht aus der von der Betreuerin unterzeichneten Erklärung über die rechtzeitige Vorlage von Nebenkostenabrechnungen.
- 5
-
Mit der Revision rügt die Beklagte eine Verletzung des § 18 Abs 1 SGB XII iVm § 44 Abs 1 Satz 2 SGB XII. Die Klägerin habe nicht zeitnah die Nebenkostenabrechnung vorgelegt, sodass ihr weder für den Monat März 2007 noch für die Zeit danach eine höhere Leistung zustehe.
- 7
-
Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
- 8
-
Sie hält die Entscheidung des LSG für zutreffend.
Entscheidungsgründe
- 9
-
Die Revision der Beklagten ist im Sinne der Aufhebung des Urteils des LSG und der Zurückverweisung der Sache an dieses Gericht begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz
) . Ob und in welcher Höhe die Klägerin für März 2007 einen Anspruch auf höhere Leistungen (220,70 Euro) hat, kann nicht abschließend entschieden werden. Hierzu fehlen ausreichende tatsächliche Feststellungen (§ 163 SGG) des LSG, die es dem Senat ermöglichen würden, Grund und Höhe des Anspruchs zu überprüfen. Allerdings hat das LSG zu Recht entschieden, dass die Vorschrift des § 44 Abs 1 Satz 2 SGB XII(idF, die die Norm durch das Gesetz zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch vom 27.12.2003 - BGBl I 3022 - erhalten hat) für einmalige Bedarfsänderungen wie eine Heiz- und Betriebskostennachforderung keine Anwendung findet.
- 10
-
Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid der Beklagten vom 27.8.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10.7.2008 (§ 95 SGG), soweit darin für den Monat März 2007 eine höhere Leistung - beschränkt auf Kosten der Unterkunft und Heizung - abgelehnt wurde (zur Beschränkung in diesem Sinn später). Gegen diesen Bescheid wendet sich die Klägerin mit der kombinierten Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 und 4 SGG iVm § 56 SGG), weil sich das Klagebegehren an § 48 Abs 1 Satz 2 Nr 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - (SGB X) misst(dazu später). Bei Anwendung dieser Vorschrift genügt wie in Fällen des § 44 SGB X nicht die reine Anfechtungs- und Leistungsklage (vgl nur das Senatsurteil vom 10.11.2011 - B 8 SO 12/10 R - RdNr 12 mwN). Dies gilt auch dann, wenn - wie vorliegend - der Bescheid vom 27.8.2007 schon ein solcher nach § 48 SGB X ist(dazu später) und höhere Leistungen als im ändernden und als im abgeänderten Bescheid verlangt werden.
- 11
-
Entgegen der Ansicht des LSG ist zwar der Bescheid vom 8.10.2008, soweit die Beklagte rückwirkend für den Monat März 2007 die noch fehlenden 12,50 Euro zum von der Klägerin tatsächlich gezahlten monatlichen Heizkostenvorschuss bewilligt hat, gemäß § 96 SGG Gegenstand des gerichtlichen Verfahrens geworden, weil dieser Bescheid unmittelbar den vorliegenden Streitgegenstand erfasst(dazu später); jedoch ist der Senat mangels Verfahrensrüge daran gehindert, diesen Bescheid materiellrechtlich in seine Prüfung einzubeziehen (vgl nur das Senatsurteil vom 25.8.2011 - B 8 SO 29/10 R - RdNr 10 mwN). Da die Sache ohnedies aus anderen Gründen an das LSG zurückzuverweisen ist und das LSG dann den Änderungsbescheid vom 8.10.2008 einzubeziehen hat, bedarf es keiner Entscheidung darüber, welche prozessualen und materiellrechtlichen Auswirkungen das Verbot der Nichtberücksichtigung im Revisionsverfahren für den Senat - evtl Teilerledigung des Klageantrags in Höhe von 12,50 Euro (vgl zu einer vergleichbaren Problematik das Senatsurteil vom 25.8.2011, aaO) - bei einer abschließenden Entscheidung des Senats besäße.
- 12
-
Bei dem Bescheid vom 26.9.2007, mit dem die Beklagte ausdrücklich die beantragte Übernahme der Kosten für die Heiz- und Betriebskostenabrechnung des Jahres 2006 abgelehnt hat, handelt es sich demgegenüber um einen wiederholenden Bescheid ohne eigenen Regelungscharakter (vgl dazu nur Engelmann in von Wulffen, SGB X, 7. Aufl 2010, § 31 RdNr 32); seines Erlasses hätte es nicht mehr bedurft, weil der am 25.9.2007, also innerhalb der für den Widerspruch gegen den Bescheid vom 27.8.2007 geltenden Monatsfrist (§ 84 Abs 1 SGG), bei der Beklagten eingegangene Antrag auf Erstattung gemäß § 2 Abs 2 Sozialgesetzbuch Erstes Buch - Allgemeiner Teil - (SGB I) als Widerspruch gegen den Bescheid vom 27.8.2007 zu werten ist, allerdings beschränkt auf den Monat März 2007 und den Anspruch auf höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung. Insoweit handelt es sich um einen abtrennbaren Streitgegenstand (Senatsurteil vom 14.4.2011 - B 8 SO 18/09 R - RdNr 10 mwN). Dies gilt auch, wenn sich - wie hier - der Leistungsempfänger gegen einen Änderungsbescheid (§ 48 SGB X) wendet, mit dem die Gesamtleistung der Hilfe für den Lebensunterhalt bei gleichbleibender Leistung für Unterkunft und Heizung neu bewilligt wurde. Die verfahrensrechtliche Ausgangslage ist dann nicht anders als bei einem Erstbescheid bzw einem Neubescheid nach Ablauf eines Bewilligungszeitraums. Eine streitgegenständliche Beschränkung allein auf die Heiz- und Nebenkostennachforderung ist allerdings unzulässig; eine Beschränkung ergibt sich deshalb nur hinsichtlich der Leistungshöhe der Unterkunftskosten insgesamt (vgl Bundessozialgericht
, Urteil vom 6.4.2011 - B 4 AS 12/10 R - RdNr 13) auf weitere 220,70 Euro.
- 13
-
Die Auslegung des Erstattungsantrags als Widerspruch folgt der Rechtsprechung des BSG zum sog Meistbegünstigungsprinzip. Danach sind nicht nur im sozialgerichtlichen Verfahren, sondern auch im Verwaltungsverfahren gestellte Anträge bzw Rechtsbehelfe ohne Bindung an den Wortlaut nach dem wirklichen Willen des Antragstellers auszulegen. Insbesondere ist derjenige Rechtsbehelf gegen denjenigen Verwaltungsakt als eingelegt anzusehen, der nach Lage der Sache in Betracht kommt und Erfolg versprechen kann (BSGE 74, 77, 79 = SozR 3-4100 § 104 Nr 11 S 47 mwN; SozR 4-3500 § 18 Nr 1 RdNr 22; Link in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl 2008, § 37 RdNr 21 ff mwN); auf diese Weise wird iS des § 2 Abs 2 SGB I sichergestellt, dass die sozialen Rechte möglichst weitgehend verwirklicht werden(vgl dazu: Voelzke in juris PraxisKommentar
SGB I, 2. Aufl 2011 - online -, § 2 RdNr 26; Steinbach in Hauck/Noftz, SGB I, K § 2 RdNr 44, Stand Dezember 2005) .
- 14
-
Erkennbar ging es der Klägerin lediglich um Überprüfung der Leistungen für die Unterkunft und Heizung für den Monat März, weil im Monat März vom Vermieter die Nachforderung geltend gemacht worden ist. Folge davon ist, dass der Bescheid vom 27.8.2007 für die Monate Januar und Februar sowie für die Zeit ab April insgesamt und für März 2007 bezüglich der sonstigen Sozialhilfeleistungen (etwa Regelsatzleistung) bestandskräftig geworden ist und die (nach Aktenlage) geringfügige Leistungsminderung ab 1.1.2007 aufgrund eines erhöhten Einkommens der Klägerin gegenüber dem früheren Bewilligungsbescheid (vom 24.10.2006 für die Zeit bis 31.10.2007) keiner Überprüfung bedarf. Die Leistungen für Unterkunft und Heizung sind jedenfalls durchgehend in gleicher Höhe erbracht worden. Nach Aktenlage wird sich nicht das Problem ergeben, auf welche Leistung nach Beschränkung des Streitgegenstands ggf höheres Einkommen anzurechnen ist, wenn es fehlerhaft berücksichtigt worden wäre (vgl dazu Coseriu in jurisPK-SGB XII, § 19 SGB XII RdNr 34 mwN).
- 15
-
Die Rechtmäßigkeit des Bescheids vom 27.8.2007 über die Ablehnung höherer einmaliger Leistungen der Kosten für Unterkunft und Heizung (220,70 Euro) misst sich - entgegen anderer Ansichten in der sozialhilferechtlichen Literatur (H. Schellhorn in Schellhorn/Schellhorn/Hohm, SGB XII, 18. Aufl 2010, § 44 SGB XII RdNr 10; Schoch in Lehr- und Praxiskommentar
SGB XII, 8. Aufl 2008, § 44 SGB XII RdNr 7; Gröschel-Gundermann in Linhart/Adolph, SGB II/SGB XII/AsylbLG, § 44 SGB XII RdNr 5, Stand April 2005; Steimer in Mergler/Zink, Handbuch der Grundsicherung und Sozialhilfe, § 44 SGB XII RdNr 13, Stand September 2008; Wenzel in Fichtner/Wenzel, SGB XII mit AsylbLG, 4. Aufl 2009, § 44 SGB XII RdNr 7) - an § 48 Abs 1 Satz 1 iVm Satz 2 Nr 1 SGB X(BSG SozR 4-4200 § 22 Nr 38 RdNr 12; BSG, Urteil vom 6.4.2011 - B 4 AS 12/10 R - RdNr 13); denn spätestens seit Inkrafttreten des SGB XII finden die Vorschriften der §§ 39 ff SGB X für die Wirksamkeit und Aufhebung von Verwaltungsakten grundsätzlich auch bei der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung Anwendung(BSGE 99, 137 ff RdNr 14 ff = SozR 4-1300 § 44 Nr 11; Falterbaum in Hauck/Noftz, SGB XII, K § 44 RdNr 9, Stand März 2009). Nach § 48 Abs 1 Satz 1 iVm Satz 2 Nr 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung - wie vorliegend - vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse an aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, zugunsten des Betroffenen eine wesentliche Änderung eingetreten ist. Ob dies der Fall ist, kann vom Senat mangels tatsächlicher Feststellungen zu den Anspruchsvoraussetzungen dem Grunde und der Höhe nach nicht geprüft werden, weil sich das LSG ausschließlich mit der Frage befasst hat, ob § 44 Abs 1 Satz 2 SGB XII einschlägig ist.
- 16
-
Bei der Beurteilung der Wesentlichkeit der Änderung iS des § 48 Abs 1 SGB X (gegenüber dem Bescheid vom 24.10.2006) ist nach der ständigen Rechtsprechung des BSG lediglich darauf abzustellen, ob der Bescheid aufgrund der objektiven Verhältnisse unter den geänderten Bedingungen so nicht hätte erlassen werden dürfen (vgl nur: Schütze in von Wulffen, SGB X, 7. Aufl 2010, § 48 RdNr 12 mwN; Waschull in LPK-SGB X, 3. Aufl 2011, § 48 RdNr 27 mwN). Soweit in der sozialhilferechtlichen Literatur ein eigenständiger Begriff der Wesentlichkeit (mindestens 15 % höhere Leistungen) vertreten wird (vgl hierzu nur: Falterbaum in Hauck/Noftz, SGB XII, K § 44 SGB XII RdNr 11 mwN, Stand März 2009; Kreiner in Oestreicher, SGB II/SGB XII, § 44 SGB XII RdNr 11, Stand Juni 2006), entbehrt dies einer gesetzlichen Grundlage (vgl auch Blüggel in jurisPK-SGB XII, § 44 SGB XII RdNr 21). § 44 Satz 2 und Satz 3 SGB XII normieren nämlich keine gegenüber § 48 SGB X völlig eigenständige Regelung, sondern modifizieren diese nur, soweit es den Leistungsbeginn betrifft(Kreikebohm in Kreikebohm/Spellbrink/Waltermann, Kommentar zum Sozialrecht, 2. Aufl 2011, § 44 SGB XII RdNr 3).
- 17
-
Gemäß § 42 Abs 1 Nr 2 SGB XII(idF, die die Norm durch das Gesetz zur Änderung des SGB XII und anderer Gesetze vom 2.12.2006 - BGBl I 2670 - erhalten hat) iVm § 29 Abs 1 und Abs 3 SGB XII(ebenfalls idF, die die Norm durch dieses Gesetz erhalten hat) werden Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht. Zwar unterfallen auch einmalige Kosten dieser Vorschrift und stellen einen Bedarf im Monat der Fälligkeit dar (BSG, Urteil vom 6.4.2011 - B 4 AS 12/10 R - RdNr 15); jedoch beurteilt sich im Rahmen des § 48 Abs 1 Satz 2 Nr 1 SGB X die wesentliche Änderung gegenüber der früheren Sach- und Rechtslage nach dem Zeitpunkt der tatsächlichen Verursachung der Kosten(BSG, aaO, RdNr 13), also hier den Verhältnissen des Jahres 2006. Mangels anderweitiger Regelungen ist die Nachforderung des Vermieters der Klägerin mit ihrer Geltendmachung fällig geworden; nicht zu prüfen ist, ob diese Forderung des Vermieters gerechtfertigt war. Es genügt, dass die Zahlung der Klägerin auf der Grundlage einer Vereinbarung gezahlt worden ist, es sich also um eine ernsthafte Forderung handelte (BSGE 104, 179 ff Nr 16 mwN = SozR 4-4200 § 22 Nr 24). Inwieweit dies vorliegend der Fall ist, hat das LSG nicht festgestellt. Nicht festgestellt ist außerdem die Angemessenheit der Kosten der Unterkunft und Heizung für das Jahr 2006 unter Berücksichtigung der Nachforderung des Vermieters.
- 18
-
Einer Anwendung des § 48 Abs 1 Satz 2 Nr 1 SGB X und einer daraus resultierenden möglichen höheren Leistung für März 2007 steht nicht die Regelung des § 44 Abs 1 Satz 2 SGB XII entgegen. Danach beginnt der Bewilligungszeitraum bei einer Änderung der Leistung (zugunsten des Empfängers) am Ersten des Monats, in dem die Voraussetzungen für die Änderung eingetreten und mitgeteilt worden sind. Unabhängig davon, ob der Regelung überhaupt zu entnehmen ist, dass der Bewilligungszeitraum bei späterer Mitteilung erst am Tage dieser Mitteilung bzw mit dem Monatsanfang oder erst mit dem auf die Mitteilung folgenden Monat beginnt, gilt § 44 Abs 1 Satz 2 SGB XII jedenfalls nicht für eine aus einem einmalig erhöhten Bedarf resultierende Veränderung(so auch Blüggel in jurisPK-SGB XII, § 44 SGB XII RdNr 25.2). Dafür sprechen sowohl Wortlaut, Historie und Systematik der Vorschrift als auch Sinn und Zweck der Regelung.
- 19
-
§ 44 Abs 1 SGB XII macht insgesamt deutlich, dass die Vorschrift nur einen mehr als einmonatigen Bewilligungszeitraum (in der Regel nach Satz 1 zwölf Monate) regelt. Insoweit wird in Satz 2 ausdrücklich auf einen solchen Bewilligungszeitraum Bezug genommen, dessen Beginn aus Praktikabilitätsgründen (Geltung des Monatsprinzips) zugunsten des Leistungsempfängers auf den Monatsanfang vorverlegt wird; Ziel dieser Regelung ist es, eine taggenaue Berechnung möglichst zu vermeiden (Blüggel in jurisPK-SGB XII, § 44 SGB XII RdNr 25). Deshalb beginnt der neue Bewilligungszeitraum bei einer Änderung der Verhältnisse zu Lasten des Berechtigten nach Satz 3 auch erst mit dem Beginn des Folgemonats. § 44 Abs 1 Satz 2 SGB XII kann sich dann aber nach Sinn und Zweck der Vorschrift nicht auf einmalige Bedarfserhöhungen in einem einzelnen Monat beziehen. Weil der zusätzliche (einmalige) Bedarf an einem bestimmten Tag des Monats eintritt und weder auf den Monatsgesamtbedarf aufzuteilen ist noch sich auf den Bedarf der Folgemonate bezieht, geht es weder um die Vermeidung einer taggenauen Berechnung der Monatsleistung, noch kann, wie das LSG zu Recht ausgeführt hat, zu einem späteren Zeitpunkt ein neuer Bewilligungszeitraum in Gang gesetzt werden.
- 20
-
Die Richtigkeit dieser Auslegung belegen die Gesetzesmaterialien. Zwar existieren keine Gesetzesbegründungen zu § 44 SGB XII selbst; jedoch kann auf die Gesetzesmaterialien zum Grundsicherungsgesetz (GSiG) zurückgegriffen werden (so auch Blüggel in jurisPK-SGB XII, § 44 SGB XII RdNr 3). Darin ist zur inhaltlich gleichen Regelung des § 6 GSiG ausgeführt(BT-Drucks 14/5150, S 51 zu § 6), die Leistungen würden in Monatsbeträgen festgesetzt und zeitabschnittsweise bewilligt. Träten Veränderungen in den Verhältnissen ein, die für die Gewährung bzw Höhe der Leistung erheblich seien, müsse dies unverzüglich mitgeteilt werden. Eine hieraus resultierende Veränderung des Anspruches zugunsten der Berechtigten solle dann dazu führen, dass mit dem Ersten des Monats ein neuer Bewilligungszeitraum beginne, in dem die Veränderung eingetreten und mitgeteilt worden sei. Anderenfalls beginne der neue Bewilligungszeitraum mit dem Ersten des Folgemonats nach Eintritt der Veränderung. Wenngleich diese Aussage der Gesetzesbegründung, falls sie sich nicht lediglich auf eine Änderung zu Lasten des Berechtigten bezieht, keine Grundlage in einer gesetzlichen Regelung gefunden hat - sie beruht sonst möglicherweise auf dem vom Senat nicht geteilten Verständnis, die allgemeinen Vorschriften des Verwaltungsverfahrensrechts fänden überhaupt keine Anwendung (vgl zu dieser Problematik: BSG SozR 4-1300 § 44 Nr 15 RdNr 14 ff; BSG, Urteil vom 10.11.2011 - B 8 SO 12/10 R - RdNr 32) -, so zeigt sie doch, dass der Gesetzgeber Änderungen vor Augen hatte, die über die Dauer eines Monats hinaus fortwirken, bezogen auf zusätzliche Bedarfe also in der Folgezeit immer wieder neu entstehen, nicht lediglich als einmaliger Bedarf ungedeckt bleiben.
- 21
-
Entgegen der Ansicht der Beklagten steht einer nachträglichen Leistung an die Klägerin § 18 Abs 1 SGB XII nicht entgegen. Danach setzt die Sozialhilfe, mit Ausnahme der Leistung der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung, ein, sobald dem Träger der Sozialhilfe oder der von ihm beauftragten Stelle bekannt wird, dass die Voraussetzungen für die Leistungen vorliegen. Abgesehen davon, dass bei den Grundsicherungsleistungen nach der ausdrücklichen gesetzlichen Anordnung ohnedies der sogenannte Kenntnisgrundsatz durch das Antragsprinzip ersetzt ist und weder die Fortzahlung von Grundsicherungsleistungen nach Ablauf eines Bewilligungszeitraumes (vgl dazu BSGE 104, 207 ff = SozR 4-3530 § 6 Nr 1) noch eine Änderung des Bedarfs während des Bewilligungszeitraums einen neuen Antrag voraussetzt (vgl zur vergleichbaren Situation im Rahmen des SGB II BSG SozR 4-4200 § 22 Nr 38), soll § 18 SGB XII nur einen niedrigschwelligen Zugang zum Sozialhilferecht sicherstellen(BSG SozR 4-1300 § 44 Nr 15 RdNr 20; Coseriu in jurisPK-SGB XII, § 18 SGB XII RdNr 13 ff mwN; vgl auch BSG SozR 4-3500 § 18 Nr 1 RdNr 24). Es ist nicht vorrangige Aufgabe des § 18 SGB XII, Leistungen für die Vergangenheit auszuschließen, sondern ein rechtzeitiges Eingreifen des Sozialhilfeträgers auch ohne Antrag zu gewährleisten(BSG SozR 4-3500 § 18 Nr 1 RdNr 24). Die Kenntnis braucht sich deshalb nicht auf die Höhe der zu erbringenden Leistung, sondern allein auf den Bedarf und die Hilfebedürftigkeit beziehen; der Sozialhilfeträger muss also lediglich Kenntnis vom Bedarfsfall als solchem haben (Coseriu, aaO, RdNr 15). Dies war vorliegend der Fall, weil die Klägerin durchgehend im Leistungsbezug stand; ein Antrag auf Leistungen der Grundsicherung war ebenfalls gestellt.
- 22
-
Dass die fällige Betriebs- und Heizkostenabrechnung von der Klägerin selbst - ohne die finanzielle Hilfe Dritter - bereits vor der Geltendmachung bei der Beklagten beglichen worden ist, lässt ihren Bedarf und den Anspruch auf höhere Leistungen nicht entfallen. Es gilt insoweit nichts anderes als bei Leistungen mit Wirkung für die Vergangenheit gemäß § 44 SGB X(vgl dazu BSGE 104, 213 ff RdNr 13 ff = SozR 4-1300 § 44 Nr 20). Keiner Entscheidung bedarf zum gegenwärtigen Zeitpunkt, ob mit Rücksicht auf die in § 48 Abs 4 SGB X angeordnete entsprechende Anwendung des § 44 Abs 4 SGB X die vom Senat für die rückwirkende Leistungsgewährung im Rahmen des § 44 Abs 4 SGB X aufgestellten Kriterien(vgl BSG aaO) im vollen Umfang gelten. Die von der Betreuerin der Klägerin unterschriebene Erklärung über Nebenkostenabrechnungen rechtfertigt kein anderes Ergebnis. Für das Revisionsgericht bindend hat das LSG hierzu ausgeführt, dass die Klägerin keine vertragliche Willenserklärung abgegeben, sondern lediglich bestätigt habe, die (unzutreffende) Rechtsansicht der Beklagten zur Kenntnis genommen zu haben. Es kann damit dahinstehen, ob ein solcher Vertrag - etwa gemäß § 58 Abs 1 SGB X iVm § 134 Bürgerliches Gesetzbuch wegen eines Verstoßes gegen § 53 Abs 2 SGB X - überhaupt rechtswirksam wäre.
- 23
-
Das LSG wird ggf auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu befinden haben.
(1) Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Der Verwaltungsakt soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit
- 1.
die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt, - 2.
der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist, - 3.
nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde, oder - 4.
der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist.
(2) Der Verwaltungsakt ist im Einzelfall mit Wirkung für die Zukunft auch dann aufzuheben, wenn der zuständige oberste Gerichtshof des Bundes in ständiger Rechtsprechung nachträglich das Recht anders auslegt als die Behörde bei Erlass des Verwaltungsaktes und sich dieses zugunsten des Berechtigten auswirkt; § 44 bleibt unberührt.
(3) Kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nach § 45 nicht zurückgenommen werden und ist eine Änderung nach Absatz 1 oder 2 zugunsten des Betroffenen eingetreten, darf die neu festzustellende Leistung nicht über den Betrag hinausgehen, wie er sich der Höhe nach ohne Berücksichtigung der Bestandskraft ergibt. Satz 1 gilt entsprechend, soweit einem rechtmäßigen begünstigenden Verwaltungsakt ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt zugrunde liegt, der nach § 45 nicht zurückgenommen werden kann.
(4) § 44 Abs. 3 und 4, § 45 Abs. 3 Satz 3 bis 5 und Abs. 4 Satz 2 gelten entsprechend. § 45 Abs. 4 Satz 2 gilt nicht im Fall des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 1.
(1) Nach Klageerhebung wird ein neuer Verwaltungsakt nur dann Gegenstand des Klageverfahrens, wenn er nach Erlass des Widerspruchsbescheides ergangen ist und den angefochtenen Verwaltungsakt abändert oder ersetzt.
(2) Eine Abschrift des neuen Verwaltungsakts ist dem Gericht mitzuteilen, bei dem das Verfahren anhängig ist.
(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein.
(2) Der Kläger ist beschwert, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig ist. Soweit die Behörde, Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ist Rechtswidrigkeit auch gegeben, wenn die gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.
(3) Eine Körperschaft oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts kann mit der Klage die Aufhebung einer Anordnung der Aufsichtsbehörde begehren, wenn sie behauptet, daß die Anordnung das Aufsichtsrecht überschreite.
(4) Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt werden.
(5) Mit der Klage kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte.
Verwaltungsakt ist jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalles auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist. Allgemeinverfügung ist ein Verwaltungsakt, der sich an einen nach allgemeinen Merkmalen bestimmten oder bestimmbaren Personenkreis richtet oder die öffentlich-rechtliche Eigenschaft einer Sache oder ihre Benutzung durch die Allgemeinheit betrifft.
Wird der gegen einen Verwaltungsakt gegebene Rechtsbehelf nicht oder erfolglos eingelegt, so ist der Verwaltungsakt für die Beteiligten in der Sache bindend, soweit durch Gesetz nichts anderes bestimmt ist.
(1) Ein Verwaltungsakt wird gegenüber demjenigen, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, in dem Zeitpunkt wirksam, in dem er ihm bekannt gegeben wird. Der Verwaltungsakt wird mit dem Inhalt wirksam, mit dem er bekannt gegeben wird.
(2) Ein Verwaltungsakt bleibt wirksam, solange und soweit er nicht zurückgenommen, widerrufen, anderweitig aufgehoben oder durch Zeitablauf oder auf andere Weise erledigt ist.
(3) Ein nichtiger Verwaltungsakt ist unwirksam.
Tenor
-
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 9. Dezember 2009 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.
Tatbestand
- 1
-
Im Streit sind höhere Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII) für die Zeit vom 1.1. bis 31.7.2005.
- 2
-
Der 1982 geborene Kläger ist schwerbehindert (Grad der Behinderung
von 100 sowie die Nachteilsausgleiche "G", "B" und "H"). Bis einschließlich Januar 2005 zahlte sein Vater Unterhalt. Der Kläger erhält Leistungen der Pflegeversicherung nach der Pflegestufe III und bewohnt mit seiner Mutter eine gemeinsame Wohnung. Bis 31.12.2004 bezog er Leistungen der Grundsicherung nach dem Grundsicherungsgesetz (GSiG) und ab 1.1.2005 Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach §§ 41 ff SGB XII(Bescheid vom 28.4.2005 für Januar 2005, vom 4.4.2005 für Februar bis Juni 2005, vom 23.6.2005 für Juli 2005 und vom 12.7.2005 für August 2005 bis Juni 2006, alle Bescheide erlassen von der Stadt Bad Schwartau im Namen und im Auftrag des Beklagten; Widerspruchsbescheid des Beklagten nach Beteiligung sozial erfahrener Dritter vom 5.10.2005).
- 3
-
Die Klage mit dem Antrag, den Beklagten zu verurteilen, "dem Kläger seit dem 1. Januar 2005 Leistungen der Grundsicherung bei Erwerbsminderung nach dem Vierten Kapitel des Zwölften Buchs Sozialgesetzbuch, insbesondere unter Berücksichtigung der tatsächlichen Unterkunftskosten, des Regelsatzes eines Haushaltsvorstands und der korrespondierenden Mehrbedarfe sowie unter Berücksichtigung eines Mehrbedarfs für kostenaufwändige Ernährung in Höhe von jedenfalls 100 Euro im Monat zu gewähren", hatte teilweise Erfolg. Das Sozialgericht (SG) Schleswig hat den Beklagten verurteilt, "dem Kläger für den Zeitraum seit dem 1. Januar 2005 Leistungen der Grundsicherung bei Erwerbsminderung unter Berücksichtigung der tatsächlichen Aufwendungen für die Unterkunft zu gewähren" und die Klage im Übrigen abgewiesen (Urteil vom 21.1.2008). Die Berufung mit dem Antrag, "den Beklagten zu verurteilen, ihm - dem Kläger - seit dem 1. Januar 2005 Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung unter Berücksichtigung des Regelsatzes eines Haushaltsvorstandes/Alleinstehenden sowie unter Berücksichtigung des Mehrbedarfs für kostenaufwändige Ernährung in Höhe von mindestens 100 Euro im Monat und unter Berücksichtigung der Beiträge für Sterbe-, Haftpflicht-, Hausrat- und Kfz-Haftpflichtversicherung zu gewähren" hat das Schleswig-Holsteinische Landessozialgericht (LSG) zurückgewiesen (Urteil vom 9.12.2009). Zur Begründung seiner Entscheidung hat es ausgeführt, die Berufung sei hinsichtlich der geltend gemachten Versicherungsbeiträge schon unzulässig, weil der Kläger bereits im erstinstanzlichen Verfahren den Streitgegenstand auf die Kosten der Unterkunft, die Höhe des Regelsatzes und die Höhe des Mehrbedarfs für kostenaufwändige Ernährung beschränkt habe. Die Berufung im Übrigen sei unbegründet. Der Kläger habe keinen Anspruch auf den Eckregelsatz eines Haushaltsvorstandes, weil er weder dem zusammen mit seiner Mutter bestehenden Haushalt vorstehe noch neben seiner Mutter einen eigenen Haushalt in der gemeinsam mit ihr bewohnten Wohnung führe. Der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) sei insoweit nicht zu folgen. Dem Kläger stehe auch kein über den bereits bewilligten Betrag von 27,50 Euro (wegen Psoriasis) hinausgehender Mehrbedarf für eine kostenaufwändige Ernährung wegen der geltend gemachten Allergien zu. Den Empfehlungen des Deutschen Vereins sei ein Mehrbedarf nicht zu entnehmen, sodass sein tatsächlicher Mehrbedarf konkret festzustellen sei. Ein Mehrbedarf wegen der Kuhmilch- sowie der Hühnereiweißallergie sei im Alter des Klägers unwahrscheinlich; letztere könne auch durch Weglassen des Nahrungsmittels therapiert werden. Die pauschale Bescheinigung des Hausarztes sei zum Nachweis des Mehrbedarfs ungeeignet. Der Kläger selbst habe nicht dargelegt, auf welche Lebensmittel er verzichten und welche er an deren Stelle erwerben müsse und dass damit Mehrkosten verbunden seien.
- 4
-
Mit seiner Revision macht der Kläger unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Senats eine Verletzung der §§ 42 Satz 1, 28 SGB XII iVm der Regelsatzverordnung (RSV) sowie einen Verstoß gegen Art 3 Abs 1 Grundgesetz (GG) geltend. Wegen der nach Art 3 GG gebotenen Gleichbehandlung könne eine den reduzierten Eckregelsatz begründende Haushaltsersparnis nur dann angenommen werden, wenn die zusammenlebenden Personen eine Bedarfsgemeinschaft nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) oder eine Einsatzgemeinschaft nach § 19 SGB XII bildeten. Daneben rügt der Kläger Verfahrensfehler sowie einen Verstoß gegen § 33 SGB XII. Zu Unrecht habe das LSG hinsichtlich der Versicherungsbeiträge die Berufung als unzulässig angesehen. Mangels Beschränkung des Streitgegenstandes hätte das LSG über die geltend gemachten Versicherungsbeiträge materiell entscheiden müssen. Übernahmefähig seien jedenfalls die Beiträge für die Sterbegeldversicherung nach § 33 SGB XII. Soweit es den ernährungsbedingten Mehrbedarf betreffe, rügt der Kläger eine Verletzung der §§ 42 Satz 1 Nr 3, 30 Abs 5 SGB XII. Der ernährungsbedingte Mehraufwand lasse sich betragsmäßig nicht verallgemeinern. Zu diesem Schluss komme zwar auch das LSG; es habe dann aber die ihm obliegende Pflicht verletzt, den Sachverhalt von Amts wegen zu erforschen, weil es kein Sachverständigengutachten zu der von ihm angezweifelten Kuhmilchallergie des damals anwaltlich nicht vertretenen Klägers eingeholt habe, das einen Mehrbedarf von zumindest 100 Euro bestätigt hätte.
- 5
-
Der Kläger beantragt,
das Urteil des LSG aufzuheben, das Urteil des SG abzuändern, soweit die Klage abgewiesen wurde, und die Bescheide vom 4.4.2005, 28.4.2005 und 23.6.2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 5.10.2005 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, für den Zeitraum vom 1.1. bis 31.7.2005 höhere Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem SGB XII zu zahlen.
- 6
-
Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
- 7
-
Er hält die Entscheidung des LSG für zutreffend.
Entscheidungsgründe
- 8
-
Die Revision des Klägers ist im Sinne der Zurückverweisung der Sache an das LSG begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz
) . Entgegen der Auffassung des LSG war die Berufung insgesamt zulässig. Ob der Kläger in der Zeit vom 1.1. bis 31.7.2005 einen Anspruch auf höhere Grundsicherungsleistungen hat, kann aber mangels ausreichender tatsächlicher Feststellungen durch das LSG zu Grund und Höhe der Leistungen - auch des ernährungsbedingten Mehraufwands - sowie zur Zuständigkeit des Beklagten nicht abschließend entschieden werden, auch wenn ihm entgegen den Ausführungen des LSG im streitbefangenen Zeitraum der Regelsatz für einen Haushaltsvorstand und für Alleinstehende in Höhe von 100 vH (Eckregelsatz) an Stelle des Regelsatzes für Haushaltsangehörige in Höhe von 80 vH des Eckregelsatzes zusteht.
- 9
-
Gegenstand des Revisionsverfahrens sind (nur noch) die Bescheide vom 4.4.2005, vom 28.4.2005 und vom 23.6.2005, alle in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5.10.2005 (§ 95 SGG), soweit (höhere) Leistungen für die Zeit vom 1.1. bis 31.7.2005 abgelehnt worden sind. Der Bescheid vom 28.4.2005 betrifft die Grundsicherungsleistung für den Monat Januar 2005, der Bescheid vom 4.4.2005 die Grundsicherungsleistung für die Zeit vom Februar 2005 bis 30.6.2005. Insoweit ersetzen diese Bescheide durch jeweils höhere Leistungsbewilligungen als zuvor den Bescheid vom 23.12.2004, mit dem ursprünglich die Leistung für den Zeitraum vom 1.1.2005 bis 30.6.2005 bewilligt worden war, aber auch die Bescheide vom 10.2.2005 (Grundsicherungsleistung für Januar 2005) und vom 3.2.2005 (Grundsicherungsleistung für Februar 2005), die sich damit erledigt haben (§ 39 Abs 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz -
) . So wird in den Bescheiden vom 4.4.2005 und vom 28.4.2005 auch ausdrücklich darauf hingewiesen, dass diese Bescheide "alle vorhergehenden Bescheide über die Höhe der Gewährung von Leistungen nach dem Vierten Kapitel des SGB XII" aufheben, "soweit sie sich auf gleiche Zeiträume beziehen". Der Bescheid vom 4.4.2005 nennt zwar nur die Leistung für den Monat Februar 2005 in Höhe von 602,92 Euro; Maßstab für die Inhaltsbestimmung der getroffenen Regelung ist aber der Empfängerhorizont eines verständigen Beteiligten (BSGE 67, 104, 110 = SozR 3-1300 § 32 Nr 2 S 11). Danach regelt der Bescheid die Leistung nicht nur für den Monat Februar 2005, sondern für die Zeit bis zum Ende des ursprünglich durch den Bescheid vom 23.12.2004 vorgesehenen Bewilligungszeitraums bis 30.6.2005. Dies zeigt schon die Bezeichnung als "Bescheid über die Änderung von laufenden Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung", die, ginge es nur um den vergangenen Monat Februar 2005, nicht nachvollziehbar wäre. Auch der Änderungsgrund, nämlich "Anerkennung des Mehrbedarfs für kostenaufwändigere Ernährung ab dem 1.2.2005" zeigt, dass nicht nur der Monat Februar 2005, sondern die gesamte Zeit ab 1.2.2005 bis zum Ende des Bewilligungsabschnitts gemeint ist. Gleiches gilt auch für die Anlage zum Bescheid, die die Bedarfsberechnung "ab dem Monat 02/05" mitteilt.
- 10
-
Gegenstand des Verfahrens ist auch der Bescheid vom 23.6.2005, der Leistungen für den Monat Juli 2005 regelt. Dieser ist nach § 86 SGG Gegenstand des Vorverfahrens geworden(vgl dazu Urteil des Senats vom 14.6.2008 - B 8 AY 11/07 R - RdNr 10). Gegenstand des Revisionsverfahrens ist hingegen nicht der Bescheid vom 12.7.2005, der die Leistungen für den Zeitraum vom 1.8.2005 bis 30.6.2006 regelt. Zwar war auch dieser Bescheid nach der Rechtsprechung des Senats (aaO) Gegenstand des Vorverfahrens nach § 86 SGG und nicht - wie das LSG meint - mangels Widerspruch bestandskräftig geworden. Mit seiner Revision hat der Kläger aber den Streitgegenstand ausdrücklich auf die Zeit vom 1.1.2005 bis zum 31.7.2005 begrenzt.
- 11
-
Entgegen der Auffassung des LSG hat der Kläger den Streitgegenstand nicht auf Kosten der Unterkunft, die Höhe des Regelsatzes und die Höhe des Mehrbedarfs für kostenaufwändige Ernährung beschränkt. Wenn er in der ersten Instanz beantragt hat, den Beklagten zu höheren Leistungen zu verurteilen, "insbesondere unter Berücksichtigung der tatsächlichen Unterkunftskosten, des Regelsatzes eines Haushaltsvorstandes und der korrespondierenden Mehrbedarfe sowie unter Berücksichtigung eines Mehrbedarfs für kostenaufwändige Ernährung in Höhe von jedenfalls 100 Euro", so ist hierin nicht eine Beschränkung des Streitgegenstandes zu sehen, sondern nur eine - entbehrliche - Beschreibung des von ihm für einschlägig erachteten Leistungsgrundes (vgl dazu BSG, Urteil vom 14.4.2011 - B 8 SO 19/09 R). Erst recht wird dies vorliegend durch das Wort "insbesondere" deutlich, das der Annahme einer abschließenden Aufzählung (oder Begrenzung) des Begehrens entgegensteht. Auch haben die Beteiligten einzelne Teile des Anspruchs gerade nicht durch Teilvergleich oder -anerkenntnis geregelt (vgl dazu: BSGE 97, 217 ff RdNr 18 ff = SozR 4-4200 § 22 Nr 1; BSG SozR 4-3500 § 90 Nr 1 RdNr 14). Mangels entsprechender Beschränkung des Streitgegenstandes ist damit die vom LSG gezogene Schlussfolgerung, die Berufung sei hinsichtlich der Versicherungsbeiträge unzulässig, falsch.
- 12
-
Richtige Klageart ist die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 und 4 SGG iVm § 56 SGG). Richtiger Beklagter ist der Landrat des Kreises Ostholstein als beteiligtenfähige Behörde iS von § 70 Nr 3 SGG. Danach sind Behörden beteiligtenfähig, sofern das Landesrecht dies bestimmt (Behördenprinzip). Eine entsprechende Bestimmung enthält § 5 des Schleswig-Holsteinischen Ausführungsgesetzes zum SGG vom 2.11.1953 (Gesetz- und Verordnungsblatt
144, in der Bekanntmachung vom 4.8.1965, GVBl 53, zuletzt geändert durch das Gesetz zur Änderung des Schleswig-Holsteinischen Ausführungsgesetzes zum SGG vom 14.3.2011 - GVBl 72) . Behörde in diesem Sinne ist der Landrat (vgl: BSGE 99, 137 ff RdNr 11 f = SozR 4-1300 § 44 Nr 11; BSGE 100, 131 ff RdNr 13 = SozR 4-3500 § 90 Nr 3). Hieran ändert auch nichts, dass die Leistungsbescheide von der Stadt Bad Schwartau erlassen wurden, die nach der Satzung des Kreises Ostholstein über die Heranziehung von kreisangehörigen Städten, Gemeinden und Ämtern zu Aufgaben der Sozialhilfe vom 15.1.2003 tätig geworden ist; denn die Heranziehung durch die genannte Satzung erfolgt nicht in einem auftragsähnlichen Verhältnis zum Handeln in eigenem Namen (zu dieser Voraussetzung: BSGE 99, 137 ff RdNr 11 = SozR 4-1300 § 44 Nr 11; BSG SozR 4-5910 § 88 Nr 3 RdNr 13 f), sondern nach § 1 der Heranziehungssatzung wurde diese vielmehr "beauftragt" und wurde erkennbar "im Namen des Kreises Ostholstein" und damit für dessen beteiligtenfähige Behörde, den Landrat, tätig.
- 13
-
Bei der Entscheidung, ob dem Kläger höhere Leistungen zustehen, sind grundsätzlich alle Anspruchsvoraussetzungen über Grund und Höhe der Leistungen (vgl dazu BSGE 99, 262 ff RdNr 12 mwN = SozR 4-3500 § 82 Nr 3) gemäß § 19 Abs 2 SGB XII iVm § 41 Abs 1 SGB XII(beide idF, die die Normen durch das Gesetz zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch vom 27.12.2003 - BGBl I 3022 - erhalten haben) in der Zeit vom 1.1. bis 31.7.2005 zu prüfen. Danach können Personen zur Sicherung des Lebensunterhalts im Alter und bei dauerhafter Erwerbsminderung mit gewöhnlichem Aufenthalt im Inland, die das 65. Lebensjahr vollendet haben (Nr 1) oder das 18. Lebensjahr vollendet haben, unabhängig von der jeweiligen Arbeitsmarktlage voll erwerbsgemindert iS von § 43 Abs 2 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch - Gesetzliche Rentenversicherung - (SGB VI) sind und bei denen unwahrscheinlich ist, dass die volle Erwerbsminderung behoben werden kann(Nr 2), auf Antrag Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Vierten Kapitel des SGB XII erhalten. Der Anspruch besteht nur, sofern der Leistungsberechtigte seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln beschaffen kann (§ 19 Abs 2 Satz 1 SGB XII).
- 14
-
Der Senat vermag schon nicht zu beurteilen, ob der Kreis Ostholstein der hier örtlich und sachlich zuständige Träger der Sozialhilfe ist (§ 98 Abs 1 Satz 2 SGB XII). Nach § 2 des Gesetzes zur Ausführung des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (AG-SGB XII) vom 15.12.2005 (GVBl 568) iVm § 97 SGB XII ist der örtliche Träger der Sozialhilfe sachlich für die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung zuständig; örtliche Träger der Sozialhilfe sind nach § 1 AG-SGB XII die Kreise und kreisfreien Städte. Die örtliche Zuständigkeit richtet sich dabei gemäß § 98 Abs 1 Satz 2 SGB XII nach dem gewöhnlichen Aufenthalt des Leistungsberechtigten, zu dem jegliche Feststellungen des LSG fehlen. Diese wird es ggf nachzuholen haben, zumal - wie sich aus dem Akteninhalt ergibt - der Kläger Mitte 2004 seinen Hauptwohnsitz in Hamburg genommen hat und seine Mutter angibt, man halte sich (nur) "in den Ferien und am Wochenende in Bad Schwartau auf".
- 15
-
Unberücksichtigt bleiben kann allerdings, wenn der Beklagte der zuständige Leistungsträger ist, dass die Heranziehungssatzung vom 15.1.2003 naturgemäß keine Regelungen über die Heranziehung von kreisangehörigen Städten und Gemeinden zu den Aufgaben nach dem noch nicht existierenden SGB XII treffen konnte. Nach dem Willen des Landesgesetzgebers sollte die Rechtsgrundlage für den Erlass der Satzung (§ 4 Abs 3 Nr 1 GSiG iVm § 2 des Gesetzes zur Ausführung des GSiG
vom 30.11.2002 - GVBl 239) nämlich zunächst nicht entfallen. Dies zeigt schon Art 15 Haushaltsstrukturgesetz (vom 15.12.2005 - GVBl 568), mit dem das AG-GSiG aufgehoben wurde. Die Aufhebung erfolgte nach Art 17 Haushaltsstrukturgesetz nicht rückwirkend zum 1.1.2005 oder zumindest mit dem Tag nach der Veröffentlichung, sondern erst zum 1.1.2007. Dementsprechend ist die abweichend (vgl § 37 Sozialgesetzbuch Erstes Buch - Allgemeiner Teil -) von § 88 Abs 1 Satz 2 SGB X auf der gesetzlichen Ermächtigung des § 99 Abs 1 SGB XII iVm § 4 AG-SGB XII vom 15.12.2005 (GVBl 568) zulässigerweise ergangene Satzung des Kreises Ostholstein über die Heranziehung von kreisangehörigen Städten, Gemeinden und Ämtern zu Aufgaben der Sozialhilfe nach dem SGB XII vom 13.12.2006 erst am 1.1.2007 in Kraft getreten ist (§ 6 der Heranziehungssatzung vom 13.12.2006) und die alte Satzung behielt bis zu diesem Zeitpunkt ihre gesetzliche Grundlage. Die Satzung vom 15.1.2003 erfasst nach ihrem Sinn und Zweck dann unabhängig von der Bezeichnung des Gesetzes alle Aufgaben im Zusammenhang mit Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung - also auch die nach §§ 41 ff SGB XII für die Zeit ab dem 1.1.2005. Welche rechtlichen Konsequenzen eine Beauftragung ohne gesetzliche Ermächtigung hätte, kann deshalb dahinstehen. Der Senat ist nicht gehindert, die dem Grunde nach nicht revisiblen (§ 162 SGG) landesrechtlichen Vorschriften anzuwenden und auszulegen, weil das LSG diese Vorschriften bei seiner Entscheidung unberücksichtigt gelassen hat (vgl nur BSGE 102, 10 ff RdNr 28 = SozR 4-2500 § 264 Nr 2).
- 16
-
Das LSG hat auch zu den materiellrechtlichen Voraussetzungen des Anspruchs keine Feststellungen getroffen; diese wird es nachholen müssen. In der Sache geht es dem Kläger um insgesamt höhere Leistungen (siehe oben). Insoweit hat das LSG jedenfalls zu Unrecht den Regelsatz eines Haushaltsangehörigen bei der Bemessung der Leistung zugrunde gelegt. Der Umfang der Leistungen bestimmt sich nach dem maßgeblichen Regelsatz (§ 42 Satz 1 Nr 1 SGB XII in der Normfassung des Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch iVm § 28 SGB XII in der Normfassung des Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch vom 9.12.2004 - BGBl I 3305) und ggf dem auf diesen Bedarf anzurechnenden Einkommen (§§ 82 ff SGB XII idF des Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch), hier den an den Kläger erbrachten tatsächlichen Unterhaltsleistungen (vgl dazu BSGE 99, 137 ff RdNr 23 = SozR 4-1300 § 44 Nr 11).
- 17
-
Der maßgebliche Regelsatz beträgt 345 Euro, nicht aber - wovon der Beklagte zu Unrecht ausgeht - 276 Euro. Nach § 28 Abs 1 Satz 1 und Abs 2 Satz 1 SGB XII iVm §§ 2, 3 Abs 1 Satz 2 der auf der Grundlage des § 40 SGB XII erlassenen RSV(idF vom 3.6.2004 - BGBl I 1067) hat ein Haushaltsvorstand Anspruch auf 100 % des Regelsatzes; dieser betrug nach § 1 der Schleswig-Holsteinischen Regelsatzverordnung nach § 28 Abs 2 SGB XII vom 15.12.2004 (GVBl 505) bzw (für Juli 2005) nach § 1 der Landesverordnung über die Festsetzung der Regelsätze nach § 28 Abs 2 SGB XII vom 15.8.2005 (GVBl 331) 345 Euro; der Regelsatz für den Haushaltsvorstand gilt auch für Alleinstehende (§ 3 Abs 1 Satz 3 RSV). Die Regelsätze für sonstige Haushaltsangehörige betragen nach § 3 Abs 2 RSV bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres 60 vH (Nr 1) und nach Vollendung des 14. Lebensjahres 80 vH des Eckregelsatzes (Nr 2).
- 18
-
Der Kläger ist kein Haushaltsangehöriger im Sinne der RSV. Die abgestufte Regelsatzhöhe beruht auf der Erwägung, dass bei einer gemeinsamen Haushaltsführung Ersparnisse die Annahme eines geringeren Bedarfs rechtfertigen. Die verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung hielt vor dem 1.1.2005 die Zuordnung als Haushaltsvorstand oder Haushaltsangehöriger in allen Konstellationen des Zusammenlebens für möglich und machte dies allein von einer gemeinsamen Wirtschaftsführung im Sinne einer "Wirtschaftsgemeinschaft" abhängig, deren Vorliegen allerdings bei nicht miteinander verwandten oder verschwägerten Personen besonders sorgfältig zu prüfen war (BVerwG, Beschluss vom 30.12.1965 - V B 152.65 -, FEVS 14, 241, 242). Bei der Bestimmung des Begriffs des Haushaltsangehörigen in der RSV muss ab 1.1.2005 aber berücksichtigt werden, dass die Annahme einer Haushaltsersparnis nach den Regelungen des SGB II einer gegenüber den bisherigen Regelungen des Bundessozialhilfegesetzes (BSHG) bzw GSiG abweichenden gesetzgeberischen Konzeption folgt. Der Gesetzgeber des SGB II hat die Annahme einer Haushaltsersparnis und Kürzung der Regelleistung nicht mehr mit einer individuellen Prüfung der tatsächlichen Verhältnisse der zusammenlebenden Personen verbunden, sondern in § 20 SGB II typisierend prozentuale Abschläge von der Regelleistung wegen Haushaltsersparnis nur bei Angehörigen einer Bedarfsgemeinschaft vorgenommen und insofern bewusst auf die Normierung der Rechtsfigur eines "Haushaltsvorstandes" verzichtet(BSGE 97, 211 ff RdNr 19 = SozR 4-4200 § 20 Nr 2). Da aber bezogen auf die Minderung des Regelsatzes bzw der Regelleistung wegen Annahme einer Haushaltsersparnis für eine unterschiedliche Behandlung zwischen der Personengruppe der SGB-XII- und SGB-II-Leistungsempfänger im Hinblick auf die identische sozialrechtliche Funktion beider Leistungen (Sicherstellung des Existenzminimums) keine sachlichen Gründe erkennbar sind, hat der Senat bereits früher entschieden (BSGE 103, 181 ff = SozR 4-3500 § 42 Nr 2; BSGE 106, 62 ff RdNr 20 = SozR 4-3500 § 82 Nr 6; Gutzler in juris Praxiskommentar SGB XII
, § 28 SGB XII RdNr 42) , dass seit dem 1.1.2005 mit dem Systemwechsel durch das Inkrafttreten des SGB XII (Gesetz zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch) und des SGB II (Viertes Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003 - BGBl I 2954) nach Maßgabe des Gleichheitssatzes (Art 3 Abs 1 GG) und zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen zwischen dem SGB II und dem SGB XII Einsparungen bei gemeinsamer Haushaltsführung nur dann anzunehmen sind, wenn die zusammenlebenden Personen bei Bedürftigkeit eine Bedarfsgemeinschaft iS des § 7 Abs 3 SGB II oder eine Einsatzgemeinschaft iS des § 19 SGB XII bilden bzw bilden würden(anders für das bis zum 31.12.2004 geltende Recht des BSHG BSGE 104, 207 ff RdNr 18 f = SozR 4-3530 § 6 Nr 1).
- 19
-
Der Kläger war im streitigen Zeitraum bereits volljährig. Er lebte deshalb nicht in einer eine Bedarfs- oder Einsatzgemeinschaft rechtfertigenden Beziehung zu seiner Mutter. Nach § 7 Abs 3 Nr 4 SGB II(in der hier maßgebenden Fassung des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt) gehören nur die dem Haushalt angehörenden minderjährigen unverheirateten Kinder (der in § 7 Abs 3 Nr 1 bis 3 SGB II genannten Personen) zur Bedarfsgemeinschaft. Hieran ändert sich nichts dadurch, dass nach § 7 Abs 3 Nr 4 SGB II in der ab dem 1.7.2006 in Kraft getretenen Fassung des Gesetzes zur Änderung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 24.3.2006 (BGBl I 558) auch volljährige bedürftige Kinder bis zum 25. Lebensjahr - wie der Kläger im streitigen Zeitraum - in Bedarfsgemeinschaften einbezogen wurden (vgl BT-Drucks 16/688 S 13). Betroffen ist hier ein Zeitraum vor der Änderung des § 7 Abs 3 Nr 4 SGB II. Die Regelung gilt nicht rückwirkend, was nicht zuletzt § 68 Abs 1 SGB II belegt, wonach § 7 SGB II in der bis zum 30.6.2006 geltenden Fassung sogar weiterhin für Bewilligungszeiträume anzuwenden ist, die vor dem 1.7.2006 beginnen (Senatsurteil vom 23.3.2010 - B 8 SO 15/08 R - RdNr 15).
- 20
-
Ebenso wenig lebt der Kläger mit seiner Mutter in einer Einsatzgemeinschaft iS des SGB XII. Nach § 19 SGB XII bilden Kinder, die dem Haushalt ihrer Eltern oder eines Elternteils angehören, mit diesen nur dann eine Einsatzgemeinschaft, wenn sie minderjährig und unverheiratet sind, sodass dem Kläger - unterstellt, er hat dem Grunde nach Anspruch auf Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung - für den Zeitraum vom 1.1. bis 31.7.2005 durchgängig statt 276 Euro (80 % des Eckregelsatzes für Haushaltsangehörige vom Beginn des 15. Lebensjahres an) nominal 345 Euro zustehen (vgl auch BSGE 106, 62 ff RdNr 17 ff = SozR 4-3500 § 82 Nr 6).
- 21
-
Die vom LSG hiergegen erhobene Kritik, die sich insbesondere auf die Regelungen der RSV stützt, verkennt die Tragweite von Art 3 GG. Es kann insbesondere nicht eingewandt werden, der Gesetzgeber habe auch die Möglichkeit, die Bedarfsgemeinschaft iS des § 7 SGB II auf erwerbsfähige Hilfebedürftige ab dem 25. Lebensjahr zu erweitern. Bis zu einer etwaigen Änderung ist eine verfassungsrechtlich gebotene Harmonisierung nur möglich, indem der Kläger als Alleinstehender im Sinne der RSV zu behandeln ist, nicht aber, indem die RSV die Auslegung des SGB II diktiert. Bestätigt wird dieses Ergebnis durch die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 9.2.2010, wonach der Regelbedarf durch den Gesetzgeber selbst zu verankern ist (BVerfGE 125, 175 ff, 223 und 256; vgl auch Gutzler in jurisPK-SGB XII, § 40 SGB XII RdNr 18). Ob für die Zeit ab 1.1.2011 im Hinblick auf die Regelungen des Regelbedarfsermittlungsgesetzes vom 24.3.2011 (BGBl I 453) eine andere Wertung vorzunehmen ist, bedarf hier keiner Entscheidung.
- 22
-
Entgegen der Auffassung des LSG ist auch nicht erkennbar, dass sich aus der Gewährung des Regelsatzes eines Haushaltsvorstandes eine nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung des Klägers im Sinne einer Besserstellung gegenüber Angehörigen einer Bedarfsgemeinschaft nach dem SGB II ergäbe. Wenn in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen wird, dass eine Mutter und ihr in Haushaltsgemeinschaft lebendes erwachsenes Kind, das das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, insgesamt nur 180 % des Regelsatzes bzw der Regelleistung erhielten, so bezieht sich das nur auf die seit dem 1.7.2006 geltende Rechtslage (Gesetz vom 24.3.2006 - BGBl I 558), die ab diesem Zeitpunkt ggf auf das SGB XII zu übertragen wäre. Ebenso falsch ist die Auffassung des LSG, dass die Mutter, wenn sie Leistungsbezieherin nach dem SGB II wäre, nur 80 % des Eckregelsatzes beanspruchen könnte. Die Auffassung des LSG schließlich, es gebe keinen sachlichen Grund für einen höheren Leistungsanspruch des Klägers im Verhältnis zu einem in Bedarfsgemeinschaft oder in gemischter Bedarfsgemeinschaft lebenden Ehepaares, weil hier wie da von einer Haushaltsersparnis auszugehen sei, verkennt die gesetzgeberische Entscheidung zu den Personenbeziehungen, bei denen im Falle eines Zusammenlebens von Einsparungen auszugehen ist. Der Senat hat nicht die sozialpolitische Sinnhaftigkeit der gesetzgeberischen Entscheidung zu bewerten und ggf eine Korrektur vorzunehmen.
- 23
-
Soweit es die Versicherungsbeiträge betrifft, wird das LSG jedenfalls für den Monat Januar, in dem der Kläger Unterhaltsleistungen bezogen hat, zu prüfen haben, inwieweit die Beiträge als mögliche Abzüge vom Einkommen gesetzlich vorgeschrieben oder nach Grund und Höhe angemessen sind (vgl § 82 Abs 2 Nr 3 SGB XII; dazu BSGE 104, 207 ff RdNr 20 ff = SozR 4-3530 § 6 Nr 1). Für die Zeit ab Februar 2005 ist - sieht man von der Sterbegeldversicherung ab - mangels Einkommens des Klägers eine "Berücksichtigung" der Versicherungsbeiträge im Sinne einer Übernahme durch den Beklagten nicht möglich. Soweit Versicherungsbeiträge Bestandteil des notwendigen Lebensunterhalts und die Beiträge angemessen sind, werden sie im Übrigen in der Regel pauschal durch den Regelsatz abgegolten. Etwas anderes gilt nach § 33 Abs 2 SGB XII allerdings für ein angemessenes Sterbegeld. Nach § 33 SGB XII(idF des Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch) können die erforderlichen Kosten übernommen werden, die erforderlich sind, um die Voraussetzungen eines Anspruchs auf ein angemessenes Sterbegeld zu erfüllen. Zwar umfasste die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach § 42 SGB XII(in den hier maßgebenden Fassungen des Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch bzw ab 30.3.2005 des Gesetzes zur Vereinfachung der Verwaltungsverfahren im Sozialrecht vom 21.3.2005) bis 31.12.2008 nicht Leistungen nach § 33 SGB XII(erst mit dem Zweiten Gesetz zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 21.12.2008 - BGBl I 2008, 2933 - wurden mit Wirkung vom 1.1.2009 die Vorsorgebeiträge entsprechend § 33 SGB XII in den Katalog des § 42 Satz 1 SGB XII aufgenommen). Die Übernahme der Kosten für ein angemessenes Sterbegeld scheidet deswegen aber nicht aus. Soweit § 19 Abs 2 Satz 3 SGB XII einen Vorrang der Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung regelt, gilt dies nur, soweit §§ 41 ff SGB XII Leistungen auch tatsächlich vorsehen; einen Ausschluss von Leistungen des Dritten Kapitels regelt § 19 Abs 2 Satz 3 SGB XII nicht(Coseriu in jurisPK-SGB XII, § 19 SGB XII RdNr 43 ff). Ob die Voraussetzungen des § 33 SGB XII vorliegen, wird das LSG deshalb ggf prüfen müssen.
- 24
-
Das LSG wird auch prüfen müssen, ob dem Kläger (höhere) Leistungen wegen eines ernährungsbedingten Mehrbedarfs zustehen. Dabei wird es - ohne dass es wegen der ohnehin erforderlichen Zurückverweisung der Sache darauf ankommt, ob ein Verfahrensmangel ordnungsgemäß gerügt wurde - weitere Ermittlungen anzustellen haben. Nach § 42 Nr 3 iVm § 30 Abs 5 SGB XII wird für Kranke, Genesende, behinderte Menschen oder von einer Krankheit oder von einer Behinderung bedrohte Menschen, die einer kostenaufwändigen Ernährung bedürfen, ein Mehrbedarf in angemessener Höhe anerkannt. Liegen bei einem Leistungsempfänger mehrere Erkrankungen vor, für die jeweils ein Mehrbedarf für kostenaufwändige Ernährung aus medizinischen Gründen geltend gemacht wird, so ist der Ernährungsaufwand aufgrund des gesamten Krankheitsbildes konkret zu ermitteln (BSGE 100, 83 ff RdNr 39 ff = SozR 4-4200 § 20 Nr 6). Maßgeblich ist stets der Betrag, mit dem der medizinisch begründete, tatsächliche Kostenaufwand für eine Ernährung ausgeglichen werden kann, der von der Regelleistung nicht gedeckt ist. Er ist im Einzelfall im Wege der Amtsermittlung durch Einholung medizinischer und/oder ernährungswissenschaftlicher Stellungnahmen oder Gutachten zu klären (BSG SozR 4-4200 § 21 Nr 2 RdNr 28). Das LSG hat zu der behaupteten Kuhmilch- sowie der Hühnereiweißallergie lediglich ausgeführt, diese seien im Alter des Klägers unwahrscheinlich, Letztere könne auch durch Weglassen des Nahrungsmittels therapiert werden. Abgesehen davon, dass nicht deutlich wird, woher das LSG ausreichende Sachkunde über Therapiemöglichkeiten von Allergien besitzt, ist es für einen ernährungsbedingten Mehraufwand nicht entscheidend, ob ein bestimmtes Nahrungsmittel bei der Ernährung weggelassen werden kann; dies ist bei einer Allergie gegen ein bestimmtes Nahrungsmittel selbstverständlich. Entscheidend ist vielmehr, ob und durch welche Nahrungsmittel es ersetzt werden muss und ob hierdurch Mehrkosten entstehen. Wenn - wovon das LSG zu Recht ausgeht - insoweit eine pauschale Bescheinigung des Hausarztes zum Nachweis des Mehrbedarfs ungeeignet ist, hätte es sich aufgedrängt, weitere Ermittlungen zu einem etwaigen Mehrbedarf anzustellen und dabei nicht die einzelne Allergie isoliert betrachten. Vielmehr ist bei der Beurteilung des Ernährungsaufwands das gesamte Krankheitsbild unter Berücksichtigung wechselseitiger Auswirkungen der Erkrankungen (Allergien) auf die Ernährung einzubeziehen. Im Hinblick auf die Untersuchungsmaxime (§ 103 SGG) durfte das LSG die erforderlichen Ermittlungen auch nicht ohne weiteres mit der Begründung unterlassen, der Kläger selbst habe nicht dargelegt, auf welche Lebensmittel er verzichten und welche er an deren Stelle erwerben müsse und dass damit Mehrkosten verbunden seien. Hier hätte es nahegelegen, ggf ein ernährungswissenschaftliches Sachverständigengutachten einzuholen.
- 25
-
Das LSG wird schließlich auch prüfen müssen, ob - unterstellt, der Kläger hat einen Anspruch auf Leistungen nach §§ 41 ff SGB XII - aus anderen Gründen eine höhere Leistung zu erbringen ist und ggf auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.
(1) Leistungen zur Deckung von Bedarfen für
- 1.
Erstausstattungen für die Wohnung einschließlich Haushaltsgeräten, - 2.
Erstausstattungen für Bekleidung und Erstausstattungen bei Schwangerschaft und Geburt sowie - 3.
Anschaffung und Reparaturen von orthopädischen Schuhen, Reparaturen von therapeutischen Geräten und Ausrüstungen sowie die Miete von therapeutischen Geräten
(2) Einer Person, die Sozialhilfe beansprucht (nachfragende Person), werden, auch wenn keine Regelsätze zu gewähren sind, für einmalige Bedarfe nach Absatz 1 Leistungen erbracht, wenn sie diese nicht aus eigenen Kräften und Mitteln vollständig decken kann. In diesem Falle kann das Einkommen berücksichtigt werden, das sie innerhalb eines Zeitraums von bis zu sechs Monaten nach Ablauf des Monats erwerben, in dem über die Leistung entschieden worden ist.
(3) Die Leistungen nach Absatz 1 Nr. 1 und 2 können als Pauschalbeträge erbracht werden. Bei der Bemessung der Pauschalbeträge sind geeignete Angaben über die erforderlichen Aufwendungen und nachvollziehbare Erfahrungswerte zu berücksichtigen.
(1) Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Für die Anerkennung der Bedarfe für Unterkunft gilt eine Karenzzeit von einem Jahr ab Beginn des Monats, für den erstmals Leistungen nach diesem Buch bezogen werden. Innerhalb dieser Karenzzeit werden abweichend von Satz 1 Bedarfe für Unterkunft in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt; § 35a Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt. Wird der Leistungsbezug in der Karenzzeit für mindestens einen Monat unterbrochen, verlängert sich die Karenzzeit um volle Monate ohne Leistungsbezug. Eine neue Karenzzeit beginnt nur, wenn zuvor mindestens drei Jahre keine Leistungen nach diesem Kapitel, dem Vierten Kapitel oder dem Zweiten Buch bezogen worden sind. Bei Leistungsberechtigten, die in den letzten zwei Jahren vor dem Bezug von Leistungen nach dem Dritten oder Vierten Kapitel Leistungen nach dem Zweiten Buch bezogen haben, wird die nach § 22 Absatz 1 Satz 2 bis 4 des Zweiten Buches bereits in Anspruch genommene Karenzzeit für die weitere Dauer der Karenzzeit nach den Sätzen 2 bis 5 berücksichtigt.
(2) Der Träger der Sozialhilfe prüft zu Beginn der Karenzzeit nach Absatz 1 Satz 2 bis 6 die Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung. Übersteigen die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang, teilt der Träger der Sozialhilfe dies den Leistungsberechtigten mit dem ersten Bewilligungsbescheid mit und unterrichtet sie über die Dauer der Karenzzeit nach Absatz 1 Satz 2 bis 6 sowie über das Verfahren nach Ablauf der Karenzzeit nach Absatz 3 Satz 2.
(3) Übersteigen die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang, sind sie in tatsächlicher Höhe als Bedarf der Personen, deren Einkommen und Vermögen nach § 27 Absatz 2 zu berücksichtigen sind, anzuerkennen. Satz 1 gilt nach Ablauf der Karenzzeit nach Absatz 1 Satz 2 bis 6 so lange, bis es diesen Personen möglich oder zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate. Eine Absenkung der nach Absatz 1 Satz 1 unangemessenen Aufwendungen muss nicht gefordert werden, wenn diese unter Berücksichtigung der bei einem Wohnungswechsel zu erbringenden Leistungen unwirtschaftlich wäre. Stirbt ein Mitglied der Haushaltsgemeinschaft und waren die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung davor angemessen, ist die Senkung der Aufwendungen für die weiterhin bewohnte Unterkunft für die Dauer von mindestens zwölf Monaten nach dem Sterbemonat nicht zumutbar.
(4) Der Träger der Sozialhilfe kann für seinen örtlichen Zuständigkeitsbereich für die Höhe der Bedarfe für Unterkunft eine monatliche Pauschale festsetzen, wenn auf dem örtlichen Wohnungsmarkt hinreichend angemessener freier Wohnraum verfügbar und in Einzelfällen die Pauschalierung nicht unzumutbar ist. Bei der Bemessung der Pauschale sind die tatsächlichen Gegebenheiten des örtlichen Wohnungsmarkts, der örtliche Mietspiegel sowie die familiären Verhältnisse der Leistungsberechtigten, insbesondere Anzahl, Alter und Gesundheitszustand der in der Unterkunft lebenden Personen, zu berücksichtigen. Absatz 3 Satz 1 gilt entsprechend.
(5) Bedarfe für Heizung umfassen auch Aufwendungen für zentrale Warmwasserversorgung. Die Bedarfe können durch eine monatliche Pauschale festgesetzt werden. Bei der Bemessung der Pauschale sind die persönlichen und familiären Verhältnisse, insbesondere Anzahl, Alter und Gesundheitszustand der in der Unterkunft lebenden Personen, die Größe und Beschaffenheit der Wohnung, die vorhandenen Heizmöglichkeiten und die örtlichen Gegebenheiten zu berücksichtigen.
(6) Leben Leistungsberechtigte in einer Unterkunft nach § 42a Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und Satz 3, so sind Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach § 42a Absatz 5 und 6 anzuerkennen. Leben Leistungsberechtigte in einer sonstigen Unterkunft nach § 42a Absatz 2 Satz 1 Nummer 3, so sind Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach § 42a Absatz 7 anzuerkennen. Für die Bedarfe nach den Sätzen 1 und 2 gilt Absatz 1 Satz 2 bis 6 nicht.
(7) Zur Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach Absatz 1 Satz 1 ist die Bildung einer Gesamtangemessenheitsgrenze zulässig. Dabei kann für die Aufwendungen für Heizung der Wert berücksichtigt werden, der bei einer gesonderten Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und der Aufwendungen für Heizung ohne Prüfung der Angemessenheit im Einzelfall höchstens anzuerkennen wäre. Absatz 3 und § 35a Absatz 2 Satz 2 gelten entsprechend.
(8) § 22 Absatz 11 und 12 des Zweiten Buches gelten entsprechend.
Tenor
-
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 26. November 2009 aufgehoben, soweit darin über die Regelsatzleistung entschieden worden ist, und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.
Tatbestand
- 1
-
Im Streit sind (nur noch) höhere Regelsatzleistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung für die Zeit vom 1.8.2006 bis 31.7.2007.
- 2
-
Die 1970 geborene Klägerin lebte im streitbefangenen Zeitraum mit ihrer 1941 geborenen Mutter, ihrem 1935 geborenen (mittlerweile verstorbenen) Vater sowie ihrem 1971 geborenen Bruder zusammen. Sie ist schwerbehindert (Grad der Behinderung von 100 unter Zuerkennung der Merkzeichen "G", "H" und "B") und im Arbeitsbereich einer Werkstatt für behinderte Menschen (WfbM) tätig. Seit dem 1.1.2005 erhält sie nach vorangegangenem Bezug von Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung (Grundsicherungsleistungen) nach dem Grundsicherungsgesetz (GSiG) Grundsicherungsleistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII).
- 3
-
Auf Antrag (nach Ablauf des früheren Bewilligungszeitraums) wurden ihr für die Zeit vom 1.8.2006 bis 31.7.2007 Grundsicherungsleistungen bewilligt, und zwar in Höhe von monatlich 254,37 Euro; die Leistung setzt sich zusammen aus Leistungen zum Lebensunterhalt in Höhe von 80 vH des Regelsatzes für Alleinstehende, gekürzt um 10 vH wegen der Möglichkeit, in der WfbM ein Mittagessen einzunehmen, und einem Mehrbedarf wegen Gehbehinderung (Bescheid der im Namen und im Auftrag der Beklagten handelnden Stadt Garbsen vom 17.7.2006; Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 24.10.2006 unter Beteiligung sozial erfahrener Dritter).
- 4
-
Nachdem die Beklagte im Rahmen des Klageverfahrens zugestanden hatte, den Minderungsbetrag wegen der Teilnahmemöglichkeit am Mittagessen von 27,60 Euro auf 26,58 Euro abzusenken, hat das Sozialgericht (SG) den Bescheid vom 17.7.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24.10.2006 "insoweit aufgehoben, als der der Klägerin bewilligte Regelsatz um mehr als 26,58 Euro gekürzt" wurde, und die Klage im Übrigen abgewiesen (Urteil vom 22.6.2007). Nachdem die Beklagte dann im Berufungsverfahren erklärt hatte, an der Regelsatzkürzung wegen des Mittagessens überhaupt nicht mehr festzuhalten, hat das Landessozialgericht (LSG) die Beklagte verurteilt, der Klägerin für die Zeit vom 1.8.2006 bis 31.7.2007 Grundsicherungsleistungen im Alter und bei Erwerbsminderung "unter Ansatz des Eckregelsatzes" zu gewähren, und die Berufung im Übrigen zurückgewiesen (Urteil vom 26.11.2009). Zur Begründung seiner Entscheidung hat es ausgeführt, hinsichtlich geltend gemachter Kosten für Unterkunft und Heizung fehle es an dem erforderlichen Vorverfahren; die Klage beschränke sich deshalb auf den Regelsatz. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) sei der für die Klägerin maßgebliche Regelsatz der eines Haushaltsvorstandes bzw einer Alleinstehenden in Höhe des Eckregelsatzes (100 vH). Die typisierende Annahme einer Haushaltsersparnis auf der Grundlage der Regelsatzverordnung (RSV) von 20 vH sei nur gerechtfertigt, wenn die zusammenlebenden Personen bei Bedürftigkeit eine Bedarfsgemeinschaft im Sinne des Sozialgesetzbuchs Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) oder eine Einsatzgemeinschaft iS von § 19 SGB XII bildeten bzw bilden würden. Dies sei vorliegend nicht der Fall. Soweit es die Abzüge für Mittagessen betreffe, habe sich der Streit mittlerweile durch ein angenommenes Anerkenntnis erledigt.
- 5
-
Mit ihrer Revision rügt die Beklagte einen Verstoß gegen § 3 Abs 1 Satz 3 RSV. Dass das LSG die Klägerin in den Kreis derer einbeziehe, die die volle Regelleistung erhielten, beruhe auf einer unzulässigen richterlichen Rechtsfortbildung. Der allgemeine Gleichheitssatz (Art 3 Abs 1 Grundgesetz
) erlaube dies nicht. Der Wortlaut von § 3 Abs 1 Satz 2 und 3 RSV sei eindeutig und spreche gegen die vom LSG vorgenommene Ausweitung. Die Annahme eines in bestimmter Höhe verminderten Bedarfs wegen Haushaltsersparnis sei nach der RSV an das Bestehen einer reinen Haushaltsgemeinschaft geknüpft und damit mit den Begriffen des Haushaltsvorstands und Haushaltsangehörigen verbunden. Der Gesetzgeber habe sich ausdrücklich gegen ein deckungsgleiches Leistungsniveau im SGB II und SGB XII entschieden und bewusst an mehreren Stellen Unterschiede verankert. Selbst wenn eine Ungleichbehandlung nach Art 3 Abs 1 GG vorläge, seien die Fachgerichtsbarkeiten ebenso wenig wie das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) berechtigt, eine betroffene Vorschrift für nichtig zu erklären, weil zur Behebung des verfassungswidrigen Zustandes mehrere Lösungen zur Verfügung stünden.
- 6
-
Die Beklagte beantragt sinngemäß,
das Urteil des LSG abzuändern und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des SG insgesamt zurückzuweisen.
- 7
-
Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
- 8
-
Sie ist der Ansicht, das LSG habe zu Recht entschieden, dass die Beklagte den Eckregelsatz im Rahmen der Grundsicherungsleistungen für den streitigen Zeitraum zu gewähren habe.
Entscheidungsgründe
- 9
-
Die Revision der Beklagten ist im Sinne der Aufhebung des Urteils des LSG und der Zurückverweisung der Sache an dieses Gericht begründet, soweit es die Regelsatzleistung betrifft (§ 170 Abs 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz
) . Es fehlen ausreichende tatsächliche Feststellungen (§ 163 SGG), die ein abschließendes Urteil über deren Höhe ermöglichten. Allerdings ist der Klägerin für die Zeit vom 1.8.2006 bis 30.6.2007 nominal der Eckregelsatz (100 vH) zuzugestehen, wenn die Anspruchsvoraussetzungen für die Grundsicherungsleistungen vorliegen, über die ebenfalls nicht abschließend entschieden werden kann.
- 10
-
Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid vom 17.7.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24.10.2006 (§ 95 SGG), gegen den sich die Klägerin mit einer kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 und 4, § 56 SGG) wendet, soweit die Beklagte höhere Regelsatzleistungen abgelehnt hat. Insoweit wird das LSG allerdings nach der Zurückverweisung zu überprüfen haben, ob weitere Bescheide ergangen sind, die Gegenstand des Verfahrens nach § 96 Abs 1 SGG geworden sind. Nach Aktenlage sind Bescheide vom 6.3. und 20.6.2007 ersichtlich, die ggf die streitbefangenen Verfügungen im Bescheid vom 17.7.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids teilweise erledigt haben (§ 39 Abs 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz -
) .
- 11
-
In der Sache ist Gegenstand des Revisionsverfahrens nur noch die der Klägerin im Rahmen der Grundsicherungsleistungen zustehende Regelsatzleistung. Zwar hat die Klägerin ihre Klage selbst zunächst nicht ausdrücklich beschränkt. Der Senat hat aber über die Kosten der Unterkunft nicht zu entscheiden, weil die Klägerin keine Revision gegen das insoweit zurückweisende Urteil des LSG eingelegt hat und es sich nach der Rechtsprechung des Senats bei den Kosten der Unterkunft um eine streitgegenständlich abtrennbare Leistung handelt (vgl nur BSGE 103, 181 ff RdNr 13 mwN = SozR 4-3500 § 42 Nr 2). Ein der Klägerin möglicherweise zustehender höherer Mehrbedarf für behinderte Menschen nach § 30 SGB XII ist ebenfalls nicht Gegenstand des Revisionsverfahrens. Das SG hat höhere Leistungen insoweit ausdrücklich abgelehnt, und die Klägerin hat ihre Berufung ausdrücklich auf den Regelsatz und die Kosten der Unterkunft beschränkt; demgemäß hat das LSG, ohne dass die Klägerin deswegen Revision eingelegt hätte, über einen Mehrbedarf auch nicht entschieden.
- 12
-
Entgegen der Ansicht des LSG ist die Kürzung wegen kostenloser Essenseinnahme allerdings kein eigener Streitgegenstand, der sich damit auch nicht erledigt haben kann - wie das LSG meint -, sondern lediglich ein Berechnungselement der Grundsicherungsleistung (vgl BSGE 103, 153 ff RdNr 12 = SozR 4-4200 § 12 Nr 13). Ebenso wenig handelt es sich bei den Erklärungen der Beklagten über die Minderung der Leistung wegen des kostenlosen Essens um Anerkenntnisse (§ 101 Abs 2 SGG), weil sie keine (Teil-)Ansprüche anerkennen, sondern nur die Aussage beinhalten, bei der Gesamtberechnung der Leistung die Abzüge nicht mehr vornehmen zu wollen, wie das SG richtig erkannt hat (vgl dazu: Hauck in Hennig, SGG, § 101 RdNr 45, Stand Dezember 2008; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl 2008, § 101 RdNr 19; Breitkreuz in Breitkreuz/Fichte, SGG, 2009, § 101 RdNr 17; Roller in Lüdtke, SGG, 3. Aufl 2009, § 101 RdNr 27). Die Voraussetzungen eines wirksamen Prozessvergleichs liegen ebenfalls nicht vor; inwieweit sich ggf aus den Erklärungen der Beteiligten materiellrechtliche Bindungswirkungen ergeben, muss zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht entschieden werden.
- 13
-
Mangels in Niedersachsen angeordneten Behördenprinzips (vgl § 70 Nr 3 SGG) richtet sich die Klage gemäß § 70 Nr 1 SGG gegen die Region Hannover. Hieran ändert nichts, dass die Stadt Garbsen den Bescheid vom 17.7.2006 erlassen hat. Denn nach § 8 Abs 1 Satz 1 des Niedersächsischen Ausführungsgesetzes zum SGB XII (AG SGB XII) vom 16.12.2004 (Gesetz- und Verordnungsblatt
644) kann die Region Hannover zur Durchführung der ihr als örtlichem Sozialhilfeträger (dazu später) obliegenden Aufgaben durch Satzung oder öffentlich-rechtlichen Vertrag regionsangehörige Gemeinden heranziehen. Von dieser Möglichkeit hat sie zwar Gebrauch gemacht (§ 1 der Satzung über die Heranziehung von regionsangehörigen Städten und Gemeinden zur Durchführung der der Region Hannover als örtlichem Träger der Sozialhilfe obliegenden Aufgaben nach dem SGB XII vom 14.12.2004 in der Fassung vom 7.3.2006 - Gemeinsames Amtsblatt für die Region Hannover und die Landeshauptstadt Hannover Nr 14 vom 6.4.2006); jedoch handelt die herangezogene kommunale Körperschaft gemäß § 9 Abs 4 AG SGB XII im Namen des örtlichen Trägers der Sozialhilfe, der damit der richtige Beteiligte bleibt(vgl hierzu auch das Senatsurteil vom 9.6.2011 - B 8 SO 11/10 R).
- 14
-
Die Beklagte ist auch der örtlich und sachlich zuständige Leistungsträger nach § 3 Abs 2, § 97 Abs 1, § 98 Abs 1 SGB XII iVm § 1 Satz 1 und § 6 Abs 1 AG SGB XII. Sie ist Gesamtrechtsnachfolgerin des Landkreises Hannover und nimmt dessen Aufgaben wahr (§§ 2, 3 Abs 3 Gesetz über die Region Hannover vom 5.6.2001 - GVBl 348). Die Heranziehung der Stadt Garbsen nach § 99 Abs 1 SGB XII iVm § 8 Abs 1 AG SGB XII verändert nicht die Zuständigkeit(§ 9 Abs 4 AG SGB XII). Der Senat ist nicht gehindert, die dem Grunde nach nicht revisiblen (§ 162 SGG) landesrechtlichen Vorschriften anzuwenden und auszulegen, weil das LSG diese Vorschriften bei seiner Entscheidung unberücksichtigt gelassen hat (vgl nur BSGE 102, 10 ff RdNr 28 = SozR 4-2500 § 264 Nr 2).
- 15
-
Ob die Klägerin einen Anspruch gegen die Beklagte auf höhere Regelsatzleistungen hat, bestimmt sich nach § 19 Abs 2 SGB XII(idF, die die Norm durch das Gesetz zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch vom 27.12.2003 - BGBl I 3022 - erhalten hat) iVm § 41 SGB XII(in der Normfassung vom 27.12.2003 bzw ab 7.12.2006 in der Normfassung des Gesetzes zur Änderung des SGB XII und anderer Gesetze vom 2.12.2006 - BGBl I 2670). Nach § 41 Abs 1 SGB XII erhalten auf Antrag Personen mit gewöhnlichem Aufenthalt im Inland, die das 18. Lebensjahr vollendet haben und - nur insoweit ist die Norm vorliegend einschlägig - unabhängig von der jeweiligen Arbeitsmarktlage voll erwerbsgemindert iS von § 43 Abs 2 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch - Gesetzliche Rentenversicherung - (SGB VI) sind und bei denen unwahrscheinlich ist, dass die volle Erwerbsminderung behoben werden kann, Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung, soweit sie ihren Lebensunterhalt nicht aus ihrem Einkommen und Vermögen gemäß §§ 82 bis 84 und 90 SGB XII beschaffen können. Nach § 42 Satz 1 Nr 1 SGB XII(in der Normfassung des Gesetzes zur Vereinfachung der Verwaltungsverfahren im Sozialrecht
vom 21.3.2005 - BGBl I 818 - und ab 7.12.2006 in der Normfassung des Gesetzes vom 2.12.2006) iVm § 28 SGB XII(in der Normfassung des Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch vom 9.12.2004 - BGBl I 3305 - bzw ab 7.12.2006 des Gesetzes vom 2.12.2006) und der auf der Grundlage des § 40 SGB XII erlassenen RSV(vom 3.6.2004 - BGBl I 1067) hat ein Haushaltsvorstand unter diesen Voraussetzungen Anspruch auf 100 vH des Eckregelsatzes (§ 3 Abs 1 Satz 2 RSV); dies gilt auch für Alleinstehende (§ 3 Abs 1 Satz 3 RSV), während die Regelsätze für sonstige Haushaltsangehörige nach § 3 Abs 2 RSV ab Vollendung des 14. Lebensjahres 80 vH des Eckregelsatzes (Nr 2) betragen. Diese beiden Absätze des § 3 RSV sind von der am 1.1.2007 in Kraft getretenen Ersten Verordnung zur Änderung der RSV vom 20.11.2006 (BGBl I 2657) nicht betroffen.
- 16
-
Das LSG hat sich unzutreffenderweise auf die Prüfung der Höhe des Regelsatzes beschränkt, dabei aber weder Feststellungen zu den Anspruchsvoraussetzungen selbst noch zum anzurechnenden Einkommen und Vermögen getroffen; sie sind nachzuholen. Zu Recht ist es allerdings nominal vom Eckregelsatz (100 vH) ausgegangen. Denn die Klägerin ist nach der ständigen Rechtsprechung des Senats, an der festgehalten wird (s dazu näher das Senatsurteil vom 9.6.2011 - B 8 SO 11/10 R), keine Haushaltsangehörige im Sinne der RSV (vgl dazu näher das Senatsurteil vom 9.6.2011, aaO). Da bezogen auf die Minderung des Regelsatzes bzw der Regelleistung nach dem SGB II wegen Annahme einer Haushaltsersparnis für eine unterschiedliche Behandlung zwischen der Personengruppe der SGB-XII- und SGB-II-Leistungsempfänger im Hinblick auf die identische sozialrechtliche Funktion beider Leistungen (Sicherstellung des Existenzminimums) keine sachlichen Gründe erkennbar sind, dürfen normativ Einsparungen bei gemeinsamer Haushaltsführung seit dem 1.1.2005, also mit Inkrafttreten des SGB XII (Gesetz zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch) und des SGB II (Viertes Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003 - BGBl I 2954), nach Maßgabe des Gleichheitssatzes (Art 3 Abs 1 GG) und zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen zwischen dem SGB II und dem SGB XII nur noch berücksichtigt werden, wenn die zusammenlebenden Personen bei Bedürftigkeit eine Bedarfsgemeinschaft iS des § 7 Abs 3 SGB II oder eine Einsatzgemeinschaft iS des § 19 SGB XII bilden bzw bilden würden; das Bestehen einer reinen Haushaltsgemeinschaft von Personen außerhalb von Konstellationen einer Bedarfsgemeinschaft bzw Einsatzgemeinschaft reicht also nicht aus.
- 17
-
Die Klägerin lebte mit ihren Eltern und ihrem Bruder allenfalls in einer (einfachen) Haushaltsgemeinschaft (§ 36 Satz 1 SGB XII aF), weil sie im streitbefangenen Zeitraum über 25 Jahre alt war. Nach § 7 Abs 3 Nr 4 SGB II(hier in der maßgebenden Normfassung des Gesetzes zur Änderung des SGB II und anderer Gesetze vom 24.3.2006 - BGBl I 558) gehören nämlich nur die dem Haushalt angehörenden unverheirateten Kinder unter 25 Jahren zur Bedarfsgemeinschaft; eine Bedarfsgemeinschaft mit ihrem Bruder ist ohnedies abzulehnen. Ebenso wenig lebte sie mit ihren Eltern bzw ihrem Bruder in einer Einsatzgemeinschaft iS des SGB XII. Denn nach § 19 SGB XII bilden Kinder, die dem Haushalt ihrer Eltern oder eines Elternteils angehören, mit diesen nur dann eine Einsatzgemeinschaft, wenn sie minderjährig und unverheiratet sind.
- 18
-
Soweit die Beklagte dem LSG und damit dem Senat eine unzulässige richterliche Rechtsfortbildung vorwirft, ist dies verfehlt. Die Rechtsprechung des Senats beruht vielmehr auf einer verfassungs- und gegenüber dem einfachen Recht ermächtigungskonformen Auslegung des Verordnungsrechts; insoweit geht der Einwand der Beklagten, selbst bei einem Verstoß gegen Art 3 Abs 1 GG durch die RSV seien weder die Fachgerichtsbarkeit noch das BVerfG berechtigt, die betroffene Vorschrift für nichtig zu erklären, ins Leere, weil § 3 Abs 1 RSV unter Berücksichtigung der übergeordneten gesetzlichen Vorgaben nur eine einzige Lösung zulässt(vgl nur Gutzler in juris PraxisKommentar SGB XII
, § 40 SGB XII RdNr 18) . Die Rechtsprechung des Senats wird im Ergebnis durch die Entscheidung des BVerfG vom 9.2.2010 geradezu bestätigt; denn danach ist der Regelbedarf durch den Gesetzgeber selbst, nicht durch Verordnung, zu bestimmen (BVerfGE 125, 175, 223 und 256). Sie trägt in besonderer Weise den Vorgaben des BVerfG Rechnung, indem als Maßstab für die Auslegung der Verordnung die gesetzgeberische Entscheidung im Rahmen des SGB II herangezogen wird. Entgegen der Ansicht der Beklagten verstößt die Auslegung des Senats auch nicht gegen den Verordnungswortlaut; vielmehr wird der Begriff des Haushaltsvorstandes und der des Haushaltsangehörigen unter Rückgriff auf die gesetzgeberische Typisierung für Haushaltseinsparungen im Rahmen gesetzestypischer Gesetzeskonstellationen (Bedarfsgemeinschaft; Einsatzgemeinschaft) ausgelegt (vgl dazu auch Gutzler, aaO, § 40 SGB XII RdNr 18 und § 28 SGB XII RdNr 42), um von der Verfassung nicht gerechtfertigte sachliche Unterschiede auszugleichen (vgl dazu nur Stölting/Greiser, SGb 2010, 631 ff mwN; Eicher in jurisPK-SGB XII, § 21 SGB XII, RdNr 7 ff und 14 ff).
- 19
-
Nach der Zurückverweisung wird das LSG die fehlenden Feststellungen zu den Anspruchsvoraussetzungen und ggf zum Einkommen und Vermögen zu treffen haben. Dabei sei nur vorsorglich darauf hingewiesen, dass § 45 Abs 1 Satz 3 Nr 2 SGB XII(idF, die die Norm durch das Verwaltungsvereinfachungsgesetz vom 21.3.2005 erhalten hat) keine Fiktion der Dauerhaftigkeit einer festzustellenden Erwerbsminderung (s dazu näher: BSGE 106, 62 ff RdNr 15 = SozR 4-3500 § 82 Nr 6; Eicher in jurisPK-SGB XII, § 21 SGB XII RdNr 44 f; Blüggel in jurisPK-SGB XII, § 45 SGB XII RdNr 41 und 52 f) enthält, sondern lediglich verfahrensmäßig eine aufwändige Prüfung für in einer WfbM Beschäftigte vermeiden und den Sozialhilfeträger im Rahmen bestehender Massenverwaltung entlasten soll (BSGE, aaO, RdNr 16); dementsprechend ergibt sich aus dieser Vorschrift auch keine rechtliche oder tatsächliche Bindung der Gerichte, die das Erwerbsvermögen eines Hilfebedürftigen in vollem Umfang selbst festzustellen haben (BSG aaO; vgl auch Blüggel aaO). Da gemäß § 19 Abs 2 Satz 3 SGB XII die Leistungen der Grundsicherung den Hilfen zum Lebensunterhalt nach dem Dritten Kapitel lediglich vorgehen, wären höhere Leistungen zugunsten der Klägerin auch bei fehlender Dauerhaftigkeit einer vollen Erwerbsminderung denkbar(Senatsurteil vom 16.12.2010 - B 8 SO 9/09 R - RdNr 21; vgl dazu auch Eicher, jurisPK-SGB XII, § 21 SGB XII RdNr 9 und 15 ff). Nicht zu beurteilen ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt, ob wegen der streitgegenständlichen Beschränkung des Verfahrens entscheidungserheblich sein wird, bei welchem von mehreren Bedarfen vorhandenes Einkommen oder Vermögen zu berücksichtigen ist (vgl dazu Coseriu in jurisPK-SGB XII, § 19 SGB XII RdNr 31 ff).
Tenor
-
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 25. Februar 2010 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.
Tatbestand
- 1
-
Im Streit sind höhere Sozialhilfeleistungen bzw Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung, insbesondere ein Mehrbedarf (wegen Behinderung) für den Zeitraum vom 1.2.2004 bis 30.9.2006.
- 2
-
Der 1948 geborene Kläger bezog bis Dezember 2004 Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung (bestandskräftiger Bescheid vom 25.4.2005), nachdem ihm zunächst Sozialhilfeleistungen gezahlt worden waren, nach dem Grundsicherungsgesetz (GSiG), von Januar 2005 bis Mai 2005 Arbeitslosengeld II (bestandskräftiger Bescheid vom 16.2.2005) nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) und ab Juni 2005 erneut Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung (bestandskräftiger Bescheid vom 23.5.2005) nach §§ 41 ff Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII).
- 3
-
Mit (Ausführungs-)Bescheid vom 11.10.2006 stellte das Versorgungsamt beim Kläger einen Grad der Behinderung (GdB) von 50 und die Voraussetzungen für das Vorliegen des Nachteilsausgleichs "G" fest. Dieser Entscheidung war ein Klageverfahren vor dem Sozialgericht (SG) Hannover vorausgegangen, das mit einem entsprechenden Anerkenntnis im Termin zur mündlichen Verhandlung am 27.9.2006 endete. Ein Schwerbehindertenausweis mit einem GdB von 50 und dem Nachteilsausgleich "G", gültig ab 1.2.2004, wurde am 23.10.2006 ausgestellt. Die Beklagte bewilligte auf Antrag des Klägers vom 31.10.2006 für die Zeit ab Oktober 2006 einen pauschalierten Mehrbedarf aufgrund der Schwerbehinderung mit dem Merkzeichen "G", lehnte diesen aber für den Zeitraum von Februar 2004 bis September 2006 mit der Begründung ab, ein Mehrbedarf könne erst ab Ausstellung des Schwerbehindertenausweises mit dem Merkzeichen "G" gewährt werden (Bescheid vom 22.11.2006; Widerspruchsbescheid vom 17.4.2007).
- 4
-
Klage und Berufung sind erfolglos geblieben (Urteil des SG Hannover vom 31.8.2007; Urteil des Landessozialgerichts (LSG) Niedersachsen-Bremen vom 25.2.2010). Zur Begründung seiner Entscheidung hat das LSG ausgeführt, Streitgegenstand seien nur Mehrbedarfsleistungen wegen der Schwerbehinderung mit dem Merkzeichen "G". Einen solchen Anspruch habe der Kläger nach dem Wortlaut der einschlägigen Bestimmungen erst ab Besitz des Schwerbehindertenausweises im Oktober 2006. Nach § 3 Abs 1 Nr 4 GSiG und § 30 Abs 1 Nr 2 SGB XII(in der bis zum 6.12.2006 geltenden Fassung) sei der Besitz eines Schwerbehindertenausweises mit dem Merkzeichen "G" für den pauschalierten Mehrbedarf Anspruchsvoraussetzung. Da nach § 40 Abs 1 Sozialgesetzbuch Erstes Buch - Allgemeiner Teil - (SGB I) Ansprüche auf Sozialleistungen erst entstünden, wenn ihre im Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes bestimmten Voraussetzungen erfüllt seien, scheide ein pauschalierter Mehrbedarf für zurückliegende Zeiten ab Feststellung des Merkzeichens "G" aus. Von diesem Verständnis gehe auch der Gesetzgeber aus; dies zeige die Gesetzesbegründung zur Änderung des § 30 Abs 1 Nr 2 SGB XII, wonach die bis zum 6.12.2006 geltende Rechtslage zur Folge habe, dass der Mehrbedarf erst ab dem Zeitpunkt der Ausstellung des Schwerbehindertenausweises und damit regelmäßig erst mehrere Wochen nach Bekanntgabe des Feststellungsbescheides in Anspruch genommen werden könne.
- 5
-
Mit seiner Revision rügt der Kläger eine Verletzung des § 3 Abs 1 Nr 4 GSiG und des § 30 Abs 1 Nr 2 SGB XII. Die vom LSG vorgenommene Auslegung sei keineswegs zwingend. Die Tatbestandsvoraussetzung "Besitz" sage nichts zum Leistungsbeginn. Nach seinem Wortsinn könne dieses Tatbestandsmerkmal auch so verstanden werden, dass die Ausstellung eines Schwerbehindertenausweises mit einem Gültigkeitsdatum genüge, das den Zeitraum vor Ausstellung erfasse; der Beweiswert, der von dem Ausweis ausgehe, sei bei einer nachträglichen Vorlage derselbe. Eine solche Auslegung ermögliche eine möglichst weitgehende Verwirklichung der sozialen Rechte, wie dies § 2 Abs 2 SGB I fordere. Eine zeitliche Begrenzung, wann der Nachweis der Voraussetzungen durch den Ausweis zu erfolgen habe und dass dieser Nachweis nicht rückwirkend erbracht werden könne, sei den maßgebenden Normen nicht zu entnehmen. Ein enges Verständnis führe hingegen zu einem praktischen Rechtsverlust für die Zeiten, in denen die Gehbehinderung bereits vorgelegen und damit auch ein erhöhter Bedarf bestanden habe. Dies verstoße gegen Art 3 Abs 1 Grundgesetz (GG) und den substantiellen Anspruch auf eine tatsächliche wirksame gerichtliche Kontrolle. Die Effektivität des Rechtsschutzes (Art 19 Abs 4 GG) sei ungenügend; der Betroffene erleide durch die Fehleinschätzung der Behörde nicht hinnehmbare finanzielle Nachteile. Der Verweis auf die Möglichkeit eines Amtshaftungsanspruchs stelle insoweit keinen adäquaten Ersatz dar. Der Anspruch auf den Mehrbedarf für den streitbefangenen Zeitraum ergebe sich (hilfsweise) aus dem sozialrechtlichen Herstellungsanspruch, weil nur durch das Verschulden der Versorgungsverwaltung eine Anspruchsvoraussetzung nicht erfüllt gewesen sei.
- 6
-
Der Kläger beantragt,
die Urteile des LSG und des SG aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, den Bescheid vom 22.11.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17.4.2007 aufzuheben und ihm unter Abänderung entgegenstehender Bescheide für die Zeit von Februar 2004 bis September 2006 einen monatlichen Mehrbedarf nach § 3 Abs 1 Nr 4 GSiG bzw § 30 Abs 1 Nr 2 SGB XII zu zahlen bzw den Regelsatz zu erhöhen.
- 7
-
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
- 8
-
Sie hält die Entscheidung des LSG für zutreffend.
Entscheidungsgründe
- 9
-
Die Revision des Klägers ist im Sinne der Zurückverweisung der Sache an das LSG begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz
) . Das LSG hat zwar zu Recht entschieden, dass der Kläger im streitbefangenen Zeitraum keinen Anspruch auf einen pauschalierten Mehrbedarf nach § 3 Abs 1 Nr 4 GSiG bzw nach § 30 Abs 1 Nr 2 SGB XII hat; ob der Kläger allerdings einen Mehrbedarf hatte, der eine vom Regelsatz abweichende Festlegung und im Rahmen eines Zugunstenverfahrens nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - (SGB X) rückwirkend zu erbringende Leistungen rechtfertigt, kann der Senat mangels ausreichender tatsächlicher Feststellungen des LSG nicht entscheiden.
- 10
-
Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid vom 22.11.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17.4.2007 (§ 95 SGG), mit dem die Beklagte die Zahlung eines behinderungsbedingten Mehraufwands für den streitbefangenen Zeitraum abgelehnt hat. Dabei hat der Senat entgegen der Auffassung des LSG nicht allein darüber zu befinden, ob dem Kläger ein Mehrbedarf wegen rückwirkender Änderung der Verhältnisse ab Februar 2004 nach § 3 Abs 1 Nr 4 GSiG bzw nach § 30 Abs 1 Nr 2 SGB XII zusteht; ist der pauschalierte Mehrbedarf nachträglich nicht zu erbringen, ist auch darüber zu entscheiden, ob ein (konkret) bestehender behinderungsbedingter Mehrbedarf, der durch den Kläger tatsächlich gedeckt wurde, im Rahmen eines Zugunstenverfahrens nach § 44 SGB X nachträglich zu erbringen ist, weil die Beklagte zu Unrecht höhere Leistungen vorenthalten hat.
- 11
-
Zwar ist der pauschalierte Mehrbedarf nach § 3 Abs 1 Nr 4 GSiG bzw nach § 30 Abs 1 Nr 2 SGB XII ein abtrennbarer Streitgegenstand, mit der Möglichkeit, die Klage entsprechend zu beschränken(vgl nur Coseriu in juris Praxiskommentar
SGB XII, § 19 SGB XII RdNr 76.2 mwN zur Rechtsprechung) ; nach dem sog Meistbegünstigungsgrundsatz (vgl hierzu nur: BSG SozR 4-3500 § 18 Nr 1 RdNr 22; Link in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl 2008, § 37 RdNr 21 ff mwN zur Rechtsprechung) muss aber davon ausgegangen werden, dass die Klage insoweit gerade nicht beschränkt worden ist, sondern ein "Mehrbedarf" für die Vergangenheit unabhängig von der jeweiligen Anspruchsgrundlage geltend gemacht wurde. Bestätigt wird dies durch das Schreiben an die Beklagte vom 26.10.2006 mit dem Antrag, die zustehenden "zusätzlichen Leistungen seit Februar 2004" zu bewilligen, sowie durch den Klagantrag, mit dem die Zahlung eines Mehrbedarfs für die Vergangenheit verlangt worden ist. Im Streit sind somit insgesamt höhere Leistungen.
- 12
-
Unabhängig davon, ob sich die Begründetheit der Klage an § 48 SGB X oder an § 44 SGB X bzw (für die Zeit bis 31.12.2004) an den Vorschriften des Niedersächsischen Verwaltungsverfahrensgesetzes (NVwVfG) iVm dem Verwaltungsverfahrensgesetz des Bundes (VwVfG) misst, ist die richtige Klageart die kombinierte Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklage nach § 54 Abs 1 Satz 1 iVm Abs 4, § 56 SGG. In beiden Fällen ist neben der Aufhebung der streitgegenständlichen (ablehnenden) Bescheide die Behörde zu verpflichten, die (einer nachträglichen Leistung) entgegenstehenden Bescheide (im Urteil des LSG sind nicht alle bezeichnet) aufzuheben, und zur Leistung zu verurteilen (BSGE 88, 299, 300 = SozR 3-4300 § 137 Nr 1 S 2; BSGE 104, 213 ff RdNr 9 mwN = SozR 4-1300 § 44 Nr 20).
- 13
-
Mangels in Niedersachsen angeordneten Behördenprinzips (vgl § 70 Nr 3 SGG) richtet sich die Klage gemäß § 70 Nr 1 SGG gegen die Region Hannover. Hieran ändert nichts, dass die Stadt Hannover den angegriffenen Bescheid erlassen hat. Nach § 8 Abs 1 Satz 1 des Niedersächsischen Ausführungsgesetzes zum SGB XII (AG SGB XII) vom 16.12.2004 (Gesetz- und Verordnungsblatt
644) kann die Region Hannover zwar zur Durchführung der ihr als örtlichem Sozialhilfeträger obliegenden Aufgabe durch Satzung oder öffentlich-rechtlichen Vertrag regionsangehörige Gemeinden heranziehen, und von dieser Möglichkeit hat sie auch Gebrauch gemacht (§ 1 der Satzung über die Heranziehung von regionsangehörigen Städten und Gemeinden zur Durchführung der von der Region Hannover als örtlichem Träger der Sozialhilfe obliegenden Aufgaben nach dem SGB XII vom 14.12.2004 in der Fassung vom 7.3.2006 - Gemeinsames Amtsblatt für die Region Hannover und die Landeshauptstadt Hannover Nr 14 vom 6.4.2006); jedoch handelt die herangezogene kommunale Körperschaft gemäß § 9 Abs 4 AG SGB XII (nur) im Namen des örtlichen Trägers der Sozialhilfe, der damit der richtige Beteiligte bleibt(vgl hierzu Senatsurteil vom 9.6.2011 - B 8 SO 1/10 R - RdNr 13 mwN).
- 14
-
Die Beklagte war der für die Entscheidung örtlich und sachlich zuständige Träger der Sozialhilfe nach § 3 Abs 2, § 97 Abs 1, § 98 Abs 1 SGB XII in Verbindung mit § 1 Satz 1 und § 6 Abs 1 AG SGB XII (und § 44 Abs 3 SGB X). Sie ist Gesamtrechtsnachfolgerin des Landkreises Hannover und nimmt dessen Aufgaben wahr (§§ 2, 3 Abs 3 Gesetz über die Region Hannover vom 5.6.2001 - GVBl 348). Die Heranziehung der Stadt Hannover nach § 99 Abs 1 SGB XII in Verbindung mit § 8 Abs 1 AG SGB XII verändert nicht die Zuständigkeit(§ 9 Abs 4 AG SGB XII). Der Senat ist nicht gehindert, die dem Grunde nach nicht revisiblen (§ 162 SGG) landesrechtlichen Vorschriften anzuwenden und auszulegen, weil das LSG diese Vorschriften bei seiner Entscheidung unberücksichtigt gelassen hat (BSGE 102, 10 ff RdNr 28 = SozR 4-2500 § 264 Nr 2; Senatsurteil vom 9.6.2011 - B 8 SO 1/10 R - juris RdNr 14).
- 15
-
Materiellrechtlich misst sich die Begründetheit der Revision an § 44 Abs 1 SGB X. § 48 Abs 1 Satz 2 Nr 1 SGB X findet - unabhängig von der Frage nach seiner Geltung im Rahmen des GSiG - keine Anwendung. Danach soll ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung bei einer Änderung in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei dessen Erlass vorlagen, mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt. Eine Änderung der Verhältnisse ist frühestens für die Zeit ab Oktober 2006 anzunehmen, weil der Kläger erst ab diesem Zeitpunkt im Besitz eines Schwerbehindertenausweises mit dem Merkzeichen "G" war und deshalb auch erst ab Oktober 2006 die Voraussetzungen für einen Mehrbedarf nach § 30 Abs 1 Nr 2 SGB XII zu bejahen sind, sodass ohne Bedeutung ist, ob § 48 SGB X im Rahmen des GSiG Anwendung findet, bzw welche Regelung bei Änderung der Verhältnisse anzuwenden wäre.
- 16
-
Nach § 3 Abs 1 Nr 4 GSiG umfasste die bedarfsorientierte Grundsicherung einen Mehrbedarf von 20 vH des für den Antragsberechtigten maßgebenden Regelsatzes eines Haushaltsvorstandes nach dem Zweiten Abschnitt des Bundessozialhilfegesetzes (BSHG) bei Besitz eines Ausweises nach § 4 Abs 5 des Schwerbehindertengesetzes (SchwbG) mit dem Merkzeichen "G". Eine entsprechende Regelung sieht für die Zeit ab 1.1.2005 § 30 Abs 1 Nr 2 SGB XII(in der Normfassung des Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch vom 27.12.2003 - BGBl I 3022) vor. Danach wird ein Mehrbedarf von 17 vH des maßgebenden Regelsatzes für Personen anerkannt, die unter 65 Jahre und voll erwerbsgemindert nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Rentenversicherung - (SGB VI) sind und einen Ausweis nach § 69 Abs 5 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen - (SGB IX) mit dem Merkzeichen G besitzen, soweit nicht im Einzelfall ein abweichender Bedarf besteht. Der Kläger war - unabhängig von den übrigen Tatbestandsvoraussetzungen für den Bezug von Leistungen nach dem GSiG bzw SGB XII - in dem streitbefangenen Zeitraum jedenfalls nicht im Besitz eines solchen Ausweises.
- 17
-
Diese Regelungen sind entgegen der Auffassung des Klägers nicht dahin auszulegen, dass die im Oktober 2006 eingetretene Änderung der Verhältnisse auf den Zeitpunkt der Anerkennung des Nachteilsausgleichs "G" - hier also auf die Zeit ab Februar 2004 - zurückwirkt. Zwar können spätere Änderungen der Sach- und Rechtslage sogar bis auf den Zeitpunkt des Erlasses des ursprünglichen Dauerverwaltungsaktes zurückwirken, also die Sach- oder Rechtslage ex tunc ändern (vgl BSG SozR 3-2600 § 93 Nr 3 S 17 mwN); maßgebend hierfür ist aber eine rückwirkende Umgestaltung der Rechtslage, deretwegen der Verwaltungsakt (auch für den zurückliegenden Zeitraum) nicht mehr oder nicht mehr so erlassen werden dürfte.
- 18
-
§ 3 Abs 1 Nr 4 GSiG stellte allerdings ebenso wie § 30 Abs 1 Nr 2 SGB XII nicht lediglich auf die Feststellungswirkung des Nachteilsausgleichs "G" oder das Vorliegen seiner Voraussetzungen ab. Zu den im Gesetz bestimmten Voraussetzungen gehört nach dem eindeutigen Wortlaut der genannten Vorschriften vielmehr der "Besitz" (Simon in jurisPK-SGB XII, § 30 SGB XII RdNr 44; W. Schellhorn/H. Schellhorn, BSHG, 16. Aufl 2002, § 23 RdNr 13). Der Senat hat deshalb bereits entschieden, dass der Mehrbedarf des § 30 Abs 1 Nr 1 SGB XII tatbestandlich mit der Ausstellung eines Schwerbehindertenausweises und der Zuerkennung des Merkzeichens "G" verbunden ist(BSGE 104, 200 ff RdNr 14 = SozR 4-3500 § 30 Nr 1); allein der Zeitpunkt der Feststellungswirkung des Merkzeichens "G" ist zur Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen also nicht ausreichend. Anders als die Feststellung des Nachteilsausgleichs "G" selbst, die für die Zeit ab Februar 2004 Wirkung entfaltet, wird der "Besitz" nicht rückwirkend eingeräumt. Die Anspruchsvoraussetzungen für den pauschalierten Mehrbedarf können deshalb nicht vor Oktober 2006 eintreten. Zu Recht verweist das LSG in diesem Zusammenhang auf § 40 Abs 1 SGB I, wonach Ansprüche auf Sozialleistungen erst mit Vorliegen der im Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes bestimmten Voraussetzungen entstehen; im Umkehrschluss bedeutet dies, dass vor dieser Zeit kein Anspruch nach den bezeichneten Vorschriften besteht.
- 19
-
Auch Sinn und Zweck der Regelungen rechtfertigen keine erweiternde Auslegung in dem von dem Kläger gewünschten Sinn. Der jetzigen Regelung über den pauschalierten Mehrbedarf war die Regelung des § 23 Abs 1 BSHG(vom 30.6.1961 - BGBl I 815) vorausgegangen, die den Mehrbedarfszuschlag zunächst nicht an eine bestimmte Behinderung, sondern typisierend nur an Alter und geminderte Erwerbsfähigkeit knüpfte (BSG, aaO, RdNr 15). Die zusätzliche Koppelung des Anspruchs auf einen pauschalierten Mehrbedarf an den Besitz eines Ausweises nach § 4 Abs 5 SchwbG mit dem Merkzeichen "G" erfolgte durch das Gesetz zur Reform des Sozialhilferechts vom 23.7.1996 (BGBl I 1088), weil wegen veränderter gesellschaftlicher Rahmenbedingungen nicht mehr allgemeine Bedarfslagen im Zusammenhang mit Alter und Erwerbsminderung erfasst werden sollten, sondern nur die Fälle, bei denen neben Alter und Erwerbsunfähigkeit auch mittelbar oder unmittelbar mit dem eingeschränkten Gehvermögen zusammenhängende Bedarfe vorhanden waren, die zur Vermeidung einer verwaltungsaufwändigen Prüfung der konkret mit den gesundheitlichen Einschränkungen verbundenen Bedarfe pauschaliert abgedeckt werden sollten (BSG, aaO, RdNr 17 unter Hinweis auf eine Beschlussempfehlung des Vermittlungsausschusses, BT-Drucks 13/5067, S 2 f).
- 20
-
Soweit der Gesetzgeber die Anspruchsvoraussetzungen dabei nicht allein an das Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen für die Feststellung des Nachteilsausgleichs "G" knüpfte, sondern an den Besitz eines entsprechenden Ausweises, diente dies, wie sich auch aus der Änderung der Vorschrift durch das Gesetz zur Änderung des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 2.12.2006 (BGBl I 2670) zeigt, Nachweiszwecken und damit der Verwaltungspraktikabilität und der Verwaltungsvereinfachung. Den Sozialhilfeträgern sollte - jedenfalls für die Gewährung eines typisierten, pauschalierten Mehrbedarfs - nicht aufgebürdet werden, eigene Ermittlungen zur Feststellung einer erheblichen Einschränkung der Gehfähigkeit zu prüfen. Anders etwa als bei der Feststellung der dauerhaften vollen Erwerbsminderung, die in eigener Zuständigkeit zu prüfen ist - ggf nach einem entsprechenden Ersuchen nach § 109a Abs 2 SGB VI und der Bindung des ersuchenden Sozialhilfeträgers an die Entscheidung des Trägers der Rentenversicherung(vgl § 45 Abs 1 SGB XII) - hat der Gesetzgeber hier auf eine vergleichbare Regelung verzichtet. Ebenso hat er von einer (bloßen) Bindung an die Entscheidung des Versorgungsamtes - wie etwa bei der Hilfe zur Pflege in § 62 SGB XII (Bindung an die Entscheidung der Pflegekasse) - abgesehen.
- 21
-
Das gesetzgeberische Anliegen ist nachvollziehbar. Der Status des Schwerbehinderten und die Berechtigung zur Inanspruchnahme von Nachteilsausgleichen beginnen grundsätzlich mit dem Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen, und dementsprechend ist nach § 6 Abs 1 Nr 1 der Schwerbehindertenausweisverordnung (SchwbAwV)als Beginn der Gültigkeit des Ausweises in der Regel der Tag des Eingangs des Antrags auf eine entsprechende Feststellung vorgesehen. Wollte man auch bei dem typisierten Mehrbedarf nach dem GSiG bzw SGB XII auf den Status des Schwerbehinderten und die Berechtigung zur Inanspruchnahme von Nachteilsausgleichen abstellen, führte dies bei vorangegangenem Leistungsbezug in jedem Falle zu einer rückwirkenden Leistung pauschalierter Mehrbedarfe für die Vergangenheit. Dies widerspräche nicht nur den Grundsätzen der Verwaltungspraktikabilität, sondern auch der Absicht des Gesetzgebers, weil andernfalls eine Korrektur praktisch in allen Fällen, in denen ein Antrag nach dem SGB IX (früher SchwbG) gestellt wird bzw dem GSiG gestellt worden war, im Gesetz bereits angelegt wäre.
- 22
-
Dass der Gesetzgeber von einem solchen Verständnis der Norm ausgegangen ist, zeigt insbesondere die spätere Gesetzesentwicklung. Durch das Gesetz zur Änderung des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 2.12.2006 (BGBl I 2670) wurde in § 30 Abs 1 SGB XII mit Wirkung vom 7.12.2006 die Angabe "einen Ausweis nach § 69 Abs 5 des Neunten Buches mit dem Merkzeichen G besitzen" durch die Angabe "durch einen Bescheid der nach § 69 Abs 4 des Neunten Buches zuständigen Behörde oder einen Ausweis nach § 69 Abs 5 des Neunten Buches die Feststellung des Merkzeichens G nachweisen" ersetzt. In der Gesetzesbegründung heißt es hierzu, dass der Mehrbedarf ohne die Gesetzesänderung erst ab dem Zeitpunkt der Ausstellung des Schwerbehindertenausweises und damit regelmäßig erst mehrere Wochen nach Bekanntgabe des Feststellungsbescheides in Anspruch genommen werden könne (BT-Drucks 16/2711, S 11 zu Nr 8). Ob die vom Senat vorgenommene Auslegung nach der Änderung des § 30 Abs 1 SGB XII auch für die Zeit ab 7.12.2006 gilt, bedarf hier keiner Entscheidung (verneinend: Simon in jurisPK-SGB XII, § 30 SGB XII RdNr 44; Münder in Lehr- und Praxiskommentar
SGB XII, 8. Aufl 2008, § 30 SGB XII RdNr 6; Grube in Grube/Wahrendorf, SGB XII, 3. Aufl 2010, § 30 SGB XII RdNr 11; bejahend: Coseriu in Kommentar zum Sozialrecht ., 2. Aufl 2011, § 30 SGB XII RdNr 3; nicht ganz eindeutig: Adolph in Linhart/Adolph, SGB II/SGB XII/AsylbLG, § 30 SGB XII RdNr 4, Stand Januar 2008)
- 23
-
Das in § 2 Abs 2 Halbsatz 2 SGB I enthaltene Gebot, bei der Auslegung der Vorschriften des Sozialgesetzbuches sicherzustellen, dass die sozialen Rechte möglichst weitgehend verwirklicht werden, rechtfertigt kein anderes Ergebnis. Die ihrer dogmatischen Natur und ihrem Inhalt nach umstrittene Vorschrift (vgl nur: Bürck, SGb 1984, 7 ff; ders, Festschrift 50 Jahre Bundessozialgericht, 139 ff; Eichenhofer, SGb 2011, 301 ff und 511 ff) besagt allerdings nicht mehr, als dass Auslegungsspielräume bei den einzelnen Anspruchsgrundlagen, die die in §§ 3 bis 10 SGB I genannten sozialen Rechte umsetzen sollen - §§ 3 bis 10 SGB I bilden, wie aus § 2 Abs 1 Satz 2 SGB I folgt, selbst keine Anspruchsgrundlagen -, mit dem normativen Gehalt des jeweils betroffenen sozialen Rechts gefüllt und dadurch möglichst weitgehend zur Geltung gebracht werden sollen(BSG SozR 3-4100 § 134 Nr 9 S 34 f). Die Vorschrift ist aber keine Korrekturvorschrift, die es erlauben würde, einen entgegenstehenden Willen des Gesetzgebers zu überspielen (Voelzke in jurisPK-SGB I, 2. Aufl 2011, § 2 RdNr 25). Selbst wenn danach ein Auslegungs- oder Entscheidungsresultat anzustreben ist, das die sozialen Rechte zur Geltung bringt und optimiert (vgl Eichenhofer, SGb 2011, 301, 302; Voelzke, aaO, § 2 RdNr 24), setzt eine Konkretisierung der maßgeblichen Normen voraus, dass das bei der Auslegung nach den anerkannten Methoden (Wortlaut, Teleologie, Entstehungsgeschichte und Systematik) zu berücksichtigende Optimierungsgebot einen entsprechenden Interpretationsspielraum zulässt. Dies ist aber gerade nicht der Fall.
- 24
-
Die auf die Tatbestandswirkung des Besitzes abstellende gesetzliche Regelung ist nicht verfassungswidrig. Insbesondere verstößt sie nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (Art 3 Abs 1 GG). Art 3 Abs 1 GG ist nur dann verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (BVerfGE 55, 72, 88; BVerfGE 117, 272, 300 f = SozR 4-2600 § 58 Nr 7 RdNr 70; BVerfGE 112, 50, 67 = SozR 4-3800 § 1 Nr 7 RdNr 55). Bei der Überprüfung eines Gesetzes auf Übereinstimmung mit dem allgemeinen Gleichheitssatz ist nicht zu untersuchen, ob der Gesetzgeber die zweckmäßigste oder gerechteste Lösung gefunden hat, sondern nur, ob er die verfassungsrechtlichen Grenzen seiner Gestaltungsfreiheit eingehalten hat (BVerfGE 84, 348, 359 mwN; 110, 412, 436). Es bleibt grundsätzlich ihm überlassen, diejenigen Sachverhalte auszuwählen, an die er dieselbe Rechtsfolge knüpft, die er also im Rechtssinn als gleich ansehen will (BVerfGE 21, 12, 26; 23, 242, 252). Allerdings muss er die Auswahl sachgerecht treffen (BVerfGE 17, 319, 330; 53, 313, 329; 67, 70, 85 f). Der normative Gehalt der Gleichheitsbindung erfährt insoweit eine Präzisierung jeweils im Hinblick auf die Eigenart des zu regelnden Sachbereichs (vgl BVerfGE 75, 108, 157 = SozR 5425 § 1 Nr 1 S 11). Das Bundesverfassungsgericht legt je nach dem Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmal einen unterschiedlichen Prüfungsmaßstab an (vgl zusammenfassend: BVerfGE 88, 87, 96 f; 105, 73, 110 f = SozR 3-1100 Art 3 Nr 176 S 173).
- 25
-
Legt man diese Maßstäbe zugrunde, so besteht nur zwischen der Personengruppe, die im Besitz eines Ausweises ist, und der Personengruppe ohne einen entsprechenden Ausweis ein Unterschied. Innerhalb der Personengruppen werden hingegen alle Betroffenen gleich behandelt. Die Dauer bis zur Erteilung eines Schwerbehindertenausweises mag zwar unterschiedlich sein, hieran knüpft der Gesetzgeber aber nicht die von ihm gewählten Rechtsfolgen. Eine vermeintliche Ungleichbehandlung erfolgt allenfalls durch die Verwaltungspraxis, sie ist aber nicht schon in der Norm angelegt, die ohne Unterschied den Besitz des Schwerbehindertenausweises mit dem Merkzeichen "G" fordert.
- 26
-
Soweit es die unterschiedliche Behandlung von Schwerbehinderten mit und ohne Schwerbehindertenausweis betrifft, hat der Gesetzgeber die verfassungsrechtlichen Grenzen seiner Gestaltungsfreiheit nach oben Gesagtem eingehalten. Der der Regelung innewohnende Nachweiszweck mag es zwar auch zulassen, auf einen früheren Zeitpunkt als den des Besitzes des Schwerbehindertenausweises abzustellen; verfassungsrechtlich geboten war dies jedoch nicht. Der Gesetzgeber war auch nicht verfassungsrechtlich gehalten, eine rückwirkende Bewilligung eines pauschalierten Mehrbedarfs vorzusehen, zumal eine solche Leistung dem Zweck der Sozialhilfe widerspräche. Im Bereich der Sozialhilfe ist insoweit zu berücksichtigen, dass sie grundsätzlich nur der Behebung einer gegenwärtigen Notlage dient (sog Gegenwärtigkeitsprinzip) und grundsätzlich nicht als nachträgliche (pauschale) Geldleistung ausgestaltet ist, sondern an einen aktuellen Hilfebedarf anknüpft (BSGE 104, 213 ff RdNr 13 = SozR 4-1300 § 44 Nr 20 mwN). Zwar hat der Senat im Rahmen seiner Entscheidung zu § 44 SGB X ausgeführt(BSG aaO), dass ggf auch pauschalierte Leistungen bei fortdauernder Bedürftigkeit nachzuzahlen sind; diese Rechtsprechung ist allerdings im Zusammenhang mit der rechtswidrigen Vorenthaltung von Leistungen zu sehen. Sie rechtfertigt nicht die Annahme, es sei generell verfassungsrechtlich geboten, unabhängig von einem konkreten Bedarf rückwirkend typisierte, pauschalierte Leistungen zu erbringen.
- 27
-
Die gesetzliche Regelung ist auch nicht unverhältnismäßig und verstößt deshalb nicht gegen das Rechtsstaatsprinzip (Art 20 Abs 3 GG). Sie macht zwar den Anspruch auf den pauschalierten Mehrbedarf wegen der Tatbestandswirkung der anderweitig zu treffenden Entscheidung auch von Zufälligkeiten im Verfahrensablauf abhängig. Es ist aber nicht ungewöhnlich, dass ein Sozialleistungsanspruch von einer anderen Entscheidung abhängt. Die Rechtsprechung hat dies unter Berücksichtigung der Möglichkeit der Beteiligten, eine solche Entscheidung zu verzögern, im Grundsatz als verfassungsgemäß angesehen (vgl zB zur Rentenerhöhung erst nach Rechtskraft des Versorgungsausgleichs BSG SozR 3-2200 § 1304b Nr 1; zum Besitz einer Aufenthaltserlaubnis als Voraussetzung für Leistungen nach dem Bundeserziehungsgeldgesetz BSGE 70, 197 ff = SozR 3-7833 § 1 Nr 7).
- 28
-
Der Gefahr einer rechtsmissbräuchlichen Verzögerung kann ausreichend begegnet werden. Bis zum formalen Feststellungsakt durch das Versorgungsamt (bzw früher bis zur Ausstellung eines entsprechenden Ausweises) ist den Betroffenen bei Vorliegen der Voraussetzungen für die Inanspruchnahme des Nachteilsausgleichs "G" nämlich nur die Möglichkeit genommen, einen behinderungsbedingten Mehrbedarf pauschal (also ohne Nachweis) geltend zu machen; soweit die Voraussetzungen des § 22 Abs 1 Satz 2 BSHG bzw des § 28 Abs 1 Satz 2 SGB XII vorliegen, hat er gleichwohl generell einen Anspruch auf Ausgleich eines abweichenden Bedarfs(Münder in LPK-SGB XII, 8. Aufl 2008, § 30 SGB XII RdNr 8; Coseriu in KSW, 2. Aufl 2011, § 30 SGB XII RdNr 3; ähnlich auch Grube in Grube/Wahrendorf, SGB XII, 3. Aufl 2010, § 30 SGB XII RdNr 19), weil sein Existenzminimum aus verfassungsrechtlichen Gründen gesichert werden muss; ein unabweisbarer, laufender besonderer Bedarf kann dem Hilfebedürftigen nicht vorenthalten werden (BVerfGE 125, 175 ff = SozR 4-4200 § 20 Nr 12).
- 29
-
§ 28 Abs 1 Satz 2 SGB XII ist im Rahmen der Grundsicherung der §§ 41 ff SGB XII anzuwenden; denn § 42 SGB XII verweist durch die Bezugnahme auf § 28 SGB XII auf dessen gesamtes Leistungsspektrum(Wahrendorf in Grube/Wahrendorf, aaO, § 42 SGB XII RdNr 2), wie der Senat bereits entschieden hat (BSGE 99, 252 ff RdNr 20 f = SozR 4-3500 § 28 Nr 3 mwN). Höhere Leistungen als der Regelsatz können aber auch im Rahmen der Leistungen nach dem GSiG erbracht werden. Nach § 3 Abs 1 Nr 1 GSiG wird zwar zur Bemessung der Grundsicherungsleistung nach dem GSiG allein auf den Regelsatz des § 22 Abs 1 Satz 1 BSHG abgestellt, weil der Gesetzgeber den Bedarf unabhängig von individuellen Bedürfnissen pauschaliert und unter dem Gesichtspunkt der Verwaltungsvereinfachung eine nur beschränkt individuelle Bedarfsermittlung vorgesehen hat (BT-Drucks 14/5150, S 49). Allerdings muss die Sozialhilfe als gegenüber Leistungen nach dem GSiG nachrangige Leistung (BSGE 104, 207 ff RdNr 16 = SozR 4-3530 § 6 Nr 1; vgl heute § 19 Abs 2 Satz 2 SGB XII) den nach den Vorschriften des GSiG ermittelten Lebensunterhalt aufstocken, soweit das BSHG den nach den Besonderheiten des Einzelfalls bemessenen Lebensunterhalt in größerem Umfang deckt (Schoch in LPK-GSiG, § 3 RdNr 11; zum SGB XII BSG, Urteil vom 9.6.2011 - B 8 SO 11/10 R -, sowie Coseriu in jurisPK-SGB XII, § 19 SGB XII RdNr 43 ff; zu der im GSiG nicht vorgesehenen Übergangsregelung des § 23 Abs 1 Satz 2 BSHG BSG SozR 4-3500 § 30 Nr 2 RdNr 18). Das GSiG beabsichtigte keine Bedarfsdeckung für jeden individuellen Einzelfall, sondern eine eigenständige Sozialleistung, die eine Inanspruchnahme von Sozialhilfe typischerweise entbehrlich machen sollte. Demzufolge konnte und musste ein atypischer Mehrbedarf mittels der Hilfe zum Lebensunterhalt abgedeckt werden (Fichtner/Wenzel, BSHG, 2. Aufl 2003, RdNr 4 f Vor GSiG).
- 30
-
Vor diesem Hintergrund scheidet ein Verstoß gegen Art 19 Abs 4 GG aus. Zwar garantiert das Verfahrensgrundrecht des Art 19 Abs 4 GG nicht nur das formelle Recht und die theoretische Möglichkeit, die Gerichte anzurufen, sondern auch die Effektivität des Rechtsschutzes (BSG SozR 4-2500 § 96 Nr 1 RdNr 29 mwN); dies erfordert, dass irreparable Entscheidungen soweit wie möglich ausgeschlossen werden (BSG, aaO, mwN). Zu berücksichtigen ist dabei aber, dass es der Betroffene selbst in der Hand hat, durch Substantiierung eines Mehrbedarfs über § 28 Abs 1 Satz 2 SGB XII bzw § 22 Abs 1 Satz 2 BSHG drohende Nachteile zu verhindern. Bei einer ablehnenden Entscheidung durch den Sozialhilfeträger steht ihm darüber hinaus der Weg über den einstweiligen Rechtsschutz nach § 86b Abs 2 SGG zur Seite. Selbst bei Bestandskraft eines einen individuellen Mehrbedarf ablehnenden Bescheids steht dem Betroffenen der Weg über § 44 SGB X(dazu unten) offen.
- 31
-
Da eine etwaige Verzögerung in dem Anerkennungsverfahren nach dem SGB IX nicht dem Beklagten zuzurechnen ist, kann ein etwa eingetretener Rechtsnachteil auch nicht im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs ausgeglichen werden. Nach Sinn und Zweck des § 3 Abs 1 Nr 4 GSiG bzw § 30 Abs 1 Nr 2 SGB XII muss sich der Beklagte ein etwaiges Fehlverhalten des Versorgungsamtes im Rahmen eines Herstellungsanspruches nicht zurechnen lassen, weil das Versorgungsamt nicht in das Sozialleistungsverfahren nach dem SGB XII funktional einbezogen ist(vgl dazu BSGE 71, 217 f mwN = SozR 3-1200 § 14 Nr 8 S 19). Insoweit verbleibt ggf der Amtshaftungsanspruch nach § 839 Bürgerliches Gesetzbuch iVm Art 34 GG, der sich allerdings nicht gegen den Sozialhilfeträger selbst richtet.
- 32
-
Vorliegend verbleibt eine Prüfung des geltend gemachten Anspruchs in Anwendung des § 44 Abs 1 SGB X. Ob für das GSiG § 44 SGB X - was nahe liegt - Anwendung findet oder ob insoweit auf § 48 Abs 1 Satz 1 VwVfG iVm § 1 NVwVfG zu rekurrieren ist(offen gelassen BSG SozR 4-1300 § 44 Nr 15 RdNr 14 ff), der die Rücknahme bestandskräftiger Verwaltungsakte und damit die nachträgliche Zahlung von Leistungen grundsätzlich ins Ermessen der Beklagten stellt, bedarf keiner abschließenden Entscheidung, weil die Beklagte Leistungen bis 31.12.2004 (zunächst) nach dem BSHG gewährt hat und erst durch Bescheid vom 23.5.2005 (im Rahmen eines Zugunstenverfahrens nach § 44 SGB X) Leistungen nach dem GSiG unter Berücksichtigung bereits nach dem BSHG erbrachter Leistungen bewilligt hat. Mit diesem Bescheid hat sie die früheren Sozialhilfebescheide ersetzt und gleichzeitig, ohne dass dies einer ausdrücklichen Verfügung bedurft hätte, zusätzliche Sozialhilfeleistungen abgelehnt. Das Verfahren nach § 44 SGB X, mit dem höhere Leistungen begehrt werden, betrifft mithin Leistungen des BSHG, für das der Senat die Anwendung des § 44 SGB X bereits angenommen hat(BSG, aaO, RdNr 19).
- 33
-
Nach § 44 Abs 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei seinem Erlass das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist und deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind. Ob dies der Fall ist, vermag der Senat angesichts fehlender Feststellungen des LSG zu den Anspruchsvoraussetzungen allgemein und zur Höhe des Anspruchs, insbesondere zu einem etwa bestehenden Mehrbedarf nicht zu beurteilen. Entsprechende Feststellungen wird das LSG nachzuholen und dabei zu berücksichtigen haben, dass es insoweit nicht auf eine Kenntnis des Sozialhilfeträgers bezüglich des Mehrbedarfs, der ergänzende bzw höhere Leistungen nach § 22 Abs 1 Satz 2 BSHG bzw § 28 Abs 1 Satz 2 SGB XII zulässt, ankommt. Die für die Erbringung von Leistungen notwendige Kenntnis (§ 5 BSHG; § 18 SGB XII) wird schon durch die der Beklagten bekannte Hilfebedürftigkeit vermittelt (vgl BSGE 104, 207 ff RdNr 16 = SozR 4-3530 § 6 Nr 1). § 18 SGB XII bzw § 5 BSHG sollen zum Schutz des Hilfebedürftigen einen niedrigschwelligen Zugang zum Sozialhilfesystem sicherstellen, sodass es für die Annahme einer Kenntnis ausreichend ist, dass die Notwendigkeit der Hilfe dargetan oder sonst erkennbar ist(BSG SozR 4-3500 § 18 Nr 1 RdNr 23). Sollte das LSG zu dem Ergebnis gelangen, dass dem Kläger zu Unrecht Leistungen vorenthalten wurden, wird es die von dem Senat in seinem Urteil vom 29.9.2009 (BSGE 104, 213 ff = SozR 4-1300 § 44 Nr 20) aufgestellten Grundsätze beachten müssen.
- 34
-
Für den Zeitraum von Januar bis Mai 2005, in dem der Kläger Leistungen nach dem SGB II bezogen hat, wird das LSG zu prüfen haben, ob er (der Kläger) als Erwerbsfähiger oder als Angehöriger dem Grunde nach leistungsberechtigt nach dem SGB II war. Dann scheiden nach § 21 SGB XII Leistungen der Beklagten für die Vergangenheit auch in Anwendung des § 44 SGB X für den genannten Zeitraum aus. War der Kläger aber auf nicht absehbare Zeit nicht in der Lage, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 8 SGB II), und sind ihm deshalb (bei Vorliegen der übrigen Leistungsvoraussetzungen) statt der Leistungen nach dem SGB XII zu Unrecht (§ 7 Abs 1 Satz 1 Nr 2 SGB II)Leistungen nach dem SGB II bewilligt worden, ist dem Bewilligungsbescheid vom 23.5.2005 gleichzeitig die konkludente Ablehnung von Leistungen (auch eines Mehrbedarfs) für die Zeit vom 1.1. bis 31.5.2005 zu entnehmen, die einer Korrektur nach § 44 Abs 1 SGB X zugänglich ist.
- 35
-
Das LSG wird schließlich auch prüfen müssen, ob wegen einer etwaigen Nichtbeteiligung sozial erfahrener Personen im Widerspruchsverfahren (§ 116 Abs 2 SGB XII) ein von Amts wegen zu berücksichtigender Mangel des Vorverfahrens vorliegt (dazu BSGE 106, 62 ff RdNr 12 = SozR 4-3500 § 82 Nr 6), und ggf auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.
(1) Für Personen, die
- 1.
die Altersgrenze nach § 41 Abs. 2 erreicht haben oder - 2.
die Altersgrenze nach § 41 Abs. 2 noch nicht erreicht haben und voll erwerbsgemindert nach dem Sechsten Buch sind
(2) Für werdende Mütter nach der zwölften Schwangerschaftswoche bis zum Ende des Monats, in welchen die Entbindung fällt, wird ein Mehrbedarf von 17 vom Hundert der maßgebenden Regelbedarfsstufe anerkannt, soweit nicht im Einzelfall ein abweichender Bedarf besteht.
(3) Für Personen, die mit einem oder mehreren minderjährigen Kindern zusammenleben und allein für deren Pflege und Erziehung sorgen, ist, soweit kein abweichender Bedarf besteht, ein Mehrbedarf anzuerkennen
- 1.
in Höhe von 36 vom Hundert der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28 für ein Kind unter sieben Jahren oder für zwei oder drei Kinder unter sechzehn Jahren, oder - 2.
in Höhe von 12 vom Hundert der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28 für jedes Kind, wenn die Voraussetzungen nach Nummer 1 nicht vorliegen, höchstens jedoch in Höhe von 60 vom Hundert der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28.
(4) § 42b Absatz 3 ist entsprechend anzuwenden auf Leistungsberechtigte, die das 15. Lebensjahr vollendet haben.
(5) Für Leistungsberechtigte wird ein Mehrbedarf anerkannt, wenn deren Ernährungsbedarf aus medizinischen Gründen von allgemeinen Ernährungsempfehlungen abweicht und die Aufwendungen für die Ernährung deshalb unausweichlich und in mehr als geringem Umfang oberhalb eines durchschnittlichen Bedarfs für Ernährung liegen (ernährungsbedingter Mehrbedarf). Dies gilt entsprechend für aus medizinischen Gründen erforderliche Aufwendungen für Produkte zur erhöhten Versorgung des Stoffwechsels mit bestimmten Nähr- oder Wirkstoffen, soweit hierfür keine vorrangigen Ansprüche bestehen. Die medizinischen Gründe nach den Sätzen 1 und 2 sind auf der Grundlage aktueller medizinischer und ernährungswissenschaftlicher Erkenntnisse zu bestimmen. Dabei sind auch die durchschnittlichen Mehraufwendungen zu ermitteln, die für die Höhe des anzuerkennenden ernährungsbedingten Mehrbedarfs zugrunde zu legen sind, soweit im Einzelfall kein abweichender Bedarf besteht.
(6) Die Summe des nach den Absätzen 1 bis 5 insgesamt anzuerkennenden Mehrbedarfs darf die Höhe der maßgebenden Regelbedarfsstufe nicht übersteigen.
(7) Für Leistungsberechtigte wird ein Mehrbedarf anerkannt, soweit Warmwasser durch in der Wohnung, in der besonderen Wohnform oder der sonstigen Unterkunft nach § 42a Absatz 2 installierte Vorrichtungen erzeugt wird (dezentrale Warmwassererzeugung) und denen deshalb kein Bedarf für Warmwasser nach § 35 Absatz 5 anerkannt wird. Der Mehrbedarf beträgt für jede leistungsberechtigte Person entsprechend der für sie geltenden Regelbedarfsstufe nach der Anlage zu § 28 jeweils
- 1.
2,3 Prozent der Regelbedarfsstufen 1 und 2, - 2.
1,4 Prozent der Regelbedarfsstufe 4, - 3.
1,2 Prozent der Regelbedarfsstufe 5 oder - 4.
0,8 Prozent der Regelbedarfsstufe 6.
(8) § 42b Absatz 2 ist entsprechend anzuwenden.
(9) Soweit eine Schülerin oder ein Schüler aufgrund der jeweiligen schulrechtlichen Bestimmungen oder schulischen Vorgaben Aufwendungen zur Anschaffung oder Ausleihe von Schulbüchern oder gleichstehenden Arbeitsheften hat, sind sie als Mehrbedarf anzuerkennen.
(10) Für Leistungsberechtigte wird ein Mehrbedarf anerkannt, soweit im Einzelfall ein einmaliger, unabweisbarer, besonderer Bedarf besteht, der auf keine andere Weise gedeckt werden kann und ein Darlehen nach § 37 Absatz 1 ausnahmsweise nicht zumutbar oder wegen der Art des Bedarfs nicht möglich ist.
Tenor
-
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 27. August 2009 aufgehoben und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Stade vom 5. Januar 2007 zurückgewiesen, soweit Kosten für Unterkunft und Heizung in der Zeit vom 1. Januar 2003 bis zum 31. Januar 2006 betroffen sind.
-
Außergerichtliche Kosten des Rechtsstreits sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
- 1
-
Im Streit sind (noch) Leistungen für Unterkunft und Heizung für den Zeitraum vom 1.1.2003 bis 31.12.2004 nach dem Grundsicherungsgesetz (GSiG) sowie für den Zeitraum vom 1.1.2005 bis 31.1.2006 nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII).
- 2
-
Die 1969 geborene Klägerin ist schwerbehindert bei einem Grad der Behinderung (GdB) von 100. Bei ihr sind die Nachteilsausgleiche "G", "H" und "RF" festgestellt worden. Sie lebt bei ihren Eltern in deren Eigenheim, ohne dass ein (Unter-)Mietverhältnis begründet oder eine finanzielle Belastung der Klägerin an den Gesamtkosten der Unterkunft vereinbart worden wäre; vertragliche Verpflichtungen gegenüber Gemeinde, Energieversorger oder Versicherung im Zusammenhang mit Nebenkosten und Heizung sind von der Klägerin ebenfalls nicht aufzubringen. Ab 1.1.2003 bezog sie Leistungen nach dem GSiG und ab dem 1.1.2005 nach § 41 ff SGB XII(Bescheid vom 17.4.2003, 15.9.2005, zwei Bescheide vom 16.9.2005, Bescheide vom 21.9.2005 und 2.12.2005; Widerspruchsbescheid vom 9.3.2006 unter Beteiligung sozial erfahrener Dritter). Die Bewilligung von Leistungen für Unterkunft und Heizung lehnte der Beklagte dabei mit der Begründung ab, die Klägerin habe insoweit keine Aufwendungen.
- 3
-
Die Klage, mit der die Klägerin unter anderem Leistungen für Unterkunft und Heizung geltend gemacht hat, hat das Sozialgericht (SG) Stade abgewiesen, weil die Klägerin keine Aufwendungen für Unterkunft und Heizung habe (Urteil vom 5.1.2007). Das Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen hat auf die Berufung der Klägerin den Beklagten verurteilt, "der Klägerin für die Zeit vom 1. Januar 2003 bis zum 31. Januar 2006 höhere Grundsicherungsleistungen für Aufwendungen für Unterkunft und Heizung zu zahlen, und zwar unter Berücksichtigung von einem Drittel der für das Haus L. anfallenden Aufwendungen für Unterkunft und Heizung" (Urteil vom 27.8.2009). Zur Begründung seiner Entscheidung hat das LSG ausgeführt, dass die Aufwendungen für die Unterkunft einer hilfebedürftigen Person, die mit nicht hilfebedürftigen, mit ihr verwandten oder verschwägerten Personen in Haushaltsgemeinschaft lebten, in einem Teil der angemessenen Aufwendungen bestünden, die für die Wohnung der Haushaltsgemeinschaft zu entrichten seien. Die Unterkunftskosten seien dabei nach Kopfzahlen - hier drei - aufzuteilen. Dies gelte auch dann, wenn tatsächliche Aufwendungen im Sinne der Erfüllung vertraglicher Verpflichtungen nicht bestünden.
- 4
-
Mit seiner Revision rügt der Beklagte eine Verletzung des § 3 Abs 1 Nr 2 GSiG sowie des § 42 Satz 1 Nr 2 SGB XII. Übernahmefähig seien danach nur tatsächliche Aufwendungen für Unterkunft und Heizung, die der Klägerin nicht entstanden seien.
- 5
-
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des LSG aufzuheben und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des SG zurückzuweisen, soweit Kosten für Unterkunft und Heizung in der Zeit vom 1.1.2003 bis zum 31.1.2006 betroffen sind.
- 6
-
Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
- 7
-
Sie hält die Auffassung des LSG für zutreffend.
Entscheidungsgründe
- 8
-
Die Revision des Beklagten ist begründet (§ 170 Abs 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz
) . Das LSG hat zu Unrecht den Beklagten zur Zahlung anteiliger Aufwendungen für Unterkunft und Heizung verurteilt. Die Klägerin hat in dem streitigen Zeitraum von Januar 2003 bis Januar 2006 keinen Bedarf an Kosten der Unterkunft und Heizung, der von dem Beklagten zu decken war.
- 9
-
Gegenstand des Verfahrens sind die Bescheide vom 15.9.2005, 16.9.2005 (zwei Bescheide) sowie die Änderungsbescheide vom 21.9.2005 und 2.12.2005, alle in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 9.3.2006. Der ursprüngliche Bescheid vom 17.4.2003, mit dem Leistungen der Grundsicherung nach dem GSiG ab 1.1.2003 bewilligt wurden, ist - soweit es den streitbefangenen Zeitraum betrifft - durch die genannten Bescheide, die Gegenstand des Vorverfahrens nach § 86 SGG geworden sind, ersetzt worden. Gegenstand des Verfahrens ist, was vom LSG übersehen wurde, insoweit auch der Bescheid vom 2.12.2005, mit dem der Beklagte in Abänderung des Bescheids vom 15.9.2005 idF des Änderungsbescheids vom 21.9.2005 die Leistungen für den Monat Januar 2006 auf 28,26 Euro festgesetzt hat.
- 10
-
Der Senat hat hinsichtlich der angegriffenen Bescheide nur über die Kosten von Unterkunft und Heizung zu entscheiden, nachdem die Klägerin den ursprünglichen Klagegegenstand, höhere Leistungen nach dem GSiG bzw SGB XII, durch ihren Antrag in der mündlichen Verhandlung vor dem LSG auf die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung zulässigerweise (BSGE 103, 181 ff RdNr 13 = SozR 4-3500 § 42 Nr 2; zum Recht des SGB II: BSGE 97, 217 ff RdNr 18 ff = SozR 4-4200 § 22 Nr 1; BSGE 104, 41 ff RdNr 13 = SozR 4-4200 § 22 Nr 23; BSG, Urteil vom 22.9.2009 - B 4 AS 70/08 R - RdNr 10) beschränkt hat. Bei den Ansprüchen auf Leistungen für Unterkunft und Heizung handelt es sich um abtrennbare selbstständige Ansprüche (BSGE 97, 217 ff RdNr 18 = SozR 4-4200 § 22 Nr 1; BSG, Urteil vom 22.9.2009 - B 4 AS 70/08 R- RdNr 10). Dabei spielt es keine Rolle, dass eine ausdrückliche Ablehnung von Kosten für Unterkunft und Heizung in den angegriffenen Bescheiden im Sinne einer Verfügung fehlt, weil eine solche Ablehnung stillschweigend in den Bewilligungsbescheiden enthalten ist, sich hiergegen der Widerspruch richtete und in dem Widerspruchsbescheid vom 9.3.2006 ausdrücklich eine (den Widerspruch zurückweisende) Entscheidung über Kosten für Unterkunft und Heizung getroffen wurde.
- 11
-
Mangels in Niedersachsen angeordneten Behördenprinzips (vgl § 70 Nr 3 SGG) richtet sich die Klage zu Recht gegen den Rechtsträger, hier den Landkreis Cuxhaven als sachlich (§ 1 des Niedersächsischen Gesetzes zur Ausführung des Gesetzes über eine bedarfsorientierte Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung
vom 20.11.2002 - GVBl 728 iVm § 4 Abs 1 und 3 GSiG; ab 1.1.2005 §§ 3 Abs 2, 97 SGB XII iVm dem Niedersächsischen Gesetz zur Ausführung des Zwölften Buchs des Sozialgesetzbuchs vom 16.12.2004 - GVBl 644) und örtlich (§ 4 Abs 1 GSiG; ab 1.1.2005 § 98 Abs 1 Satz 2 SGB XII) zuständigen Träger der Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem GSiG bzw nach dem SGB XII.
- 12
-
Hieran ändert auch nichts, dass die Samtgemeinde Beverstedt die ursprüngliche Entscheidung über Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung getroffen hat; dies beruhte auf § 3 Nds AG-GSiG iVm § 4 des Niedersächsischen Gesetzes zur Ausführung des Bundessozialhilfegesetzes(vom 20.3.1997 - GVBl 85), wonach die Landkreise zur Durchführung der ihnen als Grundsicherungsträger obliegenden Aufgaben unter anderem Samtgemeinden heranziehen können. Hiervon hatte der Landkreis Cuxhaven in der Satzung über der Heranziehung der Gemeinden und Samtgemeinden des Landkreises Cuxhaven sowie der Stadt Langen zur Durchführung von Aufgaben nach dem Gesetz über eine bedarfsorientierte Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung vom 18.12.2002 (Amtsblatt Landkreis Cuxhaven Nr 1 vom 2.1.2003) zunächst Gebrauch gemacht. Dabei kann dahinstehen, ob die Entscheidung der Samtgemeinde eigenverantwortlich in eigenem Namen oder in einem bloßen Auftragsverhältnis zum Landkreis erging; denn die Satzung vom 18.12.2002 trat nach § 7 Abs 2 Nr 2 der Satzung über die Heranziehung der Gemeinden und Samtgemeinden des Landkreises Cuxhaven sowie der Stadt Langen zur Durchführung von Aufgaben nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - vom 8.12.2004 (Amtsblatt Landkreis Cuxhaven Nr 48 vom 30.12.2004) am 1.1.2005 außer Kraft. Zwar sah die (neue) Satzung vom 8.12.2004 für Leistungen nach §§ 41 ff SGB XII die Heranziehung der Samtgemeinde Beverstedt ab 1.1.2005 vor (§ 1 der Satzung). Die mit der Satzung übertragenen Aufgaben wurden aber nach § 7 Abs 1 dieser Satzung ab dem 1.1.2006 wieder vom Landkreis Cuxhaven wahrgenommen.
- 13
-
Wird ein Gesetz mit verwaltungsverfahrensrechtlichem Inhalt während des gerichtlichen Verfahrens geändert, so richtet sich der zeitliche Anwendungsbereich des Gesetzes nach allgemeinen Grundsätzen des intertemporalen Prozessrechts, sofern nicht ein verfassungskonform abweichender Geltungswille des Gesetzes festzustellen ist (BSG SozR 3-4100 § 152 Nr 7 S 17). Danach sind Änderungen des Verfahrensrechts - soweit nichts anderes vorgeschrieben - bei bereits anhängigen Verfahren zu beachten. Deshalb ist das ab 1.1.2006 geltende Recht anzuwenden.
- 14
-
Ob die - vom LSG bejahten - Voraussetzungen für Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem GSiG bzw nach dem SGB XII für den streitigen Zeitraum gegeben sind, kann hier dahingestellt bleiben, weil ein Anspruch auf Leistungen für Unterkunft und Heizung - auf den die Klage beschränkt wurde - unabhängig vom Vorliegen der übrigen Anspruchsvoraussetzungen schon mangels Bedarf ausscheidet. Nach § 3 Abs 1 Nr 2 GSiG umfasst die bedarfsorientierte Grundsicherung die angemessenen tatsächlichen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung. Eine entsprechende Regelung für die Zeit ab 1.1.2005 sieht § 42 Nr 2 SGB XII vor. Danach umfassen die Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung die angemessenen tatsächlichen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung entsprechend § 29 SGB XII. Nach § 29 Abs 1 Satz 1 und Abs 3 Satz 1 werden Leistungen für Unterkunft und Heizung in tatsächlicher Höhe erbracht.
- 15
-
Nach den Feststellungen des LSG hat die Klägerin jedoch keine Aufwendungen für Unterkunft und Heizung. Insoweit kommt nach dem Wortlaut der genannten Bestimmungen nur die Berücksichtigung tatsächlich anfallender Kosten als die Hilfebedürftigkeit begründender Bedarf in Betracht (BSG SozR 4-4200 § 9 Nr 9 RdNr 14),wenn - wie hier - eine hilfebedürftige Person mit nichthilfebedürftigen verwandten oder verschwägerten Personen in Haushaltsgemeinschaft lebt. Die vom LSG herangezogene Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG), die eine Aufteilung der Kosten für Unterkunft und Heizung nach Kopfteilen vorsah, trifft nicht den vorliegenden Sachverhalt. Dort hatte - anders als vorliegend - die Hilfebedürftige über ihren Kopfteil hinausgehende Kosten für Unterkunft und Heizung (BVerwGE 79, 17, 21 f). Die Kopfteilmethode kann deshalb insbesondere zur Vermeidung eines Missbrauchs ihre Rechtfertigung erhalten, wenn überhaupt Kosten der Unterkunft anfallen, insbesondere wenn auch die übrigen Mitglieder des Haushalts hilfebedürftig sind.
Wird während des Vorverfahrens der Verwaltungsakt abgeändert, so wird auch der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Vorverfahrens; er ist der Stelle, die über den Widerspruch entscheidet, unverzüglich mitzuteilen.
(1) Nach Klageerhebung wird ein neuer Verwaltungsakt nur dann Gegenstand des Klageverfahrens, wenn er nach Erlass des Widerspruchsbescheides ergangen ist und den angefochtenen Verwaltungsakt abändert oder ersetzt.
(2) Eine Abschrift des neuen Verwaltungsakts ist dem Gericht mitzuteilen, bei dem das Verfahren anhängig ist.
(1) Zum Einkommen gehören alle Einkünfte in Geld oder Geldeswert. Nicht zum Einkommen gehören
- 1.
Leistungen nach diesem Buch, - 2.
die Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz und nach den Gesetzen, die eine entsprechende Anwendung des Bundesversorgungsgesetzes vorsehen, - 3.
Renten oder Beihilfen nach dem Bundesentschädigungsgesetz für Schaden an Leben sowie an Körper oder Gesundheit bis zur Höhe der vergleichbaren Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz, - 4.
Aufwandsentschädigungen nach § 1835a des Bürgerlichen Gesetzbuchs kalenderjährlich bis zu dem in § 3 Nummer 26 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes genannten Betrag, - 5.
Mutterschaftsgeld nach § 19 des Mutterschutzgesetzes, - 6.
Einnahmen von Schülerinnen und Schülern allgemein- oder berufsbildender Schulen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, aus Erwerbstätigkeiten, die in den Schulferien ausgeübt werden; dies gilt nicht für Schülerinnen und Schüler, die einen Anspruch auf Ausbildungsvergütung haben, - 7.
ein Betrag von insgesamt 520 Euro monatlich bei Leistungsberechtigten, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, und die - a)
eine nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz dem Grunde nach förderungsfähige Ausbildung durchführen, - b)
eine nach § 57 Absatz 1 des Dritten Buches dem Grunde nach förderungsfähige Ausbildung, eine nach § 51 des Dritten Buches dem Grunde nach förderungsfähige berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme oder eine nach § 54a des Dritten Buches geförderte Einstiegsqualifizierung durchführen oder - c)
als Schülerinnen und Schüler allgemein- oder berufsbildender Schulen während der Schulzeit erwerbstätig sind,
- 8.
Aufwandsentschädigungen oder Einnahmen aus nebenberuflichen Tätigkeiten, die nach § 3 Nummer 12, Nummer 26 oder Nummer 26a des Einkommensteuergesetzes steuerfrei sind, soweit diese einen Betrag in Höhe von 3 000 Euro kalenderjährlich nicht überschreiten und - 9.
Erbschaften.
(2) Von dem Einkommen sind abzusetzen
- 1.
auf das Einkommen entrichtete Steuern, - 2.
Pflichtbeiträge zur Sozialversicherung einschließlich der Beiträge zur Arbeitsförderung, - 3.
Beiträge zu öffentlichen oder privaten Versicherungen oder ähnlichen Einrichtungen, soweit diese Beiträge gesetzlich vorgeschrieben oder nach Grund und Höhe angemessen sind, sowie geförderte Altersvorsorgebeiträge nach § 82 des Einkommensteuergesetzes, soweit sie den Mindesteigenbeitrag nach § 86 des Einkommensteuergesetzes nicht überschreiten, und - 4.
die mit der Erzielung des Einkommens verbundenen notwendigen Ausgaben.
(3) Bei der Hilfe zum Lebensunterhalt und Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung ist ferner ein Betrag in Höhe von 30 vom Hundert des Einkommens aus selbständiger und nichtselbständiger Tätigkeit der Leistungsberechtigten abzusetzen, höchstens jedoch 50 vom Hundert der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28. Abweichend von Satz 1 ist bei einer Beschäftigung in einer Werkstatt für behinderte Menschen oder bei einem anderen Leistungsanbieter nach § 60 des Neunten Buches von dem Entgelt ein Achtel der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28 zuzüglich 50 vom Hundert des diesen Betrag übersteigenden Entgelts abzusetzen. Im Übrigen kann in begründeten Fällen ein anderer als in Satz 1 festgelegter Betrag vom Einkommen abgesetzt werden.
(4) Bei der Hilfe zum Lebensunterhalt und Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung ist ferner ein Betrag von 100 Euro monatlich aus einer zusätzlichen Altersvorsorge der Leistungsberechtigten zuzüglich 30 vom Hundert des diesen Betrag übersteigenden Einkommens aus einer zusätzlichen Altersvorsorge der Leistungsberechtigten abzusetzen, höchstens jedoch 50 vom Hundert der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28.
(5) Einkommen aus einer zusätzlichen Altersvorsorge im Sinne des Absatzes 4 ist jedes monatlich bis zum Lebensende ausgezahlte Einkommen, auf das der Leistungsberechtigte vor Erreichen der Regelaltersgrenze auf freiwilliger Grundlage Ansprüche erworben hat und das dazu bestimmt und geeignet ist, die Einkommenssituation des Leistungsberechtigten gegenüber möglichen Ansprüchen aus Zeiten einer Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung nach den §§ 1 bis 4 des Sechsten Buches, nach § 1 des Gesetzes über die Alterssicherung der Landwirte, aus beamtenrechtlichen Versorgungsansprüchen und aus Ansprüchen aus Zeiten einer Versicherungspflicht in einer Versicherungs- und Versorgungseinrichtung, die für Angehörige bestimmter Berufe errichtet ist, zu verbessern. Als Einkommen aus einer zusätzlichen Altersvorsorge gelten auch laufende Zahlungen aus
- 1.
einer betrieblichen Altersversorgung im Sinne des Betriebsrentengesetzes, - 2.
einem nach § 5 des Altersvorsorgeverträge-Zertifizierungsgesetzes zertifizierten Altersvorsorgevertrag und - 3.
einem nach § 5a des Altersvorsorgeverträge-Zertifizierungsgesetzes zertifizierten Basisrentenvertrag.
(6) Für Personen, die Leistungen der Hilfe zur Pflege, der Blindenhilfe oder Leistungen der Eingliederungshilfe nach dem Neunten Buch erhalten, ist ein Betrag in Höhe von 40 Prozent des Einkommens aus selbständiger und nichtselbständiger Tätigkeit der Leistungsberechtigten abzusetzen, höchstens jedoch 65 Prozent der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28.
(7) Einmalige Einnahmen, bei denen für den Monat des Zuflusses bereits Leistungen ohne Berücksichtigung der Einnahme erbracht worden sind, werden im Folgemonat berücksichtigt. Entfiele der Leistungsanspruch durch die Berücksichtigung in einem Monat, ist die einmalige Einnahme auf einen Zeitraum von sechs Monaten gleichmäßig zu verteilen und mit einem entsprechenden Teilbetrag zu berücksichtigen. In begründeten Einzelfällen ist der Anrechnungszeitraum nach Satz 2 angemessen zu verkürzen. Die Sätze 1 und 2 sind auch anzuwenden, soweit während des Leistungsbezugs eine Auszahlung zur Abfindung einer Kleinbetragsrente im Sinne des § 93 Absatz 3 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes oder nach § 3 Absatz 2 des Betriebsrentengesetzes erfolgt und durch den ausgezahlten Betrag das Vermögen überschritten wird, welches nach § 90 Absatz 2 Nummer 9 und Absatz 3 nicht einzusetzen ist.
Tenor
-
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 26. November 2009 aufgehoben, soweit darin über die Regelsatzleistung entschieden worden ist, und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.
Tatbestand
- 1
-
Im Streit sind (nur noch) höhere Regelsatzleistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung für die Zeit vom 1.8.2006 bis 31.7.2007.
- 2
-
Die 1970 geborene Klägerin lebte im streitbefangenen Zeitraum mit ihrer 1941 geborenen Mutter, ihrem 1935 geborenen (mittlerweile verstorbenen) Vater sowie ihrem 1971 geborenen Bruder zusammen. Sie ist schwerbehindert (Grad der Behinderung von 100 unter Zuerkennung der Merkzeichen "G", "H" und "B") und im Arbeitsbereich einer Werkstatt für behinderte Menschen (WfbM) tätig. Seit dem 1.1.2005 erhält sie nach vorangegangenem Bezug von Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung (Grundsicherungsleistungen) nach dem Grundsicherungsgesetz (GSiG) Grundsicherungsleistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII).
- 3
-
Auf Antrag (nach Ablauf des früheren Bewilligungszeitraums) wurden ihr für die Zeit vom 1.8.2006 bis 31.7.2007 Grundsicherungsleistungen bewilligt, und zwar in Höhe von monatlich 254,37 Euro; die Leistung setzt sich zusammen aus Leistungen zum Lebensunterhalt in Höhe von 80 vH des Regelsatzes für Alleinstehende, gekürzt um 10 vH wegen der Möglichkeit, in der WfbM ein Mittagessen einzunehmen, und einem Mehrbedarf wegen Gehbehinderung (Bescheid der im Namen und im Auftrag der Beklagten handelnden Stadt Garbsen vom 17.7.2006; Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 24.10.2006 unter Beteiligung sozial erfahrener Dritter).
- 4
-
Nachdem die Beklagte im Rahmen des Klageverfahrens zugestanden hatte, den Minderungsbetrag wegen der Teilnahmemöglichkeit am Mittagessen von 27,60 Euro auf 26,58 Euro abzusenken, hat das Sozialgericht (SG) den Bescheid vom 17.7.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24.10.2006 "insoweit aufgehoben, als der der Klägerin bewilligte Regelsatz um mehr als 26,58 Euro gekürzt" wurde, und die Klage im Übrigen abgewiesen (Urteil vom 22.6.2007). Nachdem die Beklagte dann im Berufungsverfahren erklärt hatte, an der Regelsatzkürzung wegen des Mittagessens überhaupt nicht mehr festzuhalten, hat das Landessozialgericht (LSG) die Beklagte verurteilt, der Klägerin für die Zeit vom 1.8.2006 bis 31.7.2007 Grundsicherungsleistungen im Alter und bei Erwerbsminderung "unter Ansatz des Eckregelsatzes" zu gewähren, und die Berufung im Übrigen zurückgewiesen (Urteil vom 26.11.2009). Zur Begründung seiner Entscheidung hat es ausgeführt, hinsichtlich geltend gemachter Kosten für Unterkunft und Heizung fehle es an dem erforderlichen Vorverfahren; die Klage beschränke sich deshalb auf den Regelsatz. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) sei der für die Klägerin maßgebliche Regelsatz der eines Haushaltsvorstandes bzw einer Alleinstehenden in Höhe des Eckregelsatzes (100 vH). Die typisierende Annahme einer Haushaltsersparnis auf der Grundlage der Regelsatzverordnung (RSV) von 20 vH sei nur gerechtfertigt, wenn die zusammenlebenden Personen bei Bedürftigkeit eine Bedarfsgemeinschaft im Sinne des Sozialgesetzbuchs Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) oder eine Einsatzgemeinschaft iS von § 19 SGB XII bildeten bzw bilden würden. Dies sei vorliegend nicht der Fall. Soweit es die Abzüge für Mittagessen betreffe, habe sich der Streit mittlerweile durch ein angenommenes Anerkenntnis erledigt.
- 5
-
Mit ihrer Revision rügt die Beklagte einen Verstoß gegen § 3 Abs 1 Satz 3 RSV. Dass das LSG die Klägerin in den Kreis derer einbeziehe, die die volle Regelleistung erhielten, beruhe auf einer unzulässigen richterlichen Rechtsfortbildung. Der allgemeine Gleichheitssatz (Art 3 Abs 1 Grundgesetz
) erlaube dies nicht. Der Wortlaut von § 3 Abs 1 Satz 2 und 3 RSV sei eindeutig und spreche gegen die vom LSG vorgenommene Ausweitung. Die Annahme eines in bestimmter Höhe verminderten Bedarfs wegen Haushaltsersparnis sei nach der RSV an das Bestehen einer reinen Haushaltsgemeinschaft geknüpft und damit mit den Begriffen des Haushaltsvorstands und Haushaltsangehörigen verbunden. Der Gesetzgeber habe sich ausdrücklich gegen ein deckungsgleiches Leistungsniveau im SGB II und SGB XII entschieden und bewusst an mehreren Stellen Unterschiede verankert. Selbst wenn eine Ungleichbehandlung nach Art 3 Abs 1 GG vorläge, seien die Fachgerichtsbarkeiten ebenso wenig wie das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) berechtigt, eine betroffene Vorschrift für nichtig zu erklären, weil zur Behebung des verfassungswidrigen Zustandes mehrere Lösungen zur Verfügung stünden.
- 6
-
Die Beklagte beantragt sinngemäß,
das Urteil des LSG abzuändern und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des SG insgesamt zurückzuweisen.
- 7
-
Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
- 8
-
Sie ist der Ansicht, das LSG habe zu Recht entschieden, dass die Beklagte den Eckregelsatz im Rahmen der Grundsicherungsleistungen für den streitigen Zeitraum zu gewähren habe.
Entscheidungsgründe
- 9
-
Die Revision der Beklagten ist im Sinne der Aufhebung des Urteils des LSG und der Zurückverweisung der Sache an dieses Gericht begründet, soweit es die Regelsatzleistung betrifft (§ 170 Abs 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz
) . Es fehlen ausreichende tatsächliche Feststellungen (§ 163 SGG), die ein abschließendes Urteil über deren Höhe ermöglichten. Allerdings ist der Klägerin für die Zeit vom 1.8.2006 bis 30.6.2007 nominal der Eckregelsatz (100 vH) zuzugestehen, wenn die Anspruchsvoraussetzungen für die Grundsicherungsleistungen vorliegen, über die ebenfalls nicht abschließend entschieden werden kann.
- 10
-
Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid vom 17.7.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24.10.2006 (§ 95 SGG), gegen den sich die Klägerin mit einer kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 und 4, § 56 SGG) wendet, soweit die Beklagte höhere Regelsatzleistungen abgelehnt hat. Insoweit wird das LSG allerdings nach der Zurückverweisung zu überprüfen haben, ob weitere Bescheide ergangen sind, die Gegenstand des Verfahrens nach § 96 Abs 1 SGG geworden sind. Nach Aktenlage sind Bescheide vom 6.3. und 20.6.2007 ersichtlich, die ggf die streitbefangenen Verfügungen im Bescheid vom 17.7.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids teilweise erledigt haben (§ 39 Abs 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz -
) .
- 11
-
In der Sache ist Gegenstand des Revisionsverfahrens nur noch die der Klägerin im Rahmen der Grundsicherungsleistungen zustehende Regelsatzleistung. Zwar hat die Klägerin ihre Klage selbst zunächst nicht ausdrücklich beschränkt. Der Senat hat aber über die Kosten der Unterkunft nicht zu entscheiden, weil die Klägerin keine Revision gegen das insoweit zurückweisende Urteil des LSG eingelegt hat und es sich nach der Rechtsprechung des Senats bei den Kosten der Unterkunft um eine streitgegenständlich abtrennbare Leistung handelt (vgl nur BSGE 103, 181 ff RdNr 13 mwN = SozR 4-3500 § 42 Nr 2). Ein der Klägerin möglicherweise zustehender höherer Mehrbedarf für behinderte Menschen nach § 30 SGB XII ist ebenfalls nicht Gegenstand des Revisionsverfahrens. Das SG hat höhere Leistungen insoweit ausdrücklich abgelehnt, und die Klägerin hat ihre Berufung ausdrücklich auf den Regelsatz und die Kosten der Unterkunft beschränkt; demgemäß hat das LSG, ohne dass die Klägerin deswegen Revision eingelegt hätte, über einen Mehrbedarf auch nicht entschieden.
- 12
-
Entgegen der Ansicht des LSG ist die Kürzung wegen kostenloser Essenseinnahme allerdings kein eigener Streitgegenstand, der sich damit auch nicht erledigt haben kann - wie das LSG meint -, sondern lediglich ein Berechnungselement der Grundsicherungsleistung (vgl BSGE 103, 153 ff RdNr 12 = SozR 4-4200 § 12 Nr 13). Ebenso wenig handelt es sich bei den Erklärungen der Beklagten über die Minderung der Leistung wegen des kostenlosen Essens um Anerkenntnisse (§ 101 Abs 2 SGG), weil sie keine (Teil-)Ansprüche anerkennen, sondern nur die Aussage beinhalten, bei der Gesamtberechnung der Leistung die Abzüge nicht mehr vornehmen zu wollen, wie das SG richtig erkannt hat (vgl dazu: Hauck in Hennig, SGG, § 101 RdNr 45, Stand Dezember 2008; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl 2008, § 101 RdNr 19; Breitkreuz in Breitkreuz/Fichte, SGG, 2009, § 101 RdNr 17; Roller in Lüdtke, SGG, 3. Aufl 2009, § 101 RdNr 27). Die Voraussetzungen eines wirksamen Prozessvergleichs liegen ebenfalls nicht vor; inwieweit sich ggf aus den Erklärungen der Beteiligten materiellrechtliche Bindungswirkungen ergeben, muss zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht entschieden werden.
- 13
-
Mangels in Niedersachsen angeordneten Behördenprinzips (vgl § 70 Nr 3 SGG) richtet sich die Klage gemäß § 70 Nr 1 SGG gegen die Region Hannover. Hieran ändert nichts, dass die Stadt Garbsen den Bescheid vom 17.7.2006 erlassen hat. Denn nach § 8 Abs 1 Satz 1 des Niedersächsischen Ausführungsgesetzes zum SGB XII (AG SGB XII) vom 16.12.2004 (Gesetz- und Verordnungsblatt
644) kann die Region Hannover zur Durchführung der ihr als örtlichem Sozialhilfeträger (dazu später) obliegenden Aufgaben durch Satzung oder öffentlich-rechtlichen Vertrag regionsangehörige Gemeinden heranziehen. Von dieser Möglichkeit hat sie zwar Gebrauch gemacht (§ 1 der Satzung über die Heranziehung von regionsangehörigen Städten und Gemeinden zur Durchführung der der Region Hannover als örtlichem Träger der Sozialhilfe obliegenden Aufgaben nach dem SGB XII vom 14.12.2004 in der Fassung vom 7.3.2006 - Gemeinsames Amtsblatt für die Region Hannover und die Landeshauptstadt Hannover Nr 14 vom 6.4.2006); jedoch handelt die herangezogene kommunale Körperschaft gemäß § 9 Abs 4 AG SGB XII im Namen des örtlichen Trägers der Sozialhilfe, der damit der richtige Beteiligte bleibt(vgl hierzu auch das Senatsurteil vom 9.6.2011 - B 8 SO 11/10 R).
- 14
-
Die Beklagte ist auch der örtlich und sachlich zuständige Leistungsträger nach § 3 Abs 2, § 97 Abs 1, § 98 Abs 1 SGB XII iVm § 1 Satz 1 und § 6 Abs 1 AG SGB XII. Sie ist Gesamtrechtsnachfolgerin des Landkreises Hannover und nimmt dessen Aufgaben wahr (§§ 2, 3 Abs 3 Gesetz über die Region Hannover vom 5.6.2001 - GVBl 348). Die Heranziehung der Stadt Garbsen nach § 99 Abs 1 SGB XII iVm § 8 Abs 1 AG SGB XII verändert nicht die Zuständigkeit(§ 9 Abs 4 AG SGB XII). Der Senat ist nicht gehindert, die dem Grunde nach nicht revisiblen (§ 162 SGG) landesrechtlichen Vorschriften anzuwenden und auszulegen, weil das LSG diese Vorschriften bei seiner Entscheidung unberücksichtigt gelassen hat (vgl nur BSGE 102, 10 ff RdNr 28 = SozR 4-2500 § 264 Nr 2).
- 15
-
Ob die Klägerin einen Anspruch gegen die Beklagte auf höhere Regelsatzleistungen hat, bestimmt sich nach § 19 Abs 2 SGB XII(idF, die die Norm durch das Gesetz zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch vom 27.12.2003 - BGBl I 3022 - erhalten hat) iVm § 41 SGB XII(in der Normfassung vom 27.12.2003 bzw ab 7.12.2006 in der Normfassung des Gesetzes zur Änderung des SGB XII und anderer Gesetze vom 2.12.2006 - BGBl I 2670). Nach § 41 Abs 1 SGB XII erhalten auf Antrag Personen mit gewöhnlichem Aufenthalt im Inland, die das 18. Lebensjahr vollendet haben und - nur insoweit ist die Norm vorliegend einschlägig - unabhängig von der jeweiligen Arbeitsmarktlage voll erwerbsgemindert iS von § 43 Abs 2 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch - Gesetzliche Rentenversicherung - (SGB VI) sind und bei denen unwahrscheinlich ist, dass die volle Erwerbsminderung behoben werden kann, Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung, soweit sie ihren Lebensunterhalt nicht aus ihrem Einkommen und Vermögen gemäß §§ 82 bis 84 und 90 SGB XII beschaffen können. Nach § 42 Satz 1 Nr 1 SGB XII(in der Normfassung des Gesetzes zur Vereinfachung der Verwaltungsverfahren im Sozialrecht
vom 21.3.2005 - BGBl I 818 - und ab 7.12.2006 in der Normfassung des Gesetzes vom 2.12.2006) iVm § 28 SGB XII(in der Normfassung des Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch vom 9.12.2004 - BGBl I 3305 - bzw ab 7.12.2006 des Gesetzes vom 2.12.2006) und der auf der Grundlage des § 40 SGB XII erlassenen RSV(vom 3.6.2004 - BGBl I 1067) hat ein Haushaltsvorstand unter diesen Voraussetzungen Anspruch auf 100 vH des Eckregelsatzes (§ 3 Abs 1 Satz 2 RSV); dies gilt auch für Alleinstehende (§ 3 Abs 1 Satz 3 RSV), während die Regelsätze für sonstige Haushaltsangehörige nach § 3 Abs 2 RSV ab Vollendung des 14. Lebensjahres 80 vH des Eckregelsatzes (Nr 2) betragen. Diese beiden Absätze des § 3 RSV sind von der am 1.1.2007 in Kraft getretenen Ersten Verordnung zur Änderung der RSV vom 20.11.2006 (BGBl I 2657) nicht betroffen.
- 16
-
Das LSG hat sich unzutreffenderweise auf die Prüfung der Höhe des Regelsatzes beschränkt, dabei aber weder Feststellungen zu den Anspruchsvoraussetzungen selbst noch zum anzurechnenden Einkommen und Vermögen getroffen; sie sind nachzuholen. Zu Recht ist es allerdings nominal vom Eckregelsatz (100 vH) ausgegangen. Denn die Klägerin ist nach der ständigen Rechtsprechung des Senats, an der festgehalten wird (s dazu näher das Senatsurteil vom 9.6.2011 - B 8 SO 11/10 R), keine Haushaltsangehörige im Sinne der RSV (vgl dazu näher das Senatsurteil vom 9.6.2011, aaO). Da bezogen auf die Minderung des Regelsatzes bzw der Regelleistung nach dem SGB II wegen Annahme einer Haushaltsersparnis für eine unterschiedliche Behandlung zwischen der Personengruppe der SGB-XII- und SGB-II-Leistungsempfänger im Hinblick auf die identische sozialrechtliche Funktion beider Leistungen (Sicherstellung des Existenzminimums) keine sachlichen Gründe erkennbar sind, dürfen normativ Einsparungen bei gemeinsamer Haushaltsführung seit dem 1.1.2005, also mit Inkrafttreten des SGB XII (Gesetz zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch) und des SGB II (Viertes Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003 - BGBl I 2954), nach Maßgabe des Gleichheitssatzes (Art 3 Abs 1 GG) und zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen zwischen dem SGB II und dem SGB XII nur noch berücksichtigt werden, wenn die zusammenlebenden Personen bei Bedürftigkeit eine Bedarfsgemeinschaft iS des § 7 Abs 3 SGB II oder eine Einsatzgemeinschaft iS des § 19 SGB XII bilden bzw bilden würden; das Bestehen einer reinen Haushaltsgemeinschaft von Personen außerhalb von Konstellationen einer Bedarfsgemeinschaft bzw Einsatzgemeinschaft reicht also nicht aus.
- 17
-
Die Klägerin lebte mit ihren Eltern und ihrem Bruder allenfalls in einer (einfachen) Haushaltsgemeinschaft (§ 36 Satz 1 SGB XII aF), weil sie im streitbefangenen Zeitraum über 25 Jahre alt war. Nach § 7 Abs 3 Nr 4 SGB II(hier in der maßgebenden Normfassung des Gesetzes zur Änderung des SGB II und anderer Gesetze vom 24.3.2006 - BGBl I 558) gehören nämlich nur die dem Haushalt angehörenden unverheirateten Kinder unter 25 Jahren zur Bedarfsgemeinschaft; eine Bedarfsgemeinschaft mit ihrem Bruder ist ohnedies abzulehnen. Ebenso wenig lebte sie mit ihren Eltern bzw ihrem Bruder in einer Einsatzgemeinschaft iS des SGB XII. Denn nach § 19 SGB XII bilden Kinder, die dem Haushalt ihrer Eltern oder eines Elternteils angehören, mit diesen nur dann eine Einsatzgemeinschaft, wenn sie minderjährig und unverheiratet sind.
- 18
-
Soweit die Beklagte dem LSG und damit dem Senat eine unzulässige richterliche Rechtsfortbildung vorwirft, ist dies verfehlt. Die Rechtsprechung des Senats beruht vielmehr auf einer verfassungs- und gegenüber dem einfachen Recht ermächtigungskonformen Auslegung des Verordnungsrechts; insoweit geht der Einwand der Beklagten, selbst bei einem Verstoß gegen Art 3 Abs 1 GG durch die RSV seien weder die Fachgerichtsbarkeit noch das BVerfG berechtigt, die betroffene Vorschrift für nichtig zu erklären, ins Leere, weil § 3 Abs 1 RSV unter Berücksichtigung der übergeordneten gesetzlichen Vorgaben nur eine einzige Lösung zulässt(vgl nur Gutzler in juris PraxisKommentar SGB XII
, § 40 SGB XII RdNr 18) . Die Rechtsprechung des Senats wird im Ergebnis durch die Entscheidung des BVerfG vom 9.2.2010 geradezu bestätigt; denn danach ist der Regelbedarf durch den Gesetzgeber selbst, nicht durch Verordnung, zu bestimmen (BVerfGE 125, 175, 223 und 256). Sie trägt in besonderer Weise den Vorgaben des BVerfG Rechnung, indem als Maßstab für die Auslegung der Verordnung die gesetzgeberische Entscheidung im Rahmen des SGB II herangezogen wird. Entgegen der Ansicht der Beklagten verstößt die Auslegung des Senats auch nicht gegen den Verordnungswortlaut; vielmehr wird der Begriff des Haushaltsvorstandes und der des Haushaltsangehörigen unter Rückgriff auf die gesetzgeberische Typisierung für Haushaltseinsparungen im Rahmen gesetzestypischer Gesetzeskonstellationen (Bedarfsgemeinschaft; Einsatzgemeinschaft) ausgelegt (vgl dazu auch Gutzler, aaO, § 40 SGB XII RdNr 18 und § 28 SGB XII RdNr 42), um von der Verfassung nicht gerechtfertigte sachliche Unterschiede auszugleichen (vgl dazu nur Stölting/Greiser, SGb 2010, 631 ff mwN; Eicher in jurisPK-SGB XII, § 21 SGB XII, RdNr 7 ff und 14 ff).
- 19
-
Nach der Zurückverweisung wird das LSG die fehlenden Feststellungen zu den Anspruchsvoraussetzungen und ggf zum Einkommen und Vermögen zu treffen haben. Dabei sei nur vorsorglich darauf hingewiesen, dass § 45 Abs 1 Satz 3 Nr 2 SGB XII(idF, die die Norm durch das Verwaltungsvereinfachungsgesetz vom 21.3.2005 erhalten hat) keine Fiktion der Dauerhaftigkeit einer festzustellenden Erwerbsminderung (s dazu näher: BSGE 106, 62 ff RdNr 15 = SozR 4-3500 § 82 Nr 6; Eicher in jurisPK-SGB XII, § 21 SGB XII RdNr 44 f; Blüggel in jurisPK-SGB XII, § 45 SGB XII RdNr 41 und 52 f) enthält, sondern lediglich verfahrensmäßig eine aufwändige Prüfung für in einer WfbM Beschäftigte vermeiden und den Sozialhilfeträger im Rahmen bestehender Massenverwaltung entlasten soll (BSGE, aaO, RdNr 16); dementsprechend ergibt sich aus dieser Vorschrift auch keine rechtliche oder tatsächliche Bindung der Gerichte, die das Erwerbsvermögen eines Hilfebedürftigen in vollem Umfang selbst festzustellen haben (BSG aaO; vgl auch Blüggel aaO). Da gemäß § 19 Abs 2 Satz 3 SGB XII die Leistungen der Grundsicherung den Hilfen zum Lebensunterhalt nach dem Dritten Kapitel lediglich vorgehen, wären höhere Leistungen zugunsten der Klägerin auch bei fehlender Dauerhaftigkeit einer vollen Erwerbsminderung denkbar(Senatsurteil vom 16.12.2010 - B 8 SO 9/09 R - RdNr 21; vgl dazu auch Eicher, jurisPK-SGB XII, § 21 SGB XII RdNr 9 und 15 ff). Nicht zu beurteilen ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt, ob wegen der streitgegenständlichen Beschränkung des Verfahrens entscheidungserheblich sein wird, bei welchem von mehreren Bedarfen vorhandenes Einkommen oder Vermögen zu berücksichtigen ist (vgl dazu Coseriu in jurisPK-SGB XII, § 19 SGB XII RdNr 31 ff).
Tenor
-
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landessozialgerichts Hamburg vom 15. September 2009 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.
Tatbestand
- 1
-
Im Streit sind höhere Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch - Sozialhilfe - (SGB XII) für die Monate Januar (14,10 Euro zusätzlich) und Februar 2008 (5,32 Euro zusätzlich).
- 2
-
Der Kläger ist 1942 geboren und lebt in Hamburg mit seiner 1961 geborenen Ehefrau (Beigeladene zu 1) und seinem am 28.1.1990 geborenen Sohn (Beigeladener zu 2) zusammen. Er ist Altersrentner und bezog im (noch) streitbefangenen Zeitraum eine monatliche Altersrente in Höhe von 425,24 Euro. Seine Ehefrau ist berufstätig und erzielte in diesem Zeitraum ein monatliches Arbeitsentgelt in Höhe von 828,88 Euro netto. Für den Beigeladenen zu 2 wurde Kindergeld in Höhe von 154 Euro monatlich gezahlt. Der monatliche Mietzins der Familienwohnung betrug 685,59 Euro, für Hausrat- und Privathaftpflichtversicherung fielen monatlich 14,54 Euro an. Die Beigeladenen zu 1 und 2 erhielten im Januar 2008 (ergänzend) Arbeitslosengeld II (Alg II) nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) von der Beigeladenen zu 3 in Höhe von 203,14 Euro (Beigeladene zu 1) bzw 132,08 Euro (Beigeladener zu 2) und im Februar 2008 in Höhe von 197,83 Euro (Beigeladene zu 1) bzw 128,61 Euro (Beigeladener zu 2).
- 3
-
Die Beklagte bewilligte dem Kläger für die Monate Januar und Februar 2008 Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung unter Berücksichtigung eines den Bedarf nach dem SGB XII der Beigeladenen zu 1 und des Beigeladenen zu 2 überschießenden Einkommens der Beigeladenen zu 1 (zwei Bescheide vom 22.1.2008; Widerspruchsbescheid vom 24.11.2008).
- 4
-
Nachdem sich im anschließenden Klageverfahren die Beklage bereit erklärt hatte, bei der Berechnung des zu berücksichtigenden Einkommens der Beigeladenen zu 1 monatliche Fahrkosten in Höhe von 80 Euro in Abzug zu bringen, sowie keine Einnahmen aus Vermietung in Höhe von 16 Euro monatlich zugrunde zu legen, hat das Sozialgericht (SG) Hamburg die Klage abgewiesen (Urteil vom 31.3.2009). Das Landessozialgericht (LSG) Hamburg hat die Berufung des Klägers mit dem Antrag, das Urteil des SG aufzuheben, die Bescheide der Beklagten vom 22.1.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.11.2008 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, "dem Kläger weitere Leistungen der Grundsicherung für Januar 2008 in Höhe von 14,10 Euro und für Februar 2008 in Höhe von 5,32 Euro zu gewähren", zurückgewiesen (Urteil vom 15.9.2009). Zur Begründung seiner Entscheidung hat das LSG ausgeführt, bei der Berechnung der Grundsicherungsleistungen nach dem SGB XII seien gemäß § 43 Abs 1 Satz 1 SGB XII Einkommen und Vermögen des nicht getrennt lebenden Ehegatten zu berücksichtigen, soweit diese den notwendigen Lebensunterhalt überstiegen. Das Einkommen der Ehefrau betrage unter Einbeziehung der Leistungen nach dem SGB II sowie unter Berücksichtigung berufsbedingter Aufwendungen im Monat Januar 942,14 Euro und im Monat Februar 936,83 Euro. Abzüglich des sozialhilferechtlichen Bedarfs der Beigeladenen zu 1 und 2 und abzüglich eines Freibetrags nach § 82 Abs 3 SGB XII in Höhe von 50 vH des Eckregelsatzes (173,50 Euro) verbleibe berücksichtigungsfähiges Einkommen in Höhe von 14,10 Euro im Monat Januar und 5,32 Euro im Monat Februar 2008. Die Höhe des Freibetrags richte sich nicht nach der günstigeren Vorschrift des § 30 SGB II; denn § 43 Abs 1 Satz 1 SGB XII bestimme ausdrücklich, dass das Einkommen des Ehepartners zu berücksichtigen sei, soweit es dessen Bedarf "nach diesem Buch", also dem SGB XII, übersteige. Ein begründeter Fall im Sinne von § 82 Abs 3 Satz 3 SGB XII, der einen höheren Freibetrag rechtfertige, liege nicht vor; ebenso wenig sei eine abweichende Beurteilung von Verfassungs wegen geboten.
- 5
-
Mit seiner Revision rügt der Kläger einen Verstoß gegen § 82 Abs 3 Satz 3 SGB XII. Es sei ein begründeter Fall im Sinne dieser Regelung anzunehmen, der es rechtfertige, einen § 30 SGB II entsprechenden Freibetrag zu belassen. Dies gebiete auch der Gleichheitssatz des Art 3 GG. Die Tatsache, dass er (der Kläger) aus dem Erwerbsleben ausgeschieden sei, rechtfertige keine Schlechterstellung der Bedarfsgemeinschaft mit seiner Ehefrau und seinem Sohn.
- 6
-
Der Kläger beantragt,
die Urteile des LSG und des SG aufzuheben, die Bescheide der Beklagten vom 22.1.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24.11.2008 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, weitere Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung für den Monat Januar 2008 in Höhe von 14,10 Euro und für Februar 2008 in Höhe von 5,32 Euro zu zahlen.
- 7
-
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
- 8
-
Sie hält die Entscheidung des LSG für zutreffend.
Entscheidungsgründe
- 9
-
1. Die Revision des Klägers ist im Sinne der Zurückverweisung der Sache an das LSG begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz
) . Ob dem Kläger für Januar und Februar 2008 höhere Grundsicherungsleistungen (begrenzt auf 14,10 Euro für Januar und auf 5,32 Euro für Februar 2008) zustehen, kann mangels ausreichender tatsächlicher Feststellungen durch das LSG nicht abschließend entschieden werden. Soweit die Beigeladenen zu 1 und 2 nach Maßgabe des SGB II bedürftig sind und deshalb zu Recht Leistungen nach diesem Gesetz erhalten haben, durfte die Beklagte allerdings - ggf unter Rückgriff auf die Härteregelung des § 82 Abs 3 Satz 3 SGB XII - kein Partnereinkommen berücksichtigen.
- 10
-
2. Gegenstand des Revisionsverfahrens sind die Bescheide vom 22.1.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24.11.2008 (§ 95 SGG),vor dessen Erlass sozial erfahrene Dritte nicht zu beteiligen waren (Gesetz zu § 116 SGB XII und zur Änderung des Hamburgischen Ausführungsgesetzes zum Sozialgerichtsgesetz und weiterer Rechtsvorschriften vom 1.9.2005 - Gesetz- und Verordnungsblatt
385) , soweit höhere Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung für die Monate Januar (beschränkt auf 14,10 Euro) und Februar 2008 (beschränkt auf 5,32 Euro) abgelehnt worden sind. Hiergegen wendet sich der Kläger mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 und 4 SGG iVm § 56 SGG). Richtiger Beklagter ist die Freie und Hansestadt Hamburg; das Hamburgische Ausführungsgesetz zum SGG (vom 16.10.1953, zuletzt geändert durch das Gesetz zu § 116 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch und zur Änderung des Hamburgischen Ausführungsgesetzes zum Sozialgerichtsgesetz und weiterer Rechtsvorschriften vom 1.9.2005) sieht eine Beteiligtenfähigkeit von Behörden gemäß § 70 Nr 3 SGG nicht vor.
- 11
-
3. Bei der Entscheidung, ob der Kläger einen Anspruch auf höhere Leistungen hat, sind grundsätzlich alle Anspruchsvoraussetzungen über Grund und Höhe der Leistungen gemäß § 19 Abs 2 SGB XII(idF, die die Norm durch das Gesetz zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch vom 27.12.2003 - BGBl I 3022 - erhalten hat) iVm § 41 Abs 1 SGB XII(idF, die die Norm durch das Gesetz zur Anpassung der Regelaltersrente an die demografische Entwicklung und Verstärkung der Finanzierungsgrundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung vom 20.4.2007 - BGBl I 554 - erhalten hat) in der Zeit vom 1.1. bis 28.2.2008 zu prüfen (vgl nur BSGE 99, 262 ff RdNr 12 mwN = SozR 4-3500 § 82 Nr 3). Danach können Personen mit gewöhnlichem Aufenthalt im Inland, die die Altersgrenze nach § 41 Abs 2 SGB XII (hier mit Vollendung des 65. Lebensjahres) erreicht haben, und ihren notwendigen Lebensunterhalt (Bedarf) nicht aus Einkommen und Vermögen nach §§ 82 bis 84 und 90 SGB XII beschaffen können, auf Antrag Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung erhalten. Der Kläger hat das 65. Lebensjahr vollendet, im streitbefangenen Zeitraum seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland und auch den erforderlichen Antrag auf Leistungen gestellt. Er kann seinen Bedarf auch nicht aus Einkommen und Vermögen nach §§ 82 bis 84 und 90 SGB XII beschaffen. Allerdings kann nicht endgültig entschieden werden, in welchem Umfang Einkommen einzusetzen ist und ein Bedarf besteht (dazu unter Nr 7 und 8); das LSG hat sich ausschließlich mit der Frage eines Freibetrags entsprechend § 30 SGB II befasst.
- 12
-
4. Zum Einkommen des Klägers gehören nach § 82 Abs 1 Satz 1 SGB XII(idF, die die Norm durch das Gesetz zur Änderung des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 2.12.2006 - BGBl I 2670 - erhalten hat) alle Einkünfte in Geld oder Geldeswert mit Ausnahme der Leistungen nach diesem Buch, des befristeten Zuschlags nach § 24 SGB II, der Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) sowie nach den Gesetzen, die eine entsprechende Anwendung des BVG vorsehen, und der Renten oder Beihilfen nach dem Bundesentschädigungsgesetz für Schaden an Leben sowie an Körper oder Gesundheit, bis zur Höhe der vergleichbaren Grundrente nach dem BVG. Bei Minderjährigen (abweichend dazu § 11 Abs 1 Satz 3 SGB II aF iVm § 7 Abs 3 Nr 4 SGB II: im Haushalt lebende Kinder bis zur Vollendung des 25. Lebensjahrs) ist das Kindergeld dem jeweiligen Kind als Einkommen zuzurechnen, soweit es bei diesem zur Deckung des notwendigen Lebensunterhalts benötigt wird (§ 82 Abs 1 Satz 2 SGB XII).
- 13
-
Danach ist jedenfalls die Altersrente des Klägers als dessen Einkommen zu berücksichtigen. Ob und ggf in welcher Höhe davon Beträge nach § 82 Abs 2 SGB XII abzusetzen sind - etwa gesetzlich vorgeschriebene oder nach Grund und Höhe angemessene Beiträge zu öffentlichen oder privaten Versicherungen oder ähnlichen Einrichtungen - muss das LSG ggf prüfen. Dies gilt namentlich für die Hausrat- (zur Angemessenheit einer Hausratversicherung bei der Leistung von Arbeitslosenhilfe
BSGE 94, 109 ff RdNr 36 ff = SozR 4-4220 § 3 Nr 1; Schleswig-Holsteinisches LSG, Urteil vom 9.3.2011 - L 9 SO 19/09; Niedersächsisches OVG, FEVS 42, 104, 108) sowie die Privathaftpflichtversicherung (zur Angemessenheit einer Haftpflichtversicherung bei der Alhi BSG aaO; BVerwGE 118, 211 ff; Niedersächsisches OVG aaO). Diese sind zwar nach den Feststellungen des LSG von der Beklagten beim Kläger berücksichtigt worden. Ob der Kläger und nicht etwa die Beigeladene zu 1 Versicherungsnehmer ist und ggf auch die Beiträge geleistet hat, lässt sich den Feststellungen des LSG jedoch nicht entnehmen. Da sowohl bei Bedarfsgemeinschaften nach dem SGB II (BSGE 97, 217 ff RdNr 12 ff = SozR 4-4200 § 22 Nr 1; BSGE 100, 83 ff RdNr 30 = SozR 4-4200 § 20 Nr 6) als auch bei Einsatzgemeinschaften nach dem SGB XII (BVerwG, Urteil vom 22.10.1992 - 5 C 65.88 -, FEVS 43, 268, 271; Coseriu in juris PraxisKommentar SGB XII, § 19 SGB XII RdNr 25; Grube in Grube/Wahrendorf, SGB XII, 3. Aufl 2010, § 19 SGB XII RdNr 11; Adolph in Linhart/Adolph, SGB II/SGB XII/AsylbLG, § 19 SGB XII RdNr 17, Stand Januar 2008) , mithin auch zwingend bei gemischten Bedarfsgemeinschaften, über individuelle Einzelansprüche zu entscheiden ist, wird das LSG deshalb prüfen müssen, ob die Absetzbeträge bei dem Kläger oder der Beigeladenen zu 1 zu berücksichtigen sind (vgl dazu BSGE 100, 139 ff RdNr 21 = SozR 4-3500 § 82 Nr 4). Dies gilt umso mehr, als vorliegend unterschiedliche Leistungsträger hiervon betroffen sein können. Es könnte sich anbieten, die Beiträge - ähnlich den Kosten für Unterkunft und Heizung (vgl insoweit: BVerwGE 79, 17 ff; BSGE 97, 265 ff RdNr 28 = SozR 4-4200 § 20 Nr 3) - unabhängig von dem jeweiligen Versicherungsnehmer "nach Köpfen" aufzuteilen. Dies bedarf hier noch keiner abschließenden Entscheidung, weil nicht feststeht, ob nicht bereits aus anderen Gründen die beantragten höheren Leistungen zu zahlen sind.
- 14
-
Ob das für den Beigeladenen zu 2 gezahlte Kindergeld als Einkommen des Klägers im Februar 2008 zu berücksichtigen ist und dessen Bedarf entsprechend mindert, lässt sich ebenfalls nicht abschließend entscheiden. Der gemeinsame Sohn ist am 26.1.1990 geboren, also am 26.1.2008 volljährig geworden. Nach der Zuordnungsregelung des § 82 Abs 1 Satz 2 SGB XII ist das Kindergeld nur bei minderjährigen Kindern dem jeweiligen Kind als Einkommen zuzurechnen; bei volljährigen Kindern ist es hingegen sozialhilferechtlich grundsätzlich eine Einnahme dessen, an den es (als Leistungs- oder Abzweigungsberechtigten) ausgezahlt wird (BSGE 99, 137 ff RdNr 22 mwN = SozR 4-1300 § 44 Nr 11). Dies bedeutet, dass das für den Januar 2008 gezahlte Kindergeld als Einkommen des Beigeladenen zu 2 zu berücksichtigen ist. Die Zuordnungsregelung des § 82 Abs 1 Satz 2 SGB XII findet trotz der am 26.1.2008 eingetretenen Volljährigkeit für den gesamten Monat Januar Anwendung, weil das Kindergeld ebenfalls monatlich gezahlt und bis zum Ende des Monats, in dem die Anspruchsvoraussetzungen wegfallen, erbracht wird (§ 66 Abs 2 Einkommensteuergesetz, § 11 Abs 1 Bundeskindergeldgesetz)und für die Berücksichtigung von Einkommen, das den Bedarf im Bedarfszeitraum (Monat) vermindert, der Zeitpunkt des Zuflusses maßgebend ist (BSG SozR 4-3500 § 82 Nr 5 RdNr 14 ff; BSG, Urteil vom 7.5.2009 - B 14 AS 4/08 R - RdNr 15 ff; BVerwGE 108, 296 ff). Für den Monat Februar gilt die Zuordnungsregelung des § 82 Abs 1 Satz 2 SGB XII allerdings nicht mehr. Insoweit wird das LSG festzustellen haben, ob das Kindergeld bedarfsmindernd (und damit von Bedeutung für die Höhe des Individualanspruchs) weiterhin bei dem Beigeladenen zu 2 (ggf als Abzweigungsberechtigten, BSGE 99, 137 ff RdNr 22 ff mwN = SozR 4-1300 § 44 Nr 11) oder aber bei der Beigeladenen zu 1 bzw dem Kläger zu berücksichtigen ist. Im Hinblick auf die unterschiedlichen Zuordnungsregelungen betreffend das Kindergeld im SGB II und SGB XII ist allerdings, soweit es nach den Vorschriften des SGB XII als Einkommen des Klägers zu berücksichtigen wäre, ggf die Härteregelung des § 82 Abs 3 Satz 3 SGB XII anzuwenden(s dazu unter Nr 11).
- 15
-
5. Neben eigenem Einkommen ist nach § 43 Abs 1 SGB XII(idF, die die Norm durch das Gesetz zur Vereinfachung der Verwaltungsverfahren im Sozialrecht vom 21.3.2005 - BGBl I 818 - erhalten hat) auch das Einkommen (und Vermögen) des nicht getrennt lebenden Ehegatten (Beigeladene zu 1) oder Lebenspartners sowie des Partners einer eheähnlichen Gemeinschaft, die dessen notwendigen Lebensunterhalt nach diesem Buch übersteigen, nach den §§ 19 und 20 Satz 1 SGB XII zu berücksichtigen. Als Einkommen der Beigeladenen zu 1 ist ihr Einkommen aus Erwerbstätigkeit zu berücksichtigen sowie ggf das Kindergeld (siehe dazu unter Nr 4).
- 16
-
Entgegen der Ansicht des LSG und der Beklagten sind insoweit Leistungen nach dem SGB II hingegen kein anrechenbares Einkommen. Zwar werden neben den "Leistungen nach diesem Buch" Leistungen nach dem SGB II in der Aufzählung des § 82 Abs 1 Satz 1 SGB XII über von der Einkommensberücksichtigung ausgenommenes Einkommen nicht genannt; bei einer gemischten Bedarfsgemeinschaft ist aber auch das Alg II, das der SGB-II-Leistungsberechtigte erhält, in entsprechender Anwendung des § 82 Abs 1 Satz 1 SGB XII wie die Leistungen nach dem SGB XII zu behandeln. Auch das SGB II (§ 11 Abs 1 Satz 1 SGB II) sieht nämlich korrespondierend zum SGB XII (§ 82 Abs 1 Satz 1 SGB XII) eine Nichtberücksichtigung von Leistungen nach dem SGB II als Einkommen vor. Beide Vorschriften bezwecken, existenzsichernde Leistungen nicht als Einkommen einsetzen zu müssen. Dann aber kann bei der gegenseitigen Berücksichtigung von Einkommen bei Mitgliedern einer gemischte Bedarfsgemeinschaft, in der der eine Teil Alg II und der andere Teil Sozialhilfeleistungen erhält, nichts anderes gelten. Dies hat der Gesetzgeber übersehen, der die gemischte Bedarfsgemeinschaft nicht im Blick hatte (Schmidt in jurisPK-SGB XII, § 82 SGB XII RdNr 45). Deshalb kann das an die Beigeladene zu 1 gezahlte Alg II, das nach § 11 Abs 1 Satz 1 SGB II grundsätzlich nicht zum Einkommen gehört, auch nicht - die genannte Vorschrift konterkarierend - über §§ 43 Abs 1, 82 Abs 1 SGB XII als Einkommen Berücksichtigung finden.
- 17
-
Bestätigt wird dies durch den Umgang des Gesetzgebers mit dem Zuschlag nach § 24 SGB II bei der Einkommensberücksichtigung nach dem SGB XII. Der Zuschlag nach § 24 SGB II war im eigentlichen Sinne keine bedürftigkeitsabhängige Leistung(so schon Rixen in Eicher/Spellbrink, SGB II, 1. Aufl 2005, § 24 RdNr 3) und diente deshalb nicht dazu, das soziokulturelle Existenzminimum zu garantieren, sondern finanzielle Härten abzufedern, die durch die Abschaffung der Arbeitslosenhilfe entstehen konnten (BT-Drucks 15/1516, S 47 und 58; Knickrehm in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl 2008, § 24 RdNr 2 und 9; Söhngen in jurisPK-SGB II, 2. Aufl 2007, § 24 RdNr 6). Dementsprechend wurde § 19 Satz 1 SGB II, der die Legaldefinition des Alg II enthält, im Sinne einer Klarstellung(BT-Drucks 16/1410, S 23) durch das Gesetz zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20.7.2006 (BGBl I 1706) mit Wirkung vom 1.8.2006 neu gefasst und der befristete Zuschlag dort nicht mehr als Bestandteil des Alg II, der Kernleistung (vgl dazu Rixen aaO) zur Sicherung des Lebensunterhalts, aufgeführt. Weil der Zuschlag nach § 24 SGB II also keine im engen Sinn bedürftigkeitsabhängige Leistung ist, wurde er durch das Gesetz zur Änderung des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze in § 82 Abs 1 Satz 1 SGB XII ausdrücklich als nicht zu berücksichtigendes Einkommen aufgenommen. In der Gesetzesbegründung hierzu heißt es: "Lebt ein Bezieher von Alg II, der einen Zuschlag nach § 24 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch erhält, jedoch mit einer nach dem Vierten Kapitel des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung) leistungsberechtigten Person in einer Haushaltsgemeinschaft zusammen, so kann der Zuschlag nach § 82 Abs. 1 als Einkommen der nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch leistungsberechtigten Person angerechnet werden. Deren Anspruch auf Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung im Alter reduziert sich dann um den Alg-II-Zuschlag. Der Zuschlag kommt in dieser Fallkonstellation den Begünstigten also nicht zugute und erfüllt damit nicht den Zweck, für den er gezahlt wird. Diese von den persönlichen Lebensumständen verursachte Ungleichbehandlung soll durch die Änderung in § 82 Abs. 1 verhindert werden"(BT-Drucks, 16/2711 S 11 zu Nr 13 Buchst a; kritisch dazu Lücking in Hauck/Noftz, SGB XII, K § 82 RdNr 16a, Stand Juni 2008).
- 18
-
Erst durch Art 21 des Haushaltsbegleitgesetzes (HBegleitG) 2011 vom 9.12.2010 (BGBl I 1885) hat der Gesetzgeber mit Wirkung vom 1.1.2011 die Regelung in § 82 Abs 1 Satz 1 SGB XII über die Nichtberücksichtigung des befristeten Zuschlags nach § 24 SGB II wieder aufgehoben, weil das genannte HBegleitG gleichzeitig § 24 SGB II mit der Begründung gestrichen hat, der befristete Zuschlag sei keine bedürftigkeitsabhängige Leistung. Er sei deshalb weder verfassungsrechtlich geboten, noch trage er zur Funktionsfähigkeit der Grundsicherung für Arbeitsuchende bei (BT-Drucks, 17/3030 S 49 zu Nr 4). Die Begründung, mit der der Zuschlag nach § 24 SGB II in die Regelung des § 82 Abs 1 Satz 1 SGB XII aufgenommen und später wieder gestrichen wurde, belegt geradezu, dass der Gesetzgeber bei bedürftigkeitsabhängigen Leistungen nach dem SGB II, die ohnehin (nur) den notwendigen Lebensunterhalt decken sollen, stillschweigend davon ausgeht, dass sie bei der Einkommensberücksichtigung nach § 82 Abs 1 Satz 1 SGB XII keine Rolle spielen dürfen. Dementsprechend sieht auch § 43 Abs 1 Satz 1 SGB XII eine Einkommensberücksichtigung nur vor, soweit das Einkommen den notwendigen Lebensunterhalt des das Einkommen erzielenden Partners übersteigt, was im Prinzip ausgeschlossen zu sein scheint, wenn dieser selbst existenzsichernde Leistungen bezieht. Es wäre widersinnig, zwar nicht den Zuschlag nach § 24 SGB II, wohl aber bedürftigkeitsabhängige Leistungen nach dem SGB II als Einkommen zu berücksichtigen. Ob es darüber hinaus geboten ist, auch alle sonstigen SGB-II-Leistungen, die nicht ausdrücklich zum Lebensunterhalt erbracht werden, im SGB XII von der Einkommensanrechnung auszunehmen (Brühl in Lehr- und Praxiskommentar SGB XII
, 8. Aufl 2008, § 82 SGB XII RdNr 39; Wahrendorf in Grube/Wahrendorf, SGB XII, 3. Aufl 2010, § 43 SGB XII RdNr 7) , bedarf hier keiner Entscheidung.
- 19
-
6. Bleibt das Alg II damit im Rahmen des § 82 Abs 1 Satz 1 SGB XII gänzlich unberücksichtigt, ist noch zu prüfen, ob die Beigeladene zu 1 mit ihrem (übrigen) Einkommen ihren eigenen Bedarf decken kann, und darüber hinaus einzusetzendes Einkommen zur Verfügung steht, das den Bedarf des Beigeladenen zu 2 und/oder des Klägers mindert. Insoweit ist eine fiktive Berechnung vorzunehmen, bei der zunächst das Einkommen dem sozialhilferechtlichen Bedarf des Partners gegenübergestellt und ein verbleibender Überschuss erst danach bei anderen Personen, den Leistungsberechtigten nach dem SGB XII eingeschlossen, in Anwendung der §§ 19 und 20 Satz 1 SGB XII bedarfsmindernd berücksichtigt wird(dazu unter Nr 7 bis 10). Die Berücksichtigung des Einkommens des Partners darf also nicht dazu führen, dass dieser selbst nach sozialhilferechtlichen Kriterien bedürftig würde (Kreiner in Oestreicher, SGB II/SGB XII, § 43 SGB XII RdNr 3, Stand Juni 2006). Sie erfolgt auch nicht etwa deshalb anders als bei der Hilfe zum Lebensunterhalt, weil nach § 19 Abs 1 Satz 2 SGB XII das Einkommen (und Vermögen) des Leistungsberechtigten und seines Partners "gemeinsam" zu berücksichtigen ist,(Coseriu in jurisPK-SGB XII, § 19 SGB XII RdNr 25; aA Kreiner in Oestreicher, SGB II/SGB XII, § 43 SGB XII RdNr 4, Stand Juni 2006). Die Formulierung in § 19 Abs 1 Satz 2 SGB XII ändert nichts daran, dass die jeweiligen Mitglieder der Einsatzgemeinschaft wie zuvor unter der Geltung des BSHG(BVerwG, Urteil vom 22.10.1992 - 5 C 65.88 -, FEVS 43, 268, 271) Individualansprüche gegen den Sozialhilfeträger haben und derjenige, der nicht bedürftig ist, nicht etwa wegen der "gemeinsamen" Berücksichtigung des Einkommens - anders als bei der Bedarfsgemeinschaft nach dem SGB II - Sozialhilfe beanspruchen könnte (Coseriu aaO; Adolph in Linhart/Adolph, SGB II/SGB XII/AsylbLG, § 19 SGB XII RdNr 17, Stand Januar 2008; Hohm in Schellhorn/Schellhorn/Hohm, SGB XII, 18. Aufl 2010, § 19 SGB XII RdNr 12; Grube in Grube/Wahrendorf, SGB XII, 3. Aufl 2010, § 19 SGB XII RdNr 14; Schoch in LPK-SGB XII, 8. Aufl 2008, § 19 SGB XII RdNr 15 ff).
- 20
-
7. Die Höhe des notwendigen Bedarfs des Partners und dessen einzusetzenden Einkommens richtet sich allein nach den Vorschriften des SGB XII. Dies ergibt sich schon aus den Worten "nach diesem Buch" in § 43 Abs 1 SGB XII(Coseriu in jurisPK-SGB XII, § 19 SGB XII RdNr 35 f). Besonderheiten bei gemischten Bedarfsgemeinschaften, die sich aus dem Regelungskonzept des SGB II ergeben, ist mithilfe von Härteregelungen Rechnung zu tragen (Coseriu, aaO, RdNr 36; Stölting/Greiser, SGb 2010, 631, 635; zur Berücksichtigung von Vermögen bei gemischten Bedarfsgemeinschaften vgl BSGE 100, 131 ff = SozR 4-3500 § 90 Nr 3; siehe unten), weil die Leistungssysteme nur unzulänglich aufeinander abgestimmt sind (Eicher in jurisPK-SGB XII, § 21 SGB XII RdNr 14; Grube in Grube/Wahrendorf, SGB XII, 3. Aufl 2010, § 19 RdNr 28). Umgekehrt sind Leistungen nach dem SGB II bei gemischten Bedarfsgemeinschaften anhand der gesetzlich vorgesehenen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II zu bestimmen, nicht nach dem SGB XII (BSG SozR 4-4200 § 9 Nr 5 RdNr 40); dies gilt jedenfalls dann, wenn die vom Leistungsausschluss nach dem SGB II (§ 7 Abs 1 Satz 1 und Abs 4 Satz 1 SGB II) betroffene Person wegen der anderen Einkommensberechnung nach dem SGB XII auch dort nicht leistungsberechtigt ist (BSG, aaO, RdNr 49), was im Ergebnis eine nach dem SGB XII vergleichende Berechnung des Bedarfs und des Einkommens erfordert. Dabei gilt es allerdings, Zirkelschlüsse zu vermeiden.
- 21
-
8. Welchen (sozialhilferechtlichen) Bedarf (notwendigen Lebensunterhalt) die Beigeladene zu 1 hat, ist den Feststellungen des LSG nicht zu entnehmen. Er richtet sich nach §§ 27 ff SGB XII aF und wird nach § 28 Abs 1 SGB XII aF mit Ausnahme der Leistungen für Unterkunft und Heizung (und der Sonderbedarfe nach §§ 30 bis 34 SGB XII aF, für die vorliegend nichts ersichtlich ist) nach (pauschalierten) Regelsätzen erbracht. Während sich der Regelsatz § 3 Abs 3 der Verordnung zur Durchführung des § 28 SGB XII(RSV - hier in der Fassung, die die Norm durch die Erste Verordnung zur Änderung der Regelsatzverordnung vom 20.11.2006 erhalten hat - BGBl I 2657) iVm § 1 der Verordnung zur Festsetzung der Regelsätze nach § 28 Abs 1 SGB XII vom 26. Juni 2007 (Hamburgisches GVBl 2007, 184) ohne Weiteres entnehmen lässt (hier 312 Euro), können die (angemessenen) Kosten für Unterkunft und Heizung vom Senat nicht geprüft werden, weil das LSG nur die (Gesamt-)Kosten der Familienunterkunft mit 685,59 Euro angibt, ohne sie aufzuschlüsseln.
- 22
-
9. In welcher Höhe Einkommen der Beigeladenen zu 1 zu berücksichtigen ist, kann ebenfalls nicht abschließend geprüft werden. Nach den Feststellungen des LSG betrug ihr Nettoeinkommen im streitbefangenen Zeitraum monatlich 828,88 Euro. Neben den auf das Einkommen entrichteten Steuern (§ 82 Abs 2 Nr 1 SGB XII) sowie den Pflichtbeiträgen zur Sozialversicherung (§ 82 Abs 2 Nr 2 SGB XII), die bei dem Nettoeinkommen bereits in Abzug gebracht sind, sind insbesondere auch die mit der Erzielung des Einkommens verbundenen Ausgaben (§ 82 Abs 2 Nr 4 SGB XII)und ggf Beiträge zu öffentlichen und privaten Versicherungen (§ 82 Abs 2 Nr 3 SGB XII; siehe dazu unter Nr 4) von dem Einkommen abzusetzen. Ob Fahrtkosten in der geltend gemachten Höhe (80 Euro) zu berücksichtigen sind, mag das LSG prüfen. Die in der mündlichen Verhandlung vor dem SG erklärte Bereitschaft der Beklagten, 80 Euro Fahrtkosten als berufsbedingte Aufwendungen zu berücksichtigen, erspart dem LSG diese Prüfung nicht. Insoweit liegt kein Teilanerkenntnis vor, weil der vom Einkommen abzusetzende Betrag ein reines Berechnungselement für die Höhe eines etwaigen Anspruchs des Klägers ist, jedoch nur Ansprüche anerkannt werden können (Senatsurteil vom 9.6.2011 - B 8 SO 1/10 R), mit der in § 101 Abs 2 SGG vorgesehenen Folge, dass ein solches (Teil-)Anerkenntnis den Rechtsstreit hinsichtlich des geltend gemachten Anspruchs bzw durch einzelne Verfügungssätze abtrennbare Teilansprüche hiervon in der Hauptsache erledigt(BSGE 103, 153 ff RdNr 12 = SozR 4-4200 § 12 Nr 13). Als Freibetrag ist zudem nach § 82 Abs 3 Satz 1 SGB XII ein Betrag in Höhe von 30 vH des Einkommens, höchstens jedoch von 50 vH des Eckregelsatzes - hier 173,50 Euro - abzusetzen. Als Einkommen ist neben dem Einkommen aus nichtselbstständiger Tätigkeit ggf auch das Kindergeld zu berücksichtigen (siehe dazu unter Nr 4).
- 23
-
10. Verbleibt bei dem sodann vorzunehmenden Vergleich zwischen Einkommen und Bedarf ein überschießendes Einkommen, ist dieses zunächst bei dem Beigeladenen zu 2 zu berücksichtigen. § 19 Abs 1, § 43 Abs 1 SGB XII enthalten keine Aussage darüber, wie den Bedarf überschießendes Einkommen des nach sozialhilferechtlichen Kriterien Nichtbedürftigen auf die übrigen Mitglieder einer Einsatz- oder hier gemischten Bedarfsgemeinschaft zu verteilen ist. In Frage kommen die Kopfteilmethode, bei der der überschießende Betrag gleichmäßig auf die übrigen Mitglieder der Einsatz- bzw gemischten Bedarfsgemeinschaft verteilt wird, die Verhältnis- oder Prozentmethode, bei der der überschießende Betrag auf die übrigen Mitglieder der Einsatz- oder gemischten Bedarfsgemeinschaft nach deren Verhältnis des individuell ungedeckten zum ungedeckten Gesamtbedarf (anders als nach dem SGB II: Verhältnisberechnung nach dem normativen Bedarf) entfällt, oder schließlich die Kaskadenmethode, bei der der überschießende Betrag zunächst allein bei einer der hilfebedürftigen Personen berücksichtigt wird und nur dann, wenn nach Deckung deren Bedarfs ein Einkommensüberschuss verbleibt, dieser bei einer weiteren hilfebedürftigen Person bedarfsmindernd Berücksichtigung findet (Alber-Noack, ZfSH/SGB 1996, 113, 122 f; Coseriu in jurisPK-SGB XII, § 19 SGB XII RdNr 30; Schoch in LPK-SGB XII, 8. Aufl 2008, § 19 RdNr 33). Zwar ist die Verhältnis- oder Prozentmethode in der Regel die geeignetste (Alber-Noack, ZfSH/SGB 1996, 113, 123); sie entspricht der Unterhaltsberechnung in Mangelfällen (Coseriu aaO; Schoch aaO). Vorliegend ist es aber sachgerecht, das Einkommen abweichend davon nach der Kaskadenmethode zu verteilen und damit einen Einkommensüberschuss zunächst bei dem SGB-II-Leistungsempfänger - hier dem Beigeladenen zu 2 - zu berücksichtigen; eine solche Verteilung des überschießenden Einkommens ermöglicht es, zwei miteinander nicht kompatible Systeme (vgl nur BSG SozR 4-4200 § 9 Nr 5 RdNr 40 mwN) in Einklang zu bringen. Im SGB II gilt nach § 9 Abs 2 Satz 3 SGB II anders als im SGB XII jede Person der Bedarfsgemeinschaft im Verhältnis des eigenen (normativen) Bedarfs zum Gesamtbedarf als hilfebedürftig, wenn in einer Bedarfsgemeinschaft nicht der gesamte Bedarf aus eigenen Kräften und Mitteln gedeckt ist. Es ist mithin zur Berechnung des Leistungsanspruchs des einzelnen Mitglieds einer Bedarfsgemeinschaft nicht nur ihr individueller Bedarf, sondern der Gesamtbedarf aller Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft zu ermitteln, dem sodann das Gesamteinkommen der Bedarfsgemeinschaft gegenüberzustellen ist (vgl nur BSG aaO).
- 24
-
11. Beziehen neben dem Leistungsberechtigten nach dem SGB XII die übrigen Mitglieder der gemischten Bedarfsgemeinschaft Alg II nach dem SGB II, dürfte es zwar in der Regel nicht zu einer Berücksichtigung von Einkommen nach § 43 Abs 1 SGB XII kommen; sollte jedoch - etwa im Hinblick auf großzügigere Freibeträge nach § 30 SGB II - dennoch ein Einkommensüberschuss verbleiben - denkbar insbesondere bei aus zwei Personen bestehenden gemischten Bedarfsgemeinschaften - gilt der Grundsatz, dass die Berechnung der Sozialhilfeleistung nach Maßgabe des SGB XII nicht dazu führen darf, dass Einkommen, das nach der Zielsetzung des SGB II geschont werden soll, gleichwohl zu Gunsten der dem SGB XII unterworfenen Personen verwertet werden muss. Besonderheiten des SGB II können zur Vermeidung einer anderenfalls bestehenden Ungleichbehandlung von gemischten Bedarfsgemeinschaften mit reinen Bedarfsgemeinschaften etwa im Rahmen von Härtefallregelungen - bei Einkommen § 82 Abs 3 Satz 3 SGB XII, bei Vermögen § 90 Abs 3 SGB XII(BSGE 100, 131 ff = SozR 4-3500 § 90 Nr 3) - berücksichtigt werden. Deshalb ist letztlich ggf noch eine Vergleichsberechnung nach Maßgabe des SGB II für die diesem System unterworfenen Personen erforderlich (für den umgekehrten Fall, dass - überschießendes - Einkommen einer dem System des SGB XII unterworfenen Person bei Leistungsberechtigten nach dem SGB II berücksichtigt werden soll: BSG SozR 4-4200 § 9 Nr 5 RdNr 49; siehe dazu unter 7) und ein weiterer Freibetrag nach § 82 Abs 3 Satz 3 SGB XII anzuerkennen(Stölting/Greiser, SGb 2010, 631, 635). Danach kann nämlich abweichend von Abs 3 Satz 1 in begründeten Fällen ein anderer Betrag vom Einkommen abgesetzt werden (BSGE 106, 62 ff RdNr 29 ff = SozR 4-3500 § 82 Nr 6; BSG, Urteil vom 23.3.2010 - B 8 SO 15/08 R - RdNr 18). Die Regelung ist als Öffnungsklausel oder Auffangtatbestand (Schmidt in jurisPK-SGB XII, § 82 SGB XII RdNr 68; Decker in Oestreicher, SGB II/SGB XII, § 82 SGB XII RdNr 106, Stand Juni 2011) zu verstehen, die es dem Sozialhilfeträger insbesondere zur Vermeidung einer Ungleichbehandlung ermöglicht, von einer Einkommensanrechnung ganz oder teilweise abzusehen (BSGE 106, 62 ff RdNr 32 = SozR 4-3500 § 82 Nr 6). § 82 Abs 3 Satz 3 SGB XII ist dabei als generelle Härteklausel für alle denkbaren Einkommen zu verstehen, weil nur so den Gerichten und der Verwaltung die Möglichkeit eingeräumt wird, unbillige Ergebnisse zu vermeiden und bei Leistungen nach unterschiedlichen Grundsicherungssystemen eine Harmonisierung zu erreichen(noch offen gelassen BSG aaO). Es ist auch kein Grund erkennbar, weshalb ein nach § 82 Abs 3 Satz 3 SGB XII begründeter Fall, der ein Abweichen von der Regel des § 82 Abs 3 Satz 2 SGB XII rechtfertigt, um unbillige Ergebnisse zu vermeiden, nur bei Einkommen aus selbstständiger und nichtselbstständiger Tätigkeit des Leistungsberechtigten denkbar sein sollte. § 82 Abs 3 Satz 3 SGB XII ist deshalb auch die einschlägige Norm, um ggf aus der unterschiedlichen Regelung zum Kindergeld resultierende sachwidrige Ergebnisse zu vermeiden(s dazu Nr 4).
- 25
-
Das LSG wird ggf auch über die Kosten des Revisionsverfahrens entscheiden müssen.
Tenor
-
Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 3. Dezember 2010 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Beklagte verurteilt wird, dem Kläger für den Zeitraum vom 1. Oktober 2007 bis 31. Dezember 2007 weitere 27,76 Euro monatlich zu zahlen.
-
Der Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten für das Revisionsverfahren zu erstatten.
Tatbestand
- 1
-
Im Streit ist (nach Abschluss eines Teilvergleichs nur noch) eine um 27,76 Euro monatlich höhere Regelsatzleistung der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII) für die Zeit vom 1.10.2007 bis zum 31.12.2009.
- 2
-
Der 1949 geborene Kläger ist einkommens- und vermögenslos und bezieht seit Jahren Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung. Seit dem 1.10.2007 bewohnt er ein möbliertes Zimmer in P Mit dem Vermieter wurde im "Nutzungsvertrag" eine Inklusivmiete von 245,19 Euro vereinbart. Sie umfasst neben der Überlassung des Zimmers auch die Nutzung von Gemeinschaftsräumen sowie sämtliche Nebenkosten. Der Beklagte bewilligte für die Zeit ab Oktober 2007 Grundsicherungsleistungen; den individuellen Bedarf legte er dabei abweichend vom Regelsatz in Höhe von 347 Euro ua unter Abzug einer Möblierungspauschale in Höhe von 27,76 Euro fest, weil als Kosten der Unterkunft (schon) die Höhe der Inklusivmiete von monatlich 245,19 Euro gewährt wurde (Bescheide vom 11.12.2007, 14.12.2007, 15.1.2008, 8.2.2008 und 24.4.2008; Widerspruchsbescheid vom 13.6.2008; Änderungsbescheid vom 14.1.2009).
- 3
-
Das Sozialgericht Dresden (SG) hat den Beklagten verurteilt, "dem Kläger monatlich Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung in Höhe von 704,78 Euro im Zeitraum 1.10.2007 bis 31.12.2007, in Höhe von 706,70 Euro im Zeitraum 1.1.2008 bis 30.06.2008, in Höhe von 712,76 Euro im Zeitraum 1.7.2008 bis 31.12.2008, in Höhe von 718,08 Euro im Zeitraum 1.1.2009 bis 28.2.2009, in Höhe von 717,72 Euro im Zeitraum 1.3.2009 bis 30.6.2009 und in Höhe von 720,53 Euro im Zeitraum 1.7.2009 bis 31.12.2009 zu zahlen". Zur Begründung seiner Entscheidung hat es ausgeführt, der nach § 28 Abs 1 Satz 2 1. Alt SGB XII vom Regelsatz vorgenommene Abzug einer Möblierungspauschale sei unzulässig. Diese Regelung solle Doppelleistungen im Rahmen der Sozialhilfe verhindern. Ihre Anwendung setze voraus, dass der Bedarf des Leistungsempfängers durch andere Sozialhilfeleistungen ganz oder teilweise gedeckt sei. Gemeint seien dabei andere Leistungen als die der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung, etwa nach dem 5. bis 9. Kapitel des SGB XII, die der Kläger jedoch nicht erhalte. Auch eine Berücksichtigung der in den Kosten der Unterkunft enthaltenen Möblierungspauschale als Einkommen scheide aus. Hierdurch werde der Kläger gegenüber unmöbliert wohnenden Leistungsempfängern nicht privilegiert.
- 4
-
Mit seiner Revision rügt der Beklagte die Verletzung von § 28 Abs 1 Satz 2 SGB XII. Danach seien die Bedarfe abweichend vom Eckregelsatz festzulegen, wenn im Einzelfall ein Bedarf ganz oder teilweise durch andere Sozialhilfeleistungen gedeckt sei. Dies bedeute aber nicht, dass es sich um Sozialhilfeleistungen handeln müsse, die nach anderen Kapiteln des SGB XII gewährt würden. Der Abzug einer im Regelsatz enthaltenen Möblierungspauschale sei vorzunehmen, weil in dem vom Kläger zu zahlenden und von dem Beklagten vollständig übernommenen Nutzungsentgelt bereits ein Anteil für die Nutzung der Möbel enthalten sei. Der Kläger benötige keine eigenen Möbel und müsse auch keine Beträge für die Wiederbeschaffung oder den Erhalt der Möbel ansparen.
- 6
-
Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
- 8
-
In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat haben die Beteiligten einen Teilvergleich geschlossen und darin den Streitgegenstand zeitlich auf den 1.10.2007 bis 31.12.2007 sowie inhaltlich auf die Regelsatzleistung beschränkt. Daneben haben sie sich darüber geeinigt, dass der Kläger im streitbefangenen Zeitraum dauerhaft erwerbsunfähig war und vom dem Kläger zustehenden Regelbedarf in Höhe von 347 Euro 6,53 Euro als Warmwasserpauschale und 15,22 Euro als Stromkostenpauschale abzuziehen sind.
Entscheidungsgründe
- 9
-
Die zulässige Sprungrevision ist nicht begründet (§ 170 Abs 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz
) .
- 10
-
Die Sprungrevision ist zulässig, sie ist insbesondere formgerecht erhoben. Zwar hat der Beklagte als Revisionskläger in seiner fristgerechten Revisionsbegründung entgegen § 164 Abs 2 Satz 3 SGG keinen förmlichen und oder genau formulierten Antrag gestellt; dem Antragserfordernis wird aber ausreichend Rechnung getragen, wenn das mit der Revision erstrebte prozessuale Ziel aus dem Inhalt rechtzeitig eingereichter Schriftsätze erkennbar ist (BSG SozR 1500 § 164 Nr 8 S 8 und Nr 10 S 15; Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 6. Aufl 2011, IX RdNr 312). Der Beklagte hat mit hinreichender Deutlichkeit in der Revisionsbegründung dargetan, dass er die Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils erstrebt. Er widerspricht nämlich in seiner Revisionsbegründung dem Ergebnis und der Begründung des Urteils des SG; er ist der Auffassung, dass der Regelsatz um eine Möblierungspauschale zu kürzen sei.
- 11
-
Gegenstand des Verfahrens ist nach Abschluss des Teilvergleichs allein noch die Höhe der Regelsatzleistung für die Zeit von Oktober bis Dezember 2007, soweit sie im Änderungsbescheid vom 14.1.2009 um die Möblierungspauschale in Höhe von 27,76 Euro vermindert wurde. Der Änderungsbescheid vom 14.1.2009 ist dabei nach § 96 SGG Gegenstand des Verfahrens geworden und hat alle zuvor ergangenen Bescheide, soweit der streitbefangene Zeitraum betroffen ist, ersetzt(vgl § 39 Abs 2 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch - Sozialverwaltungs-verfahren und Sozialdatenschutz
) .
- 12
-
Die Beteiligten durften den Streitgegenstand - wie geschehen - durch Teilvergleich beschränken; ein solcher Vergleich ist möglich und zulässig. Soweit es die zeitliche und inhaltliche Beschränkung auf den Regelsatz betrifft, ist der Abschluss eines Teilvergleichs nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) schon deshalb möglich, weil in zeitlicher Hinsicht lediglich eine Begrenzung erfolgt, die auch im Rahmen einer Bewilligung zulässigerweise vorgenommen werden könnte (BSG, Urteil vom 12.7.2012 - B 14 AS 153/11 R - RdNr 11; BSG, Urteil vom 2.7.2009 - B 14 AS 32/07 R - RdNr 16) und es sich bei der Beschränkung auf den Regelsatz um einen rechtlich abtrennbaren Streitgegenstand handelt (BSGE 103, 181 ff RdNr 13 = SozR 4-3500 § 42 Nr 2; zum Recht des Sozialgesetzbuchs Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende -
: BSGE 97, 217 ff RdNr 18 ff = SozR 4-4200 § 22 Nr 1; BSGE 104, 41 ff RdNr 13 = SozR 4-4200 § 22 Nr 23, und BSG, Urteil vom 22.9.2009 - B 4 AS 70/08 R - RdNr 10). Der Bescheid vom 14.1.2009 enthält insoweit auch abtrennbare Verfügungssätze.
- 13
-
Soweit in einem Teilvergleich einzelne Berechnungselemente - wie hier - konkret bezeichnet und beziffert werden, gilt nichts anderes (BSG SozR 4-3500 § 90 Nr 1 RdNr 14; BSGE 97, 217 ff RdNr 22 = SozR 4-4200 § 22 Nr 1; BSG, Urteil vom 28.11.2002 - B 7 AL 36/01 R - RdNr 15). Während ein Teilanerkenntnis zu Berechnungselementen ausgeschlossen ist, weil nach § 101 Abs 2 SGG nur (Teil-)Ansprüche anerkannt werden können(BSGE 103, 153 ff RdNr 12 = SozR 4-4200 § 12 Nr 13; BSGE 108, 241 ff RdNr 22 = SozR 4-3500 § 82 Nr 8; BSG, Urteil vom 9.6.2011 - B 8 SO 1/10 R - RdNr 12), trifft dies für einen Teilvergleich nicht zu. Ein Rechtssatz, der einen Vergleich über Berechnungselemente ausschließen würde, existiert nicht (vgl § 54 Abs 1 SGB X). Dessen Zulässigkeit folgt nicht zuletzt daraus, dass nach der Rechtsprechung des BSG im Einzelfall auch eine Elementenfeststellungsklage erhoben werden kann, wenn sicher anzunehmen ist, dass durch sie der Streit der Beteiligten insgesamt bereinigt wird (BSGE 31, 235, 240 = SozR Nr 14 zu § 141 SGG Da 8, und BSGE 43, 134, 137 = SozR 4100 § 34 Nr 6 S 8; SozR 3-2500 § 124 Nr 9 S 58; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 55 RdNr 9a). Insoweit besteht - ebenso wie beim Teilvergleich (vgl Diering in Lehr- und Praxiskommentar SGB X, 3. Aufl 2011, § 54 RdNr 11)über Berechnungselemente - nur eine Teilbindungswirkung. Anders als in der Entscheidung des 14. Senats des BSG vom 23.8.2011 - B 14 AS 165/10 R - (SozR 4-4200 § 11 Nr 43 RdNr 16) haben die Beteiligten bei Abschluss des Vergleichs auch gegenseitig nachgegeben (vgl zur weiten Auslegung dieses Kriteriums: Engelmann in von Wulffen, SGB X, 7. Aufl 2010, § 54 RdNr 8; Sprau in Palandt, BGB, 71. Aufl 2012, § 779 RdNr 9 mwN), weil der Kläger einerseits die Kürzung des Regelsatzes um die Energie- und Warmwasserkostenpauschale billigt, andererseits die Kosten der Unterkunft aus dem Verfahren herausgebrochen und vom Beklagten in voller Höhe (Inklusivmiete) erbracht werden. Der Teilvergleich ermöglicht vorliegend eine abschließende Entscheidung, weil sich die Beteiligten in allen Punkten - außer dem streitigen - geeinigt haben; weder wird der Rechtsschutz des Leistungsempfängers verkompliziert noch der Verwaltung zusätzliche Arbeit auferlegt (zum Ganzen Coseriu in juris Praxiskommentar
SGB XII, § 19 SGB XII RdNr 76.3) .
- 14
-
Der Senat weicht damit nicht von den vom 14. Senat des BSG im Urteil vom 23.5.2012 - B 14 AS 148/11 R - dargelegten Grundsätzen ab. Diese Entscheidung betraf eine Teilvereinbarung, wonach die Bedarfsberechnung in den angefochtenen Bescheiden zutreffend erfolgt sei. Insoweit haben die Beteiligten keine Einigung über einzelne Berechnungselemente erzielt, sondern im Ergebnis nur erklärt, dass sie hinsichtlich der Berechnung des Bedarfs keine Einwände erhöben. Die Erklärung der Beteiligten, dass sie übereinstimmend von einem bestimmten Sachverhalt ausgehen, suspendiert die Amtsermittlungspflicht des Gerichts nicht (vgl § 103 Abs 2 SGG); sie entbindet allenfalls Behörden und Gerichte, Tatsachen zu ermitteln, für deren Bestehen weder das Beteiligtenvorbringen noch sonstige Umstände des Einzelfalls Anhaltspunkte liefern. Erklärungen der Beteiligten in einem "Teilvergleich", dass die tatsächlichen Grundlagen des Rechtsstreits aus ihrer Sicht geklärt seien, beeinflussen also nur die Amtsermittlung des Gerichts. Wenn die Annahme naheliegt, dass weitere oder abweichende Tatsachen für die Entscheidung des Rechtsstreits von Bedeutung sind, muss es nach § 103 SGG in eine weitere Ermittlung des tatsächlichen Streitstoffseinsteigen (BSGE 103, 153 ff RdNr 13 = SozR 4-4200 § 12 Nr 13; BSGE 102, 258 ff RdNr 10 = SozR 4-4225 § 1 Nr 1). Ein solcher "Teilvergleich" entfaltet deshalb auch nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats keine Teilbindungswirkung.
- 15
-
Zulässige Klageart ist die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 Satz 1 und Abs 4 iVm § 56 SGG). Dies gilt auch dann, wenn die Leistung ab 1.10.2007 in Abänderung einer früheren Leistungsbewilligung um den Betrag der Möblierungspauschale verringert wurde, die Rechtmäßigkeit der angegriffenen Entscheidung sich also an § 48 Abs 1 SGB X misst. Zwar soll nach der Rechtsprechung des BSG für eine Klage auf Leistung in der Regel das Rechtsschutzbedürfnis fehlen, soweit die ausgesprochene (abgeänderte) Bewilligung reicht, weil diese schon dann wiederhergestellt wird, wenn der abändernde Verwaltungsakt aufgehoben wird (BSGE 48, 33, 34 = SozR 4100 § 44 Nr 19 S 54; BSGE 49, 197 ff, 198 f = SozR 4100 § 119 Nr 11 S 45; BSG SozR 3-4100 § 138 Nr 2 S 8; BSG SozR 4100 § 113 Nr 9 S 52).
- 16
-
Diese Rechtsprechung verkennt aber die Reichweite des verfassungsrechtlich garantierten effektiven Rechtsschutzes aus Art 19 Abs 4 Satz 1 Grundgesetz (GG). Art 19 Abs 4 Satz 1 GG enthält ein Grundrecht auf effektiven und möglichst lückenlosen richterlichen Rechtsschutz gegen Akte der öffentlichen Gewalt (stRspr des BVerfG; zB: BVerfGE 96, 27, 39; 67, 43, 58; 51, 268, 284) und erschöpft sich nicht darin, demjenigen den Rechtsweg zu eröffnen, der geltend macht, durch die öffentliche Gewalt in eigenen Rechten verletzt zu sein; es garantiert auch wirksamen Rechtsschutz im Sinne einer im Tatsächlichen gewährleisteten gerichtlichen Kontrolle (BVerfGE 84, 34, 49; 61, 82, 111; 51, 268, 284; 40, 272, 275; 35, 382, 401). Die Ausgestaltung des Rechtswegs und die Intensität der gerichtlichen Kontrolle müssen auch der Durchsetzung des materiellen Rechts wirkungsvoll dienen, für diesen Zweck also geeignet und angemessen sein (BVerfGE 84, 34, 49; 60, 253, 269). Damit das materielle Recht umfassend und in angemessener Zeit auch tatsächlich verwirklicht (durchgesetzt) werden kann, muss eine richterliche Entscheidung nicht nur der Rechtskraft fähig, sondern (gleich bedeutsam) auch vollstreckbar sein (BSG SozR 3-1500 § 199 Nr 1 S 5 f mwN). Diesem allgemeinen rechtsstaatlichen Grundsatz liefe es zuwider, wenn die gerichtliche Entscheidung, sofern sie nicht schon - wie etwa Gestaltungsurteile nach der isolierten Anfechtungsklage (§ 54 Abs 1 Satz 1 SGG) - ihre Wirkung mit der Rechtskraft aus sich selbst entfaltet, nicht erzwingbar wäre. Im Rahmen der Sozialgerichtsbarkeit ist eine Vollstreckung aus Verwaltungsakten gegen die öffentliche Hand nicht vorgesehen. Ohne eine Vollstreckungsmöglichkeit wäre die Rechtsschutzgarantie damit unvollständig (lückenhaft), weil die richterliche Entscheidung bloße Feststellung, dh folgenlos, bliebe oder ihre Umsetzung - hier eine Leistungsklage aus dem wiederauflebenden Bescheid - für den Berechtigten mit iS von Art 19 Abs 4 Satz 1 GG unzumutbarem Aufwand verbunden sein könnte (BSG aaO; BSGE 50, 82, 83 = SozR 1500 § 54 Nr 40 S 23).
- 17
-
Es bedarf allerdings keiner abschließenden Entscheidung, wie die Rechtsprechung des BSG zum Rechtsschutzbedürfnis für eine Leistungsklage in diesen Fällen zu verstehen ist; jedenfalls vorliegend könnte der Kläger sein Ziel (höhere Leistungen) ohnedies nicht ohne Weiteres allein mit der Anfechtungsklage verwirklichen. Angesichts unzähliger Ausgangs- und Änderungsbescheide, eines Vergleichs in einem Eilverfahren und des Teilvergleichs in der mündlichen Verhandlung wäre bei einer bloßen Aufhebung des Bescheids vom 14.1.2009 die Bescheidlage so unübersichtlich, dass ein Streit über den dann maßgebenden Bescheid nicht auszuschließen wäre. Die Verurteilung zur Leistung ist jedenfalls in einem solchen Fall sachgerecht und erforderlich.
- 18
-
Mangels Anordnung einer Beteiligtenfähigkeit von Behörden (§ 70 Nr 3 SGG) im Land Sachsen (Gesetz über die Justiz im Freistaat Sachsen vom 24.11.2000, zuletzt geändert durch Gesetz vom 8.6.2012 - Gesetz- und Verordnungsblatt -
308, 318) richtet sich die Klage zu Recht gegen den Beklagten als Rechtsträger, der als Landkreis auch der für die Leistung örtlich (§ 10 des Sächsischen Gesetzes zur Ausführung des Sozialgesetzbuchesvom 6.6.2002 - GVBl 168 - zuletzt geändert durch Gesetz vom 27.1.2012 - GVBl 130)und sachlich (§ 97 Abs 1, § 98 Abs 1 Satz 2 SGB XII, § 13 SächsAGSGB) zuständige Träger der Sozialhilfe ist. Sozial erfahrene Dritte waren gemäß § 21 SächsAGSGB vor Erlass des Widerspruchsbescheids nicht nach § 116 Abs 2 SGB XII zu beteiligen.
- 19
-
Ob die Rechtmäßigkeit des durch den angegriffenen Bescheid ersetzten Bescheids an § 48 Abs 1 SGB X oder ob bzw inwieweit der ersetzende Bescheid selbst an §§ 44 ff SGB X zu messen ist oder für die Zeit ab 1.10.2007 ein neuer Bewilligungsabschnitt begann und deshalb die Höhe des Regelsatzes als Neubewilligung allein unter Anwendung der Vorschriften des SGB XII zu prüfen ist, kann hier dahinstehen; denn sieht man von der nach dem Teilvergleich nicht mehr in Streit stehenden Warmwasser- und Stromkostenpauschale ab, steht dem Kläger in jedem Fall der ungekürzte Regelsatz zu. Der Kläger hat einen Anspruch auf (höhere) Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach § 19 Abs 2 SGB XII(in der Fassung des Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch vom 27.12.2003 - BGBl I 3022) iVm § 41 SGB XII(in der Fassung, die die Norm durch das Gesetz zur Änderung des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 2.12.2006 - BGBl I 2670 - erhalten hat). Danach werden Personen mit gewöhnlichem Aufenthalt im Inland, die ihren Lebensunterhalt nicht aus Einkommen und Vermögen beschaffen können, auf Antrag Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Vierten Kapitel des SGB XII gewährt, wenn sie das 65. Lebensjahr bzw die angehobene Altersgrenze vollendet haben oder das 18. Lebensjahr vollendet haben, unabhängig von der jeweiligen Arbeitsmarktlage voll erwerbsgemindert iS von § 43 Abs 2 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch - Gesetzliche Rentenversicherung - (SGB VI) sind und bei ihnen unwahrscheinlich ist, dass die volle Erwerbsminderung behoben werden kann.
- 20
-
Diese Voraussetzungen liegen beim Kläger vor. Er war im streitbefangenen Zeitraum dauerhaft voll erwerbsgemindert sowie einkommens- und vermögenslos. Für diesen Zeitraum steht ihm entgegen der Auffassung des Beklagten eine um 27,76 Euro höhere Regelsatzleistung (§ 28 Abs 2 Satz 1, § 40 SGB XII iVm § 3 Regelsatzverordnung
in der Fassung vom 3.6.2004 - BGBl I 1067) zu, weil die Regelsatzleistung bei der Leistungsbewilligung zu Unrecht um diesen Betrag als "Möblierungspauschale" gekürzt wurde.
- 21
-
Nach § 28 Abs 1 Satz 1 SGB XII(in der Fassung, die die Norm durch das Gesetz vom 2.12.2006 erhalten hat), der über § 42 SGB XII(ebenfalls in der Fassung dieses Gesetzes) auch bei Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung Anwendung findet (BSGE 99, 252 ff RdNr 20 = SozR 4-3500 § 28 Nr 3), wird der gesamte Bedarf des notwendigen Lebensunterhalts außerhalb von Einrichtungen mit Ausnahme von Leistungen für Unterkunft und Heizung und der Sonderbedarfe nach den §§ 30 bis 34 SGB XII nach Regelsätzen erbracht. Die Bedarfe können aber gemäß § 28 Abs 1 Satz 2 SGB XII abweichend festgelegt werden, wenn im Einzelfall ein Bedarf ganz oder teilweise anderweitig gedeckt ist (1. Alt) oder unabweisbar seiner Höhe nach erheblich von einem durchschnittlichen Bedarf abweicht (2. Alt).
- 22
-
Eine abweichende Festlegung des Regelsatzes wegen der Möblierungspauschale - hier nach § 28 Abs 1 Satz 2 1. Alt SGB XII - ist nicht vorzunehmen. Die Vorschrift soll verhindern, dass Träger der Sozialhilfe im Rahmen der Sozialhilfeleistungen gegenüber dem Leistungsempfänger Leistungen doppelt erbringen. Der Anwendungsbereich dieser Norm ist deshalb zur Vermeidung solcher Doppelleistungen nur dann eröffnet, wenn es bei der Gewährung von Sozialhilfeleistungen (vgl dazu grundlegend BSGE 102, 126 ff = SozR 4-3500 § 54 Nr 3) zu Überschneidungen mit den durch den Regelsatz nach § 28 Abs 1 Satz 1 SGB XII pauschal abgegoltenen tatsächlichen Bedarfen kommt. Einer solchen Überschneidung kann nicht im Rahmen der Einkommensberücksichtigung, sondern allein durch Minderung des Bedarfs nach § 28 Abs 1 Satz 2 SGB XII begegnet werden, soweit die Voraussetzungen dieser Vorschrift für eine Absenkung des Regelsatzes vorliegen(BSGE 106, 62 ff RdNr 36 = SozR 4-3500 § 82 Nr 6; BSGE 99, 252 ff RdNr 19 = SozR 4-3500 § 28 Nr 3).
- 23
-
Für eine Anwendung des § 28 Abs 1 Satz 2 1. Alt SGB XII ist es zwar schon ausreichend, dass überhaupt eine Doppelzahlung aus Mitteln der Sozialhilfe erfolgt. Nicht erforderlich ist demgegenüber, dass unterschiedliche Sozialhilfeleistungen - etwa Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung sowie Eingliederungshilfe - aufeinandertreffen. Lediglich Leistungen anderer Sozialleistungsträger schließen eine Anwendung des § 28 Abs 1 Satz 2 1. Alt SGB XII aus, weil diese anders als Sozialhilfeleistungen nicht bei der (vorrangig zu erfolgenden) Berücksichtigung als Einkommen nach § 82 Abs 1 SGB XII ausgeschlossen sind(vgl BSGE 106, 62 ff RdNr 36 = SozR 4-3500 § 82 Nr 6).
- 24
-
Der Regelsatz kann aber nur in dem Umfang abgesenkt werden, in dem der Bedarf des Leistungsberechtigten durch eine anderweitige Leistung tatsächlich ("im Einzelfall") gedeckt wird (BSGE 99, 252 ff RdNr 23 = SozR 4-3500 § 28 Nr 3). Nur hypothetisch anfallende Bedarfe rechtfertigen hingegen keine Absenkung des Regelsatzes, weil dann eine konkrete Bestimmung ersparter Aufwendungen nicht möglich ist (BSG, aaO, RdNr 28); so liegt der Fall hier. Die vom Beklagten angenommenen Ersparnisse des Klägers sind bereits tatsächlich ungewiss und von der individuellen Lebensgestaltung des Klägers abhängig. Ersparte Aufwendungen können noch nicht einmal im Wege der Schätzung (§ 287 Zivilprozessordnung) ermittelt werden. Selbst wenn ihm Möbel in der Wohnung zur Verfügung gestellt wurden, bleibt es ihm überlassen, ob er neben den vorhandenen Gegenständen weitere anschafft, existierende Einrichtungsgegenstände - ggf mit Einverständnis des Vermieters - seinen persönlichen Wünschen entsprechend mit den vorhandenen austauscht oder funktionsuntüchtige bzw verbrauchte Gegenstände ersetzt. Zudem fallen Ausgaben für Möbel und andere Einrichtungsgegenstände, Haushaltsgeräte und deren Instandhaltungskosten nicht typischerweise monatlich an. Der in der Regelleistung enthaltene Anteil muss vielmehr angespart werden, um gegebenenfalls Ersatzbeschaffungen von Einrichtungsgegenständen zu ermöglichen. Daher ist auch bei Leistungsempfängern nach dem SGB XII, die in einer unmöblierten Wohnung wohnen, nicht sicher, ob sie den Anteil, welcher für die Beschaffung von Möbeln im Regelsatz enthalten ist, bis zu ihrem Ausscheiden aus dem Leistungsbezug tatsächlich einsetzen müssen. Letztlich ist es dem Einzelnen überlassen, ob und wann er eine Ersatzbeschaffung für abgenutztes Mobiliar oder Ergänzungskäufe tätigt oder hierauf auch gänzlich verzichtet. Unterliegt das "Ob" der Deckung eines Bedarfs also der individuellen Entscheidung des Leistungsempfängers, ist aber auch aus rechtlichen Gründen eine abweichende Festlegung des Regelsatzes nicht möglich (Gutzler in jurisPK-SGB XII, § 27a SGB XII RdNr 98; Wahrendorf in Grube/Wahrendorf, SGB XII, 4. Aufl 2012, § 27a SGB XII RdNr 31). Derartigen Unwägbarkeiten soll die Pauschalierung des Regelsatzes gerade Rechnung tragen (so schon BSGE 99, 252 ff RdNr 28 = SozR 4-3500 § 28 Nr 3).
- 25
-
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs 1 Satz 1 SGG.
(1) Für Personen, die
- 1.
die Altersgrenze nach § 41 Abs. 2 erreicht haben oder - 2.
die Altersgrenze nach § 41 Abs. 2 noch nicht erreicht haben und voll erwerbsgemindert nach dem Sechsten Buch sind
(2) Für werdende Mütter nach der zwölften Schwangerschaftswoche bis zum Ende des Monats, in welchen die Entbindung fällt, wird ein Mehrbedarf von 17 vom Hundert der maßgebenden Regelbedarfsstufe anerkannt, soweit nicht im Einzelfall ein abweichender Bedarf besteht.
(3) Für Personen, die mit einem oder mehreren minderjährigen Kindern zusammenleben und allein für deren Pflege und Erziehung sorgen, ist, soweit kein abweichender Bedarf besteht, ein Mehrbedarf anzuerkennen
- 1.
in Höhe von 36 vom Hundert der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28 für ein Kind unter sieben Jahren oder für zwei oder drei Kinder unter sechzehn Jahren, oder - 2.
in Höhe von 12 vom Hundert der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28 für jedes Kind, wenn die Voraussetzungen nach Nummer 1 nicht vorliegen, höchstens jedoch in Höhe von 60 vom Hundert der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28.
(4) § 42b Absatz 3 ist entsprechend anzuwenden auf Leistungsberechtigte, die das 15. Lebensjahr vollendet haben.
(5) Für Leistungsberechtigte wird ein Mehrbedarf anerkannt, wenn deren Ernährungsbedarf aus medizinischen Gründen von allgemeinen Ernährungsempfehlungen abweicht und die Aufwendungen für die Ernährung deshalb unausweichlich und in mehr als geringem Umfang oberhalb eines durchschnittlichen Bedarfs für Ernährung liegen (ernährungsbedingter Mehrbedarf). Dies gilt entsprechend für aus medizinischen Gründen erforderliche Aufwendungen für Produkte zur erhöhten Versorgung des Stoffwechsels mit bestimmten Nähr- oder Wirkstoffen, soweit hierfür keine vorrangigen Ansprüche bestehen. Die medizinischen Gründe nach den Sätzen 1 und 2 sind auf der Grundlage aktueller medizinischer und ernährungswissenschaftlicher Erkenntnisse zu bestimmen. Dabei sind auch die durchschnittlichen Mehraufwendungen zu ermitteln, die für die Höhe des anzuerkennenden ernährungsbedingten Mehrbedarfs zugrunde zu legen sind, soweit im Einzelfall kein abweichender Bedarf besteht.
(6) Die Summe des nach den Absätzen 1 bis 5 insgesamt anzuerkennenden Mehrbedarfs darf die Höhe der maßgebenden Regelbedarfsstufe nicht übersteigen.
(7) Für Leistungsberechtigte wird ein Mehrbedarf anerkannt, soweit Warmwasser durch in der Wohnung, in der besonderen Wohnform oder der sonstigen Unterkunft nach § 42a Absatz 2 installierte Vorrichtungen erzeugt wird (dezentrale Warmwassererzeugung) und denen deshalb kein Bedarf für Warmwasser nach § 35 Absatz 5 anerkannt wird. Der Mehrbedarf beträgt für jede leistungsberechtigte Person entsprechend der für sie geltenden Regelbedarfsstufe nach der Anlage zu § 28 jeweils
- 1.
2,3 Prozent der Regelbedarfsstufen 1 und 2, - 2.
1,4 Prozent der Regelbedarfsstufe 4, - 3.
1,2 Prozent der Regelbedarfsstufe 5 oder - 4.
0,8 Prozent der Regelbedarfsstufe 6.
(8) § 42b Absatz 2 ist entsprechend anzuwenden.
(9) Soweit eine Schülerin oder ein Schüler aufgrund der jeweiligen schulrechtlichen Bestimmungen oder schulischen Vorgaben Aufwendungen zur Anschaffung oder Ausleihe von Schulbüchern oder gleichstehenden Arbeitsheften hat, sind sie als Mehrbedarf anzuerkennen.
(10) Für Leistungsberechtigte wird ein Mehrbedarf anerkannt, soweit im Einzelfall ein einmaliger, unabweisbarer, besonderer Bedarf besteht, der auf keine andere Weise gedeckt werden kann und ein Darlehen nach § 37 Absatz 1 ausnahmsweise nicht zumutbar oder wegen der Art des Bedarfs nicht möglich ist.
(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein.
(2) Der Kläger ist beschwert, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig ist. Soweit die Behörde, Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ist Rechtswidrigkeit auch gegeben, wenn die gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.
(3) Eine Körperschaft oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts kann mit der Klage die Aufhebung einer Anordnung der Aufsichtsbehörde begehren, wenn sie behauptet, daß die Anordnung das Aufsichtsrecht überschreite.
(4) Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt werden.
(5) Mit der Klage kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte.
(1) Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Der Verwaltungsakt soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit
- 1.
die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt, - 2.
der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist, - 3.
nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde, oder - 4.
der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist.
(2) Der Verwaltungsakt ist im Einzelfall mit Wirkung für die Zukunft auch dann aufzuheben, wenn der zuständige oberste Gerichtshof des Bundes in ständiger Rechtsprechung nachträglich das Recht anders auslegt als die Behörde bei Erlass des Verwaltungsaktes und sich dieses zugunsten des Berechtigten auswirkt; § 44 bleibt unberührt.
(3) Kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nach § 45 nicht zurückgenommen werden und ist eine Änderung nach Absatz 1 oder 2 zugunsten des Betroffenen eingetreten, darf die neu festzustellende Leistung nicht über den Betrag hinausgehen, wie er sich der Höhe nach ohne Berücksichtigung der Bestandskraft ergibt. Satz 1 gilt entsprechend, soweit einem rechtmäßigen begünstigenden Verwaltungsakt ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt zugrunde liegt, der nach § 45 nicht zurückgenommen werden kann.
(4) § 44 Abs. 3 und 4, § 45 Abs. 3 Satz 3 bis 5 und Abs. 4 Satz 2 gelten entsprechend. § 45 Abs. 4 Satz 2 gilt nicht im Fall des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 1.
(1) Ein Verwaltungsakt ist demjenigen Beteiligten bekannt zu geben, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird. Ist ein Bevollmächtigter bestellt, kann die Bekanntgabe ihm gegenüber vorgenommen werden.
(2) Ein schriftlicher Verwaltungsakt, der im Inland durch die Post übermittelt wird, gilt am dritten Tag nach der Aufgabe zur Post als bekannt gegeben. Ein Verwaltungsakt, der im Inland oder Ausland elektronisch übermittelt wird, gilt am dritten Tag nach der Absendung als bekannt gegeben. Dies gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist; im Zweifel hat die Behörde den Zugang des Verwaltungsaktes und den Zeitpunkt des Zugangs nachzuweisen.
(2a) Mit Einwilligung des Beteiligten können elektronische Verwaltungsakte bekannt gegeben werden, indem sie dem Beteiligten zum Abruf über öffentlich zugängliche Netze bereitgestellt werden. Die Einwilligung kann jederzeit mit Wirkung für die Zukunft widerrufen werden. Die Behörde hat zu gewährleisten, dass der Abruf nur nach Authentifizierung der berechtigten Person möglich ist und der elektronische Verwaltungsakt von ihr gespeichert werden kann. Ein zum Abruf bereitgestellter Verwaltungsakt gilt am dritten Tag nach Absendung der elektronischen Benachrichtigung über die Bereitstellung des Verwaltungsaktes an die abrufberechtigte Person als bekannt gegeben. Im Zweifel hat die Behörde den Zugang der Benachrichtigung nachzuweisen. Kann die Behörde den von der abrufberechtigten Person bestrittenen Zugang der Benachrichtigung nicht nachweisen, gilt der Verwaltungsakt an dem Tag als bekannt gegeben, an dem die abrufberechtigte Person den Verwaltungsakt abgerufen hat. Das Gleiche gilt, wenn die abrufberechtigte Person unwiderlegbar vorträgt, die Benachrichtigung nicht innerhalb von drei Tagen nach der Absendung erhalten zu haben. Die Möglichkeit einer erneuten Bereitstellung zum Abruf oder der Bekanntgabe auf andere Weise bleibt unberührt.
(2b) In Angelegenheiten nach dem Abschnitt 1 des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes gilt abweichend von Absatz 2a für die Bekanntgabe von elektronischen Verwaltungsakten § 9 des Onlinezugangsgesetzes.
(3) Ein Verwaltungsakt darf öffentlich bekannt gegeben werden, wenn dies durch Rechtsvorschrift zugelassen ist. Eine Allgemeinverfügung darf auch dann öffentlich bekannt gegeben werden, wenn eine Bekanntgabe an die Beteiligten untunlich ist.
(4) Die öffentliche Bekanntgabe eines schriftlichen oder elektronischen Verwaltungsaktes wird dadurch bewirkt, dass sein verfügender Teil in der jeweils vorgeschriebenen Weise entweder ortsüblich oder in der sonst für amtliche Veröffentlichungen vorgeschriebenen Art bekannt gemacht wird. In der Bekanntmachung ist anzugeben, wo der Verwaltungsakt und seine Begründung eingesehen werden können. Der Verwaltungsakt gilt zwei Wochen nach der Bekanntmachung als bekannt gegeben. In einer Allgemeinverfügung kann ein hiervon abweichender Tag, jedoch frühestens der auf die Bekanntmachung folgende Tag bestimmt werden.
(5) Vorschriften über die Bekanntgabe eines Verwaltungsaktes mittels Zustellung bleiben unberührt.
(1) Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Dies gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Betroffene vorsätzlich in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat.
(2) Im Übrigen ist ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen. Er kann auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden.
(3) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.
(4) Ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden, werden Sozialleistungen nach den Vorschriften der besonderen Teile dieses Gesetzbuches längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor der Rücknahme erbracht. Dabei wird der Zeitpunkt der Rücknahme von Beginn des Jahres an gerechnet, in dem der Verwaltungsakt zurückgenommen wird. Erfolgt die Rücknahme auf Antrag, tritt bei der Berechnung des Zeitraumes, für den rückwirkend Leistungen zu erbringen sind, anstelle der Rücknahme der Antrag.
(1) Für die Sozialhilfe sachlich zuständig ist der örtliche Träger der Sozialhilfe, soweit nicht der überörtliche Träger sachlich zuständig ist.
(2) Die sachliche Zuständigkeit des überörtlichen Trägers der Sozialhilfe wird nach Landesrecht bestimmt. Dabei soll berücksichtigt werden, dass so weit wie möglich für Leistungen im Sinne von § 8 Nr. 1 bis 6 jeweils eine einheitliche sachliche Zuständigkeit gegeben ist.
(3) Soweit Landesrecht keine Bestimmung nach Absatz 2 Satz 1 enthält, ist der überörtliche Träger der Sozialhilfe für
- 1.
(weggefallen) - 2.
Leistungen der Hilfe zur Pflege nach den §§ 61 bis 66, - 3.
Leistungen der Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten nach den §§ 67 bis 69, - 4.
Leistungen der Blindenhilfe nach § 72
(4) Die sachliche Zuständigkeit für eine stationäre Leistung umfasst auch die sachliche Zuständigkeit für Leistungen, die gleichzeitig nach anderen Kapiteln zu erbringen sind, sowie für eine Leistung nach § 74.
(5) (weggefallen)
(1) Für die Sozialhilfe örtlich zuständig ist der Träger der Sozialhilfe, in dessen Bereich sich die Leistungsberechtigten tatsächlich aufhalten. Diese Zuständigkeit bleibt bis zur Beendigung der Leistung auch dann bestehen, wenn die Leistung außerhalb seines Bereichs erbracht wird.
(1a) Abweichend von Absatz 1 ist im Falle der Auszahlung der Leistungen nach § 34 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 und bei Anwendung von § 34a Absatz 7 der nach § 34c zuständige Träger der Sozialhilfe zuständig, in dessen örtlichem Zuständigkeitsbereich die Schule liegt. Die Zuständigkeit nach Satz 1 umfasst auch Leistungen an Schülerinnen und Schüler, für die im Übrigen ein anderer Träger der Sozialhilfe nach Absatz 1 örtlich zuständig ist oder wäre.
(2) Für die stationäre Leistung ist der Träger der Sozialhilfe örtlich zuständig, in dessen Bereich die Leistungsberechtigten ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Zeitpunkt der Aufnahme in die Einrichtung haben oder in den zwei Monaten vor der Aufnahme zuletzt gehabt hatten. Waren bei Einsetzen der Sozialhilfe die Leistungsberechtigten aus einer Einrichtung im Sinne des Satzes 1 in eine andere Einrichtung oder von dort in weitere Einrichtungen übergetreten oder tritt nach dem Einsetzen der Leistung ein solcher Fall ein, ist der gewöhnliche Aufenthalt, der für die erste Einrichtung maßgebend war, entscheidend. Steht innerhalb von vier Wochen nicht fest, ob und wo der gewöhnliche Aufenthalt nach Satz 1 oder 2 begründet worden ist oder ist ein gewöhnlicher Aufenthaltsort nicht vorhanden oder nicht zu ermitteln oder liegt ein Eilfall vor, hat der nach Absatz 1 zuständige Träger der Sozialhilfe über die Leistung unverzüglich zu entscheiden und sie vorläufig zu erbringen. Wird ein Kind in einer Einrichtung im Sinne des Satzes 1 geboren, tritt an die Stelle seines gewöhnlichen Aufenthalts der gewöhnliche Aufenthalt der Mutter.
(3) In den Fällen des § 74 ist der Träger der Sozialhilfe örtlich zuständig, der bis zum Tod der leistungsberechtigten Person Sozialhilfe leistete, in den anderen Fällen der Träger der Sozialhilfe, in dessen Bereich der Sterbeort liegt.
(4) Für Hilfen an Personen, die sich in Einrichtungen zum Vollzug richterlich angeordneter Freiheitsentziehung aufhalten oder aufgehalten haben, gelten die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 106 und 109 entsprechend.
(5) Für die Leistungen nach diesem Buch an Personen, die Leistungen nach dem Siebten und Achten Kapitel in Formen ambulanter betreuter Wohnmöglichkeiten erhalten, ist der Träger der Sozialhilfe örtlich zuständig, der vor Eintritt in diese Wohnform zuletzt zuständig war oder gewesen wäre. Vor Inkrafttreten dieses Buches begründete Zuständigkeiten bleiben hiervon unberührt.
(6) Soweit Leistungen der Eingliederungshilfe nach Teil 2 des Neunten Buches zu erbringen sind, richtet sich die örtliche Zuständigkeit für gleichzeitig zu erbringende Leistungen nach diesem Buch nach § 98 des Neunten Buches, soweit das Landesrecht keine abweichende Regelung trifft.
(1) Bevor ein Verwaltungsakt erlassen wird, der in Rechte eines Beteiligten eingreift, ist diesem Gelegenheit zu geben, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern.
(2) Von der Anhörung kann abgesehen werden, wenn
- 1.
eine sofortige Entscheidung wegen Gefahr im Verzug oder im öffentlichen Interesse notwendig erscheint, - 2.
durch die Anhörung die Einhaltung einer für die Entscheidung maßgeblichen Frist in Frage gestellt würde, - 3.
von den tatsächlichen Angaben eines Beteiligten, die dieser in einem Antrag oder einer Erklärung gemacht hat, nicht zu seinen Ungunsten abgewichen werden soll, - 4.
Allgemeinverfügungen oder gleichartige Verwaltungsakte in größerer Zahl erlassen werden sollen, - 5.
einkommensabhängige Leistungen den geänderten Verhältnissen angepasst werden sollen, - 6.
Maßnahmen in der Verwaltungsvollstreckung getroffen werden sollen oder - 7.
gegen Ansprüche oder mit Ansprüchen von weniger als 70 Euro aufgerechnet oder verrechnet werden soll; Nummer 5 bleibt unberührt.
(1) Eine Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften, die nicht den Verwaltungsakt nach § 40 nichtig macht, ist unbeachtlich, wenn
- 1.
der für den Erlass des Verwaltungsaktes erforderliche Antrag nachträglich gestellt wird, - 2.
die erforderliche Begründung nachträglich gegeben wird, - 3.
die erforderliche Anhörung eines Beteiligten nachgeholt wird, - 4.
der Beschluss eines Ausschusses, dessen Mitwirkung für den Erlass des Verwaltungsaktes erforderlich ist, nachträglich gefasst wird, - 5.
die erforderliche Mitwirkung einer anderen Behörde nachgeholt wird, - 6.
die erforderliche Hinzuziehung eines Beteiligten nachgeholt wird.
(2) Handlungen nach Absatz 1 Nr. 2 bis 6 können bis zur letzten Tatsacheninstanz eines sozial- oder verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nachgeholt werden.
(3) Fehlt einem Verwaltungsakt die erforderliche Begründung oder ist die erforderliche Anhörung eines Beteiligten vor Erlass des Verwaltungsaktes unterblieben und ist dadurch die rechtzeitige Anfechtung des Verwaltungsaktes versäumt worden, gilt die Versäumung der Rechtsbehelfsfrist als nicht verschuldet. Das für die Wiedereinsetzungsfrist maßgebende Ereignis tritt im Zeitpunkt der Nachholung der unterlassenen Verfahrenshandlung ein.
Die Bedarfe nach diesem Kapitel umfassen:
- 1.
die Regelsätze nach den Regelbedarfsstufen der Anlage zu § 28; § 27a Absatz 3 und Absatz 4 ist anzuwenden; § 29 Absatz 1 Satz 1 letzter Halbsatz und Absatz 2 bis 5 ist nicht anzuwenden, - 2.
die zusätzlichen Bedarfe nach dem Zweiten Abschnitt des Dritten Kapitels sowie Bedarfe nach § 42b, - 3.
die Bedarfe für Bildung und Teilhabe nach dem Dritten Abschnitt des Dritten Kapitels, ausgenommen die Bedarfe nach § 34 Absatz 7, - 4.
Bedarfe für Unterkunft und Heizung - a)
bei Leistungsberechtigten außerhalb von Einrichtungen nach § 42a, - b)
bei Leistungsberechtigten, deren notwendiger Lebensunterhalt sich nach § 27b Absatz 1 Satz 2 oder nach § 27c Absatz 1 Nummer 2 ergibt, in Höhe der nach § 45a ermittelten durchschnittlichen Warmmiete von Einpersonenhaushalten,
- 5.
ergänzende Darlehen nach § 37 Absatz 1 und Darlehen bei am Monatsende fälligen Einkommen nach § 37a.
(1) Liegen die Ergebnisse einer bundesweiten neuen Einkommens- und Verbrauchsstichprobe vor, wird die Höhe der Regelbedarfe in einem Bundesgesetz neu ermittelt.
(2) Bei der Ermittlung der bundesdurchschnittlichen Regelbedarfsstufen nach § 27a Absatz 2 sind Stand und Entwicklung von Nettoeinkommen, Verbraucherverhalten und Lebenshaltungskosten zu berücksichtigen. Grundlage hierfür sind die durch die Einkommens- und Verbrauchsstichprobe nachgewiesenen tatsächlichen Verbrauchsausgaben unterer Einkommensgruppen.
(3) Für die Ermittlung der Regelbedarfsstufen beauftragt das Bundesministerium für Arbeit und Soziales das Statistische Bundesamt mit Sonderauswertungen, die auf der Grundlage einer neuen Einkommens- und Verbrauchsstichprobe vorzunehmen sind. Sonderauswertungen zu den Verbrauchsausgaben von Haushalten unterer Einkommensgruppen sind zumindest für Haushalte (Referenzhaushalte) vorzunehmen, in denen nur eine erwachsene Person lebt (Einpersonenhaushalte), sowie für Haushalte, in denen Paare mit einem Kind leben (Familienhaushalte). Dabei ist festzulegen, welche Haushalte, die Leistungen nach diesem Buch und dem Zweiten Buch beziehen, nicht als Referenzhaushalte zu berücksichtigen sind. Für die Bestimmung des Anteils der Referenzhaushalte an den jeweiligen Haushalten der Sonderauswertungen ist ein für statistische Zwecke hinreichend großer Stichprobenumfang zu gewährleisten.
(4) Die in Sonderauswertungen nach Absatz 3 ausgewiesenen Verbrauchsausgaben der Referenzhaushalte sind für die Ermittlung der Regelbedarfsstufen als regelbedarfsrelevant zu berücksichtigen, soweit sie zur Sicherung des Existenzminimums notwendig sind und eine einfache Lebensweise ermöglichen, wie sie einkommensschwache Haushalte aufweisen, die ihren Lebensunterhalt nicht ausschließlich aus Leistungen nach diesem oder dem Zweiten Buch bestreiten. Nicht als regelbedarfsrelevant zu berücksichtigen sind Verbrauchsausgaben der Referenzhaushalte, wenn sie bei Leistungsberechtigten nach diesem Buch oder dem Zweiten Buch
- 1.
durch bundes- oder landesgesetzliche Leistungsansprüche, die der Finanzierung einzelner Verbrauchspositionen der Sonderauswertungen dienen, abgedeckt sind und diese Leistungsansprüche kein anrechenbares Einkommen nach § 82 oder § 11 des Zweiten Buches darstellen oder - 2.
nicht anfallen, weil bundesweit in einheitlicher Höhe Vergünstigungen gelten.
(5) Die Summen der sich nach Absatz 4 ergebenden regelbedarfsrelevanten Verbrauchsausgaben der Referenzhaushalte sind Grundlage für die Prüfung der Regelbedarfsstufen, insbesondere für die Altersabgrenzungen bei Kindern und Jugendlichen. Die nach Satz 1 für die Ermittlung der Regelbedarfsstufen zugrunde zu legenden Summen der regelbedarfsrelevanten Verbrauchsausgaben aus den Sonderauswertungen sind jeweils mit der sich nach § 28a Absatz 2 ergebenden Veränderungsrate entsprechend fortzuschreiben. Die sich durch die Fortschreibung nach Satz 2 ergebenden Summenbeträge sind jeweils bis unter 0,50 Euro abzurunden sowie von 0,50 Euro an aufzurunden und ergeben die Regelbedarfsstufen (Anlage).
(1) Leistungen nach diesem Buch erhalten Personen, die
- 1.
das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a noch nicht erreicht haben, - 2.
erwerbsfähig sind, - 3.
hilfebedürftig sind und - 4.
ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (erwerbsfähige Leistungsberechtigte).
- 1.
Ausländerinnen und Ausländer, die weder in der Bundesrepublik Deutschland Arbeitnehmerinnen, Arbeitnehmer oder Selbständige noch aufgrund des § 2 Absatz 3 des Freizügigkeitsgesetzes/EU freizügigkeitsberechtigt sind, und ihre Familienangehörigen für die ersten drei Monate ihres Aufenthalts, - 2.
Ausländerinnen und Ausländer, - a)
die kein Aufenthaltsrecht haben oder - b)
deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt,
- 3.
Leistungsberechtigte nach § 1 des Asylbewerberleistungsgesetzes.
(2) Leistungen erhalten auch Personen, die mit erwerbsfähigen Leistungsberechtigten in einer Bedarfsgemeinschaft leben. Dienstleistungen und Sachleistungen werden ihnen nur erbracht, wenn dadurch Hemmnisse bei der Eingliederung der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten beseitigt oder vermindert werden. Zur Deckung der Bedarfe nach § 28 erhalten die dort genannten Personen auch dann Leistungen für Bildung und Teilhabe, wenn sie mit Personen in einem Haushalt zusammenleben, mit denen sie nur deshalb keine Bedarfsgemeinschaft bilden, weil diese aufgrund des zu berücksichtigenden Einkommens oder Vermögens selbst nicht leistungsberechtigt sind.
(3) Zur Bedarfsgemeinschaft gehören
- 1.
die erwerbsfähigen Leistungsberechtigten, - 2.
die im Haushalt lebenden Eltern oder der im Haushalt lebende Elternteil eines unverheirateten erwerbsfähigen Kindes, welches das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, und die im Haushalt lebende Partnerin oder der im Haushalt lebende Partner dieses Elternteils, - 3.
als Partnerin oder Partner der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten - a)
die nicht dauernd getrennt lebende Ehegattin oder der nicht dauernd getrennt lebende Ehegatte, - b)
die nicht dauernd getrennt lebende Lebenspartnerin oder der nicht dauernd getrennt lebende Lebenspartner, - c)
eine Person, die mit der erwerbsfähigen leistungsberechtigten Person in einem gemeinsamen Haushalt so zusammenlebt, dass nach verständiger Würdigung der wechselseitige Wille anzunehmen ist, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen.
- 4.
die dem Haushalt angehörenden unverheirateten Kinder der in den Nummern 1 bis 3 genannten Personen, wenn sie das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, soweit sie die Leistungen zur Sicherung ihres Lebensunterhalts nicht aus eigenem Einkommen oder Vermögen beschaffen können.
(3a) Ein wechselseitiger Wille, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen, wird vermutet, wenn Partner
- 1.
länger als ein Jahr zusammenleben, - 2.
mit einem gemeinsamen Kind zusammenleben, - 3.
Kinder oder Angehörige im Haushalt versorgen oder - 4.
befugt sind, über Einkommen oder Vermögen des anderen zu verfügen.
(4) Leistungen nach diesem Buch erhält nicht, wer in einer stationären Einrichtung untergebracht ist, Rente wegen Alters oder Knappschaftsausgleichsleistung oder ähnliche Leistungen öffentlich-rechtlicher Art bezieht. Dem Aufenthalt in einer stationären Einrichtung ist der Aufenthalt in einer Einrichtung zum Vollzug richterlich angeordneter Freiheitsentziehung gleichgestellt. Abweichend von Satz 1 erhält Leistungen nach diesem Buch,
- 1.
wer voraussichtlich für weniger als sechs Monate in einem Krankenhaus (§ 107 des Fünften Buches) untergebracht ist oder - 2.
wer in einer stationären Einrichtung nach Satz 1 untergebracht und unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 15 Stunden wöchentlich erwerbstätig ist.
(4a) (weggefallen)
(5) Auszubildende, deren Ausbildung im Rahmen des Bundesausbildungsförderungsgesetzes dem Grunde nach förderungsfähig ist, haben über die Leistungen nach § 27 hinaus keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Satz 1 gilt auch für Auszubildende, deren Bedarf sich nach § 61 Absatz 2, § 62 Absatz 3, § 123 Nummer 2 sowie § 124 Nummer 2 des Dritten Buches bemisst.
(6) Absatz 5 Satz 1 ist nicht anzuwenden auf Auszubildende,
- 1.
die aufgrund von § 2 Absatz 1a des Bundesausbildungsförderungsgesetzes keinen Anspruch auf Ausbildungsförderung haben, - 2.
deren Bedarf sich nach den §§ 12, 13 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 1 oder nach § 13 Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 2 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes bemisst und die Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz - a)
erhalten oder nur wegen der Vorschriften zur Berücksichtigung von Einkommen und Vermögen nicht erhalten oder - b)
beantragt haben und über deren Antrag das zuständige Amt für Ausbildungsförderung noch nicht entschieden hat; lehnt das zuständige Amt für Ausbildungsförderung die Leistungen ab, findet Absatz 5 mit Beginn des folgenden Monats Anwendung, oder
- 3.
die eine Abendhauptschule, eine Abendrealschule oder ein Abendgymnasium besuchen, sofern sie aufgrund des § 10 Absatz 3 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes keinen Anspruch auf Ausbildungsförderung haben.
(1) Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Dritten Kapitel ist Personen zu leisten, die ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, insbesondere aus ihrem Einkommen und Vermögen, bestreiten können.
(2) Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Vierten Kapitel dieses Buches ist Personen zu leisten, die die Altersgrenze nach § 41 Absatz 2 erreicht haben oder das 18. Lebensjahr vollendet haben und dauerhaft voll erwerbsgemindert sind, sofern sie ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, insbesondere aus ihrem Einkommen und Vermögen, bestreiten können. Die Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung gehen der Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Dritten Kapitel vor.
(3) Hilfen zur Gesundheit, Hilfe zur Pflege, Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten und Hilfen in anderen Lebenslagen werden nach dem Fünften bis Neunten Kapitel dieses Buches geleistet, soweit den Leistungsberechtigten, ihren nicht getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartnern und, wenn sie minderjährig und unverheiratet sind, auch ihren Eltern oder einem Elternteil die Aufbringung der Mittel aus dem Einkommen und Vermögen nach den Vorschriften des Elften Kapitels dieses Buches nicht zuzumuten ist.
(4) Lebt eine Person bei ihren Eltern oder einem Elternteil und ist sie schwanger oder betreut ihr leibliches Kind bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres, werden Einkommen und Vermögen der Eltern oder des Elternteils nicht berücksichtigt.
(5) Ist den in den Absätzen 1 bis 3 genannten Personen die Aufbringung der Mittel aus dem Einkommen und Vermögen im Sinne der Absätze 1 und 2 möglich oder im Sinne des Absatzes 3 zuzumuten und sind Leistungen erbracht worden, haben sie dem Träger der Sozialhilfe die Aufwendungen in diesem Umfang zu ersetzen. Mehrere Verpflichtete haften als Gesamtschuldner.
(6) Der Anspruch der Berechtigten auf Leistungen für Einrichtungen oder auf Pflegegeld steht, soweit die Leistung den Berechtigten erbracht worden wäre, nach ihrem Tode demjenigen zu, der die Leistung erbracht oder die Pflege geleistet hat.
Tenor
-
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 9. Dezember 2009 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.
Tatbestand
- 1
-
Im Streit sind höhere Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII) für die Zeit vom 1.1. bis 31.7.2005.
- 2
-
Der 1982 geborene Kläger ist schwerbehindert (Grad der Behinderung
von 100 sowie die Nachteilsausgleiche "G", "B" und "H"). Bis einschließlich Januar 2005 zahlte sein Vater Unterhalt. Der Kläger erhält Leistungen der Pflegeversicherung nach der Pflegestufe III und bewohnt mit seiner Mutter eine gemeinsame Wohnung. Bis 31.12.2004 bezog er Leistungen der Grundsicherung nach dem Grundsicherungsgesetz (GSiG) und ab 1.1.2005 Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach §§ 41 ff SGB XII(Bescheid vom 28.4.2005 für Januar 2005, vom 4.4.2005 für Februar bis Juni 2005, vom 23.6.2005 für Juli 2005 und vom 12.7.2005 für August 2005 bis Juni 2006, alle Bescheide erlassen von der Stadt Bad Schwartau im Namen und im Auftrag des Beklagten; Widerspruchsbescheid des Beklagten nach Beteiligung sozial erfahrener Dritter vom 5.10.2005).
- 3
-
Die Klage mit dem Antrag, den Beklagten zu verurteilen, "dem Kläger seit dem 1. Januar 2005 Leistungen der Grundsicherung bei Erwerbsminderung nach dem Vierten Kapitel des Zwölften Buchs Sozialgesetzbuch, insbesondere unter Berücksichtigung der tatsächlichen Unterkunftskosten, des Regelsatzes eines Haushaltsvorstands und der korrespondierenden Mehrbedarfe sowie unter Berücksichtigung eines Mehrbedarfs für kostenaufwändige Ernährung in Höhe von jedenfalls 100 Euro im Monat zu gewähren", hatte teilweise Erfolg. Das Sozialgericht (SG) Schleswig hat den Beklagten verurteilt, "dem Kläger für den Zeitraum seit dem 1. Januar 2005 Leistungen der Grundsicherung bei Erwerbsminderung unter Berücksichtigung der tatsächlichen Aufwendungen für die Unterkunft zu gewähren" und die Klage im Übrigen abgewiesen (Urteil vom 21.1.2008). Die Berufung mit dem Antrag, "den Beklagten zu verurteilen, ihm - dem Kläger - seit dem 1. Januar 2005 Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung unter Berücksichtigung des Regelsatzes eines Haushaltsvorstandes/Alleinstehenden sowie unter Berücksichtigung des Mehrbedarfs für kostenaufwändige Ernährung in Höhe von mindestens 100 Euro im Monat und unter Berücksichtigung der Beiträge für Sterbe-, Haftpflicht-, Hausrat- und Kfz-Haftpflichtversicherung zu gewähren" hat das Schleswig-Holsteinische Landessozialgericht (LSG) zurückgewiesen (Urteil vom 9.12.2009). Zur Begründung seiner Entscheidung hat es ausgeführt, die Berufung sei hinsichtlich der geltend gemachten Versicherungsbeiträge schon unzulässig, weil der Kläger bereits im erstinstanzlichen Verfahren den Streitgegenstand auf die Kosten der Unterkunft, die Höhe des Regelsatzes und die Höhe des Mehrbedarfs für kostenaufwändige Ernährung beschränkt habe. Die Berufung im Übrigen sei unbegründet. Der Kläger habe keinen Anspruch auf den Eckregelsatz eines Haushaltsvorstandes, weil er weder dem zusammen mit seiner Mutter bestehenden Haushalt vorstehe noch neben seiner Mutter einen eigenen Haushalt in der gemeinsam mit ihr bewohnten Wohnung führe. Der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) sei insoweit nicht zu folgen. Dem Kläger stehe auch kein über den bereits bewilligten Betrag von 27,50 Euro (wegen Psoriasis) hinausgehender Mehrbedarf für eine kostenaufwändige Ernährung wegen der geltend gemachten Allergien zu. Den Empfehlungen des Deutschen Vereins sei ein Mehrbedarf nicht zu entnehmen, sodass sein tatsächlicher Mehrbedarf konkret festzustellen sei. Ein Mehrbedarf wegen der Kuhmilch- sowie der Hühnereiweißallergie sei im Alter des Klägers unwahrscheinlich; letztere könne auch durch Weglassen des Nahrungsmittels therapiert werden. Die pauschale Bescheinigung des Hausarztes sei zum Nachweis des Mehrbedarfs ungeeignet. Der Kläger selbst habe nicht dargelegt, auf welche Lebensmittel er verzichten und welche er an deren Stelle erwerben müsse und dass damit Mehrkosten verbunden seien.
- 4
-
Mit seiner Revision macht der Kläger unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Senats eine Verletzung der §§ 42 Satz 1, 28 SGB XII iVm der Regelsatzverordnung (RSV) sowie einen Verstoß gegen Art 3 Abs 1 Grundgesetz (GG) geltend. Wegen der nach Art 3 GG gebotenen Gleichbehandlung könne eine den reduzierten Eckregelsatz begründende Haushaltsersparnis nur dann angenommen werden, wenn die zusammenlebenden Personen eine Bedarfsgemeinschaft nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) oder eine Einsatzgemeinschaft nach § 19 SGB XII bildeten. Daneben rügt der Kläger Verfahrensfehler sowie einen Verstoß gegen § 33 SGB XII. Zu Unrecht habe das LSG hinsichtlich der Versicherungsbeiträge die Berufung als unzulässig angesehen. Mangels Beschränkung des Streitgegenstandes hätte das LSG über die geltend gemachten Versicherungsbeiträge materiell entscheiden müssen. Übernahmefähig seien jedenfalls die Beiträge für die Sterbegeldversicherung nach § 33 SGB XII. Soweit es den ernährungsbedingten Mehrbedarf betreffe, rügt der Kläger eine Verletzung der §§ 42 Satz 1 Nr 3, 30 Abs 5 SGB XII. Der ernährungsbedingte Mehraufwand lasse sich betragsmäßig nicht verallgemeinern. Zu diesem Schluss komme zwar auch das LSG; es habe dann aber die ihm obliegende Pflicht verletzt, den Sachverhalt von Amts wegen zu erforschen, weil es kein Sachverständigengutachten zu der von ihm angezweifelten Kuhmilchallergie des damals anwaltlich nicht vertretenen Klägers eingeholt habe, das einen Mehrbedarf von zumindest 100 Euro bestätigt hätte.
- 5
-
Der Kläger beantragt,
das Urteil des LSG aufzuheben, das Urteil des SG abzuändern, soweit die Klage abgewiesen wurde, und die Bescheide vom 4.4.2005, 28.4.2005 und 23.6.2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 5.10.2005 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, für den Zeitraum vom 1.1. bis 31.7.2005 höhere Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem SGB XII zu zahlen.
- 6
-
Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
- 7
-
Er hält die Entscheidung des LSG für zutreffend.
Entscheidungsgründe
- 8
-
Die Revision des Klägers ist im Sinne der Zurückverweisung der Sache an das LSG begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz
) . Entgegen der Auffassung des LSG war die Berufung insgesamt zulässig. Ob der Kläger in der Zeit vom 1.1. bis 31.7.2005 einen Anspruch auf höhere Grundsicherungsleistungen hat, kann aber mangels ausreichender tatsächlicher Feststellungen durch das LSG zu Grund und Höhe der Leistungen - auch des ernährungsbedingten Mehraufwands - sowie zur Zuständigkeit des Beklagten nicht abschließend entschieden werden, auch wenn ihm entgegen den Ausführungen des LSG im streitbefangenen Zeitraum der Regelsatz für einen Haushaltsvorstand und für Alleinstehende in Höhe von 100 vH (Eckregelsatz) an Stelle des Regelsatzes für Haushaltsangehörige in Höhe von 80 vH des Eckregelsatzes zusteht.
- 9
-
Gegenstand des Revisionsverfahrens sind (nur noch) die Bescheide vom 4.4.2005, vom 28.4.2005 und vom 23.6.2005, alle in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5.10.2005 (§ 95 SGG), soweit (höhere) Leistungen für die Zeit vom 1.1. bis 31.7.2005 abgelehnt worden sind. Der Bescheid vom 28.4.2005 betrifft die Grundsicherungsleistung für den Monat Januar 2005, der Bescheid vom 4.4.2005 die Grundsicherungsleistung für die Zeit vom Februar 2005 bis 30.6.2005. Insoweit ersetzen diese Bescheide durch jeweils höhere Leistungsbewilligungen als zuvor den Bescheid vom 23.12.2004, mit dem ursprünglich die Leistung für den Zeitraum vom 1.1.2005 bis 30.6.2005 bewilligt worden war, aber auch die Bescheide vom 10.2.2005 (Grundsicherungsleistung für Januar 2005) und vom 3.2.2005 (Grundsicherungsleistung für Februar 2005), die sich damit erledigt haben (§ 39 Abs 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz -
) . So wird in den Bescheiden vom 4.4.2005 und vom 28.4.2005 auch ausdrücklich darauf hingewiesen, dass diese Bescheide "alle vorhergehenden Bescheide über die Höhe der Gewährung von Leistungen nach dem Vierten Kapitel des SGB XII" aufheben, "soweit sie sich auf gleiche Zeiträume beziehen". Der Bescheid vom 4.4.2005 nennt zwar nur die Leistung für den Monat Februar 2005 in Höhe von 602,92 Euro; Maßstab für die Inhaltsbestimmung der getroffenen Regelung ist aber der Empfängerhorizont eines verständigen Beteiligten (BSGE 67, 104, 110 = SozR 3-1300 § 32 Nr 2 S 11). Danach regelt der Bescheid die Leistung nicht nur für den Monat Februar 2005, sondern für die Zeit bis zum Ende des ursprünglich durch den Bescheid vom 23.12.2004 vorgesehenen Bewilligungszeitraums bis 30.6.2005. Dies zeigt schon die Bezeichnung als "Bescheid über die Änderung von laufenden Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung", die, ginge es nur um den vergangenen Monat Februar 2005, nicht nachvollziehbar wäre. Auch der Änderungsgrund, nämlich "Anerkennung des Mehrbedarfs für kostenaufwändigere Ernährung ab dem 1.2.2005" zeigt, dass nicht nur der Monat Februar 2005, sondern die gesamte Zeit ab 1.2.2005 bis zum Ende des Bewilligungsabschnitts gemeint ist. Gleiches gilt auch für die Anlage zum Bescheid, die die Bedarfsberechnung "ab dem Monat 02/05" mitteilt.
- 10
-
Gegenstand des Verfahrens ist auch der Bescheid vom 23.6.2005, der Leistungen für den Monat Juli 2005 regelt. Dieser ist nach § 86 SGG Gegenstand des Vorverfahrens geworden(vgl dazu Urteil des Senats vom 14.6.2008 - B 8 AY 11/07 R - RdNr 10). Gegenstand des Revisionsverfahrens ist hingegen nicht der Bescheid vom 12.7.2005, der die Leistungen für den Zeitraum vom 1.8.2005 bis 30.6.2006 regelt. Zwar war auch dieser Bescheid nach der Rechtsprechung des Senats (aaO) Gegenstand des Vorverfahrens nach § 86 SGG und nicht - wie das LSG meint - mangels Widerspruch bestandskräftig geworden. Mit seiner Revision hat der Kläger aber den Streitgegenstand ausdrücklich auf die Zeit vom 1.1.2005 bis zum 31.7.2005 begrenzt.
- 11
-
Entgegen der Auffassung des LSG hat der Kläger den Streitgegenstand nicht auf Kosten der Unterkunft, die Höhe des Regelsatzes und die Höhe des Mehrbedarfs für kostenaufwändige Ernährung beschränkt. Wenn er in der ersten Instanz beantragt hat, den Beklagten zu höheren Leistungen zu verurteilen, "insbesondere unter Berücksichtigung der tatsächlichen Unterkunftskosten, des Regelsatzes eines Haushaltsvorstandes und der korrespondierenden Mehrbedarfe sowie unter Berücksichtigung eines Mehrbedarfs für kostenaufwändige Ernährung in Höhe von jedenfalls 100 Euro", so ist hierin nicht eine Beschränkung des Streitgegenstandes zu sehen, sondern nur eine - entbehrliche - Beschreibung des von ihm für einschlägig erachteten Leistungsgrundes (vgl dazu BSG, Urteil vom 14.4.2011 - B 8 SO 19/09 R). Erst recht wird dies vorliegend durch das Wort "insbesondere" deutlich, das der Annahme einer abschließenden Aufzählung (oder Begrenzung) des Begehrens entgegensteht. Auch haben die Beteiligten einzelne Teile des Anspruchs gerade nicht durch Teilvergleich oder -anerkenntnis geregelt (vgl dazu: BSGE 97, 217 ff RdNr 18 ff = SozR 4-4200 § 22 Nr 1; BSG SozR 4-3500 § 90 Nr 1 RdNr 14). Mangels entsprechender Beschränkung des Streitgegenstandes ist damit die vom LSG gezogene Schlussfolgerung, die Berufung sei hinsichtlich der Versicherungsbeiträge unzulässig, falsch.
- 12
-
Richtige Klageart ist die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 und 4 SGG iVm § 56 SGG). Richtiger Beklagter ist der Landrat des Kreises Ostholstein als beteiligtenfähige Behörde iS von § 70 Nr 3 SGG. Danach sind Behörden beteiligtenfähig, sofern das Landesrecht dies bestimmt (Behördenprinzip). Eine entsprechende Bestimmung enthält § 5 des Schleswig-Holsteinischen Ausführungsgesetzes zum SGG vom 2.11.1953 (Gesetz- und Verordnungsblatt
144, in der Bekanntmachung vom 4.8.1965, GVBl 53, zuletzt geändert durch das Gesetz zur Änderung des Schleswig-Holsteinischen Ausführungsgesetzes zum SGG vom 14.3.2011 - GVBl 72) . Behörde in diesem Sinne ist der Landrat (vgl: BSGE 99, 137 ff RdNr 11 f = SozR 4-1300 § 44 Nr 11; BSGE 100, 131 ff RdNr 13 = SozR 4-3500 § 90 Nr 3). Hieran ändert auch nichts, dass die Leistungsbescheide von der Stadt Bad Schwartau erlassen wurden, die nach der Satzung des Kreises Ostholstein über die Heranziehung von kreisangehörigen Städten, Gemeinden und Ämtern zu Aufgaben der Sozialhilfe vom 15.1.2003 tätig geworden ist; denn die Heranziehung durch die genannte Satzung erfolgt nicht in einem auftragsähnlichen Verhältnis zum Handeln in eigenem Namen (zu dieser Voraussetzung: BSGE 99, 137 ff RdNr 11 = SozR 4-1300 § 44 Nr 11; BSG SozR 4-5910 § 88 Nr 3 RdNr 13 f), sondern nach § 1 der Heranziehungssatzung wurde diese vielmehr "beauftragt" und wurde erkennbar "im Namen des Kreises Ostholstein" und damit für dessen beteiligtenfähige Behörde, den Landrat, tätig.
- 13
-
Bei der Entscheidung, ob dem Kläger höhere Leistungen zustehen, sind grundsätzlich alle Anspruchsvoraussetzungen über Grund und Höhe der Leistungen (vgl dazu BSGE 99, 262 ff RdNr 12 mwN = SozR 4-3500 § 82 Nr 3) gemäß § 19 Abs 2 SGB XII iVm § 41 Abs 1 SGB XII(beide idF, die die Normen durch das Gesetz zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch vom 27.12.2003 - BGBl I 3022 - erhalten haben) in der Zeit vom 1.1. bis 31.7.2005 zu prüfen. Danach können Personen zur Sicherung des Lebensunterhalts im Alter und bei dauerhafter Erwerbsminderung mit gewöhnlichem Aufenthalt im Inland, die das 65. Lebensjahr vollendet haben (Nr 1) oder das 18. Lebensjahr vollendet haben, unabhängig von der jeweiligen Arbeitsmarktlage voll erwerbsgemindert iS von § 43 Abs 2 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch - Gesetzliche Rentenversicherung - (SGB VI) sind und bei denen unwahrscheinlich ist, dass die volle Erwerbsminderung behoben werden kann(Nr 2), auf Antrag Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Vierten Kapitel des SGB XII erhalten. Der Anspruch besteht nur, sofern der Leistungsberechtigte seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln beschaffen kann (§ 19 Abs 2 Satz 1 SGB XII).
- 14
-
Der Senat vermag schon nicht zu beurteilen, ob der Kreis Ostholstein der hier örtlich und sachlich zuständige Träger der Sozialhilfe ist (§ 98 Abs 1 Satz 2 SGB XII). Nach § 2 des Gesetzes zur Ausführung des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (AG-SGB XII) vom 15.12.2005 (GVBl 568) iVm § 97 SGB XII ist der örtliche Träger der Sozialhilfe sachlich für die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung zuständig; örtliche Träger der Sozialhilfe sind nach § 1 AG-SGB XII die Kreise und kreisfreien Städte. Die örtliche Zuständigkeit richtet sich dabei gemäß § 98 Abs 1 Satz 2 SGB XII nach dem gewöhnlichen Aufenthalt des Leistungsberechtigten, zu dem jegliche Feststellungen des LSG fehlen. Diese wird es ggf nachzuholen haben, zumal - wie sich aus dem Akteninhalt ergibt - der Kläger Mitte 2004 seinen Hauptwohnsitz in Hamburg genommen hat und seine Mutter angibt, man halte sich (nur) "in den Ferien und am Wochenende in Bad Schwartau auf".
- 15
-
Unberücksichtigt bleiben kann allerdings, wenn der Beklagte der zuständige Leistungsträger ist, dass die Heranziehungssatzung vom 15.1.2003 naturgemäß keine Regelungen über die Heranziehung von kreisangehörigen Städten und Gemeinden zu den Aufgaben nach dem noch nicht existierenden SGB XII treffen konnte. Nach dem Willen des Landesgesetzgebers sollte die Rechtsgrundlage für den Erlass der Satzung (§ 4 Abs 3 Nr 1 GSiG iVm § 2 des Gesetzes zur Ausführung des GSiG
vom 30.11.2002 - GVBl 239) nämlich zunächst nicht entfallen. Dies zeigt schon Art 15 Haushaltsstrukturgesetz (vom 15.12.2005 - GVBl 568), mit dem das AG-GSiG aufgehoben wurde. Die Aufhebung erfolgte nach Art 17 Haushaltsstrukturgesetz nicht rückwirkend zum 1.1.2005 oder zumindest mit dem Tag nach der Veröffentlichung, sondern erst zum 1.1.2007. Dementsprechend ist die abweichend (vgl § 37 Sozialgesetzbuch Erstes Buch - Allgemeiner Teil -) von § 88 Abs 1 Satz 2 SGB X auf der gesetzlichen Ermächtigung des § 99 Abs 1 SGB XII iVm § 4 AG-SGB XII vom 15.12.2005 (GVBl 568) zulässigerweise ergangene Satzung des Kreises Ostholstein über die Heranziehung von kreisangehörigen Städten, Gemeinden und Ämtern zu Aufgaben der Sozialhilfe nach dem SGB XII vom 13.12.2006 erst am 1.1.2007 in Kraft getreten ist (§ 6 der Heranziehungssatzung vom 13.12.2006) und die alte Satzung behielt bis zu diesem Zeitpunkt ihre gesetzliche Grundlage. Die Satzung vom 15.1.2003 erfasst nach ihrem Sinn und Zweck dann unabhängig von der Bezeichnung des Gesetzes alle Aufgaben im Zusammenhang mit Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung - also auch die nach §§ 41 ff SGB XII für die Zeit ab dem 1.1.2005. Welche rechtlichen Konsequenzen eine Beauftragung ohne gesetzliche Ermächtigung hätte, kann deshalb dahinstehen. Der Senat ist nicht gehindert, die dem Grunde nach nicht revisiblen (§ 162 SGG) landesrechtlichen Vorschriften anzuwenden und auszulegen, weil das LSG diese Vorschriften bei seiner Entscheidung unberücksichtigt gelassen hat (vgl nur BSGE 102, 10 ff RdNr 28 = SozR 4-2500 § 264 Nr 2).
- 16
-
Das LSG hat auch zu den materiellrechtlichen Voraussetzungen des Anspruchs keine Feststellungen getroffen; diese wird es nachholen müssen. In der Sache geht es dem Kläger um insgesamt höhere Leistungen (siehe oben). Insoweit hat das LSG jedenfalls zu Unrecht den Regelsatz eines Haushaltsangehörigen bei der Bemessung der Leistung zugrunde gelegt. Der Umfang der Leistungen bestimmt sich nach dem maßgeblichen Regelsatz (§ 42 Satz 1 Nr 1 SGB XII in der Normfassung des Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch iVm § 28 SGB XII in der Normfassung des Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch vom 9.12.2004 - BGBl I 3305) und ggf dem auf diesen Bedarf anzurechnenden Einkommen (§§ 82 ff SGB XII idF des Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch), hier den an den Kläger erbrachten tatsächlichen Unterhaltsleistungen (vgl dazu BSGE 99, 137 ff RdNr 23 = SozR 4-1300 § 44 Nr 11).
- 17
-
Der maßgebliche Regelsatz beträgt 345 Euro, nicht aber - wovon der Beklagte zu Unrecht ausgeht - 276 Euro. Nach § 28 Abs 1 Satz 1 und Abs 2 Satz 1 SGB XII iVm §§ 2, 3 Abs 1 Satz 2 der auf der Grundlage des § 40 SGB XII erlassenen RSV(idF vom 3.6.2004 - BGBl I 1067) hat ein Haushaltsvorstand Anspruch auf 100 % des Regelsatzes; dieser betrug nach § 1 der Schleswig-Holsteinischen Regelsatzverordnung nach § 28 Abs 2 SGB XII vom 15.12.2004 (GVBl 505) bzw (für Juli 2005) nach § 1 der Landesverordnung über die Festsetzung der Regelsätze nach § 28 Abs 2 SGB XII vom 15.8.2005 (GVBl 331) 345 Euro; der Regelsatz für den Haushaltsvorstand gilt auch für Alleinstehende (§ 3 Abs 1 Satz 3 RSV). Die Regelsätze für sonstige Haushaltsangehörige betragen nach § 3 Abs 2 RSV bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres 60 vH (Nr 1) und nach Vollendung des 14. Lebensjahres 80 vH des Eckregelsatzes (Nr 2).
- 18
-
Der Kläger ist kein Haushaltsangehöriger im Sinne der RSV. Die abgestufte Regelsatzhöhe beruht auf der Erwägung, dass bei einer gemeinsamen Haushaltsführung Ersparnisse die Annahme eines geringeren Bedarfs rechtfertigen. Die verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung hielt vor dem 1.1.2005 die Zuordnung als Haushaltsvorstand oder Haushaltsangehöriger in allen Konstellationen des Zusammenlebens für möglich und machte dies allein von einer gemeinsamen Wirtschaftsführung im Sinne einer "Wirtschaftsgemeinschaft" abhängig, deren Vorliegen allerdings bei nicht miteinander verwandten oder verschwägerten Personen besonders sorgfältig zu prüfen war (BVerwG, Beschluss vom 30.12.1965 - V B 152.65 -, FEVS 14, 241, 242). Bei der Bestimmung des Begriffs des Haushaltsangehörigen in der RSV muss ab 1.1.2005 aber berücksichtigt werden, dass die Annahme einer Haushaltsersparnis nach den Regelungen des SGB II einer gegenüber den bisherigen Regelungen des Bundessozialhilfegesetzes (BSHG) bzw GSiG abweichenden gesetzgeberischen Konzeption folgt. Der Gesetzgeber des SGB II hat die Annahme einer Haushaltsersparnis und Kürzung der Regelleistung nicht mehr mit einer individuellen Prüfung der tatsächlichen Verhältnisse der zusammenlebenden Personen verbunden, sondern in § 20 SGB II typisierend prozentuale Abschläge von der Regelleistung wegen Haushaltsersparnis nur bei Angehörigen einer Bedarfsgemeinschaft vorgenommen und insofern bewusst auf die Normierung der Rechtsfigur eines "Haushaltsvorstandes" verzichtet(BSGE 97, 211 ff RdNr 19 = SozR 4-4200 § 20 Nr 2). Da aber bezogen auf die Minderung des Regelsatzes bzw der Regelleistung wegen Annahme einer Haushaltsersparnis für eine unterschiedliche Behandlung zwischen der Personengruppe der SGB-XII- und SGB-II-Leistungsempfänger im Hinblick auf die identische sozialrechtliche Funktion beider Leistungen (Sicherstellung des Existenzminimums) keine sachlichen Gründe erkennbar sind, hat der Senat bereits früher entschieden (BSGE 103, 181 ff = SozR 4-3500 § 42 Nr 2; BSGE 106, 62 ff RdNr 20 = SozR 4-3500 § 82 Nr 6; Gutzler in juris Praxiskommentar SGB XII
, § 28 SGB XII RdNr 42) , dass seit dem 1.1.2005 mit dem Systemwechsel durch das Inkrafttreten des SGB XII (Gesetz zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch) und des SGB II (Viertes Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003 - BGBl I 2954) nach Maßgabe des Gleichheitssatzes (Art 3 Abs 1 GG) und zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen zwischen dem SGB II und dem SGB XII Einsparungen bei gemeinsamer Haushaltsführung nur dann anzunehmen sind, wenn die zusammenlebenden Personen bei Bedürftigkeit eine Bedarfsgemeinschaft iS des § 7 Abs 3 SGB II oder eine Einsatzgemeinschaft iS des § 19 SGB XII bilden bzw bilden würden(anders für das bis zum 31.12.2004 geltende Recht des BSHG BSGE 104, 207 ff RdNr 18 f = SozR 4-3530 § 6 Nr 1).
- 19
-
Der Kläger war im streitigen Zeitraum bereits volljährig. Er lebte deshalb nicht in einer eine Bedarfs- oder Einsatzgemeinschaft rechtfertigenden Beziehung zu seiner Mutter. Nach § 7 Abs 3 Nr 4 SGB II(in der hier maßgebenden Fassung des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt) gehören nur die dem Haushalt angehörenden minderjährigen unverheirateten Kinder (der in § 7 Abs 3 Nr 1 bis 3 SGB II genannten Personen) zur Bedarfsgemeinschaft. Hieran ändert sich nichts dadurch, dass nach § 7 Abs 3 Nr 4 SGB II in der ab dem 1.7.2006 in Kraft getretenen Fassung des Gesetzes zur Änderung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 24.3.2006 (BGBl I 558) auch volljährige bedürftige Kinder bis zum 25. Lebensjahr - wie der Kläger im streitigen Zeitraum - in Bedarfsgemeinschaften einbezogen wurden (vgl BT-Drucks 16/688 S 13). Betroffen ist hier ein Zeitraum vor der Änderung des § 7 Abs 3 Nr 4 SGB II. Die Regelung gilt nicht rückwirkend, was nicht zuletzt § 68 Abs 1 SGB II belegt, wonach § 7 SGB II in der bis zum 30.6.2006 geltenden Fassung sogar weiterhin für Bewilligungszeiträume anzuwenden ist, die vor dem 1.7.2006 beginnen (Senatsurteil vom 23.3.2010 - B 8 SO 15/08 R - RdNr 15).
- 20
-
Ebenso wenig lebt der Kläger mit seiner Mutter in einer Einsatzgemeinschaft iS des SGB XII. Nach § 19 SGB XII bilden Kinder, die dem Haushalt ihrer Eltern oder eines Elternteils angehören, mit diesen nur dann eine Einsatzgemeinschaft, wenn sie minderjährig und unverheiratet sind, sodass dem Kläger - unterstellt, er hat dem Grunde nach Anspruch auf Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung - für den Zeitraum vom 1.1. bis 31.7.2005 durchgängig statt 276 Euro (80 % des Eckregelsatzes für Haushaltsangehörige vom Beginn des 15. Lebensjahres an) nominal 345 Euro zustehen (vgl auch BSGE 106, 62 ff RdNr 17 ff = SozR 4-3500 § 82 Nr 6).
- 21
-
Die vom LSG hiergegen erhobene Kritik, die sich insbesondere auf die Regelungen der RSV stützt, verkennt die Tragweite von Art 3 GG. Es kann insbesondere nicht eingewandt werden, der Gesetzgeber habe auch die Möglichkeit, die Bedarfsgemeinschaft iS des § 7 SGB II auf erwerbsfähige Hilfebedürftige ab dem 25. Lebensjahr zu erweitern. Bis zu einer etwaigen Änderung ist eine verfassungsrechtlich gebotene Harmonisierung nur möglich, indem der Kläger als Alleinstehender im Sinne der RSV zu behandeln ist, nicht aber, indem die RSV die Auslegung des SGB II diktiert. Bestätigt wird dieses Ergebnis durch die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 9.2.2010, wonach der Regelbedarf durch den Gesetzgeber selbst zu verankern ist (BVerfGE 125, 175 ff, 223 und 256; vgl auch Gutzler in jurisPK-SGB XII, § 40 SGB XII RdNr 18). Ob für die Zeit ab 1.1.2011 im Hinblick auf die Regelungen des Regelbedarfsermittlungsgesetzes vom 24.3.2011 (BGBl I 453) eine andere Wertung vorzunehmen ist, bedarf hier keiner Entscheidung.
- 22
-
Entgegen der Auffassung des LSG ist auch nicht erkennbar, dass sich aus der Gewährung des Regelsatzes eines Haushaltsvorstandes eine nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung des Klägers im Sinne einer Besserstellung gegenüber Angehörigen einer Bedarfsgemeinschaft nach dem SGB II ergäbe. Wenn in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen wird, dass eine Mutter und ihr in Haushaltsgemeinschaft lebendes erwachsenes Kind, das das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, insgesamt nur 180 % des Regelsatzes bzw der Regelleistung erhielten, so bezieht sich das nur auf die seit dem 1.7.2006 geltende Rechtslage (Gesetz vom 24.3.2006 - BGBl I 558), die ab diesem Zeitpunkt ggf auf das SGB XII zu übertragen wäre. Ebenso falsch ist die Auffassung des LSG, dass die Mutter, wenn sie Leistungsbezieherin nach dem SGB II wäre, nur 80 % des Eckregelsatzes beanspruchen könnte. Die Auffassung des LSG schließlich, es gebe keinen sachlichen Grund für einen höheren Leistungsanspruch des Klägers im Verhältnis zu einem in Bedarfsgemeinschaft oder in gemischter Bedarfsgemeinschaft lebenden Ehepaares, weil hier wie da von einer Haushaltsersparnis auszugehen sei, verkennt die gesetzgeberische Entscheidung zu den Personenbeziehungen, bei denen im Falle eines Zusammenlebens von Einsparungen auszugehen ist. Der Senat hat nicht die sozialpolitische Sinnhaftigkeit der gesetzgeberischen Entscheidung zu bewerten und ggf eine Korrektur vorzunehmen.
- 23
-
Soweit es die Versicherungsbeiträge betrifft, wird das LSG jedenfalls für den Monat Januar, in dem der Kläger Unterhaltsleistungen bezogen hat, zu prüfen haben, inwieweit die Beiträge als mögliche Abzüge vom Einkommen gesetzlich vorgeschrieben oder nach Grund und Höhe angemessen sind (vgl § 82 Abs 2 Nr 3 SGB XII; dazu BSGE 104, 207 ff RdNr 20 ff = SozR 4-3530 § 6 Nr 1). Für die Zeit ab Februar 2005 ist - sieht man von der Sterbegeldversicherung ab - mangels Einkommens des Klägers eine "Berücksichtigung" der Versicherungsbeiträge im Sinne einer Übernahme durch den Beklagten nicht möglich. Soweit Versicherungsbeiträge Bestandteil des notwendigen Lebensunterhalts und die Beiträge angemessen sind, werden sie im Übrigen in der Regel pauschal durch den Regelsatz abgegolten. Etwas anderes gilt nach § 33 Abs 2 SGB XII allerdings für ein angemessenes Sterbegeld. Nach § 33 SGB XII(idF des Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch) können die erforderlichen Kosten übernommen werden, die erforderlich sind, um die Voraussetzungen eines Anspruchs auf ein angemessenes Sterbegeld zu erfüllen. Zwar umfasste die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach § 42 SGB XII(in den hier maßgebenden Fassungen des Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch bzw ab 30.3.2005 des Gesetzes zur Vereinfachung der Verwaltungsverfahren im Sozialrecht vom 21.3.2005) bis 31.12.2008 nicht Leistungen nach § 33 SGB XII(erst mit dem Zweiten Gesetz zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 21.12.2008 - BGBl I 2008, 2933 - wurden mit Wirkung vom 1.1.2009 die Vorsorgebeiträge entsprechend § 33 SGB XII in den Katalog des § 42 Satz 1 SGB XII aufgenommen). Die Übernahme der Kosten für ein angemessenes Sterbegeld scheidet deswegen aber nicht aus. Soweit § 19 Abs 2 Satz 3 SGB XII einen Vorrang der Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung regelt, gilt dies nur, soweit §§ 41 ff SGB XII Leistungen auch tatsächlich vorsehen; einen Ausschluss von Leistungen des Dritten Kapitels regelt § 19 Abs 2 Satz 3 SGB XII nicht(Coseriu in jurisPK-SGB XII, § 19 SGB XII RdNr 43 ff). Ob die Voraussetzungen des § 33 SGB XII vorliegen, wird das LSG deshalb ggf prüfen müssen.
- 24
-
Das LSG wird auch prüfen müssen, ob dem Kläger (höhere) Leistungen wegen eines ernährungsbedingten Mehrbedarfs zustehen. Dabei wird es - ohne dass es wegen der ohnehin erforderlichen Zurückverweisung der Sache darauf ankommt, ob ein Verfahrensmangel ordnungsgemäß gerügt wurde - weitere Ermittlungen anzustellen haben. Nach § 42 Nr 3 iVm § 30 Abs 5 SGB XII wird für Kranke, Genesende, behinderte Menschen oder von einer Krankheit oder von einer Behinderung bedrohte Menschen, die einer kostenaufwändigen Ernährung bedürfen, ein Mehrbedarf in angemessener Höhe anerkannt. Liegen bei einem Leistungsempfänger mehrere Erkrankungen vor, für die jeweils ein Mehrbedarf für kostenaufwändige Ernährung aus medizinischen Gründen geltend gemacht wird, so ist der Ernährungsaufwand aufgrund des gesamten Krankheitsbildes konkret zu ermitteln (BSGE 100, 83 ff RdNr 39 ff = SozR 4-4200 § 20 Nr 6). Maßgeblich ist stets der Betrag, mit dem der medizinisch begründete, tatsächliche Kostenaufwand für eine Ernährung ausgeglichen werden kann, der von der Regelleistung nicht gedeckt ist. Er ist im Einzelfall im Wege der Amtsermittlung durch Einholung medizinischer und/oder ernährungswissenschaftlicher Stellungnahmen oder Gutachten zu klären (BSG SozR 4-4200 § 21 Nr 2 RdNr 28). Das LSG hat zu der behaupteten Kuhmilch- sowie der Hühnereiweißallergie lediglich ausgeführt, diese seien im Alter des Klägers unwahrscheinlich, Letztere könne auch durch Weglassen des Nahrungsmittels therapiert werden. Abgesehen davon, dass nicht deutlich wird, woher das LSG ausreichende Sachkunde über Therapiemöglichkeiten von Allergien besitzt, ist es für einen ernährungsbedingten Mehraufwand nicht entscheidend, ob ein bestimmtes Nahrungsmittel bei der Ernährung weggelassen werden kann; dies ist bei einer Allergie gegen ein bestimmtes Nahrungsmittel selbstverständlich. Entscheidend ist vielmehr, ob und durch welche Nahrungsmittel es ersetzt werden muss und ob hierdurch Mehrkosten entstehen. Wenn - wovon das LSG zu Recht ausgeht - insoweit eine pauschale Bescheinigung des Hausarztes zum Nachweis des Mehrbedarfs ungeeignet ist, hätte es sich aufgedrängt, weitere Ermittlungen zu einem etwaigen Mehrbedarf anzustellen und dabei nicht die einzelne Allergie isoliert betrachten. Vielmehr ist bei der Beurteilung des Ernährungsaufwands das gesamte Krankheitsbild unter Berücksichtigung wechselseitiger Auswirkungen der Erkrankungen (Allergien) auf die Ernährung einzubeziehen. Im Hinblick auf die Untersuchungsmaxime (§ 103 SGG) durfte das LSG die erforderlichen Ermittlungen auch nicht ohne weiteres mit der Begründung unterlassen, der Kläger selbst habe nicht dargelegt, auf welche Lebensmittel er verzichten und welche er an deren Stelle erwerben müsse und dass damit Mehrkosten verbunden seien. Hier hätte es nahegelegen, ggf ein ernährungswissenschaftliches Sachverständigengutachten einzuholen.
- 25
-
Das LSG wird schließlich auch prüfen müssen, ob - unterstellt, der Kläger hat einen Anspruch auf Leistungen nach §§ 41 ff SGB XII - aus anderen Gründen eine höhere Leistung zu erbringen ist und ggf auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.
Tenor
-
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 26. November 2009 aufgehoben, soweit darin über die Regelsatzleistung entschieden worden ist, und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.
Tatbestand
- 1
-
Im Streit sind (nur noch) höhere Regelsatzleistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung für die Zeit vom 1.8.2006 bis 31.7.2007.
- 2
-
Die 1970 geborene Klägerin lebte im streitbefangenen Zeitraum mit ihrer 1941 geborenen Mutter, ihrem 1935 geborenen (mittlerweile verstorbenen) Vater sowie ihrem 1971 geborenen Bruder zusammen. Sie ist schwerbehindert (Grad der Behinderung von 100 unter Zuerkennung der Merkzeichen "G", "H" und "B") und im Arbeitsbereich einer Werkstatt für behinderte Menschen (WfbM) tätig. Seit dem 1.1.2005 erhält sie nach vorangegangenem Bezug von Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung (Grundsicherungsleistungen) nach dem Grundsicherungsgesetz (GSiG) Grundsicherungsleistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII).
- 3
-
Auf Antrag (nach Ablauf des früheren Bewilligungszeitraums) wurden ihr für die Zeit vom 1.8.2006 bis 31.7.2007 Grundsicherungsleistungen bewilligt, und zwar in Höhe von monatlich 254,37 Euro; die Leistung setzt sich zusammen aus Leistungen zum Lebensunterhalt in Höhe von 80 vH des Regelsatzes für Alleinstehende, gekürzt um 10 vH wegen der Möglichkeit, in der WfbM ein Mittagessen einzunehmen, und einem Mehrbedarf wegen Gehbehinderung (Bescheid der im Namen und im Auftrag der Beklagten handelnden Stadt Garbsen vom 17.7.2006; Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 24.10.2006 unter Beteiligung sozial erfahrener Dritter).
- 4
-
Nachdem die Beklagte im Rahmen des Klageverfahrens zugestanden hatte, den Minderungsbetrag wegen der Teilnahmemöglichkeit am Mittagessen von 27,60 Euro auf 26,58 Euro abzusenken, hat das Sozialgericht (SG) den Bescheid vom 17.7.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24.10.2006 "insoweit aufgehoben, als der der Klägerin bewilligte Regelsatz um mehr als 26,58 Euro gekürzt" wurde, und die Klage im Übrigen abgewiesen (Urteil vom 22.6.2007). Nachdem die Beklagte dann im Berufungsverfahren erklärt hatte, an der Regelsatzkürzung wegen des Mittagessens überhaupt nicht mehr festzuhalten, hat das Landessozialgericht (LSG) die Beklagte verurteilt, der Klägerin für die Zeit vom 1.8.2006 bis 31.7.2007 Grundsicherungsleistungen im Alter und bei Erwerbsminderung "unter Ansatz des Eckregelsatzes" zu gewähren, und die Berufung im Übrigen zurückgewiesen (Urteil vom 26.11.2009). Zur Begründung seiner Entscheidung hat es ausgeführt, hinsichtlich geltend gemachter Kosten für Unterkunft und Heizung fehle es an dem erforderlichen Vorverfahren; die Klage beschränke sich deshalb auf den Regelsatz. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) sei der für die Klägerin maßgebliche Regelsatz der eines Haushaltsvorstandes bzw einer Alleinstehenden in Höhe des Eckregelsatzes (100 vH). Die typisierende Annahme einer Haushaltsersparnis auf der Grundlage der Regelsatzverordnung (RSV) von 20 vH sei nur gerechtfertigt, wenn die zusammenlebenden Personen bei Bedürftigkeit eine Bedarfsgemeinschaft im Sinne des Sozialgesetzbuchs Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) oder eine Einsatzgemeinschaft iS von § 19 SGB XII bildeten bzw bilden würden. Dies sei vorliegend nicht der Fall. Soweit es die Abzüge für Mittagessen betreffe, habe sich der Streit mittlerweile durch ein angenommenes Anerkenntnis erledigt.
- 5
-
Mit ihrer Revision rügt die Beklagte einen Verstoß gegen § 3 Abs 1 Satz 3 RSV. Dass das LSG die Klägerin in den Kreis derer einbeziehe, die die volle Regelleistung erhielten, beruhe auf einer unzulässigen richterlichen Rechtsfortbildung. Der allgemeine Gleichheitssatz (Art 3 Abs 1 Grundgesetz
) erlaube dies nicht. Der Wortlaut von § 3 Abs 1 Satz 2 und 3 RSV sei eindeutig und spreche gegen die vom LSG vorgenommene Ausweitung. Die Annahme eines in bestimmter Höhe verminderten Bedarfs wegen Haushaltsersparnis sei nach der RSV an das Bestehen einer reinen Haushaltsgemeinschaft geknüpft und damit mit den Begriffen des Haushaltsvorstands und Haushaltsangehörigen verbunden. Der Gesetzgeber habe sich ausdrücklich gegen ein deckungsgleiches Leistungsniveau im SGB II und SGB XII entschieden und bewusst an mehreren Stellen Unterschiede verankert. Selbst wenn eine Ungleichbehandlung nach Art 3 Abs 1 GG vorläge, seien die Fachgerichtsbarkeiten ebenso wenig wie das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) berechtigt, eine betroffene Vorschrift für nichtig zu erklären, weil zur Behebung des verfassungswidrigen Zustandes mehrere Lösungen zur Verfügung stünden.
- 6
-
Die Beklagte beantragt sinngemäß,
das Urteil des LSG abzuändern und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des SG insgesamt zurückzuweisen.
- 7
-
Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
- 8
-
Sie ist der Ansicht, das LSG habe zu Recht entschieden, dass die Beklagte den Eckregelsatz im Rahmen der Grundsicherungsleistungen für den streitigen Zeitraum zu gewähren habe.
Entscheidungsgründe
- 9
-
Die Revision der Beklagten ist im Sinne der Aufhebung des Urteils des LSG und der Zurückverweisung der Sache an dieses Gericht begründet, soweit es die Regelsatzleistung betrifft (§ 170 Abs 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz
) . Es fehlen ausreichende tatsächliche Feststellungen (§ 163 SGG), die ein abschließendes Urteil über deren Höhe ermöglichten. Allerdings ist der Klägerin für die Zeit vom 1.8.2006 bis 30.6.2007 nominal der Eckregelsatz (100 vH) zuzugestehen, wenn die Anspruchsvoraussetzungen für die Grundsicherungsleistungen vorliegen, über die ebenfalls nicht abschließend entschieden werden kann.
- 10
-
Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid vom 17.7.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24.10.2006 (§ 95 SGG), gegen den sich die Klägerin mit einer kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 und 4, § 56 SGG) wendet, soweit die Beklagte höhere Regelsatzleistungen abgelehnt hat. Insoweit wird das LSG allerdings nach der Zurückverweisung zu überprüfen haben, ob weitere Bescheide ergangen sind, die Gegenstand des Verfahrens nach § 96 Abs 1 SGG geworden sind. Nach Aktenlage sind Bescheide vom 6.3. und 20.6.2007 ersichtlich, die ggf die streitbefangenen Verfügungen im Bescheid vom 17.7.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids teilweise erledigt haben (§ 39 Abs 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz -
) .
- 11
-
In der Sache ist Gegenstand des Revisionsverfahrens nur noch die der Klägerin im Rahmen der Grundsicherungsleistungen zustehende Regelsatzleistung. Zwar hat die Klägerin ihre Klage selbst zunächst nicht ausdrücklich beschränkt. Der Senat hat aber über die Kosten der Unterkunft nicht zu entscheiden, weil die Klägerin keine Revision gegen das insoweit zurückweisende Urteil des LSG eingelegt hat und es sich nach der Rechtsprechung des Senats bei den Kosten der Unterkunft um eine streitgegenständlich abtrennbare Leistung handelt (vgl nur BSGE 103, 181 ff RdNr 13 mwN = SozR 4-3500 § 42 Nr 2). Ein der Klägerin möglicherweise zustehender höherer Mehrbedarf für behinderte Menschen nach § 30 SGB XII ist ebenfalls nicht Gegenstand des Revisionsverfahrens. Das SG hat höhere Leistungen insoweit ausdrücklich abgelehnt, und die Klägerin hat ihre Berufung ausdrücklich auf den Regelsatz und die Kosten der Unterkunft beschränkt; demgemäß hat das LSG, ohne dass die Klägerin deswegen Revision eingelegt hätte, über einen Mehrbedarf auch nicht entschieden.
- 12
-
Entgegen der Ansicht des LSG ist die Kürzung wegen kostenloser Essenseinnahme allerdings kein eigener Streitgegenstand, der sich damit auch nicht erledigt haben kann - wie das LSG meint -, sondern lediglich ein Berechnungselement der Grundsicherungsleistung (vgl BSGE 103, 153 ff RdNr 12 = SozR 4-4200 § 12 Nr 13). Ebenso wenig handelt es sich bei den Erklärungen der Beklagten über die Minderung der Leistung wegen des kostenlosen Essens um Anerkenntnisse (§ 101 Abs 2 SGG), weil sie keine (Teil-)Ansprüche anerkennen, sondern nur die Aussage beinhalten, bei der Gesamtberechnung der Leistung die Abzüge nicht mehr vornehmen zu wollen, wie das SG richtig erkannt hat (vgl dazu: Hauck in Hennig, SGG, § 101 RdNr 45, Stand Dezember 2008; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl 2008, § 101 RdNr 19; Breitkreuz in Breitkreuz/Fichte, SGG, 2009, § 101 RdNr 17; Roller in Lüdtke, SGG, 3. Aufl 2009, § 101 RdNr 27). Die Voraussetzungen eines wirksamen Prozessvergleichs liegen ebenfalls nicht vor; inwieweit sich ggf aus den Erklärungen der Beteiligten materiellrechtliche Bindungswirkungen ergeben, muss zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht entschieden werden.
- 13
-
Mangels in Niedersachsen angeordneten Behördenprinzips (vgl § 70 Nr 3 SGG) richtet sich die Klage gemäß § 70 Nr 1 SGG gegen die Region Hannover. Hieran ändert nichts, dass die Stadt Garbsen den Bescheid vom 17.7.2006 erlassen hat. Denn nach § 8 Abs 1 Satz 1 des Niedersächsischen Ausführungsgesetzes zum SGB XII (AG SGB XII) vom 16.12.2004 (Gesetz- und Verordnungsblatt
644) kann die Region Hannover zur Durchführung der ihr als örtlichem Sozialhilfeträger (dazu später) obliegenden Aufgaben durch Satzung oder öffentlich-rechtlichen Vertrag regionsangehörige Gemeinden heranziehen. Von dieser Möglichkeit hat sie zwar Gebrauch gemacht (§ 1 der Satzung über die Heranziehung von regionsangehörigen Städten und Gemeinden zur Durchführung der der Region Hannover als örtlichem Träger der Sozialhilfe obliegenden Aufgaben nach dem SGB XII vom 14.12.2004 in der Fassung vom 7.3.2006 - Gemeinsames Amtsblatt für die Region Hannover und die Landeshauptstadt Hannover Nr 14 vom 6.4.2006); jedoch handelt die herangezogene kommunale Körperschaft gemäß § 9 Abs 4 AG SGB XII im Namen des örtlichen Trägers der Sozialhilfe, der damit der richtige Beteiligte bleibt(vgl hierzu auch das Senatsurteil vom 9.6.2011 - B 8 SO 11/10 R).
- 14
-
Die Beklagte ist auch der örtlich und sachlich zuständige Leistungsträger nach § 3 Abs 2, § 97 Abs 1, § 98 Abs 1 SGB XII iVm § 1 Satz 1 und § 6 Abs 1 AG SGB XII. Sie ist Gesamtrechtsnachfolgerin des Landkreises Hannover und nimmt dessen Aufgaben wahr (§§ 2, 3 Abs 3 Gesetz über die Region Hannover vom 5.6.2001 - GVBl 348). Die Heranziehung der Stadt Garbsen nach § 99 Abs 1 SGB XII iVm § 8 Abs 1 AG SGB XII verändert nicht die Zuständigkeit(§ 9 Abs 4 AG SGB XII). Der Senat ist nicht gehindert, die dem Grunde nach nicht revisiblen (§ 162 SGG) landesrechtlichen Vorschriften anzuwenden und auszulegen, weil das LSG diese Vorschriften bei seiner Entscheidung unberücksichtigt gelassen hat (vgl nur BSGE 102, 10 ff RdNr 28 = SozR 4-2500 § 264 Nr 2).
- 15
-
Ob die Klägerin einen Anspruch gegen die Beklagte auf höhere Regelsatzleistungen hat, bestimmt sich nach § 19 Abs 2 SGB XII(idF, die die Norm durch das Gesetz zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch vom 27.12.2003 - BGBl I 3022 - erhalten hat) iVm § 41 SGB XII(in der Normfassung vom 27.12.2003 bzw ab 7.12.2006 in der Normfassung des Gesetzes zur Änderung des SGB XII und anderer Gesetze vom 2.12.2006 - BGBl I 2670). Nach § 41 Abs 1 SGB XII erhalten auf Antrag Personen mit gewöhnlichem Aufenthalt im Inland, die das 18. Lebensjahr vollendet haben und - nur insoweit ist die Norm vorliegend einschlägig - unabhängig von der jeweiligen Arbeitsmarktlage voll erwerbsgemindert iS von § 43 Abs 2 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch - Gesetzliche Rentenversicherung - (SGB VI) sind und bei denen unwahrscheinlich ist, dass die volle Erwerbsminderung behoben werden kann, Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung, soweit sie ihren Lebensunterhalt nicht aus ihrem Einkommen und Vermögen gemäß §§ 82 bis 84 und 90 SGB XII beschaffen können. Nach § 42 Satz 1 Nr 1 SGB XII(in der Normfassung des Gesetzes zur Vereinfachung der Verwaltungsverfahren im Sozialrecht
vom 21.3.2005 - BGBl I 818 - und ab 7.12.2006 in der Normfassung des Gesetzes vom 2.12.2006) iVm § 28 SGB XII(in der Normfassung des Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch vom 9.12.2004 - BGBl I 3305 - bzw ab 7.12.2006 des Gesetzes vom 2.12.2006) und der auf der Grundlage des § 40 SGB XII erlassenen RSV(vom 3.6.2004 - BGBl I 1067) hat ein Haushaltsvorstand unter diesen Voraussetzungen Anspruch auf 100 vH des Eckregelsatzes (§ 3 Abs 1 Satz 2 RSV); dies gilt auch für Alleinstehende (§ 3 Abs 1 Satz 3 RSV), während die Regelsätze für sonstige Haushaltsangehörige nach § 3 Abs 2 RSV ab Vollendung des 14. Lebensjahres 80 vH des Eckregelsatzes (Nr 2) betragen. Diese beiden Absätze des § 3 RSV sind von der am 1.1.2007 in Kraft getretenen Ersten Verordnung zur Änderung der RSV vom 20.11.2006 (BGBl I 2657) nicht betroffen.
- 16
-
Das LSG hat sich unzutreffenderweise auf die Prüfung der Höhe des Regelsatzes beschränkt, dabei aber weder Feststellungen zu den Anspruchsvoraussetzungen selbst noch zum anzurechnenden Einkommen und Vermögen getroffen; sie sind nachzuholen. Zu Recht ist es allerdings nominal vom Eckregelsatz (100 vH) ausgegangen. Denn die Klägerin ist nach der ständigen Rechtsprechung des Senats, an der festgehalten wird (s dazu näher das Senatsurteil vom 9.6.2011 - B 8 SO 11/10 R), keine Haushaltsangehörige im Sinne der RSV (vgl dazu näher das Senatsurteil vom 9.6.2011, aaO). Da bezogen auf die Minderung des Regelsatzes bzw der Regelleistung nach dem SGB II wegen Annahme einer Haushaltsersparnis für eine unterschiedliche Behandlung zwischen der Personengruppe der SGB-XII- und SGB-II-Leistungsempfänger im Hinblick auf die identische sozialrechtliche Funktion beider Leistungen (Sicherstellung des Existenzminimums) keine sachlichen Gründe erkennbar sind, dürfen normativ Einsparungen bei gemeinsamer Haushaltsführung seit dem 1.1.2005, also mit Inkrafttreten des SGB XII (Gesetz zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch) und des SGB II (Viertes Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003 - BGBl I 2954), nach Maßgabe des Gleichheitssatzes (Art 3 Abs 1 GG) und zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen zwischen dem SGB II und dem SGB XII nur noch berücksichtigt werden, wenn die zusammenlebenden Personen bei Bedürftigkeit eine Bedarfsgemeinschaft iS des § 7 Abs 3 SGB II oder eine Einsatzgemeinschaft iS des § 19 SGB XII bilden bzw bilden würden; das Bestehen einer reinen Haushaltsgemeinschaft von Personen außerhalb von Konstellationen einer Bedarfsgemeinschaft bzw Einsatzgemeinschaft reicht also nicht aus.
- 17
-
Die Klägerin lebte mit ihren Eltern und ihrem Bruder allenfalls in einer (einfachen) Haushaltsgemeinschaft (§ 36 Satz 1 SGB XII aF), weil sie im streitbefangenen Zeitraum über 25 Jahre alt war. Nach § 7 Abs 3 Nr 4 SGB II(hier in der maßgebenden Normfassung des Gesetzes zur Änderung des SGB II und anderer Gesetze vom 24.3.2006 - BGBl I 558) gehören nämlich nur die dem Haushalt angehörenden unverheirateten Kinder unter 25 Jahren zur Bedarfsgemeinschaft; eine Bedarfsgemeinschaft mit ihrem Bruder ist ohnedies abzulehnen. Ebenso wenig lebte sie mit ihren Eltern bzw ihrem Bruder in einer Einsatzgemeinschaft iS des SGB XII. Denn nach § 19 SGB XII bilden Kinder, die dem Haushalt ihrer Eltern oder eines Elternteils angehören, mit diesen nur dann eine Einsatzgemeinschaft, wenn sie minderjährig und unverheiratet sind.
- 18
-
Soweit die Beklagte dem LSG und damit dem Senat eine unzulässige richterliche Rechtsfortbildung vorwirft, ist dies verfehlt. Die Rechtsprechung des Senats beruht vielmehr auf einer verfassungs- und gegenüber dem einfachen Recht ermächtigungskonformen Auslegung des Verordnungsrechts; insoweit geht der Einwand der Beklagten, selbst bei einem Verstoß gegen Art 3 Abs 1 GG durch die RSV seien weder die Fachgerichtsbarkeit noch das BVerfG berechtigt, die betroffene Vorschrift für nichtig zu erklären, ins Leere, weil § 3 Abs 1 RSV unter Berücksichtigung der übergeordneten gesetzlichen Vorgaben nur eine einzige Lösung zulässt(vgl nur Gutzler in juris PraxisKommentar SGB XII
, § 40 SGB XII RdNr 18) . Die Rechtsprechung des Senats wird im Ergebnis durch die Entscheidung des BVerfG vom 9.2.2010 geradezu bestätigt; denn danach ist der Regelbedarf durch den Gesetzgeber selbst, nicht durch Verordnung, zu bestimmen (BVerfGE 125, 175, 223 und 256). Sie trägt in besonderer Weise den Vorgaben des BVerfG Rechnung, indem als Maßstab für die Auslegung der Verordnung die gesetzgeberische Entscheidung im Rahmen des SGB II herangezogen wird. Entgegen der Ansicht der Beklagten verstößt die Auslegung des Senats auch nicht gegen den Verordnungswortlaut; vielmehr wird der Begriff des Haushaltsvorstandes und der des Haushaltsangehörigen unter Rückgriff auf die gesetzgeberische Typisierung für Haushaltseinsparungen im Rahmen gesetzestypischer Gesetzeskonstellationen (Bedarfsgemeinschaft; Einsatzgemeinschaft) ausgelegt (vgl dazu auch Gutzler, aaO, § 40 SGB XII RdNr 18 und § 28 SGB XII RdNr 42), um von der Verfassung nicht gerechtfertigte sachliche Unterschiede auszugleichen (vgl dazu nur Stölting/Greiser, SGb 2010, 631 ff mwN; Eicher in jurisPK-SGB XII, § 21 SGB XII, RdNr 7 ff und 14 ff).
- 19
-
Nach der Zurückverweisung wird das LSG die fehlenden Feststellungen zu den Anspruchsvoraussetzungen und ggf zum Einkommen und Vermögen zu treffen haben. Dabei sei nur vorsorglich darauf hingewiesen, dass § 45 Abs 1 Satz 3 Nr 2 SGB XII(idF, die die Norm durch das Verwaltungsvereinfachungsgesetz vom 21.3.2005 erhalten hat) keine Fiktion der Dauerhaftigkeit einer festzustellenden Erwerbsminderung (s dazu näher: BSGE 106, 62 ff RdNr 15 = SozR 4-3500 § 82 Nr 6; Eicher in jurisPK-SGB XII, § 21 SGB XII RdNr 44 f; Blüggel in jurisPK-SGB XII, § 45 SGB XII RdNr 41 und 52 f) enthält, sondern lediglich verfahrensmäßig eine aufwändige Prüfung für in einer WfbM Beschäftigte vermeiden und den Sozialhilfeträger im Rahmen bestehender Massenverwaltung entlasten soll (BSGE, aaO, RdNr 16); dementsprechend ergibt sich aus dieser Vorschrift auch keine rechtliche oder tatsächliche Bindung der Gerichte, die das Erwerbsvermögen eines Hilfebedürftigen in vollem Umfang selbst festzustellen haben (BSG aaO; vgl auch Blüggel aaO). Da gemäß § 19 Abs 2 Satz 3 SGB XII die Leistungen der Grundsicherung den Hilfen zum Lebensunterhalt nach dem Dritten Kapitel lediglich vorgehen, wären höhere Leistungen zugunsten der Klägerin auch bei fehlender Dauerhaftigkeit einer vollen Erwerbsminderung denkbar(Senatsurteil vom 16.12.2010 - B 8 SO 9/09 R - RdNr 21; vgl dazu auch Eicher, jurisPK-SGB XII, § 21 SGB XII RdNr 9 und 15 ff). Nicht zu beurteilen ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt, ob wegen der streitgegenständlichen Beschränkung des Verfahrens entscheidungserheblich sein wird, bei welchem von mehreren Bedarfen vorhandenes Einkommen oder Vermögen zu berücksichtigen ist (vgl dazu Coseriu in jurisPK-SGB XII, § 19 SGB XII RdNr 31 ff).
(1) Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Dritten Kapitel ist Personen zu leisten, die ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, insbesondere aus ihrem Einkommen und Vermögen, bestreiten können.
(2) Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Vierten Kapitel dieses Buches ist Personen zu leisten, die die Altersgrenze nach § 41 Absatz 2 erreicht haben oder das 18. Lebensjahr vollendet haben und dauerhaft voll erwerbsgemindert sind, sofern sie ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, insbesondere aus ihrem Einkommen und Vermögen, bestreiten können. Die Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung gehen der Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Dritten Kapitel vor.
(3) Hilfen zur Gesundheit, Hilfe zur Pflege, Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten und Hilfen in anderen Lebenslagen werden nach dem Fünften bis Neunten Kapitel dieses Buches geleistet, soweit den Leistungsberechtigten, ihren nicht getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartnern und, wenn sie minderjährig und unverheiratet sind, auch ihren Eltern oder einem Elternteil die Aufbringung der Mittel aus dem Einkommen und Vermögen nach den Vorschriften des Elften Kapitels dieses Buches nicht zuzumuten ist.
(4) Lebt eine Person bei ihren Eltern oder einem Elternteil und ist sie schwanger oder betreut ihr leibliches Kind bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres, werden Einkommen und Vermögen der Eltern oder des Elternteils nicht berücksichtigt.
(5) Ist den in den Absätzen 1 bis 3 genannten Personen die Aufbringung der Mittel aus dem Einkommen und Vermögen im Sinne der Absätze 1 und 2 möglich oder im Sinne des Absatzes 3 zuzumuten und sind Leistungen erbracht worden, haben sie dem Träger der Sozialhilfe die Aufwendungen in diesem Umfang zu ersetzen. Mehrere Verpflichtete haften als Gesamtschuldner.
(6) Der Anspruch der Berechtigten auf Leistungen für Einrichtungen oder auf Pflegegeld steht, soweit die Leistung den Berechtigten erbracht worden wäre, nach ihrem Tode demjenigen zu, der die Leistung erbracht oder die Pflege geleistet hat.
(1) Leistungen nach diesem Buch erhalten Personen, die
- 1.
das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a noch nicht erreicht haben, - 2.
erwerbsfähig sind, - 3.
hilfebedürftig sind und - 4.
ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (erwerbsfähige Leistungsberechtigte).
- 1.
Ausländerinnen und Ausländer, die weder in der Bundesrepublik Deutschland Arbeitnehmerinnen, Arbeitnehmer oder Selbständige noch aufgrund des § 2 Absatz 3 des Freizügigkeitsgesetzes/EU freizügigkeitsberechtigt sind, und ihre Familienangehörigen für die ersten drei Monate ihres Aufenthalts, - 2.
Ausländerinnen und Ausländer, - a)
die kein Aufenthaltsrecht haben oder - b)
deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt,
- 3.
Leistungsberechtigte nach § 1 des Asylbewerberleistungsgesetzes.
(2) Leistungen erhalten auch Personen, die mit erwerbsfähigen Leistungsberechtigten in einer Bedarfsgemeinschaft leben. Dienstleistungen und Sachleistungen werden ihnen nur erbracht, wenn dadurch Hemmnisse bei der Eingliederung der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten beseitigt oder vermindert werden. Zur Deckung der Bedarfe nach § 28 erhalten die dort genannten Personen auch dann Leistungen für Bildung und Teilhabe, wenn sie mit Personen in einem Haushalt zusammenleben, mit denen sie nur deshalb keine Bedarfsgemeinschaft bilden, weil diese aufgrund des zu berücksichtigenden Einkommens oder Vermögens selbst nicht leistungsberechtigt sind.
(3) Zur Bedarfsgemeinschaft gehören
- 1.
die erwerbsfähigen Leistungsberechtigten, - 2.
die im Haushalt lebenden Eltern oder der im Haushalt lebende Elternteil eines unverheirateten erwerbsfähigen Kindes, welches das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, und die im Haushalt lebende Partnerin oder der im Haushalt lebende Partner dieses Elternteils, - 3.
als Partnerin oder Partner der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten - a)
die nicht dauernd getrennt lebende Ehegattin oder der nicht dauernd getrennt lebende Ehegatte, - b)
die nicht dauernd getrennt lebende Lebenspartnerin oder der nicht dauernd getrennt lebende Lebenspartner, - c)
eine Person, die mit der erwerbsfähigen leistungsberechtigten Person in einem gemeinsamen Haushalt so zusammenlebt, dass nach verständiger Würdigung der wechselseitige Wille anzunehmen ist, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen.
- 4.
die dem Haushalt angehörenden unverheirateten Kinder der in den Nummern 1 bis 3 genannten Personen, wenn sie das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, soweit sie die Leistungen zur Sicherung ihres Lebensunterhalts nicht aus eigenem Einkommen oder Vermögen beschaffen können.
(3a) Ein wechselseitiger Wille, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen, wird vermutet, wenn Partner
- 1.
länger als ein Jahr zusammenleben, - 2.
mit einem gemeinsamen Kind zusammenleben, - 3.
Kinder oder Angehörige im Haushalt versorgen oder - 4.
befugt sind, über Einkommen oder Vermögen des anderen zu verfügen.
(4) Leistungen nach diesem Buch erhält nicht, wer in einer stationären Einrichtung untergebracht ist, Rente wegen Alters oder Knappschaftsausgleichsleistung oder ähnliche Leistungen öffentlich-rechtlicher Art bezieht. Dem Aufenthalt in einer stationären Einrichtung ist der Aufenthalt in einer Einrichtung zum Vollzug richterlich angeordneter Freiheitsentziehung gleichgestellt. Abweichend von Satz 1 erhält Leistungen nach diesem Buch,
- 1.
wer voraussichtlich für weniger als sechs Monate in einem Krankenhaus (§ 107 des Fünften Buches) untergebracht ist oder - 2.
wer in einer stationären Einrichtung nach Satz 1 untergebracht und unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 15 Stunden wöchentlich erwerbstätig ist.
(4a) (weggefallen)
(5) Auszubildende, deren Ausbildung im Rahmen des Bundesausbildungsförderungsgesetzes dem Grunde nach förderungsfähig ist, haben über die Leistungen nach § 27 hinaus keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Satz 1 gilt auch für Auszubildende, deren Bedarf sich nach § 61 Absatz 2, § 62 Absatz 3, § 123 Nummer 2 sowie § 124 Nummer 2 des Dritten Buches bemisst.
(6) Absatz 5 Satz 1 ist nicht anzuwenden auf Auszubildende,
- 1.
die aufgrund von § 2 Absatz 1a des Bundesausbildungsförderungsgesetzes keinen Anspruch auf Ausbildungsförderung haben, - 2.
deren Bedarf sich nach den §§ 12, 13 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 1 oder nach § 13 Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 2 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes bemisst und die Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz - a)
erhalten oder nur wegen der Vorschriften zur Berücksichtigung von Einkommen und Vermögen nicht erhalten oder - b)
beantragt haben und über deren Antrag das zuständige Amt für Ausbildungsförderung noch nicht entschieden hat; lehnt das zuständige Amt für Ausbildungsförderung die Leistungen ab, findet Absatz 5 mit Beginn de