Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 07. Sept. 2012 - 6 Sa 709/11

ECLI:ECLI:DE:LAGRLP:2012:0907.6SA709.11.0A
07.09.2012

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Tenor

1. Auf die Berufung der Klägerpartei wird das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 18.10.2011 - Az. 8 Ca 1361/11 - unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen teilweise wie folgt abgeändert:

Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerpartei gemeinsam mit dem Gehalt für den Monat November ein jährliches Weihnachtsgeld, das in der Gehaltsmitteilung zuletzt als "Weihnachtsgeld 40 %" ausgewiesen war, zu zahlen, bei dem es sich nicht um eine freiwillige Leistung der Beklagten handelt und welches auch nicht von der Beklagten widerrufen werden kann.

Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerpartei ein jährliches Urlaubsgeld zu zahlen, welches in der Gehaltsmitteilung zuletzt als "Urlaubsgeld 23,25 %" ausgewiesen war und das jeweils gemeinsam mit dem Gehalt für die Monate Juni und Oktober gezahlt wird, dessen Zahlung nicht freiwillig erfolgt und welches von der Beklagten auch nicht widerrufen werden kann.

Die Beklagte wird verurteilt, gegenüber der klagenden Partei die Zusammensetzung und Höhe der mit der Klägerpartei vereinbarten stückzahlabhängigen Leistungsprämie sowie deren Fälligkeit schriftlich niederzulegen und die Niederschrift zu unterzeichnen.

Die Beklagte wird verurteilt, der klagenden Partei gegenüber Zusammensetzung und Höhe der der Klägerin zu zahlende Anwesenheitsprämie in Höhe von 5 % des Bruttolohnes, errechnet aus der Summe aus Arbeits- und Urlaubsstunden schriftlich niederzulegen und die Niederschrift zu unterzeichnen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits hat die klagende Partei zu 74 %, die Beklagte zu 26 % zu tragen.

3. Die Revision wird - mit Ausnahme der Abweisung des Antrags zu Ziffer 8 bezüglich des Jahresurlaubs von 36 Arbeitstagen, für den die Revision für die Klägerseite zugelassen wird - nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Verbindlichkeit von vermögenswirksamen Leistungen, Urlaubs- und Weihnachtsgeldansprüchen, Anwesenheits- und Leistungsprämien sowie die Berücksichtigung von Schichtzulagen bei Urlaubs- und Arbeitsunfähigkeitsvergütung, weiter die Wirksamkeit der betrieblichen Gewährung von zwei Zusatzurlaubstagen für über 58-Jährige sowie daran anknüpfende Diskriminierungsentschädigung.

2

Die am 10. April 1960 geborene Klägerpartei ist bei der Beklagten seit 1. Juli 1994 als produktionsmitarbeitende Kraft beschäftigt. Die Beklagte wurde 1994 als Z GmbH gegründet und zum 25. Februar 2010 in ihre jetzige Firma überführt. Die von ihr betriebene Montage von Sandalen und Clogs vollzieht sich mit mehr als 150 Arbeitnehmern in Produktionsstraßen unter Einsatz von Maschinen. Die Größe der im Regelfall 10-12 Produktionsteams variiert je nach Schuhtyp sowie Art und Anzahl der verarbeiteten Teile.

3

Der Arbeitsvertrag der Klägerpartei stammt vom 13. November 2000 (Bl. 67 f d.A.) und sieht in Ziff. 2 und 3 vor:

4

„2. [Die Klägerpartei] erhält derzeit einen Stundenlohn von DM ... . Die wöchentliche Arbeitszeit beträgt ... Stunden, der jährliche Urlaubsanspruch 34 Arbeitstage.

5

3. Bei Sonderzahlungen, Leistungs- und Anwesenheitsprämien handelt es sich um freiwillige, jederzeit widerrufliche Leistungen, auf die auch bei wiederholter Gewährung kein Rechtsanspruch für die Zukunft besteht.“

6

Die Beklagte leistete ihren Arbeitnehmern zurückliegend wiederholt einen - zuletzt gegenüber der Klägerpartei als „Weihnachtsgeld 40%“ in die Gehaltsmitteilung eingestellten- zusätzlichen Betrag mit der Novembervergütung. Aus den zur Akte gereichten Gehaltsmitteilungen des Beschäftigten V. H. Z ergeben sich bereits in 1994 und 1995 innerbetrieblich entsprechende Zahlungen. Die Klägerpartei hat eigene Abrechnungen seit Januar 2006 zur Gerichtsakte gereicht (Bl. 97-162 d.A.), in denen sich die Leistungen ebenso ausgewiesen finden.

7

Die Beklagte leistete in der Vergangenheit gegenüber der Klägerpartei wie auch der weiteren Belegschaft außerdem jährlich zwei gleich hohe Beträge, die mit dem Juni- und dem Oktobergehalt ausgewiesen wurden, und zwar als „Urlaubsgeld 23,5%“. Aus den Gehaltsmitteilungen des Beschäftigten V. H. Z ergeben sich Leistungsnachweise bereits für Juni und Oktober 1995. Für die Klägerpartei folgt gleiches aus den seit Januar 2006 zur Akte gereichten Abrechnungen.

8

Die Beklagte leistete zurückliegend des Weiteren Arbeitgeberanteile zu den vermögenswirksamen Leistungen. In den aktuelleren von der Beklagten verwendeten Arbeitsverträgen regelt sie diese explizit. Bei länger Beschäftigten - wie der Klägerpartei - existieren keine ausdrücklichen niedergelegten Vereinbarungen.

9

Die Beklagte arbeitet seit ihrer Gründung ferner - zumindest der Struktur nach - mit einer Leistungsprämie. Diese Prämie kann sich je nach Beschäftigten im Jahr auf bis zu ein Bruttomonatsgehalt summieren. Die Prämie wurde - nachdem sich das vorherige Schema als unzweckmäßig erwiesen hatte - zu Beginn des Jahres 2008 auf das gegenwärtigen System umgestellt, das die Beklagte i.S. einer „Steuerungsformel“ auffasst. Gegenüber dem Betriebsrat erläuterte sie dessen Grundlagen zuletzt Anfang 2012 durch Übermittlung von Blatt 1 und 2 einer vierseitigen Prämiensystembeschreibung (Ablichtung in Anlage des Klägerschriftsatzes vom 3.8.2012). Die einzelnen in die Berechnung eingestellten Stückzahlen gab sie (die Beklagte) den Mitarbeitenden ebenso wenig bekannt, wie die konkret in Ansatz gebrachten weiteren Berechnungsfaktoren.

10

Die Beklagte leistete in der Vergangenheit sodann monatlich Anwesenheitsprämien. Für die Klägerpartei ergaben sich Leistungen wie aus den zur Akte gereichten Gehaltsmitteilungen der Zeit zwischen 1/06 und 6/11 ersichtlich, die von einem Prämienansatz von 5% des Bruttolohns, errechnet aus der Summe von Arbeits- und Urlaubsstunden, ausgehen, vorausgesetzt in den Abrechnungen fielen nicht zugleich Entgeltfortzahlungsleistungen an.

11

Die Beklagte leistete in der Vergangenheit ferner einen Fahrtkostenzuschuss. In den zur Akte gereichten Gehaltsmitteilungen der Klägerpartei sind diese als „Fahrgelderstattung“ oder „Fahrgeld“ mit wechselnden Werten ausgewiesen.

12

Infolge der im Jahr 2006 von einer auf zwei Schichten umgestellten Produktion sowie der hieran anknüpfenden Änderung von Arbeitsverträgen (die im Fall der Klägerpartei nicht zur Akte gereicht wurden), gewährt die Beklagte zur Spätschicht eine Schichtzulage von 25% des Bruttostundenlohns. Die Beklagte behauptet, diese Zulage beruhe auf arbeitsgerichtlichen Vergleichen und komme nicht allen Beschäftigten zugute; zudem sei sie auf die zwischen 20 und 23 Uhr liegenden Arbeitszeiten beschränkt. In die Berechnung der Urlaubsvergütung wie auch die Entgeltfortzahlung wurde diese Zulage (zuletzt) zumindest nicht einbezogen.

13

Die Beklagte gewährt allen Arbeitnehmern, die das 58. Lebensjahr vollendet haben, ohne dass individuelle Vereinbarungen über einen höheren Jahresurlaub vorliegen, 36 Arbeitstage Jahresurlaub, während die übrigen Beschäftigten 34 Tage erhalten.

14

Anlass der vorliegenden Streitigkeit ist eine einseitige Zurückhaltung von Anwesenheitsprämien zu Beginn des Jahres 2010 gegenüber den Arbeitnehmern, die für angeordnete Betriebsferien wegen des verbrauchten Jahresurlaubs unbezahlten Urlaub nahmen, sowie die „Deckelung“ von Fahrtkostenerstattungen auf monatlich 20 Tage seit Oktober 2010 (mit der Folge dass bei Samstagsarbeiten - die im Betrieb zurückliegend wiederholt vorkamen - keine Erstattungen geleistet wurden). Dies alles ohne Ausspruch einer Kündigung, sondern unter Hinweis auf die Freiwilligkeit der zugrunde liegenden Leistungen. Außerdem wurden in den Gehaltsmitteilungen für Oktober 2010 das Urlaubsgeld und für November 2010 das Weihnachtsgeld mit dem Zusatz „(freiwillige Leistung)“ versehen. In einem Gespräch zwischen Mitarbeitern und der Beklagtengeschäftsführung am 6. Dezember 2010 meinte der Beklagtengeschäftsführer, das Weihnachtsgeld wie die übrigen Sonderzahlungen würden nur freiwillig - die Klägerpartei behauptet, er habe weiter gesagt: und widerruflich - erbracht.

15

Die Klägerpartei forderte die Beklagte daraufhin mit Schreiben vom 16. Februar 2011 unter zweiwöchiger Fristsetzung zum schriftlichen Nachweis sämtlicher arbeitsvertraglichen Bedingungen auf, soweit diese nicht schon schriftlich niedergelegt waren. Ferner erbat sie eine Bestätigung, dass es sich bei Urlaubs-, Weihnachtsgeld und Arbeitgeberanteilen an vermögenswirksamen Leistungen um verbindliche Ansprüche handele, ebenso dass Urlaubslohn und Entgeltsfortzahlung unter Berücksichtigung von Schichtzulagen gezahlt würden, sowie um Darlegung der Grundlagen für die Ermittlung von Leistungsprämien einschließlich deren Zusammensetzung im Einzelnen, sowie die Bestätigung, dass auch bei längerer als zweitägiger Arbeitsunfähigkeit die Phasen, in denen ein Arbeitnehmer im fraglichen Monat gearbeitet habe, nicht schmälernd in die Leistungsprämie eingingen. Die Beklagte kam dieser Zusicherungsforderung nicht im Einzelnen nach.

16

Die Klägerpartei hat erstinstanzlich vorgetragen:

17

Sie könne Weihnachtsgeld - nachdem es in den vergangenen Jahren ohne weiteres geleistet worden sei - verbindlich beanspruchen. Die Zahlungen ergäben sich aus den Gehaltsmitteilungen. Sie seien wiederholt ohne Freiwilligkeits- oder Widerrufszusatz ausgeführt worden. Weder in mündlicher noch in schriftlicher Form habe man sich beklagtenseits vorbehalten, Leistungsregelungen nur für das laufende Jahr zu statuieren. Dies gelte auch für das Urlaubsgeld und die Anwesenheitsprämie. Es habe auch keine gesonderte schriftliche oder mündliche Mitteilung an Mitarbeiter - auch nicht durch Aushänge im Betrieb - gegeben, welche die Freiwilligkeit von Sonderzahlungen kommuniziert hätten. Allein der arbeitsvertraglich gestellte pauschale Freiwilligkeits- und Widerrufsvorbehalt sei - weil nach der jüngeren Rechtsprechung unwirksam - nicht mehr tragfähig. Etwaige Voraussetzungen für einen Widerruf seien nicht erkennbar. Schon bei Arbeitsvertragsschluss habe im Übrigen festgestanden, dass ein vertraglicher Weihnachtsgeldanspruch entstehe.

18

Auch der Urlaubsgeldanspruch sei verbindlich. Er beruhe in gleicher Weise auf dem Arbeitsvertrag, zumindest aber auf betrieblicher Übung. Seit Arbeitsvertragsbeginn habe die Beklagte einschränkungslos und ohne Hinweise auf Freiwilligkeit oder Widerrufbarkeit zweimalig im Jahr Urlaubsgeld gezahlt. Zugunsten der Klägerpartei sei hinreichendes Vertrauen begründet, dass diese Zahlungen nicht nur für das konkrete Jahr, sondern stetig erfolgten.

19

Bezüglich der vermögenswirksamen Leistungen gelte gleiches. Die Beklagte habe auch diesbezüglich den Standpunkt eingenommen, es handele sich um eine freiwillige bzw. widerrufliche Leistung.

20

Auch die seit Gründung der Beklagten bzw. seit Bestand des Arbeitsverhältnisses zusätzlich zum Grundentgelt gewährte stückzahlabhängige Leistungsprämie, könne sie (die Klägerpartei) verbindlich beanspruchen. Die Prämie beruhe auf konkreten Produktionsleistungen und lasse sich als teambezogene Akkordprämie auffassen. Die Beklagte habe die jeweiligen Schuhmodelle (Sandalen [sog. Clogs], geschlossene Schuhe usw.) in entsprechende Herstellungsschwierigkeiten unterteilt und wolle den erfolgreich arbeitenden Produktionsteams Anreize. Neben der Herstellungsgeschwindigkeit („möglichst schnell“) werde auch die Qualität („möglichst wenig Ausschuss“) prämiert. Die Qualitätskontrolle prüfe insofern den Schuhstandard. Parameter der Leistungen im engeren Sinne seien - neben erreichten Stückzahlen und benötigten Teamstunden - die Faktoren: Obermaterial (Leder 1,45, Velour 1,4, Filz 1,1, Wolle 1,45, Nubuk 1,45), Sohlen (bspw. Anti-Sohle und Superlauf-Sohle 1,2), Größe (ab Größe 46 +0,2, weil größere Schuhe schwieriger zu produzieren seien), Modellschwierigkeit (zwischen 1,1 und 4,0; 1,1 etwa bei einfachen Modelle wie Madrid, mind. 2,0 bei Clogs, zw. 1,4 und 1,6 bei Sandalen, 4,0 bei besonders aufwendige Modelle wie Monterey oder Exquisit) und Klein- oder Mindermengen (Stückzahlen 1-6: 2,5, Stückzahlen 7-24: 2,0, Stückzahlen 25-48: 1,5). Ab einer Punktzahl von 20 erziele ein Team Prämien, die sich in 0,5 Punkte-Schritten steigerten. Zur Berechnung würden die Teamleiter (bzw. deren Stellvertreter in Abwesenheit) die Produktionszahlen und Teamstunden dokumentieren. Urlaubstage würden den Abwesenden abgezogen, indem das Ergebnis allein den Übrigen (Anwesenden) nach freiem Teamleiter- oder Stellvertreterermessen zugute käme (dauere der Urlaub z.B. bis 4,5 Tage, werde für den Monats noch eine Prämie gezahlt, ab 5,0 Tagen indes schon nicht mehr). Bei Erreichen der Zielvorgaben erhielten die stellvertretenden Teamleiter 150%, die Teamleiter 200% der auf die Mitarbeiter einzeln entfallenden Prämien. Bis ins Jahr 2000 sei noch keine Rede davon gewesen, dass diese Prämie freiwillig und unter Widerrufsvorbehalt gezahlt werde. Erst in den ab 2000 verwendeten Arbeitsverträgen habe die Beklagte derartiges eingefügt. Zugunsten der Betriebsmitarbeitenden bestehe folglich Vertrauen in den Prämienbestand wie in ein 13. Monatsgehalt (dessen Umfang die Prämie ausmachen könne). Unzulässig sei zudem die von Beklagtenseite zuletzt geübte Praxis, Prämien bei einer bis zweitägigen Arbeitsunfähigkeit wieder zu kürzen und ab einer dreitägigen Arbeitsunfähigkeit ganz zu streichen. Dies benachteilige erkrankte Arbeitnehmer entgegen § 612a BGB und lasse sich mit auch Art. 3 Abs. 1 GG nicht vereinbaren.

21

Außerdem sei eine Anwesenheitsprämie seit Beginn des Arbeitsverhältnisses gezahlt worden. Einzelne Zahlungsvorbehalte habe es diesbezüglich gegenüber den Arbeitnehmern zu keiner Zeit gegeben. Bis zum Januar 2010 sei die Anwesenheitsprämie zudem bei bezahltem wie unbezahltem Urlaub gewährt worden. Auch hierzu sei die Beklagte (ebenfalls entgegen § 612a BGB bzw. Art. 3 Abs. 1 GG) inzwischen dazu übergegangen, bei eintretender Entgeltfortzahlung oder mit Vorkommen von Verspätungen an nur einem Tag im Monat Gewährungen auf Null zu setzen. Es bestehe indes keinerlei Freiwilligkeits- oder Widerrufbarkeitsvorbehalt, auch nicht kraft Vertrages.

22

Des Weiteren seien ehemals Fahrtkosten für jeden abgeleisteten Arbeitstag gezahlt worden. Diese müssten in der verabfolgten Weise auch weiter gezahlt werden.

23

Für die Spätschichtzulage gelte, dass sie nach § 11 Abs. 1 BUrlG in die Urlaubsvergütung einzubeziehen sei und gemäß § 4 Abs. 1, Abs. 1a EFZG auch hinsichtlich der Entgeltfortzahlung Beachtung zu finden habe, da die Schichtzulage turnusgemäß alle zwei Wochen anfalle.

24

Zur Beseitigung von Alterdiskriminierungen stünden sämtlichen Arbeitnehmern der Beklagten jährlich 36 Urlaubstage zu. Die Behauptung, ältere Mitarbeiter benötigten im Produktionsbetrieb längere Erholungsphasen, sei nicht belastbar. Das BUrlG unterscheide nicht nach körperlicher Anstrengung. Unerfindlich sei zudem, warum ein gesteigertes Erholungsbedürfnis ausgerechnet mit 58 eintrete. Außerdem seien jüngere Menschen durch Familie und Beruf sogar noch stärker beansprucht als Ältere. Aufgrund der Schwere des mit der altersbezogenen Urlaubsstaffel verbundenen Antidiskriminierungsverstoßes sei eine Entschädigung von wenigstens 2.000,00 EUR angemessen.

25

Die Klägerpartei hat erstinstanzlich (sinngemäß) beantragt,

26

1. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerpartei gemeinsam mit dem Gehalt für den Monat November ein jährliches Weihnachtsgeld in Höhe von 40 % des Lohns zu zahlen, bei dem es sich nicht um eine freiwillige Leistung der Beklagten handelt und welches auch nicht von der Beklagten widerrufen werden kann;

27

2. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerpartei ein jährliches Urlaubsgeld in Höhe von 46,5 % des Lohns zu zahlen, welches in zwei Teilbeträgen à 23,25 % gemeinsam mit dem Gehalt für die Monate Juni und Oktober gezahlt wird, dessen Zahlung durch die Beklagte nicht freiwillig erfolgt und welches von der Beklagten auch nicht widerrufen werden kann;

28

3. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, an die Klägerpartei monatlich einen Arbeitgeberanteil an den vermögenswirksamen Leistungen in Höhe von 19,94 EUR zu zahlen, dessen Zahlung nicht freiwillig erfolgt und von der Beklagten nicht widerrufen werden kann;

29

4. die Beklagte zu verurteilen, die Zusammensetzung und Höhe der mit der Klägerpartei vereinbarten stückzahlabhängigen Leistungsprämien sowie deren Fälligkeit schriftlich niederzulegen und die Niederschrift zu unterzeichnen;

30

insofern wird festgestellt,

31

dass die Beklagte nicht berechtigt ist, die Leistungsprämien bei einer bis zu zweitägigen Arbeitsunfähigkeit im Abrechnungsmonats zu kürzen und ab einer dreitägigen Arbeitsunfähigkeit vollständig zu streichen;

32

5. Die Beklagte zu verurteilen, Zusammensetzung und Höhe der der Klägerpartei zu zahlenden Anwesenheitsprämie in Höhe von 5 % des Bruttolohns, errechnet aus der Summe aus Arbeits- und Urlaubsstunden schriftlich niederzulegen und die Niederschrift zu unterzeichnen;

33

1. insofern wird festgestellt,

34

a) dass die Beklagte verpflichtet ist, die Anwesenheitsprämie bei bezahltem Urlaub - wie in der Vergangenheit - fortzuzahlen;

35

b) dass die Beklagte verpflichtet ist, die Anwesenheitsprämie auch bei von ihr angeordneten oder bewilligtem unbezahlten Urlaub für die Zeit des Urlaubs zuzahlen;

36

c) dass die Beklagte verpflichtet ist, die Anwesenheitsprämie auch dann in ungeschmälerter Höhe zu zahlen, wenn die Klägerin während des Abrechnungszeitraums arbeitsunfähig erkrankt,

37

d) dass die Beklagte nicht berechtigt ist, die Anwesenheitsprämie für den jeweiligen Monat in voller Höhe zu streichen, wenn die Klägerpartei sich auch nur einmal im Monat bei der Arbeitsaufnahme verspätet, die Beklagte vielmehr verpflichtet ist, die Anwesenheitsprämie anteilig für die Tage zu zahlen, an den eine Verspätung nicht vorgelegen hat;

38

e) dass die Beklagte nicht berechtigt ist, die Anwesenheitsprämie zu widerrufen und dass es sich bei der Anwesenheitsprämie auch nicht um eine freiwillige Leistung der Beklagten handelt;

39

1. festzustellen, dass die Beklagte dazu verpflichtet ist, der Klägerpartei nicht nur pauschal für 20 Tage im Monat Fahrtkosten zu erstatten, sondern - insbesondere im Fall von Samstagsarbeit - Fahrtkosten für jeden Arbeitstag zu erstatten sind;

40

es wird weiter festgestellt, dass die Beklagte die Fahrtkostenerstattung nicht widerrufen kann und es sich auch nicht um eine freiwillige Leistung der Beklagten handelt;

41

die Beklagte wird verurteilt, die Zusammensetzung und Höhe der Fahrtkostenerstattung und deren Fälligkeit schriftlich niederzulegen und die Niederschrift zu unterzeichnen;

42

2. festzustellen, dass die Beklagte dazu verpflichtet ist, die gemäß Ziffer III der 2006 getroffenen Vereinbarung zur Änderung des Arbeitsvertrages zu zahlende Schichtzulage in Höhe von 25 % des Bruttolohns bei der Berechnung der Urlaubsvergütung und der Entgeltfortzahlungsansprüche zu berücksichtigen;

43

3. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerpartei 36 Arbeitstage Erholungsurlaub zu gewähren;

44

4. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerpartei wegen Verstoßes gegen das AG eine angemessene Entschädigung, die sich jedoch auf mindestens 2.000,00 EUR belaufen soll, zu zahlen.

45

Die Beklagte hat erstinstanzlich beantragt,

46

die Klage abzuweisen.

47

Die Beklagte hat erstinstanzlich vorgetragen:

48

Die Anträge zu 1 bis 3 und 6 bis 8 sowie 4 und 5 seien - soweit sie Feststellungen beträfen - wegen Vorrangs der Leistungsklage unzulässig. Außer im Fall der Leistungsprämie könne die Klägerpartei jeden Anspruch exakt beziffern. Die Beklagte beabsichtige im Übrigen gegenwärtig nicht, einzelne freiwillige Leistungen zukünftig nicht mehr zu erbringen.

49

Die Klägerpartei gebe - in sachlicher Hinsicht - auch kein Beklagtenverhalten an, wonach sie schließen müsse, dass Leistungen auf Dauer gewährt würden. Der Klägervortrag sei hinsichtlich einer betrieblichen Übung unsubstantiiert. Sie (die Beklagte) bestreite deshalb das Vorliegen von Tatbestandsmomenten, die eine betriebliche Übung ergäben wie auch ein darauf beruhendes Vertrauen, mit Nichtwissen. Das bloße Gewähren nicht vertraglich geschuldeter Leistungen mache noch keine betriebliche Übung aus.

50

Eine ausdrückliche Vereinbarung bestehe weder hinsichtlich des Weihnachts- noch des Urlaubsgelds. Es sei vielmehr stets kommuniziert worden, es handele sich um freiwillige Leistungen. Sie (die Beklagte) habe das für sämtliche Sonderleistungen stets grundsätzlich hervorgehoben und im Rahmen betriebsinterner Kommunikation durchgängig klargestellt, jede Regelung für Sonderzahlungen gelte nur für das laufende Jahr und begründe keine künftigen Ansprüche. Eben dies folge auch aus der arbeitsvertraglichen Klausel, "dass bei wiederholter freiwilliger Gewährung von Sonderleistungen kein Rechtsanspruch für die Zukunft besteht". Die daneben enthaltenen Worte freiwillig und widerruflich (oder widerrufbar) seien nicht wesentlich. Es liege - kraft Auslegung - vielmehr ein wirksamer Freiwilligkeitsvorbehalt vor.

51

Bezüglich der vermögenswirksamen Leistungen habe sie zu keiner Zeit Zweifel aufkommen lassen, dass es sich nicht um einen festen Bestandteil des Arbeitsentgelts handele.

52

Hinsichtlich der Leistungsprämie bestehe weder eine Vergütungsvereinbarung, noch könnten hätten sich die Arbeitnehmer diesbezüglich auf künftige Gewährungen verlassen können. Dass Sonderleistungen grundsätzlich nur freiwillig erbracht würden, habe sie stets kommuniziert. Dies schließe einen Anspruch aus betrieblicher Übung aus, der im Übrigen nur unzulänglich dargestellt sei und hinsichtlich der vertrauensbegründenden Umstände mit Nichtwissen bestritten werde. Die Klägerpartei habe auch nicht für die gesamten Dauer des Arbeitsverhältnisses Leistungsprämien bezogen. Schon nach deren eigenem Vorbringen könne es sich bloß um Leistungen nach Gutdünken handeln. Die Klägerseite beanspruche der Sache nach erst Auskunft über Umstände, welche das Entstehen einer betrieblichen Übung ausmachten.

53

Auch bezüglich der Anwesenheitsprämie bestehe weder eine ausdrückliche Vereinbarung noch eine betriebliche Übung. Sie (die Beklagte) habe - auch diesbezüglich - Sonderleistungen grundsätzlich nur für den Abrechnungszeitraum gewährt (hier: den Kalendermonat). Das Klägervorbringen lasse offen, ob und aufgrund welcher Kriterien gemeint werde, Ansprüche auf die streitgegenständliche Leistung erworben haben zu können. Sie (die Beklagte) habe bei Erbringung der Leistung immerhin stets klar gestellt, dass es sich um freiwillige Leistungen handele. Im Übrigen sei das Vorbringen unsubstantiiert und werde abermals mit Nichtwissen bestritten.

54

Hinsichtlich des streitgegenständlichen Fahrtkostenzuschusses lasse die Klägerseite ebenfalls offen, aufgrund welcher Kriterien sie meine, einen festen Anspruch erworben zu haben. Diese Leistung sei ebenfalls als Sonderleistung freiwillig und nur auf den Abrechnungszeitraum bezogen gewährt worden. Im Übrigen sei das Vorbringen wiederum unsubstantiiert und werde nochmals mit Nichtwissen bestritten.

55

Die Mehrgewährung von 2 Urlaubstagen für ältere Beschäftigte beinhalte keine Diskriminierung. Sie (die Beklagte) komme damit lediglich ihrer Fürsorgeverpflichtung gegenüber Personen nach, die in einem Produktionsbetrieb bei der Fertigung von Schuhen körperlich ermüdende und teilweise schwere Arbeit leisteten (§ 10 Satz 2 AGG). Nach der Lebenserfahrung benötigten ältere Arbeitnehmer, die anstrengendere körperliche Arbeiten verrichteten, über das Jahr betrachtet, längere Erholungszeiten als Jüngere. Zwei Zusatzurlaubstage seien hierfür angemessen.

56

Das Arbeitsgericht hat der Klage mit Urteil vom 18. Oktober 2011 - auf dessen Inhalt sowohl zum Tatbestand wie auch zu den Entscheidungsgründen im Einzelnen Bezug genommen wird - im Antrag zu Ziff. 6 Abs. 3 (Niederschrift des Fahrtkostenzuschusses) entsprochen, sie im Übrigen jedoch abgewiesen. Es hat die Anträge zu 1 bis 7 als unzulässig beurteilt, soweit diese nicht Niederschriften betrafen. Nach Aufgabe der höchstrichterlichen Rechtsprechung zur sog. gegenläufigen betrieblichen Übung könne jeder erhobene Anspruch auch ohne Gefährdung zu gegebener Zeit im Wege der Leistung eingefordert werden. Die nach den Anträgen zu 4 bis 7 weiter begehrten Einzelfeststellungen seien angesichts der Vielzahl von Umständen, die bei der Berechnung einzelner Anspruchspositionen in Betracht kämen, nicht geeignet, befriedigende Feststellungen herbeizuführen. Mit den Anträgen auf Niederschrift zu Ziff. 4, 5 und 6 seien Umstände einer betrieblichen Übung mit Ausnahme des Antrags zu 6 nicht dargetan, namentlich im Fall der Leistungsprämie seien Anpassungen nicht erläutert und vermeintliche Zahlen und Faktoren nicht schematisch nachvollziehbar gemacht worden. Gleiches gelte für die Anwesenheitsprämie. Zulässig, aber unbegründet sei schließlich auch der Antrag zu 8, da ein ca. 6%iger Mehrurlaub für ältere Mitarbeiter aus § 10 Satz 1 und 2 AGG gerechtfertigt sei. Die Gesundheitsfürsorge gegenüber älteren Mitarbeitern stelle ein legitimes Ziel dar. Vor diesem Hintergrund erweise sich auch der Antrag zu 9 als unbegründet.

57

Die Klägerpartei hat gegen das ihr am 21. November 2011 zugestellte Urteil am 21. Dezember 2011 Berufung eingelegt und diese innerhalb der bis zum 21. Februar 2012 verlängerten Frist mit Schriftsatz vom 15. Februar, eingegangen am 17. Februar 2012 begründet.

58

Die Klägerseite trägt im Wesentlichen vor:

59

Dem Antrag zu 3 liege ein Anerkenntnis zugrunde, sodass er bereits deshalb begründet sei. Im Übrigen beträfen die Feststellungsanträge soweit sie abgewiesen wurden, zukünftige Ansprüche, sodass keine generelle Subsidiarität gegenüber der Leistungsklage bestehe. Der Beklagtengeschäftsführer habe im arbeitsgerichtlichen Gütetermin außerdem erklärt, sich an das Ergebnis einer gerichtlichen Entscheidung halten zu wollen. Das Arbeitsgericht habe den Anträgen zu 4 Abs. 2, 5 Buchst. a bis d und 6 Abs. 2 ferner zumindest als Zwischenfeststellungsklagen entsprechen müssen. Die jahrelange Vergütungspraxis sei im Übrigen auch ausreichend dargelegt worden. Im Hinblick auf die Zusammensetzung von Anwesenheits- und Leistungsprämien könne nur eine abgestufte Darlegungs- und Beweislast gelten. Der Umstand jeweiliger Zahlung sei mit den Gehaltsmitteilungen dargetan. Die vorgebrachte Leistungspraxis sei von Beklagtenseite auch zu keiner Zeit wirksam bestritten worden. Aus dem vertraglichen Freiwilligkeitsvorbehalt lasse sich die Verbindlichkeit nicht in Abrede stellen, denn dieser sei unzulässig. Wie die jüngere Rechtsprechung zeige, lasse sich auch kein Mehrurlaub für ältere Beschäftigter rechtfertigen. Es sei sachfremd für die Leistungsfähigkeit von Beschäftigten allein an das Alter anknüpfen zu wollen. Die ungerechtfertigte Ungleichbehandlung gebiete eine angemessene Entschädigung.

60

Die Klägerpartei beantragt sinngemäß zuletzt,

61

das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 18. Oktober 2011 - 8 Ca 1361/11 - abzuändern und

62

1. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin gemeinsam mit dem Gehalt für den Monat November ein jährliches Weihnachtsgeld, das in den letzten Gehaltsmitteilungen den Zusatz "Weihnachtsgeld 40 %" trug zu zahlen, bei dem es sich nicht um eine freiwillige Leistung der Beklagten handelt und welches auch nicht von der Beklagten widerrufen werden kann;

63

1. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin ein jährliches Urlaubsgeld zu zahlen, welches in zwei Teilbeträgen in den Gehaltsmitteilungen zuletzt ausgewiesen als Urlaubsgeld 23,25 % gemeinsam mit dem Gehalt für die Monate Juni und Oktober gezahlt wird, dessen Zahlung durch die Beklagte nicht freiwillig erfolgt und welches von der Beklagten auch nicht widerrufen werden kann;

64

2. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, an die Klägerpartei monatlich einen Arbeitgeberanteil an den vermögenswirksamen Leistungen in Höhe von 19,94 EUR zu zahlen, dessen Zahlung nicht freiwillig erfolgt und von der Beklagten nicht widerrufen werden kann;

65

3. die Beklagte zu verurteilen, die Zusammensetzung und Höhe der mit der Klägerpartei vereinbarten stückzahlabhängigen Leistungsprämien sowie deren Fälligkeit schriftlich niederzulegen und die Niederschrift zu unterzeichnen;

66

insofern wird festgestellt,

67

dass die Beklagte nicht berechtigt ist, die Leistungsprämien bei einer bis zu zweitägigen Arbeitsunfähigkeit im Abrechnungsmonats zu kürzen und ab einer dreitägigen Arbeitsunfähigkeit vollständig zu streichen;

68

4. Die Beklagte zu verurteilen, Zusammensetzung und Höhe der der Klägerpartei zu zahlenden Anwesenheitsprämie in Höhe von 5 % des Bruttolohns, errechnet aus der Summe aus Arbeits- und Urlaubsstunden schriftlich niederzulegen und die Niederschrift zu unterzeichnen;

69

   insofern wird festgestellt,

70

a) dass die Beklagte verpflichtet ist, die Anwesenheitsprämie bei bezahltem Urlaub - wie in der Vergangenheit - fortzuzahlen;

71

b) dass die Beklagte verpflichtet ist, die Anwesenheitsprämie auch bei von ihr angeordneten oder bewilligtem unbezahlten Urlaub für die Zeit des Urlaubs zuzahlen;

72

c) dass die Beklagte verpflichtet ist, die Anwesenheitsprämie auch dann in ungeschmälerter Höhe zu zahlen, wenn die Klägerin während des Abrechnungszeitraums arbeitsunfähig erkrankt,

73

d) dass die Beklagte nicht berechtigt ist, die Anwesenheitsprämie für den jeweiligen Monat in voller Höhe zu streichen, wenn die Klägerpartei sich auch nur einmal im Monat bei der Arbeitsaufnahme verspätet, die Beklagte vielmehr verpflichtet ist, die Anwesenheitsprämie anteilig für die Tage zu zahlen, an den eine Verspätung nicht vorgelegen hat;

74

e) dass die Beklagte nicht berechtigt ist, die Anwesenheitsprämie zu widerrufen und dass es sich bei der Anwesenheitsprämie auch nicht um eine freiwillige Leistung der Beklagten handelt;

75

2. festzustellen, dass die Beklagte dazu verpflichtet ist, der Klägerpartei nicht nur pauschal für 20 Tage im Monat Fahrtkosten zu erstatten, sondern - insbesondere im Fall von Samstagsarbeit - Fahrtkosten für jeden Arbeitstag zu erstatten sind;

76

3. es wird weiter festgestellt, dass die Beklagte die Fahrtkostenerstattung nicht widerrufen kann und es sich auch nicht um eine freiwillige Leistung der Beklagten handelt;

77

4. festzustellen, dass die Beklagte dazu verpflichtet ist, die gemäß Ziffer III der 2006 getroffenen Vereinbarung zur Änderung des Arbeitsvertrages zu zahlende Schichtzulage in Höhe von 25 % des Bruttolohns bei der Berechnung der Urlaubsvergütung und der Entgeltfortzahlungsansprüche zu berücksichtigen;

78

5. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerpartei 36 Arbeitstage Erholungsurlaub zu gewähren;

79

6. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerpartei wegen Verstoßes gegen das AG eine angemessene Entschädigung, die sich jedoch auf mindestens 2.000,00 EUR belaufen soll, zu zahlen.

80

Die Beklagte beantragt,

81

die Berufung zurückzuweisen.

82

Sie verteidigt das arbeitsgerichtliche Urteil und trägt ergänzend im Wesentlichen vor:

83

Sie habe keinen der Ansprüche anerkannt. Hinsichtlich der altersgemäßen Mehrgewähr von Urlaub folge aus der jüngeren Rechtsprechung auch kein apodiktisches Verbot.

84

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens zweiter Instanz wird auf den Inhalt der Schriftsätze der Klägerseite vom 15. Februar 2012 und 3. August 2012 sowie der Beklagten vom 20. April 2012 und 5. Juli 2012 (nebst Anlagen), sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 10. August 2012 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

A.

85

Die Berufung der Klägerseite ist zulässig, aber nur in Teilen begründet.

I.

86

Die Berufung ist zulässig. Sie ist aufgrund der überschrittenen Wertbeschwer nach § 8 Abs. 2, § 64 Abs. 1 und Abs. 2 Buchst. a ArbGG statthaft und wurde sowohl form- und fristgerecht eingelegt (§ 66 Abs. 1 Satz 1 und 2, § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG i.V.m. § 519 ZPO) sowie rechtzeitig und hinreichend begründet (§ 66 Abs. 1 Satz 1 und 2, § 64 Abs. 6 ArbGG, § 520 ZPO).

II.

87

Die Berufung ist nur in Teilen begründet. Lediglich hinsichtlich der Erwägungen des Arbeitsgerichts zur Zulässigkeit der Anträge zu 1 und 2 sowie zur Begründetheit der Anträge zu 4 Abs. 1 und 5 Abs. 1 kommt die Berufungskammer vor dem Hintergrund des gesamten Vorbringens der Klägerseite zu einem abändernden Ergebnis.

1.

88

Der das Weihnachtsgeld betreffende Antrag zu 1 ist zulässig und begründet.

a)

89

Der Antrag ist bei gebotener Auslegung zulässig.

aa)

90

Der Antrag genügt den auch für Feststellungen zu beachtenden Anforderungen des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO (BAG 14.12.2011 - 4 AZR 242/10 - Rn. 19, juris).

(1)

91

Hiernach muss die Klageschrift die bestimmte Angabe des Gegenstands und des Grundes des erhobenen Anspruchs sowie einen bestimmten Antrag enthalten. Der Kläger muss hierzu eindeutig festlegen, welche Entscheidung er begehrt. Er hat den Streitgegenstand so genau zu bezeichnen, dass der Rahmen der gerichtlichen Entscheidungsbefugnis keinem Zweifel unterliegt (BAG 19.10.2011 - 7 AZR 743/10 - Rn. 18, juris). Das Gericht hat bei unklarer Formulierung den erklärten Willen zu erforschen, wie er aus der Klagebegründung, dem Prozessziel und der Interessenlage hervorgeht. Die für Willenserklärungen geltenden Auslegungsregeln der §§ 133, 157 BGB sind für die Auslegung von Klageanträgen heranzuziehen. Für das Verständnis eines Klageantrags ist nicht am buchstäblichen Wortlaut des Antrags zu haften. Klageanträge sind so auszulegen, dass im Zweifel das gewollt ist, was nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und der richtig verstandenen Interessenlage entspricht (BAG 19.10.2011 - 7 AZR 471/10 - Rn. 15, juris).

(2)

92

Den dargestellten Anforderungen ist genügt. Die Klägerpartei richtet sich gegen die Unsicherheit der Freiwilligkeit und/ oder Widerrufbarkeit des wiederholt mit dem Novembergehalt geleisteten und in der Gehaltsmitteilung mit dem Zusatz „40%“ versehenen Weihnachtsgelds. Zwischen den Parteien herrscht kein Streit, dass diese Zahlung in der Vergangenheit zutreffend bemessen war. Dies hat die Klägerpartei vor der Berufungskammer klarstellend bekundet, indem sie den Feststellungsinhalt auf den Gegenstand der zuletzt erbrachten Leistung mit Übernahme der in der Gehaltsmitteilung von der Beklagten gegebenen Beschreibung richtete. Auch herrscht über die weiteren Gewährungsvoraussetzungen kein Streit. Die erbetene Feststellung betrifft allein die Frage der Verbindlichkeit und „Widerrufsfestigkeit“ als solcher.

bb)

93

Für den so aufzufassenden Antrag besteht ein hinreichendes Feststellungsinteresse i.S.d. § 256 Abs. 1 ZPO.

(1)

94

Nach § 256 Abs. 1 ZPO kann eine Klage auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses erhoben werden, wenn die Klägerpartei ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt wird. Die Feststellung kann sich auf einzelne Beziehungen oder Folgen aus einem Rechtsverhältnis, auf bestimmte Ansprüche oder Verpflichtungen oder auf den Umfang einer einzelnen Leistungspflicht beschränken - sog. Elementenfeststellungsklage - (BAG 14.12.2011 - 4 AZR 242/10 - Rn. 18, juris). Hierzu muss eine gegenwärtige Gefahr oder Unsicherheit für das festzustellende Rechtsverhältnis drohen, und das erstrebte Urteil muss geeignet sein, diese Gefahr zu beseitigen (BAG 24.5.2006 - 7 AZR 365/05 - Rn. 14, juris). Das Feststellungsinteresse fehlt, wenn dem Antragsteller ein einfacherer Weg zur Verfügung steht, um sein Ziel zu erreichen, oder wenn die begehrte Feststellung zu keiner abschließenden Klärung des Streits geeignet ist. Ersteres ist in der Regel der Fall ist, wenn eine Leistungsklage erhoben werden kann. Allerdings kann auch dann noch ein Feststellungsinteresse bestehen, sofern das angestrebte Urteil mit seiner lediglich klärenden, der Vollstreckung indes nicht zugänglichen Wirkung geeignet ist, den Konflikt der Parteien endgültig zu lösen und weitere Prozesse zwischen ihnen hierzu zu verhindern (BAG 16.11.2011 - 4 AZR 834/09 - Rn. 23, juris). Darüber hinaus gilt der Vorrang der Leistungsklage bei streitigen künftigen Leistungen nicht ohne weiteres, namentlich wenn eine Klage auf künftige Leistung nicht erhoben werden kann (BAG 1.2.2006 - 5 AZR 187/05 - Rn. 18, NZA 2006, 2060; 9.11.2005 - 9 AZR 140/05 - Rn. 32, juris).

(2)

95

Vor diesem Hintergrund war das besondere Feststellungsinteresse für den Antrag zu 1 gegeben. Der Antrag betrifft die Weihnachtsgeldverbindlichkeit in ihrem rechtlichen Bestand sowie ihrer Widerrufsfestigkeit. Der Streit gilt der begrenzten Streitlage des „ob“ nicht des „wie“ der Leistung. Die begehrte Feststellung ist bei diesem begrenzten Streit geeignet, Klarheit über die Verbindlichkeit im Ganzen herzustellen. Auch besteht durch das Bestreiten der Verbindlichkeit durch die Beklagte eine gegenwärtige Gefahr der Unsicherheit, die durch eine Feststellungsentscheidung beseitigt werden kann (BAG 11.4.2006 - 9 AZR 500/05 - Rn. 9, NZA 2006, 1089). Ein Verweis auf die Leistungsklage kommt in der Sondersituation der Klägerpartei, bei einstweilen beibehaltenen Zahlungen einen dauerhaft unsicheren und weder beleih- noch verfügbaren Anspruch im Umfang annähernd eines halben Monatsgehalts für die Zukunft zu besitzen, nicht in Betracht.

b)

96

Der Antrag ist begründet. Die Voraussetzungen einer Verbindlichkeit nichtwiderrufbarer Art sind von Klägerseite hinreichend dargetan.

aa)

97

Der Anspruch beruht nicht auf einer ausdrücklichen Vertragsabrede.

(1)

98

Für eine vertragliche Abrede auf Vergütungsansprüche sind arbeitnehmerseits die Tatbestände darzulegen und - im Bestreitensfall zu beweisen -, die eine Vergütungspflicht regeln (BAG 18.4.2012 - 5 AZR 248/11 - Rn. 14, juris). Für den Abschluss eines Arbeitsvertrags bedarf es der Darlegung korrespondierender d.h. sich deckender Willenserklärungen i.S.d. §§ 145 ff. BGB (BAG 19.3.2008 - 5 AZR 435/07 - Rn. 10, NZA 2008, 760; 20.7.2004 - 9 AZR 570/03 - zu B IV 2 a der Gründe, AP BGB § 611 Ärzte-Gehaltsansprüche Nr. 65).

(2)

99

Die Klägerpartei hat diesbezüglich keine greifbaren Tatsachen behauptet, nach denen auf explizite, sich inhaltlich deckende Willenserklärungen über die Leistung eines Weihnachtsgelds zu schließen gewesen wäre. Auch in der Vertragsniederschrift findet sich hierzu kein Anhalt. Die Freiwilligkeit/ Widerruflichkeit von Sonderzahlungen verhält sich zu etwaigen Weihnachtsgeldansprüchen nicht weiter. Die von Klägerseite pauschal vorgebrachte Behauptung, dass bereits bei Abschluss des Arbeitsvertrags ein Weihnachtsgeldanspruch festgestanden habe, war nicht substantiiert. Dem Vorbringen fehlt schon ein zur Abgrenzung von Wissens- gegenüber Willenserklärungen geeignetes Differenzierungsmoment (vgl. BAG 15.3.2011 - 1 AZR 808/09 - Rn. 16, AP BetrVG 1972 § 112 Nr. 214).

bb)

100

Die Klägerpartei hat allerdings die Voraussetzungen einer betrieblichen Übung hinreichend, und ohne dass die Beklagte dem in erheblicher Weise entgegen getreten wäre, dargetan.

(1)

101

Unter einer betrieblichen Übung ist die regelmäßige Wiederholung bestimmter Verhaltensweisen der Arbeitgeberseite zu verstehen, aus denen Arbeitnehmer schließen können, ihnen solle eine Leistung oder eine Vergünstigung auf Dauer eingeräumt werden. Aus dem als Vertragsangebot zu wertenden Verhalten des Arbeitgebers, das von den Arbeitnehmern in der Regel stillschweigend angenommen wird (§ 151 BGB), erwachsen vertragliche Ansprüche auf die üblich gewordenen Leistungen. Entscheidend für die Entstehung eines Anspruchs ist nicht der Verpflichtungswille, sondern wie der Erklärungsempfänger die Erklärung oder das Verhalten des Arbeitgebers nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung aller Begleitumstände (§§ 133, 157 BGB) verstehen musste und durfte. Im Wege der Auslegung des Verhaltens des Arbeitgebers ist zu ermitteln, ob der Arbeitnehmer davon ausgehen musste, die Leistung werde nur unter bestimmten Voraussetzungen oder nur für eine bestimmte Zeit gewährt (BAG 19.10.2011 - 5 AZR 359/10 - Rn. 13, NZA-RR 2012, 344). Das Rechtsinstitut der betrieblichen Übung enthält ein kollektives Element. Eine betriebliche Übung bezieht sich auf eine Vielzahl von Arbeitnehmern oder zumindest eine abgrenzbare Gruppe, ohne dass individuelle Besonderheiten die vertraglichen Beziehungen gestalten (BAG 21.4.2010 - 10 AZR 163/09 - Rn. 11, NZA 2010, 808). Ein Anspruch kann auch entstehen, wenn die an eine Reihe von Arbeitnehmern geleisteten Zahlungen den übrigen Arbeitnehmern nicht mitgeteilt und im Betrieb nicht allgemein veröffentlicht werden. Eine verbindliche Regel, ab welcher Anzahl von Leistungen ein Arbeitnehmer auf die Verbindlichkeit der Zuwendung schließen darf, gibt es nicht. Hierfür ist auf Art, Dauer und Intensität der Leistungen abzustellen. Zu berücksichtigen ist ferner die Zahl der Leistungsfälle im Verhältnis zur Belegschaftsstärke oder zur Stärke einer begünstigten Gruppe (BAG 17.11.2009 - 9 AZR 765/08 - Rn. 26, NZA-RR 2010, 293). Bei einer für Arbeitnehmer weniger wichtigen Leistung sind an die Zahl der Wiederholungen höhere Anforderungen zu stellen als bei bedeutsameren Leistungsinhalten. Will ein Arbeitgeber die Vergünstigung von einer Entscheidung im jeweiligen Einzelfall abhängig machen, muss er das nach außen erkennbar zum Ausdruck bringen (BAG 18.5.2008 - 10 AZR 274/07 - Rn. 18 f., NZA 2008, 941). Ein Freiwilligkeitsvorbehalt, der sich nicht im bloßen Hinweis erschöpft, der Arbeitgeber verpflichte sich „freiwillig“ zur Erbringung der Leistung, ohne dazu durch Tarifvertrag, Betriebsvereinbarung oder Gesetz gezwungen zu sein, kann wirksam das Entstehen eines Rechtsanspruchs des Zuwendungsempfängers auf künftige Sonderleistungen hindern. Ein formularvertragsgemäßer Freiwilligkeitsvorbehalt muss klar und verständlich sein, um einen Rechtsanspruch auszuschließen und die grundsätzliche Entscheidungsfreiheit des Arbeitgebers zu wahren, ob und unter welchen Voraussetzungen zum laufenden Arbeitsentgelt zusätzliche Leistung zu gewähren (BAG 21.1.2009 - 10 AZR 219/08 - Rn. 14, NZA 2009, 310).

(2)

102

Die Anforderungen an die Darlegung einer betrieblichen Übung dürfen nicht unzumutbar sein. Ein Arbeitnehmer, der keinen Einblick in die Betriebsinterna seines Arbeitgebers hat, kann nicht im Einzelnen anführen, welche Erwägungen des Arbeitgebers über Jahre hinweg eine Rolle gespielt haben. Es genügt, dass der Arbeitnehmer die Umstände darlegt, die den Eindruck einer festen Übung erwecken. Danach obliegt es dem Arbeitgeber nach § 138 Abs. 2 ZPO, dem Anschein einer betrieblichen Übung entgegenzutreten (BAG 17.11.2009 - 9 AZR 765/08 - Rn. 31, a.a.O.). Ergibt sich ein Anspruch dem Grunde nach, ist der Arbeitgeber im Rahmen der abgestuften Darlegungs- und Beweislast gehalten, dazu vorzutragen, nach welchen Kriterien die Höhe der Zahlung bestimmt wurde (BAG 21.4.2010 - 10 AZR 163/09 - Rn. 21, a.a.O.).

(3)

103

Die Klägerpartei hat vor diesem Hintergrund das Bestehen einer betrieblichen Übung zur Zahlung von Weihnachtsgeld - wie zuletzt mit den Novembergehalten verabfolgt - hinreichend dargetan. Mit den zur Akte gereichten Gehaltsmitteilungen des Beschäftigten V. H. Z war eine betriebliche Weihnachtsgeldzahlung in dem behaupteten Schema einer Leistung mit der Novembervergütung bereits für die Jahre 1994 und 1995 hinreichend konkretisiert. Aus Gehaltsmitteilungen ergibt sich ein für den Leistungszweck erbrachter Zahlungen maßgeblicher Anhalt (vgl. BAG 21.4.2010 - 10 AZR 163/09 - Rn. 19, a.a.O.; 24.3.2010 - 10 AZR 43/09 - Rn. 22, NZA 2010, 759). Ergänzend lassen sich die an die Klägerpartei geleisteten Zahlungen im Laufe des Arbeitsverhältnisses anhand der zur Akte gereichten Gehaltsmitteilungen ersehen. Die zusätzliche Einlassung der Klägerseite, das Weihnachtsgeld sei stets gleichförmig an sie wie auch die weitere Belegschaft gezahlt worden, war hiernach hinreichend substantiiert. All dies ergab eine nachvollziehbare und verbindliche arbeitnehmerbegünstigende Handlung, die seitens der Beschäftigten billigend entgegengenommen wurde. Für eine jährlich an die gesamte Belegschaft geleistete Gratifikation gilt hinsichtlich der Verabfolgungshäufigkeit die Regel, dass nach zumindest dreimalig vorbehaltloser Gewährung eine Verbindlichkeit erstarken kann, sofern nicht besondere Umstände dagegen sprechen oder der Arbeitgeber bei den Zahlungen einen Bindungswillen für die Zukunft ausschließt (BAG 8.12.2010 - 10 AZR 671/09 - Rn. 11, NZA 2011, 628). Ein solcher Ausschluss war für die Beklagte nicht zu erkennen. Sie konnte dem plausibel geschilderten Regelansatz auch nicht schon mit pauschalem Bestreiten oder mit Nichtwissen entgegentreten (§ 138 Abs. 1, 2, 4 ZPO). Die Zahlungen und Regelbildungen lagen vollständig in ihrem Wahrnehmungs- und Vornahmebereich. Es wäre stattdessen Sache der Beklagten gewesen, der aus dem Klägervorbringen folgenden Schematisierung durch Darlegung von Umständen, die den Anspruch konkret und im Einzelfall ausschlossen, entgegenzutreten, namentlich durch Substantiierung vermeintlicher Ausnahmen sowie deren Beweggründe. Mit der alljährlich regelhaften Weihnachtsgeldleistung an die Belegschaft zusammen mit dem Novembergehalt konnte sonach eine betriebliche Übung entstehen.

104

(4) Die erbrachten Leistungen waren - entgegen dem Einwand der Beklagten - auch von keinem bindungshindernden Vorbehalt belastet.

(a)

105

Soweit die Beklagte pauschal behauptete, zu jeder Zahlung Vorbehalte derart verbalisiert zu haben, dass die Leistung allein für das laufende Jahr oder die laufende Abrechnungsperiode galt, fehlte dem Vorbringen jeder greifbare Tatsachenhintergrund dazu, wer wann wem gegenüber welchen Vorbehalt formuliert haben mochte. Den zur Akte gereichten Abrechnungen war zu entnehmen, dass die Gehaltszahlungen jeweils via Banküberweisung stattfanden, sodass eine Vorbehaltsformulierung bei Aushändigung der Monatslöhne schon aufgrund der Abwicklung „übers Eck“ nicht in Betracht kam. Aus den Gehaltsmitteilungen waren - mit Ausnahme des Jahres 2010 - keinerlei Vorbehalte zu entnehmen. Die erst Ende 2010 eingefügte Wendung „freiwillig“ war aufgrund der vorangegangenen Verabfolgungen sowie der begrifflichen Unklarheit wegen nicht weiter geeignet, einen wirksamen Vorbehalt in Worte zu fassen (hieraus ergaben sich wortlautgemäß allenfalls Motivlagen, die keine Rückschlüsse auf einen künftige negative Leistungswillen zuließen; vgl. BAG 8.12.2010 - 10 AZR 671/09 - Rn. 19, NZA 2011, 628). Mangels hinreichender Konkretisierung war aus denselben Gründen auch dem weiteren Beklagteneinwand, die Freiwilligkeit sei innerbetrieblich stets kommuniziert worden, nicht weiter nachzugehen. Es fehlte an Anhalten, wer wann wem was kommuniziert haben mochte. Auch die „Vorbehaltserklärung“ des Beklagtengeschäftsführers vom 6. Dezember 2010, der nach die Sonderzahlungen freiwillig sein sollten, ging über die pauschale Freiwilligkeitskennzeichnung (die als solche nicht ausreichte nicht hinaus) nicht hinaus.

(b)

106

Kein wirksamer Freiwilligkeitsvorbehalt war auch aus der arbeitsvertraglichen Vorbehaltsregel in Ziff. 3 herzuleiten. Die hierin aufgenommene klauselgemäße Regelung hält der einer Rechtskontrolle nicht stand und ist - ohne die Möglichkeit der Aufrechterhaltung - rechtsunwirksam.

(aa)

107

Bei dem zur Akte gereichten Vertrag handelte es sich um einen in seinen Bedingungen von der Beklagten zur vielfachen Verwendung vorformulierten Regelungstatbestand i.S.d. § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB. Allein unter den am selben Tag vor der Kammer verhandelten Verfahren fand sich die identische Vertragsfassung noch in den Verfahren 6 Sa 702/11, 6 Sa 709/11, 6 Sa 710/11, 6 Sa 721/11 und 6 Sa 724/11, ohne dass Anhaltspunkte für eine andere Urheberschaft als die der Beklagten bestanden (zur hinreichenden dreifachen Verwendung s. etwa BAG 25.4.2007 - 5 AZR 627/06 - Rn. 14, NZA 2007, 853).

(bb)

108

In der gebotenen Auslegung hält die Klausel einer Rechtskontrolle nicht stand.

109

(aaa)

110

Als allgemeine Arbeitsvertragsbedingung war Ziff. 3 des Arbeitsvertrags nach seinem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden wurde, wobei nicht die Verständnismöglichkeiten des konkreten, sondern die des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen waren (BAG 20.1.2010 - 10 AZR 914/08 - Rn. 12, NZA 2010, 445).

111

(bbb)

112

Nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB sind Klauseln, die eine Kombination von Freiwilligkeits- und Widerrufsvorbehalten aufweisen intransparent. Sinn des Transparenzgebots ist es, der Gefahr vorzubeugen, dass der Vertragspartner des Klauselverwenders von der Durchsetzung bestehender Rechte abgehalten werden kann. Eine solche Situation ist bei der Kombination von Freiwilligkeits- und Widerrufsvorbehalten regelmäßig gegeben. Es besteht die Gefahr, dass der Vertragspartner des Klauselverwenders seine Rechte nicht wahrnimmt. Bei einem Freiwilligkeitsvorbehalt entsteht schon kein Anspruch auf die Leistung, während bei einem Widerrufsvorbehalt der Anspruch zwar entsteht, der andere Teil sich aber vorbehält, die versprochene Leistung einseitig zu ändern. Bei der Kombination von beidem wird auch für einen um Verständnis bemühten Vertragspartner nicht deutlich, ob nun jegliche zukünftige Bindung schon ausgeschlossen oder nur die Möglichkeit eingeräumt sein soll, sich später wieder von der Verbindlichkeit zu lösen. Selbiges gilt, wenn neben dem bloßen Wort „freiwillig“ noch der erläuternde Zusatz folgt, dass auch bei mehrmaliger und regelmäßiger Gewährung kein Rechtsanspruch für die Zukunft entsteht, wenn auch hierneben für dieselbe Leistung noch ein gleichstufiger Widerrufsvorbehalt ausgedrückt wird. Der Zusatz, dass Freiwilligkeit meine, ein Rechtsanspruch solle nicht entstehen, vervollständigt nämlich erst den aus sich heraus nicht hinreichend klaren Begriff „freiwillig“. Die Klausel kann in aller Regel auch nicht so geteilt werden, dass lediglich ein wirksamer Freiwilligkeitsvorbehalt erhalten bleibt, wenn sie nicht mehrere sachliche Regelungen aufweist, deren unzulässiger Teil sprachlich eindeutig abtrennbar bleibt (BAG 14.9.2011 - 10 AZR 526/10 - Rn. 21 ff., NZA 2012, 81).

113

(ccc)

114

Vor diesem Hintergrund war der Regelung in Ziff. 3 des Arbeitsvertrags insgesamt keine Wirksamkeit beizumessen. Die hierin enthaltene Verbindung von Freiwilligkeit und Widerruflichkeit war widersprüchlich und aus sich heraus geeignet, verständige Adressaten über die geltende Rechtslage im Unklaren zu lassen sowie daraus folgend von der Wahrnehmung ihrer Rechte abzuhalten. Dies führt zur Unwirksamkeit nach § 307 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. Satz 1 BGB, ohne dass der Umstand etwas ändert, dass die Freiwilligkeit weiter erläutert war. Die Regelung blieb auch so unteilbar. Dies ergab sich einerseits aus der komprimierten grammatikalischen Fassung in einem einzigen, durch bloße Relativsatzergänzung aufgelockerten, Satzbau, indem die Freiwilligkeit und die Widerruflichkeit auf einer Stufe und untrennbar miteinander verbunden zum Ausdruck gebracht waren. Zum anderen war auch allein mit der Wendung, dass selbst bei mehrfacher Gewährung kein Rechtsanspruch für die Zukunft entstehe, nichts weiter als die Erläuterung der Freiwilligkeit in Worte gefasst. Es fehlte im Übrigen auch jeder Anhaltspunkt, dass die Klausel im konkreten Fall ihrer Verwendung im vorliegenden Fall unter den Vertragspartnern des hiesigen Rechtskreises zu einer anderen Wertung Anhalt belassen haben konnten. Bei generalisierender Betrachtung war mithin davon auszugehen, dass die Geltendmachung von Ansprüchen auch vorliegend gehemmt oder gehindert werden konnte bzw. sogar sollte.

115

(ddd)

116

Auf sich beruhen konnte, ob die sämtliche Sonderzahlungen umfassende Klausel nicht zudem nach § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 und 2 BGB i.V.m. § 305b BGB unwirksam sein mochte. Die Möglichkeit, eine nach Zeitabschnitten bemessene Vergütung grundlos und noch dazu ohne jegliche Erklärung einzustellen, beeinträchtigt die Interessen des Vertragspartners grundlegend. Dies gilt zumindest für unter Vorbehalt gewährte Leistungen im Arbeitsverhältnis, welche neben der eigentlichen Grundvergütung - vorliegend in Ziff. 2 des Arbeitsvertrags geregelt - eine ergänzende Abgeltungen der Arbeit in Form von Zulagen oder sonstigen laufenden Leistungen darstellen, weil damit ins vertragliche Synallagma eingreifen wird (BAG 11.2.2009 - 10 AZR 222/08 - Rn. 40 f., NZA 2009, 428; 25.4.2007 - 5 AZR 627/06 - Rn. 15 ff., NZA 2007, 853). Ein solcher Freiwilligkeitsvorbehalt ist kaum mit dem Vorrang von Individualabreden (§ 305b BGB) zu vereinbaren, wenn er so ausgelegt werden kann, dass er auch Rechtsansprüche aus späteren Individualabreden ausschließt. Darüber hinaus droht die Abweichung vom allgemeinen Grundsatz „pacta sunt servanda“ (Verträge sind einzuhalten), § 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB (BAG 14.9.2011 - 10 AZR 526/10 - Rn. 32 ff., NZA 2012, 81).

(dd)

117

Auch eine reduzierende Aufrechterhaltung des vorliegend unwirksamen Freiwilligkeitsvorbehalts i.S. einer Widerrufsklausel kommt nicht in Betracht. Schon die sprachlich weitreichende Fassung „jederzeit“ lässt keinen Spielraum für eine ergänzende Vertragsauslegung, dass nur unter konkretisierbaren Bedingungen ein Widerruf der Leistungen erfolgen solle. Zudem meinte selbst die Beklagte in ihren Erwägungen zur Teilbarkeit, dass die Klausel sei nicht als Widerrufsklausel zu lesen sei. Außerdem dürfte auch bei Altverträgen, die der allgemeinen Vertragskontrolle i.S.d. §§ 305 ff. BGB seit dem 1.1.2003 unterliegen (Art. 229 § 5 Satz 2 EGBGB), eine ergänzende Vertragsauslegung in Fällen widersprüchlicher Freiwilligkeits-/ Widerruflichkeitsklauseln allenfalls in besonders gelagerten Ausnahmefällen noch in Betracht kommen (zum ersatzlosen Wegfall der Klausel etwa BAG 10.12.2008 - 10 AZR 1/08 - Rn. 18 f., NZA-RR 2009, 576). Für einen Ausnahmefall von der allgemeinen Unwirksamkeit fehlt vorliegend jeder Anhalt.

2.

118

Der das Urlaubsgeld betreffende Antrag zu 2 ist ebenfalls zulässig und begründet.

a)

119

Der Antrag ist zulässig. Die Klägerpartei richtet sich - wie im Zusammenhang des Weihnachtsgelds - gegen die Unsicherheit der Freiwilligkeit und Widerrufbarkeit des wiederholt mit dem Juni- und Oktobergehalt eines Jahres geleisteten, in der Gehaltsmitteilung mit dem (jeweiligen) Zusatz „23,5%“ versehenen und in der Vergangenheit unstreitig zutreffend bemessenen Urlaubsgelds. Dies hat die Klägerpartei vor der Berufungskammer klargestellt, indem sie den Feststellungsinhalt auf den Gegenstand der zuletzt erbrachten Leistung der Gehaltsmitteilung nach richtete. Die erbetene Feststellung betrifft - mangels Streits der Parteien über die Leistungsparameter im Übrigen - allein die Frage der Verbindlichkeit als solcher sowie daran anknüpfend deren „Widerrufsfestigkeit“. Die Anforderungen der §§ 253, 256 ZPO sind danach erfüllt.

b)

120

Der Antrag ist auch begründet.

aa)

121

Eine ausdrückliche Vertragsabrede über das (wann, warum, in welcher Höhe zu zahlende) Urlaubsgeld brachte die Klägerseite nicht weiter vor. Allein die Nennung von Sonderzahlungen in Ziff. 3 des Arbeitsvertrags ließ - unabhängig von der Frage der Freiwilligkeit und/oder Widerruflichkeit - mangels Konkretisierung von Voraussetzungen oder Gegenstand keinen Rechtsbindungswillen für eine zumindest bestimmbare Verbindlichkeit erkennen.

bb)

122

Die Klägerpartei hatte indes auch für das Urlaubsgeld das Bestehen einer betrieblichen Übung hinreichend ausgeführt. Aus deren Vorbringen ergab sich eine regelhafte Urlaubsgeldleistung, die - wie zuletzt mit dem Juni- und Oktobergehalt verabfolgt - ausgestaltet worden war. Die zur Akte gereichten Gehaltsmitteilungen des Beschäftigten V.H. Y ließen den Beginn der betrieblichen Urlaubsgeldzahlung mit der Juni- und gefolgt von der Oktobervergütung schon im Jahr 1995, und zwar nach dem klägerseits behaupteten Schema, erkennen. Auch die der Klägerpartei geleisteten Zahlungen fügten sich in dieses Schema, wie sich anhand der zur Akte gereichten Gehaltsmitteilungen ersehen ließ. Die Einlassung der Klägerpartei, dass das Urlaubsgeld stets gleichförmig an sie wie auch die weiteren Belegschaftsangehörigen gezahlt worden sei, war vor diesem Hintergrund hinreichend substantiiert. Die jährlich derart geleistete Gratifikation erstarkte nach dreijährig vorbehaltloser Gewährung zur Verbindlichkeit. Die Beklagte konnte dem mit pauschalem Bestreiten oder Bestreiten mit Nichtwissen nicht wirksam entgegen, da die Zahlungen ebenso wie die Regelbildung in ihrem eigenen Wahrnehmungs- und Vornahmekreis lagen. Auch bezüglich des Urlaubsgelds hätte es konkreter Einwände gegen die klägerseits behauptete Schematisierung bedurft, die - wie beim Weihnachtsgeld - zumindest bis Ende 2009 zu einem verbindlichen Anspruch geführt hatte (§§ 138 Abs. 2 bis 4 ZPO). Ein wirksamer Freiwilligkeitsvorbehalt war, weil das Beklagtenvorbringen hierzu über das zur Weihnachtsgeldzahlung nicht hinausging, aus den bereist dargestellten Gründen nicht gegeben: Der in der Gehaltsmitteilungen von Oktober 2010 sowie am 6. Dezember 2010 artikulierte Freiwilligkeitsvorbehalt war weder rechtzeitig noch in der Sache ausreichend erfolgt. Auch der Formularvertragsvorbehalt war weder als Freiwilligkeits- noch als Widerrufsvorbehalt wirksam (s.o. A II 1 b bb [3] [b]).

3.

123

Der Antrag zu 3 auf Feststellung einer Verpflichtung der Beklagten zur Erbringung von Arbeitgeberanteilen zu vermögenswirksamen Leistungen ist nicht zulässig.

a)

124

Dem Antrag war nicht bereits durch Anerkenntnisurteil gemäß § 307 Satz 1 ZPO zu entsprechen. Es fehlte ein prozessuales Anerkenntnis. Ein solches liegt nicht vor, soweit die Beklagtenpartei - wie vorliegend - die uneingeschränkte Klageabweisung begehrt (vgl. BAG 20.3.1974 - 4 AZR 266/73 - zu II der Gründe, AP MTB II § 29 Nr. 2).

b)

125

Der Antrag war zwar hinreichend bestimmt i.S.d. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO, da die festzustellende Zahlungspflicht (nach Höhe, Gegenstand und Leistungstermin sowie mangelnder Freiwilligkeit und Widerrufbarkeit) hinreichend konkretisiert war. Es fehlte aber an den Voraussetzungen eines streitigen Rechtsverhältnisses i.S.d. § 256 Abs. 1 ZPO. Entgegen dem pauschalen Vorbringen der Klägerseite hatte die Beklagte ihre Verpflichtung zur Leistung des Arbeitgeberanteils an den vermögenswirksamen Leistungen zu keiner Zeit ausdrücklich oder sinngemäß in Frage gestellt. Weder enthielten die Gehaltsmitteilungen zuallerletzt den im Zusammenhang von Weihnachts- und Urlaubsgeld für Unsicherheit sorgenden Zusatz Hinweise auf Freiwilligkeit, noch ergibt sich aus dem Klägervorbringen, dass beklagtenseits bei dem Gespräch vom 6. Dezember 2010 oder bei sonstiger Gelegenheit Zweifel an der Verbindlichkeit des in Rede stehenden Anspruchs geweckt sein konnten. Eine nur noch auf die Beantwortung abstrakter Rechtsfragen gerichtete Feststellungsklage ist nicht mehr zulässig (BAG 6.7.2011 - 4 AZR 501/09 - Rn. 76, juris; LAG Rheinland-Pfalz 29.9.2011 - 10 Sa 314/11 - zu II 1.1 der Gründe, ZTR 2012, 52).

4.

126

Der Antrag zu 4 Abs. 1 auf Erbringung eines Vertragsnachweises über Zusammensetzung, Höhe und Fälligkeit einer stückzahlabhängigen Leistungsprämie ist zulässig und begründet.

a)

127

Der Antrag ist zulässig. Den Bestimmtheitsanforderungen nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO ist genügt. Ein Anspruch auf Aushändigung von Niederschriften über wesentliche Arbeitsvertragsinhalte i.S.d. §§ 2, 3 NachwG kann auch auf einzelne Vertragselemente begrenzt sein (AnwKArbR/Nuria Schaub vor NachwG Rn. 3). Der Antrag ist bezüglich der Vornahmehandlung und des Adressaten der Auslegung zugänglich. Die Klägerpartei kann bei wohlverstandenem Verständnis nur meinen, dass die auszufertigende Niederschrift nicht nur herzustellen, sondern auch an sie i.S.d. § 2 Abs. 1 Satz1, § 3 Satz 1 NachwG auszuhändigen sei. Hierfür spricht schon der Umstand, dass die Klägerseite die vom Arbeitsgericht hinsichtlich des rechtskräftig beschiedenen anfänglichen Antrags zu Ziff. 6 Abs. 3 ebenso beschied, ohne hiergegen Einwände erhoben wurden. Der Gegenstand der Niederschrift ist im Übrigen mit Aufnahme der gehaltsmitteilungsgemäßen Position: „Leistungsprämie Stückzahl“ hinreichend umschrieben. Für die Beklagtenseite folgt hieraus unmissverständlich, über welche Verbindlichkeit sie nach Zusammensetzung, Höhe und Fälligkeit Niederschrift erteilen soll. Der Hinweis auf die „vereinbarte“ Prämie stellt antragsgemäß lediglich klar, dass der Nachweis eine verbindliche Pflicht betreffen soll.

b)

128

Der Antrag ist begründet. Die Beklagte hat der Klägerpartei die gewünschte Niederschrift zu erteilen.

aa)

129

Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 und 2 Nr. 6 NachwG hat der Arbeitgeber spätestens einen Monat nach Beginn des Arbeitsverhältnisses die wesentlichen Vertragsbedingungen schriftlich niederzulegen, die Niederschrift zu unterzeichnen und sie dem Arbeitnehmer auszuhändigen. Aufzunehmen sind dabei u.a. Zusammensetzung und Höhe des Arbeitsentgelts einschließlich der Zuschläge, Zulagen, Prämien und Sonderzahlungen sowie anderer Bestandteile des Arbeitsentgelts nebst Fälligkeit. Bei einer Änderungen gebietet § 3 Satz 1 NachwG spätestens mit Ablauf eines Monats die (ergänzende) schriftliche Mitteilung. Bei Altverträgen, die vor Inkrafttreten des Nachweisgesetzes vom 20. Juli 1975 (BGBl. I S. 946) am 28. Juli 1995 begründet worden waren, gilt die Nachweisverpflichtung auf Verlangen und mit einem Fristlauf von zwei Monaten, § 4 Satz 1 NachwG. Die in Rede stehende Leistungsprämie betrifft eine Zulage i.S.d. § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 NachwG. Die Regelung umfasst insbesondere Leistungsentgelte (BT-Drucks 13/668 S. 10). Spätestens mit Ablauf des 16. April 2011 wäre der am 16. Februar 2011 angeforderte Nachweis bei Verbindlichkeit des Anspruchs zu erteilen gewesen. Die Klageerhebung erfolgte vorliegend erst anschließend, und zwar am 21. April 2011.

bb)

130

Die vom Antrag zur Niederschrift benannten Elemente sind verbindlicher Gegenstand des Arbeitsverhältnisses der Parteien. Die Klägerpartei hat ihrer hierzu obliegenden Darlegungs- und Beweislast genügt (AnwKArbR/Nuria Schaub vor NachwG Rn. 35).

(1)

131

Aus dem Klägervorbringen ergibt sich ein Anspruch auf eine „stückzahlabhängige Leistungsprämie“, ohne dass die Beklagteneinwände hiergegen durchgreifen.

(a)

132

Auf eine ausdrückliche Vereinbarung stützt sich die Klägerseite nicht weiter. Auch der Arbeitsvertrag nennt eine Leistungsprämie nur als möglichen Vertragsinhalt i.S. einer freiwilligen und widerrufbaren Leistung ohne dessen Inhalt näher zu kennzeichnen.

(b)

133

Der Anspruch beruht aber auf betrieblicher Übung.

(aa)

134

Für das Entstehen der betrieblichen Übung gelten die dargelegten Grundsätze (s.o. A II 1 b bb [1]).

135

(aaa)

136

Es ist für betriebliche Übungen nicht erforderlich, dass bestimmte Zahlungen immer in stets gleicher Höhe erfolgen. Auch bei periodisch wechselnden Zahlungen kann aufgrund des tatsächlichen Arbeitgeberverhaltens eine Arbeitnehmerannahme gerechtfertigt sein, die Gegenseite wolle sich hinsichtlich der Bonifizierung in irgendeiner Weise auf Dauer binden. Bei zielbezogene Bonifizierungen sind gleich hohe Zahlungen eher untypisch. Bonifizierungen erfolgen regelmäßig abhängig von verschiedenen Komponenten, wie dem Betriebsergebnis und / oder der persönlichen Leistung, sodass Schwankungen natürlicherweise vorkommen müssen.

137

(bbb)

138

Wenn über den Grund eines Anspruchs für jede Abrechnungsperiode neu entschieden werden soll, wird darauf typischerweise besonders hingewiesen (vgl. BAG 21.4.2010 - 10 AZR 163/09 - Rn. 17, NZA 2010, 808). Anders liegen die Dinge allenfalls, wenn Leistungen dem Grund und der Höhe nach ohne irgendwie geartetes System erfolgen (vgl. BAG 28.2.1996 - 10 AZR 516/95 - zu II 2 der Gründe, NJW 1996, 3166); wie etwa Leistungen nach Gutdünken (vgl. BAG 18.1.2012 - 10 AZR 612/10 - Rn. 16, NZA 2012, 561).

139

(ccc)

140

Wann bei schwankenden, leistungsbezogenen Gewährungen eine begründete Erwartung in die Dauerhaftigkeit erwächst, hängt - wie allgemein - von Art, Dauer und Intensität der Leistungen ab. D.h. bei Leistungen weniger gewichtigen Gegenstands können an die Zahl der Wiederholungen höhere Anforderungen gestellt werden, als bei bedeutsameren. Im Übrigen ist die Zahl der Begünstigten im Verhältnis zur Gesamtbelegschaft zu berücksichtigen (BAG 28.5.2008 - 10 AZR 274/07 - Rn. 18, NZA 2008, 941).

(bb)

141

Vorliegend folgt aus dem Klägervorbringen eine regelhafte, wiederholte und der Erwartung auch zukünftigen Leistungserhalts zugängliche Praxis der Beklagten.

142

(aaa)

143

Die Klägerseite hatte auf die seit Gründung der Beklagten bestehende Praxis, eine Leistungsprämie zu zahlen, hingewiesen. Sie hatte deren Struktur, soweit ihr erkennbar, konkretisiert und Anpassungen auf Modellwechsel zurückgeführt. Die Prämiezusammensetzung ergab sich danach aus verschiedenen Faktoren, wie Menge und Qualität je Produktionsteam, benötigte Arbeitszeiten, Obermaterial, Sohlen, Größe, Modellschwierigkeiten und eventuellen Mindermengen. Für die Ermittlung der Prämienbeträge war auf die Teamleitungen sowie - für der Qualität - auf die Qualitätskontrolle hingewiesen. Ferner waren Urlaubs- und Arbeitsunfähigkeitszeiten als Abzugspositionen geschildert. Aus all diese Daten lässt sich eine Regelhaftigkeit i.S. eines systembezogene Prämienprinzips ohne nennenswerten Eindruck von Gutdünken folgern. Sowohl Schwankungen als auch prämienfreie Abrechnungszeiten fügen darein bruchlos. Aufgrund des zu erreichenden Umfangs von bis zu einem Monatsgehalt, war eine Verabfolgung seit Unternehmensgründung (1994) zureichend, um eine gefestigte Erwartung der begünstigten Arbeitnehmer in die dauerhafte Prämiengewährung zu rechtfertigen. Für die Klägerpartei ergab sich der seit 2006 wiederholte Erhalt zudem aus den Ausweisungen in den zur Gerichtsakte gereichten Gehaltsmitteilungen, mit einer „Leistungsprämie Stückzahl“ zwischen Januar 2010 und Juni 2011 sowie zuvor in den Abrechnungen 1, 2 und 4/ 06, 3, 7, 12/07 als „Prämie“ und in 3, 4, 9/08 als „Prämie lfd“.

144

(bbb)

145

Die Beklagte hat die Angaben der Klägerpartei nicht konkret in Abrede gestellt. Bloß pauschales Bestreiten genügte den Darlegungslasten im eigenem Wahrnehmungs- und Regelungskreis ebenso wenig wie Bestreiten mit Nichtwissen, § 138 Abs. 1, 2, 4 ZPO. Ihrer Verfahrenspflicht, im Rahmen einer abgestufter Darlegungslast die behauptete Regelhaftigkeit zu wiederlegen und ggf. Gutdünken oder Einzelfallentscheidungen zu konkretisieren (BAG 21.4.2010 - 10 AZR 163/09 - Rn. 21, NZA 2010, 808), kam die Beklagte auch mit ihrer Einlassung vor der Berufungskammer nicht nach. Der hier erwähnte Umstand, dass es eine Leistungsprämie bis Ende des Jahres 2007 gegeben habe, bestätigte vielmehr das Klägervorbringen wesentlich. Das gleiche gilt auch für die ab 2008 zugestandene neue Formel entsprechend dem dem Betriebsrat mitgeteilten Schema. Selbst wenn dies kein starres Schema, sondern eine Grund- oder Steuerungsformel ist, von der Ausnahmen gemacht werden können und werden, handelt es sich immer noch um ein regelhaftes System. Auch die seit 2008 gebräuchliche Formel füllte mit mehr als 3 jähriger betrieblicher Gewährung einen Vornahmerahmen aus, der auf einen bindenden Beibehalt bei Schluss der mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz schließen lässt. Der weitere Beklagten-Einwand einer stets kommunizierter Freiwilligkeit war abermals nicht hinreichend substantiiert, § 138 Abs. 1, 2 ZPO. Ein wirksamer vertraglicher Freiwilligkeits- und Widerrufsvorbehalt LAG ohnehin nicht vor (s.o. A II 1 b bb [3] [b]).

5.

146

Der Antrag zu 4 Abs. 2 auf Feststellung, dass im Hinblick auf die Leistungsprämie keine Berechtigung der Beklagten bestehe, diese bei einer bis zu zweitägigen Arbeitsunfähigkeit im Abrechnungszeitraum zu kürzen und ab dreitägiger Arbeitsunfähigkeit im Abrechnungszeitraum zu streichen, ist nicht zulässig. Es fehlt an den Voraussetzungen des § 256 ZPO.

a)

147

Die begehrte Feststellung ist nicht schon nach § 256 Abs. 2 ZPO von hinreichendem Feststellungsinteresse getragen.

aa)

148

Nach dieser Regelung kann ein Kläger bis zum Schluss derjenigen mündlichen Verhandlung, auf die ein Urteil ergeht, durch Erweiterung des Klageantrags beantragen, dass ein im Laufe des Prozesses streitig gewordenes Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil abhängt, durch richterliche Entscheidung festgestellt wird. Neben dem Umstand der Vorgreiflichkeit eines Rechtsverhältnisses setzt die Zwischenfeststellungklage weiter die Streitigkeit voraus, also den Umstand, dass die Rechtsbeziehung nach Bescheidung der „Hauptklage“ nicht schon erschöpfend geregelt ist (LAG Rheinland-Pfalz 26.8.2011 - 9 Sa 102/11 - zu II 2 der Gründe, juris). Des Weiteren setzt die Vorgreiflichkeit unausgesprochen voraus, dass über das Bestehen oder Nichtbestehen des Rechtsverhältnisses, welches die Zwischenfeststellung aufgreift, in der Entscheidung über die Hauptsache bereits befunden wurde (BGH 15.12.2009 - XI ZR 110/09 - Rn. 19, NJW-RR 2010, 640; BAG 29.3.2001 - 6 AZR 652/99 - zu B II 2 a der Gründe, ZTR 2002, 77).

bb)

149

Da vorliegend hinsichtlich der Hauptsache allein die vorbehaltsfreie Verbindlichkeit einer Leistungsprämie zu beschieden war, ohne dass die Nachweispflicht die streitigen Anspruchselemente (Einbeziehung von Krankheitszeiten) umfasste, war den genannten Voraussetzungen nicht genügt. Zudem klärte die Hauptsacheentscheidung die Rechtslage bezüglich des Bestehens einer Niederschriftsverbindlichkeit abschließend und vollständig. Die von Klägerseite herangezogene Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 28. März 2007 (- 10 AZR 720/05 - Rn. 22; parallel mit BAG 28.3.2007 - 10 AZR 385/05 - Rn. 26, NZA 2006, 1176) ergab hierzu keine andere Rechtslage.

b)

150

Die begehrte Feststellung ist auch nicht unter den Voraussetzungen des § 256 Abs. 1 ZPO zu treffen.

aa)

151

Die Sachurteilsvoraussetzung eines rechtlichen Interesses an alsbaldiger richterlicher Entscheidung ist nur gegeben, wenn durch die Entscheidung ein akuter Streit insgesamt bereinigt wird. Deshalb können nicht nur einzelne Elemente eines Rechtsverhältnisses, abstrakte Rechtsfragen oder rechtliche Vorfragen zur gerichtlichen Entscheidung gestellt werden (BAG 14.12.2005 - 4 AZR 522/04 - Rn. 12, AP ZPO 1977 § 256 Nr. 94). Die Rechtskraft der Entscheidung muss weitere gerichtliche Auseinandersetzungen über die zwischen den Parteien strittigen Fragen um denselben Fragenkomplex ausschließen. Deshalb muss bei einem auf Feststellung einer Zahlungsverpflichtung gerichteten Antrag sichergestellt sein, dass über weitere Faktoren, die die Zahlungshöhe bestimmen, kein Streit besteht und die konkrete Bezifferung lediglich eine einfache Rechenaufgabe ist, die von den Parteien in einem unstreitigen Verfahren ebenso wie die weiteren Zahlungsmodalitäten selbst umgesetzt werden können. Anderenfalls müssen auch die weiteren Berechnungskriterien zum Gegenstand des Feststellungsantrages gemacht werden, damit nicht lediglich eine Vorfrage geklärt wird, die die Rechtsgrundlagen für den Entgeltanspruch im Übrigen offen lässt (BAG 14.12.2011 - 4 AZR 26/10 - Rn. 20, juris; 21.4.2010 - 4 AZR 755/08 - Rn. 21, AP ZPO 1977 § 256 Nr. 101).

bb)

152

Diesen Anforderungen ist vorliegend nicht genügt. Aus dem Vorbringend er Klägerseite sind nicht sämtliche Berechnungsfaktoren für die Leistungsprämie im Einzelnen abzuleiten. Die Klägerpartei selbst gesteht zu, dass ihr die erreichten Leistungswerte nicht eigens bekannt gegeben wurden. Bei Erlass eines Feststellungsurteils wären diese wie auch weitere Berechnungsfragen zur Zulage auch dann noch offen, wenn die von Klägerseite im Übrigen benannten Berechnungsfaktoren für Obermaterial, Sohle, Größe, Schwierigkeit und Losmenge einschließlich Prozentanteilen für Teamleitung und Stellvertreter usw. als zutreffend unterstellt würden. Das betrifft bspw. die teamweise ausgeschütteten Prämiensummen, einen anzusetzender Grundentgeltwert, von dem aus nach der Klägerbehauptung zu erreichende Leistungsfaktoren von mindestens 20 errechnet werden, etwaige Parameter der Qualitätsbemessung, wie auch Abrechnungszeiträume oder -Termine der Prämie (Woche, Monat, Quartal; gleichförmig oder wechselnd; dem Leistungserbringungszeitraum unmittelbar nachfolgend, wann wie korrigierbar usw. usf. - anders als im Antrag zu 5 Abs. 1 enthält der Antrag zu 4 Abs. 1 im Übrigen immerhin die Begehr zur Niederlegung des Fälligkeitstermins). Auch einer begrenzten Auslegung ist der Antrag aufgrund seiner präzisen und nicht beliebig ergänzbaren Fassung nicht zugänglich. Der von Klägerseite zur vermeintlichen Zulässigkeit gegebene Hinweis auf die Zulässigkeit von Eingruppierungsfeststellungsklagen, bei denen nach Feststellung der einschlägigen Vergütungsgruppe keine weiteren Streitfragen bestehen, ist für den vorliegenden Sachzusammenhang nicht weiterführend (vgl. LAG Schleswig-Holstein 11.8.2011 - 5 Sa 25/11 - zu II 1 a der Gründe, juris).

6.

153

Der zu 5 Abs. 1 gestellte Leistungsantrag auf Erteilung eines Vertragsnachweises über Zusammensetzung und Höhe der der Klägerpartei zu zahlenden Anwesenheitsprämie i.H.v. 5% berechnet aus der Summe aus Arbeits- und Urlaubsstunden ist zulässig und begründet.

a)

154

Der Antrag ist bei gebotener Auslegung zulässig, § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Er zielt bei verständiger Würdigung (§§ 133, 157 BGB) ebenso wie der Antrag zu 4 Abs. 1 auf die Erteilung des Nachweises gegenüber der Klägerpartei. Da die Fälligkeit im Antragswortlaut im Unterschied zum Antrag 4 Abs. 1 und (ehemals) 6 Abs. 3 nicht enthalten ist, soll diese offenbar bewusst nicht in die Niederschrift einbezogen werden. Im Übrigen kann der Gegenstand der niederzulegenden Vertragsleistung „Anwesenheitsprämie i.H.v. 5% berechnet aus der Summe aus Arbeits- und Urlaubsstunden“ nach der Antragsbegründung nur als auf den Gegenstand der zuletzt gehaltsmitteilungsgemäß so verabfolgten Leistungen bezogen werden („Zulage 5% v. Brutto Anwesenheit“ ab 1/08 bzw. „Zulage 5% v. Brutto“ seit 4/10). Wie sich aus den Abrechnungen weiter ergibt, fallen Prämien und Abrechnungsmonate unter Entgeltfortzahlung nicht zusammen, was die Konkretisierung der Prämie aus der Summe von Lohn- und Urlaubslohnstunden entspricht. Ein konkreter Berechnungsmodus sollte - wie sich aus den Feststellungsbegehren zu 5 a bis e ergibt - mit dem reinen Niederschriftsbegehren zudem nicht verbunden sein.

b)

155

Der Antrag ist aus § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6, § 3 Satz 1, § 4 Satz 1 NachwG begründet. Die mit § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 NachwG zu verbindenden Vergütungsbestandteile können neben Leistungsprämien auch Anwesenheitsprämien sein (HWK/Kliemt 4. Aufl. § 2 NachwG Rn. 29). Aus dem Klägervorbringen folgt diesbezüglich auch eine regelhafte Leistung i.S. einer betrieblichen Übung.

aa)

156

Eine ausdrückliche Vereinbarung ist klägerseits nicht weiter behauptet. Die Vertragsausfertigung nennt die Anwesenheitsprämie nur als möglichen Vertragsgegenstand i.S. einer freiwilligen und widerrufbaren Leistungen ohne deren denkbaren Inhalt in irgendeiner Weise näher zu konkretisieren.

bb)

157

Der Anspruch beruht auf betrieblicher Übung.

(1)

158

Die klägerische Behauptung, aus den zur Akte gereichten Gehaltsmitteilungen ergäbe sich, dass die Leistung sukzessive erbracht worden sei, trifft zwar auf die Abrechnungen für den Mitarbeiter V. H. Z aus 1994/ 95 noch nicht zu, die - soweit lesbar - keinen Ausweis von Anwesenheitsprämien enthalten. Er ist jedoch aufgrund der ab 2006 vorgelegten Gehaltsmitteilungen nachvollziehbar. Diese enthalten jedenfalls ab 1/08 eine monatlich ausgewiesene „Zulage 5% v. Brutto Anwesenheit“ bzw. seit 4/10 „Zulage 5% v. Brutto“. Die einzelnen Zahlenwerte entsprechen in den Abrechnungsmonaten ohne Entgeltfortzahlung auch den Summen aus Lohn und Urlaubslohn.

(2)

159

Die Beklagte hat diese Angaben nicht weiter bestritten; ebenso wenig die hierzu verabfolgten Zahlungen. Ihr pauschaler Einwand, die Zahlungen hätten nur für den Abrechnungszeitraum gegolten, sind nicht weiter erheblich. Hieraus folgt nicht, dass und inwieweit die Klägerseite auf die Einmaligkeit der jeweiligen Gewährung hingewiesen worden sein sollte (vgl. hierzu BAG 21.4.2010 - 10 AZR 163/09 - Rn. 17, NZA 2010, 808). Unsubstantiiert i.S.d. § 138 Abs. 1 und 2 ZPO ist auch die weitere Behauptung der Beklagten, bei Leistungserbringung sei stets klar gestellt worden, es handele sich um freiwillige Zahlungen. Die Benennung des Zeugen V ersetzt insofern keinen konkreten Vortrag. Auch die behauptete Regelhaftigkeit einer kollektiven Gewährung („Praxis“) war nicht wirksam bestritten. Es wäre Sache der Beklagten gewesen, im Rahmen abgestufter Darlegungslast dazu vorzutragen, aus welchen Gründen und mit welchen Maßgaben die Zahlungen in bestimmten (für das Gericht nicht ersichtlichen Fällen) abweichend erfolgt sein mochten (BAG 21.4.2010 - 10 AZR 163/09 - Rn. 21, a.a.O.).

(3)

160

Aufgrund des jährlichen Umfangs von (12 x 5% =) 60% eines Bruttolohns war bei nachvollziehbarer betrieblicher Gewährung für mindestens 3,5 Jahre ab Beginn des Jahres 2008 ein Erstarken zum Anspruch anzunehmen (BAG 28.5.2008 - 10 AZR 274/07 - Rn. 18, NZA 2008, 941). Ein wirksamer vertraglicher Freiwilligkeits- und Widerrufbarkeitsvorbehalt bestand abermals nicht (s.o. A II 4 b bb [1] [b] [cc]).

7.

161

Der Antrag zu 5 Buchst. a ist nicht zulässig.

a)

162

Der Antrag ist bei gebotener Auslegung noch hinreichend bestimmt i.S.d. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Er zielt - wortlautgemäß - auf die Feststellung eines Faktors der Anwesenheitsprämienbemessung und nicht etwa des Urlaubsentgelts („die ‚Anwesenheitsprämie’ ... fortzuzahlen“). Mangels Einschränkung kann zusammenhangsgemäß als bezahlter Urlaub nicht nur der (im Antrag zu 8 ausdrücklich als solcher bezeichnete) Erholungs-, sondern überhaupt jeder bezahlte Urlaub, sei es als Zusatz-, Mehr- oder Sonderurlaub verstanden, gemeint sein.

b)

163

Dem Antrag fehlt das notwendige Feststellungsinteresse.

aa)

164

Voraussetzung nach § 256 Abs. 2 ZPO wäre, dass nach Bescheidung der „Hauptklage“ das beschiedene Rechtsverhältnis weiter streitig blieb, ist schon aufgrund des Zugeständnisses in der Antragstellung zu 5 Buchst. a („- wie in der Vergangenheit -“) nicht ersichtlich. Es fehlt auch im Übrigen an Darlegungen dazu, dass bezüglich der in die Prämie einzubeziehenden bezahlten Urlaubsstunden überhaupt Streit herrscht.

bb)

165

Auch den Voraussetzungen des § 256 Abs. 1 ZPO ist nicht genügt. Allein mit der Klärung einzubeziehender Urlaubsstunden ist die Anwesenheitsprämie nicht abschließend zu klären. Der Kläger nennt selbst in den Anträgen zu 5 Buchst. b bis d weitere Streitpunkte zur Berechnung, während die Beklagte Regelhaftigkeiten insgesamt in Abrede stellt. Auch die in Buchstabe b bis d genannten Fragen sind weder abschließend, noch zur vollständigen Klärung des Anspruchs geeignet sind (Buchst b -„unbezahlter Urlaub“- ist im Hinblick auf nur vereinbarten unbezahlten Urlaub, Fälle kraft Gesetzes suspendierter Hauptleistungspflichten, wie Pflegezeit, Elternzeit, Freistellung zur Kindesbetreuung nach § 45 Abs. 3 bis 5 SGB V, ArbPlSchG o.ä. oder kraft Vereinbarung suspendierter Pflichten i.S. ruhender Arbeitsverhältnisse nicht hinreichend abgrenzbar; gleiches gilt für Buchst. c, zu dem offen ist, ob nur entgeltfortzahlungspflichtige oder überhaupt alle Arbeitsunfähigkeitszeiten wegen Erkrankung gemeint seien [Wartezeit, 6-Wochen-Grenze, o.ä.]; unklar bleibt auch, inwiefern Akzessorietät zur Erfüllung der Entgeltfortzahlungsvoraussetzungen gelten soll [Verschulden, Kausalität, Anknüpfung an Anzeige- und Nachweispflichten, Sterilisation, Schwangerschaftsabbruch usw.]; ebenso unklar bleibt auch Buchst. d, da offen ist, was „Verspätung“ i.S.d. Antrags meint; ferner ist offen, ob auch Maßnahmen der medizinischen Rehabilitation i.S.d. § 9 EFZG erfasst sein sollen, Arbeitsausfälle an Feiertagen, Fälle des § 616 BGB, der Aussperrung und/ oder Suspendierung hineinfallen usw.).

8.

166

Der Antrag zu 5 Buchst b ist sodann ebenfalls nicht zulässig.

a)

167

Der Antrag ist nicht hinreichend bestimmt i.S.d. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Der Antrag umfasst wortlautgemäß angeordneten wie vereinbarten unbezahlten Urlaub und geht damit über den begründungshalber ausgeführten Fall angeordneter unbezahlter Urlaubszeit während der Betriebsferien hinaus. Was als unbezahlter Urlaub gelten soll, ist mangels gesetzlich ableitbarem Inhalt auch nicht eindeutig bestimmbar, namentlich in Abgrenzung gesetzlich beanspruchbarer Sonderurlaubsfälle bei Pflegezeit, Elternzeit, Freistellung zur Kindesbetreuung nach § 45 Abs. 3 bis 5 SGB V, ArbPlSchG o.ä. zur vereinbarten oder aus sonstigen Gründen suspendierten Hauptleistungspflicht.

b)

168

Auch bei Begrenzung auf den zur Begründung aufgeführten Fall fehlt das nötige Feststellungsinteresse. I.S.d. § 256 Abs. 2 ZPO fehlt die Vorgreiflichkeit, da bei Entscheidung über die Hauptsache über die vermeintliche Praxis bezüglich unbezahlten Urlaubs während der Betriebsferien nicht weiter befunden werden musste. Bezüglich § 256 Abs. 1 ZPO führt die begehrte Feststellung aus den zu A II 7 b bb ausgeführten Gründen zu keiner Klärung des Anspruchs insgesamt.

9.

169

Der Antrag zu 5 Buchst c ist ebenso wenig zulässig.

a)

170

Dem Antrag fehlt die hinreichende Bestimmtheit i.S.d. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Auslegbar erscheint zwar noch der antragsgemäß bezeichnete „Abrechnungszeitraum“. Die begründungsweise Bezugnahme auf die Gehaltsmitteilungen legt einen Bezug auf Monatszeiträumen nahe, welche die Mitteilungen betreffen. Auch die Wendung „in ungeschmälerter Höhe“ dürfte bestimmbar sein. Sie meint, weil in Zeiten der Entgeltfortzahlung ausweislich der Gehaltsmitteilungen keine Leistung erfolgte, entgegen dem allgemeinen Verständnis nicht die Feststellung der bisherigen Praxis als „ungeschmälert“, weil das nur die ungeschmälerte (Null-) Leistung ergäbe, sondern weitergehend gerade die Prämienpflicht auch für diese Zeit. Unklar und unbestimmt ist der Antrag jedoch deshalb, weil offen bleibt, mit welchem Ansatz die Einrechnung erfolgen soll. Eine Heranziehung des Zeitfaktors aus § 4 Abs. 1 EFZG ist nicht möglich, weil die Bemessung der Prämie und nicht der Entgeltfortzahlung in Rede steht. Zudem geht aus dem Klägervorbringen nicht hervorgeht, ob Gesichtspunkte des § 4a EFZG gegeben sein können. Darüber hinaus bleibt unklar, welche Zeiten als arbeitsunfähige Erkrankung gelten sollen, ob nur entgeltfortzahlungspflichtige oder überhaupt jegliche Arbeitsunfähigkeitserkrankungszeiten, und ob und inwiefern Akzessorietät zu den übrigen Voraussetzungen der Entgeltfortzahlung besteht.

b)

171

Aus den zu A II 8 b genannten Gründen fehlt dem Antrag auch das nötige Feststellungsinteresse.

10.

172

Der Antrag zu 5 Buchst. d ist gleichermaßen unzulässig.

a)

173

Der Anspruch ist nicht hinreichend bestimmt, § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Der Begriff der Verspätung lässt keinen genauen Inhalt erkennen. Wortlautgemäß ist damit jedes spätere Eintreffen gemeint (Wahrig Deutsches Wörterbuch 8. Aufl. Stichwort Verspätung). Welcher Gegenstand sich nach dem Verständnis der Parteien hiermit jedoch verbinden soll, ist auch unter Berücksichtigung des in Früh- und Spätschicht unterteilten Arbeitszeitmodells nicht ohne weiteres ableitbar. Selbst wenn die jeweiligen Beginn und Endzeiten der Schichten gemeint sein sollten, bedürfte der Klärung, welcher Vorgang im Betrieb der Beklagten als Arbeitsaufnahme gilt und ab wann welche Zeiten als Arbeitszeiten erfasst werden bzw. ab welcher zeitlichen Verzögerung die von Klägerseite beanstandete Kürzung erfolgt (ob sekunden-, minuten-, viertel-, halb-, ganzstündig bemessen usw.). Des Weiteren unklar und dem Antrag nicht zu entnehmen ist, inwiefern Verschuldensfragen bei der Verspätung eine Rolle spielen, sowie weitergehend auch Fälle der Abweichungen von den vorgegebenen Zeitgrenzen am Ende der Arbeitszeit oder überhaupt jedes unberechtigte Verlassens des Arbeitsplatzes eine Rolle spielen kann.

b)

174

Aus den zu A II 8 b genannten Gründen fehlt dem Antrag darüber hinaus das nötige Feststellungsinteresse.

11.

175

Auch der Antrag zu 5 Buchst e ist unzulässig.

a)

176

Der Antrag ist hinreichend bestimmt i.S.d. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Da kein konkreter Widerrufsfall in Rede steht, kann er nur die abstrakte Frage der mangelnden Widerruflichkeit und Freiwilligkeit betreffen.

b)

177

Der Antrag ist von keinem Feststellungsinteresse getragen. § 256 Abs. 2 ZPO setzt die Vorgreiflichkeit eines streitigen Rechtsverhältnisses voraus und greift nicht mehr durch, wenn die Rechtsbeziehung bereits nach der Entscheidung zur Hauptsache erschöpfend geregelt ist (LAG Rheinland-Pfalz 26.8.2011 - 9 Sa 102/11 - zu II 2 der Gründe, juris). Da vorliegend mit Bescheidung der mangels wirksamen Freiwilligkeits-/Widerrufsvorbehalts verbindlichen Prämienpflicht im Antrag zu 5 Abs. 1 die Hauptsache erschöpfend geklärt wurde, verbleibt kein zwischenfeststellbares, streitiges Rechtsverhältnis mehr. Wie zu A II 7 b bb ausgeführt fehlt dem Antrag auch das besondere Feststellungsinteresse i.S.d. § 256 Abs. 1 ZPO, da der Anspruch mit der begehrten Feststellung nicht abschließend geklärt wird.

12.

178

Der Antrag zu 6 Abs. 1 auf Feststellung einer über 20 Tage im Monat hinausgehenden Fahrtkostenerstattungspflicht ist weiterhin nicht zulässig.

a)

179

Der Antrag ist hinreichend bestimmt, § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Die Wendung „nicht nur für 20 Tage im Monat“ meint, da die zur Akte gereichten Gehaltsmitteilungen auch weniger als 20 Arbeitstage im Monat erkennen lassen, bei wohlverstandener Auslegung keine Feststellung eines Mindestansatzes von 20-tägigem Fahrtkostenausgleich pro Monat, sondern (in Verknüpfung mit dem Nachsatz des Antrags „Fahrtkosten für jeden Arbeitstag zu erstatten sind“) vielmehr die Feststellung, dass der Fahrtkostenersatz nicht mit 20-fachem Tagesansatz erschöpft oder „gedeckelt“ wird.

b)

180

Dem Antrag fehlt indes das besondere Feststellungsinteresse. Die Privilegierung des § 256 Abs. 2 ZPO greift nicht durch, da das Arbeitsgericht in seiner (rechtskräftigen) Entscheidung über den Niederschriftsantrag zu 6 Abs. 3 nicht über die Frage geurteilt hat, ob eine Fahrtkostenerstattung auf maximal 20 Arbeitstage im Monat beschränkt ist. Es fehlt mithin die Vorgreiflichkeit. Im Übrigen sind die Voraussetzungen nach § 256 Abs. 1 ZPO nicht erfüllt. Nach den zu A II 7 b bb dargestellten Grundsätzen darf die Elementenfeststellungsklage nicht nur zu einer Teilklärung einzelner Anspruchsvoraussetzungen führen, sondern muss jeden Streit über den Anspruch insgesamt rechtskräftig beseitigen. Bei streitigen Zahlungsverpflichtungen müssen - damit nicht bloße Vorfragen geklärt werden - entweder sämtliche Berechnungskriterien zum Gegenstand des Feststellungsbegehrens gemacht werden, oder die Gewährleistung bestehen, dass über alle weiteren Faktoren, die die Zahlungspflicht ausmachen, kein Streit herrscht. Vorliegend ist indes nicht nur unklar, nach welchen Grundsätzen überhaupt Fahrtkosten erstattet werden und mit welchen Geldansätzen welche Entfernungen oder sonstigen Aufwände bemessen werden. Es fehlt vielmehr auch an jedem Anhalt, dass die partiell begehrte Klärung zur fehlenden tageweisen „Deckelung“ restlose Klarheit über den Anspruch erbringt, sei es zu Mindest- oder Höchstentfernungen, berücksichtigbaren Fahrten (per Kfz, Fahrrad, zu Fuß, mit öffentlichen Verkehrsmitteln usw.), Mitfahrten, Wohnungswechseln, Erst- und Zweitwohnsitzfällen oder sonstigen in der gerichtlichen Praxis nicht untypischen Fahrtausgleichsstreiten.

13.

181

Der Antrag zu 6 Abs. 2 ist nach den zu A II 11 dargelegten Gründen ebenfalls unzulässig. Er betrifft - wie jener - die feststellungsweise abstrakte Frage der mangelnden Freiwilligkeit und Widerrufbarkeit und ist nachdem das Arbeitsgericht über den Niederschriftsantrag zu 6 Abs. 3 rechtskräftig entschieden hat, ohne auf Frage der Freiwilligkeit und Widerrufbarkeit einzugehen, hierzu nicht bereits vorgreiflich i.S.d. § 256 Abs. 2 ZPO. Ihm fehlt im Übrigen das besondere Feststellungsinteresse gemäß § 256 Abs. 1 ZPO, da durch die begehrte Entscheidung kein akuter Streit insgesamt bereinigt wird.

14.

182

Auch der zu 7 hinsichtlich der Schichtzulagen gestellte Antrag ist nicht zulässig.

a)

183

Er bedarf der Auslegung um hinreichend bestimmt zu sein i.S.d. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Da keine Vereinbarung aus 2006 mit einer nachvollziehbaren Ziffer III aus dem Klägervorbringen hervorgeht, kann der Antrag - wohlverstanden - nur so aufgefasst werden, als seien die Worte („die gem. Ziff. III der 20006 getroffenen Vereinbarung zur Änderung des Arbeitsvertrages“) nicht geschrieben. Mit der Wendung „bei der Berechnung“ lässt sich, da die Urlaubsvergütung wie die Entgeltfortzahlung ein Produkt aus Zeit- und Geldfaktor entsprechend § 11 Abs. 1 BUrlG (AnwK/Düwell § 11 Rn. 7 ff.) bzw. § 4 Abs. 1, Abs. 1a und Abs. 3 EFZG unter Berücksichtigung von § 4a EFZG (AnwK/Sievers § 4 EFZG Rn. 3 f.) darstellt, nur so verstehen, zu klären, ob im Fall des Urlaubs bei Beurteilung des Geldfaktors (AnwK/Düwell § 11 Rn. 51), im Fall der Entgeltfortzahlung je nach Schichteinteilung bei Beurteilung des Geld- und/ oder Zeitfaktors (AnwK/Sievers § 4 EFZG Rn. 23 ff.) auf die Zulage Rücksicht zu nehmen sei.

b)

184

Aus dieser Auslegung folgt unmissverständlich, dass es sich bei der begehrten Klärung nicht um ein Rechtsverhältnis i.S.d. § 256 Abs. 1 ZPO handelt, sondern dass bloß eine rechtsgutachtliche Beantwortung abstrakter Fragen in Rede steht, was den Antrag insgesamt unzulässig macht (BAG 6.7.2011 - 4 AZR 501/09 - Rn. 76, juris). Soweit konkrete Zahlungen in Streit stehen, können diese unschwer beziffert und in Leistungsklagen gefasst werden.

15.

185

Der zu 8 gestellte Antrag auf Feststellung eines um zwei Tage erhöhten Erholungsurlaubs ist zulässig, aber nicht begründet.

a)

186

Der Antrag ist zulässig.

aa)

187

Er ist bei gebotener Auslegung hinreichend bestimmt i.S.d. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Die begehrte Gewährung ist dem Antragswortlaut nach auf keinen Bezugszeitraum bezogen. Er kann der Begründung nach nur einen Erholungsurlaub pro Kalenderjahr meinen, da hierin ein „jährlich“ nur 34 Arbeitstage umfassender Urlaubsanspruchs für unzureichend bewertet wird. Da die Klage nicht auf eine konkrete Gewährung in oder für einzelne Kalenderjahre gerichtet ist, namentlich nicht auf zurückliegende, oder bis zum Eintritt der Rechtskraft abgeschlossene, kann das Begehren nur allgemein als in die Zukunft gerichtet aufgefasst werden.

bb)

188

Auch unter diesen Vorgaben ist der Antrag noch von hinreichendem Feststellungsinteresse i.S.d. § 256 Abs. 1 ZPO getragen. Im Fall streitiger Urlaubsdeputate gilt der Vorrang der Leistungsklage wegen i.d.R. kaum zu überwindender Vollstreckungsschwierigkeiten bei Leistungsklagen nur begrenzt (BAG 12.4.2011 - 9 AZR 80/10 - Rn. 12 ff. NZA 2011, 1050). Sofern Streitigkeiten allein die Frage des Urlaubsumfangs betreffen, ist die Feststellungsklage regelmäßig geeignet, eine einfache Erledigung der Streitpunkte insgesamt zu erreichen (BAG 20.3.2012 - 9 AZR 529/10 - Rn. 9, NZA 2012, 803).

b)

189

Der Antrag ist in der Sache nicht begründet. Der Klägerpartei hat kein Recht auf weitere zwei jährliche Erholungsurlaubstage in ergänzender Auslegung des Arbeitvertrags i.V.m. § 7 Abs. 1 und Abs. 2 AGG.

aa)

190

Dabei kann zugunsten der Klägerseite unterstellt werden, dass die Gewährung von 34 Arbeitstagen jährlichen Urlaubs nach Ziff. 2 des Arbeitsvertrags im Fall einer ungerechtfertigt altersdiskriminierenden Jahresurlaubsbemessung in ergänzender Vertragsauslegung unter Berücksichtigung der § 7 Abs. 1 und Abs. 2 AGG zu einer Anpassung nach oben führt (vgl. BAG 20.3.2012 - 9 AZR 529/10 - Rn. 29 f., NZA 2012, 803).

bb)

191

Entgegen der Annahme der Klägerseite liegt jedoch keine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung vor.

(1)

192

Die Urlaubsregelung der Parteien unterfällt als Regelung über Beschäftigungs- und Arbeitsbedingung in den Anwendungsbereich des AGG, § 2 Abs. 1 Nr. 2 AGG. § 33 AGG enthält auch für zurückliegend abgeschlossenen Verträgen sieht keine Bereichsausnahme (BAG 20.3.2012 - 9 AZR 529/10 - Rn. 12, 32, a.a.O.).

(2)

193

Die Klägerseite hat hinreichende Anhaltspunkte für eine altersbezogenen Ungleichbehandlung i.S.d. §§ 3, 1, 7 und 22 AGG vorgebracht.

(a)

194

Geringere Urlaubsumfänge pro Jahr für jüngere gegenüber älteren Arbeitnehmern bedeuten eine unmittelbar benachteiligende, weil aus sich heraus weniger begünstigende Behandlung i.S.d. § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG als sie einer anderen Person widerfährt oder widerfahren würde, die allein auf dem Vorliegen des in § 1 AGG genannten Grundes i.S.d. Alters beruht (§ 7 Abs. AGG). Die Klägerseite hat insofern unbestritten vorgebracht, dass im Betrieb Arbeitnehmer ab Vollendung des 58. Lebensjahres 36 Arbeitstage Erholungsurlaub gewährt erhalten. Da sich die unterschiedliche Behandlung schon aus der im Betrieb geltenden Regelhaftigkeit ergibt, kommt es auf die Nennung konkreter Vergleichspersonen nicht weiter an (ErfK/Schlachter 11. Aufl. § 3 AGG Rn. 3).

(b)

195

Die klägerseits in der Berufungsverhandlung ergänzten Umstände ließen die Regelhaftigkeit nicht wieder in Zweifel gestellt erscheinen. Aus dem Urlaubsvollzug gegenüber der geringfügig beschäftigten Frau X war mangels konkreten Urlaubsbegehrens kein abweichendes Regelverhalten zu entnehmen. Auch die für Frau W geschilderte 35-tägige Urlaubsgewährung bei Vollendung des 58. Lebensjahres in der zweiten Kalenderjahrshälfte konnte mit dem klägerseits vorgebrachten Schema noch in Verbindung gebracht werden. Gleiches galt mangels konkreter Anhaltspunkte dazu, aufgrund welcher besonderen Umstände der von Klägerseite nicht weiter benannte Beschäftigte bei Vollendung des 57. Lebensjahres schon einen 35. Urlaubstag gewährt erhalten haben sollte, auch für jenen Fall.

(3)

196

Ein zweitägiger Mehrurlaub für über 58-Jährige dient der Sicherstellung des Schutzes der Beschäftigung älterer Arbeitnehmer in objektiv, angemessen legitimer Weise i.S.d. § 10 Satz 1 und 3 Nr. 1 AGG.

(a)

197

Unterschiedliche Behandlungen Beschäftigter können durch besondere Beschäftigungs- und Arbeitsbedingen - wie vorliegend die Urlaubsgewährung - zur Sicherstellung des beruflichen Schutzes älterer Beschäftigter in legitimer Weise bezweckt werden. § 10 Satz 1, 3 Nr. 1 AGG dient dem generellen Beschäftigungs- nicht bloß einem eingeschränkten Eingliederungsschutz (Bauer/Göpfert/Krieger AGG 3. Aufl. § 10 Rn. 26).

(b)

198

Ältere Arbeitnehmer sind nach Ziff. I Nr. 1 (1) und (3) der ILO-Empfehlung Nr. 162 vom 23. Juni 1980 Arbeitnehmer, die wegen ihres zunehmenden Alters auf Schwierigkeiten in Beschäftigung und Beruf stoßen können. Die Europäische Union hat in Leitlinie 17 der Entscheidung des Rates vom 12. Juli 2005 über Leitlinien für beschäftigungspolitische Maßnahmen der Mitgliedstaaten 2005/600/EG (Abl. L 205 S. 21) als ältere Arbeitnehmer i.d.S. Arbeitskräfte über 55 Jahre angesehen (Meinel/Heyn/Herms AGG 2. Aufl. § 10 Rn. 25). Das Bundesarbeitsgericht verweist vor dem Hintergrund des zum Ausgleich eingeschränkter Chancen Älterer auf dem Arbeitsmarkt geltenden § 417 SGB III auf eine Grenze des vollendeten 50. Lebensjahres (BAG 20.3.2012 - 9 AZR 529/10 - Rn. 20, NZA 2012, 803). Die WHO-Studiengruppe Altern und Arbeit nahm aus 1991 aus arbeitsmedizinischer Sicht wegen auftretender Schwierigkeiten in Arbeit und Beruf eine Grenze ab dem 45. Lebensjahr an (WHO Technical Report Series 835 Aging and Working Capacity - dt. Übersetzung Altern und Arbeit 1994 S. 9 f.). Die gegenwärtigen Diskussionen um die arbeitspsychologische und -medizinische Beurteilung alternsgerechten Arbeitens bezeichnen Grenzwerte in gleicher Altersspanne (vgl. Lehr NZA-Beil 1 2008 S. 3, 4; Dunkel-Benz ebd. S. 25). Über 58-Jährige sind danach in jedem Fall ältere Arbeitnehmer.

(c)

199

Ein erhöhtes Jahresurlaubsdeputat sichert die berufliche Beschäftigung älterer Menschen.

200

(aa) Generell gilt ein gerichtlicher Erfahrungssatz, dass die physische Belastbarkeit eines Menschen mit zunehmendem Alter abnimmt (BAG 13.10.2009 - 9 AZR 722/08 - Rn. 47, NZA 2010, 327; BGH 7.5.1974 - VI ZR 10/73 - zu II 2 der Gründe, NJW 1974, 2280). Dieser Erfahrungssatz betrifft auch den Wirkungszusammenhang von erreichtem Lebensalter und Krankheitsanfälligkeit (BAG 6.11.2008 - 2 AZR 523/07 - Rn. 54, NZA 2009, 361).

201

(aaa)

202

Hinter einem solchen Erfahrungssatz steht die arbeitsmedizinische Erkenntnis eines um ca. 30% jenseits des 50. Lebensjahres verminderten Belastbarkeits- und Gesundheitszustands, namentlich aufgrund Skelett-, Muskel-, Lungen-, Herz- und Sinnesfunktionseinbußen (WHO Technical Report Series 835 Aging and Working Capacity - Altern und Arbeit 1994 S. 20 ff.; Dunkel-Benz NZA-Beil 1 2008 S. 25 ff.; Lehr ebd. S. 3, 7; Winkels Demographischer Wandel: Herausforderungen und Chancen für Personalentwicklung und betriebliche Weiterbildung S. 63 ff.; Lange Verhaltensdispositionen älterer Arbeitnehmer im Zeichen des demographischen Wandels S. 35 f.; u.a.). Trotz individueller Unterschiede handelt es sich um einen für jede Person lebensbegleitenden Prozess, der die Fähigkeit zu körperlicher Höchstleistung verringert, Hör- und Sehfähigkeit schmälert und Reaktionsfähigkeiten, Bewegungskoordination und Geschicklichkeiten mindert (Kollmer/Klindt/Schmidt ArbSchG Syst A Rn. 72 ff.).

203

(bbb)

204

Die Klägerseite stellt diesen Erfahrungssatz auch mit der Berufung nicht konkret in Abrede. Sie meint lediglich, die Erfahrungswerte seien vor dem Hintergrund einer Zäsur zwischen dem 55, 56, 57 und 58 Lebensjahr unergiebig und richtigerweise vor dem Hintergrund individuell unterschiedlicher Leistungsfähigkeit zu treffen. Da dies die allgemeine Erfahrung nicht in Abrede stellt und auch die dargelegten arbeitsmedizinischen Einschätzungen in der Sache nicht negiert, konnte es nur bei der Frage der Gebotenheit einer am konkreten Lebensjahr anknüpfenden Unterscheidung berücksichtigt werden. Weitere sachverständige Aufklärung des allgemeinen Befundes war zudem nach Einschätzung der Kammer für den allseits literarisch geteilten Erfahrungssatz nicht weiter geboten.

205

(ccc)

206

Die Beklagtenseite machte sich die schon vom Arbeitsgericht herangezogenen Erfahrungswerte spätestens mit Verteidigung des angegriffenen Urteils zu eigen und bezog ihn auf die Beschäftigungssituation im Betrieb aufgrund des, auch in zweiter Instanz unbestritten gebliebenen Beklagtenvorbringens, Beschäftigte leisten bei der Schuhfertigung körperlich ermüdende und teils schwere Arbeiten.

(bb)

207

Die von Beklagtenseite damit verbundene Folgerung, dass nach der Lebenserfahrung eine stärkere Ermüdung älterer Menschen über das Jahr betrachtet längere Erholungsphasen verlangt, als für jüngere, ist bei - im Hinblick auf die bei betrieblicher Normsetzung gebotener - typisierender und regelhafter Betrachtungsweise ein Fall ausnahmsweise hinreichender Rechtfertigung für verlängerte Erholungsurlaubszeiten, und zwar zum Schutz der Beschäftigung älterer Arbeitnehmer vor übermäßiger Beanspruchung i.S.d. § 10 Satz 1 und 3 Nr. 1 AGG.

208

(aaa)

209

Die verlängerte Urlaubsgewährung verhilft älteren Beschäftigten bei genereller Betrachtung zur Absicherung ihrer Erwerbsfähigkeit. Es entspricht arbeitsmedizinischer Einschätzung, dass „langdauernde physische Überforderung“ und „chronischer Zeitdruck“ zu den „Killern“ älterer Mitarbeiter zählen (Dunkel-Benz NZA-Beil 1 2008 S. 25). Der Überforderung kann arbeitsmedizinischer Ansicht nach mit einer verringerten Dauer der Arbeitszeit abgeholfen werden (WHO Technical Report Series 835 Aging and Working Capacity - Altern und Arbeit 1994 S. 30). Eine elementare Entlastung von der Arbeitszeit geschieht dabei auch in Gestalt des bezahlten Erholungsurlaubs. Unionsrechtlich ist der Urlaub deshalb in die Arbeitszeitrichtlinie 2003/88/EG einbezogen als eine Phase, die Arbeitnehmern ermöglichen soll, sich zu erholen und über einen Zeitraum der Entspannung und Freizeit zu verfügen (EuGH 21.6.2012 - C-78/11 - ANGED, Nr. 19). Die ILO-Empfehlung Nr. 162 vom 23.6.1980 nennt in Ziff. III Nr. 14 Buchst. b und c sowohl die Verkürzung der Arbeitszeit als auch die Verlängerung des bezahlten Jahresurlaub in Referenz zum zunehmenden Lebensalter als betrieblich probates Mittel zum Schutz der Beschäftigung älterer Arbeitnehmer.

210

(bbb)

211

Diese Erwägungen erfassen auch die Begünstigung im Betrieb der Beklagten. Die produzierende Tätigkeit erfolgt dort unter körperlicher Anstrengung und Ermüdung sowie - auch nach Schilderung der Klägerseite - im Rahmen von besonderem, prämienbezogenem Zeit- und Qualitätsdruck i.S. eines Teamakkords. All dies lässt an physischen und psychischen Belastungsfaktoren im vorgenannten Sinn keinen nennenswerten Zweifel.

212

(ccc)

213

Die Schutzerwägungen sind auch nicht „sachfremd“, wie die Klägerseite meint, sondern fügen sich in eine vom Arbeitgeber nach § 241 BGB i.Vm. Art. 2 Abs. 1, Art. 1 GG zu gewährleistende Gesundheitsfürsorge. Sie erscheint auch vor dem Hintergrund sozialer Belastungen jüngerer Menschen aus Familie und Beruf geboten. Denn weder lässt sich generalisierend annehmen, ältere Menschen seien mit Sozialbelastungen aus Großeltern- und / oder Witwenschaft, Pflegeverpflichtungen u.ä. nicht vergleichbar belastet wie jüngere Menschen, noch unterliegen Jüngere den physischen Einschränkungen des Alterungsprozesses.

(4)

214

Die sonach legitime Zielverfolgung geschieht mit zwei Mehrurlaubstagen im Kalenderjahr in angemessenem sowie erforderlichem Umfang i.S.d. § 10 Satz 2 AGG.

(a)

215

Die Altersgrenze von 58 Jahren ist nicht - wie von Klägerseite unter Hinweis auf ähnliche gesundheitliche Lagen mit 57, 56 oder 55 Jahren gemeint - willkürlich, sondern in normativer Betrachtung unter Anknüpfung an die bei vertragliche Verankerung der Urlaubsansprüche im Betrieb unter dem Jahr 2000 aufgrund der seinerzeit geltenden Altersbestimmungen zur Annahme einer besondere Gefährdungslage älterer Beschäftigter auf dem Arbeitsmarkt für geboten und angemessen zu erachten. Mit der Vollendung des 58. Lebensjahres waren Arbeitslose nach § 428 Abs. 1 i.V.m. § 119 SGB III in der bis zum 31.12.2007 geltenden Fassung des Gesetzes zur Änderung des Dritten Buches des Sozialgesetzbuchs und anderer Gesetzes vom 22.12.2005 (BGBl. I S. 3676) vom Merkmal des Nachweises der Verfügbarkeit und Arbeitsbereitschaft für den allgemeinen Arbeitsmarkt entbunden. Der Gesetzgeber ging davon aus, dass ab diesem Alter kaum mehr Vermittelbarkeitsaussichten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt bestanden (BT-Drucks 10/4211 S. 17). Ebenso galt ab gleichem Alter sowie unter der ähnlich gelagerten gesetzgeberischen Erwägung, dass der Anteil der Altersgruppe ab 58 bei Zugang in die Arbeitslosigkeit besonders groß sei, eine generelle Entbindung vom Sachgrunderfordernis bei befristeten Arbeitsverträgen gemäß § 14 Abs. 3 TzBfG a.F. (BT-Drucks 14/4374 S. 20). Da die Änderung beider Normenkomplexe nicht tragend auf veränderten Gefährdungslagen am Arbeitsmarkt, sondern veränderten versicherungs- wie befristungsrechtlichen Erwägungen verpflichtet war (vgl. Mutscheler/ Bartz/ Schmidt-de Caluwe/ Siefert SGB III 3. Aufl. § 428 Rn. 1 ff. einerseits; Dörner Der befristete Arbeitsvertrag 2. Aufl. Rn. 508 ff. andererseits), kann daraus für die normativen Richtigkeit der zugrunde liegenden Schutzpflichterwägung kein Anhalt entnommen werden. Auch die zuletzt beobachtbare Veränderung in der Beschäftigungslage über 58-Jähriger (BT-Drucks. 17/2271 S. 111 ff.) vermochten die allgemeine Gefährdungseinschätzung schon vor dem Hintergrund zeittypischer Varianzen am Arbeitsmarkt nicht entgegenzuwirken.

(b)

216

Eine Mehrurlaubsdauer von zwei Tagen verhält sich im angemessenen und nicht unverhältnismäßigen Umfang, um dem erstrebten Zweck zu dienen. Der Wert liegt in der Mitte zwischen der bei verminderter Erwerbsfähigkeit (ab GdE 25) in teilweise gesetzlichen wie tariflichen Urlaubsregelungen verordneten Mehrurlaubsdauern von drei zusätzlichen Tagen jährlich (Saarl ZUrlG i.d.F.v. 23.6.1999, Amtsbl. 1999, S. 1263; BZTV BW Nr. 2 gemäß BAG 24.2.2010 - 4 AZR 708/08 - AP TVÜ § 2 Nr. 2) - die dem gleichförmigen normativen Regelungsinteresse verpflichtet sind, naturbedingt verringerter Leistungsfähigkeit entgegenzuwirken -, sowie dem generell schon aus puren Sachgrunderwägungen für gerechtfertigt erachteten einem Tag (so etwa Wiedemann/Thüsing NZA 2002, 1234, 1239). Der von Klägerseite hiergegen angeführte Vergleich mit der einheitlichen Regelung im Bundesurlaubsgesetz verfängt schon aufgrund dessen Mindestcharakters nicht und übersieht namentlich Zusatzurlaubsrechte für schwerbehinderte Menschen in § 125 SGB IX (u.a.). Aufgrund der diversen alternativen Beurlaubungsmöglichkeit für jüngere, familiär verpflichtete Menschen (§§ 15 f. BEEG, § 45 SGB V, § 616 BGB usw.) liegt gegenüber älteren, die wegen gesundheitlich nachlassenden Kräften keine vergleichbaren Arbeitsbefreiungsmöglichkeiten besitzen, eine wesentliche Ungleichbehandlung gerade nicht vor. Im Übrigen wird die Marginalität des Mehrurlaubsumfang schon allein aus dem Vergleich der zwischen einzelnen Bundesländern unterschiedlich gestaffelten gesetzlichen Feiertagsumfänge ersichtlich.

16.

217

Der Antrag zu 9 ist zulässig, aber unbegründet.

a)

218

Der Antrag ist zulässig. Gegenstand und Grund des Anspruchs (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO) sind aus dem Antrag nebst Begründung abzuleiten. Die Klägerpartei begehrt Entschädigung wegen zukünftig vorenthaltener Mehrurlaubstage aufgrund unzulässiger Unterscheidung nach dem Lebensalter. Die Klägerseite gibt die ungefähre Größenordnung des Anspruchs zulässigerweise in Gestalt einer Entschädigungsuntergrenze an (Bauer/Göpfert/Krieger AGG § 15 Rn. 37).

b)

219

Der Antrag ist nicht begründet. Nach § 15 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 AGG kann ein Beschäftigter wegen eines Verstoßes gegen das Benachteiligungsverbots für einen Schaden der nicht Vermögensschaden ist eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen. Die Entschädigungspflicht knüpft an eine - auch vor dem Hintergrund des § 10 AGG - unzulässige unterschiedliche Behandlung an, an der es vorliegend aus den zu A II 15 dargelegten Gründen fehlt. Sie wäre zudem auch bei unzulässiger Unterscheidung im Jahresurlaubsdeputat nicht geschuldet, da die Angleichung nach oben zumindest im konkret vorliegenden Fall zu ganz empfindlichen Mehrkosten und betrieblichen Belastungen im Wege des Arbeitsausfall führen würde. Über den materieller Ausgleich im Einzelfall hinaus wäre das in erheblicher Weise sanktionierend und hinreichend abschreckend, um zu einem dem Gleichheitsgebot entsprechenden Verhalten in der Zukunft anzureizen (vgl. MünchKommBGB/Thüsing 5. Aufl. § 15 AGG Rn. 32; krit. etwa Meinel/Heyn/Herms AGG § 15 Rn. 74). Zudem blieben die Unterschiede vor dem Hintergrund des sehr hohen Betriebsurlaubsumfangs von annähernd dem doppelten des gesetzlichen Umfangs allenfalls noch marginal, so dass eine weitergehende Sanktionierung zur Gewährleistung eines tatsächlichen und wirksamen Diskriminierungsschutzes auch aus diesem Grund nicht mehr geboten wäre.

B.

220

Die Kostenentscheidung ergeht nach § 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Die Entscheidung über die Zulassung der Revision folgt hinsichtlich des (vorliegend zu A II 15 beschiedenen) Antrags zu 8 aus § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG. Darüber hinaus lagen die Voraussetzungen des § 72 Abs. 2 ArbGG nicht vor.

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Tenor 1. Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 24. März 2010 - 20 Sa 2058/09 - aufgehoben.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 18. Jan. 2012 - 10 AZR 612/10

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Tenor 1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 20. Januar 2010 - 9 Sa 642/09 - aufgehoben, soweit es auf die Berufung der Beklagten das Urt

Bundesarbeitsgericht Urteil, 14. Dez. 2011 - 4 AZR 242/10

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Tenor 1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz vom 25. November 2009 - 8 Sa 463/09 - aufgehoben.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 16. Nov. 2011 - 4 AZR 834/09

bei uns veröffentlicht am 16.11.2011

Tenor 1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Sächsischen Landesarbeitsgerichts vom 29. Oktober 2009 - 6 Sa 333/09 - wird, soweit sie sich gegen die Klageabweisung gegenübe

Bundesarbeitsgericht Urteil, 19. Okt. 2011 - 7 AZR 471/10

bei uns veröffentlicht am 19.10.2011

Tenor Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 20. Juli 2010 - 4 Sa 58/09 - wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Anschlussberufung de

Bundesarbeitsgericht Urteil, 19. Okt. 2011 - 5 AZR 359/10

bei uns veröffentlicht am 19.10.2011

Tenor 1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 14. Januar 2010 - 7 Sa 851/09 - wird zurückgewiesen.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 19. Okt. 2011 - 7 AZR 743/10

bei uns veröffentlicht am 19.10.2011

Tenor Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 14. Oktober 2010 - 7 Sa 134/10 - wird zurückgewiesen.

Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 29. Sept. 2011 - 10 Sa 314/11

bei uns veröffentlicht am 29.09.2011

Tenor Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 6. April 2011, Az.: 1 Ca 184/11, wird kostenpflichtig zurückgewiesen. Die Revision wird nicht zugelassen. Tatbestand 1 Die Parteien streiten ü

Bundesarbeitsgericht Urteil, 14. Sept. 2011 - 10 AZR 526/10

bei uns veröffentlicht am 14.09.2011

Tenor 1. Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 26. Juli 2010 - 7 Sa 1881/09 - wird zurückgewiesen.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 06. Juli 2011 - 4 AZR 501/09

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Tenor 1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein vom 13. Mai 2009 - 6 Sa 390/08 - wird hinsichtlich des Antrags zu 3) einschließlich d

Bundesarbeitsgericht Urteil, 12. Apr. 2011 - 9 AZR 80/10

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Tenor Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 29. Oktober 2009 - 2 Sa 146/09 - wird zurückgewiesen.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 15. März 2011 - 1 AZR 808/09

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Tenor 1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 4. Juni 2009 - 20 Sa 2431/08, 20 Sa 2434/08 - wird zurückgewiesen.

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bei uns veröffentlicht am 08.12.2010

Tenor 1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 29. Juli 2009 - 2 Sa 470/09 - aufgehoben.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 21. Apr. 2010 - 10 AZR 163/09

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Tenor 1. Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg - Kammern Freiburg - vom 21. Oktober 2008 - 22 Sa 35/08 - aufgehoben.

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Tenor 1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 17. Juli 2008 - 10 Sa 1234/07 - aufgehoben.

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Tenor 1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Nürnberg vom 18. Dezember 2008 - 5 Sa 768/07 - wird zurückgewiesen.

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Tenor 1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 29. Mai 2008 - 19 Sa 69/07 - aufgehoben.

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Tenor 1. Das Urteil des Arbeitsgerichts Schwerin vom 21.05.2014, 55 Ca 2172/13, wird auf die Berufung der Beklagten teilweise abgeändert. Die Klage wird auch hinsichtlich des Urlaubsjahres 2013 und damit insgesamt abgewiesen. 2. Die Klägerin

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Tenor 1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Halle vom 26. Februar 2014 - 8 Ca 1601/13 - unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen teilweise abgeändert und zur Klarstellung insgesamt wie folgt neu gefasst:

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Referenzen

Der Arbeitgeber darf einen Arbeitnehmer bei einer Vereinbarung oder einer Maßnahme nicht benachteiligen, weil der Arbeitnehmer in zulässiger Weise seine Rechte ausübt.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

Der Arbeitgeber darf einen Arbeitnehmer bei einer Vereinbarung oder einer Maßnahme nicht benachteiligen, weil der Arbeitnehmer in zulässiger Weise seine Rechte ausübt.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Das Urlaubsentgelt bemißt sich nach dem durchschnittlichen Arbeitsverdienst, das der Arbeitnehmer in den letzten dreizehn Wochen vor dem Beginn des Urlaubs erhalten hat, mit Ausnahme des zusätzlich für Überstunden gezahlten Arbeitsverdienstes. Bei Verdiensterhöhungen nicht nur vorübergehender Natur, die während des Berechnungszeitraums oder des Urlaubs eintreten, ist von dem erhöhten Verdienst auszugehen. Verdienstkürzungen, die im Berechnungszeitraum infolge von Kurzarbeit, Arbeitsausfällen oder unverschuldeter Arbeitsversäumnis eintreten, bleiben für die Berechnung des Urlaubsentgelts außer Betracht. Zum Arbeitsentgelt gehörende Sachbezüge, die während des Urlaubs nicht weitergewährt werden, sind für die Dauer des Urlaubs angemessen in bar abzugelten.

(2) Das Urlaubsentgelt ist vor Antritt des Urlaubs auszuzahlen.

Ungeachtet des § 8 ist eine unterschiedliche Behandlung wegen des Alters auch zulässig, wenn sie objektiv und angemessen und durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt ist. Die Mittel zur Erreichung dieses Ziels müssen angemessen und erforderlich sein. Derartige unterschiedliche Behandlungen können insbesondere Folgendes einschließen:

1.
die Festlegung besonderer Bedingungen für den Zugang zur Beschäftigung und zur beruflichen Bildung sowie besonderer Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen, einschließlich der Bedingungen für Entlohnung und Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses, um die berufliche Eingliederung von Jugendlichen, älteren Beschäftigten und Personen mit Fürsorgepflichten zu fördern oder ihren Schutz sicherzustellen,
2.
die Festlegung von Mindestanforderungen an das Alter, die Berufserfahrung oder das Dienstalter für den Zugang zur Beschäftigung oder für bestimmte mit der Beschäftigung verbundene Vorteile,
3.
die Festsetzung eines Höchstalters für die Einstellung auf Grund der spezifischen Ausbildungsanforderungen eines bestimmten Arbeitsplatzes oder auf Grund der Notwendigkeit einer angemessenen Beschäftigungszeit vor dem Eintritt in den Ruhestand,
4.
die Festsetzung von Altersgrenzen bei den betrieblichen Systemen der sozialen Sicherheit als Voraussetzung für die Mitgliedschaft oder den Bezug von Altersrente oder von Leistungen bei Invalidität einschließlich der Festsetzung unterschiedlicher Altersgrenzen im Rahmen dieser Systeme für bestimmte Beschäftigte oder Gruppen von Beschäftigten und die Verwendung von Alterskriterien im Rahmen dieser Systeme für versicherungsmathematische Berechnungen,
5.
eine Vereinbarung, die die Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses ohne Kündigung zu einem Zeitpunkt vorsieht, zu dem der oder die Beschäftigte eine Rente wegen Alters beantragen kann; § 41 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch bleibt unberührt,
6.
Differenzierungen von Leistungen in Sozialplänen im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes, wenn die Parteien eine nach Alter oder Betriebszugehörigkeit gestaffelte Abfindungsregelung geschaffen haben, in der die wesentlich vom Alter abhängenden Chancen auf dem Arbeitsmarkt durch eine verhältnismäßig starke Betonung des Lebensalters erkennbar berücksichtigt worden sind, oder Beschäftigte von den Leistungen des Sozialplans ausgeschlossen haben, die wirtschaftlich abgesichert sind, weil sie, gegebenenfalls nach Bezug von Arbeitslosengeld, rentenberechtigt sind.

(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Berufung muß innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung der Berufungsbegründung beantwortet werden. Mit der Zustellung der Berufungsbegründung ist der Berufungsbeklagte auf die Frist für die Berufungsbeantwortung hinzuweisen. Die Fristen zur Begründung der Berufung und zur Berufungsbeantwortung können vom Vorsitzenden einmal auf Antrag verlängert werden, wenn nach seiner freien Überzeugung der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn die Partei erhebliche Gründe darlegt.

(2) Die Bestimmung des Termins zur mündlichen Verhandlung muss unverzüglich erfolgen. § 522 Abs. 1 der Zivilprozessordnung bleibt unberührt; die Verwerfung der Berufung ohne mündliche Verhandlung ergeht durch Beschluss des Vorsitzenden. § 522 Abs. 2 und 3 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung.

(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt.

(2) Die Berufung kann nur eingelegt werden,

a)
wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist,
b)
wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt,
c)
in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder
d)
wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe.

(3) Das Arbeitsgericht hat die Berufung zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Rechtssache Rechtsstreitigkeiten betrifft
a)
zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen,
b)
über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Arbeitsgerichts hinaus erstreckt, oder
c)
zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt, oder
3.
das Arbeitsgericht in der Auslegung einer Rechtsvorschrift von einem ihm im Verfahren vorgelegten Urteil, das für oder gegen eine Partei des Rechtsstreits ergangen ist, oder von einem Urteil des im Rechtszug übergeordneten Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht.

(3a) Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, ist in den Urteilstenor aufzunehmen. Ist dies unterblieben, kann binnen zwei Wochen ab Verkündung des Urteils eine entsprechende Ergänzung beantragt werden. Über den Antrag kann die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(4) Das Landesarbeitsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(5) Ist die Berufung nicht zugelassen worden, hat der Berufungskläger den Wert des Beschwerdegegenstands glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides Statt darf er nicht zugelassen werden.

(6) Für das Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Berufung entsprechend. Die Vorschriften über das Verfahren vor dem Einzelrichter finden keine Anwendung.

(7) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1 und 3, des § 50, des § 51 Abs. 1, der §§ 52, 53, 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 9, Abs. 2 und 4, des § 54 Absatz 6, des § 54a, der §§ 56 bis 59, 61 Abs. 2 und 3 und der §§ 62 und 63 über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellungen, persönliches Erscheinen der Parteien, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, Güterichter, Mediation und außergerichtliche Konfliktbeilegung, Vorbereitung der streitigen Verhandlung, Verhandlung vor der Kammer, Beweisaufnahme, Versäumnisverfahren, Inhalt des Urteils, Zwangsvollstreckung und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen gelten entsprechend.

(8) Berufungen in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses sind vorrangig zu erledigen.

(1) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt.

(2) Die Berufungsschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird;
2.
die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde.

(3) Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.

(4) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsschrift anzuwenden.

(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Berufung muß innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung der Berufungsbegründung beantwortet werden. Mit der Zustellung der Berufungsbegründung ist der Berufungsbeklagte auf die Frist für die Berufungsbeantwortung hinzuweisen. Die Fristen zur Begründung der Berufung und zur Berufungsbeantwortung können vom Vorsitzenden einmal auf Antrag verlängert werden, wenn nach seiner freien Überzeugung der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn die Partei erhebliche Gründe darlegt.

(2) Die Bestimmung des Termins zur mündlichen Verhandlung muss unverzüglich erfolgen. § 522 Abs. 1 der Zivilprozessordnung bleibt unberührt; die Verwerfung der Berufung ohne mündliche Verhandlung ergeht durch Beschluss des Vorsitzenden. § 522 Abs. 2 und 3 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung.

(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt.

(2) Die Berufung kann nur eingelegt werden,

a)
wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist,
b)
wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt,
c)
in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder
d)
wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe.

(3) Das Arbeitsgericht hat die Berufung zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Rechtssache Rechtsstreitigkeiten betrifft
a)
zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen,
b)
über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Arbeitsgerichts hinaus erstreckt, oder
c)
zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt, oder
3.
das Arbeitsgericht in der Auslegung einer Rechtsvorschrift von einem ihm im Verfahren vorgelegten Urteil, das für oder gegen eine Partei des Rechtsstreits ergangen ist, oder von einem Urteil des im Rechtszug übergeordneten Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht.

(3a) Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, ist in den Urteilstenor aufzunehmen. Ist dies unterblieben, kann binnen zwei Wochen ab Verkündung des Urteils eine entsprechende Ergänzung beantragt werden. Über den Antrag kann die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(4) Das Landesarbeitsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(5) Ist die Berufung nicht zugelassen worden, hat der Berufungskläger den Wert des Beschwerdegegenstands glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides Statt darf er nicht zugelassen werden.

(6) Für das Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Berufung entsprechend. Die Vorschriften über das Verfahren vor dem Einzelrichter finden keine Anwendung.

(7) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1 und 3, des § 50, des § 51 Abs. 1, der §§ 52, 53, 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 9, Abs. 2 und 4, des § 54 Absatz 6, des § 54a, der §§ 56 bis 59, 61 Abs. 2 und 3 und der §§ 62 und 63 über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellungen, persönliches Erscheinen der Parteien, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, Güterichter, Mediation und außergerichtliche Konfliktbeilegung, Vorbereitung der streitigen Verhandlung, Verhandlung vor der Kammer, Beweisaufnahme, Versäumnisverfahren, Inhalt des Urteils, Zwangsvollstreckung und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen gelten entsprechend.

(8) Berufungen in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses sind vorrangig zu erledigen.

(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.

(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.

(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge);
2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt;
3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.

(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:

1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt;
2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.

(1) Die Erhebung der Klage erfolgt durch Zustellung eines Schriftsatzes (Klageschrift).

(2) Die Klageschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung der Parteien und des Gerichts;
2.
die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruchs, sowie einen bestimmten Antrag.

(3) Die Klageschrift soll ferner enthalten:

1.
die Angabe, ob der Klageerhebung der Versuch einer Mediation oder eines anderen Verfahrens der außergerichtlichen Konfliktbeilegung vorausgegangen ist, sowie eine Äußerung dazu, ob einem solchen Verfahren Gründe entgegenstehen;
2.
die Angabe des Wertes des Streitgegenstandes, wenn hiervon die Zuständigkeit des Gerichts abhängt und der Streitgegenstand nicht in einer bestimmten Geldsumme besteht;
3.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(4) Außerdem sind die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze auch auf die Klageschrift anzuwenden.

(5) Die Klageschrift sowie sonstige Anträge und Erklärungen einer Partei, die zugestellt werden sollen, sind bei dem Gericht schriftlich unter Beifügung der für ihre Zustellung oder Mitteilung erforderlichen Zahl von Abschriften einzureichen. Einer Beifügung von Abschriften bedarf es nicht, soweit die Klageschrift elektronisch eingereicht wird.

Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz vom 25. November 2009 - 8 Sa 463/09 - aufgehoben.

Auf die Berufung der Beklagten wird das Teilurteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 6. Mai 2009 - 1 Ca 1025/08 - abgeändert und der Feststellungsantrag als unzulässig abgewiesen.

2. Die Kosten der Berufung und der Revision hat die klagende Partei zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten darum, soweit für die Revisionsinstanz von Bedeutung, ob aufgrund arbeitsvertraglicher Bezugnahme der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) im Grundsatz auf ihr Arbeitsverhältnis anzuwenden ist.

2

Der Kläger ist seit 1991 bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgänger im Bereich des Diakonischen Werkes beschäftigt. In seinem Arbeitsvertrag vom 28. März 1991 ist in 13 Ziffern ua. festgelegt, dass der Vertrag beiderseits mit einer Frist „lt. BAT“ gekündigt werden kann und die Gewährung des Jahresurlaubs sich nach den Bestimmungen des „BAT“ richtet. Geregelt ist dort weiter, dass die Höhe und Zusammensetzung der Vergütung sich nach den Bestimmungen des „BAT/KR./AVR“ richtet und dass die Vergütung nach der „Vergütungsgruppe 5 A des BAT/KR.“ erfolgt. Weiter ist ua. festgelegt, dass sich die Weiterzahlung der Vergütung im Krankheitsfall „nach den gesetzlichen Bestimmungen“ richtet.

3

Unter Ziffer 14 des Arbeitsvertrages der Parteien heißt es:

        

„Abgesehen von den hiermit vereinbarten Ausnahmen gelten im übrigen für das durch diesen Vertrag begründete und geregelte Beschäftigungsverhältnis die Bestimmungen des BAT/AVR.

        

Es besteht Versicherungspflicht bei der KZVK Darmstadt.

        

in der jeweils maßgebenden Fassung.“

4

Die Höhe der Arbeitsvergütung des Klägers richtete sich in der Vergangenheit stets nach den für den Bereich Bund/Länder maßgebenden Vergütungsregelungen. Nach Ersetzung des BAT durch das neue Tarifrecht für den öffentlichen Dienst bot die Beklagte dem Kläger wie auch den übrigen Beschäftigten an, das Arbeitsverhältnis künftig unter Anwendung der Arbeitsvertragsrichtlinien des Diakonischen Werkes (AVR) fortzuführen, was der Kläger ablehnte.

5

Mit seiner Klage hat der Kläger bezifferte Vergütungsdifferenzbeträge sowie die Feststellung verlangt, dass auf das Arbeitsverhältnis, abgesehen von den im Arbeitsvertrag vereinbarten Ausnahmen, der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD), hilfsweise der TV-L anzuwenden sei. Dies ergebe sich aus der arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel. Es liege ein Fall der Tarifsukzession vor.

6

Der Kläger hat in erster Instanz zunächst beantragt,

        

im Wege eines Teilurteils vorab festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem mit dem Kläger am 28. März 1991 begründeten und geregelten Beschäftigungsverhältnis, abgesehen von den im Vertrag vereinbarten Ausnahmen, die Bestimmungen des TVöD, hilfsweise des TV-L, in seiner jeweils gültigen Fassung zugrunde zu legen.

7

Die Beklagte hat beantragt, den Feststellungsantrag abzuweisen. Die Formulierungen im Arbeitsvertrag seien darauf gerichtet, das Arbeitsverhältnis nach den Grundsätzen des kirchlichen Rechts zu gestalten, wozu nach der Satzung des Diakonischen Werkes auch eine Verpflichtung bestehe. Eine Gleichstellung mit Beschäftigten des öffentlichen Dienstes sei nicht bezweckt worden. Der TVöD und der TV-L seien zudem keine bloße Fortschreibung des BAT, sondern jeweils ein neues, in sich geschlossenes Tarifwerk. Eine Tarifsukzession liege nicht vor.

8

Das Arbeitsgericht hat im Wege eines Teilurteils dem hilfsweise gestellten Feststellungsantrag stattgegeben und den hauptsächlich gestellten Feststellungsantrag abgewiesen. Wegen der weiterverfolgten Zahlungsanträge des Klägers haben die Parteien den Rechtsstreit übereinstimmend zum Ruhen gebracht. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten gegen das Teilurteil zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte die Abweisung des Feststellungsanspruchs weiter. Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zu Unrecht zurückgewiesen.

10

I. Der in der Revisionsinstanz allein anhängige Feststellungsantrag, der sich auf die grundsätzliche Anwendbarkeit des TV-L im Arbeitsverhältnis bezieht, ist unzulässig. Er ist nicht hinreichend bestimmt iSd. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO und genügt nicht den Erfordernissen des § 256 Abs. 1 ZPO.

11

1. Für das Verständnis eines Klageantrages ist nicht am buchstäblichen Wortlaut der Antragsfassung zu haften. Das Gericht ist gehalten, Klageanträge nach Möglichkeit dahin auszulegen, dass eine Sachentscheidung über sie ergehen kann (BAG 11. November 2009 - 7 AZR 387/08 - Rn. 11, AP ZPO § 253 Nr. 50 = EzA ZPO 2002 § 253 Nr. 3; 12. August 2009 - 7 ABR 15/08 - Rn. 12, BAGE 131, 316). Das gilt auch im Revisionsverfahren (BAG 19. Februar 2008 - 9 AZR 70/07 - Rn. 16, BAGE 126, 26; 23. Januar 2007 - 9 AZR 557/06 - Rn. 20, AP BGB § 611 Mobbing Nr. 4).

12

2. Die Auslegung des vom Kläger gestellten Feststellungsantrages erlaubt jedoch nicht die Feststellung eines Antragsinhalts, mit dem dieser zulässig wäre.

13

a) Dem Kläger geht es um die dynamische Anwendung des TV-L auf sein Arbeitsverhältnis. Dieses Feststellungsbegehren wird aber im Antrag selbst dahingehend eingeschränkt, die Pflicht zur Anwendung des TV-L sei „abgesehen von den im Vertrag vereinbarten Ausnahmen“ festzustellen. Dies entspricht der Formulierung in Ziffer 14 des Arbeitsvertrages der Parteien, auf den sich der Kläger für seinen Antrag besonders stützt. Dort heißt es, dass abgesehen von den „hiermit vereinbarten Ausnahmen“, was auf die Vereinbarungen in den Ziffern 1 bis 13 des Arbeitsvertrages der Parteien bezogen ist, „im übrigen“ der „BAT/AVR“ in der jeweils maßgebenden Fassung gelten soll. Danach hat die Regelung in Ziffer 14 des Arbeitsvertrages die Funktion einer Auffangregelung.

14

Zu den „Ausnahmen“ von der Bestimmung in Ziffer 14, die vom Feststellungsantrag ausdrücklich nicht mit erfasst sind, gehört beispielsweise die in Ziffer 5 des Arbeitsvertrages enthaltene Regelung zur Höhe und Zusammensetzung der Vergütung, in der auf die Bestimmungen des „BAT/KR./AVR“ verwiesen wird, und eine Vergütung nach der „Vergütungsgruppe 5 A des BAT/KR.“ festgelegt wird. Wie der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erklärt hat, geht es ihm um die Feststellung, welche Regeln neben den konkreten und ausdrücklichen Vertragsvereinbarungen gelten, wobei er beispielhaft die Frage nach der ihm zustehenden Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall angesprochen hat.

15

Der Feststellungsantrag ist nach allem darauf gerichtet festzustellen, welche Bestimmungen angesichts der Ersetzung des BAT durch das neue Tarifrecht für den öffentlichen Dienst anstelle der Verweisung auf den „BAT/AVR“ in Ziffer 14 neben den ausdrücklich vereinbarten Regelungen der Ziffern 1 bis 13 des Arbeitsvertrages auf das Arbeitsverhältnis Anwendung finden.

16

b) Es bedarf dabei keiner Auslegung des Klageantrages hinsichtlich der Frage, für welchen Zeitraum der Kläger die wortwörtlich nur gegenwartsbezogene Feststellung über die Anwendbarkeit des TV-L begehrt. Dies ist nicht offensichtlich, weil nach dem bisherigen Prozessvortrag für den Beginn des entsprechenden Zeitraums mehrere in der Vergangenheit liegende Zeitpunkte in Betracht kommen: der Zeitpunkt der Sukzession des BAT durch den TV-L, weiterhin der 1. Januar 2008 als Beginn des Zeitraums, für den der Kläger mit seinen noch erstinstanzlich anhängigen Zahlungsanträgen Vergütung nach Maßgabe des TV-L verlangt, oder der Zeitpunkt zum Ende des von den Zahlungsanträgen noch erfassten Zeitraums. Dabei ist der zuletzt genannte Zeitpunkt zusätzlich deshalb zweifelhaft, weil der Kläger in erster Instanz noch einen Feststellungsantrag angekündigt hat, der die Verpflichtung der Beklagten zur Erhöhung des Bruttoentgelts ab dem 1. Januar 2009 zum Gegenstand hat. Denn der Antrag ist bereits aus anderen Gründen unzulässig.

17

c) Der Klageantrag ist weder hinreichend bestimmt iSd. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO, noch genügt er den Erfordernissen des § 256 Abs. 1 ZPO.

18

aa) Nach § 256 Abs. 1 ZPO kann Klage auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde. Die Feststellungsklage kann sich auf einzelne Beziehungen oder Folgen aus einem Rechtsverhältnis, auf bestimmte Ansprüche oder Verpflichtungen oder auf den Umfang einer Leistungspflicht beschränken - sog. Elementenfeststellungsklage -. Auch die Anwendbarkeit eines bestimmten Tarifvertrages oder Tarifwerks auf ein Arbeitsverhältnis kann Gegenstand einer Feststellungsklage sein (st. Rspr., s. nur BAG 22. Oktober 2008 - 4 AZR 784/07 - Rn. 11 mwN, BAGE 128, 165 ).

19

Auch eine Feststellungsklage muss aber nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruchs sowie einen bestimmten Antrag enthalten. Der Streitgegenstand und der Umfang der gerichtlichen Prüfungs- und Entscheidungsbefugnis müssen klar umrissen sein (BAG 11. November 2009 - 7 AZR 387/08 - Rn. 11, AP ZPO § 253 Nr. 50 = EzA ZPO 2002 § 253 Nr. 3; 19. Februar 2008 - 9 AZR 70/07 - Rn. 16, BAGE 126, 26), so dass die eigentliche Streitfrage mit Rechtskraftwirkung zwischen den Parteien entschieden werden kann (§ 322 ZPO). Bei einer stattgebenden Entscheidung darf keine Unklarheit über den Umfang der Rechtskraft bestehen (BAG 23. Januar 2002 - 4 AZR 461/99 - zu I 1 a der Gründe). Bei einer Feststellungsklage sind grundsätzlich keine geringeren Anforderungen an die Bestimmtheit zu stellen als bei einer Leistungsklage (BAG 22. Oktober 2008 - 4 AZR 735/07 - Rn. 53, AP TVG § 1 Tarifverträge: Chemie Nr. 20).

20

bb) Hiervon ausgehend ist der zuletzt gestellte Feststellungsantrag unzulässig.

21

(1) Die einschränkende Klausel „abgesehen von den im Vertrag vereinbarten Ausnahmen“ steht der hinreichenden Bestimmtheit des Antrages entgegen (vgl. BAG 23. Januar 2002 - 4 AZR 461/99 - zu I 1 a der Gründe und 26. Januar 2011 - 4 AZR 333/09 - Rn. 14, EzTöD 100 TVöD-AT § 2 Bezugnahmeklausel Nr. 30). Da die Einschränkung bereits Teil der Regelung in Ziffer 14 des Arbeitsvertrages ist, um deren Verständnis die Parteien streiten, ist auch keine alternative Formulierung vorstellbar, die zu einer hinreichenden Bestimmtheit des Antrages führen könnte. Bei einer stattgebenden Entscheidung bestünde keine Rechtsklarheit darüber, zu welchen konkreten vertraglichen Bedingungen zwischen der klagenden Partei und der Beklagten jeweils ein Arbeitsverhältnis besteht. Eine stattgebende Entscheidung würde den Streit zwischen den Parteien nicht beenden. Es bliebe offen, welche tarifliche Nachfolgeregelung des TV-L im Zweifel anwendbar sein soll und welche nicht. Jedenfalls können die zwischen den Parteien besonders umstrittenen Entgeltbedingungen gerade nicht durch den Feststellungsantrag geklärt werden, weil sie Teil der vom Feststellungsantrag ausdrücklich nicht erfassten „Ausnahmen“ sind. Im Übrigen gilt nichts anderes für die vom Kläger in der mündlichen Verhandlung angesprochenen Bedingungen der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall, die in Ziffer 10 des Arbeitsvertrages den gesetzlichen Regelungen unterworfen sind und damit ebenfalls zu den vom Feststellungsantrag ausdrücklich nicht erfassten „Ausnahmen“ gehören.

22

(2) Der Kläger hat für seinen Antrag auch nicht das besondere Feststellungsinteresse des § 256 Abs. 1 ZPO.

23

(a) § 256 Abs. 1 ZPO verlangt ein rechtliches Interesse an einer baldigen Feststellung. Zur Erstellung von Rechtsgutachten sind die Gerichte nicht berufen (vgl. BAG 21. Juli 2009 - 9 AZR 279/08 - Rn. 29, AP ZPO 1977 § 256 Nr. 98; 6. Mai 2003 - 1 AZR 340/02 - zu 2 der Gründe, AP ZPO 1977 § 256 Nr. 80; 21. September 1993 - 9 AZR 580/90 - zu I 2 der Gründe, BAGE 74, 201). Das besondere Feststellungsinteresse ist eine in jedem Stadium des Rechtsstreits von Amts wegen zu prüfende Sachurteilsvoraussetzung. Es muss noch in der Revisionsinstanz gegeben sein (vgl. nur BAG 6. Juni 2007 - 4 AZR 411/06 - Rn. 66, BAGE 123, 46; 6. Mai 2003 - 1 AZR 340/02 - zu 1 der Gründe, aaO).

24

(b) Dieses Feststellungsinteresse kann der Kläger nicht für sich beanspruchen. Die von ihm angestrebte Prüfung durch die Gerichte für Arbeitssachen liefe darauf hinaus, ein - in seiner Reichweite unbestimmtes - Rechtsgutachten zu erstatten. Aus dem Klägervortrag geht lediglich hervor, dass zwischen den Parteien konkret die Höhe der Vergütung umstritten ist. Diese ist jedoch - wie dargelegt - nicht von dem Feststellungsantrag des Klägers umfasst. Auch die vom Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat angesprochene Frage der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall führt aus den bereits angesprochenen Gründen nicht zu einer anderen Beurteilung. Es ist schon nicht ersichtlich, ob es insoweit einen gegenwärtigen Streit zwischen den Parteien gibt. Im Übrigen ist auch diese Frage als „Ausnahme“ von Ziffer 14 des Arbeitsvertrages konkret geregelt und deshalb nicht Gegenstand der angestrebten gerichtlichen Feststellung.

25

3. Der Senat ist nicht gehindert, nach § 563 Abs. 3 ZPO selbst zu entscheiden und der Revision mit der Maßgabe stattzugeben, dass die Feststellungsklage unzulässig ist. Eine Aufhebung des Urteils des Landesarbeitsgerichts nach § 562 Abs. 1 ZPO und die Zurückverweisung nach § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht ist nur dann geboten, wenn die klagende Partei nach dem Verfahrensverlauf nicht ausreichend Gelegenheit und Veranlassung gehabt hätte, einen Antrag zu stellen, der den Erfordernissen des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO sowie des § 256 Abs. 1 ZPO entspricht(vgl. BAG 21. April 2010 - 4 AZR 755/08 - Rn. 32 mwN, AP ZPO 1977 § 256 Nr. 101 = EzA ZPO 2002 § 256 Nr. 9; 11. November 2009 - 7 AZR 387/08 - Rn. 16, AP ZPO § 253 Nr. 50 = EzA ZPO 2002 § 253 Nr. 3). Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht gegeben. Auch wenn das Berufungsgericht auf die vorhandenen Mängel der Antragstellung hingewiesen hätte, wäre es der klagenden Partei aus den aufgezeigten strukturellen Gründen nicht möglich gewesen, bei Beibehaltung des Klageziels den in mehrfacher Hinsicht unzulässigen Feststellungsantrag so umzugestalten, dass er zulässig würde.

26

II. Die klagende Partei hat die Kosten der Berufung und der Revision zu tragen, § 91 Abs. 1 ZPO.

        

    Bepler    

        

    Creutzfeldt    

        

    Winter    

        

        

        

    Hannig    

        

    Drechsler    

                 

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 14. Oktober 2010 - 7 Sa 134/10 - wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über einen Wiedereinstellungsanspruch.

2

Der Kläger war seit 1. September 1975 bei der Beklagten und ihrer Rechtsvorgängerin als Nachrichtentechniker/Übertragungstechniker beschäftigt. Er ist am 7. Dezember 1958 geboren. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien fanden kraft arbeitsvertraglicher Vereinbarung die Tarifverträge für Angestellte der Deutschen Telekom Anwendung, ua. der Manteltarifvertrag für den Bereich der Deutschen Telekom AG zuletzt idF vom 23. März 2004 (MTV). Nach § 26 MTV war das Arbeitsverhältnis mit Vollendung des 50. Lebensjahres nur noch außerordentlich kündbar, wenn es mindestens 15 Jahre bestand.

3

Der Kläger wurde infolge von Restrukturierungsmaßnahmen von der Beklagten beurlaubt. Er wurde seit 1. Oktober 1999 von der K GmbH beschäftigt. In der Folge wurde er von der K Vertrieb und Service GmbH & Co. KG (K) „übernommen“. Der Kläger war zuletzt in Vergütungsgruppe T 6 Stufe 4 nach § 10 iVm. Anlage 1 des Entgeltrahmentarifvertrags (ERTV) eingruppiert.

4

Der Kläger und die Beklagte schlossen am 1. Juni 2004 einen Auflösungsvertrag zum 30. September 2004, der Regelungen über ein vertragliches Rückkehrrecht enthält. In ihm heißt es ua.:

        

„§ 2 Regelungen zum Rückkehrrecht

        

1.    

Der Arbeitnehmer erhält in Zusammenhang mit dem bei der K Vertrieb & Service GmbH & Co. KG bestehenden Arbeitsverhältnis ein zeitlich begrenztes Rückkehrrecht zur Deutschen Telekom AG, dessen Modalitäten sich abschließend aus der diesem Vertrag beigefügten Anlage 1, die Bestandteil dieses Vertrages ist, ergeben.

        

…       

        
        

Anlage 1 zum Auflösungsvertrag

        

‚Regelungen zum Rückkehrrecht - Stand 1.7.2003 -’

        

…       

        

1.    

Die Deutsche Telekom AG räumt den Arbeitnehmern ein Rückkehrrecht zur Deutschen Telekom AG ein

                 

a.    

innerhalb eines Zeitraums von 24 Monaten (berechnet ab dem 1. Januar 2004) ohne das Vorliegen besonderer Gründe (allgemeines Rückkehrrecht),

                 

b.    

nach Ablauf des allgemeinen Rückkehrrechts für weitere 18 Monate ein Rückkehrrecht unter besonderen Bedingungen (besonderes Rückkehrrecht).

        

2.    

Besondere Bedingungen (im Sinne des Absatzes 1.b) liegen vor, wenn

                 

a.    

das Arbeitsverhältnis unter Einhaltung der Voraussetzungen des § 1 Absatz 2 ff KSchG aus dringenden betrieblichen Gründen wirksam gekündigt wird

                          

oder   

                 

…“    

        
5

Die Beklagte, mehrere Kabelgesellschaften - ua. die K - und die Gewerkschaft ver.di trafen am 8. April 2005 eine sog. Schuldrechtliche Vereinbarung (SV). Sie lautet auszugsweise:

        

„1.     

Die Deutsche Telekom AG räumt den Arbeitnehmern einzelvertraglich ein Rückkehrrecht zur Deutschen Telekom AG ein

                 

a.    

innerhalb eines Zeitraums von 24 Monaten (berechnet ab dem 1. Januar 2004) ohne das Vorliegen besonderer Gründe (allgemeines Rückkehrrecht),

                 

b.    

nach Ablauf des allgemeinen Rückkehrrechts für weitere 36 Monate ein Rückkehrrecht unter besonderen Bedingungen (besonderes Rückkehrrecht).

                 

…       

        
        

2.    

Besondere Bedingungen (im Sinne des Absatzes 1.b) liegen vor, wenn

                 

a.    

das Arbeitsverhältnis unter Einhaltung der Voraussetzungen des § 1 Absatz 2 ff KSchG aus dringenden betrieblichen Gründen wirksam gekündigt wird

                          

oder   

                 

…       

        
        

3.    

Der Arbeitnehmer kann von seinem Rückkehrrecht nach der Ziffer 1 frühestens 6 Monate nach Beginn des Rückkehrzeitraums für das allgemeine Rückkehrrecht Gebrauch machen. Es ist bei dem Rückkehrrecht nach Ziffern 1 a. und b. eine Ankündigungsfrist von 3 Monaten einzuhalten. Im Falle des besonderen Rückkehrrechts nach Ziffer 1 b. i.V.m. 2 a. findet eine Rückkehr jedoch erst nach Ablauf der für den Arbeitgeber (Kabelgesellschaft bzw. Rechtsnachfolger) geltenden jeweiligen individuellen Kündigungsfrist statt, soweit diese länger ist als die dreimonatige Ankündigungsfrist.

                 

…       

        

4.    

Im Falle der Rückkehr finden ab diesem Zeitpunkt die Bestimmungen der jeweils geltenden Rationalisierungsschutz-Tarifverträge der Deutschen Telekom AG Anwendung. Der Arbeitnehmer wird hinsichtlich der zu vereinbarenden Arbeitsvertragsbedingungen und anzuwendenden tarifvertraglichen Regelungen so gestellt, als wäre er ohne Unterbrechung bei der Deutschen Telekom AG weiter beschäftigt worden.

        

…       

        
        

5.    

Das Rückkehrrecht besteht nicht, wenn das Arbeitsverhältnis aufgrund einer Kündigung bzw. eines Aufhebungsvertrags beendet wird und die Beendigung des Arbeitsverhältnisses aufgrund verhaltensbedingter Gründe des Arbeitnehmers oder aus in der Person des Arbeitnehmers liegenden Gründen erfolgt und ein eventueller Rechtsstreit nicht zu Gunsten des Arbeitnehmers entschieden hat.

        

…       

        
        

6.    

Derzeit noch von der Deutschen Telekom AG zu einer Kabelgesellschaft beurlaubte Arbeitnehmer erhalten ein Angebot zur Annahme dieser schuldrechtlichen Vereinbarung bei gleichzeitiger Beendigung der Beurlaubung sowie Beendigung des Arbeitsverhältnisses zur Deutschen Telekom AG.“

6

§ 5 Abs. 1 bis Abs. 3 des Tarifvertrags Rationalisierungsschutz und Beschäftigungssicherung(TV Ratio) zwischen der Beklagten und der Gewerkschaft ver.di idF vom 15. März 2004 lautet auszugsweise:

        

„(1)   

Der nach den §§ 3 und 4 ausgewählte Arbeitnehmer erhält ein Angebot auf Abschluss eines Änderungsvertrags. Inhalt dieses Vertrags ist die Bereitschaft, eine Tätigkeit im Vermittlungs- und Qualifizierungsbetrieb Vivento der Deutschen Telekom AG zu den in Abschnitt 1 Unterabschnitt 1 (nebst Anlagen) genannten Bedingungen aufzunehmen. Im Übrigen bleibt das Arbeitsverhältnis unverändert. Für die Annahme des Änderungsvertrags wird dem Arbeitnehmer eine Frist von zwei Wochen eingeräumt. Nach Abschluss des Änderungsvertrags wird der Arbeitnehmer in Vivento versetzt.

        

…       

        
        

(2)     

Als Alternative zum Abschluss eines Änderungsvertrags kann der Arbeitnehmer einen Auflösungsvertrag mit Abfindungsregelung wählen. …

        

(3)     

Lehnt der Arbeitnehmer die Angebote nach Absatz 1 und Absatz 2 ab, so erfolgt eine Kündigung unter Aufrechterhaltung des Vertragsangebots zur Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu geänderten Bedingungen nach Absatz 1. …“

7

Der Kläger und die Beklagte schlossen am 30. April 2005 einen „Vertrag zur Abänderung des Auflösungsvertrages in Zusammenhang mit der Schuldrechtlichen Vereinbarung vom 08.08.2002“. Dem Vertrag war als Anlage 1 die SV beigefügt. In ihm ist ua. geregelt:

        

„§ 1 Regelungen zum Rückkehrrecht

        

Die Parteien sind sich darüber einig, dass für das zeitlich begrenzte Rückkehrrecht zur Deutschen Telekom AG gemäß § 2 Abs. 1 des Auflösungsvertrages in Zusammenhang mit der Schuldrechtlichen Vereinbarung vom 08.08.2002 ab dem 01. Juni 2005 die in der Anlage 1 (Schuldrechtliche Vereinbarung vom 08. April 2005), die Bestandteil dieses Vertrages ist, festgelegten Regelungen gelten. Die bisherigen Regelungen werden ohne Nachwirkung mit Ablauf des 31. Mai 2005 aufgehoben.

        

Darüber hinaus bleiben alle weiteren Regelungen des Auflösungsvertrages unverändert bestehen.

        

§ 2 Einverständniserklärung zur Personaldatenweitergabe

        

Herr … ist damit einverstanden, dass im Falle der Inanspruchnahme des Rückkehrrechtes die K Vertrieb & Service GmbH & Co. KG, Region Berlin/Brandenburg bzw. deren Rechtsnachfolger der Deutschen Telekom AG die Daten mit Bezug auf sein Arbeitsverhältnis offen legt sowie die entsprechenden Unterlagen zur Verfügung stellt, aus denen sich die Voraussetzungen für das und die Folgen aus dem geltend gemachten Rückkehrrecht ergeben. Im Falle der Rückkehr auf Grund Ziffer 2a der schuldrechtlichen Vereinbarung erfasst dies auch die soziale Rechtfertigung, Wirksamkeit und Zulässigkeit der Kündigung.

        

Die Deutsche Telekom AG gewährleistet bezüglich der ihr von der K Vertrieb & Service GmbH & Co KG, Region Berlin/Brandenburg bzw. deren Rechtsnachfolger übermittelten personenbezogenen Daten die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der personenbezogenen Daten.“

8

Die K kündigte das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger unter dem 9. Dezember 2008 nach Anhörung des Betriebsrats „aus betriebsbedingten Gründen“ außerordentlich zum 31. Juli 2009. Der Betriebsrat hatte zu der beabsichtigten Kündigung keine Stellungnahme abgegeben. Die Kündigung war Teil einer umfangreichen Restrukturierung im Bereich Technical Operations, in deren Verlauf ein Interessenausgleich und ein Sozialplan geschlossen wurden. Abschn. B § 1 Buchst. a des Sozialplans vom 12. November 2008 nahm von der Beklagten beurlaubte Mitarbeiter von dem Abfindungsanspruch aus, wenn sie nicht wirksam auf ihre Rechte aus der Rechtsbeziehung zur Beklagten, insbesondere ihr Rückkehrrecht nach Widerruf der Beurlaubung, verzichteten. Der Kläger erhob fristgerecht Kündigungsschutzklage und machte mit Schreiben vom 15. Dezember 2008 sein Rückkehrrecht geltend. Die Beklagte lehnte die Rückkehr unter dem 15. Dezember 2008 ab. Der Kläger nahm die Kündigungsschutzklage nach einer außergerichtlichen Einigung mit der K vom 8. Juli 2009 mit Schriftsatz vom 10. Juli 2009 zurück. Zu der Klagerücknahme hatte er sich durch die außergerichtliche Einigung mit der K verpflichtet. Die K verpflichtete sich mit der außergerichtlichen Einigung, an den Kläger einen Entgeltausgleich von 24.850,08 Euro brutto und eine „Einmalzahlung in Höhe von 10.000,00 Euro gemäß Sozialplan“ zu zahlen.

9

Mit der am 12. Februar 2009 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat der Kläger sein Rückkehrrecht gegenüber der Beklagten geltend gemacht. Er hat die Auffassung vertreten, er habe gegen die Beklagte einen Anspruch auf Wiedereinstellung aus dem Vertrag vom 30. April 2005 iVm. der SV. Die aus dringenden betrieblichen Gründen ausgesprochene Kündigung der K sei wirksam. Er habe gegenüber der K keine Obliegenheit, eine Kündigungsschutzklage durchzuführen. Er sei gegenüber der Beklagten auch nicht darlegungs- und beweispflichtig dafür, dass die Kündigung der K wirksam sei.

10

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

        

1.    

die Beklagte zu verurteilen, sein Angebot auf Abschluss eines Arbeitsvertrags rückwirkend zum 1. August 2009 als vollzeitbeschäftigter Arbeitnehmer mit einer Aufgabenstellung der Vergütungsgruppe T 6 gemäß § 10 des Entgelttarifvertrags und im Übrigen zu den Bedingungen der für die Beklagte geltenden Tarifverträge in ihrer jeweils geltenden Fassung anzunehmen;

        

2.    

die Beklagte hilfsweise zu verurteilen, sein Angebot anzunehmen, einen Arbeitsvertrag mit dem Inhalt eines Änderungsvertrags gemäß § 5 Abs. 1 TV Ratio abzuschließen und ihn ab 1. August 2009 gemäß § 5 TV Ratio als Transfer-Mitarbeiter in der Vermittlungs- und Qualifizierungseinheit Vivento für die Dauer des Rechtsstreits zu beschäftigen.

11

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Dem Kläger stehe kein Rückkehrrecht zu. Er habe nicht bis 31. Dezember 2008 tatsächlich zu ihr zurückkehren können, weil er durch die Auslauffrist noch bis 31. Juli 2009 an das Arbeitsverhältnis mit der K gebunden gewesen sei. Jedenfalls sei das Erfordernis einer wirksamen Kündigung, die aus dringenden betrieblichen Gründen ausgesprochen worden sei, dh. die Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 ff. KSchG erfülle, nicht gewahrt. Die durch die Rücknahme der Kündigungsschutzklage gegen die K eingetretene Fiktion nach § 7 Halbs. 1, § 13 Abs. 1 Satz 2 KSchG beschränke sich auf die Rechtswirksamkeit der außerordentlichen Kündigung. Die Kündigungsgründe würden demgegenüber nicht fingiert. Für sie sei der Kläger im Wiedereinstellungsrechtsstreit darlegungs- und beweispflichtig. Zudem bestehe der Verdacht eines kollusiven Zusammenwirkens zwischen dem Kläger und der K. Jedenfalls könne der Kläger nur verlangen, eine Beschäftigung im Betrieb Vivento angeboten zu bekommen, weil es seine frühere Tätigkeit bei der Beklagten nicht mehr gebe.

12

Das Arbeitsgericht hat der im ersten Rechtszug nach dem Wortlaut auf Abgabe eines Angebots gerichteten Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten mit der Maßgabe der letzten Formulierung des Hauptantrags, die auf Annahme des Angebots des Klägers gerichtet ist, zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe

13

Die Revision hat keinen Erfolg. Das Landesarbeitsgericht hat dem Hauptantrag im Ergebnis zu Recht stattgegeben. Der Anspruch des Klägers folgt aus § 1 des Änderungsvertrags der Parteien vom 30. April 2005 iVm. § 2 Nr. 1 des Vertrags vom 1. Juni 2004 und Nr. 1 Buchst. b, Nr. 2 Buchst. a SV. Die Voraussetzungen dieser Bestimmungen sind erfüllt. Das Arbeitsverhältnis des Klägers wurde von der K wirksam gekündigt. Der Kläger musste nicht darlegen und beweisen, dass die Kündigung aus dringenden betrieblichen Gründen iSv. § 1 Abs. 2 KSchG gerechtfertigt war. Er übte sein Rückkehrrecht nicht kollusiv aus. Über den Hilfsantrag hat der Senat nicht zu entscheiden, weil der Hauptantrag begründet ist.

14

A. Der Hauptantrag ist erfolgreich.

15

I. Er ist zulässig.

16

1. Der Wortlaut des Hauptantrags ist seit der Berufungsverhandlung unzweifelhaft auf die Verurteilung der Beklagten zur Abgabe einer Annahmeerklärung gerichtet. Es kann auf sich beruhen, ob es sich dabei um eine bloße Klarstellung im Rahmen der Auslegung des Antrags oder um eine Klageänderung iSv. § 263 ZPO handelt. Die objektive Klageänderung ist jedenfalls zulässig, weil sie sachdienlich und unwidersprochen geblieben ist. Dem Kläger geht es mit der zuletzt erstrebten Fiktion der Abgabe der Annahmeerklärung nach § 894 Satz 1 ZPO um das endgültige Zustandekommen eines Arbeitsvertrags mit der Beklagten, das er mit übereinstimmenden Willenserklärungen - Antrag und Annahme( §§ 145 bis  147 BGB ) - erwirken möchte. In seiner Klage ist die Abgabe des Angebots zu sehen. Die auf Abgabe der Annahmeerklärung gerichtete Klage entspricht dem Regelfall des mit einer sog. Wiedereinstellungsklage bekundeten Willens des Arbeitnehmers (vgl. zB BAG 21. August 2008 - 8 AZR 201/07  - Rn. 54, AP BGB § 613a Nr. 353 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 95; 25. Oktober 2007 -  8 AZR 989/06  - Rn. 14, AP BGB § 613a Wiedereinstellung Nr. 2 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 80; 14. August 2007 - 9 AZR 943/06 - Rn. 11, BAGE 123, 358).

17

2. Der Hauptantrag ist in dieser Auslegung zulässig, insbesondere hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.

18

a) Nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO muss die Klageschrift die bestimmte Angabe des Gegenstands und des Grundes des erhobenen Anspruchs sowie einen bestimmten Antrag enthalten. Der Kläger muss eindeutig festlegen, welche Entscheidung er begehrt. Er hat den Streitgegenstand so genau zu bezeichnen, dass der Rahmen der gerichtlichen Entscheidungsbefugnis ( § 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO ) keinem Zweifel unterliegt und über die eigentliche Streitfrage mit Rechtskraftwirkung ( § 322 Abs. 1 ZPO ) zwischen den Parteien entschieden werden kann (vgl. BAG 18. Mai 2011 - 5 AZR 181/10 - Rn. 10 mwN, EzA BGB 2002 § 611 Mehrarbeit Nr. 9).

19

b) Nach diesen Grundsätzen ist der Inhalt des anzunehmenden Arbeitsvertrags entgegen der Auffassung der Beklagten ausreichend konkretisiert.

20

aa) Der Zeitpunkt der Wirkung der Abgabe der Annahmeerklärung - der 1. August 2009 - ist genannt. Der wesentliche Vertragsbestandteil der Dauer der Arbeitszeit - Vollzeit - ist bezeichnet. Die anzurechnende Beschäftigungszeit gehört nicht zu den unabdingbar zu nennenden wesentlichen Vertragsbestandteilen.

21

bb) Der Hauptantrag weist Vergütungsgruppe T 6 nach § 10 des Entgelttarifvertrags aus. Damit macht er die geschuldete Arbeitsleistung und das zu leistende Entgelt im Ansatz kenntlich. Nach der Klagebegründung und dem erstinstanzlich gestellten Antrag meint der Kläger der Sache nach § 10 des zum 1. Juli 2001 in Kraft getretenen Entgeltrahmentarifvertrags, nicht § 10 des Entgelttarifvertrags. Der ERTV regelt die Grundzüge für die Festsetzung der Vergütung. § 10 Abs. 1 und Abs. 2 ERTV gibt die Eingruppierungsgrundsätze vor. § 10 Abs. 2 ERTV verweist auf das Entgeltgruppenverzeichnis der Anlage 1 zum ERTV(vgl. zum Tarifsystem bspw. BAG 8. März 2006 - 10 AZR 129/05 - Rn. 5 ff., BAGE 117, 202). Die von der Revision gerügte zuletzt unterbliebene Bezeichnung der Entgeltstufe ist nach der prozessualen Vorgeschichte unschädlich und der Auslegung zugänglich. Der Kläger hat erstinstanzlich eine Eingruppierung in Vergütungsgruppe T 6 Stufe 4 ERTV verlangt. Von der erstrebten Stufenzuordnung ist er inhaltlich nie abgerückt.

22

II. Der Hauptantrag hat in der Sache Erfolg. Der Senat hat über die zu behandelnden Rechtsfragen großteils schon mit Urteil vom 9. Februar 2011 entschieden (- 7 AZR 91/10 - AP BGB § 307 Nr. 52 = EzA BGB 2002 § 311a Nr. 2). An den gefundenen Ergebnissen hält er auch unter Berücksichtigung der weiteren Argumente der Beklagten fest. Der Hauptantrag ist in nicht zu beanstandender Weise auf die rückwirkende Abgabe einer Annahmeerklärung gerichtet. Der Kläger hat Anspruch auf Abgabe der Annahmeerklärung. Die Regelungen des Rückkehrrechts im Auflösungsvertrag vom 1. Juni 2004, in § 1 des Änderungsvertrags vom 30. April 2005 und in der SV unterliegen einer Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB. Dem stehen weder § 310 Abs. 4 Satz 1 noch § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB entgegen. Die in Nr. 2 Buchst. a SV enthaltene Anspruchsvoraussetzung, die nicht nur eine wirksame Kündigung, sondern darüber hinaus dringende betriebliche Gründe unter Einhaltung der Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 ff. KSchG verlangt, ist unwirksam. Sie benachteiligt den Kläger entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen iSv. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB. Der Kläger erfüllt die übrigen Voraussetzungen des sog. Rückkehrrechts der SV. Er übte sein Rückkehrrecht nicht kollusiv aus.

23

1. Die Klage ist nicht schon deswegen teilweise unbegründet, weil die Verurteilung der Beklagten zur Abgabe der Annahmeerklärung zum 1. August 2009 (rück-)wirken soll.

24

a) Die Abgabe der Annahmeerklärung als der zweiten der beiden nötigen übereinstimmenden Willenserklärungen soll den Vertragsschluss bewirken. Mit Rechtskraft eines obsiegenden Urteils gilt die Annahmeerklärung nach § 894 Satz 1 ZPO als abgegeben. Zu welchem Zeitpunkt die fingierte Abgabe der Annahmeerklärung wirkt, beurteilt sich nach materiellem Recht. Seit Inkrafttreten des § 311a Abs. 1 BGB idF des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26. November 2001 (BGBl. I S. 3138) kommt auch die Verurteilung zur Abgabe einer Willenserklärung in Betracht, die auf eine Vertragsänderung zu einem in der Vergangenheit liegenden Zeitpunkt gerichtet ist. Nach § 275 Abs. 1 BGB ist der Anspruch auf die Leistung zwar ausgeschlossen, soweit diese für den Schuldner oder jedermann unmöglich ist. Im Unterschied zum alten Recht ist in § 311a Abs. 1 BGB aber klargestellt, dass ein Vertrag selbst dann nicht nichtig ist, wenn er in der Vergangenheit tatsächlich nicht durchgeführt werden kann(für die st. Rspr. BAG 9. Februar 2011 - 7 AZR 91/10 - Rn. 26, AP BGB § 307 Nr. 52 = EzA BGB 2002 § 311a Nr. 2; 15. September 2009 - 9 AZR 643/08  - Rn. 15 mwN, AP TVG § 1 Altersteilzeit Nr. 44 = EzA TVG § 4 Altersteilzeit Nr. 31).

25

b) Die rückwirkende Begründung eines Arbeitsverhältnisses durch Urteil ist daher zulässig. Ausgeschlossen ist lediglich eine gerichtliche Entscheidung, mit der ein Arbeitsverhältnis mit Rückwirkung zu einem Zeitpunkt vor der (fingierten) Abgabe des Angebots begründet werden soll (vgl. BAG 9. Februar 2011 - 7 AZR 91/10 - Rn. 27, AP BGB § 307 Nr. 52 = EzA BGB 2002 § 311a Nr. 2; grundlegend 4. Mai 2010 - 9 AZR 155/09  - Rn. 17 und 35, BAGE 134, 223).

26

2. Der Kläger hat entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts Anspruch auf Abgabe der mit dem Hauptantrag verlangten Annahmeerklärung. Grundlage des Anspruchs ist § 1 Abs. 1 Satz 1 des Vertrags der Parteien vom 30. April 2005 iVm. § 2 Nr. 1 des Vertrags vom 1. Juni 2004 und Nr. 1 Buchst. b, Nr. 2 Buchst. a SV. Das ergibt eine Auslegung dieser Regelungen.

27

a) § 2 Nr. 1 des ursprünglichen Auflösungsvertrags der Parteien vom 1. Juni 2004 ist ein von der Beklagten vorformulierter Vertrag, den sie nach dem Erscheinungsbild mehrfach verwendet hat. Der Text der Vereinbarung enthält über die persönlichen Daten des Klägers hinaus keine individuellen Besonderheiten. Dieser Vertrag wurde durch § 1 der Vereinbarung vom 30. April 2005 lediglich an die von der SV umgestalteten Rückkehrrechte angepasst, blieb nach § 1 Abs. 2 des Vertrags vom 30. April 2005 aber im Übrigen bestehen. Den Inhalt eines solchen typischen Mustervertrags kann der Senat selbst nach §§ 133, 157 BGB auslegen(BAG 9. Februar 2011 - 7 AZR 91/10 - Rn. 29 mwN, AP BGB § 307 Nr. 52 = EzA BGB 2002 § 311a Nr. 2).

28

b) Die Regelung des besonderen Rückkehrrechts in § 1 Abs. 1 Satz 1 des Vertrags der Parteien vom 30. April 2005 iVm. § 2 Nr. 1 des Vertrags vom 1. Juni 2004 und Nr. 1 Buchst. b, Nr. 2 Buchst. a SV enthält Allgemeine Geschäftsbedingungen iSv. § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB. Auch Vertragsbedingungen, die vor ihrer Verwendung kollektivrechtlich ausgehandelt worden sind, können Allgemeine Geschäftsbedingungen sein (vgl. BAG 19. März 2009 - 6 AZR 557/07  - Rn. 20 mwN, AP BGB § 611 Arbeitgeberdarlehen Nr. 1 = EzA BGB 2002 § 305c Nr. 17).

29

aa) Die Parteien haben hier in § 1 Abs. 1 Satz 1 des Vertrags vom 30. April 2005 auf die in Anlage 1 enthaltene SV verwiesen. Sie haben den Text der SV vollständig verwendet, so dass deren Charakter als Allgemeine Geschäftsbedingung erhalten geblieben ist.

30

bb) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden. Dabei sind die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen. Ansatzpunkt für die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der Vertragswortlaut. Dabei kommt es nur dann auf das Verständnis des Wortlauts durch die konkreten Vertragspartner an, wenn sie den Inhalt der Regelung übereinstimmend abweichend vom objektiven Wortsinn interpretieren ( § 305b BGB ). Ist der Wortlaut eines Formularvertrags nicht eindeutig, ist für die Auslegung entscheidend, wie der Vertragstext aus der Sicht der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise zu verstehen ist. Der Vertragswille verständiger und redlicher Vertragspartner muss beachtet werden ( § 157 BGB ). Soweit auch der mit dem Vertrag verfolgte Zweck einzubeziehen ist, gilt das nur für typische und von redlichen Geschäftspartnern verfolgte Ziele. Eine solche Auslegung nach einem objektiv-generalisierenden Maßstab ist geboten, weil der Vertragspartner des Verwenders auf den Inhalt der Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die für eine Vielzahl von Fallgestaltungen vorformuliert worden sind und gerade unabhängig von den Besonderheiten des Einzelfalls zur Anwendung kommen sollen, keinen Einfluss nehmen kann (BAG 9. Februar 2011 - 7 AZR 91/10 - Rn. 32, AP BGB § 307 Nr. 52 = EzA BGB 2002 § 311a Nr. 2).

31

cc) Klauseln in arbeitsvertraglichen Vereinbarungen, die auf kollektivrechtlich ausgehandelte Vertragsbedingungen Bezug nehmen oder inhaltlich mit ihnen übereinstimmen, sind nach denselben Maßstäben auszulegen wie einseitig vom Arbeitgeber vorformulierte Klauseln. Auch sie betreffen eine Vielzahl von Fällen, die eine einheitliche Auslegung erfordern. Die Arbeitnehmer, die derartige Verträge unterzeichnen, waren zudem an der Aushandlung der Kollektivregelung nicht beteiligt und konnten sie nicht beeinflussen (vgl. BAG 28. Juli 2009 - 3 AZR 250/07 - Rn. 18, AP ArbGG 1979 § 45 Nr. 16). Die Gründe, die zu der später in die vertragliche Vereinbarung übernommenen Kollektivregelung geführt haben, sind ihnen unbekannt. Für die Auslegung solcher Klauseln kommt es deshalb nicht auf das Verständnis der an den Verhandlungen über die Kollektivregelung Beteiligten, sondern nach § 157 BGB auf die Verständnismöglichkeiten der Arbeitnehmer an, mit denen später die darauf verweisende arbeitsvertragliche Regelung vereinbart wird(BAG 9. Februar 2011 - 7 AZR 91/10 - Rn. 33, AP BGB § 307 Nr. 52 = EzA BGB 2002 § 311a Nr. 2; vgl. auch 19. März 2009 - 6 AZR 557/07  - Rn. 22 mwN, AP BGB § 611 Arbeitgeberdarlehen Nr. 1 = EzA BGB 2002 § 305c Nr. 17).

32

c) § 1 Abs. 1 Satz 1 des Vertrags der Parteien vom 30. April 2005 iVm. § 2 Nr. 1 des Vertrags vom 1. Juni 2004 und Nr. 1 Buchst. b, Nr. 2 Buchst. a SV begründen ein sog. besonderes, bis 31. Dezember 2008 auszuübendes Rückkehrrecht des Klägers in die Dienste der Beklagten. Der Kläger hat diesen Wiedereinstellungsanspruch wirksam geltend gemacht.

33

aa) Die allgemeinen Anspruchsvoraussetzungen sind erfüllt. Der Kläger ist ehemaliger Arbeitnehmer der Beklagten. Er stand zum 1. Oktober 2002 in einem Arbeitsverhältnis mit einer der sog. Kabelgesellschaften und war von der Beklagten beurlaubt.

34

bb) Das Arbeitsverhältnis des Klägers mit der K wurde aus dringenden betrieblichen Gründen iSv. Nr. 2 Buchst. a SV gekündigt. Dem steht nicht entgegen, dass diese Bestimmung auf § 1 Abs. 2 ff. KSchG Bezug nimmt, die K wegen des tariflichen Sonderkündigungsschutzes des Klägers jedoch eine außerordentliche Kündigung mit Auslauffrist erklärte. Die Wirksamkeit einer solchen außerordentlichen „betriebsbedingten“ Kündigung wird zwar nicht an § 1 KSchG gemessen, sondern an § 626 BGB. Zu prüfen ist nach § 626 Abs. 1 BGB aber, ob dem Arbeitnehmer im Fall ordentlicher Kündbarkeit eine Weiterbeschäftigung bis zum Ablauf der Kündigungsfrist unzumutbar wäre(vgl. nur BAG 18. März 2010 - 2 AZR 337/08  - Rn. 16 mwN, AP BGB § 626 Nr. 228 = EzA BGB 2002 § 626 Unkündbarkeit Nr. 17). Die Voraussetzungen der außerordentlichen Kündigung sind dadurch mit denen einer ordentlichen Kündigung verknüpft. Bei einer außerordentlichen „betriebsbedingten“ Kündigung handelt es sich deswegen um eine Kündigung „aus dringenden betrieblichen Gründen“ iSv. Nr. 2 Buchst. a SV. Das Erfordernis einer „aus dringenden betrieblichen Gründen“ ausgesprochenen Kündigung dient der Abgrenzung von personen- und verhaltensbedingten Kündigungen, bei denen kein Rückkehrrecht besteht. Das macht insbesondere Nr. 5 SV deutlich. Aus der SV geht im Übrigen nicht hervor, dass dieses Regelwerk Arbeitnehmer, die tariflich gegen ordentliche Kündigungen geschützt sind, von ihrem persönlichen Geltungsbereich ausnehmen will. Wegen des besonderen Schutzes dieser Arbeitnehmergruppe hätte es hierfür eines klaren Anhaltspunkts im Wortlaut der SV bedurft (BAG 9. Februar 2011 - 7 AZR 91/10 - Rn. 36, AP BGB § 307 Nr. 52 = EzA BGB 2002 § 311a Nr. 2).

35

cc) Der Kläger hat ein besonderes Rückkehrrecht iSv. Nr. 1 Buchst. b SV, obwohl sein Arbeitsverhältnis mit der K nicht schon mit dem 31. Dezember 2008, sondern erst am 31. Juli 2009 endete.

36

(1) Nach Nr. 1 Buchst. b SV räumte die Beklagte dem Kläger ein besonderes Rückkehrrecht „nach Ablauf des allgemeinen Rückkehrrechts für weitere 36 Monate“ ein. Das allgemeine Rückkehrrecht bestand nach Nr. 1 Buchst. a SV für einen Zeitraum von 24 Monaten, berechnet ab 1. Januar 2004, also bis 31. Dezember 2005. Der Zeitraum für das besondere Rückkehrrecht endete 36 Monate später mit dem 31. Dezember 2008.

37

(2) Nr. 1 Buchst. b SV ist auslegungsbedürftig. Aus dem Wortlaut der Regelung geht nicht eindeutig hervor, ob mit dem Rückkehrrecht „für weitere 36 Monate“ die Entstehung des Rechts bis 31. Dezember 2008, seine Geltendmachung oder die tatsächliche Rückkehr bis zu diesem Zeitpunkt gemeint ist. Der Vertragswille verständiger und redlicher Vertragspartner ( § 157 BGB ) spricht aber dafür, dass es jedenfalls genügt, wenn das Rückkehrrecht bis 31. Dezember 2008 durch den Zugang einer ordentlichen oder außerordentlichen „betriebsbedingten“ Kündigung entstand und gegenüber der Beklagten geltend gemacht wurde. Mit Ausübung des Rückkehrrechts bis 31. Dezember 2008 erlangte die beklagte Verwenderin Planungssicherheit hinsichtlich der tatsächlichen Rückkehr des einzelnen Arbeitnehmers. Die in Nr. 3 Satz 2 SV enthaltene Ankündigungsfrist von drei Monaten deutet zudem darauf hin, dass das Regelwerk zwischen dem Rückkehrrecht und der tatsächlichen Rückkehr unterscheidet.

38

(3) Der Kläger erfüllt diese Voraussetzung des besonderen Rückkehrrechts. Die K kündigte sein Arbeitsverhältnis mit ihr unter dem 9. Dezember 2008 außerordentlich „aus betriebsbedingten Gründen“. Der Kläger machte das besondere Rückkehrrecht mit Schreiben vom 15. Dezember 2008 gegenüber der Beklagten geltend.

39

dd) Nr. 2 Buchst. a SV verlangt nicht nur eine wirksame Kündigung. Nach der Regelung genügt insbesondere nicht der Eintritt der Fiktion in § 7 Halbs. 1, § 13 Abs. 1 Satz 2 KSchG. Erforderlich ist darüber hinaus, dass die Kündigung unter Einhaltung der Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 ff. KSchG ausgesprochen wurde. Die Unklarheitenregel des § 305c Abs. 2 BGB ist nicht anzuwenden.

40

(1) Bleibt bei der Auslegung einer Allgemeinen Geschäftsbedingung nach Ausschöpfung der Auslegungsmethoden ein nicht behebbarer Zweifel, geht er nach § 305c Abs. 2 BGB zulasten des Verwenders. Die Anwendung der Unklarheitenregel setzt voraus, dass die Auslegung mindestens zwei Ergebnisse als vertretbar erscheinen lässt und keines den klaren Vorzug verdient. Es müssen „erhebliche Zweifel“ an der richtigen Auslegung bestehen. Die entfernte Möglichkeit, zu einem anderen Ergebnis zu kommen, genügt für die Anwendung der Bestimmung nicht. Der Arbeitgeber, der die Allgemeinen Geschäftsbedingungen verwendet, muss bei Unklarheiten die ihm am wenigsten günstige Auslegungsmöglichkeit gegen sich gelten lassen (BAG 29. Juni 2011 - 7 AZR 6/10 - Rn. 20, NJW 2011, 3675; 9. Februar 2011 - 7 AZR 91/10 - Rn. 42 mwN, AP BGB § 307 Nr. 52 = EzA BGB 2002 § 311a Nr. 2).

41

(2) Die Voraussetzung zumindest zweier gleichrangiger Auslegungsergebnisse ist nicht erfüllt. Die Klausel in Nr. 2 Buchst. a SV lässt nach gebotener Auslegung ( §§ 133 , 157 BGB ) unter Beachtung eines objektiv-generalisierenden Maßstabs hinreichend klar erkennen, dass das Rückkehrrecht an eine Kündigung gebunden wird, die wirksam und darüber hinaus unter Einhaltung der Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 ff. KSchG aus dringenden betrieblichen Gründen ausgesprochen wird. Aus dem Erfordernis der Einhaltung der Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 ff. KSchG geht der Wille der verwendenden Beklagten hervor, das Rückkehrrecht davon abhängig zu machen, dass auch im Fall der außerordentlichen Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines ordentlich Unkündbaren bestimmte Umstände - dringende betriebliche Gründe - tatsächlich gegeben sind. Es genügt daher nicht, dass die außerordentliche oder ordentliche Kündigung durch Unterlassen oder Rücknahme der Kündigungsschutzklage aufgrund der Fiktionen in § 269 Abs. 3 Satz 1 ZPO, § 7 Halbs. 1 iVm. § 13 Abs. 1 Satz 2 KSchG wirksam wird.

42

ee) Das in Nr. 2 Buchst. a SV begründete Erfordernis einer nicht nur wirksamen, sondern unter Einhaltung der Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 ff. KSchG ausgesprochenen Kündigung ist unwirksam. Das Erfordernis benachteiligt den Kläger entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen iSv. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB. Die Klausel unterliegt der Inhaltskontrolle. Dem stehen weder § 310 Abs. 4 Satz 1 noch § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB entgegen.

43

(1) § 310 Abs. 4 Satz 1 BGB hindert die Inhaltskontrolle nicht.

44

(a) Nach § 310 Abs. 4 Satz 1 BGB finden §§ 305 ff. BGB auf Tarifverträge, Betriebs- und Dienstvereinbarungen keine Anwendung. Formularmäßig verwendete Klauseln in Arbeitsverträgen, die auf eine solche Kollektivregelung Bezug nehmen oder mit ihr übereinstimmen und lediglich deren gesamten Inhalt wiedergeben, unterliegen deshalb keiner Inhaltskontrolle (vgl. nur BAG 9. Februar 2011 - 7 AZR 91/10 - Rn. 46, AP BGB § 307 Nr. 52 = EzA BGB 2002 § 311a Nr. 2; 19. März 2009 - 6 AZR 557/07  - Rn. 22 mwN, AP BGB § 611 Arbeitgeberdarlehen Nr. 1 = EzA BGB 2002 § 305c Nr. 17).

45

(b) Die Unterzeichner der SV haben dem Regelwerk nicht den normativen Charakter eines Tarifvertrags iSv. § 310 Abs. 4 Satz 1 BGB beigelegt.

46

(aa) Entscheidend ist, ob die Vertragspartner ihren Willen zur Normsetzung hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht haben. Dazu müssen sie durch bindende, dh. normative Regelungen die Klärung von Rechtsanwendungsproblemen verbindlich vorwegnehmen ( BAG 9. Februar 2011 - 7 AZR 91/10 - Rn. 48, AP BGB § 307 Nr. 52 = EzA BGB 2002 § 311a Nr. 2; vgl. auch 19. Mai 2010 - 4 AZR 903/08  - Rn. 37 und 39, AP TVG § 1 Tarifverträge: Lufthansa Nr. 46).

47

(bb) Das trifft auf die SV nicht zu. Nach Nr. 1 SV räumt die Beklagte den Arbeitnehmern „einzelvertraglich“ ein Rückkehrrecht zu ihr ein. Daran wird deutlich, dass die SV den Anspruch nicht normativ durch unmittelbare und zwingende Wirkung für die Regelungsunterworfenen begründen will. Sie trifft vielmehr nur eine vereinheitlichende Regelung für individualvertragliche Umsetzungsakte. Das ist der typische Fall Allgemeiner Geschäftsbedingungen (BAG 9. Februar 2011 - 7 AZR 91/10 - Rn. 49, AP BGB § 307 Nr. 52 = EzA BGB 2002 § 311a Nr. 2).

48

(c) Nr. 1 Buchst. b und Nr. 2 Buchst. a SV sind entgegen der Auffassung der Revision auch nicht deswegen durch § 310 Abs. 4 Satz 1 BGB der sog. AGB-Kontrolle der §§ 305 ff. BGB entzogen, weil der SV der Charakter einer schuldrechtlichen Koalitionsvereinbarung zugunsten Dritter iSv. § 328 BGB zukäme(vgl. zum Begriff der schuldrechtlichen Koalitionsvereinbarung zugunsten Dritter BAG 5. November 1997 - 4 AZR 872/95 - zu II 1.3 der Gründe, BAGE 87, 45; allgemein zu schuldrechtlichen Koalitionsvereinbarungen BAG 26. Januar 2011 - 4 AZR 159/09 - Rn. 21 mwN, EzA TVG § 1 Betriebsnorm Nr. 6). Der Arbeitnehmer erwirbt den Anspruch auf das Rückkehrrecht gegenüber der Beklagten nicht unmittelbar im Sinne eines echten Vertrags zugunsten Dritter nach § 328 Abs. 1 BGB aus der SV(vgl. zu dem Erfordernis eines unmittelbaren Leistungsrechts bspw. Palandt/Grüneberg 70. Aufl. Einf. v. § 328 Rn. 1). Nr. 1 Buchst. b SV verlangt vielmehr ausdrücklich den Zwischenschritt einer einzelvertraglichen Vereinbarung des besonderen Rückkehrrechts. Die Arbeitgeberin verpflichtet sich als Vertragspartnerin der SV gegenüber den Kabelgesellschaften und der Gewerkschaft ver.di, im Verhältnis zum Arbeitnehmer einzelvertraglich eine entsprechende Vertragsänderung vorzunehmen. Der Anspruch des Arbeitnehmers auf die (Gegen-)Leistung des besonderen Rückkehrrechts gegenüber der Beklagten entsteht jedoch erst mit Abschluss des Aufhebungsvertrags aufgrund des dadurch begründeten Gegenseitigkeitsverhältnisses von Aufhebungsvereinbarung und Wiedereinstellungszusage (vgl. zu einem vergleichbaren Zwischenschritt auch BAG 14. August 2007 - 9 AZR 18/07 - Rn. 52, BAGE 123, 337). Der Senat kann daher offenlassen, ob schuldrechtliche Koalitionsvereinbarungen zugunsten Dritter dem Tarifvertragsbegriff des § 310 Abs. 4 Satz 1 BGB überhaupt unterfallen.

49

(2) § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB schließt eine Angemessenheitskontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht aus.

50

(a) § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB bestimmt, dass die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308, 309 BGB nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen gelten, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Eine fehlende ausdrückliche gesetzliche Regelung führt aber nicht dazu, dass ein Klauselwerk nicht nach §§ 307 ff. BGB zu kontrollieren wäre. Auch Vertragstypen, die gesetzlich nicht geregelt sind, können am Maßstab der §§ 307 ff. BGB gemessen werden (BAG 9. Februar 2011 - 7 AZR 91/10 - Rn. 51, AP BGB § 307 Nr. 52 = EzA BGB 2002 § 311a Nr. 2; vgl. auch 18. Januar 2006 - 7 AZR 191/05  - Rn. 27 mwN, AP BGB § 305 Nr. 8 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 13).

51

(aa) Nach § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB sind von der Inhaltskontrolle zum einen deklaratorische Vertragsklauseln ausgenommen, die in jeder Hinsicht mit einer bestehenden gesetzlichen Regelung übereinstimmen. Eine Inhaltskontrolle derartiger Klauseln liefe leer, weil an ihre Stelle im Fall ihrer Unwirksamkeit nach § 306 Abs. 2 BGB die inhaltsgleiche gesetzliche Bestimmung träte(BAG 9. Februar 2011 - 7 AZR 91/10 - Rn. 52 mwN, AP BGB § 307 Nr. 52 = EzA BGB 2002 § 311a Nr. 2).

52

(bb) Zum anderen unterliegen Abreden, die ihrer Art nach nicht der Regelung durch Gesetz oder andere Rechtsvorschriften unterfallen, sondern von den Vertragsparteien festgelegt werden müssen, nicht der Inhaltskontrolle der §§ 307 ff. BGB. Das sind Abreden über den unmittelbaren Gegenstand der Hauptleistung (sog. Leistungsbeschreibung) und des dafür zu zahlenden Entgelts. Der gerichtlichen Kontrolle entzogene Leistungsbeschreibungen sind solche, die Art, Umfang und Güte der geschuldeten Leistung festlegen. Demgegenüber sind Klauseln, die das Haupt- oder Gegenleistungsversprechen einschränken, verändern oder ausgestalten, inhaltlich zu kontrollieren (vgl. BAG 9. Februar 2011 - 7 AZR 91/10 - Rn. 53 mwN, AP BGB § 307 Nr. 52 = EzA BGB 2002 § 311a Nr. 2).

53

(b) Nach diesen Grundsätzen unterliegt die Regelung des besonderen Rückkehrrechts in Nr. 1 Buchst. b und Nr. 2 Buchst. a SV der Angemessenheitskontrolle des § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB. Die Bestimmungen gestalten iVm. § 1 des Vertrags vom 30. April 2005 - ebenso wie schon Anlage 1 Nr. 1 Buchst. b, Nr. 2 Buchst. a des Auflösungsvertrags vom 1. Juni 2004 - das Gegenleistungsversprechen in § 2 Nr. 1 des Auflösungsvertrags vom 1. Juni 2004 aus. Dieser Vertrag vom 1. Juni 2004, der nach seinem Erscheinungsbild selbst Allgemeine Geschäftsbedingungen enthält, verknüpft die Aufhebung des Arbeitsverhältnisses der Parteien mit zeitlich begrenzten Rückkehrrechten. Die Zustimmung des Arbeitnehmers zu der Vertragsaufhebung steht im Gegenseitigkeitsverhältnis zu der Zusage der Wiedereinstellung (vgl. zu der Gegenleistung einer Abfindungszusage für die Einwilligung in die Vertragsaufhebung zB BAG 26. September 2001 - 4 AZR 497/00 - zu I 2 b der Gründe mwN, EzA TVG § 4 Einzelhandel Nr. 51). Unmittelbarer Gegenstand des Haupt- und Gegenleistungsversprechens ist die Aufhebung des Arbeitsverhältnisses gegen mehrere verschiedenartige Wiedereinstellungsansprüche, ein allgemeines und ein besonderes Rückkehrrecht unterschiedlicher Dauer. Das eng zu fassende, kontrollfreie Haupt- und Gegenleistungsversprechen beschränkt sich auf die Aufhebung des Arbeitsverhältnisses gegen das Versprechen der Wiedereinstellung. Nr. 1 Buchst. b und Nr. 2 Buchst. a SV stellen das besondere (verlängerte) Rückkehrrecht - ebenso wie schon Anlage 1 Nr. 1 Buchst. b, Nr. 2 Buchst. a des Auflösungsvertrags vom 1. Juni 2004 - unter zusätzliche Voraussetzungen, die Einhaltung der Erfordernisse des § 1 Abs. 2 ff. KSchG für eine von der K ausgesprochene „betriebsbedingte“ wirksame Kündigung. Die Klauseln gestalten damit das Gegenleistungsversprechen aus. Sie sind inhaltlich zu kontrollieren.

54

(3) Das in Nr. 2 Buchst. a SV begründete Erfordernis einer nicht nur wirksamen, sondern unter Einhaltung der Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 ff. KSchG ausgesprochenen Kündigung benachteiligt den Kläger unangemessen iSv. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB.

55

(a) Nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB sind Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Unangemessen ist jede Beeinträchtigung eines rechtlich anerkannten Interesses des Arbeitnehmers, die nicht durch begründete und billigenswerte Interessen des Arbeitgebers gerechtfertigt ist oder durch gleichwertige Vorteile ausgeglichen wird. Die Feststellung einer unangemessenen Benachteiligung setzt eine wechselseitige Berücksichtigung und Bewertung rechtlich anzuerkennender Interessen der Vertragspartner voraus. Die beiderseitigen Positionen müssen unter Berücksichtigung des Grundsatzes von Treu und Glauben umfassend gewürdigt werden. Bei der Beurteilung der Unangemessenheit ist ein genereller, typisierender, vom Einzelfall losgelöster Maßstab anzulegen. Abzuwägen sind die Interessen des Verwenders gegenüber den Interessen der typischerweise beteiligten Vertragspartner. Art und Gegenstand, Zweck und besondere Eigenart des jeweiligen Geschäfts sind zu berücksichtigen (BAG 9. Februar 2011 - 7 AZR 91/10 - Rn. 56, AP BGB § 307 Nr. 52 = EzA BGB 2002 § 311a Nr. 2; vgl. auch 18. Januar 2006 - 7 AZR 191/05  - Rn. 30 mwN, AP BGB § 305 Nr. 8 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 13).

56

(b) Eine unangemessene Benachteiligung ist nach § 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist. § 307 Abs. 2 BGB konkretisiert § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB. Sind die Voraussetzungen des § 307 Abs. 2 BGB erfüllt, wird eine unangemessene Benachteiligung vermutet(BAG 9. Februar 2011 - 7 AZR 91/10 - Rn. 57 mwN, AP BGB § 307 Nr. 52 = EzA BGB 2002 § 311a Nr. 2).

57

(c) Gemessen daran wird hier unwiderlegt vermutet, dass das in Nr. 2 Buchst. a SV begründete Erfordernis einer von ihm zu beweisenden nicht nur wirksamen, sondern unter Einhaltung der Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 ff. KSchG ausgesprochenen Kündigung den Kläger entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen iSv. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB benachteiligt.

58

(aa) Nr. 2 Buchst. a SV verkehrt zum einen die für den Kündigungsschutzprozess in § 1 Abs. 2 Satz 4 KSchG vorgesehene Darlegungs- und Beweislast. Die Regelung macht die Einhaltung der Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 ff. KSchG für eine von der K ausgesprochene „betriebsbedingte“ Kündigung zur Anspruchsvoraussetzung des Rückkehrrechts. Zum anderen beseitigt Nr. 2 Buchst. a SV die Fiktion in § 13 Abs. 1 Satz 2, § 7 Halbs. 1 KSchG. Die Wirkung dieser Fiktion beschränkt sich darauf, dass eine bestimmte Kündigung wirksam ist. Ob der Kündigungsgrund tatsächlich zutrifft, ist nicht Gegenstand der Fiktion (vgl. BAG 9. Februar 2011 - 7 AZR 91/10 - Rn. 59, AP BGB § 307 Nr. 52 = EzA BGB 2002 § 311a Nr. 2; APS/Ascheid/Hesse 3. Aufl. § 7 KSchG Rn. 7; KR/Rost 9. Aufl. § 7 KSchG Rn. 20a). Die Beseitigung der Fiktion geht über die bloße Umkehr der Darlegungs- und Beweislast im Wiedereinstellungsprozess hinaus (vgl. zu der Verkehrung der Behauptungs- und Beweislast zB BAG 25. September 2008 - 8 AZR 607/07 - Rn. 38, AP BGB § 613a Nr. 355 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 98).

59

(bb) Diese in Nr. 2 Buchst. a SV enthaltene Voraussetzung ist nach § 307 Abs. 2 iVm. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam.

60

(aaa) Für den Arbeitnehmer, der das Rückkehrrecht ausüben will, begründet sie die Obliegenheit, eine Kündigungsschutzklage nicht nur anzustrengen, sondern sie durch streitiges, klageabweisendes und rechtskräftiges Urteil zu beenden. Darin liegt eine unzumutbare Belastung des Arbeitnehmers, dh. eine Einschränkung, die es gefährdet, dass der Vertragszweck - die Verknüpfung der Aufhebung des Arbeitsverhältnisses mit dem Wiedereinstellungsanspruch - erreicht wird (vgl. § 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB ). Der Arbeitnehmer kann sich nicht frei entschließen, die Unsicherheiten und Belastungen eines Kündigungsschutzrechtsstreits auf sich zu nehmen, wenn er das besondere Rückkehrrecht - den Wiedereinstellungsanspruch - durchsetzen will. Er kann seine Klage gegen die Kabelgesellschaft nicht zurücknehmen, keinen Klageverzicht erklären, kein Versäumnisurteil gegen sich ergehen lassen und sich, ohne den Verlust des Wiedereinstellungsanspruchs zu riskieren, nicht vergleichsweise einigen. Er kann seine Entscheidung über die Einleitung und Fortführung des Rechtsstreits auch nicht von einer Beurteilung der Prozessaussichten abhängig machen. Er muss den Rechtsstreit vielmehr sogar dann führen, wenn er selbst der Auffassung ist, die klagebegründenden Tatsachen nicht schlüssig vortragen zu können (vgl. zu einer auf der Grundlage von § 75 Abs. 1 BetrVG überprüften Klageobliegenheit im Zusammenhang mit einer Sozialplanforderung BAG 22. Juli 2003 - 1 AZR 575/02  - zu III 1 b cc (1) der Gründe, BAGE 107, 100 ). Der Prozesserfolg steht regelmäßig erst nach Jahren fest. Das widerspricht dem typischen Zweck eines Wiedereinstellungsanspruchs, der ua. darin besteht, Zeiten der Arbeitslosigkeit entgegenzuwirken (BAG 9. Februar 2011 - 7 AZR 91/10 - Rn. 61, AP BGB § 307 Nr. 52 = EzA BGB 2002 § 311a Nr. 2).

61

(bbb) Hinzu kommt die von § 1 Abs. 2 Satz 4 KSchG abweichende atypische Verkehrung der Darlegungs- und Beweislast im Wiedereinstellungsprozess. Der Arbeitnehmer muss hinsichtlich der Kündigungsgründe Tatsachen darlegen und beweisen, die er selbst idR nicht kennt und die jedenfalls nicht aus seiner Sphäre stammen. Diese atypische Überbürdung der Beweislast für die Kündigungsgründe auf den gekündigten Arbeitnehmer ist nicht etwa geboten, um die berechtigten Interessen der Beklagten zu wahren. Sie mag ein berechtigtes Interesse daran haben, den sich aufdrängenden Verdacht eines kollusiven Zusammenwirkens zwischen dem Arbeitnehmer und der Kabelgesellschaft bei Ausspruch der Kündigung erkennen zu können. Die berechtigten Belange der Beklagten gebieten es aber nicht, die Beweislast und das sog. non-liquet-Risiko für die Kündigungstatsachen auf den Arbeitnehmer zu übertragen. Die Interessen der Beklagten sind ausreichend durch § 2 Abs. 1 Satz 2 des Vertrags vom 30. April 2005 gewahrt. Der Kläger hat ihr damit das Recht eingeräumt, sich die Fragen der sozialen Rechtfertigung und Wirksamkeit der Kündigung von der K offenlegen zu lassen (vgl. BAG 9. Februar 2011 - 7 AZR 91/10 - Rn. 62, AP BGB § 307 Nr. 52 = EzA BGB 2002 § 311a Nr. 2).

62

ff) Das besondere Rückkehrrecht in Nr. 1 Buchst. b und Nr. 2 Buchst. a SV kann ohne das Erfordernis einer nicht nur wirksamen, sondern unter Einhaltung der Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 ff. KSchG ausgesprochenen Kündigung aufrechterhalten bleiben.

63

(1) § 306 Abs. 1 BGB weicht von der Auslegungsregel des § 139 BGB ab. Er bestimmt, dass der Vertrag bei Teilnichtigkeit grundsätzlich aufrechterhalten bleibt. Die Teilbarkeit der Klausel ist durch Streichung des unwirksamen Teils zu ermitteln ( BAG 9. Februar 2011 - 7 AZR 91/10 - Rn. 64, AP BGB § 307 Nr. 52 = EzA BGB 2002 § 311a Nr. 2). Maßgeblich ist, ob die Klausel mehrere sachliche Regelungen enthält und der unzulässige Teil sprachlich eindeutig abtrennbar ist. Ist die verbleibende Regelung weiter verständlich, bleibt sie bestehen (sog. blue-pencil-test, vgl. für die st. Rspr. BAG 14. September 2011 - 10 AZR 526/10 - Rn. 27, EzA-SD 2012 Nr. 1, 9; 6. Mai 2009 - 10 AZR 443/08  - Rn. 11 mwN, AP BGB § 307 Nr. 43 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 44 ). Handelt es sich um eine teilbare Klausel, ist die Inhaltskontrolle jeweils für die verschiedenen, nur formal verbundenen Bestimmungen vorzunehmen (vgl. BAG 11. April 2006 - 9 AZR 610/05  - Rn. 32, BAGE 118, 36 ).

64

(2) Die Klausel in Nr. 1 Buchst. b und Nr. 2 Buchst. a SV ist teilbar und kann ohne unzumutbare Härte für die Beklagte iSv. § 306 Abs. 3 BGB aufrechterhalten bleiben. Der wirksame Teil der Nr. 2 Buchst. a SV beschränkt sich auf die Voraussetzung einer wirksamen Kündigung, die auch bei Eintritt der Fiktion des § 7 Halbs. 1 KSchG(im Fall einer außerordentlichen Kündigung iVm. § 13 Abs. 1 Satz 2 KSchG ) erfüllt ist. Die sprachliche Teilbarkeit der Klausel kann sich darin ausdrücken, dass die Regelungen in unterschiedlichen Sätzen getroffen sind (vgl. zu einem solchen Fall BAG 12. März 2008 - 10 AZR 152/07 - Rn. 29, AP BGB § 305 Nr. 10 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 33). Das ist jedoch nicht zwingend. Wird die Passage „unter Einhaltung der Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 ff KSchG“ in Nr. 2 Buchst. a SV gestrichen, setzt das besondere Rückkehrrecht nur noch eine wirksame Kündigung voraus, die aus Gründen der betrieblichen Sphäre ausgesprochen wird (vgl. zu einer ähnlichen Streichung innerhalb desselben Satzes BAG 6. Mai 2009 - 10 AZR 443/08  - Rn. 11 mwN, AP BGB § 307 Nr. 43 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 44). Die Klausel ist damit inhaltlich und sprachlich teilbar. Die Regelung bleibt verständlich.

65

gg) Das danach ausreichende Erfordernis einer wirksamen Kündigung des Arbeitsverhältnisses des Klägers durch die K ist gewahrt. Die von der K ausgesprochene Kündigung gilt nach § 7 Halbs. 1, § 13 Abs. 1 Satz 2 KSchG, § 269 Abs. 3 Satz 1 ZPO als wirksam. Der Kläger musste entgegen der Ansicht des Landesarbeitsgerichts nicht weiter darlegen und beweisen, dass die Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 ff. KSchG erfüllt sind.

66

3. Für ein kollusives Zusammenwirken des Klägers mit der K bei Ausspruch der Kündigung bestehen im Streitfall keine Anhaltspunkte. Dagegen spricht schon der im Zusammenhang mit der Restrukturierungsmaßnahme geschlossene Interessenausgleich und Sozialplan sowie der Umstand, dass der Betriebsrat der beabsichtigten Kündigung nicht widersprochen hat (vgl. BAG 9. Februar 2011 - 7 AZR 91/10 - Rn. 66, AP BGB § 307 Nr. 52 = EzA BGB 2002 § 311a Nr. 2). Die Klagerücknahme vom 10. Juli 2009 aufgrund der außergerichtlichen Einigung vom 8. Juli 2009 lässt ein bewusstes Zusammenwirken des Klägers mit der K zum Nachteil der Beklagten ebenfalls nicht erkennen. Dem Kläger war es nicht verwehrt, sich auf die Wiedereinstellungsklage zu beschränken und selbst zu bewerten, welche Klage er für aussichtsreicher und welchen Schuldner er für „sicherer“ hielt. Der Senat kann offenlassen, welche Auswirkungen der gegenüber der Beklagten erfolgreich durchgesetzte Wiedereinstellungsanspruch auf die von der K geleisteten Ausgleichszahlungen hat. Es kann auch auf sich beruhen, ob sich die Beklagte unter irgendeinem rechtlichen Gesichtspunkt auf die dem Kläger zugeflossenen Vorteile berufen kann, wenn Zahlungsansprüche gegen sie erhoben werden.

67

4. Der Kläger ist nicht auf einen Vertrag zu den Arbeitsbedingungen verwiesen, die im Vermittlungs- und Qualifizierungsbetrieb Vivento gelten. Das folgt aus der Auslegung von § 4 Satz 1 und Satz 2 SV. Nach dieser Regelung richten sich die Wiedereinstellungsbedingungen.

68

a) Nr. 4 Satz 1 SV sieht vor, dass im Fall der Rückkehr ab diesem Zeitpunkt die Bestimmungen der jeweils geltenden Rationalisierungsschutz-Tarifverträge der Deutschen Telekom AG Anwendung finden. Nach Nr. 4 Satz 2 SV wird der Arbeitnehmer hinsichtlich der zu vereinbarenden Arbeitsvertragsbedingungen und anzuwendenden tarifvertraglichen Regelungen so gestellt, als wäre er ohne Unterbrechung bei der Deutschen Telekom AG weiterbeschäftigt worden. § 5 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 TV Ratio bestimmt, dass der nach den §§ 3 und 4 ausgewählte Arbeitnehmer ein Angebot auf Abschluss eines Änderungsvertrags für eine Tätigkeit im Vermittlungs- und Qualifizierungsbetrieb Vivento der Deutschen Telekom AG erhält. § 5 Abs. 3 Satz 1 TV Ratio lässt eine Änderungskündigung zu, wenn der Arbeitnehmer den Abschluss eines Änderungsvertrags ablehnt.

69

b) Der Wortlaut von Nr. 4 Satz 1 SV bindet die Geltung der Rationalisierungsschutz-Tarifverträge an den Fall der Rückkehr, dh. die Neubegründung des Arbeitsverhältnisses durch übereinstimmende Willenserklärungen. Der Passus, wonach die Tarifverträge „ab diesem Zeitpunkt“ zur Anwendung kommen sollen, stellt klar, dass keine „automatische Überführung“ in den Vermittlungs- und Qualifizierungsbetrieb Vivento zeitgleich mit der Wiedereinstellung gemeint ist. Die Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 bis Abs. 3 TV Ratio müssen erfüllt sein. Die Beklagte soll die Rechte aus § 5 Abs. 1 Satz 1 und § 5 Abs. 3 Satz 1 TV Ratio, dem betroffenen Arbeitnehmer ein Änderungsgebot zu unterbreiten und eine Änderungskündigung zu erklären, wenn der Arbeitnehmer das Änderungsangebot ablehnt, erst mit der Neubegründung des Arbeitsverhältnisses ausüben können. Dem steht Nr. 4 Satz 2 SV nicht entgegen. Würde die Bestimmung, nach der der Arbeitnehmer so zu stellen ist, als wäre er ohne Unterbrechung von der Beklagten weiterbeschäftigt worden, in der Weise verstanden, dass sie unmittelbar eine Versetzung zu Vivento zur Folge hätte, wäre Nr. 4 Satz 1 SV überflüssig. Der Regelung bliebe kein Anwendungsbereich. An dem Zusammenspiel von Nr. 4 Satz 1 und Satz 2 SV wird vielmehr deutlich, dass mit Nr. 4 Satz 2 SV sichergestellt werden soll, dass der erneut eingestellte Arbeitnehmer trotz der Beendigung des früheren Arbeitsverhältnisses weder arbeitsvertragliche noch tarifliche Nachteile erleidet. Die arbeitsvertraglich zu vereinbarenden Arbeitsbedingungen und die tariflichen Regelungen sollen nachgezeichnet werden, als wäre das frühere Arbeitsverhältnis nicht beendet worden. Auf die Aufklärungsrüge der Beklagten kommt es aufgrund der vorzunehmenden Auslegung nicht an.

70

5. Der Hauptantrag ist entscheidungsreif. Die vom Kläger angenommene Eingruppierung in Vergütungsgruppe T 6 Stufe 4 ERTV ist zwischen den Parteien nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts unumstritten.

71

B. Der Hilfsantrag fällt wegen des Erfolgs des Hauptantrags nicht zur Entscheidung des Senats an.

72

C. Die Beklagte hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten ihrer erfolglosen Revision zu tragen.

        

    Linsenmaier    

        

    Kiel    

        

    Gallner    

        

        

        

    Busch    

        

    Willms    

                 

Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 20. Juli 2010 - 4 Sa 58/09 - wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Anschlussberufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 10. Juli 2009 - 13 Ca 52/09 - als unzulässig verworfen wird.

Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Der Kläger und die Beklagte zu 1. streiten noch über den Bestand eines Arbeitsverhältnisses aufgrund eines Wiedereinstellungsanspruchs, der Kläger und die Beklagte zu 2. über eine außerordentliche Kündigung mit Auslauffrist und Weiterbeschäftigung.

2

Der Kläger war seit September 1979 bei der Beklagten zu 1. und ihrer Rechtsvorgängerin als Fernmeldehandwerker/Servicetechniker beschäftigt. Er wurde im August 1962 geboren. Seit der Vollendung seines 43. Lebensjahres ist das Arbeitsverhältnis aufgrund tariflichen Sonderkündigungsschutzes nur noch außerordentlich kündbar.

3

Der Kläger wurde infolge von Restrukturierungsmaßnahmen von der Beklagten zu 1. beurlaubt. Er wurde seit 1. Oktober 1999 als Senior Techniker Instandhaltung im Außendienst von der Beklagten zu 2. beschäftigt.

4

Die Beklagte zu 1., mehrere Kabelgesellschaften - ua. die Beklagte zu 2. - und die Gewerkschaft ver.di trafen am 8. April 2005 eine sog. Schuldrechtliche Vereinbarung (SV). Sie lautet auszugsweise:

        

„1.     

Die Deutsche Telekom AG räumt den Arbeitnehmern einzelvertraglich ein Rückkehrrecht zur Deutschen Telekom AG ein

                 

a.    

innerhalb eines Zeitraums von 24 Monaten (berechnet ab dem 1. Januar 2004) ohne das Vorliegen besonderer Gründe (allgemeines Rückkehrrecht),

                 

b.    

nach Ablauf des allgemeinen Rückkehrrechts für weitere 36 Monate ein Rückkehrrecht unter besonderen Bedingungen (besonderes Rückkehrrecht).

                 

…       

        
        

2.    

Besondere Bedingungen (im Sinne des Absatzes 1.b) liegen vor, wenn

                 

a.    

das Arbeitsverhältnis unter Einhaltung der Voraussetzungen des § 1 Absatz 2 ff KSchG aus dringenden betrieblichen Gründen wirksam gekündigt wird

                          

oder   

                 

…       

        
        

3.    

Der Arbeitnehmer kann von seinem Rückkehrrecht nach der Ziffer 1 frühestens 6 Monate nach Beginn des Rückkehrzeitraums für das allgemeine Rückkehrrecht Gebrauch machen. Es ist bei dem Rückkehrrecht nach Ziffern 1 a. und b. eine Ankündigungsfrist von 3 Monaten einzuhalten. Im Falle des besonderen Rückkehrrechts nach Ziffer 1 b. i.V.m. 2 a. findet eine Rückkehr jedoch erst nach Ablauf der für den Arbeitgeber (Kabelgesellschaft bzw. Rechtsnachfolger) geltenden jeweiligen individuellen Kündigungsfrist statt, soweit diese länger ist als die dreimonatige Ankündigungsfrist.

                 

…       

        

4.    

Im Falle der Rückkehr finden ab diesem Zeitpunkt die Bestimmungen der jeweils geltenden Rationalisierungsschutz-Tarifverträge der Deutschen Telekom AG Anwendung. Der Arbeitnehmer wird hinsichtlich der zu vereinbarenden Arbeitsvertragsbedingungen und anzuwendenden tarifvertraglichen Regelungen so gestellt, als wäre er ohne Unterbrechung bei der Deutschen Telekom AG weiter beschäftigt worden.

                 

…       

        

5.    

Das Rückkehrrecht besteht nicht, wenn das Arbeitsverhältnis aufgrund einer Kündigung bzw. eines Aufhebungsvertrags beendet wird und die Beendigung des Arbeitsverhältnisses aufgrund verhaltensbedingter Gründe des Arbeitnehmers oder aus in der Person des Arbeitnehmers liegenden Gründen erfolgt und ein eventueller Rechtsstreit nicht zu Gunsten des Arbeitnehmers entschieden hat.

                 

…       

        

6.    

Derzeit noch von der Deutschen Telekom AG zu einer Kabelgesellschaft beurlaubte Arbeitnehmer erhalten ein Angebot zur Annahme dieser schuldrechtlichen Vereinbarung bei gleichzeitiger Beendigung der Beurlaubung sowie Beendigung des Arbeitsverhältnisses zur Deutschen Telekom AG.“

5

Der Kläger und die Beklagte zu 1. schlossen am 30. April 2005 einen Auflösungsvertrag zum 31. Dezember 2005, der Regelungen über ein vertragliches Rückkehrrecht enthält. In ihm heißt es ua.:

        

„§ 2 Regelungen zum Rückkehrrecht

        

1.    

Der Arbeitnehmer erhält in Zusammenhang mit dem bei der K Vertrieb & Service GmbH & Co. KG, Region Hamburg/Schleswig-Holstein/Mecklenburg-Vorpommern bzw. deren Rechtsnachfolger bestehenden Arbeitsverhältnis ein zeitlich begrenztes Rückkehrrecht zur Deutschen Telekom AG, dessen Modalitäten sich abschließend aus der diesem Vertrag beigefügten Anlage 1 (Schuldrechtliche Vereinbarung vom 08. April 2005), die Bestandteil dieses Vertrages ist, ergeben.

        

2.    

Der Arbeitnehmer erklärt sich mit der Einhaltung der im Einzelfall gegenüber der K Vertrieb & Service GmbH & Co. KG, Region Hamburg/Schleswig-Holstein/Mecklenburg-Vorpommern bzw. deren Rechtsnachfolger und der Deutschen Telekom AG bestehenden Ankündigungsfristen einverstanden.

        

3.    

Das Rückkehrrecht gilt ausschließlich für das bestehende Arbeitsverhältnis mit der K Vertrieb & Service GmbH & Co. KG, Region Hamburg/Schleswig-Holstein/Mecklenburg-Vorpommern bzw. deren Rechtsnachfolger.

        

4.    

Das Rückkehrrecht besteht nicht, wenn das Arbeitsverhältnis aufgrund einer Kündigung bzw. eines Aufhebungsvertrags beendet wird und die Beendigung des Arbeitsverhältnisses aufgrund verhaltensbedingter Gründe des Arbeitnehmers oder aus in der Person des Arbeitnehmers liegenden Gründen erfolgt.“

6

Die Beklagte zu 2. kündigte das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger unter dem 9. Dezember 2008 „aus betriebsbedingten Gründen“ außerordentlich zum 31. Juli 2009. Der Kläger machte unter dem 22. Dezember 2008 mit Wirkung vom 1. August 2009 sein Rückkehrrecht gegenüber der Beklagten zu 1. geltend. Die Beklagte zu 1. lehnte die Rückkehr ab.

7

Mit der am 23. Dezember 2008 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat der Kläger zunächst Kündigungsschutz- und Weiterbeschäftigungsklage gegen die jetzige Beklagte zu 2. erhoben. Mit Klageerweiterung vom 24. Februar 2009 hat er die Feststellung eines Arbeitsverhältnisses mit der jetzigen Beklagten zu 1. erstrebt und verlangt, von ihr beschäftigt zu werden. Für den Fall des Unterliegens im Verhältnis zur Beklagten zu 1. hat er hilfsweise den Kündigungsschutz- und den Weiterbeschäftigungsantrag gegenüber der Beklagten zu 2. weiterverfolgt.

8

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, ihm stehe ein Rückkehrrecht zur Beklagten zu 1. zu. Bei dem einzelvertraglich vereinbarten Rückkehrrecht, das auf die SV Bezug nehme, handle es sich um eine Allgemeine Geschäftsbedingung iSv. § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB. Die gebotene arbeitnehmerfreundliche Auslegung ergebe, dass durch die Ausübung des Rückkehrrechts unmittelbar ein Arbeitsverhältnis zustande komme. Die Beklagte zu 1. könne sich jedenfalls nicht auf ihr eigenes treuwidriges Verhalten der verweigerten Abgabe der Willenserklärung berufen und den Kläger auf eine Vollstreckung nach § 894 ZPO verweisen. Dem Kläger müsse es möglich sein, das Arbeitsverhältnis mit der Beklagten zu 2. fortzusetzen, wenn er mit dem Wiedereinstellungsanspruch gegenüber der Beklagten zu 1. nicht durchdringe.

9

Der Kläger hat zuletzt beantragt

        

1.    

festzustellen, dass sein Arbeitsverhältnis mit der Beklagten zu 2. aufgrund der fristgerechten Ausübung des Rückkehrrechts durch ihn mit Schreiben vom 22. Dezember 2008 auf die Beklagte zu 1. übergeht und zwischen der Beklagten zu 1. und ihm ein Arbeitsverhältnis besteht;

        

2.    

die Beklagte zu 1. zu verurteilen, den Kläger zu unveränderten arbeitsvertraglichen Bedingungen als Fernmeldehandwerker/Servicetechniker zu beschäftigen;

        

3.    

hilfsweise für den Fall des Unterliegens mit den Anträgen zu 1. und 2. festzustellen, dass sein Arbeitsverhältnis mit der Beklagten zu 2. durch die außerordentliche Kündigung mit sozialer Auslauffrist der Beklagten zu 2. vom 9. Dezember 2008 nicht beendet wird;

        

4.    

im Fall des Obsiegens mit dem Antrag zu 3. die Beklagte zu 2. zu verurteilen, ihn bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens zu unveränderten arbeitsvertraglichen Bedingungen als Experte Bauüberwachung, Montage, Instandsetzung Kabellinienteam, Technischer Service weiterzubeschäftigen.

10

Die Beklagten haben beantragt, die Klage abzuweisen. Die Beklagte zu 1. hat gemeint, zwischen ihr und dem Kläger sei kein Arbeitsverhältnis entstanden. Dem Kläger stehe jedenfalls kein Rückkehrrecht zu. Die Beklagte zu 2. hat die Ansicht geäußert, die subjektive Klagehäufung sei unzulässig.

11

Das Arbeitsgericht hat dem Antrag zu 1. stattgegeben und damit den Bestand eines Arbeitsverhältnisses zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 1. festgestellt. Es hat den gegen die Beklagte zu 1. gerichteten (Beschäftigungs-)Antrag zu 2. abgewiesen. Über die gegen die Beklagte zu 2. gerichteten Hilfsanträge zu 3. und 4. hat das Arbeitsgericht nicht entschieden. Sowohl die Beklagte zu 1. als auch der Kläger haben zunächst Berufung eingelegt. Die Berufung der Beklagten zu 1. hat sich gegen den festgestellten Bestand eines Arbeitsverhältnisses mit dem Kläger gerichtet, die Berufung des Klägers gegen die Abweisung des Beschäftigungsantrags gegenüber der Beklagten zu 1. Der Kläger hat die Berufung gegen das erstinstanzliche Urteil im Verhältnis zur Beklagten zu 1. in der Folge zurückgenommen und nach Ablauf der Berufungsbegründungsfrist und Zustellung der Berufungsbegründung der Beklagten zu 1. Anschlussberufung gegen das Urteil des Arbeitsgerichts im Verhältnis zur Beklagten zu 2. eingelegt. Das Landesarbeitsgericht hat das Urteil des Arbeitsgerichts teilweise abgeändert. Es hat auch den auf Feststellung eines Arbeitsverhältnisses mit der Beklagten zu 1. gerichteten Antrag zu 1. abgewiesen. Außerdem hat das Berufungsgericht nach der Entscheidungsformel die gegen die Beklagte zu 2. gerichtete Anschlussberufung des Klägers zurückgewiesen. Aus den Gründen ergibt sich, dass es die Anschlussberufung für unzulässig gehalten hat. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verlangt der Kläger in erster Linie die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung im Hinblick auf den Antrag zu 1. Hilfsweise verfolgt er die Anträge gegen die Beklagte zu 2. weiter.

Entscheidungsgründe

12

Die Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat den Antrag zu 1. zu Recht abgewiesen. Über den für den Fall des Obsiegens mit dem Antrag zu 1. gestellten Beschäftigungsantrag ist bereits rechtskräftig entschieden, weil der Kläger die Berufung gegen die erstinstanzliche Entscheidung zurückgenommen hat. Der hilfsweise gegen die Beklagte zu 2. gerichtete Kündigungsschutzantrag ist erfolglos. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend erkannt, dass die Anschlussberufung des Klägers unzulässig ist.

13

A. Der Antrag zu 1. ist zulässig, aber unbegründet.

14

I. Wie die gebotene Auslegung ergibt, ist der Antrag zu 1. nicht darauf gerichtet, die Abgabe einer Annahmeerklärung der Beklagten zu 1. zu einem in der Klage liegenden Vertragsangebot des Klägers zu erreichen. Der Kläger will vielmehr festgestellt wissen, dass zwischen ihm und der Beklagten zu 1. bereits ein Arbeitsverhältnis besteht. Darauf deutet nicht nur der Feststellungsantrag hin, sondern auch die gesamten Schriftsätze des Klägers und sein Verhalten im Prozessverlauf.

15

1. Klageanträge sind so auszulegen, dass im Zweifel das gewollt ist, was nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und der richtig verstandenen Interessenlage entspricht (vgl. nur BAG 6. Juli 2011 - 4 AZR 568/09 - Rn. 25; BGH 12. Februar 2003 - XII ZR 324/98 - zu II 1 a der Gründe mwN, MDR 2003, 769). Für das Verständnis eines Klageantrags ist deshalb nicht am buchstäblichen Wortlaut des Antrags zu haften. Das Gericht hat den erklärten Willen zu erforschen, wie er aus der Klagebegründung, dem Prozessziel und der Interessenlage hervorgeht. Die für Willenserklärungen geltenden Auslegungsregeln ( §§ 133 , 157 BGB ) sind für die Auslegung von Klageanträgen heranzuziehen. Das gilt auch im Revisionsverfahren (BAG 19. Februar 2008 -  9 AZR 70/07  - Rn. 16, BAGE 126, 26 ). Die Grenzen der Auslegung oder auch Umdeutung eines Klageantrags sind jedoch erreicht, wenn der Kläger unmissverständlich ein bestimmtes Prozessziel verfolgt, auch wenn dieses Vorgehen seinem wohlverstandenen Eigeninteresse widerspricht.

16

2. Der Kläger hat stets die Auffassung vertreten, durch die Ausübung des Rückkehrrechts komme unmittelbar ein Arbeitsverhältnis zustande. Die Beklagte zu 1. könne sich jedenfalls nicht auf ihr eigenes treuwidriges Verhalten der verweigerten Abgabe der Willenserklärung berufen und ihn auf eine Vollstreckung nach § 894 ZPO verweisen. An dieser Ansicht hat der Kläger noch in der Revisionsbegründung festgehalten, obwohl das Landesarbeitsgericht den Feststellungsantrag für unbegründet gehalten hat, weil es übereinstimmende Willenserklärungen zum Abschluss eines Arbeitsvertrags nicht gebe. Ein „Übergang“ des Arbeitsverhältnisses von der Beklagten zu 2. auf die Beklagte zu 1. durch einseitige Willenserklärung sei weder gesetzlich noch vertraglich vorgesehen. An seinem prozessualen Vorgehen wird deutlich, dass der Kläger auch nicht hilfsweise für den Fall des Unterliegens mit dem Feststellungsantrag einen auf Abgabe einer Annahmeerklärung gerichteten Leistungsantrag verfolgt. Es kann daher auf sich beruhen, ob es sich bei einem hilfsweise gestellten Leistungsantrag um eine ausnahmsweise zulässige Klageerweiterung in der Revisionsinstanz handelte.

17

II. Mit diesem Verständnis ist der Antrag zu 1. zulässig, aber unbegründet.

18

1. Der Antrag zu 1. ist zulässig. Er ist hinreichend bestimmt und erfüllt die Voraussetzungen des § 256 Abs. 1 ZPO.

19

a) Der Antrag zu 1. ist ausreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.

20

aa) Nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO muss die Klageschrift die bestimmte Angabe des Gegenstands und des Grundes des erhobenen Anspruchs sowie einen bestimmten Antrag enthalten. Der Kläger muss eindeutig festlegen, welche Entscheidung er begehrt. Er hat den Streitgegenstand so genau zu bezeichnen, dass der Rahmen der gerichtlichen Entscheidungsbefugnis ( § 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO ) keinem Zweifel unterliegt und die eigentliche Streitfrage mit Rechtskraftwirkung ( § 322 Abs. 1 ZPO ) zwischen den Parteien entschieden werden kann (vgl. BAG 18. Mai 2011 - 5 AZR 181/10 - Rn. 10 mwN, EzA BGB 2002 § 611 Mehrarbeit Nr. 4). Bei einer Feststellungsklage sind grundsätzlich keine geringeren Anforderungen an die Bestimmtheit zu stellen als bei einer Leistungsklage (BAG 11. November 2009 -  7 AZR 387/08  - Rn. 11, AP ZPO § 253 Nr. 50 = EzA ZPO 2002 § 253 Nr. 3).

21

bb) Nach diesen Grundsätzen ist der Inhalt des festzustellenden Arbeitsverhältnisses ausreichend konkretisiert. Der Zeitpunkt der erstrebten Begründung des Arbeitsverhältnisses ist im Antrag zwar nicht ausdrücklich genannt. Er ergibt sich aber aus dem Schreiben des Klägers vom 22. Dezember 2008, mit dem er zum 1. August 2009 sein Rückkehrrecht gegenüber der Beklagten zu 1. geltend machte. Unschädlich ist auch, dass der Antrag keine Angaben zum Umfang der Arbeitszeit enthält. Ohne andere Anhaltspunkte ist von einer Vollzeitbeschäftigung auszugehen. Die weiteren Modalitäten des festzustellenden Arbeitsverhältnisses sind ebenfalls bestimmbar. Aus dem früheren Antrag zu 2. - dem Beschäftigungsantrag - ist zu schließen, dass der Kläger zu unveränderten arbeitsvertraglichen Bedingungen als Fernmeldehandwerker/Servicetechniker beschäftigt werden möchte. Daraus kann die zutreffende Eingruppierung abgeleitet werden. Die übrigen Arbeitsbedingungen ergeben sich aus Nr. 4 Satz 2 SV. Danach wird der Arbeitnehmer hinsichtlich der zu vereinbarenden Arbeitsvertragsbedingungen und anzuwendenden tarifvertraglichen Regelungen so gestellt, als wäre er ohne Unterbrechung von der Beklagten zu 1. weiterbeschäftigt worden.

22

b) Die Erfordernisse des § 256 Abs. 1 ZPO sind gewahrt. Der Bestand eines Arbeitsverhältnisses ist ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis iSv. § 256 Abs. 1 ZPO. Auch das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche besondere Feststellungsinteresse ist gegeben. Aus der begehrten Feststellung, dass ein Arbeitsverhältnis besteht, ergeben sich konkrete Folgen für Gegenwart und Zukunft. Die verlangte Feststellung ist geeignet, die Streitfrage zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 1. abschließend zu klären (vgl. für die st. Rspr. BAG 22. Oktober 2009 - 8 AZR 286/08 - Rn. 19, EzTöD 100 TVöD-AT § 2 Betriebsübergang Nr. 20).

23

2. Der Antrag zu 1. ist jedoch unbegründet. Der Kläger kann nicht allein bewirken, dass wieder ein Arbeitsverhältnis zwischen ihm und der Beklagten zu 1. begründet wird.

24

a) Der erforderliche Vertragsschluss setzt nach §§ 145 und 147 Abs. 2 BGB Angebot und Annahme voraus, wie das Landesarbeitsgericht zu Recht angenommen hat. Das ergibt die Auslegung der SV. Nach ihrer Nr. 1 räumt die Beklagte zu 1. den Arbeitnehmern „einzelvertraglich“ ein Rückkehrrecht zu ihr ein. Daran wird deutlich, dass die SV den Anspruch nicht normativ durch unmittelbare und zwingende Wirkung für die Regelungsunterworfenen begründen will. Sie trifft vielmehr nur eine vereinheitlichende Regelung für individualvertragliche Umsetzungsakte (BAG 9. Februar 2011 - 7 AZR 91/10 - Rn. 49, AP BGB § 307 Nr. 52 = EzA BGB 2002 § 311a Nr. 2). Die Abgabe der Annahmeerklärung durch die Beklagte zu 1. könnte der Kläger lediglich mit einem Leistungsantrag erwirken (vgl. § 894 Satz 1 ZPO).

25

b) Die Beklagte zu 1. verhält sich entgegen der Auffassung des Klägers auch nicht treuwidrig, indem sie sich auf die verweigerte Abgabe einer Annahmeerklärung beruft. Wer zur Abgabe einer Willenserklärung verpflichtet ist, kann vom Gläubiger dafür im Klageweg in Anspruch genommen werden. Treu und Glauben gebieten es nicht, den Gläubiger so zu behandeln, als hätte der Schuldner die Willenserklärung bereits abgegeben.

26

B. Aufgrund der Abweisung des gegen die Beklagte zu 1. gerichteten Antrags zu 1. fällt der gegen die Beklagte zu 2. gewandte Antrag zu 3. - der Kündigungsschutzantrag - zur Entscheidung des Senats an. Die Revision des Klägers gegen das Berufungsurteil ist im Verhältnis zur Beklagten zu 2. unbegründet, weil die Anschlussberufung des Klägers (§ 524 Abs. 1 Satz 1 ZPO) unzulässig ist.

27

I. Die unselbständige Anschlussberufung, die nach § 524 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 ZPO noch eingelegt werden kann, wenn der Berufungsbeklagte selbst auf die Berufung verzichtet hat oder die Berufungsfrist verstrichen ist, braucht zwar nicht darauf gerichtet zu sein, dass eine Beschwer des Anschlussberufungsklägers beseitigt wird. Sie kann vielmehr auch das Ziel haben, die Klage zu ändern oder zu erweitern (vgl. BGH 17. August 2011 - I ZR 108/09 - Rn. 22 mwN, MDR 2011, 1311). Die unselbständige Anschlussberufung ist jedoch eng mit der Berufung verbunden. Sie ist lediglich Antragstellung innerhalb einer fremden Berufung. Deshalb ist sie grundsätzlich nur zwischen Prozessbeteiligten des Berufungsverfahrens möglich und kann sich regelmäßig nur gegen den Berufungskläger richten (vgl. BGH 14. Mai 1991 - XI ZB 2/91 - zu II 1 a der Gründe mwN, NJW 1991, 2569). Die unselbständige Anschlussberufung soll dem Berufungsgericht auch zugunsten des Berufungsbeklagten einen Entscheidungsspielraum verschaffen. Dagegen kann der Berufungsbeklagte die Klage im Regelfall nicht durch Anschlussberufung um Dritte erweitern oder Anträge gegen sie stellen (vgl. BGH 12. Dezember 1988 - II ZR 129/88 - zu 2 c der Gründe mwN, NJW-RR 1989, 441; Zöller/Heßler ZPO 29. Aufl. § 524 ZPO Rn. 18 mwN). Anderes gilt, wenn die Partei des Berufungsklägers ausgewechselt wird, sodass die neue Partei innerhalb des schon bestehenden Prozessrechtsverhältnisses die Stelle der ausgeschiedenen Partei einnimmt (vgl. BGH 12. Dezember 1988 - II ZR 129/88 - aaO). Eine Ausnahme ist auch dann zu machen, wenn der Dritte notwendiger Streitgenosse des Berufungsklägers iSv. § 62 Abs. 1 ZPO ist. Eine Anschlussberufung des Berufungsbeklagten im Verhältnis zum einfachen Streitgenossen des Berufungsklägers (§ 59 ZPO), der selbst keine Berufung eingelegt hat, ist unzulässig (vgl. BAG 20. Februar 1997 - 8 AZR 15/96 - zu B II der Gründe, BAGE 85, 178; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann ZPO 70. Aufl. § 524 ZPO Rn. 10).

28

II. Danach ist die im Verhältnis zur Beklagten zu 2. nach Ablauf der Berufungsbegründungsfrist des § 66 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2, Satz 2 Alt. 1 ArbGG eingelegte unselbständige Anschlussberufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts als unzulässig zu verwerfen. Einer der Ausnahmefälle, in denen die Anschlussberufung ausnahmsweise in dem Prozessrechtsverhältnis zu einem Dritten eingelegt werden kann, ist nicht gegeben. Die Beklagte zu 2. ist insbesondere nicht notwendige Streitgenossin iSv. § 62 Abs. 1 ZPO der Berufungsklägerin, der Beklagten zu 1. Der gegen die Beklagte zu 1. im Zeitpunkt des Eingangs der Anschlussberufung noch gerichtete Antrag auf Feststellung des Bestands eines Arbeitsverhältnisses einerseits sowie die auf Feststellung der unterbliebenen Auflösung des Arbeitsverhältnisses durch die Kündigung der Beklagten zu 2. und Weiterbeschäftigung gerichteten Anträge andererseits betreffen nicht dieselben Streitgegenstände. Jeder Streitgenosse ist daher nach § 61 ZPO so zu behandeln, als stünde er dem Kläger einzeln gegenüber.

29

C. Der Kläger hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten seiner erfolglosen Revision zu tragen.

        

    Linsenmaier    

        

    Kiel    

        

    Gallner    

        

        

        

    Busch    

        

    Willms    

                 

(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis oder die Echtheit oder Unechtheit der Urkunde durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde.

(2) Bis zum Schluss derjenigen mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, kann der Kläger durch Erweiterung des Klageantrags, der Beklagte durch Erhebung einer Widerklage beantragen, dass ein im Laufe des Prozesses streitig gewordenes Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil abhängt, durch richterliche Entscheidung festgestellt werde.

Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz vom 25. November 2009 - 8 Sa 463/09 - aufgehoben.

Auf die Berufung der Beklagten wird das Teilurteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 6. Mai 2009 - 1 Ca 1025/08 - abgeändert und der Feststellungsantrag als unzulässig abgewiesen.

2. Die Kosten der Berufung und der Revision hat die klagende Partei zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten darum, soweit für die Revisionsinstanz von Bedeutung, ob aufgrund arbeitsvertraglicher Bezugnahme der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) im Grundsatz auf ihr Arbeitsverhältnis anzuwenden ist.

2

Der Kläger ist seit 1991 bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgänger im Bereich des Diakonischen Werkes beschäftigt. In seinem Arbeitsvertrag vom 28. März 1991 ist in 13 Ziffern ua. festgelegt, dass der Vertrag beiderseits mit einer Frist „lt. BAT“ gekündigt werden kann und die Gewährung des Jahresurlaubs sich nach den Bestimmungen des „BAT“ richtet. Geregelt ist dort weiter, dass die Höhe und Zusammensetzung der Vergütung sich nach den Bestimmungen des „BAT/KR./AVR“ richtet und dass die Vergütung nach der „Vergütungsgruppe 5 A des BAT/KR.“ erfolgt. Weiter ist ua. festgelegt, dass sich die Weiterzahlung der Vergütung im Krankheitsfall „nach den gesetzlichen Bestimmungen“ richtet.

3

Unter Ziffer 14 des Arbeitsvertrages der Parteien heißt es:

        

„Abgesehen von den hiermit vereinbarten Ausnahmen gelten im übrigen für das durch diesen Vertrag begründete und geregelte Beschäftigungsverhältnis die Bestimmungen des BAT/AVR.

        

Es besteht Versicherungspflicht bei der KZVK Darmstadt.

        

in der jeweils maßgebenden Fassung.“

4

Die Höhe der Arbeitsvergütung des Klägers richtete sich in der Vergangenheit stets nach den für den Bereich Bund/Länder maßgebenden Vergütungsregelungen. Nach Ersetzung des BAT durch das neue Tarifrecht für den öffentlichen Dienst bot die Beklagte dem Kläger wie auch den übrigen Beschäftigten an, das Arbeitsverhältnis künftig unter Anwendung der Arbeitsvertragsrichtlinien des Diakonischen Werkes (AVR) fortzuführen, was der Kläger ablehnte.

5

Mit seiner Klage hat der Kläger bezifferte Vergütungsdifferenzbeträge sowie die Feststellung verlangt, dass auf das Arbeitsverhältnis, abgesehen von den im Arbeitsvertrag vereinbarten Ausnahmen, der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD), hilfsweise der TV-L anzuwenden sei. Dies ergebe sich aus der arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel. Es liege ein Fall der Tarifsukzession vor.

6

Der Kläger hat in erster Instanz zunächst beantragt,

        

im Wege eines Teilurteils vorab festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem mit dem Kläger am 28. März 1991 begründeten und geregelten Beschäftigungsverhältnis, abgesehen von den im Vertrag vereinbarten Ausnahmen, die Bestimmungen des TVöD, hilfsweise des TV-L, in seiner jeweils gültigen Fassung zugrunde zu legen.

7

Die Beklagte hat beantragt, den Feststellungsantrag abzuweisen. Die Formulierungen im Arbeitsvertrag seien darauf gerichtet, das Arbeitsverhältnis nach den Grundsätzen des kirchlichen Rechts zu gestalten, wozu nach der Satzung des Diakonischen Werkes auch eine Verpflichtung bestehe. Eine Gleichstellung mit Beschäftigten des öffentlichen Dienstes sei nicht bezweckt worden. Der TVöD und der TV-L seien zudem keine bloße Fortschreibung des BAT, sondern jeweils ein neues, in sich geschlossenes Tarifwerk. Eine Tarifsukzession liege nicht vor.

8

Das Arbeitsgericht hat im Wege eines Teilurteils dem hilfsweise gestellten Feststellungsantrag stattgegeben und den hauptsächlich gestellten Feststellungsantrag abgewiesen. Wegen der weiterverfolgten Zahlungsanträge des Klägers haben die Parteien den Rechtsstreit übereinstimmend zum Ruhen gebracht. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten gegen das Teilurteil zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte die Abweisung des Feststellungsanspruchs weiter. Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zu Unrecht zurückgewiesen.

10

I. Der in der Revisionsinstanz allein anhängige Feststellungsantrag, der sich auf die grundsätzliche Anwendbarkeit des TV-L im Arbeitsverhältnis bezieht, ist unzulässig. Er ist nicht hinreichend bestimmt iSd. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO und genügt nicht den Erfordernissen des § 256 Abs. 1 ZPO.

11

1. Für das Verständnis eines Klageantrages ist nicht am buchstäblichen Wortlaut der Antragsfassung zu haften. Das Gericht ist gehalten, Klageanträge nach Möglichkeit dahin auszulegen, dass eine Sachentscheidung über sie ergehen kann (BAG 11. November 2009 - 7 AZR 387/08 - Rn. 11, AP ZPO § 253 Nr. 50 = EzA ZPO 2002 § 253 Nr. 3; 12. August 2009 - 7 ABR 15/08 - Rn. 12, BAGE 131, 316). Das gilt auch im Revisionsverfahren (BAG 19. Februar 2008 - 9 AZR 70/07 - Rn. 16, BAGE 126, 26; 23. Januar 2007 - 9 AZR 557/06 - Rn. 20, AP BGB § 611 Mobbing Nr. 4).

12

2. Die Auslegung des vom Kläger gestellten Feststellungsantrages erlaubt jedoch nicht die Feststellung eines Antragsinhalts, mit dem dieser zulässig wäre.

13

a) Dem Kläger geht es um die dynamische Anwendung des TV-L auf sein Arbeitsverhältnis. Dieses Feststellungsbegehren wird aber im Antrag selbst dahingehend eingeschränkt, die Pflicht zur Anwendung des TV-L sei „abgesehen von den im Vertrag vereinbarten Ausnahmen“ festzustellen. Dies entspricht der Formulierung in Ziffer 14 des Arbeitsvertrages der Parteien, auf den sich der Kläger für seinen Antrag besonders stützt. Dort heißt es, dass abgesehen von den „hiermit vereinbarten Ausnahmen“, was auf die Vereinbarungen in den Ziffern 1 bis 13 des Arbeitsvertrages der Parteien bezogen ist, „im übrigen“ der „BAT/AVR“ in der jeweils maßgebenden Fassung gelten soll. Danach hat die Regelung in Ziffer 14 des Arbeitsvertrages die Funktion einer Auffangregelung.

14

Zu den „Ausnahmen“ von der Bestimmung in Ziffer 14, die vom Feststellungsantrag ausdrücklich nicht mit erfasst sind, gehört beispielsweise die in Ziffer 5 des Arbeitsvertrages enthaltene Regelung zur Höhe und Zusammensetzung der Vergütung, in der auf die Bestimmungen des „BAT/KR./AVR“ verwiesen wird, und eine Vergütung nach der „Vergütungsgruppe 5 A des BAT/KR.“ festgelegt wird. Wie der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erklärt hat, geht es ihm um die Feststellung, welche Regeln neben den konkreten und ausdrücklichen Vertragsvereinbarungen gelten, wobei er beispielhaft die Frage nach der ihm zustehenden Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall angesprochen hat.

15

Der Feststellungsantrag ist nach allem darauf gerichtet festzustellen, welche Bestimmungen angesichts der Ersetzung des BAT durch das neue Tarifrecht für den öffentlichen Dienst anstelle der Verweisung auf den „BAT/AVR“ in Ziffer 14 neben den ausdrücklich vereinbarten Regelungen der Ziffern 1 bis 13 des Arbeitsvertrages auf das Arbeitsverhältnis Anwendung finden.

16

b) Es bedarf dabei keiner Auslegung des Klageantrages hinsichtlich der Frage, für welchen Zeitraum der Kläger die wortwörtlich nur gegenwartsbezogene Feststellung über die Anwendbarkeit des TV-L begehrt. Dies ist nicht offensichtlich, weil nach dem bisherigen Prozessvortrag für den Beginn des entsprechenden Zeitraums mehrere in der Vergangenheit liegende Zeitpunkte in Betracht kommen: der Zeitpunkt der Sukzession des BAT durch den TV-L, weiterhin der 1. Januar 2008 als Beginn des Zeitraums, für den der Kläger mit seinen noch erstinstanzlich anhängigen Zahlungsanträgen Vergütung nach Maßgabe des TV-L verlangt, oder der Zeitpunkt zum Ende des von den Zahlungsanträgen noch erfassten Zeitraums. Dabei ist der zuletzt genannte Zeitpunkt zusätzlich deshalb zweifelhaft, weil der Kläger in erster Instanz noch einen Feststellungsantrag angekündigt hat, der die Verpflichtung der Beklagten zur Erhöhung des Bruttoentgelts ab dem 1. Januar 2009 zum Gegenstand hat. Denn der Antrag ist bereits aus anderen Gründen unzulässig.

17

c) Der Klageantrag ist weder hinreichend bestimmt iSd. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO, noch genügt er den Erfordernissen des § 256 Abs. 1 ZPO.

18

aa) Nach § 256 Abs. 1 ZPO kann Klage auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde. Die Feststellungsklage kann sich auf einzelne Beziehungen oder Folgen aus einem Rechtsverhältnis, auf bestimmte Ansprüche oder Verpflichtungen oder auf den Umfang einer Leistungspflicht beschränken - sog. Elementenfeststellungsklage -. Auch die Anwendbarkeit eines bestimmten Tarifvertrages oder Tarifwerks auf ein Arbeitsverhältnis kann Gegenstand einer Feststellungsklage sein (st. Rspr., s. nur BAG 22. Oktober 2008 - 4 AZR 784/07 - Rn. 11 mwN, BAGE 128, 165 ).

19

Auch eine Feststellungsklage muss aber nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruchs sowie einen bestimmten Antrag enthalten. Der Streitgegenstand und der Umfang der gerichtlichen Prüfungs- und Entscheidungsbefugnis müssen klar umrissen sein (BAG 11. November 2009 - 7 AZR 387/08 - Rn. 11, AP ZPO § 253 Nr. 50 = EzA ZPO 2002 § 253 Nr. 3; 19. Februar 2008 - 9 AZR 70/07 - Rn. 16, BAGE 126, 26), so dass die eigentliche Streitfrage mit Rechtskraftwirkung zwischen den Parteien entschieden werden kann (§ 322 ZPO). Bei einer stattgebenden Entscheidung darf keine Unklarheit über den Umfang der Rechtskraft bestehen (BAG 23. Januar 2002 - 4 AZR 461/99 - zu I 1 a der Gründe). Bei einer Feststellungsklage sind grundsätzlich keine geringeren Anforderungen an die Bestimmtheit zu stellen als bei einer Leistungsklage (BAG 22. Oktober 2008 - 4 AZR 735/07 - Rn. 53, AP TVG § 1 Tarifverträge: Chemie Nr. 20).

20

bb) Hiervon ausgehend ist der zuletzt gestellte Feststellungsantrag unzulässig.

21

(1) Die einschränkende Klausel „abgesehen von den im Vertrag vereinbarten Ausnahmen“ steht der hinreichenden Bestimmtheit des Antrages entgegen (vgl. BAG 23. Januar 2002 - 4 AZR 461/99 - zu I 1 a der Gründe und 26. Januar 2011 - 4 AZR 333/09 - Rn. 14, EzTöD 100 TVöD-AT § 2 Bezugnahmeklausel Nr. 30). Da die Einschränkung bereits Teil der Regelung in Ziffer 14 des Arbeitsvertrages ist, um deren Verständnis die Parteien streiten, ist auch keine alternative Formulierung vorstellbar, die zu einer hinreichenden Bestimmtheit des Antrages führen könnte. Bei einer stattgebenden Entscheidung bestünde keine Rechtsklarheit darüber, zu welchen konkreten vertraglichen Bedingungen zwischen der klagenden Partei und der Beklagten jeweils ein Arbeitsverhältnis besteht. Eine stattgebende Entscheidung würde den Streit zwischen den Parteien nicht beenden. Es bliebe offen, welche tarifliche Nachfolgeregelung des TV-L im Zweifel anwendbar sein soll und welche nicht. Jedenfalls können die zwischen den Parteien besonders umstrittenen Entgeltbedingungen gerade nicht durch den Feststellungsantrag geklärt werden, weil sie Teil der vom Feststellungsantrag ausdrücklich nicht erfassten „Ausnahmen“ sind. Im Übrigen gilt nichts anderes für die vom Kläger in der mündlichen Verhandlung angesprochenen Bedingungen der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall, die in Ziffer 10 des Arbeitsvertrages den gesetzlichen Regelungen unterworfen sind und damit ebenfalls zu den vom Feststellungsantrag ausdrücklich nicht erfassten „Ausnahmen“ gehören.

22

(2) Der Kläger hat für seinen Antrag auch nicht das besondere Feststellungsinteresse des § 256 Abs. 1 ZPO.

23

(a) § 256 Abs. 1 ZPO verlangt ein rechtliches Interesse an einer baldigen Feststellung. Zur Erstellung von Rechtsgutachten sind die Gerichte nicht berufen (vgl. BAG 21. Juli 2009 - 9 AZR 279/08 - Rn. 29, AP ZPO 1977 § 256 Nr. 98; 6. Mai 2003 - 1 AZR 340/02 - zu 2 der Gründe, AP ZPO 1977 § 256 Nr. 80; 21. September 1993 - 9 AZR 580/90 - zu I 2 der Gründe, BAGE 74, 201). Das besondere Feststellungsinteresse ist eine in jedem Stadium des Rechtsstreits von Amts wegen zu prüfende Sachurteilsvoraussetzung. Es muss noch in der Revisionsinstanz gegeben sein (vgl. nur BAG 6. Juni 2007 - 4 AZR 411/06 - Rn. 66, BAGE 123, 46; 6. Mai 2003 - 1 AZR 340/02 - zu 1 der Gründe, aaO).

24

(b) Dieses Feststellungsinteresse kann der Kläger nicht für sich beanspruchen. Die von ihm angestrebte Prüfung durch die Gerichte für Arbeitssachen liefe darauf hinaus, ein - in seiner Reichweite unbestimmtes - Rechtsgutachten zu erstatten. Aus dem Klägervortrag geht lediglich hervor, dass zwischen den Parteien konkret die Höhe der Vergütung umstritten ist. Diese ist jedoch - wie dargelegt - nicht von dem Feststellungsantrag des Klägers umfasst. Auch die vom Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat angesprochene Frage der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall führt aus den bereits angesprochenen Gründen nicht zu einer anderen Beurteilung. Es ist schon nicht ersichtlich, ob es insoweit einen gegenwärtigen Streit zwischen den Parteien gibt. Im Übrigen ist auch diese Frage als „Ausnahme“ von Ziffer 14 des Arbeitsvertrages konkret geregelt und deshalb nicht Gegenstand der angestrebten gerichtlichen Feststellung.

25

3. Der Senat ist nicht gehindert, nach § 563 Abs. 3 ZPO selbst zu entscheiden und der Revision mit der Maßgabe stattzugeben, dass die Feststellungsklage unzulässig ist. Eine Aufhebung des Urteils des Landesarbeitsgerichts nach § 562 Abs. 1 ZPO und die Zurückverweisung nach § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht ist nur dann geboten, wenn die klagende Partei nach dem Verfahrensverlauf nicht ausreichend Gelegenheit und Veranlassung gehabt hätte, einen Antrag zu stellen, der den Erfordernissen des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO sowie des § 256 Abs. 1 ZPO entspricht(vgl. BAG 21. April 2010 - 4 AZR 755/08 - Rn. 32 mwN, AP ZPO 1977 § 256 Nr. 101 = EzA ZPO 2002 § 256 Nr. 9; 11. November 2009 - 7 AZR 387/08 - Rn. 16, AP ZPO § 253 Nr. 50 = EzA ZPO 2002 § 253 Nr. 3). Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht gegeben. Auch wenn das Berufungsgericht auf die vorhandenen Mängel der Antragstellung hingewiesen hätte, wäre es der klagenden Partei aus den aufgezeigten strukturellen Gründen nicht möglich gewesen, bei Beibehaltung des Klageziels den in mehrfacher Hinsicht unzulässigen Feststellungsantrag so umzugestalten, dass er zulässig würde.

26

II. Die klagende Partei hat die Kosten der Berufung und der Revision zu tragen, § 91 Abs. 1 ZPO.

        

    Bepler    

        

    Creutzfeldt    

        

    Winter    

        

        

        

    Hannig    

        

    Drechsler    

                 

Tenor

1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Sächsischen Landesarbeitsgerichts vom 29. Oktober 2009 - 6 Sa 333/09 - wird, soweit sie sich gegen die Klageabweisung gegenüber der Beklagten zu 1. richtet, mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Klage insoweit als unzulässig zurückgewiesen wird.

2. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Sächsischen Landesarbeitsgerichts vom 29. Oktober 2009 - 6 Sa 333/09 - aufgehoben, soweit das Landesarbeitsgericht der Berufung der Beklagten zu 2. entsprochen hat. Die Berufung der Beklagten zu 2. wird zurückgewiesen.

3. Von den gerichtlichen Kosten trägt der Kläger fünf Zwölftel und die Beklagte zu 2. sieben Zwölftel. Der Kläger trägt die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1. wegen eines Streitwerts von 19.227,72 Euro in vollem Umfang. Insoweit trägt der Kläger seine außergerichtlichen Kosten selbst. Die außergerichtlichen Kosten des Klägers wegen eines Streitwerts von 26.918,82 Euro trägt die Beklagte zu 2., die ihre außergerichtlichen Kosten selbst trägt.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten darüber, welche tariflichen Regelungen aufgrund arbeitsvertraglicher Bezugnahme auf ihr Arbeitsverhältnis anzuwenden sind.

2

Der Kläger, Mitglied der Gewerkschaft ver.di, ist seit dem 1. Dezember 1990 als Arbeitnehmer bei den Beklagten und ihren Rechtsvorgängern beschäftigt. In dem schriftlichen Arbeitsvertrag vom 24. Juli 1991, der seinerzeit mit der Deutschen Bundespost Telekom geschlossen wurde, heißt es ua.:

        

Für das Arbeitsverhältnis gelten die für das in Art. 3 des Einigungsvertrages genannte Gebiet vereinbarten Bestimmungen des Tarifvertrages für die Angestellten/Arbeiter der Deutschen Bundespost TELEKOM (TV Ang (Ost) bzw. TV Arb (Ost)) und der sonstigen für das genannte Gebiet vereinbarten Tarifverträge für die Angestellten/Arbeiter der Deutschen Bundespost TELEKOM in ihrer jeweiligen Fassung als unmittelbar zwischen den Vertragsparteien vereinbart.“

3

Im Zuge der sog. Postreform II wurden die Geschäftsbereiche der Deutschen Bundespost durch das Gesetz zur Umwandlung der Unternehmen der Deutschen Bundespost in die Rechtsform der Aktiengesellschaft (vom 14. September 1994, BGBl. I S. 2325, 2339 - Postumwandlungsgesetz - PostUmwG) privatisiert. Aus dem Geschäftsbereich, in dem der Kläger tätig gewesen war, entstand nach § 1 Abs. 2 dritter Spiegelstrich PostUmwG die Deutsche Telekom AG(nachfolgend DT AG). Das Arbeitsverhältnis des Klägers wurde zum 1. Januar 1995 gemäß § 21 Abs. 1 dritter Spiegelstrich des Gesetzes zum Personalrecht der Beschäftigten der früheren Deutschen Bundespost(vom 14. September 1994, BGBl. I S. 2325, 2353 - Postpersonalrechtsgesetz - PostPersRG) auf die DT AG übergeleitet.

4

Die DT AG vereinbarte in der Folgezeit mit der Deutschen Postgewerkschaft (DPG) Tarifverträge, die ua. die zuvor zwischen der Deutschen Bundespost und der DPG geschlossenen Tarifverträge für die Arbeiter und Angestellten der Deutschen Bundespost in Ost und West (nachfolgend „TV Arb“ und „TV Ang“) für den Bereich der DT AG abänderten. Eine weitgehende Ablösung der vormals mit der Deutschen Bundespost geschlossenen und auch noch nachfolgend geänderten Tarifverträge erfolgte anlässlich der Einführung des „Neuen Bewertungs- und Bezahlungssystems - NBBS“ zum 1. Juli 2001 in einem gesonderten Übergangstarifvertrag, dem Tarifvertrag zur Umstellung auf das NBBS.

5

Auf das Arbeitsverhältnis des Klägers wurden die jeweiligen für ihn einschlägigen Tarifverträge der Deutschen Bundespost Telekom und später die der DT AG angewendet.

6

Mit Wirkung ab dem 1. September 2007 wurde die Kundenniederlassung Spezial der DT AG, in der der Kläger beschäftigt war, von der Beklagten zu 1., einer Tochtergesellschaft der DT AG, übernommen. Die Beklagte zu 1. wandte auf das infolge Betriebsübergangs auf sie übergegangene Arbeitsverhältnis des Klägers fortan den zwischen ihr und der Gewerkschaft ver.di vereinbarten Tarifvertrag zur Umsetzung des Beschäftigungsbündnisses (Umsetzungs-Tarifvertrag, UTV) in der Fassung vom 1. März 2004 an, der Abweichungen von den Tarifverträgen der DT AG enthält, ua. bei der Arbeitszeit und beim Entgelt.

7

Infolge eines weiteren Betriebsübergangs ging das Arbeitsverhältnis des Klägers - von diesem unwidersprochen - zum 1. Dezember 2008 auf die Beklagte zu 2. über.

8

Mit seiner Klage vom 5. Dezember 2008, die am 8. Dezember 2008 beim Arbeitsgericht eingegangen ist, hat der Kläger die gerichtliche Feststellung angestrebt, dass auf sein Arbeitsverhältnis sowohl im Verhältnis zur Beklagten zu 1. als auch im Verhältnis zur Beklagten zu 2. die Tarifverträge der DT AG mit dem Regelungsbestand vom 31. August 2007 anzuwenden seien. Bei der im Arbeitsvertrag vereinbarten Bezugnahmeklausel handele es sich um eine kleine dynamische Bezugnahme, aufgrund deren das Tarifwerk der Deutschen Bundespost und später dasjenige der DT AG anzuwenden gewesen sei. Daran habe sich nichts geändert, weil eine Tarifwechselklausel nicht vereinbart worden sei. Deshalb habe der UTV nicht die Stelle des Tarifwerks der DT AG eingenommen.

9

Der Kläger hat zuletzt beantragt

        

1.    

festzustellen, dass auf das Arbeitsverhältnis des Klägers zur Beklagten zu 1. die Tarifverträge der Deutschen Telekom AG (Tarifstand 31. August 2007) Anwendung finden,

        

2.    

festzustellen, dass auf das Arbeitsverhältnis des Klägers zur Beklagten zu 2. die Tarifverträge der Deutschen Telekom AG (Tarifstand 31. August 2007) Anwendung finden.

10

In der Revisionsinstanz hat der Kläger unter Hinweis auf einen noch mit der DT AG abgeschlossenen Altersteilzeitvertrag vom 27. November 2006 - für den Zeitraum vom 1. August 2009 bis zum 31. Juli 2015 - hilfsweise beantragt

        

festzustellen, dass auf das Arbeitsverhältnis des Klägers der Altersteilzeittarifvertrag der Deutschen Telekom AG in der jeweils geltenden Fassung anzuwenden ist,

sowie weiterhin hilfsweise beantragt,

        

1.    

Im Wege der Stufenklage:

        

a)    

Die Beklagte zu verurteilen, für den Zeitraum September 2007 bis November 2008 berichtigte Lohnabrechnungen unter Anwendung der Tarifverträge der Deutschen Telekom AG mit Tarifstand 31. August 2007 zu erteilen.

        

b)    

Nach erfolgter Abrechnung die Beklagte zu 1. zu verurteilen, an den Kläger die sich ergebenden Nettobeträge nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus dem jeweiligen Monatsbetrag ab dem jeweiligen 17. des laufenden Monats zu zahlen.

        

c)    

Die Beklagte zu 2. zu verurteilen, für den Zeitraum Dezember 2008 bis Oktober 2011 berichtigte Lohnabrechnungen unter Anwendung der Tarifverträge der Deutschen Telekom AG mit Tarifstand 31. August 2007 zu erteilen.

        

d)    

Nach erfolgter Abrechnung die Beklagte zu 2. zu verurteilen, an den Kläger die sich ergebenden Nettobeträge nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus dem jeweiligen Monatsbetrag ab dem jeweiligen 17. des laufenden Monats zu zahlen.

        

2.    

Die Beklagte zu 1. wird verurteilt, an den Kläger 14.967,96 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 965,40 Euro seit dem 17. September 2007, aus 1.023,80 Euro seit dem 17. Oktober 2007, aus 1.004,39 Euro seit dem 17. November 2007, aus 984,88 Euro seit dem 17. Dezember 2007, aus 1.023,80 Euro seit dem 17. Januar 2008, aus 984,88 Euro seit dem 17. Februar 2008, aus 984,88 Euro seit dem 17. März 2008, aus 1.004,39 Euro seit dem 17. April 2008, aus 1.004,39 Euro seit dem 17. Mai 2008, aus 984,88 Euro seit dem 17. Juni 2008, aus 1.023,80 Euro seit dem 17. Juli 2008, aus 984,88 Euro seit dem 17. August 2008, aus 1.004,39 Euro seit dem 17. September 2008, aus 1.023,80 Euro seit dem 17. Oktober 2008 und aus 965,40 Euro seit dem 17. November 2008 zu zahlen.

11

Die Beklagten haben beantragt, die Klagen abzuweisen.

12

Die Beklagte zu 1. ist der Auffassung, dass die Klage gegen sie bereits wegen des Vorrangs der Leistungsklage unzulässig sei. Es handele sich um eine lediglich vergangenheitsbezogene Feststellungsklage. Das Rechtsverhältnis zu ihr sei wegen des weiteren Betriebsübergangs am 1. Dezember 2008 bei Klageerhebung bereits beendet gewesen.

13

Die Beklagten sind gemeinsam der Auffassung, dass die Klage auch unbegründet ist. Die arbeitsvertragliche Bezugnahmeklausel sei als große dynamische Bezugnahmeklausel auszulegen. Mit dem Betriebsübergang seien die für die DT AG geltenden Tarifbestimmungen durch den bei der Beklagten zu 1. geltenden UTV ersetzt worden. Die Beklagte zu 2. ist der Auffassung, dass bereits wegen beiderseitiger Tarifgebundenheit mit dem Betriebsübergang zur Beklagten zu 1. die für diese geltenden Tarifverträge anzuwenden seien. Der UTV sei zudem bereits Teil des Tarifvertragswerks Beschäftigungsbündnis mit dem Tarifstand 31. August 2007 zwischen der DT AG und ver.di und müsse bereits deshalb Anwendung auf das Arbeitsverhältnis finden. Maßgebend seien die Regelungen bei dem jeweiligen Arbeitgeber. Zudem habe ein Branchenwechsel nicht stattgefunden.

14

Das Arbeitsgericht hat der Feststellungsklage gegen beide Beklagte stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufungen der Beklagten die Klagen abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. Die Beklagten beantragen, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

15

Die insgesamt zulässige Revision des Klägers hat nur hinsichtlich der Klage gegen die Beklagte zu 2. Erfolg. Hinsichtlich der Klage gegen die Beklagte zu 1. ist die Revision unbegründet, wobei der Klageantrag bereits unzulässig ist, weshalb die Revision mit dieser Maßgabe zurückzuweisen ist.

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I. Die Revision des Klägers ist zulässig. Sie ist auch gegenüber der Beklagten zu 2. rechtzeitig eingelegt worden, obwohl diese in der Revisionsschrift nicht ausdrücklich als Revisionsbeklagte genannt ist. In Auslegung der Revisionsschrift unter Einbeziehung des in der Anlage beigefügten Urteils des Landesarbeitsgerichts ergibt sich, dass sich die Revision des Klägers gegen beide Beklagte, also auch gegen die Beklagte zu 2., richtet.

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1. Nach § 549 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 ZPO muss die Revisionsschrift die Angabe der Parteien, des Gerichts, das das angefochtene Urteil erlassen hat, des Verkündungsdatums und des Aktenzeichens enthalten. Nicht jede Ungenauigkeit oder Falschangabe, die eine Revisionsschrift bei einzelnen Angaben enthält, führt jedoch zur Unzulässigkeit des Rechtsmittels. Fehlerhafte oder unvollständige Angaben schaden nicht, wenn aufgrund der sonstigen erkennbaren Umstände für Gericht und Prozessgegner nicht zweifelhaft bleibt, welches Urteil inwieweit angefochten wird. Ob ein solcher Fall gegeben ist, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab (vgl. BAG 19. Mai 2009 - 9 AZR 145/08 - Rn. 22 mwN, AP ATG § 6 Nr. 5; 12. Januar 2005 - 5 AZR 144/04 - zu A I 1 der Gründe mwN, AP BGB § 612 Nr. 69 = EzA BGB 2002 § 612 Nr. 2; BGH 11. Januar 2001 - III ZR 113/00 - mwN, NJW 2001, 1070, 1071; 24. April 2003 - III ZB 94/02 - mwN, NJW 2003, 1950). Dabei darf nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts der Zugang zu den in den Verfahrensordnungen eingeräumten Instanzen aber auch nicht in einer Weise erschwert werden, die aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigen ist (14. Mai 1985 - 1 BvR 370/84 - mwN, BVerfGE 69, 381, 385).

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2. Aus dem Gesamtzusammenhang der Rechtsmitteleinlegung ergibt sich bei der möglichen und gebotenen Auslegung, dass nach dem Willen des Klägers und Revisionsklägers beide im angegriffenen Urteil aufgeführte Beklagten Rechtsmittelgegner sein sollen.

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Die Rechtsmitteleinlegung lässt mit hinreichender Deutlichkeit erkennen, dass die Revision sich nicht nur gegen die in der Revisionsschrift ausdrücklich genannte Beklagte zu 1., sondern auch gegen die Beklagte zu 2. richten soll. Der Revisionsschrift vom 10. Dezember 2009 war eine Urteilsausfertigung beigefügt, aus der sich die konkrete Bezeichnung beider Beklagten ergab. Ausweislich der Revisionsschrift soll dieses Urteil uneingeschränkt angegriffen werden. Der Kläger hat die Revision „gegen das am 29.10.2009 verkündete und am 01.12.2009 zugestellte Urteil“ eingelegt. Eine Beschränkung des Rechtsmittels wird weder formuliert, noch ergeben sich aus dem Verlauf des Revisionsverfahrens Anhaltspunkte dafür. Vielmehr wird deutlich, dass die Revision gegen beide Prozessgegner durchgeführt werden soll.

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II. Die zulässige Revision des Klägers ist jedoch hinsichtlich des gegen die Beklagte zu 1. gerichteten Feststellungsantrages unbegründet, weil die Klage in der Berufungsinstanz im Ergebnis zu Recht abgewiesen wurde. Die weiteren in der Revisionsinstanz gestellten Anträge sind unzulässig.

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1. Die Klage ist hinsichtlich des Feststellungsantrages insoweit allerdings bereits unzulässig, da die Voraussetzungen des § 256 Abs. 1 ZPO nicht erfüllt sind.

22

a) Nach § 256 Abs. 1 ZPO kann Klage auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde. Das besondere Feststellungsinteresse ist eine in jedem Stadium des Rechtsstreits von Amts wegen zu prüfende Sachurteilsvoraussetzung. Es muss noch in der Revisionsinstanz gegeben sein (vgl. nur BAG 6. Juni 2007 - 4 AZR 411/06 - Rn. 66 mwN, BAGE 123, 46).

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Das Feststellungsinteresse fehlt, wenn dem Antragsteller ein einfacherer Weg zur Verfügung steht, um sein Ziel zu erreichen, oder wenn die begehrte Feststellung zu einer abschließenden Klarstellung des Streits nicht geeignet ist (BAG 27. Januar 2004 - 1 ABR 5/03 - zu B III der Gründe mwN, BAGE 109, 227). Das rechtliche Interesse an der Erhebung einer Feststellungsklage ist in der Regel zu verneinen, wenn eine Leistungsklage möglich ist. Allerdings kann auch in diesem Fall ein Feststellungsinteresse statthaft sein, wenn das angestrebte Urteil mit seiner lediglich grundsätzlich klärenden, der Vollstreckung nicht zugänglichen Wirkung geeignet ist, den Konflikt der Parteien endgültig zu lösen und weitere Prozesse zwischen ihnen zu verhindern (BAG 21. Mai 1992 - 6 AZR 187/91 - zu II 2 der Gründe; 28. September 2005 - 5 AZR 181/04 - zu I 4 der Gründe; 21. April 2010 - 4 AZR 755/08 - Rn. 21, AP ZPO 1977 § 256 Nr. 101 = EzA ZPO 2002 § 256 Nr. 9).

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§ 256 Abs. 1 ZPO verlangt zudem ein rechtliches Interesse an einer alsbaldigen Feststellung. Erforderlich ist grundsätzlich, dass es sich um ein gegenwärtiges Rechtsverhältnis handelt. Wird ein Antrag auf Feststellung eines vergangenen Rechtsverhältnisses gerichtet, ist er nur zulässig, wenn sich aus der Entscheidung noch Rechtsfolgen für die Zukunft ergeben (vgl. ua. BAG 20. April 1999 - 1 ABR 13/98 - zu B I 1 c aa der Gründe, BAGE 91, 235; 19. Juni 2001 - 1 AZR 463/00 - zu I 1 a der Gründe, BAGE 98, 76; 19. Februar 2003 - 4 AZR 708/01 - zu I 1 der Gründe; weiterhin 5. November 2003 - 4 AZR 632/02 - zu I 2 a der Gründe, BAGE 108, 224).

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b) Dem Kläger fehlt für seinen Antrag gegenüber der Beklagten zu 1. von Prozessbeginn an bereits deshalb das notwendige besondere Feststellungsinteresse, weil wegen des Betriebsübergangs vom 1. Dezember 2008 auf die Beklagte zu 2. kein Arbeitsverhältnis mehr zwischen ihm und der Beklagten zu 1. bestand. Damit wurde bereits bei Klageeinreichung die Feststellung eines ausschließlich in der Vergangenheit liegenden Rechtsverhältnisses angestrebt. Unter diesen Umständen gilt vorliegend der Vorrang der Leistungsklage für die im Raum stehenden höheren Vergütungsansprüche. Dass eine solche auch tatsächlich möglich gewesen wäre, zeigt bereits der in der Revisionsinstanz hilfsweise gestellte Antrag zu 2. Eine nur auf die Vergangenheit bezogene gerichtliche Feststellung allein hat keine konfliktbereinigende Wirkung. Sie kann weitere gerichtliche Auseinandersetzungen, von deren Notwendigkeit die Prozessparteien übereinstimmend ausgehen, nicht verhindern.

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2. Die in der Revisionsinstanz erstmals hilfsweise angekündigten Anträge des Klägers gegenüber der Beklagten zu 1. - das sind bei deren verständiger Würdigung die Hilfsanträge zu 1. a und b, der Hilfsantrag zu 2. sowie der auf den Altersteilzeittarifvertrag bezogene Hilfsantrag - sind unzulässig, weil es sich dabei um eine Einführung neuer, klageändernder Sachanträge handelt, die teilweise mit neuem Tatsachenvortrag verbunden sind. Diese kann der Senat nicht berücksichtigen (vgl. statt aller BAG 15. Juli 2008 - 3 AZR 172/07 - Rn. 24, AP ZPO § 253 Nr. 48; 18. November 2009 - 4 AZR 491/08 - Rn. 10, BAGE 132, 268).

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III. Die zulässige Revision des Klägers ist hinsichtlich der Klage gegen die Beklagte zu 2. begründet, weil die Klage in der Berufungsinstanz zu Unrecht abgewiesen wurde. Die Klage ist zulässig und entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts auch begründet. Damit fallen die Hilfsanträge insoweit nicht zur Entscheidung an.

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1. Die Begründetheit der Revision ergibt sich, was die Klage gegen die Beklagte zu 2. angeht, entgegen der Auffassung des Klägers nicht daraus, dass die Beklagte zu 2. bei der Einlegung und Durchführung der Berufung nicht ordnungsgemäß vertreten gewesen wäre, so dass deren Berufung als unzulässig hätte zurückgewiesen werden müssen. Der Kläger hat sich hierfür zu Unrecht darauf gestützt, der Prozessbevollmächtigte der Beklagten zu 2. sei zwar zugelassener Rechtsanwalt, jedoch zumindest zeitweise gleichzeitig auch Personalleiter und zeitweise auch „Director Human Resources“ der Beklagten zu 2. gewesen. Es kann dahinstehen, ob dieser Einwand des Klägers materiell richtig ist. Er kann jedenfalls nur von der Partei geltend gemacht werden, um deren Vertretung es geht. Die gesetzlichen Vorschriften über die Vertretung einer Partei im Prozess dienen nur deren Schutz. Allein sie soll davor geschützt werden, dass sie ihre prozessualen Rechte nicht wahrnehmen konnte, weil sie nicht gesetzlich vertreten war. Im Übrigen ist Rechtsfolge eines Verstoßes gegen das Verbot aus § 46 Abs. 1 BRAO auch nur die Unwirksamkeit des Rechtsanwaltsvertrages und nicht die Unwirksamkeit der von dem Prozessbevollmächtigten vorgenommenen Prozesshandlungen. Soweit der Prozessbevollmächtigte die Prozesshandlungen - wie vorliegend - nach außen erkennbar in seiner Eigenschaft als Rechtsanwalt und nicht als Angestellter einer Partei wahrgenommen hat, sind sie wirksam (vgl. ausf. BAG 9. September 2010 - 4 AZN 354/10 - Rn. 9 ff. mwN, AP ArbGG 1979 § 72a Nr. 73 = EzA ArbGG 1979 § 72 Nr. 42).

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2. Der Feststellungsantrag ist zulässig.

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a) Der gegen die Beklagte zu 2. gerichtete Feststellungsantrag bedarf der Auslegung.

31

aa) Er ist, obwohl er nach seinem Wortlaut nur gegenwartsbezogen formuliert ist, dahingehend zu verstehen, dass der Kläger die Anwendbarkeit der im Antrag genannten Tarifverträge im Grundsatz ab dem Zeitpunkt des ersten Betriebsübergangs, dem 1. September 2007, und im Verhältnis zur Beklagten zu 2. ab dem Zeitpunkt des zweiten Betriebsübergangs am 1. Dezember 2008 festgestellt wissen will. Das ergibt sich aus dem Vorbringen des Klägers. Der Kläger hat bereits mit seinem Geltendmachungsschreiben die Anwendbarkeit der vormals bei der DT AG bestehenden Tarifverträge mit dem Regelungsbestand, der bei Ablauf des 31. August 2007 bestand, angemahnt. Ein entsprechendes Verständnis seines Antrages ergibt sich auch aus seinem gesamten Prozessvortrag im Übrigen.

32

bb) Der Feststellungsantrag ist weiterhin darauf gerichtet, dass der Kläger festgestellt wissen will, dass die Regelungen der Tarifverträge der DT AG mit dem Regelungsbestand vom 31. August 2007 nach Maßgabe des Günstigkeitsprinzips gem. § 4 Abs. 3 TVG neben den für ihn ehemals nach § 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 TVG unmittelbar und zwingend geltenden Regelungen der von der Beklagten zu 1. geschlossenen Haustarifverträge, die mit dem Betriebsübergang zur tarifungebundenen Beklagten zu 2. als nach § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB transformierten Normen, die ihren kollektiv-rechtlichen Charakter beibehalten(ausf. BAG 22. April 2009 - 4 AZR 100/08 - Rn. 61 ff., BAGE 130, 237; vgl. auch 6. Juli 2011 - 4 AZR 706/09 - Rn. 56), ebenfalls dem Günstigkeitsvergleich unterliegen (dazu BAG 22. April 2009 - 4 AZR 100/08 - Rn. 30, aaO; 24. Februar 2010 - 4 AZR 691/08 - Rn. 45, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 75 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 47), auf sein Arbeitsverhältnis anzuwenden sind.

33

b) Mit diesem Inhalt ist der gegen die Beklagte zu 2. gerichtete Antrag zulässig.

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aa) Nach § 256 Abs. 1 ZPO kann die gerichtliche Feststellung des Bestehens eines Rechtsverhältnisses beantragt werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse an einer entsprechenden alsbaldigen richterlichen Entscheidung hat. Rechtsverhältnis iSv. § 256 Abs. 1 ZPO ist jedes durch die Herrschaft einer Rechtsnorm über einen konkreten Sachverhalt entstandene rechtliche Verhältnis einer Person zu einer anderen Person oder zu einer Sache. Eine Feststellungsklage kann sich auf einzelne Beziehungen oder Folgen aus einem Rechtsverhältnis, auf bestimmte Ansprüche oder Verpflichtungen oder auf den Umfang einer Leistungspflicht beschränken - sog. Elementenfeststellungsklage -. Auch die Anwendbarkeit eines bestimmten Tarifvertrages oder Tarifwerks auf ein Arbeitsverhältnis kann Gegenstand einer Feststellungsklage sein (st. Rspr., etwa BAG 26. Januar 2011 - 4 AZR 333/09 - Rn. 12; 22. Oktober 2008 - 4 AZR 784/07 - Rn. 11 mwN, BAGE 128, 165). Mit dem in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vom Kläger klargestellten Feststellungsbegehren kann der Streit der Parteien, ob auch die Tarifverträge der DT AG auf das zwischen ihnen bestehende Arbeitsverhältnis anzuwenden sind, bereinigt werden.

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bb) Der Antrag ist hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.

36

(1) Gem. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO muss die Klageschrift die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruchs sowie einen bestimmten Antrag enthalten. Der Streitgegenstand und der Umfang der gerichtlichen Prüfungs- und Entscheidungsbefugnis müssen klar umrissen sein (BAG 11. November 2009 - 7 AZR 387/08 - Rn. 11, AP ZPO § 253 Nr. 50 = EzA ZPO 2002 § 253 Nr. 3; 19. Februar 2008 - 9 AZR 70/07 - Rn. 16, BAGE 126, 26), so dass der Rahmen der gerichtlichen Entscheidungsbefugnis (§ 308 ZPO) keinem Zweifel unterliegt und die eigentliche Streitfrage mit Rechtskraftwirkung zwischen den Parteien entschieden werden kann (§ 322 ZPO). Es muss zuverlässig feststellbar sein, worüber das Gericht entschieden hat. Bei einer stattgebenden Entscheidung darf keine Unklarheit über den Umfang der Rechtskraft bestehen. Bei einer Feststellungsklage sind grundsätzlich keine geringeren Anforderungen an die Bestimmtheit zu stellen als bei einer Leistungsklage (BAG 22. Oktober 2008 - 4 AZR 735/07 - Rn. 53, AP TVG § 1 Tarifverträge: Chemie Nr. 20).

37

(2) Danach ist der gegen die Beklagte zu 2. gerichtete Feststellungsantrag hinreichend bestimmt. Der Kläger ist nicht gehalten, diejenigen tariflichen Regelungsbereiche der Tarifverträge der DT AG zu benennen, die günstiger iSd. § 4 Abs. 3 TVG sind als die Bestimmungen des UTV, die ihren kollektiv-rechtlichen Charakter beibehalten haben und weiterhin dem Günstigkeitsvergleich unterliegen. Der Kläger will die Anwendbarkeit der Tarifverträge der DT AG als vertraglicher Inhalt des Arbeitsverhältnisses festgestellt wissen, weil sie nach seiner Auffassung von der Bezugnahmeklausel in seinem Arbeitsvertrag vom 24. Juli 1991 erfasst sind. Genau das ist zwischen den Parteien umstritten. Dass daneben der von der Beklagten zu 1. geschlossene UTV für das Arbeitsverhältnis gilt, wird vom Kläger ebenso wenig in Abrede gestellt wie der Umstand, dass die vertraglichen Rechte und Pflichten nur in den durch das Günstigkeitsprinzip, § 4 Abs. 3 TVG, vorgezeichneten Grenzen zum Tragen kommen. Schließlich besteht zwischen den Parteien auch kein Streit darüber, welche Tarifverträge der DT AG von dem Feststellungsantrag erfasst sein sollen.

38

cc) Dem Kläger steht weiterhin das erforderliche Feststellungsinteresse zu.

39

(1) Eine Feststellungsklage setzt nach § 256 Abs. 1 ZPO ein rechtliches Interesse des Klägers voraus, dass das Rechtsverhältnis durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde. Dieses besondere Feststellungsinteresse muss als Sachurteilsvoraussetzung in jeder Lage des Verfahrens, auch noch in der Revisionsinstanz gegeben sein. Sein Vorliegen ist von Amts wegen zu prüfen (st. Rspr., etwa BAG 17. Oktober 2007 - 4 AZR 1005/06 - Rn. 14, BAGE 124, 240). Die Rechtskraft der Entscheidung muss weitere gerichtliche Auseinandersetzungen über die zwischen den Parteien strittigen Fragen um denselben Fragenkomplex ausschließen (st. Rspr., etwa BAG 2 9. November 2001 - 4 AZR 757/00 - zu I 2 b der Gründe, BAGE 100, 43; 21. April 2010 - 4 AZR 755/08 - Rn. 21 mwN, AP ZPO 1977 § 256 Nr. 101 = EzA ZPO 2002 § 256 Nr. 9).

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(2) Hiervon ausgehend ist das erforderliche Feststellungsinteresse gegeben.

41

(a) Mit der Entscheidung, ob ein Tarifwerk auf das Arbeitsverhältnis der Parteien kraft vertraglicher Bezugnahme anzuwenden ist, werden eine Vielzahl von Einzelfragen dem Streit der Parteien entzogen, die sich daran knüpfen, ob überhaupt die Tarifverträge der DT AG auf das Arbeitsverhältnis anzuwenden sind, und es können Leistungsklagen über einzelne Tarifregelungen - vorliegend vor allem über die Hauptleistungspflichten, also den Umfang der nach den Tarifverträgen der DT AG und dem UTV unterschiedlich geregelten wöchentlichen Arbeitszeit, sowie die Frage, welche der unterschiedlichen Entgelttabellen maßgebend sind - vermieden werden. Das rechtfertigt die Annahme eines rechtlichen Interesses (BAG 20. März 1991 - 4 AZR 455/90 - zu A der Gründe, BAGE 67, 330; anders im Rechtsstreit 26. Januar 2011 - 4 AZR 333/09 - Rn. 15, in dem insbesondere die gesamte und allein umstrittene Entgeltregelung sowie die Arbeitszeitfestlegungen ungeklärt geblieben wären sowie in 21. April 2010 - 4 AZR 755/08 - Rn. 23 ff., AP ZPO 1977 § 256 Nr. 101 = EzA ZPO 2002 § 256 Nr. 9 ). Hierfür sprechen auch dann prozessökonomische Gründe (BAG 2. Oktober 1990 - 4 AZR 106/90 - BAGE 66, 95), wenn es nachfolgend doch noch zu Rechtsstreitigkeiten darüber kommen sollte, ob für einzelne Rechte und Pflichten die Tarifverträge der DT AG als günstigere einzelvertragliche Regelung anwendbar sind oder sie durch die Regelungen des UTV verdrängt werden. Zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 2. wird auch insoweit jedenfalls im Grundsatz und auch zukunftsbezogen geklärt, dass auch die Tarifverträge der DT AG anwendbar sind (vgl. auch BAG 22. Juni 1977 - 5 AZR 753/75 - zu I 2 der Gründe, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 22 = EzA BGB § 611 Arbeitnehmerbegriff Nr. 14). Der Kläger ist daher nicht gehalten, eine Vielzahl von Leistungsklagen zu erheben, um die Anwendbarkeit einzelner tariflicher Regelungsbereiche, ggf. verbunden mit einer Zwischenfeststellungsklage nach § 256 Abs. 2 ZPO, klären zu lassen.

42

(b) Schließlich entfällt das Feststellungsinteresse auch nicht deshalb, weil nicht festgestellt werden könnte, ob die tariflichen Regelungen der DT AG günstiger sind. Die im Verhältnis zum UTV günstigeren Regelungskomplexe können im Wege des Sachgruppenvergleichs (st. Rspr., etwa BAG 1. Juli 2009 - 4 AZR 261/08 - Rn. 60 mwN, BAGE 131, 176) ermittelt werden.

43

3. Wie der Senat bereits am 6. Juli 2011 in seinen Urteilen zu im Grundsatz gleich gelagerten Rechtsstreitigkeiten, auf die zugleich insgesamt verwiesen wird (ua. - 4 AZR 706/09 - und - 4 AZR 494/09 -), im Einzelnen begründet hat, kann der Kläger auch vorliegend verlangen, dass auf sein Arbeitsverhältnis weiterhin die Tarifverträge der DT AG - Tarifstand 31. August 2007 - als einzelvertraglich vereinbarte Regelungen anzuwenden sind. Seine hierauf gerichtete Feststellungsklage gegen die Beklagte zu 2. ist deshalb begründet. Die Tarifverträge der DT AG sind kraft arbeitsvertraglicher Bezugnahme auf das Arbeitsverhältnis der Parteien mit dem tariflichen Regelungsbestand vom 31. August 2007, dem Tag vor dem Betriebsübergang auf die Beklagte zu 1., anzuwenden. Das ergibt eine ergänzende Auslegung der vereinbarten Bezugnahmeklausel, bei der es sich um eine sog. Gleichstellungsabrede iSd. früheren Senatsrechtsprechung handelt. Diese erfasst allerdings nicht den von der Beklagten zu 1. geschlossenen Haustarifvertrag UTV, weil sie auch im Wege einer ergänzenden Vertragsauslegung weder als Tarifwechselklausel noch als eine Bezugnahmeklausel verstanden werden kann, die jedenfalls auf die im Konzern der DT AG für die einzelnen Konzernunternehmen jeweils einschlägigen Tarifverträge verweist. Der Betriebsübergang auf die Beklagte zu 2. am 1. Dezember 2008 hat hieran nichts geändert. Die Anwendung der Tarifverträge der DT AG kraft arbeitsvertraglicher Bezugnahme gehört zu den Rechten und Pflichten, in die die Beklagte zu 2. als Erwerberin des Betriebes nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB eingetreten ist.

44

a) Das Landesarbeitsgericht ist davon ausgegangen, dass die arbeitsvertragliche Regelung vor dem Hintergrund der bis zum 31. August 2007 von den Arbeitsvertragsparteien ohne Widerspruch des Klägers geübten Praxis ergänzend dahin auszulegen sei, dass auch die im Unternehmen der Beklagten zu 1. geltenden Tarifverträge in Bezug genommen worden sind. Die Beklagte zu 1. sei eine Fortentwicklung der Deutschen Bundespost Telekom und stelle sich insoweit als Teil des ursprünglichen Arbeitgebers dar, dessen Tarifverträge die Arbeitsvertragsparteien zur Anwendung bringen wollten. Der nunmehr im Rahmen des Teilbetriebsübergangs vollzogene Tarifwechsel sei damit bereits in der arbeitsvertraglichen Regelung angelegt, die ja selbst nach der Ansicht des Klägers in seinem Arbeitsverhältnis mit der DT AG zur Anwendung deren tarifvertraglicher Regelungen geführt habe.

45

b) Diese Auffassung trägt nicht.

46

aa) Bei der Bezugnahmeregelung auf die Tarifverträge der Deutschen Bundespost Telekom in dem 1991 geschlossenen Arbeitsvertrag handelt es sich um eine sog. Gleichstellungsabrede iSd. früheren, erst für ab dem 1. Januar 2002 geschlossene Arbeitsverträge nicht mehr anwendbaren Senatsrechtsprechung (vgl. näher 6. Juli 2011 - 4 AZR 706/09 - Rn. 18 mwN). Danach verweist die Bezugnahmeklausel des Arbeitsvertrages als Gleichstellungsabrede auf die fachlich einschlägigen Tarifverträge, an die die damalige Arbeitgeberin tarifgebunden war. Auf diese Weise sind deren Regelungen mit der sich aus dem Charakter als Gleichstellungsabrede ergebenden Maßgabe Inhalt des Arbeitsvertrages des Klägers geworden.

47

bb) Nach dem Arbeitsvertrag ist für das Arbeitsverhältnis die Anwendung der Bestimmungen des Tarifvertrages für die Angestellten/Arbeiter der Deutschen Bundespost Telekom - TV Ang (Ost) bzw. TV Arb (Ost) - und der sonstigen für das in Art. 3 des Einigungsvertrages genannte Gebiet vereinbarten Tarifverträge für die Angestellten/Arbeiter der Deutschen Bundespost Telekom in ihrer jeweiligen Fassung vereinbart. Diese Abrede enthält eine dynamische Bezugnahme auf die genannten Tarifverträge der Deutschen Bundespost Telekom.

48

(1) Bei dem zwischen den Parteien bestehenden Arbeitsvertrag handelt es sich um einen Formularvertrag, dessen Inhalt als Allgemeine Geschäftsbedingung nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen ist, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind. Ansatzpunkt für die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der Vertragswortlaut. Von Bedeutung für das Auslegungsergebnis sind ferner der von den Vertragsparteien verfolgte Regelungszweck sowie die der jeweils anderen Seite erkennbare Interessenlage der Beteiligten ( BAG 19. Mai 2010 - 4 AZR 796/08 - Rn. 15, BAGE 134, 283; 16. Dezember 2009 - 5 AZR 888/08 - Rn. 12, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 73 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 44 ). Die Auslegung durch das Landesarbeitsgericht kann vom Revisionsgericht ohne Einschränkung überprüft werden (st. Rspr., vgl. nur BAG 30. August 2000 - 4 AZR 581/99 - zu I 1 b der Gründe mwN, BAGE 95, 296). Dies gilt auch für Bezugnahmeklauseln (BAG 19. Mai 2010 - 4 AZR 796/08 - aaO; 18. April 2007 - 4 AZR 652/05 - Rn. 24, BAGE 122, 74).

49

(2) Danach enthält der Arbeitsvertrag eine zeitdynamische Bezugnahme auf die jeweiligen Regelungen des TV Ang (Ost) sowie des TV Arb (Ost) einschließlich der hierzu geschlossenen Zusatztarifverträge, die aber nicht inhaltsdynamisch ausgestaltet ist.

50

(a) Im Arbeitsvertrag knüpfen die Parteien hinsichtlich der Arbeitsbedingungen an die für das in Art. 3 des Einigungsvertrages genannte Gebiet tariflich vereinbarten Regelungen für die Angestellten/Arbeiter im Bereich der damaligen Deutschen Bundespost Telekom an und gestalten sie zeitdynamisch. Davon gehen die Parteien übereinstimmend aus und dem entsprach auch die arbeitsvertragliche Praxis. Damit wollte die Deutsche Bundespost Telekom in ihren Betrieben das für sie geltende Tarifwerk anwenden und die dort stattfindende tarifliche Entwicklung auch in den Arbeitsverhältnissen der nicht tarifgebundenen Arbeitnehmer nachvollziehen.

51

(b) Die Bezugnahme erfasst von ihrem Wortlaut her jedenfalls nicht die den TV Ang (Ost) und den TV Arb (Ost) sowie deren Zusatztarifverträge ersetzenden Tarifverträge der DT AG im Zuge der Vereinbarung der Tarifverträge des NBBS. Diese sind keine „jeweilige Fassung“ des TV Ang (Ost) und des TV Arb (Ost) und der sie ergänzenden oder ändernden Tarifverträge und wurden zudem nicht von der Deutschen Bundespost Telekom, sondern von dem Nachfolgeunternehmen DT AG geschlossen. Der Arbeitsvertrag ist hinsichtlich der Bezugnahme nur zeitdynamisch auf den TV Ang (Ost) und den TV Arb (Ost), nicht aber inhaltsdynamisch auf die Tarifverträge der DT AG ausgestaltet (s. auch BAG 19. Mai 2010 - 4 AZR 796/08 - Rn. 18, BAGE 134, 283; 10. Juni 2009 - 4 AZR 194/08 - Rn. 38, AP BGB § 157 Nr. 38; jeweils zum BAT). Ob die von der DT AG und der DPG seit Beginn des Jahres 1995 geschlossenen Tarifverträge, die den TV Ang (Ost) und den TV Arb (Ost) und die Zusatztarifverträge für den Bereich der DT AG änderten und ergänzten, noch ohne weiteres von der Bezugnahmeregelung erfasst waren, obwohl sie auf Arbeitgeberseite von der DT AG und nicht von der Deutschen Bundespost Telekom geschlossen worden waren, muss der Senat vorliegend nicht entscheiden.

52

cc) Die Anwendbarkeit der Regelungen der vom Kläger angeführten Tarifverträge mit dem Regelungsstand vom 31. August 2007 ergibt sich jedenfalls aufgrund einer ergänzenden Auslegung der im Arbeitsvertrag enthaltenen Bezugnahmeklausel in Form einer sog. Gleichstellungsabrede. Der Arbeitsvertrag der Parteien enthält aufgrund des Übergangs der Deutschen Bundespost Telekom im Wege der Rechtsnachfolge nach § 2 PostUmwG auf die DT AG zum 1. Januar 1995 und durch die Ablösung der fortgeschriebenen Regelungen des TV Ang (Ost) und des TV Arb (Ost) und der sie ergänzenden Tarifverträge durch die Einführung des NBBS und der in diesem Zusammenhang geschlossenen Tarifverträge jedenfalls spätestens seit dem 1. Juli 2001 eine nachträglich eingetretene Regelungslücke, die im Wege einer zulässigen ergänzenden Vertragsauslegung zu schließen ist.

53

(1) Der Arbeitsvertrag ist, weil er nachträglich lückenhaft geworden ist, einer ergänzenden Vertragsauslegung zugänglich.

54

(a) Voraussetzung der ergänzenden Vertragsauslegung ist, dass die Vereinbarung eine Regelungslücke iSe. planwidrigen Unvollständigkeit aufweist (BAG 9. Dezember 2008 - 3 AZR 431/07 - Rn. 25; 21. April 2009 - 3 AZR 640/07 - Rn. 33, BAGE 130, 202). Eine Regelungslücke liegt dabei nur vor, wenn die Parteien einen Punkt übersehen oder zwar nicht übersehen, aber doch bewusst offengelassen haben, weil sie ihn im Zeitpunkt des Vertragsschlusses für nicht regelungsbedürftig gehalten haben, und die Annahme der fehlenden Regelungsbedürftigkeit sich nachträglich als unzutreffend herausstellt. Von einer Planwidrigkeit kann nur die Rede sein, wenn der Vertrag eine Bestimmung vermissen lässt, die erforderlich ist, um den ihm zugrunde liegenden Regelungsplan zu verwirklichen, mithin ohne Vervollständigung des Vertrages eine diesem einvernehmlichen Regelungsplan angemessene, interessengerechte Lösung nicht zu erzielen ist (BAG 19. Mai 2010 - 4 AZR 796/08 - Rn. 23 mwN, BAGE 134, 283; 21. April 2009 - 3 AZR 640/07 - aaO).

55

(b) Danach ist die Bezugnahme im Arbeitsvertrag lückenhaft. Aus der dynamischen Ausgestaltung der Bezugnahme auf das jeweils geltende tarifliche Regelungswerk für die Angestellten/Arbeiter der Deutschen Bundespost Telekom ergibt sich der Wille der Parteien, die Arbeitsbedingungen nicht in einer bestimmten Weise festzuschreiben, sondern sie - dynamisch - an der Tarifentwicklung im Bereich der Deutschen Bundespost Telekom auszurichten. Das Arbeitsverhältnis wird in seiner Entwicklung an diejenigen Arbeitsbedingungen gebunden, die für die Arbeitnehmer gelten, die von den in Bezug genommenen Tarifverträgen erfasst werden.

56

Die Parteien haben allerdings, wie übereinstimmend vorgetragen worden ist, bei Abschluss des Arbeitsvertrages nicht bedacht, dass die Deutsche Bundespost Telekom privatisiert und im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf eine rechtlich selbständige Aktiengesellschaft übergeht und infolgedessen der TV Ang (Ost) und der TV Arb (Ost) weder durch die ehemalige Deutsche Bundespost noch durch die Deutsche Bundespost Telekom fortgeführt werden könnten, weshalb für diesen Fall eine Regelung im Arbeitsvertrag fehlt. Durch die Ersetzung des tariflichen Regelungswerks für die Arbeitnehmer der Deutschen Bundespost Telekom bei der DT AG zum 1. Juli 2001 durch das neue Tarifwerk im Rahmen des NBBS war der bestehende Vertrag spätestens seit dem 1. Juli 2001 lückenhaft geworden. Die Tarifverträge, die im Rahmen des NBBS geschlossen wurden, werden von der Bezugnahmeklausel nicht mehr erfasst.

57

(2) Eine nachträglich entstandene Regelungslücke ist im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung zu schließen. Diese ergibt, dass die Parteien die für den Kläger einschlägigen Tarifverträge der DT AG vereinbart hätten. Ob der Kläger und die DT AG durch ihre Vertragspraxis nach dem 1. Juli 2001 bis zum Betriebsübergang auf die Beklagte zu 1. im weiteren Verlauf des Arbeitsverhältnisses konkludent die Bezugnahmeklausel dahingehend abgeändert haben, es sollen die Tarifverträge der DT AG zur Anwendung kommen, muss, auch wenn vieles hierfür spricht, daher nicht abschließend entschieden werden (dazu etwa BAG 24. September 2008 - 6 AZR 76/07 - Rn. 25, BAGE 128, 73), da sich deren Anwendbarkeit jedenfalls infolge einer ergänzenden Vertragsauslegung ergibt.

58

(a) Im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung tritt an die Stelle der lückenhaften Klausel diejenige Gestaltung, die die Parteien bei einer angemessenen Abwägung der beiderseitigen Interessen nach Treu und Glauben als redliche Vertragsparteien vereinbart hätten, wenn ihnen die Unwirksamkeit der Geschäftsbedingung bekannt gewesen wäre (st. Rspr., etwa BAG 19. Mai 2010 - 4 AZR 796/08 - Rn. 31, BAGE 134, 283; 16. Dezember 2009 - 5 AZR 888/08 - Rn. 22, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 73 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 44 ; 25. April 2007 - 5 AZR 627/06 - Rn. 26, BAGE 122, 182). Die ergänzende Vertragsauslegung im Bereich der Allgemeinen Geschäftsbedingungen hat sich zu orientieren an einem objektiv-generalisierenden, am Willen und Interesse der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise ausgerichteten Maßstab und nicht nur an dem der konkret beteiligten Personen (BGH 7. März 1989 - KZR 15/87 - zu II 1 der Gründe mwN, BGHZ 107, 273). Die Vertragsergänzung muss deshalb für den betroffenen Vertragstyp als allgemeine Lösung eines stets wiederkehrenden Interessengegensatzes angemessen sein. Maßgebender Zeitpunkt für die Feststellung und Bewertung des mutmaßlichen typisierten Parteiwillens und der Interessenlage ist der Zeitpunkt des Vertragsschlusses, da die ergänzende Vertragsauslegung eine anfängliche Regelungslücke rückwirkend schließt (BAG 19. Mai 2010 - 4 AZR 796/08 - aaO; BGH 12. Oktober 2005 - IV ZR 162/03 - zu B IV 1 b der Gründe, BGHZ 164, 297). Das gilt auch, wenn eine Lücke sich erst nachträglich als Folge des weiteren Verlaufs der Dinge ergeben hat (BGH 6. Juli 1989 - III ZR 35/88 - zu II 4 a der Gründe, NJW-RR 1989, 1490). Zunächst ist hierfür an den Vertrag selbst anzuknüpfen, denn die in ihm enthaltenen Regelungen und Wertungen, sein Sinn und Zweck sind Ausgangspunkt der Vertragsergänzung. Soweit irgend möglich, sind danach Lücken im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung in der Weise auszufüllen, dass die Grundzüge des konkreten Vertrages „zu Ende gedacht“ werden (BGH 20. September 1993 - II ZR 104/92 - zu 2 der Gründe, BGHZ 123, 281).

59

(b) Ausgehend von diesen Maßstäben hätten die Parteien redlicherweise für den Fall des Wegfalls der ursprünglichen Tarifvertragspartei Deutsche Bundespost Telekom auf Arbeitgeberseite infolge der Postreform II und der damit verbundenen Gesamtrechtsnachfolge auf die DT AG sowie der sich nachfolgend insoweit vollziehenden Ablösung der Tarifverträge der Deutschen Bundespost Telekom durch das tarifliche Regelungswerk der DT AG dessen arbeitsvertragliche Bezugnahme vereinbart, weil eine statische Regelung der Arbeitsbedingungen nach dem TV Ang (Ost) und dem TV Arb (Ost) und den jeweiligen Zusatztarifverträgen, sei es in dem Regelungsbestand zum Jahreswechsel 1995 oder zum 1. Juli 2001, nicht ihren Interessen entsprach.

60

Zwar handelt es sich bei der Ersetzung des TV Ang (Ost) und des TV Arb (Ost) durch das Tarifwerk der DT AG nicht um eine von den denselben Tarifvertragsparteien vereinbarte Tarifsukzession innerhalb des Geltungsbereichs des bisherigen Tarifvertrages, wie es etwa im Bereich des öffentlichen Dienstes durch die weitgehende Ersetzung des BAT durch die Nachfolgetarifverträge der Fall gewesen ist (dazu ausf. BAG 22. April 2009 - 4 ABR 14/08 - Rn. 24 ff. mwN, BAGE 130, 286). Das würde nicht berücksichtigen, dass es nicht nur zu einer Ablösung des TV Ang (Ost) und des TV Arb (Ost) sowie der sie ändernden und ergänzenden Tarifverträge gekommen ist, sondern auch zu einer partiellen Gesamtrechtsnachfolge in Bezug auf die ursprüngliche Tarifvertragspartei „Deutsche Bundespost Telekom“, die im weiteren Verlauf drei voneinander differierende Tarifvertragswerke in den Unternehmen DT AG, Deutsche Post AG und Deutsche Postbank AG hervorgebracht hat.

61

Für den Kläger, der in dem Unternehmensbereich Deutsche Bundespost Telekom tätig gewesen ist, der später auf die DT AG übergegangen ist, ist davon auszugehen, dass die Arbeitsvertragsparteien in diesem Fall einer Gesamtrechtsnachfolge unter Wegfall der ursprünglichen Tarifvertragspartei die für den Tätigkeitsbereich des Klägers vereinbarten tarifvertraglichen Nachfolgeregelungen in Bezug genommen hätten. Dies sind die Tarifverträge der DT AG. Dem entspricht auch die Vertragspraxis der damaligen Arbeitsvertragsparteien - des Klägers und der DT AG -, die bis zum Betriebsübergang im Jahre 2007 stets dieses Tarifwerk angewendet haben.

62

dd) Infolge des Betriebsübergangs auf die Beklagte zu 1. und danach auf die Beklagte zu 2. hat sich an dieser Rechtslage nichts geändert. Die so begründeten, aus dem in Bezug genommenen Tarifwerk herrührenden individualvertraglichen Rechte und Pflichten wurden nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB Inhalt des Arbeitsverhältnisses mit den Beklagten als aufeinanderfolgende Erwerberinnen(vgl. BAG 17. November 2010 - 4 AZR 391/09 - Rn. 19, AP BGB § 613a Nr. 391 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 51; 19. März 2003 - 4 AZR 331/02 - BAGE 105, 284; 26. September 2001 - 4 AZR 544/00 - BAGE 99, 120), und zwar, weil es sich um eine Gleichstellungsabrede handelt, mit dem tariflichen Regelungsbestand vom 31. August 2007. Die Bezugnahme erstreckt sich dagegen nicht auf den von der Beklagten zu 1. geschlossenen UTV.

63

(1) Die Bezugnahmeklausel erfasst nach ihrem Inhalt nicht die bei der Beklagten zu 1. geschlossenen Tarifverträge.

64

(a) Der Wortlaut der Bezugnahmeklausel gibt keine ausreichenden Hinweise darauf, dass eine Tarifwechselklausel oder zumindest eine Bezugnahme vereinbart worden ist, die die jeweiligen Tarifverträge von einzelnen Konzernunternehmen der DT AG erfasst. Das gilt auch für die im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung bestehende Bezugnahmeregelung. Es bestehen selbst unter Berücksichtigung der Vertragspraxis bei der DT AG bis zum Betriebsübergang im Jahre 2007 keine Anhaltspunkte dafür, es sollten über die von der DT AG selbst geschlossenen Tarifregelungen weitere Tarifverträge anderer Tarifvertragsparteien erfasst werden. Anhaltspunkte, die ursprüngliche Bezugnahmeklausel sei bereits ihrem Wortlaut nach als Tarifwechselklausel auszulegen, sind nicht erkennbar. Das gilt auch für ihren Inhalt aufgrund der ergänzenden Vertragsauslegung.

65

(b) Auch für eine Auslegung dahingehend, jedenfalls innerhalb einzelner Konzernunternehmen der DT AG sollten im Falle von Unternehmensabspaltungen oder Neugründungen von Tochterunternehmen mit nachfolgenden (Teil-)Betriebsübergängen die dort jeweils einschlägigen Tarifverträge angewendet werden, gibt es weder im Vertragswortlaut noch in der folgenden Vertragspraxis einen hinreichenden Anhaltspunkt. Deshalb kann nicht davon ausgegangen werden, es solle die Tarifentwicklung nicht nur bei der DT AG, sondern auch bei von ihr gegründeten Tochterunternehmen jeweils nachvollzogen werden, selbst wenn die DT AG und die von ihr geschlossenen und arbeitsvertraglich - mit - in Bezug genommenen Tarifverträge weiterhin bestehen und als solche auch weiterentwickelt werden.

66

(c) Eine arbeitsvertragliche Bezugnahme auf den bei der Beklagten zu 1. geltenden Haustarifvertrag UTV kann dem Arbeitsvertrag des Klägers nicht im Wege einer - weiteren - ergänzenden Vertragsauslegung entnommen werden. Weder liegt ein Fall der Tarifsukzession vor, noch besteht eine Vertragslücke.

67

Eine von denselben Tarifvertragsparteien vereinbarte Tarifsukzession innerhalb des Geltungsbereichs des bisherigen Tarifvertrages, wie sie etwa im Bereich des öffentlichen Dienstes durch die weitgehende Ersetzung des BAT durch die Nachfolgetarifverträge geschehen ist (dazu ausf. BAG 22. April 2009 - 4 ABR 14/08 - Rn. 24 ff. mwN, BAGE 130, 286), ist vorliegend nicht gegeben. Vielmehr bestehen die Tarifverträge bei der DT AG nach wie vor fort. Deshalb fehlt es auch an einer Vertragslücke, weil das Bezugnahmeobjekt - anders als der TV Ang (Ost) und der TV Arb (Ost) sowie die dazu geschlossenen Zusatztarifverträge spätestens zum 1. Juli 2001 - nicht weggefallen ist.

68

(d) Ebenso wenig hat ein „abgestimmtes Verhalten“ von Tarifvertragsparteien Einfluss auf die Auslegung einer arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel. Ihr eventueller Gestaltungswille als nicht am Arbeitsvertrag Beteiligte ist für die Auslegung einer einzelvertraglichen Bezugnahmeklausel ohne Bedeutung (BAG 19. Mai 2010 - 4 AZR 796/08 - Rn. 20, BAGE 134, 283; 16. Dezember 2009 - 5 AZR 888/08 - Rn. 16, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 73 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 44). Allein der von der Beklagten zu 1. vorgetragene Umstand, dass die DT AG vor dem Betriebsübergang Spartentarifverträge hätte schließen können, die dann von der Bezugnahmeklausel hätten erfasst sein können, führt nicht dazu, dass der zwischen den Parteien geschlossene Vertrag nun - da dies nicht geschehen ist - entsprechend korrigierend auszulegen wäre. Der DT AG wäre es - eine Einigung mit der vertragsschließenden Gewerkschaft vorausgesetzt - zwar unbenommen gewesen, Spartentarifverträge für ihr Unternehmen abzuschließen. Aber selbst dann würde die Bezugnahmeklausel im Falle eines nachfolgenden Betriebsübergangs nur die von der DT AG geschlossenen Tarifverträge erfassen, nicht aber nachfolgende Tarifverträge der Beklagten zu 1., die diese inhaltlich fortsetzen.

69

(2) Dafür, dass die Bezugnahmeklausel über ihren Wortlaut hinaus auch einen Wechsel auf die jeweils einschlägigen Tarifverträge in Konzernunternehmen der DT AG mit erfassen soll, spricht nichts.

70

(a) Nach der Rechtsprechung des Senats kann die Bezugnahme auf das Tarifwerk einer bestimmten Branche über ihren Wortlaut hinaus nur dann als große dynamische Verweisung - Bezugnahme auf den jeweils für den Betrieb fachlich bzw. betrieblich geltenden Tarifvertrag - ausgelegt werden, wenn sich dies aus besonderen Umständen ergibt (st. Rspr., 22. Oktober 2008 - 4 AZR 784/07 - Rn. 21 mwN, BAGE 128, 165; 29. August 2007 - 4 AZR 767/06 - Rn. 17, BAGE 124, 34; 25. September 2002 - 4 AZR 294/01 - zu II 2 c der Gründe, BAGE 103, 9).

71

(b) Ein derartiges am Wortlaut der Bezugnahmeklausel orientiertes Auslegungsergebnis gilt auch, wenn die Arbeitsvertragsparteien vertraglich die Anwendung eines beim Arbeitgeber geltenden Haustarifvertrages vereinbaren und diesen in der Klausel namentlich bezeichnen. In Bezug genommen ist dann nur der genannte Tarifvertrag oder das betreffende Tarifwerk in seiner jeweiligen Fassung und - was durch Auslegung der Klausel zu ermitteln ist - die ergänzenden, ändernden und ggf. ersetzenden Tarifverträge.

72

Auch hier haben die Arbeitsvertragsparteien die Möglichkeit, die Rechtsfolge eines Tarifwechsels, etwa weil wie hier ein anderer Arbeitgeber an einen anderen abgeschlossenen Tarifvertrag gebunden ist, ausdrücklich zu vereinbaren. Sie bestimmen mit ihrer vertraglichen Abrede den Umfang der Bezugnahme. Wollen die Arbeitsvertragsparteien für den Fall einer durch einen Betriebsübergang geänderten Tarifbindung des Arbeitgebers an einen anderen Tarifvertrag erreichen, dass durch eine vertragliche Bezugnahme das im neuen Unternehmen geltende Tarifrecht zur Anwendung kommt, haben sie die Möglichkeit, den Typus der Tarifwechselklausel zu wählen. Schlicht unterstellt werden kann der Wille zum Tarifwechsel nicht (st. Rspr., s. nur BAG 22. Oktober 2008 - 4 AZR 784/07 - Rn. 22 mwN, BAGE 128, 165).

73

4. Die erstmals in der Revisionsinstanz gestellten, gegen die Beklagte zu 2. gerichteten Hilfsanträge zu 1. c und d sowie der auf den Altersteilzeittarifvertrag bezogene Hilfsantrag für den Fall des Unterliegens mit dem Hauptantrag sind, da der Kläger insoweit mit seinem letzten Hauptantrag obsiegt hat, nicht zur Entscheidung durch den Senat angefallen, so dass über ihre Zulässigkeit nicht zu entscheiden war.

74

IV. Die Kostentragungspflicht ergibt sich aus § 92 ZPO.

        

    Bepler    

        

    Treber    

        

    Winter    

        

        

        

    von Dassel    

        

    J. Ratayczak    

                 

Tenor

1. Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 9. November 2010 - 14 Sa 945/10 - aufgehoben, soweit der Beklagte verurteilt worden ist, an den Kläger 449,50 Euro brutto (Vergütungsdifferenz für August und September 2009) nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 181,25 Euro brutto seit dem 16. September 2009 und aus weiteren 268,25 Euro brutto seit dem 16. Oktober 2009 zu zahlen.

2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über Vergütungsansprüche.

2

Der Kläger war beim Beklagten, der ein Bauunternehmen betreibt, bis zum 11. September 2009 als Maurer beschäftigt.

3

Der Arbeitsvertrag vom 16. März 2009 regelt ua.:

        

㤠3

Arbeitszeit

        
        

1.    

Die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit für Vollzeitkräfte beträgt 40 Stunden, sofern der BRTV BAU - WEST DEUTSCHLAND keine anderen Regelungen vorsieht.

        

…       

        
        

§ 6

Arbeitsentgelt

        

1.    

Für die bei Einstellung vorgesehene Tätigkeit erhält der AN einen Stundenlohn von 14,50 Euro, der jeweils am 15. des Folgemonats bargeldlos zahlbar ist.

        

2.    

Der Arbeitnehmer ist verpflichtet, über seine tägliche Arbeitszeit nachvollziehbare Aufzeichnungen zu führen und diese spätestens bis zum 3. Werktag des Folgemonats bei dem Arbeitgeber einzureichen. Eine Vergütung erfolgt nur für nachgewiesene Stunden. Erfolgt keine Meldung, ist der Arbeitgeber zur Schätzung berechtigt. Eine spätere Korrektur ist nur in begründeten Ausnahmefällen möglich.“

4

In § 3 des allgemeinverbindlichen Bundesrahmentarifvertrags für das Baugewerbe(BRTV-Bau) vom 4. Juli 2002 idF des Änderungstarifvertrags vom 20. August 2007 ist bestimmt:

        

„1.     

Allgemeine Regelung

        

1.1     

Durchschnittliche Wochenarbeitszeit

                 

Die durchschnittliche regelmäßige Wochenarbeitszeit im Kalenderjahr beträgt 40 Stunden.

        

1.2     

Tarifliche Arbeitszeit

                 

In den Monaten Januar bis März und Dezember beträgt die regelmäßige werktägliche Arbeitszeit ausschließlich der Ruhepausen montags bis donnerstags 8 Stunden und freitags 6 Stunden, die wöchentliche Arbeitszeit 38 Stunden (Winterarbeitszeit). In den Monaten April bis November beträgt die regelmäßige werktägliche Arbeitszeit ausschließlich der Ruhepausen montags bis donnerstags 8,5 Stunden und freitags 7 Stunden, die wöchentliche Arbeitszeit 41 Stunden (Sommerarbeitszeit).

        

1.3     

Arbeitszeitausgleich innerhalb von zwei Wochen

                 

Die nach betrieblicher Regelung an einzelnen Werktagen ausfallende Arbeitszeit kann durch Verlängerung der Arbeitszeit ohne Mehrarbeitszuschlag an anderen Werktagen innerhalb von zwei Kalenderwochen ausgeglichen werden (zweiwöchiger Arbeitszeitausgleich). Die Wochenarbeitszeit kann somit nach den betrieblichen Erfordernissen und den jahreszeitlichen Lichtverhältnissen im Einvernehmen zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat oder, wenn kein Betriebsrat besteht, im Einvernehmen mit dem Arbeitnehmer auf die Werktage verteilt werden.

        

1.4     

Betriebliche Arbeitszeitverteilung in einem zwölfmonatigen Ausgleichszeitraum

        

1.41   

Durchführung

                 

Durch Betriebsvereinbarung oder, wenn kein Betriebsrat besteht, durch einzelvertragliche Vereinbarung kann für einen Zeitraum von zwölf zusammenhängenden Lohnabrechnungszeiträumen (zwölfmonatiger Ausgleichszeitraum) eine von der tariflichen Arbeitszeitverteilung abweichende Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Werktage ohne Mehrarbeitszuschlag vereinbart werden, wenn gleichzeitig ein Monatslohn nach Nr. 1.42 gezahlt wird. Aus dieser Betriebsvereinbarung bzw. der einzelvertraglichen Vereinbarung muss sich ergeben, in welcher Form und mit welcher Ankündigungsfrist die jeweilige werktägliche Arbeitszeit festgelegt wird.

                 

…       

        

1.42   

Monatslohn

                 

Bei betrieblicher Arbeitszeitverteilung wird während des gesamten Ausgleichszeitraumes unabhängig von der jeweiligen monatlichen Arbeitszeit in den Monaten April bis November ein Monatslohn in Höhe von 178 Gesamttarifstundenlöhnen und in den Monaten Dezember bis März ein Monatslohn in Höhe von 164 Gesamttarifstundenlöhnen gezahlt.

                 

…“    

5

Für August 2009 rechnete der Beklagte 153,5 Stunden und ein Guthaben aus einem Arbeitszeitkonto ab. Für September 2009 erteilte er keine Abrechnung.

6

Der Kläger hat für August und September 2009 von ihm auf Vordrucken des Beklagten erstellte Arbeitszeiterfassungen mit Angabe des täglichen Arbeitsbeginns, des Arbeitsendes, der Pausendauer, der täglich und monatlich geleisteten Arbeitsstunden sowie der jeweiligen Baustellen vorgelegt und behauptet, er habe in diesen beiden Monaten weitere 31 Stunden gearbeitet.

7

Der Kläger hat, soweit für die Revision von Interesse, beantragt,

        

den Beklagten zu verurteilen, an ihn 449,50 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 181,50 Euro brutto seit dem 16. September 2009 und aus weiteren 268,25 Euro brutto seit dem 16. Oktober 2009 zu zahlen.

8

Der Beklagte hat Klageabweisung beantragt und geltend gemacht, im August habe sich der Kläger an einzelnen Tagen krankgemeldet. Am 1. September 2009 habe der Kläger eine halbe Stunde weniger als behauptet und am 2. und 7. September 2009 gar nicht gearbeitet.

9

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Beklagten zurückgewiesen. Mit der vom Senat zugelassenen Revision begehrt der Beklagte die Abweisung der Klage.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision des Beklagten ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils (§ 562 Abs. 1 ZPO) und zur Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht (§ 563 Abs. 1 ZPO). Der Senat ist an einer eigenen Sachentscheidung gehindert, weil das Landesarbeitsgericht hinsichtlich der streitigen 31 Stunden noch nicht die notwendigen Feststellungen getroffen hat (§ 563 Abs. 3 ZPO).

11

I. Der Kläger kann die Vergütung für die streitigen Stunden nicht gemäß § 3.1.42 BRTV-Bau beanspruchen. Hiernach hat der Arbeitnehmer in den Monaten April bis November Anspruch auf einen Monatslohn iHv. 178 Gesamttarifstundenlöhnen, wenn durch Betriebsvereinbarung oder einzelvertraglich ein zwölfmonatiger Ausgleichszeitraum für eine von der tariflichen Arbeitszeitverteilung abweichende Verteilung der Arbeitszeit unter gleichzeitiger Zahlung eines verstetigten Monatslohns vereinbart worden ist. Die Voraussetzungen dieser Tarifnorm liegen nicht vor, ein zwölfmonatiger Ausgleichszeitraum galt im Arbeitsverhältnis der Parteien nicht. Im Streitfall ist vielmehr davon auszugehen, dass für den Kläger auf der Grundlage des § 3.1.3 Satz 1 BRTV-Bau die nach betrieblicher Regelung an einzelnen Werktagen ausfallende Arbeitszeit durch Verlängerung der Arbeitszeit an anderen Werktagen innerhalb von zwei Kalenderwochen ausgeglichen werden konnte.

12

II. Der Kläger hat gemäß § 611 Abs. 1 BGB Anspruch auf Zahlung des vereinbarten Stundenlohns für die im Klagezeitraum tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden. Für welche Arbeitsstunden dem Kläger noch Vergütungsansprüche zustehen, kann der Senat aufgrund der bisherigen Feststellungen nicht entscheiden.

13

1. Der Arbeitnehmer trägt für die Behauptung, er habe die geschuldete Arbeit verrichtet, die Darlegungs- und Beweislast.

14

a) Ausgehend von den Vorschriften des allgemeinen Schuldrechts iVm. § 614 BGB gilt im Arbeitsverhältnis der Grundsatz „Ohne Arbeit kein Lohn“( BAG GS 17. Dezember 1959 - GS 2/59 - zu B IV der Gründe, BAGE 8, 285; vgl. auch BAG 13. Februar 2002 - 5 AZR 470/00 - zu I 2 a der Gründe, BAGE 100, 256; 7. Juni 1988 - 1 AZR 597/86 - zu III 2 a der Gründe, BAGE 58, 332). Verlangt der Arbeitnehmer gemäß § 611 BGB Arbeitsvergütung für Arbeitsleistungen, hat er deshalb darzulegen und - im Bestreitensfall - zu beweisen, dass er Arbeit verrichtet oder einer der Tatbestände vorgelegen hat, der eine Vergütungspflicht ohne Arbeit regelt(zB § 1 BUrlG, §§ 615, 616 Satz 1 BGB, § 2 Abs. 1, § 3 Abs. 1 EntgeltFG, § 37 Abs. 2 BetrVG). Da die konkret zu leistende Arbeit idR vom Arbeitgeber durch Weisungen zu bestimmen ist (§ 106 GewO), genügt der Arbeitnehmer seiner Darlegungslast, indem er vorträgt, er habe sich zur rechten Zeit am rechten Ort bereitgehalten, um Arbeitsanweisungen des Arbeitgebers zu befolgen. Auf diesen Vortrag muss der Arbeitgeber im Rahmen einer gestuften Darlegungslast substantiiert erwidern. Deshalb hat der Arbeitgeber im Einzelnen vorzutragen, welche Arbeiten er dem Arbeitnehmer zugewiesen hat und ob der Arbeitnehmer den Weisungen nachgekommen ist. Trägt er nichts vor oder lässt er sich nicht substantiiert ein, gelten die vom Arbeitnehmer vorgetragenen Arbeitsstunden als zugestanden.

15

b) Gelingt dem Arbeitnehmer die Darlegung und im Fall substantiierten Bestreitens der Beweis nicht, muss er das Risiko des Prozessverlustes tragen, wenn sich die sein Begehren tragenden Tatsachen nicht feststellen lassen. Denn die Beweislast für die anspruchsbegründenden Tatsachen trägt, wer den Anspruch erhebt (BAG 24. Oktober 2001 - 5 AZR 245/00 - zu I 1 der Gründe, AP EntgeltFG § 2 Nr. 8 = EzA EntgeltfortzG § 2 Nr. 3; BGH 18. Mai 1999 - X ZR 158/97 - NJW 1999, 2887; Stein-Jonas/Leipold ZPO 22. Aufl. § 286 Rn. 61, 62; Rosenberg Die Beweislast 5. Aufl. S. 98). Ausgehend von den Motiven zum Bürgerlichen Gesetzbuch (Motive I, 383) wird im Anschluss an die Rechtsprechung des Reichsgerichts (RG 28. Februar 1898 - VI 352/97 - RGZ 41, 220; 6. November 1898 - VI 241/99 - RGZ 45, 356; 20. September 1910 - II 592/09 - JW 1910, 937 Nr. 10; 20. November 1928 - III 51/28 - HRR 1929 Nr. 373) dem Schuldner die Beweislast für die Erfüllung einer ihm obliegenden Verpflichtung auch dann zugewiesen, wenn der Gläubiger aus der Nichterfüllung Rechte herleitet bzw. wenn sich an die Nichterfüllung einer positiven vertraglichen Vereinbarung oder die nicht rechtzeitige Erfüllung ungünstige Rechtsfolgen knüpfen, die der Gläubiger geltend macht (BGH 29. Januar 1969 - IV ZR 545/68 - NJW 1969, 875; 17. Januar 2007 - VIII ZR 135/04 - MDR 2007, 703; vgl. auch BGH 15. November 2006 - XII ZR 120/04 - NJW 2007, 2394; Stein-Jonas/Leipold ZPO 22. Aufl. § 286 Rn. 87, 88; Rosenberg Die Beweislast 5. Aufl. S. 346).

16

2. Im Streitfall kommen vertragliche Besonderheiten hinzu.

17

a) Nach § 6 Ziff. 2 Satz 1 des Arbeitsvertrags hat der Kläger nachvollziehbare Tätigkeitsnachweise zu erstellen, die sich auch auf die Art der Tätigkeit erstrecken. Diese vertragliche Abrede ist wirksam. § 6 Ziff. 2 Satz 1 des Verbrauchervertrags (§ 310 Abs. 3 BGB) verstößt weder gegen eines der in §§ 308, 309 BGB bestimmten Klauselverbote, noch benachteiligt die Vereinbarung den Arbeitnehmer unangemessen iSv. § 307 Abs. 1 BGB. Gerade weil der Kläger auf auswärtigen Baustellen in Abwesenheit von Vorgesetzten zu arbeiten hatte, konnte ihm vertraglich auferlegt werden, Tätigkeitsnachweise zu führen und dem Arbeitgeber vorzulegen.

18

b) Die vom Kläger für August und September 2009 vorgelegten Tätigkeitsnachweise sind zwar auf dem vom Beklagten hierfür vorgehaltenen Vordruck erstellt worden, enthalten aber nicht die in der rechten Spalte vorgesehenen Angaben zur „Art der Tätigkeit“ und „etwaigen Gründen von Arbeitsausfällen“. Ergänzenden Vortrag zu diesen Punkten hat das Berufungsgericht nicht festgestellt und hat der Kläger auch nicht geltend gemacht. Die Vorinstanzen hätten der Klage deshalb nicht stattgeben dürfen. Da sie unzutreffend von der Darlegungs- und Beweislast des Beklagten ausgegangen sind, konnten sie dem Kläger keine sachdienlichen Hinweise erteilen. Dies ist nachzuholen. Dem Kläger muss Gelegenheit gegeben werden, die in den Tätigkeitsnachweisen fehlenden Angaben schriftsätzlich vorzutragen. Sodann wird der Beklagte im Sinne der gestuften Darlegungslast im Einzelnen zu erwidern haben. Sollte substantiierter Vortrag streitig bleiben, wird das Landesarbeitsgericht die angetretenen Beweise zu erheben haben.

        

    Müller-Glöge    

        

    Laux    

        

    Biebl    

        

        

        

    Zorn    

        

    Rahmstorf    

                 

(1) Durch den Dienstvertrag wird derjenige, welcher Dienste zusagt, zur Leistung der versprochenen Dienste, der andere Teil zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet.

(2) Gegenstand des Dienstvertrags können Dienste jeder Art sein.

Tenor

1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 4. Juni 2009 - 20 Sa 2431/08, 20 Sa 2434/08 - wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über eine Sozialplanabfindung.

2

Der 1966 geborene Kläger war bei der Beklagten vom 1. August 1995 bis zum 31. Dezember 2007 beschäftigt. Er erzielte zuletzt ein Jahresgehalt in Höhe von 64.223,68 Euro brutto.

3

Die im Jahre 1991 gegründete Beklagte koordiniert, optimiert und kontrolliert den Aus- und Neubau von Bundesfernstraßen in den neuen Bundesländern. Wegen absehbaren Auftragsrückgangs und der prognostizierten Einstellung des Geschäftsbetriebs im Jahre 2010 vereinbarte sie am 21. Mai 2003 mit dem bei ihr gebildeten Betriebsrat einen Interessenausgleich und Sozialplan. Der Sozialplan (SP) enthält ua. die folgenden Bestimmungen:

        

„Präambel

        

…       

        

§ 1     

Zielrichtung des Sozialplans

        

Dieser Sozialplan wird die wirtschaftlichen Nachteile ausgleichen bzw. mildern, die den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern entstehen, die ihren Arbeitsplatz wegen der Betriebsänderung durch

        

▪       

Aufhebungsvertrag,

        

▪       

Eigenkündigung,

        

▪       

betriebsbedingte Kündigung

        

verlieren.

        

…       

        

§ 2     

Ausschlusskriterien

        

Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die bis einschließlich 31.12.2005 durch Eigenkündigung ausscheiden, haben keinen Anspruch auf Leistungen gemäß diesem Sozialplan.

        

Ausnahme: Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, denen D verbindlich mitgeteilt hat, dass sie bis einschließlich 31.12.2006 ausscheiden sollen.

        

…       

        

§ 3     

Abfindung

        

Die wirtschaftlichen Nachteile sollen durch Zahlung von Abfindungen gemildert werden.

        

Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, die nicht unter die Ausschlusskriterien des § 2 fallen, erhalten beim Ausscheiden (zum letzten Tag des Beschäftigungsverhältnisses) folgende Zahlung, sofern sie nicht nach den AT-Tarifgruppen vergütet werden (nachfolgend TA-Mitarbeiter genannt):

        

A1 = 1/12 x BF x 1/12 x JG x IF x KF x 0,5

        

…       

        

§ 8     

Zeitkorridor

        

D wird bis zum 31.12.2003 für jeden Mitarbeiter(in) den Zeitpunkt definieren, bis zu dem er/sie bei D beschäftigt werden kann. Wegen der Schwierigkeit, den exakten Zeitpunkt bereits frühzeitig festzulegen, wird hierfür ein Zeitkorridor von einem Jahr vor dem geplanten Ausscheiden festgelegt. Beim Ausscheiden mit Vollendung des 65. Lebensjahres entfällt der Zeitkorridor.

        

Diese Unterrichtung findet einmal jährlich statt.
Es besteht Einvernehmen, dass Mitarbeiter(innen), deren von D geplantes Ausscheidedatum weniger als 30 Monate entfernt liegt, hierüber schriftlich informiert werden. Diese Information ist verbindlich. Eine Vorverlegung des Ausscheidetermins ist nur mit Zustimmung des Mitarbeiters und nach Unterrichtung des Betriebsrates und des Sprecherausschusses möglich.

        

…       

        

§ 9     

Kündigungsfaktor (KF)

        

Scheidet der/die Mitarbeiter(in) innerhalb des Zeitkorridors aus, so beträgt der KF 1,2.

        

Scheidet der/die Mitarbeiter(in) binnen eines Jahres vor dem Beginn des Zeitkorridors durch Eigenkündigung aus, so beträgt der KF 1,0.

        

Scheidet der/die Mitarbeiter(in) früher als 1 Jahr vor Beginn des Zeitkorridors durch Eigenkündigung aus, so beträgt der KF 0,5.

        

…“    

4

Die Beklagte kündigte dem Kläger mit Schreiben vom 29. März 2006 dessen betriebsbedingtes Ausscheiden zum 31. Dezember 2008 an. Daraufhin bewarb sich der Kläger am 9. Mai 2007 auf eine Stelle in einem städtischen Straßenbauamt. Mit Schreiben vom 5. Juli 2007 teilte ihm die Beklagte mit, die Ankündigung vom 29. März 2006 sei aufgrund veränderter Planungszeiträume an näher bezeichneten Projekten gegenstandslos. Zum Zeitpunkt des Zugangs dieses Schreibens hatte der Kläger noch keinen neuen Arbeitsvertrag abgeschlossen. Im November 2007 kündigte er sein Arbeitsverhältnis zur Beklagten zum 31. Dezember 2007 und verlangte mit Schreiben vom 30. Januar 2008 die Zahlung einer Sozialplanabfindung.

5

Der Kläger hat geltend gemacht, seine Eigenkündigung sei betrieblich veranlasst. Ihm sei mit Schreiben vom 29. März 2006 der Wegfall seines Arbeitsplatzes zum 31. Dezember 2008 angekündigt worden. Im Hinblick darauf habe er die Eigenkündigung ausgesprochen. Diese Ankündigung habe nicht einseitig zurückgenommen werden können. Das Verhalten der Beklagten sei im Übrigen rechtsmissbräuchlich.

6

Der Kläger beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 49.848,15 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Januar 2008 zu zahlen.

7

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt.

8

Das Arbeitsgericht hat der Klage teilweise stattgegeben und die Beklagte zur Zahlung einer Abfindung in Höhe von 19.936,17 Euro brutto verurteilt. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage insgesamt abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zahlung einer Abfindung nach einem Sozialplan.

10

I. Nach dem Sozialplan vom 21. Mai 2003 besteht kein Abfindungsanspruch, wenn ein Arbeitnehmer sein Arbeitsverhältnis kündigt, ohne dass ihm zuvor die Arbeitgeberin den Zeitpunkt seines voraussichtlichen Ausscheidens mitgeteilt hat. Dies hat der Senat bezogen auf den streitgegenständlichen Sozialplan bereits in dem den Parteien bekannten Urteil am 10. Februar 2009 entschieden (- 1 AZR 767/07 - Rn. 30, BAGE 129, 302). Hieran ist festzuhalten.

11

1. Sozialpläne sind als Betriebsvereinbarungen besonderer Art wegen ihrer aus § 77 Abs. 4 Satz 1, § 112 Abs. 1 Satz 3 BetrVG folgenden normativen Wirkung nicht wie privatrechtliche Rechtsgeschäfte nach §§ 133, 157 BGB, sondern wie Tarifverträge und Gesetze objektiv auszulegen. Auszugehen ist dementsprechend zunächst vom Wortlaut und dem durch ihn vermittelten Wortsinn. Darüber hinaus kommt es auf den Gesamtzusammenhang und die Systematik der Bestimmung an. Der Sozialplanzweck ist aus Wortlaut und Gesamtzusammenhang der Regelung zu erschließen und bestimmt sich nicht nach den subjektiven Vorstellungen einer Betriebspartei. Der tatsächliche Wille der Betriebsparteien ist nur zu berücksichtigen, soweit er im Sozialplan seinen Niederschlag gefunden hat (BAG 20. April 2010 - 1 AZR 988/08 - Rn. 14, AP BetrVG 1972 § 112 Nr. 208 = EzA BetrVG 2001 § 112 Nr. 37).

12

2. Danach sieht der Sozialplan keinen Anspruch für die Fälle vor, in denen ein Arbeitnehmer sein Arbeitsverhältnis kündigt, ohne dass ihm zuvor die Arbeitgeberin den Zeitpunkt seines voraussichtlichen Ausscheidens mitgeteilt hat.

13

a) Die Mitteilung des voraussichtlichen Endes der Beschäftigung ist notwendige Voraussetzung für die Berechnung der Sozialplanabfindung. Der nach § 3 SP in der Formel zur Berechnung der Abfindung enthaltene Kündigungsfaktor(KF) hängt nach § 9 SP von dem nach § 8 Abs. 1 SP festgelegten Zeitkorridor für das Ende der Beschäftigung ab. Ist ein solcher nicht bestimmt, kann in den Fällen der Eigenkündigung eine Abfindung nicht berechnet werden (BAG 10. Februar 2009 - 1 AZR 767/07 - Rn. 29, BAGE 129, 302). Darüber hinaus gebietet auch der Wortlaut des § 2 Abs. 1 SP nicht den Umkehrschluss, dass allen Arbeitnehmern, die ab dem 1. Januar 2006 durch Eigenkündigung ausscheiden, in jedem Fall - also unabhängig davon, ob ihnen zuvor ein Beendigungstermin nach § 8 Abs. 2 SP mitgeteilt worden ist, - ein Abfindungsanspruch zusteht. Der in § 2 Abs. 1 SP geregelte Ausschlusstatbestand ist vielmehr nach der Systematik des Sozialplans auch in den Fällen anwendbar, in denen den Arbeitnehmern ein voraussichtliches Ausscheiden für einen Zeitpunkt erst nach dem 31. Dezember 2006 mitgeteilt worden ist und sie gleichwohl bereits bis zum 31. Dezember 2005 durch Eigenkündigung ausscheiden (BAG 10. Februar 2009 - 1 AZR 767/07 - Rn. 30, aaO).

14

b) Dieses Auslegungsergebnis wird durch den sich aus dem Gesamtzusammenhang des Sozialplans ergebenden Regelungszweck bestätigt. Dieser besteht nach § 1 SP darin, die wirtschaftlichen Nachteile auszugleichen bzw. zu mildern, die den Mitarbeitern entstehen, die ihren Arbeitsplatz wegen der Betriebsänderung verlieren. Das entspricht der in § 112 Abs. 1 Satz 2 BetrVG beschriebenen Funktion eines Sozialplans. Der Zweck der Sozialplanleistungen fordert deshalb bei Eigenkündigungen eine einschränkende Auslegung dahin, dass ein Abfindungsanspruch nur dann besteht, wenn dem Arbeitnehmer zuvor der geplante Ausscheidetermin mitgeteilt wurde. Nur dann kann der Arbeitnehmer berechtigterweise davon ausgehen, er komme mit seiner Eigenkündigung der andernfalls von der Arbeitgeberin auszusprechenden betriebsbedingten Kündigung zuvor (BAG 10. Februar 2009 - 1 AZR 767/07 - Rn. 33, BAGE 129, 302).

15

3. Der Kläger hat das Arbeitsverhältnis gekündigt, ohne dass die Beklagte zum Zeitpunkt der Kündigung einen Beendigungszeitpunkt festgelegt hatte.

16

a) Die Beklagte hatte dem Kläger zwar mit Schreiben vom 29. März 2006 dessen betriebsbedingtes Ausscheiden zum 31. Dezember 2008 angekündigt. Hierbei handelt es sich nicht um eine auf die unmittelbare Herbeiführung einer Rechtsfolge gerichtete Willenserklärung, sondern um eine bloß informatorische Wissenserklärung. Die Beklagte hat den Kläger über den Stand der Aufgabenerfüllung informiert. Das Schreiben trägt dementsprechend die Überschrift „Information gemäß § 8 Abs. 2 des Sozialplanes“. Die Beklagte war deshalb nicht nach § 130 Abs. 1 BGB an ihre Erklärung vom 29. März 2006 gebunden und konnte später nach einer Veränderung der Planungsdaten hiervon abrücken.

17

b) Eine Bindung der Beklagten an die Ankündigung vom 29. März 2006 folgt auch nicht aus dem Sozialplan. Soweit die Information über den Zeitpunkt des Ausscheidens durch § 8 Abs. 2 SP für verbindlich erklärt wird, bedeutet dies nur, dass hiervon nicht mehr zuungunsten des Arbeitnehmers abgewichen werden kann, dh. der Beendigungstermin nicht vorverlegt werden darf. Dies folgt aus der Systematik und dem Regelungszweck des Sozialplans. Die Betriebsparteien gingen bei dessen Abschluss im Mai 2003 davon aus, dass die Beschäftigungsmöglichkeiten bei der Beklagten bis zum Jahre 2011 stufenweise entfallen würden. So ist in § 2 des zeitgleich abgeschlossenen Interessenausgleichs bis zu den Jahren 2010/2011 ein Personalabbau auf Null vorgesehen. Vor diesem Hintergrund soll § 8 Abs. 2 Satz 3 SP das Vertrauen der Arbeitnehmer in die Mitteilung des Zeitpunkts des Ausscheidens für den Fall schützen, dass der Personalabbau schneller als geplant erfolgt. Deshalb ist auch nach § 8 Abs. 2 Satz 4 SP eine Vorverlegung dieses Zeitpunkts nur mit Zustimmung des Mitarbeiters und nach Unterrichtung des Betriebsrats möglich. Die Verlegung des Beendigungstermins auf einen späteren Zeitpunkt oder der dauerhafte Erhalt des Arbeitsplatzes werden von § 8 Abs. 2 Satz 3 SP dagegen nicht angesprochen. Dies entspricht auch dem Zweck eines Sozialplans. Ergeben sich für einen Arbeitnehmer entgegen den ursprünglichen Planungen längerfristige oder gar dauerhafte Beschäftigungsmöglichkeiten, erleidet er infolge der Betriebsänderung keine oder nur wesentlich geringere ausgleichsbedürftige wirtschaftliche Nachteile.

18

c) Die Aufhebung des mitgeteilten Zeitpunkts des Ausscheidens durch die Beklagte war entgegen der Auffassung der Revision nicht treuwidrig (§ 242 BGB). Dies setzte voraus, dass sich die Beklagte hierdurch in Widerspruch zu eigenem vorausgegangenem Verhalten gesetzt und dadurch beim Kläger ein schutzwürdiges Vertrauen verletzt hat oder anderweitige Umstände die Rechtsausübung als missbräuchlich erscheinen lassen. Dabei ist von Bedeutung, ob und ggf. welche schutzwürdigen Dispositionen der Kläger getroffen hat (vgl. BAG 12. März 2009 - 2 AZR 894/07 - Rn. 17 und Rn. 19, BAGE 130, 14). Danach ist die „Gegenstandsloserklärung“ der Beklagten vom 5. Juli 2007 nicht treuwidrig. Der Kläger hatte zum Zeitpunkt des Zugangs dieses Schreibens noch keinen neuen Arbeitsvertrag abgeschlossen. Dass er sich zu dieser Zeit bereits um eine andere Stelle bemüht hatte, begründet kein schutzwürdiges Vertrauen. Im Übrigen ist auch nicht ersichtlich, dass die Erklärung trotz fehlendem Beschäftigungsbedarf nur vorgeschoben war, um die Abfindungszahlung zu vermeiden. Nach den nicht mit begründeten Revisionsrügen angegriffenen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts wurde die Stelle des Klägers nach seinem Ausscheiden tatsächlich neu besetzt.

19

II. Ein Abfindungsanspruch folgt auch nicht aus dem betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz des § 75 Abs. 1 BetrVG. Nach der Konzeption des Sozialplans ist eine vom Arbeitnehmer ausgesprochene Kündigung dann nicht als von der Arbeitgeberin veranlasst anzusehen, wenn diese dem Arbeitnehmer einen von ihr geplanten Termin für sein Ausscheiden noch nicht mitgeteilt hat. Die damit verbundene Differenzierung ist sachgerecht, weil in diesen Fällen typischerweise davon ausgegangen werden kann, dass ein solcher Arbeitnehmer keine oder sehr viel geringere wirtschaftliche Nachteile erleidet, als ein vom Arbeitgeber betriebsbedingt gekündigter Arbeitnehmer.

        

    Schmidt    

        

    Koch    

        

    Linck    

        

        

        

    Wisskirchen    

        

    Olaf Kunz    

                 

(1) Kommt zwischen Unternehmer und Betriebsrat ein Interessenausgleich über die geplante Betriebsänderung zustande, so ist dieser schriftlich niederzulegen und vom Unternehmer und Betriebsrat zu unterschreiben; § 77 Absatz 2 Satz 3 gilt entsprechend. Das Gleiche gilt für eine Einigung über den Ausgleich oder die Milderung der wirtschaftlichen Nachteile, die den Arbeitnehmern infolge der geplanten Betriebsänderung entstehen (Sozialplan). Der Sozialplan hat die Wirkung einer Betriebsvereinbarung. § 77 Abs. 3 ist auf den Sozialplan nicht anzuwenden.

(2) Kommt ein Interessenausgleich über die geplante Betriebsänderung oder eine Einigung über den Sozialplan nicht zustande, so können der Unternehmer oder der Betriebsrat den Vorstand der Bundesagentur für Arbeit um Vermittlung ersuchen, der Vorstand kann die Aufgabe auf andere Bedienstete der Bundesagentur für Arbeit übertragen. Erfolgt kein Vermittlungsersuchen oder bleibt der Vermittlungsversuch ergebnislos, so können der Unternehmer oder der Betriebsrat die Einigungsstelle anrufen. Auf Ersuchen des Vorsitzenden der Einigungsstelle nimmt ein Mitglied des Vorstands der Bundesagentur für Arbeit oder ein vom Vorstand der Bundesagentur für Arbeit benannter Bediensteter der Bundesagentur für Arbeit an der Verhandlung teil.

(3) Unternehmer und Betriebsrat sollen der Einigungsstelle Vorschläge zur Beilegung der Meinungsverschiedenheiten über den Interessenausgleich und den Sozialplan machen. Die Einigungsstelle hat eine Einigung der Parteien zu versuchen. Kommt eine Einigung zustande, so ist sie schriftlich niederzulegen und von den Parteien und vom Vorsitzenden zu unterschreiben.

(4) Kommt eine Einigung über den Sozialplan nicht zustande, so entscheidet die Einigungsstelle über die Aufstellung eines Sozialplans. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat.

(5) Die Einigungsstelle hat bei ihrer Entscheidung nach Absatz 4 sowohl die sozialen Belange der betroffenen Arbeitnehmer zu berücksichtigen als auch auf die wirtschaftliche Vertretbarkeit ihrer Entscheidung für das Unternehmen zu achten. Dabei hat die Einigungsstelle sich im Rahmen billigen Ermessens insbesondere von folgenden Grundsätzen leiten zu lassen:

1.
Sie soll beim Ausgleich oder bei der Milderung wirtschaftlicher Nachteile, insbesondere durch Einkommensminderung, Wegfall von Sonderleistungen oder Verlust von Anwartschaften auf betriebliche Altersversorgung, Umzugskosten oder erhöhte Fahrtkosten, Leistungen vorsehen, die in der Regel den Gegebenheiten des Einzelfalles Rechnung tragen.
2.
Sie hat die Aussichten der betroffenen Arbeitnehmer auf dem Arbeitsmarkt zu berücksichtigen. Sie soll Arbeitnehmer von Leistungen ausschließen, die in einem zumutbaren Arbeitsverhältnis im selben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens oder eines zum Konzern gehörenden Unternehmens weiterbeschäftigt werden können und die Weiterbeschäftigung ablehnen; die mögliche Weiterbeschäftigung an einem anderen Ort begründet für sich allein nicht die Unzumutbarkeit.
2a.
Sie soll insbesondere die im Dritten Buch des Sozialgesetzbuches vorgesehenen Förderungsmöglichkeiten zur Vermeidung von Arbeitslosigkeit berücksichtigen.
3.
Sie hat bei der Bemessung des Gesamtbetrages der Sozialplanleistungen darauf zu achten, dass der Fortbestand des Unternehmens oder die nach Durchführung der Betriebsänderung verbleibenden Arbeitsplätze nicht gefährdet werden.

Der Vertrag kommt durch die Annahme des Antrags zustande, ohne dass die Annahme dem Antragenden gegenüber erklärt zu werden braucht, wenn eine solche Erklärung nach der Verkehrssitte nicht zu erwarten ist oder der Antragende auf sie verzichtet hat. Der Zeitpunkt, in welchem der Antrag erlischt, bestimmt sich nach dem aus dem Antrag oder den Umständen zu entnehmenden Willen des Antragenden.

Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Tenor

1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 14. Januar 2010 - 7 Sa 851/09 - wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Verpflichtung der Beklagten, die Vergütung des Klägers entsprechend den Tariflohnerhöhungen des Baugewerbes anzupassen.

2

Der Kläger ist seit 1971 in dem Bauunternehmen der Beklagten als Spezialbaufacharbeiter beschäftigt. Ein schriftlicher Arbeitsvertrag existiert nicht. Die Beklagte gehört keiner Tarifvertragspartei an. Sie zahlt dem Kläger einen Stundenlohn von 15,01 Euro brutto, den sie in den Lohnabrechnungen als „TARIFL. + FREIW. ZULAGE“ ausgewiesen hat. Die freiwillige Zulage belief sich in der Zeit von Februar bis Juli 2008 auf 0,00 Euro.

3

Als Ergebnis der Tarifrunde 2005 wurden am 29. Juli 2005 der allgemeinverbindliche Bundesrahmentarifvertrag für das Baugewerbe (im Folgenden: BRTV-Bau) neu gefasst sowie ein neuer Tarifvertrag zur Regelung der Löhne und Ausbildungsvergütungen im Baugewerbe im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland mit Ausnahme der fünf neuen Länder und des Landes Berlin (Lohntarifvertrag 2005) abgeschlossen. Gemäß § 3 Nr. 1.1 BRTV-Bau verlängerte sich die durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit zum 1. Januar 2006 von 39 auf 40 Wochenstunden. Korrespondierend wurden die Tarifstundenlöhne nach § 2 Abs. 2 Lohntarifvertrag 2005 zunächst um 2,5 % herabgesetzt und zum 1. April 2006 wieder um 1,0 % erhöht. Gemäß § 7 Abs. 1 Lohntarifvertrag 2005 war für die Monate September 2005 bis März 2006 ein Festbetrag von jeweils 30,00 Euro zu zahlen.

4

Diese Regelungen setzte auch die Beklagte in ihrem Unternehmen um und informierte die Beschäftigten mit einem undatierten Aushang.

5

§ 2 Abs. 2 des Lohntarifvertrags vom 20. August 2007 (Lohntarifvertrag 2007) sah Lohnerhöhungen mit Wirkung zum 1. Juni 2007 um 3,1 %, zum 1. April 2008 um 1,5 % sowie zum 1. September 2008 um 1,6 % vor. Nach Lohngruppe 4 betrug der Tarifstundenlohn ab dem 1. Juni 2007 14,18 Euro zuzüglich eines Bauzuschlags von 0,83 Euro, mithin 15,01 Euro.

6

Der Kläger hat Vergütungsdifferenzen aus der Nichtweitergabe der zweiten Tariflohnerhöhung für April bis Juli 2008 geltend gemacht und die Feststellung begehrt, dass die Beklagte verpflichtet sei, ihn nach dem jeweils geltenden Lohntarifvertrag zu vergüten. Er hat die Ansicht vertreten, die Beklagte habe eine betriebliche Übung begründet, dass sie die im Baugewerbe jeweils vereinbarten Erhöhungen der Tarifentgelte schulde.

7

Der Kläger hat - sinngemäß - beantragt,

        

1.    

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 166,20 Euro brutto nebst Zinsen zu zahlen;

        

2.    

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihn nach dem jeweiligen Tarifvertrag zur Regelung der Löhne und Ausbildungsvergütungen im Baugewerbe im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland zu entlohnen.

8

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Sie habe zu keiner Zeit zum Ausdruck gebracht, dass sie trotz fehlender Tarifbindung auch die künftige Tariflohnentwicklung übernehmen werde.

9

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seine Klageanträge weiter.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision des Klägers ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben die Klage zu Recht abgewiesen. Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Vergütung nach den jeweils gültigen Lohntarifverträgen des Baugewerbes.

11

1. Ein solcher Anspruch besteht nicht aufgrund beiderseitiger Tarifgebundenheit (§ 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 Satz 1 TVG), denn die Beklagte ist weder Mitglied des Zentralverbands des Deutschen Baugewerbes e. V. noch des Hauptverbands der Deutschen Bauindustrie e. V. Der Lohntarifvertrag 2007 wurde zudem nicht für allgemeinverbindlich erklärt (§ 5 Abs. 4 TVG) oder kraft Rechtsverordnung (§ 1 Abs. 3a AEntG 2007 bzw. § 7 Abs. 1 AEntG 2009)erstreckt.

12

2. Die Parteien haben eine Anwendung des Lohntarifvertrags 2007 und zukünftiger Lohntarifverträge des Baugewerbes weder vertraglich ausdrücklich vereinbart, noch ist eine betriebliche Übung entstanden, die vertragliche Vergütung jeweils an diesen Lohntarifverträgen auszurichten.

13

a) Unter einer betrieblichen Übung ist die regelmäßige Wiederholung bestimmter Verhaltensweisen des Arbeitgebers zu verstehen, aus denen die Arbeitnehmer schließen können, ihnen solle eine Leistung oder eine Vergünstigung auf Dauer eingeräumt werden. Aus diesem als Vertragsangebot zu wertenden Verhalten des Arbeitgebers, das von den Arbeitnehmern in der Regel stillschweigend angenommen wird (§ 151 BGB), erwachsen vertragliche Ansprüche auf die üblich gewordenen Leistungen. Entscheidend für die Entstehung eines Anspruchs ist nicht der Verpflichtungswille, sondern wie der Erklärungsempfänger die Erklärung oder das Verhalten des Arbeitgebers nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung aller Begleitumstände (§§ 133, 157 BGB) verstehen musste und durfte. Im Wege der Auslegung des Verhaltens des Arbeitgebers ist zu ermitteln, ob der Arbeitnehmer davon ausgehen musste, die Leistung werde nur unter bestimmten Voraussetzungen oder nur für eine bestimmte Zeit gewährt (st. Rspr., vgl. nur BAG 16. Januar 2002 - 5 AZR 715/00 - zu I 1 der Gründe, AP BGB § 242 Betriebliche Übung Nr. 56 = EzA TVG § 4 Tariflohnerhöhung Nr. 37; 13. März 2002 - 5 AZR 755/00 - zu II 1 der Gründe, EzA ZPO § 259 Nr. 1; 3. November 2004 - 5 AZR 73/04 - zu III 1 a der Gründe). Entstehung und Inhalt einer betrieblichen Übung unterliegen der unbeschränkten Überprüfung durch das Revisionsgericht (vgl. BAG 28. Juni 2006 - 10 AZR 385/05 - Rn. 39, BAGE 118, 360).

14

b) Bei einem nicht tarifgebundenen Arbeitgeber - wie der Beklagten - wird eine betriebliche Übung der Erhöhung der Löhne und Gehälter entsprechend der Tarifentwicklung in einem bestimmten Tarifgebiet nur entstehen, wenn es deutliche Anhaltspunkte im Verhalten des Arbeitgebers dafür gibt, dass er auf Dauer die von den Tarifvertragsparteien ausgehandelten Tariflohnerhöhungen übernehmen will (BAG 23. März 2011 - 4 AZR 268/09 -).

15

aa) Ein nicht tarifgebundener Arbeitgeber will sich grundsätzlich nicht für die Zukunft der Regelungsmacht der Verbände unterwerfen. Dies ist gerade Sinn des nicht erfolgten Beitritts zu einem Arbeitgeberverband. Die fehlende Tarifbindung verdeutlicht den Willen des Arbeitgebers, die Erhöhung der Löhne und Gehälter zukünftig nicht ohne Beitrittsprüfung entsprechend der Tarifentwicklung vorzunehmen. Die nicht vorhersehbare Dynamik der Lohnentwicklung und die hierdurch verursachten Personalkosten sprechen grundsätzlich gegen einen objektiv erkennbaren rechtsgeschäftlichen Willen des Arbeitgebers für eine dauerhafte Entgeltanhebung entsprechend der Tarifentwicklung in einem bestimmten Tarifgebiet. Mit den in Anlehnung an Tariflohnerhöhungen erfolgenden freiwilligen Lohnsteigerungen entsteht lediglich ein Anspruch der Arbeitnehmer auf Fortzahlung dieses erhöhten Lohns, nicht aber zugleich eine Verpflichtung des Arbeitgebers, auch künftige Tariflohnerhöhungen weiterzugeben. Der nicht tarifgebundene Arbeitgeber will seine Entscheidungsfreiheit über die künftige Lohn- und Gehaltsentwicklung behalten. Darin unterscheidet sich dieser Sachverhalt von der betrieblichen Übung bei der Gewährung von Zulagen oder Jahressonderzahlungen. Hierbei entstehen zwar auch weitere Kosten. Diese sind aber statisch und damit vorhersehbar und nicht unüberschaubar dynamisch ausgestaltet (vgl. BAG 16. Januar 2002 - 5 AZR 715/00 - zu I 2 der Gründe, AP BGB § 242 Betriebliche Übung Nr. 56 = EzA TVG § 4 Tariflohnerhöhung Nr. 37; 13. März 2002 - 5 AZR 755/00 - zu II 2 der Gründe, EzA ZPO § 259 Nr. 1; 3. November 2004 - 5 AZR 73/04 - zu III 1 b der Gründe; 9. Februar 2005 - 5 AZR 284/04 - zu III 3 b der Gründe).

16

bb) Es kommt hinzu, dass der tarifgebundene Arbeitgeber durch Austritt aus dem tarifschließenden Verband die Anwendbarkeit künftiger Tariflohnerhöhungen vermeiden kann (§ 3 Abs. 3 TVG). Eine betriebliche Übung wird bei Tarifbindung des Arbeitgebers allein aufgrund regelmäßiger Erhöhungen nicht entstehen können. Denn es ist anzunehmen, der Arbeitgeber wolle nur den gesetzlichen Verpflichtungen des Tarifvertragsgesetzes Rechnung tragen und seine Arbeitnehmer gleich behandeln. Der nicht tarifgebundene Arbeitgeber, der sich (zeitweise) wie ein tarifgebundener Arbeitgeber verhält, darf deswegen nicht schlechter stehen als dieser, nämlich auf Dauer ohne Austrittsmöglichkeit (vertraglich) gebunden sein. Das muss der Arbeitnehmer erkennen, falls die Frage der Tarifbindung seines Arbeitgebers überhaupt eine Rolle für ihn spielt. Deshalb darf er in keinem Falle von einer dauerhaften Bindung des Arbeitgebers ausgehen (vgl. BAG 3. November 2004 - 5 AZR 622/03 - zu II 5 der Gründe, AP BGB § 611 Lohnanspruch Nr. 28 = EzA BGB 2002 § 242 Betriebliche Übung Nr. 4; 9. Februar 2005 - 5 AZR 284/04 - zu III 3 b der Gründe).

17

c) Die danach erforderlichen deutlichen Anhaltspunkte für eine dauerhafte Unterwerfung der Beklagten unter die Regelungsmacht der Parteien der Lohntarifverträge fehlen, wie das Landesarbeitsgericht zutreffend festgestellt hat.

18

aa) Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht den Lohnabrechnungen keine Bedeutung beigemessen.

19

(1) Es ist unerheblich, dass die Beklagte den Stundenlohn in den Lohnabrechnungen als „Tariflohn“ ausgewiesen hat. Lohnabrechnungen geben nur die Höhe der aktuellen Vergütung wieder. Sie dokumentieren lediglich den konkret abgerechneten Lohn, bestimmen aber nicht den Anspruch. Ein weitergehender Erklärungswert über zukünftige Ansprüche kommt ihnen allein aufgrund der Angabe „Tariflohn“ nicht zu (vgl. BAG 3. November 2004 - 5 AZR 622/03 - zu II 2 der Gründe, AP BGB § 611 Lohnanspruch Nr. 28 = EzA BGB 2002 § 242 Betriebliche Übung Nr. 4; 9. Februar 2005 - 5 AZR 284/04 - zu III 3 c cc der Gründe).

20

(2) Die von der Beklagten vorgenommene Unterscheidung zwischen einem „Tariflohn“ und einer „freiwilligen Zulage“ (iHv. 0,00 Euro) spricht ebenfalls nicht für eine betriebliche Übung der Lohnerhöhung gemäß der Tarifentwicklung im Baugewerbe. Diese Unterscheidung macht zwar wegen der fehlenden Tarifbindung der Beklagten wenig Sinn. Sie stellt jedoch kein hinreichendes Indiz für einen entsprechenden objektiv erkennbaren rechtsgeschäftlichen Willen der Beklagten dar, die Vergütung stets am Tariflohn auszurichten (vgl. BAG 16. Januar 2002 - 5 AZR 715/00 - zu I 4 b der Gründe, AP BGB § 242 Betriebliche Übung Nr. 56 = EzA TVG § 4 Tariflohnerhöhung Nr. 37).

21

bb) Es kann zugunsten des Klägers unterstellt werden, dass die Beklagte in der Vergangenheit regelmäßig Lohnerhöhungen entsprechend der Tarifentwicklung vorgenommen hat. Die einzelnen Lohnerhöhungen bezogen sich im Zweifel jedoch nur auf den konkreten Fall und waren nicht geeignet, ein Vertrauen darauf zu begründen, die Beklagte würde „für alle Zeiten“ weiter so verfahren. Der Kläger konnte ohne besonderen Hinweis lediglich davon ausgehen, die Beklagte habe sich nach Prüfung aller Umstände lediglich anlässlich der konkreten Lohnerhöhung für eine Übernahme der Tariflohnerhöhungen entschieden.

22

cc) Damit hätte es neben den regelmäßigen Erhöhungen zusätzlicher Anhaltspunkte bedurft, um eine betriebliche Übung annehmen zu können. Das Landesarbeitsgericht hat derartige Umstände im Zusammenhang mit Lohnveränderungen vor 2006 nicht festgestellt. Das vom Kläger angeführte Verhalten der Beklagten nach Ende der Tarifrunde 2005 ergibt ebenfalls keine deutlichen Anhaltspunkte für eine betriebliche Übung auf zukünftige Lohnerhöhungen entsprechend der Tariflohnentwicklung.

23

(1) Mit § 3 Nr. 1.1 des allgemeinverbindlichen BRTV-Bau wurde der Beklagten zum 1. Januar 2006 tariflich eine Arbeitszeiterhöhung von 39 auf 40 Wochenstunden vorgegeben. Wenn sie sich in dieser speziellen Situation „zur Abfederung“ an dem damals aktuellen Lohntarifvertrag 2005 orientierte, kann dem kein weitergehender Erklärungswert beigemessen werden als vorherigen Tariflohnerhöhungen. Die Beklagte hat lediglich - nach Prüfung „auch diesmal wieder“ - eine Entscheidung für den Einzelfall getroffen. Es kommt hinzu, dass es sich um eine für die Beklagte günstige Entwicklung des Lohntarifvertrags handelte. Eine Lohnsenkung entsprechend tariflichen Regelungen besagt gerade nichts über einen Willen zu dauerhaften automatischen Lohnerhöhungen, ungeachtet der Frage, ob die einseitige Lohnsenkung in dieser Form gegenüber dem Kläger rechtlich wirksam durchgeführt werden konnte.

24

(2) Die Beklagte hat auch nicht dadurch deutliche Anhaltspunkte für einen Willen zur dauerhaften automatischen Weitergabe von Tariflohnerhöhungen gesetzt, dass sie in ihrem Aushang sogleich nach der Lohnsenkung zum 1. Januar 2006 um 2,5 % eine Lohnerhöhung zum 1. April 2006 um 1,0 % avisierte. Zum einen handelte es sich um eine prozentual bereits feststehende Lohnerhöhung nach nur drei Monaten. Zum anderen und vor allem ging es nur um eine teilweise Wiedererhöhung nach vorheriger Lohnsenkung im Rahmen eines Gesamtpakets. Sie glich lediglich die kurz zuvor erfolgte Lohnkürzung teilweise wieder aus. Auch die Formulierung des Aushangs „Tarifänderungen ab 2006“ ergibt keine Hinweise darauf, dass die Beklagte von einer bereits zuvor begründeten betrieblichen Übung iS einer dynamischen Verweisung auf den jeweils geltenden Lohntarifvertrag (vgl. BAG 20. Juni 2001 - 4 AZR 290/00 - zu A II 4 c bb der Gründe, EzA BGB § 242 Betriebliche Übung Nr. 45)ausging. Die Beklagte hat weder erklärt, dass die Absenkung des Tarifstundenlohns für sie in Wahrheit nicht „verbindlich“ sei, noch dass sie sich aufgrund einer bereits erfolgten dynamischen Bezugnahme auf den Lohntarifvertrag ohne weiteres für berechtigt hielt, den Stundenlohn abzusenken.

25

d) Eine allgemeine Bezugnahme auf tarifvertragliche Regelungen durch betriebliche Übung (vgl. BAG 17. April 2002 - 5 AZR 89/01 - zu I 1 der Gründe, BAGE 101, 75) besteht nicht. Selbst wenn die Beklagte gemäß dem pauschalen Klägervortrag stets „in sämtlichen Bereichen eine Bindung an die“ Tariflage gewünscht haben sollte, bedeutete dies zunächst nur, dass sie die jeweils aktuellen und ihr bereits bekannten Tarifregelungen in ihrem Unternehmen anwenden wollte. Ohne weitere Anhaltspunkte, die der Kläger nicht benannt hat, besagte eine solche Verfahrensweise wiederum nichts darüber, dass sie auch künftige, ihr noch unbekannte und daher in ihrer Tragweite nicht absehbare Tarifentwicklungen auf Dauer übernehmen wollte. Auch das vom Kläger gegen die Beklagte erstrittene Urteil des Zehnten Senats vom 18. März 2009 (- 10 AZR 281/08 - BAGE 130, 21) bestätigt keine entsprechende betriebliche Übung. Der Zehnte Senat hat nicht erkannt, dass dem Kläger ein „Weihnachtsgeld“ - geschweige denn ein Stundenlohn - stets in der jeweiligen tariflichen Höhe zustehe. Der Aushang der Beklagten zur Winterbeschäftigungs-Umlage hat ebenfalls keine Bedeutung. Er verhielt sich ausschließlich zu normativ wirkenden gesetzlichen und bundesrahmentarifvertraglichen Vorgaben und ließ keine Rückschlüsse auf einen Willen der Beklagten zur Weitergabe künftiger Tarifrechtsänderungen zu.

26

Die Parteien haben nicht aufgrund betrieblicher Übung eine Gleichstellungsabrede getroffen. Es kann dahinstehen, ob an der Entscheidung des Ersten Senats vom 19. Januar 1999 (- 1 AZR 606/98 - AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 9 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 10) nach der neueren Rechtsprechung des Vierten Senats zu Gleichstellungsabreden (BAG 18. April 2007 - 4 AZR 652/05 - Rn. 25 ff., BAGE 122, 74; 17. November 2010 - 4 AZR 391/09 - AP BGB § 613a Nr. 391 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 51) noch festzuhalten ist, denn die Beklagte ist nicht kraft Mitgliedschaft im Arbeitgeberverband an Entgelttarifverträge gebunden, so dass die vom Ersten Senat zugrunde gelegten Voraussetzungen einer Gleichstellungsabrede kraft betrieblicher Übung weder vor noch nach dem 1. Januar 2002 vorlagen.

27

3. Die Beklagte hat sich durch die Weitergabe der ersten Lohnerhöhung zum 1. Juni 2007 um 3,1 % gemäß § 2 Abs. 2 Lohntarifvertrag 2007 nicht dazu verpflichtet, wenigstens die beiden weiteren in dieser Tarifnorm vorgesehenen Lohnsteigerungen an den Kläger weiterzugeben. Auch insoweit hat die Beklagte erneut nur eine freiwillige Lohnerhöhung in Anlehnung an eine Tariflohnerhöhung vorgenommen und nicht etwa eine Tarifregelung insgesamt in Bezug genommen. Sie hat auch keinen Aushang zu „mehrschrittigen“ Tarifänderungen verfasst.

28

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Müller-Glöge    

        

    Laux    

        

    Biebl    

        

        

        

    W. Hinrichs    

        

    Dombrowsky    

                 

Tenor

1. Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg - Kammern Freiburg - vom 21. Oktober 2008 - 22 Sa 35/08 - aufgehoben.

2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über einen Jahresbonus für das Jahr 2007.

2

Die Klägerin war vom 1. Januar 1998 bis zum 31. Dezember 2007 bei der Beklagten beschäftigt. Das monatliche Grundgehalt betrug zuletzt 5.040,00 Euro. Darüber hinaus sollte die Klägerin gemäß dem schriftlichen Arbeitsvertrag ein 13. Monatsgehalt erhalten. Ihr wurde außerdem ein Dienst-Pkw zur privaten Nutzung zur Verfügung gestellt. Die Klägerin ist die ehemalige Ehefrau des Geschäftsführers der Beklagten. Gegenüber den Mitarbeitern der Beklagten war sie die „Chefin“ und erledigte über die Buchhaltungsarbeiten hinaus weitere Leitungsaufgaben. Das Arbeitsverhältnis wurde nach arbeitgeberseitiger Kündigung, die nach Scheitern der Ehe insbesondere mit einem Vertrauensverlust begründet worden war, durch einen gerichtlichen Vergleich beendet.

3

Nachdem die Klägerin in den Jahren 1998 und 1999 von ihrem Ehemann einen Teil von dessen Jahresbonus erhalten hatte, zahlte die Beklagte ihr für die Kalenderjahre 2000 bis 2006 ausweislich der Gehaltsabrechnungen jeweils zusammen mit dem Dezembergehalt einen „Jahresbonus“, und zwar im Jahr 2000 52.000,00 DM(26.587,18 Euro), im Jahr 2001 57.000,00 DM (29.143,64 Euro), im Jahr 2002 35.000,00 Euro, im Jahr 2003 50.000,00 Euro, im Jahr 2004 52.000,00 Euro und in den Jahren 2005 und 2006 jeweils 57.500,00 Euro. Dessen Höhe wurde der Klägerin jeweils im Rahmen eines Telefonats mit dem in den USA lebenden Gesellschafter Herrn D mitgeteilt. Für das Jahr 2007 erhielt die Klägerin keinen Jahresbonus.

4

Die Klägerin ist der Ansicht, ihr stehe auch für das Jahr 2007 ein Jahresbonus zu. Der Anspruch hierauf sei konkludent vereinbart worden. Es habe eine betriebliche Übung bestanden. Dabei müsse insbesondere berücksichtigt werden, dass sie im Gegensatz zu den übrigen Angestellten keinen Freiwilligkeitsvorbehalt unterzeichnet habe. Der Jahresbonus stelle auch keine in jedem Jahr nach „Gutdünken“ gewährte Leistung der Beklagten dar. Vielmehr habe er regelmäßig ca. 45 % ihres Jahresgehalts entsprochen und sei zuletzt gleichgeblieben.

5

Die Klägerin hat zuletzt beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an sie 57.500,00 Euro brutto nebst Zinsen hieraus iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB seit 1. Januar 2008 zu bezahlen.

6

Die Beklagte hat zu ihrem Klageabweisungsantrag die Ansicht vertreten, aus den bisherigen Zahlungen ergebe sich kein Anspruch auf einen weiteren Jahresbonus. Dieser sei jedes Jahr erneut durch eine Absprache zwischen dem Gesellschafter und dem Geschäftsführer ausgehandelt worden. Dabei habe der Geschäftsführer erklärt, dass ein Teil des eigentlich ihm zustehenden Jahresbonus an seine damalige Ehefrau gezahlt werden solle. Der Gesellschafter habe verstanden, dass der Geschäftsführer seiner Ehefrau auf diese Art und Weise eine auf das Jahresende ausgerichtete Weihnachtsfreude mit Symbolwert unter Partnern einer intakten Beziehung habe bereiten wollen. Mit der arbeitsvertraglich geschuldeten Leistung der Klägerin habe dies nichts zu tun. Die Klägerin sei durch die Zahlung des Grundgehalts bereits angemessen vergütet worden. Sie habe als Buchhalterin, anders als der Geschäftsführer, den Erfolg des Unternehmens nicht maßgeblich beeinflusst. Darüber hinaus folge aus der unterschiedlichen Höhe der Zahlungen, dass die Klägerin von keinem dauerhaften Anspruch habe ausgehen dürfen. Die Berechnung der Klägerin, wonach der Jahresbonus in etwa 45 % des Jahresgehalts betragen habe, sei nicht nachvollziehbar.

7

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihren Klageantrag weiter.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision der Klägerin ist begründet und führt zur Aufhebung des Urteils und Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht.

9

I. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, dass sich der Anspruch auf die Zahlung eines Jahresbonus für das Jahr 2007 nicht aus betrieblicher Übung ergebe. Ein kollektiver Bezug fehle. Auch unter Berücksichtigung des tatsächlichen Verhaltens der Beklagten in der Vergangenheit habe die Klägerin nicht davon ausgehen dürfen, dass ihr auch für die Zukunft ein Jahresbonus in bestimmter Höhe zustehe. Gegen einen dauerhaften Anspruch spreche bereits die unterschiedliche Höhe der Zahlungen. Es sei nicht erkennbar, dass der Bonus sich nach einem abstrakten Berechnungsmodell gerichtet habe. Die von der Klägerin behauptete und auf das Jahresgehalt abstellende Berechnungsmethode sei ungewöhnlich und nicht nachvollziehbar. Sofern die übrigen Mitarbeiter einen Freiwilligkeitsvorbehalt unterschrieben haben sollten, sei bereits fraglich, ob die Klägerin angesichts der beachtlichen Höhe der Bonuszahlungen mit diesen verglichen werden könne. Das Fehlen eines Freiwilligkeitsvorbehalts reiche für die Annahme einer dauerhaften Verpflichtung nicht aus. Der Anspruch ergebe sich nach denselben Erwägungen auch nicht aus einer konkludenten Vertragsänderung; aus dem Verhalten der Beklagten könne nicht geschlossen werden, sie habe sich auch für die Zukunft zur Zahlung verpflichten wollen.

10

II. Mit dieser Begründung kann die Klage nicht abgewiesen werden.

11

1. Zutreffend ist das Landesarbeitsgericht zunächst davon ausgegangen, dass die Klägerin die Voraussetzungen eines Anspruchs aus betrieblicher Übung nicht dargetan hat. Eine betriebliche Übung bezieht sich auf eine Vielzahl von Arbeitnehmern oder zumindest auf eine abgrenzbare Gruppe von Arbeitnehmern, ohne dass individuelle Besonderheiten die vertraglichen Beziehungen gestalten. Das Rechtsinstitut der betrieblichen Übung enthält ein kollektives Element(vgl. BAG 11. April 2006 - 9 AZR 500/05 - Rn. 15, BAGE 118, 16; 6. Dezember 1995 - 10 AZR 123/95 - zu II 1 der Gründe, AP BGB § 611 Gratifikation Nr. 186 = EzA BGB § 242 Gleichbehandlung Nr. 68).

12

Selbst wenn auch an andere Arbeitnehmer Sonderleistungen erbracht worden sind, sind diese gemäß dem Vortrag der Klägerin nicht mit der von ihr begehrten Leistung vergleichbar. Nur sie sollte danach entsprechend ihrer herausgehobenen Stellung einen Anspruch auf einen Bonus erwerben.

13

2. Aus demselben Grund scheitert ein Anspruch aus dem Gesichtspunkt des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes.

14

3. Allerdings hat das Landesarbeitsgericht nicht ausreichend berücksichtigt, dass sich ein Anspruch aufgrund einer individuellen arbeitsvertraglichen konkludenten Abrede ergeben kann.

15

a) Es kann dahinstehen, ob es sich wegen des Einzelfallcharakters der Zahlungen um eine sogenannte nichttypische Erklärung handelt, deren Würdigung nur einer eingeschränkten Überprüfung durch den Senat unterliegt(vgl. BAG 20. Februar 2001 - 9 AZR 46/00 - zu II 2 der Gründe, AP TVG § 1 Tarifverträge: Gaststätten Nr. 11 = EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 139), oder ob der Erklärungswert des Verhaltens der Beklagten in vollem Umfang revisionsrechtlich zu überprüfen ist. Auch einer eingeschränkten Überprüfung hält die Beurteilung des Landesarbeitsgerichts nicht stand, denn es hat eine mögliche Auslegung nicht in Erwägung gezogen und erheblichen Vortrag der Parteien nicht aufgeklärt und gewürdigt.

16

b) Das Landesarbeitsgericht hat festgestellt, dass die Klägerin seit Beginn des Arbeitsverhältnisses jährliche Bonuszahlungen erhielt, wobei ab dem Jahr 2000 die Zahlungen mit der Dezemberabrechnung erfolgten und von ca. 26.500,00 Euro im Jahr 2000 auf 57.500,00 Euro im Jahr 2005 in unterschiedlichem Maß anstiegen und im Jahr 2006 gleichblieben. Dabei hatte der Gesellschafter der Beklagten(Herr D) der Klägerin jeweils mitgeteilt, dass sie einen Jahresbonus in bestimmter Höhe erhalten werde. Ein Freiwilligkeitsvorbehalt wurde nicht erklärt. Die Klägerin hat hierzu behauptet, nur die Höhe der Zahlung sei jeweils von der Beklagten festgelegt worden, wobei der Gesellschafter entschieden habe, dass auch bei einem gegenüber dem Vorjahr schlechteren Jahresergebnis keine Kürzung erfolge und bei guten Jahresergebnissen der Bonus jedes Mal erhöht werde. Er habe dazu geäußert, schließlich sei der Einsatz der Klägerin gleich wie im Vorjahr gewesen, weshalb eine Kürzung nicht gerechtfertigt sei.

17

c) Aus diesem tatsächlichen Verhalten im Zusammenhang mit den behaupteten Äußerungen des Gesellschafters kann ein Angebot der Beklagten gefolgert werden, das die Klägerin durch schlüssiges Verhalten angenommen hat(§ 151 BGB). Das Landesarbeitsgericht hat die Möglichkeit der Auslegung einer Zusage dem Grunde nach übergangen und damit die §§ 133, 157 BGB verletzt. Es hat rechtsfehlerhaft einen individualrechtlichen Anspruch schon deshalb verneint, weil die Zahlung nicht in einer bestimmten Höhe zugesagt worden sei. Es ist aber gerade typisch für einen Bonusanspruch, dass dieser abhängig ist von verschiedenen Komponenten, wie zB dem Betriebsergebnis und/oder einer persönlichen Leistung, und daher schwankt. Es erscheint ohne Weiteres möglich, dass aufgrund der jährlichen Zahlungen in Verbindung mit dem tatsächlichen Verhalten der Beklagten die Annahme der Klägerin gerechtfertigt war, die Beklagte wolle sich hinsichtlich der Bonuszahlungen in irgendeiner Weise auf Dauer binden. Sollte über den Grund des Anspruchs jedes Jahr neu entschieden werden, hätte es nahe gelegen, auf die Einmaligkeit der Zahlung besonders hinzuweisen.

18

4. Der Senat kann aufgrund des festgestellten Sachverhalts weder über den Anspruch selbst noch zur Höhe abschließend entscheiden.

19

a) Hinsichtlich des Anspruchsgrundes unterliegt es der tatrichterlichen Prüfung, ob und gegebenenfalls inwieweit die Beklagte den Vortrag der Klägerin über die Äußerungen des Gesellschafters der Beklagten bestritten hat(§ 138 Abs. 3 ZPO). Zu klären ist weiterhin, ob der Vortrag der Beklagten, die Zahlungen seien nach freiem Belieben intern festgesetzt worden, den Grund oder nur die Höhe der Zahlung betraf. Denkbar ist auch, dass die Beklagte behaupten wollte, dass sich sowohl Grund als auch Höhe des Anspruchs nach dem Bonusanspruch des Geschäftsführers richten sollten. Wenn dieser einen dauerhaften Bonusanspruch hatte, kann das dafür sprechen, dass auch die Klägerin in Zukunft einen solchen Anspruch erhalten sollte. Ob der Ehemann auf einen Teil seiner Leistung verzichten und ob er seiner Ehefrau etwas verschaffen wollte, ist im Verhältnis der Parteien unerheblich. Zu klären ist, was die Eheleute betreffend den Bonus untereinander besprochen haben, und ob der arbeitsvertraglich ausdrücklich begründete Anspruch der Klägerin auf ein 13. Monatsgehalt eine Rolle spielt, ob zB der Bonus an die Stelle des 13. Monatsgehalts getreten ist. Dies wird aus den vorgelegten Abrechnungen und dem vorgetragenen Jahreseinkommen nicht deutlich.

20

Den Parteien ist Gelegenheit zu geben, zu diesen Fragen weiter vorzutragen und Beweis anzutreten.

21

b) Ergibt sich ein Anspruch dem Grunde nach, ist der Beklagten im Rahmen einer abgestuften Darlegungs- und Beweislast Gelegenheit zu geben, dazu vorzutragen, nach welchen Kriterien die Höhe der Zahlung bestimmt wurde. Auch wenn die Klägerin hierzu bisher keine nachvollziehbare Regel vorgetragen hat, ist immerhin ein Ansteigen feststellbar. Es liegt nahe, dass der Bonusanspruch sich nach dem jeweiligen Geschäftsergebnis gerichtet hat, solange er anstieg. Eine Rolle mag auch spielen, in welcher Höhe der Geschäftsführer der Beklagten im jeweiligen Jahr einen Bonusanspruch erhalten hat, hieraus kann sich gegebenenfalls ein bestimmter Bruchteil ergeben, den die Klägerin erhalten sollte.

22

In Betracht kommt die Anwendung des § 612 Abs. 2 BGB. Da weder eine taxmäßige noch eine übliche Bonusvergütung ersichtlich ist, ist die Höhe, wenn eine ergänzende Vertragsauslegung ebenfalls ausscheidet, durch die Beklagte nach § 315 Abs. 1 bis 3 BGB zu bestimmen. Ggf. hat das Landesarbeitsgericht die Höhe des Bonus gem. § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB durch Urteil festzusetzen.

23

Im Gegensatz zur Auffassung des Landesarbeitsgerichts handelt es sich bei dem Anspruch auf die Zahlung eines dem billigen Ermessen entsprechenden Bonus nicht um einen gesonderten, von der Klägerin bisher nicht geltend gemachten Streitgegenstand. Der Streitgegenstand im Zivilprozess betrifft weder umfassend eine bestimmte Rechtsfolge noch lediglich einen bestimmten materiell-rechtlichen Anspruch. Nach § 322 Abs. 1 ZPO ergibt sich der als Rechtsschutzbegehren aufgefasste prozessuale Anspruch durch den Klageantrag und den dazugehörigen Lebenssachverhalt, aus dem der Kläger die begehrte Rechtsfolge herleitet(BAG 18. November 2008 - 3 AZR 970/06 - Rn. 14, AP BGB § 242 Ruhegehalt - Pensionskassen Nr. 6; 17. April 2002 - 5 AZR 400/00 - zu II 1 der Gründe, AP ZPO § 322 Nr. 34). Der Anspruch auf die nach billigem Ermessen festzusetzende Bonuszahlung basiert auf demselben Lebenssachverhalt wie der Anspruch auf einen bestimmten konkludent vereinbarten oder üblichen Bonus, nämlich auf einer Absprache der Parteien (vgl. BGH 4. April 2006 - X ZR 122/05 - BGHZ 167, 139). Im Anwendungsbereich von § 315 Abs. 3 BGB kann die Klage auch unmittelbar auf Zahlung des nach Meinung des Gläubigers angemessenen Betrags gerichtet werden, ohne dass ein gesondertes Gestaltungsurteil ergehen müsste(vgl. BGH 26. September 2006 - X ZR 181/03 - mwN, NJW-RR 2007, 103). Der Anspruch der Klägerin richtet sich bei natürlicher Betrachtungsweise auf ein einheitliches Ziel (vgl. BGH 19. November 2003 - VIII ZR 60/03 - BGHZ 157, 47).

        

    Mikosch    

        

    Marquardt    

        

    Mestwerdt    

        

        

        

    Hintloglou    

        

    Schlegel    

                 

(1) Die Parteien haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben.

(2) Jede Partei hat sich über die von dem Gegner behaupteten Tatsachen zu erklären.

(3) Tatsachen, die nicht ausdrücklich bestritten werden, sind als zugestanden anzusehen, wenn nicht die Absicht, sie bestreiten zu wollen, aus den übrigen Erklärungen der Partei hervorgeht.

(4) Eine Erklärung mit Nichtwissen ist nur über Tatsachen zulässig, die weder eigene Handlungen der Partei noch Gegenstand ihrer eigenen Wahrnehmung gewesen sind.

Tenor

1. Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg - Kammern Freiburg - vom 21. Oktober 2008 - 22 Sa 35/08 - aufgehoben.

2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über einen Jahresbonus für das Jahr 2007.

2

Die Klägerin war vom 1. Januar 1998 bis zum 31. Dezember 2007 bei der Beklagten beschäftigt. Das monatliche Grundgehalt betrug zuletzt 5.040,00 Euro. Darüber hinaus sollte die Klägerin gemäß dem schriftlichen Arbeitsvertrag ein 13. Monatsgehalt erhalten. Ihr wurde außerdem ein Dienst-Pkw zur privaten Nutzung zur Verfügung gestellt. Die Klägerin ist die ehemalige Ehefrau des Geschäftsführers der Beklagten. Gegenüber den Mitarbeitern der Beklagten war sie die „Chefin“ und erledigte über die Buchhaltungsarbeiten hinaus weitere Leitungsaufgaben. Das Arbeitsverhältnis wurde nach arbeitgeberseitiger Kündigung, die nach Scheitern der Ehe insbesondere mit einem Vertrauensverlust begründet worden war, durch einen gerichtlichen Vergleich beendet.

3

Nachdem die Klägerin in den Jahren 1998 und 1999 von ihrem Ehemann einen Teil von dessen Jahresbonus erhalten hatte, zahlte die Beklagte ihr für die Kalenderjahre 2000 bis 2006 ausweislich der Gehaltsabrechnungen jeweils zusammen mit dem Dezembergehalt einen „Jahresbonus“, und zwar im Jahr 2000 52.000,00 DM(26.587,18 Euro), im Jahr 2001 57.000,00 DM (29.143,64 Euro), im Jahr 2002 35.000,00 Euro, im Jahr 2003 50.000,00 Euro, im Jahr 2004 52.000,00 Euro und in den Jahren 2005 und 2006 jeweils 57.500,00 Euro. Dessen Höhe wurde der Klägerin jeweils im Rahmen eines Telefonats mit dem in den USA lebenden Gesellschafter Herrn D mitgeteilt. Für das Jahr 2007 erhielt die Klägerin keinen Jahresbonus.

4

Die Klägerin ist der Ansicht, ihr stehe auch für das Jahr 2007 ein Jahresbonus zu. Der Anspruch hierauf sei konkludent vereinbart worden. Es habe eine betriebliche Übung bestanden. Dabei müsse insbesondere berücksichtigt werden, dass sie im Gegensatz zu den übrigen Angestellten keinen Freiwilligkeitsvorbehalt unterzeichnet habe. Der Jahresbonus stelle auch keine in jedem Jahr nach „Gutdünken“ gewährte Leistung der Beklagten dar. Vielmehr habe er regelmäßig ca. 45 % ihres Jahresgehalts entsprochen und sei zuletzt gleichgeblieben.

5

Die Klägerin hat zuletzt beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an sie 57.500,00 Euro brutto nebst Zinsen hieraus iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB seit 1. Januar 2008 zu bezahlen.

6

Die Beklagte hat zu ihrem Klageabweisungsantrag die Ansicht vertreten, aus den bisherigen Zahlungen ergebe sich kein Anspruch auf einen weiteren Jahresbonus. Dieser sei jedes Jahr erneut durch eine Absprache zwischen dem Gesellschafter und dem Geschäftsführer ausgehandelt worden. Dabei habe der Geschäftsführer erklärt, dass ein Teil des eigentlich ihm zustehenden Jahresbonus an seine damalige Ehefrau gezahlt werden solle. Der Gesellschafter habe verstanden, dass der Geschäftsführer seiner Ehefrau auf diese Art und Weise eine auf das Jahresende ausgerichtete Weihnachtsfreude mit Symbolwert unter Partnern einer intakten Beziehung habe bereiten wollen. Mit der arbeitsvertraglich geschuldeten Leistung der Klägerin habe dies nichts zu tun. Die Klägerin sei durch die Zahlung des Grundgehalts bereits angemessen vergütet worden. Sie habe als Buchhalterin, anders als der Geschäftsführer, den Erfolg des Unternehmens nicht maßgeblich beeinflusst. Darüber hinaus folge aus der unterschiedlichen Höhe der Zahlungen, dass die Klägerin von keinem dauerhaften Anspruch habe ausgehen dürfen. Die Berechnung der Klägerin, wonach der Jahresbonus in etwa 45 % des Jahresgehalts betragen habe, sei nicht nachvollziehbar.

7

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihren Klageantrag weiter.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision der Klägerin ist begründet und führt zur Aufhebung des Urteils und Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht.

9

I. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, dass sich der Anspruch auf die Zahlung eines Jahresbonus für das Jahr 2007 nicht aus betrieblicher Übung ergebe. Ein kollektiver Bezug fehle. Auch unter Berücksichtigung des tatsächlichen Verhaltens der Beklagten in der Vergangenheit habe die Klägerin nicht davon ausgehen dürfen, dass ihr auch für die Zukunft ein Jahresbonus in bestimmter Höhe zustehe. Gegen einen dauerhaften Anspruch spreche bereits die unterschiedliche Höhe der Zahlungen. Es sei nicht erkennbar, dass der Bonus sich nach einem abstrakten Berechnungsmodell gerichtet habe. Die von der Klägerin behauptete und auf das Jahresgehalt abstellende Berechnungsmethode sei ungewöhnlich und nicht nachvollziehbar. Sofern die übrigen Mitarbeiter einen Freiwilligkeitsvorbehalt unterschrieben haben sollten, sei bereits fraglich, ob die Klägerin angesichts der beachtlichen Höhe der Bonuszahlungen mit diesen verglichen werden könne. Das Fehlen eines Freiwilligkeitsvorbehalts reiche für die Annahme einer dauerhaften Verpflichtung nicht aus. Der Anspruch ergebe sich nach denselben Erwägungen auch nicht aus einer konkludenten Vertragsänderung; aus dem Verhalten der Beklagten könne nicht geschlossen werden, sie habe sich auch für die Zukunft zur Zahlung verpflichten wollen.

10

II. Mit dieser Begründung kann die Klage nicht abgewiesen werden.

11

1. Zutreffend ist das Landesarbeitsgericht zunächst davon ausgegangen, dass die Klägerin die Voraussetzungen eines Anspruchs aus betrieblicher Übung nicht dargetan hat. Eine betriebliche Übung bezieht sich auf eine Vielzahl von Arbeitnehmern oder zumindest auf eine abgrenzbare Gruppe von Arbeitnehmern, ohne dass individuelle Besonderheiten die vertraglichen Beziehungen gestalten. Das Rechtsinstitut der betrieblichen Übung enthält ein kollektives Element(vgl. BAG 11. April 2006 - 9 AZR 500/05 - Rn. 15, BAGE 118, 16; 6. Dezember 1995 - 10 AZR 123/95 - zu II 1 der Gründe, AP BGB § 611 Gratifikation Nr. 186 = EzA BGB § 242 Gleichbehandlung Nr. 68).

12

Selbst wenn auch an andere Arbeitnehmer Sonderleistungen erbracht worden sind, sind diese gemäß dem Vortrag der Klägerin nicht mit der von ihr begehrten Leistung vergleichbar. Nur sie sollte danach entsprechend ihrer herausgehobenen Stellung einen Anspruch auf einen Bonus erwerben.

13

2. Aus demselben Grund scheitert ein Anspruch aus dem Gesichtspunkt des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes.

14

3. Allerdings hat das Landesarbeitsgericht nicht ausreichend berücksichtigt, dass sich ein Anspruch aufgrund einer individuellen arbeitsvertraglichen konkludenten Abrede ergeben kann.

15

a) Es kann dahinstehen, ob es sich wegen des Einzelfallcharakters der Zahlungen um eine sogenannte nichttypische Erklärung handelt, deren Würdigung nur einer eingeschränkten Überprüfung durch den Senat unterliegt(vgl. BAG 20. Februar 2001 - 9 AZR 46/00 - zu II 2 der Gründe, AP TVG § 1 Tarifverträge: Gaststätten Nr. 11 = EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 139), oder ob der Erklärungswert des Verhaltens der Beklagten in vollem Umfang revisionsrechtlich zu überprüfen ist. Auch einer eingeschränkten Überprüfung hält die Beurteilung des Landesarbeitsgerichts nicht stand, denn es hat eine mögliche Auslegung nicht in Erwägung gezogen und erheblichen Vortrag der Parteien nicht aufgeklärt und gewürdigt.

16

b) Das Landesarbeitsgericht hat festgestellt, dass die Klägerin seit Beginn des Arbeitsverhältnisses jährliche Bonuszahlungen erhielt, wobei ab dem Jahr 2000 die Zahlungen mit der Dezemberabrechnung erfolgten und von ca. 26.500,00 Euro im Jahr 2000 auf 57.500,00 Euro im Jahr 2005 in unterschiedlichem Maß anstiegen und im Jahr 2006 gleichblieben. Dabei hatte der Gesellschafter der Beklagten(Herr D) der Klägerin jeweils mitgeteilt, dass sie einen Jahresbonus in bestimmter Höhe erhalten werde. Ein Freiwilligkeitsvorbehalt wurde nicht erklärt. Die Klägerin hat hierzu behauptet, nur die Höhe der Zahlung sei jeweils von der Beklagten festgelegt worden, wobei der Gesellschafter entschieden habe, dass auch bei einem gegenüber dem Vorjahr schlechteren Jahresergebnis keine Kürzung erfolge und bei guten Jahresergebnissen der Bonus jedes Mal erhöht werde. Er habe dazu geäußert, schließlich sei der Einsatz der Klägerin gleich wie im Vorjahr gewesen, weshalb eine Kürzung nicht gerechtfertigt sei.

17

c) Aus diesem tatsächlichen Verhalten im Zusammenhang mit den behaupteten Äußerungen des Gesellschafters kann ein Angebot der Beklagten gefolgert werden, das die Klägerin durch schlüssiges Verhalten angenommen hat(§ 151 BGB). Das Landesarbeitsgericht hat die Möglichkeit der Auslegung einer Zusage dem Grunde nach übergangen und damit die §§ 133, 157 BGB verletzt. Es hat rechtsfehlerhaft einen individualrechtlichen Anspruch schon deshalb verneint, weil die Zahlung nicht in einer bestimmten Höhe zugesagt worden sei. Es ist aber gerade typisch für einen Bonusanspruch, dass dieser abhängig ist von verschiedenen Komponenten, wie zB dem Betriebsergebnis und/oder einer persönlichen Leistung, und daher schwankt. Es erscheint ohne Weiteres möglich, dass aufgrund der jährlichen Zahlungen in Verbindung mit dem tatsächlichen Verhalten der Beklagten die Annahme der Klägerin gerechtfertigt war, die Beklagte wolle sich hinsichtlich der Bonuszahlungen in irgendeiner Weise auf Dauer binden. Sollte über den Grund des Anspruchs jedes Jahr neu entschieden werden, hätte es nahe gelegen, auf die Einmaligkeit der Zahlung besonders hinzuweisen.

18

4. Der Senat kann aufgrund des festgestellten Sachverhalts weder über den Anspruch selbst noch zur Höhe abschließend entscheiden.

19

a) Hinsichtlich des Anspruchsgrundes unterliegt es der tatrichterlichen Prüfung, ob und gegebenenfalls inwieweit die Beklagte den Vortrag der Klägerin über die Äußerungen des Gesellschafters der Beklagten bestritten hat(§ 138 Abs. 3 ZPO). Zu klären ist weiterhin, ob der Vortrag der Beklagten, die Zahlungen seien nach freiem Belieben intern festgesetzt worden, den Grund oder nur die Höhe der Zahlung betraf. Denkbar ist auch, dass die Beklagte behaupten wollte, dass sich sowohl Grund als auch Höhe des Anspruchs nach dem Bonusanspruch des Geschäftsführers richten sollten. Wenn dieser einen dauerhaften Bonusanspruch hatte, kann das dafür sprechen, dass auch die Klägerin in Zukunft einen solchen Anspruch erhalten sollte. Ob der Ehemann auf einen Teil seiner Leistung verzichten und ob er seiner Ehefrau etwas verschaffen wollte, ist im Verhältnis der Parteien unerheblich. Zu klären ist, was die Eheleute betreffend den Bonus untereinander besprochen haben, und ob der arbeitsvertraglich ausdrücklich begründete Anspruch der Klägerin auf ein 13. Monatsgehalt eine Rolle spielt, ob zB der Bonus an die Stelle des 13. Monatsgehalts getreten ist. Dies wird aus den vorgelegten Abrechnungen und dem vorgetragenen Jahreseinkommen nicht deutlich.

20

Den Parteien ist Gelegenheit zu geben, zu diesen Fragen weiter vorzutragen und Beweis anzutreten.

21

b) Ergibt sich ein Anspruch dem Grunde nach, ist der Beklagten im Rahmen einer abgestuften Darlegungs- und Beweislast Gelegenheit zu geben, dazu vorzutragen, nach welchen Kriterien die Höhe der Zahlung bestimmt wurde. Auch wenn die Klägerin hierzu bisher keine nachvollziehbare Regel vorgetragen hat, ist immerhin ein Ansteigen feststellbar. Es liegt nahe, dass der Bonusanspruch sich nach dem jeweiligen Geschäftsergebnis gerichtet hat, solange er anstieg. Eine Rolle mag auch spielen, in welcher Höhe der Geschäftsführer der Beklagten im jeweiligen Jahr einen Bonusanspruch erhalten hat, hieraus kann sich gegebenenfalls ein bestimmter Bruchteil ergeben, den die Klägerin erhalten sollte.

22

In Betracht kommt die Anwendung des § 612 Abs. 2 BGB. Da weder eine taxmäßige noch eine übliche Bonusvergütung ersichtlich ist, ist die Höhe, wenn eine ergänzende Vertragsauslegung ebenfalls ausscheidet, durch die Beklagte nach § 315 Abs. 1 bis 3 BGB zu bestimmen. Ggf. hat das Landesarbeitsgericht die Höhe des Bonus gem. § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB durch Urteil festzusetzen.

23

Im Gegensatz zur Auffassung des Landesarbeitsgerichts handelt es sich bei dem Anspruch auf die Zahlung eines dem billigen Ermessen entsprechenden Bonus nicht um einen gesonderten, von der Klägerin bisher nicht geltend gemachten Streitgegenstand. Der Streitgegenstand im Zivilprozess betrifft weder umfassend eine bestimmte Rechtsfolge noch lediglich einen bestimmten materiell-rechtlichen Anspruch. Nach § 322 Abs. 1 ZPO ergibt sich der als Rechtsschutzbegehren aufgefasste prozessuale Anspruch durch den Klageantrag und den dazugehörigen Lebenssachverhalt, aus dem der Kläger die begehrte Rechtsfolge herleitet(BAG 18. November 2008 - 3 AZR 970/06 - Rn. 14, AP BGB § 242 Ruhegehalt - Pensionskassen Nr. 6; 17. April 2002 - 5 AZR 400/00 - zu II 1 der Gründe, AP ZPO § 322 Nr. 34). Der Anspruch auf die nach billigem Ermessen festzusetzende Bonuszahlung basiert auf demselben Lebenssachverhalt wie der Anspruch auf einen bestimmten konkludent vereinbarten oder üblichen Bonus, nämlich auf einer Absprache der Parteien (vgl. BGH 4. April 2006 - X ZR 122/05 - BGHZ 167, 139). Im Anwendungsbereich von § 315 Abs. 3 BGB kann die Klage auch unmittelbar auf Zahlung des nach Meinung des Gläubigers angemessenen Betrags gerichtet werden, ohne dass ein gesondertes Gestaltungsurteil ergehen müsste(vgl. BGH 26. September 2006 - X ZR 181/03 - mwN, NJW-RR 2007, 103). Der Anspruch der Klägerin richtet sich bei natürlicher Betrachtungsweise auf ein einheitliches Ziel (vgl. BGH 19. November 2003 - VIII ZR 60/03 - BGHZ 157, 47).

        

    Mikosch    

        

    Marquardt    

        

    Mestwerdt    

        

        

        

    Hintloglou    

        

    Schlegel    

                 

Tenor

1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Nürnberg vom 18. Dezember 2008 - 5 Sa 768/07 - wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Höhe einer Jahressonderzahlung.

2

Der Kläger war seit dem Jahr 1996 bei der D GmbH & Co. KG beschäftigt. Sein Arbeitsverhältnis ging zum 1. Januar 2004 infolge eines Betriebsübergangs auf die Beklagte über. Der Kläger ist als Betriebsschlosser und Schichtleiter tätig und Betriebsratsvorsitzender im Werk H der Beklagten. Er ist Mitglied der Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt.

3

Auf das Arbeitsverhältnis findet aufgrund beiderseitiger Tarifbindung der Tarifvertrag über die Gewährung einer Jahressonderzahlung für die Arbeitnehmer in der Steine- und Erden-Industrie und im Betonsteinhandwerk in Bayern vom 17. Juni 2000 - gültig ab dem 1. Januar 2000 - Anwendung. In dessen § 2 Ziffer 1 ist geregelt, dass gewerbliche Arbeitnehmer Anspruch auf eine Jahressonderzahlung in Höhe von 165 Tarifstundenlöhnen auf der Basis der tariflichen Jahressonderzahlung 1999 haben.

4

Der Tarifstundenlohn des Klägers stieg von 12,25 Euro im Jahr 1999 auf 13,49 Euro im Jahr 2006. Seine Jahressondervergütung für 2006 betrug 2.226,00 Euro.

5

Mit der Klageschrift hat der Kläger dargelegt, er habe folgende Jahressonderzahlungen bezogen:

        

1999

3.672,90 DM

1.875,05 Euro

        

2000

3.750,45 DM

1.914,64 Euro

        

2001

3.750,45 DM

1.914,64 Euro

        

2002

        

1.965,15 Euro

        

2003

        

2.154,90 Euro

        

2004

        

2.191,20 Euro

        

2005

        

2.041,00 Euro

6

Die Beklagte schloss für ihre bayerischen Werke in N und F im Jahr 2001 einen Überleitungstarifvertrag, wonach ab dem 1. Mai 2001 die Tarifverträge des Landesverbands Beton- und Bimsindustrie Rheinland-Pfalz e. V. gelten sollten. Für die Lohn-/Gehaltsgruppeneinteilung und die Stundenlohnhöhe sollte der Tarifvertrag des bayerischen Landesverbands in der jeweiligen Fassung gelten. Für gesondert genannte Mitarbeiter sollte ua. für die Jahressondervergütung eine besondere Vereinbarung erfolgen. Gegenüber dem Betriebsrat der Werke N und F versicherte der Geschäftsleiter G am 28. November 2000, dass die Jahressonderzahlung nach dem Tarifvertrag Bayern abgerechnet werde.

7

Dem Kläger sowie sämtlichen betroffenen Arbeitnehmern wurde Ende des Jahres 2003 mitgeteilt, dass ihr „Arbeitsverhältnis zum 1. Januar 2004 automatisch“ auf die Beklagte übergehe, die „in sämtliche Rechte und Pflichten“ ihres Arbeitsverhältnisses eintrete.

8

Die Berechnung der Jahressondervergütung erfolgte bis zum Jahr 2003 selbständig durch die Rechtsvorgängerin der Beklagten. Ab dem Jahr 2004 übernahm der Lohnsachbearbeiter der Beklagten, Herr O, die Berechnung und ab dem Jahr 2005 Frau C.

9

Am 5. Januar 2007 schrieb die Beklagte an den Kläger, dass sie in den Jahren 2004, 2005 und 2006 eine zu hohe Jahressondervergütung ausgezahlt habe. Die Zahlung für 2006 sei auf der Grundlage des Tariflohns für das Jahr 2005 erfolgt, während nach dem Tarifvertrag die Zahlung auf der Basis von 1999 eingefroren sei. Die Differenz von 205,00 Euro brutto werde mit der Januarabrechnung einbehalten. Dies geschah auch bei den übrigen Arbeitnehmern der bayerischen Werke H, N und E. Der Betriebsrat des Werks H wies die Beklagte mit Schreiben vom 16. Januar 2007 darauf hin, dass schon seit dem Jahr 1995 von der D GmbH & Co. KG und sodann von der Beklagten die ansteigenden Jahressonderzahlungen gezahlt worden seien und darin eine betriebliche Übung zu sehen sei.

10

Der Kläger meint, die Beklagte habe den Betrag von 205,00 Euro nicht einbehalten dürfen. Es sei auch festzustellen, dass die Jahressonderzahlung weiterhin auf der Basis des jeweiligen Kalenderjahres zu berechnen sei. Er habe darauf einen Anspruch aus betrieblicher Übung erworben. Diese Übung sei bereits bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten entstanden, die Beklagte habe sie fortgesetzt. Die Arbeitnehmer hätten darauf vertrauen dürfen, dass sowohl die D GmbH & Co. KG als auch die Beklagte die höhere Leistung bewusst als Leistungsäquivalent erbracht hätten. Ein Irrtum sei nicht erkennbar gewesen. Der Beklagten sei der Inhalt der bayerischen Tarifverträge seit den Verhandlungen über die Übernahmetarifverträge im Jahr 2000 bekannt gewesen, ihrer Rechtsvorgängerin als Mitglied des einschlägigen Arbeitgeberverbands ohnehin. Spätestens anlässlich der Betriebsübernahme habe die Beklagte sich intensiv mit den tarifvertraglichen Vergütungsregeln und mit den übergehenden Rechten und Pflichten befasst. Ab diesem Zeitpunkt hätten die Arbeitnehmer erst recht davon ausgehen müssen, dass ihnen die höhere Leistung bewusst gewährt werden sollte.

11

Der Kläger hat beantragt,

        

1.   

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 205,00 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit 15. Februar 2007 zu zahlen,

        

2.   

festzustellen, dass die Beklagte auch in Zukunft verpflichtet ist, die Jahressonderzahlung abweichend von § 2 Ziffer 1 des Tarifvertrags über die Gewährung einer Jahressonderzahlung für die Steine- und Erden-Industrie und das Betonsteinhandwerk in Bayern vom 1. Januar 2000 auf der Basis des Lohnes des jeweiligen Kalenderjahres bis zu einer individualvertraglichen Änderung zu zahlen.

12

Die Beklagte hat zu ihrem Klageabweisungsantrag die Ansicht vertreten, eine betriebliche Übung sei nicht entstanden. Sie und ihre Rechtsvorgängerin hätten erkennbar immer nur den tariflichen Anspruch erfüllen wollen und sich bei der Berechnung in der Höhe geirrt.

13

Die Beklagte hat behauptet, der damalige Lohnsachbearbeiter Herr O habe die Tarifänderung so interpretiert, dass die Basis für die Auszahlung der Jahressondervergütung immer das Tarifgehalt des Vorjahres sein sollte. Bis zum Kalenderjahr 2001 habe Herr O so für die Werke F, N und E abgerechnet. Im Jahr 2002 habe Frau K die Werke F und N, 2004 das Werk E übernommen. Ab dem Jahr 2004 habe Herr O die Lohnabrechnung für das Werk H in der K-Gruppe übernommen, ab dem Jahr 2005 sei dies durch Frau C geschehen. Die falsche Interpretation des Tarifvertrags sei von Herrn O jeweils an die anderen Lohnsachbearbeiter weitergegeben worden. Erst im Januar 2007 habe man den Irrtum bemerkt und sodann unverzüglich die Rückforderung veranlasst.

Entscheidungsgründe

14

Die Revision des Klägers ist unbegründet. Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht sowohl den Zahlungs- als auch den Feststellungsantrag abgewiesen. Die Beklagte hat den Betrag von 205,00 Euro zu Recht einbehalten, da der Kläger in dieser Höhe überzahlt worden ist (§ 812 Abs. 1 Satz 1 BGB). Ein Anspruch aus betrieblicher Übung auf die übertariflichen Teile der Jahressonderzahlung ist nicht entstanden.

15

1. Entgegen der Ansicht der Beklagten ist die Beurteilung, ob aus den vom Berufungsgericht festgestellten Tatsachen eine betriebliche Übung hinsichtlich der Gewährung von Leistungen entstanden ist, uneingeschränkt revisionsrechtlich zu überprüfen (BAG 28. Juni 2006 - 10 AZR 385/05 - BAGE 118, 360).

16

2. Unter einer betrieblichen Übung ist die regelmäßige Wiederholung bestimmter Verhaltensweisen des Arbeitgebers zu verstehen, aus denen die Arbeitnehmer schließen können, ihnen solle eine Leistung oder Vergünstigung auf Dauer gewährt werden. Aus diesem als Vertragsangebot zu wertenden Verhalten des Arbeitgebers, das von den Arbeitnehmern in der Regel stillschweigend angenommen wird (§ 151 BGB), erwachsen vertragliche Ansprüche auf die üblich gewordenen Leistungen. Entscheidend ist nicht der Verpflichtungswille, sondern wie der Erklärungsempfänger die Erklärung oder das Verhalten des Arbeitgebers nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung aller Begleitumstände (§§ 133, 157 BGB) verstehen musste und durfte (st. Rspr., zB BAG 16. Juni 2004 - 4 AZR 417/03 -).

17

3. Grundsätzlich kann eine betriebliche Übung auch bezüglich übertariflicher Leistungen und übertariflicher Anteile einer einheitlichen Leistung entstehen (vgl. Senat 1. April 2009 - 10 AZR 393/08 - AP BGB § 242 Betriebliche Übung Nr. 84; BAG 16. Juni 2004 - 4 AZR 417/03 -). Dem tatsächlichen Verhalten des Arbeitgebers muss aber aus der Sicht der Arbeitnehmer der Wille zugrunde liegen, eine bestimmte übertarifliche Leistung zu erbringen. Dafür hat der Kläger keine genügenden Anhaltspunkte vorgetragen.

18

a) Nach seinem Vorbringen ist nicht davon auszugehen, dass bereits in den Jahren 2001 bis 2003 bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten eine betriebliche Übung entstanden ist. In der Klageschrift trägt der Kläger vor, dass eine Erhöhung nur zweimal eingetreten ist, nämlich in den Jahren 2002 und 2003. Bei jährlichen Leistungen kann aber in der Regel erst nach dreimaliger Gewährung davon ausgegangen werden, die Leistung solle auch in der Zukunft gewährt werden.

19

b) Auch nach der Betriebsübernahme ist keine betriebliche Übung durch das Verhalten der Beklagten begründet worden. Aus dem Vortrag des Klägers ergibt sich nicht, welchen Inhalt das Angebot der Beklagten oder ihrer Rechtsvorgängerin überhaupt hätte haben sollen. Der Kläger hat nicht dargelegt, welche Regel den jährlichen Zahlungen zugrunde lag. Die vorgetragenen Zahlen lassen weder eine Berechnung auf der Grundlage des jeweils aktuellen Tarifstundenlohns noch eine sonstige nachvollziehbare Regelhaftigkeit im Sinn einer übertariflichen Vergütung zugunsten der Arbeitnehmer erkennen.

20

Es kann nicht einmal nachvollzogen werden, dass die Sonderzahlung sich seit dem Jahr 2002 kontinuierlich erhöht hätte. Demnach bleibt unklar, wie der Kläger die Berechnungsweise der Beklagten verstanden haben will. Eine betriebliche Übung auf eine wie auch immer geartete stetige Steigerung der Sonderzuwendung, ohne dass deren Höhe und Berechnung eindeutig festzustellen wären, kann jedenfalls nicht entstehen.

21

4. Selbst wenn davon auszugehen wäre, dass die vom Kläger oder von der Beklagten angenommene Berechnungsweise grundsätzlich geeignet wäre, als Angebot gewertet zu werden, und einen Anspruch auf die sich so ergebenden Sonderzahlungen aus betrieblicher Übung hätte begründen können, fehlt es doch an ausreichenden Anhaltspunkten dafür, dass die Beklagte erkennbar nicht irrtümlich gezahlt hat, sondern bewusst mehr zahlen wollte, als sie musste.

22

Während in dem Fall, der der Entscheidung des Senats vom 1. April 2009 (- 10 AZR 393/08 - AP BGB § 242 Betriebliche Übung Nr. 84) zugrunde lag, der übertarifliche Teil der Sonderzahlung in den Abrechnungen jeweils genau ausgewiesen wurde und auch zu anderen Zeitpunkten erfolgte, als dies tarifvertraglich vorgesehen war, fehlt es im vorliegenden Fall an einer solchen eindeutigen Willenskundgabe. Die Sonderzahlung wurde in einem einheitlichen Betrag ausgewiesen.

23

Aus der Sicht der betroffenen Arbeitnehmer gab es zwar mehrere Anlässe dafür, dass die Beklagte den von ihr reklamierten Irrtum hätte bemerken müssen. Bei den Verhandlungen über den Übernahmetarifvertrag für andere bayerische Werke im Jahr 2000 und anlässlich der Betriebsübernahme in den Jahren 2003/2004 hat sich die Beklagte mit den einschlägigen Tarifwerken befasst. Dies muss auch bezüglich der Jahressondervergütung geschehen sein, da diese gesondert im Überleitungstarifvertrag erwähnt wurde. Damit ist jedoch nicht ausgeschlossen, dass die Beklagte sich über die Berechnungsweise geirrt hat. Hätte die Beklagte eine übertarifliche Leistung erbringen wollen, hätte es nahe gelegen, dies in irgendeiner Weise zum Ausdruck zu bringen.

24

5. Zu Recht sind die Vorinstanzen davon ausgegangen, dass die Mitteilungen über den Betriebsübergang nicht mehr ausdrücken als die gesetzlichen Folgen des § 613a BGB. Da bereits bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten keine betriebliche Übung entstanden ist, hat auch die Mitteilung, an der Vergütung ändere sich nichts, keinen eigenen rechtsgeschäftlichen Inhalt.

25

6. Da kein Anspruch auf eine betriebliche Übung entstanden ist, ist auch der Feststellungsantrag unbegründet.

        

    Mikosch    

        

    Marquardt    

        

    W. Reinfelder    

        

        

        

    Rudolph    

        

    Großmann    

                 

Tenor

1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 29. Juli 2009 - 2 Sa 470/09 - aufgehoben.

2. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Mönchengladbach vom 6. April 2009 - 5 Ca 3995/08 - wird zurückgewiesen.

3. Die Beklagte hat die Kosten der Berufung und der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Zahlung eines Weihnachtsgeldes für das Jahr 2008.

2

Der Kläger ist seit dem 1. Februar 1996 bei der Beklagten, die ein Planungs- und Technologiebüro betreibt, als Diplomingenieur gegen ein monatliches Bruttoentgelt in Höhe von zuletzt 3.350,00 Euro beschäftigt. Ziff. 6 des schriftlichen Arbeitsvertrags vom 3. Januar 1996 enthält folgende Regelung:

        

„Gratifikationen:

        

Soweit der Arbeitgeber gesetzlich oder durch Tarifvertrag nicht vorgeschriebene Leistungen, wie Prämien, Zulagen, Urlaubsgeld, Gratifikationen, Weihnachtsgratifikationen gewährt, erfolgen sie freiwillig und ohne jede rechtliche Verpflichtung. Sie sind daher jederzeit ohne Wahrung einer besonderen Frist widerrufbar.“

3

Die Beklagte zahlte seit Beginn des Arbeitsverhältnisses jeweils im November ein Weihnachtsgeld an den Kläger. In den Gehaltsabrechnungen für November der Jahre 2005 bis 2007 wurde ein Monatsgehalt als „Weihnachtsgeld“ ohne Vorbehalt ausgewiesen. Für das Jahr 2008 leistete die Beklagte an den Kläger und die anderen Mitarbeiter unter Hinweis auf die Wirtschaftskrise keine Zahlung.

4

Der Kläger hat das Weihnachtsgeld in Höhe eines Bruttomonatsverdienstes gerichtlich geltend gemacht und die Auffassung vertreten, aufgrund der jahrelangen vorbehaltlosen Zahlung stehe ihm dieses auch für das Jahr 2008 zu. Der im Arbeitsvertrag niedergelegte Freiwilligkeitsvorbehalt sei unbeachtlich. Er sei nicht eindeutig und wegen seiner Verknüpfung mit dem Widerrufsvorbehalt intransparent und unwirksam.

5

Der Kläger hat beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 3.350,00 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Dezember 2008 zu zahlen.

6

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Ansicht vertreten, der vereinbarte Freiwilligkeitsvorbehalt habe das Entstehen einer betrieblichen Übung und eines Anspruchs auf Weihnachtsgeld für 2008 verhindert. Der Hinweis auf die Widerrufbarkeit in der Vertragsklausel habe keine eigenständige Bedeutung, sondern stütze nur den Freiwilligkeitsvorbehalt. Das Weihnachtsgeld sei wegen der wirtschaftlichen Krise nicht gezahlt worden.

7

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat sie abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt der Kläger die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision des Klägers ist begründet.

9

Das Landesarbeitsgericht hat die Klage zu Unrecht abgewiesen. Der Kläger hat einen Anspruch auf Zahlung des Weihnachtsgeldes für das Jahr 2008 in Höhe eines Monatsgehalts nebst Zinsen in dem zuerkannten Umfang.

10

I. Die Beklagte hat seit Beginn des Arbeitsverhältnisses jeweils im November ein Weihnachtsgeld in Höhe eines Monatsgehalts an die Belegschaft und den Kläger gezahlt. Dadurch ist eine betriebliche Übung begründet worden und ein vertraglicher Anspruch des Klägers auf diese Leistung entstanden. Dem steht der in Ziff. 6 des Arbeitsvertrags enthaltene Freiwilligkeitsvorbehalt nicht entgegen.

11

1. Bei Zahlung einer über das arbeitsvertraglich vereinbarte Gehalt hinausgehenden Vergütung ist durch Auslegung (§§ 133, 157 BGB) zu ermitteln, ob sich der Arbeitgeber nur zu der konkreten Leistung (bspw. Gratifikation im Kalenderjahr) oder darüber hinaus auch für die Zukunft verpflichtet hat. Eine dauerhafte Verpflichtung kann sich insbesondere aus einem Verhalten mit Erklärungswert wie einer betrieblichen Übung ergeben. Unter einer betrieblichen Übung versteht man die regelmäßige Wiederholung bestimmter Verhaltensweisen des Arbeitgebers, aus denen die Arbeitnehmer schließen können, ihnen solle eine Leistung oder Vergünstigung auf Dauer gewährt werden. Aus diesem als Vertragsangebot zu wertenden Verhalten des Arbeitgebers, das von den Arbeitnehmern regelmäßig stillschweigend angenommen wird (§ 151 BGB), erwachsen vertragliche Ansprüche auf die üblich gewordenen Leistungen für die Zukunft. Entscheidend ist dabei nicht, ob der Erklärende einen Verpflichtungswillen hatte, sondern ob der Erklärungsempfänger die Erklärung oder das Verhalten des Arbeitgebers nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung aller Begleitumstände (§§ 133, 157 BGB) dahin verstehen konnte und durfte, der Arbeitgeber wolle sich zu einer über seine gesetzlichen, tarifvertraglichen und vertraglichen Pflichten hinausgehenden Leistung verpflichten (st. Rspr., bspw. Senat 24. März 2010 - 10 AZR 43/09 - AP BGB § 242 Betriebliche Übung Nr. 90 = EzA BGB 2002 § 242 Betriebliche Übung Nr. 13; 30. Juli 2008 - 10 AZR 606/07 - Rn. 27, BAGE 127, 185; BAG 13. Juni 2007 - 5 AZR 849/06 - Rn. 15, AP BGB § 242 Betriebliche Übung Nr. 78; Senat 28. Juni 2006 - 10 AZR 385/05 - Rn. 35, BAGE 118, 360; 28. Juli 2004 - 10 AZR 19/04 - zu II 1 a der Gründe, AP BGB § 611 Gratifikation Nr. 257 = EzA BGB 2002 § 242 Betriebliche Übung Nr. 2; siehe auch BAG 16. Januar 2002 - 5 AZR 715/00 - zu I 1 der Gründe, AP BGB § 242 Betriebliche Übung Nr. 56 = EzA TVG § 4 Tariflohnerhöhung Nr. 37). Dies ist im Wege der Auslegung des Verhaltens des Arbeitgebers zu ermitteln. Die Anforderungen an den Erklärungswert bestimmen sich nach der Art des Verhaltens des Vertragspartners, das eine betriebliche Übung begründen soll. Eine vertragliche Bindung wird regelmäßig anzunehmen sein, wenn besondere Umstände ein schutzwürdiges Vertrauen der Arbeitnehmer begründen (BAG 13. Juni 2007 - 5 AZR 849/06 - Rn. 15, aaO). Dabei kommt dem konkreten Verhalten des Arbeitgebers, insbesondere dessen Intensität und Regelmäßigkeit, entscheidendes Gewicht zu. Zwar hat der Senat bisher keine allgemeinverbindliche Regel aufgestellt, ab welcher Zahl von Leistungen der Arbeitnehmer darauf vertrauen darf, er werde die Leistung auch zukünftig erhalten. Allerdings ist für jährlich an die gesamte Belegschaft geleistete Gratifikationen die Regel aufgestellt worden, nach der eine zumindest dreimalige vorbehaltlose Gewährung zur Verbindlichkeit erstarkt, falls nicht besondere Umstände hiergegen sprechen oder der Arbeitgeber bei der Zahlung einen Bindungswillen für die Zukunft ausgeschlossen hat (Senat 21. Januar 2009 - 10 AZR 219/08 - Rn. 13, BAGE 129, 164; 28. Juni 2006 - 10 AZR 385/05 - Rn. 36, aaO).

12

2. Die Beklagte hat seit Beginn des Arbeitsverhältnisses im Jahr 1996 jeweils im November eine in den Gehaltsabrechnungen als Weihnachtsgeld bezeichnete Zuwendung in Höhe eines Bruttomonatsentgelts ohne weitere Einschränkungen oder auf Ziff. 6 des Arbeitsvertrags bezogene Zusätze an den Kläger gezahlt. Diese regelmäßigen Zahlungen konnten deshalb bei ihm die berechtigte Erwartung wecken, auch in den Folgejahren ein Weihnachtsgeld von der Beklagten zu erhalten. Aus seiner Sicht konnte und durfte der Kläger die mehrfachen Zahlungen als ein Angebot verstehen, mit dem sich die Beklagte dauerhaft und auch für die Zukunft zur Zahlung eines Weihnachtsgeldes verpflichten wollte. Dieses Angebot hat er ohne Weiteres nach § 151 BGB angenommen.

13

a) Die durchgängige und dauerhafte, einmal jährlich im November erfolgte Zahlung des Weihnachtsgeldes konnte der Kläger unter Berücksichtigung der konkreten Einzelfallumstände, wie der Häufigkeit der Leistung, der Art der kommentarlosen Auszahlung und der Höhe der Sonderzahlung (ein Monatsgehalt), und unter Beachtung von Treu und Glauben nur so auffassen, dass die Beklagte sich auch zur zukünftigen Zahlung dieses Weihnachtsgeldes verpflichten wollte (vgl. zur Auslegung der Erklärungen insoweit: Preis/Genenger Jahrbuch des Arbeitsrechts Bd. 47, 93, 112). Da die Beklagte bei den Zahlungen weder einen ausdrücklichen „Freiwilligkeitsvorbehalt“ erklärt noch auf einen vertraglich formulierten Vorbehalt Bezug genommen hatte, musste er auch nicht annehmen, die Sonderzahlung erfolge lediglich für das konkrete Jahr und ohne Rechtsbindungswillen für die Zukunft. Er durfte vielmehr berechtigterweise auf eine fortdauernde Leistungsgewährung für die Folgejahre vertrauen (zu diesem Vertrauensaspekt vgl. Georg Annuß FS Picker S. 861, 865).

14

b) Dem steht der Freiwilligkeitsvorbehalt aus Ziff. 6 des Arbeitsvertrags nicht entgegen. Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts schließt diese Klausel mit ihrer Formulierung, die Gewährung von Gratifikationen erfolge „freiwillig und ohne jede rechtliche Verpflichtung“, das Entstehen eines zukünftigen Anspruchs auf Zahlung eines Weihnachtsgeldes nicht aus. Sie ist nicht geeignet, den Wert der späteren Erklärungen der Beklagten im Zusammenhang mit den mehrfach geleisteten Weihnachtsgeldzahlungen hinreichend zu entwerten. Die Klausel enthält keinen klaren und unmissverständlichen Freiwilligkeitsvorbehalt iSd. Rechtsprechung des Senats.

15

aa) Bei der von der Beklagten in Ziff. 6 des Arbeitsvertrags vorformulierten Vertragsbedingung handelt es sich um eine Allgemeine Geschäftsbedingung iSv. § 305 Abs. 1 BGB. Die Auslegung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen durch das Berufungsgericht unterliegt einer vollen revisionsrechtlichen Nachprüfung (Senat 20. Januar 2010 - 10 AZR 914/08 - Rn. 12, AP BGB § 305c Nr. 12 = EzA BGB 2002 § 305c Nr. 18; 24. Oktober 2007 - 10 AZR 825/06 - Rn. 15, BAGE 124, 259). Allgemeine Vertragsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei nicht die Verständnismöglichkeiten des konkreten, sondern die des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind. Ansatzpunkt für die nicht am Willen der jeweiligen Vertragspartner zu orientierende Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der Vertragswortlaut. Ist dieser nicht eindeutig, kommt es für die Auslegung entscheidend darauf an, wie der Vertragstext aus Sicht der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise zu verstehen ist, wobei der Vertragswille verständiger und redlicher Vertragspartner beachtet werden muss. Soweit auch der mit dem Vertrag verfolgte Zweck einzubeziehen ist, kann das nur in Bezug auf typische und von redlichen Geschäftspartnern verfolgte Ziele gelten (Senat 20. Januar 2010 - 10 AZR 914/08 - Rn. 12, aaO; 10. Dezember 2008 - 10 AZR 1/08 - Rn. 14, AP BGB § 307 Nr. 40 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 40; 24. Oktober 2007 - 10 AZR 825/06 - Rn. 13, aaO).

16

bb) Das Landesarbeitsgericht ist zunächst zutreffend davon ausgegangen, dass ein Freiwilligkeitsvorbehalt nach der Rechtsprechung des Senats regelmäßig das Entstehen eines Rechtsanspruchs auf eine künftige Sonderzahlung wirksam verhindern kann (Senat 20. Januar 2010 - 10 AZR 914/08 - Rn. 14, AP BGB § 305c Nr. 12 = EzA BGB 2002 § 305c Nr. 18; 30. Juli 2008 - 10 AZR 606/07 - Rn. 12, BAGE 127, 185; 12. Januar 2000 - 10 AZR 840/98 - zu II 1 b der Gründe, AP BGB § 611 Gratifikation Nr. 223 = EzA BGB § 611 Gratifikation, Prämie Nr. 158; 5. Juni 1996 - 10 AZR 883/95 - zu II 1 der Gründe, AP BGB § 611 Gratifikation Nr. 193 = EzA BGB § 611 Gratifikation, Prämie Nr. 141). Der Arbeitgeber kann - außer bei laufendem Arbeitsentgelt (vgl. BAG 25. April 2007 - 5 AZR 627/06 - BAGE 122, 182) - einen Rechtsanspruch des Arbeitnehmers grundsätzlich ausschließen und sich eine Entscheidung vorbehalten, ob und in welcher Höhe er zukünftig Sonderzahlungen gewährt (st. Rspr. des Senats 21. Januar 2009 - 10 AZR 219/08 - Rn. 14, BAGE 129, 164; 30. Juli 2008 - 10 AZR 606/07 - Rn. 17, aaO; 24. Oktober 2007 - 10 AZR 825/06 - Rn. 17, BAGE 124, 259). Er bleibt grundsätzlich in seiner Entscheidung frei, ob und unter welchen Voraussetzungen er zum laufenden Arbeitsentgelt eine zusätzliche Leistung erbringen will. Allerdings muss ein solcher Freiwilligkeitsvorbehalt klar und verständlich iSd. § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB formuliert worden sein, um den Rechtsanspruch des Arbeitnehmers auf eine Sonderzahlung eindeutig auszuschließen(Senat 20. Januar 2010 - 10 AZR 914/08 - Rn.14, aaO; 21. Januar 2009 - 10 AZR 219/08 - Rn. 14, aaO; 10. Dezember 2008 - 10 AZR 1/08 - AP BGB § 307 Nr. 40 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 40; 30. Juli 2008 - 10 AZR 606/07 - Rn. 12, aaO; 24. Oktober 2007 - 10 AZR 825/06 - Rn. 17, aaO).

17

cc) Ein Freiwilligkeitsvorbehalt darf nicht mehrdeutig sein. Er darf insbesondere nicht in Widerspruch zu anderen Vereinbarungen der Arbeitsvertragsparteien stehen (Senat 30. Juli 2008 - 10 AZR 606/07 - Rn. 39, BAGE 127, 185; 24. Oktober 2007 - 10 AZR 825/06 - Rn. 18, BAGE 124, 259; Preis NZA 2009, 281, 285). Gibt es einen solchen klar und verständlich formulierten Freiwilligkeitsvorbehalt, der jeden Rechtsanspruch des Arbeitnehmers auf eine Sonderzahlung ausschließt, fehlt es an einer versprochenen Leistung iSd. § 308 Nr. 4 BGB(Senat 20. Januar 2010 - 10 AZR 914/08 - Rn. 14, AP BGB § 305c Nr. 12 = EzA BGB 2002 § 305c Nr. 18; 21. Januar 2009 - 10 AZR 219/08 - Rn. 15, BAGE 129, 164 und - 10 AZR 221/08 - Rn. 15; 10. Dezember 2008 - 10 AZR 1/08 - Rn. 12, AP BGB § 307 Nr. 40 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 40). In diesen Fällen wird eine Verpflichtung des Arbeitgebers zur Leistung der Sonderzahlung unabhängig von dem mit der Sonderzuwendung verfolgten Zweck von vornherein nicht begründet. Der Arbeitnehmer, der den Hinweis im Arbeitsvertrag ernst nehmen muss, darf das spätere konkludente Verhalten des Arbeitgebers entgegen seinem gewöhnlichen Erklärungswert nicht als Angebot zur dauerhaften Leistungserbringung verstehen. Es mangelt dann an einem Angebot des Arbeitgebers, das der Arbeitnehmer annehmen könnte (Senat 10. Dezember 2008 - 10 AZR 1/08 - Rn. 12, aaO; 30. Juli 2008 - 10 AZR 606/07 - Rn. 17, aaO). Eine besondere Eindeutigkeit und Klarheit des Vorbehalts ist aber schon deshalb erforderlich, weil die Bedeutung einer (etwaigen) späteren Erklärung vorab verbindlich festgeschrieben werden soll. Der Vorbehalt darf nur die Auslegung des künftigen Erklärungsverhaltens betreffen und nicht zu diesem in Widerspruch stehen.

18

dd) Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts fehlt es im Streitfall an einem klar und verständlich formulierten Freiwilligkeitsvorbehalt.

19

(1) Die Klausel in Ziff. 6 des Arbeitsvertrags enthält lediglich den Hinweis, dass es sich bei den von ihr erfassten „Gratifikationen“ um nicht durch Gesetz oder Tarifvertrag vorgeschriebene Leistungen handele, deren Leistung „freiwillig“ erfolge. Einen weitergehenden Hinweis, bspw. dass auch bei einer wiederholten Zahlung kein Rechtsanspruch für die Zukunft begründet werde, enthält die Klausel nicht. Allein ein solcher Vorbehalt könnte aber einen Rechtsanspruch auf zukünftige Zahlung des begehrten Weihnachtsgeldes ausschließen (vgl. Senat 21. Januar 2009 - 10 AZR 219/08 - BAGE 129, 164; 18. März 2009 - 10 AZR 289/08 - EzA BGB 2002 § 307 Nr. 43; 1. März 2006 - 5 AZR 363/05 - Rn. 24 f., BAGE 117, 155). Soweit eine Vertragsklausel einen derartigen Vorbehalt nicht ausdrücklich vorsieht, wird eine Bestimmung, nach der die Sonderzahlung „freiwillig“ und „ohne jede rechtliche Verpflichtung“ erfolgt, von einem um Verständnis bemühten Arbeitnehmer im Zweifel nur als Hinweis zu verstehen sein, dass sich der Arbeitgeber zur Zahlung einer Gratifikation bereit erklärt, ohne dazu durch andere Regelungen gezwungen zu sein (vgl. Senat 24. Oktober 2007 - 10 AZR 825/06 - Rn. 17, BAGE 124, 259; 1. März 2006 - 5 AZR 363/05 - Rn. 24 f., aaO; 23. Oktober 2002 - 10 AZR 48/02 - zu II 2 a der Gründe, BAGE 103, 151; siehe auch BAG 11. April 2000 - 9 AZR 255/99 - zu I 1 d der Gründe, BAGE 94, 204). Insbesondere kommt dem Nachsatz („ohne jede rechtliche Verpflichtung“) keine eigenständige Bedeutung für einen zukünftigen Ausschluss einer vertraglichen Bindung durch spätere Erklärungen der Beklagten zu. Die Klausel verstärkt nur die Aussage der Freiwilligkeit und betont die fehlende rechtliche Verpflichtung des Arbeitgebers zu einer entsprechenden Zahlung.

20

(2) Die Klausel in Ziff. 6 des Arbeitsvertrags ist auch deshalb unklar und missverständlich, weil Satz 2 eine Widerrufsmöglichkeit vorsieht. Die Beklagte hat eine freiwillige Leistung unter einen Widerrufsvorbehalt gestellt. Bei einem Freiwilligkeitsvorbehalt entsteht aber schon gar kein Anspruch auf die Leistung, bei einem Widerrufsvorbehalt hingegen hat der Arbeitnehmer einen Anspruch, der Arbeitgeber behält sich aber vor, die versprochene Leistung einseitig zu ändern (vgl. bspw. BAG 12. Januar 2005 - 5 AZR 364/04 - BAGE 113, 140). Ob in einer solchen Kombination von Freiwilligkeits- und Widerrufsvorbehalt regelmäßig ein zur Unwirksamkeit der gesamten Klausel führender Verstoß gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB liegt(so LAG Hamm 27. Juli 2005 - 6 Sa 29/05 - zu II 1.2.4 der Gründe, NZA-RR 2006, 125; LAG Brandenburg 13. Oktober 2005 - 9 Sa 141/05 - zu A II 2 b der Gründe, LAGE BGB 2002 § 611 Gratifikation Nr. 5; LAG Berlin 19. August 2005 - 6 Sa 1106/05 - NZA-RR 2006, 68; LAG Hamm 5. November 2009 - 15 Sa 794/09 - Rn. 47, juris; Hessisches LAG 26. Juli 2010 - 7 Sa 1881/09 - Rn. 26, juris; ArbG Freiburg 9. September 2008 - 10 Ca 3/08 - LAGE BGB 2002 § 611 Gratifikation Nr. 12; aA LAG Düsseldorf 31. Januar 2006 - 6 Sa 1441/05 - zu II 2 c der Gründe, LAGE BGB 2002 § 611 Gratifikation Nr. 7), kann dahingestellt bleiben. Jedenfalls führt die Kombination von Freiwilligkeits- und Widerrufsvorbehalt dazu, dass für einen um Verständnis bemühten Vertragspartner nicht deutlich wird, dass auch bei mehrfachen, ohne weitere Vorbehalte erfolgten Zahlungen des Weihnachtsgeldes ein Rechtsbindungswille für die Zukunft weiterhin ausgeschlossen bleiben soll (so auch LAG Hamm 27. Juli 2005 - 6 Sa 29/05 - zu II 1.2.4 der Gründe, aaO; LAG Köln 2. November 2007 - 11 Sa 550/07 - Rn. 57, juris; Preis Der Arbeitsvertrag 2. Aufl. II V 70 Rn. 113). Für den Vertragspartner erschließt sich nicht hinreichend, ob nun jegliche zukünftige Bindung ausgeschlossen oder lediglich eine Möglichkeit eröffnet werden soll, sich später wieder von einer vertraglichen Bindung loszusagen. Entgegen der Auffassung der Beklagten liegt dementsprechend im Widerrufsvorbehalt auch nicht nur eine „Verstärkung“ des Freiwilligkeitsvorbehalts.

21

(3) Die vertragliche Formulierung in Ziff. 6 des Arbeitsvertrags ist somit nicht deutlich genug, um die mit der Zahlung des Weihnachtsgeldes verbundenen Erklärungen zu relativieren und zu entwerten. Sie ist nicht klar und unmissverständlich und deshalb nicht geeignet, das Entstehen künftiger Ansprüche eindeutig auszuschließen.

22

II. Der Anspruch ist nicht durch eine wirksame Erklärung der Beklagten eingeschränkt oder beseitigt worden. Es kann dahingestellt bleiben, ob die Parteien einen wirksamen Widerrufsvorbehalt vereinbart haben (vgl. BAG 12. Januar 2005 - 5 AZR 364/04 - BAGE 113, 140). Jedenfalls hat die Beklagte nicht dargelegt, dass sie einen Widerruf wirksam ausgeübt hat und die Voraussetzungen für einen wirksamen Widerruf vorgelegen haben. Eine ggf. notwendige Änderungskündigung hat die Beklagte nicht erklärt.

23

III. Der Anspruch auf die Zinsen ergibt sich aus § 286 Abs. 2 Nr. 1, § 288 Abs. 1 BGB.

24

IV. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91, 97 ZPO.

        

    Mikosch    

        

    W. Reinfelder    

        

    Eylert    

        

        

        

    Simon    

        

    Kay Ohl    

                 

(1) Die Parteien haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben.

(2) Jede Partei hat sich über die von dem Gegner behaupteten Tatsachen zu erklären.

(3) Tatsachen, die nicht ausdrücklich bestritten werden, sind als zugestanden anzusehen, wenn nicht die Absicht, sie bestreiten zu wollen, aus den übrigen Erklärungen der Partei hervorgeht.

(4) Eine Erklärung mit Nichtwissen ist nur über Tatsachen zulässig, die weder eigene Handlungen der Partei noch Gegenstand ihrer eigenen Wahrnehmung gewesen sind.

Tenor

1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 29. Juli 2009 - 2 Sa 470/09 - aufgehoben.

2. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Mönchengladbach vom 6. April 2009 - 5 Ca 3995/08 - wird zurückgewiesen.

3. Die Beklagte hat die Kosten der Berufung und der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Zahlung eines Weihnachtsgeldes für das Jahr 2008.

2

Der Kläger ist seit dem 1. Februar 1996 bei der Beklagten, die ein Planungs- und Technologiebüro betreibt, als Diplomingenieur gegen ein monatliches Bruttoentgelt in Höhe von zuletzt 3.350,00 Euro beschäftigt. Ziff. 6 des schriftlichen Arbeitsvertrags vom 3. Januar 1996 enthält folgende Regelung:

        

„Gratifikationen:

        

Soweit der Arbeitgeber gesetzlich oder durch Tarifvertrag nicht vorgeschriebene Leistungen, wie Prämien, Zulagen, Urlaubsgeld, Gratifikationen, Weihnachtsgratifikationen gewährt, erfolgen sie freiwillig und ohne jede rechtliche Verpflichtung. Sie sind daher jederzeit ohne Wahrung einer besonderen Frist widerrufbar.“

3

Die Beklagte zahlte seit Beginn des Arbeitsverhältnisses jeweils im November ein Weihnachtsgeld an den Kläger. In den Gehaltsabrechnungen für November der Jahre 2005 bis 2007 wurde ein Monatsgehalt als „Weihnachtsgeld“ ohne Vorbehalt ausgewiesen. Für das Jahr 2008 leistete die Beklagte an den Kläger und die anderen Mitarbeiter unter Hinweis auf die Wirtschaftskrise keine Zahlung.

4

Der Kläger hat das Weihnachtsgeld in Höhe eines Bruttomonatsverdienstes gerichtlich geltend gemacht und die Auffassung vertreten, aufgrund der jahrelangen vorbehaltlosen Zahlung stehe ihm dieses auch für das Jahr 2008 zu. Der im Arbeitsvertrag niedergelegte Freiwilligkeitsvorbehalt sei unbeachtlich. Er sei nicht eindeutig und wegen seiner Verknüpfung mit dem Widerrufsvorbehalt intransparent und unwirksam.

5

Der Kläger hat beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 3.350,00 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Dezember 2008 zu zahlen.

6

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Ansicht vertreten, der vereinbarte Freiwilligkeitsvorbehalt habe das Entstehen einer betrieblichen Übung und eines Anspruchs auf Weihnachtsgeld für 2008 verhindert. Der Hinweis auf die Widerrufbarkeit in der Vertragsklausel habe keine eigenständige Bedeutung, sondern stütze nur den Freiwilligkeitsvorbehalt. Das Weihnachtsgeld sei wegen der wirtschaftlichen Krise nicht gezahlt worden.

7

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat sie abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt der Kläger die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision des Klägers ist begründet.

9

Das Landesarbeitsgericht hat die Klage zu Unrecht abgewiesen. Der Kläger hat einen Anspruch auf Zahlung des Weihnachtsgeldes für das Jahr 2008 in Höhe eines Monatsgehalts nebst Zinsen in dem zuerkannten Umfang.

10

I. Die Beklagte hat seit Beginn des Arbeitsverhältnisses jeweils im November ein Weihnachtsgeld in Höhe eines Monatsgehalts an die Belegschaft und den Kläger gezahlt. Dadurch ist eine betriebliche Übung begründet worden und ein vertraglicher Anspruch des Klägers auf diese Leistung entstanden. Dem steht der in Ziff. 6 des Arbeitsvertrags enthaltene Freiwilligkeitsvorbehalt nicht entgegen.

11

1. Bei Zahlung einer über das arbeitsvertraglich vereinbarte Gehalt hinausgehenden Vergütung ist durch Auslegung (§§ 133, 157 BGB) zu ermitteln, ob sich der Arbeitgeber nur zu der konkreten Leistung (bspw. Gratifikation im Kalenderjahr) oder darüber hinaus auch für die Zukunft verpflichtet hat. Eine dauerhafte Verpflichtung kann sich insbesondere aus einem Verhalten mit Erklärungswert wie einer betrieblichen Übung ergeben. Unter einer betrieblichen Übung versteht man die regelmäßige Wiederholung bestimmter Verhaltensweisen des Arbeitgebers, aus denen die Arbeitnehmer schließen können, ihnen solle eine Leistung oder Vergünstigung auf Dauer gewährt werden. Aus diesem als Vertragsangebot zu wertenden Verhalten des Arbeitgebers, das von den Arbeitnehmern regelmäßig stillschweigend angenommen wird (§ 151 BGB), erwachsen vertragliche Ansprüche auf die üblich gewordenen Leistungen für die Zukunft. Entscheidend ist dabei nicht, ob der Erklärende einen Verpflichtungswillen hatte, sondern ob der Erklärungsempfänger die Erklärung oder das Verhalten des Arbeitgebers nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung aller Begleitumstände (§§ 133, 157 BGB) dahin verstehen konnte und durfte, der Arbeitgeber wolle sich zu einer über seine gesetzlichen, tarifvertraglichen und vertraglichen Pflichten hinausgehenden Leistung verpflichten (st. Rspr., bspw. Senat 24. März 2010 - 10 AZR 43/09 - AP BGB § 242 Betriebliche Übung Nr. 90 = EzA BGB 2002 § 242 Betriebliche Übung Nr. 13; 30. Juli 2008 - 10 AZR 606/07 - Rn. 27, BAGE 127, 185; BAG 13. Juni 2007 - 5 AZR 849/06 - Rn. 15, AP BGB § 242 Betriebliche Übung Nr. 78; Senat 28. Juni 2006 - 10 AZR 385/05 - Rn. 35, BAGE 118, 360; 28. Juli 2004 - 10 AZR 19/04 - zu II 1 a der Gründe, AP BGB § 611 Gratifikation Nr. 257 = EzA BGB 2002 § 242 Betriebliche Übung Nr. 2; siehe auch BAG 16. Januar 2002 - 5 AZR 715/00 - zu I 1 der Gründe, AP BGB § 242 Betriebliche Übung Nr. 56 = EzA TVG § 4 Tariflohnerhöhung Nr. 37). Dies ist im Wege der Auslegung des Verhaltens des Arbeitgebers zu ermitteln. Die Anforderungen an den Erklärungswert bestimmen sich nach der Art des Verhaltens des Vertragspartners, das eine betriebliche Übung begründen soll. Eine vertragliche Bindung wird regelmäßig anzunehmen sein, wenn besondere Umstände ein schutzwürdiges Vertrauen der Arbeitnehmer begründen (BAG 13. Juni 2007 - 5 AZR 849/06 - Rn. 15, aaO). Dabei kommt dem konkreten Verhalten des Arbeitgebers, insbesondere dessen Intensität und Regelmäßigkeit, entscheidendes Gewicht zu. Zwar hat der Senat bisher keine allgemeinverbindliche Regel aufgestellt, ab welcher Zahl von Leistungen der Arbeitnehmer darauf vertrauen darf, er werde die Leistung auch zukünftig erhalten. Allerdings ist für jährlich an die gesamte Belegschaft geleistete Gratifikationen die Regel aufgestellt worden, nach der eine zumindest dreimalige vorbehaltlose Gewährung zur Verbindlichkeit erstarkt, falls nicht besondere Umstände hiergegen sprechen oder der Arbeitgeber bei der Zahlung einen Bindungswillen für die Zukunft ausgeschlossen hat (Senat 21. Januar 2009 - 10 AZR 219/08 - Rn. 13, BAGE 129, 164; 28. Juni 2006 - 10 AZR 385/05 - Rn. 36, aaO).

12

2. Die Beklagte hat seit Beginn des Arbeitsverhältnisses im Jahr 1996 jeweils im November eine in den Gehaltsabrechnungen als Weihnachtsgeld bezeichnete Zuwendung in Höhe eines Bruttomonatsentgelts ohne weitere Einschränkungen oder auf Ziff. 6 des Arbeitsvertrags bezogene Zusätze an den Kläger gezahlt. Diese regelmäßigen Zahlungen konnten deshalb bei ihm die berechtigte Erwartung wecken, auch in den Folgejahren ein Weihnachtsgeld von der Beklagten zu erhalten. Aus seiner Sicht konnte und durfte der Kläger die mehrfachen Zahlungen als ein Angebot verstehen, mit dem sich die Beklagte dauerhaft und auch für die Zukunft zur Zahlung eines Weihnachtsgeldes verpflichten wollte. Dieses Angebot hat er ohne Weiteres nach § 151 BGB angenommen.

13

a) Die durchgängige und dauerhafte, einmal jährlich im November erfolgte Zahlung des Weihnachtsgeldes konnte der Kläger unter Berücksichtigung der konkreten Einzelfallumstände, wie der Häufigkeit der Leistung, der Art der kommentarlosen Auszahlung und der Höhe der Sonderzahlung (ein Monatsgehalt), und unter Beachtung von Treu und Glauben nur so auffassen, dass die Beklagte sich auch zur zukünftigen Zahlung dieses Weihnachtsgeldes verpflichten wollte (vgl. zur Auslegung der Erklärungen insoweit: Preis/Genenger Jahrbuch des Arbeitsrechts Bd. 47, 93, 112). Da die Beklagte bei den Zahlungen weder einen ausdrücklichen „Freiwilligkeitsvorbehalt“ erklärt noch auf einen vertraglich formulierten Vorbehalt Bezug genommen hatte, musste er auch nicht annehmen, die Sonderzahlung erfolge lediglich für das konkrete Jahr und ohne Rechtsbindungswillen für die Zukunft. Er durfte vielmehr berechtigterweise auf eine fortdauernde Leistungsgewährung für die Folgejahre vertrauen (zu diesem Vertrauensaspekt vgl. Georg Annuß FS Picker S. 861, 865).

14

b) Dem steht der Freiwilligkeitsvorbehalt aus Ziff. 6 des Arbeitsvertrags nicht entgegen. Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts schließt diese Klausel mit ihrer Formulierung, die Gewährung von Gratifikationen erfolge „freiwillig und ohne jede rechtliche Verpflichtung“, das Entstehen eines zukünftigen Anspruchs auf Zahlung eines Weihnachtsgeldes nicht aus. Sie ist nicht geeignet, den Wert der späteren Erklärungen der Beklagten im Zusammenhang mit den mehrfach geleisteten Weihnachtsgeldzahlungen hinreichend zu entwerten. Die Klausel enthält keinen klaren und unmissverständlichen Freiwilligkeitsvorbehalt iSd. Rechtsprechung des Senats.

15

aa) Bei der von der Beklagten in Ziff. 6 des Arbeitsvertrags vorformulierten Vertragsbedingung handelt es sich um eine Allgemeine Geschäftsbedingung iSv. § 305 Abs. 1 BGB. Die Auslegung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen durch das Berufungsgericht unterliegt einer vollen revisionsrechtlichen Nachprüfung (Senat 20. Januar 2010 - 10 AZR 914/08 - Rn. 12, AP BGB § 305c Nr. 12 = EzA BGB 2002 § 305c Nr. 18; 24. Oktober 2007 - 10 AZR 825/06 - Rn. 15, BAGE 124, 259). Allgemeine Vertragsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei nicht die Verständnismöglichkeiten des konkreten, sondern die des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind. Ansatzpunkt für die nicht am Willen der jeweiligen Vertragspartner zu orientierende Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der Vertragswortlaut. Ist dieser nicht eindeutig, kommt es für die Auslegung entscheidend darauf an, wie der Vertragstext aus Sicht der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise zu verstehen ist, wobei der Vertragswille verständiger und redlicher Vertragspartner beachtet werden muss. Soweit auch der mit dem Vertrag verfolgte Zweck einzubeziehen ist, kann das nur in Bezug auf typische und von redlichen Geschäftspartnern verfolgte Ziele gelten (Senat 20. Januar 2010 - 10 AZR 914/08 - Rn. 12, aaO; 10. Dezember 2008 - 10 AZR 1/08 - Rn. 14, AP BGB § 307 Nr. 40 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 40; 24. Oktober 2007 - 10 AZR 825/06 - Rn. 13, aaO).

16

bb) Das Landesarbeitsgericht ist zunächst zutreffend davon ausgegangen, dass ein Freiwilligkeitsvorbehalt nach der Rechtsprechung des Senats regelmäßig das Entstehen eines Rechtsanspruchs auf eine künftige Sonderzahlung wirksam verhindern kann (Senat 20. Januar 2010 - 10 AZR 914/08 - Rn. 14, AP BGB § 305c Nr. 12 = EzA BGB 2002 § 305c Nr. 18; 30. Juli 2008 - 10 AZR 606/07 - Rn. 12, BAGE 127, 185; 12. Januar 2000 - 10 AZR 840/98 - zu II 1 b der Gründe, AP BGB § 611 Gratifikation Nr. 223 = EzA BGB § 611 Gratifikation, Prämie Nr. 158; 5. Juni 1996 - 10 AZR 883/95 - zu II 1 der Gründe, AP BGB § 611 Gratifikation Nr. 193 = EzA BGB § 611 Gratifikation, Prämie Nr. 141). Der Arbeitgeber kann - außer bei laufendem Arbeitsentgelt (vgl. BAG 25. April 2007 - 5 AZR 627/06 - BAGE 122, 182) - einen Rechtsanspruch des Arbeitnehmers grundsätzlich ausschließen und sich eine Entscheidung vorbehalten, ob und in welcher Höhe er zukünftig Sonderzahlungen gewährt (st. Rspr. des Senats 21. Januar 2009 - 10 AZR 219/08 - Rn. 14, BAGE 129, 164; 30. Juli 2008 - 10 AZR 606/07 - Rn. 17, aaO; 24. Oktober 2007 - 10 AZR 825/06 - Rn. 17, BAGE 124, 259). Er bleibt grundsätzlich in seiner Entscheidung frei, ob und unter welchen Voraussetzungen er zum laufenden Arbeitsentgelt eine zusätzliche Leistung erbringen will. Allerdings muss ein solcher Freiwilligkeitsvorbehalt klar und verständlich iSd. § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB formuliert worden sein, um den Rechtsanspruch des Arbeitnehmers auf eine Sonderzahlung eindeutig auszuschließen(Senat 20. Januar 2010 - 10 AZR 914/08 - Rn.14, aaO; 21. Januar 2009 - 10 AZR 219/08 - Rn. 14, aaO; 10. Dezember 2008 - 10 AZR 1/08 - AP BGB § 307 Nr. 40 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 40; 30. Juli 2008 - 10 AZR 606/07 - Rn. 12, aaO; 24. Oktober 2007 - 10 AZR 825/06 - Rn. 17, aaO).

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cc) Ein Freiwilligkeitsvorbehalt darf nicht mehrdeutig sein. Er darf insbesondere nicht in Widerspruch zu anderen Vereinbarungen der Arbeitsvertragsparteien stehen (Senat 30. Juli 2008 - 10 AZR 606/07 - Rn. 39, BAGE 127, 185; 24. Oktober 2007 - 10 AZR 825/06 - Rn. 18, BAGE 124, 259; Preis NZA 2009, 281, 285). Gibt es einen solchen klar und verständlich formulierten Freiwilligkeitsvorbehalt, der jeden Rechtsanspruch des Arbeitnehmers auf eine Sonderzahlung ausschließt, fehlt es an einer versprochenen Leistung iSd. § 308 Nr. 4 BGB(Senat 20. Januar 2010 - 10 AZR 914/08 - Rn. 14, AP BGB § 305c Nr. 12 = EzA BGB 2002 § 305c Nr. 18; 21. Januar 2009 - 10 AZR 219/08 - Rn. 15, BAGE 129, 164 und - 10 AZR 221/08 - Rn. 15; 10. Dezember 2008 - 10 AZR 1/08 - Rn. 12, AP BGB § 307 Nr. 40 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 40). In diesen Fällen wird eine Verpflichtung des Arbeitgebers zur Leistung der Sonderzahlung unabhängig von dem mit der Sonderzuwendung verfolgten Zweck von vornherein nicht begründet. Der Arbeitnehmer, der den Hinweis im Arbeitsvertrag ernst nehmen muss, darf das spätere konkludente Verhalten des Arbeitgebers entgegen seinem gewöhnlichen Erklärungswert nicht als Angebot zur dauerhaften Leistungserbringung verstehen. Es mangelt dann an einem Angebot des Arbeitgebers, das der Arbeitnehmer annehmen könnte (Senat 10. Dezember 2008 - 10 AZR 1/08 - Rn. 12, aaO; 30. Juli 2008 - 10 AZR 606/07 - Rn. 17, aaO). Eine besondere Eindeutigkeit und Klarheit des Vorbehalts ist aber schon deshalb erforderlich, weil die Bedeutung einer (etwaigen) späteren Erklärung vorab verbindlich festgeschrieben werden soll. Der Vorbehalt darf nur die Auslegung des künftigen Erklärungsverhaltens betreffen und nicht zu diesem in Widerspruch stehen.

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dd) Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts fehlt es im Streitfall an einem klar und verständlich formulierten Freiwilligkeitsvorbehalt.

19

(1) Die Klausel in Ziff. 6 des Arbeitsvertrags enthält lediglich den Hinweis, dass es sich bei den von ihr erfassten „Gratifikationen“ um nicht durch Gesetz oder Tarifvertrag vorgeschriebene Leistungen handele, deren Leistung „freiwillig“ erfolge. Einen weitergehenden Hinweis, bspw. dass auch bei einer wiederholten Zahlung kein Rechtsanspruch für die Zukunft begründet werde, enthält die Klausel nicht. Allein ein solcher Vorbehalt könnte aber einen Rechtsanspruch auf zukünftige Zahlung des begehrten Weihnachtsgeldes ausschließen (vgl. Senat 21. Januar 2009 - 10 AZR 219/08 - BAGE 129, 164; 18. März 2009 - 10 AZR 289/08 - EzA BGB 2002 § 307 Nr. 43; 1. März 2006 - 5 AZR 363/05 - Rn. 24 f., BAGE 117, 155). Soweit eine Vertragsklausel einen derartigen Vorbehalt nicht ausdrücklich vorsieht, wird eine Bestimmung, nach der die Sonderzahlung „freiwillig“ und „ohne jede rechtliche Verpflichtung“ erfolgt, von einem um Verständnis bemühten Arbeitnehmer im Zweifel nur als Hinweis zu verstehen sein, dass sich der Arbeitgeber zur Zahlung einer Gratifikation bereit erklärt, ohne dazu durch andere Regelungen gezwungen zu sein (vgl. Senat 24. Oktober 2007 - 10 AZR 825/06 - Rn. 17, BAGE 124, 259; 1. März 2006 - 5 AZR 363/05 - Rn. 24 f., aaO; 23. Oktober 2002 - 10 AZR 48/02 - zu II 2 a der Gründe, BAGE 103, 151; siehe auch BAG 11. April 2000 - 9 AZR 255/99 - zu I 1 d der Gründe, BAGE 94, 204). Insbesondere kommt dem Nachsatz („ohne jede rechtliche Verpflichtung“) keine eigenständige Bedeutung für einen zukünftigen Ausschluss einer vertraglichen Bindung durch spätere Erklärungen der Beklagten zu. Die Klausel verstärkt nur die Aussage der Freiwilligkeit und betont die fehlende rechtliche Verpflichtung des Arbeitgebers zu einer entsprechenden Zahlung.

20

(2) Die Klausel in Ziff. 6 des Arbeitsvertrags ist auch deshalb unklar und missverständlich, weil Satz 2 eine Widerrufsmöglichkeit vorsieht. Die Beklagte hat eine freiwillige Leistung unter einen Widerrufsvorbehalt gestellt. Bei einem Freiwilligkeitsvorbehalt entsteht aber schon gar kein Anspruch auf die Leistung, bei einem Widerrufsvorbehalt hingegen hat der Arbeitnehmer einen Anspruch, der Arbeitgeber behält sich aber vor, die versprochene Leistung einseitig zu ändern (vgl. bspw. BAG 12. Januar 2005 - 5 AZR 364/04 - BAGE 113, 140). Ob in einer solchen Kombination von Freiwilligkeits- und Widerrufsvorbehalt regelmäßig ein zur Unwirksamkeit der gesamten Klausel führender Verstoß gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB liegt(so LAG Hamm 27. Juli 2005 - 6 Sa 29/05 - zu II 1.2.4 der Gründe, NZA-RR 2006, 125; LAG Brandenburg 13. Oktober 2005 - 9 Sa 141/05 - zu A II 2 b der Gründe, LAGE BGB 2002 § 611 Gratifikation Nr. 5; LAG Berlin 19. August 2005 - 6 Sa 1106/05 - NZA-RR 2006, 68; LAG Hamm 5. November 2009 - 15 Sa 794/09 - Rn. 47, juris; Hessisches LAG 26. Juli 2010 - 7 Sa 1881/09 - Rn. 26, juris; ArbG Freiburg 9. September 2008 - 10 Ca 3/08 - LAGE BGB 2002 § 611 Gratifikation Nr. 12; aA LAG Düsseldorf 31. Januar 2006 - 6 Sa 1441/05 - zu II 2 c der Gründe, LAGE BGB 2002 § 611 Gratifikation Nr. 7), kann dahingestellt bleiben. Jedenfalls führt die Kombination von Freiwilligkeits- und Widerrufsvorbehalt dazu, dass für einen um Verständnis bemühten Vertragspartner nicht deutlich wird, dass auch bei mehrfachen, ohne weitere Vorbehalte erfolgten Zahlungen des Weihnachtsgeldes ein Rechtsbindungswille für die Zukunft weiterhin ausgeschlossen bleiben soll (so auch LAG Hamm 27. Juli 2005 - 6 Sa 29/05 - zu II 1.2.4 der Gründe, aaO; LAG Köln 2. November 2007 - 11 Sa 550/07 - Rn. 57, juris; Preis Der Arbeitsvertrag 2. Aufl. II V 70 Rn. 113). Für den Vertragspartner erschließt sich nicht hinreichend, ob nun jegliche zukünftige Bindung ausgeschlossen oder lediglich eine Möglichkeit eröffnet werden soll, sich später wieder von einer vertraglichen Bindung loszusagen. Entgegen der Auffassung der Beklagten liegt dementsprechend im Widerrufsvorbehalt auch nicht nur eine „Verstärkung“ des Freiwilligkeitsvorbehalts.

21

(3) Die vertragliche Formulierung in Ziff. 6 des Arbeitsvertrags ist somit nicht deutlich genug, um die mit der Zahlung des Weihnachtsgeldes verbundenen Erklärungen zu relativieren und zu entwerten. Sie ist nicht klar und unmissverständlich und deshalb nicht geeignet, das Entstehen künftiger Ansprüche eindeutig auszuschließen.

22

II. Der Anspruch ist nicht durch eine wirksame Erklärung der Beklagten eingeschränkt oder beseitigt worden. Es kann dahingestellt bleiben, ob die Parteien einen wirksamen Widerrufsvorbehalt vereinbart haben (vgl. BAG 12. Januar 2005 - 5 AZR 364/04 - BAGE 113, 140). Jedenfalls hat die Beklagte nicht dargelegt, dass sie einen Widerruf wirksam ausgeübt hat und die Voraussetzungen für einen wirksamen Widerruf vorgelegen haben. Eine ggf. notwendige Änderungskündigung hat die Beklagte nicht erklärt.

23

III. Der Anspruch auf die Zinsen ergibt sich aus § 286 Abs. 2 Nr. 1, § 288 Abs. 1 BGB.

24

IV. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91, 97 ZPO.

        

    Mikosch    

        

    W. Reinfelder    

        

    Eylert    

        

        

        

    Simon    

        

    Kay Ohl    

                 

(1) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei (Verwender) der anderen Vertragspartei bei Abschluss eines Vertrags stellt. Gleichgültig ist, ob die Bestimmungen einen äußerlich gesonderten Bestandteil des Vertrags bilden oder in die Vertragsurkunde selbst aufgenommen werden, welchen Umfang sie haben, in welcher Schriftart sie verfasst sind und welche Form der Vertrag hat. Allgemeine Geschäftsbedingungen liegen nicht vor, soweit die Vertragsbedingungen zwischen den Vertragsparteien im Einzelnen ausgehandelt sind.

(2) Allgemeine Geschäftsbedingungen werden nur dann Bestandteil eines Vertrags, wenn der Verwender bei Vertragsschluss

1.
die andere Vertragspartei ausdrücklich oder, wenn ein ausdrücklicher Hinweis wegen der Art des Vertragsschlusses nur unter unverhältnismäßigen Schwierigkeiten möglich ist, durch deutlich sichtbaren Aushang am Ort des Vertragsschlusses auf sie hinweist und
2.
der anderen Vertragspartei die Möglichkeit verschafft, in zumutbarer Weise, die auch eine für den Verwender erkennbare körperliche Behinderung der anderen Vertragspartei angemessen berücksichtigt, von ihrem Inhalt Kenntnis zu nehmen,
und wenn die andere Vertragspartei mit ihrer Geltung einverstanden ist.

(3) Die Vertragsparteien können für eine bestimmte Art von Rechtsgeschäften die Geltung bestimmter Allgemeiner Geschäftsbedingungen unter Beachtung der in Absatz 2 bezeichneten Erfordernisse im Voraus vereinbaren.

Tenor

1. Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 20. Juni 2008 - 3/15 Sa 1327/07 - aufgehoben, soweit es die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Kassel vom 25. Juli 2007 - 1 Ca 91/07 - in Höhe von insgesamt 1.025,25 Euro zuzüglich darauf entfallender Zinsen zurückgewiesen hat. Das bezeichnete Urteil des Arbeitsgerichts Kassel wird insoweit abgeändert und in Ziff. 1 wie folgt neu gefasst:

Unter Aufrechterhaltung im Übrigen wird das Versäumnisurteil des Arbeitsgerichts Kassel vom 25. Mai 2005 - 1 Ca 55/05 - insoweit aufgehoben, als die Klage in Höhe von 343,42 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Januar 2005 abgewiesen wurde. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.025,25 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf 343,42 Euro seit dem 1. Januar 2005, 343,78 Euro seit dem 1. Januar 2006 und 338,05 Euro seit dem 1. Januar 2007 zu zahlen.

2. Der Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen. Die Kosten erster und zweiter Instanz haben die Klägerin zu 85 % und der Beklagte zu 15 % zu tragen, mit Ausnahme der Kosten, die durch das Versäumnisurteil vom 25. Mai 2005 entstanden sind. Diese Kosten hat die Klägerin allein zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Höhe einer Sonderzuwendung. Der Beklagte ist ein gemeinnütziger Verein mit Sitz in Berlin, der Pflegeheime und Internate betreibt. Die Klägerin ist examinierte Altenpflegerin und seit dem 15. Oktober 1996 als Dauernachtwache bei dem Beklagten beschäftigt.

2

Die Klägerin bezieht nach § 5 Abs. 1 des Dienstvertrags vom 16. Oktober 1996 eine Vergütung nach „BAT Kr. IV“. § 5 Abs. 3 des Dienstvertrags verhält sich über Sonderzahlungen wie folgt:

        

„Sämtliche Sonderzahlungen sind freiwillige Zuwendungen, für die kein Rechtsanspruch besteht (z. B. Weihnachtsgratifikation und Urlaubsgeld richten sich nach den Bestimmungen des BAT).“

3

Der Beklagte zahlte bis zum Jahr 2003 als Weihnachtsgeld mit der Novembervergütung einen Betrag, der nach dem Tarifvertrag über eine Zuwendung für Angestellte vom 12. Oktober 1973 in seiner jeweiligen Fassung (nachfolgend: TV Zuwendung) berechnet wurde. Anlässlich der Zahlung erhielten die Mitarbeiter ein Schreiben, in dem wortgleich jeweils ua. ausgeführt war:

        

„Unter der Lohnart … können Sie das Ihnen zustehende Weihnachtsgeld in Höhe von

        

…       

        

entnehmen.

        

Wir möchten erneut betonen, dass es sich nach den vertraglichen Vereinbarungen um eine freiwillige Zahlung des Arbeitgebers handelt, für die kein Rechtsanspruch besteht.“

4

Entsprechend einer Ankündigung im Begleitschreiben für das Jahr 2003 erbrachte der Beklagte seit dem Jahr 2004 statt eines Weihnachtsgelds eine leistungsbezogene Sonderzahlung. Der Basiswert dieser Sonderzahlung wurde nach dem TV Zuwendung errechnet. Zur Auszahlung kam ein individuell für jeden Mitarbeiter anhand einer Leistungsbeurteilung ermittelter prozentualer Anteil.

5

Die Klägerin macht für die Jahre 2004 bis 2006 der Höhe nach zwischen den Parteien unstreitige Differenzen zwischen der geleisteten Sonderzahlung und der vollen Zuwendung nach dem TV Zuwendung geltend. Sie hat die Auffassung vertreten, nach § 5 Abs. 3 des Dienstvertrags bestehe ein vertraglicher Anspruch.

6

Die Klägerin hat beantragt,

        

den Beklagten zu verurteilen, an sie 1.025,25 Euro brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach bestimmter zeitlicher Staffelung zu zahlen.

7

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen und die Auffassung vertreten, nach § 5 Abs. 3 des Dienstvertrags seien sämtliche Sonderzahlungen freiwillige Leistungen, auf die kein Anspruch bestehe. Er sei deshalb nicht gehindert gewesen, ab dem Jahr 2004 statt eines Weihnachtsgelds eine leistungsbezogene Sonderzahlung zu erbringen.

8

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klageziel weiter.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision ist begründet. Die Vorinstanzen haben den Zahlungsantrag zu Unrecht abgewiesen.

10

I. Die Klägerin hat gegen den Beklagten aus § 5 Abs. 3 des Dienstvertrags, § 2 Abs. 1 TV Zuwendung iVm. der Protokollnotiz Nr. 1 zu § 2 TV Zuwendung einen Anspruch auf die geltend gemachten Zuwendungsdifferenzbeträge. Dies ergibt die Auslegung der vertraglichen Bestimmung nach Maßgabe des § 305c Abs. 2 BGB.

11

1. § 5 Abs. 3 des Dienstvertrags ist eine Allgemeine Geschäftsbedingung iSv. § 305 Abs. 1 BGB. Das Landesarbeitsgericht hat entsprechende Feststellungen getroffen. Darüber streiten die Parteien nicht.

12

2. Allgemeine Geschäftsbedingungen unterliegen der vollen revisionsrechtlichen Nachprüfung (BAG 24. Oktober 2007 - 10 AZR 825/06 - BAGE 124, 259). Sie sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei nicht die Verständnismöglichkeiten des konkreten, sondern die des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind. Ansatzpunkt für die nicht am Willen der konkreten Vertragspartner zu orientierende Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der Vertragswortlaut. Ist dieser nicht eindeutig, kommt es für die Auslegung entscheidend darauf an, wie der Vertragstext aus Sicht der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise zu verstehen ist, wobei der Vertragswille verständiger und redlicher Vertragspartner beachtet werden muss. Soweit auch der mit dem Vertrag verfolgte Zweck einzubeziehen ist, kann das nur in Bezug auf typische und von redlichen Geschäftspartnern verfolgte Ziele gelten (st. Rspr., BAG 10. Dezember 2008 - 10 AZR 1/08 - AP BGB § 307 Nr. 40 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 40; 24. Oktober 2007 - 10 AZR 825/06 - mwN, aaO).

13

3. § 5 Abs. 3 des Dienstvertrags beinhaltet eine einheitliche, aus einem Freiwilligkeitsvorbehalt und einem Klammerzusatz bestehende Klausel.

14

a) Der Freiwilligkeitsvorbehalt ohne Klammerzusatz kann dem Wortlaut nach geeignet sein, einen vertraglichen Anspruch auf eine Sonderzahlung nicht entstehen zu lassen. Sämtliche Sonderzahlungen sollen danach freiwillige Zuwendungen sein, für die kein Rechtsanspruch besteht. Der Senat erkennt Freiwilligkeitsvorbehalte, die sich nicht in dem bloßen Hinweis erschöpfen, dass sich der Arbeitgeber „freiwillig“ zur Erbringung einer Sonderzahlung verpflichtet, sondern die einen Anspruch des Arbeitnehmers auf die Sonderzahlung bei wiederholter Zahlung nicht entstehen lassen, auch in Allgemeinen Geschäftsbedingungen grundsätzlich als zulässig an (BAG 18. März 2009 - 10 AZR 289/08 - EzA BGB 2002 § 307 Nr. 43; 10. Dezember 2008 - 10 AZR 1/08 - AP BGB § 307 Nr. 40 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 40; 30. Juli 2008 - 10 AZR 606/07 - AP BGB § 611 Gratifikation Nr. 274 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 38). Ein solcher Freiwilligkeitsvorbehalt weicht nicht von § 611 Abs. 1 BGB ab und verstößt, sofern es sich um einen klar und verständlich formulierten Vorbehalt handelt, nicht gegen § 308 Nr. 4 BGB, da es bereits an einer versprochenen Leistung fehlt(BAG 18. März 2009 - 10 AZR 289/08 - aaO; 30. Juli 2008 - 10 AZR 606/07 - aaO).

15

b)Der Klammerzusatz steht zu dem Freiwilligkeitsvorbehalt im Widerspruch. Nach der Verknüpfung „z. B.“ nimmt er zwar Bezug auf den Vorbehalt, soll ihn also anscheinend erläutern. Vor dem Hintergrund des nachfolgenden Klammertextes ist dies jedoch nicht eindeutig. Weihnachtsgratifikation und Urlaubsgeld sollen sich nach den Bestimmungen des BAT „richten“. Für sich genommen wird nach dem Wortlaut des Klammerzusatzes („richten sich“) ein vertraglicher, der Höhe nach in § 2 TV Zuwendung geregelter Anspruch auf eine Sonderzuwendung begründet, sofern der Arbeitnehmer die Anspruchsvoraussetzungen des § 1 TV Zuwendung erfüllt. Dass mit „den Bestimmungen des BAT“ bezogen auf die Weihnachtsgratifikation der TV Zuwendung gemeint ist, liegt im Hinblick darauf, dass der BAT keine eigene Regelung enthält, nahe und wird von den Parteien auch nicht anders verstanden.

16

c) Eine Verknüpfung von Vorbehalt und Klammerzusatz in dem Sinne, dass der Klammerzusatz lediglich die beispielhafte Aufzählung der Sonderzahlungen enthält, die unter den Freiwilligkeitsvorbehalt fallen, läge nahe, wenn dieser ohne die Worte „richten sich“ formuliert wäre. Da der Klammerzusatz einen Anspruch formuliert, ist aber auch eine einschränkende Auslegung im Sinne der Klägerin rechtlich vertretbar, dass zwar grundsätzlich Sonderzahlungen freiwillige Zuwendungen sind, aber Weihnachtsgratifikation und Urlaubsgeld nach den Bestimmungen des BAT gezahlt werden. Schließlich erscheint die vom Landesarbeitsgericht vertretene Auslegung möglich, der Verweis auf die Bestimmungen des BAT betreffe nicht das „Ob“, sondern nur das „Wie“ der Leistung; allerdings bestehen auch hierfür keine durchgreifenden Anhaltspunkte. § 5 Abs. 3 des Dienstvertrags erweist sich als mehrdeutig.

17

d) Bleibt nach Ausschöpfung der Auslegungsmethoden ein nicht behebbarer Zweifel, geht dies nach § 305c Abs. 2 BGB zulasten des Beklagten. Die Norm kommt dann zur Anwendung, wenn die Auslegung einer einzelnen Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen mindestens zwei Ergebnisse als vertretbar erscheinen lässt und keines den klaren Vorzug verdient. Widersprechen sich hingegen mehrere Klauseln inhaltlich, ist § 305c Abs. 2 BGB unanwendbar und das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB greift(BAG 10. Dezember 2008 - 10 AZR 1/08 - AP BGB § 307 Nr. 40 = EzA BGB 2002 §   307 Nr. 40; 24. Oktober 2007 - 10 AZR 825/06 - BAGE 124, 259).

18

Da nach der textlichen Gestaltung von Vorbehalt und Klammerzusatz und der Verknüpfung durch „z. B.“ eine einzelne Klausel über die Gewährung einer Weihnachtsgratifikation auszulegen ist, greift § 305c Abs. 2 BGB. Der Freiwilligkeitsvorbehalt erfasst nicht die im Klammerzusatz aufgeführte Weihnachtsgratifikation. Zugunsten der Klägerin ist § 5 Abs. 3 des Dienstvertrags dahin auszulegen, dass im Streitzeitraum ein vertraglicher Anspruch auf eine Sonderzuwendung nach Maßgabe des TV Zuwendung bestanden hat.

19

4. Unerheblich ist, dass der Dienstvertrag vor Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes im Vertrauen auf die damals geltende Rechtslage vereinbart wurde. Die jetzt in § 305c Abs. 2 BGB normierte Unklarheitenregel war schon vor Inkrafttreten des AGBG und während seiner Geltung allgemein anerkannt und galt auch für Formulararbeitsverträge(BAG 10. Dezember 2008 - 10 AZR 1/08 - AP BGB § 307 Nr. 40 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 40; 26. Januar 2005 - 10 AZR 331/04 - BAGE 113, 265).

20

5. Die Parteien haben den Anspruch der Klägerin auf eine Sonderzuwendung nach dem TV Zuwendung nicht vertraglich abgeändert. Die jährlichen Begleitschreiben des Beklagten im Zusammenhang mit der Zahlung enthalten kein Angebot an die Klägerin, das Arbeitsverhältnis zu geänderten Bedingungen fortzusetzen und einen vertraglichen Anspruch auf Zahlung der Weihnachtsgratifikation zukünftig auszuschließen. Sie sind wie § 5 Abs. 3 des Dienstvertrags in sich widersprüchlich, indem sie einerseits auf ein „zustehendes“ Weihnachtsgeld Bezug nehmen und andererseits einen Hinweis auf die Freiwilligkeit der Leistung enthalten. Selbst wenn sich die Begleitschreiben als Angebot auf Abänderung des Dienstvertrags auslegen ließen, hätte die Klägerin ein solches Angebot nicht angenommen. Das Schweigen gegenüber einem Angebot auf Verschlechterung eines Vertrags ist grundsätzlich keine Annahme eines solches Angebots (§ 151 BGB). Das gilt bei einer widerspruchslosen Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitnehmer zumindest dann, wenn sich die angetragene Veränderung nicht unmittelbar im Arbeitsverhältnis auswirkt (BAG 25. November 2009 - 10 AZR 779/08 -).

21

6. Der Anspruch besteht in der geltend gemachten Höhe. Im Streitzeitraum betrug die Sonderzuwendung entsprechend der Protokollnotiz Nr. 1 zu § 2 TV Zuwendung 82,14 % des Bemessungssatzes. Die Zuwendungsdifferenzen sind durch die Klägerin zutreffend für das Jahr 2004 mit 343,42 Euro, für das Jahr 2005 mit 343,78 Euro und für das Jahr 2006 mit 338,05 Euro berechnet worden. Der Zinsanspruch folgt aus § 286 Abs. 2, § 288 Abs. 1 BGB.

22

II. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91, 92, 344 ZPO.

        

    Mikosch    

        

    Marquardt    

        

    Mestwerdt    

        

        

        

    Walter Huber    

        

    Kiel    

                 

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung

1.
mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder
2.
wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.

(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.

Tenor

1. Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 26. Juli 2010 - 7 Sa 1881/09 - wird zurückgewiesen.

2. Der Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über einen Anspruch des Klägers auf eine Sonderzahlung für das Jahr 2008.

2

Der Kläger ist seit dem 4. September 1981 als Sozialpädagoge bei dem beklagten Verein beschäftigt. Dem Arbeitsverhältnis liegt ein schriftlicher Vertrag vom 1. August 1982 zugrunde, der auszugsweise lautet:

        

㤠4

        

Der Arbeitnehmer erhält eine Bruttovergütung in Höhe von DM 3.400,-, zahlbar spätestens am Ende eines jeden Monats. Die Zahlung erfolgt bargeldlos auf ein vom Arbeitnehmer anzugebendes Konto.

        

Mit der vereinbarten Vergütung sind etwa anfallende Überstunden pauschal abgegolten.

        

Sonstige, in diesem Vertrag nicht vereinbarte Leistungen des Arbeitgebers an den Arbeitnehmer sind freiwillig und jederzeit widerruflich. Auch wenn der Arbeitgeber sie mehrmals und regelmäßig erbringen sollte, erwirbt der Arbeitnehmer dadurch keinen Rechtsanspruch für die Zukunft.

        

...     

        

§ 15

        

Vertragsänderungen und -ergänzungen bedürfen der Schriftform.“

3

Der Kläger erhielt mehr als 20 Jahre lang jeweils mit dem Entgelt für den Monat November ein 13. Monatsgehalt ausgezahlt. Für das Jahr 2006 erfolgte die Zahlung in zwölf Monatsraten nachträglich im Laufe des Jahres 2007. Für das Jahr 2007 erstritt sich der Kläger die Zahlung durch rechtskräftiges Urteil des Arbeitsgerichts Hanau vom 8. Oktober 2008 (- 3 Ca 175/08 -).

4

Mit Schreiben vom 28. November 2008 wies der Beklagte auf eine angespannte wirtschaftliche Situation hin und bot dem Kläger drei Modelle über eine verringerte Zahlung und/oder veränderte Auszahlungsmodalitäten an. Der Kläger lehnte dies ab, worauf keine Zahlung für das Jahr 2008 erfolgte. Mit Schreiben vom 11. Dezember 2008 forderte der Kläger den Beklagten unter Fristsetzung zum 24. Dezember 2008 zur Zahlung auf.

5

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, § 4 Abs. 3 des Arbeitsvertrags habe nicht verhindern können, dass ihm ein Anspruch aus dem Gesichtspunkt der betrieblichen Übung erwachsen sei. Die Klausel sei unklar und widersprüchlich.

6

Der Kläger hat beantragt,

        

den Beklagten zu verurteilen, an ihn 3.956,00 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 25. Dezember 2008 zu zahlen.

7

Der Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Er hat die Auffassung vertreten, dass in Fällen, in denen eine Leistung in einem Vertrag überhaupt nicht zugesagt und erwähnt werde, § 307 BGB insoweit keine Anwendung finden könne, da es sich nicht um eine vertragliche Leistung handele. § 4 Abs. 3 Satz 2 des Arbeitsvertrags sei ausreichend, um das für die betriebliche Übung erforderliche Vertrauensmoment nicht entstehen zu lassen. Selbst wenn § 4 Abs. 3 Satz 1 des Arbeitsvertrags als in sich widersprüchliche Regelung unwirksam sei, behalte die restliche Regelung nach dem sog. Blue-pencil-Test ihre Bedeutung als wirksamer Vorbehalt.

8

Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht haben der Klage stattgeben. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt der Beklagte weiterhin die Abweisung der Klage.

Entscheidungsgründe

9

Die zulässige Revision des Beklagten ist unbegründet. Der Kläger hat Anspruch auf Zahlung eines 13. Monatsgehalts für das Jahr 2008.

10

I. Der Beklagte hat mehr als 20 Jahre lang jeweils mit dem Entgelt für den Monat November ein 13. Monatsgehalt an den Kläger ausgezahlt. Dadurch ist ein vertraglicher Anspruch des Klägers auf diese Leistung entstanden. Dem steht die Regelung in § 4 Abs. 3 des Arbeitsvertrags nicht entgegen.

11

1. Bei Zahlung einer über das arbeitsvertraglich vereinbarte Gehalt hinausgehenden Vergütung ist durch Auslegung (§§ 133, 157 BGB) zu ermitteln, ob sich der Arbeitgeber nur zu der konkreten Leistung (bspw. Gratifikation im Kalenderjahr) oder darüber hinaus auch für die Zukunft verpflichtet hat.

12

a) Eine dauerhafte Verpflichtung kann sich insbesondere aus einem Verhalten mit Erklärungswert, wie einer betrieblichen Übung ergeben. Unter einer betrieblichen Übung versteht man die regelmäßige Wiederholung bestimmter Verhaltensweisen des Arbeitgebers, aus denen die Arbeitnehmer schließen können, ihnen solle eine Leistung oder Vergünstigung auf Dauer gewährt werden. Aus diesem als Vertragsangebot zu wertenden Verhalten des Arbeitgebers, das von den Arbeitnehmern regelmäßig stillschweigend angenommen wird (§ 151 BGB), erwachsen vertragliche Ansprüche auf die üblich gewordenen Leistungen für die Zukunft. Entscheidend ist dabei nicht, ob der Erklärende einen Verpflichtungswillen hatte, sondern ob der Erklärungsempfänger die Erklärung oder das Verhalten des Arbeitgebers nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung aller Begleitumstände (§§ 133, 157 BGB) dahin verstehen konnte und durfte, der Arbeitgeber wolle sich zu einer über seine gesetzlichen, tarifvertraglichen und vertraglichen Pflichten hinausgehenden Leistung verpflichten (st. Rspr., bspw. BAG 8. Dezember 2010 - 10 AZR 671/09 - Rn. 11, EzA BGB 2002 § 307 Nr. 51; 24. März 2010 - 10 AZR 43/09 - Rn. 16, AP BGB § 242 Betriebliche Übung Nr. 90 = EzA BGB 2002 § 242 Betriebliche Übung Nr. 13). Dies ist im Wege der Auslegung des Verhaltens des Arbeitgebers zu ermitteln. Die Anforderungen an den Erklärungswert bestimmen sich nach der Art des Verhaltens des Vertragspartners, das eine betriebliche Übung begründen soll. Eine vertragliche Bindung wird regelmäßig anzunehmen sein, wenn besondere Umstände ein schutzwürdiges Vertrauen der Arbeitnehmer begründen (vgl. BAG 13. Juni 2007 - 5 AZR 849/06 - Rn. 15, AP BGB § 242 Betriebliche Übung Nr. 78). Dabei kommt dem konkreten Verhalten des Arbeitgebers, insbesondere dessen Intensität und Regelmäßigkeit, entscheidendes Gewicht zu. Zwar hat der Senat bisher keine verbindliche Regel aufgestellt, ab welcher Anzahl von Leistungen der Arbeitnehmer darauf vertrauen darf, er werde die Leistung auch zukünftig erhalten. Allerdings ist für jährlich an die gesamte Belegschaft geleistete Gratifikationen die Regel aufgestellt worden, nach der eine zumindest dreimalige vorbehaltlose Gewährung zur Verbindlichkeit erstarkt, falls nicht besondere Umstände hiergegen sprechen oder der Arbeitgeber bei der Zahlung einen Bindungswillen für die Zukunft ausgeschlossen hat (vgl. BAG 21. Januar 2009 - 10 AZR 219/08 - Rn. 13, BAGE 129, 164).

13

b) Auch wenn es an einer betrieblichen Übung fehlt, weil beispielsweise der Arbeitgeber eine Zahlung nur an einen Arbeitnehmer vorgenommen hat und damit das kollektive Element fehlt, kann für diesen ein Anspruch entstanden sein. Dies ist der Fall, wenn der Arbeitnehmer aus einem tatsächlichen Verhalten des Arbeitgebers auf ein Angebot schließen konnte, das er gemäß § 151 BGB durch schlüssiges Verhalten angenommen hat(BAG 21. April 2010 - 10 AZR 163/09 - Rn. 11, 17, AP BGB § 151 Nr. 5).

14

2. Der Anspruch auf ein 13. Monatsgehalt ist - abgesehen von der Frage des arbeitsvertraglichen Vorbehalts (dazu unter I 3) - Bestandteil der arbeitsvertraglichen Regelungen der Parteien geworden.

15

a) Die seit mehr als 20 Jahren im November erfolgte Zahlung einer als 13. Monatsgehalt bezeichneten Zuwendung konnte der Kläger unter Berücksichtigung der konkreten Einzelfallumstände, wie der Häufigkeit der Leistung, der Art der kommentarlosen Auszahlung und der Höhe der Sonderzahlung (ein Monatsgehalt), sowie unter Beachtung von Treu und Glauben nur so auffassen, dass der Beklagte sich auch zur zukünftigen dauerhaften Leistung verpflichten wollte (vgl. zur Auslegung der Erklärungen insoweit: JbArbR Bd. 47 S. 93, 112). Da der Beklagte bei den Zahlungen weder einen ausdrücklichen Freiwilligkeitsvorbehalt erklärt noch auf den vertraglich formulierten Vorbehalt Bezug genommen hatte, musste der Kläger auch nicht annehmen, die Sonderzahlung erfolge lediglich für das konkrete Jahr und ohne Rechtsbindungswillen für die Zukunft. Er durfte vielmehr berechtigterweise auf eine fortdauernde Leistungsgewährung für die Folgejahre vertrauen (zu diesem Vertrauensaspekt: vgl. Annuß FS Picker S. 861, 865). Vom Bestehen eines entsprechenden Anspruchs ging offensichtlich auch der Beklagte aus; anders kann der Inhalt des Schreibens vom 28. November 2008 kaum gedeutet werden. Ein Angebot auf Vertragsänderung zur teilweisen Beseitigung oder Umgestaltung eines Anspruchs ist nur dann erforderlich, wenn ein solcher Anspruch besteht. Auch die Bezeichnung als „13. Gehalt“ spricht für einen Anspruch.

16

Dabei kann dahinstehen, ob der Anspruch aufgrund betrieblicher Übung entstanden ist - wovon das Landesarbeitsgericht ausgegangen ist, ohne allerdings entsprechende Feststellungen zu treffen - oder aufgrund konkludenten Verhaltens ausschließlich im Verhältnis der Parteien.

17

b) Dem Anspruch steht die arbeitsvertraglich vereinbarte Schriftformklausel nicht entgegen. Eine einfache Schriftformklausel, nach der Änderungen und Ergänzungen des Vertrags der Schriftform bedürfen, verhindert eine konkludente Vertragsänderung oder das Entstehen einer betrieblichen Übung nicht. Die Vertragsparteien können das für eine Vertragsänderung vereinbarte Schriftformerfordernis jederzeit schlüssig und formlos aufheben. Das ist sogar dann möglich, wenn die Vertragsparteien bei ihrer mündlichen Abrede an die Schriftform überhaupt nicht gedacht haben (BAG 20. Mai 2008 - 9 AZR 382/07 - Rn. 17, BAGE 126, 364 [betriebliche Übung]; vgl. 17. Juli 2007 - 9 AZR 819/06 - Rn. 25, AP ZPO § 50 Nr. 17 = EzA TzBfG § 8 Nr. 17 [konkludente Vertragsänderung]).

18

3. Ebenso wenig steht dem Anspruch der Vorbehalt aus § 4 Abs. 3 des Arbeitsvertrags entgegen. Das Landesarbeitsgericht geht zu Recht davon aus, dass die vertragliche Formulierung das Entstehen eines zukünftigen Anspruchs auf Zahlung eines 13. Monatsgehalts nicht ausschließen konnte. Sie ist nicht geeignet, den Wert der späteren Erklärungen des Beklagten im Zusammenhang mit den mehrfach geleisteten Zahlungen hinreichend zu entwerten. Die Klausel ist wegen der Kombination von Freiwilligkeits- und Widerrufsvorbehalt intransparent und verstößt gegen § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB. Darüber hinaus benachteiligt ein derartig weit gefasster Freiwilligkeitsvorbehalt den Arbeitnehmer unangemessen iSv. § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 BGB.

19

a) Bei der vom Beklagten in § 4 Abs. 3 des Arbeitsvertrags vorformulierten Vertragsbedingung handelt es sich um eine Allgemeine Geschäftsbedingung iSv. § 305 Abs. 1 BGB. Die Auslegung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen durch das Berufungsgericht unterliegt einer vollen revisionsrechtlichen Nachprüfung (BAG 8. Dezember 2010 - 10 AZR 671/09 - Rn. 15, EzA BGB 2002 § 307 Nr. 51). Allgemeine Vertragsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei nicht die Verständnismöglichkeiten des konkreten, sondern die des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind. Ansatzpunkt für die nicht am Willen der jeweiligen Vertragspartner zu orientierende Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der Vertragswortlaut. Ist dieser nicht eindeutig, kommt es für die Auslegung entscheidend darauf an, wie der Vertragstext aus Sicht der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise zu verstehen ist, wobei der Vertragswille verständiger und redlicher Vertragspartner beachtet werden muss. Soweit auch der mit dem Vertrag verfolgte Zweck einzubeziehen ist, kann das nur in Bezug auf typische und von redlichen Geschäftspartnern verfolgte Ziele gelten (BAG 8. Dezember 2010 - 10 AZR 671/09 - Rn. 15, aaO).

20

b) Nach der Rechtsprechung des Senats kann ein Freiwilligkeitsvorbehalt das Entstehen eines Rechtsanspruchs auf eine künftige Sonderzahlung wirksam verhindern (BAG 8. Dezember 2010 - 10 AZR 671/09 - Rn. 16 mwN, EzA BGB 2002 § 307 Nr. 51). Der Arbeitgeber kann - außer bei laufendem Arbeitsentgelt (vgl. BAG 25. April 2007 - 5 AZR 627/06 - BAGE 122, 182) - einen Rechtsanspruch des Arbeitnehmers grundsätzlich ausschließen und sich eine Entscheidung vorbehalten, ob und in welcher Höhe er zukünftig Sonderzahlungen gewährt. Er bleibt grundsätzlich in seiner Entscheidung frei, ob und unter welchen Voraussetzungen er zum laufenden Arbeitsentgelt eine zusätzliche Leistung erbringen will. Gibt es einen klar und verständlich formulierten Freiwilligkeitsvorbehalt, der jeden Rechtsanspruch des Arbeitnehmers auf eine Sonderzahlung ausschließt, fehlt es an einer versprochenen Leistung iSd. § 308 Nr. 4 BGB. In diesen Fällen wird eine Verpflichtung des Arbeitgebers zur Leistung der Sonderzahlung unabhängig von dem mit der Sonderzuwendung verfolgten Zweck von vornherein nicht begründet. Allerdings muss ein solcher Freiwilligkeitsvorbehalt klar und verständlich iSd. § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB formuliert worden sein, um den Rechtsanspruch des Arbeitnehmers auf eine Sonderzahlung eindeutig auszuschließen(BAG 8. Dezember 2010 - 10 AZR 671/09 - Rn. 16, aaO). Er darf insbesondere nicht in Widerspruch zu anderen Vereinbarungen der Arbeitsvertragsparteien stehen (BAG 30. Juli 2008 - 10 AZR 606/07 - Rn. 39, BAGE 127, 185; vgl. 24. Oktober 2007 - 10 AZR 825/06 - Rn. 18, BAGE 124, 259; Preis NZA 2009, 281, 285).

21

c) Die im Streitfall formulierte Kombination von Freiwilligkeits- und Widerrufsvorbehalt verstößt gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB.

22

aa) Nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB kann sich eine unangemessene Benachteiligung auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist. Sinn des Transparenzgebots ist es, der Gefahr vorzubeugen, dass der Vertragspartner des Klauselverwenders von der Durchsetzung bestehender Rechte abgehalten wird. Ein Verstoß gegen das Transparenzgebot liegt deshalb nicht schon dann vor, wenn der Arbeitnehmer keine oder nur eine erschwerte Möglichkeit hat, die betreffende Regelung zu verstehen. Erst in der Gefahr, dass der Vertragspartner des Klauselverwenders wegen unklar abgefasster Allgemeiner Vertragsbedingungen seine Rechte nicht wahrnimmt, liegt eine unangemessene Benachteiligung iSv. § 307 Abs. 1 BGB(BAG 18. Mai 2011 - 10 AZR 206/10 - Rn. 29, ZTR 2011, 547; 10. Dezember 2008 - 10 AZR 1/08 - Rn. 15, AP BGB § 307 Nr. 40 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 40). Eine solche Situation ist bei der Kombination eines Freiwilligkeits- mit einem Widerrufsvorbehalt regelmäßig gegeben.

23

bb) § 4 Abs. 3 Satz 1 des Arbeitsvertrags formuliert, dass im(schriftlichen) Vertrag nicht vereinbarte Leistungen freiwillig sind. Eine solche Bestimmung ist im Zweifel nur als Hinweis zu verstehen, dass der Arbeitgeber Leistungen erbringt, ohne dazu durch andere Regelungen gezwungen zu sein (vgl. BAG 24. Oktober 2007 - 10 AZR 825/06 - Rn. 17, BAGE 124, 259; 1. März 2006 - 5 AZR 363/05 - Rn. 24 f., BAGE 117, 155). Allerdings enthält § 4 Abs. 3 Satz 2 des Arbeitsvertrags darüber hinaus den für sich genommen klaren Hinweis, dass auch bei einer mehrmaligen und regelmäßigen Zahlung der Arbeitnehmer keinen Rechtsanspruch für die Zukunft erwerben solle. Einen solchen Vorbehalt hat der Senat als ausreichend angesehen, um einen Anspruch auf eine zukünftige Leistung auszuschließen (vgl. BAG 18. März 2009 - 10 AZR 289/08 - EzA BGB 2002 § 307 Nr. 43 [Vorbehalt bei Zahlung]; 21. Januar 2009 - 10 AZR 219/08 - BAGE 129, 164 [Vorbehalt im Formulararbeitsvertrag]).

24

cc) Die Klausel in § 4 Abs. 3 des Arbeitsvertrags ist aber deshalb unklar und missverständlich, weil Satz 1 darüber hinaus eine Widerrufsmöglichkeit vorsieht. Der Beklagte hat eine freiwillige Leistung unter einen Widerrufsvorbehalt gestellt. Bei einem Freiwilligkeitsvorbehalt entsteht schon kein Anspruch auf die Leistung, bei einem Widerrufsvorbehalt hingegen hat der Arbeitnehmer einen Anspruch, der Arbeitgeber behält sich aber vor, die versprochene Leistung einseitig zu ändern (vgl. bspw. BAG 20. April 2011 - 5 AZR 191/10 - Rn. 10, EzA BGB 2002 § 308 Nr. 12; 12. Januar 2005 - 5 AZR 364/04 - zu B I 3 der Gründe, BAGE 113, 140).

25

Dem Landesarbeitsgericht ist in der Annahme zu folgen, dass in einer solchen Kombination von Freiwilligkeits- und Widerrufsvorbehalt regelmäßig ein zur Unwirksamkeit der Klausel führender Verstoß gegen das Transparenzgebot liegt, sodass der Arbeitgeber sich auf den Freiwilligkeitsvorbehalt nicht berufen kann (noch offengelassen in BAG 8. Dezember 2010 - 10 AZR 671/09 - Rn. 20, EzA BGB 2002 § 307 Nr. 51). Der Begriff des Widerrufsvorbehalts hat eine bestimmte arbeitsrechtliche Bedeutung. Nutzt der Verwender Allgemeiner Geschäftsbedingungen einen solchen Begriff, so darf sein Vertragspartner diesem eine entsprechende Bedeutung zumessen. Im Widerrufsvorbehalt liegt damit nicht nur eine „Verstärkung“ des Freiwilligkeitsvorbehalts. Bei der Kombination von Freiwilligkeits- und Widerrufsvorbehalt wird vielmehr schon nach dem Vertragstext auch für den um Verständnis bemühten Vertragspartner nicht deutlich, ob nun jegliche zukünftige Bindung ausgeschlossen oder lediglich eine Möglichkeit eröffnet werden soll, sich später wieder von einer vertraglichen Bindung loszusagen. Erfolgen dann noch mehrfache Zahlungen einer bestimmten Leistung ohne weitere Vorbehalte, so ist erst recht nicht mehr erkennbar, ob ein Rechtsbindungswille für die Zukunft ausgeschlossen bleiben soll.

26

dd) Entgegen der Auffassung des Beklagten kann die Klausel nicht so geteilt werden, dass lediglich ein wirksamer Freiwilligkeitsvorbehalt aufrechterhalten bliebe.

27

Handelt es sich um eine teilbare Klausel, ist die Inhaltskontrolle jeweils für die verschiedenen, nur formal verbundenen Bestimmungen vorzunehmen (BAG 11. April 2006 - 9 AZR 610/05 - Rn. 32, BAGE 118, 36). Maßgeblich ist, ob die Klausel mehrere sachliche Regelungen enthält und der unzulässige Teil sprachlich eindeutig abtrennbar ist. Ist die verbleibende Regelung weiterhin verständlich, bleibt sie bestehen. Die Teilbarkeit einer Klausel ist durch Streichung des unwirksamen Teils zu ermitteln (vgl. BAG 6. Mai 2009 - 10 AZR 443/08 - Rn. 11, AP BGB § 307 Nr. 43 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 44).

28

Die Aufrechterhaltung eines zulässigen Teils der Klausel kommt hier grundsätzlich nicht in Betracht. Die Intransparenz der vertraglichen Regelung und damit ihre Unwirksamkeit nach § 307 Abs. 1 Satz 2 iVm. Satz 1 BGB folgt gerade aus der Kombination zweier Klauselteile, die jeweils für sich genommen ausreichend transparent sein mögen. Dies unterscheidet die Fallgestaltung von den Fällen, in denen ein abgrenzbarer Teil der Vertragsklausel unwirksam ist. Nur in solchen Fällen ist eine Streichung des unwirksamen Teils möglich, ohne gegen das Verbot der geltungserhaltenden Reduktion (§ 306 Abs. 2 BGB) zu verstoßen (vgl. dazu BAG 23. September 2010 - 8 AZR 897/08 - Rn. 37 f., AP BGB § 307 Nr. 48 = EzA BGB § 309 Nr. 6).

29

d) Darüber hinaus benachteiligt der in § 4 Abs. 3 des Arbeitsvertrags enthaltene Freiwilligkeitsvorbehalt, der alle zukünftigen Leistungen unabhängig von ihrer Art und ihrem Entstehungsgrund erfasst, den Kläger unangemessen iSv. § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 BGB und ist deshalb unwirksam.

30

aa) Der Senat ist bisher davon ausgegangen, dass nicht nur Freiwilligkeitsvorbehalte, die bei der jeweiligen Zahlung erklärt werden, sondern auch vertragliche Freiwilligkeitsvorbehalte dazu führen können, dass das spätere konkludente Verhalten des Arbeitgebers entgegen seinem gewöhnlichen Erklärungswert nicht als Angebot zur dauerhaften Leistungserbringung zu verstehen ist. Vertragliche Freiwilligkeitsvorbehalte wurden grundsätzlich als wirksam im Hinblick auf eine Inhaltskontrolle nach § 305 ff. BGB angesehen. In den entschiedenen Fällen ging es jeweils um Ansprüche auf Leistungen, die als „Weihnachtsgeld“ oder „Weihnachtsgratifikation“ bezeichnet waren, auch wenn die Vertragsklauseln teilweise auch andere Leistungen erfassten (zB BAG 8. Dezember 2010 - 10 AZR 671/09 - Rn. 16, EzA BGB 2002 § 307 Nr. 51; 20. Januar 2010 - 10 AZR 914/08 - Rn. 14, AP BGB § 305c Nr. 12 = EzA BGB 2002 § 305c Nr. 18; 21. Januar 2009 - 10 AZR 219/08 - Rn. 14 f., BAGE 129, 164 und - 10 AZR 221/08 - Rn. 14 f.; 10. Dezember 2008 - 10 AZR 1/08 - Rn. 12, AP BGB § 307 Nr. 40 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 40; 30. Juli 2008 - 10 AZR 606/07 - Rn. 39, BAGE 127, 185).

31

bb) Der Senat hat bereits Bedenken, ob ein solcher vertraglicher Vorbehalt dauerhaft den Erklärungswert einer ohne jeden Vorbehalt und ohne den Hinweis auf die vertragliche Regelung erfolgten Zahlung so erschüttern kann, dass der Arbeitnehmer das spätere konkludente Verhalten des Arbeitgebers entgegen seinem gewöhnlichen Erklärungswert nicht als Angebot zur dauerhaften Leistungserbringung verstehen kann (kritisch auch Däubler/Bonin/Deinert/ Bonin 3. Aufl. § 307 BGB Rn. 200 ff.; ErfK/Preis 11. Aufl. §§ 305 - 310 BGB Rn. 68; Kittner/Zwanziger/Deinert 6. Aufl. § 11 Rn. 135a, 224; aA bei Gratifikationen DFL/Löwisch 4. Aufl. § 308 BGB Rn. 4; Henssler/Moll AGB-Kontrolle vorformulierter Arbeitsbedingungen S. 35; HWK/Thüsing 4. Aufl. § 611 BGB Rn. 508 ff.; MüArbR/Krause 3. Aufl. § 56 Rn. 7; Schaub/Linck ArbR-Hdb. 14. Aufl. § 35 Rn. 67). Die vorliegende Fallgestaltung mit einer mehr als 20 Jahre lang erfolgten vorbehaltlosen Zahlung einer zusätzlichen Vergütung lässt eine entsprechende Annahme als zweifelhaft erscheinen.

32

cc) Unabhängig hiervon muss diese Rechtsprechung in den Fällen eingeschränkt werden, in denen ein vertraglicher Freiwilligkeitsvorbehalt alle zukünftigen Leistungen unabhängig von ihrer Art und ihrem Entstehungsgrund erfassen soll. Ein solcher Freiwilligkeitsvorbehalt bezieht unzulässigerweise laufende Leistungen ein und verstößt sowohl gegen den in § 305b BGB bestimmten Vorrang der Individualabrede als auch gegen den allgemeinen Rechtsgrundsatz, dass vertragliche Regelungen einzuhalten sind.

33

(1) Nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB sind Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, wenn sie den Vertragspartner entgegen Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine formularmäßige Vertragsbestimmung ist unangemessen, wenn der Verwender durch einseitige Vertragsgestaltung missbräuchlich eigene Interessen auf Kosten seines Vertragspartners durchzusetzen versucht, ohne von vornherein auch dessen Belange hinreichend zu berücksichtigen und ihm einen angemessenen Ausgleich zu gewähren. Die Feststellung einer unangemessenen Benachteiligung setzt eine wechselseitige Berücksichtigung und Bewertung rechtlich anzuerkennender Interessen der Vertragspartner voraus. Bei diesem Vorgang sind auch grundrechtlich geschützte Rechtspositionen zu beachten. Zur Beurteilung der Unangemessenheit ist ein genereller, typisierender, vom Einzelfall losgelöster Maßstab anzulegen. Im Rahmen der Inhaltskontrolle sind dabei Art und Gegenstand, besonderer Zweck und besondere Eigenart des jeweiligen Geschäfts zu berücksichtigen. Zu prüfen ist, ob der Klauselinhalt bei der in Rede stehenden Art des Rechtsgeschäfts generell unter Berücksichtigung der typischen Interessen der beteiligten Verkehrskreise eine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners ergibt. Die im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten sind gemäß § 310 Abs. 4 Satz 2 angemessen zu berücksichtigen(BAG 13. März 2007 - 9 AZR 433/06 - Rn. 39 f., AP BGB § 307 Nr. 26; vgl. 11. April 2006 - 9 AZR 557/05 - Rn. 33, BAGE 118, 22). Nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB ist eine unangemessene Benachteiligung im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist.

34

(2) Der Vorbehalt in § 4 Abs. 3 des Arbeitsvertrags lässt eine Auslegung zu, wonach er alle zukünftigen, im Vertrag nicht unmittelbar vereinbarten Leistungen unabhängig von ihrer Art und ihrem Entstehungsgrund erfassen soll.

35

Der Vorbehalt bezieht sich nach seinem Wortlaut auf alle im schriftlichen Arbeitsvertrag vom 1. August 1982 nicht vereinbarten Leistungen. Es wird nicht danach unterschieden, ob es sich um laufende Leistungen oder einmalige Sonderzahlungen handeln soll; eine Konkretisierung auf bestimmte Leistungen oder zumindest auf eine bestimmte Art von Leistungen ist nicht enthalten. Ebenso wenig wird auf den Entstehungsgrund der Leistung abgestellt. Der Wortlaut erfasst sowohl Fälle der betrieblichen Übung als auch konkludente, zB auf einer Gesamtzusage beruhende Vereinbarungen und sogar ausdrückliche vertragliche Einzelabreden. Entgegen der Auffassung des Beklagten lässt sich der vertragliche Freiwilligkeitsvorbehalt nicht dahingehend auslegen, dass damit allein das Entstehen einer betrieblichen Übung hinsichtlich bestimmter Sonderzahlungen ausgeschlossen werden sollte. Aus dem Wortlaut der Regelung ist eine solche Beschränkung nicht zu entnehmen. Auch aus den übrigen vertraglichen Regelungen lässt sich aus Sicht der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise eine Beschränkung auf die Verhinderung einer betrieblichen Übung nicht erkennen. Zwar ist eine solche Auslegung möglich; ebenso nahe liegend erscheint aber eine dem Wortlaut entsprechende weiter gefasste Auslegung. Bleibt nach Ausschöpfung der Auslegungsmethoden ein nicht behebbarer Zweifel, geht dies gemäß § 305c Abs. 2 BGB zulasten des Verwenders. Der die Allgemeinen Geschäftsbedingungen verwendende Arbeitgeber muss bei Unklarheiten die ihm ungünstigste Auslegungsmöglichkeit gegen sich gelten lassen (BAG 25. August 2010 - 10 AZR 275/09 - Rn. 20, AP GewO § 106 Nr. 11 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 49; 12. Dezember 2006 - 3 AZR 388/05 - Rn. 30, AP BetrAVG § 1 Zusatzversorgungskassen Nr. 67 = EzA BetrAVG § 1 Zusatzversorgung Nr. 18; auch st. Rspr. des BGH, vgl. zB 14. Juli 2010 - VIII ZR 246/08 - Rn. 41, BGHZ 186, 180; 9. Juni 2010 - VIII ZR 294/09 - Rn. 16, NJW 2010, 2877).

36

(3) Der Ausschluss jeden Rechtsanspruchs für außerhalb der früheren vertraglichen Vereinbarungen gezahltes laufendes Arbeitsentgelt benachteiligt den Arbeitnehmer entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen und ist gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam.

37

Der Ausschluss jeden Rechtsanspruchs bei laufendem Arbeitsentgelt widerspricht dem Zweck des Arbeitsvertrags. Dem Arbeitgeber soll damit ermöglicht werden, vom Arbeitnehmer die vollständige Erbringung der geschuldeten Leistung zu verlangen und seinerseits über die von ihm geschuldete Gegenleistung zu disponieren. Damit verhindert der Ausschluss des Rechtsanspruchs die Verwirklichung des Prinzips der Vertragsbindung und löst die synallagmatische Verknüpfung der Leistungen beider Vertragsparteien. Die Möglichkeit, eine nach Zeitabschnitten bemessene Vergütung grundlos und noch dazu ohne jegliche Erklärung einzustellen, beeinträchtigt die Interessen des Arbeitnehmers grundlegend. Dies gilt auch dann, wenn es sich bei den unter einem Vorbehalt stehenden Leistungen nicht um die eigentliche Grundvergütung, sondern um eine zusätzliche Abgeltung der Arbeitsleistung in Form einer Zulage oder sonstiger laufender Leistungen handelt (BAG 25. April 2007 - 5 AZR 627/06 - Rn. 20, BAGE 122, 182; Schaub/Linck § 35 Rn. 70 f.).

38

(4) Eine unangemessene Benachteiligung des Arbeitnehmers liegt auch darin, dass der vertragliche Vorbehalt spätere Individualabreden iSv. § 305b BGB erfasst.

39

Nach § 305b BGB haben individuelle Vertragsabreden Vorrang vor Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Individualabreden können grundsätzlich alle Abreden zwischen den Vertragsparteien außerhalb der einseitig vom Verwender vorgegebenen Geschäftsbedingungen sein. Sie können sowohl ausdrücklich als auch konkludent getroffen werden (vgl. zu § 4 AGBG: BGH 6. März 1986 - III ZR 234/84 - zu II 2 a der Gründe, NJW 1986, 1807). Auch nachträglich getroffene Individualabreden haben Vorrang vor kollidierenden Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Es kommt nicht darauf an, ob die Parteien eine Änderung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen beabsichtigt haben oder sich der Kollision mit den Allgemeinen Geschäftsbedingungen bewusst geworden sind (BGH 21. September 2005 - XII ZR 312/02 - zu 2 a der Gründe, BGHZ 164, 133). Mit diesem Vorrang der Individualabrede ist ein Freiwilligkeitsvorbehalt nicht zu vereinbaren, der so ausgelegt werden kann, dass er Rechtsansprüche aus späteren Individualabreden ausschließt (vgl. auch zur doppelten Schriftformklausel: BAG 20. Mai 2008 - 9 AZR 382/07 - Rn. 39, BAGE 126, 364).

40

(5) Darüber hinaus weicht eine solche Regelung von dem allgemeinen Grundsatz „pacta sunt servanda“ (Verträge sind einzuhalten) ab (§ 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB). Jeder Vertrag und die sich aus ihm ergebenden Verpflichtungen sind für jede Seite bindend (BAG 7. Dezember 2005 - 5 AZR 535/04 - Rn. 34, BAGE 116, 267; 12. Januar 2005 - 5 AZR 364/04 - zu B I 4 a der Gründe, BAGE 113, 140). Dies gilt auch für nach Abschluss des ursprünglichen Vertrags im laufenden Arbeitsverhältnis eingegangene Verpflichtungen. Von diesen kann nicht unter Hinweis auf einen vertraglichen Freiwilligkeitsvorbehalt wieder Abstand genommen werden.

41

(6) Es gibt auch keine objektiv feststellbaren Besonderheiten des Arbeitsrechts iSv. § 310 Abs. 4 Satz 2 BGB(vgl. dazu zB BAG 22. Juli 2010 - 6 AZR 847/07 - Rn. 22, AP BGB § 611 Kirchendienst Nr. 55 = EzA BGB 2002 § 611 Kirchliche Arbeitnehmer Nr. 15; 13. April 2010 - 9 AZR 113/09 - Rn. 29, AP BGB § 308 Nr. 8 = EzA BGB 2002 § 308 Nr. 11), die eine abweichende Beurteilung rechtfertigen würden. Dies gilt insbesondere, weil es dem Arbeitgeber unschwer möglich ist, bei der Erbringung der jeweiligen Leistung kontrollfrei zu bestimmen, ob es sich um eine einmalige Leistung handeln soll, und ggf. einen entsprechenden Vorbehalt zu erklären (vgl. Preis/Preis Der Arbeitsvertrag 4. Aufl. II V 70 Rn. 44, 71; Reinhard NJW 2011, 2317).

42

4. Der Zinsanspruch ergibt sich aus § 288 Abs. 1, § 286 Abs. 1 BGB.

43

II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Mikosch    

        

    W. Reinfelder    

        

    Mestwerdt    

        

        

        

    Thiel    

        

    A. Effenberger    

                 

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung

1.
mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder
2.
wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.

(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.

Individuelle Vertragsabreden haben Vorrang vor Allgemeinen Geschäftsbedingungen.

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung

1.
mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder
2.
wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.

(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.

Tenor

1. Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 26. Juli 2010 - 7 Sa 1881/09 - wird zurückgewiesen.

2. Der Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über einen Anspruch des Klägers auf eine Sonderzahlung für das Jahr 2008.

2

Der Kläger ist seit dem 4. September 1981 als Sozialpädagoge bei dem beklagten Verein beschäftigt. Dem Arbeitsverhältnis liegt ein schriftlicher Vertrag vom 1. August 1982 zugrunde, der auszugsweise lautet:

        

㤠4

        

Der Arbeitnehmer erhält eine Bruttovergütung in Höhe von DM 3.400,-, zahlbar spätestens am Ende eines jeden Monats. Die Zahlung erfolgt bargeldlos auf ein vom Arbeitnehmer anzugebendes Konto.

        

Mit der vereinbarten Vergütung sind etwa anfallende Überstunden pauschal abgegolten.

        

Sonstige, in diesem Vertrag nicht vereinbarte Leistungen des Arbeitgebers an den Arbeitnehmer sind freiwillig und jederzeit widerruflich. Auch wenn der Arbeitgeber sie mehrmals und regelmäßig erbringen sollte, erwirbt der Arbeitnehmer dadurch keinen Rechtsanspruch für die Zukunft.

        

...     

        

§ 15

        

Vertragsänderungen und -ergänzungen bedürfen der Schriftform.“

3

Der Kläger erhielt mehr als 20 Jahre lang jeweils mit dem Entgelt für den Monat November ein 13. Monatsgehalt ausgezahlt. Für das Jahr 2006 erfolgte die Zahlung in zwölf Monatsraten nachträglich im Laufe des Jahres 2007. Für das Jahr 2007 erstritt sich der Kläger die Zahlung durch rechtskräftiges Urteil des Arbeitsgerichts Hanau vom 8. Oktober 2008 (- 3 Ca 175/08 -).

4

Mit Schreiben vom 28. November 2008 wies der Beklagte auf eine angespannte wirtschaftliche Situation hin und bot dem Kläger drei Modelle über eine verringerte Zahlung und/oder veränderte Auszahlungsmodalitäten an. Der Kläger lehnte dies ab, worauf keine Zahlung für das Jahr 2008 erfolgte. Mit Schreiben vom 11. Dezember 2008 forderte der Kläger den Beklagten unter Fristsetzung zum 24. Dezember 2008 zur Zahlung auf.

5

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, § 4 Abs. 3 des Arbeitsvertrags habe nicht verhindern können, dass ihm ein Anspruch aus dem Gesichtspunkt der betrieblichen Übung erwachsen sei. Die Klausel sei unklar und widersprüchlich.

6

Der Kläger hat beantragt,

        

den Beklagten zu verurteilen, an ihn 3.956,00 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 25. Dezember 2008 zu zahlen.

7

Der Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Er hat die Auffassung vertreten, dass in Fällen, in denen eine Leistung in einem Vertrag überhaupt nicht zugesagt und erwähnt werde, § 307 BGB insoweit keine Anwendung finden könne, da es sich nicht um eine vertragliche Leistung handele. § 4 Abs. 3 Satz 2 des Arbeitsvertrags sei ausreichend, um das für die betriebliche Übung erforderliche Vertrauensmoment nicht entstehen zu lassen. Selbst wenn § 4 Abs. 3 Satz 1 des Arbeitsvertrags als in sich widersprüchliche Regelung unwirksam sei, behalte die restliche Regelung nach dem sog. Blue-pencil-Test ihre Bedeutung als wirksamer Vorbehalt.

8

Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht haben der Klage stattgeben. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt der Beklagte weiterhin die Abweisung der Klage.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Revision des Beklagten ist unbegründet. Der Kläger hat Anspruch auf Zahlung eines 13. Monatsgehalts für das Jahr 2008.

10

I. Der Beklagte hat mehr als 20 Jahre lang jeweils mit dem Entgelt für den Monat November ein 13. Monatsgehalt an den Kläger ausgezahlt. Dadurch ist ein vertraglicher Anspruch des Klägers auf diese Leistung entstanden. Dem steht die Regelung in § 4 Abs. 3 des Arbeitsvertrags nicht entgegen.

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1. Bei Zahlung einer über das arbeitsvertraglich vereinbarte Gehalt hinausgehenden Vergütung ist durch Auslegung (§§ 133, 157 BGB) zu ermitteln, ob sich der Arbeitgeber nur zu der konkreten Leistung (bspw. Gratifikation im Kalenderjahr) oder darüber hinaus auch für die Zukunft verpflichtet hat.

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a) Eine dauerhafte Verpflichtung kann sich insbesondere aus einem Verhalten mit Erklärungswert, wie einer betrieblichen Übung ergeben. Unter einer betrieblichen Übung versteht man die regelmäßige Wiederholung bestimmter Verhaltensweisen des Arbeitgebers, aus denen die Arbeitnehmer schließen können, ihnen solle eine Leistung oder Vergünstigung auf Dauer gewährt werden. Aus diesem als Vertragsangebot zu wertenden Verhalten des Arbeitgebers, das von den Arbeitnehmern regelmäßig stillschweigend angenommen wird (§ 151 BGB), erwachsen vertragliche Ansprüche auf die üblich gewordenen Leistungen für die Zukunft. Entscheidend ist dabei nicht, ob der Erklärende einen Verpflichtungswillen hatte, sondern ob der Erklärungsempfänger die Erklärung oder das Verhalten des Arbeitgebers nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung aller Begleitumstände (§§ 133, 157 BGB) dahin verstehen konnte und durfte, der Arbeitgeber wolle sich zu einer über seine gesetzlichen, tarifvertraglichen und vertraglichen Pflichten hinausgehenden Leistung verpflichten (st. Rspr., bspw. BAG 8. Dezember 2010 - 10 AZR 671/09 - Rn. 11, EzA BGB 2002 § 307 Nr. 51; 24. März 2010 - 10 AZR 43/09 - Rn. 16, AP BGB § 242 Betriebliche Übung Nr. 90 = EzA BGB 2002 § 242 Betriebliche Übung Nr. 13). Dies ist im Wege der Auslegung des Verhaltens des Arbeitgebers zu ermitteln. Die Anforderungen an den Erklärungswert bestimmen sich nach der Art des Verhaltens des Vertragspartners, das eine betriebliche Übung begründen soll. Eine vertragliche Bindung wird regelmäßig anzunehmen sein, wenn besondere Umstände ein schutzwürdiges Vertrauen der Arbeitnehmer begründen (vgl. BAG 13. Juni 2007 - 5 AZR 849/06 - Rn. 15, AP BGB § 242 Betriebliche Übung Nr. 78). Dabei kommt dem konkreten Verhalten des Arbeitgebers, insbesondere dessen Intensität und Regelmäßigkeit, entscheidendes Gewicht zu. Zwar hat der Senat bisher keine verbindliche Regel aufgestellt, ab welcher Anzahl von Leistungen der Arbeitnehmer darauf vertrauen darf, er werde die Leistung auch zukünftig erhalten. Allerdings ist für jährlich an die gesamte Belegschaft geleistete Gratifikationen die Regel aufgestellt worden, nach der eine zumindest dreimalige vorbehaltlose Gewährung zur Verbindlichkeit erstarkt, falls nicht besondere Umstände hiergegen sprechen oder der Arbeitgeber bei der Zahlung einen Bindungswillen für die Zukunft ausgeschlossen hat (vgl. BAG 21. Januar 2009 - 10 AZR 219/08 - Rn. 13, BAGE 129, 164).

13

b) Auch wenn es an einer betrieblichen Übung fehlt, weil beispielsweise der Arbeitgeber eine Zahlung nur an einen Arbeitnehmer vorgenommen hat und damit das kollektive Element fehlt, kann für diesen ein Anspruch entstanden sein. Dies ist der Fall, wenn der Arbeitnehmer aus einem tatsächlichen Verhalten des Arbeitgebers auf ein Angebot schließen konnte, das er gemäß § 151 BGB durch schlüssiges Verhalten angenommen hat(BAG 21. April 2010 - 10 AZR 163/09 - Rn. 11, 17, AP BGB § 151 Nr. 5).

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2. Der Anspruch auf ein 13. Monatsgehalt ist - abgesehen von der Frage des arbeitsvertraglichen Vorbehalts (dazu unter I 3) - Bestandteil der arbeitsvertraglichen Regelungen der Parteien geworden.

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a) Die seit mehr als 20 Jahren im November erfolgte Zahlung einer als 13. Monatsgehalt bezeichneten Zuwendung konnte der Kläger unter Berücksichtigung der konkreten Einzelfallumstände, wie der Häufigkeit der Leistung, der Art der kommentarlosen Auszahlung und der Höhe der Sonderzahlung (ein Monatsgehalt), sowie unter Beachtung von Treu und Glauben nur so auffassen, dass der Beklagte sich auch zur zukünftigen dauerhaften Leistung verpflichten wollte (vgl. zur Auslegung der Erklärungen insoweit: JbArbR Bd. 47 S. 93, 112). Da der Beklagte bei den Zahlungen weder einen ausdrücklichen Freiwilligkeitsvorbehalt erklärt noch auf den vertraglich formulierten Vorbehalt Bezug genommen hatte, musste der Kläger auch nicht annehmen, die Sonderzahlung erfolge lediglich für das konkrete Jahr und ohne Rechtsbindungswillen für die Zukunft. Er durfte vielmehr berechtigterweise auf eine fortdauernde Leistungsgewährung für die Folgejahre vertrauen (zu diesem Vertrauensaspekt: vgl. Annuß FS Picker S. 861, 865). Vom Bestehen eines entsprechenden Anspruchs ging offensichtlich auch der Beklagte aus; anders kann der Inhalt des Schreibens vom 28. November 2008 kaum gedeutet werden. Ein Angebot auf Vertragsänderung zur teilweisen Beseitigung oder Umgestaltung eines Anspruchs ist nur dann erforderlich, wenn ein solcher Anspruch besteht. Auch die Bezeichnung als „13. Gehalt“ spricht für einen Anspruch.

16

Dabei kann dahinstehen, ob der Anspruch aufgrund betrieblicher Übung entstanden ist - wovon das Landesarbeitsgericht ausgegangen ist, ohne allerdings entsprechende Feststellungen zu treffen - oder aufgrund konkludenten Verhaltens ausschließlich im Verhältnis der Parteien.

17

b) Dem Anspruch steht die arbeitsvertraglich vereinbarte Schriftformklausel nicht entgegen. Eine einfache Schriftformklausel, nach der Änderungen und Ergänzungen des Vertrags der Schriftform bedürfen, verhindert eine konkludente Vertragsänderung oder das Entstehen einer betrieblichen Übung nicht. Die Vertragsparteien können das für eine Vertragsänderung vereinbarte Schriftformerfordernis jederzeit schlüssig und formlos aufheben. Das ist sogar dann möglich, wenn die Vertragsparteien bei ihrer mündlichen Abrede an die Schriftform überhaupt nicht gedacht haben (BAG 20. Mai 2008 - 9 AZR 382/07 - Rn. 17, BAGE 126, 364 [betriebliche Übung]; vgl. 17. Juli 2007 - 9 AZR 819/06 - Rn. 25, AP ZPO § 50 Nr. 17 = EzA TzBfG § 8 Nr. 17 [konkludente Vertragsänderung]).

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3. Ebenso wenig steht dem Anspruch der Vorbehalt aus § 4 Abs. 3 des Arbeitsvertrags entgegen. Das Landesarbeitsgericht geht zu Recht davon aus, dass die vertragliche Formulierung das Entstehen eines zukünftigen Anspruchs auf Zahlung eines 13. Monatsgehalts nicht ausschließen konnte. Sie ist nicht geeignet, den Wert der späteren Erklärungen des Beklagten im Zusammenhang mit den mehrfach geleisteten Zahlungen hinreichend zu entwerten. Die Klausel ist wegen der Kombination von Freiwilligkeits- und Widerrufsvorbehalt intransparent und verstößt gegen § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB. Darüber hinaus benachteiligt ein derartig weit gefasster Freiwilligkeitsvorbehalt den Arbeitnehmer unangemessen iSv. § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 BGB.

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a) Bei der vom Beklagten in § 4 Abs. 3 des Arbeitsvertrags vorformulierten Vertragsbedingung handelt es sich um eine Allgemeine Geschäftsbedingung iSv. § 305 Abs. 1 BGB. Die Auslegung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen durch das Berufungsgericht unterliegt einer vollen revisionsrechtlichen Nachprüfung (BAG 8. Dezember 2010 - 10 AZR 671/09 - Rn. 15, EzA BGB 2002 § 307 Nr. 51). Allgemeine Vertragsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei nicht die Verständnismöglichkeiten des konkreten, sondern die des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind. Ansatzpunkt für die nicht am Willen der jeweiligen Vertragspartner zu orientierende Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der Vertragswortlaut. Ist dieser nicht eindeutig, kommt es für die Auslegung entscheidend darauf an, wie der Vertragstext aus Sicht der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise zu verstehen ist, wobei der Vertragswille verständiger und redlicher Vertragspartner beachtet werden muss. Soweit auch der mit dem Vertrag verfolgte Zweck einzubeziehen ist, kann das nur in Bezug auf typische und von redlichen Geschäftspartnern verfolgte Ziele gelten (BAG 8. Dezember 2010 - 10 AZR 671/09 - Rn. 15, aaO).

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b) Nach der Rechtsprechung des Senats kann ein Freiwilligkeitsvorbehalt das Entstehen eines Rechtsanspruchs auf eine künftige Sonderzahlung wirksam verhindern (BAG 8. Dezember 2010 - 10 AZR 671/09 - Rn. 16 mwN, EzA BGB 2002 § 307 Nr. 51). Der Arbeitgeber kann - außer bei laufendem Arbeitsentgelt (vgl. BAG 25. April 2007 - 5 AZR 627/06 - BAGE 122, 182) - einen Rechtsanspruch des Arbeitnehmers grundsätzlich ausschließen und sich eine Entscheidung vorbehalten, ob und in welcher Höhe er zukünftig Sonderzahlungen gewährt. Er bleibt grundsätzlich in seiner Entscheidung frei, ob und unter welchen Voraussetzungen er zum laufenden Arbeitsentgelt eine zusätzliche Leistung erbringen will. Gibt es einen klar und verständlich formulierten Freiwilligkeitsvorbehalt, der jeden Rechtsanspruch des Arbeitnehmers auf eine Sonderzahlung ausschließt, fehlt es an einer versprochenen Leistung iSd. § 308 Nr. 4 BGB. In diesen Fällen wird eine Verpflichtung des Arbeitgebers zur Leistung der Sonderzahlung unabhängig von dem mit der Sonderzuwendung verfolgten Zweck von vornherein nicht begründet. Allerdings muss ein solcher Freiwilligkeitsvorbehalt klar und verständlich iSd. § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB formuliert worden sein, um den Rechtsanspruch des Arbeitnehmers auf eine Sonderzahlung eindeutig auszuschließen(BAG 8. Dezember 2010 - 10 AZR 671/09 - Rn. 16, aaO). Er darf insbesondere nicht in Widerspruch zu anderen Vereinbarungen der Arbeitsvertragsparteien stehen (BAG 30. Juli 2008 - 10 AZR 606/07 - Rn. 39, BAGE 127, 185; vgl. 24. Oktober 2007 - 10 AZR 825/06 - Rn. 18, BAGE 124, 259; Preis NZA 2009, 281, 285).

21

c) Die im Streitfall formulierte Kombination von Freiwilligkeits- und Widerrufsvorbehalt verstößt gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB.

22

aa) Nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB kann sich eine unangemessene Benachteiligung auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist. Sinn des Transparenzgebots ist es, der Gefahr vorzubeugen, dass der Vertragspartner des Klauselverwenders von der Durchsetzung bestehender Rechte abgehalten wird. Ein Verstoß gegen das Transparenzgebot liegt deshalb nicht schon dann vor, wenn der Arbeitnehmer keine oder nur eine erschwerte Möglichkeit hat, die betreffende Regelung zu verstehen. Erst in der Gefahr, dass der Vertragspartner des Klauselverwenders wegen unklar abgefasster Allgemeiner Vertragsbedingungen seine Rechte nicht wahrnimmt, liegt eine unangemessene Benachteiligung iSv. § 307 Abs. 1 BGB(BAG 18. Mai 2011 - 10 AZR 206/10 - Rn. 29, ZTR 2011, 547; 10. Dezember 2008 - 10 AZR 1/08 - Rn. 15, AP BGB § 307 Nr. 40 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 40). Eine solche Situation ist bei der Kombination eines Freiwilligkeits- mit einem Widerrufsvorbehalt regelmäßig gegeben.

23

bb) § 4 Abs. 3 Satz 1 des Arbeitsvertrags formuliert, dass im(schriftlichen) Vertrag nicht vereinbarte Leistungen freiwillig sind. Eine solche Bestimmung ist im Zweifel nur als Hinweis zu verstehen, dass der Arbeitgeber Leistungen erbringt, ohne dazu durch andere Regelungen gezwungen zu sein (vgl. BAG 24. Oktober 2007 - 10 AZR 825/06 - Rn. 17, BAGE 124, 259; 1. März 2006 - 5 AZR 363/05 - Rn. 24 f., BAGE 117, 155). Allerdings enthält § 4 Abs. 3 Satz 2 des Arbeitsvertrags darüber hinaus den für sich genommen klaren Hinweis, dass auch bei einer mehrmaligen und regelmäßigen Zahlung der Arbeitnehmer keinen Rechtsanspruch für die Zukunft erwerben solle. Einen solchen Vorbehalt hat der Senat als ausreichend angesehen, um einen Anspruch auf eine zukünftige Leistung auszuschließen (vgl. BAG 18. März 2009 - 10 AZR 289/08 - EzA BGB 2002 § 307 Nr. 43 [Vorbehalt bei Zahlung]; 21. Januar 2009 - 10 AZR 219/08 - BAGE 129, 164 [Vorbehalt im Formulararbeitsvertrag]).

24

cc) Die Klausel in § 4 Abs. 3 des Arbeitsvertrags ist aber deshalb unklar und missverständlich, weil Satz 1 darüber hinaus eine Widerrufsmöglichkeit vorsieht. Der Beklagte hat eine freiwillige Leistung unter einen Widerrufsvorbehalt gestellt. Bei einem Freiwilligkeitsvorbehalt entsteht schon kein Anspruch auf die Leistung, bei einem Widerrufsvorbehalt hingegen hat der Arbeitnehmer einen Anspruch, der Arbeitgeber behält sich aber vor, die versprochene Leistung einseitig zu ändern (vgl. bspw. BAG 20. April 2011 - 5 AZR 191/10 - Rn. 10, EzA BGB 2002 § 308 Nr. 12; 12. Januar 2005 - 5 AZR 364/04 - zu B I 3 der Gründe, BAGE 113, 140).

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Dem Landesarbeitsgericht ist in der Annahme zu folgen, dass in einer solchen Kombination von Freiwilligkeits- und Widerrufsvorbehalt regelmäßig ein zur Unwirksamkeit der Klausel führender Verstoß gegen das Transparenzgebot liegt, sodass der Arbeitgeber sich auf den Freiwilligkeitsvorbehalt nicht berufen kann (noch offengelassen in BAG 8. Dezember 2010 - 10 AZR 671/09 - Rn. 20, EzA BGB 2002 § 307 Nr. 51). Der Begriff des Widerrufsvorbehalts hat eine bestimmte arbeitsrechtliche Bedeutung. Nutzt der Verwender Allgemeiner Geschäftsbedingungen einen solchen Begriff, so darf sein Vertragspartner diesem eine entsprechende Bedeutung zumessen. Im Widerrufsvorbehalt liegt damit nicht nur eine „Verstärkung“ des Freiwilligkeitsvorbehalts. Bei der Kombination von Freiwilligkeits- und Widerrufsvorbehalt wird vielmehr schon nach dem Vertragstext auch für den um Verständnis bemühten Vertragspartner nicht deutlich, ob nun jegliche zukünftige Bindung ausgeschlossen oder lediglich eine Möglichkeit eröffnet werden soll, sich später wieder von einer vertraglichen Bindung loszusagen. Erfolgen dann noch mehrfache Zahlungen einer bestimmten Leistung ohne weitere Vorbehalte, so ist erst recht nicht mehr erkennbar, ob ein Rechtsbindungswille für die Zukunft ausgeschlossen bleiben soll.

26

dd) Entgegen der Auffassung des Beklagten kann die Klausel nicht so geteilt werden, dass lediglich ein wirksamer Freiwilligkeitsvorbehalt aufrechterhalten bliebe.

27

Handelt es sich um eine teilbare Klausel, ist die Inhaltskontrolle jeweils für die verschiedenen, nur formal verbundenen Bestimmungen vorzunehmen (BAG 11. April 2006 - 9 AZR 610/05 - Rn. 32, BAGE 118, 36). Maßgeblich ist, ob die Klausel mehrere sachliche Regelungen enthält und der unzulässige Teil sprachlich eindeutig abtrennbar ist. Ist die verbleibende Regelung weiterhin verständlich, bleibt sie bestehen. Die Teilbarkeit einer Klausel ist durch Streichung des unwirksamen Teils zu ermitteln (vgl. BAG 6. Mai 2009 - 10 AZR 443/08 - Rn. 11, AP BGB § 307 Nr. 43 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 44).

28

Die Aufrechterhaltung eines zulässigen Teils der Klausel kommt hier grundsätzlich nicht in Betracht. Die Intransparenz der vertraglichen Regelung und damit ihre Unwirksamkeit nach § 307 Abs. 1 Satz 2 iVm. Satz 1 BGB folgt gerade aus der Kombination zweier Klauselteile, die jeweils für sich genommen ausreichend transparent sein mögen. Dies unterscheidet die Fallgestaltung von den Fällen, in denen ein abgrenzbarer Teil der Vertragsklausel unwirksam ist. Nur in solchen Fällen ist eine Streichung des unwirksamen Teils möglich, ohne gegen das Verbot der geltungserhaltenden Reduktion (§ 306 Abs. 2 BGB) zu verstoßen (vgl. dazu BAG 23. September 2010 - 8 AZR 897/08 - Rn. 37 f., AP BGB § 307 Nr. 48 = EzA BGB § 309 Nr. 6).

29

d) Darüber hinaus benachteiligt der in § 4 Abs. 3 des Arbeitsvertrags enthaltene Freiwilligkeitsvorbehalt, der alle zukünftigen Leistungen unabhängig von ihrer Art und ihrem Entstehungsgrund erfasst, den Kläger unangemessen iSv. § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 BGB und ist deshalb unwirksam.

30

aa) Der Senat ist bisher davon ausgegangen, dass nicht nur Freiwilligkeitsvorbehalte, die bei der jeweiligen Zahlung erklärt werden, sondern auch vertragliche Freiwilligkeitsvorbehalte dazu führen können, dass das spätere konkludente Verhalten des Arbeitgebers entgegen seinem gewöhnlichen Erklärungswert nicht als Angebot zur dauerhaften Leistungserbringung zu verstehen ist. Vertragliche Freiwilligkeitsvorbehalte wurden grundsätzlich als wirksam im Hinblick auf eine Inhaltskontrolle nach § 305 ff. BGB angesehen. In den entschiedenen Fällen ging es jeweils um Ansprüche auf Leistungen, die als „Weihnachtsgeld“ oder „Weihnachtsgratifikation“ bezeichnet waren, auch wenn die Vertragsklauseln teilweise auch andere Leistungen erfassten (zB BAG 8. Dezember 2010 - 10 AZR 671/09 - Rn. 16, EzA BGB 2002 § 307 Nr. 51; 20. Januar 2010 - 10 AZR 914/08 - Rn. 14, AP BGB § 305c Nr. 12 = EzA BGB 2002 § 305c Nr. 18; 21. Januar 2009 - 10 AZR 219/08 - Rn. 14 f., BAGE 129, 164 und - 10 AZR 221/08 - Rn. 14 f.; 10. Dezember 2008 - 10 AZR 1/08 - Rn. 12, AP BGB § 307 Nr. 40 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 40; 30. Juli 2008 - 10 AZR 606/07 - Rn. 39, BAGE 127, 185).

31

bb) Der Senat hat bereits Bedenken, ob ein solcher vertraglicher Vorbehalt dauerhaft den Erklärungswert einer ohne jeden Vorbehalt und ohne den Hinweis auf die vertragliche Regelung erfolgten Zahlung so erschüttern kann, dass der Arbeitnehmer das spätere konkludente Verhalten des Arbeitgebers entgegen seinem gewöhnlichen Erklärungswert nicht als Angebot zur dauerhaften Leistungserbringung verstehen kann (kritisch auch Däubler/Bonin/Deinert/ Bonin 3. Aufl. § 307 BGB Rn. 200 ff.; ErfK/Preis 11. Aufl. §§ 305 - 310 BGB Rn. 68; Kittner/Zwanziger/Deinert 6. Aufl. § 11 Rn. 135a, 224; aA bei Gratifikationen DFL/Löwisch 4. Aufl. § 308 BGB Rn. 4; Henssler/Moll AGB-Kontrolle vorformulierter Arbeitsbedingungen S. 35; HWK/Thüsing 4. Aufl. § 611 BGB Rn. 508 ff.; MüArbR/Krause 3. Aufl. § 56 Rn. 7; Schaub/Linck ArbR-Hdb. 14. Aufl. § 35 Rn. 67). Die vorliegende Fallgestaltung mit einer mehr als 20 Jahre lang erfolgten vorbehaltlosen Zahlung einer zusätzlichen Vergütung lässt eine entsprechende Annahme als zweifelhaft erscheinen.

32

cc) Unabhängig hiervon muss diese Rechtsprechung in den Fällen eingeschränkt werden, in denen ein vertraglicher Freiwilligkeitsvorbehalt alle zukünftigen Leistungen unabhängig von ihrer Art und ihrem Entstehungsgrund erfassen soll. Ein solcher Freiwilligkeitsvorbehalt bezieht unzulässigerweise laufende Leistungen ein und verstößt sowohl gegen den in § 305b BGB bestimmten Vorrang der Individualabrede als auch gegen den allgemeinen Rechtsgrundsatz, dass vertragliche Regelungen einzuhalten sind.

33

(1) Nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB sind Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, wenn sie den Vertragspartner entgegen Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine formularmäßige Vertragsbestimmung ist unangemessen, wenn der Verwender durch einseitige Vertragsgestaltung missbräuchlich eigene Interessen auf Kosten seines Vertragspartners durchzusetzen versucht, ohne von vornherein auch dessen Belange hinreichend zu berücksichtigen und ihm einen angemessenen Ausgleich zu gewähren. Die Feststellung einer unangemessenen Benachteiligung setzt eine wechselseitige Berücksichtigung und Bewertung rechtlich anzuerkennender Interessen der Vertragspartner voraus. Bei diesem Vorgang sind auch grundrechtlich geschützte Rechtspositionen zu beachten. Zur Beurteilung der Unangemessenheit ist ein genereller, typisierender, vom Einzelfall losgelöster Maßstab anzulegen. Im Rahmen der Inhaltskontrolle sind dabei Art und Gegenstand, besonderer Zweck und besondere Eigenart des jeweiligen Geschäfts zu berücksichtigen. Zu prüfen ist, ob der Klauselinhalt bei der in Rede stehenden Art des Rechtsgeschäfts generell unter Berücksichtigung der typischen Interessen der beteiligten Verkehrskreise eine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners ergibt. Die im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten sind gemäß § 310 Abs. 4 Satz 2 angemessen zu berücksichtigen(BAG 13. März 2007 - 9 AZR 433/06 - Rn. 39 f., AP BGB § 307 Nr. 26; vgl. 11. April 2006 - 9 AZR 557/05 - Rn. 33, BAGE 118, 22). Nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB ist eine unangemessene Benachteiligung im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist.

34

(2) Der Vorbehalt in § 4 Abs. 3 des Arbeitsvertrags lässt eine Auslegung zu, wonach er alle zukünftigen, im Vertrag nicht unmittelbar vereinbarten Leistungen unabhängig von ihrer Art und ihrem Entstehungsgrund erfassen soll.

35

Der Vorbehalt bezieht sich nach seinem Wortlaut auf alle im schriftlichen Arbeitsvertrag vom 1. August 1982 nicht vereinbarten Leistungen. Es wird nicht danach unterschieden, ob es sich um laufende Leistungen oder einmalige Sonderzahlungen handeln soll; eine Konkretisierung auf bestimmte Leistungen oder zumindest auf eine bestimmte Art von Leistungen ist nicht enthalten. Ebenso wenig wird auf den Entstehungsgrund der Leistung abgestellt. Der Wortlaut erfasst sowohl Fälle der betrieblichen Übung als auch konkludente, zB auf einer Gesamtzusage beruhende Vereinbarungen und sogar ausdrückliche vertragliche Einzelabreden. Entgegen der Auffassung des Beklagten lässt sich der vertragliche Freiwilligkeitsvorbehalt nicht dahingehend auslegen, dass damit allein das Entstehen einer betrieblichen Übung hinsichtlich bestimmter Sonderzahlungen ausgeschlossen werden sollte. Aus dem Wortlaut der Regelung ist eine solche Beschränkung nicht zu entnehmen. Auch aus den übrigen vertraglichen Regelungen lässt sich aus Sicht der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise eine Beschränkung auf die Verhinderung einer betrieblichen Übung nicht erkennen. Zwar ist eine solche Auslegung möglich; ebenso nahe liegend erscheint aber eine dem Wortlaut entsprechende weiter gefasste Auslegung. Bleibt nach Ausschöpfung der Auslegungsmethoden ein nicht behebbarer Zweifel, geht dies gemäß § 305c Abs. 2 BGB zulasten des Verwenders. Der die Allgemeinen Geschäftsbedingungen verwendende Arbeitgeber muss bei Unklarheiten die ihm ungünstigste Auslegungsmöglichkeit gegen sich gelten lassen (BAG 25. August 2010 - 10 AZR 275/09 - Rn. 20, AP GewO § 106 Nr. 11 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 49; 12. Dezember 2006 - 3 AZR 388/05 - Rn. 30, AP BetrAVG § 1 Zusatzversorgungskassen Nr. 67 = EzA BetrAVG § 1 Zusatzversorgung Nr. 18; auch st. Rspr. des BGH, vgl. zB 14. Juli 2010 - VIII ZR 246/08 - Rn. 41, BGHZ 186, 180; 9. Juni 2010 - VIII ZR 294/09 - Rn. 16, NJW 2010, 2877).

36

(3) Der Ausschluss jeden Rechtsanspruchs für außerhalb der früheren vertraglichen Vereinbarungen gezahltes laufendes Arbeitsentgelt benachteiligt den Arbeitnehmer entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen und ist gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam.

37

Der Ausschluss jeden Rechtsanspruchs bei laufendem Arbeitsentgelt widerspricht dem Zweck des Arbeitsvertrags. Dem Arbeitgeber soll damit ermöglicht werden, vom Arbeitnehmer die vollständige Erbringung der geschuldeten Leistung zu verlangen und seinerseits über die von ihm geschuldete Gegenleistung zu disponieren. Damit verhindert der Ausschluss des Rechtsanspruchs die Verwirklichung des Prinzips der Vertragsbindung und löst die synallagmatische Verknüpfung der Leistungen beider Vertragsparteien. Die Möglichkeit, eine nach Zeitabschnitten bemessene Vergütung grundlos und noch dazu ohne jegliche Erklärung einzustellen, beeinträchtigt die Interessen des Arbeitnehmers grundlegend. Dies gilt auch dann, wenn es sich bei den unter einem Vorbehalt stehenden Leistungen nicht um die eigentliche Grundvergütung, sondern um eine zusätzliche Abgeltung der Arbeitsleistung in Form einer Zulage oder sonstiger laufender Leistungen handelt (BAG 25. April 2007 - 5 AZR 627/06 - Rn. 20, BAGE 122, 182; Schaub/Linck § 35 Rn. 70 f.).

38

(4) Eine unangemessene Benachteiligung des Arbeitnehmers liegt auch darin, dass der vertragliche Vorbehalt spätere Individualabreden iSv. § 305b BGB erfasst.

39

Nach § 305b BGB haben individuelle Vertragsabreden Vorrang vor Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Individualabreden können grundsätzlich alle Abreden zwischen den Vertragsparteien außerhalb der einseitig vom Verwender vorgegebenen Geschäftsbedingungen sein. Sie können sowohl ausdrücklich als auch konkludent getroffen werden (vgl. zu § 4 AGBG: BGH 6. März 1986 - III ZR 234/84 - zu II 2 a der Gründe, NJW 1986, 1807). Auch nachträglich getroffene Individualabreden haben Vorrang vor kollidierenden Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Es kommt nicht darauf an, ob die Parteien eine Änderung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen beabsichtigt haben oder sich der Kollision mit den Allgemeinen Geschäftsbedingungen bewusst geworden sind (BGH 21. September 2005 - XII ZR 312/02 - zu 2 a der Gründe, BGHZ 164, 133). Mit diesem Vorrang der Individualabrede ist ein Freiwilligkeitsvorbehalt nicht zu vereinbaren, der so ausgelegt werden kann, dass er Rechtsansprüche aus späteren Individualabreden ausschließt (vgl. auch zur doppelten Schriftformklausel: BAG 20. Mai 2008 - 9 AZR 382/07 - Rn. 39, BAGE 126, 364).

40

(5) Darüber hinaus weicht eine solche Regelung von dem allgemeinen Grundsatz „pacta sunt servanda“ (Verträge sind einzuhalten) ab (§ 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB). Jeder Vertrag und die sich aus ihm ergebenden Verpflichtungen sind für jede Seite bindend (BAG 7. Dezember 2005 - 5 AZR 535/04 - Rn. 34, BAGE 116, 267; 12. Januar 2005 - 5 AZR 364/04 - zu B I 4 a der Gründe, BAGE 113, 140). Dies gilt auch für nach Abschluss des ursprünglichen Vertrags im laufenden Arbeitsverhältnis eingegangene Verpflichtungen. Von diesen kann nicht unter Hinweis auf einen vertraglichen Freiwilligkeitsvorbehalt wieder Abstand genommen werden.

41

(6) Es gibt auch keine objektiv feststellbaren Besonderheiten des Arbeitsrechts iSv. § 310 Abs. 4 Satz 2 BGB(vgl. dazu zB BAG 22. Juli 2010 - 6 AZR 847/07 - Rn. 22, AP BGB § 611 Kirchendienst Nr. 55 = EzA BGB 2002 § 611 Kirchliche Arbeitnehmer Nr. 15; 13. April 2010 - 9 AZR 113/09 - Rn. 29, AP BGB § 308 Nr. 8 = EzA BGB 2002 § 308 Nr. 11), die eine abweichende Beurteilung rechtfertigen würden. Dies gilt insbesondere, weil es dem Arbeitgeber unschwer möglich ist, bei der Erbringung der jeweiligen Leistung kontrollfrei zu bestimmen, ob es sich um eine einmalige Leistung handeln soll, und ggf. einen entsprechenden Vorbehalt zu erklären (vgl. Preis/Preis Der Arbeitsvertrag 4. Aufl. II V 70 Rn. 44, 71; Reinhard NJW 2011, 2317).

42

4. Der Zinsanspruch ergibt sich aus § 288 Abs. 1, § 286 Abs. 1 BGB.

43

II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Mikosch    

        

    W. Reinfelder    

        

    Mestwerdt    

        

        

        

    Thiel    

        

    A. Effenberger    

                 

(1) Die Erhebung der Klage erfolgt durch Zustellung eines Schriftsatzes (Klageschrift).

(2) Die Klageschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung der Parteien und des Gerichts;
2.
die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruchs, sowie einen bestimmten Antrag.

(3) Die Klageschrift soll ferner enthalten:

1.
die Angabe, ob der Klageerhebung der Versuch einer Mediation oder eines anderen Verfahrens der außergerichtlichen Konfliktbeilegung vorausgegangen ist, sowie eine Äußerung dazu, ob einem solchen Verfahren Gründe entgegenstehen;
2.
die Angabe des Wertes des Streitgegenstandes, wenn hiervon die Zuständigkeit des Gerichts abhängt und der Streitgegenstand nicht in einer bestimmten Geldsumme besteht;
3.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(4) Außerdem sind die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze auch auf die Klageschrift anzuwenden.

(5) Die Klageschrift sowie sonstige Anträge und Erklärungen einer Partei, die zugestellt werden sollen, sind bei dem Gericht schriftlich unter Beifügung der für ihre Zustellung oder Mitteilung erforderlichen Zahl von Abschriften einzureichen. Einer Beifügung von Abschriften bedarf es nicht, soweit die Klageschrift elektronisch eingereicht wird.

(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis oder die Echtheit oder Unechtheit der Urkunde durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde.

(2) Bis zum Schluss derjenigen mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, kann der Kläger durch Erweiterung des Klageantrags, der Beklagte durch Erhebung einer Widerklage beantragen, dass ein im Laufe des Prozesses streitig gewordenes Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil abhängt, durch richterliche Entscheidung festgestellt werde.

(1) Die Parteien haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben.

(2) Jede Partei hat sich über die von dem Gegner behaupteten Tatsachen zu erklären.

(3) Tatsachen, die nicht ausdrücklich bestritten werden, sind als zugestanden anzusehen, wenn nicht die Absicht, sie bestreiten zu wollen, aus den übrigen Erklärungen der Partei hervorgeht.

(4) Eine Erklärung mit Nichtwissen ist nur über Tatsachen zulässig, die weder eigene Handlungen der Partei noch Gegenstand ihrer eigenen Wahrnehmung gewesen sind.

Erkennt eine Partei den gegen sie geltend gemachten Anspruch ganz oder zum Teil an, so ist sie dem Anerkenntnis gemäß zu verurteilen. Einer mündlichen Verhandlung bedarf es insoweit nicht.

(1) Die Erhebung der Klage erfolgt durch Zustellung eines Schriftsatzes (Klageschrift).

(2) Die Klageschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung der Parteien und des Gerichts;
2.
die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruchs, sowie einen bestimmten Antrag.

(3) Die Klageschrift soll ferner enthalten:

1.
die Angabe, ob der Klageerhebung der Versuch einer Mediation oder eines anderen Verfahrens der außergerichtlichen Konfliktbeilegung vorausgegangen ist, sowie eine Äußerung dazu, ob einem solchen Verfahren Gründe entgegenstehen;
2.
die Angabe des Wertes des Streitgegenstandes, wenn hiervon die Zuständigkeit des Gerichts abhängt und der Streitgegenstand nicht in einer bestimmten Geldsumme besteht;
3.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(4) Außerdem sind die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze auch auf die Klageschrift anzuwenden.

(5) Die Klageschrift sowie sonstige Anträge und Erklärungen einer Partei, die zugestellt werden sollen, sind bei dem Gericht schriftlich unter Beifügung der für ihre Zustellung oder Mitteilung erforderlichen Zahl von Abschriften einzureichen. Einer Beifügung von Abschriften bedarf es nicht, soweit die Klageschrift elektronisch eingereicht wird.

(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis oder die Echtheit oder Unechtheit der Urkunde durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde.

(2) Bis zum Schluss derjenigen mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, kann der Kläger durch Erweiterung des Klageantrags, der Beklagte durch Erhebung einer Widerklage beantragen, dass ein im Laufe des Prozesses streitig gewordenes Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil abhängt, durch richterliche Entscheidung festgestellt werde.

Tenor

1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein vom 13. Mai 2009 - 6 Sa 390/08 - wird hinsichtlich des Antrags zu 3) einschließlich der beiden Hilfsanträge mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Antrag zu 3) auch hinsichtlich des zweiten, höchst hilfsweise gestellten Antrags als unzulässig abgewiesen wird.

2. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein vom 13. Mai 2009 - 6 Sa 390/08 - im Übrigen aufgehoben.

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Lübeck vom 11. September 2008 - 2 Ca 1332/08 - wird insoweit zurückgewiesen, als das Arbeitsgericht dem Antrag zu 1) stattgegeben hat und der Tenor zu 1 zur Klarstellung wie folgt neu gefasst:

Es wird festgestellt, dass auf das Arbeitsverhältnis der Parteien der Manteltarifvertrag bei der Deutschen Telekom AG (MTV Telekom), der Entgeltrahmentarifvertrag bei der Deutschen Telekom AG (ERTV Telekom), der Entgelttarifvertrag bei der Deutschen Telekom AG (ETV Telekom), der Tarifvertrag über Sonderregelungen bei der Deutschen Telekom AG (TV SR) und der Tarifvertrag über eine pauschalierte Außendienstentschädigung bei der Deutschen Telekom AG (TV Außendienst) jeweils in der am 24. Juni 2007 geltenden Fassung Anwendung finden.

3. Hinsichtlich des Antrags zu 2) wird der Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht - auch über die Kosten der Revision - zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten darüber, welche tariflichen Regelungen aufgrund arbeitsvertraglicher Bezugnahme auf das zwischen ihnen bestehende Arbeitsverhältnis anzuwenden sind. Der Kläger begehrt darüber hinaus auf der Grundlage des nach seiner Auffassung anwendbaren Tarifrechts eine Zeitgutschrift auf einem Arbeitszeitkonto. Schließlich ist zwischen den Parteien umstritten, ob ein Unterrichtungsschreiben der Beklagten im Rahmen eines Betriebsübergangs den gesetzlichen Anforderungen entspricht und der Kläger noch zur Ausübung eines Widerspruchsrechts berechtigt ist.

2

Der nicht tarifgebundene Kläger ist seit dem 29. Juli 1977, zuletzt als Fernmeldehandwerker/Betriebstechniker bei der Beklagten und ihrer Rechtsvorgängerinnen beschäftigt. In dem schriftlichen Arbeitsvertrag vom 29. Juli 1977, der seinerzeit mit der Deutschen Bundespost geschlossen wurde, ist ua. bestimmt:

        

„Die Bestimmungen des Tarifvertrages für die Arbeiter der Deutschen Bundespost gelten in ihrer jeweiligen Fassung als unmittelbar zwischen den Vertragsparteien vereinbart.“

3

Bereits im Jahr 1990 entstanden im Zuge der sog. Postreform I aus der Deutschen Bundespost die einzelnen Geschäftsbereiche - sog. öffentliche Unternehmen - Postdienst, Postbank und Fernmeldedienst, die nach wie vor (Teil-)Sondervermögen des Bundes bildeten. Der Kläger verblieb im Geschäftsbereich Deutsche Bundespost - Fernmeldedienst (ab 1992 Deutsche Bundespost - Telekom). Die Geschäftsbereiche wurden bei der sog. Postreform II durch das Gesetz zur Umwandlung der Unternehmen der Deutschen Bundespost in die Rechtsform der Aktiengesellschaft (vom 14. September 1994, BGBl. I S. 2325, 2339 - Postumwandlungsgesetz - PostUmwG) privatisiert. Aus dem Geschäftsbereich, in dem der Kläger tätig gewesen war, entstand nach § 1 Abs. 2 dritter Spiegelstrich PostUmwG die Deutsche Telekom AG(nachfolgend DT AG). Das Arbeitsverhältnis des Klägers wurde zum 1. Januar 1995 gemäß § 21 Abs. 1 dritter Spiegelstrich des Gesetzes zum Personalrecht der Beschäftigten der früheren Deutschen Bundespost(vom 14. September 1994, BGBl. I S. 2325, 2353 - Postpersonalrechtsgesetz - PostPersRG) auf die DT AG übergeleitet.

4

Die DT AG vereinbarte in der Folgezeit mit der Deutschen Postgewerkschaft (DPG) Tarifverträge, die ua. die zuvor zwischen der Deutschen Bundespost und der DPG geschlossenen „Tarifverträge für die Arbeiter der Deutschen Bundespost“ (nachfolgend TV Arb) für den Bereich der DT AG abänderten. Eine weitgehende Ablösung der vormals mit der Deutschen Bundespost geschlossenen und auch noch nachfolgend geänderten Tarifverträge erfolgte anlässlich der Einführung des „Neuen Bewertungs- und Bezahlungssystems - NBBS“ zum 1. Juli 2001 in einem gesonderten Übergangstarifvertrag, dem Tarifvertrag zur Umstellung auf das NBBS.

5

Im Jahre 2007 gründete die DT AG drei Telekom Service Gesellschaften, darunter die Beklagte. Das Arbeitsverhältnis des Klägers ging infolge Betriebsübergangs mit dem 25. Juni 2007 auf diese über. Bis zu diesem Zeitpunkt wurden auf das Arbeitsverhältnis des Klägers mit seinem Einverständnis stets die jeweiligen für ihn einschlägigen Tarifverträge der Deutschen Bundespost und später die der DT AG angewendet. Der Kläger widersprach dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses nicht. Die Beklagte schloss ebenfalls am 25. Juni 2007 mit der Gewerkschaft ver.di Haustarifverträge ab, darunter den Manteltarifvertrag (MTV DTNP) und den Entgeltrahmentarifvertrag (ERTV DTNP), die von den Tarifverträgen der DT AG ua. bei der Arbeitszeit und beim Entgelt abweichen. Mit Schreiben vom 12. Januar 2008 hat der Kläger Ansprüche nach den vormals bei der Deutschen Telekom AG bestehenden Tarifverträgen geltend gemacht.

6

Mit seiner Klage begehrt der Kläger ua. die Feststellung, dass die vormaligen bei der DT AG bestehenden Tarifverträge Anwendung finden, die Gutschrift von geleisteten Arbeitsstunden auf sein Arbeitszeitkonto und die Feststellung, dass die Frist für die Ausübung eines Widerspruchs nach § 613a Abs. 6 Satz 1 BGB noch nicht in Gang gesetzt wurde. Er ist der Auffassung, sein Antrag auf Feststellung des maßgebenden Tarifvertrages sei zulässig und begründet. Die bisherigen Tarifverträge fänden auf das Arbeitsverhältnis nach wie vor Anwendung. Die DT AG sei im Wege der partiellen Gesamtrechtsnachfolge in die Tarifverträge der Deutschen Bundespost eingetreten und habe diese zunächst fortgeführt und dann durch die von ihr geschlossenen Nachfolgetarifverträge abgelöst. Anders sei dies beim Betriebsübergang im Juni 2007 gewesen, der im Wege des § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB erfolgt sei. Eine Tarifsukzession habe in Bezug auf die Beklagte nicht vorgelegen. Die Differenz zwischen den nach § 11 MTV DT AG und den nach § 11 Abs. 1 MTV DTNP mehr zu leistenden Arbeitsstunden betrage vier Stunden in der Woche, weshalb der Kläger für die Zeit bis zum 30. April 2009 näher berechnete 322,4 Stunden als Zeitgutschrift auf seinem Arbeitszeitkonto beanspruchen könne. Weiterhin sei das Unterrichtungsschreiben der Beklagten zum Betriebsübergang fehlerhaft, weil sie unzutreffend über die anwendbaren Tarifverträge unterrichtet habe. Dies könne auch im Wege der Feststellungsklage, die rechtsgestaltend wirke, festgestellt werden. Auch sei der Feststellungsantrag zu 1) eine Vorfrage iSd. § 256 Abs. 2 ZPO zu dem Antrag zu 3).

7

Der Kläger hat zuletzt beantragt:

        

1.    

Es wird festgestellt, dass auf das Arbeitsverhältnis der Parteien die Tarifverträge der Deutschen Telekom AG, nämlich der Manteltarifvertrag bei der Deutschen Telekom AG (MTV Telekom), der Entgeltrahmentarifvertrag bei der Deutschen Telekom AG (ERTV Telekom), der Entgelttarifvertrag bei der Deutschen Telekom AG (ETV Telekom), der Tarifvertrag über Sonderregelungen bei der Deutschen Telekom AG (TV SR) und der Tarifvertrag über eine pauschalierte Außendienstentschädigung bei der Deutschen Telekom AG (TV Außendienst) in der am 25. Juni 2007 geltenden Fassung Anwendung finden.

        

2.    

Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger für den Zeitraum vom 25. Juni 2007 bis zum 30. April 2009 insgesamt 322,4 Arbeitsstunden auf dem bei ihr geführten Arbeitszeitkonto des Klägers gutzuschreiben.

        

3.    

Es wird festgestellt, dass die Frist zur Erklärung des Widerspruchs gem. § 613a Abs. 6 Satz 1 BGB gegen den Übergang des Arbeitsverhältnisses des Klägers von der Deutschen Telekom AG auf die Beklagte vom 25. Juni 2007 durch das Unterrichtungsschreiben der Beklagten vom 17. Juli 2007 nicht ausgelöst worden ist,

                 

hilfsweise

                 

es wird festgestellt, dass die Beklagte ihre gegenüber dem Kläger gem. § 613a Abs. 5 BGB bestehende Verpflichtung zur ordnungsgemäßen, insbesondere zutreffenden und vollständigen Unterrichtung über die rechtlichen Folgen des Betriebsübergangs vom 25. Juni 2007 nicht erfüllt hat,

                 

höchst hilfsweise

                 

es wird festgestellt, dass der Kläger berechtigt ist, gem. § 613a Abs. 6 Satz 1 BGB dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses von der Deutschen Telekom AG auf die Beklagte aus Anlass des Betriebsübergangs vom 25. Juni 2007 wirksam zu widersprechen.

8

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

9

Der Feststellungsantrag zu 1) sei wegen des Vorrangs der Leistungsklage und weil nicht geklärt werde, welche Regelungskomplexe aus welchen Tarifverträgen für das Arbeitsverhältnis maßgebend seien, unzulässig. Jedenfalls sei der Antrag unbegründet. Mit dem Betriebsübergang seien die für die DT AG geltenden Tarifbestimmungen durch die von der Beklagten geschlossenen Haustarifverträge abgelöst worden, die als solche auch von der Bezugnahmeklausel erfasst worden seien. Die arbeitsvertragliche Verweisung sei zwar zunächst als eine sog. kleine dynamische Bezugnahmeklausel vereinbart worden. Trotz des Wortlauts seien auch die neben dem Tarifvertrag für die Arbeiter der Deutschen Bundespost geltenden Tarifverträge sowie die Ergänzungstarifverträge zum TV Arb angewendet worden. Es sei stets das Ziel der Arbeitsvertragsparteien gewesen, die jeweils einschlägigen Tarifverträge anzuwenden. Durch die Postreform II sei das Bezugnahmeobjekt der Vertragsklausel entfallen, weshalb eine ergänzende Auslegung erforderlich sei. Bei Vertragsschluss sei es schlicht undenkbar gewesen, dass andere Tarifverträge als der TV Arb Geltung erhalten könnten. Nach der Aufgliederung der Deutschen Bundespost in eigenständige privatrechtliche Unternehmen sei der TV Arb durch für die jeweilige Nachfolgegesellschaft geltende Firmentarifverträge ersetzt worden. Dabei habe mit der Gewerkschaft ver.di stets diejenige Gewerkschaft gehandelt, die - früher noch als DPG - den TV Arb und die Nachfolgetarifverträge geschlossen hätte. Dadurch sei eine Kontinuität und eine sinnvolle auf die Unternehmen des Konzerns abgestimmte Regelung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen sichergestellt. Es handele sich um eine unternehmensübergreifende und konzernbezogene Tarifeinigung mit Ablösungswillen. Diese Tarifsukzession setze sich mit der Aufgliederung in immer kleinere Konzerngesellschaften fort. Der im Arbeitsvertrag genannte TV Arb sei einem Branchentarifvertrag vergleichbar, für den es nunmehr ergänzende Haustarifverträge gäbe. Die Bezugnahmeklausel sei nicht als Tarifwechselklausel auszulegen, sondern insoweit über ihren Wortlaut hinaus als Klausel, die lediglich die im Konzern der DT AG geschlossenen Haustarifverträge zur Anwendung bringen solle. Es sei Sinn und Zweck der Gleichstellungsabrede, gleiche Arbeitsbedingungen in dem jeweiligen Konzernunternehmen der DT AG sicherzustellen. Dieses Ergebnis folge auch aus einer entsprechenden Anwendung von § 613a Abs. 1 Satz 3 BGB. Es verletze die negative Koalitionsfreiheit des Klägers, wenn dieser unter statischer Fortgeltung der Tarifregelungen der DT AG an den Tarifänderungen bei der Beklagten nicht teilnehme. Die Feststellungsanträge zu 3) seien unzulässig, weil der Kläger lediglich rechtsgutachterlich eine Vorfrage geklärt wissen wolle.

10

Das Arbeitsgericht hat der Klage hinsichtlich der Anträge zu 1) und 2) stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen und auf die Berufung der Beklagten die Klage auch im Übrigen abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Begehren insgesamt und mit der Maßgabe weiter, dass die im Antrag zu 1) genannten Tarifverträge mit dem Regelungsbestand vom 24. Juni 2007 Anwendung finden sollen. Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

11

Die zulässige Revision ist überwiegend begründet. Das Landesarbeitsgericht hat den Feststellungsantrag zu 1) zu Unrecht abgewiesen. Ob der Leistungsantrag zu 2) begründet ist, kann der Senat nicht abschließend entscheiden. Der Antrag zu 3) ist einschließlich der gestellten Hilfsanträge unzulässig.

12

I. Der Feststellungsantrag zu 1) ist zulässig und begründet.

13

1. Der Antrag ist zulässig.

14

a) Der Feststellungsantrag bedarf der Auslegung. Er ist, obwohl er nach seinem Wortlaut nur gegenwartsbezogen formuliert ist, dahingehend zu verstehen, dass der Kläger die Anwendbarkeit der im Antrag genannten Tarifverträge ab dem 25. Juni 2007 festgestellt wissen will. Das ergibt sich nach dem Vorbringen des Klägers ua. aus seinem Klageantrag zu 2), mit dem er die Gutschrift von Arbeitsstunden ab dem 25. Juni 2007 auf Grundlage der mit der DT AG geschlossenen Tarifverträge verlangt. Dieses Verständnis seines Antrages hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat bestätigt. Darüber hinaus hat der Kläger klargestellt, dass er (lediglich) die Anwendung der fünf von ihm namentlich im Antrag genannten Tarifverträge festgestellt wissen will.

15

b) Der derart klargestellte Antrag ist entgegen der Auffassung der Beklagten zulässig.

16

Eine Feststellungsklage kann sich auf einzelne Beziehungen oder Folgen aus einem Rechtsverhältnis, auf bestimmte Ansprüche oder Verpflichtungen oder auf den Umfang einer Leistungspflicht beschränken - sog. Elementenfeststellungsklage -. Auch die Anwendbarkeit eines bestimmten Tarifvertrages oder Tarifwerks auf ein Arbeitsverhältnis kann Gegenstand einer Feststellungsklage sein (st. Rspr., s. nur BAG 22. Oktober 2008 - 4 AZR 784/07 - Rn. 11 mwN, BAGE 128, 165). Mit dem in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat klargestellten Begehren kann der Streit der Parteien über Grund und Umfang insbesondere der zukünftigen Pflichten, die sich aus der Bezugnahmeklausel in seinem Arbeitsvertrag vom 29. Juli 1977 ergeben, geklärt werden. Dass die Beklagte einer gerichtlichen Feststellung nicht Folge leisten will, trägt sie selbst nicht vor. Für ein solches zukünftiges Verhalten fehlt es auch an Anhaltspunkten. Aufgrund der Befriedungsfunktion eines Feststellungsurteils ist der Kläger entgegen dem Vorbringen der Beklagten auch nicht gehalten, eine Leistungsklage zu erheben (BAG 5. November 2003 - 4 AZR 632/02 - zu I 2 a der Gründe, BAGE 108, 224; 9. Mai 2007 - 4 AZR 319/06 - Rn. 15, AP BGB § 305c Nr. 8 = EzA BGB 2002 § 305c Nr. 12). Der Kläger musste auch nicht diejenigen Regelungen in den Tarifverträgen der DT AG benennen, die aufgrund des in § 4 Abs. 3 TVG verankerten Günstigkeitsprinzips vorrangig zu den Bestimmungen in den Haustarifverträgen der Beklagten zur Anwendung kommen. Die von der Beklagten geschlossenen Tarifverträge gelten nicht nach § 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 TVG für das Arbeitsverhältnis des tarifungebundenen Klägers. Sind sie von der Bezugnahmeklausel nicht erfasst, bedarf es schon deshalb nicht der von der Beklagten geforderten Antragskonkretisierung.

17

2. Der Feststellungsantrag zu 1) ist begründet. Die Tarifverträge der DT AG sind kraft arbeitsvertraglicher Bezugnahme auf das Arbeitsverhältnis der Parteien mit dem tariflichen Regelungsbestand vom 24. Juni 2007, dem Tag vor dem Betriebsübergang auf die Beklagte, anzuwenden. Das ergibt eine ergänzende Auslegung der vereinbarten Bezugnahmeklausel, bei der es sich um eine sog. Gleichstellungsabrede iSd. früheren Senatsrechtsprechung handelt. Diese erfasst nach dem Betriebsübergang auf die Beklagte allerdings nicht die von ihr geschlossenen Haustarifverträge, weil sie auch im Wege einer ergänzenden Vertragsauslegung weder als Tarifwechselklausel noch als eine Bezugnahmeklausel verstanden werden kann, die jedenfalls auf die im Konzern der DT AG für die einzelnen Konzernunternehmen jeweils einschlägigen Tarifverträge verweist.

18

a) Die Parteien stimmen zu Recht darin überein, dass es sich bei der Bezugnahmeregelung in dem 1977 geschlossenen Arbeitsvertrag um eine sog. Gleichstellungsabrede iSd. früheren Senatsrechtsprechung handelt.

19

aa) Nach dieser Rechtsprechung waren bei Tarifgebundenheit des Arbeitgebers - anders als bei nicht tarifgebundenen Arbeitgebern - Verweisungsklauseln wie diejenige in dem Arbeitsvertrag der Parteien in aller Regel als sog. Gleichstellungsabreden auszulegen. Dies beruhte auf der Vorstellung, dass mit einer solchen von einem tarifgebundenen Arbeitgeber gestellten Vertragsklausel lediglich die möglicherweise fehlende Gebundenheit des Arbeitnehmers an die im Arbeitsvertrag genannten Tarifverträge ersetzt werden soll, um jedenfalls zu einer vertraglichen Anwendung des einschlägigen Tarifvertrages zu kommen und damit - bei deren genereller Verwendung - zu dessen Geltung für alle Beschäftigten (vgl. nur BAG 21. August 2002 - 4 AZR 263/01 - zu I 2 b der Gründe, BAGE 102, 275; 25. September 2002 - 4 AZR 294/01 - zu II 2 f bb der Gründe, BAGE 103, 9; 1. Dezember 2004 - 4 AZR 50/04 - zu I 2 a der Gründe, BAGE 113, 40 ). Diese Auslegungsregel hält der Senat nicht mehr aufrecht. Er wendet sie aus Gründen des Vertrauensschutzes aber weiterhin auf die Verweisungsklauseln in Arbeitsverträgen an, die vor dem Inkrafttreten der Schuldrechtsreform zum 1. Januar 2002 abgeschlossen worden sind ( st. Rspr., vgl. nur BAG 18. November 2009 - 4 AZR 514/08 - Rn. 18 und 22 jeweils mwN, BAGE 132, 261; 26. August 2009 - 4 AZR 285/08 - Rn. 49, BAGE 132, 10; 18. April 2007 - 4 AZR 652/05 - Rn. 26 ff., BAGE 122, 74; 14. Dezember 2005 - 4 AZR 536/04 - Rn. 24 ff., BAGE 116, 326).

20

bb) Da die im Arbeitsvertrag enthaltene Verweisung auf den Tarifvertrag für die Arbeiter der Deutschen Bundespost im Jahre 1977 vereinbart worden ist, kommt bei dessen Auslegung weiterhin die frühere Senatsrechtsprechung zum Tragen. Danach ist die Bezugnahmeklausel des Arbeitsvertrages eine Gleichstellungsabrede. Sie verweist auf die fachlich einschlägigen Tarifverträge, an die die damalige Arbeitgeberin tarifgebunden war. Auf diese Weise sind deren Regelungen mit der sich aus dem Charakter als Gleichstellungsabrede ergebenden Maßgabe Inhalt des Arbeitsvertrages des Klägers geworden.

21

b) Nach dem Arbeitsvertrag ist für das Arbeitsverhältnis die Anwendung der „Bestimmungen des Tarifvertrages für die Arbeiter der Deutschen Bundespost … in ihrer jeweiligen Fassung“ vereinbart. Diese Abrede enthält eine dynamische Bezugnahme, die den TV Arb und die sonstigen Tarifverträge für die Arbeiter der Deutschen Bundespost erfasst.

22

aa) Bei dem zwischen den Parteien bestehenden Arbeitsvertrag handelt es sich um einen Formularvertrag, dessen Inhalt als Allgemeine Geschäftsbedingung nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen ist, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind. Ansatzpunkt für die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der Vertragswortlaut. Von Bedeutung für das Auslegungsergebnis sind ferner der von den Vertragsparteien verfolgte Regelungszweck sowie die der jeweils anderen Seite erkennbare Interessenlage der Beteiligten ( BAG 19. Mai 2010 - 4 AZR 796/08 - Rn. 15, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 76 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 48; 16. Dezember 2009 - 5 AZR 888/08 - Rn. 12, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 73 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 44 ). Die Auslegung durch das Landesarbeitsgericht kann vom Revisionsgericht ohne Einschränkung überprüft werden (st. Rspr., vgl. nur BAG 30. August 2000 - 4 AZR 581/99 - zu I 1 b der Gründe mwN, BAGE 95, 296). Dies gilt auch für Bezugnahmeklauseln (BAG 19. Mai 2010 - 4 AZR 796/08 - aaO; 18. April 2007 - 4 AZR 652/05 - Rn. 24, BAGE 122, 74).

23

bb) Danach enthält der Arbeitsvertrag eine zeitdynamische Bezugnahme auf die jeweiligen Regelungen des TV Arb einschließlich der hierzu geschlossenen Zusatztarifverträge, die aber nicht inhaltsdynamisch ausgestaltet ist.

24

(1) Im Arbeitsvertrag knüpfen die Parteien hinsichtlich der Arbeitsbedingungen an die für den Bereich der damaligen Deutschen Bundespost im Arbeiterbereich tariflich vereinbarten Regelungen an und gestalten sie zeitdynamisch. Für das Arbeitsverhältnis sollte allerdings nicht nur der in der Bezugnahmeklausel genannte TV Arb in der jeweils gültigen Fassung gelten, sondern auch die hierzu abgeschlossenen Zusatztarifverträge anzuwenden sein. Der Kläger konnte ungeachtet dessen, dass einzelne Tarifverträge nicht Bestandteil des Tarifwerks des TV Arb waren, davon ausgehen, dass sämtliche bei der Deutschen Bundespost bestehenden und für ihn einschlägigen Tarifverträge angewendet würden (vgl. BAG 24. September 2008 - 6 AZR 76/07 - Rn. 24, BAGE 128, 73; s. auch 3. April 2007 - 9 AZR 283/06 - Rn. 53, BAGE 122, 33). Davon gehen die Parteien übereinstimmend aus und dem entsprach auch die arbeitsvertragliche Praxis. Damit wollte die Deutsche Bundespost in ihren Betrieben das für sie geltende Tarifwerk anwenden und die dort stattfindende tarifliche Entwicklung auch in den Arbeitsverhältnissen der nicht tarifgebundenen Arbeitnehmer nachvollziehen.

25

(2) Die Bezugnahme erfasst von ihrem Wortlaut her jedenfalls nicht die den TV Arb und seine Zusatztarifverträge ersetzenden Tarifverträge der DT AG im Zuge der Vereinbarung der Tarifverträge des NBBS. Diese sind keine „jeweilige Fassung“ des TV Arb und der ihn ergänzenden oder ändernden Tarifverträge und wurden zudem nicht von der Deutschen Bundespost, sondern von einem der drei Nachfolgeunternehmen, der DT AG, geschlossen. Der Arbeitsvertrag ist hinsichtlich der Bezugnahme nur zeitdynamisch auf den TV Arb, nicht aber inhaltsdynamisch auf die Tarifverträge der DT AG ausgestaltet (s. auch BAG 19. Mai 2010 - 4 AZR 796/08 - Rn. 18, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 76 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 48; 10. Juni 2009 - 4 AZR 194/08 - Rn. 38, AP BGB § 157 Nr. 38; jeweils zum BAT). Ob die von der DT AG und der DPG seit Beginn des Jahres 1995 geschlossenen Tarifverträge, die den TV Arb und die Zusatztarifverträge für den Bereich der DT AG - teilweise unter Beibehaltung der Bezeichnung „TV Arb“ - änderten und ergänzten, noch ohne weiteres von der Bezugnahmeregelung erfasst waren, obwohl sie auf Arbeitgeberseite von der DT AG und nicht von der Deutschen Bundespost geschlossen worden waren, muss der Senat vorliegend nicht entscheiden.

26

c) Die Anwendbarkeit der Regelungen der vom Kläger angeführten Tarifverträge mit dem Regelungsstand vom 24. Juni 2007 ergibt sich jedenfalls aufgrund einer ergänzenden Auslegung der im Arbeitsvertrag enthaltenen Bezugnahmeklausel in Form einer sog. Gleichstellungsabrede. Der Arbeitsvertrag der Parteien enthält aufgrund des Übergangs der Deutschen Bundespost im Wege der partiellen Gesamtrechtsnachfolge auf die DT AG zum 1. Januar 1995 und durch die Ablösung der fortgeschriebenen Regelungen des TV Arb und der ihn ergänzenden Tarifverträge durch die Einführung des NBBS und der in diesem Zusammenhang geschlossenen Tarifverträge jedenfalls spätestens seit dem 1. Juli 2001 eine nachträglich eingetretene Regelungslücke, die im Wege einer zulässigen ergänzenden Vertragsauslegung zu schließen ist.

27

aa) Der Arbeitsvertrag ist, weil er nachträglich lückenhaft geworden ist, einer ergänzenden Vertragsauslegung zugänglich.

28

(1) Voraussetzung der ergänzenden Vertragsauslegung ist, dass die Vereinbarung eine Regelungslücke iSe. planwidrigen Unvollständigkeit aufweist (BAG 9. Dezember 2008 - 3 AZR 431/07 - Rn. 25; 21. April 2009 - 3 AZR 640/07 - Rn. 33, BAGE 130, 202). Eine Regelungslücke liegt dabei nur vor, wenn die Parteien einen Punkt übersehen oder zwar nicht übersehen, aber doch bewusst offengelassen haben, weil sie ihn im Zeitpunkt des Vertragsschlusses für nicht regelungsbedürftig gehalten haben, und die Annahme der fehlenden Regelungsbedürftigkeit sich nachträglich als unzutreffend herausstellt. Von einer Planwidrigkeit kann nur die Rede sein, wenn der Vertrag eine Bestimmung vermissen lässt, die erforderlich ist, um den ihm zugrunde liegenden Regelungsplan zu verwirklichen, mithin ohne Vervollständigung des Vertrages eine diesem einvernehmlichen Regelungsplan angemessene, interessengerechte Lösung nicht zu erzielen ist (BAG 19. Mai 2010 - 4 AZR 796/08 - Rn. 23 mwN, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 76 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 48; 21. April 2009 - 3 AZR 640/07 - aaO).

29

(2) Danach ist die Bezugnahme im Arbeitsvertrag lückenhaft. Aus der dynamischen Ausgestaltung der Bezugnahme auf das jeweils geltende tarifliche Regelungswerk für die Arbeiter der Deutschen Bundespost ergibt sich der Wille der Parteien, die Arbeitsbedingungen nicht in einer bestimmten Weise festzuschreiben, sondern sie - dynamisch - an der Tarifentwicklung im Bereich der Deutschen Bundespost auszurichten. Das Arbeitsverhältnis wird in seiner Entwicklung an diejenigen Arbeitsbedingungen gebunden, die für die Arbeitnehmer gelten, die von dem in Bezug genommenen Tarifvertrag erfasst werden.

30

Die Parteien haben allerdings, wie sie übereinstimmend vorgetragen haben, bei Abschluss des Arbeitsvertrages nicht bedacht, dass die Deutsche Bundespost privatisiert, im Wege der partiellen Gesamtrechtsnachfolge auf drei rechtlich selbständige Aktiengesellschaften übergeht und infolgedessen der TV Arb durch die Deutsche Bundespost nicht mehr fortgeführt werden könnte, weshalb für diesen Fall eine Regelung im Arbeitsvertrag fehlt. Durch die fast vollständige Ersetzung des tariflichen Regelungswerks für die Arbeiter der Deutschen Bundespost im Bereich der DT AG zum 1. Juli 2001 durch das neue Tarifwerk im Rahmen des NBBS war der bestehende Vertrag spätestens seit dem 1. Juli 2001 lückenhaft geworden.

31

Ob die DT AG als einer der drei Rechtsnachfolger der Deutschen Bundespost aufgrund der Regelung in § 21 Abs. 1 PostPersG in die von dieser geschlossenen Tarifverträge tatsächlich im Wege der partiellen Gesamtrechtsnachfolge eingetreten ist, wie der Kläger meint, und was im Ergebnis zu einer „Verdreifachung“ des bestehenden Tarifwerks auf drei Rechtsnachfolger geführt hätte, muss der Senat nicht abschließend entscheiden. Denn jedenfalls die Tarifverträge, die im Rahmen des NBBS geschlossen wurden, werden von der Bezugnahmeklausel nicht mehr erfasst (unter I 2 b bb (2)).

32

bb) Eine nachträglich entstandene Regelungslücke ist im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung zu schließen. Diese ergibt, dass die Parteien die für den Kläger einschlägigen Tarifverträge der DT AG vereinbart hätten. Ob der Kläger und die DT AG durch ihre Vertragspraxis nach dem 1. Juli 2001 bis zum Betriebsübergang auf die Beklagte im weiteren Verlauf des Arbeitsverhältnisses konkludent die Bezugnahmeklausel dahingehend abgeändert haben, es sollen die Tarifverträge der DT AG zur Anwendung kommen, muss, auch wenn vieles hierfür spricht, daher nicht abschließend entschieden werden (dazu etwa BAG 24. September 2008 - 6 AZR 76/07 - Rn. 25, BAGE 128, 73), da sich deren Anwendbarkeit jedenfalls infolge einer ergänzenden Vertragsauslegung ergibt.

33

(1) Im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung tritt an die Stelle der lückenhaften Klausel diejenige Gestaltung, die die Parteien bei einer angemessenen Abwägung der beiderseitigen Interessen nach Treu und Glauben als redliche Vertragsparteien vereinbart hätten, wenn ihnen die Unwirksamkeit der Geschäftsbedingung bekannt gewesen wäre (st. Rspr., etwa BAG 19. Mai 2010 - 4 AZR 796/08 - Rn. 31, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 76 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 48; 16. Dezember 2009 - 5 AZR 888/08 - Rn. 22, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 73 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 44 ; 25. April 2007 - 5 AZR 627/06 - Rn. 26, BAGE 122, 182). Die ergänzende Vertragsauslegung im Bereich der Allgemeinen Geschäftsbedingungen hat sich zu orientieren an einem objektiv-generalisierenden, am Willen und Interesse der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise, ausgerichteten Maßstab, und nicht nur an dem der konkret beteiligten Personen (BGH 7. März 1989 - KZR 15/87 - zu II 1 der Gründe mwN, BGHZ 107, 273). Die Vertragsergänzung muss deshalb für den betroffenen Vertragstyp als allgemeine Lösung eines stets wiederkehrenden Interessengegensatzes angemessen sein. Maßgebender Zeitpunkt für die Feststellung und Bewertung des mutmaßlichen typisierten Parteiwillens und der Interessenlage ist der Zeitpunkt des Vertragsschlusses, da die ergänzende Vertragsauslegung eine anfängliche Regelungslücke rückwirkend schließt (BAG 19. Mai 2010 - 4 AZR 796/08 - aaO; BGH 12. Oktober 2005 - IV ZR 162/03 - zu B IV 1 b der Gründe, BGHZ 164, 297). Das gilt auch, wenn eine Lücke sich erst nachträglich als Folge des weiteren Verlaufs der Dinge ergeben hat (BGH 6. Juli 1989 - III ZR 35/88 - zu II 4 a der Gründe, NJW-RR 1989, 1490). Zunächst ist hierfür an den Vertrag selbst anzuknüpfen, denn die in ihm enthaltenen Regelungen und Wertungen, sein Sinn und Zweck sind Ausgangspunkt der Vertragsergänzung. Soweit irgend möglich, sind danach Lücken im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung in der Weise auszufüllen, dass die Grundzüge des konkreten Vertrages „zu Ende gedacht“ werden (BGH 20. September 1993 - II ZR 104/92 - zu 2 der Gründe, BGHZ 123, 281).

34

(2) Ausgehend von diesen Maßstäben hätten die Parteien redlicherweise für den Fall des Wegfalls der ursprünglichen Tarifvertragspartei Deutsche Bundespost auf Arbeitgeberseite infolge der Postreform II und der damit verbundenen partiellen Gesamtrechtsnachfolge auf die DT AG sowie der sich nachfolgend vollziehenden Ablösung der Tarifverträge der Deutschen Bundespost durch das tarifliche Regelungswerk der DT AG dessen arbeitsvertragliche Bezugnahme vereinbart, weil eine statische Regelung der Arbeitsbedingungen nach dem TV Arb und den weiteren Tarifverträgen für die Arbeiter, sei es in dem Regelungsbestand zum Jahreswechsel 1995 oder zum 1. Juli 2001, nicht ihren Interessen entsprach.

35

Zwar handelt es sich bei der Ersetzung des TV Arb durch das Tarifwerk der DT AG nicht um eine von den denselben Tarifvertragsparteien vereinbarte Tarifsukzession innerhalb des Geltungsbereichs des bisherigen Tarifvertrages, wie es etwa im Bereich des öffentlichen Dienstes durch die weitgehende Ersetzung des BAT durch die Nachfolgetarifverträge der Fall gewesen ist (dazu ausf. BAG 22. April 2009 - 4 ABR 14/08 - Rn. 24 ff. mwN, BAGE 130, 286). Das würde nicht berücksichtigen, dass es nicht nur zu einer Ablösung des TV Arb sowie der ihn ändernden und ergänzenden Tarifverträge gekommen ist, sondern auch zu einer partiellen Gesamtrechtsnachfolge in Bezug auf die ursprüngliche Tarifvertragspartei „Deutsche Bundespost“, die im weiteren Verlauf drei voneinander differierende Tarifvertragswerke in den Unternehmen DT AG, Deutsche Post AG und Deutsche Postbank AG hervorgebracht hat.

36

Jedenfalls für den Kläger, der seit Beginn seiner Tätigkeit stets als Fernmeldehandwerker in dem Unternehmensbereich tätig gewesen ist, der später den Geschäftsbereich Fernmeldedienst und nachfolgend Telekom bildete und anschließend auf die DT AG übergegangen ist, ist davon auszugehen, dass die Arbeitsvertragsparteien in diesem speziellen Fall einer Gesamtrechtsnachfolge auf drei Nachfolgeunternehmen unter Wegfall der ursprünglichen Tarifvertragspartei von den dann bestehenden Nachfolgeregelungen diejenigen Tarifbestimmungen in Bezug genommen hätten, die dem Tätigkeitsbereich des Klägers entsprechen. Dies sind die Tarifverträge der DT AG. Dem entspricht auch die Vertragspraxis der damaligen Arbeitsvertragsparteien - des Klägers und der DT AG -, die bis zum Betriebsübergang im Jahre 2007 stets dieses Tarifwerk angewendet haben.

37

d) Infolge des Betriebsübergangs auf die Beklagte hat sich an dieser Rechtslage nichts geändert. Die so begründeten, aus dem in Bezug genommenen Tarifwerk herrührenden individualvertraglichen Rechte und Pflichten wurden nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB Inhalt des Arbeitsverhältnisses mit der Beklagten als Erwerberin(vgl. BAG 17. November 2010 - 4 AZR 391/09 - Rn. 19, NZA 2011, 356; 19. März 2003 - 4 AZR 331/02 - BAGE 105, 284; 26. September 2001 - 4 AZR 544/00 - BAGE 99, 120), und zwar, weil es sich um eine Gleichstellungsabrede handelt (oben I 2 a aa), mit dem tariflichen Regelungsbestand vom 24. Juni 2007. Die Bezugnahme erstreckt sich dagegen nicht auf die von der Beklagten geschlossenen Tarifverträge.

38

aa) Die Bezugnahmeklausel erfasst nicht die bei der Beklagten bestehenden Tarifverträge. Besondere Umstände, die eine erweiternde Auslegung der Bezugnahmeklausel ermöglichen, sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Für eine weitere ergänzende Vertragsauslegung fehlt es an der erforderlichen Vertragslücke. Ein anderes ergibt sich nicht aus dem Charakter der Bezugnahmeklausel als Gleichstellungsabrede.

39

(1) Die Bezugnahmeklausel erfasst nach ihrem Inhalt nicht die bei der Beklagten geschlossenen Tarifverträge.

40

(a) Der Wortlaut der Bezugnahmeklausel gibt keine ausreichenden Hinweise darauf, dass eine Tarifwechselklausel oder zumindest eine Bezugnahme vereinbart worden ist, die die jeweiligen Tarifverträge von einzelnen Konzernunternehmen der DT AG erfasst. Das gilt auch für die im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung bestehende Bezugnahmeregelung. Es bestehen selbst unter Berücksichtigung der Vertragspraxis bei der DT AG bis zum Betriebsübergang im Jahre 2007 keine Anhaltspunkte dafür, es sollten über die von der DT AG selbst geschlossenen Tarifregelungen weitere Tarifverträge anderer Tarifvertragsparteien erfasst werden. Tatsächliche Umstände, die ursprüngliche Bezugnahmeklausel sei bereits ihrem Wortlaut nach als Tarifwechselklausel auszulegen, sind nicht erkennbar. Das gilt auch für ihren Inhalt aufgrund der ergänzenden Vertragsauslegung.

41

(b) Auch für die von der Beklagten in Anspruch genommene Auslegung dahingehend, jedenfalls innerhalb einzelner Konzernunternehmen sollten im Falle von Unternehmensabspaltungen oder Neugründungen von Tochterunternehmen mit nachfolgenden (Teil-)Betriebsübergängen die dort jeweils einschlägigen Tarifverträge angewendet werden, gibt es weder im Vertragswortlaut noch in der folgenden Vertragspraxis einen hinreichenden Anhaltspunkt. Deshalb kann nicht davon ausgegangen werden, es solle die Tarifentwicklung nicht nur bei der DT AG, sondern auch bei von ihr gegründeten Tochterunternehmen jeweils nachvollzogen werden, selbst wenn die DT AG und die von ihr geschlossenen und arbeitsvertraglich - mit - in Bezug genommenen Tarifverträge weiterhin bestehen und als solche auch weiterentwickelt werden.

42

(c) Eine arbeitsvertragliche Bezugnahme auf die bei der Beklagten geltenden Haustarifverträge kann dem Arbeitsvertrag der Parteien auch nicht im Wege einer - weiteren - ergänzenden Vertragsauslegung entnommen werden. Weder liegt ein Fall der Tarifsukzession vor, wie die Beklagte meint, noch besteht eine Vertragslücke.

43

Eine von den denselben Tarifvertragsparteien vereinbarte Tarifsukzession innerhalb des Geltungsbereichs des bisherigen Tarifvertrages, wie sie etwa im Bereich des öffentlichen Dienstes durch die weitgehende Ersetzung des BAT durch die Nachfolgetarifverträge geschehen ist (dazu ausf. BAG 22. April 2009 - 4 ABR 14/08 - Rn. 24 ff. mwN, BAGE 130, 286), ist vorliegend nicht gegeben. Vielmehr bestehen die Tarifverträge bei der DT AG nach wie vor fort. Deshalb fehlt es auch an einer Vertragslücke, weil das Bezugnahmeobjekt - anders als der TV Arb und die dazu geschlossenen Zusatztarifverträge spätestens zum 1. Juli 2001 - nicht weggefallen ist.

44

(d) Ebenso wenig hat ein „abgestimmtes Verhalten“ von Tarifvertragsparteien Einfluss auf die Auslegung einer arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel. Ihr eventueller Gestaltungswille als nicht am Arbeitsvertrag Beteiligte ist für die Auslegung einer einzelvertraglichen Bezugnahmeklausel ohne Bedeutung (BAG 19. Mai 2010 - 4 AZR 796/08 - Rn. 20, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 76 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 48; 16. Dezember 2009 - 5 AZR 888/08 - Rn. 16, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 73 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 44). Allein der Umstand, dass die DT AG vor dem Betriebsübergang Spartentarifverträge hätte schließen können, die dann von der Bezugnahmeklausel hätten erfasst sein können, führt nicht dazu, dass der zwischen den Parteien geschlossene Vertrag nun - da dies nicht geschehen ist - entsprechend korrigierend auszulegen wäre. Der DT AG wäre es - eine Einigung mit der vertragsschließenden Gewerkschaft vorausgesetzt - zwar unbenommen gewesen, Spartentarifverträge für ihr Unternehmen abzuschließen. Aber selbst dann würde die Bezugnahmeklausel im Falle eines nachfolgenden Betriebsübergangs nur die von der DT AG geschlossenen Tarifverträge erfassen, nicht aber nachfolgende Tarifverträge der Beklagten, die diese inhaltlich fortsetzen.

45

(2) Dafür, dass die Bezugnahmeklausel über ihren Wortlaut hinaus auch einen Wechsel auf die jeweils einschlägigen Tarifverträge in Konzernunternehmen der DT AG mit erfassen soll, spricht nichts.

46

(a) Nach der Rechtsprechung des Senats kann die Bezugnahme auf das Tarifwerk einer bestimmten Branche über ihren Wortlaut hinaus nur dann als große dynamische Verweisung - Bezugnahme auf den jeweils für den Betrieb fachlich bzw. betrieblich geltenden Tarifvertrag - ausgelegt werden, wenn sich dies aus besonderen Umständen ergibt (st. Rspr., 22. Oktober 2008 - 4 AZR 784/07 - Rn. 21 mwN, BAGE 128, 165; 29. August 2007 - 4 AZR 767/06 - Rn. 17, BAGE 124, 34; 25. September 2002 - 4 AZR 294/01 - zu II 2 c der Gründe, BAGE 103, 9).

47

(b) Ein derartiges am Wortlaut der Bezugnahmeklausel orientiertes Auslegungsergebnis gilt auch, wenn die Arbeitsvertragsparteien vertraglich die Anwendung eines beim Arbeitgeber geltenden Haustarifvertrages vereinbaren und diesen in der Klausel namentlich bezeichnen. In Bezug genommen ist dann nur der genannte Tarifvertrag oder das betreffende Tarifwerk in seiner jeweiligen Fassung und - was durch Auslegung der Klausel zu ermitteln ist - die ergänzenden, ändernden und ggf. ersetzenden Tarifverträge.

48

Auch hier haben die Arbeitsvertragsparteien die Möglichkeit, die Rechtsfolge eines Tarifwechsels, etwa weil wie hier ein anderer Arbeitgeber an einen anderen Tarifvertrag gebunden ist, ausdrücklich zu vereinbaren. Sie bestimmen mit ihrer vertraglichen Abrede den Umfang der Bezugnahme. Wollen die Arbeitsvertragsparteien für den Fall einer durch einen Betriebsübergang geänderten Tarifbindung des Arbeitgebers an einen anderen Tarifvertrag erreichen, dass durch eine vertragliche Bezugnahme das im neuen Unternehmen geltende Tarifrecht zur Anwendung kommt, haben sie die Möglichkeit, den Typus der Tarifwechselklausel zu wählen. Schlicht unterstellt werden kann der Wille zum Tarifwechsel nicht (st. Rspr., s. nur BAG 22. Oktober 2008 - 4 AZR 784/07 - Rn. 22 mwN, BAGE 128, 165).

49

Das Argument der Beklagten, die vertragliche Bezugnahme sei dann anders zu beurteilen, wenn es sich lediglich um einen Arbeitgeberwechsel infolge eines Betriebsübergangs innerhalb derselben Branche handelt, verkennt, dass es sich hier um die Auslegung einer vertraglichen Abrede handelt. Hierfür ist es grundsätzlich ohne Bedeutung, ob sich die Tarifgebundenheit durch einen Verbandswechsel des Arbeitgebers ändert oder das Arbeitsverhältnis infolge eines Betriebsübergangs auf einen anders tarifgebundenen Arbeitgeber übergeht. Ebenso wenig ist es von Bedeutung, ob ein solcher Vorgang mit einem Branchenwechsel einhergeht (vgl. BAG 22. April 2009 - 4 ABR 14/08 - Rn. 27, BAGE 130, 286; 22. Oktober 2008 - 4 AZR 784/07 - Rn. 23, BAGE 128, 165).

50

(c) Die vorliegende Fallgestaltung ist auch nicht mit derjenigen eines Verbandstarifvertrages vergleichbar, der durch Haustarifverträge ergänzt wird, wie die Beklagte meint. Die von ihr geschlossenen Haustarifverträge sind schon keine solchen, die die Tarifverträge der DT AG ergänzen können oder gar sollen. Sie sollen nach ihrem eindeutigen Inhalt vielmehr für die Beklagte ein neues und auf Dauer wirkendes eigenständiges Regelwerk begründen.

51

(3) Die Beklagte kann sich schließlich nicht erfolgreich auf die Entscheidung des Senats vom 4. September 1996 (- 4 AZR 135/95 - BAGE 84, 97) stützen. Die damalige Entscheidung betraf zwar eine arbeitsvertragliche Verweisungsklausel, die keine Tarifwechselklausel zum Inhalt hatte, und im Fall des Verbandswechsels des Arbeitgebers korrigierend dahingehend ausgelegt wurde, dass eine Verweisung auf den jeweils für den Betrieb geltenden Tarifvertrag vereinbart sei. Grundlage dieses Verständnisses war der Umstand, dass der Vertragspartner der von unterschiedlichen Arbeitgeberverbänden abgeschlossenen Tarifverträge jeweils dieselbe Gewerkschaft war, der auch die damalige Klägerin angehört hatte. Soweit der Senat in der wiedergegebenen Rechtsprechung angenommen hat, in solchen Fallgestaltungen sei eine korrigierende Auslegung über den eindeutigen Wortlaut der Bezugnahmeklausel hinaus möglich, hat er diese kritisierte Rechtsprechung (s. nur Buchner Anm. EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 7; kritisch auch Annuß BB 1999, 2558; Danne SAE 1998, 111; Dauner-Lieb SAE 1999, 47; Kohte AuA 1997, 171) ausdrücklich aufgegeben (BAG 22. April 2009 - 4 ABR 14/08 - Rn. 73, BAGE 130, 286; im Anschluss an 22. Oktober 2008 - 4 AZR 784/07 - Rn. 24 f., BAGE 128, 165; relativierend bereits 30. August 2000 - 4 AZR 581/99 - zu I 1 c bb der Gründe, BAGE 95, 296 ).

52

(4) Entgegen der Auffassung der Beklagten führt der Umstand, dass die Verweisung im Arbeitsvertrag als Gleichstellungsabrede auszulegen ist, nicht zu einem Wechsel des auf vertraglicher Grundlage anwendbaren Tarifrechts. Das lässt sich weder aus Wortlaut und Sinn der Vertragsklausel noch aus dem Gedanken einer hierauf aufbauenden „entsprechenden Anwendung“ des § 613a Abs. 1 Satz 3 BGB herleiten, die die Beklagte anführt.

53

(a) Das mit dem Begriff „Gleichstellungsabrede“ gekennzeichnete Auslegungsergebnis einer Bezugnahmeklausel hatte und hat in der Rechtsprechung des Senats nicht den Inhalt, den am Vertrag beteiligten Arbeitnehmer in jeder Hinsicht wie ein Mitglied der tarifschließenden Gewerkschaft oder zumindest tarifrechtlich wie einen an den in Bezug genommenen Tarifvertrag gebundenen Arbeitnehmer zu behandeln. Es ging und geht stets nur um die vertragsrechtliche Stellung des Arbeitnehmers, ihn also lediglich vertraglich hinsichtlich des in Bezug genommenen Tarifvertrages oder Tarifwerks so zu stellen, als wäre er an diesen Tarifvertrag gebunden. Wesentliche Rechtsfolge dieses Auslegungsergebnisses war es, die sich aus dem Wortlaut der Bezugnahme ergebende Dynamik der einzelvertraglich anwendbaren Tarifverträge auf die Zeit zu begrenzen, in der der Arbeitgeber ohnehin im Verhältnis zu tarifgebundenen Arbeitnehmern durch seine Verbandsmitgliedschaft an die Tarifentwicklung gebunden war. Eine Gleichstellung, die auch einen für Gewerkschaftsmitglieder normativ, beispielsweise aufgrund von § 613a Abs. 1 Satz 3 BGB, eintretenden Tarifwechsel vertraglich nachvollzieht, kann zwar vereinbart werden; ein derartiger Regelungswille muss aber im Vertragswortlaut erkennbar zum Ausdruck kommen (BAG 17. November 2010 - 4 AZR 391/09 - Rn. 31, NZA 2011, 356). Das ist vorliegend nicht der Fall.

54

(b) In seinem Urteil vom 29. August 2007 hat der Senat im Einzelnen begründet, warum im Verhältnis zwischen einer vertraglich vereinbarten Tarifgeltung und einem normativ geltenden Tarifvertrag im Hinblick auf die unterschiedlichen Regelungsebenen entgegen der Auffassung der Beklagten eine entsprechende Anwendung des § 613a Abs. 1 Satz 3 BGB nicht in Betracht kommt(-  4 AZR 767/06  - Rn. 19 mwN, BAGE 124, 34 zu den hierzu in der Literatur vertretenen Auffassungen). Der Senat nimmt hierauf zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug.

55

Die Vorschrift des § 613a Abs. 1 Satz 3 BGB ist nicht dazu bestimmt, auf beim Veräußerer vertraglich begründete Rechte und Pflichten Einfluss zu nehmen. § 613a Abs. 1 Satz 2 und Satz 3 BGB regeln ausschließlich den Erhalt von ursprünglich normativ begründeten Besitzständen nach einem Betriebsübergang, in dessen Folge die Voraussetzungen für eine normative Weitergeltung entfallen sind. Vertragliche Rechtspositionen, auch wenn sie in einer privatautonomen Einbeziehung von Tarifrecht ihren Grund haben, gehen ohne weiteres und uneingeschränkt nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB über. Ein anderes Verständnis stünde im Übrigen auch im Widerspruch zu Art. 3 Abs. 1 der Betriebsübergangs-Richtlinie 2001/23/EG vom 12. März 2001, wonach Rechte und Pflichten aus einem Arbeitsvertrag ohne weiteres auf den Erwerber übergehen (s. nur BAG 17. November 2010 - 4 AZR 391/09 - Rn. 23, NZA 2011, 356).

56

Soweit die Beklagte einwendet, tarifungebundene würden dann gegenüber tarifgebundenen Arbeitnehmern schlechter gestellt, weil sie nicht an der Tarifentwicklung beim Betriebserwerber partizipieren, ist dies - wie der vorliegende Rechtsstreit zeigt - nicht stets der Fall. Eine eventuelle Ungleichbehandlung der tarifungebundenen Arbeitnehmer wäre zudem eine von Rechts und Verfassung wegen nicht zu beanstandende Rechtsfolge ihrer privatautonomen Entscheidung, der tarifschließenden Gewerkschaft fernzubleiben (BAG 23. März 2011 - 4 AZR 366/09 - Rn. 45 mwN, NZA 2011, 920).

57

(c) Der weitere Einwand der Beklagten, dem Arbeitgeber werde bei einem Vertragsverständnis, das nicht zu einer Einbeziehung des bei ihr geltenden Tarifrechts führe, kein wirksames Instrument zur Verfügung gestellt, mit dem er in Ausübung seines Grundrechts des Art. 9 Abs. 3 GG „konstitutive einzelvertragliche Ansprüche jedenfalls ihrer ebenfalls tarifgebundenen Arbeitnehmer ändern … könnte“, weshalb es zu einem Verstoß gegen das Koalitionsgrundrecht komme, geht bereits im Ansatz fehl. Die Beklagte übersieht die unterschiedlichen Regelungsebenen tarifvertraglicher und individualvertraglicher Vereinbarungen.

58

Gegenstand kollektiver Regelungen durch tarifliche Inhaltsnormen ist die Festsetzung allgemeiner und gleicher Mindestarbeitsbedingungen. Die Möglichkeit, demgegenüber günstigere Arbeitsbedingungen einzelvertraglich zu vereinbaren, kann ein Tarifvertrag auch für tarifgebundene Arbeitsverhältnisse nicht einschränken (BAG 23. März 2011 - 4 AZR 366/09 - Rn. 41, NZA 2011, 920). Ebenso wenig kann ein Tarifvertrag bestehende individualvertraglich vereinbarte Rechte abändern oder verkürzen (s. nur BAG 18. August 1971 - 4 AZR 342/70 - BAGE 23, 399: Anrechnungsklausel). Von daher ist schon im Ansatz eine Verletzung des Koalitionsgrundrechts im Hinblick auf die verfassungsrechtlich gewährleistete Tarifautonomie ausgeschlossen. Das Recht, Tarifverträge mit unmittelbarer und zwingender Wirkung für die Tarifgebundenen zu vereinbaren - § 4 Abs. 1, § 3 Abs. 1 TVG - bleibt der Beklagten unbenommen. Ebenso unbeeinträchtigt davon bleiben allerdings auch die einzelvertraglich vereinbarten günstigeren Regelungen, die im Wege des Sachgruppenvergleichs (st. Rspr., etwa BAG 1. Juli 2009 - 4 AZR 261/08 - Rn. 60 mwN, BAGE 131, 176) zu ermitteln sind.

59

(5) Dem vorliegenden Ergebnis steht auch nicht die „Rechtsfolgenbetrachtung“ der Beklagten entgegen, wonach es im Falle von zwei aufeinanderfolgenden Betriebsübergängen zu einer nicht mehr auflösbaren Kollision des nach § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB transformierten Rechts kommen soll. Es könne dann nicht mehr geklärt werden, in welchem Verhältnis einzelvertraglich vereinbarte Regelungen und vormalige tariflich geltende Regelungen, die nun transformiert worden seien, zueinander stünden. Die Beklagte berücksichtigt nicht, dass die nach § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB transformierten Normen nicht dergestalt Inhalt der individualvertraglichen Abrede werden, wie dies bei der vertraglichen Bezugnahme von Tarifverträgen der Fall ist; sie behalten vielmehr ihren kollektiv-rechtlichen Charakter bei (ausf. BAG 22. April 2009 - 4 AZR 100/08 - Rn. 61 ff., BAGE 130, 237). Deshalb ist ein Günstigkeitsvergleich entgegen ihrer Auffassung ohne weiteres möglich und geboten, wenn es zu einem zweiten Betriebsübergang auf einen tarifungebundenen Erwerber kommt (dazu BAG 22. April 2009 - 4 AZR 100/08 - Rn. 30, aaO).

60

(6) Durch die Anordnung des Übergangs einer mit dem Veräußerer des Betriebs arbeitsvertraglich vereinbarten Bezugnahme eines Tarifvertrages auf die Beklagte als Erwerberin dieses Betriebs wird diese entgegen ihrer Auffassung nicht in ihrem Grundrecht auf negative Koalitionsfreiheit verletzt. Eine Verletzung der negativen Koalitionsfreiheit des Klägers scheidet schon im Ansatz aus. Die Auslegung und die Wirksamkeit einer individualrechtlichen Bezugnahme auf Tarifverträge in ihrer jeweiligen Fassung als Ausdruck privatautonomer Gestaltungsmacht berührt die negative Koalitionsfreiheit dessen, der das Arbeitsverhältnis vertraglich der einschlägigen tarifvertraglichen Ordnung unterstellen wollte und dies auch durch die Zustimmung des Arbeitnehmers erreicht hat, nicht. Dies hat der Senat mehrfach begründet und nimmt hierauf zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug (24. Februar 2010 - 4 AZR 691/08 - Rn. 46, 47, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 75 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 47; 23. September 2009 - 4 AZR 331/08 - Rn. 20 ff. mwN, BAGE 132, 169; ebenso 10. November 2010 - 5 AZR 633/09 - Rn. 22, ZTR 2011, 150).

61

bb) Eine korrigierende Auslegung im Sinne der Beklagten ist schließlich auch nicht aus Gründen des Vertrauensschutzes geboten.

62

(1) Die Beklagte verkennt, dass sich der in den Entscheidungen des Senats zur Gleichstellungsabrede gewährte Vertrauensschutz nicht darauf bezieht, ob eine Klausel als Tarifwechselklausel auszulegen ist oder nicht.

63

(a) Der Gleichstellungsgehalt einer solchen Vereinbarung ist nach der früheren Rechtsprechung auf den Zusammenhang zwischen der Dynamik der Bezugnahme und der Tarifgebundenheit des Arbeitgebers an die bezeichneten Tarifverträge beschränkt (BAG 29. August 2007 - 4 AZR 767/06 - Rn. 17 f., BAGE 124, 34; 18. April 2007 - 4 AZR 652/05 - Rn. 27, BAGE 122, 74). Nur insoweit wendet der Senat die frühere Rechtsprechung auf „Altverträge“, also vor dem 1. Januar 2002 geschlossene Arbeitsverträge an und gewährt in diesem Rahmen Vertrauensschutz (st. Rspr., vgl. nur BAG 18. November 2009 - 4 AZR 514/08 - Rn. 18 und 22 jeweils mwN, BAGE 132, 261; 26. August 2009 - 4 AZR 285/08 - Rn. 49, BAGE 132, 10; 18. April 2007 - 4 AZR 652/05 - Rn. 26 ff., BAGE 122, 74; 14. Dezember 2005 - 4 AZR 536/04 - Rn. 24 ff., BAGE 116, 326).

64

(b) Demgegenüber hat der Senat für die Annahme einer Tarifwechselklausel stets besondere und von der Annahme einer Gleichstellungsabrede unabhängige Voraussetzungen für notwendig erachtet (s. nur 30. August 2000 - 4 AZR 581/99 - zu I 1 c bb der Gründe, BAGE 95, 296; 16. Oktober 2002 - 4 AZR 467/01 - zu I 1 b aa und bb aaa der Gründe, BAGE 103, 141).

65

(2) Die Beklagte kann sich schließlich nicht deshalb auf Vertrauensschutz berufen, weil das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein (11. August 2004 - 2 Sa 475/03 -) ihre Rechtsauffassung geteilt hat.

66

Die Gewährung von Vertrauensschutz in eine höchstrichterliche Rechtsprechung setzt voraus, dass die betroffene Partei in die Fortgeltung einer bisherigen Rechtsprechung vertrauen durfte. Selbst eine einzelne höchstgerichtliche Entscheidung reicht nicht aus, die Gewährung von Vertrauensschutz zu begründen. Für die vorliegende Fallgestaltung gibt es keine die Vertragsauslegung der Beklagten stützende höchstrichterliche Rechtsprechung, weshalb ein Vertrauensschutz schon deshalb ausscheidet (BAG 29. August 2007 - 4 AZR 765/06 - Rn. 31 f., AuR 2008, 181).

67

II. Die Revision des Klägers ist hinsichtlich des Leistungsantrages zu 2) begründet.

68

1. Mit der vom Landesarbeitsgericht gegebenen Begründung, wonach die Bezugnahmeklausel nach dem Betriebsübergang auf die Beklagte nur noch die für diese geltenden Tarifverträge erfasse und der Kläger schon deshalb keine Zeitgutschrift beanspruchen konnte, weil er nach § 11 MTV DTNP zu einer Wochenarbeitszeit von 38 Stunden verpflichtet sei, konnte der Antrag nicht abgewiesen werden(soeben unter I).

69

2. Allerdings ist der Antrag des Klägers mangels hinreichender Bestimmtheit iSd. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts bereits unzulässig.

70

a) Bei einer Leistungsklage muss der Klageantrag hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO sein. Aus dem Klageantrag, der gegebenenfalls durch Heranziehung des Sachvortrages des Klägers auszulegen ist, muss sich ergeben, welche Leistung der Kläger von der Beklagten begehrt. Eine auf den Antrag erfolgende Verurteilung muss einen vollstreckungsfähigen Inhalt haben (BAG 10. Mai 1989 - 4 AZR 79/89 -; 28. Juli 1987 - 3 AZR 694/85 - zu II 3 c der Gründe, AP BetrAVG § 1 Lebensversicherung Nr. 4).

71

b) Diesen Anforderungen genügt der Leistungsantrag zu 2) nicht.

72

Zwar ist ein Antrag, einem Arbeitszeitkonto Stunden „gutzuschreiben“, dann hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO, wenn der Arbeitgeber für den Arbeitnehmer ein Zeitkonto führt, auf dem zu erfassende Arbeitszeiten nicht aufgenommen wurden und noch gutgeschrieben werden können(vgl. BAG 23. Januar 2008 - 5 AZR 1036/06 - Rn. 9, AP TVG § 1 Tarifverträge: Lufthansa Nr. 42 = EzA TVG § 4 Luftfahrt Nr. 16; 14. August 2002 - 5 AZR 417/01 - AP EntgeltFG § 2 Nr. 10 = EzA EntgeltfortzG § 2 Nr. 4) und die vom Kläger geforderte Leistungshandlung sich zumindest seinem Sachvortrag entnehmen lässt. Vorliegend bleibt aber nach dem klägerischen Vorbringen bereits gänzlich offen, welche Art von Arbeitszeitkonto für den Kläger bei der Beklagten geführt wird und in der Folge auch, in welcher Art und Weise die Arbeitsstunden im Rahmen der geforderten „Gutschrift“ erfasst werden sollen (vgl. BAG 10. November 2010 - 5 AZR 766/09 - Rn. 11, EzA BGB 2002 § 611 Arbeitszeitkonto Nr. 3; 13. März 2002 - 5 AZR 43/01 - zu I der Gründe, EzA ZPO § 253 Nr. 22). Deshalb bliebe bei einem stattgebenden Urteil ungeklärt, welche Handlungen genau die Beklagte vorzunehmen hat.

73

3. Die Unzulässigkeit des Leistungsantrages führt vorliegend gleichwohl nicht zur Klageabweisung durch den Senat. Dem Kläger ist, nachdem beide Tatsacheninstanzen den Antrag ohne weitere Erörterung implizit für hinreichend bestimmt iSd. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO erachtet haben und seine Zulässigkeit bisher auch nicht von der Beklagten beanstandet wurde, Gelegenheit zu einer Konkretisierung seines Antrages und zu einem ergänzenden Vorbringen zu geben. Dies führt insoweit zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung an das Landesarbeitsgericht zur neuen Verhandlung und Entscheidung.

74

Dabei wird das Landesarbeitsgericht zu beachten haben, dass es bisher an hinreichenden Feststellungen fehlt, auf welcher Grundlage ein Arbeitszeitkonto für den Kläger bei der Beklagten geführt wird. Das betrifft vor allem die Frage, ob es nach Maßgabe einer tarifvertraglichen Regelung geführt wird oder ob eine betriebsverfassungsrechtliche Regelung einschlägig ist, wie sie etwa § 11 Abs. 4 MTV DT AG vorsieht. Zudem begehrt der Kläger derzeit für jede Woche eine Zeitgutschrift von pauschal vier Stunden. Das könnte wohl nur dann zutreffend sein, wenn der Kläger in diesem Zeitraum tatsächlich jede Woche 38 Stunden gearbeitet hätte und er deshalb, weil die Beklagte ihn nach Maßgabe des MTV DTNP und des ERTV DTNP vergütet hat, einen Anspruch auf eine entsprechende Zeitgutschrift erworben hat. Hierzu fehlt es - aus Sicht des Landesarbeitsgerichts konsequent - gleichfalls an den erforderlichen Feststellungen und vor allem einem dahingehenden Vortrag des Klägers. In diesem Zusammenhang wird weiterhin zu beachten sein, ob sich aus der maßgebenden Rechtsgrundlage für das Arbeitszeitkonto überhaupt ein Anspruch ergibt, eine über 34 Wochenstunden hinausgehende Arbeitszeit auf den Arbeitszeitkonten der Arbeitnehmer - in welcher Form auch immer - zu verbuchen (vgl. BAG 10. November 2010 - 5 AZR 766/09 - Rn. 13, EzA BGB 2002 § 611 Arbeitszeitkonto Nr. 3). Darüber hinaus wird das Landesarbeitsgericht zu berücksichtigen haben, dass der Kläger - soweit ersichtlich - erstmals durch die Klageerhebung seinen Anspruch geltend gemacht hat. Es kann für die Begründetheit daher auch auf die Regelungen über das Arbeitszeitkonto ankommen, etwa zur Fälligkeit für einzelne Buchungen, um bestimmen zu können, in welchem Umfang etwaige Ansprüche nach § 31 MTV DT AG verfallen sind oder nicht.

75

III. Der Feststellungsantrag zu 3) ist ebenso wie die beiden dazu gehörenden Hilfsanträge unzulässig.

76

1. Nach § 256 Abs. 1 ZPO kann die gerichtliche Feststellung des Bestehens eines Rechtsverhältnisses beantragt werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse an einer entsprechenden alsbaldigen richterlichen Entscheidung hat. Rechtsverhältnis iSv. § 256 Abs. 1 ZPO ist jedes durch die Herrschaft einer Rechtsnorm über einen konkreten Sachverhalt entstandene rechtliche Verhältnis einer Person zu einer anderen Person oder zu einer Sache. Dabei sind einzelne Rechte und Pflichten ebenso Rechtsverhältnisse wie die Gesamtheit eines einheitlichen Schuldverhältnisses. Kein Rechtsverhältnis iSv. § 256 Abs. 1 ZPO sind dagegen abstrakte Rechtsfragen, bloße Elemente eines Rechtsverhältnisses oder rechtliche Vorfragen(BAG 21. April 2010 - 4 AZR 755/08 - Rn. 21 mwN, AP ZPO 1977 § 256 Nr. 101 = EzA ZPO 2002 § 256 Nr. 9; 24. April 2007 - 1 ABR 27/06 - Rn. 15 mwN, BAGE 122, 121). Das liefe auf die Erstellung eines Rechtsgutachtens hinaus, was den Gerichten verwehrt ist (etwa BAG 3. Mai 2006 - 1 ABR 63/04 - Rn. 19 mwN, AP ArbGG 1979 § 81 Nr. 61; 20. Mai 2008 - 1 ABR 19/07 - Rn. 19, AP BetrVG 1972 § 81 Nr. 4 = EzA ArbGG 1979 § 81 Nr. 19).

77

2. Die vom Kläger gestellten Feststellungsanträge sind gänzlich nicht auf die Feststellung eines Rechtsverhältnisses iSd. § 256 Abs. 1 ZPO gerichtet.

78

a) Das gilt zunächst für den Feststellungsantrag zu 3). Dieser Antrag ist nach den vorstehenden Maßstäben unzulässig.

79

aa) Seinem Inhalt nach will der Kläger festgestellt wissen, dass das Unterrichtungsschreiben der Beklagten den Anforderungen nach § 613a Abs. 5 BGB nicht genügt, weil dann die Widerspruchfrist nach § 613a Abs. 6 Satz 1 BGB nicht in Gang gesetzt worden sei(zu dieser Rechtsfolge etwa BAG 23. Juli 2009 - 8 AZR 538/08 - Rn. 18 ff. mwN, BAGE 131, 258). Damit würde aber lediglich eine Vorfrage für die Beurteilung der Wirksamkeit eines erst noch auszuübenden und bisher noch nicht stattgefundenen Widerspruchs des Klägers geklärt werden (s. auch BGH 19. April 2000 - XII ZR 332/97 - zu 1 a der Gründe, NJW 2000, 2280). Eine rechtskräftige Feststellung darüber, ob ein - erst noch erfolgender - Widerspruch gegen den Übergang des Arbeitsverhältnisses wirksam wäre, würde durch eine stattgebende Entscheidung nicht getroffen. Für eine nachfolgende Feststellungsklage (vgl. etwa BAG 23. Juli 2009 - 8 AZR 538/08 - aaO), dass infolge eines Widerspruchs das Arbeitsverhältnis nach wie vor mit der DT AG besteht, würde lediglich über eine rechtliche Vorfrage entschieden.

80

Wie der Kläger selbst anführt, kann die Beklagte oder die Betriebsveräußererin ein weiteres Unterrichtungsschreiben und mögliche Fehler des ersten Schreibens nach wie vor korrigieren. Dann wäre selbst im Falle eines stattgebenden Urteils im vorliegenden Verfahren noch nicht geklärt, ob ein nach erneuter Unterrichtung erklärter Widerspruch des Klägers tatsächlich die Monatsfrist des § 613a Abs. 6 Satz 1 BGB gewahrt hätte. Ebenso wenig würde klargestellt, ob ein zukünftiger Widerspruch auch im Übrigen wirksam erhoben wäre. Soweit die Revision geltend macht, der Einwand einer weiteren und zutreffenden Unterrichtung sei spekulativ, gilt dies im gleichen Maße für die zukünftige Ausübung des Widerspruchsrechts durch den Kläger. Das verdeutlicht, dass vorliegend sogar nur eine potentielle rechtliche Vorfrage geklärt werden soll. Es ist nicht Aufgabe der Feststellungsklage, Einzelfragen für einen künftig allenfalls möglichen Konflikt, für dessen Entstehung noch nicht einmal die entscheidende tatsächliche Voraussetzung, die Ausübung eines Gestaltungsrechts durch den Kläger, vorliegt, vorab zu klären (vgl. BAG 5. Oktober 2000 - 1 ABR 52/99 - zu B II 2 der Gründe, AP BetrVG 1972 § 23 Nr. 35 = EzA ZPO § 256 Nr. 54).

81

bb) Hinzu kommt, dass im Falle eines Widerspruchs der Kläger gehalten wäre, im Rahmen einer Feststellungsklage gegenüber dem bisherigen Betriebsinhaber ein nach wie vor bestehendes Arbeitsverhältnis geltend zu machen und diesem gegenüber der wirksame Widerspruch geklärt werden müsste. Ein stattgebendes Urteil im vorliegenden Verfahren würde nach § 325 Abs. 1 ZPO jedoch nicht mit Rechtskraft gegenüber dem Betriebsveräußerer wirken(zu den hier nicht gegebenen Voraussetzungen einer entsprechenden Anwendung von § 265 Abs. 1, § 325 Abs. 1 ZPO vgl. BAG 18. Februar 1999 - 8 AZR 485/97 - zu B III der Gründe, BAGE 91, 41; 18. Mai 2010 - 1 AZR 864/08 - Rn. 17, AP ZPO 1977 § 256 Nr. 102). Soweit der Kläger anführt, ein stattgebendes Urteil wirke gestaltend, verkennt er schon im Ansatz die Wirkung der Rechtskraft eines Feststellungsurteils im Unterschied zu der eines - hier nicht einschlägigen - Gestaltungsurteils.

82

cc) Schließlich ergibt sich die Zulässigkeit der Klage entgegen dem Vorbringen des Klägers nicht aufgrund der Voraussetzungen einer Zwischenfeststellungsklage gem. § 256 Abs. 2 ZPO. Der Feststellungsantrag zu 1) ist schon keine Vorfrage für den Antrag zu 3). Zwingende Zulässigkeitsvoraussetzung einer solchen Klage ist, dass das Bestehen oder Nichtbestehen des streitigen Rechtsverhältnisses für die Entscheidung der Hauptsache vorgreiflich ist, also ohnehin darüber befunden werden muss, ob das streitige Rechtsverhältnis besteht (BGH 15. Dezember 2009 - XI ZR 110/09 - Rn. 19, NJW-RR 2010, 640). Das ist vorliegend ersichtlich nicht der Fall. Gleiches gilt im Übrigen für die umgekehrte Annahme. Der Antrag zu 3) ist auch nicht vorgreiflich für den Antrag zu 1). Zudem würde nach dem Vorbringen des Klägers eine Vorgreiflichkeit des Antrages zu 1) nach § 256 Abs. 2 ZPO allenfalls dessen erweiterte Zulässigkeit zur Folge haben, nicht aber umgekehrt für die Zulässigkeit des Antrages zu 3) von Bedeutung sein. Für diesen verbleibt es bei den allgemeinen Zulässigkeitsvoraussetzungen.

83

b) Gleichfalls unzulässig ist der erste zum Antrag zu 3) gestellte Hilfsantrag. Für diesen gelten die Erwägungen zum Antrag zu 3) in gleicher Weise (unter III 2 a). Der Antrag ist auf die Vereinbarkeit des Unterrichtungsschreibens der Beklagten und der DT AG mit den gesetzlichen Vorgaben nach § 613a Abs. 5 BGB gerichtet. Die ordnungsgemäße Unterrichtung ist für die fristgemäße Ausübung des Widerspruchsrechts durch den Kläger und damit für eine Vorfrage von Bedeutung. Gleiches gilt für die Möglichkeit etwaiger Schadensersatzforderungen des Klägers (dazu ErfK/Preis 11. Aufl. § 613a BGB Rn. 94), für die es derzeit zudem an jeglichem Vortrag mangelt.

84

c) Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts ist auch der weitere, äußerst hilfsweise gestellte Feststellungsantrag unzulässig.

85

Mit diesem Feststellungsantrag will der Kläger in der Sache für einen eventuellen zukünftigen Widerspruch geklärt wissen, ob dieser noch fristgerecht erfolgen kann, weil die Monatsfrist des § 613a Abs. 6 Satz 1 BGB noch nicht begonnen hat und in diesem Fall sein Widerspruchsrecht noch nicht verwirkt ist, § 242 BGB(s. dazu nur BAG 23. Juli 2009 - 8 AZR 538/08 - Rn. 42 ff. mwN, BAGE 131, 258). Der Kläger erstrebt insoweit durch Klärung einer abstrakten Rechtsfrage die Erstattung eines Rechtsgutachtens, mit dem er die Erfolgsaussichten eines eventuell noch von ihm auszuübenden Widerspruchs vorab geklärt wissen will. Für Rechtsgutachten sind die Gerichte für Arbeitssachen nicht zuständig. Zudem bliebe im Falle eines stattgebenden Urteils ungeklärt, ob ein späterer Widerspruch tatsächlich wirksam ausgeübt worden ist (soeben unter III 2 a aa).

        

    Bepler    

        

    Creutzfeldt    

        

    Treber    

        

        

        

    H. Klotz    

        

    Th. Hess    

                 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 6. April 2011, Az.: 1 Ca 184/11, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Vergabe eines Mitarbeiterparkplatzes in Kliniknähe.

2

Der Kläger (geb. am … 1957) ist seit dem 01.11.1988 bei der Beklagten als Krankenpfleger angestellt. Mit Bescheid vom 14.10.2008 wurde bei ihm ein Grad der Behinderung (GdB) von 40 festgestellt. Sein Antrag auf Feststellung eines höheren GdB und weiterer gesundheitlicher Merkmale für die Inanspruchnahme von Nachteilsausgleichen wurde mit Bescheid vom 10.07.2009 abgelehnt. Auf seinen Gleichstellungsantrag wurde er mit Bescheid vom 06.09.2011 mit Wirkung ab 01.06.2011 einem schwerbehinderten Menschen gleichgestellt.

3

Die Beklagte beschäftigt in D.-Stadt ca. 2.500 Arbeitnehmer. Für diese stehen ca. 600 Parkplätze im X. Parkhaus und ca. 85 Parkplätze im Parkhaus Z.-Straße (Ebene 1) zur Verfügung. Die Beklagte vermietet dem Kläger seit dem 01.09.2000 im X. Parkhaus einen Stellplatz. Von dort ist eine Wegstrecke von ca. 500 Metern bis zur Klinik zu Fuß zurückzulegen. Der Kläger begehrt einen Stellplatz im Parkhaus Z.-Straße, das unmittelbar am Klinikgelände liegt. Von dort müsste er nur 20 bis 50 Meter zu seinem Arbeitsplatz gehen.

4

Die Vergabekriterien der Beklagten, die mit dem Betriebsrat abgestimmt sind, sehen vor, dass frei werdende Parkplätze im Parkhaus Z.-Straße (Ebene 1) an Personen vermietet werden, die im X. Parkhaus einen Parkplatz haben, wobei die Vergabe bei mehreren Bewerbern in der Rangfolge der folgenden Kriterien erfolgt:

5

„Dienstbeginn vor 6:30 Uhr bzw. Dienstende nach 20:00 Uhr

Frauen vor Männer

Beschäftigungsdauer

Alter“

6

Die bisherigen Anträge des Klägers, ihm einen frei werdenden Stellplatz im Parkhaus Z.-Straße zu vermieten, blieben unter Verweis auf diese Vergabekriterien erfolglos. Daraufhin erhob er am 31.01.2011 Klage. Er ist der Ansicht, das Vergabekriterium „Frauen vor Männer“ verstoße gegen Art. 3 GG. Die Beklagte bevorzuge Frauen bei der Parkplatzvergabe gegenüber Männern ohne sachlichen Grund. Es müsse zumindest eine Härtefallregelung für Männer getroffen werden. Bei ihm liege wegen seiner schweren Gehbehinderung ein Härtefall vor, der eine Ausnahme gebiete.

7

Von einer weitergehenden Darstellung des unstreitigen Tatbestandes und des erstinstanzlichen Parteivorbringens wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen und auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 06.04.2011 (dort Seite 2-5 = Bl. 71 -74 d. A.) Bezug genommen.

8

Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,

9

festzustellen, dass die von der Beklagten aufgestellte „grundsätzliche Regelung der Parkplatzvergabe im W.-Klinikum“ insoweit unwirksam ist, als sie das Kriterium „Frauen vor Männer“ vorsieht,

10

festzustellen, dass die von der Beklagten aufgestellte „grundsätzliche Regelung der Parkplatzvergabe im W.-Klinikum“ insoweit unwirksam ist, als sie das Kriterium „Frauen vor Männer“ ohne Ausnahmemöglichkeit und ohne Härtefallregelung vorsieht,

11

hilfsweise die Beklagte zu verurteilen, über seinen Antrag vom 03.05.2010 auf Zuteilung eines Parkplatzes in der Z.-Straße (Untergeschoss Geländeparkhaus) sowie über seine weiteren diesbezügliche Anträge unter Nichtberücksichtigung des Vergabekriteriums „Frauen vor Männer“ neu zu entscheiden,

12

äußerst hilfsweise die Beklagte zu verurteilen, bei der Herstellung ihrer „Rankingliste“ betreffend die Vergabe der Parkplätze in der Z.-Straße (Untergeschoss Geländeparkhaus) in Bezug auf ihn das Kriterium „Frauen vor Männer“ nicht zu berücksichtigen und diese „Rankingliste“ entsprechend zu korrigieren.

13

Die Beklagte hat beantragt,

14

die Klage abzuweisen.

15

Das Arbeitsgericht hat die Klage mit Urteil vom 06.04.2011 abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, die Hauptanträge zu 1) und 2) seien unzulässig. Das Feststellungsbegehren des Klägers laufe auf die Erstellung eines Rechtsgutachtens hinaus. Die Hilfsanträge seien unbegründet. Die Beklagte sei weder verpflichtet, Anträge des Klägers auf Zuteilung eines Parkplatzes in der Z.-Straße unter Nichtberücksichtigung des Vergabekriteriums „Frauen vor Männer“ (neu) zu bescheiden, noch ihre „Rankingliste“ entsprechend zu korrigieren. Die Parkplatzvergabepraxis der Beklagten stelle keine sachfremde Diskriminierung von Männern dar, sondern knüpfe sachgerecht daran an, dass Frauen typischerweise häufiger Opfer von gewaltsamen (sexuellen) Übergriffen werden. Die Beklagte sei weder nach Art. 3 Abs. 2 GG noch nach dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz verpflichtet, den Grundsatz „Frauen vor Männer“ aufzugeben, zumal zwischen den Parteien außer Streit stehe, dass dem Kläger ein arbeitsplatznäherer Stellplatz zugewiesen werden müsste, sollte ihm ein GdB von 50 sowie das Merkzeichen „aG“ zuerkannt werden. Wegen weiterer der Einzelheiten der Entscheidungsgründe des Arbeitsgerichts wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG auf Seite 5 bis 6 des erstinstanzlichen Urteils vom 06.04.2011 (Bl. 74-75 d.A.) Bezug genommen.

16

Das genannte Urteil ist dem Kläger am 23.05.2011 zugestellt worden. Er hat mit am 06.06.2011 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt und diese gleichzeitig begründet.

17

Er ist der Ansicht, das Arbeitsgericht habe die Zulässigkeit seiner erstinstanzlichen Hauptanträge zu Unrecht verneint. Die Frage der Wirksamkeit der Parkplatzvergaberegelung beeinflusse sein Arbeitsverhältnis unmittelbar. Ansonsten müsse er einstweiligen Rechtsschutz in Anspruch nehmen, wenn ein Parkplatz frei werden sollte. Dies würde jedoch eine unmittelbare Rechtserschwerung bzw. Rechtsvereitelung darstellen, weil es vom Zufall abhänge, ob er vom Freiwerden eines Parkplatzes erfahre.

18

Das Kriterium „Frauen vor Männer“ bei der Parkplatzvergabe verstoße gegen das in Art. 3 GG verankerte Diskriminierungsverbot. Er sei zu 40 % schwerbehindert und in seiner Gehfähigkeit stark eingeschränkt, gleichwohl bevorzuge die Beklagte Frauen bei der Parkplatzvergabe. Das Argument der Beklagten, Frauen müssten vor Übergriffen geschützt werden, rechtfertige ihre Vergabepraxis nicht. Frauen, die Nachtdienst leisten, dürften (unstreitig) ohnehin kostenlos im Parkhaus Z.-Straße parken. Bisher habe sich ein Überfall auf eine Frau und ein Überfall auf einen Mann ereignet. Damit treffe das Argument, Frauen seien in D.-Stadt stärker gefährdet als Männer nicht zu. Frauen könnten sich auch vom hauseigenen Sicherheitsdienst nebst Wachhund vom Parkplatz in die Klinik und zurück begleiten lassen. Damit werde das Überfallrisiko auf Null reduziert. Die Begleitung sei wesentlich effektiver, als Frauen bei der Parkplatzvergabe zu bevorzugen. Im Übrigen sei die Regelung auch unangemessen, weil sie für Härtefälle keine Ausnahme vorsehe. So müsse zumindest für gehbehinderte Menschen eine Öffnungsklausel bestehen. Wegen weiterer Einzelheiten der Berufungsbegründung wird auf den Inhalt der Schriftsätze des Klägers vom 06.06.2011 (Bl. 95-104 d.A.) und vom 21.09.2011 (Bl. 139-141 d.A.), jeweils nebst Anlagen, Bezug genommen.

19

Der Kläger beantragt zweitinstanzlich,

20

das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 06.04.2011, Az.: 1 Ca 184/11, abzuändern und
festzustellen, dass die von der Beklagten aufgestellte „grundsätzliche Regelung der Parkplatzvergabe im D.“ insoweit unwirksam ist, als sie das Kriterium „Frauen vor Männer“ vorsieht,

21

hilfsweise festzustellen, dass die von der Beklagten aufgestellte „grundsätzliche Regelung der Parkplatzvergabe im D.“ insoweit unwirksam ist, als sie das Kriterium „Frauen vor Männer“ ohne Ausnahmemöglichkeit und ohne Härtefallregelung vorsieht,

22

höchst hilfsweise die Beklagte zu verurteilen, über seinen Antrag vom 03.05.2010 auf Zuteilung eines Parkplatzes in der Z.-Straße (Untergeschoss Geländeparkhaus) sowie über seine weiteren diesbezüglichen Anträge unter Nichtberücksichtigung des Vergabekriteriums „Frauen vor Männer“ neu zu entscheiden,

23

äußerst hilfsweise die Beklagte zu verurteilen, bei der Herstellung ihrer „Rankingliste“ betreffend die Vergabe der Parkplätze in der Z.-Straße (Untergeschoss Geländeparkhaus) in Bezug auf ihn das Kriterium „Frauen vor Männer“ nicht zu berücksichtigen und diese „Rankingliste“ entsprechend zu korrigieren.

24

Die Beklagte beantragt,

25

die Berufung zurückzuweisen.

26

Sie verteidigt das angefochtene Urteil nach Maßgabe ihrer Berufungserwiderung vom 08.07.2011 (Bl. 128- 132 d.A.), auf die Bezug genommen wird, als zutreffend.

27

Ergänzend wird auf den Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die zu den Sitzungsniederschriften getroffenen Feststellungen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.

28

Die Berufung des Klägers ist zulässig. Das Rechtsmittel ist nach § 64 ArbGG an sich statthaft. Die Berufung wurde gemäß §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG i.V.m. §§ 517, 519 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und auch inhaltlich ausreichend begründet.

II.

29

In der Sache hat die Berufung jedoch keinen Erfolg. Die Anträge des Klägers sind teilweise unzulässig, ansonsten unbegründet.

30

1. Das Arbeitsgericht hat zutreffend erkannt, dass die Klageanträge zu 1) und 2), die der Kläger zweitinstanzlich im Eventualverhältnis (Haupt- und Hilfsantrag) stellt, unzulässig sind. Nach § 256 ZPO muss für eine Feststellungsklage Gegenstand des Rechtsstreits die Feststellung eines Rechtsverhältnisses sein. Hieran fehlt es.

31

1.1. Rechtsverhältnis ist die rechtlich geregelte Beziehung einer Person zu einer anderen Person oder einer Sache. Kein Rechtsverhältnis sind bloße Tatfragen oder abstrakte Rechtsfragen. Die begehrte Feststellung, dass die Regelungen der Beklagten über die Vergabe von Stellplätzen im Parkhaus Z.-Straße unwirksam sind, weil sie das Kriterium „Frauen vor Männer“ enthalten, betrifft eine Vorfrage, jedoch nicht eine aus einem konkreten Sachverhalt sich ergebende Beziehung des Klägers zur Beklagten. Sie bezieht sich auf eine abstrakte Rechtsfrage, die bei der Prüfung künftiger Ansprüche des Klägers auf Vergabe eines freien Parkplatzes vorab zu prüfen ist. § 256 ZPO bezweckt aber nicht, Rechtsgutachten über Vorfragen mit Rechtskraftwirkung herbeizuführen. Dies hat bereits das Arbeitsgericht umfassend begründet. Diesen Ausführungen ist nichts hinzuzufügen.

32

Ein Feststellungsurteil würde auch den Streit der Parteien nicht endgültig erledigen. Auch hierauf hat das Arbeitsgericht zutreffend hingewiesen. Die begehrte Feststellung, dass das Vergabekriterium „Frauen vor Männer“ generell (Antrag zu 1) oder in Härtefällen (Antrag zu 2) unwirksam ist, schafft noch keinerlei Klarheit über einen Anspruch des Klägers auf den begehrten Stellplatz im Parkhaus Z.-Straße. Die Frage, ob die Beklagte ihr Ermessen bei der Vergabe eines freien Stellplatzes im Parkhaus Z.-Straße fehlerfrei ausgeübt hat, ist vielmehr im konkreten Einzelfall zu prüfen. Deshalb kann der Kläger das erforderliche Feststellungsinteresse auch nicht daraus herleiten, dass er ansonsten gezwungen sei, einstweiligen Rechtsschutz in Anspruch zu nehmen, wenn ein Stellplatz frei werde.

33

1.2. Mangels Zulässigkeit des Antrags zu 1) kann dahinstehen, ob die Beklagte bei der Entscheidung über die Vergabe von Stellplätzen im Parkhaus Z.-Straße das Kriterium „Frauen vor Männer“ berücksichtigen darf oder nicht. Die Beklagte bevorzugt Frauen bei der Vergabe von kliniknahen Parkplätzen gegenüber Männern. Die Berufungskammer teilt die Ansicht des Arbeitsgerichts, dass für diese unterschiedliche Behandlung wegen des Geschlechts ein sachlicher Grund vorliegt. Die Beklagte knüpft daran an, dass Frauen häufiger Opfer von gewaltsamen (sexuellen) Übergriffen werden. Dieser Sachgrund hat ein hinreichendes, die Bevorzugung bei der Parkplatzzuteilung rechtfertigendes Gewicht. Dies belegt auch die gesetzliche Regelung in § 20 AGG. Die Vorschrift regelt Rechtfertigungsgründe, bei welchen Differenzierungen aufgrund des Geschlechts erlaubt sind. § 20 Abs. 1 Satz 1 AGG stellt den Grundsatz auf, dass eine unterschiedliche Behandlung immer dann zulässig ist, wenn hierfür ein sachlicher Grund vorliegt. § 20 Abs. 1 Satz 2 AGG legt umfangreiche Regelbeispiele fest. Eine unterschiedliche Behandlung wegen des Geschlechts ist nach Nr. 2 gerechtfertigt, wenn diese dem Bedürfnis nach Schutz der Intimsphäre oder der persönlichen Sicherheit Rechnung trägt. Strukturell ähnelt der Rechtfertigungsgrund einer positiven Maßnahme (§ 5 AGG). Maßnahmen dieser Art - wie etwa die Bereithaltung von Frauenparkplätzen - sind sozial erwünscht und gesellschaftlich weithin akzeptiert. Die Vorschrift rechtfertigt Unterscheidungen nur dann, wenn sie aus nachvollziehbaren Gründen erfolgen. So sind Frauen generell einer größeren Gefahr als Männer ausgesetzt, Opfer von Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung zu werden (so ausdrücklich: Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung zur Umsetzung europäischer Richtlinien zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung vom 18.05.2006, BR-Drucksache 329/06, Seite 47). Es ist deshalb auch aus Sicht der Berufungskammer nicht zu beanstanden, wenn die Beklagte Frauen bei der Vergabe von Parkplätzen in unmittelbarer Kliniknähe bevorzugt.

34

1.3. Mangels Zulässigkeit des Antrags zu 2) kann ebenfalls dahinstehen, ob die Beklagte bei ihrer Ermessensentscheidung über die Stellplatzvergabe im Parkhaus Z.-Straße für „Härtefälle“ eine Ausnahmeregelung vorsehen muss. Jedenfalls vermag die Berufungskammer beim Kläger keinen „Härtefall“ zu erkennen, der die Beklagte zwänge, ihm wegen einer „starken Gehbehinderung“ einen Stellplatz zuzuweisen, der nur 20 bis 50 Meter von seinem Arbeitsplatz entfernt ist. Der Kläger ist mit einem GdB von 40 ein einfach behinderter Mensch. Ihm ist von der zuständigen Behörde weder ein GdB von mindestens 50 noch das Merkzeichen „G“, geschweige denn das Merkzeichen „aG“ zuerkannt worden. Damit fehlen die gesetzlich geforderten Voraussetzungen um eine erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr infolge einer behinderungsbedingten Einschränkung des Gehvermögens als erfüllt anzusehen. Es ist nicht ermessensfehlerhaft, wenn ein Arbeitgeber bei der Vergabe von Mitarbeiterparkplätzen für das Vorliegen einer erheblichen Gehbehinderung allein darauf abstellt, ob die zuständige Behörde die erforderlichen Feststellungen getroffen hat. Solange eine erhebliche Gehbehinderung des Klägers nicht mit Merkzeichen festgestellt ist, ist die Beklagte nicht gezwungen, zu seinen Gunsten einen „Härtefall“ anzunehmen. Daran ändert auch die Entscheidung der Bundesagentur für Arbeit vom 06.09.2011 über die Gleichstellung des Klägers nach § 2 Abs. 3 SGB IX nichts.

35

2. Der Klageantrag zu 3) ist teilweise unzulässig, ansonsten unbegründet. Der Kläger beantragt, höchst hilfsweise die Beklagte zu verurteilen, über seinen „Antrag vom 03.05.2010“ auf Zuteilung eines Parkplatzes sowie über seine „weiteren diesbezüglichen Anträge“ unter Nichtberücksichtigung des Vergabekriteriums „Frauen vor Männer“ neu zu entscheiden.

36

2.1. Die erste Alternative des Klageantrags zu 3) ist als Leistungsantrag zulässig, aber unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass die Beklagte über seinen Antrag vom 03.05.2010, ihm einen Stellplatz im Parkhaus Z.-Straße zuzuteilen, „neu entscheidet“. Für die begehrte „Neuentscheidung“ gibt es keine Anspruchsgrundlage. Die Beklagte hat den Antrag des Klägers mit Schreiben vom 01.06.2010 abgelehnt. Dabei hat sie bei der Auswahl der Bewerber um den damals frei gewordenen Parkplatz eine Ermessensentscheidung getroffen. Für die Beurteilung der Entscheidung galt daher die allgemeine Regel, wonach der Arbeitgeber billiges Ermessen dann wahrt, wenn er die wesentlichen Umstände des Einzelfalles und die beiderseitigen Interessen angemessen berücksichtigt.

37

Wenn es um die Überprüfung einer sich an § 315 BGB ausrichtenden Ermessensentscheidung geht, kommt von vornherein kein auf „Neubescheidung“ durch den Arbeitgeber gerichtetes Urteil in Betracht. Dem Gericht obliegt nicht nur die volle Überprüfung der Entscheidung des Bestimmungsberechtigten, sondern bei deren Unbilligkeit die Sachentscheidung. Das folgt aus § 315 Abs. 3 BGB. Danach steht dem Gericht ein Kontrollrecht über die Billigkeit der Bestimmung zu und für den Fall, dass die gesetzlichen Grenzen nicht eingehalten werden, das Recht zur eigenen Sachentscheidung. Das unterscheidet die Billigkeitskontrolle im Rahmen des Zivilrechts von der verwaltungsgerichtlichen Ermessenskontrolle. Das gilt auch dann, wenn die öffentliche Hand privatrechtlich als Arbeitgeber handelt (vgl. ausführlich: BAG Urteil vom 03.12.2002 - 9 AZR 457/01 - NZA-RR 2003, 613, m.w.N.).

38

2.2. Die zweite Alternative des Antrags zu 3) ist unzulässig. Der Kläger beantragt, dass die Beklagte (höchst hilfsweise) verurteilt wird, „über seine weiteren Anträge“ auf Zuteilung eines Parkplatzes in einem bestimmten Sinne zu entscheiden. Insoweit richtet sich die Klage auf Verurteilung zu „künftigen Entscheidungen“. Eine derartige Bescheidungsklage ist unzulässig. Der Kläger begehrt eine vorgezogene Rechtsschutzmöglichkeit, die im arbeitsgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehen ist. Es besteht kein Anlass, vorsorglich Rechtsfrage zu klären, die bei zukünftigen Entscheidungen über die Zuteilung eines Parkplatzes im Parkhaus Z.-Straße für den Kläger möglicherweise wesentlich sind. Die Beantwortung der Frage, ob das Kriterium „Frauen vor Männer“ bei der Zuteilung eines Parkplatzes im Parkhaus Z.-Straße bei zukünftigen Anträgen des Klägers berücksichtigt werden darf oder nicht, hätte nur die Bedeutung eines Rechtsgutachtens. Wenn in Zukunft ein Stellplatz im Parkhaus Z.-Straße freiwerden sollte, hat die Beklagte über einen Antrag des Klägers ermessensfehlerfrei zu befinden, sobald er gestellt wird. Die entscheidungserheblichen Gesichtspunkt in Bezug auf die Auswahl unter mehreren Bewerbern lassen sich nicht im Vorfeld bestimmen.

39

3. Der Klageantrag zu 4), den der Kläger äußerst hilfsweise stellt, ist unzulässig. Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass die Beklagte verurteilt wird, bei der Vergabe der Parkplätze im Parkhaus Z.-Straße in Bezug auf ihn das Kriterium „Frauen vor Männer“ nicht zu berücksichtigen und ihre „Rankingliste“ entsprechend zu korrigieren. Das läuft auf eine Art „Vorratsklage“ hinaus, die in der Zivilprozessordnung keine Stütze findet. Der Kläger hat gegenüber der Beklagten einen Anspruch auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung, wenn in Zukunft ein Parkplatz frei werden sollte. Für eine vorgezogene Anrufung des Gerichts fehlt das für jede Rechtsverfolgung vor Gericht erforderliche Rechtsschutzbedürfnis.

III.

40

Nach alledem ist die Berufung des Klägers mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.

41

Ein Grund, der nach den hierfür maßgeblichen gesetzlichen Kriterien des § 72 Abs. 2 ArbGG die Zulassung der Revision rechtfertigen könnte, besteht nicht.

(1) Die Erhebung der Klage erfolgt durch Zustellung eines Schriftsatzes (Klageschrift).

(2) Die Klageschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung der Parteien und des Gerichts;
2.
die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruchs, sowie einen bestimmten Antrag.

(3) Die Klageschrift soll ferner enthalten:

1.
die Angabe, ob der Klageerhebung der Versuch einer Mediation oder eines anderen Verfahrens der außergerichtlichen Konfliktbeilegung vorausgegangen ist, sowie eine Äußerung dazu, ob einem solchen Verfahren Gründe entgegenstehen;
2.
die Angabe des Wertes des Streitgegenstandes, wenn hiervon die Zuständigkeit des Gerichts abhängt und der Streitgegenstand nicht in einer bestimmten Geldsumme besteht;
3.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(4) Außerdem sind die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze auch auf die Klageschrift anzuwenden.

(5) Die Klageschrift sowie sonstige Anträge und Erklärungen einer Partei, die zugestellt werden sollen, sind bei dem Gericht schriftlich unter Beifügung der für ihre Zustellung oder Mitteilung erforderlichen Zahl von Abschriften einzureichen. Einer Beifügung von Abschriften bedarf es nicht, soweit die Klageschrift elektronisch eingereicht wird.

(1) Der Arbeitgeber hat die wesentlichen Vertragsbedingungen des Arbeitsverhältnisses innerhalb der Fristen des Satzes 4 schriftlich niederzulegen, die Niederschrift zu unterzeichnen und dem Arbeitnehmer auszuhändigen. In die Niederschrift sind mindestens aufzunehmen:

1.
der Name und die Anschrift der Vertragsparteien,
2.
der Zeitpunkt des Beginns des Arbeitsverhältnisses,
3.
bei befristeten Arbeitsverhältnissen: das Enddatum oder die vorhersehbare Dauer des Arbeitsverhältnisses,
4.
der Arbeitsort oder, falls der Arbeitnehmer nicht nur an einem bestimmten Arbeitsort tätig sein soll, ein Hinweis darauf, daß der Arbeitnehmer an verschiedenen Orten beschäftigt werden oder seinen Arbeitsort frei wählen kann,
5.
eine kurze Charakterisierung oder Beschreibung der vom Arbeitnehmer zu leistenden Tätigkeit,
6.
sofern vereinbart, die Dauer der Probezeit,
7.
die Zusammensetzung und die Höhe des Arbeitsentgelts einschließlich der Vergütung von Überstunden, der Zuschläge, der Zulagen, Prämien und Sonderzahlungen sowie anderer Bestandteile des Arbeitsentgelts, die jeweils getrennt anzugeben sind, und deren Fälligkeit sowie die Art der Auszahlung,
8.
die vereinbarte Arbeitszeit, vereinbarte Ruhepausen und Ruhezeiten sowie bei vereinbarter Schichtarbeit das Schichtsystem, der Schichtrhythmus und Voraussetzungen für Schichtänderungen,
9.
bei Arbeit auf Abruf nach § 12 des Teilzeit- und Befristungsgesetzes:
a)
die Vereinbarung, dass der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung entsprechend dem Arbeitsanfall zu erbringen hat,
b)
die Zahl der mindestens zu vergütenden Stunden,
c)
der Zeitrahmen, bestimmt durch Referenztage und Referenzstunden, der für die Erbringung der Arbeitsleistung festgelegt ist, und
d)
die Frist, innerhalb derer der Arbeitgeber die Lage der Arbeitszeit im Voraus mitzuteilen hat,
10.
sofern vereinbart, die Möglichkeit der Anordnung von Überstunden und deren Voraussetzungen,
11.
die Dauer des jährlichen Erholungsurlaubs,
12.
ein etwaiger Anspruch auf vom Arbeitgeber bereitgestellte Fortbildung,
13.
wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer eine betriebliche Altersversorgung über einen Versorgungsträger zusagt, der Name und die Anschrift dieses Versorgungsträgers; die Nachweispflicht entfällt, wenn der Versorgungsträger zu dieser Information verpflichtet ist,
14.
das bei der Kündigung des Arbeitsverhältnisses von Arbeitgeber und Arbeitnehmer einzuhaltende Verfahren, mindestens das Schriftformerfordernis und die Fristen für die Kündigung des Arbeitsverhältnisses, sowie die Frist zur Erhebung einer Kündigungsschutzklage; § 7 des Kündigungsschutzgesetzes ist auch bei einem nicht ordnungsgemäßen Nachweis der Frist zur Erhebung einer Kündigungsschutzklage anzuwenden,
15.
ein in allgemeiner Form gehaltener Hinweis auf die auf das Arbeitsverhältnis anwendbaren Tarifverträge, Betriebs- oder Dienstvereinbarungen sowie Regelungen paritätisch besetzter Kommissionen, die auf der Grundlage kirchlichen Rechts Arbeitsbedingungen für den Bereich kirchlicher Arbeitgeber festlegen.
Der Nachweis der wesentlichen Vertragsbedingungen in elektronischer Form ist ausgeschlossen. Dem Arbeitnehmer ist die Niederschrift mit den Angaben nach Satz 2 Nummer 1, 7 und 8 spätestens am ersten Tag der Arbeitsleistung, die Niederschrift mit den Angaben nach Satz 2 Nummer 2 bis 6, 9 und 10 spätestens am siebten Kalendertag nach dem vereinbarten Beginn des Arbeitsverhältnisses und die Niederschrift mit den übrigen Angaben nach Satz 2 spätestens einen Monat nach dem vereinbarten Beginn des Arbeitsverhältnisses auszuhändigen.

(1a) Wer einen Praktikanten einstellt, hat unverzüglich nach Abschluss des Praktikumsvertrages, spätestens vor Aufnahme der Praktikantentätigkeit, die wesentlichen Vertragsbedingungen schriftlich niederzulegen, die Niederschrift zu unterzeichnen und dem Praktikanten auszuhändigen. In die Niederschrift sind mindestens aufzunehmen:

1.
der Name und die Anschrift der Vertragsparteien,
2.
die mit dem Praktikum verfolgten Lern- und Ausbildungsziele,
3.
Beginn und Dauer des Praktikums,
4.
Dauer der regelmäßigen täglichen Praktikumszeit,
5.
Zahlung und Höhe der Vergütung,
6.
Dauer des Urlaubs,
7.
ein in allgemeiner Form gehaltener Hinweis auf die Tarifverträge, Betriebs- oder Dienstvereinbarungen, die auf das Praktikumsverhältnis anzuwenden sind.
Absatz 1 Satz 3 gilt entsprechend.

(2) Hat der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung länger als vier aufeinanderfolgende Wochen außerhalb der Bundesrepublik Deutschland zu erbringen, so hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer vor dessen Abreise die Niederschrift nach Absatz 1 Satz 1 mit allen wesentlichen Angaben nach Absatz 1 Satz 2 und folgenden zusätzlichen Angaben auszuhändigen:

1.
das Land oder die Länder, in dem oder in denen die Arbeit im Ausland geleistet werden soll, und die geplante Dauer der Arbeit,
2.
die Währung, in der die Entlohnung erfolgt,
3.
sofern vereinbart, mit dem Auslandsaufenthalt verbundene Geld- oder Sachleistungen, insbesondere Entsendezulagen und zu erstattende Reise-, Verpflegungs- und Unterbringungskosten,
4.
die Angabe, ob eine Rückkehr des Arbeitnehmers vorgesehen ist, und gegebenenfalls die Bedingungen der Rückkehr.

(3) Fällt ein Auslandsaufenthalt nach Absatz 2 in den Anwendungsbereich der Richtlinie 96/71/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 1996 über die Entsendung von Arbeitnehmern im Rahmen der Erbringung von Dienstleistungen (ABl. L 18 vom 21.1.1997, S. 1), die durch die Richtlinie (EU) 2018/957 (ABl. L 173 vom 9.7.2018, S. 16) geändert worden ist, muss die Niederschrift nach Absatz 1 Satz 1 neben den Angaben nach Absatz 2 auch folgende zusätzliche Angaben enthalten:

1.
die Entlohnung, auf die der Arbeitnehmer nach dem Recht des Mitgliedstaats oder der Mitgliedstaaten, in dem oder in denen der Arbeitnehmer seine Arbeit leisten soll, Anspruch hat,
2.
den Link zu der einzigen offiziellen nationalen Website, die der Mitgliedstaat, in dem der Arbeitnehmer seine Arbeit leisten soll, betreibt nach Artikel 5 Absatz 2 Buchstabe a der Richtlinie 2014/67/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Mai 2014 zur Durchsetzung der Richtlinie 96/71/EG über die Entsendung von Arbeitnehmern im Rahmen der Erbringung von Dienstleistungen und zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 1024/2012 über die Verwaltungszusammenarbeit mit Hilfe des Binnenmarkt-Informationssystems – („IMI-Verordnung“) (ABl. L 159 vom 28.5.2014, S. 11).

(4) Die Angaben nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 bis 8 und 10 bis 14 können ersetzt werden durch einen Hinweis auf die auf das Arbeitsverhältnis anwendbaren Tarifverträge, Betriebs- oder Dienstvereinbarungen sowie Regelungen paritätisch besetzter Kommissionen, die auf der Grundlage kirchlichen Rechts Arbeitsbedingungen für den Bereich kirchlicher Arbeitgeber festlegen. Ist in den Fällen des Absatzes 1 Satz 2 Nummer 11 und 14 die jeweilige gesetzliche Regelung maßgebend, so kann hierauf verwiesen werden. Die Angaben nach Absatz 2 Nummer 2 und Absatz 3 Nummer 1 können ersetzt werden durch einen Hinweis auf konkrete Bestimmungen der einschlägigen Rechts- und Verwaltungsvorschriften und Satzungen oder Tarifverträge, Betriebs- oder Dienstvereinbarungen sowie Regelungen paritätisch besetzter Kommissionen, die auf der Grundlage kirchlichen Rechts Arbeitsbedingungen für den Bereich kirchlicher Arbeitgeber festlegen.

(5) Wenn dem Arbeitnehmer ein schriftlicher Arbeitsvertrag ausgehändigt worden ist, entfällt die Verpflichtung nach den Absätzen 1, 2 und 3, soweit der Vertrag die in den Absätzen 1 bis 4 geforderten Angaben enthält.

Tenor

1. Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg - Kammern Freiburg - vom 21. Oktober 2008 - 22 Sa 35/08 - aufgehoben.

2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über einen Jahresbonus für das Jahr 2007.

2

Die Klägerin war vom 1. Januar 1998 bis zum 31. Dezember 2007 bei der Beklagten beschäftigt. Das monatliche Grundgehalt betrug zuletzt 5.040,00 Euro. Darüber hinaus sollte die Klägerin gemäß dem schriftlichen Arbeitsvertrag ein 13. Monatsgehalt erhalten. Ihr wurde außerdem ein Dienst-Pkw zur privaten Nutzung zur Verfügung gestellt. Die Klägerin ist die ehemalige Ehefrau des Geschäftsführers der Beklagten. Gegenüber den Mitarbeitern der Beklagten war sie die „Chefin“ und erledigte über die Buchhaltungsarbeiten hinaus weitere Leitungsaufgaben. Das Arbeitsverhältnis wurde nach arbeitgeberseitiger Kündigung, die nach Scheitern der Ehe insbesondere mit einem Vertrauensverlust begründet worden war, durch einen gerichtlichen Vergleich beendet.

3

Nachdem die Klägerin in den Jahren 1998 und 1999 von ihrem Ehemann einen Teil von dessen Jahresbonus erhalten hatte, zahlte die Beklagte ihr für die Kalenderjahre 2000 bis 2006 ausweislich der Gehaltsabrechnungen jeweils zusammen mit dem Dezembergehalt einen „Jahresbonus“, und zwar im Jahr 2000 52.000,00 DM(26.587,18 Euro), im Jahr 2001 57.000,00 DM (29.143,64 Euro), im Jahr 2002 35.000,00 Euro, im Jahr 2003 50.000,00 Euro, im Jahr 2004 52.000,00 Euro und in den Jahren 2005 und 2006 jeweils 57.500,00 Euro. Dessen Höhe wurde der Klägerin jeweils im Rahmen eines Telefonats mit dem in den USA lebenden Gesellschafter Herrn D mitgeteilt. Für das Jahr 2007 erhielt die Klägerin keinen Jahresbonus.

4

Die Klägerin ist der Ansicht, ihr stehe auch für das Jahr 2007 ein Jahresbonus zu. Der Anspruch hierauf sei konkludent vereinbart worden. Es habe eine betriebliche Übung bestanden. Dabei müsse insbesondere berücksichtigt werden, dass sie im Gegensatz zu den übrigen Angestellten keinen Freiwilligkeitsvorbehalt unterzeichnet habe. Der Jahresbonus stelle auch keine in jedem Jahr nach „Gutdünken“ gewährte Leistung der Beklagten dar. Vielmehr habe er regelmäßig ca. 45 % ihres Jahresgehalts entsprochen und sei zuletzt gleichgeblieben.

5

Die Klägerin hat zuletzt beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an sie 57.500,00 Euro brutto nebst Zinsen hieraus iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB seit 1. Januar 2008 zu bezahlen.

6

Die Beklagte hat zu ihrem Klageabweisungsantrag die Ansicht vertreten, aus den bisherigen Zahlungen ergebe sich kein Anspruch auf einen weiteren Jahresbonus. Dieser sei jedes Jahr erneut durch eine Absprache zwischen dem Gesellschafter und dem Geschäftsführer ausgehandelt worden. Dabei habe der Geschäftsführer erklärt, dass ein Teil des eigentlich ihm zustehenden Jahresbonus an seine damalige Ehefrau gezahlt werden solle. Der Gesellschafter habe verstanden, dass der Geschäftsführer seiner Ehefrau auf diese Art und Weise eine auf das Jahresende ausgerichtete Weihnachtsfreude mit Symbolwert unter Partnern einer intakten Beziehung habe bereiten wollen. Mit der arbeitsvertraglich geschuldeten Leistung der Klägerin habe dies nichts zu tun. Die Klägerin sei durch die Zahlung des Grundgehalts bereits angemessen vergütet worden. Sie habe als Buchhalterin, anders als der Geschäftsführer, den Erfolg des Unternehmens nicht maßgeblich beeinflusst. Darüber hinaus folge aus der unterschiedlichen Höhe der Zahlungen, dass die Klägerin von keinem dauerhaften Anspruch habe ausgehen dürfen. Die Berechnung der Klägerin, wonach der Jahresbonus in etwa 45 % des Jahresgehalts betragen habe, sei nicht nachvollziehbar.

7

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihren Klageantrag weiter.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision der Klägerin ist begründet und führt zur Aufhebung des Urteils und Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht.

9

I. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, dass sich der Anspruch auf die Zahlung eines Jahresbonus für das Jahr 2007 nicht aus betrieblicher Übung ergebe. Ein kollektiver Bezug fehle. Auch unter Berücksichtigung des tatsächlichen Verhaltens der Beklagten in der Vergangenheit habe die Klägerin nicht davon ausgehen dürfen, dass ihr auch für die Zukunft ein Jahresbonus in bestimmter Höhe zustehe. Gegen einen dauerhaften Anspruch spreche bereits die unterschiedliche Höhe der Zahlungen. Es sei nicht erkennbar, dass der Bonus sich nach einem abstrakten Berechnungsmodell gerichtet habe. Die von der Klägerin behauptete und auf das Jahresgehalt abstellende Berechnungsmethode sei ungewöhnlich und nicht nachvollziehbar. Sofern die übrigen Mitarbeiter einen Freiwilligkeitsvorbehalt unterschrieben haben sollten, sei bereits fraglich, ob die Klägerin angesichts der beachtlichen Höhe der Bonuszahlungen mit diesen verglichen werden könne. Das Fehlen eines Freiwilligkeitsvorbehalts reiche für die Annahme einer dauerhaften Verpflichtung nicht aus. Der Anspruch ergebe sich nach denselben Erwägungen auch nicht aus einer konkludenten Vertragsänderung; aus dem Verhalten der Beklagten könne nicht geschlossen werden, sie habe sich auch für die Zukunft zur Zahlung verpflichten wollen.

10

II. Mit dieser Begründung kann die Klage nicht abgewiesen werden.

11

1. Zutreffend ist das Landesarbeitsgericht zunächst davon ausgegangen, dass die Klägerin die Voraussetzungen eines Anspruchs aus betrieblicher Übung nicht dargetan hat. Eine betriebliche Übung bezieht sich auf eine Vielzahl von Arbeitnehmern oder zumindest auf eine abgrenzbare Gruppe von Arbeitnehmern, ohne dass individuelle Besonderheiten die vertraglichen Beziehungen gestalten. Das Rechtsinstitut der betrieblichen Übung enthält ein kollektives Element(vgl. BAG 11. April 2006 - 9 AZR 500/05 - Rn. 15, BAGE 118, 16; 6. Dezember 1995 - 10 AZR 123/95 - zu II 1 der Gründe, AP BGB § 611 Gratifikation Nr. 186 = EzA BGB § 242 Gleichbehandlung Nr. 68).

12

Selbst wenn auch an andere Arbeitnehmer Sonderleistungen erbracht worden sind, sind diese gemäß dem Vortrag der Klägerin nicht mit der von ihr begehrten Leistung vergleichbar. Nur sie sollte danach entsprechend ihrer herausgehobenen Stellung einen Anspruch auf einen Bonus erwerben.

13

2. Aus demselben Grund scheitert ein Anspruch aus dem Gesichtspunkt des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes.

14

3. Allerdings hat das Landesarbeitsgericht nicht ausreichend berücksichtigt, dass sich ein Anspruch aufgrund einer individuellen arbeitsvertraglichen konkludenten Abrede ergeben kann.

15

a) Es kann dahinstehen, ob es sich wegen des Einzelfallcharakters der Zahlungen um eine sogenannte nichttypische Erklärung handelt, deren Würdigung nur einer eingeschränkten Überprüfung durch den Senat unterliegt(vgl. BAG 20. Februar 2001 - 9 AZR 46/00 - zu II 2 der Gründe, AP TVG § 1 Tarifverträge: Gaststätten Nr. 11 = EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 139), oder ob der Erklärungswert des Verhaltens der Beklagten in vollem Umfang revisionsrechtlich zu überprüfen ist. Auch einer eingeschränkten Überprüfung hält die Beurteilung des Landesarbeitsgerichts nicht stand, denn es hat eine mögliche Auslegung nicht in Erwägung gezogen und erheblichen Vortrag der Parteien nicht aufgeklärt und gewürdigt.

16

b) Das Landesarbeitsgericht hat festgestellt, dass die Klägerin seit Beginn des Arbeitsverhältnisses jährliche Bonuszahlungen erhielt, wobei ab dem Jahr 2000 die Zahlungen mit der Dezemberabrechnung erfolgten und von ca. 26.500,00 Euro im Jahr 2000 auf 57.500,00 Euro im Jahr 2005 in unterschiedlichem Maß anstiegen und im Jahr 2006 gleichblieben. Dabei hatte der Gesellschafter der Beklagten(Herr D) der Klägerin jeweils mitgeteilt, dass sie einen Jahresbonus in bestimmter Höhe erhalten werde. Ein Freiwilligkeitsvorbehalt wurde nicht erklärt. Die Klägerin hat hierzu behauptet, nur die Höhe der Zahlung sei jeweils von der Beklagten festgelegt worden, wobei der Gesellschafter entschieden habe, dass auch bei einem gegenüber dem Vorjahr schlechteren Jahresergebnis keine Kürzung erfolge und bei guten Jahresergebnissen der Bonus jedes Mal erhöht werde. Er habe dazu geäußert, schließlich sei der Einsatz der Klägerin gleich wie im Vorjahr gewesen, weshalb eine Kürzung nicht gerechtfertigt sei.

17

c) Aus diesem tatsächlichen Verhalten im Zusammenhang mit den behaupteten Äußerungen des Gesellschafters kann ein Angebot der Beklagten gefolgert werden, das die Klägerin durch schlüssiges Verhalten angenommen hat(§ 151 BGB). Das Landesarbeitsgericht hat die Möglichkeit der Auslegung einer Zusage dem Grunde nach übergangen und damit die §§ 133, 157 BGB verletzt. Es hat rechtsfehlerhaft einen individualrechtlichen Anspruch schon deshalb verneint, weil die Zahlung nicht in einer bestimmten Höhe zugesagt worden sei. Es ist aber gerade typisch für einen Bonusanspruch, dass dieser abhängig ist von verschiedenen Komponenten, wie zB dem Betriebsergebnis und/oder einer persönlichen Leistung, und daher schwankt. Es erscheint ohne Weiteres möglich, dass aufgrund der jährlichen Zahlungen in Verbindung mit dem tatsächlichen Verhalten der Beklagten die Annahme der Klägerin gerechtfertigt war, die Beklagte wolle sich hinsichtlich der Bonuszahlungen in irgendeiner Weise auf Dauer binden. Sollte über den Grund des Anspruchs jedes Jahr neu entschieden werden, hätte es nahe gelegen, auf die Einmaligkeit der Zahlung besonders hinzuweisen.

18

4. Der Senat kann aufgrund des festgestellten Sachverhalts weder über den Anspruch selbst noch zur Höhe abschließend entscheiden.

19

a) Hinsichtlich des Anspruchsgrundes unterliegt es der tatrichterlichen Prüfung, ob und gegebenenfalls inwieweit die Beklagte den Vortrag der Klägerin über die Äußerungen des Gesellschafters der Beklagten bestritten hat(§ 138 Abs. 3 ZPO). Zu klären ist weiterhin, ob der Vortrag der Beklagten, die Zahlungen seien nach freiem Belieben intern festgesetzt worden, den Grund oder nur die Höhe der Zahlung betraf. Denkbar ist auch, dass die Beklagte behaupten wollte, dass sich sowohl Grund als auch Höhe des Anspruchs nach dem Bonusanspruch des Geschäftsführers richten sollten. Wenn dieser einen dauerhaften Bonusanspruch hatte, kann das dafür sprechen, dass auch die Klägerin in Zukunft einen solchen Anspruch erhalten sollte. Ob der Ehemann auf einen Teil seiner Leistung verzichten und ob er seiner Ehefrau etwas verschaffen wollte, ist im Verhältnis der Parteien unerheblich. Zu klären ist, was die Eheleute betreffend den Bonus untereinander besprochen haben, und ob der arbeitsvertraglich ausdrücklich begründete Anspruch der Klägerin auf ein 13. Monatsgehalt eine Rolle spielt, ob zB der Bonus an die Stelle des 13. Monatsgehalts getreten ist. Dies wird aus den vorgelegten Abrechnungen und dem vorgetragenen Jahreseinkommen nicht deutlich.

20

Den Parteien ist Gelegenheit zu geben, zu diesen Fragen weiter vorzutragen und Beweis anzutreten.

21

b) Ergibt sich ein Anspruch dem Grunde nach, ist der Beklagten im Rahmen einer abgestuften Darlegungs- und Beweislast Gelegenheit zu geben, dazu vorzutragen, nach welchen Kriterien die Höhe der Zahlung bestimmt wurde. Auch wenn die Klägerin hierzu bisher keine nachvollziehbare Regel vorgetragen hat, ist immerhin ein Ansteigen feststellbar. Es liegt nahe, dass der Bonusanspruch sich nach dem jeweiligen Geschäftsergebnis gerichtet hat, solange er anstieg. Eine Rolle mag auch spielen, in welcher Höhe der Geschäftsführer der Beklagten im jeweiligen Jahr einen Bonusanspruch erhalten hat, hieraus kann sich gegebenenfalls ein bestimmter Bruchteil ergeben, den die Klägerin erhalten sollte.

22

In Betracht kommt die Anwendung des § 612 Abs. 2 BGB. Da weder eine taxmäßige noch eine übliche Bonusvergütung ersichtlich ist, ist die Höhe, wenn eine ergänzende Vertragsauslegung ebenfalls ausscheidet, durch die Beklagte nach § 315 Abs. 1 bis 3 BGB zu bestimmen. Ggf. hat das Landesarbeitsgericht die Höhe des Bonus gem. § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB durch Urteil festzusetzen.

23

Im Gegensatz zur Auffassung des Landesarbeitsgerichts handelt es sich bei dem Anspruch auf die Zahlung eines dem billigen Ermessen entsprechenden Bonus nicht um einen gesonderten, von der Klägerin bisher nicht geltend gemachten Streitgegenstand. Der Streitgegenstand im Zivilprozess betrifft weder umfassend eine bestimmte Rechtsfolge noch lediglich einen bestimmten materiell-rechtlichen Anspruch. Nach § 322 Abs. 1 ZPO ergibt sich der als Rechtsschutzbegehren aufgefasste prozessuale Anspruch durch den Klageantrag und den dazugehörigen Lebenssachverhalt, aus dem der Kläger die begehrte Rechtsfolge herleitet(BAG 18. November 2008 - 3 AZR 970/06 - Rn. 14, AP BGB § 242 Ruhegehalt - Pensionskassen Nr. 6; 17. April 2002 - 5 AZR 400/00 - zu II 1 der Gründe, AP ZPO § 322 Nr. 34). Der Anspruch auf die nach billigem Ermessen festzusetzende Bonuszahlung basiert auf demselben Lebenssachverhalt wie der Anspruch auf einen bestimmten konkludent vereinbarten oder üblichen Bonus, nämlich auf einer Absprache der Parteien (vgl. BGH 4. April 2006 - X ZR 122/05 - BGHZ 167, 139). Im Anwendungsbereich von § 315 Abs. 3 BGB kann die Klage auch unmittelbar auf Zahlung des nach Meinung des Gläubigers angemessenen Betrags gerichtet werden, ohne dass ein gesondertes Gestaltungsurteil ergehen müsste(vgl. BGH 26. September 2006 - X ZR 181/03 - mwN, NJW-RR 2007, 103). Der Anspruch der Klägerin richtet sich bei natürlicher Betrachtungsweise auf ein einheitliches Ziel (vgl. BGH 19. November 2003 - VIII ZR 60/03 - BGHZ 157, 47).

        

    Mikosch    

        

    Marquardt    

        

    Mestwerdt    

        

        

        

    Hintloglou    

        

    Schlegel    

                 

Tenor

1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 20. Januar 2010 - 9 Sa 642/09 - aufgehoben, soweit es auf die Berufung der Beklagten das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 27. März 2009 - 1 Ca 6884/08 - abgeändert hat.

2. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 27. März 2009 - 1 Ca 6884/08 - wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Beklagte Zinsen aus 15.300,00 Euro erst seit dem 15. April 2008, Zinsen aus 29.000,00 Euro erst seit dem 15. April 2009 und Zinsen aus 47.000,00 Euro erst seit dem 15. April 2010 zu zahlen hat.

3. Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen. Im Übrigen haben der Kläger 3/4 und die Beklagte 1/4 der Kosten des Rechtsstreits, einschließlich der Kosten des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens, zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten noch über Zahlungen iHv. insgesamt 91.300,00 Euro, die von der Beklagten als „Gratifikationen“ bezeichnet und von dem künftigen Bestand des Arbeitsverhältnisses abhängig gemacht worden sind.

2

Der Kläger trat aufgrund Anstellungsvertrags vom 17. Dezember 2002 am 1. Januar 2003 als Wertpapierhändler in die Dienste der Beklagten. Das Arbeitsverhältnis endete durch ordentliche Kündigung des Klägers vom 28. März 2008 am 30. Juni 2008. Zuletzt erhielt der Kläger ein monatliches Gehalt iHv. 4.500,00 Euro brutto.

3

Mit Schreiben vom 9. März 2005 teilte die Beklagte dem Kläger Folgendes mit:

        

„...   

        

wir freuen uns Ihnen mitteilen zu dürfen, dass wir Ihnen auf Grund Ihres Beitrages zum Erfolg unseres Unternehmens im Geschäftsjahr 2004 eine freiwillige einmalige Sonderzahlung in Höhe von EUR 15.300,00 brutto zahlen werden. Wir weisen darauf hin, dass die Sonderzahlung stets unter dem Widerspruchsvorbehalt steht und eine etwaige wiederholte Zahlung keinen Rechtsanspruch auf zukünftige Zahlung begründet.

        

Neben der vorgenannten Sonderzahlung möchten wir Ihnen mitteilen, dass wir für den Fall, dass das mit Ihnen bestehende Arbeitsverhältnis am 15. April 2008 ungekündigt fortbesteht, Ihnen eine Gratifikation in Höhe von EUR 15.300,00 brutto zur Honorierung der Betriebszugehörigkeit zahlen werden.

        

Um die Auskehrung der einmaligen freiwilligen Sonderzahlung veranlassen zu können, bitten wir Sie der guten Ordnung halber und zum Zeichen Ihres Einverständnisses, die Zweitschrift dieses Briefes unterschrieben zurückzugeben.

        

...“   

4

Der Kläger unterzeichnete das Schreiben.

5

Mit im Wesentlichen gleichlautenden Schreiben von März 2006 und März 2007 erklärte die Beklagte, dem Kläger für die vorangegangenen Geschäftsjahre jeweils eine Erfolgsbeteiligung (29.000,00 Euro brutto für 2005 und 50.000,00 Euro brutto für 2006) sowie einen weiteren Betrag für den Fall des ungekündigten Bestands des Arbeitsverhältnisses am 15. April 2009 (29.0000,00 Euro brutto) bzw. 15. April 2010 (47.000,00 Euro brutto) zahlen zu wollen. Auch diese Schreiben unterzeichnete der Kläger.

6

Der Kläger hat vorgetragen, tatsächlich handle es sich bei den in den drei Schreiben genannten „Sonderzahlungen“ und „Gratifikationen“ um Bonusansprüche. Bei seiner Einstellung sei ihm erklärt worden, er erhalte einen Bonus iHv. 20 % des von ihm erwirtschafteten Gewinns, und zwar in zwei gleich hohen Beträgen, wobei die erste Hälfte zum 15. April des Folgejahres und die zweite Hälfte drei Jahre später gezahlt werde, sofern bis dahin das Arbeitsverhältnis ungekündigt fortbestehe.

7

Der Kläger hat beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 91.300,00 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 15.300,00 Euro seit dem 15. April 2008, aus 29.000,00 Euro seit dem 15. April 2009 und aus 47.000,00 Euro seit dem 15. April 2010 zu zahlen.

8

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat vorgetragen, eine Bonuszusage sei weder dem Kläger noch anderen bei ihr als Händler beschäftigten Arbeitnehmern erteilt worden. Sie entscheide für jedes Geschäftsjahr erneut, ob in Anbetracht der persönlichen Leistung des Arbeitnehmers eine einmalige leistungsabhängige Prämie gezahlt werde. Die Entscheidung werde nach Gutdünken getroffen und nicht nach festen Berechnungsgrundlagen. Aus den drei Schreiben ergebe sich, dass es sich bei den zugesagten Beträgen einerseits um freiwillige einmalige Sonderzahlungen, andererseits um Treueprämien gehandelt habe, deren Auszahlung zulässigerweise an die - hier nicht eingetretene - Bedingung geknüpft worden sei, dass das Arbeitsverhältnis nach Ablauf von drei Jahren noch ungekündigt fortbestehe.

9

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat sie abgewiesen. Mit der vom Senat zugelassenen Revision erstrebt der Kläger die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision hat Erfolg. Die Klage ist in dem noch anhängigen Umfang begründet. Dem Kläger stehen die erhobenen Vergütungsansprüche aufgrund der Vereinbarungen vom 9. März 2005, 16. März 2006 und 29. März 2007 zu. Die betreffenden Vereinbarungen sind Allgemeine Geschäftsbedingungen. Sie regeln Zahlungsansprüche, die an den jeweils im vorausgegangenen Jahr vom Kläger erbrachten Beitrag zum Unternehmenserfolg anknüpfen und gleichzeitig die künftige Betriebstreue honorieren sollen (unter I 1). Zwar ist die jeweils genannte Voraussetzung, nämlich der ungekündigte Bestand des Arbeitsverhältnisses jeweils am 15. April der Jahre 2008, 2009 und 2010, nicht erfüllt. Das ist jedoch unschädlich, weil die Vereinbarung dieser Anspruchsvoraussetzung nach § 307 Abs. 1 Satz 1 iVm. Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 BGB unwirksam ist (unter I 2).

11

I. Grundlage der Vergütungsansprüche ist die jeweils im zweiten Absatz der Vereinbarungen vom 9. März 2005, 16. März 2006 und 29. März 2007 gleichlautend getroffene Regelung.

12

1. Darin verpflichtet sich die Beklagte jeweils zur Zahlung eines bestimmten Betrags. Die jeweilige Zusage knüpft an die Leistung des Klägers im vorangegangenen Jahr an und bestimmt zugleich die Honorierung der Betriebstreue zum Leistungszweck.

13

a) Die Vereinbarungen sind Allgemeine Geschäftsbedingungen.

14

aa) Die jeweiligen Schreiben an den Kläger enthalten Vertragsbedingungen, die von der Beklagten zur Verwendung für eine Vielzahl von Verträgen vorformuliert und dem Kläger bei Vertragsabschluss gestellt wurden. Wird ein Text in mindestens drei Fällen zur Grundlage von Vertragsbedingungen gemacht, ist das Merkmal „vorformulierte Vertragsbedingungen für eine Vielzahl von Verträgen” iSd. § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB erfüllt(vgl. BAG 25. Mai 2005 - 5 AZR 572/04 - zu VII der Gründe, BAGE 115, 19). Diese Voraussetzung ist gegeben.

15

bb) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei nicht die Verständnismöglichkeiten des konkreten, sondern die des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind. Ansatzpunkt für die nicht am Willen der jeweiligen Vertragspartner zu orientierende Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der Vertragswortlaut. Ist dieser nicht eindeutig, kommt es für die Auslegung entscheidend darauf an, wie der Vertragstext aus Sicht der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise zu verstehen ist, wobei der Vertragswille verständiger und redlicher Vertragspartner beachtet werden muss. Soweit auch der mit dem Vertrag verfolgte Zweck einzubeziehen ist, kann das nur in Bezug auf typische und von redlichen Geschäftspartnern verfolgte Ziele gelten (BAG 8. Dezember 2010 - 10 AZR 671/09 - Rn. 15, AP BGB § 242 Betriebliche Übung Nr. 91 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 51).

16

b) Im Streitfall soll die Zahlung die erwartete Betriebstreue belohnen und knüpft dabei an die Leistung des Klägers im Bezugszeitraum (im jeweils vorangegangenen Kalenderjahr) an, indem sie sich der Höhe nach am Beitrag des Klägers zum Unternehmenserfolg ausrichtet. Es handelt sich damit um eine Sonderzahlung mit Mischcharakter. Wenn die Beklagte demgegenüber geltend macht, sie habe die Höhe der Zahlung rein nach Gutdünken bestimmt, so mag das zutreffen. Es ändert aber nichts daran, dass sie ihr Gutdünken hinsichtlich der Höhe der zugesagten Leistung, soweit nach außen erkennbar, nicht willkürlich wahrnahm und auch nicht an Treuegesichtspunkten ausrichtete, sondern an der Arbeitsleistung des Klägers im vorausgegangenen Jahr anknüpfte. Andernfalls wäre nicht erklärbar, dass sie die Zahlung in allen drei Jahren auf genau oder doch in etwa denselben Betrag festsetzte, der - nach dem ersten Absatz der jeweiligen Vereinbarung - aus ihrer Sicht dem Beitrag des Klägers zum Erfolg des Unternehmens in dem der Vereinbarung vorausgegangenen Jahr entsprach. Nicht erklärbar wäre auch, warum die Beklagte den Wert der Betriebstreue in drei Jahren so unterschiedlich ansetzte, wie es geschehen ist. In dieselbe Richtung weist schließlich der Umstand, dass die Zahlungen mehr als 25 vH, mehr als 50 vH und nahezu 100 vH des Jahresgrundgehalts im abgelaufenen Kalenderjahr betragen sollten. Dass Leistungen in dieser Höhe allein das zukünftige langjährige - gegebenenfalls auch weniger erfolgreiche - Verharren im Vertragsverhältnis sicherstellen und nicht wenigstens auch in einem Verhältnis zur vom Arbeitnehmer im Bezugsjahr erbrachten Arbeitsleistung stehen sollen, kann gerade in einer auf kurzfristige Erfolge orientierten Branche wie dem Wertpapierhandel nicht angenommen werden.

17

2. Der Anspruch ist nicht deshalb ausgeschlossen, weil der Kläger jeweils am 15. April der Jahre 2008, 2009 und 2010 nicht mehr in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis zur Beklagten stand. Die entsprechende Einschränkung des Anspruchs in der jeweiligen Vereinbarung der Parteien ist nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam, weil sie den Kläger unangemessen benachteiligt.

18

a) Nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB ist eine unangemessene Benachteiligung im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist.

19

aa) Von maßgeblicher Bedeutung ist insoweit, ob die gesetzliche Regelung nicht nur auf Zweckmäßigkeitserwägungen beruht, sondern eine Ausprägung des Gerechtigkeitsgebots darstellt. Die Frage, ob eine gegen Treu und Glauben verstoßende unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners des Klauselverwenders vorliegt, ist auf der Grundlage einer Abwägung der berechtigten Interessen der Beteiligten zu beantworten. Hierbei ist das Interesse des Verwenders an der Aufrechterhaltung der Klausel mit dem Interesse des Vertragspartners an der Ersetzung der Klausel durch das Gesetz abzuwägen. Bei dieser wechselseitigen Berücksichtigung und Bewertung rechtlich anzuerkennender Interessen der Vertragspartner, bei der auch grundrechtlich geschützte Rechtspositionen zu beachten sind, ist ein genereller, typisierender Maßstab anzulegen (BAG 24. Oktober 2007 - 10 AZR 825/06 - Rn. 23, BAGE 124, 259; 25. April 2007 - 5 AZR 627/06 - Rn. 19 mwN, BAGE 122, 182).

20

bb) Rechtsvorschriften iSv. § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB sind nicht nur die Gesetzesbestimmungen selbst, sondern die dem Gerechtigkeitsgebot entsprechenden allgemein anerkannten Rechtsgrundsätze, dh. auch alle ungeschriebenen Rechtsgrundsätze, die Regeln des Richterrechts oder die aufgrund ergänzender Auslegung nach den §§ 157, 242 BGB und aus der Natur des jeweiligen Schuldverhältnisses zu entnehmenden Rechte und Pflichten. In der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist anerkannt, dass mit Sonderzahlungen verbundene einzelvertragliche Stichtags- und Rückzahlungsklauseln einen Arbeitnehmer nicht in unzulässiger Weise in seiner durch Art. 12 GG garantierten Berufsfreiheit behindern dürfen und insoweit einer Inhaltskontrolle durch die Arbeitsgerichte gemäß § 307 BGB unterliegen(BAG 24. Oktober 2007 - 10 AZR 825/06 - Rn. 24, BAGE 124, 259; 25. April 2007 - 10 AZR 634/06 - BAGE 122, 174; 28. März 2007 - 10 AZR 261/06 - AP BGB § 611 Gratifikation Nr. 265 = EzA BGB 2002 § 611 Gratifikation, Prämie Nr. 21).

21

cc) Nach der bisherigen Rechtsprechung ist es dem Arbeitgeber nicht schlechthin versagt, Sonderzahlungen mit Bindungsklauseln zu versehen (BAG 28. März 2007 - 10 AZR 261/06 - AP BGB § 611 Gratifikation Nr. 265 = EzA BGB 2002 § 611 Gratifikation, Prämie Nr. 21), solange die Zahlungen nicht ausschließlich Gegenleistung für schon erbrachte Arbeit sind. Das gilt sowohl für Klauseln, in denen sich der Arbeitnehmer verpflichtet, erfolgte Sonderzahlungen zurückzuerstatten, wenn er vor einem bestimmten Zeitpunkt das Arbeitsverhältnis von sich aus kündigt (Rückzahlungsklauseln), als auch für Regelungen, nach denen die Leistung der Sonderzahlung voraussetzt, dass der Arbeitnehmer zu einem bestimmten Zeitpunkt noch im Arbeitsverhältnis steht (Bestandsklauseln, Stichtagsklauseln; vgl. für den Fall, dass der Stichtag im Geschäftsjahr liegt: BAG 6. Mai 2009 - 10 AZR 443/08 - AP BGB § 307 Nr. 43 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 44). Allerdings dürfen derartige Klauseln den Arbeitnehmer nicht unangemessen benachteiligen. Insbesondere dürfen sie den Arbeitnehmer nicht in unzulässiger Weise in seiner Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) behindern und unterliegen insoweit einer Inhaltskontrolle durch die Arbeitsgerichte gemäß § 307 BGB(BAG 24. Oktober 2007 - 10 AZR 825/06 - BAGE 124, 259; 28. März 2007 - 10 AZR 261/06 - AP BGB § 611 Gratifikation Nr. 265 = EzA BGB 2002 § 611 Gratifikation, Prämie Nr. 21).

22

b) Bei Anwendung dieser Grundsätze hält die hier zur Beurteilung stehende Stichtagsklausel der Inhaltskontrolle nicht stand. Eine Sonderzahlung, die jedenfalls auch Vergütung für bereits erbrachte Arbeitsleistung darstellt, kann nicht vom ungekündigten Bestand des Arbeitsverhältnisses zu einem Zeitpunkt außerhalb des Bezugszeitraums, in dem die Arbeitsleistung erbracht wurde, abhängig gemacht werden.

23

aa) Die Stichtagsklausel steht im Widerspruch zum Grundgedanken des § 611 Abs. 1 BGB, indem sie dem Arbeitnehmer bereits erarbeiteten Lohn entzieht. Sie verkürzt außerdem in nicht zu rechtfertigender Weise die nach Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Berufsfreiheit des Arbeitnehmers, weil sie die Ausübung seines Kündigungsrechts unzulässig erschwert(vgl. für Bonuszahlungen: BAG 24. Oktober 2007 - 10 AZR 825/06 - Rn. 25 ff., BAGE 124, 259). Ein berechtigtes Interesse des Arbeitgebers, dem Arbeitnehmer Lohn für geleistete Arbeit gegebenenfalls vorenthalten zu können, ist nicht ersichtlich.

24

bb) Das wird im Streitfall besonders deutlich. Der Kläger hatte nicht nur in den Bezugsjahren 2004 bis 2006 seine Arbeitsleistung erbracht, sondern die erste Wartefrist fast vollständig, die zweite zu zwei Dritteln und die dritte zu einem Drittel zurückgelegt. Dennoch müsste er bei Anwendung der Klausel im Falle vorzeitiger Kündigung den Verlust des Anspruchs auf Vergütung für bereits geleistete Dienste iHv. nahezu 200 vH eines Jahresgrundgehalts in Kauf nehmen.

25

cc) Eine derartige faktische Einschränkung des Kündigungsrechts ist nicht durch den Zweck der Belohnung von Betriebstreue gedeckt. Das Arbeitsverhältnis dient dem Austausch von Arbeitsleistung und Arbeitsvergütung. Der Wert der Arbeitsleistung für den Arbeitgeber hängt von ihrer Qualität und vom Arbeitserfolg ab, regelmäßig jedoch nicht von der reinen Verweildauer des Arbeitnehmers im Arbeitsverhältnis. Die Honorierung zunehmender Beschäftigungsdauer als solcher steht nicht in einem Verhältnis zur Qualität und zum Erfolg der Arbeitsleistung. Die einmal erbrachte Arbeitsleistung gewinnt auch regelmäßig nicht durch bloßes Verharren des Arbeitnehmers im Arbeitsverhältnis nachträglich an Wert. Dementsprechend erreichen Jubiläumsgelder und ähnliche Zuwendungen üblicherweise auch bei Weitem nicht die hier gegebene Größenordnung. Sie sind, gemessen an der regelmäßigen Vergütung, im Allgemeinen eher marginal. Führt aber, wie nach der hier zu beurteilenden Klausel, die reine Beschäftigungsdauer zu einem massiven Anspruchsaufwuchs bis hin zu einer Verdoppelung des Grundgehalts, so liegt auf der Hand, dass der Grund dafür eben nicht die - als solche für den Arbeitgeber wertlose - Verweildauer selbst ist. Vielmehr hat die versprochene Zahlung ihren wahren Grund in der bereits erbrachten Leistung des Arbeitnehmers, die zuvor, gemessen an dem vom Arbeitgeber selbst zugrunde gelegten Verhältnis von Leistung und Gegenleistung, noch nicht vollständig abgegolten war.

26

dd) Weiter muss bedacht werden, dass der Arbeitgeber mit der hier maßgeblichen Klausel seinem Vertragspartner ein nahezu inhaltsleeres Leistungsversprechen gibt, wenn er sich der Verpflichtung durch den bloßen Ausspruch einer in seinem Belieben stehenden Kündigung, die nach dem Wortlaut der hier maßgeblichen Klausel nicht einmal sozial gerechtfertigt sein muss, entziehen kann. Selbst demjenigen Arbeitnehmer, der sowohl die entsprechenden Arbeitsleistungen und damit den Beitrag zum Erfolg des Unternehmens erbracht hat als auch von seiner Seite betriebstreu war, könnte der Anspruch entzogen werden. Das läuft auf die nur scheinbare Gewährung eines Rechtsanspruchs hinaus. Wesentliche Rechte des Arbeitnehmers, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, wären so eingeschränkt, dass eine Gefährdung des Vertragszwecks nicht fernliegt (§ 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB). Zwar ist der Arbeitgeber grundsätzlich frei in der Entscheidung, ob er vertraglich nicht vorgesehene Leistungen erbringen will oder nicht (BAG 18. März 2009 - 10 AZR 289/08 - Rn. 27, NJW 2009, 2619). Dieser Gesichtspunkt rechtfertigt es jedoch nicht, als Arbeitgeber einerseits die verhaltenssteuernde Wirkung eines bedingten vertraglichen Versprechens für die Zukunft in Anspruch zu nehmen, andererseits aber die Entscheidung über den Eintritt der Bedingung vom eigenen Willen abhängig zu machen und sie sich gewissermaßen bis zur letzten Stunde vorzubehalten.

27

ee) Mit diesen Überlegungen stimmt die Rechtsprechung des Ersten Senats des Bundesarbeitsgerichts überein, nach der es § 88 BetrVG den Betriebsparteien verwehrt, den Anspruch auf eine variable Erfolgsvergütung vom Bestehen eines ungekündigten Anstellungsverhältnisses am Auszahlungstag abhängig zu machen. § 88 BetrVG erlaubt den damit verbundenen Entzug verdienten Arbeitsentgelts nicht. Die in einer solchen Stichtagsregelung enthaltene auflösende Bedingung beschränkt auch die durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Berufsfreiheit des Arbeitnehmers übermäßig. Die Vorenthaltung einer bereits verdienten Arbeitsvergütung ist stets ein unangemessenes Mittel, die selbstbestimmte Arbeitsplatzaufgabe zu verzögern oder zu verhindern. Mit ihr sind Belastungen für den Arbeitnehmer verbunden, die unter Berücksichtigung der berechtigten Interessen eines Arbeitgebers nicht zu rechtfertigen sind (BAG 5. Juli 2011 - 1 AZR 94/10 - Rn. 28, 39, 43; 7. Juni 2011 - 1 AZR 807/09 - Rn. 34, EzA BetrVG 2001 § 88 Nr. 3).

28

ff) Dass die Sonderzahlung im Streitfall auch die Betriebstreue honorieren sollte, ändert an dem Ergebnis nichts. Soweit der Senat die Auffassung vertreten hat, Bestandsklauseln seien bei Sonderzahlungen bereits dann zulässig, wenn sie sowohl der Vergütung bereits erbrachter Arbeitsleistung als auch der Honorierung von Betriebstreue dienen (BAG 28. März 2007 - 10 AZR 261/06 - Rn. 18, AP BGB § 611 Gratifikation Nr. 265 = EzA BGB 2002 § 611 Gratifikation, Prämie Nr. 21), gibt der Senat diese auf. Der zusätzliche Zweck ändert nichts daran, dass dem Arbeitnehmer entgegen der in § 611 BGB zum Ausdruck kommenden Vorstellung des Gesetzgebers durch eine Bestandsklausel bereits verdiente Arbeitsvergütung entzogen würde. Ein schützenswertes Interesse des Arbeitgebers daran, das Verhältnis von Leistung und Gegenleistung nachträglich zu verändern, kann nicht anerkannt werden. Dem Arbeitgeber ist es dadurch nicht verwehrt, Betriebstreue zu honorieren und einen finanziellen Anreiz für das Verbleiben des Arbeitnehmers im Arbeitsverhältnis zu schaffen. Er hat die Möglichkeit, durch die Vereinbarung von Sonderzahlungen, die ausschließlich der Honorierung von Betriebstreue dienen, dem Arbeitnehmer deutlich zu machen, welchen Wert für ihn das Verbleiben im Arbeitsverhältnis darstellt (BAG 18. Januar 2012 - 10 AZR 667/10 -). Der Arbeitnehmer seinerseits kann darüber entscheiden, ob er die Verdienstchancen bei einem Arbeitsplatzwechsel vorzieht oder die Treueprämie in Anspruch nehmen will. Werden dagegen, wie im Streitfall, die Zwecke der Vergütung für erbrachte Leistung und Honorierung der Betriebstreue miteinander verbunden, kann der Arbeitnehmer von seinem Kündigungsrecht nur um den Preis des Verzichts auf Gegenleistung für schon erbrachte Arbeit Gebrauch machen.

29

c) Die Folge der Unangemessenheit der in Rede stehenden Stichtagsklausel ist ihre Unwirksamkeit. Sie ist nicht teilbar in dem Sinne, dass sie sich in einen der Honorierung von Betriebstreue und einen der Vergütung von Arbeitsleistung dienenden Teil aufspalten ließe. Nach den Schreiben der Beklagten sind die beiden Zahlungszwecke unlösbar miteinander verbunden.

30

II. Die Zinsansprüche sind nach § 286 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1, § 288 Abs. 1 BGB in dem noch geltend gemachten Umfang berechtigt.

31

III. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92, 97 ZPO. Der Kläger war in der Revision erfolgreich, ist jedoch im Übrigen zu etwa 3/4 unterlegen.

        

    Mikosch    

        

    Mestwerdt    

        

    Schmitz-Scholemann    

        

        

        

    Beck    

        

    Maurer    

                 

(1) Die Parteien haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben.

(2) Jede Partei hat sich über die von dem Gegner behaupteten Tatsachen zu erklären.

(3) Tatsachen, die nicht ausdrücklich bestritten werden, sind als zugestanden anzusehen, wenn nicht die Absicht, sie bestreiten zu wollen, aus den übrigen Erklärungen der Partei hervorgeht.

(4) Eine Erklärung mit Nichtwissen ist nur über Tatsachen zulässig, die weder eigene Handlungen der Partei noch Gegenstand ihrer eigenen Wahrnehmung gewesen sind.

Tenor

1. Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg - Kammern Freiburg - vom 21. Oktober 2008 - 22 Sa 35/08 - aufgehoben.

2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über einen Jahresbonus für das Jahr 2007.

2

Die Klägerin war vom 1. Januar 1998 bis zum 31. Dezember 2007 bei der Beklagten beschäftigt. Das monatliche Grundgehalt betrug zuletzt 5.040,00 Euro. Darüber hinaus sollte die Klägerin gemäß dem schriftlichen Arbeitsvertrag ein 13. Monatsgehalt erhalten. Ihr wurde außerdem ein Dienst-Pkw zur privaten Nutzung zur Verfügung gestellt. Die Klägerin ist die ehemalige Ehefrau des Geschäftsführers der Beklagten. Gegenüber den Mitarbeitern der Beklagten war sie die „Chefin“ und erledigte über die Buchhaltungsarbeiten hinaus weitere Leitungsaufgaben. Das Arbeitsverhältnis wurde nach arbeitgeberseitiger Kündigung, die nach Scheitern der Ehe insbesondere mit einem Vertrauensverlust begründet worden war, durch einen gerichtlichen Vergleich beendet.

3

Nachdem die Klägerin in den Jahren 1998 und 1999 von ihrem Ehemann einen Teil von dessen Jahresbonus erhalten hatte, zahlte die Beklagte ihr für die Kalenderjahre 2000 bis 2006 ausweislich der Gehaltsabrechnungen jeweils zusammen mit dem Dezembergehalt einen „Jahresbonus“, und zwar im Jahr 2000 52.000,00 DM(26.587,18 Euro), im Jahr 2001 57.000,00 DM (29.143,64 Euro), im Jahr 2002 35.000,00 Euro, im Jahr 2003 50.000,00 Euro, im Jahr 2004 52.000,00 Euro und in den Jahren 2005 und 2006 jeweils 57.500,00 Euro. Dessen Höhe wurde der Klägerin jeweils im Rahmen eines Telefonats mit dem in den USA lebenden Gesellschafter Herrn D mitgeteilt. Für das Jahr 2007 erhielt die Klägerin keinen Jahresbonus.

4

Die Klägerin ist der Ansicht, ihr stehe auch für das Jahr 2007 ein Jahresbonus zu. Der Anspruch hierauf sei konkludent vereinbart worden. Es habe eine betriebliche Übung bestanden. Dabei müsse insbesondere berücksichtigt werden, dass sie im Gegensatz zu den übrigen Angestellten keinen Freiwilligkeitsvorbehalt unterzeichnet habe. Der Jahresbonus stelle auch keine in jedem Jahr nach „Gutdünken“ gewährte Leistung der Beklagten dar. Vielmehr habe er regelmäßig ca. 45 % ihres Jahresgehalts entsprochen und sei zuletzt gleichgeblieben.

5

Die Klägerin hat zuletzt beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an sie 57.500,00 Euro brutto nebst Zinsen hieraus iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB seit 1. Januar 2008 zu bezahlen.

6

Die Beklagte hat zu ihrem Klageabweisungsantrag die Ansicht vertreten, aus den bisherigen Zahlungen ergebe sich kein Anspruch auf einen weiteren Jahresbonus. Dieser sei jedes Jahr erneut durch eine Absprache zwischen dem Gesellschafter und dem Geschäftsführer ausgehandelt worden. Dabei habe der Geschäftsführer erklärt, dass ein Teil des eigentlich ihm zustehenden Jahresbonus an seine damalige Ehefrau gezahlt werden solle. Der Gesellschafter habe verstanden, dass der Geschäftsführer seiner Ehefrau auf diese Art und Weise eine auf das Jahresende ausgerichtete Weihnachtsfreude mit Symbolwert unter Partnern einer intakten Beziehung habe bereiten wollen. Mit der arbeitsvertraglich geschuldeten Leistung der Klägerin habe dies nichts zu tun. Die Klägerin sei durch die Zahlung des Grundgehalts bereits angemessen vergütet worden. Sie habe als Buchhalterin, anders als der Geschäftsführer, den Erfolg des Unternehmens nicht maßgeblich beeinflusst. Darüber hinaus folge aus der unterschiedlichen Höhe der Zahlungen, dass die Klägerin von keinem dauerhaften Anspruch habe ausgehen dürfen. Die Berechnung der Klägerin, wonach der Jahresbonus in etwa 45 % des Jahresgehalts betragen habe, sei nicht nachvollziehbar.

7

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihren Klageantrag weiter.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision der Klägerin ist begründet und führt zur Aufhebung des Urteils und Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht.

9

I. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, dass sich der Anspruch auf die Zahlung eines Jahresbonus für das Jahr 2007 nicht aus betrieblicher Übung ergebe. Ein kollektiver Bezug fehle. Auch unter Berücksichtigung des tatsächlichen Verhaltens der Beklagten in der Vergangenheit habe die Klägerin nicht davon ausgehen dürfen, dass ihr auch für die Zukunft ein Jahresbonus in bestimmter Höhe zustehe. Gegen einen dauerhaften Anspruch spreche bereits die unterschiedliche Höhe der Zahlungen. Es sei nicht erkennbar, dass der Bonus sich nach einem abstrakten Berechnungsmodell gerichtet habe. Die von der Klägerin behauptete und auf das Jahresgehalt abstellende Berechnungsmethode sei ungewöhnlich und nicht nachvollziehbar. Sofern die übrigen Mitarbeiter einen Freiwilligkeitsvorbehalt unterschrieben haben sollten, sei bereits fraglich, ob die Klägerin angesichts der beachtlichen Höhe der Bonuszahlungen mit diesen verglichen werden könne. Das Fehlen eines Freiwilligkeitsvorbehalts reiche für die Annahme einer dauerhaften Verpflichtung nicht aus. Der Anspruch ergebe sich nach denselben Erwägungen auch nicht aus einer konkludenten Vertragsänderung; aus dem Verhalten der Beklagten könne nicht geschlossen werden, sie habe sich auch für die Zukunft zur Zahlung verpflichten wollen.

10

II. Mit dieser Begründung kann die Klage nicht abgewiesen werden.

11

1. Zutreffend ist das Landesarbeitsgericht zunächst davon ausgegangen, dass die Klägerin die Voraussetzungen eines Anspruchs aus betrieblicher Übung nicht dargetan hat. Eine betriebliche Übung bezieht sich auf eine Vielzahl von Arbeitnehmern oder zumindest auf eine abgrenzbare Gruppe von Arbeitnehmern, ohne dass individuelle Besonderheiten die vertraglichen Beziehungen gestalten. Das Rechtsinstitut der betrieblichen Übung enthält ein kollektives Element(vgl. BAG 11. April 2006 - 9 AZR 500/05 - Rn. 15, BAGE 118, 16; 6. Dezember 1995 - 10 AZR 123/95 - zu II 1 der Gründe, AP BGB § 611 Gratifikation Nr. 186 = EzA BGB § 242 Gleichbehandlung Nr. 68).

12

Selbst wenn auch an andere Arbeitnehmer Sonderleistungen erbracht worden sind, sind diese gemäß dem Vortrag der Klägerin nicht mit der von ihr begehrten Leistung vergleichbar. Nur sie sollte danach entsprechend ihrer herausgehobenen Stellung einen Anspruch auf einen Bonus erwerben.

13

2. Aus demselben Grund scheitert ein Anspruch aus dem Gesichtspunkt des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes.

14

3. Allerdings hat das Landesarbeitsgericht nicht ausreichend berücksichtigt, dass sich ein Anspruch aufgrund einer individuellen arbeitsvertraglichen konkludenten Abrede ergeben kann.

15

a) Es kann dahinstehen, ob es sich wegen des Einzelfallcharakters der Zahlungen um eine sogenannte nichttypische Erklärung handelt, deren Würdigung nur einer eingeschränkten Überprüfung durch den Senat unterliegt(vgl. BAG 20. Februar 2001 - 9 AZR 46/00 - zu II 2 der Gründe, AP TVG § 1 Tarifverträge: Gaststätten Nr. 11 = EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 139), oder ob der Erklärungswert des Verhaltens der Beklagten in vollem Umfang revisionsrechtlich zu überprüfen ist. Auch einer eingeschränkten Überprüfung hält die Beurteilung des Landesarbeitsgerichts nicht stand, denn es hat eine mögliche Auslegung nicht in Erwägung gezogen und erheblichen Vortrag der Parteien nicht aufgeklärt und gewürdigt.

16

b) Das Landesarbeitsgericht hat festgestellt, dass die Klägerin seit Beginn des Arbeitsverhältnisses jährliche Bonuszahlungen erhielt, wobei ab dem Jahr 2000 die Zahlungen mit der Dezemberabrechnung erfolgten und von ca. 26.500,00 Euro im Jahr 2000 auf 57.500,00 Euro im Jahr 2005 in unterschiedlichem Maß anstiegen und im Jahr 2006 gleichblieben. Dabei hatte der Gesellschafter der Beklagten(Herr D) der Klägerin jeweils mitgeteilt, dass sie einen Jahresbonus in bestimmter Höhe erhalten werde. Ein Freiwilligkeitsvorbehalt wurde nicht erklärt. Die Klägerin hat hierzu behauptet, nur die Höhe der Zahlung sei jeweils von der Beklagten festgelegt worden, wobei der Gesellschafter entschieden habe, dass auch bei einem gegenüber dem Vorjahr schlechteren Jahresergebnis keine Kürzung erfolge und bei guten Jahresergebnissen der Bonus jedes Mal erhöht werde. Er habe dazu geäußert, schließlich sei der Einsatz der Klägerin gleich wie im Vorjahr gewesen, weshalb eine Kürzung nicht gerechtfertigt sei.

17

c) Aus diesem tatsächlichen Verhalten im Zusammenhang mit den behaupteten Äußerungen des Gesellschafters kann ein Angebot der Beklagten gefolgert werden, das die Klägerin durch schlüssiges Verhalten angenommen hat(§ 151 BGB). Das Landesarbeitsgericht hat die Möglichkeit der Auslegung einer Zusage dem Grunde nach übergangen und damit die §§ 133, 157 BGB verletzt. Es hat rechtsfehlerhaft einen individualrechtlichen Anspruch schon deshalb verneint, weil die Zahlung nicht in einer bestimmten Höhe zugesagt worden sei. Es ist aber gerade typisch für einen Bonusanspruch, dass dieser abhängig ist von verschiedenen Komponenten, wie zB dem Betriebsergebnis und/oder einer persönlichen Leistung, und daher schwankt. Es erscheint ohne Weiteres möglich, dass aufgrund der jährlichen Zahlungen in Verbindung mit dem tatsächlichen Verhalten der Beklagten die Annahme der Klägerin gerechtfertigt war, die Beklagte wolle sich hinsichtlich der Bonuszahlungen in irgendeiner Weise auf Dauer binden. Sollte über den Grund des Anspruchs jedes Jahr neu entschieden werden, hätte es nahe gelegen, auf die Einmaligkeit der Zahlung besonders hinzuweisen.

18

4. Der Senat kann aufgrund des festgestellten Sachverhalts weder über den Anspruch selbst noch zur Höhe abschließend entscheiden.

19

a) Hinsichtlich des Anspruchsgrundes unterliegt es der tatrichterlichen Prüfung, ob und gegebenenfalls inwieweit die Beklagte den Vortrag der Klägerin über die Äußerungen des Gesellschafters der Beklagten bestritten hat(§ 138 Abs. 3 ZPO). Zu klären ist weiterhin, ob der Vortrag der Beklagten, die Zahlungen seien nach freiem Belieben intern festgesetzt worden, den Grund oder nur die Höhe der Zahlung betraf. Denkbar ist auch, dass die Beklagte behaupten wollte, dass sich sowohl Grund als auch Höhe des Anspruchs nach dem Bonusanspruch des Geschäftsführers richten sollten. Wenn dieser einen dauerhaften Bonusanspruch hatte, kann das dafür sprechen, dass auch die Klägerin in Zukunft einen solchen Anspruch erhalten sollte. Ob der Ehemann auf einen Teil seiner Leistung verzichten und ob er seiner Ehefrau etwas verschaffen wollte, ist im Verhältnis der Parteien unerheblich. Zu klären ist, was die Eheleute betreffend den Bonus untereinander besprochen haben, und ob der arbeitsvertraglich ausdrücklich begründete Anspruch der Klägerin auf ein 13. Monatsgehalt eine Rolle spielt, ob zB der Bonus an die Stelle des 13. Monatsgehalts getreten ist. Dies wird aus den vorgelegten Abrechnungen und dem vorgetragenen Jahreseinkommen nicht deutlich.

20

Den Parteien ist Gelegenheit zu geben, zu diesen Fragen weiter vorzutragen und Beweis anzutreten.

21

b) Ergibt sich ein Anspruch dem Grunde nach, ist der Beklagten im Rahmen einer abgestuften Darlegungs- und Beweislast Gelegenheit zu geben, dazu vorzutragen, nach welchen Kriterien die Höhe der Zahlung bestimmt wurde. Auch wenn die Klägerin hierzu bisher keine nachvollziehbare Regel vorgetragen hat, ist immerhin ein Ansteigen feststellbar. Es liegt nahe, dass der Bonusanspruch sich nach dem jeweiligen Geschäftsergebnis gerichtet hat, solange er anstieg. Eine Rolle mag auch spielen, in welcher Höhe der Geschäftsführer der Beklagten im jeweiligen Jahr einen Bonusanspruch erhalten hat, hieraus kann sich gegebenenfalls ein bestimmter Bruchteil ergeben, den die Klägerin erhalten sollte.

22

In Betracht kommt die Anwendung des § 612 Abs. 2 BGB. Da weder eine taxmäßige noch eine übliche Bonusvergütung ersichtlich ist, ist die Höhe, wenn eine ergänzende Vertragsauslegung ebenfalls ausscheidet, durch die Beklagte nach § 315 Abs. 1 bis 3 BGB zu bestimmen. Ggf. hat das Landesarbeitsgericht die Höhe des Bonus gem. § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB durch Urteil festzusetzen.

23

Im Gegensatz zur Auffassung des Landesarbeitsgerichts handelt es sich bei dem Anspruch auf die Zahlung eines dem billigen Ermessen entsprechenden Bonus nicht um einen gesonderten, von der Klägerin bisher nicht geltend gemachten Streitgegenstand. Der Streitgegenstand im Zivilprozess betrifft weder umfassend eine bestimmte Rechtsfolge noch lediglich einen bestimmten materiell-rechtlichen Anspruch. Nach § 322 Abs. 1 ZPO ergibt sich der als Rechtsschutzbegehren aufgefasste prozessuale Anspruch durch den Klageantrag und den dazugehörigen Lebenssachverhalt, aus dem der Kläger die begehrte Rechtsfolge herleitet(BAG 18. November 2008 - 3 AZR 970/06 - Rn. 14, AP BGB § 242 Ruhegehalt - Pensionskassen Nr. 6; 17. April 2002 - 5 AZR 400/00 - zu II 1 der Gründe, AP ZPO § 322 Nr. 34). Der Anspruch auf die nach billigem Ermessen festzusetzende Bonuszahlung basiert auf demselben Lebenssachverhalt wie der Anspruch auf einen bestimmten konkludent vereinbarten oder üblichen Bonus, nämlich auf einer Absprache der Parteien (vgl. BGH 4. April 2006 - X ZR 122/05 - BGHZ 167, 139). Im Anwendungsbereich von § 315 Abs. 3 BGB kann die Klage auch unmittelbar auf Zahlung des nach Meinung des Gläubigers angemessenen Betrags gerichtet werden, ohne dass ein gesondertes Gestaltungsurteil ergehen müsste(vgl. BGH 26. September 2006 - X ZR 181/03 - mwN, NJW-RR 2007, 103). Der Anspruch der Klägerin richtet sich bei natürlicher Betrachtungsweise auf ein einheitliches Ziel (vgl. BGH 19. November 2003 - VIII ZR 60/03 - BGHZ 157, 47).

        

    Mikosch    

        

    Marquardt    

        

    Mestwerdt    

        

        

        

    Hintloglou    

        

    Schlegel    

                 

(1) Die Parteien haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben.

(2) Jede Partei hat sich über die von dem Gegner behaupteten Tatsachen zu erklären.

(3) Tatsachen, die nicht ausdrücklich bestritten werden, sind als zugestanden anzusehen, wenn nicht die Absicht, sie bestreiten zu wollen, aus den übrigen Erklärungen der Partei hervorgeht.

(4) Eine Erklärung mit Nichtwissen ist nur über Tatsachen zulässig, die weder eigene Handlungen der Partei noch Gegenstand ihrer eigenen Wahrnehmung gewesen sind.

(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis oder die Echtheit oder Unechtheit der Urkunde durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde.

(2) Bis zum Schluss derjenigen mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, kann der Kläger durch Erweiterung des Klageantrags, der Beklagte durch Erhebung einer Widerklage beantragen, dass ein im Laufe des Prozesses streitig gewordenes Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil abhängt, durch richterliche Entscheidung festgestellt werde.

Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 17. Juli 2008 - 10 Sa 1234/07 - aufgehoben.

2. Die Berufungen der klagenden Parteien gegen die Urteile des Arbeitsgerichts Köln vom 23. August 2007 - 1 Ca 3023/07, 1 Ca 3024/07, 1 Ca 3025/07, 1 Ca 3026/07 - und 30. August 2007 - 22 Ca 2394/07, 22 Ca 2395/07 - werden mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Klagen als unzulässig abgewiesen werden.

3. Von den Gerichtskosten und den außergerichtlichen Kosten der Beklagten in der Berufungs- und der Revisionsinstanz haben die Kläger zu 1) und 3) jeweils 15%, die Klägerin zu 2) 14%, die Kläger zu 4) und 5) jeweils 19% und der Kläger zu 6) 18% zu tragen. Ihre außergerichtlichen Kosten tragen die klagenden Parteien selbst.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über eine Verpflichtung der Beklagten, an die Klägerin zu 2) sowie an den Kläger zu 1) und zu 3) bis 6) nach § 4c des Tarifvertrages ERA-Anpassungsfonds vom 18. Dezember 2003 idF vom 5. März 2004 für die Metall- und Elektroindustrie Nordrhein-Westfalens(TV ERA-APF) Einmalzahlungen aus den sogenannten ERA-Strukturkomponenten zu zahlen.

2

Die klagenden Parteien waren zunächst bei der KHD GmbH und deren Rechtsvorgängerinnen beschäftigt. Diese Arbeitgeber waren kraft Verbandsmitgliedschaft an die Tarifverträge der Metall- und Elektroindustrie in Nordrhein-Westfalen gebunden. Die Arbeitsverträge der klagenden Parteien aus den Jahren 1980 bis 2004 enthalten Bezugnahmeklauseln auf die jeweils geltenden Tarifverträge der Metall- und Elektroindustrie in Nordrhein-Westfalen.

3

Am 18. Dezember 2003 schlossen der Verband der Metall- und Elektroindustrie Nordrhein-Westfalen(METALL NRW) und die IG Metall das Entgeltrahmenabkommen (ERA), mit dem die tarifliche Entgeltfindung für gewerbliche Arbeitnehmer und Angestellte vereinheitlicht wurde. Ferner vereinbarten sie den zum 1. März 2004 in Kraft getretenen ERA-Einführungstarifvertrag (ERA-ETV), und den TV ERA-APF.

4

Das ERA enthält ua. folgende Regelung:

        

㤠12

        

1.   

Dieses Entgeltrahmenabkommen tritt am 1. März 2004 in Kraft.

        

2.   

Die betriebliche Geltung richtet sich nach den Regelungen des ERA-Einführungstarifvertrages (ERA-ETV).

        

3.   

Mit seiner Einführung im Betrieb ersetzt das Entgeltrahmenabkommen die folgenden Tarifverträge:

                 

-       

Lohnrahmenabkommen

-       

Gehaltsrahmenabkommen

                 

-       

Tarifvertrag zur Leistungsbeurteilung von Zeitlohnarbeitern

-       

Tarifvertrag zur Leistungsbeurteilung von Angestellten

-       

Abkommen über die Analytische Arbeitsbewertung

        

4.   

Ab 1. März 2009 gilt das Entgeltrahmenabkommen verbindlich für alle Betriebe. …

        

…“   

5

Der ERA-ETV lautet auszugsweise:

        

„§ 1 Einführungszeitraum

        

1.   

Bis zum 1. März 2005 kann das ERA nur mit Zustimmung der Tarifvertragsparteien eingeführt werden (Vorbereitungsphase).

        

2.   

Die Einführungsphase beginnt am 1. März 2005 und dauert vier Jahre. In dieser Phase soll der Arbeitgeber das ERA stichtagsbezogen im Betrieb einführen.

                 

Ab dem 1. März 2009 gilt das ERA verbindlich für alle Betriebe.

        

 …“

6

Der TV ERA-APF, der zum 22. Dezember 2003 in Kraft trat und am 5. März 2004 geändert wurde, enthält Bestimmungen zum ERA-Anpassungsfonds und zur Einmalzahlung aus den ERA-Strukturkomponenten. Nach den Lohn-, Gehalts- und Ausbildungsvergütungsabkommen in der Metall- und Elektroindustrie Nordrhein-Westfalens vom 23. Mai 2002 und 16. Mai 2004 wurden die Erhöhungen des Tarifvolumens auf zwei Komponenten verteilt. Hierzu bestimmt der TV ERA-APF:

        

„§ 2 Präambel

        

Der ERA-Anpassungsfonds dient der Sicherstellung eines gleitenden Übergangs vom heutigen Tarifsystem auf das ERA-Entgeltsystem für alle Beteiligten. Insbesondere sollen durch die vorübergehende Einbehaltung nicht ausgezahlter ERA-Strukturkomponenten und deren spätere Verwendung entweder

        

-       

zum Ausgleich von betrieblichen Kosten, die eine bestimmte Schwelle überschreiten

        

oder

        

-       

zur unmittelbaren Auszahlung an die Beschäftigten/Auszubildenden nach der betrieblichen ERA-Einführung

        

spätere Verwerfungen bei der Umstellung vermieden werden.“

7

In § 3 TV ERA-APF mit der Überschrift „Aufbau und Verwendung des ERA-Anpassungsfonds“ wird erläutert, wie die Erhöhungen des Tarifvolumens ua. in den Entgeltabkommen der Jahre 2002 und 2004 auf zwei Komponenten verteilt werden. Dazu heißt es in Abs. 1 Satz 2 der Bestimmung:

        

„Eine Komponente dient der dauerhaften Erhöhung der Tabellenwerte der jeweiligen Entgelte (Löhne und Gehälter; ‚lineares Volumen’). Die andere Komponente (‚restliches Erhöhungsvolumen’) fließt in ERA-Strukturkomponenten, die in der ersten Tarifperiode ausgezahlt, in den folgenden Tarifperioden jedoch nicht fällig werden.“

8

§ 4 TV ERA-APF enthält hierzu ua. folgende Regelung:

        

„b)

In den jeweils folgenden Tarifperioden nach ihrer erstmaligen Begründung/Entstehung werden die jeweiligen ERA-Strukturkomponenten aus den vorhergehenden Tarifperioden zwar ebenfalls als Teil der Vergütung ermittelt, aber nicht ausgezahlt, sondern zunächst einbehalten und für die Monate bis einschließlich Februar 2006 nach Maßgabe des § 4 d) dem ERA-Anpassungsfonds zugeführt.

                 

Die bei der betrieblichen ERA-Einführung in dem ERA-Anpassungsfonds befindlichen Beträge müssen entweder zur Deckung betrieblicher Mehrkosten aus der ERA-Einführung oder zur Auszahlung an die Beschäftigten/Auszubildenden verwendet werden.

                 

…       

        

c)   

Ist das ERA im Betrieb noch nicht eingeführt worden, werden ab März 2006 bis zur betrieblichen ERA-Einführung die ERA-Strukturkomponenten in Höhe von 2,79% als Einmalzahlungen geleistet. Die Berechnung erfolgt entsprechend der Methode für die Auszahlung der ERA-Strukturkomponente aus den Entgeltabkommen vom 16. Februar 2004.1

                 

1 Die Tarifvertragsparteien werden Auszahlungszeitpunkte, die aktuelle Bezugsbasis und ggf. weitere Einzelheiten auf Basis der Ergebnisse der Entgeltabkommen 2006 regeln.

                 

…“   

9

In den Entgeltabkommen 2004 waren die Auszahlungszeitpunkte und die Berechnung der Einmalzahlungen aus den Strukturkomponenten für den Zeitraum vom 1. Januar 2004 bis zum 28. Februar 2006 geregelt. Mit Wirkung zum 15. September 2004 wurde die KHD GmbH auf die nicht tarifgebundene Beklagte verschmolzen. Die Arbeitsverhältnisse der klagenden Parteien gingen zu diesem Zeitpunkt nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB auf die Beklagte über.

10

Am 23. November 2005 trafen die IG Metall und METALL NRW eine „Vereinbarung zum Umgang mit den ERA-Strukturkomponenten ab März 2006“ die nähere Regelungen über die Berechnung und die Auszahlungsmodalitäten für die Einmalzahlungen aus den ERA-Strukturkomponenten für den Zeitraum März 2006 bis Dezember 2006 festlegt und die Bestandteil der Entgeltabkommen des Jahres 2006 werden sollen. Nr. 4 der Vereinbarung lautet:

        

„„Die Berechnung der auszuzahlenden Einmalzahlung bzw. der dem ERA-Anpassungsfonds zuzuführenden Beträge erfolgt auf Basis folgender Formel:

        

2,79% x von der Einmalzahlung/Zuführung erfasste Monate des Jahres 2006 x Tarifeinkommen des Auszahlungsmonats.

        

Für die Monate März bis Juni 2006 ist der Monatsfaktor jeweils um 0,17% - Punkte (zur Einbeziehung der zusätzlichen Urlaubsvergütung) und für die Monate Juli bis Dezember 2006 jeweils um 0,09% - Punkte (zur Einbeziehung der betrieblichen Sonderzahlung) anzuheben.“

11

Regelungen über die Auszahlungszeitpunkte und zur Berechnung der Einmalzahlungen aus den ERA-Strukturkomponenten für die Zeit ab 1. März 2006 bis zur betrieblichen ERA-Einführung finden sich dementsprechend in den Entgeltabkommen für das Jahr 2006. § 6 Nr. 4 des Gehaltsabkommens 2006, welches am 1. März 2006 in Kraft trat, bestimmt:

        

„Die Berechnung der auszuzahlenden Einmalzahlung bzw. der dem ERA-Anpassungsfonds zuzuführenden Beträge erfolgt auf Basis folgender Formel:

        

2,79% x von der Einmalzahlung/Zuführung erfasste Monate des Jahres x Tarifeinkommen des Auszahlungsmonats.

        

Der Monatsfaktor ist für die Monate März bis Juni 2006 jeweils um 0,17 auf 1,17 (zur Einbeziehung der zusätzlichen Urlaubsvergütung) und für die Monate Juli bis Dezember jeweils um 0,09 auf 1,09 (zur Einbeziehung der betrieblichen Sonderzahlung) anzuheben.

        

Tarifeinkommen ist das individuelle regelmäßige Arbeitsentgelt des Auszahlungsmonats (feste sowie leistungs- und zeitabhängige variable Bestandteile ohne Mehrarbeitsvergütung), soweit es Gegenstand der Erhöhung gemäß § 2 Nr. 3 war.“

12

Die Beklagte zahlte den klagenden Parteien im November des Jahres 2006 einen als freiwillige Sonderzahlung bezeichneten Betrag, dessen Höhe der Einmalzahlung nach § 4c TV ERA-APF auf Basis des Gehaltsabkommens 2006 entsprach. Gleichzeitig teilte sie den klagenden Parteien mit, dass kein Anspruch auf eine Einmalzahlung aus der ERA-Strukturkomponente bestehe, da sie als tarifungebundene Betriebserwerberin nicht verpflichtet sei, das ERA betrieblich einzuführen.

13

Mit ihren Klagen begehren die klagenden Parteien die Feststellung, dass die Beklagte verpflichtet ist, die Einmalzahlung aus den ERA-Strukturkomponenten nach § 4c TV ERA-APF bis zur betrieblichen Einführung von ERA zu zahlen. Die klagenden Parteien zu 1) bis 4) sind der Auffassung, die Regelung in § 4c TV ERA-APF sei nach § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB Inhalt ihrer Arbeitsverhältnisse geworden. § 4c TV ERA-APF stelle eine in sich geschlossene Norm dar, die auch die Berechnung der Einmalzahlung festlege. Für einen Anspruch auf die Einmalzahlung aus der Strukturkomponente reiche es aus, wenn das ERA im Betrieb tatsächlich nicht eingeführt werde. Die Kläger zu 5) und 6) meinen ebenfalls, der Anspruch sei nach dem Betriebsübergang Inhalt ihrer Arbeitsverhältnisse mit der Beklagten geworden. § 4c TV ERA-APF regele ihren Zahlungsanspruch auch hinsichtlich der Berechnungsmethode abschließend. Die dortige Fußnote beinhalte lediglich eine Absichtserklärung, mit der die Tarifvertragsparteien zum Ausdruck hätten bringen wollen, dass nach Abschluss der Entgeltabkommen 2006 Neuregelungen über die Höhe und die Berechnungsmethode in Betracht kommen könnten. Die Beklagte sei verpflichtet, das ERA einzuführen, da sowohl dieses als auch der ERA-ETV vor Betriebsübergang in Kraft getreten seien.

14

Die klagenden Parteien haben zuletzt jeweils beantragt

        

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, die ERA-Strukturkomponente gemäß § 4c des Tarifvertrages ERA-Anpassungsfonds vom 18. Dezember 2003 in der Fassung vom 5. März 2004 bis zur betrieblichen ERA-Einführung zu zahlen.

15

Die Beklagte hat beantragt,

        

die Klagen abzuweisen.

16

Sie meint, die Feststellungsklagen seien unzulässig, jedenfalls aber unbegründet. Zum einen sei es den klagenden Parteien möglich, gegenüber den Feststellungsklagen vorrangige Leistungsklagen zu erheben. Die Feststellungsanträge seien nicht geeignet, hinsichtlich der Einmalzahlung eine endgültige Klärung etwaiger Zahlungsverpflichtungen herbeizuführen. Der Verweis auf die Entgeltabkommen des Jahres 2004 gehe ins Leere, denn diese enthielten keine Regelungen zum maßgeblichen Tarifeinkommen, des einschlägigen Berechnungsfaktors sowie zur Fälligkeit. Eine Zahlungspflicht nach § 4c TV ERA-APF setze zudem die Verpflichtung zur betrieblichen Einführung von ERA voraus, die nicht bestehe. Ihr verbleibe weiterhin die Anrechnung etwaiger Zahlungsverpflichtungen mit übertariflichen Zulagen.

17

Das Arbeitsgericht hat die Klagen abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufungen der klagenden Parteien, nachdem es die Verfahren zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden hat, den Klagen stattgegeben. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt die Beklagte die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidungen. Die Kläger beantragen, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

18

Die Revision ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hat den Berufungen der klagenden Parteien zu Unrecht stattgegeben. Die Klagen sind unzulässig. Für die Feststellungsanträge besteht nicht das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse.

19

I. Nach § 256 Abs. 1 ZPO kann Klage auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde. Die Feststellungsklage kann sich auf einzelne Beziehungen oder Folgen aus einem Rechtsverhältnis, auf bestimmte Ansprüche oder Verpflichtungen oder auf den Umfang einer Leistungspflicht beschränken - sog. Elementenfeststellungsklage -. Auch die Anwendbarkeit eines bestimmten Tarifvertrages oder Tarifwerkes auf ein Arbeitsverhältnis kann Gegenstand einer Feststellungsklage sein(st. Rspr., s. nur BAG 22. Oktober 2008 - 4 AZR 784/07 - Rn. 11 mwN, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 66 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 39 ).

20

Eine Feststellungsklage setzt nach § 256 Abs. 1 ZPO weiterhin ein rechtliches Interesse des Klägers voraus, dass das Rechtsverhältnis durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde. Dieses besondere Feststellungsinteresse muss als Sachurteilsvoraussetzung in jeder Lage des Verfahrens, auch noch in der Revisionsinstanz gegeben sein. Sein Vorliegen ist von Amts wegen zu prüfen (st. Rspr., etwa BAG 17. Oktober 2007 - 4 AZR 1005/06 - Rn. 14, BAGE 124, 240).

21

Das Feststellungsinteresse ist nur dann gegeben, wenn durch die Entscheidung über den Feststellungsantrag der Streit insgesamt beseitigt wird und das Rechtsverhältnis der Parteien abschließend geklärt werden kann(st. Rspr., etwa BAG 14. Dezember 2005 - 4 AZR 522/04 - Rn. 12, AP ZPO 1977 § 256 Nr. 94 = EzA ZPO 2002 § 256 Nr. 7; 29. November 2001 - 4 AZR 757/00 - zu I 2 b der Gründe, BAGE 100, 43). Es fehlt, wenn durch die Entscheidung kein Rechtsfrieden geschaffen wird, weil nur einzelne Elemente eines Rechtsverhältnisses zur Entscheidung des Gerichts gestellt werden. Die Rechtskraft der Entscheidung muss weitere gerichtliche Auseinandersetzungen über die zwischen den Parteien strittigen Fragen um denselben Fragenkomplex ausschließen (st. Rspr., etwa BAG 9. November 2001 -  4 AZR 757/00  - zu I 2 b der Gründe, aaO) . Das ist bei einem auf Feststellung einer Zahlungsverpflichtung gerichteten Antrag in der hier gewählten Form dann der Fall, wenn insbesondere über weitere Faktoren, die die Zahlungshöhe bestimmen, kein Streit besteht und die konkrete Bezifferung dann lediglich eine einfache Rechenaufgabe ist, die von den Parteien in einem unstreitigen Verfahren ebenso selbst umgesetzt werden können wie die weiteren Zahlungsmodalitäten. Anderenfalls müssen auch die weiteren Berechnungskriterien zum Gegenstand des Feststellungsantrages gemacht werden, damit nicht lediglich eine Vorfrage geklärt wird, die die Rechtsgrundlagen für den Entgeltanspruch nicht abschließend klärt (so zur Eingruppierungsfeststellungsklage BAG 17. Oktober 2007 - 4 AZR 1005/06 - Rn. 15, BAGE 124, 240; weiterhin BAG 9. November 2001 -  4 AZR 757/00  - zu I 2 b der Gründe, aaO). Allerdings sind die Gerichte gehalten, Klageanträge nach Möglichkeit auszulegen, damit hierdurch eine vom Antragsteller erkennbar erstrebte Sachentscheidung ermöglicht wird (BAG 12. August 2009 - 7 ABR 15/08 - Rn. 12, AP BetrVG 1972 § 34 Nr. 2 = EzA BetrVG 2001 § 34 Nr. 1).

22

II. Hiervon ausgehend sind die Klageanträge unzulässig. Sie sind auch keiner Auslegung zugänglich, die eine Sachentscheidung ermöglichen würde, für die das erforderliche Rechtsschutzinteresse vorliegt.

23

1. Der Gegenstand der Feststellungsanträge ist die Verpflichtung der Beklagten, die Einmalzahlungen aus den ERA-Strukturkomponenten gemäß § 4c des TV ERA-APF in der Fassung vom 5. März 2004 bis zur betrieblichen ERA-Einführung zu leisten. Dabei handelt es sich um eine zwischen den Parteien streitige Vorfrage, die nicht geeignet ist, das zwischen den Parteien streitige Rechtsverhältnis abschließend zu klären. Durch die zur Entscheidung gestellten Anträge würde nur die Vorfrage geklärt, ob die Beklagte überhaupt verpflichtet ist, eine Einmalzahlung aus den ERA-Strukturkomponenten zu zahlen. Ungeklärt und ggf. einem weiteren Rechtsstreit vorbehalten bliebe, wie die von den klagenden Parteien begehrten Zahlungen zu berechnen und wann sie zu leisten sind.

24

a) Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts und der der klagenden Parteien lässt sich die erforderliche Feststellung über die konkrete Berechnung der Einmalzahlungen für die Jahre ab 2006 bis zur betrieblichen Einführung des ERA sowie ihre Auszahlungszeitpunkte nicht dem in dem Klageantrag aufgenommenen § 4c TV ERA-APF entnehmen. Das gilt auch dann, wenn man davon ausgeht, es handele sich bei § 4c ERA-APF für die Auszahlungszeiträume nach dem 28. Februar 2006 nicht lediglich um eine schuldrechtliche Abrede der Tarifvertragsparteien, sondern bereits um eine tarifliche Inhaltsnorm iSd. § 1 Abs. 1 Satz 1 TVG, die die Verpflichtung des Arbeitgebers jedoch lediglich dem Grunde nach regelt(so BAG 14. Januar 2009 - 5 AZR 175/08 - Rn. 18, EzA TVG § 4 Metallindustrie Nr. 134 für den gleichlautenden § 4c TV ERA-APF Berlin-Brandenburg). Auch dann enthält § 4c TV ERA-APF keine Regelung zur Berechnung und zu den weiteren Zahlungsmodalitäten der Einmalzahlung für die Zeit ab dem 1. März 2006. Das ergibt die Auslegung des Tarifvertrages (zu den Maßstäben der Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrages s. nur BAG 17. Oktober 2007 - 4 AZR 1005/06 - Rn. 40, BAGE 124, 240).

25

aa) Aus dem Wortlaut der in den Text des Tarifvertrages aufgenommenen Fußnote zu § 4c Satz 2 TV ERA-APF ergibt sich, dass die Tarifvertragsparteien die Auszahlungszeitpunkte, die aktuelle Bezugsbasis sowie etwaige weitere Einzelheiten für die Einmalzahlungen aus den ERA-Strukturkomponenten ab März 2006 erst auf Basis der zukünftigen Entgeltabkommen des Jahres 2006 regeln wollten. Diese waren weder bei Abschluss des TV ERA-APF am 18. Dezember 2003 noch bei seiner Modifikation am 5. März 2004 geschlossen. Erst durch die „Vereinbarung zum Umgang mit den ERA-Strukturkomponenten ab März 2006“ vom 23. November 2005 haben die Tarifvertragsparteien für den Zeitraum von März 2006 bis Dezember 2006 eine Einigung über die für die Berechnung zugrundezulegende Bezugsbasis, den für die jeweiligen Monate anzuwendenden Faktor sowie die Fälligkeitszeitpunkte getroffen. In Nr. 2 des Verhandlungsergebnisses der Tarifvertragsparteien vom 23. November 2005 haben sie ausdrücklich niedergelegt, dass für die Betriebe die genannte Vereinbarung über den Umgang mit den ERA-Strukturkomponenten getroffen wird und die dortigen Regelungen Bestandteile der Entgeltabkommen des Jahres 2006 werden sollen, damit für die Betriebe rechtzeitig Planungssicherheit besteht. Damit haben die Tarifvertragsparteien erst zu diesem Zeitpunkt diejenigen Punkte festgelegt, die nach ihrer übereinstimmenden Ansicht noch regelungsbedürftig waren. Solche Regelungen für die Einmalzahlungen aus den ERA-Strukturkomponenten ab dem 1. März 2006 wurden dann auch Inhalt der später geschlossenen Entgeltabkommen vom 22. April 2006(§ 7, insb. Nr. 4 Lohnabkommen 2006 und § 6, insb. Nr. 4 Gehaltsabkommen 2006).

26

bb) Ein anderes folgt nicht aus dem Verweis in § 4c Satz 2 TV ERA-APF, wonach für die „Berechnung“ der Einmalzahlungen auf dieMethode für die Auszahlung der ERA-Strukturkomponenten in den Entgeltabkommen vom 16. Februar 2004“ verwiesen wird. Die Bestimmungen in den Entgeltabkommen 2004 - § 5 Nr. 1 Gehaltsabkommen 2004, § 6 Nr. 1 Lohnabkommen 2004 - galten nur für die Zeit bis zum 28. Februar 2006. Der Verweis auf die „Methode für die Auszahlung“ bedeutet lediglich, dass sich die Tarifvertragsparteien darüber einig waren, die Höhe der Einmalzahlungen nach einem tariflich noch festzulegenden Faktor und einer tariflich noch zu bestimmenden Bezugsbasis zu berechnen. Hätten die Tarifvertragsparteien die Bezugnahme auf die Entgeltabkommen hingegen als abschließend verstanden, wäre die Fußnote zu § 4c Satz 2 TV ERA-APF überflüssig gewesen. Weiterhin wäre es auch nicht erforderlich gewesen, im Interesse einer rechtzeitigen Planungssicherheit bereits im November 2005 eine Vereinbarung über die Berechnung der „auszuzahlenden Einmalzahlung“ zu treffen und in Nr. 4 des Verhandlungsergebnisses zu vereinbaren, dass für „die Zeit ab 2007 ... entsprechende Regelungen“ noch getroffen werden.

27

b) Zwischen den klagenden Parteien und der Beklagten steht nicht außer Streit, nach welchen Berechnungsregeln die Einmalzahlung im Falle einer entsprechenden Zahlungsverpflichtung nach § 4c TV ERA-APF zu erfolgen hat. Die klagenden Parteien sind der Auffassung, bereits durch § 4c TV ERA-APF und dem Verweis auf die Entgeltabkommen für das Jahr 2004 seien die erforderlichen Regelungen erfolgt. Demgegenüber hat die Beklagte bereits in den Tatsacheninstanzen geltend gemacht, dass eine Regelung für Zahlungen aus der ERA-Strukturkomponente für das Jahr 2006 erst durch die Entgeltabkommen für dieses Jahr erfolgt sei. Zum Zeitpunkt des Abschlusses dieser Entgeltabkommen sei sie aber nicht tarifgebunden gewesen, sodass dieses für sie nicht mehr maßgebend sein könne.

28

c) Ob für die klagenden Parteien darüber hinaus hinsichtlich einer Feststellung für das Jahr 2006 auch deshalb kein Rechtsschutzinteresse besteht, weil sie selbst davon ausgehen, sie könnten für das Jahr 2006 keine Ansprüche auf eine Einmalzahlung aus den ERA-Strukturkomponenten mehr geltend machen, da die Beklagte im November 2006 eine von ihr als freiwillige Sonderzahlung bezeichnete Vergütungszahlung in Höhe des Anspruchs nach § 4c TV ERA-APF erbracht habe und diese mit ihren Ansprüchen nach dieser Bestimmung verrechnen könne, muss der Senat daher nicht entscheiden.

29

2. Der Senat ist daran gehindert, die Anträge unter Berücksichtigung des Vortrags der klagenden Parteien dahin auszulegen, dass sie den Anforderungen an das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse genügen.

30

a) Nach dem Vortrag der klagenden Parteien zu 1) bis 4) ist eine solche Auslegung nicht möglich. Sie haben, nachdem die Beklagte bereits erstinstanzlich eingewendet hatte, § 4c TV ERA-APF enthalte für eine ab dem 1. März 2006 zu leistende Einmalzahlung keine Berechnungsregelungen, in ihren Schriftsätzen vom 13. Juli 2007 ausgeführt, die Bestimmung enthalte „eine abschließende anwendbare Regelung“. In ihrer Berufungsbegründung vom 14. Dezember 2007 machen die klagenden Parteien ausdrücklich geltend, dass „einzig und allein die Verpflichtung“ der Beklagten „zur Zahlung der Strukturkomponente“ streitgegenständlich ist, hingegen „nicht die Zahlungsmodalitäten“. Eine Auslegung der Klageanträge, dass auch die Berechnungsgrundlagen und die Zahlungsmodalitäten von ihnen erfasst werden, ist daher ohne Verstoß gegen § 308 Abs. 1 ZPO nicht möglich.

31

b) Auch in Bezug auf die Feststellungsanträge der Kläger zu 5) und zu 6) scheidet entsprechende Auslegung ihrer Feststellungsanträge aus. Ihrem Vorbringen ist weder zu entnehmen, auf welcher tariflichen Grundlage die Einmalzahlung für die Zeit ab dem 1. März 2006 bis zum 31. Dezember 2006 und in den Jahren 2007 sowie 2008 zu berechnen ist, wenn - wie vorliegend der Fall - § 4c TV ERA-APF entgegen ihrer Auffassung nicht allein maßgebend ist.

32

III. Entgegen der Auffassung der Kläger zu 5) und zu 6) ist der Senat nicht gehindert, nach § 563 Abs. 3 ZPO in der Sache selbst zu entscheiden und die Revision mit der Maßgabe zurückweisen, dass die Klagen unzulässig sind. Eine Aufhebung des Urteils des Landesarbeitsgerichts nach § 562 Abs. 1 ZPO und die Zurückverweisung nach § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht ist nur dann geboten, wenn die klagenden Parteien nach dem Verfahrensverlauf nicht ausreichend Gelegenheit und Veranlassung gehabt hätten, einen Antrag zu stellen, der den Erfordernissen des § 256 Abs. 1 ZPO entspricht(vgl. BAG 11. November 2009 - 7 AZR 387/08 - Rn. 16, EzA ZPO 2002 § 253 Nr. 3). Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht gegeben. Die Beklagte hat bereits in den Tatsacheninstanzen darauf hingewiesen, dass sich allein aus der Bestimmung des § 4c TV ERA-APF die erforderliche Berechnung und die weiteren Zahlungsmodalitäten des Anspruchs nicht ergeben, namentlich seien die Entgeltabkommen des Jahres 2004 nicht maßgebend. Aufgrund dieses Vortrages der Beklagten hatten die klagenden Parteien ausreichend Anlass, ihren Antrag, ggf. in Form eines Hilfsantrages, und ihren Vortrag weiter zu konkretisieren, ohne dass ein richterlicher Hinweis nach § 139 Abs. 1 ZPO geboten gewesen wäre(vgl. BAG 24. Januar 2007 - 4 AZR 28/06 - Rn. 37 ff. mwN, NZA-RR 2007, 495).

33

Ein anderes folgt nicht aus der in der Revisionsinstanz von den Klägern zu 5) und zu 6) angeführten Entscheidung des Siebten Senats vom 11. November 2009. Der Siebte Senat hat den bei ihm anhängigen Rechtsstreit deshalb zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen, weil der Kläger ursprünglich einen grundsätzlich sachdienlichen und zulässigen Klageantrag gestellt hatte, diesen jedoch auf Anregung des Arbeitsgerichts in einen unzulässigen Feststellungsantrag abgeändert hatte(- 7 AZR 387/08 - Rn. 16, EzA ZPO 2002 § 253 Nr. 3). Eine solche Fallgestaltung ist vorliegend nicht gegeben.

34

IV. Die klagenden Parteien haben die Kosten des Revisionsverfahrens und der Berufung im Umfang ihrer Beteiligung zu tragen (§ 91 Abs. 1, § 97 Abs. 1, § 100 Abs. 2 ZPO).

        

    Bepler    

        

    Creutzfeldt    

        

    Treber    

        

        

        

    Hannig    

        

    Drechsler    

                 

(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis oder die Echtheit oder Unechtheit der Urkunde durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde.

(2) Bis zum Schluss derjenigen mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, kann der Kläger durch Erweiterung des Klageantrags, der Beklagte durch Erhebung einer Widerklage beantragen, dass ein im Laufe des Prozesses streitig gewordenes Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil abhängt, durch richterliche Entscheidung festgestellt werde.

(1) Die Erhebung der Klage erfolgt durch Zustellung eines Schriftsatzes (Klageschrift).

(2) Die Klageschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung der Parteien und des Gerichts;
2.
die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruchs, sowie einen bestimmten Antrag.

(3) Die Klageschrift soll ferner enthalten:

1.
die Angabe, ob der Klageerhebung der Versuch einer Mediation oder eines anderen Verfahrens der außergerichtlichen Konfliktbeilegung vorausgegangen ist, sowie eine Äußerung dazu, ob einem solchen Verfahren Gründe entgegenstehen;
2.
die Angabe des Wertes des Streitgegenstandes, wenn hiervon die Zuständigkeit des Gerichts abhängt und der Streitgegenstand nicht in einer bestimmten Geldsumme besteht;
3.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(4) Außerdem sind die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze auch auf die Klageschrift anzuwenden.

(5) Die Klageschrift sowie sonstige Anträge und Erklärungen einer Partei, die zugestellt werden sollen, sind bei dem Gericht schriftlich unter Beifügung der für ihre Zustellung oder Mitteilung erforderlichen Zahl von Abschriften einzureichen. Einer Beifügung von Abschriften bedarf es nicht, soweit die Klageschrift elektronisch eingereicht wird.

Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

(1) Der Arbeitgeber hat die wesentlichen Vertragsbedingungen des Arbeitsverhältnisses innerhalb der Fristen des Satzes 4 schriftlich niederzulegen, die Niederschrift zu unterzeichnen und dem Arbeitnehmer auszuhändigen. In die Niederschrift sind mindestens aufzunehmen:

1.
der Name und die Anschrift der Vertragsparteien,
2.
der Zeitpunkt des Beginns des Arbeitsverhältnisses,
3.
bei befristeten Arbeitsverhältnissen: das Enddatum oder die vorhersehbare Dauer des Arbeitsverhältnisses,
4.
der Arbeitsort oder, falls der Arbeitnehmer nicht nur an einem bestimmten Arbeitsort tätig sein soll, ein Hinweis darauf, daß der Arbeitnehmer an verschiedenen Orten beschäftigt werden oder seinen Arbeitsort frei wählen kann,
5.
eine kurze Charakterisierung oder Beschreibung der vom Arbeitnehmer zu leistenden Tätigkeit,
6.
sofern vereinbart, die Dauer der Probezeit,
7.
die Zusammensetzung und die Höhe des Arbeitsentgelts einschließlich der Vergütung von Überstunden, der Zuschläge, der Zulagen, Prämien und Sonderzahlungen sowie anderer Bestandteile des Arbeitsentgelts, die jeweils getrennt anzugeben sind, und deren Fälligkeit sowie die Art der Auszahlung,
8.
die vereinbarte Arbeitszeit, vereinbarte Ruhepausen und Ruhezeiten sowie bei vereinbarter Schichtarbeit das Schichtsystem, der Schichtrhythmus und Voraussetzungen für Schichtänderungen,
9.
bei Arbeit auf Abruf nach § 12 des Teilzeit- und Befristungsgesetzes:
a)
die Vereinbarung, dass der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung entsprechend dem Arbeitsanfall zu erbringen hat,
b)
die Zahl der mindestens zu vergütenden Stunden,
c)
der Zeitrahmen, bestimmt durch Referenztage und Referenzstunden, der für die Erbringung der Arbeitsleistung festgelegt ist, und
d)
die Frist, innerhalb derer der Arbeitgeber die Lage der Arbeitszeit im Voraus mitzuteilen hat,
10.
sofern vereinbart, die Möglichkeit der Anordnung von Überstunden und deren Voraussetzungen,
11.
die Dauer des jährlichen Erholungsurlaubs,
12.
ein etwaiger Anspruch auf vom Arbeitgeber bereitgestellte Fortbildung,
13.
wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer eine betriebliche Altersversorgung über einen Versorgungsträger zusagt, der Name und die Anschrift dieses Versorgungsträgers; die Nachweispflicht entfällt, wenn der Versorgungsträger zu dieser Information verpflichtet ist,
14.
das bei der Kündigung des Arbeitsverhältnisses von Arbeitgeber und Arbeitnehmer einzuhaltende Verfahren, mindestens das Schriftformerfordernis und die Fristen für die Kündigung des Arbeitsverhältnisses, sowie die Frist zur Erhebung einer Kündigungsschutzklage; § 7 des Kündigungsschutzgesetzes ist auch bei einem nicht ordnungsgemäßen Nachweis der Frist zur Erhebung einer Kündigungsschutzklage anzuwenden,
15.
ein in allgemeiner Form gehaltener Hinweis auf die auf das Arbeitsverhältnis anwendbaren Tarifverträge, Betriebs- oder Dienstvereinbarungen sowie Regelungen paritätisch besetzter Kommissionen, die auf der Grundlage kirchlichen Rechts Arbeitsbedingungen für den Bereich kirchlicher Arbeitgeber festlegen.
Der Nachweis der wesentlichen Vertragsbedingungen in elektronischer Form ist ausgeschlossen. Dem Arbeitnehmer ist die Niederschrift mit den Angaben nach Satz 2 Nummer 1, 7 und 8 spätestens am ersten Tag der Arbeitsleistung, die Niederschrift mit den Angaben nach Satz 2 Nummer 2 bis 6, 9 und 10 spätestens am siebten Kalendertag nach dem vereinbarten Beginn des Arbeitsverhältnisses und die Niederschrift mit den übrigen Angaben nach Satz 2 spätestens einen Monat nach dem vereinbarten Beginn des Arbeitsverhältnisses auszuhändigen.

(1a) Wer einen Praktikanten einstellt, hat unverzüglich nach Abschluss des Praktikumsvertrages, spätestens vor Aufnahme der Praktikantentätigkeit, die wesentlichen Vertragsbedingungen schriftlich niederzulegen, die Niederschrift zu unterzeichnen und dem Praktikanten auszuhändigen. In die Niederschrift sind mindestens aufzunehmen:

1.
der Name und die Anschrift der Vertragsparteien,
2.
die mit dem Praktikum verfolgten Lern- und Ausbildungsziele,
3.
Beginn und Dauer des Praktikums,
4.
Dauer der regelmäßigen täglichen Praktikumszeit,
5.
Zahlung und Höhe der Vergütung,
6.
Dauer des Urlaubs,
7.
ein in allgemeiner Form gehaltener Hinweis auf die Tarifverträge, Betriebs- oder Dienstvereinbarungen, die auf das Praktikumsverhältnis anzuwenden sind.
Absatz 1 Satz 3 gilt entsprechend.

(2) Hat der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung länger als vier aufeinanderfolgende Wochen außerhalb der Bundesrepublik Deutschland zu erbringen, so hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer vor dessen Abreise die Niederschrift nach Absatz 1 Satz 1 mit allen wesentlichen Angaben nach Absatz 1 Satz 2 und folgenden zusätzlichen Angaben auszuhändigen:

1.
das Land oder die Länder, in dem oder in denen die Arbeit im Ausland geleistet werden soll, und die geplante Dauer der Arbeit,
2.
die Währung, in der die Entlohnung erfolgt,
3.
sofern vereinbart, mit dem Auslandsaufenthalt verbundene Geld- oder Sachleistungen, insbesondere Entsendezulagen und zu erstattende Reise-, Verpflegungs- und Unterbringungskosten,
4.
die Angabe, ob eine Rückkehr des Arbeitnehmers vorgesehen ist, und gegebenenfalls die Bedingungen der Rückkehr.

(3) Fällt ein Auslandsaufenthalt nach Absatz 2 in den Anwendungsbereich der Richtlinie 96/71/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 1996 über die Entsendung von Arbeitnehmern im Rahmen der Erbringung von Dienstleistungen (ABl. L 18 vom 21.1.1997, S. 1), die durch die Richtlinie (EU) 2018/957 (ABl. L 173 vom 9.7.2018, S. 16) geändert worden ist, muss die Niederschrift nach Absatz 1 Satz 1 neben den Angaben nach Absatz 2 auch folgende zusätzliche Angaben enthalten:

1.
die Entlohnung, auf die der Arbeitnehmer nach dem Recht des Mitgliedstaats oder der Mitgliedstaaten, in dem oder in denen der Arbeitnehmer seine Arbeit leisten soll, Anspruch hat,
2.
den Link zu der einzigen offiziellen nationalen Website, die der Mitgliedstaat, in dem der Arbeitnehmer seine Arbeit leisten soll, betreibt nach Artikel 5 Absatz 2 Buchstabe a der Richtlinie 2014/67/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Mai 2014 zur Durchsetzung der Richtlinie 96/71/EG über die Entsendung von Arbeitnehmern im Rahmen der Erbringung von Dienstleistungen und zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 1024/2012 über die Verwaltungszusammenarbeit mit Hilfe des Binnenmarkt-Informationssystems – („IMI-Verordnung“) (ABl. L 159 vom 28.5.2014, S. 11).

(4) Die Angaben nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 bis 8 und 10 bis 14 können ersetzt werden durch einen Hinweis auf die auf das Arbeitsverhältnis anwendbaren Tarifverträge, Betriebs- oder Dienstvereinbarungen sowie Regelungen paritätisch besetzter Kommissionen, die auf der Grundlage kirchlichen Rechts Arbeitsbedingungen für den Bereich kirchlicher Arbeitgeber festlegen. Ist in den Fällen des Absatzes 1 Satz 2 Nummer 11 und 14 die jeweilige gesetzliche Regelung maßgebend, so kann hierauf verwiesen werden. Die Angaben nach Absatz 2 Nummer 2 und Absatz 3 Nummer 1 können ersetzt werden durch einen Hinweis auf konkrete Bestimmungen der einschlägigen Rechts- und Verwaltungsvorschriften und Satzungen oder Tarifverträge, Betriebs- oder Dienstvereinbarungen sowie Regelungen paritätisch besetzter Kommissionen, die auf der Grundlage kirchlichen Rechts Arbeitsbedingungen für den Bereich kirchlicher Arbeitgeber festlegen.

(5) Wenn dem Arbeitnehmer ein schriftlicher Arbeitsvertrag ausgehändigt worden ist, entfällt die Verpflichtung nach den Absätzen 1, 2 und 3, soweit der Vertrag die in den Absätzen 1 bis 4 geforderten Angaben enthält.

Tenor

1. Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg - Kammern Freiburg - vom 21. Oktober 2008 - 22 Sa 35/08 - aufgehoben.

2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über einen Jahresbonus für das Jahr 2007.

2

Die Klägerin war vom 1. Januar 1998 bis zum 31. Dezember 2007 bei der Beklagten beschäftigt. Das monatliche Grundgehalt betrug zuletzt 5.040,00 Euro. Darüber hinaus sollte die Klägerin gemäß dem schriftlichen Arbeitsvertrag ein 13. Monatsgehalt erhalten. Ihr wurde außerdem ein Dienst-Pkw zur privaten Nutzung zur Verfügung gestellt. Die Klägerin ist die ehemalige Ehefrau des Geschäftsführers der Beklagten. Gegenüber den Mitarbeitern der Beklagten war sie die „Chefin“ und erledigte über die Buchhaltungsarbeiten hinaus weitere Leitungsaufgaben. Das Arbeitsverhältnis wurde nach arbeitgeberseitiger Kündigung, die nach Scheitern der Ehe insbesondere mit einem Vertrauensverlust begründet worden war, durch einen gerichtlichen Vergleich beendet.

3

Nachdem die Klägerin in den Jahren 1998 und 1999 von ihrem Ehemann einen Teil von dessen Jahresbonus erhalten hatte, zahlte die Beklagte ihr für die Kalenderjahre 2000 bis 2006 ausweislich der Gehaltsabrechnungen jeweils zusammen mit dem Dezembergehalt einen „Jahresbonus“, und zwar im Jahr 2000 52.000,00 DM(26.587,18 Euro), im Jahr 2001 57.000,00 DM (29.143,64 Euro), im Jahr 2002 35.000,00 Euro, im Jahr 2003 50.000,00 Euro, im Jahr 2004 52.000,00 Euro und in den Jahren 2005 und 2006 jeweils 57.500,00 Euro. Dessen Höhe wurde der Klägerin jeweils im Rahmen eines Telefonats mit dem in den USA lebenden Gesellschafter Herrn D mitgeteilt. Für das Jahr 2007 erhielt die Klägerin keinen Jahresbonus.

4

Die Klägerin ist der Ansicht, ihr stehe auch für das Jahr 2007 ein Jahresbonus zu. Der Anspruch hierauf sei konkludent vereinbart worden. Es habe eine betriebliche Übung bestanden. Dabei müsse insbesondere berücksichtigt werden, dass sie im Gegensatz zu den übrigen Angestellten keinen Freiwilligkeitsvorbehalt unterzeichnet habe. Der Jahresbonus stelle auch keine in jedem Jahr nach „Gutdünken“ gewährte Leistung der Beklagten dar. Vielmehr habe er regelmäßig ca. 45 % ihres Jahresgehalts entsprochen und sei zuletzt gleichgeblieben.

5

Die Klägerin hat zuletzt beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an sie 57.500,00 Euro brutto nebst Zinsen hieraus iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB seit 1. Januar 2008 zu bezahlen.

6

Die Beklagte hat zu ihrem Klageabweisungsantrag die Ansicht vertreten, aus den bisherigen Zahlungen ergebe sich kein Anspruch auf einen weiteren Jahresbonus. Dieser sei jedes Jahr erneut durch eine Absprache zwischen dem Gesellschafter und dem Geschäftsführer ausgehandelt worden. Dabei habe der Geschäftsführer erklärt, dass ein Teil des eigentlich ihm zustehenden Jahresbonus an seine damalige Ehefrau gezahlt werden solle. Der Gesellschafter habe verstanden, dass der Geschäftsführer seiner Ehefrau auf diese Art und Weise eine auf das Jahresende ausgerichtete Weihnachtsfreude mit Symbolwert unter Partnern einer intakten Beziehung habe bereiten wollen. Mit der arbeitsvertraglich geschuldeten Leistung der Klägerin habe dies nichts zu tun. Die Klägerin sei durch die Zahlung des Grundgehalts bereits angemessen vergütet worden. Sie habe als Buchhalterin, anders als der Geschäftsführer, den Erfolg des Unternehmens nicht maßgeblich beeinflusst. Darüber hinaus folge aus der unterschiedlichen Höhe der Zahlungen, dass die Klägerin von keinem dauerhaften Anspruch habe ausgehen dürfen. Die Berechnung der Klägerin, wonach der Jahresbonus in etwa 45 % des Jahresgehalts betragen habe, sei nicht nachvollziehbar.

7

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihren Klageantrag weiter.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision der Klägerin ist begründet und führt zur Aufhebung des Urteils und Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht.

9

I. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, dass sich der Anspruch auf die Zahlung eines Jahresbonus für das Jahr 2007 nicht aus betrieblicher Übung ergebe. Ein kollektiver Bezug fehle. Auch unter Berücksichtigung des tatsächlichen Verhaltens der Beklagten in der Vergangenheit habe die Klägerin nicht davon ausgehen dürfen, dass ihr auch für die Zukunft ein Jahresbonus in bestimmter Höhe zustehe. Gegen einen dauerhaften Anspruch spreche bereits die unterschiedliche Höhe der Zahlungen. Es sei nicht erkennbar, dass der Bonus sich nach einem abstrakten Berechnungsmodell gerichtet habe. Die von der Klägerin behauptete und auf das Jahresgehalt abstellende Berechnungsmethode sei ungewöhnlich und nicht nachvollziehbar. Sofern die übrigen Mitarbeiter einen Freiwilligkeitsvorbehalt unterschrieben haben sollten, sei bereits fraglich, ob die Klägerin angesichts der beachtlichen Höhe der Bonuszahlungen mit diesen verglichen werden könne. Das Fehlen eines Freiwilligkeitsvorbehalts reiche für die Annahme einer dauerhaften Verpflichtung nicht aus. Der Anspruch ergebe sich nach denselben Erwägungen auch nicht aus einer konkludenten Vertragsänderung; aus dem Verhalten der Beklagten könne nicht geschlossen werden, sie habe sich auch für die Zukunft zur Zahlung verpflichten wollen.

10

II. Mit dieser Begründung kann die Klage nicht abgewiesen werden.

11

1. Zutreffend ist das Landesarbeitsgericht zunächst davon ausgegangen, dass die Klägerin die Voraussetzungen eines Anspruchs aus betrieblicher Übung nicht dargetan hat. Eine betriebliche Übung bezieht sich auf eine Vielzahl von Arbeitnehmern oder zumindest auf eine abgrenzbare Gruppe von Arbeitnehmern, ohne dass individuelle Besonderheiten die vertraglichen Beziehungen gestalten. Das Rechtsinstitut der betrieblichen Übung enthält ein kollektives Element(vgl. BAG 11. April 2006 - 9 AZR 500/05 - Rn. 15, BAGE 118, 16; 6. Dezember 1995 - 10 AZR 123/95 - zu II 1 der Gründe, AP BGB § 611 Gratifikation Nr. 186 = EzA BGB § 242 Gleichbehandlung Nr. 68).

12

Selbst wenn auch an andere Arbeitnehmer Sonderleistungen erbracht worden sind, sind diese gemäß dem Vortrag der Klägerin nicht mit der von ihr begehrten Leistung vergleichbar. Nur sie sollte danach entsprechend ihrer herausgehobenen Stellung einen Anspruch auf einen Bonus erwerben.

13

2. Aus demselben Grund scheitert ein Anspruch aus dem Gesichtspunkt des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes.

14

3. Allerdings hat das Landesarbeitsgericht nicht ausreichend berücksichtigt, dass sich ein Anspruch aufgrund einer individuellen arbeitsvertraglichen konkludenten Abrede ergeben kann.

15

a) Es kann dahinstehen, ob es sich wegen des Einzelfallcharakters der Zahlungen um eine sogenannte nichttypische Erklärung handelt, deren Würdigung nur einer eingeschränkten Überprüfung durch den Senat unterliegt(vgl. BAG 20. Februar 2001 - 9 AZR 46/00 - zu II 2 der Gründe, AP TVG § 1 Tarifverträge: Gaststätten Nr. 11 = EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 139), oder ob der Erklärungswert des Verhaltens der Beklagten in vollem Umfang revisionsrechtlich zu überprüfen ist. Auch einer eingeschränkten Überprüfung hält die Beurteilung des Landesarbeitsgerichts nicht stand, denn es hat eine mögliche Auslegung nicht in Erwägung gezogen und erheblichen Vortrag der Parteien nicht aufgeklärt und gewürdigt.

16

b) Das Landesarbeitsgericht hat festgestellt, dass die Klägerin seit Beginn des Arbeitsverhältnisses jährliche Bonuszahlungen erhielt, wobei ab dem Jahr 2000 die Zahlungen mit der Dezemberabrechnung erfolgten und von ca. 26.500,00 Euro im Jahr 2000 auf 57.500,00 Euro im Jahr 2005 in unterschiedlichem Maß anstiegen und im Jahr 2006 gleichblieben. Dabei hatte der Gesellschafter der Beklagten(Herr D) der Klägerin jeweils mitgeteilt, dass sie einen Jahresbonus in bestimmter Höhe erhalten werde. Ein Freiwilligkeitsvorbehalt wurde nicht erklärt. Die Klägerin hat hierzu behauptet, nur die Höhe der Zahlung sei jeweils von der Beklagten festgelegt worden, wobei der Gesellschafter entschieden habe, dass auch bei einem gegenüber dem Vorjahr schlechteren Jahresergebnis keine Kürzung erfolge und bei guten Jahresergebnissen der Bonus jedes Mal erhöht werde. Er habe dazu geäußert, schließlich sei der Einsatz der Klägerin gleich wie im Vorjahr gewesen, weshalb eine Kürzung nicht gerechtfertigt sei.

17

c) Aus diesem tatsächlichen Verhalten im Zusammenhang mit den behaupteten Äußerungen des Gesellschafters kann ein Angebot der Beklagten gefolgert werden, das die Klägerin durch schlüssiges Verhalten angenommen hat(§ 151 BGB). Das Landesarbeitsgericht hat die Möglichkeit der Auslegung einer Zusage dem Grunde nach übergangen und damit die §§ 133, 157 BGB verletzt. Es hat rechtsfehlerhaft einen individualrechtlichen Anspruch schon deshalb verneint, weil die Zahlung nicht in einer bestimmten Höhe zugesagt worden sei. Es ist aber gerade typisch für einen Bonusanspruch, dass dieser abhängig ist von verschiedenen Komponenten, wie zB dem Betriebsergebnis und/oder einer persönlichen Leistung, und daher schwankt. Es erscheint ohne Weiteres möglich, dass aufgrund der jährlichen Zahlungen in Verbindung mit dem tatsächlichen Verhalten der Beklagten die Annahme der Klägerin gerechtfertigt war, die Beklagte wolle sich hinsichtlich der Bonuszahlungen in irgendeiner Weise auf Dauer binden. Sollte über den Grund des Anspruchs jedes Jahr neu entschieden werden, hätte es nahe gelegen, auf die Einmaligkeit der Zahlung besonders hinzuweisen.

18

4. Der Senat kann aufgrund des festgestellten Sachverhalts weder über den Anspruch selbst noch zur Höhe abschließend entscheiden.

19

a) Hinsichtlich des Anspruchsgrundes unterliegt es der tatrichterlichen Prüfung, ob und gegebenenfalls inwieweit die Beklagte den Vortrag der Klägerin über die Äußerungen des Gesellschafters der Beklagten bestritten hat(§ 138 Abs. 3 ZPO). Zu klären ist weiterhin, ob der Vortrag der Beklagten, die Zahlungen seien nach freiem Belieben intern festgesetzt worden, den Grund oder nur die Höhe der Zahlung betraf. Denkbar ist auch, dass die Beklagte behaupten wollte, dass sich sowohl Grund als auch Höhe des Anspruchs nach dem Bonusanspruch des Geschäftsführers richten sollten. Wenn dieser einen dauerhaften Bonusanspruch hatte, kann das dafür sprechen, dass auch die Klägerin in Zukunft einen solchen Anspruch erhalten sollte. Ob der Ehemann auf einen Teil seiner Leistung verzichten und ob er seiner Ehefrau etwas verschaffen wollte, ist im Verhältnis der Parteien unerheblich. Zu klären ist, was die Eheleute betreffend den Bonus untereinander besprochen haben, und ob der arbeitsvertraglich ausdrücklich begründete Anspruch der Klägerin auf ein 13. Monatsgehalt eine Rolle spielt, ob zB der Bonus an die Stelle des 13. Monatsgehalts getreten ist. Dies wird aus den vorgelegten Abrechnungen und dem vorgetragenen Jahreseinkommen nicht deutlich.

20

Den Parteien ist Gelegenheit zu geben, zu diesen Fragen weiter vorzutragen und Beweis anzutreten.

21

b) Ergibt sich ein Anspruch dem Grunde nach, ist der Beklagten im Rahmen einer abgestuften Darlegungs- und Beweislast Gelegenheit zu geben, dazu vorzutragen, nach welchen Kriterien die Höhe der Zahlung bestimmt wurde. Auch wenn die Klägerin hierzu bisher keine nachvollziehbare Regel vorgetragen hat, ist immerhin ein Ansteigen feststellbar. Es liegt nahe, dass der Bonusanspruch sich nach dem jeweiligen Geschäftsergebnis gerichtet hat, solange er anstieg. Eine Rolle mag auch spielen, in welcher Höhe der Geschäftsführer der Beklagten im jeweiligen Jahr einen Bonusanspruch erhalten hat, hieraus kann sich gegebenenfalls ein bestimmter Bruchteil ergeben, den die Klägerin erhalten sollte.

22

In Betracht kommt die Anwendung des § 612 Abs. 2 BGB. Da weder eine taxmäßige noch eine übliche Bonusvergütung ersichtlich ist, ist die Höhe, wenn eine ergänzende Vertragsauslegung ebenfalls ausscheidet, durch die Beklagte nach § 315 Abs. 1 bis 3 BGB zu bestimmen. Ggf. hat das Landesarbeitsgericht die Höhe des Bonus gem. § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB durch Urteil festzusetzen.

23

Im Gegensatz zur Auffassung des Landesarbeitsgerichts handelt es sich bei dem Anspruch auf die Zahlung eines dem billigen Ermessen entsprechenden Bonus nicht um einen gesonderten, von der Klägerin bisher nicht geltend gemachten Streitgegenstand. Der Streitgegenstand im Zivilprozess betrifft weder umfassend eine bestimmte Rechtsfolge noch lediglich einen bestimmten materiell-rechtlichen Anspruch. Nach § 322 Abs. 1 ZPO ergibt sich der als Rechtsschutzbegehren aufgefasste prozessuale Anspruch durch den Klageantrag und den dazugehörigen Lebenssachverhalt, aus dem der Kläger die begehrte Rechtsfolge herleitet(BAG 18. November 2008 - 3 AZR 970/06 - Rn. 14, AP BGB § 242 Ruhegehalt - Pensionskassen Nr. 6; 17. April 2002 - 5 AZR 400/00 - zu II 1 der Gründe, AP ZPO § 322 Nr. 34). Der Anspruch auf die nach billigem Ermessen festzusetzende Bonuszahlung basiert auf demselben Lebenssachverhalt wie der Anspruch auf einen bestimmten konkludent vereinbarten oder üblichen Bonus, nämlich auf einer Absprache der Parteien (vgl. BGH 4. April 2006 - X ZR 122/05 - BGHZ 167, 139). Im Anwendungsbereich von § 315 Abs. 3 BGB kann die Klage auch unmittelbar auf Zahlung des nach Meinung des Gläubigers angemessenen Betrags gerichtet werden, ohne dass ein gesondertes Gestaltungsurteil ergehen müsste(vgl. BGH 26. September 2006 - X ZR 181/03 - mwN, NJW-RR 2007, 103). Der Anspruch der Klägerin richtet sich bei natürlicher Betrachtungsweise auf ein einheitliches Ziel (vgl. BGH 19. November 2003 - VIII ZR 60/03 - BGHZ 157, 47).

        

    Mikosch    

        

    Marquardt    

        

    Mestwerdt    

        

        

        

    Hintloglou    

        

    Schlegel    

                 

(1) Die Parteien haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben.

(2) Jede Partei hat sich über die von dem Gegner behaupteten Tatsachen zu erklären.

(3) Tatsachen, die nicht ausdrücklich bestritten werden, sind als zugestanden anzusehen, wenn nicht die Absicht, sie bestreiten zu wollen, aus den übrigen Erklärungen der Partei hervorgeht.

(4) Eine Erklärung mit Nichtwissen ist nur über Tatsachen zulässig, die weder eigene Handlungen der Partei noch Gegenstand ihrer eigenen Wahrnehmung gewesen sind.

Tenor

1. Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg - Kammern Freiburg - vom 21. Oktober 2008 - 22 Sa 35/08 - aufgehoben.

2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über einen Jahresbonus für das Jahr 2007.

2

Die Klägerin war vom 1. Januar 1998 bis zum 31. Dezember 2007 bei der Beklagten beschäftigt. Das monatliche Grundgehalt betrug zuletzt 5.040,00 Euro. Darüber hinaus sollte die Klägerin gemäß dem schriftlichen Arbeitsvertrag ein 13. Monatsgehalt erhalten. Ihr wurde außerdem ein Dienst-Pkw zur privaten Nutzung zur Verfügung gestellt. Die Klägerin ist die ehemalige Ehefrau des Geschäftsführers der Beklagten. Gegenüber den Mitarbeitern der Beklagten war sie die „Chefin“ und erledigte über die Buchhaltungsarbeiten hinaus weitere Leitungsaufgaben. Das Arbeitsverhältnis wurde nach arbeitgeberseitiger Kündigung, die nach Scheitern der Ehe insbesondere mit einem Vertrauensverlust begründet worden war, durch einen gerichtlichen Vergleich beendet.

3

Nachdem die Klägerin in den Jahren 1998 und 1999 von ihrem Ehemann einen Teil von dessen Jahresbonus erhalten hatte, zahlte die Beklagte ihr für die Kalenderjahre 2000 bis 2006 ausweislich der Gehaltsabrechnungen jeweils zusammen mit dem Dezembergehalt einen „Jahresbonus“, und zwar im Jahr 2000 52.000,00 DM(26.587,18 Euro), im Jahr 2001 57.000,00 DM (29.143,64 Euro), im Jahr 2002 35.000,00 Euro, im Jahr 2003 50.000,00 Euro, im Jahr 2004 52.000,00 Euro und in den Jahren 2005 und 2006 jeweils 57.500,00 Euro. Dessen Höhe wurde der Klägerin jeweils im Rahmen eines Telefonats mit dem in den USA lebenden Gesellschafter Herrn D mitgeteilt. Für das Jahr 2007 erhielt die Klägerin keinen Jahresbonus.

4

Die Klägerin ist der Ansicht, ihr stehe auch für das Jahr 2007 ein Jahresbonus zu. Der Anspruch hierauf sei konkludent vereinbart worden. Es habe eine betriebliche Übung bestanden. Dabei müsse insbesondere berücksichtigt werden, dass sie im Gegensatz zu den übrigen Angestellten keinen Freiwilligkeitsvorbehalt unterzeichnet habe. Der Jahresbonus stelle auch keine in jedem Jahr nach „Gutdünken“ gewährte Leistung der Beklagten dar. Vielmehr habe er regelmäßig ca. 45 % ihres Jahresgehalts entsprochen und sei zuletzt gleichgeblieben.

5

Die Klägerin hat zuletzt beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an sie 57.500,00 Euro brutto nebst Zinsen hieraus iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB seit 1. Januar 2008 zu bezahlen.

6

Die Beklagte hat zu ihrem Klageabweisungsantrag die Ansicht vertreten, aus den bisherigen Zahlungen ergebe sich kein Anspruch auf einen weiteren Jahresbonus. Dieser sei jedes Jahr erneut durch eine Absprache zwischen dem Gesellschafter und dem Geschäftsführer ausgehandelt worden. Dabei habe der Geschäftsführer erklärt, dass ein Teil des eigentlich ihm zustehenden Jahresbonus an seine damalige Ehefrau gezahlt werden solle. Der Gesellschafter habe verstanden, dass der Geschäftsführer seiner Ehefrau auf diese Art und Weise eine auf das Jahresende ausgerichtete Weihnachtsfreude mit Symbolwert unter Partnern einer intakten Beziehung habe bereiten wollen. Mit der arbeitsvertraglich geschuldeten Leistung der Klägerin habe dies nichts zu tun. Die Klägerin sei durch die Zahlung des Grundgehalts bereits angemessen vergütet worden. Sie habe als Buchhalterin, anders als der Geschäftsführer, den Erfolg des Unternehmens nicht maßgeblich beeinflusst. Darüber hinaus folge aus der unterschiedlichen Höhe der Zahlungen, dass die Klägerin von keinem dauerhaften Anspruch habe ausgehen dürfen. Die Berechnung der Klägerin, wonach der Jahresbonus in etwa 45 % des Jahresgehalts betragen habe, sei nicht nachvollziehbar.

7

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihren Klageantrag weiter.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision der Klägerin ist begründet und führt zur Aufhebung des Urteils und Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht.

9

I. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, dass sich der Anspruch auf die Zahlung eines Jahresbonus für das Jahr 2007 nicht aus betrieblicher Übung ergebe. Ein kollektiver Bezug fehle. Auch unter Berücksichtigung des tatsächlichen Verhaltens der Beklagten in der Vergangenheit habe die Klägerin nicht davon ausgehen dürfen, dass ihr auch für die Zukunft ein Jahresbonus in bestimmter Höhe zustehe. Gegen einen dauerhaften Anspruch spreche bereits die unterschiedliche Höhe der Zahlungen. Es sei nicht erkennbar, dass der Bonus sich nach einem abstrakten Berechnungsmodell gerichtet habe. Die von der Klägerin behauptete und auf das Jahresgehalt abstellende Berechnungsmethode sei ungewöhnlich und nicht nachvollziehbar. Sofern die übrigen Mitarbeiter einen Freiwilligkeitsvorbehalt unterschrieben haben sollten, sei bereits fraglich, ob die Klägerin angesichts der beachtlichen Höhe der Bonuszahlungen mit diesen verglichen werden könne. Das Fehlen eines Freiwilligkeitsvorbehalts reiche für die Annahme einer dauerhaften Verpflichtung nicht aus. Der Anspruch ergebe sich nach denselben Erwägungen auch nicht aus einer konkludenten Vertragsänderung; aus dem Verhalten der Beklagten könne nicht geschlossen werden, sie habe sich auch für die Zukunft zur Zahlung verpflichten wollen.

10

II. Mit dieser Begründung kann die Klage nicht abgewiesen werden.

11

1. Zutreffend ist das Landesarbeitsgericht zunächst davon ausgegangen, dass die Klägerin die Voraussetzungen eines Anspruchs aus betrieblicher Übung nicht dargetan hat. Eine betriebliche Übung bezieht sich auf eine Vielzahl von Arbeitnehmern oder zumindest auf eine abgrenzbare Gruppe von Arbeitnehmern, ohne dass individuelle Besonderheiten die vertraglichen Beziehungen gestalten. Das Rechtsinstitut der betrieblichen Übung enthält ein kollektives Element(vgl. BAG 11. April 2006 - 9 AZR 500/05 - Rn. 15, BAGE 118, 16; 6. Dezember 1995 - 10 AZR 123/95 - zu II 1 der Gründe, AP BGB § 611 Gratifikation Nr. 186 = EzA BGB § 242 Gleichbehandlung Nr. 68).

12

Selbst wenn auch an andere Arbeitnehmer Sonderleistungen erbracht worden sind, sind diese gemäß dem Vortrag der Klägerin nicht mit der von ihr begehrten Leistung vergleichbar. Nur sie sollte danach entsprechend ihrer herausgehobenen Stellung einen Anspruch auf einen Bonus erwerben.

13

2. Aus demselben Grund scheitert ein Anspruch aus dem Gesichtspunkt des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes.

14

3. Allerdings hat das Landesarbeitsgericht nicht ausreichend berücksichtigt, dass sich ein Anspruch aufgrund einer individuellen arbeitsvertraglichen konkludenten Abrede ergeben kann.

15

a) Es kann dahinstehen, ob es sich wegen des Einzelfallcharakters der Zahlungen um eine sogenannte nichttypische Erklärung handelt, deren Würdigung nur einer eingeschränkten Überprüfung durch den Senat unterliegt(vgl. BAG 20. Februar 2001 - 9 AZR 46/00 - zu II 2 der Gründe, AP TVG § 1 Tarifverträge: Gaststätten Nr. 11 = EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 139), oder ob der Erklärungswert des Verhaltens der Beklagten in vollem Umfang revisionsrechtlich zu überprüfen ist. Auch einer eingeschränkten Überprüfung hält die Beurteilung des Landesarbeitsgerichts nicht stand, denn es hat eine mögliche Auslegung nicht in Erwägung gezogen und erheblichen Vortrag der Parteien nicht aufgeklärt und gewürdigt.

16

b) Das Landesarbeitsgericht hat festgestellt, dass die Klägerin seit Beginn des Arbeitsverhältnisses jährliche Bonuszahlungen erhielt, wobei ab dem Jahr 2000 die Zahlungen mit der Dezemberabrechnung erfolgten und von ca. 26.500,00 Euro im Jahr 2000 auf 57.500,00 Euro im Jahr 2005 in unterschiedlichem Maß anstiegen und im Jahr 2006 gleichblieben. Dabei hatte der Gesellschafter der Beklagten(Herr D) der Klägerin jeweils mitgeteilt, dass sie einen Jahresbonus in bestimmter Höhe erhalten werde. Ein Freiwilligkeitsvorbehalt wurde nicht erklärt. Die Klägerin hat hierzu behauptet, nur die Höhe der Zahlung sei jeweils von der Beklagten festgelegt worden, wobei der Gesellschafter entschieden habe, dass auch bei einem gegenüber dem Vorjahr schlechteren Jahresergebnis keine Kürzung erfolge und bei guten Jahresergebnissen der Bonus jedes Mal erhöht werde. Er habe dazu geäußert, schließlich sei der Einsatz der Klägerin gleich wie im Vorjahr gewesen, weshalb eine Kürzung nicht gerechtfertigt sei.

17

c) Aus diesem tatsächlichen Verhalten im Zusammenhang mit den behaupteten Äußerungen des Gesellschafters kann ein Angebot der Beklagten gefolgert werden, das die Klägerin durch schlüssiges Verhalten angenommen hat(§ 151 BGB). Das Landesarbeitsgericht hat die Möglichkeit der Auslegung einer Zusage dem Grunde nach übergangen und damit die §§ 133, 157 BGB verletzt. Es hat rechtsfehlerhaft einen individualrechtlichen Anspruch schon deshalb verneint, weil die Zahlung nicht in einer bestimmten Höhe zugesagt worden sei. Es ist aber gerade typisch für einen Bonusanspruch, dass dieser abhängig ist von verschiedenen Komponenten, wie zB dem Betriebsergebnis und/oder einer persönlichen Leistung, und daher schwankt. Es erscheint ohne Weiteres möglich, dass aufgrund der jährlichen Zahlungen in Verbindung mit dem tatsächlichen Verhalten der Beklagten die Annahme der Klägerin gerechtfertigt war, die Beklagte wolle sich hinsichtlich der Bonuszahlungen in irgendeiner Weise auf Dauer binden. Sollte über den Grund des Anspruchs jedes Jahr neu entschieden werden, hätte es nahe gelegen, auf die Einmaligkeit der Zahlung besonders hinzuweisen.

18

4. Der Senat kann aufgrund des festgestellten Sachverhalts weder über den Anspruch selbst noch zur Höhe abschließend entscheiden.

19

a) Hinsichtlich des Anspruchsgrundes unterliegt es der tatrichterlichen Prüfung, ob und gegebenenfalls inwieweit die Beklagte den Vortrag der Klägerin über die Äußerungen des Gesellschafters der Beklagten bestritten hat(§ 138 Abs. 3 ZPO). Zu klären ist weiterhin, ob der Vortrag der Beklagten, die Zahlungen seien nach freiem Belieben intern festgesetzt worden, den Grund oder nur die Höhe der Zahlung betraf. Denkbar ist auch, dass die Beklagte behaupten wollte, dass sich sowohl Grund als auch Höhe des Anspruchs nach dem Bonusanspruch des Geschäftsführers richten sollten. Wenn dieser einen dauerhaften Bonusanspruch hatte, kann das dafür sprechen, dass auch die Klägerin in Zukunft einen solchen Anspruch erhalten sollte. Ob der Ehemann auf einen Teil seiner Leistung verzichten und ob er seiner Ehefrau etwas verschaffen wollte, ist im Verhältnis der Parteien unerheblich. Zu klären ist, was die Eheleute betreffend den Bonus untereinander besprochen haben, und ob der arbeitsvertraglich ausdrücklich begründete Anspruch der Klägerin auf ein 13. Monatsgehalt eine Rolle spielt, ob zB der Bonus an die Stelle des 13. Monatsgehalts getreten ist. Dies wird aus den vorgelegten Abrechnungen und dem vorgetragenen Jahreseinkommen nicht deutlich.

20

Den Parteien ist Gelegenheit zu geben, zu diesen Fragen weiter vorzutragen und Beweis anzutreten.

21

b) Ergibt sich ein Anspruch dem Grunde nach, ist der Beklagten im Rahmen einer abgestuften Darlegungs- und Beweislast Gelegenheit zu geben, dazu vorzutragen, nach welchen Kriterien die Höhe der Zahlung bestimmt wurde. Auch wenn die Klägerin hierzu bisher keine nachvollziehbare Regel vorgetragen hat, ist immerhin ein Ansteigen feststellbar. Es liegt nahe, dass der Bonusanspruch sich nach dem jeweiligen Geschäftsergebnis gerichtet hat, solange er anstieg. Eine Rolle mag auch spielen, in welcher Höhe der Geschäftsführer der Beklagten im jeweiligen Jahr einen Bonusanspruch erhalten hat, hieraus kann sich gegebenenfalls ein bestimmter Bruchteil ergeben, den die Klägerin erhalten sollte.

22

In Betracht kommt die Anwendung des § 612 Abs. 2 BGB. Da weder eine taxmäßige noch eine übliche Bonusvergütung ersichtlich ist, ist die Höhe, wenn eine ergänzende Vertragsauslegung ebenfalls ausscheidet, durch die Beklagte nach § 315 Abs. 1 bis 3 BGB zu bestimmen. Ggf. hat das Landesarbeitsgericht die Höhe des Bonus gem. § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB durch Urteil festzusetzen.

23

Im Gegensatz zur Auffassung des Landesarbeitsgerichts handelt es sich bei dem Anspruch auf die Zahlung eines dem billigen Ermessen entsprechenden Bonus nicht um einen gesonderten, von der Klägerin bisher nicht geltend gemachten Streitgegenstand. Der Streitgegenstand im Zivilprozess betrifft weder umfassend eine bestimmte Rechtsfolge noch lediglich einen bestimmten materiell-rechtlichen Anspruch. Nach § 322 Abs. 1 ZPO ergibt sich der als Rechtsschutzbegehren aufgefasste prozessuale Anspruch durch den Klageantrag und den dazugehörigen Lebenssachverhalt, aus dem der Kläger die begehrte Rechtsfolge herleitet(BAG 18. November 2008 - 3 AZR 970/06 - Rn. 14, AP BGB § 242 Ruhegehalt - Pensionskassen Nr. 6; 17. April 2002 - 5 AZR 400/00 - zu II 1 der Gründe, AP ZPO § 322 Nr. 34). Der Anspruch auf die nach billigem Ermessen festzusetzende Bonuszahlung basiert auf demselben Lebenssachverhalt wie der Anspruch auf einen bestimmten konkludent vereinbarten oder üblichen Bonus, nämlich auf einer Absprache der Parteien (vgl. BGH 4. April 2006 - X ZR 122/05 - BGHZ 167, 139). Im Anwendungsbereich von § 315 Abs. 3 BGB kann die Klage auch unmittelbar auf Zahlung des nach Meinung des Gläubigers angemessenen Betrags gerichtet werden, ohne dass ein gesondertes Gestaltungsurteil ergehen müsste(vgl. BGH 26. September 2006 - X ZR 181/03 - mwN, NJW-RR 2007, 103). Der Anspruch der Klägerin richtet sich bei natürlicher Betrachtungsweise auf ein einheitliches Ziel (vgl. BGH 19. November 2003 - VIII ZR 60/03 - BGHZ 157, 47).

        

    Mikosch    

        

    Marquardt    

        

    Mestwerdt    

        

        

        

    Hintloglou    

        

    Schlegel    

                 

(1) Die Erhebung der Klage erfolgt durch Zustellung eines Schriftsatzes (Klageschrift).

(2) Die Klageschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung der Parteien und des Gerichts;
2.
die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruchs, sowie einen bestimmten Antrag.

(3) Die Klageschrift soll ferner enthalten:

1.
die Angabe, ob der Klageerhebung der Versuch einer Mediation oder eines anderen Verfahrens der außergerichtlichen Konfliktbeilegung vorausgegangen ist, sowie eine Äußerung dazu, ob einem solchen Verfahren Gründe entgegenstehen;
2.
die Angabe des Wertes des Streitgegenstandes, wenn hiervon die Zuständigkeit des Gerichts abhängt und der Streitgegenstand nicht in einer bestimmten Geldsumme besteht;
3.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(4) Außerdem sind die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze auch auf die Klageschrift anzuwenden.

(5) Die Klageschrift sowie sonstige Anträge und Erklärungen einer Partei, die zugestellt werden sollen, sind bei dem Gericht schriftlich unter Beifügung der für ihre Zustellung oder Mitteilung erforderlichen Zahl von Abschriften einzureichen. Einer Beifügung von Abschriften bedarf es nicht, soweit die Klageschrift elektronisch eingereicht wird.

(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis oder die Echtheit oder Unechtheit der Urkunde durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde.

(2) Bis zum Schluss derjenigen mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, kann der Kläger durch Erweiterung des Klageantrags, der Beklagte durch Erhebung einer Widerklage beantragen, dass ein im Laufe des Prozesses streitig gewordenes Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil abhängt, durch richterliche Entscheidung festgestellt werde.

(1) Versicherte haben Anspruch auf Krankengeld, wenn es nach ärztlichem Zeugnis erforderlich ist, daß sie zur Beaufsichtigung, Betreuung oder Pflege ihres erkrankten und versicherten Kindes der Arbeit fernbleiben, eine andere in ihrem Haushalt lebende Person das Kind nicht beaufsichtigen, betreuen oder pflegen kann und das Kind das zwölfte Lebensjahr noch nicht vollendet hat oder behindert und auf Hilfe angewiesen ist. § 10 Abs. 4 und § 44 Absatz 2 gelten.

(2) Anspruch auf Krankengeld nach Absatz 1 besteht in jedem Kalenderjahr für jedes Kind längstens für 10 Arbeitstage, für alleinerziehende Versicherte längstens für 20 Arbeitstage. Der Anspruch nach Satz 1 besteht für Versicherte für nicht mehr als 25 Arbeitstage, für alleinerziehende Versicherte für nicht mehr als 50 Arbeitstage je Kalenderjahr. Das Krankengeld nach Absatz 1 beträgt 90 Prozent des ausgefallenen Nettoarbeitsentgelts aus beitragspflichtigem Arbeitsentgelt der Versicherten, bei Bezug von beitragspflichtigem einmalig gezahltem Arbeitsentgelt (§ 23a des Vierten Buches) in den der Freistellung von Arbeitsleistung nach Absatz 3 vorangegangenen zwölf Kalendermonaten 100 Prozent des ausgefallenen Nettoarbeitsentgelts aus beitragspflichtigem Arbeitsentgelt; es darf 70 Prozent der Beitragsbemessungsgrenze nach § 223 Absatz 3 nicht überschreiten. Erfolgt die Berechnung des Krankengeldes nach Absatz 1 aus Arbeitseinkommen, beträgt dies 70 Prozent des erzielten regelmäßigen Arbeitseinkommens, soweit es der Beitragsberechnung unterliegt. § 47 Absatz 1 Satz 6 bis 8 und Absatz 4 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.

(2a) Abweichend von Absatz 2 Satz 1 besteht der Anspruch auf Krankengeld nach Absatz 1 für das Jahr 2023 für jedes Kind längstens für 30 Arbeitstage, für alleinerziehende Versicherte längstens für 60 Arbeitstage. Der Anspruch nach Satz 1 besteht für Versicherte für nicht mehr als 65 Arbeitstage, für alleinerziehende Versicherte für nicht mehr als 130 Arbeitstage. Der Anspruch nach Absatz 1 besteht bis zum Ablauf des 7. April 2023 auch dann, wenn Einrichtungen zur Betreuung von Kindern, Schulen oder Einrichtungen für Menschen mit Behinderung zur Verhinderung der Verbreitung von Infektionen oder übertragbaren Krankheiten aufgrund des Infektionsschutzgesetzes vorübergehend geschlossen werden oder deren Betreten, auch aufgrund einer Absonderung, untersagt wird, oder wenn von der zuständigen Behörde aus Gründen des Infektionsschutzes Schul- oder Betriebsferien angeordnet oder verlängert werden, die Präsenzpflicht in einer Schule aufgehoben oder der Zugang zum Kinderbetreuungsangebot eingeschränkt wird oder das Kind aufgrund einer behördlichen Empfehlung die Einrichtung nicht besucht. Die Schließung der Schule, der Einrichtung zur Betreuung von Kindern oder der Einrichtung für Menschen mit Behinderung, das Betretungsverbot, die Verlängerung der Schul- oder Betriebsferien, die Aussetzung der Präsenzpflicht in einer Schule, die Einschränkung des Zugangs zum Kinderbetreuungsangebot oder das Vorliegen einer behördlichen Empfehlung, vom Besuch der Einrichtung abzusehen, ist der Krankenkasse auf geeignete Weise nachzuweisen; die Krankenkasse kann die Vorlage einer Bescheinigung der Einrichtung oder der Schule verlangen.

(2b) Für die Zeit des Bezugs von Krankengeld nach Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2a Satz 3 ruht für beide Elternteile der Anspruch nach § 56 Absatz 1a des Infektionsschutzgesetzes.

(3) Versicherte mit Anspruch auf Krankengeld nach Absatz 1 haben für die Dauer dieses Anspruchs gegen ihren Arbeitgeber Anspruch auf unbezahlte Freistellung von der Arbeitsleistung, soweit nicht aus dem gleichen Grund Anspruch auf bezahlte Freistellung besteht. Wird der Freistellungsanspruch nach Satz 1 geltend gemacht, bevor die Krankenkasse ihre Leistungsverpflichtung nach Absatz 1 anerkannt hat, und sind die Voraussetzungen dafür nicht erfüllt, ist der Arbeitgeber berechtigt, die gewährte Freistellung von der Arbeitsleistung auf einen späteren Freistellungsanspruch zur Beaufsichtigung, Betreuung oder Pflege eines erkrankten Kindes anzurechnen. Der Freistellungsanspruch nach Satz 1 kann nicht durch Vertrag ausgeschlossen oder beschränkt werden.

(4) Versicherte haben ferner Anspruch auf Krankengeld, wenn sie zur Beaufsichtigung, Betreuung oder Pflege ihres erkrankten und versicherten Kindes der Arbeit fernbleiben, sofern das Kind das zwölfte Lebensjahr noch nicht vollendet hat oder behindert und auf Hilfe angewiesen ist und nach ärztlichem Zeugnis an einer Erkrankung leidet,

a)
die progredient verläuft und bereits ein weit fortgeschrittenes Stadium erreicht hat,
b)
bei der eine Heilung ausgeschlossen und eine palliativmedizinische Behandlung notwendig oder von einem Elternteil erwünscht ist und
c)
die lediglich eine begrenzte Lebenserwartung von Wochen oder wenigen Monaten erwarten lässt.
Der Anspruch besteht nur für ein Elternteil. Absatz 1 Satz 2, Absatz 3 und § 47 gelten entsprechend.

(5) Anspruch auf unbezahlte Freistellung nach den Absätzen 3 und 4 haben auch Arbeitnehmer, die nicht Versicherte mit Anspruch auf Krankengeld nach Absatz 1 sind.

Der zur Dienstleistung Verpflichtete wird des Anspruchs auf die Vergütung nicht dadurch verlustig, dass er für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit durch einen in seiner Person liegenden Grund ohne sein Verschulden an der Dienstleistung verhindert wird. Er muss sich jedoch den Betrag anrechnen lassen, welcher ihm für die Zeit der Verhinderung aus einer auf Grund gesetzlicher Verpflichtung bestehenden Kranken- oder Unfallversicherung zukommt.

(1) Die Erhebung der Klage erfolgt durch Zustellung eines Schriftsatzes (Klageschrift).

(2) Die Klageschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung der Parteien und des Gerichts;
2.
die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruchs, sowie einen bestimmten Antrag.

(3) Die Klageschrift soll ferner enthalten:

1.
die Angabe, ob der Klageerhebung der Versuch einer Mediation oder eines anderen Verfahrens der außergerichtlichen Konfliktbeilegung vorausgegangen ist, sowie eine Äußerung dazu, ob einem solchen Verfahren Gründe entgegenstehen;
2.
die Angabe des Wertes des Streitgegenstandes, wenn hiervon die Zuständigkeit des Gerichts abhängt und der Streitgegenstand nicht in einer bestimmten Geldsumme besteht;
3.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(4) Außerdem sind die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze auch auf die Klageschrift anzuwenden.

(5) Die Klageschrift sowie sonstige Anträge und Erklärungen einer Partei, die zugestellt werden sollen, sind bei dem Gericht schriftlich unter Beifügung der für ihre Zustellung oder Mitteilung erforderlichen Zahl von Abschriften einzureichen. Einer Beifügung von Abschriften bedarf es nicht, soweit die Klageschrift elektronisch eingereicht wird.

(1) Versicherte haben Anspruch auf Krankengeld, wenn es nach ärztlichem Zeugnis erforderlich ist, daß sie zur Beaufsichtigung, Betreuung oder Pflege ihres erkrankten und versicherten Kindes der Arbeit fernbleiben, eine andere in ihrem Haushalt lebende Person das Kind nicht beaufsichtigen, betreuen oder pflegen kann und das Kind das zwölfte Lebensjahr noch nicht vollendet hat oder behindert und auf Hilfe angewiesen ist. § 10 Abs. 4 und § 44 Absatz 2 gelten.

(2) Anspruch auf Krankengeld nach Absatz 1 besteht in jedem Kalenderjahr für jedes Kind längstens für 10 Arbeitstage, für alleinerziehende Versicherte längstens für 20 Arbeitstage. Der Anspruch nach Satz 1 besteht für Versicherte für nicht mehr als 25 Arbeitstage, für alleinerziehende Versicherte für nicht mehr als 50 Arbeitstage je Kalenderjahr. Das Krankengeld nach Absatz 1 beträgt 90 Prozent des ausgefallenen Nettoarbeitsentgelts aus beitragspflichtigem Arbeitsentgelt der Versicherten, bei Bezug von beitragspflichtigem einmalig gezahltem Arbeitsentgelt (§ 23a des Vierten Buches) in den der Freistellung von Arbeitsleistung nach Absatz 3 vorangegangenen zwölf Kalendermonaten 100 Prozent des ausgefallenen Nettoarbeitsentgelts aus beitragspflichtigem Arbeitsentgelt; es darf 70 Prozent der Beitragsbemessungsgrenze nach § 223 Absatz 3 nicht überschreiten. Erfolgt die Berechnung des Krankengeldes nach Absatz 1 aus Arbeitseinkommen, beträgt dies 70 Prozent des erzielten regelmäßigen Arbeitseinkommens, soweit es der Beitragsberechnung unterliegt. § 47 Absatz 1 Satz 6 bis 8 und Absatz 4 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.

(2a) Abweichend von Absatz 2 Satz 1 besteht der Anspruch auf Krankengeld nach Absatz 1 für das Jahr 2023 für jedes Kind längstens für 30 Arbeitstage, für alleinerziehende Versicherte längstens für 60 Arbeitstage. Der Anspruch nach Satz 1 besteht für Versicherte für nicht mehr als 65 Arbeitstage, für alleinerziehende Versicherte für nicht mehr als 130 Arbeitstage. Der Anspruch nach Absatz 1 besteht bis zum Ablauf des 7. April 2023 auch dann, wenn Einrichtungen zur Betreuung von Kindern, Schulen oder Einrichtungen für Menschen mit Behinderung zur Verhinderung der Verbreitung von Infektionen oder übertragbaren Krankheiten aufgrund des Infektionsschutzgesetzes vorübergehend geschlossen werden oder deren Betreten, auch aufgrund einer Absonderung, untersagt wird, oder wenn von der zuständigen Behörde aus Gründen des Infektionsschutzes Schul- oder Betriebsferien angeordnet oder verlängert werden, die Präsenzpflicht in einer Schule aufgehoben oder der Zugang zum Kinderbetreuungsangebot eingeschränkt wird oder das Kind aufgrund einer behördlichen Empfehlung die Einrichtung nicht besucht. Die Schließung der Schule, der Einrichtung zur Betreuung von Kindern oder der Einrichtung für Menschen mit Behinderung, das Betretungsverbot, die Verlängerung der Schul- oder Betriebsferien, die Aussetzung der Präsenzpflicht in einer Schule, die Einschränkung des Zugangs zum Kinderbetreuungsangebot oder das Vorliegen einer behördlichen Empfehlung, vom Besuch der Einrichtung abzusehen, ist der Krankenkasse auf geeignete Weise nachzuweisen; die Krankenkasse kann die Vorlage einer Bescheinigung der Einrichtung oder der Schule verlangen.

(2b) Für die Zeit des Bezugs von Krankengeld nach Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2a Satz 3 ruht für beide Elternteile der Anspruch nach § 56 Absatz 1a des Infektionsschutzgesetzes.

(3) Versicherte mit Anspruch auf Krankengeld nach Absatz 1 haben für die Dauer dieses Anspruchs gegen ihren Arbeitgeber Anspruch auf unbezahlte Freistellung von der Arbeitsleistung, soweit nicht aus dem gleichen Grund Anspruch auf bezahlte Freistellung besteht. Wird der Freistellungsanspruch nach Satz 1 geltend gemacht, bevor die Krankenkasse ihre Leistungsverpflichtung nach Absatz 1 anerkannt hat, und sind die Voraussetzungen dafür nicht erfüllt, ist der Arbeitgeber berechtigt, die gewährte Freistellung von der Arbeitsleistung auf einen späteren Freistellungsanspruch zur Beaufsichtigung, Betreuung oder Pflege eines erkrankten Kindes anzurechnen. Der Freistellungsanspruch nach Satz 1 kann nicht durch Vertrag ausgeschlossen oder beschränkt werden.

(4) Versicherte haben ferner Anspruch auf Krankengeld, wenn sie zur Beaufsichtigung, Betreuung oder Pflege ihres erkrankten und versicherten Kindes der Arbeit fernbleiben, sofern das Kind das zwölfte Lebensjahr noch nicht vollendet hat oder behindert und auf Hilfe angewiesen ist und nach ärztlichem Zeugnis an einer Erkrankung leidet,

a)
die progredient verläuft und bereits ein weit fortgeschrittenes Stadium erreicht hat,
b)
bei der eine Heilung ausgeschlossen und eine palliativmedizinische Behandlung notwendig oder von einem Elternteil erwünscht ist und
c)
die lediglich eine begrenzte Lebenserwartung von Wochen oder wenigen Monaten erwarten lässt.
Der Anspruch besteht nur für ein Elternteil. Absatz 1 Satz 2, Absatz 3 und § 47 gelten entsprechend.

(5) Anspruch auf unbezahlte Freistellung nach den Absätzen 3 und 4 haben auch Arbeitnehmer, die nicht Versicherte mit Anspruch auf Krankengeld nach Absatz 1 sind.

(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis oder die Echtheit oder Unechtheit der Urkunde durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde.

(2) Bis zum Schluss derjenigen mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, kann der Kläger durch Erweiterung des Klageantrags, der Beklagte durch Erhebung einer Widerklage beantragen, dass ein im Laufe des Prozesses streitig gewordenes Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil abhängt, durch richterliche Entscheidung festgestellt werde.

(1) Die Erhebung der Klage erfolgt durch Zustellung eines Schriftsatzes (Klageschrift).

(2) Die Klageschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung der Parteien und des Gerichts;
2.
die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruchs, sowie einen bestimmten Antrag.

(3) Die Klageschrift soll ferner enthalten:

1.
die Angabe, ob der Klageerhebung der Versuch einer Mediation oder eines anderen Verfahrens der außergerichtlichen Konfliktbeilegung vorausgegangen ist, sowie eine Äußerung dazu, ob einem solchen Verfahren Gründe entgegenstehen;
2.
die Angabe des Wertes des Streitgegenstandes, wenn hiervon die Zuständigkeit des Gerichts abhängt und der Streitgegenstand nicht in einer bestimmten Geldsumme besteht;
3.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(4) Außerdem sind die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze auch auf die Klageschrift anzuwenden.

(5) Die Klageschrift sowie sonstige Anträge und Erklärungen einer Partei, die zugestellt werden sollen, sind bei dem Gericht schriftlich unter Beifügung der für ihre Zustellung oder Mitteilung erforderlichen Zahl von Abschriften einzureichen. Einer Beifügung von Abschriften bedarf es nicht, soweit die Klageschrift elektronisch eingereicht wird.

(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis oder die Echtheit oder Unechtheit der Urkunde durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde.

(2) Bis zum Schluss derjenigen mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, kann der Kläger durch Erweiterung des Klageantrags, der Beklagte durch Erhebung einer Widerklage beantragen, dass ein im Laufe des Prozesses streitig gewordenes Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil abhängt, durch richterliche Entscheidung festgestellt werde.

(1) Die Erhebung der Klage erfolgt durch Zustellung eines Schriftsatzes (Klageschrift).

(2) Die Klageschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung der Parteien und des Gerichts;
2.
die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruchs, sowie einen bestimmten Antrag.

(3) Die Klageschrift soll ferner enthalten:

1.
die Angabe, ob der Klageerhebung der Versuch einer Mediation oder eines anderen Verfahrens der außergerichtlichen Konfliktbeilegung vorausgegangen ist, sowie eine Äußerung dazu, ob einem solchen Verfahren Gründe entgegenstehen;
2.
die Angabe des Wertes des Streitgegenstandes, wenn hiervon die Zuständigkeit des Gerichts abhängt und der Streitgegenstand nicht in einer bestimmten Geldsumme besteht;
3.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(4) Außerdem sind die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze auch auf die Klageschrift anzuwenden.

(5) Die Klageschrift sowie sonstige Anträge und Erklärungen einer Partei, die zugestellt werden sollen, sind bei dem Gericht schriftlich unter Beifügung der für ihre Zustellung oder Mitteilung erforderlichen Zahl von Abschriften einzureichen. Einer Beifügung von Abschriften bedarf es nicht, soweit die Klageschrift elektronisch eingereicht wird.

(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis oder die Echtheit oder Unechtheit der Urkunde durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde.

(2) Bis zum Schluss derjenigen mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, kann der Kläger durch Erweiterung des Klageantrags, der Beklagte durch Erhebung einer Widerklage beantragen, dass ein im Laufe des Prozesses streitig gewordenes Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil abhängt, durch richterliche Entscheidung festgestellt werde.

(1) Die Erhebung der Klage erfolgt durch Zustellung eines Schriftsatzes (Klageschrift).

(2) Die Klageschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung der Parteien und des Gerichts;
2.
die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruchs, sowie einen bestimmten Antrag.

(3) Die Klageschrift soll ferner enthalten:

1.
die Angabe, ob der Klageerhebung der Versuch einer Mediation oder eines anderen Verfahrens der außergerichtlichen Konfliktbeilegung vorausgegangen ist, sowie eine Äußerung dazu, ob einem solchen Verfahren Gründe entgegenstehen;
2.
die Angabe des Wertes des Streitgegenstandes, wenn hiervon die Zuständigkeit des Gerichts abhängt und der Streitgegenstand nicht in einer bestimmten Geldsumme besteht;
3.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(4) Außerdem sind die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze auch auf die Klageschrift anzuwenden.

(5) Die Klageschrift sowie sonstige Anträge und Erklärungen einer Partei, die zugestellt werden sollen, sind bei dem Gericht schriftlich unter Beifügung der für ihre Zustellung oder Mitteilung erforderlichen Zahl von Abschriften einzureichen. Einer Beifügung von Abschriften bedarf es nicht, soweit die Klageschrift elektronisch eingereicht wird.

(1) Das Urlaubsentgelt bemißt sich nach dem durchschnittlichen Arbeitsverdienst, das der Arbeitnehmer in den letzten dreizehn Wochen vor dem Beginn des Urlaubs erhalten hat, mit Ausnahme des zusätzlich für Überstunden gezahlten Arbeitsverdienstes. Bei Verdiensterhöhungen nicht nur vorübergehender Natur, die während des Berechnungszeitraums oder des Urlaubs eintreten, ist von dem erhöhten Verdienst auszugehen. Verdienstkürzungen, die im Berechnungszeitraum infolge von Kurzarbeit, Arbeitsausfällen oder unverschuldeter Arbeitsversäumnis eintreten, bleiben für die Berechnung des Urlaubsentgelts außer Betracht. Zum Arbeitsentgelt gehörende Sachbezüge, die während des Urlaubs nicht weitergewährt werden, sind für die Dauer des Urlaubs angemessen in bar abzugelten.

(2) Das Urlaubsentgelt ist vor Antritt des Urlaubs auszuzahlen.

(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis oder die Echtheit oder Unechtheit der Urkunde durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde.

(2) Bis zum Schluss derjenigen mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, kann der Kläger durch Erweiterung des Klageantrags, der Beklagte durch Erhebung einer Widerklage beantragen, dass ein im Laufe des Prozesses streitig gewordenes Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil abhängt, durch richterliche Entscheidung festgestellt werde.

Tenor

1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein vom 13. Mai 2009 - 6 Sa 390/08 - wird hinsichtlich des Antrags zu 3) einschließlich der beiden Hilfsanträge mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Antrag zu 3) auch hinsichtlich des zweiten, höchst hilfsweise gestellten Antrags als unzulässig abgewiesen wird.

2. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein vom 13. Mai 2009 - 6 Sa 390/08 - im Übrigen aufgehoben.

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Lübeck vom 11. September 2008 - 2 Ca 1332/08 - wird insoweit zurückgewiesen, als das Arbeitsgericht dem Antrag zu 1) stattgegeben hat und der Tenor zu 1 zur Klarstellung wie folgt neu gefasst:

Es wird festgestellt, dass auf das Arbeitsverhältnis der Parteien der Manteltarifvertrag bei der Deutschen Telekom AG (MTV Telekom), der Entgeltrahmentarifvertrag bei der Deutschen Telekom AG (ERTV Telekom), der Entgelttarifvertrag bei der Deutschen Telekom AG (ETV Telekom), der Tarifvertrag über Sonderregelungen bei der Deutschen Telekom AG (TV SR) und der Tarifvertrag über eine pauschalierte Außendienstentschädigung bei der Deutschen Telekom AG (TV Außendienst) jeweils in der am 24. Juni 2007 geltenden Fassung Anwendung finden.

3. Hinsichtlich des Antrags zu 2) wird der Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht - auch über die Kosten der Revision - zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten darüber, welche tariflichen Regelungen aufgrund arbeitsvertraglicher Bezugnahme auf das zwischen ihnen bestehende Arbeitsverhältnis anzuwenden sind. Der Kläger begehrt darüber hinaus auf der Grundlage des nach seiner Auffassung anwendbaren Tarifrechts eine Zeitgutschrift auf einem Arbeitszeitkonto. Schließlich ist zwischen den Parteien umstritten, ob ein Unterrichtungsschreiben der Beklagten im Rahmen eines Betriebsübergangs den gesetzlichen Anforderungen entspricht und der Kläger noch zur Ausübung eines Widerspruchsrechts berechtigt ist.

2

Der nicht tarifgebundene Kläger ist seit dem 29. Juli 1977, zuletzt als Fernmeldehandwerker/Betriebstechniker bei der Beklagten und ihrer Rechtsvorgängerinnen beschäftigt. In dem schriftlichen Arbeitsvertrag vom 29. Juli 1977, der seinerzeit mit der Deutschen Bundespost geschlossen wurde, ist ua. bestimmt:

        

„Die Bestimmungen des Tarifvertrages für die Arbeiter der Deutschen Bundespost gelten in ihrer jeweiligen Fassung als unmittelbar zwischen den Vertragsparteien vereinbart.“

3

Bereits im Jahr 1990 entstanden im Zuge der sog. Postreform I aus der Deutschen Bundespost die einzelnen Geschäftsbereiche - sog. öffentliche Unternehmen - Postdienst, Postbank und Fernmeldedienst, die nach wie vor (Teil-)Sondervermögen des Bundes bildeten. Der Kläger verblieb im Geschäftsbereich Deutsche Bundespost - Fernmeldedienst (ab 1992 Deutsche Bundespost - Telekom). Die Geschäftsbereiche wurden bei der sog. Postreform II durch das Gesetz zur Umwandlung der Unternehmen der Deutschen Bundespost in die Rechtsform der Aktiengesellschaft (vom 14. September 1994, BGBl. I S. 2325, 2339 - Postumwandlungsgesetz - PostUmwG) privatisiert. Aus dem Geschäftsbereich, in dem der Kläger tätig gewesen war, entstand nach § 1 Abs. 2 dritter Spiegelstrich PostUmwG die Deutsche Telekom AG(nachfolgend DT AG). Das Arbeitsverhältnis des Klägers wurde zum 1. Januar 1995 gemäß § 21 Abs. 1 dritter Spiegelstrich des Gesetzes zum Personalrecht der Beschäftigten der früheren Deutschen Bundespost(vom 14. September 1994, BGBl. I S. 2325, 2353 - Postpersonalrechtsgesetz - PostPersRG) auf die DT AG übergeleitet.

4

Die DT AG vereinbarte in der Folgezeit mit der Deutschen Postgewerkschaft (DPG) Tarifverträge, die ua. die zuvor zwischen der Deutschen Bundespost und der DPG geschlossenen „Tarifverträge für die Arbeiter der Deutschen Bundespost“ (nachfolgend TV Arb) für den Bereich der DT AG abänderten. Eine weitgehende Ablösung der vormals mit der Deutschen Bundespost geschlossenen und auch noch nachfolgend geänderten Tarifverträge erfolgte anlässlich der Einführung des „Neuen Bewertungs- und Bezahlungssystems - NBBS“ zum 1. Juli 2001 in einem gesonderten Übergangstarifvertrag, dem Tarifvertrag zur Umstellung auf das NBBS.

5

Im Jahre 2007 gründete die DT AG drei Telekom Service Gesellschaften, darunter die Beklagte. Das Arbeitsverhältnis des Klägers ging infolge Betriebsübergangs mit dem 25. Juni 2007 auf diese über. Bis zu diesem Zeitpunkt wurden auf das Arbeitsverhältnis des Klägers mit seinem Einverständnis stets die jeweiligen für ihn einschlägigen Tarifverträge der Deutschen Bundespost und später die der DT AG angewendet. Der Kläger widersprach dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses nicht. Die Beklagte schloss ebenfalls am 25. Juni 2007 mit der Gewerkschaft ver.di Haustarifverträge ab, darunter den Manteltarifvertrag (MTV DTNP) und den Entgeltrahmentarifvertrag (ERTV DTNP), die von den Tarifverträgen der DT AG ua. bei der Arbeitszeit und beim Entgelt abweichen. Mit Schreiben vom 12. Januar 2008 hat der Kläger Ansprüche nach den vormals bei der Deutschen Telekom AG bestehenden Tarifverträgen geltend gemacht.

6

Mit seiner Klage begehrt der Kläger ua. die Feststellung, dass die vormaligen bei der DT AG bestehenden Tarifverträge Anwendung finden, die Gutschrift von geleisteten Arbeitsstunden auf sein Arbeitszeitkonto und die Feststellung, dass die Frist für die Ausübung eines Widerspruchs nach § 613a Abs. 6 Satz 1 BGB noch nicht in Gang gesetzt wurde. Er ist der Auffassung, sein Antrag auf Feststellung des maßgebenden Tarifvertrages sei zulässig und begründet. Die bisherigen Tarifverträge fänden auf das Arbeitsverhältnis nach wie vor Anwendung. Die DT AG sei im Wege der partiellen Gesamtrechtsnachfolge in die Tarifverträge der Deutschen Bundespost eingetreten und habe diese zunächst fortgeführt und dann durch die von ihr geschlossenen Nachfolgetarifverträge abgelöst. Anders sei dies beim Betriebsübergang im Juni 2007 gewesen, der im Wege des § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB erfolgt sei. Eine Tarifsukzession habe in Bezug auf die Beklagte nicht vorgelegen. Die Differenz zwischen den nach § 11 MTV DT AG und den nach § 11 Abs. 1 MTV DTNP mehr zu leistenden Arbeitsstunden betrage vier Stunden in der Woche, weshalb der Kläger für die Zeit bis zum 30. April 2009 näher berechnete 322,4 Stunden als Zeitgutschrift auf seinem Arbeitszeitkonto beanspruchen könne. Weiterhin sei das Unterrichtungsschreiben der Beklagten zum Betriebsübergang fehlerhaft, weil sie unzutreffend über die anwendbaren Tarifverträge unterrichtet habe. Dies könne auch im Wege der Feststellungsklage, die rechtsgestaltend wirke, festgestellt werden. Auch sei der Feststellungsantrag zu 1) eine Vorfrage iSd. § 256 Abs. 2 ZPO zu dem Antrag zu 3).

7

Der Kläger hat zuletzt beantragt:

        

1.    

Es wird festgestellt, dass auf das Arbeitsverhältnis der Parteien die Tarifverträge der Deutschen Telekom AG, nämlich der Manteltarifvertrag bei der Deutschen Telekom AG (MTV Telekom), der Entgeltrahmentarifvertrag bei der Deutschen Telekom AG (ERTV Telekom), der Entgelttarifvertrag bei der Deutschen Telekom AG (ETV Telekom), der Tarifvertrag über Sonderregelungen bei der Deutschen Telekom AG (TV SR) und der Tarifvertrag über eine pauschalierte Außendienstentschädigung bei der Deutschen Telekom AG (TV Außendienst) in der am 25. Juni 2007 geltenden Fassung Anwendung finden.

        

2.    

Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger für den Zeitraum vom 25. Juni 2007 bis zum 30. April 2009 insgesamt 322,4 Arbeitsstunden auf dem bei ihr geführten Arbeitszeitkonto des Klägers gutzuschreiben.

        

3.    

Es wird festgestellt, dass die Frist zur Erklärung des Widerspruchs gem. § 613a Abs. 6 Satz 1 BGB gegen den Übergang des Arbeitsverhältnisses des Klägers von der Deutschen Telekom AG auf die Beklagte vom 25. Juni 2007 durch das Unterrichtungsschreiben der Beklagten vom 17. Juli 2007 nicht ausgelöst worden ist,

                 

hilfsweise

                 

es wird festgestellt, dass die Beklagte ihre gegenüber dem Kläger gem. § 613a Abs. 5 BGB bestehende Verpflichtung zur ordnungsgemäßen, insbesondere zutreffenden und vollständigen Unterrichtung über die rechtlichen Folgen des Betriebsübergangs vom 25. Juni 2007 nicht erfüllt hat,

                 

höchst hilfsweise

                 

es wird festgestellt, dass der Kläger berechtigt ist, gem. § 613a Abs. 6 Satz 1 BGB dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses von der Deutschen Telekom AG auf die Beklagte aus Anlass des Betriebsübergangs vom 25. Juni 2007 wirksam zu widersprechen.

8

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

9

Der Feststellungsantrag zu 1) sei wegen des Vorrangs der Leistungsklage und weil nicht geklärt werde, welche Regelungskomplexe aus welchen Tarifverträgen für das Arbeitsverhältnis maßgebend seien, unzulässig. Jedenfalls sei der Antrag unbegründet. Mit dem Betriebsübergang seien die für die DT AG geltenden Tarifbestimmungen durch die von der Beklagten geschlossenen Haustarifverträge abgelöst worden, die als solche auch von der Bezugnahmeklausel erfasst worden seien. Die arbeitsvertragliche Verweisung sei zwar zunächst als eine sog. kleine dynamische Bezugnahmeklausel vereinbart worden. Trotz des Wortlauts seien auch die neben dem Tarifvertrag für die Arbeiter der Deutschen Bundespost geltenden Tarifverträge sowie die Ergänzungstarifverträge zum TV Arb angewendet worden. Es sei stets das Ziel der Arbeitsvertragsparteien gewesen, die jeweils einschlägigen Tarifverträge anzuwenden. Durch die Postreform II sei das Bezugnahmeobjekt der Vertragsklausel entfallen, weshalb eine ergänzende Auslegung erforderlich sei. Bei Vertragsschluss sei es schlicht undenkbar gewesen, dass andere Tarifverträge als der TV Arb Geltung erhalten könnten. Nach der Aufgliederung der Deutschen Bundespost in eigenständige privatrechtliche Unternehmen sei der TV Arb durch für die jeweilige Nachfolgegesellschaft geltende Firmentarifverträge ersetzt worden. Dabei habe mit der Gewerkschaft ver.di stets diejenige Gewerkschaft gehandelt, die - früher noch als DPG - den TV Arb und die Nachfolgetarifverträge geschlossen hätte. Dadurch sei eine Kontinuität und eine sinnvolle auf die Unternehmen des Konzerns abgestimmte Regelung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen sichergestellt. Es handele sich um eine unternehmensübergreifende und konzernbezogene Tarifeinigung mit Ablösungswillen. Diese Tarifsukzession setze sich mit der Aufgliederung in immer kleinere Konzerngesellschaften fort. Der im Arbeitsvertrag genannte TV Arb sei einem Branchentarifvertrag vergleichbar, für den es nunmehr ergänzende Haustarifverträge gäbe. Die Bezugnahmeklausel sei nicht als Tarifwechselklausel auszulegen, sondern insoweit über ihren Wortlaut hinaus als Klausel, die lediglich die im Konzern der DT AG geschlossenen Haustarifverträge zur Anwendung bringen solle. Es sei Sinn und Zweck der Gleichstellungsabrede, gleiche Arbeitsbedingungen in dem jeweiligen Konzernunternehmen der DT AG sicherzustellen. Dieses Ergebnis folge auch aus einer entsprechenden Anwendung von § 613a Abs. 1 Satz 3 BGB. Es verletze die negative Koalitionsfreiheit des Klägers, wenn dieser unter statischer Fortgeltung der Tarifregelungen der DT AG an den Tarifänderungen bei der Beklagten nicht teilnehme. Die Feststellungsanträge zu 3) seien unzulässig, weil der Kläger lediglich rechtsgutachterlich eine Vorfrage geklärt wissen wolle.

10

Das Arbeitsgericht hat der Klage hinsichtlich der Anträge zu 1) und 2) stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen und auf die Berufung der Beklagten die Klage auch im Übrigen abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Begehren insgesamt und mit der Maßgabe weiter, dass die im Antrag zu 1) genannten Tarifverträge mit dem Regelungsbestand vom 24. Juni 2007 Anwendung finden sollen. Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Revision ist überwiegend begründet. Das Landesarbeitsgericht hat den Feststellungsantrag zu 1) zu Unrecht abgewiesen. Ob der Leistungsantrag zu 2) begründet ist, kann der Senat nicht abschließend entscheiden. Der Antrag zu 3) ist einschließlich der gestellten Hilfsanträge unzulässig.

12

I. Der Feststellungsantrag zu 1) ist zulässig und begründet.

13

1. Der Antrag ist zulässig.

14

a) Der Feststellungsantrag bedarf der Auslegung. Er ist, obwohl er nach seinem Wortlaut nur gegenwartsbezogen formuliert ist, dahingehend zu verstehen, dass der Kläger die Anwendbarkeit der im Antrag genannten Tarifverträge ab dem 25. Juni 2007 festgestellt wissen will. Das ergibt sich nach dem Vorbringen des Klägers ua. aus seinem Klageantrag zu 2), mit dem er die Gutschrift von Arbeitsstunden ab dem 25. Juni 2007 auf Grundlage der mit der DT AG geschlossenen Tarifverträge verlangt. Dieses Verständnis seines Antrages hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat bestätigt. Darüber hinaus hat der Kläger klargestellt, dass er (lediglich) die Anwendung der fünf von ihm namentlich im Antrag genannten Tarifverträge festgestellt wissen will.

15

b) Der derart klargestellte Antrag ist entgegen der Auffassung der Beklagten zulässig.

16

Eine Feststellungsklage kann sich auf einzelne Beziehungen oder Folgen aus einem Rechtsverhältnis, auf bestimmte Ansprüche oder Verpflichtungen oder auf den Umfang einer Leistungspflicht beschränken - sog. Elementenfeststellungsklage -. Auch die Anwendbarkeit eines bestimmten Tarifvertrages oder Tarifwerks auf ein Arbeitsverhältnis kann Gegenstand einer Feststellungsklage sein (st. Rspr., s. nur BAG 22. Oktober 2008 - 4 AZR 784/07 - Rn. 11 mwN, BAGE 128, 165). Mit dem in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat klargestellten Begehren kann der Streit der Parteien über Grund und Umfang insbesondere der zukünftigen Pflichten, die sich aus der Bezugnahmeklausel in seinem Arbeitsvertrag vom 29. Juli 1977 ergeben, geklärt werden. Dass die Beklagte einer gerichtlichen Feststellung nicht Folge leisten will, trägt sie selbst nicht vor. Für ein solches zukünftiges Verhalten fehlt es auch an Anhaltspunkten. Aufgrund der Befriedungsfunktion eines Feststellungsurteils ist der Kläger entgegen dem Vorbringen der Beklagten auch nicht gehalten, eine Leistungsklage zu erheben (BAG 5. November 2003 - 4 AZR 632/02 - zu I 2 a der Gründe, BAGE 108, 224; 9. Mai 2007 - 4 AZR 319/06 - Rn. 15, AP BGB § 305c Nr. 8 = EzA BGB 2002 § 305c Nr. 12). Der Kläger musste auch nicht diejenigen Regelungen in den Tarifverträgen der DT AG benennen, die aufgrund des in § 4 Abs. 3 TVG verankerten Günstigkeitsprinzips vorrangig zu den Bestimmungen in den Haustarifverträgen der Beklagten zur Anwendung kommen. Die von der Beklagten geschlossenen Tarifverträge gelten nicht nach § 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 TVG für das Arbeitsverhältnis des tarifungebundenen Klägers. Sind sie von der Bezugnahmeklausel nicht erfasst, bedarf es schon deshalb nicht der von der Beklagten geforderten Antragskonkretisierung.

17

2. Der Feststellungsantrag zu 1) ist begründet. Die Tarifverträge der DT AG sind kraft arbeitsvertraglicher Bezugnahme auf das Arbeitsverhältnis der Parteien mit dem tariflichen Regelungsbestand vom 24. Juni 2007, dem Tag vor dem Betriebsübergang auf die Beklagte, anzuwenden. Das ergibt eine ergänzende Auslegung der vereinbarten Bezugnahmeklausel, bei der es sich um eine sog. Gleichstellungsabrede iSd. früheren Senatsrechtsprechung handelt. Diese erfasst nach dem Betriebsübergang auf die Beklagte allerdings nicht die von ihr geschlossenen Haustarifverträge, weil sie auch im Wege einer ergänzenden Vertragsauslegung weder als Tarifwechselklausel noch als eine Bezugnahmeklausel verstanden werden kann, die jedenfalls auf die im Konzern der DT AG für die einzelnen Konzernunternehmen jeweils einschlägigen Tarifverträge verweist.

18

a) Die Parteien stimmen zu Recht darin überein, dass es sich bei der Bezugnahmeregelung in dem 1977 geschlossenen Arbeitsvertrag um eine sog. Gleichstellungsabrede iSd. früheren Senatsrechtsprechung handelt.

19

aa) Nach dieser Rechtsprechung waren bei Tarifgebundenheit des Arbeitgebers - anders als bei nicht tarifgebundenen Arbeitgebern - Verweisungsklauseln wie diejenige in dem Arbeitsvertrag der Parteien in aller Regel als sog. Gleichstellungsabreden auszulegen. Dies beruhte auf der Vorstellung, dass mit einer solchen von einem tarifgebundenen Arbeitgeber gestellten Vertragsklausel lediglich die möglicherweise fehlende Gebundenheit des Arbeitnehmers an die im Arbeitsvertrag genannten Tarifverträge ersetzt werden soll, um jedenfalls zu einer vertraglichen Anwendung des einschlägigen Tarifvertrages zu kommen und damit - bei deren genereller Verwendung - zu dessen Geltung für alle Beschäftigten (vgl. nur BAG 21. August 2002 - 4 AZR 263/01 - zu I 2 b der Gründe, BAGE 102, 275; 25. September 2002 - 4 AZR 294/01 - zu II 2 f bb der Gründe, BAGE 103, 9; 1. Dezember 2004 - 4 AZR 50/04 - zu I 2 a der Gründe, BAGE 113, 40 ). Diese Auslegungsregel hält der Senat nicht mehr aufrecht. Er wendet sie aus Gründen des Vertrauensschutzes aber weiterhin auf die Verweisungsklauseln in Arbeitsverträgen an, die vor dem Inkrafttreten der Schuldrechtsreform zum 1. Januar 2002 abgeschlossen worden sind ( st. Rspr., vgl. nur BAG 18. November 2009 - 4 AZR 514/08 - Rn. 18 und 22 jeweils mwN, BAGE 132, 261; 26. August 2009 - 4 AZR 285/08 - Rn. 49, BAGE 132, 10; 18. April 2007 - 4 AZR 652/05 - Rn. 26 ff., BAGE 122, 74; 14. Dezember 2005 - 4 AZR 536/04 - Rn. 24 ff., BAGE 116, 326).

20

bb) Da die im Arbeitsvertrag enthaltene Verweisung auf den Tarifvertrag für die Arbeiter der Deutschen Bundespost im Jahre 1977 vereinbart worden ist, kommt bei dessen Auslegung weiterhin die frühere Senatsrechtsprechung zum Tragen. Danach ist die Bezugnahmeklausel des Arbeitsvertrages eine Gleichstellungsabrede. Sie verweist auf die fachlich einschlägigen Tarifverträge, an die die damalige Arbeitgeberin tarifgebunden war. Auf diese Weise sind deren Regelungen mit der sich aus dem Charakter als Gleichstellungsabrede ergebenden Maßgabe Inhalt des Arbeitsvertrages des Klägers geworden.

21

b) Nach dem Arbeitsvertrag ist für das Arbeitsverhältnis die Anwendung der „Bestimmungen des Tarifvertrages für die Arbeiter der Deutschen Bundespost … in ihrer jeweiligen Fassung“ vereinbart. Diese Abrede enthält eine dynamische Bezugnahme, die den TV Arb und die sonstigen Tarifverträge für die Arbeiter der Deutschen Bundespost erfasst.

22

aa) Bei dem zwischen den Parteien bestehenden Arbeitsvertrag handelt es sich um einen Formularvertrag, dessen Inhalt als Allgemeine Geschäftsbedingung nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen ist, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind. Ansatzpunkt für die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der Vertragswortlaut. Von Bedeutung für das Auslegungsergebnis sind ferner der von den Vertragsparteien verfolgte Regelungszweck sowie die der jeweils anderen Seite erkennbare Interessenlage der Beteiligten ( BAG 19. Mai 2010 - 4 AZR 796/08 - Rn. 15, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 76 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 48; 16. Dezember 2009 - 5 AZR 888/08 - Rn. 12, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 73 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 44 ). Die Auslegung durch das Landesarbeitsgericht kann vom Revisionsgericht ohne Einschränkung überprüft werden (st. Rspr., vgl. nur BAG 30. August 2000 - 4 AZR 581/99 - zu I 1 b der Gründe mwN, BAGE 95, 296). Dies gilt auch für Bezugnahmeklauseln (BAG 19. Mai 2010 - 4 AZR 796/08 - aaO; 18. April 2007 - 4 AZR 652/05 - Rn. 24, BAGE 122, 74).

23

bb) Danach enthält der Arbeitsvertrag eine zeitdynamische Bezugnahme auf die jeweiligen Regelungen des TV Arb einschließlich der hierzu geschlossenen Zusatztarifverträge, die aber nicht inhaltsdynamisch ausgestaltet ist.

24

(1) Im Arbeitsvertrag knüpfen die Parteien hinsichtlich der Arbeitsbedingungen an die für den Bereich der damaligen Deutschen Bundespost im Arbeiterbereich tariflich vereinbarten Regelungen an und gestalten sie zeitdynamisch. Für das Arbeitsverhältnis sollte allerdings nicht nur der in der Bezugnahmeklausel genannte TV Arb in der jeweils gültigen Fassung gelten, sondern auch die hierzu abgeschlossenen Zusatztarifverträge anzuwenden sein. Der Kläger konnte ungeachtet dessen, dass einzelne Tarifverträge nicht Bestandteil des Tarifwerks des TV Arb waren, davon ausgehen, dass sämtliche bei der Deutschen Bundespost bestehenden und für ihn einschlägigen Tarifverträge angewendet würden (vgl. BAG 24. September 2008 - 6 AZR 76/07 - Rn. 24, BAGE 128, 73; s. auch 3. April 2007 - 9 AZR 283/06 - Rn. 53, BAGE 122, 33). Davon gehen die Parteien übereinstimmend aus und dem entsprach auch die arbeitsvertragliche Praxis. Damit wollte die Deutsche Bundespost in ihren Betrieben das für sie geltende Tarifwerk anwenden und die dort stattfindende tarifliche Entwicklung auch in den Arbeitsverhältnissen der nicht tarifgebundenen Arbeitnehmer nachvollziehen.

25

(2) Die Bezugnahme erfasst von ihrem Wortlaut her jedenfalls nicht die den TV Arb und seine Zusatztarifverträge ersetzenden Tarifverträge der DT AG im Zuge der Vereinbarung der Tarifverträge des NBBS. Diese sind keine „jeweilige Fassung“ des TV Arb und der ihn ergänzenden oder ändernden Tarifverträge und wurden zudem nicht von der Deutschen Bundespost, sondern von einem der drei Nachfolgeunternehmen, der DT AG, geschlossen. Der Arbeitsvertrag ist hinsichtlich der Bezugnahme nur zeitdynamisch auf den TV Arb, nicht aber inhaltsdynamisch auf die Tarifverträge der DT AG ausgestaltet (s. auch BAG 19. Mai 2010 - 4 AZR 796/08 - Rn. 18, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 76 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 48; 10. Juni 2009 - 4 AZR 194/08 - Rn. 38, AP BGB § 157 Nr. 38; jeweils zum BAT). Ob die von der DT AG und der DPG seit Beginn des Jahres 1995 geschlossenen Tarifverträge, die den TV Arb und die Zusatztarifverträge für den Bereich der DT AG - teilweise unter Beibehaltung der Bezeichnung „TV Arb“ - änderten und ergänzten, noch ohne weiteres von der Bezugnahmeregelung erfasst waren, obwohl sie auf Arbeitgeberseite von der DT AG und nicht von der Deutschen Bundespost geschlossen worden waren, muss der Senat vorliegend nicht entscheiden.

26

c) Die Anwendbarkeit der Regelungen der vom Kläger angeführten Tarifverträge mit dem Regelungsstand vom 24. Juni 2007 ergibt sich jedenfalls aufgrund einer ergänzenden Auslegung der im Arbeitsvertrag enthaltenen Bezugnahmeklausel in Form einer sog. Gleichstellungsabrede. Der Arbeitsvertrag der Parteien enthält aufgrund des Übergangs der Deutschen Bundespost im Wege der partiellen Gesamtrechtsnachfolge auf die DT AG zum 1. Januar 1995 und durch die Ablösung der fortgeschriebenen Regelungen des TV Arb und der ihn ergänzenden Tarifverträge durch die Einführung des NBBS und der in diesem Zusammenhang geschlossenen Tarifverträge jedenfalls spätestens seit dem 1. Juli 2001 eine nachträglich eingetretene Regelungslücke, die im Wege einer zulässigen ergänzenden Vertragsauslegung zu schließen ist.

27

aa) Der Arbeitsvertrag ist, weil er nachträglich lückenhaft geworden ist, einer ergänzenden Vertragsauslegung zugänglich.

28

(1) Voraussetzung der ergänzenden Vertragsauslegung ist, dass die Vereinbarung eine Regelungslücke iSe. planwidrigen Unvollständigkeit aufweist (BAG 9. Dezember 2008 - 3 AZR 431/07 - Rn. 25; 21. April 2009 - 3 AZR 640/07 - Rn. 33, BAGE 130, 202). Eine Regelungslücke liegt dabei nur vor, wenn die Parteien einen Punkt übersehen oder zwar nicht übersehen, aber doch bewusst offengelassen haben, weil sie ihn im Zeitpunkt des Vertragsschlusses für nicht regelungsbedürftig gehalten haben, und die Annahme der fehlenden Regelungsbedürftigkeit sich nachträglich als unzutreffend herausstellt. Von einer Planwidrigkeit kann nur die Rede sein, wenn der Vertrag eine Bestimmung vermissen lässt, die erforderlich ist, um den ihm zugrunde liegenden Regelungsplan zu verwirklichen, mithin ohne Vervollständigung des Vertrages eine diesem einvernehmlichen Regelungsplan angemessene, interessengerechte Lösung nicht zu erzielen ist (BAG 19. Mai 2010 - 4 AZR 796/08 - Rn. 23 mwN, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 76 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 48; 21. April 2009 - 3 AZR 640/07 - aaO).

29

(2) Danach ist die Bezugnahme im Arbeitsvertrag lückenhaft. Aus der dynamischen Ausgestaltung der Bezugnahme auf das jeweils geltende tarifliche Regelungswerk für die Arbeiter der Deutschen Bundespost ergibt sich der Wille der Parteien, die Arbeitsbedingungen nicht in einer bestimmten Weise festzuschreiben, sondern sie - dynamisch - an der Tarifentwicklung im Bereich der Deutschen Bundespost auszurichten. Das Arbeitsverhältnis wird in seiner Entwicklung an diejenigen Arbeitsbedingungen gebunden, die für die Arbeitnehmer gelten, die von dem in Bezug genommenen Tarifvertrag erfasst werden.

30

Die Parteien haben allerdings, wie sie übereinstimmend vorgetragen haben, bei Abschluss des Arbeitsvertrages nicht bedacht, dass die Deutsche Bundespost privatisiert, im Wege der partiellen Gesamtrechtsnachfolge auf drei rechtlich selbständige Aktiengesellschaften übergeht und infolgedessen der TV Arb durch die Deutsche Bundespost nicht mehr fortgeführt werden könnte, weshalb für diesen Fall eine Regelung im Arbeitsvertrag fehlt. Durch die fast vollständige Ersetzung des tariflichen Regelungswerks für die Arbeiter der Deutschen Bundespost im Bereich der DT AG zum 1. Juli 2001 durch das neue Tarifwerk im Rahmen des NBBS war der bestehende Vertrag spätestens seit dem 1. Juli 2001 lückenhaft geworden.

31

Ob die DT AG als einer der drei Rechtsnachfolger der Deutschen Bundespost aufgrund der Regelung in § 21 Abs. 1 PostPersG in die von dieser geschlossenen Tarifverträge tatsächlich im Wege der partiellen Gesamtrechtsnachfolge eingetreten ist, wie der Kläger meint, und was im Ergebnis zu einer „Verdreifachung“ des bestehenden Tarifwerks auf drei Rechtsnachfolger geführt hätte, muss der Senat nicht abschließend entscheiden. Denn jedenfalls die Tarifverträge, die im Rahmen des NBBS geschlossen wurden, werden von der Bezugnahmeklausel nicht mehr erfasst (unter I 2 b bb (2)).

32

bb) Eine nachträglich entstandene Regelungslücke ist im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung zu schließen. Diese ergibt, dass die Parteien die für den Kläger einschlägigen Tarifverträge der DT AG vereinbart hätten. Ob der Kläger und die DT AG durch ihre Vertragspraxis nach dem 1. Juli 2001 bis zum Betriebsübergang auf die Beklagte im weiteren Verlauf des Arbeitsverhältnisses konkludent die Bezugnahmeklausel dahingehend abgeändert haben, es sollen die Tarifverträge der DT AG zur Anwendung kommen, muss, auch wenn vieles hierfür spricht, daher nicht abschließend entschieden werden (dazu etwa BAG 24. September 2008 - 6 AZR 76/07 - Rn. 25, BAGE 128, 73), da sich deren Anwendbarkeit jedenfalls infolge einer ergänzenden Vertragsauslegung ergibt.

33

(1) Im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung tritt an die Stelle der lückenhaften Klausel diejenige Gestaltung, die die Parteien bei einer angemessenen Abwägung der beiderseitigen Interessen nach Treu und Glauben als redliche Vertragsparteien vereinbart hätten, wenn ihnen die Unwirksamkeit der Geschäftsbedingung bekannt gewesen wäre (st. Rspr., etwa BAG 19. Mai 2010 - 4 AZR 796/08 - Rn. 31, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 76 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 48; 16. Dezember 2009 - 5 AZR 888/08 - Rn. 22, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 73 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 44 ; 25. April 2007 - 5 AZR 627/06 - Rn. 26, BAGE 122, 182). Die ergänzende Vertragsauslegung im Bereich der Allgemeinen Geschäftsbedingungen hat sich zu orientieren an einem objektiv-generalisierenden, am Willen und Interesse der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise, ausgerichteten Maßstab, und nicht nur an dem der konkret beteiligten Personen (BGH 7. März 1989 - KZR 15/87 - zu II 1 der Gründe mwN, BGHZ 107, 273). Die Vertragsergänzung muss deshalb für den betroffenen Vertragstyp als allgemeine Lösung eines stets wiederkehrenden Interessengegensatzes angemessen sein. Maßgebender Zeitpunkt für die Feststellung und Bewertung des mutmaßlichen typisierten Parteiwillens und der Interessenlage ist der Zeitpunkt des Vertragsschlusses, da die ergänzende Vertragsauslegung eine anfängliche Regelungslücke rückwirkend schließt (BAG 19. Mai 2010 - 4 AZR 796/08 - aaO; BGH 12. Oktober 2005 - IV ZR 162/03 - zu B IV 1 b der Gründe, BGHZ 164, 297). Das gilt auch, wenn eine Lücke sich erst nachträglich als Folge des weiteren Verlaufs der Dinge ergeben hat (BGH 6. Juli 1989 - III ZR 35/88 - zu II 4 a der Gründe, NJW-RR 1989, 1490). Zunächst ist hierfür an den Vertrag selbst anzuknüpfen, denn die in ihm enthaltenen Regelungen und Wertungen, sein Sinn und Zweck sind Ausgangspunkt der Vertragsergänzung. Soweit irgend möglich, sind danach Lücken im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung in der Weise auszufüllen, dass die Grundzüge des konkreten Vertrages „zu Ende gedacht“ werden (BGH 20. September 1993 - II ZR 104/92 - zu 2 der Gründe, BGHZ 123, 281).

34

(2) Ausgehend von diesen Maßstäben hätten die Parteien redlicherweise für den Fall des Wegfalls der ursprünglichen Tarifvertragspartei Deutsche Bundespost auf Arbeitgeberseite infolge der Postreform II und der damit verbundenen partiellen Gesamtrechtsnachfolge auf die DT AG sowie der sich nachfolgend vollziehenden Ablösung der Tarifverträge der Deutschen Bundespost durch das tarifliche Regelungswerk der DT AG dessen arbeitsvertragliche Bezugnahme vereinbart, weil eine statische Regelung der Arbeitsbedingungen nach dem TV Arb und den weiteren Tarifverträgen für die Arbeiter, sei es in dem Regelungsbestand zum Jahreswechsel 1995 oder zum 1. Juli 2001, nicht ihren Interessen entsprach.

35

Zwar handelt es sich bei der Ersetzung des TV Arb durch das Tarifwerk der DT AG nicht um eine von den denselben Tarifvertragsparteien vereinbarte Tarifsukzession innerhalb des Geltungsbereichs des bisherigen Tarifvertrages, wie es etwa im Bereich des öffentlichen Dienstes durch die weitgehende Ersetzung des BAT durch die Nachfolgetarifverträge der Fall gewesen ist (dazu ausf. BAG 22. April 2009 - 4 ABR 14/08 - Rn. 24 ff. mwN, BAGE 130, 286). Das würde nicht berücksichtigen, dass es nicht nur zu einer Ablösung des TV Arb sowie der ihn ändernden und ergänzenden Tarifverträge gekommen ist, sondern auch zu einer partiellen Gesamtrechtsnachfolge in Bezug auf die ursprüngliche Tarifvertragspartei „Deutsche Bundespost“, die im weiteren Verlauf drei voneinander differierende Tarifvertragswerke in den Unternehmen DT AG, Deutsche Post AG und Deutsche Postbank AG hervorgebracht hat.

36

Jedenfalls für den Kläger, der seit Beginn seiner Tätigkeit stets als Fernmeldehandwerker in dem Unternehmensbereich tätig gewesen ist, der später den Geschäftsbereich Fernmeldedienst und nachfolgend Telekom bildete und anschließend auf die DT AG übergegangen ist, ist davon auszugehen, dass die Arbeitsvertragsparteien in diesem speziellen Fall einer Gesamtrechtsnachfolge auf drei Nachfolgeunternehmen unter Wegfall der ursprünglichen Tarifvertragspartei von den dann bestehenden Nachfolgeregelungen diejenigen Tarifbestimmungen in Bezug genommen hätten, die dem Tätigkeitsbereich des Klägers entsprechen. Dies sind die Tarifverträge der DT AG. Dem entspricht auch die Vertragspraxis der damaligen Arbeitsvertragsparteien - des Klägers und der DT AG -, die bis zum Betriebsübergang im Jahre 2007 stets dieses Tarifwerk angewendet haben.

37

d) Infolge des Betriebsübergangs auf die Beklagte hat sich an dieser Rechtslage nichts geändert. Die so begründeten, aus dem in Bezug genommenen Tarifwerk herrührenden individualvertraglichen Rechte und Pflichten wurden nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB Inhalt des Arbeitsverhältnisses mit der Beklagten als Erwerberin(vgl. BAG 17. November 2010 - 4 AZR 391/09 - Rn. 19, NZA 2011, 356; 19. März 2003 - 4 AZR 331/02 - BAGE 105, 284; 26. September 2001 - 4 AZR 544/00 - BAGE 99, 120), und zwar, weil es sich um eine Gleichstellungsabrede handelt (oben I 2 a aa), mit dem tariflichen Regelungsbestand vom 24. Juni 2007. Die Bezugnahme erstreckt sich dagegen nicht auf die von der Beklagten geschlossenen Tarifverträge.

38

aa) Die Bezugnahmeklausel erfasst nicht die bei der Beklagten bestehenden Tarifverträge. Besondere Umstände, die eine erweiternde Auslegung der Bezugnahmeklausel ermöglichen, sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Für eine weitere ergänzende Vertragsauslegung fehlt es an der erforderlichen Vertragslücke. Ein anderes ergibt sich nicht aus dem Charakter der Bezugnahmeklausel als Gleichstellungsabrede.

39

(1) Die Bezugnahmeklausel erfasst nach ihrem Inhalt nicht die bei der Beklagten geschlossenen Tarifverträge.

40

(a) Der Wortlaut der Bezugnahmeklausel gibt keine ausreichenden Hinweise darauf, dass eine Tarifwechselklausel oder zumindest eine Bezugnahme vereinbart worden ist, die die jeweiligen Tarifverträge von einzelnen Konzernunternehmen der DT AG erfasst. Das gilt auch für die im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung bestehende Bezugnahmeregelung. Es bestehen selbst unter Berücksichtigung der Vertragspraxis bei der DT AG bis zum Betriebsübergang im Jahre 2007 keine Anhaltspunkte dafür, es sollten über die von der DT AG selbst geschlossenen Tarifregelungen weitere Tarifverträge anderer Tarifvertragsparteien erfasst werden. Tatsächliche Umstände, die ursprüngliche Bezugnahmeklausel sei bereits ihrem Wortlaut nach als Tarifwechselklausel auszulegen, sind nicht erkennbar. Das gilt auch für ihren Inhalt aufgrund der ergänzenden Vertragsauslegung.

41

(b) Auch für die von der Beklagten in Anspruch genommene Auslegung dahingehend, jedenfalls innerhalb einzelner Konzernunternehmen sollten im Falle von Unternehmensabspaltungen oder Neugründungen von Tochterunternehmen mit nachfolgenden (Teil-)Betriebsübergängen die dort jeweils einschlägigen Tarifverträge angewendet werden, gibt es weder im Vertragswortlaut noch in der folgenden Vertragspraxis einen hinreichenden Anhaltspunkt. Deshalb kann nicht davon ausgegangen werden, es solle die Tarifentwicklung nicht nur bei der DT AG, sondern auch bei von ihr gegründeten Tochterunternehmen jeweils nachvollzogen werden, selbst wenn die DT AG und die von ihr geschlossenen und arbeitsvertraglich - mit - in Bezug genommenen Tarifverträge weiterhin bestehen und als solche auch weiterentwickelt werden.

42

(c) Eine arbeitsvertragliche Bezugnahme auf die bei der Beklagten geltenden Haustarifverträge kann dem Arbeitsvertrag der Parteien auch nicht im Wege einer - weiteren - ergänzenden Vertragsauslegung entnommen werden. Weder liegt ein Fall der Tarifsukzession vor, wie die Beklagte meint, noch besteht eine Vertragslücke.

43

Eine von den denselben Tarifvertragsparteien vereinbarte Tarifsukzession innerhalb des Geltungsbereichs des bisherigen Tarifvertrages, wie sie etwa im Bereich des öffentlichen Dienstes durch die weitgehende Ersetzung des BAT durch die Nachfolgetarifverträge geschehen ist (dazu ausf. BAG 22. April 2009 - 4 ABR 14/08 - Rn. 24 ff. mwN, BAGE 130, 286), ist vorliegend nicht gegeben. Vielmehr bestehen die Tarifverträge bei der DT AG nach wie vor fort. Deshalb fehlt es auch an einer Vertragslücke, weil das Bezugnahmeobjekt - anders als der TV Arb und die dazu geschlossenen Zusatztarifverträge spätestens zum 1. Juli 2001 - nicht weggefallen ist.

44

(d) Ebenso wenig hat ein „abgestimmtes Verhalten“ von Tarifvertragsparteien Einfluss auf die Auslegung einer arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel. Ihr eventueller Gestaltungswille als nicht am Arbeitsvertrag Beteiligte ist für die Auslegung einer einzelvertraglichen Bezugnahmeklausel ohne Bedeutung (BAG 19. Mai 2010 - 4 AZR 796/08 - Rn. 20, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 76 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 48; 16. Dezember 2009 - 5 AZR 888/08 - Rn. 16, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 73 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 44). Allein der Umstand, dass die DT AG vor dem Betriebsübergang Spartentarifverträge hätte schließen können, die dann von der Bezugnahmeklausel hätten erfasst sein können, führt nicht dazu, dass der zwischen den Parteien geschlossene Vertrag nun - da dies nicht geschehen ist - entsprechend korrigierend auszulegen wäre. Der DT AG wäre es - eine Einigung mit der vertragsschließenden Gewerkschaft vorausgesetzt - zwar unbenommen gewesen, Spartentarifverträge für ihr Unternehmen abzuschließen. Aber selbst dann würde die Bezugnahmeklausel im Falle eines nachfolgenden Betriebsübergangs nur die von der DT AG geschlossenen Tarifverträge erfassen, nicht aber nachfolgende Tarifverträge der Beklagten, die diese inhaltlich fortsetzen.

45

(2) Dafür, dass die Bezugnahmeklausel über ihren Wortlaut hinaus auch einen Wechsel auf die jeweils einschlägigen Tarifverträge in Konzernunternehmen der DT AG mit erfassen soll, spricht nichts.

46

(a) Nach der Rechtsprechung des Senats kann die Bezugnahme auf das Tarifwerk einer bestimmten Branche über ihren Wortlaut hinaus nur dann als große dynamische Verweisung - Bezugnahme auf den jeweils für den Betrieb fachlich bzw. betrieblich geltenden Tarifvertrag - ausgelegt werden, wenn sich dies aus besonderen Umständen ergibt (st. Rspr., 22. Oktober 2008 - 4 AZR 784/07 - Rn. 21 mwN, BAGE 128, 165; 29. August 2007 - 4 AZR 767/06 - Rn. 17, BAGE 124, 34; 25. September 2002 - 4 AZR 294/01 - zu II 2 c der Gründe, BAGE 103, 9).

47

(b) Ein derartiges am Wortlaut der Bezugnahmeklausel orientiertes Auslegungsergebnis gilt auch, wenn die Arbeitsvertragsparteien vertraglich die Anwendung eines beim Arbeitgeber geltenden Haustarifvertrages vereinbaren und diesen in der Klausel namentlich bezeichnen. In Bezug genommen ist dann nur der genannte Tarifvertrag oder das betreffende Tarifwerk in seiner jeweiligen Fassung und - was durch Auslegung der Klausel zu ermitteln ist - die ergänzenden, ändernden und ggf. ersetzenden Tarifverträge.

48

Auch hier haben die Arbeitsvertragsparteien die Möglichkeit, die Rechtsfolge eines Tarifwechsels, etwa weil wie hier ein anderer Arbeitgeber an einen anderen Tarifvertrag gebunden ist, ausdrücklich zu vereinbaren. Sie bestimmen mit ihrer vertraglichen Abrede den Umfang der Bezugnahme. Wollen die Arbeitsvertragsparteien für den Fall einer durch einen Betriebsübergang geänderten Tarifbindung des Arbeitgebers an einen anderen Tarifvertrag erreichen, dass durch eine vertragliche Bezugnahme das im neuen Unternehmen geltende Tarifrecht zur Anwendung kommt, haben sie die Möglichkeit, den Typus der Tarifwechselklausel zu wählen. Schlicht unterstellt werden kann der Wille zum Tarifwechsel nicht (st. Rspr., s. nur BAG 22. Oktober 2008 - 4 AZR 784/07 - Rn. 22 mwN, BAGE 128, 165).

49

Das Argument der Beklagten, die vertragliche Bezugnahme sei dann anders zu beurteilen, wenn es sich lediglich um einen Arbeitgeberwechsel infolge eines Betriebsübergangs innerhalb derselben Branche handelt, verkennt, dass es sich hier um die Auslegung einer vertraglichen Abrede handelt. Hierfür ist es grundsätzlich ohne Bedeutung, ob sich die Tarifgebundenheit durch einen Verbandswechsel des Arbeitgebers ändert oder das Arbeitsverhältnis infolge eines Betriebsübergangs auf einen anders tarifgebundenen Arbeitgeber übergeht. Ebenso wenig ist es von Bedeutung, ob ein solcher Vorgang mit einem Branchenwechsel einhergeht (vgl. BAG 22. April 2009 - 4 ABR 14/08 - Rn. 27, BAGE 130, 286; 22. Oktober 2008 - 4 AZR 784/07 - Rn. 23, BAGE 128, 165).

50

(c) Die vorliegende Fallgestaltung ist auch nicht mit derjenigen eines Verbandstarifvertrages vergleichbar, der durch Haustarifverträge ergänzt wird, wie die Beklagte meint. Die von ihr geschlossenen Haustarifverträge sind schon keine solchen, die die Tarifverträge der DT AG ergänzen können oder gar sollen. Sie sollen nach ihrem eindeutigen Inhalt vielmehr für die Beklagte ein neues und auf Dauer wirkendes eigenständiges Regelwerk begründen.

51

(3) Die Beklagte kann sich schließlich nicht erfolgreich auf die Entscheidung des Senats vom 4. September 1996 (- 4 AZR 135/95 - BAGE 84, 97) stützen. Die damalige Entscheidung betraf zwar eine arbeitsvertragliche Verweisungsklausel, die keine Tarifwechselklausel zum Inhalt hatte, und im Fall des Verbandswechsels des Arbeitgebers korrigierend dahingehend ausgelegt wurde, dass eine Verweisung auf den jeweils für den Betrieb geltenden Tarifvertrag vereinbart sei. Grundlage dieses Verständnisses war der Umstand, dass der Vertragspartner der von unterschiedlichen Arbeitgeberverbänden abgeschlossenen Tarifverträge jeweils dieselbe Gewerkschaft war, der auch die damalige Klägerin angehört hatte. Soweit der Senat in der wiedergegebenen Rechtsprechung angenommen hat, in solchen Fallgestaltungen sei eine korrigierende Auslegung über den eindeutigen Wortlaut der Bezugnahmeklausel hinaus möglich, hat er diese kritisierte Rechtsprechung (s. nur Buchner Anm. EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 7; kritisch auch Annuß BB 1999, 2558; Danne SAE 1998, 111; Dauner-Lieb SAE 1999, 47; Kohte AuA 1997, 171) ausdrücklich aufgegeben (BAG 22. April 2009 - 4 ABR 14/08 - Rn. 73, BAGE 130, 286; im Anschluss an 22. Oktober 2008 - 4 AZR 784/07 - Rn. 24 f., BAGE 128, 165; relativierend bereits 30. August 2000 - 4 AZR 581/99 - zu I 1 c bb der Gründe, BAGE 95, 296 ).

52

(4) Entgegen der Auffassung der Beklagten führt der Umstand, dass die Verweisung im Arbeitsvertrag als Gleichstellungsabrede auszulegen ist, nicht zu einem Wechsel des auf vertraglicher Grundlage anwendbaren Tarifrechts. Das lässt sich weder aus Wortlaut und Sinn der Vertragsklausel noch aus dem Gedanken einer hierauf aufbauenden „entsprechenden Anwendung“ des § 613a Abs. 1 Satz 3 BGB herleiten, die die Beklagte anführt.

53

(a) Das mit dem Begriff „Gleichstellungsabrede“ gekennzeichnete Auslegungsergebnis einer Bezugnahmeklausel hatte und hat in der Rechtsprechung des Senats nicht den Inhalt, den am Vertrag beteiligten Arbeitnehmer in jeder Hinsicht wie ein Mitglied der tarifschließenden Gewerkschaft oder zumindest tarifrechtlich wie einen an den in Bezug genommenen Tarifvertrag gebundenen Arbeitnehmer zu behandeln. Es ging und geht stets nur um die vertragsrechtliche Stellung des Arbeitnehmers, ihn also lediglich vertraglich hinsichtlich des in Bezug genommenen Tarifvertrages oder Tarifwerks so zu stellen, als wäre er an diesen Tarifvertrag gebunden. Wesentliche Rechtsfolge dieses Auslegungsergebnisses war es, die sich aus dem Wortlaut der Bezugnahme ergebende Dynamik der einzelvertraglich anwendbaren Tarifverträge auf die Zeit zu begrenzen, in der der Arbeitgeber ohnehin im Verhältnis zu tarifgebundenen Arbeitnehmern durch seine Verbandsmitgliedschaft an die Tarifentwicklung gebunden war. Eine Gleichstellung, die auch einen für Gewerkschaftsmitglieder normativ, beispielsweise aufgrund von § 613a Abs. 1 Satz 3 BGB, eintretenden Tarifwechsel vertraglich nachvollzieht, kann zwar vereinbart werden; ein derartiger Regelungswille muss aber im Vertragswortlaut erkennbar zum Ausdruck kommen (BAG 17. November 2010 - 4 AZR 391/09 - Rn. 31, NZA 2011, 356). Das ist vorliegend nicht der Fall.

54

(b) In seinem Urteil vom 29. August 2007 hat der Senat im Einzelnen begründet, warum im Verhältnis zwischen einer vertraglich vereinbarten Tarifgeltung und einem normativ geltenden Tarifvertrag im Hinblick auf die unterschiedlichen Regelungsebenen entgegen der Auffassung der Beklagten eine entsprechende Anwendung des § 613a Abs. 1 Satz 3 BGB nicht in Betracht kommt(-  4 AZR 767/06  - Rn. 19 mwN, BAGE 124, 34 zu den hierzu in der Literatur vertretenen Auffassungen). Der Senat nimmt hierauf zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug.

55

Die Vorschrift des § 613a Abs. 1 Satz 3 BGB ist nicht dazu bestimmt, auf beim Veräußerer vertraglich begründete Rechte und Pflichten Einfluss zu nehmen. § 613a Abs. 1 Satz 2 und Satz 3 BGB regeln ausschließlich den Erhalt von ursprünglich normativ begründeten Besitzständen nach einem Betriebsübergang, in dessen Folge die Voraussetzungen für eine normative Weitergeltung entfallen sind. Vertragliche Rechtspositionen, auch wenn sie in einer privatautonomen Einbeziehung von Tarifrecht ihren Grund haben, gehen ohne weiteres und uneingeschränkt nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB über. Ein anderes Verständnis stünde im Übrigen auch im Widerspruch zu Art. 3 Abs. 1 der Betriebsübergangs-Richtlinie 2001/23/EG vom 12. März 2001, wonach Rechte und Pflichten aus einem Arbeitsvertrag ohne weiteres auf den Erwerber übergehen (s. nur BAG 17. November 2010 - 4 AZR 391/09 - Rn. 23, NZA 2011, 356).

56

Soweit die Beklagte einwendet, tarifungebundene würden dann gegenüber tarifgebundenen Arbeitnehmern schlechter gestellt, weil sie nicht an der Tarifentwicklung beim Betriebserwerber partizipieren, ist dies - wie der vorliegende Rechtsstreit zeigt - nicht stets der Fall. Eine eventuelle Ungleichbehandlung der tarifungebundenen Arbeitnehmer wäre zudem eine von Rechts und Verfassung wegen nicht zu beanstandende Rechtsfolge ihrer privatautonomen Entscheidung, der tarifschließenden Gewerkschaft fernzubleiben (BAG 23. März 2011 - 4 AZR 366/09 - Rn. 45 mwN, NZA 2011, 920).

57

(c) Der weitere Einwand der Beklagten, dem Arbeitgeber werde bei einem Vertragsverständnis, das nicht zu einer Einbeziehung des bei ihr geltenden Tarifrechts führe, kein wirksames Instrument zur Verfügung gestellt, mit dem er in Ausübung seines Grundrechts des Art. 9 Abs. 3 GG „konstitutive einzelvertragliche Ansprüche jedenfalls ihrer ebenfalls tarifgebundenen Arbeitnehmer ändern … könnte“, weshalb es zu einem Verstoß gegen das Koalitionsgrundrecht komme, geht bereits im Ansatz fehl. Die Beklagte übersieht die unterschiedlichen Regelungsebenen tarifvertraglicher und individualvertraglicher Vereinbarungen.

58

Gegenstand kollektiver Regelungen durch tarifliche Inhaltsnormen ist die Festsetzung allgemeiner und gleicher Mindestarbeitsbedingungen. Die Möglichkeit, demgegenüber günstigere Arbeitsbedingungen einzelvertraglich zu vereinbaren, kann ein Tarifvertrag auch für tarifgebundene Arbeitsverhältnisse nicht einschränken (BAG 23. März 2011 - 4 AZR 366/09 - Rn. 41, NZA 2011, 920). Ebenso wenig kann ein Tarifvertrag bestehende individualvertraglich vereinbarte Rechte abändern oder verkürzen (s. nur BAG 18. August 1971 - 4 AZR 342/70 - BAGE 23, 399: Anrechnungsklausel). Von daher ist schon im Ansatz eine Verletzung des Koalitionsgrundrechts im Hinblick auf die verfassungsrechtlich gewährleistete Tarifautonomie ausgeschlossen. Das Recht, Tarifverträge mit unmittelbarer und zwingender Wirkung für die Tarifgebundenen zu vereinbaren - § 4 Abs. 1, § 3 Abs. 1 TVG - bleibt der Beklagten unbenommen. Ebenso unbeeinträchtigt davon bleiben allerdings auch die einzelvertraglich vereinbarten günstigeren Regelungen, die im Wege des Sachgruppenvergleichs (st. Rspr., etwa BAG 1. Juli 2009 - 4 AZR 261/08 - Rn. 60 mwN, BAGE 131, 176) zu ermitteln sind.

59

(5) Dem vorliegenden Ergebnis steht auch nicht die „Rechtsfolgenbetrachtung“ der Beklagten entgegen, wonach es im Falle von zwei aufeinanderfolgenden Betriebsübergängen zu einer nicht mehr auflösbaren Kollision des nach § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB transformierten Rechts kommen soll. Es könne dann nicht mehr geklärt werden, in welchem Verhältnis einzelvertraglich vereinbarte Regelungen und vormalige tariflich geltende Regelungen, die nun transformiert worden seien, zueinander stünden. Die Beklagte berücksichtigt nicht, dass die nach § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB transformierten Normen nicht dergestalt Inhalt der individualvertraglichen Abrede werden, wie dies bei der vertraglichen Bezugnahme von Tarifverträgen der Fall ist; sie behalten vielmehr ihren kollektiv-rechtlichen Charakter bei (ausf. BAG 22. April 2009 - 4 AZR 100/08 - Rn. 61 ff., BAGE 130, 237). Deshalb ist ein Günstigkeitsvergleich entgegen ihrer Auffassung ohne weiteres möglich und geboten, wenn es zu einem zweiten Betriebsübergang auf einen tarifungebundenen Erwerber kommt (dazu BAG 22. April 2009 - 4 AZR 100/08 - Rn. 30, aaO).

60

(6) Durch die Anordnung des Übergangs einer mit dem Veräußerer des Betriebs arbeitsvertraglich vereinbarten Bezugnahme eines Tarifvertrages auf die Beklagte als Erwerberin dieses Betriebs wird diese entgegen ihrer Auffassung nicht in ihrem Grundrecht auf negative Koalitionsfreiheit verletzt. Eine Verletzung der negativen Koalitionsfreiheit des Klägers scheidet schon im Ansatz aus. Die Auslegung und die Wirksamkeit einer individualrechtlichen Bezugnahme auf Tarifverträge in ihrer jeweiligen Fassung als Ausdruck privatautonomer Gestaltungsmacht berührt die negative Koalitionsfreiheit dessen, der das Arbeitsverhältnis vertraglich der einschlägigen tarifvertraglichen Ordnung unterstellen wollte und dies auch durch die Zustimmung des Arbeitnehmers erreicht hat, nicht. Dies hat der Senat mehrfach begründet und nimmt hierauf zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug (24. Februar 2010 - 4 AZR 691/08 - Rn. 46, 47, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 75 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 47; 23. September 2009 - 4 AZR 331/08 - Rn. 20 ff. mwN, BAGE 132, 169; ebenso 10. November 2010 - 5 AZR 633/09 - Rn. 22, ZTR 2011, 150).

61

bb) Eine korrigierende Auslegung im Sinne der Beklagten ist schließlich auch nicht aus Gründen des Vertrauensschutzes geboten.

62

(1) Die Beklagte verkennt, dass sich der in den Entscheidungen des Senats zur Gleichstellungsabrede gewährte Vertrauensschutz nicht darauf bezieht, ob eine Klausel als Tarifwechselklausel auszulegen ist oder nicht.

63

(a) Der Gleichstellungsgehalt einer solchen Vereinbarung ist nach der früheren Rechtsprechung auf den Zusammenhang zwischen der Dynamik der Bezugnahme und der Tarifgebundenheit des Arbeitgebers an die bezeichneten Tarifverträge beschränkt (BAG 29. August 2007 - 4 AZR 767/06 - Rn. 17 f., BAGE 124, 34; 18. April 2007 - 4 AZR 652/05 - Rn. 27, BAGE 122, 74). Nur insoweit wendet der Senat die frühere Rechtsprechung auf „Altverträge“, also vor dem 1. Januar 2002 geschlossene Arbeitsverträge an und gewährt in diesem Rahmen Vertrauensschutz (st. Rspr., vgl. nur BAG 18. November 2009 - 4 AZR 514/08 - Rn. 18 und 22 jeweils mwN, BAGE 132, 261; 26. August 2009 - 4 AZR 285/08 - Rn. 49, BAGE 132, 10; 18. April 2007 - 4 AZR 652/05 - Rn. 26 ff., BAGE 122, 74; 14. Dezember 2005 - 4 AZR 536/04 - Rn. 24 ff., BAGE 116, 326).

64

(b) Demgegenüber hat der Senat für die Annahme einer Tarifwechselklausel stets besondere und von der Annahme einer Gleichstellungsabrede unabhängige Voraussetzungen für notwendig erachtet (s. nur 30. August 2000 - 4 AZR 581/99 - zu I 1 c bb der Gründe, BAGE 95, 296; 16. Oktober 2002 - 4 AZR 467/01 - zu I 1 b aa und bb aaa der Gründe, BAGE 103, 141).

65

(2) Die Beklagte kann sich schließlich nicht deshalb auf Vertrauensschutz berufen, weil das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein (11. August 2004 - 2 Sa 475/03 -) ihre Rechtsauffassung geteilt hat.

66

Die Gewährung von Vertrauensschutz in eine höchstrichterliche Rechtsprechung setzt voraus, dass die betroffene Partei in die Fortgeltung einer bisherigen Rechtsprechung vertrauen durfte. Selbst eine einzelne höchstgerichtliche Entscheidung reicht nicht aus, die Gewährung von Vertrauensschutz zu begründen. Für die vorliegende Fallgestaltung gibt es keine die Vertragsauslegung der Beklagten stützende höchstrichterliche Rechtsprechung, weshalb ein Vertrauensschutz schon deshalb ausscheidet (BAG 29. August 2007 - 4 AZR 765/06 - Rn. 31 f., AuR 2008, 181).

67

II. Die Revision des Klägers ist hinsichtlich des Leistungsantrages zu 2) begründet.

68

1. Mit der vom Landesarbeitsgericht gegebenen Begründung, wonach die Bezugnahmeklausel nach dem Betriebsübergang auf die Beklagte nur noch die für diese geltenden Tarifverträge erfasse und der Kläger schon deshalb keine Zeitgutschrift beanspruchen konnte, weil er nach § 11 MTV DTNP zu einer Wochenarbeitszeit von 38 Stunden verpflichtet sei, konnte der Antrag nicht abgewiesen werden(soeben unter I).

69

2. Allerdings ist der Antrag des Klägers mangels hinreichender Bestimmtheit iSd. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts bereits unzulässig.

70

a) Bei einer Leistungsklage muss der Klageantrag hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO sein. Aus dem Klageantrag, der gegebenenfalls durch Heranziehung des Sachvortrages des Klägers auszulegen ist, muss sich ergeben, welche Leistung der Kläger von der Beklagten begehrt. Eine auf den Antrag erfolgende Verurteilung muss einen vollstreckungsfähigen Inhalt haben (BAG 10. Mai 1989 - 4 AZR 79/89 -; 28. Juli 1987 - 3 AZR 694/85 - zu II 3 c der Gründe, AP BetrAVG § 1 Lebensversicherung Nr. 4).

71

b) Diesen Anforderungen genügt der Leistungsantrag zu 2) nicht.

72

Zwar ist ein Antrag, einem Arbeitszeitkonto Stunden „gutzuschreiben“, dann hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO, wenn der Arbeitgeber für den Arbeitnehmer ein Zeitkonto führt, auf dem zu erfassende Arbeitszeiten nicht aufgenommen wurden und noch gutgeschrieben werden können(vgl. BAG 23. Januar 2008 - 5 AZR 1036/06 - Rn. 9, AP TVG § 1 Tarifverträge: Lufthansa Nr. 42 = EzA TVG § 4 Luftfahrt Nr. 16; 14. August 2002 - 5 AZR 417/01 - AP EntgeltFG § 2 Nr. 10 = EzA EntgeltfortzG § 2 Nr. 4) und die vom Kläger geforderte Leistungshandlung sich zumindest seinem Sachvortrag entnehmen lässt. Vorliegend bleibt aber nach dem klägerischen Vorbringen bereits gänzlich offen, welche Art von Arbeitszeitkonto für den Kläger bei der Beklagten geführt wird und in der Folge auch, in welcher Art und Weise die Arbeitsstunden im Rahmen der geforderten „Gutschrift“ erfasst werden sollen (vgl. BAG 10. November 2010 - 5 AZR 766/09 - Rn. 11, EzA BGB 2002 § 611 Arbeitszeitkonto Nr. 3; 13. März 2002 - 5 AZR 43/01 - zu I der Gründe, EzA ZPO § 253 Nr. 22). Deshalb bliebe bei einem stattgebenden Urteil ungeklärt, welche Handlungen genau die Beklagte vorzunehmen hat.

73

3. Die Unzulässigkeit des Leistungsantrages führt vorliegend gleichwohl nicht zur Klageabweisung durch den Senat. Dem Kläger ist, nachdem beide Tatsacheninstanzen den Antrag ohne weitere Erörterung implizit für hinreichend bestimmt iSd. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO erachtet haben und seine Zulässigkeit bisher auch nicht von der Beklagten beanstandet wurde, Gelegenheit zu einer Konkretisierung seines Antrages und zu einem ergänzenden Vorbringen zu geben. Dies führt insoweit zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung an das Landesarbeitsgericht zur neuen Verhandlung und Entscheidung.

74

Dabei wird das Landesarbeitsgericht zu beachten haben, dass es bisher an hinreichenden Feststellungen fehlt, auf welcher Grundlage ein Arbeitszeitkonto für den Kläger bei der Beklagten geführt wird. Das betrifft vor allem die Frage, ob es nach Maßgabe einer tarifvertraglichen Regelung geführt wird oder ob eine betriebsverfassungsrechtliche Regelung einschlägig ist, wie sie etwa § 11 Abs. 4 MTV DT AG vorsieht. Zudem begehrt der Kläger derzeit für jede Woche eine Zeitgutschrift von pauschal vier Stunden. Das könnte wohl nur dann zutreffend sein, wenn der Kläger in diesem Zeitraum tatsächlich jede Woche 38 Stunden gearbeitet hätte und er deshalb, weil die Beklagte ihn nach Maßgabe des MTV DTNP und des ERTV DTNP vergütet hat, einen Anspruch auf eine entsprechende Zeitgutschrift erworben hat. Hierzu fehlt es - aus Sicht des Landesarbeitsgerichts konsequent - gleichfalls an den erforderlichen Feststellungen und vor allem einem dahingehenden Vortrag des Klägers. In diesem Zusammenhang wird weiterhin zu beachten sein, ob sich aus der maßgebenden Rechtsgrundlage für das Arbeitszeitkonto überhaupt ein Anspruch ergibt, eine über 34 Wochenstunden hinausgehende Arbeitszeit auf den Arbeitszeitkonten der Arbeitnehmer - in welcher Form auch immer - zu verbuchen (vgl. BAG 10. November 2010 - 5 AZR 766/09 - Rn. 13, EzA BGB 2002 § 611 Arbeitszeitkonto Nr. 3). Darüber hinaus wird das Landesarbeitsgericht zu berücksichtigen haben, dass der Kläger - soweit ersichtlich - erstmals durch die Klageerhebung seinen Anspruch geltend gemacht hat. Es kann für die Begründetheit daher auch auf die Regelungen über das Arbeitszeitkonto ankommen, etwa zur Fälligkeit für einzelne Buchungen, um bestimmen zu können, in welchem Umfang etwaige Ansprüche nach § 31 MTV DT AG verfallen sind oder nicht.

75

III. Der Feststellungsantrag zu 3) ist ebenso wie die beiden dazu gehörenden Hilfsanträge unzulässig.

76

1. Nach § 256 Abs. 1 ZPO kann die gerichtliche Feststellung des Bestehens eines Rechtsverhältnisses beantragt werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse an einer entsprechenden alsbaldigen richterlichen Entscheidung hat. Rechtsverhältnis iSv. § 256 Abs. 1 ZPO ist jedes durch die Herrschaft einer Rechtsnorm über einen konkreten Sachverhalt entstandene rechtliche Verhältnis einer Person zu einer anderen Person oder zu einer Sache. Dabei sind einzelne Rechte und Pflichten ebenso Rechtsverhältnisse wie die Gesamtheit eines einheitlichen Schuldverhältnisses. Kein Rechtsverhältnis iSv. § 256 Abs. 1 ZPO sind dagegen abstrakte Rechtsfragen, bloße Elemente eines Rechtsverhältnisses oder rechtliche Vorfragen(BAG 21. April 2010 - 4 AZR 755/08 - Rn. 21 mwN, AP ZPO 1977 § 256 Nr. 101 = EzA ZPO 2002 § 256 Nr. 9; 24. April 2007 - 1 ABR 27/06 - Rn. 15 mwN, BAGE 122, 121). Das liefe auf die Erstellung eines Rechtsgutachtens hinaus, was den Gerichten verwehrt ist (etwa BAG 3. Mai 2006 - 1 ABR 63/04 - Rn. 19 mwN, AP ArbGG 1979 § 81 Nr. 61; 20. Mai 2008 - 1 ABR 19/07 - Rn. 19, AP BetrVG 1972 § 81 Nr. 4 = EzA ArbGG 1979 § 81 Nr. 19).

77

2. Die vom Kläger gestellten Feststellungsanträge sind gänzlich nicht auf die Feststellung eines Rechtsverhältnisses iSd. § 256 Abs. 1 ZPO gerichtet.

78

a) Das gilt zunächst für den Feststellungsantrag zu 3). Dieser Antrag ist nach den vorstehenden Maßstäben unzulässig.

79

aa) Seinem Inhalt nach will der Kläger festgestellt wissen, dass das Unterrichtungsschreiben der Beklagten den Anforderungen nach § 613a Abs. 5 BGB nicht genügt, weil dann die Widerspruchfrist nach § 613a Abs. 6 Satz 1 BGB nicht in Gang gesetzt worden sei(zu dieser Rechtsfolge etwa BAG 23. Juli 2009 - 8 AZR 538/08 - Rn. 18 ff. mwN, BAGE 131, 258). Damit würde aber lediglich eine Vorfrage für die Beurteilung der Wirksamkeit eines erst noch auszuübenden und bisher noch nicht stattgefundenen Widerspruchs des Klägers geklärt werden (s. auch BGH 19. April 2000 - XII ZR 332/97 - zu 1 a der Gründe, NJW 2000, 2280). Eine rechtskräftige Feststellung darüber, ob ein - erst noch erfolgender - Widerspruch gegen den Übergang des Arbeitsverhältnisses wirksam wäre, würde durch eine stattgebende Entscheidung nicht getroffen. Für eine nachfolgende Feststellungsklage (vgl. etwa BAG 23. Juli 2009 - 8 AZR 538/08 - aaO), dass infolge eines Widerspruchs das Arbeitsverhältnis nach wie vor mit der DT AG besteht, würde lediglich über eine rechtliche Vorfrage entschieden.

80

Wie der Kläger selbst anführt, kann die Beklagte oder die Betriebsveräußererin ein weiteres Unterrichtungsschreiben und mögliche Fehler des ersten Schreibens nach wie vor korrigieren. Dann wäre selbst im Falle eines stattgebenden Urteils im vorliegenden Verfahren noch nicht geklärt, ob ein nach erneuter Unterrichtung erklärter Widerspruch des Klägers tatsächlich die Monatsfrist des § 613a Abs. 6 Satz 1 BGB gewahrt hätte. Ebenso wenig würde klargestellt, ob ein zukünftiger Widerspruch auch im Übrigen wirksam erhoben wäre. Soweit die Revision geltend macht, der Einwand einer weiteren und zutreffenden Unterrichtung sei spekulativ, gilt dies im gleichen Maße für die zukünftige Ausübung des Widerspruchsrechts durch den Kläger. Das verdeutlicht, dass vorliegend sogar nur eine potentielle rechtliche Vorfrage geklärt werden soll. Es ist nicht Aufgabe der Feststellungsklage, Einzelfragen für einen künftig allenfalls möglichen Konflikt, für dessen Entstehung noch nicht einmal die entscheidende tatsächliche Voraussetzung, die Ausübung eines Gestaltungsrechts durch den Kläger, vorliegt, vorab zu klären (vgl. BAG 5. Oktober 2000 - 1 ABR 52/99 - zu B II 2 der Gründe, AP BetrVG 1972 § 23 Nr. 35 = EzA ZPO § 256 Nr. 54).

81

bb) Hinzu kommt, dass im Falle eines Widerspruchs der Kläger gehalten wäre, im Rahmen einer Feststellungsklage gegenüber dem bisherigen Betriebsinhaber ein nach wie vor bestehendes Arbeitsverhältnis geltend zu machen und diesem gegenüber der wirksame Widerspruch geklärt werden müsste. Ein stattgebendes Urteil im vorliegenden Verfahren würde nach § 325 Abs. 1 ZPO jedoch nicht mit Rechtskraft gegenüber dem Betriebsveräußerer wirken(zu den hier nicht gegebenen Voraussetzungen einer entsprechenden Anwendung von § 265 Abs. 1, § 325 Abs. 1 ZPO vgl. BAG 18. Februar 1999 - 8 AZR 485/97 - zu B III der Gründe, BAGE 91, 41; 18. Mai 2010 - 1 AZR 864/08 - Rn. 17, AP ZPO 1977 § 256 Nr. 102). Soweit der Kläger anführt, ein stattgebendes Urteil wirke gestaltend, verkennt er schon im Ansatz die Wirkung der Rechtskraft eines Feststellungsurteils im Unterschied zu der eines - hier nicht einschlägigen - Gestaltungsurteils.

82

cc) Schließlich ergibt sich die Zulässigkeit der Klage entgegen dem Vorbringen des Klägers nicht aufgrund der Voraussetzungen einer Zwischenfeststellungsklage gem. § 256 Abs. 2 ZPO. Der Feststellungsantrag zu 1) ist schon keine Vorfrage für den Antrag zu 3). Zwingende Zulässigkeitsvoraussetzung einer solchen Klage ist, dass das Bestehen oder Nichtbestehen des streitigen Rechtsverhältnisses für die Entscheidung der Hauptsache vorgreiflich ist, also ohnehin darüber befunden werden muss, ob das streitige Rechtsverhältnis besteht (BGH 15. Dezember 2009 - XI ZR 110/09 - Rn. 19, NJW-RR 2010, 640). Das ist vorliegend ersichtlich nicht der Fall. Gleiches gilt im Übrigen für die umgekehrte Annahme. Der Antrag zu 3) ist auch nicht vorgreiflich für den Antrag zu 1). Zudem würde nach dem Vorbringen des Klägers eine Vorgreiflichkeit des Antrages zu 1) nach § 256 Abs. 2 ZPO allenfalls dessen erweiterte Zulässigkeit zur Folge haben, nicht aber umgekehrt für die Zulässigkeit des Antrages zu 3) von Bedeutung sein. Für diesen verbleibt es bei den allgemeinen Zulässigkeitsvoraussetzungen.

83

b) Gleichfalls unzulässig ist der erste zum Antrag zu 3) gestellte Hilfsantrag. Für diesen gelten die Erwägungen zum Antrag zu 3) in gleicher Weise (unter III 2 a). Der Antrag ist auf die Vereinbarkeit des Unterrichtungsschreibens der Beklagten und der DT AG mit den gesetzlichen Vorgaben nach § 613a Abs. 5 BGB gerichtet. Die ordnungsgemäße Unterrichtung ist für die fristgemäße Ausübung des Widerspruchsrechts durch den Kläger und damit für eine Vorfrage von Bedeutung. Gleiches gilt für die Möglichkeit etwaiger Schadensersatzforderungen des Klägers (dazu ErfK/Preis 11. Aufl. § 613a BGB Rn. 94), für die es derzeit zudem an jeglichem Vortrag mangelt.

84

c) Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts ist auch der weitere, äußerst hilfsweise gestellte Feststellungsantrag unzulässig.

85

Mit diesem Feststellungsantrag will der Kläger in der Sache für einen eventuellen zukünftigen Widerspruch geklärt wissen, ob dieser noch fristgerecht erfolgen kann, weil die Monatsfrist des § 613a Abs. 6 Satz 1 BGB noch nicht begonnen hat und in diesem Fall sein Widerspruchsrecht noch nicht verwirkt ist, § 242 BGB(s. dazu nur BAG 23. Juli 2009 - 8 AZR 538/08 - Rn. 42 ff. mwN, BAGE 131, 258). Der Kläger erstrebt insoweit durch Klärung einer abstrakten Rechtsfrage die Erstattung eines Rechtsgutachtens, mit dem er die Erfolgsaussichten eines eventuell noch von ihm auszuübenden Widerspruchs vorab geklärt wissen will. Für Rechtsgutachten sind die Gerichte für Arbeitssachen nicht zuständig. Zudem bliebe im Falle eines stattgebenden Urteils ungeklärt, ob ein späterer Widerspruch tatsächlich wirksam ausgeübt worden ist (soeben unter III 2 a aa).

        

    Bepler    

        

    Creutzfeldt    

        

    Treber    

        

        

        

    H. Klotz    

        

    Th. Hess    

                 

(1) Die Erhebung der Klage erfolgt durch Zustellung eines Schriftsatzes (Klageschrift).

(2) Die Klageschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung der Parteien und des Gerichts;
2.
die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruchs, sowie einen bestimmten Antrag.

(3) Die Klageschrift soll ferner enthalten:

1.
die Angabe, ob der Klageerhebung der Versuch einer Mediation oder eines anderen Verfahrens der außergerichtlichen Konfliktbeilegung vorausgegangen ist, sowie eine Äußerung dazu, ob einem solchen Verfahren Gründe entgegenstehen;
2.
die Angabe des Wertes des Streitgegenstandes, wenn hiervon die Zuständigkeit des Gerichts abhängt und der Streitgegenstand nicht in einer bestimmten Geldsumme besteht;
3.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(4) Außerdem sind die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze auch auf die Klageschrift anzuwenden.

(5) Die Klageschrift sowie sonstige Anträge und Erklärungen einer Partei, die zugestellt werden sollen, sind bei dem Gericht schriftlich unter Beifügung der für ihre Zustellung oder Mitteilung erforderlichen Zahl von Abschriften einzureichen. Einer Beifügung von Abschriften bedarf es nicht, soweit die Klageschrift elektronisch eingereicht wird.

(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis oder die Echtheit oder Unechtheit der Urkunde durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde.

(2) Bis zum Schluss derjenigen mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, kann der Kläger durch Erweiterung des Klageantrags, der Beklagte durch Erhebung einer Widerklage beantragen, dass ein im Laufe des Prozesses streitig gewordenes Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil abhängt, durch richterliche Entscheidung festgestellt werde.

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 29. Oktober 2009 - 2 Sa 146/09 - wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten in der Revisionsinstanz noch darüber, ob dem Kläger aus dem Jahr 2007 ein tariflicher Mehrurlaubsanspruch von zehn Arbeitstagen zusteht.

2

Der schwerbehinderte Kläger ist seit 1975 bei der Beklagten beschäftigt. Diese betreibt ein Dienstleistungsunternehmen zur Wartung, Instandhaltung und Ausstattung von Flugzeugen im Verbund des DLH-Konzerns.

3

Nach Ziff. 3 des Arbeitsvertrags ergeben sich die Rechte und Pflichten des Klägers aus den jeweils gültigen Tarifverträgen, den Betriebsvereinbarungen und Dienstvorschriften der DLH. Die Parteien wenden deshalb auf ihr Arbeitsverhältnis den Manteltarifvertrag Nr. 14 für das Bodenpersonal in der Fassung vom 1. Januar 2007 (MTV Boden) an. Dort heißt es zum Urlaubsanspruch ua.:

        

㤠32 Erholungsurlaub

        

(1)     

Jeder Mitarbeiter hat in jedem vom 01. Januar bis 31. Dezember laufenden Urlaubsjahr Anspruch auf Erholungsurlaub, der möglichst zusammenhängend zu nehmen und zu gewähren ist. …

        

...     

        
        

§ 36 Anteiliger Urlaub im laufenden Urlaubsjahr

        

...     

        
        

(3)     

Wechselt der Mitarbeiter im laufenden Kalenderjahr zwischen der DLH und LSG oder einer Gesellschaft im Tarifvertrag zur Erweiterung des Geltungsbereiches oder einer anderen Gesellschaft im Lufthansa-Konzern, so stehen ihm aus den Arbeitsverhältnissen insgesamt mehr als 12/12 des tariflichen Urlaubs zu.

                 

…       

        

(4)     

Bei Arbeitsbefreiung ohne Fortzahlung der Vergütung - ausgenommen der Fälle des § 12 a - und Ruhen des Arbeitsverhältnisses, die 15 Kalendertage in einem Jahr überschreiten, wird der Urlaub anteilig für diejenige Zeit gekürzt, in der das Arbeitsverhältnis ruhte, und zwar für jeden Kalendertag um 1/365, sofern gesetzlich nichts anderes bestimmt ist. …

        

§ 37 Verfallen und Übertragung des Urlaubsanspruchs

        

(1)     

Nicht genommener Erholungsurlaub verfällt ohne Anspruch auf Abgeltung am 31. März des folgenden Jahres, frühestens jedoch 6 Monate nach Beendigung der Wartezeit.

        

(2)     

Hat jedoch der Mitarbeiter den Anspruch auf Urlaub erfolglos geltend gemacht, so ist ihm der Urlaub nachzugewähren.“

4

Nach § 32 Abs. 3 MTV Boden beträgt der Urlaubsanspruch ab dem fünften Jahr der Beschäftigung 30 Urlaubstage.

5

2007 gewährte die Beklagte dem Kläger 14 Urlaubstage. Danach war der Kläger vom 28. Juli 2007 bis zum 30. April 2008 arbeitsunfähig erkrankt. Mit Urlaubsantrag vom 23. April 2008 verlangte er erfolglos, ihm für die Zeit vom 2. Mai bis zum 30. Mai 2008 Urlaub aus dem Vorjahr zu gewähren. Am 8. Mai 2008 nahm der Kläger seine Arbeitstätigkeit wieder auf. Die Zeitkontenliste der Beklagten vom 8. Mai 2008 für die Abrechnungsperiode 1. Mai bis 31. Mai 2008 weist einen Resturlaubsanspruch des Klägers von 21 Tagen aus. Mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 10. Juni 2008 forderte der Kläger die Beklagte auf, seinen Urlaubsanspruch iHv. 21 Resturlaubstagen zu bestätigen. Vorinstanzlich hat der Kläger geltend gemacht, ihm stehe aus dem Jahr 2007 noch eine Urlaubsdauer von 21 Tagen zu, nämlich fünf Tage Zusatzurlaub nach § 125 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 SGB IX, sechs Tage gesetzlicher Mindesturlaub sowie zehn Tage tariflicher Mehrurlaub.

6

Er hat die Auffassung vertreten, seine Urlaubsansprüche seien nicht verfallen, da er nur wegen seiner Arbeitsunfähigkeit daran gehindert gewesen sei, den Urlaub tatsächlich in Anspruch zu nehmen.

7

Der Kläger hat vorinstanzlich beantragt

        

festzustellen, dass ihm aus dem Jahr 2007 noch ein Resturlaubsanspruch von 21 Arbeitstagen zusteht.

8

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, der tarifliche Mehrurlaub des Klägers sei nach § 37 Abs. 1 MTV Boden verfallen. Der MTV Boden enthalte hinsichtlich des Verfalls der Urlaubsansprüche eine eigenständige von § 7 Abs. 3 BUrlG abweichende Regelung.

9

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Darauf hat die Beklagte dem Zeitkonto des Klägers elf Urlaubstage gutgeschrieben. Sie wendet sich in der Revision nur noch gegen die Feststellung des Landesarbeitsgerichts, dass dem Kläger aus dem Jahr 2007 noch ein Anspruch auf Resturlaub von zehn Arbeitstagen für nicht gewährten tariflichen Mehrurlaub zusteht.

Entscheidungsgründe

10

A. Die Revision der Beklagten ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht festgestellt, dass dem Kläger wegen des 2007 zwar entstandenen, aber nicht voll erfüllten Urlaubsanspruchs noch zehn Urlaubstage zu gewähren sind.

11

I. Die Feststellungsklage ist zulässig. Insbesondere besteht das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse.

12

1. Eine Feststellungsklage ist dann zulässig, wenn auf diesem Wege eine sachgemäße, einfache Erledigung der Streitpunkte zu erreichen ist und prozesswirtschaftliche Erwägungen gegen einen Zwang zur Leistungsklage sprechen (BAG 9. September 2003 - 9 AZR 468/02 - zu I der Gründe, EzA TVG § 4 Chemische Industrie Nr. 6).

13

2. So ist es hier. Eine Leistungsklage wäre nur als Klage auf Abgabe einer Willenserklärung iSv. § 894 ZPO möglich. Denn der Arbeitgeber hat zur Erfüllung des Urlaubsanspruchs den Arbeitnehmer von der Arbeitspflicht freizustellen. Diese Freistellung erfolgt durch einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung, wobei der Arbeitgeber gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 BUrlG die Urlaubswünsche des Arbeitnehmers zu berücksichtigen hat(BAG 20. Januar 2009 - 9 AZR 650/07 - Rn. 24). Vollstreckbar wäre ein entsprechender Titel aber nur, wenn er auf Abgabe einer bestimmten Willenserklärung gerichtet ist (vgl. PG/Olzen ZPO 3. Aufl. § 887 Rn. 6). Bei mangelnder Bestimmtheit der Klage auf Abgabe einer Willenserklärung wäre nur eine Vollstreckung nach § 888 ZPO möglich(OLG Hamm 25. Juni 1970 - 14 W 31/70 - MDR 1971, 401).

14

3. Eine Klage iSv. § 894 ZPO auf Gewährung des Urlaubs für einen bestimmten kalendermäßig festgelegten Zeitraum wäre weder prozesswirtschaftlicher als die Feststellungsklage, noch wäre sie dem Arbeitnehmer zumutbar. Wird der Schuldner zur Abgabe einer empfangsbedürftigen Willenserklärung antragsgemäß verurteilt, gilt nach § 894 ZPO die Willenserklärung erst dann als abgegeben, wenn das Urteil rechtskräftig geworden ist(BAG 15. September 2009 - 9 AZR 608/08 - Rn. 23, AP BGB § 311a Nr. 3 = EzA ZPO 2002 § 894 Nr. 1). Zum Zeitpunkt der Klageerhebung ist nicht bekannt, wann ein gegebenenfalls stattgebendes Urteil rechtskräftig wird. Der Kläger müsste deshalb seinen mit der Leistungsklage angegebenen Urlaubszeitraum mittels Klageänderung fortlaufend anpassen. Das wäre zB dann nicht mehr möglich, wenn der zuletzt beantragte Urlaubszeitraum zwischen Verkündung und Ablauf der Rechtsmittelfrist läge.

15

4. Auf eine Klage zur Gewährung des Urlaubs für einen nicht festgelegten Zeitraum darf der Arbeitnehmer nicht verwiesen werden. Dabei kann dahinstehen, ob ein entsprechender Titel nach § 888 ZPO zu vollstrecken wäre. Bei einer solchen Klage müsste der Arbeitnehmer auf sein Recht gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 BUrlG, den Urlaub nach seinen Wünschen zeitlich festzulegen, verzichten. Denn im Hinblick auf die nach § 894 ZPO erforderliche Bestimmtheit müsste die Klage dahin ausgelegt werden, dass der Arbeitnehmer seinem beklagten Arbeitgeber die zeitliche Festlegung des Urlaubs überlassen wolle. Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 BUrlG hat der Arbeitgeber demgegenüber bei der zeitlichen Festlegung des Urlaubs die Urlaubswünsche des Arbeitnehmers zu berücksichtigen, es sei denn, dass dem dringende betriebliche Belange oder Urlaubswünsche anderer Arbeitnehmer entgegenstehen, die unter sozialen Gesichtspunkten den Vorrang verdienen(BAG 14. August 2007 - 9 AZR 934/06 - Rn. 12, AP BUrlG § 7 Nr. 38 = EzA BUrlG § 7 Nr. 119). Prozesswirtschaftliche Erwägungen rechtfertigen es nicht, dem Arbeitnehmer dieses erste Bestimmungsrecht zu entziehen und seine materiellen Ansprüche deshalb einzuschränken.

16

II. Die Klage ist begründet. Der unstreitig 2007 entstandene und nicht erfüllte Anspruch auf zehn Tage tarifvertraglichen Mehrurlaub ist entgegen der Auffassung der Revision nicht nach § 37 Abs. 1 MTV Boden oder gemäß § 7 Abs. 3 BUrlG mit dem 31. März 2008, sondern erst während des Verzugs der Beklagten mit dem 31. März 2009 untergegangen. Der Kläger hat deshalb Anspruch nach § 280 Abs. 1, § 286 Abs. 1, § 287 Satz 2, § 249 Abs. 1 BGB auf noch zu gewährenden Ersatzurlaub.

17

1. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien ist nach Ziff. 3 des Arbeitsvertrags der Parteien der MTV Boden anzuwenden.

18

2. Der Urlaubsanspruch des Klägers ist entgegen der Auffassung der Revision nicht zum 31. März 2008 verfallen. Er konnte den Urlaub für das Jahr 2007 nicht bis zum 31. März 2008 antreten, da er vom 28. Juli 2007 bis zum 30. April 2008 durchgehend arbeitsunfähig erkrankt war. Sein Anspruch auf den übergesetzlichen tarifvertraglichen Mehrurlaub von zehn Arbeitstagen war damit auch bis zum Ende des Übertragungszeitraums gemäß § 37 Abs. 1 MTV Boden am 31. März 2008 nicht erfüllbar.

19

3. Nach der neueren Rechtsprechung des Senats führt die fortdauernde Arbeitsunfähigkeit zur weiteren automatischen Übertragung des gesetzlichen Mindesturlaubs und hindert so dessen Verfall (vgl. zuletzt BAG 4. Mai 2010 - 9 AZR 183/09 - Rn. 18, EzA BUrlG § 7 Abgeltung Nr. 17).

20

4. Entgegen der Revision ist diese Rechtsprechung auch auf den tariflichen Mehrurlaub nach dem MTV Boden anzuwenden. Die tarifliche Regelung lässt nicht erkennen, dass die Tarifvertragsparteien von dem Grundsatz, demzufolge die Bestimmungen zur Übertragung und zum Verfall des gesetzlichen Mindesturlaubs mit denen zum tariflichen Mehrurlaub gleichlaufen, abweichen wollen. Das ergibt die Auslegung der maßgeblichen Tarifvorschriften.

21

a) Die Tarifvertragsparteien können Urlaubs- und Urlaubsabgeltungsansprüche, die den von Art. 7 Abs. 1 derRichtlinie 2003/88/EG gewährleisteten und von §§ 1, 3 Abs. 1 BUrlG begründeten Anspruch auf Mindestjahresurlaub von vier Wochen übersteigen, frei regeln. Ihre Regelungsmacht ist nicht durch die für gesetzliche Urlaubsansprüche erforderliche richtlinienkonforme Fortbildung des § 7 Abs. 3 und Abs. 4 BUrlG beschränkt. Einem tariflich angeordneten Verfall des übergesetzlichen Urlaubsanspruchs und seiner Abgeltung steht nach dem klaren Richtlinienrecht und der gesicherten Rechtsprechung des EuGH kein Unionsrecht entgegen (vgl. BAG 4. Mai 2010 - 9 AZR 183/09 - Rn. 23 mwN, EzA BUrlG § 7 Abgeltung Nr. 17).

22

b) Der Senat hat die hier zu beurteilenden tariflichen Vorschriften deshalb anhand des innerstaatlichen Rechts auszulegen. Es ist zu prüfen, ob die Tarifvertragsparteien von ihrer freien Regelungsmacht Gebrauch gemacht haben. Dies kann sich daraus ergeben, dass sie entweder bei ihrer Verfallsregelung zwischen gesetzlichem Mindesturlaub und tarifvertraglichem Mehrurlaub unterschieden oder sich vom gesetzlichen Fristenregime gelöst und eigenständige vom BUrlG abweichende Regelungen zur Übertragung und zum Verfall des Urlaubsanspruchs getroffen haben. Beides ist nach § 37 Abs. 1 MTV Boden nicht der Fall.

23

aa) Unterscheidet ein Tarifvertrag zwischen gesetzlichem Mindesturlaub und tarifvertraglichem Mehrurlaub, ist es regelmäßig gerechtfertigt, auch hinsichtlich des Verfalls von Urlaubsansprüchen entsprechend zu differenzieren. Die vom Senat entwickelte richtlinienkonforme Fortbildung des § 7 Abs. 3 und Abs. 4 BUrlG betrifft nur die Mindesturlaubsansprüche(BAG 4. Mai 2010 - 9 AZR 183/09 - Rn. 18, EzA BUrlG § 7 Abgeltung Nr. 17). Trennen die Tarifvertragparteien zwischen gesetzlichem und tarifvertraglichem Urlaub, machen sie von ihrer freien, nicht durch § 13 Abs. 1 BUrlG beschränkten Regelungsmacht für den tariflichen Mehrurlaub Gebrauch. Es ist dann ausgeschlossen, ohne konkrete Anhaltspunkte die richtlinienkonforme Fortbildung von Vorschriften des BUrlG auch auf den tariflichen Mehrurlaub anzuwenden. Ein entsprechender zwischen beiden Urlaubsarten differenzierender Regelungswille der Tarifvertragsparteien lässt sich nicht schon daraus herleiten, dass ein Tarifvertrag sich vom gesetzlichen Urlaubsregime löst und stattdessen eigene Regeln aufstellt (so aber LAG Hamm 24. Februar 2011 - 16 Sa 727/10 - Rn. 49; LAG Düsseldorf 20. Januar 2011 - 11 Sa 1493/10 - Rn. 32, ZTR 2011, 377; LAG Rheinland-Pfalz 19. August 2010 - 10 Sa 244/10 - Rn. 31, ZTR 2011, 98). Denn ein solcher Tarifvertrag, der nicht zwischen beiden Urlaubsarten unterscheidet, löst sich insgesamt für gesetzlichen und tarifvertraglichen Urlaub vom Regime des BUrlG.

24

Die Tarifvertragsparteien haben im MTV Boden nicht zwischen gesetzlichem und tarifvertraglichem Urlaub unterschieden.

25

(1) Der Senat hat in ständiger Rechtsprechung die Auslegungsregel aufgestellt, für einen Regelungswillen, der zwischen gesetzlichen und übergesetzlichen tarifvertraglichen Ansprüchen unterscheide, müssten deutliche Anhaltspunkte bestehen. Trotz teilweiser Kritik in der Literatur und von Instanzgerichten hat der Senat auch für Tarifverträge hieran festgehalten (BAG 23. März 2010 - 9 AZR 128/09 - Rn. 35 ff. mwN, AP SGB IX § 125 Nr. 3 = EzA BUrlG § 7 Abgeltung Nr. 16).

26

(2) Solche Anhaltspunkte sind im MTV Boden nicht ersichtlich. Diese können sich nur daraus ergeben, dass der Tarifvertrag gesetzliche und tarifvertragliche Urlaubsansprüche unterschiedlich regelt. Das ist im MTV Boden nicht der Fall. Sämtliche Urlaubsregelungen differenzieren nicht zwischen gesetzlichem Urlaub und tarifvertraglichem Mehrurlaub.

27

bb) Haben die Tarifvertragsparteien einheitlich sowohl für den unionsrechtlich verbürgten Mindest- als auch für den übersteigenden Mehrurlaub von § 7 Abs. 3 BUrlG wesentlich abweichende Übertragungs- und Verfallsregeln vereinbart, so zeugt das ebenfalls für einen eigenständigen Regelungswillen. Danach soll der Arbeitnehmer das Risiko, den Urlaub nicht in Anspruch nehmen zu können, tragen. Dies schließt einen ergänzenden Rückgriff auf die - unionsrechtlich bedingt - reformierte Rechtsprechung des Senats, der zufolge der Urlaubsanspruch auch im Fall der krankheitsbedingten Unmöglichkeit einer Erfüllung erhalten bleibt, unabhängig davon aus, ob diese Rechtsprechung auf einer richtlinienkonformen Auslegung oder auf einer richtlinienkonformen Rechtsfortbildung beruht. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, dass die eigenständige Sonderregelung für den unionsrechtlich verbürgten Mindesturlaub im Hinblick auf § 13 Abs. 1 Satz 1, § 1 BUrlG iVm. § 134 BGB unwirksam ist. Für den vom Mindesturlaub abtrennbaren Teil der einheitlich geregelten Gesamturlaubsdauer, den sog. Mehrurlaub, bleibt sie gemäß § 139 BGB wirksam.

28

Soweit die Instanzrechtsprechung einen eigenständigen, dem Gleichlauf von Mindest- und Mehrurlaub entgegenstehenden Regelungswillen bereits dann annimmt, wenn in einem Tarifvertrag von der Zwölftelungsregelung des § 5 BUrlG abgewichen wird(so ArbG München 11. Februar 2010 - 3 Ca 10454/09 -), kann dem nicht zugestimmt werden (zutreffend LAG München 29. Juli 2010 - 3 Sa 280/10 - Rn. 25 ff.). Entscheidend ist vielmehr, ob vom Fristenregime des BUrlG abgewichen oder zumindest durch die Differenzierung zwischen Mindest- und Mehrurlaub erkennbar gemacht wird, dass der Arbeitnehmer für den Mehrurlaub das Verfallsrisiko tragen soll.

29

Die Voraussetzungen einer solchen Abweichung sind im MTV Boden nicht erfüllt. Der MTV Boden regelt weder ein eigenständiges vom BUrlG abweichendes Fristenregime, noch lässt er erkennen, dass der Arbeitnehmer das Risiko der Inanspruchnahmemöglichkeit für den Mehrurlaub tragen soll.

30

(1) § 37 Abs. 1 MTV Boden wiederholt vorrangig die bereits im BUrlG bestimmte Befristung des Urlaubsanspruchs. Nach den Tarifregelungen muss der Urlaub - wie auch gemäß § 7 Abs. 3 Satz 1 BUrlG - im Urlaubsjahr gewährt und genommen werden. Denn § 32 Abs. 1 MTV Boden bestimmt, dass jeder Mitarbeiter in jedem vom 1. Januar bis 31. Dezember laufenden Urlaubsjahr Anspruch auf Erholungsurlaub hat. Im Zusammenhang mit § 37 Abs. 1 MTV Boden lässt sich hieraus herleiten, dass der Urlaub im Kalenderjahr gewährt und genommen werden muss. Diese Bindung an das Kalenderjahr wird durch § 37 Abs. 1 MTV Boden bestätigt(vgl. zum gleichlautenden § 17d MTV Cockpit BAG 11. April 2006 - 9 AZR 523/05 - Rn. 20, AP BUrlG § 7 Übertragung Nr. 28 = EzA BUrlG § 7 Nr. 116). Danach verfällt „nicht genommener Erholungsurlaub“ am 31. März des folgenden Jahres. Das zeigt, dass der Erholungsurlaub im Urlaubsjahr genommen werden soll und allenfalls auf die ersten drei Monate des folgenden Jahres übertragen wird. Dies wird durch die Überschrift dieser Tarifnorm „Verfallen und Übertragung des Urlaubsanspruchs“ verdeutlicht.

31

(2) Auch der in § 37 Abs. 1 MTV Boden angeordnete Verfall nicht genommenen Urlaubs am 31. März des folgenden Jahres entspricht dem Fristenregime des § 7 Abs. 3 Satz 3 BUrlG.

32

(3) Soweit die Tarifvertragsparteien für die Übertragung des Urlaubsanspruchs auf die ersten drei Monate des Folgejahres in Abweichung von § 7 Abs. 3 Satz 2 BUrlG auf betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende rechtfertigende Gründe verzichtet haben, lässt dies nicht ausreichend ein eigenständiges abschließendes Fristenregime erkennen. Es wird lediglich, möglicherweise aus Praktikabilitätserwägungen, auf die ansonsten notwendige Prüfung der Übertragungsvoraussetzungen verzichtet. Eine solche Teilabweichung lässt nicht auf den Regelungswillen der Tarifvertragsparteien schließen, sich ansonsten vom Fristenregime des BUrlG lösen zu wollen, zumal sie hier den 31. März des Folgejahres aus der gesetzlichen Regelung des § 7 Abs. 3 Satz 3 BUrlG übernommen haben.

33

(4) Zwar ordnet § 37 Abs. 1 MTV Boden über den Wortlaut in § 7 BUrlG hinaus ausdrücklich den Verfall des Urlaubsanspruchs an. Auch hieraus lässt sich kein eigenständiger Regelungswille der Tarifvertragsparteien folgern. Sie haben lediglich die Rechtsprechung des Senats zu § 7 BUrlG deklaratorisch übernommen. Danach verfällt der gemäß § 7 Abs. 3 Satz 2 BUrlG auf das folgende Kalenderjahr übertragene und nicht bis zum 31. März des folgenden Jahres verwirklichte Urlaub mit Ablauf dieser Frist (so schon BAG 24. November 1987 - 8 AZR 140/87 - zu 2 der Gründe, BAGE 56, 340). Dasselbe gilt für die Regelung in § 37 Abs. 2 MTV Boden. Danach ist der vom Mitarbeiter erfolglos geltend gemachte Urlaub nachzugewähren. Dies entspricht der Rechtsprechung, nach der sich der Urlaubsanspruch gemäß § 280 Abs. 1, § 286 Abs. 1, § 287 Satz 2, § 249 Abs. 1 BGB in einen Schadensersatzanspruch umwandelt, der auf Gewährung von Ersatzurlaub als Naturalrestitution gerichtet ist, wenn der Arbeitgeber den rechtzeitig verlangten Urlaub nicht gewährt und der Urlaub aufgrund seiner Befristung verfällt(BAG 11. April 2006 - 9 AZR 523/05 - Rn. 24, AP BUrlG § 7 Übertragung Nr. 28 = EzA BUrlG § 7 Nr. 116). Ein vom BUrlG in Ausprägung der Rechtsprechung des Senats abweichender Regelungswille der Tarifvertragsparteien ergibt sich deshalb nicht.

34

(5) Die Revision verweist ohne Erfolg auf § 36 Abs. 4 Satz 1 MTV Boden. Danach wird der Urlaub anteilig um Zeiten der Arbeitsbefreiung ohne Fortzahlung der Vergütung gekürzt. Die Kürzung sollte nur stattfinden, „sofern gesetzlich nichts anderes bestimmt ist“. Die Beklagte beruft sich insoweit zu Unrecht auf die Entscheidung des Senats vom 24. März 2009 (- 9 AZR 983/07 - Rn. 85, BAGE 130, 119). Dort hat der Senat zwar die Formulierung in einer kirchlichen Arbeits- und Vergütungsordnung (KAVO) „soweit gesetzlich nicht anderes geregelt ist“ zum Anlass genommen, eine Unterscheidung zwischen gesetzlichen und übergesetzlichen Ansprüchen anzunehmen. Allerdings betraf diese Gesetzesvorbehaltsregelung ausschließlich den ausdrücklich in der KAVO auch in den Fristen abweichend vom BUrlG geregelten Verfall des Urlaubsanspruchs. Damit wird deutlich, dass die KAVO ein eigenes Fristen- und Verfallsregime bestimmte und lediglich sonstige, zwingende gesetzliche Regelungen des BUrlG weiter Bestand haben sollten. Ein solches eigenständiges Fristenregime sowie eine darauf bezogene Gesetzesvorbehaltsregelung enthält die Verfallsregelung des MTV Boden in seinem § 37 gerade nicht.

35

(6) Soweit § 36 Abs. 3 MTV Boden bestimmt, dass dem Arbeitnehmer insgesamt nicht mehr als 12/12 des tariflichen Urlaubs zustehen soll, wenn er zu einer anderen Gesellschaft im DLH-Konzern wechselt, kann dies im Einzelfall von § 5 Abs. 1 BUrlG abweichen. Entgegen der Auffassung der Revision schließt dies einen Rückgriff auf die Verfallsregelungen des § 7 BUrlG nicht aus. Dazu genügen Abweichungen bei der Berechnung des Urlaubsanspruchs nicht.

36

5. Der Anspruch verfiel jedoch gemäß § 37 Abs. 1 MTV Boden und nach § 7 Abs. 3 Satz 3 BUrlG spätestens zum 31. März 2009. Der wegen der mangelnden Möglichkeit der Inanspruchnahme infolge krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit über den Übertragungszeitraum des ersten Quartals des Folgejahres hinaus fortbestehende Urlaubsanspruch unterfällt, sobald die Arbeitsunfähigkeit als Erfüllungshindernis des Urlaubsanspruchs wegfällt, erneut dem gesetzlichen oder tarifvertraglichen Fristenregime.

37

a) Der im Vorjahr wegen Arbeitsunfähigkeit nicht erfüllbare Urlaubsanspruch wird nach § 7 Abs. 3 Satz 2 BUrlG bei einem in der Person des Arbeitnehmers liegenden Grund automatisch übertragen. Er tritt dem am 1. Januar des Folgejahres nach § 4 BUrlG entstehenden neuen Urlaubsanspruch mit der Maßgabe hinzu, dass er nach § 7 Abs. 3 Satz 3 BUrlG bis zum 31. März des Folgejahres gewährt und genommen werden muss (Gaul/Bonanni/Ludwig DB 2009, 1013; Düwell dbr 8/2009 S. 9). Ist ein Urlaubsanspruch ausnahmsweise bis zum Ende des Übertragungszeitraums wegen Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers nicht erfüllbar, kann zwar nach der - unionsrechtlich bedingt - reformierten Rechtsprechung des Senats der Verfall des Urlaubsanspruchs nicht eintreten. Sowohl für den übertragenen als auch für den neu entstandenen Urlaubsteilanspruch gelten dann aber die in § 7 Abs. 3 Satz 1 BUrlG bestimmte Bezugsdauer bis zum 31. Dezember als auch die in einer Art perpetuierendem System eingreifenden Übertragungsregeln aus § 7 Abs. 3 Satz 2 und Satz 3 BUrlG; denn an diesen Befristungen des Urlaubsanspruchs ist für den Regelfall der möglichen Inanspruchnahme festzuhalten (AnwK-ArbR/Düwell 2. Aufl. § 7 BUrlG Rn. 91; dem folgend: LAG München 30. November 2010 - 6 Sa 684/10 - Rn. 30). Das ergibt sich aus folgenden Erwägungen:

38

aa) § 7 Abs. 3 Satz 1 und Satz 2 BUrlG erfasst nicht nur den Urlaubsanspruch des laufenden Jahres(so aber Bauer/Arnold NJW 2009, 631). Nach dem Wortlaut des § 7 Abs. 3 Satz 1 BUrlG muss der Urlaub im laufenden Kalenderjahr gewährt und genommen werden. Die Vorschrift beschränkt ihren Regelungsbereich deshalb nicht auf den für das „laufende Jahr“ entstandenen Urlaub. Sie regelt vielmehr jeden bestehenden gesetzlichen Mindesturlaub. Auch der wegen Arbeitsunfähigkeit fortbestehende Urlaubsanspruch ist gesetzlicher Urlaub im Sinne des BUrlG. Dieser muss im laufenden Kalenderjahr (dem Jahr seines Bestehens) gewährt und genommen werden.

39

bb) Auch aus der Rechtsprechung des EuGH folgt nicht, dass § 7 Abs. 3 BUrlG auf wegen Arbeitsunfähigkeit nicht verfallene Urlaubsansprüche keine Anwendung finden darf(so fälschlich Picker ZTR 2009, 230). Der EuGH hat vielmehr ausdrücklich bestätigt, dass Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2003/88/EG einer nationalen Regelung nicht entgegensteht, die den Verlust des Urlaubsanspruchs am Ende eines Bezugszeitraums oder eines Übertragungszeitraums bestimmt, wenn der Arbeitnehmer tatsächlich die Möglichkeit hatte, den Urlaub zu nehmen ( EuGH 20. Januar 2009 - C-350/06 und C-520/06  - [Schultz-Hoff] Rn. 42, Slg. 2009, I-179). Deshalb kann der Urlaub in den folgenden Urlaubsjahren verfallen, wenn der Arbeitnehmer ihn nicht rechtzeitig genommen hat und er nicht an der Urlaubsnahme wegen Arbeitsunfähigkeit gehindert war.

40

b) Der Kläger hätte seinen Resturlaubsanspruch aus 2007 nach Wiederherstellung seiner Arbeitsfähigkeit ab Mai 2008 nehmen können. Es war deshalb Verfall spätestens zum 31. März 2009 eingetreten. Die Beklagte befand sich jedoch seit August 2008 mit der Urlaubsgewährung in Verzug, da der Kläger zuvor spätestens mit der ihr am 10. August 2008 zugestellten Klage seine Urlaubsansprüche erfolglos geltend gemacht hatte. Das begründet einen entsprechenden Ersatzurlaubsanspruch des Klägers aus Verzug.

41

III. Die Beklagte hat für den verfallenen Urlaub Ersatz nach § 249 Abs. 1 BGB zu leisten, weil sie sich gemäß § 286 BGB im Schuldnerverzug befand, als der Anspruch auf den restlichen tariflichen Mehrurlaub unterging.

42

B. Die Beklagte hat die Kosten ihrer erfolglosen Revision nach § 97 Abs. 1 ZPO zu tragen.

        

    Düwell    

        

    Suckow    

        

    Krasshöfer    

        

        

        

    D. Wege    

        

    Leitner    

                 

Tenor

1. Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 24. März 2010 - 20 Sa 2058/09 - aufgehoben.

2. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Eberswalde vom 8. Juli 2009 - 3 Ca 140/09 - wird zurückgewiesen und der Tenor dieses Urteils zur Klarstellung neu gefasst:

Es wird festgestellt, dass der Klägerin für die Jahre 2008 und 2009 jeweils ein weiterer Urlaubstag als Ersatzurlaub zusteht.

3. Der Beklagte hat auch die Kosten der Berufung und der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten darüber, ob die Klägerin in den Jahren 2008 und 2009 Anspruch auf jeweils 29 oder 30 Urlaubstage hatte.

2

Die am 27. Oktober 1971 geborene Klägerin ist seit dem 1. September 1988 bei dem beklagten Landkreis als Angestellte mit einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden in der Fünftagewoche beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis findet kraft beiderseitiger Tarifbindung der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst vom 13. September 2005 in der Fassung des Änderungstarifvertrags Nr. 2 vom 31. März 2008 (TVöD) Anwendung. Dieser bestimmt ua.:

        

§ 26 

        

Erholungsurlaub

        

(1)     

Beschäftigte haben in jedem Kalenderjahr Anspruch auf Erholungsurlaub unter Fortzahlung des Entgelts (§ 21). Bei Verteilung der wöchentlichen Arbeitszeit auf fünf Tage in der Kalenderwoche beträgt der Urlaubsanspruch in jedem Kalenderjahr

                 

bis zum vollendeten 30. Lebensjahr

26 Arbeitstage,

                 

bis zum vollendeten 40. Lebensjahr

29 Arbeitstage und

                 

nach dem vollendeten 40. Lebensjahr

30 Arbeitstage.

                 

Maßgebend für die Berechnung der Urlaubsdauer ist das Lebensjahr, das im Laufe des Kalenderjahres vollendet wird. Bei einer anderen Verteilung der wöchentlichen Arbeitszeit als auf fünf Tage in der Woche erhöht oder vermindert sich der Urlaubsanspruch entsprechend. Verbleibt bei der Berechnung des Urlaubs ein Bruchteil, der mindestens einen halben Urlaubstag ergibt, wird er auf einen vollen Urlaubstag aufgerundet; Bruchteile von weniger als einem halben Urlaubstag bleiben unberücksichtigt. Der Erholungsurlaub muss im laufenden Kalenderjahr gewährt und kann auch in Teilen genommen werden.

        

…       

        
        

§ 27   

        

Zusatzurlaub

        

(1)     

Beschäftigte, die ständig Wechselschichtarbeit nach § 7 Abs. 1 oder ständig Schichtarbeit nach § 7 Abs. 2 leisten und denen die Zulage nach § 8 Abs. 5 Satz 1 oder Abs. 6 Satz 1 zusteht, erhalten

                 

a)    

bei Wechselschichtarbeit für je zwei zusammenhängende Monate und

                 

b)    

bei Schichtarbeit für je vier zusammenhängende Monate

                 

einen Arbeitstag Zusatzurlaub.

        

(2)     

Im Falle nicht ständiger Wechselschicht- oder Schichtarbeit (z. B. ständige Vertreter) erhalten Beschäftigte des Bundes, denen die Zulage nach § 8 Abs. 5 Satz 2 oder Abs. 6 Satz 2 zusteht, einen Arbeitstag Zusatzurlaub für

                 

a)    

je drei Monate im Jahr, in denen sie überwiegend Wechselschichtarbeit geleistet haben, und

                 

b)    

je fünf Monate im Jahr, in denen sie überwiegend Schichtarbeit geleistet haben.

        

…       

                 
        

(4)     

Zusatzurlaub nach diesem Tarifvertrag und sonstigen Bestimmungen mit Ausnahme von § 125 SGB IX wird nur bis zu insgesamt sechs Arbeitstagen im Kalenderjahr gewährt. Erholungsurlaub und Zusatzurlaub (Gesamturlaub) dürfen im Kalenderjahr zusammen 35 Arbeitstage nicht überschreiten. Satz 2 ist für Zusatzurlaub nach den Absätzen 1 und 2 hierzu nicht anzuwenden. Bei Beschäftigten, die das 50. Lebensjahr vollendet haben, gilt abweichend von Satz 2 eine Höchstgrenze von 36 Arbeitstagen; § 26 Abs. 1 Satz 3 gilt entsprechend.

        

…“    

        
3

Mit Schreiben vom 5. November 2008 machte die Klägerin gegenüber dem Beklagten einen jährlichen Gesamturlaub in Höhe von 30 Tagen für das Jahr 2008 und die Zukunft nach dem TVöD geltend. Der Beklagte lehnte die Gewährung von 30 Urlaubstagen vor der Vollendung des 40. Lebensjahres der Klägerin unter Hinweis auf die Verbindlichkeit der Regelung des § 26 Abs. 1 TVöD mit Schreiben vom 28. November 2008 ab. Die Klägerin hat daraufhin mit Schriftsatz vom 11. Februar 2009 die vorliegende Klage erhoben.

4

Sie hat die Ansicht vertreten, sie habe auch vor der Vollendung ihres 40. Lebensjahres Anspruch auf jährlich 30 und nicht nur 29 Urlaubstage. Die an das Lebensalter anknüpfende Staffelung des tariflichen Urlaubsanspruchs sei eine Diskriminierung wegen des Alters. Die in der Tarifregelung enthaltene Ungleichbehandlung jüngerer Arbeitnehmer sei nicht durch § 10 AGG gerechtfertigt. Im Übrigen würden die gesundheitlichen Wirkungen zusätzlichen Urlaubs zur Vermeidung beispielsweise von Stresserscheinungen am Arbeitsplatz auch in der medizinischen Literatur kontrovers diskutiert.

5

Die Klägerin hat zuletzt beantragt

        

festzustellen, dass ihr für die Jahre 2008 und 2009 jeweils ein Urlaubstag als Ersatzurlaub zusteht.

6

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Diese sei bereits unzulässig, da das gemäß § 256 Abs. 1 ZPO nötige Feststellungsinteresse fehle. Schließlich sei die Klage auch unbegründet. Die Altersstufenregelung des § 26 Abs. 1 TVöD sei durch einen sachlichen Grund nach § 10 AGG gerechtfertigt. Die Festlegung eines Mindestalters für die Gewährung von 30 Urlaubstagen pro Kalenderjahr stelle eine besondere Beschäftigungsbedingung zum Schutz älterer Beschäftigter bzw. eine Mindestanforderung an das Alter für einen mit der Beschäftigung verbundenen Vorteil dar, der zur Erreichung eines legitimen Ziels angemessen und erforderlich sei. Ältere Arbeitnehmer seien mit zunehmendem Alter aufgrund beruflicher Belastungen länger krank. Um diesen Umstand Rechnung zu tragen, hätten die Tarifvertragsparteien mit der Regelung in § 26 Abs. 1 TVöD auf das verstärkte Erholungsbedürfnis älterer Arbeitnehmer reagiert und deren Leistungsfähigkeit stärken wollen. Der Aspekt des Gesundheitsschutzes älterer Arbeitnehmer sei daher geeignet, die Ungleichbehandlung jüngerer Beschäftigter zu rechtfertigen. Schließlich würde auch eine Diskriminierung keine Angleichung „nach oben“ zur Folge haben.

7

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung des Beklagten hat das Landesarbeitsgericht das erstinstanzliche Urteil abgeändert und die Klage abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin die Wiederherstellung der stattgebenden Entscheidung des Arbeitsgerichts. Der Beklagte beantragt, die Revision der Klägerin zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

8

A. Die zulässige Revision ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage zu Unrecht abgewiesen. Die Klage ist begründet. Die Klägerin hat Anspruch auf die geltend gemachten Ersatzurlaubstage.

9

I. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht angenommen, dass die Feststellungsklage zulässig ist. Die Klägerin hat ein rechtliches Interesse daran, durch das Gericht feststellen zu lassen, ob ihr für die Jahre 2008 und 2009 jeweils ein Urlaubstag als Ersatzurlaub zusteht ( § 256 Abs. 1 ZPO ). Der grundsätzliche Vorrang der Leistungsklage steht der Zulässigkeit einer Klage, mit der ein Arbeitnehmer den Umfang des ihm zustehenden Urlaubs gerichtlich festgestellt haben will, nicht entgegen (vgl. BAG 12. April 2011 - 9 AZR 80/10  - Rn. 13 bis 15, EzA BUrlG § 7 Nr. 123).

10

II. Die Klage ist begründet. Die Klägerin hat gegen den Beklagten für den ihr in den Jahren 2008 und 2009 jeweils verweigerten 30. Urlaubstag gemäß § 280 Abs. 1, § 286 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 3, § 287 Satz 2, § 249 Abs. 1 BGB Anspruch auf jeweils einen Tag Ersatzurlaub. Die Urlaubsstaffelung des § 26 Abs. 1 Satz 2 TVöD verstößt gegen die §§ 1, 3 Abs. 1 AGG. Denn sie gewährt Beschäftigten, die das 30., aber noch nicht das 40. Lebensjahr vollendet haben, einen um einen Tag kürzeren Urlaub. Sie ist deshalb nach § 7 Abs. 1 und Abs. 2 AGG iVm. § 134 BGB unwirksam. Dies hat zur Folge, dass die Klägerin auch vor der Vollendung ihres 40. Lebensjahres in jedem Kalenderjahr Anspruch auf 30 Urlaubstage hatte. Ihr steht für die Jahre 2008 und 2009 jeweils noch ein Tag Ersatzurlaub zu, weil der Beklagte ihr in diesen Jahren nur jeweils 29 Urlaubstage gewährte.

11

1. Nach § 26 Abs. 1 Satz 2 TVöD standen der am 27. Oktober 1971 geborenen Klägerin in den Jahren 2008 und 2009 jeweils 29 Urlaubstage zu. Erst nach dem vollendeten 40. Lebensjahr gewährt ihr diese Tarifregelung einen jährlichen Urlaubsanspruch von 30 Arbeitstagen. Diese an das Lebensalter anknüpfende Staffelung der Urlaubsdauer verstößt gegen das Verbot der Altersdiskriminierung in § 7 Abs. 1 iVm. § 1 AGG. Sie ist als sachlich nicht nach den §§ 8, 10 AGG gerechtfertigte unmittelbare Benachteiligung wegen des Alters gemäß § 7 Abs. 2 AGG iVm. § 134 BGB unwirksam. Zur Beseitigung dieser Diskriminierung ist eine Anpassung auf 30 Urlaubstage erforderlich.

12

2. Zutreffend haben die Vorinstanzen die Regelung in § 26 Abs. 1 TVöD am AGG gemessen. Nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 AGG gelten die Diskriminierungsverbote der §§ 1, 7 AGG auch für die in kollektivrechtlichen Vereinbarungen geregelten Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen. Unter solchen Bedingungen sind alle Umstände zu verstehen, aufgrund derer und unter denen die Arbeitsleistung zu erbringen ist (vgl. BAG 13. Oktober 2009 - 9 AZR 722/08 - Rn. 54, BAGE 132, 210). Zu den Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen gehört damit auch der Urlaub. Der Umstand, dass die Regelung in § 26 Abs. 1 Satz 2 TVöD gemäß § 39 Abs. 1 Satz 2 Buchst. b TVöD bereits am 1. Januar 2006 und somit schon vor dem AGG vom 14. August 2006 in Kraft getreten ist, steht dem nicht entgegen. Die für die Jahre 2008 und 2009 geltend gemachte Benachteiligung durch § 26 Abs. 1 Satz 2 TVöD ist erst nach Inkrafttreten des AGG am 18. August 2006 eingetreten. Da § 33 Abs. 1 AGG insoweit keine Übergangsregelung enthält, findet dieses Gesetz auch dann Anwendung, wenn die Benachteiligung auf einem vor Inkrafttreten des AGG abgeschlossenen Tarifvertrag beruht. Es kommt allein auf den Zeitpunkt der Benachteiligungshandlung an (BAG 16. Dezember 2008 - 9 AZR 985/07 - Rn. 33, BAGE 129, 72).

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3. Die Urlaubsstaffelung in § 26 Abs. 1 Satz 2 TVöD enthält eine auf dem Merkmal des Alters beruhende Ungleichbehandlung der Beschäftigten, die das 30. bzw. das 40. Lebensjahr nicht vollendet haben. Das ist eine unmittelbare Benachteiligung jüngerer Arbeitnehmer wegen des Alters iSv. § 3 Abs. 1 AGG.

14

a) Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG liegt eine unmittelbare Benachteiligung vor, wenn eine Person wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde. Beim Alter handelt es sich um einen in § 1 AGG genannten Grund, wobei unter Alter das Lebensalter zu verstehen ist. Dies folgt aus dem gesetzlichen Wortlaut und auch aus der Gesetzesbegründung ( BT-Drucks. 16/1780 S. 31; BAG 13. Oktober 2009 - 9 AZR 722/08 - Rn. 49, BAGE 132, 210; 22. Januar 2009 - 8 AZR 906/07  - Rn. 36, BAGE 129, 181). Der für eine unmittelbare Benachteiligung erforderliche Kausalzusammenhang ist bereits dann gegeben, wenn die Benachteiligung an einen oder mehrere in § 1 AGG genannte Gründe anknüpft oder dadurch motiviert ist(vgl. BT-Drucks. 16/1780 S. 32; BAG 13. Oktober 2009 - 9 AZR 722/08 - Rn. 50, aaO).

15

b) Diese Voraussetzung ist erfüllt. § 26 Abs. 1 Satz 2 TVöD sieht für Beschäftigte bei einer Fünftagewoche in jedem Kalenderjahr einen Urlaubsanspruch bis zum vollendeten 30. Lebensjahr in Höhe von 26 Arbeitstagen, bis zum vollendeten 40. Lebensjahr in Höhe von 29 Arbeitstagen und erst nach dem vollendeten 40. Lebensjahr in Höhe von 30 Arbeitstagen vor. Die Höhe des Urlaubsanspruchs nach § 26 Abs. 1 Satz 2 TVöD knüpft damit in allen Stufen unmittelbar an das Lebensalter der Beschäftigten an. Danach haben Beschäftigte wie die Klägerin, die zwar das 30. Lebensjahr, aber noch nicht das 40. Lebensjahr vollendet haben, in jedem Jahr nur Anspruch auf 29 statt auf 30 Urlaubstage. Sie werden ebenso wie die unter 30-Jährigen im Vergleich zu den Beschäftigten, die das 40. Lebensjahr vollendet haben, hinsichtlich der Höhe des Urlaubsanspruchs wegen ihres geringeren Alters ungünstiger behandelt.

16

4. Diese Ungleichbehandlung ist nicht gerechtfertigt.

17

a) Bei ihr handelt es sich nicht um eine nach § 8 AGG zulässige unterschiedliche Behandlung wegen beruflicher Anforderungen. Die Urlaubsstaffel des § 26 Abs. 1 Satz 2 TVöD knüpft nicht an die Art der auszuübenden Tätigkeit oder die Bedingungen ihrer Ausübung an. Sie stellt nicht auf die Art der auszuübenden Tätigkeit ab und beansprucht damit Geltung für alle dem TVöD unterfallenden Beschäftigten.

18

b) Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts ist die Ungleichbehandlung auch nicht nach § 10 AGG sachlich gerechtfertigt(so ebenfalls die herrschende Meinung in der Literatur, vgl. Linck/Schütz FS Leinemann, S. 181 f.; Fieberg in Fürst GKÖD Bd. IV Stand Januar 2012 E § 26 TVöD Rn. 22; AGG/Voigt 3. Aufl. § 10 Rn. 33; Meinel/Heyn/Herms AGG 2. Aufl. § 10 Rn. 42b; Adomeit/Mohr AGG 2. Aufl. § 10 Rn. 105; Kamanabrou NZA Beilage 3/2006, 138, 144; Hock/Kramer/Schwerdtle ZTR 2006, 622, 623 mwN; Wulfers/Hecht ZTR 2007, 475, 478; vgl. ferner bereits zu § 48 BAT: Lüderitz Altersdiskriminierung durch Altersgrenzen S. 156). § 10 Satz 1 AGG lässt eine unterschiedliche Behandlung wegen des Alters ungeachtet der Regelung des § 8 AGG zu, wenn sie objektiv und angemessen und durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt ist. Zudem müssen die Mittel zur Erreichung dieses Ziels nach § 10 Satz 2 AGG angemessen und erforderlich sein. Entgegen der Ansicht des Beklagten ist die an das Lebensalter anknüpfende Differenzierung in § 26 Abs. 1 TVöD nicht sachlich gerechtfertigt, weil sie einem gesteigerten Erholungsbedürfnis älterer Beschäftigter Rechnung trägt und deren Gesundheit schützen will. Dabei kann dahinstehen, ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen das Ziel des Gesundheitsschutzes eine unterschiedliche Behandlung rechtfertigen würde. Die Tarifvorschrift verfolgt dieses Ziel schon nicht.

19

aa) Die Tarifvertragsparteien haben das mit der in § 26 Abs. 1 Satz 2 TVöD geregelten Urlaubsstaffelung verfolgte Ziel nicht ausdrücklich genannt. Nennt eine Regelung oder Maßnahme kein Ziel, müssen zumindest aus dem Kontext abgeleitete Anhaltspunkte die Feststellung des hinter der Regelung oder der Maßnahme stehenden Ziels ermöglichen, um die Legitimität des Ziels sowie die Angemessenheit und die Erforderlichkeit der zu seiner Erreichung eingesetzten Mittel gerichtlich überprüfen zu können. Dabei können nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union die sozialpolitischen Ziele als legitim angesehen werden, die im allgemeinen Interesse stehen. Derjenige, der eine Ungleichbehandlung vornimmt, muss den nationalen Gerichten in geeigneter Weise die Möglichkeit zur Prüfung einräumen, ob mit der Ungleichbehandlung ein Ziel angestrebt wird, das die Ungleichbehandlung unter Beachtung der Ziele der Richtlinie 2000/78/EG rechtfertigt (vgl. EuGH 5. März 2009 - C-388/07  - [Age Concern England] Rn. 45 ff., Slg. 2009, I-1569; BAG 26. Mai 2009 - 1 AZR 198/08  - Rn. 36 ff., BAGE 131, 61). Denn das nationale Gericht hat zu prüfen, ob die Regelung oder Maßnahme ein rechtmäßiges Ziel iSd. Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG verfolgt. Gleiches gilt für die Frage, ob die Tarifvertragsparteien als Normgeber angesichts des vorhandenen Wertungsspielraums davon ausgehen durften, dass die gewählten Mittel zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich waren (vgl. EuGH 5. März 2009 -  C-388/07  - [Age Concern England] Rn. 49 ff., aaO; vgl. auch BAG 13. Oktober 2009 - 9 AZR 722/08 - Rn. 57, BAGE 132, 210).

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bb) Die Regelung in § 26 Abs. 1 Satz 2 TVöD dient nicht dem Schutz älterer Beschäftigter iSv. § 10 Satz 3 Nr. 1 AGG. Diese gesetzliche Regelung konkretisiert das legitime Ziel, nämlich ua. die Sicherstellung des Schutzes älterer Beschäftigter, wobei dieser Schutz auch die Festlegung besonderer Arbeitsbedingungen einschließen kann. Aus einer tariflichen Urlaubsstaffelung, die - wie die in § 26 Abs. 1 Satz 2 TVöD - den Beschäftigten bereits nach Vollendung des 30. Lebensjahres drei weitere Urlaubstage und dann nach Vollendung des 40. Lebensjahres letztmals einen zusätzlichen Urlaubstag gewährt, lässt sich nicht ableiten, dass die Tarifvertragsparteien einem gesteigerten Erholungsbedürfnis älterer Beschäftigter Rechnung tragen wollten und das Ziel verfolgten, den Schutz älterer Beschäftigter iSd. § 10 Satz 3 Nr. 1 AGG sicherzustellen. Wenn sich auch eine genaue Schwelle für die Zuordnung zu den älteren Arbeitnehmern weder dieser Regelung selbst noch Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 2 Buchst. a der Richtlinie 2000/78/EG entnehmen lässt, so ist diese freilich an der Zielsetzung (vgl. zu dieser Däubler/Bertzbach/Brors 2. Aufl. § 10 Rn. 42) auszurichten. Einen arbeitsmarktpolitischen Zweck verfolgt zB § 417 Abs. 1 SGB III, wonach Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die das 50. Lebensjahr vollendet haben und ihre Arbeitslosigkeit durch Aufnahme einer versicherungspflichtigen Beschäftigung beenden oder vermeiden, unter den in der Vorschrift genannten Voraussetzungen Anspruch auf Leistungen der Entgeltsicherung haben. Diese Regelung der Entgeltsicherung bezweckt, die Arbeitslosigkeit älterer Arbeitnehmer abzubauen und ihren Anteil an der erwerbstätigen Bevölkerung zu erhöhen (vgl. BT-Drucks. 17/1945 S. 17). Im Vergleich zu der in § 417 Abs. 1 SGB III genannten Altersgruppe setzt sich die durch die Urlaubsstaffel in § 26 Abs. 1 Satz 2 TVöD begünstigte Beschäftigtengruppe, der ein Urlaubsanspruch von jährlich 30 Arbeitstagen eingeräumt wird, nicht ausnahmslos aus älteren Beschäftigten zusammen. Vielmehr gehören ihr alle Beschäftigten ab Vollendung des 40. Lebensjahres an. Der Senat hat bereits entschieden, dass ein Arbeitnehmer jedenfalls ab Vollendung des 31. Lebensjahres offensichtlich kein älterer Beschäftigter iSv. § 10 Satz 3 Nr. 1 AGG ist(BAG 13. Oktober 2009 - 9 AZR 722/08 - Rn. 55, BAGE 132, 210).

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cc) Ein legitimes Ziel iSd. § 10 AGG ergibt sich entgegen der Annahme des Landesarbeitsgerichts auch nicht aus § 10 Satz 3 Nr. 2 AGG. Danach kann eine zulässige unterschiedliche Behandlung wegen des Alters auch die Festlegung von Mindestanforderungen an das Alter für bestimmte mit der Beschäftigung verbundene Vorteile einschließen. Diese Regelung bestimmt selbst kein legitimes Ziel, sondern beschreibt nur ein mögliches Mittel, mit der ein auf andere Weise zu legitimierendes Ziel gerechtfertigt werden kann (vgl. ErfK/Schlachter 12. Aufl. § 10 AGG Rn. 6), sofern es erforderlich und angemessen iSd. § 10 Satz 2 AGG ist.

22

dd) Die Tarifvertragsparteien verfolgen entgegen der Auffassung des Beklagten nicht das Ziel des Gesundheitsschutzes älterer Arbeitnehmer.

23

(1) Das mit der Urlaubsstaffelung des § 26 Abs. 1 Satz 2 TVöD verfolgte Ziel lässt sich nicht mit ausreichender Deutlichkeit aus dem Wortlaut des § 26 TVöD entnehmen. § 26 TVöD normiert ausweislich seiner Überschrift den Erholungsurlaub. Nach § 26 Abs. 1 Satz 1 TVöD haben Beschäftigte in jedem Kalenderjahr Anspruch auf Erholungsurlaub unter Fortzahlung des Entgelts. § 26 Abs. 1 Satz 2 TVöD legt die Dauer dieses Erholungsurlaubs fest. Der Begriff des Erholungsurlaubs wird dabei nicht näher definiert und ist dem BUrlG entlehnt, auf das § 26 Abs. 2 TVöD im Übrigen verweist. Der Erholungsurlaub nach dem BUrlG soll nach der Gesetzesbegründung dem sozialpolitischen Anliegen der Erhaltung und Wiederauffrischung der Arbeitskraft der Arbeitnehmer dienen (vgl. den schriftlichen Bericht des Bundestagsausschusses für Arbeit, BT-Drucks. IV/785; Begründung des von der Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines Bundesurlaubsgesetzes, BT-Drucks. IV/207). Durch den Erholungsurlaub wird dem Arbeitnehmer die Möglichkeit gesichert, für eine bestimmte Dauer im Jahr, die ihm eingeräumte Freizeit zur selbstbestimmten Erholung zu nutzen (st. Rspr., vgl. BAG 20. Juni 2000 - 9 AZR 405/99 - zu II 2 b bb 1 der Gründe, BAGE 95, 104; 8. März 1984 - 6 AZR 600/82 - zu II 5 b der Gründe, BAGE 45, 184; ebenso st. Rspr. des EuGH zum Jahresurlaub nach Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2003/88/EG , EuGH 22. No-vember 2011 - C-214/10 - [KHS] Rn. 31, AP Richtlinie 2003/88/EG Nr. 6 = EzA EG-Vertrag 1999 Richtlinie 2003/88 Nr. 7; 20. Januar 2009 - C-350/06 und C-520/06  - [Schultz-Hoff] Rn. 25, Slg. 2009, I-179). Wenn eine Tarifregelung die Urlaubsdauer nach dem Lebensalter staffelt, liegt die Annahme nahe, die Tarifvertragsparteien hätten einem mit zunehmendem Alter gesteigerten Erholungsbedürfnis älterer Beschäftigter Rechnung tragen wollen. Die Regelung in § 26 Abs. 1 Satz 2 TVöD rechtfertigt eine solche Annahme freilich nicht, sondern schließt sie aus.

24

(2) Das folgt bereits aus dem Inhalt der Regelung. Die Tarifvorschrift räumt den Beschäftigten schon ab dem 30. Lebensjahr drei weitere Urlaubstage ein. Dafür, dass die Tarifvertragsparteien von einem so deutlich gesteigertem Erholungsbedürfnis bereits nach der Vollendung des 30. Lebensjahres ausgegangen sind, fehlt jeder Anhaltspunkt. Gegen eine solche Annahme spricht auch, dass die Tarifvertragsparteien den Beschäftigten nach der Vollendung des 40. Lebensjahres letztmals nur einen weiteren Urlaubstag gewährt und davon abgesehen haben, ein gesteigertes Erholungsbedürfnis des Beschäftigten in der Zeit bis zum Erreichen des gesetzlich festgelegten Alters für den Bezug der Regelaltersrente (§ 33 Abs. 1 Buchst. a TVöD) zu berücksichtigen. Hätten die Tarifvertragsparteien ein gesteigertes Erholungsbedürfnis älterer Beschäftigter vor Augen gehabt, hätten sie nicht einem 30-Jährigen einen gegenüber einem 29-jährigen Beschäftigten um drei Tage längeren Urlaub gewährt, nach der Vollendung des 40. Lebensjahres des Beschäftigten eine wesentlich geringere Steigerung des Erholungsbedürfnisses angenommen und für die Zeit danach bis zum Erreichen des gesetzlich festgelegten Alters für den Bezug der Regelaltersrente ein zunehmendes Erholungsbedürfnis des Beschäftigten überhaupt nicht mehr berücksichtigt (vgl. Wulfers/Hecht ZTR 2007, 475, 478). Auch das Schrifttum nimmt ganz überwiegend an, dass eine tarifliche Urlaubsstaffelung nicht schon auf die Vollendung des 30. bzw. des 40. Lebensjahres abstellen darf, wenn sie einem gesteigerten Erholungsbedürfnis älterer Beschäftigter Rechnung tragen will (vgl. Fieberg in Fürst GKÖD Bd. IV E § 26 TVöD Rn. 22; Tempelmann/Stenslik DStR 2011, 1183, 1186; Richter Benachteiligung wegen des Alters im Erwerbsleben S. 170; Meinel/Heyn/Herms § 10 Rn. 42b; AGG/Voigt § 10 Rn. 33; Hey AGG § 10 Rn. 28; Kamanabrou NZA Beilage 3/2006, 138, 144; Hock/Kramer/Schwerdle ZTR 2006, 622, 623; Linck/Schütz FS Leinemann S. 181 f.; Senne Auswirkungen des europäischen Verbots der Altersdiskriminierung auf das deutsche Arbeitsrecht S. 269; Bertelsmann ZESAR 2005, 242, 246). Selbst wenn die Erholungsbedürftigkeit von Arbeitnehmern mit zunehmendem Lebensalter steigen sollte (zweifelnd Däubler/Bertzbach/Brors § 10 Rn. 50; aA Waltermann NZA 2005, 1265, 1269), hätte es mit dem Schutz älterer Arbeitnehmer nichts zu tun, bereits mit dem 30. Lebensjahr eine erste Verlängerung des Urlaubsanspruchs um drei Tage und die zweite und zugleich letzte Verlängerung um einen weiteren Urlaubstag bereits mit Vollendung des 40. Lebensjahres vorzusehen (so auch Fieberg in Fürst GKÖD Bd. IV E § 26 TVöD Rn. 22; Adomeit/Mohr § 10 Rn. 105; so bereits zu § 48 BAT: Lüderitz Altersdiskriminierung durch Altersgrenzen S. 156). Es fehlt in beiden Stufen an dem erkennbaren Schutz Älterer. Die Verlängerung des Urlaubsanspruchs bereits mit dem vollendeten 30. Lebensjahr lässt sich kaum mit der Erhaltung der Leistungsfähigkeit Älterer begründen. Auch mit der Vollendung des 40. Lebensjahres hat ein Beschäftigter regelmäßig allenfalls die Mitte seines Erwerbsalters erreicht (vgl. auch Lüderitz Altersdiskriminierung durch Altersgrenzen S. 156). Hätten die Tarifvertragsparteien gemäß der Ansicht des Beklagten ein gesteigertes Erholungsbedürfnis älterer Beschäftigter berücksichtigen wollen, hätten sich die gewählten Altersgrenzen nicht an dem mit dem Alter zunehmenden Erholungsbedürfnis orientiert und wären willkürlich.

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(3) Gerade dieser Umstand bestätigt, dass die Tarifvertragsparteien mit der Regelung in § 26 TVöD weder den Schutz der Gesundheit bezweckten noch einem gesteigerten Erholungsbedürfnis älterer Beschäftigter Rechnung tragen wollten. Hätten sie diese Ziele verfolgt, hätte es nahe gelegen, gerade für die älteren Beschäftigten, zB die Gruppe der über 50- oder über 60-jährigen Beschäftigten, die Dauer des Erholungsurlaubs zu verlängern. Bei dieser Personengruppe ist ein altersbedingt gesteigertes Erholungsbedürfnis eher nachvollziehbar. Ein solches Schutzbedürfnis für die über 50-Jährigen haben die Tarifvertragsparteien aber nur hinsichtlich der Beschränkung der Höchstdauer des Gesamturlaubs bei besonders belastenden Arbeiten (Schicht- und Wechselschicht) gesehen. Das folgt aus § 27 Abs. 4 Satz 4 TVöD. Danach erhöht sich ab diesem Lebensalter die maximal erreichbare Gesamturlaubsdauer von jährlich 35 auf 36 Arbeitstage.

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(4) Die Tarifgeschichte bestätigt, dass die Tarifvertragsparteien mit der Urlaubsstaffel nicht einem mit dem Lebensalter steigenden Erholungsbedürfnis Rechnung tragen wollten. Bereits seit dem Inkrafttreten des BAT wurde die Urlaubsdauer an das Lebensalter geknüpft (§ 48 Abs. 1 BAT). Sie steigerte sich auch nach dem vollendeten 30. Lebensjahr und nach dem vollendeten 40. Lebensjahr. Innerhalb der Lebensaltersstufen verlängerte sich die Urlaubsdauer teilweise nach Vergütungsgruppen. Je höher der Angestellte eingruppiert war, je länger war sein Urlaubsanspruch. Dies zeigt, dass nicht der Erholungszweck maßgebend für die Urlaubsdauer sein sollte. Der Urlaub wurde vielmehr als Quasi-Gegenleistung für die Arbeitsleistung geregelt. Nur so lässt sich die normierte Abhängigkeit der Urlaubsdauer von der Vergütungsgruppe erklären. Es kann deshalb nicht angenommen werden, die Tarifvertragsparteien hätten bei Angestellten in höheren Vergütungsgruppen ein gesteigertes Erholungsbedürfnis ausgleichen wollen. Die Differenzierung resultiert vielmehr aus der überkommenen Auffassung, der Urlaub werde „verdient“.

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5. Die Diskriminierung der Klägerin kann nur durch die Verpflichtung des Beklagten beseitigt werden, der Klägerin für die Jahre 2008 und 2009 jeweils einen Ersatzurlaubstag zu gewähren. Zwar folgt aus § 7 Abs. 2 AGG nur, dass die diskriminierende Regelung unwirksam ist. Auch wird vom Senat nicht verkannt, dass es sich bei § 26 Abs. 1 Satz 2 TVöD um ein Stufensystem handelt, sodass grundsätzlich keine Stufe als die von den Tarifvertragsparteien als „übliche“ Urlaubsdauer gewollte angesehen werden kann. Jedoch kann die Beseitigung der Diskriminierung vorliegend nur durch eine Anpassung „nach oben“ erfolgen.

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a) Grundsätzlich ist es Aufgabe der Tarifvertragsparteien, eine benachteiligungsfreie Regelung zu treffen, wofür ihnen verschiedene Möglichkeiten zu Verfügung stehen. Doch scheidet eine Aussetzung des Rechtsstreits unter Fristsetzung zur Lückenschließung durch die Tarifvertragsparteien selbst von vornherein aus (aM Fieberg in Fürst GKÖD Bd. IV E § 26 TVöD Rn. 23). Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union sind für den Fall, dass gesetzliche oder tarifvertragliche Regelungen eine mit der Richtlinie unvereinbare Diskriminierung vorsehen, die nationalen Gerichte gehalten, die Diskriminierung auf jede denkbare Weise und insbesondere dadurch auszuschließen, dass sie die Regelung für die nicht benachteiligte Gruppe auch auf die benachteiligte Gruppe anwenden, ohne die Beseitigung der Diskriminierung durch den Gesetzgeber, die Tarifvertragsparteien oder in anderer Weise abzuwarten (vgl. so bereits zur Richtlinie 76/207/EWG: EuGH 20. März 2003 - C-187/00 - [Kutz-Bauer] Rn. 75, Slg. 2003, I-2741). Auch nach Art. 9 Abs. 3 GG in Verbindung mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz wäre eine Aussetzung grundsätzlich allenfalls zur Beseitigung einer Diskriminierung für die Zukunft geboten(vgl. BAG 10. November 2011 - 6 AZR 148/09 - Rn. 28, NZA 2012, 161). Vorliegend geht es jedoch um die Beseitigung einer Diskriminierung in der Vergangenheit.

29

b) Die Benachteiligung der Klägerin kann nicht auf andere Weise für die Jahre 2008 und 2009 ausgeschlossen werden. Ein Rückgriff auf den noch unterhalb der Eingangstufe des § 26 Abs. 1 Satz 2 TVöD liegenden gesetzlichen Mindesturlaub gemäß den §§ 1, 3 BUrlG in Höhe von 20 Arbeitstagen bei einer Fünftagewoche ist hierzu nicht geeignet(aM Wulfers/Hecht ZTR 2007, 475, 483; Breier/Dassau/Kiefer/Lang/Langenbrinck TVöD Stand Februar 2012, § 26 Rn. 163.5). Der von den §§ 1, 7 AGG bzw. Art. 6 der Richtlinie 2000/78/EG verfolgte Zweck, Benachteiligungen zu verhindern oder zu beseitigen, würde nicht erreicht. Da diskriminierende Maßnahmen oder Vereinbarungen nicht hingenommen und ihre Fortwirkung nicht akzeptiert werden darf (vgl. ErfK/Schlachter § 7 AGG Rn. 5), ist auch nicht auf die Eingangsstufe des § 26 Abs. 1 Satz 2 TVöD mit 26 Urlaubstagen abzustellen. Hätte die Klägerin nur Anspruch auf die erste Stufe der Urlaubsstaffel, fehlte es an einer Sanktion, die einen tatsächlichen und wirksamen Rechtsschutz gewährt und abschreckende Wirkung hat (vgl. zu diesem Aspekt: BAG 10. November 2011 - 6 AZR 148/09 - Rn. 18 ff., NZA 2012, 161).

30

c) Hingegen ist eine Anpassung „nach oben“ zur Beseitigung einer Altersdiskriminierung im Einklang mit der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union gerechtfertigt, wenn auf andere Weise die Diskriminierung nicht behoben werden kann, weil der Arbeitgeber den Begünstigten für die Vergangenheit die Leistung nicht mehr entziehen kann (vgl. ausführlich: BAG 10. November 2011 - 6 AZR 148/09 - Rn. 20 ff., NZA 2012, 161). Dies ist vorliegend der Fall. Der den begünstigten Beschäftigten in den Jahren 2008 und 2009 gewährte Urlaub von jährlich 30 Arbeitstagen kann nicht rückwirkend auf 29 oder 26 Arbeitstage begrenzt werden. Die als Urlaub bereits gewährte Freizeit ist nicht kondizierbar.

31

d) Schließlich steht der Anpassung „nach oben“ auch nicht § 15 Abs. 3 AGG entgegen. Danach ist der Arbeitgeber bei der Anwendung kollektivrechtlicher Vereinbarungen nur dann zur Entschädigung verpflichtet, wenn er vorsätzlich oder grob fährlässig handelt. Diese Bestimmung bezieht sich allein auf die immaterielle Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG(vgl. BAG 10. November 2011 - 6 AZR 148/09 - Rn. 38, NZA 2012, 161; ErfK/Schlachter § 15 AGG Rn. 13) und verhält sich nicht zur Beseitigung einer Diskriminierung durch eine den Diskriminierungsverboten genügende Regelung.

32

e) Der Beklagte kann auch keinen Vertrauensschutz in Anspruch nehmen. In den Jahren 2008 und 2009 galt bereits das am 18. August 2006 in Kraft getretene AGG. Dieses nimmt Dauerschuldverhältnisse und damit auch Arbeitsverhältnisse ebenso wenig wie Tarifverträge aus, die vor dem Inkrafttreten des AGG bereits abgeschlossen waren. Übergangsvorschriften oder Vertrauensschutzregelungen sind insoweit in § 33 AGG nicht vorgesehen. Gemäß § 1 AGG ist ua. Ziel dieses Gesetzes, Benachteiligungen aus Gründen des Alters nicht nur zu verhindern, sondern auch zu beseitigen. Die damit einhergehende unechte Rückwirkung ist zulässig. Der zeitliche Geltungsbereich wird je nach Lage der Verhältnisse im Einzelfall nur durch den Grundsatz des Vertrauensschutzes beschränkt (vgl. so bereits zu § 81 Abs. 2 SGB IX aF: BAG 16. Dezember 2008 - 9 AZR 985/07 - Rn. 38, BAGE 129, 72). Dies setzt jedoch in jedem Fall das Vorliegen eines schutzwürdigen Vertrauens voraus, das vorliegend nicht gegeben ist, selbst wenn man die Grundsätze zum Vertrauensschutz bei unechter Rückwirkung von Gesetzen anwendet. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist der Grundsatz des Vertrauensschutzes nur dann verletzt, wenn die vom Gesetzgeber angeordnete unechte Rückwirkung zur Erreichung des Gesetzeszwecks nicht geeignet oder erforderlich ist oder wenn die Bestandsinteressen der Betroffenen die Veränderungsgründe des Gesetzgebers überwiegen (vgl. BVerfG 10. August 2006 - 2 BvR 563/05  - Rn. 14, BVerfGK 9, 28). Zum einen dient das AGG der Umsetzung von EU-Richtlinien zum Schutz vor Diskriminierung im Bereich Beschäftigung und Beruf und enthält insoweit insbesondere im Bereich der Altersdiskriminierung unionsrechtlich verankerte notwendige und bedeutende Regelungen. Zum anderen wäre ein Vertrauen in den Fortbestand der angewandten tarifvertraglichen Regelungen nicht schutzwürdig. Denn die Richtlinie 2000/78/EG wurde schon im Jahr 2000 erlassen und stellt in Art. 16 Buchst. b ausdrücklich klar, dass die Diskriminierungsverbote auch auf tarifvertragliche Bestimmungen Anwendung finden. Nach Art. 18 der Richtlinie 2000/78/EG war diese zudem spätestens zum 2. Dezember 2006 in nationales Recht umzusetzen. Der Beklagte musste ebenso wie die Tarifvertragsparteien damit rechnen, dass tarifvertragliche Regelungen auch am Verbot der Altersdiskriminierung gemessen werden. Deshalb konnte der Beklagte nicht darauf vertrauen, dass auch nach Inkrafttreten des AGG die Urlaubsstaffelregelung des § 26 Abs. 1 Satz 2 TVöD zulässig war, zumal in der Gesetzesbegründung zum AGG die Anknüpfung an das bloße Lebensalter als Mindestgrenze für mit der Beschäftigung verbundener Vorteile nicht unkritisch gesehen wurde(vgl. BT-Drucks. 16/1780 S. 36) und im Schrifttum nicht nur vereinzelt die Unwirksamkeit des § 26 Abs. 1 Satz 2 TVöD wegen Verstoßes gegen das Verbot der Altersdiskriminierung angenommen wurde (vgl. Fieberg in Fürst GKÖD Bd. IV E § 26 TVöD Rn. 22 mwN; Kamanabrou NZA Beilage 3/2006, 138, 144; Hock/Kramer/Schwerdtle ZTR 2006, 622, 623 mwN; so bereits zu § 48 Abs. 1 BAT: Lüderitz Altersdiskriminierung durch Altersgrenzen S. 156).

33

6. Die Klägerin hat Anspruch auf Ersatzurlaub gemäß § 280 Abs. 1, § 286 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 3, § 287 Satz 2, § 249 Abs. 1 BGB. Die Resturlaubsansprüche für die Jahre 2008 und 2009 waren mangels Vorliegens eines Übertragungsgrundes nach § 26 Abs. 1 Satz 6 TVöD iVm. § 7 Abs. 3 Satz 1 BUrlG zum 31. Dezember des jeweiligen Jahres verfallen. Diesen Untergang hat der Beklagte zu vertreten, weil er sich mit der Gewährung des Urlaubs in Verzug befand.

34

a) Die tatbestandlichen Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruchs aus Verzug gemäß § 280 Abs. 1, § 286 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 3, § 287 Satz 2, § 249 Abs. 1 BGB liegen vor. Die Klägerin hatte in den Jahren 2008 und 2009 Anspruch auf jeweils 30 Urlaubstage. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts wandelt sich der Urlaubsanspruch in einen Schadensersatzanspruch um, der auf Gewährung von Ersatzurlaub als Naturalrestitution gerichtet ist, wenn der Arbeitgeber den rechtzeitig verlangten Urlaub nicht gewährt und der Urlaub aufgrund seiner Befristung verfällt ( BAG 11. April 2006 - 9 AZR 523/05  - Rn. 24, AP BUrlG § 7 Übertragung Nr. 28 = EzA BUrlG § 7 Nr. 116).

35

b) Die Klägerin machte mit Schreiben vom 5. November 2008 unter der Überschrift „Geltendmachung von Urlaubsansprüchen“ Urlaub in Höhe von 30 Tagen nach dem TVöD geltend und bat zudem, den Urlaubsanspruch auch für die Zukunft entsprechend anzupassen. Dahingestellt bleiben kann, ob dies schon ein konkretes Verlangen beinhaltet hat, den Urlaub in den Jahren 2008 und 2009 zu gewähren. Nach der Rechtsprechung des Senats ist hierfür zumindest erforderlich, dass der Arbeitgeber nach den Grundsätzen des § 133 BGB davon ausgehen muss, der Arbeitnehmer wünsche ab einem bestimmten Zeitpunkt Erholungsurlaub(vgl. BAG 17. November 2009 - 9 AZR 745/08 - Rn. 45; 11. April 2006 -  9 AZR 523/05  - Rn. 28, AP BUrlG § 7 Übertragung Nr. 28 = EzA BUrlG § 7 Nr. 116). Maßgebend ist, dass der Beklagte mit Schreiben vom 28. November 2008 erklärt hat, er lehne den Antrag auf Verlängerung des Urlaubs „auf 30 Tage vor Erreichen des 41. Lebensjahres“ ab, weil der Klägerin nach dem für ihn verbindlichen § 26 Abs. 1 TVöD derzeit nur 29 Urlaubstage zustünden. Aus objektiver Empfängersicht lag darin eine ernsthafte und endgültige Erfüllungsverweigerung des Beklagten als Schuldner des Urlaubsanspruchs, die gemäß § 286 Abs. 2 Nr. 3 BGB eine Mahnung der Klägerin entbehrlich machte(vgl. BAG 31. Januar 1991 - 8 AZR 462/89  - zu II der Gründe). Denn der Beklagte gab mit diesem Schreiben vor Ablauf des Urlaubsjahres 2008 klar zu erkennen, dass er nicht bereit sei, im laufenden Jahr mehr als 29 Tage Urlaub zu gewähren. Hinsichtlich des weiteren Urlaubstags für das Jahr 2009 folgt der Verzug des Beklagten zudem daraus, dass er jedenfalls mit dem Antrag auf Klageabweisung vom 24. April 2009 und somit vor Ablauf des Urlaubsjahres 2009 zu erkennen gegeben hat, den weiteren Urlaubstag auch im Jahr 2009 nicht gewähren zu wollen. Darin lag ebenso seine ernsthafte und endgültige Erfüllungsverweigerung als Schuldner des Urlaubsanspruchs, die gemäß § 286 Abs. 2 Nr. 3 BGB eine Mahnung der Klägerin ebenfalls entbehrlich machte(vgl. BAG 17. Mai 2011 - 9 AZR 197/10 - Rn. 14, EzA TVG § 4 Metallindustrie Nr. 138; 31. Januar 1991 - 8 AZR 462/89  - zu II der Gründe).

36

B. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 Satz 1, § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Brühler    

        

    Brühler    

        

    Krasshöfer    

        

        

        

    Preuß    

        

    Neumann-Redlin    

        

        

(1) Beschäftigte dürfen nicht wegen eines in § 1 genannten Grundes benachteiligt werden; dies gilt auch, wenn die Person, die die Benachteiligung begeht, das Vorliegen eines in § 1 genannten Grundes bei der Benachteiligung nur annimmt.

(2) Bestimmungen in Vereinbarungen, die gegen das Benachteiligungsverbot des Absatzes 1 verstoßen, sind unwirksam.

(3) Eine Benachteiligung nach Absatz 1 durch Arbeitgeber oder Beschäftigte ist eine Verletzung vertraglicher Pflichten.

Tenor

1. Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 24. März 2010 - 20 Sa 2058/09 - aufgehoben.

2. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Eberswalde vom 8. Juli 2009 - 3 Ca 140/09 - wird zurückgewiesen und der Tenor dieses Urteils zur Klarstellung neu gefasst:

Es wird festgestellt, dass der Klägerin für die Jahre 2008 und 2009 jeweils ein weiterer Urlaubstag als Ersatzurlaub zusteht.

3. Der Beklagte hat auch die Kosten der Berufung und der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten darüber, ob die Klägerin in den Jahren 2008 und 2009 Anspruch auf jeweils 29 oder 30 Urlaubstage hatte.

2

Die am 27. Oktober 1971 geborene Klägerin ist seit dem 1. September 1988 bei dem beklagten Landkreis als Angestellte mit einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden in der Fünftagewoche beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis findet kraft beiderseitiger Tarifbindung der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst vom 13. September 2005 in der Fassung des Änderungstarifvertrags Nr. 2 vom 31. März 2008 (TVöD) Anwendung. Dieser bestimmt ua.:

        

§ 26 

        

Erholungsurlaub

        

(1)     

Beschäftigte haben in jedem Kalenderjahr Anspruch auf Erholungsurlaub unter Fortzahlung des Entgelts (§ 21). Bei Verteilung der wöchentlichen Arbeitszeit auf fünf Tage in der Kalenderwoche beträgt der Urlaubsanspruch in jedem Kalenderjahr

                 

bis zum vollendeten 30. Lebensjahr

26 Arbeitstage,

                 

bis zum vollendeten 40. Lebensjahr

29 Arbeitstage und

                 

nach dem vollendeten 40. Lebensjahr

30 Arbeitstage.

                 

Maßgebend für die Berechnung der Urlaubsdauer ist das Lebensjahr, das im Laufe des Kalenderjahres vollendet wird. Bei einer anderen Verteilung der wöchentlichen Arbeitszeit als auf fünf Tage in der Woche erhöht oder vermindert sich der Urlaubsanspruch entsprechend. Verbleibt bei der Berechnung des Urlaubs ein Bruchteil, der mindestens einen halben Urlaubstag ergibt, wird er auf einen vollen Urlaubstag aufgerundet; Bruchteile von weniger als einem halben Urlaubstag bleiben unberücksichtigt. Der Erholungsurlaub muss im laufenden Kalenderjahr gewährt und kann auch in Teilen genommen werden.

        

…       

        
        

§ 27   

        

Zusatzurlaub

        

(1)     

Beschäftigte, die ständig Wechselschichtarbeit nach § 7 Abs. 1 oder ständig Schichtarbeit nach § 7 Abs. 2 leisten und denen die Zulage nach § 8 Abs. 5 Satz 1 oder Abs. 6 Satz 1 zusteht, erhalten

                 

a)    

bei Wechselschichtarbeit für je zwei zusammenhängende Monate und

                 

b)    

bei Schichtarbeit für je vier zusammenhängende Monate

                 

einen Arbeitstag Zusatzurlaub.

        

(2)     

Im Falle nicht ständiger Wechselschicht- oder Schichtarbeit (z. B. ständige Vertreter) erhalten Beschäftigte des Bundes, denen die Zulage nach § 8 Abs. 5 Satz 2 oder Abs. 6 Satz 2 zusteht, einen Arbeitstag Zusatzurlaub für

                 

a)    

je drei Monate im Jahr, in denen sie überwiegend Wechselschichtarbeit geleistet haben, und

                 

b)    

je fünf Monate im Jahr, in denen sie überwiegend Schichtarbeit geleistet haben.

        

…       

                 
        

(4)     

Zusatzurlaub nach diesem Tarifvertrag und sonstigen Bestimmungen mit Ausnahme von § 125 SGB IX wird nur bis zu insgesamt sechs Arbeitstagen im Kalenderjahr gewährt. Erholungsurlaub und Zusatzurlaub (Gesamturlaub) dürfen im Kalenderjahr zusammen 35 Arbeitstage nicht überschreiten. Satz 2 ist für Zusatzurlaub nach den Absätzen 1 und 2 hierzu nicht anzuwenden. Bei Beschäftigten, die das 50. Lebensjahr vollendet haben, gilt abweichend von Satz 2 eine Höchstgrenze von 36 Arbeitstagen; § 26 Abs. 1 Satz 3 gilt entsprechend.

        

…“    

        
3

Mit Schreiben vom 5. November 2008 machte die Klägerin gegenüber dem Beklagten einen jährlichen Gesamturlaub in Höhe von 30 Tagen für das Jahr 2008 und die Zukunft nach dem TVöD geltend. Der Beklagte lehnte die Gewährung von 30 Urlaubstagen vor der Vollendung des 40. Lebensjahres der Klägerin unter Hinweis auf die Verbindlichkeit der Regelung des § 26 Abs. 1 TVöD mit Schreiben vom 28. November 2008 ab. Die Klägerin hat daraufhin mit Schriftsatz vom 11. Februar 2009 die vorliegende Klage erhoben.

4

Sie hat die Ansicht vertreten, sie habe auch vor der Vollendung ihres 40. Lebensjahres Anspruch auf jährlich 30 und nicht nur 29 Urlaubstage. Die an das Lebensalter anknüpfende Staffelung des tariflichen Urlaubsanspruchs sei eine Diskriminierung wegen des Alters. Die in der Tarifregelung enthaltene Ungleichbehandlung jüngerer Arbeitnehmer sei nicht durch § 10 AGG gerechtfertigt. Im Übrigen würden die gesundheitlichen Wirkungen zusätzlichen Urlaubs zur Vermeidung beispielsweise von Stresserscheinungen am Arbeitsplatz auch in der medizinischen Literatur kontrovers diskutiert.

5

Die Klägerin hat zuletzt beantragt

        

festzustellen, dass ihr für die Jahre 2008 und 2009 jeweils ein Urlaubstag als Ersatzurlaub zusteht.

6

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Diese sei bereits unzulässig, da das gemäß § 256 Abs. 1 ZPO nötige Feststellungsinteresse fehle. Schließlich sei die Klage auch unbegründet. Die Altersstufenregelung des § 26 Abs. 1 TVöD sei durch einen sachlichen Grund nach § 10 AGG gerechtfertigt. Die Festlegung eines Mindestalters für die Gewährung von 30 Urlaubstagen pro Kalenderjahr stelle eine besondere Beschäftigungsbedingung zum Schutz älterer Beschäftigter bzw. eine Mindestanforderung an das Alter für einen mit der Beschäftigung verbundenen Vorteil dar, der zur Erreichung eines legitimen Ziels angemessen und erforderlich sei. Ältere Arbeitnehmer seien mit zunehmendem Alter aufgrund beruflicher Belastungen länger krank. Um diesen Umstand Rechnung zu tragen, hätten die Tarifvertragsparteien mit der Regelung in § 26 Abs. 1 TVöD auf das verstärkte Erholungsbedürfnis älterer Arbeitnehmer reagiert und deren Leistungsfähigkeit stärken wollen. Der Aspekt des Gesundheitsschutzes älterer Arbeitnehmer sei daher geeignet, die Ungleichbehandlung jüngerer Beschäftigter zu rechtfertigen. Schließlich würde auch eine Diskriminierung keine Angleichung „nach oben“ zur Folge haben.

7

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung des Beklagten hat das Landesarbeitsgericht das erstinstanzliche Urteil abgeändert und die Klage abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin die Wiederherstellung der stattgebenden Entscheidung des Arbeitsgerichts. Der Beklagte beantragt, die Revision der Klägerin zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

8

A. Die zulässige Revision ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage zu Unrecht abgewiesen. Die Klage ist begründet. Die Klägerin hat Anspruch auf die geltend gemachten Ersatzurlaubstage.

9

I. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht angenommen, dass die Feststellungsklage zulässig ist. Die Klägerin hat ein rechtliches Interesse daran, durch das Gericht feststellen zu lassen, ob ihr für die Jahre 2008 und 2009 jeweils ein Urlaubstag als Ersatzurlaub zusteht ( § 256 Abs. 1 ZPO ). Der grundsätzliche Vorrang der Leistungsklage steht der Zulässigkeit einer Klage, mit der ein Arbeitnehmer den Umfang des ihm zustehenden Urlaubs gerichtlich festgestellt haben will, nicht entgegen (vgl. BAG 12. April 2011 - 9 AZR 80/10  - Rn. 13 bis 15, EzA BUrlG § 7 Nr. 123).

10

II. Die Klage ist begründet. Die Klägerin hat gegen den Beklagten für den ihr in den Jahren 2008 und 2009 jeweils verweigerten 30. Urlaubstag gemäß § 280 Abs. 1, § 286 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 3, § 287 Satz 2, § 249 Abs. 1 BGB Anspruch auf jeweils einen Tag Ersatzurlaub. Die Urlaubsstaffelung des § 26 Abs. 1 Satz 2 TVöD verstößt gegen die §§ 1, 3 Abs. 1 AGG. Denn sie gewährt Beschäftigten, die das 30., aber noch nicht das 40. Lebensjahr vollendet haben, einen um einen Tag kürzeren Urlaub. Sie ist deshalb nach § 7 Abs. 1 und Abs. 2 AGG iVm. § 134 BGB unwirksam. Dies hat zur Folge, dass die Klägerin auch vor der Vollendung ihres 40. Lebensjahres in jedem Kalenderjahr Anspruch auf 30 Urlaubstage hatte. Ihr steht für die Jahre 2008 und 2009 jeweils noch ein Tag Ersatzurlaub zu, weil der Beklagte ihr in diesen Jahren nur jeweils 29 Urlaubstage gewährte.

11

1. Nach § 26 Abs. 1 Satz 2 TVöD standen der am 27. Oktober 1971 geborenen Klägerin in den Jahren 2008 und 2009 jeweils 29 Urlaubstage zu. Erst nach dem vollendeten 40. Lebensjahr gewährt ihr diese Tarifregelung einen jährlichen Urlaubsanspruch von 30 Arbeitstagen. Diese an das Lebensalter anknüpfende Staffelung der Urlaubsdauer verstößt gegen das Verbot der Altersdiskriminierung in § 7 Abs. 1 iVm. § 1 AGG. Sie ist als sachlich nicht nach den §§ 8, 10 AGG gerechtfertigte unmittelbare Benachteiligung wegen des Alters gemäß § 7 Abs. 2 AGG iVm. § 134 BGB unwirksam. Zur Beseitigung dieser Diskriminierung ist eine Anpassung auf 30 Urlaubstage erforderlich.

12

2. Zutreffend haben die Vorinstanzen die Regelung in § 26 Abs. 1 TVöD am AGG gemessen. Nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 AGG gelten die Diskriminierungsverbote der §§ 1, 7 AGG auch für die in kollektivrechtlichen Vereinbarungen geregelten Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen. Unter solchen Bedingungen sind alle Umstände zu verstehen, aufgrund derer und unter denen die Arbeitsleistung zu erbringen ist (vgl. BAG 13. Oktober 2009 - 9 AZR 722/08 - Rn. 54, BAGE 132, 210). Zu den Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen gehört damit auch der Urlaub. Der Umstand, dass die Regelung in § 26 Abs. 1 Satz 2 TVöD gemäß § 39 Abs. 1 Satz 2 Buchst. b TVöD bereits am 1. Januar 2006 und somit schon vor dem AGG vom 14. August 2006 in Kraft getreten ist, steht dem nicht entgegen. Die für die Jahre 2008 und 2009 geltend gemachte Benachteiligung durch § 26 Abs. 1 Satz 2 TVöD ist erst nach Inkrafttreten des AGG am 18. August 2006 eingetreten. Da § 33 Abs. 1 AGG insoweit keine Übergangsregelung enthält, findet dieses Gesetz auch dann Anwendung, wenn die Benachteiligung auf einem vor Inkrafttreten des AGG abgeschlossenen Tarifvertrag beruht. Es kommt allein auf den Zeitpunkt der Benachteiligungshandlung an (BAG 16. Dezember 2008 - 9 AZR 985/07 - Rn. 33, BAGE 129, 72).

13

3. Die Urlaubsstaffelung in § 26 Abs. 1 Satz 2 TVöD enthält eine auf dem Merkmal des Alters beruhende Ungleichbehandlung der Beschäftigten, die das 30. bzw. das 40. Lebensjahr nicht vollendet haben. Das ist eine unmittelbare Benachteiligung jüngerer Arbeitnehmer wegen des Alters iSv. § 3 Abs. 1 AGG.

14

a) Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG liegt eine unmittelbare Benachteiligung vor, wenn eine Person wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde. Beim Alter handelt es sich um einen in § 1 AGG genannten Grund, wobei unter Alter das Lebensalter zu verstehen ist. Dies folgt aus dem gesetzlichen Wortlaut und auch aus der Gesetzesbegründung ( BT-Drucks. 16/1780 S. 31; BAG 13. Oktober 2009 - 9 AZR 722/08 - Rn. 49, BAGE 132, 210; 22. Januar 2009 - 8 AZR 906/07  - Rn. 36, BAGE 129, 181). Der für eine unmittelbare Benachteiligung erforderliche Kausalzusammenhang ist bereits dann gegeben, wenn die Benachteiligung an einen oder mehrere in § 1 AGG genannte Gründe anknüpft oder dadurch motiviert ist(vgl. BT-Drucks. 16/1780 S. 32; BAG 13. Oktober 2009 - 9 AZR 722/08 - Rn. 50, aaO).

15

b) Diese Voraussetzung ist erfüllt. § 26 Abs. 1 Satz 2 TVöD sieht für Beschäftigte bei einer Fünftagewoche in jedem Kalenderjahr einen Urlaubsanspruch bis zum vollendeten 30. Lebensjahr in Höhe von 26 Arbeitstagen, bis zum vollendeten 40. Lebensjahr in Höhe von 29 Arbeitstagen und erst nach dem vollendeten 40. Lebensjahr in Höhe von 30 Arbeitstagen vor. Die Höhe des Urlaubsanspruchs nach § 26 Abs. 1 Satz 2 TVöD knüpft damit in allen Stufen unmittelbar an das Lebensalter der Beschäftigten an. Danach haben Beschäftigte wie die Klägerin, die zwar das 30. Lebensjahr, aber noch nicht das 40. Lebensjahr vollendet haben, in jedem Jahr nur Anspruch auf 29 statt auf 30 Urlaubstage. Sie werden ebenso wie die unter 30-Jährigen im Vergleich zu den Beschäftigten, die das 40. Lebensjahr vollendet haben, hinsichtlich der Höhe des Urlaubsanspruchs wegen ihres geringeren Alters ungünstiger behandelt.

16

4. Diese Ungleichbehandlung ist nicht gerechtfertigt.

17

a) Bei ihr handelt es sich nicht um eine nach § 8 AGG zulässige unterschiedliche Behandlung wegen beruflicher Anforderungen. Die Urlaubsstaffel des § 26 Abs. 1 Satz 2 TVöD knüpft nicht an die Art der auszuübenden Tätigkeit oder die Bedingungen ihrer Ausübung an. Sie stellt nicht auf die Art der auszuübenden Tätigkeit ab und beansprucht damit Geltung für alle dem TVöD unterfallenden Beschäftigten.

18

b) Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts ist die Ungleichbehandlung auch nicht nach § 10 AGG sachlich gerechtfertigt(so ebenfalls die herrschende Meinung in der Literatur, vgl. Linck/Schütz FS Leinemann, S. 181 f.; Fieberg in Fürst GKÖD Bd. IV Stand Januar 2012 E § 26 TVöD Rn. 22; AGG/Voigt 3. Aufl. § 10 Rn. 33; Meinel/Heyn/Herms AGG 2. Aufl. § 10 Rn. 42b; Adomeit/Mohr AGG 2. Aufl. § 10 Rn. 105; Kamanabrou NZA Beilage 3/2006, 138, 144; Hock/Kramer/Schwerdtle ZTR 2006, 622, 623 mwN; Wulfers/Hecht ZTR 2007, 475, 478; vgl. ferner bereits zu § 48 BAT: Lüderitz Altersdiskriminierung durch Altersgrenzen S. 156). § 10 Satz 1 AGG lässt eine unterschiedliche Behandlung wegen des Alters ungeachtet der Regelung des § 8 AGG zu, wenn sie objektiv und angemessen und durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt ist. Zudem müssen die Mittel zur Erreichung dieses Ziels nach § 10 Satz 2 AGG angemessen und erforderlich sein. Entgegen der Ansicht des Beklagten ist die an das Lebensalter anknüpfende Differenzierung in § 26 Abs. 1 TVöD nicht sachlich gerechtfertigt, weil sie einem gesteigerten Erholungsbedürfnis älterer Beschäftigter Rechnung trägt und deren Gesundheit schützen will. Dabei kann dahinstehen, ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen das Ziel des Gesundheitsschutzes eine unterschiedliche Behandlung rechtfertigen würde. Die Tarifvorschrift verfolgt dieses Ziel schon nicht.

19

aa) Die Tarifvertragsparteien haben das mit der in § 26 Abs. 1 Satz 2 TVöD geregelten Urlaubsstaffelung verfolgte Ziel nicht ausdrücklich genannt. Nennt eine Regelung oder Maßnahme kein Ziel, müssen zumindest aus dem Kontext abgeleitete Anhaltspunkte die Feststellung des hinter der Regelung oder der Maßnahme stehenden Ziels ermöglichen, um die Legitimität des Ziels sowie die Angemessenheit und die Erforderlichkeit der zu seiner Erreichung eingesetzten Mittel gerichtlich überprüfen zu können. Dabei können nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union die sozialpolitischen Ziele als legitim angesehen werden, die im allgemeinen Interesse stehen. Derjenige, der eine Ungleichbehandlung vornimmt, muss den nationalen Gerichten in geeigneter Weise die Möglichkeit zur Prüfung einräumen, ob mit der Ungleichbehandlung ein Ziel angestrebt wird, das die Ungleichbehandlung unter Beachtung der Ziele der Richtlinie 2000/78/EG rechtfertigt (vgl. EuGH 5. März 2009 - C-388/07  - [Age Concern England] Rn. 45 ff., Slg. 2009, I-1569; BAG 26. Mai 2009 - 1 AZR 198/08  - Rn. 36 ff., BAGE 131, 61). Denn das nationale Gericht hat zu prüfen, ob die Regelung oder Maßnahme ein rechtmäßiges Ziel iSd. Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG verfolgt. Gleiches gilt für die Frage, ob die Tarifvertragsparteien als Normgeber angesichts des vorhandenen Wertungsspielraums davon ausgehen durften, dass die gewählten Mittel zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich waren (vgl. EuGH 5. März 2009 -  C-388/07  - [Age Concern England] Rn. 49 ff., aaO; vgl. auch BAG 13. Oktober 2009 - 9 AZR 722/08 - Rn. 57, BAGE 132, 210).

20

bb) Die Regelung in § 26 Abs. 1 Satz 2 TVöD dient nicht dem Schutz älterer Beschäftigter iSv. § 10 Satz 3 Nr. 1 AGG. Diese gesetzliche Regelung konkretisiert das legitime Ziel, nämlich ua. die Sicherstellung des Schutzes älterer Beschäftigter, wobei dieser Schutz auch die Festlegung besonderer Arbeitsbedingungen einschließen kann. Aus einer tariflichen Urlaubsstaffelung, die - wie die in § 26 Abs. 1 Satz 2 TVöD - den Beschäftigten bereits nach Vollendung des 30. Lebensjahres drei weitere Urlaubstage und dann nach Vollendung des 40. Lebensjahres letztmals einen zusätzlichen Urlaubstag gewährt, lässt sich nicht ableiten, dass die Tarifvertragsparteien einem gesteigerten Erholungsbedürfnis älterer Beschäftigter Rechnung tragen wollten und das Ziel verfolgten, den Schutz älterer Beschäftigter iSd. § 10 Satz 3 Nr. 1 AGG sicherzustellen. Wenn sich auch eine genaue Schwelle für die Zuordnung zu den älteren Arbeitnehmern weder dieser Regelung selbst noch Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 2 Buchst. a der Richtlinie 2000/78/EG entnehmen lässt, so ist diese freilich an der Zielsetzung (vgl. zu dieser Däubler/Bertzbach/Brors 2. Aufl. § 10 Rn. 42) auszurichten. Einen arbeitsmarktpolitischen Zweck verfolgt zB § 417 Abs. 1 SGB III, wonach Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die das 50. Lebensjahr vollendet haben und ihre Arbeitslosigkeit durch Aufnahme einer versicherungspflichtigen Beschäftigung beenden oder vermeiden, unter den in der Vorschrift genannten Voraussetzungen Anspruch auf Leistungen der Entgeltsicherung haben. Diese Regelung der Entgeltsicherung bezweckt, die Arbeitslosigkeit älterer Arbeitnehmer abzubauen und ihren Anteil an der erwerbstätigen Bevölkerung zu erhöhen (vgl. BT-Drucks. 17/1945 S. 17). Im Vergleich zu der in § 417 Abs. 1 SGB III genannten Altersgruppe setzt sich die durch die Urlaubsstaffel in § 26 Abs. 1 Satz 2 TVöD begünstigte Beschäftigtengruppe, der ein Urlaubsanspruch von jährlich 30 Arbeitstagen eingeräumt wird, nicht ausnahmslos aus älteren Beschäftigten zusammen. Vielmehr gehören ihr alle Beschäftigten ab Vollendung des 40. Lebensjahres an. Der Senat hat bereits entschieden, dass ein Arbeitnehmer jedenfalls ab Vollendung des 31. Lebensjahres offensichtlich kein älterer Beschäftigter iSv. § 10 Satz 3 Nr. 1 AGG ist(BAG 13. Oktober 2009 - 9 AZR 722/08 - Rn. 55, BAGE 132, 210).

21

cc) Ein legitimes Ziel iSd. § 10 AGG ergibt sich entgegen der Annahme des Landesarbeitsgerichts auch nicht aus § 10 Satz 3 Nr. 2 AGG. Danach kann eine zulässige unterschiedliche Behandlung wegen des Alters auch die Festlegung von Mindestanforderungen an das Alter für bestimmte mit der Beschäftigung verbundene Vorteile einschließen. Diese Regelung bestimmt selbst kein legitimes Ziel, sondern beschreibt nur ein mögliches Mittel, mit der ein auf andere Weise zu legitimierendes Ziel gerechtfertigt werden kann (vgl. ErfK/Schlachter 12. Aufl. § 10 AGG Rn. 6), sofern es erforderlich und angemessen iSd. § 10 Satz 2 AGG ist.

22

dd) Die Tarifvertragsparteien verfolgen entgegen der Auffassung des Beklagten nicht das Ziel des Gesundheitsschutzes älterer Arbeitnehmer.

23

(1) Das mit der Urlaubsstaffelung des § 26 Abs. 1 Satz 2 TVöD verfolgte Ziel lässt sich nicht mit ausreichender Deutlichkeit aus dem Wortlaut des § 26 TVöD entnehmen. § 26 TVöD normiert ausweislich seiner Überschrift den Erholungsurlaub. Nach § 26 Abs. 1 Satz 1 TVöD haben Beschäftigte in jedem Kalenderjahr Anspruch auf Erholungsurlaub unter Fortzahlung des Entgelts. § 26 Abs. 1 Satz 2 TVöD legt die Dauer dieses Erholungsurlaubs fest. Der Begriff des Erholungsurlaubs wird dabei nicht näher definiert und ist dem BUrlG entlehnt, auf das § 26 Abs. 2 TVöD im Übrigen verweist. Der Erholungsurlaub nach dem BUrlG soll nach der Gesetzesbegründung dem sozialpolitischen Anliegen der Erhaltung und Wiederauffrischung der Arbeitskraft der Arbeitnehmer dienen (vgl. den schriftlichen Bericht des Bundestagsausschusses für Arbeit, BT-Drucks. IV/785; Begründung des von der Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines Bundesurlaubsgesetzes, BT-Drucks. IV/207). Durch den Erholungsurlaub wird dem Arbeitnehmer die Möglichkeit gesichert, für eine bestimmte Dauer im Jahr, die ihm eingeräumte Freizeit zur selbstbestimmten Erholung zu nutzen (st. Rspr., vgl. BAG 20. Juni 2000 - 9 AZR 405/99 - zu II 2 b bb 1 der Gründe, BAGE 95, 104; 8. März 1984 - 6 AZR 600/82 - zu II 5 b der Gründe, BAGE 45, 184; ebenso st. Rspr. des EuGH zum Jahresurlaub nach Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2003/88/EG , EuGH 22. No-vember 2011 - C-214/10 - [KHS] Rn. 31, AP Richtlinie 2003/88/EG Nr. 6 = EzA EG-Vertrag 1999 Richtlinie 2003/88 Nr. 7; 20. Januar 2009 - C-350/06 und C-520/06  - [Schultz-Hoff] Rn. 25, Slg. 2009, I-179). Wenn eine Tarifregelung die Urlaubsdauer nach dem Lebensalter staffelt, liegt die Annahme nahe, die Tarifvertragsparteien hätten einem mit zunehmendem Alter gesteigerten Erholungsbedürfnis älterer Beschäftigter Rechnung tragen wollen. Die Regelung in § 26 Abs. 1 Satz 2 TVöD rechtfertigt eine solche Annahme freilich nicht, sondern schließt sie aus.

24

(2) Das folgt bereits aus dem Inhalt der Regelung. Die Tarifvorschrift räumt den Beschäftigten schon ab dem 30. Lebensjahr drei weitere Urlaubstage ein. Dafür, dass die Tarifvertragsparteien von einem so deutlich gesteigertem Erholungsbedürfnis bereits nach der Vollendung des 30. Lebensjahres ausgegangen sind, fehlt jeder Anhaltspunkt. Gegen eine solche Annahme spricht auch, dass die Tarifvertragsparteien den Beschäftigten nach der Vollendung des 40. Lebensjahres letztmals nur einen weiteren Urlaubstag gewährt und davon abgesehen haben, ein gesteigertes Erholungsbedürfnis des Beschäftigten in der Zeit bis zum Erreichen des gesetzlich festgelegten Alters für den Bezug der Regelaltersrente (§ 33 Abs. 1 Buchst. a TVöD) zu berücksichtigen. Hätten die Tarifvertragsparteien ein gesteigertes Erholungsbedürfnis älterer Beschäftigter vor Augen gehabt, hätten sie nicht einem 30-Jährigen einen gegenüber einem 29-jährigen Beschäftigten um drei Tage längeren Urlaub gewährt, nach der Vollendung des 40. Lebensjahres des Beschäftigten eine wesentlich geringere Steigerung des Erholungsbedürfnisses angenommen und für die Zeit danach bis zum Erreichen des gesetzlich festgelegten Alters für den Bezug der Regelaltersrente ein zunehmendes Erholungsbedürfnis des Beschäftigten überhaupt nicht mehr berücksichtigt (vgl. Wulfers/Hecht ZTR 2007, 475, 478). Auch das Schrifttum nimmt ganz überwiegend an, dass eine tarifliche Urlaubsstaffelung nicht schon auf die Vollendung des 30. bzw. des 40. Lebensjahres abstellen darf, wenn sie einem gesteigerten Erholungsbedürfnis älterer Beschäftigter Rechnung tragen will (vgl. Fieberg in Fürst GKÖD Bd. IV E § 26 TVöD Rn. 22; Tempelmann/Stenslik DStR 2011, 1183, 1186; Richter Benachteiligung wegen des Alters im Erwerbsleben S. 170; Meinel/Heyn/Herms § 10 Rn. 42b; AGG/Voigt § 10 Rn. 33; Hey AGG § 10 Rn. 28; Kamanabrou NZA Beilage 3/2006, 138, 144; Hock/Kramer/Schwerdle ZTR 2006, 622, 623; Linck/Schütz FS Leinemann S. 181 f.; Senne Auswirkungen des europäischen Verbots der Altersdiskriminierung auf das deutsche Arbeitsrecht S. 269; Bertelsmann ZESAR 2005, 242, 246). Selbst wenn die Erholungsbedürftigkeit von Arbeitnehmern mit zunehmendem Lebensalter steigen sollte (zweifelnd Däubler/Bertzbach/Brors § 10 Rn. 50; aA Waltermann NZA 2005, 1265, 1269), hätte es mit dem Schutz älterer Arbeitnehmer nichts zu tun, bereits mit dem 30. Lebensjahr eine erste Verlängerung des Urlaubsanspruchs um drei Tage und die zweite und zugleich letzte Verlängerung um einen weiteren Urlaubstag bereits mit Vollendung des 40. Lebensjahres vorzusehen (so auch Fieberg in Fürst GKÖD Bd. IV E § 26 TVöD Rn. 22; Adomeit/Mohr § 10 Rn. 105; so bereits zu § 48 BAT: Lüderitz Altersdiskriminierung durch Altersgrenzen S. 156). Es fehlt in beiden Stufen an dem erkennbaren Schutz Älterer. Die Verlängerung des Urlaubsanspruchs bereits mit dem vollendeten 30. Lebensjahr lässt sich kaum mit der Erhaltung der Leistungsfähigkeit Älterer begründen. Auch mit der Vollendung des 40. Lebensjahres hat ein Beschäftigter regelmäßig allenfalls die Mitte seines Erwerbsalters erreicht (vgl. auch Lüderitz Altersdiskriminierung durch Altersgrenzen S. 156). Hätten die Tarifvertragsparteien gemäß der Ansicht des Beklagten ein gesteigertes Erholungsbedürfnis älterer Beschäftigter berücksichtigen wollen, hätten sich die gewählten Altersgrenzen nicht an dem mit dem Alter zunehmenden Erholungsbedürfnis orientiert und wären willkürlich.

25

(3) Gerade dieser Umstand bestätigt, dass die Tarifvertragsparteien mit der Regelung in § 26 TVöD weder den Schutz der Gesundheit bezweckten noch einem gesteigerten Erholungsbedürfnis älterer Beschäftigter Rechnung tragen wollten. Hätten sie diese Ziele verfolgt, hätte es nahe gelegen, gerade für die älteren Beschäftigten, zB die Gruppe der über 50- oder über 60-jährigen Beschäftigten, die Dauer des Erholungsurlaubs zu verlängern. Bei dieser Personengruppe ist ein altersbedingt gesteigertes Erholungsbedürfnis eher nachvollziehbar. Ein solches Schutzbedürfnis für die über 50-Jährigen haben die Tarifvertragsparteien aber nur hinsichtlich der Beschränkung der Höchstdauer des Gesamturlaubs bei besonders belastenden Arbeiten (Schicht- und Wechselschicht) gesehen. Das folgt aus § 27 Abs. 4 Satz 4 TVöD. Danach erhöht sich ab diesem Lebensalter die maximal erreichbare Gesamturlaubsdauer von jährlich 35 auf 36 Arbeitstage.

26

(4) Die Tarifgeschichte bestätigt, dass die Tarifvertragsparteien mit der Urlaubsstaffel nicht einem mit dem Lebensalter steigenden Erholungsbedürfnis Rechnung tragen wollten. Bereits seit dem Inkrafttreten des BAT wurde die Urlaubsdauer an das Lebensalter geknüpft (§ 48 Abs. 1 BAT). Sie steigerte sich auch nach dem vollendeten 30. Lebensjahr und nach dem vollendeten 40. Lebensjahr. Innerhalb der Lebensaltersstufen verlängerte sich die Urlaubsdauer teilweise nach Vergütungsgruppen. Je höher der Angestellte eingruppiert war, je länger war sein Urlaubsanspruch. Dies zeigt, dass nicht der Erholungszweck maßgebend für die Urlaubsdauer sein sollte. Der Urlaub wurde vielmehr als Quasi-Gegenleistung für die Arbeitsleistung geregelt. Nur so lässt sich die normierte Abhängigkeit der Urlaubsdauer von der Vergütungsgruppe erklären. Es kann deshalb nicht angenommen werden, die Tarifvertragsparteien hätten bei Angestellten in höheren Vergütungsgruppen ein gesteigertes Erholungsbedürfnis ausgleichen wollen. Die Differenzierung resultiert vielmehr aus der überkommenen Auffassung, der Urlaub werde „verdient“.

27

5. Die Diskriminierung der Klägerin kann nur durch die Verpflichtung des Beklagten beseitigt werden, der Klägerin für die Jahre 2008 und 2009 jeweils einen Ersatzurlaubstag zu gewähren. Zwar folgt aus § 7 Abs. 2 AGG nur, dass die diskriminierende Regelung unwirksam ist. Auch wird vom Senat nicht verkannt, dass es sich bei § 26 Abs. 1 Satz 2 TVöD um ein Stufensystem handelt, sodass grundsätzlich keine Stufe als die von den Tarifvertragsparteien als „übliche“ Urlaubsdauer gewollte angesehen werden kann. Jedoch kann die Beseitigung der Diskriminierung vorliegend nur durch eine Anpassung „nach oben“ erfolgen.

28

a) Grundsätzlich ist es Aufgabe der Tarifvertragsparteien, eine benachteiligungsfreie Regelung zu treffen, wofür ihnen verschiedene Möglichkeiten zu Verfügung stehen. Doch scheidet eine Aussetzung des Rechtsstreits unter Fristsetzung zur Lückenschließung durch die Tarifvertragsparteien selbst von vornherein aus (aM Fieberg in Fürst GKÖD Bd. IV E § 26 TVöD Rn. 23). Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union sind für den Fall, dass gesetzliche oder tarifvertragliche Regelungen eine mit der Richtlinie unvereinbare Diskriminierung vorsehen, die nationalen Gerichte gehalten, die Diskriminierung auf jede denkbare Weise und insbesondere dadurch auszuschließen, dass sie die Regelung für die nicht benachteiligte Gruppe auch auf die benachteiligte Gruppe anwenden, ohne die Beseitigung der Diskriminierung durch den Gesetzgeber, die Tarifvertragsparteien oder in anderer Weise abzuwarten (vgl. so bereits zur Richtlinie 76/207/EWG: EuGH 20. März 2003 - C-187/00 - [Kutz-Bauer] Rn. 75, Slg. 2003, I-2741). Auch nach Art. 9 Abs. 3 GG in Verbindung mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz wäre eine Aussetzung grundsätzlich allenfalls zur Beseitigung einer Diskriminierung für die Zukunft geboten(vgl. BAG 10. November 2011 - 6 AZR 148/09 - Rn. 28, NZA 2012, 161). Vorliegend geht es jedoch um die Beseitigung einer Diskriminierung in der Vergangenheit.

29

b) Die Benachteiligung der Klägerin kann nicht auf andere Weise für die Jahre 2008 und 2009 ausgeschlossen werden. Ein Rückgriff auf den noch unterhalb der Eingangstufe des § 26 Abs. 1 Satz 2 TVöD liegenden gesetzlichen Mindesturlaub gemäß den §§ 1, 3 BUrlG in Höhe von 20 Arbeitstagen bei einer Fünftagewoche ist hierzu nicht geeignet(aM Wulfers/Hecht ZTR 2007, 475, 483; Breier/Dassau/Kiefer/Lang/Langenbrinck TVöD Stand Februar 2012, § 26 Rn. 163.5). Der von den §§ 1, 7 AGG bzw. Art. 6 der Richtlinie 2000/78/EG verfolgte Zweck, Benachteiligungen zu verhindern oder zu beseitigen, würde nicht erreicht. Da diskriminierende Maßnahmen oder Vereinbarungen nicht hingenommen und ihre Fortwirkung nicht akzeptiert werden darf (vgl. ErfK/Schlachter § 7 AGG Rn. 5), ist auch nicht auf die Eingangsstufe des § 26 Abs. 1 Satz 2 TVöD mit 26 Urlaubstagen abzustellen. Hätte die Klägerin nur Anspruch auf die erste Stufe der Urlaubsstaffel, fehlte es an einer Sanktion, die einen tatsächlichen und wirksamen Rechtsschutz gewährt und abschreckende Wirkung hat (vgl. zu diesem Aspekt: BAG 10. November 2011 - 6 AZR 148/09 - Rn. 18 ff., NZA 2012, 161).

30

c) Hingegen ist eine Anpassung „nach oben“ zur Beseitigung einer Altersdiskriminierung im Einklang mit der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union gerechtfertigt, wenn auf andere Weise die Diskriminierung nicht behoben werden kann, weil der Arbeitgeber den Begünstigten für die Vergangenheit die Leistung nicht mehr entziehen kann (vgl. ausführlich: BAG 10. November 2011 - 6 AZR 148/09 - Rn. 20 ff., NZA 2012, 161). Dies ist vorliegend der Fall. Der den begünstigten Beschäftigten in den Jahren 2008 und 2009 gewährte Urlaub von jährlich 30 Arbeitstagen kann nicht rückwirkend auf 29 oder 26 Arbeitstage begrenzt werden. Die als Urlaub bereits gewährte Freizeit ist nicht kondizierbar.

31

d) Schließlich steht der Anpassung „nach oben“ auch nicht § 15 Abs. 3 AGG entgegen. Danach ist der Arbeitgeber bei der Anwendung kollektivrechtlicher Vereinbarungen nur dann zur Entschädigung verpflichtet, wenn er vorsätzlich oder grob fährlässig handelt. Diese Bestimmung bezieht sich allein auf die immaterielle Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG(vgl. BAG 10. November 2011 - 6 AZR 148/09 - Rn. 38, NZA 2012, 161; ErfK/Schlachter § 15 AGG Rn. 13) und verhält sich nicht zur Beseitigung einer Diskriminierung durch eine den Diskriminierungsverboten genügende Regelung.

32

e) Der Beklagte kann auch keinen Vertrauensschutz in Anspruch nehmen. In den Jahren 2008 und 2009 galt bereits das am 18. August 2006 in Kraft getretene AGG. Dieses nimmt Dauerschuldverhältnisse und damit auch Arbeitsverhältnisse ebenso wenig wie Tarifverträge aus, die vor dem Inkrafttreten des AGG bereits abgeschlossen waren. Übergangsvorschriften oder Vertrauensschutzregelungen sind insoweit in § 33 AGG nicht vorgesehen. Gemäß § 1 AGG ist ua. Ziel dieses Gesetzes, Benachteiligungen aus Gründen des Alters nicht nur zu verhindern, sondern auch zu beseitigen. Die damit einhergehende unechte Rückwirkung ist zulässig. Der zeitliche Geltungsbereich wird je nach Lage der Verhältnisse im Einzelfall nur durch den Grundsatz des Vertrauensschutzes beschränkt (vgl. so bereits zu § 81 Abs. 2 SGB IX aF: BAG 16. Dezember 2008 - 9 AZR 985/07 - Rn. 38, BAGE 129, 72). Dies setzt jedoch in jedem Fall das Vorliegen eines schutzwürdigen Vertrauens voraus, das vorliegend nicht gegeben ist, selbst wenn man die Grundsätze zum Vertrauensschutz bei unechter Rückwirkung von Gesetzen anwendet. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist der Grundsatz des Vertrauensschutzes nur dann verletzt, wenn die vom Gesetzgeber angeordnete unechte Rückwirkung zur Erreichung des Gesetzeszwecks nicht geeignet oder erforderlich ist oder wenn die Bestandsinteressen der Betroffenen die Veränderungsgründe des Gesetzgebers überwiegen (vgl. BVerfG 10. August 2006 - 2 BvR 563/05  - Rn. 14, BVerfGK 9, 28). Zum einen dient das AGG der Umsetzung von EU-Richtlinien zum Schutz vor Diskriminierung im Bereich Beschäftigung und Beruf und enthält insoweit insbesondere im Bereich der Altersdiskriminierung unionsrechtlich verankerte notwendige und bedeutende Regelungen. Zum anderen wäre ein Vertrauen in den Fortbestand der angewandten tarifvertraglichen Regelungen nicht schutzwürdig. Denn die Richtlinie 2000/78/EG wurde schon im Jahr 2000 erlassen und stellt in Art. 16 Buchst. b ausdrücklich klar, dass die Diskriminierungsverbote auch auf tarifvertragliche Bestimmungen Anwendung finden. Nach Art. 18 der Richtlinie 2000/78/EG war diese zudem spätestens zum 2. Dezember 2006 in nationales Recht umzusetzen. Der Beklagte musste ebenso wie die Tarifvertragsparteien damit rechnen, dass tarifvertragliche Regelungen auch am Verbot der Altersdiskriminierung gemessen werden. Deshalb konnte der Beklagte nicht darauf vertrauen, dass auch nach Inkrafttreten des AGG die Urlaubsstaffelregelung des § 26 Abs. 1 Satz 2 TVöD zulässig war, zumal in der Gesetzesbegründung zum AGG die Anknüpfung an das bloße Lebensalter als Mindestgrenze für mit der Beschäftigung verbundener Vorteile nicht unkritisch gesehen wurde(vgl. BT-Drucks. 16/1780 S. 36) und im Schrifttum nicht nur vereinzelt die Unwirksamkeit des § 26 Abs. 1 Satz 2 TVöD wegen Verstoßes gegen das Verbot der Altersdiskriminierung angenommen wurde (vgl. Fieberg in Fürst GKÖD Bd. IV E § 26 TVöD Rn. 22 mwN; Kamanabrou NZA Beilage 3/2006, 138, 144; Hock/Kramer/Schwerdtle ZTR 2006, 622, 623 mwN; so bereits zu § 48 Abs. 1 BAT: Lüderitz Altersdiskriminierung durch Altersgrenzen S. 156).

33

6. Die Klägerin hat Anspruch auf Ersatzurlaub gemäß § 280 Abs. 1, § 286 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 3, § 287 Satz 2, § 249 Abs. 1 BGB. Die Resturlaubsansprüche für die Jahre 2008 und 2009 waren mangels Vorliegens eines Übertragungsgrundes nach § 26 Abs. 1 Satz 6 TVöD iVm. § 7 Abs. 3 Satz 1 BUrlG zum 31. Dezember des jeweiligen Jahres verfallen. Diesen Untergang hat der Beklagte zu vertreten, weil er sich mit der Gewährung des Urlaubs in Verzug befand.

34

a) Die tatbestandlichen Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruchs aus Verzug gemäß § 280 Abs. 1, § 286 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 3, § 287 Satz 2, § 249 Abs. 1 BGB liegen vor. Die Klägerin hatte in den Jahren 2008 und 2009 Anspruch auf jeweils 30 Urlaubstage. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts wandelt sich der Urlaubsanspruch in einen Schadensersatzanspruch um, der auf Gewährung von Ersatzurlaub als Naturalrestitution gerichtet ist, wenn der Arbeitgeber den rechtzeitig verlangten Urlaub nicht gewährt und der Urlaub aufgrund seiner Befristung verfällt ( BAG 11. April 2006 - 9 AZR 523/05  - Rn. 24, AP BUrlG § 7 Übertragung Nr. 28 = EzA BUrlG § 7 Nr. 116).

35

b) Die Klägerin machte mit Schreiben vom 5. November 2008 unter der Überschrift „Geltendmachung von Urlaubsansprüchen“ Urlaub in Höhe von 30 Tagen nach dem TVöD geltend und bat zudem, den Urlaubsanspruch auch für die Zukunft entsprechend anzupassen. Dahingestellt bleiben kann, ob dies schon ein konkretes Verlangen beinhaltet hat, den Urlaub in den Jahren 2008 und 2009 zu gewähren. Nach der Rechtsprechung des Senats ist hierfür zumindest erforderlich, dass der Arbeitgeber nach den Grundsätzen des § 133 BGB davon ausgehen muss, der Arbeitnehmer wünsche ab einem bestimmten Zeitpunkt Erholungsurlaub(vgl. BAG 17. November 2009 - 9 AZR 745/08 - Rn. 45; 11. April 2006 -  9 AZR 523/05  - Rn. 28, AP BUrlG § 7 Übertragung Nr. 28 = EzA BUrlG § 7 Nr. 116). Maßgebend ist, dass der Beklagte mit Schreiben vom 28. November 2008 erklärt hat, er lehne den Antrag auf Verlängerung des Urlaubs „auf 30 Tage vor Erreichen des 41. Lebensjahres“ ab, weil der Klägerin nach dem für ihn verbindlichen § 26 Abs. 1 TVöD derzeit nur 29 Urlaubstage zustünden. Aus objektiver Empfängersicht lag darin eine ernsthafte und endgültige Erfüllungsverweigerung des Beklagten als Schuldner des Urlaubsanspruchs, die gemäß § 286 Abs. 2 Nr. 3 BGB eine Mahnung der Klägerin entbehrlich machte(vgl. BAG 31. Januar 1991 - 8 AZR 462/89  - zu II der Gründe). Denn der Beklagte gab mit diesem Schreiben vor Ablauf des Urlaubsjahres 2008 klar zu erkennen, dass er nicht bereit sei, im laufenden Jahr mehr als 29 Tage Urlaub zu gewähren. Hinsichtlich des weiteren Urlaubstags für das Jahr 2009 folgt der Verzug des Beklagten zudem daraus, dass er jedenfalls mit dem Antrag auf Klageabweisung vom 24. April 2009 und somit vor Ablauf des Urlaubsjahres 2009 zu erkennen gegeben hat, den weiteren Urlaubstag auch im Jahr 2009 nicht gewähren zu wollen. Darin lag ebenso seine ernsthafte und endgültige Erfüllungsverweigerung als Schuldner des Urlaubsanspruchs, die gemäß § 286 Abs. 2 Nr. 3 BGB eine Mahnung der Klägerin ebenfalls entbehrlich machte(vgl. BAG 17. Mai 2011 - 9 AZR 197/10 - Rn. 14, EzA TVG § 4 Metallindustrie Nr. 138; 31. Januar 1991 - 8 AZR 462/89  - zu II der Gründe).

36

B. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 Satz 1, § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Brühler    

        

    Brühler    

        

    Krasshöfer    

        

        

        

    Preuß    

        

    Neumann-Redlin    

        

        

(1) Benachteiligungen aus einem in § 1 genannten Grund sind nach Maßgabe dieses Gesetzes unzulässig in Bezug auf:

1.
die Bedingungen, einschließlich Auswahlkriterien und Einstellungsbedingungen, für den Zugang zu unselbstständiger und selbstständiger Erwerbstätigkeit, unabhängig von Tätigkeitsfeld und beruflicher Position, sowie für den beruflichen Aufstieg,
2.
die Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen einschließlich Arbeitsentgelt und Entlassungsbedingungen, insbesondere in individual- und kollektivrechtlichen Vereinbarungen und Maßnahmen bei der Durchführung und Beendigung eines Beschäftigungsverhältnisses sowie beim beruflichen Aufstieg,
3.
den Zugang zu allen Formen und allen Ebenen der Berufsberatung, der Berufsbildung einschließlich der Berufsausbildung, der beruflichen Weiterbildung und der Umschulung sowie der praktischen Berufserfahrung,
4.
die Mitgliedschaft und Mitwirkung in einer Beschäftigten- oder Arbeitgebervereinigung oder einer Vereinigung, deren Mitglieder einer bestimmten Berufsgruppe angehören, einschließlich der Inanspruchnahme der Leistungen solcher Vereinigungen,
5.
den Sozialschutz, einschließlich der sozialen Sicherheit und der Gesundheitsdienste,
6.
die sozialen Vergünstigungen,
7.
die Bildung,
8.
den Zugang zu und die Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen, die der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen, einschließlich von Wohnraum.

(2) Für Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch gelten § 33c des Ersten Buches Sozialgesetzbuch und § 19a des Vierten Buches Sozialgesetzbuch. Für die betriebliche Altersvorsorge gilt das Betriebsrentengesetz.

(3) Die Geltung sonstiger Benachteiligungsverbote oder Gebote der Gleichbehandlung wird durch dieses Gesetz nicht berührt. Dies gilt auch für öffentlich-rechtliche Vorschriften, die dem Schutz bestimmter Personengruppen dienen.

(4) Für Kündigungen gelten ausschließlich die Bestimmungen zum allgemeinen und besonderen Kündigungsschutz.

Tenor

1. Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 24. März 2010 - 20 Sa 2058/09 - aufgehoben.

2. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Eberswalde vom 8. Juli 2009 - 3 Ca 140/09 - wird zurückgewiesen und der Tenor dieses Urteils zur Klarstellung neu gefasst:

Es wird festgestellt, dass der Klägerin für die Jahre 2008 und 2009 jeweils ein weiterer Urlaubstag als Ersatzurlaub zusteht.

3. Der Beklagte hat auch die Kosten der Berufung und der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten darüber, ob die Klägerin in den Jahren 2008 und 2009 Anspruch auf jeweils 29 oder 30 Urlaubstage hatte.

2

Die am 27. Oktober 1971 geborene Klägerin ist seit dem 1. September 1988 bei dem beklagten Landkreis als Angestellte mit einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden in der Fünftagewoche beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis findet kraft beiderseitiger Tarifbindung der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst vom 13. September 2005 in der Fassung des Änderungstarifvertrags Nr. 2 vom 31. März 2008 (TVöD) Anwendung. Dieser bestimmt ua.:

        

§ 26 

        

Erholungsurlaub

        

(1)     

Beschäftigte haben in jedem Kalenderjahr Anspruch auf Erholungsurlaub unter Fortzahlung des Entgelts (§ 21). Bei Verteilung der wöchentlichen Arbeitszeit auf fünf Tage in der Kalenderwoche beträgt der Urlaubsanspruch in jedem Kalenderjahr

                 

bis zum vollendeten 30. Lebensjahr

26 Arbeitstage,

                 

bis zum vollendeten 40. Lebensjahr

29 Arbeitstage und

                 

nach dem vollendeten 40. Lebensjahr

30 Arbeitstage.

                 

Maßgebend für die Berechnung der Urlaubsdauer ist das Lebensjahr, das im Laufe des Kalenderjahres vollendet wird. Bei einer anderen Verteilung der wöchentlichen Arbeitszeit als auf fünf Tage in der Woche erhöht oder vermindert sich der Urlaubsanspruch entsprechend. Verbleibt bei der Berechnung des Urlaubs ein Bruchteil, der mindestens einen halben Urlaubstag ergibt, wird er auf einen vollen Urlaubstag aufgerundet; Bruchteile von weniger als einem halben Urlaubstag bleiben unberücksichtigt. Der Erholungsurlaub muss im laufenden Kalenderjahr gewährt und kann auch in Teilen genommen werden.

        

…       

        
        

§ 27   

        

Zusatzurlaub

        

(1)     

Beschäftigte, die ständig Wechselschichtarbeit nach § 7 Abs. 1 oder ständig Schichtarbeit nach § 7 Abs. 2 leisten und denen die Zulage nach § 8 Abs. 5 Satz 1 oder Abs. 6 Satz 1 zusteht, erhalten

                 

a)    

bei Wechselschichtarbeit für je zwei zusammenhängende Monate und

                 

b)    

bei Schichtarbeit für je vier zusammenhängende Monate

                 

einen Arbeitstag Zusatzurlaub.

        

(2)     

Im Falle nicht ständiger Wechselschicht- oder Schichtarbeit (z. B. ständige Vertreter) erhalten Beschäftigte des Bundes, denen die Zulage nach § 8 Abs. 5 Satz 2 oder Abs. 6 Satz 2 zusteht, einen Arbeitstag Zusatzurlaub für

                 

a)    

je drei Monate im Jahr, in denen sie überwiegend Wechselschichtarbeit geleistet haben, und

                 

b)    

je fünf Monate im Jahr, in denen sie überwiegend Schichtarbeit geleistet haben.

        

…       

                 
        

(4)     

Zusatzurlaub nach diesem Tarifvertrag und sonstigen Bestimmungen mit Ausnahme von § 125 SGB IX wird nur bis zu insgesamt sechs Arbeitstagen im Kalenderjahr gewährt. Erholungsurlaub und Zusatzurlaub (Gesamturlaub) dürfen im Kalenderjahr zusammen 35 Arbeitstage nicht überschreiten. Satz 2 ist für Zusatzurlaub nach den Absätzen 1 und 2 hierzu nicht anzuwenden. Bei Beschäftigten, die das 50. Lebensjahr vollendet haben, gilt abweichend von Satz 2 eine Höchstgrenze von 36 Arbeitstagen; § 26 Abs. 1 Satz 3 gilt entsprechend.

        

…“    

        
3

Mit Schreiben vom 5. November 2008 machte die Klägerin gegenüber dem Beklagten einen jährlichen Gesamturlaub in Höhe von 30 Tagen für das Jahr 2008 und die Zukunft nach dem TVöD geltend. Der Beklagte lehnte die Gewährung von 30 Urlaubstagen vor der Vollendung des 40. Lebensjahres der Klägerin unter Hinweis auf die Verbindlichkeit der Regelung des § 26 Abs. 1 TVöD mit Schreiben vom 28. November 2008 ab. Die Klägerin hat daraufhin mit Schriftsatz vom 11. Februar 2009 die vorliegende Klage erhoben.

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Sie hat die Ansicht vertreten, sie habe auch vor der Vollendung ihres 40. Lebensjahres Anspruch auf jährlich 30 und nicht nur 29 Urlaubstage. Die an das Lebensalter anknüpfende Staffelung des tariflichen Urlaubsanspruchs sei eine Diskriminierung wegen des Alters. Die in der Tarifregelung enthaltene Ungleichbehandlung jüngerer Arbeitnehmer sei nicht durch § 10 AGG gerechtfertigt. Im Übrigen würden die gesundheitlichen Wirkungen zusätzlichen Urlaubs zur Vermeidung beispielsweise von Stresserscheinungen am Arbeitsplatz auch in der medizinischen Literatur kontrovers diskutiert.

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Die Klägerin hat zuletzt beantragt

        

festzustellen, dass ihr für die Jahre 2008 und 2009 jeweils ein Urlaubstag als Ersatzurlaub zusteht.

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Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Diese sei bereits unzulässig, da das gemäß § 256 Abs. 1 ZPO nötige Feststellungsinteresse fehle. Schließlich sei die Klage auch unbegründet. Die Altersstufenregelung des § 26 Abs. 1 TVöD sei durch einen sachlichen Grund nach § 10 AGG gerechtfertigt. Die Festlegung eines Mindestalters für die Gewährung von 30 Urlaubstagen pro Kalenderjahr stelle eine besondere Beschäftigungsbedingung zum Schutz älterer Beschäftigter bzw. eine Mindestanforderung an das Alter für einen mit der Beschäftigung verbundenen Vorteil dar, der zur Erreichung eines legitimen Ziels angemessen und erforderlich sei. Ältere Arbeitnehmer seien mit zunehmendem Alter aufgrund beruflicher Belastungen länger krank. Um diesen Umstand Rechnung zu tragen, hätten die Tarifvertragsparteien mit der Regelung in § 26 Abs. 1 TVöD auf das verstärkte Erholungsbedürfnis älterer Arbeitnehmer reagiert und deren Leistungsfähigkeit stärken wollen. Der Aspekt des Gesundheitsschutzes älterer Arbeitnehmer sei daher geeignet, die Ungleichbehandlung jüngerer Beschäftigter zu rechtfertigen. Schließlich würde auch eine Diskriminierung keine Angleichung „nach oben“ zur Folge haben.

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Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung des Beklagten hat das Landesarbeitsgericht das erstinstanzliche Urteil abgeändert und die Klage abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin die Wiederherstellung der stattgebenden Entscheidung des Arbeitsgerichts. Der Beklagte beantragt, die Revision der Klägerin zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

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A. Die zulässige Revision ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage zu Unrecht abgewiesen. Die Klage ist begründet. Die Klägerin hat Anspruch auf die geltend gemachten Ersatzurlaubstage.

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I. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht angenommen, dass die Feststellungsklage zulässig ist. Die Klägerin hat ein rechtliches Interesse daran, durch das Gericht feststellen zu lassen, ob ihr für die Jahre 2008 und 2009 jeweils ein Urlaubstag als Ersatzurlaub zusteht ( § 256 Abs. 1 ZPO ). Der grundsätzliche Vorrang der Leistungsklage steht der Zulässigkeit einer Klage, mit der ein Arbeitnehmer den Umfang des ihm zustehenden Urlaubs gerichtlich festgestellt haben will, nicht entgegen (vgl. BAG 12. April 2011 - 9 AZR 80/10  - Rn. 13 bis 15, EzA BUrlG § 7 Nr. 123).

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II. Die Klage ist begründet. Die Klägerin hat gegen den Beklagten für den ihr in den Jahren 2008 und 2009 jeweils verweigerten 30. Urlaubstag gemäß § 280 Abs. 1, § 286 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 3, § 287 Satz 2, § 249 Abs. 1 BGB Anspruch auf jeweils einen Tag Ersatzurlaub. Die Urlaubsstaffelung des § 26 Abs. 1 Satz 2 TVöD verstößt gegen die §§ 1, 3 Abs. 1 AGG. Denn sie gewährt Beschäftigten, die das 30., aber noch nicht das 40. Lebensjahr vollendet haben, einen um einen Tag kürzeren Urlaub. Sie ist deshalb nach § 7 Abs. 1 und Abs. 2 AGG iVm. § 134 BGB unwirksam. Dies hat zur Folge, dass die Klägerin auch vor der Vollendung ihres 40. Lebensjahres in jedem Kalenderjahr Anspruch auf 30 Urlaubstage hatte. Ihr steht für die Jahre 2008 und 2009 jeweils noch ein Tag Ersatzurlaub zu, weil der Beklagte ihr in diesen Jahren nur jeweils 29 Urlaubstage gewährte.

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1. Nach § 26 Abs. 1 Satz 2 TVöD standen der am 27. Oktober 1971 geborenen Klägerin in den Jahren 2008 und 2009 jeweils 29 Urlaubstage zu. Erst nach dem vollendeten 40. Lebensjahr gewährt ihr diese Tarifregelung einen jährlichen Urlaubsanspruch von 30 Arbeitstagen. Diese an das Lebensalter anknüpfende Staffelung der Urlaubsdauer verstößt gegen das Verbot der Altersdiskriminierung in § 7 Abs. 1 iVm. § 1 AGG. Sie ist als sachlich nicht nach den §§ 8, 10 AGG gerechtfertigte unmittelbare Benachteiligung wegen des Alters gemäß § 7 Abs. 2 AGG iVm. § 134 BGB unwirksam. Zur Beseitigung dieser Diskriminierung ist eine Anpassung auf 30 Urlaubstage erforderlich.

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2. Zutreffend haben die Vorinstanzen die Regelung in § 26 Abs. 1 TVöD am AGG gemessen. Nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 AGG gelten die Diskriminierungsverbote der §§ 1, 7 AGG auch für die in kollektivrechtlichen Vereinbarungen geregelten Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen. Unter solchen Bedingungen sind alle Umstände zu verstehen, aufgrund derer und unter denen die Arbeitsleistung zu erbringen ist (vgl. BAG 13. Oktober 2009 - 9 AZR 722/08 - Rn. 54, BAGE 132, 210). Zu den Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen gehört damit auch der Urlaub. Der Umstand, dass die Regelung in § 26 Abs. 1 Satz 2 TVöD gemäß § 39 Abs. 1 Satz 2 Buchst. b TVöD bereits am 1. Januar 2006 und somit schon vor dem AGG vom 14. August 2006 in Kraft getreten ist, steht dem nicht entgegen. Die für die Jahre 2008 und 2009 geltend gemachte Benachteiligung durch § 26 Abs. 1 Satz 2 TVöD ist erst nach Inkrafttreten des AGG am 18. August 2006 eingetreten. Da § 33 Abs. 1 AGG insoweit keine Übergangsregelung enthält, findet dieses Gesetz auch dann Anwendung, wenn die Benachteiligung auf einem vor Inkrafttreten des AGG abgeschlossenen Tarifvertrag beruht. Es kommt allein auf den Zeitpunkt der Benachteiligungshandlung an (BAG 16. Dezember 2008 - 9 AZR 985/07 - Rn. 33, BAGE 129, 72).

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3. Die Urlaubsstaffelung in § 26 Abs. 1 Satz 2 TVöD enthält eine auf dem Merkmal des Alters beruhende Ungleichbehandlung der Beschäftigten, die das 30. bzw. das 40. Lebensjahr nicht vollendet haben. Das ist eine unmittelbare Benachteiligung jüngerer Arbeitnehmer wegen des Alters iSv. § 3 Abs. 1 AGG.

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a) Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG liegt eine unmittelbare Benachteiligung vor, wenn eine Person wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde. Beim Alter handelt es sich um einen in § 1 AGG genannten Grund, wobei unter Alter das Lebensalter zu verstehen ist. Dies folgt aus dem gesetzlichen Wortlaut und auch aus der Gesetzesbegründung ( BT-Drucks. 16/1780 S. 31; BAG 13. Oktober 2009 - 9 AZR 722/08 - Rn. 49, BAGE 132, 210; 22. Januar 2009 - 8 AZR 906/07  - Rn. 36, BAGE 129, 181). Der für eine unmittelbare Benachteiligung erforderliche Kausalzusammenhang ist bereits dann gegeben, wenn die Benachteiligung an einen oder mehrere in § 1 AGG genannte Gründe anknüpft oder dadurch motiviert ist(vgl. BT-Drucks. 16/1780 S. 32; BAG 13. Oktober 2009 - 9 AZR 722/08 - Rn. 50, aaO).

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b) Diese Voraussetzung ist erfüllt. § 26 Abs. 1 Satz 2 TVöD sieht für Beschäftigte bei einer Fünftagewoche in jedem Kalenderjahr einen Urlaubsanspruch bis zum vollendeten 30. Lebensjahr in Höhe von 26 Arbeitstagen, bis zum vollendeten 40. Lebensjahr in Höhe von 29 Arbeitstagen und erst nach dem vollendeten 40. Lebensjahr in Höhe von 30 Arbeitstagen vor. Die Höhe des Urlaubsanspruchs nach § 26 Abs. 1 Satz 2 TVöD knüpft damit in allen Stufen unmittelbar an das Lebensalter der Beschäftigten an. Danach haben Beschäftigte wie die Klägerin, die zwar das 30. Lebensjahr, aber noch nicht das 40. Lebensjahr vollendet haben, in jedem Jahr nur Anspruch auf 29 statt auf 30 Urlaubstage. Sie werden ebenso wie die unter 30-Jährigen im Vergleich zu den Beschäftigten, die das 40. Lebensjahr vollendet haben, hinsichtlich der Höhe des Urlaubsanspruchs wegen ihres geringeren Alters ungünstiger behandelt.

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4. Diese Ungleichbehandlung ist nicht gerechtfertigt.

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a) Bei ihr handelt es sich nicht um eine nach § 8 AGG zulässige unterschiedliche Behandlung wegen beruflicher Anforderungen. Die Urlaubsstaffel des § 26 Abs. 1 Satz 2 TVöD knüpft nicht an die Art der auszuübenden Tätigkeit oder die Bedingungen ihrer Ausübung an. Sie stellt nicht auf die Art der auszuübenden Tätigkeit ab und beansprucht damit Geltung für alle dem TVöD unterfallenden Beschäftigten.

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b) Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts ist die Ungleichbehandlung auch nicht nach § 10 AGG sachlich gerechtfertigt(so ebenfalls die herrschende Meinung in der Literatur, vgl. Linck/Schütz FS Leinemann, S. 181 f.; Fieberg in Fürst GKÖD Bd. IV Stand Januar 2012 E § 26 TVöD Rn. 22; AGG/Voigt 3. Aufl. § 10 Rn. 33; Meinel/Heyn/Herms AGG 2. Aufl. § 10 Rn. 42b; Adomeit/Mohr AGG 2. Aufl. § 10 Rn. 105; Kamanabrou NZA Beilage 3/2006, 138, 144; Hock/Kramer/Schwerdtle ZTR 2006, 622, 623 mwN; Wulfers/Hecht ZTR 2007, 475, 478; vgl. ferner bereits zu § 48 BAT: Lüderitz Altersdiskriminierung durch Altersgrenzen S. 156). § 10 Satz 1 AGG lässt eine unterschiedliche Behandlung wegen des Alters ungeachtet der Regelung des § 8 AGG zu, wenn sie objektiv und angemessen und durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt ist. Zudem müssen die Mittel zur Erreichung dieses Ziels nach § 10 Satz 2 AGG angemessen und erforderlich sein. Entgegen der Ansicht des Beklagten ist die an das Lebensalter anknüpfende Differenzierung in § 26 Abs. 1 TVöD nicht sachlich gerechtfertigt, weil sie einem gesteigerten Erholungsbedürfnis älterer Beschäftigter Rechnung trägt und deren Gesundheit schützen will. Dabei kann dahinstehen, ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen das Ziel des Gesundheitsschutzes eine unterschiedliche Behandlung rechtfertigen würde. Die Tarifvorschrift verfolgt dieses Ziel schon nicht.

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aa) Die Tarifvertragsparteien haben das mit der in § 26 Abs. 1 Satz 2 TVöD geregelten Urlaubsstaffelung verfolgte Ziel nicht ausdrücklich genannt. Nennt eine Regelung oder Maßnahme kein Ziel, müssen zumindest aus dem Kontext abgeleitete Anhaltspunkte die Feststellung des hinter der Regelung oder der Maßnahme stehenden Ziels ermöglichen, um die Legitimität des Ziels sowie die Angemessenheit und die Erforderlichkeit der zu seiner Erreichung eingesetzten Mittel gerichtlich überprüfen zu können. Dabei können nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union die sozialpolitischen Ziele als legitim angesehen werden, die im allgemeinen Interesse stehen. Derjenige, der eine Ungleichbehandlung vornimmt, muss den nationalen Gerichten in geeigneter Weise die Möglichkeit zur Prüfung einräumen, ob mit der Ungleichbehandlung ein Ziel angestrebt wird, das die Ungleichbehandlung unter Beachtung der Ziele der Richtlinie 2000/78/EG rechtfertigt (vgl. EuGH 5. März 2009 - C-388/07  - [Age Concern England] Rn. 45 ff., Slg. 2009, I-1569; BAG 26. Mai 2009 - 1 AZR 198/08  - Rn. 36 ff., BAGE 131, 61). Denn das nationale Gericht hat zu prüfen, ob die Regelung oder Maßnahme ein rechtmäßiges Ziel iSd. Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG verfolgt. Gleiches gilt für die Frage, ob die Tarifvertragsparteien als Normgeber angesichts des vorhandenen Wertungsspielraums davon ausgehen durften, dass die gewählten Mittel zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich waren (vgl. EuGH 5. März 2009 -  C-388/07  - [Age Concern England] Rn. 49 ff., aaO; vgl. auch BAG 13. Oktober 2009 - 9 AZR 722/08 - Rn. 57, BAGE 132, 210).

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bb) Die Regelung in § 26 Abs. 1 Satz 2 TVöD dient nicht dem Schutz älterer Beschäftigter iSv. § 10 Satz 3 Nr. 1 AGG. Diese gesetzliche Regelung konkretisiert das legitime Ziel, nämlich ua. die Sicherstellung des Schutzes älterer Beschäftigter, wobei dieser Schutz auch die Festlegung besonderer Arbeitsbedingungen einschließen kann. Aus einer tariflichen Urlaubsstaffelung, die - wie die in § 26 Abs. 1 Satz 2 TVöD - den Beschäftigten bereits nach Vollendung des 30. Lebensjahres drei weitere Urlaubstage und dann nach Vollendung des 40. Lebensjahres letztmals einen zusätzlichen Urlaubstag gewährt, lässt sich nicht ableiten, dass die Tarifvertragsparteien einem gesteigerten Erholungsbedürfnis älterer Beschäftigter Rechnung tragen wollten und das Ziel verfolgten, den Schutz älterer Beschäftigter iSd. § 10 Satz 3 Nr. 1 AGG sicherzustellen. Wenn sich auch eine genaue Schwelle für die Zuordnung zu den älteren Arbeitnehmern weder dieser Regelung selbst noch Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 2 Buchst. a der Richtlinie 2000/78/EG entnehmen lässt, so ist diese freilich an der Zielsetzung (vgl. zu dieser Däubler/Bertzbach/Brors 2. Aufl. § 10 Rn. 42) auszurichten. Einen arbeitsmarktpolitischen Zweck verfolgt zB § 417 Abs. 1 SGB III, wonach Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die das 50. Lebensjahr vollendet haben und ihre Arbeitslosigkeit durch Aufnahme einer versicherungspflichtigen Beschäftigung beenden oder vermeiden, unter den in der Vorschrift genannten Voraussetzungen Anspruch auf Leistungen der Entgeltsicherung haben. Diese Regelung der Entgeltsicherung bezweckt, die Arbeitslosigkeit älterer Arbeitnehmer abzubauen und ihren Anteil an der erwerbstätigen Bevölkerung zu erhöhen (vgl. BT-Drucks. 17/1945 S. 17). Im Vergleich zu der in § 417 Abs. 1 SGB III genannten Altersgruppe setzt sich die durch die Urlaubsstaffel in § 26 Abs. 1 Satz 2 TVöD begünstigte Beschäftigtengruppe, der ein Urlaubsanspruch von jährlich 30 Arbeitstagen eingeräumt wird, nicht ausnahmslos aus älteren Beschäftigten zusammen. Vielmehr gehören ihr alle Beschäftigten ab Vollendung des 40. Lebensjahres an. Der Senat hat bereits entschieden, dass ein Arbeitnehmer jedenfalls ab Vollendung des 31. Lebensjahres offensichtlich kein älterer Beschäftigter iSv. § 10 Satz 3 Nr. 1 AGG ist(BAG 13. Oktober 2009 - 9 AZR 722/08 - Rn. 55, BAGE 132, 210).

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cc) Ein legitimes Ziel iSd. § 10 AGG ergibt sich entgegen der Annahme des Landesarbeitsgerichts auch nicht aus § 10 Satz 3 Nr. 2 AGG. Danach kann eine zulässige unterschiedliche Behandlung wegen des Alters auch die Festlegung von Mindestanforderungen an das Alter für bestimmte mit der Beschäftigung verbundene Vorteile einschließen. Diese Regelung bestimmt selbst kein legitimes Ziel, sondern beschreibt nur ein mögliches Mittel, mit der ein auf andere Weise zu legitimierendes Ziel gerechtfertigt werden kann (vgl. ErfK/Schlachter 12. Aufl. § 10 AGG Rn. 6), sofern es erforderlich und angemessen iSd. § 10 Satz 2 AGG ist.

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dd) Die Tarifvertragsparteien verfolgen entgegen der Auffassung des Beklagten nicht das Ziel des Gesundheitsschutzes älterer Arbeitnehmer.

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(1) Das mit der Urlaubsstaffelung des § 26 Abs. 1 Satz 2 TVöD verfolgte Ziel lässt sich nicht mit ausreichender Deutlichkeit aus dem Wortlaut des § 26 TVöD entnehmen. § 26 TVöD normiert ausweislich seiner Überschrift den Erholungsurlaub. Nach § 26 Abs. 1 Satz 1 TVöD haben Beschäftigte in jedem Kalenderjahr Anspruch auf Erholungsurlaub unter Fortzahlung des Entgelts. § 26 Abs. 1 Satz 2 TVöD legt die Dauer dieses Erholungsurlaubs fest. Der Begriff des Erholungsurlaubs wird dabei nicht näher definiert und ist dem BUrlG entlehnt, auf das § 26 Abs. 2 TVöD im Übrigen verweist. Der Erholungsurlaub nach dem BUrlG soll nach der Gesetzesbegründung dem sozialpolitischen Anliegen der Erhaltung und Wiederauffrischung der Arbeitskraft der Arbeitnehmer dienen (vgl. den schriftlichen Bericht des Bundestagsausschusses für Arbeit, BT-Drucks. IV/785; Begründung des von der Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines Bundesurlaubsgesetzes, BT-Drucks. IV/207). Durch den Erholungsurlaub wird dem Arbeitnehmer die Möglichkeit gesichert, für eine bestimmte Dauer im Jahr, die ihm eingeräumte Freizeit zur selbstbestimmten Erholung zu nutzen (st. Rspr., vgl. BAG 20. Juni 2000 - 9 AZR 405/99 - zu II 2 b bb 1 der Gründe, BAGE 95, 104; 8. März 1984 - 6 AZR 600/82 - zu II 5 b der Gründe, BAGE 45, 184; ebenso st. Rspr. des EuGH zum Jahresurlaub nach Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2003/88/EG , EuGH 22. No-vember 2011 - C-214/10 - [KHS] Rn. 31, AP Richtlinie 2003/88/EG Nr. 6 = EzA EG-Vertrag 1999 Richtlinie 2003/88 Nr. 7; 20. Januar 2009 - C-350/06 und C-520/06  - [Schultz-Hoff] Rn. 25, Slg. 2009, I-179). Wenn eine Tarifregelung die Urlaubsdauer nach dem Lebensalter staffelt, liegt die Annahme nahe, die Tarifvertragsparteien hätten einem mit zunehmendem Alter gesteigerten Erholungsbedürfnis älterer Beschäftigter Rechnung tragen wollen. Die Regelung in § 26 Abs. 1 Satz 2 TVöD rechtfertigt eine solche Annahme freilich nicht, sondern schließt sie aus.

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(2) Das folgt bereits aus dem Inhalt der Regelung. Die Tarifvorschrift räumt den Beschäftigten schon ab dem 30. Lebensjahr drei weitere Urlaubstage ein. Dafür, dass die Tarifvertragsparteien von einem so deutlich gesteigertem Erholungsbedürfnis bereits nach der Vollendung des 30. Lebensjahres ausgegangen sind, fehlt jeder Anhaltspunkt. Gegen eine solche Annahme spricht auch, dass die Tarifvertragsparteien den Beschäftigten nach der Vollendung des 40. Lebensjahres letztmals nur einen weiteren Urlaubstag gewährt und davon abgesehen haben, ein gesteigertes Erholungsbedürfnis des Beschäftigten in der Zeit bis zum Erreichen des gesetzlich festgelegten Alters für den Bezug der Regelaltersrente (§ 33 Abs. 1 Buchst. a TVöD) zu berücksichtigen. Hätten die Tarifvertragsparteien ein gesteigertes Erholungsbedürfnis älterer Beschäftigter vor Augen gehabt, hätten sie nicht einem 30-Jährigen einen gegenüber einem 29-jährigen Beschäftigten um drei Tage längeren Urlaub gewährt, nach der Vollendung des 40. Lebensjahres des Beschäftigten eine wesentlich geringere Steigerung des Erholungsbedürfnisses angenommen und für die Zeit danach bis zum Erreichen des gesetzlich festgelegten Alters für den Bezug der Regelaltersrente ein zunehmendes Erholungsbedürfnis des Beschäftigten überhaupt nicht mehr berücksichtigt (vgl. Wulfers/Hecht ZTR 2007, 475, 478). Auch das Schrifttum nimmt ganz überwiegend an, dass eine tarifliche Urlaubsstaffelung nicht schon auf die Vollendung des 30. bzw. des 40. Lebensjahres abstellen darf, wenn sie einem gesteigerten Erholungsbedürfnis älterer Beschäftigter Rechnung tragen will (vgl. Fieberg in Fürst GKÖD Bd. IV E § 26 TVöD Rn. 22; Tempelmann/Stenslik DStR 2011, 1183, 1186; Richter Benachteiligung wegen des Alters im Erwerbsleben S. 170; Meinel/Heyn/Herms § 10 Rn. 42b; AGG/Voigt § 10 Rn. 33; Hey AGG § 10 Rn. 28; Kamanabrou NZA Beilage 3/2006, 138, 144; Hock/Kramer/Schwerdle ZTR 2006, 622, 623; Linck/Schütz FS Leinemann S. 181 f.; Senne Auswirkungen des europäischen Verbots der Altersdiskriminierung auf das deutsche Arbeitsrecht S. 269; Bertelsmann ZESAR 2005, 242, 246). Selbst wenn die Erholungsbedürftigkeit von Arbeitnehmern mit zunehmendem Lebensalter steigen sollte (zweifelnd Däubler/Bertzbach/Brors § 10 Rn. 50; aA Waltermann NZA 2005, 1265, 1269), hätte es mit dem Schutz älterer Arbeitnehmer nichts zu tun, bereits mit dem 30. Lebensjahr eine erste Verlängerung des Urlaubsanspruchs um drei Tage und die zweite und zugleich letzte Verlängerung um einen weiteren Urlaubstag bereits mit Vollendung des 40. Lebensjahres vorzusehen (so auch Fieberg in Fürst GKÖD Bd. IV E § 26 TVöD Rn. 22; Adomeit/Mohr § 10 Rn. 105; so bereits zu § 48 BAT: Lüderitz Altersdiskriminierung durch Altersgrenzen S. 156). Es fehlt in beiden Stufen an dem erkennbaren Schutz Älterer. Die Verlängerung des Urlaubsanspruchs bereits mit dem vollendeten 30. Lebensjahr lässt sich kaum mit der Erhaltung der Leistungsfähigkeit Älterer begründen. Auch mit der Vollendung des 40. Lebensjahres hat ein Beschäftigter regelmäßig allenfalls die Mitte seines Erwerbsalters erreicht (vgl. auch Lüderitz Altersdiskriminierung durch Altersgrenzen S. 156). Hätten die Tarifvertragsparteien gemäß der Ansicht des Beklagten ein gesteigertes Erholungsbedürfnis älterer Beschäftigter berücksichtigen wollen, hätten sich die gewählten Altersgrenzen nicht an dem mit dem Alter zunehmenden Erholungsbedürfnis orientiert und wären willkürlich.

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(3) Gerade dieser Umstand bestätigt, dass die Tarifvertragsparteien mit der Regelung in § 26 TVöD weder den Schutz der Gesundheit bezweckten noch einem gesteigerten Erholungsbedürfnis älterer Beschäftigter Rechnung tragen wollten. Hätten sie diese Ziele verfolgt, hätte es nahe gelegen, gerade für die älteren Beschäftigten, zB die Gruppe der über 50- oder über 60-jährigen Beschäftigten, die Dauer des Erholungsurlaubs zu verlängern. Bei dieser Personengruppe ist ein altersbedingt gesteigertes Erholungsbedürfnis eher nachvollziehbar. Ein solches Schutzbedürfnis für die über 50-Jährigen haben die Tarifvertragsparteien aber nur hinsichtlich der Beschränkung der Höchstdauer des Gesamturlaubs bei besonders belastenden Arbeiten (Schicht- und Wechselschicht) gesehen. Das folgt aus § 27 Abs. 4 Satz 4 TVöD. Danach erhöht sich ab diesem Lebensalter die maximal erreichbare Gesamturlaubsdauer von jährlich 35 auf 36 Arbeitstage.

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(4) Die Tarifgeschichte bestätigt, dass die Tarifvertragsparteien mit der Urlaubsstaffel nicht einem mit dem Lebensalter steigenden Erholungsbedürfnis Rechnung tragen wollten. Bereits seit dem Inkrafttreten des BAT wurde die Urlaubsdauer an das Lebensalter geknüpft (§ 48 Abs. 1 BAT). Sie steigerte sich auch nach dem vollendeten 30. Lebensjahr und nach dem vollendeten 40. Lebensjahr. Innerhalb der Lebensaltersstufen verlängerte sich die Urlaubsdauer teilweise nach Vergütungsgruppen. Je höher der Angestellte eingruppiert war, je länger war sein Urlaubsanspruch. Dies zeigt, dass nicht der Erholungszweck maßgebend für die Urlaubsdauer sein sollte. Der Urlaub wurde vielmehr als Quasi-Gegenleistung für die Arbeitsleistung geregelt. Nur so lässt sich die normierte Abhängigkeit der Urlaubsdauer von der Vergütungsgruppe erklären. Es kann deshalb nicht angenommen werden, die Tarifvertragsparteien hätten bei Angestellten in höheren Vergütungsgruppen ein gesteigertes Erholungsbedürfnis ausgleichen wollen. Die Differenzierung resultiert vielmehr aus der überkommenen Auffassung, der Urlaub werde „verdient“.

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5. Die Diskriminierung der Klägerin kann nur durch die Verpflichtung des Beklagten beseitigt werden, der Klägerin für die Jahre 2008 und 2009 jeweils einen Ersatzurlaubstag zu gewähren. Zwar folgt aus § 7 Abs. 2 AGG nur, dass die diskriminierende Regelung unwirksam ist. Auch wird vom Senat nicht verkannt, dass es sich bei § 26 Abs. 1 Satz 2 TVöD um ein Stufensystem handelt, sodass grundsätzlich keine Stufe als die von den Tarifvertragsparteien als „übliche“ Urlaubsdauer gewollte angesehen werden kann. Jedoch kann die Beseitigung der Diskriminierung vorliegend nur durch eine Anpassung „nach oben“ erfolgen.

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a) Grundsätzlich ist es Aufgabe der Tarifvertragsparteien, eine benachteiligungsfreie Regelung zu treffen, wofür ihnen verschiedene Möglichkeiten zu Verfügung stehen. Doch scheidet eine Aussetzung des Rechtsstreits unter Fristsetzung zur Lückenschließung durch die Tarifvertragsparteien selbst von vornherein aus (aM Fieberg in Fürst GKÖD Bd. IV E § 26 TVöD Rn. 23). Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union sind für den Fall, dass gesetzliche oder tarifvertragliche Regelungen eine mit der Richtlinie unvereinbare Diskriminierung vorsehen, die nationalen Gerichte gehalten, die Diskriminierung auf jede denkbare Weise und insbesondere dadurch auszuschließen, dass sie die Regelung für die nicht benachteiligte Gruppe auch auf die benachteiligte Gruppe anwenden, ohne die Beseitigung der Diskriminierung durch den Gesetzgeber, die Tarifvertragsparteien oder in anderer Weise abzuwarten (vgl. so bereits zur Richtlinie 76/207/EWG: EuGH 20. März 2003 - C-187/00 - [Kutz-Bauer] Rn. 75, Slg. 2003, I-2741). Auch nach Art. 9 Abs. 3 GG in Verbindung mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz wäre eine Aussetzung grundsätzlich allenfalls zur Beseitigung einer Diskriminierung für die Zukunft geboten(vgl. BAG 10. November 2011 - 6 AZR 148/09 - Rn. 28, NZA 2012, 161). Vorliegend geht es jedoch um die Beseitigung einer Diskriminierung in der Vergangenheit.

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b) Die Benachteiligung der Klägerin kann nicht auf andere Weise für die Jahre 2008 und 2009 ausgeschlossen werden. Ein Rückgriff auf den noch unterhalb der Eingangstufe des § 26 Abs. 1 Satz 2 TVöD liegenden gesetzlichen Mindesturlaub gemäß den §§ 1, 3 BUrlG in Höhe von 20 Arbeitstagen bei einer Fünftagewoche ist hierzu nicht geeignet(aM Wulfers/Hecht ZTR 2007, 475, 483; Breier/Dassau/Kiefer/Lang/Langenbrinck TVöD Stand Februar 2012, § 26 Rn. 163.5). Der von den §§ 1, 7 AGG bzw. Art. 6 der Richtlinie 2000/78/EG verfolgte Zweck, Benachteiligungen zu verhindern oder zu beseitigen, würde nicht erreicht. Da diskriminierende Maßnahmen oder Vereinbarungen nicht hingenommen und ihre Fortwirkung nicht akzeptiert werden darf (vgl. ErfK/Schlachter § 7 AGG Rn. 5), ist auch nicht auf die Eingangsstufe des § 26 Abs. 1 Satz 2 TVöD mit 26 Urlaubstagen abzustellen. Hätte die Klägerin nur Anspruch auf die erste Stufe der Urlaubsstaffel, fehlte es an einer Sanktion, die einen tatsächlichen und wirksamen Rechtsschutz gewährt und abschreckende Wirkung hat (vgl. zu diesem Aspekt: BAG 10. November 2011 - 6 AZR 148/09 - Rn. 18 ff., NZA 2012, 161).

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c) Hingegen ist eine Anpassung „nach oben“ zur Beseitigung einer Altersdiskriminierung im Einklang mit der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union gerechtfertigt, wenn auf andere Weise die Diskriminierung nicht behoben werden kann, weil der Arbeitgeber den Begünstigten für die Vergangenheit die Leistung nicht mehr entziehen kann (vgl. ausführlich: BAG 10. November 2011 - 6 AZR 148/09 - Rn. 20 ff., NZA 2012, 161). Dies ist vorliegend der Fall. Der den begünstigten Beschäftigten in den Jahren 2008 und 2009 gewährte Urlaub von jährlich 30 Arbeitstagen kann nicht rückwirkend auf 29 oder 26 Arbeitstage begrenzt werden. Die als Urlaub bereits gewährte Freizeit ist nicht kondizierbar.

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d) Schließlich steht der Anpassung „nach oben“ auch nicht § 15 Abs. 3 AGG entgegen. Danach ist der Arbeitgeber bei der Anwendung kollektivrechtlicher Vereinbarungen nur dann zur Entschädigung verpflichtet, wenn er vorsätzlich oder grob fährlässig handelt. Diese Bestimmung bezieht sich allein auf die immaterielle Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG(vgl. BAG 10. November 2011 - 6 AZR 148/09 - Rn. 38, NZA 2012, 161; ErfK/Schlachter § 15 AGG Rn. 13) und verhält sich nicht zur Beseitigung einer Diskriminierung durch eine den Diskriminierungsverboten genügende Regelung.

32

e) Der Beklagte kann auch keinen Vertrauensschutz in Anspruch nehmen. In den Jahren 2008 und 2009 galt bereits das am 18. August 2006 in Kraft getretene AGG. Dieses nimmt Dauerschuldverhältnisse und damit auch Arbeitsverhältnisse ebenso wenig wie Tarifverträge aus, die vor dem Inkrafttreten des AGG bereits abgeschlossen waren. Übergangsvorschriften oder Vertrauensschutzregelungen sind insoweit in § 33 AGG nicht vorgesehen. Gemäß § 1 AGG ist ua. Ziel dieses Gesetzes, Benachteiligungen aus Gründen des Alters nicht nur zu verhindern, sondern auch zu beseitigen. Die damit einhergehende unechte Rückwirkung ist zulässig. Der zeitliche Geltungsbereich wird je nach Lage der Verhältnisse im Einzelfall nur durch den Grundsatz des Vertrauensschutzes beschränkt (vgl. so bereits zu § 81 Abs. 2 SGB IX aF: BAG 16. Dezember 2008 - 9 AZR 985/07 - Rn. 38, BAGE 129, 72). Dies setzt jedoch in jedem Fall das Vorliegen eines schutzwürdigen Vertrauens voraus, das vorliegend nicht gegeben ist, selbst wenn man die Grundsätze zum Vertrauensschutz bei unechter Rückwirkung von Gesetzen anwendet. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist der Grundsatz des Vertrauensschutzes nur dann verletzt, wenn die vom Gesetzgeber angeordnete unechte Rückwirkung zur Erreichung des Gesetzeszwecks nicht geeignet oder erforderlich ist oder wenn die Bestandsinteressen der Betroffenen die Veränderungsgründe des Gesetzgebers überwiegen (vgl. BVerfG 10. August 2006 - 2 BvR 563/05  - Rn. 14, BVerfGK 9, 28). Zum einen dient das AGG der Umsetzung von EU-Richtlinien zum Schutz vor Diskriminierung im Bereich Beschäftigung und Beruf und enthält insoweit insbesondere im Bereich der Altersdiskriminierung unionsrechtlich verankerte notwendige und bedeutende Regelungen. Zum anderen wäre ein Vertrauen in den Fortbestand der angewandten tarifvertraglichen Regelungen nicht schutzwürdig. Denn die Richtlinie 2000/78/EG wurde schon im Jahr 2000 erlassen und stellt in Art. 16 Buchst. b ausdrücklich klar, dass die Diskriminierungsverbote auch auf tarifvertragliche Bestimmungen Anwendung finden. Nach Art. 18 der Richtlinie 2000/78/EG war diese zudem spätestens zum 2. Dezember 2006 in nationales Recht umzusetzen. Der Beklagte musste ebenso wie die Tarifvertragsparteien damit rechnen, dass tarifvertragliche Regelungen auch am Verbot der Altersdiskriminierung gemessen werden. Deshalb konnte der Beklagte nicht darauf vertrauen, dass auch nach Inkrafttreten des AGG die Urlaubsstaffelregelung des § 26 Abs. 1 Satz 2 TVöD zulässig war, zumal in der Gesetzesbegründung zum AGG die Anknüpfung an das bloße Lebensalter als Mindestgrenze für mit der Beschäftigung verbundener Vorteile nicht unkritisch gesehen wurde(vgl. BT-Drucks. 16/1780 S. 36) und im Schrifttum nicht nur vereinzelt die Unwirksamkeit des § 26 Abs. 1 Satz 2 TVöD wegen Verstoßes gegen das Verbot der Altersdiskriminierung angenommen wurde (vgl. Fieberg in Fürst GKÖD Bd. IV E § 26 TVöD Rn. 22 mwN; Kamanabrou NZA Beilage 3/2006, 138, 144; Hock/Kramer/Schwerdtle ZTR 2006, 622, 623 mwN; so bereits zu § 48 Abs. 1 BAT: Lüderitz Altersdiskriminierung durch Altersgrenzen S. 156).

33

6. Die Klägerin hat Anspruch auf Ersatzurlaub gemäß § 280 Abs. 1, § 286 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 3, § 287 Satz 2, § 249 Abs. 1 BGB. Die Resturlaubsansprüche für die Jahre 2008 und 2009 waren mangels Vorliegens eines Übertragungsgrundes nach § 26 Abs. 1 Satz 6 TVöD iVm. § 7 Abs. 3 Satz 1 BUrlG zum 31. Dezember des jeweiligen Jahres verfallen. Diesen Untergang hat der Beklagte zu vertreten, weil er sich mit der Gewährung des Urlaubs in Verzug befand.

34

a) Die tatbestandlichen Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruchs aus Verzug gemäß § 280 Abs. 1, § 286 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 3, § 287 Satz 2, § 249 Abs. 1 BGB liegen vor. Die Klägerin hatte in den Jahren 2008 und 2009 Anspruch auf jeweils 30 Urlaubstage. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts wandelt sich der Urlaubsanspruch in einen Schadensersatzanspruch um, der auf Gewährung von Ersatzurlaub als Naturalrestitution gerichtet ist, wenn der Arbeitgeber den rechtzeitig verlangten Urlaub nicht gewährt und der Urlaub aufgrund seiner Befristung verfällt ( BAG 11. April 2006 - 9 AZR 523/05  - Rn. 24, AP BUrlG § 7 Übertragung Nr. 28 = EzA BUrlG § 7 Nr. 116).

35

b) Die Klägerin machte mit Schreiben vom 5. November 2008 unter der Überschrift „Geltendmachung von Urlaubsansprüchen“ Urlaub in Höhe von 30 Tagen nach dem TVöD geltend und bat zudem, den Urlaubsanspruch auch für die Zukunft entsprechend anzupassen. Dahingestellt bleiben kann, ob dies schon ein konkretes Verlangen beinhaltet hat, den Urlaub in den Jahren 2008 und 2009 zu gewähren. Nach der Rechtsprechung des Senats ist hierfür zumindest erforderlich, dass der Arbeitgeber nach den Grundsätzen des § 133 BGB davon ausgehen muss, der Arbeitnehmer wünsche ab einem bestimmten Zeitpunkt Erholungsurlaub(vgl. BAG 17. November 2009 - 9 AZR 745/08 - Rn. 45; 11. April 2006 -  9 AZR 523/05  - Rn. 28, AP BUrlG § 7 Übertragung Nr. 28 = EzA BUrlG § 7 Nr. 116). Maßgebend ist, dass der Beklagte mit Schreiben vom 28. November 2008 erklärt hat, er lehne den Antrag auf Verlängerung des Urlaubs „auf 30 Tage vor Erreichen des 41. Lebensjahres“ ab, weil der Klägerin nach dem für ihn verbindlichen § 26 Abs. 1 TVöD derzeit nur 29 Urlaubstage zustünden. Aus objektiver Empfängersicht lag darin eine ernsthafte und endgültige Erfüllungsverweigerung des Beklagten als Schuldner des Urlaubsanspruchs, die gemäß § 286 Abs. 2 Nr. 3 BGB eine Mahnung der Klägerin entbehrlich machte(vgl. BAG 31. Januar 1991 - 8 AZR 462/89  - zu II der Gründe). Denn der Beklagte gab mit diesem Schreiben vor Ablauf des Urlaubsjahres 2008 klar zu erkennen, dass er nicht bereit sei, im laufenden Jahr mehr als 29 Tage Urlaub zu gewähren. Hinsichtlich des weiteren Urlaubstags für das Jahr 2009 folgt der Verzug des Beklagten zudem daraus, dass er jedenfalls mit dem Antrag auf Klageabweisung vom 24. April 2009 und somit vor Ablauf des Urlaubsjahres 2009 zu erkennen gegeben hat, den weiteren Urlaubstag auch im Jahr 2009 nicht gewähren zu wollen. Darin lag ebenso seine ernsthafte und endgültige Erfüllungsverweigerung als Schuldner des Urlaubsanspruchs, die gemäß § 286 Abs. 2 Nr. 3 BGB eine Mahnung der Klägerin ebenfalls entbehrlich machte(vgl. BAG 17. Mai 2011 - 9 AZR 197/10 - Rn. 14, EzA TVG § 4 Metallindustrie Nr. 138; 31. Januar 1991 - 8 AZR 462/89  - zu II der Gründe).

36

B. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 Satz 1, § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Brühler    

        

    Brühler    

        

    Krasshöfer    

        

        

        

    Preuß    

        

    Neumann-Redlin    

        

        

(1) Eine unmittelbare Benachteiligung liegt vor, wenn eine Person wegen eines in § 1 genannten Grundes eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde. Eine unmittelbare Benachteiligung wegen des Geschlechts liegt in Bezug auf § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 auch im Falle einer ungünstigeren Behandlung einer Frau wegen Schwangerschaft oder Mutterschaft vor.

(2) Eine mittelbare Benachteiligung liegt vor, wenn dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren Personen wegen eines in § 1 genannten Grundes gegenüber anderen Personen in besonderer Weise benachteiligen können, es sei denn, die betreffenden Vorschriften, Kriterien oder Verfahren sind durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und die Mittel sind zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich.

(3) Eine Belästigung ist eine Benachteiligung, wenn unerwünschte Verhaltensweisen, die mit einem in § 1 genannten Grund in Zusammenhang stehen, bezwecken oder bewirken, dass die Würde der betreffenden Person verletzt und ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird.

(4) Eine sexuelle Belästigung ist eine Benachteiligung in Bezug auf § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 4, wenn ein unerwünschtes, sexuell bestimmtes Verhalten, wozu auch unerwünschte sexuelle Handlungen und Aufforderungen zu diesen, sexuell bestimmte körperliche Berührungen, Bemerkungen sexuellen Inhalts sowie unerwünschtes Zeigen und sichtbares Anbringen von pornographischen Darstellungen gehören, bezweckt oder bewirkt, dass die Würde der betreffenden Person verletzt wird, insbesondere wenn ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird.

(5) Die Anweisung zur Benachteiligung einer Person aus einem in § 1 genannten Grund gilt als Benachteiligung. Eine solche Anweisung liegt in Bezug auf § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 insbesondere vor, wenn jemand eine Person zu einem Verhalten bestimmt, das einen Beschäftigten oder eine Beschäftigte wegen eines in § 1 genannten Grundes benachteiligt oder benachteiligen kann.

Ziel des Gesetzes ist, Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen.

(1) Beschäftigte dürfen nicht wegen eines in § 1 genannten Grundes benachteiligt werden; dies gilt auch, wenn die Person, die die Benachteiligung begeht, das Vorliegen eines in § 1 genannten Grundes bei der Benachteiligung nur annimmt.

(2) Bestimmungen in Vereinbarungen, die gegen das Benachteiligungsverbot des Absatzes 1 verstoßen, sind unwirksam.

(3) Eine Benachteiligung nach Absatz 1 durch Arbeitgeber oder Beschäftigte ist eine Verletzung vertraglicher Pflichten.

Wenn im Streitfall die eine Partei Indizien beweist, die eine Benachteiligung wegen eines in § 1 genannten Grundes vermuten lassen, trägt die andere Partei die Beweislast dafür, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz vor Benachteiligung vorgelegen hat.

(1) Eine unmittelbare Benachteiligung liegt vor, wenn eine Person wegen eines in § 1 genannten Grundes eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde. Eine unmittelbare Benachteiligung wegen des Geschlechts liegt in Bezug auf § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 auch im Falle einer ungünstigeren Behandlung einer Frau wegen Schwangerschaft oder Mutterschaft vor.

(2) Eine mittelbare Benachteiligung liegt vor, wenn dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren Personen wegen eines in § 1 genannten Grundes gegenüber anderen Personen in besonderer Weise benachteiligen können, es sei denn, die betreffenden Vorschriften, Kriterien oder Verfahren sind durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und die Mittel sind zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich.

(3) Eine Belästigung ist eine Benachteiligung, wenn unerwünschte Verhaltensweisen, die mit einem in § 1 genannten Grund in Zusammenhang stehen, bezwecken oder bewirken, dass die Würde der betreffenden Person verletzt und ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird.

(4) Eine sexuelle Belästigung ist eine Benachteiligung in Bezug auf § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 4, wenn ein unerwünschtes, sexuell bestimmtes Verhalten, wozu auch unerwünschte sexuelle Handlungen und Aufforderungen zu diesen, sexuell bestimmte körperliche Berührungen, Bemerkungen sexuellen Inhalts sowie unerwünschtes Zeigen und sichtbares Anbringen von pornographischen Darstellungen gehören, bezweckt oder bewirkt, dass die Würde der betreffenden Person verletzt wird, insbesondere wenn ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird.

(5) Die Anweisung zur Benachteiligung einer Person aus einem in § 1 genannten Grund gilt als Benachteiligung. Eine solche Anweisung liegt in Bezug auf § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 insbesondere vor, wenn jemand eine Person zu einem Verhalten bestimmt, das einen Beschäftigten oder eine Beschäftigte wegen eines in § 1 genannten Grundes benachteiligt oder benachteiligen kann.

Ziel des Gesetzes ist, Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen.

(1) Beschäftigte dürfen nicht wegen eines in § 1 genannten Grundes benachteiligt werden; dies gilt auch, wenn die Person, die die Benachteiligung begeht, das Vorliegen eines in § 1 genannten Grundes bei der Benachteiligung nur annimmt.

(2) Bestimmungen in Vereinbarungen, die gegen das Benachteiligungsverbot des Absatzes 1 verstoßen, sind unwirksam.

(3) Eine Benachteiligung nach Absatz 1 durch Arbeitgeber oder Beschäftigte ist eine Verletzung vertraglicher Pflichten.

Ungeachtet des § 8 ist eine unterschiedliche Behandlung wegen des Alters auch zulässig, wenn sie objektiv und angemessen und durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt ist. Die Mittel zur Erreichung dieses Ziels müssen angemessen und erforderlich sein. Derartige unterschiedliche Behandlungen können insbesondere Folgendes einschließen:

1.
die Festlegung besonderer Bedingungen für den Zugang zur Beschäftigung und zur beruflichen Bildung sowie besonderer Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen, einschließlich der Bedingungen für Entlohnung und Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses, um die berufliche Eingliederung von Jugendlichen, älteren Beschäftigten und Personen mit Fürsorgepflichten zu fördern oder ihren Schutz sicherzustellen,
2.
die Festlegung von Mindestanforderungen an das Alter, die Berufserfahrung oder das Dienstalter für den Zugang zur Beschäftigung oder für bestimmte mit der Beschäftigung verbundene Vorteile,
3.
die Festsetzung eines Höchstalters für die Einstellung auf Grund der spezifischen Ausbildungsanforderungen eines bestimmten Arbeitsplatzes oder auf Grund der Notwendigkeit einer angemessenen Beschäftigungszeit vor dem Eintritt in den Ruhestand,
4.
die Festsetzung von Altersgrenzen bei den betrieblichen Systemen der sozialen Sicherheit als Voraussetzung für die Mitgliedschaft oder den Bezug von Altersrente oder von Leistungen bei Invalidität einschließlich der Festsetzung unterschiedlicher Altersgrenzen im Rahmen dieser Systeme für bestimmte Beschäftigte oder Gruppen von Beschäftigten und die Verwendung von Alterskriterien im Rahmen dieser Systeme für versicherungsmathematische Berechnungen,
5.
eine Vereinbarung, die die Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses ohne Kündigung zu einem Zeitpunkt vorsieht, zu dem der oder die Beschäftigte eine Rente wegen Alters beantragen kann; § 41 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch bleibt unberührt,
6.
Differenzierungen von Leistungen in Sozialplänen im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes, wenn die Parteien eine nach Alter oder Betriebszugehörigkeit gestaffelte Abfindungsregelung geschaffen haben, in der die wesentlich vom Alter abhängenden Chancen auf dem Arbeitsmarkt durch eine verhältnismäßig starke Betonung des Lebensalters erkennbar berücksichtigt worden sind, oder Beschäftigte von den Leistungen des Sozialplans ausgeschlossen haben, die wirtschaftlich abgesichert sind, weil sie, gegebenenfalls nach Bezug von Arbeitslosengeld, rentenberechtigt sind.

Tenor

1. Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 24. März 2010 - 20 Sa 2058/09 - aufgehoben.

2. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Eberswalde vom 8. Juli 2009 - 3 Ca 140/09 - wird zurückgewiesen und der Tenor dieses Urteils zur Klarstellung neu gefasst:

Es wird festgestellt, dass der Klägerin für die Jahre 2008 und 2009 jeweils ein weiterer Urlaubstag als Ersatzurlaub zusteht.

3. Der Beklagte hat auch die Kosten der Berufung und der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten darüber, ob die Klägerin in den Jahren 2008 und 2009 Anspruch auf jeweils 29 oder 30 Urlaubstage hatte.

2

Die am 27. Oktober 1971 geborene Klägerin ist seit dem 1. September 1988 bei dem beklagten Landkreis als Angestellte mit einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden in der Fünftagewoche beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis findet kraft beiderseitiger Tarifbindung der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst vom 13. September 2005 in der Fassung des Änderungstarifvertrags Nr. 2 vom 31. März 2008 (TVöD) Anwendung. Dieser bestimmt ua.:

        

§ 26 

        

Erholungsurlaub

        

(1)     

Beschäftigte haben in jedem Kalenderjahr Anspruch auf Erholungsurlaub unter Fortzahlung des Entgelts (§ 21). Bei Verteilung der wöchentlichen Arbeitszeit auf fünf Tage in der Kalenderwoche beträgt der Urlaubsanspruch in jedem Kalenderjahr

                 

bis zum vollendeten 30. Lebensjahr

26 Arbeitstage,

                 

bis zum vollendeten 40. Lebensjahr

29 Arbeitstage und

                 

nach dem vollendeten 40. Lebensjahr

30 Arbeitstage.

                 

Maßgebend für die Berechnung der Urlaubsdauer ist das Lebensjahr, das im Laufe des Kalenderjahres vollendet wird. Bei einer anderen Verteilung der wöchentlichen Arbeitszeit als auf fünf Tage in der Woche erhöht oder vermindert sich der Urlaubsanspruch entsprechend. Verbleibt bei der Berechnung des Urlaubs ein Bruchteil, der mindestens einen halben Urlaubstag ergibt, wird er auf einen vollen Urlaubstag aufgerundet; Bruchteile von weniger als einem halben Urlaubstag bleiben unberücksichtigt. Der Erholungsurlaub muss im laufenden Kalenderjahr gewährt und kann auch in Teilen genommen werden.

        

…       

        
        

§ 27   

        

Zusatzurlaub

        

(1)     

Beschäftigte, die ständig Wechselschichtarbeit nach § 7 Abs. 1 oder ständig Schichtarbeit nach § 7 Abs. 2 leisten und denen die Zulage nach § 8 Abs. 5 Satz 1 oder Abs. 6 Satz 1 zusteht, erhalten

                 

a)    

bei Wechselschichtarbeit für je zwei zusammenhängende Monate und

                 

b)    

bei Schichtarbeit für je vier zusammenhängende Monate

                 

einen Arbeitstag Zusatzurlaub.

        

(2)     

Im Falle nicht ständiger Wechselschicht- oder Schichtarbeit (z. B. ständige Vertreter) erhalten Beschäftigte des Bundes, denen die Zulage nach § 8 Abs. 5 Satz 2 oder Abs. 6 Satz 2 zusteht, einen Arbeitstag Zusatzurlaub für

                 

a)    

je drei Monate im Jahr, in denen sie überwiegend Wechselschichtarbeit geleistet haben, und

                 

b)    

je fünf Monate im Jahr, in denen sie überwiegend Schichtarbeit geleistet haben.

        

…       

                 
        

(4)     

Zusatzurlaub nach diesem Tarifvertrag und sonstigen Bestimmungen mit Ausnahme von § 125 SGB IX wird nur bis zu insgesamt sechs Arbeitstagen im Kalenderjahr gewährt. Erholungsurlaub und Zusatzurlaub (Gesamturlaub) dürfen im Kalenderjahr zusammen 35 Arbeitstage nicht überschreiten. Satz 2 ist für Zusatzurlaub nach den Absätzen 1 und 2 hierzu nicht anzuwenden. Bei Beschäftigten, die das 50. Lebensjahr vollendet haben, gilt abweichend von Satz 2 eine Höchstgrenze von 36 Arbeitstagen; § 26 Abs. 1 Satz 3 gilt entsprechend.

        

…“    

        
3

Mit Schreiben vom 5. November 2008 machte die Klägerin gegenüber dem Beklagten einen jährlichen Gesamturlaub in Höhe von 30 Tagen für das Jahr 2008 und die Zukunft nach dem TVöD geltend. Der Beklagte lehnte die Gewährung von 30 Urlaubstagen vor der Vollendung des 40. Lebensjahres der Klägerin unter Hinweis auf die Verbindlichkeit der Regelung des § 26 Abs. 1 TVöD mit Schreiben vom 28. November 2008 ab. Die Klägerin hat daraufhin mit Schriftsatz vom 11. Februar 2009 die vorliegende Klage erhoben.

4

Sie hat die Ansicht vertreten, sie habe auch vor der Vollendung ihres 40. Lebensjahres Anspruch auf jährlich 30 und nicht nur 29 Urlaubstage. Die an das Lebensalter anknüpfende Staffelung des tariflichen Urlaubsanspruchs sei eine Diskriminierung wegen des Alters. Die in der Tarifregelung enthaltene Ungleichbehandlung jüngerer Arbeitnehmer sei nicht durch § 10 AGG gerechtfertigt. Im Übrigen würden die gesundheitlichen Wirkungen zusätzlichen Urlaubs zur Vermeidung beispielsweise von Stresserscheinungen am Arbeitsplatz auch in der medizinischen Literatur kontrovers diskutiert.

5

Die Klägerin hat zuletzt beantragt

        

festzustellen, dass ihr für die Jahre 2008 und 2009 jeweils ein Urlaubstag als Ersatzurlaub zusteht.

6

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Diese sei bereits unzulässig, da das gemäß § 256 Abs. 1 ZPO nötige Feststellungsinteresse fehle. Schließlich sei die Klage auch unbegründet. Die Altersstufenregelung des § 26 Abs. 1 TVöD sei durch einen sachlichen Grund nach § 10 AGG gerechtfertigt. Die Festlegung eines Mindestalters für die Gewährung von 30 Urlaubstagen pro Kalenderjahr stelle eine besondere Beschäftigungsbedingung zum Schutz älterer Beschäftigter bzw. eine Mindestanforderung an das Alter für einen mit der Beschäftigung verbundenen Vorteil dar, der zur Erreichung eines legitimen Ziels angemessen und erforderlich sei. Ältere Arbeitnehmer seien mit zunehmendem Alter aufgrund beruflicher Belastungen länger krank. Um diesen Umstand Rechnung zu tragen, hätten die Tarifvertragsparteien mit der Regelung in § 26 Abs. 1 TVöD auf das verstärkte Erholungsbedürfnis älterer Arbeitnehmer reagiert und deren Leistungsfähigkeit stärken wollen. Der Aspekt des Gesundheitsschutzes älterer Arbeitnehmer sei daher geeignet, die Ungleichbehandlung jüngerer Beschäftigter zu rechtfertigen. Schließlich würde auch eine Diskriminierung keine Angleichung „nach oben“ zur Folge haben.

7

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung des Beklagten hat das Landesarbeitsgericht das erstinstanzliche Urteil abgeändert und die Klage abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin die Wiederherstellung der stattgebenden Entscheidung des Arbeitsgerichts. Der Beklagte beantragt, die Revision der Klägerin zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

8

A. Die zulässige Revision ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage zu Unrecht abgewiesen. Die Klage ist begründet. Die Klägerin hat Anspruch auf die geltend gemachten Ersatzurlaubstage.

9

I. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht angenommen, dass die Feststellungsklage zulässig ist. Die Klägerin hat ein rechtliches Interesse daran, durch das Gericht feststellen zu lassen, ob ihr für die Jahre 2008 und 2009 jeweils ein Urlaubstag als Ersatzurlaub zusteht ( § 256 Abs. 1 ZPO ). Der grundsätzliche Vorrang der Leistungsklage steht der Zulässigkeit einer Klage, mit der ein Arbeitnehmer den Umfang des ihm zustehenden Urlaubs gerichtlich festgestellt haben will, nicht entgegen (vgl. BAG 12. April 2011 - 9 AZR 80/10  - Rn. 13 bis 15, EzA BUrlG § 7 Nr. 123).

10

II. Die Klage ist begründet. Die Klägerin hat gegen den Beklagten für den ihr in den Jahren 2008 und 2009 jeweils verweigerten 30. Urlaubstag gemäß § 280 Abs. 1, § 286 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 3, § 287 Satz 2, § 249 Abs. 1 BGB Anspruch auf jeweils einen Tag Ersatzurlaub. Die Urlaubsstaffelung des § 26 Abs. 1 Satz 2 TVöD verstößt gegen die §§ 1, 3 Abs. 1 AGG. Denn sie gewährt Beschäftigten, die das 30., aber noch nicht das 40. Lebensjahr vollendet haben, einen um einen Tag kürzeren Urlaub. Sie ist deshalb nach § 7 Abs. 1 und Abs. 2 AGG iVm. § 134 BGB unwirksam. Dies hat zur Folge, dass die Klägerin auch vor der Vollendung ihres 40. Lebensjahres in jedem Kalenderjahr Anspruch auf 30 Urlaubstage hatte. Ihr steht für die Jahre 2008 und 2009 jeweils noch ein Tag Ersatzurlaub zu, weil der Beklagte ihr in diesen Jahren nur jeweils 29 Urlaubstage gewährte.

11

1. Nach § 26 Abs. 1 Satz 2 TVöD standen der am 27. Oktober 1971 geborenen Klägerin in den Jahren 2008 und 2009 jeweils 29 Urlaubstage zu. Erst nach dem vollendeten 40. Lebensjahr gewährt ihr diese Tarifregelung einen jährlichen Urlaubsanspruch von 30 Arbeitstagen. Diese an das Lebensalter anknüpfende Staffelung der Urlaubsdauer verstößt gegen das Verbot der Altersdiskriminierung in § 7 Abs. 1 iVm. § 1 AGG. Sie ist als sachlich nicht nach den §§ 8, 10 AGG gerechtfertigte unmittelbare Benachteiligung wegen des Alters gemäß § 7 Abs. 2 AGG iVm. § 134 BGB unwirksam. Zur Beseitigung dieser Diskriminierung ist eine Anpassung auf 30 Urlaubstage erforderlich.

12

2. Zutreffend haben die Vorinstanzen die Regelung in § 26 Abs. 1 TVöD am AGG gemessen. Nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 AGG gelten die Diskriminierungsverbote der §§ 1, 7 AGG auch für die in kollektivrechtlichen Vereinbarungen geregelten Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen. Unter solchen Bedingungen sind alle Umstände zu verstehen, aufgrund derer und unter denen die Arbeitsleistung zu erbringen ist (vgl. BAG 13. Oktober 2009 - 9 AZR 722/08 - Rn. 54, BAGE 132, 210). Zu den Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen gehört damit auch der Urlaub. Der Umstand, dass die Regelung in § 26 Abs. 1 Satz 2 TVöD gemäß § 39 Abs. 1 Satz 2 Buchst. b TVöD bereits am 1. Januar 2006 und somit schon vor dem AGG vom 14. August 2006 in Kraft getreten ist, steht dem nicht entgegen. Die für die Jahre 2008 und 2009 geltend gemachte Benachteiligung durch § 26 Abs. 1 Satz 2 TVöD ist erst nach Inkrafttreten des AGG am 18. August 2006 eingetreten. Da § 33 Abs. 1 AGG insoweit keine Übergangsregelung enthält, findet dieses Gesetz auch dann Anwendung, wenn die Benachteiligung auf einem vor Inkrafttreten des AGG abgeschlossenen Tarifvertrag beruht. Es kommt allein auf den Zeitpunkt der Benachteiligungshandlung an (BAG 16. Dezember 2008 - 9 AZR 985/07 - Rn. 33, BAGE 129, 72).

13

3. Die Urlaubsstaffelung in § 26 Abs. 1 Satz 2 TVöD enthält eine auf dem Merkmal des Alters beruhende Ungleichbehandlung der Beschäftigten, die das 30. bzw. das 40. Lebensjahr nicht vollendet haben. Das ist eine unmittelbare Benachteiligung jüngerer Arbeitnehmer wegen des Alters iSv. § 3 Abs. 1 AGG.

14

a) Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG liegt eine unmittelbare Benachteiligung vor, wenn eine Person wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde. Beim Alter handelt es sich um einen in § 1 AGG genannten Grund, wobei unter Alter das Lebensalter zu verstehen ist. Dies folgt aus dem gesetzlichen Wortlaut und auch aus der Gesetzesbegründung ( BT-Drucks. 16/1780 S. 31; BAG 13. Oktober 2009 - 9 AZR 722/08 - Rn. 49, BAGE 132, 210; 22. Januar 2009 - 8 AZR 906/07  - Rn. 36, BAGE 129, 181). Der für eine unmittelbare Benachteiligung erforderliche Kausalzusammenhang ist bereits dann gegeben, wenn die Benachteiligung an einen oder mehrere in § 1 AGG genannte Gründe anknüpft oder dadurch motiviert ist(vgl. BT-Drucks. 16/1780 S. 32; BAG 13. Oktober 2009 - 9 AZR 722/08 - Rn. 50, aaO).

15

b) Diese Voraussetzung ist erfüllt. § 26 Abs. 1 Satz 2 TVöD sieht für Beschäftigte bei einer Fünftagewoche in jedem Kalenderjahr einen Urlaubsanspruch bis zum vollendeten 30. Lebensjahr in Höhe von 26 Arbeitstagen, bis zum vollendeten 40. Lebensjahr in Höhe von 29 Arbeitstagen und erst nach dem vollendeten 40. Lebensjahr in Höhe von 30 Arbeitstagen vor. Die Höhe des Urlaubsanspruchs nach § 26 Abs. 1 Satz 2 TVöD knüpft damit in allen Stufen unmittelbar an das Lebensalter der Beschäftigten an. Danach haben Beschäftigte wie die Klägerin, die zwar das 30. Lebensjahr, aber noch nicht das 40. Lebensjahr vollendet haben, in jedem Jahr nur Anspruch auf 29 statt auf 30 Urlaubstage. Sie werden ebenso wie die unter 30-Jährigen im Vergleich zu den Beschäftigten, die das 40. Lebensjahr vollendet haben, hinsichtlich der Höhe des Urlaubsanspruchs wegen ihres geringeren Alters ungünstiger behandelt.

16

4. Diese Ungleichbehandlung ist nicht gerechtfertigt.

17

a) Bei ihr handelt es sich nicht um eine nach § 8 AGG zulässige unterschiedliche Behandlung wegen beruflicher Anforderungen. Die Urlaubsstaffel des § 26 Abs. 1 Satz 2 TVöD knüpft nicht an die Art der auszuübenden Tätigkeit oder die Bedingungen ihrer Ausübung an. Sie stellt nicht auf die Art der auszuübenden Tätigkeit ab und beansprucht damit Geltung für alle dem TVöD unterfallenden Beschäftigten.

18

b) Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts ist die Ungleichbehandlung auch nicht nach § 10 AGG sachlich gerechtfertigt(so ebenfalls die herrschende Meinung in der Literatur, vgl. Linck/Schütz FS Leinemann, S. 181 f.; Fieberg in Fürst GKÖD Bd. IV Stand Januar 2012 E § 26 TVöD Rn. 22; AGG/Voigt 3. Aufl. § 10 Rn. 33; Meinel/Heyn/Herms AGG 2. Aufl. § 10 Rn. 42b; Adomeit/Mohr AGG 2. Aufl. § 10 Rn. 105; Kamanabrou NZA Beilage 3/2006, 138, 144; Hock/Kramer/Schwerdtle ZTR 2006, 622, 623 mwN; Wulfers/Hecht ZTR 2007, 475, 478; vgl. ferner bereits zu § 48 BAT: Lüderitz Altersdiskriminierung durch Altersgrenzen S. 156). § 10 Satz 1 AGG lässt eine unterschiedliche Behandlung wegen des Alters ungeachtet der Regelung des § 8 AGG zu, wenn sie objektiv und angemessen und durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt ist. Zudem müssen die Mittel zur Erreichung dieses Ziels nach § 10 Satz 2 AGG angemessen und erforderlich sein. Entgegen der Ansicht des Beklagten ist die an das Lebensalter anknüpfende Differenzierung in § 26 Abs. 1 TVöD nicht sachlich gerechtfertigt, weil sie einem gesteigerten Erholungsbedürfnis älterer Beschäftigter Rechnung trägt und deren Gesundheit schützen will. Dabei kann dahinstehen, ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen das Ziel des Gesundheitsschutzes eine unterschiedliche Behandlung rechtfertigen würde. Die Tarifvorschrift verfolgt dieses Ziel schon nicht.

19

aa) Die Tarifvertragsparteien haben das mit der in § 26 Abs. 1 Satz 2 TVöD geregelten Urlaubsstaffelung verfolgte Ziel nicht ausdrücklich genannt. Nennt eine Regelung oder Maßnahme kein Ziel, müssen zumindest aus dem Kontext abgeleitete Anhaltspunkte die Feststellung des hinter der Regelung oder der Maßnahme stehenden Ziels ermöglichen, um die Legitimität des Ziels sowie die Angemessenheit und die Erforderlichkeit der zu seiner Erreichung eingesetzten Mittel gerichtlich überprüfen zu können. Dabei können nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union die sozialpolitischen Ziele als legitim angesehen werden, die im allgemeinen Interesse stehen. Derjenige, der eine Ungleichbehandlung vornimmt, muss den nationalen Gerichten in geeigneter Weise die Möglichkeit zur Prüfung einräumen, ob mit der Ungleichbehandlung ein Ziel angestrebt wird, das die Ungleichbehandlung unter Beachtung der Ziele der Richtlinie 2000/78/EG rechtfertigt (vgl. EuGH 5. März 2009 - C-388/07  - [Age Concern England] Rn. 45 ff., Slg. 2009, I-1569; BAG 26. Mai 2009 - 1 AZR 198/08  - Rn. 36 ff., BAGE 131, 61). Denn das nationale Gericht hat zu prüfen, ob die Regelung oder Maßnahme ein rechtmäßiges Ziel iSd. Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG verfolgt. Gleiches gilt für die Frage, ob die Tarifvertragsparteien als Normgeber angesichts des vorhandenen Wertungsspielraums davon ausgehen durften, dass die gewählten Mittel zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich waren (vgl. EuGH 5. März 2009 -  C-388/07  - [Age Concern England] Rn. 49 ff., aaO; vgl. auch BAG 13. Oktober 2009 - 9 AZR 722/08 - Rn. 57, BAGE 132, 210).

20

bb) Die Regelung in § 26 Abs. 1 Satz 2 TVöD dient nicht dem Schutz älterer Beschäftigter iSv. § 10 Satz 3 Nr. 1 AGG. Diese gesetzliche Regelung konkretisiert das legitime Ziel, nämlich ua. die Sicherstellung des Schutzes älterer Beschäftigter, wobei dieser Schutz auch die Festlegung besonderer Arbeitsbedingungen einschließen kann. Aus einer tariflichen Urlaubsstaffelung, die - wie die in § 26 Abs. 1 Satz 2 TVöD - den Beschäftigten bereits nach Vollendung des 30. Lebensjahres drei weitere Urlaubstage und dann nach Vollendung des 40. Lebensjahres letztmals einen zusätzlichen Urlaubstag gewährt, lässt sich nicht ableiten, dass die Tarifvertragsparteien einem gesteigerten Erholungsbedürfnis älterer Beschäftigter Rechnung tragen wollten und das Ziel verfolgten, den Schutz älterer Beschäftigter iSd. § 10 Satz 3 Nr. 1 AGG sicherzustellen. Wenn sich auch eine genaue Schwelle für die Zuordnung zu den älteren Arbeitnehmern weder dieser Regelung selbst noch Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 2 Buchst. a der Richtlinie 2000/78/EG entnehmen lässt, so ist diese freilich an der Zielsetzung (vgl. zu dieser Däubler/Bertzbach/Brors 2. Aufl. § 10 Rn. 42) auszurichten. Einen arbeitsmarktpolitischen Zweck verfolgt zB § 417 Abs. 1 SGB III, wonach Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die das 50. Lebensjahr vollendet haben und ihre Arbeitslosigkeit durch Aufnahme einer versicherungspflichtigen Beschäftigung beenden oder vermeiden, unter den in der Vorschrift genannten Voraussetzungen Anspruch auf Leistungen der Entgeltsicherung haben. Diese Regelung der Entgeltsicherung bezweckt, die Arbeitslosigkeit älterer Arbeitnehmer abzubauen und ihren Anteil an der erwerbstätigen Bevölkerung zu erhöhen (vgl. BT-Drucks. 17/1945 S. 17). Im Vergleich zu der in § 417 Abs. 1 SGB III genannten Altersgruppe setzt sich die durch die Urlaubsstaffel in § 26 Abs. 1 Satz 2 TVöD begünstigte Beschäftigtengruppe, der ein Urlaubsanspruch von jährlich 30 Arbeitstagen eingeräumt wird, nicht ausnahmslos aus älteren Beschäftigten zusammen. Vielmehr gehören ihr alle Beschäftigten ab Vollendung des 40. Lebensjahres an. Der Senat hat bereits entschieden, dass ein Arbeitnehmer jedenfalls ab Vollendung des 31. Lebensjahres offensichtlich kein älterer Beschäftigter iSv. § 10 Satz 3 Nr. 1 AGG ist(BAG 13. Oktober 2009 - 9 AZR 722/08 - Rn. 55, BAGE 132, 210).

21

cc) Ein legitimes Ziel iSd. § 10 AGG ergibt sich entgegen der Annahme des Landesarbeitsgerichts auch nicht aus § 10 Satz 3 Nr. 2 AGG. Danach kann eine zulässige unterschiedliche Behandlung wegen des Alters auch die Festlegung von Mindestanforderungen an das Alter für bestimmte mit der Beschäftigung verbundene Vorteile einschließen. Diese Regelung bestimmt selbst kein legitimes Ziel, sondern beschreibt nur ein mögliches Mittel, mit der ein auf andere Weise zu legitimierendes Ziel gerechtfertigt werden kann (vgl. ErfK/Schlachter 12. Aufl. § 10 AGG Rn. 6), sofern es erforderlich und angemessen iSd. § 10 Satz 2 AGG ist.

22

dd) Die Tarifvertragsparteien verfolgen entgegen der Auffassung des Beklagten nicht das Ziel des Gesundheitsschutzes älterer Arbeitnehmer.

23

(1) Das mit der Urlaubsstaffelung des § 26 Abs. 1 Satz 2 TVöD verfolgte Ziel lässt sich nicht mit ausreichender Deutlichkeit aus dem Wortlaut des § 26 TVöD entnehmen. § 26 TVöD normiert ausweislich seiner Überschrift den Erholungsurlaub. Nach § 26 Abs. 1 Satz 1 TVöD haben Beschäftigte in jedem Kalenderjahr Anspruch auf Erholungsurlaub unter Fortzahlung des Entgelts. § 26 Abs. 1 Satz 2 TVöD legt die Dauer dieses Erholungsurlaubs fest. Der Begriff des Erholungsurlaubs wird dabei nicht näher definiert und ist dem BUrlG entlehnt, auf das § 26 Abs. 2 TVöD im Übrigen verweist. Der Erholungsurlaub nach dem BUrlG soll nach der Gesetzesbegründung dem sozialpolitischen Anliegen der Erhaltung und Wiederauffrischung der Arbeitskraft der Arbeitnehmer dienen (vgl. den schriftlichen Bericht des Bundestagsausschusses für Arbeit, BT-Drucks. IV/785; Begründung des von der Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines Bundesurlaubsgesetzes, BT-Drucks. IV/207). Durch den Erholungsurlaub wird dem Arbeitnehmer die Möglichkeit gesichert, für eine bestimmte Dauer im Jahr, die ihm eingeräumte Freizeit zur selbstbestimmten Erholung zu nutzen (st. Rspr., vgl. BAG 20. Juni 2000 - 9 AZR 405/99 - zu II 2 b bb 1 der Gründe, BAGE 95, 104; 8. März 1984 - 6 AZR 600/82 - zu II 5 b der Gründe, BAGE 45, 184; ebenso st. Rspr. des EuGH zum Jahresurlaub nach Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2003/88/EG , EuGH 22. No-vember 2011 - C-214/10 - [KHS] Rn. 31, AP Richtlinie 2003/88/EG Nr. 6 = EzA EG-Vertrag 1999 Richtlinie 2003/88 Nr. 7; 20. Januar 2009 - C-350/06 und C-520/06  - [Schultz-Hoff] Rn. 25, Slg. 2009, I-179). Wenn eine Tarifregelung die Urlaubsdauer nach dem Lebensalter staffelt, liegt die Annahme nahe, die Tarifvertragsparteien hätten einem mit zunehmendem Alter gesteigerten Erholungsbedürfnis älterer Beschäftigter Rechnung tragen wollen. Die Regelung in § 26 Abs. 1 Satz 2 TVöD rechtfertigt eine solche Annahme freilich nicht, sondern schließt sie aus.

24

(2) Das folgt bereits aus dem Inhalt der Regelung. Die Tarifvorschrift räumt den Beschäftigten schon ab dem 30. Lebensjahr drei weitere Urlaubstage ein. Dafür, dass die Tarifvertragsparteien von einem so deutlich gesteigertem Erholungsbedürfnis bereits nach der Vollendung des 30. Lebensjahres ausgegangen sind, fehlt jeder Anhaltspunkt. Gegen eine solche Annahme spricht auch, dass die Tarifvertragsparteien den Beschäftigten nach der Vollendung des 40. Lebensjahres letztmals nur einen weiteren Urlaubstag gewährt und davon abgesehen haben, ein gesteigertes Erholungsbedürfnis des Beschäftigten in der Zeit bis zum Erreichen des gesetzlich festgelegten Alters für den Bezug der Regelaltersrente (§ 33 Abs. 1 Buchst. a TVöD) zu berücksichtigen. Hätten die Tarifvertragsparteien ein gesteigertes Erholungsbedürfnis älterer Beschäftigter vor Augen gehabt, hätten sie nicht einem 30-Jährigen einen gegenüber einem 29-jährigen Beschäftigten um drei Tage längeren Urlaub gewährt, nach der Vollendung des 40. Lebensjahres des Beschäftigten eine wesentlich geringere Steigerung des Erholungsbedürfnisses angenommen und für die Zeit danach bis zum Erreichen des gesetzlich festgelegten Alters für den Bezug der Regelaltersrente ein zunehmendes Erholungsbedürfnis des Beschäftigten überhaupt nicht mehr berücksichtigt (vgl. Wulfers/Hecht ZTR 2007, 475, 478). Auch das Schrifttum nimmt ganz überwiegend an, dass eine tarifliche Urlaubsstaffelung nicht schon auf die Vollendung des 30. bzw. des 40. Lebensjahres abstellen darf, wenn sie einem gesteigerten Erholungsbedürfnis älterer Beschäftigter Rechnung tragen will (vgl. Fieberg in Fürst GKÖD Bd. IV E § 26 TVöD Rn. 22; Tempelmann/Stenslik DStR 2011, 1183, 1186; Richter Benachteiligung wegen des Alters im Erwerbsleben S. 170; Meinel/Heyn/Herms § 10 Rn. 42b; AGG/Voigt § 10 Rn. 33; Hey AGG § 10 Rn. 28; Kamanabrou NZA Beilage 3/2006, 138, 144; Hock/Kramer/Schwerdle ZTR 2006, 622, 623; Linck/Schütz FS Leinemann S. 181 f.; Senne Auswirkungen des europäischen Verbots der Altersdiskriminierung auf das deutsche Arbeitsrecht S. 269; Bertelsmann ZESAR 2005, 242, 246). Selbst wenn die Erholungsbedürftigkeit von Arbeitnehmern mit zunehmendem Lebensalter steigen sollte (zweifelnd Däubler/Bertzbach/Brors § 10 Rn. 50; aA Waltermann NZA 2005, 1265, 1269), hätte es mit dem Schutz älterer Arbeitnehmer nichts zu tun, bereits mit dem 30. Lebensjahr eine erste Verlängerung des Urlaubsanspruchs um drei Tage und die zweite und zugleich letzte Verlängerung um einen weiteren Urlaubstag bereits mit Vollendung des 40. Lebensjahres vorzusehen (so auch Fieberg in Fürst GKÖD Bd. IV E § 26 TVöD Rn. 22; Adomeit/Mohr § 10 Rn. 105; so bereits zu § 48 BAT: Lüderitz Altersdiskriminierung durch Altersgrenzen S. 156). Es fehlt in beiden Stufen an dem erkennbaren Schutz Älterer. Die Verlängerung des Urlaubsanspruchs bereits mit dem vollendeten 30. Lebensjahr lässt sich kaum mit der Erhaltung der Leistungsfähigkeit Älterer begründen. Auch mit der Vollendung des 40. Lebensjahres hat ein Beschäftigter regelmäßig allenfalls die Mitte seines Erwerbsalters erreicht (vgl. auch Lüderitz Altersdiskriminierung durch Altersgrenzen S. 156). Hätten die Tarifvertragsparteien gemäß der Ansicht des Beklagten ein gesteigertes Erholungsbedürfnis älterer Beschäftigter berücksichtigen wollen, hätten sich die gewählten Altersgrenzen nicht an dem mit dem Alter zunehmenden Erholungsbedürfnis orientiert und wären willkürlich.

25

(3) Gerade dieser Umstand bestätigt, dass die Tarifvertragsparteien mit der Regelung in § 26 TVöD weder den Schutz der Gesundheit bezweckten noch einem gesteigerten Erholungsbedürfnis älterer Beschäftigter Rechnung tragen wollten. Hätten sie diese Ziele verfolgt, hätte es nahe gelegen, gerade für die älteren Beschäftigten, zB die Gruppe der über 50- oder über 60-jährigen Beschäftigten, die Dauer des Erholungsurlaubs zu verlängern. Bei dieser Personengruppe ist ein altersbedingt gesteigertes Erholungsbedürfnis eher nachvollziehbar. Ein solches Schutzbedürfnis für die über 50-Jährigen haben die Tarifvertragsparteien aber nur hinsichtlich der Beschränkung der Höchstdauer des Gesamturlaubs bei besonders belastenden Arbeiten (Schicht- und Wechselschicht) gesehen. Das folgt aus § 27 Abs. 4 Satz 4 TVöD. Danach erhöht sich ab diesem Lebensalter die maximal erreichbare Gesamturlaubsdauer von jährlich 35 auf 36 Arbeitstage.

26

(4) Die Tarifgeschichte bestätigt, dass die Tarifvertragsparteien mit der Urlaubsstaffel nicht einem mit dem Lebensalter steigenden Erholungsbedürfnis Rechnung tragen wollten. Bereits seit dem Inkrafttreten des BAT wurde die Urlaubsdauer an das Lebensalter geknüpft (§ 48 Abs. 1 BAT). Sie steigerte sich auch nach dem vollendeten 30. Lebensjahr und nach dem vollendeten 40. Lebensjahr. Innerhalb der Lebensaltersstufen verlängerte sich die Urlaubsdauer teilweise nach Vergütungsgruppen. Je höher der Angestellte eingruppiert war, je länger war sein Urlaubsanspruch. Dies zeigt, dass nicht der Erholungszweck maßgebend für die Urlaubsdauer sein sollte. Der Urlaub wurde vielmehr als Quasi-Gegenleistung für die Arbeitsleistung geregelt. Nur so lässt sich die normierte Abhängigkeit der Urlaubsdauer von der Vergütungsgruppe erklären. Es kann deshalb nicht angenommen werden, die Tarifvertragsparteien hätten bei Angestellten in höheren Vergütungsgruppen ein gesteigertes Erholungsbedürfnis ausgleichen wollen. Die Differenzierung resultiert vielmehr aus der überkommenen Auffassung, der Urlaub werde „verdient“.

27

5. Die Diskriminierung der Klägerin kann nur durch die Verpflichtung des Beklagten beseitigt werden, der Klägerin für die Jahre 2008 und 2009 jeweils einen Ersatzurlaubstag zu gewähren. Zwar folgt aus § 7 Abs. 2 AGG nur, dass die diskriminierende Regelung unwirksam ist. Auch wird vom Senat nicht verkannt, dass es sich bei § 26 Abs. 1 Satz 2 TVöD um ein Stufensystem handelt, sodass grundsätzlich keine Stufe als die von den Tarifvertragsparteien als „übliche“ Urlaubsdauer gewollte angesehen werden kann. Jedoch kann die Beseitigung der Diskriminierung vorliegend nur durch eine Anpassung „nach oben“ erfolgen.

28

a) Grundsätzlich ist es Aufgabe der Tarifvertragsparteien, eine benachteiligungsfreie Regelung zu treffen, wofür ihnen verschiedene Möglichkeiten zu Verfügung stehen. Doch scheidet eine Aussetzung des Rechtsstreits unter Fristsetzung zur Lückenschließung durch die Tarifvertragsparteien selbst von vornherein aus (aM Fieberg in Fürst GKÖD Bd. IV E § 26 TVöD Rn. 23). Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union sind für den Fall, dass gesetzliche oder tarifvertragliche Regelungen eine mit der Richtlinie unvereinbare Diskriminierung vorsehen, die nationalen Gerichte gehalten, die Diskriminierung auf jede denkbare Weise und insbesondere dadurch auszuschließen, dass sie die Regelung für die nicht benachteiligte Gruppe auch auf die benachteiligte Gruppe anwenden, ohne die Beseitigung der Diskriminierung durch den Gesetzgeber, die Tarifvertragsparteien oder in anderer Weise abzuwarten (vgl. so bereits zur Richtlinie 76/207/EWG: EuGH 20. März 2003 - C-187/00 - [Kutz-Bauer] Rn. 75, Slg. 2003, I-2741). Auch nach Art. 9 Abs. 3 GG in Verbindung mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz wäre eine Aussetzung grundsätzlich allenfalls zur Beseitigung einer Diskriminierung für die Zukunft geboten(vgl. BAG 10. November 2011 - 6 AZR 148/09 - Rn. 28, NZA 2012, 161). Vorliegend geht es jedoch um die Beseitigung einer Diskriminierung in der Vergangenheit.

29

b) Die Benachteiligung der Klägerin kann nicht auf andere Weise für die Jahre 2008 und 2009 ausgeschlossen werden. Ein Rückgriff auf den noch unterhalb der Eingangstufe des § 26 Abs. 1 Satz 2 TVöD liegenden gesetzlichen Mindesturlaub gemäß den §§ 1, 3 BUrlG in Höhe von 20 Arbeitstagen bei einer Fünftagewoche ist hierzu nicht geeignet(aM Wulfers/Hecht ZTR 2007, 475, 483; Breier/Dassau/Kiefer/Lang/Langenbrinck TVöD Stand Februar 2012, § 26 Rn. 163.5). Der von den §§ 1, 7 AGG bzw. Art. 6 der Richtlinie 2000/78/EG verfolgte Zweck, Benachteiligungen zu verhindern oder zu beseitigen, würde nicht erreicht. Da diskriminierende Maßnahmen oder Vereinbarungen nicht hingenommen und ihre Fortwirkung nicht akzeptiert werden darf (vgl. ErfK/Schlachter § 7 AGG Rn. 5), ist auch nicht auf die Eingangsstufe des § 26 Abs. 1 Satz 2 TVöD mit 26 Urlaubstagen abzustellen. Hätte die Klägerin nur Anspruch auf die erste Stufe der Urlaubsstaffel, fehlte es an einer Sanktion, die einen tatsächlichen und wirksamen Rechtsschutz gewährt und abschreckende Wirkung hat (vgl. zu diesem Aspekt: BAG 10. November 2011 - 6 AZR 148/09 - Rn. 18 ff., NZA 2012, 161).

30

c) Hingegen ist eine Anpassung „nach oben“ zur Beseitigung einer Altersdiskriminierung im Einklang mit der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union gerechtfertigt, wenn auf andere Weise die Diskriminierung nicht behoben werden kann, weil der Arbeitgeber den Begünstigten für die Vergangenheit die Leistung nicht mehr entziehen kann (vgl. ausführlich: BAG 10. November 2011 - 6 AZR 148/09 - Rn. 20 ff., NZA 2012, 161). Dies ist vorliegend der Fall. Der den begünstigten Beschäftigten in den Jahren 2008 und 2009 gewährte Urlaub von jährlich 30 Arbeitstagen kann nicht rückwirkend auf 29 oder 26 Arbeitstage begrenzt werden. Die als Urlaub bereits gewährte Freizeit ist nicht kondizierbar.

31

d) Schließlich steht der Anpassung „nach oben“ auch nicht § 15 Abs. 3 AGG entgegen. Danach ist der Arbeitgeber bei der Anwendung kollektivrechtlicher Vereinbarungen nur dann zur Entschädigung verpflichtet, wenn er vorsätzlich oder grob fährlässig handelt. Diese Bestimmung bezieht sich allein auf die immaterielle Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG(vgl. BAG 10. November 2011 - 6 AZR 148/09 - Rn. 38, NZA 2012, 161; ErfK/Schlachter § 15 AGG Rn. 13) und verhält sich nicht zur Beseitigung einer Diskriminierung durch eine den Diskriminierungsverboten genügende Regelung.

32

e) Der Beklagte kann auch keinen Vertrauensschutz in Anspruch nehmen. In den Jahren 2008 und 2009 galt bereits das am 18. August 2006 in Kraft getretene AGG. Dieses nimmt Dauerschuldverhältnisse und damit auch Arbeitsverhältnisse ebenso wenig wie Tarifverträge aus, die vor dem Inkrafttreten des AGG bereits abgeschlossen waren. Übergangsvorschriften oder Vertrauensschutzregelungen sind insoweit in § 33 AGG nicht vorgesehen. Gemäß § 1 AGG ist ua. Ziel dieses Gesetzes, Benachteiligungen aus Gründen des Alters nicht nur zu verhindern, sondern auch zu beseitigen. Die damit einhergehende unechte Rückwirkung ist zulässig. Der zeitliche Geltungsbereich wird je nach Lage der Verhältnisse im Einzelfall nur durch den Grundsatz des Vertrauensschutzes beschränkt (vgl. so bereits zu § 81 Abs. 2 SGB IX aF: BAG 16. Dezember 2008 - 9 AZR 985/07 - Rn. 38, BAGE 129, 72). Dies setzt jedoch in jedem Fall das Vorliegen eines schutzwürdigen Vertrauens voraus, das vorliegend nicht gegeben ist, selbst wenn man die Grundsätze zum Vertrauensschutz bei unechter Rückwirkung von Gesetzen anwendet. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist der Grundsatz des Vertrauensschutzes nur dann verletzt, wenn die vom Gesetzgeber angeordnete unechte Rückwirkung zur Erreichung des Gesetzeszwecks nicht geeignet oder erforderlich ist oder wenn die Bestandsinteressen der Betroffenen die Veränderungsgründe des Gesetzgebers überwiegen (vgl. BVerfG 10. August 2006 - 2 BvR 563/05  - Rn. 14, BVerfGK 9, 28). Zum einen dient das AGG der Umsetzung von EU-Richtlinien zum Schutz vor Diskriminierung im Bereich Beschäftigung und Beruf und enthält insoweit insbesondere im Bereich der Altersdiskriminierung unionsrechtlich verankerte notwendige und bedeutende Regelungen. Zum anderen wäre ein Vertrauen in den Fortbestand der angewandten tarifvertraglichen Regelungen nicht schutzwürdig. Denn die Richtlinie 2000/78/EG wurde schon im Jahr 2000 erlassen und stellt in Art. 16 Buchst. b ausdrücklich klar, dass die Diskriminierungsverbote auch auf tarifvertragliche Bestimmungen Anwendung finden. Nach Art. 18 der Richtlinie 2000/78/EG war diese zudem spätestens zum 2. Dezember 2006 in nationales Recht umzusetzen. Der Beklagte musste ebenso wie die Tarifvertragsparteien damit rechnen, dass tarifvertragliche Regelungen auch am Verbot der Altersdiskriminierung gemessen werden. Deshalb konnte der Beklagte nicht darauf vertrauen, dass auch nach Inkrafttreten des AGG die Urlaubsstaffelregelung des § 26 Abs. 1 Satz 2 TVöD zulässig war, zumal in der Gesetzesbegründung zum AGG die Anknüpfung an das bloße Lebensalter als Mindestgrenze für mit der Beschäftigung verbundener Vorteile nicht unkritisch gesehen wurde(vgl. BT-Drucks. 16/1780 S. 36) und im Schrifttum nicht nur vereinzelt die Unwirksamkeit des § 26 Abs. 1 Satz 2 TVöD wegen Verstoßes gegen das Verbot der Altersdiskriminierung angenommen wurde (vgl. Fieberg in Fürst GKÖD Bd. IV E § 26 TVöD Rn. 22 mwN; Kamanabrou NZA Beilage 3/2006, 138, 144; Hock/Kramer/Schwerdtle ZTR 2006, 622, 623 mwN; so bereits zu § 48 Abs. 1 BAT: Lüderitz Altersdiskriminierung durch Altersgrenzen S. 156).

33

6. Die Klägerin hat Anspruch auf Ersatzurlaub gemäß § 280 Abs. 1, § 286 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 3, § 287 Satz 2, § 249 Abs. 1 BGB. Die Resturlaubsansprüche für die Jahre 2008 und 2009 waren mangels Vorliegens eines Übertragungsgrundes nach § 26 Abs. 1 Satz 6 TVöD iVm. § 7 Abs. 3 Satz 1 BUrlG zum 31. Dezember des jeweiligen Jahres verfallen. Diesen Untergang hat der Beklagte zu vertreten, weil er sich mit der Gewährung des Urlaubs in Verzug befand.

34

a) Die tatbestandlichen Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruchs aus Verzug gemäß § 280 Abs. 1, § 286 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 3, § 287 Satz 2, § 249 Abs. 1 BGB liegen vor. Die Klägerin hatte in den Jahren 2008 und 2009 Anspruch auf jeweils 30 Urlaubstage. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts wandelt sich der Urlaubsanspruch in einen Schadensersatzanspruch um, der auf Gewährung von Ersatzurlaub als Naturalrestitution gerichtet ist, wenn der Arbeitgeber den rechtzeitig verlangten Urlaub nicht gewährt und der Urlaub aufgrund seiner Befristung verfällt ( BAG 11. April 2006 - 9 AZR 523/05  - Rn. 24, AP BUrlG § 7 Übertragung Nr. 28 = EzA BUrlG § 7 Nr. 116).

35

b) Die Klägerin machte mit Schreiben vom 5. November 2008 unter der Überschrift „Geltendmachung von Urlaubsansprüchen“ Urlaub in Höhe von 30 Tagen nach dem TVöD geltend und bat zudem, den Urlaubsanspruch auch für die Zukunft entsprechend anzupassen. Dahingestellt bleiben kann, ob dies schon ein konkretes Verlangen beinhaltet hat, den Urlaub in den Jahren 2008 und 2009 zu gewähren. Nach der Rechtsprechung des Senats ist hierfür zumindest erforderlich, dass der Arbeitgeber nach den Grundsätzen des § 133 BGB davon ausgehen muss, der Arbeitnehmer wünsche ab einem bestimmten Zeitpunkt Erholungsurlaub(vgl. BAG 17. November 2009 - 9 AZR 745/08 - Rn. 45; 11. April 2006 -  9 AZR 523/05  - Rn. 28, AP BUrlG § 7 Übertragung Nr. 28 = EzA BUrlG § 7 Nr. 116). Maßgebend ist, dass der Beklagte mit Schreiben vom 28. November 2008 erklärt hat, er lehne den Antrag auf Verlängerung des Urlaubs „auf 30 Tage vor Erreichen des 41. Lebensjahres“ ab, weil der Klägerin nach dem für ihn verbindlichen § 26 Abs. 1 TVöD derzeit nur 29 Urlaubstage zustünden. Aus objektiver Empfängersicht lag darin eine ernsthafte und endgültige Erfüllungsverweigerung des Beklagten als Schuldner des Urlaubsanspruchs, die gemäß § 286 Abs. 2 Nr. 3 BGB eine Mahnung der Klägerin entbehrlich machte(vgl. BAG 31. Januar 1991 - 8 AZR 462/89  - zu II der Gründe). Denn der Beklagte gab mit diesem Schreiben vor Ablauf des Urlaubsjahres 2008 klar zu erkennen, dass er nicht bereit sei, im laufenden Jahr mehr als 29 Tage Urlaub zu gewähren. Hinsichtlich des weiteren Urlaubstags für das Jahr 2009 folgt der Verzug des Beklagten zudem daraus, dass er jedenfalls mit dem Antrag auf Klageabweisung vom 24. April 2009 und somit vor Ablauf des Urlaubsjahres 2009 zu erkennen gegeben hat, den weiteren Urlaubstag auch im Jahr 2009 nicht gewähren zu wollen. Darin lag ebenso seine ernsthafte und endgültige Erfüllungsverweigerung als Schuldner des Urlaubsanspruchs, die gemäß § 286 Abs. 2 Nr. 3 BGB eine Mahnung der Klägerin ebenfalls entbehrlich machte(vgl. BAG 17. Mai 2011 - 9 AZR 197/10 - Rn. 14, EzA TVG § 4 Metallindustrie Nr. 138; 31. Januar 1991 - 8 AZR 462/89  - zu II der Gründe).

36

B. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 Satz 1, § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Brühler    

        

    Brühler    

        

    Krasshöfer    

        

        

        

    Preuß    

        

    Neumann-Redlin    

        

        

Ungeachtet des § 8 ist eine unterschiedliche Behandlung wegen des Alters auch zulässig, wenn sie objektiv und angemessen und durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt ist. Die Mittel zur Erreichung dieses Ziels müssen angemessen und erforderlich sein. Derartige unterschiedliche Behandlungen können insbesondere Folgendes einschließen:

1.
die Festlegung besonderer Bedingungen für den Zugang zur Beschäftigung und zur beruflichen Bildung sowie besonderer Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen, einschließlich der Bedingungen für Entlohnung und Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses, um die berufliche Eingliederung von Jugendlichen, älteren Beschäftigten und Personen mit Fürsorgepflichten zu fördern oder ihren Schutz sicherzustellen,
2.
die Festlegung von Mindestanforderungen an das Alter, die Berufserfahrung oder das Dienstalter für den Zugang zur Beschäftigung oder für bestimmte mit der Beschäftigung verbundene Vorteile,
3.
die Festsetzung eines Höchstalters für die Einstellung auf Grund der spezifischen Ausbildungsanforderungen eines bestimmten Arbeitsplatzes oder auf Grund der Notwendigkeit einer angemessenen Beschäftigungszeit vor dem Eintritt in den Ruhestand,
4.
die Festsetzung von Altersgrenzen bei den betrieblichen Systemen der sozialen Sicherheit als Voraussetzung für die Mitgliedschaft oder den Bezug von Altersrente oder von Leistungen bei Invalidität einschließlich der Festsetzung unterschiedlicher Altersgrenzen im Rahmen dieser Systeme für bestimmte Beschäftigte oder Gruppen von Beschäftigten und die Verwendung von Alterskriterien im Rahmen dieser Systeme für versicherungsmathematische Berechnungen,
5.
eine Vereinbarung, die die Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses ohne Kündigung zu einem Zeitpunkt vorsieht, zu dem der oder die Beschäftigte eine Rente wegen Alters beantragen kann; § 41 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch bleibt unberührt,
6.
Differenzierungen von Leistungen in Sozialplänen im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes, wenn die Parteien eine nach Alter oder Betriebszugehörigkeit gestaffelte Abfindungsregelung geschaffen haben, in der die wesentlich vom Alter abhängenden Chancen auf dem Arbeitsmarkt durch eine verhältnismäßig starke Betonung des Lebensalters erkennbar berücksichtigt worden sind, oder Beschäftigte von den Leistungen des Sozialplans ausgeschlossen haben, die wirtschaftlich abgesichert sind, weil sie, gegebenenfalls nach Bezug von Arbeitslosengeld, rentenberechtigt sind.

(1) Kraft des Schuldverhältnisses ist der Gläubiger berechtigt, von dem Schuldner eine Leistung zu fordern. Die Leistung kann auch in einem Unterlassen bestehen.

(2) Das Schuldverhältnis kann nach seinem Inhalt jeden Teil zur Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils verpflichten.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.

(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.

Ungeachtet des § 8 ist eine unterschiedliche Behandlung wegen des Alters auch zulässig, wenn sie objektiv und angemessen und durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt ist. Die Mittel zur Erreichung dieses Ziels müssen angemessen und erforderlich sein. Derartige unterschiedliche Behandlungen können insbesondere Folgendes einschließen:

1.
die Festlegung besonderer Bedingungen für den Zugang zur Beschäftigung und zur beruflichen Bildung sowie besonderer Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen, einschließlich der Bedingungen für Entlohnung und Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses, um die berufliche Eingliederung von Jugendlichen, älteren Beschäftigten und Personen mit Fürsorgepflichten zu fördern oder ihren Schutz sicherzustellen,
2.
die Festlegung von Mindestanforderungen an das Alter, die Berufserfahrung oder das Dienstalter für den Zugang zur Beschäftigung oder für bestimmte mit der Beschäftigung verbundene Vorteile,
3.
die Festsetzung eines Höchstalters für die Einstellung auf Grund der spezifischen Ausbildungsanforderungen eines bestimmten Arbeitsplatzes oder auf Grund der Notwendigkeit einer angemessenen Beschäftigungszeit vor dem Eintritt in den Ruhestand,
4.
die Festsetzung von Altersgrenzen bei den betrieblichen Systemen der sozialen Sicherheit als Voraussetzung für die Mitgliedschaft oder den Bezug von Altersrente oder von Leistungen bei Invalidität einschließlich der Festsetzung unterschiedlicher Altersgrenzen im Rahmen dieser Systeme für bestimmte Beschäftigte oder Gruppen von Beschäftigten und die Verwendung von Alterskriterien im Rahmen dieser Systeme für versicherungsmathematische Berechnungen,
5.
eine Vereinbarung, die die Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses ohne Kündigung zu einem Zeitpunkt vorsieht, zu dem der oder die Beschäftigte eine Rente wegen Alters beantragen kann; § 41 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch bleibt unberührt,
6.
Differenzierungen von Leistungen in Sozialplänen im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes, wenn die Parteien eine nach Alter oder Betriebszugehörigkeit gestaffelte Abfindungsregelung geschaffen haben, in der die wesentlich vom Alter abhängenden Chancen auf dem Arbeitsmarkt durch eine verhältnismäßig starke Betonung des Lebensalters erkennbar berücksichtigt worden sind, oder Beschäftigte von den Leistungen des Sozialplans ausgeschlossen haben, die wirtschaftlich abgesichert sind, weil sie, gegebenenfalls nach Bezug von Arbeitslosengeld, rentenberechtigt sind.

Menschen mit Behinderungen haben Anspruch auf Übergangsgeld, wenn

1.
die Voraussetzung der Vorbeschäftigungszeit für das Übergangsgeld erfüllt ist und
2.
sie an einer Maßnahme der Berufsausbildung, der Berufsvorbereitung einschließlich einer wegen der Behinderung erforderlichen Grundausbildung, der individuellen betrieblichen Qualifizierung im Rahmen der Unterstützten Beschäftigung nach § 55 des Neunten Buches, einer Maßnahme im Eingangsverfahren oder Berufsbildungsbereich einer Werkstatt für behinderte Menschen oder bei einem anderen Leistungsanbieter nach § 60 des Neunten Buches oder an einer Maßnahme der beruflichen Weiterbildung teilnehmen, für die die besonderen Leistungen erbracht werden.
Im Übrigen gelten die Vorschriften des Kapitels 11 des Teils 1 des Neunten Buches, soweit in diesem Buch nichts Abweichendes bestimmt ist. Besteht bei Teilnahme an einer Maßnahme, für die die allgemeinen Leistungen erbracht werden, kein Anspruch auf Arbeitslosengeld bei beruflicher Weiterbildung, erhalten Menschen mit Behinderungen Übergangsgeld in Höhe des Arbeitslosengeldes, wenn sie bei Teilnahme an einer Maßnahme, für die die besonderen Leistungen erbracht werden, Übergangsgeld erhalten würden.

(1) Die Befristung eines Arbeitsvertrages ist zulässig, wenn sie durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt ist. Ein sachlicher Grund liegt insbesondere vor, wenn

1.
der betriebliche Bedarf an der Arbeitsleistung nur vorübergehend besteht,
2.
die Befristung im Anschluss an eine Ausbildung oder ein Studium erfolgt, um den Übergang des Arbeitnehmers in eine Anschlussbeschäftigung zu erleichtern,
3.
der Arbeitnehmer zur Vertretung eines anderen Arbeitnehmers beschäftigt wird,
4.
die Eigenart der Arbeitsleistung die Befristung rechtfertigt,
5.
die Befristung zur Erprobung erfolgt,
6.
in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe die Befristung rechtfertigen,
7.
der Arbeitnehmer aus Haushaltsmitteln vergütet wird, die haushaltsrechtlich für eine befristete Beschäftigung bestimmt sind, und er entsprechend beschäftigt wird oder
8.
die Befristung auf einem gerichtlichen Vergleich beruht.

(2) Die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrages ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes ist bis zur Dauer von zwei Jahren zulässig; bis zu dieser Gesamtdauer von zwei Jahren ist auch die höchstens dreimalige Verlängerung eines kalendermäßig befristeten Arbeitsvertrages zulässig. Eine Befristung nach Satz 1 ist nicht zulässig, wenn mit demselben Arbeitgeber bereits zuvor ein befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis bestanden hat. Durch Tarifvertrag kann die Anzahl der Verlängerungen oder die Höchstdauer der Befristung abweichend von Satz 1 festgelegt werden. Im Geltungsbereich eines solchen Tarifvertrages können nicht tarifgebundene Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Anwendung der tariflichen Regelungen vereinbaren.

(2a) In den ersten vier Jahren nach der Gründung eines Unternehmens ist die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrages ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes bis zur Dauer von vier Jahren zulässig; bis zu dieser Gesamtdauer von vier Jahren ist auch die mehrfache Verlängerung eines kalendermäßig befristeten Arbeitsvertrages zulässig. Dies gilt nicht für Neugründungen im Zusammenhang mit der rechtlichen Umstrukturierung von Unternehmen und Konzernen. Maßgebend für den Zeitpunkt der Gründung des Unternehmens ist die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit, die nach § 138 der Abgabenordnung der Gemeinde oder dem Finanzamt mitzuteilen ist. Auf die Befristung eines Arbeitsvertrages nach Satz 1 findet Absatz 2 Satz 2 bis 4 entsprechende Anwendung.

(3) Die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrages ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes ist bis zu einer Dauer von fünf Jahren zulässig, wenn der Arbeitnehmer bei Beginn des befristeten Arbeitsverhältnisses das 52. Lebensjahr vollendet hat und unmittelbar vor Beginn des befristeten Arbeitsverhältnisses mindestens vier Monate beschäftigungslos im Sinne des § 138 Absatz 1 Nummer 1 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch gewesen ist, Transferkurzarbeitergeld bezogen oder an einer öffentlich geförderten Beschäftigungsmaßnahme nach dem Zweiten oder Dritten Buch Sozialgesetzbuch teilgenommen hat. Bis zu der Gesamtdauer von fünf Jahren ist auch die mehrfache Verlängerung des Arbeitsvertrages zulässig.

(4) Die Befristung eines Arbeitsvertrages bedarf zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform.

Tenor

1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 29. Mai 2008 - 19 Sa 69/07 - aufgehoben.

2. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Mannheim vom 18. Oktober 2007, ausgefertigt unter dem 13. September 2007, - 3 Ca 175/07 - abgeändert:

Es wird festgestellt, dass dem Kläger für die Jahre 2006 und 2007 jeweils drei Arbeitstage Zusatzurlaub zustehen.

3. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Fortgeltung der tariflichen Zusatzurlaubsregelung wegen verminderter Erwerbsfähigkeit nach § 5 Abs. 1 des Bezirkszusatztarifvertrages Nr. 2 zum BMT-G II vom 29. November 1974 über die Erhaltung von Besitzständen gemäß § 68 Abs. 2 BMT-G in der Fassung des 2. Änderungstarifvertrages vom 22. März 1991(nachfolgend BZTV Nr. 2), der zwischen dem Kommunalen Arbeitgeberverband Baden-Württemberg e.V. (KAV) und der Gewerkschaft Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr (ÖTV) abgeschlossen wurde.

2

Der Kläger, dessen Behinderung mit einem Grad von 40 anerkannt wurde, ist Mitglied der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft(ver.di) und seit dem 10. November 1980 bei der Beklagten als Kraftfahrer zuletzt im Eigenbetrieb für Abfallwirtschaft und Stadtreinigung beschäftigt. Die Beklagte ist Mitglied im KAV, der wiederum Mitglied der Vereinigung kommunaler Arbeitgeberverbände (VKA) ist.

3

Bis zum Ende des Jahres 2005 gewährte die Beklagte dem Kläger auf der Grundlage von § 5 BZTV Nr. 2 jährlich drei Zusatzurlaubstage. Diese Vorschrift hat folgenden Wortlaut:

        

„Zu § 42 BMT-G

        

Zusatzurlaub für anerkannte Opfer des Nationalsozialismus sowie für Erwerbsbeschränkte mit einer Minderung der Erwerbsfähigkeit um mindestens 30 v.H.

        

(1)

Für die Bewilligung von Zusatzurlaub für

                 

a)   

anerkannte Opfer des Nationalsozialismus,

                 

b)   

Erwerbsbeschränkte mit einer Minderung der Erwerbsfähigkeit um mindestens 30 v.H.

                 

gelten die Vorschriften und Bestimmungen für die Beamten des Arbeitgebers. Sind Beamte bei dem Arbeitgeber nicht beschäftigt, so gelten die landesrechtlichen Vorschriften und Bestimmungen für Gemeindebeamte.

        

(2)

...“

4

Zum Geltungsbereich des BZTV Nr. 2 bestimmt sein § 1:

        

„(1)

Der räumliche Geltungsbereich dieses Tarifvertrages erstreckt sich auf das gemeinsame Tarifgebiet des (…) KAV Baden-Württemberg (…) und der Gewerkschaft (…) ÖTV Baden-Württemberg.

        

(2)

In den betrieblichen und fachlichen Geltungsbereich dieses Tarifvertrages sind die unter den BMT-G fallenden Verwaltungen und Betriebe der Mitglieder des KAV Baden-Württemberg einbezogen, soweit sich aus einzelnen Vorschriften dieses Tarifvertrages nichts anderes ergibt.

                 

...“

5

In § 23 der zum 1. Januar 2006 in Kraft getretenen Verordnung der Landesregierung Baden-Württemberg über die Arbeitszeit, den Urlaub, den Mutterschutz, die Elternzeit und den Arbeitsschutz der Beamtinnen, Beamten, Richterinnen und Richter vom 29. November 2005 (Arbeitszeit- und Urlaubsverordnung - AzUVO -, GBl. 2005, 716) ist bestimmt:

        

„Zusatzurlaub in sonstigen Fällen

        

(1)

Einen Zusatzurlaub von drei Arbeitstagen erhalten Beamtinnen und Beamte,

                 

1.   

deren Grad der Behinderung weniger als 50, aber mindestens 30 oder

                 

2.   

deren Minderung der Erwerbsfähigkeit weniger als 50 v.H., aber mindestens 25 v.H.

        

beträgt. …

        

…“   

6

Zum 1. Oktober 2005 sind die Neuregelungen des Tarifvertrages für den öffentlichen Dienst vom 13. September 2005 (TVöD) wirksam geworden. Zur Überleitung in diesen Tarifvertrag hatte die VKA, mit der Gewerkschaft ver.di den Tarifvertrag zur Überleitung der Beschäftigten der kommunalen Arbeitgeber in den TVöD und zur Regelung des Übergangsrechts vom 13. September 2005 (TVÜ-VKA) geschlossen. In § 2 TVÜ-VKA heißt es:

        

„Ablösung der bisherigen Tarifverträge durch den TVöD

        

(1)

Der TVöD ersetzt in Verbindung mit diesem Tarifvertrag bei tarifgebundenen Arbeitgebern, die Mitglied eines Mitgliedverbandes der VKA sind, den

                 

-       

Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) vom 23. Februar 1961,

                 

-       

Tarifvertrag zur Anpassung des Tarifrechts - Manteltarifliche Vorschriften - (BAT-O) vom 10. Dezember 1990,

                 

-       

Tarifvertrag zur Anpassung des Tarifrechts - Manteltarifliche Vorschriften - (BAT-Ostdeutsche Sparkassen) vom 21. Januar 1991,

                 

-       

Bundesmanteltarifvertrag für Arbeiter gemeindlicher Verwaltungen und Betriebe - BMT-G II - vom 31. Januar 1962,

                 

-       

Tarifvertrag zur Anpassung des Tarifrechts - Manteltarifliche Vorschriften für Arbeiter gemeindlicher Verwaltungen und Betriebe - (BMT-G-O) vom 10. Dezember 1990,

                 

-       

Tarifvertrag über die Anwendung von Tarifverträgen auf Arbeiter (TV Arbeiter-Ostdeutsche Sparkassen) vom 25. Oktober 1990

        

sowie die diese Tarifverträge ergänzenden Tarifverträge der VKA, soweit in diesem Tarifvertrag oder im TVöD nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt ist. Die Ersetzung erfolgt mit Wirkung vom 1. Oktober 2005, soweit kein abweichender Termin bestimmt ist.

        

Protokollerklärung zu Abs. 1:

        

Von der ersetzenden Wirkung werden von der VKA abgeschlossene ergänzende Tarifverträge nicht erfasst, soweit diese anstelle landesbezirklicher Regelungen vereinbart sind.

        

…       

        

(2)

Die von den Mitgliedverbänden der VKA abgeschlossenen Tarifverträge sind durch die landesbezirklichen Tarifvertragsparteien hinsichtlich ihrer Weitergeltung zu prüfen und bei Bedarf bis zum 31. Dezember 2006 an den TVöD anzupassen; die landesbezirklichen Tarifvertragsparteien können diese Frist verlängern. Das Recht zur Kündigung der in Satz 1 genannten Tarifverträge bleibt unberührt.

        

Protokollerklärung zu Abs. 2:

        

Entsprechendes gilt hinsichtlich der von der VKA abgeschlossenen Tarifverträge, soweit diese anstelle landesbezirklicher Regelungen vereinbart sind.

        

...“

7

Der KAV und die Rechtsnachfolgerin der Gewerkschaft ÖTV, die Gewerkschaft ver.di, haben durch den Landesbezirklichen Tarifvertrag zur Verlängerung der Frist des § 2 Abs. 2 des Tarifvertrages zur Überleitung der Beschäftigten der kommunalen Arbeitgeber in den TVöD und zur Regelung des Übergangsrechts vom 13. September 2005(TVÜ-VKA) vom 20. November 2006 die Frist des § 2 Abs. 2 TVÜ-VKA bis zum 31. Dezember 2007 verlängert.

8

Der Kläger verlangte von der Beklagten mit Schreiben vom 14. Dezember 2006 erfolglos, ihm drei Zusatzurlaubstage zu gewähren. Mit Zustellung vom 12. Juni 2007 erhob er die vorliegende Klage, mit der er zudem die Gewährung von weiteren drei Zusatzurlaubstagen für das Jahr 2007 verlangt. Ab dem 30. Mai 2007 war der Kläger fortdauernd krankheitsbedingt arbeitsunfähig, wobei im Zeitraum vom 14. Januar bis zum 1. Februar 2007 eine Maßnahme der Wiedereingliederung mit vier Stunden täglich stattfand. Seit dem 4. Februar 2008 ist der Kläger wieder arbeitsfähig.

9

Er hat die Ansicht vertreten, die Beklagte sei auch nach Inkrafttreten von TVöD und TVÜ-VKA noch an den BZTV Nr. 2 gebunden. Dieser Tarifvertrag sei nicht durch das neue Tarifrecht abgelöst worden. Dies ergebe sich aus dem Inhalt und der Entstehungsgeschichte des § 2 Abs. 2 TVÜ-VKA. Die Beklagte habe aufgrund des zwischenzeitlich eingetretenen Zeitablaufs für den zu Unrecht verweigerten Urlaub Ersatz zu gewähren.

10

Der Kläger hat zuletzt beantragt

        

festzustellen, dass dem Kläger für die Jahre 2006 und 2007 jeweils drei Tage Sonderurlaub zustehen.

11

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie ist der Auffassung, die Zusatzurlaubsregelungen des § 27 TVöD seien für das seit dem 1. Oktober 2005 geltende neue Tarifrecht abschließend. Eine Öffnungsklausel für Bezirkstarifverträge enthalte der TVöD nicht. Auch sei keine Besitzstandsklausel für ehemalige landesbezirkliche Tarifverträge im TVÜ-VKA enthalten. § 2 Abs. 2 TVÜ-VKA erteile den Tarifparteien auf landesbezirklicher Ebene lediglich einen Prüfauftrag.

12

Das Arbeitsgericht wie auch das Landesarbeitsgericht haben die Klage abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter, während die Beklagte die Zurückweisung der Revision beantragt.

Entscheidungsgründe

13

Die Revision ist begründet. Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts hat der Kläger den geltend gemachten Anspruch aus § 280 BGB iVm. § 5 BZTV Nr. 2.

14

I. Die Klage ist zulässig.

15

1. Der gestellte Antrag bedarf allerdings der - auch durch das Revisionsgericht noch vorzunehmenden(vgl. BAG 20. Mai 2009 - 4 AZR 230/08 - Rn. 19 mwN) - Auslegung, weil er allein nach Maßgabe seines Wortlauts zu unbestimmt wäre. Wie sich aus der Klagebegründung ergibt, geht es dem Kläger um Urlaub nach § 5 BZTV Nr. 2 iVm. § 23 AzUVO. Die hiernach mögliche Urlaubsgewährung umfasst „Arbeitstage“ und ist Arbeitsbefreiung in Form von Zusatzurlaub iSv. § 42 BMT-G II bzw. § 27 TVöD. Ausgelegt mit der Maßgabe, dass der Antrag in der Sache auf „drei Arbeitstage Zusatzurlaub“ gerichtet ist, ist er zulässig (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO).

16

2. Der Kläger erstrebt auch nicht die - unzulässige - Feststellung eines vergangenen Rechtsverhältnisses, sondern verfolgt die Durchsetzung von Ansprüchen auf Schadensersatz wegen des mit dem Ende des Urlaubsjahres und der anschließenden Übertragungszeit untergegangenen Erfüllungsanspruchs(vgl. BAG 8. Mai 2001 - 9 AZR 240/00 - zu I der Gründe, AP TVG § 1 Tarifverträge: Blumenbinder Nr. 1 = EzA BUrlG § 3 Nr. 22; 19. November 1996 - 9 AZR 712/95 - zu I 1 der Gründe, AP TVG § 1 Tarifverträge: Krankenanstalten Nr. 1 = EzA TVG § 4 Privatkrankenanstalten Nr. 1). Der Feststellungsantrag ist dabei geeignet, den zwischen den Parteien seit dem Jahr 2006 bestehenden Streit über die Frage des fortbestehenden Zusatzurlaubsrechts einfach, sachgemäß und unter Erledigung sämtlicher offener Streitpunkte zu klären.

17

II. Die Klage ist begründet. Der Kläger hatte nach § 5 BZTV Nr. 2 iVm. § 23 AzUVO jeweils drei Arbeitstage Zusatzurlaub für die Jahre 2006 und 2007, den er nach Ablauf der jeweiligen Übertragungszeiträume im Wege des Schadensersatzes (§ 280 BGB) als Ersatzurlaub beanspruchen kann.

18

1. Der BZTV Nr. 2 ist für die Jahre 2006 und 2007 auf das Arbeitsverhältnis der Parteien anzuwenden. Er wurde weder durch die neu abgeschlossenen Tarifverträge im öffentlichen Dienst (hier TVöD, TVÜ-VKA) abgelöst, noch wurde er gekündigt oder auf andere Weise seines Geltungsgrundes enthoben.

19

a) Die Regelung des § 5 BZTV Nr. 2 wurde nicht durch die Neuordnung des Tarifrechts im öffentlichen Dienst zum 1. Oktober 2005 abgelöst.

20

aa) Regelt ein Tarifvertrag einen bestimmten Komplex von Arbeitsbedingungen insgesamt neu, ersetzt er nach dem Ablösungsprinzip den vorangehenden Tarifvertrag insoweit grundsätzlich insgesamt. Dieser Grundsatz gilt für aufeinanderfolgende Tarifregeln derselben Normgeber und damit grundsätzlich auch für die vorliegende Fallkonstellation. Tarifpartner des BZTV Nr. 2 waren die Gewerkschaft ÖTV und der der VKA angehörende KAV, also dieselben Tarifvertragsparteien oder ihre Rechtsvorgänger - die Gewerkschaft ÖTV anstelle der Gewerkschaft ver.di -, die den TVöD und den TVÜ-VKA geschlossen haben(vgl. BAG 17. Juli 2007 - 9 AZR 1089/06 - Rn. 13, ZTR 2008, 161).

21

Die Tarifvertragsparteien können aber abweichend von diesem Grundsatz vereinbaren, dass trotz der von ihnen geschaffenen Neuregelung bisher geltende Bestimmungen weiter gelten sollen. In diesem Fall löst der neue Tarifvertrag die alte Ordnung nur in dem tarifautonom festgelegten Umfang ab(vgl. ua. BAG 30. Januar 2002 - 10 AZR 359/01 - zu II 1 der Gründe, EzA TVG § 4 Ablösungsprinzip Nr. 2; 6. Juni 2007 - 4 AZR 382/06 - Rn. 18 mwN, EzA TVG § 4 Luftfahrt Nr. 15; 21. Oktober 2009 - 4 AZR 477/08 - Rn. 29).

22

bb) Hiervon ausgehend haben, wie das Landesarbeitsgericht insoweit zu Recht angenommen hat, der TVöD-VKA und TVÜ-VKA § 5 BZTV Nr. 2 nicht abgelöst. Die Tarifvertragsparteien dieser Tarifverträge haben vielmehr vereinbart, dass die bisher geltende landesbezirkliche Regelung über den Zusatzurlaub nicht durch die Neuregelung des Tarifvertragsrechts im öffentlichen Dienst abgelöst werden soll, sondern weitergilt. Insbesondere aus § 2 Abs. 2 iVm. § 2 Abs. 1 TVÜ-VKA folgt, dass die Tarifvertragsparteien landesbezirkliche Tarifverträge wie den BZTV Nr. 2 jedenfalls soweit bewusst von der ablösenden Wirkung des TVÜ-VKA und des TVöD ausgenommen haben, als sie nicht in Widerspruch zum Regelungsgehalt des TVöD stehen.

23

(1) Eine Ablösung des BZTV Nr. 2 ergibt sich nicht aus § 2 Abs. 1 Satz 1 4. Spiegelstrich TVÜ-VKA.

24

Danach ersetzen der TVöD und der TVÜ-VKA den BMT-G II und die diesen ergänzenden Tarifverträge der VKA. Davon ist der BZTV Nr. 2 nicht betroffen. Er ist weder Bestandteil des BMT-G II, noch ein ergänzender Tarifvertrag der VKA und wurde nicht von dieser geschlossen, sondern von einem der tariffähigen Mitgliedsverbände der VKA im Rahmen seiner Tarifzuständigkeit. Nach dem eindeutigen Wortlaut von § 2 Abs. 1 TVÜ-VKA ist es ausgeschlossen, dessen Ersetzungsanordnung auf ergänzende Tarifverträge der einzelnen Mitgliedsverbände zu beziehen. Zudem zeigt die Protokollerklärung zu § 2 Abs. 1 TVÜ-VKA, nach der sogar ergänzende Tarifverträge der VKA, die anstelle von landesbezirklichen Tarifverträgen stehen, von der ersetzenden Wirkung ausgenommen bleiben, dass landesbezirksbezogene Regelungen, selbst wenn sie nicht von den landesbezirklichen Tarifvertragsparteien selbst vereinbart worden sind, der generellen Ablösung nach § 2 Abs. 1 Satz 1 4. Spiegelstrich TVÜ-VKA nicht unterfallen sollen.

25

(2) Aus § 2 Abs. 2 TVÜ-VKA ergibt sich vielmehr die Weitergeltung des BZTV Nr. 2.

26

§ 2 TVÜ-VKA enthält neben der Auflistung der Tarifverträge, die durch den TVöD ersetzt werden(§ 2 Abs. 1 TVÜ-VKA), in Abs. 2 eine eigenständige Regelung hinsichtlich der Weitergeltung der von den Mitgliedsverbänden der VKA - wozu der KAV gehört - abgeschlossenen Tarifverträge. Diese landesbezirklichen Regelungen sind nach dem Willen der Tarifvertragsparteien des TVÜ-VKA durch die landesbezirklichen Tarifvertragsparteien hinsichtlich ihrer Weitergeltung zu prüfen und bei Bedarf anzupassen. Damit haben die tarifschließenden Parteien des TVÜ-VKA die landesbezirklichen Tarifverträge nicht abgelöst. Das gilt zumindest, soweit sie nicht im Widerspruch zum Regelungsgehalt des TVöD stehen. Aus der in § 2 Abs. 2 TVÜ-VKA gesetzten Frist „bis zum 31. Dezember 2006“ und der diesbezüglichen Verlängerungsmöglichkeit folgt nichts anderes.

27

(a) Aus dem Wortlaut von § 2 Abs. 2 Satz 1 TVÜ-VKA folgt zunächst, dass die tarifschließenden Parteien des TVÜ-VKA landesbezirkliche Tarifverträge nicht selbst abgelöst und auch keine dahingehende pauschale Automatik vereinbart haben(im Ergebnis ebenso Winter in Bepler/Böhle/Meerkamp/Stöhr TVöD § 2 TVÜ-VKA Rn. 3; Litschen in Adam/ua. Das Tarifrecht der Beschäftigten im öffentlichen Dienst § 2 TVÜ-VKA Rn. 7; Brennecker/Hock TVöD 105 Gruppe 3 S. 17). Landesbezirkliche Tarifverträge, von denen eine Vielzahl existiert (Brennecker/Hock TVöD 105 Gruppe 3 S. 17), sind Tarifverträge, die mit einem kommunalen Arbeitgeberverband mit Wirkung nur für die eigenen Verbandsmitglieder abgeschlossen worden sind (vgl. auch Litschen in Adam/ua. Das Tarifrecht der Beschäftigten im öffentlichen Dienst § 2 TVÜ-VKA Rn. 7). Sie enthalten spezielle Regelungen in Ergänzung zu den zum Zeitpunkt ihres Abschlusses geltenden Manteltarifverträgen. Den Parteien der landesbezirklichen Tarifverträge wird überlassen, selbst zu prüfen, ob und inwieweit das von ihnen vereinbarte und durch den TVöD iVm. dem TVÜ-VKA nicht abgelöste Tarifrecht weitergelten, also in Kraft bleiben soll. Ihnen obliegt es, diese bei Bedarf selbst an das neue Tarifwerk anzupassen, beispielsweise redaktionell durch anknüpfende Bezugnahme auf den neuen statt auf die bisherigen Manteltarifverträge.

28

(b) Auch § 2 Abs. 2 Satz 2 TVÜ-VKA zeigt, dass die tarifschließenden Parteien des TVÜ-VKA die Handlungsbefugnis der landesbezirklichen Tarifvertragsparteien hinsichtlich der Weitergeltung der landesbezirklichen Regelungen nicht einschränken wollten. Denn soweit die landesbezirklichen Tarifvertragsparteien sich nicht im Sinne von § 2 Abs. 2 Satz 1 TVÜ-VKA auf dem Verhandlungsweg einigen und gemeinsam tätig werden, stellt § 2 Abs. 2 Satz 2 TVÜ-VKA klar, dass das Recht zur Kündigung durch jede von ihnen unberührt bleibt. Dies ergibt nur dann einen Sinn, wenn die landesbezirklichen Regelungen zur Beendigung ihrer Geltung überhaupt gekündigt werden müssen, bis dahin also noch gelten.

29

(c) Die in § 2 Abs. 2 Satz 1 TVÜ-VKA gesetzte Frist „bis zum 31. Dezember 2006“ und deren Verlängerungsmöglichkeit führt zu keinem anderen Ergebnis. Beides beinhaltet lediglich einen schuldrechtlichen Appell an die Tarifvertragsparteien. Für den Fall eines fruchtlosen Verstreichens der Fristen sind nach dem Wortlaut der Regelung - die in diesem Zusammenhang schweigt -, keine Folgen vorgesehen(vgl. auch Brennecker/Hock TVöD 105 Gruppe 3 S. 17; Winter in Bepler/Böhle/Meerkamp/Stöhr TVöD § 2 TVÜ-VKA Rn. 1 und 3; Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese TVÜ-Bund/TVÜ-VKA Stand Juli 2006 Rn. 14).

30

Der Appellcharakter der Fristsetzung zeigt sich auch deutlich am Unterschied zu der nicht verabschiedeten Entwurfsfassung vom 1. Juni 2005 zu § 2 Abs. 2 TVÜ-VKA(vgl. auch Brennecker/Hock TVöD 105 Gruppe 3 S. 17). Darin heißt es:

        

„(2)

Die von den Mitgliedsverbänden der VKA abgeschlossenen Tarifverträge sind durch die landesbezirklichen Tarifvertragsparteien hinsichtlich ihrer Weitergeltung zu prüfen und bei Bedarf an den TVöD anzupassen, sofern nicht in diesem Tarifvertrag (TVÜ) ihre vorübergehende Weitergeltung ausdrücklich bestimmt ist. Soweit nicht bis zum 31. Dezember 2006 anders vereinbart, ersetzt der TVöD auch diese Tarifverträge ab dem 1. Januar 2007. Die landesbezirklichen Tarifvertragsparteien können die Frist nach Satz 2 verlängern.

                 

Protokollerklärung zu § 2 Abs. 2:

                 

Entsprechendes gilt hinsichtlich der von der VKA abgeschlossenen Tarifverträge, soweit diese anstelle landesbezirklicher Regelungen vereinbart sind.“

31

Danach war in Satz 2 eine Ablösungsautomatik bei fruchtlosem Fristablauf vorgesehen, die jedoch nicht vereinbart worden ist, also nicht dem übereinstimmenden Willen der Tarifvertragsparteien entspricht. Dabei kann dahinstehen, ob ungeachtet des geänderten Wortlauts des § 2 Abs. 2 TVÜ-VKA bei landesbezirklichen Regelungen, die noch nach dem 1. Januar 2007 im Widerspruch zum Regelungsgehalt des TVöD standen, seither der TVöD gilt(dazu auch BAG 17. Dezember 2009 - 6 AZR 729/08 - Rn. 29, ZTR 2010, 192). Denn selbst im Falle eines Widerspruchs (der hier nicht gegeben ist, vgl. dazu unten unter [3]) haben die bezirklichen Tarifvertragsparteien einvernehmlich bis zum 31. Dezember 2007 - also bis zum Ende des Streitzeitraums - die ursprüngliche Überprüfungsfrist, die am 31. Dezember 2006 abgelaufen wäre, verlängert.

32

(d) Auch der Regelungszusammenhang von § 2 Abs. 2 TVÜ-VKA im Gesamtgefüge des § 2 TVÜ-VKA unterstreicht, dass die Tarifparteien keine eigene, ablösende Geltungsregelung für landesbezirkliche Tarifverträge schaffen, sondern diese vielmehr weiter gelten lassen wollten. In § 2 Abs. 1 TVÜ-VKA finden sich die konkreten Fälle, in denen die Neuregelungen an die Stelle bisher geltender Tarifverträge treten sollen. In § 2 Abs. 2 bis 6 TVÜ-VKA sind die Ausnahmen hiervon behandelt(Breier/Dassau/Kiefer/Lang/Langenbrinck TVöD § 2 TVÜ-VKA Rn. 2, 9 ff.; Winter in Bepler/Böhle/Meerkamp/Stöhr TVöD § 2 TVÜ-VKA vor Rn. 1, Rn. 6 f., 10 ff.; Brennecker/Hock TVöD 105 Gruppe 3 S. 14 f.). Hierzu gehört die Frage der Weitergeltung landesbezirklicher Regelungen. Auch aufgrund dieser Sonderstellung ist eine Ersetzung der in Abs. 2 bis 6 aufgeführten Tarifverträge durch die Neuregelungen grundsätzlich ausgeschlossen.

33

(3) § 5 BZTV Nr. 2 wurde entgegen der Auffassung der Revision auch nicht deshalb abgelöst, weil diese Regelung im Widerspruch zu im TVöD und im TVÜ-VKA getroffenen Urlaubsregelungen stünde und deshalb von diesen verdrängt werde. Eine solche Ablösung trotz entgegenstehender Vereinbarung der Tarifvertragsparteien ist nicht ersichtlich.

34

(a) Die Ablösung einer bestimmten tariflichen Regelung trotz vereinbarter, Anordnung der Weitergeltung kommt zwar unter ganz besonderen Umständen in Betracht. Maßgebend ist dabei aber nicht nur - wie generell beim Ablösungsprinzip -, ob ein bestimmter Komplex von Arbeitsbedingungen insgesamt neu geregelt worden ist, der bislang Gegenstand eines anderen Tarifvertrages war(vgl. ua. BAG 30. Januar 2002 - 10 AZR 359/01 - zu II 1 b aa der Gründe, EzA TVG § 4 Ablösungsprinzip Nr. 2; 21. Oktober 2009 - 4 AZR 477/08 - Rn. 23) und damit derselbe Regelungsbereich oder dieselben Regelungsgegenstände betroffen sind. Im Interesse der Rechtsklarheit und Rechtssicherheit kann eine solche „Abweichung von der Abweichung vom Ablösungsprinzip“ grundsätzlich nicht stillschweigend erfolgen, sondern bedarf einer besonderen Bestimmtheit und Deutlichkeit. Ein entsprechender, durch Auslegung zu ermittelnder Wille der Tarifvertragsparteien ist nur anzunehmen, wenn er in den tariflichen Normen selbst einen hinreichend deutlichen Niederschlag gefunden hat (vgl. bei der Abweichung vom Ablösungsprinzip BAG 30. Januar 2002 - 10 AZR 359/01 - zu II 1 b aa der Gründe, aaO; 19. September 2007 - 4 AZR 670/06 - Rn. 32 mwN, BAGE 124, 110; weiterhin auch Wiedemann/Wank TVG 7. Aufl. § 4 Rn. 261, 262; Däubler/Zwanziger TVG 4. Aufl. § 4 Rn. 937).

35

(b) Entgegen der Auffassung der Beklagten ergibt sich ein solcher Ablösungswille der Tarifvertragsparteien des TVöD nicht daraus, dass dieser selbst einen Anspruch auf Zusatzurlaub vorsieht, ihn aber nur Beschäftigten einräumt, die ständig Schicht- oder Wechselschichtarbeit leisten(§ 27 TVöD).

36

(aa) Gegen eine solche Annahme spricht bereits, dass auch im bisher maßgeblichen BMT-G II, insbesondere § 42 BMT-G II, ein Rechtsanspruch auf Zusatzurlaub eingeräumt worden, für Beschäftigte mit verminderter Erwerbsfähigkeit aber nicht vorgesehen war. Ein solcher Anspruch ist ergänzend zum BMT-G II für den Zuständigkeitsbereich des KAV allein durch den BZTV Nr. 2 begründet worden. Da davon auszugehen ist, dass, solange nichts anderes bestimmt ist, die Ablösung den Rahmen des vormaligen Regelungskomplexes einhält, deutet der Hinweis auf die Regelung in § 27 TVöD nicht auf einen Willen der Tarifvertragsparteien, mit dieser Bestimmung die Zusatzurlaubsregelung des BZTV Nr. 2 abzulösen.

37

(bb) Gegen eine solche abschließende Regelung von Zusatzurlaub durch § 27 TVöD, woraus sich der Wille der Tarifvertragsparteien des TVöD ergeben könnte, den Anspruch auf Zusatzurlaub nach BZTV Nr. 2 abzulösen und im Ergebnis aufzuheben, spricht im Übrigen § 27 Abs. 4 TVöD. Dort wird der Umfang des Gesamturlaubs bei „Zusatzurlaub nach diesem Tarifvertrag und sonstigen Bestimmungen mit Ausnahme von § 125 SGB IX“ geregelt. Die Tarifvertragsparteien selbst gehen also davon aus, dass neben dem Anspruch auf „Zusatzurlaub nach diesem Tarifvertrag“ - also dem TVöD - auch Ansprüche auf „Zusatzurlaub nach sonstigen Bestimmungen“ bestehen können, womit andere Tarifverträge für den öffentlichen Dienst außerhalb des TVöD oder sonstige Normen mit Ausnahme des § 125 SGB IX für andere Arten von Zusatzurlaub, nicht aber einzelvertragliche Regelungen gemeint sind(vgl. auch Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese TVöD Stand März 2006 § 27 Rn. 34: „z.B.“).

38

(cc) Gegen eine abschließende Regelung des Zusatzurlaubs in § 27 TVöD mit der von der Beklagten angeführten Rechtsfolge spricht auch die inhaltliche und strukturelle Ähnlichkeit dieser Bestimmung mit § 42 BMT-G II, neben dem bezirkstarifliche Zusatzurlaubsregelungen möglich waren und erfolgt sind. Dies gilt insbesondere für § 27 Abs. 4 TVöD im Vergleich zu § 42 Abs. 6 BMT-G II. In beiden Bestimmungen wird die Dauer des Gesamturlaubs teilweise wortgleich geregelt, wenn verschiedene Zusatzurlaubsarten mit einer Rechtsgrundlage innerhalb und außerhalb des jeweiligen Tarifvertrages aufeinandertreffen.

39

(dd) Die Beklagte beruft sich in diesem Zusammenhang schließlich zu Unrecht auf eine Verdrängung des BZTV Nr. 2 nach den Regeln bei einer Tarifkonkurrenz. Mit ihrer Rechtsauffassung, die zeitlich jüngere Sachregelung des TVöD und TVÜ-VKA verdränge die pauschale Weitergeltungsbestimmung in § 2 Abs. 2 TVÜ-VKA übersieht sie, dass es im TVöD oder TVÜ-VKA an einer Sachregelung zum Zusatzurlaub wegen verminderter Erwerbsfähigkeit fehlt. Mangels Sachregelung zu diesem Punkt kommt es deshalb nicht zu einer Tarifkonkurrenz, so dass sich die Frage von deren Auflösung nicht stellt.

40

(c) Entgegen der Auffassung der Beklagten ergibt sich auch nichts anderes aus der Übergangsregelung zum Zusatzurlaub für gesundheitsgefährdende Arbeiten in § 15 Abs. 3 TVÜ-VKA(„§ 42 Abs. 1 BMT-G/BMT-G-O i.V.m. bezirklichen Tarifverträgen zu § 42 Abs. 2 BMT-G und der Tarifvertrag zu § 42 Abs. 2 BMT-G-O [Zusatzurlaub für Arbeiter] gelten bis zum In-Kraft-Treten entsprechender landesbezirklicher Tarifverträge fort. …“). Auch hier gilt, dass eine tarifliche Regelung zum Zusatzurlaub für einen anderen Beschäftigtenkreis grundsätzlich begrenzt auf diesen auszulegen ist. Sie lässt ohne zusätzliche Anhaltspunkte keine Auslegung dahin zu, für andere Materien wie den Zusatzurlaub für vermindert Erwerbsfähige sei damit entgegen der getroffenen allgemeinen Regelung die Fortgeltung bezirkstariflicher Regelungen ausgeschlossen. An solchen zusätzlichen Anhaltspunkten fehlt es vorliegend jedoch.

41

(d) Auch die Hinweise der Beklagten auf weitere konkrete Regelungen im TVöD, die punktuell die Fortgeltung landesbezirklicher Tarifverträge anordnen, wie die zu den den Schulhausmeistern obliegenden Aufgaben und zur Zahlung von Erschwerniszulagen, ergeben nichts anderes. Es fehlt an einer hinreichend bestimmten und deutlichen Regelung dazu, dass die vorliegende einschlägige bezirkstarifvertragliche Regelung über den Zusatzurlaub für Erwerbsgeminderte nicht weiter gelten soll.

42

(e) Aus denselben Gründen folgt auch kein anderes Ergebnis aus dem Umstand, dass neben § 2 Abs. 3 bis Abs. 6 TVÜ-VKA noch an verschiedenen anderen Stellen im TVÜ-VKA(zB § 17 Abs. 1 und Abs. 9, § 23 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 sowie § 24 Abs. 1) Regelungen zum Fortbestand landesbezirklicher Regelungen enthalten sind. Diese Bestimmungen mögen der Verdeutlichung im Einzelfall dienen, weisen aber nicht auf einen Willen der Tarifvertragsparteien hin, sonstige landesbezirkliche Regelungen, deren grundsätzliche Fortgeltung allgemein angeordnet ist, sollen ausnahmsweise nicht mehr gelten.

43

(4) Die Beklagte beruft sich letztlich zu Unrecht auf einen etwaigen Gleichheitsverstoß, der sich bei einer Weitergeltung des BZTV Nr. 2 ergeben soll. Wenn unter Weitergeltung des § 5 BZTV Nr. 2 bei verminderter Erwerbsfähigkeit nur ein Teil der Beschäftigten, nämlich Beschäftigte aus dem ehemaligen Arbeiterbereich, nach tariflichen Regeln einen Zusatzurlaub beanspruchen kann, weil die entsprechende Regelung im ehemaligen Angestelltenbereich(§ 49 Abs. 1 BAT) mit Inkrafttreten des TVöD entfallen ist, kann sich zwar die Frage eines Gleichheitsverstoßes durch die Tarifvertragsparteien stellen. Eine möglicherweise gleichheitswidrige tarifvertragliche Regelung führt jedoch nicht dazu, dass die Gerichte für Arbeitssachen der bevorzugten Gruppe den tariflichen Anspruch entziehen könnten.

44

b) § 5 BZTV Nr. 2 hat auch nicht auf andere Weise seine Geltung verloren.

45

aa) Für den vorliegenden Zeitraum der Jahre 2006 und 2007 ist § 5 BZTV Nr. 2 weder durch eine landesbezirkliche Regelung ersetzt noch gekündigt oder anderweitig der Wirkung enthoben worden. Im Gegenteil haben die Tarifparteien des hier betroffenen Landesbezirks die Frist des § 2 Abs. 2 TVÜ-VKA bis zum 31. Dezember 2007 verlängert, womit der Streitzeitraum abgedeckt ist.

46

bb) Die Weitergeltung des § 5 BZTV Nr. 2 hängt weder von den sachlichen Tarifregelungen des BMT-G II ab, so dass sie nicht mit deren Ablösung durch den TVöD entfallen ist, noch von einer besonderen Öffnungs- oder Ermächtigungsklausel für eine solche Regelung, die im novellierten Tarifrecht des öffentlichen Dienstes fehlt.

47

(1) § 5 BZTV Nr. 2 stellt keinen bloßen Annex zu den materiellen Bestimmungen des BMT-G II dar. Für die weitere Anwendung von § 5 BZTV Nr. 2 bedarf es nicht der Fortgeltung des durch den TVöD abgelösten BMT-G II.

48

Entgegen der Auffassung der Beklagten kann weder aus der Überschrift des BZTV Nr. 2(„Bezirkszusatztarifvertrag … zum BMT-G II“) noch aus der Überschrift zu § 5 BZTV Nr. 2(„Zu § 42 BMT-G“)gefolgert werden, dass mit der Ablösung des BMT-G II durch den TVöD der notwendige sachliche Zusammenhang für die Anwendung des BZTV Nr. 2 weggefallen wäre. Die Regelung hängt auch inhaltlich nicht von den Regelungen des BMT-G II ab.

49

Zwar nimmt der BZTV Nr. 2 und insbesondere dessen § 5 Bezug auf § 42 BMT-G II. Dies ist jedoch nicht Voraussetzung und Grund für die Geltung des BZTV Nr. 2, sondern ordnet die betreffenden Regelungen nur nach ihrem Inhalt einem auch im BMT-G II - zu anderen Einzelfragen - behandelten Regelungsbereich zu. § 5 BZTV Nr. 2 konkretisiert weder § 42 Abs. 1 BMT-G II, der den Zusatzurlaub für Arbeiter regelte, die unter erheblichen gesundheitlichen Gefahren arbeiten, noch § 42 Abs. 5 BMT-G II, der vom Anspruch auf Zusatzurlaub für Arbeiter handelte, die aus dienstlichen oder betrieblichen Gründen ihren gesamten Urlaub in einer bestimmten Zeit nehmen müssen. Die sachliche Regelung betrifft einen Zusatzurlaub, der so in § 42 BMT-G II gar nicht vorgesehen ist.

50

Der BZTV Nr. 2 ist gegenüber dem BMT-G II aufgrund seiner eigenständigen Geltungsbereichsbestimmung in § 1 und aufgrund der für sich subsumtionsfähigen Tatbestandsmerkmale in § 5 Abs. 1 gegenüber den Zusatzurlaubstatbeständen des BMT-G II unabhängig. Der Einbeziehung des Inhalts von § 42 BMT-G II bedarf es zur Anwendung von § 5 BZTV Nr. 2 nicht.

51

(2) Die Fortgeltung von § 5 BZTV Nr. 2 ist auch nicht von der Existenz einer über § 2 Abs. 2 TVÜ-VKA hinausgehenden tariflichen Öffnungsklausel für landesbezirkliche Tarifverträge abhängig.

52

(a) Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts beruhte § 5 BZTV Nr. 2 nicht selbst auf einer Öffnungsklausel im BMT-G II. Die im BZTV Nr. 2 in Bezug genommene Regelung des § 68 BMT-G II lautete:

        

„§ 68 Übergangsvorschriften

        

Die Mitgliedsverbände der VKA können mit den vertragsschließenden Gewerkschaften vereinbaren, dass Vorschriften in bezirklichen Tarifverträgen, die für den Arbeiter günstiger sind als die entsprechenden Vorschriften dieses Tarifvertrags, erhalten bleiben.“

53

Diese Bestimmung beinhaltet keine allgemeine Öffnung für landesbezirkliche Tarifverträge. Sie gibt vielmehr die Möglichkeit zur Sicherung eines bezirkstarifvertraglich begründeten Besitzstands, der ohne die Regelung möglicherweise der Ablösung durch den damals neuen Tarifvertrag, den BMT-G II, anheim gefallen wäre(vgl. dazu auch Scheuring/Lang/Hoffmann BMT-G Stand September 2001 § 68 Anm. 4). Da mit § 2 Abs. 2 TVÜ-VKA eine - zumindest vorübergehend - ähnlich wie § 68 BMT-G II wirkende Ausnahmeregelung zum Ablösungsprinzip, wie es in § 2 Abs. 1 TVÜ-VKA allgemein niedergelegt ist, für den Übergang der bezirkstariflichen Regelungen in das neue Tarifrecht des TVöD-VKA übernommen worden ist, kann aus der Bezugnahme des BZTV Nr. 2 auf den nunmehr ersetzten § 68 BMT-G II nicht gefolgert werden, dass mit dem Wegfall des BMT-G II der Geltungsgrund des BZTV Nr. 2 entfallen wäre.

54

(b) Zudem lässt sich aus § 27 Abs. 4 Satz 1 TVöD entnehmen, dass die Tarifparteien von geschützten Besitzständen bei der Überführung in den TVöD ausgegangen sind, indem dort für die Berechnung des Gesamturlaubs auch auf einen Zusatzurlaub „nach sonstigen Bestimmungen“ abgestellt wird, ohne hierbei landesbezirkliche Tarifregelungen auszunehmen.

55

(c) Nichts anderes folgt schließlich aus der in § 1 Abs. 2 BZTV Nr. 2 enthaltenen Bereichsbestimmung des BZTV. Indem die Landesbezirksparteien dort auf „die unter den BMT-G fallenden Verwaltungen und Betriebe der Mitglieder des KAV Baden-Württemberg“ verweisen, binden sie sich nicht an die Geltung des BMT-G, in welcher Fassung auch immer, sondern es gelten die in Bezug genommenen Bestimmungen des BMT-G - in der letzten Fassung, also des BMT-G II - zum betrieblichen und fachlichen Geltungsbereich(also insbesondere die in §§ 1a und 3 BMT-G II normierten Ausnahmen vom Geltungsbereich) unmittelbar und zwingend, als wären sie wörtlich im BZTV Nr. 2 enthalten (vgl. auch BAG 30. Januar 1990 - 1 ABR 98/88 - zu II 1 der Gründe, BAGE 64, 94, 98).

56

2. Der Kläger kann aufgrund des nach alledem fortgeltenden BZTV Nr. 2 jeweils drei Arbeitstage Zusatzurlaub für die Jahre 2006 und 2007 als Ersatzurlaub beanspruchen. Zwar ist sein nach § 5 Abs. 1 Satz 1 Buchst. b BZTV Nr. 2 iVm. § 23 Abs. 1 Satz 1 Buchst. a AzUVO entstandener Anspruch mit Ablauf des jeweiligen Urlaubsjahres und der sich anschließenden Übertragungszeit erloschen. Da er diesen Anspruch jedoch rechtzeitig geltend gemacht hat, steht ihm Ersatzurlaub unter dem Gesichtspunkt des Schadensersatzes zu.

57

a) Der streitgegenständliche Zusatzurlaubsanspruch des Klägers ist dem Grunde nach entstanden. Darüber, dass der Kläger, dem die Beklagte bis Ende des Jahres 2005 auf der Grundlage von § 5 BZTV Nr. 2 jährlich drei Zusatzurlaubstage gewährte, bei Fortgeltung des BZTV Nr. 2 die dort geregelten Tatbestandsvoraussetzungen erfüllt, herrscht zwischen den Parteien kein Streit.

58

aa) Die Geltungsvoraussetzungen nach § 1 Abs. 1 bis 3 BZTV Nr. 2 iVm. § 3 Abs. 1 und § 4 Abs. 1 TVG sind erfüllt.

59

Der Kläger gehört zu den Beschäftigten, die unter dem BMT-G II als Arbeiter bezeichnet wurden, ist gewerkschaftlich bei der Rechtsnachfolgerin der ÖTV organisiert, im Betrieb eines Mitglieds des KAV und innerhalb des gemeinsamen Tarifgebietes beschäftigt. Abfallwirtschafts- und Reinigungsbetriebe, wie der, in dem der Kläger beschäftigt war und ist, fallen in den Geltungsbereich des BZTV Nr. 2, weil sie nicht zu den Ausnahmebereichen nach § 1 Abs. 2 BZTV Nr. 2 iVm. §§ 1a, 3 BMT-G II zählen, für die der BZTV Nr. 2 nicht gilt.

60

bb) Der Kläger erfüllt mit einem festgestellten Grad der Behinderung von 40 die personenbezogenen Anspruchsvoraussetzungen des § 5 Abs. 1 Satz 1 Buchst. b BZTV Nr. 2.

61

(1) Diese erfüllen erwerbsbeschränkte Personen mit einer „Minderung der Erwerbsfähigkeit um mindestens 30 v.H.“. Der damit in diesem - ursprünglich im Jahre 1974 geschlossenen - Tarifvertrag angesprochene Begriff der „Minderung der Erwerbsfähigkeit“(MdE) knüpft an die damals gebräuchlichen Begrifflichkeiten im Schwerbeschädigten- und Schwerbehindertenrecht an, die im Jahre 1986 in einigen Gesetzesbereichen des Schwerbehindertenrechts durch den Begriff „Grad der Behinderung“ (GdB) abgelöst worden sind (Welti Behinderung und Rehabilitation im sozialen Rechtsstaat 2005 S. 67). Bei der MdE, die im Jahre 2008 durch den „GdS - Grad der Schädigungsfolgen“ abgelöst wurden, handelt es sich um einen Begriff aus dem Unfallversicherungs- und Versorgungsrecht, der zwar verwandt, jedoch nicht immer identisch mit dem „GdB“ im Schwerbehindertenrecht ist, der dem Kläger mit dem Faktor 40 bescheinigt wurde.

62

Beide Begriffe unterscheiden sich dadurch, dass die MdE kausal nur auf Schädigungsfolgen und der GdB final auf alle Gesundheitsstörungen unabhängig von ihrer Ursache bezogen sind. Auch wenn hiernach die Begriffe und Konzepte nicht identisch sind, so wurden MdE und GdB doch nach den gleichen Grundsätzen bemessen, und zwar nach den „Anhaltspunkten für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht (AHP)“. In der Praxis wirken sich Bewertungsunterschiede kaum aus(vgl. Dau in Dau/Düwell/Haines Sozialgesetzbuch IX 2. Aufl. § 69 Rn. 16; Neumann in Neumann/Pahlen/Majerski-Pahlen SGB IX 11. Aufl. § 69 Rn. 24; Münch-ArbR/Cramer 2. Aufl. § 235 Rn. 11; weiterhin Scheuring/Steingen/Bansen/Thivessen MTArb § 3 Anm. 8; s. außerdem die faktische Gleichsetzung in § 69 Abs. 2 SGB IX).

63

(2) Im vorliegenden Fall geht aus dem Vortrag der Parteien nichts hervor, das dagegen spräche, dass der Kläger mit einem GdB von 40 im Streitzeitraum der Jahre 2006 und 2007 die Voraussetzung der MdE von „mindestens 30“ erfüllt. Hiervon ist auch die Beklagte in den Vorjahren ausgegangen, als sie ihm den entsprechenden Zusatzurlaub gewährte.

64

cc) Dem Kläger steht jährlich ein Zusatzurlaub von drei Arbeitstagen zu. In § 5 Abs. 1 Satz 1 Buchst. b BZTV Nr. 2 wird zwar die Dauer des Zusatzurlaubs nicht bestimmt. Sie ergibt sich aber aus der zulässigen dynamischen Bezugnahme auf das Beamtenrecht in Gestalt der „Vorschriften und Bestimmungen für die Beamten des Arbeitgebers“. Maßgeblich ist für den streitgegenständlichen Zeitraum § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 der seit dem 1. Januar 2006 geltenden AzUVO. Dass der Kläger den erforderlichen GdB/MdE-Nachweis erbracht hat, steht zwischen den Parteien angesichts der langjährigen Praxis der Gewährung von Zusatzurlaub außer Streit.

65

b) Der Erfüllungsanspruch des Klägers bezüglich des geltend gemachten und ihm zustehenden Zusatzurlaubsanspruchs für die Jahre 2006 und 2007 ist zwar jeweils mit Ende des Kalenderjahres und den sich anschließenden Übertragungszeiten nach § 27 Abs. 5 iVm. § 26 Abs. 2 Buchst. a TVöD untergegangen(vgl. nur BAG 24. Oktober 2006 - 9 AZR 669/05 - Rn. 14 ff., BAGE 120, 50). Zum jeweils maßgebenden Zeitpunkt befand sich jedoch die Beklagte im Schuldnerverzug gemäß § 286 BGB, weil der Kläger den Urlaub rechtzeitig verlangt hatte. Der Kläger hat sein Zusatzurlaubsverlangen für das Jahr 2006 am 12. Juni 2006 schriftlich gegenüber der Beklagten geltend gemacht. Für das Jahr 2007 war das Verlangen sodann Gegenstand der am 22. Juni 2007 zugestellten Klage. Damit ist den verzugsbegründenden Anforderungen genügt. Die Beklagte hat daher die mit Zeitablauf eingetretene Unmöglichkeit der Erfüllung des Urlaubsanspruchs zu vertreten und für den verfallenen Zusatzurlaub Ersatzurlaub zu gewähren (§ 275 Abs. 1, § 280 Abs. 1, § 283 Satz 1, § 286 Abs. 1 Satz 1, § 249 Abs. 1 BGB; BAG 5. September 2002 - 9 AZR 355/01 - BAGE 102, 294; 15. November 2005 - 9 AZR 633/04 - Rn. 39, EzBAT BAT § 49 Nr. 16).

66

c) Die Krankheitszeit des Klägers im Urlaubsjahr 2007 steht der Gewährung von Ersatzurlaub bereits deshalb nicht entgegen, weil der Kläger noch im Übertragungszeitraum dieses Urlaubsjahres wieder arbeitsfähig geworden ist.

67

III. Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen, weil sie unterlegen ist (§ 91 Abs. 1 ZPO).

        

    Bepler    

        

    Treber    

        

    Winter    

        

        

        

    Vorderwülbecke    

        

    Bredendiek    

                 

(1) In der schriftlichen Vereinbarung zwischen dem Träger der Eingliederungshilfe und dem Leistungserbringer sind zu regeln:

1.
Inhalt, Umfang und Qualität einschließlich der Wirksamkeit der Leistungen der Eingliederungshilfe (Leistungsvereinbarung) und
2.
die Vergütung der Leistungen der Eingliederungshilfe (Vergütungsvereinbarung).

(2) In die Leistungsvereinbarung sind als wesentliche Leistungsmerkmale mindestens aufzunehmen:

1.
der zu betreuende Personenkreis,
2.
die erforderliche sächliche Ausstattung,
3.
Art, Umfang, Ziel und Qualität der Leistungen der Eingliederungshilfe,
4.
die Festlegung der personellen Ausstattung,
5.
die Qualifikation des Personals sowie
6.
soweit erforderlich, die betriebsnotwendigen Anlagen des Leistungserbringers.
Soweit die Erbringung von Leistungen nach § 116 Absatz 2 zu vereinbaren ist, sind darüber hinaus die für die Leistungserbringung erforderlichen Strukturen zu berücksichtigen.

(3) Mit der Vergütungsvereinbarung werden unter Berücksichtigung der Leistungsmerkmale nach Absatz 2 Leistungspauschalen für die zu erbringenden Leistungen unter Beachtung der Grundsätze nach § 123 Absatz 2 festgelegt. Förderungen aus öffentlichen Mitteln sind anzurechnen. Die Leistungspauschalen sind nach Gruppen von Leistungsberechtigten mit vergleichbarem Bedarf oder Stundensätzen sowie für die gemeinsame Inanspruchnahme durch mehrere Leistungsberechtigte (§ 116 Absatz 2) zu kalkulieren. Abweichend von Satz 1 können andere geeignete Verfahren zur Vergütung und Abrechnung der Fachleistung unter Beteiligung der Interessenvertretungen der Menschen mit Behinderungen vereinbart werden.

(4) Die Vergütungsvereinbarungen mit Werkstätten für behinderte Menschen und anderen Leistungsanbietern berücksichtigen zusätzlich die mit der wirtschaftlichen Betätigung in Zusammenhang stehenden Kosten, soweit diese Kosten unter Berücksichtigung der besonderen Verhältnisse beim Leistungserbringer und der dort beschäftigten Menschen mit Behinderungen nach Art und Umfang über die in einem Wirtschaftsunternehmen üblicherweise entstehenden Kosten hinausgehen. Können die Kosten im Einzelfall nicht ermittelt werden, kann hierfür eine Vergütungspauschale vereinbart werden. Das Arbeitsergebnis des Leistungserbringers darf nicht dazu verwendet werden, die Vergütung des Trägers der Eingliederungshilfe zu mindern.

(1) Versicherte haben Anspruch auf Krankengeld, wenn es nach ärztlichem Zeugnis erforderlich ist, daß sie zur Beaufsichtigung, Betreuung oder Pflege ihres erkrankten und versicherten Kindes der Arbeit fernbleiben, eine andere in ihrem Haushalt lebende Person das Kind nicht beaufsichtigen, betreuen oder pflegen kann und das Kind das zwölfte Lebensjahr noch nicht vollendet hat oder behindert und auf Hilfe angewiesen ist. § 10 Abs. 4 und § 44 Absatz 2 gelten.

(2) Anspruch auf Krankengeld nach Absatz 1 besteht in jedem Kalenderjahr für jedes Kind längstens für 10 Arbeitstage, für alleinerziehende Versicherte längstens für 20 Arbeitstage. Der Anspruch nach Satz 1 besteht für Versicherte für nicht mehr als 25 Arbeitstage, für alleinerziehende Versicherte für nicht mehr als 50 Arbeitstage je Kalenderjahr. Das Krankengeld nach Absatz 1 beträgt 90 Prozent des ausgefallenen Nettoarbeitsentgelts aus beitragspflichtigem Arbeitsentgelt der Versicherten, bei Bezug von beitragspflichtigem einmalig gezahltem Arbeitsentgelt (§ 23a des Vierten Buches) in den der Freistellung von Arbeitsleistung nach Absatz 3 vorangegangenen zwölf Kalendermonaten 100 Prozent des ausgefallenen Nettoarbeitsentgelts aus beitragspflichtigem Arbeitsentgelt; es darf 70 Prozent der Beitragsbemessungsgrenze nach § 223 Absatz 3 nicht überschreiten. Erfolgt die Berechnung des Krankengeldes nach Absatz 1 aus Arbeitseinkommen, beträgt dies 70 Prozent des erzielten regelmäßigen Arbeitseinkommens, soweit es der Beitragsberechnung unterliegt. § 47 Absatz 1 Satz 6 bis 8 und Absatz 4 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.

(2a) Abweichend von Absatz 2 Satz 1 besteht der Anspruch auf Krankengeld nach Absatz 1 für das Jahr 2023 für jedes Kind längstens für 30 Arbeitstage, für alleinerziehende Versicherte längstens für 60 Arbeitstage. Der Anspruch nach Satz 1 besteht für Versicherte für nicht mehr als 65 Arbeitstage, für alleinerziehende Versicherte für nicht mehr als 130 Arbeitstage. Der Anspruch nach Absatz 1 besteht bis zum Ablauf des 7. April 2023 auch dann, wenn Einrichtungen zur Betreuung von Kindern, Schulen oder Einrichtungen für Menschen mit Behinderung zur Verhinderung der Verbreitung von Infektionen oder übertragbaren Krankheiten aufgrund des Infektionsschutzgesetzes vorübergehend geschlossen werden oder deren Betreten, auch aufgrund einer Absonderung, untersagt wird, oder wenn von der zuständigen Behörde aus Gründen des Infektionsschutzes Schul- oder Betriebsferien angeordnet oder verlängert werden, die Präsenzpflicht in einer Schule aufgehoben oder der Zugang zum Kinderbetreuungsangebot eingeschränkt wird oder das Kind aufgrund einer behördlichen Empfehlung die Einrichtung nicht besucht. Die Schließung der Schule, der Einrichtung zur Betreuung von Kindern oder der Einrichtung für Menschen mit Behinderung, das Betretungsverbot, die Verlängerung der Schul- oder Betriebsferien, die Aussetzung der Präsenzpflicht in einer Schule, die Einschränkung des Zugangs zum Kinderbetreuungsangebot oder das Vorliegen einer behördlichen Empfehlung, vom Besuch der Einrichtung abzusehen, ist der Krankenkasse auf geeignete Weise nachzuweisen; die Krankenkasse kann die Vorlage einer Bescheinigung der Einrichtung oder der Schule verlangen.

(2b) Für die Zeit des Bezugs von Krankengeld nach Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2a Satz 3 ruht für beide Elternteile der Anspruch nach § 56 Absatz 1a des Infektionsschutzgesetzes.

(3) Versicherte mit Anspruch auf Krankengeld nach Absatz 1 haben für die Dauer dieses Anspruchs gegen ihren Arbeitgeber Anspruch auf unbezahlte Freistellung von der Arbeitsleistung, soweit nicht aus dem gleichen Grund Anspruch auf bezahlte Freistellung besteht. Wird der Freistellungsanspruch nach Satz 1 geltend gemacht, bevor die Krankenkasse ihre Leistungsverpflichtung nach Absatz 1 anerkannt hat, und sind die Voraussetzungen dafür nicht erfüllt, ist der Arbeitgeber berechtigt, die gewährte Freistellung von der Arbeitsleistung auf einen späteren Freistellungsanspruch zur Beaufsichtigung, Betreuung oder Pflege eines erkrankten Kindes anzurechnen. Der Freistellungsanspruch nach Satz 1 kann nicht durch Vertrag ausgeschlossen oder beschränkt werden.

(4) Versicherte haben ferner Anspruch auf Krankengeld, wenn sie zur Beaufsichtigung, Betreuung oder Pflege ihres erkrankten und versicherten Kindes der Arbeit fernbleiben, sofern das Kind das zwölfte Lebensjahr noch nicht vollendet hat oder behindert und auf Hilfe angewiesen ist und nach ärztlichem Zeugnis an einer Erkrankung leidet,

a)
die progredient verläuft und bereits ein weit fortgeschrittenes Stadium erreicht hat,
b)
bei der eine Heilung ausgeschlossen und eine palliativmedizinische Behandlung notwendig oder von einem Elternteil erwünscht ist und
c)
die lediglich eine begrenzte Lebenserwartung von Wochen oder wenigen Monaten erwarten lässt.
Der Anspruch besteht nur für ein Elternteil. Absatz 1 Satz 2, Absatz 3 und § 47 gelten entsprechend.

(5) Anspruch auf unbezahlte Freistellung nach den Absätzen 3 und 4 haben auch Arbeitnehmer, die nicht Versicherte mit Anspruch auf Krankengeld nach Absatz 1 sind.

Der zur Dienstleistung Verpflichtete wird des Anspruchs auf die Vergütung nicht dadurch verlustig, dass er für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit durch einen in seiner Person liegenden Grund ohne sein Verschulden an der Dienstleistung verhindert wird. Er muss sich jedoch den Betrag anrechnen lassen, welcher ihm für die Zeit der Verhinderung aus einer auf Grund gesetzlicher Verpflichtung bestehenden Kranken- oder Unfallversicherung zukommt.

(1) Die Erhebung der Klage erfolgt durch Zustellung eines Schriftsatzes (Klageschrift).

(2) Die Klageschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung der Parteien und des Gerichts;
2.
die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruchs, sowie einen bestimmten Antrag.

(3) Die Klageschrift soll ferner enthalten:

1.
die Angabe, ob der Klageerhebung der Versuch einer Mediation oder eines anderen Verfahrens der außergerichtlichen Konfliktbeilegung vorausgegangen ist, sowie eine Äußerung dazu, ob einem solchen Verfahren Gründe entgegenstehen;
2.
die Angabe des Wertes des Streitgegenstandes, wenn hiervon die Zuständigkeit des Gerichts abhängt und der Streitgegenstand nicht in einer bestimmten Geldsumme besteht;
3.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(4) Außerdem sind die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze auch auf die Klageschrift anzuwenden.

(5) Die Klageschrift sowie sonstige Anträge und Erklärungen einer Partei, die zugestellt werden sollen, sind bei dem Gericht schriftlich unter Beifügung der für ihre Zustellung oder Mitteilung erforderlichen Zahl von Abschriften einzureichen. Einer Beifügung von Abschriften bedarf es nicht, soweit die Klageschrift elektronisch eingereicht wird.

(1) Bei einem Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot ist der Arbeitgeber verpflichtet, den hierdurch entstandenen Schaden zu ersetzen. Dies gilt nicht, wenn der Arbeitgeber die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, kann der oder die Beschäftigte eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen. Die Entschädigung darf bei einer Nichteinstellung drei Monatsgehälter nicht übersteigen, wenn der oder die Beschäftigte auch bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden wäre.

(3) Der Arbeitgeber ist bei der Anwendung kollektivrechtlicher Vereinbarungen nur dann zur Entschädigung verpflichtet, wenn er vorsätzlich oder grob fahrlässig handelt.

(4) Ein Anspruch nach Absatz 1 oder 2 muss innerhalb einer Frist von zwei Monaten schriftlich geltend gemacht werden, es sei denn, die Tarifvertragsparteien haben etwas anderes vereinbart. Die Frist beginnt im Falle einer Bewerbung oder eines beruflichen Aufstiegs mit dem Zugang der Ablehnung und in den sonstigen Fällen einer Benachteiligung zu dem Zeitpunkt, in dem der oder die Beschäftigte von der Benachteiligung Kenntnis erlangt.

(5) Im Übrigen bleiben Ansprüche gegen den Arbeitgeber, die sich aus anderen Rechtsvorschriften ergeben, unberührt.

(6) Ein Verstoß des Arbeitgebers gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 begründet keinen Anspruch auf Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses, Berufsausbildungsverhältnisses oder einen beruflichen Aufstieg, es sei denn, ein solcher ergibt sich aus einem anderen Rechtsgrund.

Ungeachtet des § 8 ist eine unterschiedliche Behandlung wegen des Alters auch zulässig, wenn sie objektiv und angemessen und durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt ist. Die Mittel zur Erreichung dieses Ziels müssen angemessen und erforderlich sein. Derartige unterschiedliche Behandlungen können insbesondere Folgendes einschließen:

1.
die Festlegung besonderer Bedingungen für den Zugang zur Beschäftigung und zur beruflichen Bildung sowie besonderer Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen, einschließlich der Bedingungen für Entlohnung und Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses, um die berufliche Eingliederung von Jugendlichen, älteren Beschäftigten und Personen mit Fürsorgepflichten zu fördern oder ihren Schutz sicherzustellen,
2.
die Festlegung von Mindestanforderungen an das Alter, die Berufserfahrung oder das Dienstalter für den Zugang zur Beschäftigung oder für bestimmte mit der Beschäftigung verbundene Vorteile,
3.
die Festsetzung eines Höchstalters für die Einstellung auf Grund der spezifischen Ausbildungsanforderungen eines bestimmten Arbeitsplatzes oder auf Grund der Notwendigkeit einer angemessenen Beschäftigungszeit vor dem Eintritt in den Ruhestand,
4.
die Festsetzung von Altersgrenzen bei den betrieblichen Systemen der sozialen Sicherheit als Voraussetzung für die Mitgliedschaft oder den Bezug von Altersrente oder von Leistungen bei Invalidität einschließlich der Festsetzung unterschiedlicher Altersgrenzen im Rahmen dieser Systeme für bestimmte Beschäftigte oder Gruppen von Beschäftigten und die Verwendung von Alterskriterien im Rahmen dieser Systeme für versicherungsmathematische Berechnungen,
5.
eine Vereinbarung, die die Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses ohne Kündigung zu einem Zeitpunkt vorsieht, zu dem der oder die Beschäftigte eine Rente wegen Alters beantragen kann; § 41 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch bleibt unberührt,
6.
Differenzierungen von Leistungen in Sozialplänen im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes, wenn die Parteien eine nach Alter oder Betriebszugehörigkeit gestaffelte Abfindungsregelung geschaffen haben, in der die wesentlich vom Alter abhängenden Chancen auf dem Arbeitsmarkt durch eine verhältnismäßig starke Betonung des Lebensalters erkennbar berücksichtigt worden sind, oder Beschäftigte von den Leistungen des Sozialplans ausgeschlossen haben, die wirtschaftlich abgesichert sind, weil sie, gegebenenfalls nach Bezug von Arbeitslosengeld, rentenberechtigt sind.

(1) Bei einem Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot ist der Arbeitgeber verpflichtet, den hierdurch entstandenen Schaden zu ersetzen. Dies gilt nicht, wenn der Arbeitgeber die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, kann der oder die Beschäftigte eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen. Die Entschädigung darf bei einer Nichteinstellung drei Monatsgehälter nicht übersteigen, wenn der oder die Beschäftigte auch bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden wäre.

(3) Der Arbeitgeber ist bei der Anwendung kollektivrechtlicher Vereinbarungen nur dann zur Entschädigung verpflichtet, wenn er vorsätzlich oder grob fahrlässig handelt.

(4) Ein Anspruch nach Absatz 1 oder 2 muss innerhalb einer Frist von zwei Monaten schriftlich geltend gemacht werden, es sei denn, die Tarifvertragsparteien haben etwas anderes vereinbart. Die Frist beginnt im Falle einer Bewerbung oder eines beruflichen Aufstiegs mit dem Zugang der Ablehnung und in den sonstigen Fällen einer Benachteiligung zu dem Zeitpunkt, in dem der oder die Beschäftigte von der Benachteiligung Kenntnis erlangt.

(5) Im Übrigen bleiben Ansprüche gegen den Arbeitgeber, die sich aus anderen Rechtsvorschriften ergeben, unberührt.

(6) Ein Verstoß des Arbeitgebers gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 begründet keinen Anspruch auf Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses, Berufsausbildungsverhältnisses oder einen beruflichen Aufstieg, es sei denn, ein solcher ergibt sich aus einem anderen Rechtsgrund.

(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.

(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn

1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder
2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.

(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.

(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.

(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.

(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.

(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.