Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz - AGG -

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12/03/2007 16:42

Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) wurde am 29.06.2006 vom Bundestag beschlossen und trat am 01.08.2006 in Kraft. Es zielt darauf ab, den Schutz vor Diskriminierung aufgrund von Rasse, ethnischer Herkunft, Geschlecht, Religion, Weltanschauung, Behinderung, Alter oder sexueller Identität zu verbessern und setzt EU-Richtlinien um. Das Gesetz hat Auswirkungen auf das Arbeitsrecht, Zivilrecht, Sozialrecht und Beamtenrecht und enthält Rechtfertigungsgründe für unterschiedliche Behandlungen, Schutzmaßnahmen gegen Benachteiligungen und Regelungen zur Beweislast und Rechtsverfolgung.

Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz - AGG -

originally published: 20/05/2021 07:46, updated: 20/05/2021 07:46

Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz - AGG -

originally published: 12/03/2007 16:42, updated: 22/01/2024 18:57
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Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) wurde am 29.06.2006 vom Bundestag beschlossen und trat am 01.08.2006 in Kraft. Es zielt darauf ab, den Schutz vor Diskriminierung aufgrund von Rasse, ethnischer Herkunft, Geschlecht, Religion, Weltanschauung, Behinderung, Alter oder sexueller Identität zu verbessern und setzt EU-Richtlinien um. Das Gesetz hat Auswirkungen auf das Arbeitsrecht, Zivilrecht, Sozialrecht und Beamtenrecht und enthält Rechtfertigungsgründe für unterschiedliche Behandlungen, Schutzmaßnahmen gegen Benachteiligungen und Regelungen zur Beweislast und Rechtsverfolgung.

Allgemeines

Am 29.06.2006 hat der Bundestag das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) beschlossen. Nach dem Gesetzesentwurf, der zum 01.08.2006 in Kraft treten soll, soll der Schutz vor Diskriminierungen und damit der Grundrechtsschutz nach Art 3 GG verbessert werden. Vornehmlich sollen durch das neue Gesetz folgende EU- Richtlinien umgesetzt werden:

  • 2000/43/EG vom 29.06.2000 zur Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes ohne Unterschied der Rasse oder ethnischen Herkunft
  • 2000/78/EG vom 27.11.2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung oder Beruf
  • 2002/73/EG vom 23.09.2002 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen hinsichtlich des Zugangs zur Beschäftigung, zur Berufsbildung und zum beruflichen Aufstieg sowie im Bezug auf die Arbeitsbedingungen
  • 2004/113/EG vom 13.12.2004 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen beim Zugang zu und bei der Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen

Die Zielsetzung des AGG besteht nach § 1 AGG darin, Benachteiligungen aus Gründen der Rasse, der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion, der Weltanschauung, der Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen. Dementsprechend weit ist der Anwendungsbereich des Gesetzes, der durch § 2 festgelegt ist und hierdurch Auswirkungen auf das Arbeits-, Sozial-, und Zivilrecht sowie das Beamtenrecht hat. In § 3 des AGG werden die für alle Bereiche geltenden Begriffe der unmittelbaren und mittelbaren Benachteiligung, der Belästigung und der sexuellen Belästigung definiert.


Änderungen in bestehenden Gesetzen

Mit Art. 3 des AGG gehen auch Änderungen in bestehenden Gesetzen einher, wie z.B. im Arbeitsgerichtsgesetz(§§ 11, 61 b), Sozialgerichtsgesetz (§ 73 VI), wo auf die Neuregelungen Bezug genommen wird. Andere Vorschriften werden gestrichen, da sie durch solche des Gleichbehandlungsgesetzes ersetzt werden (z.B. §§ 611a, 611b und 612 III BGB) Z.T. werden nur begriffliche Klarstellungen vorgenommen (z.B.§ 75 Betriebsverfasungsgesetz). Für Soldaten ist mit dem Gesetz über die Gleichbehandlung der Soldatinnen und Soldaten (SoldGG) ein eigenständiges Gesetz geschaffen worden.

Hervorzuheben ist noch, dass das AGG als Ergänzung der bereits bestehenden Vorschriften zu verstehen ist. Die Geltung sonstiger Benachteiligungsverbote oder Gleichbehandlungsgebote wird hierdurch nicht berührt (§ 2 III).
 

Auswirkungen auf das Arbeitsrecht

Der Schwerpunkt der Richtlinien und auch des Gesetzes liegt im arbeitsrechtlichern Bereich. Benachteiligungen sind hiernach unzulässig in Bezug auf (§ 2 I Nr.1-4 AGG, verkürzt):

  • die Bedingungen für den Zugang zu unselbständiger und selbständiger Erwerbstätigkeit (einschließlich Auswahl- und Einstellungsbedingungen), sowie für den beruflichen Aufstieg
  • die Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen einschließlich Arbeitsentgelt und Entlassungsbedingungen, individual- und kollektivrechtlichen Vereinbarungen bei der Durchführung und Beendigung eines Beschäftigungsverhältnisses sowie beim beruflichen Aufstieg
  • den Zugang zu allen Formen der Berufsausbildung und beruflichen Weiterbildung
  • die Mitgliedschaft und Mitwirkung in einer Beschäftigten- oder Arbeitgebervereinigung

Der Schutz der Beschäftigten vor Benachteiligungen ist im Einzelnen im Abschnitt 2 des AGG (§§ 6-18) ausführlich geregelt.

§ 7 AGG führt zunächst das Benachteiligungsverbot näher aus. Die Benachteiligung kann durch den Arbeitgeber oder andere Beschäftigte und nach den Gesetzesmaterialien auch durch Kunden des Arbeitgebers begangen werden. Sie gilt als Vertragspflichtverletzung (Abs.3); insofern gelten die Vorschriften des allgemeinen Schuldrechts des Zivilrechts. Eine Benachteiligung liegt bereits vor, wenn einer der in § 1 genannten Gründe (also Rasse, ethnische Herkunft etc.) nur angenommen wird, z.B. wegen des Aussehens des Beschäftigten. Weiter erklärt Abs. 2 Bestimmungen und Vereinbarungen, die gegen das Benachteiligungsverbot verstoßen, für unwirksam.

Die §§ 8-10 AGG enthalten Rechtfertigungsgründe für eine unterschiedliche Behandlung. Erlaubt sind hiernach solche wegen beruflicher Anforderungen, jedoch unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes (§ 8). § 9 sieht eine unterschiedliche Behandlung wegen Religion oder Weltanschauung vor; hiermit wird den Besonderheiten der Religionsgesellschaften Rechnung getragen, deren besondere Rechte sich bereits aus § 140 GG i.V.m. §§ 136 Weimarer Reichsverfassung ergeben. Außerdem ist unter bestimmten Voraussetzungen eine unterschiedliche Behandlung wegen des Alters zulässig, z.B. zur Eingliederung von Jugendlichen oder älteren Beschäftigten.

Das AGG normiert weiter Pflichten des Arbeitgebers und Rechte der Beschäftigten. Der Arbeitgeber darf hiernach einen Arbeitsplatz nicht unter Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot ausschreiben (§ 11). Zudem ist er verpflichtet, Schutzmaßnahmen gegen Benachteiligungen zu treffen und die Beschäftigten auf die Unzulässigkeit von Benachteiligungen hinzuweisen. Bei Verstößen hat er erforderliche Maßnamen wie Abmahnungen oder Kündigungen auszusprechen.

Als Rechte der Beschäftigten sieht das Gesetz ein Beschwerderecht (§ 13), ein Leistungsverweigerungsrecht (§14), Entschädigung und Schadensersatz (§ 15)sowie ein Maßregelungsverbot (§ 16) vor. Bei Verstößen gegen das Benachteiligungsverbot hat der Arbeitgeber Schadensersatz zu leisten; die gilt jedoch nicht, wenn er die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat (§ 15 I). Die Vorschrift folgt somit § 280 I S. 2 BGB. Zudem gewährleistet das Gesetz eine Entschädigung des immateriellen Schadens (§ 15 II) und beinhaltet damit eine Sondervorschrift zu § 253 BGB. Der Betroffene hat nach dem Gleichbehandlungsrecht jedoch keinen Anspruch auf Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses (§ 15 VI). Die Regelung entspricht insofern dem bereits geltenden § 611 a II BGB.

Unberührt bleiben für den Bereich der Kündigungen das Kündigungsschutzgesetz (§ 2 IV), die Rechte der Arbeitnehmervertretungen (§ 13 II). Für die betriebliche Altersvorsorge gilt das Betriebsrentengesetz.


Auswirkungen auf das Zivilrecht

Das Gesetz enthält weiter ein Benachteiligungsverbot für zivilrechtliche Schuldverhältnisse. Unter Rücksichtnahme auf die Grundsätze der Privatautonomie ist hier jedoch zu differenzieren. Ein umfassender Schutz für alle in § 1 AGG genannten Benachteilungsgründe wird gewährt für den Bereich der sog. "Massengeschäfte" sowie für privatrechtliche Versicherungen (§ 19 I). Unter Massengeschäfte sind Vertragsverhältnisse zu verstehen, die typischerweise ohne Ansehen der Person zu vergleichbaren Bedingungen in einer Vielzahl von Fällen zustande kommen oder bei denen das ansehen der Person eine nachrangige Bedeutung hat. Der Gesetzgeber versteht hierunter Verträge aus dem Bereich des alltäglichen Lebens bzw. Konsumgüterschaft (z.B. Einzelhandel, Gastronomie), bei denen es dem Verkäufer nicht darauf ankommen kann, mit wem er den Vertrag schließt. Eine Benachteiligung wäre hiernach etwa, einen Restaurantbesucher wegen seiner Behinderung aus dem Lokal zu verweisen (vgl. Pressemitteilung des Bundesjustizministeriums). In der Regel werden nur Geschäfte erfasst, bei denen auf der Anbieterseite ein Unternehmer steht.

Für Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder ethnischen Herkunft sieht das Gesetz dagegen auch einen Schutz hinsichtlich solcher Schuldverhältnisse vor, die der Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen dienen, die der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen, einschließlich Wohnraum (§ 19 II iVm.§ 2 I Nr. 5-8). Hiervon werden auch Geschäfte Privater erfasst, sofern sie ihr Angebot beispielsweise in Tageszeitungen oder dem Internet veröffentlichen (z.B. privater PKW-Verkauf).

Für erb- und familienrechtliche Schuldverhältnisse sowie für solche, bei denen ein besonderes Nähe- oder Vertrauensverhältnis der Parteien oder ihrer Angehörigen begründet wird, sind die Vorschriften nicht anwendbar(§ 19 IV, V).

Das Gesetz sieht Rechtfertigungsgründe vor bei der Vermietung von Wohnraum zur Schaffung sozial stabiler Strukturen (§ 19 III) und für sonstige Schuldverhältnisse, wenn für die unterschiedliche Behandlung ein sachlicher Grund vorliegt (§ 20). Hierunter fallen z.B. Gefahrenschutz oder Schutz der Intimsphäre. Für den Bereich der Versicherungen kann eine unterschiedliche Behandlung durch eine versicherungsmathematische Risikobewertung gerechtfertigt sein (§ 20 II).

Der Benachteiligte hat nach dem AGG einen Anspruch auf Beseitigung der Beeinträchtigung bzw. auf Unterlassung (§ 21 I), darüber hinaus Schadensersatzansprüche (§ 21 II). Daneben können Ansprüche nach sonstigen zivilrechtlichen Vorschriften bestehen, z.B. wegen unerlaubter Handlung (§ 823 BGB). Das AGG kann auch für die Verletzung weiterer zivilrechtliche Rechtsverhältnisse eine Rolle spielen, z.B. Benachteiligungen und Belästigungen bei Vertragsanbahnungen (§ 311 II BGB) und vertraglichen Nebenpflichten (§ 241 II BGB)


Auswirkungen auf das Sozialrecht

Da sich das AGG nach seinem Anwendungsbereich auch auf den Zugang zur Berufsberatung, Weiterbildung, Umschulung (§ 2 I Nr.3), den Sozialschutz und soziale Vergünstigungen bezieht (§ 2 I Nr.5, 6), ist auch das Sozialrecht von den Neuregelungen tangiert. Die Umsetzung erfolgt hier jedoch durch Änderungen in den jeweiligen Sozialgesetzbüchern.

§ 33 c SGB I begründet zunächst ein allgemeines Benachteiligungsverbot bei der Inanspruchnahme sozialer Rechte. Ein weiteres Benachteiligungsverbot sieht § 19 a SGB IV für den Bereich des Zugangs zu Leistungen, der Berufsberatung, Berufsbildung, beruflichen Weiterbildung und Umschulung vor. Hinsichtlich der Arbeitsvermittlung darf die Arbeitsagentur Einschränkungen, die der Arbeitgeber aus Gründen der Rasse, ethnischen Herkunft, Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung oder sexuellen Identität des Arbeitssuchenden vornimmt nur nach Maßgabe des Gleichbehandlungsgesetzes berücksichtigen (§ 36 SGB III). Ein weiterer Verweis auf die Vorschriften des AGG findet sich im Schwerbehindertenrecht für die Pflichten des Arbeitgebers (§ 81 II 2 SGB IX).


Beamtenrecht

Für öffentlich-rechtliche Dienstverhältnisse, insbesondere Beamte, Richter und Zivildienstleistende gilt das AGG unter Berücksichtigung ihrer besonderen Rechtstellung entsprechend (§ 24).


Beweislast und Rechtsverfolgung

Der Benachteiligte muss im Streitfall die Tatsachen glaubhaft machen, die eine Benachteiligung aus den in § 1 genannten Gründen vermuten lassen; die andere Partei trägt die Beweislast für rechtfertigende Gründe (§ 22). Im gerichtlichen Verfahren kann sich der Benachteiligte durch Antidiskriminierungsverbände vertreten lassen (§ 23).

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by Rechtsanwalt Henry Bach, Rechtsanwälte Henry Bach
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Nach dem Benachteiligungsverbot im Arbeitsrecht dürfen Beschäftigte nicht wegen der Rasse oder der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität benachteiligt werden. Eine arbeitsrechtliche Sonderstellung, im Hinblick auf das AGG, kommt Arbeitnehmern in kirchlichen Einrichtungen zu.Im Falle einer Nichteinstellung darf ein immaterieller Schadensersatz drei Monatsgehälter nicht übersteigen, wenn der Beschäftigte auch bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden wäre. Kann also die betroffene Person darlegen und beweisen, dass sie bei benachteiligungsfreier Auswahl eingestellt worden wäre, kann das Schmerzensgeld höher ausfallen. 
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