Finanzgericht Hamburg Urteil, 20. Jan. 2015 - 3 K 180/14

bei uns veröffentlicht am20.01.2015

Tatbestand

1

A. Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob bei der gesonderten Feststellung des Bedarfswerts nicht notierter Kapitalgesellschafts-Anteile auf den ... 2012 für Zwecke der Erbschaftsteuer nach § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, § 11 Abs. 2 Satz 3 BewG und bei der Feststellung des Verwaltungsvermögens nach § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 1, Abs. 2a ErbStG eine latente Steuerlast abzuziehen ist.

I.

2

1. Die Klägerin (zu 2) ist eine GmbH ... mit dem Unternehmens-Gegenstand Erwerb, Verwaltung und Veräußerung von Grundstücken, Erstellung von Wohnungen.

3

Geschäftsführer waren die Erblasserin seit ... und daneben seit ... der Kläger (zu 1), ... (Handelsregister-Auszug, Finanzgerichts-Anlagenband -FG-Anlbd.-; Finanzgerichts-Akte -FG-A- Bl. 26).

4

Alleinige Gesellschafterin war seit Jahren die Erblasserin bis zu ihrem Tod am ... 2012 (Anl. 2 S. 5; Bewertungs-Akte -Bew-A- Bl. 1, 37, 62, 85).

5

2. Seit Jahren verfügte die Klägerin über keinen operativen Geschäftsbetrieb mehr und bestand ihr Anlagevermögen nur aus einem von der Erblasserin bis zu ihrem Umzug in ein Alten- und Pflegeheim bewohnten Hausgrundstück, das sie bis zu ihrem Tod nicht mehr räumte und das danach nicht mehr vermietet wurde oder vermietbar war (FG-A Bl. 26, 25R, 58 f., Bew-A Bl. 4 f. = 123 f.; Grundbuchauszug und Fotos, Bew-A Bl. 8 ff., 17 ff., 125 ff.; Grundbesitzwert-Akte -GBW-A- Bl. 9 ff., 18 ff.; Lagepläne, GBW-A Bl. 24, 45, FG-A Bl. 58 f.; Luftbild GBW-A Bl. 46).

6

Das Hausgrundstück wurde seit Jahren vor dem Stichtag und auch noch per Ende 2012 mit einem Buchwert von ... Euro bilanziert.

7

Das Umlaufvermögen setzte sich im Wesentlichen aus sechsstelligen Bankguthaben und einer fünfstelligen Forderung gegen die Erblasserin und Gesellschafterin zusammen. Das Kapital bestand an den Bilanzstichtagen ausschließlich aus Eigenkapital (Anl. 2-3; Bew-A Bl. 33 ff.).

8

3. Die von der Erblasserin gehaltene Beteiligung an der Klägerin ging im Wege der Erbfolge am ... 2012 auf den Kläger über (Bew-A Bl. 1; FG-A Bl. 26). Das Ausscheiden der Erblasserin als Geschäftsführerin wurde am ... 2013 eingetragen (Handelsregister-Auszug, FG-Anlbd.).

9

4. Am ... 2012 schätzte ein Sachverständiger einer Bausparkasse den Grundstückswert im Sachwertverfahren als Liquidationswert bei zu erwartendem Gebäudeabriss unter Anpassung aktueller Bodenrichtwerte und nach Abzug der Kosten für Abriss und Hangabstützung auf ... Euro (Bew-A Bl. 4 f. = 123 f., GBW-A Bl. 5).

10

5. Der Kläger als neuer Alleingesellschafter beschloss ..., den Bilanzgewinn 2012 und die Kapitalrücklage, zusammen ... Euro, an sich am ... 2013 auszuschütten (Anl. 4).

11

6. Mit weiterem Beschluss, löste der Kläger die Klägerin per Ende ... 2014 auf und bestellte er sich als Liquidator statt Geschäftsführer (Anl. 5; Handelsregister-Auszug, FG-Anlbd.).

II.

12

1. Das für den letzten Wohnsitz der Erblasserin im Alten- und Pflegeheim in A erbschaftsteuerlich zuständige Finanzamt (ErbSt-FA) forderte unter dem 15. April 2013 bei dem für den eingetragenen Sitz der Klägerin an der Grundstücksadresse und ebenfalls für den Wohnsitz des Klägers in Hamburg zuständigen beklagten (Sitz-)FA eine gesonderte Feststellung des Werts der nicht notierten 100 % Kapitalgesellschafts-Anteile an der Klägerin an; und zwar gemäß § 151 Abs. 1 Nr. 3 i. V. m. § 11 Abs. 2 BewG auf den Erbfall-Stichtag... 2012 (Bew-A Bl. 1).

13

2. Das beklagte (Sitz-)FA forderte dazu unter dem 22. April 2013 von dem in Hamburg für die Grundbesitzbewertung zuständigen (Lage-)FA die Feststellung eines Grundbesitzwerts für das zum Betriebsvermögen der Klägerin gehörende Grundstück für den vorgenannten Erbfall-Stichtag an (Bew-A Bl. 105, GBW-A Bl. 4).

14

3. Am selben Tag forderte das beklagte (Sitz-)FA eine Erklärung zur gesonderten Feststellung des Werts der Kapitalgesellschafts-Anteile an der Klägerin von ihr auf den Erbfall-Stichtag an (Bew-A Bl. 106).

15

4. Am 9. August 2013 wurde die Erklärung zur Feststellung des Bedarfswerts für das Grundstück auf den Erbfall-Stichtag ... 2012 eingereicht. Der Grundbesitz-Bedarfswert für das .... qm große und in ... mit ... qm Wohn- und Nutzfläche bebaute Grundstück wurde mit ... Euro erklärt als niedrigerer gemeiner Wert gemäß dem Gutachten vom ... 2012 (oben I 4; Bew-A Bl. 109, 117 ff.).

16

5. Die Erklärung zur Feststellung des Bedarfswerts der nicht notierten Kapitalgesellschafts-Anteile auf den Erbfall-Stichtag ... 2012 wurde beim beklagten (Sitz-)FA ebenfalls am 9. August 2013 eingereicht (Bew-A Bl. 109 ff.).

17

Neben einem negativen vereinfachten Ertragswert wurde als Mindestwert ein positiver Substanzwert von ... Euro erklärt. Dieser wurde auf den ... 2012 wie folgt - ohne Abzug latenter Steuern aus stillen Reserven im Grundstückswert - errechnet (Bew-A Bl. 111 ff., 114 ff.):

18
        

Euro   

Besitzposten

        
        

Ausstehende Einlagen

…       

        

Anlagevermögen

        

        

Grundstückswert

…       

        

Umlaufvermögen

        

                 

Anzahlungen

…       

                 

Guthaben bei Kreditinstituten, Kasse oder Schecks

…       

                 

Rechnungsabgrenzungsposten

…       

Summe der Besitzposten

…       

abzüglich Schuldposten

        

                 

Sonstige Rückstellungen

-…    

                 

Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen

-…    

Substanzwert

…       

...     

        

19

6. Den Grundbesitz-Bedarfswert stellte das dafür in Hamburg zuständige Lage-FA durch Bescheid vom 22. November 2013 für die Anteilsbewertung seitens des beklagten (Sitz-)FA für die Zwecke der Erbschaftsteuer des Klägers auf den Stichtag ... 2012 mit
                      ... Euro
fest (GBW-A Bl. 2 f., 36; Bew-A Bl. 149); das heißt über die erklärten ... Euro hinaus um ... Euro höher.

20

Dazu ermittelte das FA nach Immobilienmarktbericht 2013 (S. 93-94) für 2012 und Bodenrichtwertabfrage zunächst für das bebaute Grundstück einen Vergleichswert von ... Euro (GBW-A Bl. 36 f.).

21

Ausgehend von dem eingereichten Gutachten (oben I 4) berücksichtigte das FA dann jedoch nur einen Bodenwert. Dabei legte es nach Gutachterausschuss-Abfrage einen auf die Grundstücksgröße von ... qm umgerechneten Bodenrichtwert von ... Euro/qm statt gutachtlich erklärter ... Euro/qm zugrunde und lehnte es wegen der bereits berücksichtigten wertbestimmenden Eigenschaften zusätzliche Abschläge wegen Hanglage oder eingeschränkter Nutzbarkeit ab (GBW-A Bl. 25 ff., 38).

22

Den Bodenwert von (... Euro/qm x ... qm =) ... Euro verminderte das FA gleichwohl um einen Abschlag betreffend Abrisskosten/Wege- und Leitungsrechte (GBW-A Bl. 27 ff.).

23

7. Nach am 20. Dezember 2013 gegen den Grundbesitzwert-Bescheid eingelegtem Einspruch (GBW-A Bl. 43 f., 47 ff.; vgl. Rechtsbehelfsakte -Rb-A- Bl. 2, 4) wurde dieser am 6. Juni 2014 zurückgenommen und wurde damit die Grundbesitzwert-Feststellung bestandskräftig (GBW-A Bl. 52 f.; Rb-A Bl. 22).

24

8. Den hier streitigen Wert der nicht notierten Kapitalgesellschafts-Anteile an der Klägerin stellte das beklagte (Sitz-)FA gegenüber dem Kläger und der Klägerin durch Bescheid vom 12. Dezember 2013 für die Zwecke der Erbschaftsteuer des Klägers auf den Stichtag ... 2012 gemäß § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BewG auf
                               ... Euro
fest; das heißt über die erklärten ... Euro hinaus um die vorstehende Grundbesitzwert-Differenz ... Euro höher (vgl. oben 6). Den Bescheid richtete das FA an die Klägerin und den Kläger als Beteiligte gemäß § 154 BewG (FG-A Bl. 12 = Bew-A Bl. 150).

25

9. In demselben zusammengefassten Bescheid stellte das beklagte (Sitz-)FA den gemeinen Wert des Verwaltungsvermögens als "Dritten zur Nutzung überlassene Grundstücke" nach § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 1, Abs. 2a ErbStG auf
                             ... Euro
fest, das heißt in Höhe des vorbezeichneten Grundstückswerts (Bew-A Bl. 150 R).

26

Nachrichtlich errechnete das beklagte (Sitz-)FA danach die Quote des Verwaltungsvermögens gemäß § 13b Abs. 2 Satz 1 ErbStG mit (... geteilt durch ... =) 61,8 % (Bew-A Bl. 150R).

27

10. Die Ausgangslohnsumme und die Anzahl der Beschäftigten stellte das beklagte (Sitz-)FA nach § 13a Abs. 1 Satz 2, 4, Abs. 1a ErbStG ausdrücklich im Hinblick darauf nicht fest, dass die Zahl der Beschäftigten nicht mehr als 20 oder die Ausgangslohnsumme null Euro beträgt (Bew-A Bl. 150R).

III.

28

1. Einspruch wurde mit Steuerberater-Schreiben vom 15. Januar 2014 unter Angabe der Steuernummer und der Firma der Klägerin "namens und im Auftrag der Mandantin" eingelegt gegen die Feststellungen des Anteilswerts und des Verwaltungsvermögens (Rb-A Bl. 2). In den Schreiben vom 31. Januar und 5. März 2014 zur Einspruchsbegründung wird ebenfalls nur die Klägerin im Betreff genannt. Neben Ausführungen zum seinerzeit parallel angefochtenen Grundbesitzwert wurde geltend gemacht (Rb-A Bl. 3, 10=12):

29

Das Stuttgarter Verfahren nach den aufgehobenen ErbSt-RL 2003 (R 96 ff.) könne als andere übliche Bewertungsmethode gemäß § 11 Abs. 2 BewG angewandt werden. Es führe bei der Unbewohnbarkeit der Immobilie zu einem mit null einzubeziehenden Ertragswert und nach ErbSt-RL 2003 R 100 Abs. 3 Satz 7 zu einem Abschlag vom Vermögenswert. Danach betrage der Anteilswert 47,6 % des Vermögenswertes, das heißt (47,6 % von ... Euro =) ... Euro.

30

Beim Ansatz des Substanzwerts als Mindestwert nach § 11 Abs. 2 Satz 3 BewG seien auch solche passiven Wirtschaftsgüter zu berücksichtigen, für die wie für Drohverlustrückstellungen ein steuerliches Passivierungsverbot bestehe. Abzuziehen seien so auch latente Steuern gemäß § 274 HGB infolge der Aufdeckung stiller Reserven im Grundstücksbuchwert von 1,51 Euro durch die Feststellung des Grundbesitzwerts.

31

Wenn bei einem negativen Ertragswert gemäß § 11 Abs. 2 Satz 3 BewG als Mindestwert der Substanzwert herangezogen werde, setze die Verwirklichung der Einzelveräußerungspreise der betrieblichen Wirtschaftsgüter eine echte Liquidation des Betriebs voraus. Mindestwert sei demgemäß der Liquidationswert nach Abzug der Liquidationskosten (Hinweis auf Rössler/Troll zu § 95 BewG).

32

Bei einem Grundbesitzwert von ... Euro belaufe sich die Aufdeckung stiller Reserven auf (... ./. 1,51 =) ... Euro. Nach Verlustvortrag erwachse daraus eine Belastung mit Körperschaftsteuer ... Euro nebst Solidaritätszuschlag ... Euro und mit Gewerbesteuer ... Euro. Insgesamt seien danach ... Euro latente Steuern als Drohverlustrückstellung und Schuldposten oder als Veräußerungskosten abzuziehen.

33

Außerdem werde die Ausschüttung des Gewinns der Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlag zu unterwerfen sein.

34

2. Das FA entschied über den Einspruch gegen die Feststellungen des Anteilswerts und des Verwaltungsvermögens durch Einspruchsentscheidung vom 10. Juni 2014 sowohl gegenüber der Klägerin als auch gegenüber dem Kläger (Anlage 1, FG-A Bl. 8 = Rb-A Bl. 23). Da der Substanzwert des Betriebsvermögens nach § 11 Abs. 2 BewG bei der Bewertung der Anteile an Kapitalgesellschaften nicht unterschritten werden dürfe, fehle für den Ansatz latenter Steuern die Rechtsgrundlage. Zu berücksichtigen seien nach § 95 BewG nur die bei der steuerlichen Gewinnermittlung zum Betriebsvermögen gehörenden Teile.

35

3. Einen mit der Einspruchsbegründung vom 31. Januar 2014 zugleich gestellten Antrag auf Aussetzung der Vollziehung (Rb-A Bl. 3, 4) lehnte das FA nach Hinweisschreiben vom 4. Februar 2014 (Rb-A Bl. 5) mit Bescheid vom 5. Februar 2014 gegenüber der Klägerin ab (Rb-A Bl. 7).

36

Gegen die AdV-Ablehnung ist am 5. März 2014 mit Steuerberater-Schreiben unter Bezeichnung der Klägerin "namens und im Auftrag der Mandantin" Einspruch eingelegt worden (Rb-A Bl. 15).

37

Diesen AdV-Einspruch hat das FA am 20. Januar 2015 zu Protokoll der mündlichen Verhandlung über die Klagesache unter Bezugnahme auf die Hauptsache-Einspruchsentscheidung vom 10. Juni 2014 zurückgewiesen (FG-A Bl. 62).

IV.

38

1. Klage gegen die Feststellungen des Anteilswerts und des Verwaltungsvermögens-Werts, jeweils in Gestalt der an beide Kläger gerichteten Einspruchsentscheidung vom 10. Juni 2014, haben beide Kläger am 9. Juli 2014 erhoben (FG-A Bl. 1=4).

39

Zur Begründung tragen sie vor (FG-A Bl. 17=25, 33=39, 45=47, 49):

40

a) Bei der Anteilsbewertung nach § 11 Abs. 2 Satz 3 BewG mit der Untergrenze des Substanzwerts sei dieser in Gestalt des Liquidationswerts unter Abzug einer latenten Ertragsteuerbelastung festzustellen.

41

Diese entstehe aus der Aufdeckung stiller Reserven von ... Euro im festgestellten Grundstückswert von ... Euro abzüglich des Buchwerts von 1,51 Euro.

42

Nach Abzug eines Verlustabzugs ... Euro seien ... Euro wie folgt zu versteuern (Anlage 8):

43

Körperschaftsteuer

… Euro

Solidaritätszuschlag

… Euro

Gewerbesteuer

… Euro

zusammen

… Euro

44

Dementsprechend seien die Wertfeststellungen herabzusetzen:

45

       Anteilswert

Verwaltungsvermögens-Wert

        … Euro

 … Euro

       -… Euro

-… Euro

      =… Euro

=… Euro

46

Verwaltungsvermögens-Wert

47

b) Der Abzug der latenten Steuern beim Substanzwert in dessen Ausprägung als Liquidationswert entspreche der laut Gesetzesbegründung unveränderten Definition des Substanzwerts in § 11 BewG nach den Grundsätzen der bisherigen §§ 98a und 103 BewG (BT-Drs. 16/7918 S. 38; BR-Drs. 4/08 S. 62; Hinweis auf Piltz, DStR 2008, 745, 747).

48

Bereits nach § 98a Satz 2 BewG 1993-2008 seien die §§ 4-8 BewG nicht anzuwenden gewesen [darunter § 6 BewG aufschiebend bedingte Lasten]. Dementsprechend ebenso wenig anwendbar seien diese Vorschriften bei der Anteilsbewertung nach § 11 BewG in der ab 2009 geltenden aktuellen Fassung (Hinweis auf Ch. Wollny, DStR 2012, 766, 771 m. w. N.).

49

Soweit die frühere Rechtsprechung zum Stuttgarter Verfahren den Abzug latenter Steuern unter Hinweis auf §§ 4-8 BewG abgelehnt habe, trage diese Begründung seit Nichtanwendbarkeit dieser Vorschriften nicht mehr (Hinweis auf Ch. Wollny, DStR 2012, 766, 770 f. m. w. N.).

50

c) Der Liquidationswert mit Abzug von latenten Steuern oder Liquidationskosten sei anzusetzen, weil die Klägerin im Erwerbszeitpunkt über keinen eigenen operativen, aktiven oder fortführungsfähigen Betrieb mehr verfügt habe und weil bereits im Erwerbszeitpunkt die Liquidation durch Verwertung der Aktiva vom Kläger beabsichtigt worden und unumgänglich gewesen sei. Die zunächst still und später formal vollzogene Liquidation sei die notwendige Konsequenz aus der Unvermietbarkeit und Unbewohnbarkeit sowie dem baufälligen Zustand der Immobilie gewesen. Stattdessen wären bei der Lage sowie der schwierigen und rechtlich ungesicherten Zuwegung eine komplette Sanierung und ihre Kosten nicht absehbar gewesen. Außerdem wäre er - der Kläger - dazu wegen seiner zeitlichen Beanspruchung durch sein bisheriges eigenes Unternehmen nicht in der Lage (Beweisantrag Beteiligtenvernehmung des Klägers; Anlage K 9 eidesstattliche Versicherung).

51

Damit unterscheide sich der Streitfall vom vorherrschenden Verständnis des Substanzwerts nach § 11 BewG 2009 mit der Annahme der tatsächlichen Fortsetzung des Betriebs (Hinweis auf Piltz, DStR 2008, 745, 746).

52

Der Liquidationswert sei bei beabsichtigter Zerschlagung des Unternehmens durch den Erwerber anzusetzen (Hinweis auf FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 28.11.2012 2 K 2452/10, DStRE 2014, 273, 274).

53

d) Bei Liquidation seien die Liquidationskosten abzuziehen (ErbSt-RL R B 11.3 Abs. 9).

54

Latente Steuern seien nach dem Bewertungsmaßstab des § 11 Abs. 2 Satz 3 BewG als Liquidationskosten zu berücksichtigen; nicht nur als sonstige Abzüge i. S. d. § 103 Abs. 1 BewG in Form von Rückstellungen für latente Steuern gemäß § 274 Abs. 1 HGB (Hinweis auf Rössler/Troll, BewG, 19. A., § 103 Rz. 17). Auch steuerlich wegen § 5 Abs. 4a Satz 1 EStG nicht passivierungsfähige Drohverlustrückstellungen seien beim Substanzwert gleichwohl abziehbar (ErbSt-RL R B 11.3 Abs. 3 Satz 3).

55

e) Selbst ohne eine tatsächlich nachfolgende Liquidation seien für den Substanzwert als Mindestwert nach § 11 Abs. 2 Satz 3 BewG gemäß Schrifttum Liquidationswerte mit den Liquidationskosten anzusetzen, die bei angenommener Veräußerbarkeit und hypothetischer Veräußerung der Einzelwirtschaftsgüter anfielen (Hinweis auf Rössler/Troll, BewG, 19. A., § 11 BewG Rz. 43 m. w. N.; Bauer/Wartenburger, MittBayNot 2010, 435, 440).

56

f) Das gelte auch speziell für die latenten Steuern. Ausgehend vom verfassungsrechtlich zu beachtenden Maßstab des "gemeinen Werts" nach § 9 BewG und von der Nettowertbetrachtung bei der Bereicherung nach § 10 ErbStG seien daran auch die Bewertungsverfahren nach § 11 Abs. 2 BewG zu messen. Werde die Ebene der Realität durch eine Bewertungsfiktion bei den stillen Reserven verlassen, seien die stillen Lasten gleichermaßen einzubeziehen (Hinweis auf Ch. Wollny, DStR 2012, 716, 766, 770 f.).

57

Die Kläger beantragen sinngemäß (FG-A Bl. 5, 62),
1. den Bescheid vom 12. Dezember 2013 über die Feststellung des Anteilswerts und des Verwaltungsvermögens-Werts auf den ... 2012,
in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 10. Juni 2014
und der Vorläufigkeitserklärung vom 20. Januar 2015,
dahin zu ändern, dass beide Werte um latente Ertragsteuern von ... Euro herabgesetzt werden;
2. die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig zu erklären;
hilfsweise, die Revision zuzulassen

58

2. Das FA beantragt (FG-A Bl. 33=35, 62),
die Klage abzuweisen;
hilfsweise, die Revision zuzulassen.

59

Das FA nimmt auf die Einspruchsentscheidung Bezug und trägt weiter vor (FG A Bl. 33):

60

Die von den Klägern behauptete "stille Liquidation" sei für die Feststellung auf den ... 2012 ohne Bedeutung. Es komme allein auf den "tatsächlichen" Liquidationsbeschluss an, der dagegen erst nach Klageerhebung gefasst und eingetragen worden sei.

61

Des Weiteren seien nach Verkauf des Grundstücks festzusetzende Ertragsteuern hier nicht als latente Steuern abziehbar. Solche könnten allenfalls nach Verkauf passiviert werden, wenn es aufgrund steuerrechtlicher Vorschriften zu unterschiedlichen Ergebnissen zwischen Handels- und Steuerbilanz komme. Letzteres sei bei dem in Rede stehenden Grundstücksverkauf nicht der Fall. Der Überschuss des Verkaufserlöses über die Buchwerte werde jeweils als Gewinn angesetzt.

V.

62

1. Das FA hat in der mündlichen Verhandlung vom 20. Januar 2015 zu Protokoll den angefochtenen Feststellungsbescheid über die Anteilsbewertung und den Wert des Verwaltungsvermögens vom 12. Dezember 2013 (FG-A Bl. 12 = Bew-A Bl. 150; oben II 8) in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 10. Juni 2014 (FG-A Bl. 8 = Rb-A Bl. 23; oben III 2) für vorläufig erklärt gemäß § 165 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AO im Hinblick auf die anhängige Verfassungsbeschwerde 1 BvR 1432/10 gegen das BFH-Urteil vom 17.02.2010 II R 23/09 zur Frage der Berücksichtigung latenter Ertragsteuern bei der erbschaftsteuerlichen Bemessungsgrundlage (BFHE 229, 641, BStBl II 2010, 641).

63

2. Ergänzend wird Bezug genommen auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 20. Januar 2015 (FG-A Bl. 62) sowie auf die oben angeführten Vorgänge und die damit zusammenhängenden Vorgänge aus der Finanzgerichts-Akte (FG-A) nebst Anlagenband (FG-Anlbd.) sowie aus folgenden Steuerakten:
Bewertungs-Akte (Bew-A),
Rechtsbehelfs-Akte (Rb-A) nebst in Kopie nachgehefteter
Grundbesitzwert-Akte (GBW-A).

Entscheidungsgründe

64

B. Die Klage betreffend die Anfechtung der Anteilsbewertung ist zulässig.

65

1. Die Klägerin ist nach § 155 Satz 1 i. V. m. § 154 Abs. 1 Nr. 2 BewG rechtsbehelfs- und damit auch klagebefugt als am Feststellungsverfahren beteiligte Kapitalgesellschaft, die vom FA gemäß § 153 Abs. 3 BewG zur Abgabe einer Feststellungserklärung für die Anteilsbewertung nach § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 i. V. m. § 11 Abs. 2 BewG aufgefordert wurde (oben A II 3).

66

Im Verfahren der gesonderten Feststellung (§ 179 AO) wurden der Klägerin deswegen auch der angefochtene Feststellungsbescheid und - nach ihrem Einspruch - die Einspruchsentscheidung gemäß § 154 Abs. 2 BewG bekannt gegeben (oben A II 8, III 2).

67

2. Der Kläger ist ebenfalls nach § 155 Satz 1 i. V. m. § 154 Abs. 1 BewG rechtsbehelfs- und klagebefugt. Er ist am Feststellungsverfahren beteiligt, weil ihm die bewerteten Kapitalgesellschafts-Anteile zuzurechnen sind (§ 154 Abs. 1 Nr. 1 BewG) und weil er Schuldner der Erbschaftsteuer ist, für deren Festsetzung die angefochtenen Feststellungen von Bedeutung sind. (§ 154 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 BewG).

68

Es kommt neben dem Einspruch der Klägerin nach § 44 FGO nicht auf einen ausdrücklichen Einspruch des Klägers an, nachdem er noch als Adressat der Einspruchsentscheidung am Einspruchsverfahren beteiligt wurde (oben A III 2) und beschwert ist (§ 78 Nr. 2, § 360 Abs. 3 AO, § 40 Abs. 2 FGO; vgl. zur Beschwer BFH-Urteile vom 06.07.2011 II R 44/10, BFHE 234, 107, BStBl II 2012, 5; II R 43/10, BFH/NV 2011, 2122; Hartmann in Gürsching/Stenger, BewG, § 154 Rz. 20, § 155 Rz. 5 ff., 18 f.). Im Übrigen genügt für den nach § 155 BewG klagebefugten Beteiligten der gesonderten Feststellung das von der vollen Umfangs rechtsbehelfs- und klagebefugten Gesellschaft durchgeführte Einspruchsverfahren (vgl. zu einheitlichen Feststellungen i. S. d. § 48 FGO: Urteile FG Rheinland-Pfalz vom 16.01.2007 2 K 1228/04, EFG 2007, 937, DStRE 2007, 1552; BFH vom 14.10.2003 VIII R 32/01, BFHE 203, 462, BStBl II 2004, 359).

II.

69

Gleichermaßen zulässig ist die Klage hinsichtlich der Anfechtung der Feststellung des Werts des Verwaltungsvermögens i. S. d. § 13b Abs. 2 ErbStG.

70

Für das Verfahren dieser Feststellung gelten gemäß § 13b Abs. 2a Satz 4 BewG die bereits für die Anteilsbewertung bezeichneten Vorschriften § 155 Satz 1 i. V. m. §154, § 153 BewG entsprechend; und zwar bezogen auf die wirtschaftliche Einheit (vgl. FG Münster, Urteil vom 09.12.2013 3 K 3969/11 Erb, EFG 2014, 660, BB 2014, 1251).

III.

71

Die Entscheidung über die angefochtene Bedarfsbewertung und Verwaltungsvermögen-Bewertung ist unabhängig von dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 17.12.2014 1 BvL 21/12 (DStR 2015, 31) zu treffen, ohne dass dessen Umsetzung innerhalb der bis zum 30. Juni 2016 gesetzten Frist oder eine Vorläufigkeitserklärung der Wert-Feststellungen gemäß § 165 AO abzuwarten ist. Das BVerfG-Urteil berührt die Bedarfsbewertung nach § 151 BewG oder die Bewertung des Verwaltungsvermögens gemäß § 13b Abs. 2a ErbStG nicht, sondern betrifft - einschließlich des Umfangs der Verschonungsregelungen - die materiellen erbschaftsteuerlichen Folgen aus §§ 13a, 13b, 19 ErbStG, die erst im Verfahren betreffend den Erbschaftsteuer-Bescheid zu prüfen sind.

IV.

72

Auszusetzen gemäß § 74 FGO ist das Klageverfahren auch nicht im Hinblick auf die anhängige Verfassungsbeschwerde 1 BvR 1432/10 gegen das BFH-Urteil vom 17.02.2010 II R 23/09 zur Frage der Berücksichtigung latenter Ertragsteuer (in Gestalt von ESt) bei der erbschaftsteuerlichen Bemessungsgrundlage (BFHE 229, 363, BStBl II 2010, 641).

73

Im Unterschied dazu bedarf es hier einer Entscheidung über die latente Ertragsteuerbelastung der GmbH bzw. der Kapitalgesellschafts-Anteile in Gestalt von Körperschaftsteuer (§ 8 KStG), Solidaritätszuschlag (§ 1 SolZG) und Gewerbesteuer (§ 7 GewStG).

74

Soweit gleichwohl die Entscheidung über die anhängige Verfassungsbeschwerde zu einer anderen Beurteilung des Streitfalls führt, kann diese hier aufgrund der protokollierten Vorläufigkeitserklärung gemäß § 165 Abs. 2 i. V. m. Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AO umgesetzt werden (oben A V 1).

V.

75

Die Klage ist unbegründet; der angefochtene Bescheid in Gestalt der Einspruchsentscheidung ist rechtmäßig und verletzt deshalb nicht die Rechte der Kläger (§ 100 Abs. 1 FGO).

76

Zu Recht hat es das FA abgelehnt, die auf die stillen Reserven im Grundstücks-Buchwert entfallende latente Ertragsteuerbelastung bei der gesonderten Feststellung des Werts der nicht notierten Anteile an der klagenden Kapitalgesellschaft auf den ... 2012 für Zwecke der Erbschaftsteuer nach § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BewG 2009 und bei der Feststellung des Verwaltungsvermögens nach § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 1, Abs. 2a ErbStG abzuziehen; das heißt nicht über die beim bestandskräftig bindenden Grundbesitz-Bedarfswert nach § 151 Abs. 1 Nr. 1 BewG bereits abgezogenen Abrisskosten hinaus.

77

1. Anteile an Kapitalgesellschaften, für die ein Kurswert i. S. d. § 11 Abs. 1 BewG nicht gegeben ist, sind nach § 157 Abs. 4 BewG i. d. F. ab 2009 unter Berücksichtigung der tatsächlichen Verhältnisse und der Wertverhältnisse zum Bewertungsstichtag gemäß § 11 Abs. 2 BewG 2009 zu bewerten, das heißt nach § 11 Abs. 2 Satz 1 BewG mit dem gemeinen Wert anzusetzen.

78

a) Liegen - wie im Streitfall - keine zeitnahen Verkäufe vor, aus denen der gemeine Wert abgeleitet werden könnte, so ist nach der geltenden Neufassung von § 11 Abs. 2 Satz 2 BewG ab 2009 der gemeine Wert unter Berücksichtigung der Ertragsaussichten der Kapitalgesellschaft oder einer anderen anerkannten, auch im gewöhnlichen Geschäftsverkehr für nichtsteuerliche Zwecke üblichen Methode zu ermitteln; dabei ist die Methode anzuwenden, die ein Erwerber der Bemessung des Kaufpreises zugrunde legen würde. Für die Berücksichtigung der Ertragsaussichten kann nach §§ 199-203 BewG i. d. F. ab 2009 geeignetenfalls das vereinfachte Ertragswertverfahren angewandt werden (vgl. Ländererlasse vom 08.09.2014, BStBl I 2014, 882).

79

Die Regelung unterscheidet sich von § 11 Abs. 2 Satz 2 BewG i. d. F. vor 2009, wonach der gemeine Wert unter Berücksichtigung "des Vermögens und" der Ertragsaussichten zu schätzen war und dazu langjährig das sogenannte Stuttgarter Verfahren angewandt wurde (vgl. ErbSt-RL 2003 R 96; Urteile Schleswig-Holsteinisches FG vom 24.05.2013 5 K 223/09, EFG 2014, 1886; BFH vom 27.08.2014 II R 43/12, BFHE 246, 506, DStR 2014, 2753; frühere ständ. Rspr.; Rechtsänderung durch BewG 2009 nach BVerfG-Beschluss vom 07.11.2006 1 BvL 10/02, BVerfGE 117, 1, BStBl II 2007, 192). Das Stuttgarter Verfahren wurde der älteren Mittelwertmethode (früher Berliner Verfahren genannt) vorgezogen (vgl. Urteile Hessisches FG vom 30.11.2006 3 K 391/00, Juris; insgesamt FG Hamburg, Urteile vom 28.04.2009 3 K 43/09, EFG 2010, 103 m. w. N.; ferner vom 05.03.1991 I 52/88, EFG 1992, 18, DStZ 1993, 58 m. Anm. Hardt).

80

b) Gemäß der in § 11 Abs. 2 Satz 3 BewG 2009 angefügten Regelung darf die Summe der gemeinen Werte der zum Betriebsvermögen gehörenden Wirtschaftsgüter und sonstigen aktiven Ansätze abzüglich der zum Betriebsvermögen gehörenden Schulden und sonstigen Abzüge (Substanzwert) der Gesellschaft nicht unterschritten werden (unter Anwendung von §§ 99, 103 BewG).

81

Dementsprechend bildet der so definierte Substanzwert bei der Bewertung von Anteilen an Kapitalgesellschaften die untere Grenze.

82

2. Als Ausgangspunkt der Anteilsbewertung stellt der gemeine Wert nach § 11 Abs. 2 Satz 1 BewG das maßgebliche Bewertungsziel dar (BVerfG-Beschluss vom 07.11.2006 1 BvL 10/02, BVerfGE 117, 1, BStBl II 2007, 192). Er wird gemäß § 9 Abs. 2 Satz 1 BewG durch den Preis bestimmt, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach der Beschaffenheit des Wirtschaftsguts bei einer Veräußerung zu erzielen wäre. Unter dem gemeinen Wert ist demnach ein Betrag zu verstehen, der im Verkaufsfall üblicherweise als Erlös erzielbar ist (Halaczinsky in Rössler/Troll, BewG, 19. Aufl., § 9 Rz. 6).

83

Für die Ermittlung des gemeinen Werts ist auch nach § 11 Abs. 2 Satz 2 BewG die Käufersicht maßgebend. Danach ist bei der Wahl der Methode zur Ermittlung des gemeinen Werts die Methode anzuwenden, die ein Erwerber der Bemessung des Kaufpreises zugrunde legen würde. Entsprechendes gilt bei der Anwendung der gewählten Methode; so ist etwa für den Substanzwert das Vermögen der Kapitalgesellschaft mit dem gemeinen Wert zum Bewertungsstichtag zugrunde zu legen (ErbSt-RL R B 11.4 Abs. 1).

84

3. Die Auswahl der Unternehmensbewertungs-Methode ist nach § 11 Abs. 2 Satz 2 BewG i. d. F. ab 2009 unter dem vereinfachten Ertragswertverfahren, der Ertragswertmethode, der davon abgeleiteten Discounted Cash Flow- bzw. DCF-Methode, den Ertrags- und Vermögenswert (Substanzwert) kombiniert berücksichtigenden Methoden, der Substanzwertmethode oder anderen anerkannten im gewöhnlichen Geschäftsverkehr üblichen Methoden - ggfs. einschließlich Umsatzmultiplikator-Methoden - zu treffen (oben 1 a; zu letzteren Kreutziger in Kreutziger/Schaffner/Stephany, BewG, 3. Aufl., § 11 Rz. 77; Überblick Bay. Landesamt für Steuern vom 12.03.2014 bzw. 04.01.2013, Juris, BeckVerw). Nötigenfalls ist die Feststellungslast bei der Methodenauswahl zu berücksichtigen (vgl. Urteile BFH vom 08.04.2014 IX R 4/13, BFH/NV 2014, 1201; FG Hamburg vom 28.04.2009 3 K 43/09, EFG 2010, 103 m. w. N.; vom 05.03.1991 I 52/88, EFG 1992, 18, DStZ 1993, 58 m. Anm. Hardt; Bauer/Wartenberger, MittBayNot 2010, 435, 440).

85

a) In Anbetracht von Ertraglosigkeit und am Stichtag nicht erwarteter ertragbringender Fortführung des Unternehmens hat das FA zutreffend die Untergrenze des Substanzwerts gemäß § 11 Abs. 2 Satz 3 BewG i. d. F. ab 2009 (oben 1 b) gewählt.

86

Dementsprechend kommt es hier nicht darauf an, ob ein den Ertragswert übersteigender Substanz- bzw. Liquidationswert als Untergrenze auch bei Fortführungsannahme zugrunde zu legen ist oder nur bei feststehender Liquidation (vgl. BR-Drs. 4/08 S. 62; BT-Drs. 16/7918 S. 38; Bauer/Wartenburger, MittBayNot 2010, 435, 440; Eisele, StW 2013, 89, 91; Piltz, DStR 2008, 745).

87

b) Im Substanzwertverfahren nach § 11 Abs. 2 Satz 3 BewG 2009 - mit dem aus der Summe der gemeinen Werte der einzelnen Vermögensgegenstände abzüglich der Schulden gebildeten Unternehmenswert - handelt es sich um ein Einzelbewertungsverfahren (S. Viskorf in Viskorf/Knobel/Schuck/Wälzholz, ErbStG und BewG, 4. Aufl., § 11 Rz. 81; Eisele in Rösler/Troll, BewG, § 95 Rz. 17). Dem Grunde nach sind bei der Ermittlung des Substanzwerts alle Wirtschaftsgüter einzubeziehen, die nach §§ 95 bis 97, §§ 99, 103 BewG zum Betriebsvermögen gehören. Damit ist das Vermögen der Kapitalgesellschaft mit dem gemeinen Wert zum Bewertungsstichtag zugrunde zu legen (ErbSt-RL R B 11.3, 11.4).

88

c) Dieser Substanzwertbegriff lag auch der Berücksichtigung des Vermögens bei der Schätzung des Anteilswerts nach § 11 Abs. 2 BewG i. d. F. vor 2009 mittels des Stuttgarter Verfahrens zugrunde, soweit in diesem in erster Linie der Vermögenswert (Substanzwert) berücksichtigt wird (oben 1 a). Im Stuttgarter Verfahren bestimmt sich der Unternehmenswert - vergleichbar mit anderen kombinierten Methoden - nach dem Substanzwert und einer Differenz zwischen Ertragswert und Substanzwert, die als Geschäftswert zu einem bestimmten Anteil in die Bewertung mit einfließt (Methodenvergleich FG Hamburg, Urteile vom 28.04.2009 3 K 43/09, EFG 2010, 103 m. w. N.; vom 05.03.1991 I 52/88, EFG 1992, 18, DStZ 1993, 58 m. Anm. Hardt).

89

4. Bei dem insoweit gemäß § 11 Abs. 2 BewG vor und ab 2009 unveränderten Substanzwert wird und wurde der Abzug auf den stillen Reserven ruhender latenter Ertragsteuern der Kapitalgesellschaft nach der - bereits zum Stuttgarter Verfahren entwickelten - ständigen Rechtsprechung abgelehnt (z. B. BFH, Beschluss vom 31. Mai 2005 VIII B 67/96, BFH/NV 2005, 2178; Urteile vom 28.06.1995 II R 37/92, BFH/NV 1996, 106 zu II 1 b Rz. 14; BFH vom 12.02.1992 II R 113/88, BFHE 167, 170, BStBl II 1983, 268 m. w. N.; BFH vom 02.10.1991 II R 153/88, BFHE 166, 372, BStBl II 1992, 274; vom 28.09.1988 I R 31/86, BFHE 155, 166, BStBl II 1989, 85 mit Wiedergabe der Rechtsprechungs-Entwicklung; FG Saarland vom 30.06.1993 1 K 337/92, EFG 1994, 81).

90

a) Diese Beurteilung stimmt überein mit dem Nichtabzug beim Ertragswert in vorbezeichneter Rechtsprechung und mit der Nichtberücksichtigung latenter Steuervorteile (vgl. Urteile FG Saarland vom 30.06.1993 1 K 337/92, GmbHR 1994, 574; FG Hamburg vom 10.10.1990 II 173/88, EFG 1991, 130); ebenso mit dem Nichtabzug nichtsteuerlicher latenter Belastungen bei der Anteilsbewertung (vgl. Beschlüsse BFH vom 13.08.1996 II B 117/95, BFH/NV 1997, 16, nachgehend BVerfG vom 02.05.1997 1 BvR 2142/96, Juris).

91

b) Nicht mehr fortgeführt wurde dagegen Rechtsprechung aus der Zeit vor 1981 zu den nicht mehr interessierenden Sonderfällen betreffend latente Steuern aus Importwaren-Bewertungsabschlag nach § 80 EStDV a. F. (vgl. Hessisches FG, Urteil vom 08.12.1978 IV 311/71, EFG 1979, 377) oder aus Preissteigerungsrücklage nach § 74 Abs. 5 EStDV a. F. (vgl. BFH-Urteile vom 20.10.1978 III R 31/76, BFHE 126, 227, BStBl II 1979, 34; darauf bezugnehmend vom 12. 3. 1980 II R 142/76, BFHE 130, 336, BStBl II 1980, 463; fortan Abzug latenter Steuer ablehnend Beschluss vom 29.10.1992 I B 81/92, BFH/NV 1993, 315; Urteile vom 12.02.1992 II R 113/88, BFHE 167, 170, BStBl II 1993, 268, vorgehend FG Hamburg vom 28.04.1988 II 267/85, EFG 1988, 505; BFH vom 31.10.1990 I R 37/89, BFH/NV 1991, 340 jeweils m. w. N.).

92

c)Die Fortgeltung der vorbezeichneten Rechtsprechung zum Nichtabzug latenter Ertragsteuern bei der Anteilsbewertung nach § 11 Abs. 2 BewG wird ferner nicht dadurch berührt, dass § 98a BewG mit Wirkung ab 2009 aufgehoben wurde.

93

Gleichwohl entspricht die Definition des Substanzwerts inhaltlich den Grundsätzen der §§ 98a und 103 BewG i. d. F. vor 2009, wie in der Gesetzesbegründung, im unstreitigen Schrifttum und durch die Kläger ausgeführt (BT-Drs. 16/7918 S. 38; BR-Drs. 4/08 S. 62; Piltz, DStR 2008, 745, 747; oben A IV 1 b).

94

d) Ebenso wenig änderte sich der Nichtabzug latenter Ertragsteuern bei der Anteilsbewertung durch die Ergänzung von § 98a BewG i. d. F. vom 29.02.1992 (bis einschließlich 2008) betreffend den Wert des Betriebsvermögens um den Satz 2, dass (u. a.) § 6 BewG nicht anzuwenden ist.

95

Zwar konnte insoweit der Nichtabzug latenter Ertragsteuern nicht mehr auf die allgemeine Bewertungsvorschrift in § 6 BewG gestützt werden, dass aufschiebend bedingte Lasten nicht abzuziehen sind (vgl. Kritik Ch. Wollny, DStR 2012, 766, 771). Daraus ergab sich jedoch nach der vorbezeichneten Rechtsprechung nicht im Gegenschluss eine stichtagsbezogene Berücksichtigung latenter Steuern, insbesondere nicht bei der steuerlichen Anteilsbewertung.

96

e) Die Anteilsbewertung richtete sich ohnehin bereits vorher gemäß § 11 Abs. 2 Satz 1 BewG a. F. nach dem gemeinen Wert, der gemäß § 9 Abs. 2 Satz 1 BewG im gewöhnlichen Geschäftsverkehr zu erzielen wäre, das heißt ggf. nach den Methoden des gewöhnlichen Geschäftsverkehrs. Auch diese rechtfertigen nach der vorgenannten Rechtsprechung keinen Abzug latenter Steuern bei der steuerrechtlichen Anteilsbewertung, insbesondere nicht im Rahmen der erbschaftsteuerlichen Bemessungsgrundlage (vgl. Hübner, Erbschaftsteuerreform 2009, Teil 3 C Änderungen des BewG I 2 "Bewertungszeitpunkt/Stichtagsprinzip").

97

5. Latente Steuern werden auch dann nicht berücksichtigt, wenn die Gesellschaft zerschlagen oder liquidiert werden soll bzw. mit einer Fortführung des Unternehmens nach den Umständen des Einzelfalls am Bewertungsstichtag aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht mehr zu rechnen ist.

98

a) Zwar wird in diesem Fall der Liquidationswert zugrunde gelegt (Urteile FG Düsseldorf vom 19. August 2014 6 K 2634/11 K, G; FG Rheinland-Pfalz vom 28.11.2012 2 K 2452/10, EFG 2013, 352, nachgehend BFH vom 08.04.2014 IX R 4/13, BFH/NV 2014, 1201; vgl. BFH vom 06.11.1985 II R 220/82, BStBl II 1986, 281 a. E.; Creutzmann, DB 2008, 2784, 2790; Eisele, StW 2013, 89, 90).

99

Jedoch stellt der Liquidationswert nur eine besondere Ausprägung des Substanzwerts dar und ist er damit auch ein Substanzwert (BR-Drs. 4/08 S. 62; BT-Drs. 16/7918, S. 38; FG Hamburg Urteil vom 28. April 2009 III K 43/09, EFG 2010, 103; ErbSt-RL R B 11.3; Mannek in Gürsching/Stenger, BewG § 11 Rz. 694; Kreutziger in Kreutziger/Schaffner/Stephany, BewG, 3. Aufl., § 11 Rz. 60, 91; Eisele in Rössler/Troll, BewG, § 11 Rz. 40).

100

b) Die vom BFH entwickelten Grundsätze zu der (Nicht-)Berücksichtigung von latenten Steuerlasten unter Anwendung des Stuttgarter Verfahrens (oben 4) gelten auch in diesem Fall fort. Zukünftige ertragsteuerliche Belastungen durch den Verkauf des Grundstücks oder durch die Liquidation bzw. Betriebsaufgabe der GmbH mit der damit möglicherweise verbundenen Besteuerung der stillen Reserven dürfen bei der Anteilsbewertung nicht berücksichtigt werden (vgl. BFH, Beschluss vom 31.05.2005 VIII B 67/96, BFH/NV 2005, 2178; Urteile vom 20.12.1968 III R 122/67, BFHE 95, 280, BStBl II 1969, 373; III R 29/66, BFHE 95, 273, BB 1969, 708; a. A. Ch. Wollny, DStR 2012, 716 f.; 766, 771; Piltz, DStR 2008, 745, 747); ebenso wenig wie eine etwaige den Verbleib eines Liquidationsgewinns betreffende Gestaltung (vgl. BFH-Urteil vom 02.10.1981 III R 27/77, BFHE 134, 167; BStBl II 1982, 8 a. E.).

101

6. Ob der Entschluss, die Klägerin zu liquidieren, vor dem Bewertungsstichtag gefasst wurde, kann danach dahin stehen, so dass es auf die Beteiligtenvernehmung nicht ankommt.

102

a) Auch wenn die Liquidationsabsicht bereits bestand, steht der Berücksichtigung einer etwaigen latenten Steuerlast das erbschaftsteuer- und bewertungsrechtliche Stichtagsprinzip (§§ 11, 9 ErbStG) entgegen. Nach diesem dürfen sich bei der Bewertung von Anteilen an Kapitalgesellschaften nur solche Verhältnisse und Gegebenheiten auswirken, die im Bewertungszeitpunkt so hinreichend konkretisiert sind, dass mit ihnen im Feststellungszeitpunkt als Tatsache zu rechnen ist (BFH-Urteil vom 28.06.1995 II R 37/92, BFH/NV 1996, 156 zu II 1 b Rz. 14; Urteil vom 02.10.1981 III R 27/77, BFHE 134, 167, BStBl II 1982, 8; Hübner, Erbschaftsteuerreform 2009, C Änderungen des BewG I 2 "Bewertungszeitpunkt/Stichtagsprinzip").

103

Selbst wenn der Kläger zum Bewertungsstichtag die Liquidation der Klägerin in der Zukunft beabsichtigt hatte, lässt sich nicht ohne Weiteres übersehen, ob, wann, bei wem und in welcher Höhe ertragsteuerliche Belastungen entstehen können. Die endgültige Steuerlast der Kapitalgesellschaft bemisst sich nach ihren Verhältnissen und Einkünften, die möglicherweise entwicklungs- oder gestaltungsabhängig sind. Solche Ungewissheiten lassen sich nach der BFH-Rechtsprechung mit dem bewertungs- und erbschaftsteuerrechtlichen Stichtagsprinzip nicht vereinbaren (BFH-Urteil vom 20.12.1968 III R 122/67, BFHE 95, 280, BStBl II 1969, 373).

104

b) Der Erbe übernimmt das Vermögen eines Erblassers in dem Zustand, in dem es bei dessen Tod vorhanden war. Nach dem Stichtagsprinzip sind latente Ertragsteuern als zukünftige Verbindlichkeiten bei der Bewertung der vererbten Kapitalgesellschafts-Anteile ebenso wie latente Ertragsteuern beim Erben nicht abziehbar (vgl. BFH Urteil vom 17.02.2010 II R 23/09, BFHE 229, 363, BStBl II 2010, 641; Verfassungsbeschwerde 1 BvR 1432/10).

105

7. Da neben den - wie ausgeführt hier nicht abziehbaren - latenten Ertragsteuern keine weiteren Liquidationskosten geltend gemacht werden und die Abrisskosten bereits beim Grundstückswert abgezogen wurden (oben A II 6), kommt es hier nicht darauf an, welche Liquidationskosten oder latente Steuern sonst ab welchem Zeitpunkt oder Erkenntnisstand abziehbar sein könnten (vgl. ErbSt-RL R B 11.3 Abs. 9; Bauer/Wartenburger, MittBayNot 2010, 435, 440 Fn. 62; Mannek in Gürsching/Stenger, BewG, § 11 Rz. 694).

106

8. Ebenso wenig ist hier zu entscheiden über - trotz ertragsteuerlichen Passivierungsverbots (§ 5 Abs. 4a Satz 1 EStG) - handels- und bewertungsrechtlich nach § 249 HGB und § 103 BewG z. B. bei Liquidation abziehbare ungewisse Verbindlichkeiten in Gestalt von Rückstellungen für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften (vgl. ErbSt-RL R B 11.3 Abs. 3 Satz 3, R B 103.2 Abs. 3; Mannek in Gürsching/Stenger, BewG, § 11 Rz. 626; Eisele in Rössler/Troll, BewG § 103 Rz. 17).

107

9. Die geltend gemachten latenten Steuern aus der Auflösung stiller Reserven aus dem Grundstücks-Buchwert sind auch nicht nach § 103 BewG i. V. m. § 274 HGB zu berücksichtigen. Danach wären zwar zwar latente Steuern aus Differenzen zwischen handels- und steuerrechtlichen Wertansätzen abziehbar (Eisele in Rössler/Troll, BewG § 103 Rz. 17). Hier besteht jedoch keine Differenz zwischen dem handels- und einem steuerbilanziellen Buchwert.

108

Ausgehend vom Grundsatz des Nichtabzugs latenter Steuern aus stillen Reserven beim bewertungsrechtlichen und erbschaftsteuerlichen Substanzwert eröffnet die bereits angeführte ständige Rechtsprechung auch keine analoge Anwendung oder verfassungskonform erweiternde Auslegung von § 11 i. V. m. § 103 BewG (vgl. für letztere Bauer/Wartenburger, MittBayNot 2010, 435, 440).

109

10. Bei der Anteilsbewertung ist eine latente Ertragsteuerlast auch nicht abziehbar unter dem Gesichtspunkt eines so engen Zusammenhangs zu den Wirtschaftsgütern der Kapitalgesellschaft, dass die Steuerlast als immanenter Bestandteil der Wirtschaftsgüter anzusehen wäre. Weder ist der Wert der Wirtschaftsgüter mit einem bestimmten Steuerbetrag an sich belastet noch ist die latente Ertragsteuerlast als Eigenschaft der Anteile oder der Wirtschaftsgüter selbst anzusehen (BFH, Urteile vom 17.02.2010 II R 23/09, BFHE 229, 363, BStBl II 2010, 641, Verfassungsbeschwerde 1 BvR 1432/10; vom 18.12.1968 III R 135/67, BFHE 95, 266, BStBl II 1969, 370).

110

11. Die bewertungsrechtlichen Grundsätze werden nicht (ohne Weiteres) dadurch in Frage gestellt, dass im Zivilrecht und in der Betriebswirtschaftslehre latente Ertragsteuerlasten bei der Unternehmens- oder Anteilsbewertung abgezogen werden können (vgl. z. B. BGH-Urteile betr. Zugewinnausgleich vom 09.02.2011 XII ZR 40/09, BGHZ 188, 282, NJW 2011, 999; vom 02.02.2011 XII ZR 185/05, BGHZ 188, 249, DStR 2011, 1683; vom 17.11.2010 XII ZR 170/09, NJW 2011, 601, DStR 2011, 581; vom 25.11.1998 XII ZR 84/97, NJW 1999, 784, DStRE 1999, 363); insbesondere gestützt auf eine dem Substanz- und Liquidationswert zugrunde liegende Veräußerungsfiktion bzw. hypothetische Veräußerung (Fleischer/Schneider, DStR 2013, 1736, 1737; i. E. Ch. Wollny, DStR 2012, 716, 717, 770; vgl. Eisele in Rössler/Troll, BewG, § 11 Rz. 43; Hübner, ErbStReform 2009, Teil 3 C I 1 "Substanzwert als Mindestwert") oder gestützt auf Einzelfall-Umstände (WP-Hdb 2008 Rz. A 459 ff.; vgl. ferner Richard in Beck'sches StB-Hdb 1998/99 Rz. Q 117, 130; Winnefeld in Bilanz-Hdb, 4. Aufl., Rz. N 205; Bauer/Wartenburger, MittBayNot 2010, 435, 440).

111

a) Die steuerliche Anteilsbewertung ist nämlich - im Unterschied zum Zivilrecht - ein auf die Massenbewertung zugeschnittenes grobes Schätzungsverfahren, das die Grundsätze der betriebswirtschaftlichen Unternehmensbewertung nicht in jeder Hinsicht übernehmen kann (BFH-Urteile vom 20.12.1968 III R 122/67, BFHE 95, 280, BStBl II 1969, 373; Urteil vom 18.12.1968 III R 135/67, BFHE 95, 266, BStBl II 1969, 370).

112

b) Danach kommt es nicht mehr darauf an, ob der Berücksichtigung latenter Ertragsteuern bei der erbschaftsteuerrechtlichen Bewertung auch der Einzelbewertungs-Grundsatz (oben 3 b) entgegen steht (vgl. BFH-Urteil vom 05.07.1978 II R 64/73, BFHE 126, 55, BStBl II 1979, 23).

113

12. Im Übrigen ist der Gesetzgeber im Rahmen seiner Gestaltungsfreiheit auch durch Art. 3 oder 14 GG nicht gehalten, die steuerliche Bewertung ausschließlich nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen zu regeln und den Abzug einer latenten bzw. noch nicht entstandenen Ertragsteuer zuzulassen (vgl. BVerfG-Beschluss vom 03.10.1972 1 BvR 122/72, Juris zu § 105 BewG a. F., vorgehend BFH-Urteil vom 05.11.1971 III R 76/70 n. v.), auch wenn diese zusammen mit der ErbSt zu einer Doppelbelastung führen kann (vgl. BFH-Vorlagebeschluss vom 22.05.2002 II R 61/99, BFHE 198, 342, BStBl II 2002, 598, Juris Rz. 141; FG Saarland, Urteil vom 16.11.2011 1 K 1071/08, EFG 2012, 922).

114

Dass latente Ertragsteuern nicht aus Verfassungsgründen abgezogen werden müssen, stimmt im Übrigen überein mit der Nichtberücksichtigung anderer latenter Belastungen (vgl. BVerfG-Beschluss vom 02.05.1997 1 BvR 2142/96, Juris, vorgehend BFH-Urteil vom 13.08.1996 II B 117/95, BFH/NV 1997, 16, vgl. oben 4 a).

115

13. Ferner kann auch eine beim Kläger als (Alleingesellschafter-)Erben etwa infolge Liquidation der GmbH wie aufgrund Verkauf anfallende latente Einkommensteuerlast (insbesondere § 17 EStG) nicht bei der Stichtags-Bewertung seiner Anteile oder bei der erbschaftsteuerlichen Bemessungsgrundlage berücksichtigt werden (Jülicher in Troll/Gebel/Jülicher, ErbStG, § 12 ErbStG Rz. 374 mit rechtsvergleichenden Hinweisen).

116

a) Insoweit ist die Situation vergleichbar mit einem ererbten Betriebsvermögen (Einzelunternehmen oder Beteiligung an einer Personengesellschaft) oder Privatvermögen; dort könnte der Erbe auch nicht seine durch Auflösung stiller Reserven nach dem Stichtag ggf. zu erwartende Einkommensteuer vom Betriebsvermögens-Wert oder von der erbschaftsteuerlichen Bemessungsgrundlage abziehen (vgl. BFH, Urteile vom 17.02.2010 II R 23/09, BFHE 229, 363, BStBl II 2010, 641, Verfassungsbeschwerde1 BvR 1432/10; Beschluss vom 22.10.2008 X B 162/08, BFH/NV 2009, 156; Urteil vom 06.12.1989 II B 70/89, BFH/NV 1990, 643; ErbSt-RL R B 103.2 Abs. 6).

117

b) Indem der Gesetzgeber die Doppelbelastung mit Einkommensteuer und Erbschaftsteuer grundsätzlich in Kauf genommen hat (oben 12 m. w. N.) und beide Steuern nicht saldierfähig sind (BFH-Urteil vom 26.11.1986 II R 190/81, BFHE 148, 324, BStBl II 1987, 175), ist auch ein Abzug der Erbschaftsteuer als sonstige Personensteuer bei der Einkommensteuer nach § 12 Nr. 3 EStG ausgeschlossen (BFH Urteil vom 18.01.2011 X R 63/08, BFHE 232, 441, BStBl II 2011, 680; Thürmer in Blümich, EStG, § 12 Rz. 197).

118

c) Eine etwaige Doppelbelastung mit Erbschaft- und Einkommensteuer ist allenfalls bei letzterer im Wege der Tarifermäßigung der Einkommensteuer nach § 35b EStG geltend zu machen (FG Saarland, Urteil vom 16.11.2011 1 K 1071/08, EFG 2012, 922; Jülicher in Troll/Gebel/Jülicher, ErbStG, § 12 Rz. 374; vgl. BFH vom 07.12.1990 X R 72/89, BFHE 163, 137, BStBl II 1991, 350 zu § 35 EStG a. F.). Die mögliche künftige Einkommensteuer trifft den Erben nicht in seiner Stellung als Erben oder unentgeltlichen Erwerber, sondern als Einkommensbezieher. Sie richtet sich demgemäß allein nach den für ihn geltenden Merkmalen. Erst mit seiner Einkommensteuerfestsetzung nach seinen persönlichen Verhältnissen und sonstigen Einkünften zeigt sich das Ausmaß der Doppelbelastung (BFH-Urteil vom 17.02.2010 II R 23/09, BFHE 229, 363, BStBl II 2010, 641, Verfassungsbeschwerde 1 BvR 1432/10; BFH, Beschluss vom 05.08.1992 II B 170/91, BFH/NV 1993, 371; Urteil vom 26.11.1986 II R 190/81, BFHE 148, 324, BStBl II 1987, 175).

119

14. Der Streitfall betreffend latente Ertragsteuern der Kapitalgesellschaft (KSt, SolZ, GewSt) unterscheidet sich allerdings von den Fällen latenter Einkommensteuer, weil im Zusammenhang mit der Besteuerung der Körperschaft keine Abmilderung oder Tarifermäßigung wie nach § 35b EStG vorgesehen ist.

120

a) Auch daraus folgt jedoch nicht ohne Weiteres ein Verstoß gegen Art. 3 oder Art. 14 GG.

121

Einen Verfassungsrechtssatz des Inhalts, dass alle Steuern zur Vermeidung von Lücken oder von Mehrfachbelastungen aufeinander abgestimmt werden müssen, gibt es nicht (BVerfG-Beschluss vom 08.01.1999 1 BvL 14/98, BStBl II 1999, 152; BFH, Urteil vom 18.01.2011 X R 63/08, BFHE 232, 441, BStBl II 2011, 680 Rz. 26; Beschlüsse vom 22.10.2008 X B 162/08, BFH/NV 2009/156; vom 05.08.1992 II B 170/91, BFH/NV 1993, 371; Urteile FG Saarland vom 16.11.2011, EFG 2012, 922; FG Nürnberg, Urteil vom 29.07.2010 4 K 392/2009, EFG 2011, 361, DStRE 2011, 227).

122

In einem Vielsteuersystem lassen sich Doppelbelastungen selbst dann nicht vermeiden, wenn jede Einzelsteuer für sich genommen folgerichtig ausgestaltet ist. Die hier in Rede stehende doppelte Belastung der Anteile an einer Kapitalgesellschaft beruht letztlich auf der Grundentscheidung des Gesetzgebers, eine Erbschaftsteuer neben den Ertragsteuern zu erheben, wobei die Erfassung nach dem Stichtag anfallender Gewinne (Realisationsprinzip) und die Bemessung der Bereicherung zum Bewertungsstichtag (Stichtagsprinzip) jeweils folgerichtig der Systematik der Einzelsteuergesetze entsprechen (vgl. BFH Urteil vom 17.02.2010 II R 23/09, BFHE 229, 363, BStBl II 2010, 641, Verfassungsbeschwerde 1 BvR 1432/10; Hübner, Erbschaftsteuerreform 2009, Teil 3 C Änderungen des BewG I 2 "Bewertungszeitpunkt/Stichtagsprinzip").

123

b) Soweit es wegen der Größenordnung der zu erwartenden Steuerbelastungen auf die Auflösung der stillen Reserven (KSt, SolZ, GewSt, ErbSt, ESt, SolZ) in der weiteren Entwicklung und Gesamtschau des Einzelfalls zu einer Übermaßbesteuerung kommt (vgl. BVerfG-Beschluss vom 18.01.2006 2 BvR 2194/99, BVerfGE 115, 97, DStR 2006, 555; BFH-Urteil vom 18.01.2011 X R 63/08, BFHE 232, 441, BStBl II 2011, 680 Rz. 27), wird dieser auf Antrag im gesonderten Verfahren gemäß § 163 AO aus sachlicher Billigkeit durch das - auch für die laufende Besteuerung der Kläger zuständige - FA abgeholfen werden können (vgl. Urteile FG Saarland, vom 16.11.2011 1 K 1071/08, EFG 2012, 922; ferner BFH vom 13.05.1998 II R 98/97, HFR 1998, 892, BFH/NV 1998, 1376; zur ErbSt vom 19.06.2013 II R 10/12, BFHE 241, 402, BStBl II 2013, 746, Verfassungsbeschwerde 1 BvR 2488/13; zur Wertentwicklung BVerfG-Beschluss vom 19.12.1978 1 BvR 335/76 u. a., BVerfGE 50, 57, BStBl II 1979, 308, Juris Rz. 81).

VI.

124

1. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

125

2. Die Revision an den BFH wird gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen; insbesondere in Anbetracht der angeführten zivilgerichtlichen Rechtsprechung und der aktuellen Kritik im Schrifttum an der - zu Zeiten unterschiedlicher Gesetzesfassungen entwickelten - Rechtsprechung der Finanzgerichtsbarkeit.

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(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werd

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(1) Gesondert festzustellen (§ 179 der Abgabenordnung) sind 1. Grundbesitzwerte (§§ 138, 157),2. der Wert des Betriebsvermögens oder des Anteils am Betriebsvermögen (§§ 95, 96, 97),3. der Wert von Anteilen an Kapitalgesellschaften im Sinne des § 11 A

Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz - ErbStG 1974 | § 13b Begünstigtes Vermögen


(1) Zum begünstigungsfähigen Vermögen gehören 1. der inländische Wirtschaftsteil des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens (§ 168 Absatz 1 Nummer 1 des Bewertungsgesetzes) mit Ausnahme der Stückländereien (§ 160 Absatz 7 des Bewertungsgesetzes) u

Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz - ErbStG 1974 | § 19 Steuersätze


(1) Die Erbschaftsteuer wird nach folgenden Prozentsätzen erhoben: Wert des steuerpflichtigen Erwerbs (§ 10) bis einschließlich … Euro Prozentsatz in der SteuerklasseIIIIII 75 00071530300 000112030600 0001525306 000 00019303013 000 00023355026 000 00

Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz - ErbStG 1974 | § 11 Bewertungsstichtag


Für die Wertermittlung ist, soweit in diesem Gesetz nichts anderes bestimmt ist, der Zeitpunkt der Entstehung der Steuer maßgebend.

Bewertungsgesetz - BewG | § 95 Begriff des Betriebsvermögens


(1) Das Betriebsvermögen umfasst alle Teile eines Gewerbebetriebs im Sinne des § 15 Absatz 1 und 2 des Einkommensteuergesetzes, die bei der steuerlichen Gewinnermittlung zum Betriebsvermögen gehören. Als Gewerbebetrieb im Sinne des Satzes 1 gilt auch

Abgabenordnung - AO 1977 | § 360 Hinzuziehung zum Verfahren


(1) Die zur Entscheidung über den Einspruch berufene Finanzbehörde kann von Amts wegen oder auf Antrag andere hinzuziehen, deren rechtliche Interessen nach den Steuergesetzen durch die Entscheidung berührt werden, insbesondere solche, die nach den St

Handelsgesetzbuch - HGB | § 274 Latente Steuern


(1) Bestehen zwischen den handelsrechtlichen Wertansätzen von Vermögensgegenständen, Schulden und Rechnungsabgrenzungsposten und ihren steuerlichen Wertansätzen Differenzen, die sich in späteren Geschäftsjahren voraussichtlich abbauen, so ist eine si

Bewertungsgesetz - BewG | § 157 Feststellung von Grundbesitzwerten, von Anteilswerten und von Betriebsvermögenswerten


(1) Grundbesitzwerte werden unter Berücksichtigung der tatsächlichen Verhältnisse und der Wertverhältnisse zum Bewertungsstichtag festgestellt. § 29 Abs. 2 und 3 gilt sinngemäß. (2) Für die wirtschaftlichen Einheiten des land- und forstwirtschaftlic

Abgabenordnung - AO 1977 | § 78 Beteiligte


Beteiligte sind 1. Antragsteller und Antragsgegner,2. diejenigen, an die die Finanzbehörde den Verwaltungsakt richten will oder gerichtet hat,3. diejenigen, mit denen die Finanzbehörde einen öffentlich-rechtlichen Vertrag schließen will oder geschlos

Bewertungsgesetz - BewG | § 99 Betriebsgrundstücke


(1) Betriebsgrundstück im Sinne dieses Gesetzes ist der zu einem Gewerbebetrieb gehörige Grundbesitz, soweit er, losgelöst von seiner Zugehörigkeit zu dem Gewerbebetrieb, 1. zum Grundvermögen gehören würde oder2. einen Betrieb der Land- und Forstwirt

Solidaritätszuschlaggesetz - SolZG | § 1 Erhebung eines Solidaritätszuschlags


Zur Einkommensteuer und zur Körperschaftsteuer wird ein Solidaritätszuschlag als Ergänzungsabgabe erhoben.

Bewertungsgesetz - BewG | § 103 Schulden und sonstige Abzüge


(1) Schulden und sonstige Abzüge, die nach § 95 Abs. 1 zum Betriebsvermögen gehören, werden vorbehaltlich des Absatzes 3 berücksichtigt, soweit sie mit der Gesamtheit oder einzelnen Teilen des Betriebsvermögens im Sinne dieses Gesetzes in wirtschaftl

Bewertungsgesetz - BewG | § 154 Beteiligte am Feststellungsverfahren


(1) Am Feststellungsverfahren sind beteiligt 1. diejenigen, denen der Gegenstand der Feststellung zuzurechnen ist,2. diejenigen, die das Finanzamt zur Abgabe einer Feststellungserklärung aufgefordert hat;3. diejenigen, die eine Steuer als Schuldner o

Bewertungsgesetz - BewG | § 6 Aufschiebend bedingte Lasten


(1) Lasten, deren Entstehung vom Eintritt einer aufschiebenden Bedingung abhängt, werden nicht berücksichtigt. (2) Für den Fall des Eintritts der Bedingung gilt § 5 Abs. 2 entsprechend.

Einkommensteuergesetz - EStG | § 35b Steuerermäßigung bei Belastung mit Erbschaftsteuer


1Sind bei der Ermittlung des Einkommens Einkünfte berücksichtigt worden, die im Veranlagungszeitraum oder in den vorangegangenen vier Veranlagungszeiträumen als Erwerb von Todes wegen der Erbschaftsteuer unterlegen haben, so wird auf Antrag die um so

Bewertungsgesetz - BewG | § 153 Erklärungspflicht, Verfahrensvorschriften für die gesonderte Feststellung, Feststellungsfrist


(1) Das Finanzamt kann von jedem, für dessen Besteuerung eine gesonderte Feststellung von Bedeutung ist, die Abgabe einer Feststellungserklärung verlangen. Die Frist zur Abgabe der Feststellungserklärung muss mindestens einen Monat betragen. (2)

Bewertungsgesetz - BewG | § 155 Rechtsbehelfsbefugnis


Zur Einlegung von Rechtsbehelfen gegen den Feststellungsbescheid sind die Beteiligten im Sinne des § 154 Abs. 1 sowie diejenigen befugt, für deren Besteuerung nach dem Grunderwerbsteuergesetz der Feststellungsbescheid von Bedeutung ist. Soweit der Ge

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Finanzgericht Hamburg Urteil, 20. Jan. 2015 - 3 K 180/14 zitiert oder wird zitiert von 14 Urteil(en).

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Bundesfinanzhof Urteil, 18. Jan. 2011 - X R 63/08

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Tatbestand 1 I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist verwitwet. Neben sonstigen Einkünften erzielte sie aufgrund eines Nießbrauchs Einkünfte aus Vermietung
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Gründe 1 Die Beteiligten werden auf Folgendes hingewiesen: 2 1. Im Sinne von § 155 BewG rechtsbehelfs- und klagebefugter Beteiligter der Bedarfsbewertung ist bei der Feststellung des Grundbesitzwerts (§ 151 Abs. 1 Nr. 1 BewG) neben denjenigen

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(1) Gesondert festzustellen (§ 179 der Abgabenordnung) sind

1.
Grundbesitzwerte (§§ 138, 157),
2.
der Wert des Betriebsvermögens oder des Anteils am Betriebsvermögen (§§ 95, 96, 97),
3.
der Wert von Anteilen an Kapitalgesellschaften im Sinne des § 11 Abs. 2,
4.
der Anteil am Wert von anderen als in den Nummern 1 bis 3 genannten Vermögensgegenständen und von Schulden, die mehreren Personen zustehen,
wenn die Werte für die Erbschaftsteuer oder eine andere Feststellung im Sinne dieser Vorschrift von Bedeutung sind. Die Entscheidung über eine Bedeutung für die Besteuerung trifft das für die Festsetzung der Erbschaftsteuer oder die Feststellung nach Satz 1 Nr. 2 bis 4 zuständige Finanzamt.

(2) In dem Feststellungsbescheid für Grundbesitzwerte sind auch Feststellungen zu treffen

1.
über die Art der wirtschaftlichen Einheit,
2.
über die Zurechnung der wirtschaftlichen Einheit und bei mehreren Beteiligten über die Höhe des Anteils, der für die Besteuerung oder eine andere Feststellung von Bedeutung ist; beim Erwerb durch eine Erbengemeinschaft erfolgt die Zurechnung in Vertretung der Miterben auf die Erbengemeinschaft. Entsprechendes gilt für die Feststellungen nach Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 bis 4.

(3) Gesondert festgestellte Werte im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 bis 4 sind einer innerhalb einer Jahresfrist folgenden Feststellung für dieselbe wirtschaftliche Einheit unverändert zu Grunde zu legen, wenn sich die für die erste Bewertung maßgeblichen Stichtagsverhältnisse nicht wesentlich geändert haben. Der Erklärungspflichtige kann eine von diesem Wert abweichende Feststellung nach den Verhältnissen am Bewertungsstichtag durch Abgabe einer Feststellungserklärung beantragen.

(4) Ausländisches Vermögen unterliegt nicht der gesonderten Feststellung.

(5) Grundbesitzwerte (Absatz 1 Satz 1 Nr. 1) sind auch festzustellen, wenn sie für die Grunderwerbsteuer von Bedeutung sind. Absatz 1 Satz 2 gilt entsprechend. Absatz 2 ist nicht anzuwenden.

(1) Wertpapiere und Schuldbuchforderungen, die am Stichtag an einer deutschen Börse zum Handel im regulierten Markt zugelassen sind, werden mit dem niedrigsten am Stichtag für sie im regulierten Markt notierten Kurs angesetzt. Liegt am Stichtag eine Notierung nicht vor, so ist der letzte innerhalb von 30 Tagen vor dem Stichtag im regulierten Markt notierte Kurs maßgebend. Entsprechend sind die Wertpapiere zu bewerten, die in den Freiverkehr einbezogen sind.

(2) Anteile an Kapitalgesellschaften, die nicht unter Absatz 1 fallen, sind mit dem gemeinen Wert anzusetzen. Lässt sich der gemeine Wert nicht aus Verkäufen unter fremden Dritten ableiten, die weniger als ein Jahr zurückliegen, so ist er unter Berücksichtigung der Ertragsaussichten der Kapitalgesellschaft oder einer anderen anerkannten, auch im gewöhnlichen Geschäftsverkehr für nichtsteuerliche Zwecke üblichen Methode zu ermitteln; dabei ist die Methode anzuwenden, die ein Erwerber der Bemessung des Kaufpreises zu Grunde legen würde. Die Summe der gemeinen Werte der zum Betriebsvermögen gehörenden Wirtschaftsgüter und sonstigen aktiven Ansätze abzüglich der zum Betriebsvermögen gehörenden Schulden und sonstigen Abzüge (Substanzwert) der Gesellschaft darf nicht unterschritten werden; die §§ 99 und 103 sind anzuwenden. Die §§ 199 bis 203 sind zu berücksichtigen.

(2a) (weggefallen)

(3) Ist der gemeine Wert einer Anzahl von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft, die einer Person gehören, infolge besonderer Umstände (z. B. weil die Höhe der Beteiligung die Beherrschung der Kapitalgesellschaft ermöglicht) höher als der Wert, der sich auf Grund der Kurswerte (Absatz 1) oder der gemeinen Werte (Absatz 2) für die einzelnen Anteile insgesamt ergibt, so ist der gemeine Wert der Beteiligung maßgebend.

(4) Anteile oder Aktien, die Rechte an einem Investmentvermögen im Sinne des Kapitalanlagegesetzbuchs verbriefen, sind mit dem Rücknahmepreis anzusetzen.

(1) Zum begünstigungsfähigen Vermögen gehören

1.
der inländische Wirtschaftsteil des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens (§ 168 Absatz 1 Nummer 1 des Bewertungsgesetzes) mit Ausnahme der Stückländereien (§ 160 Absatz 7 des Bewertungsgesetzes) und selbst bewirtschaftete Grundstücke im Sinne des § 159 des Bewertungsgesetzes sowie entsprechendes land- und forstwirtschaftliches Vermögen, das einer Betriebsstätte in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem Staat des Europäischen Wirtschaftsraums dient;
2.
inländisches Betriebsvermögen (§§ 95 bis 97 Absatz 1 Satz 1 des Bewertungsgesetzes) beim Erwerb eines ganzen Gewerbebetriebs oder Teilbetriebs, einer Beteiligung an einer Gesellschaft im Sinne des § 97 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 Satz 1 des Bewertungsgesetzes, eines Anteils eines persönlich haftenden Gesellschafters einer Kommanditgesellschaft auf Aktien oder Anteils daran und entsprechendes Betriebsvermögen, das einer Betriebsstätte in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem Staat des Europäischen Wirtschaftsraums dient;
3.
Anteile an einer Kapitalgesellschaft, wenn die Kapitalgesellschaft im Zeitpunkt der Entstehung der Steuer (§ 9) Sitz oder Geschäftsleitung im Inland oder in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem Staat des Europäischen Wirtschaftsraums hat und der Erblasser oder Schenker am Nennkapital dieser Gesellschaft unmittelbar zu mehr als 25 Prozent beteiligt war (Mindestbeteiligung). Ob der Erblasser oder Schenker die Mindestbeteiligung erfüllt, ist nach der Summe der dem Erblasser oder Schenker unmittelbar zuzurechnenden Anteile und der Anteile weiterer Gesellschafter zu bestimmen, wenn der Erblasser oder Schenker und die weiteren Gesellschafter untereinander verpflichtet sind, über die Anteile nur einheitlich zu verfügen oder ausschließlich auf andere derselben Verpflichtung unterliegende Anteilseigner zu übertragen und das Stimmrecht gegenüber nichtgebundenen Gesellschaftern einheitlich auszuüben.

(2) Das begünstigungsfähige Vermögen ist begünstigt, soweit sein gemeiner Wert den um das unschädliche Verwaltungsvermögen im Sinne des Absatzes 7 gekürzten Nettowert des Verwaltungsvermögens im Sinne des Absatzes 6 übersteigt (begünstigtes Vermögen). Abweichend von Satz 1 ist der Wert des begünstigungsfähigen Vermögens vollständig nicht begünstigt, wenn das Verwaltungsvermögen nach Absatz 4 vor der Anwendung des Absatzes 3 Satz 1, soweit das Verwaltungsvermögen nicht ausschließlich und dauerhaft der Erfüllung von Schulden aus durch Treuhandverhältnisse abgesicherten Altersversorgungsverpflichtungen dient und dem Zugriff aller übrigen nicht aus diesen Altersversorgungsverpflichtungen unmittelbar berechtigten Gläubiger entzogen ist, sowie der Schuldenverrechnung und des Freibetrags nach Absatz 4 Nummer 5 sowie der Absätze 6 und 7 mindestens 90 Prozent des gemeinen Werts des begünstigungsfähigen Vermögens beträgt.

(3) Teile des begünstigungsfähigen Vermögens, die ausschließlich und dauerhaft der Erfüllung von Schulden aus Altersversorgungsverpflichtungen dienen und dem Zugriff aller übrigen nicht aus den Altersversorgungsverpflichtungen unmittelbar berechtigten Gläubiger entzogen sind, gehören bis zur Höhe des gemeinen Werts der Schulden aus Altersversorgungsverpflichtungen nicht zum Verwaltungsvermögen im Sinne des Absatzes 4 Nummer 1 bis 5. Soweit Finanzmittel und Schulden bei Anwendung von Satz 1 berücksichtigt wurden, bleiben sie bei der Anwendung des Absatzes 4 Nummer 5 und des Absatzes 6 außer Betracht.

(4) Zum Verwaltungsvermögen gehören

1.
Dritten zur Nutzung überlassene Grundstücke, Grundstücksteile, grundstücksgleiche Rechte und Bauten. Eine Nutzungsüberlassung an Dritte ist nicht anzunehmen, wenn
a)
der Erblasser oder Schenker sowohl im überlassenden Betrieb als auch im nutzenden Betrieb allein oder zusammen mit anderen Gesellschaftern einen einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillen durchsetzen konnte oder als Gesellschafter einer Gesellschaft im Sinne des § 15 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und Absatz 3 oder § 18 Absatz 4 des Einkommensteuergesetzes den Vermögensgegenstand der Gesellschaft zur Nutzung überlassen hatte, und diese Rechtsstellung auf den Erwerber übergegangen ist, soweit keine Nutzungsüberlassung an einen weiteren Dritten erfolgt;
b)
die Nutzungsüberlassung im Rahmen der Verpachtung eines ganzen Betriebs erfolgt, welche beim Verpächter zu Einkünften nach § 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Einkommensteuergesetzes führt und
aa)
der Verpächter des Betriebs im Zusammenhang mit einer unbefristeten Verpachtung den Pächter durch eine letztwillige Verfügung oder eine rechtsgeschäftliche Verfügung als Erben eingesetzt hat oder
bb)
die Verpachtung an einen Dritten erfolgt, weil der Beschenkte im Zeitpunkt der Entstehung der Steuer (§ 9) den Betrieb noch nicht führen kann, und die Verpachtung auf höchstens zehn Jahre befristet ist; hat der Beschenkte das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet, beginnt die Frist mit der Vollendung des 18. Lebensjahres.
Dies gilt nicht für verpachtete Betriebe, soweit sie vor ihrer Verpachtung die Voraussetzungen als begünstigtes Vermögen nach Absatz 2 nicht erfüllt haben und für verpachtete Betriebe, deren Hauptzweck in der Überlassung von Grundstücken, Grundstücksteilen, grundstücksgleichen Rechten und Bauten an Dritte zur Nutzung besteht, die nicht unter Buchstabe d fallen;
c)
sowohl der überlassende Betrieb als auch der nutzende Betrieb zu einem Konzern im Sinne des § 4h des Einkommensteuergesetzes gehören, soweit keine Nutzungsüberlassung an einen weiteren Dritten erfolgt;
d)
die überlassenen Grundstücke, Grundstücksteile, grundstücksgleichen Rechte und Bauten zum Betriebsvermögen, zum gesamthänderisch gebundenen Betriebsvermögen einer Personengesellschaft oder zum Vermögen einer Kapitalgesellschaft gehören und der Hauptzweck des Betriebs in der Vermietung von Wohnungen im Sinne des § 181 Absatz 9 des Bewertungsgesetzes besteht, dessen Erfüllung einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb (§ 14 der Abgabenordnung) erfordert;
e)
die Grundstücke, Grundstücksteile, grundstücksgleichen Rechte und Bauten vorrangig überlassen werden, um im Rahmen von Lieferungsverträgen dem Absatz von eigenen Erzeugnissen und Produkten zu dienen;
f)
die Grundstücke, Grundstücksteile, grundstücksgleichen Rechte und Bauten an Dritte zur land- und forstwirtschaftlichen Nutzung überlassen werden;
2.
Anteile an Kapitalgesellschaften, wenn die unmittelbare Beteiligung am Nennkapital dieser Gesellschaften 25 Prozent oder weniger beträgt und sie nicht dem Hauptzweck des Gewerbebetriebs eines Kreditinstitutes oder eines Finanzdienstleistungsinstitutes im Sinne des § 1 Absatz 1 und 1a des Kreditwesengesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 9. September 1998 (BGBl. I S. 2776), das zuletzt durch Artikel 14 des Gesetzes vom 10. Mai 2016 (BGBl. I S. 1142) geändert worden ist, eines Wertpapierinstituts im Sinne des § 2 Absatz 1 des Wertpapierinstitutsgesetzes oder eines Versicherungsunternehmens, das der Aufsicht nach § 1 Absatz 1 Nummer 1 des Versicherungsaufsichtsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 1. April 2015 (BGBl. I S. 434), das zuletzt durch Artikel 13 des Gesetzes vom 10. Mai 2016 (BGBl. I S. 1142) geändert worden ist, unterliegt, zuzurechnen sind. Ob diese Grenze unterschritten wird, ist nach der Summe der dem Betrieb unmittelbar zuzurechnenden Anteile und der Anteile weiterer Gesellschafter zu bestimmen, wenn die Gesellschafter untereinander verpflichtet sind, über die Anteile nur einheitlich zu verfügen oder sie ausschließlich auf andere derselben Verpflichtung unterliegende Anteilseigner zu übertragen und das Stimmrecht gegenüber nichtgebundenen Gesellschaftern nur einheitlich auszuüben;
3.
Kunstgegenstände, Kunstsammlungen, wissenschaftliche Sammlungen, Bibliotheken und Archive, Münzen, Edelmetalle und Edelsteine, Briefmarkensammlungen, Oldtimer, Yachten, Segelflugzeuge sowie sonstige typischerweise der privaten Lebensführung dienende Gegenstände, wenn der Handel mit diesen Gegenständen, deren Herstellung oder Verarbeitung oder die entgeltliche Nutzungsüberlassung an Dritte nicht der Hauptzweck des Betriebs ist;
4.
Wertpapiere sowie vergleichbare Forderungen, wenn sie nicht dem Hauptzweck des Gewerbebetriebs eines Kreditinstitutes oder eines Finanzdienstleistungsinstitutes im Sinne des § 1 Absatz 1 und 1a des Kreditwesengesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 9. September 1998 (BGBl. I S. 2776), das zuletzt durch Artikel 14 des Gesetzes vom 10. Mai 2016 (BGBl. I S. 1142) geändert worden ist, eines Wertpapierinstituts im Sinne des § 2 Absatz 1 des Wertpapierinstitutsgesetzes oder eines Versicherungsunternehmens, das der Aufsicht nach § 1 Absatz 1 Nummer 1 des Versicherungsaufsichtsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 1. April 2015 (BGBl. I S. 434), das zuletzt durch Artikel 13 des Gesetzes vom 10. Mai 2016 (BGBl. I S. 1142) geändert worden ist, unterliegt, zuzurechnen sind;
5.
der gemeine Wert des nach Abzug des gemeinen Werts der Schulden verbleibenden Bestands an Zahlungsmitteln, Geschäftsguthaben, Geldforderungen und anderen Forderungen (Finanzmittel), soweit er 15 Prozent des anzusetzenden Werts des Betriebsvermögens des Betriebs oder der Gesellschaft übersteigt. Der gemeine Wert der Finanzmittel ist um den positiven Saldo der eingelegten und der entnommenen Finanzmittel zu verringern, welche dem Betrieb im Zeitpunkt der Entstehung der Steuer (§ 9) weniger als zwei Jahre zuzurechnen waren (junge Finanzmittel); junge Finanzmittel sind Verwaltungsvermögen. Satz 1 gilt nicht, wenn die genannten Wirtschaftsgüter dem Hauptzweck des Gewerbebetriebs eines Kreditinstitutes oder eines Finanzdienstleistungsinstitutes im Sinne des § 1 Absatz 1 und 1a des Kreditwesengesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 9. September 1998 (BGBl. I S. 2776), das zuletzt durch Artikel 14 des Gesetzes vom 10. Mai 2016 (BGBl. I S. 1142) geändert worden ist, eines Wertpapierinstituts im Sinne des § 2 Absatz 1 des Wertpapierinstitutsgesetzes oder eines Versicherungsunternehmens, das der Aufsicht nach § 1 Absatz 1 Nummer 1 des Versicherungsaufsichtsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 1. April 2015 (BGBl. I S. 434), das zuletzt durch Artikel 13 des Gesetzes vom 10. Mai 2016 (BGBl. I S. 1142) geändert worden ist, unterliegt, zuzurechnen sind. Voraussetzung für die Anwendung des Prozentsatzes von 15 Prozent des Satzes 1 ist, dass das nach Absatz 1 begünstigungsfähige Vermögen des Betriebs oder der nachgeordneten Gesellschaften nach seinem Hauptzweck einer Tätigkeit im Sinne des § 13 Absatz 1, des § 15 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, des § 18 Absatz 1 Nummer 1 und 2 des Einkommensteuergesetzes dient. Die Voraussetzungen des Satzes 4 sind auch erfüllt, wenn die Tätigkeit durch Gesellschaften im Sinne des § 13 Absatz 7, des § 15 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 oder des § 18 Absatz 4 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes ausgeübt wird; dies gilt auch, wenn sie ihrer Tätigkeit nach einer Gesellschaft im Sinne des § 15 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 oder des § 18 Absatz 4 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes entsprechen, für Gesellschaften im Sinne des § 1a Absatz 1 des Körperschaftsteuergesetzes und für Gesellschaften im Sinne des § 1 Absatz 1 des Körperschaftsteuergesetzes mit Sitz im Ausland, deren Ort der Geschäftsleitung im Inland belegen ist, und die nach inländischem Gesellschaftsrecht als Personengesellschaft zu behandeln sind.

(5) Beim Erwerb von Todes wegen entfällt die Zurechnung von Vermögensgegenständen zum Verwaltungsvermögen im Sinne des Absatzes 4 Nummer 1 bis 5 rückwirkend zum Zeitpunkt der Entstehung der Steuer (§ 9), wenn der Erwerber innerhalb von zwei Jahren ab dem Zeitpunkt der Entstehung der Steuer (§ 9) diese Vermögensgegenstände in Vermögensgegenstände innerhalb des vom Erblasser erworbenen, begünstigungsfähigen Vermögens im Sinne des Absatzes 1 investiert hat, die unmittelbar einer Tätigkeit im Sinne von § 13 Absatz 1, § 15 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 oder § 18 Absatz 1 Nummer 1 und 2 des Einkommensteuergesetzes dienen und kein Verwaltungsvermögen sind. Voraussetzung hierfür ist, dass die Investition auf Grund eines im Zeitpunkt der Entstehung der Steuer (§ 9) vorgefassten Plans des Erblassers erfolgt und keine anderweitige Ersatzbeschaffung von Verwaltungsvermögen vorgenommen wird oder wurde. Beim Erwerb von Todes wegen entfällt die Zurechnung von Finanzmitteln zum Verwaltungsvermögen im Sinne des Absatzes 4 Nummer 5 Satz 1 rückwirkend zum Zeitpunkt der Entstehung der Steuer (§ 9), soweit der Erwerber diese Finanzmittel innerhalb von zwei Jahren ab dem Zeitpunkt der Entstehung der Steuer (§ 9) verwendet, um bei auf Grund wiederkehrender saisonaler Schwankungen fehlenden Einnahmen die Vergütungen im Sinne des § 13a Absatz 3 Satz 6 bis 10 zu zahlen. Satz 2 gilt entsprechend. Der Erwerber hat das Vorliegen der Voraussetzungen der Sätze 1 bis 4 nachzuweisen.

(6) Der Nettowert des Verwaltungsvermögens ergibt sich durch Kürzung des gemeinen Werts des Verwaltungsvermögens um den nach Anwendung der Absätze 3 und 4 verbleibenden anteiligen gemeinen Wert der Schulden. Die anteiligen Schulden nach Satz 1 bestimmen sich nach dem Verhältnis des gemeinen Werts des Verwaltungsvermögens zum gemeinen Wert des Betriebsvermögens des Betriebs oder der Gesellschaft zuzüglich der nach Anwendung der Absätze 3 und 4 verbleibenden Schulden.

(7) Der Nettowert des Verwaltungsvermögens wird vorbehaltlich des Satzes 2 wie begünstigtes Vermögen behandelt, soweit er 10 Prozent des um den Nettowert des Verwaltungsvermögens gekürzten gemeinen Werts des Betriebsvermögens nicht übersteigt (unschädliches Verwaltungsvermögen). Verwaltungsvermögen, das dem Betrieb im Zeitpunkt der Entstehung der Steuer (§ 9) weniger als zwei Jahre zuzurechnen war (junges Verwaltungsvermögen), und junge Finanzmittel im Sinne des Absatzes 4 Nummer 5 Satz 2 sind kein unschädliches Verwaltungsvermögen.

(8) Eine Saldierung mit Schulden nach Absatz 6 findet für junge Finanzmittel im Sinne des Absatzes 4 Nummer 5 Satz 2 und junges Verwaltungsvermögen im Sinne des Absatzes 7 Satz 2 nicht statt. Eine Verrechnung von Schulden mit Verwaltungsvermögen ist bei wirtschaftlich nicht belastenden Schulden und darüber hinaus ausgeschlossen, soweit die Summe der Schulden den durchschnittlichen Schuldenstand der letzten drei Jahre vor dem Zeitpunkt der Entstehung der Steuer (§ 9) übersteigt; dies gilt nicht, soweit die Erhöhung des Schuldenstands durch die Betriebstätigkeit veranlasst ist. Als Nettowert des Verwaltungsvermögens ist mindestens der gemeine Wert des jungen Verwaltungsvermögens und der jungen Finanzmittel anzusetzen.

(9) Gehören zum begünstigungsfähigen Vermögen im Sinne des Absatzes 1 Nummer 2 und 3 unmittelbar oder mittelbar Beteiligungen an Personengesellschaften oder Beteiligungen an entsprechenden Gesellschaften mit Sitz oder Geschäftsleitung im Ausland oder unmittelbar oder mittelbar Anteile an Kapitalgesellschaften oder Anteile an entsprechenden Kapitalgesellschaften mit Sitz oder Geschäftsleitung im Ausland, sind bei der Anwendung der Absätze 2 bis 8 anstelle der Beteiligungen oder Anteile die gemeinen Werte der diesen Gesellschaften zuzurechnenden Vermögensgegenstände nach Maßgabe der Sätze 2 bis 5 mit dem Anteil einzubeziehen, zu dem die unmittelbare oder mittelbare Beteiligung besteht. Die unmittelbar oder mittelbar gehaltenen Finanzmittel, die Vermögensgegenstände des Verwaltungsvermögens im Sinne des Absatzes 4 Nummer 1 bis 4 sowie die Schulden sind jeweils zusammenzufassen (Verbundvermögensaufstellung); junge Finanzmittel und junges Verwaltungsvermögen sind gesondert aufzuführen. Soweit sich in der Verbundvermögensaufstellung Forderungen und Verbindlichkeiten zwischen den Gesellschaften untereinander oder im Verhältnis zu dem übertragenen Betrieb oder der übertragenen Gesellschaft gegenüberstehen, sind diese nicht anzusetzen. Absatz 4 Nummer 5 und die Absätze 6 bis 8 sind auf die Werte in der Verbundvermögensaufstellung anzuwenden. Die Sätze 1 bis 4 sind auf Anteile im Sinne von Absatz 4 Nummer 2 sowie auf wirtschaftlich nicht belastende Schulden nicht anzuwenden; diese Anteile sind als Verwaltungsvermögen anzusetzen.

(10) Das für die Bewertung der wirtschaftlichen Einheit örtlich zuständige Finanzamt im Sinne des § 152 Nummer 1 bis 3 des Bewertungsgesetzes stellt die Summen der gemeinen Werte der Finanzmittel im Sinne des Absatzes 4 Nummer 5 Satz 1, der jungen Finanzmittel im Sinne des Absatzes 4 Nummer 5 Satz 2, der Vermögensgegenstände des Verwaltungsvermögens im Sinne des Absatzes 4 Nummer 1 bis 4, der Schulden, des jungen Verwaltungsvermögens im Sinne des Absatzes 7 Satz 2, des Betriebsvermögens, das einer weder in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union noch in einem Staat des Europäischen Wirtschaftsraums belegenen Betriebsstätte dient, und das Vorliegen der Voraussetzungen des Absatzes 4 Nummer 5 Satz 4 und 5 gesondert fest, wenn und soweit diese Werte für die Erbschaftsteuer oder eine andere Feststellung im Sinne dieser Vorschrift von Bedeutung sind. Dies gilt entsprechend, wenn nur ein Anteil am Betriebsvermögen im Sinne des Absatzes 1 Nummer 2 übertragen wird. Die Entscheidung, ob die Werte von Bedeutung sind, trifft das für die Festsetzung der Erbschaftsteuer oder für die Feststellung nach § 151 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 3 des Bewertungsgesetzes zuständige Finanzamt. Bei Anteilen an Kapitalgesellschaften, die nach § 11 Absatz 1 des Bewertungsgesetzes zu bewerten sind, trifft die Feststellungen des Satzes 1 das örtlich zuständige Finanzamt entsprechend § 152 Nummer 3 des Bewertungsgesetzes. § 151 Absatz 3 und die §§ 152 bis 156 des Bewertungsgesetzes sind auf die Sätze 1 bis 4 entsprechend anzuwenden.

(1) Wertpapiere und Schuldbuchforderungen, die am Stichtag an einer deutschen Börse zum Handel im regulierten Markt zugelassen sind, werden mit dem niedrigsten am Stichtag für sie im regulierten Markt notierten Kurs angesetzt. Liegt am Stichtag eine Notierung nicht vor, so ist der letzte innerhalb von 30 Tagen vor dem Stichtag im regulierten Markt notierte Kurs maßgebend. Entsprechend sind die Wertpapiere zu bewerten, die in den Freiverkehr einbezogen sind.

(2) Anteile an Kapitalgesellschaften, die nicht unter Absatz 1 fallen, sind mit dem gemeinen Wert anzusetzen. Lässt sich der gemeine Wert nicht aus Verkäufen unter fremden Dritten ableiten, die weniger als ein Jahr zurückliegen, so ist er unter Berücksichtigung der Ertragsaussichten der Kapitalgesellschaft oder einer anderen anerkannten, auch im gewöhnlichen Geschäftsverkehr für nichtsteuerliche Zwecke üblichen Methode zu ermitteln; dabei ist die Methode anzuwenden, die ein Erwerber der Bemessung des Kaufpreises zu Grunde legen würde. Die Summe der gemeinen Werte der zum Betriebsvermögen gehörenden Wirtschaftsgüter und sonstigen aktiven Ansätze abzüglich der zum Betriebsvermögen gehörenden Schulden und sonstigen Abzüge (Substanzwert) der Gesellschaft darf nicht unterschritten werden; die §§ 99 und 103 sind anzuwenden. Die §§ 199 bis 203 sind zu berücksichtigen.

(2a) (weggefallen)

(3) Ist der gemeine Wert einer Anzahl von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft, die einer Person gehören, infolge besonderer Umstände (z. B. weil die Höhe der Beteiligung die Beherrschung der Kapitalgesellschaft ermöglicht) höher als der Wert, der sich auf Grund der Kurswerte (Absatz 1) oder der gemeinen Werte (Absatz 2) für die einzelnen Anteile insgesamt ergibt, so ist der gemeine Wert der Beteiligung maßgebend.

(4) Anteile oder Aktien, die Rechte an einem Investmentvermögen im Sinne des Kapitalanlagegesetzbuchs verbriefen, sind mit dem Rücknahmepreis anzusetzen.

(1) Gesondert festzustellen (§ 179 der Abgabenordnung) sind

1.
Grundbesitzwerte (§§ 138, 157),
2.
der Wert des Betriebsvermögens oder des Anteils am Betriebsvermögen (§§ 95, 96, 97),
3.
der Wert von Anteilen an Kapitalgesellschaften im Sinne des § 11 Abs. 2,
4.
der Anteil am Wert von anderen als in den Nummern 1 bis 3 genannten Vermögensgegenständen und von Schulden, die mehreren Personen zustehen,
wenn die Werte für die Erbschaftsteuer oder eine andere Feststellung im Sinne dieser Vorschrift von Bedeutung sind. Die Entscheidung über eine Bedeutung für die Besteuerung trifft das für die Festsetzung der Erbschaftsteuer oder die Feststellung nach Satz 1 Nr. 2 bis 4 zuständige Finanzamt.

(2) In dem Feststellungsbescheid für Grundbesitzwerte sind auch Feststellungen zu treffen

1.
über die Art der wirtschaftlichen Einheit,
2.
über die Zurechnung der wirtschaftlichen Einheit und bei mehreren Beteiligten über die Höhe des Anteils, der für die Besteuerung oder eine andere Feststellung von Bedeutung ist; beim Erwerb durch eine Erbengemeinschaft erfolgt die Zurechnung in Vertretung der Miterben auf die Erbengemeinschaft. Entsprechendes gilt für die Feststellungen nach Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 bis 4.

(3) Gesondert festgestellte Werte im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 bis 4 sind einer innerhalb einer Jahresfrist folgenden Feststellung für dieselbe wirtschaftliche Einheit unverändert zu Grunde zu legen, wenn sich die für die erste Bewertung maßgeblichen Stichtagsverhältnisse nicht wesentlich geändert haben. Der Erklärungspflichtige kann eine von diesem Wert abweichende Feststellung nach den Verhältnissen am Bewertungsstichtag durch Abgabe einer Feststellungserklärung beantragen.

(4) Ausländisches Vermögen unterliegt nicht der gesonderten Feststellung.

(5) Grundbesitzwerte (Absatz 1 Satz 1 Nr. 1) sind auch festzustellen, wenn sie für die Grunderwerbsteuer von Bedeutung sind. Absatz 1 Satz 2 gilt entsprechend. Absatz 2 ist nicht anzuwenden.

(1) Am Feststellungsverfahren sind beteiligt

1.
diejenigen, denen der Gegenstand der Feststellung zuzurechnen ist,
2.
diejenigen, die das Finanzamt zur Abgabe einer Feststellungserklärung aufgefordert hat;
3.
diejenigen, die eine Steuer als Schuldner oder Gesamtschuldner schulden und für deren Festsetzung die Feststellung von Bedeutung ist.
Gegenüber mehreren Beteiligten nach Satz 1 erfolgt eine gesonderte und einheitliche Feststellung (§ 179 Absatz 2 Satz 2 der Abgabenordnung).

(2) In den Fällen des § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 ist der Feststellungsbescheid auch der Kapitalgesellschaft bekannt zu geben.

(3) Soweit der Gegenstand der Feststellung einer Erbengemeinschaft in Vertretung der Miterben zuzurechnen ist, ist § 183 der Abgabenordnung entsprechend anzuwenden. Bei der Bekanntgabe des Feststellungsbescheids ist darauf hinzuweisen, dass die Bekanntgabe mit Wirkung für und gegen alle Miterben erfolgt.

(1) Zum begünstigungsfähigen Vermögen gehören

1.
der inländische Wirtschaftsteil des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens (§ 168 Absatz 1 Nummer 1 des Bewertungsgesetzes) mit Ausnahme der Stückländereien (§ 160 Absatz 7 des Bewertungsgesetzes) und selbst bewirtschaftete Grundstücke im Sinne des § 159 des Bewertungsgesetzes sowie entsprechendes land- und forstwirtschaftliches Vermögen, das einer Betriebsstätte in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem Staat des Europäischen Wirtschaftsraums dient;
2.
inländisches Betriebsvermögen (§§ 95 bis 97 Absatz 1 Satz 1 des Bewertungsgesetzes) beim Erwerb eines ganzen Gewerbebetriebs oder Teilbetriebs, einer Beteiligung an einer Gesellschaft im Sinne des § 97 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 Satz 1 des Bewertungsgesetzes, eines Anteils eines persönlich haftenden Gesellschafters einer Kommanditgesellschaft auf Aktien oder Anteils daran und entsprechendes Betriebsvermögen, das einer Betriebsstätte in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem Staat des Europäischen Wirtschaftsraums dient;
3.
Anteile an einer Kapitalgesellschaft, wenn die Kapitalgesellschaft im Zeitpunkt der Entstehung der Steuer (§ 9) Sitz oder Geschäftsleitung im Inland oder in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem Staat des Europäischen Wirtschaftsraums hat und der Erblasser oder Schenker am Nennkapital dieser Gesellschaft unmittelbar zu mehr als 25 Prozent beteiligt war (Mindestbeteiligung). Ob der Erblasser oder Schenker die Mindestbeteiligung erfüllt, ist nach der Summe der dem Erblasser oder Schenker unmittelbar zuzurechnenden Anteile und der Anteile weiterer Gesellschafter zu bestimmen, wenn der Erblasser oder Schenker und die weiteren Gesellschafter untereinander verpflichtet sind, über die Anteile nur einheitlich zu verfügen oder ausschließlich auf andere derselben Verpflichtung unterliegende Anteilseigner zu übertragen und das Stimmrecht gegenüber nichtgebundenen Gesellschaftern einheitlich auszuüben.

(2) Das begünstigungsfähige Vermögen ist begünstigt, soweit sein gemeiner Wert den um das unschädliche Verwaltungsvermögen im Sinne des Absatzes 7 gekürzten Nettowert des Verwaltungsvermögens im Sinne des Absatzes 6 übersteigt (begünstigtes Vermögen). Abweichend von Satz 1 ist der Wert des begünstigungsfähigen Vermögens vollständig nicht begünstigt, wenn das Verwaltungsvermögen nach Absatz 4 vor der Anwendung des Absatzes 3 Satz 1, soweit das Verwaltungsvermögen nicht ausschließlich und dauerhaft der Erfüllung von Schulden aus durch Treuhandverhältnisse abgesicherten Altersversorgungsverpflichtungen dient und dem Zugriff aller übrigen nicht aus diesen Altersversorgungsverpflichtungen unmittelbar berechtigten Gläubiger entzogen ist, sowie der Schuldenverrechnung und des Freibetrags nach Absatz 4 Nummer 5 sowie der Absätze 6 und 7 mindestens 90 Prozent des gemeinen Werts des begünstigungsfähigen Vermögens beträgt.

(3) Teile des begünstigungsfähigen Vermögens, die ausschließlich und dauerhaft der Erfüllung von Schulden aus Altersversorgungsverpflichtungen dienen und dem Zugriff aller übrigen nicht aus den Altersversorgungsverpflichtungen unmittelbar berechtigten Gläubiger entzogen sind, gehören bis zur Höhe des gemeinen Werts der Schulden aus Altersversorgungsverpflichtungen nicht zum Verwaltungsvermögen im Sinne des Absatzes 4 Nummer 1 bis 5. Soweit Finanzmittel und Schulden bei Anwendung von Satz 1 berücksichtigt wurden, bleiben sie bei der Anwendung des Absatzes 4 Nummer 5 und des Absatzes 6 außer Betracht.

(4) Zum Verwaltungsvermögen gehören

1.
Dritten zur Nutzung überlassene Grundstücke, Grundstücksteile, grundstücksgleiche Rechte und Bauten. Eine Nutzungsüberlassung an Dritte ist nicht anzunehmen, wenn
a)
der Erblasser oder Schenker sowohl im überlassenden Betrieb als auch im nutzenden Betrieb allein oder zusammen mit anderen Gesellschaftern einen einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillen durchsetzen konnte oder als Gesellschafter einer Gesellschaft im Sinne des § 15 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und Absatz 3 oder § 18 Absatz 4 des Einkommensteuergesetzes den Vermögensgegenstand der Gesellschaft zur Nutzung überlassen hatte, und diese Rechtsstellung auf den Erwerber übergegangen ist, soweit keine Nutzungsüberlassung an einen weiteren Dritten erfolgt;
b)
die Nutzungsüberlassung im Rahmen der Verpachtung eines ganzen Betriebs erfolgt, welche beim Verpächter zu Einkünften nach § 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Einkommensteuergesetzes führt und
aa)
der Verpächter des Betriebs im Zusammenhang mit einer unbefristeten Verpachtung den Pächter durch eine letztwillige Verfügung oder eine rechtsgeschäftliche Verfügung als Erben eingesetzt hat oder
bb)
die Verpachtung an einen Dritten erfolgt, weil der Beschenkte im Zeitpunkt der Entstehung der Steuer (§ 9) den Betrieb noch nicht führen kann, und die Verpachtung auf höchstens zehn Jahre befristet ist; hat der Beschenkte das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet, beginnt die Frist mit der Vollendung des 18. Lebensjahres.
Dies gilt nicht für verpachtete Betriebe, soweit sie vor ihrer Verpachtung die Voraussetzungen als begünstigtes Vermögen nach Absatz 2 nicht erfüllt haben und für verpachtete Betriebe, deren Hauptzweck in der Überlassung von Grundstücken, Grundstücksteilen, grundstücksgleichen Rechten und Bauten an Dritte zur Nutzung besteht, die nicht unter Buchstabe d fallen;
c)
sowohl der überlassende Betrieb als auch der nutzende Betrieb zu einem Konzern im Sinne des § 4h des Einkommensteuergesetzes gehören, soweit keine Nutzungsüberlassung an einen weiteren Dritten erfolgt;
d)
die überlassenen Grundstücke, Grundstücksteile, grundstücksgleichen Rechte und Bauten zum Betriebsvermögen, zum gesamthänderisch gebundenen Betriebsvermögen einer Personengesellschaft oder zum Vermögen einer Kapitalgesellschaft gehören und der Hauptzweck des Betriebs in der Vermietung von Wohnungen im Sinne des § 181 Absatz 9 des Bewertungsgesetzes besteht, dessen Erfüllung einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb (§ 14 der Abgabenordnung) erfordert;
e)
die Grundstücke, Grundstücksteile, grundstücksgleichen Rechte und Bauten vorrangig überlassen werden, um im Rahmen von Lieferungsverträgen dem Absatz von eigenen Erzeugnissen und Produkten zu dienen;
f)
die Grundstücke, Grundstücksteile, grundstücksgleichen Rechte und Bauten an Dritte zur land- und forstwirtschaftlichen Nutzung überlassen werden;
2.
Anteile an Kapitalgesellschaften, wenn die unmittelbare Beteiligung am Nennkapital dieser Gesellschaften 25 Prozent oder weniger beträgt und sie nicht dem Hauptzweck des Gewerbebetriebs eines Kreditinstitutes oder eines Finanzdienstleistungsinstitutes im Sinne des § 1 Absatz 1 und 1a des Kreditwesengesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 9. September 1998 (BGBl. I S. 2776), das zuletzt durch Artikel 14 des Gesetzes vom 10. Mai 2016 (BGBl. I S. 1142) geändert worden ist, eines Wertpapierinstituts im Sinne des § 2 Absatz 1 des Wertpapierinstitutsgesetzes oder eines Versicherungsunternehmens, das der Aufsicht nach § 1 Absatz 1 Nummer 1 des Versicherungsaufsichtsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 1. April 2015 (BGBl. I S. 434), das zuletzt durch Artikel 13 des Gesetzes vom 10. Mai 2016 (BGBl. I S. 1142) geändert worden ist, unterliegt, zuzurechnen sind. Ob diese Grenze unterschritten wird, ist nach der Summe der dem Betrieb unmittelbar zuzurechnenden Anteile und der Anteile weiterer Gesellschafter zu bestimmen, wenn die Gesellschafter untereinander verpflichtet sind, über die Anteile nur einheitlich zu verfügen oder sie ausschließlich auf andere derselben Verpflichtung unterliegende Anteilseigner zu übertragen und das Stimmrecht gegenüber nichtgebundenen Gesellschaftern nur einheitlich auszuüben;
3.
Kunstgegenstände, Kunstsammlungen, wissenschaftliche Sammlungen, Bibliotheken und Archive, Münzen, Edelmetalle und Edelsteine, Briefmarkensammlungen, Oldtimer, Yachten, Segelflugzeuge sowie sonstige typischerweise der privaten Lebensführung dienende Gegenstände, wenn der Handel mit diesen Gegenständen, deren Herstellung oder Verarbeitung oder die entgeltliche Nutzungsüberlassung an Dritte nicht der Hauptzweck des Betriebs ist;
4.
Wertpapiere sowie vergleichbare Forderungen, wenn sie nicht dem Hauptzweck des Gewerbebetriebs eines Kreditinstitutes oder eines Finanzdienstleistungsinstitutes im Sinne des § 1 Absatz 1 und 1a des Kreditwesengesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 9. September 1998 (BGBl. I S. 2776), das zuletzt durch Artikel 14 des Gesetzes vom 10. Mai 2016 (BGBl. I S. 1142) geändert worden ist, eines Wertpapierinstituts im Sinne des § 2 Absatz 1 des Wertpapierinstitutsgesetzes oder eines Versicherungsunternehmens, das der Aufsicht nach § 1 Absatz 1 Nummer 1 des Versicherungsaufsichtsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 1. April 2015 (BGBl. I S. 434), das zuletzt durch Artikel 13 des Gesetzes vom 10. Mai 2016 (BGBl. I S. 1142) geändert worden ist, unterliegt, zuzurechnen sind;
5.
der gemeine Wert des nach Abzug des gemeinen Werts der Schulden verbleibenden Bestands an Zahlungsmitteln, Geschäftsguthaben, Geldforderungen und anderen Forderungen (Finanzmittel), soweit er 15 Prozent des anzusetzenden Werts des Betriebsvermögens des Betriebs oder der Gesellschaft übersteigt. Der gemeine Wert der Finanzmittel ist um den positiven Saldo der eingelegten und der entnommenen Finanzmittel zu verringern, welche dem Betrieb im Zeitpunkt der Entstehung der Steuer (§ 9) weniger als zwei Jahre zuzurechnen waren (junge Finanzmittel); junge Finanzmittel sind Verwaltungsvermögen. Satz 1 gilt nicht, wenn die genannten Wirtschaftsgüter dem Hauptzweck des Gewerbebetriebs eines Kreditinstitutes oder eines Finanzdienstleistungsinstitutes im Sinne des § 1 Absatz 1 und 1a des Kreditwesengesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 9. September 1998 (BGBl. I S. 2776), das zuletzt durch Artikel 14 des Gesetzes vom 10. Mai 2016 (BGBl. I S. 1142) geändert worden ist, eines Wertpapierinstituts im Sinne des § 2 Absatz 1 des Wertpapierinstitutsgesetzes oder eines Versicherungsunternehmens, das der Aufsicht nach § 1 Absatz 1 Nummer 1 des Versicherungsaufsichtsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 1. April 2015 (BGBl. I S. 434), das zuletzt durch Artikel 13 des Gesetzes vom 10. Mai 2016 (BGBl. I S. 1142) geändert worden ist, unterliegt, zuzurechnen sind. Voraussetzung für die Anwendung des Prozentsatzes von 15 Prozent des Satzes 1 ist, dass das nach Absatz 1 begünstigungsfähige Vermögen des Betriebs oder der nachgeordneten Gesellschaften nach seinem Hauptzweck einer Tätigkeit im Sinne des § 13 Absatz 1, des § 15 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, des § 18 Absatz 1 Nummer 1 und 2 des Einkommensteuergesetzes dient. Die Voraussetzungen des Satzes 4 sind auch erfüllt, wenn die Tätigkeit durch Gesellschaften im Sinne des § 13 Absatz 7, des § 15 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 oder des § 18 Absatz 4 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes ausgeübt wird; dies gilt auch, wenn sie ihrer Tätigkeit nach einer Gesellschaft im Sinne des § 15 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 oder des § 18 Absatz 4 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes entsprechen, für Gesellschaften im Sinne des § 1a Absatz 1 des Körperschaftsteuergesetzes und für Gesellschaften im Sinne des § 1 Absatz 1 des Körperschaftsteuergesetzes mit Sitz im Ausland, deren Ort der Geschäftsleitung im Inland belegen ist, und die nach inländischem Gesellschaftsrecht als Personengesellschaft zu behandeln sind.

(5) Beim Erwerb von Todes wegen entfällt die Zurechnung von Vermögensgegenständen zum Verwaltungsvermögen im Sinne des Absatzes 4 Nummer 1 bis 5 rückwirkend zum Zeitpunkt der Entstehung der Steuer (§ 9), wenn der Erwerber innerhalb von zwei Jahren ab dem Zeitpunkt der Entstehung der Steuer (§ 9) diese Vermögensgegenstände in Vermögensgegenstände innerhalb des vom Erblasser erworbenen, begünstigungsfähigen Vermögens im Sinne des Absatzes 1 investiert hat, die unmittelbar einer Tätigkeit im Sinne von § 13 Absatz 1, § 15 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 oder § 18 Absatz 1 Nummer 1 und 2 des Einkommensteuergesetzes dienen und kein Verwaltungsvermögen sind. Voraussetzung hierfür ist, dass die Investition auf Grund eines im Zeitpunkt der Entstehung der Steuer (§ 9) vorgefassten Plans des Erblassers erfolgt und keine anderweitige Ersatzbeschaffung von Verwaltungsvermögen vorgenommen wird oder wurde. Beim Erwerb von Todes wegen entfällt die Zurechnung von Finanzmitteln zum Verwaltungsvermögen im Sinne des Absatzes 4 Nummer 5 Satz 1 rückwirkend zum Zeitpunkt der Entstehung der Steuer (§ 9), soweit der Erwerber diese Finanzmittel innerhalb von zwei Jahren ab dem Zeitpunkt der Entstehung der Steuer (§ 9) verwendet, um bei auf Grund wiederkehrender saisonaler Schwankungen fehlenden Einnahmen die Vergütungen im Sinne des § 13a Absatz 3 Satz 6 bis 10 zu zahlen. Satz 2 gilt entsprechend. Der Erwerber hat das Vorliegen der Voraussetzungen der Sätze 1 bis 4 nachzuweisen.

(6) Der Nettowert des Verwaltungsvermögens ergibt sich durch Kürzung des gemeinen Werts des Verwaltungsvermögens um den nach Anwendung der Absätze 3 und 4 verbleibenden anteiligen gemeinen Wert der Schulden. Die anteiligen Schulden nach Satz 1 bestimmen sich nach dem Verhältnis des gemeinen Werts des Verwaltungsvermögens zum gemeinen Wert des Betriebsvermögens des Betriebs oder der Gesellschaft zuzüglich der nach Anwendung der Absätze 3 und 4 verbleibenden Schulden.

(7) Der Nettowert des Verwaltungsvermögens wird vorbehaltlich des Satzes 2 wie begünstigtes Vermögen behandelt, soweit er 10 Prozent des um den Nettowert des Verwaltungsvermögens gekürzten gemeinen Werts des Betriebsvermögens nicht übersteigt (unschädliches Verwaltungsvermögen). Verwaltungsvermögen, das dem Betrieb im Zeitpunkt der Entstehung der Steuer (§ 9) weniger als zwei Jahre zuzurechnen war (junges Verwaltungsvermögen), und junge Finanzmittel im Sinne des Absatzes 4 Nummer 5 Satz 2 sind kein unschädliches Verwaltungsvermögen.

(8) Eine Saldierung mit Schulden nach Absatz 6 findet für junge Finanzmittel im Sinne des Absatzes 4 Nummer 5 Satz 2 und junges Verwaltungsvermögen im Sinne des Absatzes 7 Satz 2 nicht statt. Eine Verrechnung von Schulden mit Verwaltungsvermögen ist bei wirtschaftlich nicht belastenden Schulden und darüber hinaus ausgeschlossen, soweit die Summe der Schulden den durchschnittlichen Schuldenstand der letzten drei Jahre vor dem Zeitpunkt der Entstehung der Steuer (§ 9) übersteigt; dies gilt nicht, soweit die Erhöhung des Schuldenstands durch die Betriebstätigkeit veranlasst ist. Als Nettowert des Verwaltungsvermögens ist mindestens der gemeine Wert des jungen Verwaltungsvermögens und der jungen Finanzmittel anzusetzen.

(9) Gehören zum begünstigungsfähigen Vermögen im Sinne des Absatzes 1 Nummer 2 und 3 unmittelbar oder mittelbar Beteiligungen an Personengesellschaften oder Beteiligungen an entsprechenden Gesellschaften mit Sitz oder Geschäftsleitung im Ausland oder unmittelbar oder mittelbar Anteile an Kapitalgesellschaften oder Anteile an entsprechenden Kapitalgesellschaften mit Sitz oder Geschäftsleitung im Ausland, sind bei der Anwendung der Absätze 2 bis 8 anstelle der Beteiligungen oder Anteile die gemeinen Werte der diesen Gesellschaften zuzurechnenden Vermögensgegenstände nach Maßgabe der Sätze 2 bis 5 mit dem Anteil einzubeziehen, zu dem die unmittelbare oder mittelbare Beteiligung besteht. Die unmittelbar oder mittelbar gehaltenen Finanzmittel, die Vermögensgegenstände des Verwaltungsvermögens im Sinne des Absatzes 4 Nummer 1 bis 4 sowie die Schulden sind jeweils zusammenzufassen (Verbundvermögensaufstellung); junge Finanzmittel und junges Verwaltungsvermögen sind gesondert aufzuführen. Soweit sich in der Verbundvermögensaufstellung Forderungen und Verbindlichkeiten zwischen den Gesellschaften untereinander oder im Verhältnis zu dem übertragenen Betrieb oder der übertragenen Gesellschaft gegenüberstehen, sind diese nicht anzusetzen. Absatz 4 Nummer 5 und die Absätze 6 bis 8 sind auf die Werte in der Verbundvermögensaufstellung anzuwenden. Die Sätze 1 bis 4 sind auf Anteile im Sinne von Absatz 4 Nummer 2 sowie auf wirtschaftlich nicht belastende Schulden nicht anzuwenden; diese Anteile sind als Verwaltungsvermögen anzusetzen.

(10) Das für die Bewertung der wirtschaftlichen Einheit örtlich zuständige Finanzamt im Sinne des § 152 Nummer 1 bis 3 des Bewertungsgesetzes stellt die Summen der gemeinen Werte der Finanzmittel im Sinne des Absatzes 4 Nummer 5 Satz 1, der jungen Finanzmittel im Sinne des Absatzes 4 Nummer 5 Satz 2, der Vermögensgegenstände des Verwaltungsvermögens im Sinne des Absatzes 4 Nummer 1 bis 4, der Schulden, des jungen Verwaltungsvermögens im Sinne des Absatzes 7 Satz 2, des Betriebsvermögens, das einer weder in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union noch in einem Staat des Europäischen Wirtschaftsraums belegenen Betriebsstätte dient, und das Vorliegen der Voraussetzungen des Absatzes 4 Nummer 5 Satz 4 und 5 gesondert fest, wenn und soweit diese Werte für die Erbschaftsteuer oder eine andere Feststellung im Sinne dieser Vorschrift von Bedeutung sind. Dies gilt entsprechend, wenn nur ein Anteil am Betriebsvermögen im Sinne des Absatzes 1 Nummer 2 übertragen wird. Die Entscheidung, ob die Werte von Bedeutung sind, trifft das für die Festsetzung der Erbschaftsteuer oder für die Feststellung nach § 151 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 3 des Bewertungsgesetzes zuständige Finanzamt. Bei Anteilen an Kapitalgesellschaften, die nach § 11 Absatz 1 des Bewertungsgesetzes zu bewerten sind, trifft die Feststellungen des Satzes 1 das örtlich zuständige Finanzamt entsprechend § 152 Nummer 3 des Bewertungsgesetzes. § 151 Absatz 3 und die §§ 152 bis 156 des Bewertungsgesetzes sind auf die Sätze 1 bis 4 entsprechend anzuwenden.

(1) Begünstigtes Vermögen im Sinne des § 13b Absatz 2 bleibt vorbehaltlich der folgenden Absätze zu 85 Prozent steuerfrei (Verschonungsabschlag), wenn der Erwerb begünstigten Vermögens im Sinne des § 13b Absatz 2 zuzüglich der Erwerbe im Sinne des Satzes 2 insgesamt 26 Millionen Euro nicht übersteigt. Bei mehreren Erwerben begünstigten Vermögens im Sinne des § 13b Absatz 2 von derselben Person innerhalb von zehn Jahren werden bei der Anwendung des Satzes 1 die früheren Erwerbe nach ihrem früheren Wert dem letzten Erwerb hinzugerechnet. Wird die Grenze von 26 Millionen Euro durch mehrere innerhalb von zehn Jahren von derselben Person anfallende Erwerbe überschritten, entfällt die Steuerbefreiung für die bis dahin nach Satz 1 oder Absatz 10 als steuerfrei behandelten früheren Erwerbe mit Wirkung für die Vergangenheit. Die Festsetzungsfrist für die Steuer der früheren Erwerbe endet nicht vor dem Ablauf des vierten Jahres, nachdem das für die Erbschaftsteuer zuständige Finanzamt von dem letzten Erwerb Kenntnis erlangt.

(2) Der nach Anwendung des Absatzes 1 verbleibende Teil des begünstigten Vermögens bleibt außer Ansatz, soweit der Wert dieses Vermögens insgesamt 150 000 Euro nicht übersteigt (Abzugsbetrag). Der Abzugsbetrag von 150 000 Euro verringert sich, soweit der Wert dieses Vermögens insgesamt die Wertgrenze von 150 000 Euro übersteigt, um 50 Prozent des diese Wertgrenze übersteigenden Betrags. Der Abzugsbetrag kann innerhalb von zehn Jahren für von derselben Person anfallende Erwerbe begünstigten Vermögens nur einmal berücksichtigt werden.

(3) Voraussetzung für die Gewährung des Verschonungsabschlags nach Absatz 1 ist, dass die Summe der maßgebenden jährlichen Lohnsummen (Sätze 6 bis 13) des Betriebs, bei Beteiligungen an einer Personengesellschaft oder Anteilen an einer Kapitalgesellschaft des Betriebs der jeweiligen Gesellschaft innerhalb von fünf Jahren nach dem Erwerb (Lohnsummenfrist) insgesamt 400 Prozent der Ausgangslohnsumme nicht unterschreitet (Mindestlohnsumme). Ausgangslohnsumme ist die durchschnittliche Lohnsumme der letzten fünf vor dem Zeitpunkt der Entstehung der Steuer (§ 9) endenden Wirtschaftsjahre. Satz 1 ist nicht anzuwenden, wenn

1.
die Ausgangslohnsumme 0 Euro beträgt oder
2.
der Betrieb unter Einbeziehung der in den Sätzen 11 bis 13 genannten Beteiligungen und Gesellschaften sowie der nach Maßgabe dieser Bestimmung anteilig einzubeziehenden Beschäftigten nicht mehr als fünf Beschäftigte hat.
An die Stelle der Mindestlohnsumme von 400 Prozent tritt bei
1.
mehr als fünf, aber nicht mehr als zehn Beschäftigten eine Mindestlohnsumme von 250 Prozent,
2.
mehr als zehn, aber nicht mehr als 15 Beschäftigten eine Mindestlohnsumme von 300 Prozent.
Unterschreitet die Summe der maßgebenden jährlichen Lohnsummen die Mindestlohnsumme, vermindert sich der nach Absatz 1 zu gewährende Verschonungsabschlag mit Wirkung für die Vergangenheit in demselben prozentualen Umfang, wie die Mindestlohnsumme unterschritten wird. Die Lohnsumme umfasst alle Vergütungen (Löhne und Gehälter und andere Bezüge und Vorteile), die im maßgebenden Wirtschaftsjahr an die auf den Lohn- und Gehaltslisten erfassten Beschäftigten gezahlt werden. Außer Ansatz bleiben Vergütungen an solche Beschäftigte,
1.
die sich im Mutterschutz im Sinne des Mutterschutzgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 20. Juni 2002 (BGBl. I S. 2318), das zuletzt durch Artikel 6 des Gesetzes vom 23. Oktober 2012 (BGBl. I S. 2246) geändert worden ist, befinden oder
2.
die sich in einem Ausbildungsverhältnis befinden oder
3.
die Krankengeld im Sinne des § 44 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Krankenversicherung – (Artikel 1 des Gesetzes vom 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477, 2482), das zuletzt durch Artikel 3 des Gesetzes vom 30. Mai 2016 (BGBl. I S. 1254) geändert worden ist, beziehen oder
4.
die Elterngeld im Sinne des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 27. Januar 2015 (BGBl. I S. 33) beziehen oder
5.
die nicht ausschließlich oder überwiegend in dem Betrieb tätig sind (Saisonarbeiter);
diese im Zeitpunkt der Entstehung der Steuer (§ 9) einem Betrieb zuzurechnenden Beschäftigten bleiben bei der Anzahl der Beschäftigten des Betriebs im Sinne der Sätze 3 und 4 unberücksichtigt. Zu den Vergütungen zählen alle Geld- oder Sachleistungen für die von den Beschäftigten erbrachte Arbeit, unabhängig davon, wie diese Leistungen bezeichnet werden und ob es sich um regelmäßige oder unregelmäßige Zahlungen handelt. Zu den Löhnen und Gehältern gehören alle von den Beschäftigten zu entrichtenden Sozialbeiträge, Einkommensteuern und Zuschlagsteuern auch dann, wenn sie vom Arbeitgeber einbehalten und von ihm im Namen des Beschäftigten direkt an den Sozialversicherungsträger und die Steuerbehörde abgeführt werden. Zu den Löhnen und Gehältern zählen alle von den Beschäftigten empfangenen Sondervergütungen, Prämien, Gratifikationen, Abfindungen, Zuschüsse zu Lebenshaltungskosten, Familienzulagen, Provisionen, Teilnehmergebühren und vergleichbare Vergütungen. Gehören zum Betriebsvermögen des Betriebs, bei Beteiligungen an einer Personengesellschaft und Anteilen an einer Kapitalgesellschaft des Betriebs der jeweiligen Gesellschaft, unmittelbar oder mittelbar Beteiligungen an Personengesellschaften, die ihren Sitz oder ihre Geschäftsleitung im Inland, in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem Staat des Europäischen Wirtschaftsraums haben, sind die Lohnsummen und die Anzahl der Beschäftigten dieser Gesellschaften einzubeziehen zu dem Anteil, zu dem die unmittelbare oder mittelbare Beteiligung besteht. Satz 11 gilt für Anteile an Kapitalgesellschaften entsprechend, wenn die unmittelbare oder mittelbare Beteiligung mehr als 25 Prozent beträgt. Im Fall einer Betriebsaufspaltung sind die Lohnsummen und die Anzahl der Beschäftigten der Besitzgesellschaft und der Betriebsgesellschaft zusammenzuzählen.

(4) Das für die Bewertung der wirtschaftlichen Einheit örtlich zuständige Finanzamt im Sinne des § 152 Nummer 1 bis 3 des Bewertungsgesetzes stellt die Ausgangslohnsumme, die Anzahl der Beschäftigten und die Summe der maßgebenden jährlichen Lohnsummen gesondert fest, wenn diese Angaben für die Erbschaftsteuer oder eine andere Feststellung im Sinne dieser Vorschrift von Bedeutung sind. Bei Anteilen an Kapitalgesellschaften, die nach § 11 Absatz 1 des Bewertungsgesetzes zu bewerten sind, trifft die Feststellungen des Satzes 1 das örtlich zuständige Finanzamt entsprechend § 152 Nummer 3 des Bewertungsgesetzes. Die Entscheidung über die Bedeutung trifft das Finanzamt, das für die Festsetzung der Erbschaftsteuer oder die Feststellung nach § 151 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 3 des Bewertungsgesetzes zuständig ist. § 151 Absatz 3 und die §§ 152 bis 156 des Bewertungsgesetzes sind auf die Sätze 1 bis 3 entsprechend anzuwenden.

(5) Ein Erwerber kann den Verschonungsabschlag (Absatz 1) und den Abzugsbetrag (Absatz 2) nicht in Anspruch nehmen, soweit er begünstigtes Vermögen im Sinne des § 13b Absatz 2 auf Grund einer letztwilligen Verfügung des Erblassers oder einer rechtsgeschäftlichen Verfügung des Erblassers oder Schenkers auf einen Dritten übertragen muss. Gleiches gilt, wenn ein Erbe im Rahmen der Teilung des Nachlasses begünstigtes Vermögen im Sinne des § 13b Absatz 2 auf einen Miterben überträgt. Überträgt ein Erbe erworbenes begünstigtes Vermögen im Sinne des § 13b Absatz 2 im Rahmen der Teilung des Nachlasses auf einen Dritten und gibt der Dritte dabei diesem Erwerber nicht begünstigtes Vermögen hin, das er vom Erblasser erworben hat, erhöht sich insoweit der Wert des begünstigten Vermögens des Dritten um den Wert des hingegebenen Vermögens, höchstens jedoch um den Wert des übertragenen Vermögens.

(6) Der Verschonungsabschlag (Absatz 1) und der Abzugsbetrag (Absatz 2) fallen nach Maßgabe des Satzes 2 mit Wirkung für die Vergangenheit weg, soweit der Erwerber innerhalb von fünf Jahren (Behaltensfrist)

1.
einen Gewerbebetrieb oder einen Teilbetrieb, eine Beteiligung an einer Gesellschaft im Sinne des § 97 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 Satz 1 des Bewertungsgesetzes, einen Anteil eines persönlich haftenden Gesellschafters einer Kommanditgesellschaft auf Aktien oder einen Anteil daran veräußert; als Veräußerung gilt auch die Aufgabe des Gewerbebetriebs. Gleiches gilt, wenn wesentliche Betriebsgrundlagen eines Gewerbebetriebs veräußert oder in das Privatvermögen überführt oder anderen betriebsfremden Zwecken zugeführt werden oder wenn Anteile an einer Kapitalgesellschaft veräußert werden, die der Veräußerer durch eine Sacheinlage (§ 20 Absatz 1 des Umwandlungssteuergesetzes vom 7. Dezember 2006 (BGBl. I S. 2782, 2791), zuletzt geändert durch Artikel 6 des Gesetzes vom 2. November 2015 (BGBl. I S. 1834), in der jeweils geltenden Fassung) aus dem Betriebsvermögen im Sinne des § 13b erworben hat oder wenn eine Beteiligung an einer Gesellschaft im Sinne des § 97 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 Satz 1 des Bewertungsgesetzes oder ein Anteil daran veräußert wird, den der Veräußerer durch eine Einbringung des Betriebsvermögens im Sinne des § 13b in eine Personengesellschaft (§ 24 Absatz 1 des Umwandlungssteuergesetzes) erworben hat;
2.
das land- und forstwirtschaftliche Vermögen im Sinne des § 168 Absatz 1 Nummer 1 des Bewertungsgesetzes und selbst bewirtschaftete Grundstücke im Sinne des § 159 des Bewertungsgesetzes veräußert. Gleiches gilt, wenn das land- und forstwirtschaftliche Vermögen einem Betrieb der Land- und Forstwirtschaft nicht mehr dauernd zu dienen bestimmt ist oder wenn der bisherige Betrieb innerhalb der Behaltensfrist als Stückländerei zu qualifizieren wäre oder Grundstücke im Sinne des § 159 des Bewertungsgesetzes nicht mehr selbst bewirtschaftet werden;
3.
als Inhaber eines Gewerbebetriebs, als Gesellschafter einer Gesellschaft im Sinne des § 97 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 Satz 1 des Bewertungsgesetzes oder als persönlich haftender Gesellschafter einer Kommanditgesellschaft auf Aktien bis zum Ende des letzten in die Fünfjahresfrist fallenden Wirtschaftsjahres Entnahmen tätigt, die die Summe seiner Einlagen und der ihm zuzurechnenden Gewinne oder Gewinnanteile seit dem Erwerb um mehr als 150 000 Euro übersteigen; Verluste bleiben unberücksichtigt. Gleiches gilt für Inhaber eines begünstigten Betriebs der Land- und Forstwirtschaft oder eines Teilbetriebs oder eines Anteils an einem Betrieb der Land- und Forstwirtschaft. Bei Ausschüttungen an Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft ist sinngemäß zu verfahren;
4.
Anteile an Kapitalgesellschaften im Sinne des § 13b Absatz 1 Nummer 3 ganz oder teilweise veräußert; eine verdeckte Einlage der Anteile in eine Kapitalgesellschaft steht der Veräußerung der Anteile gleich. Gleiches gilt, wenn die Kapitalgesellschaft innerhalb der Frist aufgelöst oder ihr Nennkapital herabgesetzt wird, wenn diese wesentliche Betriebsgrundlagen veräußert und das Vermögen an die Gesellschafter verteilt wird; Satz 1 Nummer 1 Satz 2 gilt entsprechend;
5.
im Fall des § 13b Absatz 1 Nummer 3 Satz 2 die Verfügungsbeschränkung oder die Stimmrechtsbündelung aufgehoben wird.
Der rückwirkende Wegfall des Verschonungsabschlags beschränkt sich in den Fällen des Satzes 1 Nummer 1, 2, 4 und 5 auf den Teil, der dem Verhältnis der im Zeitpunkt der schädlichen Verfügung verbleibenden Behaltensfrist einschließlich des Jahres, in dem die Verfügung erfolgt, zur gesamten Behaltensfrist entspricht. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1, 2 und 4 ist von einer rückwirkenden Besteuerung abzusehen, wenn der Veräußerungserlös innerhalb der jeweils nach § 13b Absatz 1 begünstigungsfähigen Vermögensart verbleibt. Hiervon ist auszugehen, wenn der Veräußerungserlös innerhalb von sechs Monaten in entsprechendes Vermögen investiert wird, das zum begünstigten Vermögen im Sinne des § 13b Absatz 2 gehört.

(7) Der Erwerber ist verpflichtet, dem für die Erbschaftsteuer zuständigen Finanzamt innerhalb einer Frist von sechs Monaten nach Ablauf der Lohnsummenfrist das Unterschreiten der Mindestlohnsumme (Absatz 3 Satz 1) anzuzeigen. In den Fällen des Absatzes 6 ist der Erwerber verpflichtet, dem für die Erbschaftsteuer zuständigen Finanzamt den entsprechenden Sachverhalt innerhalb einer Frist von einem Monat, nachdem der jeweilige Tatbestand verwirklicht wurde, anzuzeigen. Die Festsetzungsfrist für die Steuer endet nicht vor dem Ablauf des vierten Jahres, nachdem das für die Erbschaftsteuer zuständige Finanzamt von dem Unterschreiten der Mindestlohnsumme (Absatz 3 Satz 1) oder dem Verstoß gegen die Behaltensregelungen (Absatz 6) Kenntnis erlangt. Die Anzeige ist eine Steuererklärung im Sinne der Abgabenordnung. Sie ist schriftlich abzugeben. Die Anzeige hat auch dann zu erfolgen, wenn der Vorgang zu keiner Besteuerung führt.

(8) Soweit nicht inländisches Vermögen zum begünstigten Vermögen im Sinne des § 13b Absatz 2 gehört, hat der Steuerpflichtige nachzuweisen, dass die Voraussetzungen für eine Steuerbefreiung im Zeitpunkt der Entstehung der Steuer (§ 9) und während der gesamten in den Absätzen 3 und 6 genannten Zeiträume bestehen.

(9) Für begünstigtes Vermögen im Sinne des § 13b Absatz 2 wird vor Anwendung des Absatzes 1 ein Abschlag gewährt, wenn der Gesellschaftsvertrag oder die Satzung Bestimmungen enthält, die

1.
die Entnahme oder Ausschüttung auf höchstens 37,5 Prozent des um die auf den Gewinnanteil oder die Ausschüttungen aus der Gesellschaft entfallenden Steuern vom Einkommen gekürzten Betrages des steuerrechtlichen Gewinns beschränken; Entnahmen zur Begleichung der auf den Gewinnanteil oder die Ausschüttungen aus der Gesellschaft entfallenden Steuern vom Einkommen bleiben von der Beschränkung der Entnahme oder Ausschüttung unberücksichtigt und
2.
die Verfügung über die Beteiligung an der Personengesellschaft oder den Anteil an der Kapitalgesellschaft auf Mitgesellschafter, auf Angehörige im Sinne des § 15 der Abgabenordnung oder auf eine Familienstiftung (§ 1 Absatz 1 Nummer 4) beschränken und
3.
für den Fall des Ausscheidens aus der Gesellschaft eine Abfindung vorsehen, die unter dem gemeinen Wert der Beteiligung an der Personengesellschaft oder des Anteils an der Kapitalgesellschaft liegt,
und die Bestimmungen den tatsächlichen Verhältnissen entsprechen. Gelten die in Satz 1 genannten Bestimmungen nur für einen Teil des begünstigten Vermögens im Sinne des § 13b Absatz 2, ist der Abschlag nur für diesen Teil des begünstigten Vermögens zu gewähren. Die Höhe des Abschlags entspricht der im Gesellschaftsvertrag oder in der Satzung vorgesehenen prozentualen Minderung der Abfindung gegenüber dem gemeinen Wert (Satz 1 Nummer 3) und darf 30 Prozent nicht übersteigen. Die Voraussetzungen des Satzes 1 müssen zwei Jahre vor dem Zeitpunkt der Entstehung der Steuer (§ 9) vorliegen. Die Steuerbefreiung entfällt mit Wirkung für die Vergangenheit, wenn die Voraussetzungen des Satzes 1 nicht über einen Zeitraum von 20 Jahren nach dem Zeitpunkt der Entstehung der Steuer (§ 9) eingehalten werden; die §§ 13c und 28a bleiben unberührt. In den Fällen des Satzes 1
1.
ist der Erwerber verpflichtet, dem für die Erbschaftsteuer zuständigen Finanzamt die Änderungen der genannten Bestimmungen oder der tatsächlichen Verhältnisse innerhalb einer Frist von einem Monat anzuzeigen,
2.
endet die Festsetzungsfrist für die Steuer nicht vor dem Ablauf des vierten Jahres, nachdem das für die Erbschaftsteuer zuständige Finanzamt von der Änderung einer der in Satz 1 genannten Bestimmungen oder der tatsächlichen Verhältnisse Kenntnis erlangt.

(9a) Das für die Bewertung der wirtschaftlichen Einheit örtlich zuständige Finanzamt im Sinne des § 152 Nummer 2 und 3 des Bewertungsgesetzes stellt das Vorliegen der Voraussetzungen für den Abschlag nach Absatz 9 und dessen Höhe auf den Zeitpunkt der Entstehung der Steuer (§ 9) gesondert fest, wenn diese Angaben für die Erbschaftsteuer von Bedeutung sind. Die Entscheidung über die Bedeutung trifft das Finanzamt, das für die Festsetzung der Erbschaftsteuer zuständig ist. § 151 Absatz 3 und die §§ 152 bis 156 des Bewertungsgesetzes sind auf die Sätze 1 und 2 entsprechend anzuwenden.

(10) Der Erwerber kann unwiderruflich erklären, dass die Steuerbefreiung nach den Absätzen 1 bis 9 in Verbindung mit § 13b nach folgender Maßgabe gewährt wird:

1.
In Absatz 1 Satz 1 tritt an die Stelle des Verschonungsabschlags von 85 Prozent ein Verschonungsabschlag von 100 Prozent;
2.
in Absatz 3 Satz 1 tritt an die Stelle der Lohnsummenfrist von fünf Jahren eine Lohnsummenfrist von sieben Jahren;
3.
in Absatz 3 Satz 1 und 4 tritt an die Stelle der Mindestlohnsumme von 400 Prozent eine Mindestlohnsumme von 700 Prozent;
4.
in Absatz 3 Satz 4 Nummer 1 tritt an die Stelle der Mindestlohnsumme von 250 Prozent eine Mindestlohnsumme von 500 Prozent;
5.
in Absatz 3 Satz 4 Nummer 2 tritt an die Stelle der Mindestlohnsumme von 300 Prozent eine Mindestlohnsumme von 565 Prozent;
6.
in Absatz 6 tritt an die Stelle der Behaltensfrist von fünf Jahren eine Behaltensfrist von sieben Jahren.
Voraussetzung für die Gewährung der Steuerbefreiung nach Satz 1 ist, dass das begünstigungsfähige Vermögen nach § 13b Absatz 1 nicht zu mehr als 20 Prozent aus Verwaltungsvermögen nach § 13b Absatz 3 und 4 besteht. Der Anteil des Verwaltungsvermögens am gemeinen Wert des Betriebs bestimmt sich nach dem Verhältnis der Summe der gemeinen Werte der Einzelwirtschaftsgüter des Verwaltungsvermögens nach § 13b Absatz 3 und 4 zum gemeinen Wert des Betriebs.

(11) Die Absätze 1 bis 10 gelten in den Fällen des § 1 Absatz 1 Nummer 4 entsprechend.

(1) Wertpapiere und Schuldbuchforderungen, die am Stichtag an einer deutschen Börse zum Handel im regulierten Markt zugelassen sind, werden mit dem niedrigsten am Stichtag für sie im regulierten Markt notierten Kurs angesetzt. Liegt am Stichtag eine Notierung nicht vor, so ist der letzte innerhalb von 30 Tagen vor dem Stichtag im regulierten Markt notierte Kurs maßgebend. Entsprechend sind die Wertpapiere zu bewerten, die in den Freiverkehr einbezogen sind.

(2) Anteile an Kapitalgesellschaften, die nicht unter Absatz 1 fallen, sind mit dem gemeinen Wert anzusetzen. Lässt sich der gemeine Wert nicht aus Verkäufen unter fremden Dritten ableiten, die weniger als ein Jahr zurückliegen, so ist er unter Berücksichtigung der Ertragsaussichten der Kapitalgesellschaft oder einer anderen anerkannten, auch im gewöhnlichen Geschäftsverkehr für nichtsteuerliche Zwecke üblichen Methode zu ermitteln; dabei ist die Methode anzuwenden, die ein Erwerber der Bemessung des Kaufpreises zu Grunde legen würde. Die Summe der gemeinen Werte der zum Betriebsvermögen gehörenden Wirtschaftsgüter und sonstigen aktiven Ansätze abzüglich der zum Betriebsvermögen gehörenden Schulden und sonstigen Abzüge (Substanzwert) der Gesellschaft darf nicht unterschritten werden; die §§ 99 und 103 sind anzuwenden. Die §§ 199 bis 203 sind zu berücksichtigen.

(2a) (weggefallen)

(3) Ist der gemeine Wert einer Anzahl von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft, die einer Person gehören, infolge besonderer Umstände (z. B. weil die Höhe der Beteiligung die Beherrschung der Kapitalgesellschaft ermöglicht) höher als der Wert, der sich auf Grund der Kurswerte (Absatz 1) oder der gemeinen Werte (Absatz 2) für die einzelnen Anteile insgesamt ergibt, so ist der gemeine Wert der Beteiligung maßgebend.

(4) Anteile oder Aktien, die Rechte an einem Investmentvermögen im Sinne des Kapitalanlagegesetzbuchs verbriefen, sind mit dem Rücknahmepreis anzusetzen.

(1) Bestehen zwischen den handelsrechtlichen Wertansätzen von Vermögensgegenständen, Schulden und Rechnungsabgrenzungsposten und ihren steuerlichen Wertansätzen Differenzen, die sich in späteren Geschäftsjahren voraussichtlich abbauen, so ist eine sich daraus insgesamt ergebende Steuerbelastung als passive latente Steuern (§ 266 Abs. 3 E.) in der Bilanz anzusetzen. Eine sich daraus insgesamt ergebende Steuerentlastung kann als aktive latente Steuern (§ 266 Abs. 2 D.) in der Bilanz angesetzt werden. Die sich ergebende Steuerbe- und die sich ergebende Steuerentlastung können auch unverrechnet angesetzt werden. Steuerliche Verlustvorträge sind bei der Berechnung aktiver latenter Steuern in Höhe der innerhalb der nächsten fünf Jahre zu erwartenden Verlustverrechnung zu berücksichtigen.

(2) Die Beträge der sich ergebenden Steuerbe- und -entlastung sind mit den unternehmensindividuellen Steuersätzen im Zeitpunkt des Abbaus der Differenzen zu bewerten und nicht abzuzinsen. Die ausgewiesenen Posten sind aufzulösen, sobald die Steuerbe- oder -entlastung eintritt oder mit ihr nicht mehr zu rechnen ist. Der Aufwand oder Ertrag aus der Veränderung bilanzierter latenter Steuern ist in der Gewinn- und Verlustrechnung gesondert unter dem Posten „Steuern vom Einkommen und vom Ertrag“ auszuweisen.

(1) Wertpapiere und Schuldbuchforderungen, die am Stichtag an einer deutschen Börse zum Handel im regulierten Markt zugelassen sind, werden mit dem niedrigsten am Stichtag für sie im regulierten Markt notierten Kurs angesetzt. Liegt am Stichtag eine Notierung nicht vor, so ist der letzte innerhalb von 30 Tagen vor dem Stichtag im regulierten Markt notierte Kurs maßgebend. Entsprechend sind die Wertpapiere zu bewerten, die in den Freiverkehr einbezogen sind.

(2) Anteile an Kapitalgesellschaften, die nicht unter Absatz 1 fallen, sind mit dem gemeinen Wert anzusetzen. Lässt sich der gemeine Wert nicht aus Verkäufen unter fremden Dritten ableiten, die weniger als ein Jahr zurückliegen, so ist er unter Berücksichtigung der Ertragsaussichten der Kapitalgesellschaft oder einer anderen anerkannten, auch im gewöhnlichen Geschäftsverkehr für nichtsteuerliche Zwecke üblichen Methode zu ermitteln; dabei ist die Methode anzuwenden, die ein Erwerber der Bemessung des Kaufpreises zu Grunde legen würde. Die Summe der gemeinen Werte der zum Betriebsvermögen gehörenden Wirtschaftsgüter und sonstigen aktiven Ansätze abzüglich der zum Betriebsvermögen gehörenden Schulden und sonstigen Abzüge (Substanzwert) der Gesellschaft darf nicht unterschritten werden; die §§ 99 und 103 sind anzuwenden. Die §§ 199 bis 203 sind zu berücksichtigen.

(2a) (weggefallen)

(3) Ist der gemeine Wert einer Anzahl von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft, die einer Person gehören, infolge besonderer Umstände (z. B. weil die Höhe der Beteiligung die Beherrschung der Kapitalgesellschaft ermöglicht) höher als der Wert, der sich auf Grund der Kurswerte (Absatz 1) oder der gemeinen Werte (Absatz 2) für die einzelnen Anteile insgesamt ergibt, so ist der gemeine Wert der Beteiligung maßgebend.

(4) Anteile oder Aktien, die Rechte an einem Investmentvermögen im Sinne des Kapitalanlagegesetzbuchs verbriefen, sind mit dem Rücknahmepreis anzusetzen.

(1) Das Betriebsvermögen umfasst alle Teile eines Gewerbebetriebs im Sinne des § 15 Absatz 1 und 2 des Einkommensteuergesetzes, die bei der steuerlichen Gewinnermittlung zum Betriebsvermögen gehören. Als Gewerbebetrieb im Sinne des Satzes 1 gilt auch der Betrieb von Gesellschaften im Sinne des § 1 Absatz 1 des Körperschaftsteuergesetzes mit Sitz im Ausland, deren Ort der Geschäftsleitung im Inland belegen ist, und die nach inländischem Gesellschaftsrecht nicht als juristische Person zu behandeln sind, wenn dem Grunde nach eine Tätigkeit im Sinne des § 15 Absatz 1 und Absatz 2 des Einkommensteuergesetzes vorliegt.

(2) Als Gewerbebetrieb gilt unbeschadet des § 97 nicht die Land- und Forstwirtschaft, wenn sie den Hauptzweck des Unternehmens bildet.

(3) (weggefallen)

(1) Wertpapiere und Schuldbuchforderungen, die am Stichtag an einer deutschen Börse zum Handel im regulierten Markt zugelassen sind, werden mit dem niedrigsten am Stichtag für sie im regulierten Markt notierten Kurs angesetzt. Liegt am Stichtag eine Notierung nicht vor, so ist der letzte innerhalb von 30 Tagen vor dem Stichtag im regulierten Markt notierte Kurs maßgebend. Entsprechend sind die Wertpapiere zu bewerten, die in den Freiverkehr einbezogen sind.

(2) Anteile an Kapitalgesellschaften, die nicht unter Absatz 1 fallen, sind mit dem gemeinen Wert anzusetzen. Lässt sich der gemeine Wert nicht aus Verkäufen unter fremden Dritten ableiten, die weniger als ein Jahr zurückliegen, so ist er unter Berücksichtigung der Ertragsaussichten der Kapitalgesellschaft oder einer anderen anerkannten, auch im gewöhnlichen Geschäftsverkehr für nichtsteuerliche Zwecke üblichen Methode zu ermitteln; dabei ist die Methode anzuwenden, die ein Erwerber der Bemessung des Kaufpreises zu Grunde legen würde. Die Summe der gemeinen Werte der zum Betriebsvermögen gehörenden Wirtschaftsgüter und sonstigen aktiven Ansätze abzüglich der zum Betriebsvermögen gehörenden Schulden und sonstigen Abzüge (Substanzwert) der Gesellschaft darf nicht unterschritten werden; die §§ 99 und 103 sind anzuwenden. Die §§ 199 bis 203 sind zu berücksichtigen.

(2a) (weggefallen)

(3) Ist der gemeine Wert einer Anzahl von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft, die einer Person gehören, infolge besonderer Umstände (z. B. weil die Höhe der Beteiligung die Beherrschung der Kapitalgesellschaft ermöglicht) höher als der Wert, der sich auf Grund der Kurswerte (Absatz 1) oder der gemeinen Werte (Absatz 2) für die einzelnen Anteile insgesamt ergibt, so ist der gemeine Wert der Beteiligung maßgebend.

(4) Anteile oder Aktien, die Rechte an einem Investmentvermögen im Sinne des Kapitalanlagegesetzbuchs verbriefen, sind mit dem Rücknahmepreis anzusetzen.

(1) Das Betriebsvermögen umfasst alle Teile eines Gewerbebetriebs im Sinne des § 15 Absatz 1 und 2 des Einkommensteuergesetzes, die bei der steuerlichen Gewinnermittlung zum Betriebsvermögen gehören. Als Gewerbebetrieb im Sinne des Satzes 1 gilt auch der Betrieb von Gesellschaften im Sinne des § 1 Absatz 1 des Körperschaftsteuergesetzes mit Sitz im Ausland, deren Ort der Geschäftsleitung im Inland belegen ist, und die nach inländischem Gesellschaftsrecht nicht als juristische Person zu behandeln sind, wenn dem Grunde nach eine Tätigkeit im Sinne des § 15 Absatz 1 und Absatz 2 des Einkommensteuergesetzes vorliegt.

(2) Als Gewerbebetrieb gilt unbeschadet des § 97 nicht die Land- und Forstwirtschaft, wenn sie den Hauptzweck des Unternehmens bildet.

(3) (weggefallen)

(1) Wertpapiere und Schuldbuchforderungen, die am Stichtag an einer deutschen Börse zum Handel im regulierten Markt zugelassen sind, werden mit dem niedrigsten am Stichtag für sie im regulierten Markt notierten Kurs angesetzt. Liegt am Stichtag eine Notierung nicht vor, so ist der letzte innerhalb von 30 Tagen vor dem Stichtag im regulierten Markt notierte Kurs maßgebend. Entsprechend sind die Wertpapiere zu bewerten, die in den Freiverkehr einbezogen sind.

(2) Anteile an Kapitalgesellschaften, die nicht unter Absatz 1 fallen, sind mit dem gemeinen Wert anzusetzen. Lässt sich der gemeine Wert nicht aus Verkäufen unter fremden Dritten ableiten, die weniger als ein Jahr zurückliegen, so ist er unter Berücksichtigung der Ertragsaussichten der Kapitalgesellschaft oder einer anderen anerkannten, auch im gewöhnlichen Geschäftsverkehr für nichtsteuerliche Zwecke üblichen Methode zu ermitteln; dabei ist die Methode anzuwenden, die ein Erwerber der Bemessung des Kaufpreises zu Grunde legen würde. Die Summe der gemeinen Werte der zum Betriebsvermögen gehörenden Wirtschaftsgüter und sonstigen aktiven Ansätze abzüglich der zum Betriebsvermögen gehörenden Schulden und sonstigen Abzüge (Substanzwert) der Gesellschaft darf nicht unterschritten werden; die §§ 99 und 103 sind anzuwenden. Die §§ 199 bis 203 sind zu berücksichtigen.

(2a) (weggefallen)

(3) Ist der gemeine Wert einer Anzahl von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft, die einer Person gehören, infolge besonderer Umstände (z. B. weil die Höhe der Beteiligung die Beherrschung der Kapitalgesellschaft ermöglicht) höher als der Wert, der sich auf Grund der Kurswerte (Absatz 1) oder der gemeinen Werte (Absatz 2) für die einzelnen Anteile insgesamt ergibt, so ist der gemeine Wert der Beteiligung maßgebend.

(4) Anteile oder Aktien, die Rechte an einem Investmentvermögen im Sinne des Kapitalanlagegesetzbuchs verbriefen, sind mit dem Rücknahmepreis anzusetzen.

(1) Schulden und sonstige Abzüge, die nach § 95 Abs. 1 zum Betriebsvermögen gehören, werden vorbehaltlich des Absatzes 3 berücksichtigt, soweit sie mit der Gesamtheit oder einzelnen Teilen des Betriebsvermögens im Sinne dieses Gesetzes in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen.

(2) Weist ein Gesellschafter in der Steuerbilanz Gewinnansprüche gegen eine von ihm beherrschte Gesellschaft aus, ist bei dieser ein Schuldposten in entsprechender Höhe abzuziehen.

(3) Rücklagen sind nur insoweit abzugsfähig, als ihr Abzug bei der Bewertung des Betriebsvermögens für Zwecke der Erbschaftsteuer durch Gesetz ausdrücklich zugelassen ist.

(1) Lasten, deren Entstehung vom Eintritt einer aufschiebenden Bedingung abhängt, werden nicht berücksichtigt.

(2) Für den Fall des Eintritts der Bedingung gilt § 5 Abs. 2 entsprechend.

(1) Wertpapiere und Schuldbuchforderungen, die am Stichtag an einer deutschen Börse zum Handel im regulierten Markt zugelassen sind, werden mit dem niedrigsten am Stichtag für sie im regulierten Markt notierten Kurs angesetzt. Liegt am Stichtag eine Notierung nicht vor, so ist der letzte innerhalb von 30 Tagen vor dem Stichtag im regulierten Markt notierte Kurs maßgebend. Entsprechend sind die Wertpapiere zu bewerten, die in den Freiverkehr einbezogen sind.

(2) Anteile an Kapitalgesellschaften, die nicht unter Absatz 1 fallen, sind mit dem gemeinen Wert anzusetzen. Lässt sich der gemeine Wert nicht aus Verkäufen unter fremden Dritten ableiten, die weniger als ein Jahr zurückliegen, so ist er unter Berücksichtigung der Ertragsaussichten der Kapitalgesellschaft oder einer anderen anerkannten, auch im gewöhnlichen Geschäftsverkehr für nichtsteuerliche Zwecke üblichen Methode zu ermitteln; dabei ist die Methode anzuwenden, die ein Erwerber der Bemessung des Kaufpreises zu Grunde legen würde. Die Summe der gemeinen Werte der zum Betriebsvermögen gehörenden Wirtschaftsgüter und sonstigen aktiven Ansätze abzüglich der zum Betriebsvermögen gehörenden Schulden und sonstigen Abzüge (Substanzwert) der Gesellschaft darf nicht unterschritten werden; die §§ 99 und 103 sind anzuwenden. Die §§ 199 bis 203 sind zu berücksichtigen.

(2a) (weggefallen)

(3) Ist der gemeine Wert einer Anzahl von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft, die einer Person gehören, infolge besonderer Umstände (z. B. weil die Höhe der Beteiligung die Beherrschung der Kapitalgesellschaft ermöglicht) höher als der Wert, der sich auf Grund der Kurswerte (Absatz 1) oder der gemeinen Werte (Absatz 2) für die einzelnen Anteile insgesamt ergibt, so ist der gemeine Wert der Beteiligung maßgebend.

(4) Anteile oder Aktien, die Rechte an einem Investmentvermögen im Sinne des Kapitalanlagegesetzbuchs verbriefen, sind mit dem Rücknahmepreis anzusetzen.


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Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Kosten des Verfahrens haben die Kläger zu tragen.

III. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

1

Streitig ist die steuerliche Berücksichtigung von Veräußerungsverlusten gemäß § 17 EStG.

2

Der 1943 geborene Kläger hielt bis zum 19. Dezember 2007 100 % der Anteile an den beiden Gesellschaften K Büro- und Datentechnik GmbH mit Sitz in M (nachfolgend kurz: K GmbH M) und K Büro- und Datentechnik GmbH mit Sitz in K (inzwischen umfirmiert in: K ... GmbH, Sitz nunmehr in D; nachfolgend kurz: K GmbH K).

3

Mit notariellen Verträgen „über die Abtretung eines GmbH - Geschäftsanteils nebst einer Gesellschafterversammlung“ sowie privatschriftlichen Anteilskauf- und Übertragungsverträgen, jeweils vom 19. Dezember 2007, übertrug der Kläger seinen Geschäftsanteil an der K GmbH M auf seinen Sohn, Herrn A. K., und seinen Geschäftsanteil an der K GmbH K auf seine Tochter, Frau M. K., zu einem Kaufpreis von jeweils 1 €. Gemäß § 3 Satz 2 der Anteilskauf- und Übertragungsverträge sollte der Kaufpreis „der dauerhaften Ertraglosigkeit der Gesellschaft Rechnung“ tragen. Weiter heißt es in den Anteilskauf- und Übertragungsverträgen, der Gewinn des laufenden Geschäftsjahres (1. Juli bis 31. Dezember 2007) stehe allein dem Käufer zu (§ 1 Ziff. 2). Weder gegen den Verkäufer noch die Gesellschaft seien Insolvenzverfahren eingeleitet worden, noch seien Umstände ersichtlich, die die Einleitung solcher Verfahren in Zukunft rechtfertigen würden (§ 4 Ziff. 4). Die Gesellschaft verfüge über ausreichende Liquidität, um ihre laufenden Verbindlichkeiten begleichen zu können (§ 4 Ziff. 6). Zudem wurde vereinbart, dass alle mit dem jeweiligen Geschäftsanteil verbundenen Rechte und Pflichten mit dessen Übertragung auf den Erwerber übergehen, insbesondere das Gewinnbezugsrecht (Ziff. V. Abs. 2 der notariellen Verträge „über die Abtretung eines GmbH - Geschäftsanteils nebst einer Gesellschafterversammlung“). Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die genannten Verträge (Bl. 95 – 99, 104 – 107 d. ESt-Akten, Bd. VI) verwiesen.

4

Die beiden Gesellschaften hatten in den Vorjahren ausschließlich Verluste wie folgt erzielt (für die K GmbH Bad Kreuznach war ein abweichendes Wirtschaftsjahr vom 1. Juli zum 30. Juni bestimmt worden):

5

K GmbH M

        

Lt. Bilanz zum 31. Dezember 2002

- 47.067,40 €

Lt. Bilanz zum 31. Dezember 2003

  - 3.931,57 €

Lt. Bilanz zum 31. Dezember 2004

- 25.610,39 €

Lt. Bilanz zum 31. Dezember 2005

- 29.442,99 €

Lt. Bilanz zum 31. Dezember 2006

- 45.807,16 €

Lt. Bilanz zum 31. Dezember 2007

- 59.439,21 €

K GmbH K

        

Lt. Bilanz zum 30. Juni 2003

- 26.602,57 €

Lt. Bilanz zum 30. Juni 2004

- 40.356,04 €

Lt. Bilanz zum 30. Juni 2005

- 26.675,41 €

Lt. Bilanz zum 30. Juni 2006

- 35.771,52 €

Lt. Bilanz zum 30. Juni 2007

- 45.140,82 €

Lt. Bilanz zum 31. Dezember 2007 (Rumpfgeschäftsjahr)

- 68.385,99 €

6

Die Bilanz der K GmbH M zum 31. Dezember 2006 weist einen nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrag i.H. von 21.614,51 €, die Bilanz der K GmbH K zum 30. Juni 2007 weist einen nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrag i.H. von 353.564,12 € aus. Das Eigenkapital der K GmbH M betrug zum 31. Dezember 2007 536.679,70 €, das Eigenkapital der K GmbH K betrug zum 31. Dezember 2007 30.538,91 € (vgl. Bilanzakten, Bd. III und Bd. VII und Bl. 119 f. d. ESt-Akten, Bd. VI). Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Bilanzen der beiden Gesellschaften verwiesen.

7

In ihrer am 18. Dezember 2008 beim Beklagten eingereichten Einkommensteuererklärung für 2007 erklärten die im Streitjahr zusammen zur Einkommensteuer veranlagten Kläger Veräußerungsverluste nach § 17 EStG in Höhe von 668.029,00 € (Bl. 167 ESt-Akten, Bd. VI; mit Schreiben vom 4. Februar 2010 auf 735.529,00 € korrigiert, Bl. 171 – 176 ESt-Akten, Bd. VI), die sie wie folgt ermittelt hatten:

8

K GmbH M

        

Geschäftsanteil

127.822,97 €

Steuerliches Einlagekonto gem. § 27 Abs. 2 S. 1 KStG

112.484,00 €

Nachträgl. Anschaffungskosten durch Einzahlungen (verd. Einlagen) am:

        

           29.11.2007

443.315,33 €

           30.11.2007

  74.418,09 €

           18.12.2007

100.000,00 €

./. Kaufpreis

           1,00 €

Gesamt

858.039,42 €

Davon ½ (§ 3 Nr. 40 Buchst. c) EStG)

429.019,71 €

(vgl. Bl. 94 d. ESt-Akten, Bd. VI)

        

K GmbH K

        

Geschäftsanteil

  25.564,59 €

„Verzicht V-Kto. Nahest. Person U. K. 19.12.2007“

  60.453,61 €

Nachträgl. Anschaffungskosten durch Einzahlungen (verd. Einlagen) am:

        

             23.10.2007

  30.000,00 €

             30.11.2007

192.000,00 €

             18.12.2007

  50.000,00 €

          * 19.12.2007

195.000,00 €

             19.12.2007

  60.000,00 €

./. Kaufpreis

           1,00 €

Gesamt

613.017,61 €

Davon ½ (§ 3 Nr. 40 Buchst. c) EStG)

306.508,40 €

* Ausgleichsverbindlichkeit gem. Anteilskauf- und Übertragungsvertrag

        

(vgl. Bl. 171, 174 d. ESt-Akten, Bd. VI)

        

9

Das beklagte Finanzamt berücksichtigte die geltend gemachten Veräußerungsverluste im Einkommensteuerbescheid für 2007 vom 5. Februar 2010 nicht. In den Bescheiderläuterungen heißt es hierzu, es sei von einer unentgeltlichen Übertragung der GmbH-Anteile auszugehen (Bl. 177 ff. d. ESt-Akten, Bd. VI).

10

Hiergegen legten die Kläger unter dem 8. Februar 2010 Einspruch ein, zu dessen Begründung sie im Wesentlichen ausführten, die vom Finanzamt vorgenommene Bewertungsmethode sei unzutreffend. Gehe man vom Ertragswert der beiden Unternehmen aus, könnten diese nicht mit mehr als 1 € bewertet werden. Ermittele man als unteren Wert den Zerschlagungswert, ergebe sich auch kein höherer Wert. Insoweit nahmen die Kläger auf selbst erstellte Bilanzen zum 31. Dezember 2007 zu Zerschlagungswerten Bezug, welche einen nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrag der K GmbH M i.H. von 270.252,55 € bzw. ein (positives) Eigenkapital der K GmbH K i.H. von 7.135,73 € ausweisen. Dabei waren der Bewertung stille Lasten in den Sachanlagen und den Vorräten der Unternehmen sowie Rückstellungen für Arbeitnehmerabfindungen zugrunde gelegt worden (Bl. 149 ff., 175 f. d. ESt-Akten, Bd. VI). Wegen der Einzelheiten wird auf die Bilanzen zum 31. Dezember 2007 zu Zerschlagungswerten verwiesen.

11

Eine andere zulässige Bewertungsmethode existiere nicht. Insoweit verweisen die Kläger auf den „IDW Standard: Grundsätze zur Durchführung von Unternehmensbewertungen“ (IDW S 1) und die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) zur Unternehmensbewertung (Bl. 181, 196 ff. d. ESt-Akten, Bd. VI).

12

Mit Einspruchsentscheidung vom 5. Oktober 2010 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück (Bl. 202 ff. d. ESt-Akten, Bd. VI).

13

Mit der hiergegen am 4. November 2010 erhobenen Klage tragen die Kläger im Wesentlichen vor, der Beklagte ziehe über die am Ertragswert orientierten Bewertungsverfahren hinaus einen fiktiven unrealistischen Wert als Bemessungsgrundlage heran. Hierzu könne insbesondere auf die Rechtsprechung zur Abfindung im Rahmen von Spruchstellenverfahren verwiesen werden. Dabei sei in der Vergangenheit die Frage gestellt worden, ob in erster Linie auf fundamentalanalytische Methoden (basierend auf dem Ertragswertprinzip) abzustellen sei oder ob eine marktwertorientierte Bewertungsmethode vorzuziehen sei. Das Bundesverfassungsgericht habe in der DAT Altana-Entscheidung die reine Ausrichtung an der Ertragswertmethode im Rahmen fundamentalanalytischer Bewertung hin zu einer marktorientierten Bewertung korrigiert. Dies entspreche dem finanzgerichtlichen Verfahren mit Orientierung grundsätzlich am Marktwert bzw. dem Verkehrswert des Unternehmens. Dieser sei in erster Linie anhand von Verkäufen zu ermitteln. Lägen diese nicht vor, sei der Marktwert nach dem Ertragswert zu ermitteln. Hierbei sei, sofern man den Substanzwert des Unternehmens berücksichtige, als Unterwert der Zerschlagungswert anzusetzen. In einem solchen Fall seien alle wertmindernden Faktoren, einschließlich sonstiger Kosten, die einen Veräußerungserlös senkten, nach der Rechtsprechung des BGH zu berücksichtigen. Ein Wiederbeschaffungswert könne nur dann zu Grunde gelegt werden, wenn der Erwerber zwingend den zu erwerbenden Vermögensgegenstand benötige d.h. ihn erwerben müsse.

14

Der BGH sei bei der Unternehmensbewertung von der ursprünglichen Methode der gemischten Bewertung bereits 1982 abgerückt und habe dies in späteren Entscheidungen konkretisiert. Nach Ansicht des BGH beurteile der Rechtsverkehr den gemeinen Wert eines Unternehmens im Wesentlichen nach seinem finanziellen Zukunftsertrag. Diese Rechtsprechung werde auch übereinstimmend von allen Senaten des BGH vertreten. Insoweit könne die Auffassung des Beklagten keinen Bestand haben, da gerade beim Fremdvergleich von einem fremden Dritten auszugehen sei. Im Vordergrund stehe die Ermittlung, wie sie der Rechtsverkehr vornehme. Diese Frage sei letztendlich eine zivilrechtliche Frage.

15

Die Kläger beantragen, den Einkommensteuerbescheid für 2007 vom 5. Februar 2010 in der Fassung der hierzu ergangenen Einspruchsentscheidung vom 5. Oktober 2010 dahingehend zu ändern, dass der Besteuerung negative Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von 735.529,- Euro zugrunde gelegt werden.

16

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

17

Er nimmt auf die Ausführungen in der angegriffenen Einspruchsentscheidung Bezug und trägt ergänzend im Wesentlichen vor, die Rechtsprechung des BGH zur Unternehmensbewertung könne nicht allein den Ausschlag geben. Denn das Verhältnis zwischen Steuerrecht und Zivilrecht werde allgemein dadurch charakterisiert, dass das Zivilrecht gegenüber dem Steuerrecht nicht vorrangig sei, sondern Basis und Ausgangspunkt der steuerlichen Wertung darstelle. Insbesondere bei Verträgen zwischen nahen Angehörigen stelle sich immer die Frage ihrer steuerrechtlichen Anerkennung. Es sei zu prüfen, ob die Vereinbarung auf einen Leistungsaustausch ausgerichtet sei oder die Parteien sich unter dem Deckmantel eines Vertrags etwas zuwenden wollten. Insoweit seien im Streitfall nochmals die Einzahlungen des Klägers in der Zeit vom 29. November 2007 bis 18. Dezember 2007 in Höhe von ca. 600.000,00 € in die K GmbH M und in der Zeit vom 23. Oktober 2007 bis 19. Dezember 2007 in Höhe von 392.000,00 Euro in die K GmbH K zu thematisieren. Es sei nur schwer vorstellbar und daher aus Sicht des Beklagten nicht nachvollziehbar, dass der Kläger unter diesen Umständen von einer Wertlosigkeit der Anteile ausgegangen sei. Jedenfalls wären solch hohe Einlagen, die für den Kläger verloren seien, bei einer Übertragung an einen Fremden nicht ohne Gegenleistung bewirkt worden.

18

Die Kläger erwidern hierauf noch, auch bei einer Bewertung unter nahen Angehörigen sei auf die üblichen Methoden abzustellen. Ginge man davon ab, verstieße dies gegen Art. 6 GG. Die Frage, ob ein Unternehmer zum Ende seiner Unternehmerlaufbahn unbedingt seinen Namen als „Insolvenzfall“ lesen möchte, sei keine Angelegenheit unter nahen Angehörigen. Der Kläger habe nur das Unternehmen soweit tauglich gemacht, dass es nicht insolvent gehe. Ein Zukunftsertrag sei nicht zu erwarten gewesen. Es sei Aufgabe des Übernehmers gewesen, entsprechende unternehmerische Aktivitäten zu entfalten. Im Übrigen handele es sich um eine auch unter fremden Dritten immer wieder übliche Vorgehensweise, dass der Veräußerer zur Unternehmenssanierung einen Betrag in das Unternehmen einzahle und es dann anschließend für einen symbolischen Preis veräußere.

19

Der Senat hat die Steuerakten (Körperschaftsteuer-, Vertrags- und Bilanzakten) der K GmbH M und der K GmbH K zum Verfahren beigezogen.

Entscheidungsgründe

20

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. Der Beklagte hat zu Recht angenommen, dass der Kläger die Geschäftsanteile unentgeltlich auf seine Kinder übertragen hat. Die geltend gemachten Verluste können daher mangels Veräußerungen im Sinne von § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG steuerlich nicht berücksichtigt werden.

21

1. Gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG gehört zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb auch der Gewinn aus der Veräußerung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft, wenn der Veräußerer innerhalb der letzten fünf Jahre am Kapital der Gesellschaft unmittelbar oder mittelbar zu mindestens 1 Prozent beteiligt war. Entsprechendes gilt für einen Veräußerungsverlust.

22

Veräußerung i.S. von § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG ist die Übertragung des wirtschaftlichen Eigentums an einer wesentlichen Beteiligung gegen Entgelt (BFH, Urteil vom 10. November 1998, VIII R 28/97, BFH/NV 1999, 616). Ob eine (entgeltliche) Veräußerung oder eine (unentgeltliche) Schenkung gegeben ist, richtet sich nach dem Gesamtbild der Umstände, insbesondere dem erkennbaren Willen und den Vorstellungen der Parteien (BFH, Urteil vom 5. März 1991, VIII R 163/86, BStBl II 1991, 630).

23

Werden Geschäftsanteile ohne Gegenleistung bzw. zu einem – wie im Streitfall – symbolischen Kaufpreis von z.B. 1 € übertragen, liegt grundsätzlich keine Veräußerung i.S. von § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG vor. Etwas anderes gilt in der Regel bei einer Übertragung unter fremden Dritten, wenn die Geschäftsanteile zum Zeitpunkt der Übertragung wertlos waren (BFH, Urteil vom 18. August 1992, VIII R 13/90, BStBl II 1993, 34). Während bei Verträgen zwischen fremden Personen eine widerlegbare tatsächliche Vermutung für das Vorliegen eines entgeltlichen Geschäfts spricht, wenn die Werte der den Beteiligten nach dem Vertrag zukommenden Vorteile nicht in einem Missverhältnis zueinander stehen, besteht eine dahingehende Vermutung bei einer Übertragung zwischen nahen Angehörigen allerdings nicht (BFH, Urteil vom 7. März 1995, VIII R 29/93, BStBl II 1995, 693).

24

2. Der Senat ist unter Anwendung der vorstehenden Rechtsgrundsätze nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens (§ 96 Abs. 1 Satz 1 FGO) davon überzeugt, dass der Kläger die Geschäftsanteile nicht im Sinne von § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG an seine Kinder veräußert hat.

25

a) Entgegen der Auffassung der Kläger waren die Geschäftsanteile zum Zeitpunkt der Übertragungen werthaltig.

26

a 1) Gemäß § 11 Abs. 2 Satz 1 BewG sind Anteile an Kapitalgesellschaften, die – wie die streitgegenständlichen Geschäftsanteile – nicht börsennotiert sind, mit dem gemeinen Wert anzusetzen.

27

Nach § 11 Abs. 2 Satz 2 BewG i.d. bis zum 12. Dezember 2006 gültigen Gesetzesfassung war der gemeine Wert, wenn er sich nicht aus Verkäufen ableiten ließ, die weniger als ein Jahr zurücklagen, unter Berücksichtigung des Vermögens und der Ertragsaussichten der Kapitalgesellschaft zu schätzen. Durch Art. 3 des Gesetzes über steuerliche Begleitmaßnahmen zur Einführung der Europäischen Gesellschaft und zur Änderung weiterer steuerrechtlicher Vorschriften vom 7. Dezember 2006 – SEStEG – (BGBl I 2006, 2782) wurde allerdings ein Satz 3 in § 11 Abs. 2 BewG eingeführt, wonach Satz 2 der Vorschriftfür ertragsteuerliche Zwecke nicht mehr galt (erst durch das Gesetz zur Reform des Erbschaftsteuer- und Bewertungsrechts vom 24. Dezember 2008 – ErbStRG – hat der Gesetzgeber § 11 Abs. 2 Satz 3 BewG mit Wirkung zum 1. Januar 2009 wieder aufgehoben). Das von der Finanzverwaltung für die Wertermittlung von Anteilen an Kapitalgesellschaften entwickelte sog. Stuttgarter Verfahren, das maßgeblich auf den Vermögenswert (Substanzwert) des Unternehmens abstellt und vom BFH im Regelfall auch für ertragsteuerliche Zwecke als brauchbares Hilfsmittel bei der Schätzung des gemeinen Werts von nicht börsennotierten Anteilen an Kapitalgesellschaften angesehen wurde (vgl. z.B. BFH, Beschluss vom 29. Oktober 2009, X B 100/09, BFH/NV 2010, 205, m.w.N.), kann daher vorliegend keine Anwendung mehr finden (vgl. zur Nichtanwendbarkeit des Stuttgarter Verfahrens für ertragsteuerliche Zwecke ab dem Veranlagungszeitraum 2007 auch die Gesetzesbegründung, BT-Drucksache 16/2710 zu Art. 8 Nummer 1).

28

Fraglich erscheint damit, nach welcher Methode der gemeine Wert der streitgegenständlichen Geschäftsanteile geschätzt werden kann. Zwischen den Beteiligten besteht zwar zu Recht dahingehend Einigkeit, dass nicht börsennotierte Anteile an Kapitalgesellschaften nach dem Ertragswertverfahren zu bewerten sind, wobei der Substanzwert als Bewertungsuntergrenze nicht unterschritten werden darf. Während die Kläger jedoch annehmen, als Substanzwert sei der (anteilige) Liquidationswert des Unternehmens maßgeblich, geht der Beklagte unter Berufung auf den Leitfaden der Oberfinanzdirektionen Münster und Rheinland zur Bewertung von Anteilen an Kapitalgesellschaften für ertragsteuerliche Zwecke vom 15. November 2007 – 4. Fassung, Stand: Januar 2007 – für die Bestimmung des Substanzwertes von dem Fortführungswert des Unternehmens im Sinne eines Reproduktions- bzw. Wiederbeschaffungswertes aus.

29

Der Senat schließt sich der Rechtsauffassung der Finanzverwaltung an. Soweit die Kläger unter Bezugnahme auf den IDW Standard: Grundsätze zur Durchführung von Unternehmensbewertungen (IDW S 1) meinen, nur bei Vorliegen eines rechtlichen oder tatsächlichen Zwangs zur Unternehmensfortführung sei auf den Fortführungswert des Unternehmens abzustellen (IDW S 1, Rz. 141), kann dem nicht gefolgt werden. Ob ein rechtlicher oder tatsächlicher „Zwang“ zur Unternehmensfortführung besteht oder das Unternehmen aus anderen Gründen fortgeführt wird, ist nicht entscheidend. Werden Unternehmensanteile übertragen, obwohl das Unternehmen in der Vergangenheit dauerhaft Verluste erwirtschaftet hat, und bestehen wie im Streitfall (vgl. § 4 Ziff. 4 und 6 der Anteilskauf- und Übertragungsverträge, Bl. 95 f. und 104 f. d. ESt-Akten, Bd. VI, und Schriftsatz der Kläger vom 2. Mai 2011, wonach die Einzahlungen des Klägers in die Gesellschaften der Unternehmenssanierung bzw. der Vermeidung eines Insolvenzverfahrens dienen sollten, Bl. 36 d. PA) deutliche Anhaltspunkte dafür, dass das Unternehmen fortgeführt werden soll, ist im Regelfall davon auszugehen, dass wirtschaftlich vernünftig handelnde Vertragsparteien ein Entgelt für die Übertragung zumindest in Höhe derjenigen Aufwendungen vereinbaren, die der Erwerber anderenfalls für die Reproduktion bzw. Wiederbeschaffung der Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens leisten müsste. Als Untergrenze der Unternehmensbewertung ist daher der durch die Summe der gemeinen Werte der zum Betriebsvermögen gehörenden Wirtschaftsgüter abgebildete Substanzwert zugrunde zu legen, was im Übrigen auch der aktuellen Fassung des § 11 Abs. 2 Satz 3 BewG entspricht. Der Liquidationswert kann dagegen nur dann relevant werden, wenn der Erwerber beabsichtigt, das Unternehmen zu zerschlagen.

30

a 2) Soweit der Beklagte hiervon ausgehend im Streitfall positive Substanzwerte der Unternehmen in Höhe von 536.679,70 € (K GmbH M) bzw. in Höhe von 30.538,91 € (K GmbH K) ermittelt hat, lässt dies keine durchgreifenden Rechtsfehler erkennen.

31

Der Beklagte ist für die Ermittlung der Substanzwerte in nicht zu beanstandender Weise von Ziff. B. 2.2 des Leitfadens der Oberfinanzdirektionen Münster und Rheinland vom 15. November 2007 ausgegangen, wonach sich der Substanzwert eines Unternehmens grundsätzlich aus dem Eigenkapital lt. Handelsbilanz / Steuerbilanz, erhöht um die stillen Reserven, ergibt. Der Einwand der Kläger, nach den vorgelegten Bilanzen zum 31. Dezember 2007 "zu Zerschlagungswerten" (Bl. 149, 152 d. ESt-Akten, Bd. VI) hätten die Sachanlagen nur einen unter dem Buchwert liegenden Verkehrswert von 35.000,00 € (K GmbH M; statt 69.861,51 €, vgl. Bilanzakten, Bd. VII) bzw. von 500,00 € (K GmbH K; statt 913,60 €, vgl. Bilanzakten, Bd. III) gehabt, kann als zutreffend unterstellt werden, ohne dass sich hierdurch an der Werthaltigkeit der Unternehmen etwas ändert. Die lt. den Bilanzen "zu Zerschlagungswerten" vom Buchwert abweichende Bewertung der Vorräte beruht ebenso wie der Ansatz von Rückstellungen für Arbeitnehmerabfindungen auf der im Streitfall nicht zutreffenden Prämisse, dass die Unternehmen liquidiert werden müssen, und kann daher nicht zugrunde gelegt werden. Im Übrigen haben die Kläger gegen die Substanzwertermittlung des Beklagten keine erheblichen Einwendungen vorgebracht, so dass von den ermittelten Werten auszugehen ist.

32

b) Vorsorglich weist der Senat darauf hin, dass die Klage selbst dann keinen Erfolg hätte, wenn die übertragenen Geschäftsanteile – entgegen den vorstehenden Ausführungen – als wertlos anzusehen wären.

33

Werden Geschäftsanteile unter fremden Dritten ohne Gegenleistung bzw. zu einem nur symbolischen Kaufpreis übertragen, liegt zwar gleichwohl im Regelfall eine Veräußerung i.S. von § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG vor, wenn die Geschäftsanteile zum Zeitpunkt der Übertragung wertlos waren (BFH, Urteil vom 18. August 1992, VIII R 13/90, BStBl II 1993, 34). Dies gilt jedoch nicht ohne weiteres in gleicher Weise für Übertragungen unter Familienangehörigen. Denn anders als bei fremden Dritten kann bei nahen Angehörigen der Grund für die fehlende Entgeltsvereinbarung auch in den persönlichen Beziehungen zwischen den Beteiligten liegen (vgl. BFH, Urteil vom 18. August 1992, aaO, in den Entscheidungsgründen Ziff. 2 a.E.). Dementsprechend wird z.B. bei der Übertragung eines Betriebes oder eines Gesellschaftsanteils von Eltern auf Kinder gegen wiederkehrende Leistungen widerlegbar vermutet, dass Leistung und Gegenleistung nicht wie unter Fremden nach kaufmännischen Gesichtspunkten abgewogen wurden, sondern vielmehr die Rente unabhängig vom Wert der übertragenen Vermögenswerte nach dem Versorgungsbedürfnis der Eltern und/oder nach der Ertragskraft des übertragenen Vermögens bemessen worden ist und insofern familiären, außerbetrieblichen Charakter hat (BFH, Urteil vom 3. Juni 1992, X R 14/89, BStBl II 1993, 23; FG München, Urteil vom 20. September 2006, 6 K 3686/04, in juris). Die Übertragung von wertlosen Geschäftsanteilen unter nahen Angehörigen ohne Gegenleistung kann deshalb nur dann als entgeltlich beurteilt werden, wenn sich nach dem Gesamtbild der Umstände feststellen lässt, dass der Grund für die fehlende Entgeltsvereinbarung ausschließlich in der Wertlosigkeit der übertragenen Anteile liegt sowie Anhaltspunkte für eine unentgeltliche Zuwendung nicht vorliegen (vgl. FG Baden-Württemberg, Urteil vom 28. November 2003, 2 K 148/99, EFG 2005, 105; FG des Saarlandes, Urteil vom 24. Mai 2005, 1 K 25/01, FGReport 2005, 57).

34

Der Senat geht davon aus, dass die – vermeintliche – Wertlosigkeit der Geschäftsanteile im Streitfall nicht dafür ausschlaggebend war, dass die Vertragsparteien kein Entgelt für deren Übertragung vereinbart haben, sondern vielmehr deren persönliche Beziehungen der Grund für die fehlende Entgeltsvereinbarung waren. Dafür spricht, dass Leistung und Gegenleistung erkennbar nicht in kaufmännischer Weise gegeneinander abgewogen wurden. Insbesondere lassen sich weder dem Sachvortrag der Kläger noch den Akten Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass der Wert der Unternehmen vor der Anteilsübertragung ermittelt wurde. Die Vertragsparteien sind damit nicht in einer Weise verfahren, wie dies unter fremden Dritten üblich gewesen wäre. Wird ein Veräußerungsverlust nach § 17 EStG aufgrund eines Vertrages unter nahen Angehörigen geltend gemacht, so ist auch auf diesen Vertrag die Rechtsprechung des BFH zu den Angehörigenverträgen anwendbar. Bei Aufwendungen aufgrund eines Vertrages zwischen nahen Angehörigen ist von einer Veranlassung durch die Einkunftserzielung und nicht durch die persönlichen Beziehungen zwischen den Beteiligten daher grundsätzlich nur auszugehen, wenn die Vereinbarung in der gesetzlich vorgeschriebenen Form zustande gekommen ist und sowohl die inhaltliche Gestaltung als auch die tatsächliche Durchführung des Vereinbarten dem zwischen Fremden Üblichen entsprechen (FG des Saarlandes, Urteil vom 23. Oktober 2007, 1 K 2346/98, in juris). Unter fremden Dritten erscheint aber auch nicht denkbar, dass der Alleingesellschafter einer Kapitalgesellschaft einen Betrag in Höhe von rd. 1,14 Mio. € in diese einzahlt, um seine Geschäftsanteile unmittelbar im Anschluss hieran zu einem Kaufpreis von 1 € zu veräußern.

35

Die Klage war nach alledem mit der Kostenfolge des § 135 Abs. 1 FGO abzuweisen.

36

Die Revision war gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO wegen der höchstrichterlich bisher nicht geklärten Rechtsfrage zuzulassen, nach welcher Methode der gemeine Wert nicht börsennotierter Anteile an Kapitalgesellschaften in den Veranlagungszeiträumen 2007 und 2008 für ertragsteuerliche Zwecke geschätzt werden kann bzw. ob und gegebenenfalls in welcher Weise – als Liquidations- oder als Fortführungswert – der Substanzwert als Wertuntergrenze zu berücksichtigen ist.

(1) Wertpapiere und Schuldbuchforderungen, die am Stichtag an einer deutschen Börse zum Handel im regulierten Markt zugelassen sind, werden mit dem niedrigsten am Stichtag für sie im regulierten Markt notierten Kurs angesetzt. Liegt am Stichtag eine Notierung nicht vor, so ist der letzte innerhalb von 30 Tagen vor dem Stichtag im regulierten Markt notierte Kurs maßgebend. Entsprechend sind die Wertpapiere zu bewerten, die in den Freiverkehr einbezogen sind.

(2) Anteile an Kapitalgesellschaften, die nicht unter Absatz 1 fallen, sind mit dem gemeinen Wert anzusetzen. Lässt sich der gemeine Wert nicht aus Verkäufen unter fremden Dritten ableiten, die weniger als ein Jahr zurückliegen, so ist er unter Berücksichtigung der Ertragsaussichten der Kapitalgesellschaft oder einer anderen anerkannten, auch im gewöhnlichen Geschäftsverkehr für nichtsteuerliche Zwecke üblichen Methode zu ermitteln; dabei ist die Methode anzuwenden, die ein Erwerber der Bemessung des Kaufpreises zu Grunde legen würde. Die Summe der gemeinen Werte der zum Betriebsvermögen gehörenden Wirtschaftsgüter und sonstigen aktiven Ansätze abzüglich der zum Betriebsvermögen gehörenden Schulden und sonstigen Abzüge (Substanzwert) der Gesellschaft darf nicht unterschritten werden; die §§ 99 und 103 sind anzuwenden. Die §§ 199 bis 203 sind zu berücksichtigen.

(2a) (weggefallen)

(3) Ist der gemeine Wert einer Anzahl von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft, die einer Person gehören, infolge besonderer Umstände (z. B. weil die Höhe der Beteiligung die Beherrschung der Kapitalgesellschaft ermöglicht) höher als der Wert, der sich auf Grund der Kurswerte (Absatz 1) oder der gemeinen Werte (Absatz 2) für die einzelnen Anteile insgesamt ergibt, so ist der gemeine Wert der Beteiligung maßgebend.

(4) Anteile oder Aktien, die Rechte an einem Investmentvermögen im Sinne des Kapitalanlagegesetzbuchs verbriefen, sind mit dem Rücknahmepreis anzusetzen.

(1) Schulden und sonstige Abzüge, die nach § 95 Abs. 1 zum Betriebsvermögen gehören, werden vorbehaltlich des Absatzes 3 berücksichtigt, soweit sie mit der Gesamtheit oder einzelnen Teilen des Betriebsvermögens im Sinne dieses Gesetzes in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen.

(2) Weist ein Gesellschafter in der Steuerbilanz Gewinnansprüche gegen eine von ihm beherrschte Gesellschaft aus, ist bei dieser ein Schuldposten in entsprechender Höhe abzuziehen.

(3) Rücklagen sind nur insoweit abzugsfähig, als ihr Abzug bei der Bewertung des Betriebsvermögens für Zwecke der Erbschaftsteuer durch Gesetz ausdrücklich zugelassen ist.

(1) Bestehen zwischen den handelsrechtlichen Wertansätzen von Vermögensgegenständen, Schulden und Rechnungsabgrenzungsposten und ihren steuerlichen Wertansätzen Differenzen, die sich in späteren Geschäftsjahren voraussichtlich abbauen, so ist eine sich daraus insgesamt ergebende Steuerbelastung als passive latente Steuern (§ 266 Abs. 3 E.) in der Bilanz anzusetzen. Eine sich daraus insgesamt ergebende Steuerentlastung kann als aktive latente Steuern (§ 266 Abs. 2 D.) in der Bilanz angesetzt werden. Die sich ergebende Steuerbe- und die sich ergebende Steuerentlastung können auch unverrechnet angesetzt werden. Steuerliche Verlustvorträge sind bei der Berechnung aktiver latenter Steuern in Höhe der innerhalb der nächsten fünf Jahre zu erwartenden Verlustverrechnung zu berücksichtigen.

(2) Die Beträge der sich ergebenden Steuerbe- und -entlastung sind mit den unternehmensindividuellen Steuersätzen im Zeitpunkt des Abbaus der Differenzen zu bewerten und nicht abzuzinsen. Die ausgewiesenen Posten sind aufzulösen, sobald die Steuerbe- oder -entlastung eintritt oder mit ihr nicht mehr zu rechnen ist. Der Aufwand oder Ertrag aus der Veränderung bilanzierter latenter Steuern ist in der Gewinn- und Verlustrechnung gesondert unter dem Posten „Steuern vom Einkommen und vom Ertrag“ auszuweisen.

(1)1Bei Gewerbetreibenden, die auf Grund gesetzlicher Vorschriften verpflichtet sind, Bücher zu führen und regelmäßig Abschlüsse zu machen, oder die ohne eine solche Verpflichtung Bücher führen und regelmäßig Abschlüsse machen, ist für den Schluss des Wirtschaftsjahres das Betriebsvermögen anzusetzen (§ 4 Absatz 1 Satz 1), das nach den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung auszuweisen ist, es sei denn, im Rahmen der Ausübung eines steuerlichen Wahlrechts wird oder wurde ein anderer Ansatz gewählt.2Voraussetzung für die Ausübung steuerlicher Wahlrechte ist, dass die Wirtschaftsgüter, die nicht mit dem handelsrechtlich maßgeblichen Wert in der steuerlichen Gewinnermittlung ausgewiesen werden, in besondere, laufend zu führende Verzeichnisse aufgenommen werden.3In den Verzeichnissen sind der Tag der Anschaffung oder Herstellung, die Anschaffungs- oder Herstellungskosten, die Vorschrift des ausgeübten steuerlichen Wahlrechts und die vorgenommenen Abschreibungen nachzuweisen.

(1a)1Posten der Aktivseite dürfen nicht mit Posten der Passivseite verrechnet werden.2Die Ergebnisse der in der handelsrechtlichen Rechnungslegung zur Absicherung finanzwirtschaftlicher Risiken gebildeten Bewertungseinheiten sind auch für die steuerliche Gewinnermittlung maßgeblich.

(2) Für immaterielle Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens ist ein Aktivposten nur anzusetzen, wenn sie entgeltlich erworben wurden.

(2a) Für Verpflichtungen, die nur zu erfüllen sind, soweit künftig Einnahmen oder Gewinne anfallen, sind Verbindlichkeiten oder Rückstellungen erst anzusetzen, wenn die Einnahmen oder Gewinne angefallen sind.

(3)1Rückstellungen wegen Verletzung fremder Patent-, Urheber- oder ähnlicher Schutzrechte dürfen erst gebildet werden, wenn

1.
der Rechtsinhaber Ansprüche wegen der Rechtsverletzung geltend gemacht hat oder
2.
mit einer Inanspruchnahme wegen der Rechtsverletzung ernsthaft zu rechnen ist.
2Eine nach Satz 1 Nummer 2 gebildete Rückstellung ist spätestens in der Bilanz des dritten auf ihre erstmalige Bildung folgenden Wirtschaftsjahres gewinnerhöhend aufzulösen, wenn Ansprüche nicht geltend gemacht worden sind.

(4) Rückstellungen für die Verpflichtung zu einer Zuwendung anlässlich eines Dienstjubiläums dürfen nur gebildet werden, wenn das Dienstverhältnis mindestens zehn Jahre bestanden hat, das Dienstjubiläum das Bestehen eines Dienstverhältnisses von mindestens 15 Jahren voraussetzt, die Zusage schriftlich erteilt ist und soweit der Zuwendungsberechtigte seine Anwartschaft nach dem 31. Dezember 1992 erwirbt.

(4a)1Rückstellungen für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften dürfen nicht gebildet werden.2Das gilt nicht für Ergebnisse nach Absatz 1a Satz 2.

(4b)1Rückstellungen für Aufwendungen, die in künftigen Wirtschaftsjahren als Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines Wirtschaftsguts zu aktivieren sind, dürfen nicht gebildet werden.2Rückstellungen für die Verpflichtung zur schadlosen Verwertung radioaktiver Reststoffe sowie ausgebauter oder abgebauter radioaktiver Anlagenteile dürfen nicht gebildet werden, soweit Aufwendungen im Zusammenhang mit der Bearbeitung oder Verarbeitung von Kernbrennstoffen stehen, die aus der Aufarbeitung bestrahlter Kernbrennstoffe gewonnen worden sind und keine radioaktiven Abfälle darstellen.

(5)1Als Rechnungsabgrenzungsposten sind nur anzusetzen

1.
auf der Aktivseite Ausgaben vor dem Abschlussstichtag, soweit sie Aufwand für eine bestimmte Zeit nach diesem Tag darstellen;
2.
auf der Passivseite Einnahmen vor dem Abschlussstichtag, soweit sie Ertrag für eine bestimmte Zeit nach diesem Tag darstellen.
2Der Ansatz eines Rechnungsabgrenzungspostens kann unterbleiben, wenn die jeweilige Ausgabe oder Einnahme im Sinne des Satzes 1 den Betrag des § 6 Absatz 2 Satz 1 nicht übersteigt; das Wahlrecht ist einheitlich für alle Ausgaben und Einnahmen im Sinne des Satzes 1 auszuüben.3Auf der Aktivseite sind ferner anzusetzen
1.
als Aufwand berücksichtigte Zölle und Verbrauchsteuern, soweit sie auf am Abschlussstichtag auszuweisende Wirtschaftsgüter des Vorratsvermögens entfallen,
2.
als Aufwand berücksichtigte Umsatzsteuer auf am Abschlussstichtag auszuweisende Anzahlungen.

(6) Die Vorschriften über die Entnahmen und die Einlagen, über die Zulässigkeit der Bilanzänderung, über die Betriebsausgaben, über die Bewertung und über die Absetzung für Abnutzung oder Substanzverringerung sind zu befolgen.

(7)1Übernommene Verpflichtungen, die beim ursprünglich Verpflichteten Ansatzverboten, -beschränkungen oder Bewertungsvorbehalten unterlegen haben, sind zu den auf die Übernahme folgenden Abschlussstichtagen bei dem Übernehmer und dessen Rechtsnachfolger so zu bilanzieren, wie sie beim ursprünglich Verpflichteten ohne Übernahme zu bilanzieren wären.2Dies gilt in Fällen des Schuldbeitritts oder der Erfüllungsübernahme mit vollständiger oder teilweiser Schuldfreistellung für die sich aus diesem Rechtsgeschäft ergebenden Verpflichtungen sinngemäß.3Satz 1 ist für den Erwerb eines Mitunternehmeranteils entsprechend anzuwenden.4Wird eine Pensionsverpflichtung unter gleichzeitiger Übernahme von Vermögenswerten gegenüber einem Arbeitnehmer übernommen, der bisher in einem anderen Unternehmen tätig war, ist Satz 1 mit der Maßgabe anzuwenden, dass bei der Ermittlung des Teilwertes der Verpflichtung der Jahresbetrag nach § 6a Absatz 3 Satz 2 Nummer 1 so zu bemessen ist, dass zu Beginn des Wirtschaftsjahres der Übernahme der Barwert der Jahresbeträge zusammen mit den übernommenen Vermögenswerten gleich dem Barwert der künftigen Pensionsleistungen ist; dabei darf sich kein negativer Jahresbetrag ergeben.5Für einen Gewinn, der sich aus der Anwendung der Sätze 1 bis 3 ergibt, kann jeweils in Höhe von vierzehn Fünfzehntel eine gewinnmindernde Rücklage gebildet werden, die in den folgenden 14 Wirtschaftsjahren jeweils mit mindestens einem Vierzehntel gewinnerhöhend aufzulösen ist (Auflösungszeitraum).6Besteht eine Verpflichtung, für die eine Rücklage gebildet wurde, bereits vor Ablauf des maßgebenden Auflösungszeitraums nicht mehr, ist die insoweit verbleibende Rücklage erhöhend aufzulösen.

(1) Wertpapiere und Schuldbuchforderungen, die am Stichtag an einer deutschen Börse zum Handel im regulierten Markt zugelassen sind, werden mit dem niedrigsten am Stichtag für sie im regulierten Markt notierten Kurs angesetzt. Liegt am Stichtag eine Notierung nicht vor, so ist der letzte innerhalb von 30 Tagen vor dem Stichtag im regulierten Markt notierte Kurs maßgebend. Entsprechend sind die Wertpapiere zu bewerten, die in den Freiverkehr einbezogen sind.

(2) Anteile an Kapitalgesellschaften, die nicht unter Absatz 1 fallen, sind mit dem gemeinen Wert anzusetzen. Lässt sich der gemeine Wert nicht aus Verkäufen unter fremden Dritten ableiten, die weniger als ein Jahr zurückliegen, so ist er unter Berücksichtigung der Ertragsaussichten der Kapitalgesellschaft oder einer anderen anerkannten, auch im gewöhnlichen Geschäftsverkehr für nichtsteuerliche Zwecke üblichen Methode zu ermitteln; dabei ist die Methode anzuwenden, die ein Erwerber der Bemessung des Kaufpreises zu Grunde legen würde. Die Summe der gemeinen Werte der zum Betriebsvermögen gehörenden Wirtschaftsgüter und sonstigen aktiven Ansätze abzüglich der zum Betriebsvermögen gehörenden Schulden und sonstigen Abzüge (Substanzwert) der Gesellschaft darf nicht unterschritten werden; die §§ 99 und 103 sind anzuwenden. Die §§ 199 bis 203 sind zu berücksichtigen.

(2a) (weggefallen)

(3) Ist der gemeine Wert einer Anzahl von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft, die einer Person gehören, infolge besonderer Umstände (z. B. weil die Höhe der Beteiligung die Beherrschung der Kapitalgesellschaft ermöglicht) höher als der Wert, der sich auf Grund der Kurswerte (Absatz 1) oder der gemeinen Werte (Absatz 2) für die einzelnen Anteile insgesamt ergibt, so ist der gemeine Wert der Beteiligung maßgebend.

(4) Anteile oder Aktien, die Rechte an einem Investmentvermögen im Sinne des Kapitalanlagegesetzbuchs verbriefen, sind mit dem Rücknahmepreis anzusetzen.

(1) Bei Bewertungen ist, soweit nichts anderes vorgeschrieben ist, der gemeine Wert zugrunde zu legen.

(2) Der gemeine Wert wird durch den Preis bestimmt, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach der Beschaffenheit des Wirtschaftsgutes bei einer Veräußerung zu erzielen wäre. Dabei sind alle Umstände, die den Preis beeinflussen, zu berücksichtigen. Ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse sind nicht zu berücksichtigen.

(3) Als persönliche Verhältnisse sind auch Verfügungsbeschränkungen anzusehen, die in der Person des Steuerpflichtigen oder eines Rechtsvorgängers begründet sind. Das gilt insbesondere für Verfügungsbeschränkungen, die auf letztwilligen Anordnungen beruhen.

(1) Als steuerpflichtiger Erwerb gilt die Bereicherung des Erwerbers, soweit sie nicht steuerfrei ist (§§ 5, 13, 13a, 13c, 13d, 16, 17 und 18). In den Fällen des § 3 gilt unbeschadet Absatz 10 als Bereicherung der Betrag, der sich ergibt, wenn von dem nach § 12 zu ermittelnden Wert des gesamten Vermögensanfalls, soweit er der Besteuerung nach diesem Gesetz unterliegt, die nach den Absätzen 3 bis 9 abzugsfähigen Nachlassverbindlichkeiten mit ihrem nach § 12 zu ermittelnden Wert abgezogen werden. Die vom Erblasser herrührenden Steuererstattungsansprüche sind bei der Ermittlung der Bereicherung zu berücksichtigen, auch wenn sie rechtlich erst nach dem Tod des Erblassers entstanden sind. Der unmittelbare oder mittelbare Erwerb einer Beteiligung an einer Personengesellschaft oder einer anderen Gesamthandsgemeinschaft, die nicht unter § 97 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 des Bewertungsgesetzes fällt, gilt als Erwerb der anteiligen Wirtschaftsgüter; die dabei übergehenden Schulden und Lasten der Gesellschaft sind bei der Ermittlung der Bereicherung des Erwerbers wie eine Gegenleistung zu behandeln. Bei der Zweckzuwendung tritt an die Stelle des Vermögensanfalls die Verpflichtung des Beschwerten. Der steuerpflichtige Erwerb wird auf volle 100 Euro nach unten abgerundet. In den Fällen des § 1 Abs. 1 Nr. 4 tritt an die Stelle des Vermögensanfalls das Vermögen der Stiftung oder des Vereins.

(2) Hat der Erblasser die Entrichtung der von dem Erwerber geschuldeten Steuer einem anderen auferlegt oder hat der Schenker die Entrichtung der vom Beschenkten geschuldeten Steuer selbst übernommen oder einem anderen auferlegt, gilt als Erwerb der Betrag, der sich bei einer Zusammenrechnung des Erwerbs nach Absatz 1 mit der aus ihm errechneten Steuer ergibt.

(3) Die infolge des Anfalls durch Vereinigung von Recht und Verbindlichkeit oder von Recht und Belastung erloschenen Rechtsverhältnisse gelten als nicht erloschen.

(4) Die Anwartschaft eines Nacherben gehört nicht zu seinem Nachlaß.

(5) Von dem Erwerb sind, soweit sich nicht aus den Absätzen 6 bis 9 etwas anderes ergibt, als Nachlaßverbindlichkeiten abzugsfähig

1.
die vom Erblasser herrührenden Schulden, soweit sie nicht mit einem zum Erwerb gehörenden Gewerbebetrieb, Anteil an einem Gewerbebetrieb, Betrieb der Land- und Forstwirtschaft oder Anteil an einem Betrieb der Land- und Forstwirtschaft in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen und bereits bei der Bewertung der wirtschaftlichen Einheit berücksichtigt worden sind;
2.
Verbindlichkeiten aus Vermächtnissen, Auflagen und geltend gemachten Pflichtteilen und Erbersatzansprüchen;
3.
die Kosten der Bestattung des Erblassers, die Kosten für ein angemessenes Grabdenkmal, die Kosten für die übliche Grabpflege mit ihrem Kapitalwert für eine unbestimmte Dauer sowie die Kosten, die dem Erwerber unmittelbar im Zusammenhang mit der Abwicklung, Regelung oder Verteilung des Nachlasses oder mit der Erlangung des Erwerbs entstehen. Für diese Kosten wird insgesamt ein Betrag von 10 300 Euro ohne Nachweis abgezogen. Kosten für die Verwaltung des Nachlasses sind nicht abzugsfähig.

(6) Nicht abzugsfähig sind Schulden und Lasten, soweit sie in wirtschaftlichem Zusammenhang mit Vermögensgegenständen stehen, die nicht der Besteuerung nach diesem Gesetz unterliegen. Beschränkt sich die Besteuerung auf einzelne Vermögensgegenstände (§ 2 Abs. 1 Nr. 3, § 19 Abs. 2), so sind nur die damit in wirtschaftlichem Zusammenhang stehenden Schulden und Lasten abzugsfähig. Schulden und Lasten sind nicht abzugsfähig, soweit die Vermögensgegenstände, mit denen diese in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen, steuerbefreit sind. Schulden und Lasten, die mit nach den §§ 13a und 13c befreitem Vermögen in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen, sind nur mit dem Betrag abzugsfähig, der dem Verhältnis des nach Anwendung der §§ 13a und 13c anzusetzenden Werts dieses Vermögens zu dem Wert vor Anwendung der §§ 13a und 13c entspricht. Schulden und Lasten, die nicht in wirtschaftlichem Zusammenhang mit einzelnen Vermögensgegenständen des Erwerbs stehen, sind anteilig allen Vermögensgegenständen des Erwerbs zuzurechnen. Dies gilt nicht für Kosten im Sinne des Absatzes 5 Nummer 3. Der jeweilige Anteil bemisst sich nach dem Verhältnis des Werts des Vermögensgegenstands nach Abzug der mit diesem Vermögensgegenstand in wirtschaftlichem Zusammenhang stehenden Schulden und Lasten zum Gesamtwert der Vermögensgegenstände nach Abzug aller mit diesen Vermögensgegenständen in wirtschaftlichem Zusammenhang stehenden Schulden und Lasten. In den Fällen einer Steuerbefreiung nach den §§ 13a und 13c ist bei Anwendung der Sätze 5 bis 7 nicht auf den einzelnen Vermögensgegenstand, sondern auf die Summe der begünstigten Vermögen im Sinne des § 13b Absatz 2 abzustellen. Der auf den einzelnen Vermögensgegenstand entfallende Anteil an den Schulden und Lasten im Sinne des Satzes 5 ist nicht abzugsfähig, soweit dieser Vermögensgegenstand steuerbefreit ist. Die auf das nach den §§ 13a und 13c befreite Vermögen entfallenden Schulden und Lasten im Sinne der Sätze 5 bis 8 sind nur mit dem Betrag abzugsfähig, der dem Verhältnis des nach Anwendung der §§ 13a und 13c anzusetzenden Werts dieses Vermögens zu dem Wert vor Anwendung der §§ 13a und 13c entspricht. Haben sich Nutzungsrechte als Grundstücksbelastungen bei der Ermittlung des gemeinen Werts einer wirtschaftlichen Einheit des Grundbesitzes ausgewirkt, ist deren Abzug bei der Erbschaftsteuer ausgeschlossen.

(7) In den Fällen des § 1 Abs. 1 Nr. 4 sind Leistungen an die nach der Stiftungsurkunde oder nach der Vereinssatzung Berechtigten nicht abzugsfähig.

(8) Die von dem Erwerber zu entrichtende eigene Erbschaftsteuer ist nicht abzugsfähig. Satz 1 gilt in den Fällen des § 1 Absatz 1 Nummer 4 entsprechend.

(9) Auflagen, die dem Beschwerten selbst zugute kommen, sind nicht abzugsfähig.

(10) Überträgt ein Erbe ein auf ihn von Todes wegen übergegangenes Mitgliedschaftsrecht an einer Personengesellschaft unverzüglich nach dessen Erwerb auf Grund einer im Zeitpunkt des Todes des Erblassers bestehenden Regelung im Gesellschaftsvertrag an die Mitgesellschafter und ist der Wert, der sich für seinen Anteil zur Zeit des Todes des Erblassers nach § 12 ergibt, höher als der gesellschaftsvertraglich festgelegte Abfindungsanspruch, so gehört nur der Abfindungsanspruch zum Vermögensanfall im Sinne des Absatzes 1 Satz 2. Überträgt ein Erbe einen auf ihn von Todes wegen übergegangenen Geschäftsanteil an einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung unverzüglich nach dessen Erwerb auf Grund einer im Zeitpunkt des Todes des Erblassers bestehenden Regelung im Gesellschaftsvertrag an die Mitgesellschafter oder wird der Geschäftsanteil auf Grund einer im Zeitpunkt des Todes des Erblassers bestehenden Regelung im Gesellschaftsvertrag von der Gesellschaft eingezogen und ist der Wert, der sich für seinen Anteil zur Zeit des Todes des Erblassers nach § 12 ergibt, höher als der gesellschaftsvertraglich festgelegte Abfindungsanspruch, so gehört nur der Abfindungsanspruch zum Vermögensanfall im Sinne des Absatzes 1 Satz 2.

(1) Wertpapiere und Schuldbuchforderungen, die am Stichtag an einer deutschen Börse zum Handel im regulierten Markt zugelassen sind, werden mit dem niedrigsten am Stichtag für sie im regulierten Markt notierten Kurs angesetzt. Liegt am Stichtag eine Notierung nicht vor, so ist der letzte innerhalb von 30 Tagen vor dem Stichtag im regulierten Markt notierte Kurs maßgebend. Entsprechend sind die Wertpapiere zu bewerten, die in den Freiverkehr einbezogen sind.

(2) Anteile an Kapitalgesellschaften, die nicht unter Absatz 1 fallen, sind mit dem gemeinen Wert anzusetzen. Lässt sich der gemeine Wert nicht aus Verkäufen unter fremden Dritten ableiten, die weniger als ein Jahr zurückliegen, so ist er unter Berücksichtigung der Ertragsaussichten der Kapitalgesellschaft oder einer anderen anerkannten, auch im gewöhnlichen Geschäftsverkehr für nichtsteuerliche Zwecke üblichen Methode zu ermitteln; dabei ist die Methode anzuwenden, die ein Erwerber der Bemessung des Kaufpreises zu Grunde legen würde. Die Summe der gemeinen Werte der zum Betriebsvermögen gehörenden Wirtschaftsgüter und sonstigen aktiven Ansätze abzüglich der zum Betriebsvermögen gehörenden Schulden und sonstigen Abzüge (Substanzwert) der Gesellschaft darf nicht unterschritten werden; die §§ 99 und 103 sind anzuwenden. Die §§ 199 bis 203 sind zu berücksichtigen.

(2a) (weggefallen)

(3) Ist der gemeine Wert einer Anzahl von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft, die einer Person gehören, infolge besonderer Umstände (z. B. weil die Höhe der Beteiligung die Beherrschung der Kapitalgesellschaft ermöglicht) höher als der Wert, der sich auf Grund der Kurswerte (Absatz 1) oder der gemeinen Werte (Absatz 2) für die einzelnen Anteile insgesamt ergibt, so ist der gemeine Wert der Beteiligung maßgebend.

(4) Anteile oder Aktien, die Rechte an einem Investmentvermögen im Sinne des Kapitalanlagegesetzbuchs verbriefen, sind mit dem Rücknahmepreis anzusetzen.

(1) Soweit ungewiss ist, ob die Voraussetzungen für die Entstehung einer Steuer eingetreten sind, kann sie vorläufig festgesetzt werden. Diese Regelung ist auch anzuwenden, wenn

1.
ungewiss ist, ob und wann Verträge mit anderen Staaten über die Besteuerung (§ 2), die sich zugunsten des Steuerpflichtigen auswirken, für die Steuerfestsetzung wirksam werden,
2.
das Bundesverfassungsgericht die Unvereinbarkeit eines Steuergesetzes mit dem Grundgesetz festgestellt hat und der Gesetzgeber zu einer Neuregelung verpflichtet ist,
2a.
sich auf Grund einer Entscheidung des Gerichtshofes der Europäischen Union ein Bedarf für eine gesetzliche Neuregelung ergeben kann,
3.
die Vereinbarkeit eines Steuergesetzes mit höherrangigem Recht Gegenstand eines Verfahrens bei dem Gerichtshof der Europäischen Union, dem Bundesverfassungsgericht oder einem obersten Bundesgericht ist oder
4.
die Auslegung eines Steuergesetzes Gegenstand eines Verfahrens bei dem Bundesfinanzhof ist.
Umfang und Grund der Vorläufigkeit sind anzugeben. Unter den Voraussetzungen der Sätze 1 oder 2 kann die Steuerfestsetzung auch gegen oder ohne Sicherheitsleistung ausgesetzt werden.

(2) Soweit die Finanzbehörde eine Steuer vorläufig festgesetzt hat, kann sie die Festsetzung aufheben oder ändern. Wenn die Ungewissheit beseitigt ist, ist eine vorläufige Steuerfestsetzung aufzuheben, zu ändern oder für endgültig zu erklären; eine ausgesetzte Steuerfestsetzung ist nachzuholen. In den Fällen des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 4 endet die Ungewissheit, sobald feststeht, dass die Grundsätze der Entscheidung des Bundesfinanzhofs über den entschiedenen Einzelfall hinaus allgemein anzuwenden sind. In den Fällen des Absatzes 1 Satz 2 muss eine vorläufige Steuerfestsetzung nach Satz 2 nur auf Antrag des Steuerpflichtigen für endgültig erklärt werden, wenn sie nicht aufzuheben oder zu ändern ist.

(3) Die vorläufige Steuerfestsetzung kann mit einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung verbunden werden.

Gründe

I.

1

Der Beschwerdeführer wendet sich mit der Verfassungsbeschwerde gegen die Nichtberücksichtigung einer dem Erbfall nachfolgenden Einkommensteuerbelastung für Zinserträge bei der Heranziehung zur Erbschaftsteuer.

2

1. Der Beschwerdeführer ist Alleinerbe seines im Jahr 2001 verstorbenen Bruders. Der erbschaftsteuerliche Gesamtwert des Nachlasses aus Grund- und Kapitalvermögen belief sich auf rund 15 Mio. DM. Unter Anwendung des damals maßgeblichen Erbschaftsteuersatzes von 32 % setzte das Finanzamt eine Erbschaftsteuer in Höhe von rund 4,8 Mio. DM fest. Zum Nachlass gehörten neben Wertpapieren mit einem Kurswert von ca. 12 Mio. DM auch bereits aufgelaufene, aber erst im Jahr 2002 fällige Zinsansprüche in Höhe von rund 190.000 DM. Einkommensteuer fiel auf die Zinsansprüche im Jahr 2001 mangels Zuflusses nicht an (§ 11 EStG). Für das Jahr 2002 wurde bei dem Beschwerdeführer Einkommensteuer auf Kapitalerträge von insgesamt rund 260.000 € festgesetzt, wobei auf die bis zum Erbfall aufgelaufenen Zinsansprüche in Höhe von rund 190.000 DM anteilig Einkommensteuer in Höhe von rund 50.000 € entfiel. Die Zinsansprüche wurden vom Finanzamt bei der Bestimmung des erbschaftsteuerlichen Gesamtwerts des Nachlasses mit ihrem Nennwert berücksichtigt. Die auf den Zinsansprüchen ruhende Belastung mit sogenannter latenter Einkommensteuer fand keine Berücksichtigung.

3

Hiergegen wendete sich der Beschwerdeführer zunächst im Einspruchsverfahren und später auf dem Rechtsweg. Seinem Begehren, die Erbschaftsteuer wegen der auf den Zinsansprüchen ruhenden Einkommensteuer um rund 16.000 € herabzusetzen, blieb aber vor dem Finanzgericht München (Urteil vom 18. Februar 2009 - 4 K 1131/07 -, DStRE 2010, S. 479) und vor dem Bundesfinanzhof (BFHE 229, 363) der Erfolg versagt.

4

2. Mit seiner gegen den Erbschaftsteuerbescheid, die Einspruchsentscheidung und die gerichtlichen Entscheidungen gerichteten Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer unter anderem eine Verletzung von Art. 3 Abs. 1 und Art. 14 Abs. 1 GG.

5

3. Zu der Verfassungsbeschwerde haben das Bundesministerium der Finanzen für die Bundesregierung sowie der Bundesfinanzhof, die Bundesrechtsanwaltskammer, die Bundessteuerberaterkammer und der Deutsche Anwaltverein Stellung genommen. Allein der Deutsche Anwaltverein hielt die angegriffenen Entscheidungen für verfassungswidrig. Die Akten des Ausgangsverfahrens waren beigezogen.

II.

6

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen. Ihr kommt weder grundsätzliche Bedeutung zu, noch ist ihre Annahme zur Durchsetzung der Rechte des Beschwerdeführers angezeigt (§ 93a Abs. 2 BVerfGG). Die Verfassungsbeschwerde hat in der Sache keine Aussicht auf Erfolg.

7

1. Die Erbrechtsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG wird durch die hier erfolgte Kumulation von Einkommen- und Erbschaftsteuer zu Lasten des Beschwerdeführers nicht verletzt.

8

a) Die Erhebung der Erbschaftsteuer, die den durch den Erbfall beim Erben anfallenden Vermögenszuwachs und die dadurch vermittelte finanzielle Leistungsfähigkeit belastet, verstößt als solche nicht gegen die verfassungsrechtliche Garantie des Erbrechts (Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG; vgl. Art. 106 Abs. 2 Nr. 2 GG; BVerfGE 93, 165 <172>). Der Spielraum für den steuerlichen Zugriff auf den Erwerb von Todes wegen findet allerdings seine Grenze dort, wo die Steuerpflicht den Erwerber übermäßig belastet und die ihm zugewachsenen Vermögenswerte grundlegend beeinträchtigt (vgl. BVerfGE 63, 312 <327>; 93, 165 <172>). Die Steuerbelastung darf das Vererben vom Standpunkt eines wirtschaftlich denkenden Eigentümers nicht als ökonomisch sinnlos erscheinen lassen (vgl. BVerfGE 93, 165 <172>).

9

b) Demnach ist bei der Erbschaftsteuerbelastung grundsätzlich auf den gesamten Nachlass des jeweiligen Erben und auf die gesamte hierauf ruhende Steuerlast abzustellen (vgl. BVerfGE 115, 97 <117> zu Einkommensteuer und Eigentumsschutz). Bei der hier vorliegenden Gesamtsteuerbelastung von 4.794.240,00 DM beziehungsweise - bei Einbeziehung der Einkommensteuer - von 4.891.637,00 DM und einem Nachlasswert von mindestens 15.022.023,70 DM kann von ökonomischer Sinnlosigkeit des Vererbens keine Rede sein.

10

Auf die vom Beschwerdeführer als übermäßig gerügte Steuerbelastung allein der Stückzinsansprüche könnte es nur bei einer völlig atypischen separaten Vererbung der Zinserträge ankommen, die der Erblasser durch entsprechende Gestaltung problemlos und in rechtlich nicht zu beanstandender Weise vermeiden kann. Angesichts seiner Typisierungsbefugnis muss der Gesetzgeber für diesen Fall keine besondere Regelung vorsehen.

11

2. Auch Art. 3 Abs. 1 GG ist nicht verletzt, wenn die erst im Jahr nach dem Erbfall auf die anteilig bis zum Erbfall aufgelaufenen Zinsansprüche anfallende Einkommensteuer bei der Festsetzung der Erbschaftsteuer keine Berücksichtigung findet. Eine generelle Aussage zum Verhältnis von Erbschaft- und Einkommensteuer und dem hier diskutierten Problem der latenten Einkommensteuerbelastung (vgl. dazu Friz, Das Verhältnis der Erbschaft- und Schenkungsteuer zur Einkommensteuer, 2014, m.w.N.) ist damit nicht getroffen. Denn unabhängig von der Antwort auf die Frage, ob die Doppelbelastung mit Einkommen- und Erbschaftsteuer dem Prinzip der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit widersprechen kann, ist es jedenfalls bei zum Nachlass gehörenden Zinsansprüchen wegen der Typisierungs- und Pauschalierungsbefugnis des Gesetzgebers gerechtfertigt, eine später entstehende Einkommensteuer bei der Berechnung der Erb-schaftsteuer unberücksichtigt zu lassen.

12

a) Gleichheitsrechtlicher Ausgangspunkt im Steuerrecht ist der Grundsatz der Lastengleichheit. Die Steuerpflichtigen müssen dem Grundsatz nach durch ein Steuergesetz rechtlich und tatsächlich gleichmäßig belastet werden (vgl. BVerfGE 117, 1 <30>; 121, 108 <120>; 126, 400 <417>). Der Gleichheitssatz belässt dem Gesetzgeber einen weitreichenden Entscheidungsspielraum sowohl bei der Auswahl des Steuergegenstands als auch bei der Bestimmung des Steuersatzes (vgl. BVerfGE 123, 1 <19>; 135, 126 <145 Rn. 56>). Abweichungen von der mit der Wahl des Steuergegenstands einmal getroffenen Belastungsentscheidung müssen sich indessen ihrerseits am Gleichheitssatz messen lassen (Gebot der folgerichtigen Ausgestaltung des steuerrechtlichen Ausgangstatbestands). Demgemäß bedürfen sie eines besonderen sachlichen Grundes, der die Ungleichbehandlung zu rechtfertigen vermag (vgl. BVerfG, Urteil des Ersten Senats vom 5. November 2014 - 1 BvF 3/11 -, juris, Rn. 41 m.w.N.; Urteil des Ersten Senats vom 17. Dezember 2014 - 1 BvL 21/12 -, NJW 2015, S. 303 <306 Rn. 123>). Dabei steigen die Anforderungen an den Rechtfertigungsgrund mit Umfang und Ausmaß der Abweichung (vgl. BVerfG, Urteil des Ersten Senats vom 17. Dezember 2014 - 1 BvL 21/12 -, NJW 2015, S. 303 <306 Rn. 123>).

13

b) Diesen Anforderungen werden die angegriffenen Entscheidungen gerecht. Es ist mit dem aus dem Grundsatz der Lastengleichheit folgenden Prinzip der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit vereinbar, wenn die künftige Einkommensteuerbelastung, die latent auf den zum Nachlass gehörenden Zinsen ruht, bei der Bestimmung des Werts des Nachlasses nicht in Abzug gebracht wird und es damit im Ergebnis durch den Zufluss der Zinsansprüche bei dem Erben zu einer kumulierten Belastung mit Erbschaft- und Einkommensteuer kommt. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob hierin eine Durchbrechung des Leistungsfähigkeitsprinzips liegt, weil diese jedenfalls als zulässige Typisierung gerechtfertigt ist.

14

aa) Das Bundesverfassungsgericht hat den Gesichtspunkt der Vereinfachung der Verwaltungstätigkeit vielfach als Rechtfertigungsgrund für eine Typisierung und Pauschalierung anerkannt (vgl. BVerfGE 63, 119 <128>; 84, 348 <360>; 122, 210 <232 f.>). Die wesentliche Funktion der Typisierung im Steuerrecht ist die Entlastung des Rechtsanwenders im Massenfallrecht (vgl. BVerfGE 127, 224 <254>). Steuergesetze betreffen in der Regel Massenvorgänge des Wirtschaftslebens. Sie müssen, um praktikabel zu sein, Sachverhalte, an die sie dieselben steuerrechtlichen Folgen knüpfen, typisieren und dabei in weitem Umfang die Besonderheiten des einzelnen Falls vernachlässigen. Die wirtschaftlich ungleiche Wirkung auf die Steuerzahler darf allerdings ein gewisses Maß nicht übersteigen. Vielmehr müssen die steuerlichen Vorteile der Typisierung im rechten Verhältnis zu der mit der Typisierung notwendig verbundenen Ungleichheit der steuerlichen Belastung stehen (vgl. BVerfGE 120, 1 <30>; 122, 210 <231 ff.>; 126, 268 <278 f.>; 127, 224 <246>; 135, 126 <149 Rn. 76>; BVerfG, Urteil des Ersten Senats vom 5. November 2014 - 1 BvF 3/11 -, juris, Rn. 66; Urteil des Ersten Senats vom 17. Dezember 2014 - 1 BvL 21/12 -, NJW 2015, S. 303 <322 Rn. 250>). Der Gesetzgeber darf außerdem für eine gesetzliche Typisierung keinen atypischen Fall als Leitbild wählen, sondern muss realitätsgerecht den typischen Fall als Maßstab zu Grunde legen (vgl. BVerfGE 112, 164 <180 f.>; 112, 268 <280 f.>; 116, 164 <183>).

15

bb) Diese Voraussetzungen liegen hier vor.

16

(1) Bei der Bestimmung des Werts des Nachlasses werden nach der neueren Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFHE 238, 233) Einkommensteuerverbindlichkeiten dann als Nachlassverbindlichkeiten berücksichtigt, wenn noch der Erblasser sämtliche einkommensteuerrelevanten Tatbestände verwirklicht hat. Damit orientiert sich der Gesetzgeber an dem typischen Fall, wonach der Erblasser das zum Nachlass gehörende Vermögen bereits versteuert hat oder aber das Entstehen seiner Einkommensteuerschuld nur noch vom Ablauf des Veranlagungszeitraums abhängt. Verzichtet der Gesetzgeber auf eine Sonderregelung für den speziellen Fall, dass zum Nachlass Forderungen gehören, die erst mit ihrem späteren Zufluss beim Erben einkommensteuerpflichtig werden, ist dies im Ausgangspunkt eine jeder gesetzlichen Regelung immanente Verallgemeinerung (vgl. BVerfGE 82, 126 <151 f.>; 96, 1 <6 f.>; 101, 297 <309>).

17

(2) Durch diese Verallgemeinerung wird eine Entlastung des Rechtsanwenders erreicht, weil es im Rahmen der Festsetzung der Erbschaftsteuer nicht not-wendig ist, Berechnungen zu der künftigen Einkommensteuerbelastung anzustellen. Eine solche Berechnung birgt gerade in Fällen, in denen es nicht mehr der Erblasser ist, der sämtliche einkommensteuerrelevanten Tatbestände erfüllt, auch nicht zu vernachlässigende Schwierigkeiten. Zu dem für die Festsetzung der Erbschaftsteuer maßgeblichen Stichtag, dem Todestag des Erblassers (§ 9 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG), steht die Einkommensteuer dann nämlich noch nicht fest, weil sie von künftigen Ereignissen wie der Höhe der weiteren Einkünfte des Erben abhängt (§ 32a Abs. 1 EStG). Bleiben die Einkünfte unter dessen Freibetrag, entfällt eine Einkommensteuerbelastung sogar ganz.

18

Die in der Literatur zu findenden Vorschläge für eine Umsetzung der Berücksichtigung künftiger Einkommensteuer im Rahmen der Erbschaftsteuer (nachträgliche Berichtigung der Erbschaftsteuerveranlagung nach § 6 Abs. 2 i.V.m. § 5 Abs. 2 BewG, vgl. Keuk, DB 1973, S. 634 <636 f.>; Schätzung der künftigen Einkommensteuerbelastung im Rahmen des Erbschaftsteuerfestsetzungsverfahrens, vgl. Kapp, FR 1970, S. 1 <3>; Geck, in: Kapp/Ebeling, ErbStG, Einleitung Rn. 19 ; nur vorläufige Veranlagung der Erbschaftsteuer und Berücksichtigung der Einkommensteuer nach ihrer Entstehung, vgl. Kröger, BB 1971, S. 647 <649>) zeugen denn auch von hoher Technizität und bergen ihrerseits Folgeprobleme (vgl. Birnbaum, Leistungsfähigkeitsprinzip und ErbStG, 2007, S. 54).

19

Darauf, ob die Doppelbesteuerung im Rahmen der Einkommensteuer zu berücksichtigen wäre, kommt es hier nicht an, weil der Einkommensteuerbescheid nicht angegriffen ist (vgl. den ab dem Veranlagungszeitraum 2009 geltenden § 35b EStG und den bis zum Veranlagungszeitraum 1998 geltenden § 35 EStG). Auch dort ist der Gesetzgeber jedoch auf Vereinfachung und Typisierung angewiesen.

20

(3) Die Vereinfachungseffekte, die mit der Nichtberücksichtigung latenter Einkommensteuer im Rahmen der Erbschaftsteuerfestsetzung beziehungsweise mit der Nichtberücksichtigung geleisteter Erbschaftsteuer im Rahmen der Einkommensteuerfestsetzung erzielt werden, stehen jedenfalls bei den hier ausschließlich zu beurteilenden Zinsansprüchen auch im rechten Verhältnis zu der hiermit notwendig verbundenen Ungleichheit der steuerlichen Belastung. Zwar zeigt der Fall des Beschwerdeführers, dass es bei absolut sehr hohen Erbschaften mit einem großen Anteil an Wertpapieren und sich hieraus ergebenden Zinsansprüchen zu einer für sich genommen hohen Mehrbelastung kommen kann. Bei der Beurteilung des Maßes an Ungleichheit muss aber die Mehrbelastung in Relation zur Gesamtbelastung gesehen werden. Diese erscheint hier aber als vernachlässigbar oder - mit den Worten der Bundesrechtsanwaltskammer - "bagatellarisch". Bei einer Erbschaft in Höhe von jedenfalls 15.022.023,70 DM und einer Steuerbelastung in Höhe von 4.794.240,00 DM bedeutete die Berücksichtigung der späteren Einkommensteuerbelastung von 97.397,00 DM eine Ermäßigung der Erbschaftsteuer um 31.167,04 DM, also lediglich um 0,65 %.

21

Nach den Berechnungen von Bundesrechtsanwaltskammer und Bundessteuerberaterkammer ergibt sich bei einer durchschnittlichen Erbschaft von 65.000,00 € und einem - eher hoch veranschlagten - Anteil stückzinstragender Anleihen von 50 % eine Mehrbelastung in Höhe von 118,31 € (bei einem Erbschaftsteuersatz von 32 %) beziehungsweise von 62,85 € (bei einem Erbschaftsteuersatz von 17 %). Auch die Gegenüberstellung der auf 9 Mio. DM geschätzten Steuermehreinnahmen im Veranlagungszeitraum 1999 durch Streichung des § 35 EStG a.F. (vgl. BTDrucks 14/23, S. 157) zu dem Gesamtsteueraufkommen aus Erbschaftsteuer von 3.055,7 Mio. € im Rechnungsjahr 1999 (vgl. BTDrucks 16/5706, S. 2 f.) zeigt, dass es sich um verhältnismäßig geringe Mehrbelastungen handelt.

22

Allein bei einer isolierten Vererbung von Zinsansprüchen fiele die zusätzliche Belastung mit Einkommensteuer ins Gewicht. Angesichts der vergleichsweisen Seltenheit dieser Konstellation darf der Gesetzgeber sie im Rahmen seiner Typisierungsbefugnis aber unberücksichtigt lassen.

23

3. Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.

24

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

(1) Am Feststellungsverfahren sind beteiligt

1.
diejenigen, denen der Gegenstand der Feststellung zuzurechnen ist,
2.
diejenigen, die das Finanzamt zur Abgabe einer Feststellungserklärung aufgefordert hat;
3.
diejenigen, die eine Steuer als Schuldner oder Gesamtschuldner schulden und für deren Festsetzung die Feststellung von Bedeutung ist.
Gegenüber mehreren Beteiligten nach Satz 1 erfolgt eine gesonderte und einheitliche Feststellung (§ 179 Absatz 2 Satz 2 der Abgabenordnung).

(2) In den Fällen des § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 ist der Feststellungsbescheid auch der Kapitalgesellschaft bekannt zu geben.

(3) Soweit der Gegenstand der Feststellung einer Erbengemeinschaft in Vertretung der Miterben zuzurechnen ist, ist § 183 der Abgabenordnung entsprechend anzuwenden. Bei der Bekanntgabe des Feststellungsbescheids ist darauf hinzuweisen, dass die Bekanntgabe mit Wirkung für und gegen alle Miterben erfolgt.

(1) Das Finanzamt kann von jedem, für dessen Besteuerung eine gesonderte Feststellung von Bedeutung ist, die Abgabe einer Feststellungserklärung verlangen. Die Frist zur Abgabe der Feststellungserklärung muss mindestens einen Monat betragen.

(2) Ist der Gegenstand der Feststellung mehreren Personen zuzurechnen oder ist eine Personengesellschaft oder Kapitalgesellschaft dessen Eigentümer, kann das Finanzamt auch von der Gemeinschaft oder Gesellschaft die Abgabe einer Feststellungserklärung verlangen. Dies gilt auch, wenn Gegenstand der Feststellung ein Anteil am Betriebsvermögen ist. Das Finanzamt kann in Erbbaurechtsfällen die Abgabe einer Feststellungserklärung vom Erbbauberechtigten und vom Erbbauverpflichteten verlangen. Absatz 4 Satz 5 ist nicht anzuwenden.

(3) In den Fällen des § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 kann das Finanzamt nur von der Kapitalgesellschaft die Abgabe einer Feststellungserklärung verlangen.

(4) Der Erklärungspflichtige hat die Erklärung nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung zu übermitteln. Auf Antrag kann das Finanzamt zur Vermeidung unbilliger Härten auf eine elektronische Übermittlung verzichten; in diesem Fall ist die Erklärung nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck abzugeben und vom Erklärungspflichtigen eigenhändig zu unterschreiben. Das Bundesministerium der Finanzen legt im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der Länder die Einzelheiten der elektronischen Übermittlung der Erklärungen für die Feststellungen nach § 151 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 4 und jeweils deren Beginn in einem Schreiben fest. Dieses Schreiben ist im Bundessteuerblatt zu veröffentlichen. Hat ein Erklärungspflichtiger eine Erklärung zur gesonderten Feststellung abgegeben, sind andere Beteiligte insoweit von der Erklärungspflicht befreit.

(5) § 181 Abs. 1 und 5 der Abgabenordnung ist entsprechend anzuwenden.

(1) Wertpapiere und Schuldbuchforderungen, die am Stichtag an einer deutschen Börse zum Handel im regulierten Markt zugelassen sind, werden mit dem niedrigsten am Stichtag für sie im regulierten Markt notierten Kurs angesetzt. Liegt am Stichtag eine Notierung nicht vor, so ist der letzte innerhalb von 30 Tagen vor dem Stichtag im regulierten Markt notierte Kurs maßgebend. Entsprechend sind die Wertpapiere zu bewerten, die in den Freiverkehr einbezogen sind.

(2) Anteile an Kapitalgesellschaften, die nicht unter Absatz 1 fallen, sind mit dem gemeinen Wert anzusetzen. Lässt sich der gemeine Wert nicht aus Verkäufen unter fremden Dritten ableiten, die weniger als ein Jahr zurückliegen, so ist er unter Berücksichtigung der Ertragsaussichten der Kapitalgesellschaft oder einer anderen anerkannten, auch im gewöhnlichen Geschäftsverkehr für nichtsteuerliche Zwecke üblichen Methode zu ermitteln; dabei ist die Methode anzuwenden, die ein Erwerber der Bemessung des Kaufpreises zu Grunde legen würde. Die Summe der gemeinen Werte der zum Betriebsvermögen gehörenden Wirtschaftsgüter und sonstigen aktiven Ansätze abzüglich der zum Betriebsvermögen gehörenden Schulden und sonstigen Abzüge (Substanzwert) der Gesellschaft darf nicht unterschritten werden; die §§ 99 und 103 sind anzuwenden. Die §§ 199 bis 203 sind zu berücksichtigen.

(2a) (weggefallen)

(3) Ist der gemeine Wert einer Anzahl von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft, die einer Person gehören, infolge besonderer Umstände (z. B. weil die Höhe der Beteiligung die Beherrschung der Kapitalgesellschaft ermöglicht) höher als der Wert, der sich auf Grund der Kurswerte (Absatz 1) oder der gemeinen Werte (Absatz 2) für die einzelnen Anteile insgesamt ergibt, so ist der gemeine Wert der Beteiligung maßgebend.

(4) Anteile oder Aktien, die Rechte an einem Investmentvermögen im Sinne des Kapitalanlagegesetzbuchs verbriefen, sind mit dem Rücknahmepreis anzusetzen.

(1) Abweichend von § 157 Abs. 2 werden die Besteuerungsgrundlagen durch Feststellungsbescheid gesondert festgestellt, soweit dies in diesem Gesetz oder sonst in den Steuergesetzen bestimmt ist.

(2) Ein Feststellungsbescheid richtet sich gegen den Steuerpflichtigen, dem der Gegenstand der Feststellung bei der Besteuerung zuzurechnen ist. Die gesonderte Feststellung wird gegenüber mehreren Beteiligten einheitlich vorgenommen, wenn dies gesetzlich bestimmt ist oder der Gegenstand der Feststellung mehreren Personen zuzurechnen ist. Ist eine dieser Personen an dem Gegenstand der Feststellung nur über eine andere Person beteiligt, so kann insoweit eine besondere gesonderte Feststellung vorgenommen werden.

(3) Soweit in einem Feststellungsbescheid eine notwendige Feststellung unterblieben ist, ist sie in einem Ergänzungsbescheid nachzuholen.

(1) Am Feststellungsverfahren sind beteiligt

1.
diejenigen, denen der Gegenstand der Feststellung zuzurechnen ist,
2.
diejenigen, die das Finanzamt zur Abgabe einer Feststellungserklärung aufgefordert hat;
3.
diejenigen, die eine Steuer als Schuldner oder Gesamtschuldner schulden und für deren Festsetzung die Feststellung von Bedeutung ist.
Gegenüber mehreren Beteiligten nach Satz 1 erfolgt eine gesonderte und einheitliche Feststellung (§ 179 Absatz 2 Satz 2 der Abgabenordnung).

(2) In den Fällen des § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 ist der Feststellungsbescheid auch der Kapitalgesellschaft bekannt zu geben.

(3) Soweit der Gegenstand der Feststellung einer Erbengemeinschaft in Vertretung der Miterben zuzurechnen ist, ist § 183 der Abgabenordnung entsprechend anzuwenden. Bei der Bekanntgabe des Feststellungsbescheids ist darauf hinzuweisen, dass die Bekanntgabe mit Wirkung für und gegen alle Miterben erfolgt.

(1) In den Fällen, in denen ein außergerichtlicher Rechtsbehelf gegeben ist, ist die Klage vorbehaltlich der §§ 45 und 46 nur zulässig, wenn das Vorverfahren über den außergerichtlichen Rechtsbehelf ganz oder zum Teil erfolglos geblieben ist.

(2) Gegenstand der Anfechtungsklage nach einem Vorverfahren ist der ursprüngliche Verwaltungsakt in der Gestalt, die er durch die Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf gefunden hat.

Beteiligte sind

1.
Antragsteller und Antragsgegner,
2.
diejenigen, an die die Finanzbehörde den Verwaltungsakt richten will oder gerichtet hat,
3.
diejenigen, mit denen die Finanzbehörde einen öffentlich-rechtlichen Vertrag schließen will oder geschlossen hat.

(1) Die zur Entscheidung über den Einspruch berufene Finanzbehörde kann von Amts wegen oder auf Antrag andere hinzuziehen, deren rechtliche Interessen nach den Steuergesetzen durch die Entscheidung berührt werden, insbesondere solche, die nach den Steuergesetzen neben dem Steuerpflichtigen haften. Vor der Hinzuziehung ist derjenige zu hören, der den Einspruch eingelegt hat.

(2) Wird eine Abgabe für einen anderen Abgabenberechtigten verwaltet, so kann dieser nicht deshalb hinzugezogen werden, weil seine Interessen als Abgabenberechtigter durch die Entscheidung berührt werden.

(3) Sind an dem streitigen Rechtsverhältnis Dritte derart beteiligt, dass die Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann, so sind sie hinzuzuziehen. Dies gilt nicht für Mitberechtigte, die nach § 352 nicht befugt sind, Einspruch einzulegen.

(4) Wer zum Verfahren hinzugezogen worden ist, kann dieselben Rechte geltend machen, wie derjenige, der den Einspruch eingelegt hat.

(5) Kommt nach Absatz 3 die Hinzuziehung von mehr als 50 Personen in Betracht, kann die Finanzbehörde anordnen, dass nur solche Personen hinzugezogen werden, die dies innerhalb einer bestimmten Frist beantragen. Von einer Einzelbekanntgabe der Anordnung kann abgesehen werden, wenn die Anordnung im Bundesanzeiger bekannt gemacht und außerdem in Tageszeitungen veröffentlicht wird, die in dem Bereich verbreitet sind, in dem sich die Entscheidung voraussichtlich auswirken wird. Die Frist muss mindestens drei Monate seit Veröffentlichung im Bundesanzeiger betragen. In der Veröffentlichung in Tageszeitungen ist mitzuteilen, an welchem Tage die Frist abläuft. Für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist gilt § 110 entsprechend. Die Finanzbehörde soll Personen, die von der Entscheidung erkennbar in besonderem Maße betroffen werden, auch ohne Antrag hinzuziehen.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung, in den Fällen des § 100 Abs. 2 auch die Änderung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlass eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) oder zu einer anderen Leistung begehrt werden.

(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts oder einer anderen Leistung in seinen Rechten verletzt zu sein.

(3) Verwaltet eine Finanzbehörde des Bundes oder eines Landes eine Abgabe ganz oder teilweise für andere Abgabenberechtigte, so können diese in den Fällen Klage erheben, in denen der Bund oder das Land die Abgabe oder einen Teil der Abgabe unmittelbar oder mittelbar schulden würde.

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) schenkte durch notariell beurkundeten Vertrag vom 1. Oktober 2007 ihrem Sohn (S) ein Grundstück und erklärte in dem Vertrag, eine etwaige Schenkungsteuer zu tragen.

2

Nachdem S beim Beklagten und Revisionskläger (Finanzamt --FA--) eine Erklärung zur Feststellung des Grundstückswerts eingereicht hatte, stellte das FA ihm gegenüber durch den Bescheid vom 2. Mai 2008 "über die gesonderte - und einheitliche - Feststellung des Grundstückswerts" zum 1. Oktober 2007 den Wert auf 414.000 € fest. Das FA setzte daraufhin die Schenkungsteuer gegenüber der Klägerin durch einen entsprechenden Änderungsbescheid auf der Grundlage dieses Grundstückswerts fest.

3

Mit Schreiben vom 11. Juli 2008 legte die Klägerin Einspruch gegen den geänderten Schenkungsteuerbescheid und den Feststellungsbescheid vom 2. Mai 2008 ein. Das FA verwarf den Einspruch gegen den Feststellungsbescheid mit der Begründung als unzulässig, der Klägerin stehe nach § 155 Satz 1 des Bewertungsgesetzes in der im Streitfall geltenden Fassung des Jahressteuergesetzes 2007 (BewG) keine Rechtsbehelfsbefugnis zu. Sie sei gemäß § 154 Abs. 1 BewG am Feststellungsverfahren nicht beteiligt gewesen. Weder sei ihr der Gegenstand der Feststellung zuzurechnen noch sei sie vom FA zur Abgabe einer Feststellungserklärung aufgefordert worden.

4

Das Finanzgericht (FG) gab der auf Aufhebung der Einspruchsentscheidung gerichteten Klage mit der Begründung statt, das FA habe die Einspruchsbefugnis der Klägerin zu Unrecht verneint. Die Klägerin werde durch den Feststellungsbescheid beschwert und könne ihn daher nach § 350 der Abgabenordnung (AO) mit dem Einspruch anfechten. § 155 BewG stehe dem nicht entgegen. Die Klägerin sei am Feststellungsverfahren beteiligt i.S. des § 154 Abs. 1 Nr. 1 BewG.

5

Mit der Revision rügt das FA Verletzung des § 155 BewG. Diese Vorschrift schließe die Anwendbarkeit des § 350 AO und somit die Einspruchsbefugnis der Klägerin aus. Die Klägerin sei nicht nach § 154 Abs. 1 BewG am Feststellungsverfahren beteiligt gewesen; denn der Gegenstand der Feststellung, nämlich das dem S geschenkte Grundstück, sei gemäß § 39 AO nicht ihr, sondern dem S zuzurechnen. Die Zurechnung nach § 179 Abs. 2 Satz 1 AO sei nicht einschlägig. Ein anderes Verständnis des § 155 BewG sei auch nicht aufgrund der Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 des Grundgesetzes (GG) geboten. Es genüge den Anforderungen dieser Verfassungsnorm, dass in Fällen der vorliegenden Art der Bedachte den Feststellungsbescheid anfechten könne.

6

Das FA beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.

7

Die Klägerin beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

8

II. Die Revision ist unbegründet und war daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das FG hat den Einspruch der Klägerin zu Recht als zulässig angesehen.

9

1. Wie das FG zutreffend angenommen hat, kann eine Einspruchsentscheidung, mit der ein Einspruch als unzulässig verworfen wurde, isoliert Gegenstand einer Anfechtungsklage sein. Erweist sich der Einspruch als zulässig, ist die Einspruchsentscheidung aufzuheben, so dass die Behörde Gelegenheit erhält, in einem erneuten Einspruchsverfahren über die Rechtmäßigkeit ihres Verwaltungsaktes sachlich-rechtlich zu entscheiden (Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 26. September 2000 VII B 104/00, BFH/NV 2001, 459).

10

2. Das FG hat ebenfalls zu Recht die Auffassung vertreten, dass die Klägerin einspruchsbefugt ist und der Einspruch auch nicht aus anderen Gründen, insbesondere auch nicht wegen verspäteter Einlegung, unzulässig ist. Die Einspruchsbefugnis ergibt sich aus § 350 AO. Sie wird weder durch § 155 BewG noch dadurch ausgeschlossen, dass der angefochtene Feststellungsbescheid der Klägerin nicht bekannt gegeben wurde.

11

a) Befugt, Einspruch einzulegen, ist gemäß § 350 AO nur, wer geltend macht, durch einen Verwaltungsakt oder dessen Unterlassung beschwert zu sein. Diese Vorschrift wird durch § 155 BewG ergänzt, nicht aber in ihrer Anwendbarkeit eingeschränkt. Dies ergibt sich aus dem Wortlaut des § 155 BewG, dessen Sinn und Zweck und dem Gesamtzusammenhang der maßgeblichen gesetzlichen Regelungen.

12

aa) Zur Einlegung von Rechtsbehelfen gegen einen Feststellungsbescheid nach § 151 BewG sind gemäß § 155 BewG die Beteiligten i.S. des § 154 Abs. 1 BewG sowie diejenigen befugt, für deren Besteuerung nach dem Grunderwerbsteuergesetz (GrEStG) der Feststellungsbescheid von Bedeutung ist. § 352 AO und § 48 FGO gelten nicht.

13

Nach § 151 Abs. 1 Satz 1 BewG sind gesondert festzustellen (§ 179 AO)

1.     Grundbesitzwerte (§ 138 BewG),

2.     der Wert des Betriebsvermögens (§§ 95, 96 BewG) oder des Anteils am Betriebsvermögen (§ 97 Abs. 1a BewG),

3.     der Wert von Anteilen an Kapitalgesellschaften i.S. des § 11 Abs. 2 BewG,

4.     der Wert von anderen als in § 151 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 1 bis 3 BewG genannten Vermögensgegenständen und von Schulden, die mehreren Personen zustehen (§ 3 BewG),

wenn die Werte für die Erbschaftsteuer oder eine andere Feststellung i.S. des § 151 BewG von Bedeutung sind.

14

In dem Feststellungsbescheid für Grundbesitzwerte sind gemäß § 151 Abs. 2 Nr. 2 BewG auch Feststellungen zu treffen über die Zurechnung der wirtschaftlichen Einheit und bei mehreren Beteiligten über die Höhe des Anteils, der für die Besteuerung oder eine andere Feststellung von Bedeutung ist. Für Feststellungsbescheide nach § 151 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 2 bis 4 BewG ist keine derartige Feststellung über die Zurechnung vorgesehen.

15

Grundbesitzwerte (§ 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BewG) sind gemäß § 151 Abs. 5 Satz 1 BewG auch festzustellen, wenn sie für die Grunderwerbsteuer von Bedeutung sind. Feststellungen über die Zurechnung nach § 151 Abs. 2 Nr. 2 BewG sind in diesem Fall gemäß § 151 Abs. 5 Satz 3 BewG nicht zu treffen.

16

bb) Am Feststellungsverfahren beteiligt sind nach § 154 Abs. 1 BewG

1.     diejenigen, denen der Gegenstand der Feststellung zuzurechnen ist,

2.     diejenigen, die das Finanzamt zur Abgabe einer Feststellungserklärung aufgefordert hat.

17

Diejenigen, denen der Gegenstand der Feststellung i.S. des § 154 Abs. 1 Nr. 1 BewG zuzurechnen ist, sind die in Betracht kommenden Steuerschuldner (Hofmann in Viskorf/Knobel/Schuck, Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, Bewertungsgesetz, 3. Aufl., § 154 BewG Rz 2; Loose, Entscheidungen der Finanzgerichte 2010, 1774). Für die Zurechnung des Gegenstands der Feststellung im Sinne dieser Vorschrift kommt es entgegen der Ansicht des FA nicht auf die in § 39 AO getroffene allgemeine Regelung über die Zurechnung an (so aber Hartmann in Gürsching/Stenger, Bewertungsrecht, § 154 BewG Rz 9 ff., § 155 BewG Rz 10: Maßgeblichkeit der jeweils aktuellen Zivilrechtslage). Vielmehr ist § 154 Abs. 1 Nr. 1 BewG nach Sinn und Zweck und dem Regelungszusammenhang übereinstimmend mit der allgemein für Feststellungsbescheide geltenden Vorschrift des § 179 Abs. 2 Satz 1 AO auszulegen (Höne/Krause, Zeitschrift für Erbrecht und Vermögensnachfolge --ZEV-- 2010, 298). Danach richtet sich ein Feststellungsbescheid gegen den Steuerpflichtigen, dem der Gegenstand der Feststellung bei der Besteuerung zuzurechnen ist. Entscheidend sind danach die Auswirkungen des Feststellungsbescheids auf die Besteuerung der einzelnen Steuerpflichtigen. Nur dieses Verständnis des § 154 Abs. 1 Nr. 1 BewG ist sachgerecht und sinnvoll.

18

Unerheblich ist auch die Feststellung über die Zurechnung der zu bewertenden wirtschaftlichen Einheit nach § 151 Abs. 2 Nr. 2 BewG (a.A. Halaczinsky in Rössler/Troll, BewG, § 155 Rz 4a). Dies ergibt sich schon daraus, dass die Frage, wer an einem auf den Erlass eines Verwaltungsaktes gerichteten Verwaltungsverfahren beteiligt ist und deshalb in diesem Verfahren Rechte und Pflichten hat, bereits während dieses Verfahrens geklärt werden muss und daher nicht vom Inhalt des zum Abschluss des Verfahrens ergehenden Verwaltungsaktes abhängen kann (vgl. Maier/Ohletz in Wilms/Jochum, ErbStG, BewG, GrEStG, § 154 BewG Rz 15, § 155 BewG Rz 2).

19

Zudem hätte die Anknüpfung an die Zurechnung im Feststellungsbescheid zur Folge, dass bei einem von Todes wegen oder durch Schenkung unter Lebenden erfolgten Erwerb, dessen Wert nach § 151 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 2 bis 4 BewG gesondert festzustellen ist, gemäß § 154 Abs. 1 BewG nur diejenigen, die das Finanzamt zur Abgabe einer Feststellungserklärung aufgefordert hat, am Feststellungsverfahren beteiligt und nach § 155 Satz 1 BewG rechtsbehelfsbefugt wären; denn für diese Fälle sieht § 151 BewG anders als für Grundbesitz (§ 151 Abs. 2 BewG) keine Feststellung über die Zurechnung vor. In den Fällen des § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BewG wäre bei einer an die Zurechnung im Feststellungsbescheid anknüpfenden Auslegung des § 154 Abs. 1 Nr. 1 BewG allein die Kapitalgesellschaft am Feststellungsverfahren beteiligt; in diesen Fällen kann das Finanzamt nämlich nach § 153 Abs. 3 BewG nur von der Kapitalgesellschaft die Abgabe einer Feststellungserklärung verlangen. Nicht verständlich wäre dann allerdings die in § 154 Abs. 2 BewG getroffene Regelung, dass in den Fällen des § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BewG der Feststellungsbescheid auch der Kapitalgesellschaft bekannt zu geben ist; denn die Bekanntgabe des Feststellungsbescheids an den einzigen Beteiligten des Feststellungsverfahrens ist eine Selbstverständlichkeit. Die eigentliche Bedeutung der Vorschrift liegt vielmehr in der Verwendung des Wortes "auch", die nur den Schluss zulässt, dass das Gesetz von einer Verpflichtung zur Bekanntgabe des Feststellungsbescheids an die Steuerschuldner ausgeht, ohne dass es auf eine --für die Fälle des § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BewG nicht vorgesehene-- förmliche Zurechnung ankommt (vgl. Halaczinsky, a.a.O., § 154 Rz 9; Hartmann, a.a.O., § 154 BewG Rz 29).

20

cc) Richtet sich der Feststellungsbescheid gegen mehrere Personen, weil diesen der Gegenstand bei der Besteuerung zuzurechnen ist, so wird die gesonderte Feststellung ihnen gegenüber einheitlich vorgenommen (§ 179 Abs. 2 Sätze 1 und 2 AO). Diese Vorschriften gelten auch für Feststellungsbescheide nach § 151 BewG (Hofmann, a.a.O., § 154 BewG Rz 10).

21

Ein einheitlicher Feststellungsbescheid entfaltet dabei gegenüber einem Feststellungsbeteiligten nur dann Bindungswirkung i.S. des § 182 AO, wenn er ihm persönlich oder einem Vertreter wirksam bekannt gegeben wurde. Demgemäß muss grundsätzlich jedem Feststellungsbeteiligten eine gesonderte Ausfertigung des Feststellungsbescheids zugehen (BFH-Urteile vom 25. November 1987 II R 227/84, BFHE 152, 10, BStBl II 1988, 410; vom 26. April 1988 VII R 292/82, BFHE 153, 497, BStBl II 1988, 855, und vom 20. Juni 1989 VIII R 366/83, BFH/NV 1990, 208). Nach § 122 Abs. 1 Satz 1 AO ist ein Verwaltungsakt demjenigen Beteiligten bekannt zu geben, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird. Ein Verwaltungsakt wird nach § 124 Abs. 1 Satz 1 AO gegenüber demjenigen, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, in dem Zeitpunkt wirksam, in dem er ihm bekannt gegeben wird. Der Verwaltungsakt wird nach § 124 Abs. 1 Satz 2 AO mit dem Inhalt wirksam, mit dem er bekannt gegeben wird. Dies gilt auch für Feststellungsbescheide (BFH-Urteil vom 27. April 1993 VIII R 27/92, BFHE 171, 392, BStBl II 1994, 3), und zwar auch für solche nach § 151 BewG153 Abs. 5 BewG i.V.m. § 181 Abs. 1 Satz 1 und § 155 Abs. 1 Satz 2 AO).

22

Abweichungen von dem grundsätzlichen Erfordernis, dass der gesonderte und einheitliche Feststellungsbescheid jedem Feststellungsbeteiligten gesondert bekannt gegeben werden muss, um ihm gegenüber Wirksamkeit und Verbindlichkeit zu erlangen, bedürfen einer gesetzlichen Regelung, wie sie etwa § 183 AO bezüglich der Empfangsbevollmächtigten bei der gesonderten und einheitlichen Feststellung vorsieht. Eine solche gesetzliche Regelung gibt es für Feststellungsbescheide gemäß § 151 BewG nicht. Es ist insbesondere in keiner Vorschrift vorgesehen, dass ein dem Bedachten einer freigebigen Zuwendung wirksam bekannt gegebener Feststellungsbescheid etwa aufgrund einer gesetzlichen Empfangsvollmacht auch gegenüber dem Schenker verbindliche Wirkung entfalte. Vielmehr muss der Feststellungsbescheid dem Schenker bekannt gegeben werden, wenn er diesem gegenüber bindende Wirkung entfalten soll (Hofmann, a.a.O., § 154 BewG Rz 7). Das Finanzamt kann sich demgemäß beim Erlass oder bei der Änderung eines Schenkungsteuerbescheids gegenüber dem Schenker nicht auf einen diesem nicht bekannt gegebenen Feststellungsbescheid stützen.

23

Das Verständnis des § 154 Abs. 1 Nr. 1 BewG, wonach alle im Einzelfall in Betracht kommenden Steuerpflichtigen am Feststellungsverfahren beteiligt sind und ihnen daher der Feststellungsbescheid bekannt zu geben ist, ist demgemäß geboten, weil auf der Grundlage des Feststellungsbescheids nur demjenigen gegenüber ein Folgebescheid (Erbschaftsteuer- oder Schenkungsteuerbescheid) erlassen oder geändert werden kann, dem der Feststellungsbescheid wirksam bekannt gegeben worden war. In der Literatur wird daher zutreffend die Ansicht vertreten, dass der Feststellungsbescheid nach § 151 BewG allen in Betracht kommenden Steuerschuldnern bekannt zu geben sei (Hartmann, a.a.O., § 154 BewG Rz 31, § 155 BewG Rz 25; Volquardsen in Daragan/Halaczinsky/Riedel, ErbStG, BewG, § 154 BewG Rz 3).

24

Wurde der Feststellungsbescheid allerdings nur dem Steuerschuldner bekannt gegeben, dem gegenüber die Steuer festgesetzt wurde, kann er mit einem Rechtsbehelf gegen den Feststellungsbescheid oder den Steuerbescheid nicht mit Aussicht auf Erfolg geltend machen, der Feststellungsbescheid habe auch anderen Steuerschuldnern bekannt gegeben werden müssen. Die Wirksamkeit der Bekanntgabe eines Feststellungsbescheids an einen Empfänger und die Verbindlichkeit des Bescheids diesem gegenüber sind nämlich jeweils für sich unabhängig von der Bekanntgabe des Bescheids an andere Adressaten zu beurteilen (BFH-Urteile in BFHE 152, 10, BStBl II 1988, 410; in BFHE 153, 497, BStBl II 1988, 855, und in BFH/NV 1990, 208).

25

Bei einer freigebigen Zuwendung (§ 7 Abs. 1 Nr. 1 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes --ErbStG--) setzt danach die Festsetzung der Schenkungsteuer gegenüber dem Erwerber nicht voraus, dass der nach § 151 BewG ergangene und ihm bekannt gegebene Feststellungsbescheid auch dem Schenker bekannt gegeben wurde. Für die Steuerfestsetzung gegenüber dem Schenker reicht es aus, wenn der Feststellungsbescheid ihm bekannt gegeben wurde (Höne/Krause, ZEV 2010, 298 f.).

26

dd) Ein Feststellungsbeteiligter kann einen Feststellungsbescheid, der ihn beschwert, bereits dann anfechten, wenn der Bescheid zwar noch nicht ihm, aber einem anderen Beteiligten bekannt gegeben wurde. Die für die Zulässigkeit des Einspruchs erforderliche Beschwer (§ 350 AO) setzt nur voraus, dass der Feststellungsbescheid durch Bekanntgabe an einen der Feststellungsbeteiligten existent geworden ist und der Einspruchsführer durch den Bescheid steuerrechtlich berührt sein kann, nicht aber, dass der Bescheid dem Einspruchsführer bekannt gegeben worden ist (BFH-Urteile in BFHE 153, 497, BStBl II 1988, 855, und vom 7. August 1990 VIII R 257/84, BFH/NV 1991, 507; Maier/Ohletz, a.a.O., § 155 BewG Rz 7). Der Bescheid kann von einem Feststellungsbeteiligten, dem er nicht bekannt gegeben wurde, grundsätzlich ohne zeitliche Begrenzung angefochten werden (BFH-Urteile in BFHE 171, 392, BStBl II 1994, 3, und in BFH/NV 1991, 507).

27

ee) Diese Grundsätze gelten auch für Feststellungsbescheide nach § 151 BewG. § 155 BewG schränkt die Rechtsbehelfsbefugnis entgegen der Ansicht des FA nicht ein, sondern erweitert diese in zweifacher Hinsicht (vgl. Hofmann, a.a.O., § 155 BewG Rz 1 f., 6). Zum einen erstreckt die Vorschrift die Rechtsbehelfsbefugnis auf diejenigen, die das Finanzamt zur Abgabe einer Feststellungserklärung aufgefordert hat und die deshalb nach § 154 Abs. 1 Nr. 2 BewG Beteiligte am Feststellungsverfahren sind, ohne dass diese durch den Bescheid beschwert zu sein brauchen. Zum anderen sind nach § 155 Satz 2 BewG die in § 352 AO und § 48 FGO vorgesehenen Einschränkungen der Rechtsbehelfsbefugnis bei der einheitlichen Feststellung nicht anwendbar.

28

Die ferner in § 155 Satz 1 BewG getroffene Regelung, nach der auch diejenigen zur Einlegung von Rechtsbehelfen gegen den Feststellungsbescheid befugt sind, für deren Besteuerung nach dem GrEStG der Feststellungsbescheid von Bedeutung ist, lässt nicht den Umkehrschluss zu, dass es für die Begründung der Rechtsbehelfsbefugnis bei der Erbschaftsteuer oder Schenkungsteuer nicht ausreiche, wenn der Feststellungsbescheid für die Besteuerung des Rechtsbehelfsführers nach dem ErbStG von Bedeutung ist. Vielmehr handelt es sich bei der genannten Vorschrift unter Berücksichtigung des Gesamtzusammenhangs der getroffenen Regelungen und von deren Sinn und Zweck um den Ausdruck eines allgemeinen Rechtsgedankens.

29

Dies ergibt sich auch aus der Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG (Halaczinsky, a.a.O., § 155 Rz 7; Hartmann, a.a.O., § 155 BewG Rz 19, 23, 25; Maier/Ohletz, a.a.O., § 155 BewG Rz 10; Volquardsen, a.a.O., § 154 BewG Rz 3; Halaczinsky/ Volquardsen, Der Erbschaftsteuerberater 2010, 274, 277). Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm nach Satz 1 dieser Vorschrift der Rechtsweg offen. Diese Regelung sichert die Möglichkeit, die Gerichte anzurufen, und gewährleistet die Effektivität des Rechtsschutzes. Der Bürger hat einen Anspruch auf eine möglichst wirksame gerichtliche Kontrolle. Der Zugang zum Gericht darf nicht in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschwert werden (Kammerbeschluss des Bundesverfassungsgerichts --BVerfG-- vom 29. November 1996  2 BvR 1157/93, BStBl II 1997, 415, unter B.II.1., m.w.N.). Aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG ergeben sich auch Vorwirkungen auf die Ausgestaltung des dem gerichtlichen Rechtsschutzverfahren vorgelagerten Verwaltungsverfahrens. Das Verwaltungsverfahren darf nicht daraufhin angelegt werden, den gerichtlichen Rechtsschutz zu vereiteln oder unzumutbar zu erschweren (BVerfG-Beschluss vom 8. Juli 1982  2 BvR 1187/80, BVerfGE 61, 82, 110; BVerfG-Urteil vom 24. April 1985  2 BvF 2/83 u.a., BVerfGE 69, 1, 49).

30

Die gesonderte Feststellung eines der Bemessung der Schenkungsteuer zugrunde zu legenden Werts darf danach nicht dazu führen, dass insoweit die eigenen Rechtsschutzmöglichkeiten des Schenkers, dem gegenüber die Schenkungsteuer festgesetzt wird, ausgeschlossen werden. Den Anforderungen des Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG genügt es insoweit nicht, wenn der Schenker statt der Möglichkeit, den Feststellungsbescheid selbst anzufechten, auf die Inanspruchnahme von Rechtsschutz durch den Bedachten verwiesen wird.

31

Die vom FA vorgenommene Auslegung des § 155 BewG hätte zudem zur Folge, dass das Finanzamt durch die in seinem Ermessen (§ 5 AO) liegende Entscheidung, ob es den Bedachten oder den Schenker zur Abgabe einer Feststellungserklärung auffordert, darüber befinden könnte, ob der Schenker gemäß § 155 Satz 1 i.V.m. § 154 Abs. 1 Nr. 2 BewG den Feststellungsbescheid anfechten kann oder nicht. Eine solche behördliche Ermessensentscheidung über die Einräumung oder Versagung des Rechtsschutzes ist mit den Anforderungen des Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG nicht vereinbar.

32

b) Das FA ist demgemäß zutreffend davon ausgegangen, dass der Grundstückswert gesondert und einheitlich festzustellen ist; denn die Wertfeststellung ist aufgrund der Gesamtschuldnerschaft der Klägerin und des S (§ 20 Abs. 1 Satz 1 ErbStG) für mehrere Steuerpflichtige von Bedeutung (§ 179 Abs. 2 Satz 2 AO). Es hat aber verkannt, dass nicht nur S, sondern auch die Klägerin befugt ist, gegen den Feststellungsbescheid Einspruch einzulegen, ohne dass sie dabei an eine Frist gebunden ist. Demgemäß hat das FG zu Recht die Einspruchsentscheidung aufgehoben.

Zur Einlegung von Rechtsbehelfen gegen den Feststellungsbescheid sind die Beteiligten im Sinne des § 154 Abs. 1 sowie diejenigen befugt, für deren Besteuerung nach dem Grunderwerbsteuergesetz der Feststellungsbescheid von Bedeutung ist. Soweit der Gegenstand der Feststellung einer Erbengemeinschaft in Vertretung der Miterben zuzurechnen ist, sind § 352 der Abgabenordnung und § 48 der Finanzgerichtsordnung entsprechend anzuwenden.

(1) Gegen Bescheide über die einheitliche und gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen können Klage erheben:

1.
zur Vertretung berufene Geschäftsführer oder, wenn solche nicht vorhanden sind, der Klagebevollmächtigte im Sinne des Absatzes 2;
2.
wenn Personen nach Nummer 1 nicht vorhanden sind, jeder Gesellschafter, Gemeinschafter oder Mitberechtigte, gegen den der Feststellungsbescheid ergangen ist oder zu ergehen hätte;
3.
auch wenn Personen nach Nummer 1 vorhanden sind, ausgeschiedene Gesellschafter, Gemeinschafter oder Mitberechtigte, gegen die der Feststellungsbescheid ergangen ist oder zu ergehen hätte;
4.
soweit es sich darum handelt, wer an dem festgestellten Betrag beteiligt ist und wie dieser sich auf die einzelnen Beteiligten verteilt, jeder, der durch die Feststellungen hierzu berührt wird;
5.
soweit es sich um eine Frage handelt, die einen Beteiligten persönlich angeht, jeder, der durch die Feststellungen über die Frage berührt wird.

(2) Klagebefugt im Sinne des Absatzes 1 Nr. 1 ist der gemeinsame Empfangsbevollmächtigte im Sinne des § 183 Abs. 1 Satz 1 der Abgabenordnung oder des § 6 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen nach § 180 Abs. 2 der Abgabenordnung vom 19. Dezember 1986 (BGBl. I S. 2663). Haben die Feststellungsbeteiligten keinen gemeinsamen Empfangsbevollmächtigten bestellt, ist klagebefugt im Sinne des Absatzes 1 Nr. 1 der nach § 183 Abs. 1 Satz 2 der Abgabenordnung fingierte oder der nach § 183 Abs. 1 Satz 3 bis 5 der Abgabenordnung oder nach § 6 Abs. 1 Satz 3 bis 5 der Verordnung über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen nach § 180 Abs. 2 der Abgabenordnung von der Finanzbehörde bestimmte Empfangsbevollmächtigte; dies gilt nicht für Feststellungsbeteiligte, die gegenüber der Finanzbehörde der Klagebefugnis des Empfangsbevollmächtigten widersprechen. Die Sätze 1 und 2 sind nur anwendbar, wenn die Beteiligten spätestens bei Erlass der Einspruchsentscheidung über die Klagebefugnis des Empfangsbevollmächtigten belehrt worden sind.

(1) Zum begünstigungsfähigen Vermögen gehören

1.
der inländische Wirtschaftsteil des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens (§ 168 Absatz 1 Nummer 1 des Bewertungsgesetzes) mit Ausnahme der Stückländereien (§ 160 Absatz 7 des Bewertungsgesetzes) und selbst bewirtschaftete Grundstücke im Sinne des § 159 des Bewertungsgesetzes sowie entsprechendes land- und forstwirtschaftliches Vermögen, das einer Betriebsstätte in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem Staat des Europäischen Wirtschaftsraums dient;
2.
inländisches Betriebsvermögen (§§ 95 bis 97 Absatz 1 Satz 1 des Bewertungsgesetzes) beim Erwerb eines ganzen Gewerbebetriebs oder Teilbetriebs, einer Beteiligung an einer Gesellschaft im Sinne des § 97 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 Satz 1 des Bewertungsgesetzes, eines Anteils eines persönlich haftenden Gesellschafters einer Kommanditgesellschaft auf Aktien oder Anteils daran und entsprechendes Betriebsvermögen, das einer Betriebsstätte in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem Staat des Europäischen Wirtschaftsraums dient;
3.
Anteile an einer Kapitalgesellschaft, wenn die Kapitalgesellschaft im Zeitpunkt der Entstehung der Steuer (§ 9) Sitz oder Geschäftsleitung im Inland oder in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem Staat des Europäischen Wirtschaftsraums hat und der Erblasser oder Schenker am Nennkapital dieser Gesellschaft unmittelbar zu mehr als 25 Prozent beteiligt war (Mindestbeteiligung). Ob der Erblasser oder Schenker die Mindestbeteiligung erfüllt, ist nach der Summe der dem Erblasser oder Schenker unmittelbar zuzurechnenden Anteile und der Anteile weiterer Gesellschafter zu bestimmen, wenn der Erblasser oder Schenker und die weiteren Gesellschafter untereinander verpflichtet sind, über die Anteile nur einheitlich zu verfügen oder ausschließlich auf andere derselben Verpflichtung unterliegende Anteilseigner zu übertragen und das Stimmrecht gegenüber nichtgebundenen Gesellschaftern einheitlich auszuüben.

(2) Das begünstigungsfähige Vermögen ist begünstigt, soweit sein gemeiner Wert den um das unschädliche Verwaltungsvermögen im Sinne des Absatzes 7 gekürzten Nettowert des Verwaltungsvermögens im Sinne des Absatzes 6 übersteigt (begünstigtes Vermögen). Abweichend von Satz 1 ist der Wert des begünstigungsfähigen Vermögens vollständig nicht begünstigt, wenn das Verwaltungsvermögen nach Absatz 4 vor der Anwendung des Absatzes 3 Satz 1, soweit das Verwaltungsvermögen nicht ausschließlich und dauerhaft der Erfüllung von Schulden aus durch Treuhandverhältnisse abgesicherten Altersversorgungsverpflichtungen dient und dem Zugriff aller übrigen nicht aus diesen Altersversorgungsverpflichtungen unmittelbar berechtigten Gläubiger entzogen ist, sowie der Schuldenverrechnung und des Freibetrags nach Absatz 4 Nummer 5 sowie der Absätze 6 und 7 mindestens 90 Prozent des gemeinen Werts des begünstigungsfähigen Vermögens beträgt.

(3) Teile des begünstigungsfähigen Vermögens, die ausschließlich und dauerhaft der Erfüllung von Schulden aus Altersversorgungsverpflichtungen dienen und dem Zugriff aller übrigen nicht aus den Altersversorgungsverpflichtungen unmittelbar berechtigten Gläubiger entzogen sind, gehören bis zur Höhe des gemeinen Werts der Schulden aus Altersversorgungsverpflichtungen nicht zum Verwaltungsvermögen im Sinne des Absatzes 4 Nummer 1 bis 5. Soweit Finanzmittel und Schulden bei Anwendung von Satz 1 berücksichtigt wurden, bleiben sie bei der Anwendung des Absatzes 4 Nummer 5 und des Absatzes 6 außer Betracht.

(4) Zum Verwaltungsvermögen gehören

1.
Dritten zur Nutzung überlassene Grundstücke, Grundstücksteile, grundstücksgleiche Rechte und Bauten. Eine Nutzungsüberlassung an Dritte ist nicht anzunehmen, wenn
a)
der Erblasser oder Schenker sowohl im überlassenden Betrieb als auch im nutzenden Betrieb allein oder zusammen mit anderen Gesellschaftern einen einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillen durchsetzen konnte oder als Gesellschafter einer Gesellschaft im Sinne des § 15 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und Absatz 3 oder § 18 Absatz 4 des Einkommensteuergesetzes den Vermögensgegenstand der Gesellschaft zur Nutzung überlassen hatte, und diese Rechtsstellung auf den Erwerber übergegangen ist, soweit keine Nutzungsüberlassung an einen weiteren Dritten erfolgt;
b)
die Nutzungsüberlassung im Rahmen der Verpachtung eines ganzen Betriebs erfolgt, welche beim Verpächter zu Einkünften nach § 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Einkommensteuergesetzes führt und
aa)
der Verpächter des Betriebs im Zusammenhang mit einer unbefristeten Verpachtung den Pächter durch eine letztwillige Verfügung oder eine rechtsgeschäftliche Verfügung als Erben eingesetzt hat oder
bb)
die Verpachtung an einen Dritten erfolgt, weil der Beschenkte im Zeitpunkt der Entstehung der Steuer (§ 9) den Betrieb noch nicht führen kann, und die Verpachtung auf höchstens zehn Jahre befristet ist; hat der Beschenkte das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet, beginnt die Frist mit der Vollendung des 18. Lebensjahres.
Dies gilt nicht für verpachtete Betriebe, soweit sie vor ihrer Verpachtung die Voraussetzungen als begünstigtes Vermögen nach Absatz 2 nicht erfüllt haben und für verpachtete Betriebe, deren Hauptzweck in der Überlassung von Grundstücken, Grundstücksteilen, grundstücksgleichen Rechten und Bauten an Dritte zur Nutzung besteht, die nicht unter Buchstabe d fallen;
c)
sowohl der überlassende Betrieb als auch der nutzende Betrieb zu einem Konzern im Sinne des § 4h des Einkommensteuergesetzes gehören, soweit keine Nutzungsüberlassung an einen weiteren Dritten erfolgt;
d)
die überlassenen Grundstücke, Grundstücksteile, grundstücksgleichen Rechte und Bauten zum Betriebsvermögen, zum gesamthänderisch gebundenen Betriebsvermögen einer Personengesellschaft oder zum Vermögen einer Kapitalgesellschaft gehören und der Hauptzweck des Betriebs in der Vermietung von Wohnungen im Sinne des § 181 Absatz 9 des Bewertungsgesetzes besteht, dessen Erfüllung einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb (§ 14 der Abgabenordnung) erfordert;
e)
die Grundstücke, Grundstücksteile, grundstücksgleichen Rechte und Bauten vorrangig überlassen werden, um im Rahmen von Lieferungsverträgen dem Absatz von eigenen Erzeugnissen und Produkten zu dienen;
f)
die Grundstücke, Grundstücksteile, grundstücksgleichen Rechte und Bauten an Dritte zur land- und forstwirtschaftlichen Nutzung überlassen werden;
2.
Anteile an Kapitalgesellschaften, wenn die unmittelbare Beteiligung am Nennkapital dieser Gesellschaften 25 Prozent oder weniger beträgt und sie nicht dem Hauptzweck des Gewerbebetriebs eines Kreditinstitutes oder eines Finanzdienstleistungsinstitutes im Sinne des § 1 Absatz 1 und 1a des Kreditwesengesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 9. September 1998 (BGBl. I S. 2776), das zuletzt durch Artikel 14 des Gesetzes vom 10. Mai 2016 (BGBl. I S. 1142) geändert worden ist, eines Wertpapierinstituts im Sinne des § 2 Absatz 1 des Wertpapierinstitutsgesetzes oder eines Versicherungsunternehmens, das der Aufsicht nach § 1 Absatz 1 Nummer 1 des Versicherungsaufsichtsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 1. April 2015 (BGBl. I S. 434), das zuletzt durch Artikel 13 des Gesetzes vom 10. Mai 2016 (BGBl. I S. 1142) geändert worden ist, unterliegt, zuzurechnen sind. Ob diese Grenze unterschritten wird, ist nach der Summe der dem Betrieb unmittelbar zuzurechnenden Anteile und der Anteile weiterer Gesellschafter zu bestimmen, wenn die Gesellschafter untereinander verpflichtet sind, über die Anteile nur einheitlich zu verfügen oder sie ausschließlich auf andere derselben Verpflichtung unterliegende Anteilseigner zu übertragen und das Stimmrecht gegenüber nichtgebundenen Gesellschaftern nur einheitlich auszuüben;
3.
Kunstgegenstände, Kunstsammlungen, wissenschaftliche Sammlungen, Bibliotheken und Archive, Münzen, Edelmetalle und Edelsteine, Briefmarkensammlungen, Oldtimer, Yachten, Segelflugzeuge sowie sonstige typischerweise der privaten Lebensführung dienende Gegenstände, wenn der Handel mit diesen Gegenständen, deren Herstellung oder Verarbeitung oder die entgeltliche Nutzungsüberlassung an Dritte nicht der Hauptzweck des Betriebs ist;
4.
Wertpapiere sowie vergleichbare Forderungen, wenn sie nicht dem Hauptzweck des Gewerbebetriebs eines Kreditinstitutes oder eines Finanzdienstleistungsinstitutes im Sinne des § 1 Absatz 1 und 1a des Kreditwesengesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 9. September 1998 (BGBl. I S. 2776), das zuletzt durch Artikel 14 des Gesetzes vom 10. Mai 2016 (BGBl. I S. 1142) geändert worden ist, eines Wertpapierinstituts im Sinne des § 2 Absatz 1 des Wertpapierinstitutsgesetzes oder eines Versicherungsunternehmens, das der Aufsicht nach § 1 Absatz 1 Nummer 1 des Versicherungsaufsichtsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 1. April 2015 (BGBl. I S. 434), das zuletzt durch Artikel 13 des Gesetzes vom 10. Mai 2016 (BGBl. I S. 1142) geändert worden ist, unterliegt, zuzurechnen sind;
5.
der gemeine Wert des nach Abzug des gemeinen Werts der Schulden verbleibenden Bestands an Zahlungsmitteln, Geschäftsguthaben, Geldforderungen und anderen Forderungen (Finanzmittel), soweit er 15 Prozent des anzusetzenden Werts des Betriebsvermögens des Betriebs oder der Gesellschaft übersteigt. Der gemeine Wert der Finanzmittel ist um den positiven Saldo der eingelegten und der entnommenen Finanzmittel zu verringern, welche dem Betrieb im Zeitpunkt der Entstehung der Steuer (§ 9) weniger als zwei Jahre zuzurechnen waren (junge Finanzmittel); junge Finanzmittel sind Verwaltungsvermögen. Satz 1 gilt nicht, wenn die genannten Wirtschaftsgüter dem Hauptzweck des Gewerbebetriebs eines Kreditinstitutes oder eines Finanzdienstleistungsinstitutes im Sinne des § 1 Absatz 1 und 1a des Kreditwesengesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 9. September 1998 (BGBl. I S. 2776), das zuletzt durch Artikel 14 des Gesetzes vom 10. Mai 2016 (BGBl. I S. 1142) geändert worden ist, eines Wertpapierinstituts im Sinne des § 2 Absatz 1 des Wertpapierinstitutsgesetzes oder eines Versicherungsunternehmens, das der Aufsicht nach § 1 Absatz 1 Nummer 1 des Versicherungsaufsichtsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 1. April 2015 (BGBl. I S. 434), das zuletzt durch Artikel 13 des Gesetzes vom 10. Mai 2016 (BGBl. I S. 1142) geändert worden ist, unterliegt, zuzurechnen sind. Voraussetzung für die Anwendung des Prozentsatzes von 15 Prozent des Satzes 1 ist, dass das nach Absatz 1 begünstigungsfähige Vermögen des Betriebs oder der nachgeordneten Gesellschaften nach seinem Hauptzweck einer Tätigkeit im Sinne des § 13 Absatz 1, des § 15 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, des § 18 Absatz 1 Nummer 1 und 2 des Einkommensteuergesetzes dient. Die Voraussetzungen des Satzes 4 sind auch erfüllt, wenn die Tätigkeit durch Gesellschaften im Sinne des § 13 Absatz 7, des § 15 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 oder des § 18 Absatz 4 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes ausgeübt wird; dies gilt auch, wenn sie ihrer Tätigkeit nach einer Gesellschaft im Sinne des § 15 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 oder des § 18 Absatz 4 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes entsprechen, für Gesellschaften im Sinne des § 1a Absatz 1 des Körperschaftsteuergesetzes und für Gesellschaften im Sinne des § 1 Absatz 1 des Körperschaftsteuergesetzes mit Sitz im Ausland, deren Ort der Geschäftsleitung im Inland belegen ist, und die nach inländischem Gesellschaftsrecht als Personengesellschaft zu behandeln sind.

(5) Beim Erwerb von Todes wegen entfällt die Zurechnung von Vermögensgegenständen zum Verwaltungsvermögen im Sinne des Absatzes 4 Nummer 1 bis 5 rückwirkend zum Zeitpunkt der Entstehung der Steuer (§ 9), wenn der Erwerber innerhalb von zwei Jahren ab dem Zeitpunkt der Entstehung der Steuer (§ 9) diese Vermögensgegenstände in Vermögensgegenstände innerhalb des vom Erblasser erworbenen, begünstigungsfähigen Vermögens im Sinne des Absatzes 1 investiert hat, die unmittelbar einer Tätigkeit im Sinne von § 13 Absatz 1, § 15 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 oder § 18 Absatz 1 Nummer 1 und 2 des Einkommensteuergesetzes dienen und kein Verwaltungsvermögen sind. Voraussetzung hierfür ist, dass die Investition auf Grund eines im Zeitpunkt der Entstehung der Steuer (§ 9) vorgefassten Plans des Erblassers erfolgt und keine anderweitige Ersatzbeschaffung von Verwaltungsvermögen vorgenommen wird oder wurde. Beim Erwerb von Todes wegen entfällt die Zurechnung von Finanzmitteln zum Verwaltungsvermögen im Sinne des Absatzes 4 Nummer 5 Satz 1 rückwirkend zum Zeitpunkt der Entstehung der Steuer (§ 9), soweit der Erwerber diese Finanzmittel innerhalb von zwei Jahren ab dem Zeitpunkt der Entstehung der Steuer (§ 9) verwendet, um bei auf Grund wiederkehrender saisonaler Schwankungen fehlenden Einnahmen die Vergütungen im Sinne des § 13a Absatz 3 Satz 6 bis 10 zu zahlen. Satz 2 gilt entsprechend. Der Erwerber hat das Vorliegen der Voraussetzungen der Sätze 1 bis 4 nachzuweisen.

(6) Der Nettowert des Verwaltungsvermögens ergibt sich durch Kürzung des gemeinen Werts des Verwaltungsvermögens um den nach Anwendung der Absätze 3 und 4 verbleibenden anteiligen gemeinen Wert der Schulden. Die anteiligen Schulden nach Satz 1 bestimmen sich nach dem Verhältnis des gemeinen Werts des Verwaltungsvermögens zum gemeinen Wert des Betriebsvermögens des Betriebs oder der Gesellschaft zuzüglich der nach Anwendung der Absätze 3 und 4 verbleibenden Schulden.

(7) Der Nettowert des Verwaltungsvermögens wird vorbehaltlich des Satzes 2 wie begünstigtes Vermögen behandelt, soweit er 10 Prozent des um den Nettowert des Verwaltungsvermögens gekürzten gemeinen Werts des Betriebsvermögens nicht übersteigt (unschädliches Verwaltungsvermögen). Verwaltungsvermögen, das dem Betrieb im Zeitpunkt der Entstehung der Steuer (§ 9) weniger als zwei Jahre zuzurechnen war (junges Verwaltungsvermögen), und junge Finanzmittel im Sinne des Absatzes 4 Nummer 5 Satz 2 sind kein unschädliches Verwaltungsvermögen.

(8) Eine Saldierung mit Schulden nach Absatz 6 findet für junge Finanzmittel im Sinne des Absatzes 4 Nummer 5 Satz 2 und junges Verwaltungsvermögen im Sinne des Absatzes 7 Satz 2 nicht statt. Eine Verrechnung von Schulden mit Verwaltungsvermögen ist bei wirtschaftlich nicht belastenden Schulden und darüber hinaus ausgeschlossen, soweit die Summe der Schulden den durchschnittlichen Schuldenstand der letzten drei Jahre vor dem Zeitpunkt der Entstehung der Steuer (§ 9) übersteigt; dies gilt nicht, soweit die Erhöhung des Schuldenstands durch die Betriebstätigkeit veranlasst ist. Als Nettowert des Verwaltungsvermögens ist mindestens der gemeine Wert des jungen Verwaltungsvermögens und der jungen Finanzmittel anzusetzen.

(9) Gehören zum begünstigungsfähigen Vermögen im Sinne des Absatzes 1 Nummer 2 und 3 unmittelbar oder mittelbar Beteiligungen an Personengesellschaften oder Beteiligungen an entsprechenden Gesellschaften mit Sitz oder Geschäftsleitung im Ausland oder unmittelbar oder mittelbar Anteile an Kapitalgesellschaften oder Anteile an entsprechenden Kapitalgesellschaften mit Sitz oder Geschäftsleitung im Ausland, sind bei der Anwendung der Absätze 2 bis 8 anstelle der Beteiligungen oder Anteile die gemeinen Werte der diesen Gesellschaften zuzurechnenden Vermögensgegenstände nach Maßgabe der Sätze 2 bis 5 mit dem Anteil einzubeziehen, zu dem die unmittelbare oder mittelbare Beteiligung besteht. Die unmittelbar oder mittelbar gehaltenen Finanzmittel, die Vermögensgegenstände des Verwaltungsvermögens im Sinne des Absatzes 4 Nummer 1 bis 4 sowie die Schulden sind jeweils zusammenzufassen (Verbundvermögensaufstellung); junge Finanzmittel und junges Verwaltungsvermögen sind gesondert aufzuführen. Soweit sich in der Verbundvermögensaufstellung Forderungen und Verbindlichkeiten zwischen den Gesellschaften untereinander oder im Verhältnis zu dem übertragenen Betrieb oder der übertragenen Gesellschaft gegenüberstehen, sind diese nicht anzusetzen. Absatz 4 Nummer 5 und die Absätze 6 bis 8 sind auf die Werte in der Verbundvermögensaufstellung anzuwenden. Die Sätze 1 bis 4 sind auf Anteile im Sinne von Absatz 4 Nummer 2 sowie auf wirtschaftlich nicht belastende Schulden nicht anzuwenden; diese Anteile sind als Verwaltungsvermögen anzusetzen.

(10) Das für die Bewertung der wirtschaftlichen Einheit örtlich zuständige Finanzamt im Sinne des § 152 Nummer 1 bis 3 des Bewertungsgesetzes stellt die Summen der gemeinen Werte der Finanzmittel im Sinne des Absatzes 4 Nummer 5 Satz 1, der jungen Finanzmittel im Sinne des Absatzes 4 Nummer 5 Satz 2, der Vermögensgegenstände des Verwaltungsvermögens im Sinne des Absatzes 4 Nummer 1 bis 4, der Schulden, des jungen Verwaltungsvermögens im Sinne des Absatzes 7 Satz 2, des Betriebsvermögens, das einer weder in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union noch in einem Staat des Europäischen Wirtschaftsraums belegenen Betriebsstätte dient, und das Vorliegen der Voraussetzungen des Absatzes 4 Nummer 5 Satz 4 und 5 gesondert fest, wenn und soweit diese Werte für die Erbschaftsteuer oder eine andere Feststellung im Sinne dieser Vorschrift von Bedeutung sind. Dies gilt entsprechend, wenn nur ein Anteil am Betriebsvermögen im Sinne des Absatzes 1 Nummer 2 übertragen wird. Die Entscheidung, ob die Werte von Bedeutung sind, trifft das für die Festsetzung der Erbschaftsteuer oder für die Feststellung nach § 151 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 3 des Bewertungsgesetzes zuständige Finanzamt. Bei Anteilen an Kapitalgesellschaften, die nach § 11 Absatz 1 des Bewertungsgesetzes zu bewerten sind, trifft die Feststellungen des Satzes 1 das örtlich zuständige Finanzamt entsprechend § 152 Nummer 3 des Bewertungsgesetzes. § 151 Absatz 3 und die §§ 152 bis 156 des Bewertungsgesetzes sind auf die Sätze 1 bis 4 entsprechend anzuwenden.

(1) Am Feststellungsverfahren sind beteiligt

1.
diejenigen, denen der Gegenstand der Feststellung zuzurechnen ist,
2.
diejenigen, die das Finanzamt zur Abgabe einer Feststellungserklärung aufgefordert hat;
3.
diejenigen, die eine Steuer als Schuldner oder Gesamtschuldner schulden und für deren Festsetzung die Feststellung von Bedeutung ist.
Gegenüber mehreren Beteiligten nach Satz 1 erfolgt eine gesonderte und einheitliche Feststellung (§ 179 Absatz 2 Satz 2 der Abgabenordnung).

(2) In den Fällen des § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 ist der Feststellungsbescheid auch der Kapitalgesellschaft bekannt zu geben.

(3) Soweit der Gegenstand der Feststellung einer Erbengemeinschaft in Vertretung der Miterben zuzurechnen ist, ist § 183 der Abgabenordnung entsprechend anzuwenden. Bei der Bekanntgabe des Feststellungsbescheids ist darauf hinzuweisen, dass die Bekanntgabe mit Wirkung für und gegen alle Miterben erfolgt.

(1) Das Finanzamt kann von jedem, für dessen Besteuerung eine gesonderte Feststellung von Bedeutung ist, die Abgabe einer Feststellungserklärung verlangen. Die Frist zur Abgabe der Feststellungserklärung muss mindestens einen Monat betragen.

(2) Ist der Gegenstand der Feststellung mehreren Personen zuzurechnen oder ist eine Personengesellschaft oder Kapitalgesellschaft dessen Eigentümer, kann das Finanzamt auch von der Gemeinschaft oder Gesellschaft die Abgabe einer Feststellungserklärung verlangen. Dies gilt auch, wenn Gegenstand der Feststellung ein Anteil am Betriebsvermögen ist. Das Finanzamt kann in Erbbaurechtsfällen die Abgabe einer Feststellungserklärung vom Erbbauberechtigten und vom Erbbauverpflichteten verlangen. Absatz 4 Satz 5 ist nicht anzuwenden.

(3) In den Fällen des § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 kann das Finanzamt nur von der Kapitalgesellschaft die Abgabe einer Feststellungserklärung verlangen.

(4) Der Erklärungspflichtige hat die Erklärung nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung zu übermitteln. Auf Antrag kann das Finanzamt zur Vermeidung unbilliger Härten auf eine elektronische Übermittlung verzichten; in diesem Fall ist die Erklärung nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck abzugeben und vom Erklärungspflichtigen eigenhändig zu unterschreiben. Das Bundesministerium der Finanzen legt im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der Länder die Einzelheiten der elektronischen Übermittlung der Erklärungen für die Feststellungen nach § 151 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 4 und jeweils deren Beginn in einem Schreiben fest. Dieses Schreiben ist im Bundessteuerblatt zu veröffentlichen. Hat ein Erklärungspflichtiger eine Erklärung zur gesonderten Feststellung abgegeben, sind andere Beteiligte insoweit von der Erklärungspflicht befreit.

(5) § 181 Abs. 1 und 5 der Abgabenordnung ist entsprechend anzuwenden.

Tenor

1. Mit Artikel 3 Absatz 1 des Grundgesetzes sind seit dem Inkrafttreten des Erbschaftsteuerreformgesetzes zum 1. Januar 2009 unvereinbar § 13a des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes in der Fassung des Gesetzes zur Beschleunigung des Wirtschaftswachstums (Wachstumsbeschleunigungsgesetz) vom 22. Dezember 2009 (Bundesgesetzblatt I Seite 3950) und § 13b des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes in der Fassung des Gesetzes zur Reform des Erbschaftsteuer- und Bewertungsrechts (Erbschaftsteuerreformgesetz) vom 24. Dezember 2008 (Bundesgesetzblatt I Seite 3018) jeweils in Verbindung mit § 19 Absatz 1 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 27. Februar 1997 (Bundesgesetzblatt I Seite 378), auch in den seither geltenden Fassungen.

2. Das bisherige Recht ist bis zu einer Neuregelung weiter anwendbar. Der Gesetzgeber ist verpflichtet, eine Neuregelung spätestens bis zum 30. Juni 2016 zu treffen.

Gründe

A.

1

Die Vorlage betrifft die Frage, ob die Bestimmungen über die Befreiung von der Erbschaft- und Schenkungsteuer für Betriebsvermögen, Betriebe der Land- und Forstwirtschaft und Anteile an Kapitalgesellschaften in §§ 13a und 13b des Erbschaft- und Schenkungsteuergesetzes (ErbStG) in Verbindung mit der Tarifvorschrift des § 19 Abs. 1 ErbStG in ihrer im Jahre 2009 maßgeblichen Fassung gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstoßen.

I.

2

1. a) Die Erbschaft- und Schenkungsteuer belastet gemäß §§ 1, 3, 7 und 8 ErbStG Erwerbe von Todes wegen, Schenkungen unter Lebenden, Zweckzuwendungen und Familienstiftungen. Als steuerpflichtiger Erwerb gilt gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1 ErbStG die Bereicherung des Erwerbenden, soweit sie nicht steuerfrei ist. Auf die nach den Grundsätzen des § 10 ErbStG ermittelte Bemessungsgrundlage gelangt der in § 19 Abs. 1 ErbStG geregelte Steuertarif zur Anwendung. § 19 Abs. 1 ErbStG sieht unabhängig davon, aus welchen Vermögensarten sich Nachlass oder Schenkung zusammensetzen, für alle steuerpflichtigen Erwerbe einheitliche Steuersätze zwischen 7 % und 50 % vor, wobei sich die Höhe des jeweils anzuwendenden Steuersatzes zum einen nach der Höhe des Werts des steuerpflichtigen Erwerbs im Sinne von § 10 ErbStG und zum anderen nach der anzuwendenden Steuerklasse (§ 15 ErbStG) richtet, die ihrerseits vom persönlichen Verhältnis des Erwerbenden zum Zuwendenden, insbesondere als Ehegatte oder Lebenspartner oder nach dem Grad der Verwandtschaft, abhängt.

3

b) Im Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz sind aus verschiedenen Gründen vollständige oder begrenzte Befreiungen von der Erbschaft- und Schenkungsteuer geregelt. Persönliche Freibeträge stehen jedem Erwerbenden zu, der deren Voraussetzungen in eigener Person erfüllt (vgl. §§ 16, 17 ErbStG); sachliche Befreiungen werden nach Maßgabe der jeweiligen Voraussetzungen der Befreiungsnorm gewährt (so insbesondere §§ 13, 13a und 13b ErbStG).

4

c) Die Vorlage betrifft die im Jahr 2009 geltende Fassung des § 19 Abs. 1 ErbStG sowie der §§ 13a und 13b ErbStG, die sie zunächst durch das am 1. Januar 2009 in Kraft getretene Gesetz zur Reform des Erbschaftsteuer- und Bewertungsrechts (Erbschaftsteuerreformgesetz - ErbStRG) vom 24. Dezember 2008 (BGBl I S. 3018) erhalten haben. Durch den am 1. Januar 2010 in Kraft getretenen Artikel 6 des Gesetzes zur Beschleunigung des Wirtschaftswachstums (Wachstumsbeschleunigungsgesetz) vom 22. Dezember 2009 (BGBl I S. 3950) wurde § 13a ErbStG rückwirkend für Erwerbe geändert, für die die Steuer nach dem 31. Dezember 2008 entstanden ist.

5

d) Aus dem durch das Erbschaftsteuerreformgesetz neugefassten § 13a ErbStG und dem neu in das Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz eingefügten § 13b ergibt sich eine Verschonung des betrieblichen Vermögens. Die für das hier maßgebliche Jahr 2009 geltende, später durch das Wachstumsbeschleunigungsgesetz in einzelnen Punkten großzügiger gestaltete Gesetzesfassung sieht vor, dass nach § 13b ErbStG als begünstigungsfähig anerkanntes Vermögen zu 85 % (Regelverschonung) oder zu 100 % (Optionsverschonung) von der Erbschaft- oder Schenkungsteuer befreit sein kann, wenn bestimmte Voraussetzungen hinsichtlich der Zusammensetzung des übergegangenen Vermögens, seines Fortbestands in der Hand des Erwerbers und des Erhalts der mit ihm verbundenen Arbeitsplätze erfüllt werden.

6

aa) Bei der Regelverschonung bleibt der Wert des begünstigten Vermögens in Höhe eines Verschonungsabschlags von 85 % außer Ansatz (§ 13a Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 13b Abs. 4 ErbStG). Steuerlich belastet werden somit nur 15 % des übergegangenen Vermögenswerts.

7

Der Gesetzgeber sieht in dem Verschonungsabschlag in Höhe von 85 % eine pauschalierte Festlegung des begünstigten Betriebsvermögens. Er will damit Schwierigkeiten bei der Einordnung von ererbten oder geschenkten Vermögensgegenständen als begünstigungswürdig vermeiden, die sich aus der durch das Einkommensteuerrecht eröffneten Möglichkeit ergeben, Vermögensgegenstände zu gewillkürtem Betriebsvermögen zu erklären (vgl. BTDrucks 16/7918, S. 36).

8

Für den Anteil des nach § 13b Abs. 1 ErbStG begünstigten Vermögens, der nicht vom Verschonungsabschlag erfasst wird, ist gemäß § 13a Abs. 2 ErbStG eine zusätzliche Verschonung durch einen degressiv ausgestalteten Abzugsbetrag von maximal 150.000 Euro vorgesehen. Nach der Gesetzesbegründung soll durch ihn eine Wertermittlung und Überwachung bei Klein- und Kleinstfällen entbehrlich werden (vgl. BTDrucks 16/7918, S. 33 f.). Nach § 13a Abs. 2 Satz 3 ErbStG kann er innerhalb von zehn Jahren für von derselben Person anfallende Erwerbe nur einmal berücksichtigt werden.

9

bb) Zu dem nach §§ 13a und 13b ErbStG begünstigten Vermögen gehören land- und forstwirtschaftliches Vermögen, Betriebsvermögen sowie Anteile an Kapitalgesellschaften, an deren Nennkapital Erblasser oder Schenker zu mehr als 25 % unmittelbar beteiligt waren.

10

Das nach § 13b Abs. 1 ErbStG begünstigte Vermögen bleibt jedoch von der steuerlichen Verschonung ausgenommen, wenn das land- und forstwirtschaftliche Vermögen oder das Betriebsvermögen der Betriebe oder der Gesellschaften zu mehr als 50 % aus Verwaltungsvermögen besteht (§ 13b Abs. 2 Satz 1 ErbStG).

11

In diesem Fall ist der Erwerb des gesamten Vermögens steuerpflichtig. Liegt der Anteil des Verwaltungsvermögens dagegen bei höchstens 50 %, wird der gesamte Erwerb einschließlich des Verwaltungsvermögens begünstigt. Auch wenn die Verwaltungsvermögensgrenze eingehalten wird, ist nach § 13b Abs. 2 Satz 3 ErbStG gleichwohl solches Verwaltungsvermögen von der Begünstigung ausgeschlossen, welches im Besteuerungszeitpunkt dem Betrieb weniger als zwei Jahre zuzurechnen war (junges Verwaltungsvermögen).

12

Nach der Begründung des Regierungsentwurfs (vgl. BTDrucks 16/7918, S. 35 f.) sollten durch die Verwaltungsvermögensregelung überwiegend vermögensverwaltende Betriebe von den Verschonungen ausgenommen bleiben. Wegen der nach dem Einkommensteuerrecht bestehenden Möglichkeit, Vermögensgegenstände zu gewillkürtem Betriebsvermögen zu erklären, könnten praktisch alle Gegenstände, die üblicherweise der privaten Vermögensverwaltung zuzurechnen seien (vermietete und verpachtete Grundstücke und Gebäude, Minderbeteiligungen an Kapitalgesellschaften, Wertpapiere), auch in Form eines Gewerbebetriebs gehalten werden. Vermögen, das in erster Linie der weitgehend risikolosen Renditeerzielung diene und in der Regel weder Arbeitsplätze schaffe noch zusätzliche volkswirtschaftliche Leistungen hervorbringe, solle daher nicht begünstigt werden.

13

Die Wirtschaftsgüter, die zum Verwaltungsvermögen gehören, sind in § 13b Abs. 2 Satz 2 ErbStG abschließend aufgeführt. Im Grundsatz zählen hierzu nach der im Vorlageverfahren maßgeblichen Gesetzesfassung des Jahres 2009 Dritten zur Nutzung überlassene Grundstücke (§ 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 ErbStG), Anteile an Kapitalgesellschaften, wenn die unmittelbare Beteiligung am Nennkapital dieser Gesellschaften 25 % oder weniger beträgt (§ 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 ErbStG), Beteiligungen an Personengesellschaften und Kapitalgesellschaftsanteile von mehr als 25 %, wenn bei diesen Gesellschaften das Verwaltungsvermögen mehr als 50 % beträgt (§ 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 ErbStG), Wertpapiere und vergleichbare Forderungen (§ 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 ErbStG) sowie Kunstgegenstände, Kunstsammlungen, wissenschaftliche Sammlungen, Bibliotheken und Archive, Münzen, Edelmetalle und Edelsteine (§ 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 5 ErbStG).

14

cc) Voraussetzung für die steuerliche Begünstigung nach §§ 13a und 13b ErbStG ist - wie es auch in den vorangegangenen Fassungen des § 13a ErbStG der Fall war (s. unten I. 3. b) -, dass der Erwerbende den Betrieb während eines bestimmten Mindestzeitraums fortführt. Der Verschonungsabschlag (§ 13a Abs. 1 ErbStG) und der Abzugsbetrag (§ 13a Abs. 2 ErbStG) fallen gemäß § 13a Abs. 5 Satz 1 ErbStG mit Wirkung für die Vergangenheit weg, soweit der Erwerber innerhalb der Behaltensfrist von fünf Jahren in der in den § 13a Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 bis 5 ErbStG beschriebenen (schädlichen) Weise über das begünstigte Vermögen verfügt (etwa durch Veräußerung oder Aufgabe des Gewerbebetriebs oder von Teilen hiervon). Die Gründe für die Verfügung sind unbeachtlich.

15

Der Wegfall der steuerlichen Verschonung löst eine begrenzte Nachversteuerung des bisher begünstigten Vermögens aus: Betrifft die schädliche Verfügung nur einen Teil des begünstigten Vermögens, fällt auch nur der auf diesen Vermögensanteil bezogene Verschonungsabschlag und Abzugsbetrag weg. Verwirklicht der Erwerber bestimmte Nachsteuertatbestände während des Laufes der Fünfjahresfrist, entfällt nach § 13a Abs. 5 Satz 2 ErbStG der Abzugsbetrag (§ 13a Abs. 2 ErbStG) insgesamt, während der Verschonungsabschlag für die Jahre erhalten bleibt, in denen keine schädliche Verfügung vorlag (vgl. Meincke, ErbStG, 16. Aufl. 2012, § 13a Rn. 25).

16

dd) Als weitere Bedingung für die steuerliche Begünstigung nach §§ 13a und 13b ErbStG wurde durch das Erbschaftsteuerreformgesetz eine Lohnsummenregelung in § 13a ErbStG eingefügt, deren Vorgaben der Gesetzgeber als Reaktion auf die weltweite Finanz- und Wirtschaftskrise (vgl. BTDrucks 17/15, S. 20 f.) mit Artikel 6 Nr. 1 des Wachstumsbeschleunigungsgesetzes weiter zugunsten der Steuerpflichtigen mit Wirkung für Steuerentstehungszeitpunkte nach dem 31. Dezember 2008 geändert hat.

17

Unter Berücksichtigung dieser insoweit auf den 1. Januar 2009 rückwirkenden und damit für die hier zu beurteilende Rechtslage maßgeblichen Regelung gilt danach im Hinblick auf die Lohnsumme Folgendes: Bei Betrieben mit mehr als 20 - anstelle von zuvor mehr als zehn - Beschäftigten entfällt der Verschonungsabschlag wieder, wenn im Falle der Regelverschonung nicht innerhalb von fünf Jahren nach dem Erwerb (Lohnsummenfrist) insgesamt 400 % der Ausgangslohnsumme erreicht werden (vgl. § 13a Abs. 1 Sätze 2 und 3 sowie Abs. 4 ErbStG). Es kommt danach also nicht auf die Anzahl der Beschäftigten, sondern auf die Entwicklung der Lohnsumme an. Unterschreitet die Summe der maßgebenden jährlichen Lohnsummen innerhalb der Lohnsummenfrist die Mindestlohnsumme (400 % der Ausgangslohnsumme, § 13a Abs. 1 Satz 2 ErbStG), vermindert sich gemäß § 13a Abs. 1 Satz 5 ErbStG der nach § 13a Abs. 1 Satz 1 ErbStG zu gewährende Verschonungsabschlag mit Wirkung für die Vergangenheit in demselben prozentualen Umfang, wie die Mindestlohnsumme unterschritten wird.

18

Der Gesetzgeber sah die Lohnsumme, also die Summe der im Unternehmen gezahlten Löhne und Gehälter in Form eines Durchschnittsbetrags über die dem Unternehmensübergang vorangegangenen fünf Jahre, als geeigneten Indikator für die Unternehmensfortführung und die Erhaltung von Arbeitsplätzen an (vgl. BTDrucks 16/7918, S. 33). Mit der Lohnsummenregelung bleibe den Unternehmen ein hohes Maß an Flexibilität erhalten, da ein Abbau niedrig entlohnter Tätigkeit ohne Auswirkung auf die Begünstigungsregelung möglich bleibe, wenn zugleich produktivere, besser bezahlte Arbeitsplätze geschaffen würden (vgl. BTDrucks 16/7918, S. 33; 16/11107, S. 9).

19

Durch Art. 6 Nr. 1 und Nr. 4 des Wachstumsbeschleunigungsgesetzes wurde die Beschäftigtenzahl, bis zu der die Lohnsummenregelung keine Anwendung findet, von den ursprünglich in Anlehnung an § 23 Abs. 1 Satz 3 des Kündigungsschutzgesetzes (KSchG) als Freistellungsgrenze festgelegten zehn Beschäftigten (vgl. BTDrucks 16/7918, S. 33) rückwirkend zum 1. Januar 2009 auf 20 erhöht. Nach § 13a Abs. 1 Satz 4 ErbStG in der für das Vorlageverfahren maßgeblichen Fassung sind deshalb Betriebe mit nicht mehr als 20 Beschäftigten von der Lohnsummenregelung ausgenommen. Das gleiche gilt für Betriebe mit einer Ausgangslohnsumme von 0 Euro. Sie erlangen den Verschonungsabschlag bei Vorliegen der allgemeinen Voraussetzungen unabhängig von der Erhaltung von Arbeitsplätzen. Der Gesetzgeber führte für die Erhöhung der Beschäftigtenzahl durch das Wachstumsbeschleunigungsgesetz keinen besonderen Grund an, sondern verwies allgemein auf das Erfordernis, die Bedingungen für die Unternehmensnachfolge angesichts der weltweiten Wirtschaftskrise krisenfest und mittelstandsfreundlicher auszugestalten (vgl. BTDrucks 17/15, S. 20).

20

ee) Der Erwerber begünstigten Vermögens hat nach § 13a Abs. 8 ErbStG die Option, anstelle der Regelverschonung in Höhe von 85 % einen Verschonungsabschlag von 100 % und damit die völlige Steuerfreiheit des Erwerbs zu erreichen (Optionsverschonung; vgl. § 13a Abs. 8 Nr. 4 ErbStG). Er muss hierzu unwiderruflich erklären, dass die Steuerbefreiung nach § 13a Abs. 1 bis 7 ErbStG in Verbindung mit § 13b ErbStG nach folgender Maßgabe gewährt wird: Die Lohnsummenfrist wird auf sieben Jahre erweitert und die Lohnsumme auf 700 % erhöht. Die Behaltensfrist wird auf sieben Jahre verlängert. Das begünstigte Vermögen darf zu nicht mehr als 10 % aus Verwaltungsvermögen im Sinne des § 13b Abs. 2 Satz 2 ErbStG bestehen.

21

e) §§ 13a, 13b und § 19 ErbStG lauten in der für das Vorlageverfahren im Jahre 2009 maßgeblichen Fassung auszugsweise wie folgt:

§ 13a

Steuerbefreiung für Betriebsvermögen, Betriebe der Land- und Forstwirtschaft und Anteile an Kapitalgesellschaften

(1) Der Wert von Betriebsvermögen, land- und forstwirtschaftlichem Vermögen und Anteilen an Kapitalgesellschaften im Sinne des § 13b Abs. 4 bleibt insgesamt außer Ansatz (Verschonungsabschlag). Voraussetzung ist, dass die Summe der maßgebenden jährlichen Lohnsummen (Absatz 4) des Betriebs, bei Beteiligungen an einer Personengesellschaft oder Anteilen an einer Kapitalgesellschaft des Betriebs der jeweiligen Gesellschaft, innerhalb von fünf Jahren nach dem Erwerb (Lohnsummenfrist) insgesamt 400 Prozent der Ausgangslohnsumme nicht unterschreitet (Mindestlohnsumme). Ausgangslohnsumme ist die durchschnittliche Lohnsumme der letzten fünf vor dem Zeitpunkt der Entstehung der Steuer endenden Wirtschaftsjahre. Satz 2 ist nicht anzuwenden, wenn die Ausgangslohnsumme 0 Euro beträgt oder der Betrieb nicht mehr als 20 Beschäftigte hat. Unterschreitet die Summe der maßgebenden jährlichen Lohnsummen die Mindestlohnsumme, vermindert sich der nach Satz 1 zu gewährende Verschonungsabschlag mit Wirkung für die Vergangenheit in demselben prozentualen Umfang, wie die Mindestlohnsumme unterschritten wird.

(2) Der nicht unter § 13b Abs. 4 fallende Teil des Vermögens im Sinne des § 13b Abs. 1 bleibt vorbehaltlich des Satzes 3 außer Ansatz, soweit der Wert dieses Vermögens insgesamt 150 000 Euro nicht übersteigt (Abzugsbetrag). Der Abzugsbetrag von 150 000 Euro verringert sich, wenn der Wert dieses Vermögens insgesamt die Wertgrenze von 150 000 Euro übersteigt, um 50 Prozent des diese Wertgrenze übersteigenden Betrags. Der Abzugsbetrag kann innerhalb von zehn Jahren für von derselben Person anfallende Erwerbe nur einmal berücksichtigt werden.

(3) …

(4) Die Lohnsumme umfasst alle Vergütungen (Löhne und Gehälter und andere Bezüge und Vorteile), die im maßgebenden Wirtschaftsjahr an die auf den Lohn- und Gehaltslisten erfassten Beschäftigten gezahlt werden; außer Ansatz bleiben Vergütungen an solche Arbeitnehmer, die nicht ausschließlich oder überwiegend in dem Betrieb tätig sind. Zu den Vergütungen zählen alle Geld- oder Sachleistungen für die von den Beschäftigten erbrachte Arbeit, unabhängig davon, wie diese Leistungen bezeichnet werden und ob es sich um regelmäßige oder unregelmäßige Zahlungen handelt. Zu den Löhnen und Gehältern gehören auch alle von den Beschäftigten zu entrichtenden Sozialbeiträge, Einkommensteuern und Zuschlagsteuern auch dann, wenn sie vom Arbeitgeber einbehalten und von ihm im Namen des Beschäftigten direkt an den Sozialversicherungsträger und die Steuerbehörde abgeführt werden. Zu den Löhnen und Gehältern zählen alle vom Beschäftigten empfangenen Sondervergütungen, Prämien, Gratifikationen, Abfindungen, Zuschüsse zu Lebenshaltungskosten, Familienzulagen, Provisionen, Teilnehmergebühren und vergleichbare Vergütungen. Gehören zum Betriebsvermögen des Betriebs, bei Beteiligungen an einer Personengesellschaft und Anteilen an einer Kapitalgesellschaft des Betriebs der jeweiligen Gesellschaft, unmittelbar oder mittelbar Beteiligungen an Personengesellschaften, die ihren Sitz oder ihre Geschäftsleitung im Inland, einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem Staat des Europäischen Wirtschaftsraums haben, oder Anteile an Kapitalgesellschaften, die ihren Sitz oder ihre Geschäftsleitung im Inland, einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem Staat des Europäischen Wirtschaftsraums haben, wenn die unmittelbare oder mittelbare Beteiligung mehr als 25 Prozent beträgt, sind die Lohnsummen dieser Gesellschaften einzubeziehen zu dem Anteil, zu dem die unmittelbare und mittelbare Beteiligung besteht.

(5) Der Verschonungsabschlag (Absatz 1) und der Abzugsbetrag (Absatz 2) fallen nach Maßgabe des Satzes 2 mit Wirkung für die Vergangenheit weg, soweit der Erwerber innerhalb von fünf Jahren (Behaltensfrist)

1. einen Gewerbebetrieb oder einen Teilbetrieb, einen Anteil an einer Gesellschaft im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 3 oder § 18 Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes, einen Anteil eines persönlich haftenden Gesellschafters einer Kommanditgesellschaft auf Aktien oder einen Anteil daran veräußert; als Veräußerung gilt auch die Aufgabe des Gewerbebetriebs. Gleiches gilt, wenn wesentliche Betriebsgrundlagen eines Gewerbebetriebs veräußert oder in das Privatvermögen überführt oder anderen betriebsfremden Zwecken zugeführt werden oder wenn Anteile an einer Kapitalgesellschaft veräußert werden, die der Veräußerer durch eine Sacheinlage (§ 20 Abs. 1 des Umwandlungssteuergesetzes vom 7. Dezember 2006 (BGBl. I S. 2782, 2791), geändert durch Artikel 5 des Gesetzes vom 14. August 2007 (BGBl. I S. 1912), in der jeweils geltenden Fassung) aus dem Betriebsvermögen im Sinne des § 13b erworben hat oder ein Anteil an einer Gesellschaft im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 3 oder § 18 Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes oder ein Anteil daran veräußert wird, den der Veräußerer durch eine Einbringung des Betriebsvermögens im Sinne des § 13b in eine Personengesellschaft (§ 24 Abs. 1 des Umwandlungssteuergesetzes) erworben hat;

2. das land- und forstwirtschaftliche Vermögen im Sinne des § 168 Abs. 1 Nr. 1 des Bewertungsgesetzes und selbst bewirtschaftete Grundstücke im Sinne des § 159 des Bewertungsgesetzes veräußert. Gleiches gilt, wenn das land- und forstwirtschaftliche Vermögen dem Betrieb der Land- und Forstwirtschaft nicht mehr dauernd zu dienen bestimmt ist oder wenn der bisherige Betrieb innerhalb der Behaltensfrist als Stückländerei zu qualifizieren wäre oder Grundstücke im Sinne des § 159 des Bewertungsgesetzes nicht mehr selbst bewirtschaftet werden;

3. als Inhaber eines Gewerbebetriebs, Gesellschafter einer Gesellschaft im Sinne des § 15 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 3 oder § 18 Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes oder persönlich haftender Gesellschafter einer Kommanditgesellschaft auf Aktien bis zum Ende des letzten in die Fünfjahresfrist fallenden Wirtschaftsjahres Entnahmen tätigt, die die Summe seiner Einlagen und der ihm zuzurechnenden Gewinne oder Gewinnanteile seit dem Erwerb um mehr als 150 000 Euro übersteigen; Verluste bleiben unberücksichtigt. Gleiches gilt für Inhaber eines begünstigten Betriebs der Land- und Forstwirtschaft oder eines Teilbetriebs oder eines Anteils an einem Betrieb der Land- und Forstwirtschaft. Bei Ausschüttungen an Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft ist sinngemäß zu verfahren;

4. Anteile an Kapitalgesellschaften im Sinne des § 13b ganz oder teilweise veräußert; eine verdeckte Einlage der Anteile in eine Kapitalgesellschaft steht der Veräußerung der Anteile gleich. Gleiches gilt, wenn die Kapitalgesellschaft innerhalb der Frist aufgelöst oder ihr Nennkapital herabgesetzt wird, wenn diese wesentliche Betriebsgrundlagen veräußert und das Vermögen an die Gesellschafter verteilt wird; Satz 1 Nr. 1 Satz 2 gilt entsprechend;

5. im Fall des § 13b Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 die Verfügungsbeschränkung oder die Stimmrechtsbündelung aufgehoben wird.

Der Wegfall des Verschonungsabschlags beschränkt sich in den Fällen des Satzes 1 Nr. 1, 2, 4 und 5 auf den Teil, der dem Verhältnis der im Zeitpunkt der schädlichen Verfügung verbleibenden Behaltensfrist einschließlich des Jahres, in dem die Verfügung erfolgt, zur gesamten Behaltensfrist ergibt. In den Fällen des Satzes 1 Nr. 1, 2 und 4 ist von einer Nachversteuerung abzusehen, wenn der Veräußerungserlös innerhalb der nach § 13b Abs. 1 begünstigten Vermögensart verbleibt. Hiervon ist auszugehen, wenn der Veräußerungserlös innerhalb von sechs Monaten in entsprechendes Vermögen investiert wird, das nicht zum Verwaltungsvermögen im Sinne des § 13b Abs. 2 gehört.

(6) - (7) …

(8) Der Erwerber kann unwiderruflich erklären, dass die Steuerbefreiung nach den Absätzen 1 bis 7 in Verbindung mit § 13b nach folgender Maßgabe gewährt wird:

1. In Absatz 1 Satz 2 tritt an die Stelle der Lohnsummenfrist von fünf Jahren eine Lohnsummenfrist von sieben Jahren und an die Stelle der maßgebenden Lohnsumme von 400 Prozent eine maßgebende Lohnsumme von 700 Prozent;

2. in Absatz 5 tritt an die Stelle der Behaltensfrist von fünf Jahren eine Behaltensfrist von sieben Jahren;

3. in § 13b Abs. 2 Satz 1 tritt an die Stelle des Prozentsatzes für das Verwaltungsvermögen von 50 Prozent ein Prozentsatz von 10 Prozent;

4. in § 13b Abs. 4 tritt an die Stelle des Prozentsatzes für die Begünstigung von 85 Prozent ein Prozentsatz von 100 Prozent.

(9) …

§ 13b

Begünstigtes Vermögen

(1) Zum begünstigten Vermögen gehören vorbehaltlich Absatz 2

1. der inländische Wirtschaftsteil des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens (§ 168 Abs. 1 Nr. 1 des Bewertungsgesetzes) mit Ausnahme der Stückländereien (§ 168 Abs. 2 des Bewertungsgesetzes) und selbst bewirtschaftete Grundstücke im Sinne des § 159 des Bewertungsgesetzes sowie entsprechendes land- und forstwirtschaftliches Vermögen, das einer Betriebsstätte in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem Staat des Europäischen Wirtschaftsraums dient;

2. inländisches Betriebsvermögen (§§ 95 bis 97 des Bewertungsgesetzes) beim Erwerb eines ganzen Gewerbebetriebs, eines Teilbetriebs, eines Anteils an einer Gesellschaft im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 3 oder § 18 Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes, eines Anteils eines persönlich haftenden Gesellschafters einer Kommanditgesellschaft auf Aktien oder eines Anteils daran und entsprechendes Betriebsvermögen, das einer Betriebsstätte in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem Staat des Europäischen Wirtschaftsraums dient;

3. Anteile an Kapitalgesellschaften, wenn die Kapitalgesellschaft zur Zeit der Entstehung der Steuer Sitz oder Geschäftsleitung im Inland oder in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem Staat des Europäischen Wirtschaftsraums hat und der Erblasser oder Schenker am Nennkapital dieser Gesellschaft zu mehr als 25 Prozent unmittelbar beteiligt war (Mindestbeteiligung). Ob der Erblasser oder Schenker die Mindestbeteiligung erfüllt, ist nach der Summe der dem Erblasser oder Schenker unmittelbar zuzurechnenden Anteile und der Anteile weiterer Gesellschafter zu bestimmen, wenn der Erblasser oder Schenker und die weiteren Gesellschafter untereinander verpflichtet sind, über die Anteile nur einheitlich zu verfügen oder ausschließlich auf andere derselben Verpflichtung unterliegende Anteilseigner zu übertragen und das Stimmrecht gegenüber nichtgebundenen Gesellschaftern einheitlich auszuüben.

(2) Ausgenommen bleibt Vermögen im Sinne des Absatzes 1, wenn das land- und forstwirtschaftliche Vermögen oder das Betriebsvermögen der Betriebe oder der Gesellschaften zu mehr als 50 Prozent aus Verwaltungsvermögen besteht. Zum Verwaltungsvermögen gehören

1. Dritten zur Nutzung überlassene Grundstücke, Grundstücksteile, grundstücksgleiche Rechte und Bauten. Eine Nutzungsüberlassung an Dritte ist nicht anzunehmen, wenn

a) der Erblasser oder Schenker sowohl im überlassenden Betrieb als auch im nutzenden Betrieb allein oder zusammen mit anderen Gesellschaftern einen einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillen durchsetzen konnte oder als Gesellschafter einer Gesellschaft im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 3 oder § 18 Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes den Vermögensgegenstand der Gesellschaft zur Nutzung überlassen hatte, und diese Rechtsstellung auf den Erwerber übergegangen ist, soweit keine Nutzungsüberlassung an einen weiteren Dritten erfolgt;

b) die Nutzungsüberlassung im Rahmen der Verpachtung eines ganzen Betriebs erfolgt, welche beim Verpächter zu Einkünften nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 bis 3 des Einkommensteuergesetzes führt und

aa) der Verpächter des Betriebs im Zusammenhang mit einer unbefristeten Verpachtung den Pächter durch eine letztwillige Verfügung oder eine rechtsgeschäftliche Verfügung als Erben eingesetzt hat oder

bb) die Verpachtung an einen Dritten erfolgt, weil der Beschenkte im Zeitpunkt der Steuerentstehung den Betrieb noch nicht führen kann, und die Verpachtung auf höchstens zehn Jahre befristet ist; hat der Beschenkte das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet, beginnt die Frist mit der Vollendung des 18. Lebensjahres.

Dies gilt nicht für verpachtete Betriebe, die vor ihrer Verpachtung die Voraussetzungen als begünstigtes Vermögen nach Absatz 1 und Satz 1 nicht erfüllt haben und für verpachtete Betriebe, deren Hauptzweck in der Überlassung von Grundstücken, Grundstücksteilen, grundstücksgleichen Rechten und Bauten an Dritte zur Nutzung besteht, die nicht unter Buchstabe d fallen;

c) sowohl der überlassende Betrieb als auch der nutzende Betrieb zu einem Konzern im Sinne des § 4h des Einkommensteuergesetzes gehören, soweit keine Nutzungsüberlassung an einen weiteren Dritten erfolgt;

d) die überlassenen Grundstücke, Grundstücksteile, grundstücksgleiche Rechte und Bauten zum Betriebsvermögen, zum gesamthänderisch gebundenen Betriebsvermögen einer Personengesellschaft oder zum Vermögen einer Kapitalgesellschaft gehören und der Hauptzweck des Betriebs in der Vermietung von Wohnungen im Sinne des § 181 Abs. 9 des Bewertungsgesetzes besteht, dessen Erfüllung einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb (§ 14 der Abgabenordnung) erfordert;

e) Grundstücke, Grundstücksteile, grundstücksgleiche Rechte und Bauten an Dritte zur land- und forstwirtschaftlichen Nutzung überlassen werden;

2. Anteile an Kapitalgesellschaften, wenn die unmittelbare Beteiligung am Nennkapital dieser Gesellschaften 25 Prozent oder weniger beträgt und sie nicht dem Hauptzweck des Gewerbebetriebs eines Kreditinstitutes oder eines Finanzdienstleistungsinstitutes im Sinne des § 1 Abs. 1 und 1a des Kreditwesengesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 9. September 1998 (BGBl. I S. 2776), das zuletzt durch Artikel 24 des Gesetzes vom 23. Oktober 2008 (BGBl. I S. 2026) geändert worden ist, oder eines Versicherungsunternehmens, das der Aufsicht nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 des Versicherungsaufsichtsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 17. Dezember 1992 (BGBl. 1993 I S. 2), das zuletzt durch Artikel 6 Abs. 2 des Gesetzes vom 17. Oktober 2008 (BGBl. I S. 1982) geändert worden ist, unterliegt, zuzurechnen sind. Ob diese Grenze unterschritten wird, ist nach der Summe der dem Betrieb unmittelbar zuzurechnenden Anteile und der Anteile weiterer Gesellschafter zu bestimmen, wenn die Gesellschafter untereinander verpflichtet sind, über die Anteile nur einheitlich zu verfügen oder sie ausschließlich auf andere derselben Verpflichtung unterliegende Anteilseigner zu übertragen und das Stimmrecht gegenüber nichtgebundenen Gesellschaftern nur einheitlich ausüben;

3. Beteiligungen an Gesellschaften im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 3 oder § 18 Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes und an entsprechenden Gesellschaften im Ausland sowie Anteile an Kapitalgesellschaften, die nicht unter Nummer 2 fallen, wenn bei diesen Gesellschaften das Verwaltungsvermögen mehr als 50 Prozent beträgt;

4. Wertpapiere sowie vergleichbare Forderungen, wenn sie nicht dem Hauptzweck des Gewerbebetriebs eines Kreditinstitutes oder eines Finanzdienstleistungsinstitutes im Sinne des § 1 Abs. 1 und 1a des Kreditwesengesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 9. September 1998 (BGBl. I S. 2776), das zuletzt durch Artikel 24 des Gesetzes vom 23. Oktober 2008 (BGBl. I S. 2026) geändert worden ist, oder eines Versicherungsunternehmens, das der Aufsicht nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 des Versicherungsaufsichtsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 17. Dezember 1992 (BGBl. 1993 I S. 2), das zuletzt durch Artikel 6 Abs. 2 des Gesetzes vom 17. Oktober 2008 (BGBl. I S. 1982) geändert worden ist, unterliegt, zuzurechnen sind;

5. Kunstgegenstände, Kunstsammlungen, wissenschaftliche Sammlungen, Bibliotheken und Archive, Münzen, Edelmetalle und Edelsteine, wenn der Handel mit diesen Gegenständen oder deren Verarbeitung nicht der Hauptzweck des Gewerbebetriebs ist.

Kommt Satz 1 nicht zur Anwendung, gehört solches Verwaltungsvermögen im Sinne des Satzes 2 Nr. 1 bis 5 nicht zum begünstigten Vermögen im Sinne des Absatzes 1, welches dem Betrieb im Besteuerungszeitpunkt weniger als zwei Jahre zuzurechnen war. Der Anteil des Verwaltungsvermögens am gemeinen Wert des Betriebs bestimmt sich nach dem Verhältnis der Summe der gemeinen Werte der Einzelwirtschaftsgüter des Verwaltungsvermögens zum gemeinen Wert des Betriebs; für Grundstücksteile des Verwaltungsvermögens ist der ihnen entsprechende Anteil am gemeinen Wert des Grundstücks anzusetzen. Bei Betrieben der Land- und Forstwirtschaft ist als Vergleichsmaßstab der Wert des Wirtschaftsteils (§ 168 Abs. 1 Nr. 1 des Bewertungsgesetzes) anzuwenden.

(3) …

(4) Begünstigt sind 85 Prozent des in Absatz 1 genannten Vermögens.

§ 19

Steuersätze

(1) Die Erbschaftsteuer wird nach folgenden Prozentsätzen erhoben:

Wert des steuerpflichtigen Erwerbs (§ 10) bis einschließlich … Euro

Prozentsatz in der Steuerklasse

I

II

III

75 000

7

30

30

300 000

11

30

30

600 000

15

30

30

6 000 000

19

30

30

13 000 000

23

50

50

26 000 000

27

50

50

über 26 000 000

30

50

50

(2) - (3) …

22

2. Neben §§ 13a und 13b ErbStG ist in § 19a ErbStG als weitere Privilegierung für das betriebliche Vermögen eine Tarifbegrenzung für Erwerber der Steuerklassen II und III geregelt, die darauf abzielt, beim Erwerb von Betriebsvermögen, von Betrieben der Land- und Forstwirtschaft und von Anteilen an Kapitalgesellschaften die Steuersätze der Steuerklasse I anzuwenden. Folglich wird der Teil des begünstigten Vermögens, der nach Verschonungsabschlag und Abzugsbetrag verbleibt, nach Maßgabe des § 19a ErbStG nach der günstigeren Steuerklasse I besteuert, auch wenn der Erwerb ansonsten nach Steuerklasse II oder III zu versteuern wäre (vgl. Meincke, ErbStG, 16. Aufl. 2012, § 19a Rn. 2).

23

Gehört zum Erwerb Betriebsvermögen oder land- und forstwirtschaftliches Vermögen, ist dem Erwerber nach § 28 ErbStG die darauf entfallende Erbschaftsteuer auf Antrag bis zu zehn Jahren (bei Erwerben von Todes wegen zinslos) zu stunden. Voraussetzung für eine Stundung ist, dass sie zur Erhaltung des Betriebs notwendig ist. Der Erwerb von Anteilen an Kapitalgesellschaften ist nach § 28 ErbStG nicht begünstigt.

24

3. a) Das Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht kennt Vergünstigungen beim Erwerb betrieblichen Vermögens im Wesentlichen seit Anfang der 1990er Jahre. Mit dem Gesetz zur Entlastung der Familien und zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für Investitionen und Arbeitsplätze (Steueränderungsgesetz 1992 - StÄndG 1992) vom 25. Februar 1992 (BGBl I S. 297) ordnete der Gesetzgeber die weitgehende Übernahme der Steuerbilanzwerte zur Bewertung des Betriebsvermögens für Zwecke der Erbschaft- und Schenkungsteuer an (vgl. BVerfGE 117, 1 <4>). Der Gesetzesentwurf geht davon aus, dass der Steuerbilanzwertansatz gegenüber den bis dahin geltenden Bewertungsgrundsätzen zu vielfach niedrigeren Besteuerungswerten führen würde. Die dadurch bewirkte Entlastung bei der Erbschafts- und Schenkungsbesteuerung sei insbesondere für mittelständische Personenunternehmen wichtig. Zur Sicherung der Unternehmen solle vermieden werden, dass diesen zur Begleichung der Steuerschuld über Gebühr Mittel entzogen werden müssten (vgl. BTDrucks 12/1108, S. 37).

25

Ebenfalls durch das Steueränderungsgesetz 1992 wurde die Stundungsregelung in § 28 ErbStG auf Betriebsvermögen erstreckt, nach der zuvor nur bei land- und forstwirtschaftlichem Vermögen ein Anspruch auf Stundung (auf bis zu sieben Jahre) der Steuerschuld bestand, wenn dies zur Erhaltung des Betriebs notwendig war. Zusätzlich wurde für Erwerbe von Todes wegen angeordnet, dass die Stundung zinslos zu erfolgen habe (vgl. § 28 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 ErbStG). Mit dem Jahressteuergesetz 1996 vom 11. Oktober 1995 (BGBl I S. 1250) wurde der maximale Stundungszeitraum auf zehn Jahre ausgedehnt.

26

b) Durch das Gesetz zur Verbesserung der steuerlichen Bedingungen zur Sicherung des Wirtschaftsstandorts Deutschland im Europäischen Binnenmarkt (Standortsicherungsgesetz - StandOG) vom 13. September 1993 (BGBl I S. 1569) führte der Gesetzgeber mit dem neu eingefügten § 13 Abs. 2a ErbStG erstmals einen sachbezogenen Freibetrag für durch Erbanfall oder im Weg der vorweggenommenen Erbfolge (seit 23. Dezember 2001 allgemein durch Schenkung unter Lebenden; vgl. Art. 16 des Steueränderungsgesetzes 2001 vom 20. Dezember 2001, BGBl I S. 3794) erworbenes Betriebsvermögen in Höhe von 500.000 DM ein (ab 1. Januar 2002: 256.000 Euro; ab 1. Januar 2004: 225.000 Euro). Dieser war an eine Behaltensfrist von fünf Jahren gekoppelt. Wurde innerhalb dieses Zeitraums die Fortführung des Betriebs beendet oder das begünstigte Vermögen weitergegeben, kam es zur Nachversteuerung (vgl. BVerfGE 117, 1 <5>).

27

Die Bundesregierung begründete den Freibetrag für Betriebsvermögen damit, dass insbesondere die Erben kleiner und mittlerer Betriebe (Einzelunternehmen und Personengesellschaften) von der Erbschaftsteuer entlastet werden sollten, um ihnen die Fortführung ihrer Betriebe zu erleichtern. Die Erben müssten dem Betriebsvermögen nur noch in entsprechend gemindertem Umfang liquide Mittel für die Zahlung der Erbschaftsteuer entnehmen. Auf diese Weise würden auch Wettbewerbsverzerrungen zugunsten von Publikumsgesellschaften im Streubesitz verringert. Im Übrigen seien steuerliche Vergünstigungen für das Betriebsvermögen auch wegen seiner verhältnismäßig geringen Fungibilität, der erhöhten Sozialverpflichtung (Erhaltung von Arbeitsplätzen) und des höheren Risikos notwendig und gerechtfertigt (vgl. BTDrucks 12/4487, S. 24 und 47).

28

c) Mit dem Jahressteuergesetz (JStG) 1997 vom 20. Dezember 1996 (BGBl I S. 2049) erweiterte der Gesetzgeber nochmals den Vergünstigungsumfang für betriebliches Vermögen durch den neu in das Gesetz eingefügten § 13a ErbStG.

29

Die Regelung sah nunmehr einen Bewertungsabschlag von 40 % (ab 1. Januar 2004: 35 %) auf den nach Abzug des Freibetrags verbleibenden Wert des Vermögens vor, der wie der Freibetrag innerhalb von fünf Jahren nach dem Erwerb unter einem Nachversteuerungsvorbehalt stand (vgl. auch BVerfGE 117, 1 <5>). Dadurch sollte eine weitere Verringerung der steuerlichen Belastung für die Unternehmensnachfolge, vor allem von mittelständischen Unternehmen, erreicht (vgl. BTDrucks 13/901, S. 157) und dem Beschluss des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 22. Juni 1995 (BVerfGE 93, 165) Rechnung getragen werden (vgl. BTDrucks 13/4839, S. 67 f.).

30

Außerdem wurden neben Betriebsvermögen nunmehr auch land- und forstwirtschaftliches Vermögen und Anteile an inländischen Kapitalgesellschaften, an deren Nennkapital der Erblasser oder Schenker zu mehr als einem Viertel unmittelbar beteiligt war, in die steuerliche Begünstigung einbezogen (vgl. dazu BVerfGE 117, 1 <10, 12>). Der Gesetzgeber zielte hiermit auf die Erleichterung des Generationenwechsels in den Betrieben der Land- und Forstwirtschaft, indem bäuerliche Familienbetriebe regelmäßig ohne Belastung mit Erbschaft- und Schenkungsteuer übergehen sollten (vgl. BTDrucks 13/4839, S. 67 f.). Daneben wollte er "familienbezogene" (vgl. BTDrucks 13/901, S. 157; 13/4839, S. 67) Kapitalgesellschaften fördern. Die Einführung einer Mindestbeteiligungsgrenze sei zur Verhinderung von missbräuchlichen Gestaltungen geboten; sie sei Indiz dafür, dass der Anteilseigner unternehmerisch in die Gesellschaft eingebunden sei und nicht nur als Kapitalanleger auftrete. Insgesamt werde mit dieser zusätzlichen Regelung dem für diese Gesellschaften typischen "unternehmerischen Risiko" im weiteren Sinne auf der Seite der Anteilseigner Rechnung getragen (vgl. BTDrucks 13/901, S. 158).

31

Außerdem wurde mit dem Jahressteuergesetz 1997 die Tarifbegrenzung des § 19a in das ErbStG eingefügt, nach der auch bei eigentlich den ungünstigeren Steuerklassen II und III des § 15 Abs. 1, Abs. 1a ErbStG angehörenden Erwerbern von Betriebsvermögen die Erbschaftsteuer nach der Steuerklasse I berechnet wird (vgl. BVerfGE 117, 1 <6>).

32

d) aa) Nachdem das Bundesverfassungsgericht auf die Vorlage des Bundesfinanzhofs vom 22. Mai 2002 (BFHE 198, 342) die Tarifnorm des § 19 Abs. 1 ErbStG wegen Gleichheitswidrigkeit der maßgeblichen Bewertungsbestimmungen durch Beschluss vom 7. November 2006 (BVerfGE 117, 1) für verfassungswidrig erklärt hatte, änderte der Bundesgesetzgeber mit dem Erbschaftsteuerreformgesetz nicht nur die Bewertungsgrundsätze für erbschaft- und schenkungsteuerrechtliche Zwecke, sondern gestaltete auch die Verschonung betrieblichen Vermögens durch §§ 13a und 13b ErbStG inhaltlich neu und erweiterte sie.

33

Die §§ 13a und 13b ErbStG in der Fassung des Erbschaftsteuerreformgesetzes sahen gegenüber der für das Vorlageverfahren maßgeblichen Gesetzesfassung durch das Wachstumsbeschleunigungsgesetz (vgl. hierzu oben I. 1. c) erhöhte Voraussetzungen für die Steuerbefreiungen vor. Die Inanspruchnahme des Verschonungsabschlags war nach § 13a Abs. 1 Satz 2 ErbStG noch davon abhängig, dass die Summe der jährlichen Lohnsummen des Betriebs während einer siebenjährigen Lohnsummenfrist 650 % der Ausgangslohnsumme erreicht. Eine Befreiung von der Lohnsummenregelung war nach § 13a Abs. 1 Satz 4 ErbStG lediglich bis zu einer Grenze von zehn Beschäftigten vorgesehen, und die Behaltensfrist nach § 13a Abs. 5 ErbStG betrug noch sieben Jahre. Dementsprechend waren auch die Anforderungen nach § 13a Abs. 8 ErbStG für die Erlangung einer vollständigen Verschonung strenger, da hierfür eine Lohnsummenfrist von zehn Jahren eingehalten werden musste, von einer maßgebenden Lohnsumme von 1.000 % ausgegangen wurde und eine Behaltensfrist von zehn Jahren vorgesehen war.

34

Bei der Neuregelung der erbschaft- und schenkungsteuerrechtlichen Begünstigung betrieblichen Vermögens durch das Erbschaftsteuerreformgesetz ließ sich der Gesetzgeber davon leiten, dass Betriebsvermögen gegenüber anderen Vermögensarten Besonderheiten aufweise, die eine differenzierte Behandlung im Rahmen der Erbschaftsteuer erforderten. Diese Vermögensart bilde eine Basis für Wertschöpfung und Beschäftigung und für den Erhalt von Arbeitsplätzen (vgl. BTDrucks 16/7918, S. 33).

35

In vielen Betrieben sei beträchtliches Kapital für Produktionszwecke gebunden. Die im Erbfall trotz Begünstigung anfallende Erbschaftsteuer sei oft nicht aus liquidem Vermögen oder aus laufenden Erträgen zu begleichen. Um die Erhaltung von Arbeitsplätzen nicht zu gefährden, müssten Betriebe vor kurzfristigen hohen Belastungen geschützt werden. Liquiditätsreserven und Investitionsfähigkeit sollten durch staatliche Ansprüche nicht erschöpft werden. Gerade Zeiten des Betriebsübergangs brauchten stabile Rahmenbedingungen, weil sie oft Umstrukturierungen und Neuinvestitionen erforderlich machten. Deshalb werde allen Betrieben eine Verschonung angeboten, die ihre Liquidität schütze, Investitionen nicht verhindere und so Arbeitsplätze sichere (vgl. BTDrucks 16/7918, S. 33). Voraussetzung der Verschonung sei, dass die Unternehmensnachfolge nachhaltig sei und die Arbeitsplätze erhalten würden (vgl. BTDrucks 16/7918, S. 23).

36

Die klein- und mittelständisch geprägte Unternehmenslandschaft sei für die deutsche Wirtschaft im internationalen Wettbewerb von Vorteil. Regional vernetzte Familienbetriebe seien notwendige Voraussetzung für wirtschaftliches Wachstum und damit für die Schaffung wettbewerbsfähiger Arbeits- und Ausbildungsplätze in Deutschland. Klein- und mittelständische Betriebe stünden für offene Märkte und hohe Wettbewerbsintensität (vgl. BTDrucks 16/7918, S. 33). Gemeinwohlgründe sprächen nicht nur für eine steuerliche Privilegierung der Unternehmen, sondern auch für Verschonungsregelungen für land- und forstwirtschaftliches Vermögen, dessen Bedeutung vor dem Hintergrund des gewachsenen ökologischen Bewusstseins deutlich werde (vgl. BTDrucks 16/7918, S. 23).

37

bb) Durch Artikel 1 Nr. 17 des Erbschaftsteuerreformgesetzes kam es auch zu einer Änderung der Tarifstruktur in § 19 Abs. 1 ErbStG. Für Erwerber der Steuerklassen II und III galten dieselben Steuersätze mit nur noch zwei unterschiedlichen Prozentsätzen (30 und 50 %).

38

e) Artikel 6 Nr. 1 und Nr. 4 des Wachstumsbeschleunigungsgesetzes änderte § 13a ErbStG zugunsten der Steuerpflichtigen rückwirkend. Daneben wurde durch Artikel 6 Nr. 2 und Nr. 4 des Wachstumsbeschleunigungsgesetzes die Änderung des § 19 Abs. 1 ErbStG durch das Erbschaftsteuerreformgesetz (vgl. oben 3. d bb) mit Wirkung für Steuerentstehungszeitpunkte nach dem 31. Dezember 2009 wieder zurückgenommen (BGBl I S. 3950 <3954>). Danach sah § 19 Abs. 1 ErbStG für Erwerber der Steuerklasse II wieder Steuersätze von 15 bis 43 % vor, die von einer einzelnen Ausnahme abgesehen zwischen den Steuersätzen für Erwerber der Steuerklasse I und III liegen.

39

4. §§ 13a und 13b ErbStG haben durch das Jahressteuergesetz 2010 (JStG 2010) vom 8. Dezember 2010 (BGBl I S. 1768) und das Steuervereinfachungsgesetz 2011 vom 1. November 2011 (BGBl I S. 2131) Änderungen erfahren, die jedoch die Vorlagefrage nicht berühren. Erneut geändert wurden die §§ 13a und 13b ErbStG mit Wirkung für Steuerentstehungszeitpunkte nach dem 6. Juni 2013 durch Artikel 30 des Gesetzes zur Umsetzung der Amtshilferichtlinie sowie zur Änderung steuerlicher Vorschriften (Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetz - AmtshilfeRLUmsG) vom 26. Juni 2013 (BGBl I S. 1809 <1842>). Mit diesen Änderungen reagierte der Gesetzgeber auf die vom Bundesfinanzhof aufgezeigten Gestaltungsmöglichkeiten bei der Anwendung der §§ 13a und 13b ErbStG (vgl. BRDrucks 302/12 [Beschluss], S. 112 ff.; BTDrucks 17/10604, S. 38 f.; BRDrucks 157/13 [Beschluss], S. 2) und entzog einigen von ihnen insbesondere durch die Einfügung einer neuen Nr. 4a in § 13b Abs. 2 Satz 2 ErbStG die Grundlage. Danach gehört nunmehr zum nicht begünstigten Verwaltungsvermögen auch der nach Abzug der Schulden verbleibende Bestand an Finanzmitteln wie Geldforderungen oder Geschäftsguthaben, soweit er 20 % des anzusetzenden Werts des Betriebsvermögens des Betriebs oder der Gesellschaft übersteigt. Soweit der Liquiditätsbestand die 20 %-Grenze nicht überschreitet, ist er nach §§ 13a und 13b ErbStG weiterhin begünstigt.

40

5. Das Aufkommen aus der Erbschaft- und Schenkungsteuer steht nach Art. 106 Abs. 2 Nr. 2 GG den Ländern zu. Im Jahr 2009, in dem das Erbschaftsteuerreformgesetz vom 24. Dezember 2008 in Kraft getreten ist, lagen die Einnahmen aus der Erbschaft- und Schenkungsteuer bei rund 4,5 Milliarden Euro, im Jahr 2012 bei rund 4,3 Milliarden Euro und im Jahr 2013 bei knapp über 4,6 Milliarden Euro. Schon seit 2004 waren jährliche Erbschaft- und Schenkungsteueraufkommen in dieser Größenordnung erzielt worden (vgl. zur Entwicklung seit 1990 BVerfGE 117, 1 <12>).

41

Nach den vom Bundesministerium der Finanzen dem Bundesverfassungsgericht vorgelegten statistischen Auswertungen hat sich der Steuerwert des durch Erwerbe von Todes wegen und Schenkungen übertragenen Vermögens in den Jahren von 2007 bis 2012 mehr als verdoppelt (2007: 33,7 Milliarden Euro; 2008: 35,3 Milliarden Euro; 2009: 37,5 Milliarden Euro; 2010: 40,7 Milliarden Euro; 2011: 54 Milliarden Euro; 2012: 74,2 Milliarden Euro). Durch die §§ 13a und 13b ErbStG wurden von diesen Steuerwerten nach den Angaben des Bundesministeriums der Finanzen im Jahr 2009 3,4 Milliarden Euro, im Jahr 2010 7,2 Milliarden Euro, im Jahr 2011 20 Milliarden Euro und im Jahr 2012 40,2 Milliarden Euro steuerfrei gestellt. Diese statistischen Angaben, auch die zu den Gesamtjahreswerten unentgeltlich übertragenen Vermögens, beziehen sich allerdings nur auf die von den Finanzbehörden erfassten Fälle. Das Bundesministerium der Finanzen hat zur tatsächlichen Belastung erbschaftsteuerbarer Sachverhalte mit Erbschaftsteuer mitgeteilt, es habe im Jahr 2010 insgesamt 858.768 Sterbefälle gegeben, von denen 807.278 (94 %) von der Finanzverwaltung hinsichtlich der Erbschaftsteuer nicht aufgegriffen worden seien, weil von vornherein erkennbar gewesen sei, dass insbesondere aufgrund der Höhe und Zusammensetzung des Vermögens und des Umfangs der persönlichen Freibeträge eine Steuerbelastung nicht entstehe. Lediglich in den verbleibenden 51.490 Sterbefällen sei eine Erbschaftsteuerveranlagung durchgeführt worden. Ein Verschonungsabschlag nach § 13a ErbStG, der den steuerpflichtigen Erwerb reduziert oder ganz auf null abgesenkt habe, sei dabei in 2.440 Sterbefällen gewährt worden.

II.

42

1. Im Ausgangsverfahren geht es um die steuertarifliche Gleichstellung von Erwerbern der Steuerklassen II und III im Jahr 2009.

43

Der Kläger ist zu 1/4 Miterbe des 2009 verstorbenen Bruders seines Vaters. Der Nachlass setzte sich aus Guthaben bei Kreditinstituten und einem Steuererstattungsanspruch zusammen. Der Wert des auf den Kläger entfallenden Anteils belief sich auf 51.266 Euro. Nach Berücksichtigung des für Personen der Steuerklasse II im maßgeblichen Zeitraum vorgesehenen Freibetrags von 20.000 Euro und nach Abrundung verblieb ein steuerpflichtiger Erwerb von 31.200 Euro. Für ihn setzte das Finanzamt die Erbschaftsteuer unter Anwendung des für die Steuerklasse II bei Erwerben mit einem solchen Wert im Jahr 2009 geltenden Steuersatzes von 30 % auf 9.360 Euro fest.

44

Einspruch und Klage, mit denen der Kläger eine Herabsetzung der Steuer auf 4.680 Euro erreichen wollte, blieben erfolglos. Der Kläger machte geltend, die auf der Änderung des § 19 Abs. 1 ErbStG durch das Erbschafsteuerreformgesetz beruhende und auf das Jahr 2009 beschränkte Gleichstellung von Personen der Steuerklasse II und III sei nicht mit Art. 6 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 GG zu vereinbaren.

45

2. Im Revisionsverfahren hat der Bundesfinanzhof mit Beschluss vom 27. September 2012 (BFHE 238, 241) das Verfahren ausgesetzt und dem Bundesverfassungsgericht die Frage vorgelegt,

ob § 19 Abs. 1 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes in der im Jahr 2009 geltenden Fassung (ErbStG) in Verbindung mit §§ 13a und 13b ErbStG wegen Verstoßes gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes) verfassungswidrig ist.

46

a) Die im Jahr 2009 in § 19 Abs. 1 ErbStG normierte Gleichstellung von Personen der Steuerklassen II und III sei allerdings verfassungsrechtlich hinzunehmen. Denn zum einen sei der Gesetzgeber von Verfassungs wegen nicht verpflichtet, Erwerber der Steuerklasse II besser zu stellen als Erwerber der Steuerklasse III. Zum anderen sei es verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass die Erwerber der Steuerklasse II nur für das Jahr 2009 den Erwerbern der Steuerklasse III gleichgestellt worden seien, während sie in den Jahren zuvor und danach besser als diese behandelt würden.

47

b) § 19 Abs. 1 ErbStG in Verbindung mit §§ 13a und 13b ErbStG sei jedoch gleichheitswidrig, weil die in §§ 13a und 13b ErbStG vorgesehenen Steuervergünstigungen in wesentlichen Teilbereichen von großer finanzieller Tragweite über das verfassungsrechtlich gerechtfertigte Maß hinausgingen und dadurch die Steuerpflichtigen, die die Vergünstigungen nicht beanspruchen könnten, in ihrem Recht auf eine gleichmäßige, der Leistungsfähigkeit entsprechende und folgerichtige Besteuerung verletzt würden.

48

aa) Die weitgehende oder vollständige steuerliche Verschonung des Erwerbs von Betriebsvermögen, land- und forstwirtschaftlichem Vermögen und Anteilen an Kapitalgesellschaften stelle eine nicht durch ausreichende Gemeinwohlgründe gerechtfertigte und damit verfassungswidrige Überprivilegierung dar, jedenfalls insoweit, als die Gewährung der Steuervergünstigungen nicht von der Lohnsummenregelung und somit von der Erhaltung von Arbeitsplätzen abhänge.

49

(1) Es gehe weit über das verfassungsrechtlich Gebotene und Zulässige hinaus, betriebliches Vermögen ohne Rücksicht auf den Wert des Erwerbs und die Leistungsfähigkeit des Erwerbers freizustellen, und zwar auch dann, wenn die für eine Erbschaftsteuerzahlung erforderlichen liquiden Mittel vorhanden seien oder - gegebenenfalls im Rahmen einer Stundung der Steuer - ohne weiteres beschafft werden könnten. Da auch Erwerber großer und größter Unternehmen von den Steuervergünstigungen profitierten, begünstigten die Steuervorteile die Konzentration von Unternehmensvermögen bei vergleichsweise wenigen Personen.

50

Dass die erbschaft- und schenkungsteuerliche Belastung typischerweise die Betriebsfortführung gefährde, könne auch im Hinblick auf die Ausführungen des Wissenschaftlichen Beirats beim Bundesministerium der Finanzen in seinem zur Begünstigung des Unternehmensvermögens in der Erbschaftsteuer erstatteten Gutachten 01/2012 nicht unterstellt werden.

51

Beim Erwerb von Anteilen an Kapitalgesellschaften fehle es für die pauschale Entlastung der Erwerber von der Steuer an einem ausreichenden sachlichen Grund. Ein solcher sei nicht in der Gleichstellung der Anteile an Kapitalgesellschaften mit Betriebsvermögen oder den Anteilen an Personengesellschaften zu sehen. Die Belastung mit Erbschaftsteuer treffe beim Erwerb von Anteilen an Kapitalgesellschaften in der Regel lediglich die private Vermögenssphäre des Erwerbers.

52

(2) Die Regelungen über die Lohnsummen, die in den Jahren nach dem Erwerb erreicht werden müssten, um den vollen Verschonungsabschlag zu erhalten, spielten im Regelfall für die Verschonung keine entscheidende Rolle, weil weit mehr als 90 % aller Betriebe nicht mehr als 20 Beschäftigte aufwiesen.

53

Zusätzlich erweise sich der Begünstigungsgrund "Arbeitsplatzerhalt" auch deshalb als nicht tragfähig, weil das Gesetz Gestaltungen zulasse, die es in vielen Fällen auf einfache Art und Weise ermöglichten, dass es für die Gewährung des Verschonungsabschlags auch bei Betrieben mit mehr als 20 Beschäftigten nicht auf die Entwicklung der Lohnsummen und somit auf die Erhaltung von Arbeitsplätzen in dem Zeitraum nach dem Erwerb ankomme. Das könne durch Betriebsaufspaltungen erreicht werden, indem ein Betrieb mit mehr als 20 Beschäftigten vor der Verwirklichung des Steuertatbestandes bei gleichen Beteiligungsverhältnissen in eine Besitzgesellschaft, die nicht mehr als 20 Beschäftigte habe und bei der das Betriebsvermögen konzentriert werde, und in eine Betriebsgesellschaft, deren Betriebsvermögen nach Berücksichtigung der Verbindlichkeiten keinen oder nur einen geringen Steuerwert habe und die eine beliebige Zahl von Beschäftigten haben könne, aufgespalten werde.

54

Dass Betriebe mit nicht mehr als 20 Beschäftigten den Verschonungsabschlag ohne Rücksicht auf die Erhaltung von Arbeitsplätzen beanspruchen könnten, sei nicht mit einer Verringerung des Bürokratieaufwands für Unternehmen und Verwaltung zu begründen.

55

(3) Die weitgehende oder vollständige Freistellung von der Steuer nach §§ 13a und 13b ErbStG setze die Beachtung der Behaltensregeln des § 13a Abs. 5 ErbStG lediglich für einen Zeitraum von fünf beziehungsweise sieben Jahren voraus. Dieser Zeitraum sei im Hinblick auf die Höhe der Steuervergünstigungen unverhältnismäßig kurz, zumal ein Verstoß gegen die Behaltensregeln den Verschonungsabschlag meist nur teilweise entfallen lasse. Den Steuerpflichtigen wären längere Bindungsfristen zumutbar, ohne die vom Gesetzgeber mit den Steuervergünstigungen angestrebte Betriebsfortführung zu gefährden.

56

bb) §§ 13a und 13b ErbStG wiesen ferner einen verfassungswidrigen Begünstigungsüberhang auf, da sie es Steuerpflichtigen ermöglichten, durch rechtliche Gestaltungen nicht betriebsnotwendiges Vermögen, das den Begünstigungszweck nicht erfülle, in unbegrenzter Höhe ohne oder mit nur geringer Steuerbelastung zu erwerben. Insbesondere seien die Ausgestaltung und Wirkungen der Verwaltungsvermögensregelung nicht geeignet, risikobehaftetes und deshalb zu begünstigendes Betriebsvermögen von weitgehend risikolosem und daher nicht begünstigungswürdigem Betriebsvermögen abzugrenzen.

57

(1) Ein gleichheitswidriger Begünstigungsüberhang der Betriebsvermögensverschonung nach §§ 13a und 13b ErbStG liege bereits darin, dass nach § 13b Abs. 2 Satz 1 ErbStG bei der Regelverschonung das Betriebsvermögen bis zu 50 % aus nicht betriebsnotwendigem Vermögen (unschädlichem Verwaltungsvermögen) bestehen könne. Das Gesetz nehme somit von vornherein in Kauf, dass Wirtschaftsgüter der privaten Vermögensverwaltung bis zum Wert des "echten" Betriebsvermögens von der Verschonungsregelung erfasst würden.

58

Die Festlegung des unschädlichen Verwaltungsvermögens mit bis zu 50 % des gesamten Betriebsvermögens überschreite die Grenze zulässiger Typisierung. Es sei nicht zu erkennen, dass Betriebe aus Gründen der Liquidität, zur Absicherung von Krediten oder auch zur Stärkung der Eigenkapitalbasis typischerweise bis zu 50 % über nicht unmittelbar dem Betrieb dienende Wirtschaftsgüter verfügten oder verfügen müssten.

59

(2) Zu einem verfassungswidrigen Begünstigungsüberhang führe auch, dass sich durch eine mehrstufige Konzernstruktur, die nicht als missbräuchlich im Sinne des § 42 der Abgabenordnung (AO) angesehen werden könne, der unter die Verschonungsregelung fallende Anteil des Verwaltungsvermögens am Betriebsvermögen mit jeder weiteren Beteiligungsstufe gemessen am Konzernvermögen deutlich erhöhen könne, ohne dass dies der Gewährung der Steuervergünstigungen nach §§ 13a und 13b ErbStG entgegenstehe.

60

Aus § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 ErbStG ergebe sich nämlich, dass Beteiligungen an Gesellschaften im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 3 oder § 18 Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) oder an entsprechenden Gesellschaften im Ausland sowie Anteile an Kapitalgesellschaften, die nicht unter § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 ErbStG fielen, nicht zum Verwaltungsvermögen gehörten, wenn das Verwaltungsvermögen bei diesen nicht mehr als 50 % betrage. Derartige Anteile zählten deshalb bei der Prüfung, ob das Verwaltungsvermögen bei dem übergeordneten Unternehmen nicht mehr als 50 % ausmache, in vollem Umfang zum begünstigten Betriebsvermögen, obwohl 50 % ihres Vermögens aus Verwaltungsvermögen bestehen könne.

61

(3) Ein weiterer, dem Gleichheitssatz widersprechender Überhang der Verschonungsregelungen für das Betriebsvermögen ergebe sich daraus, dass Geldforderungen wie etwa Sichteinlagen, Sparanlagen und Festgeldkonten bei Kreditinstituten sowie Forderungen aus Lieferungen und Leistungen sowie Forderungen an verbundene Unternehmen nicht zum Verwaltungsvermögen im Sinne des § 13b Abs. 2 ErbStG gehörten.

62

Anteile an einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung oder an einer gewerblich geprägten Personengesellschaft, deren Vermögen ausschließlich aus solchen Forderungen bestünden, könnten deshalb durch freigebige Zuwendung oder von Todes wegen steuerbegünstigt nach §§ 13a und 13b ErbStG erworben werden, ohne dass darin eine missbräuchliche Gestaltung im Sinne des § 42 AO gesehen werden könne. Dieses Besteuerungsergebnis könne auch nicht durch eine verfassungskonforme Auslegung des § 13b Abs. 2 ErbStG dahingehend vermieden werden, dass Bankguthaben und Festgelder schädliches Verwaltungsvermögen seien. Eine solche Norminterpretation sei weder mit dem Wortlaut der Vorschrift noch mit deren Sinn und Zweck, dem systematischen Zusammenhang und der Entstehungsgeschichte vereinbar.

63

Gewichtige Gründe, wie etwa Typisierungserwägungen, die die völlige Freistellung des Erwerbs eines Anteils an einer Gesellschaft, deren Vermögen ausschließlich aus Guthaben bei Kreditinstituten oder sonstigen Geldforderungen bestehe, die nicht zum Verwaltungsvermögen im Sinne des § 13b Abs. 2 ErbStG gehörten, aus verfassungsrechtlicher Sicht rechtfertigen könnten, seien nicht ersichtlich.

64

(4) Außerdem ergebe sich ein Begünstigungsüberhang bei der Betriebsvermögensverschonung aus der Möglichkeit, durch Gestaltungen aus begünstigungsschädlichem Verwaltungsvermögen begünstigtes Betriebsvermögen zu machen. Da Geldforderungen nicht zum Verwaltungsvermögen im Sinne des § 13b Abs. 2 Satz 2 ErbStG gehörten, könne auch für Gesellschaften, deren Vermögen ausschließlich oder zu einem hohen Anteil aus Verwaltungsvermögen bestehe, durch die Bildung sogenannter Forderungsgesellschaften erreicht werden, dass der Verschonungsabschlag von 100 % zu gewähren sei.

65

cc) §§ 13a und 13b ErbStG ließen es zu, dass es weitgehend der Dispositionsfreiheit des Erblassers oder Schenkers unterliege, Vermögensgegenstände, die ihrer Natur nach im Rahmen der privaten Vermögensverwaltung gehalten würden, zu steuerbegünstigtem Betriebsvermögen zu machen. Die Steuervergünstigungen nach §§ 13a und 13b ErbStG knüpften an den Begriff des ertragsteuerrechtlichen Betriebsvermögens an und ermöglichten es so, durch Schaffung gewillkürten Betriebsvermögens und weitere Gestaltungen selbst beim Erwerb größter Vermögen von Todes wegen oder durch freigebige Zuwendung die Höhe der Steuerbelastung zu vermindern oder das Entstehen von Steuer zu vermeiden, ohne dass dies verfassungsrechtlich gerechtfertigt sei.

66

dd) Mit den Anforderungen an eine gleichmäßige Besteuerung sei es schließlich auch nicht zu vereinbaren, dass die Steuervergünstigungen nach §§ 13a und 13b ErbStG zusammen mit zahlreichen anderen Verschonungen (etwa die Tarifbegrenzung nach § 19a ErbStG oder die in § 13 Abs. 1 Nr. 4a und 4b ErbStG vorgesehenen Steuerbefreiungen im Zusammenhang mit Familienheimen) und den Freibeträgen des § 16 ErbStG dazu führten, dass nur ein geringer Teil der im Grundsatz nach §§ 1, 2, 3 und 7 ErbStG steuerbaren Sachverhalte tatsächlich mit Steuer belastet werde.

67

ee) Für die Entscheidung des Streitfalles komme es auf die Gültigkeit des § 19 Abs. 1 ErbStG an. Wenn diese Vorschrift verfassungsgemäß sei, wäre die Revision des Klägers als unbegründet zurückzuweisen. Wenn sie nicht verfassungsgemäß sei, wäre die Vorentscheidung auf die Revision des Klägers aufzuheben und der Klage stattzugeben, weil das Fehlen einer den Steuersatz festlegenden Regelung die Festsetzung von Erbschaftsteuer nicht zulassen würde, oder das Verfahren müsste gemäß § 74 der Finanzgerichtsordnung (FGO) bis zu einer Neuregelung durch den Gesetzgeber ausgesetzt werden.

68

Sollte das Bundesverfassungsgericht zu dem Ergebnis kommen, dass die weitgehende oder vollständige Verschonung des Erwerbs von Betriebsvermögen, land- und forstwirtschaftlichem Vermögen und Anteilen an Kapitalgesellschaften oder von Anteilen daran von der Erbschaft- und Schenkungsteuer mit dem allgemeinen Gleichheitssatz nicht vereinbar sei, wäre der Gesetzgeber weder aus Rechtsgründen noch aus offenkundigen tatsächlichen Gründen gehindert, auch für den Erwerb von Privatvermögen unter noch zu bestimmenden Voraussetzungen den §§ 13a und 13b ErbStG vergleichbare Steuervergünstigungen einzuführen.

69

Der Entscheidungserheblichkeit der Frage, ob § 19 Abs. 1 ErbStG verfassungsgemäß sei, stehe nicht entgegen, dass die in die verfassungsrechtliche Prüfung einbezogenen §§ 13a und 13b ErbStG keinen unmittelbaren Anknüpfungspunkt im Ausgangssachverhalt hätten. Es bestehe von Verfassungs wegen keine Notwendigkeit, die Zulässigkeit einer Richtervorlage auf den Vergleich mit einer bestimmten, im Ausgangsfall betroffenen Vermögensart beziehungsweise einer bestimmten Verschonungsregelung zu beschränken. § 19 Abs. 1 ErbStG sei nämlich eine "Klammernorm", über die Verstöße gegen den Gleichheitssatz, die in den Bewertungs- und Verschonungsvorschriften angelegt seien, erst ihre Wirkung entfalteten. Dabei gehe es nicht um verfassungswidrige Ungleichbehandlungen, die in einzelnen Vorschriften enthalten seien. Vielmehr wirkten sich die gerügten Verfassungsverstöße teils für sich allein, teils aber auch in ihrer Kumulation auf alle Teile des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes aus und führten zu einer durchgehenden, das gesamte Gesetz erfassenden verfassungswidrigen Fehlbesteuerung.

III.

70

1. Von Seiten des Bundes und der Länder haben das Bundesministerium der Finanzen für die Bundesregierung, das Finanzministerium des Landes Nordrhein-Westfalen für die Landesregierung Nordrhein-Westfalen und die Niedersächsische Landesregierung Stellung genommen.

71

a) Das Bundesministerium der Finanzen hält die Vorlage weder für zulässig noch in der Sache für berechtigt. Es fehle schon an der Entscheidungserheblichkeit der §§ 13a und 13b ErbStG für den Ausgangsstreit. Diese lasse sich auch nicht unter Bezugnahme auf den § 19 Abs. 1 ErbStG als Klammernorm begründen. Die §§ 13a und 13b ErbStG seien hinsichtlich ihres Zwecks, die Unternehmensfortführung zu sichern und Arbeitsplätze zu erhalten, folgerichtig ausgestaltet. Im Übrigen seien Verschonungsregelungen für Unternehmensvermögen international üblich. Auch könne der Gesetzgeber Gestaltungen zur Steuerumgehung nie gänzlich vermeiden.

72

b) Das Finanzministerium des Landes Nordrhein-Westfalen erachtet die Vorlage als unzulässig, da das Verständnis des Bundesfinanzhofs von § 19 Abs. 1 ErbStG als Klammernorm nicht überzeuge; ansonsten könnten auf diesem Weg sämtliche Befreiungs- und Begünstigungstatbestände zur verfassungsrechtlichen Prüfung gestellt werden. Auch seien von der Besteuerung nach §§ 13a und 13b ErbStG nach der Zahl der betroffenen Steuerpflichtigen sowie gemessen an der wirtschaftlichen Bedeutung gerade nicht wesentliche Teilbereiche des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes betroffen. Die Vorlage nehme außerdem zu Unrecht die Verfassungswidrigkeit der beanstandeten Vorschriften an. Sie zeige zwar auf, dass Einzelregelungen des Erbschaft- und Schenkungsteuergesetzes, für das die Gesetzgebungskompetenz beim Bund liege, steuerpolitisch verfehlt seien, diese Mängel führten aber nicht zu einer Verfassungswidrigkeit der Erbschaftsbesteuerung.

73

c) Die Niedersächsische Landesregierung hält die Vorlage für zulässig und die vorgelegten Normen für verfassungswidrig. Der Gesetzgeber habe verkannt, dass das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom 22. Juni 1995 (BVerfGE 93, 165) nicht gefordert habe, betriebliches Vermögen so weitgehend durch Verschonungstatbestände wie §§ 13a und 13b ErbStG zu begünstigen, dass hierdurch eine realitätsgerechte Bewertung konterkariert werde. Ferner lasse sich aus dem vom Wissenschaftlichen Beirat beim Bundesministerium der Finanzen in seinem zur Begünstigung des Unternehmensvermögens in der Erbschaftsteuer erstatteten Gutachten 01/2012 der Schluss ziehen, eine Bedrohung von Unternehmen durch die Erbschaftsteuer sei nicht sehr wahrscheinlich. Falls eine erbschaftsteuerbedingte Existenzgefährdung ausnahmsweise doch vorliegen könne, halte das geltende Recht mit der Stundungsregelung in § 28 ErbStG eine ökonomisch wirksame Alternative zu den §§ 13a und 13b ErbStG bereit.

74

2. Zur Vorlage haben - schriftlich oder in der mündlichen Verhandlung - der Bundesverband der Deutschen Industrie, der Deutsche Industrie- und Handelskammertag, der Zentralverband des Deutschen Handwerks, die Stiftung Familienunternehmen sowie Die Familienunternehmer - ASU Stellungnahmen abgegeben. Sie äußern hinsichtlich der Zulässigkeit der Vorlage Bedenken, halten die Verschonungsregelungen aber für verfassungsgemäß.

75

Die Stellungnahmen beurteilen die §§ 13a und 13b ErbStG als gleichheitsgerecht; nur vereinzelt wird eine fehlende Zielgenauigkeit einzelner Regelungen (etwa bei § 13a Abs. 1 Satz 4 ErbStG) angenommen. Die §§ 13a und 13b ErbStG verfolgten mit dem Erhalt von Unternehmen und Arbeitsplätzen ein legitimes Ziel. Sie seien schon deshalb erforderlich, um die höhere Belastung aufgrund der durch das Erbschaftsteuerreformgesetz eingeführten verkehrswertorientierten Bewertung auszugleichen. Bei der Bewertung von Familienunternehmen werde nicht berücksichtigt, dass bei ihnen regelmäßig - vielfach auch gesellschaftsvertraglich festgelegte - Veräußerungs- und Gewinnentnahmehindernisse bestünden, die zur Bestandssicherung und Finanzierung solcher Betriebe notwendig seien.

76

Soweit der Bundesfinanzhof darauf verweise, dass die Verschonungsregelungen nicht ausreichend berücksichtigten, ob freie Mittel im privaten Vermögen des Unternehmers zur Begleichung der Steuerlast vorhanden seien, verkenne er, dass Unternehmer, die expandierten und investierten, ihre Liquidität im und nicht außerhalb des Unternehmens anlegten. In vielen Fällen sei deshalb bei Betriebsübergang private Liquidität zur Finanzierung der Erbschaftsteuer nicht vorhanden.

77

Die Verschonung nach §§ 13a und 13b ErbStG trage den Empfehlungen der Europäischen Kommission Rechnung, wonach die Übertragung von Familienunternehmen erbschaftsteuerlich begünstigt werden solle. Die Erbschaftsteuer bilde einen erheblichen Standort- und Wettbewerbsfaktor. Im Vergleich mit anderen Ländern sei die Erbschaftsteuerbelastung in Deutschland auch deshalb relativ hoch, weil in Deutschland Vermögensübergänge an Ehegatten und Kinder besteuert würden.

78

Der Bundesfinanzhof habe nicht ausreichend berücksichtigt, dass Verwaltungsvermögen nicht grundsätzlich als negativ anzusehen sei, es stärke nämlich die Eigenkapitalausstattung eines Unternehmens und hafte vollumfänglich für betriebliche Verpflichtungen.

79

Die dem Gesetz zugrunde liegende Annahme, die erbschaft- oder schenkungsteuerliche Belastung gefährde typischerweise die Betriebsfortführung, könne deshalb nicht verifiziert werden, weil es zu einer geplanten Betriebsnachfolge gar nicht komme, wenn sich bei ihrer Vorbereitung herausstelle, dass sie mit existenzgefährdenden Steuerbelastungen verbunden sein könne. Sei der Erhalt des Unternehmens in Familienhand aufgrund einer drohenden Existenzgefährdung durch die Belastung mit Erbschaft- oder Schenkungsteuer nicht möglich, so stelle sich der Verkauf eines Handwerkbetriebs als schwierig dar, da es - auch im Hinblick auf die regionale Verwurzelung des Betriebs - oftmals an Kaufinteressenten fehle.

80

Die Stundungsregelung des § 28 ErbStG sei nicht geeignet, den Erhalt des Betriebs zu sichern. In der Praxis seien nämlich für den Nachweis der Existenzgefährdung als Stundungsvoraussetzung Bankauskünfte erforderlich, und die Banken kündigten dann bei Kenntnis von Liquiditätsengpässen die Kredite. Dies würde insbesondere kleine und mittlere Betriebe in der Existenz bedrohen, da diese auf eine Fremdfinanzierung in besonderem Maße angewiesen seien.

81

3. Zur Vorlage haben sich darüber hinaus der Deutsche Bauernverband, die Bundessteuerberaterkammer, der Deutsche Steuerberaterverband, der Deutsche Notarverein, die Bundesrechtsanwaltskammer, der Deutsche Anwaltverein, das Institut der Wirtschaftsprüfer und die Deutsche Steuer-Gewerkschaft geäußert.

82

a) Der Deutsche Bauernverband äußert Zweifel an der Zulässigkeit der Vorlage, hält die Verschonungsregelungen insbesondere für das land- und forstwirtschaftliche Vermögen aber jedenfalls durch ausreichende Gemeinwohlgründe für gerechtfertigt. In der Land- und Forstwirtschaft sei es in der Regel nicht möglich, ausreichend finanzielle Vorsorge für den Erbschaft- oder Schenkungsteuerfall zu treffen. Eine Besteuerung des Übergangs land- und forstwirtschaftlichen Vermögens ohne Verschonung würde den Strukturwandel in der Land- und Forstwirtschaft noch weiter verstärken.

83

b) Die Bundessteuerberaterkammer geht zwar von einer Verfassungswidrigkeit der §§ 13a und 13b ErbStG aus, weist allerdings auf die grundsätzliche Notwendigkeit einer steuerlichen Verschonung des Betriebsvermögens hin. Es dürfe nicht unberücksichtigt bleiben, dass die Erbschaftsteuer Liquiditätsprobleme auslösen könne. Im Übrigen sei auch die Auffassung des Bundesfinanzhofs problematisch, wonach bei den von ihm angeführten Gestaltungen § 42 AO nicht zur Anwendung gelangen soll.

84

c) Der Deutsche Steuerberaterverband hält die Vorlage für zulässig, die Normen aber für verfassungsgemäß. Es bestehe durchaus die Möglichkeit, dass es aufgrund der Erbschaftsteuerbelastung zu Betriebseinstellungen oder -übertragungen kommen könne. Bei der Besteuerung des Betriebsvermögens sei zu berücksichtigen, dass es in deutlich höherem Maße wirtschaftlichen Entwicklungen unterworfen sei als das Grundvermögen.

85

d) Der Deutsche Notarverein teilt nicht die Auffassung des Bundesfinanzhofs, wonach wenig dafür spreche, dass eine Verschonung des Betriebsvermögens zum Erhalt von Arbeitsplätzen geboten sei. Denn der Ausstieg einer Familie aus "ihrem" Unternehmen und die Veräußerung des Unternehmens an eine Beteiligungsgesellschaft oder einen Konzern führten regelmäßig zu Arbeitsplatzverlusten.

86

e) Die Bundesrechtsanwaltskammer hält den Vorlagebeschluss trotz verbleibender Bedenken gegen seine Zulässigkeit im Ergebnis für in der Sache berechtigt. Von der Berechtigung der Vorlage geht auch der Deutsche Anwaltverein aus.

87

f) Das Institut der Wirtschaftsprüfer kritisiert die Ausführungen des Bundesfinanzhofs zur Klammerwirkung der Tarifnorm und geht im Übrigen von der Verfassungsmäßigkeit der Verschonungsregelungen aus. Ohne eine besondere erbschaftsteuerliche Verschonung von Betriebsvermögen führe die Erbschaftsteuer zu einem Entzug von Liquidität aus dem Unternehmen, was sich gesamtwirtschaftlich sowohl auf Beschäftigung als auch auf Wachstum negativ auswirke. Die Erbschaftsteuer belaste die Liquiditätsreserven und die Investitionstätigkeit. Der Gesetzgeber habe mit den Behaltensregeln in § 13a Abs. 5 ErbStG eine zutreffende Typisierungsentscheidung getroffen, wenngleich aus unternehmerischer Sicht fünf bis sieben Jahre in der Regel ein langer Zeitraum seien.

88

g) Die Deutsche Steuer-Gewerkschaft hält die vorgelegten Normen für verfassungswidrig. In der Praxis bewirkten die Verschonungsregelungen vielfach gerade nicht den Erhalt von Arbeitsplätzen. So werde ein Erbe eines wirtschaftlich gefährdeten Unternehmens, dessen Rettung nur mit dem Abbau personeller Ressourcen erfolgen könne, trotz des wirtschaftlich notwendigen Schrumpfungsprozesses zusätzlich mit der Zahlung der Erbschaftsteuer belastet, während der Erbe eines wirtschaftlich soliden Betriebes aufgrund gleichbleibender Lohnsumme erbschaftsteuerlich verschont würde, obwohl nach der eigentlichen Intention des Gesetzgebers dieser Unternehmenserbe keiner steuerlichen Begünstigung bedürfe.

89

4. Der Kläger des Ausgangsverfahrens zweifelt an der Zulässigkeit der Vorlage, da sich die vom Bundesfinanzhof aufgeworfenen Fragen im Ausgangsrechtsstreit nicht stellten.

90

5. Als sachkundige Auskunftspersonen haben sich in der mündlichen Verhandlung Professor Dr. Christoph Spengel vom Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung in Mannheim, Professor Dr. Ralf Maiterth von der Humboldt-Universität zu Berlin und Professor Dr. Roman Seer von der Deutschen Steuerjuristischen Gesellschaft geäußert.

B.

91

Die Vorlage des Bundesfinanzhofs ist im Wesentlichen zulässig (I.). §§ 13a und 13b ErbStG erweisen sich in formeller Hinsicht als verfassungsgemäß (II.). Die Bestimmungen verstoßen jedoch teilweise gegen den Gleichheitssatz und sind insoweit verfassungswidrig (III.).

I.

92

1. Eine Vorlage gemäß Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG ist nur zulässig, wenn das vorgelegte Gesetz für das von dem vorlegenden Gericht zu entscheidende Verfahren entscheidungserheblich ist (vgl. BVerfGE 129, 186 <200>). Das ist die zur Prüfung gestellte Norm nur, wenn es für die Endentscheidung auf den Bestand der Regelung ankommt (vgl. BVerfGE 104, 74 <82>). Nach Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG in Verbindung mit § 80 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG muss das vorlegende Gericht daher darlegen, inwiefern seine Entscheidung von der Gültigkeit der zur Prüfung gestellten Norm abhängt (vgl. BVerfGE 105, 48 <56>; 133, 1 <10 f.>). Dazu muss der Vorlagebeschluss mit hinreichender Deutlichkeit erkennen lassen, dass das vorlegende Gericht im Falle der Gültigkeit der in Frage gestellten Vorschrift zu einem anderen Ergebnis käme als im Falle ihrer Ungültigkeit und wie das Gericht dieses Ergebnis begründen würde (vgl. BVerfGE 105, 61 <67>). Für die Beurteilung der Zulässigkeit einer Vorlage nach Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG ist dabei grundsätzlich die Rechtsauffassung des vorlegenden Gerichts maßgebend, sofern diese nicht offensichtlich unhaltbar ist (vgl. BVerfGE 2, 181 <190 f.>; 105, 61 <67>; 129, 186 <203>; 133, 1 <11>).

93

Für eine zulässige Vorlage muss das Fachgericht ferner deutlich machen, mit welchem verfassungsrechtlichen Grundsatz die zur Prüfung gestellte Regelung seiner Ansicht nach nicht vereinbar ist und aus welchen Gründen es zu dieser Auffassung gelangt. Hierzu bedarf es eingehender, Rechtsprechung und Schrifttum einbeziehender Darlegungen (vgl. BVerfGE 78, 165 <171 f.>; 89, 329 <337>; 129, 186 <205>).

94

2. Gemessen an diesen Voraussetzungen erweist sich die Vorlage als zulässig im Hinblick auf §§ 13a und 13b ErbStG in der für das Ausgangsverfahren maßgeblichen Fassung des Erbschaftsteuerreformgesetzes vom 24. Dezember 2008 (BGBl I S. 3018), rückwirkend zum 1. Januar 2009 geändert durch das Wachstumsbeschleunigungsgesetz vom 22. Dezember 2009 (BGBl I S. 3950). Zwar kommt es für das Ausgangsverfahren nicht unmittelbar auf die Auslegung und Anwendung dieser Vorschriften an (a). Dennoch durfte der Bundesfinanzhof hier von ihrer Entscheidungserheblichkeit für das Ausgangsverfahren ausgehen (b).

95

a) Besteuerungsgegenstand des Ausgangsverfahrens sind nichtbetriebliche Guthaben bei Kreditinstituten und ein Steuererstattungsanspruch (vgl. oben A. II. 1.). Fragen der erbschaftsteuerlichen Begünstigung betrieblichen Vermögens im Sinne von §§ 13a und 13b ErbStG stellen sich daher in diesem Fall aus einfachrechtlicher Sicht nicht.

96

b) Der Bundesfinanzhof durfte hier gleichwohl annehmen, dass die Verfassungswidrigkeit der §§ 13a und 13b ErbStG, von der er überzeugt ist, ausnahmsweise auf die erbschaftsteuerliche Belastung des Klägers durchschlägt, weil sie die gleichheitsgerechte Erhebung der Erbschaftsteuer insgesamt in Frage stelle und diese Vorschriften deshalb auch für das Ausgangsverfahren entscheidungserheblich seien. Er hat dies auch ausreichend dargelegt.

97

aa) Im Steuerrecht wird eine Regelung, auf die es für die Entscheidung des Ausgangsverfahrens an sich nicht ankommt, nicht allein dadurch entscheidungserheblich, dass sie Steuerpflichtigen eine Vergünstigung einräumt, die dem Kläger des Ausgangsverfahrens nicht zusteht. Der allgemeine Gleichheitssatz ist grundsätzlich kein Instrument, der es einem Steuerpflichtigen erlaubt, die einem anderen eingeräumte, seine eigene Steuerpflicht nicht betreffende Steuervergünstigung zu bekämpfen und so auf ihre Verfassungsmäßigkeit überprüfen zu lassen (vgl. auch BVerfGE 110, 274 <303>). Art. 3 Abs. 1 GG verleiht dem einzelnen Steuerpflichtigen keinen Anspruch auf die verfassungsrechtliche Kontrolle eines Steuergesetzes im Hinblick auf solche Regelungen, die das eigene Steuerverhältnis nicht betreffen. Auch das vorlegende Gericht ist nicht befugt, dem Bundesverfassungsgericht Normen eines Gesetzes zur verfassungsgerichtlichen Kontrolle zu unterbreiten, die Dritte womöglich gleichheitswidrig begünstigen, nicht aber die Beteiligten des Ausgangsverfahrens betreffen (vgl. BVerfGE 67, 239 <243 f.>).

98

Anderes gilt jedoch dann, wenn die Dritten gewährten Steuervergünstigungen für eine gleichheitsgerechte Belastung durch die betreffende Steuer insgesamt übergreifende Bedeutung haben. Dies ist der Fall, wenn die nur einer Gruppe gewährten Vergünstigungen nach Zahl oder Umfang ein solches Ausmaß erreichen oder nach ihrer strukturellen Bedeutung für die Steuer solches Gewicht haben, dass im Falle der Verfassungswidrigkeit der Privilegierungsnorm die lastengleiche Besteuerung auch derjenigen in Frage gestellt ist, die von dieser Privilegierungsnorm an sich nicht erfasst werden.

99

Hiervon kann im Fall der §§ 13a und 13b ErbStG ausgegangen werden. Die vom Bundesfinanzhof geltend gemachten Gleichheitsverstöße im Anwendungsbereich der §§ 13a und 13b ErbStG sind so erheblich, dass sie die erbschaftsteuerrechtliche Begünstigung für betriebliches Vermögen insgesamt erfassen. Die in den §§ 13a und 13b ErbStG vorgesehene Privilegierung betrieblichen Vermögens ist wiederum für die Besteuerung des ererbten oder geschenkten Vermögens insgesamt von solchem Gewicht, dass im Falle ihrer Verfassungswidrigkeit die Besteuerung des unentgeltlichen Erwerbs nichtbetrieblichen Vermögens davon nicht unberührt bleiben könnte.

100

Nach den vom Bundesministerium der Finanzen in diesem Verfahren vorgelegten Auswertungen der Erbschaft- und Schenkungsteuerstatistik betrug der Steuerwert des in den Jahren 2009 bis 2012 unentgeltlich übergegangenen Vermögens, soweit es von den Finanzämtern erfasst wurde (s. oben A. I. 5.), insgesamt 206,4 Milliarden Euro (2009: 37,5 Milliarden Euro; 2010: 40,7 Milliarden Euro; 2011: 54 Milliarden Euro; 2012: 74,2 Milliarden Euro). Von diesem Steuerwert wurden in den Jahren 2009 bis 2012 insgesamt 70,8 Milliarden Euro (2009: 3,4 Milliarden Euro; 2010: 7,2 Milliarden Euro; 2011: 20 Milliarden Euro; 2012: 40,2 Milliarden Euro) über die Regelungen in §§ 13a und 13b ErbStG von der Erbschaft- oder Schenkungsteuer befreit.

101

Wären, wie vom Bundesfinanzhof substantiiert dargelegt, die Regelungen über die Besteuerung des entgeltlosen Erwerbs betrieblichen Vermögens wegen übermäßiger und widersprüchlicher Ausgestaltung der Verschonungsbestimmungen insgesamt verfassungswidrig, könnte die Besteuerung des Erwerbs nichtbetrieblichen Vermögens durch Erbschaft oder Schenkung daneben vor Art. 3 Abs. 1 GG keinen Bestand haben. Entfielen die §§ 13a und 13b ErbStG, könnten nicht stattdessen die allgemeinen Regeln über den erbschaftsteuerlichen Zugriff auf Erbe oder Schenkung auch für den Übergang von Betrieben Anwendung finden, weil dies dem in den §§ 13a und 13b ErbStG zweifelsfrei zum Ausdruck gekommenen - und im Grundsatz verfassungsrechtlich auch nicht zu beanstandenden (s. dazu unten III. 2.) - Willen des Gesetzgebers offensichtlich widerspräche. Auf der anderen Seite fehlte es für einen völligen Verzicht auf die Besteuerung des unentgeltlichen Erwerbs betrieblichen Vermögens im Falle der Verfassungswidrigkeit von §§ 13a und 13b ErbStG an der erforderlichen gesetzlichen Grundlage wie auch an einem hinreichenden Rechtfertigungsgrund für eine derart umfassende Steuerbefreiung. Ohne eine tragfähige Besteuerungsregelung für Unternehmensübergänge würde die lastengerechte Erhebung der Erbschaftsteuer im Übrigen ebenfalls in Frage gestellt.

102

In solchen Fällen, in denen die substantiiert behauptete Verfassungswidrigkeit von Steuervergünstigungen eines Steuergesetzes an anderer Stelle nicht nur isolierbare Einzelpunkte eines Teilbereichs der Steuer betrifft, sondern die gerechte Erhebung der Steuer insgesamt aushebelt, ist für einen Steuerpflichtigen, der durch einen für sich genommen nicht verfassungswidrigen Tatbestand dieser Steuer betroffen ist, die Verfassungswidrigkeit der anderen Norm entscheidungserheblich, da sie auch seiner Besteuerung die Grundlage entzieht.

103

bb) Ob die Entscheidungserheblichkeit der §§ 13a und 13b ErbStG daneben auch unter Rückgriff auf § 19 Abs. 1 ErbStG als Klammernorm begründet werden kann, wie es der Bundesfinanzhof unter Berufung auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 7. November 2006 (BVerfGE 117, 1 <28 f.>) versucht hat, bedarf hier keiner Vertiefung. Jedenfalls würde eine auf das Gesamtsystem der Erbschaftsteuer ausstrahlende Verfassungswidrigkeit der Besteuerung betrieblichen Vermögens die Tarifnorm des § 19 Abs. 1 ErbStG auch insoweit erfassen, als in einem solchen Fall auch der unentgeltliche Erwerb privaten Vermögens nicht mehr gleichheitsgerecht besteuert würde (s. dazu unten C. I. 2.).

104

cc) Den vom Bundesfinanzhof als verfassungswidrig vorgelegten §§ 13a und 13b ErbStG fehlt auch nicht deshalb die Entscheidungserheblichkeit, weil im Falle ihrer Verfassungswidrigkeit das Ausgangsverfahren keinen dem Kläger günstigeren Ausgang nehmen könnte, als wenn sich diese Normen als verfassungsgemäß erwiesen. Wären die §§ 13a und 13b ErbStG mit der Verfassung unvereinbar, müsste das Ausgangsverfahren zumindest gemäß § 74 FGO ausgesetzt werden, bis der Gesetzgeber eine Neuregelung anstelle der dann fehlenden gesetzlichen Grundlage für eine Besteuerung getroffen hätte. Auch dies wäre eine andere Entscheidung als im Falle der Gültigkeit des Gesetzes (vgl. BVerfGE 66, 1 <17>; 93, 121 <130 f.>). Dabei spielt es für die Entscheidungserheblichkeit der Vorlage keine Rolle, dass im Falle einer Unvereinbarkeitserklärung das Bundesverfassungsgericht gemäß § 35 BVerfGG die weitere Anwendung des bisherigen Rechts anordnen kann (vgl. BVerfGE 87, 153 <180>; 93, 121 <131>).

105

3. Die Vorlage ist unzulässig, sofern der Bundesfinanzhof auch die Bestimmung des § 19 Abs. 1 ErbStG über die Gestaltung der Steuersätze einer eigenständigen Verfassungsprüfung zuführen wollte. Es ist nicht eindeutig, ob der Bundesfinanzhof überhaupt eine Vorlage dieser Norm als solcher nach Art. 100 Abs. 1 GG beabsichtigt, oder sie lediglich zur Begründung der Zulässigkeit der Normenkontrolle im Hinblick auf die §§ 13a und 13b ErbStG erwähnt hat. Eine eigenständige Vorlage des § 19 Abs. 1 ErbStG wäre jedenfalls unzulässig. Denn der Bundesfinanzhof ist insofern gerade nicht von der Verfassungswidrigkeit der Vorschrift überzeugt, wie es Art. 100 Abs. 1 GG voraussetzt. Er hat vielmehr in seinem Vorlagebeschluss näher begründet, weshalb er die vom Kläger beanstandeten gleich hohen Steuersätze in den Steuerklassen II und III nach der für das Jahr 2009 maßgeblichen Fassung des § 19 Abs. 1 ErbStG für verfassungsgemäß hält.

II.

106

Die vorgelegten Normen sind in formeller Hinsicht mit der Verfassung vereinbar. Für sie besteht insbesondere eine Gesetzgebungskompetenz des Bundes.

107

1. Nach Art. 105 Abs. 2 GG hat der Bund die konkurrierende Gesetzgebungskompetenz für Steuergesetze, wenn ihm das Aufkommen dieser Steuern ganz oder zum Teil zusteht oder die Voraussetzungen des Art. 72 Abs. 2 GG vorliegen. Das Aufkommen der Erbschaftsteuer steht zwar vollständig den Ländern zu (Art. 106 Abs. 2 Nr. 2 GG). Für den Bereich der Erbschaftsteuer besitzt der Bund die Gesetzgebungskompetenz gleichwohl deshalb, weil die Wahrung der Rechts- und Wirtschaftseinheit im gesamtstaatlichen Interesse eine bundesgesetzliche Regelung erforderlich macht (Art. 72 Abs. 2 GG). Die Frage, ob die Neuregelung der §§ 13a und 13b ErbStG durch das Erbschaftsteuerreformgesetz noch von der Kompetenzprolongation in Art. 125a Abs. 2 Satz 1 GG gedeckt wäre, stellt sich daher nicht.

108

a) Die allgemeinen Grundsätze des Art. 72 Abs. 2 GG zur Erforderlichkeit einer bundesgesetzlichen Regelung im gesamtstaatlichen Interesse gelten auch für die Steuergesetzgebungskompetenz nach Art. 105 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 72 Abs. 2 GG (vgl. BVerfGE 125, 141 <154>).

109

Eine bundesgesetzliche Regelung ist zur Wahrung der Rechtseinheit erforderlich, wenn und soweit die mit ihr erzielbare Einheitlichkeit der rechtlichen Rahmenbedingungen Voraussetzung für die Vermeidung einer Rechtszersplitterung mit problematischen Folgen ist, die im Interesse sowohl des Bundes als auch der Länder nicht hingenommen werden kann (vgl. BVerfGE 125, 141 <155>). Sie ist zur Wahrung der Wirtschaftseinheit erforderlich, wenn und soweit sie Voraussetzung für die Funktionsfähigkeit des Wirtschaftsraums der Bundesrepublik ist, wenn also unterschiedliche Landesregelungen oder das Untätigbleiben der Länder erhebliche Nachteile für die Gesamtwirtschaft mit sich brächten (vgl. BVerfGE 106, 62 <146 f.>; 112, 226 <248 f.>). Die Gesichtspunkte der Wahrung der Rechts- und der Wirtschaftseinheit können sich überschneiden, weisen aber unterschiedliche Schwerpunkte auf (vgl. BVerfGE 106, 62 <146>). Während die Wahrung der Rechtseinheit in erster Linie auf die Vermeidung einer Rechtszersplitterung zielt (vgl. BVerfGE 106, 62 <145>), geht es bei der Wahrung der Wirtschaftseinheit im Schwerpunkt darum, Schranken und Hindernisse für den wirtschaftlichen Verkehr im Bundesgebiet zu beseitigen (vgl. BVerfGE 106, 62 <146 f.>; 125, 141 <155 f.>).

110

Das Merkmal der Erforderlichkeit einer bundesgesetzlichen Regelung zur Erreichung der in Art. 72 Abs. 2 GG genannten Zwecke wird durch den Bezug auf das "gesamtstaatliche Interesse" in besonderer Weise geprägt. Die Regelung durch Bundesgesetz muss danach nicht unerlässlich für die Rechts- oder Wirtschaftseinheit in dem normierten Bereich sein. Es genügt vielmehr, dass der Bundesgesetzgeber andernfalls nicht unerheblich problematische Entwicklungen in Bezug auf die Rechts- und Wirtschaftseinheit erwarten darf.

111

Ob diese Voraussetzungen gegeben sind, hat das Bundesverfassungsgericht zu überprüfen. Insoweit besteht kein von verfassungsgerichtlicher Kontrolle freier gesetzgeberischer Beurteilungsspielraum (vgl. im Anschluss an BVerfGE 106, 62 <135>; 110, 141 <175>). Im Rahmen der danach eröffneten verfassungsgerichtlichen Kontrolle steht dem Gesetzgeber im Hinblick auf die allein zulässigen Zwecke einer bundesgesetzlichen Regelung und deren Erforderlichkeit im gesamtstaatlichen Interesse im Sinne von Art. 72 Abs. 2 GG jedoch eine Einschätzungsprärogative zu (vgl. BVerfGE 110, 141 <174 f.>; 111, 226 <255>; 125, 141 <154>; 128, 1 <34>; BVerfG, Urteil vom 28. Januar 2014 - 2 BvR 1561/12 u.a. -, juris, Rn. 115).

112

b) Gemessen hieran verfügt der Bund über die Gesetzgebungskompetenz für die vorgelegten Regelungen des Erbschaftsteuerrechts. Dabei bedarf es keiner Unterscheidung zwischen der Rechts- und der Wirtschaftseinheit, da die Gründe für eine Bundesregelung beiden Voraussetzungen genügen.

113

aa) Die §§ 13a und 13b ErbStG gewähren in erheblichem Umfang Befreiungen von der Erbschaft- und Schenkungsteuer beim unentgeltlichen Übergang betrieblichen Vermögens, da ansonsten aus Sicht des Gesetzgebers unangemessene Belastungen für die Unternehmen bei der Betriebsnachfolge drohen könnten (dazu bb). Hierzu nennt das Gesetz bestimmte vom Erwerber einzuhaltende Bedingungen (Lohnsummenklausel, Haltefrist) und versucht, förderungswürdiges von nicht förderungswürdigem betrieblichen Vermögen näher abzugrenzen.

114

bb) Der Bundesgesetzgeber durfte davon ausgehen, dass eine nicht hinnehmbare Rechtszersplitterung mit nicht unerheblichen Nachteilen und Erschwernissen für Erblasser und Erwerber betrieblichen Vermögens wie auch für die Finanzverwaltung zu befürchten wäre, bliebe es den Ländern überlassen, ob, in welchem Umfang und in welcher Ausgestaltung im Einzelnen sie Regeln für die erbschaftsteuerliche Begünstigung des Betriebsübergangs schaffen wollen (vgl. BTDrucks 16/7918, S. 25 zum Entwurf eines Erbschaftsteuerreformgesetzes sowie zu späteren Novellen mit vergleichbarer Begründung BTDrucks 17/2249, S. 36 und 17/13082, S. 9 sowie BRDrucks 253/11, S. 49).

115

Gerade bei dem unentgeltlichen Übergang von betrieblichem Vermögen könnte es bei unterschiedlichen Landesregelungen je nach Wohnsitz von Erblasser oder Schenker und möglicherweise mehreren Erben oder Beschenkten und je nach Betriebssitz oder Belegenheit der Sache zu konkurrierenden Steueransprüchen mehrerer Länder kommen. Dies erforderte Vereinbarungen zwischen den einzelnen Ländern, um eine Mehrfachbelastung zu vermeiden. Der damit verbundene Koordinierungs- und Administrierungsaufwand wäre erheblich.

116

Unterschiedliche landesrechtliche Regelungen zur Befreiung von betrieblichem Vermögen hätten zur Folge, dass die Beantwortung der für die Planung der Unternehmensnachfolge wichtigen Frage, mit welcher Steuerbelastung ein Betriebsübergang verbunden ist, vom Wohnsitz oder ständigen Aufenthalt des Erben oder Beschenkten beziehungsweise vom Sitz der betrieblichen Einheit abhängig wäre. Wäre Gegenstand des Erwerbs ein Unternehmen mit mehreren Betriebsstätten im ganzen Bundesgebiet oder mehreren selbständigen betrieblichen Einheiten in verschiedenen Ländern oder wären auf Erwerberseite mehrere Personen mit über das Bundesgebiet verteilten Wohnorten beteiligt, würden sich schwierige Abgrenzungsfragen ergeben, welche die bereits bestehende Komplexität der erbschaft- und schenkungsteuerlichen Förderung unternehmerischen Vermögens noch weiter steigern und damit die rechtliche Planungssicherheit erheblich einschränken würden.

117

2. Die Wirksamkeit der Zustimmung des Landes Hessen im Bundesrat zum Erbschaftsteuerreformgesetz steht trotz der seinerzeit dort nur geschäftsführenden Regierung außer Frage. Auch die geschäftsführende Landesregierung ist Landesregierung im Sinne von Art. 51 GG.

III.

118

Die erbschaftsteuerliche Begünstigung des Übergangs betrieblichen und land- und forstwirtschaftlichen Vermögens sowie von Anteilen an Kapitalgesellschaften ist von Verfassungs wegen im Grundsatz nicht zu beanstanden, erweist sich in Teilen ihrer Ausgestaltung durch die §§ 13a und 13b ErbStG aber als gleichheitswidrig.

119

Der allgemeine Gleichheitssatz belässt dem Gesetzgeber bei der Ausgestaltung von Verschonungsregelungen auch im Erbschaftsteuerrecht im Ausgangspunkt erheblichen Spielraum, der allerdings mit Rücksicht auf betroffene Freiheitsrechte und auf das Ausmaß der Ungleichbehandlung Einschränkungen bis hin zu einer strengen Verhältnismäßigkeitsprüfung unterliegen kann (1.). Gemessen daran erweist sich die Verschonung nach §§ 13a und 13b ErbStG zwar im Grundsatz als verfassungsgemäß, bedarf aber der Korrektur bei der Begünstigung der Übertragung großer Unternehmensvermögen (2.). Auch die nähere Ausgestaltung der Verschonungsregelung verstößt in einzelnen Punkten - insbesondere im Hinblick auf Lohnsumme und Verwaltungsvermögen - gegen Art. 3 Abs. 1 GG (3.).

120

1. Die Verschonungsregelungen der §§ 13a und 13b ErbStG sind an Art. 3 Abs. 1 GG zu messen. Sie verschonen den Erwerb bestimmter Vermögensarten von der Erbschaft- und Schenkungsteuer und führen so in verschiedenerlei Hinsicht zu Ungleichbehandlungen. Hingegen begründen die Bestimmungen von vornherein keine übermäßige, die Erbrechtsgarantie (dazu BVerfGE 93, 165 <173 f.>) in Frage stellende steuerliche Belastung.

121

a) Art. 3 Abs. 1 GG gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Das hieraus folgende Gebot, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln, gilt für ungleiche Belastungen und ungleiche Begünstigungen (vgl. BVerfGE 121, 108 <119>; 121, 317 <370>; 126, 400 <416>). Verboten ist daher auch ein gleichheitswidriger Begünstigungsausschluss, bei dem eine Begünstigung einem Personenkreis gewährt, einem anderen Personenkreis aber vorenthalten wird (vgl. BVerfGE 116, 164 <180>; 121, 108 <119>; 121, 317 <370>; 126, 400 <416>). Dabei verwehrt Art. 3 Abs. 1 GG dem Gesetzgeber nicht jede Differenzierung. Differenzierungen bedürfen jedoch stets der Rechtfertigung durch Sachgründe, die dem Ziel und dem Ausmaß der Ungleichbehandlung angemessen sind. Dabei gilt ein stufenloser am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit orientierter verfassungsrechtlicher Prüfungsmaßstab, dessen Inhalt und Grenzen sich nicht abstrakt, sondern nur nach den jeweils betroffenen unterschiedlichen Sach- und Regelungsbereichen bestimmen lassen (vgl. BVerfGE 75, 108 <157>; 93, 319 <348 f.>; 107, 27 <46>; 126, 400 <416>; 129, 49 <69>; 132, 179 <188 Rn. 30>).

122

Hinsichtlich der verfassungsrechtlichen Anforderungen an den die Ungleichbehandlung tragenden Sachgrund ergeben sich aus dem allgemeinen Gleichheitssatz je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen unterschiedliche Grenzen für den Gesetzgeber, die von gelockerten auf das Willkürverbot beschränkten Bindungen bis hin zu strengen Verhältnismäßigkeitserfordernissen reichen können (vgl. BVerfGE 117, 1 <30>; 122, 1 <23>; 126, 400 <416>; 129, 49 <68>). Eine strengere Bindung des Gesetzgebers kann sich aus den jeweils betroffenen Freiheitsrechten ergeben (vgl. BVerfGE 88, 87 <96>; 111, 176 <184>; 129, 49 <69>). Zudem verschärfen sich die verfassungsrechtlichen Anforderungen, je weniger die Merkmale, an die die gesetzliche Differenzierung anknüpft, für den Einzelnen verfügbar sind (vgl. BVerfGE 88, 87 <96>; 129, 49 <69>) oder je mehr sie sich denen des Art. 3 Abs. 3 GG annähern (vgl. BVerfGE 88, 87 <96>; 124, 199 <220>; 129, 49 <69>; 130, 240 <254>; 132, 179 <188 f. Rn. 31>).

123

b) Gleichheitsrechtlicher Ausgangspunkt im Steuerrecht ist der Grundsatz der Lastengleichheit. Die Steuerpflichtigen müssen dem Grundsatz nach durch ein Steuergesetz rechtlich und tatsächlich gleichmäßig belastet werden (vgl. BVerfGE 117, 1 <30>; 121, 108 <120>; 126, 400 <417>). Der Gleichheitssatz belässt dem Gesetzgeber einen weit reichenden Entscheidungsspielraum sowohl bei der Auswahl des Steuergegenstandes als auch bei der Bestimmung des Steuersatzes (vgl. BVerfGE 123, 1 <19>; stRspr). Abweichungen von der mit der Wahl des Steuergegenstandes einmal getroffenen Belastungsentscheidung müssen sich indessen ihrerseits am Gleichheitssatz messen lassen (Gebot der folgerichtigen Ausgestaltung des steuerrechtlichen Ausgangstatbestands, vgl. BVerfGE 117, 1 <30 f.>; 120, 1 <29>; 121, 108 <120>; 126, 400 <417>). Demgemäß bedürfen sie eines besonderen sachlichen Grundes (vgl. BVerfGE 117, 1 <31>; 120, 1 <29>; 126, 400 <417>; 132, 179 <189 Rn. 32>), der die Ungleichbehandlung zu rechtfertigen vermag. Dabei steigen die Anforderungen an den Rechtfertigungsgrund mit Umfang und Ausmaß der Abweichung (vgl. dazu BVerfGE 117, 1 <32>).

124

c) Der Gesetzgeber ist nicht gehindert, mit Hilfe des Steuerrechts außerfiskalische Förder- und Lenkungsziele zu verfolgen (vgl. BVerfGE 93, 121 <147>; 99, 280 <296>; 105, 73 <112>; 110, 274 <292>; stRspr). Führt ein Steuergesetz zu einer steuerlichen Verschonung, die einer gleichmäßigen Belastung der jeweiligen Steuergegenstände innerhalb einer Steuerart widerspricht, so kann eine solche Steuerentlastung vor dem Gleichheitssatz gerechtfertigt sein, wenn der Gesetzgeber das Verhalten der Steuerpflichtigen aus Gründen des Gemeinwohls fördern oder lenken will (vgl. BVerfGE 93, 121 <147>).

125

In der Entscheidung darüber, welche Sachverhalte, Personen oder Unternehmen gefördert werden sollen, ist der Gesetzgeber weitgehend frei (vgl. BVerfGE 17, 210 <216>; 93, 319 <350>; 110, 274 <293>). Insbesondere verfügt er über einen großen Spielraum bei der Einschätzung, welche Ziele er für förderungswürdig hält. Er darf Verschonungen von der Steuer vorsehen, sofern er ansonsten unerwünschte, dem Gemeinwohl unzuträgliche Effekte einer uneingeschränkten Steuererhebung befürchtet. Allerdings bleibt er auch hier an den Gleichheitssatz gebunden. Das bedeutet zunächst aber nur, dass er seine Leistungen nicht nach unsachlichen Gesichtspunkten, also nicht willkürlich verteilen darf. Sachbezogene Gesichtspunkte stehen ihm in weitem Umfang zu Gebote, solange die Regelung sich nicht auf eine der Lebenserfahrung geradezu widersprechende Würdigung der jeweiligen Umstände stützt und insbesondere der Kreis der von der Maßnahme Begünstigten sachgerecht abgegrenzt ist (vgl. BVerfGE 17, 210 <216> unter Bezugnahme auf BVerfGE 12, 354 <367 f.>; 110, 274 <293>; 117, 1 <32>).

126

Der große Spielraum, über den der Gesetzgeber bei der Entscheidung darüber verfügt, ob und welche Sachverhalte, Personen oder Unternehmen er durch eine Verschonung von einer bestimmten Steuer fördern und welche Gemeinwohlziele er damit verfolgen will, schließt allerdings nicht aus, dass die nähere Ausgestaltung solcher Verschonungsregelungen einer strengeren verfassungsgerichtlichen Kontrolle unterliegt. Neben den bereits genannten Merkmalen der Verfügbarkeit, der freiheitsrechtlichen Relevanz oder der Nähe des Differenzierungsgrundes zu Art. 3 Abs. 3 GG kann die Freiheit des Gesetzgebers im Steuerrecht durch das Ausmaß der mit der Steuerverschonung bewirkten Ungleichbehandlung und durch deren Auswirkung auf die gleichheitsgerechte Erhebung dieser Steuer insgesamt eingeschränkt sein. Je nach Intensität der Ungleichbehandlung kann dies zu einer strengeren Kontrolle der Förderziele durch das Bundesverfassungsgericht führen.

127

2. Die Verschonungsregelungen in §§ 13a und 13b ErbStG führen zu einer Besserstellung der Erwerber unternehmerischen Vermögens gegenüber den Erwerbern sonstigen Vermögens, die im Grundsatz mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar ist, im Bereich des Übergangs großer Unternehmensvermögen aber der Korrektur bedarf. Die durch die Verschonungsregelungen bewirkte Ungleichbehandlung zwischen Erwerbern begünstigten und sonstigen Vermögens ist enorm (a). Der Gesetzgeber unterliegt insoweit einer über eine bloße Willkürprüfung hinausgehenden strengeren Kontrolle am Maßstab der Verhältnismäßigkeit (b). Durch die steuerliche Verschonung nach §§ 13a und 13b ErbStG sollen namentlich Unternehmen, die durch einen besonderen personalen Bezug des Schenkers oder Erblassers oder auch des Erwerbers zum Unternehmen geprägt sind, vor Liquiditätsproblemen durch die erbschaft- oder schenkungsteuerliche Belastung des Unternehmensübergangs bewahrt und so deren Bestand und der Erhalt der Arbeitsplätze bei der Unternehmensnachfolge gesichert werden (c). Die Verschonungsregelung der §§ 13a und 13b ErbStG ist zur Erreichung dieser Ziele geeignet (d) und erforderlich (e). Sie erweist sich im Grundsatz auch als verhältnismäßig im engeren Sinne; nicht jedoch, soweit die Verschonung über den Bereich kleiner und mittlerer Unternehmen hinausgreift, ohne eine Bedürfnisprüfung vorzusehen (f).

128

a) Die Verschonungsregelung führt zu Ungleichbehandlungen der Erwerber betrieblichen und nichtbetrieblichen Vermögens, die ein enormes Ausmaß erreichen können. Nach §§ 13a und 13b ErbStG bleibt der Wert von Betriebsvermögen, land- und forstwirtschaftlichem Vermögen und von bestimmten Anteilen an Kapitalgesellschaften in Höhe von 85 % oder 100 % bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage für die Erbschaft- und Schenkungsteuer außer Ansatz, wenn die im Gesetz hierfür vorgesehenen weiteren Voraussetzungen hinsichtlich des Umfangs des Verwaltungsvermögens und der Beachtung von Lohnsummen- und Behaltensregelung erfüllt werden. Hinzu kommen - sofern nicht ohnehin die vollständige Befreiung von 100 % greift - Abschläge gemäß § 13a Abs. 2 ErbStG sowie die generelle Anwendung der günstigeren Steuerklasse gemäß § 19a ErbStG. Der Erwerb sonstiger Vermögensgegenstände wird nicht in vergleichbarer Weise von der Erbschaft- und Schenkungsteuer freigestellt. Ausgehend von einer einheitlichen Orientierung am gemeinen Wert bei der Bewertung des geerbten oder durch Schenkung erlangten Vermögenszuwachses und gleichmäßiger Anwendung der Steuersätze gemäß § 19 Abs. 1 ErbStG hat die steuerliche Verschonung nach §§ 13a und 13b ErbStG zur Folge, dass die Erwerber begünstigten Vermögens und die Erwerber nicht begünstigten Vermögens in ganz erheblichem Maße ungleich besteuert werden. Das Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz, das an die Vermögensmehrung beim Empfänger anknüpft (vgl. BVerfGE 93, 165 <167>; 117, 1 <33>; 126, 400 <421>), besteuert insoweit die bei den Erwerbern eingetretene Bereicherung unterschiedlich.

129

Zwar kennt das Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz persönliche Steuerbefreiungen, wie etwa den Freibetrag für Ehegatten und Lebenspartner in Höhe von 500.000 Euro und für Kinder in Höhe von 400.000 Euro (vgl. § 16 Abs. 1 ErbStG), die dem Erwerber unabhängig von der Art des übergegangenen Vermögens gewährt werden, und daneben sachliche Befreiungstatbestände, die wegen des besonderen Gegenstands (etwa Familienwohnheime gem. § 13 Abs. 1 Nr. 4a - 4c ErbStG) oder Zwecks der Zuwendung (etwa Zuwendungen an gemeinnützige Stiftungen gem. § 13 Abs. 1 Nr. 16 Buchstabe b ErbStG) gewährt werden. Jenseits dieser Befreiungen und Freibeträge, beim unentgeltlichen Erwerb größerer Vermögen also, kann die Ungleichbehandlung zwischen unternehmerischem Vermögen, das nach §§ 13a und 13b ErbStG unabhängig von seinem Wert zu 85 % oder 100 % steuerfrei gestellt wird, und sonstigem Vermögen, das in vollem Umfang einem Steuersatz von bis zu 50 % unterliegen kann, ein enormes Ausmaß erreichen.

130

b) Die Verfassungsmäßigkeit der Ungleichbehandlung der verschiedenen Vermögensarten durch §§ 13a und 13b ErbStG setzt einen hinreichend tragfähigen Differenzierungsgrund voraus, der einer über eine bloße Willkürkontrolle hinausgehenden, strengeren Verhältnismäßigkeitsprüfung standhält.

131

Bereits das erhebliche Ausmaß, das die erbschaft- und schenkungsteuerliche Ungleichbehandlung zwischen den einzelnen Fällen der begünstigten und nicht begünstigten Vermögensarten erreichen kann, und die nicht nur atypische Einzelfälle betrifft, sondern in der Gesetzessystematik als Regelfall angelegt ist, erfordert eine Prüfung der Verfassungsmäßigkeit dieser Differenzierung, die jedenfalls deutlich über eine bloße Willkürprüfung hinausreicht. Dies gilt auch im Hinblick darauf, dass die Unterscheidung zwischen begünstigtem unternehmerischen und nicht begünstigtem sonstigen Vermögen die Erhebung der Erbschaft- und Schenkungsteuer nicht nur in einem Randbereich erfasst, sondern zu einer strukturellen Zweiteilung dieser Steuer führt. Nach den vom Bundesministerium der Finanzen in diesem Verfahren vorgelegten Auswertungen der amtlichen Erbschaft- und Schenkungsteuerstatistik wurden von dem Steuerwert des in den Jahren 2009 bis 2012 insgesamt unentgeltlich übertragenen Vermögens mehr als ein Drittel über §§ 13a und 13b ErbStG von der Erbschaft- und Schenkungsteuer befreit (vgl. im Einzelnen oben I. 2. b aa).

132

Soweit sich die Strenge der Prüfung vom Gesetzgeber vorgenommener Differenzierungen an der Verfügbarkeit der Unterscheidungskriterien, dem Einfluss auf die Wahrnehmung von Freiheitsrechten und der Nähe zu den Merkmalen des Art. 3 Abs. 3 GG orientiert (s. oben 1. a), kommt für den vorliegenden Sachverhalt nur die Verfügbarkeit der Unterscheidung nach den Vermögensarten in Betracht. Auch dieser Gesichtspunkt führt zu einer eher strengen Prüfung des gesetzgeberischen Differenzierungsspielraums. Dabei kann die Frage, ob ein Differenzierungskriterium für den von der Ungleichbehandlung Betroffenen verfügbar ist, nur aus der Sicht des jeweils durch diese Ungleichbehandlung Benachteiligten, nicht hingegen aus der des Bevorzugten beantwortet werden. Für die hier zu prüfende Ungleichbehandlung zwischen Erwerbern betrieblichen und Erwerbern nichtbetrieblichen Vermögens kommt es danach auf die Einflussmöglichkeiten der Erwerber nichtbetrieblichen Vermögens an, die nicht in den Genuss des Verschonungsabschlags gelangen. Diese haben vielfach nur geringen Einfluss darauf, ob das ihnen geschenkte oder von ihnen ererbte Vermögen den Kategorien förderungswürdigen betrieblichen oder land- und forstwirtschaftlichen Vermögens oder Anteilen an Kapitalgesellschaften von über 25 % angehört (vgl. § 13b Abs. 1 ErbStG) oder nicht verschontem Vermögen zuzuordnen ist.

133

c) Die durch §§ 13a und 13b ErbStG begründeten Ungleichbehandlungen dienen legitimen Zielen. Die steuerliche Verschonung des unentgeltlichen Erwerbs betrieblichen Vermögens soll Unternehmen vor Liquiditätsproblemen bewahren, die durch erbschaft- oder schenkungsteuerliche Belastung des Unternehmensübergangs entstehen können. Die Verschonungsregelung soll vor allem Unternehmen schützen, die durch einen besonderen personalen Bezug des Erblassers oder auch des Erben zum Unternehmen geprägt sind, wie es namentlich für Familienunternehmen typisch ist. Steuerlich begünstigt werden soll das produktive Vermögen dieser Unternehmen mit dem Ziel, bei der Unternehmensnachfolge den Bestand des Unternehmens und der mit ihm verbundenen Arbeitsplätze nicht zu gefährden. Dies ergibt sich aus den Gesetzesmaterialien (aa) und der Systematik der Verschonungsregelung (bb). An der Legitimität dieser Zielsetzung bestehen aus verfassungsrechtlicher Sicht keine Zweifel (cc).

134

aa) Die Begründung des Regierungsentwurfs eines Erbschaftsteuerreformgesetzes gibt als allgemeines Ziel der Verschonungsregelung an, die Unternehmensnachfolge bei Erbschaften oder Schenkungen zu erleichtern (BTDrucks 16/7918, S. 1), weil unternehmerisches Vermögen eine Basis für Wertschöpfung und Beschäftigung und für den Erhalt von Arbeitsplätzen bilde (BTDrucks 16/7918, S. 33). Dabei hebt die Begründung des Entwurfs die besondere Bedeutung der klein- und mittelständisch geprägten Unternehmenslandschaft für die deutsche Wirtschaft im internationalen Wettbewerb hervor (s. auch oben A. I. 3. d aa). Regional vernetzte Familienbetriebe seien notwendige Voraussetzung für wirtschaftliches Wachstum und damit für die Schaffung wettbewerbsfähiger Arbeits- und Ausbildungsplätze in Deutschland (vgl. BTDrucks 16/7918, S. 33). Deshalb will die Neuregelung diejenigen Unternehmensübergänge privilegieren, bei denen sichergestellt ist, dass die Unternehmensnachfolge nachhaltig ist und die Arbeitsplätze erhalten werden (vgl. BTDrucks 16/7918, S. 23). Mit dieser Zielsetzung liegt die Neuregelung durch das Erbschaftsteuerreformgesetz auf der Linie der bereits seit 1992 in unterschiedlichen Ausprägungen bestehenden Vergünstigungen für betriebliches Vermögen bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer zur Liquiditätssicherung mittelständischer Unternehmen (vgl. BTDrucks 12/1108, S. 37; 12/4487, S. 25 und 47; s. auch BVerfGE 93, 165 <175> und BRDrucks 778/06, S. 13 und zur Entwicklung oben A. I. 3.).

135

bb) Die Ausgestaltung der Verschonungsregelung lässt die Intention der Liquiditätssicherung klar erkennen. Das Ziel, unternehmerisches und land- und forstwirtschaftliches Vermögen beim unentgeltlichen Übergang durch Erbschaft oder Schenkung von steuerlichen Belastungen weitgehend frei zu halten und so die Liquidität der Betriebe zu schonen, kommt unmissverständlich in der hohen Freistellungsquote von 85 % (§ 13b Abs. 4 ErbStG) oder gar 100 % (§ 13a Abs. 8 Nr. 4 ErbStG) des ansonsten der Besteuerung zugrunde zu legenden Werts des betrieblichen Vermögens zum Ausdruck. Mit der Behaltensfrist von fünf oder sieben Jahren (§ 13a Abs. 5 und 8 Nr. 2 ErbStG) soll der Bestand der übergegangenen Unternehmen über einen längeren Zeitraum in der Hand des Erwerbers gesichert werden; die Lohnsummenklausel (§ 13a Abs. 1, 4, 8 Nr. 1 ErbStG) soll dem Erhalt der Arbeitsplätze dienen.

136

Eine Begrenzung der steuerlichen Förderung auf kleine und mittlere Familienunternehmen ergibt sich hingegen nicht ohne Weiteres aus dem Gesetz. Die Freistellung förderungswürdigen betrieblichen Vermögens ist nach den §§ 13a und 13b ErbStG in der Höhe nicht begrenzt und auch nicht auf bestimmte Betriebstypen oder Gesellschaftsformen beschränkt. Die in der Begründung des Regierungsentwurfs zum Erbschaftsteuerreformgesetz erklärte Absicht, vornehmlich kleine und mittelständische Unternehmen zu fördern, findet jedoch zum einen Anklang in der Regelung über den Abzugsbetrag nach § 13a Abs. 2 ErbStG. Der Abzugsbetrag ist Teil der Verschonungsregelung, da durch ihn noch der nach Anwendung des Verschonungsabschlags in Höhe von 85 % verbleibende Teil des begünstigten Vermögens, das an sich zu versteuern wäre, steuerlich entlastet wird. Er stellt einen Festbetrag von 150.000 Euro steuerfrei, der aber mit zunehmender Höhe eines über 150.000 Euro hinausgehenden, der Besteuerung unterliegenden Erwerbs abgeschmolzen wird (§ 13a Abs. 2 Satz 2 ErbStG); insofern enthält er ein Element der gezielten Förderung kleinerer Unternehmen.

137

Die Konzentration der Verschonung auf Betriebe, in denen typischerweise vom Erblasser oder Schenker unternehmerische Verantwortung wahrgenommen wurde, zeigt sich zum anderen in § 13b Abs. 1 ErbStG. Während der Übergang betrieblichen Vermögens von Einzelunternehmen und Personengesellschaften nach § 13b Abs. 1 Nr. 2 ErbStG als uneingeschränkt förderungswürdig angesehen wird, gilt dies für Anteile an Kapitalgesellschaften nur, wenn der Erblasser oder der Schenker am Nennkapital dieser Gesellschaft zu mehr als 25 % unmittelbar beteiligt war (§ 13b Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 ErbStG). In dieser Mindestbeteiligung von 25 % sieht der Gesetzgeber ein Indiz dafür, dass der Anteilseigner unternehmerisch in die Gesellschaft eingebunden ist und nicht nur als Kapitalanleger auftritt (BTDrucks 16/7918, S. 35; ebenso bereits die Begründung für eine entsprechende Mindestbeteiligungsklausel im Entwurf eines Jahressteuergesetzes 1996: BTDrucks 13/901, S. 158, s. oben A. I. 3. c).

138

cc) Der Gesetzgeber ist bei der Auswahl der Ziele weitgehend frei, die er durch Verschonung von einer steuerlichen Belastung erreichen oder zumindest fördern will. Er stößt an Grenzen, wenn er vom Grundgesetz missbilligte Ziele (vgl. die entsprechende Einschränkung bei Enteignungen tragenden Gemeinwohlzielen in BVerfGE 134, 242 <292 f. Rn. 172>) verfolgt oder sich mit seinen Förderzwecken in unauflösbaren Widerspruch zu anderweitigen gesetzlichen Festlegungen setzt. Die Förderung und der Erhalt einer für den wirtschaftlichen Erfolg Deutschlands vom Gesetzgeber als besonders wertvoll eingeschätzten Unternehmensstruktur, die er in kleinen und mittelständischen, durch personale Führungsverantwortung geprägten Unternehmen - insbesondere in Familienunternehmen - sieht, und der Erhalt von Arbeitsplätzen durch den Schutz vor allem solcher Unternehmen vor steuerlich bedingten Liquiditätsproblemen stellen danach legitime Ziele von erheblichem Gewicht dar (vgl. auch BVerfGE 93, 165 <175 f.>).

139

d) Die §§ 13a und 13b ErbStG sind geeignet, die mit ihnen verfolgten Ziele zu erreichen. Das verfassungsrechtliche Geeignetheitsgebot verlangt keine vollständige Zielerreichung durch die in Frage stehende Regelung oder Maßnahme - hier die Verschonungsregelung -, die zu der beanstandeten Ungleichbehandlung führt, sondern lediglich eine Eignung zur Förderung des Ziels (vgl. BVerfGE 115, 276 <308>; 130, 151 <188>; vgl. auch die Nachweise bei BVerfGE 106, 62 <149>); die bloße Möglichkeit der Zweckerreichung genügt (vgl. BVerfGE 67, 157 <175>; 121, 317 <354>). Dass die weitgehende oder vollständige Freistellung der begünstigten Unternehmensübergänge von der Erbschaft- und Schenkungsteuer grundsätzlich (zu Einzelheiten der Ausgestaltung, insbesondere im Hinblick auf Lohnsumme und Verwaltungsvermögen, s. unter 3.) geeignet ist, ansonsten drohende Liquiditätsprobleme für diese Unternehmen zu vermeiden, liegt auf der Hand und bedarf keiner näheren Begründung.

140

e) Die Verschonungsregelung ist im Grundsatz auch erforderlich. Der Gesetzgeber durfte von andernfalls drohenden wirtschaftlichen Schwierigkeiten der Unternehmen ausgehen. Sieht man von den Einzelheiten der Ausgestaltung der Verschonungsregelung ab, ist kein Weg erkennbar, auf dem die Schonung der Liquidität ererbter oder unentgeltlich übertragener Unternehmen oder Unternehmensteile und damit der Erhalt der Arbeitsplätze gleich wirksam, zugleich aber unter geringerer Benachteiligung der Erwerber nicht begünstigten Vermögens erreicht werden könnte.

141

Die Erforderlichkeit der vom Gesetzgeber getroffenen Maßnahme unterliegt auch im Rahmen der Gleichheitsprüfung einem großzügigen verfassungsrechtlichen Kontrollmaßstab (aa). Danach ist die Annahme des Gesetzgebers, die Verschonung der unentgeltlichen Unternehmensübergänge von der Erbschaft- und Schenkungsteuer sei regelmäßig geboten, um die Unternehmen vor Liquiditätsproblemen zu bewahren (bb), und dürfe auch ohne individuelle Bedürfnisprüfung erfolgen (cc), verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Auch die Verweisung auf die Möglichkeit einer Stundung (dd) erweist sich nicht als gleich wirksames milderes Mittel.

142

aa) Die weitgehende oder vollständige Freistellung des unentgeltlichen Erwerbs betrieblichen Vermögens von der Erbschaft- und Schenkungsteuer ist dann erforderlich, wenn kein anderes Mittel zur Verfügung steht, mit dem der Gesetzgeber unter Bewirkung geringerer Ungleichheiten das angestrebte Regelungsziel gleich wirksam erreichen oder fördern kann (entsprechend für Eingriffskonstellationen vgl. BVerfGE 80, 1 <30>; 117, 163 <189>; 121, 317 <354>). Der Gesetzgeber verfügt hier über einen weiten Einschätzungs- und Prognosespielraum (vgl. BVerfGE 117, 163 <189>; 120, 224 <240>; 121, 317 <354>).

143

bb) Der Gesetzgeber durfte eine Gefährdung der Liquidität von Unternehmen durch eine ohne Verschonung drohende Belastung mit der Erbschaft- und Schenkungsteuer annehmen und eine Verschonungsregelung daher grundsätzlich für erforderlich halten.

144

(1) Es liegt im Einschätzungsspielraum des Gesetzgebers, bei einer nicht eindeutig geklärten und auch nicht ohne Weiteres aufklärbaren Sachlage seinen Entscheidungen über zu ergreifende Maßnahmen eine Gefährdungsprognose zugrunde zu legen. Dabei darf er sich allerdings nicht auf eine der Lebenserfahrung geradezu widersprechende Würdigung der jeweiligen Lebenssachverhalte stützen (vgl. BVerfGE 110, 274 <293>; 117, 1 <32>). Im Hinblick auf diese gesetzgeberische Einschätzungsprärogative ist es ausreichend, dass der Gesetzgeber eine ernsthafte Gefahr von Liquiditätsproblemen bei der Besteuerung des unentgeltlichen Übergangs von Unternehmen vertretbar und plausibel diagnostiziert hat. Es bedarf insbesondere aus verfassungsrechtlicher Sicht keines empirischen Nachweises, dass von der Erbschaft- und Schenkungsteuer nicht nur in Ausnahmefällen Schwierigkeiten für die Fortführung von Unternehmen bis hin zur Bedrohung ihrer Existenz und des Verlusts von Arbeitsplätzen ausgeht. Es erscheint ohnehin fraglich, wie exakt die Wirkungen eines Liquiditätsentzugs durch die Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuer in einem Unternehmen "gemessen" werden können. Die Insolvenz eines Unternehmens wird immer mehrere Ursachen haben, von denen eine die Belastung durch die Erbschaftsteuer sein kann. Noch weniger lassen sich die Folgen einer steuerlichen Belastung für den künftigen Fortbestand eines Unternehmens vorhersehen.

145

(2) Aus den Gesetzesmaterialien ergibt sich nicht, dass dem Gesetzgeber bei der Einführung der §§ 13a und 13b ErbStG durch das Erbschaftsteuerreformgesetz gefestigte empirische Erkenntnisse darüber vorlagen, wonach die Besteuerung des unentgeltlichen Erwerbs von Betriebsvermögen den Erben oder Beschenkten regelmäßig dazu zwingen würde, zur Finanzierung der Steuerlast dem Betrieb Kapital zu entziehen, was wiederum zumindest den Verlust von Investitionskraft zur Folge haben könnte und die Gefahr des Abbaus von Arbeitsplätzen oder gar die Notwendigkeit des Betriebsverkaufs. Der Wissenschaftliche Beirat beim Bundesministerium der Finanzen weist in seinem Gutachten zur Begünstigung des Unternehmensvermögens in der Erbschaftsteuer 01/2012 vielmehr darauf hin, es gebe praktisch keine konkreten empirischen Belege dafür, dass ein Betrieb aufgrund der Erbschaftsteuer habe aufgegeben oder veräußert werden müssen oder zahlungsunfähig geworden sei (vgl. S. 30 des Gutachtens unter Hinweis auf die Antwort der Bundesregierung auf eine parlamentarische Anfrage einiger Abgeordneter und der Bundestagsfraktion Die Linke vom 28. April 2006, BTDrucks 16/1350, S. 5). Dies allein berechtigt allerdings nicht zu dem die Gefährdungsanalyse des Gesetzgebers widerlegenden Gegenschluss, dass keine Notwendigkeit für die beanstandete Verschonungsregelung bestehe, weil eine dem geltenden Recht entsprechende Steuerbelastung des unentgeltlichen Unternehmensübergangs ohne solche Steuerbefreiungen die Unternehmen nicht ernsthaft beschwerte. Denn mit Inkrafttreten des Erbschaftsteuerreformgesetzes zum 1. Januar 2009 wurde mit den generell erhöhten, realitätsnäheren Wertansätzen und der damit drohenden höheren Steuerbelastung auch für Unternehmensübergänge zugleich das neue Verschonungskonzept nach §§ 13a und 13b ErbStG eingeführt. Soweit - auch aus den vom Bundesministerium der Finanzen in diesem Verfahren vorgelegten Daten - erkennbar, wurden diese Befreiungsvorschriften von Beginn an durch die betroffenen Unternehmen umfassend genutzt. Eine hohe Steuerbelastung ohne die Möglichkeit der Entlastung durch Verschonungsregelungen bestand für die unentgeltliche Übertragung von Unternehmen und Unternehmensteilen mithin zu keinem Zeitpunkt. Aus dem Fehlen von Referenzfällen für Unternehmensgefährdungen kann daher nicht auf das Fehlen einer solchen Gefahr überhaupt geschlossen werden.

146

Entsprechendes gilt für die Zeit vor 2009. Auch das vorher geltende Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht sah in verschiedener Form und Intensität seit Anfang der 1990er Jahre Entlastungen für die Besteuerung der Übertragung betrieblichen Vermögens vor (s. oben A. I. 3.). Fehlende konkrete Erkenntnisse aus dieser Zeit über nennenswerte Belastungen von Unternehmen durch die Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuer können die Gefährdungseinschätzung des Gesetzgebers daher ebenfalls nicht widerlegen.

147

(3) Die Annahme des Gesetzgebers, dass die durch das Erbschaftsteuerreformgesetz zu erwartende gewachsene Steuerlast für unentgeltliche Unternehmensübertragungen ohne Verschonungsregelung eine Höhe erreichen werde, die nicht nur im Ausnahmefall, sondern häufig vom Erben oder Beschenkten nur unter Rückgriff auf das Betriebsvermögen getragen werden kann, ist nachvollziehbar und nicht fern liegend. Ohne die Verschonungsregelungen und ohne die damit zusammenhängende Tarifbegrenzung des § 19a ErbStG wäre der unentgeltliche Erwerb von Betriebsvermögen, land- und forstwirtschaftlichem Vermögen und auch von Anteilen an Kapitalgesellschaften in vollem Umfang je nach Wert bei nächsten Verwandten mit einem Steuersatz von bis zu 30 % und ansonsten schon bei mittleren Vermögensgrößen mit bei 25 % beginnenden und bei großen Vermögen in der Spitze bis zu 50 % reichenden Steuersätzen belastet. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die früheren Vergünstigungen durch eine niedrige Bewertung der Unternehmen entfallen sind und heute in Umsetzung der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 7. November 2006 (BVerfGE 117, 1) ein realitätsnäherer Ansatz zugrunde gelegt wird. Nach der im vorliegenden Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht geäußerten Einschätzung des Bundesministeriums der Finanzen hat die höhere Bewertung des Betriebsvermögens in etwa zu einer Verdoppelung des Steuerwerts geführt. Die Annahme, dass ein Erbe oder Beschenkter auch bei geringeren Steuersätzen entsprechende Steuerforderungen nicht aus dem eigenen Vermögen wird begleichen können, sondern hierzu auf das erworbene Betriebsvermögen zugreifen muss und das Unternehmen bei diesen Größenordnungen unter Umständen auch wird verkaufen müssen, ist plausibel.

148

Diese Gefährdungsprognose des Gesetzgebers deckt sich mit der Einschätzung der Europäischen Kommission zur Belastung von familieninternen Unternehmensübertragungen mit Erbschaft- und Schenkungsteuern. Die Kommission sieht als eines der größten Hindernisse für solche Betriebsübergaben die damit verbundene Steuerbelastung. Nach ihrer Auffassung kann die Entrichtung von Erbschaft- oder Schenkungsteuern das finanzielle Gleichgewicht des Unternehmens gefährden und dadurch seinen Fortbestand sowie die Existenz der damit verbundenen Arbeitsplätze in Frage stellen (vgl. Empfehlung der Kommission vom 7. Dezember 1994 zur Übertragung von kleinen und mittleren Unternehmen, ABl. L 385 vom 31. Dezember 1994, S. 15; siehe auch Der "Small Business Act" für Europa, KOM [2008] 394 endgültig, S. 6 f.).

149

(4) Die Plausibilität der Gefährdungsprognose des Gesetzgebers des Erbschaftsteuerreformgesetzes wird weder durch das Gutachten des Wissenschaftlichen Beirats beim Bundesministerium der Finanzen zur Begünstigung des Unternehmensvermögens in der Erbschaftsteuer 01/2012 noch durch das Jahresgutachten 2008/09 des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung widerlegt. Der Wissenschaftliche Beirat bestätigt vielmehr, dass ein steuerbedingter Liquiditätsverlust zu einer Verringerung von Investitionen führen könne, und dass ungünstige Liquiditätseffekte der Erbschaftsteuer nicht auszuschließen seien, was sich dann ungünstig auf die Beschäftigungssituation auswirken könne (vgl. S. 28 ff. des Gutachtens). Auch der Sachverständigenrat hält es für unstreitig, dass die Erbschaftsteuer einen erheblichen Mittelentzug beim Erben bewirken könne; es sei nicht unwahrscheinlich, dass dieser Geldbedarf nicht ohne weiteres auf dem Kapitalmarkt würde gedeckt werden können (vgl. S. 221 f. des Gutachtens). Dass beide wissenschaftlichen Stellungnahmen im Ergebnis gleichwohl die Verschonungslösung ablehnen, liegt zum Teil an konzeptionell anderen Ansätzen und für vorzugswürdig gehaltenen Alternativlösungen. So befürwortet der Sachverständigenrat eine großzügige Stundungsregel für besonders liquiditätsbeschränkte Vermögen bei gleichzeitiger Senkung der Steuersätze in der Steuerklasse I, die dann einheitlich auf alle Vermögensarten Anwendung finden sollen (vgl. S. 227 des Jahresgutachtens 2008/09; siehe auch S. 192 des Jahresgutachtens 2009/10 sowie S. 211 des Jahresgutachtens 2012/2013). Der Wissenschaftliche Beirat lehnt die Verschonungsregelung ab, weil er erhebliche ökonomische Fehlsteuerungen durch dieses Instrument befürchtet, und schlägt stattdessen vor, die Steuersätze zu senken, die Bemessungsgrundlage zu verbreitern und die Stundungsregelung zu verbessern (S. 33 ff. des Gutachtens). Auch die von Professor Dr. Maiterth in der mündlichen Verhandlung als sachkundiger Dritter abgegebene Stellungnahme bestätigt das Fehlen empirischer Belege zur Frage von Existenzgefährdungen durch die Erbschaft- und Schenkungsteuer und räumt zugleich ein, dass sich das Arbeitsplatzargument nicht gänzlich entkräften lasse.

150

cc) Es stellt die Erforderlichkeit der Ungleichbehandlung nicht grundsätzlich in Frage, dass die Verschonung ohne Bedürfnisprüfung im Sinne der Prüfung eines konkreten Verschonungsbedarfs im Einzelfall gewährt wird.

151

Nach §§ 13a und 13b ErbStG bleibt der Wert des gemäß § 13b Abs. 1 ErbStG förderungswürdigen Vermögens zu 85 % oder zu 100 % außer Ansatz, wenn die Bedingungen des Verwaltungsvermögenstests (§ 13b Abs. 2 ErbStG), der Lohnsummenklausel (§ 13a Abs. 1, 4 und 8 Nr. 1 ErbStG) und der Behaltensfrist (§ 13a Abs. 5 und 8 Nr. 2 ErbStG) erfüllt werden. Eine Bedürfnisprüfung sieht das Gesetz nicht vor. Der die Verschonung in Anspruch nehmende Erbe oder Beschenkte muss nicht dartun oder belegen, dass der erworbene Betrieb ohne eine solche Entlastung des Betriebsübergangs von der Erbschaft- und Schenkungsteuer in Schwierigkeiten käme. Das Gesetz macht auch nicht zur Voraussetzung, dass der Erwerber nicht in der Lage sein darf, aus sonstigem Vermögen oder aus mit der Erbschaft oder Schenkung zugleich übergegangenen anderen Vermögensteilen die Steuerschuld zu begleichen. Dies hat die zuständige Finanzbehörde daher nach geltender Rechtslage auch nicht zu prüfen.

152

Durfte der Gesetzgeber davon ausgehen, dass in nicht nur seltenen Fällen eine Belastung der Unternehmensnachfolge mit Erbschaft- und Schenkungsteuer die Betriebe in Liquiditätsschwierigkeiten bringen kann und letztlich Arbeitsplätze gefährdet (siehe vorstehend (1)), liegt es auch im Rahmen seines Gestaltungsspielraums, die Verschonung ohne individuelle Bedürfnisprüfung zu gewähren. Eine solche Prüfung wäre kein gleich wirksames milderes Mittel, um Betriebs- und Arbeitsplatzerhalt zu sichern. Zwar würde sich das Maß der Ungleichbehandlung gegenüber den Erwerbern nicht privilegierter Vermögensarten verringern, wenn einzelne Verschonungen nicht gewährt würden, etwa weil die Einzelfallprüfung ergeben hat, dass ein übertragenes Unternehmen über hinreichende Liquiditätsreserven verfügt, auf die der Erwerber zur Befriedigung der gegen ihn gerichteten Steuerforderung zurückgreifen könnte. Eine solche Lösung brächte jedoch zum einen erhebliche Erschwernisse bei der Erhebung der Erbschaft- und Schenkungsteuer mit sich, wenn nun grundsätzlich überprüft werden müsste, ob die Leistungsfähigkeit eines übertragenen Betriebs auch die Begleichung der aus der Übertragung erwachsenen Steuerschuld seines Erwerbers ermöglicht, verbunden mit all den damit typischerweise einhergehenden Bewertungsfragen. Schon deshalb stellt sich die Verschonung mit Einzelfallprüfung nicht als milderes Mittel dar.

153

Eine Ausdehnung der Bedürfnisprüfung auf das bereits vorhandene Vermögen des Erben oder Beschenkten stünde außerdem in erheblichem Widerspruch zur Systematik des Erbschaftsteuerrechts, das für die Bemessung der Steuer allein auf die Bereicherung durch das durch den Erbfall oder die Schenkung Erworbene abstellt und auch sonst Befreiungen ohne Rücksicht auf die Bedürftigkeit des Erwerbers im Übrigen gewährt.

154

dd) Die in § 28 ErbStG vorgesehene Möglichkeit einer Stundung der Erbschaftsteuer beim Erwerb von Betriebsvermögen oder land- und forstwirtschaftlichem Vermögen steht der Erforderlichkeit der Verschonungsregelung zur Erreichung des vom Gesetzgeber verfolgten Förderzwecks nicht entgegen. Eine Stundung bewirkt keine ebenso effektive Entlastung wie eine Befreiung. Zwar würde eine Beschränkung der Begünstigung des Erwerbs betrieblichen Vermögens auf die Stundung nach § 28 ErbStG die Ungleichbehandlung gegenüber den Erwerbern nicht begünstigten Vermögens praktisch beseitigen. Sie erweist sich jedoch als nicht gleich wirksam wie die Verschonungsregelung, um den Erhalt der übergegangenen Betriebe und der Arbeitsplätze zu sichern. Abgesehen davon, dass sie den Erwerber über bis zu zehn Jahre mit Rückzahlungsverpflichtungen belastet, verlangt sie einen individuellen Bedürftigkeitsnachweis. Im Verfahren vor dem Senat ist von Seiten mehrerer Wirtschafts- und Unternehmensverbände plausibel vorgetragen worden, dass gerade kleine und mittelständische Unternehmen die Offenlegung von Liquiditätsproblemen vor den Banken möglichst vermeiden wollen, selbst wenn sie allein aus einer Erbschaftsteuerbelastung resultieren, weil sie sonst Schwierigkeiten in Bezug auf ihre Kreditwürdigkeit befürchten. Außerdem sieht § 28 Abs. 1 ErbStG keine Stundung für den Fall des Erwerbs von Anteilen an Kapitalgesellschaften vor. Sofern der Bundesfinanzhof im Rahmen seiner Kritik an der fehlenden Bedürfnisprüfung offenbar eine gegenüber dem § 28 Abs. 1 ErbStG wesentlich großzügigere Stundungsregelung vor Augen hat, ändert dies nichts an der Erforderlichkeit der §§ 13a und 13b ErbStG im Rahmen des geltenden Erbschaft- und Schenkungsteuerrechts.

155

f) Die durch §§ 13a und 13b ErbStG bewirkten Ungleichbehandlungen sind nicht durchgehend verhältnismäßig im engeren Sinne. Die durch die Verschonung betrieblichen und land- und forstwirtschaftlichen Vermögens und von Anteilen an Kapitalgesellschaften bewirkte Ungleichbehandlung gegenüber nichtbetrieblichem Vermögen erweist sich im Grundsatz als verhältnismäßig im engeren Sinne (aa - cc), nicht jedoch, soweit die Verschonung über den Bereich kleiner und mittlerer Unternehmen hinausgreift, ohne eine Bedürfnisprüfung vorzusehen (dd).

156

aa) Die ungleiche Besteuerung des unentgeltlichen Erwerbs der verschiedenen Vermögensarten ist verhältnismäßig, wenn das Maß der erbschaft- und schenkungsteuerlichen Privilegierung betrieblichen Vermögens im Sinne des § 13b Abs. 1 ErbStG und dementsprechend der Schlechterstellung nicht betrieblichen Vermögens in angemessenem Verhältnis zur Bedeutung des mit der Differenzierung verfolgten Ziels und zu dem Ausmaß und Grad der Zielerreichung steht.

157

bb) Die mit der Verschonung des Erwerbs begünstigten Vermögens einhergehende Ungleichbehandlung gegenüber nicht begünstigtem Vermögen ist enorm (s. bereits oben 2. a). Mit einem Abschlag von 100 %, zumindest aber 85 % des Erwerbs - im letzteren Fall verbunden mit den weiteren Vergünstigungen in § 13a Abs. 2, § 19a ErbStG - ist bereits die relative Freistellung von der Erbschaft- und Schenkungsteuer umfassend oder doch weitreichend, kann aber auch in absoluten Zahlen sehr hoch sein, da der Begünstigungsumfang zahlenmäßig nicht begrenzt ist. Die Erwerber nicht begünstigten Vermögens unterliegen dagegen einer uneingeschränkten Besteuerung des Erwerbs mit Steuersätzen bis zu 50 %, soweit er den Wert der persönlichen Freibeträge (vgl. §§ 16, 17 ErbStG) übersteigt und nicht anderweitig von der Steuer befreit ist (vgl. §§ 5, 13, 13c, 18 ErbStG).

158

Allerdings wird das Ziel der Förderung, den unentgeltlichen Übergang von unternehmerischem Vermögen ohne steuerverursachtes Liquiditätsrisiko zu ermöglichen, bei der 100%igen Verschonung uneingeschränkt und bei der 85%igen Regelverschonung weitgehend erreicht.

159

cc) Ausgehend hiervon erweist sich das Verschonungskonzept der §§ 13a und 13b ErbStG als im Grundsatz verhältnismäßig. Es liegt im Rahmen der Einschätzungsprärogative und des Gestaltungsspielraums des Gesetzgebers, dem Erhalt vornehmlich klein- und mittelständischer Unternehmen, die in personaler Verantwortung geführt werden (s. dazu oben 2. c), einen so hohen Stellenwert einzuräumen, dass sie zur Sicherung ihres Bestands und damit auch zum Zwecke des Erhalts der Arbeitsplätze von der Erbschaft- und Schenkungsteuer weitgehend oder vollständig freigestellt werden.

160

(1) Mit dem Ziel, durch die Verschonung namentlich kleiner und mittelständischer Familienunternehmen von der Erbschaft- und Schenkungsteuer diese Betriebe vor möglichen Liquiditätsproblemen zu bewahren und so den Bestand dieser Unternehmen und der mit ihnen verbundenen Arbeitsplätze zu sichern, verfolgt der Gesetzgeber gewichtige Gemeinwohlgründe. Wie schon mit entsprechenden Begünstigungsnormen in den Jahren vor dem Inkrafttreten des Erbschaftsteuerreformgesetzes hat der Gesetzgeber auch mit der Neuregelung der §§ 13a und 13b ErbStG in erster Linie die Förderung und den Schutz der kleinen und mittelständischen Familienunternehmen im Blick (s. dazu oben 2. c). Die Unternehmensnachfolge bei diesen Betrieben soll nicht durch die Erbschaft- und Schenkungsteuer in einer Weise belastet werden, die die Erwerber in ihrer Investitionskraft hemmt oder gar zum Verkauf oder zur Auflösung der Betriebe zwingt (vgl. BTDrucks 16/7918, S. 33).

161

In der mittelständisch geprägten Unternehmenslandschaft sieht der Gesetzgeber eine Stärke der deutschen Wirtschaft, die er für vorteilhaft gerade auch im internationalen Wettbewerb hält (vgl. BTDrucks 16/7918, S. 23, 33, ferner BTDrucks 17/15, S. 20). Diese Einschätzung spiegelt die Auffassung verschiedener Bundesregierungen zur Bedeutung des Mittelstands wider. Auch die Europäische Kommission betont die Wichtigkeit kleinerer und mittlerer Unternehmen für die Schaffung von Arbeitsplätzen (vgl. etwa Der "Small Business Act" für Europa, KOM [2008] 394 endgültig, S. 2 sowie Aktionsplan Unternehmertum 2020, KOM [2012] 795 endgültig, S. 4). Die Einschätzung vom spezifischen Wert einer ausgeprägten Kultur klein- und mittelständischer Unternehmen für die deutsche Wirtschaft wird auch in den in diesem Verfahren abgegebenen Stellungnahmen des Deutschen Industrie- und Handelskammertags, des Zentralverbands des Deutschen Handwerks und des Bundesverbands der Deutschen Industrie geteilt.

162

Hinzu kommen spezifische Vorzüge, die der Gesetzgeber bei Wirtschaftsunternehmen annimmt, die durch eine in personaler Verantwortung liegende Führung geprägt werden, wie sie für Familienunternehmen typisch sind (vgl. BTDrucks 16/7918, S. 33; siehe auch schon BTDrucks 13/901, S. 157 und 13/4839, S. 67, wonach der Gesetzgeber bei der Einbeziehung der Übertragung von Kapitalgesellschaftsanteilen in die erbschaft- und schenkungsteuerliche Begünstigung unternehmerischen Vermögens ausdrücklich auf die Förderung "familienbezogener" Kapitalgesellschaften abstellte). Die gesetzgeberische Einschätzung von der besonderen Bedeutung der familiengeführten Unternehmen für die deutsche Wirtschaft wird in den zu diesem Verfahren abgegebenen Stellungnahmen durchgängig geteilt. Familiengeführten Unternehmen wird dabei vor allem eine langfristigere Unternehmensstrategie zugeschrieben, die nicht in gleicher Weise unmittelbar renditeorientiert ausgerichtet sein soll, wie dies bei anderen Unternehmen der Fall ist. Dadurch sollen sie tendenziell zurückhaltender auf Krisensituationen reagieren, standort- und arbeitsplatzorientierter operieren als andere Unternehmen und so vor allem Arbeitnehmer regelmäßig länger im Betrieb halten.

163

Mit dem Ziel, die vorhandene Struktur kleiner und mittelständischer Familienunternehmen und damit auch deren Arbeitsplätze zur erhalten und zu stärken, verfolgt der Gesetzgeber danach ein Gemeinwohlziel, dem er einen hohen Stellenwert zuordnen durfte.

164

(2) Im Rahmen der Erforderlichkeitsprüfung wurde bereits festgestellt, dass die Annahme des Gesetzgebers, eine uneingeschränkte Steuerbelastung der Unternehmensnachfolge werde nicht nur in Ausnahmefällen die Unternehmen in ihrer Investitionsfähigkeit, unter Umständen auch in ihrem Bestand gefährden, keinen durchgreifenden verfassungsrechtlichen Einwänden ausgesetzt ist (s. oben 2. e bb).

165

(3) Die Verschonungsregelung der §§ 13a und 13b ErbStG ist so ausgestaltet, dass sie regelmäßig einen wesentlichen Beitrag zur Erreichung des Förderziels zu leisten vermag. Ohne dass es an dieser Stelle auf die sach- und gleichheitsgerechte Ausgestaltung der vom Gesetzgeber gewählten Steuerungsinstrumente der Verschonung im Einzelnen ankommt (dazu unter 3.), erweisen sich die Lohnsummenregelung und die Bestimmungen über die Haltefrist jedenfalls im Grundsatz als geeignet, den Erhalt des übertragenen Unternehmens in der Hand des Erwerbers und den Bestand an Arbeitsplätzen zu sichern (s. dazu bereits oben 2. d). Die Vorschriften über das Verwaltungsvermögen zielen darauf, die Freistellung förderungsunwürdigen, nicht produktiven Vermögens zu verhindern und so eine zielgenaue Begünstigung sicherzustellen. Zwar fehlt den §§ 13a und 13b ErbStG mangels Obergrenze eine klare normative Beschränkung der Förderung auf kleine und mittlere Unternehmen; die Abschmelzung des Abzugsbetrags nach § 13a Abs. 2 ErbStG bei einem der Besteuerung unterliegenden begünstigten Vermögen von mehr als 150.000 Euro zeigt jedoch zumindest im Ansatz die Ausrichtung der Verschonungsregelung auf kleinere Unternehmen. Soweit Anteile an Kapitalgesellschaften vererbt werden, kommt die bei Familienunternehmen typische personale Verantwortung für unternehmerische Entscheidungen dadurch zum Ausdruck, dass eine Mindestbeteiligung von über 25 % Voraussetzung für die Förderungswürdigkeit ist.

166

In dieser Ausgestaltung ist die Verschonungsregelung im Grundsatz angemessen. Der Gesetzgeber hält sich mit diesem Konzept im Rahmen seiner Gestaltungsfreiheit. Das Gewicht der mit der Verschonung verfolgten Gemeinwohlbelange steht auch unter Berücksichtigung des Grades der zu erwartenden Zielerreichung nicht außer Verhältnis zu der erheblichen Ungleichbehandlung zu Lasten der Erwerber sonstigen Vermögens. Mit den für dieses Ergebnis maßgeblichen Gewichtungen der gegeneinander stehenden Ziele und Positionen bewegt sich der Gesetzgeber innerhalb des ihm auch insoweit zukommenden Einschätzungs- und Bewertungsspielraums.

167

(4) Die vom Gesetzgeber seinem Förderkonzept beigegebenen Bedingungen für eine Verschonung sind für die Angemessenheit der Gesamtregelung allerdings unverzichtbar. Zwar lässt sich aus dem Gleichheitssatz nicht im Einzelnen ableiten, dass der Gesetzgeber die Verschonung mit gerade einer Lohnsummenregelung und einer Haltefrist eingrenzen und durch den Ausschluss von Verwaltungsvermögen auf produktives Vermögen beschränken musste. Die hier erfolgte umfängliche Begünstigung betrieblichen Vermögens ist aber nur dann angemessen, wenn durch begleitende gesetzliche Regelungen hinreichend sichergestellt ist, dass mit der Verschonung das angestrebte Förderziel auch tatsächlich erreicht wird und die Begünstigung zuverlässig auf förderungswürdiges Vermögen begrenzt ist. Der Gesetzgeber ist auch hier weitgehend frei in seiner Entscheidung, welche Instrumente er dafür einsetzt, um eine hinreichend normenklare und zielgenaue Förderung sicherzustellen (vgl. BVerfGE 117, 1 <32 f.>; vgl. ferner 110, 274 <293> und 116, 164 <182>). Dass überhaupt hierfür geeignete Maßgaben getroffen werden, ist jedoch zur Wahrung der Verhältnismäßigkeit der Verschonungsregelung von Verfassungs wegen geboten. In Anbetracht des erheblichen Ausmaßes der Ungleichbehandlung stünde es nicht mit Art. 3 Abs. 1 GG in Einklang, eine umfassende Verschonung des unentgeltlichen Erwerbs betrieblichen Vermögens ohne jegliche Bedingungen und Förderungssicherungsmaßnahmen zu gewähren.

168

(5) Die durch das Optionsmodell nach § 13a Abs. 8 ErbStG eröffnete Möglichkeit, eine Steuerverschonung von 100 % zu erlangen, ist nicht allein wegen des Umstandes der Vollverschonung verfassungswidrig. Für jedes Maß der Steuerverschonung benötigt der Gesetzgeber tragfähige Rechtfertigungsgründe (vgl. BVerfGE 117, 1 <32>); für eine vollständige Steuerfreistellung bestimmter Besteuerungsobjekte - wie sie im Übrigen aus zahlreichen Befreiungsvorschriften des Steuerrechts bekannt ist - gilt insofern nichts kategorial Anderes als bei Freistellungen geringeren Umfangs. Stets bedarf es zur Rechtfertigung der mit der Freistellung einhergehenden Ungleichbehandlung eines hinreichend gewichtigen Sachgrundes.

169

Sofern die in einer Steuerart vorgesehenen Ausnahmen, Befreiungen, Verschonungen und Freibeträge - insbesondere aus Gründen der Lenkung und Förderung - je für sich sachlich gerechtfertigt und in sich gleichheitsgerecht ausgestaltet sind, erweisen sie sich auch in ihrem Zusammenwirken nicht allein deshalb als gleichheitswidrig, weil sie dazu führen, dass eine Steuer in großem Umfang nicht greift. Für den erbschaftsteuerlichen Zugriff bei Familienangehörigen sowie kleinen und mittelständischen Betrieben hat der Gesetzgeber mit den spezifisch erbschaft- und schenkungsteuerlichen Befreiungen und Verschonungen in weitem Umfang Vorgaben der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts unter anderem aus Art. 14 Abs. 1 und Art. 6 Abs. 1 GG Rechnung getragen (vgl. BVerfGE 93, 165 <174 f.>). Die vom Bundesfinanzhof in seinem Vorlagebeschluss unter Berufung auf die Erbschaft- und Schenkungsteuerstatistiken 2010 und 2011 des Statistischen Bundesamts erhobenen verfassungsrechtlichen Bedenken dagegen, dass die Steuervergünstigungen nach §§ 13a und 13b ErbStG zusammen mit zahlreichen anderen Verschonungen und Befreiungen dazu führten, dass nur ein geringer Teil der im Grundsatz nach §§ 1, 2, 3 und 7 ErbStG steuerbaren Sachverhalte tatsächlich mit Steuer belastet werde, die Steuerbefreiung also die Regel und die tatsächliche Besteuerung die Ausnahme sei (vgl. BFHE 238, 241 <278 Rn. 156> unter Verweisung auf damit übereinstimmende Äußerungen im Schrifttum), begründen danach allein für sich nicht die Unverhältnismäßigkeit der Erbschaft- und Schenkungsteuer.

170

dd) Unverhältnismäßig ist die Ungleichbehandlung zwischen begünstigtem unternehmerischen und nicht begünstigtem sonstigen Vermögen aber insoweit, als der unentgeltliche Erwerb betrieblichen und land- und forstwirtschaftlichen Vermögens und von Anteilen an Kapitalgesellschaften ohne Bedürfnisprüfung weitgehend oder vollständig von der Erbschaft- und Schenkungsteuer befreit wird und es sich dabei um Erwerbe von Unternehmen handelt, welche die Größe kleiner und mittlerer Unternehmen überschreiten.

171

(1) Das Maß der Ungleichbehandlung ist umso größer, je umfangreicher der steuerbefreite Erwerb ist. Da die §§ 13a und 13b ErbStG keine Obergrenze in Bezug auf das begünstigungsfähige Vermögen vorsehen, können bei Einhaltung der Verschonungsbedingungen auch Betriebe mit Unternehmenswerten von mehreren Hundertmillionen oder auch mehreren Milliarden Euro erbschaft- und schenkungsteuerfrei übertragen werden. Es ist freilich nicht auszuschließen, dass auch sehr große Unternehmen durch eine dann entsprechend hohe Erbschaft- oder Schenkungsteuerlast der Erwerber in finanzielle Schwierigkeiten geraten und an Investitionskraft verlieren könnten, Arbeitsplätze abbauen, verkauft oder sogar aufgelöst werden müssten. Die damit verbundenen gemeinwohlschädlichen Lasten wären dann entsprechend größer. Diese Risiken können im Ergebnis auch die Steuerverschonung sehr großer Unternehmen rechtfertigen, erfordern dann aber mit Rücksicht auf den Grundsatz der Lastengleichheit besondere Vorkehrungen zur Erreichung der mit der Befreiung verfolgten Ziele.

172

Je umfangreicher die Steuerverschonung und je größer deshalb andererseits das Maß der Ungleichbehandlung gegenüber den Erwerbern nicht begünstigten Vermögens ist, desto anspruchsvoller wird die Rechtfertigungslast hierfür. Die steuerliche Privilegierung unternehmerischen Vermögens ist nicht gerechtfertigt, weil der einzelne Erwerber verschont werden soll. Um die Begrenzung der Besteuerung durch die verfassungsrechtliche Erbrechtsgarantie aus Art. 14 Abs. 1 GG vor einer übermäßigen Belastung, welche die dem Erben zugewachsenen Vermögenswerte grundlegend beeinträchtigt (vgl. BVerfGE 93, 165 <172>; 63, 312 <327>), geht es dabei in diesem Zusammenhang nicht. Der die Ungleichbehandlung rechtfertigende Gemeinwohlgrund liegt vielmehr allein im Schutz der übertragenen Unternehmen und der damit verbundenen Arbeitsplätze. Während die Ungleichbehandlung zwischen nicht verschonten Erwerbern sonstigen Vermögens und den Erwerbern unternehmerischen Vermögens bei der Übertragung kleiner und mittlerer Unternehmen im Grundsatz noch gerechtfertigt ist, ohne dass die Gefährdung der Unternehmen, vor der die Verschonung bewahren soll, im Einzelfall festgestellt wird, kann diese unwiderlegliche Gefährdungsvermutung bei der Übertragung größerer Unternehmen nicht mehr hingenommen werden. Hier erreicht die Ungleichbehandlung schon wegen der Größe der steuerbefreiten Beträge ein Maß, das ohne die konkrete Feststellung der Verschonungsbedürftigkeit des erworbenen Unternehmens mit den Anforderungen an eine gleichheitsgerechte Besteuerung nicht mehr in Einklang zu bringen ist.

173

Hinzu kommt bei der Übertragung von Unternehmen dieser Größenordnung, dass deren Schutz und Erhalt nicht mehr von dem Ziel der Verschonungsregelung getragen wird, die vorhandene Unternehmensstruktur kleiner und mittelständischer Betriebe zu erhalten. Dies ist zwar nicht das einzige Gemeinwohlziel, das die Verschonungsregelung verfolgt; sein Wegfall schwächt aber auch ihr Rechtfertigungspotenzial und bestätigt damit die Notwendigkeit einer individuellen Bedürfnisprüfung.

174

(2) Die Grenze zwischen kleinen und mittleren Unternehmen einerseits und Großunternehmen andererseits ist für den Bereich des Erbschaft- und Schenkungsteuerrechts gesetzlich nicht vorgegeben. Auch nach verfassungsrechtlichen Maßstäben lässt sich nicht eindeutig bestimmen, ab wann genau die aus der Steuerverschonung des unentgeltlichen Erwerbs unternehmerischen Vermögens folgende Ungleichbehandlung nicht mehr verhältnismäßig ist, wenn die Steuerverschonung an keine Bedürfnisprüfung geknüpft ist. Es ist Aufgabe des Gesetzgebers, unter Berücksichtigung der mit der Privilegierung verfolgten Gemeinwohlziele präzise und handhabbare Kriterien für die Bestimmung dieser Grenze festzulegen. Dabei bleibt es ihm aus verfassungsrechtlicher Sicht unbenommen, sich etwa auch an der Empfehlung der Kommission vom 6. Mai 2003 betreffend die Definition der Kleinstunternehmen sowie der kleinen und mittleren Unternehmen (2003/361/EG, ABl. L 124/36 vom 20. Mai 2003) zu orientieren. Darin werden zu den kleinen und mittleren Unternehmen solche gezählt, die weniger als 250 Arbeitnehmer beschäftigen und die entweder einen Jahresumsatz von höchstens 50 Millionen Euro erzielen oder deren Jahresbilanzsumme sich auf höchstens 43 Millionen Euro beläuft (a.a.O., Art. 2 Abs. 1 des Anhangs).

175

Der Gesetzgeber ist von Verfassungs wegen allerdings nicht verpflichtet, die Angemessenheit der Ungleichbehandlung zwischen begünstigten und nicht begünstigten Vermögensübertragungen durch die exakte Bestimmung des Kreises kleiner und mittelständischer Unternehmen und durch die Begrenzung der Verschonung ohne Bedürfnisprüfung auf diese sicherzustellen. Er könnte auch eine absolute Obergrenze festlegen, wie dies im Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Sicherung der Unternehmensnachfolge vom 30. Mai 2005 (vgl. BTDrucks 15/5555, S. 10) mit einer Förderungshöchstgrenze von 100 Millionen Euro beabsichtigt war, jenseits derer die Steuerverschonung endet und steuerbedingten Gefährdungen von Unternehmensübergängen etwa durch eine möglicherweise neu gestaltete Stundungsregelung begegnet wird. Hält er auch bei der Übertragung größerer Unternehmen am Steuerverschonungsmodell fest, wird er zu erwägen haben, ob in die dann in diesem Bereich gebotene Prüfung der Verschonungsbedürftigkeit von Erwerbern solcher Unternehmen auch durch die Erbschaft oder Schenkung miterworbenes, nicht begünstigtes Vermögen oder unter Umständen schon vor dem Erwerb vorhandenes eigenes Vermögen mit einbezogen werden soll, mit der Folge, dass der Erwerber dies zur Begleichung einer Steuerschuld aus dem Unternehmensübergang einzusetzen hätte.

176

3. Die Verschonungsregelungen der §§ 13a und 13b ErbStG verstoßen auch in Teilen ihrer Ausgestaltung im Einzelnen gegen Art. 3 Abs. 1 GG, sowohl im Hinblick auf die Ungleichbehandlung gegenüber den Erwerbern nicht begünstigter Vermögensarten als auch wegen nicht zu rechtfertigender Ungleichbehandlungen im Binnenvergleich der Erwerber begünstigter Vermögensarten. Letztlich nicht zu beanstanden ist allerdings die Festlegung der begünstigten Vermögensarten in § 13b Abs. 1 ErbStG (a) und im Grundsatz die Bestimmung über die Behaltensfrist in § 13a Abs. 5 ErbStG (c). Als gleichheitswidrig erweisen sich jedoch die Freistellung von Betrieben mit bis zu 20 Arbeitnehmern von der Lohnsummenpflicht gemäß § 13a Abs. 1 Satz 4 ErbStG (b) und die Regelung zum Umfang des begünstigungsschädlichen Verwaltungsvermögens nach § 13b Abs. 2 Satz 1 ErbStG (d). Außerdem lassen die §§ 13a und 13b ErbStG in einzelnen Konstellationen zu großzügig steuerliche Gestaltungen zu, die nicht zu rechtfertigende Ungleichbehandlungen verursachen (e).

177

a) Die Festlegung der begünstigen Vermögensarten in § 13b Abs. 1 ErbStG ist verfassungsgemäß. Mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar ist die Bestimmung des durch den Verschonungsabschlag begünstigungsfähigen Vermögens in § 13b Abs. 1 ErbStG sowohl im Verhältnis zu nicht betrieblichem Vermögen als auch im Binnenvergleich zu nicht begünstigtem sonstigen betrieblichen Vermögen.

178

Ziel des Erbschaftsteuerreformgesetzes war es unter anderem sicherzustellen, dass bei der Unternehmensnachfolge insbesondere kleine und mittlere Betriebe, die in personaler Verantwortung geführt werden, nicht wegen der Besteuerung dieses Erwerbs in Liquiditätsschwierigkeiten geraten (s. oben 2. c). Die Beschränkung der Förderung auf kleine und mittlere Betriebe ist trotz der degressiven Ausgestaltung des Abzugsbetrags nach § 13a Abs. 2 ErbStG und des Ausschlusses von Minderbeteiligungen an großen Publikums-Aktiengesellschaften aus dem Kreis förderungswürdigen Vermögens in § 13b Abs. 1 Nr. 3 ErbStG nur begrenzt gelungen und führt deshalb bei größeren Unternehmen zu einem verfassungsrechtlichen Vorbehalt im Hinblick auf die Erforderlichkeit einer Bedürfnisprüfung (s. oben 2. f dd). Ansonsten sichert die Umschreibung des begünstigten Vermögens in § 13b Abs. 1 ErbStG die Begrenzung der Verschonung auf unternehmerisches Vermögen, das typischerweise in personaler Verantwortung gehalten wird. Namentlich die Mindestbeteiligungsklausel für Kapitalgesellschaften von über 25 % in § 13b Abs. 1 Nr. 3 ErbStG scheidet Unternehmensbeteiligungen aus der Förderung aus, die der bloßen Geldanlage dienen. Die damit in verschiedene Richtungen einhergehenden Ungleichbehandlungen sind gerechtfertigt (aa). Dies gilt auch für die Privilegierungen betrieblichen Vermögens im Sinne von § 13b Abs. 1 Nr. 2 ErbStG (bb) und land- und forstwirtschaftlichen Vermögens nach § 13b Abs. 1 Nr. 1 ErbStG (cc).

179

aa) Die Begünstigung des Erwerbs von Kapitalgesellschaftsanteilen im Sinne des § 13b Abs. 1 Nr. 3 ErbStG ist mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar. Es verstößt nicht gegen den Gleichheitssatz, dass der Gesetzgeber mit der Regelung in § 13b Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 ErbStG Anteile an Kapitalgesellschaften ab einer Mindestbeteiligung des Erblassers oder Schenkers von über 25 % am Nennkapital der Gesellschaft zu förderungswürdigem unternehmerischem Vermögen zählt. Die damit verbundene Besserstellung des Erwerbs von Anteilsinhabern, die diese Mindestquote erfüllen, gegenüber dem Erwerb von Erblassern oder Schenkern von sonstigem, nicht betrieblichem Vermögen auf der einen und gegenüber dem Erwerb von Inhabern geringerer Anteile an Kapitalgesellschaften - auch im Streubesitz - auf der anderen Seite, die der Gesetzgeber damit wie nicht betriebliches Vermögen behandelt, ist von Verfassungs wegen im Ergebnis nicht zu beanstanden.

180

(1) Mit den durch die Begünstigung von Kapitalgesellschaftsanteilen im Sinne des § 13b Abs. 1 Nr. 3 ErbStG begründeten Ungleichbehandlungen verfolgt der Gesetzgeber legitime Ziele. Durch die Einbeziehung großer Anteile an Kapitalgesellschaften in die Verschonungsregelung wollte der Gesetzgeber die Übertragung solcher Unternehmensanteile steuerlich verschonen, bei denen der Anteilsinhaber nicht nur als Kapitalanleger auftritt, sondern selbst unternehmerisch in die Gesellschaft eingebunden ist. Die Übertragung von lediglich als Form der Kapitalanlage gehaltenen Anteilen an Kapitalgesellschaften soll hingegen nicht in den Genuss der Verschonungsregelungen gelangen. Die geforderte Beteiligung von über 25 % soll ein Indiz für diese unternehmerische Einbindung sein (BTDrucks 16/7918, S. 35).

181

Hinter der Privilegierung des Übergangs großer Anteile an Kapitalgesellschaften gegenüber sonstigem Vermögen steht danach zum einen die Überlegung, dass diese Anteilseigner ihre Anteile an einer Kapitalgesellschaft nicht nur aus Gründen der Kapitalanlage halten, sondern ein unternehmerisches Eigeninteresse am Wohl und Wehe des Unternehmens haben, das es im Rahmen der Nachfolge insbesondere durch gesetzliche Behaltensanreize zu sichern gilt. Zum anderen bestünden bei einem Verzicht auf jegliche erbschaftsteuerliche Begünstigung der Übertragung von Anteilen an Kapitalgesellschaften erhebliche Gleichheitsbedenken gegenüber anderen, durch die Verschonungsregelung privilegierten Vermögensarten, insbesondere gegenüber der Übertragung von Anteilen an Personengesellschaften. Der strikte Verschonungsausschluss von Anteilen an Kapitalgesellschaften ließe sich jedenfalls in Bereichen, in denen unternehmerische Organisationsformen von Kapitalgesellschaften (insbes. als GmbH) und solche von Personengesellschaften (insbes. als GmbH & Co. KG) weitgehend austauschbar sind, in der Sache kaum hinreichend tragfähig begründen. Dies führte zu einer vielfach nur schwer zu rechtfertigenden Ungleichbehandlung nach der Rechtsform, in der die Unternehmen organisiert sind, und würde das gesetzgeberische Ziel der Förderung kleinerer und mittlerer Betriebe in weiten Bereichen verfehlen, die häufig die Organisationsform einer Kapitalgesellschaft wählen.

182

(2) Die Differenzierung zwischen förderungswürdigen Anteilen an einer Kapitalgesellschaft und nicht förderungswürdigen anhand der Mindestbeteiligungsquote ist geeignet, die Erreichung des Ziels dieser Unterscheidung zu befördern. Die Beschränkung der Verschonung auf den Erwerb von Anteilseignern mit einer Mindestquote von über 25 % ermöglicht es, bei der Übertragung von Anteilen an Kapitalgesellschaften nur jene zu erfassen, bei denen die Annahme einer unternehmerischen Einbindung des übertragenden Anteilsinhabers in den Betrieb vertretbar erscheint. Die Vermutung einer unternehmerischen Verantwortung bei Anteilseignern ab einer Mindestbeteiligungsquote von 25 % liegt im Rahmen des gesetzgeberischen Einschätzungs- und Gestaltungsspielraums. Die Übertragung von Anteilen an Kapitalgesellschaften im Streubesitz hingegen unterscheidet sich nicht wesentlich von der unentgeltlichen Übertragung sonstigen Vermögens, die nicht von der Steuer verschont wird. Der Bestand eines Betriebs, seine Bonität und die Sicherheit seiner Arbeitsplätze sind in diesen Fällen regelmäßig nicht von der Person des Anteilsinhabers abhängig (so auch BTDrucks 16/7918, S. 35), der seine nur zu Zwecken der Kapitalanlage erfolgte Beteiligung - falls zur Begleichung der Steuerschuld geboten - ohne Gefährdung des Betriebs verkaufen kann.

183

(3) Zur Erreichung der gesetzlichen Ziele ist die Mindestbeteiligungsquote erforderlich. Es ist nicht erkennbar, dass ohne die 25 %-Regel eine gleich wirkungsvolle und zugleich mit einer geringeren Ungleichbehandlung belastete Unterscheidung zwischen förderungswürdigem und nicht förderungswürdigem Vermögen im Bereich der Kapitalgesellschaftsanteile erreicht werden könnte.

184

Ein Verzicht auf jegliche erbschaft- und schenkungsteuerliche Begünstigung der Übertragung von Anteilen an Kapitalgesellschaften ersparte zwar die Suche nach einer gleichheitsgerechten Differenzierung zwischen förderungswürdigen und nicht förderungswürdigen Anteilen an Kapitalgesellschaften, wie sie jetzt § 13b Abs. 1 Nr. 3 ErbStG vornimmt, und würde so zu einer vollständigen Gleichstellung dieser Vermögensart mit nicht betrieblichem Vermögen führen, hätte aber die oben (unter (1)) beschriebene Ungleichbehandlung gegenüber sonstigem betrieblichen Vermögen nach der Rechtsform zur Folge und könnte auch nicht das gesetzgeberische Ziel erreichen, in unternehmerischer Verantwortung gehaltene Anteile an Kapitalgesellschaften in die Verschonung mit einzubeziehen.

185

(4) Die Mindestbeteiligungsquote ist verhältnismäßig im engeren Sinne. Die als Differenzierungsgrund für die Besserstellung vermuteten Vorteile der unternehmerischen Einbindung der Anteilseigner ab einer Mindestquote von über 25 % der Anteile an einer Kapitalgesellschaft haben hinreichendes Gewicht, um die Ungleichbehandlung sowohl gegenüber den Inhabern nicht betrieblichen Vermögens als auch gegenüber den Inhabern von Anteilen an Kapitalgesellschaften unterhalb dieser Quote zu rechtfertigen.

186

(a) Bei einer Mindestbeteiligungsquote von über 25 % durfte der Gesetzgeber von einer unternehmerischen Einbindung des Anteilseigners in den Betrieb und damit von begünstigtem Vermögen ausgehen.

187

Der allgemein maßgebliche Rechtfertigungsgrund für die Steuerverschonung bei der Unternehmensnachfolge - die ansonsten befürchtete Gefährdung der betroffenen Betriebe durch Liquiditätsprobleme und damit auch die Gefährdung von Arbeitsplätzen - greift allerdings nicht ohne weiteres in allen Fällen der Übertragung von Anteilen an Kapitalgesellschaften. Insbesondere werden jedenfalls Minderheitsgesellschafter in aller Regel keinen maßgeblichen Einfluss auf die Ausschüttung von Gewinnanteilen allein zum Zwecke der Begleichung von Steuerschulden der Gesellschafter nehmen und daher insofern auch keine Betriebsgefährdung auslösen können. Namentlich bei der Übertragung von Anteilen an Publikumsgesellschaften ist die generelle Befürchtung solcher Gefährdungen ohnehin nicht berechtigt. Es entspricht außerdem dem allgemeinen Förderzweck der Verschonungsregelung, Anteile an Kapitalgesellschaften, die der bloßen Kapitalanlage dienen, von der Privilegierung auszunehmen. Dies wird auch durch die Bestimmungen über das Verwaltungsvermögen in § 13b Abs. 2 ErbStG deutlich, die eine Konzentration der Steuerverschonung auf produktives, mit unternehmerischem Risiko behaftetes Vermögen sicherzustellen suchen (s. dazu nachfolgend d).

188

Die Annahme, ab einer Anteilsquote von über 25 % des Nennkapitals bestehe regelmäßig eine unternehmerische Einbindung des Anteilseigners in den Betrieb, ist vom Einschätzungs- und Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers gedeckt (oben (2)). Bei Anteilseignern, die mehr als ein Viertel der Anteile einer Kapitalgesellschaft halten, darf der Gesetzgeber davon ausgehen, dass sie sich nicht nur aus Gründen der Kapitalanlage engagieren, sondern ein unternehmerisches Eigeninteresse an Bestand und Erfolg des Unternehmens haben (oben (1)).

189

Das Bundesverfassungsgericht hat bereits in seinem Beschluss vom 7. November 2006 die entsprechende Annahme des Gesetzgebers von der unternehmerischen Einbindung des Anteilseigners bei der Vorgängerregelung als "nicht unplausibel" bezeichnet, zumal Anteilsinhaber nach dem Aktiengesetz und dem GmbH-Gesetz erst bei der geforderten Quote von mehr als 25 % über eine Sperrminorität bei satzungsändernden Beschlüssen verfügten (vgl. BVerfGE 117, 1 <63>).

190

Im Übrigen ist die Festlegung auf die Mindestquote von über 25 % durch die Typisierungs- und Vereinfachungsbefugnis des Gesetzgebers (vgl. dazu BVerfGE 120, 1 <30>; 122, 210 <231 ff.>; 126, 268 <278 f.>) gedeckt. Seine Annahme, dass die andernfalls erforderliche konkrete Feststellung der unternehmerischen Relevanz geringerer Beteiligungsanteile nicht nur die Finanzämter, sondern auch die Gesellschaften mit einem unverhältnismäßigen Aufwand belasten würde (vgl. BTDrucks 16/7918, S. 35), ist nicht unvertretbar (a. A. Grolig, Folgerichtigkeitsgebot und Erbschaftsteuer, 2013, S. 185 ff., 190; mit grundsätzlicher Kritik an der 25 %-Regelung auch Piltz, DStR 2013, S. 228 <231>).

191

Schließlich hat die mit der 25 %-Regelung verbundene Erwägung Gewicht, dass ab diesem Beteiligungsanteil eine Gleichbehandlung von Kapitalanlagevermögen mit der Beteiligung an Personengesellschaften erfolgen soll, um deren sonst insoweit nur schwierig zu rechtfertigende Besserstellung zu vermeiden.

192

(b) Die pauschalierende Annahme der 25 %-Grenze für die unternehmerische Einbindung des Anteilseigners wird nicht durch den Einwand widerlegt, dass auch schon bei niedrigeren Beteiligungsquoten ein unternehmerisches Engagement des Inhabers von Kapitalgesellschaftsanteilen denkbar sei. Es ist zwar in der Tat nicht auszuschließen, dass unterhalb einer Beteiligung von 25 % ein tatsächlicher und rechtlicher Bezug eines Anteilseigners zu dem Unternehmen besteht, der weit über eine bloße Kapitalanlage hinausgeht und dessen uneingeschränkte Belastung mit der Erbschaft- und Schenkungsteuer zudem Schwierigkeiten für das Unternehmen mit sich bringen könnte. So ist es insbesondere, wie in der mündlichen Verhandlung in verschiedenen Stellungnahmen bestätigt wurde, in familiengeführten Unternehmen üblich, dass sich im Wege der Generationenfolge der Anteilsumfang pro Person verringern kann, diesem reduzierten Anteil aber durch gesellschaftsvertragliche Klauseln, welche die Übertragbarkeit des Anteils oder Möglichkeiten der Gewinnausschüttung einschränken, mit dem Ziel eines einheitlichen unternehmerischen Handelns Rechnung getragen wird. Diesen Umstand berücksichtigt das geltende Recht jedoch bereits dadurch, dass § 13b Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 ErbStG die Möglichkeit eines sogenannten Pooling vorsieht, welches die Anteile eines Erblassers oder Schenkers an einer Kapitalgesellschaft, der nicht die 25 %-Quote erreicht, gleichwohl als begünstigtes Vermögen behandelt, wenn er zusammen mit anderen Gesellschaftern, mit denen er vertragliche Bindungen hinsichtlich der Anteilsverfügung und Stimmrechtsausübung eingegangen ist, diese Grenze erreicht.

193

(c) Die Mindestbeteiligungsquote von über 25 % ist auch nicht deshalb durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken ausgesetzt, weil das Gesetz den Mindestbestand an Anteilen zwar auf Seiten des Erblassers oder Schenkers voraussetzt, nicht aber verlangt, dass für die Verschonung auch die Übertragung des Unternehmensanteils in einem Umfang von über 25 % erfolgen oder jedenfalls der Erwerber über 25 % der Anteile der Kapitalgesellschaft verfügen muss.

194

Das Abstellen allein auf die Verhältnisse beim Erblasser oder Schenker zur Bestimmung der Begünstigungsfähigkeit von Vermögensarten und Vermögensteilen (zum Beispiel auch im Hinblick auf den sogenannten Verwaltungsvermögenstest nach § 13b Abs. 2 ErbStG - dazu s. unten d) wie auch in Bezug auf sonstige Verschonungsvoraussetzungen (etwa die Zahl der Arbeitnehmer für die Freistellung von der Lohnsummenpflicht nach § 13a Abs. 1 Satz 4 ErbStG - näher dazu unter b) liegt dem gesamten System der Verschonungsregelung zugrunde. Ob der übertragene Unternehmensteil oder die Verhältnisse beim Erwerber diese Voraussetzungen erfüllen, ist hingegen unerheblich. Dies hat zur Folge, dass bei der Übertragung von Unternehmensteilen eine Verschonung auch dann in Betracht kommt, wenn der Erbe oder Beschenkte keinen, jedenfalls keinen rechtlich zwingenden Einfluss auf die Einhaltung von Lohnsumme und Haltefrist und auch sonst nicht auf operative und strategische Entscheidungen des Unternehmens hat. Darauf kommt es nach der Konzeption der gesetzlichen Bestimmung der Begünstigungsfähigkeit der verschiedenen Vermögensarten auch nicht an, denn es geht insoweit allein um die Abschichtung förderungswürdigen unternehmerischen Vermögens von nicht förderungswürdigem privaten Vermögen, insbesondere von bloßem Geldanlagevermögen (s. oben (a) und (b)). Das Gesetz lässt es insoweit genügen, dass im Ergebnis auf der Erwerberebene die weiteren Verschonungsvoraussetzungen (insbesondere Lohnsummenregelung, Haltefrist und Verwaltungsvermögenstest) eingehalten werden und dadurch das Ziel der Verschonung erreicht wird - unabhängig davon, inwieweit der Erwerber darauf Einfluss nehmen konnte oder nicht. Dies ist von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden. Entscheidend ist, dass die Einhaltung der Verschonungsbedingungen sichergestellt ist. Das ist der Fall; nur bei Einhaltung von Lohnsumme und Haltefrist sowie zuvor bestandenem Verwaltungsvermögenstest werden Verschonungsabschlag (§ 13a Abs. 1 ErbStG) und Abzugsbetrag (§ 13a Abs. 2 ErbStG) gewährt, ohne dass es darauf ankommt, ob der Erblasser oder Schenker oder der Erwerber entscheidenden Einfluss darauf genommen haben.

195

Vor diesem Hintergrund bestehen im Ergebnis keine durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken dagegen, für die Beschränkung der Anteilsmindestquote von 25 % an die Situation auf Seiten der Erblasser und Schenker anzuknüpfen. Allerdings wird damit auch die Übertragung von nur einem Bruchteil dieser Mindestquote von Anteilen auf den Nachfolger steuerlich begünstigt, selbst wenn er weit unter 25 % des Nennwerts liegt. Die Steuerverschonung greift also auch dann, wenn auf der Erwerberseite kein personaler Einfluss auf das Unternehmen mehr gewährleistet ist und für den Begünstigten der erworbene Anteil nurmehr die Bedeutung einer Kapitalanlage hat. Der Gesetzgeber verzichtet so darauf, das Ziel der personalen Fortführung des Unternehmens auch zukunftsgerichtet unmittelbar für den Erwerber abzusichern. Dies ist jedoch von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden. Der Gesetzgeber ist insoweit nicht zu einer Regelung verpflichtet, die alle Möglichkeiten zur Erreichung der gesetzgeberischen Ziele optimal ausnutzt, sondern hat einen weiten Gestaltungsspielraum. Dabei darf er sich auch von dem Gesichtspunkt leiten lassen, an einer übergreifenden Systematik, die insgesamt gute Gründe hat und funktional ausgerichtet ist, dort festzuhalten, wo auf andere Weise weitergehende Lösungen möglich sind. Im Übrigen wird das Ziel des Gesetzes durch die Regelung zumindest insoweit erreicht, als es die Übertragung von Gesellschaftsanteilen, die bereits auf der Erblasser- oder Schenkerseite der bloßen Kapitalanlage dienten, von der Verschonung ausschließt. Auch setzt die Regelung - worauf die Vertreter der Bundesregierung in der mündlichen Verhandlung maßgeblich abgestellt haben - über die 25 %-Mindestquote in § 13b Abs. 1 Nr. 3 ErbStG einen Anreiz, auf der Nachfolgerebene erneut eine Zusammenführung einzelner Anteilspakete bis zum Umfang der Mindestquote anzustreben oder insoweit jedenfalls die Voraussetzungen der Poolingregelung (§ 13b Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 ErbStG) zu erreichen. Der Gesetzgeber wird, falls sich diese Erwartung nicht erfüllt, zu erwägen haben, inwieweit daraus Konsequenzen für die Begünstigungsfähigkeit von Anteilen an Kapitalgesellschaften zu ziehen sind, insbesondere im Hinblick auf die Forderung nach einer Mindestquote auch auf Erwerberseite.

196

bb) Die Begünstigung des Betriebsvermögens in § 13b Abs. 1 Nr. 2 ErbStG ist mit dem Gleichheitssatz vereinbar, auch soweit der Erwerb von Anteilen an Personengesellschaften ohne Mindestbeteiligungsquote privilegiert wird.

197

Dadurch, dass § 13b Abs. 1 Nr. 2 ErbStG die Übertragung von Anteilen an Personengesellschaften in jeder Größe und unabhängig vom Umfang des Anteilsbesitzes des Erblassers oder Schenkers begünstigt, werden die Anteilseigner von Personengesellschaften besser gestellt als jene von Kapitalgesellschaften, bei denen Anteilsübertragungen an einen Nachfolger erst in den Genuss des Verschonungsabschlags kommen können, wenn der Schenker oder Erblasser über mehr als 25 % der Anteile der Gesellschaft verfügt (s. vorstehend unter aa). Diese Privilegierung der Anteile an Personengesellschaften ist gerechtfertigt.

198

Durch den Verzicht auf eine entsprechende Mindestquote als Voraussetzung für die Förderungswürdigkeit der unentgeltlichen Übertragung von Anteilen an Personengesellschaften bringt der Gesetzgeber zum Ausdruck, dass er bei diesen jegliche Gesellschaftsbeteiligung, unabhängig vom Umfang der jeweils gehaltenen Gesellschaftsanteile, als förderungswürdiges unternehmerisches Vermögen und nicht als bloße Geldanlage ansieht. Mit dieser Annahme bewegt sich der Gesetzgeber im Rahmen des ihm bei der Regelung solch komplexer Sachverhalte zustehenden Einschätzungs- und Typisierungsspielraums. Sie findet ihre Grundlage in der unterschiedlichen zivilrechtlichen Behandlung des Vermögens der Personengesellschaft einerseits und der Kapitalgesellschaft andererseits: Bei Personengesellschaften wird das Gesellschaftsvermögen den Gesellschaftern zugerechnet (vgl. § 718 BGB i.V.m. § 105 Abs. 3, § 161 Abs. 2 HGB), hingegen ist das Vermögen der Kapitalgesellschaften gegenüber dem Vermögen ihrer Gesellschafter selbständig. Es liegt angesichts dieser stärker personalisierten Struktur der Personengesellschaft im Rahmen der gesetzgeberischen Typisierungsbefugnis, für Zwecke der Erbschafts- und Schenkungsbesteuerung der Unternehmensnachfolge auf die in der Rechtsform der Personengesellschaft regelmäßig höhere unternehmerische Einflussnahme und Haftung abzustellen (vgl. Jachmann, in: Steuergesetzgebung zwischen Gleichheit und wirtschaftlicher Freiheit, 2000, S. 154 f.). Der Gesetzgeber durfte typisierend davon ausgehen, dass die Einbindung eines Inhabers von Anteilen an einer Personengesellschaft in das Unternehmen, zumindest seine Nähe zu den jeweils anstehenden unternehmerischen Entscheidungen, dem Regelfall entspricht.

199

cc) Die generelle Begünstigung des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens in § 13b Abs. 1 Nr. 1 ErbStG ist im Hinblick auf die Besonderheiten von Land- und Fortwirtschaft verfassungsgemäß.

200

Der Gesetzgeber durfte mit Rücksicht darauf, dass land- und forstwirtschaftliche Betriebe, wie der Deutsche Bauernverband in seiner in diesem Verfahren abgegebenen Stellungnahme substantiiert und plausibel dargelegt hat, nach wie vor in besonders hohem Maße als Familienbetriebe ohne größere Kapitaldecke geführt werden, ohne weiteres von einer unternehmerischen Einbindung jeglicher Beteiligung an einem solchen Betrieb ausgehen. Hinzu kommen die bekannten strukturellen Besonderheiten, welche die land- und forstwirtschaftlichen Betriebe aufweisen (vgl. BVerfGE 91, 346 <364>) und die eine Beteiligung daran allein zum Zwecke der Geldanlage eher fernliegend erscheinen lassen. Der Gesetzgeber durfte daher land- und forstwirtschaftliches Vermögen dem betrieblichen Vermögen im Hinblick auf die generelle Förderungswürdigkeit gleichstellen und dadurch insoweit besser behandeln als nicht betriebliches Vermögen und Anteile an Kapitalgesellschaften unterhalb der Mindestbeteiligungsgrenze. Die erbschaft- und schenkungsteuerliche Verschonung des Übergangs von land- und forstwirtschaftlichen Betrieben wird im Übrigen neben dem generellen Förderziel, sie vor Gefährdungen durch Liquiditätsentzug zu bewahren und dadurch Arbeitsplätze zu sichern, zusätzlich durch den ökologischen Beitrag dieser Betriebe (vgl. auch BTDrucks 16/7918, S. 23) - jedenfalls derer, die die in § 5 Abs. 2 BNatSchG vorgeschriebenen "Grundsätze der guten fachlichen Praxis" beachten - legitimiert.

201

b) Die in verschiedenen Absätzen des § 13a ErbStG ausgestaltete Lohnsummenregelung ist im Grundsatz mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar (aa), nicht jedoch die Freistellung bei Betrieben mit nicht mehr als 20 Beschäftigten (bb).

202

aa) Die Lohnsummenregelung des § 13a Abs. 1 Satz 2 ErbStG ist verfassungsgemäß.

203

(1) Die Lohnsummenregelung begründet eine Ungleichbehandlung. Die Prüfung, ob sie gerechtfertigt ist, beschränkt sich nicht auf eine bloße Willkürkontrolle.

204

Die Einhaltung der Mindestlohnsumme ist eine Bedingung für die Erlangung des Verschonungsabschlags. Nach § 13a Abs. 1 Satz 2 ErbStG ist Voraussetzung für die Verschonung, dass die Summe der maßgebenden jährlichen Lohnsummen des Betriebs innerhalb von fünf Jahren (bei Vollverschonung gemäß § 13a Abs. 8 Nr. 1 ErbStG innerhalb von sieben Jahren) nach dem Erwerb insgesamt 400 % (bei Vollverschonung gemäß § 13a Abs. 8 Nr. 1 ErbStG 700 %) der Ausgangslohnsumme nicht unterschreitet. Erreicht die Lohnsumme nicht dieses Ziel, vermindert sich der Verschonungsabschlag entsprechend dem Maß der Unterschreitung (§ 13a Abs. 1 Satz 5 ErbStG). Die Einhaltung der Lohnsumme unterscheidet danach bei begünstigtem Vermögen im Sinne des § 13b Abs. 1 ErbStG, wer die Verschonung erhält und wer nicht oder nur zum Teil. Damit führt die Lohnsummenregelung zu einer Binnendifferenzierung zwischen den Erwerbern begünstigten Vermögens. Zugleich gestaltet sie die Rahmenbedingungen der grundsätzlichen Unterscheidung zwischen Erwerbern nicht betrieblichen und begünstigten Vermögens im Sinne des § 13b Abs. 1 ErbStG.

205

Der Maßstab für die Prüfung der Verfassungsmäßigkeit dieser Ungleichbehandlung ist strenger als der einer bloßen Willkürprüfung und entspricht dem oben für die Unterscheidung zwischen betrieblichem und nicht betrieblichem Vermögen herangezogenen. Die Lohnsummenklausel beeinflusst gezielt die freie unternehmerische Entscheidung über die Personalstruktur des Betriebs. Vor allem aber kann die Nichteinhaltung der Mindestlohnsumme bis hin zum völligen Wegfall des Verschonungsabschlags führen und so im Hinblick auf die fehlende Obergrenze für den Verschonungsabschlag zu erheblichen Ungleichheiten gegenüber jenen führen, die die Lohnsumme einhalten.

206

(2) Die durch die Lohnsummenregelung begründete Ungleichbehandlung verfolgt ein legitimes Ziel. Das Mittel der Mindestlohnsumme dient dem Zweck, die Erwerber betrieblichen Vermögens zur Erhaltung der Arbeitsplätze zu veranlassen, und kennzeichnet jene Betriebe, die mit der Einhaltung der Lohnsumme den Nachweis des Arbeitsplatzerhalts erbracht haben. Mit dieser Funktion verfolgt die Mindestlohnsumme einen legitimen Zweck und ist wesentlich für das übergeordnete zentrale Ziel der Verschonungsregelung, den unentgeltlichen Übergang von in personaler Verantwortung geführten Betrieben vor Liquiditätsproblemen zu bewahren, um deren Bestand und damit auch die Arbeitsplätze zu erhalten. Dass ein Instrument wie die Mindestlohnsumme von Verfassungs wegen dem Grunde nach geboten ist, um die Angemessenheit der Verschonung im Grundsatz sicherzustellen, wurde bereits festgestellt (s. oben 2. f cc (4)), beantwortet aber noch nicht die Frage, ob dieses Instrument in seiner konkreten Ausgestaltung gleichheitsgerecht ist. Dies bedarf einer gesonderten Prüfung.

207

(3) Die Bindung der Verschonung an die Einhaltung der Lohnsumme ist grundsätzlich geeignet, diesen Zweck zu erreichen, denn sie fördert angesichts des erheblichen Verschonungspotenzials zumindest für einen mittelfristigen Zeitraum die Erhaltung der Arbeitsplätze in einem Betrieb, der ganz oder in Teilen auf den Nachfolger übertragen wurde. Ein milderes Mittel, um den mit der Verschonungsregelung angestrebten Arbeitsplatzerhalt gleich wirksam zu sichern und nachzuweisen, ist nicht ersichtlich. Die Haltefrist (§ 13a Abs. 5 ErbStG) allein kann diese Aufgabe nicht erfüllen.

208

(4) Die Lohnsummenregelung genügt auch mit Blick auf die durch sie bewirkte Ungleichbehandlung den Anforderungen der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne.

209

Die Lohnsummenregelung ist - abgesehen von der zu großzügigen Freistellungsklausel (dazu sogleich unter bb) - angemessen. Sie trägt dazu bei, dass Erwerber betrieblichen Vermögens gegenüber Erwerbern nicht betrieblichen Vermögens nicht überprivilegiert werden, wenn sie bei Einhaltung ihrer Vorgaben in den Genuss des Verschonungsabschlags gelangen. Die Lohnsummenregelung genügt im Grundsatz der verfassungsrechtlichen Notwendigkeit, den unentgeltlichen Erwerb von Betrieben nicht ohne hinreichend gewichtigen Rechtfertigungsgrund und nicht ohne anspruchsvolle Nachweise zur Einhaltung dieser Rechtfertigung von der Erbschaft- und Schenkungsteuer zu befreien (s. oben 2. f cc (4)).

210

Dementsprechend werden diejenigen, welche die Mindestlohnsumme nicht einhalten, nicht unangemessen benachteiligt gegenüber jenen, denen dies gelingt, wenn sie infolgedessen trotz des Erwerbs begünstigten Vermögens keinen oder nur einen anteiligen Verschonungsabschlag erhalten. Die Lohnsummenregelung eröffnet den Erwerbern begünstigten Vermögens weder zu leicht und unkontrolliert den Weg zu einer umfänglichen Steuerverschonung, noch verlangt sie die Einhaltung untauglicher Vorgaben für das angestrebte Ziel des Arbeitsplatzerhalts, und führt so auch nicht zu einer unverhältnismäßigen Benachteiligung der Erwerber begünstigten Vermögens, die mangels Einhaltung der Mindestlohnsumme die Verschonung ganz oder teilweise verlieren.

211

(a) Die Entscheidung des Gesetzgebers für die Lohnsummenlösung anstelle einer strikten Bindung an den Erhalt der konkret vorhandenen Arbeitsplätze in dem übertragenen Betrieb liegt innerhalb seines insoweit weiten Gestaltungsspielraums. Zwar verlangt das enorme, bis zu einer völligen Freistellung von der Erbschaft- und Schenkungsteuer reichende Verschonungspotenzial des § 13a ErbStG die Bindung des Begünstigten an hinreichend strenge Prüfkriterien, welche die Erreichung der Verschonungsziele sicherstellen und dokumentieren (s. oben 2. f cc (4)). Der Spielraum des Gesetzgebers bei der Ausgestaltung dieser Bedingungen ist jedoch groß. Es ist von Verfassungs wegen daher nicht zu beanstanden, dass der Gesetzgeber in der die Unternehmensführung flexibler als eine starre Arbeitsplatzklausel anleitenden Lohnsumme einen hinreichend zuverlässigen Indikator für den Arbeitsplatzerhalt gesehen hat (vgl. BTDrucks 16/7918, S. 33, 16/11107, S. 9). Dass § 13a Abs. 1 Satz 2 ErbStG bei der Lohnsumme auf eine über den gesamten Lohnsummenzeitraum kumulierte und nicht auf eine jährliche Betrachtung abstellt, unterstreicht die bewusste Entscheidung des Gesetzgebers für eine die unternehmerische Dispositionsbefugnis schonende Regelung, die ihr gleichwohl die Eignung belässt, den Erhalt der Arbeitsplätze in der Summe zu sichern. Diese flexible Ausgestaltung lässt dem Unternehmer Spielraum, um auf betriebliche Bedürfnisse auch in Krisensituationen angemessen reagieren zu können. Sie begegnet so den Einwänden, die der Lohnsumme die Eignung zum Arbeitsplatzerhalt absprechen, weil dieses Instrument betriebsnotwendige Modernisierungs- und Rationalisierungsprozesse verhindere und so kontraproduktiv wirke. Hinzu kommt, dass die Einhaltung der Lohnsumme lediglich Bedingung für die Verschonungsgewährung ist, dem Betriebsinhaber aber nicht die Freiheit der Entscheidung nimmt, ganz oder teilweise (vgl. § 13a Abs. 1 Satz 5 ErbStG) darauf zu verzichten und einer etwaigen Betriebsgefährdung durch die Erbschaft- oder Schenkungsteuer dann gegebenenfalls mit einem Stundungsantrag nach § 28 ErbStG zu begegnen.

212

(b) Weitere Einwände gegen die Berechnungs- und Nachweismodalitäten der Lohnsummenregelung vermögen ihre Verfassungsmäßigkeit ebenfalls nicht in Frage zu stellen, da sie den Gestaltungs- und Typisierungsspielraum verkennen, der dem Gesetzgeber hier zusteht. Die Berechnung der Ausgangslohnsumme aus dem Durchschnitt der letzten fünf vor dem Zeitpunkt der Steuerentstehung endenden Wirtschaftsjahre (vgl. § 13a Abs. 1 Satz 3 ErbStG) soll konjunkturelle Schwankungen ausgleichen (vgl. BTDrucks 16/7918, S. 33) und Manipulationen vermeiden (vgl. Jülicher, in: Troll/Gebel/Jülicher, ErbStG, § 13a Rn. 22 ; Meincke, ErbStG, 16. Aufl. 2012, § 13a Rn. 22) und ist damit sachlich gerechtfertigt.

213

bb) Die Freistellung aller Betriebe mit nicht mehr als 20 Beschäftigten vom Verschonungserfordernis der Lohnsummeneinhaltung verstößt gegen Art. 3 Abs. 1 GG.

214

(1) Die Unterscheidung zwischen Betrieben mit weniger als 20 Beschäftigten und anderen Betrieben bewirkt Ungleichbehandlungen in zweifacher Hinsicht.

215

Nach § 13a Abs. 1 Satz 4 ErbStG ist die Einhaltung der Mindestlohnsumme zur Erlangung des Verschonungsabschlags dann nicht geboten, wenn der Betrieb nicht mehr als 20 Beschäftigte hat. Diese Freistellung von der Lohnsummenpflicht privilegiert Erwerber von Betrieben mit wenig Beschäftigten zum einen gegenüber den Erwerbern von Betrieben oder Anteilen davon, die über 20 Arbeitnehmer beschäftigen und deshalb uneingeschränkt an die Lohnsumme gebunden sind, wenn sie den Verschonungsabschlag erhalten wollen. Zum anderen verschärft die Freistellung das Maß der Ungleichbehandlung der dadurch Privilegierten gegenüber den Erwerbern nicht betrieblichen Vermögens, da die durch § 13a Abs. 1 Satz 4 ErbStG Begünstigten ohne die einschränkende Verpflichtung zur Einhaltung einer Mindestlohnsumme die Verschonung in Anspruch nehmen können, sofern sie die übrigen Bedingungen erfüllen.

216

(2) Die Privilegierung von Betrieben mit bis zu 20 Beschäftigten verfolgt insbesondere das Ziel der Verwaltungsvereinfachung; sie ist hierfür geeignet und erforderlich.

217

Die Freistellung von der Lohnsummenpflicht soll in erster Linie der Verwaltungsvereinfachung dienen. Nachdem in der Begründung des Regierungsentwurfs zum Erbschaftsteuerreformgesetz für die damals noch auf Betriebe mit nicht mehr als zehn Beschäftigten beschränkte Ausnahme von der Lohnsummenpflicht auf die Harmonisierung mit dem Kündigungsschutzrecht abgehoben worden war (vgl. dazu BTDrucks 16/7918, S. 33), wurde im weiteren Gesetzgebungsverfahren zum Erbschaftsteuerreformgesetz der Verzicht auf die Lohnsummenprüfung mit einer Vermeidung des Bürokratieaufwands für Bürger und Verwaltung begründet (vgl. Empfehlungen der Ausschüsse BRDrucks 4/1/08, S. 3 und S. 4; vgl. auch BRDrucks 4/08 [Beschluss], S. 1). Bei der dann rückwirkend zum 1. Januar 2009 eingeführten Änderung der Freistellungsklausel durch das Wachstumsbeschleunigungsgesetz wurde die Erhöhung auf nicht mehr als 20 Beschäftigte mit einem Hinweis auf die Folgen der weltweiten Wirtschaftskrise begründet, weshalb die Bedingungen der Verschonungsregelung "krisenfest und mittelstandsfreundlicher" ausgestaltet werden sollten, damit diese Betriebe "situationsgerecht auf die jeweilige Marktlage reagieren" könnten (vgl. BTDrucks 17/15, S. 20).

218

Sowohl die Verwaltungsvereinfachung für Behörden und Unternehmen als auch die Flexibilisierung der rechtlichen Rahmenbedingungen zur Förderung kleiner und mittlerer Betriebe sind legitime Ziele. Sie zu verfolgen, steht dem Gesetzgeber frei, ohne dass er mit verfassungsrechtlichen Wertungen oder Vorgaben in Konflikt geriete. Die Erweiterung der Ausnahme von der Lohnsummenpflicht auf Betriebe mit bis zu 20 Beschäftigten ist offensichtlich auch geeignet, dieses Ziel zu erreichen; ein gleich wirksames, zu geringeren Ungleichbehandlungen als beschrieben (s. oben (1)) führendes Mittel ist nicht ersichtlich.

219

(3) Die Regelung genügt jedoch nicht den Anforderungen der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne. Erwerber von Betrieben mit bis zu 20 Beschäftigten werden durch die Freistellung von der Einhaltung der Mindestlohnsumme gegenüber den Erwerbern nicht begünstigten Vermögens unverhältnismäßig privilegiert. Die Regelung benachteiligt zudem unverhältnismäßig die Erwerber begünstigten Vermögens mit mehr als 20 Beschäftigten in den übertragenen Betrieben, welche die Mindestlohnsumme einhalten müssen, um den Verschonungsabschlag zu erlangen.

220

(a) Der Bundesfinanzhof hat in seinem Vorlagebeschluss eine Überprivilegierung der Erwerber begünstigten Vermögens gegenüber den Erwerbern nicht betrieblichen Vermögens vor allem deshalb angenommen, weil weit über 90 % aller Betriebe in Deutschland nicht mehr als 20 Beschäftigte aufwiesen und damit die Lohnsummenregelung im Regelfall für die steuerliche Verschonung nach §§ 13a und 13b ErbStG keine Rolle spiele. Dem wird, auch in verschiedenen in diesem Verfahren abgegebenen Stellungnahmen, entgegengehalten, dass über 80 % der Beschäftigten im Jahr 2008 in Betrieben tätig gewesen seien, für welche die Lohnsummenregelung Anwendung finde, und dass außerdem die größten Unternehmen, die weniger als 1 % aller Unternehmen ausmachten, rund 65 % der gesamten steuerbaren Unternehmensumsätze erwirtschafteten. Dieser Einwand geht an der Regelungskonzeption der §§ 13a und 13b ErbStG vorbei, indem er bei der Lohnsummenregelung statt der vom Gesetz vorgegebenen unternehmensbezogenen eine gesamtwirtschaftliche Betrachtung einnimmt. Die Verschonungsregelung soll für den Erwerber eines konkreten Unternehmens einen Anreiz setzen, die Arbeitsplätze in diesem Unternehmen zu erhalten. Dementsprechend kommt es auf die Verhältnisse in den konkreten Unternehmen und die Zahl der durch die Lohnsummenregelung erfassten Unternehmen, nicht hingegen auf den Anteil der dort Beschäftigten an der Gesamtzahl aller Beschäftigten an.

221

(b) Mit der Freistellung von der Einhaltung der Lohnsumme in § 13a Abs. 1 Satz 4 ErbStG verzichtet der Gesetzgeber auf ein wesentliches Instrument zur Sicherstellung des für die Legitimierung der Verschonungsregelung elementaren Förderzwecks, nämlich den Erhalt der Arbeitsplätze. Die Erreichung dieses Ziels mit hinreichend wirkungsvollen Mitteln zu gewährleisten, ist der Gesetzgeber angesichts des Umfangs möglicher Verschonung von Verfassungs wegen verpflichtet (s. oben 2. f cc (4)).

222

In den Fällen, in denen der Betriebsnachfolger die Lohnsummen nach § 13a Abs. 1 Satz 4 ErbStG nicht einhalten muss, um in den Genuss der Erbschaftsteuerverschonung zu gelangen, ist das Erreichen eines der zentralen Ziele der Verschonungsregelung jedenfalls nicht normativ abgesichert. Zwar müssen die Betriebsnachfolger auch ohne Lohnsummenbindung die Behaltensfrist nach § 13a Abs. 5 oder Abs. 8 Nr. 2 ErbStG einhalten, um den Verschonungsabschlag zu erhalten. Dies mag in vielen Fällen auch den Erhalt der Arbeitsplätze in den fortgeführten Betrieben sichern. Der Arbeitsplatzabbau ist in diesen Fällen aber jedenfalls nicht durch den Wegfall der Verschonung rechtlich sanktioniert.

223

Der Verzicht auf die Arbeitsplatzsicherung durch die Lohnsummenklausel in einer so großen Zahl von Fällen, wie sie durch die Freistellung von Betrieben mit bis zu 20 Beschäftigten erreicht wird, schwächt die rechtliche Absicherung zur Erreichung des Ziels der Arbeitsplatzerhaltung in ganz erheblichem Umfang. Hinreichend tragfähige Gründe, die es rechtfertigen könnten, von der Lohnsummenregel in einem solchen Ausmaß abzusehen, sind nicht ersichtlich. Insbesondere vermögen die mit der Freistellungsklausel verfolgten Ziele der Verwaltungsvereinfachung und Flexibilisierung diese Rechtfertigungsleistung ebenso wenig zu erbringen wie die Typisierungsbefugnis des Gesetzgebers.

224

(aa) Das gesetzgeberische Ziel, Unternehmen und Finanzverwaltung von dem Verwaltungsaufwand zu entlasten, der mit dem Nachweis der Einhaltung der Mindestlohnsumme, zumal über den beträchtlichen Zeitraum von fünf oder sieben Jahren, und ihrer Kontrolle nicht unerheblich ist, vermag zwar Ungleichbehandlungen in gewissem Umfang zu rechtfertigen. Die Freistellung von über 90 % aller Betriebe von der Verpflichtung zur Einhaltung der Mindestlohnsumme entzieht der Verschonungsregelung jedoch ihrerseits ein zentrales Rechtfertigungselement mit weitreichenden Folgen. Betriebe können danach fast flächendeckend den Verschonungsabschlag ohne Rücksicht auf die Erhaltung von Arbeitsplätzen beanspruchen. Auf der anderen Seite ist der mit dem Nachweis und der Kontrolle der Mindestlohnsumme verbundene Verwaltungsaufwand nicht so hoch, wie teilweise geltend gemacht. Betriebe mit Arbeitnehmern müssen - wie auch der Bundesfinanzhof in dem Vorlagebeschluss hervorhebt - bereits unabhängig von Verpflichtungen oder Obliegenheiten aus dem Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht unter anderem aus arbeits-, ertragsteuer- und sozialversicherungsrechtlichen Gründen eine Lohnbuchhaltung führen. Ein Nachweis der Entwicklung der Lohnsummen dürfte danach auch kleineren Unternehmen ohne größeren zusätzlichen Aufwand möglich und damit zumutbar sein. Die Finanzämter müssen die Entwicklung der Betriebe bereits im Hinblick auf die Behaltensregelungen in § 13a Abs. 5 ErbStG überwachen. Eine zusätzliche Überwachung der Entwicklung der Lohnsummen dürfte keine verfassungsrechtlich erhebliche Steigerung des Bürokratieaufwands bei den Finanzämtern mit sich bringen. Gemessen an der großen Zahl der betroffenen Betriebe und der erheblichen Bedeutung des Verzichts auf das Einhalten der Mindestlohnsumme im Rahmen des Verschonungsabschlags überschreitet der Gesetzgeber mit der Freistellungsklausel in § 13a Abs. 1 Satz 4 ErbStG seinen Gestaltungsspielraum.

225

(bb) Die großzügige Freistellung von der Lohnsummenpflicht kann auch nicht mit dem in den Gesetzesmaterialien ursprünglich dafür ins Feld geführten Bestreben gerechtfertigt werden, eine Harmonisierung mit den Bestimmungen des Kündigungsschutzgesetzes herbeizuführen, das für Betriebe mit bis zu zehn Arbeitnehmern nach dessen § 23 Abs. 1 Satz 3 in wesentlichen Teilen nicht gilt. Es entbehrt zwar nicht einer gewissen Plausibilität, dass die mit der Freistellung kleiner Betriebe von Beschränkungen durch das Kündigungsschutzgesetz beabsichtigte Entlastung nicht durch den von der Lohnsummenregelung ausgehenden mittelbaren Zwang, Arbeitnehmer im Betrieb zu halten, konterkariert werden soll. Da es aber gerade eines der erklärten und zentralen Ziele der Verschonungsregelung ist, über die Lohnsummenbindung den Beschäftigtenstand eines Betriebs in der Summe zu halten, muss dieses Ziel nicht allein deswegen zurücktreten, um einen Gleichklang mit der Freistellung von den Bindungen des Kündigungsschutzgesetzes zu erhalten, zumal die Lohnsummenregelung ohnehin Kündigungen nicht ausschließt. Mit der Erweiterung der Befreiung des § 13a Abs. 1 Satz 4 ErbStG auf Betriebe mit bis zu 20 Beschäftigten wurde die Anknüpfung an das Kündigungsschutzgesetz schließlich völlig aufgegeben. Es bleibt ausweislich der Begründung des Finanzausschusses des Deutschen Bundestags (s. oben (2)) allein das Ziel, die Flexibilität dieser Betriebe zu erhalten. Eine Privilegierung des beschriebenen Ausmaßes kann damit nicht gerechtfertigt werden.

226

(cc) Auch die Typisierungs- und Pauschalierungsbefugnisse des Gesetzgebers rechtfertigen die großzügige Befreiung von der Lohnsummenpflicht nicht.

227

Das Bundesverfassungsgericht erkennt zwar in ständiger Rechtsprechung als besondere sachliche Gründe für Ungleichbehandlungen im Rahmen steuergesetzlicher Be- und Entlastungsentscheidungen Typisierungs- und Vereinfachungserfordernisse an (vgl. nur BVerfGE 127, 224 <246> m.w.N.). Die Grenze einer zulässigen Typisierung ist aber dann überschritten, wenn die typisierende Vereinfachungsregelung dazu führt, dass die vom Gesetzgeber getroffene Entlastungsentscheidung in ihrem Regel-Ausnahme-Verhältnis in ihr Gegenteil verkehrt wird.

228

Das ist hier der Fall. Die Anwendung des § 13a Abs. 1 Satz 4 ErbStG hat zur Konsequenz, dass die Lohnsummenregelung nur noch bei einem sehr geringen Teil der erbschaft- und schenkungsteuerbaren Unternehmensübergänge anwendbar ist. Es ist also nur noch ausnahmsweise bei einem Betriebsübergang die steuerliche Verschonung vom Arbeitsplatzerhalt abhängig. Der Arbeitsplatzerhalt sollte aber die wesentliche Bedingung für die Steuerbefreiung darstellen (s. oben 2. f cc (4)).

229

(c) Eine Freistellung von der Einhaltung der Mindestlohnsumme kann allerdings gerechtfertigt sein, soweit sie auf eine relativ kleine Gruppe von Betriebsübergängen begrenzt und diese Gruppe zudem so umschrieben wird, dass das Bedürfnis für eine solche Freistellung ein besonderes Gewicht besitzt. Das mag insbesondere dann der Fall sein, wenn die betroffenen Betriebe über eine so geringe Zahl an Beschäftigten verfügen, dass schon einzelne unkalkulierbare Wechsel in der Belegschaft - die sich über einen so langen Zeitraum, wie ihn die Lohnsummenfrist vorsieht, kaum völlig vermeiden lassen - die Einhaltung der Mindestlohnsumme ausschließen oder weitgehend unmöglich machen. Sofern der Gesetzgeber bei der Behebung der auch in anderem Zusammenhang festgestellten Gleichheitsverstöße im Grundsatz an dem gegenwärtigen Verschonungskonzept für die Besteuerung der Unternehmensnachfolge festhält, wird er die Freistellung von der Lohnsummenpflicht auf Betriebe mit einigen wenigen Beschäftigten begrenzen müssen.

230

c) Die Bestimmung über die Behaltensfrist in § 13a Abs. 5 ErbStG (im Falle der Vollverschonung § 13a Abs. 8 Nr. 2 ErbStG) ist im Grundsatz mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar. Der Senat teilt insoweit nicht die Auffassung des Bundesfinanzhofs, der die Behaltensfrist von fünf Jahren und im Falle der Vollverschonung von sieben Jahren angesichts des potentiellen Verschonungsumfangs für unangemessen kurz und den nur anteiligen Wegfall des Verschonungsabschlags bei vorzeitiger Betriebsveräußerung für zu großzügig hält. Der Gesetzgeber bewegt sich mit den beschriebenen Behaltensfristen im Rahmen seines Gestaltungsspielraums, zumal die Behaltensfrist in der Regel durch Lohnsummenregelung und Verwaltungsvermögenstest angemessen anspruchsvoll ergänzt wird. Unzulänglichkeiten in der Ausgestaltung dieser Instrumente führen jeweils dort zu Unvereinbarkeiten mit Art. 3 Abs. 1 GG (s. oben b bb und nachfolgend d), lassen aber die Verfassungsmäßigkeit der Behaltensfrist selbst unberührt. Einzelheiten zur Bestimmung schädlicher Verfügungen über das übergegangene unternehmerische Vermögen im Sinne des § 13a Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 bis 5 ErbStG wurden vom Bundesfinanzhof nicht für verfassungswidrig gehalten; der Senat sieht keinen Anlass, sie gleichwohl einer gesonderten verfassungsgerichtlichen Kontrolle zu unterziehen.

231

d) Die Regelung über das Verwaltungsvermögen in § 13b Abs. 2 Satz 1 ErbStG ist nicht mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar, weil sie bei Vorliegen der übrigen Förderbedingungen die Erwerber von begünstigtem Vermögen selbst dann insgesamt in den Genuss des Verschonungsabschlags gelangen lässt, wenn es bis zu 50 % aus vom Gesetz als grundsätzlich nicht förderungswürdig angesehenem Verwaltungsvermögen besteht, ohne dass hierfür ein hinreichend tragfähiger Rechtfertigungsgrund erkennbar ist.

232

aa) Die Bestimmung über das Verwaltungsvermögen führt zu Ungleichbehandlungen in verschiedener Hinsicht.

233

(1) Die Inanspruchnahme des Verschonungsabschlags für begünstigtes Vermögen im Sinne des § 13b Abs. 1 ErbStG setzt neben der Einhaltung von Mindestlohnsumme und Behaltensfrist voraus, dass das erworbene Vermögen zu nicht mehr als 50 % aus Verwaltungsvermögen besteht (§ 13b Abs. 2 Satz 1 ErbStG).

234

Nach der gesetzlichen Grundentscheidung - also abgesehen von den mehrfach vorhandenen tatbestandlichen Erweiterungen, Ausnahmen und Gegenausnahmen - gehören zum Verwaltungsvermögen Dritten zur Nutzung überlassene Grundstücke, Kapitalgesellschaftsanteile unterhalb der Mindestbeteiligungsgrenze, Beteiligungen an gewerblichen oder freiberuflichen Personengesellschaften sowie Kapitalgesellschaftsanteile oberhalb der Mindestbeteiligungsgrenze, wenn bei diesen Gesellschaften das Verwaltungsvermögen mehr als 50 % beträgt, Wertpapiere und vergleichbare Forderungen sowie schließlich Kunstgegenstände und andere primär nicht betrieblich genutzte Objekte (vgl. § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 bis 5 ErbStG; s. auch oben A. I. 1. d bb). Finanzmittel wie Geld oder Geschäftsguthaben zählten in dem für das Ausgangsverfahren des Vorlagebeschlusses maßgeblichen Jahr 2009 nach der Auslegung des Bundesfinanzhofs nicht zum Verwaltungsvermögen (zur Neuregelung im Jahr 2013 s. unten e dd).

235

Besteht an sich begünstigtes Vermögen zu mehr als 50 % aus Verwaltungsvermögen (bei der optionalen Vollverschonung nach § 13a Abs. 8 Nr. 3 ErbStG zu mehr als 10 %), dann ist gemäß § 13b Abs. 2 Satz 1 ErbStG der Erwerb insgesamt nicht begünstigt und zwar auch nicht insoweit, als das Vermögen nicht aus Verwaltungsvermögen besteht. Es kommt dann keine der Begünstigungen zur Anwendung; weder der Verschonungsabschlag nach § 13a Abs. 1 ErbStG, noch der Abzugsbetrag nach § 13a Abs. 2 ErbStG und auch nicht die Tarifermäßigung nach § 19a ErbStG können beansprucht werden. Liegt der Anteil des Verwaltungsvermögens am begünstigungsfähigen Vermögen dagegen bei höchstens 50 %, ist der gesamte Erwerb, einschließlich des Verwaltungsvermögens, begünstigt. In diesem Fall ist allerdings noch in einem weiteren Schritt gemäß § 13b Abs. 2 Satz 3 ErbStG zu prüfen, ob im Verwaltungsvermögen auch "junges Verwaltungsvermögen" enthalten ist, das dem Betrieb zum Besteuerungszeitpunkt weniger als zwei Jahre zugehört (§ 13b Abs. 2 Satz 2 ErbStG). Es ist für sich genommen nicht begünstigungsfähig, beeinträchtigt aber nicht die Verschonungsvoraussetzungen für das übrige begünstigungsfähige Vermögen. Überschreitet also das Verwaltungsvermögen einschließlich des jungen Verwaltungsvermögens insgesamt nicht den Anteil von 50 % am gemeinen Wert des Betriebs, liegt nur hinsichtlich des jungen Verwaltungsvermögens nicht begünstigtes Vermögen vor.

236

(2) Diese Regelung über das Verwaltungsvermögen nach § 13b Abs. 2 ErbStG führt zum einen zu einer Ungleichbehandlung zwischen Erwerbern von begünstigtem Vermögen, das bis zu 50 % aus eigentlich nicht begünstigungswürdigem Verwaltungsvermögen besteht und gleichwohl mit einem vollen Verschonungsabschlag bedacht wird, und den Erwerbern begünstigten Vermögens, das zu über 50 % aus Verwaltungsvermögen besteht und überhaupt nicht begünstigt wird. Zum anderen verschärft die Regelung über das Verwaltungsvermögen die hinter der Verschonung stehende Grundunterscheidung zwischen begünstigtem betrieblichen und nicht begünstigtem nichtbetrieblichen Vermögen dadurch, dass beim Übergang grundsätzlich begünstigten (Betriebs-)Vermögens in erheblichem Umfang nach dieser Grundentscheidung eigentlich nicht begünstigungsfähiges Vermögen wie betriebliches gefördert wird.

237

bb) Die Kontrolle dieser gesetzgeberischen Differenzierung anhand des Art. 3 Abs. 1 GG folgt einem im Grundsatz großzügigen Maßstab, ohne jedoch bei einer bloßen Willkürkontrolle stehen zu bleiben. Die Bestimmung betrifft Einzelheiten der erbschaftsteuerlichen Behandlung des unentgeltlichen Unternehmensübergangs, bei der dem Gesetzgeber ein großer Ausgestaltungsspielraum zukommt. Andererseits kann die durch die 50 %-Regel des § 13b Abs. 2 Satz 1 ErbStG bewirkte Ungleichbehandlung ein jeweils sehr erhebliches Ausmaß erreichen, weil der bei Einhaltung der Grenze geförderte Anteil von Verwaltungsvermögen am begünstigten Vermögen einerseits und der bei Überschreiten dieser Grenze nicht geförderte Anteil an eigentlich begünstigungsfähigem Vermögen andererseits mit jeweils bis zu 50 % in seiner Relation zum Gesamtbetriebsvermögen sehr groß und in der absoluten Höhe nicht begrenzt ist. Die Ungleichbehandlung ist danach potentiell gravierend, was einen großzügigeren Kontrollmaßstab ausschließt.

238

cc) Die sich aus der Verwaltungsvermögensregelung ergebenden Ungleichbehandlungen dienen legitimen Zielen. Mit der Bestimmung über das Verwaltungsvermögen will der Gesetzgeber überwiegend vermögensverwaltende Betriebe von der Verschonung ausnehmen, weil "Vermögen, das in erster Linie der weitgehend risikolosen Renditeerzielung dient und in der Regel weder die Schaffung von Arbeitsplätzen noch zusätzliche volkswirtschaftliche Leistungen bewirkt," nicht begünstigt werden soll (Begründung des Regierungsentwurfs zum Erbschaftsteuerreformgesetz BTDrucks 16/7918, S. 35 f.). Durch die nähere Umschreibung des danach als nicht förderungswürdig angesehenen Verwaltungsvermögens in § 13b Abs. 2 Satz 2 ErbStG sollen zudem steuerliche Gestaltungen nach Möglichkeit ausgeschlossen werden, mit denen Steuerpflichtige Gegenstände, die üblicherweise in Form der privaten Vermögensverwaltung gehalten werden, wie etwa vermietete und verpachtete Grundstücke und Gebäude, Minderbeteiligungen an Kapitalgesellschaften oder Wertpapiere, ihrem Gewerbebetrieb als begünstigtes Betriebsvermögen zuordnen (vgl. BTDrucks 16/7918, S. 35).

239

Die mit den Bestimmungen über das Verwaltungsvermögen verfolgten Ziele, grundsätzlich nur produktives Vermögen in dem dort umschriebenen Sinn zu fördern und Umgehungsstrategien zu unterbinden, sind legitim. Sie stehen im Einklang mit den Hauptzielen der Verschonungsregelung, den Bestand von in personaler Verantwortung geführten Betrieben in Deutschland zu erhalten und Arbeitsplätze trotz eines erbfallbedingten Wechsels des Betriebsinhabers zu sichern, und helfen zugleich, die Steuerentlastung hierauf zu konzentrieren, indem sie die Förderung nicht förderungswürdigen Vermögens zu vermindern suchen. Damit dient die Regelung über das Verwaltungsvermögen auch der Rechtfertigung der Grundunterscheidung zwischen begünstigtem und nicht begünstigtem Vermögen.

240

dd) Die Verwaltungsvermögensregelung ist zur Erreichung der vom Gesetzgeber verfolgten Ziele geeignet und erforderlich. Die Bestimmungen über das Verwaltungsvermögen sind im Grundsatz - ohne dass es insoweit auf Einzelheiten der Zuordnung bestimmter Vermögensbestandteile zum Verwaltungsvermögen im Sinne von § 13b Abs. 2 Satz 2 ErbStG ankommt - geeignet, die damit verfolgten Ziele zu fördern. Mit der genauen normativen Umschreibung des Verwaltungsvermögens legt der Gesetzgeber fest, welche Vermögensbestandteile eines Betriebs er trotz Betriebszugehörigkeit für nicht förderungswürdig - weil nicht produktiv - und damit im Sinne eines der zentralen Ziele der Verschonungsregelung für nicht arbeitsplatzerhaltend hält. Hierbei steht ihm ein weiter Einschätzungs- und Gestaltungsspielraum zu. Indem der Gesetzgeber betriebliches Vermögen ab einem gewissen Anteil von Verwaltungsvermögen nicht mehr als förderungswürdig ansieht, auch wenn es Teil von begünstigtem Vermögen im Sinne des § 13b Abs. 1 ErbStG ist, wirkt er steuerlichen Gestaltungsmöglichkeiten und der vom Bundesfinanzhof in seinem Vorlagebeschluss kritisierten Privilegierung von Betriebsinhabern gegenüber Personen, die keine Betriebe besitzen, entgegen, die darin liegt, dass nur sie dazu in der Lage sind, der privaten Lebensführung dienende Vermögensgegenstände in Betriebsvermögen zu überführen (vgl. auch BTDrucks 16/7918, S. 35).

241

ee) Der Verwaltungsvermögensregelung fehlt es jedoch an der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne.

242

(1) Die mit dem Ausschluss des Verwaltungsvermögens von der Erbschaftsteuerverschonung verbundene Ungleichbehandlung gegenüber der Privilegierung begünstigten Vermögens ist allerdings im Grundsatz angemessen. Die Beschränkung der Steuerverschonung auf vom Gesetzgeber als förderungswürdig, weil produktiv und arbeitsplatzerhaltend angesehenes Vermögen und dessen präzise Festlegung zur Vermeidung unerwünschter steuerlicher Gestaltungen ruht im Ausgangspunkt auf hinreichend tragfähigen Rechtfertigungsgründen. Es ist nicht unangemessen, sondern dient im Gegenteil einer gerechten Differenzierung, das vom Gesetzgeber im Rahmen seines insoweit großen Einschätzungsspielraums als - gemessen an den Zielen der Verschonungsregelung - nicht förderungswürdig erkannte Vermögen von der steuerlichen Begünstigung auszunehmen.

243

(2) Die durch die Regelung über das Verwaltungsvermögen geschaffene Ungleichbehandlung ist jedoch unverhältnismäßig, soweit sie begünstigtes Vermögen im Sinne des § 13b Abs. 1 ErbStG mit einem Anteil von bis zu 50 % Verwaltungsvermögen insgesamt in den Genuss von Verschonungsabschlag, Abzugsbetrag (§ 13a Abs. 2 ErbStG) und Tarifbegrenzung (§ 19a ErbStG) gelangen lässt. Dadurch werden die Erwerber von begünstigtem Vermögen, das zu über 50 % aus Verwaltungsvermögen besteht und damit insgesamt aus der steuerlichen Verschonung herausfällt, unangemessen schlechter gestellt. Ein hinreichend tragfähiger Rechtfertigungsgrund für eine derart großzügige Einbeziehung vom Gesetz selbst als eigentlich nicht förderungswürdig angesehener Vermögensbestandteile ist vom Gesetzgeber nicht aufgezeigt und auch nicht erkennbar. Entsprechend führt die umfängliche Einbeziehung von bis zu 50 % Verwaltungsvermögen in die steuerliche Förderung im Vergleich zu den Erwerbern von Vermögen, das nicht begünstigt und generell vom Verschonungsabschlag ausgenommenen ist - also von nichtbetrieblichem Vermögen im weiteren Sinne - zu einer unverhältnismäßigen Privilegierung der Erwerber begünstigten Vermögens mit einem so hohen Anteil an Verwaltungsvermögen.

244

(a) Ausgehend davon, dass der Gesetzgeber das in § 13b Abs. 2 Satz 2 ErbStG umschriebene Verwaltungsvermögen für grundsätzlich nicht förderungswürdig hält, ist nicht erkennbar, inwieweit die überschießende Wirkung der 50 %-Regelung des § 13b Abs. 2 Satz 1 ErbStG dem Ziel dienen kann, die Verschonung auf förderungswürdiges Vermögen zu begrenzen und nicht förderungswürdiges Vermögen davon auszuschließen. Die Verschonung von 50 % an sich nicht begünstigungsfähigem Verwaltungsvermögen, weil dessen Anteil am Gesamtbetriebsvermögen nicht mehr als die Hälfte beträgt, ist ebenso wenig plausibel wie die Nichtverschonung bis zur Hälfte an sich begünstigungsfähigen betrieblichen Vermögens, weil das Gesamtbetriebsvermögen zu über 50 % aus Verwaltungsvermögen besteht. Allein der erklärte Wille des Gesetzgebers, dass "überwiegend vermögensverwaltende Betriebe … allgemein von den Verschonungen ausgenommen bleiben" sollten (vgl. BTDrucks 16/7918, S. 35), vermag diese Diskrepanz sachlich nicht zu begründen. Das gesetzgeberische Ziel, Verwaltungsvermögen grundsätzlich von der Verschonung auszunehmen und steuerliche Gestaltungen zu unterbinden, wäre mit der Begrenzung des Förderungsausschlusses auf den jeweils festgestellten Anteil an Verwaltungsvermögen ohne solche Verwerfungen zu erreichen. Hinweise darauf, weshalb der Gesetzgeber billigend in Kauf nimmt, dass Verwaltungsvermögen, welches nach der Zielrichtung des Gesetzes gerade nicht begünstigt sein soll, dann doch in diesem Umfang privilegiert wird, finden sich in den Gesetzesmaterialien nicht.

245

Die Regelung in § 13b Abs. 2 Satz 3 ErbStG über das sogenannte junge Verwaltungsvermögen vermag zwar den Effekt der unangemessenen Überbegünstigung von Verwaltungsvermögen zu vermindern, schließt ihn aber, weil älteres Verwaltungsvermögen davon nicht erfasst wird, nicht aus. An der unverhältnismäßigen Schlechterstellung an sich förderungswürdigen Vermögens im Sinne des § 13b Abs. 1 ErbStG bei Überschreitung der 50 %-Schwelle durch Verwaltungsvermögen ändert die Klausel über junges Verwaltungsvermögen ohnehin nichts.

246

(b) Soweit die Regelung zum Verwaltungsvermögen das Ziel verfolgt, steuerliche Gestaltungsmöglichkeiten in Bezug auf die Verlagerung von Vermögensgegenständen von der privaten in die betriebliche Vermögenssphäre zu unterbinden, vermag die 50 %-Regel dieses Ziel nur ungenügend zu fördern. Jedenfalls soweit ein Verwaltungsvermögensanteil von bis zu 50 % am Gesamtbetriebsvermögen begünstigt wird, schränkt die Bestimmung steuerliche Gestaltungen nicht ein. Die ausdrückliche Berücksichtigung von Verwaltungsvermögen bei der Verschonung in diesem doch erheblichen Umfang dürfte im Gegenteil die Verlagerung von privatem in betriebliches Vermögen innerhalb dieses 50 %-Sektors eher begünstigen. Erst jenseits der 50 %-Grenze unterbindet das Gesetz steuerliche Gestaltungen effektiv.

247

Die Regelung über junges Verwaltungsvermögen in § 13b Abs. 2 Satz 3 ErbStG dämpft zwar den Anreiz solcher Vermögensverlagerungen, indem kurzfristige Vermögensverschiebungen in das Betriebsvermögen in jedem Fall von den Begünstigungen ausgeschlossen sind. An der Unzulänglichkeit der 50 %-Regel im Hinblick auf steuerliche Gestaltungen im Übrigen ändert dies allerdings nichts.

248

(c) Die 50 %-Regel kann schließlich auch nicht mit Typisierungs- oder Pauschalierungserwägungen gerechtfertigt werden, zumal sie in einem Wertungswiderspruch zu der in § 13b Abs. 4 ErbStG angeordneten 15 %-Typisierung steht.

249

Ein spürbarer Verwaltungsvereinfachungseffekt durch die in der Festlegung zum Ausdruck kommende Typisierung, dass bei der Regelverschonung das begünstigte betriebliche Vermögen bis zu 50 % aus nicht betriebsnotwendigem Vermögen bestehen kann, ist nicht erkennbar. Zur Beantwortung der nach § 13b Abs. 2 Satz 1 ErbStG maßgeblichen Frage, ob das begünstigte Vermögen zu mehr als 50 % aus Verwaltungsvermögen besteht, ist der Anteil des Verwaltungsvermögens am begünstigungsfähigen Vermögen ohnehin zu ermitteln (vgl. die Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Anwendung des Erbschaft- und Schenkungsteuerrechts R E 13b.8 Abs. 1 ErbStR 2011).

250

Auch soweit der 50 %-Regel in § 13b Abs. 2 Satz 1 ErbStG ein gewisser Verwaltungsvereinfachungseffekt dergestalt zugebilligt werden kann, dass bei eindeutig unterhalb der 50 %-Grenze liegenden Verwaltungsvermögensanteilen keine genauere rechnerische Zuordnung zu den konkreten Verwaltungsvermögenskategorien erfolgen muss, geht die damit verbundene Typisierung über das Maß an Ungleichbehandlung hinaus, das eine Typisierung im Grundsatz rechtfertigen kann. Steuergesetze betreffen in der Regel Massenvorgänge des Wirtschaftslebens. Sie müssen, um praktikabel zu sein, Sachverhalte, an die sie dieselben steuerrechtlichen Folgen knüpfen, typisieren und dabei in weitem Umfang die Besonderheiten des einzelnen Falles vernachlässigen. Die wirtschaftlich ungleiche Wirkung auf die Steuerzahler darf allerdings ein gewisses Maß nicht übersteigen. Vielmehr müssen die steuerlichen Vorteile der Typisierung im rechten Verhältnis zu der mit der Typisierung notwendig verbundenen Ungleichheit der steuerlichen Belastung stehen (vgl. BVerfGE 120, 1 <30>; 122, 210 <231 ff.>; 126, 268 <278 f.>; 127, 224 <246>; BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 25. Juni 2014 - 1 BvR 668/10 und 2104/10 -, juris, Rn. 50).

251

Gemessen daran erweist sich die mit der 50 %-Typisierung verbundene Ungleichbehandlung als unverhältnismäßig. Die Regelung führt einerseits dazu, dass begünstigtes Vermögen, das nur bis zu einem Anteil von knapp unter 50 % die Begünstigungsvoraussetzungen erfüllt, insgesamt nicht steuerlich privilegiert wird. Andererseits lässt sie zu, dass in erheblichem Umfang Gegenstände der privaten Vermögensverwaltung dem begünstigten Vermögen "gewillkürt" zugeordnet werden können, welche dann nach Ablauf von zwei Jahren bis zum Wert des "echten" Betriebsvermögens ebenfalls begünstigt sind. Diese in ihrem prozentualen Umfang massiven und in der absoluten Höhe nicht begrenzten Ungleichheiten können nicht mit dem Hinweis auf verwaltungsvereinfachende Zuordnungserleichterungen gerechtfertigt werden, zumal nicht erkennbar ist, weshalb ein solcher Vereinfachungseffekt eine Pauschalierung in dieser Größenordnung erfordert.

252

Schließlich ist die in der 50 %-Regel des § 13b Abs. 2 Satz 1 ErbStG zum Ausdruck kommende Typisierung nicht mit der in § 13b Abs. 4 ErbStG erfolgten Typisierungsentscheidung des Gesetzgebers in Einklang zu bringen. Der Bestimmung des § 13b Abs. 4 ErbStG liegt die Annahme zugrunde, dass jedes Unternehmen über nicht begünstigungsfähiges Verwaltungsvermögen im Umfang von 15 % des gesamten Betriebsvermögens verfügt. Die Begründung des Regierungsentwurfs zum Erbschaftsteuerreformgesetz spricht insoweit ausdrücklich von einer typisierenden pauschalierten Festlegung des begünstigten Betriebsvermögens auf 85 %. Sie geht davon aus, dass in den zu übertragenden Betrieben regelmäßig Vermögenspositionen vorhanden sein werden, die nicht dem originär betrieblichen Bereich zuzuordnen sind (vgl. BTDrucks 16/7918, S. 36). Mit dieser Typisierungsentscheidung des Gesetzgebers in § 13b Abs. 4 ErbStG ist die 50 %-Typisierung in § 13b Abs. 2 Satz 1 ErbStG nicht vereinbar. Geht der Gesetzgeber in § 13b Abs. 4 ErbStG davon aus, dass jedes Unternehmen nicht begünstigungsfähiges Verwaltungsvermögen im Umfang von 15 % des gesamten Betriebsvermögens hat, welches von der Begünstigung ausgeschlossen sein soll, dann ist es nicht erklärbar, weshalb nach § 13b Abs. 2 Satz 1 ErbStG auch noch mehr als der dreifache Wert ohne weiteres als Folge einer Typisierungsregelung begünstigungsunschädlich übertragen werden kann (vgl. auch Blum, Bewertungsgleichmaß und Verschonungsregelungen, 2012, S. 211). Es erschließt sich zudem nicht, aus welchem Sachgrund der Gesetzgeber bei der optionalen Vollverschonung nach § 13a Abs. 8 Nr. 4 ErbStG seine pauschalierte Annahme aufgibt, dass in jedem Betrieb ein Verwaltungsvermögensanteil von 15 % vorhanden ist und vollständig auf eine Besteuerung verzichtet.

253

e) Soweit das Gesetz besondere steuerliche Gestaltungen zulässt, die zu nicht zu rechtfertigenden Ungleichbehandlungen führen, verstößt schon die gesetzliche Regelung gegen Art. 3 Abs. 1 GG (aa). Dies ist insbesondere der Fall bei Gestaltungen zur Ausnutzung der Befreiung von der Lohnsummenpflicht (bb), bei der Nutzung der 50 %-Regel des § 13b Abs. 2 Satz 1 ErbStG für das Verwaltungsvermögen in Konzernstrukturen (cc) und bei Gestaltungen mit sogenannten Cash-Gesellschaften (dd).

254

aa) Steuergesetze, die entgegen ihrer Zwecksetzung steuermindernde Gestaltungen in erheblichem Umfang zulassen, können von Anfang an verfassungswidrig sein. Lässt ein Steuergesetz Gestaltungen durch den Steuerpflichtigen zu, die zu Steuerminderbelastungen führen, wie sie vom Gesetz erkennbar nicht bezweckt und gleichheitsrechtlich nicht zu rechtfertigen sind, erweist es sich insoweit als von Anfang an verfassungswidrig. Gerade im Steuerrecht ist das Bestreben verbreitet und im Grundsatz auch hinzunehmen (vgl. BVerfGE 9, 237 <249 f.>), die eigenen Rechtsverhältnisse im Rahmen der Privatautonomie so auszugestalten, dass Steuererleichterungen durch entsprechende Gestaltung der relevanten Tatbestandsmerkmale nach Möglichkeit in Anspruch genommen, oder in entsprechender Weise Steuerbelastungen vermieden werden. Sofern solche Gestaltungen keinen Missbrauch im Sinne von § 42 AO darstellen, sind sie zulässig und zu berücksichtigen. Sie können allerdings die Wirkung der jeweiligen gesetzlichen Regelung, die Anlass und Ziel dieser Gestaltung ist, in einer Weise einengen - bei steuerbegründenden Normen - oder ausdehnen - bei Steuerbefreiungen -, dass der Gesetzeszweck seine Tauglichkeit als Rechtfertigungsgrund einer Ungleichbehandlung verliert. Relevanz für die Gültigkeit einer Norm erlangen steuerliche Gestaltungen allerdings nur, wenn sie nicht ersichtlich auf den atypischen Einzelfall beschränkt sind; unerwünschte, wenn auch nicht rechtsmissbräuchliche Gestaltungen im Einzelfall berühren die Verfassungsmäßigkeit einer Norm nicht.

255

Ob der Gesetzgeber diese nach der Intention des Gesetzes unerwünschten Gestaltungen vorhersehen konnte, ist dabei unerheblich. Sofern sie durch die Fachgerichte nicht als missbräuchliche Gestaltungen im Sinne des § 42 AO sanktioniert werden, ist das Gesetz auch unter Berücksichtigung solcher Anwendungsmöglichkeiten Gegenstand verfassungsgerichtlicher Überprüfung. Die Finanzgerichte sind allerdings bei der Auslegung und Anwendung des § 42 AO nach Möglichkeit gehalten, mit Hilfe dieser Bestimmung über den Missbrauch rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten im Steuerrecht solchen Gestaltungspraktiken entgegen zu wirken, die sonst zur Verfassungswidrigkeit einer Norm führen (vgl. BVerfGE 22, 156 <161>; 29, 104 <118>). Die Erkennbarkeit und Vorhersehbarkeit derartiger zur Verfassungswidrigkeit der Norm führender Gestaltungen kann allerdings bei der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts über die Folgen des festgestellten Verfassungsverstoßes, insbesondere im Hinblick auf die Anordnung einer zeitweisen Weitergeltung der Regelung berücksichtigt werden.

256

bb) §§ 13a und 13b ErbStG sind gleichheitswidrig, soweit sie die vom Bundesfinanzhof beanstandete Gestaltung zur Umgehung der Lohnsummenpflicht zulassen. Indem § 13a Abs. 1 Satz 4 ErbStG es zulässt, dass durch vorherige Teilung des durch Schenkung oder Vererbung übertragenen Betriebs die Bindung an die Lohnsumme umgangen wird, obwohl der Betrieb ursprünglich über 20 Beschäftigte hatte, verstößt die Vorschrift gegen Art. 3 Abs. 1 GG.

257

Bereits die Freistellung von Betrieben mit bis zu 20 Beschäftigten von der Pflicht zur Einhaltung der Mindestlohnsumme hat sich als unverhältnismäßige Privilegierung erwiesen (s. oben b bb (3)). Dies gilt erst recht, soweit § 13a Abs. 1 Satz 4 ErbStG Gestaltungen zulässt, welche die unentgeltliche Übertragung von Betrieben mit mehr als 20 Beschäftigten ohne Einhaltung der Lohnsummenvorschrift ermöglichen. Dadurch wird die bereits für den gesetzlichen Regelfall festgestellte Unangemessenheit der Benachteiligung von Erwerbern betrieblichen Vermögens, die an die Lohnsumme gebunden sind, und von Erwerbern nicht begünstigten Vermögens verstärkt, deren Belastung mit der Erbschaftsteuer im Verhältnis zu den davon Verschonten noch weniger gerechtfertigt ist, wenn diese ohne hinreichende Rechtfertigung von der Einhaltung der Lohnsummenvorschrift freigestellt werden.

258

Der Bundesfinanzhof beanstandet in seinem Vorlagebeschluss, dass das Gesetz Gestaltungen offen stehe, die es in vielen Fällen ermöglichten, den Verschonungsabschlag auch bei Betrieben mit mehr als 20 Beschäftigten zu erhalten, ohne dass es für sie auf die Entwicklung der Lohnsummen und damit auch nicht auf die Erhaltung von Arbeitsplätzen in dem Zeitraum nach dem Erwerb ankomme (vgl. BFHE 238, 241 <276 Rn. 145 ff.>). Er führt dazu als Gestaltungsbeispiel an, dass ein Betrieb mit mehr als 20 Beschäftigten vor der Verwirklichung des Steuertatbestands bei gleichen Beteiligungsverhältnissen in eine Besitzgesellschaft mit nicht mehr als 20 Beschäftigten, bei der das Betriebsvermögen konzentriert wird, und in eine Betriebsgesellschaft, deren Betriebsvermögen nach Berücksichtigung der Verbindlichkeiten keinen oder einen nur sehr geringen Steuerwert hat und die eine beliebige Zahl von Beschäftigten haben kann, aufgespalten wird. Die Anforderungen an die Entwicklung der Lohnsumme spielten dann bei der Besitzgesellschaft keine Rolle. Auch im Hinblick auf die Betriebsgesellschaft sei die Lohnsummenregelung mangels der Übertragung von werthaltigem Betriebsvermögen im Ergebnis unbeachtlich. Nach den Angaben des Bundesministeriums der Finanzen liegt die Zahl solcher Gestaltungsfälle jedenfalls über der für eine Beeinflussung der Gesetzeslage relevanten Bagatellgrenze.

259

cc) §§ 13a und 13b ErbStG sind gleichheitswidrig, soweit sie die vom Bundesfinanzhof beanstandeten Gestaltungen in Konzernstrukturen zur Umgehung der Verwaltungsvermögensgrenzwerte zulassen. Indem § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 ErbStG bei mehrstöckigen Gesellschaftsbeteiligungen Gestaltungen zulässt, nach denen in solchen Konzernstrukturen trotz eines Gesamtanteils von über 50 % an Verwaltungsvermögen oder von über 10 % im Falle der Vollverschonung aus den verschiedenen Beteiligungsebenen ein Verschonungsabschlag gewährt wird, verstößt die Regelung gegen Art. 3 Abs. 1 GG.

260

(1) Zum Verwaltungsvermögen gehören gemäß § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 ErbStG unter anderem auch Beteiligungen an Gesellschaften im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 3 oder § 18 Abs. 4 EStG sowie Anteile an Kapitalgesellschaften, die nicht unter Nummer 2 fallen, wenn bei diesen Gesellschaften das Verwaltungsvermögen mehr als 50 % beträgt.

261

Danach werden Beteiligungen an dem durch Erbschaft oder Schenkung erworbenen Vermögen an (in- und ausländischen) Personen- und Kapitalgesellschaften - wenn bei letzteren die unmittelbare Beteiligung am Nennkapital mehr als 25 % beträgt - dem Verwaltungsvermögen zugeordnet, sofern auf der Ebene der Beteiligungsgesellschaft das Verwaltungsvermögen mehr als 50 % beträgt. Der Umfang der Beteiligung ist in diesem Zusammenhang ohne Bedeutung. Die Beurteilung der Frage, ob bei einer Beteiligung die schädliche 50 %-Grenze des § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 ErbStG überschritten ist, hat für jede Beteiligungsebene gesondert zu erfolgen. Da der Verwaltungsvermögenstest auf Ebene der Beteiligungsgesellschaften jeweils dem "Alles-oder-Nichts-Prinzip" folgt, ist die Beteiligung an einer Gesellschaft insgesamt nicht dem Verwaltungsvermögen zuzuordnen, wenn dort der Anteil an Verwaltungsvermögen 50 % oder weniger beträgt. Die Prüfung hat jeweils an der untersten Beteiligungsstufe zu beginnen. Bei mehrstufigen Konzernstrukturen kann dies zu einem Kaskadeneffekt führen. Als Folge der Einordnung einer Beteiligung auf unterer Stufe mit einem Verwaltungsvermögensanteil von bis zu 50 % entsteht insgesamt begünstigtes Vermögen, das auf der nächsthöheren Beteiligungsstufe vollständig als begünstigtes Vermögen gewertet wird, obwohl bei einer Gesamtbetrachtung des Konzerns der Verwaltungsvermögensanteil überwiegt.

262

Der Grenzwert von maximal 50 % Verwaltungsvermögen nach § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 ErbStG auf der Ebene von Untergesellschaften gilt auch dann in dieser Höhe, wenn der Steuerpflichtige die vollständige Steuerbefreiung nach § 13a Abs. 8 ErbStG gewählt hat. Zwar darf bei der Vollverschonung nach § 13a Abs. 8 Nr. 3 ErbStG in Verbindung mit § 13b Abs. 2 Satz 1 ErbStG das Verwaltungsvermögen nicht mehr als 10 % betragen. Dieser Grenzwert bezieht sich allerdings nur auf die unmittelbar erworbenen wirtschaftlichen Einheiten des begünstigten Vermögens. Wenn in einer solchen wirtschaftlichen Einheit Anteile an Kapitalgesellschaften von mehr als 25 % oder Beteiligungen an Personengesellschaften (Untergesellschaften) gehalten werden, findet auf diese dagegen der höhere Grenzwert von 50 % für das Verwaltungsvermögen Anwendung (vgl. Weinmann, in: Moench/Weinmann, ErbStG, BewG, § 13b ErbStG Rn. 185 ; Hannes/Onderka, ZEV 2009, S. 11 <13 f.>; Hannes/Steger, ErbStB 2009, S. 113 <119>; Schulte/Birnbaum/Hinkers, BB 2009, S. 300 <302 f.>).

263

(2) Der Bundesfinanzhof hat in seinem Vorlagebeschluss unter Hinweis auf diese Regelungszusammenhänge beanstandet, dass der nach seiner Auffassung ohnehin schon verfassungswidrige Begünstigungsüberhang durch die Verwaltungsvermögensgrenze in Höhe von 50 % dadurch erweitert werde, dass sich durch eine einfache, durchaus verbreitete, mehrstufige Konzernstruktur der unter die Verschonungsregelung fallende Anteil des Verwaltungsvermögens am Konzernvermögen mit jeder weiteren Beteiligungsstufe deutlich erhöhen lasse, ohne dass dies der Gewährung der Steuervergünstigungen nach §§ 13a und 13b ErbStG entgegenstehe (vgl. BFHE 238, 241 <266 Rn. 102 ff.>). Danach wird ein Beteiligungserwerb noch steuerlich gefördert, bei dem im Ergebnis der Gesamtwert des auf allen Ebenen vorhandenen Verwaltungsvermögens den des "echten" Betriebsvermögens um das Fünfzehnfache übersteigt (vgl. BFHE 238, 241 <267 Rn. 112>), oder - in der Gestaltungsvariante - eine Vollverschonung auch noch bei einem Anteil von über 90 % Verwaltungsvermögen im Gesamtbetrieb gewährt wird (vgl. BFHE 238, 241 <267 Rn. 114>). Selbst wenn der Erblasser oder Schenker bewusst solche dem Erwerber steuergünstige Konzernstrukturen herbei führt, sieht der Bundesfinanzhof darin keine missbräuchlichen Gestaltungen im Sinne von § 42 AO, sondern die Folgen einer verfehlten Gesetzestechnik (vgl. BFHE 238, 241 <268 Rn. 116>).

264

(3) Indem § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 ErbStG es zulässt, dass auch Vermögen mit einem Verwaltungsvermögensanteil von im Ergebnis weit über 50 % nach §§ 13a und 13b ErbStG begünstigt wird, verstärkt die Vorschrift den ohnehin bereits im Hinblick auf die Grundform der 50 %-Regel in § 13b Abs. 2 Satz 1 ErbStG festgestellten Gleichheitsverstoß.

265

(a) Im Ausgangspunkt ist das hinter § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 ErbStG stehende Anliegen allerdings berechtigt, zur Bestimmung des förderungswürdigen Vermögens auch den durch Erbschaft oder Schenkung erworbenen Beteiligungsbesitz bei der Ermittlung des Verwaltungsvermögensanteils in den Blick zu nehmen. Dies ist erforderlich, um das Ziel des Gesetzgebers, nur überwiegend produktives Vermögen in den Genuss des Verschonungsabschlags gelangen zu lassen (vgl. BTDrucks 16/7918, S. 35 und dazu bereits oben 3. d aa), vor Umgehungen zu bewahren, die es ansonsten gerade in Konzernstrukturen besonders leicht ermöglichten, Verwaltungsvermögen in Tochtergesellschaften auszugliedern.

266

(b) Dass Erben oder Beschenkte von Gesellschaftsbeteiligungen im Sinne von § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 ErbStG bei entsprechender Beteiligungsstaffelung Betriebsvermögen zu 85 % oder sogar zu 100 % steuerbegünstigt erwerben können, obwohl es bei einer Gesamtbetrachtung zu weit über 50 % (oder bei der Optionsverschonung zu weit über 10 %) aus Verwaltungsvermögen besteht, führt zu einer gravierenden Ungleichbehandlung gegenüber jenen, die außerhalb einer solchen Beteiligungsstaffelung bei einer Überschreitung der 50 %- oder 10 %-Grenze ansonsten nicht in den Genuss einer Steuerverschonung kommen. Die Vorschrift verstärkt zudem die in der Grundregel über das Verwaltungsvermögen nach § 13b Abs. 2 Satz 1 ErbStG angelegte Ungleichbehandlung zwischen begünstigtem und nicht begünstigtem Vermögen, weil sie zulässt, dass beim Übergang grundsätzlich begünstigten Vermögens in noch größerem Umfang, als nach dieser Grundentscheidung vorgesehen, eigentlich nicht begünstigungsfähiges Vermögen zum begünstigten gezählt wird (s. dazu bereits oben 3. d bb).

267

(c) Die Privilegierung gegenüber jenen Erben von grundsätzlich begünstigtem Vermögen, die zur Erlangung der Steuerverschonung strikt an die 50 %-Regel des § 13b Abs. 2 Satz 1 ErbStG gebunden sind, ist nicht gerechtfertigt, weil die solchen Gestaltungen offene Norm damit keines der mit der Differenzierung zwischen produktivem und nicht produktivem Vermögen verfolgten legitimen Ziele in einem Maße fördert, das diese Ungleichbehandlungen aufwiegen könnte.

268

(aa) Sie sind hier noch weniger als bei der 50 %-Regel des § 13b Abs. 2 Satz 1 ErbStG (s. oben 3. d ee (2)) durch das mit dem Ausschluss des Verwaltungsvermögens verfolgte Regelungsziel gerechtfertigt, die Verschonung auf förderungswürdiges Vermögen zu begrenzen und nicht förderungswürdiges Vermögen davon auszuschließen. Ausgehend davon, dass der Gesetzgeber das in § 13b Abs. 2 Satz 2 ErbStG umschriebene Verwaltungsvermögen für grundsätzlich nicht förderungswürdig hält und sich dieses auch der Sache nach nicht von nicht begünstigten nichtbetrieblichen Vermögen unterscheidet, ist in den von § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 ErbStG erfassten Beteiligungsfällen bei Konzernstrukturen noch weniger als im Grundfall der 50 %-Regelung des § 13b Abs. 2 Satz 1 ErbStG (s. oben 3. d ee (2) (a)) erkennbar, inwieweit das hiernach mögliche Ergebnis, demzufolge erworbene Beteiligungen mit einem Gesamtanteil von weit über 50 % Verwaltungsvermögen begünstigt werden können, dem Ziel zu dienen vermag, die Verschonung auf förderungswürdiges Vermögen zu begrenzen. Ebenso wenig zu rechtfertigen ist im Übrigen das Ergebnis eines nach § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 ErbStG nicht auszuschließenden gegenteiligen Kaskadeneffekts, der - insoweit allerdings nicht als Folge einer steuerlichen Gestaltung sondern ungewollt - dazu führen kann, dass in mehrfach gestuften Beteiligungsverhältnissen sich auf der für die Inanspruchnahme des Verschonungsabschlags maßgeblichen obersten Gesellschaftsstufe ein Verwaltungsvermögensanteil von über 50 % ergibt, obwohl der Anteil an solchem nicht förderungswürdigen Vermögen in der Summe aller Beteiligungen weit unter 50 % liegt.

269

(bb) Es liegt auf der Hand, dass die aufgezeigten schwerwiegenden Ungleichbehandlungen, die namentlich durch steuerliche Gestaltungen auf der Grundlage von § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 ErbStG herbeigeführt werden können (vgl. BTDrucks 16/8547, S. 5 f. und BRDrucks 318/10, S. 152), auch nicht mit dem ursprünglichen Ziel dieser Bestimmung gerechtfertigt werden können, steuerliche Umgehungsgestaltungen in Bezug auf den Verwaltungsvermögenstest zu vermeiden. In der vorliegenden Form lädt die Norm zu solchen Gestaltungen geradezu ein (ähnlich bereits zu § 13b Abs. 2 Satz 1 ErbStG oben 3. d ee (2) (b)).

270

(cc) Die durch § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 ErbStG eröffneten Möglichkeiten, den zulässigen Verwaltungsvermögensanteil durch entsprechende Konzerngestaltungen zu erhöhen, sind weder unter Pauschalierungsgesichtspunkten noch durch Gründe der Verwaltungsvereinfachung gerechtfertigt. Die Verwaltungsvermögensquote muss, schon um § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 ErbStG ordnungsgemäß anzuwenden, ohnehin auf der Ebene jeder Beteiligungsgesellschaft gesondert ermittelt werden. Selbst wenn eine Vereinfachung darin gesehen werden könnte, dass es nach der geltenden Rechtslage in eindeutigen Fällen, in denen ein Unter- oder Überschreiten der 50 %-Grenze des § 13b Abs. 2 Satz 1 ErbStG offensichtlich ist, keiner genaueren Bestimmung der konkreten Verwaltungsvermögensquote bedarf, hätte sie doch kein solches Gewicht, das die erhebliche Besserstellung der Verschonung von Erwerben mit in der Summe weit über 50 % - oder bei der Vollverschonung weit über 10 % - Verwaltungsvermögen rechtfertigen könnte.

271

dd) §§ 13a und 13b ErbStG sind gleichheitswidrig, soweit sie die Begünstigung der vom Bundesfinanzhof angeführten "Cash-Gesellschaften" zulassen. Die Bestimmungen des § 13b Abs. 1 und 2 ErbStG in der bis zum Inkrafttreten des neu durch das Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetz vom 26. Juni 2013 (BGBl I S. 1809) eingefügten § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 4a ErbStG geltenden Fassung über die Abgrenzung zwischen begünstigtem Vermögen und nicht begünstigtem Verwaltungsvermögen verstoßen gegen Art. 3 Abs. 1 GG, indem sie rein vermögensverwaltende Gesellschaften, deren Vermögen ausschließlich aus Geldforderungen besteht - wie die sogenannte Cash-GmbH -, zum begünstigten Vermögen zählen.

272

(1) Unter einer "Cash-GmbH" ist nach der Darstellung des Bundesfinanzhofs in seinem Vorlagebeschluss eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung zu verstehen, deren Vermögen ausschließlich aus nicht zum Verwaltungsvermögen im Sinne des § 13b Abs. 2 ErbStG gehörenden Geldforderungen besteht (vgl. BFHE 238, 241 <268 Rn. 117>). Gemäß § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 ErbStG zählen zwar Wertpapiere sowie vergleichbare Forderungen zum Verwaltungsvermögen, wenn sie nicht dem Hauptzweck des Gewerbebetriebs, eines Kreditinstitutes, eines Finanzdienstleistungsinstitutes oder eines Versicherungsunternehmens zuzurechnen sind. Geldforderungen wie etwa Sichteinlagen, Sparanlagen und Festgeldkonten bei Kreditinstituten sowie Forderungen aus Lieferungen und Leistungen und Forderungen an verbundene Unternehmen sowie Bargeld gehören nach Auffassung des Bundesfinanzhofs (vgl. BFHE 238, 241 <248 Rn. 38, 268 Rn. 117 und 271 Rn. 127>), die insoweit mit der herrschenden Auffassung im Schrifttum (s. dazu die Nachweise in BFHE 238, 241 <248 Rn. 38>) und der Praxis der Finanzverwaltung (vgl. R E 13b.17 Abs. 1 Satz 3 ErbStR 2011 und insbesondere H E 13b.17 der Hinweise zu den ErbStR 2011) übereinstimmt, nicht zu den Wertpapieren und sonstigen vergleichbaren Forderungen und sind somit kein Verwaltungsvermögen.

273

Damit konnten bis zum Wirksamwerden der Neuregelung des § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 4a ErbStG zum 7. Juni 2013 - mithin in dem für das Ausgangsverfahren maßgeblichen Zeitraum - Anteile an einer zu mehr als 25 % vom Erblasser oder Schenker gehaltenen Gesellschaft mit beschränkter Haftung (§ 13b Abs. 1 Nr. 3 ErbStG), deren Vermögen ausschließlich aus Geldforderungen bestand, bei Beachtung der Behaltensregelung des § 13a Abs. 5 ErbStG weitgehend oder vollständig steuerfrei übertragen werden. Die für junges Verwaltungsvermögen nach § 13b Abs. 2 Satz 3 ErbStG vorgesehene Vorbesitzzeit galt für dieses Geldvermögen nicht, da gerade kein Verwaltungsvermögen vorlag. Der Bundesfinanzhof weist zudem darauf hin, dass es bei der Übertragung solcher GmbH-Anteile auf die Erreichung bestimmter Lohnsummen und somit die Erhaltung von Arbeitsplätzen nach dem Erwerb regelmäßig nicht ankomme, weil eine "Cash-GmbH" kaum je mehr als 20 Beschäftigte habe (vgl. BFHE 238, 241 <268 Rn. 117>). Dasselbe Ergebnis wie bei einer "Cash-GmbH" konnte nach den Ausführungen des Bundesfinanzhofs auch über eine lediglich vermögensverwaltende, aber gewerblich geprägte Personengesellschaft im Sinne des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG erreicht werden (vgl. BFHE 238, 241 <269 Rn. 119> unter Hinweis auf § 13b Abs. 1 Nr. 2 ErbStG).

274

(2) Soweit die durch das Gesetz eröffnete Gestaltungsmöglichkeit dazu eingesetzt wird, durch Einbringung an sich nicht begünstigten privaten Geldvermögens in eine "Cash-Gesellschaft" begünstigtes Betriebs- oder Gesellschaftsvermögen zu schaffen, begründet das eine Besserstellung dieses Geldvermögens gegenüber sonstigem nicht begünstigten, weil nicht betrieblichem Geldvermögen wie auch gegenüber sonstigem Verwaltungsvermögen. Die Zulassung von "Cash-Gesellschaften" verschärft zudem die Ungleichbehandlung zwischen begünstigtem und nicht begünstigtem Vermögen entsprechend der Grundunterscheidung der Verschonungsregelung, indem der Bereich begünstigten Vermögens insoweit unter Verzicht auf die eingrenzende Wirkung der Lohnsummenregelung ausgedehnt wird.

275

(3) Für die steuerliche Privilegierung von Geldvermögen in einer ausschließlich vermögensverwaltenden "Cash-Gesellschaft" sprechen offensichtlich keine Gründe von solchem Gewicht, dass sie die damit verbundene erhebliche - weil in Bezug auf das betroffene Geldvermögen vollständige und in der Höhe unbegrenzte - Besserstellung gegenüber sonstigem nicht betrieblichem Geldvermögen oder sonstigem Verwaltungsvermögen tragen könnten. Auf die Frage der Eignung oder Erforderlichkeit dieser Differenzierung kommt es daher nicht an.

276

Die mit den Bestimmungen über das Verwaltungsvermögen verfolgten legitimen Ziele, grundsätzlich nur produktives Vermögen in dem dort umschriebenen Sinn zu fördern und Umgehungsstrategien zu verhindern (s. oben 3. d cc), werden mit der gesetzlich nicht unterbundenen Zuordnung der "Cash-Gesellschaften" zum begünstigten Vermögen gerade nicht gefördert. Indem über die Figur der "Cash-Gesellschaften" das gesamte Geldvermögen dieser Unternehmen als steuerlich begünstigt behandelt wird, ohne Rücksicht darauf, ob es sich um für die Liquidität des Betriebs notwendige Finanzmittel handelt, wird dieses Geldvermögen gegenüber sonstigem, nicht in einen Betrieb eingebrachtem Geldvermögen wie auch gegenüber Verwaltungsvermögen ohne sachlichen Rechtfertigungsgrund substantiell besser gestellt. In eine ausschließlich vermögensverwaltende "Cash-Gesellschaft" eingebrachtes Geldvermögen ist im Allgemeinen ebenso wenig risikobehaftetes, produktives Betriebsvermögen wie das sonstige in § 13b Abs. 2 Satz 2 ErbStG als grundsätzlich nicht förderungswürdig angesehene Verwaltungsvermögen. Der Erhalt solcher "Cash-Gesellschaften" dient in aller Regel auch nicht der Sicherung von Arbeitsplätzen, weil solche dort typischerweise nicht in nennenswerter Zahl vorhanden sind und deshalb bei deren Erwerb auch keine Bindung an die Lohnsummenregel besteht. Deshalb gibt es keine Rechtfertigung, sie dem Erwerb sonstigen begünstigten Vermögens gleich zu behandeln, dessen Verschonung von der Erbschaftsteuer dem Erhalt der Arbeitsplätze und dem Bestand von in personaler Verantwortung geführten Betrieben in Deutschland dienen soll (s. oben 2. c).

277

Die Gleichheitswidrigkeit der undifferenzierten und unbegrenzten steuerlichen Förderung von Geldvermögen, sofern es in einen als Personen- oder Kapitalgesellschaft organisierten Betrieb eingebracht ist, steht einer Ausgestaltung der Verschonungsregelung nicht entgegen, die der grundsätzlich für jeden Betrieb bestehenden Notwendigkeit liquider Mittel angemessen Rechnung trägt. Dies näher zu bestimmen, ist Aufgabe des Gesetzgebers, welcher dieser nunmehr mit dem neuen § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 4a ErbStG nachgekommen ist, der allerdings nicht Gegenstand der Vorlage ist. Dabei steht ihm ein beträchtlicher Einschätzungs- und Typisierungsspielraum zu, der aber eben nicht die vollständige Freistellung jeglichen Geldvermögens in unbegrenzter Höhe und ohne Rücksicht auf möglicherweise auch nur typisierend angenommene betriebliche Erfordernisse trägt.

C.

I.

278

1. Die Bestimmungen über die Verschonung des unentgeltlichen Erwerbs begünstigten Vermögens von der Schenkung- und Erbschaftsteuer in §§ 13a und 13b ErbStG sind mit Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbar, soweit die Verschonung über den Bereich kleiner und mittlerer Unternehmen hinausgreift, ohne eine Bedürfnisprüfung vorzusehen.

279

Gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstoßen außerdem die Freistellung von der Pflicht zur Einhaltung der Lohnsummenregelung nach § 13a Abs. 1 Satz 4 ErbStG als Voraussetzung der Verschonung, soweit sie für Betriebe mit bis zu 20 Beschäftigten gilt, und die Regelung über das Verwaltungsvermögen in § 13b Abs. 2 Satz 1 ErbStG, soweit sie bei Vorliegen der übrigen Förderbedingungen begünstigtes Vermögen (vgl. § 13b Abs. 1 ErbStG) selbst dann insgesamt in den Genuss des Verschonungsabschlags gelangen lässt, wenn es bis zu 50 % aus vom Gesetz als grundsätzlich nicht förderungswürdig angesehenem Verwaltungsvermögen besteht.

280

§§ 13a und 13b ErbStG sind schließlich nicht mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar, soweit sie zu nicht gerechtfertigten Ungleichbehandlungen führende steuerliche Gestaltungen zulassen oder jedenfalls bis zum 6. Juni 2013 zuließen, nämlich die exzessive Ausnutzung der Befreiung von der Lohnsummenpflicht durch die Aufspaltung in Besitz- und Betriebsgesellschaft, die Umgehung der 50 %-Regel des § 13b Abs. 2 Satz 1 ErbStG für Verwaltungsvermögen durch Nutzung von Konzernstrukturen und die Begünstigung von Geldvermögen durch die Schaffung von "Cash-Gesellschaften".

281

2. Die festgestellten Verfassungsverstöße betreffen für sich genommen die §§ 13a und 13b ErbStG zwar jeweils nur in Teilbereichen, erfassen damit aber die gesamte Verschonungsregelung in ihrem Kern. Die Bestimmung über die Lohnsumme ist ein wesentlicher Baustein in dem Verschonungskonzept, mit dem der Gesetzgeber das Ziel des Arbeitsplatzerhalts sicherstellen will. Die Sicherung der Arbeitsplätze ist neben dem Schutz der in personaler Verantwortung geführten Betriebe in Deutschland der zentrale Rechtfertigungsgrund für die umfassende Steuerfreistellung betrieblichen Vermögens. Auch die Bestimmungen über das Verwaltungsvermögen sind ein wesentlicher Bestandteil der vom Gesetzgeber mit dem Erbschaftsteuerreformgesetz geschaffenen Verschonungsregelung für die unentgeltliche Betriebsübertragung. Die Notwendigkeit, zumindest eine Bedürfnisprüfung ab einer bestimmten Größenordnung übertragenen Vermögens einzuführen, um die Verhältnismäßigkeit der Ungleichbehandlung begünstigten Vermögens gegenüber nicht begünstigtem Vermögen zu wahren, betrifft die Verschonungsregelung für einen Teilbereich schließlich in ihrer Grundstruktur.

282

Mit den festgestellten Gleichheitsverstößen erweisen sich wichtige Bausteine der Gesamtregelung als verfassungswidrig. Ohne sie können die restlichen - nicht beanstandeten - Regelungsbestandteile der §§ 13a und 13b ErbStG nicht sinnvoll angewandt werden. Jedenfalls würde dies zu Ergebnissen führen, die vom Gesetzgeber so nicht gewollt sind (vgl. BVerfGE 8, 274 <301>). Ein verfassungsgemäßer Zustand kann daher nur durch eine umfassende Nachbesserung oder grundsätzliche Neukonzeption der Gesamtverschonungsregelung herbeigeführt werden. Die festgestellten Gleichheitsverstöße erfassen folglich die §§ 13a und 13b ErbStG insgesamt. Dies gilt für die Vorschriften in ihrer Ursprungsfassung des Erbschaftsteuerreformgesetzes vom 24. Dezember 2008 (BGBl I S. 3018), darüber hinaus aber auch für die Folgefassungen. Denn die Schließung der Gesetzeslücke betreffend die "Cash-Gesellschaften" durch den mit dem Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetz vom 26. Juni 2013 eingefügten § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 4a ErbStG hat diesen Mangel zwar beseitigt, die Verfassungswidrigkeit der anderen Gestaltungsmöglichkeiten, der uneingeschränkten Begünstigung sehr großer Vermögen, der Lohnsummenregelung und der Verwaltungsvermögensgrenze im Übrigen aber unberührt gelassen.

283

Die Gesamtverfassungswidrigkeit der Besteuerung des Unternehmensübergangs nach Maßgabe der §§ 13a und 13b ErbStG bei Erbschaft und Schenkung erfasst notwendig auch die Besteuerung des unentgeltlichen Übergangs von nicht begünstigtem (Privat-)Vermögen. Entfallen nämlich die steuerbegünstigenden Vorschriften der §§ 13a und 13b ErbStG, könnten nicht stattdessen die allgemeinen Regeln über den erbschaftsteuerlichen Zugriff auf Erbe oder Schenkung auch für den Übergang von Betrieben Anwendung finden. Eine Belastung aller Unternehmensübergänge nach den allgemeinen erbschaftsteuerrechtlichen Grundsätzen ohne unternehmensspezifische Privilegierungen widerspräche offensichtlich dem in dem Steuerverschonungskonzept der §§ 13a und 13b ErbStG zum Ausdruck gekommenen - und im Grundsatz verfassungsrechtlich auch nicht zu beanstandenden (dazu B. III. 2.) - Willen des Gesetzgebers. Auf der anderen Seite fehlt es für einen völligen Verzicht auf die Besteuerung des unentgeltlichen Erwerbs betrieblichen Vermögens im Falle der Verfassungswidrigkeit von §§ 13a und 13b ErbStG an der erforderlichen gesetzlichen Grundlage wie auch an einem hinreichenden Rechtfertigungsgrund für eine derart umfassende Steuerbefreiung. Ohne eine vom Willen des Gesetzgebers getragene Besteuerungsregelung für Unternehmensübergänge ist eine lastengerechte Erhebung der Erbschaftsteuer in den übrigen Fällen jedoch ebenfalls nicht ohne Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG möglich.

284

Dem wird durch die Feststellung der Verfassungswidrigkeit des vom Bundesfinanzhof vorgelegten § 19 Abs. 1 ErbStG Rechnung getragen. Diese Regelung, welche die Besteuerung begünstigten wie nicht begünstigten Vermögens gleichermaßen betrifft, ist daher ebenfalls für unvereinbar mit Art. 3 Abs. 1 GG zu erklären. Damit ist die Erhebung der Erbschaftsteuer auch für den Übergang von Privatvermögen blockiert.

II.

285

Allerdings bleibt es hier bei der bloßen Feststellung der Unvereinbarkeit der §§ 13a und 13b und des § 19 Abs. 1 ErbStG mit Art. 3 Abs. 1 GG. Zugleich wird die begrenzte Fortgeltung dieser Normen angeordnet und dem Gesetzgeber die Neuregelung binnen einer angemessenen Frist aufgegeben.

286

1. Die bloße Unvereinbarkeitserklärung einer verfassungswidrigen Norm ist regelmäßig geboten, wenn der Gesetzgeber verschiedene Möglichkeiten hat, den Verfassungsverstoß zu beseitigen. Das ist grundsätzlich bei Verletzungen des Gleichheitssatzes der Fall (vgl. BVerfGE 99, 280 <298>; 105, 73 <133>; 107, 27 <57>; 117, 1 <69>; 122, 210 <245>; 126, 400 <431>; stRspr). Stellt das Bundesverfassungsgericht die Unvereinbarkeit einer Norm mit Art. 3 Abs. 1 GG fest, folgt daraus in der Regel die Verpflichtung des Gesetzgebers, rückwirkend, bezogen auf den in der gerichtlichen Feststellung genannten Zeitpunkt, die Rechtslage verfassungsgemäß umzugestalten (vgl. etwa BVerfGE 105, 73 <133 f.> m.w.N.). Hierzu kann das Bundesverfassungsgericht dem Gesetzgeber eine Frist setzen (vgl. BVerfGE 117, 1 <70>). Gerichte und Verwaltungsbehörden dürfen die Norm im Umfang der festgestellten Unvereinbarkeit nicht mehr anwenden, laufende Verfahren sind auszusetzen (vgl. BVerfGE 73, 40 <101>; 105, 73 <134>; 126, 400 <431>).

287

Im Interesse einer verlässlichen Finanz- und Haushaltsplanung und eines gleichmäßigen Verwaltungsvollzugs für Zeiträume einer weitgehend schon abgeschlossenen Veranlagung hat das Bundesverfassungsgericht allerdings wiederholt die weitere Anwendbarkeit verfassungswidriger Normen für gerechtfertigt erklärt und dem Gesetzgeber eine Frist eingeräumt, um binnen angemessener Zeit verfassungsgemäße Regelungen zu erlassen (vgl. etwa BVerfGE 87, 153 <178>; 93, 121 <148 f.>; 123, 1 <38>; 125, 175 <258>).

288

2. a) Der Senat hält es danach für geboten, die §§ 13a und 13b in Verbindung mit § 19 Abs. 1 ErbStG lediglich für unvereinbar mit Art. 3 Abs. 1 GG zu erklären und zugleich deren Fortgeltung anzuordnen.

289

Die aus einem solchen Ausspruch folgende Nichtanwendbarkeit der Bestimmungen, verbunden mit der Pflicht des Gesetzgebers zur - bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Senats - rückwirkenden Neuregelung brächte erhebliche haushaltswirtschaftliche Unsicherheiten und nach einer solchen Neuregelung gravierende verwaltungstechnische Probleme bei der dann gebotenen Rückabwicklung mit sich. Während der in diesem Fall regellosen Übergangszeit bis zur Neugestaltung der Bestimmungen könnten Erb- und Schenkungsfälle steuerrechtlich nicht abgewickelt werden.

290

Mangels gültiger Regelung bliebe während der Übergangszeit auch das Aufkommen aus der Erbschaft- und Schenkungsteuer nach Grund und Umfang im Unklaren. Die Erbschaft- und Schenkungsteuer leistet zwar nur einen untergeordneten Beitrag zum Gesamtsteueraufkommen. Als Steuer, deren Aufkommen ausschließlich den Ländern zufließt (Art. 106 Abs. 2 Nr. 2 GG), kommt ihr aber für die finanzielle Ausstattung der Länder erhebliche Bedeutung zu; in den Jahren 2012 und 2013 machte sie annähernd 30 % des Aufkommens an Ländersteuern aus (vgl. Tabellarische Übersicht der kassenmäßigen Steuereinnahmen nach Steuerarten und Gebietskörperschaften in den Kalenderjahren 2010 bis 2013 des Bundesministeriums der Finanzen).

291

Schwer erträglich wäre die Ungewissheit über den Inhalt der künftigen, dann mit Rückwirkung auf den Zeitpunkt der Verkündung des Urteils in Kraft zu setzenden Regeln des Erbschaft- und Schenkungsteuerrechts aber vor allem für die Inhaber von Unternehmen und ihre künftigen Erben oder sonstigen Nachfolger. Sie haben ein berechtigtes Interesse an einer verlässlichen Rechtsgrundlage für die Nachfolgeplanung auch in steuerrechtlicher Hinsicht.

292

b) Mit Rücksicht auf die vorstehenden Erwägungen ordnet der Senat die Fortgeltung der für gleichheitswidrig befundenen Normen bis zu einer Neuregelung an. Die Fortgeltung der beanstandeten Vorschriften ist auch deshalb hinnehmbar, weil der Gesetzgeber mit der Einfügung des § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 4a ErbStG durch das Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetz vom 26. Juni 2013 eine der Hauptlücken für unerwünschte steuerliche Gestaltungen durch "Cash-Gesellschaften" weitgehend geschlossen hat. Außerdem ist zu berücksichtigen, dass die Anordnung der Fortgeltung der verfassungswidrigen Normen keinen Vertrauensschutz gegen eine auf den Zeitpunkt der Verkündung dieses Urteils bezogene rückwirkende Neuregelung begründet, die einer exzessiven Ausnutzung gerade der als gleichheitswidrig befundenen Ausgestaltungen der §§ 13a und 13b ErbStG die Anerkennung versagt.

293

Der Gesetzgeber ist verpflichtet, eine Neuregelung spätestens bis zum 30. Juni 2016 zu treffen.

294

Die Entscheidung ist im Ergebnis und in der Begründung einstimmig ergangen; die weitere Begründung, die drei Mitglieder des Senats in ihrer abweichenden Meinung der Entscheidung beigefügt haben, bleibt hiervon unberührt.

Abw. Meinung

1

Wir stimmen der Entscheidung zu, sind aber der Ansicht, dass zu ihrer Begründung ein weiteres Element gehört: Das Sozialstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 1 GG. Die Beurteilung der mit den angegriffenen Vorschriften bewirkten Ungleichbehandlungen im Lichte des Sozialstaatsprinzips sichert die Entscheidung weiter ab und macht ihre Gerechtigkeitsdimension erst voll sichtbar.

2

1. Die Erbschaftsteuer ist ein Beitrag zur Herstellung sozialer Chancengleichheit, die sich in einer freien Ordnung nicht von selbst herstellt. Die freie Gesellschaftsordnung der Bundesrepublik beruht auf der für den modernen Staat selbstverständlichen Annahme der rechtlichen Freiheit und Gleichheit aller Bürger. Mit dieser durch die Verfassung gewährleisteten Grundlegung des Gemeinwesens in der Freiheit und Besonderheit des Einzelnen werden gesellschaftliche Ordnungsbildung und Entwicklung weitgehend dem freien Spiel der Konkurrenz und sich hierbei bildender Unterscheidungen überlassen. Die rechtliche Gleichheit verbunden mit der individuellen Handlungs- und Erwerbsfreiheit und der Garantie des Eigentums entbindet eine weitreichende Dynamik und führt unweigerlich zur Entstehung materieller Ungleichheit unter den Bürgern. Dies ist gewollt und elementarer Inhalt einer freiheitlichen Rechtsordnung. Insoweit bedarf es aber eines Ausgleichs. Dies gilt insbesondere für die Eigentumsordnung, denn im Eigentum gerinnt die Ungleichheit der freigesetzten Gesellschaft zur Materie und wird Ausgangspunkt neuer Ungleichheiten (vgl. Sondervotum Böckenförde zur Vermögensteuer, BVerfGE 93, 149 <162 f.>).

3

Das Grundgesetz hat mit seiner Verpflichtung aller öffentlicher Gewalt auf das Sozialstaatsprinzip die Ausrichtung auf soziale Gerechtigkeit zu einem leitenden Prinzip aller staatlichen Maßnahmen erhoben (vgl. BVerfGE 5, 85 <198>, auch BVerfGE 52, 303 <348>; 134, 1 <14 f. Rn. 41 f.>). Die Erbschaftsteuer dient deshalb nicht nur der Erzielung von Steuereinnahmen, sondern ist zugleich ein Instrument des Sozialstaats, um zu verhindern, dass Reichtum in der Folge der Generationen in den Händen weniger kumuliert und allein aufgrund von Herkunft oder persönlicher Verbundenheit unverhältnismäßig anwächst. Dass hier auch in Blick auf die gesellschaftliche Wirklichkeit eine Herausforderung liegt, zeigt die Entwicklung der tatsächlichen Vermögensverteilung. Verwies schon Böckenförde in seinem Sondervotum für das Jahr 1993 darauf, dass 18,4 % der privaten Haushalte über 60 % des gesamten Nettogeldvermögens verfügten (BVerfGE 93, 149 <164>), lag dieser Anteil bereits im Jahr 2007 in den Händen von nur noch 10 % (vgl. Bundesministerium für Arbeit und Soziales, Lebenslagen in Deutschland - Armuts- und Reichtumsberichterstattung der Bundesregierung, Aktualisierung der Berichterstattung über die Verteilung von Einkommen und Vermögen in Deutschland, Endbericht, 2011, S. 138). Gerade die Konzentration des Vermögens im obersten Dezil ist im vergangenen Jahrzehnt stark gestiegen, wobei das wahre Ausmaß an Ungleichheit bei der Verteilung des Vermögens auch mit diesen Zahlen noch nicht voll erfasst ist, weil die Haushalte mit dem besonders großen Vermögen mangels von den Betroffenen zu erlangender Zahlen nicht berücksichtigt werden konnten (Nachweise in: DIW Wochenbericht 9 [2014], S. 151 <154 f.>). Demgegenüber verfügten rund 28 % der erwachsenen Bevölkerung im Jahr 2012 über kein beziehungsweise ein negatives Vermögen, wobei dieser Anteil seit dem Jahr 2002 ebenfalls signifikant angestiegen ist (vgl. DIW Wochenbericht 9 [2014], S. 151 <153>). Der für die Vermögensverteilung international herangezogene Gini-Koeffizient ist entsprechend von 0,62 im Jahr 1993 auf 0,78 im Jahr 2012 gestiegen, sodass Deutschland gegenwärtig innerhalb der Eurozone den höchsten Grad an Ungleichheit bei der Verteilung des Vermögens aufweist. Als Ursache für die wachsende Ungleichheit lässt sich nach der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung ausmachen, dass gerade die Einkommen aus Unternehmertätigkeit und Vermögen im Vergleich zu den Arbeitnehmerentgelten überdurchschnittlich gestiegen sind (vgl. DIW Wochenbericht 9 [2014], S. 151 <157 f.>).

4

Die Erbschaftsteuer bestimmt und beschränkt in Blick hierauf den Inhalt des in Art. 14 Abs. 1 GG garantierten Erbrechts. Sie wirkt damit der Gefahr entgegen, dass durch eine zunehmende Ungleichverteilung von Mitteln die Chancen auf gesellschaftliche wie politische Teilhabe auseinanderdriften und sich so letztlich Einfluss und Macht zunehmend unabhängig von individueller Leistung verfestigen und an Herkunft gebunden sind. Mit diesem Zweck ist die Erbschaftsteuer ein Instrument, mit dem der Staat ungleichen Lebenschancen entgegenwirkt. Der mit ihr ins Werk gesetzte Ausgleich trägt dazu bei, dass persönliche Freiheitswahrnehmung und Fähigkeiten nicht nur abstrakt, sondern real die Grundlage unserer Ordnung bleiben und sich so Freiheit und Gleichheit auch in der Lebenswirklichkeit verbinden.

5

2. Die Schaffung eines Ausgleichs sich sonst verfestigender Ungleichheiten liegt in der Verantwortung der Politik - nicht aber in ihrem Belieben. Mit dem Sozialstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 1 GG nimmt das Grundgesetz den Gesetzgeber in die Pflicht, für einen Ausgleich der sozialen Gegensätze und damit für eine gerechte Sozialordnung zu sorgen (vgl. BVerfGE 22, 180 <204>). Ungeachtet der hier nicht zu entscheidenden Frage, ob beziehungsweise unter welchen Umständen der Gesetzgeber auf die Erhebung einer Erbschaftsteuer verzichten könnte, trägt er dieser Pflicht mit der Erbschaftsteuer jedenfalls im Rahmen des geltenden Steuer- und Sozialsystems Rechnung. Dies wirkt sich auch auf die Anforderungen an deren Ausgestaltung aus. Begründet er durch Befreiungen, wie sie im vorliegenden Verfahren zu beurteilen sind, Ungleichbehandlungen, unterliegen diese einer umso größeren Rechtfertigungslast, je mehr sie geeignet sind, soziale Ungleichheiten zu verfestigen.

6

Wie der Senat schon für die Gleichheitsprüfung betont, belässt die Verfassung dem Gesetzgeber dabei freilich einen weiten Spielraum. Der Gesetzgeber ist insoweit aber auch aufgrund seiner Bindung an Art. 20 Abs. 1 GG nicht nur berechtigt, Ererbtes und Schenkungen steuerlich zu belasten, sondern auch besonderen Rechtfertigungsanforderungen unterworfen, je mehr von dieser Belastung jene ausgenommen werden, die unter marktwirtschaftlichen Bedingungen leistungsfähiger sind als andere. Die vom Senat entwickelten Rechtfertigungsanforderungen des Art. 3 Abs. 1 GG für die privilegierende Befreiung von unternehmerischen Vermögen von der Erbschaftsteuer erhalten hierdurch eine weitere verfassungsrechtliche Grundierung. So hat es auch eine sozialstaatliche Dimension, wenn - wie in der Entscheidung im Einzelnen dargelegt - Verschonungsregeln so gestaltet sein müssen, dass mit ihrer Hilfe nicht zugleich auch im großen Umfang nicht unternehmerisches Privatvermögen der Erbschaftsteuer entzogen werden kann oder durch Gestaltungsmöglichkeiten die gemeinnützigen wirtschafts- und arbeitsmarktpolitischen Ziele der Befreiungen umgangen werden können. Eine solche sozialstaatliche Dimension hat vor allem aber auch der vom Senat anerkannte zunehmende Rechtfertigungsbedarf in Abhängigkeit von dem Maß der Ungleichbehandlung und damit dem Umfang des verschonten Vermögens. Werden gerade diejenigen verschont, die als erfolgreiche Unternehmer über die größten Vermögen und damit auch über erheblichen Einfluss auf das Gemeinwesen verfügen, und wird gerade ihnen ermöglicht, dieses Vermögen unter Befreiung der sonst nach Leistungsfähigkeit auferlegten Lasten an Dritte, insbesondere an Familienmitglieder, weiterzureichen, ohne dass diese hierfür eigene Leistung oder Fähigkeiten eingebracht hätten, verfestigt und verstärkt dies die ökonomische Ungleichheit. Die in der Entscheidung entwickelten Maßgaben tragen demgegenüber dazu bei, dass Verschonungsregelungen nicht zur Anhäufung und Konzentration größter Vermögen in den Händen Weniger führen.

7

Zu Recht allerdings hebt die Entscheidung hervor, dass auch bei dem Erwerb sehr großer und größter Vermögen Steuerbefreiungen gerechtfertigt sein können. Dies verlangt aber, dass die Verschonung im Einzelfall zur Erhaltung von Arbeitsplätzen oder sonst zum gemeinen Wohl und damit zur Verwirklichung des Sozialstaates tatsächlich erforderlich ist. Nur dann ist die durch sie begründete Ungleichbehandlung gerechtfertigt. Das Sozialstaatsprinzip strahlt so in den Gleichheitssatz hinein.

(1) Soweit ungewiss ist, ob die Voraussetzungen für die Entstehung einer Steuer eingetreten sind, kann sie vorläufig festgesetzt werden. Diese Regelung ist auch anzuwenden, wenn

1.
ungewiss ist, ob und wann Verträge mit anderen Staaten über die Besteuerung (§ 2), die sich zugunsten des Steuerpflichtigen auswirken, für die Steuerfestsetzung wirksam werden,
2.
das Bundesverfassungsgericht die Unvereinbarkeit eines Steuergesetzes mit dem Grundgesetz festgestellt hat und der Gesetzgeber zu einer Neuregelung verpflichtet ist,
2a.
sich auf Grund einer Entscheidung des Gerichtshofes der Europäischen Union ein Bedarf für eine gesetzliche Neuregelung ergeben kann,
3.
die Vereinbarkeit eines Steuergesetzes mit höherrangigem Recht Gegenstand eines Verfahrens bei dem Gerichtshof der Europäischen Union, dem Bundesverfassungsgericht oder einem obersten Bundesgericht ist oder
4.
die Auslegung eines Steuergesetzes Gegenstand eines Verfahrens bei dem Bundesfinanzhof ist.
Umfang und Grund der Vorläufigkeit sind anzugeben. Unter den Voraussetzungen der Sätze 1 oder 2 kann die Steuerfestsetzung auch gegen oder ohne Sicherheitsleistung ausgesetzt werden.

(2) Soweit die Finanzbehörde eine Steuer vorläufig festgesetzt hat, kann sie die Festsetzung aufheben oder ändern. Wenn die Ungewissheit beseitigt ist, ist eine vorläufige Steuerfestsetzung aufzuheben, zu ändern oder für endgültig zu erklären; eine ausgesetzte Steuerfestsetzung ist nachzuholen. In den Fällen des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 4 endet die Ungewissheit, sobald feststeht, dass die Grundsätze der Entscheidung des Bundesfinanzhofs über den entschiedenen Einzelfall hinaus allgemein anzuwenden sind. In den Fällen des Absatzes 1 Satz 2 muss eine vorläufige Steuerfestsetzung nach Satz 2 nur auf Antrag des Steuerpflichtigen für endgültig erklärt werden, wenn sie nicht aufzuheben oder zu ändern ist.

(3) Die vorläufige Steuerfestsetzung kann mit einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung verbunden werden.

(1) Gesondert festzustellen (§ 179 der Abgabenordnung) sind

1.
Grundbesitzwerte (§§ 138, 157),
2.
der Wert des Betriebsvermögens oder des Anteils am Betriebsvermögen (§§ 95, 96, 97),
3.
der Wert von Anteilen an Kapitalgesellschaften im Sinne des § 11 Abs. 2,
4.
der Anteil am Wert von anderen als in den Nummern 1 bis 3 genannten Vermögensgegenständen und von Schulden, die mehreren Personen zustehen,
wenn die Werte für die Erbschaftsteuer oder eine andere Feststellung im Sinne dieser Vorschrift von Bedeutung sind. Die Entscheidung über eine Bedeutung für die Besteuerung trifft das für die Festsetzung der Erbschaftsteuer oder die Feststellung nach Satz 1 Nr. 2 bis 4 zuständige Finanzamt.

(2) In dem Feststellungsbescheid für Grundbesitzwerte sind auch Feststellungen zu treffen

1.
über die Art der wirtschaftlichen Einheit,
2.
über die Zurechnung der wirtschaftlichen Einheit und bei mehreren Beteiligten über die Höhe des Anteils, der für die Besteuerung oder eine andere Feststellung von Bedeutung ist; beim Erwerb durch eine Erbengemeinschaft erfolgt die Zurechnung in Vertretung der Miterben auf die Erbengemeinschaft. Entsprechendes gilt für die Feststellungen nach Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 bis 4.

(3) Gesondert festgestellte Werte im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 bis 4 sind einer innerhalb einer Jahresfrist folgenden Feststellung für dieselbe wirtschaftliche Einheit unverändert zu Grunde zu legen, wenn sich die für die erste Bewertung maßgeblichen Stichtagsverhältnisse nicht wesentlich geändert haben. Der Erklärungspflichtige kann eine von diesem Wert abweichende Feststellung nach den Verhältnissen am Bewertungsstichtag durch Abgabe einer Feststellungserklärung beantragen.

(4) Ausländisches Vermögen unterliegt nicht der gesonderten Feststellung.

(5) Grundbesitzwerte (Absatz 1 Satz 1 Nr. 1) sind auch festzustellen, wenn sie für die Grunderwerbsteuer von Bedeutung sind. Absatz 1 Satz 2 gilt entsprechend. Absatz 2 ist nicht anzuwenden.

(1) Zum begünstigungsfähigen Vermögen gehören

1.
der inländische Wirtschaftsteil des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens (§ 168 Absatz 1 Nummer 1 des Bewertungsgesetzes) mit Ausnahme der Stückländereien (§ 160 Absatz 7 des Bewertungsgesetzes) und selbst bewirtschaftete Grundstücke im Sinne des § 159 des Bewertungsgesetzes sowie entsprechendes land- und forstwirtschaftliches Vermögen, das einer Betriebsstätte in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem Staat des Europäischen Wirtschaftsraums dient;
2.
inländisches Betriebsvermögen (§§ 95 bis 97 Absatz 1 Satz 1 des Bewertungsgesetzes) beim Erwerb eines ganzen Gewerbebetriebs oder Teilbetriebs, einer Beteiligung an einer Gesellschaft im Sinne des § 97 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 Satz 1 des Bewertungsgesetzes, eines Anteils eines persönlich haftenden Gesellschafters einer Kommanditgesellschaft auf Aktien oder Anteils daran und entsprechendes Betriebsvermögen, das einer Betriebsstätte in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem Staat des Europäischen Wirtschaftsraums dient;
3.
Anteile an einer Kapitalgesellschaft, wenn die Kapitalgesellschaft im Zeitpunkt der Entstehung der Steuer (§ 9) Sitz oder Geschäftsleitung im Inland oder in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem Staat des Europäischen Wirtschaftsraums hat und der Erblasser oder Schenker am Nennkapital dieser Gesellschaft unmittelbar zu mehr als 25 Prozent beteiligt war (Mindestbeteiligung). Ob der Erblasser oder Schenker die Mindestbeteiligung erfüllt, ist nach der Summe der dem Erblasser oder Schenker unmittelbar zuzurechnenden Anteile und der Anteile weiterer Gesellschafter zu bestimmen, wenn der Erblasser oder Schenker und die weiteren Gesellschafter untereinander verpflichtet sind, über die Anteile nur einheitlich zu verfügen oder ausschließlich auf andere derselben Verpflichtung unterliegende Anteilseigner zu übertragen und das Stimmrecht gegenüber nichtgebundenen Gesellschaftern einheitlich auszuüben.

(2) Das begünstigungsfähige Vermögen ist begünstigt, soweit sein gemeiner Wert den um das unschädliche Verwaltungsvermögen im Sinne des Absatzes 7 gekürzten Nettowert des Verwaltungsvermögens im Sinne des Absatzes 6 übersteigt (begünstigtes Vermögen). Abweichend von Satz 1 ist der Wert des begünstigungsfähigen Vermögens vollständig nicht begünstigt, wenn das Verwaltungsvermögen nach Absatz 4 vor der Anwendung des Absatzes 3 Satz 1, soweit das Verwaltungsvermögen nicht ausschließlich und dauerhaft der Erfüllung von Schulden aus durch Treuhandverhältnisse abgesicherten Altersversorgungsverpflichtungen dient und dem Zugriff aller übrigen nicht aus diesen Altersversorgungsverpflichtungen unmittelbar berechtigten Gläubiger entzogen ist, sowie der Schuldenverrechnung und des Freibetrags nach Absatz 4 Nummer 5 sowie der Absätze 6 und 7 mindestens 90 Prozent des gemeinen Werts des begünstigungsfähigen Vermögens beträgt.

(3) Teile des begünstigungsfähigen Vermögens, die ausschließlich und dauerhaft der Erfüllung von Schulden aus Altersversorgungsverpflichtungen dienen und dem Zugriff aller übrigen nicht aus den Altersversorgungsverpflichtungen unmittelbar berechtigten Gläubiger entzogen sind, gehören bis zur Höhe des gemeinen Werts der Schulden aus Altersversorgungsverpflichtungen nicht zum Verwaltungsvermögen im Sinne des Absatzes 4 Nummer 1 bis 5. Soweit Finanzmittel und Schulden bei Anwendung von Satz 1 berücksichtigt wurden, bleiben sie bei der Anwendung des Absatzes 4 Nummer 5 und des Absatzes 6 außer Betracht.

(4) Zum Verwaltungsvermögen gehören

1.
Dritten zur Nutzung überlassene Grundstücke, Grundstücksteile, grundstücksgleiche Rechte und Bauten. Eine Nutzungsüberlassung an Dritte ist nicht anzunehmen, wenn
a)
der Erblasser oder Schenker sowohl im überlassenden Betrieb als auch im nutzenden Betrieb allein oder zusammen mit anderen Gesellschaftern einen einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillen durchsetzen konnte oder als Gesellschafter einer Gesellschaft im Sinne des § 15 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und Absatz 3 oder § 18 Absatz 4 des Einkommensteuergesetzes den Vermögensgegenstand der Gesellschaft zur Nutzung überlassen hatte, und diese Rechtsstellung auf den Erwerber übergegangen ist, soweit keine Nutzungsüberlassung an einen weiteren Dritten erfolgt;
b)
die Nutzungsüberlassung im Rahmen der Verpachtung eines ganzen Betriebs erfolgt, welche beim Verpächter zu Einkünften nach § 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Einkommensteuergesetzes führt und
aa)
der Verpächter des Betriebs im Zusammenhang mit einer unbefristeten Verpachtung den Pächter durch eine letztwillige Verfügung oder eine rechtsgeschäftliche Verfügung als Erben eingesetzt hat oder
bb)
die Verpachtung an einen Dritten erfolgt, weil der Beschenkte im Zeitpunkt der Entstehung der Steuer (§ 9) den Betrieb noch nicht führen kann, und die Verpachtung auf höchstens zehn Jahre befristet ist; hat der Beschenkte das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet, beginnt die Frist mit der Vollendung des 18. Lebensjahres.
Dies gilt nicht für verpachtete Betriebe, soweit sie vor ihrer Verpachtung die Voraussetzungen als begünstigtes Vermögen nach Absatz 2 nicht erfüllt haben und für verpachtete Betriebe, deren Hauptzweck in der Überlassung von Grundstücken, Grundstücksteilen, grundstücksgleichen Rechten und Bauten an Dritte zur Nutzung besteht, die nicht unter Buchstabe d fallen;
c)
sowohl der überlassende Betrieb als auch der nutzende Betrieb zu einem Konzern im Sinne des § 4h des Einkommensteuergesetzes gehören, soweit keine Nutzungsüberlassung an einen weiteren Dritten erfolgt;
d)
die überlassenen Grundstücke, Grundstücksteile, grundstücksgleichen Rechte und Bauten zum Betriebsvermögen, zum gesamthänderisch gebundenen Betriebsvermögen einer Personengesellschaft oder zum Vermögen einer Kapitalgesellschaft gehören und der Hauptzweck des Betriebs in der Vermietung von Wohnungen im Sinne des § 181 Absatz 9 des Bewertungsgesetzes besteht, dessen Erfüllung einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb (§ 14 der Abgabenordnung) erfordert;
e)
die Grundstücke, Grundstücksteile, grundstücksgleichen Rechte und Bauten vorrangig überlassen werden, um im Rahmen von Lieferungsverträgen dem Absatz von eigenen Erzeugnissen und Produkten zu dienen;
f)
die Grundstücke, Grundstücksteile, grundstücksgleichen Rechte und Bauten an Dritte zur land- und forstwirtschaftlichen Nutzung überlassen werden;
2.
Anteile an Kapitalgesellschaften, wenn die unmittelbare Beteiligung am Nennkapital dieser Gesellschaften 25 Prozent oder weniger beträgt und sie nicht dem Hauptzweck des Gewerbebetriebs eines Kreditinstitutes oder eines Finanzdienstleistungsinstitutes im Sinne des § 1 Absatz 1 und 1a des Kreditwesengesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 9. September 1998 (BGBl. I S. 2776), das zuletzt durch Artikel 14 des Gesetzes vom 10. Mai 2016 (BGBl. I S. 1142) geändert worden ist, eines Wertpapierinstituts im Sinne des § 2 Absatz 1 des Wertpapierinstitutsgesetzes oder eines Versicherungsunternehmens, das der Aufsicht nach § 1 Absatz 1 Nummer 1 des Versicherungsaufsichtsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 1. April 2015 (BGBl. I S. 434), das zuletzt durch Artikel 13 des Gesetzes vom 10. Mai 2016 (BGBl. I S. 1142) geändert worden ist, unterliegt, zuzurechnen sind. Ob diese Grenze unterschritten wird, ist nach der Summe der dem Betrieb unmittelbar zuzurechnenden Anteile und der Anteile weiterer Gesellschafter zu bestimmen, wenn die Gesellschafter untereinander verpflichtet sind, über die Anteile nur einheitlich zu verfügen oder sie ausschließlich auf andere derselben Verpflichtung unterliegende Anteilseigner zu übertragen und das Stimmrecht gegenüber nichtgebundenen Gesellschaftern nur einheitlich auszuüben;
3.
Kunstgegenstände, Kunstsammlungen, wissenschaftliche Sammlungen, Bibliotheken und Archive, Münzen, Edelmetalle und Edelsteine, Briefmarkensammlungen, Oldtimer, Yachten, Segelflugzeuge sowie sonstige typischerweise der privaten Lebensführung dienende Gegenstände, wenn der Handel mit diesen Gegenständen, deren Herstellung oder Verarbeitung oder die entgeltliche Nutzungsüberlassung an Dritte nicht der Hauptzweck des Betriebs ist;
4.
Wertpapiere sowie vergleichbare Forderungen, wenn sie nicht dem Hauptzweck des Gewerbebetriebs eines Kreditinstitutes oder eines Finanzdienstleistungsinstitutes im Sinne des § 1 Absatz 1 und 1a des Kreditwesengesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 9. September 1998 (BGBl. I S. 2776), das zuletzt durch Artikel 14 des Gesetzes vom 10. Mai 2016 (BGBl. I S. 1142) geändert worden ist, eines Wertpapierinstituts im Sinne des § 2 Absatz 1 des Wertpapierinstitutsgesetzes oder eines Versicherungsunternehmens, das der Aufsicht nach § 1 Absatz 1 Nummer 1 des Versicherungsaufsichtsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 1. April 2015 (BGBl. I S. 434), das zuletzt durch Artikel 13 des Gesetzes vom 10. Mai 2016 (BGBl. I S. 1142) geändert worden ist, unterliegt, zuzurechnen sind;
5.
der gemeine Wert des nach Abzug des gemeinen Werts der Schulden verbleibenden Bestands an Zahlungsmitteln, Geschäftsguthaben, Geldforderungen und anderen Forderungen (Finanzmittel), soweit er 15 Prozent des anzusetzenden Werts des Betriebsvermögens des Betriebs oder der Gesellschaft übersteigt. Der gemeine Wert der Finanzmittel ist um den positiven Saldo der eingelegten und der entnommenen Finanzmittel zu verringern, welche dem Betrieb im Zeitpunkt der Entstehung der Steuer (§ 9) weniger als zwei Jahre zuzurechnen waren (junge Finanzmittel); junge Finanzmittel sind Verwaltungsvermögen. Satz 1 gilt nicht, wenn die genannten Wirtschaftsgüter dem Hauptzweck des Gewerbebetriebs eines Kreditinstitutes oder eines Finanzdienstleistungsinstitutes im Sinne des § 1 Absatz 1 und 1a des Kreditwesengesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 9. September 1998 (BGBl. I S. 2776), das zuletzt durch Artikel 14 des Gesetzes vom 10. Mai 2016 (BGBl. I S. 1142) geändert worden ist, eines Wertpapierinstituts im Sinne des § 2 Absatz 1 des Wertpapierinstitutsgesetzes oder eines Versicherungsunternehmens, das der Aufsicht nach § 1 Absatz 1 Nummer 1 des Versicherungsaufsichtsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 1. April 2015 (BGBl. I S. 434), das zuletzt durch Artikel 13 des Gesetzes vom 10. Mai 2016 (BGBl. I S. 1142) geändert worden ist, unterliegt, zuzurechnen sind. Voraussetzung für die Anwendung des Prozentsatzes von 15 Prozent des Satzes 1 ist, dass das nach Absatz 1 begünstigungsfähige Vermögen des Betriebs oder der nachgeordneten Gesellschaften nach seinem Hauptzweck einer Tätigkeit im Sinne des § 13 Absatz 1, des § 15 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, des § 18 Absatz 1 Nummer 1 und 2 des Einkommensteuergesetzes dient. Die Voraussetzungen des Satzes 4 sind auch erfüllt, wenn die Tätigkeit durch Gesellschaften im Sinne des § 13 Absatz 7, des § 15 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 oder des § 18 Absatz 4 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes ausgeübt wird; dies gilt auch, wenn sie ihrer Tätigkeit nach einer Gesellschaft im Sinne des § 15 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 oder des § 18 Absatz 4 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes entsprechen, für Gesellschaften im Sinne des § 1a Absatz 1 des Körperschaftsteuergesetzes und für Gesellschaften im Sinne des § 1 Absatz 1 des Körperschaftsteuergesetzes mit Sitz im Ausland, deren Ort der Geschäftsleitung im Inland belegen ist, und die nach inländischem Gesellschaftsrecht als Personengesellschaft zu behandeln sind.

(5) Beim Erwerb von Todes wegen entfällt die Zurechnung von Vermögensgegenständen zum Verwaltungsvermögen im Sinne des Absatzes 4 Nummer 1 bis 5 rückwirkend zum Zeitpunkt der Entstehung der Steuer (§ 9), wenn der Erwerber innerhalb von zwei Jahren ab dem Zeitpunkt der Entstehung der Steuer (§ 9) diese Vermögensgegenstände in Vermögensgegenstände innerhalb des vom Erblasser erworbenen, begünstigungsfähigen Vermögens im Sinne des Absatzes 1 investiert hat, die unmittelbar einer Tätigkeit im Sinne von § 13 Absatz 1, § 15 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 oder § 18 Absatz 1 Nummer 1 und 2 des Einkommensteuergesetzes dienen und kein Verwaltungsvermögen sind. Voraussetzung hierfür ist, dass die Investition auf Grund eines im Zeitpunkt der Entstehung der Steuer (§ 9) vorgefassten Plans des Erblassers erfolgt und keine anderweitige Ersatzbeschaffung von Verwaltungsvermögen vorgenommen wird oder wurde. Beim Erwerb von Todes wegen entfällt die Zurechnung von Finanzmitteln zum Verwaltungsvermögen im Sinne des Absatzes 4 Nummer 5 Satz 1 rückwirkend zum Zeitpunkt der Entstehung der Steuer (§ 9), soweit der Erwerber diese Finanzmittel innerhalb von zwei Jahren ab dem Zeitpunkt der Entstehung der Steuer (§ 9) verwendet, um bei auf Grund wiederkehrender saisonaler Schwankungen fehlenden Einnahmen die Vergütungen im Sinne des § 13a Absatz 3 Satz 6 bis 10 zu zahlen. Satz 2 gilt entsprechend. Der Erwerber hat das Vorliegen der Voraussetzungen der Sätze 1 bis 4 nachzuweisen.

(6) Der Nettowert des Verwaltungsvermögens ergibt sich durch Kürzung des gemeinen Werts des Verwaltungsvermögens um den nach Anwendung der Absätze 3 und 4 verbleibenden anteiligen gemeinen Wert der Schulden. Die anteiligen Schulden nach Satz 1 bestimmen sich nach dem Verhältnis des gemeinen Werts des Verwaltungsvermögens zum gemeinen Wert des Betriebsvermögens des Betriebs oder der Gesellschaft zuzüglich der nach Anwendung der Absätze 3 und 4 verbleibenden Schulden.

(7) Der Nettowert des Verwaltungsvermögens wird vorbehaltlich des Satzes 2 wie begünstigtes Vermögen behandelt, soweit er 10 Prozent des um den Nettowert des Verwaltungsvermögens gekürzten gemeinen Werts des Betriebsvermögens nicht übersteigt (unschädliches Verwaltungsvermögen). Verwaltungsvermögen, das dem Betrieb im Zeitpunkt der Entstehung der Steuer (§ 9) weniger als zwei Jahre zuzurechnen war (junges Verwaltungsvermögen), und junge Finanzmittel im Sinne des Absatzes 4 Nummer 5 Satz 2 sind kein unschädliches Verwaltungsvermögen.

(8) Eine Saldierung mit Schulden nach Absatz 6 findet für junge Finanzmittel im Sinne des Absatzes 4 Nummer 5 Satz 2 und junges Verwaltungsvermögen im Sinne des Absatzes 7 Satz 2 nicht statt. Eine Verrechnung von Schulden mit Verwaltungsvermögen ist bei wirtschaftlich nicht belastenden Schulden und darüber hinaus ausgeschlossen, soweit die Summe der Schulden den durchschnittlichen Schuldenstand der letzten drei Jahre vor dem Zeitpunkt der Entstehung der Steuer (§ 9) übersteigt; dies gilt nicht, soweit die Erhöhung des Schuldenstands durch die Betriebstätigkeit veranlasst ist. Als Nettowert des Verwaltungsvermögens ist mindestens der gemeine Wert des jungen Verwaltungsvermögens und der jungen Finanzmittel anzusetzen.

(9) Gehören zum begünstigungsfähigen Vermögen im Sinne des Absatzes 1 Nummer 2 und 3 unmittelbar oder mittelbar Beteiligungen an Personengesellschaften oder Beteiligungen an entsprechenden Gesellschaften mit Sitz oder Geschäftsleitung im Ausland oder unmittelbar oder mittelbar Anteile an Kapitalgesellschaften oder Anteile an entsprechenden Kapitalgesellschaften mit Sitz oder Geschäftsleitung im Ausland, sind bei der Anwendung der Absätze 2 bis 8 anstelle der Beteiligungen oder Anteile die gemeinen Werte der diesen Gesellschaften zuzurechnenden Vermögensgegenstände nach Maßgabe der Sätze 2 bis 5 mit dem Anteil einzubeziehen, zu dem die unmittelbare oder mittelbare Beteiligung besteht. Die unmittelbar oder mittelbar gehaltenen Finanzmittel, die Vermögensgegenstände des Verwaltungsvermögens im Sinne des Absatzes 4 Nummer 1 bis 4 sowie die Schulden sind jeweils zusammenzufassen (Verbundvermögensaufstellung); junge Finanzmittel und junges Verwaltungsvermögen sind gesondert aufzuführen. Soweit sich in der Verbundvermögensaufstellung Forderungen und Verbindlichkeiten zwischen den Gesellschaften untereinander oder im Verhältnis zu dem übertragenen Betrieb oder der übertragenen Gesellschaft gegenüberstehen, sind diese nicht anzusetzen. Absatz 4 Nummer 5 und die Absätze 6 bis 8 sind auf die Werte in der Verbundvermögensaufstellung anzuwenden. Die Sätze 1 bis 4 sind auf Anteile im Sinne von Absatz 4 Nummer 2 sowie auf wirtschaftlich nicht belastende Schulden nicht anzuwenden; diese Anteile sind als Verwaltungsvermögen anzusetzen.

(10) Das für die Bewertung der wirtschaftlichen Einheit örtlich zuständige Finanzamt im Sinne des § 152 Nummer 1 bis 3 des Bewertungsgesetzes stellt die Summen der gemeinen Werte der Finanzmittel im Sinne des Absatzes 4 Nummer 5 Satz 1, der jungen Finanzmittel im Sinne des Absatzes 4 Nummer 5 Satz 2, der Vermögensgegenstände des Verwaltungsvermögens im Sinne des Absatzes 4 Nummer 1 bis 4, der Schulden, des jungen Verwaltungsvermögens im Sinne des Absatzes 7 Satz 2, des Betriebsvermögens, das einer weder in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union noch in einem Staat des Europäischen Wirtschaftsraums belegenen Betriebsstätte dient, und das Vorliegen der Voraussetzungen des Absatzes 4 Nummer 5 Satz 4 und 5 gesondert fest, wenn und soweit diese Werte für die Erbschaftsteuer oder eine andere Feststellung im Sinne dieser Vorschrift von Bedeutung sind. Dies gilt entsprechend, wenn nur ein Anteil am Betriebsvermögen im Sinne des Absatzes 1 Nummer 2 übertragen wird. Die Entscheidung, ob die Werte von Bedeutung sind, trifft das für die Festsetzung der Erbschaftsteuer oder für die Feststellung nach § 151 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 3 des Bewertungsgesetzes zuständige Finanzamt. Bei Anteilen an Kapitalgesellschaften, die nach § 11 Absatz 1 des Bewertungsgesetzes zu bewerten sind, trifft die Feststellungen des Satzes 1 das örtlich zuständige Finanzamt entsprechend § 152 Nummer 3 des Bewertungsgesetzes. § 151 Absatz 3 und die §§ 152 bis 156 des Bewertungsgesetzes sind auf die Sätze 1 bis 4 entsprechend anzuwenden.

(1) Begünstigtes Vermögen im Sinne des § 13b Absatz 2 bleibt vorbehaltlich der folgenden Absätze zu 85 Prozent steuerfrei (Verschonungsabschlag), wenn der Erwerb begünstigten Vermögens im Sinne des § 13b Absatz 2 zuzüglich der Erwerbe im Sinne des Satzes 2 insgesamt 26 Millionen Euro nicht übersteigt. Bei mehreren Erwerben begünstigten Vermögens im Sinne des § 13b Absatz 2 von derselben Person innerhalb von zehn Jahren werden bei der Anwendung des Satzes 1 die früheren Erwerbe nach ihrem früheren Wert dem letzten Erwerb hinzugerechnet. Wird die Grenze von 26 Millionen Euro durch mehrere innerhalb von zehn Jahren von derselben Person anfallende Erwerbe überschritten, entfällt die Steuerbefreiung für die bis dahin nach Satz 1 oder Absatz 10 als steuerfrei behandelten früheren Erwerbe mit Wirkung für die Vergangenheit. Die Festsetzungsfrist für die Steuer der früheren Erwerbe endet nicht vor dem Ablauf des vierten Jahres, nachdem das für die Erbschaftsteuer zuständige Finanzamt von dem letzten Erwerb Kenntnis erlangt.

(2) Der nach Anwendung des Absatzes 1 verbleibende Teil des begünstigten Vermögens bleibt außer Ansatz, soweit der Wert dieses Vermögens insgesamt 150 000 Euro nicht übersteigt (Abzugsbetrag). Der Abzugsbetrag von 150 000 Euro verringert sich, soweit der Wert dieses Vermögens insgesamt die Wertgrenze von 150 000 Euro übersteigt, um 50 Prozent des diese Wertgrenze übersteigenden Betrags. Der Abzugsbetrag kann innerhalb von zehn Jahren für von derselben Person anfallende Erwerbe begünstigten Vermögens nur einmal berücksichtigt werden.

(3) Voraussetzung für die Gewährung des Verschonungsabschlags nach Absatz 1 ist, dass die Summe der maßgebenden jährlichen Lohnsummen (Sätze 6 bis 13) des Betriebs, bei Beteiligungen an einer Personengesellschaft oder Anteilen an einer Kapitalgesellschaft des Betriebs der jeweiligen Gesellschaft innerhalb von fünf Jahren nach dem Erwerb (Lohnsummenfrist) insgesamt 400 Prozent der Ausgangslohnsumme nicht unterschreitet (Mindestlohnsumme). Ausgangslohnsumme ist die durchschnittliche Lohnsumme der letzten fünf vor dem Zeitpunkt der Entstehung der Steuer (§ 9) endenden Wirtschaftsjahre. Satz 1 ist nicht anzuwenden, wenn

1.
die Ausgangslohnsumme 0 Euro beträgt oder
2.
der Betrieb unter Einbeziehung der in den Sätzen 11 bis 13 genannten Beteiligungen und Gesellschaften sowie der nach Maßgabe dieser Bestimmung anteilig einzubeziehenden Beschäftigten nicht mehr als fünf Beschäftigte hat.
An die Stelle der Mindestlohnsumme von 400 Prozent tritt bei
1.
mehr als fünf, aber nicht mehr als zehn Beschäftigten eine Mindestlohnsumme von 250 Prozent,
2.
mehr als zehn, aber nicht mehr als 15 Beschäftigten eine Mindestlohnsumme von 300 Prozent.
Unterschreitet die Summe der maßgebenden jährlichen Lohnsummen die Mindestlohnsumme, vermindert sich der nach Absatz 1 zu gewährende Verschonungsabschlag mit Wirkung für die Vergangenheit in demselben prozentualen Umfang, wie die Mindestlohnsumme unterschritten wird. Die Lohnsumme umfasst alle Vergütungen (Löhne und Gehälter und andere Bezüge und Vorteile), die im maßgebenden Wirtschaftsjahr an die auf den Lohn- und Gehaltslisten erfassten Beschäftigten gezahlt werden. Außer Ansatz bleiben Vergütungen an solche Beschäftigte,
1.
die sich im Mutterschutz im Sinne des Mutterschutzgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 20. Juni 2002 (BGBl. I S. 2318), das zuletzt durch Artikel 6 des Gesetzes vom 23. Oktober 2012 (BGBl. I S. 2246) geändert worden ist, befinden oder
2.
die sich in einem Ausbildungsverhältnis befinden oder
3.
die Krankengeld im Sinne des § 44 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Krankenversicherung – (Artikel 1 des Gesetzes vom 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477, 2482), das zuletzt durch Artikel 3 des Gesetzes vom 30. Mai 2016 (BGBl. I S. 1254) geändert worden ist, beziehen oder
4.
die Elterngeld im Sinne des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 27. Januar 2015 (BGBl. I S. 33) beziehen oder
5.
die nicht ausschließlich oder überwiegend in dem Betrieb tätig sind (Saisonarbeiter);
diese im Zeitpunkt der Entstehung der Steuer (§ 9) einem Betrieb zuzurechnenden Beschäftigten bleiben bei der Anzahl der Beschäftigten des Betriebs im Sinne der Sätze 3 und 4 unberücksichtigt. Zu den Vergütungen zählen alle Geld- oder Sachleistungen für die von den Beschäftigten erbrachte Arbeit, unabhängig davon, wie diese Leistungen bezeichnet werden und ob es sich um regelmäßige oder unregelmäßige Zahlungen handelt. Zu den Löhnen und Gehältern gehören alle von den Beschäftigten zu entrichtenden Sozialbeiträge, Einkommensteuern und Zuschlagsteuern auch dann, wenn sie vom Arbeitgeber einbehalten und von ihm im Namen des Beschäftigten direkt an den Sozialversicherungsträger und die Steuerbehörde abgeführt werden. Zu den Löhnen und Gehältern zählen alle von den Beschäftigten empfangenen Sondervergütungen, Prämien, Gratifikationen, Abfindungen, Zuschüsse zu Lebenshaltungskosten, Familienzulagen, Provisionen, Teilnehmergebühren und vergleichbare Vergütungen. Gehören zum Betriebsvermögen des Betriebs, bei Beteiligungen an einer Personengesellschaft und Anteilen an einer Kapitalgesellschaft des Betriebs der jeweiligen Gesellschaft, unmittelbar oder mittelbar Beteiligungen an Personengesellschaften, die ihren Sitz oder ihre Geschäftsleitung im Inland, in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem Staat des Europäischen Wirtschaftsraums haben, sind die Lohnsummen und die Anzahl der Beschäftigten dieser Gesellschaften einzubeziehen zu dem Anteil, zu dem die unmittelbare oder mittelbare Beteiligung besteht. Satz 11 gilt für Anteile an Kapitalgesellschaften entsprechend, wenn die unmittelbare oder mittelbare Beteiligung mehr als 25 Prozent beträgt. Im Fall einer Betriebsaufspaltung sind die Lohnsummen und die Anzahl der Beschäftigten der Besitzgesellschaft und der Betriebsgesellschaft zusammenzuzählen.

(4) Das für die Bewertung der wirtschaftlichen Einheit örtlich zuständige Finanzamt im Sinne des § 152 Nummer 1 bis 3 des Bewertungsgesetzes stellt die Ausgangslohnsumme, die Anzahl der Beschäftigten und die Summe der maßgebenden jährlichen Lohnsummen gesondert fest, wenn diese Angaben für die Erbschaftsteuer oder eine andere Feststellung im Sinne dieser Vorschrift von Bedeutung sind. Bei Anteilen an Kapitalgesellschaften, die nach § 11 Absatz 1 des Bewertungsgesetzes zu bewerten sind, trifft die Feststellungen des Satzes 1 das örtlich zuständige Finanzamt entsprechend § 152 Nummer 3 des Bewertungsgesetzes. Die Entscheidung über die Bedeutung trifft das Finanzamt, das für die Festsetzung der Erbschaftsteuer oder die Feststellung nach § 151 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 3 des Bewertungsgesetzes zuständig ist. § 151 Absatz 3 und die §§ 152 bis 156 des Bewertungsgesetzes sind auf die Sätze 1 bis 3 entsprechend anzuwenden.

(5) Ein Erwerber kann den Verschonungsabschlag (Absatz 1) und den Abzugsbetrag (Absatz 2) nicht in Anspruch nehmen, soweit er begünstigtes Vermögen im Sinne des § 13b Absatz 2 auf Grund einer letztwilligen Verfügung des Erblassers oder einer rechtsgeschäftlichen Verfügung des Erblassers oder Schenkers auf einen Dritten übertragen muss. Gleiches gilt, wenn ein Erbe im Rahmen der Teilung des Nachlasses begünstigtes Vermögen im Sinne des § 13b Absatz 2 auf einen Miterben überträgt. Überträgt ein Erbe erworbenes begünstigtes Vermögen im Sinne des § 13b Absatz 2 im Rahmen der Teilung des Nachlasses auf einen Dritten und gibt der Dritte dabei diesem Erwerber nicht begünstigtes Vermögen hin, das er vom Erblasser erworben hat, erhöht sich insoweit der Wert des begünstigten Vermögens des Dritten um den Wert des hingegebenen Vermögens, höchstens jedoch um den Wert des übertragenen Vermögens.

(6) Der Verschonungsabschlag (Absatz 1) und der Abzugsbetrag (Absatz 2) fallen nach Maßgabe des Satzes 2 mit Wirkung für die Vergangenheit weg, soweit der Erwerber innerhalb von fünf Jahren (Behaltensfrist)

1.
einen Gewerbebetrieb oder einen Teilbetrieb, eine Beteiligung an einer Gesellschaft im Sinne des § 97 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 Satz 1 des Bewertungsgesetzes, einen Anteil eines persönlich haftenden Gesellschafters einer Kommanditgesellschaft auf Aktien oder einen Anteil daran veräußert; als Veräußerung gilt auch die Aufgabe des Gewerbebetriebs. Gleiches gilt, wenn wesentliche Betriebsgrundlagen eines Gewerbebetriebs veräußert oder in das Privatvermögen überführt oder anderen betriebsfremden Zwecken zugeführt werden oder wenn Anteile an einer Kapitalgesellschaft veräußert werden, die der Veräußerer durch eine Sacheinlage (§ 20 Absatz 1 des Umwandlungssteuergesetzes vom 7. Dezember 2006 (BGBl. I S. 2782, 2791), zuletzt geändert durch Artikel 6 des Gesetzes vom 2. November 2015 (BGBl. I S. 1834), in der jeweils geltenden Fassung) aus dem Betriebsvermögen im Sinne des § 13b erworben hat oder wenn eine Beteiligung an einer Gesellschaft im Sinne des § 97 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 Satz 1 des Bewertungsgesetzes oder ein Anteil daran veräußert wird, den der Veräußerer durch eine Einbringung des Betriebsvermögens im Sinne des § 13b in eine Personengesellschaft (§ 24 Absatz 1 des Umwandlungssteuergesetzes) erworben hat;
2.
das land- und forstwirtschaftliche Vermögen im Sinne des § 168 Absatz 1 Nummer 1 des Bewertungsgesetzes und selbst bewirtschaftete Grundstücke im Sinne des § 159 des Bewertungsgesetzes veräußert. Gleiches gilt, wenn das land- und forstwirtschaftliche Vermögen einem Betrieb der Land- und Forstwirtschaft nicht mehr dauernd zu dienen bestimmt ist oder wenn der bisherige Betrieb innerhalb der Behaltensfrist als Stückländerei zu qualifizieren wäre oder Grundstücke im Sinne des § 159 des Bewertungsgesetzes nicht mehr selbst bewirtschaftet werden;
3.
als Inhaber eines Gewerbebetriebs, als Gesellschafter einer Gesellschaft im Sinne des § 97 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 Satz 1 des Bewertungsgesetzes oder als persönlich haftender Gesellschafter einer Kommanditgesellschaft auf Aktien bis zum Ende des letzten in die Fünfjahresfrist fallenden Wirtschaftsjahres Entnahmen tätigt, die die Summe seiner Einlagen und der ihm zuzurechnenden Gewinne oder Gewinnanteile seit dem Erwerb um mehr als 150 000 Euro übersteigen; Verluste bleiben unberücksichtigt. Gleiches gilt für Inhaber eines begünstigten Betriebs der Land- und Forstwirtschaft oder eines Teilbetriebs oder eines Anteils an einem Betrieb der Land- und Forstwirtschaft. Bei Ausschüttungen an Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft ist sinngemäß zu verfahren;
4.
Anteile an Kapitalgesellschaften im Sinne des § 13b Absatz 1 Nummer 3 ganz oder teilweise veräußert; eine verdeckte Einlage der Anteile in eine Kapitalgesellschaft steht der Veräußerung der Anteile gleich. Gleiches gilt, wenn die Kapitalgesellschaft innerhalb der Frist aufgelöst oder ihr Nennkapital herabgesetzt wird, wenn diese wesentliche Betriebsgrundlagen veräußert und das Vermögen an die Gesellschafter verteilt wird; Satz 1 Nummer 1 Satz 2 gilt entsprechend;
5.
im Fall des § 13b Absatz 1 Nummer 3 Satz 2 die Verfügungsbeschränkung oder die Stimmrechtsbündelung aufgehoben wird.
Der rückwirkende Wegfall des Verschonungsabschlags beschränkt sich in den Fällen des Satzes 1 Nummer 1, 2, 4 und 5 auf den Teil, der dem Verhältnis der im Zeitpunkt der schädlichen Verfügung verbleibenden Behaltensfrist einschließlich des Jahres, in dem die Verfügung erfolgt, zur gesamten Behaltensfrist entspricht. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1, 2 und 4 ist von einer rückwirkenden Besteuerung abzusehen, wenn der Veräußerungserlös innerhalb der jeweils nach § 13b Absatz 1 begünstigungsfähigen Vermögensart verbleibt. Hiervon ist auszugehen, wenn der Veräußerungserlös innerhalb von sechs Monaten in entsprechendes Vermögen investiert wird, das zum begünstigten Vermögen im Sinne des § 13b Absatz 2 gehört.

(7) Der Erwerber ist verpflichtet, dem für die Erbschaftsteuer zuständigen Finanzamt innerhalb einer Frist von sechs Monaten nach Ablauf der Lohnsummenfrist das Unterschreiten der Mindestlohnsumme (Absatz 3 Satz 1) anzuzeigen. In den Fällen des Absatzes 6 ist der Erwerber verpflichtet, dem für die Erbschaftsteuer zuständigen Finanzamt den entsprechenden Sachverhalt innerhalb einer Frist von einem Monat, nachdem der jeweilige Tatbestand verwirklicht wurde, anzuzeigen. Die Festsetzungsfrist für die Steuer endet nicht vor dem Ablauf des vierten Jahres, nachdem das für die Erbschaftsteuer zuständige Finanzamt von dem Unterschreiten der Mindestlohnsumme (Absatz 3 Satz 1) oder dem Verstoß gegen die Behaltensregelungen (Absatz 6) Kenntnis erlangt. Die Anzeige ist eine Steuererklärung im Sinne der Abgabenordnung. Sie ist schriftlich abzugeben. Die Anzeige hat auch dann zu erfolgen, wenn der Vorgang zu keiner Besteuerung führt.

(8) Soweit nicht inländisches Vermögen zum begünstigten Vermögen im Sinne des § 13b Absatz 2 gehört, hat der Steuerpflichtige nachzuweisen, dass die Voraussetzungen für eine Steuerbefreiung im Zeitpunkt der Entstehung der Steuer (§ 9) und während der gesamten in den Absätzen 3 und 6 genannten Zeiträume bestehen.

(9) Für begünstigtes Vermögen im Sinne des § 13b Absatz 2 wird vor Anwendung des Absatzes 1 ein Abschlag gewährt, wenn der Gesellschaftsvertrag oder die Satzung Bestimmungen enthält, die

1.
die Entnahme oder Ausschüttung auf höchstens 37,5 Prozent des um die auf den Gewinnanteil oder die Ausschüttungen aus der Gesellschaft entfallenden Steuern vom Einkommen gekürzten Betrages des steuerrechtlichen Gewinns beschränken; Entnahmen zur Begleichung der auf den Gewinnanteil oder die Ausschüttungen aus der Gesellschaft entfallenden Steuern vom Einkommen bleiben von der Beschränkung der Entnahme oder Ausschüttung unberücksichtigt und
2.
die Verfügung über die Beteiligung an der Personengesellschaft oder den Anteil an der Kapitalgesellschaft auf Mitgesellschafter, auf Angehörige im Sinne des § 15 der Abgabenordnung oder auf eine Familienstiftung (§ 1 Absatz 1 Nummer 4) beschränken und
3.
für den Fall des Ausscheidens aus der Gesellschaft eine Abfindung vorsehen, die unter dem gemeinen Wert der Beteiligung an der Personengesellschaft oder des Anteils an der Kapitalgesellschaft liegt,
und die Bestimmungen den tatsächlichen Verhältnissen entsprechen. Gelten die in Satz 1 genannten Bestimmungen nur für einen Teil des begünstigten Vermögens im Sinne des § 13b Absatz 2, ist der Abschlag nur für diesen Teil des begünstigten Vermögens zu gewähren. Die Höhe des Abschlags entspricht der im Gesellschaftsvertrag oder in der Satzung vorgesehenen prozentualen Minderung der Abfindung gegenüber dem gemeinen Wert (Satz 1 Nummer 3) und darf 30 Prozent nicht übersteigen. Die Voraussetzungen des Satzes 1 müssen zwei Jahre vor dem Zeitpunkt der Entstehung der Steuer (§ 9) vorliegen. Die Steuerbefreiung entfällt mit Wirkung für die Vergangenheit, wenn die Voraussetzungen des Satzes 1 nicht über einen Zeitraum von 20 Jahren nach dem Zeitpunkt der Entstehung der Steuer (§ 9) eingehalten werden; die §§ 13c und 28a bleiben unberührt. In den Fällen des Satzes 1
1.
ist der Erwerber verpflichtet, dem für die Erbschaftsteuer zuständigen Finanzamt die Änderungen der genannten Bestimmungen oder der tatsächlichen Verhältnisse innerhalb einer Frist von einem Monat anzuzeigen,
2.
endet die Festsetzungsfrist für die Steuer nicht vor dem Ablauf des vierten Jahres, nachdem das für die Erbschaftsteuer zuständige Finanzamt von der Änderung einer der in Satz 1 genannten Bestimmungen oder der tatsächlichen Verhältnisse Kenntnis erlangt.

(9a) Das für die Bewertung der wirtschaftlichen Einheit örtlich zuständige Finanzamt im Sinne des § 152 Nummer 2 und 3 des Bewertungsgesetzes stellt das Vorliegen der Voraussetzungen für den Abschlag nach Absatz 9 und dessen Höhe auf den Zeitpunkt der Entstehung der Steuer (§ 9) gesondert fest, wenn diese Angaben für die Erbschaftsteuer von Bedeutung sind. Die Entscheidung über die Bedeutung trifft das Finanzamt, das für die Festsetzung der Erbschaftsteuer zuständig ist. § 151 Absatz 3 und die §§ 152 bis 156 des Bewertungsgesetzes sind auf die Sätze 1 und 2 entsprechend anzuwenden.

(10) Der Erwerber kann unwiderruflich erklären, dass die Steuerbefreiung nach den Absätzen 1 bis 9 in Verbindung mit § 13b nach folgender Maßgabe gewährt wird:

1.
In Absatz 1 Satz 1 tritt an die Stelle des Verschonungsabschlags von 85 Prozent ein Verschonungsabschlag von 100 Prozent;
2.
in Absatz 3 Satz 1 tritt an die Stelle der Lohnsummenfrist von fünf Jahren eine Lohnsummenfrist von sieben Jahren;
3.
in Absatz 3 Satz 1 und 4 tritt an die Stelle der Mindestlohnsumme von 400 Prozent eine Mindestlohnsumme von 700 Prozent;
4.
in Absatz 3 Satz 4 Nummer 1 tritt an die Stelle der Mindestlohnsumme von 250 Prozent eine Mindestlohnsumme von 500 Prozent;
5.
in Absatz 3 Satz 4 Nummer 2 tritt an die Stelle der Mindestlohnsumme von 300 Prozent eine Mindestlohnsumme von 565 Prozent;
6.
in Absatz 6 tritt an die Stelle der Behaltensfrist von fünf Jahren eine Behaltensfrist von sieben Jahren.
Voraussetzung für die Gewährung der Steuerbefreiung nach Satz 1 ist, dass das begünstigungsfähige Vermögen nach § 13b Absatz 1 nicht zu mehr als 20 Prozent aus Verwaltungsvermögen nach § 13b Absatz 3 und 4 besteht. Der Anteil des Verwaltungsvermögens am gemeinen Wert des Betriebs bestimmt sich nach dem Verhältnis der Summe der gemeinen Werte der Einzelwirtschaftsgüter des Verwaltungsvermögens nach § 13b Absatz 3 und 4 zum gemeinen Wert des Betriebs.

(11) Die Absätze 1 bis 10 gelten in den Fällen des § 1 Absatz 1 Nummer 4 entsprechend.

(1) Zum begünstigungsfähigen Vermögen gehören

1.
der inländische Wirtschaftsteil des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens (§ 168 Absatz 1 Nummer 1 des Bewertungsgesetzes) mit Ausnahme der Stückländereien (§ 160 Absatz 7 des Bewertungsgesetzes) und selbst bewirtschaftete Grundstücke im Sinne des § 159 des Bewertungsgesetzes sowie entsprechendes land- und forstwirtschaftliches Vermögen, das einer Betriebsstätte in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem Staat des Europäischen Wirtschaftsraums dient;
2.
inländisches Betriebsvermögen (§§ 95 bis 97 Absatz 1 Satz 1 des Bewertungsgesetzes) beim Erwerb eines ganzen Gewerbebetriebs oder Teilbetriebs, einer Beteiligung an einer Gesellschaft im Sinne des § 97 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 Satz 1 des Bewertungsgesetzes, eines Anteils eines persönlich haftenden Gesellschafters einer Kommanditgesellschaft auf Aktien oder Anteils daran und entsprechendes Betriebsvermögen, das einer Betriebsstätte in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem Staat des Europäischen Wirtschaftsraums dient;
3.
Anteile an einer Kapitalgesellschaft, wenn die Kapitalgesellschaft im Zeitpunkt der Entstehung der Steuer (§ 9) Sitz oder Geschäftsleitung im Inland oder in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem Staat des Europäischen Wirtschaftsraums hat und der Erblasser oder Schenker am Nennkapital dieser Gesellschaft unmittelbar zu mehr als 25 Prozent beteiligt war (Mindestbeteiligung). Ob der Erblasser oder Schenker die Mindestbeteiligung erfüllt, ist nach der Summe der dem Erblasser oder Schenker unmittelbar zuzurechnenden Anteile und der Anteile weiterer Gesellschafter zu bestimmen, wenn der Erblasser oder Schenker und die weiteren Gesellschafter untereinander verpflichtet sind, über die Anteile nur einheitlich zu verfügen oder ausschließlich auf andere derselben Verpflichtung unterliegende Anteilseigner zu übertragen und das Stimmrecht gegenüber nichtgebundenen Gesellschaftern einheitlich auszuüben.

(2) Das begünstigungsfähige Vermögen ist begünstigt, soweit sein gemeiner Wert den um das unschädliche Verwaltungsvermögen im Sinne des Absatzes 7 gekürzten Nettowert des Verwaltungsvermögens im Sinne des Absatzes 6 übersteigt (begünstigtes Vermögen). Abweichend von Satz 1 ist der Wert des begünstigungsfähigen Vermögens vollständig nicht begünstigt, wenn das Verwaltungsvermögen nach Absatz 4 vor der Anwendung des Absatzes 3 Satz 1, soweit das Verwaltungsvermögen nicht ausschließlich und dauerhaft der Erfüllung von Schulden aus durch Treuhandverhältnisse abgesicherten Altersversorgungsverpflichtungen dient und dem Zugriff aller übrigen nicht aus diesen Altersversorgungsverpflichtungen unmittelbar berechtigten Gläubiger entzogen ist, sowie der Schuldenverrechnung und des Freibetrags nach Absatz 4 Nummer 5 sowie der Absätze 6 und 7 mindestens 90 Prozent des gemeinen Werts des begünstigungsfähigen Vermögens beträgt.

(3) Teile des begünstigungsfähigen Vermögens, die ausschließlich und dauerhaft der Erfüllung von Schulden aus Altersversorgungsverpflichtungen dienen und dem Zugriff aller übrigen nicht aus den Altersversorgungsverpflichtungen unmittelbar berechtigten Gläubiger entzogen sind, gehören bis zur Höhe des gemeinen Werts der Schulden aus Altersversorgungsverpflichtungen nicht zum Verwaltungsvermögen im Sinne des Absatzes 4 Nummer 1 bis 5. Soweit Finanzmittel und Schulden bei Anwendung von Satz 1 berücksichtigt wurden, bleiben sie bei der Anwendung des Absatzes 4 Nummer 5 und des Absatzes 6 außer Betracht.

(4) Zum Verwaltungsvermögen gehören

1.
Dritten zur Nutzung überlassene Grundstücke, Grundstücksteile, grundstücksgleiche Rechte und Bauten. Eine Nutzungsüberlassung an Dritte ist nicht anzunehmen, wenn
a)
der Erblasser oder Schenker sowohl im überlassenden Betrieb als auch im nutzenden Betrieb allein oder zusammen mit anderen Gesellschaftern einen einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillen durchsetzen konnte oder als Gesellschafter einer Gesellschaft im Sinne des § 15 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und Absatz 3 oder § 18 Absatz 4 des Einkommensteuergesetzes den Vermögensgegenstand der Gesellschaft zur Nutzung überlassen hatte, und diese Rechtsstellung auf den Erwerber übergegangen ist, soweit keine Nutzungsüberlassung an einen weiteren Dritten erfolgt;
b)
die Nutzungsüberlassung im Rahmen der Verpachtung eines ganzen Betriebs erfolgt, welche beim Verpächter zu Einkünften nach § 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Einkommensteuergesetzes führt und
aa)
der Verpächter des Betriebs im Zusammenhang mit einer unbefristeten Verpachtung den Pächter durch eine letztwillige Verfügung oder eine rechtsgeschäftliche Verfügung als Erben eingesetzt hat oder
bb)
die Verpachtung an einen Dritten erfolgt, weil der Beschenkte im Zeitpunkt der Entstehung der Steuer (§ 9) den Betrieb noch nicht führen kann, und die Verpachtung auf höchstens zehn Jahre befristet ist; hat der Beschenkte das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet, beginnt die Frist mit der Vollendung des 18. Lebensjahres.
Dies gilt nicht für verpachtete Betriebe, soweit sie vor ihrer Verpachtung die Voraussetzungen als begünstigtes Vermögen nach Absatz 2 nicht erfüllt haben und für verpachtete Betriebe, deren Hauptzweck in der Überlassung von Grundstücken, Grundstücksteilen, grundstücksgleichen Rechten und Bauten an Dritte zur Nutzung besteht, die nicht unter Buchstabe d fallen;
c)
sowohl der überlassende Betrieb als auch der nutzende Betrieb zu einem Konzern im Sinne des § 4h des Einkommensteuergesetzes gehören, soweit keine Nutzungsüberlassung an einen weiteren Dritten erfolgt;
d)
die überlassenen Grundstücke, Grundstücksteile, grundstücksgleichen Rechte und Bauten zum Betriebsvermögen, zum gesamthänderisch gebundenen Betriebsvermögen einer Personengesellschaft oder zum Vermögen einer Kapitalgesellschaft gehören und der Hauptzweck des Betriebs in der Vermietung von Wohnungen im Sinne des § 181 Absatz 9 des Bewertungsgesetzes besteht, dessen Erfüllung einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb (§ 14 der Abgabenordnung) erfordert;
e)
die Grundstücke, Grundstücksteile, grundstücksgleichen Rechte und Bauten vorrangig überlassen werden, um im Rahmen von Lieferungsverträgen dem Absatz von eigenen Erzeugnissen und Produkten zu dienen;
f)
die Grundstücke, Grundstücksteile, grundstücksgleichen Rechte und Bauten an Dritte zur land- und forstwirtschaftlichen Nutzung überlassen werden;
2.
Anteile an Kapitalgesellschaften, wenn die unmittelbare Beteiligung am Nennkapital dieser Gesellschaften 25 Prozent oder weniger beträgt und sie nicht dem Hauptzweck des Gewerbebetriebs eines Kreditinstitutes oder eines Finanzdienstleistungsinstitutes im Sinne des § 1 Absatz 1 und 1a des Kreditwesengesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 9. September 1998 (BGBl. I S. 2776), das zuletzt durch Artikel 14 des Gesetzes vom 10. Mai 2016 (BGBl. I S. 1142) geändert worden ist, eines Wertpapierinstituts im Sinne des § 2 Absatz 1 des Wertpapierinstitutsgesetzes oder eines Versicherungsunternehmens, das der Aufsicht nach § 1 Absatz 1 Nummer 1 des Versicherungsaufsichtsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 1. April 2015 (BGBl. I S. 434), das zuletzt durch Artikel 13 des Gesetzes vom 10. Mai 2016 (BGBl. I S. 1142) geändert worden ist, unterliegt, zuzurechnen sind. Ob diese Grenze unterschritten wird, ist nach der Summe der dem Betrieb unmittelbar zuzurechnenden Anteile und der Anteile weiterer Gesellschafter zu bestimmen, wenn die Gesellschafter untereinander verpflichtet sind, über die Anteile nur einheitlich zu verfügen oder sie ausschließlich auf andere derselben Verpflichtung unterliegende Anteilseigner zu übertragen und das Stimmrecht gegenüber nichtgebundenen Gesellschaftern nur einheitlich auszuüben;
3.
Kunstgegenstände, Kunstsammlungen, wissenschaftliche Sammlungen, Bibliotheken und Archive, Münzen, Edelmetalle und Edelsteine, Briefmarkensammlungen, Oldtimer, Yachten, Segelflugzeuge sowie sonstige typischerweise der privaten Lebensführung dienende Gegenstände, wenn der Handel mit diesen Gegenständen, deren Herstellung oder Verarbeitung oder die entgeltliche Nutzungsüberlassung an Dritte nicht der Hauptzweck des Betriebs ist;
4.
Wertpapiere sowie vergleichbare Forderungen, wenn sie nicht dem Hauptzweck des Gewerbebetriebs eines Kreditinstitutes oder eines Finanzdienstleistungsinstitutes im Sinne des § 1 Absatz 1 und 1a des Kreditwesengesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 9. September 1998 (BGBl. I S. 2776), das zuletzt durch Artikel 14 des Gesetzes vom 10. Mai 2016 (BGBl. I S. 1142) geändert worden ist, eines Wertpapierinstituts im Sinne des § 2 Absatz 1 des Wertpapierinstitutsgesetzes oder eines Versicherungsunternehmens, das der Aufsicht nach § 1 Absatz 1 Nummer 1 des Versicherungsaufsichtsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 1. April 2015 (BGBl. I S. 434), das zuletzt durch Artikel 13 des Gesetzes vom 10. Mai 2016 (BGBl. I S. 1142) geändert worden ist, unterliegt, zuzurechnen sind;
5.
der gemeine Wert des nach Abzug des gemeinen Werts der Schulden verbleibenden Bestands an Zahlungsmitteln, Geschäftsguthaben, Geldforderungen und anderen Forderungen (Finanzmittel), soweit er 15 Prozent des anzusetzenden Werts des Betriebsvermögens des Betriebs oder der Gesellschaft übersteigt. Der gemeine Wert der Finanzmittel ist um den positiven Saldo der eingelegten und der entnommenen Finanzmittel zu verringern, welche dem Betrieb im Zeitpunkt der Entstehung der Steuer (§ 9) weniger als zwei Jahre zuzurechnen waren (junge Finanzmittel); junge Finanzmittel sind Verwaltungsvermögen. Satz 1 gilt nicht, wenn die genannten Wirtschaftsgüter dem Hauptzweck des Gewerbebetriebs eines Kreditinstitutes oder eines Finanzdienstleistungsinstitutes im Sinne des § 1 Absatz 1 und 1a des Kreditwesengesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 9. September 1998 (BGBl. I S. 2776), das zuletzt durch Artikel 14 des Gesetzes vom 10. Mai 2016 (BGBl. I S. 1142) geändert worden ist, eines Wertpapierinstituts im Sinne des § 2 Absatz 1 des Wertpapierinstitutsgesetzes oder eines Versicherungsunternehmens, das der Aufsicht nach § 1 Absatz 1 Nummer 1 des Versicherungsaufsichtsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 1. April 2015 (BGBl. I S. 434), das zuletzt durch Artikel 13 des Gesetzes vom 10. Mai 2016 (BGBl. I S. 1142) geändert worden ist, unterliegt, zuzurechnen sind. Voraussetzung für die Anwendung des Prozentsatzes von 15 Prozent des Satzes 1 ist, dass das nach Absatz 1 begünstigungsfähige Vermögen des Betriebs oder der nachgeordneten Gesellschaften nach seinem Hauptzweck einer Tätigkeit im Sinne des § 13 Absatz 1, des § 15 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, des § 18 Absatz 1 Nummer 1 und 2 des Einkommensteuergesetzes dient. Die Voraussetzungen des Satzes 4 sind auch erfüllt, wenn die Tätigkeit durch Gesellschaften im Sinne des § 13 Absatz 7, des § 15 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 oder des § 18 Absatz 4 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes ausgeübt wird; dies gilt auch, wenn sie ihrer Tätigkeit nach einer Gesellschaft im Sinne des § 15 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 oder des § 18 Absatz 4 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes entsprechen, für Gesellschaften im Sinne des § 1a Absatz 1 des Körperschaftsteuergesetzes und für Gesellschaften im Sinne des § 1 Absatz 1 des Körperschaftsteuergesetzes mit Sitz im Ausland, deren Ort der Geschäftsleitung im Inland belegen ist, und die nach inländischem Gesellschaftsrecht als Personengesellschaft zu behandeln sind.

(5) Beim Erwerb von Todes wegen entfällt die Zurechnung von Vermögensgegenständen zum Verwaltungsvermögen im Sinne des Absatzes 4 Nummer 1 bis 5 rückwirkend zum Zeitpunkt der Entstehung der Steuer (§ 9), wenn der Erwerber innerhalb von zwei Jahren ab dem Zeitpunkt der Entstehung der Steuer (§ 9) diese Vermögensgegenstände in Vermögensgegenstände innerhalb des vom Erblasser erworbenen, begünstigungsfähigen Vermögens im Sinne des Absatzes 1 investiert hat, die unmittelbar einer Tätigkeit im Sinne von § 13 Absatz 1, § 15 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 oder § 18 Absatz 1 Nummer 1 und 2 des Einkommensteuergesetzes dienen und kein Verwaltungsvermögen sind. Voraussetzung hierfür ist, dass die Investition auf Grund eines im Zeitpunkt der Entstehung der Steuer (§ 9) vorgefassten Plans des Erblassers erfolgt und keine anderweitige Ersatzbeschaffung von Verwaltungsvermögen vorgenommen wird oder wurde. Beim Erwerb von Todes wegen entfällt die Zurechnung von Finanzmitteln zum Verwaltungsvermögen im Sinne des Absatzes 4 Nummer 5 Satz 1 rückwirkend zum Zeitpunkt der Entstehung der Steuer (§ 9), soweit der Erwerber diese Finanzmittel innerhalb von zwei Jahren ab dem Zeitpunkt der Entstehung der Steuer (§ 9) verwendet, um bei auf Grund wiederkehrender saisonaler Schwankungen fehlenden Einnahmen die Vergütungen im Sinne des § 13a Absatz 3 Satz 6 bis 10 zu zahlen. Satz 2 gilt entsprechend. Der Erwerber hat das Vorliegen der Voraussetzungen der Sätze 1 bis 4 nachzuweisen.

(6) Der Nettowert des Verwaltungsvermögens ergibt sich durch Kürzung des gemeinen Werts des Verwaltungsvermögens um den nach Anwendung der Absätze 3 und 4 verbleibenden anteiligen gemeinen Wert der Schulden. Die anteiligen Schulden nach Satz 1 bestimmen sich nach dem Verhältnis des gemeinen Werts des Verwaltungsvermögens zum gemeinen Wert des Betriebsvermögens des Betriebs oder der Gesellschaft zuzüglich der nach Anwendung der Absätze 3 und 4 verbleibenden Schulden.

(7) Der Nettowert des Verwaltungsvermögens wird vorbehaltlich des Satzes 2 wie begünstigtes Vermögen behandelt, soweit er 10 Prozent des um den Nettowert des Verwaltungsvermögens gekürzten gemeinen Werts des Betriebsvermögens nicht übersteigt (unschädliches Verwaltungsvermögen). Verwaltungsvermögen, das dem Betrieb im Zeitpunkt der Entstehung der Steuer (§ 9) weniger als zwei Jahre zuzurechnen war (junges Verwaltungsvermögen), und junge Finanzmittel im Sinne des Absatzes 4 Nummer 5 Satz 2 sind kein unschädliches Verwaltungsvermögen.

(8) Eine Saldierung mit Schulden nach Absatz 6 findet für junge Finanzmittel im Sinne des Absatzes 4 Nummer 5 Satz 2 und junges Verwaltungsvermögen im Sinne des Absatzes 7 Satz 2 nicht statt. Eine Verrechnung von Schulden mit Verwaltungsvermögen ist bei wirtschaftlich nicht belastenden Schulden und darüber hinaus ausgeschlossen, soweit die Summe der Schulden den durchschnittlichen Schuldenstand der letzten drei Jahre vor dem Zeitpunkt der Entstehung der Steuer (§ 9) übersteigt; dies gilt nicht, soweit die Erhöhung des Schuldenstands durch die Betriebstätigkeit veranlasst ist. Als Nettowert des Verwaltungsvermögens ist mindestens der gemeine Wert des jungen Verwaltungsvermögens und der jungen Finanzmittel anzusetzen.

(9) Gehören zum begünstigungsfähigen Vermögen im Sinne des Absatzes 1 Nummer 2 und 3 unmittelbar oder mittelbar Beteiligungen an Personengesellschaften oder Beteiligungen an entsprechenden Gesellschaften mit Sitz oder Geschäftsleitung im Ausland oder unmittelbar oder mittelbar Anteile an Kapitalgesellschaften oder Anteile an entsprechenden Kapitalgesellschaften mit Sitz oder Geschäftsleitung im Ausland, sind bei der Anwendung der Absätze 2 bis 8 anstelle der Beteiligungen oder Anteile die gemeinen Werte der diesen Gesellschaften zuzurechnenden Vermögensgegenstände nach Maßgabe der Sätze 2 bis 5 mit dem Anteil einzubeziehen, zu dem die unmittelbare oder mittelbare Beteiligung besteht. Die unmittelbar oder mittelbar gehaltenen Finanzmittel, die Vermögensgegenstände des Verwaltungsvermögens im Sinne des Absatzes 4 Nummer 1 bis 4 sowie die Schulden sind jeweils zusammenzufassen (Verbundvermögensaufstellung); junge Finanzmittel und junges Verwaltungsvermögen sind gesondert aufzuführen. Soweit sich in der Verbundvermögensaufstellung Forderungen und Verbindlichkeiten zwischen den Gesellschaften untereinander oder im Verhältnis zu dem übertragenen Betrieb oder der übertragenen Gesellschaft gegenüberstehen, sind diese nicht anzusetzen. Absatz 4 Nummer 5 und die Absätze 6 bis 8 sind auf die Werte in der Verbundvermögensaufstellung anzuwenden. Die Sätze 1 bis 4 sind auf Anteile im Sinne von Absatz 4 Nummer 2 sowie auf wirtschaftlich nicht belastende Schulden nicht anzuwenden; diese Anteile sind als Verwaltungsvermögen anzusetzen.

(10) Das für die Bewertung der wirtschaftlichen Einheit örtlich zuständige Finanzamt im Sinne des § 152 Nummer 1 bis 3 des Bewertungsgesetzes stellt die Summen der gemeinen Werte der Finanzmittel im Sinne des Absatzes 4 Nummer 5 Satz 1, der jungen Finanzmittel im Sinne des Absatzes 4 Nummer 5 Satz 2, der Vermögensgegenstände des Verwaltungsvermögens im Sinne des Absatzes 4 Nummer 1 bis 4, der Schulden, des jungen Verwaltungsvermögens im Sinne des Absatzes 7 Satz 2, des Betriebsvermögens, das einer weder in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union noch in einem Staat des Europäischen Wirtschaftsraums belegenen Betriebsstätte dient, und das Vorliegen der Voraussetzungen des Absatzes 4 Nummer 5 Satz 4 und 5 gesondert fest, wenn und soweit diese Werte für die Erbschaftsteuer oder eine andere Feststellung im Sinne dieser Vorschrift von Bedeutung sind. Dies gilt entsprechend, wenn nur ein Anteil am Betriebsvermögen im Sinne des Absatzes 1 Nummer 2 übertragen wird. Die Entscheidung, ob die Werte von Bedeutung sind, trifft das für die Festsetzung der Erbschaftsteuer oder für die Feststellung nach § 151 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 3 des Bewertungsgesetzes zuständige Finanzamt. Bei Anteilen an Kapitalgesellschaften, die nach § 11 Absatz 1 des Bewertungsgesetzes zu bewerten sind, trifft die Feststellungen des Satzes 1 das örtlich zuständige Finanzamt entsprechend § 152 Nummer 3 des Bewertungsgesetzes. § 151 Absatz 3 und die §§ 152 bis 156 des Bewertungsgesetzes sind auf die Sätze 1 bis 4 entsprechend anzuwenden.

(1) Die Erbschaftsteuer wird nach folgenden Prozentsätzen erhoben:

Wert des steuerpflichtigen
Erwerbs (§ 10)
bis einschließlich
… Euro
Prozentsatz in der Steuerklasse
IIIIII
75 00071530
300 000112030
600 000152530
6 000 000193030
13 000 000233550
26 000 000274050
über 26 000 000304350
.

(2) Ist im Falle des § 2 Absatz 1 Nummer 1 ein Teil des Vermögens der inländischen Besteuerung auf Grund eines Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung entzogen, ist die Steuer nach dem Steuersatz zu erheben, der für den ganzen Erwerb gelten würde.

(3) Der Unterschied zwischen der Steuer, die sich bei Anwendung des Absatzes 1 ergibt, und der Steuer, die sich berechnen würde, wenn der Erwerb die letztvorhergehende Wertgrenze nicht überstiegen hätte, wird nur insoweit erhoben, als er

a)
bei einem Steuersatz bis zu 30 Prozent aus der Hälfte,
b)
bei einem Steuersatz über 30 Prozent aus drei Vierteln,
des die Wertgrenze übersteigenden Betrags gedeckt werden kann.

Das Gericht kann, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil von dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses abhängt, das den Gegenstand eines anderen anhängigen Rechtsstreits bildet oder von einer Verwaltungsbehörde festzustellen ist, anordnen, dass die Verhandlung bis zur Erledigung des anderen Rechtsstreits oder bis zur Entscheidung der Verwaltungsbehörde auszusetzen sei.

Gründe

I.

1

Der Beschwerdeführer wendet sich mit der Verfassungsbeschwerde gegen die Nichtberücksichtigung einer dem Erbfall nachfolgenden Einkommensteuerbelastung für Zinserträge bei der Heranziehung zur Erbschaftsteuer.

2

1. Der Beschwerdeführer ist Alleinerbe seines im Jahr 2001 verstorbenen Bruders. Der erbschaftsteuerliche Gesamtwert des Nachlasses aus Grund- und Kapitalvermögen belief sich auf rund 15 Mio. DM. Unter Anwendung des damals maßgeblichen Erbschaftsteuersatzes von 32 % setzte das Finanzamt eine Erbschaftsteuer in Höhe von rund 4,8 Mio. DM fest. Zum Nachlass gehörten neben Wertpapieren mit einem Kurswert von ca. 12 Mio. DM auch bereits aufgelaufene, aber erst im Jahr 2002 fällige Zinsansprüche in Höhe von rund 190.000 DM. Einkommensteuer fiel auf die Zinsansprüche im Jahr 2001 mangels Zuflusses nicht an (§ 11 EStG). Für das Jahr 2002 wurde bei dem Beschwerdeführer Einkommensteuer auf Kapitalerträge von insgesamt rund 260.000 € festgesetzt, wobei auf die bis zum Erbfall aufgelaufenen Zinsansprüche in Höhe von rund 190.000 DM anteilig Einkommensteuer in Höhe von rund 50.000 € entfiel. Die Zinsansprüche wurden vom Finanzamt bei der Bestimmung des erbschaftsteuerlichen Gesamtwerts des Nachlasses mit ihrem Nennwert berücksichtigt. Die auf den Zinsansprüchen ruhende Belastung mit sogenannter latenter Einkommensteuer fand keine Berücksichtigung.

3

Hiergegen wendete sich der Beschwerdeführer zunächst im Einspruchsverfahren und später auf dem Rechtsweg. Seinem Begehren, die Erbschaftsteuer wegen der auf den Zinsansprüchen ruhenden Einkommensteuer um rund 16.000 € herabzusetzen, blieb aber vor dem Finanzgericht München (Urteil vom 18. Februar 2009 - 4 K 1131/07 -, DStRE 2010, S. 479) und vor dem Bundesfinanzhof (BFHE 229, 363) der Erfolg versagt.

4

2. Mit seiner gegen den Erbschaftsteuerbescheid, die Einspruchsentscheidung und die gerichtlichen Entscheidungen gerichteten Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer unter anderem eine Verletzung von Art. 3 Abs. 1 und Art. 14 Abs. 1 GG.

5

3. Zu der Verfassungsbeschwerde haben das Bundesministerium der Finanzen für die Bundesregierung sowie der Bundesfinanzhof, die Bundesrechtsanwaltskammer, die Bundessteuerberaterkammer und der Deutsche Anwaltverein Stellung genommen. Allein der Deutsche Anwaltverein hielt die angegriffenen Entscheidungen für verfassungswidrig. Die Akten des Ausgangsverfahrens waren beigezogen.

II.

6

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen. Ihr kommt weder grundsätzliche Bedeutung zu, noch ist ihre Annahme zur Durchsetzung der Rechte des Beschwerdeführers angezeigt (§ 93a Abs. 2 BVerfGG). Die Verfassungsbeschwerde hat in der Sache keine Aussicht auf Erfolg.

7

1. Die Erbrechtsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG wird durch die hier erfolgte Kumulation von Einkommen- und Erbschaftsteuer zu Lasten des Beschwerdeführers nicht verletzt.

8

a) Die Erhebung der Erbschaftsteuer, die den durch den Erbfall beim Erben anfallenden Vermögenszuwachs und die dadurch vermittelte finanzielle Leistungsfähigkeit belastet, verstößt als solche nicht gegen die verfassungsrechtliche Garantie des Erbrechts (Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG; vgl. Art. 106 Abs. 2 Nr. 2 GG; BVerfGE 93, 165 <172>). Der Spielraum für den steuerlichen Zugriff auf den Erwerb von Todes wegen findet allerdings seine Grenze dort, wo die Steuerpflicht den Erwerber übermäßig belastet und die ihm zugewachsenen Vermögenswerte grundlegend beeinträchtigt (vgl. BVerfGE 63, 312 <327>; 93, 165 <172>). Die Steuerbelastung darf das Vererben vom Standpunkt eines wirtschaftlich denkenden Eigentümers nicht als ökonomisch sinnlos erscheinen lassen (vgl. BVerfGE 93, 165 <172>).

9

b) Demnach ist bei der Erbschaftsteuerbelastung grundsätzlich auf den gesamten Nachlass des jeweiligen Erben und auf die gesamte hierauf ruhende Steuerlast abzustellen (vgl. BVerfGE 115, 97 <117> zu Einkommensteuer und Eigentumsschutz). Bei der hier vorliegenden Gesamtsteuerbelastung von 4.794.240,00 DM beziehungsweise - bei Einbeziehung der Einkommensteuer - von 4.891.637,00 DM und einem Nachlasswert von mindestens 15.022.023,70 DM kann von ökonomischer Sinnlosigkeit des Vererbens keine Rede sein.

10

Auf die vom Beschwerdeführer als übermäßig gerügte Steuerbelastung allein der Stückzinsansprüche könnte es nur bei einer völlig atypischen separaten Vererbung der Zinserträge ankommen, die der Erblasser durch entsprechende Gestaltung problemlos und in rechtlich nicht zu beanstandender Weise vermeiden kann. Angesichts seiner Typisierungsbefugnis muss der Gesetzgeber für diesen Fall keine besondere Regelung vorsehen.

11

2. Auch Art. 3 Abs. 1 GG ist nicht verletzt, wenn die erst im Jahr nach dem Erbfall auf die anteilig bis zum Erbfall aufgelaufenen Zinsansprüche anfallende Einkommensteuer bei der Festsetzung der Erbschaftsteuer keine Berücksichtigung findet. Eine generelle Aussage zum Verhältnis von Erbschaft- und Einkommensteuer und dem hier diskutierten Problem der latenten Einkommensteuerbelastung (vgl. dazu Friz, Das Verhältnis der Erbschaft- und Schenkungsteuer zur Einkommensteuer, 2014, m.w.N.) ist damit nicht getroffen. Denn unabhängig von der Antwort auf die Frage, ob die Doppelbelastung mit Einkommen- und Erbschaftsteuer dem Prinzip der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit widersprechen kann, ist es jedenfalls bei zum Nachlass gehörenden Zinsansprüchen wegen der Typisierungs- und Pauschalierungsbefugnis des Gesetzgebers gerechtfertigt, eine später entstehende Einkommensteuer bei der Berechnung der Erb-schaftsteuer unberücksichtigt zu lassen.

12

a) Gleichheitsrechtlicher Ausgangspunkt im Steuerrecht ist der Grundsatz der Lastengleichheit. Die Steuerpflichtigen müssen dem Grundsatz nach durch ein Steuergesetz rechtlich und tatsächlich gleichmäßig belastet werden (vgl. BVerfGE 117, 1 <30>; 121, 108 <120>; 126, 400 <417>). Der Gleichheitssatz belässt dem Gesetzgeber einen weitreichenden Entscheidungsspielraum sowohl bei der Auswahl des Steuergegenstands als auch bei der Bestimmung des Steuersatzes (vgl. BVerfGE 123, 1 <19>; 135, 126 <145 Rn. 56>). Abweichungen von der mit der Wahl des Steuergegenstands einmal getroffenen Belastungsentscheidung müssen sich indessen ihrerseits am Gleichheitssatz messen lassen (Gebot der folgerichtigen Ausgestaltung des steuerrechtlichen Ausgangstatbestands). Demgemäß bedürfen sie eines besonderen sachlichen Grundes, der die Ungleichbehandlung zu rechtfertigen vermag (vgl. BVerfG, Urteil des Ersten Senats vom 5. November 2014 - 1 BvF 3/11 -, juris, Rn. 41 m.w.N.; Urteil des Ersten Senats vom 17. Dezember 2014 - 1 BvL 21/12 -, NJW 2015, S. 303 <306 Rn. 123>). Dabei steigen die Anforderungen an den Rechtfertigungsgrund mit Umfang und Ausmaß der Abweichung (vgl. BVerfG, Urteil des Ersten Senats vom 17. Dezember 2014 - 1 BvL 21/12 -, NJW 2015, S. 303 <306 Rn. 123>).

13

b) Diesen Anforderungen werden die angegriffenen Entscheidungen gerecht. Es ist mit dem aus dem Grundsatz der Lastengleichheit folgenden Prinzip der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit vereinbar, wenn die künftige Einkommensteuerbelastung, die latent auf den zum Nachlass gehörenden Zinsen ruht, bei der Bestimmung des Werts des Nachlasses nicht in Abzug gebracht wird und es damit im Ergebnis durch den Zufluss der Zinsansprüche bei dem Erben zu einer kumulierten Belastung mit Erbschaft- und Einkommensteuer kommt. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob hierin eine Durchbrechung des Leistungsfähigkeitsprinzips liegt, weil diese jedenfalls als zulässige Typisierung gerechtfertigt ist.

14

aa) Das Bundesverfassungsgericht hat den Gesichtspunkt der Vereinfachung der Verwaltungstätigkeit vielfach als Rechtfertigungsgrund für eine Typisierung und Pauschalierung anerkannt (vgl. BVerfGE 63, 119 <128>; 84, 348 <360>; 122, 210 <232 f.>). Die wesentliche Funktion der Typisierung im Steuerrecht ist die Entlastung des Rechtsanwenders im Massenfallrecht (vgl. BVerfGE 127, 224 <254>). Steuergesetze betreffen in der Regel Massenvorgänge des Wirtschaftslebens. Sie müssen, um praktikabel zu sein, Sachverhalte, an die sie dieselben steuerrechtlichen Folgen knüpfen, typisieren und dabei in weitem Umfang die Besonderheiten des einzelnen Falls vernachlässigen. Die wirtschaftlich ungleiche Wirkung auf die Steuerzahler darf allerdings ein gewisses Maß nicht übersteigen. Vielmehr müssen die steuerlichen Vorteile der Typisierung im rechten Verhältnis zu der mit der Typisierung notwendig verbundenen Ungleichheit der steuerlichen Belastung stehen (vgl. BVerfGE 120, 1 <30>; 122, 210 <231 ff.>; 126, 268 <278 f.>; 127, 224 <246>; 135, 126 <149 Rn. 76>; BVerfG, Urteil des Ersten Senats vom 5. November 2014 - 1 BvF 3/11 -, juris, Rn. 66; Urteil des Ersten Senats vom 17. Dezember 2014 - 1 BvL 21/12 -, NJW 2015, S. 303 <322 Rn. 250>). Der Gesetzgeber darf außerdem für eine gesetzliche Typisierung keinen atypischen Fall als Leitbild wählen, sondern muss realitätsgerecht den typischen Fall als Maßstab zu Grunde legen (vgl. BVerfGE 112, 164 <180 f.>; 112, 268 <280 f.>; 116, 164 <183>).

15

bb) Diese Voraussetzungen liegen hier vor.

16

(1) Bei der Bestimmung des Werts des Nachlasses werden nach der neueren Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFHE 238, 233) Einkommensteuerverbindlichkeiten dann als Nachlassverbindlichkeiten berücksichtigt, wenn noch der Erblasser sämtliche einkommensteuerrelevanten Tatbestände verwirklicht hat. Damit orientiert sich der Gesetzgeber an dem typischen Fall, wonach der Erblasser das zum Nachlass gehörende Vermögen bereits versteuert hat oder aber das Entstehen seiner Einkommensteuerschuld nur noch vom Ablauf des Veranlagungszeitraums abhängt. Verzichtet der Gesetzgeber auf eine Sonderregelung für den speziellen Fall, dass zum Nachlass Forderungen gehören, die erst mit ihrem späteren Zufluss beim Erben einkommensteuerpflichtig werden, ist dies im Ausgangspunkt eine jeder gesetzlichen Regelung immanente Verallgemeinerung (vgl. BVerfGE 82, 126 <151 f.>; 96, 1 <6 f.>; 101, 297 <309>).

17

(2) Durch diese Verallgemeinerung wird eine Entlastung des Rechtsanwenders erreicht, weil es im Rahmen der Festsetzung der Erbschaftsteuer nicht not-wendig ist, Berechnungen zu der künftigen Einkommensteuerbelastung anzustellen. Eine solche Berechnung birgt gerade in Fällen, in denen es nicht mehr der Erblasser ist, der sämtliche einkommensteuerrelevanten Tatbestände erfüllt, auch nicht zu vernachlässigende Schwierigkeiten. Zu dem für die Festsetzung der Erbschaftsteuer maßgeblichen Stichtag, dem Todestag des Erblassers (§ 9 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG), steht die Einkommensteuer dann nämlich noch nicht fest, weil sie von künftigen Ereignissen wie der Höhe der weiteren Einkünfte des Erben abhängt (§ 32a Abs. 1 EStG). Bleiben die Einkünfte unter dessen Freibetrag, entfällt eine Einkommensteuerbelastung sogar ganz.

18

Die in der Literatur zu findenden Vorschläge für eine Umsetzung der Berücksichtigung künftiger Einkommensteuer im Rahmen der Erbschaftsteuer (nachträgliche Berichtigung der Erbschaftsteuerveranlagung nach § 6 Abs. 2 i.V.m. § 5 Abs. 2 BewG, vgl. Keuk, DB 1973, S. 634 <636 f.>; Schätzung der künftigen Einkommensteuerbelastung im Rahmen des Erbschaftsteuerfestsetzungsverfahrens, vgl. Kapp, FR 1970, S. 1 <3>; Geck, in: Kapp/Ebeling, ErbStG, Einleitung Rn. 19 ; nur vorläufige Veranlagung der Erbschaftsteuer und Berücksichtigung der Einkommensteuer nach ihrer Entstehung, vgl. Kröger, BB 1971, S. 647 <649>) zeugen denn auch von hoher Technizität und bergen ihrerseits Folgeprobleme (vgl. Birnbaum, Leistungsfähigkeitsprinzip und ErbStG, 2007, S. 54).

19

Darauf, ob die Doppelbesteuerung im Rahmen der Einkommensteuer zu berücksichtigen wäre, kommt es hier nicht an, weil der Einkommensteuerbescheid nicht angegriffen ist (vgl. den ab dem Veranlagungszeitraum 2009 geltenden § 35b EStG und den bis zum Veranlagungszeitraum 1998 geltenden § 35 EStG). Auch dort ist der Gesetzgeber jedoch auf Vereinfachung und Typisierung angewiesen.

20

(3) Die Vereinfachungseffekte, die mit der Nichtberücksichtigung latenter Einkommensteuer im Rahmen der Erbschaftsteuerfestsetzung beziehungsweise mit der Nichtberücksichtigung geleisteter Erbschaftsteuer im Rahmen der Einkommensteuerfestsetzung erzielt werden, stehen jedenfalls bei den hier ausschließlich zu beurteilenden Zinsansprüchen auch im rechten Verhältnis zu der hiermit notwendig verbundenen Ungleichheit der steuerlichen Belastung. Zwar zeigt der Fall des Beschwerdeführers, dass es bei absolut sehr hohen Erbschaften mit einem großen Anteil an Wertpapieren und sich hieraus ergebenden Zinsansprüchen zu einer für sich genommen hohen Mehrbelastung kommen kann. Bei der Beurteilung des Maßes an Ungleichheit muss aber die Mehrbelastung in Relation zur Gesamtbelastung gesehen werden. Diese erscheint hier aber als vernachlässigbar oder - mit den Worten der Bundesrechtsanwaltskammer - "bagatellarisch". Bei einer Erbschaft in Höhe von jedenfalls 15.022.023,70 DM und einer Steuerbelastung in Höhe von 4.794.240,00 DM bedeutete die Berücksichtigung der späteren Einkommensteuerbelastung von 97.397,00 DM eine Ermäßigung der Erbschaftsteuer um 31.167,04 DM, also lediglich um 0,65 %.

21

Nach den Berechnungen von Bundesrechtsanwaltskammer und Bundessteuerberaterkammer ergibt sich bei einer durchschnittlichen Erbschaft von 65.000,00 € und einem - eher hoch veranschlagten - Anteil stückzinstragender Anleihen von 50 % eine Mehrbelastung in Höhe von 118,31 € (bei einem Erbschaftsteuersatz von 32 %) beziehungsweise von 62,85 € (bei einem Erbschaftsteuersatz von 17 %). Auch die Gegenüberstellung der auf 9 Mio. DM geschätzten Steuermehreinnahmen im Veranlagungszeitraum 1999 durch Streichung des § 35 EStG a.F. (vgl. BTDrucks 14/23, S. 157) zu dem Gesamtsteueraufkommen aus Erbschaftsteuer von 3.055,7 Mio. € im Rechnungsjahr 1999 (vgl. BTDrucks 16/5706, S. 2 f.) zeigt, dass es sich um verhältnismäßig geringe Mehrbelastungen handelt.

22

Allein bei einer isolierten Vererbung von Zinsansprüchen fiele die zusätzliche Belastung mit Einkommensteuer ins Gewicht. Angesichts der vergleichsweisen Seltenheit dieser Konstellation darf der Gesetzgeber sie im Rahmen seiner Typisierungsbefugnis aber unberücksichtigt lassen.

23

3. Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.

24

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

(1)1Was als Einkommen gilt und wie das Einkommen zu ermitteln ist, bestimmt sich nach den Vorschriften des Einkommensteuergesetzes und dieses Gesetzes.2Bei Betrieben gewerblicher Art im Sinne des § 4 sind die Absicht, Gewinn zu erzielen, und die Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr nicht erforderlich.3Bei den inländischen öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten beträgt das Einkommen aus dem Geschäft der Veranstaltung von Werbesendungen 16 Prozent der Entgelte (§ 10 Abs. 1 des Umsatzsteuergesetzes) aus Werbesendungen.4Bei Körperschaften im Sinne des § 1 Absatz 1 mit Sitz im Ausland, deren Ort der Geschäftsleitung im Inland belegen ist und die nach inländischem Gesellschaftsrecht mangels Rechtsfähigkeit nicht als juristische Person zu behandeln sind, sind Leistungen und Leistungsversprechen zwischen der Körperschaft und Personen, die aus dieser Körperschaft Einkünfte im Sinne des § 20 Absatz 1 Nummer 1 und 9 des Einkommensteuergesetzes erzielen, für Zwecke der Durchführung der Besteuerung mit Ertragsteuern wie Leistungen und Leistungsversprechen zwischen einer rechtsfähigen Körperschaft und deren Anteilseignern zu behandeln.

(2) Bei unbeschränkt Steuerpflichtigen im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 sind alle Einkünfte als Einkünfte aus Gewerbebetrieb zu behandeln.

(3)1Für die Ermittlung des Einkommens ist es ohne Bedeutung, ob das Einkommen verteilt wird.2Auch verdeckte Gewinnausschüttungen sowie Ausschüttungen jeder Art auf Genussrechte, mit denen das Recht auf Beteiligung am Gewinn und am Liquidationserlös der Kapitalgesellschaft verbunden ist, mindern das Einkommen nicht.3Verdeckte Einlagen erhöhen das Einkommen nicht.4Das Einkommen erhöht sich, soweit eine verdeckte Einlage das Einkommen des Gesellschafters gemindert hat.5Satz 4 gilt auch für eine verdeckte Einlage, die auf einer verdeckten Gewinnausschüttung einer dem Gesellschafter nahe stehenden Person beruht und bei der Besteuerung des Gesellschafters nicht berücksichtigt wurde, es sei denn, die verdeckte Gewinnausschüttung hat bei der leistenden Körperschaft das Einkommen nicht gemindert.6In den Fällen des Satzes 5 erhöht die verdeckte Einlage nicht die Anschaffungskosten der Beteiligung.

(4) (weggefallen)

(5) Bei Personenvereinigungen bleiben für die Ermittlung des Einkommens Beiträge, die auf Grund der Satzung von den Mitgliedern lediglich in ihrer Eigenschaft als Mitglieder erhoben werden, außer Ansatz.

(6) Besteht das Einkommen nur aus Einkünften, von denen lediglich ein Steuerabzug vorzunehmen ist, so ist ein Abzug von Betriebsausgaben oder Werbungskosten nicht zulässig.

(7)1Die Rechtsfolgen einer verdeckten Gewinnausschüttung im Sinne des Absatzes 3 Satz 2 sind

1.
bei Betrieben gewerblicher Art im Sinne des § 4 nicht bereits deshalb zu ziehen, weil sie ein Dauerverlustgeschäft ausüben;
2.
bei Kapitalgesellschaften nicht bereits deshalb zu ziehen, weil sie ein Dauerverlustgeschäft ausüben.2Satz 1 gilt nur bei Kapitalgesellschaften, bei denen die Mehrheit der Stimmrechte unmittelbar oder mittelbar auf juristische Personen des öffentlichen Rechts entfällt und nachweislich ausschließlich diese Gesellschafter die Verluste aus Dauerverlustgeschäften tragen.
2Ein Dauerverlustgeschäft liegt vor, soweit aus verkehrs-, umwelt-, sozial-, kultur-, bildungs- oder gesundheitspolitischen Gründen eine wirtschaftliche Betätigung ohne kostendeckendes Entgelt unterhalten wird oder in den Fällen von Satz 1 Nr. 2 das Geschäft Ausfluss einer Tätigkeit ist, die bei juristischen Personen des öffentlichen Rechts zu einem Hoheitsbetrieb gehört.

(8)1Werden Betriebe gewerblicher Art zusammengefasst, ist § 10d des Einkommensteuergesetzes auf den Betrieb gewerblicher Art anzuwenden, der sich durch die Zusammenfassung ergibt.2Nicht ausgeglichene negative Einkünfte der einzelnen Betriebe gewerblicher Art aus der Zeit vor der Zusammenfassung können nicht beim zusammengefassten Betrieb gewerblicher Art abgezogen werden.3Ein Rücktrag von Verlusten des zusammengefassten Betriebs gewerblicher Art auf die einzelnen Betriebe gewerblicher Art vor Zusammenfassung ist unzulässig.4Ein bei einem Betrieb gewerblicher Art vor der Zusammenfassung festgestellter Verlustvortrag kann nach Maßgabe des § 10d des Einkommensteuergesetzes vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen werden, den dieser Betrieb gewerblicher Art nach Beendigung der Zusammenfassung erzielt.5Die Einschränkungen der Sätze 2 bis 4 gelten nicht, wenn gleichartige Betriebe gewerblicher Art zusammengefasst oder getrennt werden.6Kommt es bei einem Betrieb gewerblicher Art, der sich durch eine Zusammenfassung ergeben hat, innerhalb eines Zeitraums von fünf Jahren nach der Zusammenfassung zur Anwendung des § 3a des Einkommensteuergesetzes, ist § 3a Absatz 3 Satz 3 des Einkommensteuergesetzes entsprechend auf die in Satz 4 genannten Verlustvorträge anzuwenden.

(9)1Wenn für Kapitalgesellschaften Absatz 7 Satz 1 Nr. 2 zur Anwendung kommt, sind die einzelnen Tätigkeiten der Gesellschaft nach folgender Maßgabe Sparten zuzuordnen:

1.
Tätigkeiten, die als Dauerverlustgeschäfte Ausfluss einer Tätigkeit sind, die bei juristischen Personen des öffentlichen Rechts zu einem Hoheitsbetrieb gehören, sind jeweils gesonderten Sparten zuzuordnen;
2.
Tätigkeiten, die nach § 4 Abs. 6 Satz 1 zusammenfassbar sind oder aus den übrigen, nicht in Nummer 1 bezeichneten Dauerverlustgeschäften stammen, sind jeweils gesonderten Sparten zuzuordnen, wobei zusammenfassbare Tätigkeiten jeweils eine einheitliche Sparte bilden;
3.
alle übrigen Tätigkeiten sind einer einheitlichen Sparte zuzuordnen.
2Für jede sich hiernach ergebende Sparte ist der Gesamtbetrag der Einkünfte getrennt zu ermitteln.3Die Aufnahme einer weiteren, nicht gleichartigen Tätigkeit führt zu einer neuen, gesonderten Sparte; Entsprechendes gilt für die Aufgabe einer solchen Tätigkeit.4Ein negativer Gesamtbetrag der Einkünfte einer Sparte darf nicht mit einem positiven Gesamtbetrag der Einkünfte einer anderen Sparte ausgeglichen oder nach Maßgabe des § 10d des Einkommensteuergesetzes abgezogen werden.5Er mindert jedoch nach Maßgabe des § 10d des Einkommensteuergesetzes die positiven Gesamtbeträge der Einkünfte, die sich in dem unmittelbar vorangegangenen und in den folgenden Veranlagungszeiträumen für dieselbe Sparte ergeben.6Liegen die Voraussetzungen des Absatzes 7 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 ab einem Zeitpunkt innerhalb eines Veranlagungszeitraums nicht mehr vor, sind die Sätze 1 bis 5 ab diesem Zeitpunkt nicht mehr anzuwenden; hiernach nicht ausgeglichene oder abgezogene negative Beträge sowie verbleibende Verlustvorträge aus den Sparten, in denen Dauerverlusttätigkeiten ausgeübt werden, entfallen.7Liegen die Voraussetzungen des Absatzes 7 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 erst ab einem bestimmten Zeitpunkt innerhalb eines Veranlagungszeitraums vor, sind die Sätze 1 bis 5 ab diesem Zeitpunkt anzuwenden; ein bis zum Eintritt der Voraussetzungen entstandener Verlust kann nach Maßgabe des § 10d des Einkommensteuergesetzes abgezogen werden; ein danach verbleibender Verlust ist der Sparte zuzuordnen, in denen keine Dauerverlustgeschäfte ausgeübt werden.8Der am Schluss eines Veranlagungszeitraums verbleibende negative Gesamtbetrag der Einkünfte einer Sparte ist gesondert festzustellen; § 10d Absatz 4 des Einkommensteuergesetzes gilt entsprechend.9Die §§ 3a und 3c Absatz 4 des Einkommensteuergesetzes sind entsprechend anzuwenden; § 3a Absatz 2 des Einkommensteuergesetzes ist für die Kapitalgesellschaft anzuwenden.

(10)1Bei Einkünften aus Kapitalvermögen ist § 2 Absatz 5b des Einkommensteuergesetzes nicht anzuwenden.2§ 32d Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 und Nr. 3 Satz 1 und Satz 3 bis 6 des Einkommensteuergesetzes ist entsprechend anzuwenden; in diesen Fällen ist § 20 Abs. 6 und 9 des Einkommensteuergesetzes nicht anzuwenden.

Zur Einkommensteuer und zur Körperschaftsteuer wird ein Solidaritätszuschlag als Ergänzungsabgabe erhoben.

1Gewerbeertrag ist der nach den Vorschriften des Einkommensteuergesetzes oder des Körperschaftsteuergesetzes zu ermittelnde Gewinn aus dem Gewerbebetrieb, der bei der Ermittlung des Einkommens für den dem Erhebungszeitraum (§ 14) entsprechenden Veranlagungszeitraum zu berücksichtigen ist, vermehrt und vermindert um die in den §§ 8 und 9 bezeichneten Beträge.2Zum Gewerbeertrag gehört auch der Gewinn aus der Veräußerung oder Aufgabe

1.
des Betriebs oder eines Teilbetriebs einer Mitunternehmerschaft,
2.
des Anteils eines Gesellschafters, der als Unternehmer (Mitunternehmer) des Betriebs einer Mitunternehmerschaft anzusehen ist,
3.
des Anteils eines persönlich haftenden Gesellschafters einer Kommanditgesellschaft auf Aktien,
soweit er nicht auf eine natürliche Person als unmittelbar beteiligter Mitunternehmer entfällt.3Der nach § 5a des Einkommensteuergesetzes ermittelte Gewinn einschließlich der Hinzurechnungen nach § 5a Absatz 4 und 4a des Einkommensteuergesetzes und das nach § 8 Absatz 1 Satz 3 des Körperschaftsteuergesetzes ermittelte Einkommen gelten als Gewerbeertrag nach Satz 1.4§ 3 Nr. 40 und § 3c Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes sind bei der Ermittlung des Gewerbeertrags einer Mitunternehmerschaft anzuwenden, soweit an der Mitunternehmerschaft natürliche Personen unmittelbar oder mittelbar über eine oder mehrere Personengesellschaften beteiligt sind; im Übrigen ist § 8b des Körperschaftsteuergesetzes anzuwenden.5Bei der Ermittlung des Gewerbeertrags einer Kapitalgesellschaft, auf die § 8 Abs. 7 Satz 1 Nr. 2 des Körperschaftsteuergesetzes anzuwenden ist, ist § 8 Abs. 9 Satz 1 bis 3 des Körperschaftsteuergesetzes entsprechend anzuwenden; ein sich danach bei der jeweiligen Sparte im Sinne des § 8 Abs. 9 Satz 1 des Körperschaftsteuergesetzes ergebender negativer Gewerbeertrag darf nicht mit einem positiven Gewerbeertrag aus einer anderen Sparte im Sinne des § 8 Abs. 9 Satz 1 des Körperschaftsteuergesetzes ausgeglichen werden.6§ 50d Abs. 10 des Einkommensteuergesetzes ist bei der Ermittlung des Gewerbeertrags entsprechend anzuwenden.7Hinzurechnungsbeträge im Sinne des § 10 Absatz 1 des Außensteuergesetzes sind Einkünfte, die in einer inländischen Betriebsstätte anfallen.8Einkünfte im Sinne des § 20 Absatz 2 Satz 1 des Außensteuergesetzes gelten als in einer inländischen Betriebsstätte erzielt; das gilt auch, wenn sie nicht von einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung erfasst werden oder das Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung selbst die Steueranrechnung anordnet.9Satz 8 ist nicht anzuwenden, soweit auf die Einkünfte, würden sie in einer Zwischengesellschaft im Sinne des § 8 des Außensteuergesetzes erzielt, § 8 Absatz 2 bis 4 des Außensteuergesetzes zur Anwendung käme.

(1) Soweit ein angefochtener Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und die etwaige Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf auf; die Finanzbehörde ist an die rechtliche Beurteilung gebunden, die der Aufhebung zugrunde liegt, an die tatsächliche so weit, als nicht neu bekannt werdende Tatsachen und Beweismittel eine andere Beurteilung rechtfertigen. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, dass und wie die Finanzbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, dass die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekannt zu geben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und die Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Satz 1 gilt nicht, soweit der Steuerpflichtige seiner Erklärungspflicht nicht nachgekommen ist und deshalb die Besteuerungsgrundlagen geschätzt worden sind. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlass des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, dass Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluss kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(1) Gesondert festzustellen (§ 179 der Abgabenordnung) sind

1.
Grundbesitzwerte (§§ 138, 157),
2.
der Wert des Betriebsvermögens oder des Anteils am Betriebsvermögen (§§ 95, 96, 97),
3.
der Wert von Anteilen an Kapitalgesellschaften im Sinne des § 11 Abs. 2,
4.
der Anteil am Wert von anderen als in den Nummern 1 bis 3 genannten Vermögensgegenständen und von Schulden, die mehreren Personen zustehen,
wenn die Werte für die Erbschaftsteuer oder eine andere Feststellung im Sinne dieser Vorschrift von Bedeutung sind. Die Entscheidung über eine Bedeutung für die Besteuerung trifft das für die Festsetzung der Erbschaftsteuer oder die Feststellung nach Satz 1 Nr. 2 bis 4 zuständige Finanzamt.

(2) In dem Feststellungsbescheid für Grundbesitzwerte sind auch Feststellungen zu treffen

1.
über die Art der wirtschaftlichen Einheit,
2.
über die Zurechnung der wirtschaftlichen Einheit und bei mehreren Beteiligten über die Höhe des Anteils, der für die Besteuerung oder eine andere Feststellung von Bedeutung ist; beim Erwerb durch eine Erbengemeinschaft erfolgt die Zurechnung in Vertretung der Miterben auf die Erbengemeinschaft. Entsprechendes gilt für die Feststellungen nach Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 bis 4.

(3) Gesondert festgestellte Werte im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 bis 4 sind einer innerhalb einer Jahresfrist folgenden Feststellung für dieselbe wirtschaftliche Einheit unverändert zu Grunde zu legen, wenn sich die für die erste Bewertung maßgeblichen Stichtagsverhältnisse nicht wesentlich geändert haben. Der Erklärungspflichtige kann eine von diesem Wert abweichende Feststellung nach den Verhältnissen am Bewertungsstichtag durch Abgabe einer Feststellungserklärung beantragen.

(4) Ausländisches Vermögen unterliegt nicht der gesonderten Feststellung.

(5) Grundbesitzwerte (Absatz 1 Satz 1 Nr. 1) sind auch festzustellen, wenn sie für die Grunderwerbsteuer von Bedeutung sind. Absatz 1 Satz 2 gilt entsprechend. Absatz 2 ist nicht anzuwenden.

(1) Zum begünstigungsfähigen Vermögen gehören

1.
der inländische Wirtschaftsteil des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens (§ 168 Absatz 1 Nummer 1 des Bewertungsgesetzes) mit Ausnahme der Stückländereien (§ 160 Absatz 7 des Bewertungsgesetzes) und selbst bewirtschaftete Grundstücke im Sinne des § 159 des Bewertungsgesetzes sowie entsprechendes land- und forstwirtschaftliches Vermögen, das einer Betriebsstätte in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem Staat des Europäischen Wirtschaftsraums dient;
2.
inländisches Betriebsvermögen (§§ 95 bis 97 Absatz 1 Satz 1 des Bewertungsgesetzes) beim Erwerb eines ganzen Gewerbebetriebs oder Teilbetriebs, einer Beteiligung an einer Gesellschaft im Sinne des § 97 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 Satz 1 des Bewertungsgesetzes, eines Anteils eines persönlich haftenden Gesellschafters einer Kommanditgesellschaft auf Aktien oder Anteils daran und entsprechendes Betriebsvermögen, das einer Betriebsstätte in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem Staat des Europäischen Wirtschaftsraums dient;
3.
Anteile an einer Kapitalgesellschaft, wenn die Kapitalgesellschaft im Zeitpunkt der Entstehung der Steuer (§ 9) Sitz oder Geschäftsleitung im Inland oder in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem Staat des Europäischen Wirtschaftsraums hat und der Erblasser oder Schenker am Nennkapital dieser Gesellschaft unmittelbar zu mehr als 25 Prozent beteiligt war (Mindestbeteiligung). Ob der Erblasser oder Schenker die Mindestbeteiligung erfüllt, ist nach der Summe der dem Erblasser oder Schenker unmittelbar zuzurechnenden Anteile und der Anteile weiterer Gesellschafter zu bestimmen, wenn der Erblasser oder Schenker und die weiteren Gesellschafter untereinander verpflichtet sind, über die Anteile nur einheitlich zu verfügen oder ausschließlich auf andere derselben Verpflichtung unterliegende Anteilseigner zu übertragen und das Stimmrecht gegenüber nichtgebundenen Gesellschaftern einheitlich auszuüben.

(2) Das begünstigungsfähige Vermögen ist begünstigt, soweit sein gemeiner Wert den um das unschädliche Verwaltungsvermögen im Sinne des Absatzes 7 gekürzten Nettowert des Verwaltungsvermögens im Sinne des Absatzes 6 übersteigt (begünstigtes Vermögen). Abweichend von Satz 1 ist der Wert des begünstigungsfähigen Vermögens vollständig nicht begünstigt, wenn das Verwaltungsvermögen nach Absatz 4 vor der Anwendung des Absatzes 3 Satz 1, soweit das Verwaltungsvermögen nicht ausschließlich und dauerhaft der Erfüllung von Schulden aus durch Treuhandverhältnisse abgesicherten Altersversorgungsverpflichtungen dient und dem Zugriff aller übrigen nicht aus diesen Altersversorgungsverpflichtungen unmittelbar berechtigten Gläubiger entzogen ist, sowie der Schuldenverrechnung und des Freibetrags nach Absatz 4 Nummer 5 sowie der Absätze 6 und 7 mindestens 90 Prozent des gemeinen Werts des begünstigungsfähigen Vermögens beträgt.

(3) Teile des begünstigungsfähigen Vermögens, die ausschließlich und dauerhaft der Erfüllung von Schulden aus Altersversorgungsverpflichtungen dienen und dem Zugriff aller übrigen nicht aus den Altersversorgungsverpflichtungen unmittelbar berechtigten Gläubiger entzogen sind, gehören bis zur Höhe des gemeinen Werts der Schulden aus Altersversorgungsverpflichtungen nicht zum Verwaltungsvermögen im Sinne des Absatzes 4 Nummer 1 bis 5. Soweit Finanzmittel und Schulden bei Anwendung von Satz 1 berücksichtigt wurden, bleiben sie bei der Anwendung des Absatzes 4 Nummer 5 und des Absatzes 6 außer Betracht.

(4) Zum Verwaltungsvermögen gehören

1.
Dritten zur Nutzung überlassene Grundstücke, Grundstücksteile, grundstücksgleiche Rechte und Bauten. Eine Nutzungsüberlassung an Dritte ist nicht anzunehmen, wenn
a)
der Erblasser oder Schenker sowohl im überlassenden Betrieb als auch im nutzenden Betrieb allein oder zusammen mit anderen Gesellschaftern einen einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillen durchsetzen konnte oder als Gesellschafter einer Gesellschaft im Sinne des § 15 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und Absatz 3 oder § 18 Absatz 4 des Einkommensteuergesetzes den Vermögensgegenstand der Gesellschaft zur Nutzung überlassen hatte, und diese Rechtsstellung auf den Erwerber übergegangen ist, soweit keine Nutzungsüberlassung an einen weiteren Dritten erfolgt;
b)
die Nutzungsüberlassung im Rahmen der Verpachtung eines ganzen Betriebs erfolgt, welche beim Verpächter zu Einkünften nach § 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Einkommensteuergesetzes führt und
aa)
der Verpächter des Betriebs im Zusammenhang mit einer unbefristeten Verpachtung den Pächter durch eine letztwillige Verfügung oder eine rechtsgeschäftliche Verfügung als Erben eingesetzt hat oder
bb)
die Verpachtung an einen Dritten erfolgt, weil der Beschenkte im Zeitpunkt der Entstehung der Steuer (§ 9) den Betrieb noch nicht führen kann, und die Verpachtung auf höchstens zehn Jahre befristet ist; hat der Beschenkte das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet, beginnt die Frist mit der Vollendung des 18. Lebensjahres.
Dies gilt nicht für verpachtete Betriebe, soweit sie vor ihrer Verpachtung die Voraussetzungen als begünstigtes Vermögen nach Absatz 2 nicht erfüllt haben und für verpachtete Betriebe, deren Hauptzweck in der Überlassung von Grundstücken, Grundstücksteilen, grundstücksgleichen Rechten und Bauten an Dritte zur Nutzung besteht, die nicht unter Buchstabe d fallen;
c)
sowohl der überlassende Betrieb als auch der nutzende Betrieb zu einem Konzern im Sinne des § 4h des Einkommensteuergesetzes gehören, soweit keine Nutzungsüberlassung an einen weiteren Dritten erfolgt;
d)
die überlassenen Grundstücke, Grundstücksteile, grundstücksgleichen Rechte und Bauten zum Betriebsvermögen, zum gesamthänderisch gebundenen Betriebsvermögen einer Personengesellschaft oder zum Vermögen einer Kapitalgesellschaft gehören und der Hauptzweck des Betriebs in der Vermietung von Wohnungen im Sinne des § 181 Absatz 9 des Bewertungsgesetzes besteht, dessen Erfüllung einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb (§ 14 der Abgabenordnung) erfordert;
e)
die Grundstücke, Grundstücksteile, grundstücksgleichen Rechte und Bauten vorrangig überlassen werden, um im Rahmen von Lieferungsverträgen dem Absatz von eigenen Erzeugnissen und Produkten zu dienen;
f)
die Grundstücke, Grundstücksteile, grundstücksgleichen Rechte und Bauten an Dritte zur land- und forstwirtschaftlichen Nutzung überlassen werden;
2.
Anteile an Kapitalgesellschaften, wenn die unmittelbare Beteiligung am Nennkapital dieser Gesellschaften 25 Prozent oder weniger beträgt und sie nicht dem Hauptzweck des Gewerbebetriebs eines Kreditinstitutes oder eines Finanzdienstleistungsinstitutes im Sinne des § 1 Absatz 1 und 1a des Kreditwesengesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 9. September 1998 (BGBl. I S. 2776), das zuletzt durch Artikel 14 des Gesetzes vom 10. Mai 2016 (BGBl. I S. 1142) geändert worden ist, eines Wertpapierinstituts im Sinne des § 2 Absatz 1 des Wertpapierinstitutsgesetzes oder eines Versicherungsunternehmens, das der Aufsicht nach § 1 Absatz 1 Nummer 1 des Versicherungsaufsichtsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 1. April 2015 (BGBl. I S. 434), das zuletzt durch Artikel 13 des Gesetzes vom 10. Mai 2016 (BGBl. I S. 1142) geändert worden ist, unterliegt, zuzurechnen sind. Ob diese Grenze unterschritten wird, ist nach der Summe der dem Betrieb unmittelbar zuzurechnenden Anteile und der Anteile weiterer Gesellschafter zu bestimmen, wenn die Gesellschafter untereinander verpflichtet sind, über die Anteile nur einheitlich zu verfügen oder sie ausschließlich auf andere derselben Verpflichtung unterliegende Anteilseigner zu übertragen und das Stimmrecht gegenüber nichtgebundenen Gesellschaftern nur einheitlich auszuüben;
3.
Kunstgegenstände, Kunstsammlungen, wissenschaftliche Sammlungen, Bibliotheken und Archive, Münzen, Edelmetalle und Edelsteine, Briefmarkensammlungen, Oldtimer, Yachten, Segelflugzeuge sowie sonstige typischerweise der privaten Lebensführung dienende Gegenstände, wenn der Handel mit diesen Gegenständen, deren Herstellung oder Verarbeitung oder die entgeltliche Nutzungsüberlassung an Dritte nicht der Hauptzweck des Betriebs ist;
4.
Wertpapiere sowie vergleichbare Forderungen, wenn sie nicht dem Hauptzweck des Gewerbebetriebs eines Kreditinstitutes oder eines Finanzdienstleistungsinstitutes im Sinne des § 1 Absatz 1 und 1a des Kreditwesengesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 9. September 1998 (BGBl. I S. 2776), das zuletzt durch Artikel 14 des Gesetzes vom 10. Mai 2016 (BGBl. I S. 1142) geändert worden ist, eines Wertpapierinstituts im Sinne des § 2 Absatz 1 des Wertpapierinstitutsgesetzes oder eines Versicherungsunternehmens, das der Aufsicht nach § 1 Absatz 1 Nummer 1 des Versicherungsaufsichtsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 1. April 2015 (BGBl. I S. 434), das zuletzt durch Artikel 13 des Gesetzes vom 10. Mai 2016 (BGBl. I S. 1142) geändert worden ist, unterliegt, zuzurechnen sind;
5.
der gemeine Wert des nach Abzug des gemeinen Werts der Schulden verbleibenden Bestands an Zahlungsmitteln, Geschäftsguthaben, Geldforderungen und anderen Forderungen (Finanzmittel), soweit er 15 Prozent des anzusetzenden Werts des Betriebsvermögens des Betriebs oder der Gesellschaft übersteigt. Der gemeine Wert der Finanzmittel ist um den positiven Saldo der eingelegten und der entnommenen Finanzmittel zu verringern, welche dem Betrieb im Zeitpunkt der Entstehung der Steuer (§ 9) weniger als zwei Jahre zuzurechnen waren (junge Finanzmittel); junge Finanzmittel sind Verwaltungsvermögen. Satz 1 gilt nicht, wenn die genannten Wirtschaftsgüter dem Hauptzweck des Gewerbebetriebs eines Kreditinstitutes oder eines Finanzdienstleistungsinstitutes im Sinne des § 1 Absatz 1 und 1a des Kreditwesengesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 9. September 1998 (BGBl. I S. 2776), das zuletzt durch Artikel 14 des Gesetzes vom 10. Mai 2016 (BGBl. I S. 1142) geändert worden ist, eines Wertpapierinstituts im Sinne des § 2 Absatz 1 des Wertpapierinstitutsgesetzes oder eines Versicherungsunternehmens, das der Aufsicht nach § 1 Absatz 1 Nummer 1 des Versicherungsaufsichtsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 1. April 2015 (BGBl. I S. 434), das zuletzt durch Artikel 13 des Gesetzes vom 10. Mai 2016 (BGBl. I S. 1142) geändert worden ist, unterliegt, zuzurechnen sind. Voraussetzung für die Anwendung des Prozentsatzes von 15 Prozent des Satzes 1 ist, dass das nach Absatz 1 begünstigungsfähige Vermögen des Betriebs oder der nachgeordneten Gesellschaften nach seinem Hauptzweck einer Tätigkeit im Sinne des § 13 Absatz 1, des § 15 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, des § 18 Absatz 1 Nummer 1 und 2 des Einkommensteuergesetzes dient. Die Voraussetzungen des Satzes 4 sind auch erfüllt, wenn die Tätigkeit durch Gesellschaften im Sinne des § 13 Absatz 7, des § 15 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 oder des § 18 Absatz 4 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes ausgeübt wird; dies gilt auch, wenn sie ihrer Tätigkeit nach einer Gesellschaft im Sinne des § 15 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 oder des § 18 Absatz 4 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes entsprechen, für Gesellschaften im Sinne des § 1a Absatz 1 des Körperschaftsteuergesetzes und für Gesellschaften im Sinne des § 1 Absatz 1 des Körperschaftsteuergesetzes mit Sitz im Ausland, deren Ort der Geschäftsleitung im Inland belegen ist, und die nach inländischem Gesellschaftsrecht als Personengesellschaft zu behandeln sind.

(5) Beim Erwerb von Todes wegen entfällt die Zurechnung von Vermögensgegenständen zum Verwaltungsvermögen im Sinne des Absatzes 4 Nummer 1 bis 5 rückwirkend zum Zeitpunkt der Entstehung der Steuer (§ 9), wenn der Erwerber innerhalb von zwei Jahren ab dem Zeitpunkt der Entstehung der Steuer (§ 9) diese Vermögensgegenstände in Vermögensgegenstände innerhalb des vom Erblasser erworbenen, begünstigungsfähigen Vermögens im Sinne des Absatzes 1 investiert hat, die unmittelbar einer Tätigkeit im Sinne von § 13 Absatz 1, § 15 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 oder § 18 Absatz 1 Nummer 1 und 2 des Einkommensteuergesetzes dienen und kein Verwaltungsvermögen sind. Voraussetzung hierfür ist, dass die Investition auf Grund eines im Zeitpunkt der Entstehung der Steuer (§ 9) vorgefassten Plans des Erblassers erfolgt und keine anderweitige Ersatzbeschaffung von Verwaltungsvermögen vorgenommen wird oder wurde. Beim Erwerb von Todes wegen entfällt die Zurechnung von Finanzmitteln zum Verwaltungsvermögen im Sinne des Absatzes 4 Nummer 5 Satz 1 rückwirkend zum Zeitpunkt der Entstehung der Steuer (§ 9), soweit der Erwerber diese Finanzmittel innerhalb von zwei Jahren ab dem Zeitpunkt der Entstehung der Steuer (§ 9) verwendet, um bei auf Grund wiederkehrender saisonaler Schwankungen fehlenden Einnahmen die Vergütungen im Sinne des § 13a Absatz 3 Satz 6 bis 10 zu zahlen. Satz 2 gilt entsprechend. Der Erwerber hat das Vorliegen der Voraussetzungen der Sätze 1 bis 4 nachzuweisen.

(6) Der Nettowert des Verwaltungsvermögens ergibt sich durch Kürzung des gemeinen Werts des Verwaltungsvermögens um den nach Anwendung der Absätze 3 und 4 verbleibenden anteiligen gemeinen Wert der Schulden. Die anteiligen Schulden nach Satz 1 bestimmen sich nach dem Verhältnis des gemeinen Werts des Verwaltungsvermögens zum gemeinen Wert des Betriebsvermögens des Betriebs oder der Gesellschaft zuzüglich der nach Anwendung der Absätze 3 und 4 verbleibenden Schulden.

(7) Der Nettowert des Verwaltungsvermögens wird vorbehaltlich des Satzes 2 wie begünstigtes Vermögen behandelt, soweit er 10 Prozent des um den Nettowert des Verwaltungsvermögens gekürzten gemeinen Werts des Betriebsvermögens nicht übersteigt (unschädliches Verwaltungsvermögen). Verwaltungsvermögen, das dem Betrieb im Zeitpunkt der Entstehung der Steuer (§ 9) weniger als zwei Jahre zuzurechnen war (junges Verwaltungsvermögen), und junge Finanzmittel im Sinne des Absatzes 4 Nummer 5 Satz 2 sind kein unschädliches Verwaltungsvermögen.

(8) Eine Saldierung mit Schulden nach Absatz 6 findet für junge Finanzmittel im Sinne des Absatzes 4 Nummer 5 Satz 2 und junges Verwaltungsvermögen im Sinne des Absatzes 7 Satz 2 nicht statt. Eine Verrechnung von Schulden mit Verwaltungsvermögen ist bei wirtschaftlich nicht belastenden Schulden und darüber hinaus ausgeschlossen, soweit die Summe der Schulden den durchschnittlichen Schuldenstand der letzten drei Jahre vor dem Zeitpunkt der Entstehung der Steuer (§ 9) übersteigt; dies gilt nicht, soweit die Erhöhung des Schuldenstands durch die Betriebstätigkeit veranlasst ist. Als Nettowert des Verwaltungsvermögens ist mindestens der gemeine Wert des jungen Verwaltungsvermögens und der jungen Finanzmittel anzusetzen.

(9) Gehören zum begünstigungsfähigen Vermögen im Sinne des Absatzes 1 Nummer 2 und 3 unmittelbar oder mittelbar Beteiligungen an Personengesellschaften oder Beteiligungen an entsprechenden Gesellschaften mit Sitz oder Geschäftsleitung im Ausland oder unmittelbar oder mittelbar Anteile an Kapitalgesellschaften oder Anteile an entsprechenden Kapitalgesellschaften mit Sitz oder Geschäftsleitung im Ausland, sind bei der Anwendung der Absätze 2 bis 8 anstelle der Beteiligungen oder Anteile die gemeinen Werte der diesen Gesellschaften zuzurechnenden Vermögensgegenstände nach Maßgabe der Sätze 2 bis 5 mit dem Anteil einzubeziehen, zu dem die unmittelbare oder mittelbare Beteiligung besteht. Die unmittelbar oder mittelbar gehaltenen Finanzmittel, die Vermögensgegenstände des Verwaltungsvermögens im Sinne des Absatzes 4 Nummer 1 bis 4 sowie die Schulden sind jeweils zusammenzufassen (Verbundvermögensaufstellung); junge Finanzmittel und junges Verwaltungsvermögen sind gesondert aufzuführen. Soweit sich in der Verbundvermögensaufstellung Forderungen und Verbindlichkeiten zwischen den Gesellschaften untereinander oder im Verhältnis zu dem übertragenen Betrieb oder der übertragenen Gesellschaft gegenüberstehen, sind diese nicht anzusetzen. Absatz 4 Nummer 5 und die Absätze 6 bis 8 sind auf die Werte in der Verbundvermögensaufstellung anzuwenden. Die Sätze 1 bis 4 sind auf Anteile im Sinne von Absatz 4 Nummer 2 sowie auf wirtschaftlich nicht belastende Schulden nicht anzuwenden; diese Anteile sind als Verwaltungsvermögen anzusetzen.

(10) Das für die Bewertung der wirtschaftlichen Einheit örtlich zuständige Finanzamt im Sinne des § 152 Nummer 1 bis 3 des Bewertungsgesetzes stellt die Summen der gemeinen Werte der Finanzmittel im Sinne des Absatzes 4 Nummer 5 Satz 1, der jungen Finanzmittel im Sinne des Absatzes 4 Nummer 5 Satz 2, der Vermögensgegenstände des Verwaltungsvermögens im Sinne des Absatzes 4 Nummer 1 bis 4, der Schulden, des jungen Verwaltungsvermögens im Sinne des Absatzes 7 Satz 2, des Betriebsvermögens, das einer weder in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union noch in einem Staat des Europäischen Wirtschaftsraums belegenen Betriebsstätte dient, und das Vorliegen der Voraussetzungen des Absatzes 4 Nummer 5 Satz 4 und 5 gesondert fest, wenn und soweit diese Werte für die Erbschaftsteuer oder eine andere Feststellung im Sinne dieser Vorschrift von Bedeutung sind. Dies gilt entsprechend, wenn nur ein Anteil am Betriebsvermögen im Sinne des Absatzes 1 Nummer 2 übertragen wird. Die Entscheidung, ob die Werte von Bedeutung sind, trifft das für die Festsetzung der Erbschaftsteuer oder für die Feststellung nach § 151 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 3 des Bewertungsgesetzes zuständige Finanzamt. Bei Anteilen an Kapitalgesellschaften, die nach § 11 Absatz 1 des Bewertungsgesetzes zu bewerten sind, trifft die Feststellungen des Satzes 1 das örtlich zuständige Finanzamt entsprechend § 152 Nummer 3 des Bewertungsgesetzes. § 151 Absatz 3 und die §§ 152 bis 156 des Bewertungsgesetzes sind auf die Sätze 1 bis 4 entsprechend anzuwenden.

(1) Gesondert festzustellen (§ 179 der Abgabenordnung) sind

1.
Grundbesitzwerte (§§ 138, 157),
2.
der Wert des Betriebsvermögens oder des Anteils am Betriebsvermögen (§§ 95, 96, 97),
3.
der Wert von Anteilen an Kapitalgesellschaften im Sinne des § 11 Abs. 2,
4.
der Anteil am Wert von anderen als in den Nummern 1 bis 3 genannten Vermögensgegenständen und von Schulden, die mehreren Personen zustehen,
wenn die Werte für die Erbschaftsteuer oder eine andere Feststellung im Sinne dieser Vorschrift von Bedeutung sind. Die Entscheidung über eine Bedeutung für die Besteuerung trifft das für die Festsetzung der Erbschaftsteuer oder die Feststellung nach Satz 1 Nr. 2 bis 4 zuständige Finanzamt.

(2) In dem Feststellungsbescheid für Grundbesitzwerte sind auch Feststellungen zu treffen

1.
über die Art der wirtschaftlichen Einheit,
2.
über die Zurechnung der wirtschaftlichen Einheit und bei mehreren Beteiligten über die Höhe des Anteils, der für die Besteuerung oder eine andere Feststellung von Bedeutung ist; beim Erwerb durch eine Erbengemeinschaft erfolgt die Zurechnung in Vertretung der Miterben auf die Erbengemeinschaft. Entsprechendes gilt für die Feststellungen nach Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 bis 4.

(3) Gesondert festgestellte Werte im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 bis 4 sind einer innerhalb einer Jahresfrist folgenden Feststellung für dieselbe wirtschaftliche Einheit unverändert zu Grunde zu legen, wenn sich die für die erste Bewertung maßgeblichen Stichtagsverhältnisse nicht wesentlich geändert haben. Der Erklärungspflichtige kann eine von diesem Wert abweichende Feststellung nach den Verhältnissen am Bewertungsstichtag durch Abgabe einer Feststellungserklärung beantragen.

(4) Ausländisches Vermögen unterliegt nicht der gesonderten Feststellung.

(5) Grundbesitzwerte (Absatz 1 Satz 1 Nr. 1) sind auch festzustellen, wenn sie für die Grunderwerbsteuer von Bedeutung sind. Absatz 1 Satz 2 gilt entsprechend. Absatz 2 ist nicht anzuwenden.

(1) Wertpapiere und Schuldbuchforderungen, die am Stichtag an einer deutschen Börse zum Handel im regulierten Markt zugelassen sind, werden mit dem niedrigsten am Stichtag für sie im regulierten Markt notierten Kurs angesetzt. Liegt am Stichtag eine Notierung nicht vor, so ist der letzte innerhalb von 30 Tagen vor dem Stichtag im regulierten Markt notierte Kurs maßgebend. Entsprechend sind die Wertpapiere zu bewerten, die in den Freiverkehr einbezogen sind.

(2) Anteile an Kapitalgesellschaften, die nicht unter Absatz 1 fallen, sind mit dem gemeinen Wert anzusetzen. Lässt sich der gemeine Wert nicht aus Verkäufen unter fremden Dritten ableiten, die weniger als ein Jahr zurückliegen, so ist er unter Berücksichtigung der Ertragsaussichten der Kapitalgesellschaft oder einer anderen anerkannten, auch im gewöhnlichen Geschäftsverkehr für nichtsteuerliche Zwecke üblichen Methode zu ermitteln; dabei ist die Methode anzuwenden, die ein Erwerber der Bemessung des Kaufpreises zu Grunde legen würde. Die Summe der gemeinen Werte der zum Betriebsvermögen gehörenden Wirtschaftsgüter und sonstigen aktiven Ansätze abzüglich der zum Betriebsvermögen gehörenden Schulden und sonstigen Abzüge (Substanzwert) der Gesellschaft darf nicht unterschritten werden; die §§ 99 und 103 sind anzuwenden. Die §§ 199 bis 203 sind zu berücksichtigen.

(2a) (weggefallen)

(3) Ist der gemeine Wert einer Anzahl von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft, die einer Person gehören, infolge besonderer Umstände (z. B. weil die Höhe der Beteiligung die Beherrschung der Kapitalgesellschaft ermöglicht) höher als der Wert, der sich auf Grund der Kurswerte (Absatz 1) oder der gemeinen Werte (Absatz 2) für die einzelnen Anteile insgesamt ergibt, so ist der gemeine Wert der Beteiligung maßgebend.

(4) Anteile oder Aktien, die Rechte an einem Investmentvermögen im Sinne des Kapitalanlagegesetzbuchs verbriefen, sind mit dem Rücknahmepreis anzusetzen.

(1) Grundbesitzwerte werden unter Berücksichtigung der tatsächlichen Verhältnisse und der Wertverhältnisse zum Bewertungsstichtag festgestellt. § 29 Abs. 2 und 3 gilt sinngemäß.

(2) Für die wirtschaftlichen Einheiten des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens und für Betriebsgrundstücke im Sinne des § 99 Abs. 1 Nr. 2 sind die Grundbesitzwerte unter Anwendung der §§ 158 bis 175 zu ermitteln.

(3) Für die wirtschaftlichen Einheiten des Grundvermögens und für Betriebsgrundstücke im Sinne des § 99 Abs. 1 Nr. 1 sind die Grundbesitzwerte unter Anwendung der §§ 159 und 176 bis 198 zu ermitteln. § 70 gilt mit der Maßgabe, dass der Anteil des Eigentümers eines Grundstücks an anderem Grundvermögen (zum Beispiel an gemeinschaftlichen Hofflächen oder Garagen) abweichend von Absatz 2 Satz 1 dieser Vorschrift in das Grundstück einzubeziehen ist, wenn der Anteil zusammen mit dem Grundstück genutzt wird. § 20 Satz 2 ist entsprechend anzuwenden.

(4) Der Wert von Anteilen an Kapitalgesellschaften im Sinne des § 11 Abs. 2 Satz 2 (Anteilswert) wird unter Berücksichtigung der tatsächlichen Verhältnisse und der Wertverhältnisse zum Bewertungsstichtag festgestellt. Der Anteilswert ist unter Anwendung des § 11 Abs. 2 zu ermitteln.

(5) Der Wert von Betriebsvermögen oder des Anteils am Betriebsvermögen im Sinne der §§ 95, 96 und 97 (Betriebsvermögenswert) wird unter Berücksichtigung der tatsächlichen Verhältnisse und der Wertverhältnisse zum Bewertungsstichtag festgestellt. Der Betriebsvermögenswert ist unter Anwendung des § 109 Abs. 1 und 2 in Verbindung mit § 11 Abs. 2 zu ermitteln.

(1) Wertpapiere und Schuldbuchforderungen, die am Stichtag an einer deutschen Börse zum Handel im regulierten Markt zugelassen sind, werden mit dem niedrigsten am Stichtag für sie im regulierten Markt notierten Kurs angesetzt. Liegt am Stichtag eine Notierung nicht vor, so ist der letzte innerhalb von 30 Tagen vor dem Stichtag im regulierten Markt notierte Kurs maßgebend. Entsprechend sind die Wertpapiere zu bewerten, die in den Freiverkehr einbezogen sind.

(2) Anteile an Kapitalgesellschaften, die nicht unter Absatz 1 fallen, sind mit dem gemeinen Wert anzusetzen. Lässt sich der gemeine Wert nicht aus Verkäufen unter fremden Dritten ableiten, die weniger als ein Jahr zurückliegen, so ist er unter Berücksichtigung der Ertragsaussichten der Kapitalgesellschaft oder einer anderen anerkannten, auch im gewöhnlichen Geschäftsverkehr für nichtsteuerliche Zwecke üblichen Methode zu ermitteln; dabei ist die Methode anzuwenden, die ein Erwerber der Bemessung des Kaufpreises zu Grunde legen würde. Die Summe der gemeinen Werte der zum Betriebsvermögen gehörenden Wirtschaftsgüter und sonstigen aktiven Ansätze abzüglich der zum Betriebsvermögen gehörenden Schulden und sonstigen Abzüge (Substanzwert) der Gesellschaft darf nicht unterschritten werden; die §§ 99 und 103 sind anzuwenden. Die §§ 199 bis 203 sind zu berücksichtigen.

(2a) (weggefallen)

(3) Ist der gemeine Wert einer Anzahl von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft, die einer Person gehören, infolge besonderer Umstände (z. B. weil die Höhe der Beteiligung die Beherrschung der Kapitalgesellschaft ermöglicht) höher als der Wert, der sich auf Grund der Kurswerte (Absatz 1) oder der gemeinen Werte (Absatz 2) für die einzelnen Anteile insgesamt ergibt, so ist der gemeine Wert der Beteiligung maßgebend.

(4) Anteile oder Aktien, die Rechte an einem Investmentvermögen im Sinne des Kapitalanlagegesetzbuchs verbriefen, sind mit dem Rücknahmepreis anzusetzen.

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), eine GmbH, wurde am 5. Februar 1998 durch ihre Alleingesellschafterin, die in Luxemburg ansässige H, gegründet und am 18. Mai 1998 in das Handelsregister (HR) eingetragen. Alleinige Gesellschafterin der H war eine rechtsfähige liechtensteinische Stiftung (Stiftung). Begünstigte der Stiftung waren Mitglieder der Familie F.

2

An der ebenfalls in Deutschland ansässigen ... GmbH (GmbH 2) waren zunächst je zur Hälfte zwei in Liechtenstein ansässige Unternehmen beteiligt, nämlich die AG ... (A) und die C. Die Gesellschafterversammlung der GmbH 2 beschloss am 5. Februar 1998, das Stammkapital von bisher 15 Mio. DM um 22,5 Mio. DM zu erhöhen. Die unter Ausschluss der bisherigen Gesellschafter zur Übernahme der neuen Stammeinlage zugelassene Klägerin erbrachte diese Stammeinlage und das festgelegte Aufgeld von 7,5 Mio. DM in bar. Diesen Maßnahmen lag die zwischen A, C und H getroffene Kapitalerhöhungs- und Optionsvereinbarung vom 3. Februar 1998 zugrunde. Danach sollte die Kapitalerhöhung im Zuge weitreichender Investitionen erfolgen. A und C erklärten in der Vereinbarung, sie seien nicht bereit, sich an der Finanzierung weiterer Investitionen bei der GmbH 2 zu beteiligen.

3

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) erlangte von diesem Sachverhalt im Jahr 2002 Kenntnis. Da der von der Klägerin aufzubringende Betrag von 30 Mio. DM um 15.675.000 DM niedriger war als der vom FA nach dem Stuttgarter Verfahren ermittelte Wert des nach der Kapitalerhöhung auf die Klägerin entfallenden Geschäftsanteils, nahm das FA an, es lägen freigebige Zuwendungen der A und der C an die Klägerin vor, und forderte die Klägerin deshalb mit Schreiben vom 22. August 2002 zur Abgabe einer entsprechenden Schenkungsteuererklärung auf. In der Folgezeit kam es zu einem umfangreichen Schriftverkehr zwischen dem FA und der Klägerin. Es ging dabei u.a. um die Frage, wer schenkungsteuerrechtlich als Beschenkter in Betracht kommt. Schließlich einigten sich das FA und die Klägerin für den Fall, dass durch die Kapitalerhöhung Schenkungsteuer entstanden ist, am 20. Januar 2004 dahingehend, dass als Schenker A und C und als Beschenkte die Begünstigten der Stiftung in Betracht kommen.

4

Das FA erließ daraufhin gegen eine Begünstigte (B) der Stiftung einen Schenkungsteuerbescheid für ihren Erwerb aus der von ihm angenommenen Schenkung der A vom 5. Februar 1998. Der Einspruch hatte nur insoweit Erfolg, als das FA den Bewertungsabschlag von 40 % gemäß § 13a Abs. 2 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes in der im Jahr 1998 geltenden Fassung (ErbStG) berücksichtigte. Auch gegen die übrigen Begünstigten der Stiftung setzte das FA Schenkungsteuer fest. Über die dagegen eingelegten Einsprüche wurde zunächst nicht entschieden.

5

Das Finanzgericht (FG) gab der Klage der B statt. Der Bundesfinanzhof (BFH) wies die dagegen vom FA eingelegte Revision durch den als Urteil wirkenden Gerichtsbescheid vom 9. Juli 2009 II R 47/07 (BFHE 226, 399, BStBl II 2010, 74) als unbegründet zurück, da keine freigebige Zuwendung der A an B vorliege. B habe aufgrund der getroffenen zivilrechtlichen Vereinbarungen weder ein anteiliges Bezugsrecht noch einen Anteil an dem neuen Geschäftsanteil an der GmbH 2 erhalten. Es habe sich vielmehr allenfalls der Wert ihrer Begünstigung durch die Stiftung erhöht. Dieser lediglich wirtschaftliche Vorteil sei nicht Gegenstand einer Vermögensverschiebung von A auf B gewesen und sei vom FA auch nicht der Besteuerung unterworfen worden. Der Gerichtsbescheid wurde dem FA am 12. Oktober 2009 zugestellt. Das FA hob daraufhin durch Bescheide vom 13. November 2009 die gegenüber den anderen Begünstigten der Stiftung ergangenen Schenkungsteuerbescheide im Rahmen der laufenden Einspruchsverfahren auf.

6

Das FA setzte nunmehr durch Bescheide vom 9. November 2009 gegen die Klägerin wegen freigebiger Zuwendungen der A und der C Schenkungsteuer in Höhe von jeweils 2.739.625 DM (1.400.748 €) fest. Das FA ging dabei auf der Grundlage des nach dem Stuttgarter Verfahren ermittelten Werts des neuen Geschäftsanteils von 45.675.000 DM und des von der Klägerin gezahlten Betrags von 30 Mio. DM von einem Wert der Bereicherung von jeweils 7.837.500 DM und einem steuerpflichtigen Erwerb von je 7.827.500 DM aus. Den Bewertungsabschlag gemäß § 13a Abs. 2 ErbStG berücksichtigte es nicht.

7

Gegen die Festsetzung von Schenkungsteuer für die vom FA angenommene Zuwendung der A erhob die Klägerin Sprungklage, der das FA zugestimmt hat.

8

Das FG wies die Klage durch das in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2012, 2136 veröffentlichte Urteil mit der Begründung ab, es lägen Schenkungen der A und der C an die Klägerin vor. Die Klägerin habe mit der Eintragung der Kapitalerhöhung bei der GmbH 2 in das HR einen Geschäftsanteil an dieser GmbH in Höhe von nominal 22.500.000 DM originär erworben. Der nach dem Stuttgarter Verfahren ermittelte Wert dieses Geschäftsanteils von 45.675.000 DM übersteige die von der Klägerin erbrachte Gegenleistung von 30 Mio. DM um 15.675.000 DM. Um diese Differenz sei die Klägerin bereichert. Die Entstehung des neuen Geschäftsanteils in der Hand der Klägerin sei mit einer Entreicherung von A und C einhergegangen. Diese seien nach der Kapitalerhöhung nur noch zu je 20 % an der GmbH 2 beteiligt gewesen. Ihre Anteile an der GmbH 2 hätten ferner dadurch eine Wertminderung erfahren, dass der neue Geschäftsanteil der Klägerin proportional am bisherigen Vermögen der GmbH 2 teilhabe, ohne dass dies durch ebenfalls proportionale Anteile der bisherigen Gesellschafter an der von der Klägerin geleisteten Einlage von 30 Mio. DM ausgeglichen worden sei. Die Bereicherung der Klägerin sei zur Hälfte auf Kosten der A erfolgt. Der Bereicherung der Klägerin stehe nicht entgegen, dass diese erst zwei Tage nach Abschluss der vertraglichen Vereinbarungen vom 3. Februar 1998 gegründet worden sei. Auch die subjektiven Voraussetzungen für eine freigebige Zuwendung i.S. des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG seien erfüllt. Der Wille zur (Teil-)Unentgeltlichkeit sei bei A gegeben gewesen. Es könne davon ausgegangen werden, dass Leistung und Gegenleistung bei der Übernahme des neuen Geschäftsanteils durch die Klägerin nicht nach kaufmännischen Grundsätzen wie zwischen fremden Dritten ermittelt und verhandelt worden seien. A und die Klägerin seien zwar unterschiedliche Rechtssubjekte. Aufgrund der Beteiligungsstrukturen seien sie jedoch im Ergebnis im Einflussbereich derselben natürlichen Personen (Mitglieder der Familie F) gestanden. Dies spreche für eine gewisse wirtschaftliche Interessensgleichheit und nicht für Geschäftsbeziehungen wie unter fremden Dritten. Aufgrund der erheblichen Wertdifferenz in Höhe von insgesamt 15.675.000 DM sei anzunehmen, dass den Altgesellschaftern das dadurch begründete Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung bekannt gewesen sei. Der Steuerfestsetzung hätten auch Festsetzungsverjährung und § 176 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) nicht entgegengestanden.

9

Mit der Revision rügt die Klägerin die Verletzung von § 7 Abs. 1 Nr. 1 und § 13a ErbStG sowie von § 174 Abs. 3 und § 176 Abs. 2 AO. Der Steuerfestsetzung hätten Festsetzungsverjährung und die in § 176 Abs. 2 AO getroffenen Regelungen über den Vertrauensschutz entgegengestanden. Das FG sei darüber hinaus hinsichtlich des objektiven Tatbestands der freigebigen Zuwendung zu Unrecht von dem nach dem Stuttgarter Verfahren ermittelten Unternehmenswert der GmbH 2 von 76.125.000 DM ausgegangen. Der insoweit maßgebende Verkehrswert der GmbH 2 habe zum Zeitpunkt der Kapitalerhöhung unter Berücksichtigung der durch die Kapitalzuführung ermöglichten Erweiterungsinvestitionen 34,6 Mio. DM bis 52,5 Mio. DM und ohne deren Berücksichtigung lediglich zwischen 200.000 DM und 14,4 Mio. DM betragen. Ohne die Kapitalerhöhung hätten die für die Fortführung des Unternehmens zwingend erforderlichen Erweiterungsinvestitionen nicht durchgeführt werden können. Da die GmbH 2 ohne die Kapitalzuführung nicht überlebensfähig gewesen sei, sei sie, die Klägerin, auch nicht auf Kosten der A bereichert worden. Zudem könnten Kapitalgesellschaften nicht Zuwendende i.S. des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG sein. Jedenfalls könnten Zuwendungen von Kapitalgesellschaften, die als verdeckte Gewinnausschüttungen (vGA) an nahestehende Personen anzusehen seien, nicht der Schenkungsteuer unterliegen. Davon abgesehen habe es bei A am Willen zur Freigebigkeit gefehlt. Zudem seien die Steuervergünstigungen nach § 13a ErbStG zu Unrecht nicht gewährt worden.

10

Die Klägerin beantragt, die Vorentscheidung und den Schenkungsteuerbescheid vom 9. November 2009 aufzuheben.

11

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

12

Das Bundesministerium der Finanzen hat mit Schreiben vom 23. August 2013 gemäß § 122 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) den Beitritt zum Verfahren erklärt. Nach seiner Ansicht ist der angefochtene Bescheid sowohl verfahrens- als auch materiell-rechtlich nicht zu beanstanden.

Entscheidungsgründe

13

II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 FGO). Das FG ist zwar zutreffend davon ausgegangen, dass der Steuerfestsetzung weder Festsetzungsverjährung noch § 176 Abs. 2 AO oder sonstige verfahrensrechtliche Gründe entgegenstehen und dass A als Zuwendende und die Klägerin als Bedachte einer freigebigen Zuwendung in Betracht kommen. Es hat aber zu Unrecht angenommen, dass das Vorliegen des objektiven und subjektiven Tatbestands einer freigebigen Zuwendung unter Lebenden auf der Grundlage des nach dem Stuttgarter Verfahren ermittelten Unternehmenswerts festgestellt werden kann. Maßgebend ist insoweit vielmehr eine Bewertung nach zivilrechtlichen Grundsätzen. Zudem hat das FG übersehen, dass möglicherweise die Steuervergünstigungen nach § 13a ErbStG zu gewähren sind.

14

1. Der Steuerbescheid vom 9. November 2009 durfte ergehen, obwohl bei seinem Erlass die regelmäßige Festsetzungsfrist von vier Jahren (§ 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AO) bereits abgelaufen war. Dies ergibt sich aus § 174 Abs. 3 AO. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift sind erfüllt.

15

a) Ist ein bestimmter Sachverhalt in einem Steuerbescheid erkennbar in der Annahme nicht berücksichtigt worden, dass er in einem anderen Steuerbescheid zu berücksichtigen sei, und stellt sich diese Annahme als unrichtig heraus, so kann gemäß § 174 Abs. 3 Satz 1 AO die Steuerfestsetzung, bei der die Berücksichtigung des Sachverhalts unterblieben ist, insoweit nachgeholt, aufgehoben oder geändert werden.

16

aa) Die Vorschrift soll verhindern, dass ein steuererhöhender oder steuermindernder Vorgang bei der Besteuerung überhaupt nicht berücksichtigt wird, und erfordert deshalb einen "negativen Widerstreit". Dieser liegt vor, wenn ein bestimmter Sachverhalt in keinem von mehreren in Betracht zu ziehenden Steuerbescheiden (Feststellungsbescheiden) berücksichtigt worden ist, obwohl er in einem dieser Bescheide hätte berücksichtigt werden müssen (BFH-Urteile vom 14. Januar 2010 IV R 33/07, BFHE 228, 122, BStBl II 2010, 586, Rz 22, und vom 14. Januar 2010 IV R 55/07, BFH/NV 2010, 1075, Rz 16, jeweils m.w.N.). § 174 Abs. 3 AO ist auch dann anwendbar, wenn aufgrund der fehlerhaften Annahme des Finanzamts zunächst ein rechtswidriger Steuerbescheid ergangen und dieser im Rechtsbehelfsverfahren wieder aufgehoben oder geändert worden war (BFH-Urteil vom 28. November 1989 VIII R 83/86, BFHE 159, 418, BStBl II 1990, 458). Der auf § 174 Abs. 3 AO gestützte Bescheid kann dabei bereits vor der bestandskräftigen Aufhebung des als fehlerhaft erkannten Bescheids erlassen werden (BFH-Urteil vom 5. November 2009 IV R 99/06, BFHE 228, 98, BStBl II 2010, 593, Rz 31).

17

bb) Der Sachverhalt, der in dem einen oder dem anderen Steuerbescheid berücksichtigt werden muss, muss identisch sein. Das Tatbestandsmerkmal des bestimmten Sachverhalts ist in § 174 AO einheitlich auszulegen; deshalb können für § 174 Abs. 3 Satz 1 AO die für § 174 Abs. 4 Satz 1 AO in ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung entwickelten Auslegungsgrundsätze herangezogen werden (BFH-Urteile in BFHE 228, 122, BStBl II 2010, 586, Rz 23, und in BFH/NV 2010, 1075, Rz 17, jeweils m.w.N.).

18

Danach ist unter einem bestimmten Sachverhalt der einzelne Lebensvorgang zu verstehen, an den das Gesetz steuerliche Folgen knüpft; darunter fällt nicht nur die einzelne steuererhebliche Tatsache oder das einzelne Merkmal, sondern auch der einheitliche, für die Besteuerung maßgebliche Sachverhaltskomplex (BFH-Urteile in BFHE 228, 122, BStBl II 2010, 586, Rz 23; in BFH/NV 2010, 1075, Rz 17; vom 16. April 2013 IX R 22/11, BFHE 241, 136, Rz 13, und vom 24. April 2013 II R 53/10, BFHE 241, 63, BStBl II 2013, 755, Rz 21, jeweils m.w.N.). Es muss sich um denselben Lebensvorgang handeln, an den das Gesetz steuerliche Folgen knüpft (BFH-Urteile in BFHE 228, 122, BStBl II 2010, 586, Rz 23, und in BFH/NV 2010, 1075, Rz 17, jeweils m.w.N.). Für die Anwendung des § 174 Abs. 3 AO ist entscheidend, dass aus demselben --unveränderten und nicht durch weitere Tatsachen ergänzten-- Sachverhalt steuerliche Folgerungen in einem anderen Steuerbescheid hätten gezogen werden sollen (BFH-Urteile in BFHE 228, 122, BStBl II 2010, 586, Rz 23, und in BFH/NV 2010, 1075, Rz 17).

19

cc) Die (erkennbare) Annahme, dass ein bestimmter Sachverhalt in einem anderen Steuerbescheid zu berücksichtigen sei, muss --in sinnvoller Einschränkung des Anwendungsbereichs des § 174 Abs. 3 AO-- für dessen Nichtberücksichtigung kausal geworden sein. Dabei ist jedoch unerheblich, ob diese Annahme auf einer sachlichen oder einer rechtlichen Fehlbeurteilung beruht (BFH-Urteile in BFHE 228, 122, BStBl II 2010, 586, Rz 24, und in BFH/NV 2010, 1075, Rz 18, jeweils m.w.N.). An der Ursächlichkeit der Annahme für die Nichtberücksichtigung fehlt es nur, wenn die Behörde von diesem Sachverhalt gar keine Kenntnis hatte oder rechtsirrtümlich annahm, dieser Sachverhalt sei --jetzt und auch später-- ohne steuerrechtliche Bedeutung (BFH-Urteile in BFHE 228, 122, BStBl II 2010, 586, Rz 24, und in BFH/NV 2010, 1075, Rz 18, jeweils m.w.N.).

20

dd) § 174 Abs. 3 AO gestattet auch die Änderung des Steuerbescheids eines Steuerpflichtigen, wenn der zuerst erlassene oder beabsichtigte Steuerbescheid einen anderen Steuerpflichtigen betraf oder betreffen sollte (BFH-Urteile vom 21. Februar 1989 IX R 67/84, BFH/NV 1989, 687, und vom 29. Oktober 1991 VIII R 2/86, BFHE 167, 316, BStBl II 1992, 832). Die fehlerhafte Annahme des Finanzamts muss in diesem Fall für den Steuerpflichtigen erkennbar gewesen sein, gegen den der auf § 174 Abs. 3 AO gestützte Steuerbescheid ergeht (BFH-Urteile in BFH/NV 1989, 687, und in BFHE 167, 316, BStBl II 1992, 832). Es ist nicht erforderlich, dass dieser Steuerpflichtige zu dem Einspruchs- oder Klageverfahren des anderen Steuerpflichtigen hinzugezogen oder beigeladen worden war. § 174 Abs. 3 AO unterscheidet sich dadurch von den Fällen des § 174 Abs. 4 und 5 AO (BFH-Urteile vom 1. August 1984 V R 67/82, BFHE 141, 490, BStBl II 1984, 788, und in BFH/NV 1989, 687). Gleiches gilt, wenn es nicht um die Änderung, sondern um die von § 174 Abs. 3 AO ebenfalls zugelassene Nachholung einer Steuerfestsetzung gegenüber einem Dritten, also eine erstmalige Steuerfestsetzung diesem gegenüber geht.

21

ee) Die Nichtberücksichtigung ist i.S. des § 174 Abs. 3 AO erkennbar, wenn der Steuerpflichtige, gegen den der auf § 174 Abs. 3 AO gestützte Steuerbescheid ergeht, bei verständiger Würdigung erkennen musste, dass ein bestimmter Sachverhalt in einem Steuerbescheid nicht berücksichtigt wurde, weil das Finanzamt annahm, der Sachverhalt sei in einem anderen Steuerbescheid zu berücksichtigen (BFH-Urteil in BFHE 167, 316, BStBl II 1992, 832). Es reicht dabei aus, wenn die Annahme des Finanzamts für den Steuerpflichtigen aus dem gesamten Sachverhaltsablauf erkennbar war (BFH-Urteil in BFHE 159, 418, BStBl II 1990, 458).

22

Erkennbarkeit liegt insbesondere vor, wenn der Steuerpflichtige durch sein eigenes Verhalten das Finanzamt veranlasst hat, einen Sachverhalt nicht bei ihm, sondern bei einem anderen zu erfassen. Bei der Frage der Erkennbarkeit muss sich der Steuerpflichtige zudem das Handeln seines steuerlichen Beraters zurechnen lassen (BFH-Urteile in BFH/NV 1989, 687, und in BFHE 228, 98, BStBl II 2010, 593, Rz 28).

23

ff) Sind die Voraussetzungen des § 174 Abs. 3 Satz 1 AO erfüllt, ist die Nachholung, Aufhebung oder Änderung der Steuerfestsetzung nach § 174 Abs. 3 Satz 2 AO bis zum Ablauf der für die andere Steuerfestsetzung geltenden Festsetzungsfrist zulässig. Maßgebend ist somit die Festsetzungsfrist für die Steuerfestsetzung, die das Finanzamt zuerst vornehmen wollte oder vorgenommen hat, nicht aber die Festsetzungsfrist für den auf § 174 Abs. 3 AO gestützten neuen Bescheid (Urteil des FG Düsseldorf vom 26. Oktober 2006  11 K 3205/05 G, F, EFG 2007, 318, unter 2.c, durch den BFH inzident gebilligt in dem dazu ergangenen Revisionsurteil in BFHE 228, 98, BStBl II 2010, 593, Rz 20 ff., 61).

24

b) Die Voraussetzungen des § 174 Abs. 3 AO sind danach im Streitfall erfüllt. Die Annahme des FA, im Zusammenhang mit dem Erwerb des Anteils an der GmbH 2 durch die Klägerin im Rahmen der Kapitalerhöhung lägen freigebige Zuwendungen an die Begünstigten der Stiftung vor, hat sich aufgrund des BFH-Urteils in BFHE 226, 399, BStBl II 2010, 74 als unrichtig herausgestellt. Für die Klägerin war erkennbar, dass das FA aufgrund dieser Annahme ihr gegenüber keine Schenkungsteuer festgesetzt hatte. Das FA hatte zunächst die Klägerin als Bedachte angesehen und sie deshalb zur Abgabe einer Schenkungsteuererklärung aufgefordert. Erst nach einem umfangreichen Schriftverkehr zwischen der Klägerin und dem FA hatten sich diese dahingehend geeinigt, dass als Schenker A und C und als Bedachte die Begünstigten der Stiftung und nicht die Klägerin in Betracht kommen. Für die Klägerin war somit erkennbar, dass das FA entgegen seiner ursprünglichen Ansicht die Schenkungsteuer nicht ihr gegenüber, sondern gegenüber den Begünstigten der Stiftung festsetzte. Dies genügt für die Anwendbarkeit des § 174 Abs. 3 AO.

25

Die für die Schenkungsteuer gegenüber den Begünstigten der Stiftung laufende Festsetzungsfrist war gemäß § 171 Abs. 3a Satz 1 AO beim Erlass des Steuerbescheids vom 9. November 2009 noch nicht abgelaufen, da zu diesem Zeitpunkt über die Klage bzw. die Einsprüche der Begünstigten der Stiftung gegen die ihnen gegenüber ergangenen Schenkungsteuerbescheide noch nicht unanfechtbar entschieden war. Der durch Art. 17 Nr. 9 Buchst. b des Steuerbereinigungsgesetzes 1999 (StBereinG 1999) vom 22. Dezember 1999 (BGBl I 1999, 2601) eingefügte § 171 Abs. 3a Satz 1 AO gilt nach Art. 97 § 10 Abs. 9 des Einführungsgesetzes zur Abgabenordnung (Art. 18 Nr. 3 Buchst. b StBereinG 1999) für alle bei Inkrafttreten des StBereinG 1999 (Art. 28 Abs. 2 StBereinG 1999: 30. Dezember 1999) noch nicht abgelaufenen Festsetzungsfristen (vgl. BFH-Urteil vom 10. August 2006 II R 24/05, BFHE 214, 105, BStBl II 2007, 87, unter II.3.b) und somit auch im Streitfall.

26

2. Die Steuerfestsetzung gegen die Klägerin war auch nicht aufgrund des § 176 Abs. 2 AO ausgeschlossen.

27

a) Nach dieser Vorschrift darf bei der Aufhebung oder Änderung eines Steuerbescheids nicht zuungunsten der Steuerpflichtigen berücksichtigt werden, dass eine allgemeine Verwaltungsvorschrift der Bundesregierung, einer obersten Bundes- oder Landesbehörde von einem obersten Gerichtshof des Bundes als nicht mit dem geltenden Recht in Einklang stehend bezeichnet worden ist. Es ist dabei nicht erforderlich, dass der oberste Gerichtshof die Verwaltungsvorschrift ausdrücklich für gesetzwidrig erklärt hat. Es genügt vielmehr, wenn sich die sachlich-rechtlichen Aussagen der Verwaltungsvorschrift einerseits und des Urteils des Gerichtshofs andererseits widersprechen (BFH-Urteile vom 28. September 1987 VIII R 154/86, BFHE 151, 107, BStBl II 1988, 40; vom 28. September 1987 VIII R 163/84, BFHE 154, 375, BStBl II 1989, 50; vom 28. Oktober 1992 X R 117/89, BFHE 170, 11, BStBl II 1993, 261, und vom 20. August 1997 X R 58/93, BFH/NV 1998, 314). Für den Erlass erstmaliger Steuerbescheide gilt § 176 Abs. 2 AO nicht (BFH-Urteile vom 23. April 1996 VIII R 13/95, BFHE 181, 1, BStBl II 1998, 325, unter 2., und vom 19. März 2002 VIII R 57/99, BFHE 198, 137, BStBl II 2002, 662, unter II.B.5.c; BFH-Beschlüsse vom 23. Dezember 2002 XI B 21/02, BFH/NV 2003, 593, unter 2., und vom 4. Juni 2007 IV B 88/06, BFH/NV 2007, 2088, unter 3.b). Mit den Begriffen der Aufhebung oder Änderung eines Steuerbescheids verweist § 176 AO nach seinem Wortlaut auf § 172 Abs. 1 Satz 1 AO (BFH-Beschluss vom 23. April 2010 V B 89/09, BFH/NV 2010, 1782).

28

b) Die Voraussetzungen des § 176 Abs. 2 AO sind im Streitfall nicht erfüllt.

29

aa) Zum einen hat der BFH im Urteil in BFHE 226, 399, BStBl II 2010, 74 weder ausdrücklich noch sinngemäß eine allgemeine Verwaltungsvorschrift der Bundesregierung, einer obersten Bundes- oder Landesbehörde als nicht mit dem geltenden Recht in Einklang stehend bezeichnet. Es gab vor dem Erlass dieses Urteils keine derartige Verwaltungsvorschrift, in der bestimmt war, dass dann, wenn eine (mittelbar) zum Vermögen einer rechtsfähigen Stiftung gehörende GmbH im Zuge einer Kapitalerhöhung bei einer anderen Gesellschaft den neuen Geschäftsanteil zu einer Einlage unter Wert übernimmt, darin eine freigebige Zuwendung an die Begünstigten der Stiftung liegt.

30

bb) Zum anderen handelt es sich bei dem Steuerbescheid vom 9. November 2009 nicht um die Aufhebung oder Änderung eines Steuerbescheids, sondern um die erstmalige Festsetzung von Schenkungsteuer gegen die Klägerin.

31

3. Der Steuerfestsetzung standen auch nicht die allgemeinen Grundsätze des Vertrauensschutzes entgegen. Abgesehen davon, dass der hier nicht einschlägige § 176 AO den Vertrauensschutz speziell regelt, ist dem Vertrauensschutz in den Fällen des § 174 Abs. 3 AO durch das Erfordernis der Erkennbarkeit der Annahme des Finanzamts, die sich später als unrichtig herausstellt, hinreichend genügt (BFH-Urteil in BFHE 241, 136, Rz 18).

32

Das FA hat den Steueranspruch demgemäß auch nicht verwirkt. Ein Steueranspruch wird nicht allein dadurch verwirkt, dass das Finanzamt bei seiner Sachbehandlung im Rahmen der Steuerfestsetzung eine unzutreffende, für den Steuerpflichtigen günstige Rechtsansicht vertritt. Das gilt selbst dann, wenn ihm der Sachverhalt bekannt war und der Steuerpflichtige im Vertrauen auf die Rechtsansicht des Finanzamts disponiert haben sollte (BFH-Urteil in BFHE 198, 137, BStBl II 2002, 662, unter II.B.5.a).

33

Im Übrigen setzt sich die Klägerin, die darauf hingewirkt hatte, dass die Schenkungsteuer entgegen der ursprünglichen Absicht des FA nicht ihr gegenüber, sondern gegenüber den Begünstigten der Stiftung festgesetzt wurde, in Widerspruch zu diesem Verhalten, indem sie sich nunmehr auf Vertrauensschutz beruft (vgl. BFH-Urteil in BFH/NV 1989, 687).

34

4. Das FA hat der Klägerin auch nicht verbindlich zugesagt, es werde selbst dann nicht Schenkungsteuer gegen sie festsetzen, wenn die Steuerfestsetzungen gegen die Begünstigten der Stiftung deshalb aufgehoben werden sollten, weil diese nicht Bedachte einer im vorliegenden Zusammenhang gegebenen freigebigen Zuwendung sind. Eine solche verbindliche Zusage kann der am 20. Januar 2004 erzielten Einigung zwischen der Klägerin und dem FA nicht entnommen werden.

35

5. Das FG hat ebenfalls zu Recht angenommen, dass A als juristische Person Schenkerin sein kann und dann, wenn der objektive und der subjektive Tatbestand einer freigebigen Zuwendung erfüllt sind, A die Zuwendende und die Klägerin die Bedachte ist. Entgegen der Ansicht des FG kann aber die Tatbestandsverwirklichung nicht mit dem nach dem Stuttgarter Verfahren ermittelten Unternehmenswert begründet werden.

36

a) Gemäß § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG gilt als Schenkung unter Lebenden jede freigebige Zuwendung unter Lebenden, soweit der Bedachte durch sie auf Kosten des Zuwendenden bereichert wird.

37

aa) Eine freigebige Zuwendung setzt in objektiver Sicht voraus, dass die Leistung zu einer Bereicherung des Bedachten auf Kosten des Zuwendenden führt und die Zuwendung objektiv unentgeltlich ist, und in subjektiver Hinsicht den Willen des Zuwendenden zur Freigebigkeit (BFH-Urteile vom 30. Januar 2013 II R 6/12, BFHE 240, 178, BStBl II 2013, 930, Rz 11; vom 16. Mai 2013 II R 21/11, BFHE 241, 390, BStBl II 2013, 922, Rz 9; vom 18. Juli 2013 II R 37/11, BFHE 242, 158, BStBl II 2013, 934, Rz 12, und vom 27. November 2013 II R 25/12, BFH/NV 2014, 537). Erforderlich ist eine Vermögensverschiebung, d.h. eine Vermögensminderung auf der Seite des Zuwendenden und eine Vermögensmehrung auf der Seite des Bedachten (BFH-Urteil vom 18. September 2013 II R 29/11, BFHE 243, 385, BStBl II 2014, 261, Rz 11). Diese Vermögensverschiebung muss sich auf die Vermögenssubstanz (einschließlich der Überlassung eines Vermögensgegenstands zum Gebrauch oder zur Nutzung) beziehen. Eine bloße Verminderung des Werts des Vermögens des "Schenkers" genügt demgegenüber ebenso wenig wie (abgesehen von der nunmehr in § 7 Abs. 8 ErbStG n.F. getroffenen Sonderregelung, vgl. unten II.5.a bb) eine bloße Erhöhung des Werts des Vermögens des "Bedachten" (BFH-Urteil vom 30. Januar 2013 II R 38/11, BFHE 240, 287, Rz 17 bis 19). Ob eine Bereicherung des Empfängers vorliegt und welche Personen als Zuwendender und als Bedachter an einer freigebigen Zuwendung beteiligt sind, bestimmt sich ausschließlich nach der Zivilrechtslage (BFH-Urteil in BFHE 242, 158, BStBl II 2013, 934, Rz 12, m.w.N.).

38

bb) Zuwendender kann nach ständiger Rechtsprechung auch eine juristische Person sein (BFH-Urteile vom 1. Dezember 2004 II R 46/02, BFHE 208, 426, BStBl II 2005, 311; vom 29. März 2006 II R 15/04, BFHE 213, 232, BStBl II 2006, 557; vom 29. März 2006 II R 68/04, BFHE 213, 235, BStBl II 2006, 632; vom 17. Mai 2006 II R 46/04, BFHE 213, 246, BStBl II 2006, 720; vom 13. April 2011 II R 45/09, BFHE 233, 178, BStBl II 2011, 732, und in BFHE 240, 178, BStBl II 2013, 930). Dass eine Kapitalgesellschaft Zuwendende sein kann, hat der Gesetzgeber nunmehr durch die Regelungen in § 7 Abs. 8 Satz 2 und § 15 Abs. 4 ErbStG i.d.F. des Art. 11 Nr. 2 und 3 des Beitreibungsrichtlinie-Umsetzungsgesetzes vom 7. Dezember 2011 (BGBl I 2011, 2592) ausdrücklich klargestellt. Diese Vorschriften wirken insoweit nicht konstitutiv, sondern geben lediglich die bereits zuvor geltende Rechtslage wieder.

39

b) Werden im Zuge einer Kapitalerhöhung einer GmbH Dritte zur Übernahme neuer Geschäftsanteile zugelassen, sind sie mit der Eintragung der Kapitalerhöhung in das HR auf Kosten der Altgesellschafter bereichert, wenn der gemeine Wert der neuen Geschäftsanteile die jeweils zu leistenden Einlagen übersteigt.

40

aa) Gegenstand der Zuwendung ist der neue Geschäftsanteil. Dem steht nicht entgegen, dass der neue Gesellschafter den Anteil mit Eintragung der Kapitalerhöhung in das HR originär erwirbt (BFH-Urteil vom 12. Juli 2005 II R 8/04, BFHE 210, 474, BStBl II 2005, 845, unter II.1.b). Eine freigebige Zuwendung nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG setzt nicht voraus, dass der Gegenstand, um den der Beschenkte bereichert wird, sich vorher in derselben Gestalt im Vermögen des Schenkers befunden hat und wesensgleich übergeht. "Entreicherungsgegenstand" und "Bereicherungsgegenstand" brauchen nicht identisch zu sein (BFH-Urteile vom 22. Juni 2010 II R 40/08, BFHE 230, 182, BStBl II 2010, 843, Rz 13; vom 28. März 2012 II R 39/10, BFHE 238, 208, BStBl II 2012, 712, Rz 25, und in BFHE 240, 287, Rz 21).

41

bb) Die Bereicherung beruht auf einer Zuwendung der Altgesellschafter. Für diese Beurteilung ist maßgebend, dass die Geschäftsanteile der bisherigen Gesellschafter als Folge der Entstehung eines neuen Anteils oder neuer Anteile eine geringere quotale Beteiligung vermitteln und durch die proportionale Teilhabe des neuen Geschäftsanteils am bisherigen Vermögen der GmbH eine Wertminderung erfahren (BFH-Urteile vom 20. Dezember 2000 II R 42/99, BFHE 194, 435, BStBl II 2001, 454, und vom 30. Mai 2001 II R 6/98, BFH/NV 2002, 26; BFH-Beschluss vom 7. Juli 2008 II B 9/07, BFH/NV 2008, 1811).

42

cc) Im vorliegenden Zusammenhang handelt es sich auch dann um eine Zuwendung des Altgesellschafters an den Neugesellschafter, wenn der Altgesellschafter selbst eine Kapitalgesellschaft ist und seine Gesellschafter die Zustimmung zu der Kapitalerhöhung zu den in der Gesellschafterversammlung beschlossenen Bedingungen und den Verzicht auf eine Teilnahme an der Kapitalerhöhung veranlasst haben. Dies ändert nämlich nichts daran, dass die für das Vorliegen einer freigebigen Zuwendung erforderliche Vermögensverschiebung nur zwischen dem Altgesellschafter und dem Neugesellschafter gegeben ist. Zu einer Verminderung der Vermögenssubstanz kommt es ausschließlich beim Altgesellschafter, dessen Geschäftsanteil an der von der Kapitalerhöhung betroffenen Kapitalgesellschaft zwar dem Nominalwert nach unverändert bleibt, aber als Folge der Entstehung eines neuen Anteils oder neuer Anteile eine geringere quotale Beteiligung an der Kapitalgesellschaft vermittelt. Die Geschäftsanteile der Gesellschafter des Altgesellschafters bleiben demgegenüber in ihrer Substanz unberührt. Eine bloße Minderung des Werts dieser Geschäftsanteile ist schenkungsteuerrechtlich ohne Bedeutung (BFH-Urteil vom 7. November 2007 II R 28/06, BFHE 218, 414, BStBl II 2008, 258, unter II.2.d).

43

Eine Vermögensverschiebung zwischen den Gesellschaftern der Kapitalgesellschaft (Altgesellschafter) und dem Neugesellschafter kann auch nicht mit dem Gesichtspunkt einer Abkürzung des Leistungswegs (vgl. BFH-Urteil in BFHE 218, 414, BStBl II 2008, 258, unter II.2.) begründet werden. Da einerseits der Neugesellschafter den aufgrund der Kapitalerhöhung entstehenden Anteil mit deren Eintragung in das HR originär erwirbt und andererseits der Anteil des Altgesellschafters aufgrund der Kapitalerhöhung ohne Änderung des Nominalwerts lediglich eine geringere quotale Beteiligung an der Kapitalgesellschaft vermittelt, bei der die Kapitalerhöhung vorgenommen wird, gibt es keine Vermögenssubstanz, die die Gesellschafter des Altgesellschafters aus dessen Gesellschaftsvermögen entnehmen und im Rahmen einer Abkürzung des Leistungswegs dem Neugesellschafter freigebig zuwenden könnten.

44

dd) Welche schenkungsteuerrechtlichen Folgen sich ergeben, wenn im Zusammenhang mit der Kapitalerhöhung nach deutschem Recht eine vGA eines Altgesellschafters (Kapitalgesellschaft) an seine Gesellschafter ertragsteuerrechtlich erfasst wird bzw. zu erfassen wäre, kann im Streitfall auf sich beruhen, da kein solcher Sachverhalt gegeben ist. Für eine Verpflichtung Deutschlands, bei der Ausgestaltung des Schenkungsteuerrechts ausländisches Ertragsteuerrecht zu berücksichtigen, gibt es keine Grundlage. Davon abgesehen hat die Klägerin nicht vorgetragen, dass im vorliegenden Zusammenhang die zuständige Finanzbehörde eine vGA der A an ihre Gesellschafter der Ertragsbesteuerung unterworfen habe.

45

c) Ob der neue Gesellschafter i.S. des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG bereichert ist, richtet sich ausschließlich nach bürgerlich-rechtlichen Bewertungsgrundsätzen (vgl. BFH-Urteil vom 17. März 2004 II R 3/01, BFHE 204, 311, BStBl II 2004, 429).

46

aa) Der Wert des neuen Anteils ist auf den Zeitpunkt der Eintragung der Kapitalerhöhung in das HR als Bewertungsstichtag (§ 11 ErbStG) zu ermitteln, da die Schenkungsteuer gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG zu diesem Zeitpunkt entsteht. Er entspricht dem Verkehrswert und wird im Streitfall nach der auch für die Ermittlung des Verkehrswerts anwendbaren Vorschrift des § 9 des Bewertungsgesetzes in der im Jahr 1998 geltenden Fassung (BewG) errechnet. Er wird nach § 9 Abs. 1 Satz 2 BewG durch den Preis bestimmt, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach der Beschaffenheit des Wirtschaftsguts (neuer Anteil) bei einer Veräußerung zu erzielen wäre. Bei der Feststellung des Werts sind mit Ausnahme ungewöhnlicher oder persönlicher Verhältnisse alle Umstände zu berücksichtigen, die den Preis beeinflussen können (§ 9 Abs. 2 Sätze 2 und 3, Abs. 3 BewG). Auf typisierende Steuerwerte kann nicht zurückgegriffen werden (BFH-Urteil vom 24. November 2005 II R 11/04, BFH/NV 2006, 744).

47

bb) § 11 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 109 BewG und das Stuttgarter Verfahren sind daher in diesem Zusammenhang nicht anwendbar. Bei diesem Verfahren handelt es sich um ein grob typisierendes Schätzverfahren (BFH-Urteil vom 12. Januar 2011 II R 38/09, BFH/NV 2011, 765, Rz 12), das insbesondere aufgrund der Anknüpfung an die Steuerbilanzwerte zu einer großen Streubreite der danach ermittelten Werte im Verhältnis zu den Verkehrswerten führt (Beschluss des Bundesverfassungsgerichts --BVerfG-- vom 7. November 2006  1 BvL 10/02, BVerfGE 117, 1, BStBl II 2007, 192, unter C.II.3.b) und daher zur Verkehrswertermittlung nach bürgerlich-rechtlichen Grundsätzen nicht geeignet ist. Vielmehr sind abgesehen von den ungewöhnlichen oder persönlichen Verhältnissen alle tatsächlichen, rechtlichen und wirtschaftlichen Umstände zu berücksichtigen, die üblicherweise vom Markt beachtet werden (BFH-Urteil vom 19. Dezember 2007 II R 22/06, BFH/NV 2008, 962).

48

cc) Bei der Bewertung nach bürgerlich-rechtlichen Grundsätzen spielen Prognosen für künftige Entwicklungen eine entscheidende Rolle (vgl. dazu im Einzelnen BVerfG-Beschluss in BVerfGE 117, 1, BStBl II 2007, 192, unter C.II.1.a, m.w.N.; Eisele in Rössler/Troll, BewG, § 11 Rz 35 bis 38a, m.w.N.; S. Viskorf in Viskorf/Knobel/Schuck/Wälzholz, Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, Bewertungsgesetz, 4. Aufl., § 11 BewG Rz 43 bis 50, 61 f.; Jülicher in Troll/Gebel/Jülicher, ErbStG, § 12 Rz 261 ff.; Wollny, Unternehmensbewertung für die Erbschaftsteuer, 2012, Rz 61 ff.; Wassermann, Deutsches Steuerrecht --DStR-- 2010, 183; Olbrich/Hares/Pauly, DStR 2010, 1250). Gibt es mehrere anerkannte, auch im gewöhnlichen Geschäftsverkehr für nichtsteuerliche Zwecke übliche Bewertungsmethoden und führen diese zu unterschiedlichen Werten, ist die Methode anzuwenden, die ein Erwerber des Anteils im Zeitpunkt der Eintragung der Kapitalerhöhung in das HR nach Erbringung der vom neuen Gesellschafter geschuldeten Leistungen der Bemessung des Kaufpreises zugrunde gelegt hätte. Diese Beurteilung entspricht der Regelung in § 11 Abs. 2 Satz 2 BewG i.d.F. des Art. 2 Nr. 2 des Erbschaftsteuerreformgesetzes vom 24. Dezember 2008 (BGBl I 2008, 3018).

49

dd) Die steuerrechtlichen Bewertungsvorschriften sind erst im Rahmen der Ermittlung der Bereicherung i.S. des § 10 ErbStG anzuwenden.

50

d) Beim Erwerb des neuen Anteils durch den Neugesellschafter gegen eine unter dem Verkehrswert liegende Einlage (Nominalwert der Stammeinlage und gegebenenfalls Aufgeld) handelt es sich nicht um eine gemischte, sondern um eine reine Schenkung der Altgesellschafter an den Neugesellschafter. Die Leistung der Einlage durch den Neugesellschafter stellt keine teilweise Gegenleistung, sondern Erwerbsaufwand gemäß § 1 Abs. 2 i.V.m. § 10 Abs. 5 Nr. 3 ErbStG dar (BFH-Urteile in BFHE 194, 435, BStBl II 2001, 454; in BFH/NV 2002, 26, und in BFHE 210, 474, BStBl II 2005, 845, unter II.2.; ebenso gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder vom 14. März 2012, BStBl I 2012, 331, Tz 2.1.2 Satz 2, Tz 2.1.4). Es liegt auch keine mittelbare Teilschenkung vor, bei der die Aufspaltung des Erwerbsgegenstandes in einen selbst erworbenen und einen geschenkten Teil nach dem Verhältnis der Verkehrswerte von Fremd- und Eigenleistungen zu erfolgen hat (a.A. Gebel, DStR 2003, 622, und ders. in Troll/Gebel/Jülicher, a.a.O., § 7 Rz 119).

51

e) Der subjektive Tatbestand einer freigebigen Zuwendung setzt auch in Fällen der vorliegenden Art voraus, dass die Altgesellschafter mit dem Willen zur Freigebigkeit gehandelt haben. Dieser Wille ist aufgrund der den Altgesellschaftern bekannten Umstände nach den Maßstäben des allgemein Verkehrsüblichen zu bestimmen (BFH-Urteile in BFHE 194, 435, BStBl II 2001, 454, und in BFH/NV 2002, 26). Zu den Umständen, die den Altgesellschaftern bekannt gewesen sein müssen, um nach den Maßstäben des allgemein Verkehrsüblichen den Willen zur Freigebigkeit annehmen zu können, gehört die Tatsache, dass der Wert des neuen Geschäftsanteils die zu leistende Einlage erheblich überstieg (BFH-Urteil in BFHE 194, 435, BStBl II 2001, 454). Für die Frage der Erheblichkeit ist wegen der Schwierigkeiten, die mit der Unternehmensbewertung nach bürgerlich-rechtlichen Grundsätzen insbesondere aufgrund der dazu erforderlichen, notwendigerweise von subjektiven Wertungen und Einschätzungen abhängigen Prognosen verbunden sind, nicht der absolute, sondern der relative (prozentuale) Unterschied zwischen dem ermittelten Anteilswert und der vom Neugesellschafter zu leistenden Einlage maßgebend. Auf die Kenntnis des genauen Ausmaßes des Wertunterschieds kommt es dabei allerdings nicht an. Die Kenntnis der Altgesellschafter hinsichtlich der Umstände, aus denen sich die objektive Bereicherung des Neugesellschafters ergibt, ist regelmäßig prima facie zu unterstellen (vgl. BFH-Urteil in BFHE 210, 474, BStBl II 2005, 845, unter II.1.a).

52

Bei einem auffallenden Missverhältnis zwischen dem bei verständiger und den Umständen nach vertretbarer Beurteilung zugrunde zu legenden Verkehrswert des neuen Anteils und der vom Neugesellschafter zu leistenden Einlage muss nach der Lebenserfahrung zunächst davon ausgegangen werden, dass die Gesellschafter dieses Missverhältnis erkannt haben. In einem solchen Fall muss derjenige, der behauptet, zumindest dem Zuwendenden (Altgesellschafter) sei das auffallend grobe Missverhältnis nicht bekannt gewesen, dies durch konkreten Vortrag entkräften (vgl. BFH-Urteil vom 15. Dezember 2010 II R 41/08, BFHE 232, 210, BStBl II 2011, 363, Rz 13).

53

Unerheblich ist, welche konkreten Motive für den Zuwendenden im Vordergrund standen (BFH-Urteil in BFHE 210, 474, BStBl II 2005, 845, unter II.1.c). Der Wille zur Freigebigkeit kann auch dann gegeben sein, wenn es den Altgesellschaftern vorrangig darum ging, für die Kontinuität des Unternehmens zu sorgen (BFH-Urteil in BFH/NV 2002, 26).

54

f) Das FG hat danach zwar zu Recht angenommen, dass nicht H oder die Gesellschafter der A, sondern A als Zuwendende und die Klägerin als Bedachte einer freigebigen Zuwendung in Betracht kommen. Es war aber zu Unrecht der Ansicht, das Vorliegen des objektiven und subjektiven Tatbestands einer freigebigen Zuwendung könne aufgrund des nach dem Stuttgarter Verfahren ermittelten Unternehmenswerts bejaht werden. Maßgebend ist vielmehr insoweit der nach bürgerlich-rechtlichen Bewertungsgrundsätzen zu bestimmende Verkehrswert. Die Vorentscheidung war daher aufzuheben.

55

6. Die Sache ist nicht spruchreif. Die Bestimmung des Verkehrswerts des neuen Anteils nach bürgerlich-rechtlichen Bewertungsgrundsätzen obliegt dem FG.

56

a) Das FG wird bei der nachzuholenden Bewertung (auch) zu prüfen haben, ob die von der Klägerin angeführten, nach ihrer Auffassung für den Unternehmenswert zum Zeitpunkt der Eintragung der Kapitalerhöhung in das HR maßgeblichen Umstände tatsächlich gegeben waren und welche Auswirkungen diese gegebenenfalls auf den Anteilswert und den subjektiven Tatbestand einer freigebigen Zuwendung hatten. Hinsichtlich der Frage, ob sich die ursprüngliche Beteiligung der A an der GmbH 2 aufgrund der Kapitalerhöhung nicht nur quotal verringert hat, sondern sich auch der Verkehrswert der Beteiligung vermindert hat und somit die (etwaige) Bereicherung der Klägerin auf Kosten der A erfolgt ist, müssen der Verkehrswert, den diese Beteiligung im Zeitpunkt der Kapitalerhöhung gehabt hätte, wenn es nicht zu der Kapitalerhöhung gekommen wäre, und der Verkehrswert der Beteiligung nach der Kapitalerhöhung und der Entrichtung der Einlage von 30 Mio. DM durch die Klägerin verglichen werden.

57

b) Ergibt die nachzuholende Bewertung, dass eine freigebige Zuwendung der A an die Klägerin vorliegt, ist für die Ermittlung der Bereicherung, die gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1 ErbStG der Bemessung der Schenkungsteuer zugrunde zu legen ist, der Steuerwert des zugewendeten Anteils an der GmbH 2 maßgebend. Dieser Steuerwert ist nach § 12 Abs. 1 ErbStG i.V.m. § 11 Abs. 2 BewG zu ermitteln.

58

Liegen wie im Streitfall zeitnahe Verkäufe, aus denen der gemeine Wert abgeleitet werden könnte, nicht vor, so ist der gemeine Wert nach § 11 Abs. 2 Satz 2 BewG unter Berücksichtigung des Vermögens und der Ertragsaussichten der Gesellschaft zu schätzen. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Anteilsbewertung ist, wie sich schon aus § 11 und § 12 Abs. 2 Satz 1 ErbStG ergibt, der Zeitpunkt der Entstehung der Steuer. Diese Vorschriften sind trotz der im BVerfG-Beschluss in BVerfGE 117, 1, BStBl II 2007, 192 festgestellten Verfassungsverstöße aufgrund der vom BVerfG getroffenen Weitergeltungsanordnung für Bewertungsstichtage bis zum 31. Dezember 2008 und somit auch im Streitfall anzuwenden (BFH-Urteile vom 1. Februar 2007 II R 19/05, BFHE 215, 508, BStBl II 2007, 635, und in BFH/NV 2011, 765, Rz 10).

59

Das Stuttgarter Verfahren ist dabei ein im Regelfall geeignetes, allerdings die Gerichte nicht bindendes Schätzverfahren, von dem mit Rücksicht auf die Gleichmäßigkeit der Besteuerung und die Praktikabilität nur abzuweichen ist, wenn es in Ausnahmefällen aus besonderen Gründen des Einzelfalls zu nicht tragbaren, d.h. offensichtlich unrichtigen Ergebnissen führt (BFH-Urteile in BFHE 215, 508, BStBl II 2007, 635, und in BFH/NV 2011, 765, Rz 12).

60

Das FG wird demgemäß auf der Grundlage des nach bürgerlich-rechtlichen Bewertungsgrundsätzen ermittelten Anteilswerts gegebenenfalls auch zu prüfen haben, ob dem Ansatz der steuerlichen Bereicherung nach § 10 Abs. 1 Satz 1 ErbStG der nach dem Stuttgarter Verfahren berechnete Wert zugrunde zu legen ist oder ob die Anwendung des Stuttgarter Verfahrens zu einem nicht tragbaren, d.h. offensichtlich unrichtigen Ergebnis führt und daher ausnahmsweise ausgeschlossen ist.

61

7. Das FG hat darüber hinaus übersehen, dass dann, wenn der Tatbestand einer freigebigen Zuwendung der A an die Klägerin erfüllt ist, der Klägerin unter bestimmten Voraussetzungen die Steuervergünstigungen nach § 13a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 2 ErbStG zustehen.

62

a) Nach § 13a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ErbStG i.d.F. des Art. 16 Nr. 1 des Steueränderungsgesetzes 2001 --StÄndG 2001-- (BGBl I 2001, 3794) bleiben u.a. Anteile an Kapitalgesellschaften i.S. des § 13a Abs. 4 Nr. 3 ErbStG vorbehaltlich des § 13a Abs. 1 Satz 2 ErbStG insgesamt bis zu einem Wert von 500.000 DM außer Ansatz beim Erwerb durch Schenkung unter Lebenden, wenn der Schenker dem Finanzamt unwiderruflich erklärt, dass der Freibetrag für diese Schenkung in Anspruch genommen wird; dabei hat der Schenker, wenn zum selben Zeitpunkt mehrere Erwerber bedacht werden, den für jeden Bedachten maßgebenden Teilbetrag von 500.000 DM zu bestimmen. § 13a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ErbStG i.d.F. des Art. 16 Nr. 1 StÄndG 2001 findet nach § 37 Abs. 3 ErbStG i.d.F. des Art. 16 Nr. 2 Buchst. b StÄndG 2001 auch auf Erwerbe Anwendung, für die die Steuer nach dem 31. Dezember 1995 entstanden ist, wenn die Steuerfestsetzung am 23. Dezember 2001 noch nicht bestandskräftig war. § 13a Abs. 4 Nr. 3 ErbStG setzt u.a. voraus, dass der Erblasser oder Schenker am Nennkapital der Kapitalgesellschaft zu mehr als einem Viertel unmittelbar beteiligt war. Der nach Anwendung des § 13a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ErbStG verbleibende Wert des Anteils an einer Kapitalgesellschaft i.S. des § 13a Abs. 4 Nr. 3 ErbStG ist gemäß § 13a Abs. 2 ErbStG mit 60 % anzusetzen. Unter den Voraussetzungen des § 13a Abs. 5 Nr. 4 ErbStG fallen der Freibetrag oder Freibetragsanteil und der verminderte Wertansatz mit Wirkung für die Vergangenheit weg.

63

b) Der Anwendbarkeit der Steuervergünstigungen nach § 13a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 2 ErbStG steht in Fällen der vorliegenden Art nicht entgegen, dass der neue Gesellschafter den Anteil mit Eintragung der Kapitalerhöhung in das HR originär erwirbt. Vielmehr ist auch im Zusammenhang mit diesen Vorschriften die schenkungsteuerrechtliche Wertung maßgebend, dass Gegenstand der Zuwendung der Altgesellschafter an den Neugesellschafter der neue Geschäftsanteil ist. Entscheidend für die Anwendbarkeit des § 13a Abs. 4 Nr. 3 ErbStG ist dabei, in welcher Höhe die Altgesellschafter vor der Kapitalerhöhung jeweils am Nennkapital der Kapitalgesellschaft unmittelbar beteiligt waren. Der in § 13a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ErbStG vorgesehene Freibetrag kann für die freigebige Zuwendung eines jeden Altgesellschafters beansprucht werden, der vor der Kapitalerhöhung am Nennkapital der Kapitalgesellschaft zu mehr als einem Viertel unmittelbar beteiligt war. Die in § 13a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Halbsatz 2 ErbStG vorgesehene Aufteilung des Freibetrags betrifft nur Fälle, in denen ein einziger Schenker zum selben Zeitpunkt mehrere Erwerber bedacht hat.

64

c) Da es sich in den Fällen, bei denen im Zuge einer Kapitalerhöhung einer GmbH Dritte zur Übernahme neuer Geschäftsanteile, deren gemeiner Wert die jeweils zu leistenden Einlagen übersteigt, zugelassen werden, ohne weitere Verpflichtungen eingehen zu müssen, um eine reine Schenkung handelt und die Leistung der Einlage durch den neuen Gesellschafter keine teilweise Gegenleistung, sondern Erwerbsaufwand gemäß § 1 Abs. 2 i.V.m. § 10 Abs. 5 Nr. 3 ErbStG darstellt, ist der Wert der Einlage im Hinblick auf § 13a Abs. 2 ErbStG nicht von dem (gegebenenfalls nach der Anwendung des § 13a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ErbStG verbleibenden) Wert des neuen Anteils an der GmbH abzuziehen. Vielmehr handelt es sich bei der Einlage um Schulden und Lasten, die unter § 10 Abs. 6 Satz 5 ErbStG fallen. Die Einlage ist daher nur mit dem Betrag abzugsfähig, der dem Verhältnis des nach Anwendung des § 13a ErbStG anzusetzenden Werts des Anteils zu dessen Wert vor Anwendung des § 13a ErbStG entspricht. Maßgebend ist dabei der anzusetzende Steuerwert des zugewendeten Anteils.

65

d) Wenn es für die Entscheidung darauf ankommt, wird das FG demgemäß auch zu beachten haben, dass die Klägerin unter der Voraussetzung, dass A die Erklärung nach § 13a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ErbStG abgibt, den in dieser Vorschrift vorgesehenen Freibetrag und unabhängig von einer solchen Erklärung den Bewertungsabschlag nach § 13a Abs. 2 ErbStG beanspruchen kann, soweit die Voraussetzungen für die Gewährung dieser Steuervergünstigungen nicht rückwirkend gemäß § 13a Abs. 5 Nr. 4 ErbStG entfallen sind. A war vor der Kapitalerhöhung am Stammkapital der GmbH 2 zu mehr als einem Viertel unmittelbar beteiligt.

66

Der Bewertungsabschlag ist vom halben Steuerwert des von der Klägerin erworbenen neuen Anteils an der GmbH 2 gegebenenfalls nach Abzug des in § 13a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ErbStG vorgesehenen Freibetrags vorzunehmen. Der von der Klägerin für die Hälfte dieses Anteils aufgewendete Betrag von 15 Mio. DM stellt Erwerbsaufwand nach § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 1 ErbStG dar und ist gemäß § 10 Abs. 6 Satz 5 ErbStG nur mit dem Anteil abzugsfähig, der dem Verhältnis des nach Anwendung des § 13a ErbStG anzusetzenden Werts des halben neuen Anteils an der GmbH 2 zu dem Wert vor Anwendung des § 13a ErbStG entspricht.

(1) Wertpapiere und Schuldbuchforderungen, die am Stichtag an einer deutschen Börse zum Handel im regulierten Markt zugelassen sind, werden mit dem niedrigsten am Stichtag für sie im regulierten Markt notierten Kurs angesetzt. Liegt am Stichtag eine Notierung nicht vor, so ist der letzte innerhalb von 30 Tagen vor dem Stichtag im regulierten Markt notierte Kurs maßgebend. Entsprechend sind die Wertpapiere zu bewerten, die in den Freiverkehr einbezogen sind.

(2) Anteile an Kapitalgesellschaften, die nicht unter Absatz 1 fallen, sind mit dem gemeinen Wert anzusetzen. Lässt sich der gemeine Wert nicht aus Verkäufen unter fremden Dritten ableiten, die weniger als ein Jahr zurückliegen, so ist er unter Berücksichtigung der Ertragsaussichten der Kapitalgesellschaft oder einer anderen anerkannten, auch im gewöhnlichen Geschäftsverkehr für nichtsteuerliche Zwecke üblichen Methode zu ermitteln; dabei ist die Methode anzuwenden, die ein Erwerber der Bemessung des Kaufpreises zu Grunde legen würde. Die Summe der gemeinen Werte der zum Betriebsvermögen gehörenden Wirtschaftsgüter und sonstigen aktiven Ansätze abzüglich der zum Betriebsvermögen gehörenden Schulden und sonstigen Abzüge (Substanzwert) der Gesellschaft darf nicht unterschritten werden; die §§ 99 und 103 sind anzuwenden. Die §§ 199 bis 203 sind zu berücksichtigen.

(2a) (weggefallen)

(3) Ist der gemeine Wert einer Anzahl von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft, die einer Person gehören, infolge besonderer Umstände (z. B. weil die Höhe der Beteiligung die Beherrschung der Kapitalgesellschaft ermöglicht) höher als der Wert, der sich auf Grund der Kurswerte (Absatz 1) oder der gemeinen Werte (Absatz 2) für die einzelnen Anteile insgesamt ergibt, so ist der gemeine Wert der Beteiligung maßgebend.

(4) Anteile oder Aktien, die Rechte an einem Investmentvermögen im Sinne des Kapitalanlagegesetzbuchs verbriefen, sind mit dem Rücknahmepreis anzusetzen.

(1) Betriebsgrundstück im Sinne dieses Gesetzes ist der zu einem Gewerbebetrieb gehörige Grundbesitz, soweit er, losgelöst von seiner Zugehörigkeit zu dem Gewerbebetrieb,

1.
zum Grundvermögen gehören würde oder
2.
einen Betrieb der Land- und Forstwirtschaft bilden würde.

(2) (weggefallen)

(3) Betriebsgrundstücke im Sinne des Absatzes 1 Nr. 1 sind wie Grundvermögen, Betriebsgrundstücke im Sinne des Absatzes 1 Nr. 2 wie land- und forstwirtschaftliches Vermögen zu bewerten.

(1) Schulden und sonstige Abzüge, die nach § 95 Abs. 1 zum Betriebsvermögen gehören, werden vorbehaltlich des Absatzes 3 berücksichtigt, soweit sie mit der Gesamtheit oder einzelnen Teilen des Betriebsvermögens im Sinne dieses Gesetzes in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen.

(2) Weist ein Gesellschafter in der Steuerbilanz Gewinnansprüche gegen eine von ihm beherrschte Gesellschaft aus, ist bei dieser ein Schuldposten in entsprechender Höhe abzuziehen.

(3) Rücklagen sind nur insoweit abzugsfähig, als ihr Abzug bei der Bewertung des Betriebsvermögens für Zwecke der Erbschaftsteuer durch Gesetz ausdrücklich zugelassen ist.

(1) Wertpapiere und Schuldbuchforderungen, die am Stichtag an einer deutschen Börse zum Handel im regulierten Markt zugelassen sind, werden mit dem niedrigsten am Stichtag für sie im regulierten Markt notierten Kurs angesetzt. Liegt am Stichtag eine Notierung nicht vor, so ist der letzte innerhalb von 30 Tagen vor dem Stichtag im regulierten Markt notierte Kurs maßgebend. Entsprechend sind die Wertpapiere zu bewerten, die in den Freiverkehr einbezogen sind.

(2) Anteile an Kapitalgesellschaften, die nicht unter Absatz 1 fallen, sind mit dem gemeinen Wert anzusetzen. Lässt sich der gemeine Wert nicht aus Verkäufen unter fremden Dritten ableiten, die weniger als ein Jahr zurückliegen, so ist er unter Berücksichtigung der Ertragsaussichten der Kapitalgesellschaft oder einer anderen anerkannten, auch im gewöhnlichen Geschäftsverkehr für nichtsteuerliche Zwecke üblichen Methode zu ermitteln; dabei ist die Methode anzuwenden, die ein Erwerber der Bemessung des Kaufpreises zu Grunde legen würde. Die Summe der gemeinen Werte der zum Betriebsvermögen gehörenden Wirtschaftsgüter und sonstigen aktiven Ansätze abzüglich der zum Betriebsvermögen gehörenden Schulden und sonstigen Abzüge (Substanzwert) der Gesellschaft darf nicht unterschritten werden; die §§ 99 und 103 sind anzuwenden. Die §§ 199 bis 203 sind zu berücksichtigen.

(2a) (weggefallen)

(3) Ist der gemeine Wert einer Anzahl von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft, die einer Person gehören, infolge besonderer Umstände (z. B. weil die Höhe der Beteiligung die Beherrschung der Kapitalgesellschaft ermöglicht) höher als der Wert, der sich auf Grund der Kurswerte (Absatz 1) oder der gemeinen Werte (Absatz 2) für die einzelnen Anteile insgesamt ergibt, so ist der gemeine Wert der Beteiligung maßgebend.

(4) Anteile oder Aktien, die Rechte an einem Investmentvermögen im Sinne des Kapitalanlagegesetzbuchs verbriefen, sind mit dem Rücknahmepreis anzusetzen.

(1) Bei Bewertungen ist, soweit nichts anderes vorgeschrieben ist, der gemeine Wert zugrunde zu legen.

(2) Der gemeine Wert wird durch den Preis bestimmt, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach der Beschaffenheit des Wirtschaftsgutes bei einer Veräußerung zu erzielen wäre. Dabei sind alle Umstände, die den Preis beeinflussen, zu berücksichtigen. Ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse sind nicht zu berücksichtigen.

(3) Als persönliche Verhältnisse sind auch Verfügungsbeschränkungen anzusehen, die in der Person des Steuerpflichtigen oder eines Rechtsvorgängers begründet sind. Das gilt insbesondere für Verfügungsbeschränkungen, die auf letztwilligen Anordnungen beruhen.

(1) Wertpapiere und Schuldbuchforderungen, die am Stichtag an einer deutschen Börse zum Handel im regulierten Markt zugelassen sind, werden mit dem niedrigsten am Stichtag für sie im regulierten Markt notierten Kurs angesetzt. Liegt am Stichtag eine Notierung nicht vor, so ist der letzte innerhalb von 30 Tagen vor dem Stichtag im regulierten Markt notierte Kurs maßgebend. Entsprechend sind die Wertpapiere zu bewerten, die in den Freiverkehr einbezogen sind.

(2) Anteile an Kapitalgesellschaften, die nicht unter Absatz 1 fallen, sind mit dem gemeinen Wert anzusetzen. Lässt sich der gemeine Wert nicht aus Verkäufen unter fremden Dritten ableiten, die weniger als ein Jahr zurückliegen, so ist er unter Berücksichtigung der Ertragsaussichten der Kapitalgesellschaft oder einer anderen anerkannten, auch im gewöhnlichen Geschäftsverkehr für nichtsteuerliche Zwecke üblichen Methode zu ermitteln; dabei ist die Methode anzuwenden, die ein Erwerber der Bemessung des Kaufpreises zu Grunde legen würde. Die Summe der gemeinen Werte der zum Betriebsvermögen gehörenden Wirtschaftsgüter und sonstigen aktiven Ansätze abzüglich der zum Betriebsvermögen gehörenden Schulden und sonstigen Abzüge (Substanzwert) der Gesellschaft darf nicht unterschritten werden; die §§ 99 und 103 sind anzuwenden. Die §§ 199 bis 203 sind zu berücksichtigen.

(2a) (weggefallen)

(3) Ist der gemeine Wert einer Anzahl von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft, die einer Person gehören, infolge besonderer Umstände (z. B. weil die Höhe der Beteiligung die Beherrschung der Kapitalgesellschaft ermöglicht) höher als der Wert, der sich auf Grund der Kurswerte (Absatz 1) oder der gemeinen Werte (Absatz 2) für die einzelnen Anteile insgesamt ergibt, so ist der gemeine Wert der Beteiligung maßgebend.

(4) Anteile oder Aktien, die Rechte an einem Investmentvermögen im Sinne des Kapitalanlagegesetzbuchs verbriefen, sind mit dem Rücknahmepreis anzusetzen.

Tatbestand

1

I. Die Beteiligten streiten darüber, ob Übertragungen von GmbH-Gesellschaftsanteilen vom Vater auf die Kinder zu steuerlich beachtlichen Veräußerungsverlusten geführt haben oder mangels Entgeltlichkeit nicht unter § 17 des Einkommensteuergesetzes (EStG) fallen.

2

Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind Eheleute. Der Kläger war Alleingesellschafter der A-GmbH und der B-GmbH. Mit Verträgen vom 19. Dezember 2007 übertrug der Kläger sämtliche Geschäftsanteile an der A-GmbH auf seinen Sohn und sämtliche Geschäftsanteile an der B-GmbH auf seine Tochter. Der Kaufpreis betrug jeweils 1 €. In den Verträgen heißt es dazu, der Kaufpreis trage der dauerhaften Ertraglosigkeit der Gesellschaften Rechnung. Der Gewinn des laufenden Geschäftsjahres sollte dem jeweiligen Käufer zustehen.

3

Beide Gesellschaften hatten in den fünf vor der Veräußerung abgeschlossenen Wirtschaftsjahren jeweils nur Verluste erzielt. Kurz vor Übertragung der Geschäftsanteile hatte der Kläger in die A-GmbH … € und in die B-GmbH … € verdeckt eingelegt und dazu vorgetragen, die Zahlungen hätten dem Ausgleich der verlustbedingt angesammelten Bankverbindlichkeiten gedient und wären in jedem Fall verloren gewesen. Unter Berücksichtigung dieser Einlagen als nachträglicher Anschaffungskosten ermittelte der Kläger aus der Veräußerung der A-GmbH einen Verlust von … € und aus der Veräußerung der B-GmbH einen Verlust von … €.

4

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) berücksichtigte die Verluste nicht und führte zur Begründung aus, die Anteile seien unentgeltlich übertragen worden (Einkommensteuerbescheid für 2007 vom 5. Februar 2010). Der Einspruch blieb erfolglos. In der Einspruchsentscheidung vom 5. Oktober 2010 bezifferte das FA den Substanzwert der Anteile entsprechend dem bilanziellen Eigenkapital und unter Berücksichtigung der geleisteten Einlagen für die A-GmbH auf … € und für die B-GmbH auf … €.

5

Das Finanzgericht (FG) hat die Klage abgewiesen. Mit der Revision rügen die Kläger die Verletzung materiellen Rechts bei der Bewertung der übertragenen Geschäftsanteile. In der mündlichen Verhandlung haben die Kläger u.a. vorgetragen, der Ansatz des Substanzwerts als Untergrenze bei der Unternehmensbewertung verstoße gegen geltendes Recht (§ 11 Abs. 2 des Bewertungsgesetzes in der im Streitfall anwendbaren Fassung). Er verstoße außerdem gegen Denk- und Erfahrungssätze und sei weder anerkannt noch im Geschäftsleben üblich. Beim Verkauf dauernder Verlustquellen sei es vielmehr üblich, dass der Verkäufer dem Käufer Geld dazu gebe. Das habe der Kläger hier mit Rücksicht auf die Arbeitsplätze und die familiären Beziehungen ebenfalls getan.

6

Die Kläger beantragen,
das angefochtene Urteil aufzuheben und den Einkommensteuerbescheid vom 5. Februar 2010 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 5. Oktober 2010 dahingehend zu ändern, dass der Besteuerung negative Einkünfte (des Klägers) aus Gewerbebetrieb in Höhe von … € zugrunde gelegt werden.

7

Das FA beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

8

II. Die Revision ist unbegründet und deshalb zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das FG hat rechtsfehlerfrei erkannt, dass die Anteilsübertragungen nicht entgeltlich und deshalb keine Veräußerungen waren.

9

1. Nach § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG gehört zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb auch der Gewinn aus der Veräußerung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft.

10

a) Veräußerung ist die Übertragung von Anteilen gegen Entgelt (ständige Rechtsprechung vgl. nur Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 1. August 1996 VIII R 4/92, BFH/NV 1997, 215, und Senatsurteil vom 7. Juli 2011 IX R 2/10, BFHE 234, 199, BStBl II 2012, 20). Der Erwerber muss grundsätzlich eine Gegenleistung erbringen. Eine Veräußerung kann allerdings auch vorliegen, wenn ein Entgelt nicht oder lediglich in symbolischer Höhe von z.B. 1 € vereinbart und geleistet wird. Das ist der Fall, wenn der übertragene Anteil sowohl in den Augen der Vertragsparteien als auch objektiv wertlos ist (ständige Rechtsprechung BFH-Urteile vom 5. März 1991 VIII R 163/86, BFHE 164, 50, BStBl II 1991, 630; vom 18. August 1992 VIII R 13/90, BFHE 169, 90, BStBl II 1993, 34; vom 18. August 1992 VIII R 90/89, BFH/NV 1993, 158; vom 6. April 2011 IX R 61/10, BFHE 233, 446, BStBl II 2012, 8).

11

b) Ob in einem solchen Fall eine Veräußerung (ohne Entgelt) oder eine Schenkung (ohne Bereicherung) vorliegt, richtet sich nach dem Gesamtbild der objektiven Umstände sowie dem Willen und den Vorstellungen der Parteien (BFH-Urteil in BFHE 164, 50, BStBl II 1991, 630; BFH-Beschluss vom 4. August 2008 IX B 85/08, juris). Bei der Übertragung eines wertlosen GmbH-Anteils ohne Entgelt zwischen fremden Dritten ist in der Regel eine Veräußerung anzunehmen (BFH-Urteile in BFHE 169, 90, BStBl II 1993, 34; in BFH/NV 1997, 215). Diese Vermutung hat jedoch keine Grundlage für Verträge zwischen einander nahestehenden Personen, denn bei ihnen kann nicht unterstellt werden, dass sie Leistung und Gegenleistung im Regelfall nach kaufmännischen Gesichtspunkten ausgehandelt haben.

12

c) Haben einander nahestehende Personen für die Übertragung eines Anteils keinen oder lediglich einen symbolischen Kaufpreis vereinbart, kann eine Veräußerung (ohne Gegenleistung) nur angenommen werden, wenn feststeht, dass der übertragene Anteil sowohl in den Augen der Vertragsparteien als auch objektiv wertlos ist. Dies erfordert im Regelfall eine Bewertung des Anteils.

13

d) Nach der Rechtsprechung des BFH ist die Feststellung der Wertlosigkeit eines Anteils eine Schlussfolgerung aus Tatsachen, die allein dem FG als Tatsacheninstanz obliegt (BFH-Urteil in BFH/NV 1997, 215). In diesem Zusammenhang hat der BFH bislang keine rechtlichen Vorgaben dazu gemacht, welche Tatsachen das FG gegebenenfalls feststellen muss, welche Schlüsse es daraus ziehen darf (BFH-Beschluss vom 30. November 1994 VIII B 28/94, BFH/NV 1995, 386) und nach welcher Methode der Wert eines Anteils zu bestimmen ist. Entscheidend kommt es vielmehr auf die Umstände des Einzelfalls an (BFH-Urteil in BFH/NV 1997, 215).

14

2. Nach diesen Maßstäben, zu deren Fortentwicklung der vorliegende Fall keine Veranlassung bietet, ist die Vorentscheidung nicht zu beanstanden.

15

a) Ohne Rechtsverstoß ist das FG zu der Überzeugung gelangt, dass die übertragenen Geschäftsanteile nicht wertlos waren. Es hat dies zum einen aus Vertragsformulierungen geschlossen, die darauf hindeuten, dass nach der Vorstellung der Vertragsparteien beide Unternehmen fortgeführt werden sollten. Dass dies beabsichtigt war und auch so geschehen ist, wird auch von den Klägern nicht in Abrede gestellt. Das FG hat deshalb eine Bewertung mit den Zerschlagungswerten im Streitfall abgelehnt. Es hat weiter berücksichtigt, dass der Kläger beide Gesellschaften durch hohe Bareinlagen kurz vor der Übertragung im Außenverhältnis weitgehend entschuldet und dadurch zugleich eine bestehende bilanzielle Überschuldung beseitigt hat. Dabei hat es in Anlehnung an die Beurteilung durch das FA den positiven Substanzwert der Unternehmen (in Höhe des bilanziellen Eigenkapitals) als Indiz für eine Werthaltigkeit der Anteile im Streitfall höher bewertet als die unstreitig in beiden Unternehmen anhaltende negative Ertragssituation.

16

b) Diese Würdigung ist zumindest möglich. Sie bindet den Senat deshalb in tatsächlicher Hinsicht (§ 118 Abs. 2 FGO). Es liegt insbesondere weder ein Verstoß gegen Denkgesetze noch gegen Erfahrungssätze vor. Die von den Klägern begehrte höchstrichterliche Aussage, dass eine Berücksichtigung des Substanzwerts bei der Bewertung von Unternehmen generell außer Betracht bleiben müsse, hat weder den Charakter eines Denkgesetzes noch eines Erfahrungssatzes. Es entspricht im Übrigen der Rechtsprechung des BFH, dass der Substanzwert bei der Bewertung von Unternehmen nicht generell unbeachtlich ist (vgl. BFH-Urteile vom 15. September 2004 I R 7/02, BFHE 207, 429, BStBl II 2005, 867, und vom 19. August 2009 III R 79/07, BFH/NV 2010, 610).

17

c) Eine andere Bewertung hätten die Kläger vor dem FG nur erreichen können, wenn sie ihre Behauptung, dass beide Gesellschaften wegen anhaltender Verluste für einen Erwerber mit Null anzusetzen waren, substantiiert und nachvollziehbar (z.B. durch ein unabhängiges Sachverständigengutachten) dargelegt hätten. Die allgemeine Aussage, dass dauernde Verluste für eine Bewertung mit Null sprechen, ersetzt nicht den konkreten Vortrag, dass dies auch im Einzelfall so ist. Da das FG nicht festgestellt hat, dass eine Bewertung der übertragenen Gesellschaftsanteile nach Ertragswertgrundsätzen zu einer Bewertung mit Null geführt hätte, bedarf es keiner Entscheidung, ob der Ansatz des Substanzwerts als Untergrenze bei der Unternehmensbewertung rechtsfehlerhaft ist.

18

3. Da die Hauptbegründung des Urteils Bestand hat, muss der Senat nicht entscheiden, ob er sich auch der Hilfsbegründung des FG anschließen könnte. Im Ausgangspunkt zutreffend ist das FG allerdings davon ausgegangen, dass auch Verträge über Anteilsveräußerungen i.S. des § 17 EStG dem Fremdvergleich unterliegen, wenn sie unter einander nahestehenden Personen geschlossen werden (BFH-Urteil vom 6. Oktober 2009 IX R 4/09, BFH/NV 2010, 623). Fraglich ist indes, ob die zu beurteilenden Verträge, wie das FG meint, schon deshalb nicht fremdüblich sind, weil die Beteiligten davon abgesehen haben, die Unternehmen vor der Übertragung sachverständig bewerten zu lassen. Insoweit kann aber jedenfalls nicht unwiderleglich von der fehlenden Fremdüblichkeit auf die Unentgeltlichkeit der Übertragung geschlossen werden. Vielmehr muss es den Beteiligten auch in einem solchen Fall möglich sein nachträglich darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen, dass der übertragene Anteil wertlos war.

19

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.

(1) Wertpapiere und Schuldbuchforderungen, die am Stichtag an einer deutschen Börse zum Handel im regulierten Markt zugelassen sind, werden mit dem niedrigsten am Stichtag für sie im regulierten Markt notierten Kurs angesetzt. Liegt am Stichtag eine Notierung nicht vor, so ist der letzte innerhalb von 30 Tagen vor dem Stichtag im regulierten Markt notierte Kurs maßgebend. Entsprechend sind die Wertpapiere zu bewerten, die in den Freiverkehr einbezogen sind.

(2) Anteile an Kapitalgesellschaften, die nicht unter Absatz 1 fallen, sind mit dem gemeinen Wert anzusetzen. Lässt sich der gemeine Wert nicht aus Verkäufen unter fremden Dritten ableiten, die weniger als ein Jahr zurückliegen, so ist er unter Berücksichtigung der Ertragsaussichten der Kapitalgesellschaft oder einer anderen anerkannten, auch im gewöhnlichen Geschäftsverkehr für nichtsteuerliche Zwecke üblichen Methode zu ermitteln; dabei ist die Methode anzuwenden, die ein Erwerber der Bemessung des Kaufpreises zu Grunde legen würde. Die Summe der gemeinen Werte der zum Betriebsvermögen gehörenden Wirtschaftsgüter und sonstigen aktiven Ansätze abzüglich der zum Betriebsvermögen gehörenden Schulden und sonstigen Abzüge (Substanzwert) der Gesellschaft darf nicht unterschritten werden; die §§ 99 und 103 sind anzuwenden. Die §§ 199 bis 203 sind zu berücksichtigen.

(2a) (weggefallen)

(3) Ist der gemeine Wert einer Anzahl von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft, die einer Person gehören, infolge besonderer Umstände (z. B. weil die Höhe der Beteiligung die Beherrschung der Kapitalgesellschaft ermöglicht) höher als der Wert, der sich auf Grund der Kurswerte (Absatz 1) oder der gemeinen Werte (Absatz 2) für die einzelnen Anteile insgesamt ergibt, so ist der gemeine Wert der Beteiligung maßgebend.

(4) Anteile oder Aktien, die Rechte an einem Investmentvermögen im Sinne des Kapitalanlagegesetzbuchs verbriefen, sind mit dem Rücknahmepreis anzusetzen.

(1) Betriebsgrundstück im Sinne dieses Gesetzes ist der zu einem Gewerbebetrieb gehörige Grundbesitz, soweit er, losgelöst von seiner Zugehörigkeit zu dem Gewerbebetrieb,

1.
zum Grundvermögen gehören würde oder
2.
einen Betrieb der Land- und Forstwirtschaft bilden würde.

(2) (weggefallen)

(3) Betriebsgrundstücke im Sinne des Absatzes 1 Nr. 1 sind wie Grundvermögen, Betriebsgrundstücke im Sinne des Absatzes 1 Nr. 2 wie land- und forstwirtschaftliches Vermögen zu bewerten.

(1) Schulden und sonstige Abzüge, die nach § 95 Abs. 1 zum Betriebsvermögen gehören, werden vorbehaltlich des Absatzes 3 berücksichtigt, soweit sie mit der Gesamtheit oder einzelnen Teilen des Betriebsvermögens im Sinne dieses Gesetzes in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen.

(2) Weist ein Gesellschafter in der Steuerbilanz Gewinnansprüche gegen eine von ihm beherrschte Gesellschaft aus, ist bei dieser ein Schuldposten in entsprechender Höhe abzuziehen.

(3) Rücklagen sind nur insoweit abzugsfähig, als ihr Abzug bei der Bewertung des Betriebsvermögens für Zwecke der Erbschaftsteuer durch Gesetz ausdrücklich zugelassen ist.

(1) Wertpapiere und Schuldbuchforderungen, die am Stichtag an einer deutschen Börse zum Handel im regulierten Markt zugelassen sind, werden mit dem niedrigsten am Stichtag für sie im regulierten Markt notierten Kurs angesetzt. Liegt am Stichtag eine Notierung nicht vor, so ist der letzte innerhalb von 30 Tagen vor dem Stichtag im regulierten Markt notierte Kurs maßgebend. Entsprechend sind die Wertpapiere zu bewerten, die in den Freiverkehr einbezogen sind.

(2) Anteile an Kapitalgesellschaften, die nicht unter Absatz 1 fallen, sind mit dem gemeinen Wert anzusetzen. Lässt sich der gemeine Wert nicht aus Verkäufen unter fremden Dritten ableiten, die weniger als ein Jahr zurückliegen, so ist er unter Berücksichtigung der Ertragsaussichten der Kapitalgesellschaft oder einer anderen anerkannten, auch im gewöhnlichen Geschäftsverkehr für nichtsteuerliche Zwecke üblichen Methode zu ermitteln; dabei ist die Methode anzuwenden, die ein Erwerber der Bemessung des Kaufpreises zu Grunde legen würde. Die Summe der gemeinen Werte der zum Betriebsvermögen gehörenden Wirtschaftsgüter und sonstigen aktiven Ansätze abzüglich der zum Betriebsvermögen gehörenden Schulden und sonstigen Abzüge (Substanzwert) der Gesellschaft darf nicht unterschritten werden; die §§ 99 und 103 sind anzuwenden. Die §§ 199 bis 203 sind zu berücksichtigen.

(2a) (weggefallen)

(3) Ist der gemeine Wert einer Anzahl von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft, die einer Person gehören, infolge besonderer Umstände (z. B. weil die Höhe der Beteiligung die Beherrschung der Kapitalgesellschaft ermöglicht) höher als der Wert, der sich auf Grund der Kurswerte (Absatz 1) oder der gemeinen Werte (Absatz 2) für die einzelnen Anteile insgesamt ergibt, so ist der gemeine Wert der Beteiligung maßgebend.

(4) Anteile oder Aktien, die Rechte an einem Investmentvermögen im Sinne des Kapitalanlagegesetzbuchs verbriefen, sind mit dem Rücknahmepreis anzusetzen.

(1) Schulden und sonstige Abzüge, die nach § 95 Abs. 1 zum Betriebsvermögen gehören, werden vorbehaltlich des Absatzes 3 berücksichtigt, soweit sie mit der Gesamtheit oder einzelnen Teilen des Betriebsvermögens im Sinne dieses Gesetzes in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen.

(2) Weist ein Gesellschafter in der Steuerbilanz Gewinnansprüche gegen eine von ihm beherrschte Gesellschaft aus, ist bei dieser ein Schuldposten in entsprechender Höhe abzuziehen.

(3) Rücklagen sind nur insoweit abzugsfähig, als ihr Abzug bei der Bewertung des Betriebsvermögens für Zwecke der Erbschaftsteuer durch Gesetz ausdrücklich zugelassen ist.

(1) Lasten, deren Entstehung vom Eintritt einer aufschiebenden Bedingung abhängt, werden nicht berücksichtigt.

(2) Für den Fall des Eintritts der Bedingung gilt § 5 Abs. 2 entsprechend.

(1) Wertpapiere und Schuldbuchforderungen, die am Stichtag an einer deutschen Börse zum Handel im regulierten Markt zugelassen sind, werden mit dem niedrigsten am Stichtag für sie im regulierten Markt notierten Kurs angesetzt. Liegt am Stichtag eine Notierung nicht vor, so ist der letzte innerhalb von 30 Tagen vor dem Stichtag im regulierten Markt notierte Kurs maßgebend. Entsprechend sind die Wertpapiere zu bewerten, die in den Freiverkehr einbezogen sind.

(2) Anteile an Kapitalgesellschaften, die nicht unter Absatz 1 fallen, sind mit dem gemeinen Wert anzusetzen. Lässt sich der gemeine Wert nicht aus Verkäufen unter fremden Dritten ableiten, die weniger als ein Jahr zurückliegen, so ist er unter Berücksichtigung der Ertragsaussichten der Kapitalgesellschaft oder einer anderen anerkannten, auch im gewöhnlichen Geschäftsverkehr für nichtsteuerliche Zwecke üblichen Methode zu ermitteln; dabei ist die Methode anzuwenden, die ein Erwerber der Bemessung des Kaufpreises zu Grunde legen würde. Die Summe der gemeinen Werte der zum Betriebsvermögen gehörenden Wirtschaftsgüter und sonstigen aktiven Ansätze abzüglich der zum Betriebsvermögen gehörenden Schulden und sonstigen Abzüge (Substanzwert) der Gesellschaft darf nicht unterschritten werden; die §§ 99 und 103 sind anzuwenden. Die §§ 199 bis 203 sind zu berücksichtigen.

(2a) (weggefallen)

(3) Ist der gemeine Wert einer Anzahl von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft, die einer Person gehören, infolge besonderer Umstände (z. B. weil die Höhe der Beteiligung die Beherrschung der Kapitalgesellschaft ermöglicht) höher als der Wert, der sich auf Grund der Kurswerte (Absatz 1) oder der gemeinen Werte (Absatz 2) für die einzelnen Anteile insgesamt ergibt, so ist der gemeine Wert der Beteiligung maßgebend.

(4) Anteile oder Aktien, die Rechte an einem Investmentvermögen im Sinne des Kapitalanlagegesetzbuchs verbriefen, sind mit dem Rücknahmepreis anzusetzen.

(1) Bei Bewertungen ist, soweit nichts anderes vorgeschrieben ist, der gemeine Wert zugrunde zu legen.

(2) Der gemeine Wert wird durch den Preis bestimmt, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach der Beschaffenheit des Wirtschaftsgutes bei einer Veräußerung zu erzielen wäre. Dabei sind alle Umstände, die den Preis beeinflussen, zu berücksichtigen. Ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse sind nicht zu berücksichtigen.

(3) Als persönliche Verhältnisse sind auch Verfügungsbeschränkungen anzusehen, die in der Person des Steuerpflichtigen oder eines Rechtsvorgängers begründet sind. Das gilt insbesondere für Verfügungsbeschränkungen, die auf letztwilligen Anordnungen beruhen.


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Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Kosten des Verfahrens haben die Kläger zu tragen.

III. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

1

Streitig ist die steuerliche Berücksichtigung von Veräußerungsverlusten gemäß § 17 EStG.

2

Der 1943 geborene Kläger hielt bis zum 19. Dezember 2007 100 % der Anteile an den beiden Gesellschaften K Büro- und Datentechnik GmbH mit Sitz in M (nachfolgend kurz: K GmbH M) und K Büro- und Datentechnik GmbH mit Sitz in K (inzwischen umfirmiert in: K ... GmbH, Sitz nunmehr in D; nachfolgend kurz: K GmbH K).

3

Mit notariellen Verträgen „über die Abtretung eines GmbH - Geschäftsanteils nebst einer Gesellschafterversammlung“ sowie privatschriftlichen Anteilskauf- und Übertragungsverträgen, jeweils vom 19. Dezember 2007, übertrug der Kläger seinen Geschäftsanteil an der K GmbH M auf seinen Sohn, Herrn A. K., und seinen Geschäftsanteil an der K GmbH K auf seine Tochter, Frau M. K., zu einem Kaufpreis von jeweils 1 €. Gemäß § 3 Satz 2 der Anteilskauf- und Übertragungsverträge sollte der Kaufpreis „der dauerhaften Ertraglosigkeit der Gesellschaft Rechnung“ tragen. Weiter heißt es in den Anteilskauf- und Übertragungsverträgen, der Gewinn des laufenden Geschäftsjahres (1. Juli bis 31. Dezember 2007) stehe allein dem Käufer zu (§ 1 Ziff. 2). Weder gegen den Verkäufer noch die Gesellschaft seien Insolvenzverfahren eingeleitet worden, noch seien Umstände ersichtlich, die die Einleitung solcher Verfahren in Zukunft rechtfertigen würden (§ 4 Ziff. 4). Die Gesellschaft verfüge über ausreichende Liquidität, um ihre laufenden Verbindlichkeiten begleichen zu können (§ 4 Ziff. 6). Zudem wurde vereinbart, dass alle mit dem jeweiligen Geschäftsanteil verbundenen Rechte und Pflichten mit dessen Übertragung auf den Erwerber übergehen, insbesondere das Gewinnbezugsrecht (Ziff. V. Abs. 2 der notariellen Verträge „über die Abtretung eines GmbH - Geschäftsanteils nebst einer Gesellschafterversammlung“). Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die genannten Verträge (Bl. 95 – 99, 104 – 107 d. ESt-Akten, Bd. VI) verwiesen.

4

Die beiden Gesellschaften hatten in den Vorjahren ausschließlich Verluste wie folgt erzielt (für die K GmbH Bad Kreuznach war ein abweichendes Wirtschaftsjahr vom 1. Juli zum 30. Juni bestimmt worden):

5

K GmbH M

        

Lt. Bilanz zum 31. Dezember 2002

- 47.067,40 €

Lt. Bilanz zum 31. Dezember 2003

  - 3.931,57 €

Lt. Bilanz zum 31. Dezember 2004

- 25.610,39 €

Lt. Bilanz zum 31. Dezember 2005

- 29.442,99 €

Lt. Bilanz zum 31. Dezember 2006

- 45.807,16 €

Lt. Bilanz zum 31. Dezember 2007

- 59.439,21 €

K GmbH K

        

Lt. Bilanz zum 30. Juni 2003

- 26.602,57 €

Lt. Bilanz zum 30. Juni 2004

- 40.356,04 €

Lt. Bilanz zum 30. Juni 2005

- 26.675,41 €

Lt. Bilanz zum 30. Juni 2006

- 35.771,52 €

Lt. Bilanz zum 30. Juni 2007

- 45.140,82 €

Lt. Bilanz zum 31. Dezember 2007 (Rumpfgeschäftsjahr)

- 68.385,99 €

6

Die Bilanz der K GmbH M zum 31. Dezember 2006 weist einen nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrag i.H. von 21.614,51 €, die Bilanz der K GmbH K zum 30. Juni 2007 weist einen nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrag i.H. von 353.564,12 € aus. Das Eigenkapital der K GmbH M betrug zum 31. Dezember 2007 536.679,70 €, das Eigenkapital der K GmbH K betrug zum 31. Dezember 2007 30.538,91 € (vgl. Bilanzakten, Bd. III und Bd. VII und Bl. 119 f. d. ESt-Akten, Bd. VI). Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Bilanzen der beiden Gesellschaften verwiesen.

7

In ihrer am 18. Dezember 2008 beim Beklagten eingereichten Einkommensteuererklärung für 2007 erklärten die im Streitjahr zusammen zur Einkommensteuer veranlagten Kläger Veräußerungsverluste nach § 17 EStG in Höhe von 668.029,00 € (Bl. 167 ESt-Akten, Bd. VI; mit Schreiben vom 4. Februar 2010 auf 735.529,00 € korrigiert, Bl. 171 – 176 ESt-Akten, Bd. VI), die sie wie folgt ermittelt hatten:

8

K GmbH M

        

Geschäftsanteil

127.822,97 €

Steuerliches Einlagekonto gem. § 27 Abs. 2 S. 1 KStG

112.484,00 €

Nachträgl. Anschaffungskosten durch Einzahlungen (verd. Einlagen) am:

        

           29.11.2007

443.315,33 €

           30.11.2007

  74.418,09 €

           18.12.2007

100.000,00 €

./. Kaufpreis

           1,00 €

Gesamt

858.039,42 €

Davon ½ (§ 3 Nr. 40 Buchst. c) EStG)

429.019,71 €

(vgl. Bl. 94 d. ESt-Akten, Bd. VI)

        

K GmbH K

        

Geschäftsanteil

  25.564,59 €

„Verzicht V-Kto. Nahest. Person U. K. 19.12.2007“

  60.453,61 €

Nachträgl. Anschaffungskosten durch Einzahlungen (verd. Einlagen) am:

        

             23.10.2007

  30.000,00 €

             30.11.2007

192.000,00 €

             18.12.2007

  50.000,00 €

          * 19.12.2007

195.000,00 €

             19.12.2007

  60.000,00 €

./. Kaufpreis

           1,00 €

Gesamt

613.017,61 €

Davon ½ (§ 3 Nr. 40 Buchst. c) EStG)

306.508,40 €

* Ausgleichsverbindlichkeit gem. Anteilskauf- und Übertragungsvertrag

        

(vgl. Bl. 171, 174 d. ESt-Akten, Bd. VI)

        

9

Das beklagte Finanzamt berücksichtigte die geltend gemachten Veräußerungsverluste im Einkommensteuerbescheid für 2007 vom 5. Februar 2010 nicht. In den Bescheiderläuterungen heißt es hierzu, es sei von einer unentgeltlichen Übertragung der GmbH-Anteile auszugehen (Bl. 177 ff. d. ESt-Akten, Bd. VI).

10

Hiergegen legten die Kläger unter dem 8. Februar 2010 Einspruch ein, zu dessen Begründung sie im Wesentlichen ausführten, die vom Finanzamt vorgenommene Bewertungsmethode sei unzutreffend. Gehe man vom Ertragswert der beiden Unternehmen aus, könnten diese nicht mit mehr als 1 € bewertet werden. Ermittele man als unteren Wert den Zerschlagungswert, ergebe sich auch kein höherer Wert. Insoweit nahmen die Kläger auf selbst erstellte Bilanzen zum 31. Dezember 2007 zu Zerschlagungswerten Bezug, welche einen nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrag der K GmbH M i.H. von 270.252,55 € bzw. ein (positives) Eigenkapital der K GmbH K i.H. von 7.135,73 € ausweisen. Dabei waren der Bewertung stille Lasten in den Sachanlagen und den Vorräten der Unternehmen sowie Rückstellungen für Arbeitnehmerabfindungen zugrunde gelegt worden (Bl. 149 ff., 175 f. d. ESt-Akten, Bd. VI). Wegen der Einzelheiten wird auf die Bilanzen zum 31. Dezember 2007 zu Zerschlagungswerten verwiesen.

11

Eine andere zulässige Bewertungsmethode existiere nicht. Insoweit verweisen die Kläger auf den „IDW Standard: Grundsätze zur Durchführung von Unternehmensbewertungen“ (IDW S 1) und die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) zur Unternehmensbewertung (Bl. 181, 196 ff. d. ESt-Akten, Bd. VI).

12

Mit Einspruchsentscheidung vom 5. Oktober 2010 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück (Bl. 202 ff. d. ESt-Akten, Bd. VI).

13

Mit der hiergegen am 4. November 2010 erhobenen Klage tragen die Kläger im Wesentlichen vor, der Beklagte ziehe über die am Ertragswert orientierten Bewertungsverfahren hinaus einen fiktiven unrealistischen Wert als Bemessungsgrundlage heran. Hierzu könne insbesondere auf die Rechtsprechung zur Abfindung im Rahmen von Spruchstellenverfahren verwiesen werden. Dabei sei in der Vergangenheit die Frage gestellt worden, ob in erster Linie auf fundamentalanalytische Methoden (basierend auf dem Ertragswertprinzip) abzustellen sei oder ob eine marktwertorientierte Bewertungsmethode vorzuziehen sei. Das Bundesverfassungsgericht habe in der DAT Altana-Entscheidung die reine Ausrichtung an der Ertragswertmethode im Rahmen fundamentalanalytischer Bewertung hin zu einer marktorientierten Bewertung korrigiert. Dies entspreche dem finanzgerichtlichen Verfahren mit Orientierung grundsätzlich am Marktwert bzw. dem Verkehrswert des Unternehmens. Dieser sei in erster Linie anhand von Verkäufen zu ermitteln. Lägen diese nicht vor, sei der Marktwert nach dem Ertragswert zu ermitteln. Hierbei sei, sofern man den Substanzwert des Unternehmens berücksichtige, als Unterwert der Zerschlagungswert anzusetzen. In einem solchen Fall seien alle wertmindernden Faktoren, einschließlich sonstiger Kosten, die einen Veräußerungserlös senkten, nach der Rechtsprechung des BGH zu berücksichtigen. Ein Wiederbeschaffungswert könne nur dann zu Grunde gelegt werden, wenn der Erwerber zwingend den zu erwerbenden Vermögensgegenstand benötige d.h. ihn erwerben müsse.

14

Der BGH sei bei der Unternehmensbewertung von der ursprünglichen Methode der gemischten Bewertung bereits 1982 abgerückt und habe dies in späteren Entscheidungen konkretisiert. Nach Ansicht des BGH beurteile der Rechtsverkehr den gemeinen Wert eines Unternehmens im Wesentlichen nach seinem finanziellen Zukunftsertrag. Diese Rechtsprechung werde auch übereinstimmend von allen Senaten des BGH vertreten. Insoweit könne die Auffassung des Beklagten keinen Bestand haben, da gerade beim Fremdvergleich von einem fremden Dritten auszugehen sei. Im Vordergrund stehe die Ermittlung, wie sie der Rechtsverkehr vornehme. Diese Frage sei letztendlich eine zivilrechtliche Frage.

15

Die Kläger beantragen, den Einkommensteuerbescheid für 2007 vom 5. Februar 2010 in der Fassung der hierzu ergangenen Einspruchsentscheidung vom 5. Oktober 2010 dahingehend zu ändern, dass der Besteuerung negative Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von 735.529,- Euro zugrunde gelegt werden.

16

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

17

Er nimmt auf die Ausführungen in der angegriffenen Einspruchsentscheidung Bezug und trägt ergänzend im Wesentlichen vor, die Rechtsprechung des BGH zur Unternehmensbewertung könne nicht allein den Ausschlag geben. Denn das Verhältnis zwischen Steuerrecht und Zivilrecht werde allgemein dadurch charakterisiert, dass das Zivilrecht gegenüber dem Steuerrecht nicht vorrangig sei, sondern Basis und Ausgangspunkt der steuerlichen Wertung darstelle. Insbesondere bei Verträgen zwischen nahen Angehörigen stelle sich immer die Frage ihrer steuerrechtlichen Anerkennung. Es sei zu prüfen, ob die Vereinbarung auf einen Leistungsaustausch ausgerichtet sei oder die Parteien sich unter dem Deckmantel eines Vertrags etwas zuwenden wollten. Insoweit seien im Streitfall nochmals die Einzahlungen des Klägers in der Zeit vom 29. November 2007 bis 18. Dezember 2007 in Höhe von ca. 600.000,00 € in die K GmbH M und in der Zeit vom 23. Oktober 2007 bis 19. Dezember 2007 in Höhe von 392.000,00 Euro in die K GmbH K zu thematisieren. Es sei nur schwer vorstellbar und daher aus Sicht des Beklagten nicht nachvollziehbar, dass der Kläger unter diesen Umständen von einer Wertlosigkeit der Anteile ausgegangen sei. Jedenfalls wären solch hohe Einlagen, die für den Kläger verloren seien, bei einer Übertragung an einen Fremden nicht ohne Gegenleistung bewirkt worden.

18

Die Kläger erwidern hierauf noch, auch bei einer Bewertung unter nahen Angehörigen sei auf die üblichen Methoden abzustellen. Ginge man davon ab, verstieße dies gegen Art. 6 GG. Die Frage, ob ein Unternehmer zum Ende seiner Unternehmerlaufbahn unbedingt seinen Namen als „Insolvenzfall“ lesen möchte, sei keine Angelegenheit unter nahen Angehörigen. Der Kläger habe nur das Unternehmen soweit tauglich gemacht, dass es nicht insolvent gehe. Ein Zukunftsertrag sei nicht zu erwarten gewesen. Es sei Aufgabe des Übernehmers gewesen, entsprechende unternehmerische Aktivitäten zu entfalten. Im Übrigen handele es sich um eine auch unter fremden Dritten immer wieder übliche Vorgehensweise, dass der Veräußerer zur Unternehmenssanierung einen Betrag in das Unternehmen einzahle und es dann anschließend für einen symbolischen Preis veräußere.

19

Der Senat hat die Steuerakten (Körperschaftsteuer-, Vertrags- und Bilanzakten) der K GmbH M und der K GmbH K zum Verfahren beigezogen.

Entscheidungsgründe

20

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. Der Beklagte hat zu Recht angenommen, dass der Kläger die Geschäftsanteile unentgeltlich auf seine Kinder übertragen hat. Die geltend gemachten Verluste können daher mangels Veräußerungen im Sinne von § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG steuerlich nicht berücksichtigt werden.

21

1. Gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG gehört zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb auch der Gewinn aus der Veräußerung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft, wenn der Veräußerer innerhalb der letzten fünf Jahre am Kapital der Gesellschaft unmittelbar oder mittelbar zu mindestens 1 Prozent beteiligt war. Entsprechendes gilt für einen Veräußerungsverlust.

22

Veräußerung i.S. von § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG ist die Übertragung des wirtschaftlichen Eigentums an einer wesentlichen Beteiligung gegen Entgelt (BFH, Urteil vom 10. November 1998, VIII R 28/97, BFH/NV 1999, 616). Ob eine (entgeltliche) Veräußerung oder eine (unentgeltliche) Schenkung gegeben ist, richtet sich nach dem Gesamtbild der Umstände, insbesondere dem erkennbaren Willen und den Vorstellungen der Parteien (BFH, Urteil vom 5. März 1991, VIII R 163/86, BStBl II 1991, 630).

23

Werden Geschäftsanteile ohne Gegenleistung bzw. zu einem – wie im Streitfall – symbolischen Kaufpreis von z.B. 1 € übertragen, liegt grundsätzlich keine Veräußerung i.S. von § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG vor. Etwas anderes gilt in der Regel bei einer Übertragung unter fremden Dritten, wenn die Geschäftsanteile zum Zeitpunkt der Übertragung wertlos waren (BFH, Urteil vom 18. August 1992, VIII R 13/90, BStBl II 1993, 34). Während bei Verträgen zwischen fremden Personen eine widerlegbare tatsächliche Vermutung für das Vorliegen eines entgeltlichen Geschäfts spricht, wenn die Werte der den Beteiligten nach dem Vertrag zukommenden Vorteile nicht in einem Missverhältnis zueinander stehen, besteht eine dahingehende Vermutung bei einer Übertragung zwischen nahen Angehörigen allerdings nicht (BFH, Urteil vom 7. März 1995, VIII R 29/93, BStBl II 1995, 693).

24

2. Der Senat ist unter Anwendung der vorstehenden Rechtsgrundsätze nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens (§ 96 Abs. 1 Satz 1 FGO) davon überzeugt, dass der Kläger die Geschäftsanteile nicht im Sinne von § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG an seine Kinder veräußert hat.

25

a) Entgegen der Auffassung der Kläger waren die Geschäftsanteile zum Zeitpunkt der Übertragungen werthaltig.

26

a 1) Gemäß § 11 Abs. 2 Satz 1 BewG sind Anteile an Kapitalgesellschaften, die – wie die streitgegenständlichen Geschäftsanteile – nicht börsennotiert sind, mit dem gemeinen Wert anzusetzen.

27

Nach § 11 Abs. 2 Satz 2 BewG i.d. bis zum 12. Dezember 2006 gültigen Gesetzesfassung war der gemeine Wert, wenn er sich nicht aus Verkäufen ableiten ließ, die weniger als ein Jahr zurücklagen, unter Berücksichtigung des Vermögens und der Ertragsaussichten der Kapitalgesellschaft zu schätzen. Durch Art. 3 des Gesetzes über steuerliche Begleitmaßnahmen zur Einführung der Europäischen Gesellschaft und zur Änderung weiterer steuerrechtlicher Vorschriften vom 7. Dezember 2006 – SEStEG – (BGBl I 2006, 2782) wurde allerdings ein Satz 3 in § 11 Abs. 2 BewG eingeführt, wonach Satz 2 der Vorschriftfür ertragsteuerliche Zwecke nicht mehr galt (erst durch das Gesetz zur Reform des Erbschaftsteuer- und Bewertungsrechts vom 24. Dezember 2008 – ErbStRG – hat der Gesetzgeber § 11 Abs. 2 Satz 3 BewG mit Wirkung zum 1. Januar 2009 wieder aufgehoben). Das von der Finanzverwaltung für die Wertermittlung von Anteilen an Kapitalgesellschaften entwickelte sog. Stuttgarter Verfahren, das maßgeblich auf den Vermögenswert (Substanzwert) des Unternehmens abstellt und vom BFH im Regelfall auch für ertragsteuerliche Zwecke als brauchbares Hilfsmittel bei der Schätzung des gemeinen Werts von nicht börsennotierten Anteilen an Kapitalgesellschaften angesehen wurde (vgl. z.B. BFH, Beschluss vom 29. Oktober 2009, X B 100/09, BFH/NV 2010, 205, m.w.N.), kann daher vorliegend keine Anwendung mehr finden (vgl. zur Nichtanwendbarkeit des Stuttgarter Verfahrens für ertragsteuerliche Zwecke ab dem Veranlagungszeitraum 2007 auch die Gesetzesbegründung, BT-Drucksache 16/2710 zu Art. 8 Nummer 1).

28

Fraglich erscheint damit, nach welcher Methode der gemeine Wert der streitgegenständlichen Geschäftsanteile geschätzt werden kann. Zwischen den Beteiligten besteht zwar zu Recht dahingehend Einigkeit, dass nicht börsennotierte Anteile an Kapitalgesellschaften nach dem Ertragswertverfahren zu bewerten sind, wobei der Substanzwert als Bewertungsuntergrenze nicht unterschritten werden darf. Während die Kläger jedoch annehmen, als Substanzwert sei der (anteilige) Liquidationswert des Unternehmens maßgeblich, geht der Beklagte unter Berufung auf den Leitfaden der Oberfinanzdirektionen Münster und Rheinland zur Bewertung von Anteilen an Kapitalgesellschaften für ertragsteuerliche Zwecke vom 15. November 2007 – 4. Fassung, Stand: Januar 2007 – für die Bestimmung des Substanzwertes von dem Fortführungswert des Unternehmens im Sinne eines Reproduktions- bzw. Wiederbeschaffungswertes aus.

29

Der Senat schließt sich der Rechtsauffassung der Finanzverwaltung an. Soweit die Kläger unter Bezugnahme auf den IDW Standard: Grundsätze zur Durchführung von Unternehmensbewertungen (IDW S 1) meinen, nur bei Vorliegen eines rechtlichen oder tatsächlichen Zwangs zur Unternehmensfortführung sei auf den Fortführungswert des Unternehmens abzustellen (IDW S 1, Rz. 141), kann dem nicht gefolgt werden. Ob ein rechtlicher oder tatsächlicher „Zwang“ zur Unternehmensfortführung besteht oder das Unternehmen aus anderen Gründen fortgeführt wird, ist nicht entscheidend. Werden Unternehmensanteile übertragen, obwohl das Unternehmen in der Vergangenheit dauerhaft Verluste erwirtschaftet hat, und bestehen wie im Streitfall (vgl. § 4 Ziff. 4 und 6 der Anteilskauf- und Übertragungsverträge, Bl. 95 f. und 104 f. d. ESt-Akten, Bd. VI, und Schriftsatz der Kläger vom 2. Mai 2011, wonach die Einzahlungen des Klägers in die Gesellschaften der Unternehmenssanierung bzw. der Vermeidung eines Insolvenzverfahrens dienen sollten, Bl. 36 d. PA) deutliche Anhaltspunkte dafür, dass das Unternehmen fortgeführt werden soll, ist im Regelfall davon auszugehen, dass wirtschaftlich vernünftig handelnde Vertragsparteien ein Entgelt für die Übertragung zumindest in Höhe derjenigen Aufwendungen vereinbaren, die der Erwerber anderenfalls für die Reproduktion bzw. Wiederbeschaffung der Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens leisten müsste. Als Untergrenze der Unternehmensbewertung ist daher der durch die Summe der gemeinen Werte der zum Betriebsvermögen gehörenden Wirtschaftsgüter abgebildete Substanzwert zugrunde zu legen, was im Übrigen auch der aktuellen Fassung des § 11 Abs. 2 Satz 3 BewG entspricht. Der Liquidationswert kann dagegen nur dann relevant werden, wenn der Erwerber beabsichtigt, das Unternehmen zu zerschlagen.

30

a 2) Soweit der Beklagte hiervon ausgehend im Streitfall positive Substanzwerte der Unternehmen in Höhe von 536.679,70 € (K GmbH M) bzw. in Höhe von 30.538,91 € (K GmbH K) ermittelt hat, lässt dies keine durchgreifenden Rechtsfehler erkennen.

31

Der Beklagte ist für die Ermittlung der Substanzwerte in nicht zu beanstandender Weise von Ziff. B. 2.2 des Leitfadens der Oberfinanzdirektionen Münster und Rheinland vom 15. November 2007 ausgegangen, wonach sich der Substanzwert eines Unternehmens grundsätzlich aus dem Eigenkapital lt. Handelsbilanz / Steuerbilanz, erhöht um die stillen Reserven, ergibt. Der Einwand der Kläger, nach den vorgelegten Bilanzen zum 31. Dezember 2007 "zu Zerschlagungswerten" (Bl. 149, 152 d. ESt-Akten, Bd. VI) hätten die Sachanlagen nur einen unter dem Buchwert liegenden Verkehrswert von 35.000,00 € (K GmbH M; statt 69.861,51 €, vgl. Bilanzakten, Bd. VII) bzw. von 500,00 € (K GmbH K; statt 913,60 €, vgl. Bilanzakten, Bd. III) gehabt, kann als zutreffend unterstellt werden, ohne dass sich hierdurch an der Werthaltigkeit der Unternehmen etwas ändert. Die lt. den Bilanzen "zu Zerschlagungswerten" vom Buchwert abweichende Bewertung der Vorräte beruht ebenso wie der Ansatz von Rückstellungen für Arbeitnehmerabfindungen auf der im Streitfall nicht zutreffenden Prämisse, dass die Unternehmen liquidiert werden müssen, und kann daher nicht zugrunde gelegt werden. Im Übrigen haben die Kläger gegen die Substanzwertermittlung des Beklagten keine erheblichen Einwendungen vorgebracht, so dass von den ermittelten Werten auszugehen ist.

32

b) Vorsorglich weist der Senat darauf hin, dass die Klage selbst dann keinen Erfolg hätte, wenn die übertragenen Geschäftsanteile – entgegen den vorstehenden Ausführungen – als wertlos anzusehen wären.

33

Werden Geschäftsanteile unter fremden Dritten ohne Gegenleistung bzw. zu einem nur symbolischen Kaufpreis übertragen, liegt zwar gleichwohl im Regelfall eine Veräußerung i.S. von § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG vor, wenn die Geschäftsanteile zum Zeitpunkt der Übertragung wertlos waren (BFH, Urteil vom 18. August 1992, VIII R 13/90, BStBl II 1993, 34). Dies gilt jedoch nicht ohne weiteres in gleicher Weise für Übertragungen unter Familienangehörigen. Denn anders als bei fremden Dritten kann bei nahen Angehörigen der Grund für die fehlende Entgeltsvereinbarung auch in den persönlichen Beziehungen zwischen den Beteiligten liegen (vgl. BFH, Urteil vom 18. August 1992, aaO, in den Entscheidungsgründen Ziff. 2 a.E.). Dementsprechend wird z.B. bei der Übertragung eines Betriebes oder eines Gesellschaftsanteils von Eltern auf Kinder gegen wiederkehrende Leistungen widerlegbar vermutet, dass Leistung und Gegenleistung nicht wie unter Fremden nach kaufmännischen Gesichtspunkten abgewogen wurden, sondern vielmehr die Rente unabhängig vom Wert der übertragenen Vermögenswerte nach dem Versorgungsbedürfnis der Eltern und/oder nach der Ertragskraft des übertragenen Vermögens bemessen worden ist und insofern familiären, außerbetrieblichen Charakter hat (BFH, Urteil vom 3. Juni 1992, X R 14/89, BStBl II 1993, 23; FG München, Urteil vom 20. September 2006, 6 K 3686/04, in juris). Die Übertragung von wertlosen Geschäftsanteilen unter nahen Angehörigen ohne Gegenleistung kann deshalb nur dann als entgeltlich beurteilt werden, wenn sich nach dem Gesamtbild der Umstände feststellen lässt, dass der Grund für die fehlende Entgeltsvereinbarung ausschließlich in der Wertlosigkeit der übertragenen Anteile liegt sowie Anhaltspunkte für eine unentgeltliche Zuwendung nicht vorliegen (vgl. FG Baden-Württemberg, Urteil vom 28. November 2003, 2 K 148/99, EFG 2005, 105; FG des Saarlandes, Urteil vom 24. Mai 2005, 1 K 25/01, FGReport 2005, 57).

34

Der Senat geht davon aus, dass die – vermeintliche – Wertlosigkeit der Geschäftsanteile im Streitfall nicht dafür ausschlaggebend war, dass die Vertragsparteien kein Entgelt für deren Übertragung vereinbart haben, sondern vielmehr deren persönliche Beziehungen der Grund für die fehlende Entgeltsvereinbarung waren. Dafür spricht, dass Leistung und Gegenleistung erkennbar nicht in kaufmännischer Weise gegeneinander abgewogen wurden. Insbesondere lassen sich weder dem Sachvortrag der Kläger noch den Akten Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass der Wert der Unternehmen vor der Anteilsübertragung ermittelt wurde. Die Vertragsparteien sind damit nicht in einer Weise verfahren, wie dies unter fremden Dritten üblich gewesen wäre. Wird ein Veräußerungsverlust nach § 17 EStG aufgrund eines Vertrages unter nahen Angehörigen geltend gemacht, so ist auch auf diesen Vertrag die Rechtsprechung des BFH zu den Angehörigenverträgen anwendbar. Bei Aufwendungen aufgrund eines Vertrages zwischen nahen Angehörigen ist von einer Veranlassung durch die Einkunftserzielung und nicht durch die persönlichen Beziehungen zwischen den Beteiligten daher grundsätzlich nur auszugehen, wenn die Vereinbarung in der gesetzlich vorgeschriebenen Form zustande gekommen ist und sowohl die inhaltliche Gestaltung als auch die tatsächliche Durchführung des Vereinbarten dem zwischen Fremden Üblichen entsprechen (FG des Saarlandes, Urteil vom 23. Oktober 2007, 1 K 2346/98, in juris). Unter fremden Dritten erscheint aber auch nicht denkbar, dass der Alleingesellschafter einer Kapitalgesellschaft einen Betrag in Höhe von rd. 1,14 Mio. € in diese einzahlt, um seine Geschäftsanteile unmittelbar im Anschluss hieran zu einem Kaufpreis von 1 € zu veräußern.

35

Die Klage war nach alledem mit der Kostenfolge des § 135 Abs. 1 FGO abzuweisen.

36

Die Revision war gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO wegen der höchstrichterlich bisher nicht geklärten Rechtsfrage zuzulassen, nach welcher Methode der gemeine Wert nicht börsennotierter Anteile an Kapitalgesellschaften in den Veranlagungszeiträumen 2007 und 2008 für ertragsteuerliche Zwecke geschätzt werden kann bzw. ob und gegebenenfalls in welcher Weise – als Liquidations- oder als Fortführungswert – der Substanzwert als Wertuntergrenze zu berücksichtigen ist.

Tatbestand

1

I. Die Beteiligten streiten darüber, ob Übertragungen von GmbH-Gesellschaftsanteilen vom Vater auf die Kinder zu steuerlich beachtlichen Veräußerungsverlusten geführt haben oder mangels Entgeltlichkeit nicht unter § 17 des Einkommensteuergesetzes (EStG) fallen.

2

Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind Eheleute. Der Kläger war Alleingesellschafter der A-GmbH und der B-GmbH. Mit Verträgen vom 19. Dezember 2007 übertrug der Kläger sämtliche Geschäftsanteile an der A-GmbH auf seinen Sohn und sämtliche Geschäftsanteile an der B-GmbH auf seine Tochter. Der Kaufpreis betrug jeweils 1 €. In den Verträgen heißt es dazu, der Kaufpreis trage der dauerhaften Ertraglosigkeit der Gesellschaften Rechnung. Der Gewinn des laufenden Geschäftsjahres sollte dem jeweiligen Käufer zustehen.

3

Beide Gesellschaften hatten in den fünf vor der Veräußerung abgeschlossenen Wirtschaftsjahren jeweils nur Verluste erzielt. Kurz vor Übertragung der Geschäftsanteile hatte der Kläger in die A-GmbH … € und in die B-GmbH … € verdeckt eingelegt und dazu vorgetragen, die Zahlungen hätten dem Ausgleich der verlustbedingt angesammelten Bankverbindlichkeiten gedient und wären in jedem Fall verloren gewesen. Unter Berücksichtigung dieser Einlagen als nachträglicher Anschaffungskosten ermittelte der Kläger aus der Veräußerung der A-GmbH einen Verlust von … € und aus der Veräußerung der B-GmbH einen Verlust von … €.

4

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) berücksichtigte die Verluste nicht und führte zur Begründung aus, die Anteile seien unentgeltlich übertragen worden (Einkommensteuerbescheid für 2007 vom 5. Februar 2010). Der Einspruch blieb erfolglos. In der Einspruchsentscheidung vom 5. Oktober 2010 bezifferte das FA den Substanzwert der Anteile entsprechend dem bilanziellen Eigenkapital und unter Berücksichtigung der geleisteten Einlagen für die A-GmbH auf … € und für die B-GmbH auf … €.

5

Das Finanzgericht (FG) hat die Klage abgewiesen. Mit der Revision rügen die Kläger die Verletzung materiellen Rechts bei der Bewertung der übertragenen Geschäftsanteile. In der mündlichen Verhandlung haben die Kläger u.a. vorgetragen, der Ansatz des Substanzwerts als Untergrenze bei der Unternehmensbewertung verstoße gegen geltendes Recht (§ 11 Abs. 2 des Bewertungsgesetzes in der im Streitfall anwendbaren Fassung). Er verstoße außerdem gegen Denk- und Erfahrungssätze und sei weder anerkannt noch im Geschäftsleben üblich. Beim Verkauf dauernder Verlustquellen sei es vielmehr üblich, dass der Verkäufer dem Käufer Geld dazu gebe. Das habe der Kläger hier mit Rücksicht auf die Arbeitsplätze und die familiären Beziehungen ebenfalls getan.

6

Die Kläger beantragen,
das angefochtene Urteil aufzuheben und den Einkommensteuerbescheid vom 5. Februar 2010 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 5. Oktober 2010 dahingehend zu ändern, dass der Besteuerung negative Einkünfte (des Klägers) aus Gewerbebetrieb in Höhe von … € zugrunde gelegt werden.

7

Das FA beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

8

II. Die Revision ist unbegründet und deshalb zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das FG hat rechtsfehlerfrei erkannt, dass die Anteilsübertragungen nicht entgeltlich und deshalb keine Veräußerungen waren.

9

1. Nach § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG gehört zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb auch der Gewinn aus der Veräußerung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft.

10

a) Veräußerung ist die Übertragung von Anteilen gegen Entgelt (ständige Rechtsprechung vgl. nur Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 1. August 1996 VIII R 4/92, BFH/NV 1997, 215, und Senatsurteil vom 7. Juli 2011 IX R 2/10, BFHE 234, 199, BStBl II 2012, 20). Der Erwerber muss grundsätzlich eine Gegenleistung erbringen. Eine Veräußerung kann allerdings auch vorliegen, wenn ein Entgelt nicht oder lediglich in symbolischer Höhe von z.B. 1 € vereinbart und geleistet wird. Das ist der Fall, wenn der übertragene Anteil sowohl in den Augen der Vertragsparteien als auch objektiv wertlos ist (ständige Rechtsprechung BFH-Urteile vom 5. März 1991 VIII R 163/86, BFHE 164, 50, BStBl II 1991, 630; vom 18. August 1992 VIII R 13/90, BFHE 169, 90, BStBl II 1993, 34; vom 18. August 1992 VIII R 90/89, BFH/NV 1993, 158; vom 6. April 2011 IX R 61/10, BFHE 233, 446, BStBl II 2012, 8).

11

b) Ob in einem solchen Fall eine Veräußerung (ohne Entgelt) oder eine Schenkung (ohne Bereicherung) vorliegt, richtet sich nach dem Gesamtbild der objektiven Umstände sowie dem Willen und den Vorstellungen der Parteien (BFH-Urteil in BFHE 164, 50, BStBl II 1991, 630; BFH-Beschluss vom 4. August 2008 IX B 85/08, juris). Bei der Übertragung eines wertlosen GmbH-Anteils ohne Entgelt zwischen fremden Dritten ist in der Regel eine Veräußerung anzunehmen (BFH-Urteile in BFHE 169, 90, BStBl II 1993, 34; in BFH/NV 1997, 215). Diese Vermutung hat jedoch keine Grundlage für Verträge zwischen einander nahestehenden Personen, denn bei ihnen kann nicht unterstellt werden, dass sie Leistung und Gegenleistung im Regelfall nach kaufmännischen Gesichtspunkten ausgehandelt haben.

12

c) Haben einander nahestehende Personen für die Übertragung eines Anteils keinen oder lediglich einen symbolischen Kaufpreis vereinbart, kann eine Veräußerung (ohne Gegenleistung) nur angenommen werden, wenn feststeht, dass der übertragene Anteil sowohl in den Augen der Vertragsparteien als auch objektiv wertlos ist. Dies erfordert im Regelfall eine Bewertung des Anteils.

13

d) Nach der Rechtsprechung des BFH ist die Feststellung der Wertlosigkeit eines Anteils eine Schlussfolgerung aus Tatsachen, die allein dem FG als Tatsacheninstanz obliegt (BFH-Urteil in BFH/NV 1997, 215). In diesem Zusammenhang hat der BFH bislang keine rechtlichen Vorgaben dazu gemacht, welche Tatsachen das FG gegebenenfalls feststellen muss, welche Schlüsse es daraus ziehen darf (BFH-Beschluss vom 30. November 1994 VIII B 28/94, BFH/NV 1995, 386) und nach welcher Methode der Wert eines Anteils zu bestimmen ist. Entscheidend kommt es vielmehr auf die Umstände des Einzelfalls an (BFH-Urteil in BFH/NV 1997, 215).

14

2. Nach diesen Maßstäben, zu deren Fortentwicklung der vorliegende Fall keine Veranlassung bietet, ist die Vorentscheidung nicht zu beanstanden.

15

a) Ohne Rechtsverstoß ist das FG zu der Überzeugung gelangt, dass die übertragenen Geschäftsanteile nicht wertlos waren. Es hat dies zum einen aus Vertragsformulierungen geschlossen, die darauf hindeuten, dass nach der Vorstellung der Vertragsparteien beide Unternehmen fortgeführt werden sollten. Dass dies beabsichtigt war und auch so geschehen ist, wird auch von den Klägern nicht in Abrede gestellt. Das FG hat deshalb eine Bewertung mit den Zerschlagungswerten im Streitfall abgelehnt. Es hat weiter berücksichtigt, dass der Kläger beide Gesellschaften durch hohe Bareinlagen kurz vor der Übertragung im Außenverhältnis weitgehend entschuldet und dadurch zugleich eine bestehende bilanzielle Überschuldung beseitigt hat. Dabei hat es in Anlehnung an die Beurteilung durch das FA den positiven Substanzwert der Unternehmen (in Höhe des bilanziellen Eigenkapitals) als Indiz für eine Werthaltigkeit der Anteile im Streitfall höher bewertet als die unstreitig in beiden Unternehmen anhaltende negative Ertragssituation.

16

b) Diese Würdigung ist zumindest möglich. Sie bindet den Senat deshalb in tatsächlicher Hinsicht (§ 118 Abs. 2 FGO). Es liegt insbesondere weder ein Verstoß gegen Denkgesetze noch gegen Erfahrungssätze vor. Die von den Klägern begehrte höchstrichterliche Aussage, dass eine Berücksichtigung des Substanzwerts bei der Bewertung von Unternehmen generell außer Betracht bleiben müsse, hat weder den Charakter eines Denkgesetzes noch eines Erfahrungssatzes. Es entspricht im Übrigen der Rechtsprechung des BFH, dass der Substanzwert bei der Bewertung von Unternehmen nicht generell unbeachtlich ist (vgl. BFH-Urteile vom 15. September 2004 I R 7/02, BFHE 207, 429, BStBl II 2005, 867, und vom 19. August 2009 III R 79/07, BFH/NV 2010, 610).

17

c) Eine andere Bewertung hätten die Kläger vor dem FG nur erreichen können, wenn sie ihre Behauptung, dass beide Gesellschaften wegen anhaltender Verluste für einen Erwerber mit Null anzusetzen waren, substantiiert und nachvollziehbar (z.B. durch ein unabhängiges Sachverständigengutachten) dargelegt hätten. Die allgemeine Aussage, dass dauernde Verluste für eine Bewertung mit Null sprechen, ersetzt nicht den konkreten Vortrag, dass dies auch im Einzelfall so ist. Da das FG nicht festgestellt hat, dass eine Bewertung der übertragenen Gesellschaftsanteile nach Ertragswertgrundsätzen zu einer Bewertung mit Null geführt hätte, bedarf es keiner Entscheidung, ob der Ansatz des Substanzwerts als Untergrenze bei der Unternehmensbewertung rechtsfehlerhaft ist.

18

3. Da die Hauptbegründung des Urteils Bestand hat, muss der Senat nicht entscheiden, ob er sich auch der Hilfsbegründung des FG anschließen könnte. Im Ausgangspunkt zutreffend ist das FG allerdings davon ausgegangen, dass auch Verträge über Anteilsveräußerungen i.S. des § 17 EStG dem Fremdvergleich unterliegen, wenn sie unter einander nahestehenden Personen geschlossen werden (BFH-Urteil vom 6. Oktober 2009 IX R 4/09, BFH/NV 2010, 623). Fraglich ist indes, ob die zu beurteilenden Verträge, wie das FG meint, schon deshalb nicht fremdüblich sind, weil die Beteiligten davon abgesehen haben, die Unternehmen vor der Übertragung sachverständig bewerten zu lassen. Insoweit kann aber jedenfalls nicht unwiderleglich von der fehlenden Fremdüblichkeit auf die Unentgeltlichkeit der Übertragung geschlossen werden. Vielmehr muss es den Beteiligten auch in einem solchen Fall möglich sein nachträglich darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen, dass der übertragene Anteil wertlos war.

19

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.

(1) Wertpapiere und Schuldbuchforderungen, die am Stichtag an einer deutschen Börse zum Handel im regulierten Markt zugelassen sind, werden mit dem niedrigsten am Stichtag für sie im regulierten Markt notierten Kurs angesetzt. Liegt am Stichtag eine Notierung nicht vor, so ist der letzte innerhalb von 30 Tagen vor dem Stichtag im regulierten Markt notierte Kurs maßgebend. Entsprechend sind die Wertpapiere zu bewerten, die in den Freiverkehr einbezogen sind.

(2) Anteile an Kapitalgesellschaften, die nicht unter Absatz 1 fallen, sind mit dem gemeinen Wert anzusetzen. Lässt sich der gemeine Wert nicht aus Verkäufen unter fremden Dritten ableiten, die weniger als ein Jahr zurückliegen, so ist er unter Berücksichtigung der Ertragsaussichten der Kapitalgesellschaft oder einer anderen anerkannten, auch im gewöhnlichen Geschäftsverkehr für nichtsteuerliche Zwecke üblichen Methode zu ermitteln; dabei ist die Methode anzuwenden, die ein Erwerber der Bemessung des Kaufpreises zu Grunde legen würde. Die Summe der gemeinen Werte der zum Betriebsvermögen gehörenden Wirtschaftsgüter und sonstigen aktiven Ansätze abzüglich der zum Betriebsvermögen gehörenden Schulden und sonstigen Abzüge (Substanzwert) der Gesellschaft darf nicht unterschritten werden; die §§ 99 und 103 sind anzuwenden. Die §§ 199 bis 203 sind zu berücksichtigen.

(2a) (weggefallen)

(3) Ist der gemeine Wert einer Anzahl von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft, die einer Person gehören, infolge besonderer Umstände (z. B. weil die Höhe der Beteiligung die Beherrschung der Kapitalgesellschaft ermöglicht) höher als der Wert, der sich auf Grund der Kurswerte (Absatz 1) oder der gemeinen Werte (Absatz 2) für die einzelnen Anteile insgesamt ergibt, so ist der gemeine Wert der Beteiligung maßgebend.

(4) Anteile oder Aktien, die Rechte an einem Investmentvermögen im Sinne des Kapitalanlagegesetzbuchs verbriefen, sind mit dem Rücknahmepreis anzusetzen.

Für die Wertermittlung ist, soweit in diesem Gesetz nichts anderes bestimmt ist, der Zeitpunkt der Entstehung der Steuer maßgebend.

(1) Die Steuer entsteht

1.
bei Erwerben von Todes wegen mit dem Tode des Erblassers, jedoch
a)
für den Erwerb des unter einer aufschiebenden Bedingung, unter einer Betagung oder Befristung Bedachten sowie für zu einem Erwerb gehörende aufschiebend bedingte, betagte oder befristete Ansprüche mit dem Zeitpunkt des Eintritts der Bedingung oder des Ereignisses,
b)
für den Erwerb eines geltend gemachten Pflichtteilsanspruchs mit dem Zeitpunkt der Geltendmachung,
c)
im Fall des § 3 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 mit dem Zeitpunkt der Anerkennung der Stiftung als rechtsfähig und im Fall des § 3 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 mit dem Zeitpunkt der Bildung oder Ausstattung der Vermögensmasse,
d)
in den Fällen des § 3 Abs. 2 Nr. 2 mit dem Zeitpunkt der Vollziehung der Auflage oder der Erfüllung der Bedingung,
e)
in den Fällen des § 3 Abs. 2 Nr. 3 mit dem Zeitpunkt der Genehmigung,
f)
in den Fällen des § 3 Absatz 2 Nummer 4 mit dem Zeitpunkt des Verzichts, der Ausschlagung, der Zurückweisung oder der Erklärung über das Nichtgeltendmachen,
g)
im Fall des § 3 Abs. 2 Nr. 5 mit dem Zeitpunkt der Vereinbarung über die Abfindung,
h)
für den Erwerb des Nacherben mit dem Zeitpunkt des Eintritts der Nacherbfolge,
i)
im Fall des § 3 Abs. 2 Nr. 6 mit dem Zeitpunkt der Übertragung der Anwartschaft,
j)
im Fall des § 3 Abs. 2 Nr. 7 mit dem Zeitpunkt der Geltendmachung des Anspruchs;
2.
bei Schenkungen unter Lebenden mit dem Zeitpunkt der Ausführung der Zuwendung;
3.
bei Zweckzuwendungen mit dem Zeitpunkt des Eintritts der Verpflichtung des Beschwerten;
4.
in den Fällen des § 1 Abs. 1 Nr. 4 in Zeitabständen von je 30 Jahren seit dem Zeitpunkt des ersten Übergangs von Vermögen auf die Stiftung oder auf den Verein. Fällt bei Stiftungen oder Vereinen der Zeitpunkt des ersten Übergangs von Vermögen auf den 1. Januar 1954 oder auf einen früheren Zeitpunkt, entsteht die Steuer erstmals am 1. Januar 1984. Bei Stiftungen und Vereinen, bei denen die Steuer erstmals am 1. Januar 1984 entsteht, richtet sich der Zeitraum von 30 Jahren nach diesem Zeitpunkt.

(2) In den Fällen der Aussetzung der Versteuerung nach § 25 Abs. 1 Buchstabe a gilt die Steuer für den Erwerb des belasteten Vermögens als mit dem Zeitpunkt des Erlöschens der Belastung entstanden.

(1)1Bei Gewerbetreibenden, die auf Grund gesetzlicher Vorschriften verpflichtet sind, Bücher zu führen und regelmäßig Abschlüsse zu machen, oder die ohne eine solche Verpflichtung Bücher führen und regelmäßig Abschlüsse machen, ist für den Schluss des Wirtschaftsjahres das Betriebsvermögen anzusetzen (§ 4 Absatz 1 Satz 1), das nach den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung auszuweisen ist, es sei denn, im Rahmen der Ausübung eines steuerlichen Wahlrechts wird oder wurde ein anderer Ansatz gewählt.2Voraussetzung für die Ausübung steuerlicher Wahlrechte ist, dass die Wirtschaftsgüter, die nicht mit dem handelsrechtlich maßgeblichen Wert in der steuerlichen Gewinnermittlung ausgewiesen werden, in besondere, laufend zu führende Verzeichnisse aufgenommen werden.3In den Verzeichnissen sind der Tag der Anschaffung oder Herstellung, die Anschaffungs- oder Herstellungskosten, die Vorschrift des ausgeübten steuerlichen Wahlrechts und die vorgenommenen Abschreibungen nachzuweisen.

(1a)1Posten der Aktivseite dürfen nicht mit Posten der Passivseite verrechnet werden.2Die Ergebnisse der in der handelsrechtlichen Rechnungslegung zur Absicherung finanzwirtschaftlicher Risiken gebildeten Bewertungseinheiten sind auch für die steuerliche Gewinnermittlung maßgeblich.

(2) Für immaterielle Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens ist ein Aktivposten nur anzusetzen, wenn sie entgeltlich erworben wurden.

(2a) Für Verpflichtungen, die nur zu erfüllen sind, soweit künftig Einnahmen oder Gewinne anfallen, sind Verbindlichkeiten oder Rückstellungen erst anzusetzen, wenn die Einnahmen oder Gewinne angefallen sind.

(3)1Rückstellungen wegen Verletzung fremder Patent-, Urheber- oder ähnlicher Schutzrechte dürfen erst gebildet werden, wenn

1.
der Rechtsinhaber Ansprüche wegen der Rechtsverletzung geltend gemacht hat oder
2.
mit einer Inanspruchnahme wegen der Rechtsverletzung ernsthaft zu rechnen ist.
2Eine nach Satz 1 Nummer 2 gebildete Rückstellung ist spätestens in der Bilanz des dritten auf ihre erstmalige Bildung folgenden Wirtschaftsjahres gewinnerhöhend aufzulösen, wenn Ansprüche nicht geltend gemacht worden sind.

(4) Rückstellungen für die Verpflichtung zu einer Zuwendung anlässlich eines Dienstjubiläums dürfen nur gebildet werden, wenn das Dienstverhältnis mindestens zehn Jahre bestanden hat, das Dienstjubiläum das Bestehen eines Dienstverhältnisses von mindestens 15 Jahren voraussetzt, die Zusage schriftlich erteilt ist und soweit der Zuwendungsberechtigte seine Anwartschaft nach dem 31. Dezember 1992 erwirbt.

(4a)1Rückstellungen für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften dürfen nicht gebildet werden.2Das gilt nicht für Ergebnisse nach Absatz 1a Satz 2.

(4b)1Rückstellungen für Aufwendungen, die in künftigen Wirtschaftsjahren als Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines Wirtschaftsguts zu aktivieren sind, dürfen nicht gebildet werden.2Rückstellungen für die Verpflichtung zur schadlosen Verwertung radioaktiver Reststoffe sowie ausgebauter oder abgebauter radioaktiver Anlagenteile dürfen nicht gebildet werden, soweit Aufwendungen im Zusammenhang mit der Bearbeitung oder Verarbeitung von Kernbrennstoffen stehen, die aus der Aufarbeitung bestrahlter Kernbrennstoffe gewonnen worden sind und keine radioaktiven Abfälle darstellen.

(5)1Als Rechnungsabgrenzungsposten sind nur anzusetzen

1.
auf der Aktivseite Ausgaben vor dem Abschlussstichtag, soweit sie Aufwand für eine bestimmte Zeit nach diesem Tag darstellen;
2.
auf der Passivseite Einnahmen vor dem Abschlussstichtag, soweit sie Ertrag für eine bestimmte Zeit nach diesem Tag darstellen.
2Der Ansatz eines Rechnungsabgrenzungspostens kann unterbleiben, wenn die jeweilige Ausgabe oder Einnahme im Sinne des Satzes 1 den Betrag des § 6 Absatz 2 Satz 1 nicht übersteigt; das Wahlrecht ist einheitlich für alle Ausgaben und Einnahmen im Sinne des Satzes 1 auszuüben.3Auf der Aktivseite sind ferner anzusetzen
1.
als Aufwand berücksichtigte Zölle und Verbrauchsteuern, soweit sie auf am Abschlussstichtag auszuweisende Wirtschaftsgüter des Vorratsvermögens entfallen,
2.
als Aufwand berücksichtigte Umsatzsteuer auf am Abschlussstichtag auszuweisende Anzahlungen.

(6) Die Vorschriften über die Entnahmen und die Einlagen, über die Zulässigkeit der Bilanzänderung, über die Betriebsausgaben, über die Bewertung und über die Absetzung für Abnutzung oder Substanzverringerung sind zu befolgen.

(7)1Übernommene Verpflichtungen, die beim ursprünglich Verpflichteten Ansatzverboten, -beschränkungen oder Bewertungsvorbehalten unterlegen haben, sind zu den auf die Übernahme folgenden Abschlussstichtagen bei dem Übernehmer und dessen Rechtsnachfolger so zu bilanzieren, wie sie beim ursprünglich Verpflichteten ohne Übernahme zu bilanzieren wären.2Dies gilt in Fällen des Schuldbeitritts oder der Erfüllungsübernahme mit vollständiger oder teilweiser Schuldfreistellung für die sich aus diesem Rechtsgeschäft ergebenden Verpflichtungen sinngemäß.3Satz 1 ist für den Erwerb eines Mitunternehmeranteils entsprechend anzuwenden.4Wird eine Pensionsverpflichtung unter gleichzeitiger Übernahme von Vermögenswerten gegenüber einem Arbeitnehmer übernommen, der bisher in einem anderen Unternehmen tätig war, ist Satz 1 mit der Maßgabe anzuwenden, dass bei der Ermittlung des Teilwertes der Verpflichtung der Jahresbetrag nach § 6a Absatz 3 Satz 2 Nummer 1 so zu bemessen ist, dass zu Beginn des Wirtschaftsjahres der Übernahme der Barwert der Jahresbeträge zusammen mit den übernommenen Vermögenswerten gleich dem Barwert der künftigen Pensionsleistungen ist; dabei darf sich kein negativer Jahresbetrag ergeben.5Für einen Gewinn, der sich aus der Anwendung der Sätze 1 bis 3 ergibt, kann jeweils in Höhe von vierzehn Fünfzehntel eine gewinnmindernde Rücklage gebildet werden, die in den folgenden 14 Wirtschaftsjahren jeweils mit mindestens einem Vierzehntel gewinnerhöhend aufzulösen ist (Auflösungszeitraum).6Besteht eine Verpflichtung, für die eine Rücklage gebildet wurde, bereits vor Ablauf des maßgebenden Auflösungszeitraums nicht mehr, ist die insoweit verbleibende Rücklage erhöhend aufzulösen.

(1) Rückstellungen sind für ungewisse Verbindlichkeiten und für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften zu bilden. Ferner sind Rückstellungen zu bilden für

1.
im Geschäftsjahr unterlassene Aufwendungen für Instandhaltung, die im folgenden Geschäftsjahr innerhalb von drei Monaten, oder für Abraumbeseitigung, die im folgenden Geschäftsjahr nachgeholt werden,
2.
Gewährleistungen, die ohne rechtliche Verpflichtung erbracht werden.

(2) Für andere als die in Absatz 1 bezeichneten Zwecke dürfen Rückstellungen nicht gebildet werden. Rückstellungen dürfen nur aufgelöst werden, soweit der Grund hierfür entfallen ist.

(1) Schulden und sonstige Abzüge, die nach § 95 Abs. 1 zum Betriebsvermögen gehören, werden vorbehaltlich des Absatzes 3 berücksichtigt, soweit sie mit der Gesamtheit oder einzelnen Teilen des Betriebsvermögens im Sinne dieses Gesetzes in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen.

(2) Weist ein Gesellschafter in der Steuerbilanz Gewinnansprüche gegen eine von ihm beherrschte Gesellschaft aus, ist bei dieser ein Schuldposten in entsprechender Höhe abzuziehen.

(3) Rücklagen sind nur insoweit abzugsfähig, als ihr Abzug bei der Bewertung des Betriebsvermögens für Zwecke der Erbschaftsteuer durch Gesetz ausdrücklich zugelassen ist.

(1) Bestehen zwischen den handelsrechtlichen Wertansätzen von Vermögensgegenständen, Schulden und Rechnungsabgrenzungsposten und ihren steuerlichen Wertansätzen Differenzen, die sich in späteren Geschäftsjahren voraussichtlich abbauen, so ist eine sich daraus insgesamt ergebende Steuerbelastung als passive latente Steuern (§ 266 Abs. 3 E.) in der Bilanz anzusetzen. Eine sich daraus insgesamt ergebende Steuerentlastung kann als aktive latente Steuern (§ 266 Abs. 2 D.) in der Bilanz angesetzt werden. Die sich ergebende Steuerbe- und die sich ergebende Steuerentlastung können auch unverrechnet angesetzt werden. Steuerliche Verlustvorträge sind bei der Berechnung aktiver latenter Steuern in Höhe der innerhalb der nächsten fünf Jahre zu erwartenden Verlustverrechnung zu berücksichtigen.

(2) Die Beträge der sich ergebenden Steuerbe- und -entlastung sind mit den unternehmensindividuellen Steuersätzen im Zeitpunkt des Abbaus der Differenzen zu bewerten und nicht abzuzinsen. Die ausgewiesenen Posten sind aufzulösen, sobald die Steuerbe- oder -entlastung eintritt oder mit ihr nicht mehr zu rechnen ist. Der Aufwand oder Ertrag aus der Veränderung bilanzierter latenter Steuern ist in der Gewinn- und Verlustrechnung gesondert unter dem Posten „Steuern vom Einkommen und vom Ertrag“ auszuweisen.

(1) Schulden und sonstige Abzüge, die nach § 95 Abs. 1 zum Betriebsvermögen gehören, werden vorbehaltlich des Absatzes 3 berücksichtigt, soweit sie mit der Gesamtheit oder einzelnen Teilen des Betriebsvermögens im Sinne dieses Gesetzes in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen.

(2) Weist ein Gesellschafter in der Steuerbilanz Gewinnansprüche gegen eine von ihm beherrschte Gesellschaft aus, ist bei dieser ein Schuldposten in entsprechender Höhe abzuziehen.

(3) Rücklagen sind nur insoweit abzugsfähig, als ihr Abzug bei der Bewertung des Betriebsvermögens für Zwecke der Erbschaftsteuer durch Gesetz ausdrücklich zugelassen ist.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 40/09 Verkündet am:
9. Februar 2011
Breskic,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja

a) Der Goodwill einer freiberuflichen Praxis ist als immaterieller Vermögenswert grundsätzlich
in den Zugewinnausgleich einzubeziehen.

b) Bei der Bemessung eines solchen Goodwill ist im Rahmen der modifizierten Ertragswertmethode
ein Unternehmerlohn abzusetzen, der sich an den individuellen Verhältnissen
des Inhabers orientiert.

c) Die stichtagsbezogene Bewertung einer Inhaberpraxis im Zugewinnausgleich setzt eine
Verwertbarkeit der Praxis voraus. Deswegen sind bereits bei der stichtagsbezogenen
Bewertung dieses Endvermögens latente Ertragssteuern abzusetzen, und zwar unabhängig
davon, ob eine Veräußerung tatsächlich beabsichtigt ist.

d) Die Berücksichtigung eines Goodwills im Zugewinnausgleich verstößt nicht gegen das
Doppelverwertungsverbot, weil er den am Stichtag vorhandenen immateriellen Vermögenswert
unter Ausschluss der konkreten Arbeitsleistung des Inhabers betrifft, während
der Unterhaltsanspruch auf der Arbeitsleistung des Inhabers und weiteren Vermögenserträgen
beruht.
BGH, Urteil vom 9. Februar 2011 - XII ZR 40/09 - OLG Hamm
AG Halle (Westf.)
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 9. Februar 2011 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne, die Richterin
Weber-Monecke und die Richter Dose, Schilling und Dr. Günter

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 1. Senats für Familiensachen des Oberlandesgerichts Hamm vom 15. Januar 2009 wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Parteien streiten noch über den Zugewinnausgleich. Ihre am 18. Dezember 1987 geschlossene Ehe wurde auf den am 13. April 1999 zugestellten Scheidungsantrag durch Verbundurteil vom 15. Juli 2003 rechtskräftig geschieden. Zugleich wurde das Sorgerecht für die beiden gemeinsamen Kinder der Klägerin übertragen und über den Versorgungsausgleich entschieden. Die Folgesachen nachehelicher Ehegattenunterhalt und Zugewinnausgleich hatte das Amtsgericht zuvor abgetrennt. Mit rechtskräftigem Urteil vom 4. Mai 2006 hat es den Beklagten verurteilt, an die Klägerin nachehelichen Unterhalt zu zahlen.
2
Der Beklagte ist Zahnarzt und betreibt mit einem Kollegen eine Gemeinschaftspraxis. Ohne den Wert dieses Praxisanteils verfügte er bei Zustellung des Scheidungsantrags über ein positives Endvermögen in Höhe von 1.773.966,91 DM. Unter Berücksichtigung seines negativen Endvermögens in Höhe von 1.643.109,15 DM betrug das Endvermögen - vorbehaltlich eines zusätzlichen Wertes des Praxisanteils - 130.857,76 DM. Abzüglich eines indexierten Anfangsvermögens des Beklagten in Höhe von 94.925,64 DM ergab sich ein Zugewinn des Beklagten in Höhe von 35.932,12 DM. Den Wert des Praxisanteils hat das Oberlandesgericht mit 321.157 DM bemessen.
3
Die Klägerin erzielte in der Ehezeit einen Zugewinn in Höhe von 169.248,16 DM.
4
Das Amtsgericht hat den Antrag der Klägerin auf Zahlung von Zugewinnausgleich abgewiesen. Es hat kein Anfangsvermögen des Beklagten berücksichtigt , aber wegen des Verbots einer Doppelverwertung gleicher Vermögensmassen im Unterhalt und Zugewinnausgleich auch eine Berücksichtigung des Wertes des Praxisanteils im Endvermögen des Beklagten abgelehnt. Auf die Berufung der Klägerin hat das Oberlandesgericht, das diese beiden Positionen abweichend beurteilt und eine aufrechenbare Gegenforderung des Beklagten abgelehnt hat, den Beklagten verurteilt, an die Klägerin einen Zugewinnausgleich in Höhe von (93.920,48 DM =) 48.020,78 € nebst Zinsen zu zahlen. Dagegen richtet sich die vom Oberlandesgericht zugelassene Revision des Beklagten.

Entscheidungsgründe:

5
Die Revision ist unbegründet.
6
Für das Verfahren ist gemäß Art. 111 Abs. 1 FGG-RG noch das bis Ende August 2009 geltende Prozessrecht anwendbar, weil der Rechtsstreit vor die- sem Zeitpunkt eingeleitet worden ist (vgl. Senatsbeschluss vom 3. November 2010 - XII ZB 197/10 - FamRZ 2011, 100).

I.

7
Das Oberlandesgericht, dessen Entscheidung in OLGR Hamm 2009, 540 veröffentlicht ist, hat dem Antrag auf Zugewinnausgleich teilweise stattgegeben, weil der anteilige Praxiswert des Beklagten im Endvermögen mit 321.157 DM zu berücksichtigen sei. Der Bundesgerichtshof habe in seiner Rechtsprechung die Richtlinie der Bundesärztekammer für die Bewertung von Arztpraxen grundsätzlich als geeignete Bewertungsmethode anerkannt. Danach sei der Substanzwert einer freiberuflichen Praxis nach allgemeinen Grundsätzen festzustellen. Hinzu komme der ideelle Wert, der am sichersten auf der Grundlage des Umsatzes zu ermitteln sei, weil sich daraus am ehesten die Entwicklungschancen beurteilen ließen. Dabei sei auf die Betriebseinnahmen der drei letzten Kalenderjahre vor dem Bewertungsstichtag abzustellen und ein signifikanter Anstieg oder ein signifikantes Abfallen des Jahresumsatzes zusätzlich zu berücksichtigen. Hier seien unter Berücksichtigung aller Umstände nachhaltig realisierbare Betriebseinnahmen in Höhe von 90 % der durchschnittlichen Jahreseinnahmen zu berücksichtigen. Davon seien Kosten, Ausgaben und die Abschreibung abzusetzen. Von dem sich daraus ergebenden Praxisrohgewinn seien Ertragssteuern und ein kalkulatorischer Unternehmerlohn der beiden Inhaber abzusetzen. Der sich so ergebende Ertragswert sei hier mit einem Rentenbarwertfaktor von 2,7620 zu multiplizieren, woraus sich der ideelle Wert der Gemeinschaftspraxis ergebe. Eine solche Methode erscheine grundsätzlich geeignet, über den Substanzwert hinaus den Goodwill einer freiberuflichen Praxis zu ermitteln, soweit dieser übertragbar sei. Die dem Beklagten zurechenba- re Hälfte aus der Summe dieses Goodwills und des Substanzwertes der Praxis sei noch um latente Ertragssteuern zu bereinigen. Die Differenz sei in das Endvermögen des Beklagten einzustellen.
8
Der Goodwill einer freiberuflichen Praxis gründe sich auf immaterielle Faktoren wie Mitarbeiterstamm, günstiger Standort, Art und Zusammensetzung der Patienten, Konkurrenzsituation und ähnliche Faktoren, die regelmäßig auf einen Nachfolger übertragbar seien, aber auch auf Faktoren wie Ruf und Ansehen des Praxisinhabers, die mit dessen Person verknüpft und deshalb grundsätzlich nicht übertragbar seien. Weil der Käufer einer freiberuflichen Praxis oder eines Anteils hieran mit dem Goodwill die Chance erwerbe, die Patienten des bisherigen Praxisinhabers zu übernehmen und auf dem vorhandenen Bestand aufzubauen, komme dem Goodwill in der Regel ein eigener Marktwert zu. Der Sachverständige habe den immateriellen Wert der Zahnarztpraxis zu Recht nach einer bewertenden und deshalb als "modifiziert" bezeichneten Ertragswertmethode bestimmt. Dabei sei dieser bewusst von der pauschalen Methode der Bundesärztekammer abgewichen, zumal diese zu unrealistischen geringen Ergebnissen gelange und die Bundesärztekammer selbst seit Oktober 2008 von ihren Empfehlungen abgerückt sei. Den vom Umsatz abgesetzten kalkulatorischen Arztlohn habe der Sachverständige zutreffend unter Berücksichtigung der wöchentlichen Arbeitszeit der beiden Ärzte ermittelt. Auf der Grundlage eines Tariflohns nach BAT und der festgestellten 34-Stunden-Woche ergebe sich ein Gehalt von 92.355 DM, das wegen des vorhandenen Labors um 50 % zu erhöhen und sodann um pauschale Steuern in Höhe von 35 % herabzusetzen sei. So ergebe sich für jeden der beiden Ärzte ein abzusetzender Unternehmerlohn von rund 90.000 DM.
9
Die Berücksichtigung des um die subjektive Komponente bereinigten, zutreffend ermittelten Goodwills im Endvermögen des Beklagten sei nicht wegen Doppelverwertung ein und derselben Vermögensmasse ausgeschlossen. Sie laufe nicht darauf hinaus, dass künftig zu erzielende Gewinne kapitalisiert und güterrechtlich ausgeglichen würden. Vielmehr werde nur der am Stichtag vorhandene Wert des Praxisanteils erfasst, der sich in der Nutzungsmöglichkeit niederschlage. Künftige Erträge und Nutzungen seien allenfalls Grundlage der Bewertung des Goodwills.
10
Mit der gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sei auch die latente Steuerlast aus einer Verwertung des Praxisanteils zu berücksichtigen. Diese sei auf der Grundlage der Fünftelregelung nach § 34 Abs. 1 EStG zu bemessen.
11
Dem Beklagten stehe kein aufrechenbarer Gegenanspruch aus § 426 Abs. 2 BGB wegen seiner Zahlungen in Höhe von 71.635,80 € auf gemeinsame Verbindlichkeiten während der Trennungszeit zu. Die Zahlungen in der Zeit von April 1998 bis zur Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags im April 1999 seien hier wegen des durchzuführenden Zugewinnausgleichs im Ergebnis neutral, weil ein Ausgleichsanspruch des Beklagten über eine Berücksichtigung im Endvermögen der Parteien zu einem entsprechend höheren Zugewinnausgleich führe. Zahlungen des Beklagten auf gemeinsame Verbindlichkeiten nach Rechtshängigkeit des Scheidungsantrages würden durch den Zugewinnausgleich zwar nicht mehr neutralisiert. Insoweit scheide ein aufrechenbarer Anspruch des Beklagten aber aus, weil seine Tilgungsleistungen bei der Bemessung des Trennungsunterhalts berücksichtigt worden seien, woraus sich eine anderweitige Bestimmung im Sinne des § 426 Abs. 1 BGB ergebe.
12
Das Oberlandesgericht hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen. Zwar entspreche es der Rechtsprechung des Bundesgerichthofs, wenn bei der Bemessung des Goodwills einer freiberuf- lichen Praxis ein kalkulatorischer individueller Unternehmerlohn berücksichtigt werde, der keinerlei Bezug zu den tatsächlichen Einkünften des Praxisinhabers habe. Für die Bewertung seien lediglich die Umsatzerwartung und der dafür zu leistende Aufwand entscheidend. Eine Praxis, die einen gewissen Umsatz schon bei einem Arbeitsaufwand von dreißig Wochenstunden erbringe, sei viel attraktiver als eine, die denselben Umsatz erst mit sechzig Wochenarbeitsstunden ermögliche. Als individueller Unternehmerlohn sei bei der Bewertung des Goodwills auch nicht das konkrete Einkommen des Beklagten abzusetzen, das der Unterhaltsberechnung zugrunde liege. Sonst wäre der Goodwill in jedem Fall mit Null anzusetzen. Die Gefahr, dass eine derartige Bemessung des Goodwills zu einer doppelten Teilhabe der Klägerin an Vermögensbestandteilen des Beklagten führe, bestehe nicht. Dies bedürfe allerdings der grundsätzlichen Klärung.

II.

13
Diese Ausführungen des sachverständig beratenen Berufungsgerichts halten den Angriffen der Revision stand.
14
Das Oberlandesgericht hat den Beklagten zu Recht zur Zahlung eines Betrages in Höhe von 48.020,78 € nebst Zinsen verurteilt.
15
1. Nach § 1373 BGB ergibt sich der Zugewinn eines Ehegatten aus dem Betrag, um den sein Endvermögen sein Anfangsvermögen übersteigt. Endvermögen ist nach § 1375 Abs. 1 Satz 1 BGB das Vermögen, das einem Ehegatten nach Abzug der Verbindlichkeiten bei der Beendigung des Güterstandes gehört. Wird die Ehe - wie hier - geschieden, so tritt für die Berechnung des Zugewinns und für die Höhe der Ausgleichsforderung an die Stelle der Beendi- gung des Güterstandes der Zeitpunkt der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags (§ 1384 BGB).
16
Für die Berechnung des Endvermögens ist nach § 1376 Abs. 2 BGB der Wert zugrunde zu legen, den das vorhandene Vermögen zum Stichtag hat. Dabei ist auf den objektiven (Verkehrs-) Wert des jeweiligen Vermögensgegenstandes abzustellen (Senatsurteile BGHZ 175, 207 = FamRZ 2008, 761 Rn. 18; vom 25. November 1998 - XII ZR 84/97 - FamRZ 1999, 361, 362 und vom 24. Oktober 1990 - XII ZR 101/89 - FamRZ 1991, 43, 44; BGHZ 75, 195, 199 = FamRZ 1980, 37, 38). Nach welcher Methode die Bewertung im Einzelnen zu erfolgen hat, regelt das Gesetz nicht (vgl. insoweit Schröder in Schröder/ Bergschneider Familienvermögensrecht 2. Aufl. Rn. 4.242 ff.; Schröder Bewertung im Zugewinnausgleich 4. Aufl. Rn. 67 ff.; Haußleiter/Schulz Vermögensauseinandersetzung bei Trennung und Scheidung 5. Aufl. Kap. 1 Rn. 116 ff.; Büte Zugewinnausgleich bei Ehescheidung 3. Aufl. Rn. 51 ff.). Sie sachverhaltsspezifisch auszuwählen und anzuwenden ist Sache des - sachverständig beratenen - Tatrichters. Seine Entscheidung kann vom Revisionsgericht nur darauf überprüft werden, ob sie gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze verstößt oder sonst auf rechtsfehlerhaften Erwägungen beruht (Senatsurteile vom 24. Oktober 1990 - XII ZR 101/89 - FamRZ 1991, 43, 44 und vom 7. Mai 1986 - IVb ZR 42/85 - FamRZ 1986, 776, 779).
17
2. Neben sonstigem vorhandenen Vermögen ist auch ein Unternehmen oder eine freiberufliche Praxis stets mit dem vollen Wert in den Zugewinnausgleich einzubeziehen.
18
a) Eine Bemessung dieses Wertes allein nach dem Umsatz verbietet sich schon deswegen, weil der Umsatz keine sicheren Rückschlüsse auf die Gewinnerwartung und somit auch nicht auf den am Stichtag realisierbaren Wert zu- lässt. Ein besonders hoher Umsatz kann den Wert einer freiberuflichen Praxis sogar verringern, wenn den Einnahmen sehr hohe Kosten gegenüberstehen und der Ertrag deswegen mit einem hohen Unternehmerrisiko verbunden ist. Ein reines Umsatzwertverfahren eignet sich deswegen auch nicht als Vergleichsmaßstab für eine andere Bewertungsmethode.
19
Die Bewertung einer freiberuflichen Praxis erfolgt grundsätzlich auch nicht nach dem reinen Ertragswertverfahren, weil sich eine Ertragsprognose kaum von der Person des derzeitigen Inhabers trennen lässt und der Ertrag von ihm durch unternehmerische Entscheidungen beeinflusst werden kann. Zudem kann die Erwartung künftigen Einkommens, die der individuellen Arbeitskraft des Inhabers zuzurechnen ist, nicht maßgebend sein, weil es beim Zugewinnausgleich nur auf das am Stichtag vorhandene Vermögen ankommt (Senatsurteil vom 24. Oktober 1990 - XII ZR 101/89 - FamRZ 1991, 43, 44; Büte Zugewinnausgleich bei Ehescheidung 3. Aufl. Rn. 75; Johannsen/Henrich/Jaeger Familienrecht 5. Aufl. § 1376 BGB Rn. 23).
20
Stattdessen hat der Senat schon in seiner bisherigen Rechtsprechung eine modifizierte Ertragswertmethode gebilligt, die sich an den durchschnittlichen Erträgen orientiert und davon einen individuellen Unternehmerlohn des Inhabers absetzt (vgl. Senatsurteile BGHZ 175, 207 = FamRZ 2008, 761 Rn. 19; vom 25. November 1998 - XII ZR 84/97 - FamRZ 1999, 361, 362 und vom 24. Oktober 1990 - XII ZR 101/89 - FamRZ 1991, 43, 44).
21
b) Der zum Stichtag zu ermittelnde Wert eines Unternehmens schließt jedenfalls den in diesem Zeitpunkt vorhandenen Substanzwert ein. Er ist mit dem Wert zu bemessen, der im Falle eines Praxisverkaufs auf den Rechtsnachfolger übergeht (vgl. Schröder in Schröder/Bergschneider Familienvermögensrecht 2. Aufl. Rn. 4.249; Schröder Bewertung im Zugewinnausgleich 4. Aufl.
Rn. 67 f.; Haußleiter/Schulz Vermögensauseinandersetzung bei Trennung und Scheidung 5. Aufl. Kap. 1 Rn. 150 f.; Büte Zugewinnausgleich bei Ehescheidung 3. Aufl. Rn. 54).
22
Der objektive Wert eines Unternehmens ist nach ständiger Rechtsprechung des Senats aber nicht auf den Substanz- oder Liquidationswert beschränkt. Daneben ist auch der Geschäftswert zu berücksichtigen, der sich darin äußert, dass das Unternehmen im Verkehr höher eingeschätzt wird, als es dem reinen Substanzwert der zum Unternehmen gehörenden Vermögensgegenstände entspricht (BGHZ 75, 195, 199 = FamRZ 1980, 37, 38; BGHZ 70, 224 = FamRZ 1978, 332, 333 und BGH Urteil vom 13. Oktober 1976 - IV ZR 104/74 - FamRZ 1977, 38, 39). Dabei kommt es trotz der stichtagsbezogenen Bewertung beim Zugewinnausgleich nicht darauf an, ob das Unternehmen oder die Beteiligung daran tatsächlich veräußert wird. Denn der vermögenswerte Gehalt der Beteiligung liegt in der Mitberechtigung am Unternehmen und der anteiligen Nutzungsmöglichkeit des Unternehmenswertes (BGHZ 75, 195, 199 = FamRZ 1980, 37, 38). Lediglich in Fällen, in denen der Gesellschaftsvertrag für den Fall des Ausscheidens aus einer Gemeinschaftspraxis eine Begrenzung des Abfindungsanspruchs (etwa auf den Substanzwert) vorsieht, kann dies Auswirkungen auf den objektiven Wert haben (BGHZ 75, 195, 199 = FamRZ 1980, 37, 38; Senatsurteil vom 25. November 1998 - XII ZR 84/97 - FamRZ 1999, 361, 362; Schröder in Schröder/Bergschneider Familienvermögensrecht 2. Aufl. Rn. 4.279 f.).
23
c) Diese Bewertungsgrundsätze hat der Senat im Ansatz auch auf die Inhaberschaft oder Beteiligung an freiberuflichen Praxen angewandt, die ebenfalls über einen über den Substanzwert hinausgehenden immateriellen Wert in Form eines Goodwills verfügen können (Senatsurteile BGHZ 175, 207 = FamRZ 2008, 761 Rn. 15 ff. und vom 25. November 1998 - XII ZR 84/97 - FamRZ 1999, 361, 362).
24
Allerdings sind solche freiberuflich betriebenen Praxen - wie hier die Gemeinschaftspraxis des Beklagten und seines Sozius - regelmäßig inhaberbezogen. Insbesondere bei kleineren freiberuflichen Kanzleien oder Praxen, bei denen die unternehmerischen Fähigkeiten des Eigentümers Wohl und Wehe des Unternehmens bestimmen (vgl. Schröder Bewertung im Zugewinnausgleich 4. Aufl. Rn. 84 e), hängt der Erfolg in erheblichem Maße auch von der Person des Inhabers ab. Denn Angehörige eines freien Berufes erbringen regelmäßig eine höchstpersönliche Leistung, bei der Hilfskräfte lediglich für untergeordnete, nicht zum eigentlichen Berufsbild gehörende Tätigkeiten eingesetzt werden (BGH Urteil vom 13. Oktober 1976 - IV ZR 104/74 - FamRZ 1977, 38, 40). Gleichwohl schließt auch der objektive Wert einer freiberuflichen Kanzlei oder Praxis regelmäßig einen über den Substanzwert hinausgehenden immateriellen Wert ein. Die besondere Bedeutung des Inhabers ist in solchen Fällen jedoch bei der Wertermittlung zu berücksichtigen (Michalski/Zeidler FamRZ 1997, 397, 400 f.).
25
Der neben dem Substanzwert vorhandene Goodwill gründet sich auf immaterielle Faktoren wie Standort, Art und Zusammensetzung der Mandanten /Patienten, Konkurrenzsituation und ähnlichen Faktoren, soweit sie auf einen Nachfolger übertragbar sind; er hat somit in der Regel einen eigenen Marktwert. Mit dem Goodwill bezahlt der Käufer einer freiberuflichen Praxis die Chance, die Mandanten des bisherigen Praxisinhabers oder Teilhabers zu übernehmen und auf dem vorhandenen Bestand und der gegebenen Konkurrenzsituation aufbauen zu können (Senatsurteile BGHZ 175, 207 = FamRZ 2008, 761 Rn. 20 und vom 25. November 1998 - XII ZR 84/97 - FamRZ 1999, 361, 362). Daneben bemisst sich der Erfolg einer freiberuflichen Praxis allerdings auch durch andere immaterielle Faktoren, wie Ruf und Ansehen des Praxisinhabers, die mit dessen Person verknüpft und deswegen grundsätzlich nicht übertragbar sind. Diese Faktoren können den Goodwill der Kanzlei oder Praxis jedenfalls im Zugewinnausgleich nicht bestimmen. Es kann sogar Fälle geben, in denen dem Ruf und Ansehen des Praxisinhabers eine solche überwiegende Bedeutung zukommt, dass dies einen Goodwill vollständig ausschließt oder jedenfalls deutlich herabsetzt (Senatsurteile vom 25. November 1998 - XII ZR 84/97 - FamRZ 1999, 361, 362 und vom 24. Oktober 1990 - XII ZR 101/89 - FamRZ 1991, 43, 47). Im Regelfall erzielt der Inhaber oder Mitinhaber einer freiberuflichen Praxis seine Einkünfte aber nicht ausschließlich aus der Nutzung seiner Arbeitskraft, sondern auch unter Einsatz des vorhandenen Goodwills seiner Kanzlei oder Praxis. Dem so zu bemessenden Goodwill kommt auch bei freiberuflichen Praxen ein eigener Marktwert zu. Seine bestehende Nutzungsmöglichkeit bestimmt über den Stichtag für den Zugewinnausgleich hinaus den objektiven Wert der Kanzlei oder Praxis.
26
d) Auch ein zusätzlich zu bewertender Goodwill der freiberuflichen Kanzlei oder Praxis darf aber nicht darauf hinauslaufen, künftig zu erzielende Gewinne zu kapitalisieren und güterrechtlich auszugleichen. Vielmehr ist auch insoweit nur der am Stichtag nachhaltig vorhandene Wert der Praxis oder des Praxisanteils zu erfassen, der sich in der bis dahin aufgebauten und zum maßgeblichen Zeitpunkt vorhandenen Nutzungsmöglichkeit niederschlägt (Senatsurteile BGHZ 175, 207 = FamRZ 2008, 761 Rn. 21; vom 25. November 1998 - XII ZR 84/97 - FamRZ 1999, 361, 363; Hoppenz FamRZ 2006, 1242, 1244; Borth FamRB 2002, 371, 374).
27
aa) Im Hinblick darauf bestehen keine rechtlichen Bedenken, wenn sich der sachverständig beratene Tatrichter bei der Bemessung des Goodwills einer inhabergeführten Praxis im Wege einer modifizierten Ertragswertmethode an den durchschnittlichen Erträgen orientiert und davon einen Unternehmerlohn absetzt (vgl. Senatsurteile BGHZ 175, 207 = FamRZ 2008, 761 Rn. 19; vom 25. November 1998 - XII ZR 84/97 - FamRZ 1999, 361, 362 und vom 24. Oktober 1990 - XII ZR 101/89 - FamRZ 1991, 43, 44; Büte Zugewinnausgleich bei Ehescheidung 3. Aufl. Rn. 75; Haußleiter/Schulz Vermögensauseinandersetzung bei Trennung und Scheidung 5. Aufl. Kap. 1 Rn. 189, 222 ff.; vgl. auch die Richtlinien zur Bewertung von Arztpraxen unter Ziff. D und die Hinweise für die Ermittlung des Wertes einer Steuerberaterpraxis unter Ziff. III 1 jeweils abgedruckt in Schröder Bewertung im Zugewinnausgleich 4. Aufl. Rn. 175 f. und Büte Zugewinnausgleich bei Ehescheidung 3. Aufl. Anhang 2 und 4).
28
Weil der Ertrag einer freiberuflichen Praxis nicht nur von dem vorhandenen Goodwill, sondern auch von dem persönlichen Einsatz des Inhabers bestimmt wird, muss die am Ertrag anknüpfende Bewertung des auf einen Übernehmer übertragbaren Goodwills einen Unternehmerlohn absetzen, der sich an den individuellen Verhältnissen des Inhabers orientiert. Nur auf diese Weise kann der auf den derzeitigen Praxis(mit)inhaber bezogene Wert ausgeschieden werden, der auf dessen persönlichem Einsatz beruht und nicht auf einen Übernehmer übertragbar ist (Senatsurteile BGHZ 175, 207 = FamRZ 2008, 761 Rn. 23 und vom 25. November 1998 - XII ZR 84/97 - FamRZ 1999, 361, 364; Johannsen/Henrich/Jaeger aaO § 1376 BGB Rn. 23). Auch für einen Erwerber kommt es bei der Wertermittlung wesentlich darauf an, mit welchem Einsatz der zugrunde gelegte Ertrag zu erzielen ist. Einer freiberuflichen Praxis, deren Ertrag mit einem geringeren zeitlichen Aufwand des Inhabers aufrechterhalten werden kann, kommt stets ein höherer Goodwill zu als einer Praxis mit gleichem Ertrag, die einen erheblich höheren Einsatz des Inhabers erfordert. Der Abzug eines pauschal angesetzten kalkulatorischen Unternehmerlohns würde das Maß des individuellen Einsatzes des Inhabers bei der Erzielung der Erträge hingegen nicht im gebotenen Umfang berücksichtigen. Entsprechend gehen auch die überarbeiteten "Hinweise" der Bundesärztekammer zur Bewertung von Arztpraxen seit 2008 mehr als die früheren Richtlinien zur Bewertung von Arztpraxen von dem individuellen Einsatz des Praxisinhabers aus (DÄBl 2008, A-2778).
29
bb) Ebenfalls zu Recht hat das Berufungsgericht von dem durchschnittlichen Praxisrohgewinn latente Ertragsteuern abgesetzt. In der Rechtsprechung des Senats ist anerkannt, dass bei der stichtagsbezogenen Wertermittlung im Zugewinnausgleich eine solche latente Steuerlast wertmindernd ins Gewicht fällt. Dies gilt nicht nur in Fällen, in denen eine Veräußerung tatsächlich beabsichtigt ist.
30
Zwar beruht die Berücksichtigung des Wertes einer freiberuflichen Praxis im Zugewinnausgleich wegen des Stichtagsbezugs nicht auf einem späteren Veräußerungsfall, sondern hebt darauf ab, dass der am Stichtag vorhandene Wert die damit verbundene Nutzungsmöglichkeit auch für den Inhaber selbst weiterhin in sich birgt (Senatsurteil vom 25. November 1998 - XII ZR 84/97 - FamRZ 1999, 361, 363; BGHZ 75, 195, 199 = FamRZ 1980, 37, 38 und BGH Urteil vom 13. Oktober 1976 - IV ZR 104/74 - FamRZ 1977, 38, 39). Die Bewertung , die mit dem Zugewinnausgleich stichtagsbezogen endgültig vorzunehmen ist, setzt aber voraus, dass die Praxis zu dem ermittelten Wert auch frei verwertbar ist (BGHZ 75, 195, 201 = FamRZ 1980, 37, 38 f.; BGHZ 70, 224, 226 = FamRZ 1978, 332, 333 und BGH Urteil vom 13. Oktober 1976 - IV ZR 104/74 - FamRZ 1977, 38, 40). Deswegen ist die Bewertungsmethode auch darauf gerichtet , einen Wert der freiberuflichen Praxis zu ermitteln, der zum Bewertungsstichtag am Markt erzielbar ist. Die Berücksichtigung latenter Ertragssteuern folgt aus der Prämisse der Verwertbarkeit und ist somit auch eine Konsequenz der Bewertungsmethode (vgl. Schröder aaO Rn. 74; Schröder in Schröder/ Bergschneider aaO Rn. 4.257). Soweit der Wert danach ermittelt wird, was im Falle einer Veräußerung aus dem Substanzwert und dem Goodwill der freiberuflichen Praxis oder Kanzlei zu erzielen wäre, darf auch nicht außer Betracht bleiben, dass wegen der damit verbundenen Auflösung der stillen Reserven dem Verkäufer wirtschaftlich nur der um die fraglichen Steuern verminderte Erlös verbleibt. Insoweit handelt es sich um unvermeidbare Veräußerungskosten (Senatsurteile BGHZ 175, 207 = FamRZ 2008, 761 Rn. 32; vom 24. Oktober 1990 - XII ZR 101/89 - FamRZ 1991, 43, 48 und vom 27. September 1989 - IVb ZR 75/88 - FamRZ 1989, 1276, 1279; Johannsen/Henrich/Jaeger aaO § 1376 BGB Rn. 23; Büte aaO Rn. 194; Kogel FamRZ 2004, 1337; aA Hoppenz FamRZ 2006, 449, 450; vgl. auch Tiedtke FamRZ 1990, 1188 ff. und Gernhuber NJW 1991, 2238, 2242 f.).
31
e) Die Berücksichtigung eines auf die vorgenannte Weise ermittelten Wertes einer freiberuflichen Praxis unter Einschluss des immateriellen Wertes in Form eines Goodwills widerspricht auch nicht dem Verbot der zweifachen Teilhabe ein und desselben Vermögenswerts im Zugewinnausgleich und im Unterhalt.
32
Zwar hat nach ständiger Rechtsprechung des Senats ein güterrechtlicher Ausgleich eines vorhandenen Vermögenswerts nicht stattzufinden, soweit diese Vermögensposition bereits auf andere Weise, sei es unterhaltsrechtlich oder im Wege des Versorgungsausgleichs, ausgeglichen wurde. Für das Verhältnis zwischen Zugewinnausgleich und Versorgungsausgleich ergibt sich dies bereits aus § 2 Abs. 4 VersAusglG (früher: § 1587 Abs. 3 BGB aF). Für das Verhältnis zwischen Unterhalt und Zugewinnausgleich gilt nichts anderes, auch wenn dies nicht ausdrücklich gesetzlich geregelt ist (Senatsurteil vom 11. Dezember 2002 - XII ZR 27/00 - FamRZ 2003, 432, 433).
33
aa) Eine solche doppelte Teilhabe kann aber nur eintreten, wenn jeweils dieselbe Vermögensposition ausgeglichen wird. Das ist im Verhältnis zwischen Unterhalt und Zugewinnausgleich regelmäßig nicht der Fall, weil der Zugewinnausgleich auf ein stichtagsbezogenes Vermögen gerichtet ist, während der Unterhalt , der den laufenden Lebensbedarf decken soll, auf Einkünften und Vermögenserträgen aufbaut. Das Unterhaltsrecht verlangt den Einsatz des Vermögensstamms für Unterhaltszwecke nur unter besonderen Voraussetzungen (§§ 1577 Abs. 3, 1581 Satz 2 BGB). Zu einer Konkurrenz zwischen Zugewinnausgleich und Unterhalt kann es somit lediglich dann kommen, wenn zum Unterhalt auch der Vermögensstamm herangezogen wird (Senatsurteil BGHZ 175, 207 = FamRZ 2008, 761 Rn. 17; Hoppenz FamRZ 2006, 1242, 1243 und FamRZ 2008, 765, 766; Münch NJW 2008, 1201 f.).
34
Eine zweifache Teilhabe ist deswegen ausgeschlossen, wenn der Unterhalt lediglich aus Vermögenseinkünften bemessen wird, während sich der Zugewinnausgleich auf den Vermögensstamm beschränkt. Das ist etwa der Fall, wenn Zinseinkünfte bei der Bemessung des Unterhaltsanspruchs berücksichtigt werden und dem Zugewinnausgleich lediglich das Bankguthaben als Vermögensstamm zugrunde gelegt wird. Gleiches gilt bei vorhandenem Wohneigentum , dessen Stamm im Zugewinnausgleich zu berücksichtigen ist, während sich ein vorhandener Wohnwert auf die Höhe des Unterhalts auswirkt. In solchen Fällen ist lediglich zu beachten, dass durch den Zugewinnausgleich auch die Vermögenseinkünfte verlagert werden, was für die Zukunft unterhaltsrechtliche Auswirkungen hat.
35
Eine unzulässige doppelte Teilhabe an ein und demselben Vermögenswert liegt hingegen vor, wenn der Vermögensstamm ausnahmsweise unterhaltsrechtlich berücksichtigt wird. Das ist regelmäßig bei Abfindungen nach Aufgabe einer Erwerbstätigkeit der Fall, soweit diese Lohnersatzfunktion haben und deswegen auf die Zeit der geminderten Erwerbstätigkeit als ergänzendes Einkommen aufzuteilen sind. Im Umfang der unterhaltsrechtlichen Berücksichtigung ist dann ein zusätzlicher güterrechtlicher Ausgleich ausgeschlossen (Senatsurteil vom 21. April 2004 - XII ZR 185/01 - FamRZ 2004, 1352 f. mit Anm. Bergschneider; Wendl/Dose Das Unterhaltsrecht in der familienrechtlichen Praxis 7. Aufl. § 1 Rn. 16, 71; vgl. aber Senatsurteil vom 2. Juni 2010 - XII ZR 138/08 - FamRZ 2010, 1311 Rn. 28 f.).
36
bb) Eine Doppelverwertung ist auch bei der Berücksichtigung des Goodwills einer freiberuflichen Praxis im Zugewinnausgleich ausgeschlossen, wenn - wie dargestellt - der nach den individuellen Verhältnissen konkret gerechtfertigte Unternehmerlohn in Abzug gebracht wurde.
37
Der dem Zugewinnausgleich zugrunde zu legende objektive Wert der freiberuflichen Praxis oder Kanzlei beschränkt sich auf den am Stichtag vorhandenen Substanzwert und den im selben Zeitpunkt vorhandenen Goodwill des Unternehmens unter Abzug des Unternehmerlohns nach den individuellen Verhältnissen des Inhabers. Selbst wenn der Inhaber seiner freiberuflichen Praxis Beträge entnimmt, die über den nach den individuellen Verhältnissen bemessenen Unternehmerlohn hinausgehen und als unterhaltsrelevantes Einkommen zugrunde gelegt werden, liegt darin keine zusätzliche Teilhabe an dem im Zugewinnausgleich zugrunde gelegten Vermögensstamm. Denn die Entnahmen des Inhabers müssen sich nicht nur aus seinem individuellen Arbeitseinsatz ergeben, der bei der Bemessung des Praxiswertes abgesetzt wird und somit im Endvermögen unberücksichtigt bleibt. Höhere Entnahmen können auch auf der Inanspruchnahme des vorhandenen Goodwills beruhen und bilden insoweit bloße Vermögenserträge. Sollten die Entnahmen über die Summe dieser beiden Positionen hinausgehen und damit den Vermögensstamm betreffen, wären sie unterhaltsrechtlich ohnehin nicht zu berücksichtigen, weil insoweit auf einen objektiven Maßstab abzustellen ist (Senatsurteil vom 4. Juli 2007 - XII ZR 141/05 - FamRZ 2007, 1532 Rn. 27).
38
f) Nach dieser Rechtsprechung des Senats ist die Bewertung des Anteils des Beklagten an der zahnärztlichen Gemeinschaftspraxis durch das Oberlandesgericht nicht zu beanstanden.
39
aa) Auf der Grundlage des Sachverständigengutachtens ist es von den durchschnittlichen Praxiseinnahmen der Jahre 1996 bis 1998, also der drei dem Endstichtag vorangegangenen Jahre, ausgegangen. Wenn es davon unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles lediglich 90 % als nachhaltig realisierbar angesetzt hat, ist dagegen revisionsrechtlich nichts zu erinnern.
40
Der revisionsrechtlichen Prüfung hält auch stand, dass das Oberlandesgericht sodann durch Abzug der Kosten, Ausgaben und einer Abschreibung einen durchschnittlichen Rohgewinn dieser Jahre ermittelt und im Rahmen der von ihm angewandten Methode davon einen individuellen Unternehmerlohn der beiden Inhaber sowie latente Ertragsteuern abgesetzt hat.
41
Den abzusetzenden Unternehmerlohn hat das Berufungsgericht in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise ermittelt. Dabei ist es auf der Grundlage des Tariflohns für Zahnärzte, erhöht um den Arbeitgeberzuschlag für Lohnnebenkosten, von der wöchentlichen Arbeitszeit der beiden Inhaber mit je 34 Stunden ausgegangen. Dies berücksichtigt in hinreichender Weise den individuellen Einsatz der Praxisinhaber, zumal weitere Umstände, die eine über den üblichen Umfang hinausgehende Bedeutung der Inhaberleistung rechtfertigen könnten, nicht substantiiert vorgetragen sind. Revisionsrechtlich ebenfalls nicht zu beanstanden ist die Erhöhung des nach den individuellen Verhältnissen gerechtfertigten Unternehmerlohns um 50 % wegen des zusätzlich vorhandenen Labors und die Berücksichtigung der Steuerlast von 35 %, was zu einem abzusetzenden Nettounternehmerlohn für beide Inhaber in Höhe von insgesamt 180.000 DM führt.
42
Den so errechneten Ertragswert hat das sachverständig beratene Oberlandesgericht mit einem Rentenbarwertfaktor multipliziert, den es für das Ende der Ehezeit mit 2,7620 bemessen hat. Dabei hat es den im Rahmen seiner Bewertungsmethode um die Ertragssteuer reduzierten Basiszinssatz, einen Zuschlag für das allgemeine Unternehmensrisiko, eine Abzinsung der Zukunftsgewinne und eine dreijährige Nachhaltigkeitsdauer berücksichtigt. Wenn es auf diese Weise zu einem Goodwill der gesamten Zahnarztpraxis in Höhe von 1.200.322,54 DM und zzgl. des vorhandenen Substanzwertes von 189.985 DM zu einem gesamten Praxiswert in Höhe von 1.390.307,54 DM gelangt ist, ist auch dies aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Auch die Revision erinnert gegen diese Berechnung nichts.
43
Entsprechend dem 50 %igen Anteil des Beklagten an der Gemeinschaftspraxis hat das Oberlandesgericht dessen Anteil mit 695.153 DM und abzüglich latenter Ertragsteuern mit 321.157 DM in das Endvermögen eingestellt. Hinsichtlich der Ertragsteuern ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden , dass diese im Wege der "Fünftelregelung" gemäß § 34 Abs. 1 EStG ermittelt wurden (vgl. Tiedtke FamRZ 1990, 1188, 1189).
44
bb) Wie der Senat wiederholt ausgesprochen hat, führt die Einbeziehung des Goodwills bei der Ermittlung des objektiven Wertes einer freiberuflichen Praxis oder Kanzlei nicht ohne weiteres zur Notwendigkeit einer Liquidierung des betreffenden Vermögensgegenstandes. Die Ausgleichspflicht beläuft sich gemäß § 1378 Abs. 1 BGB nur auf die Hälfte des Zugewinnüberschusses des ausgleichspflichtigen Ehegatten. Die zu ihrer Erfüllung notwendigen Mittel können häufig bereits aus einem anderen liquiden Teil des vorhandenen Vermö- gens aufgebracht werden. Ist dies im Einzelfall nicht möglich, so ist zu beachten , dass das Gesetz in § 1382 BGB unter den dort genannten Voraussetzungen die Möglichkeit der Stundung und Ratenzahlung vorsieht. Auf diese Weise kann der Schuldner in die Lage versetzt werden, den Zugewinnausgleich ratenweise aus seinem künftigen laufenden Einkommen zu leisten (Senatsurteile BGHZ 175, 207 = FamRZ 2008, 761 Rn. 31 und vom 25. November 1998 - XII ZR 84/97 - FamRZ 1999, 361, 363).
45
Die Einbeziehung des objektiven Wertes freiberuflicher Praxen in den Zugewinnausgleich verstößt deswegen auch weder gegen die Berufsfreiheit aus Art. 12 GG noch gegen die Eigentumsgarantie aus Art. 14 GG (Senatsurteil vom 25. November 1998 - XII ZR 84/97 - FamRZ 1999, 361, 363).
46
cc) Entgegen der Auffassung der Revision führt auch der Zinsausspruch in dem angefochtenen Urteil nicht zu einer Doppelberücksichtigung vorhandener Vermögenswerte.
47
Die Zinsforderung der Klägerin beruht nicht auf einer Bewertung vorhandenen Vermögens, sondern folgt aus dem Gesetz. Sie beruht darauf, dass der bereits bei rechtskräftiger Ehescheidung geschuldete Zugewinnausgleich deutlich später geleistet wird, so dass dem Beklagten als Schuldner der Ausgleichsforderung für die Übergangszeit die Verwertungsmöglichkeit des vorhandenen Vermögens verblieben war. Dass der Beklagte für diese Zeit auf der Grundlage seines Arbeitseinsatzes und des anteiligen Goodwills der Gemeinschaftspraxis Unterhalt geleistet hat, steht dem nicht entgegen. Der Zugewinnausgleich kann unterhaltsrechtlich erst dann zu einer Änderung des geschuldeten Unterhalts führen, wenn er tatsächlich geleistet wird und Auswirkungen auf die Zuordnung der Vermögenserträge hat (vgl. Senatsurteil vom 4. Juli 2007 - XII ZR 141/05 - FamRZ 2007, 1532 Rn. 33).
48
g) Unter Berücksichtigung des dem Beklagten zurechenbaren hälftigen Werts der Gemeinschaftspraxis von 321.157 DM und der weiteren unstreitigen Vermögenswerte hat das Oberlandesgericht zutreffend und von der Revision insoweit nicht angegriffen ein Endvermögen des Beklagten in Höhe von 452.014,76 DM und nach Abzug des ebenfalls zutreffend ermittelten und von der Revision als ihr günstig nicht angegriffenen indexierten Anfangsvermögens von 94.925,64 DM einen Zugewinn in Höhe von 357.089,12 DM errechnet. Die Differenz zum Zugewinn der Klägerin (169.248,16 DM) beläuft sich mithin auf 187.840,96 DM, der hälftige Ausgleichsanspruch der Klägerin auf (93.920,48 DM =) 48.020,78 €.
49
3. Im Ergebnis zu Recht hat das Oberlandesgericht auch eine aufrechenbare Gegenforderung des Beklagten verneint.
50
a) Zwar hat der Beklagte nach seinem Vortrag noch nach der Trennung der Parteien einen Gesamtbetrag in Höhe von 71.635,80 € auf Verbindlichkeiten geleistet, für die er gemeinsam mit der Klägerin als Gesamtschuldner haftet. Nach § 426 Abs. 1 BGB haften Gesamtschuldner im Innenverhältnis zu gleichen Anteilen, soweit nicht ein anderes bestimmt ist. Entsprechend geht die Forderung des Gläubigers gegen die übrigen Gesamtschuldner nach § 426 Abs. 2 BGB auf den Gesamtschuldner über, der den Gläubiger befriedigt. Der Beklagte könnte danach also hälftige Erstattung der von ihm geleisteten Beträge verlangen, wenn nicht im Innenverhältnis der Parteien etwas anderes bestimmt wäre.
51
b) Die güterrechtlichen Vorschriften über den Zugewinnausgleich verdrängen den Gesamtschuldnerausgleich nicht, und zwar unabhängig davon, ob die Leistung eines gesamtschuldnerisch haftenden Ehegatten vor oder nach Rechtshängigkeit des Scheidungsverfahrens erbracht worden ist. Bei richtiger Handhabung der güterrechtlichen Vorschriften vermag der Gesamtschuldnerausgleich das Ergebnis des Zugewinnausgleichs allerdings nicht zu verfälschen (Senatsurteil vom 6. Oktober 2010 - XII ZR 10/09 - FamRZ 2011, 25 Rn. 16).
52
Die Tilgung der Gesamtschuld durch einen der haftenden Ehegatten bewirkt im Regelfall keine Veränderung der für die Ermittlung des Zugewinns maßgeblichen Endvermögen, wenn die Gesamtschulden wirtschaftlich zutreffend , d.h. unter Beachtung des gesamtschuldnerischen Ausgleichs, in die Vermögensbilanz eingestellt werden. Soweit bei Zustellung des Scheidungsantrags als Stichtag für die Berechnung des Endvermögens gemeinsame Verbindlichkeiten der Ehegatten noch nicht getilgt sind, ist im Endvermögen beider Ehegatten jeweils die noch bestehende Gesamtschuld in voller Höhe als Passivposten zu berücksichtigen. Demgegenüber ist - die Durchsetzbarkeit vorausgesetzt - der jeweilige Ausgleichsanspruch gegen den anderen Ehegatten, der die Befriedigung des Gläubigers nicht voraussetzt, als Aktivposten anzusetzen. Im Ergebnis hat das regelmäßig zur Folge, dass Ehegatten, die als Gesamtschuldner haften, die gemeinsamen Verbindlichkeiten bei ihrem Endvermögen jeweils nur mit der Quote ansetzen können, die im Innenverhältnis auf sie entfällt (Senatsurteil vom 6. Oktober 2010 - XII ZR 10/09 - FamRZ 2011, 25 Rn. 16).
53
aa) Im Außenverhältnis haften die Parteien für die als Gesamtschuldner aufgenommenen Darlehen jeweils voll. Die sich daraus ergebende hälftige Ausgleichspflicht war während der intakten Ehe allerdings durch die eheliche Lebensgemeinschaft überlagert, so dass von einer stillschweigend geschlossenen Vereinbarung im Sinne des § 426 Abs. 1 BGB auszugehen ist, die es einem Ehegatten verwehrt, Ausgleich für Zahlungen zu verlangen, die er während des Zusammenlebens erbracht hat. Eine solche anderweitige Vereinbarung endet allerdings mit dem Scheitern der Ehe und der Trennung der Ehegatten. Ausgleichs - und Freistellungsansprüche entstehen dann für weitere Zahlungen und künftig fällig werdende Leistungen, soweit nicht an die Stelle der Lebensgemeinschaft andere besondere Umstände treten, aus denen sich erneut ein vom Regelfall abweichender Maßstab ergibt (Senatsurteile vom 11. Mai 2005 - XII ZR 289/02 - FamRZ 2005, 1236 f. und vom 30. November 1994 - XII ZR 59/93 - FamRZ 1995, 216, 217).
54
bb) Soweit der Beklagte die Gesamtschulden der Parteien zwischen Trennung und Zustellung des Scheidungsantrags getilgt hat, wäre eine hälftige Ausgleichsforderung nach § 426 Abs. 2 BGB als Vermögenswert in sein Endvermögen aufzunehmen, während sie als Verbindlichkeit im Endvermögen der Klägerin zu berücksichtigen wäre. Der hälftige Ausgleich der Differenz durch den Zugewinn neutralisiert mithin regelmäßig die Ausgleichsforderung nach § 426 Abs. 2 BGB.
55
Nach den Feststellungen des Oberlandesgerichts verfügt die zugewinnausgleichsberechtigte Ehefrau im vorliegenden Fall über einen eigenen Zugewinn , der die Ausgleichsforderung übersteigt. Weil sich die Ausgleichsforderung nach § 426 Abs. 2 BGB deswegen im Ergebnis nicht auswirkt und sie nach den Feststellungen des Berufungsgerichts nicht in die Endvermögen der Parteien eingestellt wurde, kann von einer anderweitigen Vereinbarung ausgegangen werden, die den Ausgleich im Innenverhältnis der Parteien dem Zugewinnausgleich belässt.
56
cc) Soweit das Oberlandesgericht auch eine aufrechenbare Ausgleichsforderung des Beklagten aus § 426 Abs. 2 BGB für Tilgungsleistungen nach Zustellung des Scheidungsantrags abgelehnt hat, hält dies ebenfalls der revisionsrechtlichen Überprüfung stand.
57
Eine anderweitige Bestimmung, die die grundsätzlich anteilige Haftung von Gesamtschuldnern im Innenverhältnis verdrängt, liegt nach der Rechtspre- chung des Senats dann nahe, wenn die alleinige Schuldentilgung durch einen der getrennt lebenden oder geschiedenen Ehegatten bereits bei der Berechnung des dem anderen zustehenden Unterhalts berücksichtigt wurde. Denn dies führt zu einer dem hälftigen Schuldenabtrag nahezu entsprechenden Reduzierung des Unterhalts und damit wirtschaftlich zu einer mittelbaren Beteiligung des Unterhaltsberechtigten am Schuldenabtrag (Senatsurteil vom 9. Januar 2008 - XII ZR 184/05 - FamRZ 2008, 602 Rn. 9).
58
Diese Voraussetzungen liegen nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hier vor, weil der Unterhaltsanspruch der Klägerin unter Berücksichtigung der gesamten Tilgungsleistungen des Beklagten bemessen wurde. Diese Feststellungen sind rechtlich nicht zu beanstanden und werden auch von der Revision nicht substantiiert angegriffen. Zwar ist die Höhe des Bedarfs der Klägerin auf Trennungsunterhalt durch Urteil des Oberlandesgerichts vom 30. November 2004 konkret mit 4.935 DM Elementarunterhalt, 1.600 DM Altersvorsorgeunterhalt und 650 DM Krankenvorsorgeunterhalt bemessen worden. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hat die fortlaufende Tilgung des gemeinsamen Kredits aber auch die Bemessung des konkreten Unterhaltsbedarfs beeinflusst, was zu einer wirtschaftlichen Beteiligung der Klägerin an der Kredittilgung führt.
59
Es kommt deswegen nicht darauf an, welchen Teil der Tilgungsleistungen der Beklagte noch vor Zustellung des Scheidungsantrags vorgenommen hat und auf welchen Betrag sich die Tilgungsleistungen nach Zustellung des Scheidungsantrags belaufen.
60
4. Weil das Berufungsgericht den Beklagten deswegen zu Recht zur Zahlung eines Zugewinnausgleichs in Höhe von 48.020,78 € nebst Zinsen verurteilt hat, ist seine Revision zurückzuweisen. Hahne Frau RiBGH Weber-Monecke Dose ist urlaubsbedingt verhindert, zu unterschreiben. Hahne Schilling Günter
Vorinstanzen:
AG Halle (Westf.), Entscheidung vom 03.05.2007 - 5a F 175/99 -
OLG Hamm, Entscheidung vom 15.01.2009 - 1 UF 119/07 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 170/09 Verkündet am:
17. November 2010
Küpferle,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Wird die Art und Weise der Bewertung eines Vermögensgegenstandes vom
Gesetz nicht geregelt, ist es Aufgabe des Tatrichters, im Einzelfall eine geeignete
Bewertungsart sachverhaltsspezifisch auszuwählen und anzuwenden
(im Anschluss an Senatsurteile BGHZ 130, 298, 303 und vom 17. Juli
2002 - XII ZR 218/00 - FamRZ 2003, 153, 154).

b) Lässt sich die Werthaltigkeit eines in den Zugewinnausgleich fallenden Anrechts
bezogen auf den Stichtag nicht hinreichend konkret bestimmen, hat
der Tatrichter im Rahmen der gemäß § 287 ZPO durchzuführenden Schätzung
die ihm im Zeitpunkt seiner Entscheidung zugänglichen Erkenntnismöglichkeiten
zu nutzen.

c) Im Falle einer späteren Liquidation kann der zum maßgeblichen Stichtag
bestehende Wert eines Kommanditanteils an einem geschlossenen Immobilienfonds
grundsätzlich unter Berücksichtigung des Veräußerungserlöses
bestimmt werden.

d) Mit der Aufhebung der Hausratsverordnung und der Einführung des
§ 1568 b BGB zum 1. September 2009 sind der gerichtlichen Hausratsverteilung
nur noch die im gemeinsamen Eigentum der Eheleute stehenden
Haushaltsgegenstände unterworfen. Hausrat, der im Alleineigentum eines
Ehegatten steht, bleibt dem güterrechtlichen Ausgleich vorbehalten.
§ 1568 b BGB ist mangels Übergangsregelung auch in bereits vor dem
1. September 2009 anhängig gemachten Verfahren anwendbar.
BGH, Urteil vom 17. November 2010 - XII ZR 170/09 - OLG Hamm
AG Rheine
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 17. November 2010 durch die Richter Dose, Weber-Monecke,
Dr. Klinkhammer, Schilling und Dr. Günter

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 13. Senats für Familiensachen des Oberlandesgerichts Hamm vom 9. Oktober 2009 aufgehoben. Der Rechtsstreit wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung , auch hinsichtlich der Kosten des Revisionsverfahrens, an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerin beansprucht vom Beklagten Zugewinnausgleich.
2
Die Parteien heirateten am 5. März 1982. Sie lebten im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft. Am 26. Juli 1997 wurde der Scheidungsantrag zugestellt. Seit dem 19. Dezember 2000 ist die Ehe rechtskräftig geschieden. Der Beklagte war seinerzeit Leiter einer Bezirksstelle der W. L. GmbH & CO (W. L. ). Gemäß Ziffer 16 Absatz 1 des an einen früheren Vertrag anknüpfenden Geschäftsbesorgungsvertrages vom 13. November 1992 (im Folgenden: Geschäftsbesorgungsvertrag) haben der Bezirksleiter oder seine Hinterbliebenen bei Beendigung des Vertragsverhältnisses wegen Erreichens der Altersgrenze, wegen Berufsunfähigkeit oder Tod Anspruch auf eine Versorgung (Kapitalzahlung). Gemäß Absatz 3 berechnet sich die Versorgung nach der Durchschnittsprovision der letzten drei Kalenderjahre vor dem Ausscheiden.
3
Die Klägerin hat während der Ehezeit keinen Zugewinn erzielt. Die Parteien streiten um die Höhe des Zugewinns des Beklagten, namentlich um die Frage, mit welchem Wert der Versorgungsanspruch des Beklagten in die Zugewinnausgleichsbilanz einzustellen ist, und um die Bewertung einer Kommanditeinlage im Anfangsvermögen des Beklagten sowie zweier Immobilien im Endvermögen.
4
Das Familiengericht hat den Beklagten verurteilt, an die Klägerin einen Zugewinnausgleich in Höhe von 39.023,39 € nebst Zinsen zu zahlen. Auf die von beiden Parteien eingelegte Berufung hat das Berufungsgericht den ausgeurteilten Zahlbetrag auf 29.427,34 € herabgesetzt. Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer vom Oberlandesgericht im Hinblick auf die Bewertung der Versorgungsanwartschaft des Beklagten zugelassenen Revision.

Entscheidungsgründe:

5
Die zulässige Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
6
Die Klägerin weist zutreffend darauf hin, dass die Zulassung der Revision nicht allein auf das Versorgungsanrecht des Beklagten beschränkt ist.
7
Zwar hat das Berufungsgericht die Revision im Hinblick auf die Bewertung der Versorgungsanwartschaft des Beklagten zugelassen. Darin ist jedoch keine - unzulässige - Beschränkung der Revision zu sehen, sondern lediglich ein Hinweis auf die Motivation der Revisionszulassung.
8
Der Anspruch auf Zugewinnausgleich beruht auf einer Saldierung verschiedener , von den Ehegatten in der Ehe erworbener Vermögenspositionen. Er bildet als einheitlicher Anspruch einen jedenfalls im Grundsatz unteilbaren Streitgegenstand, der dem Revisionsgericht deshalb nur insgesamt anfallen kann und die Überprüfung aller Vermögensgegenstände, die bei der Saldierung berücksichtigt worden sind oder zu berücksichtigen waren, erforderlich macht (vgl. Senatsurteil vom 17. Juli 2002 - XII ZR 218/00 - FamRZ 2003, 153, 154).

I.

9
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt :
10
Das Anfangsvermögen der Klägerin habe sich unstreitig am Stichtag (5. März 1982) auf 491.824,93 DM belaufen. Demgegenüber habe ihr Endvermögen am Stichtag (26. Juli 1997) insgesamt einen Wert von 269.230,93 DM gehabt.
11
Als Aktivvermögen sei der halbe Miteigentumsanteil an dem Anwesen S. 8 mit einem Wert von 425.000 DM in die Bilanz einzustellen (wie im Übrigen bei dem Beklagten auch). Gegen die Vorgehensweise des Gutachterausschusses , der ausschließlich den Ertragswert (mit einem Wert von 750.000 DM) bemessen habe, spreche, dass die Immobilie während der Ehezeit von den Parteien selbst genutzt worden sei. Zutreffend hätten der Sachver- ständige K. und der von der Klägerin beauftragte Sachverständige Kr. sowohl den Sachwert als auch den Ertragswert berücksichtigt, deren Verhältnis aber unterschiedlich gewichtet. Die geringe Zahl der aufgrund der Besonderheiten des Objekts (gemischte Wohn- und Betriebsbebauung im Gewerbegebiet ) in Betracht kommenden Nutzer rechtfertige es vorliegend trotz der Eigennutzung, den ermittelten Sachwert deutlich zu korrigieren. Es sei damit zwar grundsätzlich dem Gutachten des Sachverständigen K. (geschätzter Wert: 913.000 DM) zu folgen. Ergänzend sei aber zu berücksichtigen, dass die Klägerin den hälftigen Miteigentumsanteil des Beklagten Ende der 90er-Jahre entsprechend einer Kaufpreiseinschätzung mehrerer Makler für 425.000 DM übernommen habe, nachdem der Versuch einer Veräußerung an Dritte gescheitert sei.
12
Der Zugewinn des Beklagten belaufe sich auf 175.109,75 DM. Das Anfangsvermögen des Beklagten habe indexiert 139.519,13 DM betragen, davon sei die Kommanditeinlage "B. -W. -F. -15" mit 30.000 DM zu bewerten. Diese Einlage sei im Wege einer Schätzung nach § 287 ZPO mit dem Wert des Anschaffungspreises im Anfangsvermögen des Beklagten zu berücksichtigen. Zwar habe der Beklagte ca. zehn Jahre nach dem Erwerb "nur" den Nennbetrag des Anschaffungspreises wieder ausbezahlt bekommen, er habe aber zeitnah zur Heirat für die Jahre 1982 und 1983 Ertragsausschüttungen erhalten.
13
Demgegenüber habe der Beklagte zum Zeitpunkt der Zustellung des Scheidungsantrages am 26. Juli 1997 ein Endvermögen in Höhe von 314.628,88 DM gehabt.
14
Die Eigentumswohnung N. Straße 9-11 sei mit einem Betrag von 200.000 DM in die Bilanz einzustellen. Der Gutachterausschuss habe angesichts des Umstandes, dass die Wohnung vermietet sei, zu Recht maßgeblich auf den Ertragswert abgestellt. Bei dessen Ermittlung habe das Dachstudio nicht herangezogen werden dürfen, weil es bauordnungsrechtlich nicht zu Wohnzwecken genutzt und deswegen auch nicht als Wohnfläche vermietet werden dürfe.
15
Bei der dem Beklagten zugesagten Versorgungsanwartschaft in Form eines Kapitalbetrages handele es sich um eine unverfallbare Anwartschaft im Sinne des Betriebsrentengesetzes. Da es um die Bewertung des Endvermögens zum Zeitpunkt der Zustellung des Scheidungsantrages gehe, könne für die Bemessung des Wertes der Anwartschaft im Ansatz nur vom Durchschnittswert der Provision aus den letzten drei Jahren vor Zustellung des Scheidungsantrages ausgegangen werden. Hieraus errechne sich die maximal erreichbare Anwartschaft gemäß den vertraglichen Absprachen mit 50 %, also mit 217.795 DM. Die wegen der bestehenden Unsicherheiten von der Sachverständigen in Form eines Abschlags vorgenommene Risikobewertung, die zur Herabsetzung auf 54.688,92 DM führe, erscheine nachvollziehbar und begründet. Demgegenüber sei die Witwenrentenanwartschaft nicht zu berücksichtigen. Zum Ende der Ehezeit habe der Beklagte allerdings angesichts der Dauer seiner Betriebszugehörigkeit erst 45 % der Durchschnittsprovisionen beanspruchen können. Da es vorliegend um eine Frage des Zugewinnausgleichs gehe, sei es sachgerecht, nicht auf eine zeitratierliche Berechnung bis zum Rentenalter , sondern nur auf die Vermögensentwicklung während der Ehezeit abzustellen. Es errechne sich damit ein Wert der Versorgungsanwartschaft zum Ende der Ehezeit in Höhe von 90 % von 54.688,92 DM, also 49.220,02 DM. Ferner sei gemäß § 287 ZPO hinsichtlich der Steuerpflicht ein pauschaler Abschlag von 35 % von dem bisher errechneten Wert vorzunehmen. Demnach sei die Versorgungsanwartschaft mit einem Betrag von 31.993,02 DM in das Endvermögen einzustellen.

II.

16
Gegen diese Ausführungen wendet sich die Revision zu Recht, soweit es um die Bewertung des Versorgungsanrechtes des Beklagten bei der W. L. geht. Im Übrigen sind die vom Berufungsgericht durchgeführten Bewertungen der Kommanditeinlage sowie der Immobilien revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Dies gilt gleichermaßen für die übrigen vom Berufungsgericht in die Bilanz eingestellten und von der Revision nicht angegriffenen Positionen bzw. Bewertungen.
17
1. Die vom Berufungsgericht vorgenommene Bewertung der dem Beklagten von der W. L. zugesagten Versorgung in Form einer Kapitalzahlung hält der rechtlichen Überprüfung nicht stand.
18
a) Nicht zu beanstanden ist allerdings die Auffassung des Oberlandesgerichts , wonach es sich bei dem Versorgungsanrecht des Beklagten - jedenfalls dem Grunde nach - um eine unverfallbare Anwartschaft im Sinne des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung handelt (vgl. BGH Urteil vom 13. Juli 2006 - IX ZR 90/05 - NJW 2006, 3638, 3639) und sie, da sie auf Auszahlung eines Kapitalbetrages gerichtet ist, beim Zugewinnausgleich zu berücksichtigen ist. Das Oberlandesgericht geht zu Recht davon aus, dass das in der Ehe erworbene unverfallbare Anrecht des Beklagten auf den ihm von der W. L. als "Versorgung" zugesagten Einmalbetrag dem Zugewinnausgleich unterliegt. Ein solches Anrecht auf Kapitalleistungen unterfiel nach der hier bei der Entscheidung über den Versorgungsausgleich noch maßgeblichen Rechtslage grundsätzlich nicht dem Versorgungsausgleich, da dessen System auf den Ausgleich wiederkehrender Versorgungsleistungen zugeschnitten war und auf den Ausgleich von Kapitalleistungen nicht übertragen werden konnte (Senatsurteile vom 17. Juli 2002 - XII ZR 218/00 - FamRZ 2003, 153; BGHZ 88, 387, 395 f. = FamRZ 1984, 156 und 117, 70, 76 = FamRZ 1992, 411 - vgl. aber nunmehr § 2 Abs. 2 Nr. 3 Halbsatz 2 VersAusglG).
19
b) Die Besonderheit bei der Bewertung der hier streitgegenständlichen Anwartschaft besteht darin, dass das Anrecht des Beklagten zum Stichtag betragsmäßig weder feststand noch feststellbar war und es deshalb an einem ihm zurechenbaren Kapitalwert fehlt. Fest steht allein der von den Durchschnittsprovisionen der letzten drei Kalenderjahre maßgebliche Prozentsatz bezogen auf den Stichtag. Dieser ist in Ziffer 16 Abs. 3 des Geschäftsbesorgungsvertrages festgeschrieben. Nach den von der Revision nicht beanstandeten Feststellungen des Berufungsgerichts konnte der Beklagte am Stichtag auf eine Betriebszugehörigkeit von fünfzehn Jahren zurückblicken. Damit hat er ein Anrecht in Höhe von 45 % der vorgenannten Durchschnittsprovisionen erworben.
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aa) Wie der Wert für ein solches Anrecht im Zugewinnausgleich zu ermitteln ist, hat der Senat - bislang - nicht entschieden.
21
(1) Wird die Art und Weise der Bewertung eines Vermögensgegenstandes vom Gesetz nicht geregelt, ist es Aufgabe des Tatrichters, im Einzelfall eine geeignete Bewertungsart sachverhaltsspezifisch auszuwählen und anzuwenden. In der Sache handelt es sich um eine Schätzung im Rahmen des § 287 Abs. 2 ZPO (Senatsurteile BGHZ 130, 298 = FamRZ 1995, 1270 und vom 17. Juli 2002 - XII ZR 218/00 - FamRZ 2003, 153, 154). Dies entbindet das Gericht indes nicht davon, in seiner Entscheidung die tatsächlichen Grundlagen seiner Schätzung und ihre Auswertung in objektiv nachprüfbarer Weise anzugeben (Senatsurteile vom 20. Oktober 2010 - XII ZR 53/09 - zur Veröffentlichung bestimmt und vom 26. März 2003 - XII ZR 167/01 - NJW-RR 2003, 873, 874; Laumen in Prütting/Gehrlein ZPO § 287 Rn. 21). Diese tatrichterliche Bewertung kann nach allgemeinen Grundsätzen nur daraufhin überprüft werden, ob sie gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt oder sonst auf rechtsfehlerhaften Erwägungen beruht.
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(2) Ist eine erst in der Zukunft fällig werdende Forderung zu bewerten, ist zu beachten, dass sie einen geringeren wirtschaftlichen Wert als eine bereits fällige hat. Deshalb ist nichts dagegen einzuwenden, die Forderung zu dem für die Ermittlung des Endvermögens maßgebenden Bewertungsstichtag abzuzinsen. In diesem Sinne hat der Senat bereits im Fall eines betragsmäßig feststehenden Anrechts auf "Alterskapital" entschieden (Senatsurteil vom 17. Juli 2002 - XII ZR 218/00 - FamRZ 2003, 153, 154).
23
(3) Ebenso hat der Senat entschieden, dass die Ungewissheit, ob der im Anrecht verkörperte Vermögenswert dem Begünstigten oder seinen Rechtsnachfolgern zufallen wird, bei der Bewertung des Anrechts berücksichtigt werden muss (Senatsurteile BGHZ 117, 70 = FamRZ 1992, 411, 414; 118, 242 = FamRZ 1992, 1155, 1159 und vom 17. Juli 2002 - XII ZR 218/00 - FamRZ 2003, 153, 154). So kann die Erlebenswahrscheinlichkeit des Anrechtsinhabers etwa durch das Verhältnis der Erlebensquoten erfasst werden, die für den Anrechtsinhaber bei Eintritt des (Alters-) Versorgungsfalles einerseits und zum Bewertungsstichtag andererseits gelten (Senatsurteil BGHZ 118, 242 = FamRZ 1992, 1155, 1159).
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(4) Das hier zu beurteilende Anrecht zeichnet sich indessen dadurch aus, dass sich seine Werthaltigkeit erst durch die - am Stichtag nicht absehbare - weitere Entwicklung der Jahresprovisionen konkretisiert. Deshalb stellen die für den Stichtag maßgeblichen Durchschnittsprovisionen, auf die das Berufungsgericht hier zurückgegriffen hat, für die Höhe des später auszuzahlenden Kapitalbetrages keine verlässliche Größe dar. Zwar ist gemäß § 1376 Abs. 2 BGB bei der Berechnung der Wert zugrunde zu legen, den das bei Beendigung des Gü- terstandes vorhandene Vermögen in diesem Zeitpunkt hat. Hier geht es jedoch gerade um die Bewertung eines zum Zeitpunkt des Stichtages der Höhe nach nicht bestimmbaren Rechts. In einem solchen Fall auf den Erkenntnisstand eines optimalen Betrachters am Stichtag abzustellen und dabei spätere Entwicklungen des Anrechts nur dann zu berücksichtigen, wenn sie schon im Ansatz erkennbar waren (so etwa Palandt/Brudermüller BGB 69. Aufl. § 1376 Rn. 8 zur Unternehmensbewertung), ist wegen der vorgenannten Eigenheiten des Anrechts hier nicht zielführend.
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In Fallkonstellationen dieser Art, in denen völlig ungewiss ist, welche Provisionen in dem - dem Renteneintritt vorausgehenden - Drei-JahresZeitraum zu erwarten sind, stellt sich die Frage, ob das Anrecht der Höhe nach überhaupt unverfallbar und damit im Zugewinnausgleich zu berücksichtigen ist. Würde der Begünstigte in den letzten drei Jahren vor seinem Austritt keine Provisionen erzielen, wäre sein Versorgungsanrecht wertlos. Dies spräche gegen eine Unverfallbarkeit des Anrechts. Andererseits kann nicht davon ausgegangen werden, dass der von dem Anrecht Begünstigte drei Jahre lang ohne jegliche Einnahmen für das Unternehmen tätig ist. Von daher verbleibt dem Begünstigten jedenfalls ein Mindestwert, der im Zugewinnausgleich zu berücksichtigen ist.
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Im Rahmen der Wertermittlung muss es dem Tatrichter wegen der Eigenart des hier zu bestimmenden Rechts und der damit einhergehenden Unwägbarkeiten erlaubt sein, die ihm im Zeitpunkt seiner Entscheidung zugänglichen Erkenntnismöglichkeiten zu nutzen, um den Wert zum Stichtag besser zu erfassen. Wenn sich hieraus keine konkreten Erkenntnisse für die Werthaltigkeit des Anrechts gewinnen lassen, bleibt Raum für eine Schätzung nach § 287 ZPO. Grundlage der Schätzung ist dann der Kenntnisstand des Tatrichters im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung.
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Die von der Revision vertretene Auffassung, wonach - wie bei der Ertragswertermittlung von Unternehmen - eine auf den Stichtag bezogene Prognose der Provisionsentwicklung vorzunehmen und auf diese Weise der mutmaßliche Provisionsertrag zu ermitteln sei, verfängt nicht. Einer solchen Berechnung liegt die Annahme zugrunde, dass sich der Wert eines Unternehmens danach richtet, was ein Erwerber für dieses bezahlen würde (MünchKommBGB/Koch 5. Auflage § 1376 Rn. 27). Demgegenüber ist das Versorgungsanrecht des Beklagten bezogen auf den Stichtag weder wertmäßig bestimmt noch - anders etwa als bei Unternehmen oder Lebensversicherungen - in irgendeiner Weise realisierbar.
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bb) Den sich hiernach ergebenden Bewertungsanforderungen wird das Berufungsurteil nicht gerecht.
29
(1) Dem Grunde nach nicht zu beanstanden ist allerdings der vom Berufungsgericht gebilligte Ansatz der Sachverständigen, dem Umstand, dass dem Beklagten der Kapitalbetrag am Stichtag noch nicht zur Verfügung stand, durch eine entsprechende Abzinsung unter Zugrundelegung der Heubeck-Richttafeln (2005 G, Männer Jahrgang 1948) als biometrische Rechnungsgrundlage Rechnung zu tragen.
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(2) Ferner hat das Berufungsgericht die von der Sachverständigen vorgeschlagene Kürzung dieses Betrages bezogen auf die Ermittlung des Ehezeitanteils der Versorgungsanwartschaft entsprechend der Berechnung im Versorgungsausgleich gemäß § 1587 a Abs. 2 Nr. 3 a) BGB aF mit zutreffender Begründung abgelehnt. Diese Norm findet ausschließlich auf den Versorgungsausgleich Anwendung. Hier geht es indes um eine - dem Zugewinnausgleich unterliegende - Kapitalzahlung. Demgemäß ist nach § 1376 BGB der Wert zu ermitteln, den das Anrecht am Stichtag hatte. Zu diesem Zeitpunkt hatte der Beklagte nach den Feststellungen des Oberlandesgerichts jedoch während der Ehezeit bereits 90 % der maximal erzielbaren Versorgungsanwartschaften erreicht. Diese Ausführungen greift die Revision im Übrigen als für sie günstig auch nicht an.
31
(3) Gegen die Berücksichtigung einer geschätzten Steuerlast ist dem Grunde nach nichts zu erinnern. Zwar ist der Einwand der Revision zutreffend, wonach am Stichtag keine Steuerlasten (hinsichtlich des noch nicht fälligen Versorgungskapitals ) angefallen sind. Darum geht es bei der Frage der Bewertung hingegen nicht. Maßgeblich ist, welchen Wert das Anrecht am Stichtag für den Beklagten hatte. Bei der Wertermittlung darf deshalb nicht unberücksichtigt bleiben, dass der Beklagte bei einer späteren Auszahlung den Betrag auch zu versteuern hat. Es handelt sich dabei um eine latente Steuerlast. Sie ist, jedenfalls soweit es sich wie hier um Ertragssteuern handelt, wertmindernd zu berücksichtigen (Schröder Bewertungen im Zugewinnausgleich 4. Aufl. Rn. 153 mwN). Dagegen, dass das Berufungsgericht gemäß § 287 ZPO den Steuersatz auf 35 % geschätzt hat, ist ebenfalls nichts zu erinnern. Hier kommt es nicht auf die - einer Feststellung zugänglichen - steuerrechtlichen Verhältnisse des Beklagten am Stichtag an, sondern auf diejenigen, die zum Zeitpunkt der Auszahlung maßgeblich sein werden. Da diese gegenwärtig nicht verlässlich feststellbar sind, konnte das Berufungsgericht nur auf eine Schätzung zurückgreifen.
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(4) Nicht gefolgt werden kann dem Berufungsgericht aber, soweit es wegen der Ungewissheit hinsichtlich der Höhe des Versorgungsanrechts im Einklang mit der Sachverständigen eine Erhöhung des Rechnungszinses von 4,5 % auf insgesamt 10 % vorgenommen hat mit der Folge, dass sich der verbleibende Betrag von 55.690 € auf 27.962 € (= 54.688,92 DM) in etwa halbiert hat. Dem Gutachten, auf das das Oberlandesgericht Bezug nimmt, lässt sich nicht entnehmen, wie die Sachverständige zu diesem Wert gelangt ist. Zu- treffend weist die Revision darauf hin, dass sich nicht im Ansatz nachvollziehen lässt, inwieweit sich die von der Sachverständigen thematisierten Unsicherheiten in der von ihr angeführten unterschiedlichen Rendite von britischen und deutschen Lebensversicherungen widerspiegeln.
33
Das Berufungsgericht hätte vielmehr nach der Einlassung des Beklagten in der mündlichen Verhandlung vom 22. April 2008, wonach er seit Januar 2004 nicht mehr als Bezirksleiter bei W. L. tätig sei, sondern dort nunmehr als Prokurist und Vertriebsleiter arbeite, der Frage nachgehen müssen, ob sich hierdurch bereits sein Versorgungsanrecht anhand der Durchschnittsprovisionen der letzten drei Jahre vor seinem Ausscheiden als Bezirksleiter konkretisiert hat.
34
Wenn sich hieraus keine verlässlichen Erkenntnisse hätten gewinnen lassen, wäre Raum für eine Schätzung nach § 287 ZPO gewesen. Insoweit hätte das Berufungsgericht allerdings entgegen der Auffassung der Revision auch die von der Sachverständigen herangezogenen "Änderungen im Lotteriewesen mit ihren ungewissen Auswirkungen auf die zukünftigen Provisionszahlungen" berücksichtigen dürfen, auch wenn sich diese am Stichtag noch nicht abgezeichnet haben sollten. Denn der Tatrichter darf bei einem Anrecht der vorliegenden Art - wie oben ausgeführt - für die stichtagsbezogene Bewertung auch die späteren Erkenntnisse berücksichtigen. Das entbindet das Gericht (bzw. den Sachverständigen) aber nicht davon, in seiner Entscheidung die tatsächlichen Grundlagen seiner Schätzung und ihre Auswertung in objektiv nachprüfbarer Weise anzugeben. Hier wäre etwa zu erwarten gewesen, dass die Sachverständige die "anstehenden Änderungen" konkretisiert und erläutert, welchen Einfluss sie auf die Umsatzzahlen haben können. Ferner hätte sich das Berufungsgericht mit der Frage einer möglichen Verfallbarkeit des Anrechts der Höhe nach bzw. eines zu schätzenden Mindestwertes auseinandersetzen müssen.
35
(5) Revisionsrechtlich zu beanstanden sind schließlich auch die Ausführungen des Berufungsgerichts dazu, dass die Witwenrentenanwartschaft nicht zu berücksichtigen sei, weil eine solche "vorliegend keine Rolle spielt".
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Die in Ziffer 16 Absatz 1 des Geschäftsbesorgungsvertrages zugesagte Hinterbliebenenversorgung ist Bestandteil der Versorgungsregelung. Von daher ist sie bei der vom Tatrichter vorzunehmenden Schätzung des Kapitalwertes nach § 287 ZPO einzubeziehen. Zwar ist es entgegen der Auffassung der Revision nicht zwingend, diese weitere Option wertmäßig zu berücksichtigen. Jedoch muss der Tatrichter die Grundlagen für seine entsprechende Entscheidung benennen. Diesem Erfordernis genügt das Oberlandesgericht mit seinem Hinweis nicht, zumal es auch nicht zwingend ist, dass die Witwenrentenanwartschaft ohne Bedeutung ist. Denn es kann für den Beklagten durchaus einen wirtschaftlichen Wert bedeuten, dass im Falle seiner Wiederverheiratung seine künftige Frau eine Hinterbliebenenversorgung beanspruchen kann. Weder das Familiengericht noch das Oberlandesgericht haben sich damit auseinandergesetzt.
37
Der Ansatz der Revision, dass der Beklagte am Stichtag noch verheiratet gewesen und deshalb die Witwenrente wertmäßig zu berücksichtigen sei, geht allerdings fehl. Denn ihn weitergedacht, wäre die Klägerin Begünstigte der Hinterbliebenenversorgung. Ihre etwaige Vermögensmehrung dem Beklagten im Rahmen des Zugewinnausgleichsverfahrens zuzurechnen, das mit dem Stichtag eine Zäsur hinsichtlich der Vermögensentwicklung vorsieht, würde die Zielrichtung des Zugewinnausgleichs verfehlen.
38
2. Dass das Berufungsgericht für die Beteiligung des Beklagten an dem geschlossenen Immobilienfonds "B. -W. -F. -15" in Form einer Kom- manditeinlage einen Wert von 30.000 DM in das Anfangsvermögen eingestellt hat, ist demgegenüber revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
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a) Ähnlich wie bei der Bewertung des Versorgungsanrechts des Beklagten bei der W. L. stellt sich auch bei der Beteiligung an einem geschlossenen Immobilienfonds in Form einer Kommanditeinlage die Frage, wie sie zum Stichtag annähernd realistisch bewertet werden kann. Denn die entsprechenden Kommanditanteile sind - wie die Revision zu Recht ausführt - überhaupt nicht bzw. nur sehr schlecht veräußerbar (BGH Urteile vom 22. Juli 2010 - III ZR 203/09 - NZG 2010, 1026 Rn. 23 und vom 18. Januar 2007 - III ZR 44/06 - NJW-RR 2007, 621 Rn. 16). Das bedeutet indes nicht, dass sie wertlos sind. Die Beteiligung an geschlossenen Immobilienfonds basiert vielmehr auf langfristigen Investitionen, die jedenfalls in der hier maßgeblichen Zeit um 1982 üblicherweise auch wegen der Aussicht auf Steuervorteile bezogen auf die Dauer der Beteiligung getätigt wurden.
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Zur Ermittlung des Wertes einer Abschreibungsgesellschaft, die in der Regel in Form einer Kommanditgesellschaft betrieben wird (Haußleiter/Schulz Vermögensauseinandersetzung bei Trennung und Scheidung 4. Aufl. Kap. 1 Rn. 129), wird in der Literatur empfohlen, den zu erwartenden Veräußerungserlös bei Beendigung der Beteiligung zu ermitteln. Hierzu seien die bis dahin noch zu erwartenden Steuervorteile hinzuzurechnen. Abzuziehen seien noch offene Zahlungsverpflichtungen sowie die mit der Veräußerung ausgelösten Steuern (so Schröder aaO Rn. 115 unter Hinweis auf ein nicht veröffentlichtes Urteil des OLG Hamm vom 20. März 1984 - 1 UF 233/82; ihm folgend Büte Zugewinnausgleich bei Ehescheidung 3. Aufl. Rn. 62; Haußleiter/Schulz aaO; Münch FamRB 2007, 375, 380). Der Sache nach lehnt sich diese Vorgehensweise an das Liquidationswertverfahren an, bei dem Anknüpfungspunkt der Wertermittlung der zu erzielende Veräußerungserlös ist (vgl. Schröder aaO Rn. 80).
41
Diese von der Literatur für Abschreibungsgesellschaften empfohlene Methode verspricht nach dem oben Gesagten jedenfalls für die Bewertung einer Kommanditeinlage an einem geschlossenen Immobilienfonds einen verlässlichen Rückschluss auf den zum maßgeblichen Stichtag bestehenden Wert.
42
b) Gemessen an diesen Anforderungen hält sich die vom Berufungsgericht vorgenommene Wertermittlung im Rahmen des tatrichterlichen Ermessens.
43
Der Immobilienfonds war nach den Feststellungen des Berufungsgerichts 1984 liquidiert worden. In der Folge - wenn auch erst 1990 als Ergebnis eines Rechtsstreits - hat der Beklagte den Nennbetrag des Anschaffungspreises zurückerhalten. Zuvor hat er nach den Feststellungen des Berufungsgerichts 1982 und 1983 Ertragsausschüttungen und schließlich insgesamt mehr als den investierten Betrag erhalten. Wenn das Berufungsgericht aufgrund dieser Umstände gemäß § 287 ZPO den Wert auf den Betrag schätzt, der dem Anschaffungspreis des Kommanditanteils Ende 1980 und gleichzeitig dem Betrag entspricht , den der Beklagte infolge der - bereits 1984 eingetretenen - Liquidation ausgezahlt erhalten hat, liegt dies vor allem unter Berücksichtigung sämtlicher Unwägbarkeiten, die mit einer Bewertung eines solchen Anteils einhergehen, noch im tatrichterlichen Ermessen (vgl. zur Unternehmensbewertung im Falle der Liquidation BGH Urteil vom 17. März 1982 - IVa ZR 27/81 - NJW 1982, 2497, 2498; Palandt/Brudermüller aaO § 1376 Rn. 8).
44
3. Ebenso wenig ist es revisionsrechtlich zu beanstanden, dass das Berufungsgericht für das Anwesen S. 8 per Stichtag nur einen Wert von 850.000 DM in die Zugewinnausgleichsberechnung eingestellt hat.
45
a) Es ist Sache des - sachverständig beratenen - Tatrichters, die zur Ermittlung des "vollen, wirklichen" Wertes der Immobilie geeignete Bewertungs- http://www.juris.de/jportal/portal/t/xmw/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=1&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE314122004&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/xmw/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=1&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE314122004&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint - 17 - methode auszuwählen und sachgerecht anzuwenden. Seine Entscheidung kann vom Revisionsgericht nur daraufhin nachgeprüft werden, ob sie gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt oder ob sie sonst auf rechtsfehlerhaften Erwägungen beruht (st. Rspr., vgl. etwa Senatsurteile vom 8. September 2004 - XII ZR 194/01 - FamRZ 2005, 99, 100 und BGHZ 164, 69 = FamRZ 2005, 1974, 1976).
46
Dabei muss der für die Berechnung des Zugewinns maßgebende wirkliche Wert eines Grundstücks nicht stets mit dem hypothetischen Verkaufswert am Stichtag übereinstimmen. Vielmehr kann der wirkliche Wert höher sein als der aktuelle Veräußerungswert. Insbesondere ist bei der Bewertung ein vorübergehender Preisrückgang nicht zu berücksichtigen, wenn er bei nüchterner Beurteilung schon am Stichtag als vorübergehend erkennbar war. Eine strengere Orientierung an dem tatsächlich erzielbaren Verkaufserlös ist nur dann geboten , wenn das Grundstück zur Veräußerung bestimmt ist oder als Folge des Zugewinnausgleichs veräußert werden muss (Senatsurteil vom 1. April 1992 - XII ZR 146/91 - FamRZ 1992, 918, 919).
47
b) Diesen Anforderungen ist das Berufungsurteil gerecht geworden.
48
aa) Das Oberlandesgericht hat die vorliegenden Gutachten unter Einbeziehung der mündlichen Erläuterungen der Sachverständigen ausführlich gewürdigt. Die von ihm auf dieser Grundlage angestellte Wertermittlung trägt den Besonderheiten der Immobilie Rechnung; sie ist nachvollziehbar und lässt jedenfalls revisionsrechtlich bedeutsame Rechtsfehler nicht erkennen.
49
Vor allem ist nichts dagegen zu erinnern und im Übrigen von der Revision nicht gerügt, dass das Berufungsgericht der vom Sachverständigen K. gewählten Methode dem Grunde nach gefolgt ist. Dieser hatte den Verkehrswert sowohl aus dem (niedrigeren) Ertragswert als auch aus dem (höheren) Sachwert ermittelt. Dabei hat er - anders als der von der Klägerin beauftragte Sachverständige Kr. - das Schwergewicht auf ersteren gelegt und einen weiteren Abzug (vom Sachwert) wegen eingeschränkter Marktverhältnisse in Höhe von 10 % vorgenommen. Diese Art der Wertermittlung war dem Umstand geschuldet, dass die Immobilie an sich als Gewerbeobjekt zu qualifizieren ist, gleichzeitig aber ein - mittlerweile von der Klägerin allein genutztes - Wohngebäude umfasst.
50
bb) Ebenso wenig ist es zu beanstanden, dass das Berufungsgericht bei der Bewertung der Immobilie gegenüber dem Gutachten K. einen weiteren Abschlag (von 913.000 DM auf 850.000 DM) vorgenommen hat. Insoweit hat das Oberlandesgericht ergänzend den unstreitigen Vortrag der Parteien herangezogen. Danach war ihnen von mehreren Maklern ein Verkaufspreis von 850.000 DM als realistische Kaufpreisgröße angegeben und von den Parteien auch intern beim Erwerb des hälftigen Miteigentumsanteils durch die Klägerin zugrunde gelegt worden.
51
Entgegen der Auffassung der Revision musste das Berufungsgericht nicht davon ausgehen, dass es sich nur um einen vorübergehenden Preisrückgang gehandelt hat, der dann nicht zu berücksichtigen ist, wenn er bei nüchterner Beurteilung schon am Stichtag als vorübergehend erkennbar war. Zu Recht weist der Beklagte auf die Ausführungen des Sachverständigen K. in seinem Gutachten hin, wonach "in jüngster Zeit und heute (…) hier sogar Abschläge von ca. 20 bis 30 % hingenommen werden" müssten. Vor dem Berufungsgericht hat der Sachverständige von einer "damals beginnenden Abwärtsentwicklung" gesprochen. Wenn das Berufungsgericht in diesem Kontext den - insoweit übereinstimmenden - Äußerungen der Parteien und dem Umstand, dass der Beklagte nach gescheiterten Verkaufsbemühungen seinen Miteigentumsanteil an der Immobilie für 425.000 DM an die Klägerin veräußert hat, eine maßgebli- che Indizwirkung für einen niedrigeren als vom Sachverständigen angenommenen Wert beimisst, ist das revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
52
Im Übrigen ist - wie bereits ausgeführt - auch nach der Senatsrechtsprechung eine strengere Orientierung an dem tatsächlich erzielbaren Verkaufserlös geboten, wenn das Grundstück zur Veräußerung bestimmt ist (Senatsurteil vom 1. April 1992 - XII ZR 146/91 - FamRZ 1992, 918, 919). Dies war hier ersichtlich der Fall, da die Klägerin nach den - von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts - den Miteigentumsanteil des Beklagten erst erworben hatte, nachdem der Versuch einer Veräußerung an Dritte gescheitert war.
53
4. Revisionsrechtlich ist auch nichts dagegen zu erinnern, dass das Berufungsgericht für die Eigentumswohnung N. Straße 9 zum Stichtag im Endvermögen des Beklagten einen Wert von 200.000 DM angesetzt hat.
54
Die vom Oberlandesgericht tatrichterlich vorgenommene Bewertung beruht weder auf rechtsfehlerhaften Erwägungen noch verstößt sie gegen Denkgesetze oder Erfahrungswerte.
55
a) Entgegen der Auffassung der Revision begegnet der Ansatz eines Mietwertes von DM 9,50/qm keinen Bedenken.
56
Dass der Beklagte tatsächlich eine höhere Miete erzielt hat als vom Gutachterausschuss bei der Ermittlung des Ertragswertes zugrunde gelegt, ist für die Wertermittlung unbeachtlich. Der Gutachterausschuss hat den Ertragswert in Anlehnung an die §§ 16, 17 der Wertermittlungsverordnung ermittelt (BGBl. I 1988 S. 2209 - WertV; siehe jetzt §§ 17, 18 der seit dem 1. Juli 2010 gültigen Immobilienwertermittlungsverordnung, BGBl.I 2010, 639 - ImmoWertV). Er hat in seinem Gutachten vom 26. August 2003 dargelegt, dass die nachhaltig erzielbaren Mieten "in Anlehnung an die Werte des Mietspiegels (…) sachverständig und unabhängig von den tatsächlich gezahlten Mieten geschätzt werden". Dass das Oberlandesgericht bei der Übernahme dieser Einschätzung sein tatrichterliches Ermessen überschritten hat, ist nicht ersichtlich. Auf die "nachhaltig erzielbaren" Einnahmen im Sinne der §§ 16, 17 WertV (bzw. auf die "marktüblich erzielbaren" Erträge im Sinne der §§ 17, 18 ImmoWertV) ist vielmehr auch dann abzustellen, wenn für die Nutzung des Grundstücks vom Üblichen abweichende Entgelte, also etwa über dem Mietspiegel liegende Mieteinnahmen, erzielt werden (s. dazu FG Nürnberg DStRE 2005, 97, 98; vgl. auch §§ 17, 18 ImmoWertV).
57
Ferner hat die Vorsitzende des Gutachterausschusses in ihrer Vernehmung vor dem Amtsgericht nachvollziehbar erläutert, dass dieser bei dem im Mietspiegel ausgewiesenen Mietwert wegen der Lage der Wohnung (benachbarte Gewerbeimmobilen) einen Abschlag vorgenommen und so zu dem veranschlagten Wert von 9,50 DM gekommen sei.
58
b) Entgegen der Ansicht der Revision ist es auch nicht zu beanstanden, dass das Berufungsgericht die weitere Vorgehensweise des Gutachterausschusses gebilligt hat, wonach bei der Wertermittlung der Dachbodenraum nicht zusätzlich mit einem Mietwert zu versehen sei, da er bauordnungsrechtlich nicht als Wohnraum genutzt werden dürfe. Nach § 17 Abs. 1 Satz 1 WertV umfasst der Rohertrag alle bei ordnungsgemäßer Bewirtschaftung und zulässiger Nutzung nachhaltig erzielbaren Einnahmen aus dem Grundstück (Entsprechendes gilt jetzt gemäß § 18 Abs. 2 Satz 1 ImmoWertV). Die Vermietung einer nicht als Wohnraum genehmigten Räumlichkeit als Wohnraum wäre indes unzulässig und darf damit in den Ertragswert keinen Eingang finden.
59
Dem stehen die von der Revision zitierten Urteile des VIII. Zivilsenats (vom 16. Dezember 2009 - VIII ZR 39/09 - NJW 2010, 1064 Rn. 18 und vom 16. September 2009 - VIII ZR 275/08 - NJW 2009, 3421 Rn. 8 ff.) nicht entgegen. Denn diese Entscheidungen beziehen sich ausschließlich auf den Fall, dass der Mieter die - für Wohnzwecke nicht genehmigte - Fläche als Wohnfläche mietvertraglich akzeptiert hat und daran gebunden ist. Eine solche Fallgestaltung ist für die Ermittlung des Ertragswertes genauso wenig repräsentativ wie die tatsächliche Vereinbarung eines überhöhten Mietzinses.
60
Die Revision meint, dass die mit dem Ausbau einhergehende werterhöhende Eigenschaft jedenfalls den Sachwert der Wohnung beeinflusse und deshalb in die Verkehrswertermittlung Eingang finden müsse. Dabei hat sie indes nicht beachtet, dass ausweislich des Gutachtens die "zusätzlich nutzbare Fläche im 2. Dachgeschoss (Dachbodenraum)" als ein positiver Faktor berücksichtigt worden ist. Schließlich ist der Verkehrswert trotz des ermittelten Vergleichswertes von 190.000 DM auf 200.000 DM festgesetzt worden.
61
c) Es begegnet auch keinen revisionsrechtlichen Bedenken, dass das - sachverständig beratene - Berufungsgericht den vom Gutachterausschuss mit 3,5 % angesetzten Liegenschaftszins gebilligt hat. Es ist nichts dagegen einzuwenden , wenn der Sachverständige bei der Bewertung eines Grundstücks zum Ende des Untersuchungszeitraums von dem Mittelwert abweicht und den sich bis dahin konkret eingestellten Preisrückgang berücksichtigt. Hier kommt hinzu, dass die Klägerin selbst auf einen veröffentlichten Zinssatz "3,08 % +/- 0,47 %" hingewiesen hat. Außerdem wurde - worauf der Gutachterausschuss in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 17. Dezember 2004 hingewiesen hatte - die Markteinschätzung durch den ermittelten Vergleichswert bestätigt, der 10.000 DM unter dem Ertragswert liegt.
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5. Die vom Berufungsgericht in die Bilanz gestellten Positionen bzw. Bewertungen , die von der Revision nicht in Frage gestellt werden, sind ebenfalls revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Dabei geht es im Wesentlichen um unstreitige Positionen oder um tatrichterliche Einschätzungen. Soweit das Berufungsgericht die nach seinen Feststellungen bereits bei Heirat im Alleineigentum des Beklagten stehenden Einrichtungsgegenstände in den Zugewinnausgleich einbezogen hat, ist hiergegen nichts zu erinnern. Die Streitfrage, ob solche Gegenstände dem Zugewinnausgleichsverfahren unterfallen (vgl. zum Meinungsstand Johannsen/Henrich/Jaeger Familienrecht 5. Aufl. § 1374 Rn. 14), kann unbeantwortet bleiben. Denn mit der Aufhebung der Hausratsverordnung und der Einführung des § 1586 b BGB zum 1. September 2009 durch das Gesetz zur Änderung des Zugewinnausgleichs- und Vormundschaftsrechts vom 6. Juli 2009 (BGBl. I S. 1696) sind der gerichtlichen Hausratsverteilung nur noch die im gemeinsamen Eigentum der Eheleute stehenden Haushaltsgegenstände unterworfen (Johannsen/Henrich/Jaeger aaO); Hausrat, der im Alleineigentum eines Ehegatten steht, bleibt dem güterrechtlichen Ausgleich vorbehalten (so ausdrücklich die Begründung des Gesetzesentwurfs BT-Drucks. 16/10798 S. 23). Dabei kommt das neue - materielle - Recht mangels einer entsprechenden Übergangsregelung bereits im vorliegenden Fall zur Anwendung (vgl. BT-Drucks. 16/10798 S. 25; OLG Schleswig Beschluss vom 24. März 2010 - 15 UF 166/09 - juris Rn. 27 zur Anwendung von § 1568 a BGB). Eine Hausratsteilung nach früherem Recht ist nicht erfolgt. Ebenso wenig ist zu beanstanden , dass das Berufungsgericht bei der Bewertung des Betriebsvermögens vom Substanzwert ausgegangen ist (vgl. dazu auch BGHZ 68, 163 = FamRZ 1977, 386, 387; Schröder Bewertung im Zugewinnausgleich 4. Aufl. Rn. 129).

III.

63
Das angefochtene Urteil war aufzuheben, § 562 Abs. 1 ZPO. Der Senat vermag in der Sache nicht abschließend zu entscheiden. Sie war vielmehr gemäß § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO an das Oberlandesgericht zurückzuverweisen, damit es die für die Frage der Bewertung des Versorgungsanrechts maßgeblichen Feststellungen treffen kann.
Dose Weber-Monecke Klinkhammer Schilling Günter
Vorinstanzen:
AG Rheine, Entscheidung vom 02.05.2007 - 13 F 251/01 -
OLG Hamm, Entscheidung vom 09.10.2009 - 13 UF 144/07 -

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.

(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.

(1)1Zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb gehört auch der Gewinn aus der Veräußerung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft, wenn der Veräußerer innerhalb der letzten fünf Jahre am Kapital der Gesellschaft unmittelbar oder mittelbar zu mindestens 1 Prozent beteiligt war.2Die verdeckte Einlage von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft in eine Kapitalgesellschaft steht der Veräußerung der Anteile gleich.3Anteile an einer Kapitalgesellschaft sind Aktien, Anteile an einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung, Genussscheine oder ähnliche Beteiligungen und Anwartschaften auf solche Beteiligungen sowie Anteile an einer optierenden Gesellschaft im Sinne des § 1a des Körperschaftsteuergesetzes.4Hat der Veräußerer den veräußerten Anteil innerhalb der letzten fünf Jahre vor der Veräußerung unentgeltlich erworben, so gilt Satz 1 entsprechend, wenn der Veräußerer zwar nicht selbst, aber der Rechtsvorgänger oder, sofern der Anteil nacheinander unentgeltlich übertragen worden ist, einer der Rechtsvorgänger innerhalb der letzten fünf Jahre im Sinne von Satz 1 beteiligt war.

(2)1Veräußerungsgewinn im Sinne des Absatzes 1 ist der Betrag, um den der Veräußerungspreis nach Abzug der Veräußerungskosten die Anschaffungskosten übersteigt.2In den Fällen des Absatzes 1 Satz 2 tritt an die Stelle des Veräußerungspreises der Anteile ihr gemeiner Wert.3Weist der Veräußerer nach, dass ihm die Anteile bereits im Zeitpunkt der Begründung der unbeschränkten Steuerpflicht nach § 1 Absatz 1 zuzurechnen waren und dass der bis zu diesem Zeitpunkt entstandene Vermögenszuwachs auf Grund gesetzlicher Bestimmungen des Wegzugsstaats im Wegzugsstaat einer der Steuer nach § 6 des Außensteuergesetzes vergleichbaren Steuer unterlegen hat, tritt an die Stelle der Anschaffungskosten der Wert, den der Wegzugsstaat bei der Berechnung der der Steuer nach § 6 des Außensteuergesetzes vergleichbaren Steuer angesetzt hat, höchstens jedoch der gemeine Wert.4Satz 3 ist in den Fällen des § 6 Absatz 3 des Außensteuergesetzes nicht anzuwenden.5Hat der Veräußerer den veräußerten Anteil unentgeltlich erworben, so sind als Anschaffungskosten des Anteils die Anschaffungskosten des Rechtsvorgängers maßgebend, der den Anteil zuletzt entgeltlich erworben hat.6Ein Veräußerungsverlust ist nicht zu berücksichtigen, soweit er auf Anteile entfällt,

a)
die der Steuerpflichtige innerhalb der letzten fünf Jahre unentgeltlich erworben hatte.2Dies gilt nicht, soweit der Rechtsvorgänger anstelle des Steuerpflichtigen den Veräußerungsverlust hätte geltend machen können;
b)
die entgeltlich erworben worden sind und nicht innerhalb der gesamten letzten fünf Jahre zu einer Beteiligung des Steuerpflichtigen im Sinne von Absatz 1 Satz 1 gehört haben.2Dies gilt nicht für innerhalb der letzten fünf Jahre erworbene Anteile, deren Erwerb zur Begründung einer Beteiligung des Steuerpflichtigen im Sinne von Absatz 1 Satz 1 geführt hat oder die nach Begründung der Beteiligung im Sinne von Absatz 1 Satz 1 erworben worden sind.

(2a)1Anschaffungskosten sind die Aufwendungen, die geleistet werden, um die Anteile im Sinne des Absatzes 1 zu erwerben.2Zu den Anschaffungskosten gehören auch die Nebenkosten sowie die nachträglichen Anschaffungskosten.3Zu den nachträglichen Anschaffungskosten im Sinne des Satzes 2 gehören insbesondere

1.
offene oder verdeckte Einlagen,
2.
Darlehensverluste, soweit die Gewährung des Darlehens oder das Stehenlassen des Darlehens in der Krise der Gesellschaft gesellschaftsrechtlich veranlasst war, und
3.
Ausfälle von Bürgschaftsregressforderungen und vergleichbaren Forderungen, soweit die Hingabe oder das Stehenlassen der betreffenden Sicherheit gesellschaftsrechtlich veranlasst war.
4Eine gesellschaftsrechtliche Veranlassung liegt regelmäßig vor, wenn ein fremder Dritter das Darlehen oder Sicherungsmittel im Sinne der Nummern 2 oder 3 bei sonst gleichen Umständen zurückgefordert oder nicht gewährt hätte.5Leistet der Steuerpflichtige über den Nennbetrag seiner Anteile hinaus Einzahlungen in das Kapital der Gesellschaft, sind die Einzahlungen bei der Ermittlung der Anschaffungskosten gleichmäßig auf seine gesamten Anteile einschließlich seiner im Rahmen von Kapitalerhöhungen erhaltenen neuen Anteile aufzuteilen.

(3)1Der Veräußerungsgewinn wird zur Einkommensteuer nur herangezogen, soweit er den Teil von 9 060 Euro übersteigt, der dem veräußerten Anteil an der Kapitalgesellschaft entspricht.2Der Freibetrag ermäßigt sich um den Betrag, um den der Veräußerungsgewinn den Teil von 36 100 Euro übersteigt, der dem veräußerten Anteil an der Kapitalgesellschaft entspricht.

(4)1Als Veräußerung im Sinne des Absatzes 1 gilt auch die Auflösung einer Kapitalgesellschaft, die Kapitalherabsetzung, wenn das Kapital zurückgezahlt wird, und die Ausschüttung oder Zurückzahlung von Beträgen aus dem steuerlichen Einlagenkonto im Sinne des § 27 des Körperschaftsteuergesetzes.2In diesen Fällen ist als Veräußerungspreis der gemeine Wert des dem Steuerpflichtigen zugeteilten oder zurückgezahlten Vermögens der Kapitalgesellschaft anzusehen.3Satz 1 gilt nicht, soweit die Bezüge nach § 20 Absatz 1 Nummer 1 oder 2 zu den Einnahmen aus Kapitalvermögen gehören.

(5)1Die Beschränkung oder der Ausschluss des Besteuerungsrechts der Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung der Anteile an einer Kapitalgesellschaft im Fall der Verlegung des Sitzes oder des Orts der Geschäftsleitung der Kapitalgesellschaft in einen anderen Staat stehen der Veräußerung der Anteile zum gemeinen Wert gleich.2Dies gilt nicht in den Fällen der Sitzverlegung einer Europäischen Gesellschaft nach Artikel 8 der Verordnung (EG) Nr. 2157/2001 und der Sitzverlegung einer anderen Kapitalgesellschaft in einen anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union.3In diesen Fällen ist der Gewinn aus einer späteren Veräußerung der Anteile ungeachtet der Bestimmungen eines Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung in der gleichen Art und Weise zu besteuern, wie die Veräußerung dieser Anteile zu besteuern gewesen wäre, wenn keine Sitzverlegung stattgefunden hätte.4§ 15 Absatz 1a Satz 2 ist entsprechend anzuwenden.

(6) Als Anteile im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 gelten auch Anteile an Kapitalgesellschaften, an denen der Veräußerer innerhalb der letzten fünf Jahre am Kapital der Gesellschaft nicht unmittelbar oder mittelbar zu mindestens 1 Prozent beteiligt war, wenn

1.
die Anteile auf Grund eines Einbringungsvorgangs im Sinne des Umwandlungssteuergesetzes, bei dem nicht der gemeine Wert zum Ansatz kam, erworben wurden und
2.
zum Einbringungszeitpunkt für die eingebrachten Anteile die Voraussetzungen von Absatz 1 Satz 1 erfüllt waren oder die Anteile auf einer Sacheinlage im Sinne von § 20 Absatz 1 des Umwandlungssteuergesetzes vom 7. Dezember 2006 (BGBl. I S. 2782, 2791) in der jeweils geltenden Fassung beruhen.

(7) Als Anteile im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 gelten auch Anteile an einer Genossenschaft einschließlich der Europäischen Genossenschaft.

(1) Die Bewertung richtet sich, soweit nicht in den Absätzen 2 bis 7 etwas anderes bestimmt ist, nach den Vorschriften des Ersten Teils des Bewertungsgesetzes (Allgemeine Bewertungsvorschriften) in der Fassung der Bekanntmachung vom 1. Februar 1991 (BGBl. I S. 230), zuletzt geändert durch Artikel 2 des Gesetzes vom 24. Dezember 2008 (BGBl. I S. 3018), in der jeweils geltenden Fassung.

(2) Anteile an Kapitalgesellschaften, für die ein Wert nach § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 des Bewertungsgesetzes festzustellen ist, sind mit dem auf den Bewertungsstichtag (§ 11) festgestellten Wert anzusetzen.

(3) Grundbesitz (§ 19 Abs. 1 des Bewertungsgesetzes) ist mit dem nach § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Bewertungsgesetzes auf den Bewertungsstichtag (§ 11) festgestellten Wert anzusetzen.

(4) Bodenschätze, die nicht zum Betriebsvermögen gehören, werden angesetzt, wenn für sie Absetzungen für Substanzverringerung bei der Einkunftsermittlung vorzunehmen sind; sie werden mit ihren ertragsteuerlichen Werten angesetzt.

(5) Inländisches Betriebsvermögen, für das ein Wert nach § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 des Bewertungsgesetzes festzustellen ist, ist mit dem auf den Bewertungsstichtag (§ 11) festgestellten Wert anzusetzen.

(6) Gehört zum Erwerb ein Anteil an Wirtschaftsgütern und Schulden, für die ein Wert nach § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 des Bewertungsgesetzes festzustellen ist, ist der darauf entfallende Teilbetrag des auf den Bewertungsstichtag (§ 11) festgestellten Werts anzusetzen.

(7) Ausländischer Grundbesitz und ausländisches Betriebsvermögen werden nach § 31 des Bewertungsgesetzes bewertet.

Soweit in § 10 Absatz 1 Nummer 2 bis 5, 7 und 9 sowie Absatz 1a Nummer 1, den §§ 10a, 10b und den §§ 33 bis 33b nichts anderes bestimmt ist, dürfen weder bei den einzelnen Einkunftsarten noch vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen werden

1.
die für den Haushalt des Steuerpflichtigen und für den Unterhalt seiner Familienangehörigen aufgewendeten Beträge.2Dazu gehören auch die Aufwendungen für die Lebensführung, die die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt, auch wenn sie zur Förderung des Berufs oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen;
2.
freiwillige Zuwendungen, Zuwendungen auf Grund einer freiwillig begründeten Rechtspflicht und Zuwendungen an eine gegenüber dem Steuerpflichtigen oder seinem Ehegatten gesetzlich unterhaltsberechtigte Person oder deren Ehegatten, auch wenn diese Zuwendungen auf einer besonderen Vereinbarung beruhen;
3.
die Steuern vom Einkommen und sonstige Personensteuern sowie die Umsatzsteuer für Umsätze, die Entnahmen sind, und die Vorsteuerbeträge auf Aufwendungen, für die das Abzugsverbot der Nummer 1 oder des § 4 Absatz 5 Satz 1 Nummer 1 bis 5, 7 oder Absatz 7 gilt; das gilt auch für die auf diese Steuern entfallenden Nebenleistungen;
4.
in einem Strafverfahren festgesetzte Geldstrafen, sonstige Rechtsfolgen vermögensrechtlicher Art, bei denen der Strafcharakter überwiegt, und Leistungen zur Erfüllung von Auflagen oder Weisungen, soweit die Auflagen oder Weisungen nicht lediglich der Wiedergutmachung des durch die Tat verursachten Schadens dienen sowie damit zusammenhängende Aufwendungen;
5.
(weggefallen)

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist verwitwet. Neben sonstigen Einkünften erzielte sie aufgrund eines Nießbrauchs Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Dieses Nießbrauchsrecht, aufgrund dessen sie monatliche Erbbauzinsen in Höhe von 20.120,20 DM (10.287,29 €) erhält, steht der Klägerin seit dem Tod ihres Ehemannes zu. Das Nießbrauchsrecht besteht noch bis 2023. Der Jahreswert des Nießbrauchsrechts betrug im Zeitpunkt des Todes des Ehemannes der Klägerin 123.447 €.

2

Nach den Angaben in der Erbschaftsteuererklärung ermittelte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) einen Kapitalwert des Nießbrauchrechts in Höhe von 1.546.761 €. Die Klägerin wählte nach § 23 des Erbschaftsteuergesetzes (ErbStG) die Versteuerung nach dem Jahreswert des Nießbrauchsrechts; die hiernach jährlich zu zahlende Erbschaftsteuer beläuft sich auf 23.454,93 €. Im Streitjahr 2004 zahlte die Klägerin Erbschaftsteuer in Höhe von 25.372,79 €, die sich aus der im Jahr 2004 gezahlten anteiligen Jahressteuer 2003 (1.917,86 €) und der Jahressteuer 2004 in Höhe von 23.454,93 € zusammensetzt.

3

Im Rahmen der Einkommensteuererklärung 2004 beantragte die Klägerin, die im Streitjahr bezahlte Erbschaftsteuer als Sonderausgaben in Abzug zu bringen. Das FA lehnte dies ab.

4

Die nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage wurde mit in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2008, 1697 veröffentlichtem Urteil abgewiesen. Die Erbschaftsteuer könne als Personensteuer nach § 12 Nr. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) nicht als Sonderausgabe abgezogen werden. § 35 EStG a.F., der eine Ausnahme vom Abzugsverbot vorgesehen habe, sei durch das Steuerentlastungsgesetz (StEntlG) 1999/2000/2002 vom 24. März 1999 (BGBl I 1999, 402, BStBl I 1999, 304) mit Wirkung zum 1. Januar 1999 ersatzlos aufgehoben worden. Die Abschaffung werde in der Gesetzesbegründung mit Vereinfachungsgründen gerechtfertigt, obwohl der Gesetzgeber erkannt habe, dass dadurch eine dem Leistungsfähigkeitsprinzip widersprechende Doppelbelastung von Einkünften mit Einkommensteuer und Erbschaftsteuer eintrete (BTDrucks 14/23, 183). Die vor Einführung des § 35 EStG a.F. ergangenen Urteile des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 15. November 1957 VI 79/55 U (BFHE 66, 262, BStBl III 1958, 103) und vom 5. April 1965 VI 339/63 U (BFHE 82, 315, BStBl III 1965, 360) würden im Streitfall nicht den Sonderausgabenabzug gebieten. Diese Urteile seien von der Annahme geprägt, dass die Erbschaftsteuer keine Personensteuer i.S. des § 12 Nr. 3 EStG sei (BFH-Urteil vom 9. August 1983 VIII R 35/80, BFHE 139, 253, BStBl II 1984, 27). An dieser Auffassung werde jedoch seit langem in Rechtsprechung und Schrifttum nicht mehr festgehalten (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 14. September 1994 I R 78/94, BFHE 176, 122, BStBl II 1995, 207). Die umstrittene Einkommensteuerbelastung führe auch nicht zu einer Ungleichbehandlung i.S. des Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG). Die Erbschaftsteuer betreffe nicht die Besteuerung von Einkünften, sondern sie besteuere den Vermögensvorteil des Erben durch die Erbschaft. Sie sei nicht durch eine Einkunftsquelle veranlasst und führe deshalb nicht zu Werbungskosten. Zudem sei die Doppelbelastung der Einnahmen mit Erbschaftsteuer und Einkommensteuer nicht verfassungswidrig. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) gebe es keinen Verfassungsrechtssatz, wonach alle Steuern aufeinander abgestimmt sein müssten, also z.B. eine mehrfache Belastung vermieden werden müsse. Der Gleichheitssatz belasse dem Gesetzgeber bei der Erschließung von Steuerquellen einen weit reichenden Gestaltungsspielraum (BVerfG-Beschluss vom 8. Januar 1999  1 BvL 14/98, Neue Juristische Wochenschrift 1999, 1098). Schließlich führe die Abschaffung des § 35 EStG a.F. auch nicht zu einer übermäßigen Besteuerung mit der Folge einer Verfassungswidrigkeit wegen eines Verstoßes gegen Art. 14 GG. So habe der BFH mit Urteil vom 11. August 1999 XI R 77/97 (BFHE 189, 413, BStBl II 1999, 771) bereits entschieden, dass eine Gesamtsteuerbelastung von insgesamt rd. 60 % (im konkreten Fall: Einkommensteuer und Gewerbeertragssteuer) des zu versteuernden Einkommens nicht verfassungswidrig sei. Dem GG sei kein Gebot zu entnehmen, die Steuern auf das Einkommen und den Gewerbeertrag auf höchstens 50 % des Gesamtbetrags der Einkünfte oder des zu versteuernden Einkommens zu begrenzen. Nichts anderes könne für die Einkommensteuer und Erbschaftsteuer gelten.

5

In während des Revisionsverfahrens ergangenen Änderungsbescheiden hat das FA den Umfang der Vorläufigkeitsvermerke neu bestimmt.

6

Mit der Revision rügt die Klägerin Verletzung materiellen Rechts. Die im Streitfall gegebene Belastung der Erbbauzinsen mit Erbschaft- und Einkommensteuer führe zu einer steuerlichen Doppelbelastung. Vor Einführung des § 35 EStG a.F. hätten der Reichsfinanzhof und auch der BFH diese Doppelbelastung als systemwidrig erachtet und dadurch beseitigt, dass sie den Abzug der Jahressteuer als dauernde Last nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 (1a) EStG zugelassen hätten. § 35 EStG a.F. habe diese Rechtsprechung lediglich ergänzt. Dadurch sollten Härten in Fällen ausgeglichen werden, in denen die Berücksichtigung als dauernde Last nicht möglich gewesen sei. Nur um eine Doppelbegünstigung zu vermeiden, habe § 35 Satz 3 EStG a.F. eine Anrechnung für den Fall ausgeschlossen, dass die Erbschaftsteuer als Sonderausgabe abziehbar sei. Die Rechtsprechung zur Abzugsfähigkeit der Jahressteuer als dauernde Last habe nicht tragend auf dem Verständnis beruht, bei der Erbschaftsteuer handele es sich um keine Personensteuer. Dies ergebe sich aus dem BFH-Urteil vom 23. Februar 1994 X R 123/92 (BFHE 174, 73, BStBl II 1994, 690). Auch aus der Gesetzesbegründung zur Aufhebung von § 35 EStG a.F. durch das StEntlG 1999/2000/2002 könne geschlossen werden, dass der Gesetzgeber von der weiteren Abzugsfähigkeit der Jahressteuer als dauernde Last ausgegangen sei. Die Abzugsfähigkeit als dauernde Last ergebe sich unmittelbar aus § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG.

7

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Finanzgerichts (FG) und die Einspruchsentscheidung aufzuheben und die Einkommensteuer 2004 unter Berücksichtigung weiterer Sonderausgaben in Höhe von 25.372,79 € festzusetzen.

8

Das FA beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

9

Abziehbar nach § 10 Abs. 1 Nr. 1a Satz 1 EStG seien auf besonderen Verpflichtungsgründen beruhende Renten und dauernde Lasten. Die Annahme einer Rente bezüglich der Erbschaftsteuerzahlungen sei bereits begrifflich ausgeschlossen. Auch eine dauernde Last liege nicht vor, weil die Erbschaftsteuerzahlungen nicht auf einem "besonderen" Verpflichtungsgrund beruhten. Zudem habe der BFH den Anwendungsbereich des § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG in ständiger Rechtsprechung dahingehend präzisiert, dass zwischen der zeitlich gestreckten Vermögensumschichtung, die nicht zum Abzug einer dauernden Last führe, und dem Sonderrecht der Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen zu differenzieren sei. Hauptanwendungsfall der dauernden Last sei die anlässlich einer Vermögensübergabe zur Vorwegnahme der Erbfolge vereinbarte private Versorgungsrente. Hier behalte sich der Übergeber einen Teil der Erträge des übergebenen Vermögens vor. Würden demgegenüber außerhalb des Sonderrechts der Vermögensübergabe gegen private Versorgungsrente wiederkehrende Leistungen vereinbart, greife der den Abzug als dauernde Last legitimierende Gesichtspunkt der "vorbehaltenen Vermögenserträge" nicht ein. § 12 EStG und die allgemeinen Grundsätze des Einkommensteuerrechts würden unbeschränkt gelten. Hierzu gehöre auch die Nichtabziehbarkeit privater Schuldzinsen.

10

Im Streitfall könne zudem offenbleiben, ob eine Qualifizierung der Erbschaftsteuerzahlung als dauernde Last in Betracht kommen könnte. Die Erbschaftsteuer sei nach einhelliger Meinung eine "sonstige Personensteuer" und § 12 Nr. 3 EStG schließe deren Abziehbarkeit aus. Eine spezialgesetzliche Ausnahme vom Abzugsverbot greife im Streitjahr nicht.

Entscheidungsgründe

11

II. 1. Das angefochtene Urteil ist aus verfahrensrechtlichen Gründen aufzuheben, da die während des Revisionsverfahrens ergangenen Änderungsbescheide --zuletzt-- vom 28. Januar 2010 an die Stelle des ursprünglichen Einkommensteuerbescheids 2004 vom 2. Februar 2006 getreten sind. Damit liegt dem FG-Urteil ein nicht mehr existierender Bescheid zugrunde mit der Folge, dass auch das angefochtene Urteil keinen Bestand haben kann (s. dazu BFH-Urteil vom 23. Januar 2003 IV R 71/00, BFHE 201, 269, BStBl II 2004, 43).

12

Der Bescheid vom 28. Januar 2010 wurde nach § 68 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) Gegenstand des Revisionsverfahrens. Da die vom FG festgestellten tatsächlichen Grundlagen des Streitstoffs durch die Änderung der angefochtenen Verwaltungsakte unberührt geblieben sind, bedarf es keiner Zurückverweisung der Sache gemäß § 127 FGO (vgl. Senatsurteil vom 18. November 2009 X R 34/07, BFHE 227, 99, BStBl II 2010, 414). Das finanzgerichtliche Verfahren leidet nicht an einem Verfahrensmangel, so dass die vom FG getroffenen tatsächlichen Feststellungen durch die Aufhebung des Urteils nicht weggefallen sind; sie bilden daher nach wie vor die Grundlage für die Entscheidung des Senats (Senatsurteil in BFHE 227, 99, BStBl II 2010, 414).

13

2. Der Senat entscheidet in der Sache selbst. Die Klage, die sich nunmehr gegen den im Laufe des Revisionsverfahrens ergangenen geänderten Bescheid richtet, wird als unbegründet abgewiesen. Das FG hat zu Recht erkannt, dass die von der Klägerin im Streitjahr bezahlte Erbschaftsteuer nach dem Jahreswert des Nießbrauchrechts (§ 23 ErbStG) nicht als dauernde Last i.S. des § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG abziehbar ist (so auch FG München, Urteil vom 27. Oktober 2004  9 K 4542/01, EFG 2005, 370; Gebel in Troll/Gebel/Jülicher, ErbStG, § 3 Rz 178; Herzig/Joisten/ Vossel, Der Betrieb --DB-- 2009, 584, 589 f.; Schmidt/ Heinicke, EStG, 29. Aufl., § 10 Rz 65 Stichwort: Erbschaftsteuer; Schmidt/Drenseck, a.a.O., § 12 Rz 52; Kulosa in Herrmann/Heuer/Raupach --HHR--, § 10 EStG Rz 104; P. Fischer in Kirchhof, EStG, 9. Aufl., § 35b Rz 4; HHR/Levedag, § 35b EStG Rz 37; Söhn, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 10 Rz D 371; Steiner in Lademann, EStG, § 10 Rz 154; a.A. Seifried in Rödl/Preißer u.a., Erbschaft- und Schenkungsteuer, Kompakt-Kommentar, 2009, § 23 Kap. 8.3; Szczesny in Tiedtke, ErbStG, 2009, § 23 Rz 17; Jüptner in Fischer/Jüptner/Pahlke/ Wachter, ErbStG, 2. Aufl., § 23 Rz 91; Moench in Moench/ Weinmann, § 23 ErbStG Rz 20; Meincke, Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, Kommentar, 15. Aufl., § 23 Rz 9; Pahlke in Christoffel/Geckle/Pahlke, § 23 ErbStG Rz 18; Bauschatz in Korn, § 10 EStG Rz 142; offengelassen von Jochum in Wilms/ Jochum, Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, § 23 Rz 94; Jülicher in Troll/Gebel/Jülicher, a.a.O., § 23 Rz 29; Kapp/Ebeling, § 23 ErbStG, Rz 26; Griesel in Daragan/ Halaczinsky/Riedel, ErbStG, BewG, § 23 ErbStG, Rz 26; Esskandari, Zeitschrift für Erbrecht und Vermögensnachfolge 2008, 323, 326).

14

a) Als Sonderausgaben abziehbar sind die auf besonderen Verpflichtungsgründen beruhenden Renten und dauernden Lasten, die nicht mit Einkünften in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen, die bei der Veranlagung außer Betracht bleiben (§ 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG in der im Streitjahr geltenden Fassung).

15

b) Werden außerhalb des Sonderrechts der Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen wiederkehrende Leistungen vereinbart, greift der den Abzug als dauernde Last (ohne Verrechnung mit dem Wert einer erbrachten Gegenleistung; sog. Wertverrechnung) oder als Leibrente legitimierende Gesichtspunkt der "vorbehaltenen Vermögenserträge" nicht ein; es gelten daher § 12 EStG und die allgemeinen Grundsätze des Einkommensteuerrechts uneingeschränkt. Zu diesen gehört auch, dass das Einkommensteuerrecht keine Abziehbarkeit bzw. Steuerbarkeit "um der äußeren Form der Wiederkehr willen" kennt: Ist eine Leistung als Einmalzahlung nicht steuerbar/abziehbar, wird sie es nicht dadurch, dass sie als zeitlich gestreckt vereinbart wird (Senatsurteil vom 31. Juli 2002 X R 39/01, BFH/NV 2002, 1575).

16

c) Die in § 12 Nr. 3 EStG genannten Steuern vom Einkommen und sonstige Personensteuern dürfen, soweit in § 10 Abs. 1 Nrn. 1, 2, 4, 6, 7 und 9, § 10a, § 10b und §§ 33 bis 33c EStG nichts anderes bestimmt ist, weder bei den einzelnen Einkunftsarten noch beim Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen werden. Auf § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG nimmt der Einleitungssatz der Vorschrift in der im Streitjahr 2004 geltenden Fassung nicht Bezug. Die Erbschaftsteuer ist eine Personensteuer (vgl. z.B. Senatsurteil in BFHE 174, 73, BStBl II 1994, 690).

17

d) Nach diesen Grundsätzen kann die Erbschaftsteuer --gleichgültig, ob sie als Sofort- oder als Jahressteuer gemäß § 23 ErbStG bezahlt wird-- nicht als Sonderausgabe gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG abgezogen werden.

18

aa) Bei der Erbschaftsteuer handelt es sich um eine Personensteuer i.S. des § 12 Nr. 3 EStG. Auch wenn die Erbschaftsteuer als Jahressteuer geleistet wird, werden persönliche Freibeträge angesetzt, ihre Höhe hängt von der Steuerklasse ab, für die ebenfalls die persönlichen Verhältnisse des Steuerpflichtigen maßgebend sind, und es gibt eine beschränkte Steuerpflicht (vgl. BFH-Urteil in BFHE 139, 253, BStBl II 1984, 27). Nach der ersatzlosen Aufhebung des § 35 EStG a.F. durch das StEntlG 1999/2000/2002 mit Wirkung vom 1. Januar 1999 greift im Streitjahr auch keine Ausnahme vom Abzugsverbot des § 12 Nr. 3 EStG.

19

bb) Bestätigt wird diese Auffassung durch die Tatsache, dass nach der Aufhebung von § 35 EStG a.F. keine Tarifermäßigung oder sonstige Steuervergünstigung greift, wenn bei der Ermittlung des Einkommens Einkünfte berücksichtigt werden, die als Erwerb von Todes wegen der Erbschaftsteuer unterlegen haben und diese Steuer in einem Betrag nach dem Kapitalwert des Nießbrauchs berechnet wird. Wäre die auf Renten, wiederkehrenden Nutzungen und Leistungen erhobene Jahressteuer gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG abziehbar, läge hierin ein Verstoß gegen Art. 3 GG. Da § 23 ErbStG nicht die Entstehung, sondern lediglich die Zahlungsweise bereits entstandener Erbschaftsteuer regelt (FG Münster, Urteil vom 18. September 2001  3 K 99/98 Erb, EFG 2003, 1029; Kapp/Ebeling, § 23 ErbStG, Rz 1), würden identische erbschaftsteuerrechtliche Sachverhalte je nach Wahl der Sofort- oder der Jahresbesteuerung unterschiedlich behandelt (so auch Herzig/Joisten/Vossel, DB 2009, 584, 590). Dass sich die Jahressteuer nach dem vollen Nennwert der jährlichen Bezüge berechnet, während die Sofortbesteuerung den abgezinsten Wert des Anspruchs im Zeitpunkt des Rechtserwerbs erfasst, soll nur die Bevorzugung desjenigen verhindern, dem für eine sofortige Begleichung der Erbschaftsteuer die liquiden Mittel fehlen.

20

cc) Gegen die Abziehbarkeit der Jahressteuer gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG spricht im Übrigen auch der Grundsatz, dass eine als Einmalzahlung nicht steuerbare bzw. abziehbare Leistung auch durch eine zeitliche Streckung nicht steuerbar bzw. abziehbar wird (Senatsurteil in BFH/NV 2002, 1575).

21

3. Die Tatsache, dass die Rechsprechung vor Einführung des § 35 EStG a.F. den Sonderausgabenabzug gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 1 (1a) EStG bejaht hat (z.B. BFH-Urteil in BFHE 66, 262, BStBl III 1958, 103), spricht nicht gegen die heutige Rechtsauffassung des Senats. Die damalige Rechtsprechung beruhte auf der Annahme, die Erbschaftsteuer sei keine Personensteuer i.S. von § 12 Nr. 3 EStG, da ein Rechtsvorgang besteuert werde und die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Steuerpflichtigen (Familienstand, Kinderzahl, Leistungsfähigkeit) keine Rolle spielten. An dieser Auffassung hält die Rechtsprechung seit langem nicht mehr fest (vgl. oben II.2.d).

22

4. Die Klägerin kann sich auch nicht darauf berufen, dass die Finanzverwaltung unter Hinweis auf das Senatsurteil in BFHE 174, 73, BStBl II 1994, 690 bis zum Veranlagungszeitraum 2004 den Sonderausgabenabzug generell zugelassen hat (vgl. H 87 "Erbschaftsteuer" Amtliches Einkommensteuer-Handbuch --EStH-- bis 2004; seit H 10.3 EStH 2005 ist der entsprechende Passus entfallen). Der Gleichheitssatz vermittelt keinen Anspruch auf Anwendung einer rechtswidrigen Verwaltungspraxis und damit auf "Gleichheit im Unrecht" (BFH-Beschluss vom 1. Juli 2010 V B 62/09, BFH/NV 2010, 2136).

23

5. Die Nichtabziehbarkeit der Jahressteuer gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG verstößt nicht gegen Verfassungsrecht. Insbesondere stellt es keine Verletzung des Gleichheitssatzes dar, dass ihre Zahlung nicht zur Verringerung des zu versteuernden Einkommens und damit der Einkommensteuer führt.

24

a) Ein tragendes Strukturelement des Einkommensteuerrechts ist das objektive Nettoprinzip. Danach sind Einnahmen nicht brutto, sondern nur gekürzt um damit im Zusammenhang stehende Erwerbsaufwendungen der Besteuerung zu unterwerfen (BVerfG-Entscheidung vom 9. Dezember 2008  2 BvL 1-2/07, 1-2/08, BVerfGE 122, 210). Solche Erwerbsaufwendungen liegen indessen nur vor, wenn die Aufwendungen im unmittelbaren Zusammenhang mit der Absicht stehen, (steuerpflichtige) Einkünfte zu erzielen. Anders als die von der Klägerin angeführte Umsatzsteuer, die bei der Ermittlung der Einkünfte als Abzugsposten berücksichtigt wird, betrifft die Erbschaftsteuer nicht den Betrieb eines Steuerpflichtigen oder die sich aus dem Einsatz seines Vermögens ergebenden Gewinne, Überschüsse oder Umsätze. Durch die Erbschaftsteuer soll ausschließlich der Vermögensvorteil, den ein Erbe aus dem Erwerb von Todes wegen erlangt, der Besteuerung unterworfen werden. Ebenso wie Belastungen des Erbes mit Vermächtnissen, Auflagen oder Pflichtteilsansprüchen keine Gegenleistung für den Erwerb der Erbschaft sind, sondern Pflichten, die sich aus dem Erbfall selbst ergeben (BFH-Urteil vom 17. Februar 1965 I 400/62 U, BFHE 82, 296, BStBl III 1965, 354), stellt auch die Erbschaftsteuer keine Aufwendung zur Erlangung der wirtschaftlichen Verfügungsmacht an den geerbten Wirtschaftsgütern dar (vgl. BFH-Urteil in BFHE 139, 253, BStBl II 1984, 27, zur Schenkungsteuer). Sie ist vielmehr Folge der durch den unentgeltlichen Erwerb erlangten Verfügungsmacht. Insofern unterscheidet sie sich von der Umsatzsteuer oder der Grunderwerbsteuer, die aufgewendet werden, um Wirtschaftsgüter von der fremden in die eigene Verfügungsmacht zu überführen. Deshalb schließt der Grundsatz der systemgerechten Besteuerung zwar die gleichzeitige Erfassung desselben Vermögenszuwachses mit Erbschaft- und Grunderwerbsteuer aus, steht aber der kumulativen Erhebung von Erbschaftsteuer und Einkommensteuer nicht entgegen.

25

b) Ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG liegt auch nicht darin, dass ein Abzug von Aufwendungen nach § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG nur in Betracht kommt, wenn ein steuerlicher Transfer von Einkünften stattfindet. Der erkennende Senat hat es u.a. in seinem Beschluss vom 25. März 1996 X B 202/95 (BFH/NV 1996, 739) abgelehnt, Zahlungsverpflichtungen, bei denen kein solcher Einkünftetransfer stattfindet, im Rahmen der genannten Norm zu berücksichtigen. Das BVerfG hat durch Beschluss vom 15. August 1996 2 BvR 1185/96 (Steuer-Eildienst 1996, 623) die hiergegen gerichtete Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen.

26

c) Nach Aufhebung des § 35 EStG a.F. ab dem Veranlagungszeitraum 1999 bis zur Einführung des § 35b EStG durch das Erbschaftsteuerreformgesetz vom 24. Dezember 2008 (BGBl I 2008, 3018, BStBl I 2009, 140) mit Wirkung ab 2009 waren u.a. Renten, Nutzungen und Leistungen sowohl mit Einkommensteuer als auch mit Erbschaftsteuer belastet. Dies ist im Hinblick auf die unterschiedlichen Besteuerungsgegenstände von Einkommensteuer und Erbschaftsteuer nicht verfassungswidrig (vgl. BFH-Urteil vom 17. Februar 2010 II R 23/09, BFHE 229, 363, BStBl II 2010, 641; HHR/Wendt, 198. Lfg., § 35 EStG Rz 6). Nach ständiger Rechtsprechung des BVerfG hat der Gesetzgeber bei der Wahl des Steuergegenstandes, also der Steuerquelle, einen weiten Gestaltungsspielraum. Mithin besteht auch kein Verfassungssatz des Inhalts, dass alle Steuern aufeinander abgestimmt sein müssten, also etwa keine Lücken entstehen dürften bzw. mehrfache Belastungen vermieden werden müssten (BVerfG-Beschluss vom 8. Januar 1999  1 BvL 14/98, BStBl II 1999, 152). Im Übrigen kennt das Steuerrecht auch andere Einnahmen, die mit mehreren Steuern belastet sind (z.B. das Nebeneinander von Einkommen- und Gewerbesteuer, das durch § 32c EStG a.F. bzw. § 35 EStG n.F. nicht völlig egalisiert wird).

27

d) Schließlich führt die Abschaffung des § 35 EStG a.F. auch nicht zu einer übermäßigen Besteuerung. Nach dem BFH-Urteil in BFHE 189, 413, BStBl II 1999, 771 ist dem GG kein Gebot zu entnehmen, dass Steuern auf das Einkommen und den Gewerbeertrag auf höchstens 50 % des Gesamtbetrags der Einkünfte oder des zu versteuernden Einkommens zu begrenzen sind. Der XI. Senat des BFH sah eine Gesamtbelastung mit Einkommensteuer und Gewerbeertragsteuer in Höhe von ca. 60 % nicht als verfassungswidrig an. Das BVerfG hat mit Beschluss vom 18. Januar 2006  2 BvR 2194/99 (BVerfGE 115, 97) die hiergegen erhobene Verfassungsbeschwerde zurückgewiesen. Aus Art. 14 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 2 GG lasse sich keine allgemein verbindliche, absolute Belastungsobergrenze in der Nähe einer hälftigen Teilung ("Halbteilungsgrundsatz") ableiten. Im Streitfall sei nicht erkennbar, dass eine verfassungsrechtliche Obergrenze zumutbarer Belastung durch Einkommen- und Gewerbesteuer erreicht wäre. Das Einkommen- und Gewerbesteuerrecht sei auch für hohe Einkommen gegenwärtig nicht so ausgestaltet, dass eine übermäßige Steuerbelastung und damit eine Verletzung der Eigentumsgarantie festgestellt werden könne. Diese Überlegungen des BVerfG lassen sich auf den Streitfall übertragen. Selbst wenn die Gesamtbelastung der Klägerin mit Einkommensteuer und Erbschaftsteuer --entsprechende Feststellungen des FG fehlen-- mehr als die Hälfte ihres zu versteuernden Einkommens betragen würde, ist ihre steuerliche Belastung nicht so hoch, dass der wirtschaftliche Erfolg grundlegend beeinträchtigt wird und damit nicht mehr angemessen zum Ausdruck kommt (vgl. BVerfG-Beschluss in BVerfGE 115, 97, unter C.II.2.b).

1Sind bei der Ermittlung des Einkommens Einkünfte berücksichtigt worden, die im Veranlagungszeitraum oder in den vorangegangenen vier Veranlagungszeiträumen als Erwerb von Todes wegen der Erbschaftsteuer unterlegen haben, so wird auf Antrag die um sonstige Steuerermäßigungen gekürzte tarifliche Einkommensteuer, die auf diese Einkünfte entfällt, um den in Satz 2 bestimmten Prozentsatz ermäßigt.2Der Prozentsatz bestimmt sich nach dem Verhältnis, in dem die festgesetzte Erbschaftsteuer zu dem Betrag steht, der sich ergibt, wenn dem steuerpflichtigen Erwerb (§ 10 Absatz 1 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes) die Freibeträge nach den §§ 16 und 17 und der steuerfreie Betrag nach § 5 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes hinzugerechnet werden.

(1)1Die tarifliche Einkommensteuer, vermindert um die sonstigen Steuerermäßigungen mit Ausnahme der §§ 34f, 34g, 35a und 35c, ermäßigt sich, soweit sie anteilig auf im zu versteuernden Einkommen enthaltene gewerbliche Einkünfte entfällt (Ermäßigungshöchstbetrag),

1.
bei Einkünften aus gewerblichen Unternehmen im Sinne des § 15 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1um das Vierfache des jeweils für den dem Veranlagungszeitraum entsprechenden Erhebungszeitraum nach § 14 des Gewerbesteuergesetzes für das Unternehmen festgesetzten Steuermessbetrags (Gewerbesteuer-Messbetrag); Absatz 2 Satz 5 ist entsprechend anzuwenden;
2.
bei Einkünften aus Gewerbebetrieb als Mitunternehmer im Sinne des § 15 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 oder als persönlich haftender Gesellschafter einer Kommanditgesellschaft auf Aktien im Sinne des § 15 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3um das Vierfache des jeweils für den dem Veranlagungszeitraum entsprechenden Erhebungszeitraum festgesetzten anteiligen Gewerbesteuer-Messbetrags.
2Der Ermäßigungshöchstbetrag ist wie folgt zu ermitteln:

Summe der
positiven gewerblichen Einkünfte
geminderte
tarifliche Steuer.
Summe aller positiven Einkünfte


3Gewerbliche Einkünfte im Sinne der Sätze 1 und 2 sind die der Gewerbesteuer unterliegenden Gewinne und Gewinnanteile, soweit sie nicht nach anderen Vorschriften von der Steuerermäßigung nach § 35 ausgenommen sind.4Geminderte tarifliche Steuer ist die tarifliche Steuer nach Abzug von Beträgen auf Grund der Anwendung zwischenstaatlicher Abkommen und nach Anrechnung der ausländischen Steuern nach § 32d Absatz 6 Satz 2, § 34c Absatz 1 und 6 dieses Gesetzes und § 12 des Außensteuergesetzes.5Der Abzug des Steuerermäßigungsbetrags ist auf die tatsächlich zu zahlende Gewerbesteuer beschränkt.

(2)1Bei Mitunternehmerschaften im Sinne des § 15 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 oder bei Kommanditgesellschaften auf Aktien im Sinne des § 15 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 ist der Betrag des Gewerbesteuer-Messbetrags, die tatsächlich zu zahlende Gewerbesteuer und der auf die einzelnen Mitunternehmer oder auf die persönlich haftenden Gesellschafter entfallende Anteil gesondert und einheitlich festzustellen.2Der Anteil eines Mitunternehmers am Gewerbesteuer-Messbetrag richtet sich nach seinem Anteil am Gewinn der Mitunternehmerschaft nach Maßgabe des allgemeinen Gewinnverteilungsschlüssels; Vorabgewinnanteile sind nicht zu berücksichtigen.3Wenn auf Grund der Bestimmungen in einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung bei der Festsetzung des Gewerbesteuer-Messbetrags für eine Mitunternehmerschaft nur der auf einen Teil der Mitunternehmer entfallende anteilige Gewerbeertrag berücksichtigt wird, ist der Gewerbesteuer-Messbetrag nach Maßgabe des allgemeinen Gewinnverteilungsschlüssels in voller Höhe auf diese Mitunternehmer entsprechend ihrer Anteile am Gewerbeertrag der Mitunternehmerschaft aufzuteilen.4Der anteilige Gewerbesteuer-Messbetrag ist als Prozentsatz mit zwei Nachkommastellen gerundet zu ermitteln.5Bei der Feststellung nach Satz 1 sind anteilige Gewerbesteuer-Messbeträge, die aus einer Beteiligung an einer Mitunternehmerschaft stammen, einzubeziehen.

(3)1Zuständig für die gesonderte Feststellung nach Absatz 2 ist das für die gesonderte Feststellung der Einkünfte zuständige Finanzamt.2Für die Ermittlung der Steuerermäßigung nach Absatz 1 sind die Festsetzung des Gewerbesteuer-Messbetrags, die Feststellung des Anteils an dem festzusetzenden Gewerbesteuer-Messbetrag nach Absatz 2 Satz 1 und die Festsetzung der Gewerbesteuer Grundlagenbescheide.3Für die Ermittlung des anteiligen Gewerbesteuer-Messbetrags nach Absatz 2 sind die Festsetzung des Gewerbesteuer-Messbetrags und die Festsetzung des anteiligen Gewerbesteuer-Messbetrags aus der Beteiligung an einer Mitunternehmerschaft Grundlagenbescheide.

(4) Für die Aufteilung und die Feststellung der tatsächlich zu zahlenden Gewerbesteuer bei Mitunternehmerschaften im Sinne des § 15 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und bei Kommanditgesellschaften auf Aktien im Sinne des § 15 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 gelten die Absätze 2 und 3 entsprechend.

1Sind bei der Ermittlung des Einkommens Einkünfte berücksichtigt worden, die im Veranlagungszeitraum oder in den vorangegangenen vier Veranlagungszeiträumen als Erwerb von Todes wegen der Erbschaftsteuer unterlegen haben, so wird auf Antrag die um sonstige Steuerermäßigungen gekürzte tarifliche Einkommensteuer, die auf diese Einkünfte entfällt, um den in Satz 2 bestimmten Prozentsatz ermäßigt.2Der Prozentsatz bestimmt sich nach dem Verhältnis, in dem die festgesetzte Erbschaftsteuer zu dem Betrag steht, der sich ergibt, wenn dem steuerpflichtigen Erwerb (§ 10 Absatz 1 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes) die Freibeträge nach den §§ 16 und 17 und der steuerfreie Betrag nach § 5 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes hinzugerechnet werden.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.

(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist verwitwet. Neben sonstigen Einkünften erzielte sie aufgrund eines Nießbrauchs Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Dieses Nießbrauchsrecht, aufgrund dessen sie monatliche Erbbauzinsen in Höhe von 20.120,20 DM (10.287,29 €) erhält, steht der Klägerin seit dem Tod ihres Ehemannes zu. Das Nießbrauchsrecht besteht noch bis 2023. Der Jahreswert des Nießbrauchsrechts betrug im Zeitpunkt des Todes des Ehemannes der Klägerin 123.447 €.

2

Nach den Angaben in der Erbschaftsteuererklärung ermittelte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) einen Kapitalwert des Nießbrauchrechts in Höhe von 1.546.761 €. Die Klägerin wählte nach § 23 des Erbschaftsteuergesetzes (ErbStG) die Versteuerung nach dem Jahreswert des Nießbrauchsrechts; die hiernach jährlich zu zahlende Erbschaftsteuer beläuft sich auf 23.454,93 €. Im Streitjahr 2004 zahlte die Klägerin Erbschaftsteuer in Höhe von 25.372,79 €, die sich aus der im Jahr 2004 gezahlten anteiligen Jahressteuer 2003 (1.917,86 €) und der Jahressteuer 2004 in Höhe von 23.454,93 € zusammensetzt.

3

Im Rahmen der Einkommensteuererklärung 2004 beantragte die Klägerin, die im Streitjahr bezahlte Erbschaftsteuer als Sonderausgaben in Abzug zu bringen. Das FA lehnte dies ab.

4

Die nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage wurde mit in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2008, 1697 veröffentlichtem Urteil abgewiesen. Die Erbschaftsteuer könne als Personensteuer nach § 12 Nr. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) nicht als Sonderausgabe abgezogen werden. § 35 EStG a.F., der eine Ausnahme vom Abzugsverbot vorgesehen habe, sei durch das Steuerentlastungsgesetz (StEntlG) 1999/2000/2002 vom 24. März 1999 (BGBl I 1999, 402, BStBl I 1999, 304) mit Wirkung zum 1. Januar 1999 ersatzlos aufgehoben worden. Die Abschaffung werde in der Gesetzesbegründung mit Vereinfachungsgründen gerechtfertigt, obwohl der Gesetzgeber erkannt habe, dass dadurch eine dem Leistungsfähigkeitsprinzip widersprechende Doppelbelastung von Einkünften mit Einkommensteuer und Erbschaftsteuer eintrete (BTDrucks 14/23, 183). Die vor Einführung des § 35 EStG a.F. ergangenen Urteile des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 15. November 1957 VI 79/55 U (BFHE 66, 262, BStBl III 1958, 103) und vom 5. April 1965 VI 339/63 U (BFHE 82, 315, BStBl III 1965, 360) würden im Streitfall nicht den Sonderausgabenabzug gebieten. Diese Urteile seien von der Annahme geprägt, dass die Erbschaftsteuer keine Personensteuer i.S. des § 12 Nr. 3 EStG sei (BFH-Urteil vom 9. August 1983 VIII R 35/80, BFHE 139, 253, BStBl II 1984, 27). An dieser Auffassung werde jedoch seit langem in Rechtsprechung und Schrifttum nicht mehr festgehalten (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 14. September 1994 I R 78/94, BFHE 176, 122, BStBl II 1995, 207). Die umstrittene Einkommensteuerbelastung führe auch nicht zu einer Ungleichbehandlung i.S. des Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG). Die Erbschaftsteuer betreffe nicht die Besteuerung von Einkünften, sondern sie besteuere den Vermögensvorteil des Erben durch die Erbschaft. Sie sei nicht durch eine Einkunftsquelle veranlasst und führe deshalb nicht zu Werbungskosten. Zudem sei die Doppelbelastung der Einnahmen mit Erbschaftsteuer und Einkommensteuer nicht verfassungswidrig. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) gebe es keinen Verfassungsrechtssatz, wonach alle Steuern aufeinander abgestimmt sein müssten, also z.B. eine mehrfache Belastung vermieden werden müsse. Der Gleichheitssatz belasse dem Gesetzgeber bei der Erschließung von Steuerquellen einen weit reichenden Gestaltungsspielraum (BVerfG-Beschluss vom 8. Januar 1999  1 BvL 14/98, Neue Juristische Wochenschrift 1999, 1098). Schließlich führe die Abschaffung des § 35 EStG a.F. auch nicht zu einer übermäßigen Besteuerung mit der Folge einer Verfassungswidrigkeit wegen eines Verstoßes gegen Art. 14 GG. So habe der BFH mit Urteil vom 11. August 1999 XI R 77/97 (BFHE 189, 413, BStBl II 1999, 771) bereits entschieden, dass eine Gesamtsteuerbelastung von insgesamt rd. 60 % (im konkreten Fall: Einkommensteuer und Gewerbeertragssteuer) des zu versteuernden Einkommens nicht verfassungswidrig sei. Dem GG sei kein Gebot zu entnehmen, die Steuern auf das Einkommen und den Gewerbeertrag auf höchstens 50 % des Gesamtbetrags der Einkünfte oder des zu versteuernden Einkommens zu begrenzen. Nichts anderes könne für die Einkommensteuer und Erbschaftsteuer gelten.

5

In während des Revisionsverfahrens ergangenen Änderungsbescheiden hat das FA den Umfang der Vorläufigkeitsvermerke neu bestimmt.

6

Mit der Revision rügt die Klägerin Verletzung materiellen Rechts. Die im Streitfall gegebene Belastung der Erbbauzinsen mit Erbschaft- und Einkommensteuer führe zu einer steuerlichen Doppelbelastung. Vor Einführung des § 35 EStG a.F. hätten der Reichsfinanzhof und auch der BFH diese Doppelbelastung als systemwidrig erachtet und dadurch beseitigt, dass sie den Abzug der Jahressteuer als dauernde Last nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 (1a) EStG zugelassen hätten. § 35 EStG a.F. habe diese Rechtsprechung lediglich ergänzt. Dadurch sollten Härten in Fällen ausgeglichen werden, in denen die Berücksichtigung als dauernde Last nicht möglich gewesen sei. Nur um eine Doppelbegünstigung zu vermeiden, habe § 35 Satz 3 EStG a.F. eine Anrechnung für den Fall ausgeschlossen, dass die Erbschaftsteuer als Sonderausgabe abziehbar sei. Die Rechtsprechung zur Abzugsfähigkeit der Jahressteuer als dauernde Last habe nicht tragend auf dem Verständnis beruht, bei der Erbschaftsteuer handele es sich um keine Personensteuer. Dies ergebe sich aus dem BFH-Urteil vom 23. Februar 1994 X R 123/92 (BFHE 174, 73, BStBl II 1994, 690). Auch aus der Gesetzesbegründung zur Aufhebung von § 35 EStG a.F. durch das StEntlG 1999/2000/2002 könne geschlossen werden, dass der Gesetzgeber von der weiteren Abzugsfähigkeit der Jahressteuer als dauernde Last ausgegangen sei. Die Abzugsfähigkeit als dauernde Last ergebe sich unmittelbar aus § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG.

7

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Finanzgerichts (FG) und die Einspruchsentscheidung aufzuheben und die Einkommensteuer 2004 unter Berücksichtigung weiterer Sonderausgaben in Höhe von 25.372,79 € festzusetzen.

8

Das FA beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

9

Abziehbar nach § 10 Abs. 1 Nr. 1a Satz 1 EStG seien auf besonderen Verpflichtungsgründen beruhende Renten und dauernde Lasten. Die Annahme einer Rente bezüglich der Erbschaftsteuerzahlungen sei bereits begrifflich ausgeschlossen. Auch eine dauernde Last liege nicht vor, weil die Erbschaftsteuerzahlungen nicht auf einem "besonderen" Verpflichtungsgrund beruhten. Zudem habe der BFH den Anwendungsbereich des § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG in ständiger Rechtsprechung dahingehend präzisiert, dass zwischen der zeitlich gestreckten Vermögensumschichtung, die nicht zum Abzug einer dauernden Last führe, und dem Sonderrecht der Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen zu differenzieren sei. Hauptanwendungsfall der dauernden Last sei die anlässlich einer Vermögensübergabe zur Vorwegnahme der Erbfolge vereinbarte private Versorgungsrente. Hier behalte sich der Übergeber einen Teil der Erträge des übergebenen Vermögens vor. Würden demgegenüber außerhalb des Sonderrechts der Vermögensübergabe gegen private Versorgungsrente wiederkehrende Leistungen vereinbart, greife der den Abzug als dauernde Last legitimierende Gesichtspunkt der "vorbehaltenen Vermögenserträge" nicht ein. § 12 EStG und die allgemeinen Grundsätze des Einkommensteuerrechts würden unbeschränkt gelten. Hierzu gehöre auch die Nichtabziehbarkeit privater Schuldzinsen.

10

Im Streitfall könne zudem offenbleiben, ob eine Qualifizierung der Erbschaftsteuerzahlung als dauernde Last in Betracht kommen könnte. Die Erbschaftsteuer sei nach einhelliger Meinung eine "sonstige Personensteuer" und § 12 Nr. 3 EStG schließe deren Abziehbarkeit aus. Eine spezialgesetzliche Ausnahme vom Abzugsverbot greife im Streitjahr nicht.

Entscheidungsgründe

11

II. 1. Das angefochtene Urteil ist aus verfahrensrechtlichen Gründen aufzuheben, da die während des Revisionsverfahrens ergangenen Änderungsbescheide --zuletzt-- vom 28. Januar 2010 an die Stelle des ursprünglichen Einkommensteuerbescheids 2004 vom 2. Februar 2006 getreten sind. Damit liegt dem FG-Urteil ein nicht mehr existierender Bescheid zugrunde mit der Folge, dass auch das angefochtene Urteil keinen Bestand haben kann (s. dazu BFH-Urteil vom 23. Januar 2003 IV R 71/00, BFHE 201, 269, BStBl II 2004, 43).

12

Der Bescheid vom 28. Januar 2010 wurde nach § 68 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) Gegenstand des Revisionsverfahrens. Da die vom FG festgestellten tatsächlichen Grundlagen des Streitstoffs durch die Änderung der angefochtenen Verwaltungsakte unberührt geblieben sind, bedarf es keiner Zurückverweisung der Sache gemäß § 127 FGO (vgl. Senatsurteil vom 18. November 2009 X R 34/07, BFHE 227, 99, BStBl II 2010, 414). Das finanzgerichtliche Verfahren leidet nicht an einem Verfahrensmangel, so dass die vom FG getroffenen tatsächlichen Feststellungen durch die Aufhebung des Urteils nicht weggefallen sind; sie bilden daher nach wie vor die Grundlage für die Entscheidung des Senats (Senatsurteil in BFHE 227, 99, BStBl II 2010, 414).

13

2. Der Senat entscheidet in der Sache selbst. Die Klage, die sich nunmehr gegen den im Laufe des Revisionsverfahrens ergangenen geänderten Bescheid richtet, wird als unbegründet abgewiesen. Das FG hat zu Recht erkannt, dass die von der Klägerin im Streitjahr bezahlte Erbschaftsteuer nach dem Jahreswert des Nießbrauchrechts (§ 23 ErbStG) nicht als dauernde Last i.S. des § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG abziehbar ist (so auch FG München, Urteil vom 27. Oktober 2004  9 K 4542/01, EFG 2005, 370; Gebel in Troll/Gebel/Jülicher, ErbStG, § 3 Rz 178; Herzig/Joisten/ Vossel, Der Betrieb --DB-- 2009, 584, 589 f.; Schmidt/ Heinicke, EStG, 29. Aufl., § 10 Rz 65 Stichwort: Erbschaftsteuer; Schmidt/Drenseck, a.a.O., § 12 Rz 52; Kulosa in Herrmann/Heuer/Raupach --HHR--, § 10 EStG Rz 104; P. Fischer in Kirchhof, EStG, 9. Aufl., § 35b Rz 4; HHR/Levedag, § 35b EStG Rz 37; Söhn, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 10 Rz D 371; Steiner in Lademann, EStG, § 10 Rz 154; a.A. Seifried in Rödl/Preißer u.a., Erbschaft- und Schenkungsteuer, Kompakt-Kommentar, 2009, § 23 Kap. 8.3; Szczesny in Tiedtke, ErbStG, 2009, § 23 Rz 17; Jüptner in Fischer/Jüptner/Pahlke/ Wachter, ErbStG, 2. Aufl., § 23 Rz 91; Moench in Moench/ Weinmann, § 23 ErbStG Rz 20; Meincke, Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, Kommentar, 15. Aufl., § 23 Rz 9; Pahlke in Christoffel/Geckle/Pahlke, § 23 ErbStG Rz 18; Bauschatz in Korn, § 10 EStG Rz 142; offengelassen von Jochum in Wilms/ Jochum, Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, § 23 Rz 94; Jülicher in Troll/Gebel/Jülicher, a.a.O., § 23 Rz 29; Kapp/Ebeling, § 23 ErbStG, Rz 26; Griesel in Daragan/ Halaczinsky/Riedel, ErbStG, BewG, § 23 ErbStG, Rz 26; Esskandari, Zeitschrift für Erbrecht und Vermögensnachfolge 2008, 323, 326).

14

a) Als Sonderausgaben abziehbar sind die auf besonderen Verpflichtungsgründen beruhenden Renten und dauernden Lasten, die nicht mit Einkünften in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen, die bei der Veranlagung außer Betracht bleiben (§ 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG in der im Streitjahr geltenden Fassung).

15

b) Werden außerhalb des Sonderrechts der Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen wiederkehrende Leistungen vereinbart, greift der den Abzug als dauernde Last (ohne Verrechnung mit dem Wert einer erbrachten Gegenleistung; sog. Wertverrechnung) oder als Leibrente legitimierende Gesichtspunkt der "vorbehaltenen Vermögenserträge" nicht ein; es gelten daher § 12 EStG und die allgemeinen Grundsätze des Einkommensteuerrechts uneingeschränkt. Zu diesen gehört auch, dass das Einkommensteuerrecht keine Abziehbarkeit bzw. Steuerbarkeit "um der äußeren Form der Wiederkehr willen" kennt: Ist eine Leistung als Einmalzahlung nicht steuerbar/abziehbar, wird sie es nicht dadurch, dass sie als zeitlich gestreckt vereinbart wird (Senatsurteil vom 31. Juli 2002 X R 39/01, BFH/NV 2002, 1575).

16

c) Die in § 12 Nr. 3 EStG genannten Steuern vom Einkommen und sonstige Personensteuern dürfen, soweit in § 10 Abs. 1 Nrn. 1, 2, 4, 6, 7 und 9, § 10a, § 10b und §§ 33 bis 33c EStG nichts anderes bestimmt ist, weder bei den einzelnen Einkunftsarten noch beim Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen werden. Auf § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG nimmt der Einleitungssatz der Vorschrift in der im Streitjahr 2004 geltenden Fassung nicht Bezug. Die Erbschaftsteuer ist eine Personensteuer (vgl. z.B. Senatsurteil in BFHE 174, 73, BStBl II 1994, 690).

17

d) Nach diesen Grundsätzen kann die Erbschaftsteuer --gleichgültig, ob sie als Sofort- oder als Jahressteuer gemäß § 23 ErbStG bezahlt wird-- nicht als Sonderausgabe gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG abgezogen werden.

18

aa) Bei der Erbschaftsteuer handelt es sich um eine Personensteuer i.S. des § 12 Nr. 3 EStG. Auch wenn die Erbschaftsteuer als Jahressteuer geleistet wird, werden persönliche Freibeträge angesetzt, ihre Höhe hängt von der Steuerklasse ab, für die ebenfalls die persönlichen Verhältnisse des Steuerpflichtigen maßgebend sind, und es gibt eine beschränkte Steuerpflicht (vgl. BFH-Urteil in BFHE 139, 253, BStBl II 1984, 27). Nach der ersatzlosen Aufhebung des § 35 EStG a.F. durch das StEntlG 1999/2000/2002 mit Wirkung vom 1. Januar 1999 greift im Streitjahr auch keine Ausnahme vom Abzugsverbot des § 12 Nr. 3 EStG.

19

bb) Bestätigt wird diese Auffassung durch die Tatsache, dass nach der Aufhebung von § 35 EStG a.F. keine Tarifermäßigung oder sonstige Steuervergünstigung greift, wenn bei der Ermittlung des Einkommens Einkünfte berücksichtigt werden, die als Erwerb von Todes wegen der Erbschaftsteuer unterlegen haben und diese Steuer in einem Betrag nach dem Kapitalwert des Nießbrauchs berechnet wird. Wäre die auf Renten, wiederkehrenden Nutzungen und Leistungen erhobene Jahressteuer gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG abziehbar, läge hierin ein Verstoß gegen Art. 3 GG. Da § 23 ErbStG nicht die Entstehung, sondern lediglich die Zahlungsweise bereits entstandener Erbschaftsteuer regelt (FG Münster, Urteil vom 18. September 2001  3 K 99/98 Erb, EFG 2003, 1029; Kapp/Ebeling, § 23 ErbStG, Rz 1), würden identische erbschaftsteuerrechtliche Sachverhalte je nach Wahl der Sofort- oder der Jahresbesteuerung unterschiedlich behandelt (so auch Herzig/Joisten/Vossel, DB 2009, 584, 590). Dass sich die Jahressteuer nach dem vollen Nennwert der jährlichen Bezüge berechnet, während die Sofortbesteuerung den abgezinsten Wert des Anspruchs im Zeitpunkt des Rechtserwerbs erfasst, soll nur die Bevorzugung desjenigen verhindern, dem für eine sofortige Begleichung der Erbschaftsteuer die liquiden Mittel fehlen.

20

cc) Gegen die Abziehbarkeit der Jahressteuer gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG spricht im Übrigen auch der Grundsatz, dass eine als Einmalzahlung nicht steuerbare bzw. abziehbare Leistung auch durch eine zeitliche Streckung nicht steuerbar bzw. abziehbar wird (Senatsurteil in BFH/NV 2002, 1575).

21

3. Die Tatsache, dass die Rechsprechung vor Einführung des § 35 EStG a.F. den Sonderausgabenabzug gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 1 (1a) EStG bejaht hat (z.B. BFH-Urteil in BFHE 66, 262, BStBl III 1958, 103), spricht nicht gegen die heutige Rechtsauffassung des Senats. Die damalige Rechtsprechung beruhte auf der Annahme, die Erbschaftsteuer sei keine Personensteuer i.S. von § 12 Nr. 3 EStG, da ein Rechtsvorgang besteuert werde und die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Steuerpflichtigen (Familienstand, Kinderzahl, Leistungsfähigkeit) keine Rolle spielten. An dieser Auffassung hält die Rechtsprechung seit langem nicht mehr fest (vgl. oben II.2.d).

22

4. Die Klägerin kann sich auch nicht darauf berufen, dass die Finanzverwaltung unter Hinweis auf das Senatsurteil in BFHE 174, 73, BStBl II 1994, 690 bis zum Veranlagungszeitraum 2004 den Sonderausgabenabzug generell zugelassen hat (vgl. H 87 "Erbschaftsteuer" Amtliches Einkommensteuer-Handbuch --EStH-- bis 2004; seit H 10.3 EStH 2005 ist der entsprechende Passus entfallen). Der Gleichheitssatz vermittelt keinen Anspruch auf Anwendung einer rechtswidrigen Verwaltungspraxis und damit auf "Gleichheit im Unrecht" (BFH-Beschluss vom 1. Juli 2010 V B 62/09, BFH/NV 2010, 2136).

23

5. Die Nichtabziehbarkeit der Jahressteuer gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG verstößt nicht gegen Verfassungsrecht. Insbesondere stellt es keine Verletzung des Gleichheitssatzes dar, dass ihre Zahlung nicht zur Verringerung des zu versteuernden Einkommens und damit der Einkommensteuer führt.

24

a) Ein tragendes Strukturelement des Einkommensteuerrechts ist das objektive Nettoprinzip. Danach sind Einnahmen nicht brutto, sondern nur gekürzt um damit im Zusammenhang stehende Erwerbsaufwendungen der Besteuerung zu unterwerfen (BVerfG-Entscheidung vom 9. Dezember 2008  2 BvL 1-2/07, 1-2/08, BVerfGE 122, 210). Solche Erwerbsaufwendungen liegen indessen nur vor, wenn die Aufwendungen im unmittelbaren Zusammenhang mit der Absicht stehen, (steuerpflichtige) Einkünfte zu erzielen. Anders als die von der Klägerin angeführte Umsatzsteuer, die bei der Ermittlung der Einkünfte als Abzugsposten berücksichtigt wird, betrifft die Erbschaftsteuer nicht den Betrieb eines Steuerpflichtigen oder die sich aus dem Einsatz seines Vermögens ergebenden Gewinne, Überschüsse oder Umsätze. Durch die Erbschaftsteuer soll ausschließlich der Vermögensvorteil, den ein Erbe aus dem Erwerb von Todes wegen erlangt, der Besteuerung unterworfen werden. Ebenso wie Belastungen des Erbes mit Vermächtnissen, Auflagen oder Pflichtteilsansprüchen keine Gegenleistung für den Erwerb der Erbschaft sind, sondern Pflichten, die sich aus dem Erbfall selbst ergeben (BFH-Urteil vom 17. Februar 1965 I 400/62 U, BFHE 82, 296, BStBl III 1965, 354), stellt auch die Erbschaftsteuer keine Aufwendung zur Erlangung der wirtschaftlichen Verfügungsmacht an den geerbten Wirtschaftsgütern dar (vgl. BFH-Urteil in BFHE 139, 253, BStBl II 1984, 27, zur Schenkungsteuer). Sie ist vielmehr Folge der durch den unentgeltlichen Erwerb erlangten Verfügungsmacht. Insofern unterscheidet sie sich von der Umsatzsteuer oder der Grunderwerbsteuer, die aufgewendet werden, um Wirtschaftsgüter von der fremden in die eigene Verfügungsmacht zu überführen. Deshalb schließt der Grundsatz der systemgerechten Besteuerung zwar die gleichzeitige Erfassung desselben Vermögenszuwachses mit Erbschaft- und Grunderwerbsteuer aus, steht aber der kumulativen Erhebung von Erbschaftsteuer und Einkommensteuer nicht entgegen.

25

b) Ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG liegt auch nicht darin, dass ein Abzug von Aufwendungen nach § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG nur in Betracht kommt, wenn ein steuerlicher Transfer von Einkünften stattfindet. Der erkennende Senat hat es u.a. in seinem Beschluss vom 25. März 1996 X B 202/95 (BFH/NV 1996, 739) abgelehnt, Zahlungsverpflichtungen, bei denen kein solcher Einkünftetransfer stattfindet, im Rahmen der genannten Norm zu berücksichtigen. Das BVerfG hat durch Beschluss vom 15. August 1996 2 BvR 1185/96 (Steuer-Eildienst 1996, 623) die hiergegen gerichtete Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen.

26

c) Nach Aufhebung des § 35 EStG a.F. ab dem Veranlagungszeitraum 1999 bis zur Einführung des § 35b EStG durch das Erbschaftsteuerreformgesetz vom 24. Dezember 2008 (BGBl I 2008, 3018, BStBl I 2009, 140) mit Wirkung ab 2009 waren u.a. Renten, Nutzungen und Leistungen sowohl mit Einkommensteuer als auch mit Erbschaftsteuer belastet. Dies ist im Hinblick auf die unterschiedlichen Besteuerungsgegenstände von Einkommensteuer und Erbschaftsteuer nicht verfassungswidrig (vgl. BFH-Urteil vom 17. Februar 2010 II R 23/09, BFHE 229, 363, BStBl II 2010, 641; HHR/Wendt, 198. Lfg., § 35 EStG Rz 6). Nach ständiger Rechtsprechung des BVerfG hat der Gesetzgeber bei der Wahl des Steuergegenstandes, also der Steuerquelle, einen weiten Gestaltungsspielraum. Mithin besteht auch kein Verfassungssatz des Inhalts, dass alle Steuern aufeinander abgestimmt sein müssten, also etwa keine Lücken entstehen dürften bzw. mehrfache Belastungen vermieden werden müssten (BVerfG-Beschluss vom 8. Januar 1999  1 BvL 14/98, BStBl II 1999, 152). Im Übrigen kennt das Steuerrecht auch andere Einnahmen, die mit mehreren Steuern belastet sind (z.B. das Nebeneinander von Einkommen- und Gewerbesteuer, das durch § 32c EStG a.F. bzw. § 35 EStG n.F. nicht völlig egalisiert wird).

27

d) Schließlich führt die Abschaffung des § 35 EStG a.F. auch nicht zu einer übermäßigen Besteuerung. Nach dem BFH-Urteil in BFHE 189, 413, BStBl II 1999, 771 ist dem GG kein Gebot zu entnehmen, dass Steuern auf das Einkommen und den Gewerbeertrag auf höchstens 50 % des Gesamtbetrags der Einkünfte oder des zu versteuernden Einkommens zu begrenzen sind. Der XI. Senat des BFH sah eine Gesamtbelastung mit Einkommensteuer und Gewerbeertragsteuer in Höhe von ca. 60 % nicht als verfassungswidrig an. Das BVerfG hat mit Beschluss vom 18. Januar 2006  2 BvR 2194/99 (BVerfGE 115, 97) die hiergegen erhobene Verfassungsbeschwerde zurückgewiesen. Aus Art. 14 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 2 GG lasse sich keine allgemein verbindliche, absolute Belastungsobergrenze in der Nähe einer hälftigen Teilung ("Halbteilungsgrundsatz") ableiten. Im Streitfall sei nicht erkennbar, dass eine verfassungsrechtliche Obergrenze zumutbarer Belastung durch Einkommen- und Gewerbesteuer erreicht wäre. Das Einkommen- und Gewerbesteuerrecht sei auch für hohe Einkommen gegenwärtig nicht so ausgestaltet, dass eine übermäßige Steuerbelastung und damit eine Verletzung der Eigentumsgarantie festgestellt werden könne. Diese Überlegungen des BVerfG lassen sich auf den Streitfall übertragen. Selbst wenn die Gesamtbelastung der Klägerin mit Einkommensteuer und Erbschaftsteuer --entsprechende Feststellungen des FG fehlen-- mehr als die Hälfte ihres zu versteuernden Einkommens betragen würde, ist ihre steuerliche Belastung nicht so hoch, dass der wirtschaftliche Erfolg grundlegend beeinträchtigt wird und damit nicht mehr angemessen zum Ausdruck kommt (vgl. BVerfG-Beschluss in BVerfGE 115, 97, unter C.II.2.b).

(1) Steuern können niedriger festgesetzt werden und einzelne Besteuerungsgrundlagen, die die Steuern erhöhen, können bei der Festsetzung der Steuer unberücksichtigt bleiben, wenn die Erhebung der Steuer nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre. Mit Zustimmung des Steuerpflichtigen kann bei Steuern vom Einkommen zugelassen werden, dass einzelne Besteuerungsgrundlagen, soweit sie die Steuer erhöhen, bei der Steuerfestsetzung erst zu einer späteren Zeit und, soweit sie die Steuer mindern, schon zu einer früheren Zeit berücksichtigt werden.

(2) Eine Billigkeitsmaßnahme nach Absatz 1 kann mit der Steuerfestsetzung verbunden werden, für die sie von Bedeutung ist.

(3) Eine Billigkeitsmaßnahme nach Absatz 1 steht in den Fällen des Absatzes 2 stets unter Vorbehalt des Widerrufs, wenn sie

1.
von der Finanzbehörde nicht ausdrücklich als eigenständige Billigkeitsentscheidung ausgesprochen worden ist,
2.
mit einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung nach § 164 verbunden ist oder
3.
mit einer vorläufigen Steuerfestsetzung nach § 165 verbunden ist und der Grund der Vorläufigkeit auch für die Entscheidung nach Absatz 1 von Bedeutung ist.
In den Fällen von Satz 1 Nummer 1 entfällt der Vorbehalt des Widerrufs, wenn die Festsetzungsfrist für die Steuerfestsetzung abläuft, für die die Billigkeitsmaßnahme Grundlagenbescheid ist. In den Fällen von Satz 1 Nummer 2 entfällt der Vorbehalt des Widerrufs mit Aufhebung oder Entfallen des Vorbehalts der Nachprüfung der Steuerfestsetzung, für die die Billigkeitsmaßnahme Grundlagenbescheid ist. In den Fällen von Satz 1 Nummer 3 entfällt der Vorbehalt des Widerrufs mit Eintritt der Endgültigkeit der Steuerfestsetzung, für die die Billigkeitsmaßnahme Grundlagenbescheid ist.

(4) Ist eine Billigkeitsmaßnahme nach Absatz 1, die nach Absatz 3 unter Vorbehalt des Widerrufs steht, rechtswidrig, ist sie mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. § 130 Absatz 3 Satz 1 gilt in diesem Fall nicht.

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist zu 1/4 Miterbin ihrer im April 2000 verstorbenen Großtante ... (E), die ihren Wohnsitz in der Bundesrepublik Deutschland (Deutschland) hatte. Der Nachlass bestand aus in Deutschland und in Frankreich angelegtem Kapitalvermögen (Bankguthaben und festverzinsliche Wertpapiere) sowie Bargeld. Vom Reinnachlass von insgesamt 3.263.160 DM entfielen 2.842.820 DM auf das in Frankreich angelegte Kapitalvermögen. Die Klägerin hat ebenso wie die anderen Miterben ihren Wohnsitz in Deutschland.

2

Die französische Erbschaftsteuer für das in Frankreich angelegte Kapitalvermögen wurde gegenüber der Klägerin unter Berücksichtigung geringfügiger Abschläge von der Bemessungsgrundlage nach dem für Großnichten vorgesehenen Steuersatz (55 %) in Höhe von umgerechnet 383.237 DM erhoben.

3

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) setzte die Erbschaftsteuer gegen die Klägerin durch den nach § 164 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO) unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Bescheid vom 20. Dezember 2001 zunächst auf 50.108,14 € (98.003 DM) fest. Das FA berücksichtigte dabei die französische Erbschaftsteuer als Nachlassverbindlichkeit.

4

In den während des Einspruchsverfahrens ergangenen Änderungsbescheiden vom 23. April 2004 und 13. Februar 2008 berücksichtigte das FA die französische Erbschaftsteuer nicht mehr als Nachlassverbindlichkeit. Es setzte die Erbschaftsteuer zuletzt auf 119.464,88 € (233.653 DM) fest. Der Einspruch blieb erfolglos.

5

Da das FA die Gesamtbelastung durch die französische und die deutsche Erbschaftsteuer teilweise als sachlich unbillig ansah, erließ es die Steuer durch Bescheid vom 23. April 2007 gemäß § 227 AO in Höhe eines Teilbetrags von 40.559,25 €.

6

Das Finanzgericht (FG) wies die gegen die Steuerfestsetzung gerichtete Klage durch das in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2012, 1290 veröffentlichte Urteil mit der Begründung ab, die französische Erbschaftsteuer sei weder auf die deutsche Erbschaftsteuer anzurechnen noch als Nachlassverbindlichkeit abziehbar. Ein Verstoß gegen Unions- oder Verfassungsrecht liege nicht vor.

7

Mit der Revision macht die Klägerin geltend, die ausländische (hier: französische) Erbschaftsteuer auf im Ausland angelegtes Kapitalvermögen müsse in erweiternder Auslegung von § 21 Abs. 1 und 2 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes (ErbStG) i.V.m. § 121 des Bewertungsgesetzes (BewG) auf die deutsche Erbschaftsteuer angerechnet werden. Dies folge insbesondere aus dem allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) sowie den Grundrechten auf Eigentum (Art. 14 GG) und auf allgemeine Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) sowie der in Art. 23 GG zum Ausdruck kommenden Europafreundlichkeit des GG. Sie, die Klägerin, werde allein wegen der Anlage von Kapitalvermögen durch E in Frankreich höher besteuert als wenn diese das Kapital in Deutschland angelegt hätte. Die gesamte Steuerbelastung erreiche eine unverhältnismäßige Höhe und sei daher auch mit dem in Art. 1 des Ersten Zusatzprotokolls zur Europäischen Menschenrechtskonvention (1. ZP-EMRK) garantierten Schutz des Eigentums unvereinbar. Darüber hinaus beschränke die Nichtanrechnung der französischen Erbschaftsteuer mehrere Grundfreiheiten, und zwar die Kapitalverkehrsfreiheit, die aktive und passive Dienstleistungsfreiheit und die allgemeine persönliche Freizügigkeit. Betroffen seien auch das Binnenmarktprinzip und das Loyalitätsgebot. Aufgrund der Höhe der gesamten Steuerbelastung sei außerdem das Recht auf Eigentum (Art. 17 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union --EUGrdRCh--) verletzt. Die unionsrechtlichen Fragen müssten durch eine Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) geklärt werden. Zumindest müsse die französische Erbschaftsteuer als Nachlassverbindlichkeit abgezogen werden.

8

Die Klägerin beantragt, die Vorentscheidung und die Einspruchsentscheidung vom 22. April 2010 aufzuheben und die Erbschaftsteuer unter Änderung des Bescheids vom 13. Februar 2008 auf 14.085,34 € herabzusetzen.

9

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

10

II. Die Revision ist unbegründet und war daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Die angefochtene Steuerfestsetzung entspricht den Vorschriften des ErbStG und ist sowohl mit Unionsrecht als auch mit Verfassungsrecht und Art. 1 des 1. ZP-EMRK vereinbar.

11

1. Das FG hat zu Recht angenommen, dass aufgrund unbeschränkter Steuerpflicht nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 i.V.m. Satz 2 Buchst. a ErbStG auch das in Frankreich angelegte Kapitalvermögen der deutschen Erbschaftsteuer unterliegt und die französische Erbschaftsteuer nicht auf die deutsche Erbschaftsteuer anzurechnen ist.

12

a) Gemäß § 21 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 2 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 Buchst. a ErbStG ist --soweit hier maßgebend-- bei Erwerbern, die in einem ausländischen Staat mit ihrem Auslandsvermögen zu einer der deutschen Erbschaftsteuer entsprechenden Steuer herangezogen worden sind, dann, wenn der Erblasser zur Zeit seines Todes seinen Wohnsitz im Inland hatte, die ausländische Steuer insoweit auf die deutsche Erbschaftsteuer anzurechnen, als das Auslandsvermögen auch der deutschen Erbschaftsteuer unterliegt, sofern nicht ein Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) anzuwenden ist. Besteht der Erwerb nur zum Teil aus Auslandsvermögen, ist der darauf entfallende Teilbetrag der deutschen Erbschaftsteuer gemäß § 21 Abs. 1 Satz 2 ErbStG in der Weise zu ermitteln, dass die für das steuerpflichtige Gesamtvermögen einschließlich des steuerpflichtigen Auslandsvermögens sich ergebende Erbschaftsteuer im Verhältnis des steuerpflichtigen Auslandsvermögens zum steuerpflichtigen Gesamtvermögen aufgeteilt wird. Was unter Auslandsvermögen i.S. des § 21 Abs. 1 Satz 1 und 2 ErbStG zu verstehen ist, ist in Abs. 2 der Vorschrift geregelt.

13

War der Erblasser zur Zeit seines Todes Inländer, etwa weil er im Inland einen Wohnsitz hatte (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 Buchst. a ErbStG), gelten nach § 21 Abs. 2 Nr. 1 ErbStG als Auslandsvermögen i.S. des § 21 Abs. 1 Satz 1 und 2 ErbStG alle Vermögensgegenstände der in § 121 BewG genannten Art, die auf den ausländischen Staat entfallen, sowie alle Nutzungsrechte an diesen Vermögensgegenständen.

14

Im Privatvermögen gehaltene Forderungen von Inländern gegen ausländische Schuldner gehören danach nur dann zum Auslandsvermögen in diesem Sinn, wenn die Voraussetzungen des § 121 Nr. 7 oder 8 BewG sinngemäß erfüllt sind, wenn also beispielsweise die Forderung durch ausländischen Grundbesitz unmittelbar oder mittelbar gesichert ist. Private Guthaben von Inländern bei ausländischen Banken rechnen danach nicht zum Auslandsvermögen (Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 16. Januar 2008 II R 45/05, BFHE 218, 423, BStBl II 2008, 623). Gleiches gilt auch für ausländische festverzinsliche Wertpapiere, die Inländern gehören (§ 21 Abs. 2 Nr. 1 ErbStG i.V.m. § 121 Nr. 7 Satz 2 BewG; vgl. Jülicher in Troll/Gebel/ Jülicher, ErbStG, § 2 Rz 64; Eisele in Rössler/Troll, BewG, § 121 Rz 41; ders. in Kapp/Ebeling, § 21 ErbStG, Rz 17; ebenso bereits Urteil des Reichsfinanzhofs vom 9. Januar 1936 III A 246/35, RStBl 1936, 120, zur Bestimmung des Inlandsvermögens).

15

b) Dass die Erbschaftsteuer, die ein ausländischer Staat für den von Todes wegen erfolgenden Erwerb von privaten, gegen ausländische Schuldner gerichteten Forderungen inländischer Erblasser erhebt, von den genannten Ausnahmefällen abgesehen nicht auf die deutsche Erbschaftsteuer für diesen Erwerb angerechnet wird, verstößt nicht gegen Unionsrecht, und zwar unabhängig davon, welchen Steuersatz der ausländische Staat anwendet und wie hoch die sich aus der in- und ausländischen Erbschaftsteuer ergebende Gesamtbelastung ist. Da die Rechtslage durch die Rechtsprechung des EuGH bereits geklärt bzw. klar ersichtlich ist, bedarf es nicht der Einholung einer Vorabentscheidung nach Art. 267 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV).

16

aa) Nach dem EuGH-Urteil vom 12. Februar 2009 C-67/08, Margarete Block (Slg. 2009, I-883) stehen Art. 56 und 58 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft --EG-- (jetzt Art. 63, 65 AEUV), die die Freiheit des Kapitalverkehrs zwischen den Mitgliedstaaten regeln, der doppelten Belastung einer Kapitalforderung mit Erbschaftsteuer nicht entgegen.

17

Zur Begründung führte der EuGH aus, der Umstand, dass Nachlassgüter wie Kapitalforderungen in Deutschland kein "Auslandsvermögen" seien, für das nach der nationalen Regelung ein Anspruch auf Anrechnung der im Ausland entrichteten Erbschaftsteuer auf die in Deutschland geschuldete Erbschaftsteuer bestehe, führe zwar dazu, dass es im Fall von Forderungen gegen ein Finanzinstitut, das in einem anderen Mitgliedstaat ansässig sei, der Erbschaftsteuer auf sie erhoben habe, zu einer höheren steuerlichen Belastung komme als im Fall von Forderungen gegen ein in Deutschland ansässiges Finanzinstitut. Dieser Steuernachteil folge aber daraus, dass die beiden betreffenden Mitgliedstaaten ihre Besteuerungsbefugnis parallel zueinander ausgeübt hätten, und zwar so, dass der eine, nämlich Deutschland, sich dafür entschieden habe, auf Kapitalforderungen dann die deutsche Erbschaftsteuer zu erheben, wenn der Gläubiger seinen Wohnsitz in Deutschland habe, während der andere, also im seinerzeitigen Streitfall das Königreich Spanien, die Entscheidung getroffen habe, auf solche Forderungen die spanische Erbschaftsteuer dann zu erheben, wenn der Schuldner in Spanien ansässig sei.

18

Nach der Rechtsprechung des EuGH (Nachweise im EuGH-Urteil Margarete Block in Slg. 2009, I-883 Rdnrn. 30 f.) schreibe indes das Unionsrecht bei seinem gegenwärtigen Entwicklungsstand und in einer Situation wie der des seinerzeitigen Ausgangsverfahrens (Erwerb von Kapitalforderungen einer inländischen Erblasserin gegen Finanzinstitute in Spanien ohne Bestehen eines auf die Erbschaftsteuer bezogenen DBA) in Bezug auf die Beseitigung der Doppelbesteuerung innerhalb der Europäischen Union keine allgemeinen Kriterien für die Kompetenzverteilung zwischen den Mitgliedstaaten vor. Dementsprechend sei, abgesehen von bestimmten, vorliegend nicht einschlägigen Richtlinien, bis heute im Rahmen des Unionsrechts keine Maßnahme der Vereinheitlichung oder Harmonisierung zum Zweck der Beseitigung von Doppelbesteuerungstatbeständen erlassen worden.

19

Demgemäß verfügten die Mitgliedstaaten beim gegenwärtigen Entwicklungsstand des Unionsrechts vorbehaltlich dessen Beachtung über eine gewisse Autonomie in diesem Bereich und seien nicht verpflichtet, ihr eigenes Steuersystem den verschiedenen Steuersystemen der anderen Mitgliedstaaten anzupassen und namentlich die sich aus der parallelen Ausübung ihrer Besteuerungsbefugnisse ergebende Doppelbesteuerung zu beseitigen und so in einem Fall wie dem des Ausgangsverfahrens die Anrechnung der Erbschaftsteuer zu ermöglichen, die in einem anderen Mitgliedstaat als dem Wohnsitzstaat des Erben entrichtet worden sei.

20

Wie der EuGH im Urteil Margarete Block in Slg. 2009, I-883 Rdnrn. 32 f. weiter ausgeführt hat, ändert daran auch der Umstand nichts, dass § 21 ErbStG günstigere Anrechnungsregeln vorsieht, wenn der Erblasser bei seinem Ableben seinen Wohnsitz in einem anderen Mitgliedstaat als Deutschland hatte, weil in einem solchen Fall der Begriff des Auslandsvermögens nach Abs. 2 Nr. 2 dieser Vorschrift weiter gefasst ist als in einem Fall wie dem der Klägerin des damaligen Ausgangsverfahrens. Diese unterschiedliche Behandlung ergibt sich jedoch, wie der EuGH zur Begründung dargelegt hat, im Fall des Nachlasses einer Person, die zur Zeit ihres Ablebens ihren Wohnsitz nicht im Inland hatte, daraus, dass der betreffende Mitgliedstaat, wie es ihm im Rahmen seiner Besteuerungsbefugnisse zusteht, den Wohnsitz des Gläubigers als Anknüpfungskriterium für die Behandlung des Nachlasses als "Auslandsvermögen" und demzufolge für die Anrechenbarkeit der in einem anderen Mitgliedstaat entrichteten Erbschaftsteuer in Deutschland gewählt hat. Außerdem garantiere das Unionsrecht nach der ständigen Rechtsprechung des EuGH einem Unionsbürger nicht, dass die Verlegung seines Wohnsitzes in einen anderen Mitgliedstaat als demjenigen, in dem er bis dahin gewohnt habe, steuerneutral sei. Aufgrund der unterschiedlichen Regelungen der Mitgliedstaaten in diesem Bereich könne eine solche Verlegung für den Bürger je nach dem Einzelfall mehr oder weniger vorteilhaft sein.

21

Der EuGH hat seine Rechtsprechung, nach der das Unionsrecht in Bezug auf die Beseitigung der Doppelbesteuerung innerhalb der Europäischen Union keine allgemeinen Kriterien für die Verteilung der Befugnisse der Mitgliedstaaten untereinander vorschreibt und keine unbedingte Verpflichtung zur Verhinderung einer rechtlichen Doppelbesteuerung durch mehrere Mitgliedstaaten besteht, durch den Beschluss vom 19. September 2012 C-540/11, Levy und Sebbag (Internationales Steuerrecht --IStR-- 2013, 307) erneut bestätigt. Er hat dazu in Übereinstimmung mit seiner bisherigen Rechtsprechung (Urteil vom 12. Mai 1998 C-336/96, Gilly, Slg. 1998, I-2793) ausgeführt, dass der u.a. auf die Einleitung von Verhandlungen durch die Mitgliedstaaten zur Beseitigung der Doppelbesteuerung innerhalb der Gemeinschaft bezogene Art. 293 EG (ersatzlos gestrichen durch den Vertrag von Lissabon zur Änderung des Vertrags über die Europäische Union und des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft vom 13. Dezember 2007, BGBl II 2008, 1039; vgl. Tippelhofer, IStR 2013, 310, 311) nicht den Zweck gehabt habe, eine als solche rechtswirksame Vorschrift zu definieren, sondern sich darauf beschränkt habe, den Rahmen für Verhandlungen zwischen den Mitgliedstaaten zu bilden. Selbst wenn die Beseitigung der Doppelbesteuerung innerhalb der Gemeinschaft eines der Ziele des Vertrags sei, gehe aus dem Text des Art. 293 EG hervor, dass dieser als solcher nicht dazu geeignet sei, Privatpersonen Rechte zu verleihen, die vor nationalen Gerichtsbarkeiten geltend gemacht werden könnten. Aus den in Art. 10 EG (vgl. nunmehr Art. 4 Abs. 3 des Vertrags über die Europäische Union --EUV--) geregelten Loyalitätspflichten ergebe sich ebenfalls keine Verpflichtung zur Beseitigung der Doppelbesteuerung durch mehrere Mitgliedstaaten. Diese Vorschrift formuliere lediglich eine allgemeine Verpflichtung der Mitgliedstaaten, deren konkreter Inhalt in jedem Einzelfall von den Bestimmungen des Vertrags oder den sich aus seinem allgemeinen System ergebenden Regelungen abhänge. Art. 10 EG könne daher nicht so ausgelegt werden, dass er für die Mitgliedstaaten eine unabhängige Verpflichtung über die sich aus Art. 56 und 293 EG für sie ergebenden Verpflichtungen hinaus begründe.

22

bb) Der erkennende Senat hält die Rechtsprechung des EuGH, nach der Unionsrecht abgesehen vom Vorliegen besonderer Regelungen eine Doppelbesteuerung nicht ausschließt, für zutreffend und folgt ihr auch für den vorliegenden Fall. Die Rechtsprechung des EuGH deckt auch die von der Klägerin ergänzend erwähnten unionsrechtlichen Gesichtspunkte ab, nämlich das Binnenmarktprinzip (Art. 14 Abs. 2 EG, nunmehr Art. 26 Abs. 2 AEUV), die aktive und passive Dienstleistungsfreiheit (Art. 49 EG, nunmehr Art. 56 AEUV) und die allgemeine persönliche Freizügigkeit (Art. 18 EG, nunmehr Art. 21 AEUV). Entscheidend ist auch insoweit, dass das Unionsrecht die grundsätzliche Autonomie der Mitgliedstaaten auf dem Gebiet der Erbschaftsteuer unberührt lässt und diese nicht dazu verpflichtet, ihr eigenes Steuersystem den verschiedenen Steuersystemen der anderen Mitgliedstaaten anzupassen und namentlich die sich aus der parallelen Ausübung ihrer Besteuerungsbefugnisse ergebende Doppelbesteuerung zu beseitigen.

23

cc) Der EuGH hat die Zulässigkeit der Doppelbesteuerung in Fällen der von ihm beurteilten Art nicht davon abhängig gemacht, dass die in- und ausländische Erbschaftsteuer zusammen nicht einen bestimmten Prozentsatz des doppelt mit Steuer belasteten Erwerbs überschreitet. Eine solche Grenze kann auch nicht gezogen werden; denn das Unionsrecht sieht auch bei einer sehr hohen Belastung des Erwerbs von Todes wegen durch in- und ausländische Erbschaftsteuer keine allgemeinen Kriterien für die Verteilung der Besteuerungsbefugnisse bei der Erbschaftsteuer zwischen den Mitgliedstaaten vor.

24

dd) Etwas anderes ergibt sich entgegen der Ansicht der Klägerin insoweit auch nicht aus dem vom EuGH im Urteil Margarete Block in Slg. 2009, I-883 nicht herangezogenen Art. 17 Abs. 1 Satz 1 EUGrdRCh. Nach dieser Vorschrift hat jede Person das Recht, ihr rechtmäßig erworbenes Eigentum zu besitzen, zu nutzen, darüber zu verfügen und es zu vererben. Dies bedeutet aber nicht, dass im Streitfall die französische Erbschaftsteuer auf die deutsche Erbschaftsteuer angerechnet werden muss, weil Frankreich für den Erwerb des in Frankreich angelegten Kapitalvermögens der E einen Steuersatz von 55 % angewendet hat. Dies ergibt sich aus folgenden Gründen:

25

aaa) Die ursprüngliche Fassung der EUGrdRCh (Amtsblatt der Europäischen Union --ABlEU-- 2000 Nr. C 364, 1) wurde am 7. Dezember 2000 und somit erst nach dem Eintritt des Erbfalls im April 2000 proklamiert. Bei dieser Fassung handelte es sich zudem nicht um verbindliches Recht, sondern lediglich um eine politische Erklärung (Mayer in Grabitz/Hilf/Nettesheim, Das Recht der Europäischen Union, nach Art. 6 EUV Rz 35; Streinz, EUV/AEUV, 2. Aufl. 2012, Vor GR-Charta Rz 3).

26

bbb) Rechtliche Verbindlichkeit erlangte die inzwischen überarbeitete EUGrdRCh (ABlEU 2007 Nr. C 303, 1, BGBl II 2008, 1165) erst durch die Neufassung des Art. 6 Abs. 1 EUV durch Art. 1 Nr. 8 des Vertrags von Lissabon (a.a.O.), der für Deutschland am 1. Dezember 2009 in Kraft getreten ist (Bekanntmachung vom 13. November 2009, BGBl II 2009, 1223), und zwar ohne Rückwirkung (Streinz, EUV/AEUV, Vor GR-Charta Rz 7, m.w.N.).

27

ccc) Abgesehen vom zeitlichen Ablauf im vorliegenden Fall kommt Art. 17 Abs. 1 Satz 1 EUGrdRCh im Hinblick auf eine Doppelbesteuerung eines Erwerbs von Todes wegen mit in- und ausländischer Erbschaftsteuer schon deshalb keine Bedeutung zu, weil die EUGrdRCh nach ihrem Art. 51 Abs. 1 Satz 1 nur für die Organe und Einrichtungen der Europäischen Union und für die Mitgliedstaaten ausschließlich bei der Durchführung des Rechts der Europäischen Union gilt. Nach der ständigen Rechtsprechung des EuGH (EuGH-Urteil vom 26. Februar 2013 C-617/10, Åkerberg Fransson, Europäisches Wirtschafts- und Steuerrecht 2013, 99 Rdnrn. 19 ff., m.w.N.) finden die in der Unionsrechtsordnung garantierten Grundrechte in allen unionsrechtlich geregelten Fallgestaltungen, aber nicht außerhalb derselben Anwendung. Der EuGH könne daher eine nationale Rechtsvorschrift nicht im Hinblick auf die EUGrdRCh beurteilen, wenn sie nicht in den Geltungsbereich des Unionsrechts falle. Dieser eingeschränkte Anwendungsbereich der EUGrdRCh sei gemäß Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 3 EUV und Art. 52 Abs. 7 EUGrdRCh bei deren Auslegung zu berücksichtigen. Werde eine rechtliche Situation nicht vom Unionsrecht erfasst, sei der EuGH nicht zuständig, um über sie zu entscheiden, und die möglicherweise angeführten Bestimmungen der EUGrdRCh könnten als solche keine neue Zuständigkeit begründen. Diese Erwägungen entsprächen denen, die Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 2 EUV zugrunde lägen, wonach durch die Bestimmungen der EUGrdRCh die in den Verträgen festgelegten Zuständigkeiten der Union in keiner Weise erweitert würden. Ebenso dehne die EUGrdRCh nach ihrem Art. 51 Abs. 2 den Geltungsbereich des Unionsrechts nicht über die Zuständigkeiten der Union hinaus aus und begründe weder neue Zuständigkeiten noch neue Aufgaben für die Union, noch ändere sie die in den Verträgen festgelegten Zuständigkeiten und Aufgaben (vgl. dazu auch Urteil des Bundesverfassungsgerichts --BVerfG-- vom 24. April 2013  1 BvR 1215/07, Neue Juristische Wochenschrift 2013, 1499, Rz 88 ff.).

28

Da es sich beim Erbschaftsteuerrecht nicht um Unionsrecht, sondern um rein nationales, nicht unionsrechtlich determiniertes Recht handelt, scheidet somit eine Überprüfung der Doppelbesteuerung an Art. 17 Abs. 1 Satz 1 EUGrdRCh aus.

29

ddd) Soweit das Recht auf Eigentum als allgemeiner Rechtsgrundsatz des Unionsrechts unabhängig von Art. 17 Abs. 1 Satz 1 EUGrdRCh geschützt ist, bezieht sich dies unter Berücksichtigung der Zuständigkeiten der Europäischen Union und des EuGH ebenfalls nur auf unionsrechtlich geregelte Bereiche (vgl. Streinz, EUV/AEUV, GR-Charta Art. 17 Rz 4 ff.) und zudem nicht auf das Vermögen als solches. Nach der Rechtsprechung des EuGH (Urteil vom 21. Februar 1991 verbundene Rechtssachen C-143/88 und C-92/89, Zuckerfabrik Süderdithmarschen AG u.a., Slg. 1991, I-415, Rdnr. 74) kann die Verpflichtung, eine Abgabe zu zahlen, nicht als Verstoß gegen das Eigentumsrecht angesehen werden (vgl. dazu auch Depenheuer in Tettinger/Stern, Kölner Gemeinschaftskommentar zur Europäischen Grundrechte-Charta, 2006, Art. 17 Rz 37 f.; Streinz, EUV/AEUV, GR-Charta Art. 17 Rz 6).

30

c) Eine Pflicht Deutschlands, bei Fehlen eines auf die Erbschaftsteuer bezogenen DBA die Erbschaftsteuer, die ein ausländischer Staat für den von Todes wegen erfolgenden Erwerb von privaten, gegen ausländische Schuldner gerichteten Forderungen inländischer Erblasser erhebt, von den in § 121 Nrn. 7 und 8 BewG genannten Ausnahmefällen abgesehen auf die deutsche Erbschaftsteuer für diesen Erwerb anzurechnen, lässt sich auch der Gewährleistung des Eigentums und des Erbrechts durch Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG, dem allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) und der allgemeinen Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) nicht entnehmen.

31

aa) Diese Grundrechte verpflichten Deutschland nicht, bei Fehlen eines DBA eine Belastung durch in- und ausländische Steuern in den genannten Fällen durch die Anrechnung der ausländischen Steuer auf die inländische Steuer, also durch eine einseitige Maßnahme zu vermeiden. Eine solche Pflicht Deutschlands wäre mit der ihm zukommenden Autonomie auf dem Gebiet der Erbschaftsbesteuerung nicht vereinbar. Jedem Staat steht kraft seiner Finanzhoheit als Teil seiner Souveränität das Recht zur Erhebung von Steuern zu. Dieses Recht wird lediglich durch das Territorialitätsprinzip eingeschränkt. Das Völkerrecht steht einer Doppelbesteuerung grundsätzlich nicht entgegen, solange eine substantiell hinreichende Verbindung zwischen dem eigenen Hoheitsgebiet und dem ausländischen Sachverhalt besteht (Wernsmann in Erbrecht und Vermögensnachfolge, System, Struktur, Vertrag, Festschrift für Manfred Bengel und Wolfgang Reimann zum 70. Geburtstag, 2012, S. 371, 373). Einen Rechtsgrundsatz, dass eine Doppelbesteuerung schlechthin unzulässig sei, gibt es nicht (BFH-Urteil vom 14. Februar 1975 VI R 210/72, BFHE 115, 319, BStBl II 1975, 497).

32

bb) Eine substantiell hinreichende Verbindung zum Hoheitsgebiet von Deutschland besteht insbesondere bei einem Erwerb von Todes wegen von einem Inländer, und zwar auch insoweit, als es um die Besteuerung des Erwerbs von Kapitalvermögen geht, das der Erblasser im Ausland angelegt hatte. In einem solchen Fall entspräche die alleinige Besteuerung durch Deutschland den internationalen Gepflogenheiten, die im Musterabkommen der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Nachlass-, Erbschaft- und Schenkungsteuern --OECD-MA (E)-- (abgedruckt bei Jülicher, a.a.O., § 2 Rz 152 ff.) zum Ausdruck kommen. Wie der EuGH im Urteil Gilly in Slg. 1998, I-2793 ausgeführt hat, ist es für die Mitgliedstaaten nicht abwegig, sich für die Zwecke der Aufteilung der Steuerhoheit an der völkerrechtlichen Praxis und den von der OECD erarbeiteten Musterabkommen zu orientieren (Rz 31).

33

Nach Art. 7 OECD-MA (E) kann Vermögen, das Teil des Nachlasses oder einer Schenkung einer Person mit Wohnsitz in einem Vertragsstaat ist und in den Art. 5 und 6 OECD-MA (E) nicht behandelt wurde, ohne Rücksicht auf seine Belegenheit nur in diesem Staat besteuert werden. Art. 5 und 6 OECD-MA (E) betreffen unbewegliches Vermögen und bewegliches Vermögen einer Betriebsstätte oder festen Einrichtung, nicht aber Forderungen aus Guthaben und festverzinslichen Wertpapieren, die Inländer als Privatpersonen bei ausländischen Kreditinstituten angelegt haben. Für derartiges Vermögen steht somit nach Art. 7 OECD-MA (E) das alleinige Besteuerungsrecht dem Wohnsitzstaat des Erblassers zu.

34

Dies ist ein sachlicher Grund im Sinne des allgemeinen Gleichheitssatzes (Art. 3 Abs. 1 GG) dafür, dass die Erbschaftsteuer, die ein ausländischer Staat für den von Todes wegen erfolgenden Erwerb von privaten gegen ausländische Schuldner gerichteten Forderungen inländischer Erblasser erhebt, von den in § 121 Nrn. 7 und 8 BewG genannten Ausnahmefällen abgesehen, nicht auf die deutsche Erbschaftsteuer für diesen Erwerb angerechnet wird. Die Anlage von Kapitalvermögen im Ausland kann zur Anwendbarkeit ausländischen Erbschaftsteuerrechts führen und bedingt dadurch das Risiko, dass es im Erbfall zu einer Doppelbesteuerung kommt. Im Rahmen der Anwendung des Art. 3 Abs. 1 GG kann der inländischen Besteuerung in einem solchen Fall nicht entgegengehalten werden, dass die Steuerlast bei einer Anlage im Inland insgesamt niedriger gewesen wäre. Bei einer Anlage im Inland handelt es sich nämlich um einen anderen Sachverhalt als bei einer Anlage im Ausland, die auch zur Anwendung ausländischen Erbschaftsteuerrechts führen kann.

35

cc) Dem Art. 7 OECD-MA (E) entspricht auch die Rechtslage nach dem Abkommen vom 12. Oktober 2006 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der französischen Republik zur Vermeidung der Doppelbesteuerung der Nachlässe, Erbschaften und Schenkungen --DBA Frankreich-- (BGBl II 2007, 1403), das am 3. April 2009 in Kraft getreten ist (BGBl II 2009, 596). Nach Art. 9 DBA Frankreich kann Vermögen, das Teil des Nachlasses oder einer Schenkung einer Person mit Wohnsitz in einem Vertragsstaat ist und in den Art. 5, 6, 7 und 8 DBA Frankreich nicht behandelt wurde, ohne Rücksicht auf seine Belegenheit nur in diesem Staat besteuert werden. Zu diesem Vermögen gehören u.a. Guthaben und festverzinsliche Wertpapiere, die Inländer als Privatpersonen bei ausländischen Kreditinstituten angelegt haben. Es handelt sich dabei nicht um bewegliches materielles Vermögen i.S. des Art. 8 DBA Frankreich. Dies ergibt sich aus Nr. 4 des zwischen Deutschland und Frankreich vereinbarten Protokolls zu dem DBA Frankreich. Danach gelten Bargeld, Forderungen jeder Art, Aktien und Gesellschaftsanteile nicht als bewegliches materielles Vermögen i.S. des Art. 8 DBA Frankreich. Dieses Protokoll ist nach Art. 18 DBA Frankreich Bestandteil dieses DBA.

36

dd) Eine Pflicht Deutschlands, eine von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union erhobene Erbschaftsteuer stets auf die deutsche Erbschaftsteuer anzurechnen, kann entgegen der Ansicht der Klägerin auch Art. 23 GG nicht entnommen werden. Diese Vorschrift regelt allgemein die Mitwirkung Deutschlands bei der Entwicklung der Europäischen Union. Die Regelung von Einzelfragen wie etwa die Vermeidung einer unionsrechtlich nicht ausgeschlossenen Doppelbesteuerung eines Erwerbs von Todes wegen ist nicht Gegenstand der Vorschrift.

37

ee) Ist die Höhe der Steuerbelastung, die sich aus der Doppelbesteuerung des von Todes wegen erfolgenden Erwerbs von Forderungen eines inländischen Erblassers gegen ausländische Schuldner insgesamt ergibt, bezogen auf den Wert der Forderungen unter Berücksichtigung des Grundrechts aus Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG und des auf dem allgemeinen verfassungsrechtlichen Verhältnismäßigkeitsgrundsatz beruhenden Übermaßverbots nicht hinnehmbar, hat auch dies nicht zur Folge, dass die ausländische Steuer auf die inländische Erbschaftsteuer anzurechnen ist. In einem solchen Fall kommen vielmehr Billigkeitsmaßnahmen nach §§ 163, 227 AO als verfassungsrechtlich ausreichende Abhilfemaßnahmen in Betracht (vgl. Jülicher, a.a.O., § 21 Rz 6; Jochum in Wilms/Jochum, § 21 ErbStG Rz 20, 110; Weinmann in Moench/Weinmann, § 21 ErbStG Rz 5; Riedel in Daragan/ Halaczinsky/Riedel, ErbStG, BewG, § 21 ErbStG Rz 68; Schaumburg, IStR, 3. Aufl. 2011, Rz 14.12, 15.244, 16.494). Wenn die Anwendung eines nicht zu beanstandenden Gesetzes in Einzelfällen zu einem "ungewollten Überhang" führen würde, kann eine Verfassungspflicht zum Billigkeitserlass bestehen (BVerfG-Beschluss vom 10. November 1998  2 BvL 42/93, BVerfGE 99, 246, BStBl II 1999, 174, unter C.III., m.w.N.). Auf nähere Einzelheiten braucht insoweit im vorliegenden Verfahren nicht eingegangen zu werden, weil der Erlassbescheid vom 23. April 2007 nicht Gegenstand des Verfahrens ist.

38

d) Auch aus dem in Art. 1 des 1. ZP-EMRK geregelten Schutz des Eigentums lässt sich keine Verpflichtung Deutschlands zur generellen Anrechnung ausländischer Erbschaftsteuer auf die deutsche Erbschaftsteuer entnehmen. Diese Vorschrift schließt eine Doppelbesteuerung bei Fehlen eines DBA ebenso wie das Unions- und das Verfassungsrecht zumindest nicht grundsätzlich aus. Sie enthält keine Kriterien zu der Frage, wie und zu Lasten welchen Staates eine Doppelbesteuerung vermieden werden soll. Jedenfalls im Regelfall ist das Recht auf Eigentum nicht verletzt, wenn der Staat, dem nach den internationalen Gepflogenheiten, die im OECD-MA (E) zum Ausdruck kommen, das ausschließliche Besteuerungsrecht für einen Erwerb von Todes wegen zusteht, von diesem Recht Gebrauch macht und eine etwaige von einem ausländischen Staat zusätzlich erhobene Erbschaftsteuer nicht anrechnet.

39

Eine übermäßige, konfiskatorische Steuerbelastung kann allerdings eine Verletzung des durch Art. 1 des 1. ZP-EMRK gewährleisteten Rechts auf Eigentum begründen (Peukert in Frowein/ Peukert, EMRK-Kommentar, 3. Aufl., Art. 1 des 1. ZP, Rz 74; Cremer in Grote/Marauhn, EMRK/GG, Konkordanzkommentar zum europäischen und deutschen Grundrechtsschutz, 2006, Kap. 22 Rz 85). Eine Verpflichtung Deutschlands, die konfiskatorische Wirkung der Doppelbesteuerung durch eine Anrechnung der ausländischen Erbschaftsteuer auf die deutsche Erbschaftsteuer und somit durch eine einseitige Maßnahme zu beseitigen, lässt sich indes nach Ansicht des Senats aus Art. 1 des 1. ZP-EMRK nicht ableiten. Dies gilt insbesondere dann, wenn wie im vorliegenden Fall bei Bestehen eines dem OECD-MA (E) entsprechenden DBA das alleinige Besteuerungsrecht Deutschland zustünde und der ausländische Staat, der durch die Höhe des von ihm angesetzten Steuersatzes wesentlich zu der konfiskatorischen Wirkung der Doppelbesteuerung beigetragen hat, wie im Streitfall Frankreich ebenfalls die Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) beigetreten ist.

40

Auch in diesem Zusammenhang kommen indes Billigkeitsmaßnahmen nach §§ 163, 227 AO und dem jeweils maßgebenden Recht des ausländischen Staates, der ebenfalls der EMRK beigetreten ist, als ausreichende Abhilfemaßnahmen in Betracht. Auf nähere Einzelheiten braucht in diesem Zusammenhang nicht eingegangen zu werden, da Billigkeitsmaßnahmen nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens sind.

41

e) Die französische Erbschaftsteuer ist danach im Streitfall nicht auf die deutsche Erbschaftsteuer anzurechnen. Die Voraussetzungen für eine Anrechnung nach § 21 Abs. 1 Satz 1 und 2 i.V.m. Abs. 2 Nr. 1 ErbStG sind nicht erfüllt. Bei dem von E in Frankreich angelegten Kapitalvermögen handelt es sich nicht um Auslandsvermögen i.S. des § 21 Abs. 2 Nr. 1 ErbStG i.V.m. § 121 BewG. Die von der Klägerin begehrte Anrechnung kann weder auf Unions- noch auf Verfassungsrecht oder Art. 1 des 1. ZP-EMRK gestützt werden.

42

2. Ebenfalls zutreffend hat das FG angenommen, dass die französische Erbschaftsteuer nicht als Nachlassverbindlichkeit abziehbar ist.

43

a) Gemäß § 10 Abs. 8 ErbStG ist die von dem Erwerber zu entrichtende eigene Erbschaftsteuer nicht abzugsfähig. Dies gilt nicht nur für die Erbschaftsteuer nach dem ErbStG, sondern übereinstimmend mit der Auffassung der Finanzverwaltung (H E 10.11 der Hinweise zu den Erbschaftsteuer-Richtlinien 2011 vom 19. Dezember 2011, BStBl I 2011 Sondernummer 1, 117) gleichermaßen auch für ausländische Steuern, die der deutschen Erbschaftsteuer entsprechen (FG Düsseldorf, Urteil vom 13. Mai 2009  4 K 155/08 Erb, EFG 2009, 1310; Gebel in Troll/Gebel/ Jülicher, ErbStG, § 10 Rz 268; ders., Betriebs-Berater --BB-- 1999, 135, 142; Billig, Finanz-Rundschau 2009, 298; Pahlke in Christoffel/Geckle/Pahlke, ErbStG, 1998, § 10 Rz 99, § 21 Rz 4; Jochum, a.a.O., § 10 ErbStG Rz 208, § 21 Rz 19 f.; Geck in Kapp/Ebeling, § 10 ErbStG, Rz 177; Jüptner in Fischer/ Jüptner/Pahlke/Wachter, ErbStG, 4. Aufl., § 10 Rz 291, § 21 Rz 9; Weinmann, a.a.O., § 10 ErbStG Rz 110, § 21 ErbStG Rz 5; Richter in Viskorf/Knobel/Schuck, Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, Bewertungsgesetz, 4. Aufl., § 21 ErbStG Rz 34; Szczesny in Tiedtke, ErbStG, 2009, § 10 Rz 87; Tetens in Rödl/Preißer u.a., Erbschaft- und Schenkungsteuer, Kompakt-Kommentar, Stuttgart 2009, § 10 Kap. 6.5.8; Seifried in Rödl/ Preißer u.a., a.a.O., § 21 Kap. 1; Schaumburg, a.a.O., Rz 15.244; a.A. Meincke, Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, Kommentar, 16. Aufl., § 10 Rz 59, § 21 Rz 2; Eisele in Kapp/Ebeling, § 21 ErbStG, Rz 3; Schuck in Viskorf/Knobel/ Schuck, a.a.O., § 10 ErbStG Rz 155; Högl in Gürsching/Stenger, Bewertungsrecht, § 10 ErbStG Rz 256, § 10 ErbStG Rz 11; Reich/ Voß/Striegel in Tiedtke, a.a.O., § 21 Rz 31).

44

Die Berücksichtigung ausländischer Erbschaftsteuer ist vorbehaltlich von Billigkeitsmaßnahmen in § 21 ErbStG eingehend und differenziert geregelt und erfolgt im Wege der Anrechnung. Dabei handelt es sich um eine abschließende Regelung, die den Abzug ausländischer Erbschaftsteuern als Nachlassverbindlichkeiten ausschließt (FG Nürnberg, Urteil vom 18. Dezember 1962 II 374/61, EFG 1963, 311; FG Düsseldorf, Urteil in EFG 2009, 1310; Gebel, BB 1999, 135, 142; ders. in Zeitschrift für Erbrecht und Vermögensnachfolge 2006, 130, 131; Pahlke, a.a.O., § 10 Rz 99, § 21 Rz 4; Jülicher, a.a.O., § 21 Rz 5; Geck, a.a.O., § 10 ErbStG, Rz 177; Jüptner, a.a.O., § 21 Rz 9; Weinmann, a.a.O., § 21 ErbStG Rz 5; Richter, a.a.O., § 21 ErbStG Rz 34; Riedel, a.a.O., § 21 ErbStG Rz 68; Hamdan, Die Beseitigung internationaler Doppelbesteuerung durch § 21 ErbStG, 2007, Rz 467 f.). Es gibt keinen Grund für die Annahme, dass der Gesetzgeber ausländische Erbschaftsteuern, die § 21 ErbStG von der Anrechnung auf die deutsche Erbschaftsteuer ausschließt, als Nachlassverbindlichkeiten berücksichtigen will. Eine solche Berücksichtigung würde dem Sinn und Zweck des § 21 ErbStG widersprechen, nach dem sich ausländische Erbschaftsteuern nur unter bestimmten Voraussetzungen bei der Festsetzung der deutschen Erbschaftsteuer auswirken sollen.

45

b) Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der von der Klägerin angeführten Entstehungsgeschichte des § 10 Abs. 8 ErbStG. § 12 Abs. 7 ErbStG 1922 (RStBl I 1922, 695) bestimmte, dass die Erbschaftsteuer nicht abgezogen wird. Nach § 8 Abs. 2 Satz 1 ErbStG 1922 war auf Antrag die im Ausland erhobene Erbschaftsteuer bei der Berechnung der Erbschaftsteuer als Nachlassverbindlichkeit abzuziehen, soweit die Steuerpflicht im Ausland befindliche Sachen, Forderungen gegen ausländische Schuldner oder Rechte, deren Übertragung an eine Eintragung in ausländische Bücher geknüpft ist, betraf. In Satz 2 der Vorschrift wurde der Reichsminister der Finanzen ermächtigt, stattdessen auf Gegenseitigkeit die Anrechnung der ausländischen Steuer auf die inländische Steuer zu bestimmen.

46

Der Abzug der im Ausland erhobenen Erbschaftsteuer bei der Berechnung der Erbschaftsteuer als Nachlassverbindlichkeit war seinerzeit somit der Regelfall. Die Anrechnung der ausländischen Steuer auf die inländische Steuer bedurfte der Zulassung durch den Reichsminister der Finanzen und setzte Gegenseitigkeit voraus.

47

Derartige Regelungen gibt es inzwischen nicht mehr. Vielmehr hat der Gesetzgeber selbst die Anrechnung der ausländischen Erbschaftsteuer auf die inländische Erbschaftsteuer in § 21 ErbStG geregelt und dadurch die Berücksichtigung ausländischer Erbschaftsteuern bei der Festsetzung der inländischen Erbschaftsteuer dem Grunde und der Art und Weise nach abschließend bestimmt.

48

c) Soweit sich einzelne Stimmen in der Literatur (Meincke, a.a.O., § 21 Rz 2; Eisele, a.a.O., § 21 ErbStG, Rz 3) auf die in § 34c des Einkommensteuergesetzes (EStG) dem Steuerpflichtigen eingeräumte Möglichkeit berufen, hinsichtlich der Berücksichtigung der auf ausländische Einkünfte entfallenden ausländischen Einkommensteuer zwischen der Anrechnung auf die deutsche Einkommensteuer und dem Abzug bei der Ermittlung der Einkünfte zu wählen, kann dem für das Erbschaftsteuerrecht nicht gefolgt werden; denn eine entsprechende Regelung enthält das Erbschaftsteuerrecht gerade nicht (Pahlke, a.a.O., § 21 Rz 4; Jochum, a.a.O., § 21 Rz 19; Seifried in Rödl/Preißer u.a., a.a.O., § 21 Kap. 1).

49

Im Übrigen würde ein den Regelungen des § 34c EStG entsprechendes Wahlrecht dem Begehren der Klägerin nicht zum Erfolg verhelfen. Die ausländische Steuer kann nämlich nur dann auf Antrag des Steuerpflichtigen bei der Ermittlung der Einkünfte nach § 34c Abs. 2 EStG abgezogen werden, wenn die Voraussetzungen für eine Anrechnung nach § 34c Abs. 1 EStG erfüllt sind (Schmidt/Heinicke, EStG, 32. Aufl., § 34c Rz 15; Gosch in Kirchhof, EStG, 11. Aufl., § 34c Rz 29). Eine entsprechende Anwendung des in § 34c Abs. 2 EStG vorgesehenen Wahlrechts auf die Erbschaftsteuer hätte demgemäß zur Folge, dass nur gemäß § 21 ErbStG anrechenbare ausländische Erbschaftsteuern nach Wahl des Steuerpflichtigen als Nachlassverbindlichkeiten berücksichtigt werden könnten. Da diese Voraussetzungen im Streitfall nicht erfüllt sind, wäre ein Abzug der französischen Erbschaftsteuer als Nachlassverbindlichkeit ebenfalls ausgeschlossen.

50

d) Aufgrund der Autonomie der Mitgliedstaaten bei der Ausgestaltung des Erbschaftsteuerrechts zwingt auch Unionsrecht nicht zum Abzug ausländischer Erbschaftsteuern als Nachlassverbindlichkeiten. Dem Unionsrecht lässt sich nicht entnehmen, welcher der beteiligten Staaten die vom anderen Staat erhobene Erbschaftsteuer bei der Festsetzung der eigenen Erbschaftsteuer als Nachlassverbindlichkeit abziehen müsste.

(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, soweit er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so haften diese nach Kopfteilen. Bei erheblicher Verschiedenheit ihrer Beteiligung kann nach Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.

(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs erfordert oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Der Bundesfinanzhof ist an die Zulassung gebunden.