Bundesverwaltungsgericht Beschluss, 29. Juni 2016 - 2 B 18/15

ECLI:ECLI:DE:BVerwG:2016:290616B2B18.15.0
29.06.2016

Gründe

1

Die auf Verfahrensfehler gestützte Nichtzulassungsbeschwerde hat keinen Erfolg.

2

1. Die ... geborene Beklagte stand als Kreisamtsinspektorin in Diensten des Klägers. Sie war dort als Kassenbeamtin eingesetzt. Im Jahr 2005 leitete der Kläger gegen die Beklagte ein Disziplinarverfahren ein, in dessen Verlauf ihr vorgeworfen wurde, in vier Fällen zwischen 1997 und 2004 Beträge in Höhe von 7 363,86 DM (1997), 8 000 DM (1998), 18 400 DM (1999) und 5 413,25 € (2004) auf Konten überwiesen zu haben, auf die sie Zugriff hatte. Das sachgleiche Strafverfahren wurde wegen des jüngsten Vorwurfs gemäß § 153a StPO und wegen der übrigen Vorwürfe aufgrund von § 170 Abs. 2 StPO wegen Verjährung eingestellt. Die Beklagte hat einen Vorwurf uneingeschränkt und einen weiteren in modifizierter Form gestanden.

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Der Kläger hat wegen der vier Vorwürfe Disziplinarklage mit dem Ziel der Entfernung aus dem Dienst erhoben. Während des Verfahrens hat er den Klagegegenstand auf die zwei Vorwürfe aus den Jahren 1999 und 2004 reduziert. Ebenfalls während des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ist die Beklagte wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt worden. Sie ist wegen einer psychischen Erkrankung dauerhaft verhandlungsunfähig. Das Amtsgericht hat ihren Ehemann als Betreuer für das Disziplinarklageverfahren bestellt; dieser nimmt seitdem die Aufgaben eines Prozesspflegers wahr. Mit Urteil vom 20. Dezember 2011 hat das Oberverwaltungsgericht der Beklagten das Ruhegehalt aberkannt.

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Der Senat hat das Berufungsurteil mit Beschluss vom 31. Oktober 2012 - 2 B 33.12 - (NVwZ-RR 2013, 115) wegen Verfahrensmängeln aufgehoben und an das Oberverwaltungsgericht zurückverwiesen; es beruhe auf einem Verstoß gegen § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO, weil das Oberverwaltungsgericht nicht aufgrund des Gesamtergebnisses des Verfahrens entschieden habe, ob die Voraussetzungen eines Maßnahmeverbots aus rechtsstaatlichen Gründen vorliegen.

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Das Oberverwaltungsgericht hat mit Urteil vom 8. Dezember 2014 erneut auf die Aberkennung des Ruhegehalts erkannt. Hiergegen richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde.

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2. Die Beschwerde ist zulässig.

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Zwar hat der Prozessbevollmächtigte der Beklagten die Beschwerde nicht innerhalb der Frist des § 133 Abs. 3 Satz 1 VwGO formgerecht begründet. Gemäß dieser Vorschrift ist die Beschwerde innerhalb von zwei Monaten nach der Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Das mit einer ordnungsgemäßen Rechtsbehelfsbelehrung versehene Urteil wurde dem Prozessbevollmächtigten der Beklagten ausweislich der in der Gerichtsakte befindlichen Postzustellungsurkunde am 23. Januar 2015 zugestellt. Die Frist zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde endete damit gemäß § 57 Abs. 1 und 2 VwGO, § 222 Abs. 1 ZPO und § 188 Abs. 2 BGB mit Ablauf des 23. März 2015.

8

Zu diesem Zeitpunkt wahrte die ab 22:54 Uhr per Telefax an das Oberverwaltungsgericht übermittelte Beschwerdebegründung die Anforderungen an die Schriftlichkeit noch nicht. Zur Schriftlichkeit gehört insbesondere die Unterschrift des Rechtsanwalts, die zum Ausdruck bringt, dass dieses Schriftstück willentlich in den Rechtsverkehr eingebracht werden soll. Die Seiten 94 bis 122 der Beschwerdebegründung gingen aber erst zwischen 0:00 und 0:20 Uhr am 24. März 2015 beim Oberverwaltungsgericht ein; die Seiten 122 bis 125 (Unterschriftsseite) erst zwischen 8:51 und 8:52 Uhr.

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Der Beklagten ist Wiedereinsetzung in die versäumte Frist zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde zu gewähren. Nach § 60 Abs. 1 VwGO ist bei unverschuldeter Versäumung einer gesetzlichen Frist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Der Wiedereinsetzungsantrag ist bei Versäumung der Frist zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde binnen eines Monats zu stellen (§ 60 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 2 VwGO). Innerhalb der Antragsfrist ist auch die versäumte Rechtshandlung nachzuholen (§ 60 Abs. 2 Satz 3 VwGO). Die Tatsachen zur Begründung des Antrags sind glaubhaft zu machen (§ 60 Abs. 2 Satz 2 VwGO).

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Der Wiedereinsetzungsantrag ist am 31. März 2015 beim Oberverwaltungsgericht eingegangen. Zu diesem Zeitpunkt lag die vollständige und formgerechte Beschwerdebegründung bereits vor. Die Beklagte hat auch einen Wiedereinsetzungsgrund glaubhaft gemacht. Nach dem detailreich und nachvollziehbar geschilderten, vom Prozessbevollmächtigten der Beklagten an Eides statt versicherten Sachverhalt hatte dieser bereits am 23. März 2015 gegen 22:10 Uhr damit begonnen, den 125seitigen Schriftsatz per Telefax an das Oberverwaltungsgericht zu übermitteln. Das Kanzleifaxgerät benötige üblicherweise für die Übermittlung von 125 Seiten rund 45 Minuten. Wegen technischer Probleme beim Papiereinzug sei das Telefax nicht zur Übersendung gelangt, nicht einmal einige Seiten. Ein Reparaturbeleg für das Telefaxgerät vom 25. März 2015 wurde vorgelegt. Mit Hilfe eines eilig herbeigeschafften Ersatzgeräts, das jedoch eine zu langsame Übermittlungsgeschwindigkeit aufweise, habe dann ab 22:54 Uhr die Übermittlung an das Oberverwaltungsgericht begonnen werden können. Bis Mitternacht seien jedoch nur 93 Seiten erfolgreich übermittelt worden. Das Gerät habe störungsfrei, jedoch - seiner Art entsprechend - mit geringer Geschwindigkeit gearbeitet.

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Vor dem Hintergrund dieses Sachverhalts kann dem Kläger nicht mangelnde Sorgfalt vorgeworfen werden. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts liegt ein "Verschulden" im Sinne von § 60 Abs. 1 VwGO vor, wenn diejenige Sorgfalt außer Acht gelassen wird, die für einen gewissenhaften und seine Rechte und Pflichten sachgemäß wahrnehmenden Prozessführenden geboten ist und die ihm nach den gesamten Umständen des konkreten Falles zuzumuten war (stRspr, BVerwG, Beschlüsse vom 6. Juni 1995 - 6 C 13.93 - Buchholz 310 § 60 VwGO Nr. 198 S. 14, vom 9. September 2005 - 2 B 44.05 - Buchholz 310 § 60 VwGO Nr. 257 Rn. 2 und vom 1. September 2014 - 2 B 93.13 - Buchholz 310 § 60 VwGO Nr. 274 Rn. 11).

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Danach gehört es zu den Sorgfaltspflichten jedes Rechtsanwalts in Fristensachen, den Betrieb seiner Anwaltskanzlei so zu organisieren, dass fristwahrende Schriftsätze rechtzeitig hergestellt werden und vor Fristablauf beim zuständigen Gericht eingehen. Bei Fristen für die Begründung eines Rechtsmittels muss der Rechtsanwalt dafür Sorge tragen, dass er sich rechtzeitig auf die Fertigung der Rechtsmittelbegründung einstellen sowie Unregelmäßigkeiten und Zwischenfällen vor Fristablauf Rechnung tragen kann (BVerwG, Beschluss vom 21. Februar 2008 - 2 B 6.08 - juris Rn. 7 ff. m.w.N.).

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Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts hat der Nutzer mit der Wahl des Telefaxes als eines anerkannten und für die Zusendung fristwahrender Schriftsätze an das Gericht eröffneten Übermittlungsmediums, der ordnungsgemäßen Nutzung eines funktionsfähigen Sendegeräts und der korrekten Eingabe der Empfängernummer das seinerseits Erforderliche zur Fristwahrung getan, wenn er so rechtzeitig mit der Übermittlung beginnt, dass unter normalen Umständen mit ihrem Abschluss bis 24:00 Uhr zu rechnen ist (BVerfG, Beschluss vom 1. August 1996 - 1 BvR 121/95 - NJW 1996, 2857 <2858>). Dabei ist zu berücksichtigen, dass häufig gerade die Abend- und Nachtstunden wegen günstigerer Tarife oder wegen drohenden Fristablaufs genutzt werden, um Schriftstücke noch fristwahrend per Telefax zu übermitteln. Dem ist vom Rechtsuchenden gegebenenfalls durch einen zeitlichen "Sicherheitszuschlag" Rechnung zu tragen (BVerfG, Beschluss vom 21. Juni 2001 - 1 BvR 436/01 - NJW 2001, 3473 <3474>).

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In der Rechtsprechung des Senats ist eine Erfüllung dieser Anforderungen angenommen worden bei einem 37seitigen Schriftsatz, mit dessen Übermittlung 18 Minuten vor Mitternacht begonnen wurde (BVerwG, Beschluss vom 1. September 2014 - 2 B 93.13 - Buchholz 310 § 60 VwGO Nr. 274 m.w.N.).

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Vor diesem Hintergrund ist es nicht fahrlässig, knapp zwei Stunden vor Mitternacht mit der Übermittlung eines 125seitigen Schriftsatzes zu beginnen, wenn dessen Übermittlung mit dem eigentlichen Kanzleifaxgerät üblicherweise rund 45 Minuten in Anspruch nimmt. Denn der zeitliche Abstand beinhaltet dann einen Sicherheitszuschlag von über 100 Prozent, was jedenfalls bei längeren Zeiträumen wie hier genügt, um gewöhnlichen technischen Schwierigkeiten fristgerecht zu begegnen.

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3. Die Beschwerde ist unbegründet. Die von der Beklagten geltend gemachten Verfahrensfehler liegen nicht vor.

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a) Es liegt zunächst keine Verletzung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO) vor.

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aa) Ein Verstoß gegen das Gebot der Gewährung rechtlichen Gehörs liegt nicht darin, dass das Oberverwaltungsgericht die Termine zur mündlichen Verhandlung durchgeführt hat, obwohl der Prozessbevollmächtigte der Beklagten ihre Aufhebung bzw. Verlegung beantragt hatte. Der Prozessbevollmächtigte macht insoweit geltend, nicht nur die Beklagte, sondern auch der Betreuer und er selbst seien an der Teilnahme an den mündlichen Verhandlungen am 2. Juli 2014 und am 8. Dezember 2014 gehindert gewesen. Die mündliche Verhandlung am 2. Juli 2014 sei entbehrlich gewesen, weil von den Zeugen - den erstinstanzlichen Richtern - kein Erkenntnisgewinn zu erwarten gewesen sei. Im Übrigen seien der Prozessbevollmächtigte und der Betreuer (akuter Brechdurchfall) transport- und reiseunfähig erkrankt gewesen, sodass auch die Einholung eines amtsärztlichen Attests nicht möglich gewesen sei.

19

Der Prozessbevollmächtigte habe dem Oberverwaltungsgericht mehrfach, zuletzt mit Verlegungsantrag vom 4. Dezember 2014 unter Berufung auf eine Bescheinigung der Universitätsklinik ... vom 17. Februar 2014 deutlich gemacht, dass er grundsätzlich aufgrund eines am 16. Februar 2014 erlittenen Schlaganfalls arbeitsunfähig sei. Maximal könne er im Rahmen freiwilliger Selbstgefährdung wenige Stunden wöchentlich arbeiten. Eine Vertretung durch Rechtsanwalt N. sei nicht möglich, da das Vertretungsverhältnis mit seiner Rückkehr aus der Reha im April 2014 geendet habe. Die Beklagte habe zudem - auch schriftlich - deutlich gemacht, dass sie keine Unterbevollmächtigung wünsche; sie habe nur Vertrauen zu ihrem derzeitigen Prozessbevollmächtigten.

20

Allein mit der Anfertigung des Schriftsatzes vom 4. Dezember 2014 sei sein Stundenkontingent für die Kalenderwochen 48 bis 50 aufgebraucht gewesen, sodass eine Teilnahme an der mündlichen Verhandlung nicht möglich gewesen sei. Auch habe dem Schriftsatz vom 4. Dezember 2014 das Gutachten des Dr. Z. vom 3. Dezember 2014, welches ihm erst am 8. Dezember 2014 zugeleitet worden sei, beigefügt werden müssen. Da er daraufhin den Schriftsatz in der Kanzlei noch habe unterschreiben müssen, sei seine Anwesenheit in ... am selben Tage ausgeschlossen gewesen. Der ihn - den Prozessbevollmächtigten - zugleich "heimsuchende" fiebrige grippale Infekt sei deswegen auch nicht mehr glaubhaft zu machen gewesen. Neben der Beklagten habe im Übrigen auch ihr Betreuer nicht an der Verhandlung teilnehmen können; er sei reise- und verhandlungsunfähig erkrankt gewesen. Eine Teilnahme der Beklagten sei aber erforderlich, weil nur sie den Sachverhalt richtigstellen könne. Das Verlangen des Oberverwaltungsgerichts nach amtsärztlichen Bestätigungen der Verhandlungs- und Reiseunfähigkeit des Prozessbevollmächtigten und des Betreuers sei rechtsmissbräuchlich. Das Gesundheitsamt der Stadt ... sei zudem befangen.

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Das Oberverwaltungsgericht hat die Anträge des Prozessbevollmächtigten der Beklagten auf Terminsaufhebung zu Recht abgelehnt, weil dieser jeweils keinen erheblichen Grund für eine Aufhebung im Sinne von § 173 Satz 1 VwGO, § 227 Abs. 1 Satz 1 ZPO glaubhaft gemacht hat. Daraus folgt, dass Prozessbevollmächtigter und Betreuer der Beklagten den Verhandlungen auf eigenes Risiko ferngeblieben sind.

22

Das Gericht ist nur dann verpflichtet, einen Verhandlungstermin auf Antrag eines Verfahrensbeteiligten aufzuheben oder zu verlegen, wenn anderenfalls dessen grundrechtlicher Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs verletzt wäre. Das von § 227 Abs. 1 Satz 1 ZPO eröffnete Ermessen ist dann auf Null reduziert. Das rechtliche Gehör gebietet die Aufhebung oder Verlegung eines Verhandlungstermins, wenn der Prozessbevollmächtigte eines Verfahrensbeteiligten ohne sein Verschulden an der Teilnahme gehindert ist. Bei dem Prozesspfleger kommt es wie beim Beteiligten zusätzlich darauf an, ob die Teilnahme an der Verhandlung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen geboten ist.

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Einen beachtlichen Hinderungsgrund stellt insbesondere die vorübergehende Verhandlungsunfähigkeit wegen einer Erkrankung dar. Zu deren Nachweis genügt in der Regel die Vorlage einer privatärztlichen Bescheinigung. Hat das Gericht berechtigte Zweifel an der Verhandlungsunfähigkeit, etwa weil wie im vorliegenden Verfahren wiederholt kurzfristig ärztliche Bescheinigungen ohne Diagnose vorgelegt werden, muss es Nachforschungen anstellen. Zusätzliche Anforderungen an den Nachweis einer Erkrankung setzen voraus, dass greifbare Anhaltspunkte für die Absicht der Prozessverschleppung bestehen. Auch in diesem Fall muss das Gericht im Rahmen des Möglichen und Zumutbaren versuchen, sich vor der Entscheidung über den Aufhebungs- oder Verlegungsantrag Klarheit zu verschaffen (stRspr, vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 3. August 1994 - 6 B 31.94 - Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 257 S. 4 f. und vom 2. November 1998 - 8 B 162.98 - Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 285 S. 45). Hiervon ausgehend lässt sich ein Gehörsverstoß nicht feststellen:

24

In Bezug auf den Verhandlungstermin am 2. Juli 2014 hat die Beklagte einen erheblichen Grund im Sinne des § 227 Abs. 1 Satz 1 ZPO nicht dargelegt. Die von ihr vermutete Unergiebigkeit der für diesen Termin vorgesehenen Zeugenvernehmungen war kein von der Prozessordnung anerkannter Grund, der mündlichen Verhandlung fernzubleiben, und ist daher kein erheblicher Grund für die Aufhebung eines Termins. Zweifel eines Verfahrensbeteiligten an der Sinnhaftigkeit der Durchführung einer Beweisaufnahme entbinden insbesondere den Prozessbevollmächtigten nicht von der Teilnahme an der mündlichen Verhandlung. Diese ist vielmehr der Ort, solche Bedenken ggf. geltend zu machen.

25

Zu Recht hat das Oberverwaltungsgericht den Terminsaufhebungsantrag auch im Hinblick auf die gesundheitliche Situation des Prozessbevollmächtigten und des Betreuers abgelehnt. Das folgt schon daraus, dass der Aufhebungsantrag nicht den diesbezüglichen Anforderungen der Ladungsverfügung entsprach. Mit der Ladung sind der Prozessbevollmächtigte und der Betreuer aufgefordert worden, eine etwaige Reise-, Transport- und Verhandlungsunfähigkeit durch amtsärztliches Attest glaubhaft zu machen, und für den Fall, dass sie sich an der amtsärztlichen Untersuchung gehindert sähen, diesen Umstand durch ein ärztliches Attest zu belegen und dabei den Arzt von der Schweigepflicht zu entbinden, weil das Oberverwaltungsgericht ggf. noch am Verhandlungstag den Arzt befragen oder durch den beauftragten Richter vernehmen lassen wolle.

26

Diese Anforderungen sind jeweils als sachgerecht anzusehen. Es lagen ausreichende Umstände vor, die auf die Absicht der Prozessverschleppung hindeuteten. Seit der Übernahme der Prozessvertretung durch den jetzigen Prozessbevollmächtigten im November 2008 ist das gesamte Verfahren durchzogen von Fristverlängerungs- und Terminsaufhebungsanträgen, die in ihrer Summe außerhalb jeglichen Erfahrungsschatzes zufälliger Verhinderungen liegen. Exemplarisch sei auf die drei mündlichen Verhandlungen vom 24. Februar, 2. Dezember und 20. Dezember 2011 hingewiesen, die jeweils nach erfolgloser Stellung eines Aufhebungsantrags in Abwesenheit des Prozessbevollmächtigten und des Betreuers stattfanden, ohne dass ein erheblicher Grund für eine Aufhebung bestanden hat. Letzteres hat der Senat bereits im Beschluss vom 31. Oktober 2012 - 2 B 33.12 - (NVwZ-RR 2013, 115 Rn. 25 ff.) festgestellt.

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Der Prozessbevollmächtigte hat kein amtsärztliches Attest vorgelegt. Ebenso fehlt ein aussagekräftiges ärztliches Attest, das den genannten Anforderungen genügt. Dem Attest der Uniklinik ..., welches am 18. Februar 2014 eingereicht wurde, kommt keine hinreichende Aussagekraft zu, weil der zeitliche Rahmen der attestierten Dienstunfähigkeit "bis auf Weiteres" zu unspezifisch ist. Dem Attest fehlt auch eine Aussage darüber, ob der Prozessbevollmächtigte im Juli 2014 verhandlungsfähig sein werde und insbesondere, ob er in der Lage sein werde, von einem Amtsarzt untersucht zu werden. Die angeforderte Entbindung von der ärztlichen Schweigepflicht hat der Prozessbevollmächtigte ebenfalls nicht vorgelegt.

28

Soweit der Prozessbevollmächtigte für sich in Anspruch nimmt, überhaupt nicht, bzw. nur im Rahmen freiwilliger Selbstgefährdung stark begrenzt arbeitsfähig zu sein, hat er diesem Umstand durch arbeitsorganisatorische Maßnahmen, durch die Einrichtung einer Vertretung oder durch die Abgabe des Mandats zu begegnen. Dies gilt selbst dann, wenn es der unbedingte Wunsch der verhandlungsunfähigen Beklagten sein sollte, nur von dem jetzigen Prozessbevollmächtigten vertreten zu werden. Denn das Recht auf freie Wahl eines Prozessbevollmächtigten endet dort, wo dieser für einen längeren Zeitraum nicht mehr in der Lage ist, aus gesundheitlichen Gründen einen Prozess zu führen, und somit den angemessenen Fortgang des Verfahrens längerfristig verhinderte.

29

Der Prozessbevollmächtigte hat Ermittlungen des Oberverwaltungsgerichts zum Bestehen eines Verhinderungsgrundes zudem dadurch erschwert, dass er den Aufhebungsantrag erst am Tag der mündlichen Verhandlung gestellt hat, obwohl der Gesundheitszustand nach seiner Darstellung schon längerfristig bekannt gewesen ist.

30

Das ärztliche Attest, mit dem die Verhandlungsunfähigkeit des Betreuers geltend gemacht worden ist, genügt ebenfalls nicht den Anforderungen, welche das Oberverwaltungsgericht mit der Ladung aufgestellt hat. Es erläutert nicht, warum eine Vorstellung beim Amtsarzt unmöglich sein soll; auch hat der Betreuer diesbezüglich keine Entbindung von der ärztlichen Schweigepflicht erklärt.

31

Mit Blick auf die mündliche Verhandlung am 8. Dezember 2014 gelten die Ausführungen zur allgemeinen Arbeitsunfähigkeit des Prozessbevollmächtigten der Beklagten entsprechend. Der weitere Umstand, wonach er in ... bis zum Tage der mündlichen Verhandlung auf die Vorlage der ärztlichen Stellungnahme des Dr. Z. habe warten müssen, was eine Anwesenheit am Oberverwaltungsgericht am selben Tage verhindert habe, steht einerseits in Widerspruch zu der geltend gemachten Arbeitsunfähigkeit. Andererseits wäre es Sache des Prozessbevollmächtigten gewesen, rechtzeitig für die Vorlage derjenigen Unterlagen zu sorgen, deren Übersendung an das Gericht er für notwendig erachtet. Es ist auch kein Grund ersichtlich, den unter dem 4. Dezember 2014 verfassten Schriftsatz erst am Tage der mündlichen Verhandlung an das Gericht zu übersenden, selbst wenn die in Bezug genommene Anlage erst später in seine Verfügungsgewalt gelangt sein sollte.

32

Im Hinblick auf die geltend gemachte Reise- und Verhandlungsunfähigkeit des Betreuers ist darauf hinzuweisen, dass dieser am 8. Dezember 2014 an der mündlichen Verhandlung teilgenommen hat und nach den Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts zu sachgerechtem Vortrag fähig war.

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bb) Eine Gehörsverletzung liegt auch nicht darin, dass die Beklagte nach ihrer Darstellung keine Gelegenheit mehr hatte, zu den Äußerungen des in der mündlichen Verhandlung vernommenen Sachverständigen Stellung zu nehmen, weil das Urteil noch am selben Tage verkündet worden ist. Die Beklagte macht insoweit geltend, sie habe sich nicht zu dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung vom 8. Dezember 2014 äußern können. Dies trifft nicht zu. Die Beklagte wird durch ihren Betreuer und ihren Prozessbevollmächtigten vertreten. Der Betreuer hat an der mündlichen Verhandlung teilgenommen, sich mehrfach durch eigene Beiträge an ihr beteiligt und das "letzte Wort" erhalten. Der Prozessbevollmächtigte ist der mündlichen Verhandlung fern geblieben, ohne dass ein erheblicher Grund für eine Terminsaufhebung bestanden hat (s.o.).

34

Soweit die Beklagte geltend macht, sie hätte sich zu bestimmten Punkten (Schuldfähigkeit und Tatgeschehen) persönlich äußern wollen, dies sei ihr aber aus gesundheitlichen Gründen (noch) nicht möglich gewesen, führt auch dies nicht zu einem Gehörsverstoß. Der Senat hat bereits mit Beschluss gleichen Rubrums vom 31. Oktober 2012 - 2 B 33.12 - (NVwZ-RR 2013, 115 Rn. 13 f.) deutlich gemacht, dass unter bestimmten Voraussetzungen auf eine persönliche Anhörung der Beklagten verzichtet werden kann. Die Beschwerde zeigt nicht auf, dass gegen diese Vorgaben verstoßen worden ist. Einerseits stützt das Oberverwaltungsgericht seine Überzeugung auf den Urkundsbeweis, bezüglich dessen der Betreuer der Beklagten das rechtliche Gehör wahrnehmen kann. Andererseits ist der gerichtlich bestellte Gutachter auch ohne Rückgriff auf die Zeugenaussagen der früheren Kollegen der Beklagten zu dem nachvollziehbar begründeten Ergebnis gelangt, die Beklagte sei zum Zeitpunkt der Tatbegehung schuldfähig gewesen. Wie er zuletzt in der mündlichen Verhandlung vom 8. Dezember 2014 ausgeführt hat, stützt er dieses Ergebnis vor allem auf die Angaben der Beklagten selbst sowie auf die Einschätzung des sie behandelnden Arztes Dr. W. Hierauf stützt sich auch das Oberverwaltungsgericht.

35

cc) Der weiter geltend gemachte Gehörsverstoß, der Prozessbevollmächtigte der Beklagten habe keine Einsicht in die vom Oberverwaltungsgericht beigezogene und dem gerichtlichen Sachverständigen zur Verfügung gestellte Betreuungsakte des AG ... (...) nehmen können, liegt ebenfalls nicht vor. Einerseits hat das Oberverwaltungsgericht ausweislich der Bezugnahme am Ende des Tatbestandes sein Urteil vom 8. Dezember 2014 nicht auf den Inhalt dieser Akte gestützt. Andererseits ist dem Prozessbevollmächtigten der Beklagten unter dem 18. August 2011 eine Kopie der Akte übersandt worden, nachdem er zuvor mit Schriftsätzen vom 8. und vom 15. April 2011 selbst die Übersendung einer Kopie anstatt des Originals angeregt hatte. Den Eingang der Kopie der Akte hat er mit Empfangsbekenntnis vom 29. August 2011 bestätigt. Es war auch nicht zwingend erforderlich, dass der Prozessbevollmächtigte der Beklagten vor dem gerichtlich bestellten Sachverständigen Einsicht in die Betreuungsakte nehmen konnte. Mit der Übersendung des Gutachtens parallel zur Betreuungsakte im August 2011 bestand ausreichend Gelegenheit, alle sich aus der Akte ergebenden, seiner Ansicht nach relevanten Punkte vorzutragen und so dem Gericht die Möglichkeit zu geben, vor dem Hintergrund dieses Vortrags das Sachverständigengutachten zu würdigen und ggf. Ergänzungen anzufordern.

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b) Die von der Beklagten mit der Beschwerdebegründung geltend gemachte Befangenheit der entscheidenden Richter führt nicht zu der Annahme von Verfahrensfehlern.

37

aa) Wegen der Besorgnis der Befangenheit ist gemäß § 3 Abs. 1 LDG NW, § 54 Abs. 1 VwGO und § 42 Abs. 2 ZPO ein Richter abzulehnen, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen seine Unparteilichkeit zu rechtfertigen. Die Besorgnis der Befangenheit ist bereits gegeben, wenn ein am Verfahren Beteiligter bei vernünftiger Würdigung aller Umstände Anlass hat, an der Unvoreingenommenheit des Richters zu zweifeln. Tatsächliche Befangenheit oder Voreingenommenheit ist nicht erforderlich; es genügt schon der "böse Schein", d.h. der mögliche Eindruck mangelnder Objektivität. Entscheidend ist, ob der beanstandete Umstand für einen verständigen Verfahrensbeteiligten Anlass sein kann, an der persönlichen Unvoreingenommenheit des Richters zu zweifeln (BVerfG, Kammerbeschlüsse vom 25. Juli 2012 - 2 BvR 615/11 - NJW 2012, 3228 Rn. 12 f. und vom 12. Dezember 2012 - 2 BvR 1750/12 - juris Rn. 14 m.w.N.).

38

Nach Abschluss der Berufungsinstanz kann die Besorgnis der Befangenheit der dort entscheidenden Richter nicht mehr geltend gemacht werden. Das folgt aus der Vorschrift des § 138 Nr. 2 VwGO, nach der ein Verfahrensfehler nur dann gegeben ist, wenn ein Richter an der Entscheidung mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war. Der Verfahrensfehler ist demnach nur gegeben, wenn ein Ablehnungsgesuch in der Vorinstanz tatsächlich Erfolg gehabt hat. Das gilt selbst dann, wenn sich die Gründe für die Besorgnis der Befangenheit erst aus den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils ergeben (BVerwG, Urteil vom 21. März 2012 - 6 C 19.11 - NVwZ 2012, 1188 Rn. 18 f.; BFH, Beschluss vom 30. Mai 2008 - IX B 216/07 - BFH/NV 2008, 1510 Rn. 9; BGH, Urteil vom 9. November 1992 - II ZR 230/91 - BGHZ 120, 141 Rn. 9; Kopp/Schenke, VwGO, 22. Aufl. 2016, § 138 Rn. 8; Neumann, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 138 Rn. 100). In einem solchen Fall kann allenfalls der Verfahrensfehler der vorschriftswidrigen Besetzung des erkennenden Gerichts im Sinne des § 138 Nr. 1 VwGO geltend gemacht werden. Voraussetzung ist hierfür, dass der Richter der Vorinstanz tatsächlich und so eindeutig die gebotene Distanz und Neutralität hat vermissen lassen, dass jede andere Würdigung als die einer Besorgnis der Befangenheit willkürlich erschiene (BVerwG, Urteil vom 21. März 2012 - 6 C 19.11 - NVwZ 2012, 1188 Rn. 18).

39

Gemäß § 54 Abs. 1 VwGO, § 43 ZPO kann eine Partei einen Richter zudem dann nicht mehr wegen der Besorgnis der Befangenheit ablehnen, wenn sie sich bei ihm ohne den ihr bekannten Ablehnungsgrund geltend zu machen, in eine Verhandlung eingelassen oder Anträge gestellt hat. Die Vorschrift des § 43 ZPO gibt einen allgemeinen Rechtsgedanken wieder, der im Falle einer unterbliebenen Rüge in der mündlichen Verhandlung dazu führt, dass der Verfahrensfehler im Revisionszulassungsverfahren nicht mehr geltend gemacht werden kann (vgl. BVerwG, Beschluss vom 25. Januar 2016 - 2 B 34.14 - NVwZ-RR 2016, 428 Rn. 26; BGH, Urteil vom 7. Dezember 2005 - XII ZR 94/03 - BGHZ 165, 223 Rn. 15). Der Ausschluss erfolgt nicht nur dann, wenn die Partei oder ihr Prozessbevollmächtigter in der mündlichen Verhandlung anwesend waren und auf die Rüge verzichtet haben, sondern auch dann, wenn sie nicht anwesend waren, hierfür jedoch kein erheblicher Grund im Sinne der § 173 Satz 1 VwGO, § 227 Abs. 1 Satz 1 ZPO gegeben war (BFH, Beschluss vom 10. April 2015 - III B 42/14 - BFH/NV 2015, 1102 Rn. 15).

40

bb) Danach liegt ein Verfahrensfehler wegen der geltend gemachten Besorgnis der Befangenheit nicht vor. Nach Abschluss der Berufungsinstanz ist die Beklagte mit der Rüge der Besorgnis der Befangenheit ausgeschlossen (s.o.). Die engen Voraussetzungen für die Annahme einer vorschriftswidrigen Besetzung des Berufungsgerichts sind ebenfalls nicht gegeben. Das gilt zunächst für diejenigen von der Beklagten angeführten Umstände, die sich erst aus den Entscheidungsgründen ergeben haben:

41

Soweit die Beklagte meint, Seite 26 der Entscheidungsgründe des Oberverwaltungsgerichts eine "kämpferisch-aggressive Haltung" gegenüber ihrem Prozessbevollmächtigten entnehmen zu können, ist nicht von einer Befangenheit auszugehen. Der angenommene Verfahrensfehler ist schon nicht hinreichend dargelegt. Denn die Beschwerdebegründung zitiert keinerlei Formulierung, der diese Haltung zu entnehmen sein soll. Im Übrigen lässt sich die Annahme der Befangenheit nicht darauf stützen, dass die Richter Zeitmanagement und Prioritätensetzung des Prozessbevollmächtigten kritisiert hätten. Vor dem Hintergrund des Vortrags des Prozessbevollmächtigten, er habe sein ärztlicherseits zugestandenes Stundenkontingent gewissermaßen im Vorgriff auf kommende Wochen bereits aufgebraucht und könne deshalb nicht zur mündlichen Verhandlung erscheinen, sondern müsse Betriebsferien machen, war eine Auseinandersetzung mit diesen Aspekten vielmehr zwingend erforderlich. Eine Formulierung, die auf Unsachlichkeit schließen lassen könnte oder unangemessen wäre (vgl. BVerwG, Beschluss vom 30. September 2015 - 2 AV 2.15 - NVwZ 2016, 253 Rn. 17), ist in den Entscheidungsgründen nicht enthalten und von der Beklagten nicht benannt worden.

42

Eine Befangenheit im geschilderten Sinne folgt auch nicht aus der nach Ansicht der Beklagten bestehenden Unvollständigkeit des Sachverhalts im Urteil vom 8. Dezember 2014. Auch insoweit gilt, dass aus einer unrichtigen Sachbehandlung allein keine Befangenheit herzuleiten ist (s.o.). Im Übrigen trifft der Vorwurf der Sache nach nicht zu. Gemäß § 117 Abs. 3 VwGO ist im Tatbestand des Urteils der Sach- und Streitstand unter Hervorhebung der gestellten Anträge seinem wesentlichen Inhalt nach gedrängt darzustellen. Wegen der Einzelheiten soll auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen verwiesen werden, soweit sich aus ihnen der Sach- und Streitstand ausreichend ergibt. Vor diesem Hintergrund ist es nicht zu beanstanden, dass der Tatbestand des Urteils nicht jegliche Tatsache ausdrücklich benennt, sondern, wie durch Satz 2 der genannten Vorschrift vorgesehen, durch den auf S. 23 f. des Urteilsabdruck enthaltenen Verweis auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Akten Bezug nimmt. Dass der Tatbestand des Urteils vom 8. Dezember 2014 einzelne Tatsachen nicht ausdrücklich benennt, die im Tatbestand des Urteils vom 20. Dezember 2011 noch enthalten waren, ist ebenfalls unbedenklich. Denn das Oberverwaltungsgericht hat in dem jüngeren Urteil zum Teil andere Entscheidungsgründe genannt, die eine andere Gewichtung der in den Tatbestand des Urteils ausdrücklich aufzunehmenden Fakten rechtfertigt.

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Soweit die Beklagte die Besorgnis der Befangenheit auf die Verfahrensführung des Berufungsgerichts stützt, ist zudem ein Rügeverlust gemäß § 54 Abs. 1 VwGO, § 43 ZPO eingetreten. Dabei kann offen bleiben, ob ein den Rügeverlust herbeiführender Antrag im Sinne dieser Vorschriften bereits darin zu sehen ist, dass der Prozessbevollmächtigte der Beklagten die Verlegung der Termine zur mündlichen Verhandlung beantragt hat (in diesem Sinne RG, Beschluss vom 9. November 1895 - V 125/95 - RGZ 95, 378 (381); VG Aachen, Beschluss vom 12. August 2008 - 1 K 264/07 - juris Rn. 4). Jedenfalls ist ein Rügeverlust dadurch eingetreten, dass die mündliche Verhandlung durchgeführt wurde, ohne dass die Beklagte einen Befangenheitsantrag gestellt hat. Dass weder die Beklagte noch ihr Prozessbevollmächtigter in der mündlichen Verhandlung anwesend waren, ist unschädlich, da jedenfalls das Fernbleiben des Prozessbevollmächtigten ohne erheblichen Grund erfolgte (s.o.).

44

Auch der Sache nach wäre eine Besorgnis der Befangenheit nicht gegeben gewesen. Das gilt zunächst für die Ablehnungen der Anträge auf Terminsaufhebung. Da diese rechtmäßig erfolgt sind (s.o., a) aa)), ist nicht erkennbar, inwieweit hierdurch eine Parteilichkeit zum Ausdruck kommen soll.

45

Eine Befangenheit folgt auch nicht aus der Aufforderung an die Beklagte, die sie behandelnden Ärzte von der Schweigepflicht zu entbinden. Diese Aufforderung gehört vielmehr zu dem grundsätzlichen Bemühen des Oberverwaltungsgerichts um möglichst vollständige Aufklärung des Sachverhalts, zu dem es gemäß § 86 Abs. 1 VwGO verpflichtet ist. Selbst wenn es sich hierbei um eine unrichtige Sachbehandlung handeln sollte, ist hieraus allein eine Befangenheit nicht herzuleiten (BVerwG, Beschluss vom 17. März 2014 - 2 B 45.13 - Buchholz 245 LandesBesR Nr. 4 Rn. 8).

46

Eine Befangenheit folgt des Weiteren nicht daraus, dass der Prozessbevollmächtigte keine Gelegenheit gehabt haben soll, sich zu den Erläuterungen des Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung zu äußern. Der Prozessbevollmächtigte ist zu dieser mündlichen Verhandlung ordnungsgemäß geladen worden. Ein Verhinderungsgrund war nicht glaubhaft gemacht (s.o.). Sein Fernbleiben erfolgte mithin auf eigenes Risiko.

47

Gleiches gilt mit Blick darauf, dass die Beklagte nach ihrer Darstellung nicht mehr die Möglichkeit hatte, die Ausführungen des Gutachters mithilfe der sie behandelnden Ärzte, namentlich Dr. W. und Dr. Z., bewerten zu können. Denn es hätte ihr freigestanden, den Beistand dieser Ärzte in der mündlichen Verhandlung, der sie ohne erheblichen Grund ferngeblieben ist (s.o.), in Anspruch zu nehmen. Eine Befangenheit der Richter des entscheidenden Senats ist hieraus keinesfalls herzuleiten.

48

Eine Befangenheit ergibt sich ebenfalls nicht aus den mit der Ladung der Beklagten zur mündlichen Verhandlung verfügten verschärften Anforderungen an die Glaubhaftmachung eines Verhinderungsgrundes. Denn für diese Anforderungen bestand - wie bereits ausgeführt - ein sachlicher Grund.

49

Eine Befangenheit der Mitglieder des entscheidenden Senats folgt schließlich nicht aus dem Bemerken des Vorsitzenden gegenüber dem Sachverständigen, er möge seine Erläuterungen unter Außerachtlassung der Vernehmung der Kolleginnen und Kollegen erstatten. Ein Verfahrensmangel ist insoweit schon nicht hinreichend dargelegt. Die Beklagte stellt eine Beeinflussung des Sachverständigen in den Raum, ohne auch nur im Ansatz zu erläutern, in welcher Weise dessen Erläuterungen anders hätten ausfallen können, wenn der Vorsitzende diese Bemerkung nicht gemacht hätte. Die Behauptung, so habe schon vor Abschluss der mündlichen Verhandlung der Weg zu einer klagestattgebenden Entscheidung geebnet werden sollen, ist rein spekulativ und durch nichts untermauert.

50

c) Ein Verfahrensfehler besteht des Weiteren auch nicht darin, dass das Oberverwaltungsgericht auf die Aberkennung des Ruhegehalts erkannt hat, während ursprünglich die Entfernung aus dem Dienst beantragt und vom Verwaltungsgericht auch ausgeurteilt war. Insoweit nimmt der Senat auf seine Ausführungen im Beschluss gleichen Rubrums vom 31. Oktober 2012 - 2 B 33.12 - (NVwZ-RR 2013, 115 Rn. 16 ff.) Bezug.

51

d) Ein Verfahrensfehler besteht auch nicht darin, dass das Oberverwaltungsgericht in der Sache entschieden und das Verfahren nicht den Vorstellungen der Beklagten entsprechend wegen ihrer Verhandlungsunfähigkeit eingestellt hat (S. 30 bis 42 der Beschwerdebegründung).

52

Die Verhandlungsunfähigkeit des Beamten begründet im Disziplinarverfahren nicht aus sich heraus ein Prozesshindernis. Auch für das hier anzuwendende nordrhein-westfälische Disziplinarrecht gilt insoweit der Durchführungsgrundsatz, der anders als im früheren Recht deswegen keiner ausdrücklichen Normierung mehr bedarf, weil sich das Verfahren nicht mehr nach dem Strafverfahren, sondern aufgrund § 3 Abs. 1 LDG NW nach den Bestimmungen des Verwaltungsverfahrensgesetzes und der Verwaltungsgerichtsordnung richtet (vgl. zur entsprechenden bundesrechtlichen Regelung BVerwG, Urteil vom 24. September 2009 - 2 C 80.08 - BVerwGE 135, 24 Rn. 13 ff.).

53

Im Übrigen ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts anerkannt, dass der verhandlungsunfähige Beamte im Disziplinarverfahren durch einen Prozesspfleger vertreten werden kann. Dieser kann grundsätzlich auch den Anspruch des Beamten auf Beweisteilhabe wahrnehmen. Nur wenn es um den Nachweis von Tatsachen geht, zu denen sich nur der Beamte selbst aufgrund seiner höchstpersönlichen Wahrnehmung des angeschuldigten Geschehens aufgrund unmittelbaren Erlebens äußern kann, wird sich sein Mitwirkungsrecht durch den bestellten Prozesspfleger vielfach nicht verwirklichen lassen. Die Verhandlungsunfähigkeit des Beamten ist in diesem Fall nicht kompensierbar; eine Beweiswürdigung des Gerichts bleibt zwangsläufig unvollständig. In Fällen, in denen die Glaubwürdigkeit eines Dritten und die Glaubhaftigkeit seiner Aussage zu bewerten sind und hierfür der Beamte selbst, wäre er hierzu in der Lage, Angaben machen könnte, wird eine verlässliche Würdigung des Sachverhalts vielfach nicht möglich sein. Dies wird im Regelfall zu einem verfassungsrechtlich geforderten Maßnahmeverbot führen (BVerwG, Urteil vom 24. September 2009 - 2 C 80.08 - BVerwGE 135, 24 Rn. 24).

54

Aus diesem Grund ist das erste Urteil des Oberverwaltungsgerichts in dieser Sache vom 20. Dezember 2011 mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 31. Oktober 2012 - 2 B 33.12 - (NVwZ-RR 2013, 115) aufgehoben und zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Oberverwaltungsgericht zurückverwiesen worden. Dort (Rn. 13) ist aber bereits ausgeführt worden, dass der Betreuer dann das rechtliche Gehör an Stelle der Beklagten wahrnehmen kann, wenn der Tatnachweis nach Ansicht des Oberverwaltungsgerichts auch ohne persönliche Mitwirkung der Beklagten geführt werden könne, weil die schriftlichen Beweismittel hierfür ausreichten. Im nunmehr streitgegenständlichen Urteil vom 8. Dezember 2014 hat das Oberverwaltungsgericht gerade nicht auf Zeugenaussagen abgestellt, sondern seine Überzeugung vom Tathergang und der Schuldfähigkeit aus Urkunden- und Sachverständigenbeweisen hergeleitet.

55

e) Es besteht auch kein Verfahrensfehler in Form eines Aufklärungsmangels, den die Beklagte an verschiedenen Stellen der Beschwerdebegründung direkt oder der Sache nach geltend macht.

56

Nach § 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO obliegt den Tatsachengerichten die Pflicht, jede mögliche Aufklärung des entscheidungserheblichen Sachverhalts bis zur Grenze der Zumutbarkeit zu versuchen, sofern dies für die Entscheidung des Rechtsstreits erforderlich ist (vgl. BVerwG, Urteile vom 6. Februar 1985 - 8 C 15.84 - BVerwGE 71, 38 <41> und vom 6. Oktober 1987 - 9 C 12.87 - Buchholz 310 § 98 VwGO Nr. 31 S. 1). Dabei entscheidet das Tatsachengericht über die Art der heranzuziehenden Beweismittel und den Umfang der Beweisaufnahme im Rahmen seiner Pflicht zur Sachverhaltsermittlung von Amts wegen nach Ermessen. Dies gilt auch für die Einholung von Gutachten oder die Ergänzung vorhandener Gutachten oder Arztberichte und selbst dann, wenn eine solche Maßnahme der Sachverhaltsermittlung von einem Beteiligten angeregt worden ist (BVerwG, Urteil vom 6. Oktober 1987 - 9 C 12.87 - Buchholz 310 § 98 VwGO Nr. 31 S. 2; Beschluss vom 30. Juni 2010 - 2 B 72.09 - juris Rn. 4). Die Aufklärungspflicht verlangt hingegen nicht, dass ein Tatsachengericht Ermittlungen anstellt, die aus seiner Sicht unnötig sind, weil deren Ergebnis nach seinem Rechtsstandpunkt für den Ausgang des Rechtsstreits unerheblich ist (stRspr, vgl. BVerwG, Urteil vom 14. Januar 1998 - 11 C 11.96 - BVerwGE 106, 115 <119> und Beschluss vom 11. Februar 2016 - 2 B 51.14 - juris Rn. 13).

57

Die gerichtliche Aufklärungspflicht ist verletzt, wenn sich das Gericht auf ein eingeholtes Sachverständigengutachten stützt, das objektiv ungeeignet ist, ihm die für die richterliche Überzeugungsbildung notwendigen sachlichen Grundlagen zu vermitteln. Dies ist im Allgemeinen der Fall, wenn das vorliegende Gutachten auch für den Nichtsachkundigen erkennbare Mängel aufweist, etwa nicht auf dem allgemein anerkannten Stand der Wissenschaft beruht, von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen ausgeht, unlösbare inhaltliche Widersprüche enthält oder Anlass zu Zweifeln an der Sachkunde oder Unparteilichkeit des Sachverständigen gibt. Die Verpflichtung zur Ergänzung des vorliegenden Gutachtens folgt nicht schon daraus, dass ein Beteiligter dieses als Erkenntnisquelle für unzureichend hält (stRspr, vgl. BVerwG, Urteil vom 6. Februar 1985 - 8 C 15.84 - BVerwGE 71, 38 <45>; Beschlüsse vom 26. Februar 2008 - 2 B 122.07 - NVwZ-RR 2008, 477 Rn. 29 und vom 29. Mai 2009 - 2 B 3.09 - Buchholz 235.1 § 58 BDG Nr. 5 Rn. 7).

58

Solche Fehler zeigt die Beschwerde nicht auf.

59

aa) Mit Blick auf die Sachkunde und Unabhängigkeit des Gutachters genügt die Verfahrensrüge der Beklagten (S. 43 bis 49 der Beschwerdeschrift) schon nicht den Begründungs- und Darlegungsanforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 1 und 3 VwGO. Die Beschwerde beschränkt sich darauf, ein wörtliches Zitat aus dem Schriftsatz vom 22. Juni 2011 zu wiederholen und die Behauptung anzuschließen, dass die Voraussetzungen für eine Begutachtung noch nicht vorgelegen hätten. Im Rahmen der Aufklärungsrüge muss der Beschwerdeführer aber den Streitstoff sichten und sich mit der angegriffenen Entscheidung auseinandersetzen. Schon aus chronologischer Hinsicht kann dies nicht durch die bloße Wiederholung einer Passage aus einem Schriftsatz erfolgen, der Jahre vor Ergehen des streitgegenständlichen Urteils dem Berufungsgericht unterbreitet worden ist. Das gilt auch, soweit die Angaben dieses Schriftsatzes dem Gericht unmittelbar vor der mündlichen Verhandlung erneut übermittelt worden sind. Es ist zudem nicht Aufgabe des Beschwerdegerichts, aus der Begründung einer Nichtzulassungsbeschwerde der hier beschriebenen Art und dieses Umfangs dasjenige konkrete Vorbringen herauszusuchen, das den behaupteten Verfahrensverstoß stützen soll (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 23. November 1995 - 9 B 362.95 - Buchholz 310 § 133 VwGO Nr. 20 S. 5 und vom 25. Januar 2016 - 2 B 34.14 - NVwZ-RR 2016, 428 Rn. 60; Kraft, in: Eyermann, VwGO 14. Aufl. 2014, § 133 Rn. 21; Bader, in: Bader/Funke-Kaiser/Stuhlfauth/von Albedyll, VwGO, 6. Aufl. 2014, § 133 Rn. 29, jeweils m.w.N.).

60

bb) Entsprechendes gilt für die Geltendmachung der Fehlerhaftigkeit des erstellten Gutachtens durch ein Zitat aus dem Schriftsatz vom 18. November 2011 auf S. 68 bis 84 der Beschwerdebegründung.

61

cc) Eine weitere Ermittlungen erforderlich machende Fehlerhaftigkeit des Gutachtens des gerichtlich bestellten Sachverständigen ist entgegen der Darstellung der Beklagten nicht darin zu sehen, dass der Gutachter sie mit den testpsychologischen Untersuchungen ihrer Ansicht nach überfordert hat und dass ihr Ehemann und Betreuer bei diesen Untersuchungen nicht habe anwesend sein dürfen. Eine Fehlerhaftigkeit des Gutachtens könnte auf diese Aspekte nur gestützt werden, wenn sie eine belastbare Einschätzung der Schuldfähigkeit der Beklagten zum Tatzeitpunkt durch den Gutachter verhinderten. Das ist angesichts der ausführlichen und nachvollziehbaren Darstellung des Gutachters in seinem schriftlichen Gutachten vom 13. November 2014 und seiner Ausführungen in der mündlichen Verhandlung am 8. Dezember 2014 nicht der Fall. Danach hat der Gutachter zunächst die jüngsten, in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Stellungnahmen von Dr. W. und von Dr. Z. in seine Einschätzung einbezogen. Insbesondere konnte er schlüssig erläutern, warum es sich bei dem Hören von Stimmen durch die Beklagte, selbst wenn dieses Phänomen schon zu den Tatzeitpunkten aufgetreten sein sollte, entsprechend seiner ursprünglichen Einschätzung nicht um imperative Halluzinationen, die einen Einfluss auf die Schuldfähigkeit haben könnten, sondern allenfalls um pseudohalluzinatorische Stimmen gehandelt habe. Dies stehe auch in Einklang mit dem Umstand, dass die Beklagte seinerzeit gute Leistungen im Dienst erbracht habe. Im Hinblick auf die Abwesenheit des Betreuers bei den testpsychologischen Untersuchungen konnte der Gutachter nachvollziehbar erläutern, dass dies der Üblichkeit entspreche, um Einflussnahmen auszuschließen. Im Übrigen komme diesen Untersuchungen, was auch Dr. Z. in seiner Stellungnahme vom 3. Dezember 2014 so darstellt, nur ein untergeordneter Erkenntnisgewinn zu.

62

dd) Der weitere Vorwurf, das Gericht habe das Privatgutachten von Dr. Z. vom 7. November 2011 nicht hinreichend gewürdigt und hätte ein Obergutachten in Auftrag geben müssen, weil die darin enthaltenen Feststellungen denjenigen des gerichtlich bestellten Gutachters widersprächen, vermag ebenfalls keinen Verfahrensfehler zu begründen. Die Beschwerde zeigt eine unzureichende Würdigung der genannten Stellungnahme des Dr. Z. nicht auf. Sie übersieht vielmehr, dass sich das Oberverwaltungsgericht sowohl im Tatbestand (S. 12 f.) als auch in den Entscheidungsgründen (S. 41 ff.) mit dem Schriftsatz der Beklagten vom 18. November 2011, mit dem das Gutachten vom 7. November 2011 vorgelegt wurde, auseinander setzt. Ebenso befasst es sich mit der ergänzenden Stellungnahme des gerichtlich bestellten Sachverständigen vom 8. Dezember 2011, welche sich ihrerseits explizit auf den Schriftsatz der Beklagten vom 18. November 2011 und die Stellungnahme von Dr. Z. vom 7. November 2011 (dort mit irrtümlich falscher Jahresangabe: 2007) bezieht. Der gerichtlich bestellte Sachverständige konnte weder in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 8. Dezember 2011 noch in seinem Ergänzungsgutachten vom 13. November 2014 noch in seinen mündlichen Ausführungen in der mündlichen Verhandlung am 8. Dezember 2014 die Einschätzung des Dr. Z. teilen, sondern kam mit nachvollziehbarer Begründung zu einer anderen Einschätzung der psychischen Erkrankung der Beklagten. Die Beschwerde zeigt insoweit weder Fehler im gerichtlich bestellten Gutachten noch in der Bewertung des Oberverwaltungsgericht auf, sondern setzt ihre eigene Einschätzung an deren Stelle. Das genügt für die Annahme eines Verfahrensfehlers nicht. Mit Blick auf den Stellenwert von Privatgutachten und gerichtlich bestellten Gutachten wird auf den Beschluss gleichen Rubrums vom 31. Oktober 2012 - 2 B 33.12 - (NVwZ-RR 2013, 115 Rn. 35) Bezug genommen.

63

ee) Der weitere Vorwurf, das Berufungsgericht habe die gutachtliche Stellungnahme des Dr. Z. vom 21. Februar 2011 (gemeint wohl: 2012) nicht abgewartet und vorschnell entschieden, kann das hier streitgegenständliche Urteil vom 8. Dezember 2014 nicht betreffen. Dass auch in diesem Urteil die Stellungnahme vom 21. Februar 2012 nicht hinreichend gewürdigt sei, wird nicht geltend gemacht und wäre vor dem Hintergrund der obigen Ausführungen auch nicht nachvollziehbar.

64

ff) Auch soweit die Beklagte darauf hinweist, der gerichtlich bestellte Gutachter habe in seiner Stellungnahme vom 8. Dezember 2011 eine Nachuntersuchung für erforderlich gehalten, besteht kein Verfahrensmangel. Denn zum einen hat der gerichtlich bestellte Gutachter inzwischen die Gelegenheit gehabt, die Beklagte jedenfalls teilweise weiter zu begutachten. Zum anderen - und das ist hier maßgeblich - sah sich der Gutachter in seinem Gutachten vom 13. November 2014 sowie in der mündlichen Verhandlung vom 8. Dezember 2014 nachvollziehbar im Stande, sich zur Schuldfähigkeit der Beklagten zum Tatzeitpunkt zu äußern. Hierauf durfte das Berufungsgericht abstellen.

65

f) Soweit die Beklagte einen Verstoß gegen § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO rügt, sind schon die Darlegungsanforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 1 und 3 VwGO nicht erfüllt. Die Beschwerde begnügt sich damit, umfänglich aus dem Schriftsatz vom 4. Dezember 2014 zu zitieren und im Anschluss daran die Behauptung aufzustellen, das Oberverwaltungsgericht hätte die "neuen" Tatsachen unberücksichtigt gelassen und versäumt, hierüber Beweis zu erheben. Die erforderliche Auseinandersetzung mit dem Urteil oder ein Herausarbeiten der konkreten Tatsachen, die nach Ansicht der Beschwerde entscheidungsrelevant und beweisbedürftig seien, fehlt.

66

Auch der Sache nach ist der Vorwurf unberechtigt und begründet keinen Verfahrensfehler. Das Gericht hat dem Gutachter in der mündlichen Verhandlung den Schriftsatz vom 4. Dezember 2014 zur Kenntnis gegeben, damit er diesen in seine mündliche Stellungnahme einbeziehe, die dann ausführlich zu Protokoll genommen worden ist. Unter anderem hierauf stützt das Oberverwaltungsgericht das von ihm im Rahmen freier Beweiswürdigung (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO) gefundene Ergebnis.

67

g) Ein Verfahrensfehler besteht auch nicht darin, dass das Oberverwaltungsgericht in dem Urteil vom 8. Dezember 2014 sowohl zur Schuldfähigkeit der Beklagten als auch zum Tatgeschehen Feststellungen getroffen hat. Eine Verpflichtung zur abgeschichteten Behandlung dieser Aspekte ergibt sich aus geltendem Verfahrensrecht nicht; sie ist auch nicht nachvollziehbar vorgetragen worden. Vielmehr war das Oberverwaltungsgericht verpflichtet, beide Aspekte seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

68

h) Soweit die Beklagte die Fehlerhaftigkeit des Tatbestandes des Berufungsurteils geltend macht, folgt hieraus kein Verfahrensfehler. Im Tatbestand wird der Sach- und Streitstand wiedergegeben, wie er Gegenstand der mündlichen Verhandlung und damit Grundlage des getroffenen Urteils war (vgl. Schmidt, in: Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 117 Rn. 6). Vor diesem Hintergrund zeigt die Beschwerde keinen wesentlichen Umstand auf, der in dem von ihr beanstandeten Tatbestand fehlt. Die Beschwerde benennt keine wesentlichen Umstände, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, jedoch keinen Eingang in den Tatbestand des Berufungsurteils gefunden haben. Maßgeblich sind insoweit allein die mündlichen Verhandlungen, die nach der Zurückverweisung der Sache durch das Bundesverwaltungsgericht mit Beschluss vom 31. Oktober 2012 durchgeführt wurden. Nur sie sind Grundlage des Urteils vom 8. Dezember 2014. Diesbezüglich benennt die Beschwerde jedoch keine angeblich fehlenden Umstände.

69

Soweit die Beschwerde Unrichtigkeiten im Tatbestand des Berufungsurteils geltend macht, hätte der Beklagten die Möglichkeit der Tatbestandsberichtigung (§ 119 Abs. 1 VwGO) offen gestanden; behauptete Unrichtigkeiten, deren Korrektur auf diesem Wege die Beklagte versäumt hat, begründen keinen Verfahrensfehler.

70

4. Sollte in dem Einwand ab S. 30 der Beschwerdebegründung der Sache nach eine Divergenz zum Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 24. September 2009 - 2 C 80.08 - (BVerwGE 135, 24) gerügt worden sein, so liegt die behauptete Abweichung nicht vor, da das Urteil des Berufungsgerichts - wie oben (3. d)) aufgezeigt - in Einklang mit dieser Entscheidung steht.

71

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO und § 74 Abs. 1 LDG NW. Einer Festsetzung des Streitwerts für das Beschwerdeverfahren bedarf es nicht, weil die Gerichtskosten gesetzlich betragsgenau festgesetzt sind (§ 75 Satz 1 LDG NW, Nr. 11 und 62 Gebührenverzeichnis zum LDG NW).

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Bundesverwaltungsgericht Beschluss, 29. Juni 2016 - 2 B 18/15 zitiert 26 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 103


(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör. (2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde. (3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafge

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 86


(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden. (2) Ein in der mündlichen Verhandlung gestellter Beweisantrag ka

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 117


(1) Das Urteil ergeht "Im Namen des Volkes". Es ist schriftlich abzufassen und von den Richtern, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, zu unterzeichnen. Ist ein Richter verhindert, seine Unterschrift beizufügen, so wird dies mit dem Hinderungsgr

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 108


(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind. (2) Das Urteil darf nur auf Tatsache

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 173


Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a entsprechend anzuwenden, wenn die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfa

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 133


(1) Die Nichtzulassung der Revision kann durch Beschwerde angefochten werden. (2) Die Beschwerde ist bei dem Gericht, gegen dessen Urteil Revision eingelegt werden soll, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils einzulegen.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 60


(1) Wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten, so ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. (2) Der Antrag ist binnen zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses zu stellen; bei Vers

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 138


Ein Urteil ist stets als auf der Verletzung von Bundesrecht beruhend anzusehen, wenn1.das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war,2.bei der Entscheidung ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes aus

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 74


(1) Die Anfechtungsklage muß innerhalb eines Monats nach Zustellung des Widerspruchsbescheids erhoben werden. Ist nach § 68 ein Widerspruchsbescheid nicht erforderlich, so muß die Klage innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Verwaltungsakts erho

Zivilprozessordnung - ZPO | § 222 Fristberechnung


(1) Für die Berechnung der Fristen gelten die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs. (2) Fällt das Ende einer Frist auf einen Sonntag, einen allgemeinen Feiertag oder einen Sonnabend, so endet die Frist mit Ablauf des nächsten Werktages.

Strafprozeßordnung - StPO | § 170 Entscheidung über eine Anklageerhebung


(1) Bieten die Ermittlungen genügenden Anlaß zur Erhebung der öffentlichen Klage, so erhebt die Staatsanwaltschaft sie durch Einreichung einer Anklageschrift bei dem zuständigen Gericht. (2) Andernfalls stellt die Staatsanwaltschaft das Verfahren

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 188 Fristende


(1) Eine nach Tagen bestimmte Frist endigt mit dem Ablauf des letzten Tages der Frist. (2) Eine Frist, die nach Wochen, nach Monaten oder nach einem mehrere Monate umfassenden Zeitraum - Jahr, halbes Jahr, Vierteljahr - bestimmt ist, endigt im Fa

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 57


(1) Der Lauf einer Frist beginnt, soweit nichts anderes bestimmt ist, mit der Zustellung oder, wenn diese nicht vorgeschrieben ist, mit der Eröffnung oder Verkündung. (2) Für die Fristen gelten die Vorschriften der §§ 222, 224 Abs. 2 und 3, §§ 22

Zivilprozessordnung - ZPO | § 42 Ablehnung eines Richters


(1) Ein Richter kann sowohl in den Fällen, in denen er von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes ausgeschlossen ist, als auch wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden. (2) Wegen Besorgnis der Befangenheit findet die Ablehnung statt

Zivilprozessordnung - ZPO | § 227 Terminsänderung


(1) Aus erheblichen Gründen kann ein Termin aufgehoben oder verlegt sowie eine Verhandlung vertagt werden. Erhebliche Gründe sind insbesondere nicht1.das Ausbleiben einer Partei oder die Ankündigung, nicht zu erscheinen, wenn nicht das Gericht dafür

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 98


Soweit dieses Gesetz nicht abweichende Vorschriften enthält, sind auf die Beweisaufnahme §§ 358 bis 444 und 450 bis 494 der Zivilprozeßordnung entsprechend anzuwenden.

Strafprozeßordnung - StPO | § 153a Absehen von der Verfolgung unter Auflagen und Weisungen


(1) Mit Zustimmung des für die Eröffnung des Hauptverfahrens zuständigen Gerichts und des Beschuldigten kann die Staatsanwaltschaft bei einem Vergehen vorläufig von der Erhebung der öffentlichen Klage absehen und zugleich dem Beschuldigten Auflagen u

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 54


(1) Für die Ausschließung und Ablehnung der Gerichtspersonen gelten §§ 41 bis 49 der Zivilprozeßordnung entsprechend. (2) Von der Ausübung des Amtes als Richter oder ehrenamtlicher Richter ist auch ausgeschlossen, wer bei dem vorausgegangenen Verwal

Bundesdisziplinargesetz - BDG | § 58 Beweisaufnahme


(1) Das Gericht erhebt die erforderlichen Beweise. (2) Bei einer Disziplinarklage sind Beweisanträge von dem Dienstherrn in der Klageschrift und von dem Beamten innerhalb zweier Monate nach Zustellung der Klage oder der Nachtragsdisziplinarklage zu

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 119


(1) Enthält der Tatbestand des Urteils andere Unrichtigkeiten oder Unklarheiten, so kann die Berichtigung binnen zwei Wochen nach Zustellung des Urteils beantragt werden. (2) Das Gericht entscheidet ohne Beweisaufnahme durch Beschluß. Der Beschlu

Zivilprozessordnung - ZPO | § 43 Verlust des Ablehnungsrechts


Eine Partei kann einen Richter wegen Besorgnis der Befangenheit nicht mehr ablehnen, wenn sie sich bei ihm, ohne den ihr bekannten Ablehnungsgrund geltend zu machen, in eine Verhandlung eingelassen oder Anträge gestellt hat.

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Tenor I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt. II. Die Klägerin hat die Kosten des Antragsverfahrens zu tragen. III. Der Streitwert für das Antragsverfahren wird auf 15.000 Euro festgesetzt. Gründe

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(1) Mit Zustimmung des für die Eröffnung des Hauptverfahrens zuständigen Gerichts und des Beschuldigten kann die Staatsanwaltschaft bei einem Vergehen vorläufig von der Erhebung der öffentlichen Klage absehen und zugleich dem Beschuldigten Auflagen und Weisungen erteilen, wenn diese geeignet sind, das öffentliche Interesse an der Strafverfolgung zu beseitigen, und die Schwere der Schuld nicht entgegensteht. Als Auflagen oder Weisungen kommen insbesondere in Betracht,

1.
zur Wiedergutmachung des durch die Tat verursachten Schadens eine bestimmte Leistung zu erbringen,
2.
einen Geldbetrag zugunsten einer gemeinnützigen Einrichtung oder der Staatskasse zu zahlen,
3.
sonst gemeinnützige Leistungen zu erbringen,
4.
Unterhaltspflichten in einer bestimmten Höhe nachzukommen,
5.
sich ernsthaft zu bemühen, einen Ausgleich mit dem Verletzten zu erreichen (Täter-Opfer-Ausgleich) und dabei seine Tat ganz oder zum überwiegenden Teil wieder gut zu machen oder deren Wiedergutmachung zu erstreben,
6.
an einem sozialen Trainingskurs teilzunehmen oder
7.
an einem Aufbauseminar nach § 2b Abs. 2 Satz 2 oder an einem Fahreignungsseminar nach § 4a des Straßenverkehrsgesetzes teilzunehmen.
Zur Erfüllung der Auflagen und Weisungen setzt die Staatsanwaltschaft dem Beschuldigten eine Frist, die in den Fällen des Satzes 2 Nummer 1 bis 3, 5 und 7 höchstens sechs Monate, in den Fällen des Satzes 2 Nummer 4 und 6 höchstens ein Jahr beträgt. Die Staatsanwaltschaft kann Auflagen und Weisungen nachträglich aufheben und die Frist einmal für die Dauer von drei Monaten verlängern; mit Zustimmung des Beschuldigten kann sie auch Auflagen und Weisungen nachträglich auferlegen und ändern. Erfüllt der Beschuldigte die Auflagen und Weisungen, so kann die Tat nicht mehr als Vergehen verfolgt werden. Erfüllt der Beschuldigte die Auflagen und Weisungen nicht, so werden Leistungen, die er zu ihrer Erfüllung erbracht hat, nicht erstattet. § 153 Abs. 1 Satz 2 gilt in den Fällen des Satzes 2 Nummer 1 bis 6 entsprechend. § 246a Absatz 2 gilt entsprechend.

(2) Ist die Klage bereits erhoben, so kann das Gericht mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft und des Angeschuldigten das Verfahren vorläufig einstellen und zugleich dem Angeschuldigten die in Absatz 1 Satz 1 und 2 bezeichneten Auflagen und Weisungen erteilen. Absatz 1 Satz 3 bis 6 und 8 gilt entsprechend. Die Entscheidung nach Satz 1 ergeht durch Beschluß. Der Beschluß ist nicht anfechtbar. Satz 4 gilt auch für eine Feststellung, daß gemäß Satz 1 erteilte Auflagen und Weisungen erfüllt worden sind.

(3) Während des Laufes der für die Erfüllung der Auflagen und Weisungen gesetzten Frist ruht die Verjährung.

(4) § 155b findet im Fall des Absatzes 1 Satz 2 Nummer 6, auch in Verbindung mit Absatz 2, entsprechende Anwendung mit der Maßgabe, dass personenbezogene Daten aus dem Strafverfahren, die nicht den Beschuldigten betreffen, an die mit der Durchführung des sozialen Trainingskurses befasste Stelle nur übermittelt werden dürfen, soweit die betroffenen Personen in die Übermittlung eingewilligt haben. Satz 1 gilt entsprechend, wenn nach sonstigen strafrechtlichen Vorschriften die Weisung erteilt wird, an einem sozialen Trainingskurs teilzunehmen.

(1) Bieten die Ermittlungen genügenden Anlaß zur Erhebung der öffentlichen Klage, so erhebt die Staatsanwaltschaft sie durch Einreichung einer Anklageschrift bei dem zuständigen Gericht.

(2) Andernfalls stellt die Staatsanwaltschaft das Verfahren ein. Hiervon setzt sie den Beschuldigten in Kenntnis, wenn er als solcher vernommen worden ist oder ein Haftbefehl gegen ihn erlassen war; dasselbe gilt, wenn er um einen Bescheid gebeten hat oder wenn ein besonderes Interesse an der Bekanntgabe ersichtlich ist.

(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) Das Urteil darf nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden, zu denen die Beteiligten sich äußern konnten.

(1) Die Nichtzulassung der Revision kann durch Beschwerde angefochten werden.

(2) Die Beschwerde ist bei dem Gericht, gegen dessen Urteil Revision eingelegt werden soll, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils einzulegen. Die Beschwerde muß das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach der Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist bei dem Gericht, gegen dessen Urteil Revision eingelegt werden soll, einzureichen. In der Begründung muß die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung, von der das Urteil abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.

(4) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Wird der Beschwerde nicht abgeholfen, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Beschluß. Der Beschluß soll kurz begründet werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Bundesverwaltungsgericht wird das Urteil rechtskräftig.

(6) Liegen die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 Nr. 3 vor, kann das Bundesverwaltungsgericht in dem Beschluß das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen.

(1) Der Lauf einer Frist beginnt, soweit nichts anderes bestimmt ist, mit der Zustellung oder, wenn diese nicht vorgeschrieben ist, mit der Eröffnung oder Verkündung.

(2) Für die Fristen gelten die Vorschriften der §§ 222, 224 Abs. 2 und 3, §§ 225 und 226 der Zivilprozeßordnung.

(1) Für die Berechnung der Fristen gelten die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs.

(2) Fällt das Ende einer Frist auf einen Sonntag, einen allgemeinen Feiertag oder einen Sonnabend, so endet die Frist mit Ablauf des nächsten Werktages.

(3) Bei der Berechnung einer Frist, die nach Stunden bestimmt ist, werden Sonntage, allgemeine Feiertage und Sonnabende nicht mitgerechnet.

(1) Eine nach Tagen bestimmte Frist endigt mit dem Ablauf des letzten Tages der Frist.

(2) Eine Frist, die nach Wochen, nach Monaten oder nach einem mehrere Monate umfassenden Zeitraum - Jahr, halbes Jahr, Vierteljahr - bestimmt ist, endigt im Falle des § 187 Abs. 1 mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monats, welcher durch seine Benennung oder seine Zahl dem Tage entspricht, in den das Ereignis oder der Zeitpunkt fällt, im Falle des § 187 Abs. 2 mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monats, welcher dem Tage vorhergeht, der durch seine Benennung oder seine Zahl dem Anfangstag der Frist entspricht.

(3) Fehlt bei einer nach Monaten bestimmten Frist in dem letzten Monat der für ihren Ablauf maßgebende Tag, so endigt die Frist mit dem Ablauf des letzten Tages dieses Monats.

(1) Wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten, so ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.

(2) Der Antrag ist binnen zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses zu stellen; bei Versäumung der Frist zur Begründung der Berufung, des Antrags auf Zulassung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Beschwerde beträgt die Frist einen Monat. Die Tatsachen zur Begründung des Antrags sind bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Rechtshandlung nachzuholen. Ist dies geschehen, so kann die Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden.

(3) Nach einem Jahr seit dem Ende der versäumten Frist ist der Antrag unzulässig, außer wenn der Antrag vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war.

(4) Über den Wiedereinsetzungsantrag entscheidet das Gericht, das über die versäumte Rechtshandlung zu befinden hat.

(5) Die Wiedereinsetzung ist unanfechtbar.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) Das Urteil darf nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden, zu denen die Beteiligten sich äußern konnten.

Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a entsprechend anzuwenden, wenn die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten dies nicht ausschließen; Buch 6 der Zivilprozessordnung ist nicht anzuwenden. Die Vorschriften des Siebzehnten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes sind mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Oberverwaltungsgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundesverwaltungsgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung die Verwaltungsgerichtsordnung tritt. Gericht im Sinne des § 1062 der Zivilprozeßordnung ist das zuständige Verwaltungsgericht, Gericht im Sinne des § 1065 der Zivilprozeßordnung das zuständige Oberverwaltungsgericht.

(1) Aus erheblichen Gründen kann ein Termin aufgehoben oder verlegt sowie eine Verhandlung vertagt werden. Erhebliche Gründe sind insbesondere nicht

1.
das Ausbleiben einer Partei oder die Ankündigung, nicht zu erscheinen, wenn nicht das Gericht dafür hält, dass die Partei ohne ihr Verschulden am Erscheinen verhindert ist;
2.
die mangelnde Vorbereitung einer Partei, wenn nicht die Partei dies genügend entschuldigt;
3.
das Einvernehmen der Parteien allein.

(2) Die erheblichen Gründe sind auf Verlangen des Vorsitzenden, für eine Vertagung auf Verlangen des Gerichts glaubhaft zu machen.

(3) Ein für die Zeit vom 1. Juli bis 31. August bestimmter Termin, mit Ausnahme eines Termins zur Verkündung einer Entscheidung, ist auf Antrag innerhalb einer Woche nach Zugang der Ladung oder Terminsbestimmung zu verlegen. Dies gilt nicht für

1.
Arrestsachen oder die eine einstweilige Verfügung oder einstweilige Anordnung betreffenden Sachen,
2.
Streitigkeiten wegen Überlassung, Benutzung, Räumung oder Herausgabe von Räumen oder wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs,
3.
(weggefallen)
4.
Wechsel- oder Scheckprozesse,
5.
Bausachen, wenn über die Fortsetzung eines angefangenen Baues gestritten wird,
6.
Streitigkeiten wegen Überlassung oder Herausgabe einer Sache an eine Person, bei der die Sache nicht der Pfändung unterworfen ist,
7.
Zwangsvollstreckungsverfahren oder
8.
Verfahren der Vollstreckbarerklärung oder zur Vornahme richterlicher Handlungen im Schiedsverfahren;
dabei genügt es, wenn nur einer von mehreren Ansprüchen die Voraussetzungen erfüllt. Wenn das Verfahren besonderer Beschleunigung bedarf, ist dem Verlegungsantrag nicht zu entsprechen.

(4) Über die Aufhebung sowie Verlegung eines Termins entscheidet der Vorsitzende ohne mündliche Verhandlung; über die Vertagung einer Verhandlung entscheidet das Gericht. Die Entscheidung ist kurz zu begründen. Sie ist unanfechtbar.

(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) Das Urteil darf nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden, zu denen die Beteiligten sich äußern konnten.

(1) Aus erheblichen Gründen kann ein Termin aufgehoben oder verlegt sowie eine Verhandlung vertagt werden. Erhebliche Gründe sind insbesondere nicht

1.
das Ausbleiben einer Partei oder die Ankündigung, nicht zu erscheinen, wenn nicht das Gericht dafür hält, dass die Partei ohne ihr Verschulden am Erscheinen verhindert ist;
2.
die mangelnde Vorbereitung einer Partei, wenn nicht die Partei dies genügend entschuldigt;
3.
das Einvernehmen der Parteien allein.

(2) Die erheblichen Gründe sind auf Verlangen des Vorsitzenden, für eine Vertagung auf Verlangen des Gerichts glaubhaft zu machen.

(3) Ein für die Zeit vom 1. Juli bis 31. August bestimmter Termin, mit Ausnahme eines Termins zur Verkündung einer Entscheidung, ist auf Antrag innerhalb einer Woche nach Zugang der Ladung oder Terminsbestimmung zu verlegen. Dies gilt nicht für

1.
Arrestsachen oder die eine einstweilige Verfügung oder einstweilige Anordnung betreffenden Sachen,
2.
Streitigkeiten wegen Überlassung, Benutzung, Räumung oder Herausgabe von Räumen oder wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs,
3.
(weggefallen)
4.
Wechsel- oder Scheckprozesse,
5.
Bausachen, wenn über die Fortsetzung eines angefangenen Baues gestritten wird,
6.
Streitigkeiten wegen Überlassung oder Herausgabe einer Sache an eine Person, bei der die Sache nicht der Pfändung unterworfen ist,
7.
Zwangsvollstreckungsverfahren oder
8.
Verfahren der Vollstreckbarerklärung oder zur Vornahme richterlicher Handlungen im Schiedsverfahren;
dabei genügt es, wenn nur einer von mehreren Ansprüchen die Voraussetzungen erfüllt. Wenn das Verfahren besonderer Beschleunigung bedarf, ist dem Verlegungsantrag nicht zu entsprechen.

(4) Über die Aufhebung sowie Verlegung eines Termins entscheidet der Vorsitzende ohne mündliche Verhandlung; über die Vertagung einer Verhandlung entscheidet das Gericht. Die Entscheidung ist kurz zu begründen. Sie ist unanfechtbar.

(1) Für die Ausschließung und Ablehnung der Gerichtspersonen gelten §§ 41 bis 49 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(2) Von der Ausübung des Amtes als Richter oder ehrenamtlicher Richter ist auch ausgeschlossen, wer bei dem vorausgegangenen Verwaltungsverfahren mitgewirkt hat.

(3) Besorgnis der Befangenheit nach § 42 der Zivilprozeßordnung ist stets dann begründet, wenn der Richter oder ehrenamtliche Richter der Vertretung einer Körperschaft angehört, deren Interessen durch das Verfahren berührt werden.

(1) Ein Richter kann sowohl in den Fällen, in denen er von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes ausgeschlossen ist, als auch wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden.

(2) Wegen Besorgnis der Befangenheit findet die Ablehnung statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen.

(3) Das Ablehnungsrecht steht in jedem Fall beiden Parteien zu.

Tenor

Die Beschlüsse des Amtsgerichts Laufen vom 20. Dezember 2010 - 3 C 641/10 - und des Landgerichts Traunstein vom 15. Februar 2011 - 6 T 184/11 - verletzen den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 101 Absatz 1 Satz 2 des Grundgesetzes. Sie werden aufgehoben. Die Sache wird an das Amtsgericht Laufen zurückverwiesen.

...

Gründe

1

Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Ablehnung eines Befangenheitsantrags im Zusammenhang mit der Ankündigung eines Zivilrichters, eine Strafanzeige gegen den Beschwerdeführer zu prüfen.

I.

2

1. Der Beschwerdeführer wurde im Ausgangsverfahren vor dem Amtsgericht auf Bezahlung eines Anwaltshonorars in Anspruch genommen. Er verteidigte sich damit, der Kläger habe nicht ordnungsgemäß abgerechnet, sich weisungswidrig verhalten, einen zu hohen Gegenstandswert sowie einen zu hohen Gebührensatz angesetzt. In einem anderen Verfahren vor demselben Amtsgericht wurde der Beschwerdeführer auf Bezahlung eines Arzthonorars in Anspruch genommen, wogegen er einwandte, ein Behandlungsvertrag sei nicht zustande gekommen, die konkret abgerechnete Behandlung beruhe auf einer anderen als der bisherigen Behandlungsmethode und sei von ihm nicht gewünscht und auch nicht bestellt worden.

3

In der mündlichen Verhandlung des Ausgangsverfahrens am 25. November 2010 lehnte der Beschwerdeführer durch seinen damaligen Prozessbevollmächtigten den zuständigen Richter wegen Besorgnis der Befangenheit ab. Der Richter habe sich einleitend sinngemäß wie folgt geäußert: "So Herr K., ich habe zwei Verfahren bei mir. Da ist ein Verfahren wegen einer Arztrechnung, in dem sie ähnlich argumentieren wie hier. Da fragt man sich schon, ob sie bei der Beauftragung ordnungsgemäß vorgehen." Auf Vorhalt des Prozessbevollmächtigten, die Erörterung auf den heutigen Fall zu beschränken, habe der Richter einschüchternd geäußert, dass er ernsthaft erwäge, die Angelegenheit der Staatsanwaltschaft vorzulegen, weil der Beschwerdeführer von vornherein vorgehabt haben könnte, nicht zu bezahlen. Tatsächlich seien die beiden Fälle, auf die der Richter Bezug genommen habe, nicht vergleichbar; der Beschwerdeführer argumentiere in den beiden Rechtsstreitigkeiten unterschiedlich.

4

In seiner dienstlichen Stellungnahme gab der abgelehnte Richter an, den Beschwerdeführer darauf hingewiesen zu haben, dass sich im Hinblick auf die beiden Verfahren der Eindruck ergeben könnte, der Beschwerdeführer gehe vertragliche Verpflichtungen ein, ohne die sich hieraus ergebenden finanziellen Verbindlichkeiten erfüllen zu wollen, und dass sich das Gericht ausdrücklich die Weiterleitung der Akten an die Staatsanwaltschaft vorbehalte. Dies begründe jedoch nicht die Besorgnis der Befangenheit, sondern stelle lediglich die Ankündigung dessen dar, wozu das Gericht nicht nur berechtigt, sondern nach Ausübung pflichtgemäßen Ermessens verpflichtet wäre.

5

2. Mit Beschluss vom 20. Dezember 2010 wies das Amtsgericht - in anderer Besetzung - den Ablehnungsantrag zurück. Der Auffassung des abgelehnten Richters sei beizupflichten. Etwas anderes könne nur gelten, wenn der Verdacht des Richters völlig aus der Luft gegriffen wäre. Eine Durchsicht der Akten ergebe hierfür jedoch keine Anhaltspunkte. In beiden Fällen verweigere der Beschwerdeführer als Beklagter die Bezahlung von Honorarrechnungen. In beiden Fällen behaupte er, dass der jeweilige Kläger nicht das getan habe, was vereinbart gewesen sei. Als Beweismittel würden jeweils die Parteivernehmung sowie ein Sachverständigengutachten angeboten. Bei dieser Sachlage liege es nicht fern, von einem Zahlungsunwillen des Beschwerdeführers auszugehen, welcher den Anfangsverdacht eines Vergehens des Betruges beinhalten könnte. Wenn der auch mit Strafsachen befasste abgelehnte Richter diese Auffassung äußere, so rede er nicht "ins Blaue hinein". Daraus den Vorwurf der Voreingenommenheit herzuleiten, verkenne die Verpflichtung des Richters, klar und deutlich auf vorhandene Rechts- und Sachprobleme hinzuweisen.

6

3. Hiergegen legte der Beschwerdeführer sofortige Beschwerde ein. Der abgelehnte Richter habe in der mündlichen Verhandlung ohne die gebotene Einführung in den Sach- und Streitstand der Terminssache nur das nicht streitgegenständliche Verfahren erwähnt und dabei allein die Nichtzahlung des Beschwerdeführers ohne weitere Begründung als strafrechtlich relevant beurteilt. Selbst auf die Aufforderung des Bevollmächtigten hin, die streitgegenständliche Sache zu berichten, sei der abgelehnte Richter ohne jede weitere Begründung mit dem Hinweis fortgefahren, dass er hierin einen strafrechtlich relevanten Vorgang sehe. Ohne nachvollziehbare Begründung könne so ein pauschaler Hinweis nur einschüchternde Wirkung haben. Das Amtsgericht übersehe, dass ein strafbares Verhalten des Beschwerdeführers offenkundig nicht gegeben sei. Der Beschwerdeführer sei zahlungsfähig. Ein nicht zahlender Schuldner sei noch kein Betrüger, erst recht nicht, wenn beweiserhebliche Tatsachen für die Nichtschuld unter Beweisantritt vorgetragen seien. Die Beweisangebote des Beschwerdeführers seien keineswegs mutwillig. Der Vorwurf eines strafbaren Verhaltens sei unter den gegebenen Umständen als grob unsachlich zu würdigen.

7

4. Das Landegericht wies die sofortige Beschwerde mit Beschluss vom 15. Februar 2011 zurück. Der Vortrag des Beschwerdeführers rechtfertige keine Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit. Wenn ein Richter im Rahmen seiner dienstlichen Tätigkeit Kenntnis von einem strafbaren Sachverhalt erhalte, sei er verpflichtet, die Partei, deren Verhalten strafbares Tun und Unterlassen nahe lege, hierauf hinzuweisen und, sofern der Tatverdacht nicht ausgeräumt werde, die Ermittlungsbehörden hiervon zu verständigen. Die Lektüre beider Akten lege den Verdacht nahe, der Beschwerdeführer nehme entgeltliche Dienste Dritter in Anspruch, ohne diese bezahlen zu wollen. Rechtsmeinungen wie die vorliegende zu äußern, könne einem Richter grundsätzlich nicht verwehrt sein, weil sich schon aus dem Grundsatz der materiellen Prozessleitung gemäß § 139 ZPO ergebe, dass das Gericht die Sach- und Rechtslage mit den Parteien zu erörtern und möglichst frühzeitig rechtliche Hinweise zu geben habe.

8

5. Mit seiner Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer eine Verletzung seines Grundrechts aus Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG. Sein Ablehnungsgesuch sei in nicht nur fehlerhafter, sondern offensichtlich unhaltbarer Weise behandelt und der Beschwerdeführer dadurch seinem gesetzlichen Richter entzogen worden. Hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass mit einem Tätigwerden der Ermittlungsbehörden gerechnet werden könne, hätten nicht vorgelegen; der Beschwerdeführer habe für seine Nichtzahlung nachvollziehbare Gründe vorgetragen.

9

6. Das Bayerische Staatsministerium der Justiz und für Verbraucherschutz hatte Gelegenheit zur Stellungnahme.

II.

10

Die zulässige Verfassungsbeschwerde wird zur Entscheidung angenommen, weil dies zur Durchsetzung der Grundrechte des Beschwerdeführers angezeigt ist (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Die Voraussetzungen für eine stattgebende Kammerentscheidung (§ 93c Abs. 1 BVerfGG) liegen vor. Die für die Beurteilung der Verfassungsbeschwerde maßgeblichen verfassungsrechtlichen Grundsätze hat das Bundesverfassungsgericht bereits geklärt. Nach diesen Grundsätzen ist die Verfassungsbeschwerde in einem die Zuständigkeit der Kammer begründenden Sinn offensichtlich begründet. Die angegriffenen Beschlüsse verletzten den Beschwerdeführer in seinem grundrechtsgleichen Recht aus Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG.

11

1. Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG schützt den Anspruch des Bürgers auf eine Entscheidung seiner Rechtssache durch den hierfür von Gesetzes wegen vorgesehenen Richter (vgl. BVerfGE 22, 254 <258>). Damit soll die Unabhängigkeit der Rechtsprechung gewahrt und das Vertrauen der Rechtsuchenden und der Öffentlichkeit in die Unparteilichkeit und Sachlichkeit der Gerichte gesichert werden (vgl. BVerfGE 95, 322 <327>). Die Verfassungsnorm garantiert, dass der Rechtsuchende im Einzelfall vor einem Richter steht, der unabhängig und unparteilich ist und die Gewähr für Neutralität und Distanz gegenüber den Verfahrensbeteiligten bietet (vgl. BVerfGE 10, 200 <213 f.>; 21, 139 <145 f.>; 30, 149 <153>; 40, 268 <271>; 82, 286 <298>; 89, 28 <36>).

12

Eine "Entziehung" des gesetzlichen Richters im Sinne von Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG durch die Rechtsprechung, der die Anwendung der Zuständigkeitsregeln und die Handhabung des Ablehnungsrechts im Einzelfall obliegt, kann nicht in jeder fehlerhaften Rechtsanwendung gesehen werden; andernfalls müsste jede fehlerhafte Handhabung des einfachen Rechts zugleich als Verfassungsverstoß gelten (vgl. BVerfGE 82, 286 <299>; BVerfGK 5, 269 <280>; 12, 139 <143>; 13, 72 <77>). Die Grenzen zum Verfassungsverstoß sind aber jedenfalls dann überschritten, wenn die Auslegung einer Verfahrensnorm oder ihre Handhabung im Einzelfall willkürlich oder offensichtlich unhaltbar sind oder wenn die richterliche Entscheidung Bedeutung und Tragweite der Verfassungsgarantie des Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG grundlegend verkennt (vgl. BVerfGE 82, 286 <299> m.w.N.; BVerfGK 5, 269 <280>; 12, 139 <143 f.>). Ob die Entscheidung eines Gerichts auf grober Missachtung oder grober Fehlanwendung des Gesetzesrechts (vgl. BVerfGE 29, 45 <49>; 82, 159 <197>; BVerfGK 5, 269 <280>; 12, 139 <143 f.>; 13, 72 <77>) beruht oder ob sie darauf hindeutet, dass ein Gericht Bedeutung und Tragweite der Verfassungsgarantie des Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG grundlegend verkennt, kann nur anhand der jeweiligen Umstände des Einzelfalls beurteilt werden (vgl. BVerfGK 5, 269 <280>; 12, 139 <144>; 13, 72 <78>; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 24. Februar 2009 - 1 BvR 165/09 -, NVwZ 2009, S. 581 <582>).

13

Eine Besorgnis der Befangenheit ist dann gegeben, wenn ein am Verfahren Beteiligter bei vernünftiger Würdigung aller Umstände Anlass hat, an der Unvoreingenommenheit des Richters zu zweifeln (vgl. BVerfGE 82, 30 <38>). Tatsächliche Befangenheit oder Voreingenommenheit ist nicht erforderlich; es genügt schon der "böse Schein", d.h. der mögliche Eindruck mangelnder Objektivität (vgl. BVerfGE 46, 34 <41>). Entscheidend ist demnach, ob das beanstandete Verhalten für einen verständigen Verfahrensbeteiligten Anlass sein kann, an der persönlichen Unvoreingenommenheit des Richters zu zweifeln (vgl. BVerfGK 5, 269 <281>; 13, 72 <79>; aus der fachgerichtlichen Rechtsprechung etwa OLG Naumburg, Beschluss vom 9. August 2001 - 10 W 31/01 -, NJW-RR 2002, S. 502 f.; OLG München, Beschluss vom 22. November 2005 - 19 W 2668/05 -, juris, Rn. 6).

14

2. Nach diesen Maßstäben verletzen die angegriffenen Entscheidungen das Grundrecht des Beschwerdeführers aus Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG.

15

Amtsgericht und Landgericht haben angenommen, dass eine Strafanzeige gegen den Beschwerdeführer in Betracht komme, und insoweit auf das Recht und die Pflicht des Richters zur Erteilung von Hinweisen nach § 139 ZPO abgestellt. Beide Gerichte haben es dabei in Verkennung der verfassungsrechtlichen Anforderungen (s.o. II. 1.) unterlassen, die Umstände des Einzelfalles zu prüfen. Insbesondere haben sie weder die Form der Äußerung des abgelehnten Richters in Erwägung gezogen, noch haben sie die vom abgelehnten Richter gegenüber dem Beschwerdeführer gegebene Begründung für den behaupteten Verdacht einer näheren Prüfung unterzogen.

16

Der bloße Verweis auf die Lektüre der Akten, die den Verdacht nahelege, der Beschwerdeführer nehme entgeltliche Dienste Dritter in Anspruch, ohne diese bezahlen zu wollen, war jedenfalls unter den gegebenen Umständen offensichtlich unzureichend. Weshalb allein der Umstand, dass ein Verfahrensbeteiligter in mehr als einem Fall einer von Dritten wegen erbrachter Leistungen gegen ihn erhobenen Forderung entgegentritt, einen Straftatverdacht begründen soll, der eine richterliche Pflicht zu entsprechendem Hinweis auslösen und es damit zugleich rechtfertigen könnte, Strafanzeige gegen den Verfahrensbeteiligten zu erstatten oder ihm dies in Aussicht zu stellen, erschließt sich nicht einmal ansatzweise.

17

Inwiefern es die verfassungsrechtliche Beurteilung des vorliegenden Falles beeinflussen könnte, wenn die Vorgehensweise von Amts- und Landgericht Rückhalt in der Rechtsprechung anderer Fachgerichte fände, muss nicht erörtert werden, denn an solchem Rückhalt fehlt es. In der obergerichtlichen Rechtsprechung ist zwar anerkannt, dass die Erstattung einer Strafanzeige gegen eine Partei oder deren Ankündigung durch einen Richter nicht ohne weiteres die Besorgnis der Befangenheit rechtfertigt, weil das Gesetz selbst die Erstattung einer Anzeige durch das Gericht ermöglicht (§ 149 ZPO) und in einigen Fällen auch verlangt (§ 183 GVG). Anerkannt ist aber auch, dass sich aus den konkreten Umständen der Anzeigeerstattung oder deren Ankündigung die Besorgnis der Befangenheit ergeben kann. Nach herrschender Auffassung stellt das Erstatten einer Strafanzeige nur dann keinen Befangenheitsgrund dar, wenn der Richter zuvor die vorhandenen Verdachts- und Entlastungsumstände sorgfältig abgewogen und der Partei Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben hat (vgl. LSG NRW, Beschluss vom 21. September 2011 - L 11 SF 294/11 AB - juris, Rn. 4; OLG Naumburg, Beschluss vom 2. Juni 2005 - 10 W 26/05 -, juris, Rn. 12 f.; OLG Naumburg, Beschluss vom 18. Januar 2005 - 10 W 82/04 -, juris, Rn. 59; OLG Frankfurt, Beschluss vom 9. Januar 1984 - 12 W 257/93 -, MDR 1984, S. 499; OLG Frankfurt, Beschluss vom 28. Juli 1986 - 22 W 23/86 -, NJW-RR 1986, S. 1319 f.; HansOLG Hamburg, Beschluss vom 28. Juli 1989 - 12 W 72/89 -, MDR 1989, S. 1000; Nierwetberg, NJW 1996, S. 432 <435>; ähnlich Gehrlein, in: Münchener Kommentar, ZPO, 3. Aufl. 2008, § 42 ZPO Rn. 37; Vollkommer, in: Zöller, ZPO, 27. Aufl. 2009, § 42 Rn. 22b; Knoche, MDR 2000, S. 371 <372 f.>), und Entsprechendes gilt für die Ankündigung einer solchen Anzeige (vgl. LSG NRW, Beschluss vom 21. September 2011 - L 11 SF 294/11 AB - juris, Rn. 4; HansOLG Hamburg, Beschluss vom 28. Juli 1989 - 12 W 72/89 -, MDR 1989, S. 1000; Nierwetberg, NJW 1996, S. 432 <435>; Gehrlein, in: Münchener Kommentar, ZPO, 3. Aufl. 2008, § 42 ZPO Rn. 37; noch weitergehend Knoche, MDR 2000, S. 371 <374>).

18

3. Die angegriffenen Entscheidungen beruhen auf dem festgestellten Verstoß gegen Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG. Sie sind daher aufzuheben und die Sache ist - im vorliegenden Fall aus Gründen der Prozessökonomie an das Amtsgericht - zurückzuverweisen (§ 95 Abs. 2 BVerfGG).

III.

19

Die Erstattung der Auslagen ist gemäß § 34a Abs. 2 BVerfGG anzuordnen.

Tenor

Der Beschluss des Landgerichts Chemnitz vom 18. April 2012 - 3 Ri AR 4/12/3 Ri AR 32/11 - und der Beschluss des Oberlandesgerichts Dresden vom 28. Juni 2012 - 3 W 0562/12 - verletzen die Beschwerdeführerin in ihrem grundrechtsgleichen Recht aus Artikel 101 Absatz 1 Satz 2 des Grundgesetzes.

Die Beschlüsse werden aufgehoben. Die Sache wird an das Landgericht Chemnitz zurückverwiesen. Der Beschluss des Oberlandesgerichts Dresden vom 24. Juli 2012 - 3 W 562/12 - wird damit gegenstandslos.

Im Übrigen wird die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen.

...

Gründe

1

Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Ablehnung eines Befangenheitsantrags im Zusammenhang mit Äußerungen eines Zivilrichters während des Verhandlungstermins.

I.

2

1. Die Beschwerdeführerin ist Beklagte eines vor dem Landgericht anhängigen Zivilrechtsstreits. Klägerin des Ausgangsrechtsstreits ist eine in der Schweiz ansässige Aktiengesellschaft.

3

a) Am 3. November 2011 fand im Rahmen des Ausgangsverfahrens ein Termin zur Güteverhandlung und Verhandlung über die Hauptsache statt. Nach Erörterung des Sach- und Streitstands äußerte der Prozessvertreter der Beschwerdeführerin, es sei seiner Auffassung nach geboten, einen in der Schweiz wohnhaften Zeugen zu laden. Der zuständige Einzelrichter der 2. Zivilkammer des Landgerichts weigerte sich jedoch, einen entsprechenden Beweisantrag in das Protokoll der mündlichen Verhandlung aufzunehmen. Der Prozessbevollmächtigte der Beschwerdeführerin regte im weiteren Verlauf des Termins an, das Verfahren nach § 149 ZPO auszusetzen, und ergänzte sein tatsächliches Vorbringen; auch insoweit verweigerte der Richter die Protokollierung. Als der Bevollmächtigte der Beschwerdeführerin ihm daraufhin vorhielt, es sei auch seine Aufgabe, die Wahrheit zu erforschen, entgegnete der Richter: "Die Wahrheit interessiert mich nicht." Daraufhin lehnte die Beschwerdeführerin den Richter wegen Besorgnis der Befangenheit ab. Am 11. November 2011 gab der abgelehnte Richter eine dienstliche Stellungnahme ab, in der er bestätigte, sich wie beanstandet geäußert und die Protokollierungen verweigert zu haben.

4

b) Mit Beschluss vom 18. April 2012 erklärte die zur Entscheidung über das Ablehnungsgesuch berufene Zivilkammer des Landgerichts dieses für unbegründet. Die Erklärung des abgelehnten Richters - die Wahrheit interessiere ihn nicht - sei zwar zu monieren, begründe indes keine Richterablehnung, da durch sie sowohl die Klägerin als auch die Beklagte beschwert würden. Dass der abgelehnte Richter den Beweisantrag weder ins Protokoll aufgenommen noch verbeschieden habe, begründe ebenfalls nicht die Besorgnis der Befangenheit, denn dies stehe in seinem Ermessen. Verfahrensverstöße im Rahmen der Prozessleitung könnten nur dann die Besorgnis der Befangenheit rechtfertigen, wenn sie sich derart weit von dem geübten Verfahren entfernten, dass sich der Eindruck einer willkürlichen, sachwidrigen und auf Voreingenommenheit beruhenden Benachteiligung aufdränge, wofür es hier keinerlei Anhaltspunkte gebe.

5

c) Gegen diesen Beschluss legte die Beschwerdeführerin sofortige Beschwerde ein, der das Landgericht mit Beschluss vom 15. Mai 2012 nicht abhalf. Mit Beschluss vom 28. Juni 2012, dem Bevollmächtigten der Beschwerdeführerin zugegangen am 6. Juli 2012, wies das Oberlandesgericht die sofortige Beschwerde zurück. Der abgelehnte Richter habe nicht seinem Amtseid zuwiderhandeln wollen, es sei vielmehr der Beklagtenvertreter gewesen, der die Pflicht zur Wahrheitsfindung als Druckmittel dafür eingesetzt habe, um den abgelehnten Richter zur Anhörung des Zeugen zu bewegen. Mit der gerügten Äußerung habe sich der abgelehnte Richter dieser sachwidrigen Beeinflussung erwehrt. Auch im Übrigen seien die geltend gemachten Gründe nicht dazu geeignet, das Ablehnungsgesuch für begründet zu erklären.

6

d) Mit Beschluss vom 24. Juli 2012 wies das Oberlandesgericht die gegen den Beschluss vom 28. Juni 2012 erhobene Anhörungsrüge der Beschwerdeführerin zurück.

7

2. Mit ihrer am 3. August 2012 eingegangenen Verfassungsbeschwerde wendet sich die Beschwerdeführerin gegen die im Rubrum genannten Entscheidungen und Maßnahmen. Sie rügt die Verletzung ihrer Rechte aus Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG, Art. 19 Abs. 4, Art. 20 Abs. 3 GG in Verbindung mit Art. 6 Abs. 1 EMRK, Art. 1 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 2 Abs. 1 GG, Art. 19 Abs. 4, Art. 20 Abs. 3 GG, Art. 13 EMRK, Art. 19 Abs. 4, Art. 20 Abs. 3 in Verbindung mit Art. 103 Abs. 1 GG und Art. 6 Abs. 1 EMRK.

8

Sie habe einen Anspruch darauf, dass ihr Rechtsstreit von einem Richter bearbeitet, verhandelt und entschieden werde, der sich an seinen Amtseid gebunden fühle und nicht ankündige, diesem vorsätzlich zuwider handeln zu wollen. Den abgelehnten Richter interessierten nach seiner Aussage weder Wahrheit noch Gerechtigkeit; es sei ihr nicht zumutbar, sich in dessen Willkür zu begeben. Das Landgericht und das Oberlandesgericht hätten die Tragweite der Gewährleistung des gesetzlichen Richters grundlegend verkannt. Dies verletze zugleich ihr Grundrecht auf ein faires und rechtsstaatliches Verfahren aus Art. 19 Abs. 4, Art. 20 Abs. 3 GG in Verbindung mit Art. 6 Abs. 1 EMRK und sei willkürlich. Durch die vom Landgericht und Oberlandesgericht vorgenommene Auslegung des § 46 Abs. 2 ZPO werde ihr das Recht auf wirksame Beschwerde genommen. Dies verletze das Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz sowie die Rechte auf wirksame Beschwerde (Art. 13 EMRK), auf rechtliches Gehör und auf ein faires Verfahren (Art. 6 Abs. 1 EMRK). Sie werde zudem gehindert, sich effektiv gegen die Klageforderung zu verteidigen, was gegen Art. 1 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 2 Abs. 1 GG verstoße.

II.

9

Das Sächsische Staatsministerium der Justiz und für Europa hat mitgeteilt, von einer Stellungnahme zu der Verfassungsbeschwerde werde abgesehen. Dem Bundesverfassungsgericht haben die Akten des Ausgangsverfahrens vorgelegen.

III.

10

Die Kammer nimmt die Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung an und gibt ihr in dem im Tenor bezeichneten Umfang statt, weil dies zur Durchsetzung der Rechte der Beschwerdeführerin aus Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG angezeigt ist, § 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG. Zu dieser Entscheidung ist die Kammer berufen, weil die maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen durch das Bundesverfassungsgericht bereits entschieden sind und die Verfassungsbeschwerde insoweit zulässig und offensichtlich begründet ist (§ 93b Satz 1 in Verbindung mit § 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG).

11

Die Verfassungsbeschwerde ist, soweit sie eine Verletzung des grundrechtsgleichen Rechts der Beschwerdeführerin aus Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG durch die Beschlüsse vom 18. April 2012 und vom 28. Juni 2012 rügt, zulässig und offensichtlich begründet. Auf die Frage, ob die Anhörungsrüge geeignet war, die Frist für die Erhebung der Verfassungsbeschwerde offen zu halten, kommt es nicht an, da die Frist auch dann gewahrt ist, wenn sie mit dem Zugang des Beschlusses des Oberlandesgerichts vom 28. Juni 2012 zu laufen begann.

12

1. a) Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG schützt den Anspruch des Bürgers auf eine Entscheidung seiner Rechtssache durch den hierfür von Gesetzes wegen vorgesehenen Richter (vgl. BVerfGE 22, 254 <258>). Damit soll die Unabhängigkeit der Rechtsprechung gewahrt und das Vertrauen der Rechtsuchenden und der Öffentlichkeit in die Unparteilichkeit und Sachlichkeit der Gerichte gesichert werden (vgl. BVerfGE 95, 322 <327>). Die Verfassungsnorm garantiert, dass der Rechtsuchende im Einzelfall vor einem Richter steht, der unabhängig und unparteilich ist und die Gewähr für Neutralität und Distanz gegenüber den Verfahrensbeteiligten bietet (vgl. BVerfGE 10, 200 <213 f.>; 21, 139 <145 f.>; 30, 149 <153>; 40, 268 <271>; 82, 286 <298>; 89, 28 <36>).

13

b) Zwar kann eine Verletzung des Anspruchs auf den gesetzlichen Richter durch die Rechtsprechung, der die Anwendung der Zuständigkeitsregeln und die Handhabung des Ablehnungsrechts im Einzelfall obliegt, nicht in jeder fehlerhaften Rechtsanwendung gesehen werden; andernfalls wäre jede fehlerhafte Handhabung des einfachen Rechts zugleich ein Verfassungsverstoß (vgl. BVerfGE 82, 286 <299>; BVerfGK 5, 269 <280>; 12, 139 <143>; 13, 72 <77>). Die Grenzen zum Verfassungsverstoß sind aber jedenfalls dann überschritten, wenn die Auslegung einer Verfahrensnorm oder ihre Handhabung im Einzelfall willkürlich oder offensichtlich unhaltbar sind oder wenn die richterliche Entscheidung Bedeutung und Tragweite der Verfassungsgarantie des Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG grundlegend verkennt (vgl. BVerfGE 82, 286 <299> m.w.N.; BVerfGK 5, 269 <280>; 12, 139 <143 f.>; zuletzt BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 25. Juli 2012 - 2 BvR 615/11 -, juris, Rn. 12). Ob die Entscheidung eines Gerichts auf grober Missachtung oder grober Fehlanwendung des Gesetzesrechts (vgl. BVerfGE 29, 45 <49>; 82, 159 <197>; BVerfGK 5, 269 <280>; 12, 139 <143 f.>; 13, 72 <77>) beruht oder ob sie darauf hindeutet, dass das Gericht Bedeutung und Tragweite des Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG grundlegend verkannt hat, kann nur anhand der jeweiligen Umstände des Einzelfalls beurteilt werden (vgl. BVerfGK 5, 269 <280>; 12, 139 <144>; 13, 72 <78>; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 25. Juli 2012, a.a.O.).

14

c) Eine Besorgnis der Befangenheit ist gegeben, wenn ein am Verfahren Beteiligter bei vernünftiger Würdigung aller Umstände Anlass hat, an der Unvoreingenommenheit des Richters zu zweifeln (vgl. BVerfGE 82, 30 <38>). Tatsächliche Befangenheit oder Voreingenommenheit ist nicht erforderlich; es genügt schon der "böse Schein", also der mögliche Eindruck mangelnder Objektivität (vgl. BVerfGE 46, 34 <41>). Entscheidend ist demnach, ob das beanstandete Verhalten für einen verständigen Verfahrensbeteiligten Anlass sein kann, an der persönlichen Unvoreingenommenheit des Richters zu zweifeln (vgl. BVerfGK 5, 269 <281>; 13, 72 <79>; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 25. Juli 2012, a.a.O., Rn. 13).

15

2. Nach diesen Maßstäben wurde im vorliegenden Fall der grundrechtliche Anspruch auf den gesetzlichen Richter nicht gewahrt.

16

Die dienstliche Stellungnahme des abgelehnten Richters, nach der er "wohl etwas ungehalten" reagiert habe, gibt keine Veranlassung, der Frage nachzugehen, unter welchen Voraussetzungen Unmutsbekundungen eines Richters, die sich auf das Verhalten von Prozessparteien oder Zeugen beziehen, bereits als solche geeignet sind, den Eindruck der Voreingenommenheit zu wecken (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 13. Mai 2009 - 2 BvR 247/09 -, juris, Rn. 12; OLG Stuttgart, Beschluss vom 29. März 2012 - 14 W 2/12 - NJW-RR 2012, S. 960 <960>; OLG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 24. Januar 2012 - 10 W 42/11 (Abl.) -, juris, Rn. 28; Hartmann, in: Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 70. Aufl. 2012, § 42 Rn. 17; Gehrlein, in: Münchener Kommentar zur Zivilprozessordnung, 3. Aufl. 2008, § 42 Rn. 24 m.w.N.). Mit der Äußerung, auf die sich der Befangenheitsantrag der Beschwerdeführerin bezog, hat der Richter nicht nur Unmut über ein Verhalten ihres Bevollmächtigten zum Ausdruck gebracht, sondern zugleich bekundet, dass er an der Erfüllung einer wesentlichen richterlichen Amtspflicht nicht interessiert sei. Der zivilprozessuale Beibringungsgrundsatz macht es zwar zur Sache der Parteien, die notwendigen Tatsachenbehauptungen aufzustellen und Beweismittel zu benennen, und beschränkt insoweit die Aufgabe des Richters, den Sachverhalt zu erforschen (vgl. BGH, Beschluss vom 7. Februar 2008 - IX ZB 137/07 -, NZI 2008, S. 240 <241>). Er bedeutet aber ebenso wenig wie andere Beschränkungen der Pflicht zur Ermittlung und Berücksichtigung von Tatsachen - wie sie, etwa im Interesse der Verfahrensbeschleunigung, auch im Ansatz vom Amtsermittlungsgrundsatz geprägte Verfahrensordnungen kennen -, dass den Richter die Wahrheit grundsätzlich nicht zu interessieren hätte. Auch der Zivilrichter ist nach Maßgabe der anwendbaren Verfahrensordnung, seinem Amtseid gemäß, verpflichtet, der Wahrheit zu dienen (§ 38 Abs. 1 DRiG).

17

Bei der gebotenen Gesamtbetrachtung der Umstände (vgl. BVerfGE 82, 30 <38>; zur zivilprozessualen Rechtslage Schneider, Befangenheitsablehnung im Zivilprozess, 3. Aufl. 2008, Rn. 378; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 5. Oktober 1992 - 11 W 76/92 -, OLG-Report 1992, S. 343; OLG Frankfurt a. M., Beschluss vom 23. September 1997 - 6 W 140/97 -, NJW-RR 1998, S. 858 <859>; OLG Schleswig, Beschluss vom 30. September 2004 - 16 W 126/04 -, OLG-Report 2004, S. 561 <562>) kann eine Besorgnis der Befangenheit nicht verneint werden. Nachdem der Richter sich geweigert hatte, einen Beweisantrag und weitere Äußerungen des Prozessbevollmächtigten der Beschwerdeführerin in das Protokoll aufzunehmen, und dieser deshalb dem Richter vorgehalten hatte, es sei seine Aufgabe, die Wahrheit zu erforschen, stellte die daraufhin an den Bevollmächtigten gerichtete Äußerung des Richters, die Wahrheit interessiere ihn nicht, keinen bloßen Hinweis auf die zivilprozessrechtlichen Grenzen der richterlichen Pflicht zur Sachverhaltsermittlung dar. Unter diesen Umständen war die Annahme des Landgerichts, die Äußerung begründe keine Ablehnung, weil sie beide Parteien gleichermaßen beschwere, unvertretbar. Die grob unsachliche Äußerung des Richters war eindeutig als zurückweisende Reaktion auf ein vom Bevollmächtigten der Beschwerdeführerin vorgebrachtes Anliegen erfolgt und daher offensichtlich geeignet, den Eindruck einer Voreingenommenheit gerade nach dieser Seite hin zu erzeugen. Erst recht ist die Annahme des Oberlandesgerichts nicht tragfähig, die Äußerung sei hinzunehmen als Reaktion auf eine sachwidrige Beeinflussung durch den Beklagtenvertreter, der die Pflicht zur Wahrheitsfindung als Druckmittel eingesetzt habe, um den Richter zur Anhörung des Zeugen zu bewegen. Weshalb in dem Hinweis auf eine bestehende Amtspflicht eine sachwidrige Druckausübung liegen soll, ist nicht ansatzweise nachvollziehbar. Selbst wenn der Bevollmächtigte der Beschwerdeführerin mit seinem Hinweis auf die Wahrheitserforschungspflicht des Gerichts die Reichweite dieser Pflicht unter den gegebenen Umständen verkannt haben sollte, kann darin eine die Besorgnis der Befangenheit ausschließende Rechtfertigung für die anschließende Äußerung des Richters schon deshalb nicht liegen, weil in einem rechtsstaatlichen Verfahren die Pflicht des Richters zur Erfüllung seiner Amtspflichten und zu sachlichem Umgang mit dem Parteivorbringen nicht davon abhängt, dass dieses Vorbringen auf zutreffenden rechtlichen Einschätzungen beruht.

IV.

18

Im Übrigen wird die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen (vgl. BVerfGE 90, 22 <25 f.>). Von einer weiteren Begründung wird insoweit gemäß § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.

V.

19

1. Der Beschluss des Landgerichts vom 18. April 2012 und der Beschluss des Oberlandesgerichts vom 28. Juni 2012 beruhen auf dem festgestellten Grundrechtsverstoß. Gemäß § 93c Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 in Verbindung mit § 95 Abs. 2 BVerfGG sind sie daher aufzuheben und das Verfahren ist an das Landgericht Chemnitz zurückzuverweisen. Der ebenfalls angegriffene Beschluss des Oberlandesgerichts vom 24. Juli 2012 wird damit gegenstandslos.

20

2. Die vollständige Erstattung der Auslagen ist gemäß § 34a Abs. 2, Abs. 3 BVerfGG anzuordnen, weil die Beschwerdeführerin ihr wesentliches Rechtsschutzziel erreicht hat.

Ein Urteil ist stets als auf der Verletzung von Bundesrecht beruhend anzusehen, wenn

1.
das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war,
2.
bei der Entscheidung ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war,
3.
einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war,
4.
ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war, außer wenn er der Prozeßführung ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat,
5.
das Urteil auf eine mündliche Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind, oder
6.
die Entscheidung nicht mit Gründen versehen ist.

(1) Für die Ausschließung und Ablehnung der Gerichtspersonen gelten §§ 41 bis 49 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(2) Von der Ausübung des Amtes als Richter oder ehrenamtlicher Richter ist auch ausgeschlossen, wer bei dem vorausgegangenen Verwaltungsverfahren mitgewirkt hat.

(3) Besorgnis der Befangenheit nach § 42 der Zivilprozeßordnung ist stets dann begründet, wenn der Richter oder ehrenamtliche Richter der Vertretung einer Körperschaft angehört, deren Interessen durch das Verfahren berührt werden.

Eine Partei kann einen Richter wegen Besorgnis der Befangenheit nicht mehr ablehnen, wenn sie sich bei ihm, ohne den ihr bekannten Ablehnungsgrund geltend zu machen, in eine Verhandlung eingelassen oder Anträge gestellt hat.

Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a entsprechend anzuwenden, wenn die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten dies nicht ausschließen; Buch 6 der Zivilprozessordnung ist nicht anzuwenden. Die Vorschriften des Siebzehnten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes sind mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Oberverwaltungsgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundesverwaltungsgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung die Verwaltungsgerichtsordnung tritt. Gericht im Sinne des § 1062 der Zivilprozeßordnung ist das zuständige Verwaltungsgericht, Gericht im Sinne des § 1065 der Zivilprozeßordnung das zuständige Oberverwaltungsgericht.

(1) Aus erheblichen Gründen kann ein Termin aufgehoben oder verlegt sowie eine Verhandlung vertagt werden. Erhebliche Gründe sind insbesondere nicht

1.
das Ausbleiben einer Partei oder die Ankündigung, nicht zu erscheinen, wenn nicht das Gericht dafür hält, dass die Partei ohne ihr Verschulden am Erscheinen verhindert ist;
2.
die mangelnde Vorbereitung einer Partei, wenn nicht die Partei dies genügend entschuldigt;
3.
das Einvernehmen der Parteien allein.

(2) Die erheblichen Gründe sind auf Verlangen des Vorsitzenden, für eine Vertagung auf Verlangen des Gerichts glaubhaft zu machen.

(3) Ein für die Zeit vom 1. Juli bis 31. August bestimmter Termin, mit Ausnahme eines Termins zur Verkündung einer Entscheidung, ist auf Antrag innerhalb einer Woche nach Zugang der Ladung oder Terminsbestimmung zu verlegen. Dies gilt nicht für

1.
Arrestsachen oder die eine einstweilige Verfügung oder einstweilige Anordnung betreffenden Sachen,
2.
Streitigkeiten wegen Überlassung, Benutzung, Räumung oder Herausgabe von Räumen oder wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs,
3.
(weggefallen)
4.
Wechsel- oder Scheckprozesse,
5.
Bausachen, wenn über die Fortsetzung eines angefangenen Baues gestritten wird,
6.
Streitigkeiten wegen Überlassung oder Herausgabe einer Sache an eine Person, bei der die Sache nicht der Pfändung unterworfen ist,
7.
Zwangsvollstreckungsverfahren oder
8.
Verfahren der Vollstreckbarerklärung oder zur Vornahme richterlicher Handlungen im Schiedsverfahren;
dabei genügt es, wenn nur einer von mehreren Ansprüchen die Voraussetzungen erfüllt. Wenn das Verfahren besonderer Beschleunigung bedarf, ist dem Verlegungsantrag nicht zu entsprechen.

(4) Über die Aufhebung sowie Verlegung eines Termins entscheidet der Vorsitzende ohne mündliche Verhandlung; über die Vertagung einer Verhandlung entscheidet das Gericht. Die Entscheidung ist kurz zu begründen. Sie ist unanfechtbar.

Tenor

Die Beschwerde der Kläger wegen Nichtzulassung der Revision gegen das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Finanzgerichts vom 26. März 2014  2 K 227/09 wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens haben die Kläger zu tragen.

Gründe

1

Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unbegründet und wird daher durch Beschluss zurückgewiesen (§ 116 Abs. 5 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Die von den Klägern und Beschwerdeführern (Kläger) gerügten Verfahrensmängel liegen nicht vor oder sind nicht in einer den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO genügenden Form dargelegt.

2

1. Soweit die Kläger geltend machen, das Finanzgericht (FG) habe ihren Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes --GG-- i.V.m. § 96 Abs. 2 FGO) verletzt, weil es die mündliche Verhandlung am 26. März 2014 trotz ihres Terminverlegungsantrags vom 25. März 2014 in ihrer Abwesenheit durchgeführt habe, fehlt es an einer schlüssigen Rüge.

3

a) Nach § 155 FGO i.V.m. § 227 der Zivilprozessordnung (ZPO) kann ein gerichtlicher Termin nur aus erheblichen Gründen aufgehoben oder verlegt werden. Liegen erhebliche Gründe i.S. von § 227 ZPO vor, verdichtet sich die nach dieser Vorschrift eingeräumte Ermessensfreiheit zu einer Rechtspflicht (vgl. z.B. Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 12. November 2009 IV B 66/08, BFH/NV 2010, 671, Rz 4). Ein solcher Grund kann u.a. darin liegen, dass der Prozessbevollmächtigte eines Beteiligten unerwartet erkrankt ist. Jedoch ist nicht jegliche Erkrankung des Bevollmächtigten ein ausreichender Grund für eine Terminsverlegung; eine solche ist vielmehr nur dann geboten, wenn die Erkrankung so schwer ist, dass von dem Bevollmächtigten die Wahrnehmung des Termins nicht erwartet werden kann. Allein die Arbeitsunfähigkeit des Bevollmächtigten reicht hierfür nicht aus (vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom 18. März 2003 I B 122/02, BFH/NV 2003, 1584, unter II.2.a, und vom 27. Januar 2004 VII B 66/03, BFH/NV 2004, 796, unter II.1.). Nach § 227 Abs. 2 ZPO sind die Gründe auf Verlangen des Vorsitzenden glaubhaft zu machen.

4

b) Ob im Einzelfall eine Terminsverlegung gerechtfertigt ist, muss das FG anhand der ihm bekannten Umstände beurteilen. Wird ein Antrag auf Terminsverlegung "in letzter Minute" gestellt, müssen die Beteiligten mit einer Prüfung ihres Antrags unter jedem in Frage kommenden Gesichtspunkt rechnen und von sich aus alles unternehmen, damit ihrem Vortrag ggf. auch in tatsächlicher Hinsicht gefolgt werden kann. Notwendig ist in derartigen eiligen Fällen daher entweder die Vorlage eines ärztlichen Attestes, aus dem sich eindeutig die Verhandlungsunfähigkeit des Beteiligten ergibt, oder zumindest eine so genaue Schilderung der Erkrankung samt Glaubhaftmachung, dass das Gericht selbst beurteilen kann, ob die Erkrankung so schwer ist, dass ein Erscheinen zum Termin nicht erwartet werden kann (vgl. z.B. BFH-Beschlüsse in BFH/NV 2003, 1584, unter II.2.b, und vom 10. März 2005 IX B 171/03, BFH/NV 2005, 1578, unter 1.a).

5

c) Im Streitfall ergibt sich aus dem Vortrag der Kläger nicht, dass bei Anlegung dieser Maßstäbe das FG den anberaumten Verhandlungstermin hätte verlegen müssen. Denn der Prozessbevollmächtigte, der in dem hier zu beurteilenden Rechtsstreit Prozessbevollmächtigter seiner Ehefrau und zugleich Kläger in eigener Sache ist, verwies zur Begründung des Terminverlegungsantrags vom 25. März 2014 ausschließlich auf ein mitübersandtes ärztliches Attest vom 24. März 2014, in dem ihm bescheinigt wurde, dass er "in der Zeit vom 24.3.14 bis einschließlich 28.3.14 arbeitsunfähig erkrankt" sei. Nähere Angaben zu der geltend gemachten Erkrankung waren weder in dem Terminverlegungsantrag vom 25. März 2014 noch in dem beigefügten ärztlichen Attest vom 24. März 2014 enthalten. Auf dieser Basis war das FG nicht in der Lage, sich ein hinreichend sicheres Bild vom Gesundheitszustand des Prozessbevollmächtigten zu machen.

6

d) Der Vorsitzende war --entgegen der Meinung der Kläger-- nicht gehalten, vor der mündlichen Verhandlung vom 26. März 2014 nochmals zur Glaubhaftmachung der vorgeblichen Verhandlungsunfähigkeit aufzufordern. Dabei kann offen bleiben, ob der Kläger bei einem Terminverlegungsantrag am Tag vor der mündlichen Verhandlung --auch unter Berücksichtigung der vorhandenen modernen Kommunikationsmittel-- stets die Gründe für die beantragte Terminsverlegung schon mit der Antragstellung glaubhaft machen muss (dies bejahend BFH-Beschluss vom 24. Februar 2005 X S 3/05 (PKH), nicht veröffentlicht, unter II.2.c; Schallmoser in Hübschmann/Hepp/Spitaler --HHSp--, § 91 FGO Rz 129, 133). Jedenfalls war dies hier zu fordern. Der Streitfall ist dadurch gekennzeichnet, dass die Kläger --in Abgrenzung zu den BFH-Beschlüssen vom 15. Februar 2013 IX B 178/12 (BFH/NV 2013, 762, Rz 4) und vom 5. November 2013 IX B 71/13 (BFH/NV 2014, 175, Rz 3)-- kurz vor dem Terminverlegungsantrag einen erneuten wegen Prozessverschleppung unzulässigen Befangenheitsantrag gestellt hatten (dazu unten 7.b), zudem der Terminverlegungsantrag erst am frühen Nachmittag des Tages vor der anberaumten Verhandlung einging und das FG keine Kenntnis über die Art der Erkrankung hatte.

7

2. Soweit die Kläger geltend machen, das FG habe ihren Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG, § 96 Abs. 2 FGO) dadurch verletzt, dass es ihnen, den Klägern, die Akteneinsicht in den neunseitigen Ermittlungsbericht des Beklagten und Beschwerdegegners (Finanzamt --FA--) vorenthalten habe, ist diese Rüge ebenfalls nicht schlüssig erhoben.

8

a) Nach § 78 Abs. 1 FGO können die Beteiligten die Gerichtsakte und die dem Gericht vorgelegten Akten einsehen. Das Recht auf Akteneinsicht ist Ausdruck des in § 96 Abs. 2 FGO normierten prozessrechtlichen Grundsatzes, wonach das Urteil nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden kann, zu denen die Beteiligten sich äußern konnten, und dient damit der Verwirklichung des verfassungsrechtlich geschützten Anspruchs der Beteiligten auf rechtliches Gehör gemäß Art. 103 Abs. 1 GG (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 9. September 2011 VII B 73/11, BFH/NV 2012, 56, Rz 7). Hat das FG einen Antrag auf Akteneinsicht zu Unrecht abgelehnt und seine Entscheidung (auch) auf diesen Teil der Akten gestützt, kann der davon betroffene Beteiligte die hierin liegende Gehörsverletzung im Rahmen einer Nichtzulassungsbeschwerde geltend machen (Thürmer in HHSp, § 78 FGO Rz 170).

9

b) Die Kläger legen jedoch in der Beschwerdebegründung nicht dar, dass das FG seine Entscheidung auf diese Aktenteile gestützt hat. Im Gegenteil hat das FG diese ihm zugeleiteten Unterlagen an das FA zurückgesandt, weil dies aus Sicht des FG nach § 30 der Abgabenordnung (AO) zum Schutz der Verhältnisse Dritter erforderlich war.

10

c) Abgesehen davon begründet der Anspruch auf rechtliches Gehör lediglich das Recht der Beteiligten, in die Gerichtsakten und die vom Gericht als Grundlage seiner Entscheidung als notwendig erachteten und hierfür vorgelegten oder beigezogenen Akten Einsicht zu nehmen (BFH-Beschluss vom 12. November 2003 VII B 347/02, BFH/NV 2004, 511, unter II.2.). Die Belange Dritter sind nach § 30 AO auch im Rahmen des § 78 FGO geschützt (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 17. Oktober 2001 I R 103/00, BFHE 197, 68, BStBl II 2004, 171, unter III.2.c bb; Gräber/ Koch, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 78 Rz 4). Sollten nach § 30 AO geschützte Verhältnisse Dritter versehentlich an das FG gelangen, hat das FG diese Vorgänge vor der Einsichtnahme Beteiligter an die Behörde zurückzusenden. Ein Akteneinsichtsrecht besteht insoweit nicht (Stalbold in Beermann/ Gosch, FGO § 78 Rz 28).

11

3. Ebenso ist die Rüge, ein Verfahrensfehler sei darin zu sehen, dass das FG den Kläger unter Verstoß gegen § 203 des Strafgesetzbuches (StGB) um die lückenlose Übersendung seines anwaltlichen Terminkalenders des Jahres 2001 aufgefordert habe, nicht ordnungsgemäß bezeichnet.

12

a) Hierin könnte allenfalls dann ein die Revisionszulassung rechtfertigender Verfahrensfehler des FG erblickt werden, wenn es aus der vom Kläger ggf. zu Recht nach § 104 AO verweigerten Vorlage dieser Unterlagen (vgl. dazu BFH-Urteil vom 28. Oktober 2009 VIII R 78/05, BFHE 227, 338, BStBl II 2010, 455, Rz 45) Schlüsse zu Lasten der Kläger gezogen hätte (vgl. Schuster in HHSp, § 104 AO Rz 19).

13

b) In der Beschwerdebegründung haben die Kläger jedoch nicht substantiiert dargelegt, dass das FG aus der Nichtvorlage des vollständigen Terminkalenders des Jahres 2001 Schlussfolgerungen zu ihren Lasten gezogen hat. Im Übrigen ist auch nicht ersichtlich, dass das FG die Nichtvorlage zu Lasten der Kläger gewürdigt hat. Vielmehr gewann es seine Überzeugung, wonach kein intensiver Mandantenverkehr stattfand, ausschließlich aus den ihm vorgelegten Unterlagen.

14

4. Die Rüge, das FG habe gegen seine Sachaufklärungspflicht (§ 76 Abs. 1 Satz 1 FGO) verstoßen, weil es den im Schriftsatz vom 1. März 2010 angebotenen Zeugenbeweis auf Vernehmung von Frau … nicht nachgekommen sei, greift nicht durch.

15

a) Der im finanzgerichtlichen Verfahren geltende Untersuchungsgrundsatz ist eine Verfahrensvorschrift, auf deren Einhaltung ein Beteiligter ausdrücklich oder durch Unterlassen einer Rüge verzichten kann (§ 155 FGO i.V.m. § 295 ZPO). Das Unterlassen der rechtzeitigen Rüge hat den endgültigen Rügeverlust zur Folge (vgl. z.B. Senatsbeschluss vom 5. Juni 2013 III B 47/12, BFH/NV 2013, 1438, Rz 3). Nach der Rechtsprechung des BFH kann ein fachkundig vertretener Beteiligter das Übergehen eines Beweisantrages im Rahmen der Nichtzulassungsbeschwerde auch dann nicht mehr mit der Verfahrensrüge angreifen, wenn er trotz ordnungsgemäßer Ladung unentschuldigt nicht zur mündlichen Verhandlung erscheint (BFH-Beschluss vom 2. März 2005 VII B 142/04, BFH/NV 2005, 1576, unter 3.; Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz 103). Nach Auffassung des beschließenden Senats gilt dies unabhängig davon, ob der Prozessbevollmächtigte der mündlichen Verhandlung ohne jegliche Begründung oder ohne eine die Terminsänderung rechtfertigende Begründung fernbleibt.

16

b) Danach haben die Kläger im Streitfall ihr Rügerecht verloren. Zum einen konnte der Prozessbevollmächtigte aus der Ladung zur mündlichen Verhandlung vom 26. Februar 2014 ohne Vorliegen eines Beweisbeschlusses ersehen, dass das FG nicht beabsichtigt, den angebotenen Zeugenbeweis zu erheben. Danach hätten die Kläger dieses Unterlassen rechtzeitig rügen können (vgl. BFH-Beschluss vom 9. September 2003 VI B 115/02, BFH/NV 2004, 180, m.w.N.). Zum anderen sind die Kläger ohne eine die Terminsänderung rechtfertigende Begründung nicht zur mündlichen Verhandlung erschienen (dazu oben 1.).

17

c) Es kann daher dahinstehen, ob der genannte Beweisantrag vom 1. März 2010 --wie vom FG ausgeführt-- nicht hinreichend substantiiert war (vgl. dazu z.B. BFH-Beschlüsse vom 1. August 2002 VII B 35/02, BFH/NV 2002, 1499, unter II.4.g, und vom 1. Februar 2007 VI B 118/04, BFHE 216, 409, BStBl II 2007, 538, unter 2.).

18

5. Soweit die Kläger geltend machen, das FG habe ihren Anspruch auf ein faires Verfahren und das Rechtsstaatsprinzip verletzt, weil es einerseits den Kläger unter Verstoß gegen § 203 StGB um lückenlose Übersendung des anwaltlichen Terminkalenders des Jahres 2001 aufgefordert habe, andererseits dem im Schriftsatz vom 1. März 2010 angebotenen Zeugenbeweis nicht nachgekommen sei, liegt ein solcher Verstoß nicht vor.

19

a) Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) leitet in ständiger Rechtsprechung aus Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip und dem Gebot effektiven Rechtsschutzes den Anspruch auf ein faires Verfahren als "allgemeines Prozessgrundrecht" ab (vgl. z.B. BVerfG-Beschluss vom 18. Juli 2013  1 BvR 1623/11, Neue Juristische Wochenschrift 2014, 205). Danach darf sich das Gericht nicht widersprüchlich verhalten, insbesondere darf es aus eigenen oder ihm zuzurechnenden Fehlern oder Versäumnissen keine Verfahrensnachteile ableiten.

20

b) Das von den Klägern bezeichnete Verhalten des FG ist jedoch nicht widersprüchlich oder fehlerhaft. Zum einen zog das FG bei der Entscheidungsfindung aus der Nichtvorlage des vollständig angeforderten Terminkalenders des Jahres 2001 keine Schlüsse zu Lasten der Kläger (dazu oben 3.). Zum anderen hat der Kläger infolge seines prozessualen Verhaltens das Recht verloren, die nicht erfolgte Zeugeneinvernahme als Verletzung der gerichtlichen Sachaufklärungspflicht zu rügen (dazu oben 4.).

21

6. Ebenso ist die Rüge, das FG habe wegen des nicht erfolgten Hinweises auf die nicht ausreichende Substantiierung des Beweisantrags vom 1. März 2010 (§ 76 Abs. 2 FGO) eine Überraschungsentscheidung getroffen, nicht erfolgreich.

22

Ein fachkundig vertretener Beteiligter, der nicht an der vom Gericht anberaumten mündlichen Verhandlung teilnimmt, begibt sich selbst seiner Gehörsrechte (vgl. BFH-Beschluss vom 4. Dezember 2008 IX B 155/08, BFH/NV 2009, 412; Lange in HHSp, § 119 FGO Rz 227). Er kann nicht mehr rügen, das FG habe eine Gehörsverletzung begangen, weil es unter Verstoß gegen § 76 Abs. 2 FGO überraschenderweise einen Beweisantrag zu Unrecht als unsubstantiiert abgelehnt habe (vgl. dazu auch oben 4.a).

23

Danach kann dahinstehen, ob und inwieweit das FG in solchen Fällen im Rahmen seiner Hinweis- und Fürsorgepflicht aus § 76 Abs. 2 FGO auf eine Vervollständigung oder Präzisierung des Beweisantrags hinwirken muss (vgl. dazu z.B. BFH-Beschluss vom 30. April 2002 X B 132/00, BFH/NV 2002, 1457, unter 4.b).

24

7. Das FG hat auch nicht den Anspruch der Kläger auf Entscheidung durch den gesetzlichen Richter (§ 119 Abs. 1 Nr. 1 FGO i.V.m. Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG) verletzt, weil an dem FG-Urteil die von den Klägern wegen der Besorgnis der Befangenheit (§ 51 Abs. 1 Satz 1 FGO i.V.m. § 42 ZPO) abgelehnten Richter mitgewirkt haben.

25

a) Grundsätzlich hat das FG über ein solches Ablehnungsgesuch durch gesonderten Beschluss ohne Mitwirkung der abgelehnten Richter zu entscheiden (§ 51 Abs. 1 Satz 1 FGO i.V.m. §§ 46, 47 ZPO). Hat das FG ein Ablehnungsgesuch in dieser Form zurückgewiesen, kann eine hierauf gestützte Besetzungsrüge nur dann Erfolg haben, wenn der Beschluss über die Zurückweisung des Ablehnungsgesuches nicht nur fehlerhaft, sondern greifbar gesetzwidrig und damit willkürlich ist (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 19. Mai 2006 II B 79/05, BFH/NV 2006, 1622, unter 1.a, m.w.N.).

26

Eines gesonderten Beschlusses bedarf es allerdings nicht, wenn das Ablehnungsgesuch wegen Rechtsmissbrauchs oder aus anderen Gründen offensichtlich unzulässig ist. In solchen Fällen kann das Gericht --unter Mitwirkung der abgelehnten Richter und ohne Abgabe dienstlicher Äußerungen (vgl. § 44 Abs. 3 ZPO)-- in den Urteilsgründen darlegen, dass es das Ablehnungsgesuch für unzulässig hält (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 27. Oktober 2006 VI B 118/05, BFH/NV 2007, 97).

27

b) Soweit das FG den Befangenheitsantrag der Kläger vom 22. März 2014 in seinem Urteil unter Mitwirkung des abgelehnten Vorsitzenden als rechtsmissbräuchlich und damit offensichtlich unzulässig zurückgewiesen hat, liegt hierin kein Verstoß gegen den gesetzlichen Richter. Das FG konnte das gesamte prozessuale Verhalten der Kläger --wie geschehen-- dahingehend würdigen, dass sie mit dem erneuten Befangenheitsantrag vom 22. März 2014 nur eine Entscheidung in der Sache verhindern und damit den Prozess verschleppen wollten (vgl. BFH-Beschluss vom 30. Juli 1993 I B 56/93, BFH/NV 1994, 325, unter 1.).

28

So hatten die Kläger im zweiten Rechtsgang vor dem Ablehnungsgesuch vom 22. März 2014 bereits vier Befangenheitsanträge gestellt, die alle durch gesonderte Beschlüsse des FG zurückgewiesen wurden. Drei dieser vier Beschlüsse griffen die Kläger weiter erfolglos mit Anhörungsrügen bzw. Gegenvorstellungen an. Das fünfte Ablehnungsgesuch vom 22. März 2014 ging erst bei Gericht ein, als der Terminänderungsantrag vom 14. März 2014 mit Verfügung des Vorsitzenden vom 18. März 2014 abgelehnt wurde. Ferner haben die Kläger mit Schriftsatz vom 25. März 2014 nochmals einen Verlegungsantrag gestellt.

29

Hinzu kommt, dass der von den Klägern im Befangenheitsantrag vom 22. März 2014 erhobene Vorwurf unsubstantiiert ist, der Vorsitzende habe bei der Gewährung der Akteneinsicht mit zweierlei Maß gemessen, weil er einerseits den Klägern die Akteneinsicht in den kompletten Ermittlungsbericht des FA zu Unrecht verweigert (dazu oben 2.), andererseits jedoch die vom Kläger überreichten Mandantenlisten und anwaltliche Terminkalender dem FA zugesandt habe. Zu dem ersten Vorwurf hat das FG bereits in dem gegen die Richterin XY gerichteten Ablehnungsverfahren mit Beschluss vom 17. Juli 2013 Stellung genommen (vgl. dazu nachfolgend c bb), zu dem zweiten Vorwurf fehlt jeglicher Vortrag dazu, aus welchen Gründen vom Berufsträger freiwillig ausgehändigte Unterlagen im finanzgerichtlichen Verfahren nicht verwertbar sein sollen (vgl. dazu BFH-Beschluss vom 1. Februar 2001 XI B 11/00, BFH/NV 2001, 811; Schuster in HHSp, § 102 AO Rz 47, 62, § 104 AO Rz 20).

30

c) Soweit die Ausführungen in der Beschwerdebegründung dahingehend zu verstehen sein sollten, dass das FG den Anspruch auf den gesetzlichen Richter auch deshalb verletzt habe, weil es in den gesonderten Beschlüssen die Befangenheitsanträge zu Unrecht zurückgewiesen habe, fehlt es an einer schlüssigen Rüge.

31

aa) Eine solche Besetzungsrüge kann nur dann Aussicht auf Erfolg haben, wenn sich dem Beschwerdevorbringen entnehmen lässt, dass der Beschluss über die Zurückweisung des Ablehnungsgesuches greifbar gesetzwidrig und damit willkürlich ist (vgl. z.B. Senatsbeschluss vom 22. Oktober 2003 III B 14/03, BFH/NV 2004, 224, unter 2.b).

32

bb) Solche schwerwiegenden Verstöße legen die Kläger in der Beschwerdebegründung nicht dar.

33

Soweit sie vortragen, der Vorsitzende habe dem FA im Zuge der Erweiterung der Klage auf das Streitjahr 2001 einen verdeckten Rechtsrat erteilt, wiederholen sie den Grund, der in dem gegen den Vorsitzenden gerichteten Befangenheitsgesuch vom 27. Januar 2011 gerügt und vom FG ohne Mitwirkung des Vorsitzenden in dem Beschluss vom 25. März 2011 gewürdigt wurde. Soweit sie ausführen, ein die Befangenheit begründender Umstand liege darin, dass der Vorsitzende den Kläger unter Verstoß gegen § 203 StGB und unter Bezugnahme auf den BFH-Beschluss vom 1. Dezember 2009 zur lückenlosen Vorlage des anwaltlichen Terminkalenders des Jahres 2001 aufgefordert habe, ist dieser Grund bereits in dem gegen den Vorsitzenden gerichteten Ablehnungsgesuch vom 28. August 2011 gerügt und vom FG ohne Mitwirkung des Vorsitzenden in dem Beschluss vom 29. September 2011 gewürdigt worden. Soweit sie vorbringen, den Klägern sei die Einsicht in den neunseitigen Ermittlungsbericht des FA zu Unrecht verwehrt worden, handelt es sich hierbei um den Grund, der bereits in dem gegen die Richterin XY gerichteten Ablehnungsgesuch vom 21. Juni 2012 geltend gemacht und vom FG ohne Mitwirkung dieser Richterin in dem Beschluss vom 17. Juli 2013 gewertet wurde.

34

Damit wiederholen sie im Wesentlichen nur die Gründe, die sie in ihren Befangenheitsanträgen vor dem FG geltend gemacht haben, ohne sich damit auseinanderzusetzen, warum die in dem jeweiligen Beschluss vorgenommene Würdigung des FG willkürlich sein soll. Eine greifbare Gesetzeswidrigkeit der Beschlüsse wird hiermit nicht dargelegt (vgl. Senatsbeschluss in BFH/NV 2004, 224, unter 2.b; Beermann in Beermann/Gosch, FGO § 119 Rz 41.9). Im Übrigen bemerkt der Senat, dass sich eine greifbare Gesetzeswidrigkeit auch nicht aus den finanzgerichtlichen Würdigungen entnehmen lässt. Das FG hat in seinen Beschlüssen umfänglich zu den vorgetragenen Befangenheitsgründen Stellung genommen; sachfremde Erwägungen sind nicht erkennbar.

35

8. Schließlich hat die Nichtzulassungsbeschwerde auch keinen Erfolg, soweit die Kläger einen Verfahrensfehler mit der Begründung geltend machen, das FG habe entgegen § 76, § 96 FGO den Sachverhalt fehlerhaft ermittelt bzw. erfasst und gegen den klaren Inhalt der Akten verstoßen.

36

a) Die Rüge des Verstoßes gegen den Inhalt der Akten stellt nur dann einen Verfahrensfehler dar, wenn hiermit die Nichtbeachtung des § 96 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 FGO geltend gemacht wird, wonach das Gericht nach seiner freien aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung entscheidet. Die Rüge eines derartigen Verfahrensverstoßes setzt die Darlegung voraus, dass das FG seiner Entscheidung einen Sachverhalt zugrunde gelegt habe, der dem schriftlichen oder protokollierten Vorbringen der Beteiligten nicht entspreche oder eine nach den Akten klar feststehende Tatsache unberücksichtigt gelassen habe (Senatsbeschluss vom 9. Juli 2012 III B 66/11, BFH/NV 2012, 1631, Rz 18).

37

b) Diese Voraussetzungen sind in der Beschwerdebegründung nicht dargelegt. Die von den Klägern im Einzelnen aufgeführten Fehler des FG bei der Sachverhaltserfassung sowie angeführten vermeintlichen Denkfehler stellen in Wahrheit Angriffe gegen die sachliche Richtigkeit des FG-Urteils dar. Damit kann die Revisionszulassung aber nicht erreicht werden, weil das Institut der Nichtzulassungsbeschwerde nicht dazu dient, allgemein die Richtigkeit finanzgerichtlicher Urteile zu gewährleisten. Insbesondere stellen Verstöße gegen die Denkgesetze und Erfahrungssätze in der Regel materiell-rechtliche Fehler dar, und zwar auch dann, wenn sich diese Fehler auf die Würdigung von Tatsachen erstrecken; sie sind deshalb der Nachprüfung des BFH im Rahmen einer Nichtzulassungsbeschwerde grundsätzlich entzogen (BFH-Beschluss vom 5. November 2014 I B 196/13, BFH/NV 2015, 348, Rz 8).

38

9. Von einer Wiedergabe des Sachverhalts und von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (§ 116 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 FGO).

39

10. Die Kostenentscheidung beruht auf § 143 Abs. 1 FGO, § 135 Abs. 2 FGO.

(1) Das Urteil ergeht "Im Namen des Volkes". Es ist schriftlich abzufassen und von den Richtern, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, zu unterzeichnen. Ist ein Richter verhindert, seine Unterschrift beizufügen, so wird dies mit dem Hinderungsgrund vom Vorsitzenden oder, wenn er verhindert ist, vom dienstältesten beisitzenden Richter unter dem Urteil vermerkt. Der Unterschrift der ehrenamtlichen Richter bedarf es nicht.

(2) Das Urteil enthält

1.
die Bezeichnung der Beteiligten, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Bevollmächtigten nach Namen, Beruf, Wohnort und ihrer Stellung im Verfahren,
2.
die Bezeichnung des Gerichts und die Namen der Mitglieder, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben,
3.
die Urteilsformel,
4.
den Tatbestand,
5.
die Entscheidungsgründe,
6.
die Rechtsmittelbelehrung.

(3) Im Tatbestand ist der Sach- und Streitstand unter Hervorhebung der gestellten Anträge seinem wesentlichen Inhalt nach gedrängt darzustellen. Wegen der Einzelheiten soll auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen verwiesen werden, soweit sich aus ihnen der Sach- und Streitstand ausreichend ergibt.

(4) Ein Urteil, das bei der Verkündung noch nicht vollständig abgefaßt war, ist vor Ablauf von zwei Wochen, vom Tag der Verkündung an gerechnet, vollständig abgefaßt der Geschäftsstelle zu übermitteln. Kann dies ausnahmsweise nicht geschehen, so ist innerhalb dieser zwei Wochen das von den Richtern unterschriebene Urteil ohne Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung der Geschäftsstelle zu übermitteln; Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung sind alsbald nachträglich niederzulegen, von den Richtern besonders zu unterschreiben und der Geschäftsstelle zu übermitteln.

(5) Das Gericht kann von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Verwaltungsakts oder des Widerspruchsbescheids folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.

(6) Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat auf dem Urteil den Tag der Zustellung und im Falle des § 116 Abs. 1 Satz 1 den Tag der Verkündung zu vermerken und diesen Vermerk zu unterschreiben. Werden die Akten elektronisch geführt, hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle den Vermerk in einem gesonderten Dokument festzuhalten. Das Dokument ist mit dem Urteil untrennbar zu verbinden.

(1) Für die Ausschließung und Ablehnung der Gerichtspersonen gelten §§ 41 bis 49 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(2) Von der Ausübung des Amtes als Richter oder ehrenamtlicher Richter ist auch ausgeschlossen, wer bei dem vorausgegangenen Verwaltungsverfahren mitgewirkt hat.

(3) Besorgnis der Befangenheit nach § 42 der Zivilprozeßordnung ist stets dann begründet, wenn der Richter oder ehrenamtliche Richter der Vertretung einer Körperschaft angehört, deren Interessen durch das Verfahren berührt werden.

Eine Partei kann einen Richter wegen Besorgnis der Befangenheit nicht mehr ablehnen, wenn sie sich bei ihm, ohne den ihr bekannten Ablehnungsgrund geltend zu machen, in eine Verhandlung eingelassen oder Anträge gestellt hat.

(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.

(2) Ein in der mündlichen Verhandlung gestellter Beweisantrag kann nur durch einen Gerichtsbeschluß, der zu begründen ist, abgelehnt werden.

(3) Der Vorsitzende hat darauf hinzuwirken, daß Formfehler beseitigt, unklare Anträge erläutert, sachdienliche Anträge gestellt, ungenügende tatsächliche Angaben ergänzt, ferner alle für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts wesentlichen Erklärungen abgegeben werden.

(4) Die Beteiligten sollen zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung Schriftsätze einreichen. Hierzu kann sie der Vorsitzende unter Fristsetzung auffordern. Die Schriftsätze sind den Beteiligten von Amts wegen zu übermitteln.

(5) Den Schriftsätzen sind die Urkunden oder elektronischen Dokumente, auf die Bezug genommen wird, in Abschrift ganz oder im Auszug beizufügen. Sind die Urkunden dem Gegner bereits bekannt oder sehr umfangreich, so genügt die genaue Bezeichnung mit dem Anerbieten, Einsicht bei Gericht zu gewähren.

Soweit dieses Gesetz nicht abweichende Vorschriften enthält, sind auf die Beweisaufnahme §§ 358 bis 444 und 450 bis 494 der Zivilprozeßordnung entsprechend anzuwenden.

(1) Das Gericht erhebt die erforderlichen Beweise.

(2) Bei einer Disziplinarklage sind Beweisanträge von dem Dienstherrn in der Klageschrift und von dem Beamten innerhalb zweier Monate nach Zustellung der Klage oder der Nachtragsdisziplinarklage zu stellen. Ein verspäteter Antrag kann abgelehnt werden, wenn seine Berücksichtigung nach der freien Überzeugung des Gerichts die Erledigung des Disziplinarverfahrens verzögern würde und der Beamte über die Folgen der Fristversäumung belehrt worden ist; dies gilt nicht, wenn zwingende Gründe für die Verspätung glaubhaft gemacht werden.

(3) Die Bestimmungen der Strafprozessordnung über die Pflicht, als Zeuge auszusagen oder als Sachverständiger ein Gutachten zu erstatten, über die Ablehnung von Sachverständigen sowie über die Vernehmung von Angehörigen des öffentlichen Dienstes als Zeugen und Sachverständige gelten entsprechend.

(1) Die Nichtzulassung der Revision kann durch Beschwerde angefochten werden.

(2) Die Beschwerde ist bei dem Gericht, gegen dessen Urteil Revision eingelegt werden soll, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils einzulegen. Die Beschwerde muß das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach der Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist bei dem Gericht, gegen dessen Urteil Revision eingelegt werden soll, einzureichen. In der Begründung muß die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung, von der das Urteil abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.

(4) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Wird der Beschwerde nicht abgeholfen, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Beschluß. Der Beschluß soll kurz begründet werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Bundesverwaltungsgericht wird das Urteil rechtskräftig.

(6) Liegen die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 Nr. 3 vor, kann das Bundesverwaltungsgericht in dem Beschluß das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen.

(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) Das Urteil darf nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden, zu denen die Beteiligten sich äußern konnten.

(1) Die Nichtzulassung der Revision kann durch Beschwerde angefochten werden.

(2) Die Beschwerde ist bei dem Gericht, gegen dessen Urteil Revision eingelegt werden soll, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils einzulegen. Die Beschwerde muß das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach der Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist bei dem Gericht, gegen dessen Urteil Revision eingelegt werden soll, einzureichen. In der Begründung muß die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung, von der das Urteil abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.

(4) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Wird der Beschwerde nicht abgeholfen, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Beschluß. Der Beschluß soll kurz begründet werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Bundesverwaltungsgericht wird das Urteil rechtskräftig.

(6) Liegen die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 Nr. 3 vor, kann das Bundesverwaltungsgericht in dem Beschluß das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen.

(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) Das Urteil darf nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden, zu denen die Beteiligten sich äußern konnten.

(1) Enthält der Tatbestand des Urteils andere Unrichtigkeiten oder Unklarheiten, so kann die Berichtigung binnen zwei Wochen nach Zustellung des Urteils beantragt werden.

(2) Das Gericht entscheidet ohne Beweisaufnahme durch Beschluß. Der Beschluß ist unanfechtbar. Bei der Entscheidung wirken nur die Richter mit, die beim Urteil mitgewirkt haben. Ist ein Richter verhindert, so entscheidet bei Stimmengleichheit die Stimme des Vorsitzenden. Der Berichtigungsbeschluß wird auf dem Urteil und den Ausfertigungen vermerkt. Ist das Urteil elektronisch abgefasst, ist auch der Beschluss elektronisch abzufassen und mit dem Urteil untrennbar zu verbinden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Die Anfechtungsklage muß innerhalb eines Monats nach Zustellung des Widerspruchsbescheids erhoben werden. Ist nach § 68 ein Widerspruchsbescheid nicht erforderlich, so muß die Klage innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Verwaltungsakts erhoben werden.

(2) Für die Verpflichtungsklage gilt Absatz 1 entsprechend, wenn der Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts abgelehnt worden ist.