Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 31. März 2017 - 8 ZB 15.1238

bei uns veröffentlicht am31.03.2017
vorgehend
Verwaltungsgericht Augsburg, 3 K 14.705, 28.04.2015

Gericht

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II. Die Klägerin hat die Kosten des Antragsverfahrens zu tragen.

III. Der Streitwert für das Antragsverfahren wird auf 15.000 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Die Klägerin wendet sich gegen die Ablehnung ihres Antrages auf wasserrechtliche Planfeststellung zum Zweck der Nassauskiesung (Herstellung eines Baggersees mit 8,77 ha Fläche und einer Abbausohle von 620,00 m ü. NN bei einem mittleren Grundwasserstand von 628,41 m ü. NN).

Der Antrag auf Erteilung einer wasserrechtlichen Gestattung wurde im Wesentlichen mit der Begründung abgelehnt, das Vorhaben sei bauplanungsrechtlich unzulässig. Es stehe im Widerspruch zu den im Flächennutzungsplan der Beigeladenen ausgewiesenen Konzentrationsflächen für Kiesabbau und -verarbeitung. Die Klägerin könne sich nicht darauf berufen, dass die Beigeladene auf einem benachbarten Grundstück Kies entnehme, da diese - zum Zeitpunkt ihrer Aufnahme im Jahr 1968 genehmigungsfreie - Kiesentnahme stets nur temporär und in geringem Umfang durchgeführt worden sei.

Die auf Verpflichtung des Beklagten zur Neuverbescheidung gerichtete Klage hat das Bayerische Verwaltungsgericht Augsburg mit Urteil vom 28. April 2015 abgewiesen. Hiergegen richtet sich der Antrag auf Zulassung der Berufung, in dem sich die Klägerin im Wesentlichen darauf beruft, dass der Kiesabbau durch die Beigeladene eine atypische Fallkonstellation im Sinn des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB begründe. Zudem macht sie geltend, der an der Entscheidung mitwirkende Kammervorsitzende sei aufgrund seiner früheren Tätigkeit an dem für die Genehmigung zuständigen Landratsamt U … von der Ausübung seines Richteramts ausgeschlossen gewesen oder hätte diese Tätigkeit zumindest offenbaren müssen. Von den maßgeblichen Umständen habe sie erst nach der Urteilsverkündung aufgrund eines kurzweiligen Gesprächs zwischen dem Kammervorsitzenden und den Behördenvertretern Kenntnis erlangt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Akten verwiesen.

II.

Der Zulassungsantrag hat keinen Erfolg. Die von der Klägerin geltend gemachten Zulassungsgründe wurden entweder schon nicht hinreichend dargelegt oder liegen nicht vor (vgl. § 124 Abs. 2 VwGO, § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO). Die vorgebrachten Zulassungsgründe rechtfertigen nicht die Zulassung der Berufung. Abgesehen davon fehlt es weitgehend an einer hinreichenden Durchdringung des Streitstoffs (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO).

1. Aus dem Vorbringen der Klägerin ergeben sich keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).

Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung im Sinn des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO bestehen nur, wenn einzelne tragende Rechts-sätze oder erhebliche Tatsachenfeststellungen des Verwaltungsgerichts durch schlüssige Gegenargumente infrage gestellt werden. Schlüssige Gegenargumente liegen vor, wenn der Antragsteller substanziiert rechtliche oder tatsächliche Umstände aufzeigt, aus denen sich die gesicherte Möglichkeit ergibt, dass die erstinstanzliche Entscheidung unrichtig ist (vgl. BVerfG, B.v. 3.3.2004 - 1 BvR 461/03 - BVerfGE 110, 77/83; B.v. 20.12.2010 - 1 BvR 2011/10 - NVwZ 2011, 546). Dabei kommt es grundsätzlich nicht auf einzelne Elemente der Urteilsbegründung an, sondern auf das Ergebnis der Entscheidung, also auf die Richtigkeit des Urteils nach dem Sachausspruch in der Urteilsformel (vgl. BVerwG, B.v. 10.3.2004 - 7 AV 4/03 - DVBl 2004, 838; BayVGH, B.v. 24.2.2006 - 1 ZB 05.614 - juris Rn. 11; B.v. 19.3.2013 - 20 ZB 12.1881 - juris Rn. 2).

Nach diesem Maßstab bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung. Es ist nicht fraglich, dass das Verwaltungsgericht die Klage zu Recht abgewiesen hat.

In ihrem Vortrag beruft sich die Klägerin im Wesentlichen nur darauf, dass nach ihrem Dafürhalten ein atypischer Fall vorliege und daher die gemäß § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB anzustellende (nachvollziehende) Abwägung fehlerhaft sei. Sie wendet sich dagegen nicht gegen die ausführliche (inzidente) Prüfung der Wirksamkeit des Flächennutzungsplans. Im Urteil wird (auch unter Berücksichtigung der klägerischen Einwendungen in Bezug auf die Kiesabbaufläche der Beigeladenen) im Einzelnen dargelegt, dass die Darstellung der Konzentrationsfläche wirksam ist, wogegen im Zulassungsvorbringen keine substanziierten Einwendungen erhoben werden.

Die Klägerin setzt sich in ihrem Vorbringen zu § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB nicht hinreichend mit den Urteilsgründen auseinander. Das Verwaltungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Regelung kein absolutes Zulassungshindernis aufstellt, sondern einen Ausnahmevorbehalt für atypische Einzelfälle beinhaltet. Dies läuft auf eine nachvollziehende Abwägung hinaus, bei der jedoch zu berücksichtigen ist, dass der Gesetzgeber mit der Regel-Ausnahme-Formel in § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB zum Ausdruck gebracht hat, dass außerhalb der Konzentrationsflächen grundsätzlich dem Freihalteinteresse der Vorrang gebührt. Im Urteil wurden auch die höchstrichterlichen Maßstäbe für eine Atypik zutreffend dargelegt (vgl. BVerwG, U.v. 26.4.2007 - 4 CN 3/06 - BVerwGE 128, 382 Rn. 17; U.v. 17.12.2002 - 4 C 15/01 - BVerwGE 117, 287 Rn. 48; dazu auch BayVGH, B.v. 12.2.2015 - 15 ZB 13.1578 - juris Rn. 40 f.; Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand November 2015, § 35 Rn. 128a, jeweils m.w.N.). Voraussetzung ist insofern vor allem, dass der zur Genehmigung gestellte Standort das gesamträumliche Planungskonzept der Gemeinde nicht infrage stellt. Es muss sich um eine vom Plangeber so nicht vorgesehene (atypische) Fallkonstellation handeln (BVerwG, U.v. 26.4.2007 - 4 CN 3/06 - BVerwGE 128, 382 Rn. 17).

Unter Zugrundelegung dieser höchstrichterlichen Maßstäbe hat das Verwaltungsgericht nachvollziehbar dargelegt, dass keine derartige atypische Sondersituation gegeben ist und zwar mangels tatsächlicher Umstände, die es nahe legen könnten, einen die Regelvermutung ausschließenden, vom Plangeber so nicht vorgesehenen Sonderfall anzunehmen. Dabei hat das Verwaltungsgericht zutreffend auf die Entscheidungen in einem vorangegangenen verwaltungsgerichtlichen Verfahren verwiesen, wo ausgeführt wurde, dass das konkrete Vorhaben des Kiesabbaus auf den klägerischen Grundstücken von der Ausschlusswirkung erfasst werden sollte (vgl. VG Augsburg, U.v. 30.10.2002 - Au 4 K 01.657 - S. 15 des Entscheidungsumdrucks; zur Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung BayVGH, B.v. 30.11.2004 - 26 ZB 03.52 - juris). Die Klägerin hat nicht substanziiert dargelegt, warum diese Ausführungen unzutreffend sein sollen; sie hat selbst auch keine atypische Sondersituation im genannten Sinn aufgezeigt. Aus ihrem Vorbringen im Zulassungsverfahren wird nicht ersichtlich, dass die Planungsziele der Beigeladenen (deren Wirksamkeit im Zulassungsverfahren nicht in Streit steht, s. oben) durch das konkrete Vorhaben nicht infrage gestellt würden und dass ein vom Plangeber nicht vorgesehener atypischer Fall vorliegen könnte. Ebenso wenig wird hinreichend dargelegt, aufgrund welcher Umstände das Abbauinteresse bei Abwägung aller Belange gewichtiger erscheinen soll, als das grundsätzlich vorrangige Freihaltungsinteresse der Beigeladenen. Gleichermaßen fehlt ein Vortrag dazu, warum sich das Vorhaben der Klägerin aus dem Kreis anderer Vorhaben herausheben sollte, deren Zulassung die Beigeladene hat steuern wollen (vgl. dazu auch BayVGH, B.v. 12.2.2015 - 15 ZB 13.1578 - juris Rn. 40 f.).

Soweit die Klägerin der Beigeladenen im Ergebnis ein widersprüchliches Verhalten vorhält, fehlt es ebenfalls an einer hinreichenden Auseinandersetzung mit den Ausführungen im Urteil. Bei der (inzidenten) Prüfung der Wirksamkeit des Flächennutzungsplans, die von der Klägerin im Zulassungsverfahren nicht substanziiert in Abrede gestellt wurde, hat das Verwaltungsgericht im Einzelnen erläutert, dass es sich bei der noch gelegentlich stattfindenden Kiesentnahme durch die Beigeladene in der Nachbarschaft des beabsichtigten Vorhabens um eine bereits vor der Gebietsreform im Jahr 1972 begonnene Gewinnung für den Eigenbedarf handelt, die nach Art und Umfang mit dem von der Klägerin beabsichtigten Nassabbau (in einer Größenordnung von 8,7 ha und einem von Klägerseite geschätzten Abbauvolumen von etwa 993.800 m³) nicht vergleichbar ist (s. Entscheidungsgründe, Rn. 74 ff.). Auch dagegen hat die Klägerin keine durchgreifenden Einwendungen in ihrem Zulassungsvorbringen erhoben.

Schließlich fehlt es auch dem weiteren Vortrag, etwa in Bezug auf die Größe der dargestellten Konzentrationsflächen oder auf die Zunahme des Bedarfs an Kies und einer vermeintlich drohenden Rohstoffverknappung, an der erforderlichen Substanziierung und an einer hinreichenden rechtlichen Darlegung. Dass keine Vorrang- oder Vorbehaltsflächen überplant wurden und dass sich bislang keine neuen Erkenntnisse in Bezug auf die Festsetzungen der Konzentrationszonen im Flächennutzungsplan ergeben haben, hat die Beigeladene im Übrigen mit Schreiben vom 24. Januar 2017 dargelegt. Eine akute Unterversorgung ist danach nicht ersichtlich. Dem ist die Klägerin nicht substanziiert entgegengetreten. Die Hinweise auf eine beabsichtigte Fortschreibung des Regionalplans reichen insofern nicht aus.

2. Die Klägerin hat sich nicht auf den Zulassungsgrund der besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO), die die Durchführung eines Berufungsverfahrens erforderten, berufen und diesen vor allem nicht in einer § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO entsprechenden Weise dargelegt. Die von ihr aufgeworfenen Fragen können - wie die Ausführungen unter Ziffer 1 deutlich machen - ohne nennenswerten Aufwand im Zulassungsverfahren geklärt werden (zum Maßstab vgl. BayVGH, B.v. 3.11.2011 - 8 ZB 10.2931 - BayVBl 2012, 147/149, m.w.N.).

3. Die Berufung ist auch nicht wegen eines Verfahrensmangels zuzulassen (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO). Ein solcher wäre in tatsächlicher und rechtlicher Sicht konkret zu bezeichnen gewesen.

3.1 Die Klägerin kann sich nicht auf eine Verletzung der Bestimmungen über die Ausschließung und Ablehnung von Gerichtspersonen (§ 54 Abs. 2 VwGO, § 54 Abs. 1 VwGO i.V.m. §§ 41 ff. ZPO) oder ihres Rechts auf den gesetzlichen Richter aus Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG berufen.

3.1.1. Soweit die Klägerin einen Ausschluss des Kammervorsitzenden kraft Gesetzes diskutiert (vgl. zu diesem Verfahrensmangel BVerwG, B.v. 7.3.2017 - 6 B 53/16 - juris Rn. 17), fehlt es bereits an der hinreichenden Darlegung eines Ausschlussgrunds. Ein Richter ist von der Ausübung seines Amtes ausgeschlossen, wenn er bei dem vorausgegangenen Verwaltungsverfahren mitgewirkt hat (§ 54 Abs. 2 VwGO). Eine derartige Mitwirkung wurde von der Klägerin im Zulassungsverfahren aber nicht hinreichend substanziiert dargelegt. Zwar mag der Begriff des vorausgegangenen Verwaltungsverfahrens weit auszulegen sein (vgl. BVerwG, U.v. 8.2.1977 - V C 071.75 - BVerwGE 52, 47/48 ff.; W.-R. Schenke in Kopp/Schenke, VwGO, 22. Aufl. 2016, § 54 Rn. 8, m.w.N.). Nicht ausreichend ist es jedoch regelmäßig, wenn ein Richter (zudem wie hier vor längerer Zeit) lediglich bei der Behörde tätig war, deren Entscheidung angegriffen ist (vgl. BFH, B.v. 12.6.2012 - I B 148/11 - juris Rn. 15 ff.; BayVGH, B.v. 27.5.1981 - 20 B 80 D.36 - BayVBl 1981, 723/725; W.-R. Schenke in Kopp/Schenke, VwGO, 22. Aufl. 2016, § 54 Rn. 8, m.w.N.).

Die Landesanwaltschaft Bayern hat unwidersprochen vorgetragen, dass der Kammervorsitzende das für die streitgegenständliche Genehmigung zuständige Landratsamt U … bereits in den achtziger Jahren verlassen hat (also gut 25 Jahre vor Verkündung der angefochtenen Entscheidung) und mit dem Vorhaben der Klägerin ebenso wenig befasst war wie mit den planerischen Grundlagen. Dies erscheint bei Berücksichtigung der Gesamtumstände auch ohne Weiteres nachvollziehbar. Es wurden dagegen von der Klägerin keine substanziierten Tatsachen vorgebracht, die eine Mitwirkung im Sinn des § 54 Abs. 2 VwGO begründen könnten.

3.1.2 Soweit die Klägerin darüber hinaus Zweifel an der Objektivität des Kammervorsitzenden geltend macht, führt dies ebenfalls nicht zum Erfolg des Zulassungsantrages. Sie kann sich nicht darauf berufen, dieser sei nicht nur selbst an der Genehmigungsbehörde - die zugleich Vertretungsbehörde des Beklagten war - tätig gewesen, sondern habe sich im Anschluss an die Sitzung (in der das Urteil verkündet wurde) mit den anwesenden Behördenvertretern über seine damalige Zeit als Abteilungsleiter angeregt und kurzweilig unterhalten.

Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung kann die Besorgnis der Befangenheit der entscheidenden Richter nach Erlass eines Urteils und Eintritt der Bindungswirkung nicht mehr geltend gemacht werden, so dass ein Verfahrensmangel (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO) nur vorliegt, wenn ein Ablehnungsgesuch in der Vorinstanz tatsächlich Erfolg gehabt hätte. Dies gilt selbst dann, wenn erst nachträglich Gründe erkennbar werden, die vor dem Urteil eine Ablehnung gemäß § 54 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 42 Abs. 2 ZPO hätten rechtfertigen können (vgl. BVerwG, B.v. 7.3.2017 - 6 B 53/16 - juris Rn. 19; B.v. 29.6.2016 - 2 B 18/15 - juris Rn. 36 ff.; U.v. 16.4.1997 - 6 C 9/95 - DVBl 1997, 1235 f.; BSG, B.v. 16.12.2008 - B 9 SB 24/08 B - juris Rn. 10; BayVGH, B.v. 28.8.2015 - 9 ZB 13.1876 - juris Rn. 26).

3.1.3 Einen Verstoß gegen die verfassungsrechtliche Gewährleistung des Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG hat die Klägerin ebenfalls nicht dargelegt. Voraussetzung wäre, dass ein tätig gewordener Richter tatsächlich und so eindeutig die gebotene Distanz und Neutralität vermissen lassen hätte, dass jede andere Würdigung als die einer Besorgnis der Befangenheit willkürlich erschiene (BVerwG, B.v. 7.3.2017 - 6 B 53/16 - juris Rn. 20; B.v. 29.6.2016 - 2 B 18/15 - juris Rn. 38; U.v. 16.4.1997 - 6 C 9/95 - DVBl 1997, 1235 f.; BSG, B.v. 16.12.2008 - B 9 SB 24/08 B - juris Rn. 10; W.-R. Schenke in Kopp/Schenke, VwGO, 22. Aufl. 2016, § 54 Rn. 22).

Bei Zugrundelegung dieser Maßstäbe fehlt es im Zulassungsverfahren nicht nur an einer rechtlichen Darlegung eines solchen Verfahrensverstoßes, sondern auch an einem hinreichend substanziierten Tatsachenvorbringen. Das von der Klägerin geschilderte Gespräch begründet keinen derartigen Verfahrensfehler, so dass offen bleiben kann, unter welchen Voraussetzungen ein solcher bei einem nach der mündlichen Verhandlung gezeigten Verhalten anzunehmen ist. Die von der Klägerin geschilderte Unterhaltung mit Vertretern einer Behörde über die frühere Tätigkeit bei dieser mag möglicherweise - da überraschend - als nicht ganz angemessen zu bewerten sein. Aus Sicht der Prozessparteien kann bei vernünftiger Betrachtungsweise darin aber jedenfalls keine so eindeutige Verletzung der gebotenen Distanz und Neutralität gesehen werden, dass jede andere Würdigung als die einer Besorgnis der Befangenheit als willkürlich erschiene.

3.1.4 Ein Verfahrensmangel in Form der Gehörsrüge, wegen Verletzung der richterlichen Pflicht zur Selbstanzeige gemäß § 54 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 48 ZPO (vgl. BVerwG, B.v. 7.3.2017 - 6 B 53/16 - juris Rn. 23 ff.; BGH, U.v. 15.12.1994 - I ZR 121/92 - NJW 1995, 1677/1678 f.; BFH, U.v. 10.8.2006 - II R 59/05 - juris Rn. 24 ff.; OLG München, U.v. 26.3.2014 - 15 U 4783/12 - NJW 2014, 3042 Rn. 15, 21, m.w.N.; W.-R. Schenke in Kopp/Schenke, VwGO, 22. Aufl. 2016, § 54 Rn. 22) wurde nicht substanziiert vorgetragen. Ein solcher liegt vor, wenn kein Ablehnungsgesuch gestellt werden konnte, weil das Vorliegen eines Ausschluss- oder Ablehnungsgrunds den Verfahrensbeteiligten vor Abschluss des Verfahrens aufgrund des Verstoßes gegen die richterliche Offenbarungspflicht nicht bekannt war.

Die Klägerin kann sich jedoch nicht darauf berufen, dass der Kammervorsitzende seine frühere Tätigkeit beim Landratsamt U … hätte anzeigen müssen (§ 54 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 48 ZPO). Ein solcher Verstoß gegen prozessuale Verpflichtungen gegenüber den Beteiligten wird aus dem klägerischen Vorbringen nicht ersichtlich. Voraussetzung hierfür wäre, dass ein Verhältnis gegeben gewesen wäre, das entweder den Ausschluss des Richters kraft Gesetzes (§ 54 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 41 ZPO; § 54 Abs. 2 VwGO) hätte rechtfertigen können oder zumindest dessen Ablehnung nahelegte (§ 54 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 42 Abs. 2 ZPO), wobei die gleichen Maßstäbe gelten würden, wie bei der Fremdablehnung (vgl. BGH, U.v. 15.12.1994 - I ZR 121/92 - NJW 1995, 1677/1679; Vollkommer in Zöller, ZPO, 31. Aufl. 2016, § 48 Rn. 2).

Indes handelt es sich bei der ein Vierteljahrhundert zurückliegenden Tätigkeit des Kammervorsitzenden am Landratsamt U … offensichtlich um kein Verhältnis, das einen Ausschluss gemäß § 54 Abs. 2 VwGO hätte begründen können. Ebenso wenig bestand Veranlassung, die Möglichkeit in Betracht zu ziehen, dass ein Verhältnis vorgelegen hätte, das eine Ablehnung gemäß § 54 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 42 Abs. 2 ZPO hätte rechtfertigen können. Erforderlich hierfür ist ein Grund, der aus der maßgeblichen Sicht der Prozessparteien bei vernünftiger Betrachtungsweise geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen (vgl. BGH, U.v. 15.12.1994 - I ZR 121/92 - NJW 1995, 1677/1679, m.w.N.). Solche Gründe hat die Klägerin jedoch nicht substanziiert dargelegt. Hierfür reicht regelmäßig weder eine frühere Verwendung eines Richters in einer Behörde, deren Entscheidungen in Streit stehen, noch seine kollegiale Verbindung zu Behördenmitarbeitern, die im konkreten Verwaltungsverfahren tätig waren (vgl. BVerwG, U.v. 21.3.2012 - 6 C 19/11 - NVwZ 2012, 1188 Rn. 18; BayVGH, B.v. 27.5.1981 - 20 B 80 D.36 - BayVBl 1981, 723/725). Vielmehr bedarf es zusätzlicher Umstände. Konkrete Tatsachen, die darauf hindeuteten, dass vorliegend solche besonderen Gegebenheiten vorgelegen hätten, wurden von der Klägerin nicht vorgetragen und sind auch sonst nicht ersichtlich. Sie hat zu den Gründen, die eine Ausschließung rechtfertigen könnten, über allgemeine Eindrücke in Bezug auf das Gespräch nach Abschluss der mündlichen Verhandlung hinaus nichts Näheres dargelegt.

3.2 Soweit die Klägerin geltend macht, das Gericht hätte aufklären müssen, ob die Konzentrationszonen ausreichend bemessen und ob Prognosen überholt seien, wurde dieser Einwand erstmals nach Ablauf der Frist des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO vorgebracht (vgl. W.-R. Schenke in Kopp/Schenke, VwGO, 22. Aufl. 2016, § 124a Rn. 50). Darüber hinaus wäre eine Aufklärungsrüge jedenfalls nicht hinreichend substanziiert vorgetragen worden (vgl. zu den Erfordernissen BayVGH, B.v. 19.1.2017 - 8 ZB 15.811 - juris Rn. 18 f.; B.v. 7.3.2017 - 8 ZB 15.1005 - juris Rn. 10; W.-R. Schenke in Kopp/Schenke, VwGO, 22. Aufl. 2016, § 124a Rn. 56, jeweils m.w.N.).

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertentscheidung ergibt sich aus § 47 Abs. 1 Satz 1, § 52 Abs. 1 GKG.

Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

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der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Windenergie nach Maßgabe des § 249 oder der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Wasserenergie dient,
6.
der energetischen Nutzung von Biomasse im Rahmen eines Betriebs nach Nummer 1 oder 2 oder eines Betriebs nach Nummer 4, der Tierhaltung betreibt, sowie dem Anschluss solcher Anlagen an das öffentliche Versorgungsnetz dient, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit dem Betrieb,
b)
die Biomasse stammt überwiegend aus dem Betrieb oder überwiegend aus diesem und aus nahe gelegenen Betrieben nach den Nummern 1, 2 oder 4, soweit letzterer Tierhaltung betreibt,
c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben und
d)
die Kapazität einer Anlage zur Erzeugung von Biogas überschreitet nicht 2,3 Millionen Normkubikmeter Biogas pro Jahr, die Feuerungswärmeleistung anderer Anlagen überschreitet nicht 2,0 Megawatt,
7.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Kernenergie zu friedlichen Zwecken oder der Entsorgung radioaktiver Abfälle dient, mit Ausnahme der Neuerrichtung von Anlagen zur Spaltung von Kernbrennstoffen zur gewerblichen Erzeugung von Elektrizität,
8.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie dient
a)
in, an und auf Dach- und Außenwandflächen von zulässigerweise genutzten Gebäuden, wenn die Anlage dem Gebäude baulich untergeordnet ist, oder
b)
auf einer Fläche längs von
aa)
Autobahnen oder
bb)
Schienenwegen des übergeordneten Netzes im Sinne des § 2b des Allgemeinen Eisenbahngesetzes mit mindestens zwei Hauptgleisen
und in einer Entfernung zu diesen von bis zu 200 Metern, gemessen vom äußeren Rand der Fahrbahn, oder
9.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie durch besondere Solaranlagen im Sinne des § 48 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 Buchstabe a, b oder c des Erneuerbare-Energien-Gesetzes dient, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit einem Betrieb nach Nummer 1 oder 2,
b)
die Grundfläche der besonderen Solaranlage überschreitet nicht 25 000 Quadratmeter und
c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben.

(2) Sonstige Vorhaben können im Einzelfall zugelassen werden, wenn ihre Ausführung oder Benutzung öffentliche Belange nicht beeinträchtigt und die Erschließung gesichert ist.

(3) Eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange liegt insbesondere vor, wenn das Vorhaben

1.
den Darstellungen des Flächennutzungsplans widerspricht,
2.
den Darstellungen eines Landschaftsplans oder sonstigen Plans, insbesondere des Wasser-, Abfall- oder Immissionsschutzrechts, widerspricht,
3.
schädliche Umwelteinwirkungen hervorrufen kann oder ihnen ausgesetzt wird,
4.
unwirtschaftliche Aufwendungen für Straßen oder andere Verkehrseinrichtungen, für Anlagen der Versorgung oder Entsorgung, für die Sicherheit oder Gesundheit oder für sonstige Aufgaben erfordert,
5.
Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege, des Bodenschutzes, des Denkmalschutzes oder die natürliche Eigenart der Landschaft und ihren Erholungswert beeinträchtigt oder das Orts- und Landschaftsbild verunstaltet,
6.
Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur beeinträchtigt, die Wasserwirtschaft oder den Hochwasserschutz gefährdet,
7.
die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lässt oder
8.
die Funktionsfähigkeit von Funkstellen und Radaranlagen stört.
Raumbedeutsame Vorhaben dürfen den Zielen der Raumordnung nicht widersprechen; öffentliche Belange stehen raumbedeutsamen Vorhaben nach Absatz 1 nicht entgegen, soweit die Belange bei der Darstellung dieser Vorhaben als Ziele der Raumordnung abgewogen worden sind. Öffentliche Belange stehen einem Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 in der Regel auch dann entgegen, soweit hierfür durch Darstellungen im Flächennutzungsplan oder als Ziele der Raumordnung eine Ausweisung an anderer Stelle erfolgt ist.

(4) Den nachfolgend bezeichneten sonstigen Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 kann nicht entgegengehalten werden, dass sie Darstellungen des Flächennutzungsplans oder eines Landschaftsplans widersprechen, die natürliche Eigenart der Landschaft beeinträchtigen oder die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lassen, soweit sie im Übrigen außenbereichsverträglich im Sinne des Absatzes 3 sind:

1.
die Änderung der bisherigen Nutzung eines Gebäudes, das unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 1 errichtet wurde, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben dient einer zweckmäßigen Verwendung erhaltenswerter Bausubstanz,
b)
die äußere Gestalt des Gebäudes bleibt im Wesentlichen gewahrt,
c)
die Aufgabe der bisherigen Nutzung liegt nicht länger als sieben Jahre zurück,
d)
das Gebäude ist vor mehr als sieben Jahren zulässigerweise errichtet worden,
e)
das Gebäude steht im räumlich-funktionalen Zusammenhang mit der Hofstelle des land- oder forstwirtschaftlichen Betriebs,
f)
im Falle der Änderung zu Wohnzwecken entstehen neben den bisher nach Absatz 1 Nummer 1 zulässigen Wohnungen höchstens fünf Wohnungen je Hofstelle und
g)
es wird eine Verpflichtung übernommen, keine Neubebauung als Ersatz für die aufgegebene Nutzung vorzunehmen, es sei denn, die Neubebauung wird im Interesse der Entwicklung des Betriebs im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1 erforderlich,
2.
die Neuerrichtung eines gleichartigen Wohngebäudes an gleicher Stelle unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das vorhandene Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden,
b)
das vorhandene Gebäude weist Missstände oder Mängel auf,
c)
das vorhandene Gebäude wurde oder wird seit längerer Zeit vom Eigentümer selbst genutzt und
d)
Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des bisherigen Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird; hat der Eigentümer das vorhandene Gebäude im Wege der Erbfolge von einem Voreigentümer erworben, der es seit längerer Zeit selbst genutzt hat, reicht es aus, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird,
3.
die alsbaldige Neuerrichtung eines zulässigerweise errichteten, durch Brand, Naturereignisse oder andere außergewöhnliche Ereignisse zerstörten, gleichartigen Gebäudes an gleicher Stelle,
4.
die Änderung oder Nutzungsänderung von erhaltenswerten, das Bild der Kulturlandschaft prägenden Gebäuden, auch wenn sie aufgegeben sind, wenn das Vorhaben einer zweckmäßigen Verwendung der Gebäude und der Erhaltung des Gestaltwerts dient,
5.
die Erweiterung eines Wohngebäudes auf bis zu höchstens zwei Wohnungen unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden,
b)
die Erweiterung ist im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse angemessen und
c)
bei der Errichtung einer weiteren Wohnung rechtfertigen Tatsachen die Annahme, dass das Gebäude vom bisherigen Eigentümer oder seiner Familie selbst genutzt wird,
6.
die bauliche Erweiterung eines zulässigerweise errichteten gewerblichen Betriebs, wenn die Erweiterung im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und Betrieb angemessen ist.
In begründeten Einzelfällen gilt die Rechtsfolge des Satzes 1 auch für die Neuerrichtung eines Gebäudes im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1, dem eine andere Nutzung zugewiesen werden soll, wenn das ursprüngliche Gebäude vom äußeren Erscheinungsbild auch zur Wahrung der Kulturlandschaft erhaltenswert ist, keine stärkere Belastung des Außenbereichs zu erwarten ist als in Fällen des Satzes 1 und die Neuerrichtung auch mit nachbarlichen Interessen vereinbar ist; Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b bis g gilt entsprechend. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 2 und 3 sowie des Satzes 2 sind geringfügige Erweiterungen des neuen Gebäudes gegenüber dem beseitigten oder zerstörten Gebäude sowie geringfügige Abweichungen vom bisherigen Standort des Gebäudes zulässig.

(5) Die nach den Absätzen 1 bis 4 zulässigen Vorhaben sind in einer flächensparenden, die Bodenversiegelung auf das notwendige Maß begrenzenden und den Außenbereich schonenden Weise auszuführen. Für Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6, 8 Buchstabe b und Nummer 9 ist als weitere Zulässigkeitsvoraussetzung eine Verpflichtungserklärung abzugeben, das Vorhaben nach dauerhafter Aufgabe der zulässigen Nutzung zurückzubauen und Bodenversiegelungen zu beseitigen; bei einer nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 und 8 Buchstabe b zulässigen Nutzungsänderung ist die Rückbauverpflichtung zu übernehmen, bei einer nach Absatz 1 Nummer 1 oder Absatz 2 zulässigen Nutzungsänderung entfällt sie. Die Baugenehmigungsbehörde soll durch nach Landesrecht vorgesehene Baulast oder in anderer Weise die Einhaltung der Verpflichtung nach Satz 2 sowie nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe g sicherstellen. Im Übrigen soll sie in den Fällen des Absatzes 4 Satz 1 sicherstellen, dass die bauliche oder sonstige Anlage nach Durchführung des Vorhabens nur in der vorgesehenen Art genutzt wird.

(6) Die Gemeinde kann für bebaute Bereiche im Außenbereich, die nicht überwiegend landwirtschaftlich geprägt sind und in denen eine Wohnbebauung von einigem Gewicht vorhanden ist, durch Satzung bestimmen, dass Wohnzwecken dienenden Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 nicht entgegengehalten werden kann, dass sie einer Darstellung im Flächennutzungsplan über Flächen für die Landwirtschaft oder Wald widersprechen oder die Entstehung oder Verfestigung einer Splittersiedlung befürchten lassen. Die Satzung kann auch auf Vorhaben erstreckt werden, die kleineren Handwerks- und Gewerbebetrieben dienen. In der Satzung können nähere Bestimmungen über die Zulässigkeit getroffen werden. Voraussetzung für die Aufstellung der Satzung ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar ist,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
Bei Aufstellung der Satzung sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. § 10 Absatz 3 ist entsprechend anzuwenden. Von der Satzung bleibt die Anwendung des Absatzes 4 unberührt.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Tenor

1. Der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 28. Juni 2010 - 12 N 33.10 - verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 19 Absatz 4 des Grundgesetzes.

Der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 28. Juni 2010 - 12 N 33.10 - wird aufgehoben. Die Sache wird an das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg zurückverwiesen.

2. ...

Gründe

I.

1

Der Beschwerdeführer wendet sich mit seiner Verfassungsbeschwerde gegen einen Beschluss des Oberverwaltungsgerichts, mit dem sein Antrag auf Zulassung der Berufung gegen ein verwaltungsgerichtliches Urteil zurückgewiesen wurde. Im erstinstanzlichen Verfahren hatte er eine Reduzierung der von ihm für das Jahr 2001 geforderten Abgaben für ein ärztliches Versorgungswerk angestrebt.

2

1. § 20 Abs. 1 Satz 1 der Satzung der Berliner Ärzteversorgung in der Fassung vom 1. April 2000 verpflichtet jedes Mitglied zur Leistung von Versorgungsabgaben, sofern Einkünfte aus ärztlicher Berufsausübung erzielt werden. Als allgemeine Versorgungsabgabe ist eine "Normalabgabe" zu zahlen, die gemäß § 23 Abs. 1 Satz 1 der Satzung dem höchsten Pflichtbeitrag zur Angestelltenversicherung im gleichen Jahr entspricht. Als Mindestabgabe ist der 0,2-fache Betrag der Normalabgabe zu zahlen. In ständiger Verwaltungspraxis mussten im streitgegenständlichen Zeitraum Mitglieder, deren Einkommen 2.000 DM pro Monat unterschritt, nur einen reduzierten Versorgungsbeitrag in Höhe des hälftigen Beitragssatzes der Rentenversicherung der Angestellten erbringen (im Folgenden: Härtefallregelung).

3

Im Jahr 2001 belief sich der höchste Pflichtbeitrag zur Rentenversicherung der Angestellten auf 1.661,70 DM (849,61 €).

4

2. Der Beschwerdeführer ist Arzt und war aufgrund seiner Mitgliedschaft in der Ärztekammer, der Beklagten des Ausgangsverfahrens (im Folgenden: Beklagte) auch Mitglied der von ihr eingerichteten Ärzteversorgung.

5

Auf Grundlage eines Honorarvertrags war der Beschwerdeführer ab Juli 2000 als Bereitschaftsarzt für eine Privatklinik tätig. Da er zunächst weniger als 2.000 DM pro Monat verdiente, beantragte er bei der Beklagten eine Beitragsreduzierung auf Basis der Härtefallregelung, die diese mit Bescheid von Februar 2001 ab Januar 2000 gewährte. Für den Zeitraum ab Januar 2001 setzte die Beklagte gegenüber dem Beschwerdeführer unter Zugrundelegung der Härtefallregelung einen monatlichen Beitrag von 81,20 DM fest. Die Tätigkeit des Beschwerdeführers als Bereitschaftsarzt endete mit Ablauf des Monats Oktober 2001. Das letzte Honorar wurde im November 2001 ausgezahlt. Für den Rest des Jahres 2001 erzielte der Beschwerdeführer keine Einnahmen aus ärztlicher Tätigkeit mehr.

6

a) Nachdem der Beschwerdeführer den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2001 vorgelegt hatte, aus dem sich Einkünfte aus selbständiger Arbeit in Höhe von 20.291 DM (10.374,62 €) ergaben, setzte die Beklagte im Mai 2003 für das Jahr 2001 bezüglich der Monate Januar bis Oktober 2001, ausgehend vom 0,2-fachen der Normalabgabe, einen monatlichen Beitrag von jeweils 169,92 € fest. Unter Berücksichtigung bereits gezahlter Beiträge und vorhandener Guthaben forderte sie vom Beschwerdeführer zugleich eine Nachzahlung in Höhe von 1.206,79 €. Der gegen die Höhe der Abgabe gerichtete Widerspruch des Beschwerdeführers blieb erfolglos.

7

b) Mit seiner daraufhin erhobenen Klage verlangte der Beschwerdeführer eine Reduzierung des Nachzahlungsbetrags auf 485,52 €, weil er der Härtefallregelung unterfalle. Sein monatliches Einkommen unterschreite die Grenze von 2.000 DM, weil das erst im November 2001 ausgezahlte Honorar nicht mehr als Einkommen berücksichtigt werden dürfe.

8

Das Verwaltungsgericht wies die Klage ab. Die Beklagte habe die Versorgungsabgaben für 2001 in der zutreffenden Höhe festgesetzt. Die Härtefallregelung könnte nicht zugunsten des Beschwerdeführers angewendet werden, weil sein monatliches Einkommen mehr als 2.000 DM pro Monat betragen habe. Abzustellen sei auf das Einkommen, das sich aus dem Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2001 ergebe. Weder habe der Beschwerdeführer belegen können, dass in den im Steuerbescheid ausgewiesenen Einkünften auch Einkommen aus dem Jahr 2000 enthalten sei, noch komme es für das von Januar bis Oktober 2001 erarbeitete Einkommen auf den Zeitpunkt des Zuflusses an. Da nur für die Dauer der ärztlichen Tätigkeit Abgaben zu leisten seien, habe die Beklagte den 2001 verdienten Betrag auch richtigerweise lediglich auf 10 statt auf 12 Monate verteilt.

9

c) Gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts beantragte der Beschwerdeführer die Zulassung der Berufung. Er berief sich hierbei ausdrücklich auf die Zulassungsgründe des § 124 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 4 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Das Verwaltungsgericht sei nicht befugt gewesen, das ihm erst im November zugeflossene Einkommen zu berücksichtigten, weil es auf den Zufluss des Entgelts während der Dauer der Beschäftigung ankomme. Weiter sei zu erwähnen, dass die Beklagte ihre Forderung auch bei Anwendung des Entstehungsprinzips nicht begründen könne; denn in diesem Fall müssten von seinen einkommensteuerrechtlich für das Jahr 2001 ermittelten Einkünften aus selbständiger Arbeit seine während der zweiten Dezemberhälfte 2000 erwirtschafteten Honorare in Höhe von 985,50 DM abgezogen werden, wodurch nur noch Jahreseinkünfte von 19.305 DM verblieben. Dies führe ebenfalls zur Anwendung der Härtefallregelung. Der Beschwerdeführer bezog sich dabei auf bereits im erstinstanzlichen Verfahren vorgelegte Unterlagen. Seinem Schriftsatz war darüber hinaus als Anlage ein von Januar 2010 datierendes Schreiben der Rechtsnachfolgerin der Klinik, für die er tätig gewesen war, beigefügt, aus dem sich ergab, dass der Beschwerdeführer im Monat Dezember 2000 am 2., 9., 25., 28. und 31. Dezember Dienste absolviert hatte.

10

d) Das Oberverwaltungsgericht wies den Zulassungsantrag zurück. Die Berufung sei nicht nach § 124 Abs. 2 Nr. 4 der Verwaltungsgerichtsordnung zuzulassen, weil ein Divergenzfall nicht gegeben sei. Auch ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils in Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO bestünden nicht. Die Auslegung des Verwaltungsgerichts sei sowohl mit Wortlaut als auch mit Sinn und Zweck der Satzung vereinbar. Die Ausführungen des Beschwerdeführers, die sein Einkommen im Jahr 2001 beträfen, seien in Bezug auf den Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO nicht entscheidungserheblich. Nichts anderes ergebe sich, wenn man zu seinen Gunsten unterstelle, dass er insoweit ernsthafte Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung habe geltend machen wollen; denn in diesem Fall sei durch die bloße Vorlage eines Honorarvertrags nicht nachgewiesen, dass im Januar 2001 Honorare für eine im Dezember 2000 ausgeübte ärztliche Tätigkeit gezahlt worden seien.

11

3. Mit seiner Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer eine Verletzung von Art. 2 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3, Art. 3 Abs. 1 und Art. 19 Abs. 4 GG.

12

a) Die Nichtzulassung der Berufung verstoße gegen Art. 19 Abs. 4 GG, hilfsweise gegen Art. 2 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG als allgemeines Prozessgrundrecht auf ein faires Gerichtsverfahren. Der Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO sei erfüllt, es bestünden ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils. Falsch sei schon, dass das Gericht auf das Entstehungsprinzip abgestellt habe, denn maßgebend sei das Zuflussprinzip. Das ihm erst im November 2001 zugegangene Honorar dürfe daher nicht mitberücksichtigt werden. Selbst bei Anwendung des Entstehungsprinzips müsse aber zu seinen Gunsten die Härtefallregelung eingreifen; auch dann liege sein durchschnittliches Monatseinkommen während des maßgeblichen Zeitraums unter der Grenze von 2.000 DM. Es müsse nämlich das Honorar, das in der zweiten Dezemberhälfte des Jahres 2000 von ihm erwirtschaftet worden sei, aus dem Einkommen, das sich aus dem Steuerbescheid 2001 ergebe, herausgerechnet werden.

13

b) Auch die Ablehnung der weiteren Zulassungsgründe verstoße gegen Art. 19 Abs. 4 GG. Im Übrigen verletze die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Art. 3 Abs. 1 GG als Gleichbehandlungsgebot und Willkürverbot.

14

4. Der Senatsverwaltung für Justiz des Landes Berlin und der Ärztekammer Berlin wurde Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Die Akten des Ausgangsverfahrens waren beigezogen.

II.

15

Die Kammer nimmt die Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung an und gibt ihr statt, weil dies zur Durchsetzung des Grundrechts des Beschwerdeführers aus Art. 19 Abs. 4 GG angezeigt ist (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Auch die weiteren Voraussetzungen des § 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG für eine stattgebende Kammerentscheidung liegen vor. Die für die Beurteilung der Verfassungsbeschwerde maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen sind durch das Bundesverfassungsgericht bereits geklärt (vgl. BVerfGE 78, 88 <98 f.>; 96, 27 <39>; 104, 220 <231 f.>). Die Verfassungsbeschwerde ist zudem offensichtlich begründet.

16

1. Der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts vom 28. Juni 2010 verletzt das Grundrecht des Beschwerdeführers aus Art. 19 Abs. 4 GG.

17

a) Art. 19 Abs. 4 GG enthält ein Grundrecht auf effektiven und möglichst lückenlosen richterlichen Rechtsschutz gegen Akte der öffentlichen Gewalt (vgl. BVerfGE 8, 274 <326>; 67, 43 <58>; 96, 27 <39>; stRspr). Die Vorschrift erfordert zwar keinen Instanzenzug (vgl. BVerfGE 49, 329 <343>; 83, 24 <31>; 87, 48 <61>; 92, 365 <410>; 96, 27 <39>; stRspr); eröffnet das Prozessrecht aber eine weitere Instanz, so gewährleistet Art. 19 Abs. 4 GG in diesem Rahmen die Effektivität des Rechtsschutzes im Sinne eines Anspruchs auf eine wirksame gerichtliche Kontrolle (vgl. BVerfGE 40, 272 <274 f.>; 54, 94 <96 f.>; 65, 76 <90>; 96, 27 <39>; stRspr). Das Rechtsmittelgericht darf ein von der jeweiligen Prozessordnung eröffnetes Rechtsmittel daher nicht ineffektiv machen und für den Beschwerdeführer "leerlaufen" lassen (vgl. BVerfGE 78, 88 <98 f.>; 96, 27 <39>; 104, 220 <231 f.>). Sehen die prozessrechtlichen Vorschriften - wie §§ 124, 124a VwGO - die Möglichkeit vor, die Zulassung eines Rechtsmittels zu erstreiten, so verbietet Art. 19 Abs. 4 GG eine Auslegung und Anwendung dieser Rechtsnormen, die die Beschreitung des eröffneten Rechtswegs in einer unzumutbaren, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigenden Weise erschwert (vgl. BVerfGE 78, 88 <98 f.>; 96, 27 <39>; 104, 220 <231 f.>). Vor diesem Hintergrund dürfen an die Darlegung eines Zulassungsgrundes keine überspannten Anforderungen gestellt werden. Insbesondere ist der in § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO enthaltene Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils immer schon dann erfüllt, wenn der Kläger im Zulassungsverfahren einen einzelnen tragenden Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt hat (vgl. BVerfGE 110, 77 <83>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 23. Juni 2000 - 1 BvR 830/00 -, juris, Rn. 15).

18

b) Diese Maßstäbe hat das Oberverwaltungsgericht verkannt und den Zugang des Beschwerdeführers zur Berufungsinstanz dadurch in unzumutbarer Weise verkürzt.

19

aa) Verfassungsrechtlich nicht haltbar ist schon der rechtliche Ausgangspunkt des Oberverwaltungsgerichts, eine Zulassung der Berufung nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO komme nicht in Betracht, weil der Beschwerdeführer nicht "nachgewiesen" habe, dass im Januar 2001 gezahltes Honorar auch Einkommen für eine im Dezember 2000 ausgeübte ärztliche Tätigkeit enthalte. Des Nachweises einer solchen Behauptung durch den Antragsteller bedarf es im Berufungszulassungsverfahren gerade nicht. Schlüssige Gegenargumente liegen vielmehr bereits dann vor, wenn der Antragsteller substantiiert rechtliche oder tatsächliche Umstände aufzeigt, aus denen sich die gesicherte Möglichkeit ergibt, dass die erstinstanzliche Entscheidung unrichtig ist. Ob tatsächliche Umstände, die ein Antragsteller schlüssig behauptet, auch wirklich gegeben sind, muss bei Unklarheiten nach Zulassung der Berufung während des sich anschließenden Berufungsverfahrens im Rahmen der Amtsermittlung geklärt werden. Es ist nicht zulässig, diese Prüfung ins Zulassungsverfahren vorzuverlagern und damit die eigentlich erforderliche Beweisaufnahme zu umgehen (vgl. auch BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 21. Dezember 2009 - 1 BvR 812/09 -, juris, Rn. 22).

20

bb) Der fehlerhafte rechtliche Ansatz des Oberverwaltungsgerichts führt auch zu einem verfassungsrechtlich nicht hinnehmbaren Ergebnis. Das Gericht hätte die Berufung nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zulassen müssen, weil der Beschwerdeführer im Berufungszulassungsverfahren eine das verwaltungsgerichtliche Urteil tragende Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt hat.

21

(1) Das Verwaltungsgericht geht, unter Zugrundelegung der ständigen Verwaltungspraxis der Beklagten, davon aus, dass ein Kammermitglied Anspruch auf einen (reduzierten) Beitrag in Höhe des hälftigen Beitragssatzes zur Rentenversicherung der Angestellten hat, sofern es einen Monatsverdienst von weniger als 2.000 DM erzielt. Für den Beschwerdeführer verneint das Gericht dann einen solchen, die 2.000 DM-Grenze unterschreitenden Verdienst pro Monat, weil die von ihm im Jahr 2001 erzielten Einnahmen von 20.291 DM auf 10 Monate, nämlich den Zeitraum von Januar bis einschließlich Oktober 2001, zu verteilen seien. Denn die Einnahmen könnten nur auf die Monate verteilt werden, in denen sie erarbeitet worden seien; auf den Zeitpunkt des Zuflusses komme es nicht an. Für die Höhe der Einnahmen stützt sich das Verwaltungsgericht auf die aus dem Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2001 ergebende Einkommenshöhe, unterstellt also, dass die sich aus dem Einkommensteuerbescheid ergebenden Einnahmen vom Beschwerdeführer in dem Zeitraum von Januar bis Oktober 2001 erarbeitet worden sind und stützt seine Entscheidung auf diese Annahme.

22

(2) Demgegenüber hat der Beschwerdeführer zur Begründung seines Antrags auf Zulassung der Berufung eingewandt, in den Einnahmen, die in dem Einkommensteuerbescheid 2001 ausgewiesen seien, seien auch Verdienste aus dem Jahr 2000 enthalten, und zwar Honorare in Höhe von 985,50 DM, die er durch seine ärztliche Tätigkeit in der zweiten Dezemberhälfte 2000 erwirtschaftet habe. Zum Beleg seiner Behauptung hat er das Schreiben von Januar 2010, wonach er im Dezember 2000 an fünf Tagen Dienste wahrgenommen hat, vorgelegt. Darüber hinaus hat er vorgetragen, aufgrund des klinikinternen Abrechnungsmodus sei das Honorar während seiner Tätigkeit immer jeweils von Monatsmitte zu Monatsmitte berechnet und anschließend ausgezahlt worden. Da hiernach für die Monate Januar bis Oktober 2001 nur noch ein Einkommen von 19.305 DM verbleibe - also weniger als 2.000 DM monatlich - sei die Härtefallklausel schon aus diesem Grunde auf ihn anzuwenden.

23

(3) Damit hat der Beschwerdeführer die Prämisse des Verwaltungsgerichts, in dem aus dem Steuerbescheid ergebenden Einkommen seien keine Einnahmen aus dem Jahre 2000 enthalten, mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt. Denn auf Grundlage der Behauptungen des Beschwerdeführers, die er zudem mit dem Schreiben von Januar 2010 belegt hat, erscheint es nicht lediglich als möglich, sondern sogar als nahe liegend, dass entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts im Steuerbescheid des Jahres 2001 als Einkommen auch Honorar berücksichtigt war, das der Beschwerdeführer im Dezember 2000 erarbeitet hatte. Dafür spricht nicht nur das Vorbringen des Beschwerdeführers, wonach sein Honorar in einem Abrechnungsmodus von Monatsmitte bis Monatsmitte berechnet und ausbezahlt wurde. Auch aus verwaltungspraktischen Gründen erscheint es wenig wahrscheinlich, dass insbesondere für eine ab dem 25. Dezember 2000, also während der Weihnachtsfeiertage und danach, geleistete Arbeit die Vergütung noch im selben Monat überwiesen werden konnte. Anhaltspunkte für eine Zahlung des Honorars im Voraus oder für Abschlagszahlungen gibt es nicht.

24

(4) Die Tatsachenfeststellungen, die der Beschwerdeführer mit seinem Vorbringen in Frage stellt, sind auch rechtlich erheblich. Denn das Verwaltungsgericht hätte, wären die Behauptungen des Beschwerdeführers zutreffend, seiner Klage jedenfalls teilweise stattgeben müssen. In diesem Fall hätte sich nämlich für 2001 ein in diesem Jahr "erarbeitetes" Honorar von lediglich 19.305,50 DM ergeben, weil 985,50 DM als Honorar für Dienste im Dezember 2000 von dem im Steuerbescheid 2001 ausgewiesenen Einkommen von 20.291 DM abzuziehen gewesen wären. Für die zehnmonatige ärztliche Tätigkeit des Beschwerdeführers im Jahr 2001 hätte sein monatlicher Verdienst folglich nur noch 1.930,55 DM betragen und damit die 2.000 DM-Grenze unterschritten. Nach der vom Verwaltungsgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegten Rechtsauffassung - die vom Oberverwaltungsgericht in dem angegriffenen Beschluss auch nicht in Zweifel gezogen wird - wäre bei diesem geringen Einkommen die Härtefallregelung anzuwenden gewesen. Da sich die monatlichen Abgaben dementsprechend nur nach dem hälftigen Beitragssatz der Rentenversicherung für Angestellte, also der Hälfte von damals 19,1 %, errechnen würden, hätten sich diese nicht wie von der Beklagten festgesetzt auf - umgerechnet - 169,92 € belaufen, sondern lediglich auf 94,27 €. Auch die geltend gemachte Nachforderung würde sich entsprechend verringern.

25

cc) Dem Beschwerdeführer kann auch nicht entgegengehalten werden, er habe den Zulassungsgrund im Berufungszulassungsverfahren nicht hinreichend dargelegt. Insbesondere ist es unschädlich, dass er in dem Zulassungsschriftsatz die von ihm vorgebrachten Argumente keinem beziehungsweise jedenfalls nicht dem zutreffenden Berufungszulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zugeordnet hat. Denn für eine den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO genügende Darlegung eines oder mehrerer Berufungszulassungsgründe ist es nicht notwendig, dass der Antragsteller ausdrücklich einen der in § 124 Abs. 2 VwGO normierten Zulassungsgründe oder die dort angeführten tatbestandlichen Voraussetzungen benennt. Ebenso ist es kein Hindernis, wenn der Antragsteller sein Vorbringen unter dem falschen Berufungszulassungsgrund erörtert oder verschiedene Gesichtspunkte, die bei unterschiedlichen Zulassungsgründen im Sinne von § 124 Abs. 2 VwGO relevant sein können, miteinander vermengt. Art. 19 Abs. 4 GG verpflichtet das den Zulassungsantrag prüfende Gericht nämlich dazu, den Vortrag des jeweiligen Antragstellers angemessen zu würdigen und durch sachgerechte Auslegung selbstständig zu ermitteln, welche Zulassungsgründe der Sache nach geltend gemacht werden und welche Einwände welchen Zulassungsgründen zuzuordnen sind (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 24. August 2010 - 1 BvR 2309/09 -, juris, Rn. 13; vgl. insoweit auch BVerfGK 5, 369 <375 f.>). Erst dann, wenn aus einer nicht auf einzelne Zulassungsgründe zugeschnittenen Begründung auch durch Auslegung nicht eindeutig ermittelt werden kann, auf welchen Zulassungsgrund der Antrag gestützt wird, stellt die Verwerfung des Antrags als unzulässig keine unzumutbare Erschwerung des Zugangs zur Berufungsinstanz dar (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 24. August 2010, a.a.O., Rn. 13). Dass sich das Vorbringen des Beschwerdeführers ohne Schwierigkeiten dem Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuordnen lässt, folgt hier schon daraus, dass es vom Oberverwaltungsgericht unter diesem Gesichtspunkt geprüft wurde. Eine solche Zuordnung lag im Übrigen auch auf der Hand, weil die Ausführungen des Beschwerdeführers nur zu diesem Zulassungsgrund passen.

26

c) Die weiteren Argumente, die der Beschwerdeführer gegen die Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils vorgebracht hat, sind allerdings nicht geeignet, einen Verstoß gegen Art. 19 Abs. 4 GG zu begründen. Dass das Oberverwaltungsgericht im Hinblick auf diese Einwände das Vorliegen des Zulassungsgrundes des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO verneint hat, lässt keine Grundrechtsverletzung erkennen. Der Beschwerdeführer hat schon nicht nachvollziehbar dargelegt, warum die Annahme des Verwaltungsgerichts, der Zufluss des Einkommens erst nach dem Ablauf des Zeitraums der Tätigkeit sei unschädlich - maßgeblich sei vielmehr der Zeitpunkt des Erarbeitens -, fehlerhaft sein sollte. Der Ansatz des Gerichts, allein an den Tätigkeitszeitraum anzuknüpfen und den Zuflusszeitpunkt als unerheblich anzusehen, begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.

27

Es gibt auch keine Anhaltspunkte dafür, dass die Annahme des Oberverwaltungsgerichts, der Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO (Divergenz) sei nicht gegeben, gegen Art. 19 Abs. 4 GG verstoßen könnte. Die Gründe, mit denen das Gericht das Vorliegen des Zulassungsgrundes ablehnt, sind gut nachvollziehbar. Dass sie den Anforderungen des Art. 19 Abs. 4 GG nicht genügen könnten, ist nicht zu erkennen.

28

Eine Berufung auf den Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO (grundsätzliche Bedeutung) scheitert schließlich unter dem Gesichtspunkt der Subsidiarität schon daran, dass sich der Beschwerdeführer auf diesen Grund im Berufungszulassungsverfahren weder ausdrücklich noch der Sache nach berufen hat.

29

2. Die angegriffene Entscheidung beruht auf dem festgestellten Verstoß gegen Art. 19 Abs. 4 GG. Ob der Beschluss auch gegen Art. 3 Abs. 1 GG beziehungsweise Art. 2 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG verstößt, kann daher offenbleiben.

30

3. Die Entscheidung über die Auslagenerstattung beruht auf § 34a Abs. 2 BVerfGG.

(1) Im Außenbereich ist ein Vorhaben nur zulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen, die ausreichende Erschließung gesichert ist und wenn es

1.
einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb dient und nur einen untergeordneten Teil der Betriebsfläche einnimmt,
2.
einem Betrieb der gartenbaulichen Erzeugung dient,
3.
der öffentlichen Versorgung mit Elektrizität, Gas, Telekommunikationsdienstleistungen, Wärme und Wasser, der Abwasserwirtschaft oder einem ortsgebundenen gewerblichen Betrieb dient,
4.
wegen seiner besonderen Anforderungen an die Umgebung, wegen seiner nachteiligen Wirkung auf die Umgebung oder wegen seiner besonderen Zweckbestimmung nur im Außenbereich ausgeführt werden soll, es sei denn, es handelt sich um die Errichtung, Änderung oder Erweiterung einer baulichen Anlage zur Tierhaltung, die dem Anwendungsbereich der Nummer 1 nicht unterfällt und die einer Pflicht zur Durchführung einer standortbezogenen oder allgemeinen Vorprüfung oder einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung unterliegt, wobei bei kumulierenden Vorhaben für die Annahme eines engen Zusammenhangs diejenigen Tierhaltungsanlagen zu berücksichtigen sind, die auf demselben Betriebs- oder Baugelände liegen und mit gemeinsamen betrieblichen oder baulichen Einrichtungen verbunden sind,
5.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Windenergie nach Maßgabe des § 249 oder der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Wasserenergie dient,
6.
der energetischen Nutzung von Biomasse im Rahmen eines Betriebs nach Nummer 1 oder 2 oder eines Betriebs nach Nummer 4, der Tierhaltung betreibt, sowie dem Anschluss solcher Anlagen an das öffentliche Versorgungsnetz dient, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit dem Betrieb,
b)
die Biomasse stammt überwiegend aus dem Betrieb oder überwiegend aus diesem und aus nahe gelegenen Betrieben nach den Nummern 1, 2 oder 4, soweit letzterer Tierhaltung betreibt,
c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben und
d)
die Kapazität einer Anlage zur Erzeugung von Biogas überschreitet nicht 2,3 Millionen Normkubikmeter Biogas pro Jahr, die Feuerungswärmeleistung anderer Anlagen überschreitet nicht 2,0 Megawatt,
7.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Kernenergie zu friedlichen Zwecken oder der Entsorgung radioaktiver Abfälle dient, mit Ausnahme der Neuerrichtung von Anlagen zur Spaltung von Kernbrennstoffen zur gewerblichen Erzeugung von Elektrizität,
8.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie dient
a)
in, an und auf Dach- und Außenwandflächen von zulässigerweise genutzten Gebäuden, wenn die Anlage dem Gebäude baulich untergeordnet ist, oder
b)
auf einer Fläche längs von
aa)
Autobahnen oder
bb)
Schienenwegen des übergeordneten Netzes im Sinne des § 2b des Allgemeinen Eisenbahngesetzes mit mindestens zwei Hauptgleisen
und in einer Entfernung zu diesen von bis zu 200 Metern, gemessen vom äußeren Rand der Fahrbahn, oder
9.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie durch besondere Solaranlagen im Sinne des § 48 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 Buchstabe a, b oder c des Erneuerbare-Energien-Gesetzes dient, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit einem Betrieb nach Nummer 1 oder 2,
b)
die Grundfläche der besonderen Solaranlage überschreitet nicht 25 000 Quadratmeter und
c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben.

(2) Sonstige Vorhaben können im Einzelfall zugelassen werden, wenn ihre Ausführung oder Benutzung öffentliche Belange nicht beeinträchtigt und die Erschließung gesichert ist.

(3) Eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange liegt insbesondere vor, wenn das Vorhaben

1.
den Darstellungen des Flächennutzungsplans widerspricht,
2.
den Darstellungen eines Landschaftsplans oder sonstigen Plans, insbesondere des Wasser-, Abfall- oder Immissionsschutzrechts, widerspricht,
3.
schädliche Umwelteinwirkungen hervorrufen kann oder ihnen ausgesetzt wird,
4.
unwirtschaftliche Aufwendungen für Straßen oder andere Verkehrseinrichtungen, für Anlagen der Versorgung oder Entsorgung, für die Sicherheit oder Gesundheit oder für sonstige Aufgaben erfordert,
5.
Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege, des Bodenschutzes, des Denkmalschutzes oder die natürliche Eigenart der Landschaft und ihren Erholungswert beeinträchtigt oder das Orts- und Landschaftsbild verunstaltet,
6.
Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur beeinträchtigt, die Wasserwirtschaft oder den Hochwasserschutz gefährdet,
7.
die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lässt oder
8.
die Funktionsfähigkeit von Funkstellen und Radaranlagen stört.
Raumbedeutsame Vorhaben dürfen den Zielen der Raumordnung nicht widersprechen; öffentliche Belange stehen raumbedeutsamen Vorhaben nach Absatz 1 nicht entgegen, soweit die Belange bei der Darstellung dieser Vorhaben als Ziele der Raumordnung abgewogen worden sind. Öffentliche Belange stehen einem Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 in der Regel auch dann entgegen, soweit hierfür durch Darstellungen im Flächennutzungsplan oder als Ziele der Raumordnung eine Ausweisung an anderer Stelle erfolgt ist.

(4) Den nachfolgend bezeichneten sonstigen Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 kann nicht entgegengehalten werden, dass sie Darstellungen des Flächennutzungsplans oder eines Landschaftsplans widersprechen, die natürliche Eigenart der Landschaft beeinträchtigen oder die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lassen, soweit sie im Übrigen außenbereichsverträglich im Sinne des Absatzes 3 sind:

1.
die Änderung der bisherigen Nutzung eines Gebäudes, das unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 1 errichtet wurde, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben dient einer zweckmäßigen Verwendung erhaltenswerter Bausubstanz,
b)
die äußere Gestalt des Gebäudes bleibt im Wesentlichen gewahrt,
c)
die Aufgabe der bisherigen Nutzung liegt nicht länger als sieben Jahre zurück,
d)
das Gebäude ist vor mehr als sieben Jahren zulässigerweise errichtet worden,
e)
das Gebäude steht im räumlich-funktionalen Zusammenhang mit der Hofstelle des land- oder forstwirtschaftlichen Betriebs,
f)
im Falle der Änderung zu Wohnzwecken entstehen neben den bisher nach Absatz 1 Nummer 1 zulässigen Wohnungen höchstens fünf Wohnungen je Hofstelle und
g)
es wird eine Verpflichtung übernommen, keine Neubebauung als Ersatz für die aufgegebene Nutzung vorzunehmen, es sei denn, die Neubebauung wird im Interesse der Entwicklung des Betriebs im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1 erforderlich,
2.
die Neuerrichtung eines gleichartigen Wohngebäudes an gleicher Stelle unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das vorhandene Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden,
b)
das vorhandene Gebäude weist Missstände oder Mängel auf,
c)
das vorhandene Gebäude wurde oder wird seit längerer Zeit vom Eigentümer selbst genutzt und
d)
Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des bisherigen Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird; hat der Eigentümer das vorhandene Gebäude im Wege der Erbfolge von einem Voreigentümer erworben, der es seit längerer Zeit selbst genutzt hat, reicht es aus, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird,
3.
die alsbaldige Neuerrichtung eines zulässigerweise errichteten, durch Brand, Naturereignisse oder andere außergewöhnliche Ereignisse zerstörten, gleichartigen Gebäudes an gleicher Stelle,
4.
die Änderung oder Nutzungsänderung von erhaltenswerten, das Bild der Kulturlandschaft prägenden Gebäuden, auch wenn sie aufgegeben sind, wenn das Vorhaben einer zweckmäßigen Verwendung der Gebäude und der Erhaltung des Gestaltwerts dient,
5.
die Erweiterung eines Wohngebäudes auf bis zu höchstens zwei Wohnungen unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden,
b)
die Erweiterung ist im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse angemessen und
c)
bei der Errichtung einer weiteren Wohnung rechtfertigen Tatsachen die Annahme, dass das Gebäude vom bisherigen Eigentümer oder seiner Familie selbst genutzt wird,
6.
die bauliche Erweiterung eines zulässigerweise errichteten gewerblichen Betriebs, wenn die Erweiterung im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und Betrieb angemessen ist.
In begründeten Einzelfällen gilt die Rechtsfolge des Satzes 1 auch für die Neuerrichtung eines Gebäudes im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1, dem eine andere Nutzung zugewiesen werden soll, wenn das ursprüngliche Gebäude vom äußeren Erscheinungsbild auch zur Wahrung der Kulturlandschaft erhaltenswert ist, keine stärkere Belastung des Außenbereichs zu erwarten ist als in Fällen des Satzes 1 und die Neuerrichtung auch mit nachbarlichen Interessen vereinbar ist; Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b bis g gilt entsprechend. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 2 und 3 sowie des Satzes 2 sind geringfügige Erweiterungen des neuen Gebäudes gegenüber dem beseitigten oder zerstörten Gebäude sowie geringfügige Abweichungen vom bisherigen Standort des Gebäudes zulässig.

(5) Die nach den Absätzen 1 bis 4 zulässigen Vorhaben sind in einer flächensparenden, die Bodenversiegelung auf das notwendige Maß begrenzenden und den Außenbereich schonenden Weise auszuführen. Für Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6, 8 Buchstabe b und Nummer 9 ist als weitere Zulässigkeitsvoraussetzung eine Verpflichtungserklärung abzugeben, das Vorhaben nach dauerhafter Aufgabe der zulässigen Nutzung zurückzubauen und Bodenversiegelungen zu beseitigen; bei einer nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 und 8 Buchstabe b zulässigen Nutzungsänderung ist die Rückbauverpflichtung zu übernehmen, bei einer nach Absatz 1 Nummer 1 oder Absatz 2 zulässigen Nutzungsänderung entfällt sie. Die Baugenehmigungsbehörde soll durch nach Landesrecht vorgesehene Baulast oder in anderer Weise die Einhaltung der Verpflichtung nach Satz 2 sowie nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe g sicherstellen. Im Übrigen soll sie in den Fällen des Absatzes 4 Satz 1 sicherstellen, dass die bauliche oder sonstige Anlage nach Durchführung des Vorhabens nur in der vorgesehenen Art genutzt wird.

(6) Die Gemeinde kann für bebaute Bereiche im Außenbereich, die nicht überwiegend landwirtschaftlich geprägt sind und in denen eine Wohnbebauung von einigem Gewicht vorhanden ist, durch Satzung bestimmen, dass Wohnzwecken dienenden Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 nicht entgegengehalten werden kann, dass sie einer Darstellung im Flächennutzungsplan über Flächen für die Landwirtschaft oder Wald widersprechen oder die Entstehung oder Verfestigung einer Splittersiedlung befürchten lassen. Die Satzung kann auch auf Vorhaben erstreckt werden, die kleineren Handwerks- und Gewerbebetrieben dienen. In der Satzung können nähere Bestimmungen über die Zulässigkeit getroffen werden. Voraussetzung für die Aufstellung der Satzung ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar ist,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
Bei Aufstellung der Satzung sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. § 10 Absatz 3 ist entsprechend anzuwenden. Von der Satzung bleibt die Anwendung des Absatzes 4 unberührt.

Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

III.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 15.000 € festgesetzt.

Gründe

I.

Die Klägerin begehrt die Erteilung eines Vorbescheids zur Klärung der abgrabungsrechtlichen Zulässigkeit eines Kiesabbauvorhabens im Gemeindegebiet der Beigeladenen.

Die Klägerin betreibt seit 1998 im Ort der Beigeladenen eine Firma für Tiefbau mit sechs Mitarbeitern. Das Unternehmen benötigt jährlich ca. 70.000 t Kies, den die Klägerin bislang zukauft. Im Mai 2010 beantragte sie die Erteilung eines Vorbescheids für ein Trockenkiesabbauvorhaben mit Wiederverfüllung auf dem landwirtschaftlich genutzten, ca. 1,3 ha großen Grundstück FlNr. 148 Gemarkung F.

Nachdem die Beigeladene im Hinblick auf ihren am 30. März 2010 gefassten Beschluss zur Änderung des seit 2004 rechtgültigen Flächennutzungsplans ihr Einvernehmen zu dem Vorhaben verweigert hatte, stellte das Landratsamt U. die Entscheidung über den Antrag mit Bescheid vom 14. Juli 2010 zunächst zurück. Am 10. Mai 2011 beschloss der Gemeinderat der Beigeladene die (erste) Änderung des Flächennutzungsplans, der an zwei Standorten Konzentrationszonen für Kiesabbau ausweist. Das Grundstück FlNr. 148 der Klägerin liegt außerhalb dieser Flächen. Am 23. Mai 2011 genehmigte das Landratsamt die Flächennutzungsplanänderung. Am 30. Mai 2011 erfolgte die öffentliche Bekanntmachung der Genehmigung. Mit streitgegenständlichem Bescheid vom 21. Mai 2012 lehnte das Landratsamt den Vorbescheidsantrag der Klägerin ab.

Die Verpflichtungsklage der Klägerin auf Erteilung des beantragten Vorbescheids hat das Verwaltungsgericht Augsburg mit Urteil vom 19. Juni 2013 abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, das Vorhaben widerspreche den Darstellungen des Flächennutzungsplans in der geänderten Fassung vom 30. Mai 2011, weil der Plan Konzentrationsflächen für Kiesabbau in einem anderen Bereich des Gemeindegebiets vorsehe. Durchgreifende rechtliche Bedenken gegen die Wirksamkeit der Flächennutzungsplanänderung bestünden nicht.

Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrem Antrag auf Zulassung der Berufung. Sie macht ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils sowie einen Verfahrensfehler wegen Verletzung der richterlichen Aufklärungspflicht geltend.

II.

Der Zulassungsantrag hat keinen Erfolg.

A. Es bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).

Es ist nicht ernstlich zweifelhaft, dass das Verwaltungsgericht zu Recht einen Rechtsanspruch der Klägerin auf Erteilung des beantragten abgrabungsrechtlichen Vorbescheids verneint hat, weil das Trockenkiesabbauvorhaben den im abgrabungsaufsichtlichen Genehmigungsverfahren zu prüfenden bauplanungsrechtlichen Vorschriften widerspricht (§ 113 Abs. 5 VwGO, Art. 9 Abs. 1 Satz 1 und 4 BayAbgrG, Art. 59 Satz 1 Nr. 1 BayBO, §§ 29 ff. BauGB). Dem nach § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB privilegierten Abbauvorhaben stehen öffentliche Belange entgegen, weil hierfür nach § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB durch die Darstellungen des Flächennutzungsplans der Beigeladenen in der Fassung der ersten Änderung eine Ausweisung an anderer Stelle erfolgt ist (vgl. dazu unten I) und eine eine Ausnahme vom Regelfall rechtfertigende (atypische) Fallkonstellation für das Vorhaben der Klägerin nicht vorliegt (vgl. dazu unten II). Das Vorbringen der Klägerin im Zulassungsantrag (§ 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 BauGB) ist nicht geeignet, diese Beurteilung ernstlich infrage zu stellen.

I) Entgegen der Auffassung der Klägerin ist nicht ernstlich zweifelhaft, dass die erste Änderung des Flächennutzungsplans wirksam ist. Insbesondere ergibt sich aus dem Vorbringen der Klägerin nicht, dass die Änderung des Flächennutzungsplans nicht hinreichend bestimmt wäre (vgl. dazu unten I 1), ein Verstoß gegen den Erforderlichkeitsgrundsatz nach § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB (vgl. dazu unten I 2) oder das Anpassungsgebot des § 1 Abs. 4 BauGB vorläge (vgl. dazu unten I 3) oder dass die Planung an einem rechtlich erheblichen Abwägungsmangel nach § 2 Abs. 3, § 1 Abs. 7 BauGB litte (vgl. dazu unten I 4).

1. Die erste Änderung des Flächennutzungsplans leidet nicht an durchgreifenden Bestimmtheitsmängeln.

a) Ein Bestimmtheitsmangel liegt nicht deswegen vor, weil der dargestellte Änderungsbereich nicht das gesamte Gemeindegebiet, sondern lediglich den Ausschnitt mit den beiden Änderungsbereichen für zwei „Konzentrationszonen für Kiesabbau“ erfasst.

Nach § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB stehen öffentliche Belange einem nach § 35 Abs. 1 Nr. 2 bis 6 BauGB privilegierten Außenbereichsvorhaben in der Regel nicht entgegen, soweit hierfür durch Darstellungen im Flächennutzungsplan eine Ausweisung an anderer Stelle erfolgt ist. Soweit nicht ein räumlicher Teilflächennutzungsplan (§ 5 Abs. 2b Halbs. 2 BauGB) aufgestellt werden soll, betrifft die Steuerungsmöglichkeit nach § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB den gesamten Außenbereich einer Gemeinde. Liegen die Voraussetzungen des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB vor, erzeugt die positive Darstellung der im Flächennutzungsplan dargestellten Konzentrationsflächen kraft Gesetzes zugleich eine Ausschlusswirkung für die übrigen Außenbereichsflächen im Gemeindegebiet. Die negative und die positive Komponente der festgelegten Konzentrationszonen bedingen einander (vgl. BVerwG, U.v. 17.12.2002 - 4 C 15.01 - BVerwGE 117, 287 Rn. 36; U.v. 13.3.2003 - 4 C 3/02 - NVwZ 2003, 1261 Rn. 20; U.v. 21.10.2004 - 4 C 2/04 - BVerwGE 122, 109 Rn. 13, 18; BayVGH, B.v. 3.7.2013 - 15 ZB 10.3161 - juris Rn. 3). Eine gesonderte Darstellung der Ausschlussflächen ist im Flächennutzungsplan daher nicht geboten (vgl. BVerwG, U.v. 20.5.2010 - 4 C 7/09 - BVerwGE 137, 74 Rn. 12; Mitschang/Reidt in Battis/Krautzberger/Löhr, Baugesetzbuch, 12. Aufl. 2014, § 35 Rn. 114). Das gilt auch dann, wenn - wie hier - der Flächennutzungsplan nicht erstmals für das gesamte Gemeindegebiet aufgestellt, sondern durch eine Änderung lediglich um die positiven Standortflächen für Konzentrationszonen ergänzt wird. Es genügt eine hinreichend bestimmte Darstellung der Positivflächen mit eindeutiger Abgrenzung für die Konzentration der privilegierten Außenbereichsvorhaben, um dem rechtsstaatlichen Bestimmtheitsgebot (Art. 20 Abs. 3 GG) zu entsprechen.

Dem hat die Beigeladene mit der Darstellung der beiden Änderungsflächen und jeweils eindeutiger Abgrenzung durch eine schwarze Linie mit Dreiecken sowie der Bezeichnung als „Konzentrationsfläche Kiesabbau“ in der Planlegende Rechnung getragen. Anhaltspunkte dafür, dass sie mit der Flächennutzungsplanänderung die Ausschlusswirkung durch einen räumlichen Teilflächennutzungsplans nach § 5 Abs. 2b Halbs. 2 BauGB lediglich auf einen Teil ihrer Außenbereichsflächen beschränkt hat, bestehen nicht. Vielmehr hat sie mit der Änderung des Flächennutzungsplans die Standorte für die Kiesabbauflächen für ihr gesamtes Gemeindegebiet festgelegt. Dies ergibt sich ohne Weiteres aus der Begründung zur Änderung des Flächennutzungsplans, wonach mit Ausweisung der Kiesabbau-Konzentrationszone(n) die Zulässigkeit privilegierter Abbauvorhaben für das gesamte Gemeindegebiet bauleitplanerisch geregelt werden soll (vgl. Planbegründung Nr. 1).

b) Mit der Rüge, in der Planlegende seien die maßgeblichen Flächen fälschlich als Fläche nach § 5 Abs. 1 Nr. 7 BauGB bezeichnet, zeigt die Klägerin ebenfalls keinen Mangel der Bestimmtheit der Flächennutzungsplanänderung auf.

Insoweit handelt es sich um eine offensichtliche und damit nach dem allgemeinen Rechtsgrundsatz „falsa demonstratio non nocet“ rechtlich unschädliche Falschbezeichnung (vgl. BVerwG, U.v. 21.2.2013 - 7 C 22/11 - NVwZ-RR 2013, 593 = juris Rn. 18). Die im Flächennutzungsplan zitierte Norm betrifft in der Planzeichnung nicht dargestellte „Wasserflächen, Häfen und die für die Wasserwirtschaft vorgesehenen Flächen sowie die Flächen, die im Interesse des Hochwasserschutzes und der Regelung des Wasserabflusses freizuhalten sind“. Aus dem engen Zusammenhang des Normzitats mit der Bezeichnung „Flächen für Abgrabungen/Gewinnung von Bodenschätzen“ in der Planlegende sowie aus den Gesamtumständen zur Aufstellung des Flächennutzungsplans ist jedoch zweifelsfrei erkennbar, dass nicht Flächen nach § 5 Abs. 1 Nr. 7 BauGB, sondern „Flächen für Aufschüttungen, Abgrabungen oder für die Gewinnung von Steinen, Erden und anderen Bodenschätzen“ nach § 5 Abs. 1 Nr. 8 BauGB dargestellt werden sollten.

2. Die Ausführungen im Zulassungsantrag geben auch keine Veranlassung für die Annahme, die Planung genüge nicht dem Erforderlichkeitsgebot des § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB.

a) Der Vortrag der Klägerin, das Verwaltungsgericht habe zu Unrecht eine Verhinderungsplanung nach § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB verneint, weil es fälschlich die Größe der ausgewiesenen Konzentrationszone für ausreichend gehalten und dabei das Verhältnis zwischen der Größe der Konzentrationsflächen und der Größe der Potentialflächen zugrunde gelegt habe, rechtfertigt nicht die Zulassung der Berufung.

Der mit der Festlegung von positiven Standorten nach § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB verbundene Ausschluss der Anlagen auf Teilen des Plangebiets lässt sich nach der Wertung des Gesetzgebers nur dann rechtfertigen, wenn der Plan sicherstellt, dass sich die betroffenen Vorhaben an anderer Stelle gegenüber konkurrierenden Nutzungen durchsetzen. Dagegen darf der Planungsträger den Flächennutzungsplan nicht als Mittel dazu benutzen, unter dem Deckmantel der Steuerung die betreffenden Nutzungen in Wahrheit zu verhindern. Eine bloße „Feigenblatt“-Planung, die auf eine verkappte Verhinderungsplanung hinausläuft, ist unzulässig. Vielmehr muss er der Privilegierungsentscheidung des Gesetzgebers Rechnung tragen und für die privilegierte Nutzung in substanzieller Weise Raum schaffen (vgl. BVerwG, U.v. 17.12.2002 - 4 C 15.01 - BVerwGE 117, 287/295). Dass eine solche verkappte Verhinderungsplanung hier vorläge, lässt sich dem Vorbringen im Zulassungsantrag nicht entnehmen. Insbesondere zeigt die Klägerin nicht auf, aus welchen Gründen die ausgewiesenen Konzentrationsflächen im Umfang von insgesamt 14,15 ha nicht ausreichend dimensioniert sein sollten, um dem Kiesabbau im Gemeindegebiet in substanzieller Weise Raum zu verschaffen. Zwar sind Größenangaben, isoliert betrachtet, als Kriterium für die Beurteilung, ob den privilegierten Nutzung ausreichend Raum verschafft wurde, ungeeignet. Insbesondere ist ein Flächenvergleich nicht der einzige geeignete Maßstab hierfür. Die Relation zwischen der Gesamtfläche der Konzentrationszonen einerseits und der geeigneten Potentialflächen andererseits muss aber nicht notwendig auf das Vorliegen einer Verhinderungsplanung schließen lassen. Vielmehr hängt dies von den Umständen des Einzelfalls ab (vgl. BVerwG, U.v. 17.12.2002 - 4 C 15.01 - BVerwGE 117, 287/295 Rn. 29; U.v. 21.10.2004 - 4 C 2.04 - BVerwGE 122, 109/111; B.v. 28.11.2005 - 4 B 66.05 - NVwZ 2006, 339; U.v. 20.5.2010 - 4 C 7/09 - NVwZ 2010, 1561/1564 Rn. 28; B.v. 13.12.2012 - 4 CN 1/11 - BVerwGE 145, 231 Rn. 18 m. w. N.). Hierzu enthält der Zulassungsantrag keinerlei Ausführungen (§ 124 a Abs. 4 Satz 4 VwGO). Soweit die Klägerin geltend macht, das Verwaltungsgericht hätte bei seiner Beurteilung, ob eine Verhinderungsplanung vorliege, ausschließlich auf das Verhältnis zwischen der Größe der im Flächennutzungsplan ausgewiesenen Konzentrationsflächen und der Größe der Potenzialflächen abgestellt, trifft das so nicht zu. Das Verwaltungsgericht hat für seine Annahme, dass wegen der Dimensionierung des Vorranggebiets kein Verstoß gegen § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB (und § 1 Abs. 6 BauGB) gegeben sei, zwar vorrangig das Größenverhältnis zwischen Vorrangflächen und Potenzialflächen angeführt (vgl. UA S. 13 f.). Dabei ist es aber lediglich auf den Einwand der Klägerin im erstinstanzlichen Verfahren eingegangen (vgl. Schriftsatz vom 17.9.2012 S. 11 f., Bl. 55 f. der Gerichtsakte des Verwaltungsgerichts), es liege eine Verhinderungsplanung vor, weil nur 14,15 ha und damit nur 2,78% der Gemeindefläche als Konzentrationsfläche für den Kiesabbau dargestellt worden sei, obwohl 65 ha und somit ca. 23% der Gemeindefläche als sog. Potentialflächen in Betracht gekommen wären. Dagegen ist rechtlich nichts zu erinnern.

b) Zweifel an der Erforderlichkeit der Planung nach § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB ergeben sich auch nicht deswegen, weil der Planung kein schlüssiges Planungskonzept zugrunde läge. Abgesehen davon, dass dies wohl keine Frage der Erforderlichkeit, sondern des Abwägungsgebots (§ 1 Abs. 6 BauGB) ist (vgl. BVerwG, U.v. 17.12.2002 - 4 C 15/01 - BVerwGE 117, 287 = juris Rn. 36; U.v. 13.12. 2012 - 4 CN 1/11 - BVerwGE 145, 231 Rn. 9), liegt ein fehlerhaftes Planungskonzept nicht vor (vgl. dazu unten I 4 a).

3. Soweit die Klägerin erstmals mit Schriftsatz vom 18. September 2014 einen Verstoß der Planung gegen § 1 Abs. 4 BauGB rügt und geltend macht, der Flächen- nutzungsplan habe entgegenstehende Ziele der Raumordnung (§ 4 Abs. 1 ROG) nicht beachtet, kann dieses Vorbringen wegen des Ablaufs der Zwei-Monatsfrist für die Begründung des Zulassungsantrags am 1. September 2013 (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO) bei der Entscheidung keine Berücksichtigung mehr finden. Insoweit liegt auch keine bloße nähere Erläuterung oder Vertiefung und damit noch zulässige Ergänzung des fristgemäß Vorgebrachten vor (vgl. Seibert in Sodan/Ziekow, Verwaltungsgerichtsordnung, 4. Aufl. 2014, § 124a Rn. 133; Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124a Rn. 53).

4. Nicht durchzudringen vermag die Klägerin auch mit dem Einwand, der Flächennutzungsplan leide an beachtlichen Abwägungsmängeln (§ 2 Abs. 3, § 1 Abs. 7 BauGB).

a) Das Vorbringen im Zulassungsantrag rechtfertigt nicht die Annahme, der Planung liege kein schlüssiges Planungskonzept zugrunde.

(1) Der Einwand der Klägerin, die Planung der Beigeladenen werde den von der Rechtsprechung entwickelten Anforderungen an die abschnittsweise Ausarbeitung des Planungskonzepts nicht gerecht, insbesondere habe diese sich den Unterschied zwischen sog. „harten“ und „weichen“ Tabuzonen nicht bewusst gemacht, ist nicht berechtigt.

Wie die Klägerin zutreffend ausführt, bedarf eine planerische Entscheidung zur Herbeiführung der Rechtsfolgen des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB eines schlüssigen gesamträumlichen Planungskonzepts. Um den Anforderungen gerecht zu werden, die hierbei an den Abwägungsvorgang zu stellen sind, muss das Konzept nicht nur Auskunft darüber geben, von welchen Erwägungen die positive Standortzuweisung getragen wird, sondern auch die städtebaulichen Gründe für die beabsichtigte Freihaltung des übrigen Planungsraums aufzeigen. Dabei vollzieht sich die Ausarbeitung des Planungskonzepts abschnittsweise (vgl. BVerwG, B.v. 15.9.2009 - 4 BN 25.09 - BRS 74 Nr. 112). In einem ersten Arbeitsschritt sind diejenigen Bereiche als „Tabuzonen“ zu ermitteln, die für die betreffende Nutzung nicht zur Verfügung stehen, wobei sich die Tabuzonen in sog. „harte“ und „weiche“ untergliedern lassen. Der Begriff der „harten“ Tabuzonen dient der Kennzeichnung von Teilen des Planungsraums, die für die betreffende Konzentrationsnutzung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht in Betracht kommen, und deshalb schlechthin ungeeignet sind (vgl. BVerwG, U.v. 17.12.2002 - 4 C 15.01 - BVerwGE 117, 287/295, 299). Mit dem Begriff der „weichen“ Tabuzonen werden Bereiche des Gemeindegebiets erfasst, in denen lediglich nach dem Willen des Plangebers aus städtebaulichen Gründen die Errichtung von Konzentrationsanlagen von vornherein ausgeschlossen werden sollen (vgl. BVerwG, U.v. 21.10.2004 - 4 C 2.04 - BVerwGE 122, 109/112). Dabei muss sich der Plangeber zur Vermeidung eines Fehlers im Abwägungsvorgang den Unterschied zwischen harten und weichen Tabuzonen bewusst machen und ihn dokumentieren, weil die beiden Arten der Tabuzonen nicht demselben rechtlichen Regime unterliegen. Bei den harten Tabuzonen handelt es sich um Flächen, die einer Abwägung zwischen Belangen der privilegierten Nutzung und widerstreitenden Belangen entzogen sind. Demgegenüber sind weiche Tabuzonen zu den Flächen zu rechnen, die einer Berücksichtigung im Rahmen der Abwägung zugänglich sind. Zwar dürfen auch sie anhand einheitlicher Kriterien ermittelt und vorab ausgeschieden werden. Seine Entscheidung für weiche Tabuzonen muss der Planungsträger jedoch rechtfertigen. Dazu muss er aufzeigen, wie er die eigenen Ausschlussgründe bewertet, d. h. kenntlich machen, dass er - anders als bei harten Tabukriterien - einen Bewertungsspielraum hat, und die Gründe für seine Wertung offen legen (vgl. BVerwG, U.v. 11.4.2013 - 4 CN 2/12 - NVwZ 2013, 1017 Rn. 5 f. m. w. N.). Nach Abschluss dieses ersten Planungsschritts sind die sog. „Potenzialflächen“, die nach Abzug der harten und weichen Tabuzonen übrig bleiben, in einem zweiten Arbeitsschritt zu den zu ihnen konkurrierenden Nutzungen in Beziehung zu setzen, d. h. die öffentlichen Belange, die gegen die Ausweisung eines Landschaftsraums als Konzentrationszone sprechen, sind mit dem Anliegen abzuwägen, der Konzentrationsnutzung an geeigneten Standorten eine Chance zu geben, die ihrer Privilegierung gerecht wird (vgl. zum Ganzen König, Baurecht Bayern, 5. Aufl. 2015, Rn. 571 ff. m. w. N.).

Dass die vorliegende Planung diesen Anforderungen nicht genügt, hat die Klägerin nicht aufgezeigt. Die Beigeladene hat ihrer Entscheidung ausweislich der Planbegründung (S. 6) die Standortanalyse zur Ausweisung einer Konzentrationszone für Kiesabbau der Fa. L. vom 6. Dezember 2010 zugrunde gelegt, die sich bei ihren Standortempfehlungen wiederum an Nr. 4 der Richtlinien für Anlage zur Gewinnung von Kies, Sand, Steinen und Erden gemäß der Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums für Landesentwicklung und Umweltfragen vom 9. Juni 1995 (AllMBl 1995, S. 589 ff.) orientiert hat. Darin sind die Tabuzonen zwar nicht ausdrücklich als „hart“ oder „weich“ bezeichnet. Dennoch wird aber der Sache nach deutlich unterschieden zwischen zwingenden Ausschlussflächen einerseits („Flächen, für die ein Kiesabbau ausgeschossen ist“) und diese Flächen „ergänzende“, fakultative Ausschlussflächen andererseits, die nach dem planerischen Willen infolge der höheren Gewichtung anderer öffentlich-rechtlicher Belange als Standort für Kiesabbau ebenfalls von vornherein ausscheiden sollen. Zur ersteren Gruppe gehören nach der Standortanalyse diejenigen Flächen im Gemeindegebiet, die eines der in der Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums für Landesentwicklung und Umweltfragen vom 9. Juni 1995 (a. a. O.) aufgezählten Kriterien erfüllen, namentlich die bestehenden und geplanten Siedlungsflächen, die Verkehrsflächen, die Hochspannungstrassen der Lech-Elektrizitäts-Werke, die ausgewiesenen Flächen für Maßnahmen zum Schutz, zur Pflege und zur Entwicklung von Natur und Landschaft, das landschaftliche Vorbehaltsgebiet gemäß Regionalplan, die amtlich verzeichneten Bau- und Bodendenkmäler, das Trinkwasserschutzgebiet, das Landschaftsschutzgebiet, die amtlich kartierten Biotope, die Flächen faunistischer Bedeutung gemäß Artenschutzkartierung, die Waldflächen und größeren Gehölzbestände (vgl. Standortanalyse S. 8 f.). Diese Flächen sind als zwingende Ausschussflächen („automatisch als Tabuflächen“) qualifiziert. Zur zweiten Gruppe werden die „Abstandsflächen, die aus landschaftsplanerischer Sicht gewählt oder vergrößert wurden, um nachteilige Wirkungen auf angrenzende Nutzungen oder Schutzgüter möglichst auszuschließen“ gezählt (vgl. Standortanalyse S. 4 und 10 f.). Dass die Zuordnung zu diesen Gruppen nicht sachgerecht wäre, macht die Klägerin nicht geltend (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO). Im Anschluss an die so ermittelten „Tabu- und Abstandsflächen“ werden die verbliebenen Bereiche der Sache nach als Potenzialflächen eingestuft („Bereiche, die als Konzentrationsflächen für den Kiesabbau theoretisch in Frage kommen“, vgl. Standortanalyse S. 4 und S. 11) und daraus in dem erforderlichen weiteren Arbeitsschritt nach abwägender Bewertung der Eignung in drei Stufen die endgültigen Konzentrationsflächen ermittelt (Standortanalyse S. 13 ff.). Hiergegen ist rechtlich nichts zu erinnern.

(2) Nicht gerechtfertigt erscheint auch der Vorhalt der Klägerin, die Beigeladene habe bei der Festlegung der (weichen) Tabuflächen die Mindestabstände der Abbauflächen zur Bebauung willkürlich vergrößert. Aus der der Festlegung der Tabuflächen zugrunde gelegten Standortanalyse geht ohne Weiteres hervor, dass die nach der Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums für Landesentwicklung und Umweltfragen vom 9. Juni 1995 (AllMBl 1995, S. 589/596) und den „Anforderungen zum Lärmschutz bei der Planung von Abbauflächen für Kies, Sand und andere Bodenschätze“ des Bayerischen Landesamts für Umweltschutz von Juli 2003 (http://www.lfu.bayern.de/laerm/doc/anlagen_abbauflaechen.pdf) empfohlenen Mindestwerte aus landschaftsplanerischer Sicht um sinnvolle Abstände überschritten werden, damit nachteilige Wirkungen auf die im Einzelnen in der Tabelle 1 angeführten angrenzenden Nutzungen und Schutzgüter (u. a. Wohngebiete, Einzelbebauung, Gewässer, Elektrofreileitungen, öffentliche Straßen, Bahnlinien, Natur- Boden und Kulturdenkmäler, Biotope, Wälder) praktisch ausgeschlossen bzw. weitgehend vermieden werden (vgl. Standortanalyse S. 4 Mitte und S. 10 f.). Auch damit folgt die Beigeladene einer Empfehlung der Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums für Landesentwicklung und Umweltfragen vom 9. Juni 1995 (a. a. O., vgl. Nr. 4.2.1.6). Dass die Erhöhung der Mindestabstände im Hinblick auf diese Belange im Einzelnen nicht gerechtfertigt gewesen wäre, trägt die Klägerin nicht vor (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO).

(3) Soweit die Klägerin geltend macht, die Beigeladene habe die Frage der „Mächtigkeit des Kiesvorkommens auf den potentiellen Konzentrationsbereichen“ nicht oder unzureichend recherchiert, trifft das nicht zu. Die der Abwägungsentscheidung zugrunde gelegte Standortanalyse (S. 5 f.) bezieht sich insoweit auf entsprechende geologische Karten von Bayern und Baden-Württemberg, in denen das Kiesvorkommen im Gemeindegebiet eingetragen ist. Dass diese Karten unzutreffende oder unzureichende Angaben enthielten, legt die Klägerin nicht dar (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO).

(4) Entgegen dem Vorbringen der Klägerin ist das Planungskonzept auch nicht deswegen fehlerhaft, weil die Beigeladene bei der Standortentscheidung irrtümlich davon ausgegangen wäre, die Antragsflächen der Klägerin im Norden des Hauptorts (Grundstück FlNr. 148) würden unmittelbar an geplante Gewerbeflächen oder an für deren Erweiterung vorgesehene (Flächen) angrenzen und seien deswegen als Konzentrationsflächen für den Kiesabbau weniger geeignet als die ausgewiesenen Flächen.

Insbesondere lässt sich der von der Klägerin angeführten Passage in der Planbegründung („Die Flächen im Norden von F. (5,5 ha) stehen in einem potentiellen Nutzungskonflikt mit den im Flächennutzungsplan dargestellten Planungen. Südlich der Flächen ist die Ansiedlung von Gewerbe vorgesehen. Mittelfristig ist somit auch auf diesen Flächen, durch ihre unmittelbar Angrenzung an die geplante Gewerbeflächen, eine Ausdehnung für weitere Gewerbeeinheiten denkbar und angestrebt“) nicht entnehmen, dass die Beigeladene ihrer Abwägungsentscheidung die fehlerhafte Annahme zugrunde gelegt hat, das Grundstück FlNr. 148 grenze unmittelbar an die im Flächennutzungsplan als „Gewerbliche Bauflächen (§ 1 Abs. 1 Nr. 3 BauNVO)“ dargestellten Flächen. Vielmehr wird aus der Formulierung hinreichend deutlich, dass die Beigeladene einen potentiellen Nutzungskonflikt zwischen der ca. 5,5 ha großen Fläche im Norden, die auch das Grundstück FlNr. 148 umfasst, und ihren Planungen darin gesehen hat, dass die Fläche im Bereich zwischen dem Grundstück FlNr. 148 und den als gewerbliche Bauflächen im Flächennutzungsplan dargestellten Grundstücken für eine Ausweisung als Gewerbeflächen für die Zukunft zur Erweiterung der bereits geplanten und im Flächennutzungsplan dargestellten Gewerbeflächen vorbehalten werden sollte. Gleiches ergibt sich aus der der Planung zugrunde gelegten Standortanalyse (S.14: „Die Flächen der Eignungsstufe II im Norden von F. (5,5 ha) stehen in einem potentiellen Nutzungskonflikt mit den im Flächennutzungsplan dargestellten Planungen. Südlich der Flächen der Eignungsstufe II ist die Ansiedlung von Gewerbe gedacht. Mittelfristig ist somit auch auf diesen Flächen, durch ihre unmittelbar Angrenzung an die erwähnten geplanten Gewerbeflächen, eine Ausdehnung für weitere Gewerbeeinheiten denkbar“). Hierbei handelt es sich um sachgerechte, ohne Weiteres nachvollziehbare Erwägungen, die einen Abwägungsmangel nicht begründen. Die Entscheidung über die Auswahl geeigneter Flächen setzt nicht voraus, dass bereits konkrete Planungen für die betroffenen Flächen vorhanden sind, die einem Vorhaben entgegenstehen.

(5) Ebenso wenig berechtigt erscheint das Vorbringen, die Planung sei in sich widersprüchlich, weil mit ihr einerseits überwiegend kleinräumiger, privater Kiesabbau ermöglicht werden sollte, andererseits aber eine verbleibende Potenzialfläche im Norden des Gemeindegebiets der Beigeladenen mit einer Größe von 4 ha als nicht geeignet angesehen wurde. Abgesehen davon, dass die Klägerin nicht angibt, woraus sich das Planungsziel der „Ermöglichung von überwiegend kleinräumigen, privaten Kiesabbau“ ergeben soll (nach S. 4 der Planbegründung werden „kleinere Abbaue privilegiert, die dem örtlichen Bedarf dienen“), ist es nicht fehlerhaft, wenn die Gemeinde bei der Standortauswahl nicht sämtliche geeigneten Potenzialflächen als Konzentrationsflächen für Kiesabbau ausweist, sondern hieraus Flächen auswählt, die im Hinblick auf die Größe der betreffenden Flächen und weiterer Kriterien wie etwa Grundstückszuschnitt, Erschließung, potenzielle Nutzungskonflikte u. a. (vgl. Standortanalyse S. 14) hierfür am besten geeignet sind (vgl. BVerwG, B.v. 12.7.2006 - 4 B 49/06 - ZfBR 2006, 679 = juris Rn. 7).

(6) Soweit die Klägerin pauschal die fehlende Berücksichtigung von Fragen der „Wirtschaftlichkeit der Ausbeute“, der „Flächenverfügbarkeit“ und der „Dimension des Entwicklungsspielraums der Konzentrationsflächen“ bei der Flächenauswahl rügt, legt sie nicht dar, woraus sich eine Pflicht zur Berücksichtigung dieser Kriterien ergeben soll und inwieweit diese Fragen für die Beurteilung der Eignung der Konzentrationsfläche für den Kiesabbau erheblich gewesen sein sollen.

b) Keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung ergeben sich auch hinsichtlich der Annahme des Verwaltungsgericht, bei der Abwägung der öffentlichen und privaten Belange (§ 1 Abs. 7 BauGB) seien die privaten Interessen der Klägerin hinreichend erkannt und berücksichtigt worden.

(1) Soweit die Klägerin mit dem Vorbringen, „in der Abwägungsentscheidung…fänden sich keine Hinweise auf die Betroffenheit der Klägerin in ihren eigentumsrechtlichen Belangen“ (Schriftsatz vom 2.9.2013 S. 9 f.) und „an keiner Stelle der Begründung werde auch nur ansatzweise erkennbar, dass die Beigeladene - und sei es allgemein und abstrakt - eine Einschränkung der eigentumsrechtlichen Verfügungsmöglichkeiten…. planungsrechtlich privilegierter Unternehmen … erkannt und betrachtet hätte“ (Schriftsatz vom 2.9.2013 S. 11), eine Nichtberücksichtigung ihres durch Art. 14 Abs. 1 GG geschützten Grundeigentums geltend machen wollte, scheidet ein Abwägungsmangel schon deswegen aus, weil die Klägerin selbst nicht Eigentümerin des Grundstücks FlNr. 148 ist, auf dem sie Kies abbauen möchte. Abgesehen davon genießt das Grundeigentum an Außenbereichsgrundstücken nur einen eingeschränkten Schutzanspruch und vermittelt - anders als § 34 BauGB - keinen Schutz gegen neu auftretende öffentliche Belange. Denn nach der Entscheidung des Gesetzgebers, der nach Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG Inhalt und Schranken des Eigentums an Grundstücken bestimmt, ist der Außenbereich nach § 35 BauGB grundsätzlich nicht für das Bauen freigegeben, sondern im Interesse seiner größtmöglichen Schonung in erster Linie für die Erholung der Allgemeinheit und für die Land- und Forstwirtschaft bestimmt (vgl. BVerwG, U.v. 17.2.1984 - 4 C 56.79 - NVwZ 1984, 434; Urt. v. 17.12.2002 - 4 C 15.01 - BVerwGE 117, 287 = juris Rn. 48). Auch privilegierte Vorhaben sind deshalb im Außenbereich nicht ohne Weiteres zulässig, sondern stehen unter dem Vorbehalt des Nichtentgegenstehens öffentlicher Belange (§ 35 Abs. 1 BauGB), wozu auch der Planvorbehalt des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB gehört (vgl. BVerwG, U.v. 11.4.2013 - 4 CN 2/12 - NVwZ 2013, 1017 Rn. 12; NdsOVG, U.v. 11.11.2013 - 12 LC 257/12 - BauR 2014, 516 Rn. 35; VGH BW, U.v. 9.6.2005 - 3 S 1545/04 - ESVGH 56,56 = juris Rn. 41).

(2) Soweit die Klägerin eine Nichtberücksichtigung ihres (Eigentums-)Rechts in Form des eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebs behauptet, legt sie - sofern ein solches Recht als rechtlich schutzwürdig anzuerkennen ist (vgl. BVerfG, B.v. 10.6.2009 - 1 BvR 198/08 - NVwZ 2009, 1426/1428 = juris Rn. 19 ff.; B.v. 29.2.2012 - 1 BvR 2378/10 - NZA 2012, 788 = juris Rn. 41; BVerwG, U.v. 12.8.2009 - 9 A 64/07 - BVerwGE 134, 308/310 = juris Rn. 23) - nicht dar, inwieweit ihr Kiesbauunternehmen dadurch in seinem Bestand beeinträchtigt sein könnte, dass sie den als Baustoff benötigten Kies auch künftig - wie bisher - zukaufen muss anstatt ihn auf dem nicht in ihrem Eigentum stehenden Grundstück FlNr. 148 selbst abzubauen. Bloße Umsatz- und Gewinnchancen sind von der Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG nicht erfasst (vgl. BVerwG, U.v. 10.7.2012 - 7 A 11/11 - BVerwGE 143, 249 = juris Rn. 74).

(3) Soweit sich die Klägerin auf eine Nichtberücksichtigung ihres Rechts der freien Berufsausübung beruft und sinngemäß eine Beeinträchtigung ihrer durch Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG geschützten freien Standortwahl rügt (vgl. BVerfG, B.v. 30.11.2010 - 1 BvL 3/07 - ZfWG 2011, 33 = juris Rn. 38; BGH, U.v. 9.12. 2004 - III R 263/04 - BGHZ 161, 305 juris Rn. 19 ff.; OVG NRW, U.v. 26.9.2013 - 16 A 1295/08 - juris Rn. 108), handelt es sich zwar grundsätzlich um einen in der Abwägung zu berücksichtigenden privaten Belang. Dieser musste sich dem Gemeinderat der Beigeladenen aufgrund des Vorbescheidsantrags der Klägerin vom 14. April 2010 und des daraufhin ergangenen Beschluss vom 4. Mai 2010 zur Zurückstellung nach § 15 Abs. 3 BauGB auch ohne gesonderte Geltendmachung im Rahmen der Öffentlichkeitsbeteiligung nach § 3 Abs. 2 BauGB aufdrängen (vgl. OVG NW, U.v. 26.9.2013 - 16 A 1295/08 - juris Rn. 108). Selbst wenn man aber unterstellt, dass insoweit ein Abwägungsausfall vorliegt, würde dies nicht zur Unwirksamkeit des Flächennutzungsplans führten. Wie das Verwaltungsgericht zu Recht angenommen hat, wäre dieser Mangel nach § 214 Abs. 3 Satz 2 Halbs. 2 BauGB nicht erheblich, weil er weder offensichtlich noch auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen ist.

(3.1) Ein Mangel im Abwägungsvorgang ist offensichtlich im Sinn dieser Vorschrift, wenn er auf objektiv feststellbaren Umständen beruht und ohne Ausforschung der Mitglieder des Gemeinderats über deren Planungsvorstellungen für den Rechtsanwender erkennbar ist (vgl. BVerwG, U.v. 13.12.2012 - 4 CN 1/11 - BVerwGE 145, 231 Rn. 16). Es genügt nicht, wenn - negativ - lediglich nicht ausgeschlossen werden kann, dass der Abwägungsvorgang an einem Mangel leidet, weil die Planbegründung und Aufstellungsvorgänge keinen ausdrücklichen Hinweis darauf enthalten, dass der Plangeber sich mit bestimmten konkreten Umständen ausdrücklich abwägend befasst hat. Die Grenze dessen, was sich verlässlich ermitteln lässt, geht nicht generell zulasten der planenden Gemeinde, so dass alles, was nicht nachweislich erwogen wurde, zwangsläufig als Abwägungsausfall zu werten wäre. Liegt - wie hier - eine Lücke in den Aufstellungsvorgängen vor, kann dies im Einzelfall zwar den Schluss zulassen, dass insoweit ein Mangel im Abwägungsvorgang gegeben ist. Für die Annahme der „Offensichtlichkeit“ reicht das aber nicht aus (vgl. BVerwG, B.v. 20.1.1992 - 4 B 71.90 - NVwZ 1992, 662 = juris Rn. 13). Eine andere Beurteilung wäre nur dann geboten, wenn objektiv erfassbare Umstände vorliegen, die unzweifelhaft darauf hindeuten, dass dem Gemeinderat der betreffende Belang verborgen geblieben ist oder er ihn trotz Kenntnis nicht oder nur unzureichend berücksichtigt hat (vgl. BVerwG, U.v. 21.8.1981 - 4 C 57.80 - BVerwGE 64, 33/38 = juris Rn. 23 ff., U.v. 6.5.1993 - 4 C 15/91 - BauR 1993, 688 = juris Rn. 20; B.v. 20.1.1995 - 4 NB 43/93 - NVwZ 1995, 692 Rn. 14; B.v. 14.11.2012 - 4 BN 5/12 - ZfB 2013, 9 Rn. 11). Dass solche objektiv erfassbaren Umstände hier gegeben wären, zeigt die Klägerin nicht auf (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO).

(3.2) Weiterhin dürfte der Mangel auf das Abwägungsergebnis nicht von Einfluss gewesen sein. Das ist im Allgemeinen zu bejahen, wenn nach den Umständen des Einzelfalls die konkrete Möglichkeit besteht, dass die Planung ohne den Abwägungsmangel anders ausgefallen wäre. Dies ist immer dann der Fall, wenn sich anhand der Planunterlagen oder sonstiger erkennbarer oder nahe liegender Umstände die Möglichkeit abzeichnet, dass ohne den Fehler anders geplant worden wäre (vgl. BVerwG, U.v. 13.12.2012 - 4 CN 1/11 - BVerwGE 145, 231 Rn. 16). Auch das Gewicht des Belangs kann für die Ergebnisrelevanz von Bedeutung sein; je größeres Gewicht dem betroffenen Belang in der Abwägung zukommt, desto eher ist davon auszugehen, dass sich der Abwägungsmangel auf das Planungsergebnis ausgewirkt haben könnte (vgl. BVerwG, U.v. 18.11.2004 - BVerwG 4 CN 11.03 - BVerwGE 122, 207/213 = juris Rn. 25; U.v. 9.4.2008 - 4 CN 1/07 - BVerwGE 131, 100 Rn. 22). Umgekehrt wird einem Belang von geringem Gewicht kaum ein Einfluss auf das Abwägungsergebnis zugesprochen werden können. Letzteres dürfte hier anzunehmen sein. Das Interesse der Klägerin, gerade auf dem (nicht in ihrem Eigentum stehenden) Grundstück FlNr. 148 Kiesabbau zu betreiben, kann wohl nur geringes Gewicht zugesprochen werden, zumal es letztlich vor allem darin bestehen dürfte, den Eigenbedarf für das gewerbliche Unternehmen zu decken und den benötigen Kies durch Eigenabbau künftig günstiger zu erwerben als durch einen Zukauf wie bisher. Angesichts dessen kann wohl kaum angenommen werden, dass die Beigeladene bei Berücksichtigung dieser gewerblichen Interessen der Klägerin von der Ausweisung der Kiesabbauflächen an den geplanten Standorten Abstand genommen und das Grundstück FlNr. 148 oder andere Flächen ausgewählt hätte.

d) Der weitere Einwand der Klägerin, die Beigeladene habe jegliche Eigentumsbetroffenheit der durch den angestrebten Ausschluss der Abbaumöglichkeiten betroffenen Grundstücke ignoriert, erschöpft sich in einer nicht näher erläuterten Behauptung und genügt damit nicht den Darlegungsanforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO.

II)

Ebenso wenig bestehen ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der Annahme des Verwaltungsgerichts, dass der Klägerin nicht deswegen ein Rechtsanspruch auf Erteilung des beantragten abgrabungsrechtlichen Vorbescheids zusteht, weil die Abwägung im Einzelfall ergäbe, dass dem Kiesabbauvorhaben nach § 35 Abs. 1 BauGB öffentliche Belange trotz der mit der wirksamen Aufstellung der Flächennutzungsplanänderung verbundenen Ausschlusswirkung nicht entgegenstehen.

§ 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB stellt kein absolutes Zulassungshindernis auf, sondern beinhaltet einen Ausnahmevorbehalt für atypische Einzelfälle („in der Regel“). Dies läuft, in ähnlicher Weise wie bei § 35 Abs. 1 BauGB, auf eine nachvollziehende Abwägung hinaus, jedoch unter umgekehrten Vorzeichen. Während der Gesetzgeber mit dem Tatbestandsmerkmal „entgegenstehen“ die besondere Bedeutung der Privilegierung hervorhebt, die tendenziell zugunsten des Vorhabens zu Buche schlägt, bringt er mit der Regel-Ausnahme-Formel in § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB zum Ausdruck, dass außerhalb der Konzentrationsflächen grundsätzlich dem Freihalteinteresse der Vorrang gebührt. Diese Wertung darf im Genehmigungsverfahren nicht konterkariert werden. Eine Abweichung im Einzelfall ist zwar möglich, steht aber unter dem Vorbehalt, dass die Konzeption, die der Planung zugrunde liegt, als solche nicht in Frage gestellt wird. Der zur Genehmigung gestellte Standort darf das gesamträumliche Planungskonzept der Gemeinde nicht in Frage stellen; es muss sich um eine vom Plangeber so nicht vorhergesehene (atypische) Fallkonstellation handeln (vgl. BVerwG, U.v. 17.12.2002 - 4 C 15/01 - BVerwGE 117, 287 Rn. 48; U.v. 26.4.2007 - 4 CN 3/06 - BVerwGE 128, 382 Rn. 17; NdsOVG, B.v. 12.10.2011 - 12 LA 219/10 - ZfBR 2012, 55 = juris Rn. 12).

Dass eine solche atypische Sondersituation, die dem Vorhaben der Klägerin hier entgegen der Regel des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB den Vorrang gegenüber dem Freihaltungsinteresse der Beigeladenen einräumt, gegeben wäre, hat die Klägerin im Zulassungsantrag nicht aufgezeigt. Insbesondere erscheint aufgrund der angeführten Umstände, dass die streitgegenständliche Abbaufläche auf dem Grundstück FlNr. 148 über eine hinreichende Erschließung durch eine Staatsstraße verfügt, baulich bereits durch ein landwirtschaftliche Nutzung vorgeprägt und Teil der von der Beigeladenen vorgesehene gewerblichen Erweiterungsfläche ist, ebenso wenig wie aufgrund der Tatsache, dass der Gewerbebetrieb der Klägerin ortsansässig ist, eine atypische Sonderkonstellation gegeben, die das Abbauinteresse der Klägerin auf diesem Grundstück gewichtiger erscheinen lässt als das grundsätzlich vorrangige Freihaltungsinteresse der Beigeladenen und die das Vorhaben der Klägerin aus dem Kreis anderer Vorhaben heraushebt, deren Zulassung die Beigeladene hat steuern wollen.

B. Die Berufung ist nicht wegen des gerügten Verfahrensmangels (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO) infolge eines Verstoßes gegen die gerichtliche Aufklärungspflicht (§ 86 Abs. 1 VwGO) zuzulassen.

Die Klägerin macht geltend, das Verwaltungsgericht habe seine Aufklärungspflicht verletzt, weil es sich die einschlägigen Normaufstellungsakten der Beigeladenen nicht habe vorlegen zu lassen. Wäre das geschehen, hätte sich ergeben, dass die Behandlung der betroffenen Eigentümerbelange auch und gerade der Klägerin in der Abwägung nicht ordnungsgemäß erfolgt sei; die Vornahme dieser Ermittlungen hätte sich auch ohne ein entsprechendes Hinwirken durch die Klägerin durch Stellen eines Beweisantrags von sich aus aufdrängen müssen.

Der Einwand greift nicht durch, weil - wie sich aus Vorstehendem ergibt (vgl. oben I 4. b) - im Hinblick auf die Eigentumsbelange der Klägerin keine beachtlichen Abwägungsmängel vorliegen. Ist ein gerügter Verfahrensmangel aber für den Ausgang des Berufungsverfahrens nicht oder nicht mehr von Bedeutung, kann die Berufung schon aus diesem Grund nicht zugelassen werden (vgl. BayVGH, B.v. 18.9.2008 - 1 ZB 06.2294 - juris Rn. 46; Seibert in Sodan/Ziekow, Verwaltungsgerichtsordnung, 4. Aufl. 2014, § 124 Rn. 101, 125, 154, 182, 224; Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl., § 124 Rn. 51).

C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Es entspricht der Billigkeit (§ 162 Abs. 3 VwGO), dass die Beigeladene trotz ihres erfolgreichen Gegenantrags ihre außergerichtlichen Kosten selbst trägt. Sie hat sich mit ihrem Antrag keinem Kostenrisiko nach § 154 Abs. 3 VwGO ausgesetzt, weil auch bei einem erfolgreichen Zulassungsantrag keine Kosten angefallen wären. Die Kosten eines erfolgreichen Zulassungsverfahrens sind nämlich Teil der Kosten des Berufungsverfahrens. Im Zulassungsverfahren bleibt es deshalb in aller Regel bei dem kostenrechtlichen Grundsatz, dass ein Beigeladener seine Kosten selbst trägt (vgl. BayVGH, B.v. 11.10.2001 - 8 ZB 01.1789 - BayVBl 2002, 378; B.v. 11.4.2002 - 1 ZS 01.3179 - BayVBl 2003, 58).

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3, § 52 Abs. 1 GKG und orientiert sich an Nr. 9.2 Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (BayVBl-Beilage 1/2014).

Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124 a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Für die Ausschließung und Ablehnung der Gerichtspersonen gelten §§ 41 bis 49 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(2) Von der Ausübung des Amtes als Richter oder ehrenamtlicher Richter ist auch ausgeschlossen, wer bei dem vorausgegangenen Verwaltungsverfahren mitgewirkt hat.

(3) Besorgnis der Befangenheit nach § 42 der Zivilprozeßordnung ist stets dann begründet, wenn der Richter oder ehrenamtliche Richter der Vertretung einer Körperschaft angehört, deren Interessen durch das Verfahren berührt werden.

(1) Ausnahmegerichte sind unzulässig. Niemand darf seinem gesetzlichen Richter entzogen werden.

(2) Gerichte für besondere Sachgebiete können nur durch Gesetz errichtet werden.

(1) Für die Ausschließung und Ablehnung der Gerichtspersonen gelten §§ 41 bis 49 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(2) Von der Ausübung des Amtes als Richter oder ehrenamtlicher Richter ist auch ausgeschlossen, wer bei dem vorausgegangenen Verwaltungsverfahren mitgewirkt hat.

(3) Besorgnis der Befangenheit nach § 42 der Zivilprozeßordnung ist stets dann begründet, wenn der Richter oder ehrenamtliche Richter der Vertretung einer Körperschaft angehört, deren Interessen durch das Verfahren berührt werden.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Für die Ausschließung und Ablehnung der Gerichtspersonen gelten §§ 41 bis 49 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(2) Von der Ausübung des Amtes als Richter oder ehrenamtlicher Richter ist auch ausgeschlossen, wer bei dem vorausgegangenen Verwaltungsverfahren mitgewirkt hat.

(3) Besorgnis der Befangenheit nach § 42 der Zivilprozeßordnung ist stets dann begründet, wenn der Richter oder ehrenamtliche Richter der Vertretung einer Körperschaft angehört, deren Interessen durch das Verfahren berührt werden.

(1) Ein Richter kann sowohl in den Fällen, in denen er von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes ausgeschlossen ist, als auch wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden.

(2) Wegen Besorgnis der Befangenheit findet die Ablehnung statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen.

(3) Das Ablehnungsrecht steht in jedem Fall beiden Parteien zu.

Gründe

1

Die auf Verfahrensfehler gestützte Nichtzulassungsbeschwerde hat keinen Erfolg.

2

1. Die ... geborene Beklagte stand als Kreisamtsinspektorin in Diensten des Klägers. Sie war dort als Kassenbeamtin eingesetzt. Im Jahr 2005 leitete der Kläger gegen die Beklagte ein Disziplinarverfahren ein, in dessen Verlauf ihr vorgeworfen wurde, in vier Fällen zwischen 1997 und 2004 Beträge in Höhe von 7 363,86 DM (1997), 8 000 DM (1998), 18 400 DM (1999) und 5 413,25 € (2004) auf Konten überwiesen zu haben, auf die sie Zugriff hatte. Das sachgleiche Strafverfahren wurde wegen des jüngsten Vorwurfs gemäß § 153a StPO und wegen der übrigen Vorwürfe aufgrund von § 170 Abs. 2 StPO wegen Verjährung eingestellt. Die Beklagte hat einen Vorwurf uneingeschränkt und einen weiteren in modifizierter Form gestanden.

3

Der Kläger hat wegen der vier Vorwürfe Disziplinarklage mit dem Ziel der Entfernung aus dem Dienst erhoben. Während des Verfahrens hat er den Klagegegenstand auf die zwei Vorwürfe aus den Jahren 1999 und 2004 reduziert. Ebenfalls während des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ist die Beklagte wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt worden. Sie ist wegen einer psychischen Erkrankung dauerhaft verhandlungsunfähig. Das Amtsgericht hat ihren Ehemann als Betreuer für das Disziplinarklageverfahren bestellt; dieser nimmt seitdem die Aufgaben eines Prozesspflegers wahr. Mit Urteil vom 20. Dezember 2011 hat das Oberverwaltungsgericht der Beklagten das Ruhegehalt aberkannt.

4

Der Senat hat das Berufungsurteil mit Beschluss vom 31. Oktober 2012 - 2 B 33.12 - (NVwZ-RR 2013, 115) wegen Verfahrensmängeln aufgehoben und an das Oberverwaltungsgericht zurückverwiesen; es beruhe auf einem Verstoß gegen § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO, weil das Oberverwaltungsgericht nicht aufgrund des Gesamtergebnisses des Verfahrens entschieden habe, ob die Voraussetzungen eines Maßnahmeverbots aus rechtsstaatlichen Gründen vorliegen.

5

Das Oberverwaltungsgericht hat mit Urteil vom 8. Dezember 2014 erneut auf die Aberkennung des Ruhegehalts erkannt. Hiergegen richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde.

6

2. Die Beschwerde ist zulässig.

7

Zwar hat der Prozessbevollmächtigte der Beklagten die Beschwerde nicht innerhalb der Frist des § 133 Abs. 3 Satz 1 VwGO formgerecht begründet. Gemäß dieser Vorschrift ist die Beschwerde innerhalb von zwei Monaten nach der Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Das mit einer ordnungsgemäßen Rechtsbehelfsbelehrung versehene Urteil wurde dem Prozessbevollmächtigten der Beklagten ausweislich der in der Gerichtsakte befindlichen Postzustellungsurkunde am 23. Januar 2015 zugestellt. Die Frist zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde endete damit gemäß § 57 Abs. 1 und 2 VwGO, § 222 Abs. 1 ZPO und § 188 Abs. 2 BGB mit Ablauf des 23. März 2015.

8

Zu diesem Zeitpunkt wahrte die ab 22:54 Uhr per Telefax an das Oberverwaltungsgericht übermittelte Beschwerdebegründung die Anforderungen an die Schriftlichkeit noch nicht. Zur Schriftlichkeit gehört insbesondere die Unterschrift des Rechtsanwalts, die zum Ausdruck bringt, dass dieses Schriftstück willentlich in den Rechtsverkehr eingebracht werden soll. Die Seiten 94 bis 122 der Beschwerdebegründung gingen aber erst zwischen 0:00 und 0:20 Uhr am 24. März 2015 beim Oberverwaltungsgericht ein; die Seiten 122 bis 125 (Unterschriftsseite) erst zwischen 8:51 und 8:52 Uhr.

9

Der Beklagten ist Wiedereinsetzung in die versäumte Frist zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde zu gewähren. Nach § 60 Abs. 1 VwGO ist bei unverschuldeter Versäumung einer gesetzlichen Frist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Der Wiedereinsetzungsantrag ist bei Versäumung der Frist zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde binnen eines Monats zu stellen (§ 60 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 2 VwGO). Innerhalb der Antragsfrist ist auch die versäumte Rechtshandlung nachzuholen (§ 60 Abs. 2 Satz 3 VwGO). Die Tatsachen zur Begründung des Antrags sind glaubhaft zu machen (§ 60 Abs. 2 Satz 2 VwGO).

10

Der Wiedereinsetzungsantrag ist am 31. März 2015 beim Oberverwaltungsgericht eingegangen. Zu diesem Zeitpunkt lag die vollständige und formgerechte Beschwerdebegründung bereits vor. Die Beklagte hat auch einen Wiedereinsetzungsgrund glaubhaft gemacht. Nach dem detailreich und nachvollziehbar geschilderten, vom Prozessbevollmächtigten der Beklagten an Eides statt versicherten Sachverhalt hatte dieser bereits am 23. März 2015 gegen 22:10 Uhr damit begonnen, den 125seitigen Schriftsatz per Telefax an das Oberverwaltungsgericht zu übermitteln. Das Kanzleifaxgerät benötige üblicherweise für die Übermittlung von 125 Seiten rund 45 Minuten. Wegen technischer Probleme beim Papiereinzug sei das Telefax nicht zur Übersendung gelangt, nicht einmal einige Seiten. Ein Reparaturbeleg für das Telefaxgerät vom 25. März 2015 wurde vorgelegt. Mit Hilfe eines eilig herbeigeschafften Ersatzgeräts, das jedoch eine zu langsame Übermittlungsgeschwindigkeit aufweise, habe dann ab 22:54 Uhr die Übermittlung an das Oberverwaltungsgericht begonnen werden können. Bis Mitternacht seien jedoch nur 93 Seiten erfolgreich übermittelt worden. Das Gerät habe störungsfrei, jedoch - seiner Art entsprechend - mit geringer Geschwindigkeit gearbeitet.

11

Vor dem Hintergrund dieses Sachverhalts kann dem Kläger nicht mangelnde Sorgfalt vorgeworfen werden. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts liegt ein "Verschulden" im Sinne von § 60 Abs. 1 VwGO vor, wenn diejenige Sorgfalt außer Acht gelassen wird, die für einen gewissenhaften und seine Rechte und Pflichten sachgemäß wahrnehmenden Prozessführenden geboten ist und die ihm nach den gesamten Umständen des konkreten Falles zuzumuten war (stRspr, BVerwG, Beschlüsse vom 6. Juni 1995 - 6 C 13.93 - Buchholz 310 § 60 VwGO Nr. 198 S. 14, vom 9. September 2005 - 2 B 44.05 - Buchholz 310 § 60 VwGO Nr. 257 Rn. 2 und vom 1. September 2014 - 2 B 93.13 - Buchholz 310 § 60 VwGO Nr. 274 Rn. 11).

12

Danach gehört es zu den Sorgfaltspflichten jedes Rechtsanwalts in Fristensachen, den Betrieb seiner Anwaltskanzlei so zu organisieren, dass fristwahrende Schriftsätze rechtzeitig hergestellt werden und vor Fristablauf beim zuständigen Gericht eingehen. Bei Fristen für die Begründung eines Rechtsmittels muss der Rechtsanwalt dafür Sorge tragen, dass er sich rechtzeitig auf die Fertigung der Rechtsmittelbegründung einstellen sowie Unregelmäßigkeiten und Zwischenfällen vor Fristablauf Rechnung tragen kann (BVerwG, Beschluss vom 21. Februar 2008 - 2 B 6.08 - juris Rn. 7 ff. m.w.N.).

13

Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts hat der Nutzer mit der Wahl des Telefaxes als eines anerkannten und für die Zusendung fristwahrender Schriftsätze an das Gericht eröffneten Übermittlungsmediums, der ordnungsgemäßen Nutzung eines funktionsfähigen Sendegeräts und der korrekten Eingabe der Empfängernummer das seinerseits Erforderliche zur Fristwahrung getan, wenn er so rechtzeitig mit der Übermittlung beginnt, dass unter normalen Umständen mit ihrem Abschluss bis 24:00 Uhr zu rechnen ist (BVerfG, Beschluss vom 1. August 1996 - 1 BvR 121/95 - NJW 1996, 2857 <2858>). Dabei ist zu berücksichtigen, dass häufig gerade die Abend- und Nachtstunden wegen günstigerer Tarife oder wegen drohenden Fristablaufs genutzt werden, um Schriftstücke noch fristwahrend per Telefax zu übermitteln. Dem ist vom Rechtsuchenden gegebenenfalls durch einen zeitlichen "Sicherheitszuschlag" Rechnung zu tragen (BVerfG, Beschluss vom 21. Juni 2001 - 1 BvR 436/01 - NJW 2001, 3473 <3474>).

14

In der Rechtsprechung des Senats ist eine Erfüllung dieser Anforderungen angenommen worden bei einem 37seitigen Schriftsatz, mit dessen Übermittlung 18 Minuten vor Mitternacht begonnen wurde (BVerwG, Beschluss vom 1. September 2014 - 2 B 93.13 - Buchholz 310 § 60 VwGO Nr. 274 m.w.N.).

15

Vor diesem Hintergrund ist es nicht fahrlässig, knapp zwei Stunden vor Mitternacht mit der Übermittlung eines 125seitigen Schriftsatzes zu beginnen, wenn dessen Übermittlung mit dem eigentlichen Kanzleifaxgerät üblicherweise rund 45 Minuten in Anspruch nimmt. Denn der zeitliche Abstand beinhaltet dann einen Sicherheitszuschlag von über 100 Prozent, was jedenfalls bei längeren Zeiträumen wie hier genügt, um gewöhnlichen technischen Schwierigkeiten fristgerecht zu begegnen.

16

3. Die Beschwerde ist unbegründet. Die von der Beklagten geltend gemachten Verfahrensfehler liegen nicht vor.

17

a) Es liegt zunächst keine Verletzung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO) vor.

18

aa) Ein Verstoß gegen das Gebot der Gewährung rechtlichen Gehörs liegt nicht darin, dass das Oberverwaltungsgericht die Termine zur mündlichen Verhandlung durchgeführt hat, obwohl der Prozessbevollmächtigte der Beklagten ihre Aufhebung bzw. Verlegung beantragt hatte. Der Prozessbevollmächtigte macht insoweit geltend, nicht nur die Beklagte, sondern auch der Betreuer und er selbst seien an der Teilnahme an den mündlichen Verhandlungen am 2. Juli 2014 und am 8. Dezember 2014 gehindert gewesen. Die mündliche Verhandlung am 2. Juli 2014 sei entbehrlich gewesen, weil von den Zeugen - den erstinstanzlichen Richtern - kein Erkenntnisgewinn zu erwarten gewesen sei. Im Übrigen seien der Prozessbevollmächtigte und der Betreuer (akuter Brechdurchfall) transport- und reiseunfähig erkrankt gewesen, sodass auch die Einholung eines amtsärztlichen Attests nicht möglich gewesen sei.

19

Der Prozessbevollmächtigte habe dem Oberverwaltungsgericht mehrfach, zuletzt mit Verlegungsantrag vom 4. Dezember 2014 unter Berufung auf eine Bescheinigung der Universitätsklinik ... vom 17. Februar 2014 deutlich gemacht, dass er grundsätzlich aufgrund eines am 16. Februar 2014 erlittenen Schlaganfalls arbeitsunfähig sei. Maximal könne er im Rahmen freiwilliger Selbstgefährdung wenige Stunden wöchentlich arbeiten. Eine Vertretung durch Rechtsanwalt N. sei nicht möglich, da das Vertretungsverhältnis mit seiner Rückkehr aus der Reha im April 2014 geendet habe. Die Beklagte habe zudem - auch schriftlich - deutlich gemacht, dass sie keine Unterbevollmächtigung wünsche; sie habe nur Vertrauen zu ihrem derzeitigen Prozessbevollmächtigten.

20

Allein mit der Anfertigung des Schriftsatzes vom 4. Dezember 2014 sei sein Stundenkontingent für die Kalenderwochen 48 bis 50 aufgebraucht gewesen, sodass eine Teilnahme an der mündlichen Verhandlung nicht möglich gewesen sei. Auch habe dem Schriftsatz vom 4. Dezember 2014 das Gutachten des Dr. Z. vom 3. Dezember 2014, welches ihm erst am 8. Dezember 2014 zugeleitet worden sei, beigefügt werden müssen. Da er daraufhin den Schriftsatz in der Kanzlei noch habe unterschreiben müssen, sei seine Anwesenheit in ... am selben Tage ausgeschlossen gewesen. Der ihn - den Prozessbevollmächtigten - zugleich "heimsuchende" fiebrige grippale Infekt sei deswegen auch nicht mehr glaubhaft zu machen gewesen. Neben der Beklagten habe im Übrigen auch ihr Betreuer nicht an der Verhandlung teilnehmen können; er sei reise- und verhandlungsunfähig erkrankt gewesen. Eine Teilnahme der Beklagten sei aber erforderlich, weil nur sie den Sachverhalt richtigstellen könne. Das Verlangen des Oberverwaltungsgerichts nach amtsärztlichen Bestätigungen der Verhandlungs- und Reiseunfähigkeit des Prozessbevollmächtigten und des Betreuers sei rechtsmissbräuchlich. Das Gesundheitsamt der Stadt ... sei zudem befangen.

21

Das Oberverwaltungsgericht hat die Anträge des Prozessbevollmächtigten der Beklagten auf Terminsaufhebung zu Recht abgelehnt, weil dieser jeweils keinen erheblichen Grund für eine Aufhebung im Sinne von § 173 Satz 1 VwGO, § 227 Abs. 1 Satz 1 ZPO glaubhaft gemacht hat. Daraus folgt, dass Prozessbevollmächtigter und Betreuer der Beklagten den Verhandlungen auf eigenes Risiko ferngeblieben sind.

22

Das Gericht ist nur dann verpflichtet, einen Verhandlungstermin auf Antrag eines Verfahrensbeteiligten aufzuheben oder zu verlegen, wenn anderenfalls dessen grundrechtlicher Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs verletzt wäre. Das von § 227 Abs. 1 Satz 1 ZPO eröffnete Ermessen ist dann auf Null reduziert. Das rechtliche Gehör gebietet die Aufhebung oder Verlegung eines Verhandlungstermins, wenn der Prozessbevollmächtigte eines Verfahrensbeteiligten ohne sein Verschulden an der Teilnahme gehindert ist. Bei dem Prozesspfleger kommt es wie beim Beteiligten zusätzlich darauf an, ob die Teilnahme an der Verhandlung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen geboten ist.

23

Einen beachtlichen Hinderungsgrund stellt insbesondere die vorübergehende Verhandlungsunfähigkeit wegen einer Erkrankung dar. Zu deren Nachweis genügt in der Regel die Vorlage einer privatärztlichen Bescheinigung. Hat das Gericht berechtigte Zweifel an der Verhandlungsunfähigkeit, etwa weil wie im vorliegenden Verfahren wiederholt kurzfristig ärztliche Bescheinigungen ohne Diagnose vorgelegt werden, muss es Nachforschungen anstellen. Zusätzliche Anforderungen an den Nachweis einer Erkrankung setzen voraus, dass greifbare Anhaltspunkte für die Absicht der Prozessverschleppung bestehen. Auch in diesem Fall muss das Gericht im Rahmen des Möglichen und Zumutbaren versuchen, sich vor der Entscheidung über den Aufhebungs- oder Verlegungsantrag Klarheit zu verschaffen (stRspr, vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 3. August 1994 - 6 B 31.94 - Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 257 S. 4 f. und vom 2. November 1998 - 8 B 162.98 - Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 285 S. 45). Hiervon ausgehend lässt sich ein Gehörsverstoß nicht feststellen:

24

In Bezug auf den Verhandlungstermin am 2. Juli 2014 hat die Beklagte einen erheblichen Grund im Sinne des § 227 Abs. 1 Satz 1 ZPO nicht dargelegt. Die von ihr vermutete Unergiebigkeit der für diesen Termin vorgesehenen Zeugenvernehmungen war kein von der Prozessordnung anerkannter Grund, der mündlichen Verhandlung fernzubleiben, und ist daher kein erheblicher Grund für die Aufhebung eines Termins. Zweifel eines Verfahrensbeteiligten an der Sinnhaftigkeit der Durchführung einer Beweisaufnahme entbinden insbesondere den Prozessbevollmächtigten nicht von der Teilnahme an der mündlichen Verhandlung. Diese ist vielmehr der Ort, solche Bedenken ggf. geltend zu machen.

25

Zu Recht hat das Oberverwaltungsgericht den Terminsaufhebungsantrag auch im Hinblick auf die gesundheitliche Situation des Prozessbevollmächtigten und des Betreuers abgelehnt. Das folgt schon daraus, dass der Aufhebungsantrag nicht den diesbezüglichen Anforderungen der Ladungsverfügung entsprach. Mit der Ladung sind der Prozessbevollmächtigte und der Betreuer aufgefordert worden, eine etwaige Reise-, Transport- und Verhandlungsunfähigkeit durch amtsärztliches Attest glaubhaft zu machen, und für den Fall, dass sie sich an der amtsärztlichen Untersuchung gehindert sähen, diesen Umstand durch ein ärztliches Attest zu belegen und dabei den Arzt von der Schweigepflicht zu entbinden, weil das Oberverwaltungsgericht ggf. noch am Verhandlungstag den Arzt befragen oder durch den beauftragten Richter vernehmen lassen wolle.

26

Diese Anforderungen sind jeweils als sachgerecht anzusehen. Es lagen ausreichende Umstände vor, die auf die Absicht der Prozessverschleppung hindeuteten. Seit der Übernahme der Prozessvertretung durch den jetzigen Prozessbevollmächtigten im November 2008 ist das gesamte Verfahren durchzogen von Fristverlängerungs- und Terminsaufhebungsanträgen, die in ihrer Summe außerhalb jeglichen Erfahrungsschatzes zufälliger Verhinderungen liegen. Exemplarisch sei auf die drei mündlichen Verhandlungen vom 24. Februar, 2. Dezember und 20. Dezember 2011 hingewiesen, die jeweils nach erfolgloser Stellung eines Aufhebungsantrags in Abwesenheit des Prozessbevollmächtigten und des Betreuers stattfanden, ohne dass ein erheblicher Grund für eine Aufhebung bestanden hat. Letzteres hat der Senat bereits im Beschluss vom 31. Oktober 2012 - 2 B 33.12 - (NVwZ-RR 2013, 115 Rn. 25 ff.) festgestellt.

27

Der Prozessbevollmächtigte hat kein amtsärztliches Attest vorgelegt. Ebenso fehlt ein aussagekräftiges ärztliches Attest, das den genannten Anforderungen genügt. Dem Attest der Uniklinik ..., welches am 18. Februar 2014 eingereicht wurde, kommt keine hinreichende Aussagekraft zu, weil der zeitliche Rahmen der attestierten Dienstunfähigkeit "bis auf Weiteres" zu unspezifisch ist. Dem Attest fehlt auch eine Aussage darüber, ob der Prozessbevollmächtigte im Juli 2014 verhandlungsfähig sein werde und insbesondere, ob er in der Lage sein werde, von einem Amtsarzt untersucht zu werden. Die angeforderte Entbindung von der ärztlichen Schweigepflicht hat der Prozessbevollmächtigte ebenfalls nicht vorgelegt.

28

Soweit der Prozessbevollmächtigte für sich in Anspruch nimmt, überhaupt nicht, bzw. nur im Rahmen freiwilliger Selbstgefährdung stark begrenzt arbeitsfähig zu sein, hat er diesem Umstand durch arbeitsorganisatorische Maßnahmen, durch die Einrichtung einer Vertretung oder durch die Abgabe des Mandats zu begegnen. Dies gilt selbst dann, wenn es der unbedingte Wunsch der verhandlungsunfähigen Beklagten sein sollte, nur von dem jetzigen Prozessbevollmächtigten vertreten zu werden. Denn das Recht auf freie Wahl eines Prozessbevollmächtigten endet dort, wo dieser für einen längeren Zeitraum nicht mehr in der Lage ist, aus gesundheitlichen Gründen einen Prozess zu führen, und somit den angemessenen Fortgang des Verfahrens längerfristig verhinderte.

29

Der Prozessbevollmächtigte hat Ermittlungen des Oberverwaltungsgerichts zum Bestehen eines Verhinderungsgrundes zudem dadurch erschwert, dass er den Aufhebungsantrag erst am Tag der mündlichen Verhandlung gestellt hat, obwohl der Gesundheitszustand nach seiner Darstellung schon längerfristig bekannt gewesen ist.

30

Das ärztliche Attest, mit dem die Verhandlungsunfähigkeit des Betreuers geltend gemacht worden ist, genügt ebenfalls nicht den Anforderungen, welche das Oberverwaltungsgericht mit der Ladung aufgestellt hat. Es erläutert nicht, warum eine Vorstellung beim Amtsarzt unmöglich sein soll; auch hat der Betreuer diesbezüglich keine Entbindung von der ärztlichen Schweigepflicht erklärt.

31

Mit Blick auf die mündliche Verhandlung am 8. Dezember 2014 gelten die Ausführungen zur allgemeinen Arbeitsunfähigkeit des Prozessbevollmächtigten der Beklagten entsprechend. Der weitere Umstand, wonach er in ... bis zum Tage der mündlichen Verhandlung auf die Vorlage der ärztlichen Stellungnahme des Dr. Z. habe warten müssen, was eine Anwesenheit am Oberverwaltungsgericht am selben Tage verhindert habe, steht einerseits in Widerspruch zu der geltend gemachten Arbeitsunfähigkeit. Andererseits wäre es Sache des Prozessbevollmächtigten gewesen, rechtzeitig für die Vorlage derjenigen Unterlagen zu sorgen, deren Übersendung an das Gericht er für notwendig erachtet. Es ist auch kein Grund ersichtlich, den unter dem 4. Dezember 2014 verfassten Schriftsatz erst am Tage der mündlichen Verhandlung an das Gericht zu übersenden, selbst wenn die in Bezug genommene Anlage erst später in seine Verfügungsgewalt gelangt sein sollte.

32

Im Hinblick auf die geltend gemachte Reise- und Verhandlungsunfähigkeit des Betreuers ist darauf hinzuweisen, dass dieser am 8. Dezember 2014 an der mündlichen Verhandlung teilgenommen hat und nach den Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts zu sachgerechtem Vortrag fähig war.

33

bb) Eine Gehörsverletzung liegt auch nicht darin, dass die Beklagte nach ihrer Darstellung keine Gelegenheit mehr hatte, zu den Äußerungen des in der mündlichen Verhandlung vernommenen Sachverständigen Stellung zu nehmen, weil das Urteil noch am selben Tage verkündet worden ist. Die Beklagte macht insoweit geltend, sie habe sich nicht zu dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung vom 8. Dezember 2014 äußern können. Dies trifft nicht zu. Die Beklagte wird durch ihren Betreuer und ihren Prozessbevollmächtigten vertreten. Der Betreuer hat an der mündlichen Verhandlung teilgenommen, sich mehrfach durch eigene Beiträge an ihr beteiligt und das "letzte Wort" erhalten. Der Prozessbevollmächtigte ist der mündlichen Verhandlung fern geblieben, ohne dass ein erheblicher Grund für eine Terminsaufhebung bestanden hat (s.o.).

34

Soweit die Beklagte geltend macht, sie hätte sich zu bestimmten Punkten (Schuldfähigkeit und Tatgeschehen) persönlich äußern wollen, dies sei ihr aber aus gesundheitlichen Gründen (noch) nicht möglich gewesen, führt auch dies nicht zu einem Gehörsverstoß. Der Senat hat bereits mit Beschluss gleichen Rubrums vom 31. Oktober 2012 - 2 B 33.12 - (NVwZ-RR 2013, 115 Rn. 13 f.) deutlich gemacht, dass unter bestimmten Voraussetzungen auf eine persönliche Anhörung der Beklagten verzichtet werden kann. Die Beschwerde zeigt nicht auf, dass gegen diese Vorgaben verstoßen worden ist. Einerseits stützt das Oberverwaltungsgericht seine Überzeugung auf den Urkundsbeweis, bezüglich dessen der Betreuer der Beklagten das rechtliche Gehör wahrnehmen kann. Andererseits ist der gerichtlich bestellte Gutachter auch ohne Rückgriff auf die Zeugenaussagen der früheren Kollegen der Beklagten zu dem nachvollziehbar begründeten Ergebnis gelangt, die Beklagte sei zum Zeitpunkt der Tatbegehung schuldfähig gewesen. Wie er zuletzt in der mündlichen Verhandlung vom 8. Dezember 2014 ausgeführt hat, stützt er dieses Ergebnis vor allem auf die Angaben der Beklagten selbst sowie auf die Einschätzung des sie behandelnden Arztes Dr. W. Hierauf stützt sich auch das Oberverwaltungsgericht.

35

cc) Der weiter geltend gemachte Gehörsverstoß, der Prozessbevollmächtigte der Beklagten habe keine Einsicht in die vom Oberverwaltungsgericht beigezogene und dem gerichtlichen Sachverständigen zur Verfügung gestellte Betreuungsakte des AG ... (...) nehmen können, liegt ebenfalls nicht vor. Einerseits hat das Oberverwaltungsgericht ausweislich der Bezugnahme am Ende des Tatbestandes sein Urteil vom 8. Dezember 2014 nicht auf den Inhalt dieser Akte gestützt. Andererseits ist dem Prozessbevollmächtigten der Beklagten unter dem 18. August 2011 eine Kopie der Akte übersandt worden, nachdem er zuvor mit Schriftsätzen vom 8. und vom 15. April 2011 selbst die Übersendung einer Kopie anstatt des Originals angeregt hatte. Den Eingang der Kopie der Akte hat er mit Empfangsbekenntnis vom 29. August 2011 bestätigt. Es war auch nicht zwingend erforderlich, dass der Prozessbevollmächtigte der Beklagten vor dem gerichtlich bestellten Sachverständigen Einsicht in die Betreuungsakte nehmen konnte. Mit der Übersendung des Gutachtens parallel zur Betreuungsakte im August 2011 bestand ausreichend Gelegenheit, alle sich aus der Akte ergebenden, seiner Ansicht nach relevanten Punkte vorzutragen und so dem Gericht die Möglichkeit zu geben, vor dem Hintergrund dieses Vortrags das Sachverständigengutachten zu würdigen und ggf. Ergänzungen anzufordern.

36

b) Die von der Beklagten mit der Beschwerdebegründung geltend gemachte Befangenheit der entscheidenden Richter führt nicht zu der Annahme von Verfahrensfehlern.

37

aa) Wegen der Besorgnis der Befangenheit ist gemäß § 3 Abs. 1 LDG NW, § 54 Abs. 1 VwGO und § 42 Abs. 2 ZPO ein Richter abzulehnen, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen seine Unparteilichkeit zu rechtfertigen. Die Besorgnis der Befangenheit ist bereits gegeben, wenn ein am Verfahren Beteiligter bei vernünftiger Würdigung aller Umstände Anlass hat, an der Unvoreingenommenheit des Richters zu zweifeln. Tatsächliche Befangenheit oder Voreingenommenheit ist nicht erforderlich; es genügt schon der "böse Schein", d.h. der mögliche Eindruck mangelnder Objektivität. Entscheidend ist, ob der beanstandete Umstand für einen verständigen Verfahrensbeteiligten Anlass sein kann, an der persönlichen Unvoreingenommenheit des Richters zu zweifeln (BVerfG, Kammerbeschlüsse vom 25. Juli 2012 - 2 BvR 615/11 - NJW 2012, 3228 Rn. 12 f. und vom 12. Dezember 2012 - 2 BvR 1750/12 - juris Rn. 14 m.w.N.).

38

Nach Abschluss der Berufungsinstanz kann die Besorgnis der Befangenheit der dort entscheidenden Richter nicht mehr geltend gemacht werden. Das folgt aus der Vorschrift des § 138 Nr. 2 VwGO, nach der ein Verfahrensfehler nur dann gegeben ist, wenn ein Richter an der Entscheidung mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war. Der Verfahrensfehler ist demnach nur gegeben, wenn ein Ablehnungsgesuch in der Vorinstanz tatsächlich Erfolg gehabt hat. Das gilt selbst dann, wenn sich die Gründe für die Besorgnis der Befangenheit erst aus den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils ergeben (BVerwG, Urteil vom 21. März 2012 - 6 C 19.11 - NVwZ 2012, 1188 Rn. 18 f.; BFH, Beschluss vom 30. Mai 2008 - IX B 216/07 - BFH/NV 2008, 1510 Rn. 9; BGH, Urteil vom 9. November 1992 - II ZR 230/91 - BGHZ 120, 141 Rn. 9; Kopp/Schenke, VwGO, 22. Aufl. 2016, § 138 Rn. 8; Neumann, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 138 Rn. 100). In einem solchen Fall kann allenfalls der Verfahrensfehler der vorschriftswidrigen Besetzung des erkennenden Gerichts im Sinne des § 138 Nr. 1 VwGO geltend gemacht werden. Voraussetzung ist hierfür, dass der Richter der Vorinstanz tatsächlich und so eindeutig die gebotene Distanz und Neutralität hat vermissen lassen, dass jede andere Würdigung als die einer Besorgnis der Befangenheit willkürlich erschiene (BVerwG, Urteil vom 21. März 2012 - 6 C 19.11 - NVwZ 2012, 1188 Rn. 18).

39

Gemäß § 54 Abs. 1 VwGO, § 43 ZPO kann eine Partei einen Richter zudem dann nicht mehr wegen der Besorgnis der Befangenheit ablehnen, wenn sie sich bei ihm ohne den ihr bekannten Ablehnungsgrund geltend zu machen, in eine Verhandlung eingelassen oder Anträge gestellt hat. Die Vorschrift des § 43 ZPO gibt einen allgemeinen Rechtsgedanken wieder, der im Falle einer unterbliebenen Rüge in der mündlichen Verhandlung dazu führt, dass der Verfahrensfehler im Revisionszulassungsverfahren nicht mehr geltend gemacht werden kann (vgl. BVerwG, Beschluss vom 25. Januar 2016 - 2 B 34.14 - NVwZ-RR 2016, 428 Rn. 26; BGH, Urteil vom 7. Dezember 2005 - XII ZR 94/03 - BGHZ 165, 223 Rn. 15). Der Ausschluss erfolgt nicht nur dann, wenn die Partei oder ihr Prozessbevollmächtigter in der mündlichen Verhandlung anwesend waren und auf die Rüge verzichtet haben, sondern auch dann, wenn sie nicht anwesend waren, hierfür jedoch kein erheblicher Grund im Sinne der § 173 Satz 1 VwGO, § 227 Abs. 1 Satz 1 ZPO gegeben war (BFH, Beschluss vom 10. April 2015 - III B 42/14 - BFH/NV 2015, 1102 Rn. 15).

40

bb) Danach liegt ein Verfahrensfehler wegen der geltend gemachten Besorgnis der Befangenheit nicht vor. Nach Abschluss der Berufungsinstanz ist die Beklagte mit der Rüge der Besorgnis der Befangenheit ausgeschlossen (s.o.). Die engen Voraussetzungen für die Annahme einer vorschriftswidrigen Besetzung des Berufungsgerichts sind ebenfalls nicht gegeben. Das gilt zunächst für diejenigen von der Beklagten angeführten Umstände, die sich erst aus den Entscheidungsgründen ergeben haben:

41

Soweit die Beklagte meint, Seite 26 der Entscheidungsgründe des Oberverwaltungsgerichts eine "kämpferisch-aggressive Haltung" gegenüber ihrem Prozessbevollmächtigten entnehmen zu können, ist nicht von einer Befangenheit auszugehen. Der angenommene Verfahrensfehler ist schon nicht hinreichend dargelegt. Denn die Beschwerdebegründung zitiert keinerlei Formulierung, der diese Haltung zu entnehmen sein soll. Im Übrigen lässt sich die Annahme der Befangenheit nicht darauf stützen, dass die Richter Zeitmanagement und Prioritätensetzung des Prozessbevollmächtigten kritisiert hätten. Vor dem Hintergrund des Vortrags des Prozessbevollmächtigten, er habe sein ärztlicherseits zugestandenes Stundenkontingent gewissermaßen im Vorgriff auf kommende Wochen bereits aufgebraucht und könne deshalb nicht zur mündlichen Verhandlung erscheinen, sondern müsse Betriebsferien machen, war eine Auseinandersetzung mit diesen Aspekten vielmehr zwingend erforderlich. Eine Formulierung, die auf Unsachlichkeit schließen lassen könnte oder unangemessen wäre (vgl. BVerwG, Beschluss vom 30. September 2015 - 2 AV 2.15 - NVwZ 2016, 253 Rn. 17), ist in den Entscheidungsgründen nicht enthalten und von der Beklagten nicht benannt worden.

42

Eine Befangenheit im geschilderten Sinne folgt auch nicht aus der nach Ansicht der Beklagten bestehenden Unvollständigkeit des Sachverhalts im Urteil vom 8. Dezember 2014. Auch insoweit gilt, dass aus einer unrichtigen Sachbehandlung allein keine Befangenheit herzuleiten ist (s.o.). Im Übrigen trifft der Vorwurf der Sache nach nicht zu. Gemäß § 117 Abs. 3 VwGO ist im Tatbestand des Urteils der Sach- und Streitstand unter Hervorhebung der gestellten Anträge seinem wesentlichen Inhalt nach gedrängt darzustellen. Wegen der Einzelheiten soll auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen verwiesen werden, soweit sich aus ihnen der Sach- und Streitstand ausreichend ergibt. Vor diesem Hintergrund ist es nicht zu beanstanden, dass der Tatbestand des Urteils nicht jegliche Tatsache ausdrücklich benennt, sondern, wie durch Satz 2 der genannten Vorschrift vorgesehen, durch den auf S. 23 f. des Urteilsabdruck enthaltenen Verweis auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Akten Bezug nimmt. Dass der Tatbestand des Urteils vom 8. Dezember 2014 einzelne Tatsachen nicht ausdrücklich benennt, die im Tatbestand des Urteils vom 20. Dezember 2011 noch enthalten waren, ist ebenfalls unbedenklich. Denn das Oberverwaltungsgericht hat in dem jüngeren Urteil zum Teil andere Entscheidungsgründe genannt, die eine andere Gewichtung der in den Tatbestand des Urteils ausdrücklich aufzunehmenden Fakten rechtfertigt.

43

Soweit die Beklagte die Besorgnis der Befangenheit auf die Verfahrensführung des Berufungsgerichts stützt, ist zudem ein Rügeverlust gemäß § 54 Abs. 1 VwGO, § 43 ZPO eingetreten. Dabei kann offen bleiben, ob ein den Rügeverlust herbeiführender Antrag im Sinne dieser Vorschriften bereits darin zu sehen ist, dass der Prozessbevollmächtigte der Beklagten die Verlegung der Termine zur mündlichen Verhandlung beantragt hat (in diesem Sinne RG, Beschluss vom 9. November 1895 - V 125/95 - RGZ 95, 378 (381); VG Aachen, Beschluss vom 12. August 2008 - 1 K 264/07 - juris Rn. 4). Jedenfalls ist ein Rügeverlust dadurch eingetreten, dass die mündliche Verhandlung durchgeführt wurde, ohne dass die Beklagte einen Befangenheitsantrag gestellt hat. Dass weder die Beklagte noch ihr Prozessbevollmächtigter in der mündlichen Verhandlung anwesend waren, ist unschädlich, da jedenfalls das Fernbleiben des Prozessbevollmächtigten ohne erheblichen Grund erfolgte (s.o.).

44

Auch der Sache nach wäre eine Besorgnis der Befangenheit nicht gegeben gewesen. Das gilt zunächst für die Ablehnungen der Anträge auf Terminsaufhebung. Da diese rechtmäßig erfolgt sind (s.o., a) aa)), ist nicht erkennbar, inwieweit hierdurch eine Parteilichkeit zum Ausdruck kommen soll.

45

Eine Befangenheit folgt auch nicht aus der Aufforderung an die Beklagte, die sie behandelnden Ärzte von der Schweigepflicht zu entbinden. Diese Aufforderung gehört vielmehr zu dem grundsätzlichen Bemühen des Oberverwaltungsgerichts um möglichst vollständige Aufklärung des Sachverhalts, zu dem es gemäß § 86 Abs. 1 VwGO verpflichtet ist. Selbst wenn es sich hierbei um eine unrichtige Sachbehandlung handeln sollte, ist hieraus allein eine Befangenheit nicht herzuleiten (BVerwG, Beschluss vom 17. März 2014 - 2 B 45.13 - Buchholz 245 LandesBesR Nr. 4 Rn. 8).

46

Eine Befangenheit folgt des Weiteren nicht daraus, dass der Prozessbevollmächtigte keine Gelegenheit gehabt haben soll, sich zu den Erläuterungen des Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung zu äußern. Der Prozessbevollmächtigte ist zu dieser mündlichen Verhandlung ordnungsgemäß geladen worden. Ein Verhinderungsgrund war nicht glaubhaft gemacht (s.o.). Sein Fernbleiben erfolgte mithin auf eigenes Risiko.

47

Gleiches gilt mit Blick darauf, dass die Beklagte nach ihrer Darstellung nicht mehr die Möglichkeit hatte, die Ausführungen des Gutachters mithilfe der sie behandelnden Ärzte, namentlich Dr. W. und Dr. Z., bewerten zu können. Denn es hätte ihr freigestanden, den Beistand dieser Ärzte in der mündlichen Verhandlung, der sie ohne erheblichen Grund ferngeblieben ist (s.o.), in Anspruch zu nehmen. Eine Befangenheit der Richter des entscheidenden Senats ist hieraus keinesfalls herzuleiten.

48

Eine Befangenheit ergibt sich ebenfalls nicht aus den mit der Ladung der Beklagten zur mündlichen Verhandlung verfügten verschärften Anforderungen an die Glaubhaftmachung eines Verhinderungsgrundes. Denn für diese Anforderungen bestand - wie bereits ausgeführt - ein sachlicher Grund.

49

Eine Befangenheit der Mitglieder des entscheidenden Senats folgt schließlich nicht aus dem Bemerken des Vorsitzenden gegenüber dem Sachverständigen, er möge seine Erläuterungen unter Außerachtlassung der Vernehmung der Kolleginnen und Kollegen erstatten. Ein Verfahrensmangel ist insoweit schon nicht hinreichend dargelegt. Die Beklagte stellt eine Beeinflussung des Sachverständigen in den Raum, ohne auch nur im Ansatz zu erläutern, in welcher Weise dessen Erläuterungen anders hätten ausfallen können, wenn der Vorsitzende diese Bemerkung nicht gemacht hätte. Die Behauptung, so habe schon vor Abschluss der mündlichen Verhandlung der Weg zu einer klagestattgebenden Entscheidung geebnet werden sollen, ist rein spekulativ und durch nichts untermauert.

50

c) Ein Verfahrensfehler besteht des Weiteren auch nicht darin, dass das Oberverwaltungsgericht auf die Aberkennung des Ruhegehalts erkannt hat, während ursprünglich die Entfernung aus dem Dienst beantragt und vom Verwaltungsgericht auch ausgeurteilt war. Insoweit nimmt der Senat auf seine Ausführungen im Beschluss gleichen Rubrums vom 31. Oktober 2012 - 2 B 33.12 - (NVwZ-RR 2013, 115 Rn. 16 ff.) Bezug.

51

d) Ein Verfahrensfehler besteht auch nicht darin, dass das Oberverwaltungsgericht in der Sache entschieden und das Verfahren nicht den Vorstellungen der Beklagten entsprechend wegen ihrer Verhandlungsunfähigkeit eingestellt hat (S. 30 bis 42 der Beschwerdebegründung).

52

Die Verhandlungsunfähigkeit des Beamten begründet im Disziplinarverfahren nicht aus sich heraus ein Prozesshindernis. Auch für das hier anzuwendende nordrhein-westfälische Disziplinarrecht gilt insoweit der Durchführungsgrundsatz, der anders als im früheren Recht deswegen keiner ausdrücklichen Normierung mehr bedarf, weil sich das Verfahren nicht mehr nach dem Strafverfahren, sondern aufgrund § 3 Abs. 1 LDG NW nach den Bestimmungen des Verwaltungsverfahrensgesetzes und der Verwaltungsgerichtsordnung richtet (vgl. zur entsprechenden bundesrechtlichen Regelung BVerwG, Urteil vom 24. September 2009 - 2 C 80.08 - BVerwGE 135, 24 Rn. 13 ff.).

53

Im Übrigen ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts anerkannt, dass der verhandlungsunfähige Beamte im Disziplinarverfahren durch einen Prozesspfleger vertreten werden kann. Dieser kann grundsätzlich auch den Anspruch des Beamten auf Beweisteilhabe wahrnehmen. Nur wenn es um den Nachweis von Tatsachen geht, zu denen sich nur der Beamte selbst aufgrund seiner höchstpersönlichen Wahrnehmung des angeschuldigten Geschehens aufgrund unmittelbaren Erlebens äußern kann, wird sich sein Mitwirkungsrecht durch den bestellten Prozesspfleger vielfach nicht verwirklichen lassen. Die Verhandlungsunfähigkeit des Beamten ist in diesem Fall nicht kompensierbar; eine Beweiswürdigung des Gerichts bleibt zwangsläufig unvollständig. In Fällen, in denen die Glaubwürdigkeit eines Dritten und die Glaubhaftigkeit seiner Aussage zu bewerten sind und hierfür der Beamte selbst, wäre er hierzu in der Lage, Angaben machen könnte, wird eine verlässliche Würdigung des Sachverhalts vielfach nicht möglich sein. Dies wird im Regelfall zu einem verfassungsrechtlich geforderten Maßnahmeverbot führen (BVerwG, Urteil vom 24. September 2009 - 2 C 80.08 - BVerwGE 135, 24 Rn. 24).

54

Aus diesem Grund ist das erste Urteil des Oberverwaltungsgerichts in dieser Sache vom 20. Dezember 2011 mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 31. Oktober 2012 - 2 B 33.12 - (NVwZ-RR 2013, 115) aufgehoben und zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Oberverwaltungsgericht zurückverwiesen worden. Dort (Rn. 13) ist aber bereits ausgeführt worden, dass der Betreuer dann das rechtliche Gehör an Stelle der Beklagten wahrnehmen kann, wenn der Tatnachweis nach Ansicht des Oberverwaltungsgerichts auch ohne persönliche Mitwirkung der Beklagten geführt werden könne, weil die schriftlichen Beweismittel hierfür ausreichten. Im nunmehr streitgegenständlichen Urteil vom 8. Dezember 2014 hat das Oberverwaltungsgericht gerade nicht auf Zeugenaussagen abgestellt, sondern seine Überzeugung vom Tathergang und der Schuldfähigkeit aus Urkunden- und Sachverständigenbeweisen hergeleitet.

55

e) Es besteht auch kein Verfahrensfehler in Form eines Aufklärungsmangels, den die Beklagte an verschiedenen Stellen der Beschwerdebegründung direkt oder der Sache nach geltend macht.

56

Nach § 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO obliegt den Tatsachengerichten die Pflicht, jede mögliche Aufklärung des entscheidungserheblichen Sachverhalts bis zur Grenze der Zumutbarkeit zu versuchen, sofern dies für die Entscheidung des Rechtsstreits erforderlich ist (vgl. BVerwG, Urteile vom 6. Februar 1985 - 8 C 15.84 - BVerwGE 71, 38 <41> und vom 6. Oktober 1987 - 9 C 12.87 - Buchholz 310 § 98 VwGO Nr. 31 S. 1). Dabei entscheidet das Tatsachengericht über die Art der heranzuziehenden Beweismittel und den Umfang der Beweisaufnahme im Rahmen seiner Pflicht zur Sachverhaltsermittlung von Amts wegen nach Ermessen. Dies gilt auch für die Einholung von Gutachten oder die Ergänzung vorhandener Gutachten oder Arztberichte und selbst dann, wenn eine solche Maßnahme der Sachverhaltsermittlung von einem Beteiligten angeregt worden ist (BVerwG, Urteil vom 6. Oktober 1987 - 9 C 12.87 - Buchholz 310 § 98 VwGO Nr. 31 S. 2; Beschluss vom 30. Juni 2010 - 2 B 72.09 - juris Rn. 4). Die Aufklärungspflicht verlangt hingegen nicht, dass ein Tatsachengericht Ermittlungen anstellt, die aus seiner Sicht unnötig sind, weil deren Ergebnis nach seinem Rechtsstandpunkt für den Ausgang des Rechtsstreits unerheblich ist (stRspr, vgl. BVerwG, Urteil vom 14. Januar 1998 - 11 C 11.96 - BVerwGE 106, 115 <119> und Beschluss vom 11. Februar 2016 - 2 B 51.14 - juris Rn. 13).

57

Die gerichtliche Aufklärungspflicht ist verletzt, wenn sich das Gericht auf ein eingeholtes Sachverständigengutachten stützt, das objektiv ungeeignet ist, ihm die für die richterliche Überzeugungsbildung notwendigen sachlichen Grundlagen zu vermitteln. Dies ist im Allgemeinen der Fall, wenn das vorliegende Gutachten auch für den Nichtsachkundigen erkennbare Mängel aufweist, etwa nicht auf dem allgemein anerkannten Stand der Wissenschaft beruht, von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen ausgeht, unlösbare inhaltliche Widersprüche enthält oder Anlass zu Zweifeln an der Sachkunde oder Unparteilichkeit des Sachverständigen gibt. Die Verpflichtung zur Ergänzung des vorliegenden Gutachtens folgt nicht schon daraus, dass ein Beteiligter dieses als Erkenntnisquelle für unzureichend hält (stRspr, vgl. BVerwG, Urteil vom 6. Februar 1985 - 8 C 15.84 - BVerwGE 71, 38 <45>; Beschlüsse vom 26. Februar 2008 - 2 B 122.07 - NVwZ-RR 2008, 477 Rn. 29 und vom 29. Mai 2009 - 2 B 3.09 - Buchholz 235.1 § 58 BDG Nr. 5 Rn. 7).

58

Solche Fehler zeigt die Beschwerde nicht auf.

59

aa) Mit Blick auf die Sachkunde und Unabhängigkeit des Gutachters genügt die Verfahrensrüge der Beklagten (S. 43 bis 49 der Beschwerdeschrift) schon nicht den Begründungs- und Darlegungsanforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 1 und 3 VwGO. Die Beschwerde beschränkt sich darauf, ein wörtliches Zitat aus dem Schriftsatz vom 22. Juni 2011 zu wiederholen und die Behauptung anzuschließen, dass die Voraussetzungen für eine Begutachtung noch nicht vorgelegen hätten. Im Rahmen der Aufklärungsrüge muss der Beschwerdeführer aber den Streitstoff sichten und sich mit der angegriffenen Entscheidung auseinandersetzen. Schon aus chronologischer Hinsicht kann dies nicht durch die bloße Wiederholung einer Passage aus einem Schriftsatz erfolgen, der Jahre vor Ergehen des streitgegenständlichen Urteils dem Berufungsgericht unterbreitet worden ist. Das gilt auch, soweit die Angaben dieses Schriftsatzes dem Gericht unmittelbar vor der mündlichen Verhandlung erneut übermittelt worden sind. Es ist zudem nicht Aufgabe des Beschwerdegerichts, aus der Begründung einer Nichtzulassungsbeschwerde der hier beschriebenen Art und dieses Umfangs dasjenige konkrete Vorbringen herauszusuchen, das den behaupteten Verfahrensverstoß stützen soll (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 23. November 1995 - 9 B 362.95 - Buchholz 310 § 133 VwGO Nr. 20 S. 5 und vom 25. Januar 2016 - 2 B 34.14 - NVwZ-RR 2016, 428 Rn. 60; Kraft, in: Eyermann, VwGO 14. Aufl. 2014, § 133 Rn. 21; Bader, in: Bader/Funke-Kaiser/Stuhlfauth/von Albedyll, VwGO, 6. Aufl. 2014, § 133 Rn. 29, jeweils m.w.N.).

60

bb) Entsprechendes gilt für die Geltendmachung der Fehlerhaftigkeit des erstellten Gutachtens durch ein Zitat aus dem Schriftsatz vom 18. November 2011 auf S. 68 bis 84 der Beschwerdebegründung.

61

cc) Eine weitere Ermittlungen erforderlich machende Fehlerhaftigkeit des Gutachtens des gerichtlich bestellten Sachverständigen ist entgegen der Darstellung der Beklagten nicht darin zu sehen, dass der Gutachter sie mit den testpsychologischen Untersuchungen ihrer Ansicht nach überfordert hat und dass ihr Ehemann und Betreuer bei diesen Untersuchungen nicht habe anwesend sein dürfen. Eine Fehlerhaftigkeit des Gutachtens könnte auf diese Aspekte nur gestützt werden, wenn sie eine belastbare Einschätzung der Schuldfähigkeit der Beklagten zum Tatzeitpunkt durch den Gutachter verhinderten. Das ist angesichts der ausführlichen und nachvollziehbaren Darstellung des Gutachters in seinem schriftlichen Gutachten vom 13. November 2014 und seiner Ausführungen in der mündlichen Verhandlung am 8. Dezember 2014 nicht der Fall. Danach hat der Gutachter zunächst die jüngsten, in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Stellungnahmen von Dr. W. und von Dr. Z. in seine Einschätzung einbezogen. Insbesondere konnte er schlüssig erläutern, warum es sich bei dem Hören von Stimmen durch die Beklagte, selbst wenn dieses Phänomen schon zu den Tatzeitpunkten aufgetreten sein sollte, entsprechend seiner ursprünglichen Einschätzung nicht um imperative Halluzinationen, die einen Einfluss auf die Schuldfähigkeit haben könnten, sondern allenfalls um pseudohalluzinatorische Stimmen gehandelt habe. Dies stehe auch in Einklang mit dem Umstand, dass die Beklagte seinerzeit gute Leistungen im Dienst erbracht habe. Im Hinblick auf die Abwesenheit des Betreuers bei den testpsychologischen Untersuchungen konnte der Gutachter nachvollziehbar erläutern, dass dies der Üblichkeit entspreche, um Einflussnahmen auszuschließen. Im Übrigen komme diesen Untersuchungen, was auch Dr. Z. in seiner Stellungnahme vom 3. Dezember 2014 so darstellt, nur ein untergeordneter Erkenntnisgewinn zu.

62

dd) Der weitere Vorwurf, das Gericht habe das Privatgutachten von Dr. Z. vom 7. November 2011 nicht hinreichend gewürdigt und hätte ein Obergutachten in Auftrag geben müssen, weil die darin enthaltenen Feststellungen denjenigen des gerichtlich bestellten Gutachters widersprächen, vermag ebenfalls keinen Verfahrensfehler zu begründen. Die Beschwerde zeigt eine unzureichende Würdigung der genannten Stellungnahme des Dr. Z. nicht auf. Sie übersieht vielmehr, dass sich das Oberverwaltungsgericht sowohl im Tatbestand (S. 12 f.) als auch in den Entscheidungsgründen (S. 41 ff.) mit dem Schriftsatz der Beklagten vom 18. November 2011, mit dem das Gutachten vom 7. November 2011 vorgelegt wurde, auseinander setzt. Ebenso befasst es sich mit der ergänzenden Stellungnahme des gerichtlich bestellten Sachverständigen vom 8. Dezember 2011, welche sich ihrerseits explizit auf den Schriftsatz der Beklagten vom 18. November 2011 und die Stellungnahme von Dr. Z. vom 7. November 2011 (dort mit irrtümlich falscher Jahresangabe: 2007) bezieht. Der gerichtlich bestellte Sachverständige konnte weder in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 8. Dezember 2011 noch in seinem Ergänzungsgutachten vom 13. November 2014 noch in seinen mündlichen Ausführungen in der mündlichen Verhandlung am 8. Dezember 2014 die Einschätzung des Dr. Z. teilen, sondern kam mit nachvollziehbarer Begründung zu einer anderen Einschätzung der psychischen Erkrankung der Beklagten. Die Beschwerde zeigt insoweit weder Fehler im gerichtlich bestellten Gutachten noch in der Bewertung des Oberverwaltungsgericht auf, sondern setzt ihre eigene Einschätzung an deren Stelle. Das genügt für die Annahme eines Verfahrensfehlers nicht. Mit Blick auf den Stellenwert von Privatgutachten und gerichtlich bestellten Gutachten wird auf den Beschluss gleichen Rubrums vom 31. Oktober 2012 - 2 B 33.12 - (NVwZ-RR 2013, 115 Rn. 35) Bezug genommen.

63

ee) Der weitere Vorwurf, das Berufungsgericht habe die gutachtliche Stellungnahme des Dr. Z. vom 21. Februar 2011 (gemeint wohl: 2012) nicht abgewartet und vorschnell entschieden, kann das hier streitgegenständliche Urteil vom 8. Dezember 2014 nicht betreffen. Dass auch in diesem Urteil die Stellungnahme vom 21. Februar 2012 nicht hinreichend gewürdigt sei, wird nicht geltend gemacht und wäre vor dem Hintergrund der obigen Ausführungen auch nicht nachvollziehbar.

64

ff) Auch soweit die Beklagte darauf hinweist, der gerichtlich bestellte Gutachter habe in seiner Stellungnahme vom 8. Dezember 2011 eine Nachuntersuchung für erforderlich gehalten, besteht kein Verfahrensmangel. Denn zum einen hat der gerichtlich bestellte Gutachter inzwischen die Gelegenheit gehabt, die Beklagte jedenfalls teilweise weiter zu begutachten. Zum anderen - und das ist hier maßgeblich - sah sich der Gutachter in seinem Gutachten vom 13. November 2014 sowie in der mündlichen Verhandlung vom 8. Dezember 2014 nachvollziehbar im Stande, sich zur Schuldfähigkeit der Beklagten zum Tatzeitpunkt zu äußern. Hierauf durfte das Berufungsgericht abstellen.

65

f) Soweit die Beklagte einen Verstoß gegen § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO rügt, sind schon die Darlegungsanforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 1 und 3 VwGO nicht erfüllt. Die Beschwerde begnügt sich damit, umfänglich aus dem Schriftsatz vom 4. Dezember 2014 zu zitieren und im Anschluss daran die Behauptung aufzustellen, das Oberverwaltungsgericht hätte die "neuen" Tatsachen unberücksichtigt gelassen und versäumt, hierüber Beweis zu erheben. Die erforderliche Auseinandersetzung mit dem Urteil oder ein Herausarbeiten der konkreten Tatsachen, die nach Ansicht der Beschwerde entscheidungsrelevant und beweisbedürftig seien, fehlt.

66

Auch der Sache nach ist der Vorwurf unberechtigt und begründet keinen Verfahrensfehler. Das Gericht hat dem Gutachter in der mündlichen Verhandlung den Schriftsatz vom 4. Dezember 2014 zur Kenntnis gegeben, damit er diesen in seine mündliche Stellungnahme einbeziehe, die dann ausführlich zu Protokoll genommen worden ist. Unter anderem hierauf stützt das Oberverwaltungsgericht das von ihm im Rahmen freier Beweiswürdigung (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO) gefundene Ergebnis.

67

g) Ein Verfahrensfehler besteht auch nicht darin, dass das Oberverwaltungsgericht in dem Urteil vom 8. Dezember 2014 sowohl zur Schuldfähigkeit der Beklagten als auch zum Tatgeschehen Feststellungen getroffen hat. Eine Verpflichtung zur abgeschichteten Behandlung dieser Aspekte ergibt sich aus geltendem Verfahrensrecht nicht; sie ist auch nicht nachvollziehbar vorgetragen worden. Vielmehr war das Oberverwaltungsgericht verpflichtet, beide Aspekte seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

68

h) Soweit die Beklagte die Fehlerhaftigkeit des Tatbestandes des Berufungsurteils geltend macht, folgt hieraus kein Verfahrensfehler. Im Tatbestand wird der Sach- und Streitstand wiedergegeben, wie er Gegenstand der mündlichen Verhandlung und damit Grundlage des getroffenen Urteils war (vgl. Schmidt, in: Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 117 Rn. 6). Vor diesem Hintergrund zeigt die Beschwerde keinen wesentlichen Umstand auf, der in dem von ihr beanstandeten Tatbestand fehlt. Die Beschwerde benennt keine wesentlichen Umstände, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, jedoch keinen Eingang in den Tatbestand des Berufungsurteils gefunden haben. Maßgeblich sind insoweit allein die mündlichen Verhandlungen, die nach der Zurückverweisung der Sache durch das Bundesverwaltungsgericht mit Beschluss vom 31. Oktober 2012 durchgeführt wurden. Nur sie sind Grundlage des Urteils vom 8. Dezember 2014. Diesbezüglich benennt die Beschwerde jedoch keine angeblich fehlenden Umstände.

69

Soweit die Beschwerde Unrichtigkeiten im Tatbestand des Berufungsurteils geltend macht, hätte der Beklagten die Möglichkeit der Tatbestandsberichtigung (§ 119 Abs. 1 VwGO) offen gestanden; behauptete Unrichtigkeiten, deren Korrektur auf diesem Wege die Beklagte versäumt hat, begründen keinen Verfahrensfehler.

70

4. Sollte in dem Einwand ab S. 30 der Beschwerdebegründung der Sache nach eine Divergenz zum Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 24. September 2009 - 2 C 80.08 - (BVerwGE 135, 24) gerügt worden sein, so liegt die behauptete Abweichung nicht vor, da das Urteil des Berufungsgerichts - wie oben (3. d)) aufgezeigt - in Einklang mit dieser Entscheidung steht.

71

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO und § 74 Abs. 1 LDG NW. Einer Festsetzung des Streitwerts für das Beschwerdeverfahren bedarf es nicht, weil die Gerichtskosten gesetzlich betragsgenau festgesetzt sind (§ 75 Satz 1 LDG NW, Nr. 11 und 62 Gebührenverzeichnis zum LDG NW).

Tenor

I.

Die Anträge auf Zulassung der Berufung werden abgelehnt.

II.

Die Kosten des Verfahrens tragen die Kläger zu 2 und 3 als Gesamtschuldner und die Klägerin zu 1 je zur Hälfte. Der Beigeladene trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst.

III.

Der Streitwert wird für das Zulassungsverfahren auf 15.000,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Die Kläger begehren vom Landratsamt F. bauaufsichtliches Einschreiten in Form einer Nutzungsuntersagung betreffend den Betrieb einer „Eventhalle“ durch den Beigeladenen.

Der Beigeladene ist Eigentümer des Grundstücks Fl. Nr. 568/6 Gemarkung L., das im Geltungsbereich des Bebauungsplans „GE ...“ der Stadt L. liegt und für das ein eingeschränktes Gewerbegebiet festgesetzt ist. Das Grundstück ist mit einer 40 m langen Industriehalle bebaut.

Die Kläger zu 2 und 3 sind Eigentümer der nordwestlich gelegenen, nicht unmittelbar an das Grundstück des Beigeladenen angrenzenden Grundstücke Fl. Nr. .../25, .../31, .../26 und .../32 jeweils Gemarkung L., die mit einem Wohnhaus und einer Garage bebaut sind. Die Klägerin zu 1 ist eine Immobilienfirma, deren einziger Gesellschafter der Kläger zu 3 ist. Sie ist Eigentümerin des mit einer Garage bebauten Grundstücks Fl. Nr. .../16 Gemarkung L. Dieses Grundstück liegt westlich des Grundstücks des Beigeladenen und wird von diesem durch ein ca. 5 m breites Grundstück (Fl. Nr. 564 Gemarkung L.) getrennt. Sämtliche Grundstücke der Kläger liegen im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, der ein allgemeines Wohngebiet festsetzt.

Der Beigeladene betreibt auf dem Grundstück Fl. Nr. 568/6 Gemarkung L. im westlichen Teil der Industriehalle (Halle B) eine Eventhalle für Hochzeiten, Geburtstage, Kommunion/Konfirmation, Weihnachtsfeiern, Firmenveranstaltungen, Jubiläumsfeiern, Trauerfeiern sowie sonstige Vorträge und Veranstaltungen (auch Sonderverkaufsveranstaltungen), die mit Bescheid des Landratsamts F. vom 2. September 2010, geändert mit Bescheid vom 15. September 2010, genehmigt wurde. Die Klage der Kläger zu 2 und 3 vom 19. August 2011 hiergegen wurde mit rechtskräftigem Urteil des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 11. April 2013 (AN 3 K 11.01612) wegen Verwirkung des Klagerechts abgewiesen.

Mit Bescheid vom 20. Januar 2012 wurde dem Beigeladenen eine Tekturgenehmigung mit zahlreichen immissionsschutzrechtlichen Nebenbestimmungen erteilt. So sind u. a. Fenster und Türen der Gebäudehülle bei immissionsrelevanten Geräuschen ab 22:00 Uhr bis 6:00 Uhr geschlossen zu halten, Veranstaltungen innerhalb des Gebäudes und nicht im Außenbereich durchzuführen, Festivitäten, die erhöhte Lärmemissionen verursachen können oder eine discothekenähnliche Geräuschentwicklung aufweisen, unzulässig und elektronisch verstärkte Musikdarbietungen ausschließlich über die hauseigene, eingepegelte Anlage abzuspielen. Hiergegen erhoben die Kläger Klage und legten eine schallimmissionsschutztechnische Untersuchung und Beurteilung der Parkgeräuschimmissionen der Firma W. ... vom 16. März 2012 vor. Danach werden die im Bescheid vom 20. Januar 2012 festgesetzten Immissionswerte sowie das Spitzenpegelkriterium der TA Lärm während des Nachtzeitraums am Immissionsort einer möglichen Wohnbebauung auf dem Grundstück FlNr. .../16 Gemarkung L. überschritten. Seit September 2010 liegen zudem zahlreiche Beschwerden der Kläger über unzumutbare Lärmimmissionen und die Nichteinhaltung von Auflagen vor.

Mit Bescheid vom 17. Juli 2012 forderte das Landratsamt den Beigeladenen auf, ein schalltechnisches Gutachten, welches Art und Ausmaß der von der Eventhalle und den zugehörigen Parkplätzen ausgehenden Lärmemissionen im Einwirkungsbereich der Anlage betrachtet, vorzulegen. Zudem wurde mit Bescheid vom 10. August 2012 vom Beigeladenen gefordert, einen Nachweis (Messbericht) über das Einpegeln der Musikanlage vorzulegen. In der Folgezeit legte der Beigeladene ein schalltechnisches Gutachten des T. vom 23. Oktober 2012 vor. Danach können die für die Veranstaltungshalle geltenden Immissionswerte zur Tagzeit eingehalten und Überschreitungen aufgrund von Spitzenpegeln zur Tagzeit ausgeschlossen werden. Zur Nachtzeit sind jedoch an allen betrachteten Immissionsorten beträchtliche Überschreitungen der geltenden Immissionswerte zu erwarten, wobei maßgeblich ursächlich hierfür das aufgrund des Fahr- und Parkverkehrs im Nachtzeitraum auf dem Betriebsgelände hervorgerufene Geräuschaufkommen ist. Das Einpegeln der Beschallungsanlage wurde mit Messbericht des T. vom 30. April 2013 bestätigt.

Mit Bescheid vom 12. April 2013 untersagte das Landratsamt dem Beigeladenen, das Grundstück Fl. Nr. 568/6 Gemarkung L. in der Zeit von 22:00 Uhr bis 6:00 Uhr mit motorisierten Fahrzeugen zu befahren oder befahren zu lassen. Zudem drohte das Landratsamt dem Beigeladenen mit Bescheid vom 28. Mai 2013 für den Fall, dass die festgesetzte Verpflichtung, die Fenster und Türen der Gebäudehülle bei emissionsrelevanten Geräuschen ab 22:00 Uhr bis 6:00 Uhr geschlossen zu halten, nicht beachtet wird, ein Zwangsgeld in Höhe von 500,- Euro an.

Mit Schriftsätzen vom 14. Juni 2013 und 11. Juli 2013 änderten die Kläger ihre Klageanträge dahingehend, den Beklagten zu verpflichten, den von dem Beigeladenen ausgeübten Betrieb einer Eventhalle zu untersagen, hilfsweise: den Betrieb der Eventhalle zur Nachtzeit zu untersagen und weiter hilfsweise: den Antrag der Kläger auf bauaufsichtliches oder immissionsschutzrechtliches Einschreiten unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden. Die Klagen wurden mit Urteil des Verwaltungsgerichts vom 25. Juli 2013 abgewiesen. Zur Begründung wird ausgeführt, dass der Betrieb der Eventhalle auf dem Grundstück des Beigeladenen bei Einhaltung der Auflagen weder zur Tag- noch zur Nachtzeit gegen das Nachbarschutz entfaltende Gebot der Rücksichtnahme verstoße. Vorhandene Beeinträchtigungen seien nicht derart gravierend, dass sie für die Kläger unzumutbar wären. Mit ihren Anträgen auf Zulassung der Berufung verfolgen die Kläger ihr Begehren weiter.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der vorgelegten Behördenakten verwiesen.

II.

Die Anträge auf Zulassung der Berufung (§ 124, 124a Abs. 4 VwGO) haben keinen Erfolg.

An der Richtigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts bestehen keine ernstlichen Zweifel (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Die Berufung ist auch nicht wegen besonderer rechtlicher oder tatsächlicher Schwierigkeiten (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) oder wegen eines Verfahrensfehlers (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO) zuzulassen.

1. Die Kläger berufen sich auf ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Ob solche Zweifel bestehen, ist im Wesentlichen anhand dessen zu beurteilen, was die Kläger innerhalb offener Frist (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO) haben darlegen lassen (§ 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO). Daraus ergeben sich solche Zweifel nicht.

Jeweils mit ihrem Haupt- und erstem Hilfsantrag begehren die Kläger eine Nutzungsuntersagung des Betriebs der Eventhalle, hilfsweise zur Nachtzeit. Grundvoraussetzung für einen Anspruch auf aufsichtliches Einschreiten ist allerdings, dass die Kläger durch die Anlage in ihren Rechten verletzt werden, was einen Verstoß der Anlage gegen nachbarschützende Vorschriften erfordert und infolgedessen die Behörde zum Einschreiten gegen die Anlage berechtigt, weil der Tatbestand der Befugnisnorm erfüllt ist und die Eingriffsschranken erfüllt sind (vgl. BayVGH, U. v. 4.12.2014 - 15 ZB 12.1450 - juris Rn. 22; Decker in Simon/Busse, a. a. O., Art. 76 Rn. 487; Hansmann in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand 15.1.2015, § 24 BImSchG Rn. 37 und § 25 BImSchG Rn. 38). Soweit die Kläger hierbei die Nichteinhaltung der in der Tektur vom 20. Januar 2012 festgesetzten Nebenbestimmungen geltend machen, ist allerdings zu berücksichtigen, dass grundsätzlich nur eine Untersagung „dieser“ genehmigungswidrigen Nutzung in Betracht kommt, nicht jedoch eine vollständige Nutzungsuntersagung. Im Zulassungsvorbringen wiederholen die Kläger im Wesentlichen ihre bereits in erster Instanz vorgetragenen Einwendungen gegen den Betrieb der Eventhalle und berufen sich darauf, dass von dem Vorhaben des Beigeladenen für die Kläger unzumutbare Lärmimmissionen hervorgerufen werden. Dies führt jedoch nicht zum Erfolg der Zulassungsanträge.

Im Ergebnis zutreffend ist hier das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, dass bei bestimmungsgemäßer Nutzung der Anlage keine Verletzung drittschützender Normen oder des Gebots der Rücksichtnahme vorliegt, die ein Anspruch auf aufsichtliches Tätigwerden voraussetzt. Das Verwaltungsgericht stützt seine Ausführungen auf das schalltechnische Gutachten des T. vom 23. Oktober 2012. Danach ergeben sich bei Beachtung der im Bescheid vom 20. Januar 2012 festgesetzten Nebenbestimmungen und bei Unterlassung jeglichen Fahr- und Parkverkehrs auf dem Betriebsgelände im Zeitraum zwischen 22:00 Uhr und 6:00 Uhr, was das Landratsamt mit Bescheid vom 12. April 2013 angeordnet hat, keine unzumutbaren Lärmimmissionen für die Kläger.

Soweit hiergegen eingewandt wird, das Gutachten setze den Halleninnenpegel mit 80 dB(A) zu niedrig an, da zusätzlich Kommunikationsgeräusche zu berücksichtigen seien, ergibt sich bereits aus dem Gutachten selbst, dass dieser mittlere Halleninnenpegel Kommunikationsgeräusche mit berücksichtigt, da ohne Publikum mittlere Halleninnenpegel von 75-78 dB(A) ermittelt wurden (...-Gutachten v. 23.10.2012, S. 8). Ferner ist die Impulshaltigkeit berücksichtigt (...-Gutachten v. 23.10.2012, S. 8). Die Notwendigkeit eines weiteren Zuschlags für Ton- und Informationshaltigkeit ist angesichts der Entfernung, der Situierung der Halle, der teilweisen baulichen Abschirmung durch andere bauliche Anlagen, der Zugangssituation auf der von den Klägern abgewandten Seite und unter Berücksichtigung der zulässigen Veranstaltungen (vgl. Nebenbestimmung A.13 im Bescheid vom 20.1.2012) nicht ausreichend dargelegt. Aus dem letzten Messbericht des T. ergibt sich schließlich, dass den Schallpegelmessungen vom 26. April 2013 eine Worst-Case-Betrachtung zugrunde liegt und der beim Einpegeln der Beschallungsanlage zum Ansatz gebrachte mittlere Halleninnenpegel in Summe durch den Betrieb der Beschallungsanlage sowie die Kommunikationsgeräusche der Veranstaltungsgäste hervorgerufen wird (...-Messbericht vom 30.4.2013). Dem tritt das Zulassungsvorbringen nicht entgegen.

Auch soweit in dem ...-Gutachten vom 23. Oktober 2012 nur die hauseigene Beschallungsanlage berücksichtigt ist, führt dies nicht zum Erfolg, da entsprechend der Nebenbestimmung A.15 im Bescheid vom 20. Januar 2012 elektronisch verstärkte Musikdarbietungen ausschließlich über die hauseigene Anlage abzuspielen sind. Live-Musik ist entsprechend der Nebenbestimmung A.17 im Bescheid vom 20. Januar 2012 auf zwei Musikinstrumente begrenzt; der Einsatz einer mobilen Beschallungsanlage ist dabei entsprechend der oben genannten Nebenbestimmung A.15 gerade ausgeschlossen.

Entgegen dem Vorbringen im Zulassungsantrag werden im ...-Gutachten vom 23. Oktober 2012 auch die baulichen Besonderheiten der Eventhalle berücksichtigt. Der pauschale Einwand hiergegen in der schalltechnischen Untersuchung der Firma W. ... vom 7. März 2013, dass „insbesondere ‚leichte‘ Außenbauteilkonstruktionen in der Regel eine geringere Schalldämmung aufweisen“, ist nicht geeignet, die im ...-Gutachten vom 23. Oktober 2012 (S. 9) angesetzten unterschiedlichen Schalldämm-Maße für die Bauteile, unter anderem für eine Trapezblech-Wand mit innenliegender Gipskartonverschalung, in Frage zu stellen.

Soweit im Zulassungsvorbringen bemängelt wird, das Verwaltungsgericht habe sich bei der Frage der Zumutbarkeit der Lärmimmissionen auf nicht aussagekräftige, subjektive Feststellungen der Polizei anlässlich verschiedener Kontrollen gestützt, würde dies in gleicher Weise für die subjektiven Feststellungen des Klägers zu 3 gelten. Das zeigt sich beispielhaft in den Beobachtungen und unterschiedlichen Bewertungen anlässlich einer Veranstaltung vom 11./12. Mai 2013 (vgl. Bl. 770 und 774 der Behördenakte). Abgesehen davon hat das Verwaltungsgericht die Feststellungen anlässlich der Polizeikontrollen lediglich für eine Plausibilitätskontrolle des Ergebnisses herangezogen.

Im Übrigen ergeben sich aus dem Zulassungsvorbringen keine Anhaltspunkte für das Vorliegen einer Ermessensreduzierung auf Null hinsichtlich des von den Klägern begehrten aufsichtlichen Einschreitens. Die Kläger übersehen, dass nicht jede Verletzung drittschützender Normen ohne Weiteres zu einem Anspruch des Nachbarn auf Einschreiten der Aufsichtsbehörde führt (vgl. Decker in Simon/Busse, a. a. O., Art. 76 Rn. 490 m. w. N. und Hansmann in Landmann/Rohmer, a. a. O., § 24 BImSchG Rn. 37 und § 25 BImSchG Rn. 38; vgl. auch BVerwG, U. v. 4.6.1996 - 4 C 15/96 - juris Rn. 17). Soweit vorgetragen wird, der Beigeladene halte die festgesetzten Auflagen nicht ein, kommt hinzu, dass das Landratsamt im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung vor einer eventuellen Nutzungsuntersagung - unabhängig von deren Umfang - zunächst Maßnahmen zur Durchsetzung der festgesetzten Nebenbestimmungen und zur Einhaltung des bestimmungsgemäßen Betriebs, beispielsweise in Form von Zwangsmittelandrohungen und deren Vollstreckung, zu treffen haben wird (vgl. Anordnungen vom 28. Mai 2013, Bl. 783 der Behördenakte und Anhörung zu Verstößen vom 12.6.2013, Bl. 818 der Behördenakte). Dass derartige Maßnahmen nicht erfolgversprechend oder nicht geeignet sind, wird im Zulassungsantrag nicht dargelegt.

Was den zweiten Hilfsantrag angeht, ist nicht ersichtlich, dass das Landratsamt bisher nicht auf Beschwerden seitens der Kläger und Verstöße seitens des Beigeladenen reagiert hat oder nicht gewillt ist, festgesetzte Nebenbestimmungen zu kontrollieren oder durchzusetzen. Sowohl die Auflagen in der Tekturgenehmigung vom 20. Januar 2012 (Bl. 307 der Behördenakte) als auch die nachfolgenden Bescheide vom 17. Juli 2012 (Bl. 535 der Behördenakte - Anforderung eines schalltechnischen Gutachtens), vom 10. August 2012 (Bl. 579 der Behördenakte - Anforderung eines Nachweises über das Einpegeln der Musikanlage), vom 12. April 2013 (Bl. 724 der Behördenakte - Untersagung der Befahrung des Grundstücks zur Nachtzeit) und vom 28. Mai 2013 (Bl. 783 der Behördenakte - Zwangsgeldandrohung bei Verstoß gegen die Auflage zum Geschlossenhalten der Fenster und Türen der Gebäudehülle) stehen in unmittelbarem Zusammenhang mit Beschwerden der Kläger, Erkenntnissen aus den vorgelegten schalltechnischen Untersuchungen und Feststellungen anlässlich von Hinweisen und Kontrollen. Aus den zuletzt vorliegenden Behördenakten ergibt sich ferner, dass das Landratsamt den Beigeladenen auch aufgrund eigener Feststellungen zur Stellungnahme betreffend verschiedener Verstöße gegen das Nachtfahrverbot und das Geschlossenhalten von Fenstern während Veranstaltungen zur Nachtzeit angehört hat (Bl. 783 der Behördenakte). Darüber hinaus ist ein gestuftes Vorgehen des Landratsamts gegenüber dem Beigeladenen schon aus Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten grundsätzlich nicht zu beanstanden. Anhaltspunkte dafür, dass die Möglichkeiten des Landratsamts, durch geeignete Maßnahmen auf die Einhaltung der Nebenbestimmungen zu drängen, erschöpft oder nicht erfolgversprechend sind, sind weder ersichtlich noch vorgetragen. Dem Landratsamt stehen neben (weiteren) Vollstreckungsmaßnahmen auch noch weitere Anordnungen, wie sie sich z. B. aus der Stellungnahme des Technischen Immissionsschutzes vom 16. Januar 2013 (Bl. 605 der Behördenakte) ergeben, zur Verfügung, so dass sich ein Anspruch der Kläger auf Neubescheidung ihrer Anträge wegen bisher fehlerhafter Sachbehandlung gegenüber den Klägern hieraus zum entscheidungserheblichen Zeitpunkt nicht ergibt.

2. Die Rechtssache weist auch keine besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten auf (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO).

Die im Zulassungsantrag aufgeworfenen Fragen lassen sich, soweit sie überhaupt entscheidungserheblich sind, nach den obigen Ausführungen ohne weiteres und mit zweifelsfreien Ergebnissen klären. Von einem Berufungsverfahren ist daher kein weiterer Ertrag zu erwarten (vgl. BayVGH, B. v. 11.6.2015 - 9 ZB 13.128 - juris Rn. 14). Dass das Verwaltungsgericht nach Ansicht der Kläger bestimmten Fragen und Argumenten nicht hinreichend bzw. unzutreffend nachgegangen ist, macht die Rechtssache weder in tatsächlicher noch in rechtlicher Hinsicht besonders schwierig.

3. Es liegt auch kein Verfahrensmangel vor, auf dem die Entscheidung beruhen kann (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO).

Die Rüge, das Verwaltungsgericht habe den Sachverhalt nicht ausreichend aufgeklärt und damit den in § 86 Abs. 1 VwGO enthaltenen Untersuchungsgrundsatz verletzt, wonach von Amts wegen der Sachverhalt zu ermitteln ist und die erforderlichen Beweise zu erheben sind, greift nicht durch. Eine Verletzung der gerichtlichen Aufklärungspflicht kann grundsätzlich dann nicht geltend gemacht werden, wenn ein anwaltlich vertretener Beteiligter - wie hier die Kläger - es in der mündlichen Verhandlung unterlassen hat, einen Beweisantrag zu stellen (BayVGH, B. v. 30.6.2014 - 9 ZB 13.911 - juris Rn. 2; BVerwG, B. v. 20.12.2012 - 4 B 20/12 - juris Rn. 6). Ausweislich der Niederschrift über die mündliche Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht vom 25. Juli 2013 wurde ein Beweisantrag vom Bevollmächtigen der Kläger nicht ausdrücklich gestellt. Nur schriftsätzlich angekündigte Beweisanträge genügen nicht (BVerwG, B. v. 18.12.2006 - 4 BN 30/06 - juris Rn. 4). Der Klägerbevollmächtigte hat die schriftsätzlich angekündigten Beweisanträge auch nicht hilfsweise, für den Fall, dass es auf das Beweisthema ankommt oder vorsorglich (vgl. BVerwG, U. v. 16.61968 - V C 111.67 - BVerwGE 30, 67 = juris Rn. 10; BVerwG, U. v. 13.1.1971 - V C 93.70 - juris Rn. 7) gestellt, sondern lediglich zur Begründung seines Klageantrags darauf verwiesen. Beweise sind auch nur insoweit zu erheben, wie es für die Rechtsansicht des Gerichts darauf ankommt (BVerwG, B. v. 18.12.2006 - 4 BN 30/06 - juris Rn. 2). Im Übrigen hat sich das Verwaltungsgericht in den Urteilsgründen mit den Beweisangeboten auseinandergesetzt.

Aus den Zulassungsanträgen ergibt sich nicht, weshalb sich dem Gericht eine weitere Sachverhaltsaufklärung hätte aufdrängen müssen (BayVGH, B. v. 4.12.2014 - 9 ZB 11.1744 - juris Rn. 12; BayVGH, B. v. 25.3.2014 - 15 ZB 12.2014 - juris Rn. 11). Das Verwaltungsgericht hat zur Beurteilung der Zumutbarkeit der Lärmimmissionen unter Würdigung der schalltechnischen Untersuchungen der ... auf das schalltechnische Gutachten vom 23. Oktober 2012 und den Messbericht vom 30. April 2013 jeweils des T. gestellt. Soweit hiergegen lediglich pauschal eingewandt wird, die Leichtbauweise der Industriehalle und deren äußerst schlechte Schalldämmwirkung sei nicht ausreichend berücksichtigt worden, vermag dies die Aufklärungsrüge nicht zu begründen. Im Gutachten des T. vom 23. Oktober 2012 ist das Schalldämm-Maß abgestellt auf eine Trapezblech-Wand mit innenliegender Gipskartonverschalung mit 30 dB angesetzt worden, während beispielsweise die geschlossenen Zweischeibenverbundglas-Fenster mit einem Schalldämm-Maß von 36 dB angesetzt wurden. Weder aus den schalltechnischen Untersuchungen der ... noch aus dem Zulassungsvorbringen lassen sich Hinweise dafür entnehmen, dass dieser Wert für die vorhandene Bausubstanz zu hoch angesetzt ist. Da entsprechend den vom Verwaltungsgericht als nachvollziehbar und auch von der ... als im Wesentlichen plausibel und nachvollziehbar bewerteten ...-Gutachten vom 23. Oktober 2012 sowie dem Messbericht vom 30. April 2013 unter den genannten Bedingungen von der Einhaltung der im Bescheid vom 20. Januar 2012 festgesetzten Immissionswerte auszugehen ist, ist nicht ersichtlich, welche Relevanz der weiteren Aufklärung der örtlichen Situation zukommen könnte.

Die geltend gemachten Zweifel an der Objektivität des Verwaltungsgerichts führen ebenfalls nicht zum Erfolg der Anträge. Da sich die beanstandeten Ausführungen des Verwaltungsgerichts erst aus den Urteilsgründen ergeben, scheidet eine Verletzung des § 54 VwGO i. V. m. § 42 ZPO von vornherein aus, da die Frage einer möglichen Befangenheit nicht als Verfahrensmangel geltend gemacht werden kann (vgl. BVerwG, B. v. 8.1.2009 - 8 B 59/08 - juris Rn. 4). Im vorliegenden Fall kann die Befangenheitsrüge aber auch nicht unmittelbar auf einen Verstoß gegen den Grundsatz des gesetzlichen Richters gestützt werden, da dieser nicht schon immer dann gegeben ist, wenn ein Befangenheitsgrund erkennbar wird, der im Sinne des § 42 Abs. 2 ZPO geeignet gewesen wäre, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen. Ein Verstoß gegen Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG kommt vielmehr nur in Betracht, wenn die erstinstanzlichen Richter unter eindeutiger Missachtung der Verfahrensvorschriften tätig geworden wären oder wenn sie so eindeutig die gebotene Distanz und Neutralität hätten vermissen lassen, dass jede andere Würdigung als die Bejahung einer Besorgnis der Befangenheit willkürlich erschiene (vgl. BVerwG, U. v. 21.3.2012 - 6 C 19/11 - juris Rn. 18). Willkür in diesem Sinne setzt voraus, dass die Entscheidung des Gerichts bei verständiger Würdigung der das Grundgesetz beherrschenden Gedanken schlechterdings nicht mehr verständlich erscheint und offenbar unhaltbar wäre (BVerwG, B. v. 8.1.2009 - 8 B 59/08 - juris Rn. 5). Dafür lässt sich dem Zulassungsvorbringen der Kläger nichts entnehmen. Abgesehen davon, dass die gerügte Passage im verwaltungsgerichtlichen Urteil nur den Kläger zu 3 betrifft, sind die Ausführungen auch nicht entscheidungserheblich, da das Gericht einen Anspruch der Kläger bereits wegen fehlender Unzumutbarkeit der Lärmimmissionen verneint hat. Die „besondere Sensibilisierung“, die das Gericht im Hinblick auf den Kläger zu 3 anführt, spricht die Frage personenbezogener Aspekte wie beispielsweise besondere Empfindlichkeiten oder den Gesundheitszustand an, die bei der Bewertung von Immissionen keine Rolle spielen (vgl. BVerwG, U. v. 23.9.1999 - 4 C 6/98 - BVerwGE 109, 314 = juris Rn. 29).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 159 VwGO. Da der Beigeladene keinen eigenen Antrag gestellt hat, entspricht es der Billigkeit, dass er seine außergerichtlichen Kosten selbst trägt (§ 162 Abs. 3, § 154 Abs. 3 VwGO).

Die Festsetzung des Streitwerts ergibt sich aus § 47 Abs. 3, § 52 Abs. 1 GKG (je 7.500,- Euro für die Klage der Klägerin zu 1 sowie die Klage der Kläger zu 2 und 3).

Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird das angefochtene Urteil rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

(1) Ausnahmegerichte sind unzulässig. Niemand darf seinem gesetzlichen Richter entzogen werden.

(2) Gerichte für besondere Sachgebiete können nur durch Gesetz errichtet werden.

Gründe

1

Die auf Verfahrensfehler gestützte Nichtzulassungsbeschwerde hat keinen Erfolg.

2

1. Die ... geborene Beklagte stand als Kreisamtsinspektorin in Diensten des Klägers. Sie war dort als Kassenbeamtin eingesetzt. Im Jahr 2005 leitete der Kläger gegen die Beklagte ein Disziplinarverfahren ein, in dessen Verlauf ihr vorgeworfen wurde, in vier Fällen zwischen 1997 und 2004 Beträge in Höhe von 7 363,86 DM (1997), 8 000 DM (1998), 18 400 DM (1999) und 5 413,25 € (2004) auf Konten überwiesen zu haben, auf die sie Zugriff hatte. Das sachgleiche Strafverfahren wurde wegen des jüngsten Vorwurfs gemäß § 153a StPO und wegen der übrigen Vorwürfe aufgrund von § 170 Abs. 2 StPO wegen Verjährung eingestellt. Die Beklagte hat einen Vorwurf uneingeschränkt und einen weiteren in modifizierter Form gestanden.

3

Der Kläger hat wegen der vier Vorwürfe Disziplinarklage mit dem Ziel der Entfernung aus dem Dienst erhoben. Während des Verfahrens hat er den Klagegegenstand auf die zwei Vorwürfe aus den Jahren 1999 und 2004 reduziert. Ebenfalls während des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ist die Beklagte wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt worden. Sie ist wegen einer psychischen Erkrankung dauerhaft verhandlungsunfähig. Das Amtsgericht hat ihren Ehemann als Betreuer für das Disziplinarklageverfahren bestellt; dieser nimmt seitdem die Aufgaben eines Prozesspflegers wahr. Mit Urteil vom 20. Dezember 2011 hat das Oberverwaltungsgericht der Beklagten das Ruhegehalt aberkannt.

4

Der Senat hat das Berufungsurteil mit Beschluss vom 31. Oktober 2012 - 2 B 33.12 - (NVwZ-RR 2013, 115) wegen Verfahrensmängeln aufgehoben und an das Oberverwaltungsgericht zurückverwiesen; es beruhe auf einem Verstoß gegen § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO, weil das Oberverwaltungsgericht nicht aufgrund des Gesamtergebnisses des Verfahrens entschieden habe, ob die Voraussetzungen eines Maßnahmeverbots aus rechtsstaatlichen Gründen vorliegen.

5

Das Oberverwaltungsgericht hat mit Urteil vom 8. Dezember 2014 erneut auf die Aberkennung des Ruhegehalts erkannt. Hiergegen richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde.

6

2. Die Beschwerde ist zulässig.

7

Zwar hat der Prozessbevollmächtigte der Beklagten die Beschwerde nicht innerhalb der Frist des § 133 Abs. 3 Satz 1 VwGO formgerecht begründet. Gemäß dieser Vorschrift ist die Beschwerde innerhalb von zwei Monaten nach der Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Das mit einer ordnungsgemäßen Rechtsbehelfsbelehrung versehene Urteil wurde dem Prozessbevollmächtigten der Beklagten ausweislich der in der Gerichtsakte befindlichen Postzustellungsurkunde am 23. Januar 2015 zugestellt. Die Frist zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde endete damit gemäß § 57 Abs. 1 und 2 VwGO, § 222 Abs. 1 ZPO und § 188 Abs. 2 BGB mit Ablauf des 23. März 2015.

8

Zu diesem Zeitpunkt wahrte die ab 22:54 Uhr per Telefax an das Oberverwaltungsgericht übermittelte Beschwerdebegründung die Anforderungen an die Schriftlichkeit noch nicht. Zur Schriftlichkeit gehört insbesondere die Unterschrift des Rechtsanwalts, die zum Ausdruck bringt, dass dieses Schriftstück willentlich in den Rechtsverkehr eingebracht werden soll. Die Seiten 94 bis 122 der Beschwerdebegründung gingen aber erst zwischen 0:00 und 0:20 Uhr am 24. März 2015 beim Oberverwaltungsgericht ein; die Seiten 122 bis 125 (Unterschriftsseite) erst zwischen 8:51 und 8:52 Uhr.

9

Der Beklagten ist Wiedereinsetzung in die versäumte Frist zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde zu gewähren. Nach § 60 Abs. 1 VwGO ist bei unverschuldeter Versäumung einer gesetzlichen Frist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Der Wiedereinsetzungsantrag ist bei Versäumung der Frist zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde binnen eines Monats zu stellen (§ 60 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 2 VwGO). Innerhalb der Antragsfrist ist auch die versäumte Rechtshandlung nachzuholen (§ 60 Abs. 2 Satz 3 VwGO). Die Tatsachen zur Begründung des Antrags sind glaubhaft zu machen (§ 60 Abs. 2 Satz 2 VwGO).

10

Der Wiedereinsetzungsantrag ist am 31. März 2015 beim Oberverwaltungsgericht eingegangen. Zu diesem Zeitpunkt lag die vollständige und formgerechte Beschwerdebegründung bereits vor. Die Beklagte hat auch einen Wiedereinsetzungsgrund glaubhaft gemacht. Nach dem detailreich und nachvollziehbar geschilderten, vom Prozessbevollmächtigten der Beklagten an Eides statt versicherten Sachverhalt hatte dieser bereits am 23. März 2015 gegen 22:10 Uhr damit begonnen, den 125seitigen Schriftsatz per Telefax an das Oberverwaltungsgericht zu übermitteln. Das Kanzleifaxgerät benötige üblicherweise für die Übermittlung von 125 Seiten rund 45 Minuten. Wegen technischer Probleme beim Papiereinzug sei das Telefax nicht zur Übersendung gelangt, nicht einmal einige Seiten. Ein Reparaturbeleg für das Telefaxgerät vom 25. März 2015 wurde vorgelegt. Mit Hilfe eines eilig herbeigeschafften Ersatzgeräts, das jedoch eine zu langsame Übermittlungsgeschwindigkeit aufweise, habe dann ab 22:54 Uhr die Übermittlung an das Oberverwaltungsgericht begonnen werden können. Bis Mitternacht seien jedoch nur 93 Seiten erfolgreich übermittelt worden. Das Gerät habe störungsfrei, jedoch - seiner Art entsprechend - mit geringer Geschwindigkeit gearbeitet.

11

Vor dem Hintergrund dieses Sachverhalts kann dem Kläger nicht mangelnde Sorgfalt vorgeworfen werden. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts liegt ein "Verschulden" im Sinne von § 60 Abs. 1 VwGO vor, wenn diejenige Sorgfalt außer Acht gelassen wird, die für einen gewissenhaften und seine Rechte und Pflichten sachgemäß wahrnehmenden Prozessführenden geboten ist und die ihm nach den gesamten Umständen des konkreten Falles zuzumuten war (stRspr, BVerwG, Beschlüsse vom 6. Juni 1995 - 6 C 13.93 - Buchholz 310 § 60 VwGO Nr. 198 S. 14, vom 9. September 2005 - 2 B 44.05 - Buchholz 310 § 60 VwGO Nr. 257 Rn. 2 und vom 1. September 2014 - 2 B 93.13 - Buchholz 310 § 60 VwGO Nr. 274 Rn. 11).

12

Danach gehört es zu den Sorgfaltspflichten jedes Rechtsanwalts in Fristensachen, den Betrieb seiner Anwaltskanzlei so zu organisieren, dass fristwahrende Schriftsätze rechtzeitig hergestellt werden und vor Fristablauf beim zuständigen Gericht eingehen. Bei Fristen für die Begründung eines Rechtsmittels muss der Rechtsanwalt dafür Sorge tragen, dass er sich rechtzeitig auf die Fertigung der Rechtsmittelbegründung einstellen sowie Unregelmäßigkeiten und Zwischenfällen vor Fristablauf Rechnung tragen kann (BVerwG, Beschluss vom 21. Februar 2008 - 2 B 6.08 - juris Rn. 7 ff. m.w.N.).

13

Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts hat der Nutzer mit der Wahl des Telefaxes als eines anerkannten und für die Zusendung fristwahrender Schriftsätze an das Gericht eröffneten Übermittlungsmediums, der ordnungsgemäßen Nutzung eines funktionsfähigen Sendegeräts und der korrekten Eingabe der Empfängernummer das seinerseits Erforderliche zur Fristwahrung getan, wenn er so rechtzeitig mit der Übermittlung beginnt, dass unter normalen Umständen mit ihrem Abschluss bis 24:00 Uhr zu rechnen ist (BVerfG, Beschluss vom 1. August 1996 - 1 BvR 121/95 - NJW 1996, 2857 <2858>). Dabei ist zu berücksichtigen, dass häufig gerade die Abend- und Nachtstunden wegen günstigerer Tarife oder wegen drohenden Fristablaufs genutzt werden, um Schriftstücke noch fristwahrend per Telefax zu übermitteln. Dem ist vom Rechtsuchenden gegebenenfalls durch einen zeitlichen "Sicherheitszuschlag" Rechnung zu tragen (BVerfG, Beschluss vom 21. Juni 2001 - 1 BvR 436/01 - NJW 2001, 3473 <3474>).

14

In der Rechtsprechung des Senats ist eine Erfüllung dieser Anforderungen angenommen worden bei einem 37seitigen Schriftsatz, mit dessen Übermittlung 18 Minuten vor Mitternacht begonnen wurde (BVerwG, Beschluss vom 1. September 2014 - 2 B 93.13 - Buchholz 310 § 60 VwGO Nr. 274 m.w.N.).

15

Vor diesem Hintergrund ist es nicht fahrlässig, knapp zwei Stunden vor Mitternacht mit der Übermittlung eines 125seitigen Schriftsatzes zu beginnen, wenn dessen Übermittlung mit dem eigentlichen Kanzleifaxgerät üblicherweise rund 45 Minuten in Anspruch nimmt. Denn der zeitliche Abstand beinhaltet dann einen Sicherheitszuschlag von über 100 Prozent, was jedenfalls bei längeren Zeiträumen wie hier genügt, um gewöhnlichen technischen Schwierigkeiten fristgerecht zu begegnen.

16

3. Die Beschwerde ist unbegründet. Die von der Beklagten geltend gemachten Verfahrensfehler liegen nicht vor.

17

a) Es liegt zunächst keine Verletzung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO) vor.

18

aa) Ein Verstoß gegen das Gebot der Gewährung rechtlichen Gehörs liegt nicht darin, dass das Oberverwaltungsgericht die Termine zur mündlichen Verhandlung durchgeführt hat, obwohl der Prozessbevollmächtigte der Beklagten ihre Aufhebung bzw. Verlegung beantragt hatte. Der Prozessbevollmächtigte macht insoweit geltend, nicht nur die Beklagte, sondern auch der Betreuer und er selbst seien an der Teilnahme an den mündlichen Verhandlungen am 2. Juli 2014 und am 8. Dezember 2014 gehindert gewesen. Die mündliche Verhandlung am 2. Juli 2014 sei entbehrlich gewesen, weil von den Zeugen - den erstinstanzlichen Richtern - kein Erkenntnisgewinn zu erwarten gewesen sei. Im Übrigen seien der Prozessbevollmächtigte und der Betreuer (akuter Brechdurchfall) transport- und reiseunfähig erkrankt gewesen, sodass auch die Einholung eines amtsärztlichen Attests nicht möglich gewesen sei.

19

Der Prozessbevollmächtigte habe dem Oberverwaltungsgericht mehrfach, zuletzt mit Verlegungsantrag vom 4. Dezember 2014 unter Berufung auf eine Bescheinigung der Universitätsklinik ... vom 17. Februar 2014 deutlich gemacht, dass er grundsätzlich aufgrund eines am 16. Februar 2014 erlittenen Schlaganfalls arbeitsunfähig sei. Maximal könne er im Rahmen freiwilliger Selbstgefährdung wenige Stunden wöchentlich arbeiten. Eine Vertretung durch Rechtsanwalt N. sei nicht möglich, da das Vertretungsverhältnis mit seiner Rückkehr aus der Reha im April 2014 geendet habe. Die Beklagte habe zudem - auch schriftlich - deutlich gemacht, dass sie keine Unterbevollmächtigung wünsche; sie habe nur Vertrauen zu ihrem derzeitigen Prozessbevollmächtigten.

20

Allein mit der Anfertigung des Schriftsatzes vom 4. Dezember 2014 sei sein Stundenkontingent für die Kalenderwochen 48 bis 50 aufgebraucht gewesen, sodass eine Teilnahme an der mündlichen Verhandlung nicht möglich gewesen sei. Auch habe dem Schriftsatz vom 4. Dezember 2014 das Gutachten des Dr. Z. vom 3. Dezember 2014, welches ihm erst am 8. Dezember 2014 zugeleitet worden sei, beigefügt werden müssen. Da er daraufhin den Schriftsatz in der Kanzlei noch habe unterschreiben müssen, sei seine Anwesenheit in ... am selben Tage ausgeschlossen gewesen. Der ihn - den Prozessbevollmächtigten - zugleich "heimsuchende" fiebrige grippale Infekt sei deswegen auch nicht mehr glaubhaft zu machen gewesen. Neben der Beklagten habe im Übrigen auch ihr Betreuer nicht an der Verhandlung teilnehmen können; er sei reise- und verhandlungsunfähig erkrankt gewesen. Eine Teilnahme der Beklagten sei aber erforderlich, weil nur sie den Sachverhalt richtigstellen könne. Das Verlangen des Oberverwaltungsgerichts nach amtsärztlichen Bestätigungen der Verhandlungs- und Reiseunfähigkeit des Prozessbevollmächtigten und des Betreuers sei rechtsmissbräuchlich. Das Gesundheitsamt der Stadt ... sei zudem befangen.

21

Das Oberverwaltungsgericht hat die Anträge des Prozessbevollmächtigten der Beklagten auf Terminsaufhebung zu Recht abgelehnt, weil dieser jeweils keinen erheblichen Grund für eine Aufhebung im Sinne von § 173 Satz 1 VwGO, § 227 Abs. 1 Satz 1 ZPO glaubhaft gemacht hat. Daraus folgt, dass Prozessbevollmächtigter und Betreuer der Beklagten den Verhandlungen auf eigenes Risiko ferngeblieben sind.

22

Das Gericht ist nur dann verpflichtet, einen Verhandlungstermin auf Antrag eines Verfahrensbeteiligten aufzuheben oder zu verlegen, wenn anderenfalls dessen grundrechtlicher Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs verletzt wäre. Das von § 227 Abs. 1 Satz 1 ZPO eröffnete Ermessen ist dann auf Null reduziert. Das rechtliche Gehör gebietet die Aufhebung oder Verlegung eines Verhandlungstermins, wenn der Prozessbevollmächtigte eines Verfahrensbeteiligten ohne sein Verschulden an der Teilnahme gehindert ist. Bei dem Prozesspfleger kommt es wie beim Beteiligten zusätzlich darauf an, ob die Teilnahme an der Verhandlung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen geboten ist.

23

Einen beachtlichen Hinderungsgrund stellt insbesondere die vorübergehende Verhandlungsunfähigkeit wegen einer Erkrankung dar. Zu deren Nachweis genügt in der Regel die Vorlage einer privatärztlichen Bescheinigung. Hat das Gericht berechtigte Zweifel an der Verhandlungsunfähigkeit, etwa weil wie im vorliegenden Verfahren wiederholt kurzfristig ärztliche Bescheinigungen ohne Diagnose vorgelegt werden, muss es Nachforschungen anstellen. Zusätzliche Anforderungen an den Nachweis einer Erkrankung setzen voraus, dass greifbare Anhaltspunkte für die Absicht der Prozessverschleppung bestehen. Auch in diesem Fall muss das Gericht im Rahmen des Möglichen und Zumutbaren versuchen, sich vor der Entscheidung über den Aufhebungs- oder Verlegungsantrag Klarheit zu verschaffen (stRspr, vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 3. August 1994 - 6 B 31.94 - Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 257 S. 4 f. und vom 2. November 1998 - 8 B 162.98 - Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 285 S. 45). Hiervon ausgehend lässt sich ein Gehörsverstoß nicht feststellen:

24

In Bezug auf den Verhandlungstermin am 2. Juli 2014 hat die Beklagte einen erheblichen Grund im Sinne des § 227 Abs. 1 Satz 1 ZPO nicht dargelegt. Die von ihr vermutete Unergiebigkeit der für diesen Termin vorgesehenen Zeugenvernehmungen war kein von der Prozessordnung anerkannter Grund, der mündlichen Verhandlung fernzubleiben, und ist daher kein erheblicher Grund für die Aufhebung eines Termins. Zweifel eines Verfahrensbeteiligten an der Sinnhaftigkeit der Durchführung einer Beweisaufnahme entbinden insbesondere den Prozessbevollmächtigten nicht von der Teilnahme an der mündlichen Verhandlung. Diese ist vielmehr der Ort, solche Bedenken ggf. geltend zu machen.

25

Zu Recht hat das Oberverwaltungsgericht den Terminsaufhebungsantrag auch im Hinblick auf die gesundheitliche Situation des Prozessbevollmächtigten und des Betreuers abgelehnt. Das folgt schon daraus, dass der Aufhebungsantrag nicht den diesbezüglichen Anforderungen der Ladungsverfügung entsprach. Mit der Ladung sind der Prozessbevollmächtigte und der Betreuer aufgefordert worden, eine etwaige Reise-, Transport- und Verhandlungsunfähigkeit durch amtsärztliches Attest glaubhaft zu machen, und für den Fall, dass sie sich an der amtsärztlichen Untersuchung gehindert sähen, diesen Umstand durch ein ärztliches Attest zu belegen und dabei den Arzt von der Schweigepflicht zu entbinden, weil das Oberverwaltungsgericht ggf. noch am Verhandlungstag den Arzt befragen oder durch den beauftragten Richter vernehmen lassen wolle.

26

Diese Anforderungen sind jeweils als sachgerecht anzusehen. Es lagen ausreichende Umstände vor, die auf die Absicht der Prozessverschleppung hindeuteten. Seit der Übernahme der Prozessvertretung durch den jetzigen Prozessbevollmächtigten im November 2008 ist das gesamte Verfahren durchzogen von Fristverlängerungs- und Terminsaufhebungsanträgen, die in ihrer Summe außerhalb jeglichen Erfahrungsschatzes zufälliger Verhinderungen liegen. Exemplarisch sei auf die drei mündlichen Verhandlungen vom 24. Februar, 2. Dezember und 20. Dezember 2011 hingewiesen, die jeweils nach erfolgloser Stellung eines Aufhebungsantrags in Abwesenheit des Prozessbevollmächtigten und des Betreuers stattfanden, ohne dass ein erheblicher Grund für eine Aufhebung bestanden hat. Letzteres hat der Senat bereits im Beschluss vom 31. Oktober 2012 - 2 B 33.12 - (NVwZ-RR 2013, 115 Rn. 25 ff.) festgestellt.

27

Der Prozessbevollmächtigte hat kein amtsärztliches Attest vorgelegt. Ebenso fehlt ein aussagekräftiges ärztliches Attest, das den genannten Anforderungen genügt. Dem Attest der Uniklinik ..., welches am 18. Februar 2014 eingereicht wurde, kommt keine hinreichende Aussagekraft zu, weil der zeitliche Rahmen der attestierten Dienstunfähigkeit "bis auf Weiteres" zu unspezifisch ist. Dem Attest fehlt auch eine Aussage darüber, ob der Prozessbevollmächtigte im Juli 2014 verhandlungsfähig sein werde und insbesondere, ob er in der Lage sein werde, von einem Amtsarzt untersucht zu werden. Die angeforderte Entbindung von der ärztlichen Schweigepflicht hat der Prozessbevollmächtigte ebenfalls nicht vorgelegt.

28

Soweit der Prozessbevollmächtigte für sich in Anspruch nimmt, überhaupt nicht, bzw. nur im Rahmen freiwilliger Selbstgefährdung stark begrenzt arbeitsfähig zu sein, hat er diesem Umstand durch arbeitsorganisatorische Maßnahmen, durch die Einrichtung einer Vertretung oder durch die Abgabe des Mandats zu begegnen. Dies gilt selbst dann, wenn es der unbedingte Wunsch der verhandlungsunfähigen Beklagten sein sollte, nur von dem jetzigen Prozessbevollmächtigten vertreten zu werden. Denn das Recht auf freie Wahl eines Prozessbevollmächtigten endet dort, wo dieser für einen längeren Zeitraum nicht mehr in der Lage ist, aus gesundheitlichen Gründen einen Prozess zu führen, und somit den angemessenen Fortgang des Verfahrens längerfristig verhinderte.

29

Der Prozessbevollmächtigte hat Ermittlungen des Oberverwaltungsgerichts zum Bestehen eines Verhinderungsgrundes zudem dadurch erschwert, dass er den Aufhebungsantrag erst am Tag der mündlichen Verhandlung gestellt hat, obwohl der Gesundheitszustand nach seiner Darstellung schon längerfristig bekannt gewesen ist.

30

Das ärztliche Attest, mit dem die Verhandlungsunfähigkeit des Betreuers geltend gemacht worden ist, genügt ebenfalls nicht den Anforderungen, welche das Oberverwaltungsgericht mit der Ladung aufgestellt hat. Es erläutert nicht, warum eine Vorstellung beim Amtsarzt unmöglich sein soll; auch hat der Betreuer diesbezüglich keine Entbindung von der ärztlichen Schweigepflicht erklärt.

31

Mit Blick auf die mündliche Verhandlung am 8. Dezember 2014 gelten die Ausführungen zur allgemeinen Arbeitsunfähigkeit des Prozessbevollmächtigten der Beklagten entsprechend. Der weitere Umstand, wonach er in ... bis zum Tage der mündlichen Verhandlung auf die Vorlage der ärztlichen Stellungnahme des Dr. Z. habe warten müssen, was eine Anwesenheit am Oberverwaltungsgericht am selben Tage verhindert habe, steht einerseits in Widerspruch zu der geltend gemachten Arbeitsunfähigkeit. Andererseits wäre es Sache des Prozessbevollmächtigten gewesen, rechtzeitig für die Vorlage derjenigen Unterlagen zu sorgen, deren Übersendung an das Gericht er für notwendig erachtet. Es ist auch kein Grund ersichtlich, den unter dem 4. Dezember 2014 verfassten Schriftsatz erst am Tage der mündlichen Verhandlung an das Gericht zu übersenden, selbst wenn die in Bezug genommene Anlage erst später in seine Verfügungsgewalt gelangt sein sollte.

32

Im Hinblick auf die geltend gemachte Reise- und Verhandlungsunfähigkeit des Betreuers ist darauf hinzuweisen, dass dieser am 8. Dezember 2014 an der mündlichen Verhandlung teilgenommen hat und nach den Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts zu sachgerechtem Vortrag fähig war.

33

bb) Eine Gehörsverletzung liegt auch nicht darin, dass die Beklagte nach ihrer Darstellung keine Gelegenheit mehr hatte, zu den Äußerungen des in der mündlichen Verhandlung vernommenen Sachverständigen Stellung zu nehmen, weil das Urteil noch am selben Tage verkündet worden ist. Die Beklagte macht insoweit geltend, sie habe sich nicht zu dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung vom 8. Dezember 2014 äußern können. Dies trifft nicht zu. Die Beklagte wird durch ihren Betreuer und ihren Prozessbevollmächtigten vertreten. Der Betreuer hat an der mündlichen Verhandlung teilgenommen, sich mehrfach durch eigene Beiträge an ihr beteiligt und das "letzte Wort" erhalten. Der Prozessbevollmächtigte ist der mündlichen Verhandlung fern geblieben, ohne dass ein erheblicher Grund für eine Terminsaufhebung bestanden hat (s.o.).

34

Soweit die Beklagte geltend macht, sie hätte sich zu bestimmten Punkten (Schuldfähigkeit und Tatgeschehen) persönlich äußern wollen, dies sei ihr aber aus gesundheitlichen Gründen (noch) nicht möglich gewesen, führt auch dies nicht zu einem Gehörsverstoß. Der Senat hat bereits mit Beschluss gleichen Rubrums vom 31. Oktober 2012 - 2 B 33.12 - (NVwZ-RR 2013, 115 Rn. 13 f.) deutlich gemacht, dass unter bestimmten Voraussetzungen auf eine persönliche Anhörung der Beklagten verzichtet werden kann. Die Beschwerde zeigt nicht auf, dass gegen diese Vorgaben verstoßen worden ist. Einerseits stützt das Oberverwaltungsgericht seine Überzeugung auf den Urkundsbeweis, bezüglich dessen der Betreuer der Beklagten das rechtliche Gehör wahrnehmen kann. Andererseits ist der gerichtlich bestellte Gutachter auch ohne Rückgriff auf die Zeugenaussagen der früheren Kollegen der Beklagten zu dem nachvollziehbar begründeten Ergebnis gelangt, die Beklagte sei zum Zeitpunkt der Tatbegehung schuldfähig gewesen. Wie er zuletzt in der mündlichen Verhandlung vom 8. Dezember 2014 ausgeführt hat, stützt er dieses Ergebnis vor allem auf die Angaben der Beklagten selbst sowie auf die Einschätzung des sie behandelnden Arztes Dr. W. Hierauf stützt sich auch das Oberverwaltungsgericht.

35

cc) Der weiter geltend gemachte Gehörsverstoß, der Prozessbevollmächtigte der Beklagten habe keine Einsicht in die vom Oberverwaltungsgericht beigezogene und dem gerichtlichen Sachverständigen zur Verfügung gestellte Betreuungsakte des AG ... (...) nehmen können, liegt ebenfalls nicht vor. Einerseits hat das Oberverwaltungsgericht ausweislich der Bezugnahme am Ende des Tatbestandes sein Urteil vom 8. Dezember 2014 nicht auf den Inhalt dieser Akte gestützt. Andererseits ist dem Prozessbevollmächtigten der Beklagten unter dem 18. August 2011 eine Kopie der Akte übersandt worden, nachdem er zuvor mit Schriftsätzen vom 8. und vom 15. April 2011 selbst die Übersendung einer Kopie anstatt des Originals angeregt hatte. Den Eingang der Kopie der Akte hat er mit Empfangsbekenntnis vom 29. August 2011 bestätigt. Es war auch nicht zwingend erforderlich, dass der Prozessbevollmächtigte der Beklagten vor dem gerichtlich bestellten Sachverständigen Einsicht in die Betreuungsakte nehmen konnte. Mit der Übersendung des Gutachtens parallel zur Betreuungsakte im August 2011 bestand ausreichend Gelegenheit, alle sich aus der Akte ergebenden, seiner Ansicht nach relevanten Punkte vorzutragen und so dem Gericht die Möglichkeit zu geben, vor dem Hintergrund dieses Vortrags das Sachverständigengutachten zu würdigen und ggf. Ergänzungen anzufordern.

36

b) Die von der Beklagten mit der Beschwerdebegründung geltend gemachte Befangenheit der entscheidenden Richter führt nicht zu der Annahme von Verfahrensfehlern.

37

aa) Wegen der Besorgnis der Befangenheit ist gemäß § 3 Abs. 1 LDG NW, § 54 Abs. 1 VwGO und § 42 Abs. 2 ZPO ein Richter abzulehnen, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen seine Unparteilichkeit zu rechtfertigen. Die Besorgnis der Befangenheit ist bereits gegeben, wenn ein am Verfahren Beteiligter bei vernünftiger Würdigung aller Umstände Anlass hat, an der Unvoreingenommenheit des Richters zu zweifeln. Tatsächliche Befangenheit oder Voreingenommenheit ist nicht erforderlich; es genügt schon der "böse Schein", d.h. der mögliche Eindruck mangelnder Objektivität. Entscheidend ist, ob der beanstandete Umstand für einen verständigen Verfahrensbeteiligten Anlass sein kann, an der persönlichen Unvoreingenommenheit des Richters zu zweifeln (BVerfG, Kammerbeschlüsse vom 25. Juli 2012 - 2 BvR 615/11 - NJW 2012, 3228 Rn. 12 f. und vom 12. Dezember 2012 - 2 BvR 1750/12 - juris Rn. 14 m.w.N.).

38

Nach Abschluss der Berufungsinstanz kann die Besorgnis der Befangenheit der dort entscheidenden Richter nicht mehr geltend gemacht werden. Das folgt aus der Vorschrift des § 138 Nr. 2 VwGO, nach der ein Verfahrensfehler nur dann gegeben ist, wenn ein Richter an der Entscheidung mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war. Der Verfahrensfehler ist demnach nur gegeben, wenn ein Ablehnungsgesuch in der Vorinstanz tatsächlich Erfolg gehabt hat. Das gilt selbst dann, wenn sich die Gründe für die Besorgnis der Befangenheit erst aus den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils ergeben (BVerwG, Urteil vom 21. März 2012 - 6 C 19.11 - NVwZ 2012, 1188 Rn. 18 f.; BFH, Beschluss vom 30. Mai 2008 - IX B 216/07 - BFH/NV 2008, 1510 Rn. 9; BGH, Urteil vom 9. November 1992 - II ZR 230/91 - BGHZ 120, 141 Rn. 9; Kopp/Schenke, VwGO, 22. Aufl. 2016, § 138 Rn. 8; Neumann, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 138 Rn. 100). In einem solchen Fall kann allenfalls der Verfahrensfehler der vorschriftswidrigen Besetzung des erkennenden Gerichts im Sinne des § 138 Nr. 1 VwGO geltend gemacht werden. Voraussetzung ist hierfür, dass der Richter der Vorinstanz tatsächlich und so eindeutig die gebotene Distanz und Neutralität hat vermissen lassen, dass jede andere Würdigung als die einer Besorgnis der Befangenheit willkürlich erschiene (BVerwG, Urteil vom 21. März 2012 - 6 C 19.11 - NVwZ 2012, 1188 Rn. 18).

39

Gemäß § 54 Abs. 1 VwGO, § 43 ZPO kann eine Partei einen Richter zudem dann nicht mehr wegen der Besorgnis der Befangenheit ablehnen, wenn sie sich bei ihm ohne den ihr bekannten Ablehnungsgrund geltend zu machen, in eine Verhandlung eingelassen oder Anträge gestellt hat. Die Vorschrift des § 43 ZPO gibt einen allgemeinen Rechtsgedanken wieder, der im Falle einer unterbliebenen Rüge in der mündlichen Verhandlung dazu führt, dass der Verfahrensfehler im Revisionszulassungsverfahren nicht mehr geltend gemacht werden kann (vgl. BVerwG, Beschluss vom 25. Januar 2016 - 2 B 34.14 - NVwZ-RR 2016, 428 Rn. 26; BGH, Urteil vom 7. Dezember 2005 - XII ZR 94/03 - BGHZ 165, 223 Rn. 15). Der Ausschluss erfolgt nicht nur dann, wenn die Partei oder ihr Prozessbevollmächtigter in der mündlichen Verhandlung anwesend waren und auf die Rüge verzichtet haben, sondern auch dann, wenn sie nicht anwesend waren, hierfür jedoch kein erheblicher Grund im Sinne der § 173 Satz 1 VwGO, § 227 Abs. 1 Satz 1 ZPO gegeben war (BFH, Beschluss vom 10. April 2015 - III B 42/14 - BFH/NV 2015, 1102 Rn. 15).

40

bb) Danach liegt ein Verfahrensfehler wegen der geltend gemachten Besorgnis der Befangenheit nicht vor. Nach Abschluss der Berufungsinstanz ist die Beklagte mit der Rüge der Besorgnis der Befangenheit ausgeschlossen (s.o.). Die engen Voraussetzungen für die Annahme einer vorschriftswidrigen Besetzung des Berufungsgerichts sind ebenfalls nicht gegeben. Das gilt zunächst für diejenigen von der Beklagten angeführten Umstände, die sich erst aus den Entscheidungsgründen ergeben haben:

41

Soweit die Beklagte meint, Seite 26 der Entscheidungsgründe des Oberverwaltungsgerichts eine "kämpferisch-aggressive Haltung" gegenüber ihrem Prozessbevollmächtigten entnehmen zu können, ist nicht von einer Befangenheit auszugehen. Der angenommene Verfahrensfehler ist schon nicht hinreichend dargelegt. Denn die Beschwerdebegründung zitiert keinerlei Formulierung, der diese Haltung zu entnehmen sein soll. Im Übrigen lässt sich die Annahme der Befangenheit nicht darauf stützen, dass die Richter Zeitmanagement und Prioritätensetzung des Prozessbevollmächtigten kritisiert hätten. Vor dem Hintergrund des Vortrags des Prozessbevollmächtigten, er habe sein ärztlicherseits zugestandenes Stundenkontingent gewissermaßen im Vorgriff auf kommende Wochen bereits aufgebraucht und könne deshalb nicht zur mündlichen Verhandlung erscheinen, sondern müsse Betriebsferien machen, war eine Auseinandersetzung mit diesen Aspekten vielmehr zwingend erforderlich. Eine Formulierung, die auf Unsachlichkeit schließen lassen könnte oder unangemessen wäre (vgl. BVerwG, Beschluss vom 30. September 2015 - 2 AV 2.15 - NVwZ 2016, 253 Rn. 17), ist in den Entscheidungsgründen nicht enthalten und von der Beklagten nicht benannt worden.

42

Eine Befangenheit im geschilderten Sinne folgt auch nicht aus der nach Ansicht der Beklagten bestehenden Unvollständigkeit des Sachverhalts im Urteil vom 8. Dezember 2014. Auch insoweit gilt, dass aus einer unrichtigen Sachbehandlung allein keine Befangenheit herzuleiten ist (s.o.). Im Übrigen trifft der Vorwurf der Sache nach nicht zu. Gemäß § 117 Abs. 3 VwGO ist im Tatbestand des Urteils der Sach- und Streitstand unter Hervorhebung der gestellten Anträge seinem wesentlichen Inhalt nach gedrängt darzustellen. Wegen der Einzelheiten soll auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen verwiesen werden, soweit sich aus ihnen der Sach- und Streitstand ausreichend ergibt. Vor diesem Hintergrund ist es nicht zu beanstanden, dass der Tatbestand des Urteils nicht jegliche Tatsache ausdrücklich benennt, sondern, wie durch Satz 2 der genannten Vorschrift vorgesehen, durch den auf S. 23 f. des Urteilsabdruck enthaltenen Verweis auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Akten Bezug nimmt. Dass der Tatbestand des Urteils vom 8. Dezember 2014 einzelne Tatsachen nicht ausdrücklich benennt, die im Tatbestand des Urteils vom 20. Dezember 2011 noch enthalten waren, ist ebenfalls unbedenklich. Denn das Oberverwaltungsgericht hat in dem jüngeren Urteil zum Teil andere Entscheidungsgründe genannt, die eine andere Gewichtung der in den Tatbestand des Urteils ausdrücklich aufzunehmenden Fakten rechtfertigt.

43

Soweit die Beklagte die Besorgnis der Befangenheit auf die Verfahrensführung des Berufungsgerichts stützt, ist zudem ein Rügeverlust gemäß § 54 Abs. 1 VwGO, § 43 ZPO eingetreten. Dabei kann offen bleiben, ob ein den Rügeverlust herbeiführender Antrag im Sinne dieser Vorschriften bereits darin zu sehen ist, dass der Prozessbevollmächtigte der Beklagten die Verlegung der Termine zur mündlichen Verhandlung beantragt hat (in diesem Sinne RG, Beschluss vom 9. November 1895 - V 125/95 - RGZ 95, 378 (381); VG Aachen, Beschluss vom 12. August 2008 - 1 K 264/07 - juris Rn. 4). Jedenfalls ist ein Rügeverlust dadurch eingetreten, dass die mündliche Verhandlung durchgeführt wurde, ohne dass die Beklagte einen Befangenheitsantrag gestellt hat. Dass weder die Beklagte noch ihr Prozessbevollmächtigter in der mündlichen Verhandlung anwesend waren, ist unschädlich, da jedenfalls das Fernbleiben des Prozessbevollmächtigten ohne erheblichen Grund erfolgte (s.o.).

44

Auch der Sache nach wäre eine Besorgnis der Befangenheit nicht gegeben gewesen. Das gilt zunächst für die Ablehnungen der Anträge auf Terminsaufhebung. Da diese rechtmäßig erfolgt sind (s.o., a) aa)), ist nicht erkennbar, inwieweit hierdurch eine Parteilichkeit zum Ausdruck kommen soll.

45

Eine Befangenheit folgt auch nicht aus der Aufforderung an die Beklagte, die sie behandelnden Ärzte von der Schweigepflicht zu entbinden. Diese Aufforderung gehört vielmehr zu dem grundsätzlichen Bemühen des Oberverwaltungsgerichts um möglichst vollständige Aufklärung des Sachverhalts, zu dem es gemäß § 86 Abs. 1 VwGO verpflichtet ist. Selbst wenn es sich hierbei um eine unrichtige Sachbehandlung handeln sollte, ist hieraus allein eine Befangenheit nicht herzuleiten (BVerwG, Beschluss vom 17. März 2014 - 2 B 45.13 - Buchholz 245 LandesBesR Nr. 4 Rn. 8).

46

Eine Befangenheit folgt des Weiteren nicht daraus, dass der Prozessbevollmächtigte keine Gelegenheit gehabt haben soll, sich zu den Erläuterungen des Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung zu äußern. Der Prozessbevollmächtigte ist zu dieser mündlichen Verhandlung ordnungsgemäß geladen worden. Ein Verhinderungsgrund war nicht glaubhaft gemacht (s.o.). Sein Fernbleiben erfolgte mithin auf eigenes Risiko.

47

Gleiches gilt mit Blick darauf, dass die Beklagte nach ihrer Darstellung nicht mehr die Möglichkeit hatte, die Ausführungen des Gutachters mithilfe der sie behandelnden Ärzte, namentlich Dr. W. und Dr. Z., bewerten zu können. Denn es hätte ihr freigestanden, den Beistand dieser Ärzte in der mündlichen Verhandlung, der sie ohne erheblichen Grund ferngeblieben ist (s.o.), in Anspruch zu nehmen. Eine Befangenheit der Richter des entscheidenden Senats ist hieraus keinesfalls herzuleiten.

48

Eine Befangenheit ergibt sich ebenfalls nicht aus den mit der Ladung der Beklagten zur mündlichen Verhandlung verfügten verschärften Anforderungen an die Glaubhaftmachung eines Verhinderungsgrundes. Denn für diese Anforderungen bestand - wie bereits ausgeführt - ein sachlicher Grund.

49

Eine Befangenheit der Mitglieder des entscheidenden Senats folgt schließlich nicht aus dem Bemerken des Vorsitzenden gegenüber dem Sachverständigen, er möge seine Erläuterungen unter Außerachtlassung der Vernehmung der Kolleginnen und Kollegen erstatten. Ein Verfahrensmangel ist insoweit schon nicht hinreichend dargelegt. Die Beklagte stellt eine Beeinflussung des Sachverständigen in den Raum, ohne auch nur im Ansatz zu erläutern, in welcher Weise dessen Erläuterungen anders hätten ausfallen können, wenn der Vorsitzende diese Bemerkung nicht gemacht hätte. Die Behauptung, so habe schon vor Abschluss der mündlichen Verhandlung der Weg zu einer klagestattgebenden Entscheidung geebnet werden sollen, ist rein spekulativ und durch nichts untermauert.

50

c) Ein Verfahrensfehler besteht des Weiteren auch nicht darin, dass das Oberverwaltungsgericht auf die Aberkennung des Ruhegehalts erkannt hat, während ursprünglich die Entfernung aus dem Dienst beantragt und vom Verwaltungsgericht auch ausgeurteilt war. Insoweit nimmt der Senat auf seine Ausführungen im Beschluss gleichen Rubrums vom 31. Oktober 2012 - 2 B 33.12 - (NVwZ-RR 2013, 115 Rn. 16 ff.) Bezug.

51

d) Ein Verfahrensfehler besteht auch nicht darin, dass das Oberverwaltungsgericht in der Sache entschieden und das Verfahren nicht den Vorstellungen der Beklagten entsprechend wegen ihrer Verhandlungsunfähigkeit eingestellt hat (S. 30 bis 42 der Beschwerdebegründung).

52

Die Verhandlungsunfähigkeit des Beamten begründet im Disziplinarverfahren nicht aus sich heraus ein Prozesshindernis. Auch für das hier anzuwendende nordrhein-westfälische Disziplinarrecht gilt insoweit der Durchführungsgrundsatz, der anders als im früheren Recht deswegen keiner ausdrücklichen Normierung mehr bedarf, weil sich das Verfahren nicht mehr nach dem Strafverfahren, sondern aufgrund § 3 Abs. 1 LDG NW nach den Bestimmungen des Verwaltungsverfahrensgesetzes und der Verwaltungsgerichtsordnung richtet (vgl. zur entsprechenden bundesrechtlichen Regelung BVerwG, Urteil vom 24. September 2009 - 2 C 80.08 - BVerwGE 135, 24 Rn. 13 ff.).

53

Im Übrigen ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts anerkannt, dass der verhandlungsunfähige Beamte im Disziplinarverfahren durch einen Prozesspfleger vertreten werden kann. Dieser kann grundsätzlich auch den Anspruch des Beamten auf Beweisteilhabe wahrnehmen. Nur wenn es um den Nachweis von Tatsachen geht, zu denen sich nur der Beamte selbst aufgrund seiner höchstpersönlichen Wahrnehmung des angeschuldigten Geschehens aufgrund unmittelbaren Erlebens äußern kann, wird sich sein Mitwirkungsrecht durch den bestellten Prozesspfleger vielfach nicht verwirklichen lassen. Die Verhandlungsunfähigkeit des Beamten ist in diesem Fall nicht kompensierbar; eine Beweiswürdigung des Gerichts bleibt zwangsläufig unvollständig. In Fällen, in denen die Glaubwürdigkeit eines Dritten und die Glaubhaftigkeit seiner Aussage zu bewerten sind und hierfür der Beamte selbst, wäre er hierzu in der Lage, Angaben machen könnte, wird eine verlässliche Würdigung des Sachverhalts vielfach nicht möglich sein. Dies wird im Regelfall zu einem verfassungsrechtlich geforderten Maßnahmeverbot führen (BVerwG, Urteil vom 24. September 2009 - 2 C 80.08 - BVerwGE 135, 24 Rn. 24).

54

Aus diesem Grund ist das erste Urteil des Oberverwaltungsgerichts in dieser Sache vom 20. Dezember 2011 mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 31. Oktober 2012 - 2 B 33.12 - (NVwZ-RR 2013, 115) aufgehoben und zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Oberverwaltungsgericht zurückverwiesen worden. Dort (Rn. 13) ist aber bereits ausgeführt worden, dass der Betreuer dann das rechtliche Gehör an Stelle der Beklagten wahrnehmen kann, wenn der Tatnachweis nach Ansicht des Oberverwaltungsgerichts auch ohne persönliche Mitwirkung der Beklagten geführt werden könne, weil die schriftlichen Beweismittel hierfür ausreichten. Im nunmehr streitgegenständlichen Urteil vom 8. Dezember 2014 hat das Oberverwaltungsgericht gerade nicht auf Zeugenaussagen abgestellt, sondern seine Überzeugung vom Tathergang und der Schuldfähigkeit aus Urkunden- und Sachverständigenbeweisen hergeleitet.

55

e) Es besteht auch kein Verfahrensfehler in Form eines Aufklärungsmangels, den die Beklagte an verschiedenen Stellen der Beschwerdebegründung direkt oder der Sache nach geltend macht.

56

Nach § 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO obliegt den Tatsachengerichten die Pflicht, jede mögliche Aufklärung des entscheidungserheblichen Sachverhalts bis zur Grenze der Zumutbarkeit zu versuchen, sofern dies für die Entscheidung des Rechtsstreits erforderlich ist (vgl. BVerwG, Urteile vom 6. Februar 1985 - 8 C 15.84 - BVerwGE 71, 38 <41> und vom 6. Oktober 1987 - 9 C 12.87 - Buchholz 310 § 98 VwGO Nr. 31 S. 1). Dabei entscheidet das Tatsachengericht über die Art der heranzuziehenden Beweismittel und den Umfang der Beweisaufnahme im Rahmen seiner Pflicht zur Sachverhaltsermittlung von Amts wegen nach Ermessen. Dies gilt auch für die Einholung von Gutachten oder die Ergänzung vorhandener Gutachten oder Arztberichte und selbst dann, wenn eine solche Maßnahme der Sachverhaltsermittlung von einem Beteiligten angeregt worden ist (BVerwG, Urteil vom 6. Oktober 1987 - 9 C 12.87 - Buchholz 310 § 98 VwGO Nr. 31 S. 2; Beschluss vom 30. Juni 2010 - 2 B 72.09 - juris Rn. 4). Die Aufklärungspflicht verlangt hingegen nicht, dass ein Tatsachengericht Ermittlungen anstellt, die aus seiner Sicht unnötig sind, weil deren Ergebnis nach seinem Rechtsstandpunkt für den Ausgang des Rechtsstreits unerheblich ist (stRspr, vgl. BVerwG, Urteil vom 14. Januar 1998 - 11 C 11.96 - BVerwGE 106, 115 <119> und Beschluss vom 11. Februar 2016 - 2 B 51.14 - juris Rn. 13).

57

Die gerichtliche Aufklärungspflicht ist verletzt, wenn sich das Gericht auf ein eingeholtes Sachverständigengutachten stützt, das objektiv ungeeignet ist, ihm die für die richterliche Überzeugungsbildung notwendigen sachlichen Grundlagen zu vermitteln. Dies ist im Allgemeinen der Fall, wenn das vorliegende Gutachten auch für den Nichtsachkundigen erkennbare Mängel aufweist, etwa nicht auf dem allgemein anerkannten Stand der Wissenschaft beruht, von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen ausgeht, unlösbare inhaltliche Widersprüche enthält oder Anlass zu Zweifeln an der Sachkunde oder Unparteilichkeit des Sachverständigen gibt. Die Verpflichtung zur Ergänzung des vorliegenden Gutachtens folgt nicht schon daraus, dass ein Beteiligter dieses als Erkenntnisquelle für unzureichend hält (stRspr, vgl. BVerwG, Urteil vom 6. Februar 1985 - 8 C 15.84 - BVerwGE 71, 38 <45>; Beschlüsse vom 26. Februar 2008 - 2 B 122.07 - NVwZ-RR 2008, 477 Rn. 29 und vom 29. Mai 2009 - 2 B 3.09 - Buchholz 235.1 § 58 BDG Nr. 5 Rn. 7).

58

Solche Fehler zeigt die Beschwerde nicht auf.

59

aa) Mit Blick auf die Sachkunde und Unabhängigkeit des Gutachters genügt die Verfahrensrüge der Beklagten (S. 43 bis 49 der Beschwerdeschrift) schon nicht den Begründungs- und Darlegungsanforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 1 und 3 VwGO. Die Beschwerde beschränkt sich darauf, ein wörtliches Zitat aus dem Schriftsatz vom 22. Juni 2011 zu wiederholen und die Behauptung anzuschließen, dass die Voraussetzungen für eine Begutachtung noch nicht vorgelegen hätten. Im Rahmen der Aufklärungsrüge muss der Beschwerdeführer aber den Streitstoff sichten und sich mit der angegriffenen Entscheidung auseinandersetzen. Schon aus chronologischer Hinsicht kann dies nicht durch die bloße Wiederholung einer Passage aus einem Schriftsatz erfolgen, der Jahre vor Ergehen des streitgegenständlichen Urteils dem Berufungsgericht unterbreitet worden ist. Das gilt auch, soweit die Angaben dieses Schriftsatzes dem Gericht unmittelbar vor der mündlichen Verhandlung erneut übermittelt worden sind. Es ist zudem nicht Aufgabe des Beschwerdegerichts, aus der Begründung einer Nichtzulassungsbeschwerde der hier beschriebenen Art und dieses Umfangs dasjenige konkrete Vorbringen herauszusuchen, das den behaupteten Verfahrensverstoß stützen soll (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 23. November 1995 - 9 B 362.95 - Buchholz 310 § 133 VwGO Nr. 20 S. 5 und vom 25. Januar 2016 - 2 B 34.14 - NVwZ-RR 2016, 428 Rn. 60; Kraft, in: Eyermann, VwGO 14. Aufl. 2014, § 133 Rn. 21; Bader, in: Bader/Funke-Kaiser/Stuhlfauth/von Albedyll, VwGO, 6. Aufl. 2014, § 133 Rn. 29, jeweils m.w.N.).

60

bb) Entsprechendes gilt für die Geltendmachung der Fehlerhaftigkeit des erstellten Gutachtens durch ein Zitat aus dem Schriftsatz vom 18. November 2011 auf S. 68 bis 84 der Beschwerdebegründung.

61

cc) Eine weitere Ermittlungen erforderlich machende Fehlerhaftigkeit des Gutachtens des gerichtlich bestellten Sachverständigen ist entgegen der Darstellung der Beklagten nicht darin zu sehen, dass der Gutachter sie mit den testpsychologischen Untersuchungen ihrer Ansicht nach überfordert hat und dass ihr Ehemann und Betreuer bei diesen Untersuchungen nicht habe anwesend sein dürfen. Eine Fehlerhaftigkeit des Gutachtens könnte auf diese Aspekte nur gestützt werden, wenn sie eine belastbare Einschätzung der Schuldfähigkeit der Beklagten zum Tatzeitpunkt durch den Gutachter verhinderten. Das ist angesichts der ausführlichen und nachvollziehbaren Darstellung des Gutachters in seinem schriftlichen Gutachten vom 13. November 2014 und seiner Ausführungen in der mündlichen Verhandlung am 8. Dezember 2014 nicht der Fall. Danach hat der Gutachter zunächst die jüngsten, in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Stellungnahmen von Dr. W. und von Dr. Z. in seine Einschätzung einbezogen. Insbesondere konnte er schlüssig erläutern, warum es sich bei dem Hören von Stimmen durch die Beklagte, selbst wenn dieses Phänomen schon zu den Tatzeitpunkten aufgetreten sein sollte, entsprechend seiner ursprünglichen Einschätzung nicht um imperative Halluzinationen, die einen Einfluss auf die Schuldfähigkeit haben könnten, sondern allenfalls um pseudohalluzinatorische Stimmen gehandelt habe. Dies stehe auch in Einklang mit dem Umstand, dass die Beklagte seinerzeit gute Leistungen im Dienst erbracht habe. Im Hinblick auf die Abwesenheit des Betreuers bei den testpsychologischen Untersuchungen konnte der Gutachter nachvollziehbar erläutern, dass dies der Üblichkeit entspreche, um Einflussnahmen auszuschließen. Im Übrigen komme diesen Untersuchungen, was auch Dr. Z. in seiner Stellungnahme vom 3. Dezember 2014 so darstellt, nur ein untergeordneter Erkenntnisgewinn zu.

62

dd) Der weitere Vorwurf, das Gericht habe das Privatgutachten von Dr. Z. vom 7. November 2011 nicht hinreichend gewürdigt und hätte ein Obergutachten in Auftrag geben müssen, weil die darin enthaltenen Feststellungen denjenigen des gerichtlich bestellten Gutachters widersprächen, vermag ebenfalls keinen Verfahrensfehler zu begründen. Die Beschwerde zeigt eine unzureichende Würdigung der genannten Stellungnahme des Dr. Z. nicht auf. Sie übersieht vielmehr, dass sich das Oberverwaltungsgericht sowohl im Tatbestand (S. 12 f.) als auch in den Entscheidungsgründen (S. 41 ff.) mit dem Schriftsatz der Beklagten vom 18. November 2011, mit dem das Gutachten vom 7. November 2011 vorgelegt wurde, auseinander setzt. Ebenso befasst es sich mit der ergänzenden Stellungnahme des gerichtlich bestellten Sachverständigen vom 8. Dezember 2011, welche sich ihrerseits explizit auf den Schriftsatz der Beklagten vom 18. November 2011 und die Stellungnahme von Dr. Z. vom 7. November 2011 (dort mit irrtümlich falscher Jahresangabe: 2007) bezieht. Der gerichtlich bestellte Sachverständige konnte weder in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 8. Dezember 2011 noch in seinem Ergänzungsgutachten vom 13. November 2014 noch in seinen mündlichen Ausführungen in der mündlichen Verhandlung am 8. Dezember 2014 die Einschätzung des Dr. Z. teilen, sondern kam mit nachvollziehbarer Begründung zu einer anderen Einschätzung der psychischen Erkrankung der Beklagten. Die Beschwerde zeigt insoweit weder Fehler im gerichtlich bestellten Gutachten noch in der Bewertung des Oberverwaltungsgericht auf, sondern setzt ihre eigene Einschätzung an deren Stelle. Das genügt für die Annahme eines Verfahrensfehlers nicht. Mit Blick auf den Stellenwert von Privatgutachten und gerichtlich bestellten Gutachten wird auf den Beschluss gleichen Rubrums vom 31. Oktober 2012 - 2 B 33.12 - (NVwZ-RR 2013, 115 Rn. 35) Bezug genommen.

63

ee) Der weitere Vorwurf, das Berufungsgericht habe die gutachtliche Stellungnahme des Dr. Z. vom 21. Februar 2011 (gemeint wohl: 2012) nicht abgewartet und vorschnell entschieden, kann das hier streitgegenständliche Urteil vom 8. Dezember 2014 nicht betreffen. Dass auch in diesem Urteil die Stellungnahme vom 21. Februar 2012 nicht hinreichend gewürdigt sei, wird nicht geltend gemacht und wäre vor dem Hintergrund der obigen Ausführungen auch nicht nachvollziehbar.

64

ff) Auch soweit die Beklagte darauf hinweist, der gerichtlich bestellte Gutachter habe in seiner Stellungnahme vom 8. Dezember 2011 eine Nachuntersuchung für erforderlich gehalten, besteht kein Verfahrensmangel. Denn zum einen hat der gerichtlich bestellte Gutachter inzwischen die Gelegenheit gehabt, die Beklagte jedenfalls teilweise weiter zu begutachten. Zum anderen - und das ist hier maßgeblich - sah sich der Gutachter in seinem Gutachten vom 13. November 2014 sowie in der mündlichen Verhandlung vom 8. Dezember 2014 nachvollziehbar im Stande, sich zur Schuldfähigkeit der Beklagten zum Tatzeitpunkt zu äußern. Hierauf durfte das Berufungsgericht abstellen.

65

f) Soweit die Beklagte einen Verstoß gegen § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO rügt, sind schon die Darlegungsanforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 1 und 3 VwGO nicht erfüllt. Die Beschwerde begnügt sich damit, umfänglich aus dem Schriftsatz vom 4. Dezember 2014 zu zitieren und im Anschluss daran die Behauptung aufzustellen, das Oberverwaltungsgericht hätte die "neuen" Tatsachen unberücksichtigt gelassen und versäumt, hierüber Beweis zu erheben. Die erforderliche Auseinandersetzung mit dem Urteil oder ein Herausarbeiten der konkreten Tatsachen, die nach Ansicht der Beschwerde entscheidungsrelevant und beweisbedürftig seien, fehlt.

66

Auch der Sache nach ist der Vorwurf unberechtigt und begründet keinen Verfahrensfehler. Das Gericht hat dem Gutachter in der mündlichen Verhandlung den Schriftsatz vom 4. Dezember 2014 zur Kenntnis gegeben, damit er diesen in seine mündliche Stellungnahme einbeziehe, die dann ausführlich zu Protokoll genommen worden ist. Unter anderem hierauf stützt das Oberverwaltungsgericht das von ihm im Rahmen freier Beweiswürdigung (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO) gefundene Ergebnis.

67

g) Ein Verfahrensfehler besteht auch nicht darin, dass das Oberverwaltungsgericht in dem Urteil vom 8. Dezember 2014 sowohl zur Schuldfähigkeit der Beklagten als auch zum Tatgeschehen Feststellungen getroffen hat. Eine Verpflichtung zur abgeschichteten Behandlung dieser Aspekte ergibt sich aus geltendem Verfahrensrecht nicht; sie ist auch nicht nachvollziehbar vorgetragen worden. Vielmehr war das Oberverwaltungsgericht verpflichtet, beide Aspekte seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

68

h) Soweit die Beklagte die Fehlerhaftigkeit des Tatbestandes des Berufungsurteils geltend macht, folgt hieraus kein Verfahrensfehler. Im Tatbestand wird der Sach- und Streitstand wiedergegeben, wie er Gegenstand der mündlichen Verhandlung und damit Grundlage des getroffenen Urteils war (vgl. Schmidt, in: Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 117 Rn. 6). Vor diesem Hintergrund zeigt die Beschwerde keinen wesentlichen Umstand auf, der in dem von ihr beanstandeten Tatbestand fehlt. Die Beschwerde benennt keine wesentlichen Umstände, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, jedoch keinen Eingang in den Tatbestand des Berufungsurteils gefunden haben. Maßgeblich sind insoweit allein die mündlichen Verhandlungen, die nach der Zurückverweisung der Sache durch das Bundesverwaltungsgericht mit Beschluss vom 31. Oktober 2012 durchgeführt wurden. Nur sie sind Grundlage des Urteils vom 8. Dezember 2014. Diesbezüglich benennt die Beschwerde jedoch keine angeblich fehlenden Umstände.

69

Soweit die Beschwerde Unrichtigkeiten im Tatbestand des Berufungsurteils geltend macht, hätte der Beklagten die Möglichkeit der Tatbestandsberichtigung (§ 119 Abs. 1 VwGO) offen gestanden; behauptete Unrichtigkeiten, deren Korrektur auf diesem Wege die Beklagte versäumt hat, begründen keinen Verfahrensfehler.

70

4. Sollte in dem Einwand ab S. 30 der Beschwerdebegründung der Sache nach eine Divergenz zum Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 24. September 2009 - 2 C 80.08 - (BVerwGE 135, 24) gerügt worden sein, so liegt die behauptete Abweichung nicht vor, da das Urteil des Berufungsgerichts - wie oben (3. d)) aufgezeigt - in Einklang mit dieser Entscheidung steht.

71

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO und § 74 Abs. 1 LDG NW. Einer Festsetzung des Streitwerts für das Beschwerdeverfahren bedarf es nicht, weil die Gerichtskosten gesetzlich betragsgenau festgesetzt sind (§ 75 Satz 1 LDG NW, Nr. 11 und 62 Gebührenverzeichnis zum LDG NW).

(1) Für die Ausschließung und Ablehnung der Gerichtspersonen gelten §§ 41 bis 49 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(2) Von der Ausübung des Amtes als Richter oder ehrenamtlicher Richter ist auch ausgeschlossen, wer bei dem vorausgegangenen Verwaltungsverfahren mitgewirkt hat.

(3) Besorgnis der Befangenheit nach § 42 der Zivilprozeßordnung ist stets dann begründet, wenn der Richter oder ehrenamtliche Richter der Vertretung einer Körperschaft angehört, deren Interessen durch das Verfahren berührt werden.

Das für die Erledigung eines Ablehnungsgesuchs zuständige Gericht hat auch dann zu entscheiden, wenn ein solches Gesuch nicht angebracht ist, ein Richter aber von einem Verhältnis Anzeige macht, das seine Ablehnung rechtfertigen könnte, oder wenn aus anderer Veranlassung Zweifel darüber entstehen, ob ein Richter kraft Gesetzes ausgeschlossen sei.

(1) Für die Ausschließung und Ablehnung der Gerichtspersonen gelten §§ 41 bis 49 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(2) Von der Ausübung des Amtes als Richter oder ehrenamtlicher Richter ist auch ausgeschlossen, wer bei dem vorausgegangenen Verwaltungsverfahren mitgewirkt hat.

(3) Besorgnis der Befangenheit nach § 42 der Zivilprozeßordnung ist stets dann begründet, wenn der Richter oder ehrenamtliche Richter der Vertretung einer Körperschaft angehört, deren Interessen durch das Verfahren berührt werden.

Das für die Erledigung eines Ablehnungsgesuchs zuständige Gericht hat auch dann zu entscheiden, wenn ein solches Gesuch nicht angebracht ist, ein Richter aber von einem Verhältnis Anzeige macht, das seine Ablehnung rechtfertigen könnte, oder wenn aus anderer Veranlassung Zweifel darüber entstehen, ob ein Richter kraft Gesetzes ausgeschlossen sei.

(1) Für die Ausschließung und Ablehnung der Gerichtspersonen gelten §§ 41 bis 49 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(2) Von der Ausübung des Amtes als Richter oder ehrenamtlicher Richter ist auch ausgeschlossen, wer bei dem vorausgegangenen Verwaltungsverfahren mitgewirkt hat.

(3) Besorgnis der Befangenheit nach § 42 der Zivilprozeßordnung ist stets dann begründet, wenn der Richter oder ehrenamtliche Richter der Vertretung einer Körperschaft angehört, deren Interessen durch das Verfahren berührt werden.

Ein Richter ist von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen:

1.
in Sachen, in denen er selbst Partei ist oder bei denen er zu einer Partei in dem Verhältnis eines Mitberechtigten, Mitverpflichteten oder Regresspflichtigen steht;
2.
in Sachen seines Ehegatten, auch wenn die Ehe nicht mehr besteht;
2a.
in Sachen seines Lebenspartners, auch wenn die Lebenspartnerschaft nicht mehr besteht;
3.
in Sachen einer Person, mit der er in gerader Linie verwandt oder verschwägert, in der Seitenlinie bis zum dritten Grad verwandt oder bis zum zweiten Grad verschwägert ist oder war;
4.
in Sachen, in denen er als Prozessbevollmächtigter oder Beistand einer Partei bestellt oder als gesetzlicher Vertreter einer Partei aufzutreten berechtigt ist oder gewesen ist;
5.
in Sachen, in denen er als Zeuge oder Sachverständiger vernommen ist;
6.
in Sachen, in denen er in einem früheren Rechtszug oder im schiedsrichterlichen Verfahren bei dem Erlass der angefochtenen Entscheidung mitgewirkt hat, sofern es sich nicht um die Tätigkeit eines beauftragten oder ersuchten Richters handelt;
7.
in Sachen wegen überlanger Gerichtsverfahren, wenn er in dem beanstandeten Verfahren in einem Rechtszug mitgewirkt hat, auf dessen Dauer der Entschädigungsanspruch gestützt wird;
8.
in Sachen, in denen er an einem Mediationsverfahren oder einem anderen Verfahren der außergerichtlichen Konfliktbeilegung mitgewirkt hat.

(1) Für die Ausschließung und Ablehnung der Gerichtspersonen gelten §§ 41 bis 49 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(2) Von der Ausübung des Amtes als Richter oder ehrenamtlicher Richter ist auch ausgeschlossen, wer bei dem vorausgegangenen Verwaltungsverfahren mitgewirkt hat.

(3) Besorgnis der Befangenheit nach § 42 der Zivilprozeßordnung ist stets dann begründet, wenn der Richter oder ehrenamtliche Richter der Vertretung einer Körperschaft angehört, deren Interessen durch das Verfahren berührt werden.

(1) Ein Richter kann sowohl in den Fällen, in denen er von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes ausgeschlossen ist, als auch wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden.

(2) Wegen Besorgnis der Befangenheit findet die Ablehnung statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen.

(3) Das Ablehnungsrecht steht in jedem Fall beiden Parteien zu.

(1) Für die Ausschließung und Ablehnung der Gerichtspersonen gelten §§ 41 bis 49 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(2) Von der Ausübung des Amtes als Richter oder ehrenamtlicher Richter ist auch ausgeschlossen, wer bei dem vorausgegangenen Verwaltungsverfahren mitgewirkt hat.

(3) Besorgnis der Befangenheit nach § 42 der Zivilprozeßordnung ist stets dann begründet, wenn der Richter oder ehrenamtliche Richter der Vertretung einer Körperschaft angehört, deren Interessen durch das Verfahren berührt werden.

(1) Ein Richter kann sowohl in den Fällen, in denen er von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes ausgeschlossen ist, als auch wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden.

(2) Wegen Besorgnis der Befangenheit findet die Ablehnung statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen.

(3) Das Ablehnungsrecht steht in jedem Fall beiden Parteien zu.

Tatbestand

1

Im Streit steht die Befugnis des Landesjustizprüfungsamts des Beklagten, die Benotung einer schriftlichen Aufsichtsarbeit der Klägerin in der Zweiten Juristischen Staatsprüfung nachträglich auf "ungenügend (0 Punkte)" herabzusetzen, weil die Klägerin es unternommen haben soll, den im verwaltungsinternen Überdenkensverfahren für die Überprüfung seiner Erstbewertung dieser Arbeit zuständigen Prüfer zu beeinflussen.

2

Nachdem die Klägerin die Zweite Juristische Staatsprüfung nicht bestanden hatte, nahm sie als Wiederholerin am Prüfungsdurchgang 2005/1 teil und fertigte neun schriftliche Aufsichtsarbeiten an. Obwohl sich aus den von ihr erzielten Einzelbewertungen eine durchschnittliche Bewertung im Bereich der Note "ausreichend" ergab (4, 11 Punkte), war die Prüfung aufgrund der sogenannten "Mehrheitsklausel" in § 54 Abs. 3 der Ausbildungs- und Prüfungsordnung für Juristen des Freistaats Sachsen - SächsJAPO - in der auf die Klägerin anzuwendenden Fassung der Bekanntmachung vom 3. Juni 1994 (SächsGVBl S. 1080) sowie der Dritten Änderungsverordnung vom 15. April 1998 (SächsGVBl S. 181) nicht bestanden, weil fünf der Aufsichtsarbeiten mit weniger als 4 Punkten bewertet worden waren. Das Landesjustizprüfungsamt teilte der Klägerin mit Bescheid vom 8. April 2005 die Bewertung ihrer Arbeiten sowie als Ergebnis der Prüfung mit, sie habe diese nicht bestanden.

3

Zu den fünf mit weniger als 4 Punkten bewerteten Arbeiten zählte auch die Klausur Nr. 3 mit 3,5 Punkten (Erstkorrektor 3 Punkte, Zweitkorrektor 4 Punkte).

4

Gegen den Bescheid vom 8. April 2005 legte die Klägerin Widerspruch ein. Nachdem die Klägerin daraufhin Kopien mehrerer Prüfungsarbeiten sowie der dazugehörigen Prüfervoten erhalten hatte, erhob sie Einwendungen gegen die Bewertung der Klausuren Nr. 2, Nr. 3 und Nr. 9. Das Landesjustizprüfungsamt übermittelte die Einwendungen der Klägerin den betroffenen Prüfern zur Stellungnahme.

5

Mit Schreiben vom 29. Juni 2005 teilte der Erstprüfer der Klausur Nr. 3 dem Landesjustizprüfungsamt mit, die Klägerin habe bei ihm angerufen und ihre Absicht erläutert, Widerspruch gegen die Erstbewertung einzulegen. Sie habe auf ihre prekäre Gesamtsituation und darauf hingewiesen, dass sie trotz der insgesamt 4, 11 Punkte in der schriftlichen Prüfung an der sogenannten Mehrheitsklausel gescheitert sei. Es habe sich ein ausführliches Telefonat und ein Folgetelefonat ergeben. Er wäre angesichts dieser Kontaktaufnahme dankbar, von einer Stellungnahme zu den Einwendungen der Klägerin absehen zu dürfen. Er fühle sich in der Überprüfung seines Votums nicht mehr völlig frei, zumal die Arbeit nach seinen internen Bewertungsübersichten exakt auf der Grenze zwischen 3 und 4 Punkten gelegen habe. Falls die Möglichkeit bestehe, solle die Arbeit einem anderen seinerzeit befassten Prüfer zur Entscheidung überwiesen werden. Andernfalls sei die Anonymität der Prüfung nicht mehr gewährleistet.

6

Die hierzu um Stellungnahme gebetene Klägerin bestätigte, dass sie mit dem Prüfer telefonisch Kontakt aufgenommen habe. Sie habe ihn um Erläuterung seiner Anmerkungen und um Mitteilung seiner Entscheidungsgründe gebeten. In dem Gespräch habe sie ihren Namen genannt und mitgeteilt, dass sie das Examen nicht bestanden habe und er Prüfer ihrer Klausur Nr. 3 gewesen sei. Ihr Ziel sei nicht die Beeinflussung des Prüfers, sondern die Beantwortung einiger Fragen zu seiner Bewertung gewesen, um eine bestmögliche Widerspruchsbegründung abgeben zu können. Der Prüfer habe sich über ihren Anruf überrascht gezeigt und gefragt, um welchen Durchgang es sich handle und mit welcher Punktzahl sie durchgefallen sei; sie habe dies beantwortet. Der Prüfer habe um Bedenkzeit gebeten und ihr erklärt, dass er sich für befangen erklären würde und müsste, wenn er sich für ein nochmaliges Lesen der Klausur und eine Erläuterung seiner Entscheidungsgründe entscheiden würde. Dem habe sie zugestimmt. In einem Folgetelefonat am nächsten Tag habe er erklärt, er habe festgestellt, dass es sich um eine Klausur mit 3,5 Punkten handle und er deshalb auf ihre Anfrage nicht eingehen möchte. Er habe gesagt, sie solle Widerspruch einlegen und eine sachlich gut ausgearbeitete Widerspruchsbegründung vorlegen. Anschließend habe er ihr den weiteren Fortgang des Verfahrens erklärt, insbesondere, dass er sich für befangen erklären würde und ein dritter, ihm unbekannter Prüfer mit der Bearbeitung beauftragt werde.

7

Unter dem 25. August 2005 erklärte der Prüfer dem Landesjustizprüfungsamt auf dessen Nachfrage hin, die Klägerin habe den Inhalt der Telefonate mit ihm im Wesentlichen richtig wiedergegeben. Allerdings habe er eine Gefahr der Befangenheit nicht wegen der Benotung im Grenzbereich, sondern wegen der persönlichen Kontaktaufnahme gesehen.

8

Der Prüfungsausschuss für die Zweite Juristische Staatsprüfung stufte das Verhalten der Klägerin als unlauteres Verhalten im Prüfungsverfahren ein und setzte die Benotung der Klausur Nr. 3 auf "ungenügend (0 Punkte)" herab.

9

Mit Ausgangs- und Widerspruchbescheid vom 20. Dezember 2005 wies das Landesjustizprüfungsamt unter Ziff. 3 den Widerspruch der Klägerin zurück und änderte unter Ziff. 1 seinen Bescheid vom 8. April 2005 dahingehend ab, dass die Klausur Nr. 3 nunmehr mit 0 Punkten benotet und die Gesamtnote der schriftlichen Prüfung auf 3, 72 Punkte festgesetzt werde. Zur Begründung der neuen Benotung der Klausur Nr. 3 gab das Landesjustizprüfungsamt an, die Klägerin habe es unternommen, den Erstprüfer zu ihren Gunsten zu beeinflussen. Die Voraussetzungen des § 14 Abs. 1 Satz 1 SächsJAPO a.F. seien gegeben.

10

Auf die von der Klägerin erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht Dresden den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids vom 20. Dezember 2005 in Ziff. 1 sowie des Bescheids vom 8. April 2005 verpflichtet, das Prüfungsverfahren hinsichtlich der Bewertung der Klausur Nr. 3 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts fortzusetzen; den Widerspruchbescheid vom 20. Dezember 2005 hat das Verwaltungsgericht mit diesem Urteil aufgehoben, soweit er dieser Verpflichtung entgegensteht. Die telefonische Kontaktaufnahme mit dem Prüfer der Klausur Nr. 3 sei weder bestimmt noch geeignet gewesen, das Prüfungsergebnis im Sinne von § 14 Abs. 1 Satz 1 SächsJAPO a.F. durch Einwirkung auf den Prüfer zu beeinflussen.

11

Auf die Berufung des Beklagten hat das Sächsische Oberverwaltungsgericht das Urteil des Verwaltungsgerichts Dresden abgeändert und die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Bereits durch den Anruf beim Prüfer der Klausur Nr. 3 und die dort vorgenommenen Mitteilungen habe die Klägerin auf den Prüfer im Sinne von § 14 Abs. 1 Satz 1 SächsJAPO a.F. eingewirkt. Die Kontaktaufnahme sei auch geeignet gewesen, das Prüfungsergebnis zu beeinflussen. Die Aufhebung der Anonymität führe dann zur Verletzung des Grundsatzes der Chancengleichheit, wenn der Prüfer bei Kenntnis der Person des Prüflings zu einer unvoreingenommenen Leistungsbeurteilung nicht willens oder fähig sei. Ein solcher Fall sei gegeben, wenn dem Prüfer durch die persönliche Kontaktaufnahme des Prüflings dessen Situation, insbesondere die Maßgeblichkeit der vergebenen Punktzahl für das Bestehen oder Nichtbestehen der Prüfung, bekannt werde. Hier sei es nach den Wertungen des sächsischen Verordnungsgebers nicht mehr gewährleistet, dass ein Prüfer die Prüfungsentscheidung allein nach fachlichen Gesichtspunkten und gleichmäßig im Verhältnis zu den Leistungen der Mitprüflinge einordne und bewerte. Vielmehr sei es möglich, dass der Prüfer sich unbewusst beeinflussen lasse oder aber, um dies auszuschließen, seine Befürchtung, befangen zu sein, anzeige. Werde dem Prüfer die persönliche Lebenssituation und die Maßgeblichkeit der Überdenkensentscheidung für den weiteren Lebensweg des Prüflings bekannt, führe dies nach dem hier maßgeblichen Prüfungsrecht zu Zweifeln an seiner unparteiischen und unvoreingenommenen Leistungsbeurteilung und somit zum Ausschluss vom Prüfungsverfahren wegen Besorgnisses der Befangenheit.

12

Die Klägerin rügt mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision zum einen verschiedene Verfahrensmängel. Insbesondere habe der Vorsitzende Richter des Senats des Oberverwaltungsgerichts Umstände nicht angegeben, die seine Befangenheit begründen würden, noch sich aufgrund dieser Umstände der Entscheidung enthalten. Materiell-rechtlich verletze das angefochtene Urteil zum einen § 5d Abs. 1 Satz 2 DRiG und zum anderen das bundesrechtliche Gebot der Chancengleichheit und Berufsfreiheit im Prüfungsverfahren gemäß Art. 3 Abs. 1 bzw. Art. 12 Abs. 1 GG. In diesem Zusammenhang rügt die Klägerin im Wesentlichen, das Oberverwaltungsgericht habe auf Grundlage des von ihm festgestellten Sachverhalts zu Unrecht eine Einwirkung auf den Prüfer angenommen. Ihr sei einzig vorwerfbar, sich nicht bewusst gewesen zu sein, dass sie zur Kontaktaufnahme mit dem Prüfer nicht befugt gewesen sei. Dies genüge unter Abwägung des Grundsatzes der Chancengleichheit mit dem Grundrecht der Berufsfreiheit nicht, um ein Einwirken im Sinne von § 14 Abs. 1 Satz 1 SächsJAPO a.F. zu bejahen.

13

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 2. Juni 2010 zu ändern und die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Dresden vom 18. Juni 2009 zurückzuweisen.

14

Der Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

15

Er verteidigt das angefochtene Urteil.

Entscheidungsgründe

16

Die Revision ist begründet. Das angefochtene Urteil des Oberverwaltungsgerichts beruht zwar nicht auf einem Verfahrensmangel im Sinne von § 138 VwGO (unten 1), jedoch auf einem Verstoß gegen das Grundrecht der Klägerin auf Berufswahlfreiheit gemäß Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG und damit auf der Verletzung von Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Zwar ist die von § 14 Abs. 1 Satz 1 SächsJAPO a.F. vorgesehene Bewertung einer Prüfungsarbeit mit "ungenügend (0 Punkte)" zur Sanktionierung einer unternommenen Prüferbeeinflussung bei genereller Betrachtung mit bundesrechtlichen Vorgaben vereinbar (unten 2). Unter den im Fall der Klägerin gegebenen individuellen Umständen war es aber unverhältnismäßig und verstieß somit gegen Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG, ihr Verhalten mit dieser Sanktion zu belegen (unten 3.). Die in der Vorinstanz getroffenen Tatsachenfeststellungen bilden für den Senat eine hinreichende Grundlage, um in der Sache selbst zu entscheiden (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 VwGO). Dies führt zur Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. Der Beklagte ist demgemäß verpflichtet, das Prüfungsverfahren der Klägerin fortzusetzen und eine Überprüfung der Benotung ihrer Klausur Nr. 3 vorzunehmen.

17

1. Der Vortrag der Klägerin, der Vorsitzende Richter des zur Entscheidung berufenen Senats des Oberverwaltungsgerichts habe - wie ihr erst nachträglich bekannt geworden sei - trotz Vorliegens von Umständen, welche die Besorgnis seiner Befangenheit begründen würden, diese Umstände weder angezeigt noch sich der Entscheidung enthalten, führt nicht auf einen Verfahrensmangel im Sinne von § 138 VwGO.

18

Grundsätzlich kann die Revision auf das behauptete Vorliegen eines erst nachträglich bekannt gewordenen Befangenheitsgrundes nicht gestützt werden (Urteil vom 30. Oktober 1969 - BVerwG 8 CB 129/130.67 - Buchholz 310 § 54 VwGO Nr. 5 S. 1). Nur wenn der Richter der Vorinstanz tatsächlich und so eindeutig die gebotene Distanz und Neutralität hat vermissen lassen, dass jede andere Würdigung als die einer Besorgnis der Befangenheit willkürlich erschiene, begründet dies einen Besetzungsfehler im Sinne von § 138 Nr. 1 VwGO, der auch nach Beendigung der Vorinstanz noch mit Erfolg gerügt werden kann (vgl. Urteil vom 16. April 1997 - BVerwG 6 C 9.95 - Buchholz Prüfungswesen 421.0 Nr. 382 S. 186). Hierfür ist im vorliegenden Fall jedoch auch unter Berücksichtigung der von der Klägerin vorgetragenen Hinweise nichts ersichtlich. Die frühere Verwendung des Vorsitzenden Richters im Landesjustizprüfungsamt oder seine kollegiale Verbindung zu dem Richter, der zuvor als Mitarbeiter dieses Amtes das hier in Rede stehende Verwaltungsverfahren gegenüber der Klägerin bearbeitet hatte, ergeben keinen Anlass, an seiner Unvoreingenommenheit bei der Mitwirkung an der Entscheidung über die Berufung des Beklagten zu zweifeln.

19

Das Vorbringen der Klägerin greift auch nicht als Verfahrensrüge im Sinne von § 138 Nr. 2 VwGO durch. Weder war der Vorsitzende Richter in der Vorinstanz wegen Besorgnisses der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt worden noch liegen irgendwelche Anhaltspunkte dafür vor, dass er an der Mitwirkung an der Berufungsentscheidung kraft Gesetzes (vgl. § 54 VwGO) ausgeschlossen gewesen wäre.

20

2. (a) § 14 Abs. 1 Satz 1 SächsJAPO a.F. verstößt nicht gegen Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG.

21

(1) Regelungen, die für die Aufnahme eines Berufs den Nachweis erworbener Fähigkeiten durch Bestehen einer Prüfung verlangen, greifen in die Freiheit der Berufswahl ein und müssen deshalb den Anforderungen des Art. 12 GG genügen (BVerfG, Beschluss vom 17. April 1991 - 1 BvR 1529/84, 138/87 - BVerfGE 84, 59 <72>; stRspr). Dies gilt auch für Regelungen, die das Verfahren einer entsprechenden Prüfung ausgestalten (BVerfG, Beschluss vom 13. November 1979 - 1 BvR 1022/78 - BVerfGE 52, 380 <388>; stRspr). Einen an Art. 12 GG zu messenden Eingriff in die Freiheit der Berufswahl stellt es insbesondere dar, wenn eine Vorschrift das Fehlverhalten eines Prüflings sanktioniert, indem sie eine erbrachte Prüfungsleistung von der inhaltlichen Bewertung ausschließt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 13. November 1979 a.a.O.; BVerwG, Beschluss vom 7. Dezember 1976 - BVerwG 7 B 157.76 - Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 78 S. 59 ff.). Um eine solche Vorschrift handelt es sich bei § 14 Abs. 1 Satz 1 SächsJAPO a.F. Die durch sie vorgesehene Rechtsfolge der Bewertung mit "ungenügend (0 Punkten)" kommt einem Bewertungsausschluss gleich. Dies gilt auch dann, wenn die Sanktionierung als Reaktion auf eine Handlung erfolgt, die der Prüfling erst im Rahmen des Widerspruchverfahrens bzw. des in seinem Rahmen verwaltungsintern durchgeführten Überdenkensverfahren unternommen hat und die so zur nachträglichen Herabsetzung einer bereits vergebenen Note führt.

22

(2) Grundrechtseingriffe müssen, um verfassungsrechtlich gerechtfertigt zu sein, dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit genügen. Dieser verlangt, dass der Grundrechtseingriff einem legitimen Zweck dient und als Mittel zu diesem Zweck geeignet, erforderlich und angemessen ist (vgl. BVerfG, Urteil vom 27. Februar 2008 - 1 BvR 370/07, 595/07 - BVerfGE 120, 274 <318 f.>; stRspr). Diesen Anforderungen genügt § 14 Abs. 1 Satz 1 SächsJAPO a.F.

23

Indem § 14 Abs. 1 Satz 1 SächsJAPO a.F. den Bewertungsausschluss einer Prüfungsarbeit vorsieht, deren Verfasser es unternommen hat, ihr Ergebnis durch Einwirken auf Prüfungsorgane oder auf von diesen mit der Wahrnehmung von Prüfungsangelegenheiten beauftragte Personen zu beeinflussen, zielt die Vorschrift auf die Ausschaltung leistungsfremder Faktoren bei der Notenvergabe. Letztere soll allein auf die fachliche Qualität der Prüfungsleistung gegründet und nicht etwa von persönlicher Anteilnahme, Druckausübung, der Erwartung etwaiger Gegenleistungen oder vergleichbaren Umständen mitbestimmt werden. Die Vorschrift soll hiermit augenscheinlich dazu beitragen, das Ziel des Prüfungsverfahrens zu erreichen, nämlich die tatsächliche individuelle Leistungsfähigkeit des Kandidaten möglichst unverfälscht abzubilden. Sie schützt insofern die objektive Aussagekraft der staatlich vergebenen Prüfungsnoten. Zugleich dient § 14 Abs. 1 Satz 1 SächsJAPO a.F. der Wahrung gleicher Wettbewerbsbedingungen unter den Prüfungsteilnehmern, die nach Vorkehrungen gegen die Erlangung ungerechtfertigter Bewertungsvorteile durch einzelne Kandidaten verlangt. Neben den Bestimmungen zur Wahrung einer materiell einheitlichen Bewertungspraxis und den (gleichfalls in § 14 Abs. 1 Satz 1 SächsJAPO a.F. geregelten) Sanktionierungen bei Erlangung unlauterer Vorteile durch Täuschung, Verwendung von Hilfsmitteln oder Nutzung Hilfen Dritter sichert die Sanktionierung von Prüferbeeinflussungen so zugunsten der ehrlichen Kandidaten die Chancengleichheit in staatlichen Prüfungen ab, die durch Art. 3 Abs. 1 i.V.m. Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG verfassungsrechtlich gewährleistet ist (zu letzterem: BVerfG, Beschluss vom 25. Juni 1974 - 1 BvL 11/73 - BVerfGE 37, 342 <353 f.>; stRspr). Schützt die Sanktionierung von Täuschungen oder Nutzungen unzulässiger Hilfen die Chancengleichheit vor Wettbewerbsverfälschungen auf Ebene der Leistungserbringung, so bewahrt die Sanktionierung von Prüferbeeinflussungen sie vor Wettbewerbsverfälschungen, die auf Ebene der Leistungsbewertung drohen.

24

Gemessen an diesen - legitimen - Zwecksetzungen erweist sich die Androhung des Bewertungsausschlusses bei genereller Betrachtung als verhältnismäßig (ebenso für den Fall von Täuschungsversuchen: Beschlüsse vom 7. Dezember 1976 - BVerwG 7 B 157.76 - Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 78 S. 60 f., vom 12. Januar 1981 - BVerwG 7 B 300, 301.80 - UA S. 3 und vom 20. Februar 1984 - BVerwG 7 B 109.83 - Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 196 S. 186):

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Die Einschätzung des Verordnungsgebers, dieses Mittel sei zum Schutz der objektiven Aussagekraft der staatlichen Prüfungsnoten und zur Wahrung der Chancengleichheit unter den Prüfungsteilnehmern geeignet, begegnet ebenso wenig Bedenken wie die der Vorschrift zugrunde liegende Annahme, hierfür stehe ein gleichermaßen wirksames, jedoch in grundrechtlicher Hinsicht für den Sanktionsadressaten weniger belastendes Mittel nicht zur Verfügung. Es liegt auf der Hand, dass § 14 Abs. 1 Satz 1 SächsJAPO a.F. die Möglichkeit der Aussonderung von Prüfungsleistungen schafft, die der Prüfling zu beeinflussen unternommen hat, vor allem aber - worin ersichtlich der Schwerpunkt des Regelungskonzepts liegt - einen Abschreckungseffekt erzeugt, der Kandidaten von Prüferbeeinflussungen von vornherein abzuhalten vermag und der bei Androhung milderer Sanktionen fraglos schwächer ausfallen würde. Der Aspekt der Generalprävention beansprucht im Prüfungsrecht allgemein einen legitimen Stellenwert (vgl. Beschluss vom 7. Dezember 1976 - BVerwG 7 B 157.76 - Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 78 S. 61; Niehues/Fischer, Prüfungsrecht, 5. Aufl. 2010, S. 89 Rn. 245) und wird durch § 14 Abs. 1 Satz 1 SächsJAPO a.F. auch nicht in grundrechtlich unzulässiger Weise überdehnt, denn die Vorschrift erweist sich bei Abwägung der Schwere des Eingriffs, zu dem sie ermächtigt, gegen das Gewicht der diesen rechtfertigenden Gründe nicht als unangemessen (zu diesem Maßstab: BVerfG, Urteil vom 27. Februar 2008 - 1 BvR 370/07, 595/07 - BVerfGE 120, 274 <321 f.>). Zwar greift der Bewertungsausschluss tief in die grundrechtlichen Belange des Betroffenen ein. Je nach Lage der Dinge führt die Herabsetzung der betroffenen Einzelnote auf "0 Punkte (ungenügend)" zu einer Verschlechterung der Gesamtprüfungsnote oder zum Nichtbestehen der Prüfung und kann damit seinen geplanten beruflichen Werdegang beeinträchtigen oder sogar vereiteln. Auf der anderen Seite wiegen das Interesse der Mitprüflinge an der Wahrung gleicher Wettbewerbsbedingungen sowie dasjenige der Allgemeinheit am Erhalt der Aussagekraft staatlich vergebener Prüfungsnoten nicht minder schwer. Derjenige, der eine Prüferbeeinflussung unternimmt, setzt sich über diese legitimen Interessen aus rein eigensüchtigen Motiven hinweg. Zu berücksichtigen ist überdies, dass es jedem Prüfling ohne Vernachlässigung berechtigter eigener Belange möglich ist, Prüferbeeinflussungen zu unterlassen (zu diesem Gesichtspunkt: Beschluss vom 7. Dezember 1976 - BVerwG 7 B 157.76 - Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 78 S. 61). Da § 14 Abs. 1 Satz 1 SächsJAPO a.F. hinreichend bestimmt den Bewertungsausschluss als Sanktionsfolge einer Prüferbeeinflussung normiert, kann jeder Prüfling sein Verhalten problemlos danach ausrichten und jede Gefahr des Eingriffs vermeiden.

26

(3) Grundrechtliche Bedenken werden insbesondere auch nicht dadurch hervorgerufen, dass § 14 Abs. 1 Satz 1 SächsJAPO a.F. keinen Erfolg der Einwirkungshandlung voraussetzt ("unternimmt es ein Prüfungsteilnehmer ...") und damit zur Sanktionsverhängung gerade auch in Fällen ermächtigt, in denen eine Wettbewerbsverfälschung im Ergebnis gar nicht eingetreten ist. Ohne den Einbezug erfolglos gebliebener Beeinflussungsversuche wäre der von der Vorschrift ausgehende Abschreckungseffekt gering: Bei erfolgreichen Einflussnahmen wird der Prüfer regelmäßig kein Offenlegungsinteresse haben; jenseits von Prüferaussagen verfügt die Prüfungsbehörde aber in der Regel kaum über Ermittlungsansätze. Die Angemessenheit (Verhältnismäßigkeit i.e.S.) der Vorschrift wird durch die Ausgestaltung der Prüferbeeinflussung als Unternehmensdelikt nicht in Frage gestellt. Schon der Versuch verkörpert zumeist einen erheblichen Handlungs- und Gesinnungsunwert und kann - wie ausgeführt - vom Prüfling ohne Vernachlässigung berechtigter eigener Belange unterlassen werden.

27

(4) Schließlich ist die Regelung des § 14 Abs. 1 Satz 1 SächsJAPO a.F. in grundrechtlicher Hinsicht nicht deshalb zu beanstanden, weil sie den Prüfungsbehörden kein Entschließungsermessen einräumt. Die Befugnis aus § 14 Abs. 1 Satz 1 SächsJAPO a.F. steht wie alle Eingriffsbefugnisse unter dem Vorbehalt, dass sie in jedem Einzelfall in einer den Anforderungen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes genügenden Weise ausgeübt wird. Die Prüfungsbehörde kann daher ohne Verletzung der ihr durch Art. 20 Abs. 3 GG auferlegten Bindung an Gesetz und Recht Konstellationen gerecht werden, in denen der Unwertgehalt eines unlauteren Prüfungsverhaltens ausnahmsweise als gering anzusehen ist und dieses daher die Schwelle zur Sanktionswürdigkeit nicht überschreitet (vgl. Beschluss vom 12. Januar 1981 - BVerwG 7 B 300, 301.80 - UA S. 3). Gerade weil § 14 Abs. 1 Satz 1 SächsJAPO a.F. nicht als Ermessensnorm ausgestaltet ist und überdies seine Tatbestandsmerkmale eine beachtliche Weite aufweisen, kommt der Verhältnismäßigkeitsprüfung hier eine wichtige Korrektivfunktion bei der Auslegung des Tatbestands zu. Davon ist zu Recht im Ansatz auch das Oberverwaltungsgericht ausgegangen, indem es angenommen hat, dass in minderschweren Fällen aus Gründen der Verhältnismäßigkeit kein Bewertungsausschluss vorgenommen werden darf. Eine weitere Auffächerung der möglichen Sanktionsfolgen erscheint aus grundrechtlicher Sicht nicht geboten. Freilich muss die Prüfungsbehörde die damit einhergehende Beschränkung ihrer Reaktionsmöglichkeiten hinnehmen. Stellt sie ein unlauteres Prüfungsverhalten fest, dessen Gewicht im Lichte des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes nicht für einen Bewertungsausschluss hinreicht, so ist ihr bei einer Norm vom Zuschnitt des § 14 Abs. 1 Satz 1 SächsJAPO a.F. jegliche Sanktionierung verwehrt, selbst wenn das in Rede stehende Verhalten einen immer noch nicht völlig zu vernachlässigenden Unwertgehalt verkörpert.

28

b. Entgegen der Auffassung der Klägerin verletzt § 14 Abs. 1 Satz 1 SächsJAPO a.F. nicht das in § 5d Abs. 1 Satz 2 DRiG normierte Gebot, im bundesstaatlichen Rahmen die Einheitlichkeit der Prüfungsanforderungen und der Leistungsbewertung zu gewährleisten.

29

Das Einheitlichkeitsgebot des § 5d Abs. 1 Satz 2 DRiG findet in Bezug auf Verfahrensregelungen keine Anwendung (vgl. bereits Beschluss vom 11. Februar 1987 - BVerwG 7 B 10.87 - Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 238 S. 9). Schon der Wortlaut der Vorschrift ("Prüfungsanforderungen", "Leistungsbewertung") verdeutlicht, dass der Gesetzgeber mit ihrem Erlass auf die materielle Prüfungsgestaltung zielte, die unter verschiedenen Detailaspekten auch den Regelungsgegenstand der übrigen Bestimmungen in § 5d DRiG bildet. Das mit dem Zweiten Gesetz zur Änderung des Deutschen Richtergesetzes vom 16. August 1980 (BGBl I S.1451 f.) ursprünglich als Satz 1 von § 5d Abs. 1 DRiG eingeführte Einheitlichkeitsgebot geht zurück auf einen Vorschlag des Bundesrates bei Anrufung des Vermittlungsausschusses gemäß Art. 77 Abs. 2 GG am 13. Mai 1980. Die Vorschlagsbegründung (BTDrucks 8/4219 S. 3) geht nicht speziell auf das Einheitlichkeitsgebot in Satz 1 ein, wohl aber auf das als unmittelbar nachfolgender Satz 2 vorgeschlagene und offensichtlich als bereichsspezifische Konkretisierung gedachte Verbot der Anrechnung von Ausbildungsnoten auf die Gesamtnote der zweiten Prüfung, das schließlich mit dem Zweiten Änderungsgesetz als Satz 4 in § 5d Abs. 1 Eingang fand und mittlerweile in § 5d Abs. 4 Satz 4 DRiG normiert ist. Hierzu heißt es (a.a.O.): Die "in der Bundesstatistik ausgewiesenen Divergenzen in den Ergebnissen der zweiten Prüfungen der Bundesländer haben ein Ausmaß angenommen, das aus prüfungs- und berufspolitischen Gründen nicht länger hingenommen werden kann. Zur Vereinheitlichung der Leistungsbewertung (...) muss deshalb die eindeutig als Hauptursache der Divergenzen erkannte Anrechnung der Ausbildungsnote in der zweiten Prüfung beseitigt werden". Anhand dieser Ausführungen erhellt sich, dass es dem Gesetzgeber vor allem um die Gewährleistung der inhaltlichen Gleichwertigkeit der Abschlüsse ging und er ein Auseinanderdriften der Notengebung in den Ländern verhindern wollte (vgl. Schmidt-Räntsch, Deutsches Richtergesetz, 6. Aufl. 2009, § 5d Rn. 2, 11).

30

Unabhängig davon darf das Einheitlichkeitsgebot des § 5d Abs. 1 Satz 2 DRiG nicht als Gebot strikter Uniformität verstanden werden. Die Vorschrift steht begrenzten Abweichungen zwischen den verschiedenen Bundesländern nicht entgegen (Beschluss vom 9. Juni 1995 - BVerwG 6 B 100.94 - Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 350 S. 80). Es ist nicht ersichtlich, dass § 14 Abs. 1 Satz 1 SächsJAPO a.F. mehr als nur begrenzt von Prüfungsrecht anderer Länder (in denen zum Teil ähnliche Sanktionsregelungen gelten - siehe die Übersicht bei Schmidt-Räntsch a.a.O. Rn. 79) abweichen würde. Dies gilt auch eingedenk des von der Klägerin hervorgehobenen Umstands, dass § 14 Abs. 1 Satz 1 SächsJAPO a.F. im Unterschied zu Parallelnormen in einigen anderen Bundesländern gebundene Entscheidungen der Prüfungsbehörde vorsieht. Wie bereits aufgezeigt, muss die Sanktionsverhängung den Anforderungen des verfassungsrechtlichen Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes genügen. Im praktischen Ergebnis schließt dies gravierende Abweichungen von der Entscheidungspraxis aus, wie sie in anderen Bundesländern auf der Grundlage von Ermessensvorschriften ermöglicht wird, zumal bei der Entscheidung über die Verhängung prüfungsrechtlicher Sanktionen die Ermessensausübung ganz wesentlich gerade durch Erwägungen der Verhältnismäßigkeit gesteuert sein wird.

31

3. Ob das Oberverwaltungsgericht § 14 Abs. 1 Satz 1 SächsJAPO a.F. im hier in Rede stehenden Fall der Klägerin in landesrechtlicher Hinsicht zutreffend ausgelegt hat, ist der revisionsgerichtlichen Nachprüfung entzogen. Der Senat ist im Revisionsverfahren gemäß § 173 VwGO i.V.m. § 560 ZPO an die Entscheidung des Berufungsgerichts über den Inhalt und die Auslegung von Landesrecht gebunden. Er hat aber zu überprüfen, ob die Auslegung des Landesrechts durch das angefochtene Urteil mit Bundesrecht, insbesondere mit dem Grundgesetz im Einklang stehen. Verstößt eine Vorschrift des Landesrechts in der Auslegung, die ihr das Berufungsgericht gegeben hat, gegen Bundesrecht, insbesondere gegen das Grundgesetz, ist das Revisionsgericht nicht an die Auslegung gebunden (vgl. Urteile vom 21. April 2009 - BVerwG 4 C 3.08 - BVerwGE 133, 347 <350> - Buchholz 11 Art. 14 GG Nr. 361 S. 8 und vom 19. Dezember 1963 - BVerwG 1 C 71.61 - BVerwGE 17, 322 <323> - Buchholz 11 Art. 14 GG Nr. 55 S. 38 f.). So liegt es hier. Die Annahme des Oberverwaltungsgerichts, das Verhalten der Klägerin habe eine nach Maßgabe von § 14 Abs. 1 Satz 1 SächsJAPO a.F. sanktionswürdige Prüferbeeinflussung dargestellt, verstößt gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und verletzt daher ihr Grundrecht auf Berufswahlfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG.

32

a. Keinen grundrechtlichen Bedenken begegnet allerdings, dass das Oberverwaltungsgericht im Rahmen der Auslegung von § 14 Abs. 1 Satz 1 SächsJAPO a.F. ein Einwirken, das darauf gerichtet ist, dass der Prüfer sich für befangen erklärt, einem Einwirken prinzipiell gleichgestellt hat, das darauf gerichtet ist, die Bewertung unmittelbar zu beeinflussen. Diese Gleichstellung trägt zu Recht dem Gesichtspunkt Rechnung, dass andernfalls vom Prüfling risikolos der Versuch unternommen werden könnte, einen Ausschluss nicht genehmer Prüfer zu provozieren und auf diese Weise die Notenvergabe wenigstens mittelbar zu beeinflussen. Grundrechtliche Bedenken erheben sich ferner nicht dagegen, wenn - wie hier - die Sanktionsnorm auch auf Beeinflussungsversuche des Prüflings im Stadium der verwaltungsinternen Überprüfung einer bereits vergebenen Prüfungsbenotung zur Anwendung gebracht wird. Die von § 14 Abs. 1 Satz 1 SächsJAPO a.F. verfolgten Zwecke sind in diesem Stadium nicht weniger schutzwürdig und schutzbedürftig als im vorausgegangenen Stadium der Erstbewertung einer Prüfungsleistung.

33

b. Gemessen an dem hier vom Landesgesetzgeber verfolgten Regelungskonzept ist die verhängte Sanktion ungeeignet, den mit ihr verfolgten legitimen Zweck zu erreichen, und deshalb unverhältnismäßig, weil das von ihr erfasste Verhalten der Klägerin nicht geeignet war, das Prüfungsergebnis zu beeinflussen. Dem Handeln der Klägerin durfte bei Anwendung von § 14 Abs. 1 Satz 1 SächsJAPO a.F. keine Beeinflussungseignung zugesprochen werden, weil sie - wovon im Rahmen seiner den Senat bindenden tatsächlichen Feststellungen das Oberverwaltungsgericht ausgegangen ist - dem Prüfer dieser Klausur im Rahmen des Telefonats außer ihrer Bitte um nähere Erläuterungen der Notenvergabe, die sie zur Vorbereitung der Widerspruchsbegründung benötige, lediglich ihren Namen sowie den Umstand zur Kenntnis gebracht hat, dass sie als Wiederholerin die Prüfung nicht bestanden habe und dies unter anderem an seiner Bewertung dieser Klausur gelegen habe.

34

(1) Aufgrund dieser Informationen konnte sich der Wissensstand des Prüfers nicht in beachtlicher Weise erweitern. Er hatte sich im Rahmen des bereits eingeleiteten Überdenkensverfahrens ohnehin mit der Klausur Nr. 3 zu befassen und hierbei dann von der Möglichkeit auszugehen, dass seine Überprüfung entscheidenden Einfluss auf den Prüfungserfolg des Verfassers und dessen weiteren Berufsweg würde gewinnen können. Dass es sich beim Verfasser im vorliegenden Fall um eine Wiederholerin handelte, stellte einen gewöhnlichen Umstand dar, wie er gerade in Überdenkensverfahren häufiger vorkommt. Auch Name und Stimme der Klägerin, die der Prüfer ab ihrem Anruf mit ihr verband, konnten für ihn keinen substantiellen zusätzlichen Informationswert entfalten.

35

(2) Ergibt sich für einen Prüfer aufgrund der Mitteilung eines Prüflings eine Sachlage, die in ihrer informatorischen Substanz im Wesentlichen dem entspricht, wovon er ohnehin ausgegangen ist oder als naheliegende Möglichkeit auszugehen hatte, so vermag dies seine Unbefangenheit im Rechtssinne nicht zu beeinträchtigen. Der Senat geht in gefestigter Rechtsprechung vom Bild eines Prüfers aus, der zu einer selbständigen, eigenverantwortlichen, nur seinem Wissen und Gewissen verpflichteten Bewertung fähig und bereit ist. Demgemäß ist nicht jede Möglichkeit des Einflusses auf die Prüferentscheidung als Gefahr für die ordnungsgemäße Erfüllung der Prüferaufgaben zu werten (vgl. nur Urteil vom 9. Oktober 2002 - BVerwG 6 C 7.02 - Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 402 S. 48). Die Unvoreingenommenheit eines Prüfers wird dementsprechend nicht dadurch in Frage gestellt, dass er vor Bewertung einer Teilleistung Kenntnis von einem negativen Prüfungsbescheid zu einer anderen Teilleistung besaß, bei dessen Bestandskraft es auf diese Bewertung nicht mehr ankäme (Beschluss vom 25. April 1996 - BVerwG 6 B 49.95 - Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 364 S. 136), dass er Kenntnis davon hat, dass ein Prüfling Wiederholer ist oder der Prüfung ein Verwaltungsstreitverfahren vorausgegangen ist (Beschluss vom 6. März 1995 - BVerwG 6 B 96.94 - Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 346 S. 62), dass er eine Prüfungsleistung erneut bewerten muss, weil seine erste Entscheidung durch gerichtliche Entscheidung als fehlerhaft beanstandet worden ist (Urteil vom 24. Februar 1993 - BVerwG 6 C 38.92 - Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 314 S. 277) oder dass er sich zunächst selbst für befangen erklärt und diese Erklärung später revidiert hat (Beschluss vom 29. Januar 1985 - BVerwG 7 B 4.85 - Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 209 S. 231).

36

Im Lichte dieser durch die Rechtsprechung entwickelten Annahmen über die Beeinflussungsresistenz von Prüfern durfte das Oberverwaltungsgericht die in Rede stehenden Mitteilungen der Klägerin nicht als geeignet ansehen, die Unbefangenheit des Prüfers zu beeinträchtigen. Von einem verantwortungsbewussten und gewissenhaften Prüfer kann erwartet werden, dass er solche Mitteilungen angemessen einzuordnen weiß und sich von ihnen bei seiner Bewertung nicht beeinflussen lässt. Dass sich im vorliegenden Fall der Prüfer aufgrund der Mitteilung der Klägerin schließlich doch für befangen erklärte, durfte der Klägerin nicht angelastet werden. Hierfür bestand nach dem Vorgesagten kein durch sie zu verantwortender Anlass.

37

(3) Zu keiner abweichenden Wertung führt der Gesichtspunkt, dass die Klägerin infolge der Kontaktaufnahme mit dem Prüfer eigenmächtig die Anonymität des Prüfungsverfahrens durchbrochen hat. Dies führte nicht zur Minderung ihres Grundrechtsschutzes.

38

Anonymitätswahrende Vorkehrungen im Prüfungsverfahren dienen der Wahrung der Chancengleichheit im Prüfungsverfahren, weil sie dem Prüfer schon tatsächlich verwehren, seine Bewertung auf einen persönlichen Eindruck vom Prüfling - jenseits seiner in der Prüfungsleistung zutage tretenden fachlichen Leistungsfähigkeit - zu gründen. Zwar ist nicht gefordert, das Prüfungsverfahren stets und in allen Stadien streng anonym durchzuführen (Beschlüsse vom 14. März 1979 - BVerwG 7 B 16.79 - Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 105 S. 152 und vom 14. September 1981 - BVerwG 7 B 30.81 - Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 152 S. 33; vgl. auch Beschluss vom 26. Mai 1999 - BVerwG 6 B 65.98 - juris Rn. 4). Jedoch muss die konkrete Handhabung anonymitätswahrender bzw. -relativierender Vorkehrungen durch das einschlägige Prüfungsrecht bzw. die Prüfungsbehörde einheitlich gegenüber allen Prüflingen erfolgen (vgl. Beschlüsse vom 14. März 1979 a.a.O. S. 153 und vom 14. September 1981 a.a.O.).

39

Aus letzterem darf aber nicht abgeleitet werden, dass eigenmächtig durch einen Prüfling vorgenommene Durchbrechungen der Anonymität automatisch die Schwelle zur Sanktionswürdigkeit überschreiten würden. Im Falle der Klägerin war - wie ausgeführt - die Kontaktaufnahme mit dem Prüfer den Umständen nach nicht geeignet, dessen Unbefangenheit zu beeinträchtigen, und konnte daher auch nicht zu ihren Gunsten einen einseitigen Wettbewerbsvorteil im Prüfungsverfahren schaffen. Mit dem Bruch der Anonymität - deren Sinn gerade in der Verhinderung solcher Wettbewerbsvorteile liegt - lässt sich daher in ihrem Fall die Sanktionsverhängung nicht begründen und vor Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG rechtfertigen.

40

Der Senat verkennt nicht, dass sich eine andere Beurteilung in Fällen aufdrängen könnte, in denen die Kontaktaufnahme des Prüflings zum Prüfer - ggfs. auch unabhängig vom rein informatorischen Gehalt der sich anschließenden Kommunikation - zu einer Begegnungsintensität führt, die dem Prüfer das vor allem im Stadium des schriftlichen Prüfungsverfahrens notwendige Maß an persönlicher Distanz zum Prüfling nehmen muss. Wo hier die Grenze verläuft, lässt sich abstrakt nicht bestimmen. Bei einer rein telefonischen Kontaktaufnahme von überschaubarer zeitlicher Länge wie im Falle der Klägerin war sie jedenfalls noch nicht überschritten.

41

(4) Da das Oberverwaltungsgericht von einer Beeinflussungsabsicht der Klägerin nicht ausgegangen ist und hierfür der festgestellte Sachverhalt auch keine Anhaltspunkte bietet, erübrigt sich die Frage, ob die Sanktionierung ihres Verhalten als (generell) untauglicher Versuch Bestand vor Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG hätte haben können.

42

(5) Aus den vorstehenden Erwägungen ergibt sich als Schlussfolgerung, dass im Falle der Klägerin die Sanktion des Bewertungsausschlusses an ein Verhalten geknüpft worden ist, dem objektiv die Tauglichkeit zur Prüferbeeinflussung abging, das darüber hinaus nicht von einer entsprechenden subjektiven Vorstellung getragen war und das auch nicht mit Blick auf seine anonymitätsdurchbrechende Wirkung nach einer abweichenden Würdigung verlangte. Zur Verwirklichung der von § 14 Abs. 1 Satz 1 SächsJAPO a.F. verfolgten Regelungsziele, soweit sie nach dem dieser Norm zugrundeliegenden Regelungskonzept geschützt werden, bedurfte es daher der Sanktionierung der Klägerin nicht. Die Sanktionierung war mithin zur Erreichung des hier als maßgeblich anzusetzenden Eingriffszwecks nicht geeignet und somit unverhältnismäßig.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.

Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Der Kläger hat die Kosten des Antragsverfahrens zu tragen. Der Beigeladene trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst.

III.

Der Streitwert für das Antragsverfahren wird auf 16.461,85 Euro festgesetzt.

Gründe

I. Der Kläger, ein Nebenerwerbslandwirt, begehrt die Wiederherstellung der Anbindung mehrerer von ihm gepachteter, im Gemeindegebiet der Beklagten gelegener Grundstücke an das öffentliche Wegenetz sowie Schadensersatz für Ernteausfälle.

Die vom Kläger gepachteten Flurstücke (FlNr. ... bis ..., Gemarkung H.) werden komplett von Gewässern umflossen (im Westen von der S... und im Osten vom M.). Im Frühjahr 2011 teilte der Beigeladene der Beklagten mit, dass das Frühjahrshochwasser das Brückenbauwerk über den M., mit dem die Grundstücke an das öffentliche Verkehrsnetz angebunden waren, unterspült habe und forderte sie auf, im Rahmen der Gefahrenabwehr tätig zu werden. Jedenfalls seit Mitte Juni 2011 verbot die Beklagte durch Verkehrszeichen das Befahren der Brücke durch Fahrzeuge jeglicher Art (Zeichen 250 der Anlage 2 zu § 41 Abs. 1 StVO). Bei einem Sanierungsversuch durch Beschäftigte der Beklagten stürzte die Brücke am 21. Juni 2011 ein und wurde daraufhin von diesen beseitigt.

Das Verwaltungsgericht hat die Leistungs- und Feststellungsklage des Klägers, die vor allem auf Herstellung einer genügenden Verbindung zum öffentlichen Wegenetz sowie auf Ersatzleistungen in Bezug auf die uneinbringbare Sommerernte 2011 gerichtet war, mit Urteil vom 24. Februar 2015 abgewiesen.

Mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung macht der Kläger ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) sowie besondere rechtliche Schwierigkeiten (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) geltend. Dabei rügte er u. a., dass das Verwaltungsgericht von einer Beweisaufnahme abgesehen habe, weshalb es in Bezug darauf, dass die Brücke bereits zum Zeitpunkt der gescheiterten Reparaturarbeiten irreparabel beschädigt gewesen sei, nicht zu dem Ergebnis hätte gelangen dürfen, dass der Beklagten ein Entlastungsbeweis gelungen sei.

Wegen der Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten sowie auf die vorgelegte Behördenakte Bezug genommen.

II.Der Zulassungsantrag hat keinen Erfolg. Die geltend gemachten Zulassungsgründe wurden nicht hinreichend dargelegt (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO).

1. Aus dem Vorbringen des Klägers sind keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) ersichtlich. Solche Zweifel wären anzunehmen, wenn in der Antragsbegründung ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten infrage gestellt würde (vgl. etwa BVerfG, B. v. 10.9.2009 - 1 BvR 814/09 - NJW 2009, 3642) und die Zweifel an der Richtigkeit einzelner Begründungselemente auf das Ergebnis durchschlagen (BVerwG, B. v. 10.3.2004 - 7 AV 4.03 - DVBl 2004, 838). Schlüssige Gegenargumente in diesem Sinn liegen dann vor, wenn der Rechtsmittelführer substanziiert rechtliche oder tatsächliche Umstände aufzeigt, aus denen sich die gesicherte Möglichkeit ergibt, dass die erstinstanzliche Entscheidung im Ergebnis unrichtig ist (vgl. BVerfG, B. v. 20.12.2010 - 1 BvR 2011/10 - NVwZ 2011, 546).

1.1 Zur Klageabweisung in Bezug auf die Herstellung einer Verbindung der von ihm gepachteten Flurstücke zum öffentlichen Straßennetz hat der Kläger nicht substanziiert vorgetragen. Insbesondere wurden die näheren straßen- und wegerechtlichen Verhältnisse nicht erörtert, was jedoch erforderlich gewesen wäre. Es wird im Zulassungsverfahren nicht ersichtlich, woraus ein entsprechender Anspruch abgeleitet werden soll. Der Kläger ist vor allem den Feststellungen des Verwaltungsgerichts, dass der gewidmete Weg vor der Brücke endete und dass der Beklagte in Bezug auf die Brücke kein Straßenbaulastträger im Sinn von Art. 9 BayStrWG war, nicht hinreichend entgegengetreten.

1.2 Der Kläger stützt seinen Zulassungsantrag im Wesentlichen darauf, dass das Verwaltungsgericht zu Unrecht davon ausgegangen sei, die Brücke wäre auch ohne Zutun der Beklagten eingestürzt. Zudem beruft er sich darauf, dass diese zum Zeitpunkt des gescheiterten Reparaturversuchs nicht irreparabel beschädigt gewesen sei. Beweispflichtig für die Tatsache, dass es auch ohne die Reparaturarbeiten zum Einsturz gekommen wäre, sei die Beklagte, die diesen Beweis nicht habe erbringen können.

Damit verkennt der Kläger, dass es für etwaige Ersatz- oder Entschädigungsansprüche auf die Frage, ob die Brücke reparabel oder irreparabel war, ebenso wenig ankommt wie auf den von ihm problematisierten hypothetischen Kausalverlauf, ob und gegebenenfalls wann ein Einsturz der Brücke ohne die Reparaturversuche der Beklagten erfolgt wäre. Das Verwaltungsgericht hat in seinem Urteil vielmehr entscheidend auf den fehlenden Zurechnungszusammenhang abgestellt. Alleinige Ursache dafür, dass der Kläger die Brücke im Erntezeitraum 2011 nicht mehr benutzen konnte, war danach die im Rahmen der Gefahrenabwehr von der Beklagten angeordnete Sperrung. Damit ist letztlich ausgesagt, dass selbst bei einem unterlassenen Reparaturversuch eine Benutzung nicht möglich gewesen wäre. Eine zu Recht für Fahrzeuge aller Art gesperrte Brücke hätte dem Kläger das Einbringen der Ernte nicht ermöglicht. Ohne Reparaturversuch wäre ihm das Befahren mit Fahrzeugen aller Art nämlich aus Gründen der Gefahrenabwehr verboten gewesen. Eine plausible Darlegung einer Anspruchsgrundlage, die angesichts dieser Umstände auch durchgreifen könnte, ist in seinem Vortrag nicht ersichtlich geworden.

1.2.1 Der Kläger macht keine Ansprüche aus Eigentumsverletzung am Brückenbauwerk geltend, so dass es auf die zwischen den Beteiligten umstrittene Frage des Eigentums nicht ankommt. Ebenso wenig spielt die Frage der Baulast eine Rolle, da die erstinstanzlichen Feststellungen, dass diese nicht bei der Beklagten lag, im Zulassungsverfahren nicht in Abrede gestellt werden.

1.2.2 Mit seinem Vortrag im Zulassungsverfahren hat der Kläger nicht hinreichend dargelegt, dass die Beklagte zu Unrecht im Rahmen der Gefahrenabwehr tätig wurde und die Sperrung anordnete. Dass die Brücke jedenfalls seit Mitte Juni 2011 durch Zeichen 250 der Anlage 2 zu § 41 Abs. 1 StVO (Verbot für Fahrzeuge aller Art) gesperrt war (vgl. dazu auch den klägerischen Schriftsatz vom 28.3.2012, S. 3, wo ausgeführt wird, das Verbotsschild sei Anfang Juni 2011 installiert worden) - wogegen der Kläger nicht vorgegangen ist - und weiter hätte gesperrt werden dürfen, wird im Zulassungsverfahren nicht substanziiert in Abrede gestellt. Bei der gefahrenabwehrrechtlichen Beurteilung ist auf diesen Zeitpunkt (ex-ante) abzustellen, weshalb es dahinstehen kann, dass der Kläger bestreiten mag, dass die Sperrung bereits im Frühjahr 2011 angeordnet wurde. Ob eine konkrete Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung durch die Benutzung der Brücke mit Fahrzeugen aller Art bestand, ist aus objektiver ex-ante-Sicht zu beurteilen. Dazu kann eine Inaugenscheinnahme von Unterspülungen, wie sie etwa fotographisch festgehalten sind, ausreichen. Ob und wann sich eine derartige Gefahr aus ex-post-Betrachtung verwirklichen würde, spielt dagegen aus gefahrenabwehrrechtlicher Sicht keine Rolle. Im Zulassungsantrag wird insofern die erstinstanzliche Begründung weder durch die Ausführungen infrage gestellt, wonach die Brücke reparabel gewesen sei, noch durch die Darlegungen zur Frage, ob und wann es ohne die Arbeiten zum Einsturz gekommen wäre.

Die Rechtmäßigkeit der Sperrung zum genannten Zeitpunkt wurde im Zulassungsverfahren nicht substanziiert bestritten. Der Reparaturbedarf an sich und damit die Beschädigungen werden nicht in Abrede gestellt. An näheren Ausführungen zum Vorliegen der Voraussetzungen für die Sperrung fehlt es.

1.2.3 Der Kläger hat im Übrigen auch nicht dargelegt, dass er trotz des Verbots, die Brücke zu befahren, zur Einbringung der Ernte in der Lage gewesen wäre. Dies erscheint auch kaum nachvollziehbar. Dabei ist zu berücksichtigen, dass allein Ernteschäden für das Jahr 2011 streitgegenständlich sind (Erntezeitpunkte waren laut Schätzungsprotokoll vom 25.7.2011 hinsichtlich der Sommerbraugerste Ende Juli/Anfang August 2011 und hinsichtlich des zweiten und dritten Wiesenschnitts offensichtlich ebenfalls Zeitpunkte im Jahr 2011). Dass der Kläger einen Anspruch auf Reparatur innerhalb des hier maßgeblichen Erntezeitraums gehabt haben könnte, der durch den Einsturz vereitelt worden sei, wurde ebenfalls nicht vorgebracht.

1.3 Der Kläger hat in seinem Zulassungsvorbringen auch keine hinreichenden Tatsachen dafür dargelegt, dass Ansprüche aus Art. 17 BayStrWG bestehen. Ein Ersatzanspruch gemäß Art. 17 Abs. 2 Satz 1 BayStrWG kann zwar in Betracht kommen, wenn durch Änderungen oder die Einziehung einer Straße Zufahrten oder Zugänge unterbrochen werden, zu den weiteren Anspruchsvoraussetzungen fehlt jedoch wiederum ein substanziierter Vortrag. Vor allem ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte auch in Bezug auf die Brücke, die von der Änderung im Sinn dieser Regelung betroffen ist, Straßenbaulastträger war (vgl. oben). Auf eine Änderung oder Einziehung des öffentlichen Feld- und Waldweges (FlNr. ..., Gemarkung H.) beruft sich der Kläger dagegen nicht.

2. Besondere rechtliche oder tatsächliche Schwierigkeiten im Sinn des § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO weist die Rechtssache nach den Darlegungen des Klägers ebenfalls nicht auf. Sie verursacht in rechtlicher Hinsicht keine größeren, das normale Maß nicht unerheblich übersteigenden Schwierigkeiten. Es handelt sich auch nicht um einen besonders komplexen oder kontroversen Sachverhalt, bei dem noch nicht abzusehen wäre, zu welchem Ergebnis ein künftiges Berufungsverfahren führen könnte.

3. Ebenso wenig wurde ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel hinreichend geltend gemacht, auf dem die Entscheidung des Verwaltungsgerichts beruhen könnte (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO).

Der Kläger hat sich nicht ausdrücklich auf den Zulassungsgrund der Verfahrensmängel (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO) berufen. Es fehlt auch an einer inhaltlichen Darlegung eines solchen Mangels. Wenn der Kläger ausführt, das Gericht habe von einer Beweisaufnahme abgesehen, macht er letztlich nur geltend, dass es unter Berücksichtigung der von ihm vertretenen Beweislastverteilung zum Ergebnis hätte gelangen müssen, dass der Beklagten ein Entlastungsbeweis nicht gelungen sei.

Eine Rüge, das Verwaltungsgericht habe den Sachverhalt nicht ausreichend aufgeklärt und damit den Untersuchungsgrundsatz (§ 86 Abs. 1 VwGO) verletzt, wurde nicht ausdrücklich erhoben. Die Voraussetzungen wurden auch nicht hinreichend substanziiert vorgebracht. Eine Verletzung der gerichtlichen Aufklärungspflicht kann im Übrigen grundsätzlich nicht geltend gemacht werden, wenn ein anwaltlich vertretener Kläger es in der mündlichen Verhandlung unterlassen hat, einen Beweisantrag zu stellen (BVerwG, B. v. 20.12.2012 - 4 B 20/12 - juris Rn. 6; BayVGH, B. v. 30.6.2014 - 9 ZB 13.911 - juris Rn. 2; B. v. 28.8.2015 - 9 ZB 13.1876 - juris Rn. 24). Aus dem Zulassungsantrag ergibt sich auch nicht, weshalb sich dem Gericht eine weitere Sachverhaltsaufklärung hätte aufdrängen müssen, obwohl sie nicht ausdrücklich in der mündlichen Verhandlung vom anwaltlich vertretenen Kläger beantragt wurde (vgl. dazu BayVGH, B. v. 4.12.2014 - 9 ZB 11.1744 - juris Rn. 12 f.; B. v. 25.3.2014 - 15 ZB 12.2014 - juris Rn. 11).

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO. Die außergerichtlichen Kosten eines Beigeladenen sind im Berufungszulassungsverfahren in der Regel nicht aus Billigkeitsgründen der unterlegenen Partei aufzuerlegen (vgl. BayVGH, B. v. 11.10.2001 - 8 ZB 01.1789 - BayVBl 2002, 378). Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 47, § 52 GKG.

Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II. Die Beklagte hat die Kosten des Antragsverfahrens zu tragen.

III. In Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts München vom 27. Januar 2015 wird der Streitwert für beide Rechtszüge auf je 77.486,36 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

1. Die Klägerin, eine kreisfreie Stadt, begehrt von der Beklagten Ersatz für ihre Aufwendungen für die Wiederherstellung öffentlicher Straßen. Die Beklagte führte als Bauherrin ab Dezember 2010 Baumaßnahmen zur Errichtung eines Gebäudes durch, wobei unter anderem ein temporärer Baugrubenverbau aus Spundwänden errichtet und mit 81, im öffentlichen Straßengrund eingebauten Ankern rückverankert wurde. Die Klägerin macht Schadensersatzansprüche aufgrund einer Beschädigung öffentlicher Straßenflächen durch diese Baumaßnahmen geltend.

Die Beklagte ist dem mit einer Aufrechnung entgegengetreten. Sie beruft sich darauf, dass es bei der Wiederherstellung der Straßen zu Beschädigungen an ihrem Gebäude in Form von Kratzspuren an der Fassade gekommen sei. Die von der Klägerin geltend gemachte Forderung wurde zuletzt in der Klageerwiderung vom 30. Oktober 2014 mit der Forderung für die Reparaturkosten der Fassade (in Höhe von 40.000,- Euro) aufgerechnet, in der die Beklagte zudem erklärte, dass die Schilderung der Klägerin hinsichtlich der Schäden am Pflaster, entstanden durch die Baumaßnahme, vorerst nicht bestritten werde.

2. Das Verwaltungsgericht hat der Leistungsklage stattgegeben und die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 38.743,18 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 19. Dezember 2012 zu zahlen. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Klägerin die Schäden durch Vorlage von Fotos, die in der mündlichen Verhandlung eingehend erläutert worden seien, nachgewiesen habe, während die Beklagte diese zunächst ausdrücklich nicht und in der mündlichen Verhandlung (lediglich) mit Nichtwissen bestritten habe. Ein derart unsubstanziiertes Vorbringen könne den Schadensnachweis nicht infrage stellen. Anlass für weitergehende Sachverhaltsaufklärung bestehe nicht. Das festgestellte Schadensbild trete gerichtsbekanntermaßen auf, wenn im Bereich gepflasterter Gehwege ein Baugrubenverbau mit Spundwänden errichtet werde. Es liege auf der Hand, dass eine solche Sondernutzung derartige Schäden verursache. Aufgrund des unsubstanziierten Bestreitens bestehe kein Anlass, an der offenkundigen Ursächlichkeit zu zweifeln und weitergehende Ermittlungen anzustellen. Der Anspruch sei auch nicht durch die Aufrechnung erloschen. Zur Überzeugung der Kammer könne bei einer Gesamtwürdigung aller Umstände nicht davon ausgegangen werden, dass die Fassadenschäden durch die Straßenbaumaßnahmen verursacht worden seien.

3. Die Beklagte macht zur Begründung ihres Antrags auf Zulassung der Berufung Verfahrensfehler gelten. Das Verwaltungsgericht habe den Sachverhalt vor allem im Hinblick auf eine etwaige Schadensverursachung durch die Beklagte unzureichend ermittelt. Es sei nicht ausreichend gewesen, sich im Hinblick auf die Verursachung allein auf die vorgelegten Lichtbilder zu stützen und das Schadensbild als gerichtsbekannt bzw. offenkundig anzusehen. Die Entscheidung beruhe auf diesen Verfahrensfehlern. Hätte das Verwaltungsgericht das Vorliegen von Schäden und deren Ursächlichkeit aufgeklärt, wäre die Klage möglicherweise abgewiesen worden, da die behaupteten Schäden entweder gar nicht vorhanden oder die durchgeführten Baumaßnahmen nicht die Ursache hierfür gewesen seien.

In Bezug auf die Gegenforderung rügt die Beklagte ebenfalls eine unzureichende Sachverhaltsaufklärung. Es sei geboten gewesen, einen Augenschein einzunehmen bzw. einen Sachverständigen mit der Klärung der Frage zu beauftragen, ob die von der Klägerin beauftragte Firma Gerätschaften verwendet habe, die geeignet gewesen seien, den unstreitig vorhandenen Schaden zu verursachen. Im Klageerwiderungsschriftsatz habe die Beklagte eine Zeugeneinvernahme (ihres Bauleiters), einen Augenschein sowie ein Sachverständigengutachten beantragt. Das Verwaltungsgericht sei diesen Beweisanträgen nicht nachgegangen und habe die fehlende Ursächlichkeit allein auf der Grundlage von in der Behördenakte befindlichen Lichtbildern begründet. Von deren Existenz habe die Beklagte vor der mündlichen Verhandlung keine Kenntnis gehabt. Die Ablehnung der Beweisanträge hätte das Gericht zudem näher begründen müssen. Das Urteil beruhe auf diesen Verfahrensmängeln, da sich bei einer Inaugenscheinnahme der örtlichen Verhältnisse bzw. der Einholung eines Sachverständigengutachtens ergeben hätte, dass die Kratzspuren im Zuge der Arbeiten der von der Klägerin beauftragten Firma entstanden seien. Auch die Einvernahme des angebotenen Zeugen hätte zur Aufklärung beigetragen, da dieser in der Lage gewesen wäre, die durchgeführten Arbeiten sowie die betroffenen Bereiche näher zu beschreiben und auch Erklärungen dafür zu liefern, warum sich Kratzspuren auch auf den zurückgesetzten Türen befänden.

4. Die Klägerin hat in ihrer Antragserwiderung unter anderem darauf hingewiesen, dass das Gericht in einer offenen Würdigung in der mündlichen Verhandlung zu der Überzeugung gelangt sei, dass die Beklagte für die Beschädigungen verantwortlich sei. Dem habe diese ausdrücklich nicht widersprochen. Die Beklagte sei zum Sachverhalt angehört worden und in der Lage gewesen, das Ergebnis sowie die Zusammenfassung des Gerichts zu würdigen. In Bezug auf die Gegenforderungen hat die Klägerin ausgeführt, dass der Beklagtenvertreter Einsicht in den wesentlichen und entscheidungserheblichen Inhalt der Akten gehabt habe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Akten verwiesen.

II.

Der Zulassungsantrag hat keinen Erfolg. Der ausschließlich geltend gemachte Zulassungsgrund der Verfahrensmängel (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO) wurde nicht hinreichend dargelegt, weder in Bezug auf die Hauptforderung der Klägerin noch in Bezug auf die vermeintliche Gegenforderung der Beklagten, mit der die Aufrechnung erklärt wurde. Auf andere Zulassungsgründe hat sich die Beklagte weder berufen noch solche substanziiert dargelegt.

1. In Bezug auf das Vorhandensein der Schäden an der öffentlichen Straße sowie in Bezug auf deren Verursachung durch die Baumaßnahmen erhebt die Beklagte ausdrücklich nur die Rüge, das Gericht habe seine Aufklärungspflicht verletzt. Zudem rügt sie die Annahme des Verwaltungsgerichts, bestimmte Tatsachen seien allgemeinkundig bzw. gerichtsbekannt als verfahrensfehlerhaft. Es fehlt aber an der hinreichenden Darlegung dieser geltend gemachten Verfahrensmängel, die § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO fordert.

a) Eine erfolgreiche Aufklärungsrüge setzt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, B.v. 29.7.2015 - 5 B 36/14 - juris Rn. 7, m.w.N.; B.v. 28.7.2008 - 8 B 31/08 - juris Rn. 4) voraus, dass der Rechtsmittelführer in seiner Rechtsmittelbegründung substanziiert darlegt, welche Tatsachen auf der Grundlage der materiell-rechtlichen Auffassung des Ausgangsgerichts ermittlungsbedürftig gewesen wären, welche für geeignet oder erforderlich gehaltenen Aufklärungsmaßnahmen bzw. Beweismittel zu welchen Beweisthemen zur Verfügung gestanden hätten, welche tatsächlichen Feststellungen getroffen worden wären bzw. welches Ergebnis eine Beweisaufnahme voraussichtlich gehabt hätte und inwiefern das verwaltungsgerichtliche Urteil - unter Zugrundelegung der materiell-rechtlichen Auffassung des Gerichts - auf der unterbliebenen Sachaufklärung beruhen kann. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass eine Aufklärungsrüge kein Mittel darstellt, um Versäumnisse eines Verfahrensbeteiligten in der Vorinstanz, vor allem das Unterlassen der Stellung von Beweisanträgen (§ 86 Abs. 2 VwGO), zu kompensieren (BVerwG, B.v. 29.7.2015 - 5 B 36/14 - juris Rn. 7; B.v. 18.12.2006 - 4 BN 30/06 - juris Rn. 2). Daher muss entweder dargelegt werden, dass bereits im Verfahren der Vorinstanz auf die Vornahme der Sachverhaltsaufklärung, deren Unterbleiben gerügt wird, hingewirkt worden ist oder aufgrund welcher Anhaltspunkte sich die unterbliebene Beweisaufnahme bzw. die bezeichneten Ermittlungen dem Gericht auch ohne ein solches Hinwirken hätten aufdrängen müssen (st. Rspr., BVerwG, B.v. 29.7.2015 - 5 B 36/14 - juris Rn. 7, m.w.N.; vgl. auch BVerwG, B.v. 28.7.2008 - 8 B 31/08 - juris Rn. 4; B.v. 13.7.2007 - 9 B 1.07 - juris Rn. 2; U.v. 22.1.1969 - 6 C 52.62 - BVerwGE 31, 212/217 f., m.w.N.). Es bedarf insofern einer substanziierten Darlegung sowohl hinsichtlich der den Verfahrensmangel (vermeintlich) begründenden Tatsachen als auch in seiner rechtlichen Würdigung (vgl. BVerwG, B.v. 29.8.2008 - 6 B 49/08 - juris Rn. 16; B.v. 30.5.2006 - 6 B 28/06 - juris Rn. 13). Daran gemessen führen die Verfahrensrügen der Beklagten nicht zum Erfolg der Beschwerde.

aa) Es fehlt bereits daran, dass die Beklagte nicht dargelegt hat, welche konkreten, von ihr für erforderlich oder geeignet gehaltenen Aufklärungsmaßnahmen vorliegend in Betracht gekommen wären. Ebenso wenig wurde hinreichend ausgeführt, welche konkreten tatsächlichen Feststellungen dadurch voraussichtlich getroffen worden wären.

Zu den darzulegenden Tatsachen, die den geltend gemachten Mangel ergeben, gehören jedenfalls bei der Rüge der mangelnden Sachaufklärung die Aufklärungs- bzw. Beweismittel, deren sich das Gericht nicht bedient haben soll. Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung (BVerwG, U.v. 22.1.1969 - 6 C 52.62 - BVerwGE 31, 212/217 f., m.w.N.; U.v. 9.11.1956 - II C 175.54 - BVerwGE 5, 12/13) hat der Rechtsmittelführer die Beweismittel zu bezeichnen, deren Erhebung sich dem Gericht aufgedrängt haben soll oder jedenfalls hätte aufdrängen müssen. Hierfür ist eine Darlegung erforderlich, d.h. es sind etwa die Zeugen, die nach Meinung des Rechtsmittelführers hätten vernommen werden müssen, unter Anführung der in ihr Wissen gestellten Tatsachen zu benennen (BVerwG, U.v. 22.1.1969 - 6 C 52.62 - BVerwGE 31, 212/217 f.). Insofern ist auch substanziiert darzulegen, welche tatsächlichen Feststellungen bei Durchführung der unterbliebenen Aufklärung voraussichtlich getroffen worden wären (vgl. BayVGH, B.v. 8.10.2014 - 10 ZB 12.2742 - juris Rn. 52, m.w.N.). Daran fehlt es.

Konkrete Beweismittel, etwa eine Vernehmung bestimmter Zeugen oder die Einholung eines Sachverständigengutachtens, hat die Beklagte in ihrem Zulassungsantrag in Bezug auf die Schäden an den öffentlichen Straßen und auf die Verursachung durch die von ihr durchgeführten Baumaßnahmen (im Unterschied zur Geltendmachung der Forderungen in Bezug auf ihre Fassadenschäden) ebenso wenig benannt wie anderweitige konkrete Aufklärungsmaßnahmen. Hierzu wurden keine näheren Angaben gemacht. Die Beklagte hat auch nicht ausgeführt, dass bzw. warum ihr eine solche Darlegung nicht möglich wäre.

Sie hat zudem nicht hinreichend dargelegt, welche tatsächlichen Feststellungen im Einzelnen durch die von ihr (pauschal) geforderte weitere Aufklärung erzielt worden wären. Hierzu wird lediglich allgemein ausgeführt, dass die behaupteten Schäden entweder gar nicht vorhanden gewesen oder aber durch die von der Beklagten durchgeführten Baumaßnahmen nicht verursacht worden seien. Es fehlt insofern nicht nur an einer näheren Benennung von Aufklärungsmaßnahmen, sondern auch an einer hinreichend differenzierten Darlegung, welche konkreten tatsächlichen Feststellungen bei Durchführung der unterbliebenen Aufklärung voraussichtlich getroffen worden wären.

bb) Eine hinreichende Darlegung fehlt auch in Bezug darauf, dass sich die unterbliebene Beweisaufnahme dem Gericht hätte aufdrängen müssen. Ausweislich der Niederschrift über die mündliche Verhandlung war die Beklagte in der Sitzung anwaltlich vertreten. Die Klägerin hat - unwidersprochen - ausgeführt, dass das erstinstanzliche Gericht die Lichtbilder und Beweismittel in der Verhandlung offen gewürdigt habe. Dennoch hat die Beklagte keine förmlichen Beweisanträge gestellt (§ 86 Abs. 2 VwGO) und zum Schaden sowie zur Frage der Kausalität lediglich erklärt, dass alles mit Nichtwissen bestritten werde, was das Gericht im Übrigen zur Kenntnis genommen und seinem Urteil zugrunde gelegt hat. Mit der Frage, ob sich die unterbliebene weitere Sachaufklärung hätte aufdrängen müssen, setzt sich die Begründung des Zulassungsantrags in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht nicht hinreichend auseinander, was angesichts des vorprozessualen Verhaltens sowie des prozessualen Vorbringens erforderlich gewesen wäre. Zudem wurden - wie bereits dargelegt - keine konkreten Beweis- oder Aufklärungsmittel bezeichnet, so dass unklar bleibt, welche Maßnahmen sich hätten aufdrängen müssen (vgl. oben und BVerwG, B.v. 9.1.2006 - 9 B 21/05 - juris Rn. 6). Dies genügt den Darlegungsanforderungen nicht.

b) Soweit sich die Beklagte gegen die Ausführungen im Urteil wendet, es sei gerichtsbekannt, dass das festgestellte Schadensbild auftrete, wenn im Bereich gepflasterter Gehwege öffentlicher Straßen ein Baugrubenverbau mit Spundwänden errichtet werde, und es liege auf der Hand, dass eine solche Sondernutzung derartige Schäden verursache, wird ebenfalls kein Verfahrensfehler substanziiert dargelegt. Sie bestreitet insofern nur die Allgemeinkundigkeit und die Gerichtskundigkeit. Insofern mangelt es bereits an einer ausreichenden rechtlichen Würdigung (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO).

aa) Selbst wenn man das Vorbringen als Gehörsrüge ansehen würde, fehlte es an einer hinreichenden Darlegung, weil die schlüssige Rüge, das rechtliche Gehör sei verletzt, regelmäßig voraussetzt, dass substantiiert dargelegt wird, was der Rechtsmittelführer bei ausreichender Gehörsgewährung noch vorgetragen hätte und inwiefern der weitere Vortrag zur Förderung des Verfahrens beigetragen hätte (BVerwG, B.v. 17.9.2006 - 1 B 102/06 - juris Rn. 4; B.v. 19.8.1997 - 7 B 261/97 - NJW 1997, 3328; Schmidt in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 108 Rn. 25, jeweils m.w.N.). Dazu fehlt es im Zulassungsverfahren an näheren Ausführungen.

bb) Auf einen Verstoß gegen den Überzeugungsgrundsatz (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO) hat sich die Beklagte dagegen in ihrem Zulassungsantrag nicht berufen und einen solchen auch nicht hinreichend dargelegt (vgl. zu den Darlegungserfordernissen BVerwG, B.v. 29.7.2015 - 5 B 36/14 - juris Rn. 13). Bei einer Kritik an der richterlichen Beweiswürdigung und Überzeugungsbildung handelt es sich zudem grundsätzlich nicht um die Geltendmachung von Verfahrensmängeln (vgl. BVerwG, B.v. 29.7.2015 - 5 B 36/14 - juris Rn. 13; B.v. 12.1.2009 - 5 B 48/08 - juris Rn. 6, jeweils m.w.N.), auf deren Rüge sich die Beklagte beschränkt hat. Anhaltspunkte für das Vorliegen möglicher Ausnahmefälle (Verstoß gegen Denkgesetze im Tatsachenbereich, vgl. BVerwG, B.v. 30.8.2012 - 8 C 5/11 - juris Rn. 24; B.v. 13.7.2007 - 9 B 1/07 - juris Rn. 3; B.v. 3.4.1996 - 4 B 253/95 - NVwZ 1997, S. 389 f.) wurden in Bezug auf die begründenden Tatsachen nicht hinreichend dargetan und auch in ihrer rechtlichen Würdigung nicht dargelegt.

2. Hinsichtlich der von der Beklagten geltend gemachten Gegenforderung beruft sich diese wiederum (nur) auf eine unzureichende Sachverhaltsaufklärung sowie auf eine unzulässige Ablehnung der „Beweisanträge“. Es fehlt, bei Zugrundelegung der oben aufgezeigten rechtlichen Maßstäbe, auch insofern an der hinreichenden Darlegung der gerügten Verfahrensmängel (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO).

Ein Gericht verletzt seine Pflicht zur erschöpfenden Aufklärung des Sachverhalts grundsätzlich dann nicht, wenn es von einer Beweiserhebung absieht, die ein anwaltlich vertretener Beteiligter in der mündlichen Verhandlung nicht ausdrücklich beantragt hat (§ 86 Abs. 2 VwGO). Wenn von einem solchen Beteiligten kein Beweisantrag in der mündlichen Verhandlung gestellt wird, obwohl dies nach den äußeren Umständen zu erwarten gewesen wäre, muss sich dem Gericht eine entsprechende Beweisaufnahme von Amts wegen in der Regel nicht aufdrängen (BayVGH, B.v. 21.08.2014 - 22 ZB 14.1611 - juris Rn. 3; B.v. 18.4.2007 - 22 ZB 07.222 - juris Rn. 17; jeweils m.w.N.; vgl. auch Seibert in Sodan/Ziekow, VwGO 4. Aufl. 2014, § 124 Rn. 191, m.w.N.). Dass ein solcher Beweisantrag - wie hier - nicht gestellt wurde, ist nach den bereits dargelegten Maßstäben nur dann unerheblich, wenn sich dem Gericht auch ohne ausdrücklichen Beweisantrag eine weitere Ermittlung des Sachverhalts (im konkreten Einzelfall) hätte aufdrängen müssen (vgl. oben und BVerwG, B.v. 29.7.2015 - 5 B 36/14 - juris Rn. 7). Die Geltendmachung eines derartigen Verfahrensmangels setzt wiederum eine hinreichend substanziierte Darlegung voraus (vgl. BVerwG, B.v. 13.7.2007 - 9 B 1/07 - juris Rn. 2). Hieran fehlt es.

a) Die Beklagte verkennt insofern bereits, dass sie - ausweislich der Sitzungsniederschrift - keinen förmlichen Beweisantrag gestellt hat (§ 86 Abs. 2 VwGO). Ein solcher wäre jedoch erforderlich gewesen. Bei den im Schriftsatz vom 30. Oktober 2014 genannten Beweismitteln (Zeugeneinvernahme des Bauleiters des Generalunternehmers der Beklagten, Augenschein sowie Sachverständigengutachten) handelt es sich lediglich um die Ankündigung eines Beweisantrags bzw. um eine Beweisanregung, die allerdings für eine derartige Verfahrensrüge nach ständiger Rechtsprechung nicht ausreichend sind (vgl. BVerwG, B.v. 20.12.2012 - 4 B 2/12 - juris Rn. 6 f.; B.v. 18.12.2006 - 4 BN 30/06 - juris Rn. 4; BayVGH, B.v. 28.8.2015 - 9 ZB 13.1876 - juris Rn. 24). Einem förmlichen Beweisantrag ist eine schriftsätzliche Beweisanregung nicht gleichgestellt (vgl. Seibert in Sodan/Ziekow, VwGO 4. Aufl. 2014, § 124 Rn. 191. m.w.N.), weshalb es im Übrigen auch keiner förmlichen Ablehnung solcher Beweisankündigungen bedarf (vgl. Stuhlfauth in Bader/Funke-Kaiser/Stuhlfauth/von Albedyll, VwGO, 6. Aufl. 2014, § 86 Rn. 31).

b) Soweit die Beklagte die Aufklärungsrüge erhebt, hat sie nicht schlüssig dargelegt, warum die Stellung eines förmlichen Beweisantrags (§ 86 Abs. 2 VwGO) in der mündlichen Verhandlung ebenso unterblieben ist wie ein sonstiges Hinwirken auf eine weitere Sachverhaltsaufklärung. Ebenso wenig wurde substanziiert geltend gemacht, dass sich dem Gericht eine weitere Sachverhaltsaufklärung hätte aufdrängen müssen, wobei es dabei grundsätzlich nicht ausreicht, wenn die Frage der weiteren Sachverhaltsaufklärung lediglich aus Sicht der Klagepartei beurteilt wird (vgl. BVerwG, B.v. 20.12.2012 - 4 B 2/12 - juris Rn. 7). Ein näher substanziierter Vortrag dazu wäre hier nicht zuletzt deshalb erforderlich gewesen, weil das Verwaltungsgericht im Urteil im Einzelnen dargelegt hat, dass die Klägerin dem Vorbringen der Beklagten substanziiert widersprochen hat und dass dieser Vortrag durch die in der Behördenakte befindlichen Lichtbilder bestätigt wird. Die Beklagte hat sich mit den klägerischen Einwendungen im erstinstanzlichen Verfahren (aber auch im Zulassungsverfahren) nicht näher auseinandergesetzt. Das Maß der gerichtlichen Sachaufklärungspflicht bestimmt sich aber durch die Substanz des Vorbringens der Beteiligten (BVerwG, U.v. 15.6.2016 - 9 C 19/15 - juris Rn. 19, m.w.N.; U.v. 2.8.2001 - 7 C 2/01 - juris Rn. 19), wobei sich die gebotene Substanziierung regelmäßig nicht in der Nennung bestimmter Beweismittel erschöpft, sondern eine gewisse Auseinandersetzung mit substanziierten Erklärungen der Gegenseite erfordert (vgl. BVerwG, B.v. 22.11.2013 - 7 B 16/13 - juris Rn. 6). Daran fehlt es im Ausgangsverfahren gerade, in dem sich die Beklagte mit den Einwendungen nicht näher auseinandergesetzt hat, etwa mit der Höhendifferenz zwischen Schaber und Kratzspuren, mit der unterschiedlichen Bewegungsrichtung bei der Einarbeitung von Fugenmaterial und mit dem Umstand, dass Fassadenbeschädigungen in Bereichen aufgetreten sind, in denen keine Straßenarbeiten stattgefunden haben. In einer solchen Situation wäre es Sache der Beklagten als Rechtsmittelführerin gewesen, jedenfalls im Berufungszulassungsverfahren im Einzelnen schlüssig darzulegen, warum sich eine Beweisaufnahme aufdrängen musste, was jedoch unterblieben ist. Dies gilt umso mehr, als im erstinstanzlichen Verfahren bei der Nennung der Beweismittel auch nicht näher dargelegt wurde, zu welchen konkreten Feststellungen diese voraussichtlich führen sollten (vgl. dazu BVerwG, B.v. 2.6.1981 - 6 C 15/81 - DÖV 1981, 839 f.).

c) Die Beklagte kann sich auch nicht darauf berufen, dass sie keine Kenntnis von den in den Akten befindlichen Fotos gehabt habe, wobei insofern schon keine rechtliche Würdigung des vermeintlichen Verfahrensfehlers im Zulassungsverfahren erfolgte. Jedenfalls erscheint es bereits widersprüchlich, dass sie in ihrer Klageerwiderung vom 30. Oktober 2014 ausdrücklich bestritten hat, dass die von der Klägerin (in Bezug auf die Fassadenschäden) vorgelegten Fotos auch tatsächlich vom Schadensort stammten. Da die Klägerin in ihrer Klageschrift lediglich Fotos im Zusammenhang mit den Schäden an der öffentlichen Straße sowie ein Foto einer Rüttelplatte vorgelegt hat, spricht manches dafür, dass sich diese Aussage auf die in der Behördenakte befindlichen Fotos (vgl. insb. Bl. 311 ff.) bezieht. Vor allem wäre es der Beklagten aber unbenommen gewesen, die von der Klägerin mit Schreiben vom 1. September 2014 übersendete Behördenakte im Wege ihres Akteneinsichtsrechts einzusehen und dadurch Kenntnis von den Fotos zu erlangen. Schließlich behauptet die Beklagte auch nicht, dass ihr die Einsichtnahme in der mündlichen Verhandlung verweigert oder erschwert worden sei. Insofern ist schon nicht ersichtlich, gegen welche Verfahrensregelungen verstoßen worden sein soll, was auch nicht näher dargelegt wurde.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertentscheidung ergibt sich aus § 63 Abs. 3 Satz 1 GKG sowie in Bezug auf die Hauptforderung von 38.743,18 Euro aus § 47 Abs. 1 Satz 1, § 52 Abs. 3 Satz 1 GKG. Die Gegenforderung ist gemäß § 45 Abs. 3, § 47 Abs. 1 Satz 1, § 52 Abs. 3 Satz 1 GKG, § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 322 Abs. 2 ZPO hinzuzurechnen, allerdings nur bis zur Höhe des Betrages, für den die Aufrechnung geltend gemacht wurde, also bis zu 38.743,18 Euro.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.