OLG

Karlsruhe stärkt Verbraucherrechte bei Rückabwicklung von Lebensversicherungen und Rentenversicherungen

Angaben zum Fristbeginn und zur Fristdauer müssen direkt in der Widerrufsbelehrung zu einer Lebensversicherung bzw. Rentenversicherung zu finden sein. Ansonsten ist die Belehrung fehlerhaft und die Police kann noch Jahre nach Abschluss widerrufen werden. Das stellte das Oberlandesgericht Karlsruhe mit Urteil vom 19. Januar 2016 klar (Az.: 12 U 116/15).

Ähnlich wie bei Darlehensverträgen können auch Lebens- und Rentenversicherungen widerrufen werden, wenn der Versicherungsnehmer nicht ordnungsgemäß über seine Widerspruchsmöglichkeiten belehrt wurde. Denn dann wurde die Frist zum Widerspruch nicht in Gang gesetzt und es gilt das „ewige“ Widerrufsrecht. Die Police kann dann auch Jahre nach Abschluss rückabgewickelt werden und der Verbraucher erhält die bereits geleisteten Prämien zurück.

In dem Fall vor dem OLG Karlsruhe hatte eine Frau auf Rückerstattung der geleisteten Prämien geklagt. Sie hatte 2004 eine fondsgebundene Rentenversicherung nach dem Policenmodell abgeschlossen. Rund zehn Jahre später erklärte sie den Widerspruch, den der Versicherer nicht akzeptierte. Schließlich hatten die Gerichte zu entscheiden. In erster Instanz blieb die Klage noch erfolglos, das OLG Karlsruhe gab der Klage jedoch statt.

Es entschied, dass der Versicherer eine fehlerhafte Widerrufsbelehrung verwendet habe und die Widerrufsfrist deshalb nicht in Lauf gesetzt wurde. Daher sei der Widerspruch fristgerecht erfolgt. Das OLG stellte klar, dass eine Widerrufsbelehrung nur dann ordnungsgemäß erfolgt sei, wenn der Verbraucher schriftlich und in drucktechnisch deutlicher Form über sein Widerspruchsrecht, Beginn der Widerspruchsfrist und Dauer der Widerspruchsfrist belehrt wurde. Alle diese Angaben müssten direkt in der Widerrufsbelehrung zu finden sein. Entsprechende Angaben in den Verbraucherinformationen, so wie im vorliegenden Fall, seien hingegen nicht ausreichend. Daher hat die Klägerin Anspruch auf Rückzahlung der geleisteten Prämien zzgl. Zinsen. Beträge für den gewährten Versicherungsschutz, für die abgeführte Kapitalertragssteuer und Solidaritätszuschlag werden von dieser Summe abgezogen.

Rechtliche Einschätzung der Kanzlei Kreutzer, München: Das OLG Karlsruhe folgt mit diesem Urteil ganz der verbraucherfreundlichen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs. Demnach ist bei formalen oder inhaltlichen Fehlern in der Widerspruchsbelehrung die Rückabwicklung auch Jahre nach Vertragsschluss möglich. Für die Verbraucher ist der Widerspruch damit die lukrative Alternative zur Kündigung, da er sich nicht mit dem meist bescheidenen Rückkaufswert begnügen muss. Auch die Abschluss- und Verwaltungskosten dürfen nicht zu Lasten des Verbrauchers berechnet werden.

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Oberlandesgericht Karlsruhe Urteil, 19. Jan. 2016 - 12 U 116/15

bei uns veröffentlicht am 19.01.2016

Tenor 1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Mannheim vom 11.06.2015 - 9 O 5/15 - im Kostenpunkt aufgehoben und im Übrigen wie folgt abgeändert: Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.282,99 EUR

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Tenor

1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Mannheim vom 11.06.2015 - 9 O 5/15 - im Kostenpunkt aufgehoben und im Übrigen wie folgt abgeändert:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.282,99 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 10.01.2015 zu bezahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die weitergehende Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.

3. Von den Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen trägt die Beklagte 24%, die Klägerin 76%.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

5. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

 
I.
Die Klägerin macht restliche Zahlungsansprüche aus einem beendeten Versicherungsvertrag geltend, der nach dem sogenannten Policenmodell abgeschlossen worden war.
Die Klägerin stellte am 09.12.2004 einen Antrag auf Abschluss einer fondsgebundenen Rentenversicherung. Am 14.12.2004 stellte die Beklagte den Versicherungsschein aus. Danach betrugen die Versicherungsprämien bei einer vereinbarten Dynamisierung von 6% p.a. anfänglich 100,00 EUR monatlich. Der jeweilige Sparanteil sollte in den Fonds D. investiert werden. Als Ablauftermin der Beitragszahlung wurde der 31.12.2017, als Beginn der Rentenzahlung der 01.01.2033 festgelegt. Die Beklagte übersandte der Klägerin den Versicherungsschein nebst den maßgeblichen Versicherungsbedingungen und den Verbraucherinformationen mit Begleitschreiben vom 14.12.2004. Dieses enthält folgende Belehrung:
WIDERSPRUCHSRECHT
Wie Ihnen bereits aufgrund unseres Hinweises im Versicherungsantrag bekannt ist, können Sie innerhalb einer bestimmten Frist nach Erhalt des Versicherungsscheins dem Versicherungsvertrag uns gegenüber in Textform widersprechen. Genaue Angaben über Beginn und Ablauf der Frist enthält die Ziffer „Können Sie nach Abschluss des Versicherungsvertrags dem Vertrag noch widersprechen“ in der beigefügten Verbraucherinformation zu Ihrer Fondsgebundenen Rentenversicherung nach Tarif (…). BITTE BEACHTEN SIE HIERZU, DASS AUFGRUND EINER ÄNDERUNG DES VERSICHERUNGSVERTRAGSGESETZES (VVG) DIE WIDERSPRUCHSFRIST AB DEM 01.10.2004 VON 14 AUF 30 TAGE VERLÄNGERT WURDE. DIESE REGELUNG GILT SELBSTVERSTÄNDLICH AUCH FÜR IHREN VERTRAG. Zur Wahrung der Frist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerspruchs.
In den Verbraucherinformationen findet sich unter Ziff. 6 folgender Hinweis:
6. Können Sie nach Abschluss des Versicherungsvertrags dem Vertrag noch widersprechen?
Dem Versicherungsvertragsgesetz zufolge haben Sie das Recht, dem Vertrag uns gegenüber in Textform zu widersprechen. Die Frist zur Ausübung Ihres Widerspruchs beträgt 14 Tage und beginnt erst mit dem Zeitpunkt, zu dem Sie von uns Ihren Versicherungsschein, die Versicherungsbedingungen und die Verbraucherinformationen nach § 10a des Versicherungsaufsichtsgesetzes (VAG) erhalten haben. (…)
Der Vertrag wurde zunächst plangemäß durchgeführt. Mit Schreiben vom 24.11.2007 beantragte die Klägerin die Stundung der Versicherungsbeiträge. Zum 01.07.2008 erfolgte eine Vertragsänderung, durch die u.a. die unbezahlten Beträge seit 01.01.2008 ausgeglichen wurden. Mit Anwaltsschreiben vom 23.10.2014 erklärte die Klägerin den Widerspruch nach § 5a VVG a.F.. Dieser wurde von der Beklagten zurückgewiesen. Mit weiterem Anwaltsschreiben vom 07.11.2014 wiederholte die Klägerin den Widerspruch und erklärte hilfsweise die Kündigung des Vertrags. Mit Schreiben vom 16.12.2014 bestätigte die Beklagte die Kündigung und rechnete den Vertrag ab. Sie zahlte an die Klägerin den ermittelten Rückkaufwert in Höhe von 12.510,88 EUR abzüglich abzuführender Steuern in Höhe von 24,53 EUR, somit 12.486,35 EUR aus. Mit Anwaltsschreiben vom 02.01.2015 wiederholte die Klägerin ein weiteres Mal den Widerspruch und forderte die Beklagte unter Fristsetzung bis zum 09.01.2015 auf, wegen der insgesamt erbrachten Prämienzahlungen und der gezogenen Nutzungen einen Betrag in Höhe von weiteren 3.774,77 EUR zu zahlen.
Die Klägerin hat erstinstanzlich vorgetragen, dass die erteilte Belehrung unwirksam sei. Sie sei bereits formell unwirksam, da diese im Fließtext weitgehend „untergehe“. Auch inhaltlich sei die Belehrung zu beanstanden, da nicht eindeutig über die maßgebliche Frist belehrt worden sei. Insbesondere sei die Verweisung auf die Belehrung in den Verbraucherinformationen nicht statthaft. Darüber hinaus sei das Policenmodell europarechtswidrig, sodass der Versicherungsvertrag auch aus diesem Grund unwirksam sei. Der Vertrag sei daher rückabzuwickeln. Sie habe Prämien in Höhe von insgesamt 14.181,59 EUR entrichtet und damit 1.695,24 EUR mehr als der von der Beklagten ermittelte Rückkaufwert. Die gezogenen Nutzungen dürfe sie mit 5% p.a. schätzen. Insoweit ergebe sich ein Betrag in Höhe von 3.555,46 EUR. Es sei ihr nicht zuzumuten, die Geschäftsberichte der Beklagten auszuwerten. Der Anspruch ergebe sich auch unter Schadensersatzgesichtspunkten. Ein Hinweis auf Rückvergütungen (Kick-Back) sei nicht erfolgt. Hilfsweise bestehe ein Auskunftsanspruch hinsichtlich der Höhe des ungekürzten Rückkaufwerts, des ungezillmerten Deckungskapitals, der Überschussbeteiligung und zu der Frage, ob die Beklagte Rückvergütungen erhalten habe.
10 
Die Klägerin hat erstinstanzlich beantragt,
11 
I. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 5.250,70 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 % p.a. seit dem 03.01.2015 zu bezahlen,
12 
II. hilfsweise für den Fall, dass dem Klageantrag zu I. nicht stattgegeben wird, die Beklagte zu verurteilen, an einen von der Klägerin zu benennenden, mit Ausnahme gegenüber dem Gericht allgemein zur Verschwiegenheit verpflichteten Versicherungsmathematiker hinsichtlich des zwischen den Parteien bestehenden fondsgebundenen Lebensversicherungsvertrages 6161226179 Auskunft darüber zu erteilen,
13 
a. welchen Rückkaufswert (gemäß § 176 Abs. 1 und 3 VVG) der Vertrag im Zeitpunkt seiner Beendigung hatte, dies jeweils ohne Durchführung eines „Abzugs“ gemäß § 176 Abs. 4 bzw. § 174 Abs. 4 VVG,
14 
b. wie hoch das mit den Rechnungsgrundlagen der Prämienkalkulation berechnete ungezillmerte Deckungskapital der Vertrag im Zeitpunkt seiner Beendigung war,
15 
c. welche Überschussbeteiligung an dem Vertrag im Zeitpunkt seiner Beendigung bereits zugewiesen worden war und welche Kapitalertragssteuern und Solidaritätszuschläge hierauf an die Finanzverwaltung abgeführt wurden, wobei die Auskunft durch Angabe der angewandten Formelwerke und der zur Anwendung der Formelwerke erforderlichen Einsatzwerte in nachvollziehbarer und nachprüfbarer Weise zu erfolgen hat,
16 
d. ob und wenn ja in welcher Höhe von den Kapitalanlagegesellschaften, in denen die zum fondsgebundenen Lebensversicherungsvertrages 6161226179 gezahlten Beiträge investiert wurden, an die Beklagte Rückvergütungen in Form von verdeckten Gewinnbeteiligungen gezahlt wurden,
17 
e. sowie einen sich nach der Auskunft ergebenden Betrag nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.
18 
Die Beklagte hat beantragt,
19 
die Klage abzuweisen.
20 
Sie hat geltend gemacht, der erklärte Widerspruch sei verfristet. Die erteilte Belehrung sei wirksam. Sie sei im Original drucktechnisch in kursiver Schrift hervorgehoben und damit vom übrigen Text abgesetzt gewesen. Das Policenmodell sei europarechtskonform. Unabhängig davon sei es der Klägerin nach den Grundsätzen von Treu und Glauben verwehrt, sich auf eine Unwirksamkeit des Vertrages zu berufen, nachdem dieser fast 10 Jahre vereinbarungsgemäß durchgeführt worden sei. Bereicherungsrechtliche Ansprüche seien zudem verjährt. Die Prämienzahlungen der Beklagten beliefen sich auf lediglich 14.023,58 EUR. Bei einer Rückabwicklung müsste sich die Klägerin den erhaltenen Versicherungsschutz anrechnen lassen. Bei der Saldierung seien zudem die angefallenen Verwaltungs- und Abschlusskosten sowie die erhobenen Ratenzuschläge in Abzug zu bringen. Eine Pflichtverletzung bei Vertragsabschluss liege nicht vor. Die Sparanteile seien zu 100% in den vereinbarten Fonds investiert worden. Die Kick-Back-Rechtsprechung finde keine Anwendung. Die hilfsweise begehrten Auskünfte seien bereits erteilt worden.
21 
Mit Urteil vom 11.06.2015 hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Die Prämien seien aufgrund des abgeschlossenen Versicherungsvertrags nicht ohne Rechtsgrund geleistet worden. Das Policenmodell begegne keinen europarechtlichen Bedenken, sodass eine Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union nicht veranlasst sei. Der erklärte Widerruf sei verfristet. Die erteilte Belehrung sei wirksam. Diese sei auf der ersten Seite des Policenbegleitschreibens unter der Rubrik „Wichtige Hinweises“ durch die in Großschrift gehaltene Überschrift „Widerspruchsrecht“ drucktechnisch so hervorgehoben, dass sie auch dann, wenn die Klägerin nicht nach einer Belehrung suchte, nicht übersehen werden konnte. Die Belehrung entspreche hinsichtlich der Form und Frist den gesetzlichen Vorgaben des § 5a Abs. 2 VVG a.F.. Dementsprechend habe die Klägerin auch keinen Anspruch auf Herausgabe gezogener Nutzungen. Im Übrigen sei der Vortrag insoweit weder substantiiert noch unter Beweis gestellt worden. Auch ein vertraglicher Schadensersatzanspruch stehe der Klägerin nicht zu. Die Behauptung, die Klägerin könne Rückvergütungen erhalten haben, stelle keinen substantiierten Vortrag zu einer Pflichtverletzung dar. Die hilfsweise geltend gemachten Auskunftsansprüche seien von der Beklagten bereits erfüllt worden.
22 
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Berufung der Klägerin, die ihren erstinstanzlichen Hauptantrag weitererfolgt. Sie rügt eine fehlerhafte Rechtsanwendung, soweit das Landgericht die erteilte Belehrung für wirksam erachtet habe. Ergänzend führt sie aus, dass die Beklagte sich nicht auf Verwirkung berufen könne. Es sei nicht ersichtlich, dass die Beklagte sich darauf eingerichtet habe, die Klägerin werde ein ihr zustehendes Widerspruchsrecht nicht mehr ausüben.
23 
Die Klägerin beantragt,
24 
unter Abänderung des am 11.06.2015 verkündeten Urteils des Landgerichts Mannheim, Az. 9 O 5/15, die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 5.250,70 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 03.01.2015 zu zahlen.
25 
Die Beklagte verteidigt die angefochtene Entscheidung und beantragt,
26 
die Berufung zurückzuweisen.
27 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird, soweit in diesem Urteil keine anderen Feststellungen getroffen sind, auf die tatsächlichen Feststellungen der angefochtenen Entscheidung, die gewechselten Schriftsätze der Parteien sowie die von ihnen vorgelegten Anlagen Bezug genommen.
II.
28 
Die zulässige Berufung ist teilweise begründet. Die Klägerin hat unter dem Gesichtspunkt der ungerechtfertigten Bereicherung (§ 812 Abs. 1 Satz 1 BGB) Anspruch auf eine weitere Zahlung in Höhe von 1.282,99 EUR nebst Verzugszinsen seit 10.01.2015.
29 
1. Die Klägerin hat fristgerecht den Widerspruch erklärt. Die erteilte Widerspruchsbelehrung ist unwirksam (dazu a.). Die Jahresfrist des § 5 Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. findet infolge richtlinienkonformer Auslegung keine Anwendung (dazu b.).
30 
a. Die erteilte Belehrung ist unzureichend. Nach § 5a Abs. 2 Satz 1 VVG a.F. beginnt die Widerspruchsfrist erst zu laufen, wenn dem Versicherungsnehmer der Versicherungsschein und die in § 5a Abs. 1 VVG a.F. bezeichneten Unterlagen - also die Versicherungsbedingungen und die Verbraucherinformationen nach § 10a VAG - vorliegen und der Versicherungsnehmer bei Aushändigung des Versicherungsscheins schriftlich in drucktechnisch deutlicher Form über das Widerspruchsrecht, den Fristbeginn und die Dauer belehrt worden ist. Die Belehrung im Begleitschreiben erwähnt aber nur den Versicherungsschein. Der Verweis auf die - im Hinblick auf die maßgeblichen Unterlagen zutreffende, aber ihrerseits nicht besonders hervorgehobene Belehrung unter Ziff. 6 der Verbraucherinformationen - ist nicht ausreichend, weil in der maßgeblichen Belehrung selbst vollständig und richtig auf den Fristbeginn hinzuweisen ist. Dies ergibt sich bereits aus dem Wortlaut der Vorschrift. Das Erfordernis der hervorgehobenen Belehrung bezieht sich auch auf den maßgeblichen Fristbeginn. Zum anderen folgt dies aus dem Sinn und Zweck des Belehrungserfordernisses. Dieser besteht darin, dem Versicherungsnehmer die Möglichkeit zu geben, Vor- und Nachteile des Geschäfts in Ruhe zu überdenken und diesem innerhalb bestimmter Frist zu widersprechen. Um diesen Schutzzweck zu erreichen und zu verhindern, dass der Widerspruch aus Unkenntnis der Rechtslage unterbleibt, ist es erforderlich, den Versicherungsnehmer durch eine entsprechende Ausgestaltung auf sein Widerspruchsrecht unübersehbar hinzuweisen. Dies setzt voraus, dass sich die Belehrung aus dem übrigen Text deutlich heraushebt und so die Rechtslage unübersehbar zur Kenntnis bringt. Die Belehrung darf in den Vertragsunterlagen nicht nahezu untergehen. Sie ist so gesondert zu präsentieren beziehungsweise drucktechnisch so stark hervorzuheben, dass sie dem Versicherungsnehmer nicht entgehen könnte, selbst wenn er nicht nach einer Widerspruchsmöglichkeit sucht (vgl. Senat, Urteil vom 15.01.2015, 12 U 78/13, juris, Tz. 45). Dieser Zweck würde aber konterkariert, wenn man es entsprechend der Ansicht der Beklagten genügen lassen wollte, in der Belehrung wegen der Voraussetzungen des Widerspruchsrechts auf andere, nicht hervorgehobene und damit nicht ohne weiteres auffindbare Stellen in den Versicherungsunterlagen Bezug zu nehmen, die sich der Versicherungsnehmer erst zusammensuchen muss.
31 
Auf die Frage, ob entsprechend der Auffassung der Klägerin die Belehrung auch im Hinblick auf die Fristdauer zu beanstanden ist, kommt es damit ebenso wenig an, wie auf die Behauptung der Beklagten, die streitgegenständliche Belehrung sei im Original in kursiver Schrift gehalten und damit ausreichend hervorgehoben gewesen.
32 
b. Der Widerspruch ist damit ungeachtet von § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG - der auch bei fehlender oder unwirksamer Belehrung ein Ende der Widerspruchsfrist spätestens ein Jahr nach Zahlung der ersten Prämie vorsieht - nicht verfristet. Diese Vorschrift findet im Bereich der Lebens- und Rentenversicherung in den Fällen einer unzureichenden Widerspruchsbelehrung infolge richtlinienkonformer Auslegung keine Anwendung (BGH, Urteil vom 07.05.2014, IV ZR 76/11, juris).
33 
2. Die Klägerin hat ihr Recht zum Widerspruch nicht verwirkt. Ein Recht ist verwirkt, wenn seit der Möglichkeit der Geltendmachung längere Zeit verstrichen ist (Zeitmoment) und besondere Umstände hinzutreten, die die verspätete Geltendmachung als Verstoß gegen Treu und Glauben erscheinen lassen (Umstandsmoment). Letzteres ist der Fall, wenn der Verpflichtete bei objektiver Betrachtung aus dem Verhalten des Berechtigten entnehmen durfte, dass dieser sein Recht nicht mehr geltend machen werde. Ferner muss sich der Verpflichtete im Vertrauen auf das Verhalten des Berechtigten in seinen Maßnahmen so eingerichtet haben, dass ihm durch die verspätete Durchsetzung des Rechts ein unzumutbarer Nachteil entstünde.
34 
Es fehlt hier am Umstandsmoment. Aus der jahrelangen Prämienzahlung allein lässt sich ein treuwidriges Verhalten nicht herleiten. Ein schutzwürdiges Vertrauen des Versicherers kann nur bei ordnungsgemäßer Belehrung entstehen (vgl. BGH, aaO, Tz. 39 f; Senat, Urteil vom 22.05.2015 - 12 U 122/12, juris, Tz. 39)
35 
3. Der erhobene Verjährungseinwand der Beklagten greift nicht durch. Die dreijährige Regelverjährungsfrist nach §§ 195, 199 BGB war zum Zeitpunkt der Klageerhebung nicht abgelaufen. Die Widerspruchserklärung ist entscheidend für die Entstehung des Bereicherungsanspruchs im Sinne des § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB (BGH, Urteil vom 08.04.2015, IV ZR 103/15, juris, Tz. 19). Der Bereicherungsanspruch wurde erst fällig, als die Klägerin den Widerspruch erklärte und damit dem bis dahin schwebend unwirksamen Versicherungsvertrag (vgl. BGH, aaO, Tz. 22) endgültig die Wirksamkeit versagte. Auch wenn während der schwebenden Unwirksamkeit (noch) kein Rechtsgrund für die Prämienzahlung des Versicherungsnehmers bestand, wurde erst durch den Widerspruch der Schwebezustand beendet und Klarheit geschaffen, dass dem Versicherer die geleisteten Prämien nicht zustanden. Erst nach der Entscheidung des Versicherungsnehmers, den Widerspruch zu erklären, stand fest, dass der Vertrag, den die Parteien bis dahin wie einen wirksamen Vertrag durchgeführt hatten, endgültig unwirksam war (vgl. BGH, aaO, Tz 23; Senat, aaO, Tz. 38).
36 
4. Für die demnach vorzunehmende bereicherungsrechtliche Abwicklung gilt folgendes:
37 
a. Die Beklagte hat Prämienzahlungen der Klägerin in Höhe von 14.023,38 EUR zugestanden. Soweit die Klägerin Prämienzahlungen in Höhe von insgesamt 14.181,59 EUR behauptet hat, hat sie hierfür keinen Beweis angetreten und bleibt daher beweisfällig.
38 
b. Der Höhe nach umfasst der Rückgewähranspruch nach § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB nicht uneingeschränkt alle gezahlten Prämien. Erlangter Versicherungsschutz ist ein Vermögensvorteil, dessen Wert nach § 818 Abs. 2 BGB zu ersetzen ist (BGH, Urteil vom 07.05.2014, IV ZR 76/11, juris, Tz. 45).Dementsprechend muss sich die Klägerin im Rahmen der bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung den Wert des Versicherungsschutzes anrechnen lassen, den sie bis zur Kündigung des Vertrags genossen hat (vgl. u.a. BGH, Urteil vom 29.07.2015 - IV ZR 123/14, juris, Tz. 18; Senat, aaO, Tz. 49 f). Die Beklagte hat hier den Risikoanteil bereits in der Klageerwiderung mit 229,51 EUR beziffert. Dies wurde von Klägerin nicht konkret bestritten, sodass dieser Betrag zugrunde zu legen ist.
39 
c. Abzuziehen ist neben dem ausgekehrten Betrag in Höhe von 12.486,35 EUR auch die abgeführte Kapitalertragssteuer nebst Solidaritätszuschlag in Höhe von 24,53 EUR. Die von der Beklagten abgeführte Steuerzahlung ist der Klägerin als Vermögensvorteil anzurechnen, da sie auf diese Weise von einer Steuer- und Abgabenschuld befreit wurde (vgl. BGH, Urteil vom 29.07.2015, IV ZR 448/14, juris, Ls. und Tz. 41ff).
40 
d. Hinsichtlich der Abschluss- und Verwaltungskosten kann die Beklagte nicht den Entreicherungseinwand geltend machen. Vermögensnachteile des Bereicherungsschuldners sind nur berücksichtigungsfähig, wenn sie bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise adäquat-kausal auf der Bereicherung beruhen (u.a. BGH, NJW-RR 2015, 677, Tz. 14 m.w.N.). Nach dieser Maßgabe sind die Verwaltungskosten bereits deshalb nicht bereicherungsmindernd zu berücksichtigen, weil sie nicht adäquat-kausal durch die Prämienzahlungen der Kläger entstanden, sondern unabhängig von dem streitgegenständlichen Versicherungsvertrag angefallen und beglichen worden sind. Auch die Verwendung der Verwaltungskostenanteile der gezahlten Prämien für die Bestreitung von Aufwendungen für den Versicherungsbetrieb wirkt nicht bereicherungsreduzierend, da sich die Beklagte auf diese Weise den Einsatz sonstiger Finanzmittel erspart hat.
41 
Auch in Bezug auf die Abschlusskosten kann die Beklagte nicht mit Erfolg den Entreicherungseinwand erheben. Solche Aufwendungen, die dem Bereicherungsschuldner im Zusammenhang mit der Erlangung des Bereicherungsgegenstandes entstanden sind, sind nicht ohne weiteres bereicherungsmindernd anzuerkennen; vielmehr hängt dies maßgeblich davon ab, welcher der Parteien des Bereicherungsverhältnisses das jeweilige Entreicherungsrisiko zugewiesen ist (BGH NJW 2014, 854, Tz. 31 m.w.N.). Dies ist hier die Beklagte. Der mit der richtlinienkonformen Auslegung bezweckte Schutz des Versicherungsnehmers erfordert es, dass der Versicherer in Fällen des wirksamen Widerspruchs das Entreicherungsrisiko hinsichtlich der Abschlusskosten trägt (BGH, Urteil vom 29.07.2015, IV ZR 384/14, juris, Tz. 43; Senat, aaO).
42 
e. Die von der Beklagten geltend gemachten Ratenzuschläge in Höhe von 164,22 EUR können im Rahmen der bereicherungsrechtlichen Saldierung ebenfalls nicht berücksichtigt werden. Es ist weder konkret vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass der Klägerin durch das vereinbarte Zahlungsintervall ein weiterer Vermögensvorteil zugeflossen ist, der den angesetzten Risikoanteil übersteigt. Der Wert des genossenen Versicherungsschutzes ist unabhängig von den Modalitäten der vereinbarten Gegenleistung zu beurteilen.
43 
f. Der geltend gemachte Anspruch auf Herausgabe der gezogenen Nutzungen richtet sich nach § 818 Abs. 1 BGB und umfasst nur die tatsächlich gezogenen Nutzungen (vgl. u.a. BGHZ 102, 41, juris, Tz. 21). Die Darlegungs- und Beweislast liegt dabei beim Versicherungsnehmer. Es bedarf dabei eines entsprechenden Tatsachenvortrags, der nicht ohne Bezug zur Ertragslage des jeweiligen Versicherers auf eine tatsächliche Vermutung einer Gewinnerzielung in bestimmter Höhe etwa in Höhe des Verzugszinssatzes gestützt werden kann (BGH, Urteil vom 29.07.2015, IV ZR 384/14, juris, Tz. 46). Diesen Anforderungen genügt der Vortrag der Klägerin trotz erteilten Hinweises des Senatsgemäß Verfügung vom 21.09.2015 nicht. Soweit sie hilfsweise gezogene Nutzungen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz behauptet und sich hierzu hilfsweise auf die Geschäftsberichte der Beklagten bezogen und Sachverständigenbeweis angeboten hat, ist dies nicht ausreichend. Die Klägerin trägt die maßgeblichen Tatsachen zur Ertragslage der Beklagten nicht selbst vor, sondern möchte diese erst durch das beantragte Sachverständigengutachten ermitteln lassen. Dabei handelt es sich aber um einen unzulässigen Ausforschungsbeweis.
44 
g. Damit ergibt sich folgende Berechnung:
45 
Prämienzahlungen
14.023,38 EUR
abzgl. ausgekehrter Betrag    
12.486,35 EUR
abzgl. bezahlter Steuern
24,53 EUR
abzgl. Risikoanteil
229,51 EUR
Summe
1.282,99 EUR
46 
5. Der Zinsanspruch folgt aus §§ 286 Abs. 1, 288 Abs. 1 BGB. Verzug ist dabei erst mit Ablauf der bis zum 09.01.2015 gesetzten Frist eingetreten.
47 
6. Weitergehende Ansprüche ergeben sich insbesondere auch nicht unter dem Gesichtspunkt des Schadensersatzes. Das Landgericht hat zutreffend darauf hingewiesen, dass es bereits an einer konkreten Darlegung einer Pflichtverletzung fehlt. Gegen diese Bewertung bringt die Berufung keine Angriffe vor.
48 
7. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.
49 
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 543 Abs. 2 ZPO) bestehen nicht.