Tenor

1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Mannheim vom 11.06.2015 - 9 O 5/15 - im Kostenpunkt aufgehoben und im Übrigen wie folgt abgeändert:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.282,99 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 10.01.2015 zu bezahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die weitergehende Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.

3. Von den Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen trägt die Beklagte 24%, die Klägerin 76%.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

5. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

 
I.
Die Klägerin macht restliche Zahlungsansprüche aus einem beendeten Versicherungsvertrag geltend, der nach dem sogenannten Policenmodell abgeschlossen worden war.
Die Klägerin stellte am 09.12.2004 einen Antrag auf Abschluss einer fondsgebundenen Rentenversicherung. Am 14.12.2004 stellte die Beklagte den Versicherungsschein aus. Danach betrugen die Versicherungsprämien bei einer vereinbarten Dynamisierung von 6% p.a. anfänglich 100,00 EUR monatlich. Der jeweilige Sparanteil sollte in den Fonds D. investiert werden. Als Ablauftermin der Beitragszahlung wurde der 31.12.2017, als Beginn der Rentenzahlung der 01.01.2033 festgelegt. Die Beklagte übersandte der Klägerin den Versicherungsschein nebst den maßgeblichen Versicherungsbedingungen und den Verbraucherinformationen mit Begleitschreiben vom 14.12.2004. Dieses enthält folgende Belehrung:
WIDERSPRUCHSRECHT
Wie Ihnen bereits aufgrund unseres Hinweises im Versicherungsantrag bekannt ist, können Sie innerhalb einer bestimmten Frist nach Erhalt des Versicherungsscheins dem Versicherungsvertrag uns gegenüber in Textform widersprechen. Genaue Angaben über Beginn und Ablauf der Frist enthält die Ziffer „Können Sie nach Abschluss des Versicherungsvertrags dem Vertrag noch widersprechen“ in der beigefügten Verbraucherinformation zu Ihrer Fondsgebundenen Rentenversicherung nach Tarif (…). BITTE BEACHTEN SIE HIERZU, DASS AUFGRUND EINER ÄNDERUNG DES VERSICHERUNGSVERTRAGSGESETZES (VVG) DIE WIDERSPRUCHSFRIST AB DEM 01.10.2004 VON 14 AUF 30 TAGE VERLÄNGERT WURDE. DIESE REGELUNG GILT SELBSTVERSTÄNDLICH AUCH FÜR IHREN VERTRAG. Zur Wahrung der Frist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerspruchs.
In den Verbraucherinformationen findet sich unter Ziff. 6 folgender Hinweis:
6. Können Sie nach Abschluss des Versicherungsvertrags dem Vertrag noch widersprechen?
Dem Versicherungsvertragsgesetz zufolge haben Sie das Recht, dem Vertrag uns gegenüber in Textform zu widersprechen. Die Frist zur Ausübung Ihres Widerspruchs beträgt 14 Tage und beginnt erst mit dem Zeitpunkt, zu dem Sie von uns Ihren Versicherungsschein, die Versicherungsbedingungen und die Verbraucherinformationen nach § 10a des Versicherungsaufsichtsgesetzes (VAG) erhalten haben. (…)
Der Vertrag wurde zunächst plangemäß durchgeführt. Mit Schreiben vom 24.11.2007 beantragte die Klägerin die Stundung der Versicherungsbeiträge. Zum 01.07.2008 erfolgte eine Vertragsänderung, durch die u.a. die unbezahlten Beträge seit 01.01.2008 ausgeglichen wurden. Mit Anwaltsschreiben vom 23.10.2014 erklärte die Klägerin den Widerspruch nach § 5a VVG a.F.. Dieser wurde von der Beklagten zurückgewiesen. Mit weiterem Anwaltsschreiben vom 07.11.2014 wiederholte die Klägerin den Widerspruch und erklärte hilfsweise die Kündigung des Vertrags. Mit Schreiben vom 16.12.2014 bestätigte die Beklagte die Kündigung und rechnete den Vertrag ab. Sie zahlte an die Klägerin den ermittelten Rückkaufwert in Höhe von 12.510,88 EUR abzüglich abzuführender Steuern in Höhe von 24,53 EUR, somit 12.486,35 EUR aus. Mit Anwaltsschreiben vom 02.01.2015 wiederholte die Klägerin ein weiteres Mal den Widerspruch und forderte die Beklagte unter Fristsetzung bis zum 09.01.2015 auf, wegen der insgesamt erbrachten Prämienzahlungen und der gezogenen Nutzungen einen Betrag in Höhe von weiteren 3.774,77 EUR zu zahlen.
Die Klägerin hat erstinstanzlich vorgetragen, dass die erteilte Belehrung unwirksam sei. Sie sei bereits formell unwirksam, da diese im Fließtext weitgehend „untergehe“. Auch inhaltlich sei die Belehrung zu beanstanden, da nicht eindeutig über die maßgebliche Frist belehrt worden sei. Insbesondere sei die Verweisung auf die Belehrung in den Verbraucherinformationen nicht statthaft. Darüber hinaus sei das Policenmodell europarechtswidrig, sodass der Versicherungsvertrag auch aus diesem Grund unwirksam sei. Der Vertrag sei daher rückabzuwickeln. Sie habe Prämien in Höhe von insgesamt 14.181,59 EUR entrichtet und damit 1.695,24 EUR mehr als der von der Beklagten ermittelte Rückkaufwert. Die gezogenen Nutzungen dürfe sie mit 5% p.a. schätzen. Insoweit ergebe sich ein Betrag in Höhe von 3.555,46 EUR. Es sei ihr nicht zuzumuten, die Geschäftsberichte der Beklagten auszuwerten. Der Anspruch ergebe sich auch unter Schadensersatzgesichtspunkten. Ein Hinweis auf Rückvergütungen (Kick-Back) sei nicht erfolgt. Hilfsweise bestehe ein Auskunftsanspruch hinsichtlich der Höhe des ungekürzten Rückkaufwerts, des ungezillmerten Deckungskapitals, der Überschussbeteiligung und zu der Frage, ob die Beklagte Rückvergütungen erhalten habe.
10 
Die Klägerin hat erstinstanzlich beantragt,
11 
I. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 5.250,70 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 % p.a. seit dem 03.01.2015 zu bezahlen,
12 
II. hilfsweise für den Fall, dass dem Klageantrag zu I. nicht stattgegeben wird, die Beklagte zu verurteilen, an einen von der Klägerin zu benennenden, mit Ausnahme gegenüber dem Gericht allgemein zur Verschwiegenheit verpflichteten Versicherungsmathematiker hinsichtlich des zwischen den Parteien bestehenden fondsgebundenen Lebensversicherungsvertrages 6161226179 Auskunft darüber zu erteilen,
13 
a. welchen Rückkaufswert (gemäß § 176 Abs. 1 und 3 VVG) der Vertrag im Zeitpunkt seiner Beendigung hatte, dies jeweils ohne Durchführung eines „Abzugs“ gemäß § 176 Abs. 4 bzw. § 174 Abs. 4 VVG,
14 
b. wie hoch das mit den Rechnungsgrundlagen der Prämienkalkulation berechnete ungezillmerte Deckungskapital der Vertrag im Zeitpunkt seiner Beendigung war,
15 
c. welche Überschussbeteiligung an dem Vertrag im Zeitpunkt seiner Beendigung bereits zugewiesen worden war und welche Kapitalertragssteuern und Solidaritätszuschläge hierauf an die Finanzverwaltung abgeführt wurden, wobei die Auskunft durch Angabe der angewandten Formelwerke und der zur Anwendung der Formelwerke erforderlichen Einsatzwerte in nachvollziehbarer und nachprüfbarer Weise zu erfolgen hat,
16 
d. ob und wenn ja in welcher Höhe von den Kapitalanlagegesellschaften, in denen die zum fondsgebundenen Lebensversicherungsvertrages 6161226179 gezahlten Beiträge investiert wurden, an die Beklagte Rückvergütungen in Form von verdeckten Gewinnbeteiligungen gezahlt wurden,
17 
e. sowie einen sich nach der Auskunft ergebenden Betrag nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.
18 
Die Beklagte hat beantragt,
19 
die Klage abzuweisen.
20 
Sie hat geltend gemacht, der erklärte Widerspruch sei verfristet. Die erteilte Belehrung sei wirksam. Sie sei im Original drucktechnisch in kursiver Schrift hervorgehoben und damit vom übrigen Text abgesetzt gewesen. Das Policenmodell sei europarechtskonform. Unabhängig davon sei es der Klägerin nach den Grundsätzen von Treu und Glauben verwehrt, sich auf eine Unwirksamkeit des Vertrages zu berufen, nachdem dieser fast 10 Jahre vereinbarungsgemäß durchgeführt worden sei. Bereicherungsrechtliche Ansprüche seien zudem verjährt. Die Prämienzahlungen der Beklagten beliefen sich auf lediglich 14.023,58 EUR. Bei einer Rückabwicklung müsste sich die Klägerin den erhaltenen Versicherungsschutz anrechnen lassen. Bei der Saldierung seien zudem die angefallenen Verwaltungs- und Abschlusskosten sowie die erhobenen Ratenzuschläge in Abzug zu bringen. Eine Pflichtverletzung bei Vertragsabschluss liege nicht vor. Die Sparanteile seien zu 100% in den vereinbarten Fonds investiert worden. Die Kick-Back-Rechtsprechung finde keine Anwendung. Die hilfsweise begehrten Auskünfte seien bereits erteilt worden.
21 
Mit Urteil vom 11.06.2015 hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Die Prämien seien aufgrund des abgeschlossenen Versicherungsvertrags nicht ohne Rechtsgrund geleistet worden. Das Policenmodell begegne keinen europarechtlichen Bedenken, sodass eine Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union nicht veranlasst sei. Der erklärte Widerruf sei verfristet. Die erteilte Belehrung sei wirksam. Diese sei auf der ersten Seite des Policenbegleitschreibens unter der Rubrik „Wichtige Hinweises“ durch die in Großschrift gehaltene Überschrift „Widerspruchsrecht“ drucktechnisch so hervorgehoben, dass sie auch dann, wenn die Klägerin nicht nach einer Belehrung suchte, nicht übersehen werden konnte. Die Belehrung entspreche hinsichtlich der Form und Frist den gesetzlichen Vorgaben des § 5a Abs. 2 VVG a.F.. Dementsprechend habe die Klägerin auch keinen Anspruch auf Herausgabe gezogener Nutzungen. Im Übrigen sei der Vortrag insoweit weder substantiiert noch unter Beweis gestellt worden. Auch ein vertraglicher Schadensersatzanspruch stehe der Klägerin nicht zu. Die Behauptung, die Klägerin könne Rückvergütungen erhalten haben, stelle keinen substantiierten Vortrag zu einer Pflichtverletzung dar. Die hilfsweise geltend gemachten Auskunftsansprüche seien von der Beklagten bereits erfüllt worden.
22 
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Berufung der Klägerin, die ihren erstinstanzlichen Hauptantrag weitererfolgt. Sie rügt eine fehlerhafte Rechtsanwendung, soweit das Landgericht die erteilte Belehrung für wirksam erachtet habe. Ergänzend führt sie aus, dass die Beklagte sich nicht auf Verwirkung berufen könne. Es sei nicht ersichtlich, dass die Beklagte sich darauf eingerichtet habe, die Klägerin werde ein ihr zustehendes Widerspruchsrecht nicht mehr ausüben.
23 
Die Klägerin beantragt,
24 
unter Abänderung des am 11.06.2015 verkündeten Urteils des Landgerichts Mannheim, Az. 9 O 5/15, die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 5.250,70 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 03.01.2015 zu zahlen.
25 
Die Beklagte verteidigt die angefochtene Entscheidung und beantragt,
26 
die Berufung zurückzuweisen.
27 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird, soweit in diesem Urteil keine anderen Feststellungen getroffen sind, auf die tatsächlichen Feststellungen der angefochtenen Entscheidung, die gewechselten Schriftsätze der Parteien sowie die von ihnen vorgelegten Anlagen Bezug genommen.
II.
28 
Die zulässige Berufung ist teilweise begründet. Die Klägerin hat unter dem Gesichtspunkt der ungerechtfertigten Bereicherung (§ 812 Abs. 1 Satz 1 BGB) Anspruch auf eine weitere Zahlung in Höhe von 1.282,99 EUR nebst Verzugszinsen seit 10.01.2015.
29 
1. Die Klägerin hat fristgerecht den Widerspruch erklärt. Die erteilte Widerspruchsbelehrung ist unwirksam (dazu a.). Die Jahresfrist des § 5 Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. findet infolge richtlinienkonformer Auslegung keine Anwendung (dazu b.).
30 
a. Die erteilte Belehrung ist unzureichend. Nach § 5a Abs. 2 Satz 1 VVG a.F. beginnt die Widerspruchsfrist erst zu laufen, wenn dem Versicherungsnehmer der Versicherungsschein und die in § 5a Abs. 1 VVG a.F. bezeichneten Unterlagen - also die Versicherungsbedingungen und die Verbraucherinformationen nach § 10a VAG - vorliegen und der Versicherungsnehmer bei Aushändigung des Versicherungsscheins schriftlich in drucktechnisch deutlicher Form über das Widerspruchsrecht, den Fristbeginn und die Dauer belehrt worden ist. Die Belehrung im Begleitschreiben erwähnt aber nur den Versicherungsschein. Der Verweis auf die - im Hinblick auf die maßgeblichen Unterlagen zutreffende, aber ihrerseits nicht besonders hervorgehobene Belehrung unter Ziff. 6 der Verbraucherinformationen - ist nicht ausreichend, weil in der maßgeblichen Belehrung selbst vollständig und richtig auf den Fristbeginn hinzuweisen ist. Dies ergibt sich bereits aus dem Wortlaut der Vorschrift. Das Erfordernis der hervorgehobenen Belehrung bezieht sich auch auf den maßgeblichen Fristbeginn. Zum anderen folgt dies aus dem Sinn und Zweck des Belehrungserfordernisses. Dieser besteht darin, dem Versicherungsnehmer die Möglichkeit zu geben, Vor- und Nachteile des Geschäfts in Ruhe zu überdenken und diesem innerhalb bestimmter Frist zu widersprechen. Um diesen Schutzzweck zu erreichen und zu verhindern, dass der Widerspruch aus Unkenntnis der Rechtslage unterbleibt, ist es erforderlich, den Versicherungsnehmer durch eine entsprechende Ausgestaltung auf sein Widerspruchsrecht unübersehbar hinzuweisen. Dies setzt voraus, dass sich die Belehrung aus dem übrigen Text deutlich heraushebt und so die Rechtslage unübersehbar zur Kenntnis bringt. Die Belehrung darf in den Vertragsunterlagen nicht nahezu untergehen. Sie ist so gesondert zu präsentieren beziehungsweise drucktechnisch so stark hervorzuheben, dass sie dem Versicherungsnehmer nicht entgehen könnte, selbst wenn er nicht nach einer Widerspruchsmöglichkeit sucht (vgl. Senat, Urteil vom 15.01.2015, 12 U 78/13, juris, Tz. 45). Dieser Zweck würde aber konterkariert, wenn man es entsprechend der Ansicht der Beklagten genügen lassen wollte, in der Belehrung wegen der Voraussetzungen des Widerspruchsrechts auf andere, nicht hervorgehobene und damit nicht ohne weiteres auffindbare Stellen in den Versicherungsunterlagen Bezug zu nehmen, die sich der Versicherungsnehmer erst zusammensuchen muss.
31 
Auf die Frage, ob entsprechend der Auffassung der Klägerin die Belehrung auch im Hinblick auf die Fristdauer zu beanstanden ist, kommt es damit ebenso wenig an, wie auf die Behauptung der Beklagten, die streitgegenständliche Belehrung sei im Original in kursiver Schrift gehalten und damit ausreichend hervorgehoben gewesen.
32 
b. Der Widerspruch ist damit ungeachtet von § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG - der auch bei fehlender oder unwirksamer Belehrung ein Ende der Widerspruchsfrist spätestens ein Jahr nach Zahlung der ersten Prämie vorsieht - nicht verfristet. Diese Vorschrift findet im Bereich der Lebens- und Rentenversicherung in den Fällen einer unzureichenden Widerspruchsbelehrung infolge richtlinienkonformer Auslegung keine Anwendung (BGH, Urteil vom 07.05.2014, IV ZR 76/11, juris).
33 
2. Die Klägerin hat ihr Recht zum Widerspruch nicht verwirkt. Ein Recht ist verwirkt, wenn seit der Möglichkeit der Geltendmachung längere Zeit verstrichen ist (Zeitmoment) und besondere Umstände hinzutreten, die die verspätete Geltendmachung als Verstoß gegen Treu und Glauben erscheinen lassen (Umstandsmoment). Letzteres ist der Fall, wenn der Verpflichtete bei objektiver Betrachtung aus dem Verhalten des Berechtigten entnehmen durfte, dass dieser sein Recht nicht mehr geltend machen werde. Ferner muss sich der Verpflichtete im Vertrauen auf das Verhalten des Berechtigten in seinen Maßnahmen so eingerichtet haben, dass ihm durch die verspätete Durchsetzung des Rechts ein unzumutbarer Nachteil entstünde.
34 
Es fehlt hier am Umstandsmoment. Aus der jahrelangen Prämienzahlung allein lässt sich ein treuwidriges Verhalten nicht herleiten. Ein schutzwürdiges Vertrauen des Versicherers kann nur bei ordnungsgemäßer Belehrung entstehen (vgl. BGH, aaO, Tz. 39 f; Senat, Urteil vom 22.05.2015 - 12 U 122/12, juris, Tz. 39)
35 
3. Der erhobene Verjährungseinwand der Beklagten greift nicht durch. Die dreijährige Regelverjährungsfrist nach §§ 195, 199 BGB war zum Zeitpunkt der Klageerhebung nicht abgelaufen. Die Widerspruchserklärung ist entscheidend für die Entstehung des Bereicherungsanspruchs im Sinne des § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB (BGH, Urteil vom 08.04.2015, IV ZR 103/15, juris, Tz. 19). Der Bereicherungsanspruch wurde erst fällig, als die Klägerin den Widerspruch erklärte und damit dem bis dahin schwebend unwirksamen Versicherungsvertrag (vgl. BGH, aaO, Tz. 22) endgültig die Wirksamkeit versagte. Auch wenn während der schwebenden Unwirksamkeit (noch) kein Rechtsgrund für die Prämienzahlung des Versicherungsnehmers bestand, wurde erst durch den Widerspruch der Schwebezustand beendet und Klarheit geschaffen, dass dem Versicherer die geleisteten Prämien nicht zustanden. Erst nach der Entscheidung des Versicherungsnehmers, den Widerspruch zu erklären, stand fest, dass der Vertrag, den die Parteien bis dahin wie einen wirksamen Vertrag durchgeführt hatten, endgültig unwirksam war (vgl. BGH, aaO, Tz 23; Senat, aaO, Tz. 38).
36 
4. Für die demnach vorzunehmende bereicherungsrechtliche Abwicklung gilt folgendes:
37 
a. Die Beklagte hat Prämienzahlungen der Klägerin in Höhe von 14.023,38 EUR zugestanden. Soweit die Klägerin Prämienzahlungen in Höhe von insgesamt 14.181,59 EUR behauptet hat, hat sie hierfür keinen Beweis angetreten und bleibt daher beweisfällig.
38 
b. Der Höhe nach umfasst der Rückgewähranspruch nach § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB nicht uneingeschränkt alle gezahlten Prämien. Erlangter Versicherungsschutz ist ein Vermögensvorteil, dessen Wert nach § 818 Abs. 2 BGB zu ersetzen ist (BGH, Urteil vom 07.05.2014, IV ZR 76/11, juris, Tz. 45).Dementsprechend muss sich die Klägerin im Rahmen der bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung den Wert des Versicherungsschutzes anrechnen lassen, den sie bis zur Kündigung des Vertrags genossen hat (vgl. u.a. BGH, Urteil vom 29.07.2015 - IV ZR 123/14, juris, Tz. 18; Senat, aaO, Tz. 49 f). Die Beklagte hat hier den Risikoanteil bereits in der Klageerwiderung mit 229,51 EUR beziffert. Dies wurde von Klägerin nicht konkret bestritten, sodass dieser Betrag zugrunde zu legen ist.
39 
c. Abzuziehen ist neben dem ausgekehrten Betrag in Höhe von 12.486,35 EUR auch die abgeführte Kapitalertragssteuer nebst Solidaritätszuschlag in Höhe von 24,53 EUR. Die von der Beklagten abgeführte Steuerzahlung ist der Klägerin als Vermögensvorteil anzurechnen, da sie auf diese Weise von einer Steuer- und Abgabenschuld befreit wurde (vgl. BGH, Urteil vom 29.07.2015, IV ZR 448/14, juris, Ls. und Tz. 41ff).
40 
d. Hinsichtlich der Abschluss- und Verwaltungskosten kann die Beklagte nicht den Entreicherungseinwand geltend machen. Vermögensnachteile des Bereicherungsschuldners sind nur berücksichtigungsfähig, wenn sie bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise adäquat-kausal auf der Bereicherung beruhen (u.a. BGH, NJW-RR 2015, 677, Tz. 14 m.w.N.). Nach dieser Maßgabe sind die Verwaltungskosten bereits deshalb nicht bereicherungsmindernd zu berücksichtigen, weil sie nicht adäquat-kausal durch die Prämienzahlungen der Kläger entstanden, sondern unabhängig von dem streitgegenständlichen Versicherungsvertrag angefallen und beglichen worden sind. Auch die Verwendung der Verwaltungskostenanteile der gezahlten Prämien für die Bestreitung von Aufwendungen für den Versicherungsbetrieb wirkt nicht bereicherungsreduzierend, da sich die Beklagte auf diese Weise den Einsatz sonstiger Finanzmittel erspart hat.
41 
Auch in Bezug auf die Abschlusskosten kann die Beklagte nicht mit Erfolg den Entreicherungseinwand erheben. Solche Aufwendungen, die dem Bereicherungsschuldner im Zusammenhang mit der Erlangung des Bereicherungsgegenstandes entstanden sind, sind nicht ohne weiteres bereicherungsmindernd anzuerkennen; vielmehr hängt dies maßgeblich davon ab, welcher der Parteien des Bereicherungsverhältnisses das jeweilige Entreicherungsrisiko zugewiesen ist (BGH NJW 2014, 854, Tz. 31 m.w.N.). Dies ist hier die Beklagte. Der mit der richtlinienkonformen Auslegung bezweckte Schutz des Versicherungsnehmers erfordert es, dass der Versicherer in Fällen des wirksamen Widerspruchs das Entreicherungsrisiko hinsichtlich der Abschlusskosten trägt (BGH, Urteil vom 29.07.2015, IV ZR 384/14, juris, Tz. 43; Senat, aaO).
42 
e. Die von der Beklagten geltend gemachten Ratenzuschläge in Höhe von 164,22 EUR können im Rahmen der bereicherungsrechtlichen Saldierung ebenfalls nicht berücksichtigt werden. Es ist weder konkret vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass der Klägerin durch das vereinbarte Zahlungsintervall ein weiterer Vermögensvorteil zugeflossen ist, der den angesetzten Risikoanteil übersteigt. Der Wert des genossenen Versicherungsschutzes ist unabhängig von den Modalitäten der vereinbarten Gegenleistung zu beurteilen.
43 
f. Der geltend gemachte Anspruch auf Herausgabe der gezogenen Nutzungen richtet sich nach § 818 Abs. 1 BGB und umfasst nur die tatsächlich gezogenen Nutzungen (vgl. u.a. BGHZ 102, 41, juris, Tz. 21). Die Darlegungs- und Beweislast liegt dabei beim Versicherungsnehmer. Es bedarf dabei eines entsprechenden Tatsachenvortrags, der nicht ohne Bezug zur Ertragslage des jeweiligen Versicherers auf eine tatsächliche Vermutung einer Gewinnerzielung in bestimmter Höhe etwa in Höhe des Verzugszinssatzes gestützt werden kann (BGH, Urteil vom 29.07.2015, IV ZR 384/14, juris, Tz. 46). Diesen Anforderungen genügt der Vortrag der Klägerin trotz erteilten Hinweises des Senatsgemäß Verfügung vom 21.09.2015 nicht. Soweit sie hilfsweise gezogene Nutzungen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz behauptet und sich hierzu hilfsweise auf die Geschäftsberichte der Beklagten bezogen und Sachverständigenbeweis angeboten hat, ist dies nicht ausreichend. Die Klägerin trägt die maßgeblichen Tatsachen zur Ertragslage der Beklagten nicht selbst vor, sondern möchte diese erst durch das beantragte Sachverständigengutachten ermitteln lassen. Dabei handelt es sich aber um einen unzulässigen Ausforschungsbeweis.
44 
g. Damit ergibt sich folgende Berechnung:
45 
Prämienzahlungen
14.023,38 EUR
abzgl. ausgekehrter Betrag    
12.486,35 EUR
abzgl. bezahlter Steuern
24,53 EUR
abzgl. Risikoanteil
229,51 EUR
Summe
1.282,99 EUR
46 
5. Der Zinsanspruch folgt aus §§ 286 Abs. 1, 288 Abs. 1 BGB. Verzug ist dabei erst mit Ablauf der bis zum 09.01.2015 gesetzten Frist eingetreten.
47 
6. Weitergehende Ansprüche ergeben sich insbesondere auch nicht unter dem Gesichtspunkt des Schadensersatzes. Das Landgericht hat zutreffend darauf hingewiesen, dass es bereits an einer konkreten Darlegung einer Pflichtverletzung fehlt. Gegen diese Bewertung bringt die Berufung keine Angriffe vor.
48 
7. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.
49 
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 543 Abs. 2 ZPO) bestehen nicht.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Oberlandesgericht Karlsruhe Urteil, 19. Jan. 2016 - 12 U 116/15

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Oberlandesgericht Karlsruhe Urteil, 19. Jan. 2016 - 12 U 116/15

Anwälte

1 relevante Anwälte

Referenzen - Veröffentlichungen

Artikel schreiben

1 Veröffentlichung(en) in unserer Datenbank zitieren Oberlandesgericht Karlsruhe Urteil, 19. Jan. 2016 - 12 U 116/15.

1 Artikel zitieren Oberlandesgericht Karlsruhe Urteil, 19. Jan. 2016 - 12 U 116/15.

​OLG Karlsruhe stärkt Verbraucherrechte bei Rückabwicklung von Lebensversicherungen und Rentenversicherungen

09.02.2016

OLG Karlsruhe stärkt Verbraucherrechte bei Rückabwicklung von Lebensversicherungen und Rentenversicherungen Angaben zum Fristbeginn und zur Fristdauer müssen direkt in der Widerrufsbelehrung zu einer Lebensversicherung bzw. Rentenversicherung zu
Wirtschaftsrecht

Referenzen - Gesetze

Oberlandesgericht Karlsruhe Urteil, 19. Jan. 2016 - 12 U 116/15 zitiert 15 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Zivilprozessordnung - ZPO | § 543 Zulassungsrevision


(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie1.das Berufungsgericht in dem Urteil oder2.das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassungzugelassen hat. (2) Die Revision ist zuzulassen, wenn1.die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat

Zivilprozessordnung - ZPO | § 92 Kosten bei teilweisem Obsiegen


(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last. (2) Das Ger

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 286 Verzug des Schuldners


#BJNR001950896BJNE027902377 (1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Z

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 199 Beginn der regelmäßigen Verjährungsfrist und Verjährungshöchstfristen


(1) Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, mit dem Schluss des Jahres, in dem1.der Anspruch entstanden ist und2.der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des S

Gesetz über den Versicherungsvertrag


Versicherungsvertragsgesetz - VVG

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 812 Herausgabeanspruch


(1) Wer durch die Leistung eines anderen oder in sonstiger Weise auf dessen Kosten etwas ohne rechtlichen Grund erlangt, ist ihm zur Herausgabe verpflichtet. Diese Verpflichtung besteht auch dann, wenn der rechtliche Grund später wegfällt oder der mi

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 195 Regelmäßige Verjährungsfrist


Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt drei Jahre.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 818 Umfang des Bereicherungsanspruchs


(1) Die Verpflichtung zur Herausgabe erstreckt sich auf die gezogenen Nutzungen sowie auf dasjenige, was der Empfänger auf Grund eines erlangten Rechts oder als Ersatz für die Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung des erlangten Gegenstands erwirbt

Versicherungsvertragsgesetz - VVG 2008 | § 5 Abweichender Versicherungsschein


(1) Weicht der Inhalt des Versicherungsscheins von dem Antrag des Versicherungsnehmers oder den getroffenen Vereinbarungen ab, gilt die Abweichung als genehmigt, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 erfüllt sind und der Versicherungsnehmer nicht i

Versicherungsvertragsgesetz - VVG 2008 | § 176 Anzuwendende Vorschriften


Die §§ 150 bis 170 sind auf die Berufsunfähigkeitsversicherung entsprechend anzuwenden, soweit die Besonderheiten dieser Versicherung nicht entgegenstehen.

Versicherungsvertragsgesetz - VVG 2008 | § 174 Leistungsfreiheit


(1) Stellt der Versicherer fest, dass die Voraussetzungen der Leistungspflicht entfallen sind, wird er nur leistungsfrei, wenn er dem Versicherungsnehmer diese Veränderung in Textform dargelegt hat. (2) Der Versicherer wird frühestens mit dem Ablauf

Versicherungsvertragsgesetz - VVG 2008 | § 3 Versicherungsschein


(1) Der Versicherer hat dem Versicherungsnehmer einen Versicherungsschein in Textform, auf dessen Verlangen als Urkunde, zu übermitteln. (2) Wird der Vertrag nicht durch eine Niederlassung des Versicherers im Inland geschlossen, ist im Versicherungs

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Oberlandesgericht Karlsruhe Urteil, 19. Jan. 2016 - 12 U 116/15 zitiert oder wird zitiert von 6 Urteil(en).

Oberlandesgericht Karlsruhe Urteil, 19. Jan. 2016 - 12 U 116/15 zitiert 5 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Urteil, 29. Juli 2015 - IV ZR 123/14

bei uns veröffentlicht am 29.07.2015

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL IV ZR123/14 Verkündet am: 29. Juli 2015 Schick Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch die Vorsitzende Ri

Bundesgerichtshof Urteil, 29. Juli 2015 - IV ZR 384/14

bei uns veröffentlicht am 29.07.2015

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL IV ZR384/14 Verkündet am: 29. Juli 2015 Schick Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja VVG a.F. § 5a

Bundesgerichtshof Urteil, 29. Juli 2015 - IV ZR 448/14

bei uns veröffentlicht am 29.07.2015

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL IV ZR448/14 Verkündet am: 29. Juli 2015 Schick Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja VVG a.F. § 5a

Bundesgerichtshof Urteil, 08. Apr. 2015 - IV ZR 103/15

bei uns veröffentlicht am 08.04.2015

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL IV ZR103/15 Verkündet am: 8. April 2015 Heinekamp Amtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja VVG a.F. § 5a,

Bundesgerichtshof Urteil, 07. Mai 2014 - IV ZR 76/11

bei uns veröffentlicht am 07.05.2014

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL IV ZR76/11 Verkündet am: 7. Mai 2014 Heinekamp Justizhauptsekretär als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja BGHR: ja VVG § 5a F.: 21. Juli 1994; Zweite
1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Oberlandesgericht Karlsruhe Urteil, 19. Jan. 2016 - 12 U 116/15.

Landgericht Hamburg Urteil, 10. Juni 2016 - 332 O 80/15

bei uns veröffentlicht am 10.06.2016

Tenor 1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin zu 1) einen Betrag in Höhe von 1.154,53 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 02.01.2015 zu zahlen. 2. Die Beklagte wird weiter verurteilt, an den

Referenzen

Die §§ 150 bis 170 sind auf die Berufsunfähigkeitsversicherung entsprechend anzuwenden, soweit die Besonderheiten dieser Versicherung nicht entgegenstehen.

(1) Der Versicherer hat dem Versicherungsnehmer einen Versicherungsschein in Textform, auf dessen Verlangen als Urkunde, zu übermitteln.

(2) Wird der Vertrag nicht durch eine Niederlassung des Versicherers im Inland geschlossen, ist im Versicherungsschein die Anschrift des Versicherers und der Niederlassung, über die der Vertrag geschlossen worden ist, anzugeben.

(3) Ist ein Versicherungsschein abhandengekommen oder vernichtet, kann der Versicherungsnehmer vom Versicherer die Ausstellung eines neuen Versicherungsscheins verlangen. Unterliegt der Versicherungsschein der Kraftloserklärung, ist der Versicherer erst nach der Kraftloserklärung zur Ausstellung verpflichtet.

(4) Der Versicherungsnehmer kann jederzeit vom Versicherer Abschriften der Erklärungen verlangen, die er mit Bezug auf den Vertrag abgegeben hat. Benötigt der Versicherungsnehmer die Abschriften für die Vornahme von Handlungen gegenüber dem Versicherer, die an eine bestimmte Frist gebunden sind, und sind sie ihm nicht schon früher vom Versicherer übermittelt worden, ist der Lauf der Frist vom Zugang des Verlangens beim Versicherer bis zum Eingang der Abschriften beim Versicherungsnehmer gehemmt.

(5) Die Kosten für die Erteilung eines neuen Versicherungsscheins nach Absatz 3 und der Abschriften nach Absatz 4 hat der Versicherungsnehmer zu tragen und auf Verlangen vorzuschießen.

(1) Stellt der Versicherer fest, dass die Voraussetzungen der Leistungspflicht entfallen sind, wird er nur leistungsfrei, wenn er dem Versicherungsnehmer diese Veränderung in Textform dargelegt hat.

(2) Der Versicherer wird frühestens mit dem Ablauf des dritten Monats nach Zugang der Erklärung nach Absatz 1 beim Versicherungsnehmer leistungsfrei.

(1) Wer durch die Leistung eines anderen oder in sonstiger Weise auf dessen Kosten etwas ohne rechtlichen Grund erlangt, ist ihm zur Herausgabe verpflichtet. Diese Verpflichtung besteht auch dann, wenn der rechtliche Grund später wegfällt oder der mit einer Leistung nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts bezweckte Erfolg nicht eintritt.

(2) Als Leistung gilt auch die durch Vertrag erfolgte Anerkennung des Bestehens oder des Nichtbestehens eines Schuldverhältnisses.

(1) Weicht der Inhalt des Versicherungsscheins von dem Antrag des Versicherungsnehmers oder den getroffenen Vereinbarungen ab, gilt die Abweichung als genehmigt, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 erfüllt sind und der Versicherungsnehmer nicht innerhalb eines Monats nach Zugang des Versicherungsscheins in Textform widerspricht.

(2) Der Versicherer hat den Versicherungsnehmer bei Übermittlung des Versicherungsscheins darauf hinzuweisen, dass Abweichungen als genehmigt gelten, wenn der Versicherungsnehmer nicht innerhalb eines Monats nach Zugang des Versicherungsscheins in Textform widerspricht. Auf jede Abweichung und die hiermit verbundenen Rechtsfolgen ist der Versicherungsnehmer durch einen auffälligen Hinweis im Versicherungsschein aufmerksam zu machen.

(3) Hat der Versicherer die Verpflichtungen nach Absatz 2 nicht erfüllt, gilt der Vertrag als mit dem Inhalt des Antrags des Versicherungsnehmers geschlossen.

(4) Eine Vereinbarung, durch die der Versicherungsnehmer darauf verzichtet, den Vertrag wegen Irrtums anzufechten, ist unwirksam.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR76/11 Verkündet am:
7. Mai 2014
Heinekamp
Justizhauptsekretär
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
VVG § 5a F.: 21. Juli 1994;
Zweite Richtlinie 90/619/EWG des Rates vom 8. November 1990 zur Koordinierung der
Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Direktversicherung (Lebensversicherung)
und zur Erleichterung der tatsächlichen Ausübung des freien Dienstleistungsverkehrs
sowie zur Änderung der Richtlinie 79/267/EWG Artikel 15 Abs. 1 Satz 1;
Richtlinie 92/96/EWG des Rates vom 10. November 1992 zur Koordinierung der
Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Direktversicherung (Lebensversicherung)
sowie zur Änderung der Richtlinien 79/267/EWG und 90/619/EWG (Dritte Richtlinie Lebensversicherung
) Artikel 31 Abs. 1
1. § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. ist unter Beachtung des Urteils des Gerichtshofs der
Europäischen Union vom 19. Dezember 2013 (C-209/12) richtlinienkonform einschränkend
auszulegen.
2. Danach enthält § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. eine planwidrige Regelungslücke, die
richtlinienkonform dergestalt zu schließen ist, dass die Vorschrift im Bereich der Lebens
- und Rentenversicherung und der Zusatzversicherungen zur Lebensversicherung
nicht anwendbar ist, aber auf die übrigen Versicherungsarten uneingeschränkt
Anwendung findet.
3. Im Falle der Unanwendbarkeit des § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. besteht das Widerspruchsrecht
des Versicherungsnehmers, der nicht ordnungsgemäß über sein Widerspruchsrecht
belehrt worden ist und/oder die Versicherungsbedingungen oder eine
Verbraucherinformation nicht erhalten hat, grundsätzlich fort.
4. Ist der Versicherungsvertrag infolge eines rechtzeitigen Widerspruchs nicht wirksam
zustande gekommen, ist bei der bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung der erlangte
Versicherungsschutz zu berücksichtigen.
BGH, Urteil vom 7. Mai 2014 - IV ZR 76/11 - OLG Stuttgart
LG Stuttgart
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch die Vorsitzende
Richterin Mayen, die Richterin Harsdorf-Gebhardt, die Richter
Dr. Karczewski, Lehmann und die Richterin Dr. Brockmöller auf die
mündliche Verhandlung vom 7. Mai 2014

für Recht erkannt:
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des 7. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 31. März 2011 wird als unzulässig verworfen, soweit sie sich gegen die Verneinung eines Schadensersatzanspruchs richtet.
Im Übrigen sowie im Kostenpunkt wird das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens und des Verfahrens vor dem Gerichtshof der Europäischen Union, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger verlangt von der Beklagten Rückzahlung von Versicherungsbeiträgen und Schadensersatz.

2
Er beantragte bei der Beklagten den Abschluss eines Rentenversicherungsvertrages mit Vertragsbeginn zum 1. Dezember 1998. Die Allgemeinen Versicherungsbedingungen und die Verbraucherinformation erhielt er erst mit dem Versicherungsschein. Er wurde nach den Feststellungen des Berufungsgerichts nicht in drucktechnisch deutlicher Form über sein Widerspruchsrecht nach § 5a des Gesetzes über den Versicherungsvertrag (Versicherungsvertragsgesetz - VVG) in der Fassung des Dritten Gesetzes zur Durchführung versicherungsrechtlicher Richtlinien des Rates der Europäischen Gemeinschaften vom 21. Juli 1994 (BGBl. I S. 1630) belehrt.
3
Diese mehrfach geänderte und mit Ablauf des Jahres 2007 außer Kraft getretene Vorschrift hatte in der bis zum 31. Juli 2001 gültigen Fassung folgenden Wortlaut: "(1) Hat der Versicherer dem Versicherungsnehmer bei Antragstellung die Versicherungsbedingungen nicht übergeben oder eine Verbraucherinformation nach § 10a des Versicherungsaufsichtsgesetzes unterlassen, so gilt der Vertrag auf der Grundlage des Versicherungsscheins, der Versicherungsbedingungen und der weiteren für den Vertragsinhalt maßgeblichen Verbraucherinformation als abgeschlossen , wenn der Versicherungsnehmer nicht innerhalb von vierzehn Tagen nach Überlassung der Unterla- gen schriftlich widerspricht. … (2) Der Lauf der Frist beginnt erst, wenn dem Versicherungsnehmer der Versicherungsschein und die Unterlagen nach Absatz 1 vollständig vorliegen und der Versicherungsnehmer bei Aushändigung des Versicherungsscheins schriftlich, in drucktechnisch deutlicher Form über das Widerspruchsrecht , den Fristbeginn und die Dauer belehrt worden ist. Der Nachweis über den Zugang der Unterlagen obliegt dem Versicherer. Zur Wahrung der Frist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerspruchs. Ab- weichend von Satz 1 erlischt das Recht zum Widerspruch jedoch ein Jahr nach Zahlung der ersten Prämie."
4
Von Dezember 1998 bis Dezember 2002 zahlte der Kläger Versicherungsbeiträge in Höhe von insgesamt 51.129,15 €. Nachdem er den Vertrag am 1. Juni 2007 gekündigt hatte, kehrte ihm die Beklagte im September 2007 einen Rückkaufswert von 52.705,94 € aus. Mit Schreiben vom 31. März 2008 erklärte der Kläger den Widerspruch nach § 5a Abs. 1 Satz 1 VVG a.F. gegenüber der Beklagten und forderte sie zur Rückzahlung aller Beiträge nebst Zinsen auf.
5
Der Kläger meint, der Rentenversicherungsvertrag sei nicht wirksam zustande gekommen. Auch nach Ablauf der Frist des - gegen die unten genannten Richtlinien verstoßenden - § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. habe er den Widerspruch erklären können. Außerdem sei ihm die Beklagte zum Schadensersatz verpflichtet, weil sie ihn vor Vertragsschluss nicht über Abschlusskosten, Provisionen, Stornokosten und deren Verrechnung nach dem Zillmerverfahren, die damit verbundenen Nachteile im Falle einer Kündigung sowie über die Berechnung der Überschussbeteiligung informiert habe.
6
Das Landgericht hat die Klage, mit der der Kläger in der Hauptsache unter Verrechnung des Rückkaufswerts weitere 22.272,56 € von der Beklagten verlangt hat, abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die Berufung zurückgewiesen. Diese Forderung verfolgt der Kläger mit der Revision weiter.
7
Der erkennende Senat hat mit Beschluss vom 28. März 2012 (VersR 2012, 608) dem Gerichtshof der Europäischen Union zur Vorabentscheidung die Frage vorgelegt, ob Art. 15 Abs. 1 Satz 1 der Zwei- ten Richtlinie 90/619/EWG des Rates vom 8. November 1990 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Direktversicherung (Lebensversicherung) und zur Erleichterung der tatsächlichen Ausübung des freien Dienstleistungsverkehrs sowie zur Änderung der Richtlinie 79/267/EWG (Zweite Richtlinie Lebensversicherung, ABl. L 330 S. 50) unter Berücksichtigung des Art. 31 Abs. 1 der Richtlinie 92/96/EWG vom 10. November 1992 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Direktversicherung (Lebensversicherung) sowie zur Änderung der Richtlinien 79/267/EWG und 90/619/EWG (Dritte Richtlinie Lebensversicherung, ABl. L 360 S. 1) dahin auszulegen ist, dass er einer Regelung - wie § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. - entgegensteht , nach der ein Rücktritts- oder Widerspruchsrecht spätestens ein Jahr nach Zahlung der ersten Versicherungsprämie erlischt, selbst wenn der Versicherungsnehmer nicht über das Recht zum Rücktritt oder W iderspruch belehrt worden ist. Der Gerichtshof der Europäischen Union hat durch Urteil vom 19. Dezember 2013 (C-209/12, VersR 2014, 225) die Vorlagefrage bejaht.

Entscheidungsgründe:


8
Die Revision ist bezüglich der Schadensersatzforderung als unzulässig zu verwerfen. Im Übrigen führt sie zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
9
A. Dieses hat - soweit für das Revisionsverfahren von Bedeutung - ausgeführt: Dem Kläger stehe kein Rückerstattungsanspruch aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB zu. Da er bei Antragstellung die Versicherungs- bedingungen und die Verbraucherinformation noch nicht von der Beklagten erhalten habe, sei trotz der übereinstimmenden Willenserklärungen beider Vertragsparteien der Versicherungsvertrag zunächst schwebend unwirksam gewesen und hätte durch den Widerspruch des Klägers endgültig unwirksam werden können. Die Beklagte habe den Kläger nicht in drucktechnisch hervorgehobener Form über sein Widerspruchsrecht belehrt , so dass die Widerspruchsfrist gemäß § 5a Abs. 2 Satz 1 VVG a.F. nicht in Gang gesetzt worden sei. Der Vertrag sei gemäß § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. erst ein Jahr nach Zahlung der ersten Prämie, d.h. spätestens mit Ablauf des Monats Januar 2000, rückwirkend endgültig wirksam geworden. Der lange nach Ablauf der Jahresfrist erklärte Widerspruch des Klägers habe hieran nichts mehr ändern können. Die Regelung des § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. sei unter Berücksichtigung des europäischen Rechts nicht zu beanstanden.
10
Der Kläger habe auch keinen Schadensersatzanspruch auf Rückzahlung der Prämien und Erstattung entgangener Zinsvorteile wegen vorvertraglicher Aufklärungspflichtverletzung nach den Grundsätzen des Verschuldens bei Vertragsschluss.
11
B. Die unbeschränkt eingelegte Revision ist mangels Zulassung hinsichtlich des geltend gemachten Schadensersatzanspruchs nicht zulässig. Sie ist nur statthaft, soweit das Berufungsgericht ein Widerspruchsrecht des Klägers und einen daraus abgeleiteten Anspruch nach § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB verneint hat. Es hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung beschränkt auf die Frage, ob die Vorschriften des § 5a VVG a.F. den Regelungen der Europäischen Union entsprechen , zugelassen. Diese im Tenor und in den Entscheidungsgründen des Berufungsurteils mit der gebotenen Deutlichkeit zum Ausdruck gebrachte Beschränkung der Revisionszulassung ist wirksam. Es geht nicht um eine - unzulässige - Beschränkung auf einzelne von mehreren Anspruchsgrundlagen oder auf bestimmte Rechtsfragen. Die zum Anlass für die Zulassung genommene Frage betrifft einen tatsächlich und rechtlich selbständigen , abtrennbaren Teil des Gesamtstreitstoffs, auf den auch die Partei selbst die Revision beschränken könnte (vgl. Senatsurteil vom 17. September 2008 - IV ZR 191/05, VersR 2008, 1524 Rn. 7; BGH, Urteile vom 19. April 2013 - V ZR 113/12, NJW 2013, 1948 Rn. 9; vom 27. September 2011 - II ZR 221/09, WM 2011, 2223 Rn. 18; Beschluss vom 16. Dezember 2010 - III ZR 127/10, WM 2011, 526 Rn. 5; jeweils m.w.N.). Der dem Bereicherungsanspruch zugrunde liegende Sachverhalt kann in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht unabhängig von dem für die Schadensersatzforderung maßgeblichen Prozessstoff beurteilt werden. Der - auf Vertragsaufhebung und Rückzahlung der Prämien gerichtete - Anspruch wegen vorvertraglicher Aufklärungspflichtverletzung, über den das Berufungsgericht entschieden hat, bestünde ungeachtet der Entscheidung zum Zustandekommen des Vertrags nach § 5a VVG a.F. und konnte daher von der Zulassung ausgenommen werden.
12
C. Die Revision ist, soweit sie zulässig ist, begründet. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann dem Kläger ein Bereicherungsanspruch aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB nicht versagt werden.
13
I. Der Kläger kann dem Grunde nach aus ungerechtfertigter Bereicherung Rückzahlung der an die Beklagte gezahlten Prämien verlangen, weil er diese rechtsgrundlos geleistet hat.

14
1. Ein Rechtsgrund ergibt sich nicht aus dem zwischen den Parteien abgeschlossenen Rentenversicherungsvertrag. Dieser ist auf der Grundlage des § 5a VVG a.F. nicht wirksam zustande gekommen, weil der Kläger mit seinem Schreiben vom 31. März 2008 rechtzeitig den Widerspruch erklärt hat.
15
a) Da die Beklagte dem Kläger bei Antragstellung die Versicherungsbedingungen nicht übergeben und eine den Anforderungen des § 10a des Versicherungsaufsichtsgesetzes (VAG) a.F. genügende Verbraucherinformation unterlassen hatte, hätte ein wirksamer Vertrag nur nach Maßgabe des § 5a VVG a.F. zustande kommen können. Diese Vorschrift regelte den Vertragsschluss nach dem so genannten Policenmodell. Der Antrag des Versicherungsnehmers stellte das Angebot zum Abschluss des Vertrages dar. Dieses nahm der Versicherer dadurch an, dass er dem Versicherungsnehmer mit der Versicherungspolice die Allgemeinen Versicherungsbedingungen und die für den Vertragsschluss maßgebliche Verbraucherinformation übersandte. Durch die Annahme kam der Vertrag aber noch nicht zustande; vielmehr galt er gemäß § 5a Abs. 1 Satz 1 VVG a.F. erst dann als abgeschlossen, wenn der Versicherungsnehmer nicht innerhalb von 14 Tagen nach Überlassen der Unterlagen widersprach. Bis zum Ablauf dieser Frist war von einem schwebend unwirksamen Vertrag auszugehen (vgl. dazu nur Vorlagebeschluss vom 28. März 2012 - IV ZR 76/11, VersR 2012, 608 Rn. 10; Senatsurteil vom 24. November 2010 - IV ZR 252/08, VersR 2011, 337 Rn. 22; jeweils m.w.N.).
16
Hier kann dahinstehen, ob das Policenmodell als solches mit den genannten Richtlinien unvereinbar ist und ob sich ein Versicherungs- nehmer, der ordnungsgemäß über sein Widerspruchsrecht belehrt worden ist und die Versicherungsbedingungen sowie eine Verbraucherinformation erhalten hat, darauf nach Durchführung des Vertrages berufen könnte. Jedenfalls wurde die 14-tägige Widerspruchsfrist gegenüber dem Kläger nicht in Lauf gesetzt. Nach den für das Revisionsverfahren bindenden Feststellungen des Berufungsgerichts belehrte die Beklagte den Kläger auch im Zuge der Annahme des Antrags und Übersendung des Versicherungsscheins nicht in drucktechnisch deutlicher Form i.S. von § 5a Abs. 2 Satz 1 VVG a.F. über sein Widerspruchsrecht.
17
b) Für einen solchen Fall bestimmte § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F., dass das Widerspruchsrecht ein Jahr nach Zahlung der ersten Prämie erlischt. Nachdem der Kläger die erste von ihm geschuldete Prämie im Dezember 1998 gezahlt hatte, wäre nach dieser Bestimmung sein Recht zum Widerspruch längst erloschen gewesen, als er diesen im März 2008 erklärte. Indes bestand sein Widerspruchsrecht nach Ablauf der Jahresfrist und noch im Zeitpunkt der Widerspruchserklärung fort.
18
aa) Das ergibt sich aus einer richtlinienkonformen Auslegung des § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. auf der Grundlage der Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 19. Dezember 2013 (VersR 2014, 225).
19
(1) Dieser hat entschieden, dass Art. 15 Abs. 1 der Zweiten Richtlinie Lebensversicherung unter Berücksichtigung des Art. 31 der Dritten Richtlinie Lebensversicherung dahin auszulegen ist, dass er einer nationalen Regelung wie § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. entgegensteht, nach der ein Rücktrittsrecht spätestens ein Jahr nach Zahlung der ersten Ver- sicherungsprämie erlischt, wenn der Versicherungsnehmer nicht über das Recht zum Rücktritt belehrt worden ist (aaO Rn. 32).
20
(2) An dieses Auslegungsergebnis sind die nationalen Gerichte gebunden. Sie sind nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union aufgrund des in Art. 288 Abs. 3 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) verankerten Umsetzungsgebots und des aus Art. 4 Abs. 3 des Vertrages über die Europäische Union (EUV) folgenden Grundsatzes der Unionstreue zudem verpflichtet , die Auslegung des nationalen Rechts unter voller Ausschöpfung des ihnen dadurch eingeräumten Beurteilungsspielraums soweit wie möglich am Wortlaut und Zweck der Richtlinie auszurichten, um das mit ihr verfolgte Ziel zu erreichen (vgl. EuGH, Slg. 2004, I-8835 Rn. 113 - Pfeiffer u.a.; Slg. 1984, 1891 Rn. 26, 28 - von Colson u.a., jeweils m.w.N.). Der Grundsatz der richtlinienkonformen Auslegung verlangt von den nationalen Gerichten mehr als bloße Auslegung im engeren Sinne entsprechend dem Verständnis in der nationalen Methodenlehre. Er erfordert auch, das nationale Recht, wo dies nötig und nach der nationalen Methodenlehre möglich ist, richtlinienkonform fortzubilden (BGH, Beschluss vom 8. Januar 2014 - V ZB 137/12, juris Rn. 10; Urteile vom 21. Dezember 2011 - VIII ZR 70/08, BGHZ 192, 148 Rn. 30; vom 26. November 2008 - VIII ZR 200/05, BGHZ 179, 27 Rn. 21 m.w.N.; Riesenhuber /Roth, Europäische Methodenlehre 2. Aufl. 2010 § 14 Rn. 17 m.w.N.). Terminologisch unterscheidet der Gerichtshof der Europäischen Union nicht zwischen Auslegung und Rechtsfortbildung (Riesenhuber/Neuner aaO § 13 Rn. 2; Riesenhuber/Roth aaO § 14 Rn. 17; Höpfner, RdA 2013, 16, 22 m.w.N.; Mörsdorf, ZIP 2008, 1409, 1415 m.w.N.). Allerdings findet die Pflicht zur Verwirklichung des Richtlinienziels im Auslegungswege zugleich ihre Grenzen an dem nach innerstaatlicher Rechtstradition methodisch Erlaubten (BVerfG, NJW 2012, 669 Rn. 47 m.w.N.).
21
(3) Einer Auslegung im engeren Sinne ist § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. nicht zugänglich. Dem steht der eindeutige Wortlaut der Vorschrift entgegen. Sie bestimmte ein Erlöschen des Widerspruchsrechts unabhängig davon, ob der Versicherungsnehmer über dieses Recht belehrt war. Die Regelung ist aber richtlinienkonform teleologisch dergestalt zu reduzieren, dass sie im Anwendungsbereich der Zweiten und der Dritten Richtlinie Lebensversicherung keine Anwendung findet und für davon erfasste Lebens- und Rentenversicherungen sowie Zusatzversicherungen zur Lebensversicherung (Art. 1 Ziffer 1 A bis C der Ersten Richtlinie 79/267/EWG des Rates vom 5. März 1979 zur Koordinierungder Rechtsund Verwaltungsvorschriften über die Aufnahme und Ausübung der Direktversicherung (Lebensversicherung) i.V.m. Art. 2 Abs. 1 der Richtlinie 92/96/EWG des Rates vom 10. November 1992) grundsätzlich ein Widerspruchsrecht fortbesteht, wenn der Versicherungsnehmer nicht ordnungsgemäß über sein Recht zum Widerspruch belehrt worden ist und/oder die Verbraucherinformation oder die Versicherungsbedingungen nicht erhalten hat. Hingegen ist § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. - innerhalb seiner zeitlichen Geltungsdauer - für alle Versicherungsarten außerhalb des Bereichs der Richtlinien unverändert anwendbar.
22
(a) Die Vorschrift weist die für eine teleologische Reduktion erforderliche verdeckte Regelungslücke im Sinne einer planwidrigen Unvollständigkeit des Gesetzes auf (vgl. BGH, Urteile vom 21. Dezember 2011 - VIII ZR 70/08, BGHZ 192, 148 Rn. 31; vom 26. November 2008 - VIII ZR 200/05, BGHZ 179, 27 Rn. 22 m.w.N.).
23
(aa) Eine solche liegt vor, wenn das ausdrücklich angestrebte Ziel einer richtlinienkonformen Umsetzung durch die Regelung nicht erreicht worden ist und ausgeschlossen werden kann, dass der Gesetzgeber die Regelung in gleicher Weise erlassen hätte, wenn ihm bekannt gewesen wäre, dass sie nicht richtlinienkonform ist (BGH, Urteile vom 21. Dezember 2011 - VIII ZR 70/08, BGHZ 192, 148 Rn. 34; vom 26. November 2008 - VIII ZR 200/05, BGHZ 179, 27 Rn. 25 m.w.N.; vgl. auch BGH, Beschluss vom 8. Januar 2014 - V ZB 137/12, juris Rn. 11). Eine planwidrige Regelungslücke ist nicht nur dann gegeben, wenn Wertungswidersprüche zwischen zwei innerstaatlichen Normen bestehen (so aber: OLG München VersR 2013, 1025, 1029 m.w.N.; Höpfner, RdA 2013, 16, 22 unter Berufung auf BGH, Urteil vom 26. November 2008 aaO). Dies lässt sich der genannten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht entnehmen und entspricht auch nicht etwa einem zwingenden Verständnis der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union. Dieser hat sich im Sinne einer Vermutungsregel geäußert, dass ein Mitgliedstaat , der von einem mit einer Richtlinie eingeräumten Gestaltungsspielraum Gebrauch gemacht hat, die Verpflichtungen aus der Richtlinie auch in vollem Umfang umsetzen wollte (EuGH, Slg. 2004, I-8835 Rn. 112 - Pfeiffer u.a.). Der Normzweck ist daher - außer im Falle einer ausdrücklichen Umsetzungsverweigerung - unter Berücksichtigung des gesetzgeberischen Willens zu bestimmen, eine Richtlinie korrekt umzusetzen. Dem Gesetzgeber kann nicht unterstellt werden, dass er sehenden Auges einen Richtlinienverstoß in Kauf nehmen wollte (vgl. zu § 5 Abs. 2 HWiG a.F. BGH, Urteil vom 9. April 2002 - XI ZR 91/99, BGHZ 150, 248, 257). Die Richtlinie dient dabei gleichzeitig als Maßstab der Lückenfeststellung sowie der Lückenschließung (Mörsdorf, ZIP 2008, 1409, 1415 m.w.N.).
24
(bb) § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. steht in Widerspruch zu dem mit dem Gesetz verfolgten Grundanliegen, die Dritte Richtlinie Lebensversicherung ordnungsgemäß umzusetzen. Bei § 5a VVG a.F. handelt es sich insgesamt um eine Umsetzungsnorm. Aus der Begründung des Regierungsentwurfs des Dritten Durchführungsgesetzes/EWG zum VAG ergibt sich, dass der in diesem Gesetz enthaltene neue § 10a u.a. Art. 31 i.V.m. Anhang II. A. der Dritten Lebensversicherungsrichtlinie über die Verbraucherinformation vor Abschluss und während der Laufzeit des Versicherungsvertrages in deutsches Recht umsetzt (BT-Drucks. 12/6959 S. 55). Die Verbraucherinformation sollte eingeführt werden, weil bei den unter die Dritte Richtlinie fallenden Versicherungsunternehmen die Bedingungen und Berechnungsgrundlagen nicht mehr Teil des vorab zu genehmigenden Geschäftsplanes waren (Begr. Ausschussempfehlung BT-Drucks. 12/7595 S. 102). Der aufgrund der Beschlussempfehlung des Finanzausschusses hinzugekommene neue § 5a VVG stellt eine Einschränkung des § 10a VAG dar. Er beruht ausweislich der Begründung dieser später umgesetzten Anregung darauf, dass die im Regierungsentwurf des § 10a VAG geplanten, vor Abschluss des Vertrages zu erfüllenden Informationsverpflichtungen "in der Praxis auf z.T. unüberwindbare Schwierigkeiten stießen" (BT-Drucks. 12/7595 aaO). Vor diesem Hintergrund stellen § 10a VAG und § 5a VVG einen einheitlich zu betrachtenden Komplex dar, mit dem die Dritte Richtlinie Lebensversicherung in deutsches Recht umgesetzt wurde (ebenso Brand, VersR 2014, 269, 274). Dies ist auch der Begründung der Ausschussempfehlung zu entnehmen, die ausdrücklich von einer Verknüpfung der Vorschriften des § 10a VAG und § 5a VVG spricht. Die Regelung in zwei verschiedenen Gesetzen beruhe lediglich darauf, dass die Konkretisierung der Verbraucherinformation im VAG verbleiben müsse, weil es sich um eine gewerberechtliche Frage handele und die Ansiedlung im VAG Voraussetzung für eine Kontrolle durch das Bundesaufsichtsamt für das Versicherungswesen sei (BT-Drucks. 12/7595 aaO).
25
Der nationale Gesetzgeber bezweckte danach mit § 5a VVG a.F. nicht primär eine Harmonisierung des Aufsichtsrechts. Diese - in der Instanzrechtsprechung immer wieder vertretene - These lässt sich aus dem für die Verbraucherinformation maßgeblichen 23. Erwägungsgrund zur Dritten Richtlinie Lebensversicherung, die der nationale Gesetzgeber umsetzen wollte, nicht entnehmen. Dort wird das Informationsbedürfnis des Versicherungsnehmers so umschrieben: "Im Rahmen eines einheitlichen Versicherungsmarkts wird dem Verbraucher eine größere und weiter gefächerte Auswahl von Verträgen zur Verfügung stehen. Um diese Vielfalt und den verstärkten Wettbewerb voll zu nutzen, muss er im Besitz der notwendigen Informationen sein, um den seinen Bedürfnissen am ehesten entsprechenden Vertrag auszuwählen." Ein Bezug zum Aufsichtsrecht ist daraus nicht zu entnehmen.
26
Die zu der Ausnahmeregelung des § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. gegebene Begründung, die Ausschlussfrist sei im Interesse des Rechtsfriedens erforderlich (BT-Drucks. 12/7595 S. 111), ändert nichts am Zweck des gesamten Regelungskomplexes, die Richtlinie umzusetzen. Strebt der Gesetzgeber eine richtlinienkonforme Umsetzung an, ist diesem - wenn auch möglicherweise unvollkommen verwirklichten - Zweck Vorrang vor der mit der Einzelnorm verfolgten Zielrichtung zu geben (vgl. Riesenhuber/Roth, Europäische Methodenlehre, 2. Aufl. 2010 § 14 Rn. 59; so im Ergebnis auch BGH; Beschluss vom 8. Januar 2014 - V ZB 137/12, juris; Urteile vom 21. Dezember 2011 - VIII ZR 70/08, BGHZ 192, 148; vom 26. November 2008 - VIII ZR 200/05, BGHZ 179, 27; vom 9. April 2002 - XI ZR 91/99, BGHZ 150, 248; a.A. Brand, VersR 2014, 269, 274).
27
(b) Die Regelungslücke des § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. ist richtlinienkonform dergestalt zu schließen, dass die Vorschrift im Bereich der Lebens- und Rentenversicherung und der Zusatzversicherungen zur Lebensversicherung nicht anwendbar ist, aber auf die von der Dritten Richtlinie Lebensversicherung nicht erfassten Versicherungsarten uneingeschränkt Anwendung findet (so auch OLG Celle, Urteil vom 27. Februar 2014 - 8 U 192/13, juris Rn. 42 ff.).
28
(aa) Die Ausfüllung einer Regelungslücke durch die Gerichte muss den allgemeinen Gerechtigkeitsvorstellungen entsprechen und in möglichst enger Anlehnung an das geltende Recht vorgenommen werden (BVerfGE 37, 67, 81). Vorgaben des Gerichtshofs der Europäischen Union sind im Rahmen einer interpretatorischen Gesamtabwägung (vgl. Riesenhuber /Habersack/Mayer, Europäische Methodenlehre, 2. Aufl. 2010 § 15 Rn. 37) hinreichend umzusetzen. Dabei dürfen die Grenzen des den Gerichten im Rahmen der richterlichen Rechtsfortbildung zustehenden Gestaltungsspielraums nicht überschritten werden (vgl. hierzu Palandt/ Sprau, BGB 73. Aufl. Einl. Rn. 56). Weder das Gemeinschaftsrecht noch das nationale Recht fordern eine einheitliche Auslegung des europäischen und des national-autonomen Rechts (Riesenhuber/Habersack/ Mayer aaO § 15 Rn. 24 ff., 36; Mörsdorf, ZIP 2008, 1409, 1416 m.w.N. auch zur Gegenauffassung). Das Gebot richtlinienkonformer Auslegung des nationalen Rechts reicht nur so weit wie der in Art. 288 Abs. 3 AEUV verankerte Umsetzungsbefehl der entsprechenden Richtlinie (Mörsdorf aaO). Zulässig ist demnach eine gespaltene Auslegung dergestalt, dass eine nationale Norm durch richtlinienkonforme Auslegung nur insoweit korrigiert wird, als sie mit den Anforderungen der Richtlinie nicht übereinstimmt , und im überschießenden - nicht europarechtlich determinierten - Teil unverändert bleibt (vgl. Riesenhuber/Habersack/Mayer aaO § 15 Rn. 36 f.).
29
(bb) Der gegenüber der allgemeinen, für alle Versicherungen geltenden Regelung des § 5a VVG a.F. engere Anwendungsbereich der Dritten Richtlinie Lebensversicherung nur für Lebens- und Rentenversicherungen sowie Zusatzversicherungen zur Lebensversicherung rechtfertigt eine gespaltene Auslegung des § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. Auf diese Weise wird zum einen dem Willen des Gesetzgebers zur Umsetzung der Richtlinie Rechnung getragen und zum anderen für die übrigen, nicht davon erfassten Versicherungsarten die Ausschlussfrist im Interesse der angestrebten Rechtssicherheit beibehalten. Der Gesetzgeber wollte im allgemeinen Teil des VVG eine einheitliche Bestimmung für alle Versicherungsarten treffen. Dies ergibt sich daraus, dass er auf eine Definition des genauen Zeitpunktes der Informationserteilung verzichtet hat, um bei der Frage, wann eine Information noch vor Abschluss des Vertrages erfolgt, den Besonderheiten der einzelnen Versicherungsarten und Vertriebsformen Rechnung tragen zu können und Raum für vertragliche Vereinbarungen zu lassen (Begr. RegE BT-Drucks. 12/6959 S. 55). Der Gesetzgeber hat zwei Entscheidungen getroffen: eine Strukturentscheidung , das Widerspruchsrecht und sein Erlöschen einheitlich für alle Versicherungen zu regeln, und eine Sachentscheidung mit dem Inhalt des § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. (vgl. zu dieser Differenzierung grundsätzlich Riesenhuber/Habersack/Mayer, Europäische Methodenlehre, 2. Aufl. 2010 aaO § 15 Rn. 38). Die Richtlinienwidrigkeit der Sachentscheidung im Bereich der von der Richtlinie erfassten Versicherungsarten war ihm nicht bekannt. Dass er an der Strukturentscheidung festgehalten hätte, wenn er eine abweichende Sachentscheidung für Lebens- und Rentenversicherungen hätte treffen müssen, ist nicht anzunehmen (vgl. Riesenhuber /Habersack/Mayer aaO § 15 Rn. 38 m.w.N.; Mayer/Schürnbrand, JZ 2004, 545, 551). Eine Vermutung, der Gesetzgeber hätte für den gesamten Anwendungsbereich der Vorschrift eine richtlinienkonforme Auslegung gewollt, lässt sich aus der Gleichbehandlung im Wortlaut der Norm nicht herleiten (vgl. Herdegen, WM 2005, 1921, 1930 zu § 5 Abs. 2 HWiG a.F.). In einem Großteil der Anwendungsfälle der Norm kann der gesetzgeberische Wille Geltung erlangen, ohne den Anwendungsbereich der Richtlinie zu berühren (vgl. Herdegen aaO). Im überschießend geregelten Bereich der Nicht-Lebensversicherung sind abweichende Auslegungsgesichtspunkte zu beachten (vgl. Riesenhuber/Habersack/Mayer aaO § 15 Rn. 43). Insoweit bestehen keine entsprechenden Richtlinienvorgaben.
30
Die mit dem Dritten Durchführungsgesetz/EWG zum VAG ebenfalls umgesetzte Dritte Richtlinie Schadenversicherung (Richtlinie 92/49/EWG des Rates vom 18. Juni 1992 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Direktversicherung (mit Ausnahme der Lebensversicherung ) sowie zur Änderung der Richtlinien 73/239/EWG und 88/357/EWG; ABl. L 228 S. 1) fordert zwar auch Verbraucherinformationen , sieht jedoch - anders als die Dritte Richtlinie Lebensversicherung - nicht vor, dem Versicherungsnehmer vor Abschluss des Vertrages "mindestens" die "Modalitäten der Ausübung des Widerrufs und Rücktrittsrechts" mitzuteilen. Zudem hält das nationale Recht den Versicherungsnehmer außerhalb der Lebensversicherung im Hinblick auf die zu erteilenden Informationen für weniger schützenswert. Darauf deutet das in der Empfehlung des Finanzausschusses zu § 5a VVG a.F. genannte Beispiel des Rückkaufswertes in der Lebensversicherung hin (Begr. Aus- schussempfehlung, BT-Drucks. 12/7595 S. 102). Den Produkten der Lebensversicherung wird große Komplexität beigemessen, was die Bedeutung des Verbraucherschutzes erhöht. Hinzu kommt, dass sich der Versicherungsnehmer einer Lebens- oder Rentenversicherung, anders als bei Versicherungen mit jährlicher Wechselmöglichkeit, regelmäßig über einen langen Zeitraum an das Produkt und den Versicherer bindet. Die Entscheidung für einen Vertrag hat hier weiter reichende Folgen und größere wirtschaftliche Bedeutung als bei den meisten anderen Versicherungsarten. Dies findet Ausdruck in § 5a Abs. 1 Satz 2 VVG in der Fassung vom 2. Dezember 2004, der die Widerspruchsfrist für Lebensversicherungsverträge entsprechend der Vorgabe des Art. 17 der Fernabsatzrichtlinie II (Richtlinie 2002/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. September 2002 über den Fernabsatz von Finanzdienstleistungen an Verbraucher und zur Änderung der Richtlinie 90/619/EWG des Rates und der Richtlinien 97/7/EG und 98/27/EG, ABl. L 271 S. 16) auf 30 Tage verlängert und damit mehr als verdoppelt hat. Mit Blick auf die besondere Bedeutung der Lebens- und Rentenversicherungen gebietet Art. 3 Abs. 1 GG keine Gleichbehandlung von Lebensund Rentenversicherungen mit anderen Versicherungen.
31
(cc) Das gegen eine gespaltene Auslegung angeführte Argument der Abgrenzungsschwierigkeiten (vgl. BGH, Urteil vom 9. April 2002 - XI ZR 91/99, BGHZ 150, 248, 261 f.) greift bei § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. nicht. Eine Unterscheidung zwischen den einzelnen Versicherungsarten ist ohne weiteres möglich und hängt - anders als die Unterscheidung zwischen verschiedenen Haustürsituationen - nicht von Zufällen des Geschehensablaufes ab.

32
Die gespaltene Auslegung verstößt auch nicht gegen das in Art. 20 Abs. 3 GG verankerte Prinzip der Rechtssicherheit, das Vertrauensschutz für den Bürger gewährleistet. Durfte die betroffene Partei mit der Fortgeltung der bisherigen Rechtslage rechnen und verdient dieses Interesse bei einer Abwägung mit den Belangen des Vertragspartners und den Anliegen der Allgemeinheit den Vorzug, liegt ein Eingriff in rechtlich geschützte Positionen vor (BGH, Urteil vom 26. November 2008 - VIII ZR 200/05, BGHZ 179, 27 Rn. 33 m.w.N.). Die uneingeschränkte Anwendung des § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. konnte nicht als gesichert angesehen werden, weil ihre Richtlinienkonformität im Schrifttum von Anfang an bezweifelt wurde (Berg, VuR 1999, 335, 341 f.; Lorenz, VersR 1997, 773, 782; vgl. Vorlagebeschluss vom 28. März 2012 - IV ZR 76/11, VersR 2012, 608 Rn. 16 m.w.N.).
33
Die richtlinienkonforme Reduktion des § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. bedeutet keine gesetzeswidrige (contra legem) Rechtsschöpfung (so aber OLG München, Urteil vom 10. Oktober 2013 - 14 U 1804/13, juris Rn. 52 ff.; VersR 2013, 1025, 1028). Wie ausgeführt, kann § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. zwar nicht im engeren Sinne ausgelegt, jedoch im Wege der nach nationalem Recht zulässigen und erforderlichen teleologischen Reduktion richtlinienkonform fortgebildet werden, so dass ein ausreichender Anwendungsbereich der gesetzgeberischen Sachentscheidung verbleibt.
34
Schließlich lässt sich der richtlinienkonformen Rechtsfortbildung nicht entgegenhalten, sie laufe auf eine - in ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union abgelehnte (EuGH, NJW 1994, 2473 Rn. 20 - Dori/Recreb; NJW 1986, 2178 Rn. 48 - Marshall) - horizon- tale Drittwirkung der Richtlinie hinaus (vgl. BGH, Urteil vom 9. April 2002 - XI ZR 91/99, BGHZ 150, 248, 259 f.). Zur Anwendung kommt vielmehr im Rahmen des national methodologisch Zulässigen fortgebildetes nationales Recht.
35
bb) Das Widerspruchsrecht des Klägers ist nicht aus anderen Gründen entfallen.
36
(1) Die vom Kläger ausgesprochene Kündigung des Versicherungsvertrages steht dem späteren Widerspruch nicht entgegen. Da der Kläger über sein Widerspruchsrecht nicht ausreichend belehrt wurde, konnte er sein Wahlrecht zwischen Kündigung und Widerspruch nicht sachgerecht ausüben (vgl. Senatsurteil vom 16. Oktober 2013 - IV ZR 52/12, VersR 2013, 1513 Rn. 24).
37
(2) Ein Erlöschen des Widerspruchsrechts nach beiderseits vollständiger Leistungserbringung kommt - anders als in der Sache IV ZR 52/12 (aaO) - schon deshalb nicht in Betracht, weil eine entsprechende Anwendung der Regelungen in den §§ 7 Abs. 2 VerbrKrG, 2 Abs. 1 Satz 4 HWiG nach Außerkrafttreten dieser Gesetze nicht mehr möglich ist (vgl. BGH, Urteil vom 24. November 2009 - XI ZR 260/08, WM 2010, 34 Rn. 16).
38
cc) Der Kläger verstößt mit seiner Rechtsausübung nicht gegen Treu und Glauben.
39
(1) Entgegen der Ansicht der Beklagten hat er sein Recht zum Widerspruch nicht verwirkt. Ein Recht ist verwirkt, wenn seit der Möglichkeit der Geltendmachung längere Zeit verstrichen ist (Zeitmoment) und be- sondere Umstände hinzutreten, die die verspätete Geltendmachung als Verstoß gegen Treu und Glauben erscheinen lassen (Umstandsmoment). Letzteres ist der Fall, wenn der Verpflichtete bei objektiver Betrachtung aus dem Verhalten des Berechtigten entnehmen durfte, dass dieser sein Recht nicht mehr geltend machen werde. Ferner muss sich der Verpflichtete im Vertrauen auf das Verhalten des Berechtigten in seinen Maßnahmen so eingerichtet haben, dass ihm durch die verspätete Durchsetzung des Rechts ein unzumutbarer Nachteil entstünde (st. Rspr., BGH, Urteil vom 23. Januar 2014 - VII ZR 177/13, NJW 2014, 1230 Rn. 13 m.w.N.). Es fehlt hier jedenfalls am Umstandsmoment. Ein schutzwürdiges Vertrauen kann die Beklagte schon deshalb nicht in Anspruch nehmen , weil sie die Situation selbst herbeigeführt hat, indem sie dem Kläger keine ordnungsgemäße Widerspruchsbelehrung erteilte (vgl. dazu unter dem Gesichtspunkt der Rechtssicherheit EuGH, VersR 2014, 225 Rn. 30).
40
(2) Aus demselben Grund liegt in der Geltendmachung des bereicherungsrechtlichen Anspruchs keine widersprüchliche und damit unzulässige Rechtsausübung (vgl. dazu Brand, VersR 2014, 269, 276). Widersprüchliches Verhalten ist nach der Rechtsordnung grundsätzlich zulässig und nur dann rechtsmissbräuchlich, wenn für den anderen Teil ein Vertrauenstatbestand geschaffen worden ist oder wenn andere besondere Umstände die Rechtsausübung als treuwidrig erscheinen lassen. Eine Rechtsausübung kann unzulässig sein, wenn sich objektiv das Gesamtbild eines widersprüchlichen Verhaltens ergibt, weil das frühere Verhalten mit dem späteren sachlich unvereinbar ist und die Interessen der Gegenpartei im Hinblick hierauf vorrangig schutzwürdig erscheinen (BGH, Urteil vom 15. November 2012 - IX ZR 103/11, NJW-RR 2013, 757 Rn. 12 m.w.N.). Die Beklagte kann keine vorrangige Schutzwürdigkeit für sich beanspruchen, nachdem sie es versäumt hat, den Kläger über sein Widerspruchsrecht zu belehren.
41
2. Die bereicherungsrechtlichen Rechtsfolgen der Europarechtswidrigkeit des § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. sind entgegen der Ansicht der Beklagten nicht - etwa in Anlehnung an die Rechtsfigur des faktischen Vertragsverhältnisses - auf eine Wirkung ab Zugang des Widerspruchs (ex nunc) zu beschränken.
42
a) Allein eine Rückwirkung entspricht dem Effektivitätsgebot (effet utile). Stünde dem Versicherungsnehmer bei unterbliebener oder unzureichender Widerspruchsbelehrung nur ein Lösungsrecht mit Wirkung ex nunc zu, bliebe der Verstoß gegen die Belehrungspflicht sanktionslos. Dies würde dem Gebot des Art. 4 Abs. 3 EUV nicht gerecht, der verlangt, dass sich die Union und die Mitgliedstaaten gegenseitig bei der Erfüllung der Aufgaben, die sich aus den Verträgen ergeben, achten und unterstützen. Daher darf die Anwendung des nationalen Rechts die Tragweite und die Wirksamkeit des Unionsrechts nicht beeinträchtigen. Dies bedeutet auch, die Vorgaben der Richtlinien und des Gerichtshofs der Europäischen Union im nationalen Recht möglichst vollständig durchzusetzen (EuGH, NZA 2013, 891 Rn. 71 - Asociatia ACCEPT). Wie der Gerichtshof der Europäischen Union ausgeführt hat, regelten die Zweite und Dritte Richtlinie Lebensversicherung nicht den Fall, dass der Versicherungsnehmer nicht über sein Rücktrittsrecht belehrt wurde, und damit auch nicht die Folgen, die das Unterbleiben der Belehrung für dieses Recht haben konnte. Art. 15 Abs. 1 Unterabs. 3 der Zweiten Richtlinie Lebensversicherung sah vor, dass "die [für den Rücktritt erforderlichen Voraus- setzungen … gemäß dem auf den Versicherungsvertrag … anwendbaren [nationalen] Recht geregelt [wurden]" (EuGH, Urteil vom 19. Dezember 2013 - C-209/12, VersR 2014, 225 Rn. 22). Die Mitgliedstaaten mussten jedoch dafür sorgen, dass die praktische Wirksamkeit der Zweiten und Dritten Richtlinie Lebensversicherung unter Berücksichtigung des mit diesen verfolgten Zwecks gewährleistet ist (EuGH aaO Rn. 23). Aus der Struktur und aus dem Wortlaut der einschlägigen Bestimmungen der Dritten Richtlinie Lebensversicherung hat der Gerichtshof der Europäischen Union eindeutig geschlossen, mit ihr habe sichergestellt werden sollen, dass der Versicherungsnehmer insbesondere über sein Rücktrittsrecht genau belehrt wird (EuGH aaO Rn. 25).
43
Eine nationale Bestimmung wie § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F., wonach das Recht des Versicherungsnehmers, von dem Vertrag zurückzutreten , zu einem Zeitpunkt erlischt, zu dem er über dieses Recht nicht belehrt war, läuft daher nach Ansicht des Gerichtshofs der Europäischen Union der Verwirklichung eines grundlegenden Ziels der Zweiten und der Dritten Richtlinie Lebensversicherung und damit deren praktischer Wirksamkeit zuwider (EuGH aaO Rn. 26). Diese kann nur gewährleistet werden , wenn der nicht ordnungsgemäß belehrte Versicherungsnehmer im Falle eines Widerspruchs die von ihm gezahlten Prämien grundsätzlich zurückerhält. Das gilt umso mehr, als es bei dem in § 5a VVG a.F. vorgesehenen Widerspruch nicht um den Rücktritt von einem bereits zustande gekommenen Vertrag geht, sondern darum, das Zustandekommen des Vertrages zu verhindern. Nichts anderes ergibt sich aus Art. 15 Abs. 1 Unterabs. 2 der Zweiten Richtlinie Lebensversicherung. Danach soll der Versicherungsnehmer für die Zukunft von allen aus diesem Vertrag resultierenden Verpflichtungen befreit werden. Dies betrifft aber nur den Fall, dass er ordnungsgemäß belehrt wurde. Der nicht oder nicht ausreichend belehrte Versicherungsnehmer muss hingegen so gestellt werden, als ob er ordnungsgemäß belehrt worden wäre. Dann hätte er sein Widerspruchsrecht ausüben können und mangels wirksamen Vertrages keine Prämien gezahlt.
44
b) Eine Einschränkung der bereicherungsrechtlichen Abwicklung ist nicht etwa geboten, um Widersprüche zu den §§ 9 Abs. 1 und 152 Abs. 2 VVG n.F. zu vermeiden. Danach erhält der Versicherungsnehmer einer Lebensversicherung den auf die Zeit nach Zugang des Widerrufs entfallenden Teil der Prämien, wenn er auf sein Widerrufsrecht, die Rechtsfolgen des Widerrufs und den zu zahlenden Betrag hingewiesen worden ist und zugestimmt hat, dass der Versicherungsschutz vor Ende der Widerrufsfrist beginnt, und bei Unterbleiben des Hinweises zusätzlich den Rückkaufswert einschließlich der Überschussanteile oder - falls dies günstiger ist - die für das erste Jahr des Versicherungsschutzes gezahlten Prämien zurück. Einer rückwirkenden analogen Anwendung der genannten Vorschriften steht Art. 1 Abs. 1 EGVVG entgegen, nach dem auf Altverträge grundsätzlich bis zum 31. Dezember 2008 das Versicherungsvertragsgesetz in der bis zum 31. Dezember 2007 geltenden Fassung anzuwenden ist. Unabhängig davon, ob man im Vertragsschluss bereits einen abgeschlossenen Sachverhalt sieht, in den wegen des Verbotes der echten Rückwirkung nicht eingegriffen werden darf (so Looschelders/Pohlmann/Brand, VVG 2. Aufl. Art. 1 EGVVG Rn. 14), können auf Altverträge Vorschriften des neuen VVG, die vor oder bei Abschluss des Vertrages zu beachten sind, auch nach dem 31. Dezember 2008 keine Anwendung finden (Begr. RegE BT-Drucks. 16/3945 S. 118 zu Art. 1 Abs. 1 EGVVG). Das gilt auch für das Widerrufsrecht des § 8 Abs. 1 VVG n.F., das den Vertragsparteien bei Vertragsschlüssen vor 2008 nicht bekannt sein konnte, sowie für die Rechtsfolgen des Widerrufs gemäß den §§ 9 Abs. 1, 152 Abs. 2 VVG n.F., die an die vorvertragliche Belehrungspflicht nach § 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 VVG n.F. anknüpfen.

45
II. Der Höhe nach umfasst der Rückgewähranspruch des Klägers nach § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB nicht uneingeschränkt alle Prämien, die er an die Beklagte gezahlt hat, ohne hierzu durch einen wirksamen Versicherungsvertrag verpflichtet zu sein. Im Rahmen einer gemeinschaftsrechtlich geforderten rechtsfortbildenden Auslegung einer nationalen Norm darf bei der Regelung der Rechtsfolgen des Widerspruchs nach nationalem Recht ein vernünftiger Ausgleich und eine gerechte Risikoverteilung zwischen den Beteiligten hergestellt werden (vgl. EuGH, NJW 2010, 1511 Rn. 48; BGH, Beschluss vom 12. Juli 2010 - II ZR 250/09, juris unter 1). Eine einschränkungslose Ausgestaltung des W iderspruchsrechts auch auf der Rechtsfolgenseite wäre nicht sachgerecht. Der Versicherungsnehmer hat während der Prämienzahlung Versicherungsschutz genossen. Es ist davon auszugehen, dass er diesen im Versicherungsfall in Anspruch genommen und sich - selbst bei zwischenzeitlich erlangter Kenntnis von seinem Widerspruchsrecht - gegen eine Rückabwicklung entschieden hätte. Mit Blick darauf führte eine Verpflichtung des Versicherers zur Rückgewähr sämtlicher Prämien zu einem Ungleichgewicht innerhalb der Gemeinschaft der Versicherten (so auch OLG München, VersR 2013, 1025 Rn. 28). Daher muss sich der Kläger im Rahmen der bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung den Versicherungsschutz anrechnen lassen, den er jedenfalls bis zur Kündigung des Vertrages genossen hat. Erlangter Versicherungsschutz ist ein Vermögensvorteil , dessen Wert nach den §§ 812 Abs. 1 Satz 1, 818 Abs. 2 BGB zu ersetzen sein kann (BGH, Urteile vom 30. Juni 1983 - III ZR 114/82, NJW 1983, 2692 unter III 3; vom 2. Dezember 1982 - III ZR 90/81, NJW 1983, 1420 unter IV 1 b). Der Wert des Versicherungsschutzes kann unter Berücksichtigung der Prämienkalkulation bemessen wer- den; bei Lebensversicherungen kann etwa dem Risikoanteil Bedeutung zukommen.
46
Da es hierzu an Feststellungen fehlt, ist der Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Es wird den Parteien Gelegenheit zu ergänzendem Vortrag zu geben haben. Das gilt auch für die vom Kläger geltend gemachten und von der Beklagten in Abrede gestellten Nutzungszinsen, mit denen sich das Berufungsgericht - von seinem Standpunkt aus folgerichtig - bislang nicht befasst hat.
Mayen Harsdorf-Gebhardt Dr. Karczewski
Lehmann Dr. Brockmöller
Vorinstanzen:
LG Stuttgart, Entscheidung vom 13.07.2010- 22 O 587/09 -
OLG Stuttgart, Entscheidung vom 31.03.2011- 7 U 147/10 -

Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt drei Jahre.

(1) Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, mit dem Schluss des Jahres, in dem

1.
der Anspruch entstanden ist und
2.
der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.

(2) Schadensersatzansprüche, die auf der Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit oder der Freiheit beruhen, verjähren ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.

(3) Sonstige Schadensersatzansprüche verjähren

1.
ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an und
2.
ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.
Maßgeblich ist die früher endende Frist.

(3a) Ansprüche, die auf einem Erbfall beruhen oder deren Geltendmachung die Kenntnis einer Verfügung von Todes wegen voraussetzt, verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Entstehung des Anspruchs an.

(4) Andere Ansprüche als die nach den Absätzen 2 bis 3a verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an.

(5) Geht der Anspruch auf ein Unterlassen, so tritt an die Stelle der Entstehung die Zuwiderhandlung.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR103/15 Verkündet am:
8. April 2015
Heinekamp
Amtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Der nach einem Widerspruch gemäß § 5a VVG a.F. geltend gemachte Bereicherungsanspruch
ist nicht schon mit jeder einzelnen Prämienzahlung, sondern erst mit
Ausübung des Widerspruchsrechts im Sinne von § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB entstanden.
BGH, Urteil vom 8. April 2015 - IV ZR 103/15 - LG Stuttgart
AG Stuttgart
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch die Vorsitzende
Richterin Mayen, die Richterin Harsdorf-Gebhardt, die Richter
Dr. Karczewski, Lehmann und die Richterin Dr. Brockmöller auf die
mündliche Verhandlung vom 8. April 2015

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil der 5. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart vom 18. April 2012 aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens , an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger begehrt von der Beklagten Rückzahlung geleisteter Versicherungsbeiträge einer Leibrentenversicherung.
2
Diese wurde aufgrund eines Antrags des Klägers mit Vertragsbeginn zum 1. April 1998 nach dem so genannten Policenmodell des § 5a VVG in der bei Antragstellung gültigen Fassung (im Folgenden § 5a VVG a.F.) abgeschlossen. Mit dem Versicherungsschein erhielt der Kläger die Versicherungsbedingungen und eine Verbraucherinformation gemäß § 10a VVG a.F. mit Belehrung über das Widerspruchsrecht. Von April 1998 bis Mai 2008 zahlte er monatlich Prämien in Höhe von insgesamt 9.356,18 €. Mit Schreiben vom 5. Juni 2008 erklärte er den "Widerspruch gemäß § 5a VVG/den Widerspruch nach § 8 VVG, vorsorglich die Anfechtung nach § 119 BGB, hilfsweise die Kündigung". Die Beklagte bestätigte die Kündigung und zahlte dem Kläger einen Rückkaufswert von 9.331,60 €. Mit Schreiben vom 11. August 2009 wiederholte der Kläger den Widerspruch.
3
Mit der im April 2011 erhobenen Klage verlangt der Kläger Rückzahlung aller auf den Vertrag geleisteten Beiträge nebst Zinsen abzüglich des bereits gezahlten Rückkaufswerts, insgesamt 4.580,82 €.
4
Nach seiner Auffassung ist der Versicherungsvertrag nicht wirksam zustande gekommen. Die Widerspruchsbelehrung in der Verbraucherinformation sei mangels drucktechnischer Hervorhebung und zudem inhaltlich fehlerhaft. Auch nach Ablauf der Frist des - gegen Gemeinschaftsrecht verstoßenden - § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. habe er den Widerspruch noch erklären können.
5
Die Beklagte hält den Widerspruch für verfristet und erhebt die Einrede der Verjährung.
6
Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen, das Landgericht die hiergegen gerichtete Berufung zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger das Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe:


7
Die Revision führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
8
I. Dieses hat einen Prämienrückerstattungsanspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung verneint. Selbst wenn mit der Übersendung der Unterlagen die 14-tägige Widerspruchsfrist nach § 5a Abs. 1 Satz 1 VVG a.F. mangels ordnungsgemäßer Widerspruchsbelehrung nicht in Lauf gesetzt worden wäre, sei der Vertrag jedenfalls gemäß § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. nach Ablauf eines Jahres nach der ersten Prämienzahlung wirksam geworden.
9
II. Die Revision ist begründet.
10
1. Ein - mit der Revision allein in der Hauptsacheweiterverfolgter - Anspruch auf Prämienrückzahlung aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB kann dem Kläger mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung nicht versagt werden.
11
a) Nach dem für das Revisionsverfahren maßgeblichen Sachverhalt ist davon auszugehen, dass der von dem Kläger erklärte Widerspruch - ungeachtet des Ablaufs der in § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. normierten Jahresfrist - rechtzeitig war und infolgedessen der zwischen den Parteien geschlossene Versicherungsvertrag nicht wirksam zustande gekommen ist.
12
aa) Das Berufungsgericht hat ebenso wie das Amtsgericht keine Feststellungen dazu getroffen, ob die in der dem Kläger mit dem Versicherungsschein übersandten Verbraucherinformation enthaltene Widerspruchsbelehrung gemäß § 5a Abs. 2 Satz 1 VVG a.F. in drucktechnisch deutlicher Form hervorgehoben war.
13
bb) Wenn die Widerspruchsbelehrung - was für das Revisionsverfahren zu unterstellen ist - nicht ordnungsgemäß war, bestand das Widerspruchsrecht nach Ablauf der Jahresfrist des § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. und noch im Zeitpunkt der Widerspruchserklärung fort.
14
Das ergibt die richtlinienkonforme Auslegung des § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. auf der Grundlage der Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 19. Dezember 2013 (VersR 2014, 225). Der Senat hat mit Urteil vom 7. Mai 2014 (IV ZR 76/11, BGHZ 201, 101 Rn. 17-34) entschieden und im Einzelnen begründet, die Regelung müsse richtlinienkonform teleologisch dergestalt reduziert werden, dass sie im Anwendungsbereich der Zweiten und der Dritten Richtlinie Lebensversicherung keine Anwendung findet und für davon erfasste Lebens- und Rentenversicherungen sowie Zusatzversicherungen zur Lebensversicherung grundsätzlich ein Widerspruchsrecht fortbesteht, wenn der Versicherungsnehmer - wie hier zu unterstellen - nicht ordnungsgemäß über das Recht zum Widerspruch belehrt worden ist und/oder die Verbraucherinformation oder die Versicherungsbedingungen nicht erhalten hat.
15
b) Die hilfsweise Kündigung des Versicherungsvertrages steht dem Widerspruch nicht entgegen (vgl. Senatsurteil vom 7. Mai 2014 aaO Rn. 36 m.w.N.). Ein Erlöschen des Widerspruchsrechts nach beiderseits vollständiger Leistungserbringung kommt ebenfalls nicht in Betracht (vgl. Senatsurteil vom 7. Mai 2014 aaO Rn. 37 m.w.N.).
16
c) Die bereicherungsrechtlichen Rechtsfolgen der Europarechtswidrigkeit des § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. sind nicht auf eine Wirkung ab Zugang des Widerspruchs (ex nunc) zu beschränken, sondern nur eine Rückwirkung entspricht dem Effektivitätsgebot (dazu im Einzelnen Senatsurteil vom 7. Mai 2014 aaO Rn. 42-44).
17
2. Der Rückgewähranspruch aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB war bei Erhebung der Klage im April 2011 nicht verjährt. Zu diesem Zeitpunkt war die maßgebliche (Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 1 EGBGB) regelmäßige dreijährige Verjährungsfrist des § 195 BGB nicht abgelaufen.
18
Die Regelverjährung beginnt gemäß § 199 Abs. 1 BGB grundsätzlich mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste. Hier begann die Verjährung erst Ende 2008.
19
a) Der auf Rückgewähr der Prämien gerichtete Bereicherungsanspruch entstand erst mit dem Widerspruch, den der Kläger mit Schreiben vom 5. Juni 2008 erklärte. Die Widerspruchserklärung ist entscheidend für die Entstehung des Bereicherungsanspruchs im Sinne des § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB.
20
aa) In Rechtsprechung und Literatur ist streitig, ob der nach einem Widerspruch gemäß § 5a VVG a.F. geltend gemachte bereicherungsrechtliche Anspruch bereits mit jeder einzelnen Zahlung entstanden ist (so LG Wiesbaden, Urteil vom 23. Dezember 2014 - 7 S 14/14, nicht veröffentlicht , S. 5 f.; LG Heidelberg, Urteile vom 25. September 2014 - 1 S 15/13, juris Rn. 43; 1 S 8/14, juris Rn. 44; LG Aurich, Urteil vom 5. Juni 2014 - 2 O 1164/12, nicht veröffentlicht, unter III 3; Armbrüster, NJW 2014, 497, 498 und VersR 2012, 513, 522; Heyers, NJW 2014, 2619, 2622; Jacob, jurisPR-VersR 8/2014 Anm. 2 unter D) oder erst mit der Ausübung des Widerspruchsrechts (so OLG Stuttgart, Urteil vom 23. Oktober 2014 - 7 U 54/14, juris Rn. 125; OLG Düsseldorf, Hinweisbeschluss vom 12. September 2014 - I-4 U 116/13, nicht veröffentlicht, unter I 1; OLG Köln, Urteil vom 5. September 2014 - 20 U 88/14, juris Rn. 38; LG Frankfurt (Oder), Urteil vom 1. Dezember 2014 - 16 S 240/12, nicht veröffentlicht , unter II 3; LG Kiel r+s 2014, 446 Rn. 41; Koch, LMK 2014, 359159 unter 2; Reiff, r+s 2015, 105, 114).
21
bb) Der Senat teilt die letztgenannte Auffassung (vgl. Senatsurteil vom 24. April 2013 - IV ZR 23/12, VersR 2013, 899 Rn. 16).
22
(1) Entstanden ist ein Anspruch, sobald er im Wege der Klage geltend gemacht werden kann (BGH, Urteile vom 16. September 2010 - IX ZR 121/09, WM 2010, 2081 Rn. 22 m.w.N.; Beschluss vom 19. Dezember 1990 - VIII ARZ 5/90, BGHZ 113, 188, 191; vom 17. Februar 1971 - VIII ZR 4/70, BGHZ 55, 340, 341 m.w.N.). Voraussetzung dafür ist grundsätzlich die Fälligkeit des Anspruchs, die dem Gläubiger die Möglichkeit der Leistungsklage verschafft (BGH, Beschluss vom 19. Dezember 1990 aaO Rn. 191 f.; MünchKomm-BGB/Grothe, 6. Aufl. § 199 BGB Rn. 4; Palandt/Ellenberger, BGB 74. Aufl. § 199 BGB Rn. 3; Staudinger /Peters/Jacoby [2014], § 199 BGB Rn. 7). Der Bereicherungsanspruch wurde erst fällig, als der Kläger den Widerspruch erklärte und damit dem bis dahin schwebend unwirksamen Versicherungsvertrag (vgl.
hierzu Senatsurteile vom 16. Juli 2014 - IV ZR 73/13, BGHZ 202, 102 Rn. 14; vom 7. Mai 2014 aaO Rn. 15) endgültig die Wirksamkeit versagte.
23
(2) Auch wenn während der schwebenden Unwirksamkeit (noch) kein Rechtsgrund für die Prämienzahlung des Versicherungsnehmers bestand, wurde erst durch den Widerspruch der Schwebezustand beendet und Klarheit geschaffen, dass dem Versicherer die geleisteten Prämien nicht zustanden. Erst nach der Entscheidung des Versicherungsnehmers , den Widerspruch zu erklären, stand fest, dass der Vertrag, den die Parteien bis dahin wie einen wirksamen Vertrag durchgeführt hatten, endgültig unwirksam war (so auch OLG Stuttgart, Urteil vom 23. Oktober 2014 - 7 U 54/14, juris Rn. 125; OLG Köln, Urteil vom 5. September 2014 - 20 U 88/14, juris Rn. 38; Reiff r+s 2015, 105, 114). Dies gilt auch für ein fortdauerndes Widerspruchsrecht, das demjenigen Versicherungsnehmer zusteht, der nicht oder nicht ordnungsgemäß belehrt wurde und/oder die AVB und/oder die Verbraucherinformation nicht erhalten hat. Auch wenn ihm nach Maßgabe des Senatsurteils vom 7. Mai 2014 (aaO) eine zeitlich unbegrenzte Widerspruchsmöglichkeit zustand, war von ihm spätestens bei Rückforderung der Prämien eine Erklärung abzugeben , dass er den Vertrag nicht wirksam zustande kommen lassen wollte. Ausgehend davon ist der Widerspruch als Voraussetzung für die klageweise Geltendmachung des Bereicherungsanspruchs und damit für die Entstehung des Anspruchs und den daran geknüpften Beginn der Verjährungsfrist anzusehen.
24
(3) Dem kann nicht entgegengehalten werden, dass der Verjährungsbeginn in das Belieben des Versicherungsnehmers gestellt werde. Insoweit ist die Beurteilung nicht anders als in dem Fall vorzunehmen, in dem die Entstehung des Anspruchs von einer Anfechtung, einem Rücktritt (vgl. hierzu Senatsurteil vom 17. Dezember 2014 - IV ZR 260/11, r+s 2015, 60 Rn. 34) oder einer Kündigung abhängt. Auch da beginnt die Verjährung erst mit der wirksamen Erklärung.
25
b) Kenntnis von den anspruchsbegründenden Umständen und der Person des Schuldners - der Beklagten - im Sinne von § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB hatte der Kläger jedenfalls im Zeitpunkt der Widerspruchserklärung, so dass die Verjährung mit dem Schluss des Jahres 2008 begann. Vor Ablauf der dreijährigen Verjährungsfrist Ende 2011 erhob der Kläger die Klage im April 2011.
26
3. Der Höhe nach umfasst der Rückgewähranspruch nach § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB nicht uneingeschränkt alle gezahlten Prämien. Vielmehr muss sich der Versicherungsnehmer bei der bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung den jedenfalls bis zur Kündigung des Vertrages genossenen Versicherungsschutz anrechnen lassen. Der Wert des Versicherungsschutzes kann unter Berücksichtigung der Prämienkalkulation bemessen werden; bei Lebensversicherungen kann etwa dem Risikoanteil Bedeutung zukommen (Senatsurteil vom 7. Mai 2014 aaO Rn. 45 m.w.N.).
27
Da es auch hierzu an Feststellungen fehlt, ist der Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Es wird den Parteien Gelegenheit zu ergänzendem Vortrag zu geben haben (vgl. Senatsurteil vom 7. Mai 2014 aaO Rn. 46).
Mayen Harsdorf-Gebhardt Dr. Karczewski
Lehmann Dr. Brockmöller
Vorinstanzen:
AG Stuttgart, Entscheidung vom 01.07.2011- 3 C 1079/11 -
LG Stuttgart, Entscheidung vom 18.04.2012- 5 S 173/11 -

(1) Die Verpflichtung zur Herausgabe erstreckt sich auf die gezogenen Nutzungen sowie auf dasjenige, was der Empfänger auf Grund eines erlangten Rechts oder als Ersatz für die Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung des erlangten Gegenstands erwirbt.

(2) Ist die Herausgabe wegen der Beschaffenheit des Erlangten nicht möglich oder ist der Empfänger aus einem anderen Grunde zur Herausgabe außerstande, so hat er den Wert zu ersetzen.

(3) Die Verpflichtung zur Herausgabe oder zum Ersatz des Wertes ist ausgeschlossen, soweit der Empfänger nicht mehr bereichert ist.

(4) Von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an haftet der Empfänger nach den allgemeinen Vorschriften.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR76/11 Verkündet am:
7. Mai 2014
Heinekamp
Justizhauptsekretär
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
VVG § 5a F.: 21. Juli 1994;
Zweite Richtlinie 90/619/EWG des Rates vom 8. November 1990 zur Koordinierung der
Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Direktversicherung (Lebensversicherung)
und zur Erleichterung der tatsächlichen Ausübung des freien Dienstleistungsverkehrs
sowie zur Änderung der Richtlinie 79/267/EWG Artikel 15 Abs. 1 Satz 1;
Richtlinie 92/96/EWG des Rates vom 10. November 1992 zur Koordinierung der
Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Direktversicherung (Lebensversicherung)
sowie zur Änderung der Richtlinien 79/267/EWG und 90/619/EWG (Dritte Richtlinie Lebensversicherung
) Artikel 31 Abs. 1
1. § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. ist unter Beachtung des Urteils des Gerichtshofs der
Europäischen Union vom 19. Dezember 2013 (C-209/12) richtlinienkonform einschränkend
auszulegen.
2. Danach enthält § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. eine planwidrige Regelungslücke, die
richtlinienkonform dergestalt zu schließen ist, dass die Vorschrift im Bereich der Lebens
- und Rentenversicherung und der Zusatzversicherungen zur Lebensversicherung
nicht anwendbar ist, aber auf die übrigen Versicherungsarten uneingeschränkt
Anwendung findet.
3. Im Falle der Unanwendbarkeit des § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. besteht das Widerspruchsrecht
des Versicherungsnehmers, der nicht ordnungsgemäß über sein Widerspruchsrecht
belehrt worden ist und/oder die Versicherungsbedingungen oder eine
Verbraucherinformation nicht erhalten hat, grundsätzlich fort.
4. Ist der Versicherungsvertrag infolge eines rechtzeitigen Widerspruchs nicht wirksam
zustande gekommen, ist bei der bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung der erlangte
Versicherungsschutz zu berücksichtigen.
BGH, Urteil vom 7. Mai 2014 - IV ZR 76/11 - OLG Stuttgart
LG Stuttgart
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch die Vorsitzende
Richterin Mayen, die Richterin Harsdorf-Gebhardt, die Richter
Dr. Karczewski, Lehmann und die Richterin Dr. Brockmöller auf die
mündliche Verhandlung vom 7. Mai 2014

für Recht erkannt:
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des 7. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 31. März 2011 wird als unzulässig verworfen, soweit sie sich gegen die Verneinung eines Schadensersatzanspruchs richtet.
Im Übrigen sowie im Kostenpunkt wird das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens und des Verfahrens vor dem Gerichtshof der Europäischen Union, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger verlangt von der Beklagten Rückzahlung von Versicherungsbeiträgen und Schadensersatz.

2
Er beantragte bei der Beklagten den Abschluss eines Rentenversicherungsvertrages mit Vertragsbeginn zum 1. Dezember 1998. Die Allgemeinen Versicherungsbedingungen und die Verbraucherinformation erhielt er erst mit dem Versicherungsschein. Er wurde nach den Feststellungen des Berufungsgerichts nicht in drucktechnisch deutlicher Form über sein Widerspruchsrecht nach § 5a des Gesetzes über den Versicherungsvertrag (Versicherungsvertragsgesetz - VVG) in der Fassung des Dritten Gesetzes zur Durchführung versicherungsrechtlicher Richtlinien des Rates der Europäischen Gemeinschaften vom 21. Juli 1994 (BGBl. I S. 1630) belehrt.
3
Diese mehrfach geänderte und mit Ablauf des Jahres 2007 außer Kraft getretene Vorschrift hatte in der bis zum 31. Juli 2001 gültigen Fassung folgenden Wortlaut: "(1) Hat der Versicherer dem Versicherungsnehmer bei Antragstellung die Versicherungsbedingungen nicht übergeben oder eine Verbraucherinformation nach § 10a des Versicherungsaufsichtsgesetzes unterlassen, so gilt der Vertrag auf der Grundlage des Versicherungsscheins, der Versicherungsbedingungen und der weiteren für den Vertragsinhalt maßgeblichen Verbraucherinformation als abgeschlossen , wenn der Versicherungsnehmer nicht innerhalb von vierzehn Tagen nach Überlassung der Unterla- gen schriftlich widerspricht. … (2) Der Lauf der Frist beginnt erst, wenn dem Versicherungsnehmer der Versicherungsschein und die Unterlagen nach Absatz 1 vollständig vorliegen und der Versicherungsnehmer bei Aushändigung des Versicherungsscheins schriftlich, in drucktechnisch deutlicher Form über das Widerspruchsrecht , den Fristbeginn und die Dauer belehrt worden ist. Der Nachweis über den Zugang der Unterlagen obliegt dem Versicherer. Zur Wahrung der Frist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerspruchs. Ab- weichend von Satz 1 erlischt das Recht zum Widerspruch jedoch ein Jahr nach Zahlung der ersten Prämie."
4
Von Dezember 1998 bis Dezember 2002 zahlte der Kläger Versicherungsbeiträge in Höhe von insgesamt 51.129,15 €. Nachdem er den Vertrag am 1. Juni 2007 gekündigt hatte, kehrte ihm die Beklagte im September 2007 einen Rückkaufswert von 52.705,94 € aus. Mit Schreiben vom 31. März 2008 erklärte der Kläger den Widerspruch nach § 5a Abs. 1 Satz 1 VVG a.F. gegenüber der Beklagten und forderte sie zur Rückzahlung aller Beiträge nebst Zinsen auf.
5
Der Kläger meint, der Rentenversicherungsvertrag sei nicht wirksam zustande gekommen. Auch nach Ablauf der Frist des - gegen die unten genannten Richtlinien verstoßenden - § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. habe er den Widerspruch erklären können. Außerdem sei ihm die Beklagte zum Schadensersatz verpflichtet, weil sie ihn vor Vertragsschluss nicht über Abschlusskosten, Provisionen, Stornokosten und deren Verrechnung nach dem Zillmerverfahren, die damit verbundenen Nachteile im Falle einer Kündigung sowie über die Berechnung der Überschussbeteiligung informiert habe.
6
Das Landgericht hat die Klage, mit der der Kläger in der Hauptsache unter Verrechnung des Rückkaufswerts weitere 22.272,56 € von der Beklagten verlangt hat, abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die Berufung zurückgewiesen. Diese Forderung verfolgt der Kläger mit der Revision weiter.
7
Der erkennende Senat hat mit Beschluss vom 28. März 2012 (VersR 2012, 608) dem Gerichtshof der Europäischen Union zur Vorabentscheidung die Frage vorgelegt, ob Art. 15 Abs. 1 Satz 1 der Zwei- ten Richtlinie 90/619/EWG des Rates vom 8. November 1990 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Direktversicherung (Lebensversicherung) und zur Erleichterung der tatsächlichen Ausübung des freien Dienstleistungsverkehrs sowie zur Änderung der Richtlinie 79/267/EWG (Zweite Richtlinie Lebensversicherung, ABl. L 330 S. 50) unter Berücksichtigung des Art. 31 Abs. 1 der Richtlinie 92/96/EWG vom 10. November 1992 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Direktversicherung (Lebensversicherung) sowie zur Änderung der Richtlinien 79/267/EWG und 90/619/EWG (Dritte Richtlinie Lebensversicherung, ABl. L 360 S. 1) dahin auszulegen ist, dass er einer Regelung - wie § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. - entgegensteht , nach der ein Rücktritts- oder Widerspruchsrecht spätestens ein Jahr nach Zahlung der ersten Versicherungsprämie erlischt, selbst wenn der Versicherungsnehmer nicht über das Recht zum Rücktritt oder W iderspruch belehrt worden ist. Der Gerichtshof der Europäischen Union hat durch Urteil vom 19. Dezember 2013 (C-209/12, VersR 2014, 225) die Vorlagefrage bejaht.

Entscheidungsgründe:


8
Die Revision ist bezüglich der Schadensersatzforderung als unzulässig zu verwerfen. Im Übrigen führt sie zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
9
A. Dieses hat - soweit für das Revisionsverfahren von Bedeutung - ausgeführt: Dem Kläger stehe kein Rückerstattungsanspruch aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB zu. Da er bei Antragstellung die Versicherungs- bedingungen und die Verbraucherinformation noch nicht von der Beklagten erhalten habe, sei trotz der übereinstimmenden Willenserklärungen beider Vertragsparteien der Versicherungsvertrag zunächst schwebend unwirksam gewesen und hätte durch den Widerspruch des Klägers endgültig unwirksam werden können. Die Beklagte habe den Kläger nicht in drucktechnisch hervorgehobener Form über sein Widerspruchsrecht belehrt , so dass die Widerspruchsfrist gemäß § 5a Abs. 2 Satz 1 VVG a.F. nicht in Gang gesetzt worden sei. Der Vertrag sei gemäß § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. erst ein Jahr nach Zahlung der ersten Prämie, d.h. spätestens mit Ablauf des Monats Januar 2000, rückwirkend endgültig wirksam geworden. Der lange nach Ablauf der Jahresfrist erklärte Widerspruch des Klägers habe hieran nichts mehr ändern können. Die Regelung des § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. sei unter Berücksichtigung des europäischen Rechts nicht zu beanstanden.
10
Der Kläger habe auch keinen Schadensersatzanspruch auf Rückzahlung der Prämien und Erstattung entgangener Zinsvorteile wegen vorvertraglicher Aufklärungspflichtverletzung nach den Grundsätzen des Verschuldens bei Vertragsschluss.
11
B. Die unbeschränkt eingelegte Revision ist mangels Zulassung hinsichtlich des geltend gemachten Schadensersatzanspruchs nicht zulässig. Sie ist nur statthaft, soweit das Berufungsgericht ein Widerspruchsrecht des Klägers und einen daraus abgeleiteten Anspruch nach § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB verneint hat. Es hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung beschränkt auf die Frage, ob die Vorschriften des § 5a VVG a.F. den Regelungen der Europäischen Union entsprechen , zugelassen. Diese im Tenor und in den Entscheidungsgründen des Berufungsurteils mit der gebotenen Deutlichkeit zum Ausdruck gebrachte Beschränkung der Revisionszulassung ist wirksam. Es geht nicht um eine - unzulässige - Beschränkung auf einzelne von mehreren Anspruchsgrundlagen oder auf bestimmte Rechtsfragen. Die zum Anlass für die Zulassung genommene Frage betrifft einen tatsächlich und rechtlich selbständigen , abtrennbaren Teil des Gesamtstreitstoffs, auf den auch die Partei selbst die Revision beschränken könnte (vgl. Senatsurteil vom 17. September 2008 - IV ZR 191/05, VersR 2008, 1524 Rn. 7; BGH, Urteile vom 19. April 2013 - V ZR 113/12, NJW 2013, 1948 Rn. 9; vom 27. September 2011 - II ZR 221/09, WM 2011, 2223 Rn. 18; Beschluss vom 16. Dezember 2010 - III ZR 127/10, WM 2011, 526 Rn. 5; jeweils m.w.N.). Der dem Bereicherungsanspruch zugrunde liegende Sachverhalt kann in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht unabhängig von dem für die Schadensersatzforderung maßgeblichen Prozessstoff beurteilt werden. Der - auf Vertragsaufhebung und Rückzahlung der Prämien gerichtete - Anspruch wegen vorvertraglicher Aufklärungspflichtverletzung, über den das Berufungsgericht entschieden hat, bestünde ungeachtet der Entscheidung zum Zustandekommen des Vertrags nach § 5a VVG a.F. und konnte daher von der Zulassung ausgenommen werden.
12
C. Die Revision ist, soweit sie zulässig ist, begründet. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann dem Kläger ein Bereicherungsanspruch aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB nicht versagt werden.
13
I. Der Kläger kann dem Grunde nach aus ungerechtfertigter Bereicherung Rückzahlung der an die Beklagte gezahlten Prämien verlangen, weil er diese rechtsgrundlos geleistet hat.

14
1. Ein Rechtsgrund ergibt sich nicht aus dem zwischen den Parteien abgeschlossenen Rentenversicherungsvertrag. Dieser ist auf der Grundlage des § 5a VVG a.F. nicht wirksam zustande gekommen, weil der Kläger mit seinem Schreiben vom 31. März 2008 rechtzeitig den Widerspruch erklärt hat.
15
a) Da die Beklagte dem Kläger bei Antragstellung die Versicherungsbedingungen nicht übergeben und eine den Anforderungen des § 10a des Versicherungsaufsichtsgesetzes (VAG) a.F. genügende Verbraucherinformation unterlassen hatte, hätte ein wirksamer Vertrag nur nach Maßgabe des § 5a VVG a.F. zustande kommen können. Diese Vorschrift regelte den Vertragsschluss nach dem so genannten Policenmodell. Der Antrag des Versicherungsnehmers stellte das Angebot zum Abschluss des Vertrages dar. Dieses nahm der Versicherer dadurch an, dass er dem Versicherungsnehmer mit der Versicherungspolice die Allgemeinen Versicherungsbedingungen und die für den Vertragsschluss maßgebliche Verbraucherinformation übersandte. Durch die Annahme kam der Vertrag aber noch nicht zustande; vielmehr galt er gemäß § 5a Abs. 1 Satz 1 VVG a.F. erst dann als abgeschlossen, wenn der Versicherungsnehmer nicht innerhalb von 14 Tagen nach Überlassen der Unterlagen widersprach. Bis zum Ablauf dieser Frist war von einem schwebend unwirksamen Vertrag auszugehen (vgl. dazu nur Vorlagebeschluss vom 28. März 2012 - IV ZR 76/11, VersR 2012, 608 Rn. 10; Senatsurteil vom 24. November 2010 - IV ZR 252/08, VersR 2011, 337 Rn. 22; jeweils m.w.N.).
16
Hier kann dahinstehen, ob das Policenmodell als solches mit den genannten Richtlinien unvereinbar ist und ob sich ein Versicherungs- nehmer, der ordnungsgemäß über sein Widerspruchsrecht belehrt worden ist und die Versicherungsbedingungen sowie eine Verbraucherinformation erhalten hat, darauf nach Durchführung des Vertrages berufen könnte. Jedenfalls wurde die 14-tägige Widerspruchsfrist gegenüber dem Kläger nicht in Lauf gesetzt. Nach den für das Revisionsverfahren bindenden Feststellungen des Berufungsgerichts belehrte die Beklagte den Kläger auch im Zuge der Annahme des Antrags und Übersendung des Versicherungsscheins nicht in drucktechnisch deutlicher Form i.S. von § 5a Abs. 2 Satz 1 VVG a.F. über sein Widerspruchsrecht.
17
b) Für einen solchen Fall bestimmte § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F., dass das Widerspruchsrecht ein Jahr nach Zahlung der ersten Prämie erlischt. Nachdem der Kläger die erste von ihm geschuldete Prämie im Dezember 1998 gezahlt hatte, wäre nach dieser Bestimmung sein Recht zum Widerspruch längst erloschen gewesen, als er diesen im März 2008 erklärte. Indes bestand sein Widerspruchsrecht nach Ablauf der Jahresfrist und noch im Zeitpunkt der Widerspruchserklärung fort.
18
aa) Das ergibt sich aus einer richtlinienkonformen Auslegung des § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. auf der Grundlage der Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 19. Dezember 2013 (VersR 2014, 225).
19
(1) Dieser hat entschieden, dass Art. 15 Abs. 1 der Zweiten Richtlinie Lebensversicherung unter Berücksichtigung des Art. 31 der Dritten Richtlinie Lebensversicherung dahin auszulegen ist, dass er einer nationalen Regelung wie § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. entgegensteht, nach der ein Rücktrittsrecht spätestens ein Jahr nach Zahlung der ersten Ver- sicherungsprämie erlischt, wenn der Versicherungsnehmer nicht über das Recht zum Rücktritt belehrt worden ist (aaO Rn. 32).
20
(2) An dieses Auslegungsergebnis sind die nationalen Gerichte gebunden. Sie sind nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union aufgrund des in Art. 288 Abs. 3 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) verankerten Umsetzungsgebots und des aus Art. 4 Abs. 3 des Vertrages über die Europäische Union (EUV) folgenden Grundsatzes der Unionstreue zudem verpflichtet , die Auslegung des nationalen Rechts unter voller Ausschöpfung des ihnen dadurch eingeräumten Beurteilungsspielraums soweit wie möglich am Wortlaut und Zweck der Richtlinie auszurichten, um das mit ihr verfolgte Ziel zu erreichen (vgl. EuGH, Slg. 2004, I-8835 Rn. 113 - Pfeiffer u.a.; Slg. 1984, 1891 Rn. 26, 28 - von Colson u.a., jeweils m.w.N.). Der Grundsatz der richtlinienkonformen Auslegung verlangt von den nationalen Gerichten mehr als bloße Auslegung im engeren Sinne entsprechend dem Verständnis in der nationalen Methodenlehre. Er erfordert auch, das nationale Recht, wo dies nötig und nach der nationalen Methodenlehre möglich ist, richtlinienkonform fortzubilden (BGH, Beschluss vom 8. Januar 2014 - V ZB 137/12, juris Rn. 10; Urteile vom 21. Dezember 2011 - VIII ZR 70/08, BGHZ 192, 148 Rn. 30; vom 26. November 2008 - VIII ZR 200/05, BGHZ 179, 27 Rn. 21 m.w.N.; Riesenhuber /Roth, Europäische Methodenlehre 2. Aufl. 2010 § 14 Rn. 17 m.w.N.). Terminologisch unterscheidet der Gerichtshof der Europäischen Union nicht zwischen Auslegung und Rechtsfortbildung (Riesenhuber/Neuner aaO § 13 Rn. 2; Riesenhuber/Roth aaO § 14 Rn. 17; Höpfner, RdA 2013, 16, 22 m.w.N.; Mörsdorf, ZIP 2008, 1409, 1415 m.w.N.). Allerdings findet die Pflicht zur Verwirklichung des Richtlinienziels im Auslegungswege zugleich ihre Grenzen an dem nach innerstaatlicher Rechtstradition methodisch Erlaubten (BVerfG, NJW 2012, 669 Rn. 47 m.w.N.).
21
(3) Einer Auslegung im engeren Sinne ist § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. nicht zugänglich. Dem steht der eindeutige Wortlaut der Vorschrift entgegen. Sie bestimmte ein Erlöschen des Widerspruchsrechts unabhängig davon, ob der Versicherungsnehmer über dieses Recht belehrt war. Die Regelung ist aber richtlinienkonform teleologisch dergestalt zu reduzieren, dass sie im Anwendungsbereich der Zweiten und der Dritten Richtlinie Lebensversicherung keine Anwendung findet und für davon erfasste Lebens- und Rentenversicherungen sowie Zusatzversicherungen zur Lebensversicherung (Art. 1 Ziffer 1 A bis C der Ersten Richtlinie 79/267/EWG des Rates vom 5. März 1979 zur Koordinierungder Rechtsund Verwaltungsvorschriften über die Aufnahme und Ausübung der Direktversicherung (Lebensversicherung) i.V.m. Art. 2 Abs. 1 der Richtlinie 92/96/EWG des Rates vom 10. November 1992) grundsätzlich ein Widerspruchsrecht fortbesteht, wenn der Versicherungsnehmer nicht ordnungsgemäß über sein Recht zum Widerspruch belehrt worden ist und/oder die Verbraucherinformation oder die Versicherungsbedingungen nicht erhalten hat. Hingegen ist § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. - innerhalb seiner zeitlichen Geltungsdauer - für alle Versicherungsarten außerhalb des Bereichs der Richtlinien unverändert anwendbar.
22
(a) Die Vorschrift weist die für eine teleologische Reduktion erforderliche verdeckte Regelungslücke im Sinne einer planwidrigen Unvollständigkeit des Gesetzes auf (vgl. BGH, Urteile vom 21. Dezember 2011 - VIII ZR 70/08, BGHZ 192, 148 Rn. 31; vom 26. November 2008 - VIII ZR 200/05, BGHZ 179, 27 Rn. 22 m.w.N.).
23
(aa) Eine solche liegt vor, wenn das ausdrücklich angestrebte Ziel einer richtlinienkonformen Umsetzung durch die Regelung nicht erreicht worden ist und ausgeschlossen werden kann, dass der Gesetzgeber die Regelung in gleicher Weise erlassen hätte, wenn ihm bekannt gewesen wäre, dass sie nicht richtlinienkonform ist (BGH, Urteile vom 21. Dezember 2011 - VIII ZR 70/08, BGHZ 192, 148 Rn. 34; vom 26. November 2008 - VIII ZR 200/05, BGHZ 179, 27 Rn. 25 m.w.N.; vgl. auch BGH, Beschluss vom 8. Januar 2014 - V ZB 137/12, juris Rn. 11). Eine planwidrige Regelungslücke ist nicht nur dann gegeben, wenn Wertungswidersprüche zwischen zwei innerstaatlichen Normen bestehen (so aber: OLG München VersR 2013, 1025, 1029 m.w.N.; Höpfner, RdA 2013, 16, 22 unter Berufung auf BGH, Urteil vom 26. November 2008 aaO). Dies lässt sich der genannten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht entnehmen und entspricht auch nicht etwa einem zwingenden Verständnis der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union. Dieser hat sich im Sinne einer Vermutungsregel geäußert, dass ein Mitgliedstaat , der von einem mit einer Richtlinie eingeräumten Gestaltungsspielraum Gebrauch gemacht hat, die Verpflichtungen aus der Richtlinie auch in vollem Umfang umsetzen wollte (EuGH, Slg. 2004, I-8835 Rn. 112 - Pfeiffer u.a.). Der Normzweck ist daher - außer im Falle einer ausdrücklichen Umsetzungsverweigerung - unter Berücksichtigung des gesetzgeberischen Willens zu bestimmen, eine Richtlinie korrekt umzusetzen. Dem Gesetzgeber kann nicht unterstellt werden, dass er sehenden Auges einen Richtlinienverstoß in Kauf nehmen wollte (vgl. zu § 5 Abs. 2 HWiG a.F. BGH, Urteil vom 9. April 2002 - XI ZR 91/99, BGHZ 150, 248, 257). Die Richtlinie dient dabei gleichzeitig als Maßstab der Lückenfeststellung sowie der Lückenschließung (Mörsdorf, ZIP 2008, 1409, 1415 m.w.N.).
24
(bb) § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. steht in Widerspruch zu dem mit dem Gesetz verfolgten Grundanliegen, die Dritte Richtlinie Lebensversicherung ordnungsgemäß umzusetzen. Bei § 5a VVG a.F. handelt es sich insgesamt um eine Umsetzungsnorm. Aus der Begründung des Regierungsentwurfs des Dritten Durchführungsgesetzes/EWG zum VAG ergibt sich, dass der in diesem Gesetz enthaltene neue § 10a u.a. Art. 31 i.V.m. Anhang II. A. der Dritten Lebensversicherungsrichtlinie über die Verbraucherinformation vor Abschluss und während der Laufzeit des Versicherungsvertrages in deutsches Recht umsetzt (BT-Drucks. 12/6959 S. 55). Die Verbraucherinformation sollte eingeführt werden, weil bei den unter die Dritte Richtlinie fallenden Versicherungsunternehmen die Bedingungen und Berechnungsgrundlagen nicht mehr Teil des vorab zu genehmigenden Geschäftsplanes waren (Begr. Ausschussempfehlung BT-Drucks. 12/7595 S. 102). Der aufgrund der Beschlussempfehlung des Finanzausschusses hinzugekommene neue § 5a VVG stellt eine Einschränkung des § 10a VAG dar. Er beruht ausweislich der Begründung dieser später umgesetzten Anregung darauf, dass die im Regierungsentwurf des § 10a VAG geplanten, vor Abschluss des Vertrages zu erfüllenden Informationsverpflichtungen "in der Praxis auf z.T. unüberwindbare Schwierigkeiten stießen" (BT-Drucks. 12/7595 aaO). Vor diesem Hintergrund stellen § 10a VAG und § 5a VVG einen einheitlich zu betrachtenden Komplex dar, mit dem die Dritte Richtlinie Lebensversicherung in deutsches Recht umgesetzt wurde (ebenso Brand, VersR 2014, 269, 274). Dies ist auch der Begründung der Ausschussempfehlung zu entnehmen, die ausdrücklich von einer Verknüpfung der Vorschriften des § 10a VAG und § 5a VVG spricht. Die Regelung in zwei verschiedenen Gesetzen beruhe lediglich darauf, dass die Konkretisierung der Verbraucherinformation im VAG verbleiben müsse, weil es sich um eine gewerberechtliche Frage handele und die Ansiedlung im VAG Voraussetzung für eine Kontrolle durch das Bundesaufsichtsamt für das Versicherungswesen sei (BT-Drucks. 12/7595 aaO).
25
Der nationale Gesetzgeber bezweckte danach mit § 5a VVG a.F. nicht primär eine Harmonisierung des Aufsichtsrechts. Diese - in der Instanzrechtsprechung immer wieder vertretene - These lässt sich aus dem für die Verbraucherinformation maßgeblichen 23. Erwägungsgrund zur Dritten Richtlinie Lebensversicherung, die der nationale Gesetzgeber umsetzen wollte, nicht entnehmen. Dort wird das Informationsbedürfnis des Versicherungsnehmers so umschrieben: "Im Rahmen eines einheitlichen Versicherungsmarkts wird dem Verbraucher eine größere und weiter gefächerte Auswahl von Verträgen zur Verfügung stehen. Um diese Vielfalt und den verstärkten Wettbewerb voll zu nutzen, muss er im Besitz der notwendigen Informationen sein, um den seinen Bedürfnissen am ehesten entsprechenden Vertrag auszuwählen." Ein Bezug zum Aufsichtsrecht ist daraus nicht zu entnehmen.
26
Die zu der Ausnahmeregelung des § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. gegebene Begründung, die Ausschlussfrist sei im Interesse des Rechtsfriedens erforderlich (BT-Drucks. 12/7595 S. 111), ändert nichts am Zweck des gesamten Regelungskomplexes, die Richtlinie umzusetzen. Strebt der Gesetzgeber eine richtlinienkonforme Umsetzung an, ist diesem - wenn auch möglicherweise unvollkommen verwirklichten - Zweck Vorrang vor der mit der Einzelnorm verfolgten Zielrichtung zu geben (vgl. Riesenhuber/Roth, Europäische Methodenlehre, 2. Aufl. 2010 § 14 Rn. 59; so im Ergebnis auch BGH; Beschluss vom 8. Januar 2014 - V ZB 137/12, juris; Urteile vom 21. Dezember 2011 - VIII ZR 70/08, BGHZ 192, 148; vom 26. November 2008 - VIII ZR 200/05, BGHZ 179, 27; vom 9. April 2002 - XI ZR 91/99, BGHZ 150, 248; a.A. Brand, VersR 2014, 269, 274).
27
(b) Die Regelungslücke des § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. ist richtlinienkonform dergestalt zu schließen, dass die Vorschrift im Bereich der Lebens- und Rentenversicherung und der Zusatzversicherungen zur Lebensversicherung nicht anwendbar ist, aber auf die von der Dritten Richtlinie Lebensversicherung nicht erfassten Versicherungsarten uneingeschränkt Anwendung findet (so auch OLG Celle, Urteil vom 27. Februar 2014 - 8 U 192/13, juris Rn. 42 ff.).
28
(aa) Die Ausfüllung einer Regelungslücke durch die Gerichte muss den allgemeinen Gerechtigkeitsvorstellungen entsprechen und in möglichst enger Anlehnung an das geltende Recht vorgenommen werden (BVerfGE 37, 67, 81). Vorgaben des Gerichtshofs der Europäischen Union sind im Rahmen einer interpretatorischen Gesamtabwägung (vgl. Riesenhuber /Habersack/Mayer, Europäische Methodenlehre, 2. Aufl. 2010 § 15 Rn. 37) hinreichend umzusetzen. Dabei dürfen die Grenzen des den Gerichten im Rahmen der richterlichen Rechtsfortbildung zustehenden Gestaltungsspielraums nicht überschritten werden (vgl. hierzu Palandt/ Sprau, BGB 73. Aufl. Einl. Rn. 56). Weder das Gemeinschaftsrecht noch das nationale Recht fordern eine einheitliche Auslegung des europäischen und des national-autonomen Rechts (Riesenhuber/Habersack/ Mayer aaO § 15 Rn. 24 ff., 36; Mörsdorf, ZIP 2008, 1409, 1416 m.w.N. auch zur Gegenauffassung). Das Gebot richtlinienkonformer Auslegung des nationalen Rechts reicht nur so weit wie der in Art. 288 Abs. 3 AEUV verankerte Umsetzungsbefehl der entsprechenden Richtlinie (Mörsdorf aaO). Zulässig ist demnach eine gespaltene Auslegung dergestalt, dass eine nationale Norm durch richtlinienkonforme Auslegung nur insoweit korrigiert wird, als sie mit den Anforderungen der Richtlinie nicht übereinstimmt , und im überschießenden - nicht europarechtlich determinierten - Teil unverändert bleibt (vgl. Riesenhuber/Habersack/Mayer aaO § 15 Rn. 36 f.).
29
(bb) Der gegenüber der allgemeinen, für alle Versicherungen geltenden Regelung des § 5a VVG a.F. engere Anwendungsbereich der Dritten Richtlinie Lebensversicherung nur für Lebens- und Rentenversicherungen sowie Zusatzversicherungen zur Lebensversicherung rechtfertigt eine gespaltene Auslegung des § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. Auf diese Weise wird zum einen dem Willen des Gesetzgebers zur Umsetzung der Richtlinie Rechnung getragen und zum anderen für die übrigen, nicht davon erfassten Versicherungsarten die Ausschlussfrist im Interesse der angestrebten Rechtssicherheit beibehalten. Der Gesetzgeber wollte im allgemeinen Teil des VVG eine einheitliche Bestimmung für alle Versicherungsarten treffen. Dies ergibt sich daraus, dass er auf eine Definition des genauen Zeitpunktes der Informationserteilung verzichtet hat, um bei der Frage, wann eine Information noch vor Abschluss des Vertrages erfolgt, den Besonderheiten der einzelnen Versicherungsarten und Vertriebsformen Rechnung tragen zu können und Raum für vertragliche Vereinbarungen zu lassen (Begr. RegE BT-Drucks. 12/6959 S. 55). Der Gesetzgeber hat zwei Entscheidungen getroffen: eine Strukturentscheidung , das Widerspruchsrecht und sein Erlöschen einheitlich für alle Versicherungen zu regeln, und eine Sachentscheidung mit dem Inhalt des § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. (vgl. zu dieser Differenzierung grundsätzlich Riesenhuber/Habersack/Mayer, Europäische Methodenlehre, 2. Aufl. 2010 aaO § 15 Rn. 38). Die Richtlinienwidrigkeit der Sachentscheidung im Bereich der von der Richtlinie erfassten Versicherungsarten war ihm nicht bekannt. Dass er an der Strukturentscheidung festgehalten hätte, wenn er eine abweichende Sachentscheidung für Lebens- und Rentenversicherungen hätte treffen müssen, ist nicht anzunehmen (vgl. Riesenhuber /Habersack/Mayer aaO § 15 Rn. 38 m.w.N.; Mayer/Schürnbrand, JZ 2004, 545, 551). Eine Vermutung, der Gesetzgeber hätte für den gesamten Anwendungsbereich der Vorschrift eine richtlinienkonforme Auslegung gewollt, lässt sich aus der Gleichbehandlung im Wortlaut der Norm nicht herleiten (vgl. Herdegen, WM 2005, 1921, 1930 zu § 5 Abs. 2 HWiG a.F.). In einem Großteil der Anwendungsfälle der Norm kann der gesetzgeberische Wille Geltung erlangen, ohne den Anwendungsbereich der Richtlinie zu berühren (vgl. Herdegen aaO). Im überschießend geregelten Bereich der Nicht-Lebensversicherung sind abweichende Auslegungsgesichtspunkte zu beachten (vgl. Riesenhuber/Habersack/Mayer aaO § 15 Rn. 43). Insoweit bestehen keine entsprechenden Richtlinienvorgaben.
30
Die mit dem Dritten Durchführungsgesetz/EWG zum VAG ebenfalls umgesetzte Dritte Richtlinie Schadenversicherung (Richtlinie 92/49/EWG des Rates vom 18. Juni 1992 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Direktversicherung (mit Ausnahme der Lebensversicherung ) sowie zur Änderung der Richtlinien 73/239/EWG und 88/357/EWG; ABl. L 228 S. 1) fordert zwar auch Verbraucherinformationen , sieht jedoch - anders als die Dritte Richtlinie Lebensversicherung - nicht vor, dem Versicherungsnehmer vor Abschluss des Vertrages "mindestens" die "Modalitäten der Ausübung des Widerrufs und Rücktrittsrechts" mitzuteilen. Zudem hält das nationale Recht den Versicherungsnehmer außerhalb der Lebensversicherung im Hinblick auf die zu erteilenden Informationen für weniger schützenswert. Darauf deutet das in der Empfehlung des Finanzausschusses zu § 5a VVG a.F. genannte Beispiel des Rückkaufswertes in der Lebensversicherung hin (Begr. Aus- schussempfehlung, BT-Drucks. 12/7595 S. 102). Den Produkten der Lebensversicherung wird große Komplexität beigemessen, was die Bedeutung des Verbraucherschutzes erhöht. Hinzu kommt, dass sich der Versicherungsnehmer einer Lebens- oder Rentenversicherung, anders als bei Versicherungen mit jährlicher Wechselmöglichkeit, regelmäßig über einen langen Zeitraum an das Produkt und den Versicherer bindet. Die Entscheidung für einen Vertrag hat hier weiter reichende Folgen und größere wirtschaftliche Bedeutung als bei den meisten anderen Versicherungsarten. Dies findet Ausdruck in § 5a Abs. 1 Satz 2 VVG in der Fassung vom 2. Dezember 2004, der die Widerspruchsfrist für Lebensversicherungsverträge entsprechend der Vorgabe des Art. 17 der Fernabsatzrichtlinie II (Richtlinie 2002/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. September 2002 über den Fernabsatz von Finanzdienstleistungen an Verbraucher und zur Änderung der Richtlinie 90/619/EWG des Rates und der Richtlinien 97/7/EG und 98/27/EG, ABl. L 271 S. 16) auf 30 Tage verlängert und damit mehr als verdoppelt hat. Mit Blick auf die besondere Bedeutung der Lebens- und Rentenversicherungen gebietet Art. 3 Abs. 1 GG keine Gleichbehandlung von Lebensund Rentenversicherungen mit anderen Versicherungen.
31
(cc) Das gegen eine gespaltene Auslegung angeführte Argument der Abgrenzungsschwierigkeiten (vgl. BGH, Urteil vom 9. April 2002 - XI ZR 91/99, BGHZ 150, 248, 261 f.) greift bei § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. nicht. Eine Unterscheidung zwischen den einzelnen Versicherungsarten ist ohne weiteres möglich und hängt - anders als die Unterscheidung zwischen verschiedenen Haustürsituationen - nicht von Zufällen des Geschehensablaufes ab.

32
Die gespaltene Auslegung verstößt auch nicht gegen das in Art. 20 Abs. 3 GG verankerte Prinzip der Rechtssicherheit, das Vertrauensschutz für den Bürger gewährleistet. Durfte die betroffene Partei mit der Fortgeltung der bisherigen Rechtslage rechnen und verdient dieses Interesse bei einer Abwägung mit den Belangen des Vertragspartners und den Anliegen der Allgemeinheit den Vorzug, liegt ein Eingriff in rechtlich geschützte Positionen vor (BGH, Urteil vom 26. November 2008 - VIII ZR 200/05, BGHZ 179, 27 Rn. 33 m.w.N.). Die uneingeschränkte Anwendung des § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. konnte nicht als gesichert angesehen werden, weil ihre Richtlinienkonformität im Schrifttum von Anfang an bezweifelt wurde (Berg, VuR 1999, 335, 341 f.; Lorenz, VersR 1997, 773, 782; vgl. Vorlagebeschluss vom 28. März 2012 - IV ZR 76/11, VersR 2012, 608 Rn. 16 m.w.N.).
33
Die richtlinienkonforme Reduktion des § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. bedeutet keine gesetzeswidrige (contra legem) Rechtsschöpfung (so aber OLG München, Urteil vom 10. Oktober 2013 - 14 U 1804/13, juris Rn. 52 ff.; VersR 2013, 1025, 1028). Wie ausgeführt, kann § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. zwar nicht im engeren Sinne ausgelegt, jedoch im Wege der nach nationalem Recht zulässigen und erforderlichen teleologischen Reduktion richtlinienkonform fortgebildet werden, so dass ein ausreichender Anwendungsbereich der gesetzgeberischen Sachentscheidung verbleibt.
34
Schließlich lässt sich der richtlinienkonformen Rechtsfortbildung nicht entgegenhalten, sie laufe auf eine - in ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union abgelehnte (EuGH, NJW 1994, 2473 Rn. 20 - Dori/Recreb; NJW 1986, 2178 Rn. 48 - Marshall) - horizon- tale Drittwirkung der Richtlinie hinaus (vgl. BGH, Urteil vom 9. April 2002 - XI ZR 91/99, BGHZ 150, 248, 259 f.). Zur Anwendung kommt vielmehr im Rahmen des national methodologisch Zulässigen fortgebildetes nationales Recht.
35
bb) Das Widerspruchsrecht des Klägers ist nicht aus anderen Gründen entfallen.
36
(1) Die vom Kläger ausgesprochene Kündigung des Versicherungsvertrages steht dem späteren Widerspruch nicht entgegen. Da der Kläger über sein Widerspruchsrecht nicht ausreichend belehrt wurde, konnte er sein Wahlrecht zwischen Kündigung und Widerspruch nicht sachgerecht ausüben (vgl. Senatsurteil vom 16. Oktober 2013 - IV ZR 52/12, VersR 2013, 1513 Rn. 24).
37
(2) Ein Erlöschen des Widerspruchsrechts nach beiderseits vollständiger Leistungserbringung kommt - anders als in der Sache IV ZR 52/12 (aaO) - schon deshalb nicht in Betracht, weil eine entsprechende Anwendung der Regelungen in den §§ 7 Abs. 2 VerbrKrG, 2 Abs. 1 Satz 4 HWiG nach Außerkrafttreten dieser Gesetze nicht mehr möglich ist (vgl. BGH, Urteil vom 24. November 2009 - XI ZR 260/08, WM 2010, 34 Rn. 16).
38
cc) Der Kläger verstößt mit seiner Rechtsausübung nicht gegen Treu und Glauben.
39
(1) Entgegen der Ansicht der Beklagten hat er sein Recht zum Widerspruch nicht verwirkt. Ein Recht ist verwirkt, wenn seit der Möglichkeit der Geltendmachung längere Zeit verstrichen ist (Zeitmoment) und be- sondere Umstände hinzutreten, die die verspätete Geltendmachung als Verstoß gegen Treu und Glauben erscheinen lassen (Umstandsmoment). Letzteres ist der Fall, wenn der Verpflichtete bei objektiver Betrachtung aus dem Verhalten des Berechtigten entnehmen durfte, dass dieser sein Recht nicht mehr geltend machen werde. Ferner muss sich der Verpflichtete im Vertrauen auf das Verhalten des Berechtigten in seinen Maßnahmen so eingerichtet haben, dass ihm durch die verspätete Durchsetzung des Rechts ein unzumutbarer Nachteil entstünde (st. Rspr., BGH, Urteil vom 23. Januar 2014 - VII ZR 177/13, NJW 2014, 1230 Rn. 13 m.w.N.). Es fehlt hier jedenfalls am Umstandsmoment. Ein schutzwürdiges Vertrauen kann die Beklagte schon deshalb nicht in Anspruch nehmen , weil sie die Situation selbst herbeigeführt hat, indem sie dem Kläger keine ordnungsgemäße Widerspruchsbelehrung erteilte (vgl. dazu unter dem Gesichtspunkt der Rechtssicherheit EuGH, VersR 2014, 225 Rn. 30).
40
(2) Aus demselben Grund liegt in der Geltendmachung des bereicherungsrechtlichen Anspruchs keine widersprüchliche und damit unzulässige Rechtsausübung (vgl. dazu Brand, VersR 2014, 269, 276). Widersprüchliches Verhalten ist nach der Rechtsordnung grundsätzlich zulässig und nur dann rechtsmissbräuchlich, wenn für den anderen Teil ein Vertrauenstatbestand geschaffen worden ist oder wenn andere besondere Umstände die Rechtsausübung als treuwidrig erscheinen lassen. Eine Rechtsausübung kann unzulässig sein, wenn sich objektiv das Gesamtbild eines widersprüchlichen Verhaltens ergibt, weil das frühere Verhalten mit dem späteren sachlich unvereinbar ist und die Interessen der Gegenpartei im Hinblick hierauf vorrangig schutzwürdig erscheinen (BGH, Urteil vom 15. November 2012 - IX ZR 103/11, NJW-RR 2013, 757 Rn. 12 m.w.N.). Die Beklagte kann keine vorrangige Schutzwürdigkeit für sich beanspruchen, nachdem sie es versäumt hat, den Kläger über sein Widerspruchsrecht zu belehren.
41
2. Die bereicherungsrechtlichen Rechtsfolgen der Europarechtswidrigkeit des § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. sind entgegen der Ansicht der Beklagten nicht - etwa in Anlehnung an die Rechtsfigur des faktischen Vertragsverhältnisses - auf eine Wirkung ab Zugang des Widerspruchs (ex nunc) zu beschränken.
42
a) Allein eine Rückwirkung entspricht dem Effektivitätsgebot (effet utile). Stünde dem Versicherungsnehmer bei unterbliebener oder unzureichender Widerspruchsbelehrung nur ein Lösungsrecht mit Wirkung ex nunc zu, bliebe der Verstoß gegen die Belehrungspflicht sanktionslos. Dies würde dem Gebot des Art. 4 Abs. 3 EUV nicht gerecht, der verlangt, dass sich die Union und die Mitgliedstaaten gegenseitig bei der Erfüllung der Aufgaben, die sich aus den Verträgen ergeben, achten und unterstützen. Daher darf die Anwendung des nationalen Rechts die Tragweite und die Wirksamkeit des Unionsrechts nicht beeinträchtigen. Dies bedeutet auch, die Vorgaben der Richtlinien und des Gerichtshofs der Europäischen Union im nationalen Recht möglichst vollständig durchzusetzen (EuGH, NZA 2013, 891 Rn. 71 - Asociatia ACCEPT). Wie der Gerichtshof der Europäischen Union ausgeführt hat, regelten die Zweite und Dritte Richtlinie Lebensversicherung nicht den Fall, dass der Versicherungsnehmer nicht über sein Rücktrittsrecht belehrt wurde, und damit auch nicht die Folgen, die das Unterbleiben der Belehrung für dieses Recht haben konnte. Art. 15 Abs. 1 Unterabs. 3 der Zweiten Richtlinie Lebensversicherung sah vor, dass "die [für den Rücktritt erforderlichen Voraus- setzungen … gemäß dem auf den Versicherungsvertrag … anwendbaren [nationalen] Recht geregelt [wurden]" (EuGH, Urteil vom 19. Dezember 2013 - C-209/12, VersR 2014, 225 Rn. 22). Die Mitgliedstaaten mussten jedoch dafür sorgen, dass die praktische Wirksamkeit der Zweiten und Dritten Richtlinie Lebensversicherung unter Berücksichtigung des mit diesen verfolgten Zwecks gewährleistet ist (EuGH aaO Rn. 23). Aus der Struktur und aus dem Wortlaut der einschlägigen Bestimmungen der Dritten Richtlinie Lebensversicherung hat der Gerichtshof der Europäischen Union eindeutig geschlossen, mit ihr habe sichergestellt werden sollen, dass der Versicherungsnehmer insbesondere über sein Rücktrittsrecht genau belehrt wird (EuGH aaO Rn. 25).
43
Eine nationale Bestimmung wie § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F., wonach das Recht des Versicherungsnehmers, von dem Vertrag zurückzutreten , zu einem Zeitpunkt erlischt, zu dem er über dieses Recht nicht belehrt war, läuft daher nach Ansicht des Gerichtshofs der Europäischen Union der Verwirklichung eines grundlegenden Ziels der Zweiten und der Dritten Richtlinie Lebensversicherung und damit deren praktischer Wirksamkeit zuwider (EuGH aaO Rn. 26). Diese kann nur gewährleistet werden , wenn der nicht ordnungsgemäß belehrte Versicherungsnehmer im Falle eines Widerspruchs die von ihm gezahlten Prämien grundsätzlich zurückerhält. Das gilt umso mehr, als es bei dem in § 5a VVG a.F. vorgesehenen Widerspruch nicht um den Rücktritt von einem bereits zustande gekommenen Vertrag geht, sondern darum, das Zustandekommen des Vertrages zu verhindern. Nichts anderes ergibt sich aus Art. 15 Abs. 1 Unterabs. 2 der Zweiten Richtlinie Lebensversicherung. Danach soll der Versicherungsnehmer für die Zukunft von allen aus diesem Vertrag resultierenden Verpflichtungen befreit werden. Dies betrifft aber nur den Fall, dass er ordnungsgemäß belehrt wurde. Der nicht oder nicht ausreichend belehrte Versicherungsnehmer muss hingegen so gestellt werden, als ob er ordnungsgemäß belehrt worden wäre. Dann hätte er sein Widerspruchsrecht ausüben können und mangels wirksamen Vertrages keine Prämien gezahlt.
44
b) Eine Einschränkung der bereicherungsrechtlichen Abwicklung ist nicht etwa geboten, um Widersprüche zu den §§ 9 Abs. 1 und 152 Abs. 2 VVG n.F. zu vermeiden. Danach erhält der Versicherungsnehmer einer Lebensversicherung den auf die Zeit nach Zugang des Widerrufs entfallenden Teil der Prämien, wenn er auf sein Widerrufsrecht, die Rechtsfolgen des Widerrufs und den zu zahlenden Betrag hingewiesen worden ist und zugestimmt hat, dass der Versicherungsschutz vor Ende der Widerrufsfrist beginnt, und bei Unterbleiben des Hinweises zusätzlich den Rückkaufswert einschließlich der Überschussanteile oder - falls dies günstiger ist - die für das erste Jahr des Versicherungsschutzes gezahlten Prämien zurück. Einer rückwirkenden analogen Anwendung der genannten Vorschriften steht Art. 1 Abs. 1 EGVVG entgegen, nach dem auf Altverträge grundsätzlich bis zum 31. Dezember 2008 das Versicherungsvertragsgesetz in der bis zum 31. Dezember 2007 geltenden Fassung anzuwenden ist. Unabhängig davon, ob man im Vertragsschluss bereits einen abgeschlossenen Sachverhalt sieht, in den wegen des Verbotes der echten Rückwirkung nicht eingegriffen werden darf (so Looschelders/Pohlmann/Brand, VVG 2. Aufl. Art. 1 EGVVG Rn. 14), können auf Altverträge Vorschriften des neuen VVG, die vor oder bei Abschluss des Vertrages zu beachten sind, auch nach dem 31. Dezember 2008 keine Anwendung finden (Begr. RegE BT-Drucks. 16/3945 S. 118 zu Art. 1 Abs. 1 EGVVG). Das gilt auch für das Widerrufsrecht des § 8 Abs. 1 VVG n.F., das den Vertragsparteien bei Vertragsschlüssen vor 2008 nicht bekannt sein konnte, sowie für die Rechtsfolgen des Widerrufs gemäß den §§ 9 Abs. 1, 152 Abs. 2 VVG n.F., die an die vorvertragliche Belehrungspflicht nach § 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 VVG n.F. anknüpfen.

45
II. Der Höhe nach umfasst der Rückgewähranspruch des Klägers nach § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB nicht uneingeschränkt alle Prämien, die er an die Beklagte gezahlt hat, ohne hierzu durch einen wirksamen Versicherungsvertrag verpflichtet zu sein. Im Rahmen einer gemeinschaftsrechtlich geforderten rechtsfortbildenden Auslegung einer nationalen Norm darf bei der Regelung der Rechtsfolgen des Widerspruchs nach nationalem Recht ein vernünftiger Ausgleich und eine gerechte Risikoverteilung zwischen den Beteiligten hergestellt werden (vgl. EuGH, NJW 2010, 1511 Rn. 48; BGH, Beschluss vom 12. Juli 2010 - II ZR 250/09, juris unter 1). Eine einschränkungslose Ausgestaltung des W iderspruchsrechts auch auf der Rechtsfolgenseite wäre nicht sachgerecht. Der Versicherungsnehmer hat während der Prämienzahlung Versicherungsschutz genossen. Es ist davon auszugehen, dass er diesen im Versicherungsfall in Anspruch genommen und sich - selbst bei zwischenzeitlich erlangter Kenntnis von seinem Widerspruchsrecht - gegen eine Rückabwicklung entschieden hätte. Mit Blick darauf führte eine Verpflichtung des Versicherers zur Rückgewähr sämtlicher Prämien zu einem Ungleichgewicht innerhalb der Gemeinschaft der Versicherten (so auch OLG München, VersR 2013, 1025 Rn. 28). Daher muss sich der Kläger im Rahmen der bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung den Versicherungsschutz anrechnen lassen, den er jedenfalls bis zur Kündigung des Vertrages genossen hat. Erlangter Versicherungsschutz ist ein Vermögensvorteil , dessen Wert nach den §§ 812 Abs. 1 Satz 1, 818 Abs. 2 BGB zu ersetzen sein kann (BGH, Urteile vom 30. Juni 1983 - III ZR 114/82, NJW 1983, 2692 unter III 3; vom 2. Dezember 1982 - III ZR 90/81, NJW 1983, 1420 unter IV 1 b). Der Wert des Versicherungsschutzes kann unter Berücksichtigung der Prämienkalkulation bemessen wer- den; bei Lebensversicherungen kann etwa dem Risikoanteil Bedeutung zukommen.
46
Da es hierzu an Feststellungen fehlt, ist der Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Es wird den Parteien Gelegenheit zu ergänzendem Vortrag zu geben haben. Das gilt auch für die vom Kläger geltend gemachten und von der Beklagten in Abrede gestellten Nutzungszinsen, mit denen sich das Berufungsgericht - von seinem Standpunkt aus folgerichtig - bislang nicht befasst hat.
Mayen Harsdorf-Gebhardt Dr. Karczewski
Lehmann Dr. Brockmöller
Vorinstanzen:
LG Stuttgart, Entscheidung vom 13.07.2010- 22 O 587/09 -
OLG Stuttgart, Entscheidung vom 31.03.2011- 7 U 147/10 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR123/14 Verkündet am:
29. Juli 2015
Schick
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch die Vorsitzende
Richterin Mayen, die Richterin Harsdorf-Gebhardt, die Richter
Dr. Karczewski, Lehmann und die Richterin Dr. Brockmöller im schriftlichen
Verfahren, bei dem Schriftsätze bis zum 15. Juli 2015 eingereicht
werden konnten,

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerseite wird das Urteil der 5. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart vom 27. März 2014 aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens , an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Der Streitwert wird auf 761,04 € festgesetzt.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerseite (Versicherungsnehmer: im Folgenden d. VN) begehrt von dem beklagten Versicherer (im Folgenden Versicherer) Rückzahlung geleisteter Versicherungsbeiträge einer Kapitallebensversicherung.
2
Diese wurde aufgrund eines Antrags d. VN mit Versicherungsbeginn zum 1. Dezember 2004 nach dem so genannten Policenmodell des § 5a VVG in der seinerzeit gültigen Fassung (im Folgenden § 5a VVG a.F.) abgeschlossen. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts erhielt d. VN mit dem Versicherungsschein, der eine Belehrung über das Widerspruchsrecht nach § 5a VVG a.F. enthielt, die Allgemeinen Versicherungsbedingungen. Im Oktober 2006 kündigte d. VN den Vertrag und der Versicherer zahlte den Rückkaufswert aus. Mit Schreiben vom 29. März 2011 erklärte d. VN unter anderem "Widerspruch gegen das Zustandekommen des Vertragsverhältnisses nach den §§ 5a und 8 VVG 1994".
3
Mit der Klage verlangt d. VN Rückzahlung aller auf den Vertrag geleisteten Beiträge nebst Zinsen abzüglich des bereits gezahlten Rückkaufswerts , insgesamt 761,04 €.
4
Nach Auffassung d. VN ist der Versicherungsvertrag nicht wirksam zustande gekommen. Auch nach Ablauf der Frist des - gegen Gemeinschaftsrecht verstoßenden - § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. habe der Widerspruch noch erklärt werden können.
5
Der Versicherer hat die Einrede der Verjährung erhoben.
6
Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen, das Landgericht die hiergegen gerichtete Berufung zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt d. VN das Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe:


7
Die Revision führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

8
I. Dieses hat einen Prämienrückerstattungsanspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung verneint. Der wirksam geschlossene und im Wege der Kündigung abgewickelte Versicherungsvertrag stelle einen Rechtsgrund für die Prämienleistungen dar. Die Beweiswürdigung des Amtsgerichts, dass die Widerspruchsbelehrung im - dem vom Versicherer vorgelegten Vertragsformular entsprechenden - Versicherungsschein drucktechnisch deutlich hervorgehoben sei, sei nicht zu beanstanden. Auch inhaltliche Fehler der Belehrung seien nicht ersichtlich. Innerhalb der somit in Gang gesetzten Widerspruchsfrist von 30 Tagen habe d. VN den Widerspruch nicht erklärt. Die Regelung des Policenmodells verstoße nicht gegen die Zweite und Dritte Richtlinie Lebensversicherung.
9
II. Die Revision ist begründet.
10
1. Ein Anspruch auf Prämienrückzahlung aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB kann d. VN mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung nicht versagt werden.
11
a) Nach dem für das Revisionsverfahren maßgeblichen Sachverhalt ist davon auszugehen, dass der von d. VN erklärte Widerspruch - ungeachtet des Ablaufs der in § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. normierten Jahresfrist - rechtzeitig war und infolgedessen der zwischen den Parteien geschlossene Versicherungsvertrag nicht wirksam zustande gekommen ist.
12
aa) Das Berufungsgericht hat ebenso wie das Amtsgericht keine Feststellungen dazu getroffen, ob - was zwischen den Parteien streitig ist - d. VN mit dem Versicherungsschein auch eine Verbraucherinformation übersandt wurde.
13
bb) Wenn d. VN - was für das Revisionsverfahren zu unterstellen ist - die Verbraucherinformation nicht erhielt und nicht ordnungsgemäß über das Widerspruchsrecht belehrt wurde, bestand das Widerspruchsrecht nach Ablauf der Jahresfrist und noch im Zeitpunkt der Widerspruchserklärung fort.
14
Das ergibt die richtlinienkonforme Auslegung des § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. auf der Grundlage der Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 19. Dezember 2013 (VersR 2014, 225). Der Senat hat mit Urteil vom 7. Mai 2014 (IV ZR 76/11, BGHZ 201, 101 Rn. 17-34) entschieden und im Einzelnen begründet, die Regelung müsse richtlinienkonform teleologisch dergestalt reduziert werden, dass sie im Anwendungsbereich der Zweiten und der Dritten Richtlinie Lebensversicherung keine Anwendung findet und für davon erfasste Lebens- und Rentenversicherungen sowie Zusatzversicherungen zur Lebensversicherung grundsätzlich ein Widerspruchsrecht fortbesteht, wenn d. VN - wie hier zu unterstellen - nicht ordnungsgemäß über das Recht zum Widerspruch belehrt worden ist und/oder die Verbraucherinformation oder die Versicherungsbedingungen nicht erhalten hat.
15
cc) Die Kündigung des Versicherungsvertrages steht dem späteren Widerspruch nicht entgegen (vgl. Senatsurteil vom 7. Mai 2014 aaO Rn. 36 m.w.N.). Ein Erlöschen des Widerspruchsrechts nach beiderseits vollständiger Leistungserbringung kommt ebenfalls nicht in Betracht (vgl. Senatsurteil vom 7. Mai 2014 aaO Rn. 37 m.w.N.).
16
b) Die bereicherungsrechtlichen Rechtsfolgen der Europarechtswidrigkeit des § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. sind nicht auf eine Wirkung ab Zugang des Widerspruchs (ex nunc) zu beschränken, sondern nur eine Rückwirkung entspricht dem Effektivitätsgebot (dazu im Einzelnen Senatsurteil vom 7. Mai 2014 aaO Rn. 42-44).
17
2. Ein möglicher Rückgewähranspruch war bei Erhebung der Klage im November 2011 noch nicht verjährt. Zu diesem Zeitpunkt war die maßgebliche regelmäßige dreijährige Verjährungsfrist des § 195 BGB nicht abgelaufen. Diese konnte erst mit Schluss des Jahres 2011 beginnen , da d. VN erst in diesem Jahr den Widerspruch erklärte. Der nach einem Widerspruch gemäß § 5a VVG a.F. geltend gemachte Bereicherungsanspruch entstand erst mit Ausübung des Widerspruchsrechts im Sinne von § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB; jedenfalls zu diesem Zeitpunkt hatte der Versicherungsnehmer Kenntnis von den anspruchsbegründenden Umständen und der Person des Schuldners im Sinne von § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB (vgl. Senatsurteil vom 8. April 2015 - IV ZR 103/15, VersR 2015, 700 Rn. 19 ff.).
18
3. Der Höhe nach umfasst der Rückgewähranspruch nach § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB nicht uneingeschränkt alle gezahlten Prämien. Vielmehr muss sich d. VN bei der bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung den jedenfalls bis zur Kündigung des Vertrages genossenen Versicherungsschutz anrechnen lassen. Der Wert des Versicherungsschutzes kann unter Berücksichtigung der Prämienkalkulation bemessen werden; bei Lebensversicherungen kann etwa dem Risikoanteil Bedeutung zukommen (Senatsurteil vom 7. Mai 2014 aaO Rn. 45 m.w.N.).

19
Da es auch hierzu an Feststellungen fehlt, ist der Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Es wird den Parteien Gelegenheit zu ergänzendem Vortrag zu geben haben (vgl. Senatsurteil vom 7. Mai 2014 aaO Rn. 46).
Mayen Harsdorf-Gebhardt Dr. Karczewski
Lehmann Dr. Brockmöller
Vorinstanzen:
AG Stuttgart-Bad Cannstatt, Entscheidung vom 04.06.2013- 1 C 2980/11 -
LG Stuttgart, Entscheidung vom 27.03.2014- 5 S 216/13 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR448/14 Verkündet am:
29. Juli 2015
Schick
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
VVG a.F. § 5a; BGB § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1, § 818 Abs. 1 Alt. 1
Bei der bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung eines Lebensversicherungsvertrages
nach Widerspruch gemäß § 5a VVG a.F. hat sich der Versicherungsnehmer
die vom Versicherer bei Auszahlung des Rückkaufswerts einbehaltene
und an das Finanzamt abgeführte Kapitalertragssteuer nebst Solidaritätszuschlag
als Vermögensvorteil anrechnen zu lassen.
BGH, Urteil vom 29. Juli 2015 - IV ZR 448/14 - OLG Köln
LG Aachen
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch die Vorsitzende
Richterin Mayen, die Richterin Harsdorf-Gebhardt, die Richter
Dr. Karczewski, Lehmann und Dr. Schoppmeyer auf die mündliche Verhandlung
vom 29. Juli 2015

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels das Urteil des 20. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 17. Oktober 2014 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als sie zur Zahlung von mehr als 3.152,50 € nebst Zinsen verurteilt worden ist. Insoweit wird auf die Berufung des Klägers unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels das Urteil der 9. Zivilkammer des Landgerichts Aachen vom 6. Juni 2014 im Kostenpunkt und insoweit teilweise abgeändert und neugefasst, dass die Beklagte verurteilt wird, an den Kläger 3.152,50 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 4. Januar 2014 zu zahlen.
Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz haben der Kläger zu 68% und die Beklagte zu 32% zu tragen. Die Kosten des Berufungsverfahrens haben der Kläger zu 60% und die Beklagte zu 40% zu tragen. Die Kosten des Revisionsverfahrens haben der Kläger zu 8% und die Beklagte zu 92% zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger fordert von der Beklagten Rückzahlung von Versicherungsprämien und Nutzungsersatz wegen ungerechtfertigter Bereicherung.
2
Er schloss bei der Beklagten mit Versicherungsbeginn zum 1. August 1999 eine fondsgebundene Lebensversicherung mit Berufsunfähigkeitszusatzversicherung (BUZ) und planmäßiger Erhöhung nach Dynamik-Plan im so genannten Policenmodell gemäß § 5a VVG a.F. in der seinerzeit gültigen Fassung ab. Die im Begleitschreiben zum Versicherungsschein vom 31. August 1999 unter der Rubrik "WICHTIGE HINWEISE“ enthaltene Widerspruchsbelehrung lautete wie folgt: "WIDERSPRUCHSRECHT Wie Ihnen bereits aufgrund unseres Hinweises im Versicherungsantrag bekannt ist, können Sie innerhalb von 14 Tagen nach Erhalt des Versicherungsscheins dem Versicherungsvertrag widersprechen. Zur Wahrung der Frist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerspruchs."
3
In der Folgezeit erbrachte der Kläger Beitragszahlungen in Höhe von 10.835,44 €.
4
Mit Schreiben vom 15. Februar 2010 erklärte der Kläger den Widerspruch gemäß § 5a VVG a.F., hilfsweise die Kündigung seines Versicherungsvertrages. Die Beklagte akzeptierte die Kündigung und zahlte - nach Abzug von Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlag in Höhe von 260,68 € - den Rückkaufswert inklusive Überschussbeteiligung in Höhe von insgesamt 8.642,01 € aus.

5
Mit der Klage hat der Kläger - soweit für das Revisionsverfahren noch von Bedeutung - Rückzahlung aller auf den Vertrag geleisteten Beiträge nebst Zinsen abzüglich des bereits gezahlten Rückkaufswerts, insgesamt 7.967,02 € nebst Zinsen verlangt.
6
Nach Auffassung des Klägers ist der Versicherungsvertrag mangels ordnungsgemäßer Belehrung über das Widerspruchsrecht nicht wirksam zustande gekommen. Auch nach Ablauf der Jahresfrist des - gegen Gemeinschaftsrecht verstoßenden - § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. habe er den Widerspruch noch erklären können.
7
Die Beklagte sieht den Widerspruch des Klägers nach § 5a VVG a.F. aufgrund Verfristung, zumindest aber aufgrund Verwirkung als unwirksam an. Jedenfalls sind nach ihrer Auffassung bei einer Beitragsrückerstattung folgende Positionen zu Lasten des Klägers anzurechnen: BUZ-Beiträge: 406,12 € Abschlusskosten für Grundvertrag: 1.063,33 € Abschlusskosten für Dynamikerhöhung: 256,41 € Verwaltungskosten für Grundvertrag: 945,28 € Verwaltungskosten für Dynamikerhöhung: 99,14 € Risikobeiträge für Grundvertrag : 190,89 € Risikobeiträge für Dynamikerhöhung: 22,47 € Ratenzahlungszuschläge Grundvertrag: 450,13 € Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag: 260,68 €
8
Bei dem gegebenenfalls geschuldeten Nutzungsersatz seien zu Gunsten des Klägers nur nachgenannte Posten zu berücksichtigen: Laufende Überschüsse und Fondserträge: 53,50 € Rechnungsmäßige Zinsen (Grundvertrag): 1.541,63 € Laufende Überschüsse (Grundvertrag): 345,44 € Schlussüberschuss Hauptvertrag: 64,50 € Bewertungsreserven Hauptvertrag: 94,83 € Nutzungsbetrag aus konventionellen Sparbeiträgen: 0,00 €
9
Aus den auf Abschluss- und Verwaltungskosten entfallenden Prämienanteilen seien keine Nutzungen gezogen worden.
10
Die Beklagte hat die Einrede der Verjährung in Bezug auf etwaige bis 31. Dezember 2010 entstandene Prämienrückzahlungsansprüche erhoben.
11
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat ihr unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung des Klägers in Höhe von 3.413,18 € nebst Zinsen stattgegeben. Mit der Revision erstrebt die Beklagte auch insoweit Klageabweisung.

Entscheidungsgründe:


12
Die Revision hat nur hinsichtlich der zusätzlich in Abzug zu bringenden Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlag Erfolg.
13
I. Das Berufungsgericht hat dem Kläger einen Bereicherungsanspruch auf Erstattung der von ihm geleisteten Prämien abzüglich des Risikoanteils der Lebensversicherungsprämien und des Prämienanteils für die Berufsunfähigkeitszusatzversicherung und als gezogene Nutzungen die von der Beklagten erzielten Erträge zuerkannt und den ausgekehrten Rückkaufswert sowie die Überschussbeteiligung in Abzug gebracht. Es hat die Widerspruchserklärung des Klägers als nicht verfristet angesehen. Die 14-tägige Widerspruchsfrist des § 5a Abs. 1 Satz 1 VVG a.F. sei nicht wirksam in Gang gesetzt worden. Die in dem Policenbegleitschreiben enthaltene Widerspruchsbelehrung sei zum einen deshalb inhaltlich fehlerhaft, weil der notwendige Hinweis darauf fehle, dass der Widerspruch schriftlich zu erheben sei. Dieser Hinweis sei nicht deshalb entbehrlich, weil von der "Absendung" des Widerspruchs die Rede sei. Damit werde dem Versicherungsnehmer nicht klar vor Augen geführt, dass nur ein schriftlich verfasster Widerspruch wirksam sei. Zum anderen sei in der Belehrung nicht darauf hingewiesen worden, dass die Widerspruchsfrist erst zu laufen beginne, wenn dem Versicherungsnehmer neben dem Versicherungsschein auch die Versicherungsbedingungen und die Verbraucherinformationen überlassen worden seien. § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F., der ein Erlöschen des Widerspruchsrechts ein Jahr nach Zahlung der ersten Prämie vorgesehen habe, sei auf Lebens- und Rentenversicherungsverträge nicht anwendbar.
14
Der Kläger habe sein Widerspruchsrecht nicht verwirkt und mit der Erklärung des Widerspruchs im Jahr 2010 nicht gegen Treu und Glauben verstoßen, da die Beklagte es versäumt habe, den Kläger ordnungsgemäß zu belehren. Dabei sei ohne Belang, dass die Belehrung nur in einem Detail fehlerhaft gewesen sei.
15
Der Kläger könne somit aus ungerechtfertigter Bereicherung die gezahlten Versicherungsprämien zurückverlangen. Dabei müsse er sich den darauf entfallenden Risikoanteil (Grundvertrag und Dynamikerhöhungen ) sowie die auf die Berufsunfähigkeitszusatzversicherung entfallenen Beiträge anrechnen lassen, um den während der Zeit der Prämienzahlung genossenen Versicherungsschutz als erlangten Vermögensvorteil auszugleichen. Demgegenüber komme eine Anrechnung des Prämienanteils , der auf Abschluss- und Verwaltungskosten entfallen sei, nicht in Betracht. Die Beklagte könne insoweit vor allem nicht den Einwand der Entreicherung erheben. Da sie durch ihre unzureichende Widerspruchsbelehrung wesentlich dazu beigetragen habe, dass der Vertrag nicht wirksam zustande gekommen sei, erscheine es nicht angemessen, den Kläger mit den Kosten für den Vertragsabschluss und die Vertragsdurchführung zu belasten. Die Beklagte müsse daher das Risiko tragen, dass sie ihre Vertragskosten unnötig aufgewandt habe. Gleiches gelte für die Ratenzahlungszuschläge.
16
Nutzungen stünden dem Kläger nur in Höhe von 2.099,90 € zu. Hierbei handele es sich um die von der Beklagten nach ihrer Darstellung insgesamt erzielten Erträge. Der Anspruch beschränke sich auf die Erstattung der tatsächlich durch die Beklagte gezogenen Nutzungen. Hierfür sei der Kläger darlegungs- und beweispflichtig. Grundsätzlich bedürfe es hierzu eines entsprechenden Tatsachenvortrages des Versicherungsnehmers. Der Kläger habe Zinsen mit einem Zinssatz von 7% geltend gemacht und sich zur Renditehöhe auf Informationsunterlagen der B. bezogen. Das beziehe sich aber nicht auf die hier streitgegenständlichen Fonds. Einer Vermutung, dass die Beklagte mit den eingezahlten Prämien einen entsprechenden Gewinn erzielt habe, fehle die Basis. Auf Vermutungen könne ohnehin nicht abgestellt werden, weil die Beklagte im Rahmen ihrer sekundären Darlegungslast konkrete Angaben zu den von ihr erzielten Erträgen gemacht habe, denen der Kläger nicht entgegengetreten sei. Die konkret gezogenen Nutzungen habe die Beklagte unwidersprochen mit einem Gesamtbetrag von 2.099,90 € angegeben. Die von der Beklagten abgeführte Kapitalertragsteuer sei nicht zu berücksichtigen, da die Beklagte damit eine Steuerpflicht des Klägers erfüllt habe.
17
Die Forderung des Klägers sei nicht verjährt, da sie erst mit Ausübung des Widerspruchsrechts entstanden und die Verjährung rechtzeitig gehemmt worden sei.
18
II. Die hiergegen gerichtete Revision ist zulässig, insbesondere gemäß § 543 Abs. 1 Nr. 1 ZPO aufgrund der Zulassung durch das Berufungsgericht statthaft. Dieses hat die Revision entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung nicht nur beschränkt auf die Höhe der gegen die Beklagte bestehenden Zahlungsansprüche des Klägers zugelassen.
19
Eine Beschränkung der Revisionszulassung auf die Anspruchshöhe lässt sich dem Berufungsurteil nicht entnehmen. Ausweislich seines Tenors wurde die Revision zugelassen, soweit zum Nachteil der Beklagten erkannt worden ist, was ihre Verurteilung dem Grunde nach mitumfasst. Eine eindeutige Zulassungsbeschränkung auf die Frage der Anspruchshöhe ist auch den Gründen der angefochtenen Entscheidung nicht zu entnehmen. Das Berufungsgericht hat die Zulassung damit begründet , dass die bereicherungsrechtliche Rückabwicklung eines Lebensversicherungsvertrages , dem wirksam widersprochen worden sei, bislang in den Einzelheiten nicht geklärt sei.
20
III. Die Revision ist überwiegend unbegründet.
21
1. Zu Recht hat das Berufungsgericht dem Kläger einen Bereicherungsanspruch zuerkannt.
22
a) Der zwischen den Parteien geschlossene Versicherungsvertrag schafft keinen Rechtsgrund für die Prämienzahlungen. Er ist infolge des Widerspruchs des Klägers nicht wirksam zustande gekommen. Der Widerspruch war - ungeachtet des Ablaufs der in § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. normierten Jahresfrist - rechtzeitig.
23
aa) Nach den revisionsrechtlich nicht zu beanstandenden Feststellungen des Berufungsgerichts belehrte die Beklagte den Kläger nicht ordnungsgemäß i.S. von § 5a Abs. 2 Satz 1 VVG a.F. über das Widerspruchsrecht.
24
(1) Die dem Kläger in dem Policenbegleitschreiben vom 31. August 1999 erteilte Widerspruchsbelehrung ist bereits insofern inhaltlich fehlerhaft , als sie keinen Hinweis darauf enthält, dass der Widerspruch schriftlich zu erheben war. Die notwendige Belehrung über das gesetzliche Formerfordernis (vgl. Senatsurteil vom 28. Januar 2004 - IV ZR 58/03, VersR 2004, 497 unter 3 b) erfolgte entgegen der Auffassung der Revision nicht dadurch, dass dem Kläger weiterhin mitgeteilt wurde, zur Fristwahrung genüge die rechtzeitige "Absendung" der Widerspruchserklärung (Senatsurteil vom 17. Juni 2015 - IV ZR 426/13, juris Rn. 12). Selbst wenn ein verständiger Versicherungsnehmer nur verkörperte Erklärungen als der Absendung zugänglich ansieht, so bleibt für ihn dennoch unklar, ob hierzu eine Verkörperung in Textform ausreicht oder ob es nicht der traditionellen Schriftform bedarf. Dass dem Versicherungs- nehmer, wie die Revision in Erwägung zieht, durch die Belehrung über den gesetzlichen Standard hinausgehend die Möglichkeit eines Widerspruchs in mündlicher Form eingeräumt werden sollte, ist ihrem Text nicht zu entnehmen.
25
(2) Außerdem ist - wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat - die Mitteilung des Fristbeginns unzureichend und damit fehlerhaft, weil die erteilte Belehrung hierfür entgegen § 5a Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 VVG a.F. allein auf den Erhalt des Versicherungsscheins, nicht aber auch der Versicherungsbedingungen und der Verbraucherinformation abstellte. Insoweit ist, anders als die Revision meint, ohne Belang, ob dem Kläger zusammen mit dem Versicherungsschein auch die übrigen erforderlichen Unterlagen zugingen und der Fristbeginn in der Belehrung damit faktisch richtig angegeben worden war. Dieser Umstand ändert nichts an der inhaltlichen Fehlerhaftigkeit der Belehrung, sondern betrifft allein die Auswirkung derselben auf den konkreten Fall. Für die Frage der Ordnungsgemäßheit der Belehrung kommt es auf derartige Kausalitätsfragen nicht an (vgl. BGH, Urteil vom 17. Dezember 1992 - I ZR 73/91, BGHZ 121, 52, 57).
26
bb) Für einen solchen Fall einer nicht ordnungsgemäßen Widerspruchsbelehrung bestimmte § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. zwar, dass das Widerspruchsrecht ein Jahr nach Zahlung der ersten Prämie erlischt.
27
(1) Das Widerspruchsrecht bestand hier aber nach Ablauf der Jahresfrist und noch im Zeitpunkt der Widerspruchserklärung fort. Das ergibt die richtlinienkonforme Auslegung des § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. auf der Grundlage der Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 19. Dezember 2013 (VersR 2014, 225). Der Senat hat mit Urteil vom 7. Mai 2014 (IV ZR 76/11, BGHZ 201, 101 Rn. 17-34) entschieden und im Einzelnen begründet, die Regelung müsse richtlinienkonform teleologisch dergestalt reduziert werden, dass sie im Anwendungsbereich der Zweiten und der Dritten Richtlinie Lebensversicherung keine Anwendung findet und für davon erfasste Lebens- und Rentenversicherungen sowie Zusatzversicherungen zur Lebensversicherung grundsätzlich ein Widerspruchsrecht fortbesteht, wenn der Versicherungsnehmer - wie hier - nicht ordnungsgemäß über das Recht zum Widerspruch belehrt worden ist und/oder die Verbraucherinformation oder die Versicherungsbedingungen nicht erhalten hat.
28
(2) Die (hilfsweise) Kündigung des Versicherungsvertrages steht dem Widerspruch nicht entgegen (vgl. Senatsurteil vom 7. Mai 2014 aaO Rn. 36 m.w.N.). Ein Erlöschen des Widerspruchsrechts nach beiderseits vollständiger Leistungserbringung kommt ebenfalls nicht in Betracht (vgl. Senatsurteil vom 7. Mai 2014 aaO Rn. 37 m.w.N.).
29
(3) Entgegen der Auffassung der Revision hat der Kläger das Recht zum Widerspruch nicht verwirkt. Es fehlt hier jedenfalls am Umstandsmoment. Ein schutzwürdiges Vertrauen kann die Beklagte schon deshalb nicht in Anspruch nehmen, weil sie die Situation selbst herbeigeführt hat, indem sie dem Kläger keine ordnungsgemäße Widerspruchsbelehrung erteilte (vgl. Senatsurteil vom 7. Mai 2014 aaO Rn. 39 m.w.N.).
30
Ob - wie die Revision meint - der Verwirkungseinwand möglich ist, wenn eine Widerspruchsbelehrung nur marginale Fehler aufweist (so Heyers, NJW 2014, 2619, 2621), braucht hier nicht entschieden zu werden. Die genannten Belehrungsmängel sind nicht belanglos, sondern be- treffen für die Ausübung des Widerspruchsrechts wesentliche Punkte - das Schriftformerfordernis und den Beginn der Widerspruchsfrist.
31
b) Die bereicherungsrechtlichen Rechtsfolgen der Europarechtswidrigkeit des § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. sind nicht auf eine Wirkung ab Zugang des Widerspruchs (ex nunc) zu beschränken, sondern nur eine Rückwirkung entspricht dem Effektivitätsgebot (dazu im Einzelnen Senatsurteil vom 7. Mai 2014 aaO Rn. 41-44).
32
2. Aus der Erklärung des Widerspruchs folgende bereicherungsrechtliche Ansprüche sind nicht verjährt. Die maßgebliche regelmäßige dreijährige Verjährungsfrist des § 195 BGB konnte erst mit Schluss des Jahres 2010 beginnen, da der Kläger erst in diesem Jahr den Widerspruch erklärte. Der nach einem Widerspruch gemäß § 5a VVG a.F. geltend gemachte Bereicherungsanspruch entstand erst mit Ausübung des Widerspruchsrechts i.S. von § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB; jedenfalls zu diesem Zeitpunkt hatte der Versicherungsnehmer Kenntnis von den anspruchsbegründenden Umständen und der Person des Schuldners i.S. von § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB (vgl. Senatsurteil vom 8. April 2015 - IV ZR 103/15, VersR 2015, 700 Rn. 19 ff.). Die Verjährung ist durch Beantragung des Mahnbescheids am 30. Dezember 2013 sowie dessen Zustellung am 3. Januar 2014 gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 3 BGB, § 167 ZPO noch rechtzeitig gehemmt worden.
33
3. Das Berufungsgericht ist damit zutreffend davon ausgegangen, dass der Kläger von der Beklagten Prämienrückzahlung gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB verlangen kann. Richtig ist auch, dass der Rückgewähranspruch der Höhe nach nicht uneingeschränkt alle gezahlten Prämien umfasst und dem Kläger bei der bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung der jedenfalls bis zur Kündigung des jeweiligen Vertrages genossene Versicherungsschutz anzurechnen ist. Der Wert des Versicherungsschutzes kann unter Berücksichtigung der Prämienkalkulation bemessen werden; bei Lebensversicherungen kann etwa dem Risikoanteil Bedeutung zukommen (Senatsurteil vom 7. Mai 2014 aaO Rn. 45 m.w.N.).
34
a) Ausgehend davon hat das Berufungsgericht den Wertersatz auf der Grundlage der Prämienkalkulation der Beklagten im Wesentlichen in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise geschätzt. Lediglich bezüglich der von der Beklagten abgeführten Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlag ist eine Korrektur geboten.
35
aa) Es hat berücksichtigt, dass der Kläger bis zu seiner Kündigung faktisch den Schutz gegen das Todesfall- und das Berufsunfähigkeitsrisiko erlangt hatte, und den auf die gezahlten Prämien entfallenden Risikoanteil , der nach den nicht angegriffenen Feststellungen 213,36 € betrug, sowie die auf die Berufsunfähigkeitszusatzversicherung entfallenden Beiträge in Höhe von 406,12 € in Abzug gebracht.
36
Einen möglicherweise auf die Risikoabsicherung entfallenden Kostenanteil (vgl. OLG Stuttgart VersR 2015, 561, 563; Rudy, r+s 2015, 115, 120) konnte das Berufungsgericht schon mangels entsprechenden Vortrags der Beklagten nicht berücksichtigen. Die Revision macht insoweit geltend, dass die Verwaltung des übernommenen Risikos mit Kosten verbunden sei, die nicht durch die Risikokosten gedeckt seien, sondern separat in die Prämie einkalkuliert würden. Dazu hat die Beklagte jedoch in den Tatsacheninstanzen nichts Näheres vorgetragen.
37
bb) Es ist auch nicht ersichtlich, dass die von der Beklagten geltend gemachten Abschluss- und Verwaltungskosten den Wert eines Vermögensvorteils zum Ausdruck brächten, welchen der Kläger von der Beklagten empfangen hätte.
38
cc) Zu Unrecht hat das Berufungsgericht hingegen keinen anzurechnenden Vermögensvorteil darin erkannt, dass die Beklagte bei der Auszahlung des Rückkaufswerts Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlag einbehielt und an die Steuerbehörden abführte.
39
(1) Ob und gegebenenfalls wie ein entsprechender Steuerabzug bei der bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung eines Lebensversicherungsvertrages zu behandeln ist, wird in Literatur und Rechtsprechung unterschiedlich beantwortet.
40
Eine Ansicht lehnt eine Berücksichtigung gänzlich ab (OLG Schleswig, Urteil vom 26. Februar 2015 - 16 U 61/13, juris Rn. 62 f.). Die Gegenmeinung erkennt die abgeführten Steuerbeträge als Abzugspositionen an, wobei ein Teil ihrer Vertreter insoweit von einem Wegfall der Bereicherung des Versicherers gemäß § 818 Abs. 3 BGB ausgeht (LG Meiningen, Urteil vom 10. Dezember 2014 - (17) 3 S 52/14, S.16; LG Heidelberg, Urteil vom 25. September 2014 - 1 S 15/13, juris Rn. 39; Rudy, r+s 2015, 115, 120) und die anderen einen anrechnungsfähigen Vermögensvorteil des Versicherungsnehmers annehmen (OLG Stuttgart r+s 2015, 123, 126; Reiff, r+s 2015, 105, 109 f.; wohl auch Sommermeyer /Fink, EWiR 2015, 149, 150).

41
(2) Der letztgenannten Auffassung gebührt der Vorzug. Die von der Beklagten erbrachte Steuerzahlung ist dem Kläger als Vermögensvorteil anzurechnen.
42
(a) Der Einbehalt und die anschließende Abführung der fraglichen Teilbeträge des Rückkaufswerts durch die Beklagte an die Finanzbehörden führte zu einem Vermögensvorteil für den Kläger, der auf diese Weise von einer Steuer- und Abgabenschuld frei wurde. Durch die Auszahlung des Rückkaufswerts im Jahr 2010 entstand eine Kapitalertragsteuerschuld des Klägers gemäß § 44 Abs. 1 Satz 1 und 2, § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Satz 1 Halbsatz 1, § 52 Abs. 36 Satz 5 EStG in der zu diesem Zeitpunkt gültigen Fassung i.V.m. § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 1 und 5 EStG in der am 31. Dezember 2004 geltenden Fassung (im Folgenden: EStG 2004). Bemessungsgrundlage der Steuer waren die von der Beklagten mit dem Rückkaufswert ausgezahlten außerrechnungsmäßigen und rechnungsmäßigen Zinsen aus den Sparanteilen, die in den Versicherungsbeiträgen des Klägers enthalten waren (§ 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 1 EStG 2004).
43
(b) Die Steuerschuld wurde von der Beklagten erfüllt. Gemäß § 44 Abs. 1 Satz 3 EStG hatte die Beklagte als Schuldnerin der Kapitalerträge den Steuerabzug für Rechnung des Klägers vorzunehmen. Durch Abführung des vom Rückkaufswert einbehaltenen Teilbetrages an die Steuerbehörden kam sie ihrer Entrichtungspflicht nach und beglich damit zugleich die Steuerschuld des Klägers.
44
(c) Die vorstehenden Ausführungen gelten für die Entstehung und Erfüllung des vom Kläger gleichfalls geschuldeten Solidaritätszuschlags gemäß § 1 Abs. 2 SolzG 1995 in entsprechender Weise.
45
(d) Den auf diese Weise seitens der Beklagten gewährten Vermögensvorteil hat sich der Kläger im Rahmen der bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung ebenso wie den unmittelbar an ihn ausgezahlten Rückkaufswert auf seinen Rückgewähranspruch anrechnen zu lassen. Das Argument, abzugsfähig seien nur Steuervorteile, auf deren Erzielung das rückabzuwickelnde Geschäfte gerade abgezielt habe (OLG Schleswig aaO Rn. 63), verfängt nicht, da es hier nicht um die Berücksichtigung von Steuervorteilen, sondern um die Erfüllung bestehender Steuerschulden geht.
46
b) Hinsichtlich der von ihr geltend gemachten Abschluss- und Verwaltungskosten kann sich die Beklagte - wie das Berufungsgericht zu Recht angenommen hat - nicht gemäß § 818 Abs. 3 BGB auf den Wegfall der Bereicherung berufen.
47
aa) Vermögensnachteile des Bereicherungsschuldners sind nur berücksichtigungsfähig , wenn sie bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise adäquat-kausal auf der Bereicherung beruhen (BGH, Urteile vom 5. März 2015 - IX ZR 164/14, NJW-RR 2015, 677 Rn. 14; vom 23. Oktober 1980 - IVa ZR 45/80, NJW 1981, 277 unter 5 c; jeweils m.w.N.). Nach dieser Maßgabe sind die Verwaltungskosten bereits deshalb nicht bereicherungsmindernd zu berücksichtigen, weil sie nicht adäquat-kausal durch die Prämienzahlungen der Kläger entstanden, sondern unabhängig von den streitgegenständlichen Versicherungsverträgen angefallen und beglichen worden sind. Auch die Verwendung der Verwaltungskostenantei- le der gezahlten Prämien für die Bestreitung von Aufwendungen für den Versicherungsbetrieb wirkt nicht bereicherungsreduzierend, da die Beklagte auf diese Weise den Einsatz sonstiger Finanzmittel erspart hat (so im Ergebnis auch OLG Karlsruhe, Urteil vom 9. Juni 2015 - 12 U 106/13 (14), juris Rn. 43; OLG Schleswig, Urteil vom 26. Februar 2015 - 16 U 61/13, juris Rn. 57 f.; OLG Dresden, Urteil vom 24. Februar 2015 - 4 U 786/14, juris Rn. 47; KG r+s 2015, 179, 181; OLG Stuttgart, Urteile vom 28. Mai 2015 - 7 U 27/15, S. 7 f.; vom 23. Februar 2015 - 7 U 44/14, S. 9; r+s 2015, 123, 125; VersR 2015, 561, 564; OLG Köln r+s 2015, 121 Rn. 23; VersR 2015, 177, 178; LG Meiningen, Urteil vom 10. Dezember 2014 - (17) 3 S 52/14, S. 14. f.; LG Heidelberg, Urteile vom 25. September 2014 - 1 S 8/14, juris Rn. 38 und 1 S 15/13, juris Rn. 37; a.A. Rudy, r+s 2015, 115, 120).
48
bb) Auch in Bezug auf die Abschlusskosten kann die Beklagte nicht mit Erfolg den Entreicherungseinwand erheben. Solche Aufwendungen , die dem Bereicherungsschuldner im Zusammenhang mit der Erlangung des Bereicherungsgegenstandes entstanden sind, sind nicht ohne weiteres bereicherungsmindernd anzuerkennen; vielmehr hängt dies maßgeblich davon ab, welcher der Parteien des Bereicherungsverhältnisses das jeweilige Entreicherungsrisiko zugewiesen ist (BGH, Urteile vom 27. September 2013 - V ZR 52/12, NJW 2014, 854 Rn. 31; vom 26. September 1995 - XI ZR 159/94, NJW 1995, 3315 unter II 2 c; vom 25. Oktober 1989 - VIII ZR 105/88, BGHZ 109, 139, 145; jeweilsm.w.N.; vgl. Baumann in Bruck/Möller, VVG 9. Aufl. § 1 Rn. 195). Hinsichtlich der Abschlusskosten ist das Entreicherungsrisiko nach den maßgeblichen Wertungsgesichtspunkten der Beklagten zugewiesen. Dabei ist allerdings entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht entscheidend, dass die Unwirksamkeit des Vertragsschlusses zwischen dem Kläger und der Beklagten darauf beruht, dass die Beklagte den Kläger nicht ordnungsgemäß über sein Widerspruchsrecht belehrt hat (so auch Reiff, r+s 2015, 105, 108; insoweit a.A. OLG Dresden WM 2015, 1142, 1144; Urteil vom 24. Februar 2015 - 4 U 786/14, juris Rn. 46; OLG Köln r+s 2015, 121 Rn. 23; VersR 2015, 177, 178). Vielmehr gebietet es der mit der richtlinienkonformen Auslegung bezweckte Schutz des Versicherungsnehmers , dass der Versicherer in Fällen des wirksamen Widerspruchs das Entreicherungsrisiko hinsichtlich der Abschlusskosten trägt (OLG Karlsruhe, Urteile vom 9. Juni 2015 - 12 U 106/13 (14), juris Rn. 43; vom 22. Mai 2015 - 12 U 122/12 (14), juris Rn. 51; OLG Schleswig, Urteil vom 26. Februar 2015 - 16 U 61/13, juris Rn. 58; LG Heidelberg, Urteile vom 25. September 2014 - 1 S 8/14, juris Rn. 38 und 1 S 15/13, juris Rn. 37; vgl. KG r+s 2015, 179, 181 zur Rückabwicklung nach Rücktritt gemäß § 8 Abs. 5 VVG a.F.; a.A. OLG Koblenz, Urteil vom 12. Juni 2015 - 10 U 220/12, S. 20 ff.; OLG Stuttgart, Urteile vom 28. Mai 2015 - 7 U 27/15, S. 7 f.; vom 23. Februar 2015 - 7 U 44/14, S. 9; r+s 2015, 123, 125; VersR 2015, 561, 563; LG Frankfurt am Main, Urteil vom 23. April 2015 - 2-23 O 411/13, S. 7; Reiff, r+s 2015, 105, 109; Rudy, r+s 2015, 115, 119 f.). Dem hier zu beachtenden europarechtlichen Effektivitätsgebot widerspräche es, wenn der Versicherungsnehmer zwar auch nach Ablauf der Jahresfrist des § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG dem Zustandekommen des Vertrages widersprechen könnte, aber die Abschlusskosten tragen müsste. Insbesondere im Falle des Widerspruchs nach kurzer Prämienzahlungsdauer würde das Widerspruchsrecht weitgehend entwertet, weil die bezahlten Beiträge zu einem erheblichen Teil durch die Abschlusskosten aufgezehrt würden.
49
c) Auch die Ratenzahlungszuschläge führen zu keinem teilweisen Wegfall der Bereicherung der Beklagten (so auch OLG Dresden, Urteil vom 24. Februar 2015 - 4 U 786/14, juris Rn. 47; OLG Köln r+s 2015, 121 Rn. 24; a.A. Rudy, r+s 2015, 115, 120). Soweit die Ratenzahlungszuschläge - wie die Revision erstmals vorträgt - einen Verwaltungsaufwand kompensieren sollen, kann auf die Ausführungen zu den Verwaltungskostenanteilen verwiesen werden. Soweit sie als Ausgleich für einen Zinsausfall und ein besonderes Beitragszahlungsrisiko dienen, ist schon nicht erkennbar, inwiefern in ihrer Höhe die Bereicherung der Beklagten entfallen sein sollte.
50
4. Die Kondiktionsansprüche des Klägers umfassen nicht nur die - nach Abzug des Wertersatzes für den genossenen Versicherungsschutz verbleibenden - Versicherungsprämien, sondern gemäß § 818 Abs. 1 Alt. 1 BGB auch die durch die Beklagte hieraus gezogenen Nutzungen.
51
Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass nach § 818 Abs. 1 Alt. 1 BGB nur die Nutzungen herauszugeben sind, die vom Bereicherungsschuldner tatsächlich gezogen wurden (Senatsbeschluss vom 30. Juli 2012 - IV ZR 134/11, juris Rn. 5; BGH, Urteile vom 8. Oktober 1991 - XI ZR 259/90, BGHZ 115, 268, 270; vom 4. Juni 1975 - V ZR 184/73, BGHZ 64, 322, 323). Es hat zu Recht die Darlegungsund Beweislast beim Versicherungsnehmer gesehen und ihm einen entsprechenden Tatsachenvortrag abverlangt, der nicht ohne Bezug zur Ertragslage des jeweiligen Versicherers auf eine tatsächliche Vermutung einer Gewinnerzielung in bestimmter Höhe, etwa anhand der hier vom Kläger bei seiner Forderungsberechnung herangezogenen Informationsunterlagen der B. , gestützt werden kann (vgl. Senatsbeschluss vom 30. Juli 2012 aaO).
52
Weitere Fragen der Nutzungsentschädigung sind nicht Gegenstand dieses Revisionsverfahrens.
Mayen Harsdorf-Gebhardt Dr. Karczewski
Lehmann Dr. Schoppmeyer
Vorinstanzen:
LG Aachen, Entscheidung vom 06.06.2014- 9 O 77/14 -
OLG Köln, Entscheidung vom 17.10.2014 - 20 U 110/14 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR384/14 Verkündet am:
29. Juli 2015
Schick
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
VVG a.F. § 5a; BGB § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1, § 818 Abs. 1 Alt. 1 und Abs. 3
Zur bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung von Lebens- und Rentenversicherungsverträgen
nach Widerspruch gemäß § 5a VVG a.F.
BGH, Urteil vom 29. Juli 2015 - IV ZR 384/14 - OLG Köln
LG Aachen
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch die Vorsitzende
Richterin Mayen, die Richterin Harsdorf-Gebhardt, die Richter
Dr. Karczewski, Lehmann und Dr. Schoppmeyer auf die mündliche Verhandlung
vom 29. Juli 2015

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels das Urteil des 20. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 5. September 2014 insoweit aufgehoben, als den Klägern jeweils Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz vor dem 19. November 2013 zuerkannt worden sind, und auch insoweit die Berufung der Kläger gegen das Urteil der 9. Zivilkammer des Landgerichts Aachen vom 11. April 2014 zurückgewiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens hat die Beklagte zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die klagenden Eheleute fordern von der Beklagten Rückzahlung von Versicherungsprämien und Nutzungsersatz.

2
Mit Versicherungsbeginn zum 1. November 2003 schlossen der Kläger eine fondsgebundene Lebensversicherung mit BerufsunfähigkeitsZusatzversicherung (BUZ) sowie die Klägerin eine fondsgebundene Rentenversicherung mit aufgeschobener lebenslanger Rentenzahlung und garantierter Todesfallleistung bei Tod vor Beginn der Rentenzahlung bei der Beklagten im so genannten Policenmodell gemäß § 5a VVG a.F. in der seinerzeit gültigen Fassung ab.
3
Die im jeweiligen Begleitschreiben zum Versicherungsschein vom 14. November 2003 unter der Rubrik "WICHTIGE HINWEISE" enthaltene Widerspruchsbelehrung lautete wie folgt: "WIDERSPRUCHSRECHT Wie Ihnen bereits auf Grund unseres Hinweises im Versicherungsantrag bekannt ist, können Sie innerhalb von 14 Tagen nach Erhalt des Versicherungsscheins dem Versicherungsvertrag widersprechen. Zur Wahrung der Frist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerspruchs."
4
In der Folgezeit erbrachten der Kläger Beitragszahlungen in Höhe von 33.841,79 € (32.025,33 € für die Hauptversicherung und 1.816,46 € für die BUZ) und die Klägerin in Höhe von 27.000 €.
5
Mit Schreiben vom 9. August 2012 kündigten die Kläger ihre Verträge. Daraufhin zahlte die Beklagte Rückkaufswerte in Höhe von 21.588,70 € an den Kläger und in Höhe von 21.596,70 € an die Klägerin. Mit Schreiben vom 7. September 2013 forderten die Kläger die Beklagte zur verzinslichen Rückerstattung aller geleisteten Beiträge unter Anrechnung der Rückkaufswerte mit Fristsetzung zum 25. September 2013 auf; mit Schreiben vom 8. September 2013 erklärten sie unter anderem den Widerspruch gemäß § 5a VVG a.F. Am 12. Februar 2014 erstattete die Beklagte zunächst einbehaltene Stornoabzüge in Höhe von 1.975,77 € an den Kläger und in Höhe von 1.620,01 € an die Klägerin.
6
Mit der Klage verlangen die Kläger - soweit für das Revisionsverfahren noch von Bedeutung - Rückzahlung aller auf den Vertrag geleisteten Beiträge nebst Zinsen abzüglich der bereits gezahlten Rückkaufswerte. Der Kläger hat 12.741,02 € nebst Zinsen und weitere Zinsen in Höhe von 13.251,44 € nebst Zinsen gefordert, die Klägerin Zahlung von 5.403,30 € nebst Zinsen und weitere Zinsen in Höhe von 11.434,63 €.
7
Nach Auffassung der Kläger sind die Versicherungsverträge mangels ordnungsgemäßer Belehrung über das Widerspruchsrecht nicht wirksam zustande gekommen. Auch nach Ablauf der Jahresfrist des - gegen Gemeinschaftsrecht verstoßenden - § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. hätten sie den Widerspruch noch erklären können.
8
Die Beklagte sieht die Widersprüche der Kläger wegen Verfristung, zumindest aber wegen Verwirkung als unwirksam an. Außerdem sei ein Widerspruch nach Kündigung und Vertragsabwicklung nicht mehr zulässig. Jedenfalls sind nach ihrer Auffassung bei einer Beitragsrückerstattung folgende Positionen zu Lasten der Kläger anzurechnen: Kläger Klägerin BUZ-Beiträge: 1.816,46 € Abschlusskosten: 3.509,03 € 2.520,00 € Verwaltungskosten: 2.880,19 € 3.476,97 € Risikobeiträge: 3.609,16 € 494,72 € Ratenzahlungszuschläge: 130,63 €
9
Bei dem gegebenenfalls geschuldeten Nutzungsersatz seien zu Gunsten der Kläger nur nachgenannte Posten zu berücksichtigen: Kläger Klägerin Fondserträge und laufende Überschussbeteiligung: 1.614,55 € 2.654,79 € Schlussgewinn BUZ: 53,60 € 53,60 €
10
Die Beklagte hat die Einrede der Verjährung in Bezug auf etwaige bis 31. Dezember 2010 entstandene Prämienrückzahlungsansprüche erhoben.
11
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat ihr unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung teilweise - zugunsten des Klägers in Höhe von 6.475,85 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 8.451,62 € seit dem 26. September 2013 bis zum 12. Februar 2014 und aus 6.475,85 € seit dem 13. Februar 2014, zugunsten der Klägerin in Höhe von 5.996,96 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 7.616,97 € seit dem 26. September 2013 bis zum 12. Februar 2014 und aus 5.996,96 € seit dem 13. Februar 2014 - statt- gegeben. Mit der Revision erstrebt die Beklagte auch insoweit Klageabweisung.

Entscheidungsgründe:


12
Die Revision hat nur hinsichtlich eines Teils der Zinsansprüche Erfolg.
13
I. Das Berufungsgericht hat den Klägern jeweils einen Bereicherungsanspruch auf Erstattung der von ihnen geleisteten Prämien abzüglich der darauf entfallenden Risikoanteile und des Prämienanteils für die Berufsunfähigkeitszusatzversicherung des Klägers und als gezogene Nutzungen die von der Beklagten erzielten Erträge zuerkannt. Es hat die Widerspruchserklärungen der Kläger als nicht verfristet angesehen. Die 14-tägige Widerspruchsfrist des § 5a Abs. 1 Satz 1 VVG a.F. sei nicht wirksam in Gang gesetzt worden. Die in den Policenbegleitschreiben enthaltenen Widerspruchsbelehrungen seien zum einen deshalb inhaltlich fehlerhaft, weil der notwendige Hinweis darauf fehle, dass der Widerspruch in Textform zu erheben sei. Dieser Hinweis sei nicht deshalb entbehrlich, weil von der "Absendung" des Widerspruchs die Rede sei. Damit werde dem Versicherungsnehmer nicht klar vor Augen geführt, dass nur ein in Textform verfasster Widerspruch wirksam sei. Zum anderen sei in der Belehrung nicht darauf hingewiesen worden, dass die Widerspruchsfrist erst zu laufen beginne, wenn dem Versicherungsnehmer neben dem Versicherungsschein auch die Versicherungsbedingungen und die Verbraucherinformation überlassen worden seien. § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F., der ein Erlöschen des Widerspruchsrechts ein Jahr nach Zahlung der ersten Prämie vorgesehen habe, sei auf Lebens- und Rentenversicherungsverträge nicht anwendbar.
14
Die Kläger hätten ihre Widerspruchsrechte nicht verwirkt und mit der Erklärung des Widerspruchs im Jahr 2013 nicht gegen Treu und Glauben verstoßen, da die Beklagte es versäumt habe, die Kläger ordnungsgemäß über ihr Widerspruchsrecht zu belehren. Auch ein Erlöschen der Widerspruchsrechte nach beiderseits vollständiger Leistungserbringung komme nicht in Betracht.
15
Die Kläger könnten somit aus ungerechtfertigter Bereicherung die gezahlten Versicherungsprämien zurückverlangen. Dabei müssten sie sich die darauf entfallenden Risikoanteile sowie der Kläger zusätzlich die auf die Berufsunfähigkeitszusatzversicherung entfallenden Versicherungsbeiträge anrechnen lassen, um den während der Zeit der Prämienzahlung genossenen Versicherungsschutz als erlangten Vermögensvorteil auszugleichen. Demgegenüber komme eine Anrechnung des Prämienanteils , der auf Abschluss- und Verwaltungskosten entfallen sei, nicht in Betracht. Die Beklagte könne insoweit vor allem nicht den Einwand der Entreicherung erheben. Da sie durch ihre unzureichenden Widerspruchsbelehrungen wesentlich dazu beigetragen habe, dass die Verträge nicht wirksam zustande gekommen seien, erscheine es nicht angemessen , die Kläger mit den Kosten für den Vertragsabschluss und die Vertragsdurchführung zu belasten. Die Beklagte müsse daher das Risiko tragen, dass sie ihre Vertragskosten unnötig aufgewandt habe. Gleiches gelte für die Ratenzahlungszuschläge.
16
Nutzungen stünden dem Kläger nur in Höhe von 1.668,15 € zu. Hierbei handele es sich um die von der Beklagten ermittelten Fondser- träge, die laufenden Überschussbeteiligungen aus der Hauptversicherung und den Schlussgewinn aus der BerufsunfähigkeitsZusatzversicherung. Der Anspruch beschränke sich auf die Erstattung der tatsächlich durch die Beklagte gezogenen Nutzungen. Grundsätzlich bedürfe es hierzu eines entsprechenden Tatsachenvortrages des Versicherungsnehmers. Der Kläger habe insoweit nur Bezug auf eine Zinsberechnung genommen, der sich entnehmen lasse, dass die Zinsforderung auf der Basis von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ermittelt worden sei. Einer Vermutung, dass die Beklagte mit den eingezahlten Prämien einen entsprechenden Gewinn erzielt habe, fehle die Basis. Die von ihr gezogenen Nutzungen habe die Beklagte unwidersprochen mit einem Gesamtbetrag von 1.668,15 € angegeben.
17
Der Klägerin seien Nutzungen in Form von Fondserträgen, Überschussbeteiligung und Schlussgewinn in Höhe von 2.708,39 € zu erstatten.
18
Gesetzliche Zinsen auf die Beitragsrückerstattungsansprüche seien den Klägern ab dem 26. September 2013 zuzuerkennen.
19
Die Ansprüche der Kläger seien nicht verjährt, da sie erst mit Ausübung des Widerspruchsrechts entstanden seien.
20
II. Die hiergegen gerichtete Revision ist zulässig, insbesondere gemäß § 543 Abs. 1 Nr. 1 ZPO aufgrund der Zulassung durch das Berufungsgericht statthaft. Dieses hat die Revision entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung nicht nur beschränkt auf die Höhe der gegen die Beklagte bestehenden Zahlungsansprüche der Kläger zugelassen.

21
Eine Beschränkung der Revisionszulassung auf die Anspruchshöhe lässt sich dem Berufungsurteil nicht entnehmen. Ausweislich seines Tenors wurde die Revision zugelassen, soweit zum Nachteil der Beklagten erkannt worden ist, was ihre Verurteilung dem Grunde nach mitumfasst. Eine eindeutige Zulassungsbeschränkung auf die Frage der Anspruchshöhe ist auch den Gründen der angefochtenen Entscheidung nicht zu entnehmen. Das Berufungsgericht hat die Zulassung der Revision damit begründet, dass die bereicherungsrechtliche Rückabwicklung eines Lebensversicherungsvertrages, dem wirksam widersprochen worden sei, bislang in den Einzelheiten nicht geklärt sei.
22
III. Die Revision ist im Wesentlichen unbegründet.
23
1. Zu Recht hat das Berufungsgericht den Klägern Bereicherungsansprüche zuerkannt.
24
a) Die zwischen den Parteien geschlossenen Versicherungsverträge schaffen keinen Rechtsgrund für die Prämienzahlungen. Sie sind infolge der Widersprüche der Kläger nicht wirksam zustande gekommen. Die Widersprüche waren - ungeachtet des Ablaufs der in § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. normierten Jahresfrist - rechtzeitig.
25
aa) Nach den revisionsrechtlich nicht zu beanstandenden Feststellungen des Berufungsgerichts belehrte die Beklagte die Kläger nicht ordnungsgemäß i.S. von § 5a Abs. 2 Satz 1 VVG a.F. über das Widerspruchsrecht.

26
(1) Die den Klägern in den Policenbegleitschreiben vom 14. November 2003 erteilten Widerspruchsbelehrungen sind bereits insofern inhaltlich fehlerhaft, als sie keinen Hinweis darauf enthalten, dass der Widerspruch in Textform zu erheben war. Die notwendige Belehrung über das gesetzliche Formerfordernis (vgl. Senatsurteil vom 28. Januar 2004 - IV ZR 58/03, VersR 2004, 497 unter 3 b) erfolgte entgegen der Auffassung der Revision nicht dadurch, dass den Klägern weiterhin mitgeteilt wurde, zur Fristwahrung genüge die rechtzeitige "Absendung" der Widerspruchserklärung (Senatsurteil vom 17. Juni 2015 -IV ZR 426/13, juris Rn. 12). Selbst wenn ein verständiger Versicherungsnehmer nur verkörperte Erklärungen als der Absendung zugänglich ansieht, so bleibt für ihn dennoch unklar, ob hierzu eine Verkörperung in Textform ausreicht oder ob es nicht der traditionellen Schriftform bedarf. Dass dem Versicherungsnehmer , wie die Revision in Erwägung zieht, durch die Belehrung über den gesetzlichen Standard hinausgehend die Möglichkeit eines Widerspruchs in mündlicher Form eingeräumt werden sollte, ist ihrem Text nicht zu entnehmen.
27
(2) Außerdem ist - wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat - die Mitteilung des Fristbeginns unzureichend und damit fehlerhaft, weil die erteilten Belehrungen hierfür entgegen § 5a Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 VVG a.F. allein auf den Erhalt des Versicherungsscheins, nicht aber auch der Versicherungsbedingungen und der Verbraucherinformation abstellten. Insoweit ist, anders als die Revision meint, ohne Belang, ob den Klägern zusammen mit den Versicherungsscheinen auch die übrigen erforderlichen Unterlagen zugingen und der Fristbeginn in der Belehrung damit faktisch richtig angegeben worden war. Dieser Umstand ändert nichts an der inhaltlichen Fehlerhaftigkeit der Belehrung, sondern betrifft allein die Auswirkung derselben auf den konkreten Fall. Für die Frage der Ordnungsgemäßheit der Belehrung kommt es auf derartige Kausalitätsfragen nicht an (vgl. BGH, Urteil vom 17. Dezember 1992 - I ZR 73/91, BGHZ 121, 52, 57).
28
bb) Für einen solchen Fall einer nicht ordnungsgemäßen Widerspruchsbelehrung bestimmte § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. zwar, dass das Widerspruchsrecht ein Jahr nach Zahlung der ersten Prämie erlischt.
29
(1) Das Widerspruchsrecht bestand hier aber nach Ablauf der Jahresfrist und noch im Zeitpunkt der Widerspruchserklärung fort. Das ergibt die richtlinienkonforme Auslegung des § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. auf der Grundlage der Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 19. Dezember 2013 (VersR 2014, 225). Der Senat hat mit Urteil vom 7. Mai 2014 (IV ZR 76/11, BGHZ 201, 101 Rn. 17-34) entschieden und im Einzelnen begründet, die Regelung müsse richtlinienkonform teleologisch dergestalt reduziert werden, dass sie im Anwendungsbereich der Zweiten und der Dritten Richtlinie Lebensversicherung keine Anwendung findet und für davon erfasste Lebens- und Rentenversicherungen sowie Zusatzversicherungen zur Lebensversicherung grundsätzlich ein Widerspruchsrecht fortbesteht, wenn der Versicherungsnehmer - wie hier - nicht ordnungsgemäß über das Recht zum Widerspruch belehrt worden ist und/oder die Verbraucherinformation oder die Versicherungsbedingungen nicht erhalten hat.
30
(2) Die Kündigungen der Versicherungsverträge stehen den späteren Widersprüchen nicht entgegen (vgl. Senatsurteil vom 7. Mai 2014 aaO Rn. 36 m.w.N.). Ein Erlöschen der Widerspruchsrechte nach beider- seits vollständiger Leistungserbringung kommt ebenfalls nicht in Betracht (vgl. Senatsurteil vom 7. Mai 2014 aaO Rn. 37 m.w.N.).
31
(3) Entgegen der Auffassung der Revision haben die Kläger das Recht zum Widerspruch nicht verwirkt. Es fehlt hier jedenfalls am Umstandsmoment. Ein schutzwürdiges Vertrauen kann die Beklagte schon deshalb nicht in Anspruch nehmen, weil sie die Situation selbst herbeigeführt hat, indem sie den Klägern keine ordnungsgemäßen Widerspruchsbelehrungen erteilte (vgl. Senatsurteil vom 7. Mai 2014 aaO Rn. 39 m.w.N.).
32
Ob - wie die Revision meint - der Verwirkungseinwand möglich ist, wenn eine Widerspruchsbelehrung nur marginale Fehler aufweist (so Heyers, NJW 2014, 2619, 2621), braucht hier nicht entschieden zu werden. Die genannten Belehrungsmängel sind nicht belanglos, sondern betreffen für die Ausübung des Widerspruchsrechts wesentliche Punkte - das Textformerfordernis und den Beginn der Widerspruchsfrist.
33
b) Die bereicherungsrechtlichen Rechtsfolgen der Europarechtswidrigkeit des § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. sind nicht auf eine Wirkung ab Zugang des Widerspruchs (ex nunc) zu beschränken, sondern nur eine Rückwirkung entspricht dem Effektivitätsgebot (dazu im Einzelnen Senatsurteil vom 7. Mai 2014 aaO Rn. 41-44).
34
2. Aus den wirksamen Widerspruchserklärungen folgende bereicherungsrechtliche Ansprüche waren bei Erhebung der Klage im November 2013 noch nicht verjährt. Zu diesem Zeitpunkt war die maßgebliche regelmäßige dreijährige Verjährungsfrist des § 195 BGB nicht abgelaufen. Diese konnte erst mit Schluss des Jahres 2013 beginnen, da die Kläger erst in diesem Jahr den Widerspruch erklärten. Der nach einem Widerspruch gemäß § 5a VVG a.F. geltend gemachte Bereicherungsanspruch entstand erst mit Ausübung des Widerspruchsrechts i.S. von § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB; jedenfalls zu diesem Zeitpunkt hatte der Versicherungsnehmer Kenntnis von den anspruchsbegründenden Umständen und der Person des Schuldners i.S. von § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB (vgl. Senatsurteil vom 8. April 2015 - IV ZR 103/15, VersR 2015, 700 Rn. 19 ff.).
35
3. Das Berufungsgericht ist damit zutreffend davon ausgegangen, dass die Kläger von der Beklagten Prämienrückzahlung gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB verlangen können. Richtig ist auch, dass die Rückgewähransprüche der Höhe nach nicht uneingeschränkt alle gezahlten Prämien umfassen und den Klägern bei der bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung der jedenfalls bis zur Kündigung des jeweiligen Vertrages genossene Versicherungsschutz anzurechnen ist. Der Wert des Versicherungsschutzes kann unter Berücksichtigung der Prämienkalkulation bemessen werden; bei Lebensversicherungen kann etwa dem Risikoanteil Bedeutung zukommen (Senatsurteil vom 7. Mai 2014 aaO Rn. 45 m.w.N.).
36
a) Ausgehend davon hat das Berufungsgericht den geschuldeten Wertersatz auf der Grundlage der Prämienkalkulation der Beklagten in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weisegeschätzt.
37
aa) Bei dem Rückgewähranspruch des Klägers hat es berücksichtigt , dass er bis zu seiner Kündigung faktisch den Schutz gegen das Todesfall - und das Berufsunfähigkeitsrisiko erlangt hatte, und den auf die gezahlten Prämien entfallenden Risikoanteil, der nach den nicht ange- griffenen Feststellungen 3.609,16 € betrug, sowie die auf die Berufsunfähigkeits -Zusatzversicherung entfallenden Beiträge in Höhe von 1.816,46 € in Abzug gebracht.
38
Den faktisch genossenen Versicherungsschutz, den die Klägerin aufgrund der von ihr abgeschlossenen Rentenversicherung für die Zeit ab Beginn des vierten Versicherungsjahres bis zur Kündigung in Form einer Mindesttodesfallsumme von 60% der Gesamtbeitragssumme genoss , hat das Berufungsgericht mit dem von der Beklagten angegebenen Betrag von 494,72 € angesetzt.
39
Möglicherweise auf die Risikoabsicherung entfallende Kostenanteile (vgl. OLG Stuttgart VersR 2015, 561, 563; Rudy, r+s 2015, 115, 120) konnte das Berufungsgericht schon mangels entsprechenden Vortrags der Beklagten nicht berücksichtigen. Die Revision macht insoweit geltend , dass die Verwaltung des übernommenen Risikos mit Kosten verbunden sei, die nicht durch die Risikokosten gedeckt seien, sondern separat in die Prämie einkalkuliert würden. Dazu hat die Beklagte jedoch nichts Näheres vorgetragen.
40
bb) Es ist auch nicht ersichtlich, dass die von der Beklagten geltend gemachten Abschluss- und Verwaltungskosten den Wert eines Vermögensvorteils zum Ausdruck brächten, welchen die Kläger von der Beklagten empfangen hätten.
41
b) Hinsichtlich dieser Kosten kann sich die Beklagte - wie das Berufungsgericht zu Recht angenommen hat - nicht gemäß § 818 Abs. 3 BGB auf den Wegfall der Bereicherung berufen.
42
aa) Vermögensnachteile des Bereicherungsschuldners sind nur berücksichtigungsfähig , wenn sie bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise adäquat-kausal auf der Bereicherung beruhen (BGH, Urteile vom 5. März 2015 - IX ZR 164/14, NJW-RR 2015, 677 Rn. 14; vom 23. Oktober 1980 - IVa ZR 45/80, NJW 1981, 277 unter 5 c; jeweils m.w.N.). Nach dieser Maßgabe sind die Verwaltungskosten bereits deshalb nicht bereicherungsmindernd zu berücksichtigen, weil sie nicht adäquat-kausal durch die Prämienzahlungen der Kläger entstanden, sondern unabhängig von den streitgegenständlichen Versicherungsverträgen angefallen und beglichen worden sind. Auch die Verwendung der Verwaltungskostenanteile der gezahlten Prämien für die Bestreitung von Aufwendungen für den Versicherungsbetrieb wirkt nicht bereicherungsreduzierend, da die Beklagte auf diese Weise den Einsatz sonstiger Finanzmittel erspart hat (so im Ergebnis auch OLG Karlsruhe, Urteil vom 9. Juni 2015 - 12 U 106/13 (14), juris Rn. 43; OLG Schleswig, Urteil vom 26. Februar 2015 - 16 U 61/13, juris Rn. 57 f.; OLG Dresden, Urteil vom 24. Februar 2015 - 4 U 786/14, juris Rn. 47; KG r+s 2015, 179, 181; OLG Stuttgart, Urteile vom 28. Mai 2015 - 7 U 27/15, S. 7 f.; vom 23. Februar 2015 - 7 U 44/14, S. 9; r+s 2015, 123, 125; VersR 2015, 561, 564; OLG Köln r+s 2015, 121 Rn. 23; VersR 2015, 177, 178; LG Meiningen, Urteil vom 10. Dezember 2014 - (17) 3 S 52/14, S.14 f.; LG Heidelberg, Urteile vom 25. September 2014 - 1 S 8/14, juris Rn. 38 und 1 S 15/13, juris Rn. 37; a.A. Rudy, r+s 2015, 115, 120).
43
bb) Auch in Bezug auf die Abschlusskosten kann die Beklagte nicht mit Erfolg den Entreicherungseinwand erheben. Solche Aufwendungen , die dem Bereicherungsschuldner im Zusammenhang mit der Erlangung des Bereicherungsgegenstandes entstanden sind, sind nicht ohne weiteres bereicherungsmindernd anzuerkennen; vielmehr hängt dies maßgeblich davon ab, welcher der Parteien des Bereicherungsverhältnisses das jeweilige Entreicherungsrisiko zugewiesen ist (BGH, Urteile vom 27. September 2013 - V ZR 52/12, NJW 2014, 854 Rn. 31; vom 26. September 1995 - XI ZR 159/94, NJW 1995, 3315 unter II 2 c; vom 25. Oktober 1989 - VIII ZR 105/88, BGHZ 109, 139, 145; jeweils m.w.N.; vgl. Baumann in Bruck/Möller, VVG 9. Aufl. § 1 Rn. 195). Hinsichtlich der Abschlusskosten ist das Entreicherungsrisiko nach den maßgeblichen Wertungsgesichtspunkten der Beklagten zugewiesen. Dabei ist allerdings entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht entscheidend, dass die Unwirksamkeit des Vertragsschlusses zwischen den Klägern und der Beklagten darauf beruht, dass die Beklagte die Kläger nicht ordnungsgemäß über ihr Widerspruchsrecht belehrt hat (so auch Reiff, r+s 2015, 105, 108; insoweit a.A. OLG Dresden WM 2015, 1142, 1144; Urteil vom 24. Februar 2015 - 4 U 786/14, juris Rn. 46; OLG Köln r+s 2015, 121 Rn. 23; VersR 2015, 177, 178). Vielmehr gebietet es der mit der richtlinienkonformen Auslegung bezweckte Schutz des Versicherungsnehmers , dass der Versicherer in Fällen des wirksamen Widerspruchs das Entreicherungsrisiko hinsichtlich der Abschlusskosten trägt (OLG Karlsruhe, Urteile vom 9. Juni 2015 - 12 U 106/13 (14), juris Rn. 43; vom 22. Mai 2015 - 12 U 122/12 (14), juris Rn. 51; OLG Schleswig, Urteil vom 26. Februar 2015 - 16 U 61/13, juris Rn. 58; LG Heidelberg, Urteile vom 25. September 2014 - 1 S 8/14, juris Rn. 38 und 1 S 15/13, juris Rn. 37; vgl. KG r+s 2015, 179, 181 zur Rückabwicklung nach Rücktritt gemäß § 8 Abs. 5 VVG a.F.; a.A. OLG Koblenz, Urteil vom 12. Juni 2015 - 10 U 220/12 S. 20 ff.; OLG Stuttgart, Urteile vom 28. Mai 2015 - 7 U 27/15, S. 7 f.; vom 23. Februar 2015 - 7 U 44/14, S. 9; r+s 2015, 123, 125; VersR 2015, 561, 563 f.; LG Frankfurt am Main, Urteil vom 23. April 2015 - 2-23 O 411/13, S. 7; Reiff, r+s 2015, 105, 109; Rudy, r+s 2015, 115, 119 f.). Dem hier zu beachtenden europarechtlichen Effektivitätsgebot widerspräche es, wenn der Versicherungsnehmer zwar auch nach Ablauf der Jahresfrist des § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG dem Zustandekommen des Vertrages widersprechen könnte, aber die Abschlusskosten tragen müsste. Insbesondere im Falle des Widerspruchs nach kurzer Prämienzahlungsdauer würde das Widerspruchsrecht weitgehend entwertet, weil die bezahlten Beiträge zu einem erheblichen Teil durch die Abschlusskosten aufgezehrt würden.
44
c) Auch die Ratenzahlungszuschläge führen zu keinem teilweisen Wegfall der Bereicherung der Beklagten (so auch OLG Dresden, Urteil vom 24. Februar 2015 - 4 U 786/14, juris Rn. 47; OLG Köln r+s 2015, 121 Rn. 24; a.A. Rudy, r+s 2015, 115, 120). Soweit die Ratenzahlungszuschläge - wie die Revision erstmals vorträgt - einen Verwaltungsaufwand kompensieren sollen, kann auf die Ausführungen zu den Verwaltungskostenanteilen verwiesen werden. Soweit sie als Ausgleich für einen Zinsausfall und ein besonderes Beitragszahlungsrisiko dienen, ist schon nicht erkennbar, inwiefern in ihrer Höhe die Bereicherung der Beklagten entfallen sein sollte.
45
4. Die Kondiktionsansprüche der Kläger umfassen nicht nur die - nach Abzug des Wertersatzes für den genossenen Versicherungsschutz verbleibenden - Versicherungsprämien, sondern gemäß § 818 Abs. 1 Alt. 1 BGB auch die durch die Beklagte hieraus gezogenen Nutzungen.
46
Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass nach § 818 Abs. 1 Alt. 1 BGB nur die Nutzungen herauszugeben sind, die vom Bereicherungsschuldner tatsächlich gezogen wurden (Senatsbeschluss vom 30. Juli 2012 - IV ZR 134/11, juris Rn. 5; BGH, Urteile vom 8. Oktober 1991 - XI ZR 259/90, BGHZ 115, 268, 270; vom 4. Juni 1975 - V ZR 184/73, BGHZ 64, 322, 323). Es hat zu Recht die Darlegungsund Beweislast beim Versicherungsnehmer gesehen und ihm einen entsprechenden Tatsachenvortrag abverlangt, der nicht ohne Bezug zur Ertragslage des jeweiligen Versicherers auf eine tatsächliche Vermutung einer Gewinnerzielung in bestimmter Höhe - etwa in Höhe der von den Klägern verlangten Zinsen von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz - gestützt werden kann (vgl. Senatsbeschluss vom 30. Juli 2012 aaO).
47
Über Weiteres hatte der Senat in diesem Verfahren nicht zu entscheiden , da keine der Parteien Einwendungen gegen die Schätzung des Berufungsgerichts erhoben hat.
48
5. Das Berufungsgericht hat den Klägern in Anbetracht ihrer weit überzogenen Forderungen zu Unrecht Verzugszinsen aus den ihnen nach Abzug der erhaltenen Rückkaufswerte verbleibenden Kondiktionsansprüchen seit dem 26. September 2013 zuerkannt. Vielmehr hat die Beklagte aus dem Differenzbetrag ausschließlich Prozesszinsen gemäß den §§ 291, 288 Abs. 1 Satz 2 BGB seit dem 19. November 2013 zu entrichten.
49
Mit Ablauf der durch die Kläger zum 25. September 2013 gesetzten Zahlungsfrist geriet die Beklagte nicht in Verzug. Zwar kann das Forderungsschreiben der Kläger vom 7. September 2013 als Mahnung gemäß § 286 Abs. 1 Satz 1 BGB ausgelegt werden. Diese war hier aber nicht verzugsbegründend. Der Gläubiger kann aus einer Mahnung keine Rechte herleiten, wenn er eine weit übersetzte Forderung geltend macht (BGH, Urteil vom 13. November 1990 - XI ZR 217/89, NJW 1991, 1286 unter III m.w.N.; OLG Stuttgart VersR 2015, 561, 565; Palandt/Grüneberg , BGB 74. Aufl. § 286 Rn. 20 m.w.N.; Reiff, r+s 2015, 105, 113). Dies ist hier der Fall, da die Kläger in ihrem Schreiben die Rückerstattung aller geleisteten, lediglich um die bereits erfolgten Zahlungen der Beklagten geminderten Versicherungsbeiträge zuzüglich weit übersetzter Zinsen als Nutzungsersatz begehrten. Dass die Beklagte die Erfüllung der berechtigten Kondiktionsansprüche zu einem bestimmten Zeitpunkt vor Klageerhebung i.S. des § 286 Abs. 2 Nr. 3 BGB ernsthaft und endgültig verweigerte, haben die Kläger nicht mit der allgemeinen Behauptung einer "Verweigerung der Auszahlung des korrekten Betrages" dargetan.
Mayen Harsdorf-Gebhardt Dr. Karczewski
Lehmann Dr. Schoppmeyer
Vorinstanzen:
LG Aachen, Entscheidung vom 11.04.2014 - 9 O 419/13 -
OLG Köln, Entscheidung vom 05.09.2014 - 20 U 77/14 -

(1) Die Verpflichtung zur Herausgabe erstreckt sich auf die gezogenen Nutzungen sowie auf dasjenige, was der Empfänger auf Grund eines erlangten Rechts oder als Ersatz für die Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung des erlangten Gegenstands erwirbt.

(2) Ist die Herausgabe wegen der Beschaffenheit des Erlangten nicht möglich oder ist der Empfänger aus einem anderen Grunde zur Herausgabe außerstande, so hat er den Wert zu ersetzen.

(3) Die Verpflichtung zur Herausgabe oder zum Ersatz des Wertes ist ausgeschlossen, soweit der Empfänger nicht mehr bereichert ist.

(4) Von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an haftet der Empfänger nach den allgemeinen Vorschriften.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR384/14 Verkündet am:
29. Juli 2015
Schick
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
VVG a.F. § 5a; BGB § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1, § 818 Abs. 1 Alt. 1 und Abs. 3
Zur bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung von Lebens- und Rentenversicherungsverträgen
nach Widerspruch gemäß § 5a VVG a.F.
BGH, Urteil vom 29. Juli 2015 - IV ZR 384/14 - OLG Köln
LG Aachen
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch die Vorsitzende
Richterin Mayen, die Richterin Harsdorf-Gebhardt, die Richter
Dr. Karczewski, Lehmann und Dr. Schoppmeyer auf die mündliche Verhandlung
vom 29. Juli 2015

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels das Urteil des 20. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 5. September 2014 insoweit aufgehoben, als den Klägern jeweils Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz vor dem 19. November 2013 zuerkannt worden sind, und auch insoweit die Berufung der Kläger gegen das Urteil der 9. Zivilkammer des Landgerichts Aachen vom 11. April 2014 zurückgewiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens hat die Beklagte zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die klagenden Eheleute fordern von der Beklagten Rückzahlung von Versicherungsprämien und Nutzungsersatz.

2
Mit Versicherungsbeginn zum 1. November 2003 schlossen der Kläger eine fondsgebundene Lebensversicherung mit BerufsunfähigkeitsZusatzversicherung (BUZ) sowie die Klägerin eine fondsgebundene Rentenversicherung mit aufgeschobener lebenslanger Rentenzahlung und garantierter Todesfallleistung bei Tod vor Beginn der Rentenzahlung bei der Beklagten im so genannten Policenmodell gemäß § 5a VVG a.F. in der seinerzeit gültigen Fassung ab.
3
Die im jeweiligen Begleitschreiben zum Versicherungsschein vom 14. November 2003 unter der Rubrik "WICHTIGE HINWEISE" enthaltene Widerspruchsbelehrung lautete wie folgt: "WIDERSPRUCHSRECHT Wie Ihnen bereits auf Grund unseres Hinweises im Versicherungsantrag bekannt ist, können Sie innerhalb von 14 Tagen nach Erhalt des Versicherungsscheins dem Versicherungsvertrag widersprechen. Zur Wahrung der Frist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerspruchs."
4
In der Folgezeit erbrachten der Kläger Beitragszahlungen in Höhe von 33.841,79 € (32.025,33 € für die Hauptversicherung und 1.816,46 € für die BUZ) und die Klägerin in Höhe von 27.000 €.
5
Mit Schreiben vom 9. August 2012 kündigten die Kläger ihre Verträge. Daraufhin zahlte die Beklagte Rückkaufswerte in Höhe von 21.588,70 € an den Kläger und in Höhe von 21.596,70 € an die Klägerin. Mit Schreiben vom 7. September 2013 forderten die Kläger die Beklagte zur verzinslichen Rückerstattung aller geleisteten Beiträge unter Anrechnung der Rückkaufswerte mit Fristsetzung zum 25. September 2013 auf; mit Schreiben vom 8. September 2013 erklärten sie unter anderem den Widerspruch gemäß § 5a VVG a.F. Am 12. Februar 2014 erstattete die Beklagte zunächst einbehaltene Stornoabzüge in Höhe von 1.975,77 € an den Kläger und in Höhe von 1.620,01 € an die Klägerin.
6
Mit der Klage verlangen die Kläger - soweit für das Revisionsverfahren noch von Bedeutung - Rückzahlung aller auf den Vertrag geleisteten Beiträge nebst Zinsen abzüglich der bereits gezahlten Rückkaufswerte. Der Kläger hat 12.741,02 € nebst Zinsen und weitere Zinsen in Höhe von 13.251,44 € nebst Zinsen gefordert, die Klägerin Zahlung von 5.403,30 € nebst Zinsen und weitere Zinsen in Höhe von 11.434,63 €.
7
Nach Auffassung der Kläger sind die Versicherungsverträge mangels ordnungsgemäßer Belehrung über das Widerspruchsrecht nicht wirksam zustande gekommen. Auch nach Ablauf der Jahresfrist des - gegen Gemeinschaftsrecht verstoßenden - § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. hätten sie den Widerspruch noch erklären können.
8
Die Beklagte sieht die Widersprüche der Kläger wegen Verfristung, zumindest aber wegen Verwirkung als unwirksam an. Außerdem sei ein Widerspruch nach Kündigung und Vertragsabwicklung nicht mehr zulässig. Jedenfalls sind nach ihrer Auffassung bei einer Beitragsrückerstattung folgende Positionen zu Lasten der Kläger anzurechnen: Kläger Klägerin BUZ-Beiträge: 1.816,46 € Abschlusskosten: 3.509,03 € 2.520,00 € Verwaltungskosten: 2.880,19 € 3.476,97 € Risikobeiträge: 3.609,16 € 494,72 € Ratenzahlungszuschläge: 130,63 €
9
Bei dem gegebenenfalls geschuldeten Nutzungsersatz seien zu Gunsten der Kläger nur nachgenannte Posten zu berücksichtigen: Kläger Klägerin Fondserträge und laufende Überschussbeteiligung: 1.614,55 € 2.654,79 € Schlussgewinn BUZ: 53,60 € 53,60 €
10
Die Beklagte hat die Einrede der Verjährung in Bezug auf etwaige bis 31. Dezember 2010 entstandene Prämienrückzahlungsansprüche erhoben.
11
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat ihr unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung teilweise - zugunsten des Klägers in Höhe von 6.475,85 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 8.451,62 € seit dem 26. September 2013 bis zum 12. Februar 2014 und aus 6.475,85 € seit dem 13. Februar 2014, zugunsten der Klägerin in Höhe von 5.996,96 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 7.616,97 € seit dem 26. September 2013 bis zum 12. Februar 2014 und aus 5.996,96 € seit dem 13. Februar 2014 - statt- gegeben. Mit der Revision erstrebt die Beklagte auch insoweit Klageabweisung.

Entscheidungsgründe:


12
Die Revision hat nur hinsichtlich eines Teils der Zinsansprüche Erfolg.
13
I. Das Berufungsgericht hat den Klägern jeweils einen Bereicherungsanspruch auf Erstattung der von ihnen geleisteten Prämien abzüglich der darauf entfallenden Risikoanteile und des Prämienanteils für die Berufsunfähigkeitszusatzversicherung des Klägers und als gezogene Nutzungen die von der Beklagten erzielten Erträge zuerkannt. Es hat die Widerspruchserklärungen der Kläger als nicht verfristet angesehen. Die 14-tägige Widerspruchsfrist des § 5a Abs. 1 Satz 1 VVG a.F. sei nicht wirksam in Gang gesetzt worden. Die in den Policenbegleitschreiben enthaltenen Widerspruchsbelehrungen seien zum einen deshalb inhaltlich fehlerhaft, weil der notwendige Hinweis darauf fehle, dass der Widerspruch in Textform zu erheben sei. Dieser Hinweis sei nicht deshalb entbehrlich, weil von der "Absendung" des Widerspruchs die Rede sei. Damit werde dem Versicherungsnehmer nicht klar vor Augen geführt, dass nur ein in Textform verfasster Widerspruch wirksam sei. Zum anderen sei in der Belehrung nicht darauf hingewiesen worden, dass die Widerspruchsfrist erst zu laufen beginne, wenn dem Versicherungsnehmer neben dem Versicherungsschein auch die Versicherungsbedingungen und die Verbraucherinformation überlassen worden seien. § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F., der ein Erlöschen des Widerspruchsrechts ein Jahr nach Zahlung der ersten Prämie vorgesehen habe, sei auf Lebens- und Rentenversicherungsverträge nicht anwendbar.
14
Die Kläger hätten ihre Widerspruchsrechte nicht verwirkt und mit der Erklärung des Widerspruchs im Jahr 2013 nicht gegen Treu und Glauben verstoßen, da die Beklagte es versäumt habe, die Kläger ordnungsgemäß über ihr Widerspruchsrecht zu belehren. Auch ein Erlöschen der Widerspruchsrechte nach beiderseits vollständiger Leistungserbringung komme nicht in Betracht.
15
Die Kläger könnten somit aus ungerechtfertigter Bereicherung die gezahlten Versicherungsprämien zurückverlangen. Dabei müssten sie sich die darauf entfallenden Risikoanteile sowie der Kläger zusätzlich die auf die Berufsunfähigkeitszusatzversicherung entfallenden Versicherungsbeiträge anrechnen lassen, um den während der Zeit der Prämienzahlung genossenen Versicherungsschutz als erlangten Vermögensvorteil auszugleichen. Demgegenüber komme eine Anrechnung des Prämienanteils , der auf Abschluss- und Verwaltungskosten entfallen sei, nicht in Betracht. Die Beklagte könne insoweit vor allem nicht den Einwand der Entreicherung erheben. Da sie durch ihre unzureichenden Widerspruchsbelehrungen wesentlich dazu beigetragen habe, dass die Verträge nicht wirksam zustande gekommen seien, erscheine es nicht angemessen , die Kläger mit den Kosten für den Vertragsabschluss und die Vertragsdurchführung zu belasten. Die Beklagte müsse daher das Risiko tragen, dass sie ihre Vertragskosten unnötig aufgewandt habe. Gleiches gelte für die Ratenzahlungszuschläge.
16
Nutzungen stünden dem Kläger nur in Höhe von 1.668,15 € zu. Hierbei handele es sich um die von der Beklagten ermittelten Fondser- träge, die laufenden Überschussbeteiligungen aus der Hauptversicherung und den Schlussgewinn aus der BerufsunfähigkeitsZusatzversicherung. Der Anspruch beschränke sich auf die Erstattung der tatsächlich durch die Beklagte gezogenen Nutzungen. Grundsätzlich bedürfe es hierzu eines entsprechenden Tatsachenvortrages des Versicherungsnehmers. Der Kläger habe insoweit nur Bezug auf eine Zinsberechnung genommen, der sich entnehmen lasse, dass die Zinsforderung auf der Basis von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ermittelt worden sei. Einer Vermutung, dass die Beklagte mit den eingezahlten Prämien einen entsprechenden Gewinn erzielt habe, fehle die Basis. Die von ihr gezogenen Nutzungen habe die Beklagte unwidersprochen mit einem Gesamtbetrag von 1.668,15 € angegeben.
17
Der Klägerin seien Nutzungen in Form von Fondserträgen, Überschussbeteiligung und Schlussgewinn in Höhe von 2.708,39 € zu erstatten.
18
Gesetzliche Zinsen auf die Beitragsrückerstattungsansprüche seien den Klägern ab dem 26. September 2013 zuzuerkennen.
19
Die Ansprüche der Kläger seien nicht verjährt, da sie erst mit Ausübung des Widerspruchsrechts entstanden seien.
20
II. Die hiergegen gerichtete Revision ist zulässig, insbesondere gemäß § 543 Abs. 1 Nr. 1 ZPO aufgrund der Zulassung durch das Berufungsgericht statthaft. Dieses hat die Revision entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung nicht nur beschränkt auf die Höhe der gegen die Beklagte bestehenden Zahlungsansprüche der Kläger zugelassen.

21
Eine Beschränkung der Revisionszulassung auf die Anspruchshöhe lässt sich dem Berufungsurteil nicht entnehmen. Ausweislich seines Tenors wurde die Revision zugelassen, soweit zum Nachteil der Beklagten erkannt worden ist, was ihre Verurteilung dem Grunde nach mitumfasst. Eine eindeutige Zulassungsbeschränkung auf die Frage der Anspruchshöhe ist auch den Gründen der angefochtenen Entscheidung nicht zu entnehmen. Das Berufungsgericht hat die Zulassung der Revision damit begründet, dass die bereicherungsrechtliche Rückabwicklung eines Lebensversicherungsvertrages, dem wirksam widersprochen worden sei, bislang in den Einzelheiten nicht geklärt sei.
22
III. Die Revision ist im Wesentlichen unbegründet.
23
1. Zu Recht hat das Berufungsgericht den Klägern Bereicherungsansprüche zuerkannt.
24
a) Die zwischen den Parteien geschlossenen Versicherungsverträge schaffen keinen Rechtsgrund für die Prämienzahlungen. Sie sind infolge der Widersprüche der Kläger nicht wirksam zustande gekommen. Die Widersprüche waren - ungeachtet des Ablaufs der in § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. normierten Jahresfrist - rechtzeitig.
25
aa) Nach den revisionsrechtlich nicht zu beanstandenden Feststellungen des Berufungsgerichts belehrte die Beklagte die Kläger nicht ordnungsgemäß i.S. von § 5a Abs. 2 Satz 1 VVG a.F. über das Widerspruchsrecht.

26
(1) Die den Klägern in den Policenbegleitschreiben vom 14. November 2003 erteilten Widerspruchsbelehrungen sind bereits insofern inhaltlich fehlerhaft, als sie keinen Hinweis darauf enthalten, dass der Widerspruch in Textform zu erheben war. Die notwendige Belehrung über das gesetzliche Formerfordernis (vgl. Senatsurteil vom 28. Januar 2004 - IV ZR 58/03, VersR 2004, 497 unter 3 b) erfolgte entgegen der Auffassung der Revision nicht dadurch, dass den Klägern weiterhin mitgeteilt wurde, zur Fristwahrung genüge die rechtzeitige "Absendung" der Widerspruchserklärung (Senatsurteil vom 17. Juni 2015 -IV ZR 426/13, juris Rn. 12). Selbst wenn ein verständiger Versicherungsnehmer nur verkörperte Erklärungen als der Absendung zugänglich ansieht, so bleibt für ihn dennoch unklar, ob hierzu eine Verkörperung in Textform ausreicht oder ob es nicht der traditionellen Schriftform bedarf. Dass dem Versicherungsnehmer , wie die Revision in Erwägung zieht, durch die Belehrung über den gesetzlichen Standard hinausgehend die Möglichkeit eines Widerspruchs in mündlicher Form eingeräumt werden sollte, ist ihrem Text nicht zu entnehmen.
27
(2) Außerdem ist - wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat - die Mitteilung des Fristbeginns unzureichend und damit fehlerhaft, weil die erteilten Belehrungen hierfür entgegen § 5a Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 VVG a.F. allein auf den Erhalt des Versicherungsscheins, nicht aber auch der Versicherungsbedingungen und der Verbraucherinformation abstellten. Insoweit ist, anders als die Revision meint, ohne Belang, ob den Klägern zusammen mit den Versicherungsscheinen auch die übrigen erforderlichen Unterlagen zugingen und der Fristbeginn in der Belehrung damit faktisch richtig angegeben worden war. Dieser Umstand ändert nichts an der inhaltlichen Fehlerhaftigkeit der Belehrung, sondern betrifft allein die Auswirkung derselben auf den konkreten Fall. Für die Frage der Ordnungsgemäßheit der Belehrung kommt es auf derartige Kausalitätsfragen nicht an (vgl. BGH, Urteil vom 17. Dezember 1992 - I ZR 73/91, BGHZ 121, 52, 57).
28
bb) Für einen solchen Fall einer nicht ordnungsgemäßen Widerspruchsbelehrung bestimmte § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. zwar, dass das Widerspruchsrecht ein Jahr nach Zahlung der ersten Prämie erlischt.
29
(1) Das Widerspruchsrecht bestand hier aber nach Ablauf der Jahresfrist und noch im Zeitpunkt der Widerspruchserklärung fort. Das ergibt die richtlinienkonforme Auslegung des § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. auf der Grundlage der Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 19. Dezember 2013 (VersR 2014, 225). Der Senat hat mit Urteil vom 7. Mai 2014 (IV ZR 76/11, BGHZ 201, 101 Rn. 17-34) entschieden und im Einzelnen begründet, die Regelung müsse richtlinienkonform teleologisch dergestalt reduziert werden, dass sie im Anwendungsbereich der Zweiten und der Dritten Richtlinie Lebensversicherung keine Anwendung findet und für davon erfasste Lebens- und Rentenversicherungen sowie Zusatzversicherungen zur Lebensversicherung grundsätzlich ein Widerspruchsrecht fortbesteht, wenn der Versicherungsnehmer - wie hier - nicht ordnungsgemäß über das Recht zum Widerspruch belehrt worden ist und/oder die Verbraucherinformation oder die Versicherungsbedingungen nicht erhalten hat.
30
(2) Die Kündigungen der Versicherungsverträge stehen den späteren Widersprüchen nicht entgegen (vgl. Senatsurteil vom 7. Mai 2014 aaO Rn. 36 m.w.N.). Ein Erlöschen der Widerspruchsrechte nach beider- seits vollständiger Leistungserbringung kommt ebenfalls nicht in Betracht (vgl. Senatsurteil vom 7. Mai 2014 aaO Rn. 37 m.w.N.).
31
(3) Entgegen der Auffassung der Revision haben die Kläger das Recht zum Widerspruch nicht verwirkt. Es fehlt hier jedenfalls am Umstandsmoment. Ein schutzwürdiges Vertrauen kann die Beklagte schon deshalb nicht in Anspruch nehmen, weil sie die Situation selbst herbeigeführt hat, indem sie den Klägern keine ordnungsgemäßen Widerspruchsbelehrungen erteilte (vgl. Senatsurteil vom 7. Mai 2014 aaO Rn. 39 m.w.N.).
32
Ob - wie die Revision meint - der Verwirkungseinwand möglich ist, wenn eine Widerspruchsbelehrung nur marginale Fehler aufweist (so Heyers, NJW 2014, 2619, 2621), braucht hier nicht entschieden zu werden. Die genannten Belehrungsmängel sind nicht belanglos, sondern betreffen für die Ausübung des Widerspruchsrechts wesentliche Punkte - das Textformerfordernis und den Beginn der Widerspruchsfrist.
33
b) Die bereicherungsrechtlichen Rechtsfolgen der Europarechtswidrigkeit des § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. sind nicht auf eine Wirkung ab Zugang des Widerspruchs (ex nunc) zu beschränken, sondern nur eine Rückwirkung entspricht dem Effektivitätsgebot (dazu im Einzelnen Senatsurteil vom 7. Mai 2014 aaO Rn. 41-44).
34
2. Aus den wirksamen Widerspruchserklärungen folgende bereicherungsrechtliche Ansprüche waren bei Erhebung der Klage im November 2013 noch nicht verjährt. Zu diesem Zeitpunkt war die maßgebliche regelmäßige dreijährige Verjährungsfrist des § 195 BGB nicht abgelaufen. Diese konnte erst mit Schluss des Jahres 2013 beginnen, da die Kläger erst in diesem Jahr den Widerspruch erklärten. Der nach einem Widerspruch gemäß § 5a VVG a.F. geltend gemachte Bereicherungsanspruch entstand erst mit Ausübung des Widerspruchsrechts i.S. von § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB; jedenfalls zu diesem Zeitpunkt hatte der Versicherungsnehmer Kenntnis von den anspruchsbegründenden Umständen und der Person des Schuldners i.S. von § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB (vgl. Senatsurteil vom 8. April 2015 - IV ZR 103/15, VersR 2015, 700 Rn. 19 ff.).
35
3. Das Berufungsgericht ist damit zutreffend davon ausgegangen, dass die Kläger von der Beklagten Prämienrückzahlung gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB verlangen können. Richtig ist auch, dass die Rückgewähransprüche der Höhe nach nicht uneingeschränkt alle gezahlten Prämien umfassen und den Klägern bei der bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung der jedenfalls bis zur Kündigung des jeweiligen Vertrages genossene Versicherungsschutz anzurechnen ist. Der Wert des Versicherungsschutzes kann unter Berücksichtigung der Prämienkalkulation bemessen werden; bei Lebensversicherungen kann etwa dem Risikoanteil Bedeutung zukommen (Senatsurteil vom 7. Mai 2014 aaO Rn. 45 m.w.N.).
36
a) Ausgehend davon hat das Berufungsgericht den geschuldeten Wertersatz auf der Grundlage der Prämienkalkulation der Beklagten in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weisegeschätzt.
37
aa) Bei dem Rückgewähranspruch des Klägers hat es berücksichtigt , dass er bis zu seiner Kündigung faktisch den Schutz gegen das Todesfall - und das Berufsunfähigkeitsrisiko erlangt hatte, und den auf die gezahlten Prämien entfallenden Risikoanteil, der nach den nicht ange- griffenen Feststellungen 3.609,16 € betrug, sowie die auf die Berufsunfähigkeits -Zusatzversicherung entfallenden Beiträge in Höhe von 1.816,46 € in Abzug gebracht.
38
Den faktisch genossenen Versicherungsschutz, den die Klägerin aufgrund der von ihr abgeschlossenen Rentenversicherung für die Zeit ab Beginn des vierten Versicherungsjahres bis zur Kündigung in Form einer Mindesttodesfallsumme von 60% der Gesamtbeitragssumme genoss , hat das Berufungsgericht mit dem von der Beklagten angegebenen Betrag von 494,72 € angesetzt.
39
Möglicherweise auf die Risikoabsicherung entfallende Kostenanteile (vgl. OLG Stuttgart VersR 2015, 561, 563; Rudy, r+s 2015, 115, 120) konnte das Berufungsgericht schon mangels entsprechenden Vortrags der Beklagten nicht berücksichtigen. Die Revision macht insoweit geltend , dass die Verwaltung des übernommenen Risikos mit Kosten verbunden sei, die nicht durch die Risikokosten gedeckt seien, sondern separat in die Prämie einkalkuliert würden. Dazu hat die Beklagte jedoch nichts Näheres vorgetragen.
40
bb) Es ist auch nicht ersichtlich, dass die von der Beklagten geltend gemachten Abschluss- und Verwaltungskosten den Wert eines Vermögensvorteils zum Ausdruck brächten, welchen die Kläger von der Beklagten empfangen hätten.
41
b) Hinsichtlich dieser Kosten kann sich die Beklagte - wie das Berufungsgericht zu Recht angenommen hat - nicht gemäß § 818 Abs. 3 BGB auf den Wegfall der Bereicherung berufen.
42
aa) Vermögensnachteile des Bereicherungsschuldners sind nur berücksichtigungsfähig , wenn sie bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise adäquat-kausal auf der Bereicherung beruhen (BGH, Urteile vom 5. März 2015 - IX ZR 164/14, NJW-RR 2015, 677 Rn. 14; vom 23. Oktober 1980 - IVa ZR 45/80, NJW 1981, 277 unter 5 c; jeweils m.w.N.). Nach dieser Maßgabe sind die Verwaltungskosten bereits deshalb nicht bereicherungsmindernd zu berücksichtigen, weil sie nicht adäquat-kausal durch die Prämienzahlungen der Kläger entstanden, sondern unabhängig von den streitgegenständlichen Versicherungsverträgen angefallen und beglichen worden sind. Auch die Verwendung der Verwaltungskostenanteile der gezahlten Prämien für die Bestreitung von Aufwendungen für den Versicherungsbetrieb wirkt nicht bereicherungsreduzierend, da die Beklagte auf diese Weise den Einsatz sonstiger Finanzmittel erspart hat (so im Ergebnis auch OLG Karlsruhe, Urteil vom 9. Juni 2015 - 12 U 106/13 (14), juris Rn. 43; OLG Schleswig, Urteil vom 26. Februar 2015 - 16 U 61/13, juris Rn. 57 f.; OLG Dresden, Urteil vom 24. Februar 2015 - 4 U 786/14, juris Rn. 47; KG r+s 2015, 179, 181; OLG Stuttgart, Urteile vom 28. Mai 2015 - 7 U 27/15, S. 7 f.; vom 23. Februar 2015 - 7 U 44/14, S. 9; r+s 2015, 123, 125; VersR 2015, 561, 564; OLG Köln r+s 2015, 121 Rn. 23; VersR 2015, 177, 178; LG Meiningen, Urteil vom 10. Dezember 2014 - (17) 3 S 52/14, S.14 f.; LG Heidelberg, Urteile vom 25. September 2014 - 1 S 8/14, juris Rn. 38 und 1 S 15/13, juris Rn. 37; a.A. Rudy, r+s 2015, 115, 120).
43
bb) Auch in Bezug auf die Abschlusskosten kann die Beklagte nicht mit Erfolg den Entreicherungseinwand erheben. Solche Aufwendungen , die dem Bereicherungsschuldner im Zusammenhang mit der Erlangung des Bereicherungsgegenstandes entstanden sind, sind nicht ohne weiteres bereicherungsmindernd anzuerkennen; vielmehr hängt dies maßgeblich davon ab, welcher der Parteien des Bereicherungsverhältnisses das jeweilige Entreicherungsrisiko zugewiesen ist (BGH, Urteile vom 27. September 2013 - V ZR 52/12, NJW 2014, 854 Rn. 31; vom 26. September 1995 - XI ZR 159/94, NJW 1995, 3315 unter II 2 c; vom 25. Oktober 1989 - VIII ZR 105/88, BGHZ 109, 139, 145; jeweils m.w.N.; vgl. Baumann in Bruck/Möller, VVG 9. Aufl. § 1 Rn. 195). Hinsichtlich der Abschlusskosten ist das Entreicherungsrisiko nach den maßgeblichen Wertungsgesichtspunkten der Beklagten zugewiesen. Dabei ist allerdings entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht entscheidend, dass die Unwirksamkeit des Vertragsschlusses zwischen den Klägern und der Beklagten darauf beruht, dass die Beklagte die Kläger nicht ordnungsgemäß über ihr Widerspruchsrecht belehrt hat (so auch Reiff, r+s 2015, 105, 108; insoweit a.A. OLG Dresden WM 2015, 1142, 1144; Urteil vom 24. Februar 2015 - 4 U 786/14, juris Rn. 46; OLG Köln r+s 2015, 121 Rn. 23; VersR 2015, 177, 178). Vielmehr gebietet es der mit der richtlinienkonformen Auslegung bezweckte Schutz des Versicherungsnehmers , dass der Versicherer in Fällen des wirksamen Widerspruchs das Entreicherungsrisiko hinsichtlich der Abschlusskosten trägt (OLG Karlsruhe, Urteile vom 9. Juni 2015 - 12 U 106/13 (14), juris Rn. 43; vom 22. Mai 2015 - 12 U 122/12 (14), juris Rn. 51; OLG Schleswig, Urteil vom 26. Februar 2015 - 16 U 61/13, juris Rn. 58; LG Heidelberg, Urteile vom 25. September 2014 - 1 S 8/14, juris Rn. 38 und 1 S 15/13, juris Rn. 37; vgl. KG r+s 2015, 179, 181 zur Rückabwicklung nach Rücktritt gemäß § 8 Abs. 5 VVG a.F.; a.A. OLG Koblenz, Urteil vom 12. Juni 2015 - 10 U 220/12 S. 20 ff.; OLG Stuttgart, Urteile vom 28. Mai 2015 - 7 U 27/15, S. 7 f.; vom 23. Februar 2015 - 7 U 44/14, S. 9; r+s 2015, 123, 125; VersR 2015, 561, 563 f.; LG Frankfurt am Main, Urteil vom 23. April 2015 - 2-23 O 411/13, S. 7; Reiff, r+s 2015, 105, 109; Rudy, r+s 2015, 115, 119 f.). Dem hier zu beachtenden europarechtlichen Effektivitätsgebot widerspräche es, wenn der Versicherungsnehmer zwar auch nach Ablauf der Jahresfrist des § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG dem Zustandekommen des Vertrages widersprechen könnte, aber die Abschlusskosten tragen müsste. Insbesondere im Falle des Widerspruchs nach kurzer Prämienzahlungsdauer würde das Widerspruchsrecht weitgehend entwertet, weil die bezahlten Beiträge zu einem erheblichen Teil durch die Abschlusskosten aufgezehrt würden.
44
c) Auch die Ratenzahlungszuschläge führen zu keinem teilweisen Wegfall der Bereicherung der Beklagten (so auch OLG Dresden, Urteil vom 24. Februar 2015 - 4 U 786/14, juris Rn. 47; OLG Köln r+s 2015, 121 Rn. 24; a.A. Rudy, r+s 2015, 115, 120). Soweit die Ratenzahlungszuschläge - wie die Revision erstmals vorträgt - einen Verwaltungsaufwand kompensieren sollen, kann auf die Ausführungen zu den Verwaltungskostenanteilen verwiesen werden. Soweit sie als Ausgleich für einen Zinsausfall und ein besonderes Beitragszahlungsrisiko dienen, ist schon nicht erkennbar, inwiefern in ihrer Höhe die Bereicherung der Beklagten entfallen sein sollte.
45
4. Die Kondiktionsansprüche der Kläger umfassen nicht nur die - nach Abzug des Wertersatzes für den genossenen Versicherungsschutz verbleibenden - Versicherungsprämien, sondern gemäß § 818 Abs. 1 Alt. 1 BGB auch die durch die Beklagte hieraus gezogenen Nutzungen.
46
Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass nach § 818 Abs. 1 Alt. 1 BGB nur die Nutzungen herauszugeben sind, die vom Bereicherungsschuldner tatsächlich gezogen wurden (Senatsbeschluss vom 30. Juli 2012 - IV ZR 134/11, juris Rn. 5; BGH, Urteile vom 8. Oktober 1991 - XI ZR 259/90, BGHZ 115, 268, 270; vom 4. Juni 1975 - V ZR 184/73, BGHZ 64, 322, 323). Es hat zu Recht die Darlegungsund Beweislast beim Versicherungsnehmer gesehen und ihm einen entsprechenden Tatsachenvortrag abverlangt, der nicht ohne Bezug zur Ertragslage des jeweiligen Versicherers auf eine tatsächliche Vermutung einer Gewinnerzielung in bestimmter Höhe - etwa in Höhe der von den Klägern verlangten Zinsen von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz - gestützt werden kann (vgl. Senatsbeschluss vom 30. Juli 2012 aaO).
47
Über Weiteres hatte der Senat in diesem Verfahren nicht zu entscheiden , da keine der Parteien Einwendungen gegen die Schätzung des Berufungsgerichts erhoben hat.
48
5. Das Berufungsgericht hat den Klägern in Anbetracht ihrer weit überzogenen Forderungen zu Unrecht Verzugszinsen aus den ihnen nach Abzug der erhaltenen Rückkaufswerte verbleibenden Kondiktionsansprüchen seit dem 26. September 2013 zuerkannt. Vielmehr hat die Beklagte aus dem Differenzbetrag ausschließlich Prozesszinsen gemäß den §§ 291, 288 Abs. 1 Satz 2 BGB seit dem 19. November 2013 zu entrichten.
49
Mit Ablauf der durch die Kläger zum 25. September 2013 gesetzten Zahlungsfrist geriet die Beklagte nicht in Verzug. Zwar kann das Forderungsschreiben der Kläger vom 7. September 2013 als Mahnung gemäß § 286 Abs. 1 Satz 1 BGB ausgelegt werden. Diese war hier aber nicht verzugsbegründend. Der Gläubiger kann aus einer Mahnung keine Rechte herleiten, wenn er eine weit übersetzte Forderung geltend macht (BGH, Urteil vom 13. November 1990 - XI ZR 217/89, NJW 1991, 1286 unter III m.w.N.; OLG Stuttgart VersR 2015, 561, 565; Palandt/Grüneberg , BGB 74. Aufl. § 286 Rn. 20 m.w.N.; Reiff, r+s 2015, 105, 113). Dies ist hier der Fall, da die Kläger in ihrem Schreiben die Rückerstattung aller geleisteten, lediglich um die bereits erfolgten Zahlungen der Beklagten geminderten Versicherungsbeiträge zuzüglich weit übersetzter Zinsen als Nutzungsersatz begehrten. Dass die Beklagte die Erfüllung der berechtigten Kondiktionsansprüche zu einem bestimmten Zeitpunkt vor Klageerhebung i.S. des § 286 Abs. 2 Nr. 3 BGB ernsthaft und endgültig verweigerte, haben die Kläger nicht mit der allgemeinen Behauptung einer "Verweigerung der Auszahlung des korrekten Betrages" dargetan.
Mayen Harsdorf-Gebhardt Dr. Karczewski
Lehmann Dr. Schoppmeyer
Vorinstanzen:
LG Aachen, Entscheidung vom 11.04.2014 - 9 O 419/13 -
OLG Köln, Entscheidung vom 05.09.2014 - 20 U 77/14 -

*

(1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Zustellung eines Mahnbescheids im Mahnverfahren gleich.

(2) Der Mahnung bedarf es nicht, wenn

1.
für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist,
2.
der Leistung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene Zeit für die Leistung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt,
3.
der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert,
4.
aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der sofortige Eintritt des Verzugs gerechtfertigt ist.

(3) Der Schuldner einer Entgeltforderung kommt spätestens in Verzug, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung leistet; dies gilt gegenüber einem Schuldner, der Verbraucher ist, nur, wenn auf diese Folgen in der Rechnung oder Zahlungsaufstellung besonders hingewiesen worden ist. Wenn der Zeitpunkt des Zugangs der Rechnung oder Zahlungsaufstellung unsicher ist, kommt der Schuldner, der nicht Verbraucher ist, spätestens 30 Tage nach Fälligkeit und Empfang der Gegenleistung in Verzug.

(4) Der Schuldner kommt nicht in Verzug, solange die Leistung infolge eines Umstands unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat.

(5) Für eine von den Absätzen 1 bis 3 abweichende Vereinbarung über den Eintritt des Verzugs gilt § 271a Absatz 1 bis 5 entsprechend.

(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.

(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn

1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder
2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.