Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 14. Januar 2015 – 4 Ca 92/14 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Zahlung einer Entschädigung wegen Benachteiligung im Zusammenhang mit einer Bewerbung.

2

Die Klägerin ist über 50 Jahre alt und russischer Herkunft. Sie hat 1984 ein Informatikstudium abgeschlossen.

3

Die Klägerin bewarb sich am 08. November 2013 auf eine von der Beklagten ausgeschriebene Stelle als Softwareentwickler (m/w). Die Stellenausschreibung enthält u.a. folgende Angaben:

4

„Ihr Profil

5

- abgeschlossenes Informatikstudium oder vergleichbare Qualifikation
- erste Berufserfahrung im Bereich Softwareentwicklung
- gute bis sehr gute Java-Kenntnisse und weitere Webtechnologien (z.B. HTML, PHP, JavaScript)

6

...

7

Wegen der weiteren Einzelheiten der Stellenausschreibung wird Bezug genommen auf die Anlage A 1 (Bl. 5 d.A.). Wegen der Einzelheiten des Bewerbungsschreibens der Klägerin wird Bezug genommen auf die Anlage A 2 (Bl. 6 d.A.), wegen der Anlagen zum Bewerbungsschreiben auf die Anlage B 1 (Bl. 29-48 d.A.).

8

Mit E-Mail vom 18. November 2013 teilte die Beklagte der Klägerin ohne vorherige Einladung zu einem Vorstellungsgespräch mit, dass sie nicht in die engere Wahl genommen worden sei (Anlage A 3, Bl. 7 d.A.). Die Beklagte besetzte die Stelle mit einem Bewerber.

9

Mit Schreiben vom 16. Januar 2014 (Anlage A 3, Blatt 7 der Akte) machte die Klägerin gegenüber der Beklagten Ansprüche nach dem AGG geltend. Sie bat um „Auskunft über Zusammensetzung des Beschäftigungsbereiches, Softwareentwicklung, und über Qualifikation des eigestellten Bewerbers“ und verlangte eine Entschädigung in Höhe von 10.000 €. Mit ihrer am 16. April 2014 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage vom 15. April 2014 hat die Klägerin dieses Begehren gerichtlich weiterverfolgt.

10

Neben der vorliegenden Klage erhob die Klägerin seit Beginn des Jahres 2010 bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt insgesamt 315 Klagen beim Arbeitsgericht Hamburg. Mit ihren Klagen macht die Klägerin jeweils Entschädigungs- bzw. Schadensersatzforderungen nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) geltend. Den Verfahren liegen jeweils erfolglose Bewerbungen der Klägerin um Stellen aus dem IT-Bereich zugrunde. Weiterhin machte die Klägerin seit Beginn des Jahres 2010 insgesamt 417 Rechtsmittel- und Prozesskostenhilfeverfahren beim Landesarbeitsgericht Hamburg anhängig. Soweit in den landesarbeitsgerichtlichen Verfahren Entscheidungen ergangen sind, sind die Anträge der Klägerin fast ausnahmslos zurückgewiesen worden. Gegen Entscheidungen, gegen die kein Rechtsmittel gegeben ist, wendet sich die Klägerin regelmäßig mit Anhörungsrügen. Richter, die an für sie nachteiligen Entscheidungen beteiligt gewesen sind, lehnt die Klägerin häufig als befangen ab. Die Außenstände der Klägerin bei der Justizkasse Hamburg wegen der von ihr zu tragenden Gerichtskosten betragen mit Stand 3. April 2018 insgesamt 120.239,31 €. Auch in anderen Arbeitsgerichtsbezirken führte und führt die Klägerin Klageverfahren.

11

Die Klägerin hat vorgetragen, die Ausschreibung der Stelle durch die Beklagte in Vollzeit sei mittelbar geeignet, Frauen zu benachteiligen, weil diese häufiger als Männer gehindert seien, in Vollzeit zu arbeiten. Der Arbeitgeber sei verpflichtet, die Stelle neutral auszuschreiben und könne eine Vollzeitstelle ggf. mit zwei Teilzeitkräften besetzen. Die Einstellung eines Mannes verstärke das Indiz für die Diskriminierung.

12

Ein Indiz für die Diskriminierung wegen Alters ergebe sich daraus, dass in der Stellenausschreibung „erste Berufserfahrung im Bereich Softwareentwicklung“ gefordert sei. Ein sachlicher Grund der Beschränkung auf „erste“ Berufserfahrung bestehe nicht. Softwareentwicklung gebe es seit 50 Jahren, so dass man 50 Jahre Berufserfahrung haben könne. Typischerweise hätten jüngere Menschen erste Berufserfahrung und Menschen über 50 schon lange Berufserfahrung. Auch der übrige Text der Stellenausschreibung richte sich offensichtlich an jüngere Menschen.

13

Ergänzend handele es sich um Mehrfachdiskriminierung, weil die Klägerin die drei am häufigsten gefährdeten Merkmale gemäß § 1 AGG „weiblich/mehr als 50 Jahre alt/nichtdeutsche Herkunft“ in einer Person vereine. Die Beklagte habe einen jüngeren, deutschen Mann eingestellt.

14

Die Klägerin hat unter Darlegung von weiteren Einzelheiten ausgeführt, sie sei im Sinne der Stellenanforderungen hinreichend qualifiziert und habe dies in der Bewerbung nachgewiesen. Solange die Beklagte die Bewerbungsunterlagen des eingestellten Bewerbers nicht vorlege, werde bestritten, dass dieser Bewerber über bessere Qualifikationen verfüge als sie. Die Verweigerung der Vorlage stelle ein weiteres Indiz für die Diskriminierung dar.

15

Das von der Klägerin absolvierte Studium der Informatik sei eine bessere Ausbildung als die zum Fachinformatiker, die der eingestellte Bewerber aufweisen solle. Die Klägerin verfüge über Java-Kenntnisse und sei mit den Webtechnologien vertraut. Sie habe dies u.a. mit Weiterbildungen nachgewiesen.

16

Der von der Beklagten erhobene Vorwurf des Rechtsmissbrauchs sei rechtswidrig. Es sei sittenwidrig, wenn die Beklagte der Klägerin vorwerfe, dass sie sich nicht ernsthaft beworben habe, nachdem die Beklagte sie weder eingeladen noch eingestellt habe und ihr keine Möglichkeit eingeräumt habe, die Ernsthaftigkeit ihrer Bewerbung zu beweisen.

17

Die Klägerin hat beantragt,

18

die Beklagte zu verurteilen, an sie 10.000 € nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz ab Eingang ihrer Klage als Entschädigung für die Mehrfachdiskriminierung zu zahlen.

19

Die Beklagte hat beantragt

20

die Klage abzuweisen.

21

Die Beklagte hat vorgetragen, eine Diskriminierung der Klägerin habe nicht stattgefunden. Sie, die Beklagte, habe auf die Stellenausschreibung insgesamt 66 Bewerbungen erhalten. Hiervon hätten nur vier den Qualifikationsanforderungen der Beklagten entsprochen und seien an den zuständigen Fachbereich weitergeleitet worden.

22

Die Klägerin habe den Anforderungen nicht entsprochen. Die geforderten guten bis sehr guten Java Kenntnisse seien bei der Klägerin nur in Form von Weiterbildung, nicht jedoch in praktischer Anwendung vorhanden. Weiterhin habe die Klägerin nach ihren Bewerbungsunterlagen keine Kenntnisse in weiteren Webtechnologien wie HTML, PHP und Javascript. Die Klägerin könne auf keinerlei praktische Erfahrungen zurückgreifen. Der Hinweis der Klägerin in dem Bewerbungsschreiben, dass sie immer gern bereit sei, die geforderten Qualifikationen zu erwerben, zeige, dass die Klägerin selbst davon ausgehe, dass sie die vorausgesetzten Fähigkeiten erst noch erwerben müsse, also gerade nicht über die geforderte Berufserfahrung verfüge. Auch verfüge die Klägerin nicht über die geforderten Linux-Kenntnisse.

23

Nachdem eine zunächst ausgewählte Bewerberin wegen eines anderen Stellenangebots abgesagt habe, habe sich die Beklagte für den nunmehr eingestellten Bewerber entschieden, der folgende Qualifikationen erfülle: Ausbildung zum Fachinformatiker mit Schwerpunkt Anwendungsentwicklung, Erfahrung im Bereich der Softwareentwicklung, gute Java-Kenntnisse, vertraut mit den Webtechnologien wie (H)TML, HTML5, PHP, Javascript, XML, fundierte praktische Erfahrungen mit Datenbanken wie MySQL und MS SQL und fundierte Linux-Kenntnisse.

24

Im Übrigen sei das Vorgehen der Klägerin rechtsmissbräuchlich. Ihre Bewerbungen würden nur dazu dienen, im Falle der Ablehnung einen Schadensersatzanspruch geltend zu machen. Sie bewerbe sich offenbar systematisch und ohne die ernsthafte Absicht, eine Stelle anzutreten.

25

Das Arbeitsgericht hat die Klage mit Urteil vom 14. Januar 2015 abgewiesen. Zur Begründung hat das Arbeitsgericht ausgeführt, die Klägerin habe keine Indizien dargelegt, die vermuten ließen, dass die Beklagte gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 AGG verstoßen habe. Die Ausschreibung der Stelle als Vollzeitstelle sei kein Indiz für eine Diskriminierung von Frauen, sondern mache lediglich deutlich, welchen Arbeitszeitumfang die Beklagte auf der ausgeschriebenen Position benötige. Das von der Beklagten verlangt Kriterium „erste Berufserfahrung“ könne zwar als mittelbar altersdiskriminierend eingestuft werden, weil mit steigendem Alter typischerweise eine größere Berufserfahrung verbunden sei. Dennoch sei die Klägerin nicht iSd. § 3 AGG benachteiligt worden. Für das Vorliegen einer Benachteiligung sei es erforderlich, dass eine Person, die an sich für die Tätigkeit geeignet wäre, nicht ausgewählt oder schon nicht in Betracht gezogen worden sei. Die objektive Eignung sei nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts Kriterium der „vergleichbaren Situation“ iSd. § 3 Abs. 1 AGG. Nach Auffassung der Kammer weise die Klägerin zwar erste Berufserfahrungen im Bereich Softwareentwicklung auf, erfülle jedoch die weiteren in der Stellenausschreibung genannten Anforderungen nicht. Soweit die Klägerin behaupte, sie habe Kenntnisse in Linux, sei ihr Vortrag gänzlich unsubstantiiert geblieben. Die geforderten Kenntnisse der Webtechnologien wie HTML, PHP und JavaScript habe die Klägerin weder dargelegt noch in den beigefügten Unterlagen nachgewiesen. Es habe daher nicht festgestellt werden können, dass die Klägerin für die ausgeschriebene Stelle objektiv geeignet sei.

26

Für die Begründung im Übrigen wird auf die Entscheidungsgründe des erstinstanzlichen Urteils, Bl. 62 ff. d.A. verwiesen.

27

Die Klägerin hat gegen das ihr am 27. Januar 2015 zugestellte Urteil mit anwaltlichem Schriftsatz vom 26. Februar 2015 Berufung eingelegt. Gleichfalls am 26. Februar 2015 hat die Klägerin persönlich die Bewilligung von Prozesskostenhilfe beantragt.

28

Auf anwaltlichen Antrag vom 26. März 2015 ist der Klägerin mit Beschluss vom 27. März 2015 die Frist zur Begründung ihrer Berufung antragsgemäß bis zum 27. April 2015 verlängert worden.

29

Mit Schreiben vom 24. April 2015 hat die Klägerin die Beiordnung des Rechtsanwalts Herrn R. für das Berufungsverfahren im Rahmen der Bewilligung von Prozesskostenhilfe beantragt und mitgeteilt, der Antrag werde mit der Mandatsniederlage zur Unzeit seitens ihres bisherigen Anwalts begründet. Dem Antrag hat die Klägerin Schreiben per E-Mail vom 15. April 2015 (Bl. 94 d.A.) und vom 16. April 2015 (Bl. 95 d.A.) ihres bisherigen Prozessbevollmächtigten beigefügt, mit denen dieser die Niederlegung des Mandats mitgeteilt hatte.

30

Mit Antrag vom 30. April 2015 hat Herr Rechtsanwalt Herr R. die Vertretung der Klägerin angezeigt. Auf seinen „rein vorsorglichen“ Antrag, alle etwa gesetzten Fristen jeweils um mindestens einen Monat zu verlängern, ist ihm aufgrund richterlicher Verfügung vom 4. Mai 2015 mitgeteilt worden, dass die Berufungsbegründungsfrist bereits am 27. April 2015 abgelaufen sei und daher nicht verlängert werden könne. Dem Antrag des Herrn Rechtsanwalts R. auf Akteneinsicht ist am 4. Mai 2015 stattgegeben worden.

31

Mit anwaltlichem Schriftsatz des Herrn Rechtsanwalts R. vom 27. Mai 2015, am selben Tag bei Gericht eingegangen, hat die Klägerin wegen Versäumung der Berufungsbegründungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt und die Berufung begründet.

32

Sodann hat auch Herr Rechtsanwalt R. mit Schriftsatz vom 13. Juli 2015 seine Mandate in dieser und in allen anderen Sachen, in denen er die Klägerin vertrat, niedergelegt. Nachdem die Klägerin mit Schreiben vom 10. September 2015 beantragt hatte, ihr mit der Prozesskostenhilfebewilligung Frau Rechtsanwältin U. als Prozessbevollmächtigte beizuordnen und Frau Rechtsanwältin U. mit Schriftsatz vom 16. September 2016 ihre Bereitschaft angezeigt hatte, bei Bewilligung von Prozesskostenhilfe die anwaltliche Vertretung der Klägerin zu übernehmen, ist der Klägerin mit Beschluss vom 21. September 2015 Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Frau Rechtsanwältin U. bewilligt worden.

33

Mit Schriftsatz vom 12. Oktober 2015 hat sich Frau Rechtsanwältin U. namens und in Vollmacht der Klägerin an das Berufungsgericht gewandt, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der Versäumung der Berufungsbegründungsfrist beantragt, einen geänderten Berufungsantrag angekündigt und die Berufung erneut begründet.

34

Zur Begründung des zeitlich früheren, durch Herrn Rechtsanwalt R. gestellten Wiedereinsetzungsantrags führt die Klägerin aus, sie sei über die Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist nicht informiert worden und habe daher auch keine Kenntnis über den Ablauf der Berufungsbegründungsfrist am 27. April 2015 gehabt. Eine Abstimmung mit Herrn Rechtsanwalt R. als ihrem neuen Prozessbevollmächtigten habe erst am 24. April 2015 stattfinden können. Herr Rechtsanwalt R. habe nach Zustellung der richterlichen Verfügung vom 4. Mai 2015 am 6. Mai 2015 Akteneinsicht erhalten. Erst damit sei eine Situation entstanden, in der Herr Rechtsanwalt R. als Prozessbevollmächtigter der Klägerin in der Lage gewesen sei, die Berufung zu begründen. Der Wiedereinsetzungsantrag und die Berufungsbegründung seien nach § 234 Abs. 1 Satz 2 ZPO fristgerecht eingegangen.

35

Zur Begründung des zeitlich späteren Wiedereinsetzungsantrags durch Frau Rechtsanwältin U. vom 12. Oktober 2015 wird ausgeführt, dass die Klägerin bereits vor Ablauf der Berufungsbegründungsfrist einen Prozesskostenhilfeantrag gestellt und diesen begründet habe. Über den Prozesskostenhilfeantrag sei mit Beschluss des erkennenden Gerichts vom 21. September 2015 und damit nach Ablauf der Berufungsbegründungsfrist entschieden worden. Die Entscheidung sei der beigeordneten Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 28. September 2015 bekannt gegeben worden. Mit diesem Tag sei das Hindernis nach § 234 Abs. 2 ZPO weggefallen. Die Versäumung der Begründungsfrist sei weder der Klägerin noch ihrer Prozessbevollmächtigten zuzurechnen und damit unverschuldet iSv. § 233 ZPO.

36

Mit ihrer Berufung stellt die Klägerin das Urteil vollen Umfangs der Überprüfung durch das Berufungsgericht.

37

Die Klägerin vertritt die Auffassung, sie sei prozessfähig. Der Umstand, dass sie gerichtliche Entscheidungen (ob nun mit Rechtsmittel anfechtbar oder nicht) nicht hinnehmen wolle, lasse nicht an ihrer Prozessfähigkeit zweifeln. Dass sie ihr Recht auf Stellung von Befangenheitsanträgen wahrnehme, spreche gleichfalls nicht gegen ihre Prozessfähigkeit. Sie beschreite hier einen Weg, den der Gesetzgeber ihr zur Verfügung stelle. Die Höhe der Gerichtskostenforderungen gegen die Klägerin dürfe nicht preisgegeben werden. Unabhängig hiervon sei nicht ersichtlich, inwieweit die wirtschaftliche Situation der Klägerin Einfluss auf ihre Prozessfähigkeit habe. Die Klägerin habe nach dem Rechtssystem die Möglichkeit, gerichtliche Hilfe in Anspruch zu nehmen. Darauf müsse sie nicht deshalb verzichten, weil sie überschuldet sei.

38

Zur Sache trägt die Klägerin vor, es könne nicht hingenommen werden, dass das Arbeitsgericht ausführe, die Klägerin sei mit anderen Bewerbern nicht „vergleichbar“ iSd. § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG. Entgegen der Auffassung des Gerichts sei die Klägerin für die ausgeschriebene Stelle objektiv geeignet. Es sei unerheblich, ob sie die in der Stellenausschreibung geforderten Kenntnisse im Rahmen von Berufserfahrungen oder durch Weiterbildung erlangt habe. Soweit das Arbeitsgericht darauf abstelle, dass die Klägerin ihre Kenntnisse in Bezug auf das System Linux nicht belegt habe, sei darauf hinzuweisen, dass die Beklagte das Vorliegen solcher Kenntnisse gar nicht bestritten habe.

39

Es liege eine Diskriminierung wegen des Geschlechts vor. In der IT-Branche seien Frauen quantitativ unterrepräsentiert. Allein der Umstand, dass die Klägerin nicht eingestellt worden sei, begründe ein Indiz für eine Diskriminierung zum Nachteil der Klägerin aufgrund ihres Geschlechts. Diese ergebe sich auch daraus, dass die Beklagte eine Vollzeitstelle ausgeschrieben habe. Im Übrigen wiederholt und vertieft die Klägerin ihr erstinstanzliches Vorbringen.

40

Die Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung am 23. November 2016 folgende Anträge gestellt:

41

1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg, verkündet am 13.03.2014 (17 Ca 427/13), zugestellt am 25.04.2014, aufgehoben und die Beklagte verpflichtet, an die Klägerin € 14.000,00 zu zahlen zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit der Klage;

42

2. der Klägerin wird wegen der Versäumung der Berufungsbegründungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt.

43

Die Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung vom 23. November 2016 beantragt,

44

die Berufung zurückzuweisen.

45

Die Beklagte meint, der Wiedereinsetzungsantrag der Klägerin sei nicht begründet. Bei Übernahme des Mandats durch Herrn Rechtsanwalt R. sei aus dem Urteil (und den darauf vermutlich notierten Berufungsfristen durch die vormals Prozessbevollmächtigten) erkennbar gewesen, wann die Berufungsfrist enden würde. Jedenfalls wäre für Herrn Rechtsanwalt R. als neuem Prozessbevollmächtigten der Klägerin eine telefonische Klärung durch einen Anruf bei Gericht oder dem ehemaligen Prozessbevollmächtigten der Klägerin möglich gewesen.

46

In der Sache verteidigt die Beklagte die Entscheidung des Arbeitsgerichts.

47

Die Klägerin ist aufgrund richterlicher Verfügung vom 2. Oktober 2015 darauf hingewiesen worden, dass Zweifel an ihrer Prozessfähigkeit bestehen. Für den Wortlaut der richterlichen Verfügung wird auf Bl. 169 f. d.A. verwiesen.

48

Zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung vom 23. November 2016 hat die Vorsitzende mit richterlicher Verfügung vom 21. November 2016 dem Arbeitsgericht Hamburg aufgegeben, das in dem Rechtsstreit zum Aktenzeichen 29 Ca 63/16 eingeholte Sachverständigengutachten des Herrn R1 vom 30. Oktober 2016 zur Prozessfähigkeit der Klägerin in Kopie vorzulegen. Das Gutachten ist übermittelt worden; eine Kopie ist zur Akte genommen worden, weitere Kopien sind in der mündlichen Verhandlung am 23. November 2016 an die Parteien übergeben worden. Für den Inhalt des Gutachtens, von Herrn R1 bezeichnet als „Gutachterliche Stellungnahme“, wird auf Bl. 267 ff. d. A. verwiesen.

49

Nachdem die Kammer des Landesarbeitsgerichts den Parteien mit Hinweis- und Auflagenbeschluss vom 23. November 2016 Gelegenheit zur Stellungnahme zur beabsichtigten Verwertung des Gutachtens des Herrn R1 gegeben hat, hat sie mit ihrem in einer Beratung am 1. Februar 2017 gefassten (Bl. 311 ff. d.A.) und am 8. Februar 2017 verkündeten (Bl. 310 d.A.) Beweisbeschluss die Verwertung des „vorläufigen“ Gutachtens des Sachverständigen Herrn R1 gemäß § 411 a ZPO zur Klärung der Frage, ob die Klägerin zur Zeit prozessfähig ist, beschlossen.

50

Weiterhin hat das Landesarbeitsgericht aufgrund des in der Beratung der Kammer am 1. Februar 2017 gefassten und am 8. Februar 2017 verkündeten Beweisbeschlusses, ergänzt durch einen Beschluss der Vorsitzenden vom 2. Mai 2017 (Bl. 342 f. d.A.), ein Sachverständigengutachten der Fachärztin für Psychiatrie und Neurologie Frau Dr. L. zu folgender Beweisfrage eingeholt:

51

„Ist die Klägerin aktuell in der Lage, die Realität von Gerichtsverfahren, in denen es um Klagen nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz im Zusammenhang mit abgelehnten Bewerbungen der Klägerin geht, adäquat wahrzunehmen oder ist dies infolge einer wahnhaften Entwicklung nicht der Fall?“

52

Zur Durchführung der Beweisaufnahme sind die Prozessakten von fünf weiteren Verfahren der Kammer 6 des Landesarbeitsgerichts Hamburg zu den Aktenzeichen 6 Sa 8/17 (mit Beiakte 6 Sa 72/13), 6 Sa 39/17, 6 Sa 19/16, 6 Sa 36/16 und 6 Sa 117/13 (in Kopie), an denen die Klägerin als Partei beteiligt war, beigezogen und an die Sachverständige übermittelt worden. Weiterhin ist der am 8. Februar 2017 verkündete Beweisbeschluss vom 1. Februar 2017 im Anschreiben an die Sachverständige vom 2. Mai 2017 wie folgt erläutert worden:

53

„Maßgeblich für die Kammer ist, ob die Prozessfähigkeit der Klägerin im aktuellen Berufungsverfahren vorliegt. Bei der Beantwortung der Beweisfrage wird gebeten, die Beweisfrage in Bezug auf den gegenwärtigen Zeitpunkt sowie in Bezug auf den Zeitpunkt der Beauftragung der Prozessbevollmächtigten Frau Barbara U. durch die Klägerin im September 2015 zu beantworten.“

54

Nachdem die Klägerin mit anwaltlichem Schriftsatz vom 24. Mai 2017 (Bl. 364 d.A.) mitgeteilt hatte, dass die Klägerin die persönliche Begutachtung durch die Sachverständige ablehne, hat das Gericht die Sachverständige Frau Dr. L. mit Beschluss vom 29. Mai 2017 beauftragt, das Sachverständigengutachten nach Aktenlage zu erstellen (Bl. 366 d.A.).

55

Für das Sachverständigengutachten der Frau Dr. L. vom 13. September 2017 wird auf Bl. 393 ff. d.A. verwiesen.

56

Weiterhin hat die Kammer ein Schreiben der Vorsitzenden der Kammer 24 des Arbeitsgerichts vom 31. Januar 2017 im Verfahren zum Az. 24 Ca 204/16 an das Amtsgericht Altona, Betreuungsangelegenheiten (Bl. 536 f. d.A.), sowie den in derselben Verfahrensakte befindlichen Beschluss des Amtsgerichts Altona vom 19. April 2017 zum Az. 306 XVII 115/17 (Bl. 538 d.A.), mit dem ein die Klägerin betreffendes Betreuungsverfahren eingestellt worden ist, beigezogen und den Parteien zur Kenntnis gegeben.

57

Die Vorsitzende hat einen weiteren Termin zur mündlichen Verhandlung anberaumt auf den 15. Dezember 2017. Ausweislich des Empfangsbekenntnisses ist die Ladung der Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 15. November 2017 zugegangen.

58

Mit einem Schreiben vom 20. November 2017 (Bl. 528 ff. d.A.) hat die Klägerin persönlich dem Gericht u.a. Folgendes mitgeteilt:

59

... Die mündliche Verhandlung darf nur zur Sache selbst stattfinden, nach dem es über alle meine Anträge entschieden wird und alle meine Argumente berücksichtigt werden und die Behauptungen über Zweifel an meiner Prozessfähigkeit als falsch bestätigt und zurückgenommen werden. Nur zu solcher Verhandlung wird meine Prozesspartei erscheinen.

60

Jegliche Zweifel an meiner Prozessfähigkeit werden aufgrund meines schriftlichen Vorgehens behauptet. Demgemäß kann und muss Klärung hierzu schriftlich erfolgen.
...

61

Ich bestätige ausdrücklich, dass meine Prozessbevollmächtigte Frau Rechtsanwältin U. von mir für das schriftliche Verfahren und für die Terminwahrnehmung zur Sache selbst nach der gerichtlichen Bestätigung der Fehlerhaftigkeit seiner Behauptungen über Zweifel an meiner Prozessfähigkeit und nach der Rücknahme von diesen bevollmächtigt ist.

62

Für andere unsachlichen Termine während der Behauptungen über Zweifel an meiner Prozessfähigkeit und der Missachtung meines Vortrages hat Frau Rechtsanwältin U. keine Vollmacht von mir. Einschließlich des Termins am 15. Dezember 2017...

63

In der Verhandlung am 15. Dezember 2017 ist für die Klägerin niemand erschienen. Die Beklagte hat eine Entscheidung nach Lage der Akten beantragt.

64

Die Vorsitzende hat zu Protokoll den Hinweis erteilt, dass die Kammer nach Auseinandersetzung mit den ihr zur Verfügung stehenden Erkenntnisquellen, insbesondere nach Würdigung des Gutachtens der Sachverständigen Frau Dr. L., hinreichende Anhaltspunkte für eine Prozessunfähigkeit der Klägerin sowohl zum gegenwärtigen Zeitpunkt als auch zum Zeitpunkt der Beauftragung ihrer Prozessbevollmächtigten Frau U. sehe. Verbleibende Zweifel an der Prozessunfähigkeit gingen zulasten der Klägerin.

65

Die Kammer hat mitgeteilt, dass sie beabsichtige, nach Lage der Akten zu entscheiden und die Berufung wegen Unzulässigkeit der Klage zurückzuweisen. Sie hat die Klägerin darauf hingewiesen, dass sie die Klagabweisung wegen Prozessunfähigkeit abwenden könne, indem sie für eine ordnungsgemäße Vertretung sorge. Der Klägerin ist Gelegenheit gegeben worden, die – ggf. zunächst vorläufige und auf den vorliegenden Rechtsstreit beschränkte – Bestellung eines Betreuers durch das Betreuungsgericht zu veranlassen. Insoweit ist ihr aufgegeben worden, bis zum 15. Februar 2018 mitzuteilen, ob eine Betreuung eingerichtet worden ist bzw. ob ein Antrag auf Betreuung beim zuständigen Betreuungsgericht gestellt und noch nicht abschließend bearbeitet worden ist. Weiterhin ist die Klägerin darauf hingewiesen worden, dass das erkennende Gericht der Klägerin dann, wenn das Betreuungsgericht die Betreuerbestellung ablehnen sollte, in entsprechender Anwendung des § 57 ZPO einen Prozesspfleger bestellen würde. Für die Einzelheiten wird auf das Protokoll der Verhandlung vom 15. Dezember 2017 (Bl 533 ff. d.A.) verwiesen.

66

Mit anwaltlichem Schriftsatz vom 14. Februar 2018 hat die Klägerin mitgeteilt, dass kein Antrag auf Betreuung gestellt worden sei, da die Klägerin die Auffassung vertrete, eine Prozessunfähigkeit liege nicht vor.

67

Mit anwaltlichem Schriftsatz der Klägerin vom 28. Februar 2018 hat die Klägerin im Wege der Klagerweiterung folgende Anträge angekündigt:

68

1. festzustellen, dass die „Gutachterliche Stellungnahme“ des Herrn R1 vom 30.10.2016 aus dem Verfahren vor dem Arbeitsgericht Hamburg zum Aktenzeichen 29 Ca 63/16 sowie das Gutachten der Frau Dr. L. vom 13.09 2017 diagnostische Leitlinien gemäß ICD-10 und DSM-5 verletzt und dem international anerkannten medizinischen Fachwissen widerspricht;

69

2. festzustellen, dass die „Gutachterliche Stellungnahme“ des Herrn R1 vom 30.10.2016 aus dem Verfahren vor dem Arbeitsgericht Hamburg zum Aktenzeichen 29 Ca 63/16 sowie das Gutachten der Frau Dr. L. vom 13.09.2017 nicht dem aktuellen Stand der Medizin entspricht;

70

3. festzustellen, dass die „Gutachterliche Stellungnahme“ des Herrn R1 vom 30.10.2016 aus dem Verfahren vor dem Arbeitsgericht Hamburg zum Aktenzeichen 29 Ca 63/16 sowie das Gutachten der Frau Dr. L. vom 13.09.2017 darauf gerichtet ist, bei der Klägerin gesundheitliche Schäden zu erwirken.

71

Für die Begründung dieser als Zwischenfeststellungsanträge bezeichneten Anträge verweist der anwaltliche Schriftsatz der Klägerin auf das Schreiben der Klägerin persönlich vom 30. Oktober 2017, Bl. 510 ff. d.A.

72

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird im Übrigen auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Sitzungsniederschriften verwiesen.

Entscheidungsgründe

73

Über die Berufung der Klägerin konnte nach Lage der Akten entschieden werden (I.) Die Berufung ist zulässig (II.), aber unbegründet (III).

I.

74

Die Kammer konnte eine Entscheidung nach Lage der Akten am 15. Dezember 2017 treffen.

75

1. Gemäß § 331a Satz 2, § 251a Abs. 2 ZPO iVm. § 525 Satz 1 ZPO, § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG darf im arbeitsgerichtlichen Berufungsverfahren beim Ausbleiben einer Partei im Termin auf Antrag der anwesenden Partei ein Urteil nach Lage der Akten ergehen, wenn in einem früheren Termin mündlich verhandelt worden ist. Es darf frühestens zwei Wochen später verkündet werden. Das Gericht hat der nicht erschienenen Partei den Verkündungstermin formlos mitzuteilen. Es bestimmt einen neuen Termin zur mündlichen Verhandlung, wenn die Partei dies spätestens am siebenten Tag vor dem zur Verkündung bestimmten Termin beantragt und glaubhaft macht, dass sie ohne ihr Verschulden ausgeblieben ist und die Verlegung des Termins nicht rechtzeitig beantragen konnte (vgl. BAG, Urteil v. 08.05.2014, 2 AZR 75/13, juris Rn. 21).

76

2. Hier sind die Voraussetzungen für eine Entscheidung nach Lage der Akten erfüllt. Die Prozessbevollmächtigte der Klägerin ist zum Termin am 15. Dezember 2017 ausweislich ihres Empfangsbekenntnisses ordnungsgemäß geladen worden. Für die Klägerin ist jedoch niemand erschienen. Die im Termin ordnungsgemäß vertretene Beklagte hat einen Antrag auf Entscheidung nach Lage der Akten gestellt. Zwischen dem Verhandlungstermin am 15. Dezember 2017 und dem Verkündungstermin am 18. April 2018 lagen weit mehr als zwei Wochen. Der Verkündungstermin ist der Klägerin formlos mitgeteilt worden. Die Klägerin hat keinen Antrag auf Bestimmung eines neuen Termins zur mündlichen Verhandlung gestellt.

77

Die Parteien haben bereits in der öffentlichen Sitzung vom 23. November 2016 iSd. § 137 ZPO zur Sache verhandelt (siehe das Protokoll Bl. 281 ff. d.A.). Die Sach- und Rechtslage, insbesondere das weitere Vorgehen zur Klärung der Prozessfähigkeit der Klägerin, sind erörtert worden. Auch sind in dieser Sitzung Sachanträge gestellt worden. Für die Klägerin ist dies nach § 297 Abs. 2 ZPO durch Bezugnahme auf die Anträge aus der Berufungsbegründung vom 12. Oktober 2015 (Bl. 182 d.A.) erfolgt. Unerheblich ist, dass der in Bezug genommene Berufungsantrag ein anderes Verfahren betrifft, nämlich die Berufung gegen das Urteil des Arbeitsgerichts vom 13. März 2014 zum Aktenzeichen 17 Ca 427/13, und offenbar versehentlich unverändert in den anwaltlichen Schriftsatz der Prozessbevollmächtigten der Klägerin vom 12. Oktober 2015 einkopiert worden ist. Denn die Klägerin hat mit der Antragstellung in einer Weise am Prozessgeschehen in der mündlichen Verhandlung teilgenommen, die darauf gerichtet war, eine Endentscheidung oder eine Zwischenentscheidung zu erreichen. Damit hat sie mündlich verhandelt. Die streitige Frage, ob die Voraussetzung des Verhandelns auch dann erfüllt sein kann, wenn keine Anträge gestellt worden sind (hierzu Germelmann/Matthes/Prütting, 9. Aufl., Bearb. Schleusener, ArbGG § 55 Rn. 18-19), bedarf deshalb keiner Entscheidung.

78

Soweit nach der mündlichen Verhandlung vom 23. November 2016 Beweis erhoben worden ist und die Parteien weiter schriftsätzlich vorgetragen haben, steht dies einer Entscheidung nach Lage der Akten nicht entgegen. Das Erfordernis einer früheren mündlichen Verhandlung soll gewährleisten, dass die Parteien ihre Standpunkte zumindest einmal mündlich vortragen können. Das Gebot der Gewährung rechtlichen Gehörs erfordert nicht stets eine mündliche Verhandlung. Ihm ist auch dann Genüge getan, wenn die betreffende Partei Gelegenheit hatte, sich zu der Rechtssache schriftlich zu äußern (BAG, Urteil vom 08.05.2014, 2 AZR 75/13, juris Rn. 25). Den Parteien des vorliegenden Rechtsstreits ist Gelegenheit gegeben worden, zum Ergebnis der Beweisaufnahme und zur Frage der Prozessfähigkeit der Klägerin schriftlich Stellung zu nehmen. Der Grundsatz des rechtlichen Gehörs ist damit gewahrt.

79

Schließlich ist eine Entscheidung nach Lage der Akten auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil erhebliche Zweifel an der Prozessfähigkeit der Klägerin bestehen. Eine Säumnis der Klägerin lag vor. Für den Streit über die Prozessfähigkeit ist die davon betroffene Partei in jedem Fall als prozessfähig anzusehen (BAG Beschluss v. 05.06.2014, 6 AZN 267/14, juris Rn 13). Hier war die Prozessfähigkeit der Klägerin bis zum Verhandlungstermin am 15. Dezember 2017 im Streit. Da der Streit noch andauerte, konnte die Klägerin durch Zustellung der Ladung an ihre Prozessbevollmächtigte nach § 172 Abs. 1 ZPO wirksam zum Termin am 15. Dezember 2017 geladen werden (vgl. BAG, Beschluss v. 05.06.2014, 6 AZN 267/14, juris Rn 28).

80

3. Die Entscheidung nach Lage der Akte war durch die Kammer zu treffen.

81

Allerdings wird vertreten, dass im arbeitsgerichtlichen Berufungsverfahren die Vorsitzenden allein für eine Entscheidung nach Lage der Akten zuständig sind. Hierfür wird auf § 53, § 64 Abs. 7 ArbGG verwiesen (lag Baden-Württemberg, Urteil v. 27.08.2013, 8 Sa 62/08, juris Rn 20; Baumbach/Lauterbach/Albers/ Hartmann, § 331a Rn 3; siehe auch BAG, Beschluss v. 05.06.2014, 6 AZN 267/14, juris Rn 22 ff.).

82

Dies überzeugt nicht. Ist eine streitige Verhandlung anberaumt worden, zu der eine oder beide Parteien nicht erschienen sind bzw. nicht verhandeln, haben die anwesenden ehrenamtlichen Richter über die zu ergreifenden Maßnahmen mitzuentscheiden. Welche Maßnahmen ergriffen werden können, ergibt sich aus § 251a ZPO. Möglich ist danach u.a. eine Entscheidung nach Lage der Akten. An dieser Entscheidung wirken die ehrenamtlichen Richter mit (Germelmann/Matthes/ Prütting/Schleusener ArbGG § 55 Rn. 18-19; wohl auch: BAG, Urteil v. 08.05.2014, 2 AZR 75/13, juris Rn. 22 ff.)). Da die Entscheidung aus der anberaumten Verhandlung heraus ergeht, liegt kein Fall des § 53 ArbGG vor.

83

4. Die Zwischenfeststellungsanträge der Klägerin aus dem Schriftsatz vom 28. Februar 2018 und die Ausführungen zu ihrer Begründung sowie das weitere Vorbringen der Klägerin persönlich haben nicht zur Folge, dass die mündliche Verhandlung wiederzueröffnen gewesen wäre. Die Kammer hat über diese Anträge am 16. März 2018 und erneut am 18. April 2018 beraten und eine Wiedereröffnung abgelehnt.

II.

84

Die Berufung der Klägerin ist gemäß § 64 Abs. 1 und Abs. 2 b) ArbGG statthaft. Sie ist zudem gemäß § 66 Abs. 1 Satz 1 und 2 ArbGG form- und fristgerecht eingelegt worden.

85

Soweit die Klägerin die Berufungsbegründungsfrist versäumt hat, war ihr Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Der Wiedereinsetzungsantrag der Klägerin vom 27. Mai 2015, gestellt durch den damaligen Prozessbevollmächtigten der Klägerin Herrn Rechtsanwalt R., ist zulässig und begründet. Da der Klägerin schon aufgrund dieses Antrags Wiedereinsetzung zu gewähren ist, kommt es auf ihren weiteren Wiedereinsetzungsantrag vom 12. Oktober 2015 nicht an.

86

1. Nach § 233 ZPO ist einer Partei auf ihren Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn sie ohne ihr Verschulden verhindert war, eine Notfrist oder eine andere der in dieser Vorschrift ausdrücklich genannten Fristen einzuhalten. Zu den in § 233 ZPO genannten Fristen gehört auch die Berufungsbegründungsfrist. Der Wiedereinsetzungsantrag muss bei Versäumung der Berufungsbegründungsfrist innerhalb eine Monats gestellt werden (§ 236 Abs. 1 Satz 2 ZPO).

87

2. Dem in der gebotenen Form binnen Monatsfrist gestellten Wiedereinsetzungsantrag war stattzugeben.

88

Der Lauf der Wiedereinsetzungsfrist hat jedenfalls nicht vor Übermittlung der Prozessakten an Herrn Rechtsanwalt R. begonnen, der die anwaltliche Vertretung der Klägerin nach Niederlegung des Mandats durch den vormaligen Prozessbevollmächtigten der Klägerin übernommen hatte.

89

Die Klägerin war an der Begründung ihrer Berufung ohne ihr Verschulden zunächst dadurch gehindert, dass sie nach Niederlegung des Mandats durch ihren vorherigen Anwalt nicht mehr durch einen Rechtsanwalt vertreten war, dessen sie nach § 11 Abs. 4 Satz 1 ArbGG für die Begründung bedurfte (vgl. BGH, Beschluss vom 26. Juli 2004, VIII ZR 10/04, juris Rn. 5). Dieses Hindernis war mit der Mandatierung von Herrn Rechtsanwalt R. entfallen. Hierbei ist nach dem Vorbringen der Klägerin, das von der Beklagten nicht substantiiert bestritten wird, davon auszugehen, dass Herr Rechtsanwalt R. am 24. Mai 2015 und damit noch vor Ablauf der Begründungsfrist von der Klägerin beauftragt worden ist.

90

Doch bestand ein erneutes Hindernis für eine fristgerechte Begründung der Berufung, weil der neue Prozessbevollmächtigte der Klägerin nicht auf die Prozessakten zugreifen konnte. An der Begründung eines Rechtsmittels ist ein Rechtsanwalt gehindert, solange ihm die Prozessakten nicht (vollständig) zur Verfügung stehen (Greger in: Zöller, Zivilprozessordnung, 32. Aufl. 2018, § 233 ZPO, Rn. 23; für den Fall der Begründung einer Nichtzulassungsbeschwerde nach Anwaltswechsel BGH, Beschluss vom 26.07.2004, VIII ZR 10/04, juris Rn. 7). Hier benötigte Herr Rechtsanwalt R. als Prozessbevollmächtigter der Klägerin die Prozessakten, um eine den Anforderungen des Gesetzes (§ 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG, § 520 Abs. 3 ZPO) genügende Berufungsbegründung zu erstellen, da er den bisherigen Prozessverlauf und das erstinstanzliche Vorbringen der Parteien nicht kannte.

91

Dieses Hindernis ist mit Übermittlung der Prozessakten beseitigt worden. Die Übermittlung ist weniger als einen Monat vor Eingang des Wiedereinsetzungsantrags am 27. Mai 2015 erfolgt. Das ergibt sich schon daraus, dass die Verfügung, mit der das Gericht dem Antrag auf Akteneinsicht stattgegeben hat, vom 4. Mai 2015 stammt.

92

3. Die versäumte Prozesshandlung ist innerhalb der Antragsfrist für den Wiedereinsetzungsantrag nachgeholt worden.

93

Die Berufungsbegründung ist zusammen mit dem Wiedereinsetzungsantrag am 27. Mai 2015 bei Gericht eingegangen. Hierbei genügt die Berufungsschrift den Anforderungen der §§ 519, 520 ZPO. Insbesondere ist das angegriffene Urteil korrekt bezeichnet (§ 519 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Anders als in der von der späteren Prozessbevollmächtigten der Klägerin eingereichten „Berufungsbegründung“ vom 12. Oktober 2015 nimmt der Antrag in der Berufungsbegründung vom 27. Mai 2015 zutreffend Bezug auf das Urteil des Arbeitsgerichts vom 14. Januar 2015 im Verfahren 4 Ca 92/14 und beantragt die Aufhebung (Abänderung) dieses Urteils.

94

4. Der Zulässigkeit der Berufung steht nicht entgegen, dass erhebliche Zweifel an der Prozessfähigkeit der Klägerin bestehen.

95

Zwar ist für die Zulässigkeit der Berufung grundsätzlich die Prozessfähigkeit des Berufungsklägers als Prozesshandlungsvoraussetzung erforderlich. Jedoch muss im Interesse eines vollständigen Rechtsschutzes auch der Prozessunfähige die Möglichkeit haben, den Prozess durch seine Handlungen in die höhere Instanz zu bringen. Dies gilt anerkanntermaßen für das Rechtsmittel der Partei, die sich dagegen wendet, dass sie in der Vorinstanz zu Unrecht als prozessfähig oder als prozessunfähig behandelt worden ist (vgl. etwa BAG Beschluss v. 05.06.2014, 6 AZN 267/14 juris Rn 13). Andernfalls bliebe ein an dem Verfahrensverstoß leidendes Urteil der unteren Instanz aufrechterhalten, erwüchse in Rechtskraft und könnte nur mit der Nichtigkeitsklage (§ 579 Abs. 1 Nr. 4 ZPO) beseitigt werden.

96

Dieser Gesichtspunkt, der der Schutzbedürftigkeit des Prozessunfähigen Rechnung trägt, hat auch Bedeutung, wenn die Partei, deren Prozessfähigkeit fraglich ist, sich gegen das in der Vorinstanz gegen sie ergangene Sachurteil wendet und mit ihrem Rechtsmittel ein anderes, ihrem Begehren entsprechendes Sachurteil erstrebt. Denn auch in diesem Fall würde mit der Verwerfung der Berufung als unzulässig ein möglicherweise fälschlich ergangenes Sachurteil bestätigt, obwohl es sich bei der Prozessfähigkeit der Partei um eine von Amts wegen zu prüfende Prozessvoraussetzung handelt (BGH, Versäumnisurteil vom 08.12.2009, VI ZR 284/08, juris Rn 12; lag Hamburg, Urteil vom 9. August 2017, 3 Sa 50/16, juris Rn 36).

97

Vorliegend ist gegen die Klägerin ein Sachurteil ergangen, das sie mit der Berufung angreift. Somit ist nach den vorstehenden Grundsätzen die Berufung ungeachtet der Zweifel an der Prozessfähigkeit der Klägerin zulässig.

III.

98

Die Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Das Arbeitsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.

99

Die Klage hat schon deshalb keinen Erfolg, weil sie unzulässig ist. Die Prozessfähigkeit der Klägerin und damit eine wesentliche Prozessvoraussetzung kann nicht festgestellt werden. Die Kammer kommt insoweit zum gleichen Ergebnis wie die 3. Kammer des lag in einem weiteren von der Klägerin betriebenen Berufungsverfahren zum Az. 3 Sa 50/16.

100

1. Die Prozessfähigkeit gemäß § 51 Abs. 1, § 52 ZPO ist zwingende Prozessvoraussetzung.

101

Bestehen konkrete Anhaltspunkte dafür, dass die Partei prozessunfähig sein könnte, hat deshalb das jeweils mit der Sache befasste Gericht nach § 56 Abs. 1 ZPO von Amts wegen zu ermitteln, ob Prozessunfähigkeit vorliegt. Dabei ist es nicht an die förmlichen Beweismittel des Zivilprozesses gebunden, vielmehr gilt der Grundsatz des Freibeweises. Das mögliche Fehlen der Prozessfähigkeit ist in jeder Lage des Verfahrens, also auch noch in der Berufungs- und Revisionsinstanz, von Amts wegen zu berücksichtigen (BAG, Beschluss v. 05.06.2014 – 6 AZN 267/14 –, juris Rn. 15).

102

Für die Prozessfähigkeit ist maßgeblich, ob eine Person sich durch Verträge verpflichten kann (§ 52 ZPO). Prozessunfähig, weil geschäftsunfähig, sind deshalb Volljährige unter den Voraussetzungen des § 104 Nr. 2 BGB. Danach ist geschäftsunfähig, wer sich in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden, dauerhaften Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit befindet. Ein solcher Zustand ist gegeben, wenn jemand nicht im Stande ist, seinen Willen frei und unbeeinflusst von einer vorliegenden Geistesstörung zu bilden und nach zutreffend gewonnenen Einsichten zu handeln. Das kann auch der Fall sein, wenn lediglich eine Geistesschwäche vorliegt. Abzustellen ist allein darauf, ob eine freie Entscheidung nach Abwägung des Für und Wider bei sachlicher Prüfung der in Betracht kommenden Gesichtspunkte möglich ist oder ob umgekehrt von einer freien Willensbildung nicht mehr gesprochen werden kann, etwa weil infolge der Geistesstörung Einflüsse dritter Personen den Willen übermäßig beherrschen (BAG, Beschluss v. 05.06.2014, 6 AZN 267/14, juris Rn. 15).

103

Es ist allgemein anerkannt, dass die Geschäftsfähigkeit und damit die Prozessfähigkeit wegen einer geistigen Störung nur für einen beschränkten Kreis von Angelegenheiten – etwa die mit einem bestimmten Streitkomplex zusammenhängenden Verfahren – ausgeschlossen sein kann (BGH, Urteil vom 04. 11.1999, III ZR 306/98, juris Rn 15).

104

2. An der Prozessfähigkeit der Klägerin bestehen nach Ausnutzung aller der Kammer zur Verfügung stehenden Aufklärungsmittel so erhebliche Zweifel, dass das Vorliegen dieser Prozessvoraussetzung nicht festgestellt werden kann.

105

Es liegen Anhaltspunkte dafür vor, dass bei der Klägerin eine wahnhafte Entwicklung im Sinne eines sog. Querulantenwahns vorliegt, aufgrund derer sie sich hinsichtlich der Führung von Rechtsstreitigkeiten wegen vermeintlicher Diskriminierung dauerhaft in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit befindet.

106

a) Von ausgeprägtem Querulantenwahn kann ausgegangen werden, wenn die Vorstellungen eines Klägers von einer eindeutigen Beeinträchtigung eigener Rechte sich weiter intensivieren und Zweifel an der Rechtmäßigkeit der eigenen Position nicht mehr zugelassen werden, absolute Uneinsichtigkeit und Selbstgerechtigkeit sich mit einer Ausweitung des Kampfes vom ursprünglichen Gegner auf andere Menschen und Instanzen verbindet und ein Kläger nicht mehr in der Lage ist, die verfahrensmäßige Behandlung seiner Ansprüche durch die Gerichte nachzuvollziehen (vgl. Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken, Beschluss vom 12.11.1998 – 5 W 9/97 - 8 –, juris; BGH, Urteil vom 04.11.1999, III ZR 306/9, juris).

107

b) Hier gibt es Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin einem solchen die freie Willensbestimmung ausschließenden Wahn unterliegt.

108

Die Klägerin führte bzw. führte am Arbeitsgericht und am Landesarbeitsgericht Hamburg seit 2010 mehrere hundert Verfahren und Rechtsmittelverfahren bzw. Verfahren auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe, ganz überwiegend ohne Erfolg. Gegenstand der Verfahren sind immer wieder von der Klägerin angenommene Diskriminierungen in Einstellungsverfahren, wegen derer die Klägerin Schadensersatz und/oder Entschädigung von Arbeitgebern verlangt. Zwar ist die Anzahl der von der Klägerin geführten Verfahren für sich genommen nicht geeignet, Zweifel an der Steuerungsfähigkeit und damit an der Prozessfähigkeit der Klägerin zu begründen. Doch ergeben sich solche Zweifel aus den wirtschaftlichen Folgen, die sie mit diesen Verfahren für sich selbst auslöst und aus der Art und Weise, in der sie die Verfahren führt.

109

aa) Für einen Ausschluss der Steuerungsfähigkeit spricht, dass die Klägerin mit der großen Zahl der ohne Aussicht auf Erfolg geführten Verfahren Gerichts- und Anwaltskosten gegen sich in einer Höhe verursacht, die ihre wirtschaftliche Existenz auf Dauer jedenfalls erheblich bedrohen. Mit ihrem Verhalten schädigt die Klägerin sich daher massiv selbst. Sie hat allein gegenüber der Gerichtskasse Hamburg mit Stand vom 3. April 2018 Verbindlichkeiten von € 120.239,31. Hinzu kommen die Kostenerstattungsverpflichtungen gegenüber den von der Klägerin zu Unrecht in Anspruch genommenen Arbeitgebern, die den vorgenannten Betrag deutlich übersteigen dürften, sowie Gebührenforderungen eigener Prozessbevollmächtigter, die ohne Prozesskostenhilfebewilligung für die Klägerin tätig geworden sind. Schon bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt hat die Klägerin Kosten für erfolglose Prozesse verursacht, von denen nicht anzunehmen ist, dass sie sie jemals wird begleichen können. Die Klägerin handelt damit in einem Maße auch gegen eigene Interessen, das darauf hindeutet, dass sie sich nicht mehr vernunftgerecht steuern kann, sondern an einer wahnhaften Störung leidet.

110

bb) Kennzeichnend für die Verfahrensführung der Klägerin ist, dass sie gerichtliche Entscheidungen, mit denen ihren Anträgen nicht vollen Umfangs entsprochen wird, nicht zu akzeptieren bereit ist, ohne dass es darauf ankommt, wie diese Entscheidungen begründet sind und von welcher Kammer bzw. welchem Vorsitzenden sie getroffen worden sind.

111

Sind keine Rechtsmittel gegen die Entscheidungen eröffnet, wehrt sie sich regelmäßig durch Anhörungsrügen, ohne dass diese Erfolg hätten. Systematisch nimmt die Klägerin ihr nachteilige Entscheidungen zum Anlass, die daran beteiligten Richter wegen der Besorgnis der Befangenheit abzulehnen. Auch die Entscheidungen über ihre Befangenheitsgesuche akzeptiert die Klägerin häufig nicht, sondern lehnt, verbunden mit einer Anhörungsrüge gegen den Beschluss, nunmehr diejenigen Richter wegen Besorgnis der Befangenheit ab, die mit der Entscheidung über den Befangenheitsantrag befasst waren. Dass die Klägerin glaubt, sich gegen jede gerichtliche Zurückweisung von Anträgen wehren zu müssen, weist auf einen subjektiv empfundenen Zwang zu einem solchen Handeln hin.

112

Das große Maß an Selbstorganisation, das die Klägerin bei der Führung der Verfahren zeigt, ist nicht geeignet, die Zweifel an ihrer Prozessfähigkeit auszuräumen. Zwar gelingt es der Klägerin trotz der großen Zahl ihrer Verfahren in beeindruckender Weise, die jeweiligen Rechtsmittelfristen und die Fristen für die Einlegung von Anhörungsrügen zu wahren. Ihre Klagen sind jeweils fallbezogen formuliert. Auch nimmt sie in jedem Schreiben, mit dem sie einen Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für ein Berufungsverfahren, ein Rechtsmittel, eine Anhörungsrüge oder einen Befangenheitsantrag begründet, inhaltlichen Bezug auf die jeweils angegriffene Entscheidung und führt Argumente gegen die richterliche Begründung an.

113

Diese Selbstorganisation ist jedoch kein Ausdruck der Willensfreiheit und des vernunftgerechten Handels, sondern dient allein dem Zweck, jede nachteilige gerichtliche Entscheidung fristgemäß angreifen zu können. Es spricht viel dafür, dass das Verhalten der Klägerin als wahnhaft zu bewerten ist, weil sie für sich keine Handlungsalternative erkennt. Der Weg, sich von der Argumentation eines Gerichts überzeugen zu lassen oder jedenfalls die Chancenlosigkeit eines Rechtsmittels, eines Prozesskostenhilfeantrags, eines Befangenheitsantrags oder einer Anhörungsrüge zu akzeptieren und eine abweisende gerichtliche Entscheidung im Einzelfall hinzunehmen, ist der Klägerin in ihrer Vorstellungswelt offenbar nicht eröffnet.

114

Für ein wahnhaftes Erleben der Realität gerichtlicher Verfahren durch die Klägerin spricht auch, dass die Klägerin an stereotypen Verhaltensweisen und Argumentationsmustern festhält, ohne akzeptieren zu können, dass das jeweilige Vorgehen ungeeignet ist, ihrem Begehren zum Erfolg zu verhelfen. Dies betrifft beispielsweise ihr auch im vorliegenden Verfahren angeführtes Vorbringen, die Ausschreibung einer Stelle als Vollzeitstelle sowie die statistisch belegte Unterrepräsentation von Frauen in der IT-Branche seien Indizien für ihre Benachteiligung im konkreten Bewerbungsverfahren. Obwohl beide Umstände in gerichtlichen Entscheidungen mehrfach als nicht geeignet angesehen worden sind, eine Diskriminierung von Frauen zu belegen (vgl. etwa lag Hamburg, Urteil v. 19. Februar 2014, 3 Sa 39/13, juris Rn 51, Rn 52, Nichtzulassungsbeschwerde durch das BAG zurückgewiesen; lag Schleswig-Holstein, Urteil v. 13.11.2012, 2 Sa 217/12, juris Rn 57, 58, Prozesskostenhilfe für die Nichtzulassungsbeschwerde durch das BAG abgelehnt), führt die Klägerin diese Argumentation in jedem neuen Verfahren an.

115

Die rechtliche Begründung gerichtlicher Entscheidungen, gegen die kein Rechtsmittel gegeben ist, greift die Klägerin regelmäßig mit Anhörungsrügen an. An diesem Vorgehen hält sie fest, obwohl ihr mit richterlichen Beschlüssen immer wieder mitgeteilt worden ist, dass die Anhörungsrüge kein Instrument ist, um eine Überprüfung der Rechtsansicht des Gerichts zu veranlassen.

116

Sobald ein Antrag der Klägerin abschlägig beschieden oder der Rechtsauffassung der Klägerin nicht gefolgt wird, unterstellt die Klägerin den Richterinnen und Richtern zudem regelmäßig willkürliches bzw. rechtswidriges Verhalten. Dies zeigt, dass die Klägerin nicht nur gegen die von ihr verklagten Arbeitgeber um ihre vermeintlichen Rechte kämpft. Vielmehr sieht sie auch die mit ihren Verfahren befassten Richter und Richterinnen häufig als Gegner an, denen sie Böswilligkeit, Schädigungsabsicht und Lügen vorwirft, den Willen zur Rechtsbeugung unterstellt und die Befähigung zur Ausübung des Richteramtes abspricht. Gleiches gilt für ehemalige Prozessbevollmächtigte, deren Kostenfestsetzungsanträgen sie nach Ende des Mandatsverhältnisses mit der Argumentation entgegentritt, sie seien für die Erfolglosigkeit der Rechtsverfolgung verantwortlich.

117

Lediglich als Beispiele für die regelmäßigen derartigen Äußerungen der Klägerin sind die nachfolgenden aufgeführt:

118

Im Verfahren zum Az. 6 Sa 72/13 reagierte die Klägerin auf die Zurückweisung einer Anhörungsrüge mit der Formulierung: „... Meine Anhörungsrüge war völlig korrekt und begründet... Ich rege dringend Selbstkorrektur der Verfahrensführung an“ (Bl. 144 ff. d.A.). Nachdem in diesem Verfahren durch das Bundesarbeitsgericht die Prozesskostenhilfe für die Nichtzulassungsbeschwerde versagt worden und eine Anhörungsrüge hiergegen verworfen worden war (Bl. 272 d.A.), beantragte die Klägerin, die Kostenfestsetzungsanträge ihres Prozessbevollmächtigten zurückzuweisen, „weil die Verlust meiner Sache und die Kostenfestsetzung gegen mich auf ihre ungenügende oder fehlerhaftige Tätigkeit zurückzuführen ist“, die Sache wäre gewonnen worden, „falls die Kanzlei ihre Arbeit sorgfältig gemacht hätte und die Fehlerhaftigkeit des Berufungsurteils beim BAG angefochten hätte. ...“ (Bl. 285 d.A.).

119

Im Verfahren zum Az. 6 Sa 36/16 führte die Klägerin in ihrem Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Berufungsverfahren aus, „das Vorgericht habe die Sache willkürlich beschieden“ und ihr „Indizienvortragen grob fehlerhaft verneint und missachtet.“ (PKH-Heft Bl. 2). Sie meint, es müsse „insbesondere Rechtswidrigkeit und Absurdität der Behauptung des Gerichts betont werden, dass es zulässig sein kann, wenn Arbeitgeber keinen Bewerber einstellen will, der ihn verklagt hat.“ (PKH-Heft Bl. 3). Nachdem der Prozesskostenhilfeantrag zurückgewiesen worden war, stellte die Klägerin zunächst mit Schreiben vom 22. August 2016 einen Befangenheitsantrag, mit dem sie ausführte, die Vorsitzende der erkennenden Kammer halte „es nicht für korrekt, Diskriminierungen gegen [die Klägerin] aufzuklären und zu beseitigen. Weil sie feindlich gegenüber einem Menschen der russischen Herkunft ist.“ (PKH-Heft Bl. 33). Mit Schreiben vom 26. September 2016 begründete die Klägerin einen weiteren Befangenheitsantrag gegen die Vorsitzende, in dem sie unter anderem ausführte, die Vorsitzende „lügt im Beschluss v. 21. September 2016, dass meiner Argumentation zur Begründung des Befangenheitsantrages ungeeignet ist“ (PKH-Heft Bl. 43), sie habe bestätigt, dass ihr Verhalten „offensichtlich auf höchstmögliche Schädigung und Herabwürdigung“ ihr – der Klägerin – gegenüber gerichtet sei (PKH-Heft Bl. 44). Einen Befangenheitsantrag gegenüber einem anderen Vorsitzenden Richter des Landesarbeitsgerichts Hamburg stützte die Klägerin darauf, dieser unterstütze das „gesetzwidrige Verhalten“ der Richterin und verhalte sich seinerseits „willkürlich“ PKH-Heft Bl. 45).

120

In einem Befangenheitsantrag der Klägerin gegen die Vorsitzende der erkennenden Kammer im Verfahren 6 Sa 19/16 finden sich die Ausführungen, die Vorsitzende habe eine „feindliche Einstellung“ ihr gegenüber und begehe eine „Art Beweisfälschung für ihre absurden Vorwürfe gegen“ sie, indem sie die „offensichtlich statthaften und zulässigen Rechtsmittel für unstatthaft und unzulässig“ erkläre und verwerfe. (PKH-Heft Bl. 32).

121

In einem Befangenheitsantrag gegen die Vorsitzende des erstinstanzlichen Verfahrens zum Az. 16 Ca 351/15, das dem Verfahren 6 Sa 39/17 vorausgegangen ist, sind die Ausführungen enthalten, das Verhalten der Richterin sei „hinterhältig“ gewesen, die Richterin habe „nach der Verhandlung... den absurden willkürlichen Beschluss“ über eine Verweisung der Klage gefasst, sie habe die Klägerin „ärgern“ und ihr „weitere Sorgen verursachen“ wollen, indem sie ihr eine „Beschwerdeerhebung aufzwingen“ wolle, dies um ihr dann „womöglich zu viele Rechtsmittel vorzuwerfen.“ (Bl 70 d.A.).

122

Den von ihr – in aller Regel erfolglos – auf Zahlung von Entschädigung wegen erfolgloser Bewerbungen verklagten Arbeitgebern hält die Klägerin vor, sie hätten die Arbeitslosigkeit der Klägerin verschuldet. So stellt die Klägerin im erstinstanzlichen Verfahren zum Az. 16 Ca 351/15, das dem Verfahren 6 Sa 39/17 vorausgegangen ist und in dem sich die Klägerin gegen die Vollstreckung eines Kostenfestsetzungsbeschlusses aus einem Vorverfahren wehrte, dar, die Beklagte habe ihre „Langzeitarbeitslosigkeit und Armut mitverschuldet. Genau gesagt, im erheblichen Maße verursacht.“ Damit habe die Beklagte sie „zu den Gerichtsverfahren wegen Diskriminierungen bei der Stellenvergabe gezwungen.“ (Bl. 2 d.A.). Es sei eine „sittenwidrige, vorsätzliche Schädigung ihrerseits, wenn sie von [der Klägerin, der] von ihr arm gemachten Langzeitarbeitslosen, Kosten ihrer Anwälte für Gerichtsverfahren wegen [ihrer] Ausgrenzung“ vollstrecke (Bl. 2 d.A.).

123

Das beschriebene Prozessverhalten der Klägerin deutet stark darauf hin, dass die Klägerin aufgrund einer wahnhaften Entwicklung prozessunfähig sein könnte. Die Klägerin greift nicht nur die Arbeitgeber an, denen sie die Schuld für ihre persönliche Lebenssituation gibt, die durch langjährige Arbeitslosigkeit und Mittellosigkeit geprägt ist. Vielmehr sind aus Sicht der Klägerin auch die Gerichte bzw. die Richterinnen und Richter, die ihren Klagen oder Rechtsmitteln sowie ihren sonstigen Anträgen nicht entsprechen, und ihre ehemaligen Prozessbevollmächtigten ihre Gegner, denen sie verwerfliche Motive und schädigende Absicht unterstellt. Damit wird deutlich, dass die Klägerin jedenfalls in Bezug auf die von ihr vor den Arbeitsgerichten geführten Verfahren jeglichen Bezug zur Realität verloren hat.

124

In der mündlichen Verhandlung am 23. November 2016 ist der Klägerin Gelegenheit zur Stellungnahme zu den Zweifeln an ihrer Prozessfähigkeit gegeben worden. Hierbei hat die Klägerin deutlich gemacht, dass sie diese Zweifel für unhaltbar hält und als Vorwurf und Beleidigung empfindet. Mit ihren Einlassungen hat die Klägerin die Zweifel der Kammer bestätigt. Indem sie keine Bereitschaft gezeigt hat, an der Klärung ihrer Prozessfähigkeit mitzuwirken, sondern die vom Gericht formulierten Zweifel als Angriff verstanden hat, den es abzuwehren gilt, hat sie die aus ihrem sonstigen Prozessverhalten bekannten Verhaltensmuster wiederholt. U.a. diese Verhaltensmuster begründen, wie oben dargelegt, die Zweifel der Kammer an der Prozessfähigkeit der Klägerin, die der richterlichen Verfügung vom 2. Oktober 2015 sowie dem Hinweis- und Beweisbeschluss der Kammer vom 23. November 2016 zugrunde gelegen haben.

125

c) Die Zweifel an der Prozessfähigkeit der Klägerin sind durch die weiteren von der Kammer ergriffenen Aufklärungsmaßnahmen nicht ausgeräumt worden, sondern haben sich im Gegenteil weiter verstärkt.

126

aa) Bestehen Zweifel an der Prozessfähigkeit einer Partei, muss das Gericht die Möglichkeiten zur Aufklärung pflichtgemäß ausschöpfen (vgl. BAG, Urteil v. 20.01.2000,2 AZR 733/98, juris Rn. 25).

127

Zwar hat die Partei das Risiko der Nichterweislichkeit ihrer Prozessfähigkeit zu tragen, da sie insoweit eine „objektive“ Beweislast trifft. Jedoch ist das Gericht gehalten, von Amts wegen alle infrage kommenden Beweise, insbesondere durch Einholung von Sachverständigengutachten, zu erheben, um Zweifel an der Prozessfähigkeit nach Möglichkeit aufzuklären (vgl. BVerfG, Beschluss v. 16.06 2016, 1 BvR 2509/15, juris Rn. 24). Die Partei trifft insoweit keine „subjektive“ Beweisführungslast. Bei der Beweiserhebung ist das Gericht nicht an die förmlichen Beweismittel des Zivilprozesses gebunden, sondern es gilt der Grundsatz des „Freibeweises“ (BAG, Urteil v. 20.01.2000,2 AZR 733/98, juris Rn. 26). Für die Prozessfähigkeit kommt es maßgebend auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung an, da die Partei zu diesem Zeitpunkt ihre bisherige Prozessführung genehmigen könnte, sollte sie zu einem früheren Zeitpunkt prozessunfähig gewesen sein (BAG, Urteil v. 20.01.2000, 2 AZR 733/98, juris Rn. 26). Ist die Partei anwaltlich vertreten, schadet ein späterer Eintritt der Prozessunfähigkeit nicht, wenn die Partei bei Erteilung der Prozessvollmacht prozessfähig war (BAG, Urteil v. 20.01.2000, 2 AZR 733/98, juris Rn. 24).

128

bb) Um der Verpflichtung nachzukommen, alle infrage kommenden Beweismittel auszuschöpfen, ist die von der Kammer 29 des Arbeitsgerichts eingeholte „Gutachterliche Stellungnahme“ des Herrn R1 zur Frage der Prozessfähigkeit der Klägerin in Zusammenhang mit abgelehnten Bewerbungen auf ausgeschriebene Arbeitsstellen beigezogen und seine Verwertung gemäß § 411a ZPO beschlossen worden.

129

Da bei Zweifeln an der Prozessfähigkeit nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts und des Bundesverfassungsgerichts die Einholung eines Sachverständigengutachtens zwingend geboten ist, war vor dem Hintergrund, dass Herr R1 sein Gutachten selbst als „vorläufige“ gutachterliche Stellungnahme bezeichnet hat, ein weiteres Sachverständigengutachten durch die Fachärztin für Psychiatrie und Neurologie Frau Dr. L. einzuholen. Hierbei war die für das Vorliegen der Prozessfähigkeit der Klägerin maßgebliche Beweisfrage zu stellen, ob die Klägerin aktuell in der Lage ist, die Realität von Gerichtsverfahren, in denen es um Klagen nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz im Zusammenhang mit abgelehnten Bewerbungen der Klägerin geht, adäquat wahrzunehmen oder ob dies infolge einer wahnhaften Entwicklung nicht der Fall ist.

130

Beide Gutachten haben die Zweifel der Kammer an der Prozessfähigkeit der Klägerin sowohl für den Zeitpunkt der Bevollmächtigung ihrer Prozessbevollmächtigten als auch für den Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung nicht ausgeräumt, sondern vielmehr bestätigt.

131

(1) Der Gutachter Herr R1 beschreibt auf Seite 14 seines Gutachtens, in der Zusammenschau ergebe sich, „dass das prozessuale Verhalten der Klägerin mit großer Wahrscheinlichkeit auf eine gravierende psychische Störung wie oben beschrieben zurückzuführen ist. Daraus ergibt sich auch, dass es in keiner Weise möglich ist bzw. auch zukünftig nicht möglich sein wird, die Klägerin – auch in juristischem Sinne – rational-argumentativ zu erreichen. Ablehnende bzw. zurückweisende Entscheidungen würden vielmehr regelhaft bei ihr zu weiteren prozessualen Anstrengungen führen, dabei mit zunehmend irrationaler Argumentation unter Einbeziehung immer weiterer gerichtlicher, politischer und medialer Instanzen bzw. Institutionen.“

132

Der Sachverständige kommt „aus (notwendigerweise vorläufiger, siehe oben) gutachterlicher Sicht“ zu dem Ergebnis, „dass die Klägerin nicht mehr ausreichend in der Lage ist, die Vorfeldereignisse, die tatsächlichen Sachverhalte, ihre jeweilige argumentative Position und das aktuelle bzw. gegebenenfalls auch zukünftige prozessuale Geschehen in realitätsentsprechender, perspektivisch-abstrahierend ausgerichteter Weise zu erfassen und vernünftige bzw. prozessual angemessene Entscheidungen zu treffen. Das Vorhandensein einer ausreichenden Prozessfähigkeit ist daher bis auf Weiteres zu verneinen.“

133

Der Verwertung des Gutachtens steht nicht entgegen, dass der Sachverständige Herr R1 selbst seine Ausführungen als „gutachterliche Stellungnahme“ und seine Sicht als „notwendig vorläufige“ bezeichnet hat. Zwar wird der Aussagewert der Ergebnisse des Gutachtens durch diese Formulierungen eingeschränkt. Dies hindert jedoch nicht die Verwertung des Gutachtens, sondern muss bei seiner Würdigung berücksichtigt werden. Die Kammer kann auf der Basis dieses Gutachtens nicht die Überzeugung gewinnen, dass die Klägerin tatsächlich prozessunfähig ist; die Würdigung des Gutachtens führt lediglich dazu, dass die Kammer in ihren Zweifeln an der Prozessfähigkeit der Klägerin bestärkt wird.

134

(2) Das Gutachten der Psychotherapeutin Frau Dr. L. hat gleichfalls keine endgültige Klärung der Fragen herbeigeführt, ob die Klägerin zu den maßgeblichen Zeitpunkten der Beauftragung ihr Prozessbevollmächtigten Frau U. und der Lage der Akten am 15. Dezember 2017 prozessfähig gewesen ist. Doch hat es die erheblichen Zweifel der Kammer an der Prozessfähigkeit der Klägerin nochmals bestätigt.

135

Die Gutachterin kommt in Beantwortung der Beweisfrage zu dem abschließenden Ergebnis, dass bei ihr begründete Zweifel daran bestehen, „dass die Klägerin aktuell und auch bezogen auf den Zeitpunkt September 2015 in der Lage ist/gewesen ist, Klagen nach dem allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz im Zusammenhang mit abgelehnten Bewerbungen adäquat wahrzunehmen.“

136

Das Gutachten stellt in für die Kammer gut nachvollziehbarer Weise dar, dass ein nervenärztliches Gutachten ohne persönlichen Kontakt zu der zu begutachtenden Person – der hier wegen der Weigerung der Klägerin, sich untersuchen zu lassen, nicht stattfinden konnte – keine endgültigen Aussagen zum Vorliegen der Voraussetzungen der Prozessfähigkeit treffen kann. Entsprechend führt die Sachverständige auf Seite 64 des Gutachtens aus, dass „vor dem Hintergrund der Tatsache, dass die Klägerin nicht untersucht werden konnte und auch medizinische Befunde nicht vorliegen, [...] lediglich der Verdacht auf das Vorliegen einer sonstigen wahnhaften Störung DD einer paranoiden (platonischen Persönlichkeitsstörung, DD-änderung geäußert werden“ könne. Die Zurückhaltung bei der Formulierung des Ergebnisses macht nach Überzeugung der Kammer deutlich, dass die Sachverständige keine Hypothesen oder Vermutungen formuliert hat, sondern nur solche Aussagen getroffen hat, die aufgrund des ihr vorliegenden Aktenmaterials fachlich gesichert sind.

137

Die Sachverständige hat, wie sich aus der Darstellung im Gutachten ergibt, das Aktenmaterial sorgfältig und ausführlich ausgewertet. Dies hat sie zu der Aussage geführt, dass „erhebliche Zweifel daran [bestehen], dass die Klägerin in der Lage ist, ihre inhaltliche Ausgangsüberzeugung, nämlich der umfassenden Benachteiligung/Diskriminierung/ Ausgrenzung, die ja der Grund ihrer umfassenden Aktivitäten vor Gericht ist, aufgrund der im Verfahren ausgetauschten Argumente und/oder vom Gericht dargelegten Rechtsauffassungen, zu überprüfen und/oder ggf. zu verändern.“

138

Weiterhin für die Sachverständige aus:

139

Es liegen vielmehr die benannten Hinweise dafür vor, dass im Gegenteil diese stets als (weitere) Kränkungen („Vorwürfe/Mißachtung“) erlebt werden, was sie jeweils zu neuer „Nahrung“ für die unkorrigierbar imponierende Grundüberzeugung der Benachteiligung macht, was eine Ausweitung von Schuldzuweisungen an weitere Personen/Institutionen zur Folge hat und das „Weiterkämpfen“ im Erleben der Klägerin alternativlos erscheinen läßt, was einem paranoiden Verarbeitungsmodus entspricht, der zu den sich in der Aktenlage darstellenden Klag-/Beschwerde- und Rügkaskaden führt.

140

Insofern diese Hinweise auf eine wahnhaft- und unkorrigierbar Grundüberzeugung und einem paranoiden Verarbeitungsmodus bei der Klägerin bestehen, liegen bei der Unterzeichnenden im laufenden Verfahren Zweifel an ihrer Fähigkeit zu einer freien Willensentscheidung vor, sich ggf. auf der Grundlage vernünftiger Erwägungen der im Gerichtsverfahren erörterten Sachverhalte anders zu verhalten als bisher aktenkundig.

141

Eine gänzlich andere, nicht krankheitswertige Situation, die Hintergrund des prozessualen Verhaltens und der inhaltlichen Äußerungen der Klägerin sein könnte, könnte hiesigerseits nicht gesehen werden. Ausweislich der Aktenlage schadet sich die Klägerin finanziell durch ihr Vorgehen erheblich und auch die Lebenszeit, die sie für das Betreiben der Rechtsstreitigkeiten aufwenden muss, dürfte erheblich sein und steht für Anderes nicht zur Verfügung, nicht zuletzt ist aus psychiatrischer Sicht, auch wenn sich das in den vorliegenden Äußerungen der Klägerin nicht widerspiegelt, eine (zunehmende) seelische Verletzung durch die mit den Prozessen einhergehenden Belastungssituationen zu befürchten.“

142

Die Begründung, die von der Sachverständigen damit für ihre erheblichen Zweifel an der Fähigkeit der Klägerin, die Realität von Gerichtsverfahren adäquat wahrzunehmen, gegeben wird, ist aus Sicht der Kammer überzeugend. Die zitierten Passagen aus dem Gutachten zeigen, dass die Sachverständige sich nicht den gerichtlichen Blick auf die Streitigkeiten zu Eigen gemacht hat, sondern gerade aus Sicht der Klägerin untersucht hat, ob es Hinweise auf einen „paranoiden Verarbeitungsmodus“ gibt oder ob dies nicht der Fall ist. Hierbei hat die Sachverständige aber auf Basis der ihr zur Verfügung stehenden Informationen keine anderen als krankheitswertige Motivationen und Erklärungen für das Verhalten der Klägerin im Zusammenhang mit Rechtsstreitigkeiten nach dem AGG gesehen.

143

Sofern die Klägerin mit ihrer Stellungnahme zu dem Gutachten darauf hinweist, dass dieses nach Auswertung der Aktenlage nicht zu einem eindeutigen Ergebnis komme, sondern lediglich begründete Zweifel äußere, trifft dies wie dargestellt zu. Doch stehen der Kammer keine weiteren Aufklärungsmöglichkeiten zur Verfügung. Die Kammer kann kein auf einer persönlichen Begutachtung der Klägerin basierendes Gutachten einholen, da eine Partei zu einer Untersuchung ihrer Prozessfähigkeit nicht gedrängt oder gar gezwungen werden kann (vgl. BAG, Urteil v. 20. Januar 2000 – 2 AZR 733/98, juris).

144

Der Klägerin ist mehrfach Gelegenheit gegeben worden, die Zweifel an ihrer Prozessfähigkeit auszuräumen. Zu einer Mitwirkung an der Klärung der Frage ist die Klägerin jedoch nicht bereit. Mit ihrem Schreiben vom 20. November 2017 und der (nach außen unwirksamen, vgl. § 81, § 83 ZPO und BFH, Urteil v. 13.06.1996, III B 23/95, 2. Orientierungssatz, juris) Beschränkung der Vollmacht ihrer Prozessbevollmächtigten hat sie vielmehr deutlich gemacht, dass sie sich dem gerichtlichen Verfahren entziehen will, solange die Kammer an den Zweifeln an ihrer Prozessfähigkeit festhält. Sie hat erklärt, dass sie (und ihre Prozessbevollmächtigte) nur dann an einer mündlichen Verhandlung teilnehmen werden, wenn „die Behauptungen über Zweifel an [ihrer] Prozessfähigkeit als falsch bestätigt und zurückgenommen würden“.

145

Die damit nach Nutzung aller zur Verfügung stehenden Aufklärungsmöglichkeiten verbleibenden Zweifel gehen zu Lasten der Klägerin. Die Kammer muss davon ausgehen, dass der Klägerin die Prozessvoraussetzung der Prozessfähigkeit fehlt.

146

3. Die Klägerin ist darauf hingewiesen worden, dass sie die Klagabweisung wegen Prozessunfähigkeit abwenden kann, indem sie für eine ordnungsgemäße Vertretung sorgt. Ihr ist Gelegenheit gegeben worden, die – ggf. zunächst vorläufige – Bestellung eines Betreuers durch das Betreuungsgericht zu veranlassen (§ 1896 BGB), wobei darauf hingewiesen worden ist, dass die Betreuung auf arbeitsgerichtliche Rechtsstreitigkeiten oder den vorliegenden Rechtsstreit beschränkt werden könnte. Vorsorglich ist der Klägerin mit Blick auf den Beschluss des Betreuungsgerichts vom 19. April 2017, mit dem das Betreuungsgericht ein Verfahren zur Betreuerbestellung für die Klägerin eingestellt hatte, mitgeteilt worden, dass das erkennende Gericht auf Antrag der Klägerin, dem ein Nachweis der Ablehnung der Betreuerbestellung durch das Betreuungsgericht beizufügen sei, in entsprechender Anwendung des § 57 ZPO einen Prozesspfleger für sie bestellen würde. Damit ist das Gericht seiner Verpflichtung nachgekommen darauf hinzuwirken, dass auch ein nach Auffassung des Gerichts prozessunfähiger Kläger seine prozessualen Rechte wahrnehmen kann (vgl. BAG, Beschluss v. 05.06.2014,6 AZN 267/14, juris Rn. 32).

147

Die Klägerin hat mitgeteilt, dass sie keinen Antrag auf Bestellung eines Betreuers beim Betreuungsgericht eingereicht hat.

148

4. Die Kammer konnte trotz der gestellten Befangenheitsanträge in der vorliegenden Besetzung entscheiden. Die Befangenheitsanträge sind unzulässig.

149

Für die Zulässigkeit der Befangenheitsanträge kommt es darauf an, ob die Klägerin prozessfähig i.S.d. § 52 ZPO ist, denn die Prozessfähigkeit ist Wirksamkeitsvoraussetzung für alle Prozesshandlungen (vgl. Zöller-Vollkommer, ZPO, 30. Aufl., vor § 50 Rn. 17). Da, wie vorstehend ausgeführt, die bestehenden erheblichen Zweifel an der Prozessfähigkeit der Klägerin nicht ausgeräumt werden konnten, ist auch bezüglich der Befangenheitsanträge von der fehlenden Prozessfähigkeit auszugehen, so dass die Befangenheitsanträge unzulässig sind.

150

Im Übrigen ist ein Ablehnungsgesuch, das lediglich Ausführungen enthält, die zur Begründung der Besorgnis der Befangenheit gänzlich ungeeignet sind, offensichtlich unzulässig. Bei offensichtlicher Unzulässigkeit bedarf es keiner dienstlichen Stellungnahme der abgelehnten Richter; diese sind auch von der Entscheidung über das offensichtlich unzulässige Ablehnungsgesuch nicht ausgeschlossen (BVerfG, Nichtannahmebeschluss v. 03. 07.2013, 1 BvR 782/12, juris Rn 3). Die von der Klägerin gestellten Befangenheitsanträge sind offensichtlich unzulässig, denn sie dienen allesamt lediglich dem Ziel, die von Amts wegen vorzunehmende Prüfung der Prozessfähigkeit der Klägerin durch die erkennenden Richterinnen zu verhindern.

III.

151

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO i.V.m. § 64 Abs. 6 S.1 ArbGG.

IV.

152

Die Zulassung der Revision war nicht veranlasst, da die hierfür gemäß § 72 Abs. 2 ArbGG erforderlichen Voraussetzungen nicht vorliegen.

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Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Zivilprozessordnung - ZPO | § 97 Rechtsmittelkosten


(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 72 Grundsatz


(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist.

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 64 Grundsatz


(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt. (2) Die Berufung kann nur eingelegt werden, a) wenn sie in dem Urtei

Zivilprozessordnung - ZPO | § 520 Berufungsbegründung


(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen. (2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der

Zivilprozessordnung - ZPO | § 519 Berufungsschrift


(1) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt. (2) Die Berufungsschrift muss enthalten:1.die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird;2.die Erklärung, dass gegen dieses Urtei

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 66 Einlegung der Berufung, Terminbestimmung


(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Mona

Zivilprozessordnung - ZPO | § 233 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand


War eine Partei ohne ihr Verschulden verhindert, eine Notfrist oder die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde oder die Frist des § 234 Abs. 1 einzuhalten, so ist ihr auf Antrag Wieder

Zivilprozessordnung - ZPO | § 234 Wiedereinsetzungsfrist


(1) Die Wiedereinsetzung muss innerhalb einer zweiwöchigen Frist beantragt werden. Die Frist beträgt einen Monat, wenn die Partei verhindert ist, die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschw

Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz - AGG | § 3 Begriffsbestimmungen


(1) Eine unmittelbare Benachteiligung liegt vor, wenn eine Person wegen eines in § 1 genannten Grundes eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde. Eine

Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz - AGG | § 7 Benachteiligungsverbot


(1) Beschäftigte dürfen nicht wegen eines in § 1 genannten Grundes benachteiligt werden; dies gilt auch, wenn die Person, die die Benachteiligung begeht, das Vorliegen eines in § 1 genannten Grundes bei der Benachteiligung nur annimmt. (2) Bestim

Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz - AGG | § 1 Ziel des Gesetzes


Ziel des Gesetzes ist, Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 236 Wiedereinsetzungsantrag


(1) Die Form des Antrags auf Wiedereinsetzung richtet sich nach den Vorschriften, die für die versäumte Prozesshandlung gelten. (2) Der Antrag muss die Angabe der die Wiedereinsetzung begründenden Tatsachen enthalten; diese sind bei der Antragste

Zivilprozessordnung - ZPO | § 525 Allgemeine Verfahrensgrundsätze


Auf das weitere Verfahren sind die im ersten Rechtszuge für das Verfahren vor den Landgerichten geltenden Vorschriften entsprechend anzuwenden, soweit sich nicht Abweichungen aus den Vorschriften dieses Abschnitts ergeben. Einer Güteverhandlung bedar

Zivilprozessordnung - ZPO | § 579 Nichtigkeitsklage


(1) Die Nichtigkeitsklage findet statt:1.wenn das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war;2.wenn ein Richter bei der Entscheidung mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes ausgeschlossen war, sofern nicht diese

Zivilprozessordnung - ZPO | § 172 Zustellung an Prozessbevollmächtigte


(1) In einem anhängigen Verfahren hat die Zustellung an den für den Rechtszug bestellten Prozessbevollmächtigten zu erfolgen. Das gilt auch für die Prozesshandlungen, die das Verfahren vor diesem Gericht infolge eines Einspruchs, einer Aufhebung des

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 104 Geschäftsunfähigkeit


Geschäftsunfähig ist:1.wer nicht das siebente Lebensjahr vollendet hat,2.wer sich in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit befindet, sofern nicht der Zustand seiner Natur nach ein vorüberge

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 11 Prozessvertretung


(1) Die Parteien können vor dem Arbeitsgericht den Rechtsstreit selbst führen. Parteien, die eine fremde oder ihnen zum Zweck der Einziehung auf fremde Rechnung abgetretene Geldforderung geltend machen, müssen sich durch einen Rechtsanwalt als Bevoll

Zivilprozessordnung - ZPO | § 51 Prozessfähigkeit; gesetzliche Vertretung; Prozessführung


(1) Die Fähigkeit einer Partei, vor Gericht zu stehen, die Vertretung nicht prozessfähiger Parteien durch andere Personen (gesetzliche Vertreter) und die Notwendigkeit einer besonderen Ermächtigung zur Prozessführung bestimmt sich nach den Vorschrift

Zivilprozessordnung - ZPO | § 81 Umfang der Prozessvollmacht


Die Prozessvollmacht ermächtigt zu allen den Rechtsstreit betreffenden Prozesshandlungen, einschließlich derjenigen, die durch eine Widerklage, eine Wiederaufnahme des Verfahrens, eine Rüge nach § 321a und die Zwangsvollstreckung veranlasst werden; z

Zivilprozessordnung - ZPO | § 411a Verwertung von Sachverständigengutachten aus anderen Verfahren


Die schriftliche Begutachtung kann durch die Verwertung eines gerichtlich oder staatsanwaltschaftlich eingeholten Sachverständigengutachtens aus einem anderen Verfahren ersetzt werden.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 137 Gang der mündlichen Verhandlung


(1) Die mündliche Verhandlung wird dadurch eingeleitet, dass die Parteien ihre Anträge stellen. (2) Die Vorträge der Parteien sind in freier Rede zu halten; sie haben das Streitverhältnis in tatsächlicher und rechtlicher Beziehung zu umfassen.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 56 Prüfung von Amts wegen


(1) Das Gericht hat den Mangel der Parteifähigkeit, der Prozessfähigkeit, der Legitimation eines gesetzlichen Vertreters und der erforderlichen Ermächtigung zur Prozessführung von Amts wegen zu berücksichtigen. (2) Die Partei oder deren gesetzlic

Zivilprozessordnung - ZPO | § 57 Prozesspfleger


(1) Soll eine nicht prozessfähige Partei verklagt werden, die ohne gesetzlichen Vertreter ist, so hat ihr der Vorsitzende des Prozessgerichts, falls mit dem Verzug Gefahr verbunden ist, auf Antrag bis zu dem Eintritt des gesetzlichen Vertreters einen

Zivilprozessordnung - ZPO | § 297 Form der Antragstellung


(1) Die Anträge sind aus den vorbereitenden Schriftsätzen zu verlesen. Soweit sie darin nicht enthalten sind, müssen sie aus einer dem Protokoll als Anlage beizufügenden Schrift verlesen werden. Der Vorsitzende kann auch gestatten, dass die Anträge z

Zivilprozessordnung - ZPO | § 83 Beschränkung der Prozessvollmacht


(1) Eine Beschränkung des gesetzlichen Umfanges der Vollmacht hat dem Gegner gegenüber nur insoweit rechtliche Wirkung, als diese Beschränkung die Beseitigung des Rechtsstreits durch Vergleich, Verzichtleistung auf den Streitgegenstand oder Anerkennu

Zivilprozessordnung - ZPO | § 251a Säumnis beider Parteien; Entscheidung nach Lage der Akten


(1) Erscheinen oder verhandeln in einem Termin beide Parteien nicht, so kann das Gericht nach Lage der Akten entscheiden. (2) Ein Urteil nach Lage der Akten darf nur ergehen, wenn in einem früheren Termin mündlich verhandelt worden ist. Es darf f

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 53 Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter


(1) Die nicht auf Grund einer mündlichen Verhandlung ergehenden Beschlüsse und Verfügungen erläßt, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Vorsitzende allein. Entsprechendes gilt für Amtshandlungen auf Grund eines Rechtshilfeersuchens. (2) Im übr

Zivilprozessordnung - ZPO | § 52 Umfang der Prozessfähigkeit


Eine Person ist insoweit prozessfähig, als sie sich durch Verträge verpflichten kann.

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 55 Alleinentscheidung durch den Vorsitzenden


(1) Der Vorsitzende entscheidet außerhalb der streitigen Verhandlung allein 1. bei Zurücknahme der Klage;2. bei Verzicht auf den geltend gemachten Anspruch;3. bei Anerkenntnis des geltend gemachten Anspruchs;4. bei Säumnis einer Partei;4a. über die V

Zivilprozessordnung - ZPO | § 331a Entscheidung nach Aktenlage


Beim Ausbleiben einer Partei im Termin zur mündlichen Verhandlung kann der Gegner statt eines Versäumnisurteils eine Entscheidung nach Lage der Akten beantragen; dem Antrag ist zu entsprechen, wenn der Sachverhalt für eine derartige Entscheidung hinr

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Tenor Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 13. März 2014 – 17 Ca 427/13 – wird zurückgewiesen. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen. Die Revision wird nicht zugelassen. Tat

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Landesarbeitsgericht Hamburg Urteil, 19. Feb. 2014 - 3 Sa 39/13

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Tenor Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 2. Mai 2013 – 5 Ca 370/12 – wird zurückgewiesen. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen. Die Revision wird nicht zugelassen.

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Ziel des Gesetzes ist, Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen.

(1) Beschäftigte dürfen nicht wegen eines in § 1 genannten Grundes benachteiligt werden; dies gilt auch, wenn die Person, die die Benachteiligung begeht, das Vorliegen eines in § 1 genannten Grundes bei der Benachteiligung nur annimmt.

(2) Bestimmungen in Vereinbarungen, die gegen das Benachteiligungsverbot des Absatzes 1 verstoßen, sind unwirksam.

(3) Eine Benachteiligung nach Absatz 1 durch Arbeitgeber oder Beschäftigte ist eine Verletzung vertraglicher Pflichten.

(1) Eine unmittelbare Benachteiligung liegt vor, wenn eine Person wegen eines in § 1 genannten Grundes eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde. Eine unmittelbare Benachteiligung wegen des Geschlechts liegt in Bezug auf § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 auch im Falle einer ungünstigeren Behandlung einer Frau wegen Schwangerschaft oder Mutterschaft vor.

(2) Eine mittelbare Benachteiligung liegt vor, wenn dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren Personen wegen eines in § 1 genannten Grundes gegenüber anderen Personen in besonderer Weise benachteiligen können, es sei denn, die betreffenden Vorschriften, Kriterien oder Verfahren sind durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und die Mittel sind zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich.

(3) Eine Belästigung ist eine Benachteiligung, wenn unerwünschte Verhaltensweisen, die mit einem in § 1 genannten Grund in Zusammenhang stehen, bezwecken oder bewirken, dass die Würde der betreffenden Person verletzt und ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird.

(4) Eine sexuelle Belästigung ist eine Benachteiligung in Bezug auf § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 4, wenn ein unerwünschtes, sexuell bestimmtes Verhalten, wozu auch unerwünschte sexuelle Handlungen und Aufforderungen zu diesen, sexuell bestimmte körperliche Berührungen, Bemerkungen sexuellen Inhalts sowie unerwünschtes Zeigen und sichtbares Anbringen von pornographischen Darstellungen gehören, bezweckt oder bewirkt, dass die Würde der betreffenden Person verletzt wird, insbesondere wenn ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird.

(5) Die Anweisung zur Benachteiligung einer Person aus einem in § 1 genannten Grund gilt als Benachteiligung. Eine solche Anweisung liegt in Bezug auf § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 insbesondere vor, wenn jemand eine Person zu einem Verhalten bestimmt, das einen Beschäftigten oder eine Beschäftigte wegen eines in § 1 genannten Grundes benachteiligt oder benachteiligen kann.

(1) Die Wiedereinsetzung muss innerhalb einer zweiwöchigen Frist beantragt werden. Die Frist beträgt einen Monat, wenn die Partei verhindert ist, die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde einzuhalten.

(2) Die Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Hindernis behoben ist.

(3) Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden.

War eine Partei ohne ihr Verschulden verhindert, eine Notfrist oder die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde oder die Frist des § 234 Abs. 1 einzuhalten, so ist ihr auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist.

(1) Eine unmittelbare Benachteiligung liegt vor, wenn eine Person wegen eines in § 1 genannten Grundes eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde. Eine unmittelbare Benachteiligung wegen des Geschlechts liegt in Bezug auf § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 auch im Falle einer ungünstigeren Behandlung einer Frau wegen Schwangerschaft oder Mutterschaft vor.

(2) Eine mittelbare Benachteiligung liegt vor, wenn dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren Personen wegen eines in § 1 genannten Grundes gegenüber anderen Personen in besonderer Weise benachteiligen können, es sei denn, die betreffenden Vorschriften, Kriterien oder Verfahren sind durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und die Mittel sind zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich.

(3) Eine Belästigung ist eine Benachteiligung, wenn unerwünschte Verhaltensweisen, die mit einem in § 1 genannten Grund in Zusammenhang stehen, bezwecken oder bewirken, dass die Würde der betreffenden Person verletzt und ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird.

(4) Eine sexuelle Belästigung ist eine Benachteiligung in Bezug auf § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 4, wenn ein unerwünschtes, sexuell bestimmtes Verhalten, wozu auch unerwünschte sexuelle Handlungen und Aufforderungen zu diesen, sexuell bestimmte körperliche Berührungen, Bemerkungen sexuellen Inhalts sowie unerwünschtes Zeigen und sichtbares Anbringen von pornographischen Darstellungen gehören, bezweckt oder bewirkt, dass die Würde der betreffenden Person verletzt wird, insbesondere wenn ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird.

(5) Die Anweisung zur Benachteiligung einer Person aus einem in § 1 genannten Grund gilt als Benachteiligung. Eine solche Anweisung liegt in Bezug auf § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 insbesondere vor, wenn jemand eine Person zu einem Verhalten bestimmt, das einen Beschäftigten oder eine Beschäftigte wegen eines in § 1 genannten Grundes benachteiligt oder benachteiligen kann.

(1) Soll eine nicht prozessfähige Partei verklagt werden, die ohne gesetzlichen Vertreter ist, so hat ihr der Vorsitzende des Prozessgerichts, falls mit dem Verzug Gefahr verbunden ist, auf Antrag bis zu dem Eintritt des gesetzlichen Vertreters einen besonderen Vertreter zu bestellen.

(2) Der Vorsitzende kann einen solchen Vertreter auch bestellen, wenn in den Fällen des § 20 eine nicht prozessfähige Person bei dem Gericht ihres Aufenthaltsortes verklagt werden soll.

Beim Ausbleiben einer Partei im Termin zur mündlichen Verhandlung kann der Gegner statt eines Versäumnisurteils eine Entscheidung nach Lage der Akten beantragen; dem Antrag ist zu entsprechen, wenn der Sachverhalt für eine derartige Entscheidung hinreichend geklärt erscheint. § 251a Abs. 2 gilt entsprechend.

(1) Erscheinen oder verhandeln in einem Termin beide Parteien nicht, so kann das Gericht nach Lage der Akten entscheiden.

(2) Ein Urteil nach Lage der Akten darf nur ergehen, wenn in einem früheren Termin mündlich verhandelt worden ist. Es darf frühestens in zwei Wochen verkündet werden. Das Gericht hat der nicht erschienenen Partei den Verkündungstermin formlos mitzuteilen. Es bestimmt neuen Termin zur mündlichen Verhandlung, wenn die Partei dies spätestens am siebenten Tag vor dem zur Verkündung bestimmten Termin beantragt und glaubhaft macht, dass sie ohne ihr Verschulden ausgeblieben ist und die Verlegung des Termins nicht rechtzeitig beantragen konnte.

(3) Wenn das Gericht nicht nach Lage der Akten entscheidet und nicht nach § 227 vertagt, ordnet es das Ruhen des Verfahrens an.

Auf das weitere Verfahren sind die im ersten Rechtszuge für das Verfahren vor den Landgerichten geltenden Vorschriften entsprechend anzuwenden, soweit sich nicht Abweichungen aus den Vorschriften dieses Abschnitts ergeben. Einer Güteverhandlung bedarf es nicht.

(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt.

(2) Die Berufung kann nur eingelegt werden,

a)
wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist,
b)
wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt,
c)
in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder
d)
wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe.

(3) Das Arbeitsgericht hat die Berufung zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Rechtssache Rechtsstreitigkeiten betrifft
a)
zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen,
b)
über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Arbeitsgerichts hinaus erstreckt, oder
c)
zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt, oder
3.
das Arbeitsgericht in der Auslegung einer Rechtsvorschrift von einem ihm im Verfahren vorgelegten Urteil, das für oder gegen eine Partei des Rechtsstreits ergangen ist, oder von einem Urteil des im Rechtszug übergeordneten Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht.

(3a) Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, ist in den Urteilstenor aufzunehmen. Ist dies unterblieben, kann binnen zwei Wochen ab Verkündung des Urteils eine entsprechende Ergänzung beantragt werden. Über den Antrag kann die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(4) Das Landesarbeitsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(5) Ist die Berufung nicht zugelassen worden, hat der Berufungskläger den Wert des Beschwerdegegenstands glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides Statt darf er nicht zugelassen werden.

(6) Für das Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Berufung entsprechend. Die Vorschriften über das Verfahren vor dem Einzelrichter finden keine Anwendung.

(7) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1 und 3, des § 50, des § 51 Abs. 1, der §§ 52, 53, 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 9, Abs. 2 und 4, des § 54 Absatz 6, des § 54a, der §§ 56 bis 59, 61 Abs. 2 und 3 und der §§ 62 und 63 über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellungen, persönliches Erscheinen der Parteien, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, Güterichter, Mediation und außergerichtliche Konfliktbeilegung, Vorbereitung der streitigen Verhandlung, Verhandlung vor der Kammer, Beweisaufnahme, Versäumnisverfahren, Inhalt des Urteils, Zwangsvollstreckung und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen gelten entsprechend.

(8) Berufungen in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses sind vorrangig zu erledigen.

Tenor

1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 19. Dezember 2012 - 7 Sa 603/12 - aufgehoben.

2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen verhaltensbedingten Kündigung.

2

Der 1969 geborene, ledige Kläger war seit 1985 bei der Beklagten und deren Rechtsvorgängerin beschäftigt. Er wurde zuletzt als Kundendiensttechniker im Außendienst eingesetzt. Zu dienstlichen Zwecken stand ihm ein Dienstfahrzeug zur Verfügung. Vor Urlaubsantritt oder bei Arbeitsunfähigkeit hatte er den Fahrzeugschlüssel und das Fahrtenbuch im Betrieb abzugeben. Weil er dieser Weisung anlässlich einer Arbeitsunfähigkeit und eines Urlaubs in der Zeit vom 19. November 2002 bis zum 25. Februar 2003 nicht nachgekommen war, mahnte die Rechtsvorgängerin der Beklagten ihn ab und kündigte das Arbeitsverhältnis der Parteien im Februar 2003 außerordentlich, hilfsweise ordentlich. Die hiergegen gerichtete Kündigungsschutzklage hatte Erfolg.

3

Vor Antritt eines Urlaubs im Oktober 2008 hatte der Kläger den Schlüssel des Dienstfahrzeugs und das Fahrtenbuch erneut nicht im Betrieb hinterlegt. Mit Schreiben vom 29. Januar 2009 ermahnte ihn die Beklagte nochmals, die Anweisungen einzuhalten. Gleichzeitig kündigte sie an, weitere arbeitsrechtliche Maßnahmen zu ergreifen, wenn bis zum 15. Februar 2009 keine Besserung erkennbar sei und er die Anweisungen weiterhin missachte. Am selben Abend nahm er die Kfz-Utensilien nach einer Spätschicht erneut mit nach Hause.

4

Ab dem 9. Februar 2009 war der Kläger krankheitsbedingt arbeitsunfähig. Ausweislich einer Aufstellung der Krankenkasse war er im Zeitraum vom 9. Februar 2009 bis zum 7. März 2009 aufgrund einer Gastritis sowie vom 9. bis 17. März 2009 an einer „sonstigen depressiven Episode“ erkrankt. Ab dem 17. März 2009 behandelte ihn ein Facharzt für Psychiatrie, der ihm ebenfalls eine „sonstige depressive Episode“ bescheinigte. In einem Attest seiner Hausärztin vom 1. Oktober 2010 heißt es, bei dem Kläger beständen seit Jahren „massive Beschwerden vom Magen sowie von der Psyche her“. Insbesondere in der Zeit vom 9. Februar 2009 bis zum 7. März 2009 habe er unter Magenschmerzen, Tendenz zu sozialem Rückzug, Antriebsstörungen und Vermeidungshaltungen gelitten. Während seiner Erkrankung gab der Kläger erneut weder die Fahrzeugutensilien heraus noch teilte er der Beklagten mit, wo sie sich befänden und wie eine Herausgabe sichergestellt werden könne.

5

Mit Schreiben vom 16. und 18. Februar 2009 mahnte die Beklagte den Kläger ab. Mit Schreiben vom 2. März 2009 hörte sie den Betriebsrat zu ihrer Absicht an, das Arbeitsverhältnis der Parteien ordentlich zu kündigen. Der Betriebsrat widersprach dem. Mit Schreiben vom 9. März 2009 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis ordentlich zum 31. Oktober 2009.

6

Mit seiner rechtzeitig erhobenen Klage hat sich der Kläger gegen die Kündigung gewandt. Er hat behauptet, in der Zeit vom 9. Februar bis 7. März 2009 habe er sich in einer akuten depressiven Episode befunden, die durch völlige Antriebsschwäche gekennzeichnet gewesen sei. Aufgrund der gesundheitlichen Beeinträchtigung sei er nicht in der Lage gewesen, wie von ihm verlangt zu handeln. Zudem lägen keine schwerwiegenden Pflichtverstöße vor. Wahrer Hintergrund der Kündigung sei seine schwere Erkrankung, die zu häufigen Fehlzeiten führe.

7

Der Kläger hat beantragt

        

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung vom 9. März 2009 nicht mit Ablauf des 31. Oktober 2009 aufgelöst worden ist.

8

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat gemeint, der Kläger habe bewusst und beharrlich gegen ihm erteilte Weisungen verstoßen. Er sei offensichtlich nicht bereit, berechtigten Forderungen nachzukommen. Eine Beschäftigung im Innendienst sei nicht möglich, weil er unter Vorlage eines betriebsärztlichen Attests die Beschäftigung im Außendienst verlangt habe. Zudem sei ein geeigneter freier Arbeitsplatz im Innendienst nicht vorhanden. Für eine Erkrankung, die ein schuldhaftes Verhalten des Klägers ausschließe, lägen keine ausreichenden Anhaltspunkte vor.

9

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben, das Landesarbeitsgericht hat sie abgewiesen. Auf die Revision des Klägers hat der Senat die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts mit Urteil vom 3. November 2011 (- 2 AZR 748/10 -) aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen. Die Pflichtverletzung des Klägers könne eine ordentliche Kündigung nicht rechtfertigen, wenn dieser aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage gewesen sei, sein Verhalten bewusst zu steuern. Dem entsprechenden Vortrag des Klägers sei das Landesarbeitsgericht nicht nachgegangen.

10

Die Beklagte hat sich daraufhin zum Beweis für eine Steuerungsfähigkeit des Klägers auf das Zeugnis der ihn behandelnden Ärzte berufen. Mit Schriftsatz vom 21. Juni 2012 hat der Kläger drei auf den 12. Juni 2012 datierte, gleichlautende Erklärungen des Inhalts zur Gerichtsakte gereicht, dass er die betreffenden Ärzte „von der ärztlichen Schweigepflicht [entbinde und sich] damit einverstanden [erkläre], dass alle erforderlichen Auskünfte erteilt werden, die im Zusammenhang mit [seiner] Erkrankung stehen und dass von allen Berichten, Auskünften und Gutachten [seinem Prozessbevollmächtigten] Abschriften zur Verfügung gestellt werden“.

11

Mit Beschluss vom 20. August 2012 bestimmte das Landesarbeitsgericht Termin zur mündlichen Verhandlung und Durchführung einer Beweisaufnahme. Mit Schriftsatz vom 26. September 2012 bat der Prozessbevollmächtigte des Klägers „ausdrücklich“ darum, ärztliche Atteste und Krankenunterlagen der behandelnden Ärzte, die bei Gericht eingereicht würden, nicht an die Beklagte und deren anwaltliche Vertretung zu versenden.

12

Am 4. Oktober 2012 teilte das Landesarbeitsgericht mit, eine Schweigepflichtentbindung, die den Prozessgegner ausspare, sei „nicht möglich“. Es setzte dem Kläger eine Frist bis zum 19. Oktober 2012, um die ihn behandelnden Ärzte auch gegenüber der Beklagten von der Schweigepflicht zu entbinden. Mit Schriftsatz vom selben Tag erklärte der Prozessbevollmächtigte des Klägers, die Beklagte habe keinen Anspruch auf Kenntnis der höchstpersönlichen Krankheitsmerkmale. Möglicherweise komme „eine Vorgehensweise derart in Betracht, dass für die Zeit der Beweisaufnahme nur der anwaltliche Prozessvertreter der Beklagten, … [nicht dagegen] der Vertreter der Arbeitgeberin“ anwesend sei.

13

Mit Beschluss vom 25. Oktober 2012 wies das Landesarbeitsgericht den Kläger unter nochmaliger Fristsetzung darauf hin, dass eine Beweisaufnahme unter Ausschluss der beklagten Partei prozessual unzulässig sei. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers teilte daraufhin mit, eine Rücksprache mit diesem sei bislang nicht möglich gewesen. „Ohne Verzicht auf die höchstpersönlichen Grundrechte des Klägers“ erkläre er aber, dass „die bereits vom Kläger abgegebene Erklärung über die Entbindung von der Schweigepflicht uneingeschränkt gelten“ solle.

14

Mit Beschluss vom 13. November 2012 wies das Landesarbeitsgericht darauf hin, dass die Entbindung eines Arztes von der Schweigepflicht eine höchstpersönliche Entscheidung der Partei sei. Sie sei von der erteilten Prozessvollmacht nicht gedeckt. Der Kläger erhalte bis zum 16. November 2012 erneut Gelegenheit, eine uneingeschränkte Erklärung über die Entbindung der behandelnden Ärzte von der Schweigepflicht zur Akte zu reichen.

15

Mit Schriftsatz vom 15. November 2012 bat der Prozessbevollmächtigte des Klägers darum, die als Zeugen geladenen Ärzte nicht abzuladen, und kündigte an, der Kläger werde im Termin zur mündlichen Verhandlung eine Erklärung über ihre Entbindung von der Schweigepflicht zu Protokoll geben. Dafür mache er sich persönlich „stark“.

16

Bei der mündlichen Verhandlung am 21. November 2012 war der Kläger nicht anwesend. Mit E-Mail vom selben Tag hatte er mitgeteilt, er sei arbeitsunfähig erkrankt. Sein Prozessbevollmächtigter wiederum erschien aufgrund einer Verkehrsstörung verspätet zum Termin. Er hatte vorab telefonisch um Vernehmung der Zeugen gebeten. Der Kläger wünsche dies ausdrücklich. Im Besitz einer schriftlichen Erklärung des Klägers, mit der dieser die Zeugen von ihrer Schweigepflicht entbinde, sei er nicht. Davon setzte die Kammervorsitzende die Zeugen und die Beklagte in Kenntnis. Die Zeugen erklärten, sie sagten nur bei Vorliegen einer schriftlichen Entbindungserklärung aus. Das Gericht entließ die Zeugen daraufhin noch vor dem Eintreffen des Klägervertreters. Nachdem dieser erschienen war, teilte er mit, er habe am Tag zuvor mit dem Kläger telefoniert; dieser habe ihm gegenüber erklärt, dass die Schweigepflichtentbindung vom 12. Juni 2012 uneingeschränkt gelten solle.

17

Der Klägervertreter hat keinen Antrag gestellt. Die Beklagte hat beantragt, nach Lage der Akten zu entscheiden und die Klage unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils abzuweisen. Das Landesarbeitsgericht beschloss, nach Lage der Akten zu entscheiden, und beraumte Termin zur Verkündung einer Entscheidung auf den 19. Dezember 2012 an. Mit Schriftsatz vom 10. Dezember 2012 reichte der Kläger eine ärztliche Bescheinigung zur Akte, derzufolge er vom 20. bis 23. November 2012 arbeitsunfähig erkrankt und außerstande gewesen sei, am Termin zur mündlichen Verhandlung teilzunehmen.

18

Nach Beratung am 18. Dezember 2012 hat das Landesarbeitsgericht die Klage mit Urteil vom 19. Dezember 2012 „auf die mündliche Verhandlung vom 21.11.2012“ abgewiesen. Mit der Revision begehrt der Kläger, das Urteil des Arbeitsgerichts wiederherzustellen.

Entscheidungsgründe

19

Die Revision ist begründet. Mit der von ihm gegebenen Begründung durfte das Landesarbeitsgericht die Klage nicht abweisen. Die Sache war erneut an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen. Der Senat kann den Rechtsstreit nicht abschließend entscheiden. Der relevante Sachverhalt ist noch immer nicht festgestellt.

20

I. Das Landesarbeitsgericht durfte nach Lage der Akten entscheiden.

21

1. Gemäß § 331a Satz 2, § 251a Abs. 2 ZPO darf beim Ausbleiben einer Partei im Termin ein Urteil nach Lage der Akten ergehen, wenn in einem früheren Termin mündlich verhandelt worden ist. Es darf frühestens zwei Wochen später verkündet werden. Das Gericht hat der nicht erschienenen Partei den Verkündungstermin formlos mitzuteilen. Es bestimmt einen neuen Termin zur mündlichen Verhandlung, wenn die Partei dies spätestens am siebenten Tag vor dem zur Verkündung bestimmten Termin beantragt und glaubhaft macht, dass sie ohne ihr Verschulden ausgeblieben ist und die Verlegung des Termins nicht rechtzeitig beantragen konnte.

22

2. Eine Verhandlung „in einem früheren Termin“ ist auch eine solche, die bei dem Landesarbeitsgericht vor einer Zurückverweisung der Sache durch das Bundesarbeitsgericht stattgefunden hat.

23

a) Durch die Zurückverweisung der Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht wird das Verfahren in der Lage wieder eröffnet, in der es sich befunden hat, als die Verhandlung vor dem Erlass des aufgehobenen Urteils geschlossen wurde (RG 1. November 1935 - VI 453/34 - zu 1 der Gründe, RGZ 149, 157). Das Verfahren vor und nach der Zurückverweisung bildet eine Einheit (MüKoZPO/Gehrlein 4. Aufl. § 251a Rn. 16; Zöller/Greger ZPO 30. Aufl. § 251a Rn. 3). Etwas anderes gilt nur dann, wenn das Revisionsgericht nicht allein das Berufungsurteil, sondern nach § 562 Abs. 2 ZPO zugleich das diesem zugrunde liegende Verfahren aufgehoben hat.

24

b) Dem steht nicht entgegen, dass es nach der Zurückverweisung zu einem Wechsel der zuständigen Richter kommen kann. Das Erfordernis einer früheren mündlichen Verhandlung soll gewährleisten, dass die Parteien ihre Standpunkte zumindest einmal mündlich vortragen können (RG 1. November 1935 - VI 453/34 - zu 1 der Gründe, RGZ 149, 157). Diesem Zweck ist auch dann Rechnung getragen, wenn die erkennende Kammer bei der mündlichen Verhandlung personell anders besetzt war oder die Verhandlung vor einer anderen Kammer stattgefunden hat (RG 1. November 1935 - VI 453/34 - aaO). § 309 ZPO ist insoweit nicht anwendbar. Die frühere Verhandlung ist lediglich Voraussetzung für das Urteil nach Lage der Akten, sie liegt diesem jedoch nicht iSv. § 309 ZPO zugrunde(RG 1. November 1935 - VI 453/34 - aaO; MüKoZPO/Gehrlein 4. Aufl. § 251a Rn. 17).

25

c) Entgegen der Auffassung des Klägers ist eine mündliche Verhandlung nach der Zurückverweisung auch nicht deshalb Voraussetzung für eine Entscheidung nach Lage der Akten, weil die Parteien die Möglichkeit haben müssen, neue Tatsachen vorzutragen. Das Gebot der Gewährung rechtlichen Gehörs erfordert nicht stets eine mündliche Verhandlung. Ihm ist auch dann Genüge getan, wenn die betreffende Partei Gelegenheit hatte, sich zu der Rechtssache schriftlich zu äußern.

26

3. Das Landesarbeitsgericht musste keinen neuen Termin zur mündlichen Verhandlung anberaumen. Es kann dahinstehen, ob das in § 251a Abs. 2 Satz 4 ZPO vorgesehene Recht, die Anberaumung eines neuen Termins zur mündlichen Verhandlung zu beantragen, nur einer Partei zusteht, die dem Termin ohne ihr Verschulden gänzlich ferngeblieben ist(so Stein/Jonas/Roth 22. Aufl. § 251a Rn. 19; Zöller/Greger ZPO 30. Aufl. § 251a Rn. 7; Wieczorek/Schütze/Gerken 4. Aufl. § 251a ZPO Rn. 24; Musielak/Stadler ZPO 11. Aufl. § 251a Rn. 4), oder auch einer Partei, die zwar erschienen ist, aber nicht verhandelt hat (so MüKoZPO/Gehrlein 4. Aufl. § 251a Rn. 27, 29). Der Kläger hat nicht geltend gemacht, er habe ohne sein Verschulden nicht verhandelt. Zwar konnte er selbst aus gesundheitlichen Gründen nicht zur mündlichen Verhandlung erscheinen. Dies führte jedoch nicht dazu, dass auch sein im Termin anwesender Prozessbevollmächtigter nicht in der Lage gewesen wäre zu verhandeln. Gründe dafür, dass eine Verhandlung in seiner persönlichen Abwesenheit nicht möglich gewesen sei, hat der Kläger nicht vorgetragen.

27

4. Ein Verfahrensfehler folgt nicht daraus, dass das Landesarbeitsgericht den Parteien den Beratungstermin nicht mitgeteilt hatte. § 251a Abs. 2 Satz 3 ZPO sieht nur die Mitteilung des Verkündungstermins vor. Spätestens ab dem sechsten Tag vor dem Verkündungstermin müssen die Parteien jederzeit mit einer, ggf. mehreren Beratungen der Kammer rechnen. Inwiefern dem Kläger, wie er meint, „zu dieser Beratung“ Gelegenheit zur Stellungnahme hätte eingeräumt werden müssen, ist nicht ersichtlich. Seinem Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs war dadurch Genüge getan, dass das Landesarbeitsgericht sämtliche bis zu seiner Beratung eingegangenen Schriftsätze der Parteien zur Kenntnis genommen und gewürdigt hat.

28

5. Das angefochtene Urteil ist - anders als der Kläger meint - nicht deshalb verfahrensfehlerhaft, weil es ausweislich seines Rubrums „auf die mündliche Verhandlung vom 21.11.2012“ ergangen ist. Zwar ist die Entscheidung nicht auf eine mündliche Verhandlung hin, sondern nach Lage der Akten am 21. November 2012 ergangen. In der falschen Angabe liegt jedoch keine Verletzung einer Rechtsnorm iSv. § 73 ArbGG. Der Fehler unterliegt als offenbare Unrichtigkeit nur der Berichtigung gemäß § 319 ZPO.

29

II. Das Landesarbeitsgericht hat auf der Grundlage seiner bisherigen Feststellungen zu Unrecht angenommen, der Kläger habe im Frühjahr 2009 seine arbeitsvertraglichen Pflichten in vorwerfbarer Weise verletzt. Es durfte den Vortrag der Beklagten, der Kläger sei nicht außerstande gewesen, sein vertragswidriges Verhalten zu steuern, nicht ohne Vernehmung der Zeugen für wahr erachten.

30

1. Der Arbeitgeber trägt im Kündigungsschutzprozess die Darlegungs- und Beweislast auch dafür, dass solche Tatsachen nicht vorgelegen haben, die das kündigungsrelevante Verhalten des Arbeitnehmers gerechtfertigt oder entschuldigt erscheinen lassen (vgl. BAG 3. November 2011 - 2 AZR 748/10 - Rn. 23; 21. Mai 1992 - 2 AZR 10/92 - zu II 2 b bb der Gründe, BAGE 70, 262). Beruft sich der Arbeitnehmer insoweit auf eine Erkrankung und legt er substantiiert dar, woran er erkrankt war und weshalb er aus diesem Grunde nicht nur arbeitsunfähig war, sondern auch bestimmte Nebenpflichten nicht ordnungsgemäß erfüllen konnte, kann sich der Arbeitgeber zum Beweis dafür, dass die Behauptungen des Arbeitnehmers nicht zutreffen, auf das Zeugnis der behandelnden Ärzte berufen. Aufgrund seiner prozessualen Mitwirkungspflicht obliegt es dem Kläger, diese von ihrer Schweigepflicht zu entbinden (zur prozessualen Mitwirkungspflicht des Arbeitnehmers bei der krankheitsbedingten Kündigung vgl. BAG 10. November 2005 - 2 AZR 44/05 - zu B I 2 a der Gründe).

31

2. Gemäß § 286 Abs. 1 ZPO hat das Gericht unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei. Das Gericht hat dabei auch die prozessualen und vorprozessualen Handlungen, Erklärungen und Unterlassungen der Parteien und ihrer Vertreter zu würdigen. Weigert sich ein Prozessbeteiligter, seine Ärzte von der Schweigepflicht zu entbinden, und macht er der beweispflichtigen Gegenpartei die Beweisführung unmöglich, kann das als Beweisvereitelung im Rahmen der Beweiswürdigung zu berücksichtigen sein. Dabei führt eine solche Beweisvereitelung - anders als mangelndes Bestreiten nach § 138 Abs. 3 ZPO - nicht ohne Weiteres dazu, dass der Vortrag der beweisbelasteten Partei als zugestanden gilt. Vielmehr kommen Beweiserleichterungen bis hin zur Umkehr der Beweislast in Betracht, wenn dem Beweispflichtigen die volle Beweislast billigerweise nicht mehr zugemutet werden kann (BAG 19. Februar 1997 - 5 AZR 747/93 - zu B II 3 der Gründe, BAGE 85, 140; BGH 23. Oktober 2008 - VII ZR 64/07 - Rn. 23). Welche beweisrechtlichen Konsequenzen angemessen sind, ist unter Würdigung sämtlicher Umstände des Einzelfalls zu beurteilen (BGH 23. Oktober 2008 - VII ZR 64/07 - aaO).

32

3. Das Landesarbeitsgericht hat zu Unrecht angenommen, der Kläger habe die Beweisführung der Beklagten vereitelt, weil er die ihn behandelnden Ärzte nicht in ausreichender Weise von der Schweigepflicht entbunden habe.

33

a) Die Entbindung von der Schweigepflicht kann dem Zeugen, der Gegenpartei oder dem Gericht gegenüber erklärt werden. Da es sich bei den Daten, die der Schweigepflicht unterliegen, um geheim zu haltende Angelegenheiten höchstpersönlicher Art handelt, muss in jedem Fall sichergestellt sein, dass die Entbindung von dem Rechtsträger selbst stammt. Das schließt nicht aus, dass die Erklärung nach außen durch einen Prozessbevollmächtigten erfolgen oder schon in der Benennung einer der in § 383 Abs. 1 Nr. 6 ZPO bezeichneten Personen als Zeuge zu sehen sein kann. In Zweifelsfällen hat das Gericht zu klären, ob die Erklärung von der Partei selbst getragen wird oder ohne entsprechendes Einverständnis abgegeben worden ist (BAG 12. Januar 1995 - 2 AZR 366/94 - zu 2 c der Gründe).

34

b) Der Kläger hatte die von der Beklagten benannten Zeugen wirksam von ihrer ärztlichen Schweigepflicht entbunden.

35

aa) Mit drei gleichlautenden, von ihm persönlich unterzeichneten Schreiben vom 12. Juni 2012 hatte er erklärt, er entbinde die betreffenden Ärzte von ihrer Schweigepflicht. Er sei damit einverstanden, dass alle erforderlichen Auskünfte erteilt würden, die im Zusammenhang mit seiner Erkrankung ständen.

36

bb) Die mit Schriftsatz vom 26. September 2012 nachträglich erklärte Beschränkung dieser Entbindung hat der Kläger entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts nicht aufrechterhalten.

37

(1) Das Landesarbeitsgericht hat den Kläger nach Eingang des Schriftsatzes zu Recht darauf hingewiesen, dass eine Entbindung von der Schweigepflicht, die dem Arzt eine Aussage nur in Abwesenheit der gegnerischen Partei gestattet, der prozessualen Mitwirkungspflicht nicht genügt. Die Entbindung von der Schweigepflicht nach § 385 Abs. 2 ZPO soll die Erhebung des Zeugenbeweises durch Vernehmung einer gemäß § 383 Abs. 1 Nr. 4, Nr. 6 ZPO an sich zur Zeugnisverweigerung berechtigten Person ermöglichen. Gestattet ein Prozessbeteiligter dem ihn behandelnden Arzt die Aussage nur in Abwesenheit der gegnerischen Partei, ist das Gericht gehindert, den Arzt als Zeugen zu vernehmen. Andernfalls verstieße es gegen das Gebot der Parteiöffentlichkeit der Beweisaufnahme in § 357 Abs. 1 ZPO und verletzte damit den Anspruch der nicht anwesenden Partei auf Gewährung rechtlichen Gehörs aus Art. 103 Abs. 1 GG.

38

(2) Nach diesem Hinweis hat der Kläger an der Beschränkung seiner Entbindung nicht festgehalten.

39

(a) Zwar vermochte das Schreiben des Prozessbevollmächtigten vom 12. November 2012, die Entbindung von der Schweigepflicht solle uneingeschränkt gelten, die zuvor erklärte Beschränkung nicht aufzuheben. Angesichts der Bemerkung des Prozessbevollmächtigten, er habe bislang keine Gelegenheit gehabt, mit dem Kläger persönlich Rücksprache zu halten, war nicht sichergestellt, dass der Erklärung eine Gestattung des Klägers als des Rechtsinhabers zugrunde lag.

40

(b) Ausweislich der Sitzungsniederschrift vom 21. November 2012 hat der anreisende Prozessbevollmächtigte jedoch auf telefonische Nachfrage mitgeteilt, er habe zwar keine schriftliche Erklärung des Klägers über die Entbindung der anwesenden Zeugen von ihrer Schweigepflicht bei sich, der Kläger habe ihm gegenüber aber ausdrücklich die Zeugenvernehmung gewünscht. Das war nicht anders zu verstehen, als dass der Kläger eine Beweisaufnahme auch in Gegenwart eines Vertreters der Beklagten gestatte. Dies hat der Klägervertreter nach seinem Erscheinen im Termin unter Verweis auf ein mit dem Kläger am Vortag geführtes Telefonat klargestellt. Anhaltspunkte für die Annahme, die Erklärung sei gleichwohl nicht vom höchstpersönlichen Willen des Klägers getragen, bestanden nicht. Dies gilt umso mehr, als das Landesarbeitsgericht in seinem Urteil ausgeführt hat, der Kläger sei in den Tagen vor der mündlichen Verhandlung „zweifellos dazu in der Lage [gewesen], sachgerechte Erklärungen abzugeben“. Entgegen der Annahme des Landesarbeitsgerichts war es für die Wirksamkeit der Erklärung nicht erforderlich, dass sie schriftlich erfolgt wäre. Selbst eine in der Benennung von Zeugen liegende konkludente Erklärung kann ausreichen (vgl. Musielak/Huber ZPO 11. Aufl. § 385 Rn. 8).

41

c) Das Landesarbeitsgericht durfte nicht deshalb von der Beweisaufnahme absehen, weil die der prozessualen Mitwirkungspflicht schließlich genügende Entbindungserklärung erst nach Ablauf der seitens des Gerichts nach § 356 ZPO bis zum 16. November 2012 gesetzten Frist einging. Durch die Vernehmung der im Termin anwesenden Zeugen wäre das Verfahren nicht verzögert worden.

42

d) Selbst wenn dem Landesarbeitsgericht zugute zu halten sein sollte, dass es letzte Zweifel am Willen des Klägers, die Ärzte von ihrer Schweigepflicht zu entbinden, als nicht ausgeräumt betrachten durfte, so durfte es angesichts des Ablaufs der Geschehnisse doch nicht annehmen, der Kläger wolle den der Beklagten obliegenden Beweis seiner Steuerungsfähigkeit tatsächlich vereiteln. Sein Ziel war es ersichtlich nicht, der Beklagten die Beweisführung unmöglich zu machen. Es ging ihm lediglich darum, ihren Mitarbeitern - nicht auch ihrem Prozessbevollmächtigten und dem Gericht - sensible höchstpersönliche Daten vorzuenthalten. Dies ist grundsätzlich von § 385 Abs. 2, § 383 Abs. 1 Nr. 6 ZPO gedeckt. Wenn der Kläger deshalb - und sei es ungeschickt und auf rechtlich nicht mögliche Weise - die Entbindung seiner Ärzte von der Schweigepflicht möglichst eng zu gestalten suchte, liegt darin nicht die Absicht der Beweisvereitelung.

43

III. Der Senat kann den Rechtsstreit nicht abschließend entscheiden. Der relevante Sachverhalt ist noch nicht hinreichend festgestellt (§ 563 Abs. 3 ZPO). Es bedarf der Vernehmung der von der Beklagten als Zeugen benannten Ärzte.

44

1. Die Beklagte ist der ihr obliegenden Darlegungslast nachgekommen. Sie hat unter Verweis auf dessen Verhalten in der Vergangenheit, den häufigen Wechsel der Ärzte und deren Diagnosen die vom Kläger behauptete Steuerungsunfähigkeit in Abrede gestellt und zum Beweis für die Richtigkeit ihres Vortrags die behandelnden Ärzte als Zeugen benannt. Eine weitergehende Darlegung war von ihr nicht zu verlangen. Der Beweisgegenstand betrifft Geschehensabläufe aus der Sphäre des Klägers.

45

2. Das Landesarbeitsgericht wird die bislang unterbliebene Beweisaufnahme nachzuholen haben. Der Kläger hat die zu vernehmenden Ärzte ordnungsgemäß von ihrer Schweigepflicht entbunden. In der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesarbeitsgericht hat er überdies persönlich bekräftigt, er sei damit einverstanden, dass die Zeugen auch in Gegenwart eines weiteren Vertreters der Beklagten vernommen würden.

        

    Kreft    

        

    Berger    

        

    Rinck    

        

        

        

    Krichel    

        

    Pitsch    

                 

(1) Die mündliche Verhandlung wird dadurch eingeleitet, dass die Parteien ihre Anträge stellen.

(2) Die Vorträge der Parteien sind in freier Rede zu halten; sie haben das Streitverhältnis in tatsächlicher und rechtlicher Beziehung zu umfassen.

(3) Eine Bezugnahme auf Dokumente ist zulässig, soweit keine der Parteien widerspricht und das Gericht sie für angemessen hält. Die Vorlesung von Dokumenten findet nur insoweit statt, als es auf ihren wörtlichen Inhalt ankommt.

(4) In Anwaltsprozessen ist neben dem Anwalt auch der Partei selbst auf Antrag das Wort zu gestatten.

(1) Die Anträge sind aus den vorbereitenden Schriftsätzen zu verlesen. Soweit sie darin nicht enthalten sind, müssen sie aus einer dem Protokoll als Anlage beizufügenden Schrift verlesen werden. Der Vorsitzende kann auch gestatten, dass die Anträge zu Protokoll erklärt werden.

(2) Die Verlesung kann dadurch ersetzt werden, dass die Parteien auf die Schriftsätze Bezug nehmen, die die Anträge enthalten.

(1) Der Vorsitzende entscheidet außerhalb der streitigen Verhandlung allein

1.
bei Zurücknahme der Klage;
2.
bei Verzicht auf den geltend gemachten Anspruch;
3.
bei Anerkenntnis des geltend gemachten Anspruchs;
4.
bei Säumnis einer Partei;
4a.
über die Verwerfung des Einspruchs gegen ein Versäumnisurteil oder einen Vollstreckungsbescheid als unzulässig;
5.
bei Säumnis beider Parteien;
6.
über die einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung;
7.
über die örtliche Zuständigkeit;
8.
über die Aussetzung und Anordnung des Ruhens des Verfahrens;
9.
wenn nur noch über die Kosten zu entscheiden ist;
10.
bei Entscheidungen über eine Berichtigung des Tatbestandes, soweit nicht eine Partei eine mündliche Verhandlung hierüber beantragt;
11.
im Fall des § 11 Abs. 3 über die Zurückweisung des Bevollmächtigten oder die Untersagung der weiteren Vertretung.

(2) Der Vorsitzende kann in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1, 3 und 4a bis 10 eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung treffen. Dies gilt mit Zustimmung der Parteien auch in dem Fall des Absatzes 1 Nr. 2.

(3) Der Vorsitzende entscheidet ferner allein, wenn in der Verhandlung, die sich unmittelbar an die Güteverhandlung anschließt, eine das Verfahren beendende Entscheidung ergehen kann und die Parteien übereinstimmend eine Entscheidung durch den Vorsitzenden beantragen; der Antrag ist in das Protokoll aufzunehmen.

(4) Der Vorsitzende kann vor der streitigen Verhandlung einen Beweisbeschluß erlassen, soweit er anordnet

1.
eine Beweisaufnahme durch den ersuchten Richter;
2.
eine schriftliche Beantwortung der Beweisfrage nach § 377 Abs. 3 der Zivilprozeßordnung;
3.
die Einholung amtlicher Auskünfte;
4.
eine Parteivernehmung;
5.
die Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens.
Anordnungen nach Nummer 1 bis 3 und 5 können vor der streitigen Verhandlung ausgeführt werden.

Tenor

1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 19. Dezember 2012 - 7 Sa 603/12 - aufgehoben.

2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen verhaltensbedingten Kündigung.

2

Der 1969 geborene, ledige Kläger war seit 1985 bei der Beklagten und deren Rechtsvorgängerin beschäftigt. Er wurde zuletzt als Kundendiensttechniker im Außendienst eingesetzt. Zu dienstlichen Zwecken stand ihm ein Dienstfahrzeug zur Verfügung. Vor Urlaubsantritt oder bei Arbeitsunfähigkeit hatte er den Fahrzeugschlüssel und das Fahrtenbuch im Betrieb abzugeben. Weil er dieser Weisung anlässlich einer Arbeitsunfähigkeit und eines Urlaubs in der Zeit vom 19. November 2002 bis zum 25. Februar 2003 nicht nachgekommen war, mahnte die Rechtsvorgängerin der Beklagten ihn ab und kündigte das Arbeitsverhältnis der Parteien im Februar 2003 außerordentlich, hilfsweise ordentlich. Die hiergegen gerichtete Kündigungsschutzklage hatte Erfolg.

3

Vor Antritt eines Urlaubs im Oktober 2008 hatte der Kläger den Schlüssel des Dienstfahrzeugs und das Fahrtenbuch erneut nicht im Betrieb hinterlegt. Mit Schreiben vom 29. Januar 2009 ermahnte ihn die Beklagte nochmals, die Anweisungen einzuhalten. Gleichzeitig kündigte sie an, weitere arbeitsrechtliche Maßnahmen zu ergreifen, wenn bis zum 15. Februar 2009 keine Besserung erkennbar sei und er die Anweisungen weiterhin missachte. Am selben Abend nahm er die Kfz-Utensilien nach einer Spätschicht erneut mit nach Hause.

4

Ab dem 9. Februar 2009 war der Kläger krankheitsbedingt arbeitsunfähig. Ausweislich einer Aufstellung der Krankenkasse war er im Zeitraum vom 9. Februar 2009 bis zum 7. März 2009 aufgrund einer Gastritis sowie vom 9. bis 17. März 2009 an einer „sonstigen depressiven Episode“ erkrankt. Ab dem 17. März 2009 behandelte ihn ein Facharzt für Psychiatrie, der ihm ebenfalls eine „sonstige depressive Episode“ bescheinigte. In einem Attest seiner Hausärztin vom 1. Oktober 2010 heißt es, bei dem Kläger beständen seit Jahren „massive Beschwerden vom Magen sowie von der Psyche her“. Insbesondere in der Zeit vom 9. Februar 2009 bis zum 7. März 2009 habe er unter Magenschmerzen, Tendenz zu sozialem Rückzug, Antriebsstörungen und Vermeidungshaltungen gelitten. Während seiner Erkrankung gab der Kläger erneut weder die Fahrzeugutensilien heraus noch teilte er der Beklagten mit, wo sie sich befänden und wie eine Herausgabe sichergestellt werden könne.

5

Mit Schreiben vom 16. und 18. Februar 2009 mahnte die Beklagte den Kläger ab. Mit Schreiben vom 2. März 2009 hörte sie den Betriebsrat zu ihrer Absicht an, das Arbeitsverhältnis der Parteien ordentlich zu kündigen. Der Betriebsrat widersprach dem. Mit Schreiben vom 9. März 2009 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis ordentlich zum 31. Oktober 2009.

6

Mit seiner rechtzeitig erhobenen Klage hat sich der Kläger gegen die Kündigung gewandt. Er hat behauptet, in der Zeit vom 9. Februar bis 7. März 2009 habe er sich in einer akuten depressiven Episode befunden, die durch völlige Antriebsschwäche gekennzeichnet gewesen sei. Aufgrund der gesundheitlichen Beeinträchtigung sei er nicht in der Lage gewesen, wie von ihm verlangt zu handeln. Zudem lägen keine schwerwiegenden Pflichtverstöße vor. Wahrer Hintergrund der Kündigung sei seine schwere Erkrankung, die zu häufigen Fehlzeiten führe.

7

Der Kläger hat beantragt

        

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung vom 9. März 2009 nicht mit Ablauf des 31. Oktober 2009 aufgelöst worden ist.

8

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat gemeint, der Kläger habe bewusst und beharrlich gegen ihm erteilte Weisungen verstoßen. Er sei offensichtlich nicht bereit, berechtigten Forderungen nachzukommen. Eine Beschäftigung im Innendienst sei nicht möglich, weil er unter Vorlage eines betriebsärztlichen Attests die Beschäftigung im Außendienst verlangt habe. Zudem sei ein geeigneter freier Arbeitsplatz im Innendienst nicht vorhanden. Für eine Erkrankung, die ein schuldhaftes Verhalten des Klägers ausschließe, lägen keine ausreichenden Anhaltspunkte vor.

9

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben, das Landesarbeitsgericht hat sie abgewiesen. Auf die Revision des Klägers hat der Senat die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts mit Urteil vom 3. November 2011 (- 2 AZR 748/10 -) aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen. Die Pflichtverletzung des Klägers könne eine ordentliche Kündigung nicht rechtfertigen, wenn dieser aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage gewesen sei, sein Verhalten bewusst zu steuern. Dem entsprechenden Vortrag des Klägers sei das Landesarbeitsgericht nicht nachgegangen.

10

Die Beklagte hat sich daraufhin zum Beweis für eine Steuerungsfähigkeit des Klägers auf das Zeugnis der ihn behandelnden Ärzte berufen. Mit Schriftsatz vom 21. Juni 2012 hat der Kläger drei auf den 12. Juni 2012 datierte, gleichlautende Erklärungen des Inhalts zur Gerichtsakte gereicht, dass er die betreffenden Ärzte „von der ärztlichen Schweigepflicht [entbinde und sich] damit einverstanden [erkläre], dass alle erforderlichen Auskünfte erteilt werden, die im Zusammenhang mit [seiner] Erkrankung stehen und dass von allen Berichten, Auskünften und Gutachten [seinem Prozessbevollmächtigten] Abschriften zur Verfügung gestellt werden“.

11

Mit Beschluss vom 20. August 2012 bestimmte das Landesarbeitsgericht Termin zur mündlichen Verhandlung und Durchführung einer Beweisaufnahme. Mit Schriftsatz vom 26. September 2012 bat der Prozessbevollmächtigte des Klägers „ausdrücklich“ darum, ärztliche Atteste und Krankenunterlagen der behandelnden Ärzte, die bei Gericht eingereicht würden, nicht an die Beklagte und deren anwaltliche Vertretung zu versenden.

12

Am 4. Oktober 2012 teilte das Landesarbeitsgericht mit, eine Schweigepflichtentbindung, die den Prozessgegner ausspare, sei „nicht möglich“. Es setzte dem Kläger eine Frist bis zum 19. Oktober 2012, um die ihn behandelnden Ärzte auch gegenüber der Beklagten von der Schweigepflicht zu entbinden. Mit Schriftsatz vom selben Tag erklärte der Prozessbevollmächtigte des Klägers, die Beklagte habe keinen Anspruch auf Kenntnis der höchstpersönlichen Krankheitsmerkmale. Möglicherweise komme „eine Vorgehensweise derart in Betracht, dass für die Zeit der Beweisaufnahme nur der anwaltliche Prozessvertreter der Beklagten, … [nicht dagegen] der Vertreter der Arbeitgeberin“ anwesend sei.

13

Mit Beschluss vom 25. Oktober 2012 wies das Landesarbeitsgericht den Kläger unter nochmaliger Fristsetzung darauf hin, dass eine Beweisaufnahme unter Ausschluss der beklagten Partei prozessual unzulässig sei. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers teilte daraufhin mit, eine Rücksprache mit diesem sei bislang nicht möglich gewesen. „Ohne Verzicht auf die höchstpersönlichen Grundrechte des Klägers“ erkläre er aber, dass „die bereits vom Kläger abgegebene Erklärung über die Entbindung von der Schweigepflicht uneingeschränkt gelten“ solle.

14

Mit Beschluss vom 13. November 2012 wies das Landesarbeitsgericht darauf hin, dass die Entbindung eines Arztes von der Schweigepflicht eine höchstpersönliche Entscheidung der Partei sei. Sie sei von der erteilten Prozessvollmacht nicht gedeckt. Der Kläger erhalte bis zum 16. November 2012 erneut Gelegenheit, eine uneingeschränkte Erklärung über die Entbindung der behandelnden Ärzte von der Schweigepflicht zur Akte zu reichen.

15

Mit Schriftsatz vom 15. November 2012 bat der Prozessbevollmächtigte des Klägers darum, die als Zeugen geladenen Ärzte nicht abzuladen, und kündigte an, der Kläger werde im Termin zur mündlichen Verhandlung eine Erklärung über ihre Entbindung von der Schweigepflicht zu Protokoll geben. Dafür mache er sich persönlich „stark“.

16

Bei der mündlichen Verhandlung am 21. November 2012 war der Kläger nicht anwesend. Mit E-Mail vom selben Tag hatte er mitgeteilt, er sei arbeitsunfähig erkrankt. Sein Prozessbevollmächtigter wiederum erschien aufgrund einer Verkehrsstörung verspätet zum Termin. Er hatte vorab telefonisch um Vernehmung der Zeugen gebeten. Der Kläger wünsche dies ausdrücklich. Im Besitz einer schriftlichen Erklärung des Klägers, mit der dieser die Zeugen von ihrer Schweigepflicht entbinde, sei er nicht. Davon setzte die Kammervorsitzende die Zeugen und die Beklagte in Kenntnis. Die Zeugen erklärten, sie sagten nur bei Vorliegen einer schriftlichen Entbindungserklärung aus. Das Gericht entließ die Zeugen daraufhin noch vor dem Eintreffen des Klägervertreters. Nachdem dieser erschienen war, teilte er mit, er habe am Tag zuvor mit dem Kläger telefoniert; dieser habe ihm gegenüber erklärt, dass die Schweigepflichtentbindung vom 12. Juni 2012 uneingeschränkt gelten solle.

17

Der Klägervertreter hat keinen Antrag gestellt. Die Beklagte hat beantragt, nach Lage der Akten zu entscheiden und die Klage unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils abzuweisen. Das Landesarbeitsgericht beschloss, nach Lage der Akten zu entscheiden, und beraumte Termin zur Verkündung einer Entscheidung auf den 19. Dezember 2012 an. Mit Schriftsatz vom 10. Dezember 2012 reichte der Kläger eine ärztliche Bescheinigung zur Akte, derzufolge er vom 20. bis 23. November 2012 arbeitsunfähig erkrankt und außerstande gewesen sei, am Termin zur mündlichen Verhandlung teilzunehmen.

18

Nach Beratung am 18. Dezember 2012 hat das Landesarbeitsgericht die Klage mit Urteil vom 19. Dezember 2012 „auf die mündliche Verhandlung vom 21.11.2012“ abgewiesen. Mit der Revision begehrt der Kläger, das Urteil des Arbeitsgerichts wiederherzustellen.

Entscheidungsgründe

19

Die Revision ist begründet. Mit der von ihm gegebenen Begründung durfte das Landesarbeitsgericht die Klage nicht abweisen. Die Sache war erneut an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen. Der Senat kann den Rechtsstreit nicht abschließend entscheiden. Der relevante Sachverhalt ist noch immer nicht festgestellt.

20

I. Das Landesarbeitsgericht durfte nach Lage der Akten entscheiden.

21

1. Gemäß § 331a Satz 2, § 251a Abs. 2 ZPO darf beim Ausbleiben einer Partei im Termin ein Urteil nach Lage der Akten ergehen, wenn in einem früheren Termin mündlich verhandelt worden ist. Es darf frühestens zwei Wochen später verkündet werden. Das Gericht hat der nicht erschienenen Partei den Verkündungstermin formlos mitzuteilen. Es bestimmt einen neuen Termin zur mündlichen Verhandlung, wenn die Partei dies spätestens am siebenten Tag vor dem zur Verkündung bestimmten Termin beantragt und glaubhaft macht, dass sie ohne ihr Verschulden ausgeblieben ist und die Verlegung des Termins nicht rechtzeitig beantragen konnte.

22

2. Eine Verhandlung „in einem früheren Termin“ ist auch eine solche, die bei dem Landesarbeitsgericht vor einer Zurückverweisung der Sache durch das Bundesarbeitsgericht stattgefunden hat.

23

a) Durch die Zurückverweisung der Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht wird das Verfahren in der Lage wieder eröffnet, in der es sich befunden hat, als die Verhandlung vor dem Erlass des aufgehobenen Urteils geschlossen wurde (RG 1. November 1935 - VI 453/34 - zu 1 der Gründe, RGZ 149, 157). Das Verfahren vor und nach der Zurückverweisung bildet eine Einheit (MüKoZPO/Gehrlein 4. Aufl. § 251a Rn. 16; Zöller/Greger ZPO 30. Aufl. § 251a Rn. 3). Etwas anderes gilt nur dann, wenn das Revisionsgericht nicht allein das Berufungsurteil, sondern nach § 562 Abs. 2 ZPO zugleich das diesem zugrunde liegende Verfahren aufgehoben hat.

24

b) Dem steht nicht entgegen, dass es nach der Zurückverweisung zu einem Wechsel der zuständigen Richter kommen kann. Das Erfordernis einer früheren mündlichen Verhandlung soll gewährleisten, dass die Parteien ihre Standpunkte zumindest einmal mündlich vortragen können (RG 1. November 1935 - VI 453/34 - zu 1 der Gründe, RGZ 149, 157). Diesem Zweck ist auch dann Rechnung getragen, wenn die erkennende Kammer bei der mündlichen Verhandlung personell anders besetzt war oder die Verhandlung vor einer anderen Kammer stattgefunden hat (RG 1. November 1935 - VI 453/34 - aaO). § 309 ZPO ist insoweit nicht anwendbar. Die frühere Verhandlung ist lediglich Voraussetzung für das Urteil nach Lage der Akten, sie liegt diesem jedoch nicht iSv. § 309 ZPO zugrunde(RG 1. November 1935 - VI 453/34 - aaO; MüKoZPO/Gehrlein 4. Aufl. § 251a Rn. 17).

25

c) Entgegen der Auffassung des Klägers ist eine mündliche Verhandlung nach der Zurückverweisung auch nicht deshalb Voraussetzung für eine Entscheidung nach Lage der Akten, weil die Parteien die Möglichkeit haben müssen, neue Tatsachen vorzutragen. Das Gebot der Gewährung rechtlichen Gehörs erfordert nicht stets eine mündliche Verhandlung. Ihm ist auch dann Genüge getan, wenn die betreffende Partei Gelegenheit hatte, sich zu der Rechtssache schriftlich zu äußern.

26

3. Das Landesarbeitsgericht musste keinen neuen Termin zur mündlichen Verhandlung anberaumen. Es kann dahinstehen, ob das in § 251a Abs. 2 Satz 4 ZPO vorgesehene Recht, die Anberaumung eines neuen Termins zur mündlichen Verhandlung zu beantragen, nur einer Partei zusteht, die dem Termin ohne ihr Verschulden gänzlich ferngeblieben ist(so Stein/Jonas/Roth 22. Aufl. § 251a Rn. 19; Zöller/Greger ZPO 30. Aufl. § 251a Rn. 7; Wieczorek/Schütze/Gerken 4. Aufl. § 251a ZPO Rn. 24; Musielak/Stadler ZPO 11. Aufl. § 251a Rn. 4), oder auch einer Partei, die zwar erschienen ist, aber nicht verhandelt hat (so MüKoZPO/Gehrlein 4. Aufl. § 251a Rn. 27, 29). Der Kläger hat nicht geltend gemacht, er habe ohne sein Verschulden nicht verhandelt. Zwar konnte er selbst aus gesundheitlichen Gründen nicht zur mündlichen Verhandlung erscheinen. Dies führte jedoch nicht dazu, dass auch sein im Termin anwesender Prozessbevollmächtigter nicht in der Lage gewesen wäre zu verhandeln. Gründe dafür, dass eine Verhandlung in seiner persönlichen Abwesenheit nicht möglich gewesen sei, hat der Kläger nicht vorgetragen.

27

4. Ein Verfahrensfehler folgt nicht daraus, dass das Landesarbeitsgericht den Parteien den Beratungstermin nicht mitgeteilt hatte. § 251a Abs. 2 Satz 3 ZPO sieht nur die Mitteilung des Verkündungstermins vor. Spätestens ab dem sechsten Tag vor dem Verkündungstermin müssen die Parteien jederzeit mit einer, ggf. mehreren Beratungen der Kammer rechnen. Inwiefern dem Kläger, wie er meint, „zu dieser Beratung“ Gelegenheit zur Stellungnahme hätte eingeräumt werden müssen, ist nicht ersichtlich. Seinem Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs war dadurch Genüge getan, dass das Landesarbeitsgericht sämtliche bis zu seiner Beratung eingegangenen Schriftsätze der Parteien zur Kenntnis genommen und gewürdigt hat.

28

5. Das angefochtene Urteil ist - anders als der Kläger meint - nicht deshalb verfahrensfehlerhaft, weil es ausweislich seines Rubrums „auf die mündliche Verhandlung vom 21.11.2012“ ergangen ist. Zwar ist die Entscheidung nicht auf eine mündliche Verhandlung hin, sondern nach Lage der Akten am 21. November 2012 ergangen. In der falschen Angabe liegt jedoch keine Verletzung einer Rechtsnorm iSv. § 73 ArbGG. Der Fehler unterliegt als offenbare Unrichtigkeit nur der Berichtigung gemäß § 319 ZPO.

29

II. Das Landesarbeitsgericht hat auf der Grundlage seiner bisherigen Feststellungen zu Unrecht angenommen, der Kläger habe im Frühjahr 2009 seine arbeitsvertraglichen Pflichten in vorwerfbarer Weise verletzt. Es durfte den Vortrag der Beklagten, der Kläger sei nicht außerstande gewesen, sein vertragswidriges Verhalten zu steuern, nicht ohne Vernehmung der Zeugen für wahr erachten.

30

1. Der Arbeitgeber trägt im Kündigungsschutzprozess die Darlegungs- und Beweislast auch dafür, dass solche Tatsachen nicht vorgelegen haben, die das kündigungsrelevante Verhalten des Arbeitnehmers gerechtfertigt oder entschuldigt erscheinen lassen (vgl. BAG 3. November 2011 - 2 AZR 748/10 - Rn. 23; 21. Mai 1992 - 2 AZR 10/92 - zu II 2 b bb der Gründe, BAGE 70, 262). Beruft sich der Arbeitnehmer insoweit auf eine Erkrankung und legt er substantiiert dar, woran er erkrankt war und weshalb er aus diesem Grunde nicht nur arbeitsunfähig war, sondern auch bestimmte Nebenpflichten nicht ordnungsgemäß erfüllen konnte, kann sich der Arbeitgeber zum Beweis dafür, dass die Behauptungen des Arbeitnehmers nicht zutreffen, auf das Zeugnis der behandelnden Ärzte berufen. Aufgrund seiner prozessualen Mitwirkungspflicht obliegt es dem Kläger, diese von ihrer Schweigepflicht zu entbinden (zur prozessualen Mitwirkungspflicht des Arbeitnehmers bei der krankheitsbedingten Kündigung vgl. BAG 10. November 2005 - 2 AZR 44/05 - zu B I 2 a der Gründe).

31

2. Gemäß § 286 Abs. 1 ZPO hat das Gericht unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei. Das Gericht hat dabei auch die prozessualen und vorprozessualen Handlungen, Erklärungen und Unterlassungen der Parteien und ihrer Vertreter zu würdigen. Weigert sich ein Prozessbeteiligter, seine Ärzte von der Schweigepflicht zu entbinden, und macht er der beweispflichtigen Gegenpartei die Beweisführung unmöglich, kann das als Beweisvereitelung im Rahmen der Beweiswürdigung zu berücksichtigen sein. Dabei führt eine solche Beweisvereitelung - anders als mangelndes Bestreiten nach § 138 Abs. 3 ZPO - nicht ohne Weiteres dazu, dass der Vortrag der beweisbelasteten Partei als zugestanden gilt. Vielmehr kommen Beweiserleichterungen bis hin zur Umkehr der Beweislast in Betracht, wenn dem Beweispflichtigen die volle Beweislast billigerweise nicht mehr zugemutet werden kann (BAG 19. Februar 1997 - 5 AZR 747/93 - zu B II 3 der Gründe, BAGE 85, 140; BGH 23. Oktober 2008 - VII ZR 64/07 - Rn. 23). Welche beweisrechtlichen Konsequenzen angemessen sind, ist unter Würdigung sämtlicher Umstände des Einzelfalls zu beurteilen (BGH 23. Oktober 2008 - VII ZR 64/07 - aaO).

32

3. Das Landesarbeitsgericht hat zu Unrecht angenommen, der Kläger habe die Beweisführung der Beklagten vereitelt, weil er die ihn behandelnden Ärzte nicht in ausreichender Weise von der Schweigepflicht entbunden habe.

33

a) Die Entbindung von der Schweigepflicht kann dem Zeugen, der Gegenpartei oder dem Gericht gegenüber erklärt werden. Da es sich bei den Daten, die der Schweigepflicht unterliegen, um geheim zu haltende Angelegenheiten höchstpersönlicher Art handelt, muss in jedem Fall sichergestellt sein, dass die Entbindung von dem Rechtsträger selbst stammt. Das schließt nicht aus, dass die Erklärung nach außen durch einen Prozessbevollmächtigten erfolgen oder schon in der Benennung einer der in § 383 Abs. 1 Nr. 6 ZPO bezeichneten Personen als Zeuge zu sehen sein kann. In Zweifelsfällen hat das Gericht zu klären, ob die Erklärung von der Partei selbst getragen wird oder ohne entsprechendes Einverständnis abgegeben worden ist (BAG 12. Januar 1995 - 2 AZR 366/94 - zu 2 c der Gründe).

34

b) Der Kläger hatte die von der Beklagten benannten Zeugen wirksam von ihrer ärztlichen Schweigepflicht entbunden.

35

aa) Mit drei gleichlautenden, von ihm persönlich unterzeichneten Schreiben vom 12. Juni 2012 hatte er erklärt, er entbinde die betreffenden Ärzte von ihrer Schweigepflicht. Er sei damit einverstanden, dass alle erforderlichen Auskünfte erteilt würden, die im Zusammenhang mit seiner Erkrankung ständen.

36

bb) Die mit Schriftsatz vom 26. September 2012 nachträglich erklärte Beschränkung dieser Entbindung hat der Kläger entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts nicht aufrechterhalten.

37

(1) Das Landesarbeitsgericht hat den Kläger nach Eingang des Schriftsatzes zu Recht darauf hingewiesen, dass eine Entbindung von der Schweigepflicht, die dem Arzt eine Aussage nur in Abwesenheit der gegnerischen Partei gestattet, der prozessualen Mitwirkungspflicht nicht genügt. Die Entbindung von der Schweigepflicht nach § 385 Abs. 2 ZPO soll die Erhebung des Zeugenbeweises durch Vernehmung einer gemäß § 383 Abs. 1 Nr. 4, Nr. 6 ZPO an sich zur Zeugnisverweigerung berechtigten Person ermöglichen. Gestattet ein Prozessbeteiligter dem ihn behandelnden Arzt die Aussage nur in Abwesenheit der gegnerischen Partei, ist das Gericht gehindert, den Arzt als Zeugen zu vernehmen. Andernfalls verstieße es gegen das Gebot der Parteiöffentlichkeit der Beweisaufnahme in § 357 Abs. 1 ZPO und verletzte damit den Anspruch der nicht anwesenden Partei auf Gewährung rechtlichen Gehörs aus Art. 103 Abs. 1 GG.

38

(2) Nach diesem Hinweis hat der Kläger an der Beschränkung seiner Entbindung nicht festgehalten.

39

(a) Zwar vermochte das Schreiben des Prozessbevollmächtigten vom 12. November 2012, die Entbindung von der Schweigepflicht solle uneingeschränkt gelten, die zuvor erklärte Beschränkung nicht aufzuheben. Angesichts der Bemerkung des Prozessbevollmächtigten, er habe bislang keine Gelegenheit gehabt, mit dem Kläger persönlich Rücksprache zu halten, war nicht sichergestellt, dass der Erklärung eine Gestattung des Klägers als des Rechtsinhabers zugrunde lag.

40

(b) Ausweislich der Sitzungsniederschrift vom 21. November 2012 hat der anreisende Prozessbevollmächtigte jedoch auf telefonische Nachfrage mitgeteilt, er habe zwar keine schriftliche Erklärung des Klägers über die Entbindung der anwesenden Zeugen von ihrer Schweigepflicht bei sich, der Kläger habe ihm gegenüber aber ausdrücklich die Zeugenvernehmung gewünscht. Das war nicht anders zu verstehen, als dass der Kläger eine Beweisaufnahme auch in Gegenwart eines Vertreters der Beklagten gestatte. Dies hat der Klägervertreter nach seinem Erscheinen im Termin unter Verweis auf ein mit dem Kläger am Vortag geführtes Telefonat klargestellt. Anhaltspunkte für die Annahme, die Erklärung sei gleichwohl nicht vom höchstpersönlichen Willen des Klägers getragen, bestanden nicht. Dies gilt umso mehr, als das Landesarbeitsgericht in seinem Urteil ausgeführt hat, der Kläger sei in den Tagen vor der mündlichen Verhandlung „zweifellos dazu in der Lage [gewesen], sachgerechte Erklärungen abzugeben“. Entgegen der Annahme des Landesarbeitsgerichts war es für die Wirksamkeit der Erklärung nicht erforderlich, dass sie schriftlich erfolgt wäre. Selbst eine in der Benennung von Zeugen liegende konkludente Erklärung kann ausreichen (vgl. Musielak/Huber ZPO 11. Aufl. § 385 Rn. 8).

41

c) Das Landesarbeitsgericht durfte nicht deshalb von der Beweisaufnahme absehen, weil die der prozessualen Mitwirkungspflicht schließlich genügende Entbindungserklärung erst nach Ablauf der seitens des Gerichts nach § 356 ZPO bis zum 16. November 2012 gesetzten Frist einging. Durch die Vernehmung der im Termin anwesenden Zeugen wäre das Verfahren nicht verzögert worden.

42

d) Selbst wenn dem Landesarbeitsgericht zugute zu halten sein sollte, dass es letzte Zweifel am Willen des Klägers, die Ärzte von ihrer Schweigepflicht zu entbinden, als nicht ausgeräumt betrachten durfte, so durfte es angesichts des Ablaufs der Geschehnisse doch nicht annehmen, der Kläger wolle den der Beklagten obliegenden Beweis seiner Steuerungsfähigkeit tatsächlich vereiteln. Sein Ziel war es ersichtlich nicht, der Beklagten die Beweisführung unmöglich zu machen. Es ging ihm lediglich darum, ihren Mitarbeitern - nicht auch ihrem Prozessbevollmächtigten und dem Gericht - sensible höchstpersönliche Daten vorzuenthalten. Dies ist grundsätzlich von § 385 Abs. 2, § 383 Abs. 1 Nr. 6 ZPO gedeckt. Wenn der Kläger deshalb - und sei es ungeschickt und auf rechtlich nicht mögliche Weise - die Entbindung seiner Ärzte von der Schweigepflicht möglichst eng zu gestalten suchte, liegt darin nicht die Absicht der Beweisvereitelung.

43

III. Der Senat kann den Rechtsstreit nicht abschließend entscheiden. Der relevante Sachverhalt ist noch nicht hinreichend festgestellt (§ 563 Abs. 3 ZPO). Es bedarf der Vernehmung der von der Beklagten als Zeugen benannten Ärzte.

44

1. Die Beklagte ist der ihr obliegenden Darlegungslast nachgekommen. Sie hat unter Verweis auf dessen Verhalten in der Vergangenheit, den häufigen Wechsel der Ärzte und deren Diagnosen die vom Kläger behauptete Steuerungsunfähigkeit in Abrede gestellt und zum Beweis für die Richtigkeit ihres Vortrags die behandelnden Ärzte als Zeugen benannt. Eine weitergehende Darlegung war von ihr nicht zu verlangen. Der Beweisgegenstand betrifft Geschehensabläufe aus der Sphäre des Klägers.

45

2. Das Landesarbeitsgericht wird die bislang unterbliebene Beweisaufnahme nachzuholen haben. Der Kläger hat die zu vernehmenden Ärzte ordnungsgemäß von ihrer Schweigepflicht entbunden. In der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesarbeitsgericht hat er überdies persönlich bekräftigt, er sei damit einverstanden, dass die Zeugen auch in Gegenwart eines weiteren Vertreters der Beklagten vernommen würden.

        

    Kreft    

        

    Berger    

        

    Rinck    

        

        

        

    Krichel    

        

    Pitsch    

                 

Tenor

1. Auf die Beschwerde des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 27. August 2013 - 8 Sa 62/08 - aufgehoben.

2. Der Rechtsstreit wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens - an eine andere Kammer des Landesarbeitsgerichts zurückverwiesen.

3. Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 9.900,00 Euro festgesetzt.

Gründe

1

I. Die Parteien streiten über die Wirksamkeit eines gerichtlichen Vergleichs.

2

Der Kläger stand auf der Grundlage gerichtlicher Beschlüsse vom 12. Juli 2005 unter Betreuung. Die Parteien begründeten im Jahre 2007 ein Arbeitsverhältnis, welches der Beklagte mit zwei Kündigungen innerhalb der Wartezeit beenden wollte. Der Kläger hat hiergegen Kündigungsschutzklage erhoben. Die Parteien haben vor dem Arbeitsgericht am 12. März 2008 einen verfahrensbeendenden Vergleich geschlossen, welcher ua. die Zahlung einer Abfindung iHv. 56.000,00 Euro brutto als Ausgleich für den Verlust des Arbeitsplatzes vorsieht. Der Beklagte hat daraufhin sowohl den Abschluss des Arbeitsvertrags als auch des Prozessvergleichs wegen arglistiger Täuschung und Irrtums angefochten. Der Kläger hält an der Wirksamkeit des Vergleichs fest.

3

Durch Beschluss des zuständigen Landgerichts vom 31. August 2009 wurde die Betreuung des Klägers aufgehoben. Das Oberlandesgericht hat diese Entscheidung am 30. August 2010 dahin gehend abgeändert, dass die Betreuerbestellung noch für Gerichtsverfahren nach § 579 Abs. 1 Nr. 4 ZPO sowie bezüglich Gerichtsverfahren mit Auslandsbezug besteht. Schließlich hat das Betreuungsgericht mit Beschluss vom 31. Mai 2011 diese Betreuung gänzlich aufgehoben.

4

Das Arbeitsgericht hat in seinem Urteil vom 2. Dezember 2008 den auf die Unwirksamkeit des Vergleichs gerichteten Feststellungsantrag des Beklagten als unbegründet angesehen. Das Landesarbeitsgericht hat nach dem Ende der Vertretung des Klägers durch seinen vormaligen Betreuer mit Beschluss vom 3. Dezember 2010 einen Rechtsanwalt als Prozessbevollmächtigten beigeordnet. Es hat zur Prüfung der Prozessfähigkeit des Klägers ein Gutachten eingeholt. Am 27. November 2012 hat das Landesarbeitsgericht nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit dem Kläger beschlossen, dass der Kläger für das vorliegende Verfahren als prozessunfähig angesehen wird. Ihm wurde Gelegenheit gegeben, bis zum 10. Januar 2013 für die Bestellung eines Betreuers zu sorgen. Am 9. Januar 2013 hat der Kläger das Betreuungsgericht hierüber informiert und gebeten „das Notwendige“ zu veranlassen. Bis zur nächsten mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht am 16. Juli 2013 erfolgte keine Entscheidung über die erneute Bestellung eines Betreuers.

5

In diesem Termin war der Kläger mit dem beigeordneten Rechtsanwalt anwesend. Das Landesarbeitsgericht hat den Kläger jedoch als nicht wirksam vertreten und damit säumig angesehen. Der beigeordnete Rechtsanwalt handle ohne wirksame Vollmacht, da der Kläger partiell prozessunfähig für arbeitsgerichtliche Verfahren sei und insoweit keine Prozessvollmachten erteilen könne. Zwar komme das eingeholte Sachverständigengutachten nicht eindeutig zu dem Ergebnis der Prozessunfähigkeit des Klägers. Diese sei aber aus dem gesamten prozessualen Verhalten des Klägers in einer Vielzahl von Prozessen erkennbar. Auch frühere Begutachtungen sowie ein von dem Beklagten vorgelegtes Gutachten vom 11. September 2011 kämen zu diesem Ergebnis. Der Kläger sei aufgrund einer Geistesstörung nicht in der Lage, seinen Willen frei zu bilden und nach zutreffend gewonnenen Einsichten zu handeln. Insbesondere sei er krankhaft außer Stande, eigene Überzeugungen kritisch zu hinterfragen, den situativen Erfordernissen anzupassen oder gar zu revidieren. Der Kläger sei auch nicht unverschuldet säumig geblieben. Er habe die ihm bis zum 10. Januar 2013 gesetzte Frist nicht genutzt und durch die Mitteilung falscher Anschriften das eingeleitete Betreuungsverfahren verzögert.

6

Auf Antrag des Beklagten hat das Landesarbeitsgericht unter Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung nach Lage der Akten entschieden, dass der Rechtsstreit durch den Vergleich vom 12. März 2008 nicht beendet worden ist. Die Kündigungsschutzklage hat das Landesarbeitsgericht abgewiesen.

7

Das vom Kläger mit Schreiben vom 9. Januar 2013 angeregte Betreuungsverfahren wurde durch das Betreuungsgericht mit Beschluss vom 27. Dezember 2013 eingestellt.

8

II. Die Beschwerde führt zulässig und begründet den absoluten Revisionsgrund des § 547 Nr. 1 ZPO sowie eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör nach Art. 103 Abs. 1 GG an. Nach § 72a Abs. 7 ArbGG hat der Senat das angefochtene Urteil aufgehoben und den Rechtsstreit an eine andere Kammer des Landesarbeitsgerichts zurückverwiesen. Es kann daher dahingestellt bleiben, ob weitere Verletzungen des Anspruchs auf rechtliches Gehör vorliegen, welche ebenfalls zur Zurückverweisung gemäß § 72a Abs. 7 ArbGG geführt hätten. Es bedarf auch keiner Entscheidung, ob die Voraussetzungen einer Grundsatz- oder Divergenzbeschwerde hier erfüllt sind.

9

1. Die Beschwerde ist nicht wegen Versäumung der Fristen zur Einlegung und Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde gemäß § 72a Abs. 2 Satz 1 und § 72a Abs. 3 Satz 1 ArbGG unzulässig.

10

a) Zum Zeitpunkt der Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde am 1. April 2014 waren diese Fristen mit Blick auf die Zustellung des Urteils des Landesarbeitsgerichts am 2. September 2013 versäumt.

11

b) Dem Kläger ist jedoch die beantragte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 233 ZPO zu gewähren. Der Kläger war wegen Mittellosigkeit und somit ohne sein Verschulden verhindert, die Fristen zur Einlegung und Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde einzuhalten. Er hat aber innerhalb der einmonatigen Notfrist des § 72a Abs. 2 Satz 1 ArbGG am 2. Oktober 2013 Prozesskostenhilfe beantragt, die ihm mit Beschluss des Senats vom 10. März 2014 - 6 AZA 16/13 - bewilligt worden ist (vgl. BAG 11. Oktober 2010 - 9 AZN 418/10 - Rn. 5). Die Entscheidung wurde dem Kläger am 18. März 2014 zugestellt. Der am 1. April 2014 eingegangene Wiedereinsetzungsantrag wahrte die zweiwöchige Wiedereinsetzungsfrist des § 234 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Die Frist begann mit dem Tag, an dem das der Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde entgegenstehende Hindernis behoben war (§ 234 Abs. 2 ZPO). Das Hindernis der Mittellosigkeit entfiel mit der Bekanntgabe des Beschlusses über die Bewilligung der Prozesskostenhilfe an den Kläger (vgl. BGH 22. November 2000 - XII ZB 28/00 - zu II 1 der Gründe). Die Wiedereinsetzungsfrist endete folglich mit Ablauf des 1. April 2014 (§ 222 Abs. 1 ZPO, § 187 Abs. 1, § 188 Abs. 2 BGB). Die Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde ging am 16. April 2014 und damit innerhalb der Monatsfrist des § 234 Abs. 1 Satz 2 ZPO ein.

12

2. Die mögliche mangelnde Prozessfähigkeit des Klägers führt nicht zur Unzulässigkeit der Nichtzulassungsbeschwerde.

13

a) Die Prozessfähigkeit gemäß § 51 Abs. 1, § 52 ZPO ist zwingende Prozessvoraussetzung. Bestehen konkrete Anhaltspunkte dafür, dass die Partei prozessunfähig sein könnte, hat deshalb das jeweils mit der Sache befasste Gericht nach § 56 Abs. 1 ZPO von Amts wegen zu ermitteln, ob Prozessunfähigkeit vorliegt. Dabei ist es nicht an die förmlichen Beweismittel des Zivilprozesses gebunden, vielmehr gilt der Grundsatz des Freibeweises (vgl. BGH 9. November 2010 - VI ZR 249/09 - Rn. 4). Das mögliche Fehlen der Prozessfähigkeit ist in jeder Lage des Verfahrens, also auch noch in der Berufungs- und Revisionsinstanz, von Amts wegen zu berücksichtigen (BAG 20. Januar 2000 - 2 AZR 733/98 - zu II 2 b der Gründe, BAGE 93, 248; zum Ermessenspielraum des Revisionsgerichts, ob es den Sachverhalt selbst aufklären will vgl. BAG 26. August 1988 - 7 AZR 746/87 - zu I 2 der Gründe). Die höhere Instanz ist an die Tatsachenfeststellungen der unteren Instanz zu den Prozessvoraussetzungen nicht gebunden und hat auch neues Tatsachenvorbringen zu berücksichtigen (Zöller/Vollkommer ZPO 30. Aufl. § 56 Rn. 2 mwN). Für den Streit über die Prozessfähigkeit ist die davon betroffene Partei aber in jedem Fall als prozessfähig anzusehen (BAG 28. Mai 2009 - 6 AZN 17/09 - Rn. 3; BGH 9. November 2010 - VI ZR 249/09 - Rn. 3). So kann auch eine Partei, deren Prozessfähigkeit in der Vorinstanz verneint worden ist, wirksam ein Rechtsmittel einlegen, um eine andere Beurteilung zu erreichen (BGH 6. Dezember 2013 - V ZR 8/13 - Rn. 4).

14

b) Nach den zutreffenden Ausführungen des Landesarbeitsgerichts in der anzufechtenden Entscheidung wurde die Prozessunfähigkeit des Klägers gutachterlich nicht mit hinreichender Sicherheit festgestellt. Die dennoch durch das Landesarbeitsgericht vorgenommene Einschätzung des Klägers als „partiell prozessunfähig für arbeitsgerichtliche Verfahren“ begegnet Bedenken.

15

aa) Für die Prozessfähigkeit ist maßgeblich, ob eine Person sich durch Verträge verpflichten kann ( § 52 ZPO ). Prozessunfähig, weil geschäftsunfähig, sind deshalb Volljährige unter den Voraussetzungen des § 104 Nr. 2 BGB. Danach ist geschäftsunfähig, wer sich in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden, dauerhaften Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit befindet. Ein solcher Zustand ist gegeben, wenn jemand nicht im Stande ist, seinen Willen frei und unbeeinflusst von einer vorliegenden Geistesstörung zu bilden und nach zutreffend gewonnenen Einsichten zu handeln. Das kann auch der Fall sein, wenn lediglich eine Geistesschwäche vorliegt. Abzustellen ist allein darauf, ob eine freie Entscheidung nach Abwägung des Für und Wider bei sachlicher Prüfung der in Betracht kommenden Gesichtspunkte möglich ist oder ob umgekehrt von einer freien Willensbildung nicht mehr gesprochen werden kann, etwa weil infolge der Geistesstörung Einflüsse dritter Personen den Willen übermäßig beherrschen (BAG 28. Mai 2009 - 6 AZN 17/09 - Rn. 8 mwN).

16

bb) Ein Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit des Klägers ist jedenfalls bezogen auf das vorliegende Verfahren nicht zu erkennen. Der Kläger verfolgt nur noch das Ziel, sich gegen die Angriffe des Beklagten gegen die Wirksamkeit des am 12. März 2008 geschlossenen Prozessvergleichs zu verteidigen. Dies ist nachvollziehbar, denn schließlich sieht dieser Vergleich für die Beendigung eines Arbeitsverhältnisses während der Wartezeit eine Abfindung iHv. 56.000,00 Euro brutto vor. Die vom Landesarbeitsgericht diagnostizierten Wahnvorstellungen kommen hier nicht zum Ausdruck. Im Gegensatz zum Landesarbeitsgericht hat das Betreuungsgericht zudem in seinem Beschluss vom 31. Mai 2011 angeführt, dass der Kläger in der Lage sei, sich in anhängigen Prozessen als Partei zu artikulieren oder einen Prozessbevollmächtigten zu mandatieren. Er sei auf die Unterstützung durch einen gesetzlichen Vertreter nicht angewiesen.

17

c) In der Gesamtschau der zahlreichen Prozesse des Klägers in den letzten Jahren erscheint es dennoch möglich, dass der Kläger (wieder) prozessunfähig ist. Bezüglich des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens kann dies jedoch offenbleiben. Mit dem Beschwerdeverfahren wird der Streit über die Prozessfähigkeit des Klägers fortgeführt, da die Beschwerde Rügen erhebt, die sich auf die Führung des Verfahrens durch das Landesarbeitsgericht bei von diesem unterstellter Prozessunfähigkeit des Klägers beziehen.

18

3. Die Beschwerde ist zulässig und begründet. Es liegt der absolute Revisionsgrund der nicht vorschriftsmäßigen Besetzung des Gerichts vor (§ 547 Nr. 1 ZPO iVm. § 72 Abs. 2 Nr. 3 Alt. 1 ArbGG).

19

a) Die Beschwerdebegründung enthält eine ausreichende Geltendmachung dieses Revisionsgrundes.

20

aa) Wird mit einer Nichtzulassungsbeschwerde gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 3 ArbGG das Vorliegen eines absoluten Revisionsgrundes geltend gemacht, muss nach § 72a Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 ArbGG die Beschwerdebegründung die Darlegung des absoluten Revisionsgrundes nach § 547 Nr. 1 bis 5 ZPO enthalten. Die bloße Benennung eines Zulassungsgrundes genügt nicht. Der Beschwerdeführer hat vielmehr die Tatsachen, aus denen sich der Verfahrensfehler des Berufungsgerichts ergeben soll, substantiiert vorzutragen (BAG 5. Dezember 2011 - 5 AZN 1036/11 - Rn. 7).

21

bb) Diese Voraussetzungen sind hier bezüglich des absoluten Revisionsgrundes nach § 547 Nr. 1 ZPO erfüllt. Der Beschwerdeführer hat diese Rechtsnorm zwar nicht konkret bezeichnet, sondern als absoluten Revisionsgrund unter Nr. 3, 4 und 5 der Beschwerdebegründung nur § 547 Nr. 4 ZPO ausdrücklich angeführt sowie einen Verstoß gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör(Art. 103 Abs. 1 GG) gerügt. Die Beschwerdebegründung lässt aber deutlich erkennen, dass der Beschwerdeführer die nicht vorschriftsmäßige Besetzung des Gerichts iSd. § 547 Nr. 1 ZPO als gegeben ansieht(vgl. BAG 25. Januar 2012 - 4 AZR 185/10 - Rn. 12). Dies ergibt sich daraus, dass die Beschwerdebegründung anführt, dass die Voraussetzungen einer Entscheidung nach Aktenlage gemäß § 331a ZPO, wie sie das Landesarbeitsgericht hier vorgenommen hat, nicht gegeben seien. Da im arbeitsgerichtlichen Verfahren bei einer solchen Entscheidung gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 4 ArbGG eine Alleinentscheidung durch die Vorsitzende oder den Vorsitzenden erfolgt(vgl. GMP/Germelmann ArbGG 8. Aufl. § 55 Rn. 17), umfasst die erhobene und begründete Rüge bezüglich der Entscheidung nach Aktenlage zwingend die Rüge der nicht vorschriftsmäßigen Besetzung des Gerichts. Die Beschwerde macht damit deutlich, dass die Entscheidung unzulässigerweise ohne Mitwirkung der ehrenamtlichen Richter erfolgte.

22

b) Der absolute Revisionsgrund des § 547 Nr. 1 ZPO ist gegeben, da das Landesarbeitsgericht keine Entscheidung nach Aktenlage gemäß § 331a ZPO durch Alleinentscheidung der Vorsitzenden treffen durfte. Die Alleinentscheidung stellt eine Entscheidung bei nicht vorschriftsmäßiger Besetzung des Gerichts dar. Dies gilt unabhängig davon, ob der Kläger prozessfähig oder prozessunfähig war.

23

aa) Wäre der Kläger - entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts - prozessfähig gewesen, so wäre er durch den ihm beigeordneten Rechtsanwalt in der mündlichen Verhandlung ordnungsgemäß vertreten gewesen (§ 11 Abs. 4 ArbGG). Eine Säumnis hätte nicht vorgelegen.

24

bb) Bei zu jedem Zeitpunkt des Verfahrens vorliegender Prozessunfähigkeit des Klägers hätte das Landesarbeitsgericht den Antrag des Beklagten auf Entscheidung nach Lage der Akten gemäß § 335 Abs. 1 Nr. 2 ZPO zurückweisen müssen. In diesem Fall wäre keine ordnungsgemäße Ladung des Klägers zum Termin am 16. Juli 2013 erfolgt.

25

(1) Nicht verkündete Terminsbestimmungen sind gemäß § 329 Abs. 2 Satz 2 ZPO zuzustellen. Gemäß § 170 Abs. 1 Satz 1 ZPO ist bei nicht prozessfähigen Personen an ihren gesetzlichen Vertreter zuzustellen. Die Zustellung an die nicht prozessfähige Person ist unwirksam (§ 170 Abs. 1 Satz 2 ZPO). Betreute Personen werden im Aufgabenkreis des Betreuers gemäß § 1902 BGB durch diesen gerichtlich und außergerichtlich vertreten.

26

(2) Bei unterstellter Prozessunfähigkeit des Klägers hätte die am 27. März 2013 vorgenommene und nicht verkündete Terminsbestimmung mit Ladung einem Betreuer des Klägers zugestellt werden müssen. Dies ist nicht erfolgt.

27

(3) Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts konnte die nicht an den gesetzlichen Vertreter des Klägers erfolgte Zustellung auch nicht durch das Erscheinen des Klägers und des beigeordneten Anwalts im Termin geheilt werden. Eine Heilung von Zustellungsmängeln kommt gemäß § 189 ZPO nur in Betracht, wenn das Dokument der Person, an die die Zustellung dem Gesetz gemäß gerichtet war oder gerichtet werden konnte, tatsächlich zugegangen ist. Diese Person wäre ein Betreuer gewesen. An einen Betreuer erfolgte aber zu keinem Zeitpunkt eine Ladung.

28

(4) Die Zustellung der Ladung an den beigeordneten Anwalt als Prozessbevollmächtigten nach § 172 Abs. 1 ZPO war entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts auch nicht ausreichend, weil der Streit über die Prozessfähigkeit noch andauerte. Das Landesarbeitsgericht hatte bereits mit Beschluss vom 27. November 2012 entschieden, dass es den Kläger für das vorliegende Verfahren als prozessunfähig ansieht.

29

cc) Selbst bei Annahme einer ordnungsgemäßen Ladung und Vorliegen einer Säumnis hätte das Landesarbeitsgericht keine Entscheidung nach Aktenlage treffen dürfen.

30

(1) Ein Urteil nach Lage der Akten darf nach § 331a Satz 2, § 251a Abs. 2 ZPO nur ergehen, wenn in einem früheren Termin mündlich verhandelt worden ist. Es darf frühestens in zwei Wochen verkündet werden. Das Gericht hat der nicht erschienenen Partei den Verkündungstermin formlos mitzuteilen. Es bestimmt neuen Termin zur mündlichen Verhandlung, wenn die Partei dies spätestens am siebenten Tag vor dem zur Verkündung bestimmten Termin beantragt und glaubhaft macht, dass sie ohne ihr Verschulden ausgeblieben ist und die Verlegung des Termins nicht rechtzeitig beantragen konnte.

31

(2) Der Kläger hatte mit Schriftsatz vom 1. Juli 2013 die Verlegung des Termins am 16. Juli 2013 beantragt, weil über die Bestellung eines Betreuers noch nicht entschieden worden sei. Ihm stünde kein Mittel zur Verfahrensbeschleunigung zur Verfügung. Nach Durchführung des Termins wiederholte er dies mit Schriftsatz vom 31. Juli 2013, welcher am selben Tag bei Gericht einging, und beantragte die Bestimmung eines neuen Termins zur mündlichen Verhandlung. Das Landesarbeitsgericht verkündete in dem vom 13. August 2013 auf den 27. August 2013 verlegten Verkündungstermin dennoch das angegriffene Urteil. Es hätte aber antragsgemäß einen neuen Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmen müssen. Die wegen der nicht erfolgten Vertretung durch einen Betreuer angenommene Säumnis wäre nicht auf ein Verschulden des Klägers zurückzuführen.

32

(a) Das erkennende Gericht muss darauf hinwirken, dass ein nach Auffassung des Gerichts prozessunfähiger Kläger, der damit mangels Geschäftsfähigkeit auch keinen Prozessbevollmächtigten wirksam hatte bestellen können, seine prozessualen Rechte wahrnehmen kann. Das Gericht muss den Kläger also darauf hinweisen, dass er für eine ordnungsgemäße Vertretung zu sorgen hat und sich deshalb selbst um die Bestellung eines Betreuers nach § 1896 BGB bemühen muss, der nur vom Betreuungsgericht, nicht aber vom Prozessgericht bestellt werden kann. Es muss dem Kläger dafür vor Erlass des Prozessurteils die nötige Zeit einräumen (vgl. BAG 28. Mai 2009 - 6 AZN 17/09 - Rn. 6; BGH 9. November 2010 - VI ZR 249/09 - Rn. 7). Dabei ist zu berücksichtigen, dass selbst die Bestellung eines vorläufigen Betreuers durch einstweilige Anordnung nach § 300 FamFG nicht ohne eine ärztliche Stellungnahme und eine vorherige Anhörung des Betroffenen durch das Betreuungsgericht zulässig ist, was eine gewisse Zeit in Anspruch nimmt(BGH 6. Dezember 2013 - V ZR 8/13 - Rn. 21). Zudem muss das Gericht im Rahmen seiner Amtsermittlungspflicht nach § 26 FamFG etwaigen Zweifeln am Vorliegen der Voraussetzungen einer Betreuerbestellung nachgehen(vgl. Keidel/Budde FamFG 18. Aufl. § 300 Rn. 4). Diese Umstände sind unter Berücksichtigung der Komplexität des jeweiligen Falls bei der Einschätzung des erforderlichen Zeitrahmens zu berücksichtigen.

33

(b) Die Beschwerdebegründung weist unter Nr. 4 zutreffend darauf hin, dass die dem Kläger für die Bestellung eines Betreuers bis zum 10. Januar 2013 gesetzte Frist praktisch unhaltbar war. Das Landesarbeitsgericht hat dem Kläger erst mit Beschluss vom 27. November 2012 mitgeteilt, dass es ihn für das vorliegende Verfahren als prozessunfähig ansieht. Die Zeitspanne bis zum Fristablauf war offensichtlich nicht ausreichend, um das gerichtliche Verfahren bzgl. der Bestellung eines Betreuers abzuschließen. Es ist daher ohne Belang, dass der Kläger sich erst am 9. Januar 2013 an das zuständige Betreuungsgericht gewandt hat. Hinsichtlich des weiteren Ablaufs des Verfahrens kann dem Kläger entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts nicht mit auschlaggebender Wirkung angelastet werden, dass eine Entscheidung über die Betreuerbestellung bis zur mündlichen Verhandlung am 16. Juli 2013 nicht getroffen wurde. Es sprechen zwar durchaus Umstände dafür, dass sich der Kläger hinsichtlich der Angabe der zutreffenden Adresse zunächst nicht konstruktiv verhalten hat. Zumindest gegenüber dem Landesarbeitsgericht hat er jedoch mit Schriftsatz vom 12. April 2013 seine aktuelle Adresse mitgeteilt. Eine Weitergabe an das Betreuungsgericht wäre gemäß § 22a Abs. 2 FamFG in Betracht gekommen. Es obliegt im Übrigen dem Betreuungsgericht im Rahmen seiner Amtsermittlungspflicht mit hinreichendem Nachdruck die entsprechende Klarheit herbeizuführen.

34

4. Die Verfahrensgestaltung des Landesarbeitsgerichts verletzt den Kläger auch in seinem Recht aus Art. 103 Abs. 1 GG(BAG 28. Mai 2009 - 6 AZN 17/09 - Rn. 5; BGH 6. Dezember 2013 - V ZR 8/13 - Rn. 19). Dies rügt die Beschwerde zu Recht.

35

5. Zur Beschleunigung des Verfahrens hat der Senat den Rechtsstreit nach § 72a Abs. 7 ArbGG an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen und dabei wegen der Gesamtumstände von der Möglichkeit der Zurückverweisung an eine andere Kammer Gebrauch gemacht. Hinsichtlich der Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör gründet sich dies auf die direkte Anwendung des § 72a Abs. 7 ArbGG. Bezüglich des absoluten Revisionsgrundes nach § 547 Nr. 1 ZPO ist § 72a Abs. 7 ArbGG analog anzuwenden.

36

a) Nach § 72a Abs. 7 ArbGG kann das Bundesarbeitsgericht bei Verletzung des Anspruchs des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise in dem der Beschwerde stattgebenden Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückverweisen. Dem Wortlaut der Vorschrift nach besteht diese Möglichkeit nicht bei Vorliegen eines anderen Zulassungsgrundes. § 72a Abs. 7 ArbGG ist aber bei Vorliegen eines absoluten Revisionsgrundes iSv. § 72 Abs. 2 Nr. 3 Alt. 1 ArbGG, § 547 Nr. 1 bis 5 ZPO analog anzuwenden.

37

aa) Analoge Gesetzesanwendung setzt voraus, dass der gesetzlich ungeregelte Fall nach Maßgabe des Gleichheitssatzes und zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen nach der gleichen Rechtsfolge verlangt wie die erfassten Fälle (BAG 24. Oktober 2013 - 2 AZR 320/13 - Rn. 25). Es muss allerdings eine positiv festzustellende Gesetzeslücke im Sinne einer planwidrigen Unvollständigkeit des Gesetzes vorliegen (BAG 16. Mai 2013 - 6 AZR 556/11 - Rn. 56).

38

bb) Nach diesen Grundsätzen ist eine analoge Anwendung des § 72a Abs. 7 ArbGG bei Vorliegen eines absoluten Revisionsgrundes gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 ZPO geboten.

39

(1) § 72a Abs. 7 ArbGG wurde durch das Anhörungsrügengesetz vom 9. Dezember 2004 (BGBl. I S. 3220) neu eingefügt. Die Vorschrift orientiert sich an § 544 Abs. 7 ZPO und dient der Beschleunigung des Verfahrens(BR-Drs. 663/04 S. 49; BT-Drs. 15/3706 S. 20). Diesem Zweck der Verfahrensbeschleunigung würde es widersprechen, wenn bei Vorliegen eines absoluten Revisionsgrundes die angefochtene Entscheidung zunächst im Revisionsverfahren ohne weitere Sachprüfung aufgehoben und das Verfahren erst dann an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen werden müsste (Bepler RdA 2005, 65, 76; ErfK/Koch 14. Aufl. § 72a ArbGG Rn. 10; Düwell/Lipke/Düwell ArbGG 3. Aufl. § 72a Rn. 59).

40

(2) Für eine unbewusste Gesetzeslücke im Sinne eines Redaktionsversehens spricht die ausweislich der Gesetzesbegründung erfolgte Orientierung an dem im Wesentlichen wortgleichen § 544 Abs. 7 ZPO, der wiederum § 133 Abs. 6 VwGO zum Vorbild hat(BT-Drs. 15/3706 S. 17; BAG 12. Dezember 2006 - 3 AZN 625/06 - Rn. 34, BAGE 120, 322). Dabei ist offenbar übersehen worden, dass § 543 ZPO anders als § 72 Abs. 2 Nr. 3 ArbGG eine Zulassung der Revision wegen Vorliegens eines absoluten Revisionsgrundes nicht vorsieht(vgl. Bepler RdA 2005, 65, 76; Düwell/Lipke/Düwell ArbGG 3. Aufl. § 72a Rn. 59). Die Berücksichtigung absoluter Revisionsgründe war bei § 544 Abs. 7 ZPO daher nicht veranlasst.

41

(3) All dies spricht dafür, dass die mit § 72a Abs. 7 ArbGG bezweckte Verfahrensbeschleunigung zur Vermeidung eines lediglich entscheidungsverzögernden Revisionsverfahrens auch bei Darlegung eines absoluten Revisionsgrundes im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren gemäß § 72a Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 Alt. 1 ArbGG ermöglicht werden soll. Eine entsprechende Analogie entspricht auch der Interessenlage der Parteien und dem allgemeinen Beschleunigungsgebot nach § 9 Abs. 1 ArbGG(ErfK/Koch 14. Aufl. § 72a ArbGG Rn. 10). In der Literatur wird die analoge Anwendung des § 72a Abs. 7 ArbGG daher überwiegend befürwortet(so GWBG/Benecke ArbGG 8. Aufl. § 72a Rn. 51; Schwab/Weth/Ulrich 3. Aufl. ArbGG § 72a Rn. 87a; BeckOK ArbR/Klose Stand 1. März 2014 ArbGG § 72a Rn. 21; aA GK-ArbGG/Mikosch Stand April 2010 § 72a Rn. 84; GMP/Müller-Glöge ArbGG 8. Aufl. § 72a Rn. 62).

42

b) § 72a Abs. 7 ArbGG ermöglicht auch die Zurückverweisung an eine andere Kammer des Landesarbeitsgerichts. Die Vorschrift sieht dies zwar nicht ausdrücklich vor. Dieser Weg ist jedoch in entsprechender Anwendung von § 563 Abs. 1 Satz 2 ZPO eröffnet. Eine derartige Notwendigkeit kann auch bei einer Zurückverweisung im Rahmen des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens entstehen (BAG 12. Dezember 2006 - 3 AZN 625/06 - Rn. 33, BAGE 120, 322).

43

6. Der Senat sieht von einer weiteren Begründung gemäß § 72a Abs. 5 Satz 5 ArbGG ab.

44

III. Die nach der Zurückverweisung zuständige Kammer des Landesarbeitsgerichts wird zu prüfen haben, ob sie - ggf. nach Einholung eines erneuten Sachverständigengutachtens - ebenfalls von der Prozessunfähigkeit des Klägers ausgeht. In diesem Fall wird zu klären sein, ob eine durchgehende Prozessunfähigkeit seit Beginn des Verfahrens vorliegt, so dass eine konkludente Genehmigung der bisherigen Prozesshandlungen durch den zeitweise prozessfähigen Kläger ausscheidet (vgl. BAG 28. Mai 2009 - 6 AZN 17/09 - Rn. 10). Bei zeitweiser Prozessfähigkeit wären die Vorgaben der §§ 86, 246 ZPO zu beachten. Bei durchgehender Prozessunfähigkeit wird das Landesarbeitsgericht dem Kläger wiederum Gelegenheit geben müssen, für eine gesetzliche Vertretung durch Bestellung eines Betreuers zu sorgen.

45

Sollte das Landesarbeitsgericht demgegenüber zu der Auffassung gelangen, dass der Kläger prozessfähig ist, wird es den Rechtsstreit nach mündlicher Verhandlung unter Hinzuziehung der ehrenamtlichen Richter entscheiden müssen.

46

IV. Das Landesarbeitsgericht wird auch über die Kosten des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens zu entscheiden haben.

47

V.  Die Wertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 GKG.

        

    Fischermeier    

        

    Spelge    

        

    Krumbiegel    

        

        

        

    Augat    

        

    Kreis    

                 

(1) In einem anhängigen Verfahren hat die Zustellung an den für den Rechtszug bestellten Prozessbevollmächtigten zu erfolgen. Das gilt auch für die Prozesshandlungen, die das Verfahren vor diesem Gericht infolge eines Einspruchs, einer Aufhebung des Urteils dieses Gerichts, einer Wiederaufnahme des Verfahrens, einer Rüge nach § 321a oder eines neuen Vorbringens in dem Verfahren der Zwangsvollstreckung betreffen. Das Verfahren vor dem Vollstreckungsgericht gehört zum ersten Rechtszug.

(2) Ein Schriftsatz, durch den ein Rechtsmittel eingelegt wird, ist dem Prozessbevollmächtigten des Rechtszuges zuzustellen, dessen Entscheidung angefochten wird. Wenn bereits ein Prozessbevollmächtigter für den höheren Rechtszug bestellt ist, ist der Schriftsatz diesem zuzustellen. Der Partei ist selbst zuzustellen, wenn sie einen Prozessbevollmächtigten nicht bestellt hat.

Tenor

1. Auf die Beschwerde des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 27. August 2013 - 8 Sa 62/08 - aufgehoben.

2. Der Rechtsstreit wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens - an eine andere Kammer des Landesarbeitsgerichts zurückverwiesen.

3. Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 9.900,00 Euro festgesetzt.

Gründe

1

I. Die Parteien streiten über die Wirksamkeit eines gerichtlichen Vergleichs.

2

Der Kläger stand auf der Grundlage gerichtlicher Beschlüsse vom 12. Juli 2005 unter Betreuung. Die Parteien begründeten im Jahre 2007 ein Arbeitsverhältnis, welches der Beklagte mit zwei Kündigungen innerhalb der Wartezeit beenden wollte. Der Kläger hat hiergegen Kündigungsschutzklage erhoben. Die Parteien haben vor dem Arbeitsgericht am 12. März 2008 einen verfahrensbeendenden Vergleich geschlossen, welcher ua. die Zahlung einer Abfindung iHv. 56.000,00 Euro brutto als Ausgleich für den Verlust des Arbeitsplatzes vorsieht. Der Beklagte hat daraufhin sowohl den Abschluss des Arbeitsvertrags als auch des Prozessvergleichs wegen arglistiger Täuschung und Irrtums angefochten. Der Kläger hält an der Wirksamkeit des Vergleichs fest.

3

Durch Beschluss des zuständigen Landgerichts vom 31. August 2009 wurde die Betreuung des Klägers aufgehoben. Das Oberlandesgericht hat diese Entscheidung am 30. August 2010 dahin gehend abgeändert, dass die Betreuerbestellung noch für Gerichtsverfahren nach § 579 Abs. 1 Nr. 4 ZPO sowie bezüglich Gerichtsverfahren mit Auslandsbezug besteht. Schließlich hat das Betreuungsgericht mit Beschluss vom 31. Mai 2011 diese Betreuung gänzlich aufgehoben.

4

Das Arbeitsgericht hat in seinem Urteil vom 2. Dezember 2008 den auf die Unwirksamkeit des Vergleichs gerichteten Feststellungsantrag des Beklagten als unbegründet angesehen. Das Landesarbeitsgericht hat nach dem Ende der Vertretung des Klägers durch seinen vormaligen Betreuer mit Beschluss vom 3. Dezember 2010 einen Rechtsanwalt als Prozessbevollmächtigten beigeordnet. Es hat zur Prüfung der Prozessfähigkeit des Klägers ein Gutachten eingeholt. Am 27. November 2012 hat das Landesarbeitsgericht nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit dem Kläger beschlossen, dass der Kläger für das vorliegende Verfahren als prozessunfähig angesehen wird. Ihm wurde Gelegenheit gegeben, bis zum 10. Januar 2013 für die Bestellung eines Betreuers zu sorgen. Am 9. Januar 2013 hat der Kläger das Betreuungsgericht hierüber informiert und gebeten „das Notwendige“ zu veranlassen. Bis zur nächsten mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht am 16. Juli 2013 erfolgte keine Entscheidung über die erneute Bestellung eines Betreuers.

5

In diesem Termin war der Kläger mit dem beigeordneten Rechtsanwalt anwesend. Das Landesarbeitsgericht hat den Kläger jedoch als nicht wirksam vertreten und damit säumig angesehen. Der beigeordnete Rechtsanwalt handle ohne wirksame Vollmacht, da der Kläger partiell prozessunfähig für arbeitsgerichtliche Verfahren sei und insoweit keine Prozessvollmachten erteilen könne. Zwar komme das eingeholte Sachverständigengutachten nicht eindeutig zu dem Ergebnis der Prozessunfähigkeit des Klägers. Diese sei aber aus dem gesamten prozessualen Verhalten des Klägers in einer Vielzahl von Prozessen erkennbar. Auch frühere Begutachtungen sowie ein von dem Beklagten vorgelegtes Gutachten vom 11. September 2011 kämen zu diesem Ergebnis. Der Kläger sei aufgrund einer Geistesstörung nicht in der Lage, seinen Willen frei zu bilden und nach zutreffend gewonnenen Einsichten zu handeln. Insbesondere sei er krankhaft außer Stande, eigene Überzeugungen kritisch zu hinterfragen, den situativen Erfordernissen anzupassen oder gar zu revidieren. Der Kläger sei auch nicht unverschuldet säumig geblieben. Er habe die ihm bis zum 10. Januar 2013 gesetzte Frist nicht genutzt und durch die Mitteilung falscher Anschriften das eingeleitete Betreuungsverfahren verzögert.

6

Auf Antrag des Beklagten hat das Landesarbeitsgericht unter Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung nach Lage der Akten entschieden, dass der Rechtsstreit durch den Vergleich vom 12. März 2008 nicht beendet worden ist. Die Kündigungsschutzklage hat das Landesarbeitsgericht abgewiesen.

7

Das vom Kläger mit Schreiben vom 9. Januar 2013 angeregte Betreuungsverfahren wurde durch das Betreuungsgericht mit Beschluss vom 27. Dezember 2013 eingestellt.

8

II. Die Beschwerde führt zulässig und begründet den absoluten Revisionsgrund des § 547 Nr. 1 ZPO sowie eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör nach Art. 103 Abs. 1 GG an. Nach § 72a Abs. 7 ArbGG hat der Senat das angefochtene Urteil aufgehoben und den Rechtsstreit an eine andere Kammer des Landesarbeitsgerichts zurückverwiesen. Es kann daher dahingestellt bleiben, ob weitere Verletzungen des Anspruchs auf rechtliches Gehör vorliegen, welche ebenfalls zur Zurückverweisung gemäß § 72a Abs. 7 ArbGG geführt hätten. Es bedarf auch keiner Entscheidung, ob die Voraussetzungen einer Grundsatz- oder Divergenzbeschwerde hier erfüllt sind.

9

1. Die Beschwerde ist nicht wegen Versäumung der Fristen zur Einlegung und Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde gemäß § 72a Abs. 2 Satz 1 und § 72a Abs. 3 Satz 1 ArbGG unzulässig.

10

a) Zum Zeitpunkt der Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde am 1. April 2014 waren diese Fristen mit Blick auf die Zustellung des Urteils des Landesarbeitsgerichts am 2. September 2013 versäumt.

11

b) Dem Kläger ist jedoch die beantragte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 233 ZPO zu gewähren. Der Kläger war wegen Mittellosigkeit und somit ohne sein Verschulden verhindert, die Fristen zur Einlegung und Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde einzuhalten. Er hat aber innerhalb der einmonatigen Notfrist des § 72a Abs. 2 Satz 1 ArbGG am 2. Oktober 2013 Prozesskostenhilfe beantragt, die ihm mit Beschluss des Senats vom 10. März 2014 - 6 AZA 16/13 - bewilligt worden ist (vgl. BAG 11. Oktober 2010 - 9 AZN 418/10 - Rn. 5). Die Entscheidung wurde dem Kläger am 18. März 2014 zugestellt. Der am 1. April 2014 eingegangene Wiedereinsetzungsantrag wahrte die zweiwöchige Wiedereinsetzungsfrist des § 234 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Die Frist begann mit dem Tag, an dem das der Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde entgegenstehende Hindernis behoben war (§ 234 Abs. 2 ZPO). Das Hindernis der Mittellosigkeit entfiel mit der Bekanntgabe des Beschlusses über die Bewilligung der Prozesskostenhilfe an den Kläger (vgl. BGH 22. November 2000 - XII ZB 28/00 - zu II 1 der Gründe). Die Wiedereinsetzungsfrist endete folglich mit Ablauf des 1. April 2014 (§ 222 Abs. 1 ZPO, § 187 Abs. 1, § 188 Abs. 2 BGB). Die Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde ging am 16. April 2014 und damit innerhalb der Monatsfrist des § 234 Abs. 1 Satz 2 ZPO ein.

12

2. Die mögliche mangelnde Prozessfähigkeit des Klägers führt nicht zur Unzulässigkeit der Nichtzulassungsbeschwerde.

13

a) Die Prozessfähigkeit gemäß § 51 Abs. 1, § 52 ZPO ist zwingende Prozessvoraussetzung. Bestehen konkrete Anhaltspunkte dafür, dass die Partei prozessunfähig sein könnte, hat deshalb das jeweils mit der Sache befasste Gericht nach § 56 Abs. 1 ZPO von Amts wegen zu ermitteln, ob Prozessunfähigkeit vorliegt. Dabei ist es nicht an die förmlichen Beweismittel des Zivilprozesses gebunden, vielmehr gilt der Grundsatz des Freibeweises (vgl. BGH 9. November 2010 - VI ZR 249/09 - Rn. 4). Das mögliche Fehlen der Prozessfähigkeit ist in jeder Lage des Verfahrens, also auch noch in der Berufungs- und Revisionsinstanz, von Amts wegen zu berücksichtigen (BAG 20. Januar 2000 - 2 AZR 733/98 - zu II 2 b der Gründe, BAGE 93, 248; zum Ermessenspielraum des Revisionsgerichts, ob es den Sachverhalt selbst aufklären will vgl. BAG 26. August 1988 - 7 AZR 746/87 - zu I 2 der Gründe). Die höhere Instanz ist an die Tatsachenfeststellungen der unteren Instanz zu den Prozessvoraussetzungen nicht gebunden und hat auch neues Tatsachenvorbringen zu berücksichtigen (Zöller/Vollkommer ZPO 30. Aufl. § 56 Rn. 2 mwN). Für den Streit über die Prozessfähigkeit ist die davon betroffene Partei aber in jedem Fall als prozessfähig anzusehen (BAG 28. Mai 2009 - 6 AZN 17/09 - Rn. 3; BGH 9. November 2010 - VI ZR 249/09 - Rn. 3). So kann auch eine Partei, deren Prozessfähigkeit in der Vorinstanz verneint worden ist, wirksam ein Rechtsmittel einlegen, um eine andere Beurteilung zu erreichen (BGH 6. Dezember 2013 - V ZR 8/13 - Rn. 4).

14

b) Nach den zutreffenden Ausführungen des Landesarbeitsgerichts in der anzufechtenden Entscheidung wurde die Prozessunfähigkeit des Klägers gutachterlich nicht mit hinreichender Sicherheit festgestellt. Die dennoch durch das Landesarbeitsgericht vorgenommene Einschätzung des Klägers als „partiell prozessunfähig für arbeitsgerichtliche Verfahren“ begegnet Bedenken.

15

aa) Für die Prozessfähigkeit ist maßgeblich, ob eine Person sich durch Verträge verpflichten kann ( § 52 ZPO ). Prozessunfähig, weil geschäftsunfähig, sind deshalb Volljährige unter den Voraussetzungen des § 104 Nr. 2 BGB. Danach ist geschäftsunfähig, wer sich in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden, dauerhaften Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit befindet. Ein solcher Zustand ist gegeben, wenn jemand nicht im Stande ist, seinen Willen frei und unbeeinflusst von einer vorliegenden Geistesstörung zu bilden und nach zutreffend gewonnenen Einsichten zu handeln. Das kann auch der Fall sein, wenn lediglich eine Geistesschwäche vorliegt. Abzustellen ist allein darauf, ob eine freie Entscheidung nach Abwägung des Für und Wider bei sachlicher Prüfung der in Betracht kommenden Gesichtspunkte möglich ist oder ob umgekehrt von einer freien Willensbildung nicht mehr gesprochen werden kann, etwa weil infolge der Geistesstörung Einflüsse dritter Personen den Willen übermäßig beherrschen (BAG 28. Mai 2009 - 6 AZN 17/09 - Rn. 8 mwN).

16

bb) Ein Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit des Klägers ist jedenfalls bezogen auf das vorliegende Verfahren nicht zu erkennen. Der Kläger verfolgt nur noch das Ziel, sich gegen die Angriffe des Beklagten gegen die Wirksamkeit des am 12. März 2008 geschlossenen Prozessvergleichs zu verteidigen. Dies ist nachvollziehbar, denn schließlich sieht dieser Vergleich für die Beendigung eines Arbeitsverhältnisses während der Wartezeit eine Abfindung iHv. 56.000,00 Euro brutto vor. Die vom Landesarbeitsgericht diagnostizierten Wahnvorstellungen kommen hier nicht zum Ausdruck. Im Gegensatz zum Landesarbeitsgericht hat das Betreuungsgericht zudem in seinem Beschluss vom 31. Mai 2011 angeführt, dass der Kläger in der Lage sei, sich in anhängigen Prozessen als Partei zu artikulieren oder einen Prozessbevollmächtigten zu mandatieren. Er sei auf die Unterstützung durch einen gesetzlichen Vertreter nicht angewiesen.

17

c) In der Gesamtschau der zahlreichen Prozesse des Klägers in den letzten Jahren erscheint es dennoch möglich, dass der Kläger (wieder) prozessunfähig ist. Bezüglich des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens kann dies jedoch offenbleiben. Mit dem Beschwerdeverfahren wird der Streit über die Prozessfähigkeit des Klägers fortgeführt, da die Beschwerde Rügen erhebt, die sich auf die Führung des Verfahrens durch das Landesarbeitsgericht bei von diesem unterstellter Prozessunfähigkeit des Klägers beziehen.

18

3. Die Beschwerde ist zulässig und begründet. Es liegt der absolute Revisionsgrund der nicht vorschriftsmäßigen Besetzung des Gerichts vor (§ 547 Nr. 1 ZPO iVm. § 72 Abs. 2 Nr. 3 Alt. 1 ArbGG).

19

a) Die Beschwerdebegründung enthält eine ausreichende Geltendmachung dieses Revisionsgrundes.

20

aa) Wird mit einer Nichtzulassungsbeschwerde gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 3 ArbGG das Vorliegen eines absoluten Revisionsgrundes geltend gemacht, muss nach § 72a Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 ArbGG die Beschwerdebegründung die Darlegung des absoluten Revisionsgrundes nach § 547 Nr. 1 bis 5 ZPO enthalten. Die bloße Benennung eines Zulassungsgrundes genügt nicht. Der Beschwerdeführer hat vielmehr die Tatsachen, aus denen sich der Verfahrensfehler des Berufungsgerichts ergeben soll, substantiiert vorzutragen (BAG 5. Dezember 2011 - 5 AZN 1036/11 - Rn. 7).

21

bb) Diese Voraussetzungen sind hier bezüglich des absoluten Revisionsgrundes nach § 547 Nr. 1 ZPO erfüllt. Der Beschwerdeführer hat diese Rechtsnorm zwar nicht konkret bezeichnet, sondern als absoluten Revisionsgrund unter Nr. 3, 4 und 5 der Beschwerdebegründung nur § 547 Nr. 4 ZPO ausdrücklich angeführt sowie einen Verstoß gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör(Art. 103 Abs. 1 GG) gerügt. Die Beschwerdebegründung lässt aber deutlich erkennen, dass der Beschwerdeführer die nicht vorschriftsmäßige Besetzung des Gerichts iSd. § 547 Nr. 1 ZPO als gegeben ansieht(vgl. BAG 25. Januar 2012 - 4 AZR 185/10 - Rn. 12). Dies ergibt sich daraus, dass die Beschwerdebegründung anführt, dass die Voraussetzungen einer Entscheidung nach Aktenlage gemäß § 331a ZPO, wie sie das Landesarbeitsgericht hier vorgenommen hat, nicht gegeben seien. Da im arbeitsgerichtlichen Verfahren bei einer solchen Entscheidung gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 4 ArbGG eine Alleinentscheidung durch die Vorsitzende oder den Vorsitzenden erfolgt(vgl. GMP/Germelmann ArbGG 8. Aufl. § 55 Rn. 17), umfasst die erhobene und begründete Rüge bezüglich der Entscheidung nach Aktenlage zwingend die Rüge der nicht vorschriftsmäßigen Besetzung des Gerichts. Die Beschwerde macht damit deutlich, dass die Entscheidung unzulässigerweise ohne Mitwirkung der ehrenamtlichen Richter erfolgte.

22

b) Der absolute Revisionsgrund des § 547 Nr. 1 ZPO ist gegeben, da das Landesarbeitsgericht keine Entscheidung nach Aktenlage gemäß § 331a ZPO durch Alleinentscheidung der Vorsitzenden treffen durfte. Die Alleinentscheidung stellt eine Entscheidung bei nicht vorschriftsmäßiger Besetzung des Gerichts dar. Dies gilt unabhängig davon, ob der Kläger prozessfähig oder prozessunfähig war.

23

aa) Wäre der Kläger - entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts - prozessfähig gewesen, so wäre er durch den ihm beigeordneten Rechtsanwalt in der mündlichen Verhandlung ordnungsgemäß vertreten gewesen (§ 11 Abs. 4 ArbGG). Eine Säumnis hätte nicht vorgelegen.

24

bb) Bei zu jedem Zeitpunkt des Verfahrens vorliegender Prozessunfähigkeit des Klägers hätte das Landesarbeitsgericht den Antrag des Beklagten auf Entscheidung nach Lage der Akten gemäß § 335 Abs. 1 Nr. 2 ZPO zurückweisen müssen. In diesem Fall wäre keine ordnungsgemäße Ladung des Klägers zum Termin am 16. Juli 2013 erfolgt.

25

(1) Nicht verkündete Terminsbestimmungen sind gemäß § 329 Abs. 2 Satz 2 ZPO zuzustellen. Gemäß § 170 Abs. 1 Satz 1 ZPO ist bei nicht prozessfähigen Personen an ihren gesetzlichen Vertreter zuzustellen. Die Zustellung an die nicht prozessfähige Person ist unwirksam (§ 170 Abs. 1 Satz 2 ZPO). Betreute Personen werden im Aufgabenkreis des Betreuers gemäß § 1902 BGB durch diesen gerichtlich und außergerichtlich vertreten.

26

(2) Bei unterstellter Prozessunfähigkeit des Klägers hätte die am 27. März 2013 vorgenommene und nicht verkündete Terminsbestimmung mit Ladung einem Betreuer des Klägers zugestellt werden müssen. Dies ist nicht erfolgt.

27

(3) Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts konnte die nicht an den gesetzlichen Vertreter des Klägers erfolgte Zustellung auch nicht durch das Erscheinen des Klägers und des beigeordneten Anwalts im Termin geheilt werden. Eine Heilung von Zustellungsmängeln kommt gemäß § 189 ZPO nur in Betracht, wenn das Dokument der Person, an die die Zustellung dem Gesetz gemäß gerichtet war oder gerichtet werden konnte, tatsächlich zugegangen ist. Diese Person wäre ein Betreuer gewesen. An einen Betreuer erfolgte aber zu keinem Zeitpunkt eine Ladung.

28

(4) Die Zustellung der Ladung an den beigeordneten Anwalt als Prozessbevollmächtigten nach § 172 Abs. 1 ZPO war entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts auch nicht ausreichend, weil der Streit über die Prozessfähigkeit noch andauerte. Das Landesarbeitsgericht hatte bereits mit Beschluss vom 27. November 2012 entschieden, dass es den Kläger für das vorliegende Verfahren als prozessunfähig ansieht.

29

cc) Selbst bei Annahme einer ordnungsgemäßen Ladung und Vorliegen einer Säumnis hätte das Landesarbeitsgericht keine Entscheidung nach Aktenlage treffen dürfen.

30

(1) Ein Urteil nach Lage der Akten darf nach § 331a Satz 2, § 251a Abs. 2 ZPO nur ergehen, wenn in einem früheren Termin mündlich verhandelt worden ist. Es darf frühestens in zwei Wochen verkündet werden. Das Gericht hat der nicht erschienenen Partei den Verkündungstermin formlos mitzuteilen. Es bestimmt neuen Termin zur mündlichen Verhandlung, wenn die Partei dies spätestens am siebenten Tag vor dem zur Verkündung bestimmten Termin beantragt und glaubhaft macht, dass sie ohne ihr Verschulden ausgeblieben ist und die Verlegung des Termins nicht rechtzeitig beantragen konnte.

31

(2) Der Kläger hatte mit Schriftsatz vom 1. Juli 2013 die Verlegung des Termins am 16. Juli 2013 beantragt, weil über die Bestellung eines Betreuers noch nicht entschieden worden sei. Ihm stünde kein Mittel zur Verfahrensbeschleunigung zur Verfügung. Nach Durchführung des Termins wiederholte er dies mit Schriftsatz vom 31. Juli 2013, welcher am selben Tag bei Gericht einging, und beantragte die Bestimmung eines neuen Termins zur mündlichen Verhandlung. Das Landesarbeitsgericht verkündete in dem vom 13. August 2013 auf den 27. August 2013 verlegten Verkündungstermin dennoch das angegriffene Urteil. Es hätte aber antragsgemäß einen neuen Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmen müssen. Die wegen der nicht erfolgten Vertretung durch einen Betreuer angenommene Säumnis wäre nicht auf ein Verschulden des Klägers zurückzuführen.

32

(a) Das erkennende Gericht muss darauf hinwirken, dass ein nach Auffassung des Gerichts prozessunfähiger Kläger, der damit mangels Geschäftsfähigkeit auch keinen Prozessbevollmächtigten wirksam hatte bestellen können, seine prozessualen Rechte wahrnehmen kann. Das Gericht muss den Kläger also darauf hinweisen, dass er für eine ordnungsgemäße Vertretung zu sorgen hat und sich deshalb selbst um die Bestellung eines Betreuers nach § 1896 BGB bemühen muss, der nur vom Betreuungsgericht, nicht aber vom Prozessgericht bestellt werden kann. Es muss dem Kläger dafür vor Erlass des Prozessurteils die nötige Zeit einräumen (vgl. BAG 28. Mai 2009 - 6 AZN 17/09 - Rn. 6; BGH 9. November 2010 - VI ZR 249/09 - Rn. 7). Dabei ist zu berücksichtigen, dass selbst die Bestellung eines vorläufigen Betreuers durch einstweilige Anordnung nach § 300 FamFG nicht ohne eine ärztliche Stellungnahme und eine vorherige Anhörung des Betroffenen durch das Betreuungsgericht zulässig ist, was eine gewisse Zeit in Anspruch nimmt(BGH 6. Dezember 2013 - V ZR 8/13 - Rn. 21). Zudem muss das Gericht im Rahmen seiner Amtsermittlungspflicht nach § 26 FamFG etwaigen Zweifeln am Vorliegen der Voraussetzungen einer Betreuerbestellung nachgehen(vgl. Keidel/Budde FamFG 18. Aufl. § 300 Rn. 4). Diese Umstände sind unter Berücksichtigung der Komplexität des jeweiligen Falls bei der Einschätzung des erforderlichen Zeitrahmens zu berücksichtigen.

33

(b) Die Beschwerdebegründung weist unter Nr. 4 zutreffend darauf hin, dass die dem Kläger für die Bestellung eines Betreuers bis zum 10. Januar 2013 gesetzte Frist praktisch unhaltbar war. Das Landesarbeitsgericht hat dem Kläger erst mit Beschluss vom 27. November 2012 mitgeteilt, dass es ihn für das vorliegende Verfahren als prozessunfähig ansieht. Die Zeitspanne bis zum Fristablauf war offensichtlich nicht ausreichend, um das gerichtliche Verfahren bzgl. der Bestellung eines Betreuers abzuschließen. Es ist daher ohne Belang, dass der Kläger sich erst am 9. Januar 2013 an das zuständige Betreuungsgericht gewandt hat. Hinsichtlich des weiteren Ablaufs des Verfahrens kann dem Kläger entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts nicht mit auschlaggebender Wirkung angelastet werden, dass eine Entscheidung über die Betreuerbestellung bis zur mündlichen Verhandlung am 16. Juli 2013 nicht getroffen wurde. Es sprechen zwar durchaus Umstände dafür, dass sich der Kläger hinsichtlich der Angabe der zutreffenden Adresse zunächst nicht konstruktiv verhalten hat. Zumindest gegenüber dem Landesarbeitsgericht hat er jedoch mit Schriftsatz vom 12. April 2013 seine aktuelle Adresse mitgeteilt. Eine Weitergabe an das Betreuungsgericht wäre gemäß § 22a Abs. 2 FamFG in Betracht gekommen. Es obliegt im Übrigen dem Betreuungsgericht im Rahmen seiner Amtsermittlungspflicht mit hinreichendem Nachdruck die entsprechende Klarheit herbeizuführen.

34

4. Die Verfahrensgestaltung des Landesarbeitsgerichts verletzt den Kläger auch in seinem Recht aus Art. 103 Abs. 1 GG(BAG 28. Mai 2009 - 6 AZN 17/09 - Rn. 5; BGH 6. Dezember 2013 - V ZR 8/13 - Rn. 19). Dies rügt die Beschwerde zu Recht.

35

5. Zur Beschleunigung des Verfahrens hat der Senat den Rechtsstreit nach § 72a Abs. 7 ArbGG an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen und dabei wegen der Gesamtumstände von der Möglichkeit der Zurückverweisung an eine andere Kammer Gebrauch gemacht. Hinsichtlich der Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör gründet sich dies auf die direkte Anwendung des § 72a Abs. 7 ArbGG. Bezüglich des absoluten Revisionsgrundes nach § 547 Nr. 1 ZPO ist § 72a Abs. 7 ArbGG analog anzuwenden.

36

a) Nach § 72a Abs. 7 ArbGG kann das Bundesarbeitsgericht bei Verletzung des Anspruchs des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise in dem der Beschwerde stattgebenden Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückverweisen. Dem Wortlaut der Vorschrift nach besteht diese Möglichkeit nicht bei Vorliegen eines anderen Zulassungsgrundes. § 72a Abs. 7 ArbGG ist aber bei Vorliegen eines absoluten Revisionsgrundes iSv. § 72 Abs. 2 Nr. 3 Alt. 1 ArbGG, § 547 Nr. 1 bis 5 ZPO analog anzuwenden.

37

aa) Analoge Gesetzesanwendung setzt voraus, dass der gesetzlich ungeregelte Fall nach Maßgabe des Gleichheitssatzes und zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen nach der gleichen Rechtsfolge verlangt wie die erfassten Fälle (BAG 24. Oktober 2013 - 2 AZR 320/13 - Rn. 25). Es muss allerdings eine positiv festzustellende Gesetzeslücke im Sinne einer planwidrigen Unvollständigkeit des Gesetzes vorliegen (BAG 16. Mai 2013 - 6 AZR 556/11 - Rn. 56).

38

bb) Nach diesen Grundsätzen ist eine analoge Anwendung des § 72a Abs. 7 ArbGG bei Vorliegen eines absoluten Revisionsgrundes gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 ZPO geboten.

39

(1) § 72a Abs. 7 ArbGG wurde durch das Anhörungsrügengesetz vom 9. Dezember 2004 (BGBl. I S. 3220) neu eingefügt. Die Vorschrift orientiert sich an § 544 Abs. 7 ZPO und dient der Beschleunigung des Verfahrens(BR-Drs. 663/04 S. 49; BT-Drs. 15/3706 S. 20). Diesem Zweck der Verfahrensbeschleunigung würde es widersprechen, wenn bei Vorliegen eines absoluten Revisionsgrundes die angefochtene Entscheidung zunächst im Revisionsverfahren ohne weitere Sachprüfung aufgehoben und das Verfahren erst dann an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen werden müsste (Bepler RdA 2005, 65, 76; ErfK/Koch 14. Aufl. § 72a ArbGG Rn. 10; Düwell/Lipke/Düwell ArbGG 3. Aufl. § 72a Rn. 59).

40

(2) Für eine unbewusste Gesetzeslücke im Sinne eines Redaktionsversehens spricht die ausweislich der Gesetzesbegründung erfolgte Orientierung an dem im Wesentlichen wortgleichen § 544 Abs. 7 ZPO, der wiederum § 133 Abs. 6 VwGO zum Vorbild hat(BT-Drs. 15/3706 S. 17; BAG 12. Dezember 2006 - 3 AZN 625/06 - Rn. 34, BAGE 120, 322). Dabei ist offenbar übersehen worden, dass § 543 ZPO anders als § 72 Abs. 2 Nr. 3 ArbGG eine Zulassung der Revision wegen Vorliegens eines absoluten Revisionsgrundes nicht vorsieht(vgl. Bepler RdA 2005, 65, 76; Düwell/Lipke/Düwell ArbGG 3. Aufl. § 72a Rn. 59). Die Berücksichtigung absoluter Revisionsgründe war bei § 544 Abs. 7 ZPO daher nicht veranlasst.

41

(3) All dies spricht dafür, dass die mit § 72a Abs. 7 ArbGG bezweckte Verfahrensbeschleunigung zur Vermeidung eines lediglich entscheidungsverzögernden Revisionsverfahrens auch bei Darlegung eines absoluten Revisionsgrundes im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren gemäß § 72a Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 Alt. 1 ArbGG ermöglicht werden soll. Eine entsprechende Analogie entspricht auch der Interessenlage der Parteien und dem allgemeinen Beschleunigungsgebot nach § 9 Abs. 1 ArbGG(ErfK/Koch 14. Aufl. § 72a ArbGG Rn. 10). In der Literatur wird die analoge Anwendung des § 72a Abs. 7 ArbGG daher überwiegend befürwortet(so GWBG/Benecke ArbGG 8. Aufl. § 72a Rn. 51; Schwab/Weth/Ulrich 3. Aufl. ArbGG § 72a Rn. 87a; BeckOK ArbR/Klose Stand 1. März 2014 ArbGG § 72a Rn. 21; aA GK-ArbGG/Mikosch Stand April 2010 § 72a Rn. 84; GMP/Müller-Glöge ArbGG 8. Aufl. § 72a Rn. 62).

42

b) § 72a Abs. 7 ArbGG ermöglicht auch die Zurückverweisung an eine andere Kammer des Landesarbeitsgerichts. Die Vorschrift sieht dies zwar nicht ausdrücklich vor. Dieser Weg ist jedoch in entsprechender Anwendung von § 563 Abs. 1 Satz 2 ZPO eröffnet. Eine derartige Notwendigkeit kann auch bei einer Zurückverweisung im Rahmen des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens entstehen (BAG 12. Dezember 2006 - 3 AZN 625/06 - Rn. 33, BAGE 120, 322).

43

6. Der Senat sieht von einer weiteren Begründung gemäß § 72a Abs. 5 Satz 5 ArbGG ab.

44

III. Die nach der Zurückverweisung zuständige Kammer des Landesarbeitsgerichts wird zu prüfen haben, ob sie - ggf. nach Einholung eines erneuten Sachverständigengutachtens - ebenfalls von der Prozessunfähigkeit des Klägers ausgeht. In diesem Fall wird zu klären sein, ob eine durchgehende Prozessunfähigkeit seit Beginn des Verfahrens vorliegt, so dass eine konkludente Genehmigung der bisherigen Prozesshandlungen durch den zeitweise prozessfähigen Kläger ausscheidet (vgl. BAG 28. Mai 2009 - 6 AZN 17/09 - Rn. 10). Bei zeitweiser Prozessfähigkeit wären die Vorgaben der §§ 86, 246 ZPO zu beachten. Bei durchgehender Prozessunfähigkeit wird das Landesarbeitsgericht dem Kläger wiederum Gelegenheit geben müssen, für eine gesetzliche Vertretung durch Bestellung eines Betreuers zu sorgen.

45

Sollte das Landesarbeitsgericht demgegenüber zu der Auffassung gelangen, dass der Kläger prozessfähig ist, wird es den Rechtsstreit nach mündlicher Verhandlung unter Hinzuziehung der ehrenamtlichen Richter entscheiden müssen.

46

IV. Das Landesarbeitsgericht wird auch über die Kosten des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens zu entscheiden haben.

47

V.  Die Wertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 GKG.

        

    Fischermeier    

        

    Spelge    

        

    Krumbiegel    

        

        

        

    Augat    

        

    Kreis    

                 

(1) Die nicht auf Grund einer mündlichen Verhandlung ergehenden Beschlüsse und Verfügungen erläßt, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Vorsitzende allein. Entsprechendes gilt für Amtshandlungen auf Grund eines Rechtshilfeersuchens.

(2) Im übrigen gelten für die Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über das landgerichtliche Verfahren entsprechend.

(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt.

(2) Die Berufung kann nur eingelegt werden,

a)
wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist,
b)
wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt,
c)
in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder
d)
wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe.

(3) Das Arbeitsgericht hat die Berufung zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Rechtssache Rechtsstreitigkeiten betrifft
a)
zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen,
b)
über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Arbeitsgerichts hinaus erstreckt, oder
c)
zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt, oder
3.
das Arbeitsgericht in der Auslegung einer Rechtsvorschrift von einem ihm im Verfahren vorgelegten Urteil, das für oder gegen eine Partei des Rechtsstreits ergangen ist, oder von einem Urteil des im Rechtszug übergeordneten Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht.

(3a) Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, ist in den Urteilstenor aufzunehmen. Ist dies unterblieben, kann binnen zwei Wochen ab Verkündung des Urteils eine entsprechende Ergänzung beantragt werden. Über den Antrag kann die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(4) Das Landesarbeitsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(5) Ist die Berufung nicht zugelassen worden, hat der Berufungskläger den Wert des Beschwerdegegenstands glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides Statt darf er nicht zugelassen werden.

(6) Für das Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Berufung entsprechend. Die Vorschriften über das Verfahren vor dem Einzelrichter finden keine Anwendung.

(7) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1 und 3, des § 50, des § 51 Abs. 1, der §§ 52, 53, 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 9, Abs. 2 und 4, des § 54 Absatz 6, des § 54a, der §§ 56 bis 59, 61 Abs. 2 und 3 und der §§ 62 und 63 über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellungen, persönliches Erscheinen der Parteien, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, Güterichter, Mediation und außergerichtliche Konfliktbeilegung, Vorbereitung der streitigen Verhandlung, Verhandlung vor der Kammer, Beweisaufnahme, Versäumnisverfahren, Inhalt des Urteils, Zwangsvollstreckung und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen gelten entsprechend.

(8) Berufungen in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses sind vorrangig zu erledigen.

Tenor

1. Auf die Beschwerde des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 27. August 2013 - 8 Sa 62/08 - aufgehoben.

2. Der Rechtsstreit wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens - an eine andere Kammer des Landesarbeitsgerichts zurückverwiesen.

3. Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 9.900,00 Euro festgesetzt.

Gründe

1

I. Die Parteien streiten über die Wirksamkeit eines gerichtlichen Vergleichs.

2

Der Kläger stand auf der Grundlage gerichtlicher Beschlüsse vom 12. Juli 2005 unter Betreuung. Die Parteien begründeten im Jahre 2007 ein Arbeitsverhältnis, welches der Beklagte mit zwei Kündigungen innerhalb der Wartezeit beenden wollte. Der Kläger hat hiergegen Kündigungsschutzklage erhoben. Die Parteien haben vor dem Arbeitsgericht am 12. März 2008 einen verfahrensbeendenden Vergleich geschlossen, welcher ua. die Zahlung einer Abfindung iHv. 56.000,00 Euro brutto als Ausgleich für den Verlust des Arbeitsplatzes vorsieht. Der Beklagte hat daraufhin sowohl den Abschluss des Arbeitsvertrags als auch des Prozessvergleichs wegen arglistiger Täuschung und Irrtums angefochten. Der Kläger hält an der Wirksamkeit des Vergleichs fest.

3

Durch Beschluss des zuständigen Landgerichts vom 31. August 2009 wurde die Betreuung des Klägers aufgehoben. Das Oberlandesgericht hat diese Entscheidung am 30. August 2010 dahin gehend abgeändert, dass die Betreuerbestellung noch für Gerichtsverfahren nach § 579 Abs. 1 Nr. 4 ZPO sowie bezüglich Gerichtsverfahren mit Auslandsbezug besteht. Schließlich hat das Betreuungsgericht mit Beschluss vom 31. Mai 2011 diese Betreuung gänzlich aufgehoben.

4

Das Arbeitsgericht hat in seinem Urteil vom 2. Dezember 2008 den auf die Unwirksamkeit des Vergleichs gerichteten Feststellungsantrag des Beklagten als unbegründet angesehen. Das Landesarbeitsgericht hat nach dem Ende der Vertretung des Klägers durch seinen vormaligen Betreuer mit Beschluss vom 3. Dezember 2010 einen Rechtsanwalt als Prozessbevollmächtigten beigeordnet. Es hat zur Prüfung der Prozessfähigkeit des Klägers ein Gutachten eingeholt. Am 27. November 2012 hat das Landesarbeitsgericht nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit dem Kläger beschlossen, dass der Kläger für das vorliegende Verfahren als prozessunfähig angesehen wird. Ihm wurde Gelegenheit gegeben, bis zum 10. Januar 2013 für die Bestellung eines Betreuers zu sorgen. Am 9. Januar 2013 hat der Kläger das Betreuungsgericht hierüber informiert und gebeten „das Notwendige“ zu veranlassen. Bis zur nächsten mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht am 16. Juli 2013 erfolgte keine Entscheidung über die erneute Bestellung eines Betreuers.

5

In diesem Termin war der Kläger mit dem beigeordneten Rechtsanwalt anwesend. Das Landesarbeitsgericht hat den Kläger jedoch als nicht wirksam vertreten und damit säumig angesehen. Der beigeordnete Rechtsanwalt handle ohne wirksame Vollmacht, da der Kläger partiell prozessunfähig für arbeitsgerichtliche Verfahren sei und insoweit keine Prozessvollmachten erteilen könne. Zwar komme das eingeholte Sachverständigengutachten nicht eindeutig zu dem Ergebnis der Prozessunfähigkeit des Klägers. Diese sei aber aus dem gesamten prozessualen Verhalten des Klägers in einer Vielzahl von Prozessen erkennbar. Auch frühere Begutachtungen sowie ein von dem Beklagten vorgelegtes Gutachten vom 11. September 2011 kämen zu diesem Ergebnis. Der Kläger sei aufgrund einer Geistesstörung nicht in der Lage, seinen Willen frei zu bilden und nach zutreffend gewonnenen Einsichten zu handeln. Insbesondere sei er krankhaft außer Stande, eigene Überzeugungen kritisch zu hinterfragen, den situativen Erfordernissen anzupassen oder gar zu revidieren. Der Kläger sei auch nicht unverschuldet säumig geblieben. Er habe die ihm bis zum 10. Januar 2013 gesetzte Frist nicht genutzt und durch die Mitteilung falscher Anschriften das eingeleitete Betreuungsverfahren verzögert.

6

Auf Antrag des Beklagten hat das Landesarbeitsgericht unter Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung nach Lage der Akten entschieden, dass der Rechtsstreit durch den Vergleich vom 12. März 2008 nicht beendet worden ist. Die Kündigungsschutzklage hat das Landesarbeitsgericht abgewiesen.

7

Das vom Kläger mit Schreiben vom 9. Januar 2013 angeregte Betreuungsverfahren wurde durch das Betreuungsgericht mit Beschluss vom 27. Dezember 2013 eingestellt.

8

II. Die Beschwerde führt zulässig und begründet den absoluten Revisionsgrund des § 547 Nr. 1 ZPO sowie eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör nach Art. 103 Abs. 1 GG an. Nach § 72a Abs. 7 ArbGG hat der Senat das angefochtene Urteil aufgehoben und den Rechtsstreit an eine andere Kammer des Landesarbeitsgerichts zurückverwiesen. Es kann daher dahingestellt bleiben, ob weitere Verletzungen des Anspruchs auf rechtliches Gehör vorliegen, welche ebenfalls zur Zurückverweisung gemäß § 72a Abs. 7 ArbGG geführt hätten. Es bedarf auch keiner Entscheidung, ob die Voraussetzungen einer Grundsatz- oder Divergenzbeschwerde hier erfüllt sind.

9

1. Die Beschwerde ist nicht wegen Versäumung der Fristen zur Einlegung und Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde gemäß § 72a Abs. 2 Satz 1 und § 72a Abs. 3 Satz 1 ArbGG unzulässig.

10

a) Zum Zeitpunkt der Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde am 1. April 2014 waren diese Fristen mit Blick auf die Zustellung des Urteils des Landesarbeitsgerichts am 2. September 2013 versäumt.

11

b) Dem Kläger ist jedoch die beantragte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 233 ZPO zu gewähren. Der Kläger war wegen Mittellosigkeit und somit ohne sein Verschulden verhindert, die Fristen zur Einlegung und Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde einzuhalten. Er hat aber innerhalb der einmonatigen Notfrist des § 72a Abs. 2 Satz 1 ArbGG am 2. Oktober 2013 Prozesskostenhilfe beantragt, die ihm mit Beschluss des Senats vom 10. März 2014 - 6 AZA 16/13 - bewilligt worden ist (vgl. BAG 11. Oktober 2010 - 9 AZN 418/10 - Rn. 5). Die Entscheidung wurde dem Kläger am 18. März 2014 zugestellt. Der am 1. April 2014 eingegangene Wiedereinsetzungsantrag wahrte die zweiwöchige Wiedereinsetzungsfrist des § 234 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Die Frist begann mit dem Tag, an dem das der Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde entgegenstehende Hindernis behoben war (§ 234 Abs. 2 ZPO). Das Hindernis der Mittellosigkeit entfiel mit der Bekanntgabe des Beschlusses über die Bewilligung der Prozesskostenhilfe an den Kläger (vgl. BGH 22. November 2000 - XII ZB 28/00 - zu II 1 der Gründe). Die Wiedereinsetzungsfrist endete folglich mit Ablauf des 1. April 2014 (§ 222 Abs. 1 ZPO, § 187 Abs. 1, § 188 Abs. 2 BGB). Die Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde ging am 16. April 2014 und damit innerhalb der Monatsfrist des § 234 Abs. 1 Satz 2 ZPO ein.

12

2. Die mögliche mangelnde Prozessfähigkeit des Klägers führt nicht zur Unzulässigkeit der Nichtzulassungsbeschwerde.

13

a) Die Prozessfähigkeit gemäß § 51 Abs. 1, § 52 ZPO ist zwingende Prozessvoraussetzung. Bestehen konkrete Anhaltspunkte dafür, dass die Partei prozessunfähig sein könnte, hat deshalb das jeweils mit der Sache befasste Gericht nach § 56 Abs. 1 ZPO von Amts wegen zu ermitteln, ob Prozessunfähigkeit vorliegt. Dabei ist es nicht an die förmlichen Beweismittel des Zivilprozesses gebunden, vielmehr gilt der Grundsatz des Freibeweises (vgl. BGH 9. November 2010 - VI ZR 249/09 - Rn. 4). Das mögliche Fehlen der Prozessfähigkeit ist in jeder Lage des Verfahrens, also auch noch in der Berufungs- und Revisionsinstanz, von Amts wegen zu berücksichtigen (BAG 20. Januar 2000 - 2 AZR 733/98 - zu II 2 b der Gründe, BAGE 93, 248; zum Ermessenspielraum des Revisionsgerichts, ob es den Sachverhalt selbst aufklären will vgl. BAG 26. August 1988 - 7 AZR 746/87 - zu I 2 der Gründe). Die höhere Instanz ist an die Tatsachenfeststellungen der unteren Instanz zu den Prozessvoraussetzungen nicht gebunden und hat auch neues Tatsachenvorbringen zu berücksichtigen (Zöller/Vollkommer ZPO 30. Aufl. § 56 Rn. 2 mwN). Für den Streit über die Prozessfähigkeit ist die davon betroffene Partei aber in jedem Fall als prozessfähig anzusehen (BAG 28. Mai 2009 - 6 AZN 17/09 - Rn. 3; BGH 9. November 2010 - VI ZR 249/09 - Rn. 3). So kann auch eine Partei, deren Prozessfähigkeit in der Vorinstanz verneint worden ist, wirksam ein Rechtsmittel einlegen, um eine andere Beurteilung zu erreichen (BGH 6. Dezember 2013 - V ZR 8/13 - Rn. 4).

14

b) Nach den zutreffenden Ausführungen des Landesarbeitsgerichts in der anzufechtenden Entscheidung wurde die Prozessunfähigkeit des Klägers gutachterlich nicht mit hinreichender Sicherheit festgestellt. Die dennoch durch das Landesarbeitsgericht vorgenommene Einschätzung des Klägers als „partiell prozessunfähig für arbeitsgerichtliche Verfahren“ begegnet Bedenken.

15

aa) Für die Prozessfähigkeit ist maßgeblich, ob eine Person sich durch Verträge verpflichten kann ( § 52 ZPO ). Prozessunfähig, weil geschäftsunfähig, sind deshalb Volljährige unter den Voraussetzungen des § 104 Nr. 2 BGB. Danach ist geschäftsunfähig, wer sich in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden, dauerhaften Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit befindet. Ein solcher Zustand ist gegeben, wenn jemand nicht im Stande ist, seinen Willen frei und unbeeinflusst von einer vorliegenden Geistesstörung zu bilden und nach zutreffend gewonnenen Einsichten zu handeln. Das kann auch der Fall sein, wenn lediglich eine Geistesschwäche vorliegt. Abzustellen ist allein darauf, ob eine freie Entscheidung nach Abwägung des Für und Wider bei sachlicher Prüfung der in Betracht kommenden Gesichtspunkte möglich ist oder ob umgekehrt von einer freien Willensbildung nicht mehr gesprochen werden kann, etwa weil infolge der Geistesstörung Einflüsse dritter Personen den Willen übermäßig beherrschen (BAG 28. Mai 2009 - 6 AZN 17/09 - Rn. 8 mwN).

16

bb) Ein Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit des Klägers ist jedenfalls bezogen auf das vorliegende Verfahren nicht zu erkennen. Der Kläger verfolgt nur noch das Ziel, sich gegen die Angriffe des Beklagten gegen die Wirksamkeit des am 12. März 2008 geschlossenen Prozessvergleichs zu verteidigen. Dies ist nachvollziehbar, denn schließlich sieht dieser Vergleich für die Beendigung eines Arbeitsverhältnisses während der Wartezeit eine Abfindung iHv. 56.000,00 Euro brutto vor. Die vom Landesarbeitsgericht diagnostizierten Wahnvorstellungen kommen hier nicht zum Ausdruck. Im Gegensatz zum Landesarbeitsgericht hat das Betreuungsgericht zudem in seinem Beschluss vom 31. Mai 2011 angeführt, dass der Kläger in der Lage sei, sich in anhängigen Prozessen als Partei zu artikulieren oder einen Prozessbevollmächtigten zu mandatieren. Er sei auf die Unterstützung durch einen gesetzlichen Vertreter nicht angewiesen.

17

c) In der Gesamtschau der zahlreichen Prozesse des Klägers in den letzten Jahren erscheint es dennoch möglich, dass der Kläger (wieder) prozessunfähig ist. Bezüglich des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens kann dies jedoch offenbleiben. Mit dem Beschwerdeverfahren wird der Streit über die Prozessfähigkeit des Klägers fortgeführt, da die Beschwerde Rügen erhebt, die sich auf die Führung des Verfahrens durch das Landesarbeitsgericht bei von diesem unterstellter Prozessunfähigkeit des Klägers beziehen.

18

3. Die Beschwerde ist zulässig und begründet. Es liegt der absolute Revisionsgrund der nicht vorschriftsmäßigen Besetzung des Gerichts vor (§ 547 Nr. 1 ZPO iVm. § 72 Abs. 2 Nr. 3 Alt. 1 ArbGG).

19

a) Die Beschwerdebegründung enthält eine ausreichende Geltendmachung dieses Revisionsgrundes.

20

aa) Wird mit einer Nichtzulassungsbeschwerde gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 3 ArbGG das Vorliegen eines absoluten Revisionsgrundes geltend gemacht, muss nach § 72a Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 ArbGG die Beschwerdebegründung die Darlegung des absoluten Revisionsgrundes nach § 547 Nr. 1 bis 5 ZPO enthalten. Die bloße Benennung eines Zulassungsgrundes genügt nicht. Der Beschwerdeführer hat vielmehr die Tatsachen, aus denen sich der Verfahrensfehler des Berufungsgerichts ergeben soll, substantiiert vorzutragen (BAG 5. Dezember 2011 - 5 AZN 1036/11 - Rn. 7).

21

bb) Diese Voraussetzungen sind hier bezüglich des absoluten Revisionsgrundes nach § 547 Nr. 1 ZPO erfüllt. Der Beschwerdeführer hat diese Rechtsnorm zwar nicht konkret bezeichnet, sondern als absoluten Revisionsgrund unter Nr. 3, 4 und 5 der Beschwerdebegründung nur § 547 Nr. 4 ZPO ausdrücklich angeführt sowie einen Verstoß gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör(Art. 103 Abs. 1 GG) gerügt. Die Beschwerdebegründung lässt aber deutlich erkennen, dass der Beschwerdeführer die nicht vorschriftsmäßige Besetzung des Gerichts iSd. § 547 Nr. 1 ZPO als gegeben ansieht(vgl. BAG 25. Januar 2012 - 4 AZR 185/10 - Rn. 12). Dies ergibt sich daraus, dass die Beschwerdebegründung anführt, dass die Voraussetzungen einer Entscheidung nach Aktenlage gemäß § 331a ZPO, wie sie das Landesarbeitsgericht hier vorgenommen hat, nicht gegeben seien. Da im arbeitsgerichtlichen Verfahren bei einer solchen Entscheidung gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 4 ArbGG eine Alleinentscheidung durch die Vorsitzende oder den Vorsitzenden erfolgt(vgl. GMP/Germelmann ArbGG 8. Aufl. § 55 Rn. 17), umfasst die erhobene und begründete Rüge bezüglich der Entscheidung nach Aktenlage zwingend die Rüge der nicht vorschriftsmäßigen Besetzung des Gerichts. Die Beschwerde macht damit deutlich, dass die Entscheidung unzulässigerweise ohne Mitwirkung der ehrenamtlichen Richter erfolgte.

22

b) Der absolute Revisionsgrund des § 547 Nr. 1 ZPO ist gegeben, da das Landesarbeitsgericht keine Entscheidung nach Aktenlage gemäß § 331a ZPO durch Alleinentscheidung der Vorsitzenden treffen durfte. Die Alleinentscheidung stellt eine Entscheidung bei nicht vorschriftsmäßiger Besetzung des Gerichts dar. Dies gilt unabhängig davon, ob der Kläger prozessfähig oder prozessunfähig war.

23

aa) Wäre der Kläger - entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts - prozessfähig gewesen, so wäre er durch den ihm beigeordneten Rechtsanwalt in der mündlichen Verhandlung ordnungsgemäß vertreten gewesen (§ 11 Abs. 4 ArbGG). Eine Säumnis hätte nicht vorgelegen.

24

bb) Bei zu jedem Zeitpunkt des Verfahrens vorliegender Prozessunfähigkeit des Klägers hätte das Landesarbeitsgericht den Antrag des Beklagten auf Entscheidung nach Lage der Akten gemäß § 335 Abs. 1 Nr. 2 ZPO zurückweisen müssen. In diesem Fall wäre keine ordnungsgemäße Ladung des Klägers zum Termin am 16. Juli 2013 erfolgt.

25

(1) Nicht verkündete Terminsbestimmungen sind gemäß § 329 Abs. 2 Satz 2 ZPO zuzustellen. Gemäß § 170 Abs. 1 Satz 1 ZPO ist bei nicht prozessfähigen Personen an ihren gesetzlichen Vertreter zuzustellen. Die Zustellung an die nicht prozessfähige Person ist unwirksam (§ 170 Abs. 1 Satz 2 ZPO). Betreute Personen werden im Aufgabenkreis des Betreuers gemäß § 1902 BGB durch diesen gerichtlich und außergerichtlich vertreten.

26

(2) Bei unterstellter Prozessunfähigkeit des Klägers hätte die am 27. März 2013 vorgenommene und nicht verkündete Terminsbestimmung mit Ladung einem Betreuer des Klägers zugestellt werden müssen. Dies ist nicht erfolgt.

27

(3) Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts konnte die nicht an den gesetzlichen Vertreter des Klägers erfolgte Zustellung auch nicht durch das Erscheinen des Klägers und des beigeordneten Anwalts im Termin geheilt werden. Eine Heilung von Zustellungsmängeln kommt gemäß § 189 ZPO nur in Betracht, wenn das Dokument der Person, an die die Zustellung dem Gesetz gemäß gerichtet war oder gerichtet werden konnte, tatsächlich zugegangen ist. Diese Person wäre ein Betreuer gewesen. An einen Betreuer erfolgte aber zu keinem Zeitpunkt eine Ladung.

28

(4) Die Zustellung der Ladung an den beigeordneten Anwalt als Prozessbevollmächtigten nach § 172 Abs. 1 ZPO war entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts auch nicht ausreichend, weil der Streit über die Prozessfähigkeit noch andauerte. Das Landesarbeitsgericht hatte bereits mit Beschluss vom 27. November 2012 entschieden, dass es den Kläger für das vorliegende Verfahren als prozessunfähig ansieht.

29

cc) Selbst bei Annahme einer ordnungsgemäßen Ladung und Vorliegen einer Säumnis hätte das Landesarbeitsgericht keine Entscheidung nach Aktenlage treffen dürfen.

30

(1) Ein Urteil nach Lage der Akten darf nach § 331a Satz 2, § 251a Abs. 2 ZPO nur ergehen, wenn in einem früheren Termin mündlich verhandelt worden ist. Es darf frühestens in zwei Wochen verkündet werden. Das Gericht hat der nicht erschienenen Partei den Verkündungstermin formlos mitzuteilen. Es bestimmt neuen Termin zur mündlichen Verhandlung, wenn die Partei dies spätestens am siebenten Tag vor dem zur Verkündung bestimmten Termin beantragt und glaubhaft macht, dass sie ohne ihr Verschulden ausgeblieben ist und die Verlegung des Termins nicht rechtzeitig beantragen konnte.

31

(2) Der Kläger hatte mit Schriftsatz vom 1. Juli 2013 die Verlegung des Termins am 16. Juli 2013 beantragt, weil über die Bestellung eines Betreuers noch nicht entschieden worden sei. Ihm stünde kein Mittel zur Verfahrensbeschleunigung zur Verfügung. Nach Durchführung des Termins wiederholte er dies mit Schriftsatz vom 31. Juli 2013, welcher am selben Tag bei Gericht einging, und beantragte die Bestimmung eines neuen Termins zur mündlichen Verhandlung. Das Landesarbeitsgericht verkündete in dem vom 13. August 2013 auf den 27. August 2013 verlegten Verkündungstermin dennoch das angegriffene Urteil. Es hätte aber antragsgemäß einen neuen Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmen müssen. Die wegen der nicht erfolgten Vertretung durch einen Betreuer angenommene Säumnis wäre nicht auf ein Verschulden des Klägers zurückzuführen.

32

(a) Das erkennende Gericht muss darauf hinwirken, dass ein nach Auffassung des Gerichts prozessunfähiger Kläger, der damit mangels Geschäftsfähigkeit auch keinen Prozessbevollmächtigten wirksam hatte bestellen können, seine prozessualen Rechte wahrnehmen kann. Das Gericht muss den Kläger also darauf hinweisen, dass er für eine ordnungsgemäße Vertretung zu sorgen hat und sich deshalb selbst um die Bestellung eines Betreuers nach § 1896 BGB bemühen muss, der nur vom Betreuungsgericht, nicht aber vom Prozessgericht bestellt werden kann. Es muss dem Kläger dafür vor Erlass des Prozessurteils die nötige Zeit einräumen (vgl. BAG 28. Mai 2009 - 6 AZN 17/09 - Rn. 6; BGH 9. November 2010 - VI ZR 249/09 - Rn. 7). Dabei ist zu berücksichtigen, dass selbst die Bestellung eines vorläufigen Betreuers durch einstweilige Anordnung nach § 300 FamFG nicht ohne eine ärztliche Stellungnahme und eine vorherige Anhörung des Betroffenen durch das Betreuungsgericht zulässig ist, was eine gewisse Zeit in Anspruch nimmt(BGH 6. Dezember 2013 - V ZR 8/13 - Rn. 21). Zudem muss das Gericht im Rahmen seiner Amtsermittlungspflicht nach § 26 FamFG etwaigen Zweifeln am Vorliegen der Voraussetzungen einer Betreuerbestellung nachgehen(vgl. Keidel/Budde FamFG 18. Aufl. § 300 Rn. 4). Diese Umstände sind unter Berücksichtigung der Komplexität des jeweiligen Falls bei der Einschätzung des erforderlichen Zeitrahmens zu berücksichtigen.

33

(b) Die Beschwerdebegründung weist unter Nr. 4 zutreffend darauf hin, dass die dem Kläger für die Bestellung eines Betreuers bis zum 10. Januar 2013 gesetzte Frist praktisch unhaltbar war. Das Landesarbeitsgericht hat dem Kläger erst mit Beschluss vom 27. November 2012 mitgeteilt, dass es ihn für das vorliegende Verfahren als prozessunfähig ansieht. Die Zeitspanne bis zum Fristablauf war offensichtlich nicht ausreichend, um das gerichtliche Verfahren bzgl. der Bestellung eines Betreuers abzuschließen. Es ist daher ohne Belang, dass der Kläger sich erst am 9. Januar 2013 an das zuständige Betreuungsgericht gewandt hat. Hinsichtlich des weiteren Ablaufs des Verfahrens kann dem Kläger entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts nicht mit auschlaggebender Wirkung angelastet werden, dass eine Entscheidung über die Betreuerbestellung bis zur mündlichen Verhandlung am 16. Juli 2013 nicht getroffen wurde. Es sprechen zwar durchaus Umstände dafür, dass sich der Kläger hinsichtlich der Angabe der zutreffenden Adresse zunächst nicht konstruktiv verhalten hat. Zumindest gegenüber dem Landesarbeitsgericht hat er jedoch mit Schriftsatz vom 12. April 2013 seine aktuelle Adresse mitgeteilt. Eine Weitergabe an das Betreuungsgericht wäre gemäß § 22a Abs. 2 FamFG in Betracht gekommen. Es obliegt im Übrigen dem Betreuungsgericht im Rahmen seiner Amtsermittlungspflicht mit hinreichendem Nachdruck die entsprechende Klarheit herbeizuführen.

34

4. Die Verfahrensgestaltung des Landesarbeitsgerichts verletzt den Kläger auch in seinem Recht aus Art. 103 Abs. 1 GG(BAG 28. Mai 2009 - 6 AZN 17/09 - Rn. 5; BGH 6. Dezember 2013 - V ZR 8/13 - Rn. 19). Dies rügt die Beschwerde zu Recht.

35

5. Zur Beschleunigung des Verfahrens hat der Senat den Rechtsstreit nach § 72a Abs. 7 ArbGG an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen und dabei wegen der Gesamtumstände von der Möglichkeit der Zurückverweisung an eine andere Kammer Gebrauch gemacht. Hinsichtlich der Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör gründet sich dies auf die direkte Anwendung des § 72a Abs. 7 ArbGG. Bezüglich des absoluten Revisionsgrundes nach § 547 Nr. 1 ZPO ist § 72a Abs. 7 ArbGG analog anzuwenden.

36

a) Nach § 72a Abs. 7 ArbGG kann das Bundesarbeitsgericht bei Verletzung des Anspruchs des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise in dem der Beschwerde stattgebenden Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückverweisen. Dem Wortlaut der Vorschrift nach besteht diese Möglichkeit nicht bei Vorliegen eines anderen Zulassungsgrundes. § 72a Abs. 7 ArbGG ist aber bei Vorliegen eines absoluten Revisionsgrundes iSv. § 72 Abs. 2 Nr. 3 Alt. 1 ArbGG, § 547 Nr. 1 bis 5 ZPO analog anzuwenden.

37

aa) Analoge Gesetzesanwendung setzt voraus, dass der gesetzlich ungeregelte Fall nach Maßgabe des Gleichheitssatzes und zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen nach der gleichen Rechtsfolge verlangt wie die erfassten Fälle (BAG 24. Oktober 2013 - 2 AZR 320/13 - Rn. 25). Es muss allerdings eine positiv festzustellende Gesetzeslücke im Sinne einer planwidrigen Unvollständigkeit des Gesetzes vorliegen (BAG 16. Mai 2013 - 6 AZR 556/11 - Rn. 56).

38

bb) Nach diesen Grundsätzen ist eine analoge Anwendung des § 72a Abs. 7 ArbGG bei Vorliegen eines absoluten Revisionsgrundes gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 ZPO geboten.

39

(1) § 72a Abs. 7 ArbGG wurde durch das Anhörungsrügengesetz vom 9. Dezember 2004 (BGBl. I S. 3220) neu eingefügt. Die Vorschrift orientiert sich an § 544 Abs. 7 ZPO und dient der Beschleunigung des Verfahrens(BR-Drs. 663/04 S. 49; BT-Drs. 15/3706 S. 20). Diesem Zweck der Verfahrensbeschleunigung würde es widersprechen, wenn bei Vorliegen eines absoluten Revisionsgrundes die angefochtene Entscheidung zunächst im Revisionsverfahren ohne weitere Sachprüfung aufgehoben und das Verfahren erst dann an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen werden müsste (Bepler RdA 2005, 65, 76; ErfK/Koch 14. Aufl. § 72a ArbGG Rn. 10; Düwell/Lipke/Düwell ArbGG 3. Aufl. § 72a Rn. 59).

40

(2) Für eine unbewusste Gesetzeslücke im Sinne eines Redaktionsversehens spricht die ausweislich der Gesetzesbegründung erfolgte Orientierung an dem im Wesentlichen wortgleichen § 544 Abs. 7 ZPO, der wiederum § 133 Abs. 6 VwGO zum Vorbild hat(BT-Drs. 15/3706 S. 17; BAG 12. Dezember 2006 - 3 AZN 625/06 - Rn. 34, BAGE 120, 322). Dabei ist offenbar übersehen worden, dass § 543 ZPO anders als § 72 Abs. 2 Nr. 3 ArbGG eine Zulassung der Revision wegen Vorliegens eines absoluten Revisionsgrundes nicht vorsieht(vgl. Bepler RdA 2005, 65, 76; Düwell/Lipke/Düwell ArbGG 3. Aufl. § 72a Rn. 59). Die Berücksichtigung absoluter Revisionsgründe war bei § 544 Abs. 7 ZPO daher nicht veranlasst.

41

(3) All dies spricht dafür, dass die mit § 72a Abs. 7 ArbGG bezweckte Verfahrensbeschleunigung zur Vermeidung eines lediglich entscheidungsverzögernden Revisionsverfahrens auch bei Darlegung eines absoluten Revisionsgrundes im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren gemäß § 72a Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 Alt. 1 ArbGG ermöglicht werden soll. Eine entsprechende Analogie entspricht auch der Interessenlage der Parteien und dem allgemeinen Beschleunigungsgebot nach § 9 Abs. 1 ArbGG(ErfK/Koch 14. Aufl. § 72a ArbGG Rn. 10). In der Literatur wird die analoge Anwendung des § 72a Abs. 7 ArbGG daher überwiegend befürwortet(so GWBG/Benecke ArbGG 8. Aufl. § 72a Rn. 51; Schwab/Weth/Ulrich 3. Aufl. ArbGG § 72a Rn. 87a; BeckOK ArbR/Klose Stand 1. März 2014 ArbGG § 72a Rn. 21; aA GK-ArbGG/Mikosch Stand April 2010 § 72a Rn. 84; GMP/Müller-Glöge ArbGG 8. Aufl. § 72a Rn. 62).

42

b) § 72a Abs. 7 ArbGG ermöglicht auch die Zurückverweisung an eine andere Kammer des Landesarbeitsgerichts. Die Vorschrift sieht dies zwar nicht ausdrücklich vor. Dieser Weg ist jedoch in entsprechender Anwendung von § 563 Abs. 1 Satz 2 ZPO eröffnet. Eine derartige Notwendigkeit kann auch bei einer Zurückverweisung im Rahmen des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens entstehen (BAG 12. Dezember 2006 - 3 AZN 625/06 - Rn. 33, BAGE 120, 322).

43

6. Der Senat sieht von einer weiteren Begründung gemäß § 72a Abs. 5 Satz 5 ArbGG ab.

44

III. Die nach der Zurückverweisung zuständige Kammer des Landesarbeitsgerichts wird zu prüfen haben, ob sie - ggf. nach Einholung eines erneuten Sachverständigengutachtens - ebenfalls von der Prozessunfähigkeit des Klägers ausgeht. In diesem Fall wird zu klären sein, ob eine durchgehende Prozessunfähigkeit seit Beginn des Verfahrens vorliegt, so dass eine konkludente Genehmigung der bisherigen Prozesshandlungen durch den zeitweise prozessfähigen Kläger ausscheidet (vgl. BAG 28. Mai 2009 - 6 AZN 17/09 - Rn. 10). Bei zeitweiser Prozessfähigkeit wären die Vorgaben der §§ 86, 246 ZPO zu beachten. Bei durchgehender Prozessunfähigkeit wird das Landesarbeitsgericht dem Kläger wiederum Gelegenheit geben müssen, für eine gesetzliche Vertretung durch Bestellung eines Betreuers zu sorgen.

45

Sollte das Landesarbeitsgericht demgegenüber zu der Auffassung gelangen, dass der Kläger prozessfähig ist, wird es den Rechtsstreit nach mündlicher Verhandlung unter Hinzuziehung der ehrenamtlichen Richter entscheiden müssen.

46

IV. Das Landesarbeitsgericht wird auch über die Kosten des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens zu entscheiden haben.

47

V.  Die Wertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 GKG.

        

    Fischermeier    

        

    Spelge    

        

    Krumbiegel    

        

        

        

    Augat    

        

    Kreis    

                 

(1) Erscheinen oder verhandeln in einem Termin beide Parteien nicht, so kann das Gericht nach Lage der Akten entscheiden.

(2) Ein Urteil nach Lage der Akten darf nur ergehen, wenn in einem früheren Termin mündlich verhandelt worden ist. Es darf frühestens in zwei Wochen verkündet werden. Das Gericht hat der nicht erschienenen Partei den Verkündungstermin formlos mitzuteilen. Es bestimmt neuen Termin zur mündlichen Verhandlung, wenn die Partei dies spätestens am siebenten Tag vor dem zur Verkündung bestimmten Termin beantragt und glaubhaft macht, dass sie ohne ihr Verschulden ausgeblieben ist und die Verlegung des Termins nicht rechtzeitig beantragen konnte.

(3) Wenn das Gericht nicht nach Lage der Akten entscheidet und nicht nach § 227 vertagt, ordnet es das Ruhen des Verfahrens an.

(1) Der Vorsitzende entscheidet außerhalb der streitigen Verhandlung allein

1.
bei Zurücknahme der Klage;
2.
bei Verzicht auf den geltend gemachten Anspruch;
3.
bei Anerkenntnis des geltend gemachten Anspruchs;
4.
bei Säumnis einer Partei;
4a.
über die Verwerfung des Einspruchs gegen ein Versäumnisurteil oder einen Vollstreckungsbescheid als unzulässig;
5.
bei Säumnis beider Parteien;
6.
über die einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung;
7.
über die örtliche Zuständigkeit;
8.
über die Aussetzung und Anordnung des Ruhens des Verfahrens;
9.
wenn nur noch über die Kosten zu entscheiden ist;
10.
bei Entscheidungen über eine Berichtigung des Tatbestandes, soweit nicht eine Partei eine mündliche Verhandlung hierüber beantragt;
11.
im Fall des § 11 Abs. 3 über die Zurückweisung des Bevollmächtigten oder die Untersagung der weiteren Vertretung.

(2) Der Vorsitzende kann in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1, 3 und 4a bis 10 eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung treffen. Dies gilt mit Zustimmung der Parteien auch in dem Fall des Absatzes 1 Nr. 2.

(3) Der Vorsitzende entscheidet ferner allein, wenn in der Verhandlung, die sich unmittelbar an die Güteverhandlung anschließt, eine das Verfahren beendende Entscheidung ergehen kann und die Parteien übereinstimmend eine Entscheidung durch den Vorsitzenden beantragen; der Antrag ist in das Protokoll aufzunehmen.

(4) Der Vorsitzende kann vor der streitigen Verhandlung einen Beweisbeschluß erlassen, soweit er anordnet

1.
eine Beweisaufnahme durch den ersuchten Richter;
2.
eine schriftliche Beantwortung der Beweisfrage nach § 377 Abs. 3 der Zivilprozeßordnung;
3.
die Einholung amtlicher Auskünfte;
4.
eine Parteivernehmung;
5.
die Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens.
Anordnungen nach Nummer 1 bis 3 und 5 können vor der streitigen Verhandlung ausgeführt werden.

Tenor

1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 19. Dezember 2012 - 7 Sa 603/12 - aufgehoben.

2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen verhaltensbedingten Kündigung.

2

Der 1969 geborene, ledige Kläger war seit 1985 bei der Beklagten und deren Rechtsvorgängerin beschäftigt. Er wurde zuletzt als Kundendiensttechniker im Außendienst eingesetzt. Zu dienstlichen Zwecken stand ihm ein Dienstfahrzeug zur Verfügung. Vor Urlaubsantritt oder bei Arbeitsunfähigkeit hatte er den Fahrzeugschlüssel und das Fahrtenbuch im Betrieb abzugeben. Weil er dieser Weisung anlässlich einer Arbeitsunfähigkeit und eines Urlaubs in der Zeit vom 19. November 2002 bis zum 25. Februar 2003 nicht nachgekommen war, mahnte die Rechtsvorgängerin der Beklagten ihn ab und kündigte das Arbeitsverhältnis der Parteien im Februar 2003 außerordentlich, hilfsweise ordentlich. Die hiergegen gerichtete Kündigungsschutzklage hatte Erfolg.

3

Vor Antritt eines Urlaubs im Oktober 2008 hatte der Kläger den Schlüssel des Dienstfahrzeugs und das Fahrtenbuch erneut nicht im Betrieb hinterlegt. Mit Schreiben vom 29. Januar 2009 ermahnte ihn die Beklagte nochmals, die Anweisungen einzuhalten. Gleichzeitig kündigte sie an, weitere arbeitsrechtliche Maßnahmen zu ergreifen, wenn bis zum 15. Februar 2009 keine Besserung erkennbar sei und er die Anweisungen weiterhin missachte. Am selben Abend nahm er die Kfz-Utensilien nach einer Spätschicht erneut mit nach Hause.

4

Ab dem 9. Februar 2009 war der Kläger krankheitsbedingt arbeitsunfähig. Ausweislich einer Aufstellung der Krankenkasse war er im Zeitraum vom 9. Februar 2009 bis zum 7. März 2009 aufgrund einer Gastritis sowie vom 9. bis 17. März 2009 an einer „sonstigen depressiven Episode“ erkrankt. Ab dem 17. März 2009 behandelte ihn ein Facharzt für Psychiatrie, der ihm ebenfalls eine „sonstige depressive Episode“ bescheinigte. In einem Attest seiner Hausärztin vom 1. Oktober 2010 heißt es, bei dem Kläger beständen seit Jahren „massive Beschwerden vom Magen sowie von der Psyche her“. Insbesondere in der Zeit vom 9. Februar 2009 bis zum 7. März 2009 habe er unter Magenschmerzen, Tendenz zu sozialem Rückzug, Antriebsstörungen und Vermeidungshaltungen gelitten. Während seiner Erkrankung gab der Kläger erneut weder die Fahrzeugutensilien heraus noch teilte er der Beklagten mit, wo sie sich befänden und wie eine Herausgabe sichergestellt werden könne.

5

Mit Schreiben vom 16. und 18. Februar 2009 mahnte die Beklagte den Kläger ab. Mit Schreiben vom 2. März 2009 hörte sie den Betriebsrat zu ihrer Absicht an, das Arbeitsverhältnis der Parteien ordentlich zu kündigen. Der Betriebsrat widersprach dem. Mit Schreiben vom 9. März 2009 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis ordentlich zum 31. Oktober 2009.

6

Mit seiner rechtzeitig erhobenen Klage hat sich der Kläger gegen die Kündigung gewandt. Er hat behauptet, in der Zeit vom 9. Februar bis 7. März 2009 habe er sich in einer akuten depressiven Episode befunden, die durch völlige Antriebsschwäche gekennzeichnet gewesen sei. Aufgrund der gesundheitlichen Beeinträchtigung sei er nicht in der Lage gewesen, wie von ihm verlangt zu handeln. Zudem lägen keine schwerwiegenden Pflichtverstöße vor. Wahrer Hintergrund der Kündigung sei seine schwere Erkrankung, die zu häufigen Fehlzeiten führe.

7

Der Kläger hat beantragt

        

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung vom 9. März 2009 nicht mit Ablauf des 31. Oktober 2009 aufgelöst worden ist.

8

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat gemeint, der Kläger habe bewusst und beharrlich gegen ihm erteilte Weisungen verstoßen. Er sei offensichtlich nicht bereit, berechtigten Forderungen nachzukommen. Eine Beschäftigung im Innendienst sei nicht möglich, weil er unter Vorlage eines betriebsärztlichen Attests die Beschäftigung im Außendienst verlangt habe. Zudem sei ein geeigneter freier Arbeitsplatz im Innendienst nicht vorhanden. Für eine Erkrankung, die ein schuldhaftes Verhalten des Klägers ausschließe, lägen keine ausreichenden Anhaltspunkte vor.

9

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben, das Landesarbeitsgericht hat sie abgewiesen. Auf die Revision des Klägers hat der Senat die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts mit Urteil vom 3. November 2011 (- 2 AZR 748/10 -) aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen. Die Pflichtverletzung des Klägers könne eine ordentliche Kündigung nicht rechtfertigen, wenn dieser aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage gewesen sei, sein Verhalten bewusst zu steuern. Dem entsprechenden Vortrag des Klägers sei das Landesarbeitsgericht nicht nachgegangen.

10

Die Beklagte hat sich daraufhin zum Beweis für eine Steuerungsfähigkeit des Klägers auf das Zeugnis der ihn behandelnden Ärzte berufen. Mit Schriftsatz vom 21. Juni 2012 hat der Kläger drei auf den 12. Juni 2012 datierte, gleichlautende Erklärungen des Inhalts zur Gerichtsakte gereicht, dass er die betreffenden Ärzte „von der ärztlichen Schweigepflicht [entbinde und sich] damit einverstanden [erkläre], dass alle erforderlichen Auskünfte erteilt werden, die im Zusammenhang mit [seiner] Erkrankung stehen und dass von allen Berichten, Auskünften und Gutachten [seinem Prozessbevollmächtigten] Abschriften zur Verfügung gestellt werden“.

11

Mit Beschluss vom 20. August 2012 bestimmte das Landesarbeitsgericht Termin zur mündlichen Verhandlung und Durchführung einer Beweisaufnahme. Mit Schriftsatz vom 26. September 2012 bat der Prozessbevollmächtigte des Klägers „ausdrücklich“ darum, ärztliche Atteste und Krankenunterlagen der behandelnden Ärzte, die bei Gericht eingereicht würden, nicht an die Beklagte und deren anwaltliche Vertretung zu versenden.

12

Am 4. Oktober 2012 teilte das Landesarbeitsgericht mit, eine Schweigepflichtentbindung, die den Prozessgegner ausspare, sei „nicht möglich“. Es setzte dem Kläger eine Frist bis zum 19. Oktober 2012, um die ihn behandelnden Ärzte auch gegenüber der Beklagten von der Schweigepflicht zu entbinden. Mit Schriftsatz vom selben Tag erklärte der Prozessbevollmächtigte des Klägers, die Beklagte habe keinen Anspruch auf Kenntnis der höchstpersönlichen Krankheitsmerkmale. Möglicherweise komme „eine Vorgehensweise derart in Betracht, dass für die Zeit der Beweisaufnahme nur der anwaltliche Prozessvertreter der Beklagten, … [nicht dagegen] der Vertreter der Arbeitgeberin“ anwesend sei.

13

Mit Beschluss vom 25. Oktober 2012 wies das Landesarbeitsgericht den Kläger unter nochmaliger Fristsetzung darauf hin, dass eine Beweisaufnahme unter Ausschluss der beklagten Partei prozessual unzulässig sei. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers teilte daraufhin mit, eine Rücksprache mit diesem sei bislang nicht möglich gewesen. „Ohne Verzicht auf die höchstpersönlichen Grundrechte des Klägers“ erkläre er aber, dass „die bereits vom Kläger abgegebene Erklärung über die Entbindung von der Schweigepflicht uneingeschränkt gelten“ solle.

14

Mit Beschluss vom 13. November 2012 wies das Landesarbeitsgericht darauf hin, dass die Entbindung eines Arztes von der Schweigepflicht eine höchstpersönliche Entscheidung der Partei sei. Sie sei von der erteilten Prozessvollmacht nicht gedeckt. Der Kläger erhalte bis zum 16. November 2012 erneut Gelegenheit, eine uneingeschränkte Erklärung über die Entbindung der behandelnden Ärzte von der Schweigepflicht zur Akte zu reichen.

15

Mit Schriftsatz vom 15. November 2012 bat der Prozessbevollmächtigte des Klägers darum, die als Zeugen geladenen Ärzte nicht abzuladen, und kündigte an, der Kläger werde im Termin zur mündlichen Verhandlung eine Erklärung über ihre Entbindung von der Schweigepflicht zu Protokoll geben. Dafür mache er sich persönlich „stark“.

16

Bei der mündlichen Verhandlung am 21. November 2012 war der Kläger nicht anwesend. Mit E-Mail vom selben Tag hatte er mitgeteilt, er sei arbeitsunfähig erkrankt. Sein Prozessbevollmächtigter wiederum erschien aufgrund einer Verkehrsstörung verspätet zum Termin. Er hatte vorab telefonisch um Vernehmung der Zeugen gebeten. Der Kläger wünsche dies ausdrücklich. Im Besitz einer schriftlichen Erklärung des Klägers, mit der dieser die Zeugen von ihrer Schweigepflicht entbinde, sei er nicht. Davon setzte die Kammervorsitzende die Zeugen und die Beklagte in Kenntnis. Die Zeugen erklärten, sie sagten nur bei Vorliegen einer schriftlichen Entbindungserklärung aus. Das Gericht entließ die Zeugen daraufhin noch vor dem Eintreffen des Klägervertreters. Nachdem dieser erschienen war, teilte er mit, er habe am Tag zuvor mit dem Kläger telefoniert; dieser habe ihm gegenüber erklärt, dass die Schweigepflichtentbindung vom 12. Juni 2012 uneingeschränkt gelten solle.

17

Der Klägervertreter hat keinen Antrag gestellt. Die Beklagte hat beantragt, nach Lage der Akten zu entscheiden und die Klage unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils abzuweisen. Das Landesarbeitsgericht beschloss, nach Lage der Akten zu entscheiden, und beraumte Termin zur Verkündung einer Entscheidung auf den 19. Dezember 2012 an. Mit Schriftsatz vom 10. Dezember 2012 reichte der Kläger eine ärztliche Bescheinigung zur Akte, derzufolge er vom 20. bis 23. November 2012 arbeitsunfähig erkrankt und außerstande gewesen sei, am Termin zur mündlichen Verhandlung teilzunehmen.

18

Nach Beratung am 18. Dezember 2012 hat das Landesarbeitsgericht die Klage mit Urteil vom 19. Dezember 2012 „auf die mündliche Verhandlung vom 21.11.2012“ abgewiesen. Mit der Revision begehrt der Kläger, das Urteil des Arbeitsgerichts wiederherzustellen.

Entscheidungsgründe

19

Die Revision ist begründet. Mit der von ihm gegebenen Begründung durfte das Landesarbeitsgericht die Klage nicht abweisen. Die Sache war erneut an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen. Der Senat kann den Rechtsstreit nicht abschließend entscheiden. Der relevante Sachverhalt ist noch immer nicht festgestellt.

20

I. Das Landesarbeitsgericht durfte nach Lage der Akten entscheiden.

21

1. Gemäß § 331a Satz 2, § 251a Abs. 2 ZPO darf beim Ausbleiben einer Partei im Termin ein Urteil nach Lage der Akten ergehen, wenn in einem früheren Termin mündlich verhandelt worden ist. Es darf frühestens zwei Wochen später verkündet werden. Das Gericht hat der nicht erschienenen Partei den Verkündungstermin formlos mitzuteilen. Es bestimmt einen neuen Termin zur mündlichen Verhandlung, wenn die Partei dies spätestens am siebenten Tag vor dem zur Verkündung bestimmten Termin beantragt und glaubhaft macht, dass sie ohne ihr Verschulden ausgeblieben ist und die Verlegung des Termins nicht rechtzeitig beantragen konnte.

22

2. Eine Verhandlung „in einem früheren Termin“ ist auch eine solche, die bei dem Landesarbeitsgericht vor einer Zurückverweisung der Sache durch das Bundesarbeitsgericht stattgefunden hat.

23

a) Durch die Zurückverweisung der Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht wird das Verfahren in der Lage wieder eröffnet, in der es sich befunden hat, als die Verhandlung vor dem Erlass des aufgehobenen Urteils geschlossen wurde (RG 1. November 1935 - VI 453/34 - zu 1 der Gründe, RGZ 149, 157). Das Verfahren vor und nach der Zurückverweisung bildet eine Einheit (MüKoZPO/Gehrlein 4. Aufl. § 251a Rn. 16; Zöller/Greger ZPO 30. Aufl. § 251a Rn. 3). Etwas anderes gilt nur dann, wenn das Revisionsgericht nicht allein das Berufungsurteil, sondern nach § 562 Abs. 2 ZPO zugleich das diesem zugrunde liegende Verfahren aufgehoben hat.

24

b) Dem steht nicht entgegen, dass es nach der Zurückverweisung zu einem Wechsel der zuständigen Richter kommen kann. Das Erfordernis einer früheren mündlichen Verhandlung soll gewährleisten, dass die Parteien ihre Standpunkte zumindest einmal mündlich vortragen können (RG 1. November 1935 - VI 453/34 - zu 1 der Gründe, RGZ 149, 157). Diesem Zweck ist auch dann Rechnung getragen, wenn die erkennende Kammer bei der mündlichen Verhandlung personell anders besetzt war oder die Verhandlung vor einer anderen Kammer stattgefunden hat (RG 1. November 1935 - VI 453/34 - aaO). § 309 ZPO ist insoweit nicht anwendbar. Die frühere Verhandlung ist lediglich Voraussetzung für das Urteil nach Lage der Akten, sie liegt diesem jedoch nicht iSv. § 309 ZPO zugrunde(RG 1. November 1935 - VI 453/34 - aaO; MüKoZPO/Gehrlein 4. Aufl. § 251a Rn. 17).

25

c) Entgegen der Auffassung des Klägers ist eine mündliche Verhandlung nach der Zurückverweisung auch nicht deshalb Voraussetzung für eine Entscheidung nach Lage der Akten, weil die Parteien die Möglichkeit haben müssen, neue Tatsachen vorzutragen. Das Gebot der Gewährung rechtlichen Gehörs erfordert nicht stets eine mündliche Verhandlung. Ihm ist auch dann Genüge getan, wenn die betreffende Partei Gelegenheit hatte, sich zu der Rechtssache schriftlich zu äußern.

26

3. Das Landesarbeitsgericht musste keinen neuen Termin zur mündlichen Verhandlung anberaumen. Es kann dahinstehen, ob das in § 251a Abs. 2 Satz 4 ZPO vorgesehene Recht, die Anberaumung eines neuen Termins zur mündlichen Verhandlung zu beantragen, nur einer Partei zusteht, die dem Termin ohne ihr Verschulden gänzlich ferngeblieben ist(so Stein/Jonas/Roth 22. Aufl. § 251a Rn. 19; Zöller/Greger ZPO 30. Aufl. § 251a Rn. 7; Wieczorek/Schütze/Gerken 4. Aufl. § 251a ZPO Rn. 24; Musielak/Stadler ZPO 11. Aufl. § 251a Rn. 4), oder auch einer Partei, die zwar erschienen ist, aber nicht verhandelt hat (so MüKoZPO/Gehrlein 4. Aufl. § 251a Rn. 27, 29). Der Kläger hat nicht geltend gemacht, er habe ohne sein Verschulden nicht verhandelt. Zwar konnte er selbst aus gesundheitlichen Gründen nicht zur mündlichen Verhandlung erscheinen. Dies führte jedoch nicht dazu, dass auch sein im Termin anwesender Prozessbevollmächtigter nicht in der Lage gewesen wäre zu verhandeln. Gründe dafür, dass eine Verhandlung in seiner persönlichen Abwesenheit nicht möglich gewesen sei, hat der Kläger nicht vorgetragen.

27

4. Ein Verfahrensfehler folgt nicht daraus, dass das Landesarbeitsgericht den Parteien den Beratungstermin nicht mitgeteilt hatte. § 251a Abs. 2 Satz 3 ZPO sieht nur die Mitteilung des Verkündungstermins vor. Spätestens ab dem sechsten Tag vor dem Verkündungstermin müssen die Parteien jederzeit mit einer, ggf. mehreren Beratungen der Kammer rechnen. Inwiefern dem Kläger, wie er meint, „zu dieser Beratung“ Gelegenheit zur Stellungnahme hätte eingeräumt werden müssen, ist nicht ersichtlich. Seinem Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs war dadurch Genüge getan, dass das Landesarbeitsgericht sämtliche bis zu seiner Beratung eingegangenen Schriftsätze der Parteien zur Kenntnis genommen und gewürdigt hat.

28

5. Das angefochtene Urteil ist - anders als der Kläger meint - nicht deshalb verfahrensfehlerhaft, weil es ausweislich seines Rubrums „auf die mündliche Verhandlung vom 21.11.2012“ ergangen ist. Zwar ist die Entscheidung nicht auf eine mündliche Verhandlung hin, sondern nach Lage der Akten am 21. November 2012 ergangen. In der falschen Angabe liegt jedoch keine Verletzung einer Rechtsnorm iSv. § 73 ArbGG. Der Fehler unterliegt als offenbare Unrichtigkeit nur der Berichtigung gemäß § 319 ZPO.

29

II. Das Landesarbeitsgericht hat auf der Grundlage seiner bisherigen Feststellungen zu Unrecht angenommen, der Kläger habe im Frühjahr 2009 seine arbeitsvertraglichen Pflichten in vorwerfbarer Weise verletzt. Es durfte den Vortrag der Beklagten, der Kläger sei nicht außerstande gewesen, sein vertragswidriges Verhalten zu steuern, nicht ohne Vernehmung der Zeugen für wahr erachten.

30

1. Der Arbeitgeber trägt im Kündigungsschutzprozess die Darlegungs- und Beweislast auch dafür, dass solche Tatsachen nicht vorgelegen haben, die das kündigungsrelevante Verhalten des Arbeitnehmers gerechtfertigt oder entschuldigt erscheinen lassen (vgl. BAG 3. November 2011 - 2 AZR 748/10 - Rn. 23; 21. Mai 1992 - 2 AZR 10/92 - zu II 2 b bb der Gründe, BAGE 70, 262). Beruft sich der Arbeitnehmer insoweit auf eine Erkrankung und legt er substantiiert dar, woran er erkrankt war und weshalb er aus diesem Grunde nicht nur arbeitsunfähig war, sondern auch bestimmte Nebenpflichten nicht ordnungsgemäß erfüllen konnte, kann sich der Arbeitgeber zum Beweis dafür, dass die Behauptungen des Arbeitnehmers nicht zutreffen, auf das Zeugnis der behandelnden Ärzte berufen. Aufgrund seiner prozessualen Mitwirkungspflicht obliegt es dem Kläger, diese von ihrer Schweigepflicht zu entbinden (zur prozessualen Mitwirkungspflicht des Arbeitnehmers bei der krankheitsbedingten Kündigung vgl. BAG 10. November 2005 - 2 AZR 44/05 - zu B I 2 a der Gründe).

31

2. Gemäß § 286 Abs. 1 ZPO hat das Gericht unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei. Das Gericht hat dabei auch die prozessualen und vorprozessualen Handlungen, Erklärungen und Unterlassungen der Parteien und ihrer Vertreter zu würdigen. Weigert sich ein Prozessbeteiligter, seine Ärzte von der Schweigepflicht zu entbinden, und macht er der beweispflichtigen Gegenpartei die Beweisführung unmöglich, kann das als Beweisvereitelung im Rahmen der Beweiswürdigung zu berücksichtigen sein. Dabei führt eine solche Beweisvereitelung - anders als mangelndes Bestreiten nach § 138 Abs. 3 ZPO - nicht ohne Weiteres dazu, dass der Vortrag der beweisbelasteten Partei als zugestanden gilt. Vielmehr kommen Beweiserleichterungen bis hin zur Umkehr der Beweislast in Betracht, wenn dem Beweispflichtigen die volle Beweislast billigerweise nicht mehr zugemutet werden kann (BAG 19. Februar 1997 - 5 AZR 747/93 - zu B II 3 der Gründe, BAGE 85, 140; BGH 23. Oktober 2008 - VII ZR 64/07 - Rn. 23). Welche beweisrechtlichen Konsequenzen angemessen sind, ist unter Würdigung sämtlicher Umstände des Einzelfalls zu beurteilen (BGH 23. Oktober 2008 - VII ZR 64/07 - aaO).

32

3. Das Landesarbeitsgericht hat zu Unrecht angenommen, der Kläger habe die Beweisführung der Beklagten vereitelt, weil er die ihn behandelnden Ärzte nicht in ausreichender Weise von der Schweigepflicht entbunden habe.

33

a) Die Entbindung von der Schweigepflicht kann dem Zeugen, der Gegenpartei oder dem Gericht gegenüber erklärt werden. Da es sich bei den Daten, die der Schweigepflicht unterliegen, um geheim zu haltende Angelegenheiten höchstpersönlicher Art handelt, muss in jedem Fall sichergestellt sein, dass die Entbindung von dem Rechtsträger selbst stammt. Das schließt nicht aus, dass die Erklärung nach außen durch einen Prozessbevollmächtigten erfolgen oder schon in der Benennung einer der in § 383 Abs. 1 Nr. 6 ZPO bezeichneten Personen als Zeuge zu sehen sein kann. In Zweifelsfällen hat das Gericht zu klären, ob die Erklärung von der Partei selbst getragen wird oder ohne entsprechendes Einverständnis abgegeben worden ist (BAG 12. Januar 1995 - 2 AZR 366/94 - zu 2 c der Gründe).

34

b) Der Kläger hatte die von der Beklagten benannten Zeugen wirksam von ihrer ärztlichen Schweigepflicht entbunden.

35

aa) Mit drei gleichlautenden, von ihm persönlich unterzeichneten Schreiben vom 12. Juni 2012 hatte er erklärt, er entbinde die betreffenden Ärzte von ihrer Schweigepflicht. Er sei damit einverstanden, dass alle erforderlichen Auskünfte erteilt würden, die im Zusammenhang mit seiner Erkrankung ständen.

36

bb) Die mit Schriftsatz vom 26. September 2012 nachträglich erklärte Beschränkung dieser Entbindung hat der Kläger entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts nicht aufrechterhalten.

37

(1) Das Landesarbeitsgericht hat den Kläger nach Eingang des Schriftsatzes zu Recht darauf hingewiesen, dass eine Entbindung von der Schweigepflicht, die dem Arzt eine Aussage nur in Abwesenheit der gegnerischen Partei gestattet, der prozessualen Mitwirkungspflicht nicht genügt. Die Entbindung von der Schweigepflicht nach § 385 Abs. 2 ZPO soll die Erhebung des Zeugenbeweises durch Vernehmung einer gemäß § 383 Abs. 1 Nr. 4, Nr. 6 ZPO an sich zur Zeugnisverweigerung berechtigten Person ermöglichen. Gestattet ein Prozessbeteiligter dem ihn behandelnden Arzt die Aussage nur in Abwesenheit der gegnerischen Partei, ist das Gericht gehindert, den Arzt als Zeugen zu vernehmen. Andernfalls verstieße es gegen das Gebot der Parteiöffentlichkeit der Beweisaufnahme in § 357 Abs. 1 ZPO und verletzte damit den Anspruch der nicht anwesenden Partei auf Gewährung rechtlichen Gehörs aus Art. 103 Abs. 1 GG.

38

(2) Nach diesem Hinweis hat der Kläger an der Beschränkung seiner Entbindung nicht festgehalten.

39

(a) Zwar vermochte das Schreiben des Prozessbevollmächtigten vom 12. November 2012, die Entbindung von der Schweigepflicht solle uneingeschränkt gelten, die zuvor erklärte Beschränkung nicht aufzuheben. Angesichts der Bemerkung des Prozessbevollmächtigten, er habe bislang keine Gelegenheit gehabt, mit dem Kläger persönlich Rücksprache zu halten, war nicht sichergestellt, dass der Erklärung eine Gestattung des Klägers als des Rechtsinhabers zugrunde lag.

40

(b) Ausweislich der Sitzungsniederschrift vom 21. November 2012 hat der anreisende Prozessbevollmächtigte jedoch auf telefonische Nachfrage mitgeteilt, er habe zwar keine schriftliche Erklärung des Klägers über die Entbindung der anwesenden Zeugen von ihrer Schweigepflicht bei sich, der Kläger habe ihm gegenüber aber ausdrücklich die Zeugenvernehmung gewünscht. Das war nicht anders zu verstehen, als dass der Kläger eine Beweisaufnahme auch in Gegenwart eines Vertreters der Beklagten gestatte. Dies hat der Klägervertreter nach seinem Erscheinen im Termin unter Verweis auf ein mit dem Kläger am Vortag geführtes Telefonat klargestellt. Anhaltspunkte für die Annahme, die Erklärung sei gleichwohl nicht vom höchstpersönlichen Willen des Klägers getragen, bestanden nicht. Dies gilt umso mehr, als das Landesarbeitsgericht in seinem Urteil ausgeführt hat, der Kläger sei in den Tagen vor der mündlichen Verhandlung „zweifellos dazu in der Lage [gewesen], sachgerechte Erklärungen abzugeben“. Entgegen der Annahme des Landesarbeitsgerichts war es für die Wirksamkeit der Erklärung nicht erforderlich, dass sie schriftlich erfolgt wäre. Selbst eine in der Benennung von Zeugen liegende konkludente Erklärung kann ausreichen (vgl. Musielak/Huber ZPO 11. Aufl. § 385 Rn. 8).

41

c) Das Landesarbeitsgericht durfte nicht deshalb von der Beweisaufnahme absehen, weil die der prozessualen Mitwirkungspflicht schließlich genügende Entbindungserklärung erst nach Ablauf der seitens des Gerichts nach § 356 ZPO bis zum 16. November 2012 gesetzten Frist einging. Durch die Vernehmung der im Termin anwesenden Zeugen wäre das Verfahren nicht verzögert worden.

42

d) Selbst wenn dem Landesarbeitsgericht zugute zu halten sein sollte, dass es letzte Zweifel am Willen des Klägers, die Ärzte von ihrer Schweigepflicht zu entbinden, als nicht ausgeräumt betrachten durfte, so durfte es angesichts des Ablaufs der Geschehnisse doch nicht annehmen, der Kläger wolle den der Beklagten obliegenden Beweis seiner Steuerungsfähigkeit tatsächlich vereiteln. Sein Ziel war es ersichtlich nicht, der Beklagten die Beweisführung unmöglich zu machen. Es ging ihm lediglich darum, ihren Mitarbeitern - nicht auch ihrem Prozessbevollmächtigten und dem Gericht - sensible höchstpersönliche Daten vorzuenthalten. Dies ist grundsätzlich von § 385 Abs. 2, § 383 Abs. 1 Nr. 6 ZPO gedeckt. Wenn der Kläger deshalb - und sei es ungeschickt und auf rechtlich nicht mögliche Weise - die Entbindung seiner Ärzte von der Schweigepflicht möglichst eng zu gestalten suchte, liegt darin nicht die Absicht der Beweisvereitelung.

43

III. Der Senat kann den Rechtsstreit nicht abschließend entscheiden. Der relevante Sachverhalt ist noch nicht hinreichend festgestellt (§ 563 Abs. 3 ZPO). Es bedarf der Vernehmung der von der Beklagten als Zeugen benannten Ärzte.

44

1. Die Beklagte ist der ihr obliegenden Darlegungslast nachgekommen. Sie hat unter Verweis auf dessen Verhalten in der Vergangenheit, den häufigen Wechsel der Ärzte und deren Diagnosen die vom Kläger behauptete Steuerungsunfähigkeit in Abrede gestellt und zum Beweis für die Richtigkeit ihres Vortrags die behandelnden Ärzte als Zeugen benannt. Eine weitergehende Darlegung war von ihr nicht zu verlangen. Der Beweisgegenstand betrifft Geschehensabläufe aus der Sphäre des Klägers.

45

2. Das Landesarbeitsgericht wird die bislang unterbliebene Beweisaufnahme nachzuholen haben. Der Kläger hat die zu vernehmenden Ärzte ordnungsgemäß von ihrer Schweigepflicht entbunden. In der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesarbeitsgericht hat er überdies persönlich bekräftigt, er sei damit einverstanden, dass die Zeugen auch in Gegenwart eines weiteren Vertreters der Beklagten vernommen würden.

        

    Kreft    

        

    Berger    

        

    Rinck    

        

        

        

    Krichel    

        

    Pitsch    

                 

(1) Die nicht auf Grund einer mündlichen Verhandlung ergehenden Beschlüsse und Verfügungen erläßt, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Vorsitzende allein. Entsprechendes gilt für Amtshandlungen auf Grund eines Rechtshilfeersuchens.

(2) Im übrigen gelten für die Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über das landgerichtliche Verfahren entsprechend.

(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Berufung muß innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung der Berufungsbegründung beantwortet werden. Mit der Zustellung der Berufungsbegründung ist der Berufungsbeklagte auf die Frist für die Berufungsbeantwortung hinzuweisen. Die Fristen zur Begründung der Berufung und zur Berufungsbeantwortung können vom Vorsitzenden einmal auf Antrag verlängert werden, wenn nach seiner freien Überzeugung der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn die Partei erhebliche Gründe darlegt.

(2) Die Bestimmung des Termins zur mündlichen Verhandlung muss unverzüglich erfolgen. § 522 Abs. 1 der Zivilprozessordnung bleibt unberührt; die Verwerfung der Berufung ohne mündliche Verhandlung ergeht durch Beschluss des Vorsitzenden. § 522 Abs. 2 und 3 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung.

War eine Partei ohne ihr Verschulden verhindert, eine Notfrist oder die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde oder die Frist des § 234 Abs. 1 einzuhalten, so ist ihr auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist.

(1) Die Form des Antrags auf Wiedereinsetzung richtet sich nach den Vorschriften, die für die versäumte Prozesshandlung gelten.

(2) Der Antrag muss die Angabe der die Wiedereinsetzung begründenden Tatsachen enthalten; diese sind bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Prozesshandlung nachzuholen; ist dies geschehen, so kann Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden.

(1) Die Parteien können vor dem Arbeitsgericht den Rechtsstreit selbst führen. Parteien, die eine fremde oder ihnen zum Zweck der Einziehung auf fremde Rechnung abgetretene Geldforderung geltend machen, müssen sich durch einen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten vertreten lassen, soweit sie nicht nach Maßgabe des Absatzes 2 zur Vertretung des Gläubigers befugt wären oder eine Forderung einziehen, deren ursprünglicher Gläubiger sie sind.

(2) Die Parteien können sich durch einen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten vertreten lassen. Darüber hinaus sind als Bevollmächtigte vor dem Arbeitsgericht vertretungsbefugt nur

1.
Beschäftigte der Partei oder eines mit ihr verbundenen Unternehmens (§ 15 des Aktiengesetzes); Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch Beschäftigte anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen,
2.
volljährige Familienangehörige (§ 15 der Abgabenordnung, § 11 des Lebenspartnerschaftsgesetzes), Personen mit Befähigung zum Richteramt und Streitgenossen, wenn die Vertretung nicht im Zusammenhang mit einer entgeltlichen Tätigkeit steht,
3.
selbständige Vereinigungen von Arbeitnehmern mit sozial- oder berufspolitischer Zwecksetzung für ihre Mitglieder,
4.
Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,
5.
juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in Nummer 4 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
Bevollmächtigte, die keine natürlichen Personen sind, handeln durch ihre Organe und mit der Prozessvertretung beauftragten Vertreter.

(3) Das Gericht weist Bevollmächtigte, die nicht nach Maßgabe des Absatzes 2 vertretungsbefugt sind, durch unanfechtbaren Beschluss zurück. Prozesshandlungen eines nicht vertretungsbefugten Bevollmächtigten und Zustellungen oder Mitteilungen an diesen Bevollmächtigten sind bis zu seiner Zurückweisung wirksam. Das Gericht kann den in Absatz 2 Satz 2 Nr. 1 bis 3 bezeichneten Bevollmächtigten durch unanfechtbaren Beschluss die weitere Vertretung untersagen, wenn sie nicht in der Lage sind, das Sach- und Streitverhältnis sachgerecht darzustellen.

(4) Vor dem Bundesarbeitsgericht und dem Landesarbeitsgericht müssen sich die Parteien, außer im Verfahren vor einem beauftragten oder ersuchten Richter und bei Prozesshandlungen, die vor dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle vorgenommen werden können, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Als Bevollmächtigte sind außer Rechtsanwälten nur die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 4 und 5 bezeichneten Organisationen zugelassen. Diese müssen in Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht durch Personen mit Befähigung zum Richteramt handeln. Eine Partei, die nach Maßgabe des Satzes 2 zur Vertretung berechtigt ist, kann sich selbst vertreten; Satz 3 bleibt unberührt.

(5) Richter dürfen nicht als Bevollmächtigte vor dem Gericht auftreten, dem sie angehören. Ehrenamtliche Richter dürfen, außer in den Fällen des Absatzes 2 Satz 2 Nr. 1, nicht vor einem Spruchkörper auftreten, dem sie angehören. Absatz 3 Satz 1 und 2 gilt entsprechend.

(6) In der Verhandlung können die Parteien mit Beiständen erscheinen. Beistand kann sein, wer in Verfahren, in denen die Parteien den Rechtsstreit selbst führen können, als Bevollmächtigter zur Vertretung in der Verhandlung befugt ist. Das Gericht kann andere Personen als Beistand zulassen, wenn dies sachdienlich ist und hierfür nach den Umständen des Einzelfalls ein Bedürfnis besteht. Absatz 3 Satz 1 und 3 und Absatz 5 gelten entsprechend. Das von dem Beistand Vorgetragene gilt als von der Partei vorgebracht, soweit es nicht von dieser sofort widerrufen oder berichtigt wird.

(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt.

(2) Die Berufung kann nur eingelegt werden,

a)
wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist,
b)
wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt,
c)
in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder
d)
wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe.

(3) Das Arbeitsgericht hat die Berufung zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Rechtssache Rechtsstreitigkeiten betrifft
a)
zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen,
b)
über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Arbeitsgerichts hinaus erstreckt, oder
c)
zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt, oder
3.
das Arbeitsgericht in der Auslegung einer Rechtsvorschrift von einem ihm im Verfahren vorgelegten Urteil, das für oder gegen eine Partei des Rechtsstreits ergangen ist, oder von einem Urteil des im Rechtszug übergeordneten Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht.

(3a) Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, ist in den Urteilstenor aufzunehmen. Ist dies unterblieben, kann binnen zwei Wochen ab Verkündung des Urteils eine entsprechende Ergänzung beantragt werden. Über den Antrag kann die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(4) Das Landesarbeitsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(5) Ist die Berufung nicht zugelassen worden, hat der Berufungskläger den Wert des Beschwerdegegenstands glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides Statt darf er nicht zugelassen werden.

(6) Für das Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Berufung entsprechend. Die Vorschriften über das Verfahren vor dem Einzelrichter finden keine Anwendung.

(7) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1 und 3, des § 50, des § 51 Abs. 1, der §§ 52, 53, 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 9, Abs. 2 und 4, des § 54 Absatz 6, des § 54a, der §§ 56 bis 59, 61 Abs. 2 und 3 und der §§ 62 und 63 über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellungen, persönliches Erscheinen der Parteien, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, Güterichter, Mediation und außergerichtliche Konfliktbeilegung, Vorbereitung der streitigen Verhandlung, Verhandlung vor der Kammer, Beweisaufnahme, Versäumnisverfahren, Inhalt des Urteils, Zwangsvollstreckung und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen gelten entsprechend.

(8) Berufungen in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses sind vorrangig zu erledigen.

(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.

(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.

(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge);
2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt;
3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.

(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:

1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt;
2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.

(1) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt.

(2) Die Berufungsschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird;
2.
die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde.

(3) Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.

(4) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsschrift anzuwenden.

(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.

(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.

(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge);
2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt;
3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.

(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:

1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt;
2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.

(1) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt.

(2) Die Berufungsschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird;
2.
die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde.

(3) Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.

(4) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsschrift anzuwenden.

Tenor

1. Auf die Beschwerde des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 27. August 2013 - 8 Sa 62/08 - aufgehoben.

2. Der Rechtsstreit wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens - an eine andere Kammer des Landesarbeitsgerichts zurückverwiesen.

3. Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 9.900,00 Euro festgesetzt.

Gründe

1

I. Die Parteien streiten über die Wirksamkeit eines gerichtlichen Vergleichs.

2

Der Kläger stand auf der Grundlage gerichtlicher Beschlüsse vom 12. Juli 2005 unter Betreuung. Die Parteien begründeten im Jahre 2007 ein Arbeitsverhältnis, welches der Beklagte mit zwei Kündigungen innerhalb der Wartezeit beenden wollte. Der Kläger hat hiergegen Kündigungsschutzklage erhoben. Die Parteien haben vor dem Arbeitsgericht am 12. März 2008 einen verfahrensbeendenden Vergleich geschlossen, welcher ua. die Zahlung einer Abfindung iHv. 56.000,00 Euro brutto als Ausgleich für den Verlust des Arbeitsplatzes vorsieht. Der Beklagte hat daraufhin sowohl den Abschluss des Arbeitsvertrags als auch des Prozessvergleichs wegen arglistiger Täuschung und Irrtums angefochten. Der Kläger hält an der Wirksamkeit des Vergleichs fest.

3

Durch Beschluss des zuständigen Landgerichts vom 31. August 2009 wurde die Betreuung des Klägers aufgehoben. Das Oberlandesgericht hat diese Entscheidung am 30. August 2010 dahin gehend abgeändert, dass die Betreuerbestellung noch für Gerichtsverfahren nach § 579 Abs. 1 Nr. 4 ZPO sowie bezüglich Gerichtsverfahren mit Auslandsbezug besteht. Schließlich hat das Betreuungsgericht mit Beschluss vom 31. Mai 2011 diese Betreuung gänzlich aufgehoben.

4

Das Arbeitsgericht hat in seinem Urteil vom 2. Dezember 2008 den auf die Unwirksamkeit des Vergleichs gerichteten Feststellungsantrag des Beklagten als unbegründet angesehen. Das Landesarbeitsgericht hat nach dem Ende der Vertretung des Klägers durch seinen vormaligen Betreuer mit Beschluss vom 3. Dezember 2010 einen Rechtsanwalt als Prozessbevollmächtigten beigeordnet. Es hat zur Prüfung der Prozessfähigkeit des Klägers ein Gutachten eingeholt. Am 27. November 2012 hat das Landesarbeitsgericht nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit dem Kläger beschlossen, dass der Kläger für das vorliegende Verfahren als prozessunfähig angesehen wird. Ihm wurde Gelegenheit gegeben, bis zum 10. Januar 2013 für die Bestellung eines Betreuers zu sorgen. Am 9. Januar 2013 hat der Kläger das Betreuungsgericht hierüber informiert und gebeten „das Notwendige“ zu veranlassen. Bis zur nächsten mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht am 16. Juli 2013 erfolgte keine Entscheidung über die erneute Bestellung eines Betreuers.

5

In diesem Termin war der Kläger mit dem beigeordneten Rechtsanwalt anwesend. Das Landesarbeitsgericht hat den Kläger jedoch als nicht wirksam vertreten und damit säumig angesehen. Der beigeordnete Rechtsanwalt handle ohne wirksame Vollmacht, da der Kläger partiell prozessunfähig für arbeitsgerichtliche Verfahren sei und insoweit keine Prozessvollmachten erteilen könne. Zwar komme das eingeholte Sachverständigengutachten nicht eindeutig zu dem Ergebnis der Prozessunfähigkeit des Klägers. Diese sei aber aus dem gesamten prozessualen Verhalten des Klägers in einer Vielzahl von Prozessen erkennbar. Auch frühere Begutachtungen sowie ein von dem Beklagten vorgelegtes Gutachten vom 11. September 2011 kämen zu diesem Ergebnis. Der Kläger sei aufgrund einer Geistesstörung nicht in der Lage, seinen Willen frei zu bilden und nach zutreffend gewonnenen Einsichten zu handeln. Insbesondere sei er krankhaft außer Stande, eigene Überzeugungen kritisch zu hinterfragen, den situativen Erfordernissen anzupassen oder gar zu revidieren. Der Kläger sei auch nicht unverschuldet säumig geblieben. Er habe die ihm bis zum 10. Januar 2013 gesetzte Frist nicht genutzt und durch die Mitteilung falscher Anschriften das eingeleitete Betreuungsverfahren verzögert.

6

Auf Antrag des Beklagten hat das Landesarbeitsgericht unter Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung nach Lage der Akten entschieden, dass der Rechtsstreit durch den Vergleich vom 12. März 2008 nicht beendet worden ist. Die Kündigungsschutzklage hat das Landesarbeitsgericht abgewiesen.

7

Das vom Kläger mit Schreiben vom 9. Januar 2013 angeregte Betreuungsverfahren wurde durch das Betreuungsgericht mit Beschluss vom 27. Dezember 2013 eingestellt.

8

II. Die Beschwerde führt zulässig und begründet den absoluten Revisionsgrund des § 547 Nr. 1 ZPO sowie eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör nach Art. 103 Abs. 1 GG an. Nach § 72a Abs. 7 ArbGG hat der Senat das angefochtene Urteil aufgehoben und den Rechtsstreit an eine andere Kammer des Landesarbeitsgerichts zurückverwiesen. Es kann daher dahingestellt bleiben, ob weitere Verletzungen des Anspruchs auf rechtliches Gehör vorliegen, welche ebenfalls zur Zurückverweisung gemäß § 72a Abs. 7 ArbGG geführt hätten. Es bedarf auch keiner Entscheidung, ob die Voraussetzungen einer Grundsatz- oder Divergenzbeschwerde hier erfüllt sind.

9

1. Die Beschwerde ist nicht wegen Versäumung der Fristen zur Einlegung und Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde gemäß § 72a Abs. 2 Satz 1 und § 72a Abs. 3 Satz 1 ArbGG unzulässig.

10

a) Zum Zeitpunkt der Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde am 1. April 2014 waren diese Fristen mit Blick auf die Zustellung des Urteils des Landesarbeitsgerichts am 2. September 2013 versäumt.

11

b) Dem Kläger ist jedoch die beantragte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 233 ZPO zu gewähren. Der Kläger war wegen Mittellosigkeit und somit ohne sein Verschulden verhindert, die Fristen zur Einlegung und Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde einzuhalten. Er hat aber innerhalb der einmonatigen Notfrist des § 72a Abs. 2 Satz 1 ArbGG am 2. Oktober 2013 Prozesskostenhilfe beantragt, die ihm mit Beschluss des Senats vom 10. März 2014 - 6 AZA 16/13 - bewilligt worden ist (vgl. BAG 11. Oktober 2010 - 9 AZN 418/10 - Rn. 5). Die Entscheidung wurde dem Kläger am 18. März 2014 zugestellt. Der am 1. April 2014 eingegangene Wiedereinsetzungsantrag wahrte die zweiwöchige Wiedereinsetzungsfrist des § 234 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Die Frist begann mit dem Tag, an dem das der Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde entgegenstehende Hindernis behoben war (§ 234 Abs. 2 ZPO). Das Hindernis der Mittellosigkeit entfiel mit der Bekanntgabe des Beschlusses über die Bewilligung der Prozesskostenhilfe an den Kläger (vgl. BGH 22. November 2000 - XII ZB 28/00 - zu II 1 der Gründe). Die Wiedereinsetzungsfrist endete folglich mit Ablauf des 1. April 2014 (§ 222 Abs. 1 ZPO, § 187 Abs. 1, § 188 Abs. 2 BGB). Die Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde ging am 16. April 2014 und damit innerhalb der Monatsfrist des § 234 Abs. 1 Satz 2 ZPO ein.

12

2. Die mögliche mangelnde Prozessfähigkeit des Klägers führt nicht zur Unzulässigkeit der Nichtzulassungsbeschwerde.

13

a) Die Prozessfähigkeit gemäß § 51 Abs. 1, § 52 ZPO ist zwingende Prozessvoraussetzung. Bestehen konkrete Anhaltspunkte dafür, dass die Partei prozessunfähig sein könnte, hat deshalb das jeweils mit der Sache befasste Gericht nach § 56 Abs. 1 ZPO von Amts wegen zu ermitteln, ob Prozessunfähigkeit vorliegt. Dabei ist es nicht an die förmlichen Beweismittel des Zivilprozesses gebunden, vielmehr gilt der Grundsatz des Freibeweises (vgl. BGH 9. November 2010 - VI ZR 249/09 - Rn. 4). Das mögliche Fehlen der Prozessfähigkeit ist in jeder Lage des Verfahrens, also auch noch in der Berufungs- und Revisionsinstanz, von Amts wegen zu berücksichtigen (BAG 20. Januar 2000 - 2 AZR 733/98 - zu II 2 b der Gründe, BAGE 93, 248; zum Ermessenspielraum des Revisionsgerichts, ob es den Sachverhalt selbst aufklären will vgl. BAG 26. August 1988 - 7 AZR 746/87 - zu I 2 der Gründe). Die höhere Instanz ist an die Tatsachenfeststellungen der unteren Instanz zu den Prozessvoraussetzungen nicht gebunden und hat auch neues Tatsachenvorbringen zu berücksichtigen (Zöller/Vollkommer ZPO 30. Aufl. § 56 Rn. 2 mwN). Für den Streit über die Prozessfähigkeit ist die davon betroffene Partei aber in jedem Fall als prozessfähig anzusehen (BAG 28. Mai 2009 - 6 AZN 17/09 - Rn. 3; BGH 9. November 2010 - VI ZR 249/09 - Rn. 3). So kann auch eine Partei, deren Prozessfähigkeit in der Vorinstanz verneint worden ist, wirksam ein Rechtsmittel einlegen, um eine andere Beurteilung zu erreichen (BGH 6. Dezember 2013 - V ZR 8/13 - Rn. 4).

14

b) Nach den zutreffenden Ausführungen des Landesarbeitsgerichts in der anzufechtenden Entscheidung wurde die Prozessunfähigkeit des Klägers gutachterlich nicht mit hinreichender Sicherheit festgestellt. Die dennoch durch das Landesarbeitsgericht vorgenommene Einschätzung des Klägers als „partiell prozessunfähig für arbeitsgerichtliche Verfahren“ begegnet Bedenken.

15

aa) Für die Prozessfähigkeit ist maßgeblich, ob eine Person sich durch Verträge verpflichten kann ( § 52 ZPO ). Prozessunfähig, weil geschäftsunfähig, sind deshalb Volljährige unter den Voraussetzungen des § 104 Nr. 2 BGB. Danach ist geschäftsunfähig, wer sich in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden, dauerhaften Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit befindet. Ein solcher Zustand ist gegeben, wenn jemand nicht im Stande ist, seinen Willen frei und unbeeinflusst von einer vorliegenden Geistesstörung zu bilden und nach zutreffend gewonnenen Einsichten zu handeln. Das kann auch der Fall sein, wenn lediglich eine Geistesschwäche vorliegt. Abzustellen ist allein darauf, ob eine freie Entscheidung nach Abwägung des Für und Wider bei sachlicher Prüfung der in Betracht kommenden Gesichtspunkte möglich ist oder ob umgekehrt von einer freien Willensbildung nicht mehr gesprochen werden kann, etwa weil infolge der Geistesstörung Einflüsse dritter Personen den Willen übermäßig beherrschen (BAG 28. Mai 2009 - 6 AZN 17/09 - Rn. 8 mwN).

16

bb) Ein Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit des Klägers ist jedenfalls bezogen auf das vorliegende Verfahren nicht zu erkennen. Der Kläger verfolgt nur noch das Ziel, sich gegen die Angriffe des Beklagten gegen die Wirksamkeit des am 12. März 2008 geschlossenen Prozessvergleichs zu verteidigen. Dies ist nachvollziehbar, denn schließlich sieht dieser Vergleich für die Beendigung eines Arbeitsverhältnisses während der Wartezeit eine Abfindung iHv. 56.000,00 Euro brutto vor. Die vom Landesarbeitsgericht diagnostizierten Wahnvorstellungen kommen hier nicht zum Ausdruck. Im Gegensatz zum Landesarbeitsgericht hat das Betreuungsgericht zudem in seinem Beschluss vom 31. Mai 2011 angeführt, dass der Kläger in der Lage sei, sich in anhängigen Prozessen als Partei zu artikulieren oder einen Prozessbevollmächtigten zu mandatieren. Er sei auf die Unterstützung durch einen gesetzlichen Vertreter nicht angewiesen.

17

c) In der Gesamtschau der zahlreichen Prozesse des Klägers in den letzten Jahren erscheint es dennoch möglich, dass der Kläger (wieder) prozessunfähig ist. Bezüglich des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens kann dies jedoch offenbleiben. Mit dem Beschwerdeverfahren wird der Streit über die Prozessfähigkeit des Klägers fortgeführt, da die Beschwerde Rügen erhebt, die sich auf die Führung des Verfahrens durch das Landesarbeitsgericht bei von diesem unterstellter Prozessunfähigkeit des Klägers beziehen.

18

3. Die Beschwerde ist zulässig und begründet. Es liegt der absolute Revisionsgrund der nicht vorschriftsmäßigen Besetzung des Gerichts vor (§ 547 Nr. 1 ZPO iVm. § 72 Abs. 2 Nr. 3 Alt. 1 ArbGG).

19

a) Die Beschwerdebegründung enthält eine ausreichende Geltendmachung dieses Revisionsgrundes.

20

aa) Wird mit einer Nichtzulassungsbeschwerde gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 3 ArbGG das Vorliegen eines absoluten Revisionsgrundes geltend gemacht, muss nach § 72a Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 ArbGG die Beschwerdebegründung die Darlegung des absoluten Revisionsgrundes nach § 547 Nr. 1 bis 5 ZPO enthalten. Die bloße Benennung eines Zulassungsgrundes genügt nicht. Der Beschwerdeführer hat vielmehr die Tatsachen, aus denen sich der Verfahrensfehler des Berufungsgerichts ergeben soll, substantiiert vorzutragen (BAG 5. Dezember 2011 - 5 AZN 1036/11 - Rn. 7).

21

bb) Diese Voraussetzungen sind hier bezüglich des absoluten Revisionsgrundes nach § 547 Nr. 1 ZPO erfüllt. Der Beschwerdeführer hat diese Rechtsnorm zwar nicht konkret bezeichnet, sondern als absoluten Revisionsgrund unter Nr. 3, 4 und 5 der Beschwerdebegründung nur § 547 Nr. 4 ZPO ausdrücklich angeführt sowie einen Verstoß gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör(Art. 103 Abs. 1 GG) gerügt. Die Beschwerdebegründung lässt aber deutlich erkennen, dass der Beschwerdeführer die nicht vorschriftsmäßige Besetzung des Gerichts iSd. § 547 Nr. 1 ZPO als gegeben ansieht(vgl. BAG 25. Januar 2012 - 4 AZR 185/10 - Rn. 12). Dies ergibt sich daraus, dass die Beschwerdebegründung anführt, dass die Voraussetzungen einer Entscheidung nach Aktenlage gemäß § 331a ZPO, wie sie das Landesarbeitsgericht hier vorgenommen hat, nicht gegeben seien. Da im arbeitsgerichtlichen Verfahren bei einer solchen Entscheidung gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 4 ArbGG eine Alleinentscheidung durch die Vorsitzende oder den Vorsitzenden erfolgt(vgl. GMP/Germelmann ArbGG 8. Aufl. § 55 Rn. 17), umfasst die erhobene und begründete Rüge bezüglich der Entscheidung nach Aktenlage zwingend die Rüge der nicht vorschriftsmäßigen Besetzung des Gerichts. Die Beschwerde macht damit deutlich, dass die Entscheidung unzulässigerweise ohne Mitwirkung der ehrenamtlichen Richter erfolgte.

22

b) Der absolute Revisionsgrund des § 547 Nr. 1 ZPO ist gegeben, da das Landesarbeitsgericht keine Entscheidung nach Aktenlage gemäß § 331a ZPO durch Alleinentscheidung der Vorsitzenden treffen durfte. Die Alleinentscheidung stellt eine Entscheidung bei nicht vorschriftsmäßiger Besetzung des Gerichts dar. Dies gilt unabhängig davon, ob der Kläger prozessfähig oder prozessunfähig war.

23

aa) Wäre der Kläger - entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts - prozessfähig gewesen, so wäre er durch den ihm beigeordneten Rechtsanwalt in der mündlichen Verhandlung ordnungsgemäß vertreten gewesen (§ 11 Abs. 4 ArbGG). Eine Säumnis hätte nicht vorgelegen.

24

bb) Bei zu jedem Zeitpunkt des Verfahrens vorliegender Prozessunfähigkeit des Klägers hätte das Landesarbeitsgericht den Antrag des Beklagten auf Entscheidung nach Lage der Akten gemäß § 335 Abs. 1 Nr. 2 ZPO zurückweisen müssen. In diesem Fall wäre keine ordnungsgemäße Ladung des Klägers zum Termin am 16. Juli 2013 erfolgt.

25

(1) Nicht verkündete Terminsbestimmungen sind gemäß § 329 Abs. 2 Satz 2 ZPO zuzustellen. Gemäß § 170 Abs. 1 Satz 1 ZPO ist bei nicht prozessfähigen Personen an ihren gesetzlichen Vertreter zuzustellen. Die Zustellung an die nicht prozessfähige Person ist unwirksam (§ 170 Abs. 1 Satz 2 ZPO). Betreute Personen werden im Aufgabenkreis des Betreuers gemäß § 1902 BGB durch diesen gerichtlich und außergerichtlich vertreten.

26

(2) Bei unterstellter Prozessunfähigkeit des Klägers hätte die am 27. März 2013 vorgenommene und nicht verkündete Terminsbestimmung mit Ladung einem Betreuer des Klägers zugestellt werden müssen. Dies ist nicht erfolgt.

27

(3) Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts konnte die nicht an den gesetzlichen Vertreter des Klägers erfolgte Zustellung auch nicht durch das Erscheinen des Klägers und des beigeordneten Anwalts im Termin geheilt werden. Eine Heilung von Zustellungsmängeln kommt gemäß § 189 ZPO nur in Betracht, wenn das Dokument der Person, an die die Zustellung dem Gesetz gemäß gerichtet war oder gerichtet werden konnte, tatsächlich zugegangen ist. Diese Person wäre ein Betreuer gewesen. An einen Betreuer erfolgte aber zu keinem Zeitpunkt eine Ladung.

28

(4) Die Zustellung der Ladung an den beigeordneten Anwalt als Prozessbevollmächtigten nach § 172 Abs. 1 ZPO war entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts auch nicht ausreichend, weil der Streit über die Prozessfähigkeit noch andauerte. Das Landesarbeitsgericht hatte bereits mit Beschluss vom 27. November 2012 entschieden, dass es den Kläger für das vorliegende Verfahren als prozessunfähig ansieht.

29

cc) Selbst bei Annahme einer ordnungsgemäßen Ladung und Vorliegen einer Säumnis hätte das Landesarbeitsgericht keine Entscheidung nach Aktenlage treffen dürfen.

30

(1) Ein Urteil nach Lage der Akten darf nach § 331a Satz 2, § 251a Abs. 2 ZPO nur ergehen, wenn in einem früheren Termin mündlich verhandelt worden ist. Es darf frühestens in zwei Wochen verkündet werden. Das Gericht hat der nicht erschienenen Partei den Verkündungstermin formlos mitzuteilen. Es bestimmt neuen Termin zur mündlichen Verhandlung, wenn die Partei dies spätestens am siebenten Tag vor dem zur Verkündung bestimmten Termin beantragt und glaubhaft macht, dass sie ohne ihr Verschulden ausgeblieben ist und die Verlegung des Termins nicht rechtzeitig beantragen konnte.

31

(2) Der Kläger hatte mit Schriftsatz vom 1. Juli 2013 die Verlegung des Termins am 16. Juli 2013 beantragt, weil über die Bestellung eines Betreuers noch nicht entschieden worden sei. Ihm stünde kein Mittel zur Verfahrensbeschleunigung zur Verfügung. Nach Durchführung des Termins wiederholte er dies mit Schriftsatz vom 31. Juli 2013, welcher am selben Tag bei Gericht einging, und beantragte die Bestimmung eines neuen Termins zur mündlichen Verhandlung. Das Landesarbeitsgericht verkündete in dem vom 13. August 2013 auf den 27. August 2013 verlegten Verkündungstermin dennoch das angegriffene Urteil. Es hätte aber antragsgemäß einen neuen Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmen müssen. Die wegen der nicht erfolgten Vertretung durch einen Betreuer angenommene Säumnis wäre nicht auf ein Verschulden des Klägers zurückzuführen.

32

(a) Das erkennende Gericht muss darauf hinwirken, dass ein nach Auffassung des Gerichts prozessunfähiger Kläger, der damit mangels Geschäftsfähigkeit auch keinen Prozessbevollmächtigten wirksam hatte bestellen können, seine prozessualen Rechte wahrnehmen kann. Das Gericht muss den Kläger also darauf hinweisen, dass er für eine ordnungsgemäße Vertretung zu sorgen hat und sich deshalb selbst um die Bestellung eines Betreuers nach § 1896 BGB bemühen muss, der nur vom Betreuungsgericht, nicht aber vom Prozessgericht bestellt werden kann. Es muss dem Kläger dafür vor Erlass des Prozessurteils die nötige Zeit einräumen (vgl. BAG 28. Mai 2009 - 6 AZN 17/09 - Rn. 6; BGH 9. November 2010 - VI ZR 249/09 - Rn. 7). Dabei ist zu berücksichtigen, dass selbst die Bestellung eines vorläufigen Betreuers durch einstweilige Anordnung nach § 300 FamFG nicht ohne eine ärztliche Stellungnahme und eine vorherige Anhörung des Betroffenen durch das Betreuungsgericht zulässig ist, was eine gewisse Zeit in Anspruch nimmt(BGH 6. Dezember 2013 - V ZR 8/13 - Rn. 21). Zudem muss das Gericht im Rahmen seiner Amtsermittlungspflicht nach § 26 FamFG etwaigen Zweifeln am Vorliegen der Voraussetzungen einer Betreuerbestellung nachgehen(vgl. Keidel/Budde FamFG 18. Aufl. § 300 Rn. 4). Diese Umstände sind unter Berücksichtigung der Komplexität des jeweiligen Falls bei der Einschätzung des erforderlichen Zeitrahmens zu berücksichtigen.

33

(b) Die Beschwerdebegründung weist unter Nr. 4 zutreffend darauf hin, dass die dem Kläger für die Bestellung eines Betreuers bis zum 10. Januar 2013 gesetzte Frist praktisch unhaltbar war. Das Landesarbeitsgericht hat dem Kläger erst mit Beschluss vom 27. November 2012 mitgeteilt, dass es ihn für das vorliegende Verfahren als prozessunfähig ansieht. Die Zeitspanne bis zum Fristablauf war offensichtlich nicht ausreichend, um das gerichtliche Verfahren bzgl. der Bestellung eines Betreuers abzuschließen. Es ist daher ohne Belang, dass der Kläger sich erst am 9. Januar 2013 an das zuständige Betreuungsgericht gewandt hat. Hinsichtlich des weiteren Ablaufs des Verfahrens kann dem Kläger entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts nicht mit auschlaggebender Wirkung angelastet werden, dass eine Entscheidung über die Betreuerbestellung bis zur mündlichen Verhandlung am 16. Juli 2013 nicht getroffen wurde. Es sprechen zwar durchaus Umstände dafür, dass sich der Kläger hinsichtlich der Angabe der zutreffenden Adresse zunächst nicht konstruktiv verhalten hat. Zumindest gegenüber dem Landesarbeitsgericht hat er jedoch mit Schriftsatz vom 12. April 2013 seine aktuelle Adresse mitgeteilt. Eine Weitergabe an das Betreuungsgericht wäre gemäß § 22a Abs. 2 FamFG in Betracht gekommen. Es obliegt im Übrigen dem Betreuungsgericht im Rahmen seiner Amtsermittlungspflicht mit hinreichendem Nachdruck die entsprechende Klarheit herbeizuführen.

34

4. Die Verfahrensgestaltung des Landesarbeitsgerichts verletzt den Kläger auch in seinem Recht aus Art. 103 Abs. 1 GG(BAG 28. Mai 2009 - 6 AZN 17/09 - Rn. 5; BGH 6. Dezember 2013 - V ZR 8/13 - Rn. 19). Dies rügt die Beschwerde zu Recht.

35

5. Zur Beschleunigung des Verfahrens hat der Senat den Rechtsstreit nach § 72a Abs. 7 ArbGG an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen und dabei wegen der Gesamtumstände von der Möglichkeit der Zurückverweisung an eine andere Kammer Gebrauch gemacht. Hinsichtlich der Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör gründet sich dies auf die direkte Anwendung des § 72a Abs. 7 ArbGG. Bezüglich des absoluten Revisionsgrundes nach § 547 Nr. 1 ZPO ist § 72a Abs. 7 ArbGG analog anzuwenden.

36

a) Nach § 72a Abs. 7 ArbGG kann das Bundesarbeitsgericht bei Verletzung des Anspruchs des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise in dem der Beschwerde stattgebenden Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückverweisen. Dem Wortlaut der Vorschrift nach besteht diese Möglichkeit nicht bei Vorliegen eines anderen Zulassungsgrundes. § 72a Abs. 7 ArbGG ist aber bei Vorliegen eines absoluten Revisionsgrundes iSv. § 72 Abs. 2 Nr. 3 Alt. 1 ArbGG, § 547 Nr. 1 bis 5 ZPO analog anzuwenden.

37

aa) Analoge Gesetzesanwendung setzt voraus, dass der gesetzlich ungeregelte Fall nach Maßgabe des Gleichheitssatzes und zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen nach der gleichen Rechtsfolge verlangt wie die erfassten Fälle (BAG 24. Oktober 2013 - 2 AZR 320/13 - Rn. 25). Es muss allerdings eine positiv festzustellende Gesetzeslücke im Sinne einer planwidrigen Unvollständigkeit des Gesetzes vorliegen (BAG 16. Mai 2013 - 6 AZR 556/11 - Rn. 56).

38

bb) Nach diesen Grundsätzen ist eine analoge Anwendung des § 72a Abs. 7 ArbGG bei Vorliegen eines absoluten Revisionsgrundes gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 ZPO geboten.

39

(1) § 72a Abs. 7 ArbGG wurde durch das Anhörungsrügengesetz vom 9. Dezember 2004 (BGBl. I S. 3220) neu eingefügt. Die Vorschrift orientiert sich an § 544 Abs. 7 ZPO und dient der Beschleunigung des Verfahrens(BR-Drs. 663/04 S. 49; BT-Drs. 15/3706 S. 20). Diesem Zweck der Verfahrensbeschleunigung würde es widersprechen, wenn bei Vorliegen eines absoluten Revisionsgrundes die angefochtene Entscheidung zunächst im Revisionsverfahren ohne weitere Sachprüfung aufgehoben und das Verfahren erst dann an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen werden müsste (Bepler RdA 2005, 65, 76; ErfK/Koch 14. Aufl. § 72a ArbGG Rn. 10; Düwell/Lipke/Düwell ArbGG 3. Aufl. § 72a Rn. 59).

40

(2) Für eine unbewusste Gesetzeslücke im Sinne eines Redaktionsversehens spricht die ausweislich der Gesetzesbegründung erfolgte Orientierung an dem im Wesentlichen wortgleichen § 544 Abs. 7 ZPO, der wiederum § 133 Abs. 6 VwGO zum Vorbild hat(BT-Drs. 15/3706 S. 17; BAG 12. Dezember 2006 - 3 AZN 625/06 - Rn. 34, BAGE 120, 322). Dabei ist offenbar übersehen worden, dass § 543 ZPO anders als § 72 Abs. 2 Nr. 3 ArbGG eine Zulassung der Revision wegen Vorliegens eines absoluten Revisionsgrundes nicht vorsieht(vgl. Bepler RdA 2005, 65, 76; Düwell/Lipke/Düwell ArbGG 3. Aufl. § 72a Rn. 59). Die Berücksichtigung absoluter Revisionsgründe war bei § 544 Abs. 7 ZPO daher nicht veranlasst.

41

(3) All dies spricht dafür, dass die mit § 72a Abs. 7 ArbGG bezweckte Verfahrensbeschleunigung zur Vermeidung eines lediglich entscheidungsverzögernden Revisionsverfahrens auch bei Darlegung eines absoluten Revisionsgrundes im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren gemäß § 72a Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 Alt. 1 ArbGG ermöglicht werden soll. Eine entsprechende Analogie entspricht auch der Interessenlage der Parteien und dem allgemeinen Beschleunigungsgebot nach § 9 Abs. 1 ArbGG(ErfK/Koch 14. Aufl. § 72a ArbGG Rn. 10). In der Literatur wird die analoge Anwendung des § 72a Abs. 7 ArbGG daher überwiegend befürwortet(so GWBG/Benecke ArbGG 8. Aufl. § 72a Rn. 51; Schwab/Weth/Ulrich 3. Aufl. ArbGG § 72a Rn. 87a; BeckOK ArbR/Klose Stand 1. März 2014 ArbGG § 72a Rn. 21; aA GK-ArbGG/Mikosch Stand April 2010 § 72a Rn. 84; GMP/Müller-Glöge ArbGG 8. Aufl. § 72a Rn. 62).

42

b) § 72a Abs. 7 ArbGG ermöglicht auch die Zurückverweisung an eine andere Kammer des Landesarbeitsgerichts. Die Vorschrift sieht dies zwar nicht ausdrücklich vor. Dieser Weg ist jedoch in entsprechender Anwendung von § 563 Abs. 1 Satz 2 ZPO eröffnet. Eine derartige Notwendigkeit kann auch bei einer Zurückverweisung im Rahmen des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens entstehen (BAG 12. Dezember 2006 - 3 AZN 625/06 - Rn. 33, BAGE 120, 322).

43

6. Der Senat sieht von einer weiteren Begründung gemäß § 72a Abs. 5 Satz 5 ArbGG ab.

44

III. Die nach der Zurückverweisung zuständige Kammer des Landesarbeitsgerichts wird zu prüfen haben, ob sie - ggf. nach Einholung eines erneuten Sachverständigengutachtens - ebenfalls von der Prozessunfähigkeit des Klägers ausgeht. In diesem Fall wird zu klären sein, ob eine durchgehende Prozessunfähigkeit seit Beginn des Verfahrens vorliegt, so dass eine konkludente Genehmigung der bisherigen Prozesshandlungen durch den zeitweise prozessfähigen Kläger ausscheidet (vgl. BAG 28. Mai 2009 - 6 AZN 17/09 - Rn. 10). Bei zeitweiser Prozessfähigkeit wären die Vorgaben der §§ 86, 246 ZPO zu beachten. Bei durchgehender Prozessunfähigkeit wird das Landesarbeitsgericht dem Kläger wiederum Gelegenheit geben müssen, für eine gesetzliche Vertretung durch Bestellung eines Betreuers zu sorgen.

45

Sollte das Landesarbeitsgericht demgegenüber zu der Auffassung gelangen, dass der Kläger prozessfähig ist, wird es den Rechtsstreit nach mündlicher Verhandlung unter Hinzuziehung der ehrenamtlichen Richter entscheiden müssen.

46

IV. Das Landesarbeitsgericht wird auch über die Kosten des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens zu entscheiden haben.

47

V.  Die Wertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 GKG.

        

    Fischermeier    

        

    Spelge    

        

    Krumbiegel    

        

        

        

    Augat    

        

    Kreis    

                 

(1) Die Nichtigkeitsklage findet statt:

1.
wenn das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war;
2.
wenn ein Richter bei der Entscheidung mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes ausgeschlossen war, sofern nicht dieses Hindernis mittels eines Ablehnungsgesuchs oder eines Rechtsmittels ohne Erfolg geltend gemacht ist;
3.
wenn bei der Entscheidung ein Richter mitgewirkt hat, obgleich er wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt und das Ablehnungsgesuch für begründet erklärt war;
4.
wenn eine Partei in dem Verfahren nicht nach Vorschrift der Gesetze vertreten war, sofern sie nicht die Prozessführung ausdrücklich oder stillschweigend genehmigt hat.

(2) In den Fällen der Nummern 1, 3 findet die Klage nicht statt, wenn die Nichtigkeit mittels eines Rechtsmittels geltend gemacht werden konnte.

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 13. März 2014 – 17 Ca 427/13 – wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Klägerin verlangt von der Beklagten die Zahlung einer Entschädigung wegen behaupteter Benachteiligung im Bewerbungsverfahren.

2

Im Juli 2013 schrieb die Beklagte eine bei ihr zu besetzende Stelle aus. Der Ausschreibungstext lautete:

3

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Die Klägerin bewarb sich unter Verwendung des von der Beklagten zur Verfügung gestellten Online-Bewerbungsformulars auf die ausgeschriebene Stelle.

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Mit E-Mail vom 22. Juli 2013 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass sie die Bewerbung der Klägerin sorgfältig geprüft, die Entscheidung aber leider nicht zu Gunsten der Klägerin getroffen habe.

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Mit E-Mail vom 9. September 2013 machte die Klägerin gegenüber der Beklagten Ansprüche nach dem AGG geltend und verlangte eine Entschädigung von € 14.000,00.

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Die Klägerin hat mit ihrer am 9. September 2013 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage die Auffassung vertreten, dass sie die fachlichen Anforderungen der ausgeschriebenen Stelle erfülle und sich zudem ernsthaft auf sie beworben habe. Ihre Nichtberücksichtigung durch die Beklagte benachteilige sie mehrfach wegen ihres Alters, ihres Geschlechts und ihrer russischen Herkunft.

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Die Klägerin hat beantragt,

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die Beklagte zu verpflichten, der Klägerin mindestens 4 Bruttomonatsgehälter, € 14.000,00, nebst Zinsen in der Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem Eingang der Klage bei dem Gericht als Entschädigung für die Mehrfachdiskriminierung zu zahlen.

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Die Beklagte hat beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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Die Beklagte hat erwidert, dass der Klage bereits das Rechtsschutzinteresse fehle. Die Klägerin habe sich nicht ernsthaft beworben habe. Aus der Tatsache, dass die Klägerin nicht über ein passendes Bewerberprofil verfüge und zeitgleich mit dem Geltendmachungsschreiben gegenüber der Beklagten bereits Klage erhoben habe, ergebe sich, dass die Klägerin ihre Bewerbung allein zur Realisierung eines Entschädigungs-Geschäftsmodells erhoben habe. Die Klägerin sei weder wegen ihres Geschlechts noch wegen ihres Alters oder ihrer Herkunft diskriminiert worden. Sie verfüge über keine einzige der in der Stellenausschreibung angeführten fachlichen Voraussetzungen, insbesondere nicht über mehrjährige Erfahrungen in der JEE-Entwicklung. Außerdem sei eine Anstellung der Klägerin nicht nur mangels Fachkenntnissen und mangels Aktualität jeglicher angewandter Fachkenntnisse unterblieben, sondern schon wegen ihrer langjährigen Entwöhnung vom Arbeitsprozess, da die Klägerin seit dem 1. April 2003 nur vier Monate lang beruflich tätig gewesen sei.

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Mit Urteil vom 13. März 2014 hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das Arbeitsgericht im Wesentlichen ausgeführt: Zwar habe die Klägerin die Ansprüche gemäß § 15 AGG frist- und formgerecht geltend gemacht. Auch liege eine ungünstigere Behandlung der Klägerin vor, da sie nicht zu einem Vorstellungsgespräch von der Beklagten eingeladen worden sei. Doch befinde sich die Klägerin nicht in vergleichbarer Situation wie andere Bewerber, da sie objektiv für die ausgeschriebene Stelle nicht geeignet sei. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

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Gegen das ihr am 25. April 2014 zugestellte Urteil wendet sich die Klägerin mit der am 21. Mai 2014 bei Gericht eingegangenen und nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis 9. Juli 2014 an diesem Tag begründeten Berufung.

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Die Klägerin macht geltend, das Arbeitsgericht habe zu Unrecht angenommen, dass sie nicht wegen ihrer ethnischen Herkunft, ihres Geschlechts oder ihres Alters benachteiligt worden sei. Sie sei objektiv für die ausgeschriebene Stelle geeignet, was sie näher ausführt. Sie habe auch Indizien vorgetragen, welche eine Diskriminierung wegen ihres Geschlechts, ihres Alters und ihrer Herkunft vermuten ließen. Zum einen sei in dem Online-Bewerbungsformular nach Geschlecht und Geburtsjahr gefragt worden. Auch wenn es sich dabei nicht um Pflichtfelder gehandelt habe, seien diese Angaben nicht erforderlich und diskriminierend. Auch die Benutzung männlicher Formen wie „Mitarbeiter“ in der Stellenausschreibung stelle ein Indiz für die Benachteiligung weiblicher Bewerberinnen dar. Der Zusatz (m/w) sei hinsichtlich der Geschlechtsneutralität nicht ausreichend. Die Anforderung „fließendes Deutsch und Englisch in Wort und Schrift" sei ein Indiz für die Benachteiligung wegen ihrer ethnischen Herkunft. Ein sachlicher Grund für diese Anforderung sei nicht erkennbar. Vielmehr seien gute Englisch- bzw. Deutschkenntnisse ausreichend.

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Die Klägerin beantragt,

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das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg, verkündet am 13.3.2014 (Aktenzeichen 17 Ca 427/13), zugestellt am 25.4.2014, aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, an die Klägerin € 14.000,00 zu zahlen zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit der Klage.

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Die Beklagte beantragt,

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die Berufung zurückzuweisen.

30

Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens.

31

Die Kammer hat im Hinblick auf Zweifel an der Prozessfähigkeit der Klägerin eine im Rechtsstreit beim Arbeitsgericht Hamburg zum Az. 29 Ca 63/16 erstattete gutachterliche Stellungnahme vom 30. Oktober 2016 verwertet.

32

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird im Übrigen auf die gewechselten Schriftsätze der Parteien und die Sitzungsniederschriften verwiesen.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Berufung ist unbegründet.

I.

34

Die Berufung der Klägerin ist gemäß § 64 Abs. 1 und Abs. 2 b) ArbGG statthaft. Sie ist zudem gemäß § 66 Abs. 1 Satz 1 und 2 ArbGG form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden und damit auch im Übrigen zulässig.

35

Der Zulässigkeit der Berufung steht nicht entgegen, dass erhebliche Zweifel an der Prozessfähigkeit der Klägerin bestehen.

36

Zwar ist für die Zulässigkeit der Berufung grundsätzlich die Prozessfähigkeit des Berufungsklägers als Prozesshandlungsvoraussetzung erforderlich. Jedoch muss im Interesse eines vollständigen Rechtsschutzes auch der Prozessunfähige die Möglichkeit haben, den Prozess durch seine Handlungen in die höhere Instanz zu bringen. Dies gilt anerkanntermaßen für das Rechtsmittel der Partei, die sich dagegen wendet, dass sie in der Vorinstanz zu Unrecht als prozessfähig oder als prozessunfähig behandelt worden ist. Andernfalls bliebe ein an dem Verfahrensverstoß leidendes Urteil der unteren Instanz aufrechterhalten, erwüchse in Rechtskraft und könnte nur mit der Nichtigkeitsklage (§ 579 Abs. 1 Nr. 4 ZPO) beseitigt werden. Dieser Gesichtspunkt, der der Schutzbedürftigkeit des Prozessunfähigen Rechnung trägt, hat auch Bedeutung, wenn die Partei, deren Prozessfähigkeit fraglich ist, sich gegen das in der Vorinstanz gegen sie ergangene Sachurteil wendet und mit ihrem Rechtsmittel ein anderes, ihrem Begehren entsprechendes Sachurteil erstrebt. Denn auch in diesem Fall würde mit der Verwerfung der Berufung als unzulässig ein möglicherweise fälschlich ergangenes Sachurteil bestätigt, obwohl es sich bei der Prozessfähigkeit der Partei um eine von Amts wegen zu prüfende Prozessvoraussetzung handelt (BGH, Versäumnisurteil vom 08. Dezember 2009 – VI ZR 284/08 – m.w.N., juris).

37

Vorliegend ist gegen die Klägerin ein Sachurteil ergangen, das sie mit der Berufung angreift. Somit ist nach den vorstehenden Grundsätzen die Berufung ungeachtet der Zweifel an der Prozessfähigkeit der Klägerin zulässig.

II.

38

Die Berufung der Klägerin ist jedoch nicht begründet. Das Arbeitsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.

39

Die Klage hat schon deswegen keinen Erfolg, weil die Prozessfähigkeit der Klägerin und damit eine wesentliche Prozessvoraussetzung nicht festgestellt werden kann, so dass die Klage unzulässig ist.

40

1. Die Prozessfähigkeit ist zwingende Prozessvoraussetzung. Das mögliche Fehlen der Prozessfähigkeit ist in jeder Lage des Verfahrens, also auch noch in der Berufungs- und Revisionsinstanz, von Amts wegen zu berücksichtigen. Zwar sind nach der Lebenserfahrung Störungen der Geistestätigkeit als Ausnahmeerscheinungen anzusehen, so dass im allgemeinen von der Prozessfähigkeit einer Partei auszugehen ist; dies kann allerdings dann nicht gelten, wenn hinreichende Anhaltspunkte dafür gegeben sind, dass Prozessunfähigkeit vorliegen könnte (BAG, Urteil vom 20. Januar 2000 – 2 AZR 733/98 – m.w.N., juris). Bei der Ermittlung, ob Prozessunfähigkeit vorliegt, ist das Gericht nicht an die förmlichen Beweismittel des Zivilprozesses gebunden, vielmehr gilt der Grundsatz des Freibeweises. Verbleiben nach Erschöpfung aller erschließbaren Erkenntnisquellen hinreichende Anhaltspunkte für eine Prozessunfähigkeit, so gehen nach ständiger Rechtsprechung etwa noch vorhandene Zweifel zu Lasten der betroffenen Partei (BAG, Beschluss vom 28. Mai 2009 – 6 AZN 17/09 – m.w.N., juris).

41

Es ist allgemein anerkannt, dass die Geschäftsfähigkeit und damit die Prozessfähigkeit wegen einer geistigen Störung (§ 104 Nr. 2 BGB i.V.m. § 52 ZPO) nur für einen beschränkten Kreis von Angelegenheiten – etwa die mit einem bestimmten Streitkomplex zusammenhängenden Verfahren – ausgeschlossen sein kann (BGH, Urteil vom 04. November 1999 – III ZR 306/98 – m.w.N., juris).

42

2. An der Prozessfähigkeit der Klägerin bestehen erhebliche Zweifel.

43

Es liegen Anhaltspunkte dafür vor, dass bei der Klägerin eine wahnhafte Entwicklung im Sinne eines sog. Querulantenwahns vorliegt, aufgrund derer sie sich hinsichtlich der Führung von Rechtsstreitigkeiten wegen vermeintlicher Diskriminierung dauerhaft in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit befindet. Von ausgeprägtem Querulantenwahn kann ausgegangen werden, wenn die Vorstellungen eines Klägers von einer eindeutigen Beeinträchtigung eigener Rechte sich weiter intensivieren und Zweifel an der Rechtmäßigkeit der eigenen Position nicht mehr zugelassen werden, absolute Uneinsichtigkeit und Selbstgerechtigkeit sich mit einer Ausweitung des Kampfes vom ursprünglichen Gegner auf andere Menschen und Instanzen verbindet und ein Kläger nicht mehr in der Lage ist, die verfahrensmäßige Behandlung seiner Ansprüche durch die Gerichte nachzuvollziehen (vgl. Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken, Beschluss vom 12. Januar 1998 – 5 W 9/97 - 8 –, juris; BGH, Urteil vom 04. November 1999 a.a.O.).

44

2.1. Die Klägerin führt bzw. führte allein am Landesarbeitsgericht Hamburg seit 2007 mehrere hundert Rechtsmittelverfahren oder Verfahren auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für ein Berufungsverfahren, ganz überwiegend ohne Erfolg. Gegenstand der Verfahren sind immer wieder von der Klägerin angenommene Diskriminierungen in Einstellungsverfahren, wegen derer die Klägerin Schadensersatz und/oder Entschädigung von Arbeitgebern verlangt.

45

Für einen Ausschluss der Steuerungsfähigkeit spricht, dass die Klägerin mit der großen Zahl der ohne Aussicht auf Erfolg geführten Verfahren Gerichts- und Anwaltskosten gegen sich in einer Höhe verursacht, die ihre wirtschaftliche Existenz auf Dauer jedenfalls erheblich bedrohen. Mit ihrem Verhalten schädigt die Klägerin sich daher massiv auch selbst. Sie hatte alleine gegenüber der Gerichtskasse Hamburg mit Stand vom 3. Juli 2017 Verbindlichkeiten von € 115.389,11. Hinzu kommen die Kostenerstattungsverpflichtungen gegenüber den von der Klägerin zu Unrecht in Anspruch genommenen Arbeitgebern, die den vorgenannten Betrag deutlich übersteigen dürften, so dass die Klägerin schon bislang Kosten für erfolglose Prozesse verursacht hat, von denen nicht anzunehmen ist, dass sie sie jeweils wird begleichen können. Die Klägerin handelt damit in einem Maße auch gegen eigene Interessen, das darauf hindeutet, dass sie sich nicht mehr vernunftgerecht steuern kann, sondern an einer krankhaften Störung im Sinne eines sog. Querulantenwahns leidet.

46

2.2. Kennzeichnend für die Verfahrensführung der Klägerin ist, dass sie gerichtliche Entscheidungen auf keinen Fall zu akzeptieren bereit ist, regelmäßig Richterinnen und Richter als befangen ablehnt und ebenfalls regelmäßig meint, sich gegen nachteilige gerichtliche Entscheidungen durch Anhörungsrügen wehren zu müssen, ohne dass diese Erfolg haben. Systematisch nimmt die Klägerin ihr nachteilige Entscheidungen zum Anlass, die daran beteiligten Richter wegen der Besorgnis der Befangenheit abzulehnen. Auch die Entscheidungen über ihre Befangenheitsgesuche akzeptiert die Klägerin häufig nicht, sondern lehnt, verbunden mit einer Anhörungsrüge gegen den Beschluss, nunmehr diejenigen Richter wegen Besorgnis der Befangenheit ab, die mit der Entscheidung über den Befangenheitsantrag befasst waren.

47

Hinzu kommt, dass die Klägerin den Gerichten bzw. den Richterinnen und Richtern ständig willkürliches bzw. rechtswidriges Verhalten unterstellt, sobald ein Antrag der Klägerin abschlägig beschieden oder der Rechtsauffassung der Klägerin nicht gefolgt wird. Der „Kampf“ der Klägerin um ihre vermeintlichen Rechte beschränkt sich nicht gegen die von ihr verklagten Arbeitgeber. Vielmehr sieht sie auch die mit ihren Verfahren befassten Richter häufig als Gegner an, denen sie Böswilligkeit, Schädigungsabsicht und Lügen vorwirft, den Willen zur Rechtsbeugung unterstellt und die Befähigung zur Ausübung des Richteramtes abspricht.

48

Lediglich als Beispiele für die regelmäßigen derartigen Äußerungen der Klägerin sind die nachfolgenden aufgeführt:

49

Im Verfahren 3 Sa 40/11 / 3 Sa 30/12, in welchem eine unzulässige Berufung der Klägerin verworfen wurde, spricht die Klägerin von „willkürlich falschen Ausführungen des Gerichts“ (Bl. 129 d.A.), „absurden Behauptungen“ des Gerichts“ (Bl. 129 d.A.) und von „reinster Willkür“ (Bl. 147 d.A.).

50

Im Verfahren 3 Sa 33/14 führt die Klägerin aus (Bl. 148 d.A.): „Dabei ist die Wahrheit, dass das Gericht mich zu neuen Klagen zwingt, indem es die Aufklärung meiner Sache verweigert.“

51

Im Verfahren 3 Sa 71/14 macht die Klägerin geltend (Bl. 93 d.A.), weil sie das Urteil zum Az. 3 Sa 39/13 als „reinste absurd“ bezeichnet habe, bestehe damit der begründete Verdacht, dass sich der Vorsitzende dafür an ihr „rächen“ werde. Der Vorsitzende habe „wieder seine Unfähigkeit und/oder Unwillen bestätigt, auch die primitivsten Tatsachen und meine Erklärungen zu diesen wahrzunehmen“.

52

Im Verfahren 3 Sa 73/14 trägt die Klägerin vor (Bl. 105 d.A.), die Anzahl der von ihr geführten Verfahren sei einzig durch das rechtswidrige Verhalten des Gerichts verursacht worden, und ergänzt: „Das Verschieben des Verschuldens des Gerichts und des Arbeitgebers auf mich ist Verleumdung und üble Nachrede und reicht für die Ablehnung des Kollegiums aus.“

53

Im Verfahren 3 Sa 50/16 führt die Klägerin aus (Bl. 363 d.A.): „Damit hat die Kammer bestätigt, dass es ihr bewusst ist, dass sie mich verleumdet hat und rechtswidriges Verfahren eingeleitet hat.“

54

Regelmäßig beschwert sich die Klägerin darüber, dass das Gericht ihre „fachkundigen Hinweise“ nicht zur Kenntnis nehme.

55

Selbst nach Ausschöpfung des Rechtswegs wehrt sich die Klägerin mit dem Argument gegen die Pflicht, die Gerichtskosten zu tragen, dass zu ihren Ungunsten falsch entschieden worden sei. So hat die Klägerin sich beispielsweise mit der Zwangsvollstreckungsgegenklage zum Az. 3 Sa 13/15 gegen die Kostenfestsetzung aus einem Vorverfahren gewandt, in welchem das Bundesarbeitsgericht ihre Berufung zurückgewiesen hatte, nachdem zuvor der Europäische Gerichtshof im Rahmen eines Vorlageverfahrens mit der Sache befasst war. Die Kläger hält dem Bundesarbeitsgericht vor (Bl. 40 d.A.), es habe „die Tatsacheninstanz übersprungen und selbst Tatsachenwürdigung (und das auch falsch) gemacht“, und weiter (Bl. 41 d.A.), das Bundesarbeitsgericht habe in seinem Urteil vom 25. April unwahre Behauptungen aufgestellt.

56

Den von ihr – in aller Regel erfolglos – auf Zahlung von Entschädigung wegen erfolgloser Bewerbungen verklagten Arbeitgebern hält die Klägerin vor, sie hätten die Arbeitslosigkeit der Klägerin verschuldet. Weiter erhebt sie beispielsweise im Verfahren 3 Sa 50/16 (Bl. 363 d.A.) den Vorwurf, indem die Arbeitgeber sie nicht zu einem Vorstellungsgespräch einlüden bzw. sie nicht einstellten, zwinge man sie „zur Zwangsarbeit in der Gestalt der Gerichtsverfahren“.

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Auch ihre eigenen – früheren – Prozessbevollmächtigten greift die Klägerin zum Teil in massiver Weise an. Im Verfahren 3 Sa 71/14 wirft sie ihrem früheren Prozessbevollmächtigten „treu- und sittenwidriges Handeln“ vor, weil er mangels Vorschusszahlung das Mandat niedergelegt habe (Bl. 170 d.A.) Im Verfahren 3 Sa 56/15 macht sie geltend, ihr bisheriger Prozessbevollmächtigter sei prozessunfähig, und begründet dies u.a. damit, dass er in einer Gerichtsverhandlung um eine Unterbrechung gebeten habe, um sich mit der Klägerin zu besprechen.

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Das vorstehend beschriebene, in einer Vielzahl von Verfahren festzustellende Prozessverhalten der Klägerin deutet ebenfalls stark darauf hin, dass die Klägerin prozessunfähig sein könnte. Die Klägerin lässt Zweifel an der Rechtmäßigkeit der eigenen Position trotz der zahlreichen erfolglosen Verfahren nicht zu. Sie sieht immer die Gerichte im Unrecht und lässt deren Begründungen nie gegen den eigenen Standpunkt gelten. Alternativen zur eigenen Sicht akzeptiert die Klägerin nicht. Sie ist sich ihrer Einschätzungen völlig und unkorrigierbar gewiss, ohne ansatzweise die Möglichkeit zu erwägen, dass eine der gefällten richterlichen Entscheidungen eine gewisse Berechtigung habe. Sie macht regelmäßig geltend, dass sie über das erforderliche Fachwissen verfüge, über welches die von ihr abgelehnten Richter nicht verfügten. Den rechtskräftigen Abschluss von Verfahren will die Klägerin mit dem Argument nicht gegen sich gelten lassen, dass die Verfahren falsch entschieden worden seien. Die Klägerin führt eine Art „Feldzug“ nicht nur gegen Arbeitgeber, denen sie die Schuld für ihre persönliche Lebenssituation, die durch langjährige Arbeitslosigkeit und Mittellosigkeit geprägt ist, gibt. Vielmehr sind aus Sicht der Klägerin auch die Gerichte bzw. die Richter, die ihren Klagen oder Rechtsmitteln sowie ihren sonstigen Anträgen nicht entsprechen, offensichtlich ihre „Feinde“, denen sie verwerfliche Motive und schädigende Absicht unterstellt. Damit wird deutlich, dass die Klägerin jedenfalls in Bezug auf die von ihr vor den Arbeitsgerichten geführten Verfahren jeglichen Bezug zur Realität verloren hat.

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3. Die im Beschluss der Kammer vom 11. Januar 2017 geäußerten Zweifel an der Prozessfähigkeit der Klägerin wurden nicht ausgeräumt, sondern haben sich im Gegenteil weiter verstärkt. Die Klägerin hat in den vergangenen Monaten trotz der Erfolglosigkeit fast aller von ihr betriebenen Verfahren nicht weniger, sondern mehr neue Verfahren eingeleitet. Vom 5. Januar 2017 bis zum 21. April 2017 sind 59 neue Anträge der Klägerin beim Landesarbeitsgericht Hamburg eingegangen. Auch diese Anträge beziehen sich auf Verfahren, denen in der Hauptsache Entschädigungsansprüche der Klägerin nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz wegen der Ablehnung einer Bewerbung zugrunde liegen.

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4. Die Zweifel der Kammer an der Prozessfähigkeit der Klägerin werden bestätigt durch die von der 29. Kammer des Arbeitsgerichts Hamburg im Verfahren 29 Ca 63/16 eingeholte „Gutachterliche Stellungnahme“ des ärztlichen Gutachters R. vom 30. Oktober 2016. Da die gutachterliche Stellungnahme relevante Aussagen zur entscheidungserheblichen Frage der Prozessfähigkeit der Klägerin trifft, ist es im vorliegenden Verfahren zu verwerten. Der Gutachter kommt auf Seite 14 seines Gutachtens „aus (notwendigerweise vorläufiger, siehe oben) gutachterlicher Sicht“ zu dem Ergebnis, „dass die Klägerin nicht mehr ausreichend in der Lage ist, die Vorfeldereignisse, die tatsächlichen Sachverhalte, ihre jeweilige argumentative Position und das aktuelle bzw. gegebenenfalls auch zukünftige prozessuale Geschehen in realitätsentsprechender, perspektivisch-abstrahierend ausgerichteter Weise zu erfassen und vernünftige bzw. prozessual angemessene Entscheidungen zu treffen. Das Vorhandensein einer ausreichenden Prozessfähigkeit ist daher bis auf Weiteres zu verneinen.“

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5. Um der Verpflichtung des Gerichts nachzukommen, alle erschließbaren Erkenntnisse auszuschöpfen, wäre gleichwohl auch im vorliegenden Verfahren die Einholung eines Sachverständigengutachtens durch eine/n noch zu benennende/n Gutachter/in in Betracht gekommen, mit welchem die Zweifel an der Prozessfähigkeit der Klägerin hätten aufgeklärt werden können. Die Klägerin hat in ihrem Schriftsatz vom 3. März 2017 gerügt, dass der von der 29. Kammer des Arbeitsgerichts Hamburg beauftragte Sachverständige R. keinen persönlichen Kontakt zur Klägerin hatte. Insofern hätte Gelegenheit bestanden, eine persönliche Kontaktaufnahme im Rahmen eines weiteren Gutachtens herzustellen. Dies hätte allerdings vorausgesetzt, dass die Klägerin bereit gewesen wäre, sich begutachten zu lassen, denn eine Partei darf zu einer Untersuchung ihrer Prozessfähigkeit nicht gedrängt oder gar gezwungen werden (vgl. BAG, Urteil vom 20. Januar 2000 – 2 AZR 733/98, juris).

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Der Klägerin ist daher durch richterliche Verfügung vom 27. März 2017 aufgegeben worden, bis zum 18. April 2017 mitzuteilen, ob sie bereit sei, sich einer Begutachtung durch einen gerichtlichen Sachverständigen zu unterziehen. Die Klägerin ist darauf hingewiesen worden, dass eine Weigerung, an der Feststellung ihrer Prozessfähigkeit mitzuwirken, zu einer Beweislastentscheidung zu ihren Lasten führen könne. Gleichwohl hat die Klägerin innerhalb der ihr gesetzten Frist kein Einverständnis mit einer Begutachtung erklärt. Vielmehr hat sie mit Schriftsatz vom 18. April 2017 die Auffassung vertreten, dass nach wie vor keine Gründe ersichtlich seien, die Zweifel an ihrer Prozessfähigkeit begründen könnten. Im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 26. April 2017 hat die Kammer darauf hingewiesen, dass die Zweifel an der Prozessfähigkeit der Klägerin nach wie vor bestünden. Auf die Frage, ob die Klägerin bereit sei, sich im Hinblick auf diese Zweifel der Begutachtung durch einen gerichtlichen Sachverständigen zu unterziehen, hat die Prozessbevollmächtigte der Klägerin erklärt, dass die Klägerin dazu nicht bereit sei.

63

Es war auch nicht veranlasst, ohne die Erklärung der Bereitschaft der Klägerin einen Sachverständigen zu beauftragen. Wie sich aus der gutachterlichen Stellungnahme des von der 29. Kammer des Arbeitsgerichts Hamburg beauftragten Sachverständigen R. ergibt, hat die Klägerin diesem gegenüber mitgeteilt, sie werde nicht mit ihm sprechen. Im Zusammenhang damit, dass die Klägerin auch im vorliegenden Verfahren eine Begutachtung durch einen Sachverständigen ausdrücklich abgelehnt hat, ist daher die Einholung eines Sachverständigengutachtens im vorliegenden Verfahren nicht geboten.

64

Die fehlende Bereitschaft der Klägerin zur Mitwirkung an der Feststellung ihrer Prozessfähigkeit hat zur Folge, dass bezüglich der Prozessfähigkeit der Klägerin nach Beweislast zu entscheiden ist (vgl. BAG, Urteil vom 20. Januar 2000 a.a.O.). Folglich ist von der Prozessunfähigkeit der Klägerin auszugehen.

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6. Die Klägerin ist darauf hingewiesen worden, dass sie für eine ordnungsgemäße Vertretung zu sorgen habe. Ihr ist Gelegenheit gegeben worden, die Bestellung eines Betreuers nach § 186 BGB durch das Betreuungsgericht zu veranlassen, und es ist ihr aufgegeben worden, bis zum 26. Juli 2017 mitzuteilen, ob ein Betreuer bestellt wurde oder ob ein Antrag auf Bestellung eines Betreuers beim Betreuungsgericht anhängig ist. Eine Mitteilung der Klägerin hierüber ist nicht erfolgt.

66

7. Wäre die Klägerin allerdings bei Erteilung der Prozessvollmacht prozessfähig gewesen, wäre eine später eingetretene Prozessunfähigkeit unschädlich. In diesem Fall bewirkte § 86 ZPO nicht nur, dass es nicht zu einer Unterbrechung des Verfahrens gekommen wäre (§ 246 Abs. 1 ZPO). Vielmehr soll § 86 ZPO den Prozessgegner vor den Auswirkungen von Veränderungen auf der Gegenseite schützen und ermöglichen, einen einmal begonnenen Rechtsstreit möglichst ohne Verzug zu Ende zu führen. Die prozessunfähig gewordene Partei ist dann im Sinne von § 579 Abs. 1 Nr. 4 ZPO "nach den Vorschriften der Gesetze vertreten", obwohl für sie zunächst kein gesetzlicher Vertreter bestellt ist und ein Mangel der Prozessfähigkeit gemäß § 56 Abs. 1 ZPO von Amts wegen zu beachten ist (vgl. BAG, Urteil vom 20. Januar 2000 – 2 AZR 733/98 – m.w.N., juris).

67

Es ist jedoch davon auszugehen, dass die Prozessunfähigkeit der Klägerin bereits bei Erteilung des Mandats an ihre Prozessbevollmächtigte zur Einlegung der Berufung gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 13. März 2014 und im Übrigen auch bei Erhebung der Klage vom 9. September 2013 bestand. Das Prozessverhalten der Klägerin, welches Zweifel an der Prozessfähigkeit der Klägerin begründet, zeigt sich bereits seit vielen Jahren in zahlreichen Verfahren beim Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht Hamburg. Schon vor dem 9. September 2013 hatte die Klägerin eine Vielzahl von Verfahren geführt, die ohne Aussicht auf Erfolg waren, und sich durch die Verursachung erheblicher Kosten selbst geschädigt.

68

8. Die Kammer konnte trotz der gestellten Befangenheitsanträge in der vorliegenden Besetzung entscheiden. Die Befangenheitsanträge sind unzulässig.

69

Für die Zulässigkeit der Befangenheitsanträge kommt es darauf an, ob die Klägerin prozessfähig i.S.d. § 52 ZPO ist, denn die Prozessfähigkeit ist Wirksamkeitsvoraussetzung für alle Prozesshandlungen (vgl. Zöller-Vollkommer, ZPO, 30. Aufl., vor § 50 Rn. 17). Da, wie vorstehend ausgeführt, die bestehenden erheblichen Zweifel an der Prozessfähigkeit der Klägerin nicht ausgeräumt werden konnten, ist auch bezüglich der Befangenheitsanträge von der fehlenden Prozessfähigkeit auszugehen, so dass die Befangenheitsanträge unzulässig sind.

70

Im Übrigen ist ein Ablehnungsgesuch, das lediglich Ausführungen enthält, die zur Begründung der Besorgnis der Befangenheit gänzlich ungeeignet sind, offensichtlich unzulässig. Bei offensichtlicher Unzulässigkeit bedarf es keiner dienstlichen Stellungnahme des abgelehnten Richters; dieser ist auch von der Entscheidung über das offensichtlich unzulässige Ablehnungsgesuch nicht ausgeschlossen (BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 03. Juli 2013 – 1 BvR 782/12 –, juris). Die von der Klägerin gestellten Befangenheitsanträge sind offensichtlich unzulässig, denn sie dienen allesamt lediglich dem Ziel, die von Amts wegen vorzunehmende Prüfung der Prozessfähigkeit der Klägerin durch die erkennenden Richter zu verhindern.

III.

71

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO i.V.m. § 64 Abs. 6 S.1 ArbGG.

IV.

72

Die Zulassung der Revision war nicht veranlasst, da die hierfür gemäß § 72 Abs. 2 ArbGG erforderlichen Voraussetzungen nicht vorliegen.

(1) Die Fähigkeit einer Partei, vor Gericht zu stehen, die Vertretung nicht prozessfähiger Parteien durch andere Personen (gesetzliche Vertreter) und die Notwendigkeit einer besonderen Ermächtigung zur Prozessführung bestimmt sich nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts, soweit nicht die nachfolgenden Paragraphen abweichende Vorschriften enthalten.

(2) Das Verschulden eines gesetzlichen Vertreters steht dem Verschulden der Partei gleich.

(3) Hat eine nicht prozessfähige Partei, die eine volljährige natürliche Person ist, wirksam eine andere natürliche Person schriftlich mit ihrer gerichtlichen Vertretung bevollmächtigt, so steht diese Person einem gesetzlichen Vertreter gleich, wenn die Bevollmächtigung geeignet ist, gemäß § 1814 Absatz 3 Satz 2 Nummer 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs die Erforderlichkeit einer Betreuung entfallen zu lassen.

Eine Person ist insoweit prozessfähig, als sie sich durch Verträge verpflichten kann.

(1) Das Gericht hat den Mangel der Parteifähigkeit, der Prozessfähigkeit, der Legitimation eines gesetzlichen Vertreters und der erforderlichen Ermächtigung zur Prozessführung von Amts wegen zu berücksichtigen.

(2) Die Partei oder deren gesetzlicher Vertreter kann zur Prozessführung mit Vorbehalt der Beseitigung des Mangels zugelassen werden, wenn mit dem Verzug Gefahr für die Partei verbunden ist. Das Endurteil darf erst erlassen werden, nachdem die für die Beseitigung des Mangels zu bestimmende Frist abgelaufen ist.

Tenor

1. Auf die Beschwerde des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 27. August 2013 - 8 Sa 62/08 - aufgehoben.

2. Der Rechtsstreit wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens - an eine andere Kammer des Landesarbeitsgerichts zurückverwiesen.

3. Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 9.900,00 Euro festgesetzt.

Gründe

1

I. Die Parteien streiten über die Wirksamkeit eines gerichtlichen Vergleichs.

2

Der Kläger stand auf der Grundlage gerichtlicher Beschlüsse vom 12. Juli 2005 unter Betreuung. Die Parteien begründeten im Jahre 2007 ein Arbeitsverhältnis, welches der Beklagte mit zwei Kündigungen innerhalb der Wartezeit beenden wollte. Der Kläger hat hiergegen Kündigungsschutzklage erhoben. Die Parteien haben vor dem Arbeitsgericht am 12. März 2008 einen verfahrensbeendenden Vergleich geschlossen, welcher ua. die Zahlung einer Abfindung iHv. 56.000,00 Euro brutto als Ausgleich für den Verlust des Arbeitsplatzes vorsieht. Der Beklagte hat daraufhin sowohl den Abschluss des Arbeitsvertrags als auch des Prozessvergleichs wegen arglistiger Täuschung und Irrtums angefochten. Der Kläger hält an der Wirksamkeit des Vergleichs fest.

3

Durch Beschluss des zuständigen Landgerichts vom 31. August 2009 wurde die Betreuung des Klägers aufgehoben. Das Oberlandesgericht hat diese Entscheidung am 30. August 2010 dahin gehend abgeändert, dass die Betreuerbestellung noch für Gerichtsverfahren nach § 579 Abs. 1 Nr. 4 ZPO sowie bezüglich Gerichtsverfahren mit Auslandsbezug besteht. Schließlich hat das Betreuungsgericht mit Beschluss vom 31. Mai 2011 diese Betreuung gänzlich aufgehoben.

4

Das Arbeitsgericht hat in seinem Urteil vom 2. Dezember 2008 den auf die Unwirksamkeit des Vergleichs gerichteten Feststellungsantrag des Beklagten als unbegründet angesehen. Das Landesarbeitsgericht hat nach dem Ende der Vertretung des Klägers durch seinen vormaligen Betreuer mit Beschluss vom 3. Dezember 2010 einen Rechtsanwalt als Prozessbevollmächtigten beigeordnet. Es hat zur Prüfung der Prozessfähigkeit des Klägers ein Gutachten eingeholt. Am 27. November 2012 hat das Landesarbeitsgericht nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit dem Kläger beschlossen, dass der Kläger für das vorliegende Verfahren als prozessunfähig angesehen wird. Ihm wurde Gelegenheit gegeben, bis zum 10. Januar 2013 für die Bestellung eines Betreuers zu sorgen. Am 9. Januar 2013 hat der Kläger das Betreuungsgericht hierüber informiert und gebeten „das Notwendige“ zu veranlassen. Bis zur nächsten mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht am 16. Juli 2013 erfolgte keine Entscheidung über die erneute Bestellung eines Betreuers.

5

In diesem Termin war der Kläger mit dem beigeordneten Rechtsanwalt anwesend. Das Landesarbeitsgericht hat den Kläger jedoch als nicht wirksam vertreten und damit säumig angesehen. Der beigeordnete Rechtsanwalt handle ohne wirksame Vollmacht, da der Kläger partiell prozessunfähig für arbeitsgerichtliche Verfahren sei und insoweit keine Prozessvollmachten erteilen könne. Zwar komme das eingeholte Sachverständigengutachten nicht eindeutig zu dem Ergebnis der Prozessunfähigkeit des Klägers. Diese sei aber aus dem gesamten prozessualen Verhalten des Klägers in einer Vielzahl von Prozessen erkennbar. Auch frühere Begutachtungen sowie ein von dem Beklagten vorgelegtes Gutachten vom 11. September 2011 kämen zu diesem Ergebnis. Der Kläger sei aufgrund einer Geistesstörung nicht in der Lage, seinen Willen frei zu bilden und nach zutreffend gewonnenen Einsichten zu handeln. Insbesondere sei er krankhaft außer Stande, eigene Überzeugungen kritisch zu hinterfragen, den situativen Erfordernissen anzupassen oder gar zu revidieren. Der Kläger sei auch nicht unverschuldet säumig geblieben. Er habe die ihm bis zum 10. Januar 2013 gesetzte Frist nicht genutzt und durch die Mitteilung falscher Anschriften das eingeleitete Betreuungsverfahren verzögert.

6

Auf Antrag des Beklagten hat das Landesarbeitsgericht unter Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung nach Lage der Akten entschieden, dass der Rechtsstreit durch den Vergleich vom 12. März 2008 nicht beendet worden ist. Die Kündigungsschutzklage hat das Landesarbeitsgericht abgewiesen.

7

Das vom Kläger mit Schreiben vom 9. Januar 2013 angeregte Betreuungsverfahren wurde durch das Betreuungsgericht mit Beschluss vom 27. Dezember 2013 eingestellt.

8

II. Die Beschwerde führt zulässig und begründet den absoluten Revisionsgrund des § 547 Nr. 1 ZPO sowie eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör nach Art. 103 Abs. 1 GG an. Nach § 72a Abs. 7 ArbGG hat der Senat das angefochtene Urteil aufgehoben und den Rechtsstreit an eine andere Kammer des Landesarbeitsgerichts zurückverwiesen. Es kann daher dahingestellt bleiben, ob weitere Verletzungen des Anspruchs auf rechtliches Gehör vorliegen, welche ebenfalls zur Zurückverweisung gemäß § 72a Abs. 7 ArbGG geführt hätten. Es bedarf auch keiner Entscheidung, ob die Voraussetzungen einer Grundsatz- oder Divergenzbeschwerde hier erfüllt sind.

9

1. Die Beschwerde ist nicht wegen Versäumung der Fristen zur Einlegung und Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde gemäß § 72a Abs. 2 Satz 1 und § 72a Abs. 3 Satz 1 ArbGG unzulässig.

10

a) Zum Zeitpunkt der Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde am 1. April 2014 waren diese Fristen mit Blick auf die Zustellung des Urteils des Landesarbeitsgerichts am 2. September 2013 versäumt.

11

b) Dem Kläger ist jedoch die beantragte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 233 ZPO zu gewähren. Der Kläger war wegen Mittellosigkeit und somit ohne sein Verschulden verhindert, die Fristen zur Einlegung und Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde einzuhalten. Er hat aber innerhalb der einmonatigen Notfrist des § 72a Abs. 2 Satz 1 ArbGG am 2. Oktober 2013 Prozesskostenhilfe beantragt, die ihm mit Beschluss des Senats vom 10. März 2014 - 6 AZA 16/13 - bewilligt worden ist (vgl. BAG 11. Oktober 2010 - 9 AZN 418/10 - Rn. 5). Die Entscheidung wurde dem Kläger am 18. März 2014 zugestellt. Der am 1. April 2014 eingegangene Wiedereinsetzungsantrag wahrte die zweiwöchige Wiedereinsetzungsfrist des § 234 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Die Frist begann mit dem Tag, an dem das der Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde entgegenstehende Hindernis behoben war (§ 234 Abs. 2 ZPO). Das Hindernis der Mittellosigkeit entfiel mit der Bekanntgabe des Beschlusses über die Bewilligung der Prozesskostenhilfe an den Kläger (vgl. BGH 22. November 2000 - XII ZB 28/00 - zu II 1 der Gründe). Die Wiedereinsetzungsfrist endete folglich mit Ablauf des 1. April 2014 (§ 222 Abs. 1 ZPO, § 187 Abs. 1, § 188 Abs. 2 BGB). Die Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde ging am 16. April 2014 und damit innerhalb der Monatsfrist des § 234 Abs. 1 Satz 2 ZPO ein.

12

2. Die mögliche mangelnde Prozessfähigkeit des Klägers führt nicht zur Unzulässigkeit der Nichtzulassungsbeschwerde.

13

a) Die Prozessfähigkeit gemäß § 51 Abs. 1, § 52 ZPO ist zwingende Prozessvoraussetzung. Bestehen konkrete Anhaltspunkte dafür, dass die Partei prozessunfähig sein könnte, hat deshalb das jeweils mit der Sache befasste Gericht nach § 56 Abs. 1 ZPO von Amts wegen zu ermitteln, ob Prozessunfähigkeit vorliegt. Dabei ist es nicht an die förmlichen Beweismittel des Zivilprozesses gebunden, vielmehr gilt der Grundsatz des Freibeweises (vgl. BGH 9. November 2010 - VI ZR 249/09 - Rn. 4). Das mögliche Fehlen der Prozessfähigkeit ist in jeder Lage des Verfahrens, also auch noch in der Berufungs- und Revisionsinstanz, von Amts wegen zu berücksichtigen (BAG 20. Januar 2000 - 2 AZR 733/98 - zu II 2 b der Gründe, BAGE 93, 248; zum Ermessenspielraum des Revisionsgerichts, ob es den Sachverhalt selbst aufklären will vgl. BAG 26. August 1988 - 7 AZR 746/87 - zu I 2 der Gründe). Die höhere Instanz ist an die Tatsachenfeststellungen der unteren Instanz zu den Prozessvoraussetzungen nicht gebunden und hat auch neues Tatsachenvorbringen zu berücksichtigen (Zöller/Vollkommer ZPO 30. Aufl. § 56 Rn. 2 mwN). Für den Streit über die Prozessfähigkeit ist die davon betroffene Partei aber in jedem Fall als prozessfähig anzusehen (BAG 28. Mai 2009 - 6 AZN 17/09 - Rn. 3; BGH 9. November 2010 - VI ZR 249/09 - Rn. 3). So kann auch eine Partei, deren Prozessfähigkeit in der Vorinstanz verneint worden ist, wirksam ein Rechtsmittel einlegen, um eine andere Beurteilung zu erreichen (BGH 6. Dezember 2013 - V ZR 8/13 - Rn. 4).

14

b) Nach den zutreffenden Ausführungen des Landesarbeitsgerichts in der anzufechtenden Entscheidung wurde die Prozessunfähigkeit des Klägers gutachterlich nicht mit hinreichender Sicherheit festgestellt. Die dennoch durch das Landesarbeitsgericht vorgenommene Einschätzung des Klägers als „partiell prozessunfähig für arbeitsgerichtliche Verfahren“ begegnet Bedenken.

15

aa) Für die Prozessfähigkeit ist maßgeblich, ob eine Person sich durch Verträge verpflichten kann ( § 52 ZPO ). Prozessunfähig, weil geschäftsunfähig, sind deshalb Volljährige unter den Voraussetzungen des § 104 Nr. 2 BGB. Danach ist geschäftsunfähig, wer sich in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden, dauerhaften Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit befindet. Ein solcher Zustand ist gegeben, wenn jemand nicht im Stande ist, seinen Willen frei und unbeeinflusst von einer vorliegenden Geistesstörung zu bilden und nach zutreffend gewonnenen Einsichten zu handeln. Das kann auch der Fall sein, wenn lediglich eine Geistesschwäche vorliegt. Abzustellen ist allein darauf, ob eine freie Entscheidung nach Abwägung des Für und Wider bei sachlicher Prüfung der in Betracht kommenden Gesichtspunkte möglich ist oder ob umgekehrt von einer freien Willensbildung nicht mehr gesprochen werden kann, etwa weil infolge der Geistesstörung Einflüsse dritter Personen den Willen übermäßig beherrschen (BAG 28. Mai 2009 - 6 AZN 17/09 - Rn. 8 mwN).

16

bb) Ein Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit des Klägers ist jedenfalls bezogen auf das vorliegende Verfahren nicht zu erkennen. Der Kläger verfolgt nur noch das Ziel, sich gegen die Angriffe des Beklagten gegen die Wirksamkeit des am 12. März 2008 geschlossenen Prozessvergleichs zu verteidigen. Dies ist nachvollziehbar, denn schließlich sieht dieser Vergleich für die Beendigung eines Arbeitsverhältnisses während der Wartezeit eine Abfindung iHv. 56.000,00 Euro brutto vor. Die vom Landesarbeitsgericht diagnostizierten Wahnvorstellungen kommen hier nicht zum Ausdruck. Im Gegensatz zum Landesarbeitsgericht hat das Betreuungsgericht zudem in seinem Beschluss vom 31. Mai 2011 angeführt, dass der Kläger in der Lage sei, sich in anhängigen Prozessen als Partei zu artikulieren oder einen Prozessbevollmächtigten zu mandatieren. Er sei auf die Unterstützung durch einen gesetzlichen Vertreter nicht angewiesen.

17

c) In der Gesamtschau der zahlreichen Prozesse des Klägers in den letzten Jahren erscheint es dennoch möglich, dass der Kläger (wieder) prozessunfähig ist. Bezüglich des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens kann dies jedoch offenbleiben. Mit dem Beschwerdeverfahren wird der Streit über die Prozessfähigkeit des Klägers fortgeführt, da die Beschwerde Rügen erhebt, die sich auf die Führung des Verfahrens durch das Landesarbeitsgericht bei von diesem unterstellter Prozessunfähigkeit des Klägers beziehen.

18

3. Die Beschwerde ist zulässig und begründet. Es liegt der absolute Revisionsgrund der nicht vorschriftsmäßigen Besetzung des Gerichts vor (§ 547 Nr. 1 ZPO iVm. § 72 Abs. 2 Nr. 3 Alt. 1 ArbGG).

19

a) Die Beschwerdebegründung enthält eine ausreichende Geltendmachung dieses Revisionsgrundes.

20

aa) Wird mit einer Nichtzulassungsbeschwerde gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 3 ArbGG das Vorliegen eines absoluten Revisionsgrundes geltend gemacht, muss nach § 72a Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 ArbGG die Beschwerdebegründung die Darlegung des absoluten Revisionsgrundes nach § 547 Nr. 1 bis 5 ZPO enthalten. Die bloße Benennung eines Zulassungsgrundes genügt nicht. Der Beschwerdeführer hat vielmehr die Tatsachen, aus denen sich der Verfahrensfehler des Berufungsgerichts ergeben soll, substantiiert vorzutragen (BAG 5. Dezember 2011 - 5 AZN 1036/11 - Rn. 7).

21

bb) Diese Voraussetzungen sind hier bezüglich des absoluten Revisionsgrundes nach § 547 Nr. 1 ZPO erfüllt. Der Beschwerdeführer hat diese Rechtsnorm zwar nicht konkret bezeichnet, sondern als absoluten Revisionsgrund unter Nr. 3, 4 und 5 der Beschwerdebegründung nur § 547 Nr. 4 ZPO ausdrücklich angeführt sowie einen Verstoß gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör(Art. 103 Abs. 1 GG) gerügt. Die Beschwerdebegründung lässt aber deutlich erkennen, dass der Beschwerdeführer die nicht vorschriftsmäßige Besetzung des Gerichts iSd. § 547 Nr. 1 ZPO als gegeben ansieht(vgl. BAG 25. Januar 2012 - 4 AZR 185/10 - Rn. 12). Dies ergibt sich daraus, dass die Beschwerdebegründung anführt, dass die Voraussetzungen einer Entscheidung nach Aktenlage gemäß § 331a ZPO, wie sie das Landesarbeitsgericht hier vorgenommen hat, nicht gegeben seien. Da im arbeitsgerichtlichen Verfahren bei einer solchen Entscheidung gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 4 ArbGG eine Alleinentscheidung durch die Vorsitzende oder den Vorsitzenden erfolgt(vgl. GMP/Germelmann ArbGG 8. Aufl. § 55 Rn. 17), umfasst die erhobene und begründete Rüge bezüglich der Entscheidung nach Aktenlage zwingend die Rüge der nicht vorschriftsmäßigen Besetzung des Gerichts. Die Beschwerde macht damit deutlich, dass die Entscheidung unzulässigerweise ohne Mitwirkung der ehrenamtlichen Richter erfolgte.

22

b) Der absolute Revisionsgrund des § 547 Nr. 1 ZPO ist gegeben, da das Landesarbeitsgericht keine Entscheidung nach Aktenlage gemäß § 331a ZPO durch Alleinentscheidung der Vorsitzenden treffen durfte. Die Alleinentscheidung stellt eine Entscheidung bei nicht vorschriftsmäßiger Besetzung des Gerichts dar. Dies gilt unabhängig davon, ob der Kläger prozessfähig oder prozessunfähig war.

23

aa) Wäre der Kläger - entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts - prozessfähig gewesen, so wäre er durch den ihm beigeordneten Rechtsanwalt in der mündlichen Verhandlung ordnungsgemäß vertreten gewesen (§ 11 Abs. 4 ArbGG). Eine Säumnis hätte nicht vorgelegen.

24

bb) Bei zu jedem Zeitpunkt des Verfahrens vorliegender Prozessunfähigkeit des Klägers hätte das Landesarbeitsgericht den Antrag des Beklagten auf Entscheidung nach Lage der Akten gemäß § 335 Abs. 1 Nr. 2 ZPO zurückweisen müssen. In diesem Fall wäre keine ordnungsgemäße Ladung des Klägers zum Termin am 16. Juli 2013 erfolgt.

25

(1) Nicht verkündete Terminsbestimmungen sind gemäß § 329 Abs. 2 Satz 2 ZPO zuzustellen. Gemäß § 170 Abs. 1 Satz 1 ZPO ist bei nicht prozessfähigen Personen an ihren gesetzlichen Vertreter zuzustellen. Die Zustellung an die nicht prozessfähige Person ist unwirksam (§ 170 Abs. 1 Satz 2 ZPO). Betreute Personen werden im Aufgabenkreis des Betreuers gemäß § 1902 BGB durch diesen gerichtlich und außergerichtlich vertreten.

26

(2) Bei unterstellter Prozessunfähigkeit des Klägers hätte die am 27. März 2013 vorgenommene und nicht verkündete Terminsbestimmung mit Ladung einem Betreuer des Klägers zugestellt werden müssen. Dies ist nicht erfolgt.

27

(3) Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts konnte die nicht an den gesetzlichen Vertreter des Klägers erfolgte Zustellung auch nicht durch das Erscheinen des Klägers und des beigeordneten Anwalts im Termin geheilt werden. Eine Heilung von Zustellungsmängeln kommt gemäß § 189 ZPO nur in Betracht, wenn das Dokument der Person, an die die Zustellung dem Gesetz gemäß gerichtet war oder gerichtet werden konnte, tatsächlich zugegangen ist. Diese Person wäre ein Betreuer gewesen. An einen Betreuer erfolgte aber zu keinem Zeitpunkt eine Ladung.

28

(4) Die Zustellung der Ladung an den beigeordneten Anwalt als Prozessbevollmächtigten nach § 172 Abs. 1 ZPO war entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts auch nicht ausreichend, weil der Streit über die Prozessfähigkeit noch andauerte. Das Landesarbeitsgericht hatte bereits mit Beschluss vom 27. November 2012 entschieden, dass es den Kläger für das vorliegende Verfahren als prozessunfähig ansieht.

29

cc) Selbst bei Annahme einer ordnungsgemäßen Ladung und Vorliegen einer Säumnis hätte das Landesarbeitsgericht keine Entscheidung nach Aktenlage treffen dürfen.

30

(1) Ein Urteil nach Lage der Akten darf nach § 331a Satz 2, § 251a Abs. 2 ZPO nur ergehen, wenn in einem früheren Termin mündlich verhandelt worden ist. Es darf frühestens in zwei Wochen verkündet werden. Das Gericht hat der nicht erschienenen Partei den Verkündungstermin formlos mitzuteilen. Es bestimmt neuen Termin zur mündlichen Verhandlung, wenn die Partei dies spätestens am siebenten Tag vor dem zur Verkündung bestimmten Termin beantragt und glaubhaft macht, dass sie ohne ihr Verschulden ausgeblieben ist und die Verlegung des Termins nicht rechtzeitig beantragen konnte.

31

(2) Der Kläger hatte mit Schriftsatz vom 1. Juli 2013 die Verlegung des Termins am 16. Juli 2013 beantragt, weil über die Bestellung eines Betreuers noch nicht entschieden worden sei. Ihm stünde kein Mittel zur Verfahrensbeschleunigung zur Verfügung. Nach Durchführung des Termins wiederholte er dies mit Schriftsatz vom 31. Juli 2013, welcher am selben Tag bei Gericht einging, und beantragte die Bestimmung eines neuen Termins zur mündlichen Verhandlung. Das Landesarbeitsgericht verkündete in dem vom 13. August 2013 auf den 27. August 2013 verlegten Verkündungstermin dennoch das angegriffene Urteil. Es hätte aber antragsgemäß einen neuen Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmen müssen. Die wegen der nicht erfolgten Vertretung durch einen Betreuer angenommene Säumnis wäre nicht auf ein Verschulden des Klägers zurückzuführen.

32

(a) Das erkennende Gericht muss darauf hinwirken, dass ein nach Auffassung des Gerichts prozessunfähiger Kläger, der damit mangels Geschäftsfähigkeit auch keinen Prozessbevollmächtigten wirksam hatte bestellen können, seine prozessualen Rechte wahrnehmen kann. Das Gericht muss den Kläger also darauf hinweisen, dass er für eine ordnungsgemäße Vertretung zu sorgen hat und sich deshalb selbst um die Bestellung eines Betreuers nach § 1896 BGB bemühen muss, der nur vom Betreuungsgericht, nicht aber vom Prozessgericht bestellt werden kann. Es muss dem Kläger dafür vor Erlass des Prozessurteils die nötige Zeit einräumen (vgl. BAG 28. Mai 2009 - 6 AZN 17/09 - Rn. 6; BGH 9. November 2010 - VI ZR 249/09 - Rn. 7). Dabei ist zu berücksichtigen, dass selbst die Bestellung eines vorläufigen Betreuers durch einstweilige Anordnung nach § 300 FamFG nicht ohne eine ärztliche Stellungnahme und eine vorherige Anhörung des Betroffenen durch das Betreuungsgericht zulässig ist, was eine gewisse Zeit in Anspruch nimmt(BGH 6. Dezember 2013 - V ZR 8/13 - Rn. 21). Zudem muss das Gericht im Rahmen seiner Amtsermittlungspflicht nach § 26 FamFG etwaigen Zweifeln am Vorliegen der Voraussetzungen einer Betreuerbestellung nachgehen(vgl. Keidel/Budde FamFG 18. Aufl. § 300 Rn. 4). Diese Umstände sind unter Berücksichtigung der Komplexität des jeweiligen Falls bei der Einschätzung des erforderlichen Zeitrahmens zu berücksichtigen.

33

(b) Die Beschwerdebegründung weist unter Nr. 4 zutreffend darauf hin, dass die dem Kläger für die Bestellung eines Betreuers bis zum 10. Januar 2013 gesetzte Frist praktisch unhaltbar war. Das Landesarbeitsgericht hat dem Kläger erst mit Beschluss vom 27. November 2012 mitgeteilt, dass es ihn für das vorliegende Verfahren als prozessunfähig ansieht. Die Zeitspanne bis zum Fristablauf war offensichtlich nicht ausreichend, um das gerichtliche Verfahren bzgl. der Bestellung eines Betreuers abzuschließen. Es ist daher ohne Belang, dass der Kläger sich erst am 9. Januar 2013 an das zuständige Betreuungsgericht gewandt hat. Hinsichtlich des weiteren Ablaufs des Verfahrens kann dem Kläger entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts nicht mit auschlaggebender Wirkung angelastet werden, dass eine Entscheidung über die Betreuerbestellung bis zur mündlichen Verhandlung am 16. Juli 2013 nicht getroffen wurde. Es sprechen zwar durchaus Umstände dafür, dass sich der Kläger hinsichtlich der Angabe der zutreffenden Adresse zunächst nicht konstruktiv verhalten hat. Zumindest gegenüber dem Landesarbeitsgericht hat er jedoch mit Schriftsatz vom 12. April 2013 seine aktuelle Adresse mitgeteilt. Eine Weitergabe an das Betreuungsgericht wäre gemäß § 22a Abs. 2 FamFG in Betracht gekommen. Es obliegt im Übrigen dem Betreuungsgericht im Rahmen seiner Amtsermittlungspflicht mit hinreichendem Nachdruck die entsprechende Klarheit herbeizuführen.

34

4. Die Verfahrensgestaltung des Landesarbeitsgerichts verletzt den Kläger auch in seinem Recht aus Art. 103 Abs. 1 GG(BAG 28. Mai 2009 - 6 AZN 17/09 - Rn. 5; BGH 6. Dezember 2013 - V ZR 8/13 - Rn. 19). Dies rügt die Beschwerde zu Recht.

35

5. Zur Beschleunigung des Verfahrens hat der Senat den Rechtsstreit nach § 72a Abs. 7 ArbGG an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen und dabei wegen der Gesamtumstände von der Möglichkeit der Zurückverweisung an eine andere Kammer Gebrauch gemacht. Hinsichtlich der Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör gründet sich dies auf die direkte Anwendung des § 72a Abs. 7 ArbGG. Bezüglich des absoluten Revisionsgrundes nach § 547 Nr. 1 ZPO ist § 72a Abs. 7 ArbGG analog anzuwenden.

36

a) Nach § 72a Abs. 7 ArbGG kann das Bundesarbeitsgericht bei Verletzung des Anspruchs des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise in dem der Beschwerde stattgebenden Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückverweisen. Dem Wortlaut der Vorschrift nach besteht diese Möglichkeit nicht bei Vorliegen eines anderen Zulassungsgrundes. § 72a Abs. 7 ArbGG ist aber bei Vorliegen eines absoluten Revisionsgrundes iSv. § 72 Abs. 2 Nr. 3 Alt. 1 ArbGG, § 547 Nr. 1 bis 5 ZPO analog anzuwenden.

37

aa) Analoge Gesetzesanwendung setzt voraus, dass der gesetzlich ungeregelte Fall nach Maßgabe des Gleichheitssatzes und zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen nach der gleichen Rechtsfolge verlangt wie die erfassten Fälle (BAG 24. Oktober 2013 - 2 AZR 320/13 - Rn. 25). Es muss allerdings eine positiv festzustellende Gesetzeslücke im Sinne einer planwidrigen Unvollständigkeit des Gesetzes vorliegen (BAG 16. Mai 2013 - 6 AZR 556/11 - Rn. 56).

38

bb) Nach diesen Grundsätzen ist eine analoge Anwendung des § 72a Abs. 7 ArbGG bei Vorliegen eines absoluten Revisionsgrundes gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 ZPO geboten.

39

(1) § 72a Abs. 7 ArbGG wurde durch das Anhörungsrügengesetz vom 9. Dezember 2004 (BGBl. I S. 3220) neu eingefügt. Die Vorschrift orientiert sich an § 544 Abs. 7 ZPO und dient der Beschleunigung des Verfahrens(BR-Drs. 663/04 S. 49; BT-Drs. 15/3706 S. 20). Diesem Zweck der Verfahrensbeschleunigung würde es widersprechen, wenn bei Vorliegen eines absoluten Revisionsgrundes die angefochtene Entscheidung zunächst im Revisionsverfahren ohne weitere Sachprüfung aufgehoben und das Verfahren erst dann an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen werden müsste (Bepler RdA 2005, 65, 76; ErfK/Koch 14. Aufl. § 72a ArbGG Rn. 10; Düwell/Lipke/Düwell ArbGG 3. Aufl. § 72a Rn. 59).

40

(2) Für eine unbewusste Gesetzeslücke im Sinne eines Redaktionsversehens spricht die ausweislich der Gesetzesbegründung erfolgte Orientierung an dem im Wesentlichen wortgleichen § 544 Abs. 7 ZPO, der wiederum § 133 Abs. 6 VwGO zum Vorbild hat(BT-Drs. 15/3706 S. 17; BAG 12. Dezember 2006 - 3 AZN 625/06 - Rn. 34, BAGE 120, 322). Dabei ist offenbar übersehen worden, dass § 543 ZPO anders als § 72 Abs. 2 Nr. 3 ArbGG eine Zulassung der Revision wegen Vorliegens eines absoluten Revisionsgrundes nicht vorsieht(vgl. Bepler RdA 2005, 65, 76; Düwell/Lipke/Düwell ArbGG 3. Aufl. § 72a Rn. 59). Die Berücksichtigung absoluter Revisionsgründe war bei § 544 Abs. 7 ZPO daher nicht veranlasst.

41

(3) All dies spricht dafür, dass die mit § 72a Abs. 7 ArbGG bezweckte Verfahrensbeschleunigung zur Vermeidung eines lediglich entscheidungsverzögernden Revisionsverfahrens auch bei Darlegung eines absoluten Revisionsgrundes im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren gemäß § 72a Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 Alt. 1 ArbGG ermöglicht werden soll. Eine entsprechende Analogie entspricht auch der Interessenlage der Parteien und dem allgemeinen Beschleunigungsgebot nach § 9 Abs. 1 ArbGG(ErfK/Koch 14. Aufl. § 72a ArbGG Rn. 10). In der Literatur wird die analoge Anwendung des § 72a Abs. 7 ArbGG daher überwiegend befürwortet(so GWBG/Benecke ArbGG 8. Aufl. § 72a Rn. 51; Schwab/Weth/Ulrich 3. Aufl. ArbGG § 72a Rn. 87a; BeckOK ArbR/Klose Stand 1. März 2014 ArbGG § 72a Rn. 21; aA GK-ArbGG/Mikosch Stand April 2010 § 72a Rn. 84; GMP/Müller-Glöge ArbGG 8. Aufl. § 72a Rn. 62).

42

b) § 72a Abs. 7 ArbGG ermöglicht auch die Zurückverweisung an eine andere Kammer des Landesarbeitsgerichts. Die Vorschrift sieht dies zwar nicht ausdrücklich vor. Dieser Weg ist jedoch in entsprechender Anwendung von § 563 Abs. 1 Satz 2 ZPO eröffnet. Eine derartige Notwendigkeit kann auch bei einer Zurückverweisung im Rahmen des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens entstehen (BAG 12. Dezember 2006 - 3 AZN 625/06 - Rn. 33, BAGE 120, 322).

43

6. Der Senat sieht von einer weiteren Begründung gemäß § 72a Abs. 5 Satz 5 ArbGG ab.

44

III. Die nach der Zurückverweisung zuständige Kammer des Landesarbeitsgerichts wird zu prüfen haben, ob sie - ggf. nach Einholung eines erneuten Sachverständigengutachtens - ebenfalls von der Prozessunfähigkeit des Klägers ausgeht. In diesem Fall wird zu klären sein, ob eine durchgehende Prozessunfähigkeit seit Beginn des Verfahrens vorliegt, so dass eine konkludente Genehmigung der bisherigen Prozesshandlungen durch den zeitweise prozessfähigen Kläger ausscheidet (vgl. BAG 28. Mai 2009 - 6 AZN 17/09 - Rn. 10). Bei zeitweiser Prozessfähigkeit wären die Vorgaben der §§ 86, 246 ZPO zu beachten. Bei durchgehender Prozessunfähigkeit wird das Landesarbeitsgericht dem Kläger wiederum Gelegenheit geben müssen, für eine gesetzliche Vertretung durch Bestellung eines Betreuers zu sorgen.

45

Sollte das Landesarbeitsgericht demgegenüber zu der Auffassung gelangen, dass der Kläger prozessfähig ist, wird es den Rechtsstreit nach mündlicher Verhandlung unter Hinzuziehung der ehrenamtlichen Richter entscheiden müssen.

46

IV. Das Landesarbeitsgericht wird auch über die Kosten des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens zu entscheiden haben.

47

V.  Die Wertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 GKG.

        

    Fischermeier    

        

    Spelge    

        

    Krumbiegel    

        

        

        

    Augat    

        

    Kreis    

                 

Eine Person ist insoweit prozessfähig, als sie sich durch Verträge verpflichten kann.

Geschäftsunfähig ist:

1.
wer nicht das siebente Lebensjahr vollendet hat,
2.
wer sich in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit befindet, sofern nicht der Zustand seiner Natur nach ein vorübergehender ist.

Tenor

1. Auf die Beschwerde des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 27. August 2013 - 8 Sa 62/08 - aufgehoben.

2. Der Rechtsstreit wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens - an eine andere Kammer des Landesarbeitsgerichts zurückverwiesen.

3. Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 9.900,00 Euro festgesetzt.

Gründe

1

I. Die Parteien streiten über die Wirksamkeit eines gerichtlichen Vergleichs.

2

Der Kläger stand auf der Grundlage gerichtlicher Beschlüsse vom 12. Juli 2005 unter Betreuung. Die Parteien begründeten im Jahre 2007 ein Arbeitsverhältnis, welches der Beklagte mit zwei Kündigungen innerhalb der Wartezeit beenden wollte. Der Kläger hat hiergegen Kündigungsschutzklage erhoben. Die Parteien haben vor dem Arbeitsgericht am 12. März 2008 einen verfahrensbeendenden Vergleich geschlossen, welcher ua. die Zahlung einer Abfindung iHv. 56.000,00 Euro brutto als Ausgleich für den Verlust des Arbeitsplatzes vorsieht. Der Beklagte hat daraufhin sowohl den Abschluss des Arbeitsvertrags als auch des Prozessvergleichs wegen arglistiger Täuschung und Irrtums angefochten. Der Kläger hält an der Wirksamkeit des Vergleichs fest.

3

Durch Beschluss des zuständigen Landgerichts vom 31. August 2009 wurde die Betreuung des Klägers aufgehoben. Das Oberlandesgericht hat diese Entscheidung am 30. August 2010 dahin gehend abgeändert, dass die Betreuerbestellung noch für Gerichtsverfahren nach § 579 Abs. 1 Nr. 4 ZPO sowie bezüglich Gerichtsverfahren mit Auslandsbezug besteht. Schließlich hat das Betreuungsgericht mit Beschluss vom 31. Mai 2011 diese Betreuung gänzlich aufgehoben.

4

Das Arbeitsgericht hat in seinem Urteil vom 2. Dezember 2008 den auf die Unwirksamkeit des Vergleichs gerichteten Feststellungsantrag des Beklagten als unbegründet angesehen. Das Landesarbeitsgericht hat nach dem Ende der Vertretung des Klägers durch seinen vormaligen Betreuer mit Beschluss vom 3. Dezember 2010 einen Rechtsanwalt als Prozessbevollmächtigten beigeordnet. Es hat zur Prüfung der Prozessfähigkeit des Klägers ein Gutachten eingeholt. Am 27. November 2012 hat das Landesarbeitsgericht nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit dem Kläger beschlossen, dass der Kläger für das vorliegende Verfahren als prozessunfähig angesehen wird. Ihm wurde Gelegenheit gegeben, bis zum 10. Januar 2013 für die Bestellung eines Betreuers zu sorgen. Am 9. Januar 2013 hat der Kläger das Betreuungsgericht hierüber informiert und gebeten „das Notwendige“ zu veranlassen. Bis zur nächsten mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht am 16. Juli 2013 erfolgte keine Entscheidung über die erneute Bestellung eines Betreuers.

5

In diesem Termin war der Kläger mit dem beigeordneten Rechtsanwalt anwesend. Das Landesarbeitsgericht hat den Kläger jedoch als nicht wirksam vertreten und damit säumig angesehen. Der beigeordnete Rechtsanwalt handle ohne wirksame Vollmacht, da der Kläger partiell prozessunfähig für arbeitsgerichtliche Verfahren sei und insoweit keine Prozessvollmachten erteilen könne. Zwar komme das eingeholte Sachverständigengutachten nicht eindeutig zu dem Ergebnis der Prozessunfähigkeit des Klägers. Diese sei aber aus dem gesamten prozessualen Verhalten des Klägers in einer Vielzahl von Prozessen erkennbar. Auch frühere Begutachtungen sowie ein von dem Beklagten vorgelegtes Gutachten vom 11. September 2011 kämen zu diesem Ergebnis. Der Kläger sei aufgrund einer Geistesstörung nicht in der Lage, seinen Willen frei zu bilden und nach zutreffend gewonnenen Einsichten zu handeln. Insbesondere sei er krankhaft außer Stande, eigene Überzeugungen kritisch zu hinterfragen, den situativen Erfordernissen anzupassen oder gar zu revidieren. Der Kläger sei auch nicht unverschuldet säumig geblieben. Er habe die ihm bis zum 10. Januar 2013 gesetzte Frist nicht genutzt und durch die Mitteilung falscher Anschriften das eingeleitete Betreuungsverfahren verzögert.

6

Auf Antrag des Beklagten hat das Landesarbeitsgericht unter Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung nach Lage der Akten entschieden, dass der Rechtsstreit durch den Vergleich vom 12. März 2008 nicht beendet worden ist. Die Kündigungsschutzklage hat das Landesarbeitsgericht abgewiesen.

7

Das vom Kläger mit Schreiben vom 9. Januar 2013 angeregte Betreuungsverfahren wurde durch das Betreuungsgericht mit Beschluss vom 27. Dezember 2013 eingestellt.

8

II. Die Beschwerde führt zulässig und begründet den absoluten Revisionsgrund des § 547 Nr. 1 ZPO sowie eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör nach Art. 103 Abs. 1 GG an. Nach § 72a Abs. 7 ArbGG hat der Senat das angefochtene Urteil aufgehoben und den Rechtsstreit an eine andere Kammer des Landesarbeitsgerichts zurückverwiesen. Es kann daher dahingestellt bleiben, ob weitere Verletzungen des Anspruchs auf rechtliches Gehör vorliegen, welche ebenfalls zur Zurückverweisung gemäß § 72a Abs. 7 ArbGG geführt hätten. Es bedarf auch keiner Entscheidung, ob die Voraussetzungen einer Grundsatz- oder Divergenzbeschwerde hier erfüllt sind.

9

1. Die Beschwerde ist nicht wegen Versäumung der Fristen zur Einlegung und Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde gemäß § 72a Abs. 2 Satz 1 und § 72a Abs. 3 Satz 1 ArbGG unzulässig.

10

a) Zum Zeitpunkt der Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde am 1. April 2014 waren diese Fristen mit Blick auf die Zustellung des Urteils des Landesarbeitsgerichts am 2. September 2013 versäumt.

11

b) Dem Kläger ist jedoch die beantragte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 233 ZPO zu gewähren. Der Kläger war wegen Mittellosigkeit und somit ohne sein Verschulden verhindert, die Fristen zur Einlegung und Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde einzuhalten. Er hat aber innerhalb der einmonatigen Notfrist des § 72a Abs. 2 Satz 1 ArbGG am 2. Oktober 2013 Prozesskostenhilfe beantragt, die ihm mit Beschluss des Senats vom 10. März 2014 - 6 AZA 16/13 - bewilligt worden ist (vgl. BAG 11. Oktober 2010 - 9 AZN 418/10 - Rn. 5). Die Entscheidung wurde dem Kläger am 18. März 2014 zugestellt. Der am 1. April 2014 eingegangene Wiedereinsetzungsantrag wahrte die zweiwöchige Wiedereinsetzungsfrist des § 234 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Die Frist begann mit dem Tag, an dem das der Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde entgegenstehende Hindernis behoben war (§ 234 Abs. 2 ZPO). Das Hindernis der Mittellosigkeit entfiel mit der Bekanntgabe des Beschlusses über die Bewilligung der Prozesskostenhilfe an den Kläger (vgl. BGH 22. November 2000 - XII ZB 28/00 - zu II 1 der Gründe). Die Wiedereinsetzungsfrist endete folglich mit Ablauf des 1. April 2014 (§ 222 Abs. 1 ZPO, § 187 Abs. 1, § 188 Abs. 2 BGB). Die Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde ging am 16. April 2014 und damit innerhalb der Monatsfrist des § 234 Abs. 1 Satz 2 ZPO ein.

12

2. Die mögliche mangelnde Prozessfähigkeit des Klägers führt nicht zur Unzulässigkeit der Nichtzulassungsbeschwerde.

13

a) Die Prozessfähigkeit gemäß § 51 Abs. 1, § 52 ZPO ist zwingende Prozessvoraussetzung. Bestehen konkrete Anhaltspunkte dafür, dass die Partei prozessunfähig sein könnte, hat deshalb das jeweils mit der Sache befasste Gericht nach § 56 Abs. 1 ZPO von Amts wegen zu ermitteln, ob Prozessunfähigkeit vorliegt. Dabei ist es nicht an die förmlichen Beweismittel des Zivilprozesses gebunden, vielmehr gilt der Grundsatz des Freibeweises (vgl. BGH 9. November 2010 - VI ZR 249/09 - Rn. 4). Das mögliche Fehlen der Prozessfähigkeit ist in jeder Lage des Verfahrens, also auch noch in der Berufungs- und Revisionsinstanz, von Amts wegen zu berücksichtigen (BAG 20. Januar 2000 - 2 AZR 733/98 - zu II 2 b der Gründe, BAGE 93, 248; zum Ermessenspielraum des Revisionsgerichts, ob es den Sachverhalt selbst aufklären will vgl. BAG 26. August 1988 - 7 AZR 746/87 - zu I 2 der Gründe). Die höhere Instanz ist an die Tatsachenfeststellungen der unteren Instanz zu den Prozessvoraussetzungen nicht gebunden und hat auch neues Tatsachenvorbringen zu berücksichtigen (Zöller/Vollkommer ZPO 30. Aufl. § 56 Rn. 2 mwN). Für den Streit über die Prozessfähigkeit ist die davon betroffene Partei aber in jedem Fall als prozessfähig anzusehen (BAG 28. Mai 2009 - 6 AZN 17/09 - Rn. 3; BGH 9. November 2010 - VI ZR 249/09 - Rn. 3). So kann auch eine Partei, deren Prozessfähigkeit in der Vorinstanz verneint worden ist, wirksam ein Rechtsmittel einlegen, um eine andere Beurteilung zu erreichen (BGH 6. Dezember 2013 - V ZR 8/13 - Rn. 4).

14

b) Nach den zutreffenden Ausführungen des Landesarbeitsgerichts in der anzufechtenden Entscheidung wurde die Prozessunfähigkeit des Klägers gutachterlich nicht mit hinreichender Sicherheit festgestellt. Die dennoch durch das Landesarbeitsgericht vorgenommene Einschätzung des Klägers als „partiell prozessunfähig für arbeitsgerichtliche Verfahren“ begegnet Bedenken.

15

aa) Für die Prozessfähigkeit ist maßgeblich, ob eine Person sich durch Verträge verpflichten kann ( § 52 ZPO ). Prozessunfähig, weil geschäftsunfähig, sind deshalb Volljährige unter den Voraussetzungen des § 104 Nr. 2 BGB. Danach ist geschäftsunfähig, wer sich in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden, dauerhaften Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit befindet. Ein solcher Zustand ist gegeben, wenn jemand nicht im Stande ist, seinen Willen frei und unbeeinflusst von einer vorliegenden Geistesstörung zu bilden und nach zutreffend gewonnenen Einsichten zu handeln. Das kann auch der Fall sein, wenn lediglich eine Geistesschwäche vorliegt. Abzustellen ist allein darauf, ob eine freie Entscheidung nach Abwägung des Für und Wider bei sachlicher Prüfung der in Betracht kommenden Gesichtspunkte möglich ist oder ob umgekehrt von einer freien Willensbildung nicht mehr gesprochen werden kann, etwa weil infolge der Geistesstörung Einflüsse dritter Personen den Willen übermäßig beherrschen (BAG 28. Mai 2009 - 6 AZN 17/09 - Rn. 8 mwN).

16

bb) Ein Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit des Klägers ist jedenfalls bezogen auf das vorliegende Verfahren nicht zu erkennen. Der Kläger verfolgt nur noch das Ziel, sich gegen die Angriffe des Beklagten gegen die Wirksamkeit des am 12. März 2008 geschlossenen Prozessvergleichs zu verteidigen. Dies ist nachvollziehbar, denn schließlich sieht dieser Vergleich für die Beendigung eines Arbeitsverhältnisses während der Wartezeit eine Abfindung iHv. 56.000,00 Euro brutto vor. Die vom Landesarbeitsgericht diagnostizierten Wahnvorstellungen kommen hier nicht zum Ausdruck. Im Gegensatz zum Landesarbeitsgericht hat das Betreuungsgericht zudem in seinem Beschluss vom 31. Mai 2011 angeführt, dass der Kläger in der Lage sei, sich in anhängigen Prozessen als Partei zu artikulieren oder einen Prozessbevollmächtigten zu mandatieren. Er sei auf die Unterstützung durch einen gesetzlichen Vertreter nicht angewiesen.

17

c) In der Gesamtschau der zahlreichen Prozesse des Klägers in den letzten Jahren erscheint es dennoch möglich, dass der Kläger (wieder) prozessunfähig ist. Bezüglich des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens kann dies jedoch offenbleiben. Mit dem Beschwerdeverfahren wird der Streit über die Prozessfähigkeit des Klägers fortgeführt, da die Beschwerde Rügen erhebt, die sich auf die Führung des Verfahrens durch das Landesarbeitsgericht bei von diesem unterstellter Prozessunfähigkeit des Klägers beziehen.

18

3. Die Beschwerde ist zulässig und begründet. Es liegt der absolute Revisionsgrund der nicht vorschriftsmäßigen Besetzung des Gerichts vor (§ 547 Nr. 1 ZPO iVm. § 72 Abs. 2 Nr. 3 Alt. 1 ArbGG).

19

a) Die Beschwerdebegründung enthält eine ausreichende Geltendmachung dieses Revisionsgrundes.

20

aa) Wird mit einer Nichtzulassungsbeschwerde gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 3 ArbGG das Vorliegen eines absoluten Revisionsgrundes geltend gemacht, muss nach § 72a Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 ArbGG die Beschwerdebegründung die Darlegung des absoluten Revisionsgrundes nach § 547 Nr. 1 bis 5 ZPO enthalten. Die bloße Benennung eines Zulassungsgrundes genügt nicht. Der Beschwerdeführer hat vielmehr die Tatsachen, aus denen sich der Verfahrensfehler des Berufungsgerichts ergeben soll, substantiiert vorzutragen (BAG 5. Dezember 2011 - 5 AZN 1036/11 - Rn. 7).

21

bb) Diese Voraussetzungen sind hier bezüglich des absoluten Revisionsgrundes nach § 547 Nr. 1 ZPO erfüllt. Der Beschwerdeführer hat diese Rechtsnorm zwar nicht konkret bezeichnet, sondern als absoluten Revisionsgrund unter Nr. 3, 4 und 5 der Beschwerdebegründung nur § 547 Nr. 4 ZPO ausdrücklich angeführt sowie einen Verstoß gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör(Art. 103 Abs. 1 GG) gerügt. Die Beschwerdebegründung lässt aber deutlich erkennen, dass der Beschwerdeführer die nicht vorschriftsmäßige Besetzung des Gerichts iSd. § 547 Nr. 1 ZPO als gegeben ansieht(vgl. BAG 25. Januar 2012 - 4 AZR 185/10 - Rn. 12). Dies ergibt sich daraus, dass die Beschwerdebegründung anführt, dass die Voraussetzungen einer Entscheidung nach Aktenlage gemäß § 331a ZPO, wie sie das Landesarbeitsgericht hier vorgenommen hat, nicht gegeben seien. Da im arbeitsgerichtlichen Verfahren bei einer solchen Entscheidung gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 4 ArbGG eine Alleinentscheidung durch die Vorsitzende oder den Vorsitzenden erfolgt(vgl. GMP/Germelmann ArbGG 8. Aufl. § 55 Rn. 17), umfasst die erhobene und begründete Rüge bezüglich der Entscheidung nach Aktenlage zwingend die Rüge der nicht vorschriftsmäßigen Besetzung des Gerichts. Die Beschwerde macht damit deutlich, dass die Entscheidung unzulässigerweise ohne Mitwirkung der ehrenamtlichen Richter erfolgte.

22

b) Der absolute Revisionsgrund des § 547 Nr. 1 ZPO ist gegeben, da das Landesarbeitsgericht keine Entscheidung nach Aktenlage gemäß § 331a ZPO durch Alleinentscheidung der Vorsitzenden treffen durfte. Die Alleinentscheidung stellt eine Entscheidung bei nicht vorschriftsmäßiger Besetzung des Gerichts dar. Dies gilt unabhängig davon, ob der Kläger prozessfähig oder prozessunfähig war.

23

aa) Wäre der Kläger - entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts - prozessfähig gewesen, so wäre er durch den ihm beigeordneten Rechtsanwalt in der mündlichen Verhandlung ordnungsgemäß vertreten gewesen (§ 11 Abs. 4 ArbGG). Eine Säumnis hätte nicht vorgelegen.

24

bb) Bei zu jedem Zeitpunkt des Verfahrens vorliegender Prozessunfähigkeit des Klägers hätte das Landesarbeitsgericht den Antrag des Beklagten auf Entscheidung nach Lage der Akten gemäß § 335 Abs. 1 Nr. 2 ZPO zurückweisen müssen. In diesem Fall wäre keine ordnungsgemäße Ladung des Klägers zum Termin am 16. Juli 2013 erfolgt.

25

(1) Nicht verkündete Terminsbestimmungen sind gemäß § 329 Abs. 2 Satz 2 ZPO zuzustellen. Gemäß § 170 Abs. 1 Satz 1 ZPO ist bei nicht prozessfähigen Personen an ihren gesetzlichen Vertreter zuzustellen. Die Zustellung an die nicht prozessfähige Person ist unwirksam (§ 170 Abs. 1 Satz 2 ZPO). Betreute Personen werden im Aufgabenkreis des Betreuers gemäß § 1902 BGB durch diesen gerichtlich und außergerichtlich vertreten.

26

(2) Bei unterstellter Prozessunfähigkeit des Klägers hätte die am 27. März 2013 vorgenommene und nicht verkündete Terminsbestimmung mit Ladung einem Betreuer des Klägers zugestellt werden müssen. Dies ist nicht erfolgt.

27

(3) Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts konnte die nicht an den gesetzlichen Vertreter des Klägers erfolgte Zustellung auch nicht durch das Erscheinen des Klägers und des beigeordneten Anwalts im Termin geheilt werden. Eine Heilung von Zustellungsmängeln kommt gemäß § 189 ZPO nur in Betracht, wenn das Dokument der Person, an die die Zustellung dem Gesetz gemäß gerichtet war oder gerichtet werden konnte, tatsächlich zugegangen ist. Diese Person wäre ein Betreuer gewesen. An einen Betreuer erfolgte aber zu keinem Zeitpunkt eine Ladung.

28

(4) Die Zustellung der Ladung an den beigeordneten Anwalt als Prozessbevollmächtigten nach § 172 Abs. 1 ZPO war entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts auch nicht ausreichend, weil der Streit über die Prozessfähigkeit noch andauerte. Das Landesarbeitsgericht hatte bereits mit Beschluss vom 27. November 2012 entschieden, dass es den Kläger für das vorliegende Verfahren als prozessunfähig ansieht.

29

cc) Selbst bei Annahme einer ordnungsgemäßen Ladung und Vorliegen einer Säumnis hätte das Landesarbeitsgericht keine Entscheidung nach Aktenlage treffen dürfen.

30

(1) Ein Urteil nach Lage der Akten darf nach § 331a Satz 2, § 251a Abs. 2 ZPO nur ergehen, wenn in einem früheren Termin mündlich verhandelt worden ist. Es darf frühestens in zwei Wochen verkündet werden. Das Gericht hat der nicht erschienenen Partei den Verkündungstermin formlos mitzuteilen. Es bestimmt neuen Termin zur mündlichen Verhandlung, wenn die Partei dies spätestens am siebenten Tag vor dem zur Verkündung bestimmten Termin beantragt und glaubhaft macht, dass sie ohne ihr Verschulden ausgeblieben ist und die Verlegung des Termins nicht rechtzeitig beantragen konnte.

31

(2) Der Kläger hatte mit Schriftsatz vom 1. Juli 2013 die Verlegung des Termins am 16. Juli 2013 beantragt, weil über die Bestellung eines Betreuers noch nicht entschieden worden sei. Ihm stünde kein Mittel zur Verfahrensbeschleunigung zur Verfügung. Nach Durchführung des Termins wiederholte er dies mit Schriftsatz vom 31. Juli 2013, welcher am selben Tag bei Gericht einging, und beantragte die Bestimmung eines neuen Termins zur mündlichen Verhandlung. Das Landesarbeitsgericht verkündete in dem vom 13. August 2013 auf den 27. August 2013 verlegten Verkündungstermin dennoch das angegriffene Urteil. Es hätte aber antragsgemäß einen neuen Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmen müssen. Die wegen der nicht erfolgten Vertretung durch einen Betreuer angenommene Säumnis wäre nicht auf ein Verschulden des Klägers zurückzuführen.

32

(a) Das erkennende Gericht muss darauf hinwirken, dass ein nach Auffassung des Gerichts prozessunfähiger Kläger, der damit mangels Geschäftsfähigkeit auch keinen Prozessbevollmächtigten wirksam hatte bestellen können, seine prozessualen Rechte wahrnehmen kann. Das Gericht muss den Kläger also darauf hinweisen, dass er für eine ordnungsgemäße Vertretung zu sorgen hat und sich deshalb selbst um die Bestellung eines Betreuers nach § 1896 BGB bemühen muss, der nur vom Betreuungsgericht, nicht aber vom Prozessgericht bestellt werden kann. Es muss dem Kläger dafür vor Erlass des Prozessurteils die nötige Zeit einräumen (vgl. BAG 28. Mai 2009 - 6 AZN 17/09 - Rn. 6; BGH 9. November 2010 - VI ZR 249/09 - Rn. 7). Dabei ist zu berücksichtigen, dass selbst die Bestellung eines vorläufigen Betreuers durch einstweilige Anordnung nach § 300 FamFG nicht ohne eine ärztliche Stellungnahme und eine vorherige Anhörung des Betroffenen durch das Betreuungsgericht zulässig ist, was eine gewisse Zeit in Anspruch nimmt(BGH 6. Dezember 2013 - V ZR 8/13 - Rn. 21). Zudem muss das Gericht im Rahmen seiner Amtsermittlungspflicht nach § 26 FamFG etwaigen Zweifeln am Vorliegen der Voraussetzungen einer Betreuerbestellung nachgehen(vgl. Keidel/Budde FamFG 18. Aufl. § 300 Rn. 4). Diese Umstände sind unter Berücksichtigung der Komplexität des jeweiligen Falls bei der Einschätzung des erforderlichen Zeitrahmens zu berücksichtigen.

33

(b) Die Beschwerdebegründung weist unter Nr. 4 zutreffend darauf hin, dass die dem Kläger für die Bestellung eines Betreuers bis zum 10. Januar 2013 gesetzte Frist praktisch unhaltbar war. Das Landesarbeitsgericht hat dem Kläger erst mit Beschluss vom 27. November 2012 mitgeteilt, dass es ihn für das vorliegende Verfahren als prozessunfähig ansieht. Die Zeitspanne bis zum Fristablauf war offensichtlich nicht ausreichend, um das gerichtliche Verfahren bzgl. der Bestellung eines Betreuers abzuschließen. Es ist daher ohne Belang, dass der Kläger sich erst am 9. Januar 2013 an das zuständige Betreuungsgericht gewandt hat. Hinsichtlich des weiteren Ablaufs des Verfahrens kann dem Kläger entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts nicht mit auschlaggebender Wirkung angelastet werden, dass eine Entscheidung über die Betreuerbestellung bis zur mündlichen Verhandlung am 16. Juli 2013 nicht getroffen wurde. Es sprechen zwar durchaus Umstände dafür, dass sich der Kläger hinsichtlich der Angabe der zutreffenden Adresse zunächst nicht konstruktiv verhalten hat. Zumindest gegenüber dem Landesarbeitsgericht hat er jedoch mit Schriftsatz vom 12. April 2013 seine aktuelle Adresse mitgeteilt. Eine Weitergabe an das Betreuungsgericht wäre gemäß § 22a Abs. 2 FamFG in Betracht gekommen. Es obliegt im Übrigen dem Betreuungsgericht im Rahmen seiner Amtsermittlungspflicht mit hinreichendem Nachdruck die entsprechende Klarheit herbeizuführen.

34

4. Die Verfahrensgestaltung des Landesarbeitsgerichts verletzt den Kläger auch in seinem Recht aus Art. 103 Abs. 1 GG(BAG 28. Mai 2009 - 6 AZN 17/09 - Rn. 5; BGH 6. Dezember 2013 - V ZR 8/13 - Rn. 19). Dies rügt die Beschwerde zu Recht.

35

5. Zur Beschleunigung des Verfahrens hat der Senat den Rechtsstreit nach § 72a Abs. 7 ArbGG an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen und dabei wegen der Gesamtumstände von der Möglichkeit der Zurückverweisung an eine andere Kammer Gebrauch gemacht. Hinsichtlich der Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör gründet sich dies auf die direkte Anwendung des § 72a Abs. 7 ArbGG. Bezüglich des absoluten Revisionsgrundes nach § 547 Nr. 1 ZPO ist § 72a Abs. 7 ArbGG analog anzuwenden.

36

a) Nach § 72a Abs. 7 ArbGG kann das Bundesarbeitsgericht bei Verletzung des Anspruchs des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise in dem der Beschwerde stattgebenden Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückverweisen. Dem Wortlaut der Vorschrift nach besteht diese Möglichkeit nicht bei Vorliegen eines anderen Zulassungsgrundes. § 72a Abs. 7 ArbGG ist aber bei Vorliegen eines absoluten Revisionsgrundes iSv. § 72 Abs. 2 Nr. 3 Alt. 1 ArbGG, § 547 Nr. 1 bis 5 ZPO analog anzuwenden.

37

aa) Analoge Gesetzesanwendung setzt voraus, dass der gesetzlich ungeregelte Fall nach Maßgabe des Gleichheitssatzes und zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen nach der gleichen Rechtsfolge verlangt wie die erfassten Fälle (BAG 24. Oktober 2013 - 2 AZR 320/13 - Rn. 25). Es muss allerdings eine positiv festzustellende Gesetzeslücke im Sinne einer planwidrigen Unvollständigkeit des Gesetzes vorliegen (BAG 16. Mai 2013 - 6 AZR 556/11 - Rn. 56).

38

bb) Nach diesen Grundsätzen ist eine analoge Anwendung des § 72a Abs. 7 ArbGG bei Vorliegen eines absoluten Revisionsgrundes gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 ZPO geboten.

39

(1) § 72a Abs. 7 ArbGG wurde durch das Anhörungsrügengesetz vom 9. Dezember 2004 (BGBl. I S. 3220) neu eingefügt. Die Vorschrift orientiert sich an § 544 Abs. 7 ZPO und dient der Beschleunigung des Verfahrens(BR-Drs. 663/04 S. 49; BT-Drs. 15/3706 S. 20). Diesem Zweck der Verfahrensbeschleunigung würde es widersprechen, wenn bei Vorliegen eines absoluten Revisionsgrundes die angefochtene Entscheidung zunächst im Revisionsverfahren ohne weitere Sachprüfung aufgehoben und das Verfahren erst dann an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen werden müsste (Bepler RdA 2005, 65, 76; ErfK/Koch 14. Aufl. § 72a ArbGG Rn. 10; Düwell/Lipke/Düwell ArbGG 3. Aufl. § 72a Rn. 59).

40

(2) Für eine unbewusste Gesetzeslücke im Sinne eines Redaktionsversehens spricht die ausweislich der Gesetzesbegründung erfolgte Orientierung an dem im Wesentlichen wortgleichen § 544 Abs. 7 ZPO, der wiederum § 133 Abs. 6 VwGO zum Vorbild hat(BT-Drs. 15/3706 S. 17; BAG 12. Dezember 2006 - 3 AZN 625/06 - Rn. 34, BAGE 120, 322). Dabei ist offenbar übersehen worden, dass § 543 ZPO anders als § 72 Abs. 2 Nr. 3 ArbGG eine Zulassung der Revision wegen Vorliegens eines absoluten Revisionsgrundes nicht vorsieht(vgl. Bepler RdA 2005, 65, 76; Düwell/Lipke/Düwell ArbGG 3. Aufl. § 72a Rn. 59). Die Berücksichtigung absoluter Revisionsgründe war bei § 544 Abs. 7 ZPO daher nicht veranlasst.

41

(3) All dies spricht dafür, dass die mit § 72a Abs. 7 ArbGG bezweckte Verfahrensbeschleunigung zur Vermeidung eines lediglich entscheidungsverzögernden Revisionsverfahrens auch bei Darlegung eines absoluten Revisionsgrundes im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren gemäß § 72a Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 Alt. 1 ArbGG ermöglicht werden soll. Eine entsprechende Analogie entspricht auch der Interessenlage der Parteien und dem allgemeinen Beschleunigungsgebot nach § 9 Abs. 1 ArbGG(ErfK/Koch 14. Aufl. § 72a ArbGG Rn. 10). In der Literatur wird die analoge Anwendung des § 72a Abs. 7 ArbGG daher überwiegend befürwortet(so GWBG/Benecke ArbGG 8. Aufl. § 72a Rn. 51; Schwab/Weth/Ulrich 3. Aufl. ArbGG § 72a Rn. 87a; BeckOK ArbR/Klose Stand 1. März 2014 ArbGG § 72a Rn. 21; aA GK-ArbGG/Mikosch Stand April 2010 § 72a Rn. 84; GMP/Müller-Glöge ArbGG 8. Aufl. § 72a Rn. 62).

42

b) § 72a Abs. 7 ArbGG ermöglicht auch die Zurückverweisung an eine andere Kammer des Landesarbeitsgerichts. Die Vorschrift sieht dies zwar nicht ausdrücklich vor. Dieser Weg ist jedoch in entsprechender Anwendung von § 563 Abs. 1 Satz 2 ZPO eröffnet. Eine derartige Notwendigkeit kann auch bei einer Zurückverweisung im Rahmen des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens entstehen (BAG 12. Dezember 2006 - 3 AZN 625/06 - Rn. 33, BAGE 120, 322).

43

6. Der Senat sieht von einer weiteren Begründung gemäß § 72a Abs. 5 Satz 5 ArbGG ab.

44

III. Die nach der Zurückverweisung zuständige Kammer des Landesarbeitsgerichts wird zu prüfen haben, ob sie - ggf. nach Einholung eines erneuten Sachverständigengutachtens - ebenfalls von der Prozessunfähigkeit des Klägers ausgeht. In diesem Fall wird zu klären sein, ob eine durchgehende Prozessunfähigkeit seit Beginn des Verfahrens vorliegt, so dass eine konkludente Genehmigung der bisherigen Prozesshandlungen durch den zeitweise prozessfähigen Kläger ausscheidet (vgl. BAG 28. Mai 2009 - 6 AZN 17/09 - Rn. 10). Bei zeitweiser Prozessfähigkeit wären die Vorgaben der §§ 86, 246 ZPO zu beachten. Bei durchgehender Prozessunfähigkeit wird das Landesarbeitsgericht dem Kläger wiederum Gelegenheit geben müssen, für eine gesetzliche Vertretung durch Bestellung eines Betreuers zu sorgen.

45

Sollte das Landesarbeitsgericht demgegenüber zu der Auffassung gelangen, dass der Kläger prozessfähig ist, wird es den Rechtsstreit nach mündlicher Verhandlung unter Hinzuziehung der ehrenamtlichen Richter entscheiden müssen.

46

IV. Das Landesarbeitsgericht wird auch über die Kosten des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens zu entscheiden haben.

47

V.  Die Wertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 GKG.

        

    Fischermeier    

        

    Spelge    

        

    Krumbiegel    

        

        

        

    Augat    

        

    Kreis    

                 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 2. Mai 2013 5 Ca 370/12 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Klägerin verlangt von der Beklagten Zahlung einer Entschädigung wegen behaupteter Benachteiligung bei einer Stellenbewerbung. Die Klägerin ist über 50 Jahre alt und russischer Herkunft. Sie hat ein Informatikstudium absolviert.

2

Die Klägerin ist im Zusammenhang mit Klagen auf Zahlung von Entschädigungen wegen behaupteter Diskriminierung bundesweit aktiv. Auch die Beklagte war bereits in der Vergangenheit zweimal von der Klägerin auf Zahlung von Entschädigung gerichtlich in Anspruch genommen worden, jeweils erfolglos. Im Zusammenhang damit ist nach wie vor ein Anspruch der Beklagten gegenüber der Klägerin auf Kostenerstattung offen.

3

Am 5. Juli 2012 schrieb die Beklagte eine Stelle als Softwareentwickler Microsoft.Net (w/m) ..... und eine Stelle als Softwareentwickler Microsoft.Net (w/m) ..... aus. Auf diese Positionen bewarb sich die Klägerin mittels des von der Beklagten eingerichteten Onlinebewerbungstools.

4

Nach Abschluss des Bewerbungsverfahrens lehnte die Beklagte die Klägerin als Kandidatin für beide ausgeschriebene Stellen mit Schreiben vom 5. Oktober 2012 ab.

5

Mit der Klage vom 19. September 2012 hat die Klägerin von der Beklagten ursprünglich die Bescheidung über ihre Bewerbungen begehrt. Nach Erhalt der Ablehnungen hat die Klägerin die Klage mit Schriftsatz vom 27. Oktober 2012 auf Zahlung einer zeitlich unbegrenzten monatlichen Entschädigung in Höhe von € 1.000,00 € umgestellt. Mit Klagerweiterung vom 12. November 2012 hat die Klägerin eine zeitlich unbegrenzte Entschädigungszahlung in Höhe von € 3.000,00 monatlich begehrt.

6

Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, dass sie von der Beklagten wegen der Merkmale „Geschlecht“, „Alter“ und „russischer Herkunft“ nicht zum Vorstellungsgespräch eingeladen und damit mehrfach diskriminiert worden sei.

7

Die Klägerin hat insoweit geltend gemacht, das Pflichteingabefeld "Anrede", welches einzig das Geschlecht des Bewerbers abfrage, und das Pflichteingabefeld "Geburtsdatum" würden indizieren, dass sie, die Klägerin, hinsichtlich ihres Geschlechts und ihres Alters diskriminiert worden sei. Ferner sei die Stellenausschreibung nicht geschlechtsneutral formuliert. Allein der Hinweis „(w/m)“ genüge nicht. Außerdem seien Frauen in der IT-Branche stark unterrepräsentiert. Ihre Anfragen an das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung und an die Bundesagentur für Arbeit hätten ergeben, dass in Deutschland in der Berufsordnung 774 (Datenverarbeitungsfachleute) nur 18,5% Frauen beschäftigt würden. Hiervon bilde die Beklagte keine Ausnahme.

8

Weiter sei die Klägerin wegen der Abfrage der Sprachkenntnisse – „Muttersprache, Fließend, Fortgeschritten, Grundkenntnisse“ hinsichtlich des Merkmals „ethnische Herkunft“ benachteiligt worden.

9

Ferner sei ein weiteres starkes Indiz für die Diskriminierung das Vorverhalten der Beklagten. Die Klägerin habe sich bereits mehrmals bei der Beklagten beworben und sei immer abgelehnt worden. In zwei vorherigen Gerichtsverfahren habe sich die Beklagte geweigert, Auskunft über damals erfolgte Einstellungen zu gewähren.

10

Die Klägerin hat beantragt,

11

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin zeitlich unbegrenzt Monatsgehalt von mindestens € 3.000,00 als Entschädigung für die vollständige zeitlich unbegrenzte Ausgrenzung wegen der Merkmale des § 1 AGG zu zahlen.

12

Die Beklagte hat beantragt,

13

die Klage abzuweisen.

14

Die Beklagte hat geltend gemacht:

15

Die Abfrage der Anredeform sei allein deswegen erfolgt, weil die webbasierten Bewerbungsmanagementsysteme auch den späteren Schriftverkehr mit den Bewerbern automatisiert übernähmen und nur auf diese Weise die richtige Anredeform bestimmt werden könne. Eine Vorauswahl aufgrund dieser Eingabe habe nicht stattgefunden.

16

Die Angabe des Geburtsdatums sei marktüblich und nicht aus Diskriminierungsgründen erfolgt. Gemeinsam mit dem Namen und der Anrede diene das Geburtsdatum mit zur Identifizierung der Person. Überdies werde das Geburtsdatum bereits aus den eingereichten Unterlagen wie Zeugnisse bekanntgeben.

17

Die Frage nach der Qualifikation der Sprachkenntnisse verfolge den Zweck, eine erste Einschätzung bezüglich der Einsetzbarkeit des Bewerbenden treffen zu können.

18

Die Beklagte habe die Klägerin nicht aus den von ihr behaupteten bzw. gemutmaßten Gründen nicht berücksichtigt, sondern ihr unter anderem deshalb eine Absage erteilt, weil die Qualifikationen der Klägerin die Beklagte nicht hätten überzeugen können. Seit Beginn ihrer Arbeitslosigkeit im Jahr 2003 sei die Klägerin nicht mehr als Softwareentwicklerin tätig. Dies stelle gerade im Bereich der Softwareentwicklung ein erhebliches Defizit dar. Darüber hinaus hätte man nach den bereits vorangegangenen früheren prozessualen Auseinandersetzungen ohnehin nicht mehr von einer gedeihlichen Zusammenarbeit ausgehen können. Sie, die Beklagte, habe auch kein Interesse an der Beschäftigung der Klägerin, da diese ihr aus einer titulierten Kostenerstattungsforderung noch Geld schulde.

19

Außerdem hat die Beklagte bestritten, dass die Klägerin sich subjektiv ernsthaft auf die ausgeschriebenen Positionen beworben habe. Insoweit hat die Beklagte auf weitere anhängige Gerichtsverfahren der Klägerin gegenüber zahlreiche Unternehmen wegen angeblicher Diskriminierung im Bewerbungsverfahren verwiesen und geltend gemacht, die Klägerin versuche, den Diskriminierungsschutz des AGG systematisch und professionell als dauerhafte Einnahmequelle zu missbrauchen. Dies dokumentiere auch der wohl versehentlich zu den Gerichtsakten gelangte Schriftsatz der Klägerin betreffend ein anderes Verfahren, in dem die Klägerin von einer anderen Firma zeitlich unbegrenzt einen monatlichen Betrag von mindestens € 1.000,00 als Entschädigung „für die vollständige zeitlich unbegrenzte Ausgrenzung wegen der Merkmale des § 1 AGG“ verlange. Das gesamte Verhalten der ständig gleichzeitig von verschiedenen Firmen Entschädigungszahlungen fordernden Klägerin mache jedenfalls deutlich, dass sie mit den streitgegenständlichen Bewerbungen vom Juli 2012 zu keiner Zeit ernsthaft die Absicht verfolgt habe, einen Arbeitsvertrag mit der Beklagten abzuschließen, zumal sie bereits zuvor von der Beklagten mehrmals Absagen erhalten habe und nicht dafür Sorge trage, ihre Schulden gegenüber der Beklagten zu begleichen.

20

Mit Urteil vom 2. Mai 2013 hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen. Wegen der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

21

Gegen das ihr am 8. Mai 2013 zugestellte Urteil wendet sich die Klägerin mit der am 24. Mai 2013 bei Gericht eingegangenen und nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis 8. August 2013 am 7. August 2013 begründeten Berufung.

22

Die Klägerin rügt, entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts lägen erhebliche Indizien für eine Diskriminierung vor. Die Abfrage des Geschlechts und des Geburtsdatums in einem automatischen Bewerbungssystem führe zu einer erheblich leichteren Sortierung und Bearbeitung von Bewerbern. Das Argument der Beklagten, dem sich das Arbeitsgericht angeschlossen habe, dass es eine sichere Unterscheidung von Bewerbern geben müsse, sei überhaupt nicht nachvollziehbar. Dies könne einfach mittels Vergabe einer laufenden ID-Nummer gewährleistet werden, was in der elektronischen Datenverarbeitung üblich sei.

23

Weiter macht die Klägerin geltend, auch allgemeine Statistiken könnten ein Indiz für eine Diskriminierung sein, und bestreitet mit Nichtwissen, dass die von ihr vorgelegten Statistiken auf die Beklagte nicht zuträfen.

24

Schließlich macht die Klägerin geltend, es lägen entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts auch Indizien für eine Diskriminierung wegen ihrer russischen Herkunft vor. Dies ergebe sich daraus, dass die Beklagte danach gefragt habe, ob Deutsch die Muttersprache sei.

25

Die Klägerin beantragt,

26

das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 2. Mai 2013 – Az. 5 Ca 370/12 – abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin bis einschließlich September 2028 monatlich € 3.000,00 zu zahlen.

27

Die Beklagte beantragt,

28

die Berufung zurückzuweisen.

29

Die Beklagte verteidigt das angegriffene Urteil unter Bezugnahme auf ihr erstinstanzliches Vorbringen.

30

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird im Übrigen auf die gewechselten Schriftsätze der Parteien und die Sitzungsniederschriften verwiesen.

Entscheidungsgründe

31

Die zulässige Berufung ist unbegründet.

I.

32

Die Berufung der Klägerin ist gemäß § 64 Abs. 1 und Abs. 2 b) ArbGG statthaft. Sie ist zudem gemäß § 66 Abs. 1 Satz 1 und 2 ArbGG form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden und damit auch im Übrigen zulässig.

II.

33

Die Berufung der Klägerin ist jedoch nicht begründet. Das Arbeitsgericht hat die Klage zu Recht als unbegründet abgewiesen.

34

1. Ein etwaiger Entschädigungsanspruch der Klägerin wäre schon unter dem Gesichtspunkt des Rechtsmissbrauchs (§ 242 BGB) ausgeschlossen.

35

Der Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) bildet eine allen Rechten, Rechtslagen und Rechtsnormen immanente Inhaltsbegrenzung, wobei eine gegen § 242 BGB verstoßende Rechtsausübung oder Ausnutzung einer Rechtslage wegen der Rechtsüberschreitung als unzulässig angesehen wird. § 242 BGB eröffnet damit die Möglichkeit, jede atypische Interessenlage zu berücksichtigen, bei der ein Abweichen von der gesetzlichen Rechtslage zwingend erscheint. Zur Konkretisierung atypischer Interessenlagen wurden Fallgruppen gebildet, in denen ein rechtsmissbräuchliches Verhalten nahe liegt. Hierzu zählt die Fallgruppe des unredlichen Erwerbs der eigenen Rechtsstellung. Im Falle von Ansprüchen nach § 15 AGG kann unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls der Erwerb der Rechtsstellung als Bewerber dann als unredlich erscheinen, wenn die Bewerbung allein deshalb erfolgte, um Entschädigungsansprüche zu erlangen (BAG vom 13. Oktober 2011 – 8 AZR 608/10 – m.w.N., juris).

36

In Anwendung dieser Rechtsgrundsätze ist die Klage als rechtsmissbräuchlich zu bewerten. Die Bewerbung der Klägerin bei der Beklagten diente nach Überzeugung der Kammer in erster Linie dazu, einen Anlass für die Erhebung einer weiteren Entschädigungsklage zu schaffen, ohne dass die Klägerin ernsthaft die Absicht hatte, von der Beklagten als Bewerberin berücksichtigt zu werden. Die Überzeugung der Kammer ergibt sich aus Folgendem:

37

Unstreitig tritt die Klägerin in einer Vielzahl von Verfahren bundesweit als sog. AGG-Klägerin auf. Hierin allein liegt allerdings kein ausreichender Umstand, der die Bewerbung bei der Beklagten als subjektiv nicht ernsthaft erscheinen ließe (vgl. BAG vom 13. Oktober 2011 a.a.O.). Jedenfalls im vorliegenden Verfahren kommen jedoch weitere Umstände hinzu, die das Vorgehen der Klägerin als rechtsmissbräuchlich erkennen lassen.

38

Die Klägerin hatte die Beklagte bereits in der Vergangenheit zu Unrecht auf Zahlung von Entschädigungen verklagt. Überdies schuldet sie der Beklagten nach wie vor die Kostenerstattung aus einer dieser Rechtsstreitigkeiten. Der Klägerin musste von daher von vornherein klar sein, dass ihre Bewerbung erfolglos bleiben würde, denn von einem Arbeitgeber kann nicht erwartet werden, dass er eine Bewerbung berücksichtigt oder dies auch nur ernsthaft in Erwägung zieht, wenn die Bewerberin ihn schon mehrfach zu Unrecht verklagt hat und ihm darüber hinaus die Kostenerstattung schuldig geblieben ist. Dass sich die Klägerin gleichwohl erneut bei der Beklagten beworben hat, deutet bereits darauf hin, dass es ihr letztlich nur darum ging, einen Anlass für die Erhebung einer Entschädigungsklage zu schaffen.

39

Hinzu kommen die von der Klägerin mit der Klage verfolgten Rechtsschutzziele. Zunächst hat die Klägerin am 19. September 2012 Klage auf Berücksichtigung und Beantwortung ihrer Bewerbungen vom 10. Juli 2012 erhoben, obwohl sie die Beklagte noch am 6. September 2012 an ihre Bewerbungen erinnert hatte. Eine Bewerberin, der es ernsthaft darum gegangen wäre, dass ihre Bewerbungen Berücksichtigung finden, wäre nicht so vorgegangen wie die Klägerin, sondern hätte zunächst abgewartet, ob in angemessener Zeit nach dem 6. September 2012 eine Absage oder eine sonstige Reaktion der Beklagten erfolgt wäre. Angemessen wäre insofern zumindest ein Zeitraum von einem Monat gewesen, denn Bewerbungsprozesse benötigen erfahrungsgemäß mitunter erhebliche Zeit, abhängig von der Anzahl der Bewerbungen und der Komplexität des Auswahlverfahrens. Die Erhebung der Klage weniger als zwei Wochen, nachdem die Klägerin an ihre Bewerbungen erinnert hatte, verdeutlicht, dass es der Klägerin letztlich auf eine erneute gerichtliche Auseinandersetzung mit der Beklagten ankam.

40

Auch der dann geänderte Klagantrag weist darauf hin, dass es der Klägerin mit ihren Bewerbungen letztlich darum ging, einen Anlass für eine weitere Entschädigungsklage zu schaffen und damit den Diskriminierungsschutz aus § 1 AGG als Einnahmequelle zu missbrauchen. Den Antrag, die Beklagte zu verurteilen, ihr zeitlich unbegrenzt monatlich € 1.000,00 (später erhöht auf monatlich € 3.000,00) zu zahlen, hat die Klägerin damit begründet, es sei nach den vorausgegangenen Absagen der Beklagten in den Jahren 2003, 2010 und 2011 offensichtlich, dass ihre Bewerbungen bei der Beklagten unabhängig von ihrer Qualifikation aussichtslos seien, und es sei ihr unzumutbar, sich weiter auf die ständig veröffentlichten Stellenanzeigen der Beklagten zu bewerben und Absagen zu bekommen. Deswegen müsse die Beklagte ihr zeitlich unbegrenzt den geforderten monatlichen Betrag zahlen. Die Beklagte habe es in der Hand, diese Verpflichtung zu beenden, indem sie die Klägerin ohne Probezeit einstelle. Mit diesen Ausführungen hat die Klägerin deutlich gemacht, dass sie selbst kein ernsthaftes Interesse an den streitbefangenen Bewerbungen hatte, sondern lediglich einen Grund dafür suchte, sich von der Beklagten künftig ihren Lebensunterhalt finanzieren zu lassen; eine Bewerberin, die ernsthaft an einer Stelle interessiert ist, würde dem Arbeitgeber nicht ansinnen, sie ohne Probezeit einzustellen.

41

Nachdem die Beklagte erstinstanzlich der Klägerin vorgehalten hatte, ihr Vorgehen sei rechtsmissbräuchlich, hat die Klägerin erwidert, es stehe der Beklagten frei, selbst auszuprobieren, wie es denn sei, dauerhaft arbeitslos zu sein, von Hartz IV zu leben, zahllose Bewerbungen zu schreiben und Absagen zu bekommen usw. Dann werde die Beklagte am besten verstehen, was man in einer Situation wie derjenigen der Klägerin alles machen könne und wolle und wie es sich anfühle. Diese Ausführungen der Klägerin zeigen letztendlich eine weitere Zielrichtung der Klage. Die Klägerin, die nach eigenem Bekunden mittellos ist und sehr hohe Schulden hat, erhebt eine Klage mit einem Zahlungsantrag, der zu einem sehr hohen Streitwert und für die Beklagte wegen der spätestens in zweiter Instanz erforderlichen anwaltlichen Vertretung zu Kosten von mindestens € 4.500,00 führt. Chancen, dass die Beklagte entsprechende Kostenerstattung von der Klägerin erlangt, bestehen angesichts der finanziellen Situation der Klägerin nicht. „Was man alles machen kann“ und „wie es sich anfühlt“, ist damit deutlich: Die Klägerin schädigt die Beklagte mit ihrer Klage, ohne dass eine realistische Aussicht auf Ersatz dieses Schadens besteht. Dabei macht sich die Klägerin den Umstand zu nutze, dass im arbeitsgerichtlichen Verfahren (abgesehen von Verfahren nach § 9 Abs. 2 Satz 2 ArbGG) – anders als im Verfahren der ordentlichen Gerichtsbarkeit – Vorschüsse nicht erhoben werden, selbst wenn eine Vielzahl zuvor erhobener Klagen erfolglos war und die sich hieraus ergebenden Kosten nicht beglichen sind. Ein solches Vorgehen, das letztlich dem Versuch der Erlangung einer Einnahmequelle und zugleich der Schädigung des Prozessgegners dient, ist rechtsmissbräuchlich.

42

2. Im Übrigen ist ein Verstoß der Beklagten gegen das Benachteiligungsverbot des § 1 AGG von der Klägerin nicht schlüssig vorgetragen worden.

43

Voraussetzung für einen Entschädigungsanspruch gemäß § 15 Abs. 2 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) ist, dass der Arbeitgeber gegen das sich aus § 7 Abs. 1 i. V. m. § 1 AGG ergebende Benachteiligungsverbot verstößt. Erforderlich ist also eine Benachteiligung aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität. Die Klägerin hat nicht schlüssig vorgetragen, dass eine Benachteiligung aus einem dieser Gründe erfolgt wäre oder dies jedenfalls vermutet werden könnte.

44

Nach der gesetzlichen Beweislastregelung des § 22 AGG genügt es, dass der Anspruchssteller Indizien vorträgt und im Streitfalle beweist, die eine Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes vermuten lassen. An diese Vermutungsvoraussetzungen ist kein zu strenger Maßstab anzulegen. Es ist nicht erforderlich, dass die Tatsachen einen zwingenden Indizienschluss für eine Verknüpfung der Benachteiligung mit einem Benachteiligungsmerkmal zulassen. Vielmehr reicht es aus, wenn nach allgemeiner Lebenserfahrung hierfür eine überwiegende Wahrscheinlichkeit besteht. Hat der Antragssteller ein Indiz vorgetragen, welches die überwiegende Wahrscheinlichkeit begründet, dass er wegen eines verpönten Merkmals benachteiligt worden ist, muss nunmehr der Arbeitgeber seinerseits den vollen Beweis führen, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz vor Benachteiligungen vorgelegen (BAG vom 22.07.2010 - 8 AZR 1012/08, zitiert nach juris).

45

Die Klägerin hat keine hinreichenden Indizien für eine Diskriminierung aufgrund eines in § 1 AGG genannten Merkmals vorgetragen.

46

Die Klägerin stützt ihren Entschädigungsanspruch darauf, dass in dem Online-Bewerbungsformular unter anderem Angaben zu Alter, Geschlecht und Sprachkenntnisse gemacht werden konnten oder sollten. Das ist kein ausreichendes Indiz für eine Diskriminierung.

47

Jeder Mensch verfügt zwangsläufig über die Merkmale Alter und Geschlecht, die zusammen mit einer Fülle anderer Merkmale kennzeichnend für seine Person sind. Für eine Bewerbung ist es selbstverständlich erforderlich, die Merkmale zu kennen, die die Person individualisieren. Von keinem der erfragten Merkmale ist erkennbar, dass es auf eine Diskriminierung hindeutet. Das Alter ist für die Personalstruktur des Unternehmens wichtig, das Geschlecht für die Frauenförderung und der Umfang der Deutschkenntnisse für die Einsetzbarkeit.

48

Der Klägerin kann auch nicht darin gefolgt werden, der Umstand, dass bei der Frage nach Deutschkenntnissen nach muttersprachlichen, fließenden oder fortgeschrittenen Kenntnissen bzw. Grundkenntnissen unterschieden wird, weise auf eine Diskriminierung wegen der ethnischen Herkunft hin. Es ist keinerlei Anhaltspunkt dafür ersichtlich, dass die Frage nach deutschen Sprachkenntnissen dazu dienen soll, nach der Herkunft der Bewerber zu differenzieren. Bezüglich der Sprachkenntnisse macht es einen Unterschied, ob eine Sprache die Muttersprache ist oder ob sie – wenngleich möglicherweise fließend – eine Fremdsprache darstellt. Dies gilt nicht nur bei der Frage nach deutschen Sprachkenntnissen, sondern auch nach Kenntnissen anderer Sprachen, so wie die Beklagte in ihrem Online-Bewerbungsformular auch nach englischen Sprachkenntnissen fragt. Je nach Aufgabengebiet kann es auf bestmögliche Beherrschung einer Sprache ankommen, so dass es nicht zu beanstanden ist, dass die Beklagte auch nach der Grundlage der deutschen Sprachkenntnisse gefragt hat. Die Klägerin übersieht insofern, dass sich die Beklagte eines Online-Bewerbungsportals bedient, also eines formalisierten Verfahrens, und die Frage nach den Sprachkenntnissen sich auf die Qualifikation sämtlicher Bewerber für eine Vielzahl möglicher Stellen bezieht.

49

Es müssten daher von der Klägerin weitere Umstände vorgetragen werden, aus denen sich die überwiegende Wahrscheinlichkeit ergibt, dass zumindest einer der von der Klägerin geltend gemachten Gründe (mit)ursächlich für die nachteilige Behandlung war. Ein solcher weiterer Umstand liegt nicht bereits darin, dass die Klägerin nach ihrer Behauptung für die Stelle geeignet ist bzw. die in der Stellenausschreibung geforderten Anforderungen erfüllt. Dass ein Bewerber, der zwar sämtlichen in der Stellenausschreibung geforderten Anforderungen genügt, nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen wird, begründet nicht den ersten Anschein, dass dies auf einem der Gründe des § 1 AGG (mit) beruht. Vielmehr kann dies vielfältige andere Ursachen haben. Dabei ist zu beachten, dass das AGG nicht die unsachliche Behandlung aus anderen als den in § 1 AGG genannten Gründen verbietet und von dem Arbeitgeber nicht verlangt, nur objektiv geeignete Bewerber bei seiner Auswahlentscheidung zu berücksichtigen. Auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass sich die Klägerin als Frau im fortgeschrittenen Alter mit russischer Herkunft in der IT-Branche beworben hat, gibt es keine Anhaltspunkte dafür, dass die Einladung zu einem Vorstellungsgespräch (auch) wegen eines der in § 1 AGG genannten Gründe unterblieben ist.

50

Allein das pauschale Vorbringen der Klägerin, in der IT-Branche würden Frauen diskriminiert, kann keine Indizwirkung für eine Benachteiligung der Klägerin wegen des Geschlechts entfalten. Soweit ihr Vortrag dahin zu verstehen ist, dass im IT-Bereich mehr Männer als Frauen beschäftigt werden, kann dies vielfältige Gründe haben, u.a. den, dass sich weniger Frauen als Männer um entsprechende Stellen bewerben (vgl. BAG vom 20.05.2010 - 8 AZR 287/08 (A), zitiert nach juris).

51

Soweit die Klägerin meint, die Tatsache, dass die Stellen als Vollzeitstellen ausgeschrieben worden seien, begründe die Vermutung einer Benachteiligung wegen des Geschlechts, weil Frauen häufiger als Männer daran gehindert seien, in Vollzeit zu arbeiten, ist dies abwegig. Mit derselben Argumentation könnten männliche Bewerber sich auf eine angebliche Diskriminierung wegen ihres Geschlechts berufen, wenn ein Arbeitgeber eine Teilzeitstelle ausschreibt. Die Ausschreibung als Vollzeitstelle macht lediglich deutlich, welchen Arbeitszeitumfang die Beklagte auf den ausgeschriebenen Positionen benötigt.

52

Auch die Tatsache, dass im Text der Stellenausschreibung von „Mitarbeiter“ bzw. „Mitarbeitern“ die Rede ist, ohne dass jeweils auch die weibliche Sprachform verwendet wird, ist kein Indiz für eine Diskriminierung wegen des Geschlechts. Durch die hervorgehobene Positionsbezeichnung in den Stellenausschreibungen mit dem Klammerzusatz (W/M) wird hinreichend deutlich, dass diese sich an Frauen wie Männer richten.

53

Wenn die Klägerin schließlich geltend macht, die Formulierung in beiden Stellenanzeigen, wonach die Beklagte „gute Entwicklungsperspektiven in einem dynamischen Zukunftsmarkt“ biete, stelle ein weiteres Indiz für eine Diskriminierung wegen des Alters dar, ist dies gleichfalls abwegig. Die Formulierung bezieht sich ersichtlich auf das Geschäftsfeld der Beklagten und nicht auf ein bevorzugtes Alter der Bewerber.

54

3. Selbst wenn im Übrigen davon ausgegangen würde, die Klägerin hätte das Vorliegen von Indizien im Sinne des § 22 AGG dargelegt, hätte die Beklagte den Beweis geführt, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz vor Benachteiligungen vorgelegen hat. Die Beklagte hat sich insofern darauf berufen, dass sie die Klägerin schon deswegen nicht eingestellt hätte, weil die Klägerin sie in der Vergangenheit mehrfach zu Unrecht verklagt hat und ihr überdies die Kostenerstattung aus einem der Vorverfahren nach wie vor schuldig geblieben ist. Dass dies bereits die Entscheidung der Beklagten, die Klägerin erst gar nicht zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen und sie nicht einzustellen, motiviert hat, leuchtet unmittelbar ein. Ein Arbeitgeber, der mehrfach zu Unrecht von einer Stellenbewerberin verklagt worden ist und überdies den sich hieraus für ihn ergebenden wirtschaftlichen Schaden selbst tragen muss, hat keinerlei Veranlassung, mit einer solchen Bewerberin in vertragliche Beziehungen zu treten. Eine gedeihliche Zusammenarbeit war insofern von vornherein nicht zu erwarten.

III.

55

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO i.V.m. § 64 Abs. 6 S.1 ArbGG.

IV.

56

Die Zulassung der Revision war nicht veranlasst, da die hierfür gemäß § 72 Abs. 2 ArbGG erforderlichen Voraussetzungen nicht vorliegen.

Die schriftliche Begutachtung kann durch die Verwertung eines gerichtlich oder staatsanwaltschaftlich eingeholten Sachverständigengutachtens aus einem anderen Verfahren ersetzt werden.

Die Prozessvollmacht ermächtigt zu allen den Rechtsstreit betreffenden Prozesshandlungen, einschließlich derjenigen, die durch eine Widerklage, eine Wiederaufnahme des Verfahrens, eine Rüge nach § 321a und die Zwangsvollstreckung veranlasst werden; zur Bestellung eines Vertreters sowie eines Bevollmächtigten für die höheren Instanzen; zur Beseitigung des Rechtsstreits durch Vergleich, Verzichtleistung auf den Streitgegenstand oder Anerkennung des von dem Gegner geltend gemachten Anspruchs; zur Empfangnahme der von dem Gegner oder aus der Staatskasse zu erstattenden Kosten.

(1) Eine Beschränkung des gesetzlichen Umfanges der Vollmacht hat dem Gegner gegenüber nur insoweit rechtliche Wirkung, als diese Beschränkung die Beseitigung des Rechtsstreits durch Vergleich, Verzichtleistung auf den Streitgegenstand oder Anerkennung des von dem Gegner geltend gemachten Anspruchs betrifft.

(2) Insoweit eine Vertretung durch Anwälte nicht geboten ist, kann eine Vollmacht für einzelne Prozesshandlungen erteilt werden.

(1) Soll eine nicht prozessfähige Partei verklagt werden, die ohne gesetzlichen Vertreter ist, so hat ihr der Vorsitzende des Prozessgerichts, falls mit dem Verzug Gefahr verbunden ist, auf Antrag bis zu dem Eintritt des gesetzlichen Vertreters einen besonderen Vertreter zu bestellen.

(2) Der Vorsitzende kann einen solchen Vertreter auch bestellen, wenn in den Fällen des § 20 eine nicht prozessfähige Person bei dem Gericht ihres Aufenthaltsortes verklagt werden soll.

Tenor

1. Auf die Beschwerde des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 27. August 2013 - 8 Sa 62/08 - aufgehoben.

2. Der Rechtsstreit wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens - an eine andere Kammer des Landesarbeitsgerichts zurückverwiesen.

3. Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 9.900,00 Euro festgesetzt.

Gründe

1

I. Die Parteien streiten über die Wirksamkeit eines gerichtlichen Vergleichs.

2

Der Kläger stand auf der Grundlage gerichtlicher Beschlüsse vom 12. Juli 2005 unter Betreuung. Die Parteien begründeten im Jahre 2007 ein Arbeitsverhältnis, welches der Beklagte mit zwei Kündigungen innerhalb der Wartezeit beenden wollte. Der Kläger hat hiergegen Kündigungsschutzklage erhoben. Die Parteien haben vor dem Arbeitsgericht am 12. März 2008 einen verfahrensbeendenden Vergleich geschlossen, welcher ua. die Zahlung einer Abfindung iHv. 56.000,00 Euro brutto als Ausgleich für den Verlust des Arbeitsplatzes vorsieht. Der Beklagte hat daraufhin sowohl den Abschluss des Arbeitsvertrags als auch des Prozessvergleichs wegen arglistiger Täuschung und Irrtums angefochten. Der Kläger hält an der Wirksamkeit des Vergleichs fest.

3

Durch Beschluss des zuständigen Landgerichts vom 31. August 2009 wurde die Betreuung des Klägers aufgehoben. Das Oberlandesgericht hat diese Entscheidung am 30. August 2010 dahin gehend abgeändert, dass die Betreuerbestellung noch für Gerichtsverfahren nach § 579 Abs. 1 Nr. 4 ZPO sowie bezüglich Gerichtsverfahren mit Auslandsbezug besteht. Schließlich hat das Betreuungsgericht mit Beschluss vom 31. Mai 2011 diese Betreuung gänzlich aufgehoben.

4

Das Arbeitsgericht hat in seinem Urteil vom 2. Dezember 2008 den auf die Unwirksamkeit des Vergleichs gerichteten Feststellungsantrag des Beklagten als unbegründet angesehen. Das Landesarbeitsgericht hat nach dem Ende der Vertretung des Klägers durch seinen vormaligen Betreuer mit Beschluss vom 3. Dezember 2010 einen Rechtsanwalt als Prozessbevollmächtigten beigeordnet. Es hat zur Prüfung der Prozessfähigkeit des Klägers ein Gutachten eingeholt. Am 27. November 2012 hat das Landesarbeitsgericht nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit dem Kläger beschlossen, dass der Kläger für das vorliegende Verfahren als prozessunfähig angesehen wird. Ihm wurde Gelegenheit gegeben, bis zum 10. Januar 2013 für die Bestellung eines Betreuers zu sorgen. Am 9. Januar 2013 hat der Kläger das Betreuungsgericht hierüber informiert und gebeten „das Notwendige“ zu veranlassen. Bis zur nächsten mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht am 16. Juli 2013 erfolgte keine Entscheidung über die erneute Bestellung eines Betreuers.

5

In diesem Termin war der Kläger mit dem beigeordneten Rechtsanwalt anwesend. Das Landesarbeitsgericht hat den Kläger jedoch als nicht wirksam vertreten und damit säumig angesehen. Der beigeordnete Rechtsanwalt handle ohne wirksame Vollmacht, da der Kläger partiell prozessunfähig für arbeitsgerichtliche Verfahren sei und insoweit keine Prozessvollmachten erteilen könne. Zwar komme das eingeholte Sachverständigengutachten nicht eindeutig zu dem Ergebnis der Prozessunfähigkeit des Klägers. Diese sei aber aus dem gesamten prozessualen Verhalten des Klägers in einer Vielzahl von Prozessen erkennbar. Auch frühere Begutachtungen sowie ein von dem Beklagten vorgelegtes Gutachten vom 11. September 2011 kämen zu diesem Ergebnis. Der Kläger sei aufgrund einer Geistesstörung nicht in der Lage, seinen Willen frei zu bilden und nach zutreffend gewonnenen Einsichten zu handeln. Insbesondere sei er krankhaft außer Stande, eigene Überzeugungen kritisch zu hinterfragen, den situativen Erfordernissen anzupassen oder gar zu revidieren. Der Kläger sei auch nicht unverschuldet säumig geblieben. Er habe die ihm bis zum 10. Januar 2013 gesetzte Frist nicht genutzt und durch die Mitteilung falscher Anschriften das eingeleitete Betreuungsverfahren verzögert.

6

Auf Antrag des Beklagten hat das Landesarbeitsgericht unter Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung nach Lage der Akten entschieden, dass der Rechtsstreit durch den Vergleich vom 12. März 2008 nicht beendet worden ist. Die Kündigungsschutzklage hat das Landesarbeitsgericht abgewiesen.

7

Das vom Kläger mit Schreiben vom 9. Januar 2013 angeregte Betreuungsverfahren wurde durch das Betreuungsgericht mit Beschluss vom 27. Dezember 2013 eingestellt.

8

II. Die Beschwerde führt zulässig und begründet den absoluten Revisionsgrund des § 547 Nr. 1 ZPO sowie eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör nach Art. 103 Abs. 1 GG an. Nach § 72a Abs. 7 ArbGG hat der Senat das angefochtene Urteil aufgehoben und den Rechtsstreit an eine andere Kammer des Landesarbeitsgerichts zurückverwiesen. Es kann daher dahingestellt bleiben, ob weitere Verletzungen des Anspruchs auf rechtliches Gehör vorliegen, welche ebenfalls zur Zurückverweisung gemäß § 72a Abs. 7 ArbGG geführt hätten. Es bedarf auch keiner Entscheidung, ob die Voraussetzungen einer Grundsatz- oder Divergenzbeschwerde hier erfüllt sind.

9

1. Die Beschwerde ist nicht wegen Versäumung der Fristen zur Einlegung und Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde gemäß § 72a Abs. 2 Satz 1 und § 72a Abs. 3 Satz 1 ArbGG unzulässig.

10

a) Zum Zeitpunkt der Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde am 1. April 2014 waren diese Fristen mit Blick auf die Zustellung des Urteils des Landesarbeitsgerichts am 2. September 2013 versäumt.

11

b) Dem Kläger ist jedoch die beantragte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 233 ZPO zu gewähren. Der Kläger war wegen Mittellosigkeit und somit ohne sein Verschulden verhindert, die Fristen zur Einlegung und Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde einzuhalten. Er hat aber innerhalb der einmonatigen Notfrist des § 72a Abs. 2 Satz 1 ArbGG am 2. Oktober 2013 Prozesskostenhilfe beantragt, die ihm mit Beschluss des Senats vom 10. März 2014 - 6 AZA 16/13 - bewilligt worden ist (vgl. BAG 11. Oktober 2010 - 9 AZN 418/10 - Rn. 5). Die Entscheidung wurde dem Kläger am 18. März 2014 zugestellt. Der am 1. April 2014 eingegangene Wiedereinsetzungsantrag wahrte die zweiwöchige Wiedereinsetzungsfrist des § 234 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Die Frist begann mit dem Tag, an dem das der Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde entgegenstehende Hindernis behoben war (§ 234 Abs. 2 ZPO). Das Hindernis der Mittellosigkeit entfiel mit der Bekanntgabe des Beschlusses über die Bewilligung der Prozesskostenhilfe an den Kläger (vgl. BGH 22. November 2000 - XII ZB 28/00 - zu II 1 der Gründe). Die Wiedereinsetzungsfrist endete folglich mit Ablauf des 1. April 2014 (§ 222 Abs. 1 ZPO, § 187 Abs. 1, § 188 Abs. 2 BGB). Die Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde ging am 16. April 2014 und damit innerhalb der Monatsfrist des § 234 Abs. 1 Satz 2 ZPO ein.

12

2. Die mögliche mangelnde Prozessfähigkeit des Klägers führt nicht zur Unzulässigkeit der Nichtzulassungsbeschwerde.

13

a) Die Prozessfähigkeit gemäß § 51 Abs. 1, § 52 ZPO ist zwingende Prozessvoraussetzung. Bestehen konkrete Anhaltspunkte dafür, dass die Partei prozessunfähig sein könnte, hat deshalb das jeweils mit der Sache befasste Gericht nach § 56 Abs. 1 ZPO von Amts wegen zu ermitteln, ob Prozessunfähigkeit vorliegt. Dabei ist es nicht an die förmlichen Beweismittel des Zivilprozesses gebunden, vielmehr gilt der Grundsatz des Freibeweises (vgl. BGH 9. November 2010 - VI ZR 249/09 - Rn. 4). Das mögliche Fehlen der Prozessfähigkeit ist in jeder Lage des Verfahrens, also auch noch in der Berufungs- und Revisionsinstanz, von Amts wegen zu berücksichtigen (BAG 20. Januar 2000 - 2 AZR 733/98 - zu II 2 b der Gründe, BAGE 93, 248; zum Ermessenspielraum des Revisionsgerichts, ob es den Sachverhalt selbst aufklären will vgl. BAG 26. August 1988 - 7 AZR 746/87 - zu I 2 der Gründe). Die höhere Instanz ist an die Tatsachenfeststellungen der unteren Instanz zu den Prozessvoraussetzungen nicht gebunden und hat auch neues Tatsachenvorbringen zu berücksichtigen (Zöller/Vollkommer ZPO 30. Aufl. § 56 Rn. 2 mwN). Für den Streit über die Prozessfähigkeit ist die davon betroffene Partei aber in jedem Fall als prozessfähig anzusehen (BAG 28. Mai 2009 - 6 AZN 17/09 - Rn. 3; BGH 9. November 2010 - VI ZR 249/09 - Rn. 3). So kann auch eine Partei, deren Prozessfähigkeit in der Vorinstanz verneint worden ist, wirksam ein Rechtsmittel einlegen, um eine andere Beurteilung zu erreichen (BGH 6. Dezember 2013 - V ZR 8/13 - Rn. 4).

14

b) Nach den zutreffenden Ausführungen des Landesarbeitsgerichts in der anzufechtenden Entscheidung wurde die Prozessunfähigkeit des Klägers gutachterlich nicht mit hinreichender Sicherheit festgestellt. Die dennoch durch das Landesarbeitsgericht vorgenommene Einschätzung des Klägers als „partiell prozessunfähig für arbeitsgerichtliche Verfahren“ begegnet Bedenken.

15

aa) Für die Prozessfähigkeit ist maßgeblich, ob eine Person sich durch Verträge verpflichten kann ( § 52 ZPO ). Prozessunfähig, weil geschäftsunfähig, sind deshalb Volljährige unter den Voraussetzungen des § 104 Nr. 2 BGB. Danach ist geschäftsunfähig, wer sich in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden, dauerhaften Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit befindet. Ein solcher Zustand ist gegeben, wenn jemand nicht im Stande ist, seinen Willen frei und unbeeinflusst von einer vorliegenden Geistesstörung zu bilden und nach zutreffend gewonnenen Einsichten zu handeln. Das kann auch der Fall sein, wenn lediglich eine Geistesschwäche vorliegt. Abzustellen ist allein darauf, ob eine freie Entscheidung nach Abwägung des Für und Wider bei sachlicher Prüfung der in Betracht kommenden Gesichtspunkte möglich ist oder ob umgekehrt von einer freien Willensbildung nicht mehr gesprochen werden kann, etwa weil infolge der Geistesstörung Einflüsse dritter Personen den Willen übermäßig beherrschen (BAG 28. Mai 2009 - 6 AZN 17/09 - Rn. 8 mwN).

16

bb) Ein Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit des Klägers ist jedenfalls bezogen auf das vorliegende Verfahren nicht zu erkennen. Der Kläger verfolgt nur noch das Ziel, sich gegen die Angriffe des Beklagten gegen die Wirksamkeit des am 12. März 2008 geschlossenen Prozessvergleichs zu verteidigen. Dies ist nachvollziehbar, denn schließlich sieht dieser Vergleich für die Beendigung eines Arbeitsverhältnisses während der Wartezeit eine Abfindung iHv. 56.000,00 Euro brutto vor. Die vom Landesarbeitsgericht diagnostizierten Wahnvorstellungen kommen hier nicht zum Ausdruck. Im Gegensatz zum Landesarbeitsgericht hat das Betreuungsgericht zudem in seinem Beschluss vom 31. Mai 2011 angeführt, dass der Kläger in der Lage sei, sich in anhängigen Prozessen als Partei zu artikulieren oder einen Prozessbevollmächtigten zu mandatieren. Er sei auf die Unterstützung durch einen gesetzlichen Vertreter nicht angewiesen.

17

c) In der Gesamtschau der zahlreichen Prozesse des Klägers in den letzten Jahren erscheint es dennoch möglich, dass der Kläger (wieder) prozessunfähig ist. Bezüglich des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens kann dies jedoch offenbleiben. Mit dem Beschwerdeverfahren wird der Streit über die Prozessfähigkeit des Klägers fortgeführt, da die Beschwerde Rügen erhebt, die sich auf die Führung des Verfahrens durch das Landesarbeitsgericht bei von diesem unterstellter Prozessunfähigkeit des Klägers beziehen.

18

3. Die Beschwerde ist zulässig und begründet. Es liegt der absolute Revisionsgrund der nicht vorschriftsmäßigen Besetzung des Gerichts vor (§ 547 Nr. 1 ZPO iVm. § 72 Abs. 2 Nr. 3 Alt. 1 ArbGG).

19

a) Die Beschwerdebegründung enthält eine ausreichende Geltendmachung dieses Revisionsgrundes.

20

aa) Wird mit einer Nichtzulassungsbeschwerde gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 3 ArbGG das Vorliegen eines absoluten Revisionsgrundes geltend gemacht, muss nach § 72a Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 ArbGG die Beschwerdebegründung die Darlegung des absoluten Revisionsgrundes nach § 547 Nr. 1 bis 5 ZPO enthalten. Die bloße Benennung eines Zulassungsgrundes genügt nicht. Der Beschwerdeführer hat vielmehr die Tatsachen, aus denen sich der Verfahrensfehler des Berufungsgerichts ergeben soll, substantiiert vorzutragen (BAG 5. Dezember 2011 - 5 AZN 1036/11 - Rn. 7).

21

bb) Diese Voraussetzungen sind hier bezüglich des absoluten Revisionsgrundes nach § 547 Nr. 1 ZPO erfüllt. Der Beschwerdeführer hat diese Rechtsnorm zwar nicht konkret bezeichnet, sondern als absoluten Revisionsgrund unter Nr. 3, 4 und 5 der Beschwerdebegründung nur § 547 Nr. 4 ZPO ausdrücklich angeführt sowie einen Verstoß gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör(Art. 103 Abs. 1 GG) gerügt. Die Beschwerdebegründung lässt aber deutlich erkennen, dass der Beschwerdeführer die nicht vorschriftsmäßige Besetzung des Gerichts iSd. § 547 Nr. 1 ZPO als gegeben ansieht(vgl. BAG 25. Januar 2012 - 4 AZR 185/10 - Rn. 12). Dies ergibt sich daraus, dass die Beschwerdebegründung anführt, dass die Voraussetzungen einer Entscheidung nach Aktenlage gemäß § 331a ZPO, wie sie das Landesarbeitsgericht hier vorgenommen hat, nicht gegeben seien. Da im arbeitsgerichtlichen Verfahren bei einer solchen Entscheidung gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 4 ArbGG eine Alleinentscheidung durch die Vorsitzende oder den Vorsitzenden erfolgt(vgl. GMP/Germelmann ArbGG 8. Aufl. § 55 Rn. 17), umfasst die erhobene und begründete Rüge bezüglich der Entscheidung nach Aktenlage zwingend die Rüge der nicht vorschriftsmäßigen Besetzung des Gerichts. Die Beschwerde macht damit deutlich, dass die Entscheidung unzulässigerweise ohne Mitwirkung der ehrenamtlichen Richter erfolgte.

22

b) Der absolute Revisionsgrund des § 547 Nr. 1 ZPO ist gegeben, da das Landesarbeitsgericht keine Entscheidung nach Aktenlage gemäß § 331a ZPO durch Alleinentscheidung der Vorsitzenden treffen durfte. Die Alleinentscheidung stellt eine Entscheidung bei nicht vorschriftsmäßiger Besetzung des Gerichts dar. Dies gilt unabhängig davon, ob der Kläger prozessfähig oder prozessunfähig war.

23

aa) Wäre der Kläger - entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts - prozessfähig gewesen, so wäre er durch den ihm beigeordneten Rechtsanwalt in der mündlichen Verhandlung ordnungsgemäß vertreten gewesen (§ 11 Abs. 4 ArbGG). Eine Säumnis hätte nicht vorgelegen.

24

bb) Bei zu jedem Zeitpunkt des Verfahrens vorliegender Prozessunfähigkeit des Klägers hätte das Landesarbeitsgericht den Antrag des Beklagten auf Entscheidung nach Lage der Akten gemäß § 335 Abs. 1 Nr. 2 ZPO zurückweisen müssen. In diesem Fall wäre keine ordnungsgemäße Ladung des Klägers zum Termin am 16. Juli 2013 erfolgt.

25

(1) Nicht verkündete Terminsbestimmungen sind gemäß § 329 Abs. 2 Satz 2 ZPO zuzustellen. Gemäß § 170 Abs. 1 Satz 1 ZPO ist bei nicht prozessfähigen Personen an ihren gesetzlichen Vertreter zuzustellen. Die Zustellung an die nicht prozessfähige Person ist unwirksam (§ 170 Abs. 1 Satz 2 ZPO). Betreute Personen werden im Aufgabenkreis des Betreuers gemäß § 1902 BGB durch diesen gerichtlich und außergerichtlich vertreten.

26

(2) Bei unterstellter Prozessunfähigkeit des Klägers hätte die am 27. März 2013 vorgenommene und nicht verkündete Terminsbestimmung mit Ladung einem Betreuer des Klägers zugestellt werden müssen. Dies ist nicht erfolgt.

27

(3) Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts konnte die nicht an den gesetzlichen Vertreter des Klägers erfolgte Zustellung auch nicht durch das Erscheinen des Klägers und des beigeordneten Anwalts im Termin geheilt werden. Eine Heilung von Zustellungsmängeln kommt gemäß § 189 ZPO nur in Betracht, wenn das Dokument der Person, an die die Zustellung dem Gesetz gemäß gerichtet war oder gerichtet werden konnte, tatsächlich zugegangen ist. Diese Person wäre ein Betreuer gewesen. An einen Betreuer erfolgte aber zu keinem Zeitpunkt eine Ladung.

28

(4) Die Zustellung der Ladung an den beigeordneten Anwalt als Prozessbevollmächtigten nach § 172 Abs. 1 ZPO war entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts auch nicht ausreichend, weil der Streit über die Prozessfähigkeit noch andauerte. Das Landesarbeitsgericht hatte bereits mit Beschluss vom 27. November 2012 entschieden, dass es den Kläger für das vorliegende Verfahren als prozessunfähig ansieht.

29

cc) Selbst bei Annahme einer ordnungsgemäßen Ladung und Vorliegen einer Säumnis hätte das Landesarbeitsgericht keine Entscheidung nach Aktenlage treffen dürfen.

30

(1) Ein Urteil nach Lage der Akten darf nach § 331a Satz 2, § 251a Abs. 2 ZPO nur ergehen, wenn in einem früheren Termin mündlich verhandelt worden ist. Es darf frühestens in zwei Wochen verkündet werden. Das Gericht hat der nicht erschienenen Partei den Verkündungstermin formlos mitzuteilen. Es bestimmt neuen Termin zur mündlichen Verhandlung, wenn die Partei dies spätestens am siebenten Tag vor dem zur Verkündung bestimmten Termin beantragt und glaubhaft macht, dass sie ohne ihr Verschulden ausgeblieben ist und die Verlegung des Termins nicht rechtzeitig beantragen konnte.

31

(2) Der Kläger hatte mit Schriftsatz vom 1. Juli 2013 die Verlegung des Termins am 16. Juli 2013 beantragt, weil über die Bestellung eines Betreuers noch nicht entschieden worden sei. Ihm stünde kein Mittel zur Verfahrensbeschleunigung zur Verfügung. Nach Durchführung des Termins wiederholte er dies mit Schriftsatz vom 31. Juli 2013, welcher am selben Tag bei Gericht einging, und beantragte die Bestimmung eines neuen Termins zur mündlichen Verhandlung. Das Landesarbeitsgericht verkündete in dem vom 13. August 2013 auf den 27. August 2013 verlegten Verkündungstermin dennoch das angegriffene Urteil. Es hätte aber antragsgemäß einen neuen Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmen müssen. Die wegen der nicht erfolgten Vertretung durch einen Betreuer angenommene Säumnis wäre nicht auf ein Verschulden des Klägers zurückzuführen.

32

(a) Das erkennende Gericht muss darauf hinwirken, dass ein nach Auffassung des Gerichts prozessunfähiger Kläger, der damit mangels Geschäftsfähigkeit auch keinen Prozessbevollmächtigten wirksam hatte bestellen können, seine prozessualen Rechte wahrnehmen kann. Das Gericht muss den Kläger also darauf hinweisen, dass er für eine ordnungsgemäße Vertretung zu sorgen hat und sich deshalb selbst um die Bestellung eines Betreuers nach § 1896 BGB bemühen muss, der nur vom Betreuungsgericht, nicht aber vom Prozessgericht bestellt werden kann. Es muss dem Kläger dafür vor Erlass des Prozessurteils die nötige Zeit einräumen (vgl. BAG 28. Mai 2009 - 6 AZN 17/09 - Rn. 6; BGH 9. November 2010 - VI ZR 249/09 - Rn. 7). Dabei ist zu berücksichtigen, dass selbst die Bestellung eines vorläufigen Betreuers durch einstweilige Anordnung nach § 300 FamFG nicht ohne eine ärztliche Stellungnahme und eine vorherige Anhörung des Betroffenen durch das Betreuungsgericht zulässig ist, was eine gewisse Zeit in Anspruch nimmt(BGH 6. Dezember 2013 - V ZR 8/13 - Rn. 21). Zudem muss das Gericht im Rahmen seiner Amtsermittlungspflicht nach § 26 FamFG etwaigen Zweifeln am Vorliegen der Voraussetzungen einer Betreuerbestellung nachgehen(vgl. Keidel/Budde FamFG 18. Aufl. § 300 Rn. 4). Diese Umstände sind unter Berücksichtigung der Komplexität des jeweiligen Falls bei der Einschätzung des erforderlichen Zeitrahmens zu berücksichtigen.

33

(b) Die Beschwerdebegründung weist unter Nr. 4 zutreffend darauf hin, dass die dem Kläger für die Bestellung eines Betreuers bis zum 10. Januar 2013 gesetzte Frist praktisch unhaltbar war. Das Landesarbeitsgericht hat dem Kläger erst mit Beschluss vom 27. November 2012 mitgeteilt, dass es ihn für das vorliegende Verfahren als prozessunfähig ansieht. Die Zeitspanne bis zum Fristablauf war offensichtlich nicht ausreichend, um das gerichtliche Verfahren bzgl. der Bestellung eines Betreuers abzuschließen. Es ist daher ohne Belang, dass der Kläger sich erst am 9. Januar 2013 an das zuständige Betreuungsgericht gewandt hat. Hinsichtlich des weiteren Ablaufs des Verfahrens kann dem Kläger entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts nicht mit auschlaggebender Wirkung angelastet werden, dass eine Entscheidung über die Betreuerbestellung bis zur mündlichen Verhandlung am 16. Juli 2013 nicht getroffen wurde. Es sprechen zwar durchaus Umstände dafür, dass sich der Kläger hinsichtlich der Angabe der zutreffenden Adresse zunächst nicht konstruktiv verhalten hat. Zumindest gegenüber dem Landesarbeitsgericht hat er jedoch mit Schriftsatz vom 12. April 2013 seine aktuelle Adresse mitgeteilt. Eine Weitergabe an das Betreuungsgericht wäre gemäß § 22a Abs. 2 FamFG in Betracht gekommen. Es obliegt im Übrigen dem Betreuungsgericht im Rahmen seiner Amtsermittlungspflicht mit hinreichendem Nachdruck die entsprechende Klarheit herbeizuführen.

34

4. Die Verfahrensgestaltung des Landesarbeitsgerichts verletzt den Kläger auch in seinem Recht aus Art. 103 Abs. 1 GG(BAG 28. Mai 2009 - 6 AZN 17/09 - Rn. 5; BGH 6. Dezember 2013 - V ZR 8/13 - Rn. 19). Dies rügt die Beschwerde zu Recht.

35

5. Zur Beschleunigung des Verfahrens hat der Senat den Rechtsstreit nach § 72a Abs. 7 ArbGG an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen und dabei wegen der Gesamtumstände von der Möglichkeit der Zurückverweisung an eine andere Kammer Gebrauch gemacht. Hinsichtlich der Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör gründet sich dies auf die direkte Anwendung des § 72a Abs. 7 ArbGG. Bezüglich des absoluten Revisionsgrundes nach § 547 Nr. 1 ZPO ist § 72a Abs. 7 ArbGG analog anzuwenden.

36

a) Nach § 72a Abs. 7 ArbGG kann das Bundesarbeitsgericht bei Verletzung des Anspruchs des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise in dem der Beschwerde stattgebenden Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückverweisen. Dem Wortlaut der Vorschrift nach besteht diese Möglichkeit nicht bei Vorliegen eines anderen Zulassungsgrundes. § 72a Abs. 7 ArbGG ist aber bei Vorliegen eines absoluten Revisionsgrundes iSv. § 72 Abs. 2 Nr. 3 Alt. 1 ArbGG, § 547 Nr. 1 bis 5 ZPO analog anzuwenden.

37

aa) Analoge Gesetzesanwendung setzt voraus, dass der gesetzlich ungeregelte Fall nach Maßgabe des Gleichheitssatzes und zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen nach der gleichen Rechtsfolge verlangt wie die erfassten Fälle (BAG 24. Oktober 2013 - 2 AZR 320/13 - Rn. 25). Es muss allerdings eine positiv festzustellende Gesetzeslücke im Sinne einer planwidrigen Unvollständigkeit des Gesetzes vorliegen (BAG 16. Mai 2013 - 6 AZR 556/11 - Rn. 56).

38

bb) Nach diesen Grundsätzen ist eine analoge Anwendung des § 72a Abs. 7 ArbGG bei Vorliegen eines absoluten Revisionsgrundes gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 ZPO geboten.

39

(1) § 72a Abs. 7 ArbGG wurde durch das Anhörungsrügengesetz vom 9. Dezember 2004 (BGBl. I S. 3220) neu eingefügt. Die Vorschrift orientiert sich an § 544 Abs. 7 ZPO und dient der Beschleunigung des Verfahrens(BR-Drs. 663/04 S. 49; BT-Drs. 15/3706 S. 20). Diesem Zweck der Verfahrensbeschleunigung würde es widersprechen, wenn bei Vorliegen eines absoluten Revisionsgrundes die angefochtene Entscheidung zunächst im Revisionsverfahren ohne weitere Sachprüfung aufgehoben und das Verfahren erst dann an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen werden müsste (Bepler RdA 2005, 65, 76; ErfK/Koch 14. Aufl. § 72a ArbGG Rn. 10; Düwell/Lipke/Düwell ArbGG 3. Aufl. § 72a Rn. 59).

40

(2) Für eine unbewusste Gesetzeslücke im Sinne eines Redaktionsversehens spricht die ausweislich der Gesetzesbegründung erfolgte Orientierung an dem im Wesentlichen wortgleichen § 544 Abs. 7 ZPO, der wiederum § 133 Abs. 6 VwGO zum Vorbild hat(BT-Drs. 15/3706 S. 17; BAG 12. Dezember 2006 - 3 AZN 625/06 - Rn. 34, BAGE 120, 322). Dabei ist offenbar übersehen worden, dass § 543 ZPO anders als § 72 Abs. 2 Nr. 3 ArbGG eine Zulassung der Revision wegen Vorliegens eines absoluten Revisionsgrundes nicht vorsieht(vgl. Bepler RdA 2005, 65, 76; Düwell/Lipke/Düwell ArbGG 3. Aufl. § 72a Rn. 59). Die Berücksichtigung absoluter Revisionsgründe war bei § 544 Abs. 7 ZPO daher nicht veranlasst.

41

(3) All dies spricht dafür, dass die mit § 72a Abs. 7 ArbGG bezweckte Verfahrensbeschleunigung zur Vermeidung eines lediglich entscheidungsverzögernden Revisionsverfahrens auch bei Darlegung eines absoluten Revisionsgrundes im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren gemäß § 72a Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 Alt. 1 ArbGG ermöglicht werden soll. Eine entsprechende Analogie entspricht auch der Interessenlage der Parteien und dem allgemeinen Beschleunigungsgebot nach § 9 Abs. 1 ArbGG(ErfK/Koch 14. Aufl. § 72a ArbGG Rn. 10). In der Literatur wird die analoge Anwendung des § 72a Abs. 7 ArbGG daher überwiegend befürwortet(so GWBG/Benecke ArbGG 8. Aufl. § 72a Rn. 51; Schwab/Weth/Ulrich 3. Aufl. ArbGG § 72a Rn. 87a; BeckOK ArbR/Klose Stand 1. März 2014 ArbGG § 72a Rn. 21; aA GK-ArbGG/Mikosch Stand April 2010 § 72a Rn. 84; GMP/Müller-Glöge ArbGG 8. Aufl. § 72a Rn. 62).

42

b) § 72a Abs. 7 ArbGG ermöglicht auch die Zurückverweisung an eine andere Kammer des Landesarbeitsgerichts. Die Vorschrift sieht dies zwar nicht ausdrücklich vor. Dieser Weg ist jedoch in entsprechender Anwendung von § 563 Abs. 1 Satz 2 ZPO eröffnet. Eine derartige Notwendigkeit kann auch bei einer Zurückverweisung im Rahmen des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens entstehen (BAG 12. Dezember 2006 - 3 AZN 625/06 - Rn. 33, BAGE 120, 322).

43

6. Der Senat sieht von einer weiteren Begründung gemäß § 72a Abs. 5 Satz 5 ArbGG ab.

44

III. Die nach der Zurückverweisung zuständige Kammer des Landesarbeitsgerichts wird zu prüfen haben, ob sie - ggf. nach Einholung eines erneuten Sachverständigengutachtens - ebenfalls von der Prozessunfähigkeit des Klägers ausgeht. In diesem Fall wird zu klären sein, ob eine durchgehende Prozessunfähigkeit seit Beginn des Verfahrens vorliegt, so dass eine konkludente Genehmigung der bisherigen Prozesshandlungen durch den zeitweise prozessfähigen Kläger ausscheidet (vgl. BAG 28. Mai 2009 - 6 AZN 17/09 - Rn. 10). Bei zeitweiser Prozessfähigkeit wären die Vorgaben der §§ 86, 246 ZPO zu beachten. Bei durchgehender Prozessunfähigkeit wird das Landesarbeitsgericht dem Kläger wiederum Gelegenheit geben müssen, für eine gesetzliche Vertretung durch Bestellung eines Betreuers zu sorgen.

45

Sollte das Landesarbeitsgericht demgegenüber zu der Auffassung gelangen, dass der Kläger prozessfähig ist, wird es den Rechtsstreit nach mündlicher Verhandlung unter Hinzuziehung der ehrenamtlichen Richter entscheiden müssen.

46

IV. Das Landesarbeitsgericht wird auch über die Kosten des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens zu entscheiden haben.

47

V.  Die Wertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 GKG.

        

    Fischermeier    

        

    Spelge    

        

    Krumbiegel    

        

        

        

    Augat    

        

    Kreis    

                 

Eine Person ist insoweit prozessfähig, als sie sich durch Verträge verpflichten kann.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt.

(2) Die Berufung kann nur eingelegt werden,

a)
wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist,
b)
wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt,
c)
in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder
d)
wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe.

(3) Das Arbeitsgericht hat die Berufung zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Rechtssache Rechtsstreitigkeiten betrifft
a)
zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen,
b)
über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Arbeitsgerichts hinaus erstreckt, oder
c)
zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt, oder
3.
das Arbeitsgericht in der Auslegung einer Rechtsvorschrift von einem ihm im Verfahren vorgelegten Urteil, das für oder gegen eine Partei des Rechtsstreits ergangen ist, oder von einem Urteil des im Rechtszug übergeordneten Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht.

(3a) Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, ist in den Urteilstenor aufzunehmen. Ist dies unterblieben, kann binnen zwei Wochen ab Verkündung des Urteils eine entsprechende Ergänzung beantragt werden. Über den Antrag kann die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(4) Das Landesarbeitsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(5) Ist die Berufung nicht zugelassen worden, hat der Berufungskläger den Wert des Beschwerdegegenstands glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides Statt darf er nicht zugelassen werden.

(6) Für das Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Berufung entsprechend. Die Vorschriften über das Verfahren vor dem Einzelrichter finden keine Anwendung.

(7) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1 und 3, des § 50, des § 51 Abs. 1, der §§ 52, 53, 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 9, Abs. 2 und 4, des § 54 Absatz 6, des § 54a, der §§ 56 bis 59, 61 Abs. 2 und 3 und der §§ 62 und 63 über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellungen, persönliches Erscheinen der Parteien, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, Güterichter, Mediation und außergerichtliche Konfliktbeilegung, Vorbereitung der streitigen Verhandlung, Verhandlung vor der Kammer, Beweisaufnahme, Versäumnisverfahren, Inhalt des Urteils, Zwangsvollstreckung und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen gelten entsprechend.

(8) Berufungen in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses sind vorrangig zu erledigen.

(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.

(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.

(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.

(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.

(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.